Interim und Apokalypse: Die religiösen Vereinheitlichungsversuche Karls V. im Spiegel der magdeburgischen Publizistik 1548-1551/52 3161501098, 9783161501098

An des "Herrgotts Kanzlei" kam der Antichrist zum Stehen. So deuteten die nach Magdeburg geflüchteten protesta

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German Pages 362 [359] Year 2010

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Titel
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Kapitel 1: Einleitung
1. Fragestellung und Vorgehensweise
2. Forschungsstand
3. Apokalyptik und Krise – begriffliche Überlegungen
Kapitel 2: Druckschriften und Reformation
1. Unsers Herrgotts Kanzlei
2. Die Kanzlisten des Herrn
2.1. Erasmus Alberus
2.2. Nikolaus von Amsdorf
2.3. Matthias Flacius Illyricus
2.4. Nikolaus Gallus
Kapitel 3: Um die Einheit der Religion I: Das Scheitern der Reichsreligionsgespräche
1. Augsburg: 16. bis 30. August 1530
2. Hagenau – Worms – Regensburg: Juni 1540 bis Juli 1541
3. Regensburg: 27. Januar bis 10. März 1546
4. Zusammenfassung
Kapitel 4: Um die Einheit der Religion II: Der Schmalkaldische Krieg 1546/47 – Verlauf und Deutung
1. Die religionspolitischen Verhältnisse im Alten Reich im Vorfeld des Krieges
2. Der Reichstag zu Regensburg: 5. Juni 1546 bis 24. Juli 1546
3. Der Verlauf des Krieges
4. Wahrnehmungen und Deutungen
4.1. Die kaiserliche Sicht des Krieges
4.2. Die Sicht der Schmalkaldischen Bündner
5. Zusammenfassung
Kapitel 5: Das Interim
1. Der Augsburger Reichstag: 1. September 1547 bis 30. Juni 1548
1.1. Die Bundessache
1.2. Die Religionsfrage
2. Die Bestimmungen des Augsburger Interims
3. Die Reaktionen auf das Augsburger Interim
3.1. Die Reaktionen im Alten Reich
3.2. Die Reaktionen im albertinischen Sachsen
4. Zusammenfassung
Kapitel 6: Das „Bollwerk“ Magdeburg
1. Stadt und Reformation
2. Reichsacht und Interim
3. Die Belagerung
4. Das „arme Bethulien“
5. Zusammenfassung
Kapitel 7: Die Apokalypse
1. Die Zeichen der Endzeit
2. Die Zerrüttung der Kirche
2.1. Die Offenbarung des Antichristen
2.2. Der Abfall vom Glauben – Das Augsburger Interim
2.3. Die falschen Propheten – Die Leipziger Landtagsvorlage
3. Die Zerstörung der Schöpfungsordnung
4. Amico Plato
5. Zusammenfassung
Kapitel 8: Fazit
Quellen- und Literaturverzeichnis
1. Ungedruckte Quellen
2. Zeitgenössische gedruckte Quellen
3. Spätere Editionen
4. Literatur
Bibelstellenregister
Personenregister
Ortsregister
Sachregister
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Interim und Apokalypse: Die religiösen Vereinheitlichungsversuche Karls V. im Spiegel der magdeburgischen Publizistik 1548-1551/52
 3161501098, 9783161501098

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Spätmittelalter, Humanismus, Reformation Studies in the Late Middle Ages, Humanism and the Reformation herausgegeben von Berndt Hamm (Erlangen) in Verbindung mit Amy Nelson Burnett (Lincoln, NE), Johannes Helmrath (Berlin) Volker Leppin (Jena), Heinz Schilling (Berlin)

47

Anja Moritz

Interim und Apokalypse Die religiösen Vereinheitlichungsversuche Karls V. im Spiegel der magdeburgischen Publizistik 1548 – 1551/52

Mohr Siebeck

Anja Moritz, geboren 1971; Studium der Geschichte, der Germanistischen Linguistik und des Altgriechischen an der Universität Potsdam; 2009 Promotion im Fach Geschichte; seit April 2009 wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschungsbibliothek Gotha.

ISBN 978-3-16-150109-8 / eISBN 978-3-16-158584-5 unveränderte eBook-Ausgabe 2019 ISSN 1865-2840 (Spätmittelalter, Humanismus, Reformation) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2009 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und von der Buchbinderei Spinner in Ottersweier gebunden.

Meinen Eltern

Vorwort Nach der Apokalypse ist vor der Apokalypse. Die Endzeit prägte seit jeher das Weltbild und die Mentalität der Menschen. Für mich wurde die Apokalyptik zum Thema frühneuzeitlicher Geistesgeschichte während meines Studiums und fand ihren ersten Niederschlag in meiner Magisterarbeit im Jahre 2002. In dieser Zeit entstand die Idee zu einem diese Thematik weiterführenden Promotionsvorhaben. Die vorliegende Studie nun stellt die leicht überarbeitete Fassung meiner im Sommersemester 2009 an der Philosophischen Fakultät der Goethe-Universität Frankfurt am Main erfolgreich verteidigten Dissertation dar. An erster Stelle möchte ich Frau Prof. Dr. Luise Schorn-Schütte danken, die mich während meines Studiums und der Promotion gefördert und fachlich betreut hat. In den gemeinsamen dreizehn Jahren vermochte ich, viel von ihr zu lernen. Insbesondere den Gedankenaustausch abseits wissenschaftlicher Inhalte möchte ich nicht missen. Ich danke Herrn Prof. Dr. Volker Leppin, der meine Arbeit an der Apokalypse mit Interesse und Rat begleitet und meine Studie für die Aufnahme in die herausragende Reihe „Spätmittelalter, Humanismus, Reformation empfohlen hat. Auch Prof. Dr. Berndt Hamm, dem federführenden Herausgeber der Reihe, spreche ich dafür meinen Dank aus. Ebenso gilt dieser den Mitarbeitern des Verlages Mohr Siebeck für die außerordentlich angenehme Zusammenarbeit. Kompetente Unterstützung meiner Quellenrecherchen erfuhr ich durch die Mitarbeiter der Universitätsbibliotheken Potsdam und Frankfurt am Main sowie der Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel. Besonders gedankt sei der Forschungsbibliothek Gotha, in deren Mauern es mir eine Ehre und eine Freude war, zu arbeiten und als Herzog-Ernst-Stipendiatin in den wissenschaftlichen Austausch mit anderen Wissenschaftlern zu treten. Dieses Stipendium ermöglichte die Fritz-Thyssen-Stiftung, der auch an dieser Stelle gedankt sei. Allen Kollegen und Freunden, die mich während der Entstehung und Fertigstellung der Arbeit mit fachlichen und praktischen Ratschlägen kritisch begleitet haben, möchte ich meinen Dank aussprechen, vor allem aber: Prof. Dr. Irene Dingel, Stefanie Dreyer, Prof. Dr. Renate Dürr, Prof. Dr. Birgit Emich, Dr. Patrizio Foresta, Dr. Markus Friedrich, Dr. Daniel Gehrt, Dr. Henning P. Jürgens, Dr. Nathan B. Rein, Dr. Miriam Rieger, Prof. Dr. Johannes Süßmann, Dorothea Thums.

VIII

Vorwort

Dank gilt meinen Eltern, die mich während des Studiums und der Promotion stets unterstützt haben und meiner Schwiegermutter für die Korrektur des Manuskripts. Zuletzt und ganz besonders bedanke ich mich bei meinem Mann, Holger Kürbis, für sein Vertrauen, seine Zuversicht und Zielstrebigkeit, mit welcher er mich oft mitzureißen verstand und für das unermüdliche Durchhalten der langen Abende, die er mit mir und den Exules verbringen durfte. Dank seiner Bereitschaft, das Layout zu übernehmen, ist aus meiner Dissertation nun ein Buch entstanden. Gotha, im Sommer 2009

Anja Kürbis (geb. Moritz)

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII

Kapitel 1: Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

1

1. Fragestellung und Vorgehensweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Apokalyptik und Krise – begriffliche Überlegungen . . . . . . . . . . . . . . .

2 13 23

Kapitel 2: Druckschriften und Reformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 1. Unsers Herrgotts Kanzlei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Kanzlisten des Herrn . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Erasmus Alberus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Nikolaus von Amsdorf . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Matthias Flacius Illyricus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4. Nikolaus Gallus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38 44 44 46 49 52

Kapitel 3: Um die Einheit der Religion I: Das Scheitern der Reichsreligionsgespräche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 1. 2. 3. 4.

Augsburg: 16. bis 30. August 1530 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hagenau – Worms – Regensburg: Juni 1540 bis Juli 1541 . . . . . . . . . . Regensburg: 27. Januar bis 10. März 1546 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

58 64 72 74

Kapitel 4: Um die Einheit der Religion II: Der Schmalkaldische Krieg 1546/47 – Verlauf und Deutung . . . . . 79 1. Die religionspolitischen Verhältnisse im Alten Reich im Vorfeld des Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

81

X

Inhaltsverzeichnis

2. Der Reichstag zu Regensburg: 5. Juni 1546 bis 24. Juli 1546 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 3. Der Verlauf des Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 4. Wahrnehmungen und Deutungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 4.1. Die kaiserliche Sicht des Krieges . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 4.2. Die Sicht der Schmalkaldischen Bündner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108

Kapitel 5: Das Interim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 1. Der Augsburger Reichstag: 1. September 1547 bis 30. Juni 1548 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Die Bundessache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Die Religionsfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Bestimmungen des Augsburger Interims . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Reaktionen auf das Augsburger Interim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1. Die Reaktionen im Alten Reich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Die Reaktionen im albertinischen Sachsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

109 111 113 121 127 127 138 147

Kapitel 6: Das „Bollwerk“ Magdeburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 1. 2. 3. 4. 5.

Stadt und Reformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Reichsacht und Interim . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Belagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das „arme Bethulien“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

149 164 182 200 209

Kapitel 7: Die Apokalypse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 1. Die Zeichen der Endzeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Zerrüttung der Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Die Offenbarung des Antichristen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Der Abfall vom Glauben – Das Augsburger Interim . . . . . . . . . . . 2.3. Die falschen Propheten – Die Leipziger Landtagsvorlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Zerstörung der Schöpfungsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Amico Plato ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

211 217 218 221 234 252 275 280

Inhaltsverzeichnis

XI

Kapitel 8: Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 Quellen- und Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Ungedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zeitgenössische gedruckte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Spätere Editionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

287 287 287 295 298

Bibelstellenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ortsregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

331 333 339 343

Abkürzungsverzeichnis ADB ARC ARG BBKL ben. Ex. BSB BSLK

CR FB GBlM GG GStA PK HAB HZ MBW

NASG NDB PKMS

RTA J.R.

SBB PK SHStA SVRG TRE WA WA Br

Allgemeine Deutsche Biographie, 55 Bde., 1967 bis 1971 (EA 1875 bis 1912). Georg Pfeilschifter (Hrsg.), Acta Reformationis Catholicae ecclesiam Germaniae concernentia saeculi XVI. 6 Bde., Regensburg 1959–1974. Archiv für Reformationsgeschichte, 1903/04ff. Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, 1990ff. benutztes Exemplar Bayerische Staatsbibliothek München Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, hrsg. im Gedenkjahr der Augsburgischen Konfession 1930, 7. Aufl., Göttingen 1976. Corpus Reformatorum, Braunschweig/Berlin 1834ff, Leipzig 1906ff. Forschungsbibliothek Geschichtsblätter für Stadt und Land Magdeburg, 1866ff. Geschichte und Gesellschaft. Zeitschrift für Historische Sozialwissenschaft, 1975ff. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz Herzog-August-Bibliothek Wolfenbüttel Historische Zeitschrift, 1859ff. Melanchthons Briefwechsel. Kritische und kommentierte Gesamtausgabe. Im Auftrag der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hrsg. von Heinz Scheible, Stuttgart-Bad Cannstatt 1977ff. Neues Archiv für Sächsische Geschichte, 1947ff. Neue Deutsche Biographie, 23 Bde., 1953ff. Politische Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen, Bd. 1–2: hrsg. von Erich Brandenburg, Leipzig 1982–1983. Bd. 3–5: hrsg. von Johannes Herrmann und Günther Wartenberg, Leipzig 1978–1998, Bd. 6: hrsg. von Johannes Herrmann, Leipzig 2006. Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe: Deutsche Reichstagsakten unter Karl V., hrsg. von der Historischen Kommission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Bd. 1 bis 19, 1893–2006. Staatsbibliothek Berlin Preußischer Kulturbesitz Sächsisches Hauptstaatsarchiv Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte, 1911ff. Theologische Realenzyklopädie, Berlin/New York 1976ff. Martin Luther, Werke. Kritische Gesamtausgabe, Schriften/ Werke 1883ff. Martin Luther, Werke. Kritische Gesamtausgabe. Briefwechsel, Weimar 1930ff.

XIV WA DB WA Tr VD16

ZHF ZKG ZRGG ZThK

Abkürzungsverzeichnis Martin Luther, Werke. Kritische Gesamtausgabe. Die Deutsche Bibel, Weimar 1906ff. Martin Luther, Werke. Kritische Gesamtausgabe. Tischreden, Weimar 1912ff. Verzeichnis der im deutschen Sprachbereich erschienenen Drucke des 16. Jahrhunderts, hrsg. von der Bayerischen Staatsbibliothek in München in Verbindung mit der Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel, Stuttgart 1983ff. Zeitschrift für Historische Forschung. Vierteljahresschrift zur Erforschung des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit, 1974ff. Zeitschrift für Kirchengeschichte, 1877ff. Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte, 1948ff. Zeitschrift für Theologie und Kirche, 1891ff.

Kapitel 1

Einleitung In der Mitte des 16. Jahrhunderts verfaßten die protestantischen Theologen Nikolaus Gallus und Matthias Flacius Illyricus in der durch kaiserliche und kurfürstlich-sächsische Truppen belagerten Altstadt Magdeburg eine Bußpredigt an ihre Religionsverwandten. Darin forderten sie diese auf, ihrer Pflicht nachzukommen und den Belagerten Beistand zu leisten. Zwei „vrsachen“ sollten die Adhortatio der Magdeburger unterstreichen: „Die eine ist/ das wir jhnen bisher/ die lieb erzeigt haben/ inn dem/ das wir warharfftiglich vnser leben fuer sie gesatzt haben/ Denn vber das/ das wir alhie gleichsam an der grentze des Antichristischen brandes/ der wider die Christliche Kirch wuetet/ bestendiglich bestanden/ vnd jhn/ damit er nicht weiter einrisse verhindert haben/ Item/ das wir durch vnser exempel eine furcht in den feind bracht/ vnd den Vnsern ein mut gemacht/ vnd verhindert haben/ damit die Weltliche vnd Geistliche tyranney der verfolger Gottes/ nicht von tag zu tag groesser wuerde/ So haben wir auch wider die newe mannigfeltige practiken des Antichrists vnd seiner diener (welchs sonst fast niemand aus furcht der Gottlosen thun wolte) etliche Schrifften alhie drucken lassen/ dadurch die Gottlosen zu rueck getrieben/ vnd die Christen gesterckt sind worden.“1

Für beide Theologen war das Ende der Welt nahe und entsprechend hatte sich jeder Gläubige zu verhalten. Diese apokalyptische Gegenwartsdiagnose stellte für die Magdeburger Exules den primären Deutungshorizont dar, innerhalb dessen die Bedrohungssituation für Leib und Seele angemessen erfaßt, sinnvoll interpretiert und verarbeitet werden konnte. Das Augsburger Interim, die kursächsische Reaktion auf selbiges und die anschließende Belagerung der Stadt wurden als Angriffe des Antichristen, als dessen letztes Aufbäumen im finalen Kampf mit Gott gedeutet. Die Deutung der Gegenwart als Endzeit verwies die Christen auf spezifische Verhaltens- und Handlungsnormen und strukturierte die Selbstwahrnehmung der Magdeburger. Diese verstanden sich als das letzte aufrechte Häuflein, das sich gegen das Wüten des „Sohns des Verderbens“ gestellt hatte. Umgeben vom Abfall der Gläubigen waren sie die Einzigen, die sich dessen Anfechtungen und Tücken zu erwehren vermochten. Mit ihrem geistigen Widerstand, der sich 1

NIKOLAUS GALLUS/MATTHIAS FLACIUS ILLYRICUS, Buspredigt/ fuer die oeffentlichen Suender jtziger zeit/ die falschen brueder/ Nemlich/ fuer die Verlasser/ Verleugker/ Abtruennige/ vnd Verfolger jhrer eignen Religion/ an jhren Bruedern, [Christian Rödinger d. Ä., Magdeburg um 1550/51] Bj v–Bij r [ben. Ex.: BSB 4 Hom. 702 = VD16 G260].

Einleitung

2

trotz Verbotes in den zahlreichen Druckschriften niederschlug, offenbarten sie die Werke der weltlichen und geistlichen Diener des Antichristen. Den Schwachen suchten sie mit Nächstenliebe zu begegnen und ihnen mit ihren Schriften und ihrem Vertrauen in Gott Trost und Hoffnung zu spenden. Die Stadt war aus ihrer Sicht das letzte Bollwerk des Glaubens. Ohne ihren Widerstand wäre das Werk Luthers dem Verrat und den Entstellungen der falschen Propheten ebenso schutzlos ausgeliefert gewesen wie die junge lutherische Kirche den Angriffen des Papsttums. An der „Kanzlei Gottes“ kam der Antichrist zum Stehen, deren Kanzlisten sich als Bewahrer des Wortes Gottes und Retter der Reformation verstanden. Die Magdeburger wurden somit selbst zur endzeitlichen Größe: zum Katechon. Und eben dies führten die Theologen Gallus und Flacius als zweite Ursache ins Feld: „Die ander vrsach/ dadurch/ die Verlasser dieser Kirch noch hoeher verpflicht sein/ beystand zu leisten/ ist/ das die Religion durch vnsern vntergang/ in grosse gefahr kommen wuerde/ wie sie nicht leugnen koennen. Denn sie wissen/ das diese Stat (one ruhm zu reden) dem Antichrist durch oberzelte mittel/ fast allein widderstanden/ vnd gleichsam eine festung vnd schutz gewesen ist/ wider die Gottlose wueterey/ die jtziger zeit/ wider die Christliche Kirch geuebt wird. Derhalben wissen sie auch/ wo diese Stat (da Gott gnediglich vor sey) vntergedruckt wuerde/ das darnach der Antichrist sampt seinen dienern/ die aller groeste gelegenheit haben wuerde/ die ware Christliche Religion (weil kein widderstand fuerhanden) vnter die fuess zu treten.“2

1. Fragestellung und Vorgehensweise Die am 15. Juni 1548 per Reichsabschied erlassene „erclaerung, wie es der/ Religion halben im hailigen Reich, biß zu/ außtrag des gemainen Concili gehalten/ werden soll“ stellte einen religiösen Ausgleichsversuch zwischen Altgläubigen und Protestanten3 dar, der bis zur endgültigen Entscheidung durch ein Konzil die kaiserliche Politik der interimistischen Friedstände fortsetzen sollte. Doch stieß das sogenannte „Augsburger Interim“ im Reich nur auf wenig Zustimmung. Während die Altgläubigen einzig das Konzil als Autorität in Religionsfragen akzeptierten, sahen sich die Anhänger der Augsburger Konfession mit einer nur für sie geltenden Ordnung konfrontiert, die ihnen erhebliche Zugeständnisse an die altgläubige Lehre und Gottesdienstgestaltung abverlangte. Infolge des Schmalkaldischen Krieges waren insbesondere die Reichsstädte und Territorien im Südwesten des Alten Reichs

2

Ebd., Bij v. Um nicht spätere konfessionelle Begriffsprägungen in die Thematik hineinzutragen, verwende ich die Begriffe Protestanten/protestantisch zur Umschreibung der Gruppe der Augsburger Religionsverwandten, Altgläubige/altgläubig zur begrifflichen Fassung der katholischen Kirche. 3

Fragestellung und Vorgehensweise

3

in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt und bemühten sich daher um eine eher eklektische Umsetzung des Reichsgesetzes. In Kursachsen arbeiteten die Räte und Theologen auf Befehl des Kurfürsten Moritz eine Alternative aus, die die Annahme des Interims verhindern, aber dennoch sowohl den Forderungen des Kaisers als auch den Eigenheiten der sächsisch-albertinischen Kirchenverfassung entsprechen sollte. Die Adiaphora dienten hierbei den Wittenberger Theologen als probates Mittel, die Essentialia der lutherischen Lehre zu erhalten. Da den Landständen, denen die Artikel im Dezember 1548 in Leipzig vorgelegt worden waren, diese Lösung zu stark vom Kompromißcharakter geprägt war, wurde die Leipziger Landtagsvorlage nicht beschlossen. Die Altstadt Magdeburg war aufgrund ihrer Mitgliedschaft im Schmalkaldischen Bündnis seit Juli 1547 in die Reichsacht erklärt und weigerte sich trotz mehrfacher Aufforderungen, Moritz von Sachsen als ihren Schutzherren und das Interim anzunehmen. Da der Magdeburger Rat mit Recht den Verlust der städtischen Freiheiten wie der Religion befürchten mußte, hielt die Stadt der einjährigen Belagerung 1550–1551 seitens kaiserlicher Truppen stand und bot währenddessen zahlreichen Glaubensflüchtlingen eine Zuflucht. Die lutherischen Theologen unter den Exules ließen eine Vielzahl an Druckschriften, die sich sowohl gegen die kaiserliche Religionspolitik als auch gegen den sächsischen Weg richteten, in derart thematischer und zeitlicher Dichte ausgehen, daß dieses publizistische Ereignis als ein „singuläre[s] Phänomen“ gilt, welches nur mit der Publizistik der frühen Reformation zu vergleichen ist.4 In der historischen Forschung ist Magdeburg in erster Linie als Zentrum des Widerstandes im Alten Reich gegen das Interim beschrieben worden.5 Insbesondere die im Frühjahr 1550 angesichts sich vermehrender Nachrichten über eine bevorstehende Belagerung durch alle Magdeburger Geistlichen verfaßte Bekenntnisschrift galt als zentrale Quelle lutherischen Widerstandsdenkens, deren Argumentationen möglicherweise selbst in die reformierte Widerstandstradition eingingen. Diese stark isolierende und eher eklektisch wirkende Herangehensweise führte dazu, daß der Mythos vom Widerstand der Magdeburger unhinterfragt aktualisiert und harmonisiert wurde.6 Die Motive jener Resistenz fielen daher ebenso der Vernachlässigung 4

T HOMAS KAUFMANN, Das Ende der Reformation. Magdeburgs „Herrgotts Kanzlei“ (1548–1551/2), Beiträge zur historischen Theologie 123, Tübingen 2003, VI. 5 Vgl. u.a. W INFRIED SCHULZE, Zwingli, lutherisches Widerstandsdenken, monarchomachischer Widerstand, in: PETER BLICKLE u.a. (Hrsg.), Zwingli und Europa, Zürich 1985, 199–216. 6 So v.a. durch DAVID M. WHITFORD, Tyranny and Resistance. The Magdeburg Confession and the Lutheran Tradition, Saint Louis 2001, 90f., der das Selbstbild der Magdeburger übernimmt: „In Luther’s larger dream of freedom to proclaim the free grace of God in Jesus Christ, Magdeburg may be counted as a grand success. [...] Had Magdeburg not resisted, the

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Einleitung

anheim wie die Existenz verschiedener Interessengruppen innerhalb der Stadt. Es ist dem Göttinger Theologen Thomas Kaufmann zu verdanken, auf Grundlage einer breiten Quellenbasis diese protestantische Erfolgsgeschichte als bewußte Inszenierung der Magdeburger Theologen identifiziert zu haben. Er konstatierte in seiner Text- und publikationsgeschichtlichen Arbeit, daß die Apokalyptik „die basale Sinnmatrix der mentalen Welt der Magdeburger“ darstellte.7 Das eingangs angeführte Zitat illustriert, daß die Endzeit den sinnstiftenden Rahmen für diese Inszenierung bildete. Das heißt, ohne Berücksichtigung des apokalyptischen Deutungsmusters ist weder die Auseinandersetzung mit der kaiserlichen noch mit der kursächsischen Religionspolitik angemessen zu erklären. Denn aus der Interpretation der aktuellen Geschehnisse als Ereignisse der Endzeit und ihrer Einordnung in die Heilsgeschichte leiteten die Theologen ebenso ethische Normen und Handlungsmaximen ab wie die Definition ihrer eigenen Rolle und das Verständnis ihres Umfeldes. Wie die endzeitliche Deutung des Interimsgeschehens deren Wahrnehmung prägte und welche Folgen dies für ihre Auseinandersetzung mit der kaiserlichen und kursächsischen Religionspolitik hatte, ist das Thema der vorliegenden Studie. Der Untersuchungszeitraum bewegt sich zwischen dem Beschluß des Augsburger Interims im Frühsommer 1548 und dem Ende der Belagerung der Altstadt Magdeburg im Winter 1551, schließt jedoch einige zeitnah im Anschluß entstandene reflektierende Texte des Jahres 1552 nicht aus. Die Quellengrundlage bilden die innerhalb dieses Zeitraumes in Magdeburg gedruckten und von den lutherischen Theologen Matthias Flacius Illyricus, Nikolaus Gallus, Nikolaus von Amsdorf und Erasmus Alberus8 verfaßten Schriften, welche durch einen kleinen Exkurs zu den AusschreiAugsburg Interim would have quickly become the religious norm.“ Die Wirkmächtigkeit protestantischer Selbstbeschreibungen ist zur Zeit an der Auseinandersetzung um die anregende Lutherbiographie Volker Leppins zu beobachten. Vgl. hierzu jüngst VOLKER LEPPIN, Eine neue Luther-Debatte: Anmerkungen nicht nur in eigener Sache, in: ARG 99, 2008, 297–307. 7 KAUFMANN, Ende, 437. 8 Ich verwende für diese Autoren die Bezeichnung „Magdeburger Exules“ (auch in Variationen), um konkret diejenigen Personen um Flacius zu erfassen, die sich infolge des Interims nach Magdeburg begeben hatten und dort an der Erstellung der Druckschriften beteiligt waren. Zur Kategorie der Exules als Gruppenidentität vgl. IRENE DINGEL, Die Kultivierung des Exulantentums im Luthertum am Beispiel des Nikolaus von Amsdorf, in: DIES., Nikolaus von Amsdorf (1483–1565) zwischen Reformation und Politik, Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthoxie, 9, Leipzig 2008, 153–175. Damit umgehe ich die mit der Benutzung der Begriffe „Gnesiolutheraner“ oder „Flacianer“ verbundene Selbstdeutung oder Polemik. Zur bisher wenig überzeugenden Diskussion vgl. u.a. KAUFMANN, Ende, 74–76 Anm. 123, dort mit weiterer Literatur. Sowie: ERNST KOCH, Der kursächsische Philippismus und seine Krise in den 1560er und 1570er Jahren, in: HEINZ SCHILLING (Hrsg.), Die reformierte Konfessionalisierung in Deutschland – Das Problem der „Zweiten Reformation“, SVRG 195, Gütersloh 1986, 60–77, v.a. 61–67.

Fragestellung und Vorgehensweise

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ben des Rates flankiert werden. Eingebettet wird die wahrnehmungsgeschichtliche Rekonstruktion des endzeitlichen Deutungsmusters in die politische, Geistes- und Kirchengeschichte der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Das Interim und die damit verbundenen Konflikte stellten für die junge lutherische Kirche in der Mitte des 16. Jahrhunderts eine enorme Herausforderung dar, denn es thematisierte mit dem Verhältnis von Religion und Politik einerseits und der Identität des Luthertums andererseits zwei grundlegende Problemkreise, innerhalb dere eine klare Positionierung ebenso formuliert wie legitimiert werden mußte. Das Augsburger Interim steht aufgrund seiner Charakteristik als Reichsund Religionsgesetz paradigmatisch für das enge Wechselverhältnis von Religion und Politik9, welches durch die Reformation verschärft worden war und die Kultur des frühneuzeitlichen Alten Reiches prägte.10 Ist sich die historische Forschung über dieses Spezifikum weitgehend einig, bestehen doch unterschiedliche Interpretationen über die konkrete Ausgestaltung dieses Verhältnisses in syn- wie diachroner Hinsicht. Insbesondere das in den 1980er Jahren durch Wolfgang Reinhard und Heinz Schilling entwickelte Paradigma der Konfessionalisierung lenkte den Fokus auf jenes „Kardinalbauprinzip des alteuropäischen Gesellschaftssystems“11. Dieses wurde einerseits als Allianz zwischen Konfessionalisierung und „Staatsbildung“, andererseits als „Durchgangsstadium hin zur voll entfalteten säkularen Modernität“ beschrieben.12 Das Verhältnis von Religion und Politik war dem9

Die Dualität beider Begriffe ist begründet im modernen Selbstverständnis Westeuropas des 19. Jahrhunderts. Vgl. hierzu: JÜRGEN GEBHARDT, „Politik“ und „Religion“: Eine historisch-theoretische Problemskizze. Peter Opitz zum 65. Geburtstag gewidmet, in: MANFRED W ALTER (Hrsg.), Religion und Politik. Zu Theorie und Praxis des theologisch-politischen Komplexes, Schriftenreihe der Sektion Politische Theorien und Ideengeschichte in der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft 5, Baden-Baden 2004, 51–71. 10 Wolf-Dieter Hauschild verweist darauf, daß nur selten „Theologie und Politik einen so engen Zusammenhang wie in den Jahren zwischen 1548 und 1552“ bildeten. WOLF-DIETER HAUSCHILD, Der theologische Widerstand der lutherischen Prediger der Seestädte gegen das Interim und die konfessionelle Fixierung des Luthertums, in: BERNHARD SICKEN (Hrsg.), Herrschaft und Verfassungsstrukturen im Nordwesten des Reiches. Beiträge zum Zeitalter Karls V., Städteforschung, Reihe A, Darstellungen 35, Köln/Weimar/Wien 1994, 253–264, hier 253. 11 HEINZ SCHILLING, Die Konfessionalisierung von Kirche, Staat und Gesellschaft – Profil, Leistung, Defizite und Perspektiven eines geschichtswissenschaftlichen Paradigmas, in: WOLFGANG REINHARD/DERS. (Hrsg.), Die katholische Konfessionalisierung. Wissenschaftliches Symposion der Gesellschaft zur Herausgabe des Corpus Catholicorum und des Vereins für Reformationsgeschichte, SVRG 198, Gütersloh 1995, 1–49, hier 22. Dort mit weiterer Literatur zum Forschungskonzept. 12 Ebd. Auf eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Paradigma soll hier verzichtet werden. Vgl. die Zusammenfassung der äußerst fruchtbaren Forschungsdiskussion bei: THOMAS KAUFMANN, Die Konfessionalisierung von Kirche und Gesellschaft. Sammelbericht über eine Forschungsdebatte, in: Theologische Literaturzeitschrift 121, 1996, 1009–1025, 1113–1121. Sowie: ANDREAS HOLZEM, Die Konfessionsgesellschaft. Christenleben zwischen

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Einleitung

nach charakterisiert durch das Nebeneinander von enger Verzahnung beider Bereiche einerseits und dem Trend zu deren Auseinanderdriften andererseits.13 Angesichts der Vielfalt historischer Konstellationen läßt sich das Phänomen offenbar nur annähernd und eher in dynamischen Prozessen von Pluralität, Differenzierung, Zentrierung oder Verdichtung erfassen.14 Das Konzept der Politischen Theologie ist dagegen offen für die unterschiedlichsten Gewichtungen und Grundlagen der Beziehung beider Bereiche15, sei es zum Beispiel in Form der Analogie16 oder Funktionalität17. Politische Theologie, hier verstanden als „jede Form der Reflexion und Systematisierung des jeweiligen Verhältnisses von Religion und Politik“18, widmet sich aber auch ganz konkret der Frage nach der Beschreibung, Legitimierung oder/und Begrenzung politischer Herrschaft durch religiöse Deutungsmuster. Insbesondere für den die Ideen- und die Politikgeschichte verknüpfenden und durch Luise Schorn-Schütte formulierten Ansatz der Historischen Politikforschung19 ist dieses Konzept der Politischen Theologie anschlußfähig. staatlichem Bekenntniszwang und religiöser Heilshoffnung, in: ZKG 110, 1999, 1, 53–85. HARM KLUETING, „Zweite Reformation“ – Konfessionsbildung – Konfessionalisierung. Zwanzig Jahre Kontroversen und Ergebnisse nach zwanzig Jahren, in: HZ 277, 2003, 2, 309–341. 13 Ähnliches konstatiert auch WINFRIED SCHULZE, Deutsche Geschichte im 16. Jahrhundert, Frankfurt am Main 1987, 160. 14 Vgl. u.a. BERNDT HAMM, Das Gewicht von Religion, Glaube, Frömmigkeit und Theologie innerhalb der Verdichtungsvorgänge des ausgehenden Mittelalters und der frühen Neuzeit, in: MONIKA HAGENMAIER/SABINE HOLTZ (Hrsg.), Krisenbewußtsein und Krisenbewältigung in der frühen Neuzeit. Festschrift für Hans-Christoph Rublack, Frankfurt am Main/Bern/New York/ Paris 1992, 163–196. Sowie: DERS., Normative Zentrierung städtischer Religiösität zwischen 1450 und 1550, in: THOMAS MAX SAFLEY (Hrsg.), Ad historiam humanam. Aufsätze für Hans-Christoph Rublack, Epfendorf 2005, 63–80. 15 Vgl. den Überblick bei: PETER KOSLOWSKI, Politischer Monotheismus oder Trinitätslehre? Zu Möglichkeit und Unmöglichkeit einer christlichen Politischen Theologie, in: JACOB T AUBES (Hrsg.), Religionstheorie und Politische Theologie, Bd. 1: Der Fürst dieser Welt. Carl Schmitt und die Folgen, München u.a. 1983, 26–44, v.a. 32–34. 16 Hierzu zählen die begriffssoziologischen Arbeiten von JAN ASSMANN, Herrschaft und Heil. Politische Theologie in Altägypten, Israel und Europa, München/Wien 2000. Sowie: CARL SCHMITT, Politische Theologie. Vier Kapitel zur Lehre von der Souveränität, Berlin 1922. Zu Schmitt vgl. u.a. FRITHARD SCHOLZ, Die Theologie Carl Schmitts. Einführende Bemerkungen von Alfred Schindler, in: T AUBES, Religionstheorie und Politische Theologie 1, 153–155. 17 Z.B. in Gestalt theologischer Politik. Vgl. hierzu den Überblick: MANFRED WALTHER, Gestalten und Probleme des theologisch-politischen Komplexes, in: DERS., Religion und Politik. Zu Theorie und Praxis des theologisch-politischen Komplexes, Schriftenreihe der Sektion Politische Theorien und Ideengeschichte in der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft 5, Baden-Baden 2004, 11–47. 18 HENNING OTTMANN, Politische Theologie als Herrschaftskritik und Herrschaftsrelativierung, in: ebd., 73–83, hier 73. Ähnlich die Definition bei REINHART MAURER, Thesen zur politischen Theologie. Augustinische Tradition und heutige Probleme, in: ZThK 79, 1982, 350–373, hier 350. 19 Zur Konzeption vgl. v.a. LUISE SCHORN-SCHÜTTE, Historische Politikforschung. Eine Einführung, München 2006.

Fragestellung und Vorgehensweise

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Die Kommunikation über politische Herrschaft war im 16. Jahrhundert immer auch ein Diskurs über das Verhältnis von Religion und Politik, der „unter den Bedingungen der Möglichkeit ihrer Trennung“ geführt wurde.20 Gerade die Apokalyptik, und dies soll die Untersuchung zeigen, war dazu geeignet, den Bereich des Politischen in den Sinnstrukturen des Religiösen zu begreifen21, ohne daß dies zu einer Vermengung führte. Die endzeitliche Deutung, so die Hypothese, band das Religiöse eng an das Politische, sensibilisierte die Zeitgenossen aber zugleich für die strikte Trennung beider Sphären, welche ex negativo in der Figur des Antichristen ihren Ausdruck fand. Das apokalyptische Deutungsmuster stellte ein Vokabular zur Verfügung, mit welchem eine gemeinschaftliche Auffassung über das Verhältnis zwischen Religion und Politik gedeutet und formuliert, nicht aber verhandelt werden konnte. Somit kann die Apokalyptik erstens als politische Kultur interpretiert werden, die im Sinne eines komplexen Deutungsmusters22 oder Symbolsystems23 einen sinnstiftenden Rahmen für die das politische Denken und Handeln determinierenden Regeln darstellt24, und zweitens im Sinne der Cambridge School als „politische Sprache“ verstanden werden25, mittels welcher politische Phänomene intelligibel gemacht werden konnten. 20

Vgl. u.a. MATTHIAS POHLIG, Zwischen Gelehrsamkeit und konfessioneller Identitätsstiftung, Spätmittelalter und Reformation N.R. 37, Tübingen 2007, 137. Sowie: J AN-D IRK MÜLLER, Martin Bucer: De regno Christi. Die frühneuzeitliche Monarchie als Gottesstaat – gezähmte Pluralisierung?, in: Sonderforschungsbereich 573: Pluralisierung und Autorität in der Frühen Neuzeit 15.–17. Jahrhundert, Mitteilungen 2, 2007, 6–12. 21 Zum Verhältnis von Religion und Medizin und den „Übersetzungsprozessen“ der Säkularisation vgl. v.a. den Sammelband: LUTZ DANNEBERG u.a. (Hrsg.), Zwischen christlicher Apologetik und methodischem Atheismus. Wissenschaftsprozesse im Zeitraum von 1500 bis 1800, Berlin 2002. 22 Vgl. ALFRED SCHÜTZ, Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt. Eine Einleitung in die verstehende Soziologie, 2. Aufl., Frankfurt am Main 1981, v.a. 108–113. ULRICH OEVERMANN, Zur Analyse der Struktur von sozialen Deutungsmustern (1973), in: Sozialer Sinn 2001, 1, 3–33. Und: DERS., Die Struktur sozialer Deutungsmuster. Versuch einer Aktualisierung, in: ebd., 35–81. 23 Vgl. u.a. PETER L. BERGER/THOMAS LUCKMANN, Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie, Frankfurt am Main 1980, v.a. 42. 24 Vgl. hier v.a. KARL ROHE, Politische Kultur und ihre Analyse. Probleme und Perspektiven der politischen Kulturforschung, in: HZ 250, 1990, 321–346. Sowie: THOMAS MERGEL, Überlegungen zu einer Kulturgeschichte der Politik, in: GG 28, 2002, 574–606. 25 Vgl. zum von John G.A. Pocock entwickelten Konzept der political languages: JOHN G.A. P OCOCK, The Machiavellian Moment. Florentine republic thought and the Atlantic republican tradition, Princeton/London 1975. Sowie: Ders., Languages and Their Implications: The Transformation of the Study of Political Thought, in: DERS., Politics, Language, and Time. Essays on Political Thought and History, Chicago u.a. 1989, 3–41 (EA London 1972). Reflektierend dazu: MELVIN RICHTER, Zur Rekonstruktion der Geschichte der Politischen Sprachen: Pocock, Skinner und die Geschichtlichen Grundbegriffe, in: HANS ERICH BÖDEKER/ERNST H INRICHS (Hrsg.), Alteuropa – Ancien Régime – Frühe Neuzeit. Probleme und Methoden der Forschung, Stuttgart 1991, 134–174.

Einleitung

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Mit dem Interim, vor allem aber infolge der Reaktion der kursächsischen Theologen, war die Frage nach der Identität des Luthertums aufgeworfen. Das Paradigma der Konfessionalisierung hatte die Herausbildung und Entwicklung der Konfessionen als eine Art funktionale Synchronie beschrieben, die darin bestünde, daß die Konfessionen durch die jeweils äußere Abgrenzung zu einer inneren Homogenität und Stabilität fänden.26 Für die lutherische Konfessionalisierung konnte diese eher harmonisierende Perspektive inzwischen dahingehend differenziert werden, daß den innerlutherischen Auseinandersetzungen ein gleichwertiger27, wenn nicht sogar größerer Einfluß28 auf den Konfessionalisierungsprozeß zugestanden wird. Der ob der teleologischen Ausrichtung des Paradigmas kaum eingelöste Anspruch, „die theologischen, spirituellen und anderen Eigentümlichkeiten“ der Konfessionen hervortreten zu lassen29, ist eher durch ein offeneres Konzept, wie es Thomas Kaufmann mit der Konfessionskultur formuliert hat, zu realisieren. Der Begriff meint einen „Formungsprozeß einer bestimmten, bekenntnisgebundenen Auslegungsgestalt des christlichen Glaubens in die vielfältigen lebensweltlichen Ausprägungen und Kontexte hinein, in denen der allenthalben wirksame Kirchenglaube präsent war“.30 Der die kulturalistische Perspektive integrierende Ansatz versteht das Konfessionelle demnach als kulturellen Code und hält sich somit offen für die Erfassung der unterschiedlichsten, auch gegenläufigen, Phänomene. Jene Offenheit31 erfordert es allerdings auch, die „außerordentlich bewegte religionskulturelle Konfiguration“32 im historischen Kontext zu verorten.

26

Vgl. u.a. HEINZ SCHILLING, Die Konfessionalisierung im Reich. Religiöser und gesellschaftlicher Wandel in Deutschland zwischen 1555 und 1620, in: HZ 246, 1988, 1–45, v.a. 14–30. 27 Vgl. u.a. IRENE DINGEL, Concordia controversa. Die öffentlichen Diskussionen um das lutherische Konkordienwerk am Ende des 16. Jahrhunderts, Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 63, Gütersloh 1996, v.a. 17f. 28 Vgl. THOMAS KAUFMANN, Universität und lutherische Konfessionalisierung. Die Rostocker Theologieprofessoren und ihr Beitrag zur theologischen Bildung und kirchlichen Gestaltung im Herzogtum Mecklenburg zwischen 1550 und 1675, Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 66, Gütersloh 1997, v.a. 612. 29 SCHILLING, Die Konfessionalisierung im Reich, 7. 30 THOMAS KAUFMANN, Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede. Kirchengeschichtliche Studien zur lutherischen Konfessionskultur, Beiträge zur historischen Literatur 104, Tübingen 1998, 7. Sowie: DERS., Lutherische Konfessionskultur in Deutschland – eine historiographische Standortbestimmung, in: DERS., Konfession und Kultur. Lutherischer Protestantismus in der zweiten Hälfte des Reformationsjahrhunderts, Spätmittelalter und Reformation N.R. 29, Tübingen 2006, 3–26. 31 Zur Kritik an den „zentrifugalen Tendenzen“ des Konzepts vgl. P OHLIG, Zwischen Gelehrsamkeit und konfessioneller Identitätsstiftung, 24f. 32 THOMAS KAUFMANN, Vorwort, in: DERS., Konfession und Kultur, VII–VIII, hier VII.

Fragestellung und Vorgehensweise

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Aufgrund der Auseinandersetzungen um das Interim wurde die Pluralität der Lehre innerhalb des Protestantismus offenbar.33 Der zwischen den kursächsischen Theologen und dem Kreis um Matthias Flacius Illyricus34 ausbrechende Streit um die „reine Lehre Luthers“ stellte zugleich die Frage nach dem Erbe der Reformation, was darunter zu verstehen sei und wer dazu gehörte. Die apokalyptische Deutung dieser Geschehnisse seitens der Magdeburger Exules, so die Hypothese, war Ausdruck einer existenziellen Bedrohungssituation, welcher sie die junge lutherische Kirche ausgesetzt sahen. Mit dieser Interpretation verliehen sie dem Augsburger Interim wie der Leipziger Landtagsvorlage eine heilsgeschichtliche Bedeutung und lenkten so die Aufmerksamkeit auf beide Ausgleichslösungen, die sich in der Tendenz doch eigentlich in einer Kontinuität zu den Religionsgesprächen der dreißiger und vierziger Jahre verstanden. Darüber hinaus trug der endzeitliche Deutungsansatz aufgrund der impliziten dualistischen Weltsicht zu einer erheblichen Verschärfung der Konfrontation innerhalb der zweiten und dritten lutherischen Generation bei. Für die lutherische Konfessionalisierung war die Auseinandersetzung um die Leipziger Landtagsvorlage sehr viel folgenreicher als das Augsburger Interim. Das Bild Philipp Melanchthons blieb über Jahrhunderte hinweg von dieser Konfrontation gezeichnet. Anhand des Interimskonfliktes wird die vorliegende Studie zeigen, inwiefern die Apokalyptik als Deutungsmuster die Wahrnehmung der Magdeburger Exules präfigurierte und sich daraus Normen sowie Handlungsmuster entwickeln ließen, die als bedrohlich wahrgenommene Situation zu bewältigen. In diesem Sinne konkretisieren die beiden ersten Kapitel neben der räumlichen und zeitlichen Eingrenzung der Untersuchung vor allem die Entscheidung für die Druckschriften als Quellengrundlage. Aufgrund eines vorangestellten Überblicks über die Forschungsdiskussion werden mit den Begriffen Flugschrift und Öffentlichkeit zwei Themen herausgegriffen, die eine für die Studie erhebliche Relevanz aufweisen. Anhand der Skizzierung verschiedener Ansätze wird zum einen eine im folgenden handhabbare Begriffsdefinition des Mediums Flugschrift entwickelt und zum anderen der Mehrwert ausgewählter Öffentlichkeitskonzeptionen problematisiert werden. Da die noch zu beschreibende Problematik der Überlieferungslage auch eine Folge der Zensur darstellt, wird in einem kurzen Überblick deren Funktionalität hin-

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„Der Kampf um das Interim eröffnete das Zeitalter des Konfessionalismus.“ W OLFD IETER HAUSCHILD, Zum Kampf gegen das Augsburger Interim in norddeutschen Hansestädten, in: ZKG 84, 1973, 60–81, hier 61. Sowie: IRENE DINGEL, „Der rechten lehr zuwider“. Die Beurteilung des Interims in ausgewählten theologischen Reaktionen, in: LUISE SCHORNSCHÜTTE (Hrsg.), Das Interim 1548/50. Herrschaftskrise und Glaubenskonflikt, SVRG 203, Gütersloh 2005, 292–311, v.a. 295. 34 Zur Begrifflichkeit der „Gnesiolutheraner“ siehe oben.

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terfragt. Der Hauptteil des zweiten Kapitels widmet sich der Vorstellung „Unsers Herrgotts Kanzlei“. Diese umfaßt zunächst die Begründung der lokalen und chronologischen Eingrenzung der Untersuchung sowie die Charakterisierung des zugrundeliegenden Quellenkorpus. Dem schließt sich die Beschreibung der Infrastruktur der Kanzlei an, ihrer Drucker und Autoren. Um den Fluß der späteren Darstellung der historischen Entwicklung Magdeburgs nicht zu unterbrechen, finden sich bereits hier auch die Kurzbiogramme der Autoren. Ein Blick auf die im Vergleich zu den Exules genuin magdeburgischen Prediger schließt das Kapitel. Kapitel drei und vier widmen sich der kaiserlichen Religionspolitik im Vorfeld des Augsburger Interimsreichstages zwischen 1530 und 1547. Karl V. hatte mit dem Religionsgesetz an seine religiösen Ausgleichsbemühungen angeknüpft, deren Ziel in der Überwindung des Glaubensschismas und der Wiederherstellung des inneren Reichsfriedens bestand. Die religiöse Einheit konnte aus seiner Sicht auf zweierlei Wegen erlangt werden. Einerseits auf dem friedlichen Wege der Reichsreligionsgespräche, in deren Ergebnis eine interimistische Regelung der Religionsfrage zu erarbeiten war, bis ein künftiges Konzil eine endgültige Entscheidung treffen würde.35 Andererseits konnte die Glaubenseinheit auch auf militärischem Wege hergestellt werden, wie es der Schmalkaldische Krieg verdeutlicht. Anknüpfungspunkte für den Augsburger Weg von 1548 fanden sich sowohl thematisch in den Verhandlungsgegenständen der Religionsgespräche als auch organisatorisch in den Unterwerfungsbedingungen infolge des Schmalkaldischen Krieges. Da das Augsburger Interim ohne diese beiden Entwicklungen nicht möglich gewesen wäre, wird dieses Kapitel sowohl die Religionsgespräche als auch den Schmalkaldischen Krieg intensiver beleuchten. Der Aufbau des dritten Unterkapitels folgt der Chronologie der Reichsreligionsgespräche. Das Hauptaugenmerk soll dabei auf der Ausgleichsbereitschaft der Parteien und der Entwicklung ihrer Grenzziehungen im Verlaufe der Gespräche liegen. Es wird im Verlaufe der Untersuchung zu zeigen sein, daß sich einzelne Punkte, in denen noch vor 1548 ein Vergleich möglich schien, auch im Text des Augsburger Interims und teilweise der Leipziger Landtagsvorlage wiederfinden. Den Ausgangspunkt des vierten Unterkapitels bildet die These, daß die konfessionsspezifischen Deutungen des Krieges die Kommunikation über den Krieg deutlich überformten. Daher folgen einer kurzen Darstellung des Kriegsverlaufs die Interpretationen auf kaiserlicher Seite wie die der Schmalkaldener. Ein kurzer Exkurs soll die Regelgebundenheit der Kriegslegitimationen am Beispiel der Argumentation des gerechten Krieges illustrieren.

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Vgl. u.a. HORST RABE, Zur Interimspolitik Karls V., in: SCHORN-SCHÜTTE, Das Interim, 127–146, v.a. 129.

Fragestellung und Vorgehensweise

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Der Hauptteil der Arbeit widmet sich dem Augsburger Interim und den unterschiedlichen Reaktionen im Reich, besonders aber der Magdeburger Exules. Die Kapitel fünf bis sieben sind innerhalb dieses Rahmens angesiedelt. Kapitel fünf thematisiert die Entstehung des Augsburger Interims und ordnet dieses ein in die universalmonarchischen Bestrebungen des Kaisers. Der Aufbau des Kapitels ist von einer dualistischen Perspektive geleitet, welche verdeutlichen soll, daß Anspruch und Wirklichkeit der kaiserlichen Religionspolitik mit der Ausarbeitung, dem Erlaß und der Umsetzung des Interims offenbar wurden. Der sich durch den militärischen Sieg eröffnende Spielraum des Kaisers, aufgrund dessen er seine Ziele durchzusetzen gedachte, verengte sich zunehmend. Obwohl das Interim in der Kontinuität der Religionsgespräche stand, war aus kaiserlicher Perspektive die Heftigkeit der Reaktionen so nicht zu erwarten. Die Unterkapitel bieten einen exemplarischen, gleichwohl differenzierenden Überblick anhand ausgewählter Beispiele, welche insbesondere die verschiedenen Variablen, die die Entscheidung über Ablehnung oder Einführung des Religionsgesetzes beeinflußten. Da der kursächsische Alternativvorschlag in Form der Leipziger Landtagsvorlage die Gegenstände der magdeburgischen Publizistik rasch dominieren sollte, wird diese Reaktion aufgrund ihrer Relevanz parallel zu den Reaktionen im Reich separat dargestellt. Beides dient dazu, das Verhalten der Magdeburger entsprechend einordnen zu können. Die Entwicklung der Altstadt Magdeburg von der Reformation 1524 bis zum Ende der Belagerung 1551 ist das Thema des sechsten Kapitels. Die Darstellung folgt der Chronologie und wird von einer Diskussion über den rechtlichen Status der Stadt eingeleitet. Verbunden damit ist jedoch vor allem die Frage nach den Bedingungen und Einflüssen, welche die Reaktion der Stadt gegenüber dem Interim, gegenüber dem Kaiser und dem sächsischen Kurfürsten Moritz erklärbar machen. Innerhalb des ersten Unterkapitels sind hier vor allem das Verhältnis zwischen Rat und Bürgerschaft, die Beziehung zu den bischöflichen Stadtherren und die Mitgliedschaft in verschiedenen Bündnissen bis zum Jahre 1545 zu berücksichtigen, die allesamt zu einer städtischen Autonomie beitrugen, welche die Selbstdeutung Magdeburgs als freie Reichsstadt unterstützten. Das zweite und dritte Unterkapitel thematisieren die Auswirkungen und Folgen des Krieges, der Reichsacht und der Belagerung auf und für die Stadt und ihre Einwohner. Ziel ist es, aufzuzeigen, daß sich die Stadt ihre Autonomie und Handlungsfreiheit aufgrund einer günstigen Konstellation politischer, militärischer und dynastischer Gemengelagen zu bewahren vermochte. Diese ermöglichten ihr zunächst eine widerständige Haltung gegenüber dem Kaiser und die Abweisung des Druckverbotes gegen das Interim. Die Wahrnehmung dieser Situation war allerdings eine andere. Um den harmonisierenden Implikationen der Forschung, die eine Handlungsgemeinschaft zwischen Rat und Exules unterstellt, zu

Einleitung

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entgehen, wird die Wahrnehmung des Rates von der der Exules gesondert im letzten Unterkapitel verdeutlicht. Kapitel sieben widmet sich eben jener apokalyptische Deutung der Ereignisse seitens der nach Magdeburg geflüchteten Exules. Ausgehend von den biblisch dokumentierten Zeichen der Endzeit werden die Reaktionen auf das Augsburger Interim und die Leipziger Landtagsvorlage gesondert untersucht, um hier anzunehmende Differenzierungen herausarbeiten zu können. Da sich ein Großteil der Magdeburger Texte mit dem kursächsischen Weg beschäftigt, wird dem adiaphoristischen Streit und der Auseinandersetzung mit den Wittenberger und Leipziger Theologen ein entsprechender Raum zugestanden. Dabei richtet sich das Augenmerk vor allem auf die Deutung der Rolle der kursächsischen Theologen, der Funktion der Adiaphora als Mittel des Vergleichs und der weltlichen Obrigkeiten in ihrer Zuständigkeit für den Schutz der Kirche. Da sich die Konfrontation zwischen den Magdeburger Exules und den albertinischen Theologen auch auf einer persönlichen Ebene zwischen ehemaligen Schülern und Lehrern bewegte, wird auch dieser Aspekt Berücksichtigung finden. Anhand der Magdeburger Druckschriften werden die endzeitlichen Interpretationsparameter und die sich daraus ergebenen Konsequenzen für die Auseinandersetzung zwischen beiden Parteiungen untersucht. Zweierlei leistet diese Studie aus arbeitsökonomischen Gründen ganz bewußt nicht. Erstens muß das Komplementär, eine Untersuchung der Rezeption der Magdeburger Texte, einer eigenständigen Arbeit überlassen werden. Erfordert doch die Erfassung der weit verstreuten und in ihren Gattungen verschiedensten Quellen einen sehr weitgefaßten Untersuchungsraum und -zeitraum. Bereits an einigen Stellen sind in vorliegender Studie entsprechende Informationen verarbeitet worden. Ausführlicher, allerdings keineswegs erschöpfend, widmet sich auch Thomas Kaufmann dieser Thematik.36 Wichtig erscheint die Rezeptionsforschung deshalb, da die quantitative Dominanz der Magdeburger Schriften, wie die Geschichtsschreibung zeigt, eine Deutungshoheit beansprucht und ihr diese ex post zugeschrieben wurde. Ob und inwiefern auch die Zeitgenossen dieser Sicht folgten, ist nur durch eine entsprechende rezeptionsgeschichtliche Fokussierung zu ermitteln. Zweitens wird auf einen interkonfessionellen Vergleich der endzeitlichen Deutung verzichtet. Für das Luthertum ist die Affinität zum apokalyptischen Denken schon aufgrund der Antichristprädikation unumstritten. Endzeitliche Deutungen liegen aber ebenso bei Altgläubigen und Reformierten vor, wenn möglicherweise auch in minderer Intensität und mit anderen Implika-

36

Vgl. KAUFMANN, Ende, 103–118.

Forschungsstand

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tionen verbunden.37 Dieser Vergleich erfordert allerdings einen gänzlich anderen Ansatz, als ihn vorliegende Fallstudie verfolgt. Eine noch zu schreibende umfassende Studie zum frühneuzeitlichen apokalyptischen Denken hätte die Strukturen und Verfahren endzeitlicher Argumentation zu berücksichtigen, um auch Phänomene wie das chialiastisch inspirierte Täuferreich in Münster erfassen zu können.

2. Forschungsstand Im Jahre 1971 beklagte Horst Rabe in seiner Monographie „Reichsbund und Interim“38 das Desinteresse der Reformationsgeschichtsschreibung am Augsburger Reichstag 1547/48. „Bescheiden“ sei sowohl die historiographische Bearbeitung jenes richtungsweisenden Reichstages als auch die Kenntnis der einschlägigen Quellenbestände. Daß sich dies in den letzten Jahren erheblich geändert hat, ist zuallererst Horst Rabe selbst zu verdanken, der mit seiner Habilitationsschrift und den nachfolgenden Studien dem Augsburger Reichstag die ihm gebührende Aufmerksamkeit gewidmet hat. Sowohl die Forschungen zur politischen, Geistes- und Verfassungsgeschichte als auch zur Geschichte der Konfessionen und der Religionspolitik im Reich haben jenen Reichstag und dessen unmittelbare Folgen für die unterschiedlichsten Fragestellungen entdeckt. Nachdem sich die Historiographie des 19. Jahrhunderts dem Interim vor allem unter dem Blickwinkel der nationalstaatlichen Einheit zugewandt hatte und auch im 20. Jahrhundert die Affinität des Luthertums zur Staatsbildung den Deutungsrahmen für die Frühe Neuzeit bildete39, zeichnete sich seit dem Beginn der siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts eine deutliche Differenzierung der Interimsforschung ab. Angestoßen wurde diese zum einen 37

Vgl. die Überlegungen bei VOLKER LEPPIN, Antichrist und Jüngster Tag. Das Profil apokalyptischer Flugschriftenpublizistik im deutschen Luthertum 1548–1618, Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte, 69, Heidelberg 1999, 283–285. Sowie: J OHANNES SCHILLING, Die Wiederentdeckung des Evangeliums. Wie die Wittenberger Reformatoren ihre Geschichte rekonstruierten, in: LUDGER GRENZMANN u.a. (Hrsg.), Die Präsenz der Antike im Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit. Bericht über Kolloquien der Kommission zur Erforschung der Kultur des Spätmittelalters 1999 bis 2002, Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Philologisch-Historische Klasse 3/263, Göttingen 2004, 125–142, v.a. 141f. und HERIBERT SMOLINSKY, Deutungen der Zeit im Streit der Konfessionen. Kontroverstheologie, Apokalyptik und Astrologie im 16. Jahrhundert, Schriften der Philosophischhistorischen Klasse der Heidelberger Akademie der Wissenschaften 20, Heidelberg 2000. 38 Vgl. HORST RABE, Reichsbund und Interim. Die Verfassungs- und Religionspolitik Karls V. und der Reichstag von Augsburg 1547/1548, Köln 1971. 39 Vgl. den Forschungsüberblick bei: LUISE SCHORN-SCHÜTTE, Das Interim (1548/50) im europäischen Kontext. Eine wissenschaftsgeschichtliche Einleitung, in: D IES., Das Interim, 15–44, v.a. 18–33.

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durch die Edition40 der am 15. Mai 1548 in Augsburg beschlossenen „Der Römischen Kaiser/ lichen Maiestat erclaerung, wie es der/ Religion halben im hailigen Reich, biß zu/ außtrag des gemainen Concili gehalten/ werden soll“ durch den evangelischen Theologen Joachim Mehlhausen, der vor dem Hintergrund der zeitgenössischen Diskussionen in der Bundesrepublik über die Ökumene mit dem Interim einen der zentralen Texte der Glaubensspaltung in deutscher und lateinischer Fassung präsentierte. Zum anderen erschien zeitnah die Studie Horst Rabes über den Augsburger Reichstag 1547/48, welche diesen in die kaiserliche Religionspolitik einordnete und erstmals eine Darstellung des Verlaufs und der konkret behandelten Themen bot. Das Interim verortete Rabe, dem programmatischen Titel gemäß, im Kontext der universalmonarchischen Bestrebungen Karls V. und lieferte zugleich eine Darstellung des Scheiterns dieses Herrschaftskonzepts. Als intimer Kenner der politischen Korrespondenz vermochte Horst Rabe seine Studie in mehreren umfangreichen Aufsätzen auf der Basis neuerer Quellenfunde41 zu aktualisieren. Während er 1996 für die Religionspolitik des Kaisers die Überwindung des Glaubensschismas als oberstes Ziel herausarbeitete42, widmete er sich 2003 insbesondere der Ausarbeitung des Interims in den Interimskommissionen43. In Fortführung dieser reichsgeschichtlichen Perspektive erschienen 2006 die Akten des Augsburger Reichstages 1547/48 in einer drei Bände umfassenden vorzüglichen Edition von Ursula Machoczek.44 Bereits ein Jahr zuvor wurden die Akten der Reichstage zu Regensburg 154645 und zu Augsburg 1550/5146 veröffentlicht, in welche sich nun dieses 40

JOACHIM MEHLHAUSEN (Hrsg.), Das Augsburger Interim. Nach den Reichstagsakten deutsch und lateinisch, Texte zur Geschichte der evangelischen Theologie 3, NeukirchenVluyn 1970. 41 In der Zwischenzeit waren die relevanten Bände 2 und 3 der Korrespondenz Julius Pflugs erschienen: J[ACQES] V. POLLET (Hrsg.), Julius Pflug, Correspondance, Bd. 2: 1539–1547. Bd. 3: 1548–1553, Leiden 1973 und 1977. Sowie die Fortsetzung der Edition der Episkopatsverhandlungen: GEORG PFEILSCHIFTER (Hrsg.), Acta Reformationis Catholicae Ecclesiam Germaniae Concernentia Saeculi XVI, Bd. 3 bis Bd. 6, Regensburg 1968 bis 1974. 42 Vgl. HORST RABE, Karl V. und die deutschen Protestanten. Wege, Ziele und Grenzen der kaiserlichen Religionspolitik, in: DERS. (Hrsg.), Karl V. Politik und politisches System. Berichte und Studien aus der Arbeit an der Politischen Korrespondenz des Kaisers, Konstanz 1996, 317–345. Eine Kurzfassung des Beitrages findet sich: RABE, Zur Interimspolitik Karls V. 43 DERS., Zur Entstehung des Augsburger Interims 1547/48, in: ARG 94, 2003, 6–104. 44 URSULA MACHOCZEK (Bearb.), Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V. Der Reichstag zu Augsburg 1547/48, 3 Bde., Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V.: Jüngere Reihe 18/1–3, München 2006. 45 ROSEMARIE AULINGER (Bearb.), Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V. Der Reichstag zu Regensburg 1546, Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V.: Jüngere Reihe 17, München 2005. 46 ERWEIN ELTZ (Bearb.), Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V. Der Reichstag zu Augsburg 1550/51, 2 Bde., Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V.: Jüngere Reihe 19/1–2, München 2005.

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Werk hervorragend einfügte. 2760 Seiten dokumentieren die Ambivalenz der Politik und Verhandlungstaktik des Kaisers gegenüber den Reichsständen, die sich sowohl Drohungen als auch Zusagungen von Gegenleistungen der kaiserlichen Räte ausgesetzt sahen. In Auswahl finden sich hier ebenso die Einzelverhandlungen mit den Reichsständen sowie deren zeitnah formulierte Bedenken zu dem Religionsgesetz. Insbesondere für die Frage der Rezeption des Interims stellt daher diese Edition eine enorme Bereicherung dar. Da sich der folgende Reichstag 1550/51 mit dem Stand und der Durchführung des Interims befaßte, enthalten auch dessen Akten entsprechendes Quellenmaterial, wie z.B. ein „Verzeichnis über die Durchführung des Interims in einzelnen Territorien“. Die Akten des Reichstages 1547/48 werden durch eine kleine ebenfalls von Ursula Machoczek besorgte Edition des Tagebuchs eines Reichstagsteilnehmers ergänzt.47 Diese Aufzeichnungen des Grafen Wolrad von Waldeck sind insofern eine wertvolle Ergänzung der Reichstagsaktenedition, ist doch hier eine andere Sicht des Reichstagsgeschehens und deren Wahrnehmung dokumentiert. So werden u.a. Texte jener Predigten wiedergegeben, an denen Graf von Waldeck während seines Aufenthaltes in Augsburg teilgenommen hatte. Diese reichsgeschichtliche Perspektive bestimmte vor allem die historische Forschung in den letzten Jahren. Der 2005 in den Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte von Luise Schorn-Schütte herausgegebene Sammelband48 ist Ausdruck jenes Perspektivwechsels, thematisiert er doch die Reaktionen auf das Interim in ausgewählten Regionen im Alten Reich ebenso wie im europäischen Umfeld. Im Ergebnis wird deutlich, daß das Interim zwar eine Reichsangelegenheit war, dessen Ansätze zum Ausgleich der Konfessionen sich aber durchaus auch in England, Frankreich oder Polen49 finden lassen. Für das Alte Reich ließen sich verschiedene Deutungen und Folgen des Interims feststellen. Einerseits konnten die Auswirkungen des Interims im Verhältnis zu den Ergebnissen des Schmalkaldischen Krieges als weniger folgenreich wahrgenommen werden50, spielten also die theologischen Aspekte eine geringere Rolle; andererseits wurde die enge Verbindung von Religion und Politik durch das Interim zum dominierenden Thema51. Sichtbar wird aber auch, daß die in diesem Zusammenhang geführten Debatten um die Rechtmäßigkeit von Not- und Gegenwehr in direkter Kontinuität zu den während des Schmalkaldischen Krieges entwickelten naturrechtlichen Argu47

URSULA MACHOCZEK (Bearb.), Tagebuch des Grafen Wolrad von Waldeck. Reise zum Augsburger Reichstag 1548, übers. von Gerhard Kappe, Monographia Hassiae 22, Kassel 1998. 48 Vgl. SCHORN-SCHÜTTE, Das Interim. 49 Vgl. die Aufsätze von RONALD G. ASCH, GÉRALD CHAIX und JANUSZ MAŁŁEK, in: ebd. 50 So Horst Carl für den reichsunmittelbaren Adel: HORST CARL, Die Haltung des reichsunmittelbaren Adels zum Interim, in: ebd., 147–165. 51 Vgl. u.a. RAINER POSTEL, Die Hansestädte und das Interim, in: ebd., 192–204.

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mentationsmustern standen52, ebenso wie jene Argumentationen, die auf den Erhalt der nationalen und ständischen Libertät gerichtet waren53. Theologisch stellte das Interim für die Lutheraner die Besiegelung der Glaubensspaltung dar, zwang diese zugleich zur Bekenntnisformulierung und Definition lutherischer Identität.54 Bereits in den 1970er Jahren hatten Herbert Sowade und Joachim Mehlhausen in ihren Qualifizierungsschriften die Möglichkeit eines religiösen Ausgleichs aufgrund eingehender Untersuchungen der theologischen Positionen des Interims verneint.55 Der kursächsischen Reaktion auf das Interim, der Leipziger Landtagsvorlage, widmete sich ein zweiter Sammelband, der 2006 von Irene Dingel und Günther Wartenberg herausgegeben wurde.56 Auch hier konnte die Bedeutung des Interims und der Landtagsvorlage für die Ausdifferenzierung der innerprotestantischen Lehr- und Bekenntnisformulierung konstatiert werden. Es zeigte sich, daß damit stets und in wechselnden Fronten die Frage nach dem Erbe der Reformation verbunden war, was darunter jeweils zu verstehen und vor allem, ob Philipp Melanchthon Teil dieses Erbes sei57. Nicht zuletzt ließen die Beiträge dieses Sammelbandes erkennen, daß ‚Wittenberg‘ längst zu einer Projektionsfläche geworden war58. Anknüpfen konnten diese Beiträge an die kontinuierlichen Forschungen zur sächsisch-albertinischen Religionspolitik während und nach dem Schmalkaldischen Krieg, die insbesondere die beiden Herausgeber der Politischen Korrespondenz Moritz von Sachsens, Johannes Herrmann und Günther Wartenberg, prägten. Während Herrmann bereits 1962 in seiner theologischen Dissertation59 quellennah die 52

Vgl. u.a. GABRIELE HAUG-MORITZ, „Ob wir uns auch mit Gott/ Recht und gutem Gewissen/ wehren mögen/ und Gewalt mit Gewalt vertreiben?“ Zur Widerstandsdiskussion des Schmalkaldischen Krieges 1546/47, in: ebd., 488–509. Sowie: MERIO SCATTOLA, Widerstandsrecht und Naturrecht im Umkreis von Philipp Melanchthon, in: ebd., 459–487. 53 Vgl. GEORG SCHMIDT, „Teutsche Libertät“ oder „Hispanische Servitut“. Deutungsstrategien im Kampf um den evangelischen Glauben und die Reichsverfassung (1546–1552), in: ebd., 166–191. 54 Vgl. u.a. DINGEL, „Der rechten lehr zuwider“. 55 Vgl. HERBERT SOWADE, Das Augsburger Interim. Das kaiserliche Religionsgesetz von 1548 in seiner politischen und theologischen Relevanz für eine Einung der Christen, Diss. theol., Münster 1977. Sowie: JOACHIM MEHLHAUSEN, DUPLEX IUSTIFICATIO. Die Rechtfertigungslehre des Augsburger Interims, Habil.-Schr., Bonn 1978. 56 Vgl. IRENE DINGEL/GÜNTHER WARTENBERG (Hrsg.), Politik und Bekenntnis. Die Reaktionen auf das Interim von 1548, Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthodoxie, 8, Leipzig 2006. 57 Vgl. u.a. TIMOTHY WENGERT, „Not by Nature Philoneikos“. Philip Melanchthon’s Initial Reactions to the Augsburg Interim, in: ebd., 33–49. Sowie: ERNST KOCH, Der Ausbruch des adiaphoristischen Streits und seine Folgewirkungen, in: ebd., 179–190. 58 Vgl. u.a. Robert ALLEN KOLB, Controversia perpetua. Die Fortsetzung des adiaphoristischen Streits nach dem Augsburger Religionsfrieden, in: ebd., 191–209. 59 JOHANNES HERRMANN, Augsburg – Leipzig – Passau. Das Leipziger Interim nach Akten des Landeshauptarchives Dresden 1547–1552, Diss. theol. (ms.), Leipzig 1962.

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Entstehung der Leipziger Landtagsvorlage aufgearbeitet hatte, welche durch die Bände 3 bis 5 der PKMS60 ergänzt werden konnte, vermochten die Studien Günther Wartenbergs nicht nur die Dramatik der 1905 von Albert Chalybäus vorgelegten Untersuchung61 über die Einführung des sogenannten „Auszuges“ in Kursachsen deutlich zu entschärfen, sondern auch die Eigenständigkeit des kursächsischen Weges gegen die durch die frühneuzeitliche Polemik konstruierte und äußerst dominante Gleichsetzung mit dem Augsburger Interim zu belegen62. Während die Rolle der Adiaphora in den Auseinandersetzungen um die Landtagsvorlage als unbestritten gilt63, hat jüngst eine germanistische Studie am Beispiel beider adiaphoristischen Streite die Funktion der Adiaphora als „Mittel der freien Formwahl“ im künstlerischästhetischen Bereich herausgearbeitet.64 Übertragen auf die Auseinandersetzung infolge des Interims bedeutete dies die Definition eines Freiraumes innerhalb der sichtbaren Kirche, der Kontingenz ebenso zuließ, wie er das Bekenntnis zu bewahren vermochte. Insgesamt läßt sich feststellen: Wenn auch kleinere Fallstudien zur Einführung des Interims in den verschiedenen Regionen des Reichs vorliegen65, steht eine Monographie, welche die Folgen des Interims und die Reaktionen im Alten Reich insgesamt beleuchtet, noch aus. Auch die Forschungen zur Geschichte der Stadt Magdeburg in der Mitte des 16. Jahrhunderts vermochten in den vergangenen Jahren merkbar neue Akzente zu setzen. Die Ursachen dafür liegen erstens in einer über die Magdeburger Confessio hinausgehende Wahrnehmung der Quellen, deren Zugang zweitens aufgrund neuerer Editionen, Regesten und bibliographischer Erfassung erheblich erleichtert worden ist und drittens in der biographischen Aufarbeitung der mit dem Magdeburger Ereignissen in Verbindung stehenden Personen. Über hundert Jahre war die Mitte des 19. Jahrhunderts durch den Magdeburger Lehrer Friedrich Wilhelm Hoffmann66 in drei Bänden vorgelegte Ge60

JOHANNES HERRMANN/GÜNTHER WARTENBERG/CHRISTIAN WINTER (Bearb.), Politische Korrespondenz des Herzogs und Kürfürsten Moritz von Sachsen, Bd. 3 bis 5, Berlin 1978–1998. 61 ALBERT CHALYBAEUS, Die Durchführung des Leipziger Interims, Chemnitz 1905. 62 Vgl. u.a. GÜNTHER WARTENBERG, Philipp Melanchthon und die sächsisch-albertinische Interimspolitik, in: Lutherjahrbuch 55, 1988, DERS., Das Augsburger Interim und die Leipziger Landtagsvorlage zum Interim, in: D INGEL/DERS., Politik und Bekenntnis, 15–32. 63 Vgl. hierzu v.a. die Arbeiten von JOACHIM MEHLHAUSEN, Der Streit um die Adiaphora, in: DERS. (Hrsg.), Vestigia Verbi. Aufsätze zur Geschichte der evangelischen Theologie, Arbeiten zur Kirchengeschichte 72, Berlin/New York 1999, 64–92 (EA in: MARTIN BRECHT/REINHARD SCHWARZ (Hrsg.), Bekenntnis und Einheit der Kirche. Studien zum Konkordienbuch, Stuttgart 1980, 105–129). 64 Vgl. REIMUND SDZUI, Adiaphorie und Kunst. Studien zur Genealogie ästhetischen Denkens, Frühe Neuzeit 107, Tübingen 2005. 65 Vgl. hierzu die Literaturangaben in dieser Studie. Lediglich der Vortrag von Heinz Scheible gibt einen groben Überblick über das Alte Reich: HEINZ SCHEIBLE, Das Augsburger Interim und die evangelischen Kirchen, in: Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach 21, 1998, 1, 4–13. 66 Zur Person vgl. H. HOLSTEIN, Friedrich Wilhelm Hoffmann, in: GBlM 8, 1983, 295–298.

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schichte der Stadt Magdeburg67 das Standardwerk – allerdings in Gestalt der durch Gustav Hertel und Friedrich Hülße 1885 überarbeiteten und ergänzten Version68, die unter dem Titel „Fried. Wilh. Hoffmann’s Geschichte der Stadt Magdeburg“ firmierte. Auf diesem Werk basierten und basieren alle nachfolgenden Darstellungen69 zur Geschichte Magdeburgs in der Mitte des 16. Jahrhunderts, insbesondere der innerstädtischen Ereignisse, da sich Hoffmann, Hertel und Hülße noch auf jene Magdeburger Quellen zu stützen vermochten, die infolge des Stadtbrandes am Ende des 2. Weltkrieges vernichtet wurden. Dies gilt auch für der 1892 von Friedrich Hülße besorgte Darstellung des „mutigen Kampfes“ Magdeburgs gegen den Kaiser zwischen 1547 bis 1551.70 Hier klingt bereits an, daß alle drei Darstellungen dem für das 19. Jahrhundert typischen heroisierenden Duktus nationalprotestantischen Historiographie folgen und die Geschichte Magdeburgs als protestantische Erfolgsgeschichte beschrieben. Der Fortschreibung dieses Narrativs folgen die jüngsten Monographien, die den Widerstand der Stadt Magdeburg gegen das Interim thematisieren, nicht, sondern reflektieren vielmehr dessen Ursprünge und Motive. 2002 widmete sich der Religionswissenschaftler Nathan Baruch Rein in seiner Dissertation71 der Frage, inwieweit sich der Konflikt um das Interim auf das in den Magdeburger Texten vermittelte Verständnis von Glaube und Religion auswirkte. Anhand der Auswertung ausgewählter Magdeburger Druckschriften und einigen handschriftlichen Quellen der Parallelüberlieferung kam er zu dem Ergebnis, daß die Magdeburger im Gegensatz zu den Wittenberger Theologen für den Erhalt ihrer konfessionellen Identität auf die „non-separation“ der religiösen von der nichtreligiösen Sphäre bestanden. Aus dieser engen Verbindung von Religion und Politik leitete sich deren Weltsicht ebenso ab wie die Legitimation des Widerstandes. Zu ähnlichen Ergebnissen gelangte unabhängig von Rein ein Jahr später die umfangreiche Monographie des Göttinger Theologen Thomas Kaufmann72, der ausgehend von einem publikationsgeschichtlichen Ansatz die text- und gattungsge67

FRIEDRICH WILHELM HOFFMANN, Geschichte der Stadt Magdeburg, nach den Quellen bearb., 3 Bde., Magdeburg 1845–1850. 68 FRIEDR.[ICH] WILH.[ELM] HOFFMANN, Geschichte der Stadt Magdeburg, 2 Bde., neu bearb. von G.[USTAV] HERTEL und FR.[IEDRICH] HÜLSSE, Magdeburg 1885/86. 69 Selbst der 2005 erschienene Abriß der Magdeburger Geschichte von 805–2005 vermochte zumindest für das 16. Jahrhundert keine grundlegend neuen Erkenntnisse zu vermitteln: MATTHIAS PUHLE/PETER PETSCH (Hrsg.), Magdeburg. Geschichte einer Stadt 805–2005, Dössel 2005. 70 FRIEDRICH HÜLSSE, Die Stadt Magdeburg im Kampfe für den Protestantismus während der Jahre 1547–1551, SVRG, Halle 1892. 71 NATHAN BARUCH REIN, The Chancery of God. Protestant Propaganda against the Empire, Magdeburg 1546–1551, ms. Diss. phil., Cambridge 2002. 72 KAUFMANN, Ende.

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schichtlichen ebenso wie die inhaltlichen Dimensionen der Magdeburger Flugschriftenproduktion analysierte. Den Ausgangspunkt der Studie Kaufmanns bildete die Beobachtung, daß einzig diese Magdeburger Publizistik in ihrer quantitativen und argumentativen Dichte vergleichbar war mit dem Phänomen der frühreformatorischen Flugschriften. Wenn auch die These des Autors, daß die eher wittenbergisch orientierte protestantische Historiographie den streitbaren Kreis um Matthias Flacius Illyricus bewußt in den toten Winkel ihres auf Einheits- und Identitätsstiftung ausgerichteten Interesses verbannte, meines Erachtens angesichts der ‚protestantischen Erfolgsgeschichte‘ des Magdeburger Widerstandes zu relativieren ist, tut dies dem äußerst überzeugenden Ergebnis der Studie Kaufmanns, daß die Magdeburger mit ihrer Kreation des Epithetons „Unsers Herrgotts Kanzlei“ den Mythos des heroischen Widerstandes selbst verfaßten, keinen Abbruch. Anhand ausgewählter Textbeispiele illustriert Kaufmann die Lebenswelten und Weltdeutungen der Autoren und verweist nachdrücklich auf die zentrale Rolle des endzeitlichen Denkens für die „mentale Welt“ der Magdeburger. Als „Erinnerungsort“, so das Fazit, bewahrte Magdeburg am Ende der Zeiten das Erbes Luthers und konstruierte so das ‚Ende der Reformation‘. Ein umfangreicher Anhang lieferte neben der Zusammenstellung aller in Magdeburg zwischen 1548 und 1552 erschienenen Druckschriften, die den inzwischen veralteten Katalog von Friedrich Hülße73 ablöste, statistische Auswertungen der Druckschriften. Obwohl die Anlage des Buches gewisse inhaltlichen Redundanzen aufweist, bleibt doch festzuhalten, daß die Forschung von den zahlreichen Anregungen Kaufmanns erheblich profitieren wird. Möglich wurden diese neuen Forschungsperspektiven auch durch die Erschließung und Veröffentlichung jener Quellen, die als Parallelüberlieferung die Lücke in der magdeburgischen Quellenlage etwas zu schließen vermögen. Neben den bereits erwähnten Reichstagsakten ist hier vor allem die ebenfalls schon benannte Politische Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen74, auf deren Basis nicht nur die innerstädtischen Ereignisse während der Belagerung, sondern auch die sonst kaum zu fassende Politik des Magdeburger Rates in Ansätzen rekonstruiert werden kann. Die Forschungen zur Magdeburger Geschichte erfuhren aber auch eine Bereicherung durch die biographische Aufarbeitung der wichtigsten Akteure des Interimsgeschehens.75 Aufgrund der Quellenlage weitgehend unerschlossen sind noch immer die genuin Magdeburger Persönlichkeiten des Rates wie der Prediger.

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FRIEDRICH HÜLSSE, Beiträge zur Geschichte der Buchdruckerkunst in Magdeburg 1500–1552, in: GBlM 15, 1880, 21–49. 164–198. 275–295. 331–374 sowie 16, 1881, 83–103. 156–195. 268–299. 342–374 und 17, 1882, 34–68. 150–181. 211–242. 358–397. 74 Vgl. PKMS III bis V. 75 Vgl. die Literatur in Kap. 2.

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Die ideengeschichtliche Erforschung des Magdeburger Widerstandes kreiste lange Zeit um die Magdeburger ,Confessio‘, ohne diese durchaus zentrale Schrift mit den anderen Magdeburger Texten ins Verhältnis zu setzen. Dazu zählen insbesondere jene Beiträge, die basierend auf den Ergebnissen Robert Kingdons76 den Eingang der Theorie des Widerstandsrechtes der niederen gegenüber den höheren Obrigkeiten, die im Magdeburger ,Bekenntnis‘ formuliert wurde, über Calvin und Théodore de Bèze in die reformierte Widerstandstradition thematisieren.77 Jüngst verwies Cornel Zwierlein in einem leider wenig rezipierten Aufsatz78 darauf, daß die im Grunde fragwürdige Interpretation Kingdons seitens der deutschen Forschung bereitwillig und daher etwas unkritisch aufgenommen wurde. Vermochte diese These doch nicht nur das Narrativ des deutschen Sonderwegs zu widerlegen, sondern den deutschen politiktheoretischen Diskurs in seiner Eigenständigkeit in die europäischen Debatten einzuordnen.79 Magdeburg, so scheint es, ist im Kontext des Widerstands der Stadt noch immer Projektionsfläche, sei es auch nur, um die Untertanen-Thesen von Troeltsch und Weber zu den Akten zu legen.80 Für das Alte Reich relativierte Eike Wolgast dagegen die Bedeutung der ,Confessio‘.81 Robert von Friedeburg82, dessen Beitrag zum magdeburgischen Widerstandsdenken auf einer breiteren Quellengrundlage basierte und sich in seine 76

ROBERT KINGDON, The First Expression of Theodore Beza’s Politicial Ideas, in: ARG 46, 1955, 88–100. 77 So u.a. CYNTHIA GRANT SHOENBERGER, The Confession of Magdeburg and the Lutheran Doctrine of Resistance, Ann Arbor 1972. Sowie: OLIVER K. OLSON, Theology of Revolution: Magdeburg, 1550–1551, in: Sixteenth Century Journal 3, 1972, 1, 56–79. ESTHER HILDEBRANDT, The Magdeburg Bekenntnis as a Possible Link Between German and English Resistance Theories in the Sixteenth Century, in: ARG 71, 1980, 227–253. SCHULZE, Zwingli. 78 CORNEL ZWIERLEIN, L’Importance de la Confessio de Magdebourg (1550) pour le Calvinisme: Un Mythe Historiographique?, in: Bibliothèque d’Humanisme et Renaissance LXVII, 2005, 27–46. 79 Dies tut der Feststellung einer parallelen Debatte im europäischen Raum dennoch keinen Abbruch. Vgl. LUISE SCHORN-SCHÜTTE, Kommunikation über Politik im Europa der Frühen Neuzeit. Ein Forschungskonzept, in: Jahrbuch des Historischen Kollegs 2007, 3–36, hier 9. 80 Darauf verwies jüngst CHRISTOPH STROHM, Nach hundert Jahren. Ernst Troeltsch, der Protestantismus und die Entstehung der modernen Welt, in: ARG 99, 2008, 6–35, hier 14. 81 EIKE WOLGAST, Die Religionsfrage als Problem des Widerstandsrechts im 16. Jahrhundert, Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, PhilosophischHistorische Klasse 1980, Abh. 9, Heidelberg 1980. Bisher vermochte nur Volker Leppin die Rezeption der Confessio durch den Advokaten Peter Ebertz zu Beginn des 17. Jahrhunderts nachzuweisen: VOLKER LEPPIN, Im Schatten des Augsburger Religionsfriedens. Die Begründung korporativen Widerstandsrechts in Religionsdingen bei dem Juristen Peter Ebertz, in: IRENE DINGEL/DERS./CHRISTOPH STROHM (Hrsg.), Reformation und Recht. Festgabe für Gottfried Seebaß zum 65. Geburtstag, Gütersloh 2002, 243–251. 82 ROBERT VON FRIEDEBURG, Magdeburger Argumentationen zum Recht auf Widerstand gegen die Durchsetzung des Interims (1550–1551) und ihre Stellung in der Geschichte des Widerstandsrechts im Reich, 1523–1626, in: SCHORN-SCHÜTTE, Das Interim, 389–437. Vgl.

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Arbeiten zum europäischen Widerstandsdenken insgesamt einordnete, konstatierte Gemeinsamkeiten wie Unterschiede zur Widerstandsargumentation im Schmalkaldischen Krieg. Sowohl 1546/48 als auch in den Magdeburger Schriften werden die städtischen Räte als Obrigkeiten definiert und damit anderen ständischen Obrigkeiten gleichgestellt. Im Unterschied sowohl zum Schmalkaldischen Krieg als auch generell zur Wittenberger Argumentation ist das Magdeburger Widerstandsdenken von einer apokalyptischen Dimension gezeichnet, die längst nicht aufgearbeitet ist. Sowohl Kaufmann als auch Friedeburg kommen in ihren Studien zu dem Ergebnis, daß die Aufarbeitung der „produktiven Bedeutung der Apokalyptik für das politische Denken“83 „ein dringendes Bedürfnis der Forschung“84 darstellt.85 Kaum formuliert, war Thomas Kaufmann einer der ersten, der diesem Bedürfnis zu entsprechen suchte. In einem 2006 publizierten Aufsatz86 untersuchte er die inzwischen klassischen Wittenberger Texte aus der Zeit des Schmalkaldischen Krieges im Hinblick auf ihre endzeitliche Argumentation, mit dem Ergebnis, daß die Widerstandsargumentation auf einem „konservativen, schöpfungstheologisch fundierten Ordnungsmodell“ basierte87. Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangte auch Matthias Pohlig in seinem Beitrag über endzeitliche Deutungsmuster während des Dreißigjährigen Krieges.88 Allerdings zog er daraus die nicht überzeugende Schlußfolgerung, daß die lutherische Apokalyptik zur Passivität geführt habe. Dieses Fazit verkennt meines Erachtens die politische Sprengkraft konservativer Deutungsmuster, wie das Beispiel der Reformation anschaulich zeigt. Befindet sich die Bearbeitung dieser Themen noch in den Anfängen, ist dagegen die Erforschung

auch die am Ende etwas persönlich werdende Auseinandersetzung Friedeburgs mit David M. Whitford über Innovation und Tradition der Confessio: DAVID M. WHITFORD, From Speyer to Magdeburg: The Development and Maturation of a Hybrid Theory of Resistance to Tyranny, in: ARG 96, 2005, 57–80. ROBERT VON FRIEDEBURG, „Confusion“ around the Magdeburg Confession and the Making of „Revolutionary Early Modern Resistance Theory“, in: ARG 97, 2006, 307–318. DAVID M. W HITFORD, Rejoinder to Robert von Friedeburg, in: ARG 98, 2007, 301–303. 83 KAUFMANN, Ende, 490. 84 FRIEDEBURG, Magdeburger Argumentationen, 429. 85 Bereits 2001 hatte Wolfgang Sommer die Apokalyptik als einen von drei Traditionssträngen lutherischen politischen Denkens erklärt, von einer ausführlichen Betrachtung aber abgesehen. WOLFGANG SOMMER, Obrigkeitskritik und die politische Funktion der Frömmigkeit im deutschen Luthertum des konfessionellen Zeitalters, in: ROBERT VON FRIEDEBURG (Hrsg.), Widerstandsrecht in der frühen Neuzeit. Erträge und Perspektiven der Forschung im deutsch-britischen Vergleich, ZHF-Beih. 26, Berlin 2001, 245–263. 86 THOMAS KAUFMANN, Apokalyptik und politisches Denken im lutherischen Protestantismus in der Mitte des 16. Jahrhunderts, in: Ders., Konfession und Kultur, 29–66. 87 Ebd., 66. 88 MATTHIAS POHLIG, Konfessionelle Deutungsmuster internationaler Konflikte um 1600 – Kreuzzug, Antichrist, Tausendjähriges Reich, in: ARG 93, 2002, 278–315.

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des Verhältnisses des Luthertums zur Apokalyptik insgesamt sehr viel weiter. Dies ist zuallererst der äußerst anregenden Habilitationsschrift des Theologen Volker Leppin89 zu verdanken, der frühere Ansätze, die sich entweder mit der Feststellung der Affinität des Luthertums zur Apokalyptik genügten90 oder auf die anthropologisch inspirierte Fortschreibung der Endzeiterwartung Luthers zurückführten91, aufnahm und für den Zeitraum 1548 bis 1618 die verschiedensten Ausprägungen und Funktionen des endzeitlichen Deutungsmusters für das Luthertum beschrieb. Auf der Grundlage einer breiten Quellenbasis vermochte er festzustellen, daß die Apokalyptik für das sich einer permanenten Selbstvergewisserung ausgesetzte Luthertum Orientierung und Kontingenzverringerung bot. Die apokalyptische Flugschriftenliteratur, so sein Fazit, „ist ein grandioser Versuch der Korrektur eines kirchenfreien und -fernen Weltbildes, ein Kampf um die Durchchristianisierung der Gesellschaft unter den Vorzeichen konfessionalisierter Theologie.“92 Auf die sich in diesem Zusammenhang anbietende Thematisierung der politischen Dimension der Apokalyptik verzichtet Leppin allerdings. Auch die Auseinandersetzungen um das Interim bilden aufgrund des weitgefaßten Untersuchungszeitraumes nur einen kleinen Teil seiner Studie. Trotz der Definition des Katalogs, nach welchem nur jene Flugschriften in die Untersuchung aufgenommen wurden, die einen längeren Exkurs über die apokalyptische Erwartung enthalten, sind für die Jahre 1548 bis 1552 lediglich 6 Flugschriften erfaßt worden. Dies erscheint angesichts der Menge endzeitlich motivierter Texte dieser Zeit etwas wenig, verdeutlicht aber auch die Nachteile eines jeden Rasters, welches einen umfangreichen Quellenkorpus zu begrenzen sucht.93 Eben jener Thematik, Interim und Apokalyptik, widmete sich bisher lediglich Martin Stupperich in einem Aufsatz aus dem Jahre 1973, der den Anstoß für vorliegende Dissertation gab.94 Darin beschrieb er die Wahrnehmung des Augsburger Interims als apokalyptisches Ereignis durch Andreas Osiander d.Ä., der sich am Ende der Zeiten sah und daraus mit der Verkündigung des Evangeliums und der Entlarvung der ‚eigentlichen‘ Motive des Interims seine Handlungsmaßstäbe entwickelte.

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LEPPIN, Antichrist und Jüngster Tag. So u.a. HARTMUT LEHMANN, Endzeiterwartungen im Luthertum im späten 16. und im frühen 17. Jahrhundert, in: HANS-CHRISTOPH RUBLACK (Hrsg.), Die lutherische Konfessionalisierung in Deutschland, SVRG 197, Heidelberg 1992, 545–554. 91 ROBIN BRUCE BARNES, Prophecy and Gnosis. Apocalypticism in the Wake of the Lutheran Reformation, Stanford 1988. 92 Ebd., 289. 93 Die m. E. überzogene Kritik an der Auswahl bei: KAUFMANN, Ende, 102. 94 MARTIN STUPPERICH, Das Augsburger Interim als apokalyptisches Geschehnis nach den Königsberger Schriften Andreas Osianders, in: ARG 64, 1973, 225–245. 90

Apokalyptik und Krise

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3. Apokalyptik und Krise – begriffliche Überlegungen „Wer den Begriff Apokalyptik verwendet, sollte sich der Tatsache bewußt bleiben, daß es bisher noch nicht gelungen ist, ihn auf eine befriedigende Weise zu definieren.“95 1988 legte der Theologe Pinchas Lapide den Finger in die Wunde und machte so auf eine Problematik aufmerksam, mit der sich jeder Wissenschaftler konfrontiert sieht, der sich mit der Apokalyptik befaßt. Dies mag unter linguistischen Aspekten darin begründet sein, daß die alltagssprachliche Verwendung des Begriffs eine einerseits typisch diffuse Semantik erzeugt und andererseits zu einer säkularisierten Semverschiebung führt, die mit dem unglücklichen soziologischen Terminus der „kupierten Apokalypse“ beschrieben wurde.96 Den wissenschaftlichen Disziplinen scheint dagegen eine gewisse Zurückhaltung eigen angesichts der Komplexität des Phänomens.97 So ist es bezeichnend, daß der Neutestamentler Ernst Käsemann in seinem programmatischen Beitrag aus dem Jahre 1960, in welchem er die Apokalyptik als die „Mutter aller christlichen Theologie“98 proklamierte, einer Definition des Begriffes selbst aus dem Wege ging. Und auch die Herausgeber der gewichtigen ‚Encyclopedia of Apocalypticism‘ verzichten bewußt auf eine konkrete Begriffsbestimmung zugunsten der Einbeziehung einer großen Bandbreite des Materials.99 Vielschichtigkeit, Komplexität und Wandlungsfähigkeit tragen als Charakteristika der Apokalyptik zur Attraktivität des Phänomens für alle Epochen ebenso

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P INCHAS LAPIDE, Apokalypse als Hoffnungstheologie. Anmerkungen zu Ernst Blochs „Prinzip Hoffnung“, in: Una Sancta 43, 1988, 2, 93–100, hier 94. 96 KLAUS VONDUNG, Die Apokalypse in Deutschland, München 1988, 12. Die kupierte Apokalyptik blendet den Hoffnungs- und Erlösungsaspekt des neuen Äons aus und wird reduziert auf einen grauenhaften und angstbesetzten Untergang. Beispielhaft für diese Art der Apokalyptik sei Hans Magnus Enzensberger angeführt: „Die Apokalypse gehört zu unserem ideologischen Handgepäck. Sie ist ein Aphrodisiakum. Sie ist ein Angsttraum. [...] Sie tritt uns in allen möglichen Gestalten und Verkleidungen entgegen, als warnender Zeigefinger und als wissenschaftliche Prognose, als kollektive Fiktion und als sektiererischer Weckruf, als Produkt der Unterhaltungsindustrie, als Aberglauben, als Trivialmythos, als Vexierbild, als Kick, als Jux, als Projektion. Sie ist allgegenwärtig, aber nicht ‚wirklich‘: eine zweite Realität, ein Bild, das wir uns machen, eine unaufhörliche Produktion unserer Phantasie, die Katastrophe im Kopf.“ HANS MAGNUS ENZENSBERGER, Zwei Randbemerkungen zum Weltuntergang, in: DERS., Politische Brosamen, Frankfurt am Main 1982, 225–236, hier 225 (EA Kursbuch 52, 1978). 97 Vgl. u.a.: KLAUS KOCH, Ratlos vor der Apokalyptik, Gütersloh 1970. 98 ERNST KÄSEMANN, Die Anfänge christlicher Theologie, in: ZThK 57, 1960, 2, 163–185, hier 180. 99 Vgl. JOHN J. COLLINS/BERNHARD MCGINN/STEPHEN J. STEIN, General Introducion, in: JOHN J. COLLINS (Ed.), The Encyclopedia of Apocalypticism, Vol 1: The Origins of Apocalypticism in Judaism and Christianity, 2. Aufl., New York/London 2002, VII–XI, hier VIII.

Einleitung

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bei wie sie es einer konkreten Definition entziehen.100 Dennoch: Da ohne eine Definition des Begriffs Apokalyptik kein sinnvoller Gebrauch möglich ist, soll hier eine Arbeitsdefinition versucht werden. Apokalyptik wird im folgenden verstanden als ein Deutungsmuster und ein Komplex von Vorstellungen, der unter Rekurs auf bzw. Verarbeitung von jüdisch-christlicher Überlieferung eine als chaotisch bzw. bedrohlich wahrgenommene Umwelt innerhalb einer teleologischen Geschichtsauffassung als heilsgeschichtliche Endzeit reinterpretiert und potentiell mit konsolatorischer und paränetischer Intention zum konfessionellen Handeln motiviert. Apokalyptik soll hier also als geistesgeschichtliches Phänomen begriffen werden. Diese Deutung erteilt jenen zumeist älteren Definitionsansätzen eine Absage, die die Apokalyptik auf eine literarische Gattung mit allzu starren formalen und inhaltlichen Gattungsmerkmalen festzulegen suchen.101 So blendet meines Erachtens deren Charakterisierung als Offenbarungsliteratur102, zu der eine visionäre Schau ebenso wie die Mittlerfigur des Propheten gehört, gänzlich die im Rezeptionsvorgang der Aneignung und Auslegung der klassischen Apokalypsen entstandenen Texte aus103, die diese Merkmale nicht aufweisen. Der Vorteil eines geistesgeschichtlichen Deutungsansatzes104 besteht demnach zunächst einmal darin, daß er die Apokalyptik grundsätzlich weder auf konkrete Gattungen oder Textsorten festlegt noch auf einzelne Personen oder historische Epochen, auch wenn dies im Verfahren der Kon100

So warnt Bernard McGinn: „To reduce apocalypticism to a clear and distinct idea may well be to sacrifice understanding for illusory clarity.“ B ERNARD MCGINN, Visions of the End. Apocalyptic Traditions in the Middle Ages, Records of Civilization, Sources and Studies 90, erw. Aufl., New York 1998, 3. 101 Dieser Deutungsansatz u.a. bei: JOSEF SCHREINER, Alttestamentlich-jüdische Apokalyptik. Eine Einführung, Biblische Handbibliothek 5, München 1969. JOHN JOSEPH COLLINS, Apocalypse: The Morphology of a Genre, in: Semeia 14, 1979, 1–217. Oder: WOLFGANG PÖHLMANN, Apokalyptische Geschichtsdeutung und geistiger Widerstand. Martin Hengel in Dankbarkeit zum 60. Geburtstag, in: Kerygma und Dogma 34, 1988, 60–75. Dieser sieht in der Apokalyptik kein „religiöses Phänonem“, ebd. 67. Zur Kritik bereits: HANS DIETER BETZ, Zum Problem des religionsgeschichtlichen Verständnisses der Apokalyptik, in: ZThK 63, 1966, 4, 391–409. 102 Vgl. PÖHLMANN, Apokalyptische Geschichtsdeutung, 68. NORMAN COHN, Die Erwartung der Endzeit. Vom Ursprung der Apokalypse, Frankfurt am Main/Leipzig 1997, 248. Sowie die Kritik am Apokalyptikbegriff bei Cohn: KLAUS BERGER, Peterchens Apokalypse und Norman Cohns Mondfahrt, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 14.10.1997. 103 So verwies Ernst Koch darauf, daß die Beschäftigung mit der Endzeitthematik in der Frühen Neuzeit immer auch eine Beschäftigung mit der Auslegung der biblischen Texte ist. Vgl. ERNST KOCH, Bibelauslegung und Endzeiterwartung in der frühen Neuzeit, in: B ARBARA HAUPT (Hrsg.), Endzeitvorstellungen, Studia humaniora 33, Düsseldorf 2001, 313–329, 313. 104 In der Regel vertreten die eher ‚weichen‘ Definitionen ebenfalls diesen Ansatz. Vgl. u.a. COLLINS/MCGINN/STEIN , General Introducion, VIII. Sowie: GÜNTER LANCZKOWSKI, Apokalyptik/Apokalypsen I: Religionsgeschichtlich, in: TRE 3, 189–191, hier 190.

Apokalyptik und Krise

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textualisierung durchaus konkrete Züge annimmt und annehmen muß. Dieser Prämisse folgend qualifiziert der Begriff Deutungsmuster die Apokalyptik als ein religiöses Symbolsystem, das die Wahrnehmung und Deutung der Alltagswelt strukturiert und sie auf diese Weise konstituiert.105 Dieses Symbolsystem weist eine interne Flexibilität auf, aufgrund derer einzelne Aspekte ebenso betont wie andere ausgeblendet werden. So ist das apokalyptische Denken von einem stark dualistischen Weltbild geprägt, dessen ideengeschichtlichen Wurzeln bis in die antiken Kampfesmythen zurückreichen.106 Als traditionsbildend können dagegen die Schriften aus der Exilszeit Israels sowie der hellenistisch-römischen Epoche, der weisheitlichen wie der prophetischen Literatur, angesehen werden, die durch Überformung oder Umgestaltung Eingang in die christliche Literatur fanden.107 Zu den wirkungsmächtigsten Texten108 zählen vor allem das apokryphe äthiopische Henochbuch109, das alttestamentliche Buch Daniel sowie die sogenannte synoptische Apokalypse (v.a. Mt 24,3-44. Mk 13,4-37. Lk 21,5-36), der 2. Brief des Paulus an die Thessalonicher und die Offenbarung des Johannes des Neuen Testaments. Gerade die intensive Rezeption des Danielbuches und der Johannesoffenbarung trug zur Interpretation von Apokalyptik als ‚Krisenliteratur‘ maßgeblich bei.110

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Siehe oben. Vgl. J OHN J. COLLINS, From Prophecy to Apocalypticism: The Expectation of the End, 129–161, in: DERS., The Encyclopedia of Apocalypticism 1, 129–161, v.a. 129f. 107 So rekurieren z.B. die synoptischen Evangelien und die Johannesoffenbarung auf Dan 7. Vgl. hierzu die Ausführungen von: FERDINAND R. PROSTMEIER, Hoffnung und Weltverantwortung. Zum Motiv „Zeiten(w)ende“ in der frühjüdischen Apokalyptik, in: M ICHAEL N. EBERTZ/REINHOLD ZWICK (Hrsg.), Jüngste Tage. Die Gegenwart der Apokalyptik, Freiburg/ Basel/Wien 1999, 82–103, hier 86f. 108 Zum Überblick über den Forschungsstand und die apokalyptischen Quellen vgl. u.a.: Apokalyptik/Apokalypsen II bis IV, in: TRE 3, 192–257. KOCH, Ratlos vor der Apokalyptik. KURT ERLEMANN, Endzeiterwartungen im frühen Christentum, Tübingen/Basel 1996, 19–28. Sowie: CHRISTOPHER ROWLAND‚ Upon Whom the Ends of the Ages have Come’: Apocalyptic and the Interpretation of the New Testament, in: MALCOM BULL (Ed.), Apocalypse Theory and the Ends of the World, Wolfson College Lectures, Oxford 1995, 38–57. 109 Die im Zuge der Entdeckung der Qumranschriftrollen vorgenommene Korrektur der Chronologie apokalyptischer Schriften qualifizierte das Henochbuch (äthHen 72–82) als älteste bekannte Apokalypse. Vgl. hierzu: HARTMUT STEGEMANN, Jüdische Apokalyptik. Anfang und ursprüngliche Bedeutung, in: EBERTZ/ZWICK, Jüngste Tage, 30–49, hier 39. Sowie: JOHN J. COLLINS, From Prophecy to Apocalypticism, 134. Zur Henochtradition vgl. PAOLO SACCHI, Henochgestalt/Henochliteratur, in: TRE 15, 42–54, v.a. 42–47. 110 Stegemann verweist auf die Überlagerung des Ordnungsmotivs in den frühen Apokalypsen durch das Chaosmotiv des Danielbuches. STEGEMANN, Jüdische Apokalyptik, 30–33. Zu den Traditionen im Danielbuch vgl. GABRIELE B OCCACCINI (Ed.), Enoch and Qumran Origins. New Light on a Forgotten Connection, Grand Rapids, Mich. 2005, v.a. 17–72. Zum Verhältnis Apokalyptik und Krise siehe unten. 106

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Der Apokalyptik – wie auch dem eschatologischen Denken insgesamt – liegt ein lineares111 Geschichtsverständnis zugrunde, das die Geschichte einerseits auf das Telos des Gerichts und des Reiches Gottes hin orientiert112, sie andererseits jedoch erst durch das Telos konstituiert. Die Zukunft, nicht die Vergangenheit, prägt die Gegenwart und prägt die Geschichte. Eingeschrieben in diese historia sacra113 ist die „vorübergehende Distanzierung Gottes von der Geschichte“114. Damit verbunden ist eine zunehmende Heilslosigkeit, die durch den Menschen als chaotisch empfunden wird. Und doch ist sie Teil einer Ordnung, die Gott dem Menschen in seiner Heilsgeschichte offenbart hat. Das irdische ‚Interim‘ ist hier beschrieben als eine Geschichte der geordneten Degeneration.115 Die Einordnung der im Verfall begriffenen Umwelt in diese Geschichte und die Zuordnung konkreter Ereignisse und Personen zu eschatologischen Szenen und Figuren qualifiziert die eigene Zeit als die letzte Phase der Geschichte116. Die Geschichte endet mit dem Eingreifen Gottes und der Herstellung der ewigen göttlichen Ordnung. Die Verkündung der Erlösung am Ende der Geschichte ist jenes Telos, das die Gegenwart des Christen zwischen dem Schon-Jetzt und Noch-Nicht unter 111

Vgl. die Ausführungen bei: RICHARD SCHAEFFLER, Vollendung der Welt oder Weltgericht. Zwei Vorstellungen vom Ziel der Geschichte in Religion und Philosophie, in: HEINZ ALTHAUS (Hrsg.), Apokalyptik und Eschatologie. Sinn und Ziel der Geschichte, Freiburg 1987, 73–104. 112 Die Zukunft als Ende der Welt, vgl. dazu: REINHART KOSELLECK, Vergangene Zukunft. Zur Semantik geschichtlicher Zeiten, Frankfurt am Main 1989, 22. 113 Zum Geschichtsverständnis der historia sacra vgl. v.a. KARL LÖWITH, Weltgeschichte und Heilsgeschehen. Die theologischen Voraussetzungen der Geschichtsphilosophie, Stuttgart/ Weimar 2004. (1. Aufl. 1952). Sowie die Arbeiten von: ARNO SEIFERT, Der Rückzug der biblischen Prophetie von der neueren Geschichte. Studien zur Geschichte der Reichstheologie des frühneuzeitlichen Protestantismus, Beih. zum Archiv für Kulturgeschichte 31, Köln/ Wien 1990. DERS., Von der heiligen zur philosophischen Geschichte. Die Rationalisierung der universalhistorischen Erkenntnis im Zeitalter der Aufklärung, in: Archiv für Kulturgeschichte 68, 1986, 81–117. 114 JÜRGEN LEBRAM, Apokalyptik/Apokalypsen II: Altes Testament, in: TRE 3, 192–202, hier 196. Dagegen überzeugend: KARLHEINZ MÜLLER, Apokalyptik/Apokalypsen III: Jüdische Apokalyptik, in: TRE 3, 202–251, v.a. 233, der nicht in Gott das sich distanzierende Subjekt sieht, sondern im Menschen gegenüber Gott. 115 Bestes Beispiel ist die Schilderung der Monarchienabfolge im Danielbuch, die den Niedergang in Perioden beschreibt. Klaus Koch stellt in seinem sehr guten Überblick fest, daß die letzte Etappe des Niedergangs von eigener Qualität ist. KLAUS KOCH, Universalgeschichte, auserwähltes Volk und Reich der Ewigkeit. Das Geschichtsverständnis des Danielbuches, in: MARIANO DELGADO/DERS./EDGAR MARSCH (Hrsg.), Europa, Tausendjähriges Reich und Neue Welt. Zwei Jahrtausende Geschichte und Utopie in der Rezeption des Danielbuches, Studien zur christlichen Religions- und Kulturgeschichte 1, Stuttgart 2003, 11–36, hier 17. Zur Ordnungsfunktion des Dekadenzmodells (hier am Beispiel der Kirchengeschichte) vgl. CHRISTOPH MARKSCHIES, Die eine Reformation und die vielen Reformen oder Braucht evangelische Kirchengeschichtsschreibung Dekadenzmodelle?, in: ZGK 106, 1995, 1, 70–97. 116 Vgl. LEBRAM, Apokalyptik II, 192.

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Spannung setzt.117 Hierzu bietet die Heilsgeschichte im Rahmen der Apokalyptik den entsprechenden Deutungs- und Verarbeitungsmodus. Apokalyptik ist also weder weltverneinend noch quietistisch118, sondern fordert den Gläubigen auf zum Vertrauen auf das göttliche Heilsversprechen und zum aktiven Bekenntnis in der Welt. Letztendlich ist die Apokalyptik als Teil der größten christlichen Meistererzählung119, der Heilsgeschichte, zu verstehen, die Orientierungs- und Identifikationsmöglichkeiten ebenso bietet wie Kohärenz- und universale Sinnstiftungen. Für die historische Forschung gehört ‚Krise‘ zum begrifflichen Handapparat. So werden die reformatorischen Bewegungen durch gesamtgesellschaftliche Krisen120 erklärt oder gar ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Krisensituationen und Wellenbewegungen apokalyptischen Denkens konstatiert. Die Indizien dafür sind in den frühneuzeitlichen Quellen durchaus vorhanden, entwerfen sie doch zuhauf Bedrohungs- und Katastrophenszenarien und zeugen von politischen, sozialen oder ökonomischen Depravationssymptomen. Zudem ist die altertumswissenschaftliche Forschung gerade erst im Begriff, die traditionelle Auffassung von der engen Verbindung zwischen der Entstehung der klassischen apokalyptischen Texte und einer existenziellen Verfolgungssituation zu relativieren.121 Der Versuch, eine lineare Kausalität zwischen Krise und Apokalyptik herzustellen, das eine aus dem anderen herzuleiten, wie ihn etwa Hartmut Lehmann in einigen Publi117

Nach jüdischer Auffassung steht das Kommen des Messias noch aus. Vgl. B ARNES, Prophecy and Gnosis, 19. 119 Zum Begriff vgl. KONRAD H. JARAUSCH/MARTIN SABROW, ‚Meistererzählung‘ – Zur Karriere eines Begriffs, in: DIES. (Hrsg.), Die historische Meistererzählung. Deutungslinien der deutschen Nationalgeschichte nach 1945, Göttingen 2002, 9–32. 120 Vgl. u.a. die „Systemkrise“ bei: HEINRICH LUTZ, Das Ringen um deutsche Einheit und kirchliche Erneuerung. Von Maximilian I. bis zum Westfälischen Frieden 1490 bis 1648, Frankfurt am Main/Berlin 1987. Die „gesamtgesellschaftlich wirksame Krise“, wenn auch etwas differenzierter und mit dem Schwerpunkt auf einem allgemeinen Krisenbewußtsein, bei: RAINER W OHLFEIL, Einführung in die Geschichte der deutschen Reformation, München 1982, 191. Sowie für die marxistische Geschichtsschreibung die „gesamtnationale Krise“ in Anlehnung an Lenin vgl. u.a. MAX STEINMETZ, Die frühbürgerliche Revolution in Deutschland (1476–1535), in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 8, 1960, 113–124. 121 Vgl. hierzu v.a. STEGEMANN, Jüdische Apokalyptik, passim. Die Offenbarung des Johannes kann inzwischen nicht mehr als Beleg einer Christenverfolgung durch Kaiser Domitian gelesen werden. Vielmehr ging die Bedrohung für den christlichen Glauben eher von der Attraktivität des Kaiserkultes und dem synkretistischen Religionswesen der Städte aus, die ein eindeutiges Bekenntnis des Christen erforderten. Vgl. u.a. ULRIKE RIEMER, Das Tier auf dem Kaiserthron? Eine Untersuchung zur Offenbarung des Johannes als historische Quelle, Beiträge zur Altertumskunde 114, Stuttgart/Leipzig 1998. OTTO BÖCHER, Die Johannesapokalypse, Erträge der Forschung, 41, Darmstadt 1998. Sowie: HEINZ GIESEN, Das Römische Reich im Spiegel der Johannes-Apokalypse, in: WOLFGANG HAASE (Hrsg.), Aufstieg und Niedergang der Römischen Welt, Teil II: Prinzipat 26,3, Berlin/New York 1996, 2501–2614. 118

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kationen vor allem für das 17. Jahrhundert unternahm, ist jedoch problematisch.122 Und dies liegt nicht nur am Begriff Krise selbst. Wortwörtlich bedeutet Krisis zunächst einmal Scheidung, Streit, Entscheidung oder Urteil und hat als solche einen starken Bezug zu den Vorstellungen vom Jüngsten Gericht im besonderen123 wie einer konkreten Entscheidungssituation im allgemeinen124. Die Verwendung des Begriffs in den unterschiedlichsten Kontexten weist diesem eine derart stark gefächerte und unscharfe Semantik zu, daß die Möglichkeit seiner theoretischer Konzipierung grundsätzlich in Frage gestellt wurde.125 Bereits 1978 unternahm Rudolf Vierhaus den Versuch, Krise als analytischen Begriff für die historische Forschung fruchtbar zu machen.126 Systemtheoretisch definierte er Krisen als Funktionsstörungen politisch-sozialer Systeme, deren Regulierungsmechanismen zur Überwindung dieser Störung nicht mehr ausreichten.127 Dabei verwies er auf die notwendige Unterscheidung zwischen dem subjektiven Krisenbewußtsein, das sich in Verunsicherung und Orientierungslosigkeit ausdrücke, und dem „objektiven Charakter“ einer Krise, d.h. dem Vorliegen „tatsächlicher“ Veränderungen. Erst das Vorhandensein beider, so Vierhaus, mache eine Krise aus; erst dann könne der Historiker von Krise sprechen.128 Diese Unterscheidung ist jedoch insofern problematisch, als daß Krise in erster Linie ein subjektives Bewußtseinsphänomen ist, das die institutionalisierten Regelungsmechanismen als dysfunktional wahrnimmt, als unfähig also, die Alltagswelt in die routinierten Problemlösungsstrategien einzu122

Für die Frühe Neuzeit hat v.a. Hartmut Lehmann in verschiedenen Publikationen zur Krise des „langen 17. Jahrhunderts“ den kausalen Zusammenhang nachzuweisen versucht. Vgl. u.a. HARTMUT LEHMANN, Das Zeitalter des Absolutismus. Gottesgnadentum und Kriegsnot, Stuttgart u.a. 1980, v.a. 105–114. Später differenzierend: DERS., Europäisches Christentum im Zeichen der Krise, in: DERS./ANNE-CHARLOTT TREPP (Hrsg.), Im Zeichen der Krise. Religiosität im Europa des 17. Jahrhunderts, Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 152, Göttingen 1999, 9–15. Sowie: DERS., Die Krisen des 17. Jahrhunderts als Problem der Forschung, in: MANFRED J AKUBOWSKI-T IESSEN (Hrsg.), Krisen des 17. Jahrhunderts, Göttingen 1999, 13–24. 123 Z.B. Joh. 3,17–19. Zur Krisis als Theologumenon vgl. BERND JASPERT, „Krise“ als kirchengeschichtliche Kategorie, in: DERS./RUDOLF MOHR (Hrsg.), Traditio, Krisis, Renovatio aus theologischer Sicht. Festschrift Winfried Zeller zum 65. Geburtstag, Marburg 1976, 24–40. 124 Vgl. HANS-MICHAEL BAUMGARTNER, Institution und Krise, in: GERT MELVILLE (Hrsg.), Institution und Geschichte. Theoretische Aspekte und mittelalterliche Befunde, Norm und Struktur 1, Köln/Weimar/Wien 1992, 97–114, hier 98. 125 So u.a. BAUMGARTNER, ebd., 105, der dem Begriff lediglich die Diagnose von konkreten Situationen zugesteht. 126 Vgl. RUDOLF VIERHAUS, Zum Problem historischer Krisen, in: KARL-GEORG FABER/ CHRISTIAN MEIER (Hrsg.), Historische Prozesse, Beiträge zur Historik 2, München 1978, 313–329. 127 Vgl. ebd., 328f. 128 „Daß Menschen ihre eigene Zeit als krisenhaft erfahren und als Krise benannt haben, berechtigt deshalb den Historiker nicht, dieses Urteil zu übernehmen.“ Ebd., 322.

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betten.129 Sie ist demnach als Ordnungskrise zu verstehen, die sich durch den integrativen Funktions- und Legitimationsverlust traditioneller Weltbilder und der damit einhergehenden Erfahrung von Kontingenz auszeichnet.130 In dieser Eigenschaft ist das Bewußtseinsphänomen mit einer sogenannten „objektiven“ Krise, d.h. einer ex post durch den Historiker konstatierten Krisensituation bzw. einer ganzen Krisenepoche nicht unbedingt zu vereinbaren. Der Begriff Krise wird in seiner metaphorischen Anwendung auf den politischen, ökonomischen und psychologischen Bereich erst im 17. Jahrhundert gebraucht.131 Die Zeitgenossen des 16. Jahrhunderts faßten und verarbeiteten zugleich ihre Kontingenzerfahrung, ihren Orientierungsverlust eher in deutenden Begriffen wie ‚geschwinde Leufte‘132 oder eben in apokalyptischen Motiven. Die diese subjektive Wahrnehmung verursachenden Ereignisse oder Entwicklungen – in der Regel werden diese als Situationen des Umbruchs oder sozialen Wandels beschrieben133 – müssen aber zum einen weder durch alle Zeitgenossen als krisenhaft empfunden werden, so daß von einem allgemeinen Krisenbewußtsein gesprochen werden kann134, noch durch 129

Vgl. die Definition bei: JÜRGEN FRIEDRICHS, Gesellschaftliche Krisen. Eine soziologische Analyse, in: HELGA SCHOLTEN (Hrsg.), Die Wahrnehmung von Krisenphänomenen. Fallbeispiele von der Antike bis in die Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 2007, 13–26, hier 14. Sowie insgesamt LUCKMANN/B ERGER, Die gesellschaftliche Konstruktion, 159. 130 Vgl. CHRISTOPH STROHM, Ethik im frühen Calvinismus. Humanistische Einflüsse, philosophische, juristische und theologische Argumentationen sowie mentalitätsgeschichtliche Aspekte am Beispiel des Calvin-Schülers Lambertus Danaeus, Arbeiten zur Kirchengeschichte 65, Berlin/New York 1996, v.a. 545. Sowie: PETER HIBST, Siquidem in vitium et ruinam prona sunt omnia. Überlegungen zum spätmittelalterlichen Krisenverständnis an der Schwelle zur Neuzeit: Sebastian Brants Narrenschiff, in: SCHOLTEN, Die Wahrnehmung von Krisenphänomenen, 155–168, hier 156. Zum Mehrwehrt für die politische Ideengeschichte vgl. u.a. J ÜRGEN MIETHKE, Politische Theorie in der Krise der Zeit. Aspekte der Aristotelesrezeption im früheren 14. Jahrhundert, in: MELVILLE, Institutionen und Geschichte, 157–186. 131 Vgl. REINHART KOSELLECK, Art. Krise, in: OTTO BRUNNER/WERNER CONZE/DERS. (Hrsg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland 3, Stuttgart 1982, 617–650, 617. 132 Zum Motiv vgl. u.a. RAINER P OSTEL, Geschwinde Zeiten. Zum Krisenproblem im 16. Jahrhundert, in: MONIKA HAGENMAIER/SABINE HOLTZ (Hrsg.), Krisenbewußtsein und Krisenbewältigung in der Frühen Neuzeit – Crisis in Early Modern Europe, Festschrift für Hans-Christoph Rublack, Frankfurt am Main u.a. 1992, S. 13–21. 133 So u.a. STROHM, Ethik im frühen Calvinismus, 545 sowie: FRIEDRICHS, Gesellschaftliche Krisen, 15. 134 Es sei denn, es werden entsprechende Objektivierungsleistungen vollzogen. Vgl. hierzu LUCKMANN/BERGER, Die gesellschaftliche Konstruktion, passim. Auf die Subjektivität des Krisenbewußtseins verweist: RAINER POSTEL, Geschwinde Zeiten, 21. Sowie aus psychologischer Sicht grundsätzlich: DON BANNISTER/FAY FRANSELLA, Der Mensch als Forscher (Inquiring Man). Die Psychologie der persönlichen Konstrukte, Arbeiten zur sozialwissenschaftlichen Psychologie 9, Münster 1981, 12. Demnach befinden sich zwei Personen aufgrund ihrer persönlichen Konstrukte nie in ein und derselben Situation. Diese wird erst durch eine dritte Person, z.B. einen Historiker, hergestellt.

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Dritte als Krise im analytischen Sinne gedeutet werden. Insofern versucht der Vierhaussche Ansatz zwei verschiedene Wahrnehmungsmodi in Übereinstimmung zu bringen, was meines Erachtens so nicht funktionieren kann. Auf diesem Ansatz fußt auch Hartmut Lehmanns Krisenargumentation.135 Seit den 1570er Jahren seien, so Lehmann, eine Schwächung des Luthertums, Mißernten und andere ökonomische Mangelerscheinungen, zunehmende soziale und politische Spannungen zu beobachten. Die Zusammenschau der Indizien führt Lehmann zur Konstatierung einer Krise des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts, auf die das Luthertum mit einer Intensivierung des apokalyptischen Denkens reagiere.136 Die Deutung eines derart langen Zeitraums mittels des analytischen Krisenbegriffs führt naturgemäß zu einer Verallgemeinerung und Abstraktion, die eine differenzierte Sichtweise ausblendet.137 Problematisch ist jene Vorgehensweise meines Erachtens dann, wenn diese Interpretation zur Erklärung des Endzeitbewußtseins dient, das doch eine direkte Folge jener konstatierten Krise darstellt.138 Die kausale Ableitung apokalyptischen Denkens aus einer Krise heraus greift zu kurz, berücksichtigt sie doch nicht die enge Interdependenz zwischen dem apokalyptischen Deutungsmuster und der gedeuteten Welt. Die Zirkularität des Wahrnehmungsprozesses läßt, so Volker Leppin, eine strikte Trennung zwischen Text und Realität, zwischen Ursache und Wirkung, nicht zu.139 Aus diesen Unwägbarkeiten, die sich mit dem Begriff Krise verbinden, wird im folgenden auf dessen Verwendung verzichtet zugunsten des Begriffs Krisenbewußtsein, der stärker auf den bereits bezeichneten Wahrnehmungsaspekt abhebt.

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Vgl. die ausführliche Auseinandersetzung mit Lehmanns Thesen bei LEPPIN, Antichrist, 85f., 159–161 sowie 278f. 136 Vgl. LEHMANN, Endzeiterwartungen im Luthertum, 551. 137 Die Kritik am „Modell“ der „Krise des 17. Jahrhunderts“ bei MARTIN BRECHT vgl. ebd. 558. Sowie: T HOMAS KAUFMANN, 1600 – Deutungen der Jahrhundertwende im deutschen Luthertum, in: DERS., Konfession und Kultur, 413–464, hier 413 mit weiteren Literaturangaben. In den 1990er Jahren hat Harmut Lehmann sein Krisenkonzept auch relativiert zugunsten der Untersuchung verschiedener Krisen und krisenhaften Aspekten. Vgl. v.a. LEHMANN, Die Krisen des 17. Jahrhunderts als Problem der Forschung, 13–24. 138 Kritisch dazu LEPPIN, Antichrist, 161. 139 Vgl. ebd., 85. Zudem erklärt Hartmut Lehmann nicht, wieso die Krise, die nach seiner Theorie ja interkonfessionell war, vornehmlich die Lutheraner zur apokalyptischen Argumentation greifen läßt.

Kapitel 2

Druckschriften und Reformation Der Begriff der „Herrgotts Kanzlei“, den die Magdeburger Geistlichen aus ihrem publizistischen Kampf gegen die kaiserliche und sächsisch-albertinische Religionspolitik heraus prägten1, ist ebenso Symbol konfessioneller Identitätsbildung wie er auf die immense Bedeutung der Druckschriftenproduktion als geistige Waffe verweist. Der Untersuchung zugrunde liegen eben jene zahlreichen in Magdeburg in den Jahren 1548 bis 1552 produzierten Flugschriften, die sich mit den aktuellen religionspolitischen Ereignissen vermittels einer endzeitlichen Deutung auseinandersetzen. Im Kampf um die „wahre Lehre“ vermochte die Magdeburger Publizistik dem Anspruch der Autoren sowie der quantitativen Dichte nach durchaus an die Druckproduktion der frühen Reformationsphase anzuknüpfen.2 „Ohne Buchdruck keine Reformation.“3 Moellers griffige These ist in den letzten Jahrzehnten durch die Reformationsgeschichts- sowie die Kommunikations- und Buchgeschichtsforschung erheblich differenziert und erweitert worden. Selbst wenn sie im Kern weiterhin gilt, verlagert sich einerseits der Fokus zunehmend auf die Wechselwirkungen zwischen Buchdruck und Reformation. So verwies jüngst Johannes Burkhardt auf das Verdienst der Reformation, den Buchdruck aus der „Existenzkrise“ gerettet zu haben.4 Die Reformation bot dem Buchdruck jenes Medienereignis, das er so dringend benötigte, den um 1500 gesättigten Markt neu zu beleben.5 Forschungen aus 1

Thomas Kaufmann konnte nachweisen, daß der Begriff der „Kanzlei Gottes“ nicht durch Kaspar Aquila entstand, sondern von den Magdeburger Theologen selbst in ihrer ,Confessio‘ vom April 1550 geprägt wurde. Vgl. KAUFMANN, Ende, 1 Anm. 4 sowie 157 Anm. 1. 2 So ebd., 40. 3 BERND MOELLER, Stadt und Buch. Bemerkungen zur Struktur der reformatorischen Bewegung in Deutschland, in: WOLFGANG J. MOMMSEN/PETER ALTER/ROBERT W. SCRIBNER (Hrsg.), Stadtbürgertum und Adel in der Reformation. Studien zur Sozialgeschichte der Reformation in England und Deutschland, Stuttgart 1979, 25–39, hier 30. 4 JOHANNES BURKHARDT, Das Reformationsjahrhundert. Deutsche Geschichte zwischen Medienrevolution und Institutionenbildung 1517–1617, Stuttgart 2002, 26. 5 Die These Burkhardts, „die Begründung des neuzeitlichen Informationssystems“ sei „wirkungsgeschichtlich vielleicht ihre [der Reformation – d.A.] größte Leistung“, ebd., 26, scheint mir doch überzogen zu sein. Ähnlich argumentiert ERDMANN WEYRAUCH, Das Buch als Träger der frühneuzeitlichen Kommunikationsrevolution, in: MICHAEL NORTH

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dem englischsprachigen Raum betonen dagegen die Rolle des ökonomischen Aspektes des Buchmarktes während der Reformationszeit insgesamt sowie der Reformatoren als wirtschaftliche Faktoren.6 Andererseits wird die Bedeutung des gedruckten Mediums für die Verbreitung reformatorischer Ideen zugunsten alternativer Kommunikationswege relativiert. Die Berücksichtung der mündlichen, schriftlichen und visuellen Ausdrucksformen führt nicht nur dazu, die von Moeller anfangs vertretene Konzentration auf den Rezipientenkreis einer städtischen Elite zu revidieren7, sondern auch das damit verbundene eindimensionale Rezeptionsmodell zu differenzieren.8 Dennoch dürfen die Flugschriften wohl zu den erfolgreichsten Medien der Reformationszeit gezählt werden. Diesem Befund trägt die Forschung mit Editionsprojekten9 sowie Arbeiten über inhaltliche bzw. kommunikative Aspekte der Flugschriften Rechnung10. Während über die Beurteilung der (Hrsg.), Kommunikationsrevolutionen. Die neuen Medien des 16. und 19. Jahrhunderts, Köln u.a. 1995, 1–13, hier 8f. 6 U.a. ANDREW PETTEGREE/MATTHEW HALL, The Reformation and the Book. A Reconsideration, in: Historical Journal 47, 2004, 4, 785–808, 244. Für den europäischen Raum vgl. J OHN D. FUDGE, Commerce and Print in the Early Reformation, The Northern World 28, Leiden 2007. 7 Dazu hat Bernd Moeller in nicht unwesentlichem Maße selbst beigetragen; vgl. dazu das Fazit in: BERND MOELLER/KARL STACKMANN, Städtische Predigt in der Frühzeit der Reformation. Eine Untersuchung deutscher Flugschriften der Jahre 1522 bis 1529, Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Philologisch-Historische Klasse 3. Folge Nr. 220, Göttingen 1996, 279. MICHAEL SCHILLING, Bildpublizistik der frühen Neuzeit. Aufgaben und Leistungen des illustrierten Flugblatts in Deutschland bis um 1700, Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 29, Tübingen 1990. 8 Dazu insbesondere: ROBERT W. SCRIBNER, Flugblatt und Analphabetentum. Wie kam der gemeine Mann zu reformatorischen Ideen, in: HANS-JOACHIM KÖHLER (Hrsg.), Flugschrift als Massenmedium der Reformationszeit, Spätmittelalter und Frühe Neuzeit 13, Stuttgart 1981, 65–76. Sowie: DERS., For the Sake of Simple Folk. Popular Propaganda for the German Reformation, 2. Aufl., Oxford 1994. Die Rolle der Predigt im Prozeß der Meinungsbildung betont: HANS-JOACHIM KÖHLER, Erste Schritte zu einem Meinungsprofil der frühen Reformationszeit, in: VOLKER PRESS/DIETER STIEVERMANN (Hrsg.), Martin Luther. Probleme seiner Zeit, Stuttgart 1986, 244–282. 9 Nur als Beispiel seien hier genannt: HANS-JOACHIM KÖHLER (Hrsg.), Flugschriften des frühen 16. Jahrhunderts, 10 Bde., Leiden 1978–1987. DERS. (Hrsg.), Flugschriften des späten 16. Jahrhunderts, 9 Bde., Leiden 1990–1998. Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main (Hrsg.), Flugschriftensammlung Gustav Freytag. Vollständige Wiedergabe der 6265 Flugschriften aus dem 15. bis 17. Jahrhundert sowie des Katalogs von Paul Hohenemser auf Microfiche, München u.a. 1980. Aus dem englischsprachigen Bereich sind zu nennen: MAX GEISBERG (Hrsg.), The German Single-Leaf Woodcut 1500–1550, 4 Bde., New York 1974. Und: WALTER L. STRAUSS (Hrsg.), The German Single-Leaf Woodcut 1550–1600. A Pictoral Catalogue, 3 Bde., New York 1975. Die Massendigitalisierung der gedruckten Quellen des 16. Jahrhunderts läuft seit 2006 im Rahmen des Förderschwerpunktes ‚Kulturelle Überlieferung‘ der DFG. 10 Z.B. HARRY OELKE, Die Konfessionsbildung des 16. Jahrhunderts im Spiegel illustrierter Flugblätter, Arbeiten zur Kirchengeschichte 57, Berlin 1992. SCRIBNER, For the Sake of

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Bedeutung dieses Mediums Einmütigkeit besteht, konnte eine Einigung auf einen standardisierten Flugschriftenbegriff bisher jedoch nicht erzielt werden. Hans-Joachim Köhler legte mit seinem Definitionsversuch im Jahre 1976 ein Diskussionsangebot vor, auf das sich aufbauen ließ: „Eine Flugschrift ist eine aus mehr als einem Blatt bestehende, selbständige, nichtperiodische und nicht gebundene Druckschrift, die sich mit dem Ziel der Agitation (d.h. der Beeinflussung des Handelns) und/oder der Propaganda (d.h. der Beeinflussung der Überzeugung) an die gesamte Öffentlichkeit wendet.“11 Wenige Jahre später distanzierte er sich von der ‚gesamten Öffentlichkeit‘ als Rezipientenkreis zugunsten des „anonymen“ Adressatenkreises.12 Diese vage Begrifflichkeit wurde somit offen für eine differenzierte Betrachtung und – wie sich zeigen sollte – verschiedenste Forschungsergebnisse. Während zum Beispiel Robert W. Scribner auf die Relevanz des Lesens und Vorlesens hinwies und dadurch den Rezipientenkreis um die Nichtlesekundigen beträchtlich erweiterte13, schlossen Bernd Moeller und Karl Stackmann ausgehend von möglichen Verständnisschwierigkeiten wiederum eher auf einen begrenzten Adressatenkreis bzw. relativierten die Breitenwirkung der von ihnen untersuchten Flugschriften14. Der von der Rezeption ausgehende Zugang führte sogar soweit, daß die Frage aufgeworfen wurde, ob lateinische Texte überhaupt noch zu den Flugschriften gezählt werden können.15 Die Frage der Rezeption bildet auch einen Teilaspekt der seit den 1980er Jahren geführten Diskussion um den Öffentlichkeitsbegriff, die hier nicht unerwähnt bleiben soll. Im Zuge der kritischen Auseinandersetzung mit der direkten Übertragung des Habermasschen Öffentlichkeitsbegriffs16 auf die

Simple Folk. Oder: MOELLER/STACKMANN, Städtische Predigt. Zur Einführung in das Medium – aber nicht ganz unproblematisch – kann herangezogen werden: JOHANNES SCHWITALLA, Flugschrift. Grundlagen der Medienkommunikation 7, Tübingen 1999. THOMAS HOHENBERGER, Lutherische Rechtfertigungslehre in den reformatorischen Flugschriften der Jahre 1521–22, Spätmittelalter und Reformation, N.R. 6, Tübingen 1993. LEPPIN, Antichrist. HOLGER FLACHMANN, Martin Luther und das Buch, Spätmittelalter und Reformation. N.R. 8, Tübingen 1995. MARK U. EDWARDS, Printing, Propaganda and Martin Luther, Berkeley 1994. J EAN-FRANCOIS GILMONT (Hrsg.), The Reformation and the Book, übers. von Karin Maag, Aldershot 1998. 11 HANS-JOACHIM KÖHLER, Die Flugschriften, Versuch der Präzisierung eines geläufigen Begriffs, in: HORST RABE/HANSGEORG MOLITOR/HANS-CHRISTOPH RUBLACK (Hrsg.), Festgabe für Ernst Walter Zeeden zum 60. Geburtstag am 14. Mai 1976, Münster 1976, 36–61, hier 50. 12 HANS-JOACHIM KÖHLER (Hrsg.), Flugschriften als Massenmedium der Reformationszeit, Spätmittelalter und Frühe Neuzeit 13, Stuttgart 1981, X. 13 Vgl. SCRIBNER, Flugblatt und Analphabetentum. 67. 14 Vgl. MOELLER/STACKMANN, Städtische Predigt, 279. Auch die Studie von EDWARDS, Printing, konstatiert für Straßburg ein eher zurückhaltendes Verständnis der Rechtfertigungslehre, v.a. 98–104. 15 So SCHWITALLA, Flugschrift, 6. 16 Vgl. JÜRGEN HABERMAS, Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft, Neuwied 1962 (Neuaufl. Frankfurt am Main 1990).

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Frühe Neuzeit hatte Rainer Wohlfeil 1982 das Konzept der reformatorischen Öffentlichkeit entwickelt.17 Dieses beinhaltete weit mehr als die reine Gegenüberstellung beider Konzeptionen, sondern lief auf eine Charakterisierung eines spezifisch reformatorischen „Mediensystems“ hinaus. Für den Zeitraum der frühen Reformation, also zwischen 1517 und 1525, konstatierte Wohlfeil eine überregionale und standesübergreifende Kommunikationssituation, die ganz bewußt den ‚gemeinen Mann‘ in die aktive Auseinandersetzung um reformatorische Inhalte einbezog18, ohne alternative Kommunikationssysteme gänzlich zu beseitigen. Öffentlich meinte in diesem Zusammenhang entsprechend dem zeitgenössischen Wortgebrauch: offen, gemein, allen zugänglich bzw. allen verständlich.19 Diesem Verständnis lag eine „Medientheologie“ zugrunde, die das sola-scriptura-Prinzip ernst nahm und von einer allen zugänglichen Öffentlichkeit Gottes ausging.20 Das in der Konsequenz beanspruchte ‚Priestertum aller Gläubigen‘ führte zu einer aktiven Beteiligung am reformatorischen Diskurs seitens der Laien, die erst mit der Ausdifferenzierung der Lehrinhalte verebbte.21 Der Deutungsansatz Wohlfeils trug generell zur Erklärung des anfänglichen enormen Erfolgs der Reformation und der damit verbundenen Impulsgebung für den Buchdruck bei. Um dieses Konzept der Öffentlichkeit auch für die gesamte Frühe Neuzeit fruchtbar zu machen, wurden Teilöffentlichkeiten in die Diskussion eingeführt, die in Abstufungen differieren.22 Ob sich die Annahme dieser Teil17

Vgl. WOHLFEIL, Einführung, v.a. 123–133. Reformuliert in: DERS., „Reformatorische Öffentlichkeit“, in: LUDGER GRENZMANN/KARL STACKMANN (Hrsg.), Literatur und Laienbildung im Spätmittelalter und in der Reformationszeit, Germanistische Symposien, Berichtsbde. 5, Stuttgart 1984, 41–54. 18 Vgl. W OHLFEIL, Einführung, 131. 19 Vgl. die Onlineedition des Deutsches Wörterbuchs von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm 13, 1180f. unter der URL: http://germazope.uni-trier.de/Projects/DWB. 20 „Wenn Öffentlichkeit nach der kommunikationswissenschaftlichen Grunddefinition das ist, was ‚allen zugänglich‘ ist, dann war es eigentlich die Öffentlichkeit Gottes, die plötzlich für alle hergestellt schien und über die alle sprachen, schrieben und diskutierten.“ So treffend: BURKHARDT, Reformation, 48. Vgl. auch HOHENBERGER, Lutherische Rechtfertigungslehre, 160f. Heinz Scheible hatte bereits 1974 auf das Proprium reformatorischer Flugschriften verwiesen, welches im Schriftprinzip und dem daraus folgenden Priestertum aller Gläubigen bestehe. Vgl. HEINZ SCHEIBLE, Reform, Reformation, Revolution. Grundsätze zur Beurteilung der Flugschriften, in: ARG 65, 1974, 108–134, hier 131. 21 Vgl. die Ergebnisse der Studien von u.a. MARTIN ARNOLD, Handwerker als theologische Schriftsteller. Studien zu Flugschriften der frühen Reformation (1523–1525), Göttinger theologische Arbeiten 42, Göttingen 1990. Sowie: SILKE HALBACH, Legitimiert durch das Notmandat. Frauen als Verfasserinnen frühreformatorischer Flugschriften, in: ZHF 27, 2000, 3, 365–387. Beide beobachten den Rückzug der Laien aus der Flugschriftenproduktion ab der Mitte der zwanziger Jahre. 22 Während GEORG KUHAUPT, Veröffentlichte Kirchenpolitik. Kirche im publizistischen Streit zur Zeit der Religionsgespräche (1538–1541), Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte 69, Göttingen 1998, den Kreis auf die „kirchenpolitische Öffentlichkeit“ ver-

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öffentlichkeiten letztlich fruchtbar auf die Erforschung der frühneuzeitlichen Kommunikation auswirken wird, bleibt abzuwarten. Grundsätzlich scheint jedoch die Herangehensweise der Abstufung im Sinne von Zentrum und Peripherie, die zwischen dem intendierten Adressaten- und einem potentiellen Rezipientenkreis sowie einer wie auch immer definierten Öffentlichkeit unterscheidet, zunächst weiterführend.23 Einen zweiten Kritikpunkt bildete der funktionale Ansatz der Flugschriftendefinition Köhlers. Seine Konzentration auf Agitation und Propaganda schlösse, so Silvia Serena Tschopp, all jene Flugschriften rein informellen Charakters aus und grenze somit klar ab, was in der Praxis nicht voneinander geschieden werden könne.24 Um dieser Trennung aus dem Weg zu gehen, siedelte Volker Leppin mit dem Begriff „Orientierungswissen“ die Funktion der Flugschriften auf einer niedrigeren neutralen Ebene an. Damit ließ er offen, welche Verwendung dieses Wissen fand.25 Ein drittes (und hier letztes) Kriterium betrifft den Umfang der Texte, der ja bereits ausschlaggebend für die Abgrenzung von Flugblatt und Flugschrift ist. Während Leppin wie Köhler die Kürze mit Hinweis auf den schnellen Konsum der Flugschriften favorisierten26, schlug Schwitalla eine – meines Erachtens unkonstruktive da an der historischen Praxis vorbeigehende – Unterscheidung zentraler (kurz, deutsch, ein alle betreffendes Thema) und peripherer (lang, latein, spezifisches Thema) Flugschriften vor27. Diese Vorgehensweise ist aber zugleich von einer gewissen Unsicherheit durchsetzt, mit der man jenen Texten begegnet, deren Umfang die für die Flugschriften vorgesehene Länge überschreitet. Schließt man sie aus, müssen auch sie wiederum definiert werden.

engt, ohne diese allerdings zu definieren, beschreibt ESTHER-BEATE KÖRBER, Öffentlichkeiten der frühen Neuzeit. Teilnehmer, Formen, Institutionen und Entscheidungen öffentlicher Kommunikation im Herzogtum Preußen von 1525 bis 1618, Beiträge zur Kommunikationsgeschichte 7, Berlin 1998, drei Öffentlichkeiten in Gestalt der Öffentlichkeit der Macht, der Bildung und der Information. 23 Gerade für die Rezeptionsgeschichtsforschung, die sich ob der Quellensituation erheblichen Forschungsdesideraten gegenübersieht, gelangt ein solch theoretisches Konstrukt rasch an seine Grenzen. 24 Vgl. SILVIA SERENA TSCHOPP, Heilsgeschichtliche Deutungsmuster in der Publizistik des Dreißigjährigen Krieges. Pro- und Antischwedische Propaganda in Deutschland 1628 bis 1635, Mikrokosmos 29, Frankfurt am Main u.a. 1990, 10. Deutlich überzogen ist die Definition von Christina Haßlinger, die Flugschrift sei „ein publizistisches Mittel sozial unterprivilegierter Gruppen in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung“. CHRISTINA HASSLINGER, Die religiöse Propaganda des Matthias Flacius Illyricus und seiner Epigonen. Ein Beitrag zur Flugschriftenliteratur der Reformationszeit, Wien 1970, 15. 25 Vgl. LEPPIN, Antichrist, 28f. Ähnlich dann auch Köhler, der die Funktion der Meinungsbeeinflussung der Predigt zuschreibt, den Flugschriften aber die Anhebung des Informationsstandes. Vgl. KÖHLER, Erste Schritte, 263f. 26 Vgl. LEPPIN, Antichrist, 29 oder BURKHARDT, Reformationsjahrhundert, 28. 27 Vgl. SCHWITALLA, Flugschrift, 6.

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Meines Erachtens liegen die Ursachen der hier dargestellten definitorischen Probleme hauptsächlich in zwei Gründen. Zum einen scheinen die starren neuzeitlichen Begriffe nicht einem Medium gerecht zu werden, das noch im Begriff ist, seine Charakteristika auszuprägen. Die stets mit der Definition einhergehende Abgrenzung kann möglicherweise deshalb nicht funktionieren, weil das Verhältnis der Flugschriften zu anderen Medien in der Frühen Neuzeit noch im Fluß ist.28 Zum anderen sollte während der Absteckung des semantischen Feldes anerkannt werden, daß der Begriff sich aus den (wenigen) Merkmalen zusammensetzt, die ausschließlich die Flugschrift aufweist, und jenen (vielen), die sie mit anderen Medien teilt. Ein Versuch, das Allgemeine zum exklusiven Charakteristikum zu erklären oder umgekehrt, läuft immer Gefahr, den Begriff seiner heuristischen Funktion zu berauben.29 In enger Anlehnung an die Definition von Volker Leppin30 verstehe ich im folgenden unter dem Begriff Flugschrift: Flugschriften sind nichtperiodische Druckschriften mit dem Ziel aktueller Orientierung eines anonymen, lesefähigen und/oder zur Multiplikation geeigneten Publikums angesichts der spezifischen Bedingungen gegenwärtiger äußerer Wirklichkeit. Diese Definition verzichtet auf quantitative Einschränkungen, berücksichtigt aber sowohl den aktuellen Bezug (in organisatorischer oder inhaltlicher Hinsicht) als auch einen möglichen gestaffelten Rezipientenkreis. Die Aufsicht über diese Druckerzeugnisse oblag der Zensur. Etwas überpointiert ist die Geschichte der Zensur31 im Alten Reich beschrieben worden als eine Geschichte des ‚Mißerfolgs‘.32 Lag die Zuständigkeit bis zum Ende des 15. Jahrhunderts bei den Territorialgewalten, beanspruchte der Kaiser seit den zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts zunehmend die Oberaufsicht über den Buchdruck. Die Exekution der Reichsgesetze und damit auch die 28

SCHWITALLA, ebd., 6, verdeutlicht diese Problematik an den Beispielen Flugschrift und Buch. 29 So ist die Ungebundenheit ebensowenig ein exklusives Merkmal der Flugschrift wie die Kürze, deren Postulierung (z.B. in Form konkreter Angaben: 50 Bl. bei LEPPIN, Antichrist, 30f.), mir doch sehr künstlich erscheint. 30 Vgl. LEPPIN, Antichrist, 29. 31 Der Definition von Hans-Peter Hasse folgend verstehe ich unter Zensur „jede Form von Aufsicht über die Herstellung und Verbreitung von Büchern“. HANS-P ETER HASSE, Zensur theologischer Bücher in Kursachsen im konfessionellen Zeitalter. Studien zur kursächsischen Literatur- und Religionspolitik in den Jahren 1569 bis 1575, Arbeiten zur Kirchen- und Theologiegeschichte 5, Leipzig 2000, 19. 32 Vgl. die Studie von STEPHAN FITOS, Zensur als Mißerfolg. Die Verbreitung indizierter deutscher Druckschriften in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, Frankfurt am Main u.a. 2000, 1. Diese Einschätzung übernimmt allerdings die Sichtweise der Obrigkeiten. Es darf nicht vergessen werden, daß die Zensur nicht nur den disziplinierenden Interessen weltlicher Herrschaft diente, sondern auch den Interessen der Autoren, Drucker und Buchhändler: „most demand for control came from within the industry itself“. PETTEGREE/HALL, The Reformation and the Book, 790.

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Umsetzung der in den Policeyordnungen fixierten Zensurbestimmungen blieb jedoch weiterhin in der Zuständigkeit der Landesherren im Verbund mit den jeweiligen Universitäten.33 Gerade diese Kompetenzverteilung bildete jedoch die entscheidende Voraussetzung nicht nur für den enormen Aufschwung des Druckgewerbes im Alten Reich und der Formierung zahlreicher Druckzentren34, sondern ebenso für die Unmöglichkeit einer effizienten Kontrolle der Druckproduktion35. Die konfessionelle Markierung der Zensurbestimmungen, die mit dem Wormser Edikt einsetzte und in den Reichsabschieden von 1524, 1529, 1530 und 1548 aktualisiert wurde, stellte eine zusätzliche Hürde für die Durchsetzung der Zensur dar. Um die Kontrolle zu effektivieren, wurde im Reichsabschied des Jahres 1530 festgelegt, daß alle Drucke mit der Angabe des Druckers und Druckortes auf dem Titelblatt auszustatten seien. Zudem sah der Abschied die Verfolgung der die Kontrolle vernachlässigenden Obrigkeiten vor.36 Eine deutliche Verschärfung erfuhr die Zensurgesetzgebung im Abschied des Augsburger Reichstages vom Juni 1548. Die Vorrede des interimistischen Religionsmandates gebot den Ständen zur Förderung des gemeinen Friedens weder gegen den Beschluß zu lehren, zu schreiben noch zu predigen.37 Eine Auseinandersetzung mit dem Interim war damit zumindest reichsrechtlich untersagt und wurde durch die explizite Aufnahme des Verbotes in die ebenfalls in Augburg verabschiedete Reichspoliceyordnung mit erheblichen Strafen verbunden.38 Der Artikel 34 der Reichspoliceyordnung erweiterte die Zensurbestimmungen auf handwerkliche Produkte insgesamt39 und konkretisierte 33

Vgl. die Ausführungen bei: ULRICH EISENHARDT, Die kaiserliche Aufsicht über Buchdruck, Buchhandel und Presse im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation (1496– 1806). Ein Beitrag zur Geschichte der Bücher- und Pressezensur, Studien und Quellen zur Geschichte des deutschen Verfassungsrechts Reihe A/3, Karlsruhe 1970, 5f. 34 Die Einzigartigkeit dieser drucktechnischen Infrastruktur im Alten Reich im Gegensatz zu den anderen europäischen Ländern betonen PETTEGREE/HALL, The Reformation and the Book, passim. 35 Ebd., 790. Auf jene ‚Gewaltenverteilung‘ verweist auch BURKHARDT, Das Reformationsjahrhundert, 20. Die den Flugschriften eigene unregelmäßige Erscheinungsweise und ihr ambulanter Verkauf erschwerten zudem eine planmäßige Kontrolle. Vgl. SCHILLING, Bildpublizistik, 105. Inwieweit sich die Ergebnisse Hans-Peter Hasses für den begrenzten Zeitraum 1569–1575 für Kursachsen auch für andere Territorien bestätigen lassen, werden künftige Untersuchungen zeigen müssen. 36 Vgl. EISENHARDT, Aufsicht, 29 sowie HASSE, Zensur, 24. 37 „Et ut omnes status ad promotionem publicae pacis, quietis et unionis praedictum scriptum pro nunc tolerent, neque illud impugnent aut contra illud doceant, scribant aut concionentur, sed omnes status universalis concilii declarationem atque determinationem pacienter et obedienter expectent.“ RTA J.R. 18/2, Nr. 210, 1913 [Hervorhebung durch d.A.]. 38 Vgl. Art. 34 der Reichspoliceyordnung vom 30.06.1548, in: ebd., 18/3, Nr. 238, 2074–2081, 2078. 39 Dies meint „bücher, schriften, gemelde, abgüß, geschnitz und gemechts im truck oder sunst vorhanden weren oder künftiglich außgiengen und an tag kaemen“; ebd. Im Zuge der

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mögliche Sanktionen sowohl gegen die Autoren, Drucker, Händler und Obrigkeiten40. Erleichtert werden sollten diese Maßnahmen der Zensurverfolgung durch das Gebot, neben dem Erscheinungsort und dem Namen des Druckers auch den Namen des Autors einer Publikation auf dem Titelblatt zu vermerken. Doch sowohl die Wiederholung der Zensurbestimmungen in den Reichsabschieden seit 1521 als auch der explizite Hinweis in der Policeyordnung von 154841 verweisen darauf, daß die Wirksamkeit des Zensurwesens in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts nicht allzu hoch zu veranschlagen ist. Damit läßt es sich in die Reichsgesetzgebung insgesamt einordnen, deren Durchsetzungskraft als eher zurückhaltend und reagierend zu charakterisieren ist.42

1. Unsers Herrgotts Kanzlei Die Relevanz des Endzeitbewußtseins für die Genese und Ausformung der lutherischen Lehre und Kirche ist, wie oben angeführt, für einzelne Personen und für verschiedene Zeiträume bereits herausgestellt worden. Volker Leppin beobachtet für das deutsche Luthertum zwischen 1548–1618 eine zeitliche Streuung der apokalyptischen Flugschriftenpublizistik, die mit Beginn der 1550er Jahre kontinuierlich anstieg, Ende der 1580er Jahre ihren Höhepunkt fand, bis 1610 abfiel, um dann wieder, im Vorfeld des Dreißigjährigen Krieges, anzuwachsen.43 Auch wenn eine universelle Deutung der Wellenbewegung bereits an der Vielfalt der ursächlichen Motive scheitern muß44, so scheint doch in der Tendenz eine deutliche Korrelation zwischen der Virulenz apokalyptischen Denkens und dem Bedürfnis nach Vergewisserung der eigenen konfessionellen Identität im deutschen Luthertum zu bestehen45. Die regionale Konzentration auf die Altstadt Magdeburg bietet sich als Fallstudie an, da hier Stränge zusammenliefen, die in ihrer Bündelung eine ideale Voraussetzung für die Beantwortung der oben ausgeführten Frage Auseinandersetzung mit dem Interim erschienen einige Handwerksprodukte, wie z.B. ein Schachspiel oder ein Bierkrug. Vgl. u.a. OLIVER K. OLSON, Matthias Flacius and the Survival of Luther’s Reform, Wolfenbütteler Abhandlungen zur Renaissanceforschung 20, Wiesbaden 2002, 183f. 40 Ebd., 2079. 41 Ebd., 2078. 42 Vgl. u.a. JÜRGEN SCHLUMBOHM, Gesetze, die nicht durchgesetzt werden – ein Strukturmerkmal des frühneuzeitlichen Staates? in: GG 23, 1997, 647–663. 43 Vgl. LEPPIN, Antichrist, 53f. und 289–291. 44 So erklärt Leppin den Höhepunkt der apokalyptischen Publizistik am Ende der 1580er Jahre mit dem Auftreten der Großen Konjunktion 1588 sowie der Verbreitung der 1588er Weissagung; vgl. ebd., 290. 45 Vgl. ebd., 288.

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stellung bilden. Die Niederlage im Schmalkaldischen Krieg, die Verhängung der Reichsacht 1547 und deren Exekution infolge der Ablehnung der Kapitulationsbedingungen führten 1550/51 zu einer reichsrechtlichen Isolation. Unterlaufen wurde diese durch die Existenz informeller Beziehungen, wie z.B. innerhalb des niedersächsischen Hansekreises und deren Ausbau etwa durch die Aufnahme von Flüchtlingen, die infolge der religionspolitischen Ereignisse 1547/48 ihre Heimat bzw. ihr Amt verlassen mußten. Die Exules Christi fanden in der Altstadt Magdeburg eine Gemeinde mit langer lutherischer Tradition vor und einen städtischen Rat, der seine zentrale Aufgabe im Schutz der städtischen christianitas nach innen und außen im Interesse des gemeinen Nutzens und der Bewahrung des inneren Friedens sah. Während die Prediger und Theologen nach innen und außen aktive Aufklärung über die Gefahren leisteten, die vom Interim und der Leipziger Landtagsvorlage für den Glauben ausgingen, bemühte sich der Rat um eine Rechtfertigung und Aufrechterhaltung seines politischen Handlungsspielraumes gegenüber dem Kaiser. Das Zusammenspiel dieser Komponenten charakterisiert Magdeburg als eine Stadt im Ausnahmezustand, die einerseits um die Legitimierung ihres politischen und religiösen Handelns rang und andererseits zum Bekenntnis und zur Verteidigung des „wahren Glaubens“ aufrief. Diese Konstellation ist aufs Engste verknüpft mit einer endzeitlichen Deutung des Geschehens, aus der heraus Legitimations- und Handlungsstrategien formuliert wurden. Die Interessen der Geistlichkeit und des Rates gingen anfangs Hand in Hand und bedienten sich zu ihrer Durchsetzung der in der Altstadt äußerst aktiven Druckerpressen. Die Flugschrift wurde ihr wichtigstes Medium. Die Entscheidung für die Flugschriften als Quellengrundlage der Studie ist in erster Linie eine Entscheidung für die Spezifika dieser Textsorte. In ihrer Funktion als Vermittlerin von Orientierungswissen mit aktuellem Bezug einerseits und ihrem potentiell weitreichenden Publikum andererseits ist die Flugschrift für die Untersuchung der Auseinandersetzung der Magdeburger mit den religionspolitischen Ereignissen und ihrem Kampf um den Erhalt des Glaubens mittels apokalyptischer Deutungs- und Argumentationskategorien das geeignete Medium. Denn die apokalyptische Botschaft ist im Sinne des Prophetenamtes immer eine Offenbarung, ist eine Botschaft an Dritte und ist im Sinne des Wächteramtes Mahnung und Aufruf zum Bekennen. All dies konnten Flugschriften leisten und leisteten es im Falle Magdeburgs auch. Darüber hinaus war entscheidend, daß die Überlieferung handschriftlicher Quellen infolge zweier Stadtbrände enorm dezimiert wurde, eine aussagekräftige archivalische Überlieferung daher nicht vorliegt. Die im Reichsabschied des Sommers 1548 formulierten verschärften Zensurbestimmungen hatten kaum quantitative Auswirkungen. Thomas Kaufmann konstatiert für die wichtigsten Druckzentren im Reich lediglich während des Schmalkaldischen Krieges einen Einbruch in der Produktion, die jedoch

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mit dem Jahre 1548 den Status von 1546 erreichte und in den folgenden Jahren kontinuierlich ausgebaut wurde.46 Qualitativ zogen die Zensurbestimmungen allerdings erhebliche Folgen nach sich. Da die Stadt mit dem Religionsmandat auch das Predigt- und Druckverbot ablehnte, wurde sie zum einzigen Ort im Alten Reich, an welchem Schriften gegen das Augsburger Interim gedruckt wurden.47 Die sich daraus ergebene Dominanz der Magdeburger Druckschriften zu dieser Thematik führte zu einer deutlich schiefen Überlieferungslage, die lange Zeit das Bild der Jahre 1548 bis 1552 prägte. Sie ist jedoch nicht nur eine Folge der Zensurbestimmungen, sondern liegt vor allem auch in der seelsorgerisch motivierten Zurückhaltung der sächsischalbertinischen Theologen begründet, jene religiösen Fragen öffentlich zu diskutieren und auf die scharfen Angriffe der Magdeburger auf die Leipziger Landtagsvorlage und ihren Landesherren, Kurfürst Moritz von Sachsen, zu reagieren.48 Inwiefern die Magdeburger eine Meinungshoheit nicht nur beanspruchten, sondern auch tatsächlich hatten, könnte letztlich nur durch eine detaillierte Untersuchung der Rezeption ihrer Druckschriften beurteilt werden.49 Die Stadt beherbergte im behandelten Zeitraum fünf Offizinen, deren Anteil an der Magdeburger Druckproduktion50 allerdings sehr unterschiedlich ausfiel. Insbesondere die Drucke Michael Lotters51 und Christian Rö46

Dieser Einbruch ist jedoch in erster Linie kriegsbedingt zu deuten, vgl. die Ausführungen bei KAUFMANN, Ende, 44f. sowie den Anhang 3.1a und 1b, 559f. 47 Von insgesamt 476 in Magdeburg entstandenen Drucken richten sich 51 explizit gegen das Interim und sind 79 theologisch-politischen Inhalts. Vgl. Anhang 4.6b bei KAUFMANN, Ende, 565. Diese dort vorgenommene Abgrenzung der Druckschriften überzeugt allerdings nicht ganz. 48 Vgl. u.a. KOLB, Controversia perpetua. Um die Publikation eben jener Magdeburger Schmähschriften zu unterbinden, die sich gegen die Person des sächsischen Kurfürsten bzw. gegen Kursachsen richteten, ließ Moritz von Sachsen sowohl 1549 als auch 1550 entsprechende Mandate ausgehen. Vgl. HASSE, Zensur, 27 sowie die Mandate in PKMS IV, passim. 49 Vgl. die bei KAUFMANN, Ende, 103–118, versammelten Hinweise, die letztlich Auskunft darüber geben, daß mit dem „Symbolort“ Magdeburg durchaus verschiedene Inhalte verbunden waren. 50 KAUFMANN, ebd., 47–65, gibt einen detaillreichen Überblick über die Offizinen und deren Drucker. Ein frühes Beispiel magdeburgischen Buchdrucks findet sich bei: NINON SUCKOW, Impressum Magdeborch arte Simonis Koch de Wylborch. Simon Koch und der Beginn des Buchdrucks in Magdeburg, in: ENNO BÜNZ (Hrsg.), Bücher, Drucker, Bibliotheken in Mitteldeutschland. Neue Forschungen zur Kommunikations- und Mediengeschichte um 1500, Schriften zur sächsischen Geschichte und Volkskunde 15, Leipzig 2006, 111–131. 51 Michael Lotter, Sohn des erfolgreichen Wittenberger Druckers Melchior Lotter d. Ä., wirkte seit Beginn der 1530er Jahre in enger Kooperation mit dem städtischen Rat in Magdeburg. Zu seinem Profil gehörten die Schriften der Reformatoren, Humanisten, Bibelausgaben und natürlich die Texte der in Magdeburg Ansässigen selbst. Er vermochte ein gut funktionierendes Beziehungsnetz über den gesamten norddeutschen Raum aufzubauen und

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dingers d. Ä.52 prägten das Bild der städtischen Publizistik.53 Beide druckten die Schriften, die seit 1548 gegen das Interim und die sächsischen Theologen in Magdeburg verfaßt wurden. Sie verfügten zudem über den selben Autorenkreis und teilten sich stellenweise die lateinische und deutsche Fassung eines Drucks.54 In der heißen Phase der Auseinandersetzung umgingen beide immer wieder das Gebot, auf dem Titelblatt Drucker und Druckort zu vermerken, indem sie entweder einen fingierten Druckort (z.B. Basel) angaben oder ganz auf die Angabe verzichteten. Denn zunehmend liefen die Magdeburger Drucke Gefahr, konfisziert zu werden.55 Die der Studie zugrunde liegenden Flugschriften stammen zum größten Teil aus der Feder der nach Magdeburg geflüchteten Theologen. Dazu zählen Nikolaus von Amsdorf, Matthias Flacius Illyricus, Nikolaus Gallus sowie Erasmus Alberus. Die Anzahl jener Schriften, die von der genuin magdeburgischen Geistlichkeit verfaßt wurde, kann dagegen als äußerst gering eingeschätzt werden. Antiinterimistische und apokalyptische Texte finden sich innerhalb dieser Autorengruppe kaum, werden hier also nur geringe Berücksichtigung finden. Offenbar muß hier eine gewisse Aufgabenverteilung angenommen werden, die auch innerhalb des Exules-Kreises bestand. Das Wirken nach Außen oblag den Exules Christi, die Predigt und Seelsorge innerhalb der Stadt der Geistlichkeit vor Ort.56 Neben den Texten der sich innerhalb der Stadt befindlichen Geistlichkeit werden des weiteren jene Flugschriften für die Untersuchung herangezogen, die aus der Hand stadtfremder Prediger stammen. Zu unterscheiden ist hier zwischen jenen Texten, die von ihren Autoren ganz bewußt zum Druck nach Magdeburg gesandt wurden, wie z.B. jene Kaspar Aquilas oder Joachim Westphals, und jenen, die ohne Wissen ihrer Autoren, wie z.B. Philipp Melanchthons, den Weg in die Magdeburger Druckerpressen fanden. verfügte durch seinen Buchhandelskommissär in Leipzig über enge Kontakte zur Leipziger Buchmesse. Vgl. die Ausführungen bei KAUFMANN, Ende, 48–57. 52 Christian Rödinger d. Ä. gelangte erst 10 Jahre nach Lotter und ebenso wie dieser aus Wittenberg nach Magdeburg. Auch hinsichtlich des Profils unterschied er sich nicht deutlich von Lotter. 1553 ging er nach Jena, um dort den Druck der Lutherausgabe zu übernehmen. Vgl. ebd., 57–60. 53 Die prozentuale Verteilung für den Zeitraum 1548–1552 ergibt folgendes Bild: Michael Lotter (53%), Christian Rödinger (41%), Hans Walther (4%), Pankraz Kempff (1%) und Johann Lorr d.J. (1%). Diese Angaben bei KAUFMANN, Ende, Anhang 3.3 und 3.4, S. 562. Der bei Josef Benzing, Buchdruckerlexikon des 16. Jahrhunderts (Deutsches Sprachgebiet), Frankfurt am Main 1952, 114f. erwähnte Ambrosius Kirchner d.Ä. arbeitete anfangs in der Lotterschen Druckerei, bis er 1556 die Nachfolge Lotters antrat. 54 Der Hinweis bei KAUFMANN, Ende, 58. 55 Vgl. ebd., 57. 56 Nikolaus Gallus stellt hier eine Schnittstelle zwischen beiden Gruppen dar, da er einerseits zu den Exules gehörte und Autor zahlreicher Druckschriften war, anderseits aber auch die Superintendentur der Stadt ausübte.

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Zur Publikationsstrategie der Exules gehörte es, diese Texte mit einem eigenen Vorwort herauszugeben, um entweder den Mahnruf an die Christen außerhalb der Stadt zu verstärken oder die Autoren bloßzustellen bzw. mit ihren eigenen Schriften zu widerlegen. Beides erfolgte vor dem Hintergrund der letzten Zeit, gründete in der Notwendigkeit, die Werke des Antichristen und seiner Diener zu offenbaren. Als weitere Quellengruppe sind die fünf (Kollektiv-)Ausschreiben des Magdeburger Rates zu nennen, die ob ihrer Zielrichtung einen weiteren Aspekt der magdeburgischen Flugschriftenpublizistik darstellen. Das Quellenkorpus setzt sich aus ca. 80 Texten zusammen. Es handelt sich dabei hauptsächlich um im Rahmen der interimistischen und adiaphoristischen Kontroversen entstandene Streitschriften57, da insbesondere hier apokalyptische Argumentations- und Deutungsmuster zu finden sind. Hinzugezogen werden zudem die kleineren Textgruppen der Trostschriften und Berichte. Illustrierte Flugblätter und die Liedpublizistik flankieren den Quellenkorpus.58 In der sprachlichen Gestaltung der Streitschriften59 überwiegen die frühneuhochdeutschen Texte, was auf einen breiten intendierten Adressatenkreis schließen läßt.60 Dennoch ist der Anteil der lateinischen Schriften (i.d.R. existieren die Texte in beiden Sprachen) nicht unerheblich61, zielten diese doch auf ein gelehrtes62 und/oder europäisches Publikum.63 Der

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Die Streitschriften machen mit ca. 40% den größten Teil der gesamten Magdeburger Flugschriftenproduktion aus. Die Angabe bei KAUFMANN, Ende, 210 sowie Anhang 3.6a–b, 564f. 58 Vgl. hierzu die Ausführungen ebd., 381–428. 59 Der Anteil des Frühneuhochdeutschen an der gesamten Druckproduktion beträgt 75%, des Lateinischen 20%, des Niederdeutschen 5%. Die Angaben ebd., Anhang 3.7, 565. 60 Dies scheint auch die Ursache für den äußerst geringen Anteil der niederdeutschen Drucke an der Druckproduktion insgesamt zu sein. Wenn auch für KAUFMANN, ebd., 70 dieser Befund einen „bemerkenswerte[r] Sachverhalt“ ist, ordnet sich diese Beobachtung doch in den Trend des Sprachwandels vom niederdeutschen zum hochdeutschen im 16. Jahrhundert insgesamt ein. Vgl. den groben Überblick u.a. bei ASTRID STEDJE, Deutsche Sprache gestern und heute. Einführung in die Sprachgeschichte und Sprachkunde, München 1989, 111. 61 Stellenweise waren die lateinischen Texte umfangreicher als die deutschsprachigen. Vgl. den Bericht des MATTHIAS FLACIUS ILLYRICUS, Entschueldigung Matthiae Flacij Illyrici/ geschrieben and die Vniuersitet zu Wittemberg/ der Mittelding halben. Jtem sein brieff an Philip. Melanthonem/ sampt etlichen andern schrifften dieselbige sach belangend. Verdeudscht, [Christian Rödinger d. Ä., Magdeburg] 1549 [ben. Ex.: FB Gotha 13 an Theol. 4° 210–211 = VD16 F1266]. Sowie: DERS., Antwort Matth. Fl. Illyr. auff etliche Beschueldigung D. Gei. Maiors/ vnd D. Pommers, Aijr [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1551] [ben. Ex.: Oettingen-Wallersteinsche Bibliothek Augsburg 02/IV.28.4.669 angeb. 4 = VD16 F1259]. 62 Ein expliziter Bericht im Anhang für die „einfeltigen“ bei NIKOLAUS VON AMSDORFF, Das nie nöter gewest ist wider den Römischen Antichrist zu schreiben/ vnnd predigen/ denn itzundt zu dieser zeit do die Adiaphoristen mit gewalt in ihrenn schrifften dringen/ das man sich vnter den Bapst begeben/ vnnd ihn für ein Bisschoff vnd hirten der seelen widderumb erkennen

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Umfang der Quellen differiert stark, im Durchschnitt umfassen sie 15–20 Blatt. Dies wiederum beschränkte den Käuferkreis auf eine kaufkräftige Mittelschicht auswärts, nicht allerdings den möglichen Rezipientenkreis. Die Auflagenhöhe dürfte nicht über 500 Exemplaren gelegen haben.64 Die Exules machten durch ihre Publikationstätigkeit aus dem interimistischen und adiaphoristischen Streit einen „ofentliche[n] gemeine[n] handel“65 Jene Öffentlichkeit, die sie herstellten, unterschied sich, so Thomas Kaufmann zutreffend, insofern von der „reformatorischen Öffentlichkeit“, als daß sich die Druckschriften an einen Adressatenkreis richteten, dessen Bedürfnis nach Festigung konfessioneller Identität über den reinen Orientierungs- und Informationsbedarf hinausging.66

vnnd annemen sol, Michael Lotter, Magdeburg 01.01.1551, Biij v [ben. Ex.: HAB 231.161 Theol. (6) = VD16 A 2348]. 63 Flacius begründet den Anteil der lateinischen Texte folgendermaßen: „Wer könnte auch viel Ruhm erwarten von kleinen, in deutscher Sprache verfaßten Schriften, wie man jedem Dorfküster sie zutrauen könnte. Lange, lateinische, sorgsam ausgearbeitete Werke, die auch der Nachwelt etwas nützen, schreibt wer einen Namen sich zu erschreiben beabsichtigt.“ Erzählung der Verhandlungen und Streitigkeiten des Flacius Illyricus, in: A.[UGUST] TWESTEN, Matthias Flacius Illyricus, eine Vorlesung, Berlin 1844, 64–93, hier 76. Sein Motiv sei aber im Gegenteil die Liebe zum Frieden gewesen. 64 In einem Schreiben des Erasmus Alberus an den Frankfurter Prediger Hartmann Beyer vom 24.08.1550 erwähnt dieser, daß sein ,Dialogus vom Interim‘ angeblich über 300 mal abgeschrieben wurde. [Universitätsarchiv Frankfurt am Main: Ms. Ff. H. Beyer, Nr. 17] Ein Abdruck des Schreibens findet sich in: FRANZ SCHNORR VON CAROLSFELD, Erasmus Alberus. Ein biographischer Beitrag zur Geschichte der Reformationszeit, Dresden 1893, 204–206. Allerdings sollte angesichts des Umfangs des ,Dialogus‘ die Angabe Alberus’ mit Vorsicht genossen und nicht zur Bewertung des Erfolgs der Druckschriften herangezogen werden. So bei KAUFMANN, Ende, 74 Anm. 122. Die bei LEPPIN, Antichrist, 27 Anm. 59 angegebene Auflagenhöhe von ca. 1000 Exemplaren für die zweite Hälfte des 16. und die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts scheint mir für die Magdeburger Verhältnisse nicht anwendbar zu sein. Die Magdeburger Druckerpressen legten die Schriften in kleinen aber dafür mehreren Auflagen auf. 65 NIKOLAUS VON AMSDORF/MATTHIAS FLACIUS ILLYRICUS/NIKOLAUS GALLUS, Deren zu Magdeburgk/ so widder die Adiaphora geschrieben haben/ jhres vorigen schreibens beschlus/ auff der Adiaphoristen beschueldigung vnnd lesterung/ die zeit jhrer belagerung/ vnd jtzt zum teil neulich vnter diesen friedshandlungen wider sie ausgangen, [Michael Lotter, Magdeburg] 28.10.1551, Bij v [ben. Ex.: FB Gotha 4 an Druck 392 Rara = VD16 A2352]. 66 Vgl. KAUFMANN, Ende, 185 und 65f.

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2. Die Kanzlisten des Herrn 2.1. Erasmus Alberus67 Als Sohn eines Priesters68 wurde Erasmus Alberus um 1500 in Staden in der hessischen Wetterau geboren. Er besuchte die Lateinschule in Nidda und Weilburg, bis er 1519 das Studium an der Universität Wittenberg bei Karlstadt und Luther aufnahm69. Seit 1522 war er als Lehrer in Büdingen und Oberursel tätig, verheiratete sich und übernahm 1528 das Pfarramt in Sprendlingen.70 Nachdem er die Einführung der Reformation in der Neumark unterstützt hatte71, übernahm Alberus 1541 eine Pfarrei in der Neustadt Brandenburg, mußte diese jedoch bereits ein Jahr später auf Druck des Mainzer Erzbischofs aufgeben und ging wieder zurück in seine Heimatstadt. 1543 promovierte er in Wittenberg zum Licentiatus theologiae und danach zum Doctor theologiae72 und wirkte 1543 zunächst als Pfarrer in Staden, bis ihm noch im selben Jahr durch den Grafen Philipp von HanauLichtenberg die Superintendentur in Babenhausen übertragen wurde, die jedoch bei seinem Amtsantritt 1544 in eine Pfarrstelle umgewandelt wurde. Da er auch dort in Konflikt mit der Obrigkeit geriet, verließ er ein Jahr später Babenhausen und fand Aufnahme in Luthers Haus in Wittenberg. Während der Belagerung der Stadt floh Alberus mit seiner Familie nach Brandenburg und später nach Leipzig. Etwa im Juli 154873 ging er mit seiner Familie nach Magdeburg, obwohl dort zu dieser Zeit die Pest wütete, und bereicherte die publizistische Auseinandersetzung mit dem Interim vor allem durch seine literarischen Werke. Auf Befehl des sächsischen Kurfürsten 67

Zur Biographie vgl. ERNST-W ILHELM KOHLS, Erasmus Alber, in: TRE 2, 167–170. SCHNORR VON CAROLSFELD, Erasmus Alberus. Und: EMIL KÖRNER, Erasmus Alber. Das Kämpferleben eines Gottesgelehrten aus Luthers Schule, nach den Quellen dargestellt, Quellen und Darstellungen aus der Geschichte des Reformationsjahrhunderts XV, Leipzig 1910. 68 Die Unklarheiten bezüglich seiner sozialen Herkunft dürften mit den Quellenbelegen bei BURKHARD STEINHAUER, Erasmus Alberus. Ein treuer Weggefährte Martin Luthers. Biographie des Wetterauer Reformators Erasmus Alberus (um 1500–1553), Niddaer Geschichtsblätter 3, Friedberg 1995, 61 Anm. 13, beseitigt sein. 69 Die Immatrikulationsurkunde ist auf den 19.06.1519 ausgestellt; vgl. KARL EDUARD FÖRSTEMANN (Hrsg.), Album Academiae Vitebergensis 1, Aalen 1976, 95 (EA Leipzig 1841). 70 Vgl. hierzu EMIL KÖRNER, Erasmus Albers geistliche Amtstätigkeit in Hessen. Ein Beitrag aus dessen Schriften zur Kirchengemeindekunde Hessens im Reformationszeitalter, in: Beiträge zur Hessischen Geschichte, Ergänzungsband IV.2 zum Archiv für Hessische Geschichte und Altertumskunde N.F., Darmstadt 1911, 150–166. 71 Ein Hofpredigeramt beim brandenburgischen Kurfürsten Joachim II., wie es z.B. noch der Artikel von FRIEDRICH W ILHELM B AUTZ über Alberus, in: BBKL I, 76f. behauptet, hatte Alberus allerdings nie inne. Vgl. KÖRNER, Erasmus Alber, 57. 72 Damit war Alberus der einzige promovierte Theologe unter den Magdeburger Exules. 73 Die Datierung bei WALDEMAR KAWERAU, Erasmus Alberus in Magdeburg, in: GblM 28, 1893, 1, 1–62, hier 18.

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verließ Erasmus Alberus 1551 die Stadt in Richtung Hamburg. Durch den Mecklenburger Herzog Johann Albrecht wurde er am 19. Oktober 1552 nach Neubrandenburg berufen und wirkte dort bis zu seinem Tode am 5. Mai 1553 als Superintendent. Erasmus Alberus galt als Dichter unter den Magdeburger Exules. Seiner Feder entstammten Dialoge, Spottgedichte, Lieder74, Fabeln, Allegorien ebenso wie theologische Abhandlungen und katechetische Unterweisungen. Noch während seiner Amtstätigkeit in Hessen entstanden unter anderem die Fabelsammlungen75, Evangelienharmonien und eine Geschichte der Wetterau. In Brandenburg verfaßte er eine Schrift über den Widerstand der Reichsstände gegen einen tyrannischen Kaiser, die heute als verloren gilt, sowie einen Bericht über den Krieg, der im späteren Druck ‚Dialogus vom Interim‘76 Eingang fand. Dieser ‚Dialogus‘ wurde ob seiner heftigen Polemik gegen die altgläubige Kirche und die kaiserliche Religionspolitik zunächst in über 300 Abschriften verbreitet und erst später in Magdeburg gedruckt.77 In der 74

Vgl. hierzu CHRISTIAN W ILHELM STROMBERGER (Hrsg.), Erasmus Alberus geistliche Lieder nebst der Biographie des Dichters, Geistliche Sänger der christlichen Kirche deutscher Nation 10, Halle 1857. 75 Durch die Kombination der Aesopschen Fabeln mit reformatorischen Ideen und heimatkundlichen Inhalten gebührt Alberus der erste Rang unter den Fabeldichtern des 16. Jahrhunderts. Vgl. HANS RUPPRICH, Die deutsche Literatur vom Späten Mittelalter bis zum Barock, Teil 2: Das Zeitalter der Reformation 1520–1570, Geschichte der deutschen Literatur 4.2, München 1973, 157–160. Sowie: PETER HASUBEK, Grenzfall der Fabel? Fiktion und Wirklichkeit in den Fabeln des Erasmus Alberus, in: DERS. (Hrsg.), Die Fabel. Theorie, Geschichte und Rezeption einer Gattung, Berlin 1982, 43–58. 76 Ein Dialogus/ oder Gespräch etlicher Personen vom Interim. Item/ Vom krieg des Endtichrists zu Rom/ Bapst Pauli des dritten/ mit hilff Keiser Caroli des Fünfften/ wider Hertzog Johann Friderichen Churfürsten zu Sachssen etc. vnd seine mit verwandten/ Darinn vrsach angezeigt wirt/ das es nit wol möglich gwesen sey (Menschlicher hilff nach daruon zureden) daß der löbliche Churfürst zu Sachssen etc. disen obgemelten seinen Feinden/ hab obsigen künden/ von wegen so grosser Verrätherey vnnd vnthrew/ die jme von seinen eygnen Räthen vnnd Hauptleüten begegnet ist: Anno 1546. vnnd 1547. Item/ Von den Zeychen des Jüngsten tags. Apocalyps. 17, [Magdeburg] 16.8.1548 [ben. Ex.: ULB Halle Pon Vg 1152 = VD16 A1485]. 77 Vgl. das Schreiben Alberus’ an Hartmann Beyer vom 24.08.1550: „Ego primus scripsi contra Interim et Adiaphora [...] Sed dialogus contra Interim plus trecenties transciptus multis in locis ad Prussiam, Liuoniam, omnesque Germaniae partes missus est“. Ein Abdruck des Schreibens findet sich in: SCHNORR VON CAROLSFELD, Erasmus Alberus, 204–206. Vgl. auch die Vorrede Alberus’ an Kaspar Aquila in seiner Druckschrift: Vom Basilisken zu Magdeburg. Item vom Hanen eyhe/ draus ein Basilisck wirt mit seiner Bedeutung aus der heilligen Schrifft. An den standhafftigen Bekenner Christi M. Caspar Aquilae geschrieben/ durch ERASMVM ALBERVM, Joachim Löw, Hamburg 1552, Aij vs [ben. Ex.: HAB M Tq14 = VD16 A 1538], in der er davon berichtet, daß aufgrund ihrer ‚Schärfe‘ niemand die Schrift drucken wollte. Zur Verfolgung der Vertreiber des ,Dialogus‘ durch die bayerischen Zensurbehörden 1559/60 vgl. KARL SCHOTTENLOHER, Flugblatt und Zeitung. Ein Wegweiser durch das gedruckte Tagesschrifttum, Bd. 1: Von den Anfängen bis zum Jahre 1848, neu

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Stadt eingetroffen, galt Alberus als Kandidat für die Superintendentur, die dann jedoch Johannes Brenz78 und später Nikolaus Gallus angetragen wurde. Vom Magdeburger Rat erhielt er den Auftrag, Predigten zu ausgewählten Festtagen und auch öffentliche Vorlesungen über die Heilige Schrift im Gymnasium zu halten.79 Offenbar kursierten innerhalb und außerhalb der Stadt Zweifel an seiner Exulanten-Biographie, aufgrund derer Alberus eine heute verlorene Autobiographie verfaßte, um sich gegen Anwürfe zu wehren.80 Nach Beendigung der Belagerung 1551 war Alberus der einzige Geistliche, der aufgrund seiner Polemik gegen Moritz von Sachsen die Stadt verlassen mußte. Ingesamt siebenmal wurde der kontroverse Theologe durch die weltlichen Obrigkeiten seines Amtes enthoben bzw. der Stadt verwiesen. Als Freund und Tischgenosse Luthers sah er seine Aufgabe in der Bewahrung der Reinheit der lutherischen Lehre, die er auch in der Stadt Magdeburg wahrzunehmen gedachte.81 So schrieb er 1548 an Justus Jonas, daß „Gott, der sich seines Elendes erbarmt, für ihn diesen Ort bestimmt habe, wo er viele Wohltaten genieße“82. 2.2. Nikolaus von Amsdorf 83 Am 3. Dezember 1482 in Torgau als Sproß eines alten Adelsgeschlechtes84 geboren, erhielt Nikolaus von Amsdorf seine Schulausbildung und erste Vorlesungen in Leipzig, bis er 1502 an die noch junge Wittenberger Universität wechselte. Bereits 5 Jahre später lehrte er dort Philosophie und Theologie und erwarb die Grade des Baccalaureus, des Magister Artium hrsg. von Johannes Binkowski, Bibliothek für Kunst- und Antiquitätenfreunde 21, München 1985, 212–215. 78 Vgl. den Brief von Brenz an Alberus vom 05.12.1548, in: THEODOR PRESSEL (Hrsg.), Anecdota Brentiana. Ungedruckte Briefe und Bedenken von Johannes Brenz, Tübingen 1868, Nr. CL, 288–290. 79 HELMUT BODE, Einleitung, in: DERS. (Hrsg.), Erasmus Alberus, Lob der Wetterau. Enthaltend die „Kurze Beschreibung der Wetterau“ (1552), zwölf auserlesene Fabeln aus Wetterau und Hessenland sowie als Anhang fünf geistliche Lieder, Frankfurt am Main 1978, 59. 80 KÖRNER, Erasmus Alberus, 116f. 81 Er sah sich selbst als „theologische[r] Testamentsvollstrecker Luthers“; vgl. KAWERAU, Erasmus Alberus, 18. 82 KÖRNER, Erasmus Alberus, 114. 83 Grundsätzlich zur Biographie vgl. v.a. J OACHIM ROGGE, Nikolaus von Amsdorf, in: TRE 2, 487–497. ROBERT ALLEN KOLB, Nikolaus von Amsdorf. Knight of God and Exile of Christ. Piety and Polemic in the Wake of Luther, Diss. phil. University of Wisconsin, Ann Arbor 1973. DERS., Nikolaus von Amsdorf (1483–1565). Popular Polemics in the Preservation of Luther’s Legacy, Bibliotheca Humanistica & Reformatorica XXIV, Nieuwkoop 1978. IRENE DINGEL (Hrsg.), Nikolaus von Amsdorf (1483–1565) zwischen Reformation und Politik, Leucorea-Studien zur Geschichte der Reformation und der Lutherischen Orthoxie, 9, Leipzig 2008. 84 Vgl. PAUL BRATHE, Das Geschlecht des Nikolaus von Amsdorf, in: Archiv für Sippenforschung und alle verwandten Gebiete 7, Juli 1944, 113–115.

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und des Sententiarius. 1508 wurde er Stiftsherr im Allerheiligenstift und hatte die Ämter des Dekans und des Rektors der Leucorea inne.85 Überzeugt von Luthers reformatorischen Ideen war er seit 1517 an dessen Seite zu finden, sowohl bei der Leipziger Disputation 1519 als auch beim Wormser Reichstag 1521. Von Juli 1524 bis 1541 wirkte Amsdorf auf Empfehlung Luthers als Superintendent an der Magdeburger St. Ulrichskirche, bis er am 20. Januar 1542 von Luther geweiht sein Amt als erster protestantischer Bischof zu Naumburg und Gegenkandidat zum bereits vom Domkapitel gewählten Julius von Pflug antrat. Im Zuge der Kriegsereignisse wich Amsdorf 1547 nach Weimar aus und beriet dort die Söhne des gefangenen ehemaligen sächsischen Kurfürsten.86 Von Dezember 1548 bis April 1552 unterstützte er die Magdeburger im Kampf gegen Reichsacht, Interim und Leipziger Landtagsvorlage. 1552 trat Amsdorf das Amt des Eisenacher Superintendenten an, welches er bis zu seinem Tode am 14. Mai 1565 ausübte. Amsdorf gilt noch immer als derjenige Theologe, der die Lehre Luthers am vehementesten vertreten hat.87 In den Religionsgesprächen der dreißiger und vierziger Jahre zeigte er sich kompromißlos und unterzeichnete weder die Wittenberger Konkordie noch das Regensburger Buch. Er unterstützte Luther in dessen Auseinandersetzung mit Erasmus von Rotterdam und Johann Agricola, beförderte die Gründung der Universität Jena als Gegenmodell zu Wittenberg und die Erarbeitung einer Neuausgabe der Werke seines Freundes Luther88, die er mit einer Vorrede versah. Sowohl im adiaphoristischen, im majoristischen als auch im synergistischen Streit, die Amsdorf von Magdeburg und später Eisenach aus publizistisch führte, berief er sich konsequent auf die Bewahrung der lutherischen Lehre, ging jedoch gerade in der Frage der Werke weit über diese hinaus. Augrund seiner engen Anlehnung an Luther wird dem „Wegbereiter“ der lutherischen Orthodoxie in der aktuellen Forschung kaum eine eigenständige Auffassung zugeschrieben.89 Nach seiner Flucht aus Naumburg hatte sich Amsdorf, der nun die Bezeichnung Exul Christi führte, in die Festung Gotha und danach nach Weimar begeben, von wo aus er die fürstliche Familie in ihrer Ablehnung des Interims unterstützte. Auf der Weimarer Synode sprachen sich am 16. Juli 1548 die 85

Auf die Quellenproblematik hinsichtlich der Wittenberger Jahres Amsdorfs verweist ULRICH KÖPF, Nikolaus von Amsdorf an der Universität Wittenberg (mit Abdruck von Disputationsthesen Amsdorfs), in: DINGEL, Nikolaus von Amsdorf, 35–55, v.a. 35f. 86 Zum ambivaltenten Verhältnis zwischen Amsdorf und Kurfürst Johann Friedrich vgl. VOLKER LEPPIN, Nikolaus von Amsdorf und Johann Friedrich d.Ä., in: DINGEL, Nikolaus von Amsdorf, 103–115. 87 Die Bezeichnung „Lutheranissimus Lutheranorum“ bei: OTTO LERCHE, Amsdorff und Melanchthon. Eine kirchengeschichtliche Studie, Berlin 1937, 5. 88 Als Ausdruck dieser Freundschaft hatte Luther 1520 seine Schrift „An den christlichen Adel deutscher Nation“ seinem Freund Amsdorf gewidmet. 89 Vgl. u.a. ROGGE, Nikolaus von Amsdorf, v.a. 496 sowie KÖPF, Nikolaus von Amsdorf, 52.

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ernestinischen Theologen gegen die Annahme des Augsburger Interims aus. Darauf folgte wenige Tage später Amsdorfs ‚Christliches Bedenken‘90 für die jungen Herzöge, welches von weiteren 15 sächsischen Theologen, unter ihnen Justus Menius und Kaspar Aquila und der Hofprediger Christoph Hoffmann, unterzeichnet wurde. Diese Schrift, wie der am 31. Juli noch in Weimar91 verfaßte Text ‚Antwort Glaub und Bekenntnis‘92, ließ Amsdorf in Magdeburg bei Michael Lotter drucken. Auf Anraten des Herzogs Johann Friedrich siedelte Amsdorf im Dezember 1548 nach Magdeburg über, um die Söhne des gefangenen Fürsten durch seine Druckschriften nicht zu belasten.93 Obwohl Amsdorf während seines Exils in Magdeburg kein Amt inne hatte94, kann doch davon ausgegangen werden, daß er aufgrund seiner früheren Position über eine entsprechende Autorität verfügte95, die unter anderem in der typographischen Hervorhebung seiner Unterschrift unter der Magdeburger ,Confessio‘ ihren Ausdruck fand.96 Bereits ein Jahr, nachdem er Magdeburg in Richtung Naumburg verlassen hatte97, klagte Amsdorf: „Ach, wäre ich doch in Magdeburg geblieben! [...] Ach, möchte mich Gott nach meinem Magdeburg zurücktreiben, zu jener Gemeinde und jenem Rat, die so tüchtig und fromm sind, die gegen die Diener Christi so gesinnt sind, daß in ganz Deutschland sich keine Stadt findet, die darin Magdeburg gleichkäme [...].“98

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Der Prediger der Jungen Herrn/ Johans Friderichen Hertzogen zu Sachssen etc. Soenen/ Christlich Bedencken auff das INTERIM, Magdeburg, Michael Lotter, 1548 [ben. Ex.: THULB Jena: 8 MS 24000(8) = VD 16 P 4740]. 91 Anders als bei KOCH, Der Ausbruch, 181, entstand die Schrift nicht in Magdeburg, sondern noch in Weimar. 92 Antwort/ Glaub vnd Bekentnis auff das schoene vnd liebliche INTERIM. Niclasen von Amssdorffs des veriagten Bischoffs zur Naumburgk, Michael Lotter, Magdeburg 1548 [ben. Ex.: FB Gotha 11 an Theol. 4° 185–186 Rara = VD 16 A2325]. 93 Vgl. ERNST-OTTO REICHERT, Amsdorff und das Interim. Erstausgabe seiner Schriften zum Interim mit Kommentar und historischer Einleitung, Diss. theol. Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale 1955, 133 sowie den Brief Amsdorfs an Johann Friedrich vom 22.06.1548, in: G.T. SCHMIDT, Drei Briefe Amsdorfs über das Interim, in: Zeitschrift für die historische Theologie 1868, 3, 461–471, v.a. 467–469. 94 Er selbst bezeichnet sich gegenüber Johannes Aurifaber als ein „totus privatus“; vgl. die Angabe bei KAUFMANN, Ende, 160 Anm. 7. 95 So bezeichnete Nikolaus Gallus ihn als den „alten praeceptor und itzo veriagten Bischoff von der Naumburg“. H ARTMUT VOIT, Nikolaus Gallus. Ein Beitrag zur Reformationsgeschichte der nachlutherischen Zeit, Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns 54, Neustadt a.d. Aisch 1977, 142 Anm. 2. 96 Vgl. KOLB, Nikolaus von Amsdorf, 171. 97 Der Rat hatte sich äußerst schwer getan, Amsdorf im Januar 1541 ziehen zu lassen; vgl. REICHERT, Amsdorff, 36. 98 PETER BRUNNER, Nikolaus von Amsdorf als Bischof von Naumburg. Eine Untersuchung zur Gestalt des evangelischen Bischofsamtes in der Reformationszeit, SVRG 179, Gütersloh 1961, 78f.

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2.3. Matthias Flacius Illyricus99 Flacius (Vlacich) wurde am 3. März 1520 im istrischen Albona, das damals zur Republik Venedig gehörte, als Sohn eines kroatischen Grundbesitzers geboren. In Venedig erhielt er beim Humanisten Baptista Egnatius die philosophische Grundausbildung und kam in Kontakt mit dem dortigen Druckereigeschäft.100 Auf Anraten seines Oheims wählte er statt des Eintritts in den Franziskanerorden das Studium der altgriechischen Sprache, welches er seit 1539 in Augsburg, Basel und Tübingen betrieb. Seit 1541 setzte er das Studium in Wittenberg mit Unterstützung Luthers, Melanchthons und Bugenhagens fort, deren Freundschaft ihn zur Glaubensgewißheit führte. Drei Jahre später wurde Flacius in der Nachfolge Theodor Fabricius’ Professor für Hebräische Sprache an der Leucorea101 und im Jahre 1545 zum Magister promoviert. Im selben Jahr ehelichte er die Pfarrerstochter Elisabeth Faustus, die ihm insgesamt 12 Kinder schenken sollte.102 Während der Schließung der Universität im Zuge des Schmalkaldischen Krieges hielt sich Flacius in Braunschweig auf, wo er durch Superintendent Medler an das dortige Paedagogium vermittelt wurde. Zurück in Wittenberg verfaßte er in Reaktion auf das Augsburger Interim unter Pseudonymen 103 mehrere Druckschriften, die sich polemisch mit der kaiserlichen Religionspolitik auseinandersetzten. Angesichts des Umgangs der kursächsischen Theologen mit dem Interim suchte er mittels Drucklegung ihrer internen Gutachten, deren öffentliche Positionierung zu provozieren, distanzierte sich jedoch zunehmend von seinen Weggefährten. Im Frühjahr 1549 legte er die Professur nieder und wandte sich über Hamburg nach Magdeburg, um dort gegen das Interim schreiben und publizieren zu können.104 Der kurz nach der Beilegung der 99

Zur Biographie vgl. grundsätzlich v.a. OLIVER K. OLSON, Matthias Flacius Illyricus, in: TRE 11, 206–214. DERS., Matthias Flacius and the Survival. Sowie: WILHELM PREGER, Matthias Flacius Illyricus und seine Zeit, 2 Bde., Hildesheim 1964. (EA Erlangen 1859–61) 100 Vgl. OLSON, Matthias Flacius and the Survival, 29. 101 Vgl. hierzu: W ALTER FRIEDENSBURG, Die Anstellung des Flacius Illyricus an der Universität Wittenberg, in: ARG 11, 1914, 302–309. 102 Vgl. THOMAS KAUFMANN, Matthias Flacius Illyricus. Lutherischer Theologe und Magdeburger Publizist, in: Werner Freitag (Hrsg.), Mitteldeutsche Lebensbilder. Menschen im Zeitalter der Reformation, Köln/Weimar/Wien 2004, 177–200, v.a. 181. 103 Flacius schrieb unter den Pseudonymen Theodor Henetus, Johann(es) Waremund(us), Petrus Arbiter und Christian(us) Lauterwar, Publius Aesquillus, Carolus Azarias Gotsburgensis (wird fälschlicherweise Kaspar Aquila zugeschrieben) sowie Johannes Hermannus; vgl. hierzu: EMIL WELLER, Lexicon Pseudonymorum. Wörterbuch der Pseudonymen aller Zeiten und Völker oder Verzeichnis jener Autoren die sich falscher Namen bedienten, 2. Aufl., Regensburg 1886 (Repr. Hildesheim 1963), passim. Zu diesen frühen Texten vgl. ANDREAS WASCHBÜSCH, Alter Melanchthon. Muster theologischer Autoritätsstiftung bei Matthias Flacius Illyricus, Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte 96, Göttingen 2008, 47–92. 104 In Magdeburg muß Flacius noch 1549 eingetroffen sein. Die Angabe von MARIA THEISS, Pfarrer und Gemeinden in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in den Stiften

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Belagerung Magdeburgs 1552 seitens Theodor Fabricius’ unternommene Ausgleichsversuch zwischen den sächsischen und den in Magdeburg weilenden Theologen scheiterte vor allem an der Auffassung des Flacius, der einen Vergleich grundsätzlich ablehnte. Von Magdeburg aus beteiligte sich Flacius an den nachinterimistischen Streitigkeiten, insbesondere an der Auseinandersetzung mit Caspar Schwenckfeld und Andreas Osiander. Seit 1557 wirkte er als Superintendent und Professor für das Neue Testament an der Universität Jena105 und trug mit seinen Mitstreitern erheblich zum Scheitern des Wormser Religionsgesprächs im selben Jahr bei. Diese Verhärtung der Fronten zwischen jenen um Flacius und um Melanchthon versammelten Theologen fanden ihren Ausdruck in den durch die Fürsten in Auftrag gegebenen Bekenntnisformulierungen der Jahre 1559 und 1560. Nachdem die Auseinandersetzung zwischen Flacius und Viktorin Striegel über die Erbsündenlehre nicht geschlichtet werden konnte und seine Schriften zunehmend der Zensur des Weimarer Konsistoriums anheimfielen, wurde Flacius samt seiner gleichgesinnten Kollegen im Dezember 1561 der Ämter enthoben. Flacius wandte sich darauf an seinen Freund Nikolaus Gallus, der ihm die Zuflucht in Regensburg von 1561 bis 1566 ermöglichte. Auch dort setzte er die Lehrauseinandersetzungen mit protestantischen, calvinistischen und altgläubigen Theologen in seinen Schriften fort und riskierte damit eine Verhaftung, der er sich nur durch die Flucht nach Antwerpen 1566 entziehen konnte. Als Pfarrer der ersten lutherischen Gemeinde trug er dort erheblich zum Aufbau des protestantischen Kirchenwesens bei, mußte jedoch bereits ein Jahr später vor den Truppen Herzog Albas weichen. Nach einem Aufenthalt in Straßburg von 1567–1573106, während dessen sich Flacius erneut mit seiner Auffassung von der Erbsündenlehre den Verdacht der Ketzerei zuzog, floh er 1573 nach Frankfurt am Main, wo ihn der Tod am 11. März 1575 ereilte. Matthias Flacius Illyricus galt als Haupt der „Gnesiolutheraner“, der in seinem publizistischen Kampf um die Reinhaltung der lutherischen Lehre äußerst umstritten war. Zum Nachweis, daß die Papstkirche den zunehmenden Verfall verursachte, entstand nicht nur ein Wahrheitszeugenkatalog des

Magdeburg und Merseburg. Studien zur Sozial- und Bildungsgeschichte des Pfarrerstandes nach der Reformation, Diss. phil. Universität, Freiburg 1960, 6, er hätte sich erst seit 1551 in der Stadt aufgehalten, ist nicht haltbar. 105 Die Berufung nach Jena erfolgte offenbar auf Betreiben Nikolaus von Amsdorfs; vgl. THOMAS KAUFMANN, Die Anfänge der Theologischen Fakultät Jena im Kontext der ‚innerlutherischen‘ Kontroversen zwischen 1548 und 1561, in: VOLKER LEPPIN/GEORG SCHMIDT/ SABINE WEFERS (Hrsg.), Johann Friedrich I. – der lutherische Kurfürst, SVRG 204, Heidelberg 2006, 209–258, 219. 106 Vgl. hierzu: ALCUIN HOLLAENDER, Der Theologe Matthias Flacius Illyricus in Strassburg in den Jahren 1567–1573, in: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft N.F. 2, 1897/98, 3, 203–224.

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Flacius107, sondern vor allem die ,Magdeburger Centurien‘108, eine unter seiner Leitung in Magdeburg begonnene und unvollendet gebliebene Kollektivschrift, welche diesen Verfall nach Jahrhunderten gegliedert nachzuweisen suchte. Mit den ‚Clavis scripturae sacrae‘109, die 1567 in Basel erschienen waren, verfaßte er eine der wichtigsten zeitgenössischen Darlegungen reformatorischer Hermeneutik.110 Nachdem Flacius der Stadt Wittenberg den Rücken zugekehrt hatte, wandte er sich zunächst nach Magdeburg zu seinem Schwager Stefan Tucher, Diakon an St. Ulrich. Allerdings wollte er dort angesichts der drohenden Belagerung und der zu befürchtenden Lebensmittelknappheit nicht bleiben. In Hamburg rieten ihm Joachim Westphal und Johannes Aepinus, nach Magdeburg zurückzukehren und dort gegen das Interim und die sächsischen Theologen zu publizieren. Obwohl Flacius während seiner Zeit in Magdeburg über kein Amt verfügte111, avancierte er ob seiner Veröffentlichungen zur „Seele“ der Kanzlei.112 Auch er zog es vor, „eine gute und ruhige Stellung“ aufzugeben, um, nach dem Rat der hamburgischen Prediger, „von

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Catalogus testium Veritatis, Qui ante nostram aetatem reclamarunt Papae: Opus varia rerum, hoc praesertim tempore scitu dignißimarum, cognitione refertum, [...]. Cum Praefatione Mathiae Flacii Illyrici, qua Operis huius & ratio & usus exponitur, Oporinus, Basileae 1556 [VD16 F1293]. Zum Text vgl. jüngst: WILHELM SCHMIDT-BIGGEMANN, Flacius Illyricus’ „Catalogus testium veritatis“ als kontroverstheologische Polemik, in: GÜNTER FRANK und FRIEDRICH N IEWÖHNER (Hrsg.), Reformer als Ketzer. Heterodoxe Bewegungen von Vorreformatoren, Melanchthon-Schriften der Stadt Bretten 8, Stuttgart-Bad Cannstatt 2004, 263–291, dort mit weiterführender Literatur. 108 Ecclesiastica Historia integram ecclesiae Christi ideam quantum ad locum, propagationem, persecutionem, tranquillit., doctrin., haereses, ceremonias, gubunationem, schismata, synodos, personas, miracula, martyria, religiones extra ecclesiam: singulari diligentia et fide ex vetustissimis et optimis historicis, patribus et aliis scriptoribus congesta per aliquot studiosos et pios viros in urbe, Johannes Oporinus, Basel 1564–1574 [insges. 13 Bde.] [VD16 E230]. Zum Text vgl. u.a. RONALD E. DIENER, The Magdeburg Centuries. A Bibliothecal and Historiographical Study, Diss. Cambridge (Mass.), Harvard Divinity School 1978–79. 109 Clavis Scripturae seu de Sermone Sacrarum literarum, Oporinus, Basileae 1567 [VD16 F1307]. 110 Vgl. hierzu u.a. RUDOLF KELLER, Der Schlüssel zur Schrift. Die Lehre vom Wort Gottes bei Matthias Flacius Illyricus, Arbeiten zur Geschichte und Theologie des Luthertums N.F. 5, Hannover 1984 sowie Ivan Kordi , Matthias Flacius Illyricus und sein Beitrag zur Entwicklung der Hermeneutik als des verstehenden Zugangs zur Wirklichkeit und zu ihrem Niederschlag im Text, Freiburg 1987. 111 Trotz seiner exzellenten schriftlichen Ausdrucksfähigkeit verfügte Flacius offenbar nur über eine begrenzte mündliche Kompetenz der deutschen Sprache, die seinen selbstgesetzten Ansprüchen an eine deutsche Predigt offenbar nicht genügten. Vgl. hierzu PREGER, Matthias Flacius Illyricus 2, 228. Das bei KELLER, Schlüssel, 26, erwähnte Amt des Flacius als „Aufseher der Druckereigeschäfte“ muß in seiner institutionellen Konnotation sicherlich relativiert werden. 112 Der „berufene Laie“ bei KAUFMANN, Flacius, 184.

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da aus mit Alber, Stephan Tucher und Andern dem Verderben Widerstand zu leisten“.113 „Ydoch hab ich mich on alle menschliche zusage hieher begeben wollen/ vnd lieber hie mit den Christen bekennen vnd leiden/ denn dort meine fleischliche wolfart haben. [...] Denn wir muessen ja mehr Gotte denn dem Teuffel/ Antichrist/ Tyrannen/ vnd andere Gottlose fuerchten.“114

2.4. Nikolaus Gallus115 1516 als Sohn des fürstlich anhaltinischen Rates und Bürgermeisters und einer Ratstochter in Köthen geboren, studierte Nikolaus Gallus seit 1530 in Wittenberg und promovierte dort 1537 zum Magister Artium. Seit 1540 wirkte er als Rektor der Stadtschule Mansfeld, bis er im Mai 1543 von Bugenhagen ordiniert sein Amt als Diakon in Regensburg übernahm und sich zusammen mit dem Superintendenten Hieronymus Noppus maßgeblich am Aufbau der jungen protestantischen Kirche beteiligte.116 Dort heiratete er die Tochter eines Arztes, die die erste von drei Gattinnen sein sollte. Nachdem der städtische Rat im Juni 1548 das Augsburger Interim in Regensburg einführte, verließ Gallus die Stadt und vertrat zunächst Caspar Cruciger d. Ä. an der Wittenberger Schloßkirche. 1549 wurde Gallus nach Magdeburg auf die Superintendentur an St. Ulrich berufen und blieb in der Stadt bis zu deren Übergabe.117 Nach kurzer Tätigkeit in seiner Heimatstadt Köthen 1553 kehrte er im Sommer des selben Jahres nach Regensburg zurück118 und wirkte dort bis zu seinem Tode am 17. Juni 1570119 als Superintendent. 113

T WESTEN, Matthias Flacius Illyricus, 71. MATTHIAS FLACIUS ILLYRICUS, Vermanung Matth. Flacij Illyrici zur gedult vnd glauben zu Gott/ im Creutz dieser verfolgung/ geschrieben an die Kirche Christi/ zu Magdeburg, Christian Rödinger d. Ä., Magdeburg 06.04.1551, Bijr [ben. Ex.: SBB PK 10 in Dg8R = VD16 F1523]. 115 Zur Biographie vgl. grundsätzlich v.a. GERHARD SIMON, Nikolaus Gallus, in: TRE 12, 21–23. Voit, Nikolaus Gallus. 116 Zur Reformation in Regensburg vgl. u.a. LEONHARD THEOBALD, Die Reformationsgeschichte der Reichsstadt Regensburg 2, Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns XIX, München 1951. 117 Der Magdeburger Rat wollte Gallus nicht ziehen lassen, da er „ane zerrüttung und zerstörunge unserer [...] kirche von uns nicht gehen kann“; zit. nach VOIT, Nikolaus Gallus, 207. 118 Da diese Zeit nicht mehr von Voit behandelt wird, vgl. hierzu LEONHARD THEOBALD, Einiges über die Lebensschicksale des Gallus während seiner Regensburger Superintendentenzeit, in: Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 19, 1950, 69–77. 119 Vgl. die Leichenpredigt des Regensburger Predigers M. IOSUA OPITIUS, Eine Christliche Leichpredigt. Bey dem Begrebnuß des Ehrwirdigen vnnd Hochgelehrten Herrn Nicolai Galli/ Pfarrhers/ vnd Superintendenten der Christlichen Gemein zu Regenspurg/ gethan am tag Johannis Baptistae, Regensburg Hans Burger 1570, v.a. Bijv [ben. Ex.: HAB 182.6 Theol. (2) = VD 16 O778]. Vgl. auch MATTHIAS SIMON, Wo starben die Regensburger Pfarrer Hieronymus 114

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Gallus zählt zu den bedeutenden Theologen der zweiten Generation.120 Sein Grundthema, die Unterscheidung von Gesetz und Evangelium, prägte sein theologisches Wirken.121 Als Freund des Flacius baute er zunehmend eine Distanz zu seinen Wittenberger Lehrern auf, die er auch in Regensburg nicht aufgab. Er unterstützte das kirchengeschichtliche Centurien-Projekt seines Freundes Flacius Illyricus und nahm diesen nach seiner Ausweisung aus Jena auf. Neben seiner Beteiligung an den innerlutherischen Streitigkeiten122 führte er Auseinandersetzungen mit den altgläubigen Theologen der Ingolstädter Akademie und unterstützte die Salzburger Protestanten123. Bereits in Regensburg avancierte Gallus zum Protagonisten im Kampf gegen das Augsburger Interim.124 Nachdem das Interimsmandat die Stadt erreicht hatte, erstellte Gallus auf Bitten des Rates am 29. Mai 1548 ein Gutachten125, in welchem er sich für die Ablehnung des Interims aussprach. Auch die auf Anweisung des Rates unternommene Abstimmung mit den Nürnberger Predigern Andreas Osiander und Veit Dietrich konnte letztlich nicht verhindern, daß der Rat erwog, mit der Annahme der akzeptablen Artikel den Druck des Kaisers auf die Stadt zu mildern. Da sowohl die Geistlichen Regensburgs als auch der Kaiser selbst diesen Kompromiß ablehnten, erklärte der Rat am 30. Juni 1548 die Annahme des Interims.126 Bereits einen Tag später verließen bis auf zwei alle Prediger die Stadt in Richtung Nürnberg.127 Nach einem einmonatigen Aufenthalt in Nürnberg wandte sich Gallus über Köthen und Magdeburg nach Wittenberg, wo er am 6. November 1548 mit seiner Familie eintraf.128 Von dort aus stand er

Noppus und Nikolaus Gallus?, in: Zeitschrift für bayerische Kirchengeschichte 33, 1964, 175–179. 120 SIMON, Nikolaus Gallus, 21 sowie JÖRG BAUR, Rezension von HARTMUT VOIT, Nikolaus Gallus, in: ARG 7, 1978, 43f., hier 43. 121 Vgl. VOIT, Nikolaus Gallus, 12f. 122 Z.B. die Auseinandersetzung mit Melanchthon über den freien Willen; vgl. hierzu: ROBERT ALLAN KOLB, Nikolaus Gallus’ Critique of Philip Melanchthon’s Teaching on the Freedom of the Will, in: ARG 91, 2000, 87–109. 123 Vgl. hierzu W ILHELM GEYER, Nikolaus Gallus, der Reichsstadt Regensburg vornehmster Reformator, Regensburg 1916, 9f. 124 Vgl. VOIT, Nikolaus Gallus, 62. 125 Einer Christlichen Stad vnthertenigk antwort/ auff das von Key. Ma. vberschickt Jnterim. Vnnd ein Radtschlag der Predicanten der selbigen Stadt [Magdeburg, Michael Lotter] 1548 [ben. Ex.: SBB SPK: 6 an Bt 18600 a R = VD 16 C2379]. In Unkenntnis eines Druckes ist der Text wiedergegeben bei: GUSTAV KAWERAU, Bedenken des Nikolaus Gallus in Regensburg aufs Interim, in: Beiträge zur bayerischen Kirchengeschichte 19, 1912, 1, 39–42. 126 Vgl. VOIT, Nikolaus Gallus, 85f. 127 Da diese wie auch der Rat mit einer baldigen Rückkehr rechneten, erhielten alle Prediger weiterhin ihr Gehalt, Nikolaus Gallus jährlich 130 Gulden für das Jahr 1548 und 1549. Vgl. die Angaben ebd., 96. 128 Vgl. ebd., 105.

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weiterhin im engen Kontakt mit seiner Regensburger Gemeinde, die er regelmäßig über die Interimsgeschehnisse im Reich informierte und ihnen Trost zusprach. Trotz mehrerer Vermittlungsangebote durch Melanchthon nach Kopenhagen und Zwickau129 und einem Angebot des Mecklenburger Herzogs auf ein Pfarramt in Rostock, zog Gallus die „gefarligkeit der bekentnis [...] vor anderm nutz“ vor.130 Am 11. November 1549 ging er nach Magdeburg und übernahm dort, zunächst für ein Jahr, die mit der Superintendentur verbundene Pfarrstelle an St. Ulrich. Bereits im September 1548 weilte er für wenige Tage bei seinem Schwager Heinrich Merckel131 in der Stadt und zeigte sich beeindruckt von der religiösen Standhaftigkeit ihrer Bewohner, die er bald darauf für drei Jahre im Kampf gegen das Interim als führender Geistlicher unterstützten sollte: „Das gott einen sonderlichen eiver, muth und bestendigkeit für sein wort beij diesen leuten wirket, sie auch bisher wunderlich schützt und gerettet hat, trauen auch ires antzeigens auff keinen leiblichen arm, wiewol sie ein feste stadt haben [...].“132

In Magdeburg trafen die Flüchtlinge auf jene Geistlichen, die bereits seit langem die Gemeinden als Prediger und Diakone betreuten.133 Die soziale Struktur der Pfarrgemeinden veranschaulicht ein zeitgenössischer Reim: „Zu St. Ulrich die Reichen Zu St. Johannis die Säuberlichen Zu St. Catharinen das Mittelgut Zu St. Jacob die Armuth Zu St. Peter die Fischer Zum heiligen Geist die Tischer.“134

Während in der Regel die Pfarrstelle an St. Ulrich mit der Superintendentur der Stadt verbunden war, galt St. Johannis als die Kirche des Rates.135 Nach dem Tode des Nikolaus Glossenius am 6. Juli 1547 blieb das Amt des Superintendenten über ein Jahr vakant, bis Nikolaus Gallus Ende 1548 129

Vgl. das Empfehlungsschreiben Philipp Melanchthons an den Zwickauer Rat vom 07.02.1549, in: CR 7, Nr. 4484, 332f. 130 So die Formulierung in einem Schreiben an Wolfgang von Anhalt vom 24.06.1548; zit. nach VOIT, Nikolaus Gallus, 120. 131 1541 hatte seine Schwester Margarethe den Magdeburger Secretarius geheiratet. Vgl. ebd., 21. 132 Das Schreiben Gallus’ an den Regensburger Ratskonsulent Hiltner vom 03.10.1548; zit. nach ebd., 136. 133 Vgl. insgesamt die Angaben bei KAUFMANN, Ende, 166–170. Sowie: FRIEDRICH GOTTLIEB KETTNER, Clerus Magdeburgensis, oder die Evangelisch-Lutherische Geistlichkeit in Magdeburg, Magdeburg 1726–1733, passim. 134 K. JANICKE, Magdeburg beim Beginne der Reformation, in: GBlM 2, 1867, 5–34, hier 18. 135 Bis 1918 besaß der Rat eine eigene Stuhlreihe in dieser Kirche. Vgl. ALFRED FRANTZ, St. Johannis, die Hauptpfarr- und Ratskirche der Stadt Magdeburg. Ein kirchliches Heimatbuch, Magdeburg 1931, v.a. 25.

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das Amt übernahm. An St. Johannis wirkte seit 1532 der Senior der Magdeburger Geistlichen, Lukas Rosenthal.136 Er war neben den Exules der einzige Magdeburger, der sich im Untersuchungszeitraum mit eigenen Schriften exegetischen und konsolatorischen Charakters hervortat. Johann Baumgart (Pomarius) d.Ä. war seit 1540 in Magdeburg als Pfarrer an der Hl.-GeistKirche und zugleich als Konrektor am dortigen Gymnasium tätig.137 Johannes Stengel wirkte seit 1526 an St. Jakob138, während Ambrosius Hitfeld139 und Martin Lescher140 ihr Amt an St. Petri ausübten und Henning Frede141 die Katharinengemeinde betreute. In der Sudenburg war Joachim Woltersdorf142 seit 1544 als erster protestantischer Pfarrer tätig, Heinrich Guericke übte das Predigtamt in der Neustadt aus. Über das konfessionelle Profil jener Geistlichen lassen sich kaum substanzielle Aussagen treffen.143 Mit Rosenthal, Baumgart, Woltersdorf, Stengel und Hitfeld haben mindestens fünf der acht Magdeburger Geistlichen ihr Studium an der nahen Wittenberger Uni-

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Rosenthal, geboren 1496 in Radefeld bei Leipzig, war als Wittenberger Schloßprediger tätig, bis er im Juni 1532 die Pfarrstelle in Magdeburg übernahm. Er starb am 25.05.1559 nach schwerer Krankheit. Vgl. u.a. FRANTZ, St. Johannis, 29f. Vgl. die Leichenpredigt von JOHANNES BAUMGARTEN, Warhafftige Historia Der Leere/ Lebens vnd Christlichen absterbens/ des Ehrwirdigen Herrn Ern Lucae Rosenthaels seliger gedechtnis/ Pfarherrn zu S. Johannes/ in der Alten Stadt Magdeburgk. Mit einem vorgehendem Christlichem bericht/ vnd Brüderlicher vormanung/ an seine hinder sich gelassene lieben Pfarkinder vnd alle Christen/ Wie man das Ampt eines getrewen Pfarhern vnd Predigers behertzigen/ vnd auch den Tödtlichen abschiedt der Menner Gottes/ Christlich betrachten sol, Ambrosius Kirchner d. Ä., Magdeburg 1560 [ben. Ex.: HAB H:J 134 4o Helmst. (3) = VD16 B893]. Baumgarten gibt das Sterbedatum mit dem 29.04.1559 an (Mivr). 137 Geboren als Sohn eines Malers und Goldschmiedes am 24.06.1514 in Meißen, besuchte er das Gymnasium in Wittenberg und später die Wittenberger Universität, bis er eine Stelle als Lehrer in Naumburg annahm. Baumgart verfaßte katechetische und polemische Schriften und erwarb sich einen Namen als Schuldramatiker. Er verfaßte die Leichenpredigten auf Lukas Rosenthal und Ambrosius Hitfeld. Er starb in Magdeburg am 18.03.1578. Vgl. u.a. W ILHELM SCHERER, Art. Johann Baumgart, in: NDB 1, 658. 138 Er stammte aus der Diözese Paderborn und studierte in Wittenberg, bis er das Pfarramt in Magdeburg übernahm. Die Immatrikulation ist auf den 20.04.1519 ausgestellt. Vgl. FÖRSTEMANN, Album Academiae Vitebergensis I, 89 sowie HOFFMANN/HERTEL/ HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 398. 139 Hitfeld kam aus Danzig nach Wittenberg, wo er am 01.05.1520 immatrikuliert wurde. Vgl. FÖRSTEMANN, Album Academiae Vitebergensis I, 91. 140 Über Lescher liegen keine biographischen Angaben vor. Sein Amt wird von KAWERAU, Erasmus Alberus, 8 erwähnt. Er war der Einzige der amtierenden Prediger, der die Magdeburger ,Confessio‘ nicht unterzeichnet hatte. 141 Frede starb 1565 nach über dreißigjähriger Amtstätigkeit. Vgl. KAUFMANN, Ende, 168 Anm. 30. 142 Woltersdorf kam aus Salzwedel an die Leucorea und wurde dort am 22.06.1529 immatrikuliert. Vgl. FÖRSTEMANN, Album Academiae Vitebergensis I, 135. 143 Vgl. KAUFMANN, Ende, 170 Anm. 32.

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versität absolviert, zum Teil im engen Einvernehmen mit den Reformatoren der ersten Generation.144 Eine enge Freundschaft hatte auch Amsdorf, Alberus, Gallus und Flacius mit den Wittenbergern verbunden. Angesichts des sächsischen Weges im Umgang mit dem Interim schlug diese Verbundenheit in Enttäuschung gegenüber den einstigen Weggefährten und Lehrern um, welche die Migranten als persönliche und religiöse Hypothek nach Magdeburg mitbrachten.145 Die aufgrund des selbstgewählten und/oder erzwungenen Ortswechsels gebrochenen Biographien erhielten zusätzlich durch das Interpretament des Exils eine sinnstiftende Selbstvergewisserung, die in der Wahl Magdeburgs als Exilsort ihr Telos fand.146 Während Amsdorf bereits nach einer Amtsentsetzung in Naumburg explizit das Epitheton Exul Christi mit seinem Namen verknüpfte, finden sich derartige Identitätskonstruktionen in den Texten aller vier Autoren wieder: Bekenntnis, Glaubensflucht und Verfolgung angesichts der Endzeit stellten dabei die Pfeiler der Deutung der eigenen Identität und der Umwelt dar.

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KAUFMANN, ebd., 167 Anm. 26 weist dieses Einvernehmen am Beispiel Lukas Rosenthals nach. 145 Vgl. ausführlich dazu Kap. 5. 146 Die rein konfessionelle Begründung der Migration durch die Betroffenen stellte in ihrer Singularität in der Regel ein Konstrukt dar. Vgl. hierzu den Forschungsüberblick von ALEXANDER SCHUNKA, Glaubensflucht als Migrationsoption. Konfessionell motivierte Migrationen in der Frühen Neuzeit, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 56, 2005, 10, 547–564, v.a. 563. Dort mit weiterer Literatur. Vgl. auch D INGEL, Die Kultivierung des Exulantentums, in: DIES., Nikolaus von Amsdorf, 153–175.

Kapitel 3

Um die Einheit der Religion I: Das Scheitern der Reichsreligionsgespräche1 „Christus gib uns ein Konzil, keinen Krieg, gib uns eine Synode, keinen Tumult.“2

Im Zuge der Speyerer Reichstage hatte sich die religiöse Spaltung im Reich verfestigt. Unterstützte die Suspension des Wormser Edikts im Jahre 1526 die reformatorischen Bestrebungen und den Ausbau des landesherrlichen Kirchenregimentes, formierte sich drei Jahre später eine Gruppe protestierender Reichsstände, die die Entscheidungskompetenz des Reichstages in Glaubenssachen in Frage stellte. Wenn auch das Veto der Protestanten 1529 zunächst wirkungslos blieb – das Wormser Edikt wurde erneut in Kraft gesetzt – war doch hier jene Argumentation formuliert, die die folgenden Auseinandersetzungen begleiten sollte.

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Ich verstehe im folgenden unter Religionsgespräch eine Glaubensverhandlung bzw. eine zeitlich zusammenhängende Gruppe von Gesprächen über die Religion, die ohne eine standardisierte Regelung des Verfahrens und des Teilnehmerkreises zur Feststellung der Glaubensgegensätze und einer Annäherung der Standpunkte bis hin zur möglichen Einigung durchgeführt wurden. Das Spezifikum der Reichsreligionsgespräche bestand darin, daß sie aufgrund kaiserlicher Initiative auf den Reichstagen selbst oder mit Mandat eines Reichstages stattfanden. So verstanden gelten als Reichsreligionsgespräche die Colloquia in Augsburg 1530, Hagenau, Worms und Regensburg in den Jahren 1540/1541 und Worms 1557. Vgl. hierzu den Überblick von IRENE DINGEL, Religionsgespräche IV: Altgläubig-protestantisch und innerprotestantisch, in: TRE 28, 654–681. Sowie: ROLF DECOT, Religionsgespräch und Reichstag. Der Regensburger Reichstag von 1556/57 und das Problem der Religionsgespräche auf Reichstagen, in: ERICH MEUTHEN (Hrsg.), Reichstage und Kirche, Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 42, Göttingen 1991, 220–235, hier 222–223. Insgesamt zu dieser Thematik: ARMIN KOHNLE, Reichstag und Reformation. Kaiserliche und ständische Religionspolitik von den Anfängen der Causa Lutheri bis zum Nürnberger Religionsfrieden, Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 72, Gütersloh 2001. 2 Schreiben Georg Witzels an Johannes Cochlaeus vom 20. Juni 1534, zitiert nach: THOMAS FUCHS, Konfession und Gespräch. Typologie und Funktion der Religionsgespräche in der Reformationszeit, Norm und Struktur. Studien zum sozialen Wandel in Mittelalter und Früher Neuzeit 4, Köln/Weimar/Wien 1995, 399.

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1. Augsburg: 16. bis 30. August 1530 Obwohl die Appellation an ein allgemeines bzw. nationales Konzil von protestantischer wie von altgläubiger Seite3 seit 1523 immer wieder erhoben wurde und sich selbst der Kaiser mehrfach um dessen Einberufung bemühte, verstand es Papst Clemens VII., diesen Forderungen bis zum Ende seiner Amtszeit im Jahre 1534 aus dem Weg zu gehen. Wollte also der Kaiser angesichts der Bedrohung Österreichs und Ungarns durch die Türken und einer möglichen Wiederaufnahme der Kampfhandlungen seitens der Franzosen sowie der kurfürstlichen Opposition gegen die Wahl Ferdinands I. zum römischen König eine Verschärfung der Konfliktlage im Reich vermeiden, mußte Karl V. selbst die Initiative ergreifen. Noch vor seiner Kaiserkrönung in Bologna schrieb er für das Jahr 1530 einen Reichstag nach Augsburg aus mit dem deutlich formulierten Ziel, „die zwitracht hinzulegen: widerwillen zulassen: vergangne Irsal unserm seligmacher zuergeben: und vleis anzukeren: alle ains yeglichen gutbeduncken: opinion und maynung zwischen uns selbs in/ liebe und gutligkait zuhoren: zuverstehen: und zuerwegen: die zu ainer ainigen Christlichen warhait zubrengen und zuuergleichen.“4 In den Religionsgesprächen während des Reichstages5 sollte die Konzilsproblematik eine zentrale Rolle einnehmen.6 Denn beide Seiten hatten allein durch ein in Aussicht gestelltes Konzil die Möglichkeit, zu einem interimistischen Vergleich der Religion zugunsten der aktuellen politischen Friedenswahrung zu gelangen. Mit dieser Intention verfaßte Philipp Melanchthon ganz im Sinne des Reichstagsausschreibens die Confessio Augustana, die am 25. Juni in Augsburg verlesen wurde. Die Betonung der Gemeinsamkeiten mit der alten Kirche sollte eine ausreichende Verhandlungsbasis bieten, ohne die eigenen Glaubensgrundsätze zu gefährden. Luther hatte von der Feste Coburg aus die Verhandlungsbereitschaft signalisiert, aber ebenso deutlich mit dem Evangelium die Grenze des Zugeständnisses markiert.7 Bekannt3

Zu den unterschiedlichen Konzilsbegriffen beider Seiten vgl. die Ausführungen bei: THOMAS BROCKMANN, Die Konzilsfrage in den Flug- und Streitschriften des deutschen Sprachraumes 1518–1563, Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 57, Göttingen 1998, 71–197. 4 Der Text des Ausschreibens findet sich in: KARL EDUARD FÖRSTEMANN (Hrsg.), Urkundenbuch zu der Geschichte des Reichstages zu Augsburg im Jahre 1530, 2 Bde., Halle 1833–1835 (Repr. Osnabrück 1966), Nr. 1, 1–9, hier 8. 5 Zu den Religionsverhandlungen auf dem Augsburger Reichstag vgl. FUCHS, Konfession, 362–388. 6 Vgl. HERBERT IMMENKÖTTER, Reichstag und Konzil. Zur Deutung der Religionsgespräche des Augsburger Reichstags 1530, in: GERHARD MÜLLER (Hrsg.), Die Religionsgespräche der Reformationszeit, SVRG 191, Gütersloh 1980, 7–19, hier 19. 7 „Ego sicuti semper scripsi, omnia eis concedere paratus, tantum solo euangelio nobis libere premisso. Quod autem cum euangelio pugnat, concedere non possum. Quid alius respondeam?“

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lich war Melanchthon insbesondere in den parallel verlaufenden Geheimverhandlungen mit Kardinal Lorenzo Campeggio zu einem weitreichenden Kompromiß bereit: „Dogma nullum habemus diversum ab Ecclesia Romana.“8 Angesichts der deutlichen Drohgebärden seitens des Kardinals9, der für eine militärische ‚Überzeugung‘ der als Ketzer geltenden Protestanten plädierte, erscheint dieser verbale Handschlag nicht außergewöhnlich. Im Gegenteil. Gerade über den ersten Teil der Confessio, der die Artikel des Glaubens und der Lehre umfaßte, sollte man sich im Laufe der Verhandlungen zunächst rasch einigen.10 Da die erste Fassung der Antwort auf die Confessio mit dem Ziel konzipiert war, die Protestanten lediglich der Häresie zu überführen und auf diesem Wege die Wiederherstellung der einen Kirche zu erwirken, empfahl der Kaiser deren Überarbeitung im Sinne einer sachlichen Auseinandersetzung.11 Die endgültige Fassung der Confutatio bejahte denn auch viele Aussagen der Confessio hinsichtlich der Glaubensfragen, stellte aber um so mehr Differenzen fest, die vor allem die Artikel zur Erbsünde, die guten Werke, die Rechtfertigung12, die Definition der Kirche, die Fastengebote, den Laienkelch, die Priesterehe, die Messe und die bischöfliche Jurisdiktion betrafen.13 Mit der Verlesung

Schreiben Luthers an Melanchthon vom 29.06.1530, in: WA Br 5, Nr. 1609, 405–408, hier 407. Zur Frage der Rechtfertigung vgl. VINZENZ PFNÜR, Einig in der Rechtfertigungslehre? Die Rechtfertigungslehre der Confessio Augustana (1530) und die Stellungnahme der katholischen Kontroverstheologie zwischen 1530 und 1535, Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz 60: Abteilung Abendländische Religionsgeschichte, Wiesbaden 1970. 8 Schreiben Philipp Melanchthons an den Kardinal Lorenzo Campeggio vom 4. bzw. 6.07. 1530, in: CR 2, Nr. 761, 168–171, hier 170. Zur Datierung vgl. die Anmerkung 52 in: GERHARD MÜLLER, Um die Einheit der Kirche. Zu den Verhandlungen über den Laienkelch während des Augsburger Reichstages, in: ERWIN ISERLOH/KONRAD REPGEN (Hrsg.), Reformata Reformanda. Festgabe für Hubert Jedin zum 17. Juni 1965, München 1965, Bd. 1, 393–427, hier 401. 9 Campeggio hatte noch am 26. Juni für eine gewaltsame Lösung der Religionsfrage plädiert. Das Gutachten ist abgedruckt in: WILHELM MAURENBRECHER, Karl V. und die deutschen Protestanten 1545–1555. Nebst einem Anhang von Aktenstücken aus dem spanischen Staatsarchiv von Simancas, Düsseldorf 1865, Anhang Nr. 1, 3–14. Vgl. auch das Gutachten des Staatsrates vom Juni 1530, in: ALFRED KOHLER (Hrsg.), Quellen zur Geschichte Karls V., Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte der Neuzeit 15, Darmstadt 1990, Nr. 44, 164–165. 10 Innerhalb von zwei Tagen konstatierten beide Seiten eine Einigung über 15 Artikel der CA. Differenzen blieben bestehen hinsichtlich der Artikel über die Buße (Art. 12), die guten Werke (Art. 20) und die Anrufung der Heiligen (Art. 21). 11 Zum chaotischen Entstehungsprozeß der Confutatio vgl. HERBERT IMMENKÖTTER, Um die Einheit im Glauben. Die Unionsverhandlungen des Augsburger Reichstages im August und September 1530, Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung 33, 2. Aufl., Münster 1973, 15–17. 12 Da die Altgläubigen gegen das sola fide auch Liebe und Hoffnung im Rechtfertigungsakt eingegossen sehen wollten, boten sie die Kompromißformel „der Glaube, der durch die Liebe wirkt“ an. Vgl. IMMENKÖTTER, Um die Einheit, 19. 13 Vgl. ebd., 18–21.

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(nicht Aushändigung!) der Confutatio am 3. August betrachteten die Altgläubigen die Protestanten als widerlegt und bestanden auf deren Unterwerfung unter die strittigen Artikel. Da diese trotz der Drohungen die Annahme verweigerten, bemühte sich ein hierzu gebildeter (altgläubiger) Großer Ausschuß mehrere Tage vergeblich um die Akzeptanz der Confutatio seitens der protestantischen Vertreter. Inzwischen hatte auch der Papst trotz eindringlicher Bitte des Kaisers die Hoffnungen auf ein baldiges Konzil gedämpft.14 Und so sah sich Karl V. gezwungen, den ständischen Forderungen nach Aufnahme der Vergleichsverhandlungen zu entsprechen.15 Am 16. August trat der aus 14 Vertretern bestehende Ausschuß zur Lesung der Confessio zusammen.16 Während die Verhandlungen über die Lehrartikel bereits am nächsten Tag abgeschlossen wurden17, gestaltete sich die Diskussion der Artikel 22 bis 28 über die abgestellten Mißbräuche sehr viel schwieriger. Als problematisch erwiesen sich insbesondere die Artikel über den Laienkelch (Art. 22), die Priesterehe (Art. 23) und die Messe (Art. 24). Alle anderen Artikel, auch die Frage der Kirchengüter oder der Bischofsgewalt, ordneten sich dieser Problematik unter.18 Melanchthon hatte seit dem Beginn der Verhandlungen darauf beharrt, den Protestanten, zur Not auch interimistisch, zumindest das Abendmahl sub utraque und die Priesterehe zu belassen, da die Rücknahme beider zu erheblich mehr Schwierigkeiten geführt hätte, als zwischenzeitlich die zentralen Glaubensgrundsätze zurückzustellen.19 Im Ge14

Clemens VII. hatte Anfang August de facto der Bitte des Kaisers widersprochen, in Augsburg ein allgemeines Konzil einzuberufen. Vgl. HUBERT JEDIN, Geschichte des Konzils von Trient, Bd. 1: Der Kampf um das Konzil, 2. Aufl., Freiburg 1951, 206. 15 Zum Einfluß der Stände auf die Vergleichsverhandlungen vgl. HERBERT IMMENKÖTTER, Die Rahmenbedingungen der Augsburger Religionsverhandlungen, in: DERS./GUNTHER WENZ (Hrsg.), Im Schatten der Confessio Augustana. Die Religionsverhandlungen des Augsburger Reichstages 1530 im historischen Kontext, Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 136, Münster 1997, 10–18, hier 13. 16 Der erste Ausschuß, der Vierzehnerausschuß, bestand auf altgläubiger Seite aus: Herzog Heinrich von Braunschweig bzw. später Georg von Sachsen, dem Augsburger Bischof Christoph von Stadion, den Juristen Bernhard von Hagen und Hieronymus Vehus sowie den Theologen Johannes Eck, Konrad Wimpina und Johannes Cochlaeus; auf protestantischer Seite aus: dem sächsischen Kurprinzen Johann Friedrich, dem Markgraf Georg von Brandenburg-Ansbach, den Juristen Gregor Brück und Johann Heller sowie den Theologen Philipp Melanchthon, Johannes Brenz und Erhard Schnepf. Vgl. FUCHS, Konfession, 367. 17 Siehe oben. Die Beratung der Artikel über die Beichte (Art. 11), das Kirchenregiment (14) und die Kirchenordnungen (Art. 15) wurden auf die Lesung des zweiten Teils der Confessio vertagt. 18 Vgl. die Quellen in: FÖRSTEMANN, Urkundenbuch 2, v.a. Abschnitt 5. 19 Diese Ansicht vertrat er nicht allein; vgl. hierzu u.a. MARTIN BRECHT, Johannes Brenz auf dem Augsburger Reichstag 1530, in: ROLF DECOT (Hrsg.), Vermittlungsversuche auf dem Augsburger Reichstag 1530. Melanchthon – Brenz – Vehus, Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft 26, Stuttgart 1989, 9–28, hier 26. „Paucis rebus vel condonatis, vel dissimulatis, posset constitui concordia, videlicet si nostris utraque species

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genzug bot er die Akzeptanz der bischöflichen Jurisdiktion an, solange diese nicht gegen Gottes Gebote verstoßen würden.20 Mitte August formulierten Melanchthon und Spalatin einen Forderungskatalog, an dem sich die Verhandlungen ausrichten sollten: Freiheit der Lehre, Laienkelch, Priesterehe, Abschaffung der Privat- und Winkelmessen als Opfermessen. Sollten diese Forderungen erfüllt werden, könnte man hinsichtlich des Klosterwesens, der bischöflichen Jurisdiktion, den Zeremonien und Fastengeboten nachgeben.21 Als der sächsische Kanzler Gregor Brück nun diese Forderungen in die Verhandlungen des Vierzehnerausschusses einbrachte22, gerieten die Beratungen ins Stocken. Während die Protestanten nur unter der Bedingung der Erfüllung ihrer Forderungen bereit waren, über die Artikel 25 bis 28 zu diskutieren, machten die Altgläubigen eben diese Artikel zur Bedingung für die Akzeptanz der gegnerischen Forderungen.23 Zudem bestanden die altgläubigen Vertreter auf ihrer Forderung, die Protestanten müßten in ihren Gebieten bei zwischenzeitlicher Gewährung des Laienkelchs ebenso die communio sub una gewähren sowie in ihren Predigten erklären, daß man auch im Brot den ganzen Christus empfange.24 Andererseits hatten sich auch die Differenzen innerhalb des protestantischen Lagers über die Bereitschaft zum Ausgleich verstärkt. Philipp von Hessen hatte heimlich den Reichstag verlassen25 und auch einigen Reichsstädten, wie Nürnberg, ging die Kompromißbereitschaft der kursächsischen Vertreter26 – insbesondere hinsichtlich des LaienCoenae Domini permitteretur, si coniuga sacerdotum et monachorum tolerarentur.“ Schreiben Melanchthons an Kardinal Campeggio vom 07.07.1530, in: CR 2, Nr. 763, 172–173, hier 173. 20 Damit blieb Melanchthon seiner Strategie treu, die äußere Einheit mit Garantierung der inneren Lehrfreiheit zu erreichen. Vgl. ROLF DECOT, Confessio Augustana und Reichsverfassung. Die Religionsfrage in den Reichstagsverhandlungen des 16. Jahrhunderts, in: IMMENKÖTTER/WENZ, Im Schatten der Confessio Augustana, 19–49, hier 30. 21 Der Vorschlag vom [18. August] ist abgedruckt in: FÖRSTEMANN, Urkundenbuch 2, Nr. 150, 244–248. 22 Vgl. den Vorschlag der sieben protestantischen Vertreter, in: ebd., Nr. 151, 249–255. 23 Vgl. IMMENKÖTTER, Um die Einheit, 45f. 24 Die altgläubigen Forderungen hinsichtlich des Laienkelches stammen vermutlich vom Wiener Bischof Johannes Fabri; vgl. GUNTHER WENZ, CA XXII und der Streit um den Laienkelch. Ein historisches Beispiel mißlungenen Ausgleichsbemühens, in: IMMENKÖTTER/DERS., Im Schatten der Confessio Augustana, 50–70, hier v.a. 63–64 sowie den Abdruck des Textes bei MÜLLER, Um die Einheit, 425–427. 25 Zu den Ursachen vgl. HERBERT GRUNDMANN, Landgraf Philipp von Hessen auf dem Augsburger Reichstag 1530, in: Herausgeber der Deutschen Reichstagsakten (Hrsg.), Aus Reichstagen des 15. und 16. Jahrhunderts, Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Schrift 5, Göttingen 1958, 341–423. 26 Eine Ursache für den stark auf den Kompromiß ausgerichteten kursächsischen Kurs könnte möglicherweise auch die Abhängigkeit des Kurfürsten von der Bestätigung des Jülischen Erbvertrages seitens des Kaisers sein. Dieser hatte am 16.07.1530 diese Bewilligung ganz klar vom Verhalten Johanns in den Religionsfragen abhängig gemacht. Vgl. ALFRED KOHLER, Antihabsburgische Politik in der Epoche Karls V. Die reichsständische

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kelchs und der bischöflichen Jurisdiktion27 – entschieden zu weit.28 Selbst Martin Luther hielt weitere Verhandlungen für überflüssig und empfahl die Abreise aus Augsburg.29 Am 24. August nahm ein auf jeweils zwei Juristen und einen Theologen verminderter Sechserausschuß die Verhandlungen erneut auf. Die altgläubige Seite war vertreten durch Hieronymus Vehus, den kurkölnischen Kanzler Bernhard von Hagen und Johannes Eck, die Protestanten durch Gregor Brück, den ansbachischen Kanzler Sebastian Heller und Philipp Melanchthon. Die Zusammensetzung des Ausschusses deutet bereits darauf hin, daß auf beiden Seiten zunehmend auf eine politische Lösung der Religionsfrage orientiert wurde. Die Differenzen konnten jedoch nicht mehr beigelegt werden. Zu sehr stießen die Beratungen bei den protestantischen Ständen30 und Luther31 auf Ablehnung, favorisierten sie einen politischen Friedstand und die Einberufung des Konzils. Am 30. August brachen sie die Verhandlungen ab.32 Doch auch dies war nicht das Ende der Vermittlungsbemühungen. Nicht zuletzt auf Initiative des Kaisers33 suchten vor allem die VerOpposition gegen die Wahl Ferdinands I. zum römischen König und gegen die Anerkennung seines Königtums (1524–1534), Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 19, Göttingen 1982, 122. 27 Zur Diskussion über den Artikel 28 vgl. ERWIN ISERLOH, „Von der Bischofen Gewalt“: CA 28, in: DERS. (Hrsg.), Confessio Augustana und Confutatio. Der Augsburger Reichstag 1530 und die Einheit der Kirche, Münster 1980, 473–488. HARDING MEYER, Das Bischofsamt nach CA 28, in: ebd., 489–498. Sowie: IRMGARD HÖSS, Episcopus Evangelicus. Versuche mit dem Bischofsamt im deutschen Luthertum des 16. Jahrhunderts, in: ebd., 499–516. 28 Vgl. hierzu z.B. die Stellungnahme der Nürnberger Theologen zu den Vergleichsvorschlägen des Vierzehnerausschusses, in: GERHARD MÜLLER/GOTTFRIED SEEBASS (Hrsg.), Andreas Osiander d. Ä., Gesamtausgabe, Bd. 4: Schriften und Briefe Mai 1530 bis Ende 1532, Gütersloh 1981, Nr. 149, 137–153. Die Nürnberger Theologen äußerten ihre Verwunderung, daß man „ytzo in der gutlichen undterhandlung, die alain zum freuntlichsten und on allen ernst oder forch konftiger fare beschicht, on not sich so weit begeben sollen.“ hier, 150. 29 Schreiben an Philipp Melanchthon vom 15.08.1530, in: WA Br 5, Nr. 1685, 547–548. 30 Hessen, Lüneburg, Nürnberg und Reutlingen lehnten jeglichen weiteren Kompromiß ab. Einziges Ziel der Verhandlungen sollte ein politischer Friedstand sein. Vgl. IMMENKÖTTER, Um die Einheit, 57. 31 Schreiben an Spalatin vom 26.08.1530: „Audio vos non ibenter sane inceptase mirificum opus, scilicet concordandi papae & Lutheri. Sed papa nolet & Lutherus deprecatur; videte ne operam pulchre luseritis. Quod si inuito vtroque rem perfeceritis, tum ego mox vestrum ecemplum secutus, conciliabo Christum & Belial!“, in: WA Br 5, Nr. 1698, 575–576, hier 576. 32 Inzwischen waren auch die Partikularverhandlungen mit den Kurfürsten über die Königswahl weitgehend abgeschlossen und die Finanzierung durch die Fugger gesichert. Vgl. KOHLER, Antihabsburgische Politik, 124. 33 Parallel zu den letzten Vergleichsbemühungen verfolgte der Kaiser auch weiterhin die Strategie der Drohung. Er ließ am 7. September den evangelischen Ständen ausrichten, sie mögen sich als Minderheit der Mehrheit fügen und die alten Kirchenbräuche wiederherstellen. Vgl. GERHARD MÜLLER, Duldung des deutschen Luthertums? Erwägungen Kardinal Lorenzo Campeggios vom September 1530, in: ARG 68, 1977, 158–172, hier 159.

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treter der altgläubigen Seite, der badische Kanzler Hieronymus Vehus sowie der württembergische Statthalter Georg Truchseß von Waldburg, doch noch zu einem Kompromiß zu gelangen. Neben ihrem Vorschlag, die verglichenen Artikel als Basis späterer Verhandlungen zu fixieren, gewährten sie den Protestanten „zum ersten Mal ohne inhaltliche Vorbehalte“34 bis zum Konzil die communio sub utraque und die Priesterehe. Die Kirchengüter sollten sequestriert und bis zur Konzilsentscheidung durch eine kaiserliche Kommission verwaltet werden, Privatmesse und Meßkanon müßten auch in den protestantischen Territorien zwischenzeitlich zugelassen werden. Doch gerade die letzten Punkte stießen in den Reihen der Protestanten auf Widerspruch.35 Ein letzter Vorstoß von Vehus und Truchseß räumte der Gegenseite eine mehrmonatige Bedenkzeit ein, in der sie sich über den Vergleich beraten könnten. Dieser Vorschlag konnte von den Protestanten akzeptiert werden, denn letztlich bedeutete er eine Vertagung der Entscheidung über den Vergleich. Eben diesen Vorschlag griff daher auch der erste Entwurf des Reichsabschieds auf. Der am 22. September 1530 verlesene Abschied erklärte erstens allgemein die Einigung beider Seiten auf einige Artikel und betrachtete die Confessio Augustana (wie auch die Tretrapolitana) durch die Confutatio als widerlegt. Er verbot zweitens jegliche kirchenorganisatorische Neuerung und forderte die sofortige Restitution der kirchlichen Güter. Drittens kündigte er die baldige Ausschreibung eines Konzils an und räumte den Protestanten eine Bedenkzeit bis zum 15. April des folgenden Jahres ein36, innerhalb derer sie sich zu entscheiden hätten, ob sie sich in den strittigen Artikeln „mitler Zeit“ vergleichen wollten.37 Bereits einen Tag später verweigerten die Protestanten dem Abschied ihre Zustimmung, da sie eine Widerlegung der Confessio durch die Confutatio nicht zu akzeptierten gedachten. Der zweite Abschied vom 19. November 1530 bestätigte die Inhalte des ersten Entwurfs und regelte darüber hinaus die kirchenrechtliche Situation der Altgläubigen im Reich.

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Vgl. EUGÈNE HONÉE, Hieronymus Vehus. Seine Vermittlerrolle während der Augsburger Einigungsverhandlungen, in: DECOT, Vermittlungsversuche auf dem Augsburger Reichstag 1530, 29–49, 41. Zur Vermittlerrolle Vehus’ in der frühen Reformationszeit vgl. T HOMAS FUCHS, Humanistische Politik zwischen Reformation und alter Kirche. Hieronymus Vehus und die lutherische Frage auf den Reichstagen der Reformationszeit, in: JOHANNES KUNISCH (Hrsg.), Neue Studien zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte, ZHF Beih. 19, Berlin 1997, 133–179. 35 Vgl. FÖRSTEMANN, Urkundenbuch 2, Nr. 192, 432–434. 36 Dieser Termin war auch aus taktischen Gründen in die „schöne Jahreszeit“ gelegt. Vgl. das Schreiben Karls V. an Muxetula vom 23.09.1530, in: KOHLER, Quellen, Nr. 47, 172–175. Seit dem Scheitern der Gespräche hatte der Kaiser mit wenig Erfolg bei den altgläubigen Ständen um Unterstützung für ein eventuelles militärisches Vorgehen geworben. 37 Vgl. FÖRSTEMANN, Urkundenbuch 2, Nr. 206, 474–478 sowie DECOT, Confessio Augustana, 19–49.

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Beide Seiten fanden in Augsburg keinen Kompromiß. Insbesondere über die Fragen der Priesterehe, der Messe und des Abendmahls schieden sich die Meinungen. Die Konzentration der Verhandlungen auf den zweiten Teil der Confessio korrespondierte mit der Auffassung, daß „der zwispalt allein etlich eusserliche ordnung“38 betreffe. Doch gerade die Diskussionen über das Abendmahl und die Messe, die in den folgenden Religionsgesprächen eine entscheidende Rolle spielen sollten, zeigten bereits hier, daß es auf beiden Seiten eben doch um mehr als kirchenpraktische Fragen ging. Am Ende des Reichstages im November 1530 stand die vom Kaiser nicht mehr angenommene Apologie Melanchthons, die die lutherischen Glaubensgrundsätze einmal mehr und sehr viel deutlicher formulierte, einerseits und andererseits ein Reichsabschied, der das Wormser Edikt wieder in Kraft setzte. Jegliche reformatorische Neuerung stellte der Abschied als Landfriedensbruch unter Strafe. Der Kaiser, der die Glaubensverhandlungen in Augsburg in der Funktion eines Richters begleitete, erzielte damit nur einen Teilerfolg: Die Stände hatten ihm die angesichts der drohenden Türkengefahr im Osten benötigte finanzielle Hilfe gewährt und von den Kurfürsten hatte er die Zusage für die Wahl seines Bruders Ferdinand I. zum römischen König erhalten.39 Die religiösen Fronten hingegen hatten sich verhärtet. Weder war in den folgenden Jahren an eine gewaltsame Rückführung der Protestanten seitens des Kaisers noch an eine friedliche Einigung zu denken. Die Forderung nach einem allgemeinen bzw. nationalen Konzil blieb bestehen.

2. Hagenau – Worms – Regensburg: Juni 1540 bis Juli 1541 Auf Drängen des Kaisers intensivierten sich in den 1530er Jahren die Bemühungen um ein Konzil. Der seit 1534 amtierende Papst Paul III. stand der Konzilsforderung längst nicht derart ablehnend gegenüber wie sein Vorgänger. War er ebenso wie Karl V. grundsätzlich von den Vorzügen eines Reformkonzils insbesondere gegenüber den Protestanten überzeugt, hatte er nur unklare Vorstellungen davon, wie weit diese Reformen gehen sollten. Scheitern sollten letztlich die vom Papst ausgeschriebenen Konzilien an den Auseinandersetzungen zwischen den Häusern Valois und Habsburg. Weder das Bündnis Franz I. mit dem Osmanischen Reich 1536 noch der darauffolgende Krieg mit dem Kaiser führten zu einer Änderung des Kräfteverhältnisses zwischen beiden Häusern. Selbst die Aufnahme der Beziehun38

So das Bedenken Georg Spalatins vom (16.)07.1530, in: FÖRSTEMANN, Urkundenbuch 2, Nr. 121, 80–84, hier 81. 39 Am 13. November erwirkte der Kaiser die vertragliche Zusage der Kurfürsten (bis auf den sächsischen) für die Wahl Ferdinands zum römischen König. Vgl. KOHLER, Antihabsburgische Politik, 166–167.

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gen zum Schmalkaldischen Bund hatte nicht die gewünschte Wirkung für den französischen König. Die deutschen Protestanten gewannen in den 1530er Jahren sowohl in ihrer Politik als auch ihrem Bekenntnis deutlich an Kontur. Die Gründung des Defensivbündnisses im Jahre 153140 und die Zugeständnisse des Nürnberger Anstandes im Sommer 1532, der die Festlegungen des Augsburger Reichstages über den Landfriedensbruch und das Wormser Edikt außer Kraft setzte, führten zu selbstbewußten Aktionen wie der Restitution des württembergischen Herzogs Ulrich und der Verweigerung der Teilnahme an dem 1537 ausgeschriebenen Konzil. Die in diesem Umkreis entstandenen Schmalkaldischen Artikel, die Arbeit an den Loci Communes durch Melanchthon, die Vergleichsbemühungen der Wittenberger Konkordie sowie die regionalen Religionsgespräche41 trugen zu einer deutlichen theologischen Positionierung gegenüber der altgläubigen Kirche bei. Durch die Einführung der Reformation in Kurbrandenburg 1539 blieb die konfessionelle Gewichtung innerhalb des Kurfürstenkollegs in Bewegung. Nachdem am Ende der 1530er Jahre die konfessionelle Bündnisfrage zunehmend eine außenpolitische Dimension anzunehmen drohte, handelte der Kaiser mit den Reichsständen einen erneuten Friedstand aus. Der Frankfurter Anstand des Jahres 1539 verlängerte den Nürnberger Anstand auf sechs Monate und kündigte zudem die Wiederaufnahme der Religionsgespräche an.42 Die am 18. April 1540 für den Sommer des Jahres nach Hagenau (12. Juni bis 28. Juli 1540) einberufenen Unterredungen, die aufgrund der Pest von Speyer dorthin verlegt worden waren, blieben mitten in der Aushandlung des Verfahrens stecken. Beide Parteiungen, die vorwiegend getrennt voneinander tagten43 und sich nur über wenige Abgesandte44 gegenseitig ver-

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Vgl. hierzu Kap. 4. Zu den Leipziger Religionsgesprächen vgl. GÜNTHER WARTENBERG, Die Leipziger Religionsgespräche von 1534 und 1539. Ihre Bedeutung für die sächsisch-albertinische Innenpolitik und für das Wirken Georgs von Carlowitz, in: MÜLLER, Religionsgespräche der Reformationszeit, 35–41. Zum von Georg von Carlowitz vorgeschlagenen ‚Richtscheit‘, der die Rückkehr beider Kirchen zur „ecclesia primitiva vorsah“, aber letztlich an den idealen und daher unterschiedlichen Vorstellungen von der Urkirche auf beiden Seiten scheiterte, vgl. MAGNUS D ITSCHE, Das „Richtscheit der Apostolischen Kirche“ beim Leipziger Religionsgespräch von 1539, in: ISERLOH/REPGEN, Reformata Reformanda 1, 466–475. 42 Der Kaiser, insbesondere aber Ferdinand I., benötigte angesichts der täglich eintreffenden Nachrichten vom Vorrücken der Türken die Hilfe der Reichsstände. Zu den politischen Motiven eines erneuten Colloquiums vgl. hierzu den Auszug des Schreibens Karls V. an Aguilar vom April 1540, in: KOHLER, Quellen, Nr. 70, 242–243. 43 Die Altgläubigen tagten entsprechend dem üblichen Reichstagsprozedere in Kurien (Kurfürsten- und Fürstenkurie); die Protestanten bevorzugten einen innerständischen Ausschuß, in dem alle drei Kurien vertreten waren; vgl. MARION HOLLERBACH, Das Religionsge41

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ständigten, kamen mit eher ablehnenden45 und zugleich unkonkreten Vorstellungen nach Hagenau. Während sich die Protestanten als einheitliche Partei präsentierten, zeigte sich innerhalb der altgläubigen Seite ein weniger geschlossenes Bild. Die Vertreter der Kurfürstenkurie plädierten für eine Verhandlung über die Religionsartikel, die Fürsten favorisierten dagegen zunächst eine eher politische Regelung in Form eines konfessionellen Verteidigungsbündnisses.46 Jedoch kam es in Hagenau weder zu einer inhaltlichen Debatte über die Religion noch zur Formierung eines altgläubigen Bundes.47 Die Gespräche blieben bereits in der Aushandlung des Verfahrensmodus‘ stecken. Dies hatte seine Ursache nicht zuletzt in den stark voneinander abweichenden Erinnerungen an die Augsburger Verhandlungen des Jahres 1530.48 Während die Protestanten den damaligen Gesprächen keine ernstzunehmenden Ergebnisse bescheinigten, betrachtete die altgläubige Seite die Einigungsbemühungen als äußerst erfolgreich.49 Daher bestand auch ihr Vorschlag für das Verfahren der nun anstehenden Gespräche darin, an die Augsburger Verhandlungen anzuknüpfen und nur die strittigen Artikel des zweiten Teils der Confessio erneut zu beraten.50 Die protestantische Seite dagegen hatte sich zuvor durch die

spräch als Mittel der konfessionellen Auseinandersetzung im Deutschland des 16. Jahrhunderts, Europäische Hochschulschriften, Reihe III 165, Frankfurt am Main/Bern 1982, 134. 44 So blieben die beiden Hauptleute des Schmalkaldischen Bundes wie auch der Kaiser selbst (ihn vertrat Ferdinand I.) dem Konvent fern; die altgläubigen Vertreter reisten nur zögerlich an. Vgl. ebd., 131f. 45 Bis auf den Mainzer Kurfürsten lehnten alle altgläubigen Stände zunächst einen erneuten Vergleichsversuch ab. Siehe hierzu: ALBRECHT PIUS LUTTENBERGER, Glaubenseinheit und Reichsfriede. Konzeptionen und Wege konfessionsneutraler Reichspolitik 1530–1552 (Kurpfalz, Jülich, Kurbrandenburg), Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 20, Göttingen 1982, 209. 46 Vgl. HOLLERBACH, Religionsgespräch, 136. 47 Die während des Konventes zwischen dem römischen König und den altgläubigen Ständen geführten Verhandlungen zur Formierung eines antiprotestantischen Verteidigungsbündnisses blieben dagegen erfolglos. Vgl. LUTTENBERGER, Glaubenseinheit und Reichsfriede, 218. 48 Über das Vehus-Libell, das zu einer derartigen Interpretation auf altgläubiger Seite führte, siehe EUGÈNE HONÉE, Über das Vorhaben und Scheitern eines Religionsgesprächs. Ein Verfahrensstreit auf dem Konvent von Hagenau (1540), in: ARG 76, 1985, 195–215, hier 209f. 49 Zu den unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich der Einigung über die Rechtfertigung vgl. jüngst LOTHAR VOGEL, Das zweite Regensburger Religionsgespräch von 1546. Politik und Theologie zwischen Konsensdruck und Selbstbehauptung, Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 82, Heidelberg 2009, 36f. 50 Die altgläubigen Vertreter hielten die Lehrartikel für verglichen. Lediglich hinsichtlich des Wortes „sola“ im Artikel zur Rechtfertigung sowie in Bezug auf den Artikel von den guten Werken gäbe es noch Ergänzungsbedarf. Vgl. das Gutachten im Protokoll des pfälzischen Kanzlers Heinrich Hase, in: ARC III, Nr. 77B, 153f. Sowie: ATHINA LEXUTT, Rechtfertigung im Gespräch. Das Rechtfertigungsverständnis in den Religionsgesprächen

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kursächsischen Theologen über Möglichkeiten und Grenzen des Vergleichs instruieren lassen.51 Demnach kam eine Änderung der Lehre, die ihren Niederschlag in der Confessio und der Apologie gefunden hatte52, für sie nicht mehr in Frage. In Umkehrung des Verfahrensvorschlages der Altgläubigen forderten sie vielmehr, die Zustimmung der Gegenseite zu diesen Artikeln als Ausgangsbasis für die Vergleichsverhandlungen zu machen. Nur auf diese Weise könne man zu einem dauerhaften Vergleich gelangen, der nicht nur auf einer äußerlichen Einheit beruhe.53 Was allerdings die Wittenberger als Mittel-54 und was als notwendige äußerliche Dinge definierten, stand dem Vorschlag der altgläubigen Seite entgegen. Gerade die Artikel über die Messe, den Laienkelch55, die Priesterehe und das Klostergelübde hielten sie für nicht vergleichbar, während die bischöfliche Jurisdiktion, die wiederum für die Altgläubigen zum ius divinum gehörte, die Festtage oder die Fastengesetze als Mitteldinge galten.56 Nachdem der sächsische Kurfürst Johann Friedrich dem Ratschlag seiner Theologen folgte und kurz vor dem Abschluß der Beratungen die Anweisung gab, auf der Diskussion jedes einzelnen Artikels der Confessio zu bestehen, lehnten die Protestanten den Verfahrensvorschlag der altgläubigen Partei ab.57 Da die Gespräche über die organisatorische Ebene also nicht hinauskamen, sah der Hagenauer Abschied vom 28. Juli die Ausschreibung eines weiteren Religionsgespräches für den 28. Oktober 1540 nach Worms vor und regelte zugleich das Verfahren: Gesprächsgrundlage sollte – und damit entsprach Ferdinand den protestantischen Forderungen weitgehend – die Confessio Augustana und deren Apologie sein. Ein nach-

von Hagenau, Worms und Regensburg 1540/41, Forschungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte 64, Göttingen 1996, 36. 51 Der Text vom 18.01.1540 ist ein Gemeinschaftsgutachten von Luther, Jonas, Bugenhagen, Cruciger und Melanchthon für den sächsischen Kurfürsten, in: Martin Luther, WA Br 9, Nr. 3436, 19–35. 52 Melanchthon hatte inzwischen die Confessio Augustana erneut überarbeit, um ein aktualisiertes Gesprächsangebot in die Religionsgesprächen einbringen zu können. Vgl. IRENE DINGEL, Bekenntnis und Geschichte. Funktion und Entwicklung des reformatorischen Bekenntnisses im 16. Jahrhundert, in: JOHANNA LOHR (Hrsg.), Dona Melancthoniana. Festgabe für Heinz Scheible zum 70. Geburtstag, Stuttgart/Bad Cannstatt 2001, 61–81, v.a. 74f. 53 „Denn so sie […] vff ein eusserliche gleissende vergleichung handeln, darauß wurde khein bestendige einigkeit volgen […]“. Vgl. Martin Luther, WA Br 9, Nr. 3436, 22. 54 Zur Problematik der Adiaphora vgl. Kapitel 5. 55 Bereits in den Augsburger Verhandlungen von 1530 wurde diese gegensätzliche Auffassung deutlich, als die Altgläubigen von den Protestanten die Definition des Abendmahlsakramentes als Adiaphoron forderten. 56 Honée verweist darauf, daß zwar beide Seiten im Grunde mit den selben Kategorien arbeiteten (Adiaphora und notwendige Artikel auf der einen, Artikel des göttlichen und positiven Rechts auf der anderen Seite), sie aber entgegengesetzt zueinander inhaltlich füllten. Vgl. HONÉE, Vorhaben, 212f. 57 Vgl. ebd., 214f.

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folgender Reichstag in Regensburg sollte dann das Ergebnis der Vergleichsbemühungen beschließen, bis dahin galt weiterhin der Nürnberger Anstand.58 Jedoch zeichneten sich die Verhandlungen in Worms (28. Oktober 1540 bis 19. Januar 1541) nicht durch jenen Optimismus aus, wie ihn der Kaiser im Ausschreiben an den Tag gelegt hatte.59 Im Gegenteil. Weder die Protestanten noch die Altgläubigen erwarteten vom Gegenüber eine ernsthafte Kompromißbereitschaft. Insbesondere die Lutheraner hatten durch die Wittenberger Konkordie und die Confessio Augustana Variata eine einheitliche Linie in den Lehrfragen gefunden, die sie nicht mehr aufzugeben bereit waren.60 Die Beweislast, wer als Häretiker galt und wer nicht, hatte sich für die Protestanten im Vergleich zur Augsburger Situation 1530 umgekehrt.61 Die altgläubige Seite blockierte sich selbst durch Sondervoten, die den protestantischen Ständen einen potentiellen Vorteil verschaffen konnten.62 Wiederum traten Verzögerungen in der Aushandlung des Verfahrens auf. Schließlich erreichte der kaiserliche Vertreter Nicolas de Granvelle mit dem Vorschlag vom 31. Dezember, eine Disputation zwischen jeweils drei Kolloquenten durchzuführen, den Fortgang der Gespräche im Januar 154163. Melanchthon und Eck vertraten als Disputanten jeweils ihre Seite, deren Abgeordnete der Disputation beiwohnten. Da aber eine Disputation stets auf die Überzeugung des Anderen und nicht auf den Kompromiß ausgerichtet war, brachte diese Verfahrensänderung nicht das erhoffte Ergebnis. Nach drei Tagen gelehrter Diskussion über die Erbsünde und über die selbst nach der Taufe sündhafte Natur des Menschen verfaßten die Disputanten am 17. Januar ein Papier, das die graduell abweichenden Ansichten miteinander verband, ohne sie zu vereinigen. Melanchthon konnte seine Auffassung von der grundsätzlichen Sündhaftigkeit des Menschen bewahren, während Eck

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Vgl. HOLLERBACH, Religionsgespräch, 138. Der Text des Ausschreibens vom 15.08.1540, in: KLAUS GANZER/KARL-HEINZ ZUR MÜHLEN (Hrsg.), Das Wormser Religionsgespräch (1540/41), Teil 1, Akten der deutschen Reichsreligionsgespräche im 16. Jahrhundert 2, Göttingen 2002, Nr. 1.2.1, 14–19. 60 So forderte die protestantische Seite auch entgegen der Festlegungen des Hagenauer Abschiedes die inzwischen in Worms vorgelegte Variata sowie die Apologie als Verhandlungsgrundlage zu nutzen. Vgl. FUCHS, Konfession, 411. 61 So u.a. CORNELIS AUGUSTIJN, Die Religionsgespräche der vierziger Jahre, in: MÜLLER, Religionsgespräche der Reformationszeit, 43–53, hier 46. 62 Kurbrandenburg, Jülich und die Pfalz waren in den Augen der Altgläubigen unsichere Kandidaten. Zu diesen Verfahrensfragen vgl. WALTER LIPGENS, Theologischer Standort fürstlicher Räte im sechzehnten Jahrhundert. Neue Quellen zum Wormser Vergleichsgespräch 1540/41, in: ARG 43, 1952, 28–51. Inhaltlich manifestierten sich diese Unstimmigkeiten im altgläubigen Lager in vier verschiedenen Gutachten zur Confessio. Vgl. LEXUTT, Rechtfertigung im Gespräch, 151–173. 63 Vgl. ebd., 41. 59

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deren formelle Aufhebung durch die Taufe einbrachte.64 Obwohl hier eine sprachliche Formel gefunden wurde, die zumindest eine weitere Gesprächsbasis bot, erklärte Granvelle am 19. Januar 1541 die Verhandlungen für beendet. Denn parallel zum Religionsgespräch hatten der hessische Vertreter Martin Bucer (mit Wolfgang Capito) und der Kölner Johannes Gropper (mit Gerard Veltwyck) einen Text ausgearbeitet, der nach Ansicht des kaiserlichen Verhandlungsführers eine sehr viel bessere Vergleichsgrundlage darstellte, da er auf einen wirklichen Vergleich zielte, nicht auf Zustimmung oder Ablehnung. Bucer und Gropper hatten sich bereits in Hagenau verständigt und nahmen auf Initiative Granvelles am 15. Dezember 1540 ihre geheimen Gespräche in Worms wieder auf.65 Die Grundlage bildete Groppers ‚Enchiridon christianae institutionis‘ (1538) sowie ein von ihm ausgearbeitetes Papier über die kontroversen Artikel der Glaubensparteien.66 Diesem Vorgehen entsprach der Inhalt des Textes: Er trug ein deutlich altgläubiges Vorzeichen mit humanistischen Einprägungen.67 Ausgehend von einem Kirchenbegriff, als dessen Kennzeichen die rechte Lehre und der rechte Gebrauch der (sieben) Sakramente sowie eine notwendige äußere Einheit definiert waren, wurde die Rechtfertigung an diese Kirche gebunden (extra ecclesiam nulla salus) und so das inzwischen zum prominenten Kennzeichen der lutherischen Bekenntnisses avancierte sola fide relativiert.68 Auch die Groppersche duplex iustificatio, die entsprechend der altgläubigen Auffassung von der Erbsünde die Rechtfertigung durch Christus mit dem durch die Liebe wirksamen Glauben und den daraus fließenden Werken zu verbinden suchte69, bot keine überzeugende Alternative. Das sola scriptura fiel unter die Auslegungsautorität der Kirche. Unverglichen und doch hoffnungsvoll durch das „facile convenerit“ dokumentiert blieben die Zeremonien, wie die Darreichung des Abendmahls, die Messe, die Klostergelübde sowie die Schlüsselgewalt.70 Nachdem bereits Ende Dezember das ‚Wormser Buch‘71 vorlag und die Zustimmung Granvelles, 64

Vgl. FUCHS, Konfession, 413–421. Bewußt hatte Granvelle jene Theologen ausgewählt, welche bereits durch ihre Territorien (Köln und Hessen), die sie in den Religionsgesprächen vertraten, auf eine Vermittlungsposition hin orientiert waren. So war z.B. der hessische Landgraf aufgrund seiner Doppelehe vertraglich mit dem Kaiser auf den Erfolg der Vergleichsbemühungen festgelegt worden, vgl. hierzu den Vertragstext bei Kohler, QUELLEN, Nr. 74, 254–259. 66 Vgl. LEXUTT, Rechtfertigung im Gespräch, 180. 67 Zu den humanistischen Einflüssen auf die Gespräche vgl. immer noch: ROBERT STUPPERICH, Der Humanismus und die Wiedervereinigung der Konfessionen, SVRG 160, Leipzig 1936, u.a. 75–94. 68 Vgl. die Ausführungen bei LEXUTT, Rechtfertigung im Gespräch, 182–215. 69 Zur doppelten Rechtfertigung vgl. ebd., 192–215. 70 ARC VI, Regensburg 1974, 88/13. 71 Der Text in deutsch und latein in: CORNELIS AUGUSTIJN (Hrsg.), Martin Bucers deutsche Schriften, Bd. 9.1: Religionsgespräche (1539–1541), Gütersloh 1995, Nr. 7, 323–483. 65

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Philipps von Hessen und Joachims II. von Brandenburg gefunden hatte, wurde im Wormser Abschied vom 18. Januar 1541 die Fortführung der Gespräche auf den nach Regensburg ausgeschriebenen Reichstag vertagt.72 Die Ausgangslage in Regensburg (5. April bis 29. Juli 1541) schien dieses Mal günstig zu sein. Als Verhandlungsbasis lagen nicht nur das ‚Wormser Buch‘ Groppers und Bucers, sondern auch der Text Melanchthons und Ecks über die Erbsünde vor. Und doch sollte das Religionsgespräch erneut an den konfessionellen Gegensätzen scheitern, auch wenn die Fronten quer zu den Glaubensparteien verliefen. Martin Luther hatte in der Zwischenzeit in Unkenntnis der Autoren das ‚Wormser Buch‘ in einem Pauschalurteil verworfen, Melanchthon es als „politia platonis“ bezeichnet.73 Der sächsische Kurfürst schwor seine Abgesandten auf die Confessio Augustana und deren Apologie als alleinige Verhandlungsgrundlagen ein und setzte auf einen raschen Abbruch der Gespräche seitens des Kaisers zugunsten eines erneuten Friedstandes.74 Während die Wittenberger publizistisch gegen das Religionsgespräch und die vermittelnden Intentionen Bucers und Philipps von Hessen agitierten, untersagte Johann Friedrich seinem Theologen Melanchthon jeglichen Versuch75, auch nur im Ansatz einen Vergleich zu befürworten.76 Dies war jedoch nicht mehr nötig, denn sowohl Melanchthon als auch Eck hatten sich inzwischen von ihrem Vergleichstext distanziert.77 Auf der altgläubigen Seite hielten nicht nur die Gesandten der Kurie wie z.B. Lorenzo Campeggio, sondern auch die Herzöge von Bayern und Braunschweig jegliches weitere Bemühen um einen Kompromiß für überflüssig. Johann Cochlaeus plädierte gar für eine militärische Lösung. Nicht der Kaiser, einzig das Konzil, so die altgläubige Argumentation, hätte das Recht, über die Religion zu entscheiden.78 Für einen Vergleich sprachen sich der hessische Landgraf und Bucer, die Pfalz, Kurbrandenburg, Cleve sowie die Bischöfe von Köln, Eichstätt und Augsburg aus. Mit diesen hatte der Kaiser im Vorfeld des Reichstages entsprechende Gespräche geführt. 72

Karl V. hatte bereits am 14.09.1540 den Reichstag nach Regensburg ausgeschrieben. Der Text des Wormser Abschieds, in: GANZER/ZUR MÜHLEN, Das Wormser Religionsgespräch 2, Nr. 1.2.113, 210–211. 73 Gutachten Luthers an Kurfürst Joachim II. von Brandenburg vom [21.]02.1541, in: WA Br 9, Nr. 3578, 332–334. 74 Der hessische Landgraf warf dem sächsischen Kurfürsten vor, er stimme dem ‚Wormser Buch‘ erst zu, wenn der Kaiser seine Erbansprüche auf Jülich und Geldern anerkennen würde, und suche „sein zeitlich sachen mit und beneben den religionsachen“. FUCHS, Konfession, 432. 75 Instruktion des sächsischen Kurfürsten an seine Räte vom 15.03.1541, in: CR 4, Nr. 2162, 123–132, hier 128 und 131. 76 Vgl. FUCHS, Konfession, 429–434. 77 Vgl. ebd., 433–437. 78 Vgl. ebd., 436.

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Vor dem Hintergrund der Hagenauer Erfahrungen schlug der Kaiser selbst das Verfahren der Verhandlungen samt den Kolloquenten vor.79 Wie in Hagenau diskutierte seit dem 27. April 1541 auch in Regensburg nur eine kleine Gruppe Abgeordneter unter der Leitung Granvelles und des Pfalzgrafen Friedrich: Melanchthon, Bucer und Johannes Pistorius auf der einen, Pflug, Eck und Gropper auf der anderen Seite.80 Die Gesprächsgrundlage bildete das kurzfristig von Gropper und dem päpstlichen Legaten Contarini überarbeitete ‚Wormser Buch‘, das nun unter der Bezeichnung ‚Regensburger Buch‘ firmierte.81 Während beide Seiten die Artikel über die Erbsünde und den freien Willen als verglichen ansahen und selbst ein vermutlich wiederum auf Gropper zurückgehender sprachlicher Kompromiß hinsichtlich der Rechtfertigungslehre ausgehandelt wurde82, gerieten die Gespräche über die Fragen der Schriftauslegung und der Autorität der Konzilien ins Stocken. Die Protestanten weigerten sich, die Unfehlbarkeit des Konzils und die altgläubige Auffassung von der Schriftauslegung anzuerkennen. Spätestens jedoch bei der Frage der Transsubstantiation und deren Konsequenzen traten die Gegensätze so sehr zu Tage, daß die Diskussion zunehmend in Polemik gipfelte.83 Wenn auch eine Einigung auf die Artikel der Ehe und Ölung erzielt werden konnte, war die Auseinandersetzung hinsichtlich der Zeremonien und der Gewalt der Bischöfe wenig konstruktiv. Nachdem schließlich selbst die bereits verglichenen Artikel über die Erbsünde, den freien Willen und die Rechtfertigung samt dem ‚Regensburger Buch‘ von beiden Seiten abgelehnt wurden84, fand das Gespräch am 22. Mai 1541 sein Ende, obwohl sich der Kaiser in Separatgesprächen mit den protestantischen Ständen vom 17. bis 19. Mai um deren Kompromißbereitschaft bemüht hatte.85 Als beide Seiten zur Fixierung eines Ergebnisses aufgefordert wurden, gingen die Kolloquenten am 24. und 25. Mai alle Artikel noch einmal durch. Am 31. Mai legten die 79

Vgl. ALBRECHT P IUS LUTTENBERGER, Konfessionelle Parteilichkeit und Reichstagspolitik: Zur Verhandlungsführung des Kaisers und der Stände in Regensburg 1541, in: H EINZ ANGERMEIER/ERICH MEUTHEN (Hrsg.), Fortschritte in der Geschichtswissenschaft durch Reichstagsaktenforschung. Vier Beiträge aus der Arbeit an den Reichstagsakten des 15. und 16. Jahrhunderts, Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 35, Göttingen 1988, 65–101, hier 83–85. 80 Mit Granvelle und Pfalzgraf Friedrich hatte der Kaiser zwei Eckpfeiler in das Gespräch eingebracht, die die Fliehkraft der konfessionellen Parteilichkeit in Gestalt von Melanchthon und Eck dämpfen sollten. Vgl. ebd., 86. 81 Die Begriffe geraten in der historiographischen Literatur durcheinander, vgl. u.a. FUCHS, Konfession, 441 o. 445. Der Text samt Varianten des ‚Wormser Buches‘, in: ARC VI, Nr. 2, 21–88. 82 Vgl. hierzu LEXUTT, Rechtfertigung im Gespräch, 243–259 sowie Vogel, Das zweite Regensburger Religionsgespräch, 38–40. 83 Vgl. FUCHS, Konfession, 446–449. 84 Zu den Reaktionen auf das Buch vgl. LEXUTT, Rechtfertigung im Gespräch, 260–270, hier 260. 85 Vgl. LUTTENBERGER, Konfessionelle Parteilichkeit, 88.

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Protestanten eine Liste der unverglichenen Artikel vor.86 Doch selbst die daraufhin auf kaiserliche Initiative einsetzenden Vermittlungsgespräche zwischen den protestantischen Ständen und dem brandenburgischen Kurfürsten Joachim II. über die noch unverglichenen Artikel blieben erfolglos. In seiner Erklärung vom 12. Juli verlangte der Kaiser von beiden Konfessionsparteiungen die Annahme der bereits verglichenen Artikel bis zu einem Konzil und stellte eine Reform des Klerus in Aussicht.87 Da sich die Parteien nicht für den kaiserlichen Vorschlag erwärmen konnten, das ‚Regensburger Buch‘ bis zum Konzil gelten zu lassen, erließ Karl V. im Abschied vom 29. Juli 154188 die interimistische Gültigkeit des ‚Regensburger Buches‘ bis zu einer Regelung durch ein Konzil oder einen Reichstag, die Verlängerung des Nürnberger Anstandes sowie die Suspension der Kammergerichtsprozesse.89 In geheimen Zusatzregelungen wurde sowohl den Protestanten als auch den Altgläubigen ihr jeweiliger Besitz zugesichert.90 Das Religionsgespräch war damit gescheitert.91

3. Regensburg: 27. Januar bis 10. März 1546 Das letzte Reichsreligionsgespräch92 stand ganz unter der Perspektive des Zeitgewinns. Im Abschied des Speyerer Reichstages vom 10. Juni 1544 hatte Karl V. die Wiederaufnahme der Vergleichsverhandlungen in Aussicht gestellt.93 Im Gegenzug für eine Verlängerung der politischen Duldung bewilligten ihm die Protestanten nicht nur die Türkenhilfe, sie erklärten sich zudem bereit, die Beziehungen zum französischen König zu beenden. Die militärischen Erfolge des Kaisers, vor allem der Friede von Crépy 1544 sowie der Geheimvertrag von Meudon vom 19. September im selben Jahr mit dem französischen König94, der Waffenstillstand mit den Türken und 86

Vgl. HOLLERBACH, Religionsgespräch, 159. Vgl. den Text des Vorschlages in: ARC III, Nr. 124, 390–393, hier 391f. 88 Der Text in: CR 4, Nr. 2353, 625–630. 89 Vgl. den Auszug in: KOHLER, Quellen, Nr. 75, 260–264. 90 Vgl. HOLLERBACH, Religionsgespräch, 161. Der Text in: CR 4, Nr. 2352, 623–625. 91 Über die Auswirkung der konfessionellen Parteienbildung auf die politische Kommunikation während des Reichstages und dessen formalisierte Verfahren vgl. LUTTENBERGER, Konfessionelle Parteilichkeit, passim. 92 Vgl. hierzu die soeben erschienene Studie VOGEL, Das zweite Regensburger Religionsgespräch, 269–479. 93 Der Kaiser hielt die Abhaltung eines Religionsgesprächs wie auch einen Vergleich selbst zu dieser Zeit nicht für möglich, benötigte aber zugleich die Hilfe der Stände gegen den französischen König und die Türken. Vgl. den Auszug in: KOHLER, Quellen, Nr. 82, 302–308. 94 In diesem Geheimvertrag verpflichtete sich Franz I., die Religionspolitik des Kaisers zu unterstützen, notfalls auch militärische Hilfe im Krieg gegen die Protestanten zu leisten. Vgl. ebd., Nr. 84, 315–322. 87

Regensburg 1546

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das Bündnis mit dem Papst ermöglichten ihm nun auch die Chance, die Religionsfrage auf militärischem Wege zu lösen.95 Ein weiteres Religionsgespräch sollte ihm die dafür nötige Zeit verschaffen und gleichzeitig die Friedfertigkeit des Kaisers demonstrieren. Die Protestanten hatten inzwischen erneut dem für 1545 nach Trient ausgeschriebenen Konzil eine Absage erteilt, da sie es „weder fur frei noch christlich“ hielten.96 An einen wirklichen Vergleich im Rahmen eines Religionsgespräches glaubten sie ebensowenig wie der Großteil der Altgläubigen.97 Letztere hielten die Durchführung eines Religionsgespräch, während das Konzil in Trient tagte, für einen Affront und verweigerten die Teilnahme an den Vergleichsverhandlungen.98 Trotz jener Proteste also und der Überzeugung, daß der Kaiser mit der Einberufung des Reichstages nur eine Hinhaltetaktik verfolgte99, bestätigten die Protestanten ihre Teilnahme. Denn sie bedurften nicht nur der im Abschied zugesagten politischen Duldung im Reich, sondern vor allem der Zeit, um auf die Kriegspläne des Kaisers und Papstes reagieren zu können.100 Der Reichsabschied vom 4. August 1545 hatte den folgenden Reichstag auf den 6. Januar 1546 ausgeschrieben und festgelegt, daß sich die Glaubensparteien zuvor in einem Religionskolloquium vergleichen sollten. Das hierzu festgelegte Verfahren schränkte den Kreis der diskutierenden Personen auf jeweils 4 Kolloquenten und 4 Auditoren ein. Auf altgläubiger Seite nahmen der Kölner Karmeliter-Pronvinzial Eberhard Billick, Johannes Hoffmeister, Johannes Cochlaeus und der kaiserliche Hofkaplan Pedro de Malvenda teil, auf protestantischer Seite Martin Bucer, Erhard Schnepf, Johannes Brenz und – in Vertretung für den erkrankten Melanchthon – Georg Major.101 Als Präsidenten übernahmen die Gesprächsleitung der Eichstätter Bischof Moritz von Hutten und Graf Friedrich von Fürstenberg.102 Nach einer mehrtätigen Auseinandersetzung um die organisatorischen Fragen103 begann am 5. Februar 95

Zur Datierung des kaiserlichen Kriegsentschlusses vgl. den Überblick bei VOGEL, Das zweite Regensburger Religionsgespräch, 49–63. 96 So Jakob Sturm gegenüber Granvelle und dem kaiserlichen Vizekanzler Johann von Naves, in: OTTO W INCKELMANN (Hrsg.), Politische Correspondenz der Stadt Strassburg im Zeitalter der Reformation, Bd. 3: 1540–1545, Strassburg 1898, Nr. 574, 603–606, hier 604. 97 V.a. der sächsische Kurfürst betrachtete das Religionsgespräch als reine Zeitverschwendung; vgl. IRENE DINGEL, Georg Majors Rolle auf dem Regensburger Religionsgespräch von 1546, in: DIES./GÜNTHER W ARTENBERG, Georg Major, 189–206, hier 194. 98 Vgl. HERMANN VON CAEMMERER, Das Regensburger Religionsgespräch im Jahre 1546, Berlin 1901, 29. 99 Vgl. ebd., 34. 100 Vgl. HOLLERBACH, Religionsgespräch, 169f. 101 Zu den Auditoren siehe: DINGEL, Georg Majors Rolle, 195f. 102 Vgl. HOLLERBACH, Religionsgespräch, 175. 103 Da auf dem Wormser Reichstag 1545 weder die zu diskutierenden Artikel noch eine konkrete Verfahrensweise festgelegt worden waren, noch die Präsidenten der Verhandlung ein geeignetes Prozedere zu finden vermochten, mußten die Teilnehmer auf die kaiserliche

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Um die Einheit der Religion I

1546 die Beratung über die Augsburger Confessio als Grundlagentext. Da beide Seiten die Artikel über Gott und die Erbsünde als bereits verglichen ansahen, eröffneten sie das Gespräch mit der Diskussion des Rechtfertigungsartikels. Und wie in den Wormser und Regensburger Verhandlungen zeichnete sich hier die Strategie beider Parteiungen ab, gerade in diesem Artikel nicht hinter ihr jeweiliges Bekenntnis zurückzuweichen104 bzw. dem Gegner entgegenzukommen. Pedro de Malvenda, der mehr und mehr das Gespräch an sich zog und auf diese Weise die Präsidenten entmachtete, entwickelte gleich zu Beginn einen rein altgläubigen Begriff der Rechtfertigung und verstieß damit gegen das soeben ausgehandelte Prozedere.105 Bucer berief sich dagegen auf die Definition des ‚Regensburger Buches‘ und sah den Artikel damit als verglichen an.106 Nachdem innerhalb von drei Wochen keine Annäherung über die Rechtfertigung gefunden werden konnte, verlagerten sich nach dem Eintreffen einer zweiten kaiserlichen Resolution am 24. Februar die Auseinandersetzungen erneut auf das Terrain der Geschäftsordnung. Während die altgläubige Seite dem Verfahren zustimmte, waren die Protestanten weder bereit, einen Schweigeeid zu leisten noch Notare zu akzeptieren, die nicht von ihnen, sondern den Präsidenten gestellt werden sollten.107 Daraufhin wurde am 10. März das Vergleichsgespräch zunächst für beendet erklärt und die Präsidenten zogen sich aus dem Gespräch zurück, bis der Kaiser die Verfahrensfrage erneut geregelt hatte. Da die protestantischen Vertreter nicht bereit waren, ohne die Präsidenten mit der Gegenseite zu beraten, verließen sie die Verhandlung am 20. März 1546.108 Als der Kaiser am 10. April in Regensburg eintraf, fand er keinen Vertreter der protestantischen Stände mehr vor. Die Schuld für das Scheitern des religiösen Vergleichs wies er allein den Protestanten zu.109

4. Zusammenfassung Trotz der Bemühungen beider Konfessionsparteien, zu einer Regelung der Religionsfrage auf den Kolloquien zu gelangen, waren die Ansichten, auf welchem Wege ein Vergleich zu erreichen wäre und wie weit dieser Weg Resolution warten, die das Vorgehen regelte. Vgl. ebd., 176f sowie VOGEL, Das zweite Regensburger Religionsgespräch 315–321. 104 Für die Altgläubigen sollte erst einige Monate später die Frage der Rechtfertigung per Dekret auf dem Trienter Konzil definiert werden. Vgl. HUBERT JEDIN, Geschichte des Konzils von Trient, Bd. 2: Die erste Trienter Tagungsperiode 1545/47, Freiburg 1957, 258–264. 105 Vgl. CAEMMERER, Das Regensburger Religionsgespräch, 51f. 106 Vgl. ebd., 54–56. 107 Vgl. HOLLERBACH, Religionsgespräch, 182. 108 Vgl. VOGEL, Das zweite Regensburger Religionsgespräch, 463. 109 In seinem Ausschreiben vom 15.04.1546, vgl. ebd., 183.

Zusammenfassung

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jeweils zu beschreiten sei, innerhalb und zwischen den Gesprächspartnern viel zu disparat. Die anfängliche Konzentration auf die Diskussion des äußeren Erscheinungsbildes der Kirche konnte letztlich nicht darüber hinwegtäuschen, daß eben doch die grundsätzlichen Glaubensfragen, wie zum Beispiel die Lehre von der Rechtfertigung, zur Debatte standen. Noch 1530 bestand die Minimalforderung der Protestanten in der interimistischen Duldung von Laienkelch und Priesterehe, welche im Augsburger Interim von 1548 erneut aufgenommen wurde. 1541 dagegen vermochten sie vom sola fide nicht mehr zu weichen. Diese Verschiebung hin zur Diskussion der Lehrartikel war nicht nur die Folge der verstärkten Bekenntnisbildung, sondern auch des gewachsenen Selbstbewußtseins der Protestanten. Interessant bleibt die Rolle der Adiaphora, der Mitteldinge also, auf die man sich guten Gewissens einigen konnte. Denn die konfessionsspezifische Füllung des Begriffs zeigt letztlich die Strategie der Gesprächsparteien auf: Die Altgläubigen vertagten die Regelung der Lehrfragen auf das Konzil und konnten daher in den Verhandlungen anfangs recht großzügig die Gemeinsamkeiten konstatieren. Ihnen ging es zunächst um die Sicherung des status quo und generell um die Wiederherstellung der äußeren Kirchenstruktur in den protestantischen Territorien – in Gestalt der Restitution der Bischöfe, der Rückgabe der Kirchengüter, der altgläubigen Messe und des Abendmahls sub una –, um auf diesem Wege die Rückführung der Abgewichenen in den Schoß der altgläubigen Kirche zu erzielen. Für die Protestanten dagegen bestand das zentrale Ziel im Erhalt und Ausbau ihrer Lehr- und Bekenntnisgrundsätze. Dafür waren sie bereit, in einigen Punkten die äußere Einheit der Kirche – in Gestalt der bischöflichen Jurisdiktion, der Klostergelübde, der Feiertage, der Fastengebote etc. – in Kauf zu nehmen. Die äußere Einheit der Kirche sollte also den Altgläubigen zur Wiederherstellung der inneren Lehreinheit dienen, den Protestanten zur inneren Lehrfreiheit. Ein Vergleich konnte so nicht gelingen. Und so ist es nicht verwunderlich, daß in den Reihen der Altgläubigen zunehmend eine rein politische Lösung favorisiert wurde. Der Aufforderung des Kaisers nachkommend, Wege vorzuschlagen, wie sich künftig die Vergleichsverhandlungen gestalten ließen, schlug im März 1546 Granvelle vor, die Gespräche nur noch mit Fürsten und Räten durchzuführen: „es were mit disen theologen nichts auszurichten, sy weren selzame leute, weren unter sich selbst irrig, schreiben lange dinge, man solt nehmen darzu churfursten, fursten und andere personen und mittelarticul machen“110 Auch die altgläubigen Stände teilten diese Einschätzung. In der Überzeugung, die Protestanten würden strikt zwischen Religion und Politik trennen, hofften sie auf eine Spaltung zwischen Fürsten und Theologen, um auf deren Basis dann eine politische Lösung der

110

Zitat nach HOLLERBACH, Religionsgespräch, 184.

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Religionsfrage zu finden.111 Karl V. hatte sich entsprechend seiner Möglichkeiten die Entscheidung stets offengehalten, auf welchem Wege eine religiöse Einigung herzustellen sei. Daß er bis 1546 die friedliche Variante in Form des Gesprächs, sei es als Reichsreligionsgespräch oder als Konzil, verfolgte, lag nicht nur an seinem ernsthaften Bemühen, als Kaiser und advocatus ecclesiae die Einheit der Christenheit wiederherzustellen und den Frieden im Reich zu bewahren. Eine große Rolle spielten immer auch seine Konflikte mit dem Papst, dem französischen König und dem Sultan, die den inneren Reichsfrieden in Form der Friedstände erforderlich machten. Nachdem sich der Weg des Gesprächs als erfolglos erwiesen hatte und die außenpolitische Lage günstig schien, verabschiedete sich Karl V. 1546 endgültig vom „Traum der Verständigung“.112 Thomas Fuchs wies den Reichsreligionsgesprächen eine Art „selbstzerstörerische Eigendynamik“ zu, die darin bestand, daß im Vorfeld der Gespräche Bekenntnisse formuliert und damit Fronten aufgebaut wurden, die es in den Verhandlungen zu bewahren galt.113 Und in der Tat läßt sich für den Zeitraum 1530 bis 1546 natürlich insbesondere auf der Seite der Protestanten ein intensives Bemühen um die Formulierung und die Arbeit am Bekenntnis im Zuge der Religionsgespräche beobachten114. Die Theologen markierten mit der Confessio Augustana invariata und variata sowie der Apologie nicht nur ihren Standpunkt, sondern suchten auch den Einwürfen und Forderungen der altgläubigen Seite zuvorzukommen. Nicht zuletzt trugen die innerkonfessionellen Auseinandersetzungen und Abgrenzungen zur Ausformulierung der wichtigsten lutherischen Bekenntnisschriften dieses Zeitraumes bei.115 Auch die altgläubige Seite bemühte sich um die Formulierung ihrer Standpunkte, die jedoch häufig zwischen den Vertretern der Kurie, des Kaisers und der Stände differierten. Eine grundsätzliche Entscheidung der Lehrfragen konnte nur durch ein allgemeines Konzil getroffen werden und dies verzögerte sich bekanntlich bis 1545. Eine nicht unwichtige Rolle spielte zudem das Bewußtsein der Altgläubigen, daß sie die Vertreter der einzig wahren, der altgläubigen Kirche seien und die protestantischen Häretiker durch die Vergleichgespräche in den Schoß der Kirche zurückführen müßten. Sahen sich die Protestanten noch 1530 in der Beweislast, den Vorwurf der Häresie zu entkräften und durch die Betonung der Gemeinsamkeiten ihre Katholizität zu bekunden, delegierten sie diese in den Gesprächen der vierziger Jahre an die 111

Gutachten vom 14.04.1546, in: ARC VI, Nr. 6, 148–150, hier 150. JEDIN, Geschichte des Konzils 1, 287. 113 FUCHS, Konfession, 456. 114 Diese Beobachtung ist nicht neu, stellte doch bereits die Konfessionalisierungsthese der 1980er Jahre die Formierung von Konfessionen in der gegenseitigen Auseinandersetzung fest. 115 Irene Dingel sieht in ihnen „Marksteine innerhalb eines jahrelangen Klärungs- und Konsolidierungsprozesses“, vgl. DINGEL, Georg Majors Rolle, 189. 112

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Zusammenfassung

altgläubige Seite. Je weiter die Formierung der protestantischen Kirche voranschritt, je selbstbewußter die politischen Aktionen wurden, je mehr Gestalt die Bekenntnisbildung annahm, desto weniger waren die Protestanten gewillt, den Forderungen der Altgläubigen auf den Religionsgesprächen zu entsprechen. Hinter ihr Bekenntnis konnten und wollten sie nicht zurück. Alles andere wäre ein Beweis ihres Irrtums gewesen. Daß die Reichsreligionsgespräche nicht im luftleeren Raum116 stattfanden, zeigt wohl am deutlichsten die Konstellation des Regensburger Kolloquiums 1546. Die Bemühung um einen friedlichen religiösen Vergleich zwischen 1530 und 1546 blieben letztlich erfolglos. „Deshalb gilt nun hinfort nicht mehr disputirens Colloquirens/ oder vorgleichens.“

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HUBERT JEDIN, An welchen Gegensätzen sind die vortridentinischen Religionsgespräche zwischen Katholiken und Protestanten gescheitert? in: DERS., Kirche des Glaubens. Kirche der Geschichte. Ausgewählte Aufsätze und Vorträge 1, Freiburg/Basel/Wien 1966, 361–366, hier 366. 117 Georg Major nach dem Scheitern des Regensburger Kolloquiums, zitiert nach: ebd., 202.

Kapitel 4

Um die Einheit der Religion II: Der Schmalkaldische Krieg 1546/47 – Verlauf und Deutung Die Verhängung der Reichsacht über den hessischen Landgrafen Philipp und den sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich am 20. Juli 1546 besiegelte endgültig das Scheitern der Vergleichsbemühungen im Rahmen der Religionsgespräche. Auf dem Wege der kriegerischen Auseinandersetzung suchte der Kaiser nun, die Konstellation der verhärteten Fronten zu seinen Gunsten zu gestalten. Militärisch entschied er den Krieg für sich: Der Niederlage von Mühlberg folgte die Auflösung des protestantischen Verteidigungsbündnisses, die Gefangennahme der beiden geächteten Bundeshauptleute und die Bestrafung der Bundesmitglieder. Dieser Erfolg paarte sich mit einer äußerst günstigen Verschiebung des europäischen Mächtegefüges. Durch den Tod Heinrichs VIII. und Franz’ I. waren beide Königshäuser zunächst geschwächt. Und angesichts der Siegesnachrichten des Kaisers übte sich selbst Sultan Suleiman II. vorübergehend in Zurückhaltung. Karl V. hatte den Zenit seiner Macht erreicht.1 Und doch war es ein „merkwürdiger“2 Krieg, der ein Jahr lang hauptsächlich auf süd- und mitteldeutschem Boden ausgetragen wurde. Die Kriegsparteien hatten trotz des erheblichen Truppenaufmarsches kaum nennenswerte Gefechte zu vermelden3, die Hauptleute des Schmalkaldischen Bundes zeichneten sich ob ihrer Zögerlichkeit oder Fehlentscheidungen nicht gerade als Feldherren aus und Karl V. erwies sich als ein Sieger, der durch seine Machtdemonstration weder Rücksicht auf persönliche noch auf ständische Befindlichkeiten der Besiegten nahm. Vor allem aber war jener ‚Teutsche Krieg‘ von Beginn an ein Krieg der Druckerpressen, ein Krieg der Medien

1

So auch die Selbsteinschätzung bereits im Schreiben an Ferdinand I. vom 09.01.1547, in: KOHLER, Quellen, Nr. 93, 362–367, hier 365. 2 GÜNTHER WARTENBERG, Die Schlacht bei Mühlberg in der Reichsgeschichte als Auseinandersetzung zwischen protestantischen Fürsten und Kaiser Karl V., in: ARG 98, 1998, 167–177, hier 167. 3 Vgl. u.a. MAX LENZ, Die Kriegsführung der Schmalkaldener gegen Karl V. an der Donau, in: HZ 49, 1883, 385–460. Die Bezeichnung des Schmalkaldischen Krieges als die „gewaltigste militärische Kraftentfaltung, die auf deutschem Boden je stattgefunden hatte“ bei: LUTZ, Das Ringen um deutsche Einheit, 277.

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um die Deutungshoheit4. In dieser Hinsicht hob er sich von den vergangenen militärischen Konflikten im Alten Reich deutlich ab.5 Der Kaiser führte offiziell den Krieg zur Bestrafung ungehorsamer Reichsfürsten und zur Wiederherstellung der politischen Ordnung. Die Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes dagegen sahen sich zur Rettung des Glaubens aufgerufen und zum Widerstand gegen die Vernichtung ihrer Religion seitens des Kaisers. Beide Interpretationen – Reichsexekution gegen die Rebellen oder Religionskrieg gegen die Protestanten – prägten die Wahrnehmungen der Kriegsereignisse durch die Zeitgenossen und modellierten bzw. legitimierten die jeweiligen Handlungsmaßstäbe. Eine Fülle von Druckschriften sollte diesen gegensätzlichen Deutungen entsprechenden Nachdruck verleihen. Während das Kriegsgeschehen selbst vor allem durch die Druckschriften der schmalkaldischen Seite interpretiert wurde, dominierten die Schriften der kaiserlichen Partei die Phase des Sieges sowie die der Nachkriegszeit.6 Die Deutungsstrategie der Protestanten war hauptsächlich auf den Nachweis ausgerichtet, daß der Schmalkaldische Krieg ein Religionskrieg sei. Und offenbar hat sich dieses Interpretament bis heute gehalten: Der Schmalkaldische Krieg gilt geradezu als „deutscher Urtyp“ des Religionskrieges.7 Und dies, obwohl der Verlauf und die unmittelbaren Ergebnisse des Krieges keinen Anhaltspunkt dafür boten. Selbst in den Friedensverhandlungen mit den jeweiligen Bündnern hatte es der Kaiser tunlichst vermieden, konkrete Festlegungen über Glaubens- oder Kirchenfragen zu treffen.8 Erst der Beschluß und die Einführung des Augsburger Interims lieferten den Protestanten jenen eigentlichen Nachweis, der nachträglich ihre Argumentation stützte. Die heftigen Auseinandersetzungen um das Interim führten, so die These, einerseits retrospektiv zu einer Aktualisierung der Interpretation des Krieges 1546/47 als Religionskrieg und andererseits zu einer Verschärfung der katastrophischen Deutung der kirchenpolitischen Regelungsversuche in den Jahren 1548 bis 1550. Die protestantische Publizistik verband beide Konflikte – den kriegerischen wie den kirchenpolitischen – zu einem sehr wirkmächtigen Narrativ des lutherischen Kampfes zur Verteidigung des einzig wahren Glaubens. Insofern sehe ich – und nicht zuletzt aufgrund der zeit4

Zum Begriff der Medien wie zum Forschungskonzept des Krieges als kommunikativem Ereignis vgl. GABRIELE HAUG-MORITZ, „Geschwinde Welt.“ Krieg und öffentliche Kommunikation zur Erfahrung beschleunigten historischen Wandels im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation in der ersten Hälfe des 16. Jahrhunderts (1542–1554), in: Militär und Gesellschaft in der Frühen Neuzeit. Bulletin 6, 2002, 2, 139–148. 5 Vgl. DIES., Zur Konstruktion von Kriegsniederlagen in frühneuzeitlichen Massenmedien. Das Beispiel des Schmalkaldischen Krieges (1547/1552), in: HORST CARL (Hrsg.), Kriegsniederlagen. Erfahrungen und Erinnerungen, Berlin 2004, 345–374, hier 347f. 6 Zu den konkreten Untersuchungsergebnissen vgl. ebd., 350f. 7 So J OHANNES B URKHARDT, Religionskrieg, in: TRE 28, 681–687, hier 682. 8 Vgl. HORST RABE, Deutsche Geschichte 1500 – 1600, München 1991, 399. Sowie: MAURENBRECHER, Karl V., 128.

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lichen Nähe – anders als Gabriele Haug-Moritz einen sehr viel engeren Zusammenhang zwischen beiden Interpretationen.9 Dieses Kapitel befaßt sich also mit den Ereignissen des Schmalkaldischen Krieges und deren zeitgenössischen Deutungen.10

1. Die religionspolitischen Verhältnisse im Alten Reich im Vorfeld des Krieges Die Religionspolitik des Kaisers sah seit dem Augsburger Reichstag im Jahre 1530 zwei Möglichkeiten vor, die Kirchenspaltung im Reich beizulegen. Rückte die Alternative einer militärischen Unterdrückung der Reformation, die hier erstmals konkret formuliert wurde11, aufgrund der politischen Konstellationen immer wieder in den Hintergrund, stellte die Einberufung eines Generalkonzils ein konstantes Ziel der Ausgleichsbemühungen Karls V. dar. Doch hatte er bisher weder die Unterstützung des Papstes, der die Einberufung eines Konzils aufs Neue verzögerte, noch die der Protestanten erhalten, die sich grundsätzlich weigerten, die Beschlüsse eines vom Papst einberufenen Konzils anzuerkennen. Der ausbleibende Erfolg der Religionsgespräche mündete in jeweils für befristete Zeit ausgehandelte Friedstände. Sie warfen einerseits die religiösen Ausgleichsverhandlungen erneut zurück auf das eingeforderte Konzil und ermöglichten es andererseits dem Kaiser, sich auf die militärischen Konflikte außerhalb des Reiches zu konzentrieren.12 Diese Konstellation änderte sich mit der Niederlage der Franzosen und ihrer vertraglichen Fixierung im Frieden von Crépy13 sowie dem Waffen9

Vgl. HAUG-MORITZ, Kriegsniederlagen, 349 und 351. Zur Frage nach dem Charakter des Schmalkaldischen Krieges als Religionskrieg vgl.: HORST CARL, Zeitalter der Religionskriege? Konfessionelle Kriegslegitimationen und ihre Wahrnehmungen von der Reformation bis zum Dreißigjährigen Krieg, in: ANDREJ PROKOPJEV (Hrsg.), Konfessionalisierung in West- und Osteuropa in der Frühen Neuzeit. Deutschrussische Konferenz vom 14.–16. November 2002, St. Petersburg 2004, 105–116, hier 116. 11 Vgl. den Auszug des Gutachtens des Staatsrates vom Juni 1530, in: KOHLER, Quellen, Nr. 44, 164–165. Sowie: Rabe, Karl V. und die deutschen Protestanten, 329. 12 Zu den Grundsätzen der kaiserlichen Religionspolitik vgl. ALFRED KOHLER, Die Religionsfrage im politischen Kalkül Kaiser Karls V., in: INGE AUERBACH (Hrsg.), Reformation und Landesherrschaft. Vorträge des Kongresses anlässlich des 500. Geburtstages des Landgrafen Philipp des Großmütigen von Hessen vom 10. bis 13. November 2004 in Marburg, Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 24.9, Marburg 2005, 177–186. DERS., Karl V. 1500–1558. Eine Biographie, München 1999, 24–27. ALBRECHT P. LUTTENBERGER , Die Religionspolitik Karls V. im Reich, in: A LFRED K OHLER /B ARBARA H AIDER / CHRISTINE OTTNER (Hrsg.), Karl V. 1500–1558. Neue Perspektiven seiner Herrschaft in Europa und Übersee, Zentraleuropa-Studien 6, Wien 2002, 293–343. Sowie: R ABE, Karl V. und die deutschen Protestanten, 317–345. 13 Der Frieden von Crépy vom 18./19. September 1544 und insbesondere der Geheimvertrag zwischen Karl V. und Franz I. legte neben den territorialen und dynastischen Forderungen die 10

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stillstand mit den Osmanen14. Die bisher eher als Option gehandelte Einberufung des Konzils schien nun in greifbare Nähe gerückt. Im Geheimvertrag hatte Karl den französischen König Franz I. zur Beschickung des künftigen Konzils gezwungen15, und eben dieses Vorgehen schwebte dem Kaiser nun auch als mögliches Modell für die Lösung der Religionsfrage im Reich vor.16 Es war diese Politik der „merkwürdigen Zweigleisigkeit“17, die die Zeit von 1544 bis 1546 prägte: Kriegsvorbereitung und Forcierung der Einberufung des Konzils auf der einen, Religionsverhandlungen auf den Reichstagen auf der anderen Seite. Diese Zweigleisigkeit war jedoch in sich widersprüchlich: Setzte die gewaltsame Lösung die rasche Einberufung des Konzils voraus, erforderte der friedliche Weg wiederum die Verzögerung des Konzils. Das informelle Bündnis, welches Papst Paul III. und Karl V. am 17. Juni 1545 eingingen, sicherte dem Kaiser nicht nur die Unterstützung der Kriegspläne seitens des Papstes zu18, sondern sah auch eine Verzögerung der Konzilseröffnung sowie die zeitliche Nachordnung aller Beschlüsse in dogmatischen Fragen vor, um die Religionsverhandlungen im Reich nicht zu konterkarieren. Gerade die in diesen Regelungen anklingende Offenheit der kaiserlichen Politik, die sich der klaren Zielstellung einer gewaltsamen Lösung der Religionsfrage seitens des Papstes entzog, trug nicht dazu bei, das vom gegenseitigen Mißtrauen geprägte Verhältnis beider Bündnispartner auf eine gemeinsame Basis zu stellen. Die Vereinbarung hielt nur so lange, bis der Papst vom Kaiser die Bestätigung der Belehnung seines Neffen Perluigi Farneses mit den Herzogtümern Parma und Piacenza erhalten hatte.19 Das Konzil wurde entgegen dem ausdrücklichen Wunsch des Kaisers am 13. Dezember 1545 eröffnet20 und bereits im April 1546 die ersten Lehrdekrete über das VerhältTürkenhilfe Frankreichs auf 10000 Mann und 600 Reitern fest, die notfalls auch zur Rückführung der Protestanten im Reich zur altgläubigen Kirche genutzt werden sollten, fest. Der französische König wurde somit auf die Unterstützung der kaiserlichen Religionspolitik verpflichtet und ihm jegliches Bündnis mit dem englischen König untersagt. Diesen Teil des Vertrages brach Franz I. bereits 2 Jahre später. Vgl. u.a. KARL BRANDI, Kaiser Karl V. Werden und Schicksal einer Persönlichkeit und eines Weltreiches, Darmstadt 1959, 434f. sowie 455. 14 Der Waffenstillstand vom Oktober 1545 wurde für ein Jahr geschlossen, dann im Sommer 1547 um fünf Jahre verlängert, vgl. HEINZ SCHILLING, Veni, vidi, Deus vixit – Karl V. zwischen Religionskrieg und Religionsfrieden, in: ARG 89, 1998, 144–166, hier 149f. 15 Der Konflikt zwischen Karl V. und Franz I. hatte die ursprünglichen Konzilspläne im September 1543 scheitern lassen. Vgl. J EDIN, Geschichte des Konzils 1, 356–392. 16 Zum „großen Plan Karls V.“ vgl. u.a. ebd., 402f. 17 Ebd., 406. 18 Die Vereinbarung belief sich auf die Bereitstellung von 200.000 Dukaten Hilfsgelder, 12.500 Mann Hilfstruppen für 4 Monate und der Hälfte der spanischen Kircheneinkünfte seitens des Papstes sowie die Option zum Verkauf spanischer Kirchengüter im Werte von 500.000 Dukaten für den Kaiser. Vgl. ebd., 417. Und: BRANDI, Karl V., 440. 19 Vgl. JEDIN, Geschichte des Konzils 1, 423. 20 Angesichts der enormen Kosten, die den bereits seit 6 Monaten in Trient wartenden Konzilsteilnehmern entstanden, wuchs der Druck der Kardinäle auf den Papst, sich dem

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nis der Kirche zu Tradition und Schrift verabschiedet.21 Damit hatte Paul III. vollendete Tatsachen geschaffen, nach denen sich nun der Kaiser zu richten hatte. Die Möglichkeit, auf friedlichem Wege eine Anerkennung des Konzils seitens der Protestanten zu erlangen, war zunächst verbaut. Auch innenpolitisch hatte sich der Kaiser seiner Bündnispartner zu vergewissern bzw. neue Verbündete zu gewinnen. Infolge des Braunschweiger Zuges im Jahr 1542 und der Gefangennahme des Herzogs Heinrich durch den Schmalkaldischen Bund drei Jahre später fehlte ein starkes Gegengewicht gegen die protestantischen Stände im Norden des Reiches. Zudem bemühte sich seit dem Januar 1546 der Pfalzgraf Friedrich II., dem protestantischen Verteidigungsbündnis beizutreten, um die Reformation in seinem Territorium zu sichern und sich des Beistandes gegen die bayerischen Ansprüche auf seine Kurwürde und für die Durchsetzung seiner Ambitionen auf die dänische Krone zu vergewissern.22 Wenn auch der hessische Landgraf die Mitgliedschaft im Bündnis erfolgreich hintertrieb, so war der sich auf eine Neutralität verlegende Kurfürst als Verbündeter des Kaisers verloren. Andererseits hatte sich letztlich vor allem die Braunschweiger Unternehmung für die Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes zwar militärisch, nicht aber politisch als erfolgreich erwiesen.23 Sie führte zu einer Verschärfung der Differenzen innerhalb des Bündnisses, die dessen strukturelle Schwächen deutlich offenbarte.24 Das Mißtrauen gegen mögliche Sonderinteressen beider Bundeshauptleute, die individuellen Interessen der einzelnen Mitglieder25 sowie die generelle „Unlust“, die finanziellen Beiträge zu leisten, stellten die Grundprobleme des Bundes dar, die sich gerade in Zeiten der Herausforderung als äußerst hemmend erwiesen26. So vermochten sich die Mitglieder auf dem Frankfurter Bundestag im Dezember 1545 weder auf die Neugestaltung der finanziellen Hilfeleistung noch der KriegsverArrangement mit dem Kaiser zu entziehen. Zu den taktischen Überlegungen des Nuntius Verallo vgl. ebd., 428f. 21 So begründete das „Vulgatadekret“ die Authentizität der Ausgabe mit ihrer langen Verwendung in der Kirche. Vgl. ebd., 76f. 22 Vgl. die Studie von ADOLF HASENCLEVER, Die kurpfälzische Politik in den Zeiten des schmalkaldischen Krieges (Januar 1546 bis Januar 1547), Heidelberger Abhandlungen 10, Heidelberg 1905. 23 So ADOLF HASENCLEVER, Die Politik der Schmalkaldener vor Ausbruch des schmalkaldischen Krieges, Historische Studien XXIII, Berlin 1901, 15 sowie zu den Auswirkungen 12–15. 24 Diese Schwäche zeigte sich z.B. in der Unterlassung der Hilfeleistung für den Kölner Erzbischof Hermann von Wied, vgl. ebd. 151–167. 25 Ebd., 149. 26 Vgl. FRITZ HARTUNG, Karl V. und die deutschen Reichsstände von 1546–1555, Darmstadt 1971, 21 (EA Halle 1910). Sowie grundsätzlich zur Organisation des Bündnisses: GABRIELE HAUG-MORITZ, Der Schmalkaldische Bund 1530–1541/42. Eine Studie zu den genossenschaftlichen Strukturelementen der politischen Ordnung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde 44, Leinfelden-Echterdingen 2002, v.a. 383–386.

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fassung hinsichtlich der Oberhauptmannschaft zu einigen.27 Nicht einmal die anstehende Verlängerung des Bündnisses, die auf den April 1546 vertagt worden war, konnte ob des mangelnden Interesses beschlossen werden. Diese Fliehkräfte trieben denn auch den brandenburgischen Markgrafen Johann von Küstrin politisch in die Dienste des Kaisers. Die geheimen Verhandlungen mit dem Brandenburger, dem Markgrafen Albrecht Alkibiades von Brandenburg-Kulmbach und dem sächsischen Herzog Moritz führte der Kaiser ebenso erfolgreich wie geschickt. Während des Regensburger Reichstages und wenige Tage vor der Kriegserklärung unterzeichnete Karl das Kriegsbündnis mit dem Papst28, versicherte sich der Neutralität des Herzogs Wilhelm von Bayern unter Inaussichtstellung der Pfälzer Kurwürde29 und band mit dem Vertrag vom 19. Juni 1546 Moritz von Sachsen30, der mit der Vollstreckung der Acht beauftragt wurde, an seinen Kriegszug, was sich bald als kriegsentscheidend erweisen sollte. Der Reichstag sollte dem Kaiser nun das Forum bieten, die letzten Vorbereitungen zum Kriege abzuschließen.31

2. Der Reichstag zu Regensburg: 5. Juni 1546 bis 24. Juli 1546 Der ursprünglich für den 6. Januar 1546 ausgeschriebene Reichstag konnte aufgrund der Absenz zahlreicher, vor allem aber protestantischer Reichsstände32 sowie des römischen Königs erst am 5. Juni 1546 eröffnet werden. Die in der Proposition33 zur Debatte gestellte Religionsfrage wurde erneut zum Streitpunkt, der alle anderen Verhandlungspunkte, wie die Beratung der Reichspoliceyordnung, der Reichsmatrikel und der Reichsmünzordnung, überschatten sollte. Nach anfänglichen Diskussionen über den Beratungsmodus34 legten die altgläubigen Stände bereits am 12. Juni ihre Antwort auf 27

Vgl. die Ausführungen bei HASENCLEVER, Die kurpfälzische Politik, 115–151. Am 6./7. Juni wurde der Vertrag in Regensburg vom Kaiser, am 26. Juni in Rom vom Papst unterzeichnet. Vgl. auch hier BRANDI, Karl V., 454 sowie Überlegungen zu den Motiven des Papstes vgl. RABE, Reichsbund, 56f. 29 Vgl. JEDIN, Geschichte des Konzils 2, 178. 30 Die Vertragsbedingungen bei: FRIEDRICH ALBERT VON LANGENN, Moritz. Herzog und Churfürst zu Sachsen. Eine Darstellung aus dem Zeitalter der Reformation, 1. Theil, Leipzig 1841, 227f. 31 Diese Einschätzung u.a. bei: PAUL HEIDRICH, Karl V. und die deutschen Protestanten am Vorabend des Schmalkaldischen Krieges, II. Teil: Die Reichstage der Jahre 1544–1546, Frankfurter Historische Forschungen 6, Frankfurt am Main 1912, 152f. 32 Vgl. HEIDRICH, Karl V., 115. 33 Vgl. RTA J.R. 17, Nr. 58, 391–395. 34 Je nach Interpretation der Verhandlungen über die Religionsfrage als Fortsetzung des Wormser Gesprächs (auf altgläubiger Seite) oder eines generell neuen Reichstages (auf protestantischer Seite) sollten die Beratungen getrennt nach Konfessionen oder nach Kurien vorgenommen werden. Die Entscheidung fiel zugunsten der Altgläubigen aus. Vgl. hierzu die Ausführungen bei HEIDRICH, Karl V., 125f. 28

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die Religionsartikel der Proposition vor. Darin rieten sie, die „strittigen religionssachen solchen [zur Zeit tagenden – d.A.] gemainem concilio haimbczustellen“35, da nur dort endgültig über den Glauben entschieden werden könne. Alle bisher geführten „gesprech und underhandlung“ hätten gezeigt, daß „doch dardurch den sachen nichcz geholfen noch was fruchtperß ausgericht“, sondern vielmehr die Glaubensspaltung vertieft worden sei.36 Einen Tag später übergaben die Protestanten ihre Antwort, in der sie die Verlängerung des Friedstandes und – im Gegensatz zum Votum der Altgläubigen – die Fortsetzung der Gespräche über die Religionsfrage auf einem Reichstag oder einem nationalen Konzil verlangten.37 Anbei überreichten sie eine Rechtfertigung der vorzeitigen Abreise ihrer Vertreter vom Regensburger Religionsgespräch, die neben dem Prozedere38 vor allem die mangelnde Vergleichsbereitschaft der Gegenseite als Ursache für den Abbruch der Gespräche benannte: „[…] wie hoch vonnötten sein wolt, so man anderst christliche vergleichung in der warheit sucht, das man neben disen und iresgleichen auch solche geleerten haben muße, die disen theil nit als verstockte keczer verdamen, sonder die auch irestheils mißbreuch erkennen und dieselben zu bessern und nit zu verthedingen begern, die auch nit alles, das in obgemelter unser confession und handlung furbracht, uff das geschwindest verkeren, sonder vertrauen, das dieser theil gottlicher warheit auch gern volgen wollte.“39

Inzwischen mehrten sich die Gerüchte über kaiserliche Rüstungen, und so verließen bereits am 3. Juli die protestantischen Gesandten Regensburg, da sie sich des zugesagten Geleits nicht mehr sicher wähnten und „weil nit zu vermuten“, so die Gesandten des Herzogs Ulrich von Württemberg an die Gesandten der schmalkaldischen Bundesstände, „das ir nach gelegenheit der leuft was fruchtbars zu Regenspurgk mehr ausrichten moget“40. Erst einen Monat später, am 12. Juli 1546, legte der Kaiser in seiner Resolution das weitere Verfahren fest:41 Er verwies die Verhandlung der Religionsfrage an das in Trient tagende Konzil, das auch von den Protestanten zu besuchen sei, und entsprach damit dem Votum der Altgläubigen. Die Resolution erreichte demnach nur noch wenige Anwesende, die zudem keine Verhandlungsvollmacht mehr besaßen. Damit war der Reichstag arbeitsunfähig. Die Beratungen der in der Proposition benannten Punkte blieben ohne Resultat und wurden per Reichsabschied42 auf den 2. Februar 1547 vertagt. Ganz ergebnislos war der Reichstag allerdings nicht. Im Gegenteil.

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RTA J.R. 17, Nr. 62, 403–406, hier 406. Ebd., 405. 37 Vgl. ebd., Nr. 64, 410–417. 38 Vgl. Kap. 2.3. 39 RTA J.R. 17, Nr. 65, 418–426, hier 425. 40 Ebd., Nr. 94, 486f., hier 486. 41 Vgl. ebd., Nr. 68, 430–432. 42 Vgl. den Abschied vom 24.07.1546, ebd., Nr. 109, 519–523. 36

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3. Der Verlauf des Krieges Am 20. Juli 1546 verhängte der Kaiser Karl V. die Reichsacht über die beiden Hauptleute des Schmalkaldischen Bundes, Philipp von Hessen und Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen43, die der Rebellion, des Verrates, des Ungehorsams gegenüber der kaiserlichen Obrigkeit und des Landfriedensbruchs beschuldigt wurden44. Damit erklärte der Kaiser offiziell den Beginn des Schmalkaldischen Krieges. Eine inoffizielle Bestätigung hatten die protestantischen Reichsstände auf Nachfrage45 bereits am 16. Juni erhalten. In ihr kündigte sich vage und zugleich vielsagend das Vorgehen gegen die „Rebellen“ an: „Da aber jemandts irer Mt. nit gehorsamen, sonder zwider sein wurdet, so konth man erachten, das sich ir Mt. irer habenden autoritet nach gegen denselben aller gepur halten und erzaigen mußten.“46 Und obwohl sich die Protestanten im Schutz der Friedstände, des Reichsabschieds und der währenden Verhandlungen wähnten, weckte diese Formulierung vor dem Hintergrund der Nachrichten über die Truppensammlungen um Augsburg47 nun doch ihr Mißtrauen. Die protestantischen Stände versicherten sich daraufhin der gegenseitigen militärischen Hilfe, zogen die Gesandten aus Regensburg ab48 und beschlossen am 4. Juli 1546 die Aufstellung der Truppen sowie die Entsendung ihrer Gesandten zum französischen und englischen König49. Zunächst zeigten die Schmalkaldener deutliche Präsenz im oberdeutschen Raum und zwangen so den Kaiser, seinen ursprünglichen Plan, den Krieg in das hessische und kursächsische Territorium hineinzutragen, aufzugeben.50 43

Vgl. ebd., Nr. 115, 552–562. Der Druck bei FRIEDRICH HORTLEDER (Hrsg.), Der Roemischen/ Keyser- Vnd/ Koniglichen Maiesteten [...]/ Handlungen vnd Außschreiben [...]/ Von den Vrsachen deß Teutschen Kriegs Kaeiser Carls deß V. wider die Schmalkaldische Bunds-Oberste/ Chur- vnd Fuersten/ Sachsen vnd Hessen/ vnd Jhrer Chur- vnd F.G.G. Mitverwandte/ Anno 1546. vnd 47, 2. erweit. Aufl., Gotha 1645, 312–318: Roemischer Keyserlicher Majestaet Declaration der Acht/ etc. a Wider den ChurFuersten von Sachsen/ vnd LandtGraffen von Hessen. Sampt Außfuehrung der Vrsachen/ dardurch die Roemische Keyserliche Majestat/ solche Declaration vnd Execution derselben/ also fuerzunehmen/ zum hoechsten dringlich bewegt […], Ingolstadt [1546] [ben. Ex.: FB Gotha Pol 4° 01428/02 (02) = VD17 1:018991L]. 44 Vgl. RTA J.R. 17, Nr. 115, v.a. die Abschnitte 20 und 21, 560. 45 Vgl. die Anfrage vom 16.06.1546 angesichts des „offentlich geschrey“ über „ein gwisse kriegsrustung und bewerben von teutschem und welschem volck“. Ebd. Nr. 72, 439–440, hier 439. 46 Antwort des Kaisers auf die Anfrage der protestantischen Reichsstände, ebd., Nr. 73, 440f., hier 440. Zur „Kriegsdrohung“ vgl. HEIDRICH, Karl V., 132f. 47 So sollen 4000 Spanier, 12000 Italiener aufgeboten worden sein. Vgl. die Instruktion für Sebastian Seitz an den Rat zu Augsburg vom 14.06.1546, ebd. Nr. 70, 434–438. 48 Vgl. die Schreiben Nr. 93–95, in: RTA J.R. 17, 484–488. 49 Frankreich und England hatten sich am 6. Juni 1546 im Frieden von Guines entgegen den Bestimmungen des Vertrags von Crépy verbündet; vgl. BRANDI, Karl V., 455. 50 Zur Kriegsstrategie des schmalkaldischen Hauptmanns Schertlin von Burtenbach vgl. ebd., 459f. sowie insgesamt zum Rüstungs- und Kriegsgeschehen: LENZ, Kriegsführung der Schmalkaldener, 385–460.

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Allerdings verstanden sie es nicht, ihren quantitativen Vorteil zu nutzen.51 Bereits Mitte August stießen bei Landshut die Truppen des Papstes zum kaiserlichen Kontingent hinzu, am 15. September erreichten die niederländischen Truppen unter Maximilian von Büren das Heer bei Ingolstadt. Am 31. August kam es ebendort zum ersten nennenswerten Angriff seitens der Schmalkaldener, der allerdings erfolglos blieb.52 Bis in den Oktober hinein lieferten sich beide Seiten wenige kleine Gefechte, die auch angesichts des nahenden Winters eher zur Unlust unter den Söldnern führte. Bereits am 30. Oktober zeigte sich Landgraf Philipp erstmals zu Verhandlungen bereit, konnte aber dennoch den erforderlichen Sold für die Bezahlung der oberländischen Truppen bei den Kriegsräten einfordern.53 Mit dem Anmarsch der Truppen der Herzogs Moritz und König Ferdinands auf das kursächsische Gebiet im November 1546 änderte sich die Situation. Moritz hatte inzwischen als Gegenleistung für sein Eingreifen vom Kaiser die Zusage auf die sächsische Kurwürde erhalten. Zum Schutze seines Territoriums zog der sächsische Kurfürst Johann Friedrich aus Oberdeutschland ab und vermochte, da die böhmischen Stände die Truppen Ferdinands arg bedrängten, zumindest vorübergehend seine Kurlande zu verteidigen. Für die Lage der schmalkaldischen Bundestruppen im oberdeutschen Raum bedeutete dieser Abzug aus Giengen am 22. November 1546 jedoch das Aus.54 Bald fehlten die Gelder zur Besoldung des Heeres55, auch Philipp von Hessen hatte den Heimweg angetreten. Und so traten die oberdeutschen Städte, allen voran 51

Dem aus 22.000 Mann bestehendem kaiserlichen Herr standen anfangs 57.000 Mann auf Seite der Schmalkaldener gegenüber. Vgl. HERMANN KELLENBENZ, Die Geldbeschaffung der Protestanten im Schmalkaldischen Krieg, in: Blätter für deutsche Landesgeschichte N.F. 125, 1989, 13–41, 19. Die niedersächsischen Bundesmitglieder betrachteten den Oberdeutschen Krieg nicht als ihre Angelegenheit und hielten sich dementsprechend zurück. Vgl. GÜNTER SCHULTE, Zwischen Konfrontation und Kooperation: Niederdeutsche Hansestädte und ihr Verhältnis zum Reichsoberhaupt zwischen 1546 und 1552, in: SICKEN, Herrschaft und Verfassungsstrukturen, 205–240, 208. Die Auswirkung ihrer inhaltlichen Distanzierung vom Bund zeichnete sich bereits seit 1545 ab, vgl. HASENCLEVER, Die kurpfälzische Politik, 137f. Die zögerliche Haltung gründete nicht nur in den strategischen Differenzen beider Bundeshauptleute, sondern vermutlich auch in der noch nicht aufgegebenen Hoffnung auf eine friedliche Verständigung. So W ARTENBERG, Schlacht bei Mühlberg, 171. 52 Einziger Erfolg der „Kanonade“ war die Darstellung der vermeintlichen militärischen Überlegenheit der Schmalkaldener: vgl. KELLENBENZ, Geldbeschaffung, 19. 53 Vgl. BRANDI, Karl V., 463. 54 Er führte zum Zusammenbruch der „gesamte[n] Widertandsfront im deutschen Südwesten“. So die Einschätzung von W OLFGANG DOBRAS, Ratsregiment, Sittenpolizei und Kirchenzucht in der Reichsstadt Konstanz 1531–1548. Ein Beitrag zur Geschichte der oberdeutsch-schweizerischen Reformation, Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 59, Gütersloh 1993, 146. 55 Über die erfolglosen Bemühungen Philipps von Hessen, die Finanzierung zu sichern, vgl. THOMAS BRADY, Zwischen Gott und Mammon. Protestantische Politik und deutsche Reformation, Berlin 1996, 244–248. Insgesamt zur Finanzierung des Schmalkaldischen Krieges durch den Bund vgl. KELLENBENZ, Geldbeschaffung, 13–41.

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Ulm56, sowie der Herzog von Württemberg in die Kapitulationsverhandlungen mit dem Kaiser ein.57 Zum Jahresende hatte sich das Bundesheer im süddeutschen Raum aufgelöst.58 Unter hohen Kontributionszahlungen59, teilweise verbunden mit Verfassungsänderungen60, ergaben sich die oberländischen Städte sowie der Herzog Ulrich von Württemberg und der Pfalzgraf Friedrich II. auf Gnade und Ungnade dem Kaiser61. Während dieser, vor allem dank seiner Verbündeten, das alte Jahr siegreich verabschieden konnte, erwies sich im neuen Jahr das Bündnis mit dem Papst als unzuverlässig. Am 13. Januar 1547 verabschiedete das Konzil das Dekret über die Rechtfertigung entgegen der lutherischen Auffassung des sola fide.62 Wenn auch dieses Glaubensdekret im Rahmen des Tridentinums von nicht zu unterschätzender Bedeutung war, erschwerte es doch erheblich die Unterwerfung der Protestanten unter diese Beschlüsse. Kurze Zeit später kündigte Paul III. angesichts der militärischen Erfolge des Kaiser das Kriegsbündnis auf, sperrte die Geldzufuhr und zog die päpstlichen Truppen ab.63 Dessen nicht genug, wurde das Konzil am 11. März 1547 von Trient in das Gebiet des Kirchenstaates nach Bologna verlegt, in der Hoffnung, den kaiserlichen Einfluß auf das Konzilsgeschehen mindern zu können.64 Hatte Karl V. den Protestanten bisher dieses Konzil als das von ihnen geforderte Konzil auf dem Boden des Reiches benennen können, war ihm nun durch die Translation nach Bologna diese Argumentation verbaut. 56

Die Stadt Ulm hatte hinsichtlich ihrer Politik gegenüber dem Kaiser im süddeutschen Raum eine gewisse Vorreiterrolle inne. Ereichte der Kaiser eine friedliche Einigung mit dieser Stadt, erhöhten sich die Chancen, daß er nicht nur die anderen oberländischen Städte, sondern auch den Württemberger Herzog gewinnen konnte. Vgl. hierzu C.[ARL] TH.[EODOR] KEIM , Die Reformation der Reichsstadt Ulm. Ein Beitrag zur schwäbischen und deutschen Reformationsgeschichte, Stuttgart 1851, 376. 57 Zur harten Behandlung des Pfälzer Kurfürsten wie des württembergischen Herzogs vgl. BRANDI, Karl V., 466f. 58 „Der Schmalkaldische Krieg wurde eigentlich schon in Süddeutschland verloren.“ W ARTENBERG, Schlacht bei Mühlberg, 171. 59 Mit diesen Kontributionszahlungen der oberdeutschen Städte finanzierte der Kaiser einen bedeutenden Teil des folgenden Feldzuges. Vgl. KELLENBENZ, Geldbeschaffung, 20. 60 Vgl. hierzu: EBERHARD NAUJOKS, Obrigkeitsgedanke, Zunftverfassung und Reformation. Studien zur Verfassungsgeschichte von Ulm, Esslingen und Schwäb. Gmünd, Veröffentlichungen der Kommission für Geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg Reihe B, Forschungen 3, Stuttgart 1958. 61 Nach Stollberg-Rilinger fanden im Zuge der Kapitulationsverhandlungen während und am Ende des Schmalkaldischen Krieges eine „regelrechte Kaskade“ von Kniefällen vor dem Kaiser statt, die in dieser Quantität nie wieder erreicht wurde. Vgl. BARBARA STOLLBERGR ILINGER, Knien vor Gott – Knien vor dem Kaiser. Zum Ritualwandel im Konfessionskonflikt, in: ANDREA VON HÜLSEN-ESCH (Hrsg.), Inszenierung und Ritual in Mittelalter und Renaissance, Studia humaniora 40, Düsseldorf 2005, 262–292, 268. 62 JEDIN, Geschichte des Konzils 2, 258–263. 63 Vgl. ebd., 265f. sowie 344f. Zu den kaiserlichen Vorwürfen gegen den Papst ebd. 348f. 64 Zu den Motiven der Translation vgl. ebd., 371–376.

Der Verlauf des Krieges

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Noch im Dezember hatte Herzog Moritz weite Teile Kursachsens besetzt und marschierte auf Wittenberg zu. Unterdessen vermochte Kurfürst Johann Friedrich einige Gebiete zurückzuerobern, griff das albertinische Sachsen an und belagerte im Januar 1547 drei Wochen lang erfolglos die Stadt Leipzig.65 Bei Rochlitz konnte er am 2. März den auf kaiserlicher Seite kämpfenden Markgraf Albrecht Alkibiades gefangensetzen, schlug jedoch dann sein Lager auf und wartete auf Ergebnisse der inzwischen durch den brandenburgischen Kurfürsten in die Wege geleiteten Vergleichsverhandlungen. Durch diese Verzögerung gewannen die kaiserlichen Truppen die erforderliche Zeit, um in den Norden zu ziehen und so konnten sie sich im April mit dem Heer Herzog Moritz’ und König Ferdinands vereinen. Auf dem Weg nach Wittenberg wurde am 24. April den Schmalkaldischen Truppen auf der Lochauer Heide bei Mühlberg eine erhebliche Niederlage zugefügt66 und der sächsische Kurfürst Johann Friedrich gefangengesetzt. Am 10. Mai wurde über den Gefangenen das Todesurteil verhängt. Da dies lediglich einen Druck auf das sich den kaiserlichen Truppen verweigernde Wittenberg ausüben sollte, wurde das Urteil nach Öffnung der Wittenberger Stadttore wieder aufgehoben. Karl V. entschied sich für die Beendigung des Krieges auf dem Wege der Verhandlung. Am 19. Mai 1547 unterzeichnete Johann Friedrich die Wittenberger Kapitulation67, die den Bedeutungsverlust des sächsisch-ernestinischen Territoriums einleitete68. Der Albertiner Moritz erhielt am 4. Juni die sächsische Kur-

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Vgl. GEORG MENTZ, Johann Friedrich der Grossmütige 1503–1554, Dritter Teil: Vom Beginn des Schmalkaldischen Krieges bis zum Tode des Kurfürsten. Der Landesherr. Aktenstücke, Beiträge zur neueren Geschichte Thüringens II, Jena 1908, 64f. 66 Zu Verlauf und Folgen der Schlacht für beide sächsische Territorien vgl. umfassend: W IELAND HELD, 1547 – Die Schlacht bei Mühlberg/Elbe. Entscheidung auf dem Wege zum albertinischen Kurfürstentum Sachsen, Beucha 1997. 67 Die Kapitulation sah u.a. den Verlust der Kurwürde, der Kurlande, der Stadt Wittenberg (damit auch der Universität), des Anteils an der Markgrafschaft Meißen sowie den sächsischen Bergwerken und der böhmischen Lehen und der Schutzherrschaft über die Stifte Magdeburg und Halberstadt vor. Zugesprochen wurde ihm zu den bisherigen ernestinischen einige rechtssaalische Ämter, das Geleit von Erfurt und die Residenz Gotha, deren Befestigung allerdings geschleift werden mußte. Die Söhne erhielten von Moritz von Sachsen ein jährliches Einkommen von 50000 Gulden. Zu den Bestimmungen vgl. HELD, 1547, 104. Sowie: SIMON ISSLEIB, Die Wittenberger Kapitulation von 1547, in: DERS., Aufsätze und Beiträge zu Kurfürst Moritz von Sachsen (1877–1907) 1, Mitteldeutsche Forschungen. Sonderreihe: Quellen und Darstellungen in Nachdrucken 8, Köln/Wien 1989, 348–373. Der Text der Kapitulation ist ediert in: PKMS III, Nr. 584, 412–416. 68 Zu den einschneidenden Folgen für das ernestinische Herrscherhaus vgl. v.a. ENNO B ÜNZ, Eine Niederlage wird bewältigt. Die Ernestiner und Kursachsen 1547 bis 1554, in: KARLHEINZ BLASCHKE (Hrsg.), Moritz von Sachsen – Ein Fürst der Reformationszeit zwischen Territorium und Reich. Internationales wissenschaftliches Kolloquium vom 26. bis 28. Juni 2003 in Freiberg (Sachsen), Quellen und Forschungen zur sächsischen Geschichte 29, Leipzig 2007, 94–117. Sowie: W ARTENBERG, Schlacht bei Mühlberg, 167–177.

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würde, die offizielle Belehnung erfolgte allerdings erst auf dem Augsburger Reichstag am 24. Februar 1548.69 Durch Vermittlung Moritz’ und des brandenburgischen Kurfürsten Joachim II. ergab sich Philipp von Hessen dem Kaiser am 19. Juni und wurde durch diesen ebenfalls gefangengesetzt70. Der Norden des Reiches erwies sich dennoch während dieser Verhandlungen als wenig gefügig. Die verbliebenen Truppen des protestantischen Verteidigungsbündnisses konnten bei Bremen71 und Drakenburg72 beachtliche militärische Erfolge verzeichnen und die niederdeutschen Städte stellten „für einen Augenblick […] die einzig uneingeschränkt aktionsfähige Macht im niederdeutschen Nordwesten“ dar73. Zum Ausdruck brachte dieses gestärkte Selbstbewußtsein die Stadt Magdeburg, die sich trotz mehrfacher Aufforderungen im Mai und Juni nicht dem Kaiser unterwarf und daraufhin am 27. Juli 1547 in die Reichsacht erklärt wurde.74 König Ferdinand I. zog die gewaltsame der diplomatischen Lösung vor, als er im Juli 1547 die böhmische Erhebung blutig niederschlug.75 Im Frühsommer des Jahres 1547 fand der Schmalkaldische Krieg ebenso sein Ende wie der Schmalkaldische Bund. Die politische wie militärische Niederlage der Protestanten76 suchte der Kaiser nun zu seinen Gunsten zu nutzen. Ein neuer Reichstag sollte nicht nur die politische Neuordnung des Reiches, sondern auch die Lösung der Religionsfrage beschließen.

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Vgl. zuletzt JOHANNES HERRMANN, Moritz von Sachsen (1521–1553), Landes, Reichsund Friedensfürst, Beucha 2003, 93. 70 Zu den ‚Verständigungsschwierigkeiten‘ hinsichtlich des „ewigen Gefängnisses“ siehe immer noch S IMON ISSLEIB, Die Gefangennahme des Landgrafen Philipp von Hessen 1547, in: DERS., Aufsätze und Beiträge 1, 407–474, bes. 448–450. Auch Philipp mußte den Fußfall vor dem Kaiser leisten. Obwohl er sich ausbedungen hatte, den Zuschauerkreis klein zu halten, ließ ihn der Kaiser in einem überfüllten Saal niederknien. So die Mitteilung an Moritz von Sachsen, in: PKMS III, Nr. 631, S. 440. 71 Die Stadt Bremen wurde ohne Ergebnis vom 20. Februar bis zum 22. Mai durch die kaiserlichen Truppen belagert. Vgl. SCHULTE, Konfrontation, 209. 72 Die Niederlage der Kaiserlichen unter Oberst Wrisberg und dem braunschweigischen Herzog Erich d.J. in der Schlacht bei Drakenburg am 23. Mai 1547 verhinderte die Besetzung der Magdeburger Vorstadt durch Herzog Alba, die der Abschreckung der niedersächsischen Städte dienen sollte. Vgl. hierzu die Ausführungen bei RUDOLF H ÄPKE , Die Regierung Karl V. und der europäische Norden, Hildesheim/New York 1976, 280f. (EA Lübeck 1914). 73 SCHULTE, Konfrontation, 210. 74 Vgl. u.a. HÜLSSE, Die Stadt Magdeburg im Kampfe, 21. 75 Vgl. MAURENBRECHER, Karl V., 141. 76 Zu den Auswirkungen der Niederlage auf den Adel z.B.: CARL, Die Haltung des reichsunmittelbaren Adels.

Wahrnehmungen und Deutungen

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4. Wahrnehmungen und Deutungen Zehn Jahre nach der Niederlage des protestantischen Bündnisses ließ der sächsische Jurist Basilius Monner77 ein ‚Bedencken‘ ausgehen78, in welchem er den Vorwurf zu widerlegen suchte, die Schmalkaldener hätten durch ihren Verteidigungskrieg 1546/47 ein crimen rebellionis begangen und sich somit ins Unrecht gesetzt. Denn der Ausgang des Krieges hätte doch gezeigt, daß Gott keinen Gefallen an jenen Christen habe, die sich ihrer von Gott verordneten Obrigkeit, dem Kaiser, widersetzten.79 Monner hielt dagegen, man dürfe den Krieg nicht nach dem Ausgang beurteilen, sondern könne erst nach der Ermittlung der Ursachen und des Verlaufs zu einem Urteil gelangen.80 Und so führte er in 29 Punkten den Nachweis, daß 1. dieser Krieg zu Unrecht geführt worden war, 2. er allein der Religion galt und daher 3. die Verteidigung der Protestanten rechtmäßig gewesen sei: „[…] weil es am hellen liechten Tag ist/ daß die Papisten die Protestierende Stände vmb keiner andern Vrsache willen/ vberzogen vnd bekrieget haben/ dann vmb der rechten wahren Christlichen Religion willen/ dieselbe/ vnd alle die sich offentlich vnd frey darzu bekennen/ zuvertilgen vnd außzurotten/ ob sie wol andere Vrsach fälschlich fürgewandt haben/ vnangesehen/ daß sich die Stände zu gleich vnd recht- vnd zu rechtmäßiger Erkäntnüß/ allezeit erbotten/ allen billichen vnd gebührlichen Gehorsamb/ in weltlichen Sachen/ was Leib vnd Gut belanget/ erzeiget/ vnd niemals/ auch nicht eine einige Vrsache jhnen zu solchen gewaltsamen/ vnrechtmäßigen vnd vnchristlichen Fürnehmen zu Krieg vnd Blutvergiessen gegeben haben./ So kann jhr Defensionszug (den sie aus hochdringender Noth vnd Pflicht/ damit sie Gott/ dem Reich vnd jhren Vnterthanen verwandt seyn/ haben thun müssen/ als des heiligen Reichs Churfürsten/ Stände vnd Glieder/ vnd recht Obrigkeiten/ jhre Vnterthanen vnd Verwandte/ für offentlicher vnrechter Gewalt/ zu schützen) je nicht für vnrecht/ noch vnchristlich geachtet/ noch gescholten werden.“81

Dieser Beweisführung zugrunde lag Monners Intention, die „vnpartheiysche[n]“ und „Nachkommen“ über den Charakter des Krieges und der Defension der Verbündeten zu unterrichten, um die Protestanten vom Stigma

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1500 bis 1566, Dr. jur., Rat des sächsischen Kurfürsten und Erzieher seiner Söhne, ab 1554 Prof. an der Universität Jena. Vgl. die knappen Angaben bei MAX VOLLERT, Basilius Monner, der erste Rechtslehrer an der Universität Jena, in: Zeitschrift des Vereins für Thüringische Geschichte 38, 1932/33, 41–51. 78 Bedencken/ von dem Krieg/ der Anno sechs/ vnnd sieben vnd viertzig im Land zu Meißen vnd Sachsen geführt/ wofür er zu halten sey? Nemlich/ Vor einen Krieg wider die Lutherische Religion. Gestellet durch Christian Alemann/ mit einer Vorrede Christoff Conrads/ von Rechtmäßigkeit der Gegenwehr im selben Krieg, Basel 1557, in: HORTLEDER, Von den Vrsachen, Buch II, Kap. 34, 213–223. Christian Alemann und Christoph Conrad sind beides Pseudonyme von Basilius Monner. 79 Vgl. ebd. 214. 80 Vgl. ebd. 81 Ebd. 215.

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der „Auffrührer vnnd Rebellen“ zu befreien.82 Dies dürfte ihm gelungen sein; und das nicht nur hinsichtlich der lang gehegten These von der Obrigkeitshörigkeit des Luthertums83, sondern auch hinsichtlich des Charakters des Krieges als Religionskrieg. Und doch mehren sich in jüngster Zeit die Zweifel an der Berechtigung dieser Zuschreibung84 sowie am Begriff des Religionskrieges selbst85. Monner liefert hierzu die Stichpunkte: Der Krieg wurde von kaiserlicher Seite aus offiziell nicht aus Gründen der Religion geführt, wohl aber von Seiten der Protestanten. Es stellt sich also grundsätzlich die Frage, worauf der historiographische „Typusbegriff“86 „Religionskrieg“ zielt: auf offizielle Verlautbarungen oder auf die – oft nicht explizit verbalisierten – Motive und welche Funktion der Religion als Kriegsgrund zukommt. Gerade jene Forschungen, die im Spannungsfeld zwischen ereignisund wahrnehmungsgeschichtlicher Perspektive87 angesiedelt sind, verweisen auf die verschiedenen Wahrnehmungsebenen des Krieges, die sich nicht unter einem einzigen Begriff subsumieren lassen. Nicht zuletzt läßt Monners Hinweis auf die Nachkommen die Frage nach der Deutung des Krieges und ihrer Fortschreibung in der vor allem protestantischen Erinnerungskultur als nicht unberechtigt erscheinen. Daher soll im folgenden die leicht zugespitzte Frage diskutiert werden: War der Schmalkaldische Krieg ein Religionskrieg oder handelt es sich bei dieser Deutung um eine protestantische Memoria? Der Begriff des Religionskrieges läßt sich in den Quellen aus der Mitte des 16. Jahrhunderts so nicht ermitteln.88 In der Regel finden sich Genitivoder finale Konstruktionen, die den Krieg zum Glauben oder zur Religion in Beziehung setzen. Noch bei Johann Heinrich Zedler ist der „Religions-

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Ebd., 216. Evtl. ist dieser Rekurs auf den Krieg und das gemeinsam durchlebte Unrecht auch vor dem Hintergrund des Wormser Religionsgesprächs 1557, als Versuch einer Einungsmetaphorik zu verstehen. Zur Rolle Monners in Worms vgl. BENNO VON BUNDSCHUH, Das Wormser Religionsgespräch von 1557 unter besonderer Berücksichtigung der kaiserlichen Religionspolitik, Reformationsgeschichtliche Studien und Texte 124, Münster 1988. 83 An der Verbreitung dieser These hatte die noch junge lutherische Kirche einen nicht unerheblichen Anteil. 84 Vgl. u.a. GABRIELE HAUG-MORITZ, Der Schmalkaldische Krieg (1546/47) – ein kaiserlicher Religionskrieg?, in: FRANZ BRENDLE/ANTON SCHINDLING (Hrsg.), Religionskriege im Alten Reich und in Alteuropa, Münster 2006, 93–105. 85 Vgl. u.a. CARL, Zeitalter der Religionskriege, 105–116. 86 KONRAD REPGEN, Was ist ein Religionskrieg?, in: DERS., Von der Reformation zur Gegenwart. Beiträge zu Grundfragen der neuzeitlichen Geschichte, hrsg. von KLAUS GOTTO und HANS GÜNTER HOCKERTS, Paderborn u.a. 1988, 84–97, hier 86. 87 Zum Konzept grundsätzlich jüngst: SILVIA SERENA TSCHOPP, Das Unsichtbare begreifen. Die Rekonstruktion historischer Wahrnehmungsmodi als methodische Herausforderung der Kulturgeschichte, in: HZ 280, 2005, 1, 39–81. 88 Einzige Ausnahme bisher „Krieg […] so in Religionsachen“ geführt bei HAUG-MORITZ, Religionskrieg, 94 als deutsche Übersetzung des bellum religionis, 1546.

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Krieg“ als Kompositum zweier Nomen anzutreffen.89 Daher herrscht in der Begriffsbildung eine gewisse Unsicherheit. Konrad Repgen hatte den Begriff „Religionskrieg“ synonym zu den Begriffen „Glaubenskrieg“ und „Konfessionskrieg“ verwandt.90 Axel Gotthard schlug dagegen vor, zur Bezeichnung des religiös motivierten Krieges innerhalb der Christenheit ausschließlich den Begriff des Konfessionskrieges“ zu benutzen, da die Auseinandersetzung nicht zwischen Religionen, sondern zwischen Konfessionen geführt wurde.91 Dagegen favorisiert Johannes Burkhardt die Begriffe „Konfessionsbildungs- oder Konfessionalisierungskriege“, da in deren Ergebnis letztlich die zunächst bestrittene Mehrkonfessionalität besiegelt wird.92 All diese Begriffsbildungen sind determiniert durch die jeweilige Fragestellung. Wenn es also darum geht, einen religiös motivierten Krieg zu bezeichnen, scheint mir dennoch der Begriff des Religionskrieges selbst innerhalb der Christenheit angemessen. Denn dieser kommuniziert mit dem Absolutheitsanspruch der Konfessionen zugleich eine der zentralen Kriegsursachen. Die jüngeren Versuche, den Religionskrieg definitorisch zu fassen, lassen sich auf einen gemeinsamen – wenn auch kleinen – Nenner bringen: Es handelt sich um „Kriege, in denen Religion in irgendeiner Weise in die Sache, um die es geht, in die Art der Kriegsführung oder in die Beweggründe der Beteiligten hineinspielt“.93 Alle weiteren Zusätze sind jeweils Spezifikationen, die die Begriffssemantik in methodischer oder disziplinärer Hinsicht94 auffächern. Konrad Repgen plädiert im Rahmen eines vorläufigen Systematisierungsansatzes dafür, ausschließlich die offizielle Ebene der Kriegslegitimation für eine Typisierung als Religionskrieg heranzuziehen, da sich die Motivationen nie mit letzter Sicherheit ermitteln ließen. Insofern könne nur dann ein Krieg als Religionskrieg gelten, wenn „von einer der Kriegsparteien die Religion, das Religionsrecht in Anspruch genommen [wird], um Kriegsführen zu rechtfertigen, um öffentlich zu begründen, warum eine konkrete militärische Gewaltanwendung, noch dazu gegen eine politische

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Art. Religions-Krieg, in: JOHANN HEINRICH ZEDLER, Grosses vollständiges UniversalLexicon Aller Wissenschafften und Künste, welche bishero durch menschlichen Verstand und Witz erfunden und verbessert worden 31, Leipzig/Halle 1742, 519. 90 Vgl. REPGEN, Religionskrieg, 85. 91 Vgl. AXEL GOTTHARD, Der deutsche Konfessionskrieg seit 1619. Ein Resultat gestörter politischer Kommunikation, in: Historisches Jahrbuch 122, 2002, 141–172, 168 Anm. 78. 92 Vgl. B URKHARDT, Religionskrieg, 683. 93 Ebd., 681. 94 So interpretiert Johannes Burkhardt zu einseitig den Religionskrieg als „Staatenbildungskrieg“, vgl. JOHANNES BURKHARDT, Die Friedlosigkeit der Frühen Neuzeit. Grundlegung einer Theorie der Bellizität Europas, in: ZHF 24, 1997, 4, 509–574, 514 und Axel Gotthard sieht in ihm das Ergebnis einer „gestörten politischen Kommunikation“, vgl. GOTTHARD in bezug auf den Dreißigjährigen Krieg, in: DERS., Konfessionskrieg, passim.

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Obrigkeit, ein bellum iustum sei.“95 Repgen benennt mit dem Religionsrecht einen der zwölf Leitbegriffe, in die sich die Kriegslegitimationen kategorisieren lassen.96 Seine Systematik zielt auf die Erfassung der politischdiplomatischen Sprache „für das Verständnis und die Erklärung der internationalen Politik in Europa“.97 Aus diesem Grunde ist es für Repgen durchaus gerechtfertigt, sich auf die kriegslegitimatorischen Textsorten zu konzentrieren, wohl wissend um ihren dissimulierenden Charakter.98 Genau hier setzt jedoch die Kritik Franz Brendles und Anton Schindlings an. Gerade weil die offizielle Sprache nichts über die eigentlichen Ursachen und Motive aussage, dürfe man sich nicht auf die legitimatorischen Quellen beschränken.99 Demnach hätte es im Alten Reich mit Ausnahme der Türkenkriege kaum Religionskriege gegeben.100 Es gehe vielmehr darum, „die Trennung von arcanum und publicum bei den Entscheidungsträgern“ zu berücksichtigen.101 Die Semantik des Religionskrieges wird hier also um den Aspekt der Religion als Ursache erweitert.102 Unter wahrnehmungsgeschichtlicher Perspektive lassen sich hier zwei weitere Gesichtspunkte heranziehen, die bei Charakterisierung eines Krieges als Religionskrieg zu berücksichtigen sind. Horst Carl103 und Gabriele Haug-Moritz104 verweisen auf die bisher vernachlässigte Perspektive der am Krieg aktiv Beteiligten wie der vom Krieg passiv Betroffenen. Während Horst Carl konstatiert, daß die Sinnstiftung des Kriegsgeschehens in der Frühen Neuzeit in erster Linie der Religion vorbehalten war und unter dieser Perspektive die Religion immer eine – wenn auch nie die einzige – Ursache für einen Krieg blieb105, verweist Gabriele Haug-Moritz auf die prägende Kraft des öffentlichen Diskurses und die Rolle der Religion in der Publizistik während und 95

Vgl. REPGEN, Religionskrieg, 87. Vgl. KONRAD REPGEN, Kriegslegitimationen in Alteuropa. Entwurf einer historischen Typologie, in: REPGEN, Von der Reformation zur Gegenwart, 67–83, die Liste der Leitbegriffe 78f. 97 Ebd. 77. Auch wenn er den kommunikationsgeschichtlichen Aspekt weitgehend unberücksichtigt läßt, der Aufsatz stammt aus dem Jahre 1985, bietet sein Verfahren doch sowohl für die Rekonstruktion der diplomatischen ‚Spielregeln‘ als auch für die Ideengeschichte des Krieges enormes Potential. 98 Ebd. 77f. 99 Ähnlich auch B URKHARDT, Religionskrieg, 685. 100 So FRANZ BRENDLE und ANTON SCHINDLING in ihrer Einleitung zum Sammelband: Religionskriege in der Frühen Neuzeit. Begriff, Wahrnehmung, Wirkmächtigkeit, in: DIES. (Hrsg.), Religionskriege im Alten Reich und in Alteuropa, Münster 2006, 15–52, 16. 101 Ebd. 17. Hervorhebung durch d.A. 102 Daß beides für die Kriegsgeschichtsschreibung erforderlich ist, findet sich schon bei Thukydides und seiner Unterscheidung von aitiai und prophaseis. 103 Vgl. CARL, Zeitalter, 105–107. 104 Vgl. HAUG-MORITZ, Religionskrieg. DIES., Konstruktion von Kriegsniederlagen, 345–374. Sowie: D IES., „Geschwinde Welt.“, 139–149. 105 Vgl. CARL, Zeitalter, 110. 96

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nach einem Krieg.106 Insofern darf sich die Charakterisierung eines Krieges als Religionskrieg nicht nur auf die Argumentation der Entscheidungsträger zur Ermittlung von Motivationen und Legitimationen konzentrieren, sondern muß die Wahrnehmungen und Sinnstiftungen der Zeitgenossen ebenso berücksichtigen wie die nachträglichen Konstruktionen und Rekonstruktionen einer Kriegsmemoria und der Historiographie. Das Universallexikon Johann Heinrich Zedlers weist zwei Einträge zum Religionskrieg auf.107 Während sich der eine Artikel ausschließlich mit dem „Krieg unter Kayser Carl V. im Jahr 1542“108 befaßt, ohne das Lemma zu definieren, beantwortet der zweite Eintrag die Frage, ob es recht sei, einen Krieg wegen der Religion zu führen: „Sollen Religions-Kriege rechtmäßig seyn, so müssen sie nicht zum Zwecke haben, daß die Menschen zu diesem oder jenem Glauben gezwungen werden sollen, denn sonst würden sie schlechterdings verwerflich seyn; sondern die Absicht dabey muß dahin gehen, daß andere, die dergleichen unbefugten Zwang ausüben wollen, davon zurücke gehalten, in ihre gehörige Schrancken gesetzet und genöthiget werden, von ihrem unrechtmäßigen Verfahren abzustehen. Und in so fern sind Religions-Kriege nicht anders anzusehen, als andre Kriege, die da rechtmäßiger Weise geführet werden können, wenn andere Völcker öffentliche Unruhe anrichten, und umbefugte [sic] Gewaltthätigkeit ausüben, oder sonst wider Recht und Billigkeit handeln wollen.“109

Wie bereits bei Basilius Monner zu beobachten war, ist die Frage nach dem Religionskrieg für die Autoren der Frühen Neuzeit eng verbunden mit der Frage nach dem gerechten Krieg. Dem zugrunde liegt die traditionsreiche Lehre des bellum iustum110, die in Ciceros ‚De Officiis‘ wurzelt111 und durch

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Vgl. HAUG-MORITZ, Religionskrieg. Ingesamt sind es drei. Zwei Artikel sind fast gleichlautend, laufen nur unter zwei verschiedenen Lemmata: Religions-Krieg, in: ZEDLER, Universal-Lexicon Bd. 31, 519 und Teutscher Religions-Krieg, in: ebd. Bd. 43, 129f. 108 Die Jahreszahl ist fehlerhaft. Anhand der Beschreibung ist offensichtlich, daß hier der Krieg 1546/47 gemeint ist. 109 Art. Religions-Krieg, in: ZEDLER, Universal-Lexicon, 519. 110 Vgl. v.a. HERBERT HAUSMANINGER, ‚Bellum iustum‘ und ‚iusta causa belli‘ im älteren römischen Recht, in: Österreichische Zeitschrift für öffentliches Recht und Völkerrecht 11, 1961, 335–345. MAURO MANTOVANI, Bellum iustum. Die Idee des gerechten Krieges in der römischen Kaiserzeit, Geist und Werk der Zeiten 77, Bern 1990. FREDERICK R. RUSSEL, The Just War in the Middle Ages, Cambridge Studies in Medieval Life and Thought 3,8, Cambridge 1974. Sowie: JOHN R. E. BLIESE, The Just War as Concept and Motive in the Central Middle Ages, in: Medievalia et Humanistica NS 17, 1991, 1–26. SILVIA CLAVADETSCHER-THÜRLEMANN, Polemos dikaios und bellum iustum. Versuch einer Ideengeschichte, Zürich 1985. Zuletzt: ANTON SCHINDLING, Gerechte Kriege im Zeitalter der Glaubenskämpfe? Krieg und Religion im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation im 16. und 17. Jahrhundert, in: EDELMAYER u.a., Plus ultra, 191–210. 111 Cic. off. I, 36: „Ac belli quidem aequitas sanctissime fetiali populi Romani iure perscripta est, ex quo intellegi potest nullum bellum esse iustum, nisi quod aut rebus repetitis geratur aut denuntiatum ante sit et indictum.“. 107

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Augustinus112 ihre christliche Ausrichtung erhielt bis zur endgültigen Ausprägung durch Thomas von Aquin113. Der Krieg galt als eine Art Rechtsverfahren, das dann zum Einsatz kam, wenn ein kompetenter Richter fehlte.114 Die Lehre vom gerechten Krieg diente daher der Begrenzung des Krieges, indem sie ihn an Regeln und Bedingungen knüpfte. Die durch den Aquinaten formulierten Regeln innerhalb des ius ad bellum115 finden sich dann auch im moraltheologischen Teil seiner ‚Summa Theologiae‘ (Art. I „Utrum bellare sit semper peccatum.“): Ein Krieg sei dann gerecht, wenn er 1. durch eine zur Kriegsführung berechtigte Obrigkeit begonnen und geleitet wird (auctoritas principis)116, 2. zur Durchsetzung oder Wiederherstellung des Rechtes geführt wird (iusta causa)117 und 3. der Förderung des Guten und Vermeidung des Bösen sowie der Herstellung des Friedens dient (recta intentio)118. Eine ähnliche Argumentation des bellum iustum findet sich bei den Protestanten, boten doch die Bedingungen eines gerechten Krieges Applikationsmöglichkeiten zur Verteidigung der neuen Glaubenslehre. Martin Luther hatte der weltlichen Obrigkeit nach Röm. 13,1–4 das Schwert und damit das 112

Die Auseinandersetzung mit Cicero in Aug. civ. XXII 6 sowie grundsätzlich zum bellum iustum in: Quaest. in Hept. lib. VI, 10: „Iusta autem bella definiri solent quae ulciscuntur iniurias, si qua gens uel ciuitas, quae bello petenda est, uel uindicare neglexerit quod a suis improbe factum est uel reddere quod per iniurias ablatum est. Sed etiam hoc genus belli sine dubitatione iustum est, quod deus imperat, apud quem non est iniquitas et nouit quid cuique fieri debeat.“. Dies fand unter Gratian Eingang in das Corpus Iuris Canonici C. 23. d.2 q.2: Cum ergo iustum bellum sit, quod ex edicto geritur, uel quo iniuriae ulciscuntur, queritur, quomodo a filiis Israel iusta bella gerebantur.“ 113 Zur Begründung der bellum-iustum-Konzeption bei Thomas vgl. GERHARD BEESTERMÖLLER, Thomas von Aquin und der gerechte Krieg. Friedensethik im theologischen Kontext der Summa Theologiae, Theologie und Frieden 4, Köln 1990. Sowie: ANSELM HERTZ, Die thomasische Lehre vom bellum justum als ethischer Kompromiß, in: HORST BRUNNER (Hrsg.), Die Wahrnehmung und Darstellung von Kriegen im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit, Imagines Medii Aevi 6, Wiesbaden 2000, 17–30. 114 Vgl. REPGEN, Kriegslegitimationen, 73. 115 Vgl. BEESTERMÖLLER, Thomas von Aquin und der gerechte Krieg, 86–125. Während bis in das 17. Jahrhundert der Fokus der Kriegslehre auf dem ius ad bellum lag, verlagerte sich seit Hugo Grotius der Schwerpunkt auf das ius in bello. Vgl. hierzu: HEINZ-HORST SCHREY, Krieg IV: Historisch/Ethisch, in: TRE 20, 28–55. 116 „Primo quidem auctoritas principis, cuius mandato bellum est gerendum. Non enim pertinet ad personam privatam bellum movere, quia potest ius suum in iudicio superioris prosequi; similiter etiam quia convocare multitudinem, quod in bellis oportet fieri, non pertinet ad privatam personam. Cum autem cura reipublicae commissa sit principibus, ad eos pertinet rempublicam civitatis, vel regni, seu provinciae sibi subditae tueri.“ THOMAS VON AQUIN, Summa Theologiae II-II, Sancti Thomae Aquinatis doctoris angelici Opera omnia 8, iussu Leonis XIII. P.M. edita, cura et studio fratrum praedicatorum, Rom 1895, q. XL,1. 117 „Secundo requiritur causa iusta: ut scilicet illi qui impugnantur propter aliquam culpam impugnationem mereantur. Unde Augustinus dicit, in lib. Quaestion. in Pentat., q. x. col. 781, t. 3: „Iusta bella definiri solent [...].“ Ebd. 118 „Tertio requiritur uti sit intentio bellantium recta; qua scilicet intenditur vel ut bonum promoveatur, vel ut malum vitetur.“ Ebd.

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Recht und die Pflicht der Kriegsführung zugesprochen.119 Im Sinne der christlichen Nächstenliebe hatte sie das Schwert zu führen zum Schutze der Frommen und Bestrafung der Bösen und somit zur Erhaltung des Friedens und der göttlichen Schöpfungsordnung. Damit waren bereits alle drei Bedingungen zur Führung eines gerechten Krieges benannt. Anders als bei Thomas von Aquin allerdings fiel bei Luther ein Angriffskrieg generell nicht unter die Kategorie des bellum iustum: „Wer krieg anfehet, der ist unrecht. […] O, Wehren ist eine redliche ursache zu streyten. Daruemb auch alle rechte billichen, das not wehre solle ungestrafft sein. ... Denn man mus den krieg scheiden, als das etlicher aus lust und willen wird angefangen, ehe denn ein ander angreifft, etlicher aber wird aus not und zwang auff gedrungen, nach dem er ist von eym andern angriffen. Der erst mag wol ein kriegs lust, der ander ein notkrieg heyssen. Der erst ist des teuffels … Der ander ist ein menschlich unfal.“120

Einem Christen stand es nicht zu, ungerechte Kriege zu führen. Aus eben diesem Grunde lehnte Luther lange Zeit jeglichen Präventivkrieg der Protestanten ab. Als jedoch die Gefahr eines Angriffs auf den Schmalkaldischen Bund seitens des Kaisers im Jahre 1539 konkret zu werden schien, räumte Luther die Möglichkeit ein, daß auch ein Präventivkrieg ein gerechter Krieg sein könne: „Wann die Acht publicirt ist wider einen oder mer puntgnossen, so hat der feinde bellum indicirt. Und mag der Defensor bellum praevenire. […] Dann Jedermann verstaet, das, so die Acht publicirt ist, das schon der Unnfried angefangen.“121 Für die seit den dreißiger Jahren geführte Diskussion122 um die Rechtmäßigkeit eines Widerstandes der Protestanten gegen den Kaiser spielte die Frage nach der auctoritas principis eine wesentliche Rolle. Erst die Anerkennung der städtischen Räte, der Herzöge und Fürsten sowie der Kurfürsten als Obrigkeiten und zudem als in ihrer Schutzfunktion dem Kaiser gleichberechtigte Obrigkeiten erfüllte die Bedingung einer zum Kriege berechtigten Gewalt.123 Der Schutz der Religion galt als iusta causa. Da dies im 16. Jahrhundert zwei Konfessionen für sich in Anspruch 119 Erstmals grundsätzlich in MARTIN LUTHER, Von weltlicher Obrigkeit, wie weit man ihr Gehorsam schuldig sei, 1523, in: WA 11, 245–281, hier 251. 120 MARTIN LUTHER, Ob Kriegsleute auch in seligem Stande sein können, 1526, in: WA 19, 645–548. Vgl. hierzu die Ausführungen von: KARL DIETRICH ERDMANN, Luther über den gerechten und ungerechten Krieg, Berichte aus den Sitzungen der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften e.V. Hamburg 1, 1982/83, 5, Hamburg 1984, 10f. 121 Zit. nach ERDMANN, Luther, 18. 122 Vgl. hierzu grundsätzlich W OLGAST, Die Religionsfrage als Problem. D IETHELM BÖTTCHER, Ungehorsam oder Widerstand? Zum Fortleben des mittelalterlichen Widerstandsrechtes in der Reformationszeit (1529–1530), Historische Forschungen 46, Berlin 1991. SCHORN-SCHÜTTE, Kommunikation über Politik. 123 Die Bedeutung der bellum-iustum-Trias für das politische Denken der Protestanten scheint bisher weniger Berücksichtigung gefunden zu haben. Zu den germanischen Wurzeln des Krieges in der Fehde und der Entwicklung des Herrschers zur „persona publica“ vgl. WILHELM JANSSEN, Art. Krieg, in: BRUNNER/CONZE/KOSELLECK, Geschichtliche Grundbegriffe 3, 567–615.

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nahmen, stellte sich jedoch bald das Problem des bellum iustum ex utraque parte, dessen sich vor allem der Spanier Francisco de Suarez annahm. Er plädierte dafür, daß derjenige den Anspruch auf die Rechtmäßigkeit führen dürfe, welcher die Obrigkeit des betroffenen Gebietes sei. Gelinge dies nicht, müsse ein neutrales Schiedsgericht über die Berechtigung auf den Anspruch urteilen. Allerdings war dieser Vorschlag zumindest für das Reich nicht zu realisieren, da Suarez den Papst als neutralen Richter vorsah.124 Die klassische Lehre vom gerechten Krieg prägte die politischen Diskurse des 16. Jahrhunderts und insbesondere den Diskurs über den Krieg selbst.125 Die Strategien der Legitimation, der Motivation und der Deutung eines Krieges hatten dies zu berücksichtigen.126 4.1. Die kaiserliche Sicht des Krieges Die Beschäftigung mit der Deutung und Wahrnehmung des Krieges auf kaiserlicher Seite steht vor einem Problem, das bereits 1867 zu einem wissenschaftlichen Disput127 über den Charakter des Schmalkaldischen Krieges zwischen Wilhelm Maurenbrecher und Georg Waitz führte. Während Waitz argumentierte, der Krieg könne nicht ausschließlich als Religionskrieg beschrieben werden, da beim Kaiser Politik und Religion nicht voneinander zu trennen wären128, verteidigte sich Maurenbrecher mit dem Verweis auf die inoffiziellen Schriften des Kaisers, die im Gegensatz zu dessem offiziellen Text die eigentlichen Motive doch sehr klar formulieren würden129. Da die 124

Vgl. SCHREY, Krieg, 39. Zu ihrer Anwendung durch die protestantische Poimenik im Dreißigjährigen Krieg vgl. JOHANN ANSELM STEIGER, Bellum iustum, pax aeterna et consolatio militantium. Theologie und Ethik lutherischer Trostschriften für Soldaten zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges, in: ZRGG 50, 1998, 4, 298–316. Sowie für den englischsprachigen Bereich: DIETER JANSSEN, Gerechte, heilige und zivilisatorische Kriege. Legitimation des Krieges und Bedeutung von Feindbildern in der angelsächsischen Welt der Frühen Neuzeit, ca. 1550–1650, Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit 39, Hamburg 2004. 126 John R.E. Bliese verdeutlicht dagegen am Beispiel mittelalterlicher Kriegschroniken, „that the warrior class [...] had its own, very indfferent idea of what justified a war“. Das juristischtheologische Konzept des bellum iustum spielte nur insofern eine Rolle, als daß der Krieg als gerecht legitimiert werden mußte. Und dies geschah meist in der schlichten Feststellung: „that they themselves were good and their enemies were evil“. B LIESE, Just War as Concept and Motive, 13. 127 Vgl. W ILHELM MAURENBRECHER, Antikritik, in: HZ 17, 1867, 139–155. 128 „Nicht politische Interessen allein führten zu dem Bruch mit den Protestanten: aber ebensowenig war es ausschließlich und rein der kirchliche Eifer, welcher Karl trieb. Es ist verkehrt, diesem Kampf und anderen, die später zwischen Katholischen und Protestanten geführt sind, den religiösen Charakter abzusprechen, weil zugleich andere Rücksichten und Absichten in Frage kamen, aber ebensowenig wird man den Krieg, wie er nun unternommen und geführt worden ist, einen bloßen Religionskrieg nennen dürfen.“ Ebd., 141. 129 „[...] aber trotzdem bleibt es wahr, daß in Karls Anschauungsweise, wie sie in den geheimsten Schreiben an seinen Sohn sich ausspricht, die weltliche Seite des Krieges weit 125

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Überlieferungslage der Quellen kaiserlicher Provenienz, die Auskunft über Ursachen und Gründe des Krieges geben könnten, äußerst dünn130 und auf den ersten Blick in sich widersprüchlich ist, wird heute eher eine gewisse Zurückhaltung in der Interpretation der Kriegsmotive Karls V. angemahnt.131 Mit der Achterklärung vom 20. Juli liegt uns die einzige offizielle Verlautbarung des Kaisers aus dem Jahr 1546 vor.132 In ihr zeigt sich Karl V. als ein gewählter und gekrönter Kaiser, der stets auf die Förderung der Ehre und des Nutzens, des Friedens und der Wohlfahrt des ‚Teutschen Landes‘ bedacht war und dessen „libertet“ und Freiheiten wahrte.133 „Vätterlichst bemüehet“134 habe er sich, den so verderblichen Religionsstreit auf dem friedlichen Wege eines allgemeinen Konzils beizulegen. Auch wenn seine Bemühungen nicht von Erfolg gekrönt gewesen seien, könne ihm nicht vorgeworfen werden, er würde die Religion und die deutsche Freiheit unterdrücken wollen. Und obwohl die Reichsstände dem Kaiser Gehorsam und Treue geschworen und sich zum Schutz des Landfriedens verpflichtet hätten, hätten der sächsische Kurfürst Johann Friedrich sowie der hessische Landgraf Philipp „dem entgegen auß aigenwilliger frävenlicher vermessenheit“135 gehandelt. „[...] undter dem berüembten und verwendten lieblichen, anmüetigen schein der religion, auch fürgewendter angemaster erhaltung des fridens, rechtens und teutscher nation libertet“136 hätten beide den Landfrieden gebrochen, Krieg gegen andere Reichsstände geführt137, Untertanen zum Ungehorsam aufgewiegelt, Urteile des Reichskammergerichtes nicht anerkannt, wären ein Bündnis gegen den Kaiser eingegangen und trachteten „nach unser ksl. hochheit, authoritet, cron und cepter“138, um das Reich unter ihre Tyrannei zu bringen. Lange genug hätte der Kaiser in „väterlich milte, gedult, nachsehen und güete“139 dieses Treiben geduldet. Da er dies nun länger weder vor Gott noch vor der Welt verantworten könne, spreche er beide Fürsten als „ungehorsame[n], untreue[n], pflicht- und aidprüchtige rebellen, aufruerische[n] verächter und verletzer unser ksl. hochhait und maiestat, verprecher des gemainen außgehinter die religiöse Verpflichtung zurücktritt. Wir haben in der That das vollständige Recht, den Schmalkaldener Krieg in diesem Sinne einen Religionskrieg zu nennen.“ Ebd., 144. 130 Eine nicht überzeugende Erklärung bei: OSKAR WALDECK, Die Publizistik des Schmalkaldischen Krieges in bezug auf die Frage nach dem Grund des Krieges und nach dem Recht des Widerstandes gegen den Kaiser, in: ARG 7/8, 1909/1910/1911, 1–55/44–133, hier 10. 131 Zuletzt in HAUG-MORITZ, Religionskrieg, 94f. 132 Siehe oben. 133 RTA J.R. 17, Nr. 115, 553f. 134 Ebd., 553. 135 Ebd., 555. 136 Ebd., 557. 137 Obwohl hier auf Württemberg und Braunschweig angespielt wird, fehlt im Text jeglicher explizite Hinweis auf diese militärischen Unternehmungen des Bundes. 138 Ebd. 557. 139 Ebd. 559.

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kündten landfriedens in unser und des hl. reichs acht und aberacht“ und setze „sy auß dem friden in den unfriden“.140 Der Kaiser präsentiert sich in diesem Text als ein Hausvater141 des Reiches, der mit Milde und Güte dem ‚eigennützigen‘ und ‚frevelhaften‘ Treiben der Ungehorsamen begegnet und aus Sorge um den Frieden und den Nutzen des Landes gezwungen war, entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Die geschickte Einbeziehung jener Elemente eines allgemein christlichen und biblischen Normenkataloges in die Argumentation ermöglichte es, einen weitaus größeren Adressatenkreis als die konfessionsgebundene Publizistik der Schmalkaldener zu erreichen. Mehrfach ist zu Recht festgestellt worden, daß Karl V. im Text der Achterklärung bewußt auf jegliche religiöse Legitimation des Krieges verzichtete und ausschließlich juristische Ursachen für die Reichsexekution gegen die Landfriedensbrecher anführte.142 Er begegnete zudem sogar dem möglichen Vorwurf, die Vernichtung der Religion sei sein eigentliches Ziel. Die Erklärungen begnügen sich meist mit einer rein funktionellen Deutung dieser legalistischen Argumentationsweise, die meines Erachtens zu kurz greift. Der Kaiser erreichte mit der rein säkularen Legitimation des Krieges eine Aufspaltung der konfessionellen Fronten143, die ihm das Bündnis mit einigen protestantischen Fürsten, wie Johann von Küstrin oder Moritz von Sachsen ermöglichte und die Formierung einer breiten Widerstandsfront verhindern sollte. Die Reichsacht diente also hier als „taktisches Mittel der Politik“144, der politisch-militärischen Isolierung der Geächteten sowie einer generellen kaiserlichen Machtdemonstration. Nicht zu vergessen ist dabei, daß erstens die religiösen Konflikte seit 1529 unter das Landfriedensrecht fielen145 und somit einer justiziablen Behandlung – zumindest theoretisch – offen standen.146 Zweitens war der Inhalt stark durch die Quellengattung der Kriegsmanifeste determiniert. Ein Kriegsmanifest hatte nicht die Motive des Kriegführenden 140

Ebd. 560. Zur Interpretation vgl. HAUG-MORITZ, Religionskrieg, 97. 142 Vgl. ebd., 101. Sowie: FRANZ BRENDLE, Um Erhalt und Ausbreitung des Evangeliums: Die Reformationskriege der deutschen Protestanten, in: DERS./SCHINDLING, Religionskriege im Alten Reich, 71–92, hier 74. 143 Darauf verweist Karl selbst, vgl. das oben angeführte Schreiben an Ferdinand. 144 MATTHIAS WEBER, Zur Bedeutung der Reichsacht in der Frühen Neuzeit, in: JOHANNES KUNISCH (Hrsg.), Neue Studien zur frühneuzeitlichen Reichsgeschichte, ZHF Beih. 19, Berlin 1997, 55–90, hier 64. 145 Vgl. JOSEPH POETSCH, Die Reichsacht im Mittelalter und besonders in der neueren Zeit, Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte, A.F. 105, Breslau 1911, 25 (Neudr. Aalen 1971). 146 Darauf verweist auch der Text der Reichsacht, in: RTA J.R. 17, Nr. 115, 554. Vgl. hierzu auch: FRANZ BRENDLE/ANTON SCHINDLING, Religionskriege in der Frühen Neuzeit. Begriff, Wahrnehmung, Wirkmächtigkeit, in: D IES., Religionskriege im Alten Reich, 15–52, hier 36. 141

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darzulegen, sondern zu beweisen, daß der Krieg ein gerechter sei und aus welchen juristischen und moralischen Gründen dieser zur Anwendung gelangte.147 Jene Spezifika weist der Text der Reichsacht auf. Der Kaiser habe als gottgeordnete und gewählte höchste Obrigkeit nicht nur das Recht, sondern auch den Auftrag der Stände, Landfriedensbrecher zu bestrafen. Deren Verstoß gegen rechtliche und christlich-ethische Normen legitimiere die Ächtung und die Reichsexekution gegen die Bundeshauptleute, um die politische und gottgewollte Ordnung im Reich wiederherzustellen.148 Die mit den Niederlagen der einzelnen Stände einhergehenden Fußfälle sind als kaiserliche Machtdemonstration, aber eben auch als Zeichen der wiederhergestellten Ordnung zu interpretieren149 und erfuhren in der medialen Aufbereitung des Kriegs seitens des Kaisers eine hohe Aufmerksamkeit150. Die inoffiziellen Schriften des Kaisers lassen ein ganz anderes Bild des Krieges entstehen. Im Schreiben an seine Schwester Maria vom 9. Juni 1546151 bringt Karl seine Sorge um die Erfolglosigkeit seiner Religionspolitik im Alten Reich zum Ausdruck und berichtet von den Gerüchten, nach dem Reichstag wollten die Bundeshauptleute die Gewalt des Kaisers und des Königs unterminieren, um Deutschland unter ihre Gewalt zu bringen. Da die Gefahr bestünde, daß die religiösen Neuerungen auch auf die Niederlande übergreifen würden, „[...] etwas, was ich um nichts in der Welt sehen und hinnehmen möchte [...]“152; müsse er nun handeln. Nach eingehender Beratung durch die entsprechenden Sachverständigen habe er nun beschlossen, „den Krieg gegen den besagten Herzog von Sachsen und den Landgrafen von Hessen zu beginnen als gegen Störer des allgemeinen Friedens und der Rechtsordnung und Verächter der Autorität des heiligen Reichs, auch aus Anlaß der Festnahme des besagten Herzogs von Braunschweig [...] Wie sehr auch die Möglichkeit besteht, daß dieser Deckmantel und Vorwand für den Krieg es nicht verhindert, daß die Abtrünnigen davon überzeugt sind, es geschehe wegen der Religion, wird dies doch Anlaß sein, sie zu trennen. [...] Je nachdem,

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Vgl. der Begriff und die Gattungsspezifika bei REPGEN, Kriegslegitimationen, 74. Jene in der Acht kommunizierten Aspekte finden sich im übrigen auch in den wenigen prokaiserlichen Liedern aus der Zeit des Schmalkaldischen Krieges, die den Kaiser als Retter der deutschen Nation darstellen, dem durch den Ungehorsam, Haß und Neid der Kriegsgegner Unrecht widerfährt, Vgl. immer noch: ROCHUS VON LILIENCRON, Die historischen Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert IV, Hildesheim 1966, Nr. 531, 532, 535, 538 und 539. Ausführlicher zu den Liedern: HAUG-MORITZ, Kriegsniederlagen, 355f. Sowie jüngst: D IES., „Zu Lob und Ehre Römischer Kaiserlicher Majestät“. Karl V. in der pro-kaiserlichen Liedpublizistik des Schmalkaldischen Krieges (1546/47), in: EDELMAYER u.a., Plus ultra, 103–122. Auch in den geheimen Schreiben an die süddeutschen Reichsstädte vom 17. Juni 1546 werden gezielt eben diese Argumente vorgebracht. Vgl. W ALDECK, Publizistik, 17f. 149 Vgl. POETSCH, Reichsacht, 236. 150 Vgl. hierzu HAUG-MORITZ, Kriegsniederlagen, 356f. 151 Das Schreiben ist in der Übersetzung ediert in: KOHLER, Quellen, Nr. 87, 323–328. 152 Ebd., 325. 148

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was für einen Fortschritt man sehen wird, wird man auch die weiteren Begründungen und Rechtfertigungen der Unternehmung den Umständen anpassen.“153

Während sich ein halbes Jahr später der Kriegsverlauf deutlich zugunsten des Kaisers entwickelt hatte, verfaßte Karl V. ein Schreiben an Ferdinand I.154 und spielte darin die Möglichkeiten einer offensiven oder zögerlichen Religionspolitik durch: „Soll ich jetzt ganz offen mit der Religionssache beginnen, indem ich jedem einzelnen befehle, gänzlich zu der alten Religion zurückzukehren [...] Oder wäre es richtiger, diesen Punkt einstweilen noch beiseite zu lassen und sich darum zu kümmern, den Sieg gegen die besagten Aufständischen zu verfolgen, [...] da man keine ganze Arbeit tun können wird, solange sie sich noch halten ...“155

Aus beiden Schreiben wird deutlich156, daß die Religion ein grundlegendes Motiv des Kaisers zur Kriegsführung darstellte. Der Brief an Maria von Ungarn unterscheidet zwischen Kriegsursachen, Kriegsanlaß und Kriegsvorwand und korrespondiert insofern mit dem Text der Reichsacht, als daß eben dort jener Vorwand des Ungehorsams seinen Niederschlag fand. Andererseits zeigt der zweite Brief, daß sich Karl V. eine gewisse Flexibilität der Argumentation je nach Kriegsverlauf offenhielt. Diese Möglichkeit konnte sich ihm aber frühestens nach den ersten Erfolgen im Winter 1546/47 eröffnen und dem nun aufkeimenden Plan, durch ein politisches Bündnis eine Lösung der Religionsfrage zu erreichen. Auch hier zeigt sich also erneut eine Zweigleisigkeit im diplomatischen Geschick des Kaisers, welche die Aspekte von Religion und Politik in unterschiedlicher Gewichtung verband. 4.2. Die Sicht der Schmalkaldischen Bündner Die protestantische Publizistik des Schmalkaldischen Krieges startete mit dem gewichtigen Vorteil, daß generell die Medienlandschaft des Alten Reichs seit den zwanziger Jahren protestantisch dominiert war. Dieses Übergewicht sollte sie auch während des Krieges beibehalten.157 Im Sommer des Jahres 1546 ließen die Hauptleute des Schmalkaldischen Bundes zwei Rechtfertigungsschriften ausgehen, in denen sie die Vorwürfe des Ungehorsams widerlegten. Das erste Ausschreiben vom 15. Juli158 lag zeitlich vor der Verhängung der Reichsacht und bezog sich in erster Linie auf die Kriegsgerüchte und die Antwort des Kaisers vom 16. Juni. Die Argumentation der beiden Fürsten setzte zwei Schwerpunkte: Erstens die Beweis153

Ebd. Die Übersetzung des Schreibens vom 09.01.1547 ist ediert in: KOHLER, Quellen, Nr. 93, 362–367. 155 Ebd., 364. 156 Die Frage nach dem Aussagewert dieser Quellen bei HAUG-MORITZ, Religionskrieg, 95. 157 Ebd., 97. 158 Der Text ist ediert in: RTA J.R. 17, Nr. 114, 538–552. 154

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führung, daß die Rüstungen der Religion gelten und zweitens die Mahnung zur Einhaltung der kaiserlichen Eide. Jeder möge erfahren, so die Autoren, daß sie zu Unrecht des Ungehorsams und der Rebellion beschuldigt werden und die Rüstungen all jenen Augsburgischen Konfessions- und Einungsverwandten gelten würden, die sich nicht den Beschlüssen des Konzils unterwerfen wollten.159 In mehreren Abschnitten wird der Beweis geführt, daß die Anschuldigung des Ungehorsams in weltlichen Dingen nur ein Vorwand sei, da die Rüstungen den Vorwürfen doch unangemessen seien: „Derhalben ist es ein offentlicher, gefehrlicher pretext und deckel, so man dieser ksl. rüstung und gewaltigen fürnemen zu geben vermeint, als solt sie der religion halben nicht geschehen, sondern allein etzliche ungehorsame fürsten zu straffen.“160 Diese List ziele nur auf die Trennung der Verbündeten. Zum anderen verstöße der Kaiser gegen die Rechte und seine in der Wahlkapitulation formulierten Verpflichtungen, die Stände des Reichs nicht ohne vorherige Anhörung zu überziehen oder in die Acht zu tun.161 Die Berufung auf die ständischen Freiheiten sind verbunden mit der Ankündigung der Gegenwehr, zu der sie zum Schutz des Evangeliums genötigt werden würden.162 Das zweite Rechtfertigungsmanifest erschien im August 1546163 und somit nach der Veröffentlichung der Reichsacht in der ersten Augustwoche. Die veränderte politische Situation wirkte sich auch auf den sehr viel kürzeren Text aus, da nun der Beweis des religiösen Charakters des Krieges nicht mehr geführt werden mußte.164 Insofern wurden die Argumente der ersten Schrift nur summarisch aufgegriffen und die Vorwürfe einer widerrechtlichen Bündnispolitik der Hauptleute mit dem Recht auf Gegenwehr widerlegt. Wie die Reichsacht weisen beide Kriegsmanifeste der Bundeshauptleute eine juristische Argumentation auf und bewegen sich somit auf der gleichen Argumentationsebene. Der Beweis der Unschuld der Geächteten wird auf zweierlei Weise erbracht. Der Nachweis des religiösen Charakters des Krieges entzieht dem Vorwurf des Ungehorsams jede Grundlage und überführt den Gegner der Lüge. Der wirkliche Rechtsbruch wird dem Kaiser nachgewiesen und legitimiert zusätzlich die Defension gegen höhere oder gleich159

RTA J.R. 17, 538. Ebd., 542. Dabei werden angeführt die Ablaßinitiative des Papstes für die Unterstützung des Krieges gegen die Protestanten, die Truppensammlungen in Italien und die Geldsammlungen in Spanien. 161 Hierzu werden Art. 23 und 24 der Wahlkapitulation aus dem Jahre 1519 wiedergegeben. Der Text der Kapitulation ist ediert in: RTA I, Nr. 387, 864–876. Dieser Vorwurf ist bereits in einem Schreiben Johann Friedrichs von Sachsen und Philipps von Hessen vom 04.07.1546 formuliert. Vgl. RTA J.R. 17, 529–533, hier 531. 162 Ebd., 549f. 163 Der Text ist ediert in: ebd., Nr. 116, 563–567. 164 Vgl. ebd., 566. 160

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wertige Obrigkeiten zum Schutz der Untertanen und des Glaubens. Auch hier finden sich die Legitimationskriterien eines gerechten Krieges als Verteidigungskrieg wieder. Die Interpretation des Krieges als Religionskrieg hatte zudem eine strategische Bedeutung: In einer Bedrohungssituation der Religion trat der Bündnisfall des protestantischen Verteidigungsbündnisses ein und aktivierte die Verteidigungsmechanismen der Mitglieder sowie eventuell die Unterstützung der konfessionsverwandten Nichtmitglieder.165 Die Schriften der protestantischen Theologen und Juristen knüpften an diese Argumente an und banden sie in eine Widerstandskonzeption ein, die im göttlichen, natürlichen und positiven Recht gründete.166 Beide Gelehrtengruppen bildeten hierbei eine Kommunikationsgemeinschaft, die durch Gutachten oder Predigten zu konkreten Anlässen den Not- und Gegenwehrdiskurs aktiv gestalteten und parallel zueinander aus unterschiedlichen Rechtskreisen zu ähnlichen Ergebnissen gelangten.167 Da die Publizistik deren Schriften168 165

Vgl. hier HAUG-MORITZ, Religionskrieg, 100. Sowie grundsätzlich zum Bündnisfall: D IES., Schmalkaldischer Bund, 77–92. 166 Auf die inzwischen breitgefächerte Forschung zum Widerstand zwischen 1546 und 1552 kann hier nicht eingegangen werden. Siehe dazu grundsätzlich FRIEDEBURG, Magdeburger Argumentationen. SCHORN-SCHÜTTE, Kommunikation über Politik. HAUG-MORITZ, „Ob wir uns auch mit Gott“. 167 So v.a. LUISE SCHORN-SCHÜTTE, Kommunikation über Herrschaft. Obrigkeitskritik im 16. Jahrhundert, in: LUTZ RAPHAEL/HEINZ-ELMAR TENORTH (Hrsg.), Ideen als gesellschaftliche Gestaltungskraft im Europa der Neuzeit. Beiträge für eine erneuerte Geistesgeschichte, München 2006, 71–108, hier 78. DIES., Eigenlogik oder Verzahnung? Religion und Politik im lutherischen Protestantismus des Alten Reiches (16. Jahrhundert), in: ROBERT VON FRIEDEBURG/DIES. (Hrsg.), Politik und Religion: Eigenlogik oder Verzahnung?, HZ Beih. 45, München 2007, 13–31. Sowie MERIO SCATTOLA, Das Naturrecht vor dem Naturrecht. Zur Geschichte des ‚ius naturae‘ im 16. Jahrhundert, Frühe Neuzeit 52, Tübingen 1999, 59. 168 Zu nennen sind hier beispielhaft PHILIPP MELANCHTHON, Iudicium Theologorum Wittenbergensium de bello adversus Caesarem, [Frühjahr] 1546, in: CR 6, Nr. 3463, 122–124. Dessen Vorreden: Philippi Melanchthonis Vorrede/ vor die Warnunge D. Martini Lutheri an seine liebe Teutschen/ vor etlichen Jahren geschrieben [...], Wittenberg 1546, in: FRIEDRICH HORTLEDER (Hrsg.), Der Römischen Keyser- Und Königlichen Maiestete[n]/ [...] Handlungen und Außschreiben [...] Von Rechtmässigkeit/ Anfang/ Fort- und endlichen Außgang deß Teutschen Kriegs/ Keyser Carls deß Fünfften/ wider die Schmalkaldische Bundsoberste/ Chur- und Fürsten/ Sachsen und Hessen/ und I. Chur- und Fürstl. G.G. Mitverwandte. Vom Jahr 1546. biß auff das Jahr 1558, 2. erw. Aufl. Gotha 1645 [ben. Ex: FB Gotha Pol 4° 01428/03 = VD17 1:018999W], Buch II, 24, 136–139. DERS., Erklerung D. Mart. Lutheri von der frage/ die Notwehr belangend. Mit Vorreden Philippi Melanthonis vnd Doct. Johan. Bugenhagen Pomers/ Pastors der Kirchen zu Wittemberg, Wittenberg 1547, in: ebd., Buch II, 28, 145–147. MENIUS, J USTUS, Von der Notwehr vnterricht/ Nützlich zu lesen., Veit Kreutzer Wittenberg 1547 [ben. Ex.: FB Gotha Theol. 4° 233/3(7)R = VD16 M4592]. [BASILIUS MONNER], Von der Defension und Gegenwehre/ ob man sich wieder der Obrigkeit Tyrannei und unrechte Gewalt wehren/ und Gewalt mit Gewalt vertreiben möge, 1546, in: HORTLEDER, Von Rechtmässigkeit, Buch II, Kap. 30, 171–193. Sowie: [GEORG MAJOR], Ewiger Goettlicher/ Allmechtiger Maiestat Declaration. Wider Kaiser Carl/ Koenig zu Hispanien etc. Vnd Bapst Paulum den dritten, [Josef Klug, Wittenberg] 1546 [ben. Ex.: FB Gotha Hist. 1381/2R = VD16 M2034].

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zur erläuternden Begleitung der Kriegsmanifeste aufnahm, war die Möglichkeit geschaffen, diesen gelehrten Diskurs über die politische Ordnung und Verfaßtheit des Gemeinwesens einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.169 Thematisch heben die Texte insbesondere auf zwei Aspekte ab: die deutsche Freiheit und die Begrenzung obrigkeitlicher Herrschaft. Der Kampf um die deutsche Freiheit wird als Kampf gegen die „spanische Servitut“ gedeutet. Vor dem Hintergrund der Feindbildstereotypen, die sich insbesondere gegen die Spanier und Italiener richteten170, gestaltete sich diese Auseinandersetzung aber auch als Kampf der Verfassungen. Die spanische Monarchie bzw. Tyrannis würde sich gegen eine aristokratisch verfaßte konsensuale Ordnung erheben, die es durch den Widerstand gegen den Kaiser zu bewahren gälte.171 Der Kaiser als Tyrann172 entsetze sich selbst seiner Herrschaft und werde zur Privatperson, gegen die eine Gegenwehr erlaubt sei. Damit ist bereits der zweite Themenkreis angedeutet: die Schutzpflicht der Obrigkeit. Grundsätzlich besteht eine Schutzpflicht jeder Obrigkeit gegenüber ihren Untertanen, die sowohl aus dem biblischen als auch aus dem lehns- und natürlichen Recht173 hergeleitet wird. Kommt eine Obrigkeit dieser Pflicht nicht nach bzw. hindert eine andere Obrigkeit, ihr Schutzamt wahrzunehmen, besteht rechtlich die Möglichkeit der Gegenwehr gegen diese ihr Amt verwirkende Obrigkeit. Da sich für Melanchthon die obrigkeitliche Schutzpflicht auf beide Gesetzestafeln erstreckt, ist für ihn der Widerstand gegen eine die Religion unterdrückende Obrigkeit nichts anderes als der Widerstand gegen Mörder.174 Der in der protestantischen Publizistik als Vernichtungskrieg gegen die Augsburgischen Konfessionsverwandten und ihre Religion gedeutete Krieg rechtfertigte die Gegenwehr, ja sogar als Prävention, gegen einen Tyrannen, der sich über die konsensuale Ordnung hinwegsetze und einen unrechtmäßigen Fehdekrieg175 führe. Daher hätten die protestantischen Obrigkeiten nicht nur 169

Gabriele Haug-Moritz datiert dessen Eingang in den öffentlichen Diskurs nicht auf den Beginn der 1530er Jahre, sondern auf den Zeitraum des Schmalkaldischen Krieges. Vgl. HAUG-MORITZ, „Ob wir uns auch mit Gott“, 489. 170 Vgl. hier v.a. den Bericht JOHANNES BUGENHAGENS über die Belagerung Wittenbergs: Wie es vns zu Wittemberg in der Stadt gegangen ist/ in diesem vergangen Krieg/ bis wir/ durch Gottes gnaden/ erlöset sind/ [...] Warhafftige Historia/ beschrieben durch Johan Bugenhagen Pomern/ Doctor vnd Pfarherr zu Wittemberg, Wittenberg 1547 [ben. Ex.: FB Gotha Theol.4° 191/1(23)R = VD16 B9479]. Sowie: Philippi Melanchthonis Vorrede/ vor die Warnunge D. Martini Lutheri. 171 Vgl. GEORG SCHMIDT, Der Kampf um Kursachsen, Luthertum und Reichsverfassung (1546– 1553) – Ein deutscher Freiheitskrieg?, in: LEPPIN/DERS./WEFERS, Johann Friedrich I., 55–84. 172 Vgl. HAUG-MORITZ, „Ob wir uns auch mit Gott“, 496. 173 So bei Georg Major und Basilius Monner. 174 MELANCHTHON, Iudicium, 123. Vgl. hierzu CURT CHRISTMANN, Melanchthons Haltung im schmalkaldischen Kriege, Vaduz 1965. (EA Berlin 1902) 175 Die Betonung der lehnsrechtlichen Argumentation der Gegenwehr bei HAUG-MORITZ, „Ob wir uns auch mit Gott“, 497f. Sowie: RUDOLF SPRANDEL, Die Legitimation zur Gewaltanwen-

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das Recht, sondern auch die Pflicht, sich zum Schutz ihrer Untertanen und der Wiederherstellung der gottgewollten politischen Ordnung diesem Tyrannen, der seine obrigkeitliche Gewalt verwirkt habe, entgegenzustellen. Indem die Theologen und Juristen das Recht zur Gegenwehr in den verschiedenen Rechtskreisen verankerten, unterstützten sie die Legitimation der Kriegsführung der Schmalkaldener. Gegenüber diesen eher legalistisch-biblisch argumentierenden Manifesten und Gutachten weisen die persönlichen Briefe, Lieder und andere Druckschriften eine sehr viel stärkere religiöse Konnotation auf. So schrieb Martin Bucer an Philipp von Hessen: „Es ist ja unser krieg ein krieg Gottes, ein krieg umbs himelreich und ewiges leben, nit allein umbs zeitlich, umb das alles es doch auch mit zu thun ist; dann je kein christ under dieser leut und widerchristen tyrannei zu leben begern mage.“176 Daß also dieser Krieg ein Religionskrieg und als Strafe Gottes177 zu betrachten sei, die man erdulden müsse, findet sich ebenso in den Briefen, wie die Enttäuschung über den Kriegsverlauf seit dem frühen Winter 1546178. Die Sorge um den Bestand der deutschen Nation und Freiheit179, die die Lied- und Druckschriftenpublizistik während des gesamten Kriegsverlaufes prägte, wurde mit der Gefangensetzung der Bundeshauptleute im Frühjahr 1547 von einer proernestinischen Märtyrer- und antialbertinischen Verräterargumentation abgelöst. Johann Friedrich galt trotz aller militärischer Schwächen als Prototyp des miles christiadung und Kriegsführung. Strafrecht im Wandel vom Mittelalter zur Neuzeit, in: HEINZ DUCHHARDT/PATRICE VEIT (Hrsg.), Krieg und Frieden im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. Theorie – Praxis – Bilder. Guerre et Paix du moyen âge aux temps modernes. Théories – Pratiques – Représentations, Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abt. für Universalgeschichte Beih. 52, Mainz 2000, 53–71, 53. 176 Das Schreiben vom 19. September 1546, in: MAX LENZ (Hrsg.), Briefwechsel Landgraf Philipp’s des Großmüthigen von Hessen mit Bucer, Zweiter Theil, Publicationen aus den K. Preußischen Staatsarchiven 28, Leipzig 1887, 460 oder auch Schreiben Martin Bucers an Friedrich Myconius vom ca. 25.01.1547, in: Politische Correspondenz der Stadt Strassburg im Zeitalter der Reformation, Bd. 4: 1547–1549, 1. Halbbd.: 1546–1547, Juli 12, bearb. von HARRY GERBER, Urkunden und Akten der Stadt Strassburg, 2. Abt., Heidelberg 1931, Nr. 539, S. 583f. 177 Martin Bucer an Philipp von Hessen, [Straßburg], 26.01.1547, Nr. 245, ebd., 479–483. Vgl. hierzu grundlegend: ANTON SCHINDLING, Das Strafgericht Gottes. Kriegserfahrungen und Religion im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Erfahrungsgeschichte und Konfessionalisierung, in: MATTHIAS ASCHE/DERS. (Hrsg.), Das Strafgericht Gottes. Kriegserfahrungen und Religion im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation im Zeitalter des Dreißigjährigen Krieges. Beiträge aus dem Tübinger Sonderforschungsbereich „Kriegserfahrungen – Krieg und Gesellschaft in der Neuzeit“, Münster 2001, 11–51. 178 So verbunden mit einem Plädoyer für die Freiheit vgl. das Schreiben des Straßburger Stadtschreibers an Bernhard Vesser in Fulda vom 01.01.1547, in: Politische Correspondenz der Stadt Strassburg im Zeitalter der Reformation, Bd. 4: 1547–1549, 1. Halbbd.: 1546–1547, Juli 12, bearb. von HARRY GERBER, Urkunden und Akten der Stadt Strassburg, 2. Abt., Heidelberg 1931, Nr. 509, S. 549f. 179 Vgl. u.a. LILIENCRON, Volkslieder, Nr. 520.

Wahrnehmungen und Deutungen

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nus180, der gleich Daniel181 mit Geduld und Gottvertrauen sein nur durch Verrat aus den eigenen Reihen verursachtes Leid erträgt.182 Dem entgegen stand das Bild eines Herzogs Moritz von Sachsen, des neuen Kurfürsten, der sich gegen das wettinische Haus und gegen den Schmalkaldischen Bund beim Kaiser um die Kurwürde verdingt hatte.183 Und diese Sichtweise vertraten nicht nur die ernestinischen Untertanen. Für seine Feldzüge in Sachsen fand Moritz kaum Unterstützung durch seine eigenen Untertanen, da diese davon überzeugt waren, ihr Fürst führe den Krieg gegen den Kurfürsten um des Glaubens willen.184 Moritz versuchte diese Sichtweise zu widerlegen und begründete sein kriegerisches Vorgehen gegen Johann Friedrich mit dem Gehorsamsgebot gegenüber dem Kaiser und dem Willen, den Bestand und die Einheit des wettinischen Hauses zu retten.185 Selbst der hessische Landgraf Philipp war seit seinem Abzug aus den oberdeutschen Gebieten im Winter 1546 einer heftigen Polemik ausgesetzt186. Entsprechend bewußt nahm er Einfluß auf die Historiographie des Schmalkaldischen Krieges, um das Bild, das diese von ihm der Nachwelt übermitteln sollte, in seinem Sinne zu prägen.187 180

Vgl. die Lieder in: ebd., Nr. 553ff., 421ff. Hier auch der Vorwurf des Verrats der kurfürstlichen Räte, Nr. 560, 433–441. 181 So u.a. bei CASPAR AQUILA, Eine christliche trostschrifft/ An den Churfuersten zu Sachsen/ Hertzog Johans Friderichen/ etc., [Christian Rödinger d. Ä., Magdeburg] 1547, ij [ben. Ex.: HAB H: S 210.4º Helmst. (10) = VD16 A258]: „Zum andern/ gedencke auch E.C.F.G. des seligen Daniels/ Welcher auch vmb des rechten Gottesdienst vnd vmb der warheit willen/ von den boesen gifftigen Hoffrethen verrathen ward/ vnd jnn die Lewen gruben gestuertzt [...]“. 182 Zur Verarbeitung der Gefangenschaft des Ernestiners, des Verlustes der Kurwürde und der territorialen Bedeutung sowie der Wittenberger Universität vgl. HAUG-MORITZ, Kriegsniederlagen. BÜNZ, Niederlage, 94–117. Sowie: WOLFGANG FLÜGEL, Bildpropaganda zum Übergang der sächsischen Kurwürde von den Ernestinern auf die Albertiner, in: NASG 67, 1996, 71–96. Und: THOMAS TÖPFER, Die Leucorea am Scheideweg. Der Übergang von Universität und Stadt Wittenberg an das albertinische Kursachsen 1547/48. Eine Studie zur Entstehung der mitteldeutschen Bildungslandschaft, Beiträge zur Leipziger Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte Reihe B3, Leipzig 2004. 183 Die Assoziation zu Judas sollte Moritz noch während der Auseinandersetzungen um das Interim anhaften. Vgl. u.a. JOHANNES HERRMANN, Moritz von Sachsen, evangelischer Christ und Judas zugleich, in: ARG 92, 2001, 87–117. Sowie: GABRIELE HAUG-MORITZ, Judas und Gotteskrieger. Kurfürst Moritz, die Kriege im Reich der Reformationszeit und die neue Medien, in: B LASCHKE, Moritz von Sachsen, 235–259. 184 So die Mitteilung von Moritz an Karl V. vom 07.91.1547, in: PKMS III, Nr. 91, 87f. 185 U.a. im Schreiben an Landgraf. Philipp von Hessen vom 01.01.1547, in: ebd., Nr. 19, 50. 186 Vgl. u.a. Ein Psalm: In exitu landgrafii, in: LILIENCRON, Volkslieder, Nr. 541, 380–382: „Der landgraf hat gwaltig hend, noch streitt er nit, sunder er fleucht behend.“ ebd. 381. 187 Vgl. GEORG VOIGT, Die Geschichtsschreibung über den Schmalkaldischen Krieg, Abhandlungen der philologisch-historischen Classe der Königl. Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften VI, Leipzig 1874, 567–758, hier 704f. Wie überhaupt die Rolle des Bedürfnisses nach Rechtfertigung für die Entstehung der protestantischen Historiographie noch zu untersuchen ist. Selbst der Augsburger Heerführer Sebastian Schertlin von Burtenbach bemühte sich bei der Stadt um eine Aufbewahrung seiner Briefe und Schriften, um

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Um die Einheit der Religion II

Die Niederlage der Protestanten, die zumeist mit der Machtdemonstration des Siegers verbunden war, verlangte geradezu nach einer transzendenten Interpretation der Ereignisse, die sich über die zeitlichen Maßstäbe hinwegsetzte. Dabei griff die Publizistik auf wohlvertraute Deutungsmuster zurück, die deren heilsgeschichtliche Einordnung ermöglichten und der Schmach, die der Ausgang des Krieges für viele protestantische Stände darstellte, einen tröstenden Sinn gaben.188

5. Zusammenfassung Die Zugehörigkeit der Religionsfrage zu den Bestimmungen des Landfriedens läßt die Frage, ob der Schmalkaldische Krieg ein Religionskrieg war, obsolet erscheinen. Gerade das 16. Jahrhundert war von einer engen Verzahnung von Religion und Politik gekennzeichnet, die eine Autonomie des einen oder anderen Bereiches nicht zuließ.189 Und doch war es genau der Punkt, der die den Krieg begleitende Argumentation des Schmalkaldischen Bündnisse dominierte. Während der Kaiser offiziell eine Reichsexekution gegen ungehorsame Fürsten vollstrecken ließ, kämpften die Protestanten um die Wahrung ihres Glaubens und rechtfertigten auf diese Weise selbst ihren Präventivkrieg und verliehen der Niederlage einen transzendenten Sinn. Diese Form der Rechtfertigung ließ nicht nur eine Flut von Druckschriften entstehen, sie führte auch zu einem Bedürfnis, den Kampf um die Religion mit der entsprechenden Interpretation der Nachwelt zu überliefern. Denn der Sieg, so die Aussage, die die gesamte protestantische Publizistik durchzog, war rein militärisch. Der Glaube blieb unangetastet und ging sogar verstärkt aus der Niederlage, die als Prüfung Gottes gedeutet wurde, hervor. Daß in der Tat der Sieg des Kaisers nur kleine politische Früchte trug, sollte das Scheitern seines Bundes- und Interimprojektes in den nächsten Monaten zeigen. Für die Protestanten sollte jedoch das Interim den schlagenden Beweis darstellen, daß der Kaiser den Krieg zur Vertilgung ihrer Religion geführt hatte.

sie schließlich „zu rechten acta der historien“ zu vereinen. Vgl. THEODOR HERBERGER (Hrsg.), Sebastian Schertlin von Burtenbach und seine an die Stadt Augsburg geschriebenen Briefe, Augsburg 1852, Nr. 29, S. 115–117, hier 116. 188 Bis hin zu den „wohlvertraute[n] apokalyptisch-eschatologische[n] Erzählmuster[n]“, so HAUG-MORITZ, Religionskrieg, 100, mit Verweis auf LILIENCRON, Volkslieder, Nr. 334. Nach dem bisher erfaßten Quellenbestand kann ich diese Dominanz des Deutungsmusters zumindest in der Publizistik nicht sehen. Vgl. einzelne Verweise bei: KAUFMANN, Apokalyptik und politisches Denken, passim. 189 So jüngst ROBERT VON FRIEDEBURG/LUISE SCHORN-SCHÜTTE, Einleitung, in: DIES., Politik oder Religion, 1–12, hier 3.

Kapitel 5

Das Interim 1. Der Augsburger Reichstag: 1. September 1547 bis 30. Juni 1548 Der Reichstag, der vom 1. September 1547 bis zum 30. Juni 1548 in Augsburg tagte und damit der längste im 16. Jahrhundert war, verdeutlicht wohl wie kein zweiter das Signum der kaiserlichen Religionspolitik: die „Spannung zwischen Einheitswillen und Einheitsverlust“.1 Das Epitheton „geharnischt“, unter dem der Reichstag in der Historiographie firmiert2 und das sich auf die demonstrative Präsenz der kaiserlichen Truppen in und um Augsburg bezieht, markiert zum einen den Anspruch, mit dem der Kaiser seine Autorität auf dem Reichstag einzusetzen gedachte und zum anderen das Selbstverständnis eines siegreichen Feldherrn3. Und in der Tat hatten die militärischen Erfolge der kaiserlichen Truppen im Süden des Reichs bereits im Winter 1546/47 Karl V. nicht nur zu einem enormen Selbstbewußtsein verholfen4, sondern auch seinen Handlungsspielraum erheblich erweitert. Die Realisierung seiner zentralen auf das Reich bezogenen Projekte, die Errichtung eines Bundes in Anknüpfung an den Schwäbischen Bund und die Beilegung der Religionsstreitigkeiten mit dem Ziel einer religiösen Einigung schienen in greifbare Nähe gerückt. Verbunden waren damit nicht nur Zielstellungen, die die inneren Verhältnisse des Alten Reichs betrafen. Die Umgestaltung der Reichsverfassung in Form eines Bundes5 diente in erster Linie den hausmachtpolitischen Interessen der Habsburger selbst. Der Bund hätte es dem Kaiser ermöglicht, seine eigene Position 1

LUTTENBERGER, Die Religionspolitik Karls V., 293. Dies findet sich bereits in Sleidans ‚De statu religionis‘, vgl. hierzu Anm. 13 in: RABE, Reichsbund, 182. 3 Das in dieser Zeit entstandene Reiterporträt „Karl V. bei Mühlberg“ stellt den Kaiser als „miles christianus“ dar. Vgl. SCHILLING, Veni, vidi, Deus vixit, v.a. 165. 4 Er selbst sah sich auf dem „Höhepunkt seiner Erfolge“, den er auch zu nutzen gedachte. Vgl. das Schreiben Karls V. an Ferdinand vom 09.01.1547, in: KOHLER, Quellen, Nr. 93, 362–367. 5 Zu den Hintergründen der Bundesidee und den Problemen ihrer Umsetzung vgl. die Studie von VOLKER PRESS, Die Bundespläne Kaiser Karls V. und die Reichsverfassung, in: HEINRICH LUTZ (Hrsg.), Das römisch-deutsche Reich im politischen System Karls V., Schriften des Historischen Kollegs, Kolloquien 1, München/Wien 1982, 55–106. Sowie: RABE, Reichsbund, 134–176. 2

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Das Interim

gegenüber den Reichsständen, aber vor allem auch gegenüber dem französischen König und dem Papst und einem möglichen Bündnis zwischen beiden zu stärken. Und nicht zuletzt hätte dieser ihm auch die Handhabe geboten, den Widerstand des Schmalkaldischen Bundes zu brechen. Die Lösung der Religionsfrage schloß zum Teil an diese Bestrebungen an. Die Unterwerfung der Protestanten unter die Beschlüsse des in Trient tagenden Konzils sollte die Voraussetzung zur Wiederherstellung der kirchlichen Einheit im Reich sein. Diese programmatischen Überlegungen, die Karl V. im Austausch mit seinem Bruder unter dem Hochgefühl des Sieges in den ersten Monaten des Jahres 1547 anstellte, lassen den Bezug zum universalen Herrschaftsverständnis des Kaisers deutlich hervortreten. Mercurino Gattinara, Karls Großkanzler, hatte 1519 das traditionsreiche Konzept der monarchia universalis6 aufgegriffen und ad personam ausformuliert. Sein ‚Kaiserprogramm‘7 sah Karl als künftigen Herrscher eines Weltreiches in der Nachfolge des antiken Römischen Reiches8, dem sich alle Herrscher unterzuordnen hatten und der als Quelle des Rechts und Garant des Friedens die Stabilität und Einheit des christlichen Imperiums9 gewährleisten sollte. Auch wenn sich nach dem Tode Gattinaras 1530 die Inhalte jener Machtkonzeption in der Auffassung des Kaisers periphär gewandelt haben mögen, auch wenn der offensive Umgang mit dieser ideengeschichtlichen Konstruktion seit eben dieser Zeit zurückging, scheinen doch deren Grundlinien für die kaiserliche Politik stets prägend gewesen zu sein. In diesem Sinne kann auch das Titelblatt des den Augsburger Reichstag im Juni 1548 beschließenden Reichsabschieds und des Einzeldrucks des Augsburger Interims gelesen werden.10 Es zeigt das Motto Karls V., „PLVS VLTRA“, sowie darunter die Abbildung des Kaisers, flankiert von den Säulen des Herkules.11 6

Vgl. hier die immer noch wichtige Studie von FRANZ BOSBACH, Monarchia Universalis. Ein politischer Leitbegriff der frühen Neuzeit, Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 32, Göttingen 1988. Sowie in prägnanter Zusammenfassung: DERS., The European Debate on Universal Monarchy, in: DAVID ARMITAGE (Hrsg.), Theories of Empire 1450–1800, An Expanding World. The European Impact on World History 1450–1800, Ashgate 1998, 81–98. 7 Vgl. den Überblick bei: JOHN M. HEADLEY, Germany, the Empire and Monarchia in the Thought and Policy of Gattinara, in: LUTZ, Das römisch-deutsche Reich, 15–33, zur Religionspolitik v.a. 27f. 8 Vgl. hierzu v.a. die ideengeschichtliche Studie von WERNER GOEZ, Translatio Imperii. Ein Beitrag zur Geschichte des Geschichtsdenkens und der politischen Theorien im Mittelalter und in der frühen Neuzeit, Tübingen 1958. 9 Bei Gattinara sind die Begriffe Universalmonarchie und christliches Kaisertum deckungsgleich. Vgl. JOHN M. HEADLEY, The Habsburg World Empire and the Revival of Ghibellinism, in: ARMITAGE, Theories of Empire, 45–79, 66. 10 Beide wurden gedruckt bei Ivo Schöffer in Mainz (VD16: D945/D944). 11 Zur Funktion von Motto und Bild vgl. CHRISTIAN WEYERS, PLVS VLTRA. Universalität und Transzendenz einer persönlichen Devise. PLVS VLTRA und die „Säulen des Herkules“, in: Wolfenbütteler Renaissance-Mitteilungen 29, 2005, 2, 95–123.

Der Augsburger Reichstag 1547/48

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Zu dieser Zeit konnte jedoch jenes universale Herrschaftskonzept nur noch im Anspruch formuliert sein.12 Die Ablehnung, die beide Projekte im Verlaufe der Reichstagsverhandlungen seitens der Reichsstände erfuhren, die Blockierung der Errichtung des Bundes von Beginn an sowie der Verzicht auf einen für alle geltenden Religionsvergleich entzogen einem auf die Einheit des Christentums ausgerichteten kaiserlichen Machtkonzept die entscheidende Grundlage.13 In dem Maße, in dem sich 1547 bis 1548 der Handlungsspielraum des Kaisers zusehends verengte, vergrößerte sich auch der Abstand zwischen universalem Herrschaftsanspruch und reichsständischer Wirklichkeit.14 1.1. Die Bundessache Auf Anraten seines Bruders verzichtete Karl V. sowohl auf die kapitulationsnahe Unterwerfung der Protestanten unter die altgläubige Kirche15 als auch auf den sofortigen Beginn der Einzelverhandlungen mit ausgewählten Reichsständen über die Bundessache. Ferdinand hatte ihm empfohlen, den „gepreuchig ordenlich weg“ zu nehmen und die Verhandlungen einem rasch einzuberufenden Reichstag anheimzustellen.16 Inzwischen erarbeiteten die Räte Ferdinands ein Memorandum, das zur Grundlage der Reichstagsproposition vom 1. September 1547 werden sollte.17 In den Religionssachen folgte der Kaiser dem Ratschlag seines Bruders, nicht so in den Bundesangelegenheiten. Da er einen möglichen Widerstand gegen seine Politik befürchtete, plante er die Errichtung des Bundes noch vor Beginn des Reichstages und unabhängig von dessen Verfahrensordnung. Dieser sollte zunächst auf 12 oder 15 Jahre Bestand haben, die niederen Erb12

Insbesondere die Reichsabschiede boten dem Kaiser ein geeignetes Medium, symbolische Rollenzuschreibungen und -ansprüche zu transportieren. Die Titelblätter konnten auch durchaus andere Motive aufweisen, wie z.B. eine Gesprächssituation. Vgl. hierzu: WOLFGANG E.J. WEBER, „Bekennen und thun hiemit kunth und offentlich.“ Bemerkungen zur kommunikativen Funktion der Reichsabschiede des 16. Jahrhunderts, in: MAXIMILIAN LANZINNER/ ARNO STROHMEYER (Hrsg.), Der Reichstag 1486–1613: Kommunikation – Wahrnehmung – Öffentlichkeiten, Schriftenreihe der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 73, Göttingen 2006, 281–311, 283. 13 Vgl. LUTTENBERGER, Die Religionspolitik Karls V., 342f. und RABE, Karl V., 331. 14 Zum Scheitern der politischen Sprache Karls V. vgl. GEORG SCHMIDT, „der teutschen nation, unserm geliebten vatterlandt“. Sprache und Politik Karls V. im Umfeld des Augburger Reichstages 1547/48, in: EDELMAYER u.a., Plus ultra, 123–144. 15 Die Erwägung im Schreiben Karls V. an Ferdinand I. vom 09.01.1547, in: KOHLER, Quellen, Nr. 93, 362–367, 364. 16 Schreiben Ferdinands I. an Karl V. vom 18. Januar 1547, in: ebd., Nr. 94, 367–370, hier 369. 17 Zum Gutachten der Räte Georg Gienger, Gaudenz von Madruzzo und Hans Hofmann vgl. RABE, Reichsbund, 128f. Darin sprachen sie sich für eine interimistische Lösung der Religionsfrage aus, die parallel zu den Konzilsverhandlungen zu beschließen sei. Der Text ist abgedruckt in: ARC V, Nr. 11, 19–28.

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Das Interim

lande sowie die niederösterreichischen Lande unter Beibehaltung ihres Sonderstatus‘ einbeziehen, ein eigenes Bundesgericht unterhalten und insbesondere als schlagkräftige Einung gegen Frankreich und die Osmanen dienen.18 Voraussetzung für jenen überkonfessionellen Bund mit dem Kaiser als Oberhaupt war allerdings der Sieg über die beiden Hauptleute des Schmalkaldischen Bundes, den er im April 1547 tatsächlich errang. Doch gestalteten sich die Bundesverhandlungen nicht nach seinen Vorstellungen. Die kaum mit Instruktionen versehenen Kommissare blieben handlungsunfähig, und die Stände zogen die Verhandlungen durch das übliche Vorgehen des Temporisierens in die Länge. Als der Kaiser am 28. Juli endlich an den Beratungen teilnahm und seinem Willen nachhaltig Ausdruck verlieh, traf er auf eine Widerstandsfront, die sich in allen Ständen formiert hatte. Die Gefahr, die durch einen solchen Machtzuwachs des Kaisers der Verfassung des Reiches insgesamt entstünde19, konnte nicht mit den reichsständischen Freiheiten vereinbart werden. Die Stände plädierten daher für eine Integration der Bundesverhandlungen in die Reichstagsverhandlungen und paßten somit das Prozedere der Geschäftsordnung des Reichstages an.20 Die Gutachten der Stände zeigten in ihrer Tendenz deutlich, daß sie den Bund in die bestehende Reichsverfassung einzugliedern gedachten und bogen so die kaiserlichen Pläne „völlig im ständischen Sinn“ um.21 Lediglich zwei Bestandteile seines Bundesvorhabens vermochte Karl zu realisieren: Die Niederlande behielten im Burgundischen Vertrag ihre Sonderstellung und standen dennoch weiterhin unter dem Schutz des Reichs. Ferdinand I. wurde das Baugeld zur Befestigung der Grenzen im Osten sowie die Zahlung des seit 1544 ausstehenden gemeinen Pfennigs zugebilligt.22 Die Idee Karls V., in einem Bund seine dynastischen Interessen mit den Interessen des Alten Reichs zu verknüpfen und dies durch eine Neuorganisation der Reichsverfassung zu befestigen, mußte an den gegensätzlichen Interessen zwischen Kaiser und Reich scheitern.23 Und letztlich war die Separation der Bundes-

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Zur Gestaltung des Bundes vgl. PRESS, Bundespläne, 77 sowie RABE, Reichsbund, 168f. Die Räte Moritz von Sachsens sprachen sich gegen den Bund aus, da dieser die Erbeinungen aufheben würde und der Kaiser und König in erster Linie die Interessen ihrer Erbländer gegen das Reich verträten. Vgl. das Bedenken der kurfürstlichen Räte Fachs, Ossa, Stramburger, Mordeisen und Modestinus Pistoris zu dem Bündnis, (Aug./Sept. 1547), in: PKMS III, Nr. 781, 555f. 20 Durch diesen Schachzug wurden die Beratungen auf die Kurien verteilt, und die Kurfürsten sicherten sich somit ihr Vetorecht. Vgl. RABE, Reichsbund, 174f. 21 PRESS, Bundespläne, 83. 22 Vgl. die Festlegungen im Reichsabschied vom 30.06.1548, in: RTA J.R. 18.3, Nr. 372b, Art. IX, 2681–2684 sowie im Burgundischen Vertrag vom 26. Juni, in: ebd., Nr. 260, 2166–2176. 23 Auf diesen Interessenskonflikt, den Karl als Kaiser und Territorialherr zugleich auszuhalten hatte, verweist BRANDI, Karl V., 484. 19

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verhandlungen von der Religionsfrage24 der Fehleinschätzung der angespannten religionspolitischen Lage im Reich geschuldet.25 1.2. Die Religionsfrage Die kontinuierlichen religionspolitischen Bestrebungen des Kaisers, auf der Basis einer limitierten politischen Tolerierung der Protestanten sowie einer vorläufigen Regelung der religiösen Verhältnisse einerseits und der endgültigen Entscheidung durch ein Konzil andererseits den Glaubenskonflikt beizulegen, hatte mit der Verlegung des Konzils nach Bologna im März 1547 einen starken Dämpfer erhalten.26 Weder schien nun der Besuch dieses Konzils seitens der Protestanten realisierbar noch ihre Unterwerfung unter dessen Beschlüsse. Galt Karl V. hierfür die Retranslation des Konzils auf dem Boden des Reiches als die entscheidende Voraussetzung, machte im Gegenzug Paul III. die Unterwerfung der Protestanten unter das Konzil zur Bedingung für die Rückverlegung.27 Im August 1547 konnten beide sich zunächst nur darauf einigen, die Beschlüsse des Reichstages abzuwarten, bevor eine Entscheidung über den Verbleib des Konzil gefällt werden würde. Der schwache Kompromiß warf den Kaiser also zurück auf die vorläufige Regelung der Religionsverhältnisse im Reich. Anknüpfungspunkte fand er hierbei erstens in den Überlegungen, die in den vergangenen Jahren immer wieder von altgläubiger Seite angestellt worden waren.28 Und zweitens lag mit dem Schreiben Ferdinands I. vom 19. Februar 1547, das auf dem bereits erwähnten Memorandum seiner Räte basierte, eine brauchbare Strategie für die Religionsverhandlungen innerhalb des kommenden Reichstages vor. Demnach sollte der Kaiser unabhängig von den Konzilsbestrebungen die Reichsstände zum Abschluß einer vorläufigen Religionsformel bewegen, die sowohl von den Protestanten als auch von Rom akzeptiert werden könnte.29 Zur Ausarbeitung dieses Vergleichs waren unter anderem mit dem Mainzer Weihbischof Helding, dem kaiserlichen Hofprediger Malvenda und den Kontroverstheologen Johannes Cochlaeus und Georg Witzel

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Bereits im März hatte Moritz von Sachsen den Bundesplänen aus diesem Grund eine Absage erteilt. Vgl. die Instruktion Moritz für Modestinus Pistoris und Dr. Johann Stramburger, Dresden, 28.03.1547, in: PKMS III, Nr. 456, S. 322f. 25 „Es ist das Verhängnis der Reichsreform, daß sie zu spät kam, als eine starke Reichsgewalt nicht mehr begründet werden konnte.“ HARTUNG, Karl V., 41. 26 Vgl. Kap. 4. 27 Vgl. RABE, Zur Entstehung, 18. 28 So tauchten erste Vorschläge für eine interimistische Lösung der Religionsfrage bereits auf dem Speyerer Reichstag 1544 auf. In den Beratungen altgläubiger Theologen im Mai 1546 wurden die Überlegungen bereits konkret mit der innerkirchlichen Reform verbunden. Vgl. hierzu RABE, Karl V., 337. Sowie: DERS., Zur Entstehung, 13f. 29 Siehe oben.

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Das Interim

bereits Personen benannt, auf die der Kaiser hinsichtlich der Konstituierung der Interimskommissionen zurückgreifen sollte.30 Der Augsburger Reichstag wurde am 1. September 1547 mit der Verlesung der kaiserlichen Proposition eröffnet. Die darin enthaltenen Äußerungen zur Religionsfrage waren jedoch derart unpräzise31, daß die Stände, denen nun die Repliken oblagen, sowohl über die religionspolitischen Ziele des Kaisers als auch über die Zuständigkeiten der Erarbeitung einer interimistischen Ordnung im Unklaren blieben.32 Die demzufolge disparaten Gutachten der Stände eröffneten dem Kaiser einen Spielraum, den er mit taktischen Schachzügen und Einzelverhandlungen in seinem Sinne zu nutzen wußte. Seine Triplik auf die Voten des Kurfürsten- und Fürstenrates vom 18. Oktober 1547 interpretierte die ständische Diskussion derart zu seinen Gunsten um, daß er darin nicht nur die Bereitschaft der Protestanten zur Unterwerfung unter das Trienter Konzil, sondern auch die an ihn herangetragene Bitte seitens der Reichsstände konstatieren konnte, eine Ordnung zu präsentieren, „wie mitlerzeit bis zu endung und austrag des algemainen concili die stend des hl. Reichs teutscher nation christlich und gotseligclich, auch in guetem, fridlichen wesen beyainander leben und wonen“.33 Obwohl die Kurien der Kurfürsten und Fürsten erneut keine Einigung über die Resolution des Kaisers erzielen konnten, stimmten sie, um die Reichstagsverhandlungen nicht gänzlich zu blockieren, dem Text der Triplik zu. Als am 28. Oktober 1547 auch die Städte betonten, daß sie dem Votum der oberen Kurien nicht im Wege stünden, hatte der Kaiser die Verhandlungen über die Proposition in seinem Sinne erfolgreich entschieden. Karl V. erreichte damit nicht nur die Zustimmung der Stände zur Unterwerfung unter die Beschlüsse des Konzils, die der Papst zur Voraussetzung einer Retranslation gemacht hatte. Darüber hinaus überließen ihm die Stände die Initiative, eine interimistische Religionsformel ausarbeiten zu lassen. Letzteres kann, so Horst Rabe, als eine „Blankozustimmung“ der Stände bewertet werden, enthob sie doch den Kaiser grundsätzlich des Vorwurfes, die Religionsfrage aus kaiserlichem Machtanspruch heraus oktroyieren zu wollen.34 30

Vgl. RABE, Reichsbund, 129f. „[...] so acht ir ksl. Mt. fur ain hohe, unvermeidliche notturft, ist auch entlich entschlossen, disen puncten lenger nit zu verschieben noch einzustellen, sonder in was christlich und gepuerlich weg das immer sein mag, zu schleünigem austrag und entschaft zu pringen, und das jetzo alsbald darzu verstanden und durch solche mittel ain bestendiger frid und christliche ainigkait im hl. Reiche teutscher nation aufgericht [...]“. Proposition vom 01.09.1547, in: RTA J.R. 18.1 Nr. 33b, 216–222, hier 219. 32 Diese Unsicherheit wird deutlich in den einzelnen Gutachten zur Proposition; vgl. Moritz’ von Sachsen, in: RTA J.R. 18.1 Nr. Nr. 36, 226–228 oder der Stadt Frankfurt, in: ebd., Nr. 39, 231–233. 33 Die Triplik Karls V. auf die Repliken von Kur- und Fürstenrat vom 18. Oktober 1547, in: RTA J.R. 18.1 Nr. 55, 297–301, hier 299. 34 Auf diese Vollmacht berief sich Karl auch in der Folgezeit. Vgl. RABE, Zur Entstehung, 35. 31

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Bereits im Vorfeld des Reichstages hatte Karl V. die Initiative ergriffen und eine Gruppe altgläubiger Theologen zur Erarbeitung einer „christlichen reformation“ nach Augsburg geladen.35 Mit dem Beginn des Reichstages konstituierte sich im Auftrag des Kaisers eine erste Interimskommission, deren ausschließlich altgläubige Mitglieder36 jedoch mehrheitlich jeglichen Kompromiß mit den Protestanten ablehnten. Dementsprechend fiel das Ergebnis aus, das fristgerecht im Dezember 1547 vorlag. Während der Entwurf der reformatio in doctrina einzig die vollständige Rückführung der Protestanten in den Schoß der altgläubigen Kirche akzeptierte, befaßte sich die reformatio morum hauptsächlich mit der innerkirchlichen Reform, deren Vorschläge erst in der ‚Formula reformationis‘ Berücksichtigung finden sollten.37 Für die vorgegebene Aufgabe, eine Vergleichsformel zu erarbeiten, erwiesen sich beide Entwürfe als unbrauchbar. Der Kaiser löste die erste Interimskommission auf. Karl V. hatte neben der Arbeit am Interim die Möglichkeit einer endgültigen Regelung der Religionsfrage durch das Konzil nicht aus den Augen verloren. In seinem Auftrag reiste der Trienter Fürstbischof Kardinal Christoph von Madruzzo im Winter 1547 nach Rom, um von Paul III. sowohl die Translation des Konzils als auch die Unterstützung seines Interimsprojektes zu verlangen.38 Der Delegierung der Entscheidung an das Konzil in Bologna, die als Absage des Papstes zu werten war, folgte die förmliche Protestation des Kaisers am 16. Januar 1548. Auch wenn sich der Papst dazu bewegen ließ, Legaten zum Reichstag zu senden, die in seinem Auftrage das Geschehen beobachten sollten, war doch mit der Protestation das Mißverhältnis zwischen Kaiser und Papst befestigt. Die Fortsetzung der Arbeit am Interim wurde nun um so erforderlicher. Am 14. Januar 1548 beauftragte Karl V. die Reichsstände mit der Bildung einer neuen Interimskommission, die sich aus teils von den Ständen und teils vom Kaiser selbst vorgeschlagenen Theologen zusammensetzen sollte.39 Noch immer im Unklaren, wie eine Vergleichsformel aussehen könnte und ob der Kaiser eine solche bereits hatte ausarbeiten lassen, fielen die Voten der Stände erneut unterschiedlich aus: Der Fürstenrat verwies die Bildung der Interimskommission zurück an den Kaiser mit allen erforderlichen Vollmachten, die 35

Bisher läßt sich nicht definitiv ermitteln, welche Theologen hierzu zählten. Es kann jedoch angenommen werden, daß es sich um die Mitglieder der ersten Interimskommission handelte. Vgl. ebd., 22f. 36 Mit großer Wahrscheinlichkeit zählten zur ersten Interimskommission der kaiserliche Beichtvater Pedro de Soto, der Mainzer Weihbischof Michael Helding, der Generalvikar der oberdeutschen Ordensprovinz der Karmeliter Eberhard Billick, der dominikanische Hofprediger Pedro de Malvenda und der Hildesheimer Weihbischof Balthasar Fannemann. Vgl. ebd., 37. 37 Zur Verfasserschaft vgl. die Diskussion ebd., 39f. 38 Vgl. den Bericht des Kardinals vom 14.01.1548, in: ARC V, Nr. 59, 194–196. 39 Vgl. das Ersuchen vom 14.01.1548, in: RTA J.R. 18.2, Nr. 170, 1687–1692.

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Das Interim

weltlichen Kurfürsten und die Städte befürworteten den Vorschlag, während die geistlichen Kurfürsten von einer solchen interimistischen Ordnung keine Abstellung der Religionsstreitigkeiten erwarteten.40 Schließlich einigten sich die Kurfürsten- und Fürstenkurie in ihrer Replik vom 30. Januar 1548 darauf, daß der Kaiser selbst die Zusammensetzung der zweiten (ständischen) Interimskommission bestimmen könne.41 Bereits am 10. Februar präsentierte Karl. V. die Liste der neuen Kommission dem Reichstag.42 Unter dem Vorsitz des Mainzer Erzbischofs Sebastian von Heusenstamm sollte sie „schiedlich, freuntlich, one alle affection und gezenck dovon [...] reden und rattschlagen, wie mittlerzeitt bis zu endung des concilii cristlich, gottseliglich und fridlich beyeinander gelebt werden mocht“.43 Jedoch taten sich bereits in der zweiten Sitzung erhebliche konfessionelle Gräben auf. Die altgläubige Seite forderte die Restitution des Kirchengutes und die Protestanten lehnten es ab, ohne Theologen über die Glaubensfragen zu disputieren.44 Unter diesen Voraussetzungen war eine konstruktive Arbeit der Kommission nicht mehr möglich. Eine vierte Sitzung der zweiten Interimskommission fand nicht statt. Die dritte Interimskommission, deren Mitglieder nun wieder durch den Kaiser bestimmt wurden, nahm ihre Arbeit vermutlich ebenfalls im Januar

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Vgl. die Bedenken und Repliken der einzelnen Kurien, in: ebd., Nr. 171 bis Nr. 175, 1692–1707. Hier zeichnete sich eine Frontstellung ab, die quer zu den Religionsparteien verlief und sich danach ausrichtete, ob ein religiöser Vergleich für möglich gehalten wurde oder nicht. Vgl. hierzu RABE, Zur Entstehung, 50. 41 Vgl. die Replik des Kur- und Fürstenrates auf das kaiserliche Ersuchen um Bildung einer Interimskommission [vom 30.01.1548], in: RTA J.R. 18,2, Nr. 174, 1699–1703. 42 Dazu gehörten: der Mainzer Erzbischof Sebastian von Heusenstamm, die kaiserlichen Kommissare Heinrich Hase und Georg Siegmund Seld, der königliche Kommissar Gaudenz von Madruzzo, die ständischen Verordneten Michael Helding (Kurmainz), Eberhard Billick (Kurköln), Johann von der Leyen (Kurtrier), Ludwig Fachs (Kursachsen), Wolf von Affenstein (Kurpfalz), Eustachius von Schlieben (Kurbrandenburg), Jakob Heinrichmann (für die geistlichen Fürsten), Leonhard von Eck (für die weltlichen Fürsten), Hugo von Montfort (für die Grafen), Gerwig Blarer von Weingarten (für die Prälaten) und Jakob Sturm und Georg Besserer (für die Städte). Vgl. das Verzeichnis der von Karl V. ernannten Mitglieder der Interimskommission vom 10.02.1548, in: ebd., Nr. 176, 1707f. 43 Verzeichnis der von Karl V. ernannten Mitglieder der Interimskommission vom 10. 02. 1548, in: ebd., Nr. 176, 1707f., hier 1707. 44 Vgl. hierzu das (stellenweise rekonstruierte) Protokoll der Interimskommission vom 10., 11. und 20.02.1548 sowie die Berichte des Mainzer Erzbischofs, in: ebd., Nr. 177, 1708–1731 und Nr. 178 bis Nr. 179, 1731–1742. Insbesondere der Straßburger Gesandte Jakob Sturm hatte den Gedanken vertreten, „solt es aber in puncten, die religion belangen, gehandelt werden, dazu bekenne ich mich nit gnugsam, sondern erfordert ein anderer und statlicher mann; wolt aber dem bedacht nachfolgen“. Vgl. HARRY GERBER, Jakob Sturms Anteil an den Religionsverhandlungen des Augsburger „geharnischten“ Reichstags von 1547/48, in: Elsaß-Lothringisches Jahrbuch 8, 1929, 166–191, hier 179.

Der Augsburger Reichstag 1547/48

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1548 auf, also parallel zur zweiten (ständischen) Kommission.45 Zu ihr gehörten der Naumburger Bischof Julius Pflug46, wiederum der Mainzer Weihbischof Michael Helding47 und der brandenburgische Hofprediger Johann Agricola48. Später kamen Pedro de Soto sowie der königliche Hofprediger Heinrich Muelich, eventuell auch der kaiserliche Beichtvater Domingo de Soto oder der Dominikaner Pedro de Malvenda hinzu.49 Binnen weniger Wo-

45

Offenbar hatte der Kaiser wenig Zutrauen zur ständisch besetzten Interimskommission. Bei RABE, Reichsbund, 425 und RABE, Zur Entstehung, 54, wird die Parallelität lediglich festgestellt, nicht aber begründet. Die eigentlich dritte Interimskommission firmiert bei Rabe zudem unter der zweiten Interimskommission. 46 Julius Pflug (1499–1564) war nach dem Studium der beiden Rechte in Leipzig, Bologna und Padua seit 1523 u.a. Dompropst in Zeitz, 1531 Propst des Kollegiatstiftes ebendort, ging nach der Einführung der Reformation im albertinischen Sachsen 1539 nach Mainz, um dort bis 1545 als Domherr zu wirken. Bereits 1541 durch das Naumburger Domkapitel zum Bischof gewählt, konnte er die Stelle erst 1547 antreten, die er bis zum Lebensende inne hatte. Die Priester- oder Bischofsweihe hatte Pflug niemals erhalten. Zur Person vgl. v.a. WIELAND HELD, Julius Pflug (1499–1564). Der letzte katholische Bischof von Naumburg-Zeitz als Vermittler zwischen den Konfessionen und als Kirchen- und Landesfürst, in: NASG 71, 2000, 53–93. WERNER RAUPP, Pflug, Julius von, in: BBKL XV, 1156–1161. Sowie: HERBERT IMMENKÖTTER, Pflug, Julius von (1499–1564), in: TRE 26, 449–453. 47 Michael Helding (1506–1661) wurde nach dem Studium in Tübingen Schullehrer und danach Rektor der Domschule in Mainz, bis er 1537 durch Kardinal Albrecht zum Mainzer Weihbischof und ein Jahr später zum Titularbischof von Sidon geweiht wurde. 1543 erwarb er den Grad des Dr. theol. Seit 1548 machte er sich um die Einführung des Interims in der Diözese Mainz verdient. Ein Jahr später wurde er auf Mitwirken Karls V. zum Bischof von Merseburg ernannt, konnte dort aber kaum Erfolge verzeichnen. 1558 berief ihn Ferdinand zum Präsidenten des Reichskammergerichts in Speyer, 1561 zum Präsidenten des Reichshofrates in Wien. Zur Person vgl. HERIBERT SMOLINSKY, Michel Helding (1506–1561), in: ERWIN ISERLOH (Hrsg.), Katholische Theologen der Reformationszeit, Bd. 2, Katholisches Leben und Kirchenreform im Zeitalter der Glaubensspaltung 45, 2. Aufl. Münster 1996, 124–136. Sowie: FRIEDRICH WILHELM BAUTZ, Helding, Michael, in: BBKL II, 696–698. 48 Johann Agricola (Schnitter) (1494?–1566) war nach dem Studium in Leipzig und Wittenberg seit 1525 als Pfarrer und Rektor in Eisleben tätig, ging 1536 zurück nach Wittenberg, um ab 1540 als Hofprediger des brandenburgischen Kurfürsten Joachim II. sowie seit 1543 als Generalsuperintendent der Mark zu wirken. Zur Person vgl. GUSTAV KAWERAU, Johann Agricola von Eisleben. Ein Beitrag zur Reformationsgeschichte, Hildesheim/New York 1977 (EA Berlin 1881). FRIEDRICH W ILHELM BAUTZ, Agricola, Johann, in: BBKL I, 57–59. Sowie: JOACHIM ROGGE, Agricola, Johann, in: TRE 2, 110–118. Zu seinem Anteil am Interim vgl. GUSTAV KAWERAU, Johann Agricolas Antheil an den Wirren des Augsburger Interim, in: Zeitschrift für Preußische Geschichte und Landeskunde 17, 1880, 398–463. DERS., Gutachten Joh. Agricolas für Christoph von Carlowitz über die Annahme des Augsburger Interims, in: NASGA 1, 1880, 267–280. MARTIN WEIGEL, Ein Gutachten des J. A. v. Eisleben über das Interim, in: Zeitschrift für Bayerische Kirchengeschichte 15, 1941, 32–46. Sowie: HANS SCHULZ, Ein apokryphes Lutherwort zum Interim 1548. Johann Agricola beruft sich auf den Wittenberger Reformator, in: Jahrbuch für Berlin-Brandenburgische Kirchengeschichte 57, 1989, 99–123. 49 Zur Zusammensetzung vgl. RABE, Zur Entstehung, 54.

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Das Interim

chen lag ein erster Entwurf einer Religionsformel vor50, den der Kaiser akzeptieren konnte und am 15. März 1548 dem brandenburgischen Kurfürsten und dem Pfalzgrafen präsentierte.51 Dieser Entwurf konnte auf Vorarbeiten zurückgreifen, die insbesondere Pflug und Helding im Frühsommer 1546 in Regensburg sowie Pflug allein als Reaktion auf das erste Interimsgutachten vom Dezember ausgearbeitet hatten.52 Seine Besonderheit lag darin, daß er stärker als die bisherigen Entwürfe auf die „Grundwahrheiten der christlichen Religion“53 abhob und dadurch ein ernstzunehmendes Vergleichsangebot darstellte.54 In mehreren Einzelverhandlungen suchte der Kaiser, das Ergebnis des offiziellen Entscheidungsverfahren abzusichern. Er erreichte zunächst, daß der brandenburgische Kurfürst Joachim II. und der Pfalzgraf Friedrich II. den Entwurf nicht nur akzeptierten, sondern ihn auch als ihren eigenen Entwurf ausgaben.55 Mit diesem Schachzug nahm Karl V. jenen Vorwürfen den Wind aus den Segeln, er hätte aus selbstherrlicher Machtvollkommenheit einen derartigen Weg den Ständen oktroyiert. Auch wenn die – teilweise mit erheblichen Drohungen verbundenen – Partikularverhandlungen mit dem sächsischen Kurfürsten Moritz und dem brandenburgischen Markgrafen Johann von Küstrin alles andere als erfolgreich verliefen56 und die Verhandlungen

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Zur Autorschaft vgl. die Ausführungen ebd., 58–60. Agricola vermutete zum raschen Zustandekommen des Ergebnisses: „ich glaube, das Interim war gemacht, ehe wir nach Augsburg kamen“, vgl. KAWERAU, Johann Agricolas Antheil, 413. 51 Der Text der sogenannten Märzformel ist abgedruckt in: ARC VI, Nr. 19, 308–348. 52 Diese wiederum bezog sich teilweise auf das ‚Regensburger Buch‘ von 1541 (siehe Kap. 3) und Pflugs ‚Scriptum latinum‘ von 1544. Zu den Traditionen vgl. RABE, Zur Entstehung, 56f. Sowie: JOACHIM MEHLHAUSEN, Interim, in: TRE, 16, 230–237, 231. Den Text des Entwurfs siehe RTA J.R. 18.2, Nr. 210b, 1910–1948. 53 RABE, Reichsbund, 426. 54 Dies unter Inkaufnahme dogmatischer Inkonsequenzen: „Ein Muster an dogmatischer Präzision war der Interimsentwurf nach alledem gewiß nicht [...]“, so RABE, Zur Entstehung, 62. 55 Zur Vermittlungspolitik Joachims II. vgl. immer noch: FRANZ MEINE, Die vermittelnde Stellung Joachims II. von Brandenburg zu den politischen und religiösen Parteien seiner Zeit, Lüneburg 1898, bes. 39–48. 56 Moritz von Sachsen erklärte sich lediglich dazu bereit, das Interim für seine Person anzunehmen, für das Kurfürstentum müßten aber die Landstände entscheiden. Johann von Küstrin lehnte den Entwurf ab, wollte sich jedoch einer Zustimmung seitens der evangelischen Reichsstände nicht widersetzen. Die separaten Verhandlungen wurden in die Reichstagsakten (wenn auch unvollständig) aufgenommen, vgl. RTA J.R. 18.2, Nr. 181–182, 1742–1768. In den RTA ist nur ein Teil der Verhandlungen mit Johann von Küstrin abgedruckt. Ausführlich dazu vgl. C. ZITELMANN, Die Verhandlungen des Markgrafen Johann von Küstrin mit König Ferdinand und Kaiser Karl V. wegen Annahme des Interims. Gepflogen auf dem Reichstage zu Augsburg im Jahre 1548. Zeitgenössischer Bericht. Aus dem Geh. Staats-Archive mitgeheilt, in: Zeitschrift für Preußische Geschichte und Landeskunde 4, 1867, 73–84, 151–164, 413–426.

Der Augsburger Reichstag 1547/48

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mit den Reichsstädten sich als zäh erwiesen57, stellte sich das Ansinnen der altgläubigen Reichsstände aber als die eigentliche Herausforderung dar. Das Gutachten der geistlichen Fürsten lehnt den Interimsentwurf grundweg ab, da es „von unnötten sei, dise schriften den reichsstenden in gemein, und sonderlich den catholicis furtzulegen oder außgehen zu lassen“.58 Schließlich, so die Argumentation, seien nicht sie es gewesen, die vom Glauben abgefallen seien. Zudem greife man hinsichtlich der Lehrfragen dem Konzil vor. Viel wichtiger sei die Restitution der Kirchengüter, deren Ausbleiben immer wieder für Unruhe sorgen würde. Die hier formulierte Forderung, das Interim nur für die Protestanten gelten zu lassen, taucht auch im Gutachten der geistlichen Kurfürsten auf, das allerdings insgesamt konstruktiver ausfiel. Karl V. vermochte sich zwar nach einer Beratung mit den geistlichen Fürsten deren Loyalität zu versichern59, die Frage nach dem Geltungsbereich der Religionsformel stand jedoch im Raum und ließ sich nicht mehr übergehen. Darüber hinaus war zu befürchten, daß Rom das Interim nicht akzeptieren und damit auch keinen Legaten zu den Verhandlungen in Augsburg entsenden würde. Einige Konzilsväter hatten bereits ihre Ablehnung des Interims erklärt und Paul III. schien erneut die Beziehungen zu Frankreich ausbauen zu wollen.60 Um jeglichem negativen Einfluß des Papstes vorzubeugen, stimmte der Kaiser dem Votum der geistlichen Stände zu. Am 15. Mai 1548 ließ er das Interim den Ständen als eine Religionsformel verkünden, die ausschließlich für jene, „so neuerung furgenomen“61, Geltung beanspruchte. Der Verlesung der Proposition und der Erklärung des Geltungsbereiches folgte eine kurze Versammlung der Reichsstände. Anschließend übermittelte der Mainzer Erzbischof im Namen derselben dem Kaiser ihren Dank und den Gehorsam. Mit der Bitte um eine Abschrift des Interimstextes, den viele der Stände bis dato noch immer nicht kannten, schloß der Erzbischof seine Rede.62 Der Kaiser dankte und beendete die Versammlung. Damit war das Interim beschlossen.63

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Abweisend v.a. Straßburg und Nürnberg, Augsburg und Ulm bekundeten grundsätzlich ihre Zustimmung. Vgl. RABE, Zur Entstehung, 67f. 58 Bedenken der altgläubigen Fürsten zur Märzfassung des Interims [vor dem 07.04.1548], in: RTA J.R. 18.2, Nr. 186, 1778–1783, hier 1779. Für Rabe stellt dies einen „Höhepunkt ständischer Kritik an der Religionspolitik des Kaisers“ dar, vgl. RABE, Zur Entstehung, 70. 59 Vgl. die Triplik der geistlichen Fürsten auf die Replik Karls V. vom 15.04.1548, in: RTA J.R. 18.2, Nr. 189, 1791–1794. 60 Vgl. RABE, Zur Entstehung, 440. 61 So der Wortlaut der Proposition [vom 15.05.1548], in: RTA J.R. 18.2, Nr. 191, 1799–1802, hier 1801. 62 Der Text in: ebd., Nr. 192, 1802. 63 Der in Augsburg weilende Graf Wolrad von Waldeck vermerkte am 16. Mai 1548 in seinem Tagebuch: „Fast ohne Ordnung geschah, was das Interim betraf.“. MACHOCZEK, Tagebuch, 132.

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Das Interim

Angesichts der Ablehnung, die der Interimsentwurf noch im Frühjahr und auch in der Folge erfahren hat, überrascht die derart leichtfüßige Gangart der Beschlußfassung. Die Gründe sind vermutlich zweierlei. Offenbar hatte zum einen der Mainzer Erzbischof in seiner Danksagung die mögliche ablehnende Haltung der Reichsstädte unterschlagen.64 Zweitens interpretierte der Kaiser unzutreffenderweise diese Danksagung – bewußt oder unbewußt – als generelle Zustimmung. Das übliche Verfahren sah die Bekundung des Dankes seitens der Stände für die Bemühungen des Kaisers um die Beilegung der Religionsstreitigkeiten sowie ihres Gehorsams vor, um dann anhand des auszuhändigenden Textes entsprechende Gutachten zu erstellen. Indem Karl V. aber seinen Dank aussprach und sofort die Versammlung aufhob, nahm er den Ständen jede Möglichkeit, das Mißverständnis aufzuklären bzw. ihren Protest einzulegen. Erst diese Gehorsamsbekundung seitens der Stände machte aus einem „bloßen Ratschlag“, so Horst Rabe, eine bindende Rechtsnorm.65 Bereits einen Tag darauf legten einige Reichsstände und die Reichsstädte66 ihren Protest ein. Moritz von Sachsen erklärte zum Beispiel, daß er der Äußerung des Mainzer Erzbischofs vom Vortage nicht zustimmen könne, da der in den Vorverhandlungen vorgelegte Entwurf weder die Einseitigkeit des Vergleichs vorsah noch der jetzige Text mit diesem Entwurf übereinstimme.67 Erneut griff der Kaiser zum Mittel der Einzelverhandlungen, um von möglichst allen Ständen die Zustimmung zum Beschluß zu erlangen.68 Und dies recht erfolgreich. Mit Abschluß des Reichstages am 30. Juni 1548 hatten die meisten Reichsstädte in Oberdeutschland das Interim bereits angenommen, andere Stände zögerten den Beschluß hinaus.69 Karl V. hatte sein Ziel erreicht. So schien es zunächst. Denn trotz aller Widerstände seitens des Papstes, der dem Interim nie sein Placet geben sollte70, der geistlichen und eines Teils der protestantischen Stände, war eine Vergleichsformel gefunden, die die Zustimmung des Reichstages fand. Darüber hinaus konnte er die innerkirchliche Reform mit der ‚Formula Refor64

Jakob Sturm berichtet zumindest von seinem Einspruch, vgl. GERBER, Jakob Sturms Anteil, 184. Die stillschweigende Majorisierung der ablehnenden Stände allerdings entsprach inzwischen nicht mehr dem üblichen Reichstagsverfahren. So RABE, Zur Entstehung, 89. 65 Vgl. ebd., 90. 66 Vgl. die Antwort der Reichsstädte auf das Interim [vom 19.05.1548], in: RTA J.R. 18.2, Nr. 202, 1855f. 67 Vgl. den schriftlichen Einspruch an Karl V. vom 16.05.1548, in: ebd., Nr. 193, 1803–1805. 68 Und auch diese waren wieder nicht frei von Drohungen. Vgl. hierzu RABE, Zur Entstehung, 93–95. 69 Vgl. ebd, 98. 70 Er konnte sich im September 1549 lediglich zu einer Tolerierung des Interims durchringen. Vgl. STEPHAN SKALWEIT, Reich und Reformation, Propyläen Bibliothek der Geschichte, Frankfurt am Main/Berlin 1967, 353.

Die Bestimmungen des Augsburger Interims

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mationis‘, zu deren Annahme und Umsetzung sich die Bischöfe am 29. Juni 1548 bereit erklärten, unabhängig vom Konzil vorantreiben.71 Beides waren Bestandteile einer Kirchenpolitik, die der Kaiser zur Überwindung der religiösen Spaltung seit den 1530er Jahren konsequent verfolgte. Doch der Erfolg sollte nur von kurzer Dauer sein. Das Interim erwies sich in der Umsetzung als nicht tragfähig. Die Ablehnung, die dem Interim in weiten Teilen des Reichs entgegenschlug, zeigte deutlich, daß der Kaiser die Tiefe der religiösen Spaltung und die bereits einsetzende Herausbildung konfessioneller Identitäten unterschätzte. Bereits das Scheitern der Religionsgespräche hatte gezeigt, daß ein Kompromiß in den grundlegenden Glaubensfragen in der Mitte des 16. Jahrhunderts nicht mehr möglich war.72 Der Augsburger Religionsfrieden des Jahres 1555 vertagte denn auch die Wahrheitsfrage und ermöglichte durch die Inaussichtstellung der späteren Wiedervereinigung73 die Errichtung einer zukunftsfähigen juristisch-politischen Verfassungsordnung.74

2. Die Bestimmungen des Augsburger Interims Mit ‚Der Römischen Kaiserlichen Maiestat erclärung, wie es der Religion halben im hailigen Reich, biß zu außtrag des gemainen Concili gehalten werden soll‘75 wurde am 30. Juni 1548 ein Religionsgesetz verabschiedet, das grundsätzlich altgläubig war und den Protestanten nur wenige Konzessionen einräumte. Dieses konfessionelle Verhältnis spiegelt denn auch die Konstellation des primären Autorenkreises des Interimstextes mit den beiden Alt71

Vgl. hierzu die Ausführungen bei: EIKE W OLGAST, Die Formula reformationis, in: SCHORN-SCHÜTTE, Das Interim, 342–365. 72 Die sich daran andockenden Machtinteressen sollten die Konflikte zusätzlich verschärfen. Rabe unterschätzt die Glaubensfrage, wenn er diese Interessen in den Vordergrund rückt. Vgl. RABE, Zur Entstehung, 102. 73 Ähnlich wie das Konzil als Projektion für eine Vereinigung der Konfessionen diente, arbeitete auch der Augsburger Religionsfrieden mit dieser Perspektive. Obwohl der Religionsfrieden die konfessionelle Spaltung des Alten Reichs besiegelte, behielt das Reich seinen religiösen Bezugspunkt durch die „Aufrechterhaltung einer fiktiven Glaubenseinheit“. Vgl. hierzu CHRISTOPH A. STUMPF, Die Bedeutung der Reichsgrundgesetze für die konfessionellen Wiedervereinigungsversuche, in: ZKG 111, 2000, 3, 342–355, hier 355. 74 Zum „Modell einer politisch-neutralen, im Ansatz paritätischen Ausgleichsordnung der Religionsparteien auf Reichsebene unter Absehen von der Wahrheitsfrage“ vgl. HEINRICH DE WALL, Zur rechtsgeschichtlichen Einordnung des Augsburger Religionsfriedens, in: HEINZ SCHILLING/HERIBERT SMOLINSKY (Hrsg.), Der Augsburger Religionsfrieden, SVRG 206, Heidelberg 2007, 59–71, hier 69. So erfolgte die positive Bewertung des Friedens innerhalb der protestantischen Traktatliteratur hauptsächlich durch die Juristen. Vgl. Strohm, Nach hundert Jahren, 17–19. 75 MEHLHAUSEN, Das Augsburger Interim. Die lateinischen Fassung nun auch in den RTA J.R. 18.2, Nr. 210, 1910–1948.

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Das Interim

gläubigen Pflug und Helding sowie dem Lutheraner brandenburgischer Prägung, Agricola, die alle bereits Religionsgesprächserfahrungen aufweisen konnten, wider. Das Reichsgesetz diene, so die Vorrede, der „befürderung und erlangung volkhomner christlicher vergleichung der strittigen religion“ sowie der „erhaltung alles friedlichen wesens und ainigkeit im hayligen reich“.76 In diesem Sinne sollten die Stände, „so bißher die ordnungen und satzungen gemeiner christlichen kirchen gehalten“, diese weiterhin einhalten und nicht davon abweichen, während diejenigen Stände, „so newerung fürgenomen“, entweder die Möglichkeit hätten, sich vollständig mit den „gemeinen stennden“ zu vergleichen oder sich nach der vorliegenden Ordnung zu richten und „weiter nit greiffen noch schreitten“, selbst wenn ihre bisher vorgenommenen Änderungen weitergehender waren, sondern „gentzlich dabey bleiben“.77 Im Klartext bedeutete diese Regelung, daß den Protestanten zwei Alternativen zugebilligt wurden, entweder in den Schoß der altgläubigen Kirche zurückzukehren oder aber die Reformierung ihres Kirchenwesen bis auf Laienkelch und Priesterehe rückgängig zu machen – und dies vorübergehend bis zur endgültigen Entscheidung durch ein Konzil. Selbst die zweite Möglichkeit bedeutete in ihrer konsequenten Umsetzung eine „fast völlige [...] Rekatholisierung der Gemeinden“78. Die ersten 3 der insgesamt 26 Artikel widmen sich der Schöpfung, dem gefallenen Menschen und dessen Erlösung. Diese wurden bereits während des Regensburger Religionsgesprächs 1546 durch beide Seiten als unproblematisch angesehen.79 Auch die nächsten Artikel (4–8) greifen mit der Rechtfertigung ein Thema auf, das dort bereits diskutiert wurde, über das man abschließend jedoch keine Einigung erzielen konnte.80 „Also khomen zusamen

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Die Propositio in: MEHLHAUSEN, Interim, 32. Ebd., 33f. Hier wird die hauptsächlich altgläubige Provenienz des Interims deutlich: Die „gemeinen stennde“ (communes status) beziehen sich auf die altgläubigen, die „andern stennde, so newerung fürgenomen“ (reliquos vero status, qui innovationes instituerint) auf die protestantischen Stände. Entgegen diesem Kontinuitätsanspruch postulierte das protestantische Selbstverständnis die Wiederherstellung der ursprünglichen – also alten – Ordnung. Die Ausarbeitung der Confessio Augustana diente ja v.a. dazu, eben dies zu beweisen. Vgl. grundsätzlich dazu: JOHANNES BURKHARDT, Alt und Neu. Ursprung und Überwindung der Asymetrie in der reformatorischen Erinnerungskultur und Konfessionsgeschichte, in: PETER B URSCHEL u.a. (Hrsg.), Historische Anstöße. Festschrift für Wolfgang Reinhard zum 65. Geburtstag am 10. April 2002, Berlin 2002, 152–171. 78 So die Einschätzung von JOACHIM MEHLHAUSEN, Art. Interim, 233. 79 Vgl. Kap. 3. 80 Zum Rechtfertigungsartikel im ‚Regensburger Buch‘ vgl. ebd. Sowie: BERNHARD LOHSE, Wiedervereinigungsversuche zwischen Katholiken und Protestanten, in: Die Lehrentwicklung im Rahmen der Konfessionalität, Handbuch der Dogmen- und Theologiegeschichte Bd. 2, hrsg. von CARL ANDRESEN und ADOLF MARTIN RITTER, 2. überarb. Aufl., Göttingen 1998, 102–108, 104f. Der Anteil Agricolas am Verfassen des Interims wird insbesondere im Artikel 77

Die Bestimmungen des Augsburger Interims

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Christi verdienst und die eingegebne gerechtigkait [et iustitia inhaerens], zu welcher wir verneuert werden durch die gab der liebe [per donum caritatis].“81 Die hier niedergelegte duplex iustificatio, das Erlösungswerk Christi und die am Menschen anhaftende Gerechtigkeit, ist eher als eine „innerkatholische Zwischenlösung“82 als ein ernsthaftes Vergleichsangebot an die Protestanten anzusehen, obwohl gerade die Zweiteilung der Rechtfertigung für eine Verständigung zunächst brauchbar schien. Doch selbst wenn in der letztlichen Betonung des Verdienstes Christi der Bearbeitungseinfluß Agricolas unverkennbar zu sein scheint83, negiert der Artikel das in der Confessio Augustana formulierte Bekenntnis zur Rechtfertigung „propter Christum per fidem“84 und damit einen Grundsatz der lutherischen Lehre. Darüber hinaus wird die Liebe als Indiz der inhärierenden Gerechtigkeit angeführt85 und neben Glaube und Hoffnung als Voraussetzung der Rechtfertigung benannt: „Dann diese gerechtigkait besteet durch den glauben [fide], die hoffnung [spe] und die liebe [caritate] [...].“86 Früchte der Liebe sind laut Art. 7 die guten Werke, die zwar nicht zur Rechtfertigung, wohl aber zum Erhalt der Gnade Gottes beitragen und ein Zeugnis des Glaubens darstellen.87 Zugleich wird mit Verweis auf Jak 2,17 jedoch der Glaube, „der durch die lieb nit würcket, [...] nit für lebendig angesehen“. Die Problematik jener Artikel 4 bis 8 für die Protestanten ergibt sich vor allem in der Zusammenschau: Das große Gewicht, welches dem donum caritatis eingeräumt wird, läßt das gute Werk als meritum erscheinen, ohne daß „das gesamte göttliche Heilshandeln am Menschen vergeblich“ wird.88 Die Rechtfertigung als freies Geschenk Gottes wird hier verbunden mit dem Konzept der Heiligung durch die guten Werke.89 In dieser Hinsicht war die Rechtfertigungslehre, so Bernhard Lohse, von der reformatorischen Lehre noch entfernter als die des ‚Regensburger Buches‘.90 zur Rechtfertigung verortet, dem jeglicher Hinweis auf die Bedeutung des Gesetzes fehlt. Vgl. KAWERAU, Johann Agricolas Antheil, 413. 81 Art. 4: Von der rechtfertigung, in: MEHLHAUSEN, Interim, 42–47, hier 46. 82 SOWADE, Das Augsburger Interim, 142. 83 So zumindest die Einschätzung von RABE, Reichsbund, 429. 84 Art. IV der Augsburger Confessio: De iustificatione, in: BSLK, 31–137, hier 56. 85 MEHLHAUSEN, DUPLEX IUSTIFICATIO, 46. Die Lehre von der doppelten Rechtfertigung ordnete sich ein in die aktuelle Lehrauseinandersetzung auf dem Trienter Konzil. 86 Art. 6: Von der weise durch welche der mentsch die rechtfertigung bekombt, in: MEHLHAUSEN, Interim, 48–51, hier 50. 87 Es werden unterschieden die heilsnotwendigen („ut necessaria ad salutem“), da von Gott gebotenen, Werke und jene, die darüber hinaus gehen („praeceptis superaddita“). Art. 7: Von der liebe und gueten wercken, in: MEHLHAUSEN, Interim, 52–56, hier 54–56. 88 MEHLHAUSEN, DUPLEX IUSTIFICATIO, 66. 89 Vgl. NATHAN BARUCH REIN, Faith and Empire. Conflicting Visions of Religion in a Late Reformation Controversy – The Augsburg Interim and Its Opponents, 1548–50, in: Journal of American Academy of Religion 71, March 2003, 1, 45–74, v.a. 55f. 90 Vgl. LOHSE, Wiedervereinigungsversuche, 107.

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Das Interim

Allerdings ist damit auch die Möglichkeit geschaffen, zwischen der Theologie der Rechtfertigung und dem kirchlichen Ritus bzw. der Liturgie zu unterscheiden.91 Die ekklesiologischen Artikel (9–13) gehen hauptsächlich auf die Vorarbeiten von Julius Pflug zurück. Sie heben die Mittlerposition der Kirche hervor und stellen sie – entgegen der lutherischen Auffassung von der unsichtbaren Kirche – als eine in Ort und Zeit vergegenwärtigte Institution dar mit klar definierten Ordnungen und Aufgaben.92 Ihr obliege es, „die waren schriefften von der falschen zu scheiden“, die Schrift auszulegen und zu erklären.93 Die Beschlüsse der Konzilien seien gleich dem zu achten, „als hette es der heillig geist selbst geschlosen“.94 Dieses Nebeneinander von Heiliger Schrift, Tradition und Konzilsentscheid erteilt dem sola-scriptura-Prinzip eine deutliche Absage und hält an der Unfehlbarkeit der altgläubigen Kirche qua apostolischer Sukzession fest. Artikel 12 und 13 bekräftigen ebenso die Unterscheidung zwischen allgemeinem und berufenem Priestertum95 wie die im obersten Bischof personalisierte vollkommene Gewalt in der Nachfolge Petri, der alle Christen unterworfen sind: „Und sollen alle christen dem obersten bischoff und ein jeder seinem bischove sonderlich gehorsam sein [...]“.96 Die Einschränkung, die Oberhoheit des Papstes sei an die Funktion gebunden, „scismata und trennung zu verhueten“ und die „gwalt, so er hat, gebrauchen nit zur zerstörung [ad destructionem], sonder zur erbawung [ad aedificationem]“, sollte als Angebot für die protestantische Auffassung von Kirche und ihren Bischöfen dienen.97 Ingesamt jedoch stellte dieser Abschnitt des Interims eine große Herausforderung für die reformatorische Kirche dar. Die nächsten Artikel widmen sich den Sakramenten (Art. 14–21), deren traditionelle Siebenzahl beibehalten ist.98 Artikel 17 stellt das äußere Zeichen der Absolution in das Zentrum des Bußsakramentes und verbindet dies mit der Notwendigkeit äußerer Werke, wie Fasten, Beten etc. Sollten diese Früchte auch in Glaube und Liebe realisiert werden, spielte doch der Glaube hier 91

„The Interim’s theology thus has the practical effect of creating a two-tier model of religion [...] In the first tier [...] the Interims postulates justification as a matter of existential faith and grace. [...] The second tier of religious life, however, that of liturgy and ritual, is public and visible. Believers must perform ritual and do good works, irrespective of individual faith or salvation.“ REIN, Faith and Empire, 56. 92 SOWADE, Das Augsburger Interim, 152. 93 Art. 11: Von dem gwalt und auctoritet der kirchen, in: MEHLHAUSEN, Interim, 66–69, hier 66. 94 Ebd. 68. 95 Vgl. Art. 12: Von den dienern der kirchen, in: ebd., 70f. 96 Art. 13: Vom obersten bischoff und andern bischoven, in: ebd. 70–73, hier 72. 97 Ebd. 72. Vgl. Art. 28: Von der Bischofen Gewalt der Augsburger Confessio. 98 Auf die Sakramente der Firmung, Ölung und der Ehe wird im folgenden nicht gesondert eingegangen. Sie alle galten den Protestanten als nicht schriftbegründet und daher nicht als Sakrament.

Die Bestimmungen des Augsburger Interims

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eine untergeordnete Rolle, wurde die Gnadenwirkung der Sakramente ex opere operatu verstanden.99 Ebenso hält der Artikel zur Eucharistie an der Transsubstantiation von Brot und Wein explizit fest und verurteilt diejenigen, die dieser Lehre nicht folgen.100 Im Artikel zur Priesterweihe wird das Sakrament als Wasserscheide zwischen dem allgemeinen Priestertum und dem Priesterstand beschrieben. Im Gegensatz zu den Lutheranern sei der Priesterstand kein Beruf, sondern wird durch das Zeremoniell des Handauflegens durch die Bischöfe konstituiert.101 Gesondert vom Art. 18 wird das Meßopfer abgehandelt (Art. 22). Die Kirche kenne zweierlei Opfer („duo sacrificia“): das Opfer des Kreuztodes Christi und jenes Opfer, das im Abendmahl vollzogen wird. „also hat Gott seiner kirchen ein raines und heilsames opffer seines leibs und pluets under gestalt brots und weins befolhen, dadurch wir one underlaß die gedechtnus seines leibs und pluets, das für uns vergossen ist, in unserm hertzen verneueten und den nutz des bluetigen opffers [...] an uns brechten“.102 Das Meßopfer wird daher verstanden als ein äußerlicher Nachvollzug des Opfers Christi zu dessen Gedächtnis, zur Erweckung und Erhaltung des Glaubens sowie zum Dank Gottes. Voraussetzung für die Teilnahme am Abendmahl sei die Beichte und die darauf folgende Absolution.103 Da der Charakter der Messe als Opfer oder – wie ihn die Lutheraner interpretieren – als memoria bzw. repraesentatio bereits in den früheren Religionsgesprächen äußerst umstritten war104, belegt der Text seine Aussagen mit ausführlichen Verweisen auf die Heilige Schrift und die Kirchenväter. Des weiteren wird an der während der Messe vorgenommenen Fürbitte der Heiligen festgehalten, auch wenn der Verdienst gegenüber der Anrufung Christi relativiert ist.105 Artikel 26 schreibt die Beibehaltung aller bisher in der altgläubigen Kirche gebräuchlichen Zeremonien der Sakramente vor, d.h. der Meßkanon, die Ölung etc. Nur dort solle nachgebessert werden, wo die Zeremonien „zu aberglauben ursach geben mocht[en]“.106 Ebenfalls verbleiben die „altaria, 99

Vgl. Art. 17: Vom sacrament der buesse, in: ebd., 82–85. „Wer aber das laugnet, der zweifelt an Christi almechtigkeit und schilt in einen lügner.“ Art. 18: Vom sacrament des altars, in: ebd. 86–89, hier 86. 101 Vgl. Art. 20: Vom sacrament der priesterweihe, vgl. ebd., 92–95. 102 Vgl. Art. 22: Vom opffer der meß, ebd., 102–122, hier 112. 103 Vgl. Art. 25: Von der communion, wie sie beim opffer der meß gehalten werden soll, in: ebd. 134f. 104 Vgl. hierzu ERWIN ISERLOH, Art. Abendmahl III/3.2: Römisch-katholische Kirche, in: TRE 1, 122–131, v.a. 225. Zum Verständnis des Abendmahls als Gedächtnis bei den Reformatoren vgl. jetzt: DOROTHEA WENDEBOURG, Essen zum Gedächtnis. Der Gedächtnisbefehl in den Abendmahlstheologien der Reformation, Beiträge zur historischen Theologie 148, Tübingen 2009. 105 Vgl. Art. 23: Von der gedechtnus der haylligen im opffer der meß und von irer fürbitt, so darin begert wirdet. Auch kürtzlich: Von anruffen der heylligen, in: MEHLHAUSEN, Interim, 122–129. 106 Art. 26: Von der ceremonien und gebrauch der sacramenten, in: ebd. 134–145, hier 136. 100

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priesterclaider, die gefeß der kirchen, fanen, deßgleichen creutz, kertzen, bilder und gemelder“107 in den Kirchen, die aber lediglich dem Zwecke der Erinnerung dienen. Auch die horas canonicas, alle Feiertage, das Totenbegängnis usw. bleiben unverändert. Bis hierher sind die Bestimmungen des Artikels rein altgläubiger Natur, wird die äußere Erscheinungsform der altgläubigen Kirche der protestantischen auferlegt. Erst im zweiten Teil des Artikels finden sich die Konzessionen an die Protestanten. Man solle sich weiterhin des Fleischessens an den Feiertagen, dem Freitag und Samstag enthalten, nicht jedoch um sich dies als Verdienst anrechnen zu lassen, sondern aus rein gesundheitlichen und wirtschaftspolitischen Gründen.108 Die Priesterehe wird, „diweil iren ytzo vil sein, die im standt der gaistlichen die kirchenämbter verwalten und an vill ortten weiber genomen haben, die sei von inen nit lassen wollen“, vorübergehend gestattet. Auch wenn das Zölibat der schriftgemäße und apostolisch verbürgte Zustand der Priester sei, würde eine Aufhebung der Priesterehen doch zu „schwere[r] zerrüttung“ führen.109 Aus eben diesem Grund wird der Laienkelch auf Zeit zugelassen.110 Mit der interimistischen Billigung von Laienkelch und Priesterehe aus rein kirchenpolitischen Erwägungen heraus finden die Bedürfnisse der Protestanten Berücksichtigung. Im Gegenzug müssen sie die Rechtmäßigkeit der altgläubigen Tradition anerkennen. Gerade dieser Artikel verdeutlicht, daß die altgläubige Seite an ihrer bereits in früheren Religionsgesprächen vertretenen Auffassung, die kirchliche Einheit könne über Wiederherstellung einer äußeren Einheit erreicht werden, festhielt.111 Zusammenfassend läßt sich das Interim als eine Religionsformel beschreiben, deren dogmatische Aussagen in den entscheidenden Fragen der altgläubigen Glaubenslehre zuzuordnen sind, die aber doch im Bemühen um eine Akzeptanz seitens der Protestanten, Aspekte der reformatorischen Lehre zu integrieren suchte.112 Mit Laienkelch, Priesterehe und der Fastenregelung sowie des Verzichts auf die Regelung der Kirchengüterfrage wurden den Protestanten einige wenige Konzessionen eingeräumt. Doch im Grundtenor, der allen Artikeln immanent war, bestand kein Zweifel, welche Kirche die wahre Kirche war.113 Selbst und gerade in den Zugeständnissen an die Pro107

Ebd. 136. Vgl. ebd. 140–143. 109 Ebd., 142. 110 Vgl. ebd. 142. 111 Vgl. Kap. 3. Art. 7 stellte nun eben dafür die entsprechende theologische Grundlage bereit. 112 In der Form, daß „die Verfasser des Interim grundsätzlich gewillt waren, Formeln, die von den Protestanten hartnäckig verteidigt wurden, wenigstens an solchen Stellen zu dulden, wo sie in das eigene systematische Konzept hineinpaßten“. MEHLHAUSEN, DUPLEX IUSTIFICATIO, 54. 113 Das Interim als „theologisches Gespinst von seltsamer Künstlichkeit“ bei SKALWEIT, Reich und Reformation, 351. 108

Die Reaktionen auf das Augsburger Interim

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testanten wurden deren Abweichungen besonders hervorgehoben. Dennoch versuchten die Autoren des Interims, die Diskussionen vergangener Religionsgespräche aufzunehmen und deren Ergebnisse umzusetzen.114 1530 hatte Melanchthon mit eben der im Art. 26 angeführten Begründung mit der zeitweisen Zulassung von Laienkelch und Priesterehe eine Minimalforderung für einen religiösen Vergleich erhoben, die von altgläubiger Seite zunächst auf Zustimmung gestoßen war.115 Jedoch hatten sich die religiösen Verhältnisse inzwischen erheblich verändert. Ein Vergleich – zumal ein einseitiger und temporärer – in den sichtbaren Zeichen der Kirche, wie Laienkelch und Priesterehe, vermochte über die Lehrdifferenzen wie deren praktische Konsequenzen nicht hinwegzutäuschen und war zum Scheitern verurteilt. Insofern markierte das Augsburger Interim das Ende „der Ära der Religionsgespräche“.116

3. Die Reaktionen auf das Augsburger Interim 3.1. Die Reaktionen im Alten Reich Die Reaktionen auf das am 15. Mai 1548 beschlossene Augsburger Interim fielen im Alten Reich sehr verschieden aus. Dies gründete insbesondere im Charakter des Reichs- und Religionsgesetzes, das als „weltliches Bekenntnisdiktat“ dogmatische Differenzen und die damit verbundenen ekklesiologischen Ausformungen mittels weltlicher Gesetzgebung zu regeln gedachte. Damit wurde das Proprium des 16. Jahrhunderts zum Thema: die enge Verflechtung von Religion und Politik.117 Zugleich verwies es jedoch auch auf die Eigenlogik beider Bereiche und deren Verhältnis zueinander, das jeweils recht unterschiedlich definiert wurde. Die im Kern theologische Kontroverse wurde überlagert durch den politischen Konflikt. Denn mit der jeweiligen Entscheidung zur Annahme oder Ablehnung des Interims waren konkrete außen- und innenpolitische Interessen ebenso verbunden wie die Sondierung der Möglichkeiten zur Bewahrung des bekenntnis- und kirchenpolitischen Besitzstandes. Gerade in dieser Hinsicht stellte das Reichsgesetz einen Angriff auf das ständisch verbriefte Recht der kirchenpolitischen Autonomie dar. Die sich aus den jeweiligen Interessenlagen ergebenen Motive führten also zu sehr unterschiedlichen Reaktionen der protestantischen Stände auf die kaiserliche Aufforderung zur Annahme des Interims. Im folgenden sollen kursorisch einige Aspekte an verschiedenen Beispielen herausgegriffen werden. 114

Die Kontinuität der Diskussion ist insbesondere durch Julius Pflug gewährleistet. Vgl. Kap. 3. 116 Vgl. MEHLHAUSEN, Interim, 235. 117 Vgl. v.a. den Sammelband zur Thematik: FRIEDEBURG/SCHORN-SCHÜTTE, Politik und Religion. 115

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Das Interim

Doch zunächst sei ein kurzer Blick auf die Reaktion der Reichskirche geworfen. Bereits im Frühjahr ersuchte der Kaiser um erste Gutachten für den Interimsentwurf bei den Reichsständen. Die Repliken der geistlichen Fürsten und Kurfürsten sind in ihrer Aussage recht einheitlich. Ein Vergleich in den Religionsfragen gehöre grundsätzlich in die Zuständigkeit des Konzils. Den Protestanten seien zu viele Zugeständnisse gemacht worden, dagegen fehle die Regelung der Kirchengüterfrage gänzlich. Zudem könne die Ordnung nur für Protestanten gelten, da sie selbst schließlich der wahren Kirche treu geblieben wären. Unabhängig davon müsse in allen Teilen des Reiches der alte Glaube zugelassen werden.118 Während die Fürsten sich generell für nicht zuständig erklärten, dennoch verlangten, daß Laienkelch und Priesterehe nicht zu gestatten, lediglich zu dulden seien, erklärten die Kurfürsten, sich mit beiden Zugeständnissen arrangieren zu können, wenn die Formel ausschließlich für die Protestanten gelten würde.119 Wie bereits die Religionsverhandlungen der vergangenen Jahre gezeigt hatten, stand die Wiederherstellung der äußeren Einheit der Kirche im Zentrum der altgläubigen Argumentation.120 Obwohl der Kaiser nicht alle Forderungen der altgläubigen Stände berücksichtigte, stimmten sie dem im Mai überarbeiteten Entwurf des Interims zu. Dessen Einführung ist von der Umsetzung der ‚Formula reformationis‘ nicht zu trennen. Während die Realisierung des Interims zunächst vor allem am Mangel geeigneten Personals, der sogenannten Interimspriester, scheiterte und nur wenige Bischöfe die Möglichkeit nutzten, zumindest einige ihrer Kirchengüter zurückzuerlangen, verloren die altgläubigen Reichsstände mit dem Reichstag 1550/51 sowie der zweiten Konzilsperiode 1551 mehr und mehr das Interesse an der Durchsetzung des Interims.121 Während also das Interim seitens der Reichsstände und der römischen Kurie mehrheitlich auf Ablehnung stieß, sahen Kontroverstheologen, wie Georg Witzel und Johannes Cochlaeus, in dem Vergleich die ernsthaften Bemühungen des Kaisers, die abgewichenen Stände – zur Not auch mit Gewalt – in den Schoß der Kirche zurückzuführen, um den Reichsfrieden wiederherzustellen.122 Alle Parteien aber setzten sich mit den Lehrinhalten des Interims kaum auseinander. Das Interim blieb für sie „eine unbedeutende Episode“.123

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Vgl. hierzu ROLF DECOT, Die Reaktionen der katholischen Kirche auf das Interim, in: SCHORN-SCHÜTTE, Das Interim, 366–384, v.a. 373f. sowie das Bedenken der geistlichen Kurfürsten (RTA J.R. 18.2, Nr. 185, 1773–1777) sowie der geistlichen Fürsten (ebd., Nr. 186, 1778–1783) vom April 1548. 119 Vgl. RABE, Reichsbund, 437–439. 120 Vgl. Kap. 3. 121 Vgl. DECOT, Die Reaktionen, 383. 122 Vgl. hierzu HERIBERT SMOLINSKY, Altgläubige Kontroverstheologen und das Interim, in: DINGEL/W ARTENBERG, Politik und Bekenntnis, 51–64. 123 So die Einschätzung durch DECOT, Die Reaktionen, 385.

Die Reaktionen auf das Augsburger Interim

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Sehr viel differenzierter fielen dagegen die Reaktionen der Protestanten aus. Die Niederlage des Schmalkaldischen Bundes im April 1547 hatte für dessen Mitglieder harte Konsequenzen. In den Aussöhnungsverhandlungen, die sich stellenweise bis 1549 hinzogen, verpflichteten sich die betroffenen Stände zu erheblichen Reparationszahlungen sowie zur Unterwerfung unter den Kaiser und die Reichsbeschlüsse. Diese Regelung erlebte mit der Aufforderung, das beschlossene Interim in den jeweiligen Territorien und Städten einzuführen, im Frühsommer 1548 ihre Bewährungsprobe. Insbesondere der süddeutsche Raum sah seinen Handlungsspielraum ob der Aussöhnungsverhandlungen stark eingeschränkt. Herzog Ulrich von Württemberg, der sich aufgrund der im Heilbronner Vertrag festgeschriebenen Kapitulationsbedingungen mit dem drohenden erneuten Verlust seines Territoriums konfrontiert sah, ergriff mit der Einführung des Interims in seinem Herzogtum die Chance, dem Kaiser und dessen Bruder die Einhaltung des Vertrages zu demonstrieren.124 Erfolgte im Sommer 1548 die Umsetzung des Interims nur halbherzig, ließ der Herzog angesichts einer anstehenden Durchreise Karls V. das Interim ein zweites Mal verkünden, ordnete eine allgemeine Meßfeier an und ließ all jene Prediger und Diakone ihres Amtes entheben, die sich weigerten, das Interim zu realisieren. Diese Maßnahmen führten zu enormen Engpässen in der gottesdienstlichen Versorgung der Gemeinden, die selbst mit den sogenannten Interimspriestern125 nicht zu gewährleisten war. In Mömpelgard suchte Ulrichs Sohn Christoph, das Interim zu umgehen. Allerdings bewirkte der Befehl des Herzogs vom 19. September 1548 eine Wiedereinführung des altgläubigen Kultus und die Entlassung weiterer Prediger.126 Im Winter 1548/49 waren ca. 300–400 Prediger ihres Amtes enthoben.127 Mit Antritt der Nachfolge durch Christoph von Württemberg konnten einige Auswirkungen des Interims beseitigt werden, auch wenn er nach außen hin selbst 1551 die Befolgung des Reichsbeschlusses betonte. Der Befehl Christophs zur Einstellung der Messe im Juni 1552 beendete das Interim in Württemberg.128

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Vgl. v.a. ARMIN KOHNLE, Die Folgen des Interims am Beispiel Württembergs, in: DINGEL/ WARTENBERG, Politik und Bekenntnis, 83–96. Sowie immer noch die detailreiche Studie: GUSTAV BOSSERT, Das Interim in Württemberg, Halle 1895. 125 Die Untersuchungen zur Gruppe der Interimsgeistlichen stehen noch am Anfang. Vgl. hierzu zunächst nur: OLIVER AUGE, Unrichtige Händel der interimistischen Stiftspersonen? Gedanken zu einer Neubewertung des Interimsklerus anhand des Fallbeispiels Stuttgart, in: ZKG 114, 2003, 1, 72–98. 126 Vgl. CHRISTOPH BRENDLE, Dynastie, Reich und Reformation. Die Württembergischen Herzöge Ulrich und Christoph, die Habsburger und Frankreich, Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden Württemberg: Reihe B, Forschungen 141, Stuttgart 1998, v.a. 317. 127 Von den insgesamt 500 Pfarrstellen waren lediglich ca. 100 durch Interimspriester besetzt; vgl. die Angaben bei BOSSERT, Interim, 62 und 82. 128 KOHNLE, Die Folgen des Interims, 95.

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Das Interim

Ähnlich eng war der Spielraum der Reichsstadt Frankfurt am Main bemessen. In der Hoffnung, einen Nachlaß der Reparationszahlungen vom Kaiser zu erhalten, zeigte sich der Rat gegenüber dem Kaiser und dem Mainzer Erzbischof gehorsam, führte das Interim ein, restituierte die Stifte und Klöster und entließ jene Prediger, die sich der Annahme des Interims verweigerten.129 Noch 1553, nachdem der Passauer Vertrag130 das Interim aufgehoben hatte, drang der Rat auf die Einhaltung der interimistischen Regelung. Auch Philipp von Hessen versprach sich von der Annahme des Interims am 22. Juni 1548 eine Erleichterung seiner Unterwerfungsbedingungen sowie eine baldige Entlassung aus der Haft.131 Allerdings gelang es vor allem ob des Protestes der Prediger, einige Artikel, die nicht Gottes Wort widersprachen, in Hessen umzusetzen.132 Der ebenfalls gefangene ehemalige sächsische Kurfürst Johann Friedrich folgte diesem Beispiel nicht, sondern begründete bereits am 5. Juli 1548 seine Ablehnung des Interims, die er, Rückhalt findend in der Familie wie bei seinen Landständen133, Anfang 1549 in einem Glaubensbekenntnis ausformulierte.134 Beide Fürsten blieben trotz ihrer gegensätzlichen Ant129

Vgl. HERMANN DECHENT, Kirchengeschichte von Frankfurt am Main seit der Reformation 1. Frankfurt am Main 1913, S. 161ff. 130 Der Passauer Vertrag ist samt einigen Verhandlungsprotokollen ediert und mit einer ausführlichen Einleitung versehen durch VOLKER HENNIG DRECOLL (Hrsg.), Der Passauer Vertrag (1552). Einleitung und Edition, Arbeiten zur Kirchengeschichte 79, Berlin 2000. Vgl. auch: WINFRIED BECKER (Hrsg.), Der Passauer Vertrag von 1552. Politische Entstehung, reichsrechtliche Bedeutung und konfessionsgeschichtliche Bewertung, Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns 80, Neustadt a.d. Aisch 2003. 131 Vgl. HANS SCHNEIDER, „Das heiß eine neue Kirche bauen“. Die Formierung einer evangelischen Landeskirche in Hessen, in: INGE AUERBACH (Hrsg.), Reformation und Landesherrschaft. Vorträge des Kongresses anlässlich des 500. Geburtstages des Landgrafen Philipp des Großmütigen von Hessen vom 10. bis 13. November 2004 in Marburg, Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen 24.9, Marburg 2005, 73–99, v.a. 93f. SIMON ISSLEIB, Die Gefangenschaft Philipps von Hessen 1547–1552, in: DERS., Aufsätze und Beiträge, 475–530, v.a. 490. Vgl. hierzu v.a. das Schreiben Philipps an die hessischen Theologen vom 16.07.1548, in: GÜNTHER FRANZ u.a. (Hrsg.), Urkundliche Quellen zur hessischen Reformationsgeschichte, Bd. 3: 1547–1567, bearb. nach Walter Köhler, Walter Sohm, Theodor Sippell und Friedrich Wilhelm Schaefer, Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck 11,3, Marburg 1955, Nr. 603, 30–35. 132 „Insgesamt hat sich Hessen dem Interim verweigert.“ So die Einschätzung von SCHEIBLE, Das Augsburger Interim, 8. Vgl. insgesamt hierzu: FRITZ HERRMANN, Das Interim in Hessen, Marburg 1901. 133 Diese hatten am 04.08.1548 die Annahme des Interims verweigert. Vgl. hierzu u.a. RUDOLF HERRMANN, Thüringische Kirchengeschichte 2, Weimar 1937, 57f. 134 Vgl. insgesamt GEORG MENTZ, Johann Friedrich der Grossmütige 1503–1554, Teil 3: Vom Beginn des Schmalkaldischen Krieges bis zum Tode des Kurfürsten. Der Landesherr. Aktenstücke, Beiträge zur neueren Geschichte Thüringens 1,3, Jena 1908, 287. Zum Glaubensbekenntnis vgl. GUSTAV LEBRECHT SCHMIDT, Bekenntniß Johann Friedrichs des Großmüthigen über das Interim, in: Zeitschrift für die historische Theologie 1868, 3, 431–444 sowie jüngst VOLKER LEPPIN, „... und das Ichs nicht fur gotlich sondern fur eine lauter teufels

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worten auf das kaiserliche Ersuchen weiterhin in Haft. Der auf Neutralität bedachte Pfalzgraf dagegen hatte für seine Person das Interim abgelehnt und überließ die Einführung der zumindest unproblematischen Artikel der geistlichen Amtsgewalt. Diejenigen Pfarrer, welche die Annahme des Interims verweigerten, mußten ihr Amt aufgeben, konnten aber weiterhin im Land verbleiben, so sie die Bevölkerung nicht gegen das Interim aufbrachten.135 Dennoch wurden die Artikel nur zögerlich umgesetzt, was Kurfürst Friedrich 1550 mit dem behutsamen Umgang mit den „schwachen onverstendigen“ begründete.136 Bei den beiden geächteten pommerschen Herzögen Barnim XI. und Philipp I. drohten die Aussöhnungsverhandlungen, an der Ablehnung des Interims zu scheitern. Daher bekundeten sie auf dem zweiten Interimslandtag am 14. Februar 1549 die Annahme ausschließlich für ihre Person und dies mit erheblichen Modifikationen (z.B. die Interpretation der Rechtfertigung im Sinne Luthers).137 Eine Umsetzung des Interims für das Herzogtum wurde dem Bischof von Kammin übertragen, dessen Stelle jedoch bis zum Ende des Jahres 1551 vakant blieb. Der Kaiser akzeptierte diese Regelung und nahm im April 1549 die pommerschen Herzöge in Gnaden an. Durch die Strategie des Temporisierens, der formellen Bekundung des Gehorsams nach außen hin und der zurückhaltenden Ausführung des Interims, hatten die pommerschen Herzöge ihre Reichsstandschaft gerettet und härtere Kapitulationsbedingungen verhindert. Für den reichsunmittelbaren Adel wurde konstatiert, daß deren Ächtung infolge des Schmalkaldischen Krieges weit mehr ins Gewicht fiel als ihre Reaktionen auf das Interim.138 So mußte Graf Ludwig XV. von OettingenOettingen samt seinem erstgeborenen Sohn Ludwig XVI. das Land in ein mehrjähriges Exil verlassen, während sein zweiter altgläubiger Sohn Friedrich die Regentschaft übernahm. Dieser suchte sich nun mit einer harten Umsetzung des Interims in dem protestantischen Gebiet zu profilieren und entließ rigoros sämtliche lutherischen Prediger. Nach der Rückkehr der Grafen in ihr Herrschaftsgebiet 1552 blieb die Residenzstadt Oettingen bikonfessionell. Ebenfalls, vor allem im süddeutschen Raum, konnte die Präsenz der kaiserlichen Truppen und zeitweilige Anwesenheit des Kaisers selbst ausschlaglehr halte und achte“. Die theologische Verarbeitung des Interims durch Johann Friedrich den Älteren, in: DINGEL/W ARTENBERG, Politik und Bekenntnis, 111–123. 135 „Die Grenze der zugestandenen Toleranz war politisch, nicht religiös definiert.“ So zutreffend: LUTTENBERGER, Glaubenseinheit und Reichsfriede, 479. 136 Ebd., 523. 137 Vgl. KONRAD SCHRÖDER, Pommern und das Interim, Baltische Studien, N.F. XV, Stettin 1911, 27f. Sowie: GOTTLIEB MOHNIKE, Der Pommerschen Theologen Bedenken über das Augsburgische Interim, in: Zeitschrift für die historische Theologie 13, 1843, 36–56. 138 Das Interim blieb daher ein „Epiphänomen“ des Schmalkaldischen Krieges; vgl. hierzu: CARL, Haltung des reichsunmittelbaren Adels, in: SCHORN-SCHÜTTE, Das Interim, 147– 165, v.a. 156f. und 164.

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Das Interim

gebend für die Annahme des Interims sein. In der Reichsstadt Heilbronn stellten zum Beispiel die noch infolge des Krieges in der Stadt einquartierten spanischen Truppen eine starke Belastung dar.139 Da deren Abzug von der Annahme des Interims abhängig gemacht wurde, entschied sich der Rat am 5. Juni 1548, dem Gesetz zu entsprechen. Bereits am 18. Juni erging der Befehl an die Truppen, die Stadt zu räumen. Auch die Reichsstadt Nürnberg sah sich angesichts der in der Nähe der Stadt liegenden Truppen in ihrem Spielraum eingeschränkt.140 Um so mehr hielt es der Rat für erforderlich, am 20. Juni 1548 dem Kaiser formell die Einführung des Interims zu bekunden, innerhalb der Stadt aber den Vollzug zu verschleppen bzw. nur einige Artikel umzusetzen (Feiertage, Fastentag, Privatabsolution). Dieser Strategie leisteten die Prediger der Stadt allerdings keine Folge, sondern lehnten in mehreren Gutachten das Interim entschieden ab und hielten sich auch vor der Bürgerschaft nicht mit ihrer Kritik zurück. Erst durch diesen Widerstand war der Rat gezwungen, die Umsetzung des Interims selbst in die Hand zu nehmen und in Gestalt einer neuen Gottesdienstordnung umzusetzen. Da die Geistlichen weiterhin das Evangelium predigen durften, verblieben letztlich alle in ihren Ämtern. Nur der Pfarrer von St. Lorenz, Andreas Osiander, trug diesen Kompromiß nicht mit und kündigte sein Amt am 6. November 1548 auf.141 Ähnlich verhielt es sich mit den Reichsstädten Ulm und Straßburg sowie dem Herzogtum Württemberg. Wie effektiv die Präsenz der Truppen vor oder in den Reichsstädten sein konnte, wird am Beispiel der das Interim ablehnenden Reichsstadt Konstanz deutlich. Nachdem Granvelle die Verhandlungen mit den Konstanzer Gesandten am 5. August 1548 ergebnislos abgebrochen hatte, folgte bereits einen Tag später die Verhängung der Reichsacht und zugleich der Sturm der spanischen Truppen auf die Reichsstadt.142 Selbst als die Konstanzer diesen Angriff erfolgreich abwehren konnten und König Ferdinand sich schließlich für den friedlichen Weg der Unterwerfung 139

Vgl. insgesamt M. DUNCKER, Heilbronn zur Zeit des Schmalkaldischen Kriegs und des Interim, in: Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte 23, 1914, 1–87, v.a. 55–87. 140 Vgl. insgesamt CARL CHRISTIAN HIRSCH, Geschichte des Interim zu Nürnberg, samt denen dazugehörigen Beilagen, Leipzig 1750. GUSTAV BUB, Die Politik des Nürnberger Rates während des Interims, Nerchau i.Sa. 1924. Sowie: GERHARD PFEIFFER, Die Stellungnahme der Nürnberger Theologen zur Einführung des Interims 1548, in: KARLMANN BEYSCHLAG/ GOTTFRIED MARON/EBERHARD WÖLFEL (Hrsg.), Humanitas-Christianitas. Festschrift für Walther von Löwenich, Witten 1986, 111–133. 141 Zu Osianders Haltung zum Interim vgl. STUPPERICH, Das Augsburger Interim. GOTTFRIED SEEBASS, Das reformatorische Werk des Andreas Osiander, Einzelarbeiten aus der Kirchengeschichte Bayerns XLIV, Nürnberg 1967, v.a. 101–110. Sowie: GUNTER ZIMMERMANN, Prediger der Freiheit. Andreas Osiander und der Nürnberger Rat 1522–1548, Mannheimer Historische Forschungen 15, Mannheim 1999, v.a. 438–490. 142 Vgl. DOBRAS, Ratsregiment, v.a. 159–162. Sowie: DERS., Karl V., Ferdinand I. und die Reichsstadt Konstanz, in: RABE, Karl V. Politik und politisches System, 191–221, v.a. 215–218.

Die Reaktionen auf das Augsburger Interim

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entschied, präsentierten sich doch die kaiserlichen Truppen als schlagkräftiges Argument zur Durchsetzung des Reichsgesetzes.143 Nicht zuletzt wirkten sich der Stand der Reformation und die Etablierung einer protestantischen Kirchenorganisation auf den Umgang mit dem Interim in den jeweiligen Städten und Territorien aus. In der Stadt Mühlhausen, die auch nach ihrer Unterwerfung unter Philipp von Hessen, Moritz von Sachsen und Johann Friedrich von Sachsen 1525 altgläubig geblieben war, wurde durch ihre Schutzherren die Reformation gegen den Protest von Teilen des Rates und der Bürgerschaft durchgesetzt.144 Das Bestreben des Rates, den Status der freien Reichsstadt wiederzuerlangen, verband sich hier mit einer reformationsfeindlichen Einstellung. Die Annahme des Interims im August 1548 führte in Mühlhausen zur Restitution der vorreformatorischen Kirchenorganisation. Erst nach sieben Jahren wurde den Lutheranern wieder eine eigene Kirche zugebilligt. Im Kurfürstentum Brandenburg dagegen bewegte sich die Interimspolitik Joachims II. zwischen der Wahrung der hohenzollernschen Hausmachtinteressen145 und dem Schutz der kirchlichen Verhältnisse. Bekanntlich war die brandenburgische Kirchenordnung aus dem Jahre 1540 eine der konservativsten innerhalb des protestantischen Kirchenwesens146, hatte sie doch viele altgläubige Gebräuche und Zeremonien, unter anderem die Prozessionen, das Fronleichnamsfest sowie das Meßornat, übernommen.147 Nach der anfänglichen Unterstützung der Beschlußfassung des Interims durch den Brandenburger während des Reichstages hielt er sich seit seiner Heimkehr bis zum Dezember 1548 mit konkreten Maßnahmen zur Durchführung des 143

Zur Überbetonung der Bedeutung der kaiserlichen Truppen in der protestantischen Historiographie vgl. HANS-CHRISTOPH RUBLACK, Esslingen, die Reformation und das Interim, in: Esslinger Studien 20, 1981, 73–90, v.a. 85. 144 Vgl. GÜNTHER WARTENBERG, Zwischen Kaiser, Konfession und Landesherrschaft. Das Interim in Mitteldeutschland, in: SCHORN-SCHÜTTE, Das Interim, 233–254, v.a. 250–252. 145 So hoffte er auf die Unterstützung des Kaisers bei der Einsetzung seines Sohnes Friedrich als Koadjutor und Administrator der Stifte Magdeburg und Halberstadt. Vgl. u.a. BODO NISCHAN, Die Interimskrise in Brandenburg, in: SCHORN-SCHÜTTE, Das Interim, 256. 146 Vgl. BODO NISCHAN, Prince, People and Confession. The Second Reformation in Brandenburg, Philadelphia 1994, 21. 147 Nicht eine römische oder wittenbergische, sondern eine ‚katholische‘ Kirche gedachte der Kurfürst in seinem Territorium zu etablieren: „So wenig ich an die Römische Kirche will gebunden seinn/ so wenig will ich auch an die Wittenbergische Kirche gebunden seinn/ denn ich nicht spreche/ Credo Sanctam Romanam, oder Wittenbergensem, sondern Catholicam ecclesiam; und meine Kirche allhie zu Berlin und Cöln ist eben eine solche rechte Christliche Kirche/ wie die Wittenberger Kirche/ und ist uns gnug/ daß wir im Worth/ in der Lehre/ in den Sakramenten und in den Haupt-Stücken/ daran die Seeligkeit gelegen/ einigk sein. In Mittel-Dingen/ als Ceremonien/ wil ich so wenig an die Kirche/ wie sie an meine Kirche wollen gebunden sein/ das sol frey sein.“ So die Aussage Joachims II. vor seinen Predigern im Januar 1549. SCHULZ, Ein apokryphes Lutherwort, 118f.

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Das Interim

Interims zurück.148 Erst die Einigung mit Kurfürst Moritz in Jüterbog Mitte Dezember 1548 über die Ausgestaltung der Interimsordnung und den adiaphoristischen Charakter der Zeremonien149 brachte das Interimsgeschehen in Brandenburg ins Rollen. Noch im Dezember ließ der Kurfürst den Text des Interims drucken und an die Pfarrer verteilen. Die neue Kirchenordnung ließ Joachim II. jedoch nicht dem Landtag vorlegen, sondern verlangte in Gruppenverhandlungen von den Predigern die Annahme des Interims. Keinem Geistlichen wurde ob seiner Verweigerung der Annahme gekündigt. Allerdings verließen einige Prediger, unter ihnen der Prediger der Brandenburger Neustadt, Andreas Hügel, ihr Amt.150 Bereits im Januar 1549 informierte Joachim II. den Kaiser über die erfolgreiche Einführung des Interims151, realiter handelte es sich um eine Aktualisierung der brandenburgischen Kirchenordnung von 1540 mit einigen wenigen Zusätzen. Die lutherische Fassung der Rechtfertigungslehre blieb aber wie 1540 unangetastet.152 Städte, die keinen reichsunmittelbaren Status aufweisen konnten, hatten bei ihrer Entscheidung über die Annahme des Interims einerseits Rücksicht zu nehmen auf ihre Landesherren, benutzten andererseits den Konflikt, um ihre Autonomie diesen gegenüber auszubauen. So verhinderten die autonomen Landstädte Braunschweig und Göttingen die Einführung des Interims, trotz der Präsenz ihrer altgläubigen Landesherren Heinrich d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel und Erich II. von Göttingen-Calenberg.153 Während in Braunschweig der städtische Rat dem ablehnenden Votum der Prediger folgte154, entließ der Göttinger Rat auf Druck des Herzogs seinen Prediger Joachim Mörlin, um so einer möglichen Aufforderung zur Einführung des Interims seitens Erichs II. zuvorzukommen155. 148

Die Gründe für Joachims Zögern lagen nicht nur in der Ablehnung des Interims seitens Johanns von Küstrin; auch die Bevölkerung war inzwischen durch antiinterimistische Druckschriften, die sich besonders gegen den Hofprediger Johann Agricola wandten, aufgebracht. Vgl. KAWERAU, Agricolas Antheil, 270–273 sowie NISCHAN, Interimskrise, 257. 149 Vgl. die Ausführungen zur Leipziger Landtagsvorlage. 150 Vgl. KAWERAU, Agricolas Antheil, 290. 151 Vgl. NISCHAN, Interimskrise, 262. 152 Vgl. KAWERAU, Agricolas Antheil, 289. 153 Zu den Autonomiebestrebungen vgl. insgesamt OLAF MÖRKE, Rat und Bürger in der Reformation. Soziale Gruppen und kirchlicher Wandel in den welfischen Hansestädten Lüneburg, Braunschweig und Göttingen, Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen 19, Hildesheim 1983. 154 Vgl. MARIA ELISABETH GRÜTER, „Getruwer Her, Getruwer Knecht“. Zur Politik der Stadt Braunschweig im Spannungsfeld von Kaiser, Reich und Landesfürst in der Mitte des 16. Jahrhunderts, in: SICKEN, Herrschaft und Verfassungsstrukturen im Nordwesten des Reiches, 241–252 sowie: INGE MAGER, Die Stadt Braunschweig und ihr Geistliches Ministerium vor der Herausforderung durch das Interim, in: ebd., 265–274. 155 Vgl. hierzu OLAF MÖRKE, Landständische Autonomie zwischen den Fronten. Göttinger Ratspolitik zwischen Bürgerbewegung, Landesherrschaft und Reichspolitik im Umfeld des

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Anhand der ausgewählten Beispiele ist deutlich geworden, daß die Entscheidungen zur Annahme oder Ablehnung des Interims, die letztlich die weltlichen Obrigkeiten zu vertreten hatten, von verschiedenen Faktoren abhingen und nicht ausschließlich nach theologischen Gesichtspunkten getroffen wurden. Die Ablehnung, die dem Interim im Alten Reich entgegenschlug, war in erster Linie eine der protestantischen Geistlichkeit.156 Der Konflikt um das Interim verwies die weltlichen Obrigkeiten und die Geistlichen in den Städten und Territorien aufeinander und erforderte eine Neudefinition ihres Verhältnisses.157 Insbesondere im städtischen Dreiklang hatten sich Rat und Geistlichkeit untereinander, aber auch gegenüber den Bürgern zu positionieren.158 Erschien der weltlichen Obrigkeit die Annahme des Interims als politisch geboten, wie es vor allem in den süddeutschen Gebieten der Fall war, hatten die das Interim ablehnenden Prediger sich diesem unterzuordnen oder in letzter Konsequenz ihr Amt aufzugeben. Am Beispiel der Reichsstadt Straßburg159 wird dieser Interessenskonflikt besonders sichtbar. Angesichts der bevorstehenden Verhängung der Reichsacht und des Schicksals der Reichsstadt Konstanz160 drohte der Stadt ein po-

Augsburger Interims, in: WILFRIED EHBRECHT/HEINZ SCHILLING (Hrsg.), Niederlande und Nordwestdeutschland. Studien zur Regional- und Stadtgeschichte Nordwestkontinentaleuropas im Mittelalter und in der Neuzeit. Franz Petri zum 80. Geburtstag, Städteforschung: Reihe A, Darst. 15, Köln/Wien 1983, 219–244. Sowie: JOH. MEYER, Mörlins Entlassung aus Göttingen 1550, in: Zeitschrift der Gesellschaft für Niedersächsische Kirchengeschichte 34, 1929, 37–65. 156 Damit soll nicht generell die Ablehnung seitens der Gemeinden negiert werden. So rät auch Hans-Christoph Rublack zur Differenzierung der herkömmlichen Ansicht, das Interim sei am Widerstand des Volkes gescheitert; vgl. RUBLACK, Esslingen, 87. 157 In diesem Zusammenhang erschienen von seiten der Theologen und Juristen verschiedene theoretische Texte, die sich dem Verhältnis von status politicus und ecclesiasticus widmeten. Vgl. hierzu u.a. LUISE SCHORN-SCHÜTTE, Obrigkeitskritik und Widerstandsrecht. Die politica christiana als Legitimitätsgrundlage, in: D IES. (Hrsg.), Aspekte der politischen Kommunikation im Europa des 16./17. Jahrhunderts, HZ N.F. Beih. 39, München 2004, 195–232. Sowie: DIES., Kommunikation über Herrschaft, 71–108. 158 In Stralsund z.B. ist dieser Positionierungsversuch des Ministeriums gegenüber dem Rat gescheitert. Vgl. hierzu die Dissertation von ROXANE BERWINKEL, Weltliche Macht und geistlicher Anspruch. Die Hansestadt Stralsund und ihr Superintendent J. Freder. Ein innerstädtischer Konflikt um das Interim (1548/49) und seine Folgen, Wissenskultur und gesellschaftlicher Wandel 28, Berlin 2008. 159 Der Interimskonflikt in Straßburg ist sehr gut untersucht; vgl. v.a. LUDWIG BLEECK, Das Interim in Straßburg, Berlin 1893. WALTER FRIEDENSBURG, Kampf der Stadt Straßburg gegen das Augsburger Interim, in: Festschrift für Hans von Schubert, ARG Ergänzungsband 5, Leipzig 1929, 115–136. ERDMANN WEYRAUCH, Konfessionelle Krise und soziale Stabilität. Das Interim in Straßburg (1548–1562), Spätmittelalter und frühe Neuzeit 7, Stuttgart 1978. Sowie: BRADY, Zwischen Gott und Mammon, v.a. 256–275. 160 Die Vorgänge in Konstanz und Württemberg wurden im Reich mit Sorge beobachtet. Die hiermit verbundenen Erwartungshaltungen dürfen im Umgang mit dem Interim nicht unterschätzt werden.

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litischer und ökonomischer Kollaps. Während die Prediger das Interim ablehnten und vor allem Martin Bucer in seinen Gutachten das regnum Christi beschwor, suchte Jakob Sturm mit den restlichen in der Stadt verbliebenen Ratsmitgliedern, die Stadt im Interesse des Gemeinwohls zu retten. In diesem Sinne verhinderte denn auch der Rat die Diskussion seines Vorschlages innerhalb der Bürgschaft, den altgläubigen Gottesdienst nur in einigen Kirchen zuzulassen. Trotz mehrfacher Proteste seitens der Prediger fällte der Rat am 23. Januar 1549 die Entscheidung zur Annahme des Interims und enthob am 1. März Martin Bucer und Paul Fagius, die sich an das Schweigegebot des Rates nicht gehalten hatten, ihres Amtes. Während es für beide Prediger in statu confessionis keinen Kompromiß gab161, sah der Rat in diesem die einzige Möglichkeit, die Freiheiten und Privilegien der Reichsstadt zu bewahren, da deren Selbstverständnis über die konfessionelle Identität der Gemeinschaft hinausging.162 Wie stark die Handlungsmaximen des Rates von jenen abweichen konnten, die die Geistlichkeit an den Rat herantrug, verdeutlicht ein Votum des Augsburger Rates vom 26. Juni 1548 anläßlich der Einführung des Interims: „obwohl das Interim so beschaffen sei, daß sich kein Christ ihm mit gutem Gewissen unterwerfen könne, so müsse doch der Rat nicht so handeln, wie es die Ratsherren als Christen verantworten könnten, sondern wie es von gemeiner Stadt Nutz, Frommen und Wohlfahrt notwendig sei“.163 Weltliche und christliche Obrigkeiten traten in vielen Fällen während der Auseinandersetzungen um das Interim auseinander, wurden konsensuale und integrative Maßstäbe zum Erhalt des Friedens der Gewissensentscheidung übergeordnet. Die Religion dagegen konnte nur als Wahrheitsfrage behandelt werden.164 Wie fatal das Primat der Gewissens- gegenüber der politischen Entscheidung sein konnte, verdeutlicht das Beispiel der Reichsstadt Konstanz. Die Bewahrung des Bekenntnisses und des städtischen Heils schienen für Rat und Prediger deckungsgleich mit der Förderung des städtischen Gemeinwohls. Daher folgte der Ablehnung des Interims die Reichsacht und infolge dieser die Degradierung zur Landstadt. Im Gegensatz zu Straßburg hatte hier also der Rat sein Votum nicht von der Maßgabe der Geistlichen getrennt. Eben diesen Weg hatten die Wittenberger Theologen in mehreren 161

Vgl. hierzu v.a. ANDREAS GÄUMANN, Reich Christi und Obrigkeit. Eine Studie zum reformatorischen Denken und Handeln Martin Bucers, Zürcher Beiträge zur Reformationsgeschichte 20, Bern u.a. 2001, v.a. 418f. Sowie: WERNER BELLARDI, Bucers „Summarischer Vergriff“ und das Interim in Straßburg, in: ZKG 85, 1974, 1, 64–76. 162 Darauf verweist BIRGIT EMICH, „Als ob es ein new bapstum were ...“. Straßburg auf dem Weg zur Konfessionalisierung, in: Freiburger Diözesan-Archiv 113, 1993, 129–176, v.a. 175. 163 Zit. nach RUBLACK, Esslingen, 85. Auch für Esslingen konstatiert Rublack: „Der Rat gab seinen Anspruch, christliche Obrigkeit auf, um seinen Charakter als politische Obrigkeit voll wahren zu können.“, ebd., 89. 164 So HAUSCHILD, Widerstand, 260.

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von ihnen erbetenen Iudicia aufgezeigt165, die im Interesse des Erhaltes der Kirche die Trennung von theologischem und politischem Rat166 sowie einen Vergleich in den Adiaphora167 befürworteten. Die wendischen Hansestädte folgten dem Votum der Wittenberger allerdings nicht, sondern entschieden sich für die „politische[n] Verteidigung des Bekenntnisses“168. Unter Federführung des hamburgischen Superintendenten entstand ein gemeinsame ‚Erkleringe up das Interim‘ der Städte Hamburg, Lübeck und Lüneburg, dem sich die Räte anschlossen.169 Der Kaiser forderte zwar erneut im Frühjahr 1551 die Umsetzung des Interims, Folgen hatte dies jedoch nicht. Die Zusammenarbeit zwischen Räten und Predigern, die die Einführung des Interims verhinderte, ist insgesamt bezeichnend für den niederdeutschen Raum.170 Erfolgreich war dies allerdings vor allem, da der Kaiser nach der Niederlage bei Drakenburg von dem geplanten Zug in Richtung Norden absah, der Magdeburg und Halle niederwerfen und damit die nördlicher gelegenen Städte und Territorien in Angst versetzen sollte.171 Diese kaiserliche Planänderung verschaffte dem Norden jenen Spielraum, der ihm 165

So z.B. an die Straßburger Theologen vom 10. August 1548: „Ad omnes uno et eodem, modo scripsimus, ac suasimus, ut Pastores suam deliberationem omnino seiungant, a deliberatione politicorum gubernatorum, et respondeant plane, et perspicue, se nequaquam mutaturos esse genus doctrinae, quod in nostris Ecclesiis sonat, et se quidem non recipere librum, quia nostri officii est intelligere, et vitare corruptelas.“ CR 7, Nr. 4319, 97–101, hier 99. [Hervorhebung durch d.A.] Weitere Gutachten gingen an den Braunschweiger Superintendenten Medler vom 15.06.1548 (CR 6, Nr. 4272, 95f.) sowie an Markgraf Johann von Küstrin vom 31.07.1548 (CR 7, Nr. 4308, 84–87, hier 85). Über die nach Ansicht Melanchthons gebotene Zurückhaltung der Theologen in politischen Dingen vgl. dessen Schreiben an Hieronymus Baumgartner vom 03.07.1547, in: CR 6, Nr. 3929, 591–593, v.a. 592. 166 Damit folgten sie dem Votum Martin Luthers, der im Zusammenhang der Debatten um die Gegenwehr gegen den Kaiser die strikte Trennung der zwei Reiche in Anschlag gebracht hatte. Vgl. EIKE WOLGAST, Die Wittenberger Theologie und die Politik der evangelischen Stände. Studien zu Luthers Gutachten in politischen Fragen, Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte XLVII, Gütersloh 1977, 187. 167 Siehe unten. 168 So HAUSCHILD, Zum Kampf gegen das Interim, 67. 169 Vgl. hierzu HAUSCHILD, Widerstand, 260–264. Sowie: ROXANE WARTENBERG, Städtische Theologen und das Interim. Johannes Äpinus in Hamburg, in: DINGEL/WARTENBERG, Politik und Bekenntnis, 97–109. 170 So SCHULTE, Konfrontation und Kooperation, 221. Sowie die sehr detailreiche Studie: GÜNTER SCHULTE, Niederdeutsche Hansestädte in der Spätzeit Kaiser Karls V. Bündische Städtepolitik zwischen Schmalkaldischem Krieg und Passauer Vertrag, Tagfahrten und Zusammenkünfte in den Jahren 1546–1552, Münster 1987. 171 Dieses nicht unwichtige Faktum wird bei HAUSCHILD, Widerstand, POSTEL, Die Hansestädte und das Interim, in: SCHORN-SCHÜTTE, Das Interim, 192–204 und WARTENBERG, Städtische Theologen, unterschlagen. Vgl. hierzu lediglich HÄPKE, Regierung Karl V., 280f. SCHULTE, Konfrontation und Kooperation, 210 sowie FRANZ PETRI, Karl V. und die Städte im Nordwestraum während des Ringens um die politisch-kirchliche Ordnung in Deutschland, in: Jahrbuch für Westfälische Kirchengeschichte 71, 1978, 7–31, v.a. 18f.

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den Widerstand gegen das Interim ermöglichte.172 Erfolgreich war diese Kooperation aber auch, weil den auf kirchenpolitische Autonomie bedachten Räten das ablehnende Votum der Prediger ihrer Zurückweisung kaiserlicher Zugriffe entsprach.173 Am prominenten Beispiel Kursachsens läßt sich der Erfolg oder Mißerfolg der kaiserlichen Religionspolitik eingehender beleuchten. 3.2. Die Reaktionen im albertinischen Sachsen Die Theologen und Räte suchten unter ihrem Kurfürsten Moritz von Sachsen einen eigenen Weg im Umgang mit dem Interim. Moritz hatte bereits während der Reichstagsverhandlungen in Augburg eine verbindliche Erklärung zur Märzformel des Interims mit dem Hinweis auf die Landstände abgelehnt.174 Diese Haltung korrespondierte mit seiner Zusage an die Landstände vom Juli 1547, die Religion in Sachsen bewahren zu wollen175 und war generell von seinem Bestreben geprägt, dem ob seiner Rolle im Schmalkaldischen Krieg in der Bevölkerung entstandenen Bild des Judas von Meißen entgegenzuwirken. Durch seine Bemühungen um den Erhalt der Universität Wittenberg und die Wiederaufnahme des Lehrbetriebes verschaffte sich der neue Kurfürst die Loyalität der Wittenberger Theologen. Andererseits konnte er den Kaiser nicht mit einer klaren Ablehnung des Reichstagsbeschlusses brüskieren. Nicht nur setzte er damit seine frisch erworbene Kurwürde aufs Spiel, er gefährdete zudem die Verhandlungen mit den Ernestinern einerseits und die Verhandlungen über die Freilassung Philipps von Hessen andererseits. Theologen, Hofräte und den Kurfürsten einte vor allem das Ziel, einen erneuten Krieg zu vermeiden und Land und Kirche zu bewahren.176 Zwischen diesen Parametern nun ist der „sächsische Weg“177 der Religionspolitik zu verorten. 172

Die vielzitierte Kaiserferne des Nordens kann hier nicht zur Geltung gebracht werden. Jüngst erneut Argument bei WASCHBÜSCH, Alter Melanchthon, 29. Schließlich waren mit Moritz von Sachsen (zunächst), Erich II. von Braunschweig-Calenberg-Göttingen und Heinrich d.J. von Braunschweig-Wolfenbüttel kaiserliche Verbündete im Norden des Reiches positioniert, die notfalls militärisch dessen Interessen durchsetzen konnten. Vgl. grundsätzlich zum Strukturwandel der Hanse in ihrem Verhältnis zum Alten Reich: GEORG SCHMIDT, Städtehanse und Reich im 16. und 17. Jahrhundert, in: ANTJEKATHRIN GRASSMANN (Hrsg.), Niedergang oder Übergang? Zur Spätzeit der Hanse im 16. und 17. Jahrhundert, Quellen und Darstellungen zur hansischen Geschichte N.F. 44, Köln u.a. 1998, 25–46. 173 Vgl. HAUSCHILD, Widerstand, 254. 174 Siehe oben. 175 Vgl. hierzu u.a. SIMON ISSLEIB, Moritz von Sachsen 1547–1548, in: DERS., Aufsätze und Beiträge, 374–406, v.a. 375. 176 Die Kriegsangst, zumal die noch frischen Erinnerungen an die Besetzung Wittenbergs im Schmalkaldischen Krieg, ist im Umgang mit dem Reichsgesetz nicht zu unterschätzen. Ihren Ausdruck fand sie z.B. in zahlreichen Briefen Melanchthons. So verteidigte er sich in einem Brief vom 16. April 1549 gegenüber den Vorwürfen der Hamburger Geistlichen, daß doch „nec in minore dolore et periculo sumus quam vos“. In: CR 7, Nr. 4516B, 382–386, hier 386. 177 So WARTENBERG, Philipp Melanchthon, 62.

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Seit März 1548 verfaßten Philipp Melanchthon sowie die kursächsischen Theologen im Auftrag des Kurfürsten mehrere Einzel- und Kollektivgutachten über das Augsburger Interim178. Bereits im ersten Gutachten Melanchthons findet sich der Vorschlag, die nötigen von unnötigen Sachen, wie Fasten, Gesänge oder liturgische Gewänder, zu trennen. „Und wiewohl leider die Kirchen in vielen Landen jämmerlich zerrissen sind, und fordert die Nothdurft, daß man auf eine ziemliche Kirchenordnung trachte, so gehöret doch diese Fürsichtigkeit dazu, Unterschiede zwischen nöthigen und unnöthigen Dingen zu halten, und in solchen gemeinen Veränderungen soll man in unnöthigen Gedult haben.“179

Auf Ablehnung stießen dagegen der Artikel von der Rechtfertigung mit der starken Betonung der Liebe gegenüber dem Glauben, der Meßkanon, die Seelenmesse sowie die Heiligenanrufung. Andere Artikel, wie die Privatbeichte, das bischöfliche Primat oder das Verständnis der Messe wurden nicht generell verworfen, jedoch einer Uminterpretation im protestantischen Sinne anheimgestellt.180 Im Grundsatz wurde bereits in diesen frühen Gutachten die Strategie formuliert, die die Theologen in den weiteren Verhandlungen um das Interim verfolgten. Alle diese Gutachten entstanden in der Annahme, der künftige Reichstagsbeschluß gälte für die protestantischen und altgläubigen Stände. Nachdem Melanchthon gewahr wurde, daß das Interim ein Sondergesetz für die protestantische Seite werden würde, verfaßte er für Moritz am 29. April 1548 ein Iudicium über die bischöfliche Jurisdiktion, das Ausdruck seiner Desillusionierung über einen möglichen Vergleich ist: „Man siehet offentlich, daß vergebens ist mit den Verfolgern Vergleichung zu machen, und so man gleich daran flicken will, so ist es ein Friede wie zwischen Wölfen und Schaafen. [...] So lasse man die Sachen, die man nicht besser machet, also hängen, oder lindre diesem Theil das Interim also, daß es nicht Verfolgung unter uns selbst anrichte.“181

An eine mögliche Annahme des Interims war spätestens seit diesem Zeitpunkt nicht mehr zu denken.182 Eine erste Sondierung zwischen Theologen und dem Ausschuß der Landstände im Juli 1548 in Meißen zeigte deutlich, 178

Eine Übersicht über die Gutachten Melanchthons ebd., 68 Anm. 42. PHILIPP MELANCHTHON, Iudicium I. de libro Interim (31.03.1548), CR 6, Nr. 4189, 839–842, hier 841. Das CR datiert das Iudicium auf den 01.04.1548, vgl. hierzu: HERRMANN, Augsburg – Leipzig – Passau, 27 Anm. 1. 180 Vgl. hierzu HERRMANN, Augsburg – Leipzig – Passau, 28. 181 Das Iudicium de restituenda episcopis iurisdictione vom 29.04.1548, in: CR 6, Nr. 4220, 888–890, hier 889. Für Johannes Herrmann ist hier das Ende des theologischen Nachgebens formuliert. Vgl. JOHANNES HERRMANN, Theologische Selbstbehauptung und Politik. Das Interim 1548 bis 1549, in: GÜNTHER W ARTENBERG/MARKUS HEIN (Hrsg.), Philipp Melanchthon als Politiker zwischen Reich, Reichsständen und Konfessionsparteien, Themata Leucoreana, Halle/Wittenberg 1998, 167–181, 178. 182 So auch die Einschätzung bei MEHLHAUSEN, Der Streit um die Adiaphora, v.a. 73f. 179

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daß weder die Theologen noch die Landstände einer Einführung des Interims im albertinischen Sachsen ihre Zustimmung geben würden.183 Das in Vorbereitung der Meißner Zusammenkunft erstellte Gutachten der Wittenberger Theologen vom 16. Juni 1548184 führte die Strategie Melanchthons fort: Ablehnung des Interims ob einer Vielzahl falscher Lehren, die Sicherung des status quo der Kirchenverfassung sowie ein Entgegenkommen in den Mitteldingen. Angesichts der Kriegsdrohungen müsse die weltliche Obrigkeit selbst wissen, wie sie sich gegenüber der Kirche zu verhalten habe. Die Theologen seien für ihre Person bereit, zu leiden. Letztlich sei aber jeder auf sein eigenes Bekenntnis zurückgeworfen.185 Die hier empfohlene Trennung des persönlichen vom öffentlichen Bekenntnis einerseits und von dem der weltlichen Obrigkeiten andererseits korrespondierte mit dem vielfach geäußerten Ratschlag der Wittenberger, die Stellungnahme der Prediger von derjenigen der Obrigkeiten zu trennen.186 Das Kollektivgutachten vom Juni gilt als die erste gedruckte Schrift, die sich gegen das Interim aussprach und fand durch mehrere Abschriften und eine durch Andreas Kegel initiierte Magdeburger Druckfassung eine starke Verbreitung vor allem im Norden des Alten Reiches.187 Die Arbeit an einem akzeptablen modus vivendi, der sowohl den Kaiser zufriedenstellen als auch Lehre und Kirche in Kursachsen bewahren sollte, prägte die nächsten Monate bis zum Landtag in Leipzig im Dezember 1548. Den hohen politischen Druck, dem sich Moritz seitens des Kaisers und Königs ausgesetzt sah, gaben die fürstlichen Räte an die Theologen weiter, die sich, so die Einschätzung Günther Wartenbergs, zunehmend den politischen Positionen der Räte annäherten.188 Die Adiaphora sollten hierbei eine zentrale Rolle einnehmen. 183

Zu den Meißner Verhandlungen vgl. HERRMANN, Augsburg – Leipzig – Passau, 54–63. Das Bedenken aufs Interim vom 16.06.1548, in: CR 6, Nr. 4259, 924–942, wurde erstellt von Melanchthon, dem Wittenberger Pfarrer Johannes Bugenhagen, dem Leipziger Superintendenten Johannes Pfeffinger, dem Wittenberger Professor Georg Major, dem Wittenberger Prediger und Professor Caspar Cruciger und dem Wittenberger Diakon Sebastian Fröschel. 185 „Daß man aber Krieg fürchtet, darauf ist unser unterthänige Anzeigung, die Herrschaft wird sich hierinnen wohl wissen zu erinnern, was sie gegen den Kirchen, Schutz halben, thun sollen oder koennen. Fuer unser person sind wir durch Gottes Gnaden zu weichen unds sunst zu leiden bereit. [...] daß ein jeder in eigener Bekenntniß auf eigene Fährlichkeit davon antworte“; ebd., 941. 186 Siehe oben. 187 Vgl. hierzu u.a. DINGEL, Der rechten lehr zuwider, 292–311, v.a. 296–302. Der Druck erfolgte vermutlich ohne Wissen Melanchthons. Dennoch war das Bedenken nicht vertraulich, sorgten doch die Wittenberger selbst für dessen abschriftliche Verbreitung. Noch S IMON ISSLEIB, Das Interim in Sachsen 1548–52, in: DERS., Aufsätze und Beiträge, 531–574, v.a. 54 war davon ausgegangen, daß die Drucklegung ohne Billigung Melanchthons erfolgt war. 188 Das Verhältnis zwischen Räten und Theologen änderte sich insofern, als daß nun die Räte die Initiative übernahmen und den Theologen die Funktion der Beratung zukam. Vgl. 184

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Zu den Beratungen in Pegau vom 23. bis zum 25. August 1548189 wurden in Gestalt der Bischöfe von Naumburg und Meißen, Julius von Pflug und Johann VIII. von Maltitz, zwei Vertreter der altgläubigen Seite in Kursachsen hinzugezogen. Kurfürst Moritz hatte in seiner Instruktion das Vorgehen vorgegeben, „daß in allen entwichen werde, das ohne Verletzung der offentlichen heiligen göttlichen Schrift geschehen kann“.190 In diesem Sinne erstellten die Theologen Melanchthon, der Merseburger Bischof Georg von Anhalt, der Merseburger Superintendent Johann Forster und der Wittenberger Professor Paul Eber ein Verzeichnis jener Artikel, die rein gehalten werden sollten: Rechtfertigung, Buße, Beichte, Form der Messe und die Ablehnung der Heiligenverehrung.191 Die Bischöfe allerdings waren nicht dazu bereit, von den Bestimmungen des Augsburger Interims, insbesondere hinsichtlich der Rechtfertigungslehre192, abzugehen. Die Verhandlungen waren somit gescheitert. Die folgenden Beratungen in Torgau am 18. Oktober 1548 fanden nun ohne Vertreter der altgläubigen Seite statt.193 Die Räte übergaben mit Hinweis auf die politischen Umstände ihre Vorlage über einen möglichen Kompromiß den Theologen. Diese stimmten der Vorlage jedoch nicht vollends zu194 und erklärten das Angebot der Räte, all das zu halten, das die Väter gehalten haben, als zu weitgehend. Dagegen lautete ihr Vorschlag, „was noch im Brauch ist bei den andern, das Adiaphoron ist und göttlicher Lehre nicht zuwider, das wollten auch wir halten.“195 Darüber hinaus lehnten die Theologen die Weihung des Öls, Privatmessen und Vigilien ab und forderten HERRMANN, Augsburg – Leipzig – Passau, 64. Sowie: WARTENBERG, Philipp Melanchthon, 73. Zu den fürstlichen Räten vgl. u.a. CHRISTIAN WINTER, Philipp Melanchthon und die albertinischen Räte. Ihr Einfluß auf die kursächsische Politik nach 1547, in: WARTENBERG/ ZENTNER, Philipp Melanchthon als Politiker, 199–224. Sowie: WIELAND HELD, Die Berater Moritzens von Sachsen und ihr Wirken für den albertinischen Herrscher, in: NASG 74/75, 2004, 53–65. 189 Vgl. hierzu HERRMANN, Augsburg – Leipzig – Passau, 64–73. 190 Mit Verweis auf Mt 22,21. Das Mandat vom 19.08.1548 in: CR 7, Nr. 4328, 108–113, hier 112. 191 „Von welchen Artikeln in gemein allen Christen nöthig ist, rechten Verstand und rechten Brauch zu halten“ (23.08.1548), in: ebd., Nr. 4332, 117–119; vgl. HERRMANN, Augsburg – Leipzig – Passau, 68. 192 Die Rechtfertigung aus dem Glauben sollte, so die Forderung der Bischöfe, durch eine Werkgerechtigkeit, die durch die Erneuerung im heiligen Geist möglich sei, ersetzt werden. Zunächst einigte man sich darauf, beide Positionen miteinander zu verbinden. Die die Diskussionen um die Rechtfertigung abschließende Vergleichsformel vom 24.08.1548, in: PKMS IV, 74, 115–122 sowie hierzu HERRMANN, Augsburg – Leipzig – Passau, 69f. 193 Vgl. hierzu HERRMANN, Augsburg – Leipzig – Passau, 91–95. 194 Zu den Räten gehörten u.a. Georg und Christoph von Carlowitz, Komerstadt und Fachs, zu den Theologen neben Melanchthon und Georg von Anhalt, Johannes Pfeffinger, Georg Major, Johann Forster und Daniel Greiser. Vgl. ebd., 92. 195 Die Deklaration der Theologen vom 18.10.1548 in: CR 7, Nr. 4389, 174–182, hier 174.

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zusätzlich die Aufnahme des Bannes und der Visitation in die Artikel. Da jedoch die Überarbeitung der Inhalte seitens der Räte nicht dem Wunsch der Theologen entsprach, wurden die Verhandlungen vertagt. Auch die Beratungen in Altzella am 21. und 22. November 1548196 waren vom Bestreben der Räte dominiert, einen politisch tragbaren Text zu erhalten, der König und Kaiser, die die Bitte um Aufschub abgelehnt hatten, zufriedenstellen konnte. Die Räte hatten ihre Torgauer Vorlage erneut überarbeitet und baten um die Zustimmung seitens der Theologen197, um Friede und Einigkeit der Kirche zu erhalten. Wieder lehnten die Theologen unter anderem die Weihung des Öls, Heiligenanrufung, Privat- und Seelenmessen ab und wünschten eine Änderung des Artikels zur Ordination, die nicht von den Bischöfen, sondern durch die Konsistorien oder Superintendenten vorzunehmen sei. Und obwohl bis auf die Prozession zu Fronleichnam keiner der theologischen Einwände letztlich Eingang in den endgültigen Text fand, gaben doch letztlich die Theologen dem Wunsch der Räte nach. Die Zellaer Artikel wurden als von allen beschlossen deklariert und von Johannes Bugenhagen, Georg von Anhalt, Melchior von Ossa und Christoph von Carlowitz unterzeichnet.198 Sie sollten samt dem Pegauer Artikel über die Rechtfertigung im Dezember als Vorlage dem Landtag zur Abstimmung präsentiert werden. Am Rande des kursächsischen Interimsgeschehens trafen sich auf Anregung Joachims II. die beiden Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen samt einigen Räten und Theologen in Jüterbog, um ihr Vorgehen in den Interimsfragen abzustimmen. Die Bemühungen der Brandenburger Partei, die sächsischen Theologen zur Zustimmung zum Meßkanon bewegen zu können, scheiterten am vehementen Einspruch Georgs von Anhalt. Und doch fand die Verhandlung im Jüterboger Abschied, der hauptsächlich auf den Zellaer Artikeln basierte, einen erfolgreichen Abschluß, bildete dieser doch die Grundlage für eine gemeinsame Haltung gegenüber dem Augsburger Reichstagsbeschluß.199 Am 21. Dezember 1548 nahm der Landtag seine Beratungen auf.200 Um auf die Vorlage der Räte201, die jedoch offiziell unter dem Titel ‚Der Theo196

Vgl. hierzu HERRMANN, Augsburg – Leipzig – Passau, 96–101. Zu den bereits in Torgau anwesenden Theologen kamen in Altzella Johannes Bugenhagen, Joachim Camerarius, Lauterbach und Caspar Zeuner hinzu. Vgl. WARTENBERG, Philipp Melanchthon, 73. 198 Vgl. die Zellaer Artikel vom 19.11.1548, in: CR 7, Nr. 4409, 215–221. Die Diskussion über Kanon und Chrisma wurden erneut vertagt. 199 Vgl. das Decretum Iuterbocense vom 17.12.1548, in: CR 7, Nr. 4426, 248–249. 200 Vgl. hierzu HERRMANN, Augsburg – Leipzig – Passau, 105–118. 201 Sie wurde von den Räten unter Federführung des Kanzlers Ludwig Fachs erstellt. Zur Person Fachs’ vgl. die Angaben bei W INTER, Räte, 201f. Die kurfürstliche Landtagsvorlage in: PKMS IV, Nr. 212, 254–260. 197

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logen Ratschlag‘ firmierte202, entsprechend reagieren zu können, erbaten die Landstände ein Iudicium der Theologen. In einem internen Bedenken erläuterten die Theologen, was als nötig zu erhalten sei und worin zur Wahrung des Friedens Änderungen zu dulden wären.203 Die in Pegau gefundene Formel zur Rechtfertigung204 wurden samt der Sakramente als Ausdruck der reinen Lehre bestätigt. Die Anerkennung der bischöflichen Jurisdiktion banden die Theologen an deren Übereinstimmung mit der Schrift. Privat-, Seelenmessen und Heiligenanrufung wurden abgelehnt. Zudem unterstrichen sie erstmals ausführlich ihre Auffassung von den Mitteldingen als für das Seelenheil unnötige, aber zur Schonung der Schwachen erforderliche Regelung: „[...] gleichwol so haben wir bedacht, daß von solchen mitteldingen nicht zu streiten ist, und sonderlich so hoffet Krieg zu verhüten. Denn die Lehre von rechten und warhaftigen Gottesdiensten soll gleich wohl in unseren Kirchen bleiben [...] Wenn nu Leiden von geringen oder unnöthigen Sachen fürfällt, so wird das Gewissen unruig. Darumb ists besser, in nöthigen, groswichtigen, wolgegründeten Sachen zu leiden denn von wegen solcher geringer Sachen sich und Land und Leute in Jamer zu setzen.“205

Die Stellungnahmen der Städte206 und der Ritterschaft207 entsprachen weitgehend dem Votum der Theologen und forderten darüber hinaus einen Schutz gegen bischöfliche Willkür sowie die Verwendung der deutschen Sprache in den Liedern, Kollekten und Konsekrationen während des Gottesdienstes. Die beiden folgenden Erklärungen vom 28. Dezember, das von Melanchthon verfaßte Gutachten der Theologen208 und das Gemeinschaftsvotum von Städten und Ritterschaft209, bestätigten im Grunde die vorherigen Stellungnahmen und markierten zugleich die Grenze ihrer Kompromißbereitschaft. Sie betrachteten die Artikel der Landtagsvorlage im Gegensatz zu den Räten nicht als neue umzusetzende Kirchenordnung, sondern als die äußerst zumutbare Grenze

202

Diese wurde 1550 durch NIKOLAUS GALLUS und MATTHIAS FLACIUS ILLYRICUS unter dem Titel: Der Theologen bedencken/ odder (wie es durch die ihren inn offentlichem Drueck genennet wirdt) Beschluss des Landtages zu Leiptzig/ so im December des 48. Jars/ von wegen des Auspurgischen Interims gehalten ist/ Welchs bedencken odder beschluss wir/ so da widder geschrieben/ das Leiptzigsche Interim genennet haben. // Mit einer Vorrede vnd Scholien/ was vnd warumb jedes stueck bisher fur vnchristlich darin gestraffet ist. Durch Nicolaum Gallum vnd Matthiam Flacium Illyricum, [Michael Lotter, Magdeburg] 1550 [ben. Ex.: FB Gotha Theol. 4° 210c (3) = VD16 S926] veröffentlicht. Auch in: CR 7, Nr. 4433, 258–264. Vgl. WARTENBERG, Das Augsburger Interim und die Leipziger Landtagsvorlage, v.a. 26. 203 Vgl. das Iudicum der Theologen vom 22.12.1548, in: CR 7, Nr. 4432, 255–258. 204 Siehe oben. 205 CR 7, Nr. 4432, 257. 206 Das Bedenken der Städte vom 24.12.1548, in: CR 7, Nr. 4434, 264f. 207 Das Bedenken der Ritterschaft vom 24.12.1548, in: ebd., Nr. 4435, 266f. 208 Die Erklärung der Theologen vom 28.12.1548, in: ebd., Nr. 4436, 267–269. 209 Die Antwort der Städte und Ritterschaft vom 28.12.1548, in: ebd., Nr. 4438, 270–272.

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Das Interim

des Entgegenkommens innerhalb der Verhandlungen.210 Die Grafen stimmten in ihrem Gutachten vom 28. Dezember der Landtagsvorlage zu.211 Die Bischöfe wichen von ihrer bereits in Pegau vertretenen Ansicht, das Augsburger Interim durchzusetzen, nicht ab. 212 Doch diese Voten konnten die Stellungnahmen der Ritter und Städte nicht mehr beeinflussen. Das Konzept der Räte ging nicht auf: Die Leipziger Landtagsvorlage wurde vom Landtag nicht verabschiedet.213 Am 1. Januar 1549 wurde der Landtag geschlossen. Moritz von Sachsen beauftragte in der Folge die Theologen mit der Ausarbeitung einer Kirchenordnung, die die Einheitlichkeit der Zeremonien in den alten und seit 1547 neu hinzugekommenen Gebieten Kursachsens herstellen sollte. Diese neue Agende214, die vornehmlich von Georg von Anhalt erstellt wurde215, stand hauptsächlich in der Tradition der Heinrichsagende von 1539 sowie Art. 26 des Augsburger Interims. Da jedoch die Vertretung der Stände im April 1549 den Text in die Zuständigkeit der Theologen verwies und auch diese im Mai – auch aufgrund einzelner Proteste – die Problematik der Bestimmungen nicht übersehen konnten, wurde von einer Publikation und somit Umsetzung der Georgsagende abgesehen. Veröffentlicht wurde letztlich am 4. Juli 1549 nur ein ‚Auszug‘ aus den Leipziger Artikeln216, der auf den erneuten Druck Ferdinands zurückzuführen ist und sich vor allem auf die Adiaphora bezog.217 Trotz der Auslieferung der Mandate im Herbst 1549 und entsprechender Befolgungsvorschriften ist nicht von einer Umsetzung des ‚Auszuges‘ auszugehen, da sich auch hier Proteste gegen

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So die Einschätzung bei HERRMANN, Augsburg – Leipzig – Passau, 109f. sowie WARTENBERG, Philipp Melanchthon, 75. 211 Das Bedenken der Grafen vom 28.12.1548, in: CR 7, Nr. 4439, 272–274. 212 Das Bedenken der Bischöfe, in: ebd., Nr. 4444, 277–280. 213 Auch wenn der „Auszug“ explizit die Beschlußfassung des Landtages erwähnt, ist diese nie erfolgt. Auch Paul Tschackert war fälschlicherweise von einem Beschluß des Landtages ausgegangen. Vgl. PAUL TSCHACKERT, Die Entstehung der lutherischen und reformierten Kirchenlehre samt ihren innerprotestantischen Gegensätzen, Göttingen 1910, 506 sowie die klärenden Erläuterungen bei W ARTENBERG, Philipp Melanchthon, 76 Anm. 72. 214 Vgl. die Erläuterungen und den Text bei: EMIL FRIEDBERG, Agenda, wie es in des Churfürsten zu Sachsen Landen in den Kirchen gehalten wirdt, Halle 1869. Sowie: HERRMANN, Augsburg – Leipzig – Passau, 137–155. 215 Dieser konnte hier auf frühere Arbeiten zurückgreifen, hatten ihn doch die Räte bereits in Altzella mit der Erarbeitung einer Agende, die auf der Heinrichsagende, den Adiaphora des Augsburger Interims und der spätmittelalterlichen Agende basieren sollte, beauftragt. Beteiligt an der neuen Agende waren zudem Pfeffinger, Bugenhagen, Major, Forster, der Leipziger Professor Joachim Camerarius, der Dresdener Superintendent Daniel Greiser und Melanchthon. Vgl. W ARTENBERG, Philipp Melanchthon, 74 und 76. 216 Auszug aus dem jüngst gehaltenen Landtags zu Leipzig vom 04.07.1549, in: CR 7, Nr. 4556, 426–428. 217 Vgl. hierzu HERRMANN, Augsburg – Leipzig – Passau, 156–174.

Die Reaktionen auf das Augsburger Interim

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die Bestimmungen erhoben.218 Zu dieser Zeit waren aufgrund der veränderten politischen Lage die Bemühungen des Kurfürsten, in einer geeigneten Form den Bestimmungen des Augsburger Interims zu entsprechen, gescheitert. Und so konnte denn auch Melanchthon dem preußischen Herzog Albrecht am 25. Februar 1550 mitteilen, daß infolge des Interims „nulla mutatio in Ecclesia nostra facta est“219. Die Magdeburger Polemik belegte die Leipziger Artikel mit dem Namen ‚Leipziger Interim‘, dem ‚Auszug‘ gab sie den Namen ‚Kleines Leipziger Interim‘.220 Ein Interim waren die Leipziger Artikel ganz sicher nicht. Kurfürst Moritz hatte zu keinem Zeitpunkt ernsthaft erwogen, die Ordnung des Augsburger Interims in Kursachsen einzuführen. Daher sind die Leipziger Artikel als eigenständiger Weg im Umgang mit dem kaiserlichen Religionsgesetz zu bewerten. Ein Vergleich mit dem Text des Augsburger Interims ist aus diesem Grunde unnötig, würde dies doch der Perspektive der Magdeburger Argumentation folgen.221 Den Bezugspunkt für die Leipziger Vorlage bildete der Augsburger Text lediglich hinsichtlich seines Aufbaus.222 Weniger bestand das Ziel in einer grundsätzlichen Kritik des Interims, vielmehr ging es darum, den eigenen Standpunkt der Kirchenpolitik darzustellen und in den Adiaphora eine Annäherung an die Augsburger Inhalte zu finden. Da das Bekenntnis unangetastet bleiben sollte, konzentrierten sich die Aussagen vor allem auf die kirchenpolitische Praxis.223 Insofern ist der Text auch deutlich kürzer als der Augsburger Beschluß. Der Artikel von der Rechtfertigung, der den Kontext der Pegauer Verhandlungen spiegelt, hält an der lutherischen Auffassung vom sola fide fest und setzt die Liebe und die guten Werke als Wirkungen des Glaubens.224 Über die Adiaphora, die im Abschnitt über die Kirchen behandelt werden, heißt es: „Dergleichen sol man auch halten jnn Adiaphoris, das ist, jn mitteln dingen, 218

So z.B. seitens des Torgauer Superintendenten Gabriel Didymus (Zwilling) und des Protodiakons Michael Schulz. Diese waren offenbar die einzigen Geistlichen, die ob des Interims in Kursachsen entlassen wurden. Vgl. hierzu sowie grundsätzlich: CHALYBÄUS, Die Durchführung des Leipziger Interims, v.a. 46–56 sowie MEHLHAUSEN, Adiaphora, v.a. 85. 219 Das Schreiben Philipp Melanchthons an Herzog Albrecht von Preußen vom 25.02.1550, in: CR 7, Nr. 4677, 551f., hier 551. Vgl. weitere Angaben bei JOHANNES HERRMANN, Theologische Selbstbehauptung, 169 Anm. 9. 220 Siehe hierzu Kap. 7. 221 Daß in der Forschung immer wieder der Versuch unternommen wird, die Eigenständigkeit des sächsischen Weges zu betonen, zeugt von der Wirkmächtigkeit der Magdeburger und in deren Folge der protestantischen Geschichtsschreibung. 222 Ein Vergleich der Organisation beider Texte bei WARTENBERG, Das Augsburger Interim, 28f. 223 Vgl. hierzu HERRMANN, Augsburg – Leipzig – Passau, 119–129. 224 Melanchthon hatte bereits in der ‚Confessio Augustana Variata‘ aus dem Jahr 1540 erklärt, daß beide Auffassungen, die iustificatio sola fide und die Bedeutung der guten Werke, für die Rechtfertigung in der Kirche vorhanden sein müßten. Vgl. DINGEL, Bekenntnis und Geschichte, 74f.

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Das Interim

was die alten Christlichen Lerre gehalten vnnd bei deme andern teile noch jm brauche plieben ist.“225 Der Gehorsam der Kirchendiener gegenüber den Bischöfen sollte an Gottes Wort seine Grenze finden. Die Abweisung des Sakramentcharakters der Firmung, Buße, Ölung, Priesterweihe und Ehe wird bereits in den jeweiligen Überschriften deutlich gemacht. Das Abendmahl unter beiderlei Gestalt wie die Ehe werden ohne temporäre Einschränkung als gegeben erachtet; das Fasten wird als politische Maßnahme der Obrigkeit interpretiert. Die Messe soll weiterhin mit den Zeremonien, Kleidungen etc., ebenso mit wenigen Ausnahmen die Bilder, Gesänge und Feiertage gehalten werden, ohne damit abergläubische Praktiken zu verbinden. Insgesamt entsprach das Programm der Leipziger Artikel der aktuellen Kirchenverfassung in Kursachsen. Wie auch Brandenburg verfügte das albertinische Sachsen mit der Heinrichsagende226 über eine eher konservative Kirchenordnung. Zweck der kirchenpolitischen Regelung war es vor allem, die Kirchenverfassung der neu hinzugekommenen ernestinischen Gebiete mit der albertinischen Agende abzugleichen. Dem übergeordnet bestand das Ziel darin, den Ansprüchen des Kaiser und des Königs entgegenzukommen und zugleich Bekenntnis und Kirche Luthers im Territorium zu bewahren. Die zunehmende Dominanz der herzoglichen Räte in den Verhandlungen verdeutlicht, daß die Behandlung der Interimsfrage vor allem politischen Maßstäben unterworfen wurde. Daher sahen es die Theologen als ihre Aufgabe, in ihren Zuarbeiten die Grenze des Kompromisses deutlich aufzuzeigen. Das über Kursachsen hinaus exportierte Konzept der Adiaphora Wittenberger Prägung bot hierzu den Schlüssel. Denn es verband beide Handlungsmaximen miteinander und wahrte gleichzeitig die Trennung des religiösen vom politischen Bereich. Insofern waren die Mitteldinge, so Günther Wartenberg zutreffend, „mehr Ausdruck politischen Taktierens als eine theologische Fragestellung“227. Aber gerade diese 225

PKMS IV, Nr. 212, 254. Vgl. die Kirchenordnung von 1539 bei: EMIL SEHLING (Hrsg.), Die evangelischen Kirchenordnungen des XVI. Jahrhunderts: Sachsen und Thüringen nebst angrenzenden Gebieten, 1. Halbbd., Neudr. Aalen 1979, Nr. 24, 264–281. Grundsätzlich zur kirchlichen Ordnung im albertinischen Sachsen vgl. EMIL SEHLING, Die Kirchengesetzgebung unter Moritz von Sachsen 1544–1549 und Georg von Anhalt, Leipzig 1899, v.a. 21–39. CHALYBÄUS, Die Durchführung des Leipziger Interims. In Wittenberg wurde z.B. erst 1542 die Elevation abgeschafft, da man einer Anbetung von Brot und Wein zuvorkommen wollte. Auch die alten Kirchenkleider waren häufig noch im Gebrauch. Zum thüringischen Gottesdienst vgl. HANS PATZE/WALTER SCHLESINGER (Hrsg.), Geschichte Thüringens Bd. 3: Das Zeitalter des Humanismus und der Reformation, Köln/Graz 1967, 127–133. Sowie: JOHANNES HERRMANN, Beobachtungen zur Kontinuität von Frömmigkeit. Leipziger Land vor und nach der Reformation, in: GERHARD GRAF u.a. (Hrsg.), Vestigia pietatis. Studien zur Geschichte der Frömmigkeit in Thüringen und Sachsen. Ernst Koch gewidmet, Herbergen der Christenheit Sonderbd. 5, Leipzig 2000, 61–76. 227 WARTENBERG, Philipp Melanchthon, 81. Ähnlich auch HERRMANN, Theologische Selbstbehauptung, 177. 226

Zusammenfassung

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Konstellation sollte die Aufmerksamkeit der Interimsgegner zunehmend auf die kursächsischen Theologen lenken.

4. Zusammenfassung Keine der beiden Ziele, Reichsbund und Interim, die Karl V. nach seinem Sieg über die Protestanten zu verwirklichen gedachte, vermochte er in den Jahren 1547/48 zu realisieren. Der religiöse Ausgleichsversuch des Kaisers scheiterte an der ständischen und religiösen Verfassung des Alten Reiches, in der die ständischen Freiheiten de jure, der religiöse Bruch de facto längst verankert waren. Die religiöse Spaltung vermochte das Augsburger Religionsgesetz nicht zu beheben. Im Gegenteil war dessen indirekte Folge ein Konfessionalisierungsschub in den protestantischen Territorien und Städten. So kann mit Martin Heckel das Augsburger Interim als „ein letztes Zeugnis der sakralen Kaiser-Idee in ihrer anachronistischen Überspannung“ charakterisiert werden.228 Die Verflechtung von Politik und Religion wurde in diesem Konflikt um das Interim virulent, beide Bereiche in der Verschiedenheit ihrer Eigenlogik jedoch anerkannt. Außen- und innenpolitische Faktoren konnten entweder die theologischen überlagern oder an diese anschließen. Viele Geistliche sahen im Interim eine Gefahr für den Bestand der Kirche und des Glaubens. Hier war die Wahrheitsfrage aufgeworfen, die nur mit einem negativen Votum beantwortet werden konnte.229 Die weltlichen Obrigkeiten dagegen handelten nach politischen230 Maßstäben, die das Interesse des Gemeinwohls und die Bewahrung des Friedens zum Ziel hatten. Die Politikberatung der Prediger hatte dann Erfolg, wenn beide Handlungsmaximen in Kongruenz zueinander gebracht werden konnten und/oder die Adiaphora als kirchenpolitisches Instrument akzeptiert wurden.231 Ein einheitliches Bekenntnis vermochte, das politische Gemeinwesen zu stützen und religiös zu transzendie228

MARTIN HECKEL, Die reichsrechtliche Bedeutung der Bekenntnisse, in: MARTIN BRECHT/ REINHARD SCHWARZ (Hrsg.), Bekenntnis und Einheit der Kirche. Studien zum Konkordienbuch, Stuttgart 1980, 57–88, hier, 66. 229 Die Untersuchung der Vielzahl der in diesem Zusammenhang entstandenen Bekenntnisschriften steht noch aus. Vgl. hierzu u.a. IRENE DINGEL, „Der rechten lehr zuwider“, 292–311. 230 Politik, verstanden als Verfahren zur „Herstellung und Durchführung verbindlicher, gesamtgesellschaftlich relevanter Entscheidungen und Instanzen“; vgl. GERHARD GÖHLER, Politische Institutionen und ihr Kontext. Begriffliche und konzeptionelle Überlegungen zur Theorie politischer Institutionen, in: DERS. (Hrsg.), Die Eigenart der Institutionen. Zum Profil politischer Institutionentheorie, Baden-Baden 1994, 19–46, hier 39. 231 Die von LUISE SCHORN-SCHÜTTE konstatierte Gleichrangigkeit der Theologen und Juristen für diesen Zeitraum ist zu differenzieren. Vgl. zuletzt SCHORN-SCHÜTTE, Eigenlogik, v.a. 31.

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Das Interim

ren. Es war jedoch nicht die einzige Grundlage, die das Selbstverständnis der Gemeinwesen prägte. Am Beispiel der Reichsstädte und ihrer Geistlichen im Süden des Alten Reiches wird deutlich, daß in der Auseinandersetzung mit dem Interim das auf den Konsens zielende Gemeinwohl zum Teil ein stärkeres Fundament zu bieten vermochte als das Postulat eines konfessionell motivierten corpus christianum.232 Die Religion wurde in ihrer Konzentration auf die Wahrheitsfrage aber nicht durch die Politik verdrängt, sondern in die Pluralität politischer Entscheidungsfindung und Legitimation eingebunden. Der mit dem Interim angestoßene Konfessionalisierungsschub ist denn auch zwingend mit dem einsetzenden Trend verbunden, die Religionsfrage mehr und mehr auf rechtlichem Wege zu behandeln.

232

So auch BERNDT HAMM, Die reformatorische Krise der sozialen Werte – drei Lösungsperspektiven zwischen Wahrheitseifer und Toleranz in den Jahren 1525–1530, in: RUDOLF SUNTRUP/JAN R. VEENSTRA (Hrsg.), Stadt, Kanzlei und Kultur im Übergang zur Frühen Neuzeit. City Culture and Urban Chanceries in an Era of Change, Frankfurt am Main 2004, 71–104, v.a. 81. Dies entspricht einem Trend der „Unterordnung kirchlicher und theologisch-konfessioneller Dominanzansprüche zugunsten weltlicher Mächte“, die Reinhard Blänkner für das 16. Jahrhundert konstatiert. Vgl. REINHARD B LÄNKNER, Historizität, Institutionalität, Symbolizität. Grundbegriffliche Aspekte einer Kulturgeschichte des Politischen, in: BARBARA STOLLBERG-RILINGER (Hrsg.), Was heißt Kulturgeschichte des Politischen, ZHF, Beih. 35, Berlin 2005, 71–96, hier 83.

Kapitel 6

Das „Bollwerk“ Magdeburg 1. Stadt und Reformation An der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert zählte die Stadt Magdeburg zu den größten Städten des Alten Reichs. Sie beherbergte ca. 30–40.000 Einwohner1 und setzte sich aus drei selbständigen Teilstädten zusammen: der Altstadt, der Neustadt im Norden und der südlich gelegenen Sudenburg. Neben Halle stellte Magdeburg eine der beiden Hauptstädte des gleichnamigen Erzbistums mit dem Erzbischof als Stadtherrn dar. De jure zählte Magdeburg demnach zu den erzstiftischen Landstädten.2 De facto hatte sich die Altstadt in verschiedenen Auseinandersetzungen seit dem 13. Jahrhundert zunehmend gegen die Eingriffe des erzbischöflichen Landesherrn gewehrt und sich dessen Einfluß entzogen.3 So verfügte der Rat seit 1294 über die Besetzung des Schultheißenamtes und damit der zentralen Funktion gerichtlicher Gewalt in der Stadt4 und hatte ein erhebliches Mitsprache1

Vgl. die Angaben bei: MATTHIAS P UHLE, Geschichte Magdeburgs von 1330 bis zum Ende des 15. Jahrhunderts, in: DERS./PETSCH, Magdeburg. Geschichte einer Stadt 805–2005, 123–135, hier 125. Geringer veranschlagt wird die Einwohnerzahl u.a. bei: DWAINE CHARLES BRANDT, The City of Magdeburg before and after the Reformation. A Study in the Process of Historical Change, Washington 1975, 115. Sowie bei: HELMUT ASMUS/MANFRED WILLE, 1200 Jahre Magdeburg. Von der Kaiserpfalz zur Landeshauptstadt. Eine Stadtgeschichte in zwei Bänden, Bd. 1: Die Jahre 805–1631, Magdeburg 2000, 484. 2 Noch 1486 hatte der Kaiser das Ersuchen des Altstädter Rates, die Reichsfreiheit Magdeburgs zu bestätigen, erneut abgelehnt. In der Reichsmatrikel erschien die Stadt seit dieser Zeit „in des Bischoffs anschlage“. Vgl. HEINRICH WILHELM BENSEN, Das Verhängniß Magdeburgs. Eine Geschichte aus dem großen Zwiespalt der teutschen Nation im 16ten und 17ten Jahrhundert, Schaffhausen 1858, 18f. 3 Vgl. den komprimierten und komparativen Überblick bei: MANFRED R.W. GARZMANN, Zwischen bürgerschaftlichem Autonomiebestreben und landesherrlicher Autorität. Die Städte Magdeburg und Braunschweig im Vergleich, in: PUHLE, Hanse–Städte–Bünde, 62–83. Sowie mit Abstrichen: ERIKA UITZ, Das Werden der feudalen Stadt und der Kampf der Bürger um ein fortschrittliches Stadtregiment 800 bis Ende des 15. Jahrhunderts, in: Geschichte der Stadt Magdeburg, hrsg. von HELMUT ASMUS u.a., Berlin 1975, 19–63. 4 Der Rat hatte 1294 beide vom Erzbischof verliehenen Ämter, das des Burggrafen und des Schultheißen, gekauft und überließ sie dem Bischof mit der Maßgabe, das Burggrafenamt selbst auszuüben und mit dem Schultheißenamt jährlich einen vom Rat bestimmten Mann zu belehnen. Vgl. RUDOLF SCHRANIL, Stadtverfassung nach Magdeburger Recht. Mag-

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Das „Bollwerk“ Magdeburg

recht bei der Besetzung der Schöffenbank5. Während die Sudenburg und die Neustadt der weltlichen und geistlichen Gerichtsbarkeit des Erzbischofs unterlagen, hatte der Altstädter Rat zusammen mit dem Schultheiß die weltliche Gerichtsbarkeit inne. Die geistliche Gerichtsbarkeit übte weiterhin der Erzbischof aus. Die im 14. Jahrhundert entstandene Ratsverfassung der Altstadt Magdeburg hatte mit einer Änderung im Jahre 15256 bis 1630 Bestand: Der regierende (oder enge) Rat setzte sich aus 12 Personen zusammen, von denen 10 (i.d.R. die Innungsmeister) durch die großen und die gemeinen Innungen7 gestellt und 2 von diesen aus der Bürgerschaft gewählt wurden. Ihm zur Seite standen der alte und der oberalte Rat, die bei gleicher Personenzahl die gewesenen Ratsmänner kooptierten. Alle drei zusammen bildeten den großen Rat, der demnach 36 Personen umfaßte. Der regierende Rat wurde durch zwei Bürgermeister vertreten, die mit den anderen vier ehemaligen Bürgermeistern, dem Stadtsyndikus, dem Obersekretär und zwei gewesenen Ratsmännern den geheimen Rat bildeten, der besonders in diplomatischen Verhandlungen aktiv wurde. Grundsätzliche Angelegenheiten, wie Krieg und Friedensschlüsse, Bündnisse und Gesetzgebung wurden durch die Hundertmänner beraten – einem Gremium, das aus der gesamten Bürgerschaft bestand.8 Zur Verkündung der Ergebnisse seiner Amtstätigkeit stand dem Rat das Burding, die Versammlung aller Bürger, zur Verfügung, das er nach Bedarf einberufen konnte.9 Grundsätzlich wurde der Rat von wenigen Familien, die dem Handelspatriziat zuzurechnen sind, dominiert.10

deburg und Halle, Untersuchungen zur Deutschen Staats- und Rechtsgeschichte 125, Breslau 1915, v.a. 155–157. Sowie: GERLINDE SCHLENKER, Das Magdeburger Burggrafenamt und Schultheißentum zu Halle/Saale, in: PUHLE, Hanse–Städte–Bünde, 129–137, v.a. 130. 5 Vgl. HEINER LÜCK, Der Magdeburger Schöffenstuhl als Teil der Magdeburger Stadtverfassung, in: P UHLE, Hanse–Städte–Bünde, 138–151, v.a. 143. 6 Siehe unten. 7 Zu den großen Innungen zählten die Gewandschneider, Krämer, Kürschner, Leinwandschneider und Schuhmacher. Die kleinen Innungen umfaßten die Knochenhauer, Bäcker, Brauer, Schmiede, Lakenmacher, Goldschmiede und Schneider. Zum Ablauf der Ratswahl vgl. GUSTAV HERTEL, Die Wahl der Ratmänner in Magdeburg, in: GBlM 16, 1881, 335–341. 8 Vgl. hierzu SCHRANIL, Stadtverfassung, 235f. 9 Vgl. ebd., 205–208. 10 Eine statistische Auswertung der Aufstellung der Bürgermeister und Kämmerer von 1213–1680 erbrachte, daß vom 14.–16. Jahrhundert v.a. folgende Familien den Rat prägten: von Alemann (23 Personen/95 Ämter), Rode (14 Personen/75 Ämter), von Emden (7 Personen/39 Ämter), vom Keller (7 Personen/35 Ämter), Storm (5 Personen/28 Ämter), Moritz (8 Personen/23 Ämter), Guericke (5 Personen/20 Ämter), Godeken (6 Personen/20 Ämter). Die Ratsmitglieder wurden demnach durchschnittlich vier mal wiedergewählt. Vgl. K. J ANICKE, Verzeichniß der Magdeburger Bürgermeister und Kämmerer von 1213–1606, in: GBlM 2, 1867, 276–406. Sowie überarbeitet durch: M. DITTMAR, Die Bürgermeister und Kämmerer der Stadt Magdeburg von 1213–1680, in: GBlM, 24, 1889, 135–168.

Stadt und Reformation

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Ihre wirtschaftliche Blüte verdankte die Stadt in erster Linie ihrer Lage am Westufer der Elbe und dem äußerst fruchtbaren Boden der Magdeburger Börde. Aufgrund des im 13. Jahrhundert verliehenen Stapelrechts kontrollierte Magdeburg drei Jahrhunderte lang den gesamten Getreidehandel auf der Elbe.11 Erst gegen Ende des 15. und zu Beginn des 16. Jahrhunderts erwuchsen ihr vor allem in Hamburg und Leipzig Konkurrenten, die mit eigenen Stapelrechten das Handelsmonopol Magdeburgs enorm beschränkten.12 In eben diesem Zeitraum ist ein zurückhaltendes Engagement der Stadt hinsichtlich des Hansehandels zu konstatieren.13 Grundsätzlich jedoch profitierte Magdeburg von der Mitgliedschaft in der sächsischen Hanse, deren Bündnis sich nicht nur auf wirtschaftliche Belange beschränkte.14 Überregionale Bedeutung erlangte die Stadt darüber hinaus als Mutterstadt des Magdeburger Rechts, das in über 400 Städten, vor allem im Norden und Osten, eine starke Verbreitung fand sowie als Sitz des Schöffenstuhls, dessen Bedeutung erst im 16. Jahrhundert allmählich schwand.15 Wie auch im Fall anderer Erzbischofssitze16 war das Bild der Stadt Magdeburg von einer imposanten Sakrallandschaft in Gestalt mehrerer Kirchen, Stifte und Kapitelhäuser geprägt.17 Während die Sudenburg und die Neustadt vor allem die Kurien der Domherren und bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts den Sitz des Erzbischofs beherbergten, existierten in der Altstadt ein Franziskaner- und Augustinerkloster sowie 6 Pfarrkirchen mit St. Ulrich als Ratskirche. Das Prämonstratenserkloster Unser Lieben Frauen besaß das Patronatsrecht über drei dieser Pfarrkirchen.18 Zahlreiche Häuser und Höfe der 11

Die Magdeburger datierten das Stapelrecht auf ein gefälschtes Privileg Ottos I. aus dem Jahre 805 zurück. Vgl. hierzu BRANDT, Magdeburg, 20. 12 Vgl. LUTZ MIEHE, Magdeburg im Zeitalter der Reformation (1547–1551), in: PUHLE/ PETSCH, Magdeburg, 313–342, 313f. 13 So die Einschätzung von WILFRIED EHBRECHT, Magdeburg im Sächsischen Städtebund. Zur Erforschung städtischer Politik in Teilräumen der Hanse, in: HELMUT MAURER/ HANS PATZE (Hrsg.), Festschrift für Berent Schwineköper. Zu seinem siebzigsten Geburtstag, Sigmaringen 1982, 391–414, hier 414. Andererseits stand Magdeburg neben Braunschweig an der Spitze des sächsischen Hansequartiers. 14 Allerdings nahm die Stadt die Schutzfunktion der Hanse des öfteren in Anspruch, hielt sich jedoch bei entsprechenden Gegenleistungen eher zurück. Vgl. PAUL ANGERSTEIN, Die Stellung von Magdeburg in der deutschen Hanse, Halle 1923, v.a. 86. 15 Vgl. hierzu u.a. FRIEDRICH EBEL, Magdeburger Recht, in: PUHLE/PETSCH, Magdeburg, 137–153, v.a. 138. Sowie: LÜCK, Der Magdeburger Schöffenstuhl, 138–151, v.a. 147. 16 Im Jahre 1506 verlegte der Erzbischof seinen Sitz nach Halle; vgl. FRANZ SCHRADER, Magdeburg, in: Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung. Land und Konfession 1500–1650, Bd. 2: Der Nordosten, Münster 1990, 68–86, hier 70. 17 Die daraus resultierende „omnipresence and omnipotence of the Roman Church“ bei BRANDT, Magdeburg, 94. 18 Vgl. BRANDT, Magdeburg, 93–95. Und mit weiterführender Literatur: RALF LUSIARDI, Kirche, Stadt und Religion im mittelalterlichen Magdeburg, in: PUHLE/PETSCH, Magdeburg, 201–218. Eine Übersicht der Kirchenstruktur des Erzstifts bei: JOHANN GEORGE ADALBERT VON

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Stadt gehörten zum geistlichen Besitz, vor allem in den Domherrenkurien um den Neuen Markt und innerhalb der Sudenburg. In den Klerikern entstand den Innungen zunehmend Konkurrenz, konnten diese ihr Gewerbe doch steuerfrei betreiben und waren der weltlichen Gerichtsbarkeit und dem Einfluß des altstädtischen Rates entzogen. Andererseits verdankte die Stadt denselben mit der Domschule, den Kloster- und Ordensschulen und der personalen Versorgung dieser geistlichen Einrichtungen ein ausgebautes Schulwesen, das durch städtische Schulen flankiert wurden.19 Angesichts der vergeblichen Bemühungen der Stadt um die Reichsstandschaft, ist an der Wende zum 16. Jahrhundert ein verstärktes Streben nach Unabhängigkeit vom erzbischöflichen Landesherrn zu verzeichnen. Damit reiht sich Magdeburg ein in die Anzahl jener größeren Städte, die ihre Autonomie gegen die Verdichtungsvorgänge territorialstaatlicher Macht zu behaupten suchten. Denn das Selbstverständnis der Altstadt Magdeburg als „freie und Reichsstadt“20 entsprach ihren städtischen Freiheitsbestrebungen, ihrer Mitgliedschaft in wechselnden Städtebündnissen (Tohopesaten)21 und ihrer ökonomischen Potenz als sächsische Hansestadt22. Um diesen verfassungsrechtlichen Sonderstatus23 der Altstadt Magdeburg zu berücksichtigen, MÜLVERSTEDT, Verzeichniß der im heutigen landräthlichen Kreise Magdeburg früher und noch jetzt bestehenden Stifter, Klöster, Kapellen, Calande, frommen Brüderschaften und Hospitäler sowie der Kirchen, deren geistliche Schutzpatrone (Schutzheilige) bekannt geworden sind, in: GBlM 3, 1868, 283–314; 4, 1869, 441–553; 5, 1870, 522–537; 6, 1871, 251–264; 7, 1872, 172–182. 19 Vgl. zum mittelalterlichen Bildungswesen: STEFAN PÄTZOLD, Magdeburgs Schulen im Mittelalter, in: PUHLE/PETSCH, Magdeburg, 185–199. Zentral für die universitäre Ausbildung wurde das nahegelegene Wittenberg vgl. LUDWIG GÖTZE, Die Magdeburger und Hallenser auf der Universität Wittenberg in den Jahren 1502–1560, in: GBlM 1869/70, 125–152. 20 Im 16. und noch im 17. Jahrhundert ist eine scharfe Trennung zwischen den Reichsund Nichtreichsstädten kaum ausgeprägt. Vgl. HEINZ SCHILLING, Gab es im späten Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit in Deutschland einen städtischen „Republikanismus“? Zur politischen Kultur des alteuropäischen Stadtbürgertums, in: DERS., Ausgewählte Abhandlungen zur europäischen Reformations- und Konfessionsgeschichte, hrsg. von LUISE SCHORNSCHÜTTE/OLAF MÖRKE, Historische Forschungen 75, Berlin 2002, 156–204, hier 177. 21 Vgl. die Ausführungen bei EHBRECHT, Magdeburg im Sächsischen Städtebund, sowie grundsätzlich zu den sächsischen Einungen MATTHIAS PUHLE, Der Sächsische Städtebund. Entstehung und Wirkung, in: DERS., Hanse–Städte–Bünde, 15–28. 22 Symbolischen Ausdruck fand die juristische Autonomie im Standbild des Magdeburger Reiters, die städtische Freiheit in der im 13. Jahrhundert auf dem Marktplatz errichteten Rolandsfigur. Vgl. hierzu BRANDT, Magdeburg, 80 und 119. Sowie grundsätzlich zur Bedeutung des Rolands und zum Forschungsstand bei: DIETER PÖTSCHKE, Ursprung und rechtliche Bedeutung insbesondere der märkischen Rolandstandbilder, in: forum historiae juris, 27.09.1999 [http://www.rewi.hu-berlin.de/FHI/zitat/9909poetschke.htm]. Rechtlich legitimiert wurde dieses Selbstverständnis mit einer gefälschten Urkunde, vgl. B ENSEN, Verhängniß, 19. 23 In der Sache im Großen und Ganzen auf dasselbe zielend, finden sich hier verschiedene Denominationen: Die Zuschreibung einer „Semireichsstadt“ bei: HEINZ SCHILLING, Die Stadt in

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der sich im innen- wie außenpolitischen Handeln der Stadt niederschlug, ist die erzbischöfliche Metropole und sächsische Hansestadt daher jenen Städten zuzuordnen, für die die frühneuzeitliche Politiklehre die Kategorie „civitates mixtae“ formuliert hat.24 Während für die Hansestädte insgesamt der Status der „Stadtrepubliken“ postuliert wurde25, scheint für das Magdeburger Verfassungsverständnis die Verwendung der Kategorie einer freien Stadt durchaus vertretbar. Magdeburg war eine der ersten Städte im norddeutschen Raum, in der die reformatorischen Ideen Fuß faßten. Der Verlauf der Reformation in Magdeburg entspricht dem typischen Entwicklungsmodell der Stadtreformation, das von der Rezeption reformatorischen Gedankengutes in nichtöffentlichen Zirkeln über deren zunehmende Institutionalisierung bis zur reformatorischen Ratspolitik reicht.26 Die Beziehungen zu Martin Luther, die Nähe zu Wittenberg, die Anwesenheit von Magdeburger Studenten an der dortigen Universität sowie die Offenheit der Handelsstadt ermöglichten eine recht frühe Rezeption der Schriften Luthers in Magdeburg. Insbesondere das Augustinerkloster, das Luther bereits 1516 als Inspizient der sächsischen Kirchenprovinz aufgesucht hatte, spielte eine wichtige Rolle in der Verbreitung reformatorischer Ideen.27 Diese fielen zunächst hauptsächlich in den Unter- und Mittel-

der Frühen Neuzeit, Enzyklopädie Deutscher Geschichte 24, München 1993, 40. Die „erzstiftische Landstadt“ bei: MIEHE, Magdeburg im Zeitalter der Reformation, 317. Und die „freie Landstadt“ bei: KERSTEN KRÜGER, Die deutsche Stadt im 16. Jahrhundert. Eine Skizze ihrer Entwicklung. Gerhard Oestreich zum 65. Geburtstag, in: Zeitschrift für Stadtgeschichte, Stadtsoziologie und Denkmalpflege 2, 1975, 31–47, v.a. 40. Für den Status einer Reichsstadt und Landstadt zugleich plädiert GEORG STÖCKERT, Die Reichsunmittelbarkeit der Altstadt Magdeburg, in: HZ N.F. 30, 1891, 193–240. 24 Anschaulich bei CHRISTOPH BESOLD, Tractatus Posthumus Iuris Publici De Origine, Et Successione, Variisque Imperii Romani Mutationibus, Imperatoris item ac Imperialium Iudiciorum ut & Statuum potestate ac Iurisdictione, Augsburg 1646, Cap. IX: „Sunt denique nonnullae Civitates quae mixtae appellitantur, quae sub Principibus sunt, et in Principum territorio exsistunt, Eumque inde vocant Ihren Landtsfuersten/ attamen insignia quaedam privilegia et Regalia ab Imperatoribus, non ab illis suis Principibus obtinuerunt, exindeque ratione illorum privilegiorum Imperalium Principibus non subesse videntur, sed immedietatem affectant, et tales multae sunt Hanseaticae Civitates“ 330f. [ben. Ex.: HAB 582.3 Quod. (1) = VD17 1:019024T]. Speziell für die Hansestädte vgl. v.a. HEINZ SCHILLING, Konfessionskonflikt und Staatsbildung. Eine Fallstudie über das Verhältnis von religiösem und sozialem Wandel in der Frühneuzeit am Beispiel der Grafschaft Lippe, Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 48, Heidelberg 1981, 139. 25 Vgl. SCHILLING, Städtischer Republikanismus, 181. 26 Hier in Abwandlung des Phasenmodells bei OLAF MÖRKE, Rat und Bürger, 174. Zur Einordnung vgl. KASPAR VON GREYERZ, Stadt und Reformation. Stand und Aufgaben der Forschung, in: ARG 76, 1985, 6–63, v.a. 47f. 27 Vgl. BRANDT, Reformation, 130.

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schichten der Stadt auf fruchtbaren Boden und verbanden sich dort mit antiklerikalen Tendenzen.28 1521 wurde in Magdeburg die erste lutherische Predigt durch den Dominikanermönch Dr. Andreas Kauxdorf in der Domkirche gehalten. Zugleich ist neben dem Auftreten erster lutherischer Schriften eine erhöhte Aggressivität gegen den Klerus und die weltliche Obrigkeit zu verzeichnen.29 Da diese Entwicklung nicht nur den städtischen Frieden, sondern auch das Verhältnis zum bischöflichen Stadtherren und zum Kaiser gefährdete, war der sich bis dahin passiv verhaltende Rat der Magdeburger Altstadt zur Reaktion gezwungen. Im Sommer 1521 reisten der regierende Bürgermeister Nikolaus Storm und der Bürgermeister des alten Rates Thomas Sülte zu Kardinal Albrecht30 nach Halle, um dort vom Erzbischof Maßnahmen gegen die Unruhen zu erbitten.31 Im Gegenzug versicherten sie dem Kardinal ihren Gehorsam und versprachen, die von diesem aus dem Stift ausgewiesenen Prediger in ihrer Stadt nicht aufzunehmen. Obwohl der humanistisch geprägte Hohenzoller eher auf dem Wege der Reformierung seiner Kirche der reformatorischen Bewegung den Boden zu entziehen hoffte32, entsprach er schon zum Schutze des Domkapitels der Bitte des Magdeburger Rates. Der erste Prediger, der dieses einheitliche Vorgehen von Rat und Erzbischof respektive Domkapitel zu spüren bekam, war der bereits erwähnte Andreas Kauxdorf, der am 14. September 1521 wegen Ketzerei des Stiftes verwiesen wurde.33 Jedoch zeigte es sich bald, daß die lutherische Bewegung auch in Magdeburg immer mehr an Zustimmung gewann. Den Zustrom aus den beiden 28

Vgl. MIEHE, Magdeburg im Zeitalter der Reformation, 320. Vgl. FRIEDRICH HÜLSSE, Die Einführung der Reformation in der Stadt Magdeburg, in: GBlM 18, 1883, 209–369, 215. 30 Albrecht, der Bruder des Kurfürsten Joachim I. von Brandenburg, wurde 1513 sowohl durch das Magdeburger Domkapitel zum Erzbischof und durch das Halberstädter Domkapitel zum Bischof gewählt. Ein Jahr später erfolgte seine Wahl zum Erzbischof von Mainz. 31 Dabei äußerten sie die Befürchtung, „[...] woe dem czu lange zcugesehn, das eyn grosser vngehorsam under dem gemeynen mane dorauß mochte erwachsen, welcher zculetzt geistlicher vnd auch weltlicher oberkeit zcu swer werden mochte [...]“.Vgl. den bei HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 325f. abgedruckten Brief des Kardinals Albrecht an das Domkapitel vom 05.08.1521. 32 Vgl. WALTER DELIUS, Kardinal Albrecht und die Wiedervereinigung der beiden Kirchen, in: ZKG 62, 1943/44, 178–189, v.a. 180. Zur Haltung Albrechts hinsichtlich der Reformation insgesamt vgl. FRANZ SCHRADER, Kardinal Albrecht von Brandenburg, Erzbischof von Magdeburg, im Spannungsfeld zwischen alter und neuer Kirche, in: REMIGIUS B ÄUMER (Hrsg.), Von Konstanz nach Trient. Beiträge zur Geschichte der Kirche von den Reformkonzilien bis zum Tridentinum. Festgabe für August Franzen, München/Paderborn/Wien 1972, 419–445. 33 Später war Kauxdorf als Superintendent in Eilenburg tätig; vgl. u.a. WALDEMAR KAWERAU, Eberhard Weidensee und die Reformation in Magdeburg, in: Neujahrsblätter, hrsg. von der Historischen Kommission der Provinz Sachsen 18, Halle 1894, 3–42, hier 8. Luther warf Albrecht dieses Vorgehen in einem Schreiben an Capito vom 17.01.1522 gegen einen „[...] virum, cui vix similem sub sua ditione habeat tuus Cardinalis [...]“ vor; WA Br 2, Nr. 451, 433. 29

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Vorstädten vermochten die wenigen Pfarrkirchen innerhalb der Altstadt, die wie St. Petri bereits lutherische Predigten abhalten ließen, schon bald nicht mehr zu bewältigen. Der Rat konnte angesichts dieser rasanten Entwicklung seine antireformatorische Politik nicht länger aufrecht erhalten. Zur Vermeidung innerstädtischen Aufruhrs, der angesichts eines aktuellen Streites zwischen Domkapitel und Rat über beider Rechte und Freiheiten34 wie allgemein der Verhärtung der Fronten zwischen der Stadt und dem Domkapitel sowie dem Erzbischof35 Realität zu werden drohte, ging der Rat zur Politik der aktiven Duldung über.36 Wenn er 1523 noch nicht insgesamt als Förderer der Reformation galt, machten sich zunehmend einzelne Ratsmitglieder für die Unterstützung reformatorischer Ideen stark.37 So wurde die Magdeburger Altstadt zum Zufluchtsort zahlreicher aus ihren Klöstern geflohener Mönche und Laien, die sich in der Stadt zur Verbreitung der neuen Lehre niederließen.38 Im Sommer 1524 überschlugen sich die Ereignisse: Innerhalb von drei Monaten, von Mai bis Juli, erwuchsen aus den Einzelaktionen kleinerer Gruppen größere Bewegungen in der Bürgerschaft, die nach einer Verankerung des neuen Glaubensverständnisses in der Magdeburger Kirchenorganisation strebten. Der Verkauf und Gesang lutherischer Lieder auf dem Altstädter Markt durch einen Tuchmacher kristallisierte sich zum Schlüsselereignis heraus, über das beide Chronisten der Magdeburger Reformation, 34

Die Prälaten beschuldigten die Altstadt, die bereits mit Erzbischof Ernst, dem Vorgänger Albrechts, geschlossenen Verträge zu hintergehen (v.a. hinsichtlich der Stadtbefestigung) und geistliche Besitzungen zu ihrem Nutzen zu belasten. Die Verklagung der Stadt vor dem Reichskammergericht vermochte den Streit allerdings nicht beizulegen, sondern nur um 3 Jahre zu vertagen. Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 331–335. 35 1522 hatte Albrecht mit seinem Bruder Joachim, dem brandenburgischen Kurfürsten, dem Herzog Georg zu Sachsen und dem hessischen Landgrafen ein Bündnis geschlossen. Vgl. ebd., 331f. 36 Dieser Wandel äußerte sich z.B. im Schutz der beiden Geistlichen aus St. Petri, die auf Albrechts Befehl durch dessen Vogt (Möllenvogt) im April 1523 verhaftet werden sollten. Der Rat, der durch den Erzbischof darüber informiert und um Mithilfe gebeten worden war, warnte die Prediger, so daß sie sich rechtzeitig dem Zugriff des Kardinals entziehen konnten. Ausführlich dazu HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 333 und HÜLSSE, Reformation, 230ff. Beide Geistlichen kehrten einige Zeit später wieder nach Magdeburg zurück. 37 So holte der regierende Bürgermeister Nikolaus Storm den von Müntzerischem Gedankengut geprägten Mönch Johann Grawert für die Predigt in die Altstadt. Die alteingesessene Adelsfamilie Alemann bot geflüchteten Mönchen Unterschlupf in ihren Häusern und bemühte sich um die Besetzung ihrer Pfarrkirche St. Katharinen mit lutherischen Predigern. Vgl. hierzu: Der selbständige Teil der Magdeburgischen Chronik von Georg Butze 1467–1551, in: Die Chroniken der deutschen Städte 27/2, 99–140, hier 106. Sowie: KURT HAUPT, St. Katharinen 1230–1930. Bilder aus der Kirchen- und Stadtgeschichte Magdeburgs, Magdeburg 1930, 18. 38 So z.B. der Franziskaner Johannes Fritzhans, der Prämonstratenser Nikolaus Mertens (Martini), der Augustiner Eberhard Weidensee sowie Johann Grawert (beide aus Halberstadt), der bereits erwähnte Augustiner Melchior Mirisch; zu den Laien zählten u.a. der Arzt Wolfgang Cyclops. Vgl. hierzu BRANDT, Reformation, 145ff. Sowie: KAWERAU, Eberhard Weidensee, 9ff.

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Georg Butze und Sebastian Langhans, berichten. Als der Bürgermeister Hans Rubin am 6. Mai 1524 den Tuchmacher festnehmen ließ, stürmten einige hundert Bürger das Rathaus und forderten unter Führung des Schöffen Heinrich Eichstedt dessen Freilassung.39 Bürgermeister Rubin mußte den Forderungen stattgeben und darüber hinaus den Stadtknecht, der die Verhaftung vorgenommen hatte, der Stadt verweisen.40 Diesen ersten Machtkampf zwischen Bürgerschaft und Rat konnten die Bürger eindeutig für sich entscheiden.41 Getragen vom Erfolg, den sie unabhängig vom Rat erreicht hatten, versammelten sich noch am selben Tag die Mitglieder der Ulrichsgemeinde und wählten acht Kürherren, die wiederum den Gemeindepfarrer bestimmen sollten. Die Wahl traf Eberhard Weidensee, der von nun an in St. Ulrich den protestantischen Gottesdienst abhielt und gemeinsam mit den Kürherren das Kirchenregiment über die Gemeinde führte.42 Ebenso verfuhren die Mitglieder der Gemeinde St. Johannis, die Johann Fritzhans zu ihrem Prediger wählten. Da beide Kirchen unter dem Patronat des Prämonstratenserklosters Unser Lieben Frauen standen, vermochten die Gemeinden es nicht, den altgläubigen Gottesdienst gänzlich abzuschaffen. Somit beherbergten diese Kirchen noch einige Zeit beide Gottesdienste; waren als Simultankirchen immer wieder Schauplatz verbaler Konflikte vor allem zwischen den Geistlichen. In der Kirche St. Petrus predigten bereits seit längerem Scultetus und Detenhagen, in St. Katharinen übernahmen die ehemaligen altgläubigen Pfarrer Bode und der Kaplan Ziegenhagen die protestantische Predigt. Nach kurzer Zeit wurde auch Johann Grawert, der radikalste unter den Predigern, als Pfarrer zu St. Jacob angenommen.43 Da die Bestrebungen der Gemeinden, den altgläubigen Gottesdienst in ihren Pfarrkirchen vollständig abzustellen, vorerst gescheitert waren, versammelten sich am 22. Mai alle lutherischen Prediger unter Führung von 39

Während Langhans mit der Menge von 600 bis 800 Menschen wohl übertreibt, vgl. GUSTAV HERTEL (Hrsg.), Die „Historia“ des Möllenvogtes Sebastian Langhans, betreffend die Einführung der Reformation in Magdeburg (1524), in: GBlM 28, 1893, 283–347, hier 290, scheint die Angabe von GEORG BUTZE, Chronik, 107, von über 200 Personen eher der Realität zu entsprechen. 40 Ausführlich dazu vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 340 und HÜLSSE, Reformation, 254f. 41 Zur Fragilität des politischen Machtpotentials der städtischen Räte vgl. RUDOLF SCHLÖGEL, Vergesellschaftung unter Anwesenden. Zur kommunikativen Form des Politischen in der vormodernen Stadt, in: DERS. (Hrsg.), Interaktion und Herrschaft. Die Politik der frühneuzeitlichen Stadt, Historische Kulturwissenschaft 5, Konstanz 2004, 9–60, v.a. 30f. 42 Vgl. HÜLSSE, Reformation, 255f. 43 Vgl. ebd., 341f. Grawert wurde v.a. von den unteren Schichten, die vorwiegend in der Pfarre St. Jacob wohnten, begeistert gefeiert, da er u.a. von der sozialen Gleichheit predigte und für eine notfalls gewaltsame Durchsetzung der Reformation plädierte. Er gehörte zu jenen, die in der Auseinandersetzung mit dem künftigen Superintendenten Amsdorf die Stadt verlassen mußten. Zur Person ausführlicher BRANDT, Reformation, 154f.

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Melchior Mirisch im Augustinerkloster und verabschiedeten zehn Thesen über die reformatorische Entwicklung in der Stadt. Sie enthielten die Forderung nach Abschaffung des altgläubigen Gottesdienstes mit allen entsprechenden Zeremonien, nach Einziehung der Kirchengüter und deren Verwaltung im ‚gemeinen Kasten‘, nach Bezahlung der Seelsorger, Schuldiener und anderer städtischer Angestellter aus jenem Kasten sowie eine Alternative für die Ordensgeistlichen zum Klosteraustritt bzw. lebenslänglichem Unterhalt bei Verbleib im Kloster.44 Diese Forderungen übergaben die Prediger am 25. Mai dem Rat der Stadt, der sich jedoch lediglich zum Erlaß einer Ordnung bewegen ließ, die die Armenfürsorge und Kastenverwaltung regelte.45 Eine Versorgung der lutherischen Prediger durch den Kasten war ebensowenig vorgesehen wie die Einziehung des Kirchengutes. Der Kasten sollte nur durch freiwillige Spenden seitens der Bürger im Rahmen des Gottesdienstes bzw. durch Stiftungen gefüllt werden. Die Prediger wurden weiterhin durch die Gemeinden versorgt. Mit der Kastenordnung schuf sich der Rat eine Möglichkeit, das in den unteren Schichten vorhandene Konfliktpotential aufzufangen und das städtische Gleichgewicht zu stabilisieren. Um das Verhältnis zu Erzbischof Albrecht nicht zu belasten, von dem auch die gutnachbarlichen Beziehungen zu Brandenburg abhingen, sowie ein gewisses Wohlwollen gegenüber der reformatorischen Bewegung zu demonstrieren, realisierte der Rat nur die Vorschläge, die er vor seinem Stadtherren und später auch vor Kaiser und Reich46 rechtfertigen konnte. Hier zeigt sich bereits, daß der Rat seine Politik gänzlich an den Interessenslagen beider Parteien, der Bürgerschaft und des Erzbischofs, auszurichten hatte, um seine Aufgaben als städtische Obrigkeit weiterhin wahrnehmen zu können.47 Angesichts der immer noch zögernden Haltung des Rates machte sich innerhalb der Bürgerschaft Unsicherheit über den Fortgang der Reformation 44

Die Thesen sind abgedruckt bei HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 342f. 45 Diese Ordnung ist abgedruckt bei WOLFGANG CYCLOPS, Vrsach vnd handelung: In d(er) Keyserlichen Löblichen vnd Christlichen Statt Meydeburg/ Ein Christlich wesen vn(d) wandel belangende/ Dornstags nach Margarethe/ Des VIIII. tags Julij. In den zweyen Pfarren/ S. Ioannis vn(d) S. Vlrichs. Durch die Christlichen gemeynen vnnd versamlungen Offentlichen gehandelt vn(d) beschlossen. Anno 1524. Maydeburg, in: Hans-Joachim Köhler (Hrsg.), Flugschriften des frühen 16. Jahrhunderts, Tübingen 1978ff, Fiche: 3893, C–CIII [VD16 C6505]. Vermutlich wurde sie auch durch Cyclops ausgearbeitet. Auf die deutlichen Gemeinsamkeiten mit der Karlstadtschen Wittenberger Beutelordnung verweist: HERMANN BARGE, Andreas Bodenstein von Karlstadt, Bd. 2: Karlstadt als Vorkämpfer des laienchristlichen Puritanismus, 2. Aufl. Leipzig 1968, 189. 46 Später sollte er dieses Verhalten vor Kaiser und Reich mit dem Aspekt der Friedensbewahrung rechtfertigen. 47 Um in diesem Sinne gerade seine Loyalität gegenüber der alten Kirche zu demonstrieren, nahm der Rat am 26. Mai an der Fronleichnamsprozession sowie an den nächsten Sonntagen an den Predigten im Dom teil.

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breit. Martin Luther, der auf Bitten der Bürger vom 24. bis zum 26. Juni 1524 in der Stadt predigte48, bestärkte die Gemeinden in ihrer Vorgehensweise, die Pfarrer selbst zu wählen49 und disputierte hierüber auch mit den Ratsmitgliedern50. Und obwohl sich der Rat immer wieder vor den erzbischöflichen Räten für die Unterlassung der Verfolgung der Übergriffe auf den Klerus verantworten mußte51, folgten die Gemeinden seiner Maßgabe, im Interesse des städtischen Friedens den status quo mit den Altgläubigen zu bewahren, nicht. Am 16. Juli 1524 setzte die Gemeinde Melchior Mirisch als ihren Prediger ein, der tags darauf das Abendmahl in beiderlei Gestalt reichte.52 Zu St. Ulrich bestätigte die Gemeinde ihre Wahl Eberhard Weidensees zum Pfarrer.53 Der 17. Juli 1524 gilt gemeinhin als der Tag, an dem die Reformation in der Altstadt Magdeburg durchgesetzt war.54 In allen Pfarrkirchen wurden ausschließlich der protestantische Gottesdienst, Taufen und Begräbnisse ohne die alten Zeremonien in deutscher Sprache abgehalten.55 Die sechs Gemeinden hatten ihren Pfarrer und die Gemeindevertreter gewählt. Die Altgläubigen konnten ihren Gottesdienst nur noch im Dom oder in den weiterhin altgläubig dominierten Vorstädten besuchen56. Nun lag es am Rat, die Reformation zu bestätigen. Die Gemeinden baten um die Beteiligung einiger Ratsherren in ihren jeweiligen Vertretungen.57 Für den Rat war dieser Vorschlag die einzig annehmbare Lösung, um größere Unruhen zu vermeiden und die letzte Chance, sich an die Spitze der Reformation zu setzen. So standen nun den sechs Parochien sechs Kirchenkollegien 48

Vgl. hierzu FRIEDRICH HÜLSSE, Dr. M. Luther in Magdeburg, in: GBlM 19, 1884, 220–222, hier 221. 49 Gemäß seiner Schrift: „Das eyn Christliche versamlung odder gemeyne recht und macht habe, alle lere tzu urteylen und lerer tzu beruffen, eyn und abtzusetzen, Grund und ursach aus der schrifft“ 1523, in: WA 11, 408–416. 50 Lt. HÜLSSE, Reformation, 273 gaben nach dem Gespräch mit Luther die letzten altgläubigen Ratsherren ihren Widerstand auf. 51 Vgl. ebd., 268–271 und HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 347–349. 52 Mirisch wurde erst am 25.07.1524 offiziell als Pfarrer eingeführt. Vgl. HOFFMANN/ HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 354. Langhans berichtet in seiner Historia, daß in St. Ulrich 5 und in St. Johannis 7 Kommunikanten das Abendmahl empfingen; vgl. HERTEL, Historia, 304. 53 Weidensee wurde jedoch kurz darauf zu St. Jacob berufen; an dessen Stelle trat Fritzhans. Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 355. 54 So konnte Martin Luther im September 1524 feststellen „Sic Magdeburga bene habet et crescet in Christo.“. Schreiben an Heinrich von Zütphen in Bremen vom 01.09.1524, in: WA Br 3, 337. 55 Bis zum Oktober 1524 behielt man noch die letzte Ölung sowie den Krankenbesuch mit geweihter Hostie bei. Vgl. HÜLSSE, Reformation, 290. 56 Altgläubig blieben das Domkapitel sowie die drei Stiftskirchen der Dominikaner, Franziskaner und Prämonstratenser. 57 Vgl. HERTEL, Historia, 304.

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vor, die sich jeweils aus Gemeindemitgliedern, Ratsherren und dem Pfarrer zusammensetzten und über die Lehre urteilten sowie policeyliche Maßnahmen ergriffen. Aus diesen Kollegien wurden wiederum Älteste bestimmt, die in ihrem Zusammenschluß die ganze altstädtische Kirchengemeinde repräsentieren, das Vermögen verwalten sollten sowie für die Besetzung der Pfarrstellen zuständig waren. Die Pastoren schlossen sich (bald unter Vorsitz des Superintendenten) im Ministerium zusammen. Der Rat jedoch beanspruchte die gesamte kirchliche Gerichtsbarkeit und Gesetzgebung, setzte den Superintendenten ein und hatte in den Kollegien Einfluß auf theologische Angelegenheiten.58 Damit trat der Rat in dieser Hinsicht an die Stelle des Erzbischofs. Er hatte nun die gesamte weltliche und geistliche Gerichtsbarkeit inne und übernahm die Funktionen in Bereichen der Schule und Armenfürsorge, die bis dato Angelegenheit der Kirche gewesen waren. Zur Besiegelung dieser Maßnahmen versammelten sich am 23. Juli 1524 Rat und Bürger im Burding59 und versicherten sich gegenseitig ihre Treue und Gehorsam. Zum Abschluß schwor die gesamte Bürgerschaft unter Einschluß der Prediger einen neuen Eid, der die städtische Schwurgemeinschaft auf der Basis des Evangeliums neu konstituierte: „Ich lobe vnd schwere dem Raht trew, hold vnd gehorsam zu sein, des Rahts vnd der Stadt Beste zu wissen, ihren schaden nach vermügen zu warnen vnd zu bewahren. Da auch dem Raht oder der Stadt durch abschaffung der messen vnd des angenommenen Evangelij halben, Wie das jetzt lauter vnd rein gepredigt wird, noth entstünde, mit allem vermügen Leibes vnd guts, weil ich ein Bürger bin, mich gehorsamlich vnd trewlich will finden lassen, als mir Gott helfe vnd das heilige Evangelium.“60

Durch die Integration des Rates in die Kirchenverfassung, welche nun mit der politischen korrespondierte, vermochte der Rat seine Macht zu befestigen. Der auf das Evangelium geschworene Eid entband im Grunde die Stadt von allen vorherigen Schwüren, also im Grunde auch vom Huldigungseid gegenüber dem Erzbischof, die sowohl vor Gott als auch den Heiligen bezeugt waren. Zwar wurde diese Tatsache noch nicht explizit benannt, sollte aber im Rahmen des Unabhängigkeitsbestrebens der Stadt noch eine große Rolle spielen.61 58

Vgl. BRANDT, Reformation, 159–161. Ausführlich zum Burding vgl. HÜLSSE, Reformation, 292f. 60 HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 362. Zur Funktion des Eides grundsätzlich vgl. u.a. ANDRÉ HOLENSTEIN, Seelenheil und Untertanenpflicht. Zur gesellschaftlichen Funktion und theoretischen Begründung des Eides in der ständischen Gesellschaft, in: PETER BLICKLE (Hrsg.), Der Fluch und der Eid. Die metaphysische Begründung gesellschaftlichen Zusammenlebens und politischer Ordnung in der ständischen Gesellschaft, ZHF Beih. 15, Berlin 1993, 11–64. Sowie: P AOLO P RODI (Hrsg.), Glaube und Eid. Treueformeln, Glaubensbekenntnisse und Sozialdisziplinierung zwischen Mittelalter und Neuzeit, Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien 28, München 1993. 61 Die Reformation als Teil der Unabhängigkeitsbestrebungen vom erzbischöflichen Stadtherrn u.a. bei FRANZ LAU, Der Bauernkrieg und das angebliche Ende der lutherischen 59

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Unmittelbar nach diesem wegweisenden Burding baten die erzbischöflichen Räte beim Kardinal, die Acht gegen Magdeburg zu beantragen.62 Der Unmut der Magdeburger Bürger gegen den Klerus, der noch immer seine Gottesdienste in der Altstadt abhielt, verschärfte sich zusehends. Am 9. August 1524 veröffentlichten Melchior Mirisch, Eberhard Weidensee und Johann Fritzhans 18 Artikel, die sie als Grundlage für eine angestrebte Disputation mit dem Domkapitel verstanden wissen wollten.63 Dieses „Reformationsmanifest“64 erhob mit den sola-Prinzipien, dem allgemeinen Priestertum, dem Abendmahl in beiderlei Gestalt sowie dem Ehestand der Geistlichen grundsätzliche Forderungen der lutherischen Reformation. Da das Domkapitel jedoch jegliche Diskussion ablehnte, nahmen die Übergriffe auf deren Mitglieder deutlich zu.65 Am 15. August 1524, dem Tag Mariae Himmelfahrt, wurden anläßlich einer Kräuterweihe die Kirche der Franziskaner und der Dom durch aufgebrachte Bürger gestürmt und verwüstet.66 Hier verbanden sich der aufgestaute Unmut gegen den Klerus mit der Absage an jene Manifestation des abgelegten Glaubens in ikonoklastischen67 Aktionen, was durch halbherzige Maßnahmen des Rates Unterstützung fand. Der Erzbischof gab nun der Bitte des Domkapitels nach und reichte beim Reichskammergericht Klage gegen die Altstadt Magdeburg ein.68 Als Konsequenz mußte die Stadt

Reformation als spontaner Volksbewegung, in: Luther-Jahrbuch XXVI, 1959, 109–134, hier 121. Sowie: HEINRICH HOPPE, Die Jakobikirche zu Magdeburg. Erinnerungsschrift an ihre 500jährige Jubelfeier am Sonntage Iudica den 3. April 1881, Magdeburg 1881, 47. 62 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 357. 63 DOCTOR MELCHIOR MIRISCH/DOCTOR EBERHARDUS WYDENSEE/JOANNES FRITZHANS/ sampt andern predigernn/ des Ewangelij/ der löblichenn vnnd Kayserlichenn Stadt Maydeburgk/ Erbithen sich diese nachgedruckte Artickell/ vor eyner gantzen gemeyn mit gegrunter schrifft tzu erhalten/ widder alle Papisten Alhye tzu Maydeburgk, Hans Knappe d.J., Magdeburg 1524 [ben. Ex.: FB Gotha 1 an Theol. 4° 329-330 Rara = VD16 D2152]. 64 Die Formulierung bei KAWERAU, Eberhard Weidensee, 22. 65 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 387f. 66 Vgl. ebd., 364ff. Sowie: HANS OTTO GERICKE, Zum Klassencharakter der Volksbewegung in Magdeburg während der frühbürgerlichen Revolution, in: Jahrbuch für Regionalgeschichte 5, 1975, 52–72, 76. 67 Vgl. die grundsätzlichen Ausführungen zum Bildersturm bei: SERIUSZ MICHALSKI, Die protestantischen Bilderstürme. Versuch einer Übersicht, in: ROBERT W. SCRIBNER (Hrsg.), Bilder und Bildersturm im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit, Wolfenbütteler Forschungen 46, Wiesbaden 1990, 69–125. 68 Lt. GERICKE, Frühbürgerliche Revolution, 77 hatte sich Albrecht bisher aufgrund seiner Schulden zurückgehalten. M.E. ist diese Interpretation zu eng geführt, waren doch sowohl Albrecht als auch der Rat an einem status quo interessiert, der beiden ihre Macht und den Frieden im Erzbistum bzw. in der Stadt erhielt. Denn mit eben dieser Argumentation sollte Albrecht drei Jahre später den Verzicht auf die Publikation der Acht begründen. Vgl. HOFFMANN/HERTEL/ HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 408.

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hinnehmen, daß die mit Albrecht verbündeten Fürsten69, wie sein Bruder Joachim I., der brandenburgische Kurfürst, und auch der sächsische Herzog Georg den Magdeburger Kaufleuten Schutz und Geleit durch ihre Länder aufsagten. Es dauerte nicht lange, da setzten die ersten Plünderungen (vor allem in Brandenburg) ein, die die auf Handel basierende Wirtschaft stark beeinträchtigten.70 Angesichts der für die Stadt äußerst bedrohlichen Situation bemühte sich der Rat um Schutzverträge mit ihnen gewogenen benachbarten Landesherren, die jedoch allesamt scheiterten.71 Der Rat traf inzwischen Maßnahmen zur Verteidigung der Stadt. Die Befestigungen wurden verstärkt, die Bürger mit Waffen versorgt und Söldner angeworben.72 Diese Maßnahmen korrespondierten mit den Gerüchten über Kriegsvorbereitungen des Kardinals.73 Am 27. September 1524, drei Tage nach der Einsetzung Nikolaus von Amsdorfs als Superintendent der Altstadt74, traf in Magdeburg die Ladung vor das Reichskammergericht ein. Darin wurde die Stadt aufgefordert, die lutherischen Prediger ihrer Ämter zu entheben und die altgläubigen Pfarrer sowie die Zeremonien und den Gottesdienst der alten Kirche wieder einzuführen. Zudem sollten je einhundert Goldmark an das Reich sowie an den Erzbischof gezahlt werden. Bei Nichtbefolgung der Regelungen drohte die Anwendung des Wormser Ediktes.75 Die Bürgerschaft lehnte auf dem am 1. Oktober veranstalteten Burding die Forderung des Reichskammergerichts ab und drohte dem Rat mit Absetzung, wenn er nicht in ihrem Sinne verhandeln würde.76 Der angesehene Bürgermeister Nikolaus Storm gab ihnen das Versprechen und versicherte sich im Gegenzug der Loyalität der Bürgerschaft durch das traditionelle Handzeichen.77 Doch da die Verhandlungen mit dem Domkapitel erfolglos blieben78, lehnte der Rat die Maßgaben des Reichskam69

Das Dessauer Bündnis zwischen Kardinal Albrecht, dem brandenburgischen Kurfürsten Joachim I., dem sächsischen Herzog Georg sowie den Herzögen Heinrich von BraunschweigWolfenbüttel und Erich von Braunschweig-Calenberg wurde am 19. Juli 1525 geschlossen. 70 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 357. 71 Zu den Verhandlungen mit dem sächsischen Kurfürsten vgl. IRMGARD HÖSS, Georg Spalatin 1484–1545. Ein Leben in der Zeit des Humanismus und der Reformation, 2. erw. Aufl., Weimar 1989, 259f. Auch der Wolfenbütteler Herzog Heinrich sowie Fürst Wolfgang von Anhalt weigerten sich, mit der Stadt einen Schutzvertrag zu schließen. Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 369 und HÜLSSE, Reformation, 328f. 72 Am 24.10.1524 verkündete der Rat, daß jeder Bürger der Altstadt eine Waffe besitzen müsse, um die Stadt zu verteidigen. Vgl. HÜLSSE, Reformation, 330ff. 73 Dazu vgl. ebd., 326f. und 333. 74 Zur Person vgl. Kap. 2. 75 Vgl. SCHRADER, Kardinal Albrecht, 425 und BRANDT, Reformation, 206f. 76 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 372. 77 Vgl. HÜLSSE, Reformation, 340. 78 Darin hatte der Rat gefordert, daß sich der Klerus in das Bürgerrecht begeben und sich allen Lasten und Pflichten unterwerfen müsse.

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mergerichts ab. Die am 23. Oktober durch den päpstlichen Legaten Lorenzo Campeggio erlassene Bannandrohungsbulle wurde jedoch durch den Erzbischof nicht publiziert, so daß sie für Magdeburg ohne Wirkung blieb.79 Die auf Anraten des Stadtsyndikus Dr. Leonhard Merz, der durch den sächsischen Rechtsgelehrten Dr. Hieronymus Schurf unterstützt wurde, praktizierte Verzögerungstaktik des Rates erwies sich letztlich als erfolgreich. Um dennoch ein Signal gegenüber dem Reichskammergericht zu setzen, erließ er ein Edikt, das jeden Übergriff auf altgläubige Geistliche unter schwerste Strafe stellte. So nachteilig sich eine solche Maßnahme auf den Rat auswirkte, so günstig sollte diese sich auf den Prozeß auswirken. Jener zog sich durch Ausnutzung aller juristischen Schachzüge seitens der Magdeburger derart in die Länge80, bis ihn das Reichskammergericht aufgrund der Bauernkriegsunruhen vorübergehend suspendierte. Die aufgrund des Ediktes getätigten Festnahmen allerdings mußte der Rat auf Drängen der Bürgerschaft wieder aufheben.81 Sein Aktionsradius schränkte sich zusehends ein, kaum war er noch in der Lage, seine Politik durchzusetzen. Aufgrund der Radikalisierung in der Stadt hatten sich seit den Ereignissen im August zwei Parteien herausgebildet: Auf der einen Seite stand ein Bündnis aus Ratsmitgliedern, Predigern82 sowie Bürgern, die für die Durchsetzung der Reformation, aber auf friedlichem Wege, ohne politische Veränderungen, plädierten. Auf der andern Seite befand sich der größte Teil der Einwohner, die in diesen in ihren Augen ,gemäßigten‘ Zielen einen Verrat an Gottes Wort sahen. An dieser Konstellation drohte nun selbst die sonst so einheitlich demonstrierte städtische Schwurgemeinschaft zu zerbrechen. Anläßlich der anstehenden Ratswahlen im Februar 1525 erhoben mehrere Bürger die Forderung, daß die zwei Ratsherren, die bisher von den zehn aus den Innungen rekrutierten Ratsmännern bestimmt worden waren, ab sofort durch die Gemeinde gewählt und gestellt werden sollten. Der Rat lehnte die Eingabe ab, ließ aber dennoch die Bürgerschaft im Burding zusammenrufen. Als sich nun aber auch in der Versammlung die gereizte Stimmung der Bürger nicht legte, forderte der Rat ganz traditionell dazu auf, „Alle die bey einem Erbarn Raht stehen wolten, die solten auf einen besondern ort treten“.83 Jedoch rührte sich der größte Teil der Bürgerschaft nicht von der Stelle. Lediglich einige Vertreter der reichen Familien bewiesen dem Rat ihre Loyalität. 79

Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 378. So sah sich die Stadt in ihrer Gesamtheit nicht mehr durch die Bevollmächtigten vertreten und mußte erst in einem Burding neue Abgeordnete berufen. Vgl. HÜLSSE, Reformation, 353. 81 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 368. 82 Dieses ‚Bündnis‘ besiegelten die Prediger durch die Einheirat in die Ratsfamilien gegen Ende des Jahres 1524 und zu Beginn des Jahres 1525. Vgl. ebd., 381 sowie als Beispiel für die Heiratsbeziehungen der Ratsfamilie Westphal vgl. H. HOLSTEIN, Peter Ulner, erster evangelischer Abt des Klosters Berge bei Magdeburg, in: GBlM 8, 1873, 387–390, hier 390. 83 Georg Butze berichtet ausführlich über das Ereignis. Vgl. B UTZE, Chronik, 108f. 80

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Dieses Disaster vor Augen und die Drohungen der Bürger, die Ratsmitglieder aus dem Fenster zu werfen, gab der Rat den Forderungen statt. Die Bürgerschaft bestimmte nun selbst aus jeder Parochie zwei Kürherren, die dann die beiden Ratsmänner wählen durften.84 Nun konnten also auch die in nichtratsfähigen Innungen oder auf keine Weise organisierten Bürger in einem gewissen, wenn auch kleinem, Maße die Politik der Stadt durch ihre Vertreter mitbestimmen. Im März stellte der Rat den Dominikanern und Franziskanern ein Ultimatum, sich aus eigener Überzeugung zu reformieren oder die Stadt zu verlassen. Da jegliche Verteidigungsversuche der Klöster erfolglos waren, blieben schon bald darauf deren Türen verschlossen; die Insassen verließen entweder gänzlich die Stadt oder suchten Schutz in den Vorstädten.85 Am 9. August 152586 schlossen Rat und Erzbischof einen Vergleich, mit dem alle „Gebrechen, Zwietracht, Widerwärtigkeit, Unwille und Ungnade zwischen dem Kardinal, dem Domkapitel und der Stadt [...] völlig abgethan und beseitigt [...]“ sein sollten.87 Dieser sah einerseits den Abbau der wirtschaftlichen Vorrechte des Klerus vor, andererseits aber auch die Duldung der altgläubigen Kirche in der Altstadt durch den Rat nebst Zahlung von 10.000 Gulden an den Erzbischof. Da die Frage der religiösen Neuerungen durch den Vertrag nicht angesprochen wurden, bedeutete dies im Grunde eine Bestätigung der Reformation in der Altstadt.88 Die spätmittelalterliche Kongruenz von Kirchen- und Bürgergemeinde89 in den Städten war mit der Reformation zunächst aufgehoben. Für Magdeburg als Bischofsstadt und Sitz des Domkapitels stellte die Wiederherstellung der Heilsgemeinschaft auf der Grundlage des neuverstandenen Evangeliums eine Herausforderung dar, die der Rat nur mit Mühe zu bewältigen vermochte. Gerade an dessen ambivalenter Politik – Loyalität gegenüber Kaiser und Erzbischof einerseits und zögerlichem Dulden der Reformation in der Altstadt anderseits – drohte die städtische Schwurgemeinschaft zu zerbrechen. In mehreren Aktionen, bei denen Gewalt ausgeübt bzw. angedroht wurde, suchte die Bürgergemeinschaft den Rat an ihre Vorstellungen von einer ge84

Doch bereits ein Jahr später wurden die beiden Ratsherren wieder von den anderen 10 gewählt; vgl. HÜLSSE, Reformation, 357. Die beiden Bürgermeister wurden weiterhin von 2 einflußreichen Familien (Rode und Westphal) gestellt. Lt. SCHRANIL, Stadtverfassung, 212, wurde dies erst 1560 rückgängig gemacht. 85 Vgl. BRANDT, Reformation, 187f. 86 Es liegen unterschiedliche Daten vor, an welchem Tag der Vergleich geschlossen wurde: SCHRADER, Kardinal, 426 gibt den 09.08. an, HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 393 den 04.08., HÜLSSE, Reformation, 368 den 15.08., BRANDT, Reformation, 212 den 14.08. Die 16 Artikel sind wiedergegeben bei HOFFMANN/ HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 393–396. 87 HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 396. 88 Vgl. SCHRADER, Kardinal, 426. 89 Vgl. BERND MOELLER, Reichsstadt und Reformation, bearb. Neuausg., Berlin 1987, 12.

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nossenschaftlich verstandenen innerstädtischen Politik zu binden. Die Selbstorganisation der Kirchengemeinden, die direkte Beteiligung an der Ratswahl und die Integration der gewählten lutherischen Prediger in den Bürgerverband gehörten zu jenen Aspekten, die als „Grundpfeiler innerstädtischer Ordnung“ für die hanseatischen Stadtrepubliken beschrieben worden sind.90 Das nachdrücklich formulierte Bedürfnis nach der Wiederherstellung des corpus christianum seitens der Bürgerschaft hatte ebenso integrierende wie exkludierende Wirkungen, war doch mit ihm die Forderung nach Einstellung des altgläubigen Gottesdienstes und der Vertreibung des Klerus aus der Altstadt verbunden. Die zahlreichen antiklerikalen Aktionen hatten neben den religiösen, ökonomischen und sozialen Gründen ihre Ursache in dem Bedürfnis der Bürger nach kirchenpolitischer Autonomie. Der Rat, welcher in Rücksichtnahme auf den Erzbischof diesem Politikverständnis lange Zeit nicht folgte, setzte damit sowohl den städtischen Frieden als auch seine Stellung als Vertretung der Bürgergemeinde aufs Spiel, was bis zu dessen Handlungsunfähigkeit führte. Erst ein Vergleich mit dem Erzbischof, der die Stadt vor der drohenden Reichsacht bewahrte, vermochte die Position des Rates zu festigen. Die Konflikte zwischen der Bürgerschaft und dem Domkapitel sowie dem Erzbischof waren damit jedoch nicht beigelegt.

2. Reichsacht und Interim Die folgenden Jahre bis zum Tode Erzbischof Albrechts am 24. September 1545 waren geprägt von der Verfestigung des protestantischen Kirchenwesens innerhalb der Altstadt sowie einer aktiven Bündnispolitik Magdeburgs nach außen. Ihren Bezugspunkt hatten alle diese Aktivitäten in der Auseinandersetzung mit dem Domkapitel und dem 1525 geschlossenen Vergleich. Bündnis- und Bekenntnispolitik waren hier eng aufeinander bezogen. Nikolaus von Amsdorf, der bis 1541 sein Amt als Superintendent der altstädtischen Gemeinden und Pfarrer an St. Ulrich wahrnahm, bemühte sich neben dem Ausbau der 1524 als protestantische Pfarrschule eingerichteten St. Johannis-Schule zu einem Gymnasium, dessen Ruf bald über die Grenzen der Stadt Magdeburg hinausreichte91, vor allem um die Reinigung und Reinhaltung der Lehre seines Freundes Martin Luther innerhalb der eigenen Kirche. Die vergangenen drei Jahre hatten deutlich gezeigt, daß die refor90

Bei SCHILLING, Republikanismus, 159f. Dort lehrten zu Beginn die ehemaligen Lehrer der Johannis-Schule M. Gregor Willich, Sebastian Werner und Martin Agricola, 1525 gewann Philipp Melanchthon Caspar Cruciger als Rektor, der 1527 durch Georg Major abgelöst wurde. Vgl. WOLFGANG MAYRHOFER, Die früheste protestantische Stadtschule Europas – das Altstädtische Gymnasium in Magdeburg, in: P UHLE/P ETSCH, Magdeburg, 343–354. 91

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matorischen Bewegungen innerhalb der Stadt durchaus auch auf radikalen Ideen fußten. So hatte sich Amsdorf zeitnah mit Vertretern zwinglianischer und täuferischer Ansichten auseinanderzusetzen. Mit dem bekannten Arzt Dr. Wolfgang Cyclops, der 1524 die Artikel der Kastenordnung publiziert und vermutlich selbst ausgearbeitet hatte und in der Abendmahlslehre der Position Zwinglis gefolgt war, lieferte sich der Superintendent 1525 eine publizistische Auseinandersetzung, die er zunächst über die Wittenberger Druckereien lancierte und die über ein Jahr anhalten sollte.92 Auch mit dem 1527 in der Stadt eintreffenden Täufer Melchior Hoffmann suchte Amsdorf die lehrmäßige Konfrontation und warnte in öffentlichen Schriften vor dem „falschen Propheten“, bis der Rat diesen der Stadt verwies.93 Hauptkonfliktherd blieb jedoch weiterhin das Domkapitel mit den Domherren und dem Klerus, der noch immer altgläubige Gottesdienste im Dom und den Vorstädten abhielt. Zur Abwendung der Reichsacht hatte sich der Rat im Vergleich vom August des Jahres 1525 zur Duldung und zum Schutz des Klerus verpflichten müssen. Jedoch zeigte er sich wenig geneigt, Übergriffe seiner Bürger auf den Klerus zu ahnden, noch gedachte er die altgläubige Messe in seinen Stadtmauern zu akzeptieren. Im Gegenteil. Mehrfach verbot der Rat im Burding den Besuch des altgläubigen Gottesdienstes, ließ die Zugänge zu den Vorstädten versperren und predigten der Superintendent und die Altstädter Pfarrer gegen die altgläubige Messe.94 Zudem verweigerten die Magdeburger dem Erzbischof die ihm zustehenden Zölle und Steuern, so daß sich die Klagen gegen Magdeburg häuften. Zunehmend setzten Rat und Gemeinde der Altstadt ihr Selbstverständnis als freie Stadt in ihren Handlungen um. So verweigerten sie 1530 die Annahme des Augsburger Reichstagsbeschlusses und tauschten drei Jahre später das erzbischöfliche gegen das kaiserliche Wappen an ihren Stadttoren95. Als Folge dieser verschärften Vorgehensweise Magdeburgs erklärte der Kaiser die Stadt in den Jahren 1527 und 1537 in die Reichsacht.96 Vollstreckt wurden beide Mandate nicht.97 92

Danach verließ Cyclops offenbar die Stadt; vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 398f. sowie M IEHE, Magdeburg im Zeitalter der Reformation, 333f. 93 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 404f. 94 Rückhalt fanden diese Maßnahmen in den Beschlüssen des Schmalkaldener Konvents, die die Verfolgung der Anhänger des alten Glaubens und die Einziehung kirchlicher Güter rechtfertigten. Amsdorf nahm an diesem Konvent teil und unterzeichnete hier die Schmalkaldischen Artikel. Vgl. ebd., 435. 95 O. A., Ein kaiserliches Wappen an dem Stadtthore zu Magdeburg, in: GBlM 19, 1884, 218–220. Auf Druck des Kardinals mußte das erzbischöfliche Wappen wieder angebracht werden. Das kaiserliche Wappen allerdings beließ man am Stadttor. 96 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 405f. und 440. 97 Vermutlich lag auch hier das Hauptmotiv des Erzbischofs – wie 1524 – in der Vermeidung größerer Unruhen. Auf die Einbindung in verschiedene Bündnissysteme verweist: KAUFMANN, Ende, 34.

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Denn Stadt und Erzbischof waren trotz dieser Auseinandersetzungen aufeinander angewiesen. So bedurfte der Altstädter Rat die Unterstützung Albrechts im Konflikt mit dessen Bruder hinsichtlich des für das brandenburgische Territorium aufgesagten Schutzes.98 Der Kardinal wiederum benötigte die Landstände des Erzstifts, um seine erheblichen Schulden tilgen zu können. Auf dem Landtag zu Calbe zu Beginn des Jahres 1541 erklärten sich diese zur Übernahme der Schulden bereit und forderten im Gegenzug vereinzelt die Zustimmung Albrechts zur Einführung der Reformation in den jeweiligen Regionen.99 Obwohl der Kardinal den Forderungen der Landstände seine Zustimmung verweigert hatte100, war dennoch eine Zunahme reformatorischer Maßnahmen im Erzstift zu verzeichnen. So wurde noch im selben Jahr in der erzbischöflichen Residenz Halle mit Justus Jonas der erste lutherische Prediger gewählt. Albrecht, der bis dato jeglichen Ansatz einer reformatorischen Bewegung in der Stadt sofort unterdrücken ließ, verließ daraufhin Halle für immer und beauftragte den 1541 zu seinem Koadjutor bestimmten Markgrafen Johann Albrecht von Brandenburg-Ansbach mit der Religionsaufsicht im Erzstift. Im selben Jahr gab auch Nikolaus von Amsdorf seine Superintendentur auf, um in Naumburg als protestantischer Bischof zu wirken. Sein Nachfolger, Nikolaus Glossenius, der den Magdeburgern erneut durch Luther empfohlen worden war101, konnte auf den Ergebnissen Amsdorfs aufbauen und den Ausbau der protestantischen Kirche in Magdeburg fortsetzen. 1542 übergaben die Franziskaner angesichts der nur noch spärlich fließenden Zuwendungen ihr Kloster dem Rat und verließen die Stadt.102 Zwei Jahre später wurde in der Sudenburg gegen das Verbot des Domkapitels Joachim Woltersdorf zum ersten protestantischen Prediger der Vorstadt gewählt.103 Mit dem 98

Dieser Konflikt sollte erst mit der Wiederauflegung des Schutzvertrages im Jahre 1536 beendet werden. 99 Auf dem Landtag in Groß-Salze im Jahr darauf verstärkten die Stände ihre religiösen Forderungen, hatten sie doch hier ihre Zustimmung zur Türkensteuer zu leisten. Diese dem Erzstift vergleichbare Konstellation auf Reichsebene hatte bereits 1532 zum Nürnberger Anstand geführt, der bis zur endgültigen Regelung durch Konzil oder Reichstag die Religionsfrage in den Landfrieden aufnahm und so die immer wieder erneuerte rechtliche Grundlage bildete, die letztlich zum Ausbau der Reformation im Reich beitrug. So auch im Erzstift. 100 Trotz gegenteiliger Behauptungen, vgl. hierzu: FRANZ SCHRADER, Was hat Kardinal Albrecht von Brandenburg auf dem Landtag zu Calbe im Jahre 1541 den Ständen der Hochstifte Magdeburg und Halberstadt versprochen?, in: WALTER BRANDMÜLLER/HERBERT IMMENKÖTTER/ ERWIN ISERLOH (Hrsg.), Ecclesia Militans. Studien zur Konzilien- und Reformationsgeschichte. Remigius Bäumer zum 70. Geburtstag gewidmet, Bd. 2: Zur Reformationsgeschichte, Paderborn u.a. 1988, 333–361, v.a. 359. 101 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 443f. 102 Vgl. ebd. 457. 103 Vgl. u.a. FRIEDRICH TILGER, Beiträge zur Geschichte der Sudenburg, in: GBlM 72/73, 1937/38, 25–53, v.a. 45.

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Tod des Erzbischofs Albrecht im Herbst 1545 ergriffen die Magdeburger nun die Chance, sich endgültig von der Herrschaft ihres Landesherrn loszusagen und den noch in der Stadt verbliebenen Klerus zu vertreiben. Außenpolitisch schien die Lage günstig, hatte sich Magdeburg doch frühzeitig seiner Bündnispartner vergewissert. Bereits 1526 war Magdeburg dem Torgauer Bund104, dem ersten Religionsbündnis protestantischer Landesfürsten105, als einzige Stadt beigetreten, um sich gegenüber dem Erzbischof, der sich ein Jahr zuvor dem Dessauer Bund angeschlossenen hatte106, zu behaupten. Fünf Jahre später wurde die Stadt Mitglied des Schmalkaldischen Bundes. Magdeburg gehörte zu den Gründungsmitgliedern107 des protestantischen Verteidigungsbündnisses und sollte diesem selbst nach dessen militärischer Niederlage im Jahre 1547 treu bleiben.108 Nachdem sich Kardinal Albrecht 1533 im Halleschen Bund unter anderem mit Herzog Georg von Sachsen, den braunschweigischen Herzögen Erich und Heinrich verband, um miteinander den Glaubensabfall ihrer Untertanen zu verhindern109, schlossen sich Magdeburg und die niedersächsischen Hansestädte in einem Bündnis zusammen, das ebenfalls der gegenseitigen Verteidigung des Glaubens diente.110 104

Der Bund wurde am 04.05.1526 in Torgau durch den sächsischen Kurfürsten Johann den Beständigen und den Landgrafen Philipp von Hessen gegründet. Hinzu kamen später die beiden Herzöge Ernst und Franz von Braunschweig-Lüneburg, die Grafen Gerhard und Albrecht von Mansfeld, Herzog Philipp von Braunschweig-Grubenhagen, Herzog Heinrich von Mecklenburg, Fürst Wolfgang von Anhalt-Köthen sowie am 12.06.1526 die Stadt Magdeburg. Vgl. MIEHE, Magdeburg im Zeitalter der Reformation, 331f. Und: HÜLSSE, Die Stadt Magdeburg im Kampfe, 8. 105 Vgl. HAUG-MORITZ, Schmalkaldischer Bund, 77f. 106 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 391. 107 Das Argument BRANDTS, Reformation, 260, der Beitritt zum Schmalkaldischen Bund „freed the city in fact from the feudal covenants and conditions that she had struggled against for centuries“, ist so nicht haltbar. Die Stadt besaß immer das Bündnisrecht und trat dem Erzbischof als „politische Person“ gegenüber. Vgl. STÖCKERT, Reichsunmittelbarkeit, 228. Tatsächlich ist dies als Zeichen einer gewissen Autonomie zu werten. Vgl. EBERHARD ISENMANN, Die deutsche Stadt im Spätmittelalter. 1250–1500, Stuttgart 1988, v.a. 108f. Diese erlangte Magdeburg aber nicht erst 1531. 108 Auch hier gehörte Magdeburg zu den ersten Mitgliedern und war die einzige mitteldeutsche Stadt, die am 27.02.1531 die Gründungsurkunde signierte. Neben Nikolaus von Amsdorf gehörten zu den Abgesandten der Stadt Dr. Levin von Emden, Dr. Leonhard Merz und Jacob Rhode. Vgl. HAUG-MORITZ, Schmalkaldischer Bund, 680–682. Magdeburgs monatliche Beiträge beliefen sich auf 400 Gulden ab 1536 und 700 Gulden ab 1539. Die Angaben bei: MIEHE, Magdeburg im Zeitalter der Reformation, 332. Zum Bündnis unter der Führung der Bundeshauptleute, Johann von Sachsen und Philipp von Hessen, und Magdeburgs Stellung darin vgl. HAUG-MORITZ, Schmalkaldischer Bund, passim. 109 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 433. Der Bündnisvertrag bei: ADOLPH FRIEDRICH RIEDEL (Hrsg.), Codex diplomaticus Brandenburgensis. Sammlung der Urkunden, Chroniken und sonstigen Geschichtsquellen für die Geschichte der Mark Brandenburg und ihrer Regenten, 2. Hauptteil Bd. 6, Berlin 1858, Nr. 2538, 386–392. 110 Das Bündnis wurde am 13.01.1534 durch Goslar, Magdeburg, Braunschweig, Hildesheim, Göttingen, Hannover und Einbeck auf 10 Jahre geschlossen und 1544 verlängert.

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Bündnispolitisch glaubte sich die Altstadt Magdeburg nicht nur abgesichert, sondern hatte sich auch nach außen hin ostentativ zum protestantischen Glauben, den es notfalls mit dem Schwert zu verteidigen galt, bekannt. Begünstigt wurde dieses Vorgehen seit den 1530er Jahren einerseits durch die zahlreichen Anstände, die das Wormser Edikt vorübergehend außer Kraft setzten und andererseits durch die Ausbreitung der Reformation in den Magdeburg benachbarten Gebieten, wie dem Herzogtum Sachsen und dem brandenburgischen Kurfürstentum. Wie stark sich Magdeburg auf seine Bündnispartner verlassen konnte, sollte die nun aufbrechende letzte Konfrontation mit dem Domkapitel und dem neuen Erzbischof erweisen. Nach dem Tode Albrechts wurde dessen Koadjutor Markgraf Johann Albrecht von Brandenburg-Ansbach zum neuen Erzbischof gewählt. Hatte die Stadt Magdeburg diesem bereits 1541 ihre Anerkennung verweigert, versagte sie ihm nun im Herbst 1545 die Huldigung.111 Einzig unter der Bedingung, daß der Altstadt alle Rechte und Freiheiten bestätigt und sie von jeglichen Abgaben und Steuern befreit würde, erklärte sie sich bereit, die Huldigung zu leisten.112 Johann Albrecht lehnte erwartungsgemäß diese Forderungen ab. Da die Magdeburger damit rechnen mußten, daß die Gehorsamsaufkündigung gegenüber ihrer rechtmäßigen Obrigkeit dieses Mal nicht ohne Folgen bleiben würde und sich die Kriegsgerüchte mehrten113, hatte sich die Stadt für eine möglichen militärischen Konflikt zu wappnen. So wurden die Stadtmauern auf Kosten des Domkapitels verstärkt, mußten das an der südlichen Stadtmauer gelegene Karmeliterkloster ebenso wie die Sudenburger Pfarrkirche St. Ambrosii mitsamt einigen Domherrenkurien dem Ausbau der Befesti-

Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 434. Alle diese Städte waren zugleich (früher oder später) Mitglied des Schmalkaldischen Bundes. Offenbar sollte dieses Bündnis die spezifischen Interessen des niedersächsischen Hanseraumes sichern, sollten doch die divergierenden Interessen der Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes bis zu dessen Handlungsunfähigkeit führen. Vgl. Kap. 4. 111 Die Schöffenchronik vermerkt dazu lediglich: „In diesem Jare ist wider zu Bischove erwelet Johan Albert ein Margraf von Brandenburg, der vorher des Stifts Coadiutor war, ist aber nicht eingefüret worden.“ Fortsetzung der hochdeutschen Uebersetzung der Magdeburgischen Schöffenchronik, in: Die Chroniken der deutschen Städte 27/2, 1–85, 19. 112 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 475f. Sowie: HÜLSSE, Die Stadt Magdeburg im Kampfe, 12. 113 Magdeburg fühlte sich bedroht durch den Braunschweiger Herzog Heinrich, der zur Wiedererlangung seines Territoriums seine Truppen durch den niedersächsischen Raum führte. Vgl. u.a. HEINRICH RATHMANN, Geschichte der Stadt Magdeburg von ihrer ersten Entstehung an bis auf gegenwärtige Zeiten 3, Magdeburg 1803, 523 sowie das Schreiben des sächsischen Kurfürsten an Ratsmänner und Innungsmeister der Altstadt Magdeburg, Meißen, 18.04.1547, in: MENTZ, Johann Friedrich der Grossmütige 3, Nr. 76, 559f., der vom Zug der kaiserlichen Truppen auf Halle berichtet.

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gungsanlagen weichen.114 Am 26. Juli 1546 ließ der Rat die Stadttore verschließen, forderte die letzten verbliebenen Domherren ultimativ zur Abstellung der altgläubigen Messe auf und verlangte für die Verteidigung der Stadt die Zahlung von 20.000 Gulden. So kommentiert der Chronist Georg Butze: „Im selben Jar [1546] an S. Annen tage lies der Raht den dhum zumachen und bewachen, den die pfaffen des mehren theils als verrehter entlauffen waren, den doch der Raht der alten Stat ihnen ihren schutz anbote, aber sie wolten nicht.“115

Ähnliche Forderungen erhob der Rat auch gegenüber weiteren in den Vorstädten gelegenen Kollegien. Wenige Tage später besetzten und plünderten die Magdeburger das Kloster Berge und weitere sich in der Nähe befindliche Klöster und Kirchen.116 Auf die Weigerung des Domkapitels, den Forderungen des Rates stattzugeben, stellte dieser am 2. Januar 1547 einen Fehdebrief gegen das Kapitel und seine Mitglieder aus. Da diese, so die Argumentation, die Rechte und Freiheiten der Stifte Magdeburg und Halberstadt eingeschränkt und das Land mit fremden Kriegsvolk überzogen hätten, hätten sie wider das göttliche Wort und die Stadt Magdeburg gehandelt, der es nun, „so fern das von Ehr und rechts wegen vonnoten sein solte geburt [...] feindtlichen zu handeln“.117 Daraufhin ließ der Rat den Dom räumen und beschlagnahmte alle Besitzungen des Domkapitels innerhalb Magdeburgs sowie in den umliegenden Dörfern. Wenige Tage später ließ sich die Altstadt Magdeburg von den Vorstädten Sudenburg und Neustadt sowie kleineren in der Umgebung gelegenen Städten huldigen und ihr Wappen an deren Stadttore anbringen.118 Dieser Rechtsakt bezeugt wie kein anderer das Selbstverständnis der Altstadt Magdeburg als einer autonomen Stadt, die (bis auf den Kaiser) keiner Obrigkeit untergeordnet und nun selbst zur Obrigkeit geworden war. Dieses 114

Die Stadtmauer war zwar nicht gänzlich Eigentum der Stadt; der städtische Rat machte jedoch zu Verteidigungszwecken ein Hoheitsrecht auf diese geltend. Vgl. SCHRANIL, Stadtverfassung, 244f. Zu den Zerstörungen der Sudenburger Bauten vgl. T ILGER, Sudenburg, v.a. 50f. 115 BUTZE, Chronik, 126. Nach RATHMANN, Geschichte der Stadt Magdeburg 3, 524, war dem ein Tumult innerhalb der Bürgerschaft vorausgegangen. Die Schilderung des Vorgangs bei: HEINRICH MERCKEL, Warhafftiger Ausfuerlicher vnd gruendlicher Bericht/ von der Altenstadt Magdeburgk Belagerung [...], Paul Donat Magdeburg 1587, Gr–Gijr [ben. Ex. FB Gotha Druck 562 = VD16 M4798]. Ähnlich eigen die nachträgliche Rechtfertigung des Geschehens im fünften Ausschreiben des Rates vom Oktober 1550. Siehe dazu unten. 116 Der Bericht über die Plünderung ist wiedergegeben bei: HUGO HOLSTEIN (Bearb.), Urkundenbuch des Klosters Berge bei Magdeburg, Geschichtsquellen der Provinz Sachsen und angrenzender Gebiete 9, Halle 1879, Nr. 1027, 476f. 117 B UTZE, Chronik, 23f. 118 Zu diesen kleinen Städten gehörten u.a. Wolmirstedt, Wanzleben, Egeln, Schönebeck und Möckern. Die Stadt hatte so ca. 20 Städte in ihren Besitz gebracht; vgl. KARL FISCHER, Die Stifter Magdeburg und Halberstadt im Schmalkaldischen Kriege, Diss. phil., Berlin 1895, 42.

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Selbstbewußtsein, welches sich in der traditionellen Argumentation der Stadt bewegte, prägte einerseits vor allem die Handlungen des Rates seit dem Tode Erzbischof Albrechts, der der Stadt die Chance eröffnete, sich von ihrem altgläubigen Landesherren zu lösen. Andererseits konnte sie sich dieses verschärfte Unabhängigkeitsgebahren nicht ohne die Rückendeckung seitens ihrer Bündnispartner und ohne die militärischen Erfolge des Schmalkaldischen Bundes erlauben. Es kann davon ausgegangen werden, daß angesichts derartiger Bedingungen, an die die Huldigung des neuen Erzbischofs Johann Albrecht geknüpft war, der Magdeburger Rat 1545 eine Ablehnung nicht nur in Kauf nahm, sondern bewußt provozierte. Weder das kaiserliche Strafmandat vom 1. Juni 1546, das Magdeburg den Bruch des Land- und Religionsfriedens vorwarf119, noch die erneuten Verhandlungen auf dem Landtag zu Calbe im November desselben Jahres120 vermochten die Stadt dazu zu bewegen, Johann Albrecht die Huldigung zu leisten. Ebensowenig gedachten die Magdeburger, den durch Karl V. am 19. Juni 1546 zum „Conservator, Executor, Schirmer und Handhaber“121 über die Stifte Magdeburg und Halberstadt bestellten sächsischen Herzog Moritz als Obrigkeit anzuerkennen.122 Denn dieser hatte sich im Gegenzug dazu bereit erklärt, den Kaiser gegen die Hauptleute des Schmalkaldischen Bundes zu unterstützen und das weitere

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Vgl. den Inhalt bei HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 478f. Da sich der Vorwurf des Bruchs von Land- und Religionsfrieden wenige Tage später auch in der Erklärung der Reichsacht über den sächsischen Kurfürsten und den hessischen Landgrafen fand und dieser hier gegenüber der Altstadt und den Vorstädten ausgesprochen wurde, ist zu vermuten, daß der Kaiser die Legitimierung eines möglichen militärischen Vorgehens auch gegen Magdeburg vorbereitete. 120 Hier bekräftigten die Magdeburger ihre Forderungen nach Religions-, Zoll- und Steuerfreiheit sowie anderen Privilegien, die der Stadt die ökonomische Vorrangstellung im Stiftsgebiet und der niedersächsischen Hanse sichern sollte. Vgl. ebd., 484. 121 Vgl. die Einzelheiten bei: LANGENN, Moritz, Herzog und Churfürst zu Sachsen, v.a. 227f. Sowie: KARLHEINZ BLASCHKE, Moritz von Sachsen. Ein Reformationsfürst der zweiten Generation, Persönlichkeit und Geschichte 113, Göttingen/Zürich 1983, v.a. 52–54. 122 Zur Konkurrenz der ernestinischen und albertinischen Wettiner um das Magdeburger Burggrafenamt vgl. DIETER STIEVERMANN, Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen, seine hegemoniale Stellung und der Schmalkaldische Krieg, in: LEPPIN/SCHMIDT/WEFERS, Johann Friedrich I., 101–125, v.a. 106. Während sich Moritz von Sachsen bereits 1544 den Erbschutz über die Stifter Magdeburg und Halberstadt gegen die Zahlung von 15.000 Gulden an Erzbischof Albrecht zu sichern suchte, mit dem Tode Albrechts jedoch jegliche Geltung verlor, hatte der neue Erzbischof Johann Albrecht am 13.03.1546 dem Kurfürsten die erbliche Burggrafschaft gegen eine jährliche Rente von 10.000 Gulden bestätigt. Vgl. FISCHER, Die Stifter Magdeburg und Halberstadt, v.a. 10f.; MENTZ, Johann Friedrich II, 546f. sowie III, 64. Zur Ablehnung seitens der Stadt Magdeburg, ebd., 32f. Sowie: SIMON ISSLEIB, Magdeburg und Moritz von Sachsen bis zur Belagerung der Stadt (Sept. 1550), in: DERS., Aufsätze und Beiträge 1, 575–617, hier 577.

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Fortschreiten der Reformation in den Stiften zu unterbinden.123 Jedoch selbst als ihr Glaubensverbündeter, der sächsische Kurfürst nach der Eroberung des Stiftsgebietes im Januar 1547 die Untertanen vom Gehorsam gegen Erzbischof Johann Albrecht entband und nun selbst die Huldigung verlangte, verweigerte diese die Stadt Magdeburg erneut.124 Vom Kriegsgeschehen der Jahre 1546/47 wurde Magdeburg kaum tangiert. So sind Magdeburger Truppen an der Seite des Fürsten Wolfgang von Anhalt anzutreffen.125 Schon am Entsatz Bremens126 im Frühjahr 1547 beteiligte sich Magdeburg nur finanziell.127 Der Sieg der verbliebenen Schmalkaldener bei Drakenburg hatte zur Folge, daß der Kaiser auf den kostspieligen Zug nach Magdeburg und Halberstadt verzichtete und sich über Halle nach Süden wandte.128 Aus diesem Grund blieb die Stadt selbst von nennenswerten Kampfhandlungen verschont. Dennoch hatte der Rat bereits frühzeitig Maßnahmen getroffen, die Mauern zu befestigen und die Stadt mit Waffen und Vorräten zu versorgen.129 Diesem Zwecke dienten auch die in den Klöstern, Kirchen und Besitzungen des Domkapitels beschlagnahmten Kirchengüter, die teils eingeschmolzen, teils direkt zur Bezahlung angeworbener bzw. zu-

123

Vgl. den Regensburger Vertrag zwischen Karl V. und Moritz von Sachsen vom 19. 06.1546, in: PKMS II, Nr. 922, 660–664. Sowie dessen Deutung durch: HERRMANN, Moritz von Sachsen, v.a. 78–80. 124 Die Landstände der beiden Stifte dagegen leisteten die Huldigung am 13.01.1547, die Stadt Halle bereits am Neujahrstag. Vgl. FISCHER, Die Stifter Magdeburg und Halberstadt, v.a. 41. 125 HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE berichten zudem lediglich von einem kleinen Scharmützel mit kaiserlichen Truppen, die im Mai 1547 das Magdeburger Stiftsgebiet plündernd durchzogen, vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 494. Die Information bei BUTZE, Chronik, 127, der stereotyp von 800 Spaniern berichtet. Zum Feldzug des Fürsten Wolfgang von Anhalt vgl. MICHAEL THOMAS, Wolfgang von Köthen-Bernburg (1492–1566). Zur Politik und Person des ersten lutherischen Fürsten Anhalts, in: FREITAG, Mitteldeutsche Lebensbilder, 99–118, v.a. 108. 126 Die ähnlich Magdeburg recht autonome Bischofsstadt wurde unerwartet zu einem wichtigen strategischen Punkt für die hausmachtpolitischen Pläne des Kaisers im Nordwesten des Alten Reichs und zur Befriedung seiner Erblande. Unter dem Befehl Christophs von Wrisberg, des Söldnerführers Jobst von Cruningen und Herzogs Erich von Braunschweig-Calenberg wurde Bremen, das die Übergabe der Stadt verweigert hatte, seit dem 20.02.1547 mit Unterbrechung 3 Monate lang belagert. Als das Entsatzheer unter den Grafen Albrecht und Christian von Mansfeld auf Bremen zumarschierte, mußte die Belagerung der Hansestadt ergebnislos eingestellt werden. Vgl. u.a. WILHELM VON KIPPEN, Geschichte der Stadt Bremen 2, Bremen 1898, v.a. 120–133. 127 Magdeburg hatte die bereits zur Verfügung gestellten Truppen zum eigenen Schutze wieder zurückgerufen. Vgl. HÄPKE, Die Regierung Karl V., 263. 128 Vgl. ebd., 280f. sowie das Schreiben des sächsischen Kurfürsten an Ratsmänner und Innungsmeister der Altstadt Magdeburg vom 18.04.1547, das vom Zug der kaiserlichen Truppen auf Halle berichtet, in: MENTZ, Johann Friedrich III, Nr. 76, 559f. 129 Vgl. hierzu HÜLSSE, Die Stadt Magdeburg im Kampfe, 15f.

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künftig anzuwerbender Söldner zur Verfügung standen.130 Gemeinsam mit weiteren Städten verpflichtete sich die Stadt auf dem zu Magdeburg veranstalteten Tag der niedersächsischen Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes im Februar 1547, der Sache Gottes, des Vaterlandes und des Kurfürsten die Treue zu halten.131 Die Verteidigung des Bekenntnisses und der Reformation gegen die Verfolger des göttlichen Wortes bildete die Sinnmatrix, die das Leben innerhalb der Stadtmauern während des Krieges organisierte. Ein beredtes Zeugnis dieses religiösen Bewußtseins stellte die kleine Kirchenordnung dar, die die Prediger der Altstadt Magdeburg, der Sudenburg und der Neustadt für den christlichen Leser 1546 in den Druck ausgehen ließen.132 Darin warnten sie vor der großen Gefahr, die den Christen, der Kirche und ihren Dienern sowie dem Vaterland und der deutschen Nation, ja dem ganzen Imperium seitens des Antichristen und der Tyrannen drohte. Angesichts der Bedrohungssituation, der sich der Text ausführlich widmet, sei die Ordnung „diese faehrliche Zeit ueber/ mit etlichen Ceremonien/ vnd dem Christlichen Gebet/ offentlich vnd insonderheit/ in Kirchen vnd in Haeusern/ vnd an all vnsern Orten“ zu halten.133 Jeder Christ, ob innerhalb der Stadt Magdeburg oder im Gebiet des Erzstifts134, müsse daher den täglichen Gottesdienst besuchen, sich zur Buße bekehren und anläßlich des mittäglichen Glockenläutens kniend im Gebet verharren.135 Verbunden werden die liturgischen Ausführungen mit

130

Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 493f. Die Besatzung wurde auf 3000 Mann aufgestockt, u.a. mit Truppen Johann Friedrichs von Sachsen, und die Befestigungsanlagen mit dem Material der in den Vorstädten abgerissenen Gebäuden verstärkt. 131 Vgl. ebd., 488. 132 Gemeine Ordenung/ wie mans in der alten Stadt Magdeburg/ auch Newenstadt vnd Sudenburg/ halten woelle/ mit dem Christlichen gemeinen Gebete vnd etlichen andern Ceremonien/ wider die grewliche Anfechtung vnd Verfolgung des Teuffels/ des Antichrists/ vnd der grossen Tyrannen/ damit sie nicht allein die loebliche Teutsche Nation im Blut zu erseuffen/ sondern auch die gantze Kirche Christi/ sampt jhrer wahren Religion/ vnd rechten Gottesdiensten/ gedencken außzuleschen vnd gar zu verdempffen [...], Magdeburg, Michael Lotter, 1546, in: HORTLEDER, Von den Vrsachen, Buch III, Kap. 5/5, 254–258. 133 Ebd., 254. 134 Die Formulierung, „allen vnd jeglichem Ort/ als Staedten/ Schloessern/ vnd Doerffern/ so eim Erbarn Rath der alten Stadt Magdeburg/ an/ oder durch Mittel zugehoerig vnnd vnterworffen seyn“ (258), kann hier als Ausdruck des obrigkeitlichen Selbstverständnisses der Stadt Magdeburg gedeutet werden und entspricht in der Intention jenem Rechtsakt, in welchem sich die Altstadt durch die Vorstädte hatte huldigen lassen. Vgl. hierzu auch: KAUFMANN, Ende 36/37 Anm. 139. Zum Text insgesamt vgl. die Interpretation bei REIN, The Chancery of God, 78–83. 135 Die größten Glocken der Pfarrkirchen sollten jeden Tag 12 Uhr mittags geläutet und das Gebet an jedem Ort vollzogen werden. Thomas Kaufmann verweist auf die liturgische Tradition der Türkenglocke, in der dieses Mittagsgeläut stehe; vgl. KAUFMANN, Ende, 37 Anm. 139. Inwieweit diese Ordnung auch wirklich umgesetzt wurde, wie HOFFMANN/HERTEL/

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policeylichen Bestimmungen, die die Zucht und Ordnung innerhalb der Stadt regelten. Die den Text beschließenden Gebete136 entstammen beide dem für das Alte Testament typischen Duktus, in welchem den Verfolgten Trost und Hoffnung auf die erlösende und zugleich vernichtende Macht Gottes zugesprochen wird. Eben dies lag in der Intention der Magdeburger Pfarrer. Die religiös überformte Deutung des Schmalkaldischen Krieges als Krieg der antichristlichen Tyrannen gegen die junge christliche Kirche und die deutsche Nation erforderte das Bekenntnis und einen frommen und tugendhaften Lebenswandel jedes einzelnen Christen – nicht den aktiven Widerstand –, den er auf der Basis der kleinen Kirchen- und Gebetsordnung zu führen hatte. Dem zugrunde lag explizit die Intention einer Neukonstituierung der städtischen Sakralgemeinschaft, die die Identifikation der christlichen mit der politischen Gemeinschaft beinhaltete.137 Der Topos des verfolgten christlichen Häufleins sollte allerdings erst in den Schriften, die ab 1548 und vor allem während der Belagerung im Druck erschienen, auftauchen. Doch war offenbar bereits während des Krieges die Kunde von der im Glauben standhaften Stadt über Magdeburg hinaus gelangt. So suchten angesichts der drohenden Belagerung der Stadt Wittenberg mehrere ihrer Professoren Zuflucht in ihren Mauern, unter ihnen Philipp Melanchthon, Justus Jonas und Georg Major. Die Ideen, notfalls hier den Betrieb der Wittenberger Universität fortzusetzen, zerschlugen sich jedoch ebenso rasch138 wie der Plan des sächsischen Kurfürsten, sich nach Magdeburg zurückzuziehen und von dort aus seine wichtigsten Festungen, Wittenberg und Gotha, zu verteidigen.139 Denn für Johann Friedrich war mit der Schlacht bei Mühlberg der Krieg im April 1547 verloren.140 Das verbliebene Herr des Schmalkaldischen Bundes zerstreute sich einen Monat später nach dem Sieg bei Drakenburg. Der Schmalkaldische Bund löste sich auf. Als Moritz von Sachsen in seiner Funktion als Schutzherr des Erzstifts141 am 29. April 1547 Magdeburg zur Übergabe aufforderte, verweigerte die Stadt dies und antwortete, daß sie beim

HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 488 behaupten, ist nicht belegt. Kaufmann vermutet zumindest, daß sie auch nach dem Krieg ihre Geltung besaß. Vgl. KAUFMANN, Ende, 37. 136 Sir 36, 1–12 und 1 Makk 4,30–33. 137 Nach der Vertreibung des Klerus aus der Stadt konnte diese mit der Reformation zerbrochene Sakralgemeinschaft wiederhergestellt werden. Zum Begriff v.a. MOELLER, Reichsstadt und Reformation, 12. 138 Dieser Gedanke scheiterte an der Bereitschaft des Magdeburger Rates, die zahlreichen Studenten in der Stadt zu dulden. Vgl. v.a. TÖPFER, Die Leucorea am Scheideweg, 73. 139 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 488. Sowie: HÜLSSE, Die Stadt Magdeburg im Kampfe, 16f. 140 Vgl. Kap. 4. 141 Johann Friedrich mußte in der Wittenberger Kapitulation auf die Schutzherrschaft verzichten, die nun Moritz von Sachsen übertragen wurde. Das Magdeburger Burggrafenamt erhielt er als „altes kursächsisches Lehen“. Vgl. ISSLEIB, Magdeburg und Moritz, 582.

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Kurfürsten und seiner Einung zu bleiben gedenke.142 Auch die folgende Aufforderung Karls V. vom 22. Mai sowie das durch den brandenburgischen Kurfürsten am 8. und 17. Juni überbrachte kaiserliche Mandat beschied der Rat abschlägig, waren doch die Unterwerfungsforderungen jeweils verbunden mit dem Verlust aller Privilegien und des Stapelrechts. Diese Forderungen könne, so die Argumentation des Rates, er der Bürgerschaft nicht vorlegen, ohne gegen seine Eide zu verstoßen.143 Am 27. Juli 1547 verhängte der Kaiser die Reichsacht über die Stadt Magdeburg: „Wie wir dann auch dieselben genanten Rathmanne/ Innungsmeister/ vnd Gemeine der Statt Magdenburg/ vmb solche jhre bewiesene Huelff/ Foerderung vnd Fuerschub/ auch vngebuerliche/ freventliche/ straeffliche Thaten vnd Handlungen/ beharliche Rebellion/ Beleidigung vnd Verletzung vnserer Person/ vnd Keys. Maj. [...] aller vnd jeglicher Regalien/ Lehen/ Freyheiten vnd Gnaden/ die jhre Fordern/ vnd sie von weylandt vnsern Vorfahren/ Roemischen Keysern vnd Koenige/ auch vns dem heiligen Reich/ vnd andern Fuersten vnd Herrn erworben/ vnd bißher innen gehabt vnd gebraucht haben/ nun hinfueran in ewige zeit/ gentzlich Privirt/ vnd aller ding entsetzt/ vnd derselbigen vntauglich vnd vnwuerdig gemacht/ auch in obberuehrte Peen vnd Straff/ vnd sonderlich in vnser vnd des heiligen Reichs Acht gefallen seyn/ erkent/ erklaert vnd verkuendt/ vnd sie auß vnser vnd des heiligen Reichs Gnad/ Huldt vnd Frieden/ in den vnfrieden gesetzt [...]“144

Magdeburg befand sich mit der Verhängung der Reichsacht außerhalb der Landfriedensgemeinschaft des Alten Reichs. Für die Altstadt bedeutete das kaiserliche Mandat die politische, juristische, soziale und ökonomische Isolation, war doch mit der Acht die Aufforderung an alle Reichsmitglieder verbunden, künftig keine Gemeinschaft mit der Stadt zu halten, und die Möglichkeit eröffnet, sich ohne Strafe ihres Hab und Gutes zu bemächtigen und ihre Einwohner anzugreifen.145 Als Ursache benennt der Text die beiden für die Reichsacht klassischen Anwendungsgebiete146: die Nichtbefolgung der kaiserlichen Anordnung sowie das crimen laesae majestatis. Die Magdeburger hätten, so die Argumentation, das mit der Reichsacht gegen die beiden Hauptleute des Schmalkaldischen Bundes verbundene Verbot, diese zu unterstützen147, unterlaufen und somit gegen „vnsere vnd des Reichs Ordnung vnd Landtfrieden“ gehandelt und „sich neben jhren Mitverwandten/ damals des Schmalcaldischen Bundts/ in oeffentliche Vngehorsam/ Rebellion/ Abfall/

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Das Schreiben vom 02.05.1547 bei MERCKEL, Warhafftiger Ausfürlicher vnd gründlicher Bericht, Eijr–v. 143 Vgl. ebd. 493. 144 Roemischer Keyserlicher Majestaet Achtserklaerung/ gegen der Alten Statt Magdeburg. Publicirt zu Augsburg den 27. Juli/ ANNO M.D.XLVII, in: HORTLEDER, Von Rechtmässigkeit, Buch IV, Kap. 2, 804f. 145 Die physische Vernichtung der Geächteten wurde also durchaus toleriert. Vgl. hierzu W EBER, Reichsacht, 84. 146 Vgl. ebd., 62. Sowie: P OETSCH, Reichsacht im Mittelalter, 18. 147 Vgl. Kap. 4.

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Empoerung vnd Auffruhr/ gegen vns als Roemischen Keyser/ des heiligen Reichs Teutscher Nation/ vnd aller desselben Glieder/ Staendt vnd Staette“ gesetzt.148 Damit hätten sie nicht nur die Glieder des Reichs, sondern auch die Person des Kaisers als ihrer natürlichen Obrigkeit beleidigt. Mit dem Vorwurf des Bruchs des Landfriedens konnte der Kaiser an die Argumentation seines Mandates anknüpfen, das er bereits am 1. Juni 1546 über die Stadt Magdeburg verhängt hatte.149 Vor diesem Hintergrund ist die Acht als erneute Machtdemonstration des Kaisers gegenüber einem Mitglied des Schmalkaldischen Bundes und als Abschreckung gegenüber dem Norden des Reichs zu interpretieren. Die Folgen der Reichsacht waren für die Altstadt Magdeburg einschneidend. So erhielt der brandenburgische Kurfürst das Stapelrecht und die Universität Frankfurt Oder den Schöffenstuhl.150 Beide zählten zu den wichtigsten Einnahmequellen, die der Stadt nun verloren gingen. Die Auflösung zahlreicher Lehensverträge hatte zur Folge, daß die Stadt auf ihre Güter, wie z.B. Neugattersleben, verzichten mußte und auch ihre Einwohner die ihnen als Lehen übertragenen Besitzungen verloren.151 Zudem wurden Magdeburger Bürger außerhalb der Stadt, insbesondere im brandenburgischen Gebiet, überfallen und ihrer Güter beraubt. Diese Überfälle nahmen die Einwohner allerdings nicht immer tatenlos hin. So vergalten die Magdeburger im August 1548 mit der Plünderung des Klosters Hamersleben die Besetzung des Gutes Egeln, das sie selbst zuvor dem Erzbischof abgenommen hatten.152 Da der Stadt die Einkünfte aus den Bergwerken samt Zinsen und Pachten aufgrund der Acht vorenthalten wurden, sah sich der Rat gezwungen, im Jahr 1549 eine zusätzliche Steuer zu erheben, um die anfallenden Kosten decken zu können.153 Verschärft wurden diese Konstellationen durch die Pest, die von Juli bis Dezember 1548 in der Stadt wütete und über 2500 Opfer forderte.154 148

Roemischer Keyserlicher Majestaet Achtserklaerung, 804. Vgl. ebd. 150 Auch wenn der Schöffenstuhl erst am 26. Juni 1549 in Magdeburg aufgehoben wurde, war mit der Reichsacht ein Verbot an die Städte der Ober- und Niederlausitz, Schlesiens und Böhmens ergangen, ihr Recht aus der geächteten Stadt zu beziehen. Vgl. LÜCK, Der Magdeburger Schöffenstuhl, 147. 151 So wurden z.B. die Besitzungen des städtischen Syndikus Levin von Emden und des Valtin Denhardt an den kaiserlichen Truchseß Nikolaus von Könneritz und seinen Sekretär Johann Obernburger übertragen. Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 495. 152 Vgl. BUTZE, Chronik, 133 und HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 515 mit weiteren Überfällen 517. 153 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 519. 154 Vgl. die Angabe von 2668 Toten bei ebd., 517. Medizinische Verhaltensregeln erteilte der Arzt FRIEDRICH LOHR, Wie/ vnd wen man der Ertzeney/ so einem Erbarn Radte/ jnn der alten Stadt Magdeburgk/ vorordenet ist/ gebrauchen sol, Magdeburg 1548 [ben. Ex.: FB Gotha Med 4° 84/1(22) = VD16 K2127]. 149

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Die Folgen der Reichsacht machten sich also neben den rechtlichen Konsequenzen vor allem in wirtschaftlich-finanzieller Hinsicht bemerkbar. Die durch die Acht intendierte politische Isolierung allerdings zeigte zunächst kaum Wirkung. Zu sehr waren die Stadt, die niedersächsischen Städte sowie die erzstiftischen Landstände155 an einem friedlichen Ausgleich der Stadt mit dem Kaiser interessiert. Die langwierigen Verhandlungen bis zum Augsburger Reichstag 1550/51 sollen in ihren wechselnden Konstellationen hier nicht verfolgt, wohl aber auf einige wichtige Aspekte hingewiesen werden. Die Altstadt Magdeburg hatte bereits wenige Tage vor Verhängung der Reichsacht auf Anregung des Fürsten Georg von Anhalt ihre Bereitschaft erklärt, über die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen eine Aussöhnung mit dem Kaiser vermitteln zu lassen. Der Empfehlung des Kurfürsten Joachim II., die Stadt möge jene Artikel annehmen, aufgrund derer sich bereits andere Städte mit dem Kaiser versöhnt hatten, vermochte der Magdeburger Rat jedoch nicht zu folgen, bestand sein Hauptanliegen doch in der Bewahrung des göttlichen Wortes in der Stadt.156 Die Ratsgesandten Dr. Jakob Krull und Heinrich Merckel versicherten dagegen in Berlin und Leipzig, daß die Stadt bereit wäre, allen Bündnissen zu entsagen, ihre Verführung zum Krieg zu bekennen, eine Geldstrafe bis 10.000 Gulden zu zahlen und sich dem Kaiser per Fußfall zu unterwerfen. Die gegenüber beiden Kurfürsten erklärte Verhandlungsbereitschaft verschaffte der Stadt zunächst die Einstellung aller Übergriffe auf deren Bürger und die Gewährleistung des freien Handels in den kurfürstlichen Territorien.157 Den Kaiser vermochte das Magdeburger Verhandlungsangebot allerdings nicht zu überzeugen. Er bestand weiter auf der Exekution der Reichsacht und beauftragte am 30. Juni 1548 beide Kurfürsten mit dieser.158 Am 1. August 1548 ließen die Bürgermeister, Ratsmänner und Innungsmeister Magdeburgs ein Ausschreiben159 ausgehen, welches sich explizit an die ge-

155

Die Landstände hatten auf dem Landtag am 25. August 1548 die Forderung des Erzbischofs nach Einführung des Interims abgelehnt. Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 500. 156 Vgl. ISSLEIB, Magdeburg und Moritz von Sachsen, 585f. 157 So konnte Lazarus von Schwendi dem Kaiser am 19.03.1548 etwas ungläubig mitteilen, daß den Magdeburgern alle Wege offen stünden, gleich als würde die Acht nicht existieren. Vgl. das Schreiben an Karl V. vom 19.03.1548, in: AUGUST VON DRUFFEL, Beiträge zur Reichsgeschichte 1546–1551, Briefe und Akten zur Geschichte des sechzehnten Jahrhunderts mit besonderer Rücksicht auf Bayerns Fürstenhaus 1, München 1973, Nr. 145, 105. 158 Vgl. ebd., 288. 159 DER Von Magdeburgk Ausschreyben, Hans Walther, Magdeburg, 01.08.1548 [ben. Ex.: FB Gotha Th 8° 00431 = VD16 M129]. Zwei weitere Auflagen wurden parallel zum Waltherschen Druck bei Michael Lotter gefertigt [= VD16 M128 und ZV10235]. Hierbei handelt es sich um das erste Ausschreiben des Rates seit der Achtsprechung, dem bis 1551 noch weitere

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samte Öffentlichkeit wandte160 und die vergangenen und künftigen Handlungen des Rates legitimieren und bekenntnispolitisch positionieren sollte.161 So erklärte der Rat, die Stadt, die unverschuldet den Angriffen der brandenburgischen Nachbarn ausgeliefert sei, könne diese nicht länger dulden, sondern werde sich künftig unter Berufung auf ihr natürliches Recht zu wehren wissen: „Wo wir aber oder die vnsern/ weiter dermassen wie wir bedrawet/ solten angegrieffen werden/ des wir vns doch zuforderst zu vnsern Nachbarn/ nicht vorsehen wollen/ denen wir auch darzu keine vrsache gegeben/ So würde ye niemandts vns mit billigkheit vnserer kegennoturfft vordencken koennen noch muegen“. 162

Den damit verbundenen Vorwurf der Rebellion entkräftete er ebenso, wie er dem Kaiser als der höchsten Obrigkeit den Gehorsam der Magdeburger und deren Wunsch nach rascher Aussöhnung versicherte. Diese sei, so rechtfertigte sich der Rat, bisher nicht erfolgt ob der unannehmbaren Kapitulationsartikel, die der Stadt weder garantierten, bei ihren Rechten und Freiheiten noch bei ihrer Religion belassen zu werden, „den von Gottes word koenthen wir ye bey verlust vnser sehlen seligkheit nicht weichen“.163 Zur Bekräftigung dieser Position beinhaltete das Ausschreiben ein religiöses Bekenntnis, das sich zur Heiligen Schrift, der Augsburger Confessio und dem Nicaenum bekannte und sich von Schwärmern ebenso abgrenzte wie den Glaubensartikeln des Augsburger Interims. Solidarisierend deklarierte der Rat die Sache der Magdeburger zur Sache aller Christen, da dies „die ehre Gottes vnd eins jevier folgten. Aufgrund der Dominanz der religiösen Argumentation ist anzunehmen, daß der Text in Zusammenarbeit mit den Geistlichen verfaßt wurde. Vgl. KAUFMANN, Ende, 134–138. 160 „Allermenniglichen was Standes oder wesens die sein“; vgl. ebd. Aij r. 161 Dieses wie auch die künftigen Ausschreiben des Rates sind aktuell als Reaktionen auf die v.a. seitens des Domkapitels erhobenen Vorwürfe gegen die Stadt und als positives Signal gegenüber den jeweils laufenden Aussöhnungsverhandlungen zu verstehen. 162 Ebd., Aijr. Ebenso argumentierte übrigens auch die Gegenseite in Gestalt Erzbischofs Johann Albrecht, der den Kriegszug gegen die Stadt folgendermaßen legitimierte: „Greifen sie aber die Stiftsverwandten an, brennen und plündern sie, sperren sie die Straßen, so ist er nach dem Naturrecht zur Gegenwehr entschlossen.“; Schreiben Johann Albrechts an Kurfürst Moritz vom 13.02.1549, in: PKMS IV, Nr. 275, 318. Zum v.a. im Schmalkaldischen Krieg stark frequentierten Begriff der Gegenwehr vgl. HAUG-MORITZ, Widerstand als Gegenwehr, passim. 163 Ebd., Aiijr. Bereits im April 1548 hatte die Stadt ihre Forderungen gegenüber den Ständen des Erzstifts artikuliert: „[...] vns bey dem reynen waren allein selichmachenden Gottlichen wortte, wie das alhier, vnnd auch an vielen ortten, aus gnaden, zu ehre vnsers lieben Gotts, vnnd vnser aller sehlen heill vnnd seligkeitt, gepredigett wirt, darbey dan vns vnnd alle gleubige, auch der Herr zu seiner gottlichen ehre, woll erhaltten wirdett, Deßgleichen auch bey vnsern hergebrachten priuilegien vnd gerechtigkeitenn gnedigklichen zulaßenn [...]“. Das Schreiben der Ratsmänner und Innungsmeister der Stadt Magdeburg an die Stände des Erzstifts vom 26.04.1548, in: HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 505f., hier 506. Vgl. auch die Argumentation der Magdeburger Gesandten während der Verhandlungen zu Westerhausen im Dezember 1548, in: PKMS IV, Nr. 197, 241f.

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dern sehlen heil vnd seligkeit“ betreffe.164 Und so schließt denn auch das Ausschreiben mit einem Aufruf an das Gewissen eines jeden Christen, den Kampf gegen die Stadt nicht zu unterstützen. Ein halbes Jahr später erschien ein zweites Ausschreiben des Rates165, das thematisch die Argumentation des vorausgegangenen Ausschreibens aufnahm und hinsichtlich des Bedrohungsszenarios noch verstärkte. Erneut rechtfertigte sich der Rat gegenüber den seitens des Domkapitels und der Stiftsstände im Vorfeld erhobenen Vorwürfe, die der Stadt Rebellion, Ungehorsam und unrechtmäßige Aneignung fremder Besitzungen unterstellten166, mit der auf Notwehr gegründeten Verteidigung der Magdeburger. Noch immer sei der Rat um die Aussöhnung mit dem Kaiser bemüht, noch immer wären jedoch die Unterwerfungsbedingungen aus zweierlei Gründen inakzeptabel: „Erstlich das wir vnsern lieben Gott/ vnd sein heiliges Wort nicht verlassen/ Vnnd vns wieder vnter den grewel des Babsts begeben koennen. [...] Vors ander/ das die furgelauffene Capitulacion Artickel/ auch in zeitlichen sachen/ vnns nicht allein hoch beschwerlich/ sunder GOTT wiss vnmueglich/ zuerheben gewesen/ DAs wir auch vnser alten zimlichen herbrachten freiheit/ so schentlichen vorgessen vnnd fallen lassen solten/ Damit weilandt/ der erste vnd grosse Keyser Otto/ hochloeblicher gedechtnis/ vns vnd vnsere vorfahrn reichlichen vorsehen/ vnd sie der der zeit her/ redlichen auff vns herbracht vnnd erworben/ Koente wir kegen vnsern nachkommen/ zun [sic] ehren nicht verantworten. Zu dem das nun mehr oeffentichen aussbricht/ wo mit die tichter des ausgangen Buchs INTERIM seint vmbgangen/ vnnd wo hin jhr suchen gerichtet.“167

Hatte sich das erste Ausschreiben nur implizit gegen die Glaubensartikel des Interims ausgesprochen, findet sich nun, nachdem der Kaiser den Druck auf die Einführung des Religionsedikts verstärkt hatte, dessen Verurteilung als Abgötterei, der kein Christ im Angesicht des Jüngsten Gerichts seine Zustimmung erteilen könnte. Der Zusammenhang wird nun deutlich: „Darumb wir denn im grunde/ leider Gott sey es geklaget/ leiden/ verbannet vnnd ver164

Ebd., Aivr. Der Von Magdeburgk Entschueldigung/ Bit/ Vnnd gemeine Christliche erinnerunge, Magdeburg, Michael Lotter, 1549 [ben. Ex.: FB Gotha 42 an Theol. 4° 333–334 = VD16 M134]. Ein Paralleldruck – wenn auch mit anderem Titelkupfer – erschien bei Hans Walther [VD16 M135]. Die Druckschrift selbst enthält lediglich die Jahresangabe 1549. Die Erwähnung des „nechst vorschienen“ (Aiijr) Tages zu Westerhausen, der am 16.12.1548 stattfand, ermöglicht jedoch eine Eingrenzung auf das Ende des Jahres 1548/Anfang 1549. Vgl. KAUFMANN, Ende, 138–143. 166 In einer Art Schwarzen Liste hatte vermutlich der damalige Möllenvogt Martin Doberitz die Magdeburger „Rädelsführer“ aufgeführt. Zu ihnen gehörten die städtische Elite: die Bürgermeister (Thomas Keller und Georg Guericke), die Ratsherren (darunter Heine, Ludwig und Ebeling Alemann), Ratsschreiber (Ambrosius Emmen), der Syndikus (Dr. Levin von Emden) sowie Kaufleute, Steinmetze etc. Das Verzeichnis ist widergegeben bei: RICHARD KANNGIESSER, Der Zug des Herzogs Georg von Mecklenburg in’s Erzstift Magdeburg im Jahre 1550, Jahresbericht über die mit einer Realgymnasialabteilung verbundene GuerickeSchule (Ober-Realschule) 19, Magdeburg 1888, 5. 167 Der Von Magdeburgk Entschueldigung, Aiij v–Aivr. 165

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folget werden.“168 Im Bekenntnis zu Gott und im Vertrauen auf seine Macht169 verharren die Magdeburger – gleich Daniel170 – in ihrem Widerstand und illustrieren ihren Aufruf zur Solidarisierung mit „vns bedrengte[n] Christen“171 mit dessen Vorbildwirkung für alle Christen. Söldner und Landsknechte werden abschließend mit Verweis auf das Beispiel des heiligen Mauritius172 aufgerufen, die gegen die Stadt und die Christen gerichteten Befehle zu verweigern. Während die Aussöhnungsverhandlungen mit Magdeburg, die insbesondere durch die protestantischer Stände des Erzstiftes geführt wurden, immer wieder an der Religionsfrage und der Forderung nach Restitution des Domkapitels scheiterten173, kamen auch die Verhandlungen über die Exekution der Reichsacht kaum voran. Die divergierenden Interessen der Fürsten, die sich auf den Tagsatzungen zu Eisleben (21. bis 25. Oktober 1548), Halle (19. Dezember 1548) und dem Kreistag zu Jüterbog (21. bis 31. August 1549) offenbarten, verhinderten ein gemeinsames Vorgehen gegen die geächtete Stadt. Der im Juli 1548 wieder eingesetzte Erzbischof Johann Albrecht174 bestand auf einem sofortigen gemeinsamen Kriegszug der benachbarten Stände und der Restitution des Domkapitels mit sämtlichen Besitzungen in und außerhalb der Stadt. Diesem Votum folgten die Braunschweiger Herzöge Erich und Heinrich. Joachim II. von Brandenburg, dessen Handlungen gegenüber der Altstadt Magdeburg ähnlich den Wettinern vom Ausbau seines Einflusses über das Erzstift geleitet waren175, sprach sich ebenfalls, wenn auch zögernd176, für einen 168

Ebd., Bjr. Hier werden die hierfür klassischen Textstellen des Neuen Testaments angeführt: Mt 10,32. Mt 22,21. Lk 9,26. Lk 12,4. Lk 12,9 und Apg 5,29. Vgl. ebd., Bj v. 170 Die konsequente Haltung Daniels, mit der er sich den Glaubensgeboten des medischen Königs Darius widersetzt (Dan 6), ist in der Widerstandsargumentation der Magdeburger gegen das Interim gegenüber den klassischen Kapitel 2 und 7 häufig anzutreffen. Insgesamt zur Danielrezeption in der frühneuzeitlichen politischen Ideengeschichte: KLAUS KOCH, Europa, Rom und der Kaiser vor dem Hintergrund von zwei Jahrtausenden Rezeption des Buches Daniel, Berichte aus den Sitzungen der Joachim Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften e.V. Hamburg Jg. 15, 1, Hamburg 1997, v.a. 102–115. Siehe auch Kap. 7. 171 Der Von Magdeburgk Entschueldigung, Biij v. 172 Vgl. hierzu Art. Mauritius (10), in: JOH. EVANG. STADLER (Hrsg.), Vollständiges Heiligen-Lexikon oder Lebensgeschichten IV, Augsburg 1875, 331–339. 173 Die Restitution des Domkapitels und seiner Besitzungen lehnten die Magdeburger ab, da sie diese als Pfand für ihre Aussöhnung betrachteten. Vgl. die Argumentation in: PKMS IV, Nr. 407, 459–463. Sowie: HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 510. 174 Die Einsetzung erfolgte durch das kaiserliche Mandat vom 12.07.1548; vgl. ebd., 500. 175 Für Brandenburg bedeutete der Einfluß auf das Erzstift den Zugang zum Westen, für Sachsen zum Norden des Alten Reiches. Vgl. ERICH BRANDENBURG, Luther, Kursachsen und Magdeburg in den Jahren 1541 und 1542, in: Deutsche Zeitschrift für Geschichtswissenschaft N.F. 1, 1896/97, 259–297, v.a. 259. 169

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gewaltsamen Weg aus, warnte aber vor dem Einsatz fremder Truppen, die Unfrieden in das Erzstift bringen würden.177 Moritz von Sachsen dagegen suchte den Kriegszug zugunsten einer Handelsblockade zu verhindern.178 Sein Territorium war durch den Schmalkaldischen Krieg stark geschwächt, und es war zu befürchten, daß ein weiterer Konflikt zu Unruhen unter der kursächsischen Bevölkerung führen würde. Insbesondere gegenüber den neuerworbenen ehemals ernestinischen Gebieten war das gewaltsame Vorgehen gegen eine protestantische Stadt kaum zu legitimieren. Um die laufenden Verhandlungen über das Interim in seinem Territorium nicht zu gefährden, suchte er den Anschein zu vermeiden, er bezwecke mit der Unterwerfung Magdeburgs die Einführung des Interims.179 Gerade diese Zurückhaltung des neu ernannten sächsischen Kurfürsten erweckten auf Seiten des Kaisers und seines Bruders Argwohn über dessen eigene politische Interessen.180 Karl V. bestand weiterhin auf der gewaltsamen Exekution der Reichsacht, lehnte jedoch das Ersuchen der sächsischen und stiftischen Stände auf finanzielle Unterstützung aus dem Römermonat ab. Seine Drohung, eigene Truppen in das Stiftsgebiet zu senden, mußte angesichts der zahlreichen spanischen und italienischen Truppenverbände, die noch in der Nähe lagen, ernstgenommen werden.181 Ferdinand wiederum suchte den sächsischen Kurfürsten für seine eigene Politik im Zuge der Sukzessionsverhandlungen182 zu gewinnen und verschaffte diesem damit einen gewissen Spielraum.183 So vereinbarten beide im Juni 1549 in Prag, daß Moritz allein die Acht auf friedlichem oder gewaltsamen Wege exekutieren 176

Offenbar scheint Joachim II. die Plünderung Hamerslebens die Gefahr für das eigene Territorium verdeutlicht zu haben. Vgl. dessen Schreiben an Moritz von Sachsen vom 31.08.1548, in: PKMS IV, Nr. 82, 126f. 177 Vgl. das Protokoll über die Verhandlungen zu Eisleben, in: PKMS IV, Nr. 132, 171–178. 178 Nach „altem Brauch“ sollten der Stadt alle Handelswege abgeschnitten und die Besitzungen eingezogen werden. So die Instruktion Moritz’ an seine Räte vom 19.10.1548, in: PKMS IV, Nr. 130, 179f. 179 Diese Bedenken finden sich bereits in einer Instruktion Moritz’ an seine Räte vom 13.12.1548: „Ein gemeinsames Volk ist nicht nur kostspielig, sondern wird auch „Gerücht machen“, das Weiterungen bringt, die allen nicht gut sind.“, in: PKMS III, Nr. 195, 239. 180 Vgl. das Schreiben Karls V. an Ferdinand I. vom 10.12.1548, in: DRUFFEL, Beiträge zur Reichsgeschichte 1, Nr. 245, 180–182. 181 Vgl. das Schreiben Karls V. an Kurfürst Moritz vom 11.02.1549, in: PKMS IV, Nr. 270, 314f. 182 Zu den Verhandlungen über die Nachfolge in der Kaiserwürde vgl. u.a. KOHLER, Karl V., 327–331. Zu den darüber hinaus reichenden Kontakten Ferdinands und Moritz’ vgl. J ULIUS WITTER, Die Beziehungen und der Verkehr des Kurfürsten Moritz von Sachsen mit dem römischen Könige Ferdinand seit dem Abschlusse der Wittenberger Kapitulation bis zum Passauer Vertrage, Neustadt a.d. Haardt 1886, passim. 183 Fritz Hartung beschreibt pointiert die Situation der Reichsgewalt, die ihre Funktionsfähigkeit nur aufrecht erhalten konnte, wenn sie gegen die Interessen des Reichs verstieß. HARTUNG, Karl V., 51.

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sollte184 und im Gegenzug dafür die Hälfte der Stadt Magdeburg und der Kapitulationszahlungen erhalten sowie über die Magdeburger Munition und andere Vorräte verfügen dürfte.185 Die Intention des sächsischen Kurfürsten, in der Magdeburger Frage seinen hohenzollernschen Konkurrenten auszuschalten, scheiterte jedoch trotz Zuredens des kaiserlichen Truchseß Lazarus von Schwendi186 am Widerstand des Erzbischofs.187 Auf dem Kreistag der nieder- und obersächsischen Stände zu Jüterbog im August 1549 hatte Lazarus von Schwendi im Auftrage des Kaisers zumindest erreicht, daß die Stände über eine Belagerung Magdeburgs verhandelten.188 Die dafür veranschlagten 100.000 Gulden sollten, so der Abschied vom 31. August, durch alle Kreise des Reiches gemeinsam aufgebracht werden. Erst dann könne eine Belagerung durch Brandenburg und Kursachsen erfolgen.189 Angesichts des bevorstehenden Winters blieb es zunächst bei diesem Abschied. Ein letzter Versuch der Seestädte, sich im November 1549 für Magdeburg und Bremen beim Kaiser zu verwenden, scheiterten an dessen Absicht, Magdeburg zu unterwerfen.190 Bereits am 9. November hatte Karl vom Erzbischof, den Kurfürsten sowie den Fürsten und Ständen des niedersächsi184

Moritz hatte Ferdinand I. bereits im März durch Christoph von Carlowitz mitteilen lassen, daß sich eine weitere Verzögerung nur zugunsten Magdeburgs auswirken würde: „Man müsse das Feuer im Anfange daempfen, es kaeme sonst ein viel groeßeres daraus, sonderlich wenn den Leuten durch Todesfall, oder sonst, das Fenster aufgethan werde; sollte etwas vorgenommen werden, so sey dieß mit beharrlichem Ernst zu thun, oder ganz zu unterlassen.“ LANGENN, Moritz, Herzog und Churfürst zu Sachsen, 442. Die Feststellung Ernst Laubachs, der noch für den Sommer 1549 keine Indizien auszumachen vermag, daß sich Moritz und Ferdinand angenähert hätten, ist angesichts dieser Vereinbarung nicht zu halten. Vgl. ERNST LAUBACH, König Ferdinand I. und der niederdeutsche Raum. Befunde und Überlegungen zu seinem Anteil an der Politik Karls V. und zu seiner Stellung im Regierungssystem des Kaisers, in: SICKEN, Herrschaft und Verfassungsstrukturen, 137–178, v.a. 165. 185 Vgl. ISSLEIB, Magdeburg und Moritz von Sachsen, 603. Wenige Monate zuvor hatte Ferdinand bereits in einem Schreiben vom 10.04.1549 an Karl den Vorschlag unterbreitet, die Kurfürsten von Brandenburg und Sachsen mit jeweils einem Drittel Anteil an der Stadt Magdeburg zu belohnen; vgl. DRUFFEL, Beiträge zur Reichsgeschichte 1, Nr. 285, 213f. 186 Zur Person des kaiserlichen Staatsmannes und Feldherrn (1522–1583) vgl. v.a. ADB 33, 382–401. 187 Vgl. den Bericht Lazarus’ von Schwendi an Kaiser Karl V. vom 18. Juli 1549, in: DRUFFEL, Beiträge zur Reichsgeschichte 1, Nr. 317, 253–265. Sowie: ISSLEIB, Magdeburg und Moritz von Sachsen, 604. König Ferdinand selbst hatte die an ihn herangetragene Bitte, zusammen mit Moritz und dem Erzbischof die Herrschaft zu übernehmen, kategorisch abgelehnt. Vgl. LAUBACH, König Ferdinand I., 162. 188 Die Belagerung hatte Ferdinand seinem Bruder als einen gangbaren Weg der Achtexekution vorgeschlagen. Vgl. das Schreiben vom 10.04.1549, in: DRUFFEL, Beiträge zur Reichsgeschichte 1, Nr. 285, 213f., v.a. 213. Die auch mit der Exekution der Acht beauftragen sächsischen Stände hatten weder die finanzielle noch organisatorische Potenz, um dem kaiserlichen Auftrag Folge zu leisten. Vgl. HARTUNG, Karl V., v.a. 50. 189 Vgl. den Abschied vom 31.08.1549, in: PKMS IV, Nr. 431, 498–500. 190 Vgl. HÜLSSE, Die Stadt Magdeburg im Kampfe, 30.

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schen Kreises erneut die Exekution der Acht gefordert, indem die Stadt von Handel und Warenzufuhr gänzlich abzuschneiden sei.191 Ein neuer Reichstag sollte die Finanzierung der Achtexekution durch die Reichsstände sichern und das 1547/48 begonnene religionspolitische Werk Karls V. fortsetzen.

3. Die Belagerung Am 26. Juli 1550 wurde der Reichstag trotz Abwesenheit zahlreicher Reichsstände in Augsburg eröffnet. Schwerpunkte bildeten die Frage der Religionsordnung und der Umgang mit den Rebellen. Zur Beratung waren weiterhin vorgesehen die Beschickung des Konzils, der Landfrieden, die Neubesetzung des Reichskammergerichts, die Münzordnung, die Reichsmatrikel und die Policeyordnung. Hinsichtlich der Religionsfrage stellte die kaiserliche Proposition fest, „das in etlichen [...] wichtigen puncten [...] one irer Mt. schuld oder verursachung allerlay verhinderungen furgefallen“ und der Kaiser diesen Desiderata Abhilfe zu schaffen gedenke.192 Weder wäre das Religionsgesetz, welches der Kaiser auf „haimbstellung“ der Stände hatte ausarbeiten lassen, vollständig umgesetzt worden193 noch seien nicht alle „rebellen“ mit dem Kaiser ausgesöhnt, sondern würden im Gegenteil „in irer verstockten, verdampten rebellion fursetzlich und trutzlich zu verharren gedencken“ und hätten darüber hinaus andere Stände angegriffen.194 Da dieses Verhalten Kaiser und Reich gleichermaßen schade, sollten die Stände geeignete Maßnahmen zur Abstellung des Problems vorschlagen. Der Kaiser wisse am besten, so die gemeinsame Antwort der Reichsstände, warum Interim und ‚Formula reformationis‘ bisher nicht überall vollständig umgesetzt seien. Daher möge er „nochmals durch milte, guetliche, friedliche, gepurliche mittel und weg dahin mit vatterlichen, getreuen vleis“ für die Durchführung des Religionsmandates von 1548 Sorge tragen.195 Die Stände hatten damit den Ball an den Kaiser zurückgespielt. Im Ergebnis der intensiven Verhandlungen übernahm der Kaiser die Initiative, die Reichsstände einzeln über den Stand der Umsetzung des Interims zu befragen, um ent-

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Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 520. Proposition vom 26.07.1550, in: RTA J.R. 19.1, Nr. 78, 249–257, hier 250. 193 Der Vorwurf lautete, daß sich „nit allein etliche stende und underthanen des Hl. Reichs sich solcher irer Mt. christlicher, pillicher declaration und ordnung widersetzen und dieselb anzunemen waigern und sperren, sonder auch etlich andere in guter anzahl, ob sy gleich solche ordnung angenommen haben, sich nichtdestoweniger derselben mitnichten oder doch gar wenig gemeß halten“. Ebd., 252. 194 Ebd., 253, 195 Erste Antwort der Reichsstände auf die Proposition vom 19.08.1550, in: RTA J.R. 19.2, Nr. 89, 747–761, hier 749. 192

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sprechende Maßnahmen zu treffen.196 Entscheidend war jedoch letztlich das Konzil, zu dessen Besuch sich die Protestanten hatten bewegen lassen. Gegenüber dem Beschluß des vorigen Reichstages brachte dieser in Religionsfragen keine wesentliche Änderung. Der erneute Verweis derselben an das bevorstehende Konzil verschaffte den Reichsständen lediglich eine Atempause. Die „Rebellenfrage“, die unter dem Thema des Landfriedens auf dem Reichstag behandelt wurde, stellte ob ihrer religionspolitischen Implikationen mehr dar, als ein rein militärisches bzw. finanzielles Problem. In den Verhandlungen erklärten Fürsten und Kurfürsten mehrfach, daß sie aufgrund der hohen Kosten den friedlichen Weg der Ausgleichsverhandlungen einer militärischen Lösung vorzögen. Daraufhin benannte der Kaiser in seiner Replik konkret die Städte Magdeburg und Bremen als die „furnemisten“ der Rebellen. Hätte Bremen zumindest das Gespräch mit dem Kaiser gesucht, so Karl V., würden die Magdeburger jeden Kontakt verweigern. Und obwohl er die Ansicht vertrat, „das sy ire verdiente straff, andern zu ainem abscheuigen exempel, empfiengen“ sollten, beugte sich der Kaiser zunächst dem Votum der Stände.197 In den anschließenden Beratungen einigten sich diese darauf, die Gesandten beider Städte für den 2. November zu Ausgleichsverhandlungen nach Augsburg zu bestellen.198 Die Antwort der Magdeburger war jedoch ernüchternd. Im Schreiben vom 15. Oktober 1550 erklärten Rat und Innungsmeister, daß sie keine Gesandten nach Augsburg schicken könnten, da die Gefahr für diese durch die Belagerung zu groß wäre.199 Der ob dieser negativen Antwort der Magdeburger erboste Kaiser bestand nun endgültig auf dem gewaltsamen Weg der Unterwerfung. Die Stände willigten in die zuvor verhandelten Kapitulationskapitel200 ein, übertrugen Moritz von Sachsen den Oberbefehl über das Exekutionsheer, stellten ihm den kaiserlichen Truchseß Lazarus von Schwendi zur Seite und bewilligten die Finanzierung der Belagerung aus dem Reichsvorrat mit 100.000 Gulden für die beiden Vormonate und 60.000 Gulden für jeden Folgemonat.201 196

Vgl. die Festlegung im Abschied des Reichstags vom 14.02.1551, in: ebd., Nr. 305, 1578–1614, v.a. 1582. 197 Die Replik Karls V. vom 06.09.1550, in: ebd., Nr. 91, 768–778, hier 774. 198 Vgl. das Schreiben der Reichsstände an die Städte Magdeburg und Bremen vom 22.09.1550, in: ebd., Nr. 161, 962–964. 199 Vgl. die Antwort des Rates und der Innungsmeister der Stadt Magdeburg auf das Ausschreiben der Reichsstände vom 15.10.1550, in: ebd., Nr. 165, 975f. Ähnlich argumentierte auch das Ausschreiben des Rates vom 13.12.1550, Hj v. 200 Zu diesen gehörten u.a. die fußfällige Bitte um Vergebung auf Gnade und Ungnade, das Abschwören von allen auch künftigen antikaiserlichen Bündnissen, die Umsetzung des 1548 beschlossenen Reichsabschiedes und aller weiteren Abschiede, die Schleifung der Stadtbefestigung und die Zahlung von 200.000 Gulden samt 24 Geschützen. Vgl. hierzu die Kapitulationsartikel zur Aussöhnung der Stadt Magdeburg mit Karl V. vom 11.11.1550, in: RTA J.R. 19.2, Nr. 182, 1016–1018. 201 Vgl. SIMON ISSLEIB, Magdeburgs Belagerung durch Moritz von Sachsen 1550–51, in: DERS., Aufsätze und Beiträge 2, 619–704, 659 sowie die Stellungnahmen des Kaisers und der

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Das „Bollwerk“ Magdeburg

Noch vor Beginn des Reichstages hatte der Rat der Altstadt Magdeburg am 24. März 1550 sein drittes Ausschreiben veröffentlicht.202 Angesichts sich mehrender Gerüchte, „als solt damit vmbgangen/ vnnd mit grosser gefahr practicirt werden/ vns vnd andere die bissher auss Gottes genaden/ vber seinem waren Goettlichen wortdt gehalten/ mit vielem Volck zu vbertziehen/ vberfallen/ vnd an Leibe/ guth vnd der Seele zuuorterben“203 suchte der Rat zu beweisen, daß die Stadt zu Unrecht und einzig aufgrund der Verleumdungen des Domkapitels in die Acht gesprochen worden war, um einen möglichen Angriff doch noch abzuwenden. Da die Stadt dem Kaiser stets den gebührenden Gehorsam gezeigt und die Notwehr die Beschlagnahme der umliegenden Besitzungen des Domkapitels und den Angriff auf die Feinde gerechtfertigt hätte, läge doch deutlich zu Tage, worum es in dieser Auseinandersetzung wirklich gehen würde: „nicht alleine vnns als die wenigsten/ sondern auch alle Christen/ was stands die sein/ mit list vnnd gewaldt antzugreiffen/ von GOTtes wort zu drengen/ vnnd die Bebstliche grewel/ luegen/ Gotteslesterungen vnnd Abgoettereyen/ zu vnser aller ewigen verdamnis/ wieder auffzurichten“.204

Schon immer hätten die Christen Verfolgung erleiden müssen, wenn sie dem Gebot Gottes mehr gehorchten als dem der Menschen (Apg 5,29). Da mit dem Interim die Obrigkeit in das Amt Gottes, also der höchsten Obrigkeit gegriffen hätte, könne die Gehorsamsverweigerung der Magdeburger wie aller anderen Christen de iure nicht als Rebellion verurteilt werden.205 Klangen erste endzeitliche Implikationen bereits im zweiten Ratsausschreiben an, ist hier die Stilisierung der drohenden kriegerischen Auseinandersetzung als Teil des Endzeitgeschehens deutlich – wenn auch nicht ausgiebig – verarbeitet.206 Daher schließt das Ausschreiben des Rates mit dem Aufruf an die Christen, sich nicht an der Verfolgung der Magdeburger zu beteiligen, da sie beim Ver-

Reichsstände zur Finanzierung, in: RTA J.R. 19.2, Nr. 184–198, 1019–1059. Die Finanzierung des Krieges blieb dennoch auf den Schultern des sächsischen Kurfürsten liegen. Vgl. das Schreiben Moritz’ an seinen Rat Christoph von Carlowitz vom 06.01.1551, in: PKMS IV, Nr. 816, 957f. 202 Der Von Magdeburgk Ausschreiben an alle Christen, Michael Lotter, Magdeburg 24.03. 1550 [ben. Ex.: FB Gotha 43 an Theol. 4° 333–334 = VD16 M126]. Wieder entstand ein Paralleldruck bei Hans Walther (VD16 M127). 203 Ebd., Aijr. 204 Ebd., Aivr–v. 205 Vgl. Bj r–Bij v. Interessanterweise verweist der Rat nicht nur auf sein zweites Ausschreiben, sondern auch auf die näheren Ausführungen der Prediger. Da die ‚Magdeburger Confessio‘ am 15. April erschien und eine ähnliche Argumentation aufweist, kann begründet vermutet werden, daß der Verweis dieser Schrift galt. Vgl. auch KAUFMANN, Ende, 143–146. 206 Die Argumentation KAUFMANNS, Ende, 143, der die endzeitliche Deutung bereits „spätestens seit Jahresbeginn 1549“ zu erkennen meint, vermag ich im Hinblick auf die Ausschreiben des Rates nicht zu folgen.

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rat Gottes „nichtes gewissers/ denn der straffe vnd des zorn Gottes/ am Leibe/ vnnd Seele zuerwarten“ hätten.207 Im September 1550 nahmen die Kriegsgerüchte aus unerwarteter Richtung konkrete Gestalt an. Denn nach dem Ende der Belagerung der Stadt Braunschweig durch den Braunschweiger Herzog Heinrich und Herzog Georg von Mecklenburg208 zog der junge Mecklenburger mit einem Truppenkontingent von ca. 3000 Mann209 durch das Stift Halberstadt in Richtung Magdeburg. Mit Plünderungen und Brandschatzungen suchte er, die Truppen für die erfolglose Belagerung zu entschädigen, um mit ihrer Hilfe anschließend seine Ansprüche auf das Bistum Schwerin mit Nachdruck in Mecklenburg stellen zu können.210 Nachdem diese die von den Magdeburgern besetzte Stadt Wanzleben sowie das Amt Dreileben und weitere Dörfer im Umfeld Magdeburgs in Schutt und Asche gelegt hatten, flohen die Einwohner in die geächtete Stadt und „begerten hilffe und beistandt vom Rath der alten Stat“.211 Auf Bitten der Stadt Neuhaldensleben und entgegen dem Rat des kriegserfahrenen und ebenfalls geächteten Grafen Albrecht von Mansfeld, der in der Stadt Zuflucht genommen hatte, zogen 3000 Mann, darunter 12 Fähnlein Landsknechte212 sowie ein Großteil Bürger und Bauern, den plündernden Truppen entgegen. Am 22. September 1550, dem Tage des heiligen Mauritius, des Schutzpatrons der Stadt Magdeburg, mußten die Magdeburger eine schwere Niederlage hinnehmen. Sie verloren ca. 1200 Mann sowie sämtliche Geschütze und Wagen.213 Der Aufforderung Herzogs Georg von Mecklenburg zur Unterwerfung verweigerte sich die Stadt Magdeburg, da sie weiterhin nicht von Gottes Wort abzustehen gedachte. Von einem Sturm auf die befestigte Stadt sah Herzog Georg jedoch ab und schlug sein Quartier inzwischen bei Schönebeck auf, von wo aus seine Truppen die umliegenden Ortschaften plünderten.

207

Der Von Magdeburgk Ausschreiben an alle Christen, Biijr. Zur Person vgl. KANNGIESSER, Der Zug des Herzogs Georg von Mecklenburg, 12–14. 209 Die Angaben ebd., 16. 210 Vgl. ebd., 15. 211 Vgl. Von dem Kriege vor Magdeburg, wie es sich darinnen zugetragen, auch von den Scharmutzeln, so darvor gehalten worden sindt. Angefangen Anno Domini 1550. Geendet Anno Domini 1551, in: Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Die Chroniken der niedersächsischen Städte. Magdeburg Teil 2, Göttingen 1962, 209–227, v.a. 211 (zuerst publiziert bei: GUSTAV HERTEL, Eine Magdeburger Handschrift über die Belagerung der Stadt in den Jahren 1550 und 1551, in: GBlM 15, 1880, 1–21). 212 Die Stärke der Fähnlein variierte stark. Sie konnte zwischen 50 und maximal 500 Landsknechten liegen. Aufgrund der angegebenen Truppenstärken und der Anzahl der Fähnlein ist hier von einer durchschnittlichen Stärke von ca. 250 Mann pro Fähnlein auszugehen. Vgl. dazu: REINHARD BAUMANN, Georg von Frundsberg. Der Vater der Landsknechte, München 1984, 55f. 213 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 529. 208

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Moritz von Sachsen betrachtete diese Vorgänge mit Sorge. Unsicher über die Absichten des Mecklenburgers fürchtete er einerseits angesichts der unkontrolliert plündernden Truppen um sein eigenes Territorium und andererseits um den Lohn, der ihm durch den König für die Achtexekution versprochen worden war. Auf Bitten des Domkapitels traf sich der sächsische Kurfürst und Schutzherr des Erzstiftes Ende September 1550 mit Herzog Georg von Mecklenburg in Barby und übernahm dessen Armee für 3 Monate.214 Zuversichtlich schrieb der Kaiser denn auch an Moritz, daß dieser mit dem hinzugewonnenen Kriegsvolk die Belagerung Magdeburgs fortsetzen möge und ein baldiger Sieg wahrscheinlich sei, da die Stadt viele Soldaten und Bürger durch die Gefechte verloren hätte und der Proviant bald ausginge. Verharre die Stadt jedoch in ihrer Rebellion, könne der Kurfürst die Stadt stürmen und sie durch das Kriegsvolk plündern lassen.215 Fünf Tage nach der Vereinbarung in Barby stießen weitere Truppen des Erzstifts und des brandenburgischen Kurfürsten Joachim II., des Markgrafen Albrecht von Brandenburg-Kulmbach sowie des Grafen Johann Georg von Mansfeld216 dazu und verstärkten das Exekutionsheer auf ca. 7000 Mann. Unterdessen hatte der Rat der Altstadt Magdeburg am 9. Oktober 1550 sein viertes Ausschreiben in den Druck gehen lassen.217 Darin rechtfertigte er den Ausfall der Magdeburger Truppen am 22. September gegen den Angriff Georgs von Mecklenburg als Verteidigungs- und Hilfsmaßnahme für die verfolgten Christen des Umlandes. Während die Niederlage der Magdeburger als Strafe Gottes gedeutet wurde, galten die geringen Verluste dagegen mit Verweis auf den alttestamentlichen Kampf zwischen den Stämmen Israels und den Benjamitern (Ri 20) als Zeichen des göttlichen Beistandes.218 Gleich „anderern Merterern Christi“219 ziehe es die Stadt vor, „noch hoeher beschwert [zu] werden“, als zum römischen Antichristen abzufallen.220 Jene aber, die 214

Vgl. ISSLEIB, Magdeburgs Belagerung, v.a. 625. Vgl. das Schreiben vom 03.10.1550, in: PKMS IV, Nr. 657, 751f. Dies entsprach im übrigen der gängigen Kriegspraxis und galt als legitimes Recht der Belagerer. Vgl. dazu u.a. CHRISTOPHER DUFFY, Siege Warfare. The Fortress in the Early Modern World 1494–1660, London 1979, v.a. 249–253. Sowie: GEOFFREY PARKER, The Military Revolution. Military innovation and the rise of the West 1500–1800, 2. Aufl., Cambridge 1996, v.a. 58f. 216 Vgl. allgemein zur Rolle der Grafen von Mansfeld: KARL KRUMHAAR, Die Grafschaft Mansfeld im Reformationszeitalter. Mit besonderer Rücksicht auf die Reformationsgeschichte aus den Quellen dargestellt, Eisleben 1855, v.a. 284-297. 217 Ein warhafftiger Bericht dero von Magdeburgk/ des ihennen was Mantags nach Matthei nechst verschienen/ inn diesem fünfftzigsten gegenwertigen Jare/ der minnerzal/ diss orts Landes ergangen, Magdeburg, Michael Lotter, 09.10.1550 [ben. Ex.: SBB SPK Flugschr. 1550/51 = VD16 M152]. Eine zweite Auflage erschien ebenfalls bei Lotter (VD16 ZV 10237). Vgl. auch KAUFMANN, Ende, 146–150. 218 Vgl. ebd., Aivr. 219 Ebd., Bij v. 220 Ebd., Bjr. 215

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„die armen Christen ergern [...] mit gewalt zwingen/ das sie sich dem Antichristischen/ Pepstlichen/ Tridentischen Concilio/ dem Gottlosen Jnterim/ vnnd also dem gantzen Abgoettischen Pabsthumb vnterwerffen/ vnnd darzu der armen Christen Feinde vnnd Verfolger werden/ wie denn solchs auffs newe auff itzt gehaltenem Reichstage/ zu Augspurgk fuerbracht vnnd bewilliget worden“221,

würden ihre zeitliche und ewige Strafe erlangen. Verbunden damit war die Mahnung an die Christen und der solidarisierende Aufruf, dem stellvertretend für die gesamte Kirche verfolgten Magdeburger Häuflein in seinem Kampf gegen Tyrannei und Antichrist beizustehen: „Derhalben sie auch fur Gott dieser vnd anderer vrsachen halben schueldig/ vns als die wir itzt gleich von wegen der gantzen Kirchen am Creutze stehen/ Christlichen beistand zu leisten/ vnd wo solchs nicht geschehen wirdt/ ist es nicht alleine an ihm selbst grosse suende/ sonder so wir nach dem willen Gottes inn diesem bekentnis vnd gehorsam mit anderern Merterern Christi leiblichen solten vnterliggen/ wurde gleicher vnfall dennoch zum nechsten an ihnen sein/ vnnd fast vber gantz Deudtschlandt/ vber fromme vnnd boese/ allerley tyranney vberhandt nemen.“222

Für diesen Kampf hatte sich die Stadt Magdeburg entsprechend gewappnet. Die Besatzung wurde durch zuziehende Söldner, welche in den Häusern der Bürger Quartier nahmen, auf 3000 Mann verstärkt.223 Die Bezahlung der Söldner erfolgte über eine außerordentliche Steuer sowie die regelmäßige Einschmelzung der Silbergeräte, deren Rückzahlung der Rat seinen Bürgern versprach.224 Die Knechte waren in drei Fähnlein organisiert mit je einem Hauptmann an der Spitze, die Reiter unterstanden einem Fähnrich. Die waffenfähigen Bürger stellten ein Fähnlein mit eigenen Hauptleuten. Oberster Befehlshaber der Stadt war der ehemalige Bürgermeister Ebeling Alemann225, der durch die kriegserfahrenen Grafen Albrecht von Mansfeld und Christoph von Oldenburg, Freiherrn Johann von Heydeck sowie Kaspar von Pflugk, die in die Stadt geflüchtet waren, beraten wurde. Munition, Geschütze und Proviant waren ausreichend vorhanden. Obwohl es den Magdeburgern während der gesamten Belagerung möglich war, durch das Ulrichstor auf die

221

Ebd., Bj v–Bij r. Ebd., Bij v. 223 Daß diese ‚Wohngemeinschaft‘ nicht so harmonisch ablief, wie HOFFMANN/HERTEL/ HÜLSSE dies darstellen, belegen die Meutereien, die die Stadt während der Belagerung in zusätzliche Unruhe versetzten. Siehe unten. 224 So SEBASTIAN B ESSELMEYER, Warhafftiger Bericht/ Des Magdeburgischen Kriegs/ Schlacht/ Belagerung/ vnd fuernemesten Scharmuetzeln/ zu Wasser vnd zu Lande/ Auch alles/ was sich von beyden theilen/ innen vnd ausserhalb der Stadt/ vom anfang biß zum ende/ zugetragen hat [...], Halle, 1592, Bijr [ben. Ex.: FB Gotha Hist. 4362(4) = VD16 B 2268]., Cvjr sowie HÜLSSE, Die Stadt Magdeburg im Kampfe, 44. 225 Alemann entstammte einer altehrwürdigen Magdeburger Familie und war, so der Chronist MERCKEL, beliebt bei den Bürgern und den Landsknechten. Vgl. Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Kr. 222

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Felder, Wiesen und Gärten zu gelangen, zu ernten und ihr Vieh zu weiden226, nimmt es angesichts der über 40.000 Einwohner, die die Stadt inzwischen beherbergte, nicht Wunder, daß zum Ende der Belagerung die Lebensmittel knapp wurden.227 Der Versuch einer speziell geschaffenen Kommission, die Engpässe durch gezielten Ankauf spezieller Güter innerhalb der Stadt auszugleichen, war angesichts begrenzter Ressourcen nur teilweise von Erfolg gekrönt. In verschiedenen Scharmützeln, die meist aus wechselseitigen Angriffen und Ausfällen bestanden und weder der einen noch der anderen Partei sichtbare Erfolge brachten, zeigte sich bald, daß die Exekution der Acht nicht so rasch zu realisieren war, wie es der Kaiser und die Fürsten ins Auge gefaßt hatten. Aus diesem Grunde verhandelten im Auftrage der Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg die Gesandten Fürst Wolfgang von Anhalt, Dr. Johann Scheyring228 und Dr. Johann Holstein mit der Stadt über einen Waffenstillstand. Unter den Bedingungen, daß die Stadt sich den Kurfürsten und dem Erzbischof ergäbe und einen dieser Fürsten in ihrer Stadt aufnähme, sollte sie in ihrer Religion und allen Privilegien unangetastet bleiben und die Festungsanlagen nicht geschleift werden. Dem Kaiser solle fußfällig Abbitte geleistet, 100.000 Gulden samt 16 Geschützen übergeben und das Domkapitel und seine Besitzungen restituiert werden. Der Magdeburger Rat lehnte erneut die Bedingungen ab.229 Die Kurfürsten Moritz von Sachsen und Joachim II. von Brandenburg vereinbarten daraufhin mit dem Domkapitel am

226

„Dazu der Stad vihe/ als Rinder/ Kuehe/ Pferde/ Schaff/ Schwein/ Gense/ Summa allerley Viehe ist teglich vor der Stadt im Felde gehuetet worden/ Welches dem Feinde offt neher/ denn der Stadt gewesen ist/ vnd hart fuer die Schantzen vnd Blockheuser getrieben/ Vnd der Weide nachgegangen ist/ nach welchem der Feindt teglich sehr geschossen/ hat aber kleinen schaden gethan“, so die Schilderung von BESSELMEYER, Warhafftiger Bericht, Fijr–v. 227 Die in den Chroniken behauptete ausreichende Versorgung mit Getreide, z.B. bei MERCKEL, Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Vijv sowie BESSELMEYER, Warhafftiger Bericht, Fvr, überzeugt nicht angesichts der Tatsache, daß Kurfürst Moritz nach Öffnung der Stadt diese sofort mit Korn versorgte. Dies bestätigt auch das Schreiben der Ratsmänner und Innungsmeister der Altstadt Magdeburg an Kurfürst Moritz vom 21.12.1551, in: PKMS V, Nr. 290, 543f. Vgl. auch den Brief Nikolaus von Amsdorfs an den gefangenen Herzog Johann Friedrich von Sachsen vom 11.11.1551, der davon berichtet, daß Magdeburg „gar ausgehüngert [war] und kunt nicht lenger halten“, in: DRUFFEL, Beiträge zur Reichsgeschichte 1, Nr. 807, 796–799, hier 797. 228 Scheyring (1505–1555) Dr. iur. utr., entstammte einer Magdeburger Familie, war selbst in den Jahren 1539 und 1542 Bürgermeister ebendort und nun als fürstlich mecklenburgischer Kanzler in der Funktion des brandenburgisch-sächsischen Gesandten an den Ausgleichsverhandlungen mit seiner Heimatstadt beteiligt. Vgl. zur Person: ERNST SCHULTZE, Magdeburger Geschlechterwappen aus dem 16. und 17. Jahrhundert, in: GBlM 28, 1893, 63–99, v.a. 68–71. 229 Auch in der Folge suchten die sächsischen Räte mehrfach den Kontakt mit den Magdeburgern, um sie zur Aussöhnung zu bewegen. All dies scheiterte jedoch am Mißtrauen der Magdeburger. Vgl. ISSLEIB, Magdeburgs Belagerung, 633–644.

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16. Oktober 1550 die jeweiligen Anteile an den Kriegskosten und die gemeinschaftlich ausgeübte Hoheit über das zu unterwerfende Magdeburg.230 Die Belagerung wurde nun ernsthafter ins Werk gesetzt, indem neue Schanzen und Blockhäuser rund um Magdeburg entstanden.231 Die Magdeburger selbst plünderten und zerstörten auf Befehl des Rates das noch intakte Neustädter Agneten-Kloster derart, daß die Nonnen Zuflucht in umliegenden Dörfern suchen mußten.232 Am 24. November vermochte Moritz von Sachsen mit einem Teil der Truppen eine Schanze so nahe an der Stadt zu bauen, daß seine Geschütze bis auf den Alten und Neuen Markt reichten. Da der Neustädter Rat an den Mecklenburger Herzog Georg die geforderten Kontributionszahlungen geleistet hatte, wähnte er sich in Sicherheit und schlug die Empfehlung des Altstädtischen Rates, die Neustädtischen Bürger mögen ihre Besitzungen in der Altstadt sicher verwahren, aus. In der Nacht zum 29. November wurde die Neustadt von feindlichen Truppen eingenommen und geplündert, die Einwohner getötet oder gefangengesetzt. Nur wenige konnten sich in die befestigte Altstadt retten. Da die Hilfstruppen, die der Altstädter Rat sofort in die Neustadt sandte, gegen die Übermacht des Exekutionsheeres nichts auszurichten vermochten, setzten sie einen Teil der Neustadt in Brand, um diesen für die Feinde unbrauchbar zu machen. Der nicht zerstörte Teil der Neustadt diente fortan Herzog Georg von Mecklenburg und neun Fähnlein Knechten zur Festung.233 Um die Sudenburg nicht einem ähnlichen Schicksal auszuliefern, forderte der Rat deren Einwohner auf, die Stadt unverzüglich zu verlassen und zündete diese noch am selben Tage an.234 Die Männer der beiden Vorstädte wurden in Sold genommen und in die Fähnlein eingegliedert. Diese sehr konsequente Aktion der Altstadt führte mehrfach zu Unmutsbezeugungen. Ein Versuch, zeitnah die feindlichen Truppen aus der Neustadt zu vertreiben und den Rest der Stadt in Flammen aufgehen zu lassen, scheiterte jedoch an der Übermacht des Mecklenburger Herzogs. Da nun alle Magdeburger in der befestigten und belagerten Altstadt beherbergt waren, ließ der Rat am 2. Dezember 1550 die waffenfähigen Bürger samt den Söldnern auf 230

Mit dem Tode Erzbischofs Johann Albrecht am 17. Mai 1550 blieb das höchste Amt des Magdeburger Erzstifts zunächst vakant, da dessen Koadjutor Markgraf Friedrich von Brandenburg die päpstliche Konfirmation erst 1552 erhalten sollte. Die Regierungsgewalt wurde sede vacante an das Domkapitel übertragen. Vgl. hierzu GÜNTER CHRIST, Selbstverständnis und Rolle der Domkapitel in den geistlichen Territorien des Alten Deutschen Reiches in der Frühneuzeit, in: ZHF 3, 1989, 257–328, v.a. 271281. 231 HEINRICH MERCKEL spricht in seiner Chronik von einer sich von Buckau bis an die Neustadt erstreckenden Schanze, „hinter welcher man sicher reiten vnd fahren koennen“, so „das letzlich niemand ein oder aus kommen muegen“. Vgl. Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Jiij v. 232 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 541. 233 Vgl. HÜLSSE, Die Stadt Magdeburg im Kampfe, 41f. 234 Vgl. MERCKEL, Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Kiij v.

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dem Marktplatz versammeln und den Eid leisten, bis zum Tode für den Sieg der Stadt zu kämpfen.235 Am 13. Dezember 1550 erschien das fünfte und letzte Ausschreiben des Rates.236 Anlaß dieser Schrift war das zwei Monate zuvor publizierte gemeinsame Gravamen des Domkapitels und der Stiftsstände237, in welcher die Magdeburger mit Vorwürfen, die die beschlossene Achtexekution rechtfertigen sollten, überhäuft wurden. Der Rat suchte diese in einem äußerst ausführlichen öffentlichen Schreiben Punkt für Punkt zu widerlegen. Um keinen Zweifel daran zu lassen, daß es sich hier nicht lediglich um einige Differenzen mit dem Domkapitel handelte, machte er seinen grundsätzlichen Standpunkt über den Kern der Auseinandersetzung deutlich: „Es sind je diss die hoechsten vnnd groesten sachen in ewigen vnnd zeitlichen dingen/ als nemlichen/ des heiligen seligmachenden Goettlichen worts/ vnd der gebuerlichen freiheit des Vaterlandes. [...] So doch in diesen letzten geschwinden vnd boesen zeiten/ im grunde nichts anders gesucht wirdt/ denn das Antichristische Gottlose Pabstumb vnd Teuffels Reich/ gemach wider auffzurichten/ vnd dem Antichrist vnd Bapst zu Rom weder die knie zu beugen.“238

An diesem Argument des endzeitlichen Kampfes prallten alle – zumal ungerechtfertigten – Vorwürfe der Rebellion, des Raubes fremder Güter, des Vertragsbruchs und des Drucks von Schmähschriften ab, waren diesem unterzuordnen oder ließen sich aus diesem herleiten. Im Tenor anknüpfend an die früheren Argumentationen, erklärte der Rat auf den Vorwurf, die Stadt hätte mehrfach die Verträge mit dem Erzbischof gebrochen, daß sie nur ihre Rechte und Freiheiten verteidigt hätte und dies auch jetzt tun würde. Das Domkapitel, so behauptete der Rat weiter, sei nicht aus der Stadt vertrieben worden, sondern sei „aus lauterm vbermuth/ stoltz vnnd mutwillen von vns gezogen/ 235

Vgl. BESSELMEYER, Warhafftiger Bericht, 1592. Der von Magdeburgk widerlegung vnnd verantwortung alles vngrundts vnd vnglimpffs/ so ihnen in ihrer vnchristlichen Belagerung von den Magdeburgischen Baalspfaffen/ vnnd andern ihren vnd der Christen Feinden begegenet, Michael Lotter, Magdeburg 13.12.1550. Der Druck selbst ist mit dem Jahr 1551 versehen [ben. Ex.: SBB SPK Flugschr. 1551–10 = VD16 M149]. Eine zweite Auflage von Lotter erschien im selben Jahr (VD16 ZV19567). 237 Warhafftiger vnd gegruenter bericht/ wider die vnuerfindliche vnd ertichte antzeigung/ So die verstockten der Roem. Key. Mai. Rebellen vnd Echtere/ auch vnsere des Thumbcapittels vnnd Ertzstiffts Magdeburgk/ vngehorsame/ Ehren vnnd Eidtsvergessene Vnderthane/ Burgermeistere/ Rathmanne/ vnd Innungsmeister/ der Altenstadt Magdeburgk/ neulicher Zeit im druck vergesslich ausgegossen/ vnnd von sich geschrieben/ Auch sonst wieder ihre manchfaltige viel jerige verbrechung vnd mishandlung/ durch vns obbemelt Thumbcapittel/ Prelten/ Grauen/ die von der Ritterschafft vnd Stedte/ des berurten Erzstiffts Magdeburgk/ der warheit zu gute/ Vnd damit menniglich des notturfftiglich wissens haben muege/ ausgegangen, [Leipzig, Valentin Bapst d.Ä., 25.10.]1550 [ben. Ex. ULB Halle: Pon Yd 429(2) = VD16 M153]. 238 Der von Magdeburgk widerlegung, Aij r und Aiijr. 236

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vnnd [habe] sich selbst veriagt“.239 Da der Rat öffentlich den Druck dieser Schriften verboten hätte240, seien die erwähnten Schmähschriften vermutlich andernorts gedruckt worden. In den Magdeburger Druckereien seien dagegen „viel nuetzlicher buecher zu noturfftigem bericht/ vnd abwendunge der abgoettereyen/ auch zu trost der frommen Christen ausgangen.“241 Und obwohl der Gegenbericht des Rates in einigen Teilen ganz offensichtlich nicht der Realität entsprach, erhielten die Taten der Magdeburger und deren Resistenz ihre Rechtfertigung durch die religiöse Überhöhung, die abschließend ihren Ausdruck in der lutherischen Durchhalteparole schlechthin fand, die von der festen Burg Gottes (Ps 46) kündete.242 Der Kaiser, der mit einem solchen Widerstand der Stadt Magdeburg nicht gerechnet hatte, wiederholte am 16. Dezember 1550 die Verhängung der Reichsacht. Es sei nunmehr deutlich, so der Text des Mandates, daß der Magdeburger „arglistig vorhaben allain dahin gericht ist, inen den lieblichen, anmütigen namen der religion und libertet nutz zu machen und darunder ir boßheit zu beschönen“.243 Die sich in der Stadt befindlichen Kriegsleute wurden bei Strafe und Verlust ihrer Ehre aufgefordert, innerhalb von zwei Wochen zu desertieren. Das Achtschreiben erreichte Magdeburg durch einen Boten am 6. Februar 1551. Der Rat verweigerte die direkte Unterredung des Herolds mit den Söldnern, so daß dieser unverrichteter Dinge abziehen mußte.244 Der 19. Dezember brachte den Magdeburgern einen kleinen Erfolg, als 1400 Mann ein 400 Mann starkes Kontingent des erzstiftischen Adels bei Groß-Ottersleben aufhoben und neben einigen Gefangenen vor allem Pferde, Waffen und Kleinodien erbeuteten.245 Einen Tag später konnten sie in

239

Ebd., Ejr. Vgl. ebd., Fivr. Der bisher einzige Hinweis auf ein Druckverbot des Magdeburger Rates findet sich im Kundschaftsbericht an „Frau Greit Kamer“ vom 10.03.1549, in: PKMS IV, Nr. 306, 353f. Der Bote des Magdeburger Schreibers hätte berichtet, daß der Rat den Vertrieb eines Evangeliums auf den gefangenen Kurfürsten sowie die Schmähung des Kaisers und eines Fürsten verboten hat. Mit dem ‚Evangelium‘ ist vermutlich die vom Saalfelder Superintendenten KASPAR AQUILA (Adler) 1547 und 1548 bei Christian Rödinger gedruckte Schrift „Eine Christliche trostschrifft/ An den Chürfürsten zu Sachssen/ Hertzog Johans Friderichen/ etc.“ [VD16 A 258/A259] gemeint, da Aquila im albertinischen Sachsen mehrfach für Unruhe gesorgt hatte. Vgl. u.a. PKMS IV, Nr. 189, 235f. 241 Ebd., Fivr. 242 Vgl. hierzu u.a. MARTIN BRECHT, Zum Verständnis von Luthers Lied „Eine feste Burg“, in: ARG 70, 1979, 106–121. 243 Mandat Karls V. gegen die Stadt Magdeburg und ihre Verbündeten vom 16.12.1550, in: RTA J.R. 19.2, Nr. 193, 1049–1053, hier 1051. 244 Vgl. MERCKEL, Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Mijr. 245 Für von HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 546, stellte dies einen der „kühnsten und verwegensten aller Ausfälle“ dar. So führt HEINRICH MERCKEL 240

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einem zweiten Gefecht Herzog Georg von Mecklenburg gefangensetzen, der bis zum Ende der Belagerung in der Stadt verbleiben sollte. Der Rat ließ diesen Erfolg daraufhin mit Geschützfeuer und Glockengeläut verkünden. Kurfürst Moritz, der durch die Übertragung des Oberbefehls erheblichen Spielraum gewonnen hatte, sah sich unterdessen ein zweites Mal gezwungen, ein auf Magdeburg ziehendes Heer zu stoppen. Es handelte sich um das Entsatzheer des Königsberger Bundes, zu dem sich Markgraf Johann von Küstrin, Herzog Albrecht von Preußen und Johann Albrecht von Mecklenburg im Februar 1550 zur gegenseitigen Verteidigung zusammengeschlossen hatten.246 Dieses etwa 4000 Mann starke Heer hatten nun der geächtete Freiherr Johann von Heydeck und die Grafen Volrad und Johann von Mansfeld von Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg übernommen und gedachten mit Finanzierung der Seestädte und der englischen Königin, die Truppen der Stadt Magdeburg zuzuführen. Dies zu verhindern, schloß sich der Sachse mit dem Braunschweiger Herzog Heinrich zusammen und zwang am 7. Januar 1551 in einem kurzen Gefecht bei Verden das heranziehende Entsatzheer zur Kapitulation. Da Moritz gegenüber dem Mecklenburger Johann Albrecht versicherte, die Stadt Magdeburg bei ihren Rechten und Freiheiten sowie der Religion zu belassen, vermochte er den Freiherrn von Heydeck nebst weiteren Kriegsherrn für seine eigenen Truppen zu gewinnen und kehrte mit sieben zusätzlichen Fähnlein in das Lager vor Magdeburg zurück.247 Diese Truppenübernahme verschwieg der Kurfürst allerdings in seinem Bericht an den Kaiser und vermeldete vielmehr, daß sich der Haufen zerstreut hätte und die Belagerung nun fester ins Werk gesetzt werde.248 Bewegung kam in die „magdeburgische Frage“, als Moritz seine Distanzierung von der kaiserlichen Politik in einem Bündnis mit Johann von Küstrin umsetzte.249 Beide vereinbarten in gegenseitigen Verpflichtungsurkunden vom 20./21. Februar 1551, daß sie „zuerhaltunge der waren cristlichen religion vnd augspurgische confession, auch zuerhaltunge des vaterlandes freiheitt, vns mitt vnsern Herren freunden vnd benackbarten auch anderen stenden in ein

siegesbewußt denn auch die Namen der Gefangenen auf; vgl. Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Lijr–Liij r. 246 Vgl. hierzu: HANS KIEWNING, Herzog Albrechts von Preussen und Markgraf Johanns von Brandenburg Anteil am Fürstenbund gegen Karl V., Teil I. 1547–1550, Diss. phil. Königsberg 1889, v.a. 42f. 247 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 548. Sowie: ISSLEIB, Magdeburgs Belagerung, 667f. MERCKEL, Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Kivv, spricht lediglich von vier Fähnlein, die von Moritz übernommen worden waren. 248 Vgl. das Schreiben vom 08.01.1551, in: PKMS IV, Nr. 820, 960f. 249 Zum Verhältnis zwischen Moritz und Johann vgl. SIMON ISSLEIB, Hans von Küstrin und Moritz von Sachsen. in: DERS., Aufsätze und Beiträge 2, 871–933.

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cristlich defensiff buntnis einlassen vnd begeben“.250 Konkret meinte dies die Befreiung des noch immer gefangenen Landgrafen Philipp von Hessen, die Beendigung der Belagerung und der Schutz der Stadt Magdeburg, so sie sich mit dem Kaiser nicht versöhnen könne. Moritz selbst erklärte seinen Austritt aus den Diensten des Kaisers für das Frühjahr desselben Jahres251 und rief den Magdeburger Stadtsekretär Heinrich Merckel zu sich, um an ihn Verhandlungsvorschläge heranzutragen.252 Am 6. Mai trafen sich bei Cracau der sächsische Kurfürst mit seinen Räten Carlowitz und Mordeisen sowie der Magdeburger Bürgermeister Jakob Guericke, der Syndikus Dr. Levin von Emden, das Ratsmitglied Arnold Hoppe und der Sekretär Merckel.253 Kurfürst Moritz beklagte die zahlreichen Schmähschriften, die in der Stadt gegen ihn gedruckt wurden und die dort formulierte Behauptung, er würde die Religion verfolgen. Er versicherte nochmals den Anwesenden, daß er sich zu dieser Religion bekenne und die Belagerung einstellen möchte. Trotz dieser Versicherungen lehnten auch dieses Mal die Magdeburger die vorgeschlagenen Kapitulationsartikel als inakzeptabel ab.254 Während die Prediger der Stadt aus Mißtrauen gegenüber jenem Kurfürsten, der im Schmalkaldischen Krieg auf kaiserlicher Seite kämpfte, von einer Fortführung der Verhandlungen abrieten, hoffte doch der Rat, für die Stadt günstigere Bedingungen aushandeln zu können.255 Moritz ließ indessen die Belagerung weiterführen und die Einschließung der Stadt vollenden, um Zeit zu gewinnen und die Truppen

250

Obligation des Kurfürsten Moritz gegenüber Markgraf Johann vom 20.02.1552, in: PKMS V, Nr. 31, 88–90. 251 Der sächsische Kurfürst hatte bereits im Januar den Kaiser gebeten, das Amt des Oberbefehlshabers nur noch drei Monate ausüben zu dürfen. Vgl. PKMS V, Nr. 10, 62f. Da die Verhandlungen mit Magdeburg doch nicht so rasch voranschritten, verlängerte Moritz das Dienstverhältnis mit dem Kaiser um jeweils einen Monat. 252 Merckel berichtet von diesem Treffen und der Geheimhaltung der Verhandlungen, aufgrund derer er mit dem Rat mit „sonderliche Alphabet“ kommunizieren mußte. Vgl. MERCKEL, Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Miij r–v. 253 Vgl. die Instruktion des Rates der Alten Stadt Magdeburg für den Sekretär Heinrich Merkel an Kurfürst Moritz [zwischen dem 06. und 09.05.1551], in: PKMS V, Nr. 82, 181f. Darin läßt der Rat die Bitte der Magdeburger Christen übermitteln, welche angesichts des im Tempel Gottes sitzenden Antichristen (2 Thess 2,4) keinen Frieden haben werden, und es daher von Nöten sei, mit Gott zu handeln. Vgl. ebd. 181. 254 Der die Verhandlungen leitende Markgraf Johann von Küstrin fragte angesichts dieser ernüchternden Entwicklung, ob es nicht doch besser gewesen wäre, zuerst nach den Aussöhnungsvorstellungen Magdeburgs zu fragen, als sie mit dem Willen des Kaisers zu konfrontieren. Vgl. ISSLEIB, Magdeburgs Belagerung, 676 und 686. 255 So ließ der Rat gegenüber dem Kurfürsten verlauten, daß er „vnter andern Artickeln erboetig“, den Kaiser fußfällig um Gnade zu bitten. „Da aber das nicht zuerhalten/ so bitten die armen Christen/ das sie mit Weib vnd Kind/ vnd jhren guetern in das elend gehen muegen“. Die Wiedergabe des Schreibens bei MERCKEL, Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Nj r.

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für ein sehr viel größeres Vorhaben zu sammeln.256 Im Mai 1551 schloß er sich mit den Mitgliedern des Fürstenbundes und dem hessischen Landgraf Wilhelm zu einem zweiten Fürstenbündnis zusammen, das sich die Erhaltung der Augsburger Konfession und die Befreiung Philipps von Hessen zum Ziel gesetzt hatte.257 Beim Kaiser wuchs inzwischen die Unzufriedenheit über den schleppenden Fortgang der Belagerung. Sein Unmut, dem er in Augsburg öffentlich Ausdruck verlieh258, richtete sich insbesondere gegen die Person des sächsischen Kurfürsten Moritz. Die Hoffnung des Rates, Modifikationen der Artikel zu seinen Gunsten erlangen zu können, erfüllten sich zunächst nicht. Doch geriet er von unerwarteter Seite unter Druck. Am 14. August 1551 brach eine Meuterei unter den städtischen Truppen aus, da ein fingiertes Schreiben die Bürgermeister und Ratsmitglieder des Verrates bezichtigte. Am 15. August versammelten sich die Söldner auf dem Neuen Markt und forderten den explizit benannten Heine Alemann zur Rechtfertigung auf. Gemeinsam mit weiteren Ratsmitgliedern konnte der Bürgermeister die Absicht des Schreibens entlarven und die Menge beruhigen. Als Vertrauensbeweis wurde beschlossen, daß künftig die Stadtschlüssel in den Händen von Rat und Kriegsleuten liegen und beiden Parteien die Kontrolle der ein- und ausgehenden Briefe obliegen sollte.259 256

Insgesamt umfaßten die Belagerungstruppen zu dieser Zeit 26 Fähnlein Knechte mit ca. 9000 Mann sowie 1300 Reiter. Die Angaben bei: ISSLEIB, Magdeburgs Belagerung, 684. Zur Ausstattung der Fähnlein vgl. die Ausführungen oben. Für Blaschke „spricht [...] vieles für die Meinung, Moritz habe gerade deshalb seine ganze Macht vor der Stadt Magdeburg entfaltet, um den Franzosen als ein ansehnlicher und begehrenswerter Bundesgenosse zu erscheinen“; vgl. B LASCHKE, Moritz von Sachsen. Ein Reformationsfürst, 73. 257 Zuvor hatte er sich bereits der Unterstützung des Waffengangs durch Markgraf Albrecht von Brandenburg-Kulmbach versichert. 258 So berichtet der kaiserliche Truchseß Günther XLI. von Schwarzburg in einem Brief vom 08.06.1551 an seinen Vater: „Man sagt auch, die Ksl. Mt. sei etwas heftigk bewegt und zornigk uber Hg. Moritzen, das ehr also kindisch mit der sachen umbgehe und so viel ehrlicher leut umbbringe. Ihre Mt. hat itz schon mandirt und bepholen, dann man sich ihn keinen wegk mit scharmutzeln mit ihnen einlassen sol. Es hat Hg. Moritz ein sholch bos geschri, das es euer L. nicht glauben, und man sagt, es se keinen Churfurste in zwentzigk jaren so naw gestanden, das man ihn vorjage, von landt und leuten als ihm.“ JENS BERGER/ EDUARDO PEDRUELO MARTÍN/JOSÉ LUIS RODRÍGUEZ DE DIEGO/JOACHIM EMIG/JOCHEN LENGEMANN (Bearb.), Günther XLI. Graf von Schwarzburg in Diensten Karls V. und Philipps II. in den Niederlanden (1550) 1551–1559 (1583). Briefe, Berichte und andere Dokumente aus den Jahren 1550–1583. Edition, Veröffentlichungen des Thüringischen Staatsarchivs Rudolstadt zugleich Veröffentlichungen des Historischen Vereins für Schwarzburg, Gleichen und Hohenlohe in Thüringen 1, Weimar/Jena 2003, 75. 259 Vgl. die Schilderung bei BESSELMEYER, Warhafftiger Bericht, Eiijr–Eivv. Ware beschreibung der schlacht/ sampt belegerung der alten Statt Magdeburg/ was sich inn vnd ausserhalb der Statt begeben vnd zugetragen hat/ mit Scharmuetzeln/ zu wasser vnd Lande/ vom anfang biss zum still stand/ endtlichen vortragk/ vnd abzug etc., 27.11.1551, Cjr. [HAB: A: 108.15 Quod. (25) = VD16 W172]. Sowie bei: MERCKEL, Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruend-

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Nachdem sich der sächsische Kurfürst der Unterstützung des Fürstenbundes seitens des französischen Königs versichert hatte260, ließ er vor Magdeburg am 30. August 1551 einen befristeten Waffenstillstand verkünden und an den Rat abgemilderte Kapitulationsbedingungen übersenden. Auf einem Treffen mit Vertretern des Magdeburger Rates, der Bürgerschaft und der Söldner am 9. September bestätigte er nochmals sein Wohlwollen gegenüber der Stadt. Auf dem Landtag zu Wittenberg am 28. September legten die Magdeburger ihre Privilegien vor, welche ihnen durch den Kurfürsten bestätigt wurden. Während eines mehrtägigen Treffens auf der Lochauer Heide im Herbst 1551, bei welchem sich Johann von Küstrin und Albrecht von Preußen ob ihrer unterschiedlichen Auffassungen über den Charakter der Einung vom Bündnis lossagten261, kündigte Moritz seinen Verbündeten, Johann von Küstrin, Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg und Landgraf Wilhelm von Hessen, die Vertragschließung mit Magdeburg an. Gerade recht kam dabei das Mandat des Kaisers vom 1. Oktober, die alle Reichsstände finanziell über die Gebühr belastende Belagerung rasch zu einem guten Abschluß zu führen.262 Am 5. November 1551263 unterzeichneten die Abgeordneten der Stadt den Vergleich, der die Belagerung beendete und in welchem die Altstadt Magdeburg die gemilderten Kapitulationsbedingungen annahm.264 Die einzelnen Artikel wurden durch die kurfürstlichen Räte derart erläutert, daß sie der Stadt nun akzeptabel erschienen. So konnte man dem Rat zwar nicht den Fußfall ersparen265, dafür sollten alle Einwohner und Söldner unter die sofortige licher Bericht, Vivr–v. Hinweise auf weitere innerstädtische Meutereien bei BESSELMEYER, Warhafftiger Bericht, Cvr und MERCKEL, Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Liijv. 260 Der seit 1550 angebahnte Kontakt mündete am 15. Januar 1552 im Vertrag von Chambord, der Moritz das ersehnte Offensivbündnis gegen den Kaiser, dem französischen König Heinrich II. die Städte Metz, Toul und Verdun einbrachte. Zu den Vorverhandlungen vgl. GÜNTHER WARTENBERG, Die Politik des Kurfürsten Moritz von Sachsen gegenüber Frankreich zwischen 1548 und 1550, in: HEINZ DUCHARDT/EBERHARD SCHMITT (Hrsg.), Deutschland und Frankreich in der Frühen Neuzeit. Festschrift für Hermann Weber zum 65. Geburtstag, Ancien régime, Aufklärung und Revolution, 12, München 1987, 71–102, v.a. 84–95. Zu den einzelnen Werbungen vgl. SIMON ISSLEIB, Moritz von Sachsen gegen Karl V. bis zum Kriegszuge 1552, in: DERS., Aufsätze und Beiträge 2, 706–746. 261 Während beide den Defensivcharakter des Bündnisses betonten, bestanden der französische Gesandte Johann de Fresse sowie Moritz von Sachsen – entgegen dem Vertrag mit dem brandenburgischen Markgrafen vom Februar 1551 – auf einem Offensivbündnis. Vgl. ebd., 721f. 262 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 559. 263 Der bereits am 11.10.1551 abgeschlossene Vergleich war nur vorläufig, da die Geistlichkeit noch immer Einspruch gegen eine Aussöhnung mit dem sächsischen Kurfürsten erhob. Vgl. HÜLSSE, Die Stadt Magdeburg im Kampfe, 53f. 264 Vgl. die Verhandlungen mit den Gesandten der Altstadt Magdeburg, in: PKMS V, Nr. 240, 459–462. 265 Im Jahre 1562 verzichtete letztlich der Kaiser auf den Fußfall und sprach die Stadt am 12. Juli von der Acht frei.

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Amnestie fallen und der Stadt sämtliche Freiheiten und Privilegien belassen werden. Artikel 2, der die Lossagung vom Schmalkaldischen Bündnis vorsah und jede kaiserfeindliche Verbindung untersagte, wurde ebenso angenommen wie die Artikel 7 bis 10, die das Verbot feindlicher Kriegsdienste, die Zuständigkeit des Kammergerichts und die Kassation der gegen Magdeburg angestrengten Urteile regelten. Die Stadt weigerte sich allerdings mit Hinweis auf ihr Gewohnheitsrecht, Beiträge an das Reichskammergericht zu zahlen. Die Regelung des Artikels 4, der die Einhaltung der Reichsabschiede verlangte, wurde auf die rein weltlichen Dinge beschränkt und war somit für die Magdeburger, die noch immer das interimistische Religionsgesetz ablehnten, annehmbar. Die „Rebellen“, die sich in Magdeburg befanden, wie die Grafen von Mansfeld, wurden von der Bestimmung des Artikels 5, der die Bestrafung der Helfer vorsah, ausgenommen. Ungeachtet der im Artikel 10 angeordnete Schleifung der Festungsanlagen, versprach Moritz den Magdeburgern deren Erhalt. Die Stadt mußte dem Kaiser nur im Frieden ihre Tore öffnen, wie dies Artikel 11 vorsah. Die in Artikel 12 bestimmte Strafsumme war von 200.000 Gulden auf 50.000 Gulden geringer veranschlagt, auch die Anzahl der Geschütze, die die Stadt übergeben mußte, wurde von 24 auf 12 reduziert. Der Kurfürst erhielt von dieser Summe 15.000 Gulden, den Rest erhielten das Magdeburger und Halberstädter Domkapitel.266 In einem Geheimvertrag versicherte Moritz der Stadt darüber hinaus, sie bei ihren „hergebrachten ytzigen reynen. wahren Christlichen Religion. ohne allen menschlichen Suesatz. Jrem freyen Christlichen bekentnuß. vnd Ceremonien. vnuerhindert vnd vneranderth“ zu lassen und garantierte ihnen ihre „vestungen. priuilegien. freyheiten. gnaden vnd gerechtigkeitn“. Güter des Erzbischofs und des Domkapitels, die die Magdeburger beschlagnahmt hatten, sollte Moritz übernehmen und entsprechend mit den ehemaligen Besitzern verhandeln. Des weiteren garantierte er, daß sie weder den Klerus noch dessen Gottesdienste in ihrer Stadt dulden müßten. Das Kriegsvolk könne ebenso wie die geächteten Kriegsherren von Mansfeld und Pflugk ohne Behelligung abziehen.267 So wurden die Landsknechte am 7. November aus ihrem Eid gegenüber der Stadt mit sicherem Geleit entlassen und entsprechend ausgezahlt. Moritz nahm die Truppen in seine Dienste und schickte fünf eigene Fähnlein als Besatzung in die Stadt. Am 9. November hielt Moritz selbst mit Lazarus von Schwendi Einzug in der Stadt und empfing gegen die nochmalige Bestäti266

Diese Summe wurde später noch einmal um 10.000 Gulden verringert, so daß das Magdeburger Domkapitel lediglich 10.000, das Halberstädter Domkapitel nur noch 5000 Gulden von Magdeburg erhielt. Die 12 Geschütze wurden dem Kurfürsten ausgezahlt. Vgl. die Angaben bei HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 559–561 sowie die Artikel bei MERCKEL, Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Oijr–Piijr. 267 Vgl. den Geheimvertrag vom 31.12.1551, in: PKMS V, Nr. 299, 554–556.

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gung der städtischen Rechte und Freiheiten die Huldigung durch Bürgermeister, Ratsherren, Innungsmeister und Gemeinde.268 In ihrem Eid schworen die Magdeburger, den Kurfürsten solange als ihren Herrn anzuerkennen, bis der Kaiser sie an eine andere Obrigkeit verweisen würde.269 Nachdem sich Moritz von Sachsen also mit der Stadt versöhnt hatte, ließ er die Prediger vor seine Räte bestellen. Die Exules waren weder an der Vorbereitung und Durchführung der Friedensverhandlungen beteiligt gewesen270 noch stimmten sie diesen zu271. Die kursächsischen Räte nun warfen ihnen vor, den Kurfürsten durch ihre Schriften, Briefe und Verse geschmäht und unbegründet behauptet zu haben, er wäre von der wahren Religion abgefallen und die Stadt sei nur wegen der Religion in die Acht gesprochen und belagert worden. Des weiteren „hetten sie sich bißhero groser bestendigkeit geruehmet/ vnd als were ohne ie das Euangelium vntergangen/ Welchs S.F.G. wolte Gott richten lassen/ wer am bestendigsten were/ vnd wie es ein jeder gemeinet hette.“272 Die Räte mahnten zur Zurückhaltung und forderten die Geistlichen zum Gehorsam gegenüber dem Kaiser und dem Kurfürsten auf und untersagten jede Polemik gegen das Trienter Konzil. In Vertretung des St. Johannis-Predigers Lukas Rosenthal, „welcher altershalben durch abgang der Memorien/ die Artickel nicht also hat fassen koennen“273, übernahm Superintendent Nikolaus Gallus die Antwort: Die Prediger würden „auch heutiges tages nicht anders vrtheilen/ Denn das die Stad fuernemlich vmb Gottes Worts willen/ vberzogen were/ vnd alles bißher erlitten hetten“. Schmähschriften gegen den Kurfürsten seien nicht in Magdeburg gedruckt worden, wohl aber Schriften, die das Wort Gottes und die Lehre des Evangeliums illustrierten. Gott möge daher darüber richten, „was in jhren Christlichen Kirchen/ Deutsches Landes/ hette vbels folgen moegen/ Da Gott nicht thette/ durch diese arme Stadt bißhero einen Widerstandt gegeben.“274 Die Räte, unzufrieden mit der Reaktion des Superintendenten, übermittelten des268

Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 562. Vgl. den Text des Huldigungseides bei MERCKEL, Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Nivr–v. 270 Dies wird deutlich in der Rechtfertigungsschrift von NIKOLAUS VON AMSDORF/MATTHIAS FLACIUS ILLYRICUS/NIKOLAUS GALLUS, Deren zu Magdeburgk/ so widder die Adiaphora geschrieben haben/ jhres vorigen schreibens beschlus/ auff der Adiaphoristen beschueldigung vnnd lesterung/ die zeit jhrer belagerung/ vnd jtzt zum teil neulich vnter diesen friedshandlungen wider sie ausgangen, [Michael Lotter, Magdeburg] 28.10.1551, Biijr [ben. Ex.: FB Gotha 4 an Druck 392 Rara = VD16 A2352]. 271 Vor allem Amdorf plädierte für die Fortsetzung des Widerstandes. Vgl. u.a. dessen Schreiben an Johann Friedrich d.Ä. vom 11.11.1551, in: DRUFFEL, Beiträge zur Reichsgeschichte 1, Nr. 807, 798. 272 Die Schilderung der Gespräche bei MERCKEL, Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Oijr–Rijr, hier Oijv sowie im ausführlichen Regest in: PKMS V, Nr. 250, 478–481. 273 Ebd., Oiijr–v. 274 Ebd. Qivv–Rj r. 269

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sen Erklärung dem Kurfürsten, welcher daraufhin Erasmus Alberus der Stadt verwies, da dieser „es zu grob gemacht/ Daß es billich kein Baur leiden solte“.275 Die sächsischen Truppen wurden kurz darauf auf zwei Fähnlein minimiert, die im November 1553 endgültig die Stadt verließen. Am Ende der fünfzehnmonatigen Belagerung hatte die Altstadt Magdeburg insgesamt über 400.000 Gulden Sold an die Landsknechte zu bezahlen und mußte mit den 6000 Flüchtlingen ca. 40.000 Menschen beherbergen und verpflegen. Da der Kaiser zugesagt hatte, die Stadt erst von der Acht freizusprechen, sobald Erzbischof und Domkapitel restituiert seien, andererseits aber dem Domkapitel jeden Vergleich mit der Stadt ohne seine Zustimmung verbot, verzögerte sich der Ausgleich mehrere Jahre. Erst mit dem Vertrag von Wolmirstedt 1588 konnte das Domkapitel wieder nach Magdeburg zurückkehren, erlangte seine Besitzungen zurück bzw. wurde entsprechend entschädigt. 1554 erhielt die Stadt gegen eine Zahlung von 45.000 Gulden an den brandenburgischen Kurfürsten das Stapelrecht und den Schöffenstuhl zurück. Markgraf Friedrich von Brandenburg, der inzwischen vom Papst das Pallium erhalten hatte, empfing nun auch am 21. März 1552 die Huldigung des Erzstiftes, verstarb jedoch bereits am 3. Oktober des selben Jahres.276 Eine Bestätigung des Status’ einer freien Stadt, den Magdeburg für sich in Anspruch nahm, konnte sie jedoch nicht erreichen. Am 29. September 1555 wurde vertraglich das Tripartit, die Aufteilung der Oberherrschaft über die Stadt Magdeburg auf den Erzbischof sowie den sächsischen und den brandenburgischen Kurfürsten beschlossen.277 Der im Frühjahr 1552 einsetzende Feldzug des Fürstenbundes gegen Karl V. überraschte den Kaiser. Obwohl die Rüstungen der Fürsten durchaus wahrgenommen wurden278, konnten über deren Ziel nur Vermutungen angestellt 275

Ebd. Qjv. Die Feststellung Johannes Hermanns, daß Kurfürst Moritz nicht gegen die Magdeburger Theologen vorgegangen ist, muß demnach im Hinblick auf die Ausweisung Alberus’ relativiert werden. Vgl. HERRMANN, Selbstbehauptung, in: WARTENBERG/ZENTNER, Philipp Melanchthon, 173. 276 Vgl. HOFFMANN/HERTEL/HÜLSSE, Geschichte der Stadt Magdeburg 1, 567–569. 277 Vgl. ebd. 2, 2f. 278 Karl V. hatte einen Gesandten in die Hansestädte geschickt, um „Praktiken“ mit den Franzosen zu verhindern. Im übrigen ging er davon aus, daß das vor Magdeburg lagernde Kriegsvolk sich zeitnah verstreuen würde. Vgl. den Brief an Lazarus von Schwendi vom 01.10.1551, in: DRUFFEL, Beiträge zur Reichsgeschichte 1, Nr. 766, 754–756. Selbst Ferdinand, der den Kaiser vor den Franzosen warnte, plante noch im Dezember 1551 die Übernahme der Truppen für seinen Zug gegen die Türken. Vgl. ISSLEIB, Moritz von Sachsen gegen Karl V. 1552, in: DERS., Aufsätze und Beiträge 2, 754f. Die Warnungen seiner Schwester Maria über die Aktivitäten des sächsischen Kurfürsten ignorierte der Kaiser. Vgl. VOLKER HENNING DRECOLL, Verhandlungen in Passau am 6. Juni 1552: Eine Einigung in der Frage der Religion? in: BECKER, Der Passauer Vertrag von 1552, 29–44, v.a. 33.

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werden.279 Der Kaiser, der im Norden und Süden von seinen Truppen abgeschnitten war280, mußte sich auf Verhandlungen einlassen.281 Auch wenn die Forderungen nach Abschluß eines allgemeinen Friedens mit Frankreich und eines nach Maßgabe des Speyerer Reichsabschieds von 1544 gestalteten dauerhaften Religionsfriedens aufgrund des kaiserlichen Einspruchs nicht erfüllt wurden, sollte doch der Passauer Vertrag vom 2. August 1552282 einen religiösen status quo bis zum nächsten Reichstag festlegen, der das Augsburger Interim von 1548 faktisch aufhob.283 Der Passauer Vertrag trug letztlich den Charakter eines politischen Anstandes, der – wie die Anstände zuvor – beiden Parteiungen eine Atempause verschaffte, die eigentliche Entscheidung über die religiöse Verfassung im Alten Reich jedoch vertagte. Wenn auch der Vertrag darüber hinaus kaum spürbare Auswirkungen mit sich brachte284, wurden doch drei Jahre später die von den Territorialgewalten erhobenen Forderungen nach einem dauerhaften Religionsfrieden in Augsburg realisiert.

279

Vgl. die Zeitung Petermanns vom [07.11.]1551 an den Baseler Bürgermeister Bernhard Mayer, in: GUSTAV HERTEL, Zur Geschichte der Magdeburgischen Belagerung 1550–1551, in: GBlM 35, 1900, 137–153, v.a. Nr. 7, 148f. 280 Zum Kriegszug vgl. u.a. ISSLEIB, Moritz von Sachsen gegen Karl V. 1552, passim. Sowie: ROBERT REBITSCH, Tirol, Karl V. und der Fürstenaufstand von 1552, Studien zur Geschichtsforschung der Neuzeit 18, Hamburg 2000. 281 Der Zug selbst fand unter den Reichsständen allerdings nur geringen Zuspruch; vgl. u.a. ALFRED KOHLER, Die innerdeutsche und die außerdeutsche Opposition gegen das politische System Karls V., in: HEINRICH LUTZ (Hrsg.), Das römisch-deutsche Reich im politischen System Karls V., Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien 1, München/Wien 1982, S. 107–127, v.a. 126. Diese vermochten auch die Argumentation der Fürsten, für die Freiheit der deutschen Nation und der Religion zu kämpfen, nicht zu mobilisieren, da sie mit ihren individuellen Interessen kaum übereinstimmten. So die Deutung bei ALBRECHT P. LUTTENBERGER, Politische Kommunikation, Neutralität und Vermittlung während des Fürstenaufstandes 1552, in: BECKER, Der Passauer Vertrag, 56–84, v.a. 56. Vgl. hierzu das Ausschreiben etlicher Churfuersten/ Fuersten/ vnnd Stende/ des heyligen Roemischen Reichs/ Darinn angezeigt sein/ die vrsachen/ derwegen sie/ vnnd andere Christliche Koenige/ Potentaten/ Fuersten/ Stett vnnd Stende/ zu gegenwertigem Veldzug vnnd Kriegsruestung gedrungen worden, 1552 [ben. Ex.: FB Gotha Hist. 1376–1379 (19) Rara = VD16 S802]. 282 Vgl. die Edition des Textes bei: DRECOLL, Der Passauer Vertrag, 95–133. 283 Das „Ende der Interimspolitik“ bei DRECOLL, Verhandlungen, 42. 284 Vgl. auch die Einschätzung bei GÜNTHER WARTENBERG, Moritz von Sachsen und die protestantischen Fürsten, in: B ECKER, Der Passauer Vertrag, 85–95, v.a. 91.

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4. Das „arme Bethulien“ Die Seelig werde Stadt fuerwar/ Viel lenger denn ein gantzes Jar. Hat ausstanden groß gefahr/ Von aller Welt verlassen gar. Der HERR vom Himel stund jhr bey/ Das sie wart aller sorgen frey. 285

Der Widerstand der Stadt Magdeburg in den Jahren 1548 bis 1551 war hauptsächlich ein medial vermittelter. Dieses Ergebnis kann bereits nach der groben Analyse der Ausschreiben des städtischen Rates und ihrer Einordnung in die vielschichtige Ereignis- und Motivlage konstatiert werden. Die chronologisch dichten286 wie thematisch kohärenten Ausschreiben boten dem Altstädtischen Rat die Plattform, die Gründe seines politischen Handelns darzulegen und im Angesicht von Reichsacht und Belagerung gegenüber Kaiser, Reich und Christenheit zu rechtfertigen. Die Anlässe für deren Publikation lassen sich in den meisten Fällen recht gut lokalisieren. Während die beiden ersten Texte des Jahres 1548 und Anfang 1549 dem diskursiven Kontext von Reichsacht und Interim zuzuordnen sind, entstand das Ausschreiben vom März 1550 unter dem Eindruck einer drohenden militärischen Aktion gegenüber der Stadt, die es abzuwenden galt. Die Schriften vier und fünf vom Herbst 1550 fielen in die ersten Monate der Belagerung, als eine Aussöhnung längst nicht in Sicht war. Und obwohl die Belagerung erst im November 1551 ihre Ende fand, erschien kein weiteres Ausschreiben des Rates, das möglicherweise die Ereignisse um Verden und den Verlust des Entsatzheeres287 hätte begleiten können. Erklären läßt sich dieses ratspublizistische Vakuum einerseits mit den seit dem Frühjahr zwischen den Magdeburger und kursächsischen Räten geführten Aussöhnungsverhandlungen, auf die sich ein erneutes Ausschreiben nur negativ ausgewirkt hätte. Zweitens erfolgten diese Verhandlungen ohne Wissen und Billigung der Geistlichkeit Magdeburgs, die sich für die Fortsetzung der Resistenz ausgesprochen hatte.288 Auf deren Mitarbeit, wie sie für die Ausschreiben ob der Dominanz der theologischen Argumentation angenommen werden kann, hätte der Rat demnach verzichten müssen.289 285

ERASMUS ALBERUS, MEydeburg die heilige werde Stadt [...], Joachim Löw d.Ä. [Hamburg 1551/52]. Der Holzschnitt ist abgedruckt bei: WOLFGANG HARMS (Hrsg.), Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts III/3, Tübingen 1989, Nr. III/151, 294f. 286 Hinsichtlich des Umfangs und Charakters übertrafen die Ratsausschreiben das für öffentliche Verlautbarungen übliche Maß. So die Einschätzung KAUFMANNS, Ende, 133. 287 Zur Enttäuschung über die Ereignisse bei Verden vgl. MERCKEL, Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Kivv. 288 Siehe Kap. 7. 289 Zum Verhältnis Rat und Geistlichkeit siehe unten.

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Bereits während des Schmalkaldischen Krieges hatte die 1546 publizierte Magdeburger ‚Gemeine Ordnung‘ die Neukonstituierung des städtischen corpus christianum angesichts der durch den Antichristen bedrohten Christenheit formuliert. Die Ordnung des Gebetes und der kirchlichen Zeremonien diente der Stärkung des Glaubens und der Erlösungsgewißheit nach innen, nach außen der Formierung des geistlichen Widerstandes gegen die Verfolger des Glaubens und für die Freiheit der deutschen Nation.290 Beide Argumentationsmuster finden sich vor dem Hintergrund einer ähnlich interpretierten Bedrohungssituation in den Ausschreiben des Magdeburger Rates von 1548 bis 1550. Die Inszenierung Magdeburgs als ein letztes und von allen verlassenes standhaftes christliches Häuflein von Märtyrern291, das in seiner unerschütterlichen Glaubensgewißheit den Angriffen einer feindlichen Übermacht trotzt und damit nicht nur das „Vaterland“, sondern auch die gesamte Christenheit vor der Tyrannei des Antichristen bewahrt, durchzieht in steigender Intensität alle Ausschreiben des Rates. Diese heilsgeschichtliche Rollenzuweisung Magdeburgs, der die Funktion des Katechon beigelegt wurde, lieferte den Argumenten des Rates jene letzte Plausibilität, deren er zur Rechtfertigung seiner politischen Handlungen bedurfte. Damit ließen sich auch jene performativen Intentionen verbinden, die die Christen innerhalb der Stadt in ihrer Leidensbereitschaft zu mobilisieren und in ihrem Bekenntnis zu festigen vermochten. Nach außen erscholl der jeweils am Ende der Ausschreiben formulierte Ruf an die Christen, sich nicht gegen die Magdeburger gebrauchen zu lassen, sich also so zu entscheiden, wie sie es mit ihrem Gewissen im Angesicht des Jüngsten Gerichts verantworten könnten.292 Jene eschatologische Ethik erklärte die Sache der Magdeburger zur gemeinsamen Sache aller Christen und diese waren es auch, an die sich die Ausschreiben in Gänze wandten. Das veröffentlichte Selbstbild der Stadt ließ sich auch intermedial verorten. So waren die Titelblätter der Ausschreiben mit variierenden Holzschnitten versehen, welche die Grundaussagen des Textes illustrierten. Während das erste Ausschreiben ausschließlich das Magdeburger Wappen293 abbildete, 290

Glaube und Nation bildeten die wichtigsten Parameter des protestantischen Notwehrdiskurses vor und während des Krieges. Vgl. dazu v.a. WOLGAST, Die Religionsfrage als Problem des Widerstandsrechts. Sowie: HAUG-MORITZ, „Ob wir uns auch mit Gott“ und: SCHMIDT, „Teutsche Libertät“. 291 „vns bedrengte Christen“, Der Von Magdeburgk Entschueldigung, Biijv. Sowie: Ein warhafftiger Bericht dero von Magdeburgk, Bij v. 292 Der Von Magdeburgk Entschueldigung, Bijr. 293 Erasmus Alberus lieferte eine Auslegung des Wappens: „Meydeburg, die heilige, werte Stadt ein Jungfrau für ein Wappen hat. Bedeut’ die heilige Christenheit, die Gott in ihrem Herzeleid stärket und tröstet immerdar und hilft ihr fein aus aller Fahr, welch’s er an itzgedachter Stadt herrlich und wohl bewiesen hat.“ HELMUT B ODE (Hrsg.), Erasmus Alberus,

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wurde dieses im zweiten Ausschreiben vom Ende des Jahres 1548/Anfang 1549 von zwei Magdeburger Druckern mit unterschiedlichen Zusätzen versehen. Michael Lotter294 ließ das Wappen durch zwei Landsknechte flankieren, die auf die befestigte Stadt verwiesen. Hans Walther295 dagegen stellte dem das Wappen stützenden Landsknecht eine den Kelch und die Lutherrose tragende Magd gegenüber und integrierte somit das Bekenntnis zur Lehre Luthers in das Bild der wehrhaften Stadt. Die drei weiteren im Jahr 1550 erschienenen Ratsschreiben setzten an die Stelle der Glaubens- und Wehrattribute zwei Engel, die das Magdeburger Wappen beidseitig stützten. Angesichts einer als zunehmend wahrgenommenen Bedrohungssituation schien die Stadt ihre Hoffnung einzig auf Gott und dessen schutzverheißende Sendboten296 zu konzentrieren. Mit dieser Aussage korrespondierten die teils an den Anfang teils an das Ende der Ausschreiben gestellten Motti297, welche bis auf wenige Ausnahmen298 den Psalmen entstammten. Die von Luther so hochgeschätzte Exempelsammlung299 war geradezu prädestiniert, dem Leid und der Hoffnung der Magdeburger Ausdruck zu verleihen, kündeten sie doch (in der Chronologie der Ausschreiben) von der Hoffnung auf die letztlich rettende Macht Gottes (Ps 58,2. 94,12–15. 104,2–10), von der Demut vor Gott (Ps 106,6–8. 44,2–27) und dem Vertrauen in Gott (Ps 2,1–12. 46,10.12. 66,3). Als Exempel dienten jedoch vor allem die in den Texten genannten Orte und Personen, die in ihrer Metaphorik auf die Situation Magdeburgs und seiner Lob der Wetterau. Enthaltend die „Kurze Beschreibung der Wetterau“ (1552), zwölf auserlesene Fabeln aus Wetterau und Hessenland sowie als Anhang fünf geistliche Lieder, Frankfurt am Main 1978, 62. 294 Vgl. Der Von Magdeburgk Entschueldigung [VD16 M134]. 295 Vgl. Der Von Magdeburgk Entschueldigung [VD16 M135]. 296 Ein Verweis findet sich im letzten Ausschreiben vom Dezember 1550: „so hat der HERR offtmals einem Volck/ leiblichen vnnd geistichen ausgeholffen/ da sichs doch fur der vernunfft hat ansehen lassen/ als were es schon gar aus vnd alles verloren gewesen/ Vnd das der HERR nur einen seiner lieben Engeln gesandt vnd viel tausent der Feinde vnd verfolger hat erschlagen vnnd die seinen herlichen entsatzt vnd errettet“, Bij v. Vgl. hierzu GEORGES TAVARD, Engel V: Kirchengeschichtlich, in: TRE 9, 599–609, v.a. 606. Sowie zur Angelologie bei Luther: PHILIP M. SOERGEL, Luther on the Angels, in: PETER MARSHALL/ ALEXANDRA WALSHAM (Eds.), Angels in the Early Modern World, Cambridge 2006, 64–82, dort mit weiterer Literatur. 297 Das erste Ausschreiben vom August 1548 weist noch kein Motto auf. 298 Das zweite Ausschreiben, Der Von Magdeburgk Entschueldigung, stellte eine Kombination von Jes 40,8 und Mt 5,18 an den Anfang. Siehe auch KAUFMANN, Ende, 138 Anm. 105. 299 „Ich halt aber, das kein feiner exempel buch odder legenden der heyligen auff erden komen sey odder komen muege, denn der Psalter ist [...].“ MARTIN LUTHER, Vorrhede auff den psalter, in: WA DB 10.1, Weimar 1956, 98–105, hier 98. „Summa, wiltu die heilige Christlichen kirche gemalet sehen, mit lebendiger farbe und gestalt, ynn einem kleinen bilde gefasset, so nym den Psalter fur dich, so hastu einen feinen, hellen, reinen spiegel, der dir zeigen wird, was die Christenheit sey, ia du wirst auch dich selbst drinnen, vnd das rechte Gnotiseauton finden, dazu Gott selbs, und alle Creaturn.“ Ebd., 104.

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Einwohner anwendbar waren. So präsentierte sich Magdeburg als Bethulien300, jene Stadt also, die, belagert durch die Truppen des Holofernes in ihrer höchsten Not auf Gottes Schutz vertraute und mit der Enthauptung des Feldherrn auf lange Zeit die Freiheit für Israel erkämpfte.301 Die in den Ausschreiben verarbeiteten Motive der stellvertretend leidenden Stadt302 konnten mit dem biblischen Bethulien ebenso verknüpft werden wie die katechontische Rolle der Stadt, die das Ausgreifen der Tyrannei auf ganz Deutschland verhinderte.303 Analog zur Clausula Petri, der Überordnung der göttlichen Gebote über die der Menschen, galten Daniel (Dan 6)304 und Mauritius als gebotenes Exempel für die Christen und vor allem für die christlichen Söldner, sich den Befehlen der Feldherren zu verweigern.305 Texte und Bilder griffen in den Ausschreiben des Rates ineinander, um die Inszenierung des armen Bethuliens ins Bild zu setzen, was es den Magdeburgern ermöglichte, ihre Erfahrungen zu verarbeiten und nicht zuletzt die Stadt selbst in die Reihe der Exempel zu stellen. Zur Rechtfertigung der politischen Handlungen Magdeburgs gehörte auch die Legitimierung des Widerstandes, die der Rat in dem naturrechtlichen Begriff der Not- und Gegenwehr faßte und in die religiös gewendete Situationsanalyse einbezog. Angesichts eines drohenden militärischen Angriffs suchte der Rat, den Vorwurf der Rebellion und des Ungehorsams gegen den Kaiser zu entkräften. Anhand der seit den zwanziger Jahren unter den Protestanten diskutierten Theorie des Widerstandes der unteren gegen die höhere Obrigkeit306 erklärte der Rat, daß der Kaiser mit dem Erlaß des widergöttlichen Interims sein Amt überschritten habe und die Magdeburger daher nicht verpflichtet seien, diesem Gehorsam zu leisten, sondern im Gegenteil sich dessen Geboten zu widersetzen hätten: „Wenn man auch gleich nach den gesatzten gemeinen rechten/ darmit in zeitlichen sachen die Welt regiret wirdet/ von diesen dingen reden wil/ so wirdt yhe darynne verordenet vnd gesatzt/ das der vnterer dem Obern in sein recht nicht kan greiffen/ noch das viel weniger auf300

Vgl. Ein warhafftiger Bericht dero von Magdeburgk, Bijr. Der Name findet sich auch MERCKEL, Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Vjv. Vgl. zudem die Ausführungen bei KAUFMANN, Ende, 148 Anm. 180 mit weiterführender Literatur. 301 Vgl. u.a. ERICH ZENGER, Judith/Judithbuch, in: TRE 17, 404–408. 302 „vns als die wir itzt gleich von wegen der gantzen Kirchen am Creutze stehen“, Ein warhafftiger Bericht dero von Magdeburgk, Bij v. 303 Siehe oben. Die Annahme, daß sich an Magdeburg das Schicksal des Landes entscheide, wurde auch außerhalb der Stadt kolportiert. Vgl. den Brief des Gesandten Eberhard von Kunheim an Herzog Albrecht von Preußen vom 15.02.1551, in: THEODOR WOTSCHKE, Wittenberger Berichte aus der Interimszeit, in: Zeitschrift des Vereins für Kirchengeschichte in der Provinz Sachsen 10, 1913, 1, 5–41: „Aber solt es vber die gutten Magdeburger gehen, fürcht man, ees werd andere stett vnd land mer antreffen.“, hier Nr. IX, 30–34. 304 Siehe oben. 305 So in: Der Von Magdeburgk Entschueldigung, Biijr–v. Vgl. auch KAUFMANN, Ende, 142. 306 Vgl. hierzu Kap. 7.

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fheben. Zu dem wenn die Oberigkeit vber yhre beuolen ampt hergreiffet/ das man yhr denn inn dem nicht alleine keinen gehorsam darff leisten/ sondern sich auch dagegen des vnrechten gewalts mag auffhalten. So besagen auch die gesatzten Recht selbst/ wie es denn auch ane das ewig war ist/ vnnd in der heiligen Schrifft ergruendet/ das man nicht schueldig sey/ der Oberigkheit wieder Gott zugehorsamen. [...] Darumb so muss man bekennen/ das die Oberigkheit die macht nicht habe/ vnserm lieben GOTT als dem aller Obersten inn sein Recht vnnd gewalt zu greiffen. Nuhn ist es yhe allen Christen wol bewust/ vnd so oeffentlichen am tage/ das man es auch schire an der wandt mag greiffen/ das zu diesen vnsern zeiten/ mit dem INTERIM vnnd andern/ ordenungen vnd fuernehmen in GOTtes des aller hoechsten Wordt vnnd gewaldt/ griffen wirdet/ vnnd das also die Oberigkheit/ yhre beuohlen ampt vbertrit/ Derhalben yhr auch inn dem nicht alleine/ nach der heiligen Schrifft/ sondern auch nach den gesatzten Rechten/ nicht zugehorsamen/ Die sich auch vnterstehet/ das liebe wordt GOTtes/ wie das lange yar her/ auss GOTtes genaden/ in der Deudtschen Nation den Menschenn verkuendet/ auszurotten/ vnd an stadt desselben/ des Babsts luegen vnnd Abgoettereyen/ wieder auffzurichten/ vnnd also die Christen vmb das ewige zu brengen. Auss dem denn nothwendig erfolget/ das vns vnnd den Christen/ von der Oberigkeit kein vngehorsam noch Rebellion kan aufferlecht/ noch zugemessen werden/ wieder Gott zugehorsamen/ vnnd das vns vnnd alle Christen/ nicht alleine die heilige Goettliche Schrifft/ sondern auch die gesatzten Rechte/ des vormeinten vngehorsams genugsam entschueldigen.“307

Göttliches, natürliches und positives Recht bildeten die Grundlage für den Nachweis, daß die Stadt mit ihrer Weigerung, sich den Kapitulationsbedingungen des Kaisers zu unterwerfen, nicht widerrechtlich gehandelt hatte. Insbesondere in der Auseinandersetzung mit dem Domkapitel diente der Verweis auf die alten Rechte und Freiheiten der Stadt als Argumentationsgrundlage für die Rechtfertigung des massiven Vorgehens gegen die Domherren seit 1546, welche regelmäßig beim Kaiser Klage über die Magdeburger erhoben hatten. Auch hier sollte das Konzept der Notwehr die Deutung des Rates unterstreichen, daß zum einen nicht die Magdeburger, sondern das Domkapitel Unrecht gehandelt hatte, indem dieses ihre alten Freiheiten einzuschränken gedachte. Zum anderen diente die Beschlagnahme der Besitzungen des Domkapitels lediglich der Verteidigung der Magdeburger und des Umlandes, zu dem sich der Rat als christliche Obrigkeit verpflichtet sah.308 Da die römischen „Baalspfaffen“ den Magdeburgern als die eigentlichen Urheber der Reichsacht galten, verbanden sich konfessionelle und nationale Argumente309 307

Der Von Magdeburgk Ausschreiben an alle Christen, Bj r–Bij v. „Vnd dieweile denn nicht alleine die gesatzten/ sondern auch die natuerlichen recht/ wider die furstehende beschedigunge/ die gegenwehr vnd defension nachlassen/ Vnnd solche satzunge der Weltlichen vnd natuerlichen recht/ wie der heilige Paulus spricht/ Goettliche ordenungen sein/ so folget daraus notwendig/ das vnns dem Rade zu Magdeburgk auch als den Christen nachgeben vnnd zugelassen gewesen/ sich der defension zugebrauchen/ ia auch gebotten/ als einer von Gott verordenten/ oberkeit die vnsern vor vngerechtem gewalt zu schuetzen.“ Der von Magdeburgk widerlegung, Bjv. 309 Zur ‚Nation‘ als emotionale Größe und ihrer konfessionellen Aufladung vgl. v.a. SCHMIDT, „Teutsche Libertät“ oder „Hispanische Servitut“. Sowie zur Otto-Rezeption: KAUFMANN, Ende, 155 mit weiterführender Literatur. 308

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in einer Polemik, die insbesondere das letzte Ausschreiben dominierte, ging es doch um nichts Geringeres als „des heiligen seligmachenden Goettlichen worts/ vnd der gebuerlichen freiheit des Vaterlandes“310 Die Domherren erschienen als Diener des Papstes, der als römischer Antichrist nachweislich im Tempel Gottes saß, um diesem die Kirche zu unterwerfen. Religion, Nation und städtische Freiheiten bildeten als Argumentationsmuster311 sowohl in ihrer jeweils einzelnen Verwendung als auch in ihrer Kombination jenes Fundament, auf dem der Rat das Bild der unschuldigen, frommen und kaisertreuen Stadt erbauen konnte. Möglich war diese mediale Inszenierung der Stadt Magdeburg aufgrund jener Ereigniskonstellationen, die letztlich zur friedlichen Aufhebung der Belagerung führten. Wenn auch infolge der Reichsacht die Übergriffe auf Magdeburger Bürger in den Territorien Kurbrandenburgs und Kursachsens sicher nicht zu unterschätzen waren, blieb doch die Stadt selbst bis zum September 1550 von größeren Angriffen unbehelligt. Der Verzicht des Kaisers, nach seinem Sieg über die Schmalkaldischen Bundeshauptleute in den Norden des Reichs zu ziehen trug dazu ebenso bei wie die Bemühungen der benachbarten Kurfürsten und der erzstiftischen Stände, Unruhen oder kaiserliche Truppen dem Stiftsgebiet fernzuhalten. Selbst die Belagerung wurde nur wenig konsequent ins Werk gesetzt. Da die Stadt nicht ausreichend abgeriegelt worden war, konnten deren Einwohner sowohl ihre vor den Stadttoren gelegenen Felder und Gärten bestellen312 und vermochten die Druckereien in hoher Dichte313 ihre Produkte ins Land ausgehen zu lassen. Nicht zuletzt hatte Moritz von Sachsen, Oberbefehlshaber der Belagerungstruppen, kein Interesse daran, die Stadt zu vernichten, über die er nach jahrelangen Bemühungen endlich die Schutzherrschaft erlangt hatte. Als Landesherr konnte er es sich weder leisten, in der Nachbarschaft eine Stadt zu dulden, von der nach einer Unterwerfung permanent Unruhen zu erwarten wären, noch einen langwierigen und kostspieligen Krieg zu führen, der sein noch vom Schmalkaldischen Krieg gebeuteltes Land über die Gebühr belasten würde. Darüber hinaus hatte sich die Stadt mit ihren Ausschreiben mehr und mehr zu einem protestantischen Symbol entwickelt, mit dessen Zerstörung der Kurfürst nicht nur die Magdeburger Vorwürfe des „Judas von Meißen“ im Nachhinein bestätigen, sondern auch die protestantische Bevölkerung seines 310

Der von Magdeburgk widerlegung, Aij r. Die von KAUFMANN, Ende, 140, konstatierte binäre Argumentationsstruktur von Evangelium und überkommenen Rechtstiteln würde ich hier also um den Strang der Nation erweitern. 312 Lazarus von Schwendi hatte dazu geraten, den Magdeburgern eben dieses nicht zu ermöglichen und damit deren Lebensmittelzufuhr komplett abzuschneiden. Vgl. T HOMAS N ICKLAS, Um Macht und Einheit des Reiches. Konzeption und Wirklichkeit der Politik bei Lazarus von Schwendi (1522–1583), Historische Studien 442, Husum 1995, 68. 313 Siehe Kap. 1. 311

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eigenen Territoriums gegen sich aufbringen würde.314 Daher war eine für beide Seiten akzeptable Aussöhnung unerläßlich.315 Die Übernahme der Truppen des Herzogs Georg von Mecklenburg und Johann von Heydecks machte deutlich, daß die Magdeburger Sache für Moritz nur eine notwendige Etappe für sein eigentliches Ziel war, sich von der Vereinnahmung des Kaiser zu distanzieren und seine eigene Territorialherrschaft als protestantischer Fürst zu festigen.316 Schon deshalb war ein langwieriger und blutiger Krieg gegen eine inzwischen als ‚Kanzlei Gottes‘ geltende Stadt317 alles andere als vorteilhaft. Im Gegenteil: Die stets im Raum stehenden Drohungen des Kaisers, selbst die Exekution der Acht durchführen zu wollen, machten es eher notwendig, die Stadt vor den kaiserlichen Plänen in Schutz zu nehmen und die Belagerung nur insoweit zu bewerkstelligen, daß sie Karl V. zufriedenstellte. Aus diesem Grunde ließ er auch den Kaiser, der schließlich an der Stadt ein Exempel statuieren wollte, lange im Unklaren über die Aktivitäten vor Magdeburg. Dem entsprach die Annäherung an dessen Bruder Ferdinand I., der wiederum den Kurfürsten für seine eigenen Interessen im Rahmen der Sukzessionsverhandlungen zu nutzen suchte. Beide waren schließlich die Protagonisten des Passauer Vertrages 1552, der den Mißerfolg der kaiserlichen Bundes- und Religionspolitik bestätigen sollte. Für die Magdeburger blieb das Geschehen lange Zeit recht undurchsichtig. Die Reichsacht hatte die Stadt in einen rechtlosen Zustand versetzt, aufgrund dessen sie immer mit einem Angriff zu rechnen hatte. Unkontrolliert plündernde Söldner, wie die Truppen Herzogs Georg von Mecklenburg, stellten vermutlich die größte Gefahr dar. Selbst die zunächst recht kontrollierte Belagerung durch Moritz konnte sich angesichts der mit der Bezahlung nicht zufriedenen Landsknechte318 jederzeit zu einem Sturm auf die Stadt mit anschließender Plünderung auswachsen. Auch innerhalb der Stadt stellten die Landsknechte eine nicht zu unterschätzende Gefahr für den städti314

Der Landtag hatte bereits 1548 dem Kurfürsten entsprechende Beschränkungen auferlegt, die Moritz nicht übergehen durfte. Vgl. ISSLEIB, Magdeburgs Belagerung, 626. Zeugnis dessen ist die Verweigerung der militärischen Folgeleistung durch die sächsischen Ritter im Jahr 1550. Vgl. hierzu u.a. REIN, The Chancery of God, 223f. 315 Vgl. hierzu die Bedenken des Kurfürsten und seiner Räte über die Achtexekution PKMS IV, Nr. 237, 278–280; Nr. 415, 474–478; Nr. 416, 478–480 sowie Nr. 788, 912. 316 Hierzu gehörten auch die Liquidationsverhandlungen mit den Ernestinern sowie die Verhandlungen um die Freilassung des hessischen Schwiegervaters. Vgl. u.a. ISSLEIB, Moritz von Sachsen gegen Karl V. 1552, 708. Dort auch die Einschätzung seiner Person, 747. 317 So die Aufnahme der durch die Magdeburger Prediger in der ‚Confessio‘ formulierten Selbstbeschreibung bei Kaspar Aquila in einem Brief an Herzog Albrecht von Preußen vom 20.06.1550, in: JOHANNES VOGT, Briefwechsel der berühmtesten Gelehrten des Zeitalters der Reformation mit Herzog Albrecht von Preußen, Königsberg 1841, 30. Vgl. Kap. 2. 318 Aufgrund der äußerst schleppenden Finanzierung durch das Reich kam es unter den Truppen im Frühjahr 1551 zu einer Meuterei. Vgl. hierzu den Bericht vom 10.05.1551, in: PKMS V, Nr. 85, 185–188 sowie ISSLEIB, Magdeburgs Belagerung, 683.

Das „arme Bethulien“

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schen Frieden dar.319 Die mehrfachen Meutereien bezeugen die doch eher als angespannt zu interpretierende Situation.320 Dazu trug die zunehmende Verknappung der Lebensmittel ebenso bei, wie die hohen Kosten, die für die Verteidigung der Stadt aufzubringen waren.321 Verborgen blieben den Magdeburgern auch die Motive der einzelnen Akteure, was den Spekulationen erheblichen Auftrieb verschaffte.322 Gerade Moritz von Sachsen brachte der Rat ein erhebliches Mißtrauen entgegen, welches durch die Schriften der Exules genährt wurden. Die Beteuerungen des Kurfürsten, die Magdeburger hätten von ihm in der Religion nichts zu befürchten, prallten am monolithischen Ruf von Rat und Predigern ab, die Stadt werde um des Glaubens willen verfolgt. Lange Zeit blieben die Verhandlungen erfolglos, mußten aufgrund der unnachgiebigen Haltung der Magdeburger immer wieder abgebrochen werden. Erst als der Magdeburger Rat davon überzeugt werden konnte, Religion und Politik auseinanderzuhalten, d.h. Ächtung und Belagerung nicht auf religiöse Motive zurückzuführen und sich auf eine rein weltliche Kapitulation einzulassen, zeichnete sich die Möglichkeit einer Aussöhnung ab.323 In diesem Sinne enthielten denn auch die offiziellen Kapitulationsartikel keine einzige Regelung der Religion und bezogen die Unterwerfung unter die kaiserlichen Anordnungen auf rein weltliche Sachen.324 Erst der anschließende Geheimvertrag bestätigte den Magdeburgern die Religion.325 Ausdruck dieser Entscheidung war auch die Diskussion um den Artikel 1 der Kapitulation, welcher den Fußfall mit dem Geständnis der Rebellion und der Abbitte enthielt. Die Magdeburger äußerten bereits im Vorfeld ihre Beden319

Auch hier konnte nur unzureichend kontrolliert werden, welche Truppen wann zu Scharmützeln aus der Stadt rückten. Vgl. MERCKEL, Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Livr. 320 Siehe oben. 321 Diese beliefen sich am Ende der Belagerung auf insgesamt 4.044.066 Goldgulden. Die Angaben bei K. J ANICKE, Magdeburg beim Beginne der Reformation, in: GBlM 2, 1867, 5–34, 20. 322 Und dies nicht nur bei den Magdeburgern, wie der Hinweis des Pfalzgrafen Friedrich II. auf jene, die „mer iren vortail dan billiche, christliche liebe hierinnen suchen und darumb nit zum frieden, ruhe und ainigkeit, sonder vilmer zum unfrieden, blutvergießen und entlichen verderben gesynnet“, in seinem Schreiben an die Räte in Heidelberg vom 03.11.1550 verdeutlicht, in: RTA J.R. 19.2, Nr. 226, 1140f., hier 1140. Vgl. hierzu auch LUTTENBERGER, Glaubenseinheit, 551. 323 In einem Brief an den Magdeburger Rat vom 04.10.1550 hatten bereits die Räte Georgs von Anhalt argumentiert: „It is necessary to differentiate between religious and profane matters, and to keep one separate from the other: the Word of God is preserved solely through the power and spirit of God, miraculously, in human hearts [...].“ Hier in der Übertragung durch REIN, The Chancery of God, 211. Vgl. auch dazu die Antwort des Rates, in: PKMS IV, Nr. 655, 748–750. Vgl. auch KAUFMANN, Ende, 138–140. 324 Darauf hatte der Magdeburger Rat in den Verhandlungen vom Juni 1551 bestanden. Vgl. PKMS V, Nr. 117, 238–241, v.a. 240. 325 Siehe oben.

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Das „Bollwerk“ Magdeburg

ken, den Fußfall nur leisten zu wollen, wenn sie damit nicht gegen Gott handelten.326 Kurfürst Moritz zerstreute diese jedoch, indem er darauf verwies, daß Fußfall und Abbitte nur eine äußerliche Demut seien und Gott wisse, wie es um ihren Glauben stehe.327 Die Prediger der Stadt folgten dieser pragmatischen Politik des Rates allerdings nicht, war doch die enge Verzahnung von Politik und Religion zum Kern ihrer Argumentation geworden, von welcher sie auch nach der Aussöhnung der Stadt nicht abzustehen gedachten.328 Der Feststellung Kaufmanns, daß die Argumentationsstrategien von Rat und Predigern, auch wenn sie zwischenzeitlich parallel zueinander verliefen329, doch deutlich zu unterscheiden wären, ist daher zuzustimmen.330 Die „Aktionskoalition von Bürgerschaft, Rat und Pfarrerschaft“, wie sie Heinz Schilling meint voraussetzen zu können331, funktionierte eben nur solange, wie die Handlungsmaximen von Rat und Predigerschaft in Übereinstimmung gebracht werden konnten. Spätestens mit der zur Realität gewordenen Bedrohung reichte der Rückgriff auf biblische Deutungsmuster nicht mehr aus, um der Stadt den Frieden zu ermöglichen. Für den Prediger Johannes Bugenhagen war dies dennoch Grund genug, die Versöhnung als Werk Gottes zu preisen: „Got sei gelobt, Magdeburg ist erlöset mit solchen gnaden, wie man uns saget, das wirs mussen halten fur Gots Wunderwerk, darumb wir treulich heimlich und offentlich gebeten haben. Libera nos deus in mirabilibus tuis.“332

326

Vgl. die Verhandlungen vom Juni 1551, in: PKMS V, Nr. 117, 238–241, v.a. 240. Vgl. die Registratur der Verhandlung zwischen Kurfürst Moritz und der Altstadt Magdeburg [3.–23.09.1551], in: PKMS V, Nr. 190, 364–368, v.a. 367. Auf die reformatorisch bedingte Spaltung des Zeremoniells des Fußfalls in eine äußere Gehorsamsgeste und eine reservatio mentalis, die sich auch in der Äußerung des Kurfürsten beobachten läßt, verweist STOLLBERG-RILINGER, Knien vor Gott, v.a. 278. Diese Problematik sollte auch in der Bewertung der Adiaphora in dieser Zeit eine Rolle spielen. Vgl. dazu Kap. 7. 328 Siehe oben. 329 Diese findet anschaulich ihren Niederschlag in der Intertextualität der Ausschreiben der städtischen Prediger und des Rates. 330 „So deutlich der Rat auch theologisch argumentierte, so wenig verzichtete er darauf, sein Verhalten auch vor dem Hintergrund seiner überkommenen Rechte und Rechtsansprüche zu begründen, oder, je nach Kontext, rechtliche neben theologischen Gesichtspunkten zur Geltung zu bringen.“ KAUFMANN, Ende, 140f. Das letzte Ausschreiben des Rates vom Oktober 1551 ist Ausdruck dieser Argumentation. 331 Dieser Mythos protestantischer Historiographie findet sich bereits bei: GEYER, Nikolaus Gallus, 6, der ein Vertrauensverhältnis zwischen Rat, Bürgerschaft und Geistlichkeit selbst nach der Belagerung konstatiert. 332 Schreiben an Christian III. von Dänemark vom 07.12.1551, in: Dr. Johannes Bugenhagens Briefwechsel. Gesammelt und herausgegeben durch OTTO VOGT, mit einem Vorwort und Nachträgen von Eike Wolgast unter Mitarbeit von Hans Volz, Hildesheim 1966, Nr. 254, 505–506, hier 506 (EA Stettin 1888–89 und Gotha 1910). 327

Zusammenfassung

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5. Zusammenfassung Die Geschichte Magdeburgs war seit je her von der Auseinandersetzung zwischen der Altstadt und ihren bischöflichen Stadtherren geprägt. Mit der Reformation hatte dieser Konflikt eine konfessionell motivierte Verschärfung erfahren. Wurde zuvor die Widersetzlichkeit des Rates mit dem Erhalt der, nach magdeburgischer Argumentation bereits durch Otto I. bestätigten, städtischen Rechte und Freiheiten legitimiert, stand nun zusätzlich das Wort Gottes zur Disposition. Die Wahrung dieser Interessen suchte Magdeburg in der Mitgliedschaft in verschiedenen Bündnissen, deren Wert aufgrund der selten realisierten Bündnishilfe eher auf der ideellen Ebene zu verorten ist. Mit dem Fortgang der Reformation kam der Gestaltung des städtischen Gemeinwesens als corpus christianum eine zunehmende Bedeutung zu. In diesem Sinne ist das Vorgehen gegen die Mitglieder des Domkapitels bis 1547 zu interpretieren. Da die Stadt nach dem Tode Kardinal Albrechts 1545 keinen neuen Stadtherrn mehr zu akzeptieren gedachte und sich als freie Reichsstadt verstand, handelte der Rat mit dem Selbstverständnis einer städtischen Obrigkeit. Als solche ließ er sich von den umliegenden Ortschaften huldigen und vertrat die Stadt entsprechend nach außen. Die Teilerfolge des protestantischen Verteidigungsbündnisses begünstigten dieses Verhalten ebenso wie der Verzicht des Kaisers, nach der Gefangennahme des sächsischen Kurfürsten die niedersächsischen Städte zu überziehen. Reichsacht und Interim verwiesen in ihren Folgen die rechtliche und religiöse Argumentation des Rates noch enger aufeinander, wurde für die Magdeburger mit der Aufforderung zur Annahme des Interims doch die These, die Stadt sei wegen der Religion in die Acht erklärt worden, bestätigt. Die Ausschreiben des Rates, die offensichtlich in Zusammenarbeit mit den Predigern entstanden und der Rechtfertigung der magdeburgischen Politik dienten, verbanden denn auch natur- und positivrechtliche mit religiösen Legitimationsmustern. Insbesondere das dritte Ausschreiben, welches wie die ,Confessio‘ angesichts der drohenden Belagerung verfaßt worden war, benutzte wie diese die Konzeption des Widerstandes der niederen gegen die höhere Obrigkeit und stellte diese in einen endzeitlichen Rahmen. Der Beginn der Belagerung Magdeburgs leitete zugleich das Ende des tatsächlichen oder vermeintlichen Zusammengehens zwischen Rat und Geistlichkeit ein. Wenn auch die Ausschreiben bis zum Winter 1550 weiterhin den Widerstand mit dem Erhalt der alten Rechte und Freiheiten und der Religion begründeten, entschied sich doch der Rat durch die Aufnahme der Aussöhnungsverhandlungen ohne Wissen der Geistlichen für einen eigenen Weg. Angesichts seiner von einer Verantwortungsethik geleiteten Politik im Sinne des städtischen Gemeinwohls hatte die Beendigung der Belagerung oberste Priorität. Für die Stadt stellte die Belagerung samt ihren Konsequen-

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Das „Bollwerk“ Magdeburg

zen eine erhebliche Belastung für den innerstädtischen Frieden dar. Daß Kurfürst Moritz mit dem Einschluß der Stadt ganz eigene Interessen verfolgte, konnten die Belagerten nicht wissen. Der Albertiner fürchtete nicht nur um seine Herrschaft innerhalb des eigenen Territoriums, sondern auch um die Schutzherrschaft über Magdeburg, die ihm vom Kaiser im Gegenzug zur Achtexekution zugesagt worden war. Die Belagerung sicherte dem Kurfürsten die versprochene Schutzherrschaft und versetzte diesen in die Lage, mögliche ins Werk gesetzte Ansprüche seitens der Ernestiner und Hohenzollern abzuwehren. Diente die Belagerung auch in erster Linie den Interessen des sächsischen Kurfürsten, so kam sie doch indirekt den Magdeburgern zu Gute. Es ist bezeichnend für das zeitgenössische Verhältnis von Religion und Politik, daß die Aussöhnung mit dem Kurfürsten erst dann realisiert werden konnte, nachdem die Abgesandten des Magdeburger Rates sich darauf einließen, die Religion aus den Verhandlungen und vertraglichen Regelungen auszublenden. Während die Exules in ihrer endzeitlichen Argumentation beides weiterhin miteinander verknüpften und dem Friedensschluß, welcher die Verfolgung der Magdeburger aus religiösen Gründen ausblendete, nicht zuzustimmen vermochten, folgte der Rat dem sich abzeichnenden Trend der Trennung beider Bereiche und erlangte somit die Wiederherstellung des städtischen Friedens ebenso wie den Erhalt der alten Rechte und religiösen Freiheit. Den Anspruch einer freien Stadt vermochten sie jedoch nicht durchzusetzen.

Kapitel 7

Die Apokalypse 1. Zeichen der Endzeit Im Jahre 1557 sann Andreas Musculus1 darüber nach, „wie schwer vnd gefehrlich es sey/ vom Juengsten tag/ in diesen letzten zeiten/ zu reden/ predigen/ vnd zuschreiben“.2 Mahnungen, die vom Jüngsten Tag kündeten, könne die Welt kurz vor ihrem Ende nicht mehr vertragen. Zudem gebe es genug Spötter, die nichts darauf geben würden, wäre ihnen doch seit ihrer Geburt der Jüngste Tag prophezeit worden und nicht eingetroffen.3 Nicht zuletzt gelte inzwischen jeder, der warnend von der nahen Zukunft rede als „schwermer“. Und dies selbst dann, wenn er angesichts der in Mk 13,32. 35 und Apg 1,7 verkündeten Ungewißheit, „fuersichtiglich“ auf die Angabe von Tag und Stunde verzichte.4 Christus, die Apostel und alle Lehrer hätten bis auf diese Zeit „je vnd alwege geredt vnd gehandelt [...] als wehre nichts gewissers/ auch zu jhren zeitten/ als das ende der Weldt zu erwarten“.5 Daher gebiete auch sein Predigtamt, so Musculus, vom Jüngsten Tag nicht zu schweigen, „sonder aus beweglicher vrsach/ die frommen inn Gottes forcht zu erhalten/ vnd die andern zur buß vnd besserung zubewegen ... sintemal vns der selbige/ nun on alle wiedersprechung/ hart fuer die thuer gerueckt vnd kommen ist.“6 Die Vorrede der Druckschrift ‚Vom juengsten Tag‘ ist eines der wenigen Beispiele, das das Nichteintreffen des prophezeiten Jüngsten Tages – wenn auch ex negativo – überhaupt erwähnt.7 Wie der Text des Andreas Musculus thematisierten in der Regel die apokalyptischen Schriften nicht, ob der Jüngste Tag kommen würde und eher selten, wann dies geschehe. Dafür widmeten sie sich ausführlicher der Frage, wie die letzten Tage gestaltet sein würden. 1

Zu Musculus’ Amtstätigkeit vgl. u.a. ERNST KOCH, Andreas Musculus und die Konfessionalisierung im Luthertum, in: RUBLACK, Die lutherische Konfessionalisierung, 250–270. 2 Vom juengsten Tag, JOHANN EICHORN, Johann Eichorn, Frankfurt Oder 13.01.1557, Aijr [ben. Ex.: HAB H: G 359.8º Helmst. (2) = VD16 M 7239]. 3 Ebd., Aiij v. 4 Ebd., Aiiij r. 5 Ebd., Aiiij v. 6 Ebd., Avr. 7 Die Einschätzung auch bei LEPPIN, Antichrist, 123 sowie B ARNES, Prophecy, 165.

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Die Apokalypse

Die Ursachen dafür sind zum einen biblischer Natur. So verbieten die Texte der synoptischen Apokalypse (vor allem Mt 24,36. 42; Mk 13,32; 1 Thess 5,1–2) die Erforschung eines konkreten Datums und überlassen allein Gott die Festlegung von Tag und Stunde.8 Verbunden damit war stets die Mahnung zu erhöhter Aufmerksamkeit und der Aufruf an die Christen, sich bereit zu halten. Zum anderen gehörte die Naherwartung des Jüngsten Tages zum christlichen Konsens, der nicht mehr thematisiert werden mußte.9 Nicht zuletzt bedurfte es im Grunde keiner Berechnung, standen doch zahlreiche Zeichen zur Verfügung, die den göttlichen Plan lesbar machten. Jene Zeichen basierten formal auf der vermutlich10 durch Hieronymus begründeten Tradition der fünfzehn Zeichen, mit der die Lutheraner jedoch in Anwendung des Schriftprinzips brachen. Einzig die Bibel, vor allem aber die Texte der synoptischen Apokalypse bildeten jenes Zeichenreservoir, mittels dessen man die Gegenwart als Endzeit identifizieren konnte.11 Gestalt und Anzahl der Zeichen waren dabei variabel. Der weitgehende Verzicht auf terminierte Aussagen sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Geschichte des Christentums im Spannungsverhältnis von Naherwartung und Parousieverzögerung stets auch eine Geschichte der Berechnungen des Jüngsten Tages war und bleiben wird.12 Zeugen doch gerade die immer wieder formulierten Berechnungsverbote vom Bedürfnis der Zeitgenossen, Tag und Stunde zu erfahren.13 Ein prominentes Beispiel der frühen Reformationszeit stellen die arithmetischen Überlegungen des Lochauer Predigers Michael Stifel dar, der anhand Offb 13 den Jüngsten Tag auf den 19. Oktober 1533 8 Uhr morgens berechnete.14 Die mit dem je8

Für Andreas Osiander d.Ä. impliziert das Verbot der Ermittlung von Tag und Stunde durchaus die Erlaubnis, das Jahr zu berechnen. Vgl. Vermutung von den letzten zeyten/ vnd dem ende der Welt/ ausz der heyligen Schrifft gezogen, Johann Petreius, Nürnberg 1545, bjv [ben. Ex.: HAB A: 127.10 Theol. (10) = VD16 O999]. Der Text ist ediert bei: GERHARD MÜLLER/ GOTTFRIED SEEBASS (Hrsg.), Andreas Osiander d.Ä. Gesamtausgabe, Bd. 8: Schriften und Briefe Ende April 1543 bis Ende 1548, Gütersloh 1990, Nr. 315, 159–271. 9 Volker Leppin verweist hierbei auch auf den ökonomischen Aspekt: „Was ohnehin zu haben war, mußte man sich nicht teuer erkaufen.“ LEPPIN, Antichrist, 57. 10 Die Fragen der Autorschaft u.a. bei FRIED, Aufstieg, 69 11 Für LEPPIN, Antichrist, 127, ist gerade dies der Grund, warum die synoptische Apokalypse zur „biblischen Referenzstelle“ der apokalyptischen Argumentation der Lutheraner avancierte. 12 Für das Mittelalter beschreibt Johannes Fried das produktive Potential dieser Endzeitberechnungen. So hatte die Chronistik ihren Ursprung im Wissenwollen um die Ankunft Christi. Vgl. FRIED, Aufstieg, 38. 13 1549 verurteilte Jean Calvin in seinem ‚Avertissement contre l’astrologie qu’on appelle judiciaire’ die Judizialastrologie. 1564 verurteilte das Trienter Konzil jegliche Prophezeiungen des Weltuntergangs, was durch Papst Sixtus 1586 bestätigt wurde. Vgl. SMOLINSKY, Deutungen der Zeit, 4f. 14 Vgl. hierzu u.a. SIEGRID WESTPHAL, Die Reformation als Apokalypse. Luther, Michael Stifel und der „Lochauer Weltuntergang“ 1533, in: ENNO BÜNZ/RAINER GRIES/FRANK MÖLLER

Die Zeichen der Endzeit

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weiligen Ausbleiben des Weltuntergangs verbundenen Falsifikationen führten jedoch nicht zur Aufgabe der Berechnungen oder gar der Naherwartung generell. Im Gegenteil ist mit der Parousieverzögerung eher eine Intensivierung der Naherwartung zu konstatieren, der eine Katharsis der Lehre oder/ und der Gemeinschaft folgte.15 Dies führte letztlich zur Schlußfolgerung, daß die Bedeutung des konkreten Datums für die Prophezeiung der Apokalypse relativiert werden muß.16 Die Angabe eines Termins scheint nicht Ziel, sondern eher Instrument zu sein. Sie kann daher weniger als temporale, sondern vielmehr als eine qualitative Aussage gewertet werden, schreibt sie doch ein konkretes Verhalten für das Individuum und für die christliche Gemeinschaft vor, das mit dem Begriff der eschatologischen Ethik charakterisiert werden kann.17 Auch für das der Untersuchung zugrunde liegende Quellenmaterial ist die qualitative Wendung quantitativer Aussagen zu konstatierten. Die lutherischen Geistlichen hielten sich an das Gebot, Gottes Plan mittels Arithmetik nicht durchschauen zu wollen. Demnach weisen die Druckschriften keine chronogrammatischen Berechnungen auf, welche die im Alten und Neuen (Hrsg.), Der Tag X in der Geschichte. Erwartungen und Enttäuschungen seit tausend Jahren, Stuttgart 1997, 102–125, v.a. 105. 15 Die soziologischen Studien von LEON FESTINGER, When Prophecy Fails. A Social and Psychological Study of a Modern Group that Predicted the Destruction of the World, New York 1964, v.a. 28 und ANTHONY B. VAN FOSSEN, How do Movements Survive Failures of Prophecy?, in: Research in Social Movements, Conflicts and Change 10, 1988, 193–212 konstatieren für neuzeitliche Endzeitgruppen, daß die sich aus der Falsifikation der Berechnung ergebenen Dissonanzen durch eine stärkere Hierarchisierung der Gemeinschaft sowie interne religiöse Säuberungen harmonisiert wurden. 16 „Das Weltende ist nur solange ein Integrationsfaktor, als es in einem geschichtlich-politischen Sinne unbestimmbar bleibt.“ Der Vorrang der ethischen Qualität apokalyptischer Aussagen bei: KOSELLECK, Vergangene Zukunft der frühen Neuzeit, in: DERS., Vergangene Zukunft, 17–37, v.a. 22. Sowie: GESINE PALMER, Die Idee der Einfürallemaligkeit in apokalyptischen Vorstellungen. Ein Versuch über eschatologische Müdigkeit, in: ZRGG 53, 2001, 97–114, v.a. 112. 17 Auch wenn die Äußerung Johannes Ecks über den 17. Artikel vom Jüngsten Gericht auf dem Hagenauer Religionsgespräch am 06.07.1540 eine andere Realität zeigt: „Man ist auch über diesen Artikel einig gewesen im Ausschuß. Unterdessen sind viel tolle Meinungen der falschen Propheten in Sachsen, sonderlich in Wittenberg, vom jüngsten Tage ans Licht kommen, welche das Volk so geschreckt und zweifelhaft und sinnlos gemacht haben, daß die meisten Ackersleute weder die Felder mehr bestellen noh säen wollten in der Meinung, der jüngste Tag wäre schon vor der Thüre und würde gewiß denselben Tag oder dieselbe Stunde kommen. Zu dieser Tollheit haben die neuen Secten und thörichten Einfälle der Schwärmer Anlaß gegeben, da einem jeden freigelassen wird, wider die alte Kirche etwas Neues vorzubringen, obwohl Christus selbst Matth. 24 und Apost. 1 klar bezeugt, daß solche Zeit niemand gewiß wisse, weil es der Vater seiner Macht vorbehalten habe.“: JOHANN ECK, Auszug, wo Chur unnd Fursten mit iren verwandten eins oder uneins sind mit Cristlicher Kirchen [06. 07. 1540], in: KLAUS GANZER/KARL-HEINZ ZUR MÜHLEN (Hrsg.), Das Hagenauer Religionsgespräch (1540) Teil 2, Akten der deutschen Religionsgespräche im 16. Jahrhundert 1, Göttingen 2000, Nr. 399, 1140–1156, hier 1149.

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Die Apokalypse

Testament angegebenen Zahlen symbolisch oder literal deuten18. Stark reduziert ist auch die Arbeit mit chronomathematischen Periodisierungen, aufgrund derer das Erreichen bestimmter festgelegter Zeiträume konstatiert wird. Lediglich das im Mittelalter und der Frühen Neuzeit prominente Monarchienschema des Danielbuches wird zur Grundlage der Beschreibung des politischen Verfalls.19 Die ebenfalls im Luthertum präsente Weissagung des Elia, welche der ‚Chronica Carionis‘ zugrunde lag und nach der die Kirchengeschichte in drei mal 2000 Jahre unterteilt und die Gegenwart im 56. Jahrhundert verortet wurde, findet in den Magdeburger Quellen dagegen keine Berücksichtigung.20 Vielmehr verbanden die Magdeburger Autoren die Plausibilisierung der angebrochenen Endzeit mit dem Verweis auf die sich aktuell erfüllenden Zeichen. Priorität kam dabei den in 2 Thess 2 und der in Jesu Rede über die Endzeit (Mt 24. Lk 21) beschriebenen Werken des Antichristen zu, der Verfolgung des Glaubens, dem Glaubensabfall und den falschen Propheten. Genau hier offenbarte sich jedoch auch die Problematik der Zeichenidentifikation. Da nach 2 Thess 2,9 der Antichrist mit „lügenhaften Zeichen und Wundern“ auftrat, konnten diese demnach sowohl göttlicher als auch antichristlicher Provenienz sein.21 Lediglich Matthias Flacius Illyricus berührte diese Frage, indem er die Zeichen und Wunder als Zeugnis der Lehre auswies, derer es nicht mehr bedurfte, sobald sich diese etabliert hätte.22 Ein erneutes Aufkommen der Zeichen wäre demnach im Umkehrschluß Signum einer 18

Hier liefert v.a. das Danielbuch (Dan 9. Dan 12,11–12) und die Offenbarung des Johannes entsprechendes Material. Vgl. den Überblick bei LEPPIN, Antichrist, 59–79. 19 Siehe unten. 20 Zur Präsenz der Elia-Weissagung in den lutherischen Texten vgl. LEPPIN, Antichrist, 138f. BARNES, Prophecy, 104, verweist auf die Affinität der Kirchengeschichtsschreibung nach Elia, die der Universalgeschichte nach Daniel, relativiert jedoch diese Scheidung beider Disziplinen: „they were complementary menas to an overall eschatological conception of universal history.“ Zur lutherischen Historiographie insgesamt vgl. die vorzügliche Dissertation von POHLIG, Zwischen Gelehrsamkeit und konfessioneller Identitätsstiftung. Eben dies bestätigt auch die Bemerkung Melanchthons, der in der Auslegung des Buches Daniel zwar von der Berechnung des Jüngsten Tages abrät, aber dennoch die Übereinstimmung aufgrund von Daniel und Elias möglichen Berechnungen betont. Der Prophet Daniel/ ausgelegt/ Durch D. Philip. Melanthon. Aus dem Latin verdeudscht/ Durch Justum Jonam. Mit einer Vorrede an Churfuersten zu Sachsen etc., Nickel Schirlentz Wittemberg 1546, Cccjv [ben. Ex.: HAB A: 251.38 Theol. (4) = VD16 M 3446]. 21 Weitere Probleme konnten sich aus dem Aufzeigen eines noch nicht erfüllten Zeichens oder eines längst erfüllten Zeichens ergeben. Vgl. LEPPIN, Antichrist, 127f. 22 Etliche greiffliche gewisse vnnd scheinbarliche warzeichen/ Daraus ein jeder wie geringes verstands er sey/ Wo er nur zu erforschung der warheit geneiget ist/ vormercken kan/ das die Lehre der Euangelischen des Herrn Christi Leher selbst ist/ vnd das der Papisten Lehr falsch/ Gottloss vnd vom Antichrist erfunden ist. Aus einer lateinischen schrifft M. Matthie Flacij Illyrici verdeutschet, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1549, Ej v [ben. Ex.: FB Gotha 12 an Druck 658 Rara = VD16 F1305].

Die Zeichen der Endzeit

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Verfälschung der Lehre, was wiederum selbst als Zeichen der Endzeit interpretiert werden konnte. Auch innerhalb der Zeichen, die nach Volker Leppin in die vier Themenbereiche Astralphänomene, irdische Katastrophen, Offenbarung des Antichristen und Probleme im sozialen Miteinander gruppiert werden können23, gab es offensichtlich eine Hierarchie, die ihren Niederschlag in den Quellen fand. Nikolaus von Amsdorf verzichtete in seiner Schrift von den „Fünf Zeichen des Jüngsten Tages“ ganz bewußt auf die Benennung der Astralphänomene zugunsten der „fuernemesten“ Zeichen.24 Der Abfall vom Glauben, die Offenbarung des Antichristen, der Zerfall des Römischen Reiches, das Setzen menschlicher Traditionen an die Stelle des Evangeliums sowie die Anbetung des Tieres und die Annahme seines Malzeichen seien jene Zeichen, die davon kündeten, daß der Jüngste Tag „nahe fuer der thuer sein mus“.25 Ganz ähnliche Zeichen finden sich bei Dominicus Aquinas, der fälschlichweise den Zerfall der vierten Monarchie neben den Zeichen des Glaubensabfalls und der Offenbarung des Antichristen dem 2. Brief des Paulus an die Thessalonicher zuschreibt.26 Trotz der Dominanz der glaubensspezifischen Zeichen finden sich in den Quellen auch Hinweise auf Astralphänomene. Die synoptische Apokalypse bietet hier die entsprechenden Anhaltspunkte einer im Chaos versinkenden Welt.27 Im Jahre 1548 stellte Matthias Flacius Illyricus fest: „Es werden ja sehr viel gesicht gesehen an Sonne vnnd mondt/ im himel/ wasser/ vnd erden/ wie solchs Christus zuuor gesagt hat/ das sie vor dem jungsten tage gescheen 23

Vgl. LEPPIN, Antichrist, 87. Fuenff fuernemliche vnd gewisse Zeichen aus heiliger goettlicher Schrifft/ so kurtz vor dem Juengsten tag geschehen sollen, Christian Rödinger d.Ä., Jena 1554, Aijr [ben. Ex.: FB Gotha Theol. 4° 115/6 (5) = VD16 A2362]. Die Schrift stammt übrigens nicht, wie LEPPIN, Antichrist, 61 notiert, aus dem Jahre 1551, sondern fällt bereits in die Jenenser Zeit Amsdorfs 1554. 25 Ebd. Amsdorf verweist hierbei erstaunlicherweise nicht auf die synoptische Apokalypse, sondern ausschließlich auf den 2. Brief an die Thessalonicher, die Offenbarung des Johannes sowie das Buch Daniel. 26 Ein seer Schoen Christlich bedencken auff das Schendlich INTERIM Mit antzeigung der zeichen/ so fur dem Juengsten Tage herkomen/ vnd den jtzigen Interimistischen Abfal mit sich bringen sollen, [Michael Lotter, Magdeburg] 1549, Aijr [ben. Ex.: HAB H: G 80.4º Helmst. (28) = VD16 D2181]. Vermutlich handelt es sich bei Aquinas um ein Pseudonym aus dem Magdeburger Umfeld. Konkrete Informationen ließen sich bisher nicht ermitteln. Möglicherweise ist die falsche biblische Textreferenz ein Hinweis darauf, daß es sich nicht um einen Theologen handelte. 27 Vgl. Mt 24,29. Mk 13,24. Lk 21,25. Vgl. grundsätzlich PAOLA ZAMBELLI (Ed.), ‚Astrologi hallucinati‘. Stars and the End of the World in Luther’s Time, Berlin/New York 1986. Zum ambivalenten Verhältnis der Wittenberger Reformatoren zur Astrologie vgl. jüngst CLAUDIA BROSSEDER, Im Bann der Sterne. Caspar Peucer, Philipp Melanchthon und andere Wittenberger Astrologen, Berlin 2004 sowie ROBIN B. BARNES, Astrology and the Confessions in the Empire, c. 1550–1620, in: J OHN M. HEADLEY/HANS J. HILLERBRAND/ANTHONY J. PAPALAS (Eds.), Confessionalization in Europe, 1555–1700. Essays in Honor and Memory of Bodo Nischan, Ashgate 2004, 131–153. 24

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sollen.“28 So sollen im gleichen Jahr in Tirol mehrere Heuschreckenschwärme gesichtet worden sein29; Flacius selbst vermeinte, im Frühjahr 1551 drei Sonnen und drei Monde gesehen zu haben.30 Auch in den Chroniken des Magdeburger Krieges tauchen ähnliche Himmelsphänomene auf. So berichtet Besselmeyer, daß am 21. März 1551 morgens drei Regenbögen und drei Sonnen zeitgleich am Firmament zu sehen waren, während abends drei Monde über Magdeburg schienen.31 Wie komplex derartige Gesichte sein konnten, zeigt der Text des Braunschweiger Superintendenten Nikolaus Medler, den Flacius 1548 mit einer Vorrede versehen publizierte.32 Medler gab darin die Erzählung dreier Reisender wieder, die ein furchterregendes Himmelsspektakel beobachtet hatten. Die Gesichte zeigten unter anderem drei Monde, einen Löwen und einen Adler, die Gestalten Adams und Evas, des gekreuzigten Christus und des gefangenen sächsischen Kurfürsten.33 Im Rahmen gängiger frühneuzeitlicher Publikationsstrategien, die dazu dienten, einen Text als wahr auszuweisen, versah Medler seinen Bericht mit der Anführung weiterer Zeugen und paralleler Meldungen.34 Die Deutung solcher Erscheinungen beschränkte sich in der Regel auf den Hinweis einer Außer-Ordentlichkeit als Zeichen der Endzeit und als Mahnrede Gottes. Flacius bemerkte hierzu grundsätzlich: „Wiewol wir aber nicht so gar gewis wissen koennen/ was sie bedeuten/ so zeigen sie doch gemeinlich an/ das Gott seiner armen Kirche helffen/ die verdruckten Christen erledigen/ vnd die Gottlosen straffen will. [...] Derselbigen ein teil ane zweiuel vermanen zur bus/ ein teil aber troesten die betruebeten Christen.“35 28

NIKOLAUS MEDLER, Zeychen am himmel bey Braunschwig newlich gesehen/ durch den superatendentem zu Braunschwig geschriben Mit einer vorrede, [Pancraz Kempf, Magdeburg] 1548, Aivv [ben. Ex.: HAB H: H 92.4º Helmst. (14) = VD16 M1894]. 29 Vgl. Vermanung Matth. Flacij Illyrici zur gedult vnd glauben zu Gott/ im Creutz dieser verfolgung/ geschrieben an die Kirche Christi/ zu Magdeburg, Christian Rödinger d.Ä. Magdeburg 06.04.1551, Ciijr [ben. Ex.: SBB PK 10 in Dg8R = VD16 F1523]. Die Heuschrecken sind eine der Plagen des siebten Siegels aus Offb 9. 30 Vgl. ebd. 31 „Den 21. Martij fruehe/ zwischen sieben vnd 8 sind drey Regenbogen/ darbey drey Sonnen am Himel gestanden. Et dato auff den Abend/ nach dem man die Wache auffgefuehrt/ An denselbigen oertern/ Drey Monschein/ der rechte vnder der Altenstadt/ Der ander vnd Blutfarb/ vber Deßdorff/ Vnd der dritte auch Blutfarbe/ vber der Newstadt gestanden.“ BESSELr MEYER, Warhafftiger Bericht, Cvj . Und weiter: „Et dato im Mittag vmb 12. schlege [am 02.04. 1551]/ sind aber drey Sonnen/ Darbey zwene Regenbogen am Himel gestanden.“ Ebd., Cvijv. 32 Vgl. MEDLER, Zeychen, Bj r–v. 33 Der Druck enthält eine stilistisch überformte Darstellung der Gesichte. 34 Vgl. hierzu grundsätzlich HOLGER KÜRBIS, Hispania desripta. Von der Reise zum Bericht. Deutschsprachige Reiseberichte des 16. und 17. Jahrhunderts über Spanien. Ein Beitrag zur Struktur und Funktion der frühneuzeitlichen Reiseliteratur, Europäische Hochschulschriften, Reihe III: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften 994, Frankfurt am Main u.a. 2004, v.a. 259–322. 35 FLACIUS, Vermanung, Ciij r und Aivv.

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Interessant ist hierbei jedoch noch ein ganz anderer Punkt: die Gestalt Johann Friedrichs. Der ‚geborene sächsische Kurfürst‘ hatte bereits zu Lebzeiten unter den Protestanten den Status eines Märtyrers erlangt.36 Seine Führungsposition im Schmalkaldischen Bund, die Behandlung in der Gefangenschaft sowie seine Standhaftigkeit in Glaubensfragen, vor allem aber hinsichtlich der konsequenten Ablehnung des Interims, hatten den Sachsen geradezu zur „Leitfigur des Protestantismus“37 werden lassen. Die Sichtung des Kurfürsten neben andern biblischen Gestalten am Himmel kann als frühes Zeugnis der Arbeit am Mythos gewertet werden. Denn es zeigt, daß das Martyrium des sächsischen Fürsten selbst inzwischen ebenso ein Zeichen des Jüngsten Tages geworden war wie andere astrale und irdische Phänomene. Andererseits konnte beides miteinander verbunden werden. Im Interimsdialog des Erasmus Alberus berichtet der Christ Albertus von einer Sonnenfinsternis just an dem Tag, an welchem Johann Friedrich in kaiserliche Gefangenschaft geriet.38 Es handelte sich also um ein begrenztes methodisches Reservoir, mittels dessen die Magdeburger Autoren ihren Zeitgenossen gegenüber das Vorhandensein der Endzeit zu plausibilisieren suchten. Daß sie dabei in der Regel streng biblisch argumentierten, mag nicht nur ihrer Profession, sondern möglicherweise auch einem intendierten theologisch gebildeten Adressatenkreis geschuldet sein. Vor allem jedoch gaben das Danielbuch, die Texte der synoptischen Apokalypse und der locus classicus der Antichristprädikation, der 2. Thessalonicherbrief, den Geistlichen ein komplexes Instrumentarium an die Hand, mit welchem sie jene politischen und religiösen Ereignisse, die infolge des Schmalkaldischen Krieges und des Augsburger Interims ab 1546 die Geschicke des Reiches prägten, als Signum der Apokalypse begreifen und ausdeuten konnten. Weder die berechnete Endzeit noch die astralen, irdischen oder katastrophalen Zeichen vermochten den Ereignissen jene Kohärenz zu verleihen, wie es die prominente Figur des Antichristen mit seinen Werken und Dienern ermöglichte. Daher kam diesen Zeichen eher eine flankierende Funktion in der Endzeitargumentation der Magdeburger zu.

2. Die Zerrüttung der Kirche Nikolaus von Amsdorf hatte in seiner Schrift von den Zeichen des Jüngsten Tages vor allem jene Ereignisse als Zeichen benannt, die der christlichen Kirche in der Endzeit widerfahren werden.39 So müßten dem Tag des Herrn der 36

Vgl. FLÜGEL, Bildpropaganda, v.a. 82. Siehe auch Kapitel 4. Ebd., 81. 38 Ein Dialogus/ oder Gespraech etlicher Personen vom Interim, Kij r . 39 Siehe oben. 37

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Glaubensabfall und die Offenbarung des Antichristen vorausgehen, werde die Predigt des Evangeliums verboten und die Christen gezwungen, das Malzeichen des Tieres an ihre Stirn und Hände zu heften. Alle diese Zeichen galten ihm als „erfuellet vnd geschehen“40 und kündeten daher von der Nähe des Jüngsten Tages. Der Katalog, den Amsdorf vorlegte, entsprach in der Gewichtung jenem Zeicheninventar, mit dem die Theologen in Magdeburg die Zeit zwischen 1548 und 1551 interpretierten. Primäres Zeichen war der geoffenbarte Antichrist, dessen Semantik die aktuelle Diagnose prägte. Er bildete den Ausgangs- oder Endpunkt jeglicher Erfahrungen; alles Geschehen war Ergebnis seines Wirkens. 2.1. Die Offenbarung des Antichristen Martin Luther hatte mit seiner These, das Papsttum verkörpere die antichristliche Macht, die in 2 Thess 2,3 prophezeite Offenbarungsleistung erbracht. Die Erkenntnis entwickelte Luther in der Auseinandersetzung mit der altgläubigen Kirche.41 Leipziger Disputation, Bannbulle und Reichsacht waren hierbei die entscheidenden Anstöße. Bereits 1518 regte sich in ihm ein Verdacht, der Antichrist sitze in Rom.42 Zwei Jahre später erlangte er die endgültige Gewißheit, „non dubitem papam esse proprie Antichristum illum“. Die Schriften der 1520er Jahre sind beredtes Zeugnis dieser Entwicklung.43 Konnte Luther hierbei einerseits auf die mittelalterliche Tradition der Papstkritik zurückgreifen, setzte er sich andererseits in zweierlei Hinsicht von eben jener Tradition ab. Denn zum einen machte er seine Kritik nicht, wie Wyclif oder Jan Hus, an moralischen Maßstäben fest, sondern begründete sie vielmehr sola scriptura.44 Der proton pseudos war in seinen Augen der päpstliche Anspruch auf die Alleinauslegung der Schrift. Demnach erhob sich der Papst über Christus und erfüllte die Schrift nach 2 Thess 2. Die päpstliche Willkür, sowohl in Fragen der Auslegung als auch im Erlaß men40

AMSDORF, Fuenff fuernemliche vnd gewisse Zeichen, Diijr. Vgl. die Entwicklungsstufen im einzelnen bei: HANS PREUSS, Die Vorstellungen vom Antichrist im späteren Mittelalter, Leipzig 1906, 83–182. 42 So schreibt er im Brief an Wenzeslaus Link vom 18.12.1518: „Mittam ad te nugas, ut videas, an recte divinem Antichristum illum verum et intentatum a Paulo in romana curia regnari; peiorem Turcis esse Romam hodie puto me demonstrare posse.“ in: WA Br 1, 270. 43 V.a. Luthers Schrift Ad librum eximii Magistri Nostri Magistri Ambrosii Catharini, defensoris Silvestri Prieratis accerrimi, Responsio Martini Lutheri. Cum exposita Visione Danielis VIII. De Antichristo aus dem Jahre 1521, in: WA 7, 698–778, stellt nach PREUSS, Die Vorstellungen vom Antichrist, 134, eine „klassische Zusammenfassung [...] dessen [dar], was der Reformator bisher verstreut über Antichristentum und Papst gesagt hatte“. 44 Vgl. WILLIAM R. RUSSEL, Martin Luther’s Understanding of the Pope as the Antichrist, in: ARG 85, 1994, 32–44, v.a. 35. Sowie: VOLKER LEPPIN, Luthers Antichristverständnis vor dem Hintergrund der mittelalterlichen Konzeptionen, in: Kerygma und Dogma 45, 1999, 1, 48–63, v.a. 49. 41

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schlicher Satzungen, denen zudem heilsverpflichtende Geltung zugesprochen wurde, war nicht minder ein Charakteristikum des päpstlichen Antichristen. Weder konnte Luther die Herrschaft des Papstes über die christliche Kirche, noch dessen Zölibats- oder Speisegebote oder die altgläubige Auffassung vom Abendmahl, den Sakramenten oder der Messe mit der Bibel in Übereinstimmung bringen. Damit waren fast alle Kernpunkte der päpstlichen Kirche als nicht schriftgemäß charakterisiert und als Werk des Antichristen, der die Christen mit Lügen zum Abfall bringt, identifiziert. Der Machtanspruch, den die Päpste zunehmend auch auf den weltlichen Bereich ausdehnten, sollte für den Reformator in den späten dreißiger Jahren als Zeichen des Antichristen immer stärker an Bedeutung gewinnen. Um dieser Dimension auch sprachlich Ausdruck zu verleihen, erweiterte er den Antichristbegriff um die Semantik des Tyrannen.45 Zum anderen bezog Luther seine Interpretation des Antichristen nicht auf einen konkreten Papst, sondern auf das Papsttum als Institution.46 Entsprechend dieser Unterscheidung zwischen Amt und Person mußte er die konsequente Schlußfolgerung ziehen, daß der Antichrist längst und unerkannt in der Welt existierte.47 Die noch im Mittelalter behauptete Gleichsetzung von Auftreten und Offenbarung des Antichristen konnte nicht mehr aufrechterhalten werden. Luthers Verortung des Antichristen im Papsttum wurde treffend als „das populärste Stück seiner Lehre“ bezeichnet.48 Als Kernelement der lutherischen Lehre fand sie Aufnahme in den Bekenntnisschriften, wie der Apologie und den Schmalkaldischen Artikeln.49 Daß sie im Volk eine enorme Verbreitung fand, erklärt sich nicht nur durch die intensive sie unterstützende Bildprogrammatik, wie sie vor allem in Cranachs d.Ä. ‚Passional Christi und Antichristi‘ realisiert wurde. In dieser Programmatik verbanden sich 45

Ausdruck dessen ist die 1539 geführte Zirkulardisputation auf die unten näher eingegangen wird. Vgl. hierzu RUDOLF HERMANN, Luthers Zirkulardisputation über Matth. 19,21, in: Lutherjahrbuch 23, 1941, 35–93. Sowie: JOHANNES HECKEL, Lex Charitatis. Eine juristische Untersuchung über das Recht in der Theologie Martin Luthers, 2. erw. Aufl., Köln/ Wien 1973, v.a. 246–255. 46 Heiko A. Oberman verwies darauf, daß ein von Luther selbst herausgegebener lollardischer Apokalypsenkommentar (ca. 1390) das Papsttum kollektiv als Regiment des Antichristen begriff. DERS., Hus und Luther. Der Antichrist und die zweite reformatorische Entdeckung, in: FERDINAND SEIBT (Hrsg.), Jan Hus. Zwischen Zeiten, Völkern, Konfessionen. Vorträge des internationalen Symposions in Bayreuth vom 22. bis 26. September 1993, Veröffentlichungen des Collegium Carolinum 85, München 1997, 319–346, v.a. 322. 47 Für Luther fristete der Antichrist seit 700 Jahren sein Dasein im Papsttum. Vgl. PREUSS, Die Vorstellungen vom Antichrist, 178. 48 Ebd., 183. Eine rein „politische Rhetorik“, wie sie DAMIAN THOMPSON, Das Ende der Zeiten. Apokalyptik und Jahrtausendwende, Hildesheim 1997, 115, unterstellt, unterschätzt das Offenbarungsereignis. 49 Vgl. GOTTFRIED SEEBASS, Antichrist IV: Reformation und Neuzeit, in: TRE 3, 28–43, v.a. 32.

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antiklerikale Elemente mit apokalyptischen Deutungen, welche die „wahre Natur“ des Klerus zu entlarven trachteten.50 Sie korrespondierte auch mit der volkstümlichen und aus dem Mittelalter tradierten Anschauung des Antichristen als Gegenspieler Christi. Die Figur war dem Laien durchaus vertraut und daher in besonderer Weise geeignet, reformatorische Inhalte oder Einstellungen zu transportieren. Der Kollektivbegriff Antichrist blieb zudem offen für verschiedenste Applikationen. Während Melanchthon und seine Schüler einen doppelten Antichristen in Papsttum und Türken annahmen51, wurden in den folgenden Jahrzehnten – häufig ohne theologische Fundierung – beliebige Personengruppen mit dem Antichristen identifiziert, so daß eine zunehmende „Verflachung“ nicht ausblieb.52 So sah sich denn auch Nikolaus von Amsdorf zu einer Korrektur genötigt: „Viel mehr aber jrren die/ so den Tuercken fuer den Antichrist halten. Denn der Tuerck regiret ausser der Kirchen/ vnd sitzet nicht in der heiligen Stet/ rhuemet auch nicht den namen Christi sondern ist ein oeffentlicher feind Christi vnd seiner Kirchen/ der nicht darff offenbart werden/ sondern bereit jederman vnd offenbar ist [...].“53

Martin Luther habe aus dem Buch Daniel und dem Brief des Paulus an die Thessalonicher „hell vnd klar beweiset“, wer der Antichrist wäre. Die Leugnung dieser Beweisführung stellte demnach für Amsdorf sowohl das Offenbarungswerk Luthers als auch die Schrift in Frage. Beides, das Abweichen von Luthers Lehre und von der Schrift, erfüllte letztlich jenes Zeichen des Jüngsten Tages, das vom Abfall und der Verführung der Gläubigen kündete. Luther wurde also nicht nur aufgrund seiner Wiederentdeckung des Evangeliums54, sondern auch durch seine Offenbarungsleistung zu einer zentralen Figur der Endzeit stilisiert, die Identifikation des Papsttums mit dem Antichristen war zum Topos geworden. In der Regel genügte es daher den Magdeburgern, die theologischen Argumentationen mit dem Hinweis auf die Leistung Luthers zu verbinden.55 50

Zum Cranachschen Bildprogramm im besonderen, wie zur reformatorischen Bildprogrammatik im allgemeinen vgl. u.a. HANS-JÜRGEN GOERTZ, „Bannwerfer des Antichrist“ und „Hetzhunde des Teufels“. Die antiklerikale Spitze der Bildpropaganda in der Reformation, in: ARG 82, 1991, 5–38. Das Bildprogramm Cranachs war bis ins 17. Jahrhundert hinein Vorbild für vergleichende Darstellungen von Christus und Antichristus. 51 Zur Vorstellung des bikephalen Antichristen vgl. u.a. ARNO SEIFERT, Der Rückzug der biblischen Prophetie, 11–20. 52 Vgl. HANS J. HILLERBRAND, Von Polemik zur Verflachung. Zur Problematik des Antichrist-Mythos in Reformation und Gegenreformation, in: ZRGG 47, 1995, 2, 114–125, v.a. 114. 53 AMSDORF, Fuenff fuernemliche vnd gewisse Zeichen, Bj r. 54 Vgl. SCHILLING, Die Wiederentdeckung des Evangeliums, v.a. 128f. Kritisch zur Konstruktion des „Urknalls“ der reformatorischen Rechtfertigungslehre vgl. VOLKER LEPPIN, Wie reformatorisch war die Reformation? in: ZThK 99, 2002, 162–176. 55 So z.B. in: Bekentnis Vntericht vnd vermanung/ der Pfarrhern vnd Prediger/ der Christlichen Kirchen zu Magdeburgk, Michael Lotter, Magdeburg 13.04.1550, Aijr [ben. Ex.: FB

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Vielmehr bestand ihre Aufgabe darin, die Werke des Antichristen in ihrer gegenwärtigen Umwelt zu offenbaren. Konkret bedeutete dies, den antichristlichen Charakter des Augsburger Interims und der Leipziger Landtagsvorlage samt ihren Verfassern und Exekutoren zu beweisen. Daß die Offenbarungsleistung Luthers selbst zum Lehrsatz geworden war, verdeutlicht Nikolaus von Amsdorf in seiner Kritik an der Leipziger Landtagsvorlage: „Nu aber/ Gott sey lob vnd danck/ soelches durch Doctorem Martinum Lutherum seliger gedechtnis/ geoffenbart ist/ nemlich/ das der Bapst der rechte ware Antichrist ist/ So verleugken die jenigen/ so im Bapstumb bleiben vnd im anhangen nicht mehr vnwissentlich/ Sondern wissentlich Christum vnd sein heiliges Wort/ Vnd wollen muthwillig verfurt vnd betrogen sein.“56

2.2. Der Abfall vom Glauben – Das Augsburger Interim Nikolaus von Amsdorf wandte sich als einer der ersten am 1. August 1548, also nur wenige Wochen nach dem Beschluß des Augsburger Interims, mit einem persönlichen Bekenntnis an die Magdeburger. Zu dieser Zeit weilte er noch am sächsischen Hof zu Weimar, knüpfte also von dort aus an die seelsorgerische Betreuung seiner ehemaligen Gemeinde an, die er „bis ins xviij. jar“ ausgeübt hatte.57 Dem intendierten Adressatenkreis und dem sich abzeichnenden Verfahren der Argumentation entsprechend verzichtete Amsdorf darauf, sich mit jedem einzelnen Artikel des Interims auseinanderzusetzen58, sondern zog die für seine Darstellung wichtigsten Aussagen heraus. So ermahnte er die Magdeburger, sich nicht täuschen zu lassen von jenen Artikeln, die Laienkelch und Priesterehe gestatteten.59 Beide seien Gebote Gotha Theol. 4° 333–334(46)R = VD16 A2333]. Vgl. z.B. auch KASPAR AQUILA, Wider den spoettischen Luegner vnd vnuerschempten verleumbder M. Isslebium Agricolam. Noetige verantwortung/ vnd Ernstliche warnung/ Wider das Interim. APOLOGIA M. CASPARIS AQVILAE Bischoff zu Salfeld, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 27.07.1548, Aiijr [ben. Ex.: FB Gotha Theol. 4° 447–448 (2) = VD16 A279]. 56 NIKOLAUS VON AMSDORF, Das itzund die rechte zeit sey/ Christum vnd sein Wort zu bekennen/ vnd auff keine andre zu warten sey.// Etliche sprueche/ das man den Adiaphoristen nicht trawen noch gleuben sol.// Nicolaus von Amsdorff. EXVL, [Christian Rödinger d.Ä.], Magdeburg 1551, Bijr [ben. Ex.: FB Gotha 16 an Theol. 4° 185-186 Rara = VD16 A2343]. Amsdorf war bereits in den 1520er Jahren der lutherischen Ansicht vom Papst als Antichrist gefolgt. Vgl. hierzu WOLF-FRIEDRICH SCHÄUFELE, Kirche Christi und Teufelskirche. Verfall und Kontinuität der Kirche bei Nikolaus von Amsdorf, in: DINGEL, Nikolaus von Amsdorf, 57–90, v.a. 68f. 57 AMSDORF, Antwort/ Glaub vnd Bekentnis, Aijr. Zum Text vgl. auch: REICHERT, Amsdorff und das Interim 1, 108–113, KOLB, Nikolaus von Amsdorf, 78–82 sowie KAUFMANN, Ende, 86–90. 58 Bereits wenige Tage zuvor hatte er mit anderen sächsischen Theologen ein Bedenken formuliert, das sich jedem einzelnen Artikel des Religionsedikts widmete. Vgl. Der Prediger der Jungen Herrn/ Johans Friderichen Hertzogen zu Sachssen etc. Soenen/ Christlich Bedencken auff das Interim, [Michael Lotter, Magdeburg 1549] [ben. Ex: ThULB Jena 8MS 24000(8) = VD16 P4741]. 59 Die Artikel des Interims siehe Kap. 5.

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Gottes und würden nicht aus dem Grunde praktiziert werden, da es das Interim gebiete: „Denn wo wir dem INTERIM gehorchen/ so beten wir Gott nicht an/ sondern den Teuffel vnd seine gliedmas/ des INTERIMS schmide/ vnd muste Christus vnser lieber Herr dem INTERIM weichen/ vnd vnrecht haben/ das INTERIM aber oben schweben vnd recht haben.“60

Damit setze sich das Interim an Gottes Statt und ließe sich von den Christen anbeten, was doch Gott allein gebühre. Amsdorf konnte hier getrost auf den Verweis auf Paulus verzichten, war doch bereits durch den expliziten Bezug auf die bekannten Formulierungen des Thessalonicherbriefes die antichristliche Natur des Interims beschrieben. Auf dieser Charakterisierung baute Amsdorf in seiner Auseinandersetzung mit ausgewählten Abschnitten des Interims auf. Das im Text formulierte Meßverständnis zählte hierbei zu den wichtigsten Punkten, stellte doch die Messe jenen Artikel dar, mit dem das Papsttum stände und fiele61, da sie „ein lautter menschen gedicht“62 wäre und „nichts ist/ denn ein Humana traditio“63, die keinen Grund in Gottes Wort fände. Zudem sei sie nicht, wie die Autoren des Interims behaupten, zum Opfer Christi, sondern zum Gedenken an seinen Tod eingesetzt. Im Artikel von der Rechtfertigung, dem Kernstück der lutherischen Lehre, sah Amsdorf offensichtlich erhöhten Aufklärungsbedarf, denn „das INTERIM gehet im anfang daher/ als ein Engel des lichtes [...] Aber am ende findet sichs/ das es den stanck hinder sich lesset/ Wie der Teuffel zuthun pflegt/ wenn er sich in einen Engel des liechts verwandelt.“64 Weder, so Amsdorf, rechtfertige die Liebe den Menschen noch benötige der Glaube die Liebe, daß der Mensch vor Gott gerechtfertigt werde. Die Liebe sei lediglich eine Frucht, die Justifikation erfolge sola fide. „Derhalben seind des INTERIMS wordt eitel vergebliche vnnd vnnuetze geschwetze/ dadurch die Leutte verfueret vnnd verblendet werden/ Da es pricht/ Der glaube mache gerecht/ wenn die liebe darzu kompt. Denn die liebe kan niemand gerecht vnd from machen/ Sondern wer Gott vnd seinen negesten lieben sol/ der mus zuuor from vnd gerecht sein/ vnnd als denn folget Effectus vnd frucht der gerechtigkeit/ nemlich die liebe vnd gute werck.“65

In kürzeren Abschnitten belegte Amsdorf den eigentlichen Kern der Religionsordnung. Während beim Fasten die christliche Kirche keine Unterschei60

AMSDORF, Antwort/ Glaub vnd Bekentnis, Bijr. So auch in: NIKOLAUS VON AMSDORF, Vom Bapst vnd seiner Kirchen/ das sie des Teufels/ vnd nicht Christi vnsers lieben Herrn Kirche sey. Nicolaus von Amsdorff. EXVL [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg] 1551, Aiij v [ben. Ex.: FB Gotha 22 an Theol. 4° 185-186 Rara = VD16 A2406]. 62 Ebd., Bivr. 63 Ebd., Bivv. 64 Ebd., Cij r. Der Teufel als Engel des Lichts (2 Kor 11,14) avancierte zu einem sehr dominanten Motiv in den Magdeburger Druckschriften. Siehe unten. 65 Ebd., Cij v. 61

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dung der Speisen träfe, würde das Interim konkrete Speisen verbieten, wie dieses die Schrift in 1 Tim 4,3 als Zeichen des Endes offenbart.66 Ebenso diene der Artikel über die Anrufung der Heiligen einzig der Aufrichtung des antichristlichen Reiches, gehe doch aus der Schrift nirgends hervor, wo die Heiligen seien und ob sie für uns bitten würden.67 Und nicht zuletzt gebiete das Interim, sich dem Papst als oberstem Bischof zu unterwerfen. „Dieweil aber kund vnnd offenbar ist/ als die helle Sonne am Mittag/ das der Babst der rechte ware Antichrist ist/ vnnd sein Roemischer hoff/ des Antichrists reich ist/ so hat das INTERIM seine muehe vnd arbeit verloren/ vnnd ist alles vergeblich vnnuetz vnd erlogen.“68

Für Nikolaus von Amsdorf stellte die Identifikation des Papsttums mit dem Antichristen das letztbegründende Argument dar69, das im Grunde keines Nachweises mehr bedurfte und das Interim als widergöttlich entlarvte. Ebenso eröffnete dieses Argument dem „wahren“ Christen nur eine einzige Handlungsoption, die Amsdorf in seinem persönlichen Bekenntnis formulierte: „Darumb sage ich fuer mich aber eins/ das ich solch INTERIM nicht halten wil noch kan/ denn man sol Gott mher gehorsam sein denn den menschen [...].“70 Nicht zuletzt der Hinweis auf die clausula Petri verdeutlicht, daß Amsdorf durch die apokalyptische Deutung das Augsburger Interim als einen Autoritätenkonflikt interpretierte. Die mehrfach angebrachte Formulierung in Anlehnung an 2 Thess 2, nach welcher sich das Interim in den Tempel Gottes setzte, offenbarte, daß es sich hier um den letzten Kampf zwischen Christus und Antichristus selbst handelte.71 In diesem hatte sich jeder Christ zu bekennen und zu entscheiden. Deutlich wird aber auch eine gewisse Zirkularität, indem Amsdorf unter Verwendung der klassischen Antichrist-Loci bereits den antichristlichen Charakter des Interims voraussetzte, den er doch erst zu beweisen suchte. Auch der ‚Dialogus vom Interim‘ des Erasmus Alberus72, der 1548 in Magdeburg gedruckt wurde, stand ganz unter dem Zeichen der Apokalypse. Das Titelblatt markierte nicht nur mit der Gleichsetzung des Papstes Paul III. 66

Vgl. ebd., Civr. Vgl. ebd., Dij r. 68 Ebd., Dij v. Eine ähnliche Argumentation findet sich in seinem Schreiben an den gefangenen sächsischen Herzog Johann Friedrich vom 01.09.1547, in: SCHMIDT, Drei Briefe Amsdorfs, v.a. 465f. 69 Die Popularität dieser Identifikation wird auch sichtbar in den Kapitulationsverhandlungen der Magdeburger mit dem Kurfürsten Moritz von Sachsen, innerhalb derer der Syndicus Levin von Emden die Aufrichtung des antichristlichen Reiches als Grund des Krieges gegen die Stadt erwähnt. Vgl. MERCKEL, Warhafftiger Aussfuerlicher vnd gruendlicher Bericht, Mivr. 70 Ebd., Eijr. 71 „Amsdorf heard the Antichrist knocking at the door of Magdeburg [...].“ So auch die Einschätzung KOLBS, Nikolaus von Amsdorf, 81. 72 Zum Text vgl. u.a. SCHORR VON CAROLSFELD, Erasmus Alberus, 85–91 sowie KAUFMANN, Ende, 211–230. 67

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mit dem Antichrist im Titel, sondern auch mit dem aus der Offenbarung 17,1–2 stammenden Motto den endzeitlichen Rahmen des fingierten Gesprächs zwischen dem Christen Albertus, dem Kleriker Tertollus und dem lutherischen Hauptmann Cornelius über die augsburgische Religionsordnung. Erst später gesellt sich Froberi von Hutten, der Sohn Ulrichs, hinzu. Die Artikel des Interims werden – der literarischen Gattung des Dialoges durchaus angemessen73 – im einzelnen diskutiert, wobei im Ergebnis die „Wahrheit“ der lutherischen Lehre gegenüber der „Falschheit“ der römischen Kirche überzeugt. Nach einigen Wortspielen anhand des Begriffes „Interim“ weist Albertus darauf hin, daß mit dem Interim das ganze Papsttum eingeführt werde74. Diese Einschätzung wird durch die Glosse des Cornelius bestätigt. Die Forderung, daß der Papst als Nachfolger Petri als der oberste Bischof anzuerkennen sei, wird von den beiden Lutheranern abgelehnt, da doch er der „Endtechrist“ sei.75 Auch hier findet sich die bereits bei Amsdorf getroffene Aussage, daß die Messe „des gantzen Antichristenthumbs fundament“ sei und weder ihre Gestalt noch ihr Charakter als Opfermesse in der Schrift begründet wäre.76 Ebensowenig ließe sich die Siebenzahl der Sakramente noch die Fürbitte der Heiligen im göttlichen Wort finden. Die Argumentation des Textes erfolgte in der Regel nach dem lutherischen Schriftprinzip, die Formulierungen allerdings entsprachen eher dem volkstümlichen Ductus, der den hier auftretenden Laien eigen war. So äußert sich Albertus über den Meßkanon: „Der Canon ist das hertz der Papisten messz/ darwider seind von den vnsern sonderliche Buecher geschriben: Der Canon ist eytel geflicket ding/ von Bachantischem Latein/ Es ist ein rechte Confusio des Teüfels/ vnd diser Schelm will den Canon nocht glosiert haben/ so doch grewlicher grewel auff erden nye kommen ist: Der Canon hat verdient/ das er an hundert tausendt Galgen gehencket/ vnd mit hundert tausent Raedern geraedert/ vnd hundert tausent mal geuiertheilt wurde/ ds waer sein verdienter lohn/ vnd aller/ so jn verthaedigen.“ Darauf Cornelius: „Das heisset den Canon glosiert.“77

Vigilien und Seelenmessen werden in derber Polemik als „Aberglaube“ und „Zauberei“ abgetan. Albertus problematisiert dagegen die vorübergehende Zulassung von Laienkelch und Priesterehe, über welche das Konzil entscheide: „Wer nun mitler zeyt stirbt/ der stirbt imm zweyfel/ Seind das nicht Seelmoerder?“78 Ein zweiter Abschnitt, der hier zunächst nicht thematisiert werden soll, leitet über zur Politik des Kaisers und dessen Krieg gegen den

73

Für KAUFMANN, ebd., 230, wird in dieser Gattung der „krisenhafte Ordnungsverlust selbst [...] literarisch inszeniert“. 74 Vgl. ALBERUS, Ein Dialogus vom Interim, Aiijr. 75 Ebd., Bj v. 76 Ebd., Cj r. 77 Ebd., Dj r. 78 Ebd., Diij v.

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Schmalkaldischen Bund, in dessen Tradition nun das Interim als Fortführung der kaiserlichen Religionspolitik gedeutet wird. Letztlich mündet das Gespräch in der Darstellung der Zeichen des Jüngsten Tages, die mit dem Interim als erfüllt galten. Auch die Iudicia des Nikolaus Gallus fanden noch 1548 ihren Weg in die Magdeburger Druckerpressen, allerdings unter dem leicht irreführenden Titel „Einer Christlichen Stad vnthertenigk antwort/ auff das von Key. Ma. vberschickt Interim. Vnnd ein Radtschlag der Predicanten der sebigen Stadt“.79 Beide in der Druckschrift enthaltenen Gutachten stammen vom Regensburger Prediger, die er im Auftrag des Rates verfaßt hatte. Da sie anfangs als Vorlage für eine Antwort an den Kaiser vorgesehen waren, ist eine apokalyptische Deutung des Geschehens hier nicht zu finden. Das Interim enthalte, so die Beurteilung durch Gallus, einige unnötige Mitteldinge, wie Fasten oder kirchliche Gesänge, über die nicht zu streiten sei. Andere Artikel trügen dagegen zur Verfälschung der Lehre bei, wie die sieben Sakramente oder die Fürbitte der Heiligen. „Vber diese aber seind noch mehr artickel dem Christlichen glauben vnnd lere stracks zuentgegen/ wie von den vnsern biss her genugsam erwiesen ist.“80 Dabei handelte es sich um die Werkgerechtigkeit, das Meßopfer, das Fegefeuer, Seelenmessen, der Verzicht auf den Laienkelch, die Priesterehe etc. Daher konnte das Fazit nur lauten: „Weil denn diss Buch kein vnterscheid der Artickel macht/ vnnd darauff enderung allein in vnsern Kirchen furnimpt/ die andern in jhrem alten thun bestetiget. So vrteile ich fur Gott vnd meinem gewissen auff mein seele/ Das E.F.E.W. noch kein standt oder mensch vnsers glaubens vnd bekentniss/ on warhafftige verleugung seins glaubens vnnd bekentniss solchs helffen auffrichten/ annemen/ oder bewilligen konne/ der sich auch mit solchem auffrichten annehmen oder bewilligen nicht teilhafftig mache/ aller abgoetterey/ ergernissen so drauss ailenthalben erfolgen/ auch der bedrancknus vnnd verfolgung der waren Christen/ mit denen er doch bissher gehalten/ vnnd also sich selbs mit eygenem vrteil verdamme.“81

Entschieden verlieh Gallus seiner Ansicht Ausdruck, nach der das Interim nicht nur zur Verfälschung der Lehre, sondern auch zur Verunsicherung bis hin zur Verfolgung der Christen führen werde. Die Hinweise darauf, daß die Religionsordnung nur für die Protestanten gelten sollte, taucht in den Magdeburger Drucken allerdings eher selten auf. Gallus verließ, nachdem er das Bedenken verfaßt hatte, seine Heimat in Richtung Wittenberg, von wo aus sein Gutachten zusammen mit Melanchthons Bedenken über das Interim vom 79

Hartmut Voit hat die Autorschaft Galli für beide Texte nachgewiesen. Die Antwort der Stadt ist demnach ein vom Regensburger Rat überarbeiteter lateinischer Text des Gallus, der Ratschlag der Prediger sein Gutachten für den Rat vom 29.05.1548: Vgl. VOIT, Nikolaus Gallus, 73–81. Sowie: DERS., Nikolaus Gallus und das Interim. Eine anonyme Druckschrift aus dem Jahre 1548, in: ARG 65, 1974, 277–285. 80 [GALLUS], Einer Christlichen Stad vnthertenigk antwort, Aij v. 81 Ebd., Aij v–Aiij r.

226

Die Apokalypse

1. April 1548 im Alten Reich verbreitet wurde.82 Diese Koalition sollte bekanntlich nicht lange halten. Matthias Flacius Illyricus verfaßte noch während seiner Zeit in Wittenberg drei Erwiderungen auf das Augsburger Interim. Zwei Texte entstanden im Jahr 154883, der dritte ein Jahr später84. Alle drei Schriften wurden in Magdeburg und jeweils unter den Pseudonymen Johannes Waremund, Christianus Lauterwar und Theodor Henetus gedruckt.85 Während sich die ‚Protestation‘ vor allem gegen den Kaiser richtete und die Unfreiheit des Konzils offen legte, setzten sich der ‚Kurze Bericht‘ und die Schrift ‚Wider das Interim‘ mit ausgewählten Artikeln des Augsburger Textes auseinander, insbesondere jenen über die Messe und ihren Kanon. Das Interim, so Flacius, sei „nichts anders [...] denn ein vnfletiger luegentandt/ durch Gottlose erwegene boeswichter/ aus vielen greulichen jrthumen zusammen geschmirt“86, „darinnen vnter honig vnnd suesen worten eytel Teuffelischer gifft verborgen ligt“, um „vns zuuerleugnung der erkandten Goettlichen warheit [zu] dringen“87. So wären die Artikel von der Rechtfertigung, von der Vergebung der Sünden, der Anrufung der Verstorbenen, den sieben Sakramenten, der Beichte und dem obersten Bischof ebenso verfälscht wie der Artikel von der Messe. Mit dem Hinweis, sich den anderen Artikeln in späteren Schriften ausführlicher widmen zu wollen, konzentrieren sich die Ausführungen des Flacius mit der Messe auf das „Meysterstueck“ des Interims. Sowohl im ‚Kurzem Bericht‘ als auch in der 1549 erschienenen Schrift ‚Wider das Interim‘ setzte sich der Theologe ausführlich mit dem Artikel zur Messe auseinander, könne diesem doch jeder entnehmen,

82

So der Hinweis bei VOIT, Nikolaus Gallus, 73. Zum Bedenken Melanchthons vgl. Kap. 5. J OANNES W AREMUND [i.e. Matthias Flacius Illyricus], Ein gemeine protestation vnd Klagschrifft aller frommen Christen wieder das Interim vnnd andere geschwinde anschlege vnnd grausame verfolgung der wiedersacher des Euangelij/ allen Gottfuerchtigen gewissen/ zu dieser betruebten zeit/ vberaus sehr nuetzlich vnnd troestlich zu lesen, [Michael Lotter, Magdeburg] 1548 [ben. Ex.: FB Gotha Theol. 4° 209 = VD16 F1406] sowie T HEODOR HENETUS [i.e. Matthias Flacius Illyricus], Ein kurtzer bericht vom Interim/ daraus man leichtlich kan die leer vnnd Geist desselbigen Buchs erkennen/ Durch Theodorum Henetum allen fromen Christen zu dieser zeit nuetzlich vnnd troestlich, [Michael Lotter, Magdeburg] 1548 [ben. Ex.: FB Gotha Theol. 4° 447–448 (3) = VD16 F1437]. 84 CHRISTIANUS LAUTERWAR, Wider Das INTERIM. Papistische Mess/ Canonem/ vnnd Meister Eissleuben/ durch Christianum lauterwar/ zu dieser zeit nuetzlich zu lesen, [Michael Lotter, Magdeburg] 1549 [ben. Ex.: FB Gotha 1 an Theol. 4° 713/216 Rara = VD16 F1556]. 85 Die Zuordnung der Autorschaft bei PREGER, Matthias Flacius Illyricus 1, 59f. Flacius begründete später die Verbergung seines Namens zum einen mit der sonst drohenden Gefährdung seiner Person, zum anderen mit seinem noch geringen Bekanntheitsgrad. Vgl. FLACIUS, Erzählung der Verhandlungen, 70. 86 W AREMUND, Ein gemeine protestation, Ciij r. 87 HENETUS, Ein kurtzer bericht, Aiij r. 83

Die Zerrüttung der Kirche

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„was von dem gantzen Buch [...] zuhalten sey“.88 Ebenso wie Amsdorf kritisierte Flacius, daß die Autoren des Interims die Worte Christi zur Einsetzung des Abendmahls (1 Kor 11,23–25) absichtlich auf zwei verschiedene Artikel bezogen hätten.89 Damit wäre die Eucharistie erstens zu einem reinen Akt der Nahrungsaufnahme degradiert und würde zweitens nicht zum Gedächtnis, sondern als Kreuzesopfer gefeiert werden. Setze man dieses Verständnis der Messe an, stehe zu befürchten, „das man die Messe fuer ein Opffer halten wirdt/ welche vns vergebung der suenden vnnd alles guts verdiene/ Gleich wie vns vorzeiten die falschen lehrer jm Babstumb geleret vnd verfueret haben“.90 Im Opfer verhielten sich die Menschen zu Gott, im Abendmahl dagegen handele Gott an den Menschen.91 Auch aus diesem Grunde, so Flacius in seiner dritten Schrift vom Interim, sei die Verlogenheit des Artikels von der Messe bewiesen.92 Flacius identifizierte die Gefahr der Artikel 22 und 23 des Augsburger Interims in der Übernahme des altgläubigen Meßverständnisses. Denn damit wäre nicht nur eine erneute Einführung der Werkgerechtigkeit verbunden, die doch durch Luther abgelehnt worden war, sondern auch die Auffassung von der Eucharistie als Wiederholung des Kreuztodes Christi, einer Opfermesse also, die doch Luther als „dritte Gefangenschaft“ des Abendmahls mit dem „ein für allemal“ des Hebräerbriefes widerlegt hatte93. „Aus diesem kanstu leichtlich auh von den andern stuecken dieses verfluchten Interims vrteylen/ denn es steckt in diesem Interim, wie oben gesagt/ eben der Papistische greuel vnd Abgoetterey so arck/ als er jemals vnter der Sonnen gewesen ist“.94

Es sollte ein nicht unwesentlicher Aspekt der Publikationsstrategie der Magdeburger Exules werden, die publizistischen Gegner mit ihren eigenen Worten und Schriften zu widerlegen. Bereits in dieser frühen Phase finden sich in den Schriften des Flacius erste Ansätze. So verwies er mehrfach auf die Religionsverhandlungen des Jahres 1541 in Regensburg, auf welchen „vnsere Doctores“ mehrere Artikel, unter anderem von der Justifikation und der Erb88

Ebd., Aiij v. Nämlich auf Art. 18 und 22. So auch die Argumentation in: LAUTERWAR, Wider Das Interim, Aiv v. 90 Ebd., Bj v–Bij r. 91 Vgl. LAUTERWAR, Wider das Interim, Bj v. 92 Die ausführliche Widerlegung auch in: [MATTHIAS FLACIUS ILLYRICUS], Von der Messe vnd jhrem Canone Magistri Johannis Agricolae Eysleben/ Lhere vnd schrifft/ Welche er auff dem Reichstag zu Speyer in der Epistel zu den Collossern geprediget/ vnd folgend Anno M.D.XXVII. zu Wittenbergk im Druck offentlich hat ausgehen lassen/ Dem Interim so er ytzt hat helffen stellen/ gantz entgegen/ Daraus sein geyst zuuermercken, [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg um 1548] [ben. Ex.: HAB A: 183.21 Theol. (6) = VD16 ZV224]. 93 Dies vor allem in seinen Schriften „Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche“, in: WA 6, 497–573 und „Vom Mißbrauch der Messe“, in: WA 8, 482–536. 94 HENETUS, Ein kurtzer Bericht, Bij v. 89

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Die Apokalypse

sünde, erhalten und damit die „widdersacher“ deren Übereinstimmung mit der Schrift bestätigt hätten.95 Erst am Veto des Papstes sei die Zulassung der Artikel seitens der altgläubigen Kirche gescheitert. Der Widerspruch war offensichtlich und bestätigte nur die Ansicht des Flacius, daß die Altgläubigen die „falsche“ Lehre besäßen.96 „Das gantze Euangelium CHRISTI/ wirdt im INTERIM gefelschet/ vnnd nicht in die welt aussgebreittet/ Sondern wo CHRIstus zuuor ist gepredigt/ da wirt er jtzt ausgetrieben/ denn die rechtschaffene gelerten trewen Prediger/ werden mit jhren Weibern vnd Kindern jtzt veriagt/ etliche gefenglich eingezogen/ vnd getoedtet.“97

Daher sei dies nicht die Zeit langen Disputierens, sondern beständigen Bekennens, so die Mahnung des Flacius.98 Es gehöre zur Pflicht eines jeden Predigers, wie der Kirche insgesamt, die Lehre „zu jeder zeit oeffentlich darzuthuen vnnd zuuerteidigen“ und dies besonders dann, wenn „die widdersacher widder Gott vnnd Recht/ mit schwerdt vnnd fewr vnsere Lehr vnuerhoerter sach verfolgen/ vnnd vns zu newer verfeuerischer Lehr noetigen“, wie es zur Zeit geschehe.99 Schlimmer noch als Nebukadnezar wüteten die Tyrannen, welche mit dem Interim einen Abgott aufgestellt hätten, den die Christen unter Gewalt anbeten müßten. Daher dürften die Prediger nicht leichtfertig ihre Gemeinden verlassen und die Herde den Wölfen überlassen.100 Zugleich wandte sich Flacius aber auch an jene, die das Interim bereits angenommen hatten oder im Begriff gewesen waren, dies zu tun. Sie würden mit dem Interim das „Malzeichen des Tieres“101 an ihre Stirn heften und Gottes Zorn auf sich ziehen. Daher sollten sie Gott mehr fürchten als den Menschen und darauf vertrauen, daß Christus den Antichristen zerstören werde.102 95

Vgl. WAREMUND, Ein gemeine protestation, Dijv sowie HENETUS, Ein kurtzer bericht, Biv . Vgl. hierzu die Ausführungen in Kap. 3. 96 Vgl. W AREMUND, Ein gemeine protestation, Divr. 97 LAUTERWAR, Wider Das Interim, Dij r. 98 Vgl. HENETUS, Ein kurtzer Bericht, Biij v. 99 W AREMUND, Ein gemeine protestation, Aiij v. 100 Vgl. ebd., Givv–Hj r. 101 Eine ähnliche Argumentation findet sich z.B. auch in der Aussage des brandenburgischen Predigers Andreas Hügel gegenüber seinem Kurfürsten Joachim II., daß er nach dem Studium des Interimstextes zum Ergebnis gekommen sei, „das es bei mihr vnd meinem Hauffen gewiß vnd beschloßen ist, das wer das buch annimbt vnd williget der hette sich dem Bapstumb vnterworfen, vnd das Mahlzeichen des Antichrists (darvon Apocalypsi sag) an seine hand vnd stirn entpfangenn, von Christo abgefallenn vnd den Teuffel angebehtet“. In: Grundlicher bericht was sich Anno Domini 1548 zu Berlin in der Margk des Interins halbenn zugetragen hab, vnd wans ins werck hett bringen wollen (Abschrift), 235r–244v, hier 239r–v [BSB Cgm 1320]. Zum Hintergrund siehe Kap. 5. 102 Vgl. WAREMUND, Ein gemeine protestation, Hjr–v. So auch bei: [JOHANNES TIMANN], Was vor grosse vnd mannichfaltige suende/ vnehre vnd ferlickeit/ alle die jenigen so das Interim odder Adiaphora annehmen/ odder einigerlei weisse bewilligen/ auff sich laden. Solches wirt man aus folgenden Artickeln zuuernemen haben. Durch Johan Amsterdam r

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Das Augsburger Interim bedeutete für die noch junge lutherische Kirche eine existenzielle Gefährdung. Dies kann als Tenor aller dieser frühen Texte festgehalten werden. Die politisch-administrative Provenienz des Reichstagsbeschlusses bewegte die Gläubigen ebenso zu dessen Annahme, wie das mit den dogmatischen und ekklesiologischen Artikeln verbundene Vergleichsangebot der altgläubigen Kirche. Zur Informationspolitik der Exules gehörte es daher, den Laien ein entsprechendes Orientierungswissen bereitzustellen. In diesem Sinne wurde anhand der Aussagen über die Justifikation und die Zeremonien die „Scheinheiligkeit“ des Interims offenbart und in den Artikeln zur Messe der Kern der altgläubigen Kirche bewiesen. Angesichts der Erkenntnis, daß der Papst der Antichrist sei, war dessen Akzeptanz als oberster Bischof ebenso indiskutabel wie die temporäre Erlaubnis von Laienkelch und Priesterehe. Die in den Texten vorgenommene endzeitliche Deutung ermöglichte eine Interpretation des Interimsgeschehens, welche mit den Begriffen der Verführung, der Lügen, des Abfalls und der Verfolgung faßbar waren. Als „Engel des Lichts“ verführte das Interim die Gläubigen durch seine „scheinbar harmlose“ Gestalt. Mittels Lügen suchte es die Gläubigen zum Abfall zu bewegen und das Reich des Antichristen in Gestalt der altgläubigen Kirche aufzurichten. Nicht zuletzt wurde dies bestätigt durch die Forderung, dem Antichristen als dem obersten Bischof Gehorsam zu leisten. Die Folgen waren in der Vertreibung von Predigern, der Verunsicherung der Gläubigen und der Umstellung der Gottesdienste bereits sichtbar. Angesichts dieser apokalyptischen Prognose konnte es nur die Schlußfolgerung geben, sich durch das erneute Bekenntnis zu Christus dem Antichristen zu widersetzen. Für die Prediger bedeutete dies, die Gläubigen nicht im Stich zu lassen, sondern sie gerade in dieser letzten Zeit zu informieren und zum gottgefälligen Leben zu motivieren. Denn letztlich hatte sich jeder Christ selbst vor Gottes Gericht zu verantworten, keiner war entschuldigt. Wie für Flacius, Amsdorf, Gallus und Alberus waren die Magdeburger Drukkerpressen vor allem für auswärtige Autoren attraktiv, denen aufgrund der jeweiligen politischen Situation eine Drucklegung ihrer Schriften nicht möglich war. Für das Jahr 1548 ermittelte Thomas Kaufmann ein Verhältnis von eins zu vier zwischen den Schriften, die in der Stadt selbst entstanden waren und jenen, die zum Druck in die Stadt gesandt wurden.103 Die in den Druck gegebenen Schriften trugen in der Regel den Charakter eines Bekenntnisses oder Gutachtens und waren daher, mit Ausnahme der Texte Aquilas, eher prediger zu Bremen/ fleissig zusammen gebracht. Item in sonderheit widder die Adiaphora in fine, [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg] 1549 [ben. Ex.: FB Gotha Th 713/128a (2) = VD16 T1315]. 103 Vgl. KAUFMANN, Ende, 78.

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zurückhaltend formuliert. Ähnlich den Schriften der künftigen Magdeburger Exules ging es vor allem um die Information der Laien, in welchen Punkten das Interim von der lutherischen Lehre abwich, welche dramatischen Folgen dessen Annahme hätte und welche Konsequenzen jeder Christ für sich daraus ziehen müsse. Erst diese kritischen Auseinandersetzungen mit den Inhalten der Augsburger Religionsordnung trugen im wesentlichen zur Verbreitung ihrer Inhalte bei.104 Allen Texten gemeinsam war die Ablehnung des Interims verbunden mit der Aufforderung an die Christen, dessen Annahme zu verweigern. Auch hier zeigt der folgende kursorische Durchgang durch die ‚auswärtigen‘ Texte, daß angesichts des Adressatenkreises und der Textintention die Argumentation mit endzeitlichen Deutungsmustern von den Autoren bis auf Aquila eher zurückhaltend gehandhabt wurde. Wo die Verweise auf apokalyptische Texte der Schrift mehr oder weniger ausführlich angebracht wurden, geschah dies in der Regel zur nachdrücklichen Unterstreichung der Bekenntnissituation. Der Saalfelder Superintendent Kaspar Aquila sah es wie bereits Flacius als seine Aufgabe an, die Christen vor dem „verfluchten vnd vergifftigsten heuchel Interim“ zu warnen, welches mit seiner „teuflischen List“ die Lehre von der Rechtfertigung und vom Abendmahl verfälsche, da es das Papsttum bestätige und zur Zerrüttung des Reiches führe.105 Gerade in dieser „letzten gefehrlichen zeit“106, in der das Toben der türkischen Tyrannen und die Verfolgung der Christen übergroß zu werden scheine, müsse man am Wort Gottes festhalten. Aquila fiel aufgrund der scharfen Angriffe seiner Apologie beim Kaiser in Ungnade und ging nach Henneberg ins Exil.107 Auch der Braunschweiger Superintendent Nikolaus Medler hielt es angesichts der Verunsicherung, die das Interim offenbar in den Gemeinden auslöste108, für erforderlich, darüber aufzuklären, daß die Artikel „doch CHRISTO/ seinem wort vnd be-

104

So die treffende Einschätzung ebd., 84. AQUILA, Wider den spoettischen Luegner, Aijr–Aiijv. Nicht zuletzt nutzte Aquila das Medium, um sich gegen die Behauptung Agricolas, Aquila hätte seine Bereitschaft zur Annahme des Interims erklärt, zu wehren. Vgl. u.a. GEORG BIUNDO, Aquila und das Interim, in: Theologische Literaturzeitung 74, 1949, 10, 587–592, v.a. 589. 106 DERS., Ein sehr hoch noetige Ermanung/ an das kleine bloede verzagte Christlich heufflein/ das sie in diesem erschrecklichem vnd letzten theil der zeit/ Gottes ewig Wort froelich bekennen sollen/ Wieder des Teuffels Finsternis/ Luegen vnd Mordt/ geprediget, Biijr, Michael Lotter, Magdeburg 1548 [ben. Ex.: FB Gotha 10 an Theol. 4° 198–199 = VD16 A266]. 107 Vgl. hierzu W ILHELM DERSCH, Kaspar Aquilas Zuflucht in Henneberg während des Interims und die Berufung Christoph Fischers, in: ARG 22, 1925, 1–38. 108 „Vnnd seind jhr viel die nicht wissen/ wie sie sich darein schicken sollen [...]“. NIKOLAUS M EDLER , Eine Predigt vber Das Euangelion Luce xiiij. Von dem Wassersuechtigen/ So man list den Siebenzehenden Sontag nach Trinitatis wieder das INTERIM. Geschrieben an einen guden freundt. Durch Doctorem Nicolaum Medlerum, [Michael Lotter, Magdeburg] 24.09.1548, Aijr [ben. Ex.: HAB H: A 115b.4º Helmst. (4) = VD16 M1887]. 105

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fehl stracks entkegen vnnd zu wieder gestelt“ seien.109 Daher könne kein Christ in das Interim willigen noch sei jemals generell eine Einigkeit in der Religion herzustellen. Nach Dominicus Aquinas hatte sich der Papst als der erwiesene Antichrist mit dem „INTERIM“ in den Tempel Gottes gesetzt, würde dort aber nicht lange bleiben, da Gott ihn mit seinem Munde töten und das Interim beseitigen würde.110 Eine anonyme, ebenfalls in Magdeburg gedruckte Schrift, deutete anhand der Offenbarung des Johannes das Interim als „des Babst malzeichen“, welches Abfall und Verfolgung für diejenigen mit sich bringe, welche das Tier nicht anbeteten.111 Der Nürnberger Prediger Andreas Osiander zitierte in seinem für den städtischen Rat erstellten Bedenken ausführlich aus 2 Thess 2,3–12112, stellte doch für ihn das Interim ein „apokalyptisches Ereignis“ dar.113 Besonders hinsichtlich der Zeremonien mahnte er zur Vorsicht. Über sie werde am meisten „gestritten“, da sie das Papsttum wieder aufrichteten.114 Daher sollten die Stände es befördern, daß „etliche gelerte/ die es thun kuenten/ vnd gerne theten/ durch den Truck in die welt brechten/ damit der feind zuschanden/ vnd die warheit zuehren wuerde“.115 Auch die Aepinsche Bekenntnisschrift der Städte Hamburg, Lübeck und Lüneburg, die mehrfach in Magdeburg gedruckt worden war, sah insbesondere mit den Zeremonien das Tor zur Einführung der „Papstgrewel“ aufgestoßen.116 Verbunden damit war die Warnung, daß all jene, welche das Interim annähmen, „Christum vnd sein Euangelium verleugnen/ Der Christlichen Kirchen seligkeit verachten/ verraten/ jre Kinder vnd nachkomen in verdamliche finsternisse vnd blindtheit setzen/ sich

109

Ebd., Bj v. Vgl. AQINAS, Ein seer Schoen Christlich bedencken, v.a. Aiij r und Cj v. 111 Eine Weissagung/ vnd ein schoener Herrlicher trost/ fuer alle hochbetruebte frome Christliche hertzen/ zu diser jtzigen truebseligen zeit/ Aus dem XIIII. Cap. Der offenbarung Johannis, [Michael Lotter, Magdeburg] 1548, Bijr–v [ben. Ex.: FB Gotha Theol. 4° 1019-1020 (40) Rara = VD16 W1627]. 112 Die Zitation von 2 Thess 2 auch in der Stellungnahme des Torgauer Superintendenten GABRIEL DIDYMUS für den sächsischen Kurfürsten Moritz, in: Buch wider das Interim darneben auch ein kurzer Bericht und Antwrot auf die neue Kirchenordnung des Jahres 1549 [SHStA Dresden, Geh. Rat Loc. 10298/2], fol. 11v–12v. Didymus wurde im Mai 1549 seines Amtes entsetzt und gefangen genommen. Zum Hintergrund: CHALYBÄUS, Die Durchführung des Leipziger Interims, v.a. 46–58. 113 Vgl. hierzu v.a. STUPPERICH, Das Augsburger Interim als apokalyptisches Geschehnis, v.a. 227. 114 [ANDREAS OSIANDER D.Ä.], Bedencken auff das Interim von einem Hochgelerten vnd Ehrwirdigen Herrn/ einem Erbarn Radt seiner Oberkeit vberreicht, [Michael Lotter, Magdeburg] 1548, Aiij r [ben. Ex.: SBB PK Dg 4464 = VD16 O990]. 115 Ebd., Fivr. 116 Diese Schrift galt als die umfangreichste Antwort auf das Augsburger Interim, da sie sich ausführlich mit jedem einzelnen Artikel auseinandersetzte. Angaben zum Text vgl. HAUSCHILD, Der theologische Widerstand, v.a. 260–264. 110

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Die Apokalypse

aller Abgoetterey/ verfolgung/ blutuergiessung/ mordt/ verwuestung/ beid der Kirchen/ vnd der land vnnd leute/ so aus der annemung vnd execution des Interims kan her fliessen/ mit teilhafftig vnd schueldig machen“.117

Da der Teufel in den letzten Zeiten danach trachten werde, sein Reich zu erhalten, galt es für jeden Christen, am „rechten Glauben“ festzuhalten und ein „bussuertige[s]“ Leben zu führen.118 Nachträglich erhielt allerdings die apokalyptische Deutung des Interims Unterstützung in Form der illustrierten Flugblätter, die meist vom Magdeburger Verleger und Briefmaler Pancratius Kempf angefertigt wurden.119 Zum zentralen Motiv der endzeitlichen Interpretation des Interims wurde der Interimsdrache.120 Das aus der Offenbarung des Johannes121 bekannte Motiv erfuhr in der Interimspublizistik eine entsprechende Modifikation. Der Drache war mit drei Häuptern versehen: einem Engelskopf des Lichts (2 Kor 11,14), dem Papst mit der Tiara und einem dritten Kopf, welcher mit einem einfachen Helm oder mit einem Turban versehen und entweder als Kaiser oder als Türke identifiziert werden konnte.122 Alle drei Köpfe stellten Allegorien der Gefahr für die christliche Kirche dar. Der Teufel verstellt sich nach 2 Kor 11,14 als Engel des Lichtes, um die Christen mit seiner harmlosen Erscheinung zum Glaubensabfall zu verführen. Papst und Türke waren in der re117

Bekentniss vnnd Erklerung auffs INTERIM. durch der Erbarn Stedte/ Luebeck/ Hamburg/ Lueneburg/ etc. Superintendenten/ Pastorn vnnd Predigern zu Christlicher vnd notwendiger vnterrichtung gestellet, Michael Lotter, Magdeburg 1548, iijr [ben. Ex.: BSB 4 H.ref. 92a = VD16 A356]. 118 Vgl. ebd., iij v– ivr. 119 Vgl. die Angaben bei KAUFMANN, Ende, 60. 120 So auf den Einblattdrucken: ERASMUS ALBERUS, Also spricht Gott [...]“ [Magdeburg 1548f.], der u.a. abgebildet ist in:. SCRIBNER, For the Sake of Simple Folk, 145. PANCRATIUS KEMPF, Des Interims vnd Interimisten warhafftige abgemalte figur vnd gestalt daraus yderman sonderlich bey dem Bretspiel/ vnd der grossen Kannen mit Bier/ yhr andacht vnd messig leben erkennen kan, Magdeburg [ab 1548], abgebildet u.a. in: STRAUSS, The German SingleLeaf Woodcut 1550–1600 2, 502. Sowie die Abbildung auf dem Titelbild des Druckes von ERASMUS ALBERUS, Schoener Lieder zwey/ Vorhin noch nie im Truck ansgaugen [sic]/ Das Erste/ von Grickel Interim/ Im thon Martinus ist nit geschwigen/ box Emser lieber Domine. Das Ander/ von dem Landtgraffen auss Hessen/ wie er es hat aussgericht etc., [Christian Rödinger d. Ä., Magdeburg 1548] [ben. Ex.: HAB 925.17 Theol. 8° (27) = VD16 A1528]. Vgl. auch: JOHANNES WOLF, Ein bisher unbekannter Spottdruck auf das Augsburger Interim, in: Zentralblatt für Bibliothekswesen 42, Januar 1925, 9–18. 121 Bekanntlich ließ Luther die Offenbarung im Septembertestamtent durch Lucas Cranach illustrieren, um die Verständlichkeit des Textes zu erleichtern. Vgl. PETER MARTIN, Martin Luther und die Bilder zur Apokalypse. Die Ikonographie der Illustrationen zur Offenbarung des Johannes in der Lutherbibel 1522 bis 1546, Vestigia Bibliae 5, Hamburg 1983, 114. 122 Zur Problematik dieser Interpretation vgl. KAUFMANN, Ende, 406f. Die Deutung des behelmten Kopfes als Kaiserkopf u.a. bei OELKE, Konfessionsbildung, 297 mit einer m.E. zu weitgehenden Interpretation.

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formatorischen Ikonographie123 mit der Verfolgung des Glaubens in der Endzeit verbunden. Sie manifestierten den antichristlichen Charakter des Interims.124 Als Monstrum125 selbst symbolisierte es das Chaos, mit dem sich der anomos verbindet. Eine ausführliche Erklärung des Drachens findet sich allerdings in einem hinsichtlich der Entstehung nicht zu verortenden illustrierten Flugblatt, das unter der Bezeichnung „Das Interim“ verzeichnet ist.126 Die drei bekannten Köpfe sind mit einem Leib verbunden, dessen Bauch den Kopf des Antichristen verweist. Der gepanzerte Rücken wird als starre dogmatische Haltung der Papstkirche, die Kralle als päpstliche Tyrannei über das weltliche Reich, die Flosse als „Sophisterey“ des Papstes interpretiert, während der Skorpionsstachel die Qualen, die der Papst über das Alte Reich brachte, versinnbildlicht. Schrift und Bild ergänzen und bestätigen sich hier in ihrer Aussage127, daß nur die Oberfläche des Interims harmlos, dessen „wahrer“ Charakter aber gefährlich und ein Angriff des Antichristen auf die christliche Kirche und das Alte Reich sei. Daß die endzeitliche Argumentation im Vergleich zu den seit 1549 entstanden Texten eher als zurückhaltend bezeichnet werden kann, ist insbesondere im Charakter der Schriften begründet. Vor allem als Bekenntnisse und Iudicia formuliert, war es ihre Aufgabe, die Laien zunächst über die noch weitgehend unbekannten Inhalte des Interims und die Folgen von dessen Annahme zu informieren. Angesichts des intendierten Adressatenkreises wurde zunächst auch auf eine gelehrte und ausführliche Auseinandersetzung mit jedem einzelnen Artikel verzichtet. Da schon bald die sächsischen Theologen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit rückten, verband sich die anti-

123

Vgl. hierzu u.a.: GOERTZ, „Bannwerfer des Antichrist“. Sowie: SCHILLING, Bildpublizistik der frühen Neuzeit. KONRAD HOFFMANN, Typologie, Exemplarik und reformatorische Bildsatire, in: JOSEF NOLTE/HELLA TOMPERT/CHRISTOF WINDHORST (Hrsg.), Kontinuität und Umbruch. Theologie und Frömmigkeit in Flugschriften und Kleinliteratur an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert, Spätmittelalter und Frühe Neuzeit 2, Stuttgart 1978, 189–210. Zum reformatorischen Bildprogramm vgl. SIEGFRIED MÜLLER, Repräsentationen des Luthertums – Disziplinierung und konfessionelle Kultur in Bildern. Ein Problemaufriß anhand von regionalen Beispielen, in: ZHF 29, 2002, 2, 215–255. 124 Vgl. die Interpretation bei SCRIBNER, For the Sake of Simple Folk, 175–179, dort mit weiteren Beispielen des apokalyptischen Drachens. Siehe auch: OLSON, Matthias Flacius, 175f., auch dort mit weiteren Beispielen. 125 Eine ähnliche Allegorie auf das Papsttum findet sich in der Auslegung des Papstesels: PHILIPP MELANCHTHON, Ein grausam Meerwunder/ den Bapst bedeutende/ zu Rom gefunden/ vnd zu Wittemberg erstlich Anno 23. vnd darnach abermal Anno 46. mit der auslegung Philippi gedruckt. Mit einer Vorrede Matthiae Flacij Illyrici, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1551 [ben. Ex.: SBB PK Dg 8–12R = VD16 M2994]. 126 Vgl. WOLFGANG HARMS (Hrsg.), Deutsche illustrierte Flugblätter des 16. und 17. Jahrhunderts II, Tübingen 1997, 10. 127 Dies ist nicht immer der Fall. Vgl. die Ausführungen bei KAUFMANN, Ende, 407–411.

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interimistische mit der antiadiaphoristischen Argumentation, so daß die reinen Entgegnungen auf das Augsburger Interim rasch verebbten. Denn nicht zuletzt wurde in Magdeburg auch das Bedenken der Wittenberger Theologen vom 16. Juni 1548 gedruckt128, welches diese in Vorbereitung für die Gespräche in Meißen erstellt hatten.129 Flacius hatte ohne deren Wissen den Text nach Magdeburg geschickt130 und Melanchthon damit gegenüber dem Kurfürsten Moritz in erhebliche Schwierigkeiten gebracht.131 Das Gutachten enthielt eine grundsätzliche Ablehnung des Interims, da „es der rechten lehr zuwider“ wäre.132 In den Mitteldingen aber wollten sie „gern helffen einigkeit vnd gutte zucht erhalten/ denn wir wollen von den selben mittel dingen nichts zancken“.133 Diese Formulierung wurde von zentraler Bedeutung im nun einsetzenden adiaphoristischen Streit. 2.3. Die falschen Propheten – Die Leipziger Landtagsvorlage Die kursächsische Religionspolitik hatte mit der Leipziger Landtagsvorlage und ihrer deutlich reduzierten Umsetzung in Gestalt der Agende einen Weg eingeschlagen, der dem Kurfürsten und den Landständen die Möglichkeit eröffnen sollte, die Einführung des Augsburger Interims in ihrem Territorium abzulehnen, dabei das Augsburger Bekenntnis ebenso zu bewahren wie die kirchliche Verfaßtheit des ehemaligen albertinischen Herzogtums und darüber hinaus den Gehorsam gegenüber dem Kaiser zu artikulieren. Dennoch blieb die Begehung des Weges nach den ersten Schritten stecken, da weder die Vorlage im Dezember 1548 die Zustimmung des Landtages fand noch der im Juli 1549 als Agende publizierte ‚Auszug‘ angesichts der veränderten politischen Lage realisiert wurde. Und obwohl die Versicherung Melanchthons vom Februar 1550 sicher zutreffend war, daß die Kirche keinen Änderungen ausgesetzt wurde, galt dies jedoch nicht für die lutherische Kirche insgesamt und ebensowenig für deren Geistliche. Denn an dem kursächsischen Weg entbrannte eine Auseinandersetzung über die Frage, ob und wie weit dieser hin zum Augsburger Interim und weg von der Lehre Luthers führte. Eine 128

Bedencken auffs INTERIM Des Ehrwirdigen vnd Hochgelarten Herrn PHILIPPI MELANCTHONIS, [Hans Walther, Magdeburg] 1548 [ben. Ex.: FB Gotha Ilf II. 1635(12) R = VD16 M4327]. Sowie Bedencken auffs INTERIM Der Theologen zu Wittenberg, [Michael Lotter, Magdeburg] 1548 [ben. Ex.: BSB Hs Cgm 1318 = VD16 M4322]. Beide Drucke sind textidentisch. 129 Vgl. Kap. 5. 130 Dies bekennt er selbst in seiner ‚Erzählung der Verhandlungen‘, 67. 131 So entschuldigt sich Melanchthon gegenüber dem Kurfürsten in einem Schreiben vom 08.09.1548, daß der Druck nicht mit seiner Genehmigung erfolgt sei und einige inhaltliche Abweichungen aufweise. Vgl. PKMS IV, Nr. 89, 131f. 132 Bedencken auffs INTERIM Des Ehrwirdigen vnd Hochgelarten Herrn PHILIPPI MELANCTHONIS, Diijr. 133 Ebd., Dj r.

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zentrale Rolle spielten dabei die Adiaphora, die namensgebend waren für die seit den 1550er Jahren anzutreffende Bezeichnung des adiaphoristischen Streits.134 Dieser bildete den Bezugspunkt für die folgenden Lehrstreitigkeiten der nächsten dreißig Jahre, indem der Ursprung des jeweiligen Streitgegenstandes im adiaphoristischen Streit verortet wurde. Darüber hinaus hatte er eine Frontenbildung innerhalb der lutherischen Kirche zur Folge, die diese das 16. Jahrhundert hindurch prägte und von der sich vor allem der Kreis der kursächsischen Theologen um Philipp Melanchthon nur schwer erholen sollte. Daß dieser nur wenig beschrittene Weg zu einer derartigen Auseinandersetzung führte, gründete vor allem in der Magdeburger Publizistik, die den eher internen Diskurs zu einem „ofentliche[n] gemeine[n] handel“135 machte und die kursächsischen Theologen einer erheblichen Kritik aussetzte. Diese hatten der Massivität der vor allem von Flacius, Gallus und Amsdorf verfaßten und in dichter Folge erschienenen Druckschriften kaum eigene publizierte Texte entgegenzusetzen, sondern bevorzugten die Erwiderung in persönlichen Briefen oder Predigten.136 Das hatte zur Folge, daß die Magdeburger zunächst rein quantitativ eine gewisse Deutungshoheit erlangten, die jedoch rasch in eine qualitative umschlug. Die Auseinandersetzung wies verschiedene Dimensionen auf, die mit a) den Essentialia der Lehre, b) der Gestalt des Gottesdienstes, c) der Organisation der Kirchenpolitik und d) der Rolle der kursächsischen Theologen beschrieben werden können.137 In den Druckschriften finden sich diese Bereiche meist ineinander vermengt, so daß persönliche Angriffe mit Prinzipienfragen verbunden wurden. Letztlich ging es um nichts Geringeres als das Erbe Luthers, was darunter zu verstehen sei und wen dieses einschloß. Flacius und die Magdeburger Exules verorteten das kursächsische Interimsgeschehen in der Endzeit und deuteten insbesondere die Theologen als jene falschen Propheten aus der synoptischen Apokalypse, die mit ihren Zeichen und Wundern die Gläubigen zum Abfall verführten. Mit dieser Diagnose disqualifizierten sie die Reaktion der Wittenberger und Leipziger Theologen auf das Augsburger Interim als bewußte Abkehr von der reformatorischen Lehre, die sie mit den Adiaphora und dem Ansehen ihrer Person verschleier134

Vgl. KOLB, Controversia perpetua, v.a. 192. AMSDORF/FLACIUS/GALLUS , Deren zu Magdeburgk/ so widder die Adiaphora geschrieben haben, Biij r. 136 In den Magdeburger Texten wird immer wieder rekurriert auf gehaltene Predigten der kursächsischen Theologen, in welchen die Exules ob ihrer Schriften kritisiert werden. Vgl. u.a. NIKOLAUS VON AMSDORF, Das Doctor Pomer vnd Doctor Maior mit iren Adiaphoristen ergernis vnnd zurtrennung angericht/ Vnnd den Kirchen Christi/ vnueberwintlichen schaden gethan haben.// Derhalben sie vnd nicht wir zu Magdeburg/ vom Teuffel erwegt seint/ wie sie vns schmehen vnd lestern.// Niclas von Amsdorff Exul, [Michael Lotter], Magdeburg 1551, Bivv [ben. Ex: FB Gotha 18 an Theol. 4° 185–186 Rara = VD16 A2340]. 137 Dies in Anlehnung an: KOCH, Ausbruch, 189 sowie KOLB, Controversia perpetua, 190. 135

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ten und damit die Verunsicherung der Prediger ebenso wie der Laien bewirkten. Dieses Verhalten mußte entlarvt werden, um am Ende der Zeit die Reinheit der Lehre ebenso zu bewahren wie die Gläubigen vor den Dienern des Antichristen zu schützen. „One zweifel itzundt sind die letzten fehrlichen zeit vorhanden/ von welchen Christus geweissaget hat/ das als dann viel falscher Propheten auffstehen werden/ denn man sihet itzt vor augen wie viel meister kluegling sich erheben/ die der Christlichen Kirchen newe Gesetz vnd form der Religion fuerschreiben doerffen/ Welche sie mit betrug vnd Sophisterey/ So geschwind vnnd vnuerschempt schmuecken/ das kein zweifel dran ist/ sie werden vom Teufel selbst geleret vnde geritten.“138

Aufgrund der sich am Vorschlag der Landtagsvorlage, die Adiaphora nach altem Brauch zu halten, entzündenden Auseinandersetzung zwischen den Magdeburger und kursächsischen Theologen rückten die weiteren Artikel der Vorlage zunächst in den Hintergrund. Wie bereits beim Augsburger Interim zu beobachten war, widmeten sich auch in diesem Konflikt nur wenige Druckschriften jedem einzelnen Artikel. Da diese aber kaum von der antiadiaphoristischen Argumentation zu trennen waren und ausgewählte Inhalte den Ausgangspunkt für weitere Lehrstreite bildeten139, soll deren Interpretation durch Amsdorf, Gallus und Flacius hier nicht unerwähnt bleiben. Wie bereits in seinen Ausführungen über das Augsburger Interim griff vor allem Amsdorf das Verhältnis zwischen Glaube, Liebe und Werken im Hinblick auf die Justifikation auf. Während der in die Landtagsvorlage übernommene Pegauer Rechtfertigungsartikel noch die Verdienstlosigkeit der göttlichen Gnade zuerkannte, band die Vorlage den Glauben an die Liebe und die Werke. Grund genug für Amsdorf, auch hier das Fehlen des „sola“ erneut anzukreiden und damit den Glaubensabfall der kursächsischen Theologen zu belegen: „Damit sie des Bapsts vnd der Sophisten lehr bestetigen/ vnd nachgeben/ das nicht allein der glaube/ sondern die liebe neben jhm/ den menschen from vnd gerecht mache Welches sie doch nicht mit einem einigen Spruch der Schrifft beweisen koennen [...] Derhalben es offenbar ist/ das sie die reine Lehre des Euangelij verleugkent/ vnd des Antichrists lehre/ das die liebe neben dem Glauben den menschen fuer Gott from vud [sic] gerecht mache/ angenommen haben [...]“.140

138

CAROLUS AZARIA [i.e. Matthias Flacius Illyricus], Wider den Schöden Teuffel/ der sich itzt abermals in einen Engel des liechtes verkleidet hat/ das ist wider das newe INTERIM/ || Durch Carolum Azariam Gotsburgensem [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg] 1549, Aijr [ben. Ex.: FB Gotha 17 an Theol. 4° 210–211 = VD16 F1559]. 139 So konstatierte auch Nikolaus Gallus rückblickend: „So sind etliche derselben vnsere streite eben aus dem Interim kommen/ haben sich mit dem streit der Adiaphora vom Interim her angefangen/ sind dessen ein teil gewesen/ als der streit vom Freyen willen/ vnd wercken zur seligkeit noetig [...].“ Das die gruende Nicolai Galli noch fest stehen/ wider der Adiaphoristen Acta vnd Auszug, Heinrich Geißler, Regensburg 1560, Fijr [ben. Ex.: HAB A: 183.22 Theol. (2) = VD16 G263]. 140 AMSDORF, Das itzund, Aiij v.

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Ganz ähnlich stellten Flacius und Gallus fest, daß die im Text benannte eingegebene Gerechtigkeit nichts sei ohne jene äußere von Gott durch den Glauben kommende Gerechtigkeit. Da die Theologen dies aber nicht zugeben wollten, sei „an dem [...] der handel jtzt fast gantz vnnd gar gelegen“.141 Die „weithleufftige rede vnd verwickelte vnerklerte leer“ des Pegauer Artikels täusche, so die Argumentation des Flacius, bewußt darüber hinweg, daß sie das sola fide verschwiegen hätten.142 In den Artikeln von der Autorität der Kirchen und ihren Dienern sahen die Magdeburger die Gläubigen erneut der Papstkirche unterworfen, obwohl doch hinreichend bewiesen war, daß diese die Kirche des Antichristen sei.143 Selbst wenn sich die kursächsischen Theologen bemüht hatten, die kirchliche Lehrtradition an das göttliche Wort zu binden und damit einzuschränken, sei doch einzig sola scriptura die der Lehre Luthers gemäße Reaktion gewesen. Flacius hielt es für einen Irrtum der Theologen, der Antichrist würde sich an die Schrift halten. Ebensowenig sei zu erwarten, daß dieser jene Geistlichen ordinieren würde, die ihr Amt nach Gottes Wort ausrichteten: „Mercke alhie wirdt der Berwolff mit seinen Mitwolffen zum Hirten ueber die kleine herde Christi gesetzt“144 oder, wie Amsdorf fomulierte, „die Schaff Christi den Wolffen vnd Seelmoerden vnterworffen“145. Der Artikel über die Messe in der Landtagsvorlage wurde einer ähnlichen Kritik unterworfen wie der des Augsburger Interims. Auch hier würden, so Flacius, die Einsetzungsworte Christi im Abendmahl auf zwei verschiedene Bereiche bezogen und damit die Communion des Gedächtnisaspektes beraubt. Damit hätten die kursächsischen Theologen „den Raub vnd Diebstal des alten INTERIMS“146 bestätigt und die „grewliche Abgoetterey“ der „spectakelmess“ als Opfermesse147 ermöglicht. Die damit verbundenen lateinischen Gesänge seien, ebenso wie in der Taufe, abzulehnen, könnten doch die Gläubigen deren Inhalte nicht verstehen. Diese Ordnungen seien einzig darauf gerichtet, das Papsttum wieder aufzurichten, auf

141

GALLUS/F LACIUS, Der Theologen bedencken, Fij r. AZARIA, Wider den Schöden Teuffel, Bijr. Vgl. auch: PETRUS ARBITER [i.e. Matthias Flacius Illyricus], Wieder die newe Sophisterey/ da nicht allein von den Feinden/ sondern auch von etlichen der vnsern/ der Artickel von der Justification/ wodurch wir fuer Gott gerecht werden/ angefochten wird/ Ein kurtzer vnd einfeltiger vnterricht.// Durch Petrum Arbiter, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg [1550] [ben. Ex.: HAB A: 156.22 Theol. (19) = VD16 A3208]. 143 Vgl. AZARIA, Widder den Schöden Teuffel, Cv. 144 FLACIUS/GALLUS, Der Theologen bedencken, Gij v. 145 AMSDORF, Das itzund, Aivr. 146 AZARIA, Wider den Schöden Teuffel, Biijr. 147 FLACIUS, Widder den Auszug, Aivv sowie AMSDORF, Das Doctor Pomer, Aiijr. 142

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„das also dis Hochwirdige Sacrament/ welches vns von allen Suenden reyniget/ vnd vnser eingang zum ewigen leben ist/ mit des Antichrists der Babilonischen Huren vnflath beflecket werde“.148

Die Aussage der Theologen, die Ölung der Kranken solle gehalten werden nach der Apostel Gebrauch könne so nicht gemeint sein, da für solche auf Wundern basierenden Handlungen der Apostel heute die Fähigkeiten nicht vorhanden wären. Daher, so die Schlußfolgerung, verstünden sie es eher nach Art des Interims.149 Eine ähnliche Interpretation seitens des Flacius erfolgte in den Artikeln zur Beichte und Absolution. Auch hier hätten die kursächsischen Theologen sich nicht ausdrücklich gegen das Augsburger Interim ausgesprochen und es durch ihr Schweigen letztlich bestätigt. Mit der Wiedereinführung der Feiertage der Heiligen und des Verbotes des Fleischessens wäre die Grenze der christlichen Freiheit überschritten gewesen und die Gläubigen unter die Herrschaft des Papstes gesetzt worden.150 Gleiches gelte für die Kleider, die nachdem sie bereits abgetan worden waren, nun unter Zwang erneut eingeführt werden sollten und daher nicht mehr als Mitteldinge erachtet werden könnten.151 Letztlich bedeutete das Angebot der Theologen, sich auch in anderen Artikeln vergleichen zu wollen nichts anderes, als daß „hinter dem INTERIM noch ein Interim stecke“.152 Die Auseinandersetzung mit den einzelnen Artikeln der Landtagsvorlage verfolgte mehrere Ziele. Zum einen sollte ein Zusammenhang zwischen dem Augsburger Interim und dem kursächsischen Weg nachgewiesen und damit die Argumentation der Wittenberger und Leipziger Theologen, ihre Vorschläge dienten der Verhinderung der Einführung des Augsburger Interims und seien als Alternative zu verstehen, widerlegt werden. Dabei bedienten sich die Magdeburger Publizisten verschiedener Verfahren. Die Gemeinsamkeit beider Texte wurde durch den Nachweis der jeweiligen inhaltlichen und funktionalen Berührungspunkte dargelegt. Vermittels einer eigenen Textinterpretation konnte gezielt eine Übereinstimmung hergestellt werden. Diese setzte voraus, daß jene Artikel, gegen die sich die Theologen nicht explizit ausgesprochen hatten, durch diese gebilligt worden seien. Flacius formulierte dieses Textverständnis wie folgt: „Die Papistische Jrthumb werden gar kein mal mit ausgedruckten worten darinnen verworffen. Welches nicht anderst anzusehen ist/ denn als ein widerruffen vnnd verlaugnen Christlicher leer [...].“153

148

Ebd., Bij v. Vgl. AZARIA, Wider den Schöden Teuffel, Biijv und Flacius, Widder den Auszug, Aivr. 150 Vgl. AZARIA, Wider den Schöden Teuffel, Cr. 151 Vgl. FLACIUS, Widder den Auszug, Bjr. 152 AZARIA, Wider den Schöden Teuffel, Cv. 153 Ebd., Bj v. 149

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Darüber hinaus steuerte von Beginn an insbesondere die Bezeichnung der Landtagsvorlage als „Leipziger Interim“154 oder „Neues Interim“155 und des Auszuges als „Kleines Interim“156 oder „Neues Interimlein“157 die entsprechende Deutung. Diese Strategie des Flacius erwies sich als äußerst erfolgreich158, brachte sie doch nicht nur griffig die inhaltliche Verwandtschaft der Texte mit dem Augsburger Interim zum Ausdruck, sondern konnte zudem aufgrund der in hoher Dichte erscheinenen Druckschriften verfestigt werden. Auf dieser gemeinsamen Basis konnte dann die weitere Argumentation aufbauen. Mit der These, durch das „Leipziger Interim“ werde das „Augsburger Interim“ eingeführt, wurde der funktionale Zusammenhang zwischen beiden Texten hergestellt: „Nach dem er [der Teufel – d.A.] nicht hat mit allem seinem grewel des gantzen Babstumbs in die kirche Christi muegen komen/ versucht ers durch das Augsburgische Interim. Dieweil er nu mit demselbigen auch nicht kan alle kirchen durchwandern/ fehets ers durchs Leipsische/ Merckische/ Frenkische vnd andere Gotlose Interim an [...].“159

Diese Deutung implizierte, daß die lutherischen Theologen nicht nur Wittenbergs, sondern auch die brandenburgischen und fränkischen, im Dienste des Teufels standen und durch List und Täuschung das Augsburger Interim einzuführen suchten. Sie waren jene falschen Propheten, wie das Zitat oben besagt, die der Kirche die falschen Gesetze vorschrieben und die Gläubigen zum Abfall drängten, um das Reich des Antichristen aufzurichten. „Wer das Leipsische Interim gemacht hat (er sey wer er wolle) der ist von Christo zum Antichrist gefallen/ vnd hat des Antichrists Thier angebet. Die Meisn. Theologen/ habens gemacht/ Wie jhr gruendlicher Bericht bezeuget. Drumb sind sie von Christo zum Antichrist gefallen/ vnd haben mit der Babylonischen Hure vnzucht getrieben.“160

Die Adiaphora stellten nun für die Magdeburger Exules jenes Mittel dar, mit Hilfe dessen die Türen zum Reich des Antichristen weit geöffnet werden sollten.

154

Vgl. u.a. FLACIUS, Widder den ausszug, Aijv. Sowie: AMSDORF, Das Doctor Pomer, Aivv. Vgl. u.a. AZARIA, Wider den Schöden Teuffel, Aiijv sowie an prominenter Stelle auf dem Titelblatt. 156 Vgl. u.a. FLACIUS, Widder den ausszug, Ajr (Titelblatt). 157 Vgl. u.a. ebd., Bj r. 158 Diese die polemische Interpretation des Flacius übernehmende Bezeichnung findet selbst heute noch Verwendung. Vgl. u.a. KOHLER, Karl V., 326. HARM KLUETING, Das konfessionelle Zeitalter 1525–1648, Stuttgart 1989, 132. Sowie: ARNIM KOHNLE, Nikolaus von Amsdorf und das Interim, in: DINGEL, Nikolaus von Amsdorf, 135–151, passim. 159 FLACIUS, Widder den ausszug, Aij v. 160 MATTHIAS FLACIUS ILLYRICUS, Antwort Matth. Fl. Illyr. auff etliche Beschueldigung D. Gei. Maiors/ vnd D. Pommers, [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1551], Aiiij v–Bjr [ben. Ex: FB Gotha 5 an Theol. 4° 210–211 = VD16 F1259]. 155

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Im Iudicium vom 22. Dezember 1548 hatten die kursächsischen Theologen gegenüber den Landständen ihre Auffassung von den Mitteldingen formuliert.161 Dieser Text stellt eines der wenigen zeitgenössischen Dokumente dar, in welchem sich die Theologen ausführlicher zu den Adiaphora äußerten. Doch nicht nur aus diesem Grund ist der Text interessant. Er versteht sich zugleich als Reaktion auf die bereits erhobenen Vorwürfe, die sich gegen den seit März 1548 abzeichnenden kursächsischen Weg richteten. Die Kritik wandte sich, so der Text, einerseits gegen jegliche Veränderung in den Kirchen, da diese zu Lasten der Schwachen ausfallen würden. Andererseits würde die Gefahr betont, daß das Weichen in unnötigen Dingen letztlich zum Nachgeben auch in den nötigen Dingen der Lehre führe.162 Die Definition der Mitteldinge und die Folgen ihres Gebrauchs waren jene Themen, welche die Magdeburger Druckschriften, die sich mit den Adiaphora auseinandersetzten, aufwarfen und die die Auseinandersetzung mit den kursächsischen Theologen dominierte.163 Doch seien zunächst einige grundsätzliche Bemerkungen über die Adiaphora vorausgeschickt. Der Begriff Adiaphoron leitet sich vom griechischen Verb ab und meint ein sittliches Neutrum, das weder gut noch schlecht und weder ge- noch verboten ist. Faßten bereits die Kyniker unter diesem Begriff die im Verhältnis zum höchsten Gut der Tugend eher belanglosen Dinge, wie Krankheit, Reichtum oder den Tod, wurde er philosophisch vor allem durch die Stoa geprägt. Im Werden und Vergehen der äußeren, nicht in der Macht des Menschen stehenden Dinge, lag die stoisch gebotene Indifferenz gegenüber der Welt. Einzig durch Tugend und Vernunft war es dem Menschen möglich, das höchste Telos, die Eudämonie, zu erreichen. Zuweilen unterschieden bereits die Stoiker, wie Epiktet, zwischen einem neutralen Adiaphoron in abstracto und einem der sittlichen Wertung unterliegenden Adiaphoron in concreto. Sobald es demnach Teil einer Handlung ist, wird es einem konkreten Zweck untergeordnet, der daran gemessen wird, inwieweit er zum Erreichen des höchsten Ziels beiträgt. Jene Differenzierung sollte jedoch erst bei Thomas von Aquin wieder aufleben.164 Im Christentum nun wurde Gott zum höchsten Telos erklärt und die Adiaphora als jene indifferenten Dinge bzw. Handlungen, die von Gott weder genoch verboten waren, die weder die Gewissen banden noch zum Heil des Menschen beizutragen vermochten. Verstand also die Stoa unter den Adiaphora all das, was nicht dem Einfluß der Menschen unterlag, interpretierte 161

Siehe Kap. 5. Vgl. das Iudicium der Theologen vom 22.12.1548, in: CR 7, Nr. 4432, 255–258, hier 257. 163 Insofern vermag ich der These Robert Kolbs nicht zuzustimmen, daß der adiaphoristische Streit „nie ein Streit über Definition und Gebrauch von Mitteldingen in der Kirche“ war. Siehe: KOLB, Controversia perpetua, 191. 164 Vgl. hierzu: SDZUI, Adiaphorie und Kunst, v.a. 55–72. 162

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sie das Christentum dem entgegengesetzt gerade als jene in der Macht der Menschen stehenden Dinge.165 Paulus stellte sie im ersten Brief an die Korinther unter das Diktum: . Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten (1 Kor 6,12. 10,23). Jene Freiheit im Umgang mit dem Erlaubten wird im Neuen Testament vor allem im Hinblick auf Zeremonial(Mt 15. Kol 2,16), Speise- (Röm 14,17. 1 Kor 8) oder Reinheitsgesetze (Mt 15) behandelt, die nur an Gottes Wort und der Liebe zu den Schwachen (Röm 14. 1 Kor 8,9) ihre Grenzen findet.166 Martin Luther entwickelte seinen Begriff von christlicher Freiheit als Herr und Knecht zugleich ebenfalls anhand des ersten Korintherbriefes. Dabei unterschied er scharf zwischen dem geistlichen und dem leiblichen Menschen. Für das Heil erforderlich hielt Luther einzig Predigt, Sakrament und Gebet, alles andere fiel unter die inferiora, wie der äußere Gottesdienst. Obwohl Luther die Gestaltung des Gottesdienst streng nach dem biblischen Schriftprinzip begründete167, anerkannte er dennoch eine Sphäre des Indifferenten im Bereich des äußeren Kultus. Wurde diese Freiheit in den Zeremonien in erster Linie als eine Freiheit des Gewissens verstanden, war sie doch gebunden an das Gebot der Liebe gegenüber den Schwachen (Röm 14, 1-23) und markierte ebendort auch die Grenze der christlichen Freiheitskonzeption. Abschließend sei auf ein terminologisches Problem hingewiesen, das in der Auseinandersetzung um die Adiaphora kaum thematisiert wurde, dennoch virulent blieb. Es fanden während des adiaphoristischen Streites zwei verschiedene Begriffsdefinitionen Verwendung, die beide teilweise nebeneinander bestanden, teilweise aber auch miteinander vermengt wurden. Das Adiaphoron im Sinne der Stoa bezeichnete das sittlich Neutrale; demnach wäre die Annahme eines Adiaphoron in concreto im Grunde ein Paradoxon. Im christlichen Verständnis dagegen galt es jedoch als das Erlaubte, welches erstens eine erlaubende Instanz voraussetzte und zweitens einem konkreten Zweck untergeordnet wurde und demnach keine ethische Indifferenz aufwies.168 Beide Definitionen zielten jeweils auf verschiedene Bereiche der Ethik, sollten jedoch in den folgenden Auseinandersetzungen eine zentrale Rolle spielen.

165

Vgl.: DERS., Unvorgreifliche Überlegungen zur Bedeutung des frühneuzeitlichen Adiaphorismus für die Genealogie des neueren Kunstverständnisses, in: Daphnis 30, 2001, 3/4, 645–663, v.a. 659. 166 Vgl. u.a. JOSEPH TORCHIA, St. Augustine’s Critique of the Adiaphora. A Key Component of His Rebuttal of Stoic Ethics, in: Studia Moralia 38, 2000, 165–195. 167 „Ideo hic non satis est dicere ‚non est prohibitum in sacris literis‘ sed oportet dicere ‚hoc est mandatum‘, immo hoc ipso, quo non est mandatum, vere es prohibitum.“ So Martin Luther in einem Schreiben an Johann Briesmann von 1523, in: WA 11, 284–291, hier 287. 168 Auf diese Problematik verweist: WOLFGANG TRILLHAAS, Adiaphoron. Erneute Erwägungen eines alten Begriffs, in: Theologische Literaturzeitung 79, 1954, 7/8, 457–462, v.a. 459.

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In diesem Rahmen entstanden drei Texte, die sich der Thematik der Mitteldinge unter theoretischen Gesichtspunkten näherten. Auf der Magdeburger Seite waren dies das ‚Buch von wahren und falschen Mitteldingen‘169 des Matthias Flacius Illyricus und die ‚Disputation von den Mitteldingen‘170 des Nikolaus Gallus. Unter den kursächsischen Theologen hatte einzig der Leipziger Superintendent Johannes Pfeffinger171 gleich in zwei Schriften von 1550 öffentlich Stellung bezogen. Erstens in einem ‚Bericht über die Handlungen von den Adiaphoris‘172 und zweitens in seiner ‚Abhandlung von den Traditionen, Zeremonien oder Mitteldingen‘173 aus dem selben Jahr. Erst neun Jahre später sollten die Wittenberger Theologen einen reflektierenden Bericht über ihre Haltung zum Interim und den Adiaphora herausgeben. Johannes Pfeffinger definierte die Adiaphora wie folgt: „[...] das ist/ von etlichen eusserlichen gebreuchen vnd Ceremonijs/ die in etlichen Kirchen geblieben/ in etlichen gefallen/ vnd doch one verletzung der Gewissen/ vnd abbruch der Lehre/ gehalten oder vnterlasen werden moegen/ als die von Gott nicht verbotten/ noch gebotten/ one was des zu guter Ordenung/ Friede/ Einigkeit vnd Zucht/ gereichen mag [...].“174

Diese Definition beinhaltet mehrere Aspekte der Mitteldinge: erstens ihre Natur, weder ge- noch verboten zu sein, zweitens ihre strikte Trennung von 169

Vgl. Ein buch/ von waren vnd falschen Mitteldingen/ Darin fast der gantze handel von Mitteldingen erkleret wird/ widder die schedliche Rotte der Adiaphoristen.// Durch Matthiam Flacium Illyricum.// Item ein brieff D. Ioannis Epini Super. Hamb. an Illy. auch von Adiaphoris.// Item ein kurtz bekentnis vnd Protestation, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1550 [ben. Ex.: FB Gotha 21 an Theol. 4° 210–211 = VD16 F1447]. Die lateinische Fassung war bereits ein Jahr zuvor erschienen [VD16 F1444]. 170 Eine DISPVTATION von Mitteldingen/ und von den itzigen Verenderungen in Kirchen/ die Christlich und wol geordnet sind/ aus dem Latein verdeudscht.// Mit einer Vorrede// Durch M. Nicolaum Gallum/ Pfarrherrn zu Magdeburg zu S. Ulrich, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1550 [ben. Ex.: FB Gotha Theol. 4° 210c (5) = VD16 G269]. Im selben Jahr entstand die lateinische Fassung des Textes [VD16 G267]. 171 Zur Beteiligung des Leipziger Superintendenten Johannes Pfeffinger (1493–1573) an der Erarbeitung der Leipziger Landtagsvorlage vgl. FRIEDRICH SEIFERT, Johann Pfeffinger, der erste lutherische Pastor zu St. Nikolai und Superintendent in Leipzig. Ein Beitrag zur Reformationsgeschichte Sachsens, Leipzig 1888, v.a. 69–101. Zu Pfeffingers Abhandlungen über die Adiaphora vgl. LUTHER D. PETERSON, Johann Pfeffinger’s Treatises of 1550 in Defense of Adiaphora: „High Church“ Lutheranism and Confessionalization in Albertine Saxony, in: HEADLEY/HILLERBRAND/P APALAS, Confessionalization in Europe, 91–105. 172 Grüntlicher vnd Warhafftiger Bericht der vorigen vnd jetzigen/ fuer vnd nach dem Kriege ergangen Handlungen/ von den Adiaphoris oder Mitteldingen.// Sampt einer Christlichen kurtzen verantwortung/ // Doctoris Johannis Pfeffinger.// Allen lieben Christen nuetzlich vnd troestlich zu wissen, Valentin Bapst d.Ä., Leipzig 1550 [ben. Ex.: FB Gotha Th 349 = VD16 P2326]. 173 Von den TRADITIONIBVS, CEREMONIIS, Oder Mitteldingen/ Christlicher warer bericht/ allen lieben Christen in disen letzten vnd gefehrlichen zeitten nuetzlich zu wissen, Nicolaus Wolrab, Frankfurt an der Oder 1550 [ben. Ex.: FB Gotha 1 an Th 349 = VD16 P2357]. 174 P FEFFINGER, Grüntlicher vnd Warhafftiger Bericht, Aiiijr.

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der Lehre und drittens ihr nützlicher Zweck zur Erhaltung der Ordnung. Alle drei Aspekte wurden in den Texten jeweils verschieden interpretiert. Ganz in christlicher Tradition findet sich bei Pfeffinger keine explizite Interpretation des Adiaphoron als sittlichem Neutrum. Im gesetzesfreien Raum des in der Schrift nicht Gebotenen und nicht Verbotenen fallen die Mitteldinge unter das Erlaubte. Damit wird einer streng biblischen Auffassung, wie sie die Pietisten im zweiten adiaphoristischen Streit vertreten sollten, alles, was in der Bibel nicht ausdrücklich geboten ist, ist verboten, eine Absage erteilt. Dennoch bleibt das Wort Gottes alleinige Richtschnur, denn jene Mitteldinge, die wider Gottes Wort stehen, so Pfeffinger weiter, „das ist nicht Adiaphorum, sondern Impium & prohibitum“175. Ein weiterer Aspekt ist die Trennung von der Lehre, von den Grundartikeln des Glaubens, also dem, was von Gott geboten ist, ohne Verletzung der Gewissen und Abbruch der Lehre. Hier sahen er und die sächsischen Theologen sich ganz in der Tradition Luthers, der in den Coburger Briefen seinem Kollegen Melanchthon riet, daß die Protestanten in den „schweiffenden sachen“ weichen könnten, solange man in den „Hauptsachen“ einig wäre. Pfeffinger beruft sich auf die Auffassung Luthers und kommentiert: „hat es nicht auch ietzo gleiche gelegenheit vnd mer vrsach?“176 So unterscheidet auch er Immutabiles und Mutabiles. Während er zu den unveränderlichen von Gott geordneten Traditionen Lehre und Sakramente rechnete, zählten die Mitteldinge zu den menschlichen Traditionen, „die nach gelegenheit der zeit/ personen vnd oerter geendert werden“.177 Auch Melanchthon war der Ansicht, daß man das Nötige vom Unnötigen trennen und das Volk über das, was nötig und was unnötig sei, aufklären müsse. Und nötig war 1548 nichts Geringeres als der Erhalt der lutherischen Kirche. Die Briefe Melanchthons sind geprägt von einer großen Sorge um seine Kirche angesichts der zahllos verwaisten Pfarreien in den süddeutschen Territorien. Sicher korrespondiert diese Trennung zwischen Adiaphora und Lehre mit seiner Meinung, die Theologen hätten ihre eigene Auffassung zum Interim von den Ratschlägen an die weltlichen Obrigkeiten abzusondern. Zur Rettung der lutherischen Lehre und der Kirche also zögen es die sächsischen Theologen vor, in den Adiaphora zu weichen und sich in jenen unnötigen Dingen mit den Altgläubigen zu vergleichen. Interessanterweise verlieren die Mitteldinge gerade in diesem Kontext, im Vergleich mit Gottes Geboten, ihren sich aus dem Nützlichkeitsaspekt ergebenen positiven Wert, sie werden unnötig, werden gleichgültig und damit schon fast wieder neutral, wenn auch nicht unnütz. Jener Nutzen, den die Adiaphora mit sich bringen, ist dann auch der dritte Aspekt, der sich aus der Definition ergibt: Friede, Ordnung, Einigkeit und Zucht führt Pfeffinger an. Daß 175

Ebd., Dviij v. Ebd., Biiijr. 177 Ebd., Jvij r. 176

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die sächsischen Theologen um des Friedens willen den Altgläubigen in den Mitteldingen nachgegeben haben, war sicher einer der schwersten Vorwürfe seitens der Magdeburger. Angesichts des militärischen Vorgehens der kaiserlichen Truppen gegen die Reichsstädte im Süden, wie z.B. Konstanz, und einer noch frischen Erinnerung an die Besetzung Wittenbergs im Schmalkaldischen Krieg befürchteten die Theologen bei einer Ablehnung des Interims das Schlimmste. So reflektiert der „Gründliche Bericht“ der Wittenberger aus dem Jahre 1559: „Nu ist gegen diese sorgfeltigkeit fuergewandt/ ein andere groessere fehrligkeit/ das ein frembd Volck in diese Lande moechte gesand werden/ wie in Wittemberg/ das ein verwuestung machet/ Pfarherren gantz veriagt oder todschluege/ vnd diese wolgeordente Regiment gantz zerrisse/ etc. Solches abzuwenden/ haben wir in mittel Ceremonien nicht hart sein woellen.“178

Die Angst um das Land und die Kirche, die Furcht, so bekennen die Theologen selbst, war ein nicht zu unterschätzendes Motiv ihrer Entscheidungen. In Pfeffingers Definition der Adiaphora, wie auch in allen anderen Schriften der sächsischen Theologen wird auf den Verbleib vieler altgläubiger Gebräuche in den sächsischen Gemeinden hingewiesen. Gerade die Weiterverwendung des weißen Chorrockes im Sakramentsgottesdienst wurde als so deutlich sichtbares Zeichen des bruchlosen Übergangs jedoch erst im Rahmen der adiaphoristischen Streitigkeiten zum Stein des Anstoßes. Ein Vergleich mit den Forderungen des Artikels 26 des Augsburger Interims brachte nach Ansicht der Theologen in den meisten Gebieten Sachsens keine umwälzenden Veränderungen mit sich, und war daher das geringere Übel. Sähe die Lage anders aus, wie z.B. in den stärker reformierten oberdeutschen Territorien, so bekennt auch Pfeffinger, hätte ein derartiger Vergleich ein großes Ärgernis zur Folge: „Sonderlich aber wo die gefallen/ vnd ob sie gleich wider Gottes Wort nicht sein/ so wuerde doch die auffzurichten jetziger zeit/ in dieser geschwinden vorstehenden Handlung/ auch mit der geringstesten enderung/ Disputation erreget werden/ Vnd da die etliche wider anzunemen sich widerten/ das daraus zwispalt vnd ergernus entstehen wuerde“.179

Interessant hierbei ist, daß sowohl die sächsischen als auch die Magdeburger Theologen mit dem Begriff des Ärgernisses einen Grenzwert markierten, der 178

Gruendlicher vnd warhaffftiger Bericht aller Rathschleg vnd antwort/ so die Theologen zu Wittemberg/ vnd andere darzu erforderte/ auff den Landtegen/ vnd andern Versamlungen/ nach dem Krieg/ wider die dazumal newen Reformation des Augspurgischen Buchs INTERIM genant/ zur widerlgung desselbigen/ gestelt/ Auch was sie nachmals in Mitteldingen vnd aus was vrsachen gerahten/ verwilligt vnd nachgegeben haben/ getrewlich vnd vleissig aus allen Actis vnd derselbigen Originalen zusamen gezogen [...] Von den Professorn in der Vniuersitet zu Wittemberg in druck verordnet, Georg Rhau, Wittenberg 1559, Aaaivr [ben. Ex.: HAB 399.6 Theol. (1) = VD16 W3727]. 179 P FEFFINGER, Grüntlicher vnd Warhafftiger Bericht, Cviijv.

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nicht überschritten werden durfte. Eine begriffsgeschichtliche Untersuchung zum „Ärgernis“ in der Reformationszeit verdeutlicht180, daß der scandalonBegriff sowohl die Feststellung einer sündhaften Entwicklung in Form des Glaubensverlustes der Schwachen beinhaltet als auch zugleich als Appell zur Abwehr dieser Entwicklung verstanden wurde. Um diesen Glaubensverlust der Schwachen zu verhindern, waren die Zeremonien von enormer Wichtigkeit, da deren Veränderung zu einer Glaubensirritation führen könnte. Um so mehr war es stets ein Bestreben der Geistlichen und auch der weltlichen Obrigkeiten gewesen, die Zeremonien in den Territorien zu vereinheitlichen. Nicht zuletzt waren die Kirchenordnungen Ausdruck dieser Bemühungen. Einheitliche Gebräuche dienten der Förderung der reinen Lehre und verhinderten, daß sie nicht jeder nach Belieben ändern könnte, so Pfeffinger. Der verordneten Gleichförmigkeit entgegen stand jedoch die Auffassung vom adiaphoristischen Charakter der Zeremonien, deren Nützlichkeit unbestritten, deren Einheitlichkeit aber eigentlich unnötig sei, wie es der Artikel 7 der Confessio Augustana fixierte. Bindeglied dieser beiden scheinbar gegensätzlichen Auffassungen war die christliche Freiheit, die in äußerlichen Dingen, wie eben jenen Kirchenordnungen und Zeremonien, eine freiwillige Unterordnung aus christlicher Nächstenliebe vorsah. Melanchthon formulierte im Brief an die Prediger der Stadt Frankfurt am Main einen enormen Anspruch an den Christen: „[...] denn es werden Christliche hertzen verstehen/ das solche Ceremonien/ nicht Gottesdienst seien/ sondern andere viel grossere werck/ als warhafftiger Glaub/ anruffung/ liebe/ hoffnung [...] gerechtigkeit gegen dem nechsten vnd andere tugenden/ One diese lere vnd tugenden/ ist eusserliche freiheit in essen vnd trincken/ Kleidung/ vnd dergleichen Adiaphoris/ keine Christliche freiheit/ sondern ein newe politia die villeicht dem Volck lieber ist/ darumb das es weniger gebunden wird.“181

Daß jedoch gerade die Zeremonien für den Glaubensschwachen laut Luther einen wichtigen pädagogischen Wert, ja bis hin zur konfessionellen Orientierung, darstellten, berücksichtigte nach Ansicht der Magdeburger Geistlichen dieser Anspruch nicht ausreichend. Die Sorge um die Glaubensschwachen einte die sächsischen und magdeburgischen Geistlichen. Die Wege aber, auf denen sie das drohende Ärgernis abzuwenden suchten, waren äußerst verschieden. Grundsätzlich stimmten die Magdeburger den sächsischen Theologen zu, daß die Adiaphora von 180

Vgl. BEAT HODLER, Das „Ärgernis“ der Reformation. Begriffsgeschichtlicher Zugang zu einer biblisch legitimierten politischen Ethik, Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abt. Religionsgeschichte 158, Mainz 1995. Sowie: DERS., Protestant Self-Perception and the Problem of Scandalum. A Scetch, in: BRUCE GORDON (Ed.), Protestant History and Identity in Sixteenth-Century Europa, Vol. 1: The Medieval Inheritance, St. Andrews Studies in Reformation History, Aldershot 1996, 23–30. 181 Gruendlicher vnd warhaffftiger Bericht aller Rathschleg vnd antwort, Dddij r.

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Die Apokalypse

Gott weder ge- noch verboten sind, daß sie der Erbauung der Kirche dienen und ihre Grenze im Wort Gottes und am Ärgernis für die Glaubensschwachen finden. Darüber hinaus bemühten sich Flacius und Gallus aber um eine tiefere Durchdringung der Problematik, z.B. indem sie verschiedene Gruppen von Mitteldingen ausmachten. Während Flacius hier unterschied zwischen den Publica (Lieder, Kleidung, Glockengeläut) und den Privata (Fasten, Betzeiten, sexuelle Enthaltung)182, wies Gallus im Art. 20 seiner Disputation darauf hin, daß es neben den eigentlichen noch halbe Mitteldinge gäbe, nämlich jene, aus denen per Gebot weltliche Rechte oder Kirchenordnungen gemacht würden. Sie seien insofern Mitteldinge, als „das sie an sich selbst weder Gottesdienste noch suende sein/ Und sind doch von den Mitteldingen abgescheiden/ von wegen des zwangs/ den sie nun etlicher massen von der Oberkeit haben“.183

Mit dem Zwang war einer der Punkte markiert, in dem sich die sächsischen und Magdeburger Geistlichen grundsätzlich in ihrer Auffassung von den Adiaphora unterschieden. Beide Autoren brachten ihn denn auch an exponierter Stelle unter. Gallus vermerkt dies in seiner Definition der Adiaphora: es sei „unrecht [...] daß man die leut darzu zwingt. Denn solchs ist wieder die natur und eigenschafft der Mittelding“184. Die Schlußfolgerung lautet nach Gallus: „Adiaphora in casu confessionis, necessitatis et scandali, exuere naturam Adiaphorum“.185 Zwang, Ärgernis und Bekenntnis bildeten die drei Kasus, die Umstände, in denen die Mitteldinge ihre Indifferenz verlieren und nicht mehr Mitteldinge sein würden. Diese Erkenntnis, die insbesondere mit dem ähnlich lautenden Diktum des Flacius in Verbindung gebracht wird, zielte direkt auf die eingangs von mir erwähnte Problematik. Wie verhält es sich mit der Neutralität der Adiaphora in einem konkreten Kontext, hinsichtlich eines konkreten Zwecks? Mit dem casus confessionis et necessitatis gingen die Magdeburger über die Auffassung der sächsischen Theologen zu den Adiaphora hinaus. Für sie waren mit dem Augsburger Interim und den Leipziger Artikeln jene Kasus eingetreten. Gegen ihren Willen wurden den protestantischen Geistlichen Bestimmungen auferlegt, die nach Ansicht der Magdeburger nichts Geringeres als die Rückführung zur altgläubigen Kirche bedeuteten, die doch nach Luthers Offenbarung die Kirche des Antichristen war. Verordnet wurden diese Artikel zudem von weltlichen Obrigkeiten, die hierzu kein Recht hatten und – wenn auch blinde – Diener des Antichristen waren. Ein Ver182

Vgl. FLACIUS, Ein buch/ von waren vnd falschen Mitteldingen, Jij v. GALLUS, Eine DISPVTATION von Mitteldingen, Dj r. 184 Ebd., Divv. 185 NIKOLAUS GALLUS, Gegenbericht auff D. Pfeffingers vnd der Adiaphoristen gesuchte glosen vber jhr Leiptzigsch Interim/ mit einer trewen warnung an alle Christen.// Durch Nicolaum Gallum Antiadiaphoristen/ Pfarrhern zu S. Vlrich der alten Stadt Magdeburg, Michael Lotter, Magdeburg, 01.11.1550, Biijr [ben. Ex.: FB Gotha Theol. 4° 210c (4) = VD16 G276]. 183

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gleich, wie ihn die sächsischen Theologen anstrebten, konnte nur Verrat bedeuten. In einer derartig aufgeladenen Situation war an eine Trennung zwischen Mitteldingen und Lehre nicht zu denken. Die Magdeburger ‚Confessio‘ aus dem Jahre 1550 formuliert dies ganz klar: „Also halten wir auch/ das zu dieser zeit/ vnd bey den jtzigen vmbstenden/ die Caeremonien nicht koennen von der Lehr abgesundert werden.“186

Besonders deutlich wurde diese unterschiedliche Auffassung in beiden Lagern am Beispiel des Chorrocks, welcher zum sichtbaren Symbol der beiden verschiedenen Interpretationen der Mitteldinge avancierte. Martin Luther hatte sich einerseits zwar gegen die Übernahme liturgischer Gewänder ausgesprochen, sie andererseits aber – parallel zur Bilderfrage – aus religionspädagogischen Gründen für den Sakramentsgottesdienst akzeptiert. In diesem Sinne riet er auch dem brandenburgischen Probst Buchholzer: „Wenn euch euer Herr, der Markgraf und Churfürst, will lassen das Evangelium Jesu Christi lauter, klar und rein predigen – so gehet in Gottes Namen mit herum und traget ein silbern oder gülden Kreuz und Chorkappe und Chorrock von Sammt, Seide oder Leinwandt; und hat Euer Herr, der Churfürst, an einer Chorkappe oder Chorrock nicht genug, die ihr anziehet, so ziehet deren drei an, wie Aron der Hohepriester drei Röcke übereinander zog. [...] Bin damit sehr wohl zufrieden, denn solche Stücke, wenn nur abusus davon bleibt, geben oder nehmen dem Evangelium gar nichts.“187

Zu vermeiden suchte er aber die ein allzu strenges Verbot hervorrufende Verteufelung der Kleider, befürchtete er doch, daß diesen daraufhin erneut ein magischer Wert zugeschrieben werden konnte, welches Verhalten er zu überwinden trachtete.188 Auch Johannes Bugenhagen hatte die Übernahme der Meßgewänder begründet mit der Rücksichtnahme auf das ‚gemeine Volk‘ und zur Vermeidung des Ärgernisses. Allerdings sollte immer dabei bedacht werden, daß diese keine nötigen Dinge seien.189 In den Augen der sächsischen Theologen war der Chorrock nur ein Mittelding, in dem man, wenn die Prediger ihn nicht sowieso noch immer anlegten, sich mit den Altgläubigen vergleichen könne. Und obwohl Melanchthon durchaus wußte, daß „sonderlich solche aeußerliche Ceremonien, die vor Augen sind, [...] das gemeine Volk heftiger denn andere Sachen [bewegen], die nicht also vor Augen sind“190, 186

Bekentnis Vntericht vnd vermanung, Hj r. Zitiert nach: MEINE, Die vermittelnde Stellung Joachims II., 30. 188 Vgl. CHRISTIAN T RAPPE, Reformation im Kleiderschrank? in: Pastoraltheologie 81, 1992, 1, 117–130, v.a. 120f. Sowie insgesamt: RENATE DÜRR, Prophetie und Wunderglauben – zu den kulturellen Folgen der Reformation, in: HZ 281, 2005, 3–32. 189 Vgl. SIEGFRIED MÜLLER, Repräsentationen des Luthertums – Disziplinierung und konfessionelle Kultur in Bildern. Ein Problemaufriß anhand von regionalen Beispielen, in: ZHF 29, 2002, 2, 215–255, v.a. 218f. 190 Responsio Philippi Melanthonis ad Interim vom 01.04.1548, in: CR 6, Nr. 4190, 842–845, hier 843. 187

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Die Apokalypse

unterschätzten die Wittenberger offenbar die Bedeutung des Chorrocks für die Laien als Identifikationsmittel religiöser Identität in Zeiten unklarer konfessioneller Abgrenzungen. Für die Magdeburger aber war es Ausdruck des Bekenntnisses, den Chorrock nicht anzuziehen, wie sie es z.B. in einer öffentlichen Schrift den Predigern in Meißen empfahlen.191 Diese hatten die Magdeburger angeschrieben und um Hilfe gebeten, da sie durch ihre Obrigkeit vor die Wahl gestellt wurden, entweder den Chorrock anzuziehen oder ihr Amt zu verlassen.192 Für Flacius und Gallus stellte der Chorrock das Einfallstor für weit größere Veränderungen dar193, gegen die sich die Meißner vorbildhaft widersetzen sollten: „Vnd also sollet jhr widder den Teuffel/ widder die Gottlose welt vnd Babylonische Hure vnd jhr Thier/ fuer das Gesetz vnd ewre Herde/ ritterlich kempffen. [...] Warnet vleisig ewre schaff fur dem vbel das in diesen verenderungen verborgen ligt vnd steckt/ warnet sie vnd bezeuget fuer Gott vnd den menschen das der wolff komme in einem weissen Schaffs kleide/ wuete vnd tobe bereit auswendig vmb den stall her/ fur groesser rasenheit/ vnd suche alerley loecher durch welche er hinein moechte kriechen/ darumb sollen sie achtung haben/ das sie jhn nicht einlassen. Sonder zugleich mit Euch sich widder den Beerwolff setzen vnd die gefahr gedueltiglich leiden.“194

Auch dieser Diskurs wurde durch die kreative bildliche Darstellung des „vnschuldigen Adiaphoristen Chorrock“195 unterstützt. Der Einblattdruck besteht aus zwei untereinanderliegenden Abbildungen. Im oberen Bild wird der weiße Chorrock in der Mitte zweier Theologengruppen dargestellt. Während die linke Gruppe entlarvend auf die unter dem Rock hervorlukenden Vogelfüße verweist, deuten die rechten Theologen auf den Rock selbst. Im unteren Bild, auf welchem der Chorrock hochgeklappt ist196, kommt unter diesem der Teufel zum Vorschein. Auf einer Tafel, die der Teufel in den Händen hält, wird die Gefahr der Annahme des Chorrocks und des Interims beschrieben und der Leser aufgefordert, seinen Prediger, so dieser das Interim annimmt, fortzuja-

191

NIKOLAUS GALLUS/MATTHIAS FLACIUS ILLYRICUS, Antwort M. Nicolai Galli vnd M. Fla. Illyrici/ auff den brieff etlicher Prediger in Meissen/ von der frage/ Ob sie lieber weichen/ denn den Chorrock anzihen sollen, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg [1550] [ben. Ex.: FB Gotha Theol. 4° 210c (1) = VD16 G252]. 192 Vgl. auch die in PKMS IV, Nr. 381, 433f. protokollierte Weigerung des Torgauer Diakons Michael Schulz, den Chorrock anzuziehen. 193 „Wenn sie aber weichen/ so geben sie anleitung vnd machen einen eingang zu groessern verenderungen [...]. Ebd., Aij r. 194 Ebd., Bij v–Biij r. 195 Vgl. MATTHIAS FLACIUS ILLYRICUS/PANCRATZ KEMPF, Der vnschuldigen Adiaphoristen Chorrock/ daruber sich die vnrugige vnd Storrische Stoici mit ihnen zancken, in: STRAUSS, The German Single-Leaf Woodcut 2, 507. 196 Dieser konnte hoch- und zurückgeklappt werden. Eine solche Darstellungsform auf einem Einblattdruck ist äußerst selten und für das 16. Jahrhundert nur zwei mal zu verzeichnen. Vgl. OELKE, Konfessionsbildung, 309 Anm. 40.

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gen. Darunter ist die gängige endzeitliche Magdeburger Argumentation zu lesen, allerdings mit einer interessanten Wendung: „Wer dieses malzeichen des Thiers annimpt/ der wird moegen keuffen vnd verkeuffen/ Wer aber wil ein / zenckischer Luthers schueler bleiben/ Der ist des tods schuldig.“197

Der Begriff bezieht sich auf Melanchthon und dessen Brief an Carlowitz, in welchem er die Luthers erwähnt und diese der Rücksichtnahme auf das Gemeinwohl gegenüberstellte.198 Für die Zeitgenossen wie die nachfolgenden Generationen war dieser Brief, dessen Inhalte bald in die Öffentlichkeit gelangten199, Ausdruck der erheblichen Differenzen zwischen Luther und Melanchthon. Während dem Ansehen Melanchthons dieser Brief sehr zum Schaden gereichte, bestätigte er doch die Sicht der Magdeburger Exules über den ‚knechtischen Charakter‘ Melanchthons. Durch die Einbindung des Verweises in den Text des Einblattdruckes wurde die antiadiaphoristische Polemik auch auf einer – allerdings nur für Wissende – persönlichen Stufe geführt. Dies zeigt einmal mehr, daß die wenigen bebilderten Magdeburger Druckschriften verschiedene Ebenen aufwiesen, die entschlüsselt werden konnten, deren Verständnis aber auch ohne die Erfassung aller Ebenen möglich war.200 Mit dem Chorrock und insbesondere dieser kreativen Umsetzung einer Offenbarungsleistung hatten die Magdeburger sicher ihr populärstes Stück geschaffen. Es kann als Schnittstelle der in erster Linie gelehrten Diskussion über die Adiaphora zwischen den Theologen und der Rezipientengruppe der Laien gelten. Für die Magdeburger war der Chorrock ein Symbol für den harmlos scheinenden Angriff des Antichristen. Daß es im Grunde nicht um den Chorrock gehe und dieser in anderen Kontexten durchaus ein Mittelding sein könnte, reflektierte Amsdorf mehrfach in seinen Texten. Darin bezog er sich auf Anschuldigungen Georg Majors, der den Magdeburgern offensichtlich vorwarf, wegen geringer Dinge den Streit zu suchen. Amsdorf begründete daraufhin die Notwendigkeit des Streites: „Nu wissen wir sehr wol das der Chorrock nichts ist/ So wissen sie auch sehr wol wenn sie es sonst wissen wolten/ das wir vmb den blossen Chorrock nicht streitten/ sonder darumb das es der Bapst haben wil/ das wir mit jm inn allen seinen Caeremonien sollen eins sein/

197

Ebd. Vgl. CR VI, 879–885. Sowie: HEINZ SCHEIBLE, Melanchthons Brief an Carlowitz, in: ARG 57, 1966, 1/2, 102–130. Sowie: HANS KURIG, Philipp Melanchthon über sich und Martin Luther. Was schrieb Melanchthon im April 1548 an Christoph von Karlowitz?, in: Lutherjahrbuch 67, 2000, 51–60. TIMOTHY J. WENGERT, „Not by Nature Philoneikos“. Philipp Melanchthon’s Initial Reactions to the Augsburg Interim, in: DINGEL/WARTENBERG, Politik und Bekenntnis, 33–49. 199 Vgl. KAUFMANN, Ende, 55. 200 So die Einschätzung KAUFMANNS, ebd., 402f. 198

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das wollenn wir nicht thun/ sollen vnnd koennens auch nicht thun/ wir wolten denn aus dem Reich CHRIsti inn des Antichrists Reich tretten [...]“.201

Im Angesicht der Endzeit und der Gefahr, den Werken des Antichristen zu verfallen und von Gottes Wort abzulassen, war der Chorrock kein Mittelding und gab es, so das Fazit, generell keine Mitteldinge, über die man sich mit dem päpstlichen Antichristen vergleichen könnte. Mit der Verweigerung, den Chorrock anzuziehen, sollten sich die Christen sichtbar zur Kirche Christi bekennen. Diese Aufforderung unterstützten die Exules mit dem Hinweis auf Daniel, der trotz des königlichen Verbotes bei offenem Fenster gebetet hatte. Wie Daniel den Feuerofen, so sollten die Christen eher das Martyrium vorziehen, als ihren Glauben zu verraten: „Es war ein Mittelding/ das Daniel bey auffgethanen/ oder zugethanen fenstern betete/ das bekentnis aber erforderte/ das er bey auffgethanen fenstern betete/ anzuzeigen/ das er dem Gottlosen gebott des Koenigs nicht gehorsamen wolte/ vnd also durchs Exempel seiner bestendigkeit auch die andern jhm nachzufolgen bewegte.“202

Während also die sächsischen Theologen ihre Kirche zu retten suchten, indem sie die Mitteldinge streng von den Glaubensgrundsätzen trennten, beschritten die Magdeburger Exules den entgegengesetzten Weg: Sie banden die Mitteldinge so eng an die Lehre, daß sie jegliche Indifferenz verloren und so zum wichtigen Bestandteil, zum Ausdruck des Glaubens wurden. Es war nur eine logische Schlußfolgerung, daß beide Parteiungen auch die sich im Kontext des Interims ergebene Frage, inwiefern die weltliche Obrigkeit die kirchlichen Zeremonien ordnen darf, ganz unterschiedlich beantworteten.203 Der adiaphoristische Streit verwies auf ein eigentlich genuin religiöses Problem, das sich zu einer durchaus weltlichen Angelegenheit auswuchs. Ein bestimmter Bereich des kirchlichen Lebens war nicht durch die Schrift geregelt und fiel somit in die Verantwortlichkeit des Menschen. Dieser gleichsam rechtsfreie Raum war dadurch natürlich einerseits nicht nur äußerst anfällig für differierende Auslegungen, sondern auch für verschiedenste Beanspruchungen und durchaus auch für menschliche Willkür. Auf der anderen Seite bot aber gerade dieser freie Bereich Platz für Veränderungen und Differenzierungen, für Kontingenz. Die sächsischen und Magdeburger Theologen fanden jeweils unterschiedliche Antworten auf die Herausforderung, die mit dem Augsburger Reichsreligionsgesetz verbunden war. Während die Auffassung der sächsischen Theologen über den konstanten Charakter der Adiaphora als essenziell be201

AMSDORF, Das Doctor Pomer, Aiijr. Ähnlich auch sein Bekenntnis in: DERS./ GALLUS/ FLACIUS, Deren zu Magdeburgk/ so widder die Adiaphora geschrieben haben, Cjr. 202 FLACIUS, Ein buch/ von waren vnd falschen Mitteldingen, Oiijr. Vgl. auch: GALLUS, Eine DISPVTATION von Mitteldingen, Cijr–v. 203 Siehe unten.

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zeichnet werden kann, vertraten die Magdeburger eine konditionierte Ansicht, nach der die Adiaphora ihren indifferenten Charakter in einer Bekenntnissituation verlieren.204 Da diese Situation mit dem Interim gegeben war, war jegliche geforderte Änderung in den Zeremonien und Gebräuchen konsequent abzulehnen. Die sächsischen Theologen hatten dagegen mit ihrer Definition der Adiaphora für Prediger und weltliche Obrigkeit einen Handlungsspielraum205 eröffnet, der es einerseits Moritz von Sachsen gestattete, dem Kaiser die Einführung des Interims zu bestätigen, es den Predigern aber andererseits erlaubte, die Lehre und Predigt des göttlichen Wortes zu erhalten. Wie die Reaktionen auf das Interim im Alten Reich zeigen, folgten viele Reichsstände dem Weg der Wittenberger. Die Schärfe, mit dem der adiaphoristische Streit ausgetragen wurde, verweist auf eine zweite Ebene, die der Konflikt zum Thema machte. Die Auseinandersetzung wuchs sich aus zu einem Streit über die Einheit und das Erbe der Reformation. Die internen Differenzierungsprozesse, denen jede Konfession unterworfen war, standen stets unter dem Ideal einer konfessionellen Homogenität.206 Der theologische Streit diente dann dazu, diese homogene Ordnung wiederherzustellen, indem als heterodox nachgewiesene Lehren ausgesondert wurden. Im Ergebnis eines solchen Differenzierungsprozesses stand in der Regel die Fixierung des Bekenntnisses. In diesem Zusammenhang muß auch der adiaphoristische Streit interpretiert werden. Beide Seiten sahen sich als die wahren und einzigen Erben der Wittenberger Reformation und suchten sich gegenseitig die devianten Lehren nachzuweisen. Die Adiaphora bildeten hierbei den Dreh- und Angelpunkt, konnte doch an ihnen demonstriert werden, welche Essentialia die lutherische Identität ausmachten. Aufgrund des Anspruchs beider Parteien, das Erbe Luthers zu vertreten, war eine Einigung nicht zu erzielen. Die Konkordienformel setzte dieser Auseinandersetzung zunächst mit der Bestätigung der Magdeburger Adiaphora-Interpretation ein Ende.207 Der Streit um das Erbe Luthers war jedoch damit nicht entschieden. 204

Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangt auch MARKUS FRIEDRICH, Orthodoxy and Variation: The Role of Adiaphorism in Early Modern Protestantism, in: RANDOLPH C. HEAD/ DANIEL CHRISTENSEN (Eds.), Orthodoxies and Heterodoxies in Early Modern German Culture. Order and Creativity 1500–1750, Studies in Central European Histories XLII, Leiden/Boston 2007, 45–68. 205 Vgl. hierzu die instruktiven Überlegungen von NORBERT HAAG, Zum Verhältnis von Religion und Politik im konfessionellen Zeitalter – system- und diskurstheoretische Überlegungen am Beispiel der Lutherischen Erneuerung in Württemberg und Hessen, in: ARG 88, 1997, 166–198, v.a. ab 187. 206 Vgl. u.a. MARKUS FRIEDRICH, Die konstruktive Funktion von Theologenstreit. Überlegungen zur Einbeziehung theologischer Ideen in die Geschichte der Frühen Neuzeit, 6 (Ms.). 207 Vgl. u.a. GOTTFRIED MARTENS, Die Adiaphora als theologisches Problem. Ansätze zu einer Hermeneutik der FC X, in: Lutherische Beiträge 5, 2000, 2, 117–127. Sowie: J OBST SCHÖNE, Von den Grenzen kirchlicher Freiheit. Die Aussage des Artikels X der Konkordien-

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3. Die Zerstörung der Schöpfungsordnung „Gebt dem Keiser was Keisers ist/ also man list/ viel mehr aber Gott dem Hern. So fern ehr wider Got nicht strebt/ vnd fridlich lebt/ braucht sein ampt Got zu ehrn. Jm vberschrit/ ist ehr mehr nit/ Keiser noch Her/ auffruerisch mehr/ Eim Beer Wolff sol man wehrn.“208

Die aufgrund der endzeitlichen Deutung des Interimskonfliktes entwickelten Verhaltensnormen und Handlungsstrategien beschränkten sich nicht nur auf den kirchlichen Bereich, sondern betrafen auch die Sphäre der weltlichen Ordnung. Die Apokalyptik stellte dabei jenes Vokabular zur Verfügung, mittels dessen die Exules und die Geistlichen Magdeburgs die politische Ordnung als göttliche Schöpfungsordnung209 zu beschreiben und Amt und Grenzen der weltlichen Obrigkeiten zu formulieren vermochten. Verbunden war dies mit dem Ziel, erstens den Widerstand der Stadt Magdeburg gegen Kaiser, Kurfürst und Interim zu legitimieren und zweitens generell die Christen zur begründeten Ablehnung des Interims zu bewegen. Das Hauptargument bestand darin, anhand der durch göttliche Einsetzung definierten Grenzen, der Obrigkeit aufzuzeigen, daß diese über ihr Amt hinausgegriffen habe und somit die Aufsagung des Gehorsams und selbst die Gegenwehr gerechtfertigt sei. 1551 verlieh der Hamburger Prediger Joachim Westphal210, dessen Schriften gegen die Leipziger Landtagsvorlage in Magdeburg gedruckt wurden, dieser Argumentation Ausdruck:

formel über die Adiaphora, in: DERS., Bekenntnis zur Wahrheit. Aufsätze über die Konkordienformel, Erlangen 1978, 113–120. 208 [JOACHIM GREFF], Ein Trostlied zu Ehren dem gefangnen Cristlichen Churfuersten/ HERtzog Johans Fridrich. gestelt an freunde vnd Feinde auff den thon. Mag ich Vnglueck nicht widerstan, [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg] 1548, Aijv. [ben. Ex.: UB Göttingen 8 H SAX REG I, 4006 = VD16 G2990]. 209 Vgl. v.a. HARTMUT ROSENAU, Schöpfungsordnung, in: TRE 30, 356–358. Der Begriff ist eine neulutherische Prägung des 19. Jahrhunderts und steht seit den 1930er Jahren unter Ideologieverdacht eines „tendenziell autoritären, hierarchischen, unkritischen und repressiven Konservatismus in der Bestimmung familiärer, sozialer und politischer Strukturen“. Ebd., 356. Erst das ausgehende 20. Jahrhundert machte sich von diesem Verdacht frei und zeigte sich zu einer differenzierten Betrachtung fähig. In diesem Sinne soll auch hier Schöpfungsordnung verstanden werden als das „Grundverhältnis des Menschen“ zu Gott „als Kriterium für die Wahrnehmung, Übernahme und Gestaltung sozialer Ordnung“. Ebd., 357. Vgl. auch: EILERT HERMS, Offenbarung und Glaube. Zur Bildung des christlichen Lebens, Tübingen 1992, 431–456. 210 (1510–1574). Nach dem Studium in Wittenberg und einer zweijährigen Anstellung an der Leucorea erhielt Westphal 1540 ein Pfarramt an der Katharinenkirche in Hamburg und übte seit 1571 bis zu seinem Tode die Superintendentur aus. Vgl. u.a. ADB 42, 198–201 sowie IRENE DINGEL, Westphal, Joachim, in: TRE 35, 712–715.

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„Weil denn nu das werck/ vnd die oeffentliche thaten/ reden vnd bezeugen/ das nicht von Mitteldingen/ sonder von allen abgoettereien vnd spoetterey des Antichrists gehandelt wird/ vnd des Antichrists anhang/ gottlose stueck/ in seinem Interim gebeut/ So ist dis eine bestendige richtige antwort/ auff alles geschwetz/ vom gehorsam gegen der Oberkeit/ Mann mus Gott mehr gehorsam sein/ denn den menschen/ Gebt Gott/ was Gottes ist.“211

Die Auseinandersetzung um die Adiaphora zwischen den Exules und den kursächsischen Theologen lenkte die Aufmerksamkeit auf die Frage nach der Zuständigkeit der weltlichen Obrigkeiten für die äußere Kirchenordnung. Aufgrund der bereits dargestellten differierenden Interpretation der Mitteldinge fielen die Antworten entsprechend unterschiedlich aus. Johannes Pfeffinger hatte in seinen Schriften jeglicher weltlichen Obrigkeit das Recht zugestanden, die Einförmigkeit der Kirche in Mitteldingen anzuordnen, wenn dies zum Erhalt und Besten der Kirche dienen würde.212 Da diese Adiaphora nicht die Gewissen wider Gott bänden, wären die Untertanen verpflichtet, sich in christlicher Freiheit jenem obrigkeitlichen Befehl zu beugen.213 Weil nach Auffassung der albertinischen Theologen die Zeremonien als externa nicht die Glaubensgrundsätze berührten, sondern eher von kirchenpolitischem Nutzen waren, stand es also in der Macht der weltlichen Obrigkeit, über diese zu verfügen. Pfeffinger verwies in seiner Schrift auf die in Wittenberg ‚schon immer‘ gelehrte Deutung der weltlichen Obrigkeit als custos utriusque tabulae, die auch Flacius und Gallus dort gelernt hätten.214 Aufgabe der Obrigkeit sei es demnach, darauf zu achten, „das alles eusserlich in der Kirchen ordentlich friedlich vnnd zierlich zugehe.“215 Diese Auslegung des Amtes der weltlichen Obrigkeit basierte auf der Zweireichelehre216, die von zwei verschiedenen Weisen, in denen Gott an der Welt handelt, ausgeht. Martin Luther hatte diese Auffassung zweier strikt voneinander geschiedenen Reiche in der Auseinandersetzung mit der Papst211

JOACHIM WESTPHAL, Verlegung des Gruendlichen Berichts der Adiaphoristen/ zu diesen boesen zeiten/ sehr nuetzlich zu lesen. Durch M. Joach. Westpha. Pfarherrn zu Hamburg. Mit einer praefation Illy. am ende gesetzt, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1551, Eiijr [ben. Ex.: FB Gotha 1 an Druck 392 Rara = VD16 W2280]. 212 Die Gleichförmigkeit der Zeremonien als Voraussetzung der kirchlichen Einheit wird durch Art. 7 der Confessio Augustana abgelehnt. Vgl. BSLK, 61. 213 Vgl. P FEFFINGER, Grüntlicher vnd Warhafftiger Bericht, Eviij v. Sowie DERS., Von den TRADITIONIBVS, Cvijv. 214 Vgl, ebd., Kvv. 215 Ebd., Kvj r. 216 Eine systematische Lehre wurde durch Luther nicht formuliert. Die Überforderung der Ansätze durch die Forschung monierte BERNHARD LOHSE, Luthers Theologie in ihrer historischen Entwicklung und in ihren systematischen Zusammenhang, Göttingen 1995, 334f. Der Begriff selbst ist nicht zeitgenössisch, sondern eine Prägung aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Vgl. u.a. HANS-JOACHIM BIRKNER, Kulturprotestantismus und Zweireichelehre, in: N IELS HASSELMANN (Hrsg.), Gottes Wirken in seiner Zeit. Zur Diskussion um die Zweireichelehre 1, 1980, 81–92.

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kirche und den weltlichen Fürsten entwickelt217, um den von christlicher Freiheit geprägten Bereich des Glaubens von jenem der äußeren Ordnung zu unterscheiden, welcher auf Recht und Zwang gründete. Während das geistliche Regiment dem Erhalt des ewigen Lebens diente und sich so auf den homo interior richtete, war es Aufgabe des weltlichen Regiments, das zeitliche Leben des homo exterior in der Welt zu ordnen. Beide Regimente waren voneinander unterschieden, verhielten sich aber komplementär zueinander.218 Für die weltliche Obrigkeit, die das Schwert Gottes im weltlichen Regiment trug, ließen sich daraus zwei Kompetenzbereiche formulieren. Einerseits hatte sie als custos utriusque tabulae für den äußeren Aufbau des Gemeinwesens Sorge zu tragen219, andererseits war die christliche Obrigkeit als praecipuum membrum ecclesiae für die äußeren Belange der Kirche zuständig.220 Gerade diese Funktionen konnten sich jedoch als ein Einfallstor für obrigkeitliche Eingriffe in kirchliche Belange entpuppen.221 Eine solche Entwicklung lag nach Ansicht der Magdeburger Exules mit dem Augsburger Interim und den Leipziger Artikeln vor. Für Flacius stellte die Auffassung der kursächsischen Theologen vom Recht der Obrigkeit, die 217

Auf die Bedeutung des Kontextes, innerhalb dessen Luther diese Auffassungen formulierte und der in der Forschung häufig vernachlässigt wurde, verweist HEINRICH BORNKAMM, Luthers Lehre von den zwei Reichen im Zusammenhang seiner Theologie, in: ARG 49, 1958, 1/2, 26–49. 218 Zur theologischen Tradition der Vorstellung von den zwei Reichen siehe: ULRICH DUCHROW/HEINER HOFFMANN (Hrsg.), Die Vorstellung von Zwei Reichen und Regimenten bis Luther, Texte zur Kirchen- und Theologiegeschichte 17, Gütersloh 1972. Sowie: VOLKER MANTEY, Zwei Schwerter – Zwei Reiche. Martin Luthers Zwei-Reiche-Lehre vor ihrem spätmittelalterlichen Hintergrund, Spätmittelalter und Reformation N.R. 26, Tübingen 2005. Dort mit weiterer Literatur. Einen Überblick über die diesbezüglichen Forschungsdiskussionen des 20. Jahrhunderts gibt: FRIEDRICH LOHMANN, Ein Gott – Zwei Regimente. Überlegungen zur „Zwei-Reiche-Lehre“ Martin Luthers im Anschluss an die Debatte zwischen Paul Althaus und Johannes Heckel, in: Luther 73, 2002, 112–138. Vgl. ebenso den Überblick bei HELMAR JUNGHANS, Martin Luthers Zweireichelehre und Zweiregimentenlehre, in: MICHAEL BEYER/JONAS FLÖTER/MARKUS HEIN (Hrsg), Christlicher Glaube und weltliche Herrschaft. Zum Gedenken an Günther Wartenberg, Arbeiten zur Kirchen- und Theologiegeschichte Bd. 24, Leipzig 2008, 23–40. 219 Diese Zuschreibung ging vor allem auf den späteren Melanchthon zurück: „Magistratus est custos primae et secundae tabulae legis, quod ad externam disciplinam attinet [...]. Etsi enim magistratus non mutat corda, nec habet ministerium spiritus: tamen habet suum officium externae disciplinae conservandae, etiam in iis, quae ad primam tabulam pertinent.“ De iure Reformandi, 1547, in: CR 3, Nr. 1520, 240–258, hier 242. 220 Vgl. hierzu die Ausführungen bei MARTIN HECKEL, Staat und Kirche nach den Lehren der evangelischen Juristen Deutschlands in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts, Jus Ecclesiasticum 6, München 1968, v.a. 133. 221 Als „Achillesverse der dualistischen Politischen Theologie Luthers“ beschreibt sie MANFRED WALTHER, Luthers dualistische Politische Theologie der Zwei Reiche und Regimente – Das Problem der Lokalisierung der sichtbaren Kirche. Kommentar zu Luise SchornSchütte, in: DERS., Religion und Politik, 105–112, hier 112.

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Kirchenzeremonien zu ordnen, den „vornempste[n] grund des Adiaphorischen jrthumbs“ dar.222 Pfeffinger habe, so Flacius in seiner Erwiderung, die Schlüssel der Kirche den weltlichen Obrigkeiten überlassen und befürworte somit ebenso wie der Papst, wie Müntzer oder die Wiedertäufer die Vermischung der beiden Regimente.223 Der custodia der weltlichen Obrigkeit über beide Tafeln stimmte Flacius zu, sah diese aber auf das rein weltliche Amt beschränkt: „Denn das er vorgibt/ die Oberkeit sey ein beschuetzer beider Tafeln Gottes/ das ist war. Aber im weltlichen Ampt. Das sie Christo die thor auffthun vnd die kirche neren sol nach der schrifft/ ist auch war. Sie soll aber jhr Herr nicht sein. Das recht vnd der gebrauch der schluessel ist bey der Kirche. Dieselbe vnd die jenigen denen sies befihlet sollen binden vnd loesen/ schliessen vnd auffthun/ ordnen vnd endern doch alles so fern/ das es Christlich zugehe. die weltliche Oberkeit aber sol ihr behuelfflich sein/ da sie jrer huelff bedarff. Auff diese weise haben die Gottfuerchtigen Fuersten vorzeiten/ vnd auch zu vnser zeit/ der Kirche gedienet.“224

Innerhalb der Auseinandersetzung über die Adiaphora formulierte Flacius eine christliche Politiklehre, welche eine Orientierung der Politik an biblischen Maßstäben vorsah. Im Anschluß an Aristoteles, der das städtische Gemeinwesen als ideale Voraussetzung für das Erlangen des höchsten Gutes beschrieben hatte, fragte Flacius nach der Kunst, mit welcher dieses summum bonum erlangt werden könne. Die Antwort fand der Geistliche nicht in der Philosophie oder der Ethik, sondern der Theologie.225 Denn nur durch diese, so die Argumentation, sei die ewige Seligkeit zu erlangen und nur in der höchsten Regentschaft Gottes wären alle weltlichen Obrigkeiten begriffen. Die Überordnung der Theologie über die Ethik, die Politik oder die Philosophie bedeutete jedoch nicht deren Verwerfung: „Diese [die Theologie – d.A.] verwirft wol die vorige nicht/ Aber doch will sie/ das jhr dieselbe gantz vnterworffen sey/ vnd will die aller hoechste Regiererin der Stat/ vnd in summa des gantzen menschlichen geschlechts/ sein.“226

Die im Wort Gottes offenbarte Weisheit war „oberste Baumeisterin vnd regirende weisheit“227 in der christlichen Herrschaftslehre des Flacius. Diese religiöse Qualifizierung einer politica ist unter dem Begriff der politica christiana 222

FLACIUS, Widder die newe Reformation D. Pfeffingers, Bij v. Vgl. ebd., Biij v. 224 MATTHIAS F LACIUS I LLYRICUS, Gruendliche verlegung aller Sophisterey/ so D. Pfeffinger mit den andern Adiaphoristen/ das Leiptzigsche Interim zubeschoenen/ gebraucht, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1551, Aivr [ben. Ex.: FB Gotha 27 an Theol. 4° 210-211 = VD16 F1411]. 225 Vgl. hierzu bisher lediglich HANS CHRISTOPH VON HASE, Die Gestalt der Kirche Luthers. Der casus confessionis im Kampf des Matthias Flacius gegen das Interim von 1548, Göttingen 1940, 91f. 226 FLACIUS, Ein buch/ von waren vnd falschen Mitteldingen, Eij r. 227 Ebd., Gj r. 223

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zusammengefaßt worden.228 Diese verstand die politische Herrschaft als Teil der göttlichen Schöpfungsordnung, zu deren Erhalt sie von Gott eingesetzt wurde. Während diese christliche Herrschaftslehre mit der Frage nach der besten Herrschaftsform ihren Ausgangspunkt also durchaus in aristotelischen Kategorien verortete, entwickelte sie ihr Herrschaftskonzept aber gerade in Abgrenzung vom zeitgenössischen Aristotelismus, indem sie auf die Begrenzung des Herrschaftsanspruchs der weltlichen Obrigkeiten zielte.229 Ursprung, Handlungsnormen und Funktionen weltlicher Herrschaft wurden demnach aus dem göttlichen und dem natürlichen Recht abgeleitet, welche zugleich die Legitimationsgrundlage jeglicher weltlichen Obrigkeit bildeten. Da sich beide Rechtskreise in der Auffassung der lutherischen Theologen entweder komplementär oder gar kongruent zu einander verhielten und sich so gegenseitig stützten230, konnte auf die Begründung weltlicher Herrschaft mittels des Römischen Rechts und des ius commune verzichtet werden.231 Auf eine Vermengung der Ämter laufe diese politica jedoch nicht hinaus, so die Argumentation des Flacius, da die Theologie nicht dem Stadtregiment ins Amt greife. Aufgrund ihres Wächteramtes wären die Prediger jedoch verpflichtet, die Regenten zu mahnen, daß diese der Ehre Gottes und dem ewigen Heil der Menschen zu dienen wie auch die Wohlfahrt der Bürger zu fördern hätten. Jedoch gehe durch das Interim, so Flacius, „alles widdersinnich“ zu: „Denn die weltlichen Fuerstenhoefe vnd Gottlose leut/ die von den dienern Christi/ durch Gottes wort vnterweiset/ gestrafft/ vnd regirt solten werden/ gewonen jtzt fein/ das sie der 228

Vgl. hierzu u.a. SCHORN-SCHÜTTE, Obrigkeitskritik und Widerstandsrecht. Sowie: D IES., Beanspruchte Freiheit. Die politica christiana, in: GEORG SCHMIDT/MARTIN VAN GELDEREN/CHRISTOPHER SNIGULA (Hrsg.), Kollektive Freiheitsvorstellungen im frühneuzeitlichen Europa (1400–1850), Jenaer Beiträge zur Geschichte 8, Frankfurt am Main 2006, 329–352. DIES., Kommunikation über Politik. Horst Dreitzel, Monarchiebegriffe in der Fürstengesellschaft. Semantik und Theorie der Einherrschaft in Deutschland von der Reformation bis zum Vormärz 2, Köln/Weimar/Wien 1991, 484–499. 229 Vgl. SCHORN-SCHÜTTE, Kommunikation über Politik, 19. 230 Die Anbindung des Naturrechts an die göttliche Schöfpungsordnung (wie bei Melanchthon) oder an die Gotteserkenntnis (wie bei Luther) ist Ausdruck der Differenzierung der Naturrechtsauffassungen zwischen den Juristen und Theologen. Vgl. hierzu v.a. SCATTOLA, Das Naturrecht vor dem Naturrecht, v.a. 59f. Sowie: BERND-RÜDIGER KERN, Philipp Melanchthon als Interpret des Naturrechts, in: GÜNTHER WARTENBERG (Hrsg.), Werk und Rezeption Philipp Melanchthons in Universität und Schule bis ins 18. Jahrhundert. Tagung anläßlich seines 500. Geburtstages an der Universität Leipzig, Herbergen der Christenheit Sonderbd. 2, Leipzig 1999, 147–161. Diethelm Böttcher sieht hier einen klaren Verzicht der Juristen auf das Naturrecht. Siehe: BÖTTCHER, Ungehorsam oder Widerstand?, v.a. 93. 231 Dementsprechend wurde insbesondere für die Magdeburger ‚Confessio‘ das Fehlen einer positiv-rechtlichen Argumentation konstatiert. Hier genügte der Verweis auf die Diskussionen der 1530er und 1540er Jahre. Vgl. u.a. HAUG-MORITZ, „Ob wir uns auch mit Gott ...“, 509. Vgl. dagegen die an Scattola anknüpfende These des gemeinsamen Gedankengutes von Theologen und Juristen bei LUISE SCHORN-SCHÜTTE, Politische Kommunikation in der Frühen Neuzeit: Obrigkeitskritik im Alten Reich, in: GG 32, 2006, 3, 273–314, v.a. 304.

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kirche gesetz fuerschreiben/ vnd die Religion Jhesu Christi nach jhrem mutwillen/ auff jhren eignen nutz/ ehr/ reichthumb vnd gewalt vermessentlich beugen.“232

Nikolaus Gallus konstatierte in seiner Disputation die Gleichwertigkeit der kirchlichen Zeremonien und der weltlichen Gesetze im Hinblick auf den Erhalt der äußerlichen Zucht und Ordnung. Der Unterschied zwischen beiden bestünde in der Freiheit der Christen, diese zu halten. Während die Untertanen den Gesetzen der weltlichen Obrigkeiten Gehorsam zu leisten hätten, dürften die Bischöfe der Kirche keine Ordnungen gegen ihren Willen erlassen: „Von dem Interim ist oeffentlich am tage aus der Historia des Augspurgischen Reichstags/ und den schrifften/ so daselbst oeffentlich/ vorgelegt sein worden/ und darnach gefolgt haben/ das dieselbe Kirchenordnung von den Obersten weltlichen Regenten herkompt/ welchen Ampts halben nicht gebueret die Kirchen zu regiren/ und das dieselben dem feinde Christi/ dem Babst zu Rom mit solcher ordnung dienen/ und seiner Tyranney das wort Gottes und die Kirchen wiederumb uuterwerffen [sic]/ falsche Gottesdienst und Caeremonien wieder auffrichten/ und dieselben mit losen nichtigen farben anstreichen und vermenteln.“233

Weder stünde es der weltlichen Obrigkeit, den Bischöfen oder Predigern zu, die Lehre vorzuschreiben, noch hätten Kaiser, Fürsten oder Könige das Recht, die Form der Lehre und kirchlichen Zeremonien „aus krafft ihres Ampts zugebieten“.234 Gemäß der strikten Unterscheidung der zwei Reiche gestanden die Exules ähnlich den Wittenbergern der weltlichen Obrigkeit die Aufgabe des Schutzes der beiden Tafeln zu. Erst die Bewahrung der Separation beider Reiche ermöglichte die eingangs von Westphal formulierte biblische Aufforderung an die Christen (Mt 22,21), dem Kaiser zu geben, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist.235 Im Gegensatz zur kursächsischen Auffassung lehnten die Exules jedoch die Identifikation jener Obrigkeit mit dem praecipuum membrum ecclesiae ab und setzten diesem das Wächteramt der Geistlichen entgegen.236 Erasmus Alberus erinnerte zeitnah zu seiner Ausweisung aus der Stadt in einem Schreiben an Flacius an die Pflicht des Predigers, die Sünden zu strafen, selbst wenn der Nutzen zunächst nicht sichtbar sei: „Wann der Prediger Straff gleich keinen nuetzen schaffet/ so sind sie doch solchs jhres Ampts halben zu thun schueldig/ Dann Gott fodderts ernstlich von Predigern Esa: 58. Ruffe 232

FLACIUS, Ein buch/ von waren vnd falschen Mitteldingen, Fiiij r. GALLUS, Eine DISPVTATION von Mitteldingen, Dijr. 234 GALLUS, Gegenbericht auff D. Pfeffingers, Bjr–v. 235 Zur exegetischen Tradition des Verses vgl. u.a. HANS HATTENHAUER, „Gebt dem Kaiser ...“ Die Herrschaft des Rechts. Grundlagen des europäischen Rechtsbegriffs, in: http://www.institutfuerglaubeundwissenschaft.de/texte/Rechts.pdf 236 Erstmals als „Sonderbewußtsein“ bezeichnet durch LUISE SCHORN-SCHÜTTE, Evangelische Geistlichkeit in der Frühneuzeit. Deren Anteil an der Entfaltung frühmoderner Staatlichkeit und Gesellschaft, Quellen und Forschungen zur Reformationsgeschichte 62, Gütersloh 1996, 395–410. Vgl. auch: INGE MAGER, „Ich habe Dich zum Wächter gesetzt über das Haus Israel“. Zum Amtsverständnis des Braunschweiger Stadtsuperintendenten und Wolfenbüttelschen Kirchenrat M. Chemnitz, in: Braunschweigisches Jahrbuch 69, 1988, 57–69. 233

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getrost/ schone nicht/ erhebe deine stim wie ein Pasaun/ verkuendige meinem volcke jhr vbertretten etc. Heseck: 33. Ich hab dich gesetzet zum Wechter/ wirstu den gottlosen vmb seines Gottlosen wesens willen nicht straffen/ so wil ich sein Bludt von deiner Hand foddern.“237

Vor dem Hintergrund der konditionierten Interpretation der Adiaphora seitens der Exules konnte also das Gebot des Kaisers und des sächsischen Kurfürsten über die kirchlichen Mitteldinge nur als unerlaubtes Ausgreifen einer weltlichen Obrigkeit in das Kirchenregiment gedeutet werden. Nicht nur hatten jene Obrigkeiten nicht das Recht, über kirchliche Mitteldinge zu verfügen, und schon gar nicht gegen den Willen der Kirche, sie konnten erst recht nicht über kirchliche Zeremonien bestimmen, die in casus confessionis längst ihren indifferenten Charakter verloren hatten. Eine solche Zuspitzung, die sich eben aus der kontextbezogenen Interpretation der Adiaphora durch die Magdeburger Geistlichen ergab, konnte nur in einer radikalen Ablehnung der obrigkeitlichen Mandate münden. Während für Pfeffinger die Frage des Widerstandes gar nicht bestand, solange es nicht gegen das Wort Gottes ging, war für Melanchthon klar, daß Widerstand angesichts der Macht des Kaisers völlig zwecklos gewesen wäre.238 Er setzte auf Zeit. Die Magdeburger dagegen sahen es geradezu als ihre Pflicht an, in dieser Frage zu bekennen und alle Christen zum Bekenntnis aufzurufen. Da das Interim in ihren Augen in Wahrheit die Vernichtung des lutherischen Glaubens bezweckte und die weltliche Obrigkeit gegen Gottes Gebote verstieß, gab es für die Exules keine andere Entscheidung, als dem Kaiser als ihrer weltlichen unchristlichen Obrigkeit zu widerstehen: „Jsts doch auch also in dieser Welt/ das mann den Oberherrn mehr muss gehorsam sein/ denn den Vntherherrn/ denn niemand kan/ noch sol seim Fuersten widder den Keyser gehorsam sein. [...] Dieweil auch der Keyser durch sein INTERIM vns zu des Roemischen Antichrists Kirchen mit gewalt dringen vnd zwingen wil/ welchs doch nicht gescheen kan/ wir verleugken denn vnd verlassen die Kirche Christi/ so koennen wir dem vnterherrn Key. Maie. widder Gott den Oberherrn nicht gehorsam sein.“239

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Schreiben des Erasmus Alberus an Matthias Flacius Illyricus vom 06.11.1551, wiedergegeben bei: JOACHIM MAGDEBURG, Ein Brieff D. Erasmi Alberij seliger Gedechtnuß/ in den Vrsachen angezeigt werden/ warumb Christliche Prediger/ wowol aller Menschen/ Doch sonderlich der Hern vnd Fuersten Suend/ ohn forcht vnd mit ernst straffen sollen/ vnangesehen wie weinig sie damit bey jhnen außrichten. Psal. 2. So lasset euch zu unterweisen jhr Koenige vnd lasset euch zuechtigen jhr Richters auf Erden, Aivv [Georg Richolff d.J., Lübeck 1555] [ben. Ex.: HAB Alvensleben V 492 (6) = VD16 A1482]. 238 Das Schreiben an Markgraf Johann von Küstrin vom 31.07.1548, in: CR 7, Nr. 4308, 84–87, v.a. 85. 239 NIKOLAUS VON AMSDORF, Ein trost an die zu Magdeburg/ Vnd an alle fromme Christen, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 10.06.1551, Aiijv–Aivv [ben. Ex.: FB Gotha 17 an Theol. 4° 185-186 Rara = VD16 A2392].

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Das Motiv der unteren Obrigkeit, das hier im Rahmen des göttlichen Naturgesetzes240 auf das Verhältnis zwischen dem Kaiser und seiner göttlichen Obrigkeit Anwendung fand, hatte auch der Magdeburger Rat in seinem Ausschreiben vom März 1550 benutzt, um die Gehorsamsverweigerung gegenüber dem Kaiser zu legitimieren.241 Er verwies darin auf das im April folgende ‚Bekenntnis‘ der Geistlichen, das diese Argumentation eingehender thematisieren sollte.242 Flacius erinnerte an die Eid- und Treuepflicht des Kaisers gegenüber Gott, gegen welche dieser als untere Obrigkeit mit dem Interim verstoßen habe.243 Die Parallelität der Argumentationen zwischen den verschiedenen Rechtskreisen ist hier besonders auffällig. Das Motiv der niederen und höheren Obrigkeiten und deren gegenseitige Verpflichtung, die insbesondere die ständische Legitimation der Gegenwehr aufwies, wurde hier auf das Verhältnis zwischen Kaiser und Gott übertragen. Das Wächteramt der Geistlichen und die lutherische Ausformung der Zwei Reiche: Beides waren Ausdrucksformen einer politica christiana, durch die sich die mit der Reformation entstandene soziale Gruppe der protestantischen Geistlichkeit nicht nur den Zugang zur bürgerlichen Gemeinschaft, sondern vor allem zur politischen Macht zu verschaffen suchte. Als ebenso prominent galt zumindest für das 16. und 17. Jahrhundert das Deutungsmuster der DreiStände-Lehre.244 Kernpunkt dieser Auffassung war, daß jeder Mensch jedem der drei „Lebensbereich[e]“245 zugeordnet war, welche die „Standpunkte für alles Handeln“ bildeten.246 Martin Luther hatte ausgehend von der mittelalterlich-ständischen Sozialordnung die Lehre von den drei Ständen, dem status 240

Vgl. HECKEL, Lex Charitatis, 301. Siehe Kap. 6. 242 Vgl. Der Von Magdeburgk Ausschreiben an alle Christen, Bivr. Die ‚Confessio‘ wiederum verwies ebenfalls auf das Ratsausschreiben: Bekentnis Vntericht vnd vermanung, Ajv. 243 Vgl. W AREMUND, Ein gemeine protestation vnd Klagschrifft, Dj r–v. 244 Vgl. v.a. LUISE SCHORN-SCHÜTTE, Die Drei-Stände-Lehre im reformatorischen Umbruch, in: BERND MOELLER (Hrsg.), Die frühe Reformation in Deutschland als Umbruch. Wissenschaftliches Symposion des Vereins für Reformationsgeschichte 1996, SVRG 199, Gütersloh 1998, 435–461. Sowie zur mittelalterlichen Tradition: OTTO GERHARD OEXLE, Deutungsschema der sozialen Wirklichkeit im frühen und hohen Mittelalter, in: FRANTIŠEK GRAUS (Hrsg.), Mentalitäten im Mittelalter. Methodische und inhaltliche Probleme, Vorträge und Forschungen XXXV, Sigmaringen 1987, 65–117 und WILHELM MAURER, Luthers Lehre von den drei Hierarchien und ihr mittelalterlicher Hintergrund, Bayerische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-historische Klasse. Sitzungsberichte 4/1970, München 1970. 245 So REINHARD SCHWARZ, Ecclesia, oeconomia, politia. Sozialgeschichtliche und fundamentalethische Aspekte der protestantischen Drei-Stände-Theorie, in: HORST RENZ/FRIEDRICH WILHELM GRAF (Hrsg.), Troeltsch-Studien 3: Protestantismus und Neuzeit, Gütersloh 1984, 78–88, v.a. 78f. 246 WERNER ELERT, Morphologie des Luthertums, Bd. 2: Soziallehren und Sozialwirkungen des Luthertums, verb. Aufl., München 1953, v.a. 51 (EA 1931). 241

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ecclesiasticus, status oeconomicus und status politicus formuliert, welche hauptsächlich in seinen Texten zur Obrigkeit, zum Abendmahl und den Vorlesungen zu Gen 2,16f. theologisch verortet werden kann.247 Alle drei Stände entstanden demnach im Zuge des Schöpfungsprozesses und waren ähnlich dem weltlichen und geistlichen Regiment248 strikt voneinander getrennt und doch aufeinander angewiesen. Nach dem Prinzip „Harmonie durch Ungleichheit“249 waren sie Ausdruck der Schöpfungsordnung250. Luther gelangte damit über eine rein soziale Definition der Bereiche hinaus zu einer sozial-ethischen Begründung der Stände251, welche in der Auseinandersetzung mit dem Papsttum eine erhebliche Rolle spielte. Unter den Exules war dieses Deutungsmuster nicht unbekannt. Bereits 1546 ließ Erasmus Alberus eine Predigt vom Ehestand in den Druck gehen252, die sich auf der Grundlage der Drei-Stände-Lehre mit der altgläubigen Auffassung des ehelosen Priesterstandes auseinandersetzte. Wies diese Predigt in ihrer Stoßrichtung Parallelen zu Luthers Kritik des Papsttums auf, leitete Alberus jedoch im Unterschied zu diesem den status ecclesiasticus und politicus aus dem status oeconomicus ab, setzte also den Ehestand in der Chronologie der Schöpfung an die vorderste Stelle.253 Die sich ergänzende Aufgabenteilung der Stände formulierte er wiederum in klassischer Weise: 247

Die Quellen sind angeführt bei: LOHSE, Luthers Theologie, 342–344. Vgl. auch: DAVID M. W HITFORD, Cura Religionis or Two Kingdoms: The Late Luther on Religion and the State in the Lectures on Genesis, in: Church History 73, 2004, 1, 41–62, v.a. 47–53. 248 Es ist zu betonen, daß das Deutungsmuster der drei Stände nicht in dem der zwei Reiche aufgeht. Zum Verhältnis beider Deutungsmuster bei Luther vgl. OSWALD BAYER, Natur und Institution. Eine Besinnung auf Luthers Dreiständelehre, in: ZThK 81, 1984, 352–283, v.a. 359. 249 OEXLE, Deutungsschema, 79. Zum augustinischen Hintergrund dieses Gedankens u.a. MARINA MÜNKLER/WERNER RÖCKE, Der ordo-Gedanke und die Hermeneutik der Fremde im Mittelalter: Die Auseinandersetzung mit den monströsen Völkern des Erdrandes, in: HERFRIED MÜNKLER (Hrsg.), Die Herausforderung durch das Fremde, Interdisziplinäre Arbeitsgruppen. Forschungsberichte 5, Berlin 1998, 701–766, v.a. 716f. 250 Die Interpretation der Drei-Stände-Lehre als Ausdruck der Schöpfungsordnung, welche die Beziehung zwischen Gott und dem Menschen thematisiert (siehe die Anmerkung oben), erübrigt die Frage, ob es sich mit diesem Deutungsmuster um ein Gesellschafts- oder ein Kirchenkonzept handelt. Vgl. die Diskussion bei KAUFMANN, Ende, 180 Anm. 68. Siehe auch: ROLF B ERNHARD HUSCHKE, Melanchthons Lehre vom Ordo politicus. Ein Beitrag zum Verhältnis von Glauben und politischem Handeln bei Melanchthon, Studien zur evangelischen Ethik 4, Gütersloh 1968, v.a. 141. 251 Durch diese Änderung erfaßte die Drei-Stände-Lehre „differenzierter als die Zwei-Regimenten-Lehre die gesellschaftliche Wirklichkeit und läßt auch den institutionellen Charakter der drei Lebensbereiche erkennen“. So SCHWARZ, Ecclesia, oeconomia, politia, 83. 252 ERASMUS ALBERUS, Ein Predigt vom Ehestand/ vber das Euangelium/ Es war ein Hochzeit zu Cana etc., Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1550 [ben. Ex. FB Gotha Theol 4º 00250-251 (36) = VD16 A1516]. 253 Für Luther stand hier klar der status ecclesiasticus an erster Stelle, dem der status oeconomicus und politicus folgten. Vgl. LOHSE, Luthers Theologie, 344.

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„Der prediger mus Fürsten vnd Herrn/ darzu Bürger vnd Bawern leren/ wie sie leben vnd selig werden sollen. Die Oberkeit beschützet Priester/ Bürger vnd Bawern fur gewalt. Bawren vnd Bürger erneren Priester/ vnd die Oberkeit. Der Priester mus leren/ Die Oberkeit wehren/ Die Bawerschafft neren.“254

Diese Abwandlung innerhalb der Genesis der drei Stände durch Alberus verdeutlicht, daß die Drei-Stände-Lehre nicht als starres Deutungsmuster aufgefaßt wurde, sondern im konkreten Kontext variiert und mit den unterschiedlichsten Intentionen verbunden werden konnte. So verfaßten die Magdeburger Prediger im Oktober 1550 angesichts der Belagerung eine Trostschrift für die christlichen Gemeinden in und außerhalb der Stadt, welche anhand der spezifischen Funktionen jedes einzelnen Standes die Ursachen der Glaubensverfolgung erklärte und dem damit verbundenen Leid einen entsprechenden Sinn verlieh. Während Gott den Predigern mit dem Wächteramt die Aufgabe verliehen habe, Glaubensverfälschungen anzuzeigen und zu strafen, sei die Obrigkeit für den Schutz der Untertanen vor diesen Verfälschungen zuständig, der wiederum die Bürger als deren Untertanen zu gehorchen und sich vor der falschen Lehre zu hüten hätten.255 Hatte also Alberus die Drei-Stände-Lehre zur Grundsatzkritik an der Papstkirche benutzt und suchten anhand dieser die Magdeburger Geistlichen ihrer Gemeinde Trost zuzusprechen, verband die Magdeburger ‚Confessio‘ vom April 1550 mit jenem Deutungsmuster eine weitere Intention: die Rechtfertigung der Gegenwehr gegen den apokalyptischen Tyrannen. Wie bereits eingangs angedeutet, bildete die Endzeit den Interpretationsrahmen für das angesichts der drohenden Belagerung verfaßte ‚Bekenntnis‘ der Magdeburger Geistlichkeit.256 Der Verweis auf die letzten Zeiten, auf die Offenbarung des Antichristen nach 2 Thess 2 und auf Luther als den dritten Eliam in der Vorrede257 verortete die Autoren wie die Rezipienten am Ende der Geschichte und stellte letzteren jenes Orientierungswissen zur Verfügung, mit welchem die folgenden Ausführungen zu interpretieren waren. Mehrfach finden sich derartige Orientierungspunkte innerhalb des umfangreichen Textes, so auch zwischen dem Glaubensbekenntnis und dem zweiten Teil von der

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ALBERUS, Ein Predigt vom Ehestand, Cij v. Der pfarrhern vnd prediger zu Magdeburgk Christliche kurtze erinnerung an jhre Christliche gemeine/ vnd alle Christen ausserhalb/ gegenwertige verfolgung betreffend/ so wir in vnd vber der bekentnis des Euangelij Christi alhie zu Magdeburgk jtzt leiden, Cir–v, Michael Lotter, Magdeburg 16.10.1550 [ben. Ex.: HAB A: 231.54 Theol. (14) = VD16 P2283]. 256 Die Unterzeichner waren: Nikolaus von Amsdorf, Nikolaus Gallus, Lukas Rosenthal, Johannes Stengel, Hennig Frede, Ambrosius Hitfeld, Johannes Baumgarten, Joachim Woltersdorf, Heinrich Guericke. Zu diesen siehe Kap. 2. Es ist anzunehmen, daß sich auch Flacius an der Erarbeitung der ‚Confessio‘ beteiligte, seine Unterschrift jedoch ob seiner fehlenden institutionellen Verankerung unterblieb. 257 Vgl. Bekentnis Vntericht vnd vermanung, Aij r. 255

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Notwehr.258 Und dies mit gutem Grund. Denn während innerhalb des Glaubensbekenntnisses anhand der Drei-Stände-Lehre die Verhaltensregel gegenüber einer unchristlichen Obrigkeit oder einem unchristlichen Hausvater formuliert wird, enthält der zweite Teil des Textes die Darstellung derjenigen casus, innerhalb derer diese Regel Anwendung finden sollte. Jeder Stand sei von Gott, so die Argumentation, eingesetzt zur „rechten erkentnis vnd ehre Gottes“ und zum Schutz der Kirche. In diesem Sinne seien die Untertanen ebenso wie die Kinder und das Gesinde ihrer Obrigkeit bzw. ihren Eltern zu Gehorsam verpflichtet. Sobald diese, Obrigkeiten und Eltern, die ihnen zum Schutz Befohlenen von der rechten Gottesfurcht abzuführen gedächten, ende deren Gehorsamspflicht: „Wenn sie aber auch in dem fuerhaben sind/ das sie ausrottung der Religion vnd guter sitten suchen/ vnnd die ware Religion vnd erbarkeit verfolgen/ so entsetzen sie sich jhrer selbst/ das sie nicht mehr fuer Obrigkeit oder Eltern inn dem selben koennen gehalten werden/ wider fuer Gott noch fuer den gewissen jhrer vnterthanen. Vnd werden nu aus Gottes ordnung ein ordnung des Teuffels welcher ordnung ein jeder nach seinem beruff mit gutem gewissen widderstehen kan vnd soll.“259

‚Ein jeder nach seinem Beruf‘ war den Zeitgenossen als Standardformel bekannt und wurde häufig im Zusammenhang mit der Frage nach dem Kreis der zur Gegenwehr Berechtigten benutzt.260 Bereits 1531 hatte Andreas Osiander eben diese Formel kurz auf den Punkt gebracht: „ein prediger mit predigen, ein rhat mit rhatten etc.“.261 Nichts anderes meinte dies hier, wie es auch das oben genannte Ausschreiben der Geistlichen vom Oktober 1550 definierte: Die Prediger hatten ihrem Wächteramt zu entsprechen, die weltliche Obrigkeit für den Schutz der reinen Lehre, der Kirche und der Gläubigen entsprechend Röm 13 zu sorgen und der Hausstand an Gottes Wort festzuhalten und in christlicher Nächstenliebe der Obrigkeit Gehorsam zu leisten. Das bedeutete meines Erachtens keinesfalls ein individuelles Widerstandsrecht des gemeinen Mannes, wie dies Robert von Friedeburg und Thomas

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Hier nochmals mit dem Verweis auf die konditionierte Interpretation der Adiaphora: „das zu dieser zeit/ vnd bey den itzigen vmbstenden/ die Caeremonien nicht koennen von der Lehr abgesundert werden.“; ebd. Hj r. 259 Ebd., Givr. 260 U.a. in: PHILIPPI MELANCHTHONIS Vorrede, aijv. MAJOR, Ewiger Goettlicher/ Allmechtiger Maiestat Declaration. MATTHIAS FLACIUS ILLYRICUS, Ein vermanung zur bestendigkeit/ in bekentnis der warheit/ Creutz/ vnd Gebett/ in dieser betruebten zeit sehr nuetzlich vnd troestlich/ durch M. Matthiam Flacium Illyricum/ Hebreischen leser zu Wittenberg, Divr, [Michael Lotter, Magdeburg um 1548] [ben. Ex.: HAB A: 173 Theol. (4) = VD16 F1522]. Oder: Der von Magdeburgk widerlegung, Aivr. 261 ANDREAS OSIANDER D.Ä., Ob die unterthanen iren aigen oberherren in etlichen verderblichen und unchristlichen furnehmen mit gewalt widerstand thun moegen ..., Januar 1531, in: MÜLLER/SEEBASS, Andreas Osiander d.Ä. Gesamtausgabe 4, Nr. 151, 159–206, hier 190, Z. 21.

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Kaufmann einräumen.262 Denn einerseits verwies die ‚Confessio‘ selbst auf „Hans vnuernunfft“263, welcher die Lehre von der Notwehr mißbrauchen könnte. Und zweitens hat Robert von Friedeburg jüngst zu recht festgestellt, daß das ius resistendi ein Recht von Herrschaft sei264 und begrenzte somit die Gegenwehr auf diejenigen weltlichen Obrigkeiten, welchen das Schwert Gottes nach Röm 13,4 zugeteilt worden war. Daß zu diesen weltlichen Obrigkeiten nicht nur der Kaiser oder die Fürsten zählten, sondern ebenso die städtischen Magistrate das ius resistendi für sich in Anspruch nehmen konnten, hatte sich in den seit 1530 dicht geführten Debatten zwischen den lutherischen Theologen und Juristen herausgeschält.265 So war es nicht verwunderlich, daß die Magdeburger Geistlichen ihrem städtischen Rat nicht nur das Recht, sondern gemäß dessem Schutzamt auch die Pflicht zusprachen, sich als untere Obrigkeit der höheren Obrigkeit zu widersetzen: „So eine hoehere Obrigkeit sich mit gewalt vnterstehet/ des Pabsts abgoetterey widder einzusetzen/ die reine lehr des heiligen Euangelij/ vnd die jenigen/ so demselbigen zugethan sein/ zuuerdruecken odder zuuertilgen/ wie denn solchs itzundt mit vns/ vnd andern mher geschicht/ nicht allein widder Goettlich/ sondern auch widder die geschriebene eigen rechte/ vnangesehen das man andere schein vnd namen fuergibt/ so kan vnnd sol eine Vntere/ Gottfuerchtige Obrigkeit sich sampt den jhren/ vber welche sie gesetzt ist/ widder solchen vnrechten gewalt schuetzen/ vnd auffhalten/ auffs beste sie kan/ rechte lehr vnd Gottes dienst/ Leib vnd leben/ gutt vnd ehre bewaren.“ 266

Da die Obrigkeit ihren von Gott gesetzten Auftrag, den Schutz des Guten und die Strafung des Bösen, nicht erfüllt habe, so die Argumentation, habe sie ihr Amt verwirkt und sei nunmehr eine Ordnung des Teufels, der Widerstand entgegenzubringen sei.267 Eine ganz ähnliche Argumentation findet sich in Basilius Monners Schrift „Vom ampt der Obrickait“, welche 1550 unter dem Pseudonym Christoph Cunradt in handschriftlicher Form kursierte.268 Darin belegt der Jurist Monner, 262

ROBERT VON FRIEDEBURG, Widerstandsrecht und Konfessionskonflikt. Notwehr und gemeiner Mann im deutsch-britischen Vergleich 1530 bis 1669, Schriften zur Europäischen Rechts- und Verfassungsgeschichte 27, Berlin 1999, 63 sowie KAUFMANN, Ende, 188. 263 Bekentnis Vntericht vnd vermanung, Kj r. 264 Vgl. FRIEDEBURG, Widerstandsrecht im Europa der Neuzeit, 29. 265 Vgl. u.a. BÖTTCHER, Ungehorsam, passim sowie ROBERT VON FRIEDEBURG, Welche Wegscheide in die Neuzeit? Widerstandsrecht, „Gemeiner Mann“ und konfessioneller Landespatriotismus zwischen „Münster“ und „Magdeburg“, in: HZ 270, 2000, 561–616, v.a. 578–586. So gestand auch der Kaplan Georg von Waltersdorff in einem Schreiben vom 18.01.1548 gegenüber dem Markgrafen Johann von Küstrin der unteren Obrigkeit das Recht zu, sich gegen eine tyrannische höhere Obrigkeit zur Wehr zu setzen [GStA PK I. HA, Geh. Rat, Rep. 14, Nr. 1, Fasz. 3, fol. 4 r–18 v]. 266 Bekentnis Vntericht vnd vermanung, Kj r–v. 267 Vgl. ebd., Kj v. 268 CHRISTOPH CUNRADT [i.e. Basilius Monner], Vom ampt der Obrickait gegenn den vnderthanen vnd der vnderthanenn gegen der Obrickait wie fernne mhan derselbigenn zugehor-

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daß die Gegenwehr, insbesondere der unteren gegen eine höhere Obrigkeit, in den göttlichen, natürlichen und positiven Rechten begründet ist. Die Verfolgung des göttlichen Wortes und die Verwüstung des Vaterlandes durch den Kaiser qualifiziere die höchste Obrigkeit als Tyrann, als Werkzeug des Teufels und Feind des Reichs und setze den Kaiser in den Stand einer Privatperson, der Gegenwehr zu leisten jede untere Obrigkeit verpflichtet sei: „[...] ob gleich er den Namen vnd titel der obersten Oberkeit rühmet vnd füret, So ist er doch mit der that, im werck, vnd fur Gott nichts anders, denn ein eitzeler vnd gemeiner man, vnd priuat person, so mörderey vnd Rewberey vbet, betrubt, verwirret, vnd zerstoeret gemeinen fried, ruhe vnd einigkeit.“269 Die von den Predigern in der ‚Confessio‘ angeführten vier Grade der ungerechten Gewalt mündeten im tyrannischen Wesen des Beerwolfs, der sich hoher weltlicher Obrigkeiten bediente, die Lehre Christi zu vertilgen. In diesem Fall stünden alle weltlichen Obrigkeiten in der Pflicht, sich sowohl des Beerwolfs als auch seiner obrigkeitlichen Werkzeuge zu erwehren. „[...] wenn die Tyrannen also toll vnd rasend werden/ das sie mit waffen vnd krieg anheben zuuerfolgen/ nicht allein die Personen der vndern Obrigkeit/ vnnd der vnterthanen in einer rechten sachen/ Sondern auch in den personen das hoechste vnnd noetigste Recht/ vnd gleich vnsern Herrn Gott selbst/ der ein stiffter ist desselbigen Rechten/ Vnd solches nicht etwa aus gebrechlichkeit/ das einen der zorn moecht vbereilen/ sondern mit wolbedachten muth vnnd rath/ des vorhabens/ bey allen nachkommen das recht zuuertilgen. Wenn einer so tieff felt/ vnnd wenn ers gleich thut aus vnwissenheit/ vnd ist gleich der oeberste Regent/ so ist er nicht allein ein Beerwolf [...] sondern ist der Teuffel selbst [...].“270

Die Figur des Beerwolfs271 symbolisierte den endzeitlichen Tyrannen, der sich in seinem verderbenden Tun „etwas mehr denn Tyrannisch“ gebärdete272: Er galt als der anomos (2 Thess 2,8), der im Begriff sei, sich über Gott und alle Rechte zu setzen, und die Ordnung der göttlichen Schöpfung zu zerstören, um „das hoechste vnnd noetigste Recht/ vnd gleich vnseren Herrn Gott selbst/ der ein stiffter ist desselbigen Rechten“273 zu vernichten. Jede weltliche Obrigkeit, die diesen darin unterstützte, indem sie zum Beispiel den Ehestand aufheben und ihrer Pflicht, diesen zu wehren, nicht nachkommen würde, sei noch gefährlicher als der Beerwolf. Eine solche Obrigkeit sei der Teufel selbst.274 samen schuldig seye. Bedencken verdeutschet durch Christopherum Cunradt, 1550 [SHStA Dresden, Geh. Rat Loc. 10039/2]. Eine lateinische Fassung der Handschrift befindet sich in der FB Gotha. Eine Edition der Texte ist in Vorbereitung. 269 Ebd., 134 r. 270 Bekentnis Vntericht vnd vermanung, Kiij v. 271 Das Wort „Beerwolf“ ist eine Verdeutschung des Ungeheuers in Dan 11,36 sowie des griechischen „ “. 272 Bekentnis Vntericht vnd vermanung, Kiij v. 273 Ebd. 274 Vgl. ebd.

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„Wie denn nu hie in diesem fall kein vernuenfftiger mensch wuerde anders sagen werden/ denn das es nach Goettlichem Recht vnnd befehl wol gethan were/ das einem solchen Fuersten odder obersten Regenten in solchem vnbillichem fuerhaben auch die aller geringesten vnnd schwechesten Regenten wereten/ so viel sie kuenten.“275

Nach göttlichem und natürlichem Recht war jede weltliche Obrigkeit aufgefordert, zum Schutz ihrer Untertanen einer die Herrschaft derart pervertierenden Obrigkeit Gegenwehr zu leisten. Da diese Obrigkeit aus dem ihr von Gott gegebenen Amt gegriffen habe, galt jede andere Obrigkeit verpflichtet, ihr eigenes Amt wahrzunehmen und sich gegen deren Tyrannei zur Wehr zu setzen.276 Die Figur des Tyrannen findet sich in den Magdeburger Texten im traditionellen Verständnis einer entarteten Herrschaft, die Bestandteil der göttlichen Ordnung und zur Strafe der Menschen eingesetzt war.277 Die Ausübung des Widerstandes gegen diesen Tyrannentypus war daher weder rechtmäßig noch erforderlich. Erst dessen apokalyptische Qualität ermöglichte es, nicht nur dem Tyrannen selbst, sondern vor allem auch der mit ihm verbundenen weltlichen Obrigkeit entgegenzutreten. Damit konnte jede Obrigkeit, und damit auch der Kaiser, als unchristliche Herrschaft disqualifiziert werden.278 Die Gegenwehr gegen eine solche die Schöpfungsordnung zerstörende Macht zielte daher letztlich auf den Erhalt bzw. die Wiederherstellung dieser Ordnung. Widerstand als Wiederherstellung der (Rechts-)Ordnung galt als ein Charakteristikum jeglicher Gegenwehr.279 Die Magdeburger Prediger verwiesen in ihrer Legitimation der Notwehr gegen den Beerwolf explizit auf die Zirkulardisputation Luthers als Referenztext.280 Im April 1539 waren im Zuge einer Disputation unter Luthers Vorsitz 70281 Thesen über Mt 19,21 entstanden, welche sich ausgehend von der Kritik am mönchischen Besitzverzicht der Rechtmäßigkeit des Widerstandes gegen den Kaiser widmeten.282 In diesen interpretierte Luther die drei Stände 275

Ebd., Kivv. Vgl. v.a. Liij r. 277 So u.a. FLACIUS, Ein vermanung zur bestendigkeit, Hjv: „Vnser lieber Hergott sagt im Esaia/ Das er der jhenige sey der da straffet/ die Tyrannen aber sein alleine die ruten/ damit er vns zuechtiget“. 278 Vgl. auch KAUFMANN, Apokalyptik und politisches Denken, 46. 279 KLAUS DICKE, Von der Crux des Widerstands. Zur Ideengeschichte und Systematik des Widerstandsrechts, in: MARTIN LEINER/HILDIGUND NEUBERT/ULRICH SCHACHT/THOMAS A. SEIDEL (Hrsg.), Gott mehr gehorchen als den Menschen. Christliche Wurzeln, Zeitgeschichte und Gegenwart des Widerstandes, Göttingen 2005, 25–35, v.a. 34. 280 Vgl. Bekentnis Vntericht vnd vermanung, Kivv. 281 Für die erst einen Monat später zustande gekommene Disputation wurde die Thesenreihe auf 91 Thesen erweitert. 282 MARTIN LUTHER, „De tribus hierarchiis (ecclesiastica, politica, oeconomica et quod papa sub nulla istarum sit, sed omnium publicum hostis“, in: WA 39/II, 34–91. Vgl. HERMANN, Luthers Zirkulardisputation. Zur Interpretation siehe auch: VOLKER STÜMKE, Einen Räuber 276

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als von Gott gesetzte Ordnung wider den Teufel und Antichristen: „Tres enim hierarchias ordinavit Deus contra diabolum, scilicet oeconomiam, politiam et Ecclesiam.“283 Der Papst stelle aufgrund seines antichristlichen Wesens gleichsam „das widerstaatliche Prinzip selbst“ dar.284 Denn er menge die Stände ineinander, die doch geschieden werden sollten; er setze sich über alle drei Hierarchien hinweg und gehöre doch keiner an. Damit stelle er sich gegen und über die göttliche Ordnung. Die drei Stände hatten also nach Luthers Auffassung keine geringere Funktion, als das zerstörerische Wesen des Antichristen aufzuhalten, Wider-Stand zu sein. Die Unvergleichbarkeit des anomos, die nur als endzeitliches Zeichen verstanden werden konnte, führte Luther zu „einer Art Ausnahmegesetzlichkeit“, so daß er hier jedem Christen das Recht auf Notwehr zugestand und die Gegenwehr gegen den „Beerwolf“, so dieser einen Krieg führte, und dessen Werkzeuge forderte: „Ita, si papa bellum moverit, resistendum est ei sicut monstro furioso et obseso seu vere . [...] Nec curandum, si habeat militantes sibi principes, reges vel ipsos etiam Caesares titulo Ecclesiae incantatos.“285

Mit dem Zugeständnis der Notwehr gegen den Beerwolf und dessen Diener schloß Luther an jene seit den 1529er Jahren geführten Debatten zwischen Theologen und Juristen an, welche die Rechtmäßigkeit der Gegenwehr als Notwehr legitimierten. Nicht nur war dieses Recht im Naturrecht verankert, auch das Römische Recht beinhaltete die Möglichkeit, daß sich jede Person gegen einen Angreifer zur Wehr setzen könne, ohne dafür rechtlich belangt zu werden.286 In eben diesem Sinne verstand auch die ‚Constitutio Criminalis Carolina‘ von 1532 die Notwehr.287 Naturrecht und weltliches Recht sahen also die Selbstverteidigung als Recht auf Notwehr oder zumindest als nichtstrafbare Handlung vor, die in der Argumentationsfigur der Notwehr gegen (Straßen-)Räuber einen klassischen Status innerhalb des protestantischen

darf, einen Werwolf muss man töten. Zur Sozialethik Luthers in der Zirkulardisputation von 1539, in: KLAUS-M. KODALLE/ANNE M. STEINMEIER (Hrsg.), Subjektiver Geist. Reflexion und Erfahrung im Glauben. Festschrift zum 65. Geburtstag von Traugott Koch, Würzburg 2002, 207–228. 283 These 52, in: WA 39/II, 42. 284 HERRMANN, Luthers Zirkulardisputation, 88. 285 Thesen 66 und 68, in: WA 39/II, 42. 286 Vgl. hierzu B ÖTTCHER, Ungehorsam, 31–39. Sowie: SCHORN-SCHÜTTE, Eigenlogik oder Verzahnung, 23. 287 Art. 139: „Item welcher eyn rechte notweer, zu rettung seines leibs vnd lebens thut, vnnd den jhenen, der jn also benöttigt inn solcher notweer entleibt, der ist darum niemants nit schuldig.“ Die Peinliche Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1532 (Carolina), hsrg. und erläut. von GUSTAV RADBRUCH, 6. durchges. Aufl., Stuttgart 1991, 91. Vgl. auch: J OSEF KOHLER/WILLY SCHEEL, Die Carolina und ihre Vorgängerinnen. Text, Erläuterung, Geschichte, 4 Bde., Aalen 1970 (EA Halle an der Saale 1900–1915).

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Diskurses über Not- und Gegenwehr einnehmen sollte.288 Hatte Luther die Applikation dieser Argumentation auf die weltlichen Obrigkeiten bisher verweigert, ermöglichte ihm deren endzeitliche Verankerung die Anerkennung einer Ausnahmesituation, innerhalb derer diese Notwehrregelung auch gegenüber dem Kaiser, so sich dieser als blindes Werkzeug des Antichristen mißbrauchen ließe, angewandt werden konnte.289 Allerdings wollte Luther die Notwehr auf die zweite Tafel beschränkt wissen. Eine Verteidigung des Evangeliums mit dem Schwert lehnte er weiterhin ab, hätte dies zudem auch einer Nutzung des Räubermotivs im Wege gestanden. Die Grundlegung dieser Legitimation war durch Luther bereits 1531 in seiner ‚Warnung an seine lieben Deutschen‘ erfolgt290. Hier hatte er in Aufnahme der Torgauer Gespräche über die Rechtfertigung des Widerstandes gegen den Kaiser die Gehorsamsverweigerung gegenüber einem vom Papst zum Kriege verleiteten Kaiser formuliert.291 Beide Texte Luthers, sowohl die „Warnung“ als auch die Thesen der Zirkulardisputation wurden während des Schmalkaldischen Krieges (zum Teil in Auszügen) erneut aufgelegt und stark rezipiert.292 Die Koppelung der naturrechtlichen Notwehrargumentation mit der Gegenwehr gegen einen endzeitlichen Tyrannen erfuhr dabei neben der ständischen und positiv-rechtlichen Widerstandsargumentation eine besondere Aufmerksamkeit. Ihren Niederschlag fand dieses Rezeptionsverhalten in der 1552 im Druck erschienenen Schrift des Leibarztes des ehemaligen sächsischen Kurfürsten Johann Friedrich, Matthäus Ratzenberger „Warnung/ Vor den unrechten Wegen die Sache der Offenbahrung des Antichrist zu fuehren“293 Ausgehend von der 288

Zur Parallelität der Argumentation zwischen verschiedenen Rechtskreisen v.a. SCATTOWiderstandsrecht und Naturrecht, 466. Sowie DERS., Das Naturrecht vor dem Naturrecht, v.a. 59f. 289 Zur mittelalterlichen Tradition der Tyrannenlehre vgl. FRITZ KERN, Gottesgnadentum und Widerstandsrecht im früheren Mittelalter. Zur Entwicklungsgeschichte der Monarchie, 7. Aufl., Darmstadt 1980, 334–338. Sowie: J ÜRGEN M IETHKE, Der Tyrannenmord im späteren Mittelalter. Theorien über das Widerstandsrecht gegen ungerechte Herrschaft in der Scholastik, in: GERHARD BEESTERMÖLLER/HEINZ-GERHARD JUSTENHOVEN (Hrsg.), Friedensethik im Spätmittelalter. Theologie im Ringen um die gottgegebene Ordnung, Beiträge zur Friedensethik 30, Stuttgart 1999, 24–48. Zu Luthers Tyranneninterpretation siehe u.a.: JOHANNES HECKEL, Widerstand gegen die Obrigkeit? Pflicht und Recht zum Widerstand bei Martin Luther, in: ARTHUR KAUFMANN (Hrsg.), Widerstandsrecht, Wege der Forschung CLXXIII, Darmstadt 1972, 126–132, v.a. 131f. W OLGAST, Die Wittenberger Theologie, v.a. 80–84, der allerdings den apokalyptischen Tyrannen unberücksichtigt läßt. 290 WA 30/III, 252–320b. Auch auf diesen Text verwies die Magdeburger ‚Confessio‘, Oijv. 291 Vgl. hierzu u.a. W OLGAST, Wittenberger Theologie, 185–188. 292 Vgl. die Angaben bei KAUFMANN, Ende, 191 Anm. 141. Sowie: DERS., Politiktheorie und Apokalyptik, 55 Anm. 108. 293 Hier im Nachdruck von 1665: Hn. MATTH. RATZENBERGERS/ Weyland der Medicin Doctoris- und Churfuerst Johann Friederichs jn Sachsen Leib-Medici, Warnung/ Vor den unLA,

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These, daß die Rezeption der Zirkulardisputation innerhalb der lutherischen Theologengruppe auf einer bewußten Falschinterpretation beruhe, setzte sich Ratzenberger mit den zwischen 1546 und 1550 entstandenen Texten Johannes Bugenhagens, Philipp Melanchthons, Justus Menius‘, Georg Majors und der Magdeburger Prediger auseinander. Diese hätten, so die Argumentation, zu Unrecht den Widerstand gegen den Kaiser anhand der Schriften Luthers gerechtfertigt und so die Defension an die Stelle der Confessio gesetzt.294 Luther habe jedoch in seinen frühen Texten, wie in seiner ‚Warnung‘, lediglich die Gehorsamsverweigerung, nicht aber die Gegenwehr gegen den Kaiser erlaubt: „Es ist aber hierbey zu mercken/ daß es zweyerley und ein groß unterscheid sey/ dem Kayser/ So er wieder das Evangelium mit dem Schwerd streiten wuerde/ nicht gehorsamen/ vnd das Evangelium mit der Gegenwehr vertheidigen. Denn auffs erste folget Leiden und Verfolgung/ nach der Maertyrer Weise/ wie die Historia S. Mauritij klaerlich anzeiget. Auff das ander aber folget/ kriegen vnd sich wehren/ wider der Maertyrer Weise.“295

Zu Unrecht, so Ratzenberger, würden die Wittenberger Theologen ihre Lehre von der „falschen Nothwehre“296 mit der Zirkulardisputation belegen, zeige doch bereits die Proposition deutlich, daß „darinn die vorgemeldte Meinung von der verbotnen Gegenwehr/ in Religions sachen approbiret und confirmiret wird“297. Insbesondere die Gegenwehr gegen den Beerwolf hätten die Theologen bewußt verfälschend auf die weltliche Obrigkeit bezogen, obwohl doch aus den Thesen deutlich hervorginge, daß der Beerwolf keine ordentliche Obrigkeit sei. „Derhalben lehret daß letzte Stueck der Proposition vom Beerwolff gar nichts von der Gegenwehr/ Buendnueß oder Krieg/ so wieder ordentliche Obrigkeit/ von wegen der Religion vorgenommen werden wil.“298 Justus Menius hatte zum Beispiel im Frühjahr 1547 in seiner Schrift „Von der Notwehr Unterricht“299 das natürliche Recht auf Notwehr gegenüber dem

rechten Wegen die Sache der Offenbahrung des Antichrists zu fuehren. Sambt gruendlichem Beweiß und Ausfuehrung/ daß D. Martin Luther nie gebilliget/ viel weniger gerathen/ sich in Glaubens-Sachen wider der Hohen Obrigkeit Gewalt zu wehren. Auch wie Lutheri Lehr und Buecher/ in dem Punct/ durch Melancthonem, Bugenhagium oder Pomeranum, Georgium Majorem und Andere verlassen/ verleugnet/ verworffen und verfaelscht worden, s.l. 1665 [ben. Ex: FB Gotha Theol. 8° 00626/12(02) = VD17 1:074385D] (EA 1552). Zur Person vgl. CHR.[RISTIAN] GOTTH.[OLD] NEUDECKER (Hrsg.), Die handschriftliche Geschichte Ratzeberger’s über Luther und seine Zeit mit literarischen, kritischen und historischen Anmerkungen zum ersten Male herausgegeben, Jena 1850. 294 Ebd., 68f. 295 Ebd., 45. 296 Ebd., 57. 297 Ebd. 298 Ebd., 63. 299 MENIUS, Von der Notwehr vnterricht. Die verschiedenen Auflagen sowie die Abschwächung der argumentativen Schärfe durch die Editorschaft Melanchthons ist aufgearbeitet bei: LUTHER D. PETERSON, Justus Menius, Philipp Melanchthon and the 1547 Treatise

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Beerwolf formuliert. Ähnlich Luther setzte er die Schöpfungsordnung in Form der drei Stände300 gegen das diese Ordnung zerstörende Chaos des Papstes als Antichristen. Nicht nur nahm er die weltlichen Obrigkeiten in die Pflicht, ihr Schutzamt gegenüber ihren Untertanen und der Kirche wahrzunehmen und einem Krieg des Papstes entgegenzutreten. Er räumte ebenso wie Luther den Untertanen das Recht ein, wenn ihre Obrigkeit in ihrem Amt versagte, sich selbst vor dem Beerwolf zu schützen. Und dies ein jeder nach seinem Beruf. Menius’ Intention lag in der Legitimation der Gegenwehr des Schmalkaldischen Bundes, insbesondere seiner Hauptleute, und der Abweisung des in der Reichsacht vorgebrachten Vorwurfes der Rebellion. Dies formulierte er denn auch als Quintessenz seiner Abhandlung: „So ist gewis/ das diese Chur vnd Fuersten vnd jre verwanten vnd helffer/ ein recht Christlich/ Gott gefellig werck thun/ vnd ist solches werck/ nicht vffrhur.“301 Während Luther aber den endzeitlichen Tyrann als Zerstörer der Schöpfungsordnung interpretierte, dem ausschließlich im Hinblick auf die zweite Tafel entgegenzutreten war, galt die Gegenwehr bei Menius und Melanchthon hauptsächlich der Verteidigung des Evangeliums.302 Diese Argumentation wies ebenfalls die 1546 anonym erschienene Schrift Georg Majors, „Ewiger Goettlicher/ Allmechtiger Maiestat Declaration“303, auf. Auch er suchte die Gegenwehr des Schmalkaldischen Bundes gegen den Krieg des Kaisers zu rechtfertigen. Der Kaiser, so die Begründung, sei mit dem Antichristen ein Bündnis zur Vernichtung der ‚wahren Lehre‘ und zur Aufrichtung der Abgötterei eingegangen. Damit habe er gegen sein in Röm 13 definiertes Amt verstoßen und sich so selbst des obrigkeitlichen Amtes entsetzt. Aus diesem Grunde sei „allen Menschen auff Erden geboten/ dieweil sie [die Obrigkeit – d.A.] sich mit dem Antichrist zu Rom verbunden/ vnd ein Coerper vnd leib mit jm worden/ vnd aller seiner suenden vnd greweln/ sich teilhafftig gemacht/ vnd dieselbige mit gewalt verteidigen/ vnd andere Leut zu zerreissung vnser Goettlichen ordnung/ vnd annemung jrer Abgoetterey vnd schendlichen verdamlichen suenden vnd laster/ dringen vnd zwingen wollen/ Das jnen niemands als Teufels Oberkeit vnd Gliedmassen/ gehorsam sey/ vnd jnen/ dieweil sie meine ordnung zerreissen vnd zerstoeren/ mit aller macht/ als dem Tuercken vnd dem Teufel selbst/ widerstand thue.“304

Da Major wie Menius das Naturrecht dem göttlichen Recht gleichsetzte, konnte er auch hier die Notwehr gegen den kaiserlichen Tyrannen naturrechtlich legitimieren. Eben diese Argumentationslinie führten die Magde„Von der Notwehr Unterricht“, in: ARG 81, 1990, 138–157. Zur naturrechtlichen Argumentation vgl. u.a. SCATTOLA, Widerstandsrecht und Naturrecht, 463–465. 300 Vgl. u.a. SCHORN-SCHÜTTE, Politikberatung, 58–60. 301 Ebd., Fiij v. 302 Vgl. auch FRIEDEBURG, Welche Wegscheide in die Neuzeit?, 578–586. 303 MAJOR, Ewiger Goettlicher/ Allmechtiger Maiestat Declaration. 304 Ebd., Fij r–v.

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burger Geistlichen in ihrem ,Bekenntnis‘ vom April 1550 fort. Der Kaiser, als die von den Magdeburgern anerkannte rechtmäßige Obrigkeit, trachte als Werkzeug des Beerwolfs danach, „des Antichrists vnd des Teuffels Reich auff[zu]richten/ vnd das Reich CHRisti [zu] zerstoeren“.305 Aus dieser apokalyptischen Situationsanalyse ergab sich als Schlußfolgerung die Rechtfertigung der Magdeburger Gegenwehr: „Dieser erster grundt zu beweisung der Nothwehre/ ist genomen aus klarem Gottes Wort/ vnd aus dem vnwandelbaren Gesetz der Natur/ ist auch das fuernemeste argument in dieser disputation/ vnd ist die vnleugbare warheit/ Welches so man recht wolt ausstreichen vnd bedencken/ wuerde man sehen/ was fuer ein grewliche schreckliche Suende vnser widderwertigen begehen. Wie auch die vnsern vnnd andere/ so sich jhrer noch halben widder sie wehren/ nicht allein recht/ sondern auch ein besunders werck thun/ als eines Goettlichen eiuers vmb die ehre Gottes.“306

Daß jeder, der sich nicht nur an der drohenden Belagerung der Stadt, sondern auch an der Annahme des Interims und der Leipziger Landtagsvorlage beteiligte, zum Verfolger Gottes und Erbauer des antichristlichen Reiches wurde, ergab sich aus eben dieser Argumentation, welche die Quintessenz der Mahnung des dritten Teils der ‚Confessio‘ darstellte. Die Rechtfertigung der Gegenwehr gegen einen auf die Vertilgung des Evangeliums gerichteten Angriff eines kaiserlich-apokalyptischen Tyrannen bildete jenes Hauptmotiv, welches nicht nur die Argumentation der Magdeburger ‚Confessio‘ prägte, sondern sich – wenn auch in Abwandlungen – auch in den wittenbergischen Texten zur Notwehr findet. Diese Kontinuität, welche durch die neueste Forschung durch intertextuelle Vergleiche konstatiert werden konnte307, ist in den Schriften sowohl der Exules als auch der genuin Magdeburger Geistlichen explizit zu entnehmen. Denn der seitens der Exules gegenüber den kursächsischen Theologen erhobene Vorwurf der Abweichung bezog sich nicht nur auf den rein theologischen Aspekt der Lehre, sondern eben auch auf deren Lehre von der Rechtmäßigkeit der Notwehr: „Aber sie hatten dazumal noch ein Fuersten/ der sagte/ derselbe Krieg were eine Verfolgung/ Vnd weil sie mit in der gefahr waren/ Drumb sagten sie auch/ es were eine Verfolgung. Widderumb aber itzund/ nach dem sie mit jhrer schoenen Adiaphoristerey/ die Hure vnd das Thier versuenet/ vnd nu ein Herrn haben/ der da sagt/ Es wey keine verfolgung/ So sagen sie auch es sey keine verfolgung.“308

In diesem Sinne finden sich Hinweise vor allem in den Druckschriften des Flacius auf die Texte der Wittenberger. So warf er unter anderem Johannes 305

Bekentnis Vntericht vnd vermanung, Kivv. Ebd., Ljr. 307 Dies v.a. in Absetzung zu jenen Forschungen, welche der ‚Confessio‘ eine neue Qualität des Widerstandsdenkens zuwiesen. Vgl. hierzu KAUFMANN, Politiktheorie und Apokalyptik, 61. Sowie HAUG-MORITZ, „Ob wir uns auch mit Gott“, 509. 308 FLACIUS, Antwort Matth. Fl. Illyr. auff etliche Beschueldigung, Aiiijr. 306

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Bugenhagen vor, daß dieser noch vor wenigen Jahren in einer öffentlichen Schrift den Böhmen geraten habe309, sich nicht zum Krieg gegen den sächsischen Kurfürsten mißbrauchen zu lassen und nun doch selbst zum Verfolger der Religion geworden sei.310 Um dies zu belegen, publizierte Gallus die Schrift noch einmal im Jahr 1551 mit einem entsprechenden Vorwort und Kommentar.311 Den Verweis der ‚Confessio‘ auf die Schriften der Adiaphoristen, die „lange zuuorn vor vns [...] solche nothwehre gnugsam erwiesen haben“312 aus göttlichem und natürlichem Recht, sollte durch Flacius einige Jahre später resümierend konkretisiert werden: „DAs ich die Magdeburger solte zum Krieg bewegt haben etc. Dagegen ists oeffentlich/ das sie allbereit zwey ganze Jar in der Acht gewesen/ da ich zu jnen kommen bin. WEr sie aber/ vnd andere/ zur Nothwehre zu solchem Kriege gereitzt habe/ Frage man die gedruckten Schrifften Philippi an die Behmen/ Schlesiger/ vnd das Buch an die liebe Deudschen. Jtem den 20. Psalm Crucigeri313, Die Himlische Acht Maioris/ Das Buch Menij von der Notwehr/ vnd andere dergleichen Schrifften Anno 1546. vnd 1547. ausgangen.“314

Selbst unter Berücksichtigung der polemischen Stoßrichtung einer im Jahr des Wormser Religionsgesprächs verfaßten Verteidigungsschrift bleibt doch der Verweis auf die Wittenberger Tradition und deren Rezeption durch die Exules. Bereits 1549 findet sich bei Flacius eine ähnliche Argumentation in der Auseinandersetzung mit Pfeffinger, die wie in der ‚Confessio‘ auf die Notwehrschriften der Wittenberger Bezug nimmt: „Was nu auffrhur oder nottwer sey/ wil ich alhie nicht viel disputirn/ es sindt in kurtz gute schriefft von der notwehr aussgangen/ die mag man lesen/ ich halt es dafuer/ das dieweil das 309

Hierbei handelt es sich um: JOHANNES BUGENHAGEN, Christliche vermanung des Ehrwirdigen Herrn Doctor Johann Bugenhagen Pomerani/ Pastors der Kirchen zu Witteberg/ An die loebliche Nachbarschafft/ Behemen/ Slesier vnd Lusatier, Hans Lufft, Wittenberg 1546 [VD16 B 9229]. Der lateinische Titel ist hier aussagekräftiger: ADHORTA|TIO BREVIS ET PLENA PIETATIS D.DOCTORIS IOHANNIS BVGENHAGII POmerani, Pastoris Ecclesiae Vuitebergensis ad vicinos in Bohemia, Silesia & Lusatia, eximia virtute preditos, ne adiuuent hostes Euangelij, qui armis & vi, Ecclesias & Scholas pias in his Regionibus vastare crudelissime decreuerunt, Scripta 1546. Mense Octobri, Georg Rhau, Wittenberg 1546 [VD16 B9229]. 310 Vgl. FLACIUS, Antwort Matth. Fl. Illyr. auff etliche Beschueldigung, Ciij r–v. 311 NIKOLAUS GALLUS, Christliche vermanung etlicher Theologen zu Wittebergk an alle Christen/ sonderlich an die Deudtschen Kriegsleut/ nechst verschienener Jare vnd itzt schwebende Kriegshandlung wider die Christen betreffend/ auffs newe wider im druck ausgangen./ Mit einer Vorrede vnnd Scholien M. Nicolai Galli/ Pfarrherrn der alten stadt Magdeburgk, Michael Lotter, Magdeburg 1551 [ben. Ex.: SBB PK Flugschr. 1547–9 = VD16 C2368]. 312 Bekentnis Vntericht vnd vermanung, Hiij v. 313 CASPAR CRUCIGER D.Ä., Der XX. Psalm fur Christliche Herrschafft zu beten, Hans Lufft, Wittenberg 1546 [ben. Ex.: HAB C 59 Helmst. 4° (4) = VD16 C5866]. 314 MATTHIAS FLACIUS ILLYRICUS, Bericht M. Fla. Jllyrici/ Von etlichen Artikeln der Christlichen Lehr/ vnd von seinem Leben/ vnd enlich auch von den Adiaphorischen Handlungen/ wider die falschen Geticht der Adiaphoristen, [Thomas Rebart, Jena] 1559, Givr [ben. Ex.: HAB 156.22 Theol. 4° (10) = VD16 F1280].

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Die Apokalypse

Euangelium nicht auffhebt die weltliche policey haben die vnthertanen recht zu handeln mit der Oberkeit vmb jrgent einer weltlichen sache/ so haben sie in der Religion sache solch recht auch/ vnd viel mehr/ die weil es ein viel grosser ding ist/ die leut inn eine falsche Religion zu bringen/ denn sie mit weltlicher Tiranney plagen. S. Paulus befihlet wol den vnterthanen jhrer Oberkeit gehorsam zu sein/ aber er zeiget auch was der Oberkeit ampt sey/ nemlich das gute ehren/ vnd das boese straffen. [...] Derhalben sind alle Christen schueldig mit leyb vnd gut/ vnd wye sie nur jmmer muegen diesem boesen handel/ damit man die Christliche Religion in die Bepstische grewel verwandelt/ vnd den grewel der verwuestung in der Kirchen Christi auffrichtet/ mit aller macht widderstand zuthun.“315

Das Thema der Rezeption der Wittenberger Notwehrargumentation durch die Magdeburger abschließend sei auf den Briefwechsel316 zwischen Ratzenberger und dem Magdeburger Senior Lukas Rosenthal über die Zirkulardisputation verwiesen. Rosenthal versicherte am 17. April 1548 gegenüber dem Arzt, daß er von dem Verbot, das Evangelium mit dem Schwert zu verteidigen, wisse, der Kaiser jedoch als die von Gott eben hierzu verordnete Obrigkeit diesem Amt nicht nachkomme, sondern vielmehr das Evangelium im Bündnis mit dem Papst verfolge. „Wir halten den Keyser vor vnser liebe von Gott geordnete oberkeyt, sein auch vnd wollen hinsonder gehorsam sein, thun vnd reden alles wies wir sollen. Aber dem Bapst welcher kein Bischoff kein konig kein furste ist, besonder ein solcher Teuffel, welcher beyde kirche, haus vnd weltlich regiment suchet zureissen, sollen wir nicht willigen, auch solchs von ihm nit leiden, vnangesehen das er solche grosse herren zu knechten hatt.“317

Rosenthal verwies auf die ‚Propositio vom Beerwolf‘, stellte das Schicksal der Stadt Gott anheim und schickte eine Abschrift der ‚Propositio‘ an Ratzenberger. In seiner Antwort318 schrieb der Arzt an den Geistlichen, daß er mehrmals den Text gelesen und mit anderen diskutiert habe und doch der Meinung sei, daß dieser nicht von der Defension gegen die ordentliche Obrigkeit handele. Dem schließt sich jene Beweisführung an, die Ratzenberger wenige Jahre später in den Druck ausgehen ließ.319 Wenn der betagte Rosenthal noch nicht zu jener Argumentation fand, die 1550 in der ‚Confessio‘ formuliert wurde, bestätigt doch der kurze Briefwechsel einerseits die Rezeption dieses Textes und richtet anderseits den Fokus auf die doch eher im Schatten der Publikationstätigkeit der Exules stehenden Magdeburger Geistlichen. Eine in dieser Hinsicht sich andeutende

315

FLACIUS, Eine schrifft Ma. Flacij Illyrici widder ein recht epicurisch buch, Ejr–Eijv. Dieser befindet sich in den Reformationshandschriften der Forschungsbibliothek Gotha und wurde soeben im Rahmen eines von der DFG geförderten Projektes erschlossen. Für den Hinweis danke ich Dr. Daniel Gehrt. 317 Schreiben des Lukas Rosenthal an Matthäus Ratzenberger vom 17.04.1548, in: FB Gotha Chart B38, 103 r–105 v, hier 103 v–104 r. 318 Schreiben des Matthäus Ratzenberger [nach dem 17.04.1548], in: ebd., 105 v–108 v. 319 Siehe oben. 316

Die Zerstörung der Schöpfungsordnung

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Gemeinschaft zwischen Exules und den Magdeburgern festzustellen, halte ich jedoch aufgrund des momentanen Kenntnisstandes für verfrüht.320 Zu konstatieren bleibt, daß die endzeitliche Verankerung der politischen Kommunikation der Magdeburger zu einer verschärften Wahrnehmung politischer Herrschaft führte. Um die Gegenwehr gegen Antichrist und Tyrann, die die Reiche und Stände in einander mengten, legitimieren zu können, mußte der Zuständigkeitsbereich der Regimente und Stände genauestens definiert werden. Nur so war es möglich, ein Ausgreifen aus dem Amt zu erkennen und die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Die Geistlichen bezogen diese Definition der Zuständigkeiten in erster Linie auf das geistliche und weltliche Regiment bzw. den status ecclesiasticus und status politicus. So hatte die weltliche Obrigkeit weder das Recht, der Kirche neue Zeremonien zu verordnen oder eine neue Lehre einzuführen bzw. diese zu ändern, wie es mit Interim und Landtagsvorlage versucht wurde, noch den Pfarrern die Predigt vorzuschreiben oder die Prediger ihres Amtes zu entlassen, die doch der Heilige Geist eingesetzt hatte.321 Ihre Aufgabe war es allerdings, die „reine rechtschaffende Lere vnd Kirchenordnung helffen zu foerdern vnnd zu hand haben“322 sowie auf dem Rathaus „vbr leib vnd gut der menschen“323 zu regieren. Ebenso hatte sie nicht das Recht, von den Predigern die Verkündung ihrer Gebote zu verlangen: „So ja die Obrikeit wil vnsinnig sein/ vnnd solches anrichten/ So solt dennoch jhr Lehrer nicht thoerlich handeln/ Last sie selbst jhre Mandat vnnd beuel/ durch den Marckmeister auff dem marck aussruffen. Des Predigers ampt erforderts nicht/ Das ers in der Kirchen von der Cantzel herab vorkuendige.“324

Für die Bischöfe und Prediger, die das geistliche Regiment inne hatten, war alleinige Richtschnur das Wort Gottes, nach dem sie Predigt und Kirchenordnung zur Erbauung der Christen halten sollten. Weder durften sie ohne Zustimmung der Kirche geistliche Ordnungen setzen, und schon gar keine Ordnungen im weltlichen Reich.325 Ein Gebot wider Gottes Wort war, egal 320

Auch wenn die Exules behaupten, daß sie in der Frage der Notwehr „alles also mit vnns eins sind/ auch andere Prediger alhie“. Deren zu Magdeburgk/ so widder die Adiaphora geschrieben haben, Biij r. 321 Siehe oben. 322 GALLUS, Gegenbericht auff D. Pfeffingers, Bjr. 323 NIKOLAUS GALLUS, Widder den adiaphoristischen Geist/ inn jtzt vorstehenden vorkerungen der Christlichen wolgeordenten Kirchen/ kurtze gründliche erinnerung/ zu einem Christlichen waren vrteil/ vnd rechter Christlicher bestendickeit dienstlich. Durch Magister Nicolaum Gallum Pfarrhern zu Sanct Vlrich/ der alten Stadt Magdeburg, Michael Lotter, Magdeburg Juli 1550, (Einblattdruck) [ben. Ex.: UB Rostock Fg–1106.20]. 324 J OHANNES HERMANNUS, Das man in diesen geschwinden leufften/ dem Teuffel vnd Antichrist zugefallen/ nichts in den Kirchen Gottes vorendern soll, [Wittenberg?] 1548, o.Dr., Biv–Bij r [ben. Ex.: FB Gotha Th 713/124 Rara = VD16 H2352]. 325 Vgl. GALLUS, Gegenbericht auff D. Pfeffingers, Bj r.

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Die Apokalypse

durch wen es erlassen wurde, für die Kirche unverbindlich. Wie die weltliche Obrigkeit hinsichtlich der beiden anderen Stände den gemeinen Nutzen zu fördern hatte, waren die Prediger gehalten, die Obrigkeit zur Frömmigkeit und Gottes Lob zu mahnen und bei Verstößen zu strafen.326 Regimente und Stände waren jeweils in ihrem Amt beauftragt, Gottes Ehre zu dienen. Mit dem Interim und der Landtagsvorlage griff die weltliche Obrigkeit in Gestalt des Kaisers und sächsischen Kurfürsten aus dem Amt. Beide schrieben der Kirche Satzungen vor, die einerseits nur die Kirche hätte ordnen können und andererseits nur unter Zustimmung der gesamten Kirche. Der Übergriff ins Kirchenregiment hatte eine Vermischung der Reiche zur Folge. Damit bestand für die göttliche Schöpfungsordnung eine große Gefahr, denn so geschwächt war sie kaum in der Lage, den Antichristen aufzuhalten. In dieser Hinsicht erwies sich die weltliche Obrigkeit als Tyrann und Werkzeug des Antichristen, der der Gehorsam aufzukündigen war. Widerstand allerdings sahen die Prediger für sich selbst nur in geistiger Form mit Wort und Feder vor. Der aktive leibliche Widerstand blieb der unteren Obrigkeit überlassen. Das Zugeständnis des individuellen Widerstandes gegen den Tyrannen vertraten die Magdeburger demnach nicht. Die weltliche Obrigkeit erwies sich in einer Zeit akuter Bedrohung der Schöpfungsordnung, zu deren Schutz sie doch verordnet war, als nicht in der Lage, diese Aufgabe wahrzunehmen. Vielmehr machte sie sich mit dem Antichristen gemein und wurde dadurch selbst zur Gefahr. Dagegen nahmen sich die Prediger des geistigen Widerstandes gegen das Vordringen des Antichristen an, indem sie, den leiblich aktiven Widerstand der unteren Obrigkeit mit dem Naturrecht legitimierten und mit der Offenbarung des Antichristen die Notwendigkeit des Erhaltes der Schöpfungsordnung in Form der drei Stände bzw. zwei Regimente betonten. Jenes Beharren auf der göttlichen Ordnung kann jedoch nur in präskriptiver Hinsicht verstanden werden. Denn nach Luthers Offenbarungsleistung war deutlich geworden, daß einerseits der Antichrist schon seit geraumer Zeit auf Erden wandelte und andererseits durch dessen Vermengung der Ämter, die mit dem Interim einen Höhepunkt erreichte, die göttliche Ordnung längst zerstört oder zumindest geschwächt war. Die Theologen fanden jene Ordnung, auf die sie ihre Rezipienten einschworen, nur noch im statu descendi vor. Um so notwendiger war ihr Widerstand und als um so erforderlicher erwies sich im Sinne der renovatio das Deutungsmuster der Drei-Stände-Lehre. Die Obrigkeit war damit längst nicht überflüssig geworden. Sie hatte sich jedoch den sie in ihre Schranken weisenden Predigern zu beugen, sich ihrem Wächteramt zu unterwerfen. Durch die Wahrnehmung dieses Amtes vermochten die Geistlichen in ihrem Stand gemeinsam mit dem status politicus und oeconomicus dem Antichristen standzuhalten. Und so konnte Gallus 1552 bezugnehmend auf die Funktion des Katechon fest326

Vgl. die Ausführungen bei FLACIUS, Ein buch/ von waren vnd falschen Mitteldingen, Fijr–v.

Amico Plato ...

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stellen, daß der Antichrist „jtzt ein zeitlang auffgehalten worden/ das er nit wider eingesessen.“327

4. Amico Plato ... In der Auseinandersetzung um die kursächsischen Reaktion auf das Augsburger Interim wurde auch die Rolle der Wittenberger Theologen und ihr persönliches Verhältnis zu den Magdeburger Exules thematisiert. Denn die unterschiedliche Bewertung der Bekenntnissituation und deren Folgen führten in letzter Konsequenz zum Bruch der Freundschaften zwischen den Schülern und ihren Lehrern. Während Nikolaus Gallus und Matthias Flacius Illyricus persönlich in das kursächsische Interimsgeschehen involviert waren, war Nikolaus von Amsdorf innerlich weit von Wittenberg entfernt. Aufgrund seiner engen Freundschaft mit dem fast gleichaltrigen Luther und seiner Tätigkeit an der Leucorea hatte er eine gewisse Autorität unter den Wittenbergern genossen, die ihm selbst nach seinem Weggang nach Magdeburg erhalten blieb. Die Freundschaft zu Melanchthon allerdings kühlte sich angesichts dessen Rolle in den Religionsgesprächen der 1540er Jahre zunehmend ab328, sah doch Amsdorf bereits hier die ersten Tendenzen der Abweichung von der Lehre Luthers. Der Schmalkaldische Krieg und die Wiederaufnahme des Lehrbetriebes in Wittenberg unter der Herrschaft des neuen Kurfürsten Moritz forcierten diesen Trend. Denn für Amsdorf, der sich eng verbunden mit dem Schicksal der Familie des ehemaligen Kurfürsten sah, galten jene Theologen, wie Melanchthon, Bugenhagen und Major, als Verräter, die ihrem ehemaligen Fürsten die Treue aufsagten, um sich dem „Judas von Meißen“ zu unterwerfen.329 Diese eher politische Kritik verband sich seit 1548 mit den Lehrauseinandersetzungen im interimistischen, adiaphoristischen und majoristischen Streit, die Amsdorf von Magdeburg aus im publizistischen Kampf um den Erhalt der reinen Lehre Luthers führte.330 327

NIKOLAUS GALLUS, Auff des Herrn D. Maiors verantwortung vnd Declaration der Leiptzigischen Proposition/ wie gute werck zur seligkeit noetig sind/ zum zeugnis seiner vnschuldt/ das er mit der Leiptzigischen handlung nichts zu thun habe./ Antwort. Nicolai Galli, Michael Lotter, Magdeburg; Basel 1552, Eijr [ben. Ex.: FB Gotha Theol. 4° 210c(9) = VD16 G255]. 328 Während Melanchthon auf dem Regensburger Religionsgespräch im Frühjahr 1541 um eine Annäherung mit der altgläubigen Seite bemüht war, fungierte Amsdorf, der in Regensburg offensichtlich im Auftrag des sächsischen Kurfürsten weilte, als Advocatus Diaboli, um die Gespräche schnellstmöglich zum Abbruch zu bringen. Vgl. LERCHE, Amsdorff und Melanchthon, 13f. Siehe auch Kap. 3. 329 Siehe hier u.a. die Handschrift AMSDORFS: Ein trost, warnung vnd vermanung wider den Gottlosen Hertzog Moritz, 1546, in: REICHERT, Amsdorff und das Interim B, Ia, 1–14. 330 In seinem Testament aus dem Jahr 1558 beklagte er denn auch: „Nimant wil Luthers schüler vnd iünger bleibn, sie künnens alle besser; was sie aber guts machn, das sehen wir

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Die Apokalypse

Für Amsdorf waren die Beteuerungen der Theologen, daß ihr Leipziger Vorschlag nichts an den Lehrartikeln ändern würde, nicht in Übereinstimmung zu bringen mit ihrer Haltung zu den Adiaphora. Nicht die Magdeburger, sondern die albertinischen Theologen waren von der Lehre abgefallen, nicht sie, „so es vorhin mit vns gehalten“331, sondern die Exules bewahrten die Lehre Luthers.332 Amsdorf hatte nach dessen Tod kaum mehr persönliche Beziehungen zur Leucorea aufrechterhalten und sich im Gegenteil an der Gründung der Universität Jena333 beteiligt. Die Orientierung auf Wittenberg hatte er längst abgelegt. Gallus und Flacius dagegen konnten die Ereignisse in Wittenberg und Leipzig vor Ort verfolgen und waren mit Ausbruch der Interimsstreitigkeiten noch stark in das Wittenberger Netzwerk involviert. Flacius weilte bereits seit sieben Jahren in Wittenberg und stand aufgrund seiner Professur an der Leucorea in enger Verbindung mit den dort tätigen Theologen. Nach seiner Ankunft 1541 wohnte er bei Melanchthon, arbeitete einige Jahre als dessen Korrepetitor und unterhielt zu ihm ein freundschaftliches Schüler-Lehrer-Verhältnis.334 Gallus traf zwar erst mitten in den Interimswirren in der Stadt ein, hielt jedoch auch nach seinem Studium an der Leucorea von Regensburg aus Kontakt nach Wittenberg, wie die Empfehlungsschreiben Melanchthons zeigen.335 Ausdruck seiner Wertschätzung seitens Melanchthons war die vertretungsweise Übernahme des Predigtamtes an der Schloßkirche. Beide thematisierten ihr Verhältnis zu den Wittenbergern immer wieder in ihren Publikationen und machten dieses so zu einer öffentlichen Angelegenheit. Ausführlich äußerte sich Flacius in seiner noch 1549 erschienenen ,Entschuldigung‘ an die Wittenberger Universität.336 Gallus räumte dieser Thematik einen Platz im Vorwort seiner Disputation über die Mitteldinge aus

fur ougen [...].“ In: OTTO LERCHE (Hrsg.), Nikolaus von Amsdorff. Ausgewählte Schriften, Gütersloh 1938, 107. 331 N IKOLAUS VON AMSDORF, Auff die kuenstliche Spoettische vnd Bitterhoenische ORATION So D. Ziegler zu Leiptzig am Ostermontag widder die bestendigen Lutherischen recitirt hat.// 1549.// Beurische vnd einfeltige antwort/ Durch Nicolaum von Amsdorff, Michael Lotter, Magdeburg 1549, Ajjr [ben. Ex.: FB Gotha 12 an Theol. 4° 185-186 Rara = VD16 A2327]. 332 Diese Einordnung in die Tradition Luthers findet sich in mehreren Schriften Amsdorfs, u.a. Auff die kuenstliche Spoettische vnd Bitterhoenische ORATION, Aiijv. Oder: AMSDORF, Das Doctor Pomer, Aij r. 333 Zur Gründung der Jenenser Universität und ihrer Funktion als Projektionsfläche lutherischer Tradition vgl. v.a. JOACHIM BAUER, Von der Gründung einer Hohen Schule in „elenden und betrübten Zeiten“, in: JOACHIM BAUER, DAGMAR BLAHA/HELMUT G. WALTHER (Hrsg.), Dokumente zur Frühgeschichte der Universität Jena 1548 bis 1558, Quellen und Beiträge zur Geschichte der Universität Jena 3.1, Weimar/Jena 2003, 31–88. 334 Vgl. OLSON, Matthias Flacius, 42. 335 Siehe Kap. 2. 336 FLACIUS, Entschueldigung.

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dem Jahre 1550 ein.337 Sie reagierten damit offenbar auf Anschuldigungen seitens der sächsischen Theologen, da beide Autoren auf die Rechtfertigung ihrer antiadiaphoristischen Publikationspolitik abzielten. Aus ihren Berichten über die sächsischen Handlungen wird deutlich, von welch inneren Zweifeln sie angesichts des Verhaltens der Theologen geplagt waren, die nicht nur berühmte Gelehrte, sondern auch ihre Lehrer waren. So sei hier stellvertretend Gallus zitiert: „Zur selben zeit hub ich weiter an/ der sache recht mit gantzem ernst nachzutrachten/ und mit mir selbst zu kempffen. Denn ich lies mich duencken/ daß ich leichtlicher jrren koente denn solche grosse leute/ von welchen ich die Lehr empfangen hatte/ und das es gefehrlich were/ von jhrer meinung abzutreten. [...] Aus diesem allen vermerckte ich auch/ das ich bey mir selbs schier anfieng etwas zu zweiffeln an etlichen erklerten Artickeln der Lehr [...]“338

Eben diese Autorität der Wittenberger gestaltete sich für Flacius und Gallus als äußerst problematisch, war doch davon auszugehen, daß auch andere Prediger an der „wahren Lehre“ zweifelten, vor allem aber die Schwachen durch deren Vorbildwirkung stark verunsichert würden.339 Die Verheimlichung ihrer Beratungen, die Verharmlosung der interimistischen Gefahr durch die Adiaphora und die Inkaufnahme der Vertreibung von Predigern und des Abfalls der Gemeinden bewiesen, daß die sächsischen Theologen zum Antichristen übergegangen seien: „Denn in jhrem Leiptzigschen Jnterim vnterwerffen sie sich vnd jhre kirchen dem Bapst vnd seinen Bischoffen/ welchen sie aus Gottes wort fuer den Antichrist erkennet haben/ nemen seine malzeichen inn lehre vnd Ceremonien an/ auff das sie mit jhm vnd seinen schutzherrn zeitlichen frieden haben/ Sindt also auss gliedern Christi vnd seiner Kirchen/ des Antichrists vnd seiner Kirchen glieder worden.“340

Daher sahen sich Flacius und Gallus gezwungen, sich zum Erhalt der Lehre gegen ihre Lehrer zu wenden.341 So mußten sich die Wittenberger den Vorwurf gefallen lassen, daß sie die mit ihrem Ansehen verbundene Verantwortung für den Erhalt der lutherischen Lehre und den seelischen Schutz der Gläubigen nicht wahrnehmen würden. Im Gegenteil. Zum einen hätten sie mit ihrer Vorlage der Einführung des Augsburger Interims den Weg bereitet, obwohl sie diese gegenüber den Gläubigen als Alternative zum Reichstagsbeschluß bezeichneten.

337

GALLUS, Eine DISPVTATION von Mitteldingen. Ebd., Aiijr–v. 339 Vgl. u.a. FLACIUS, Entschueldigung, Bivr. Sowie: GALLUS, DISPVTATION von Mitteldingen, Aivv. 340 Der Prediger zu Magdeburgk ware/ gegruendte Antwort/ auff das rhuemen ihrer Feinde/ das sie auch GOTtes Wort reine/ inhalts der Augspurgischen Confession/ so wol als die zu Magdeburgk haben/ Vnd was sie daraus mehr wider die Stadt einfuehren vnnd fuergeben duerffen, Michael Lotter, Magdeburg 1551, Bijv [ben. Ex.: UB Halle Pon Yd 798. QK = VD16 P4753]. 341 FLACIUS, Entschueldigung, Aiij v. 338

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Die Apokalypse

„Die dritte grewliche/ vnd erschreckliche Suende der deudschen/ ist der Hochgelarten vnd Weltweisen leute/ die solche grosse erschreckliche suende [das Interim – d.A.] nicht straffen/ sondern entschueldigen/ loben/ vnd preisen/ vnd mit vernuenfftigen worten menschlicher weisheit/ diese verleugkung Christi schmuecken vnd vermenteln/ das sie keine suende noch verleugkung sein sol [...].342

Ihre Vorbildwirkung hätte zur Folge gehabt, daß sich Prediger und Laien vertrauensvoll der Haltung jener anschlossen, „die das ansehen bey jederman hetten/ das sie nichts vnrechts nachgeben vnnd einreumen wuerden“.343 Zum Beweis gab Nikolaus Gallus den Brief eines oberdeutschen Predigers in den Druck, der von der Verwirrung der Laien und Prediger berichtete.344 Dieses Ansehen wäre, so die Argumentation der Magdeburger Exules, ausgenutzt worden, um letztlich das von den Landständen abgelehnte Augsburger Interim durch die Theologen einführen zu lassen: „Es war auch die gewisse hoffnung/ wenn solche Leute jhren betrug wuren helffen fordern/ welche ampts halben die ersten vnnd fuernemesten solten sein demselben zu widderstehen/ das darnach niemandt wuerde sein/ der jnen koendte odder doerffte widdersprechen [...].“345

Und zum anderen würden sie selbst ganz bewußt ihre Autorität einsetzen, um unliebsame Geistliche ihres Amtes zu entheben. Den Magdeburger Publizisten diente das Schicksal der Torgauer Prediger Gabriel Didymus und Michael Schulz mehrfach346 der Untermauerung ihrer Argumentation. „Etliche Prediger ziehen sie auff jhre meinung/ etliche (nach dem sie etwa eine vrsach vom zaun gebrochen) stossen sie vom Ampt/ thun sie es nicht mit der faust/ so thun sies ia gewiss mit jrem ansehen vnd volwort/ Wie sie newlich die zu Torgaw ausgestossen haben/ da der eine ins elendt verweiset/ der ander verstrickt ist/ vnd mus auch teglich erwarten/ wenn jm etwas ergers widderfare. An jhre stat aber haben sie ein wolff gesatzt/ welcher alle Abgoetterey anzunemen geruest vnd bereit ist.“347

Die sächsischen Theologen hätten demnach mit ihrem Verhalten nicht nur ihr Predigtamt nicht wahrgenommen, sondern auch die Gläubigen zum Abfall 342

NIKOLAUS VON AMSDORF, Einne erinnerung an die Deudschen/ das die einfeltigen jhre Suende/ so sie diese Fuenff jar her gethan haben/ erkennen/ vnd bekennen sollen/ sich bekeren vnd bessern/ Auff das sie selig/ vnd mit dem hauffen nicht verdampt werden.// Nicolaus von Amsdorff. EXVL, Bjr–v, [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg um 1550] [ben. Ex: HAB H: F 1367 Helmst. (9) = VD16 A2358]. 343 GALLUS/F LACIUS, Der Theologen bedencken, Biij r. 344 Vgl. NIKOLAUS GALLUS, Warhafftige Copey eins Sendbrieffes auss ober Deutschland geschrieben/ darinnen fein kurtz angezeigt wird/ was die bewilligte Leypzigische Reformation auch der oerte schaden gethan habe vnd noch thut/ vnd was daselbst geurteilt wirdt von der newen vnbekanten oder vneroffneten bekentnis.// Mit einer Vorrede vnd mit Scholien Nicolai Galli, [Michael Lotter, Magdeburg] 1551, v.a. Aiij r [ben. Ex.: ULB Halle Pon Vg 1190 QK = VD16 W328]. 345 Ebd. 346 Vgl. u.a. GALLUS, Gegenbericht auff D. Pfeffingers, Aiij r. 347 Vgl. FLACIUS, Entschueldigung, Biiijr–v.

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verführt. Und dies hätten sie, so der zweite Vorwurf, auf Befehl ihrer weltlichen Obrigkeiten getan. Die Verhütung eines erneuten Krieges diente den Theologen mehrfach der Legitimation ihrer Stellungnahmen.348 Doch gerade in der Bewahrung des „Bauchfriedens“ hätten sie großen Schaden in der Kirche angerichtet.349 In diesem Sinne warnte denn auch Nikolaus Gallus die Wittenberger davor, die Furcht vor dem Kaiser als das Hauptargument gelten zu lassen.350 Flacius Illyricus gab zu bedenken, daß es ‚närrisch‘ sei, anzunehmen, man könne den Krieg verhindern, indem man sich mit dem Antichristen verbinde und von Gott abfiele.351 „[...] zu dem/ ists nicht Christlich/ viel weniger Theologisch/ so man dadurch gedenckt friede zuerlangen/ das man Gotte erzuernet/ vnd die menschen zu freunden macht/ Sintemal die Tyrannen/ wie Got selbs im Esaia sagt/ nichts anders sint/ denn eine rute in Gottes hand. Derhalben solte man die hand vnd nicht die rute versuenen.“352

Insgesamt erlitt die Beziehung zwischen Flacius und Gallus auf der einen, Melanchthon und den Wittenberger Theologen auf der anderen Seite, durch die kompromißlose Haltung der Exules einen nicht mehr auszugleichenden Schaden. Noch Jahre später waren von der einen oder anderen Seite, Klagen über die unrechtmäßigen Anschuldigungen während des Interimskonfliktes zu hören. Für die Magdeburger war diese Auseinandersetzung nicht nur ein Kampf gegen den Antichristen, sondern ebenso um die Wahrheit. 1559 sollte Nikolaus Gallus über diese persönliche Ebene des Konfliktes das Fazit ziehen: „Amicus Plato, amicus Socrates, magis amica Veritas: Amici homines, magis amicus Deus & homo Christus Iesus, iustus & seuerus omnium hominum iudex: Oportet Deo magis obedire, quam hominibus. Vnnd das Gott lob mit gutem gewissen.“353

348

Vgl. u.a. das Bedenken der Wittenberger und Leipziger Theologen auf das Interim vom 16.06.1548, in: CR 6, Nr. 4259, 924–942, v.a. 941. Sowie: Das Schreiben Philipp Melanchthons an die Hamburger Prediger vom 16.04.1549, in: CR 7, Nr. 4516B, 382–386, v.a. 386 und das Iudicum der Theologen vom 22.12.1548, in: ebd., Nr. 4432, 255–258, v.a. 257. 349 MATTHIAS FLACIUS ILLYRICUS, Widder die newe Reformation D. Pfeffingers/ des Meisnischen Thumbherrn.// Durch Matth. Fl. Jllyr., Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1550, Cj r [ben. Ex.: FB Gotha 21 an Theol. 4° 210–211 = VD16 F1562]. Siehe auch: AMSDORF/ FLACIUS/GALLUS, Deren zu Magdeburgk/ so widder die Adiaphora geschrieben haben, Aijv. 350 Vgl. das Schreiben Nikolaus Gallus’ an seine Lehre in Wittenberg vom 28.05.1549, in: MBW 5, Nr. 5549, 478. 351 Vgl. AZARIA, Widder den Schöden Teuffel, Ciijr. 352 FLACIUS, Entschueldigung, Gj v. 353 Dabei bezieht er sich auf: Eth. Nic. I 4. NIKOLAUS GALLUS, Erklerung vnd Consens vieler Christlicher Kirchen/ der Augspurgischen Confession/ auff die newe verfelschung der Lehre vom Freyen willen/ Wie die aus dem JNTERIM von etlichen noch gefuert vnd verteidigt wird, Heinrich Geißler, Regensburg 1559, Diijv [ben. Ex.: SBB PK BE 2670.2 = VD16 G271].

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Die Apokalypse

5. Zusammenfassung Die Endzeit erweist sich in den Texten der Magdeburger Exules als ein universelles Deutungsmuster. Die Plausibilität dieser Deutung wurde vor allem im Nachweis der die letzten Zeiten qualifizierenden Zeichen erbracht. Ganz biblisch erfolgte keine Berechnung des Endes und auch nur in geringem Maße wurde der nahe Jüngste Tag mit der Vollendung festgelegter Zeiträume bewiesen. Das traditionsreiche Schema der vier Monarchien stand hierbei im Zentrum der Argumentation. Sehr viel mehr boten sich den Magdeburgern die in 2 Thess 2 und der synoptischen Apokalypse beschriebenen Zeichen als Fixpunkte der Endzeit an. Auf dieser Basis interpretierten die Exules das Augsburger Interim und die Leipziger Landtagsvorlage als Einfallstore für das antichristliche Papsttum. Während nach ihrer Ansicht das Interim hierbei offensiv vorging, bestand die Gefahr des kursächsischen Vorschlages vor allem darin, daß ein Vergleich mit dem Antichristen, den beide Texte schließlich bezweckten, hier nicht vermutet werden konnte. Daher sahen es die Exules als ihre dringlichste Aufgabe, die Christen nicht nur über das Interim, sondern vor allem über die „eigentlichen“ Intentionen der Landtagsvorlage aufzuklären. Chorrock und Adiaphora bildeten hierbei den Mittelpunkt der Auseinandersetzung. Während die kursächsischen Theologen in den Mitteldingen die Möglichkeiten des Vergleichs sahen, kamen die Magdeburger aufgrund ihrer endzeitlichen Deutung der Ereignisse als casus confessionis zu dem Fazit, daß es in dieser Konstellation keine Adiaphora geben könne. Hier standen sich zwei verschiedene Definitionen der Mitteldinge gegenüber: eine essenzielle auf der albertinischen, eine konditionierte auf der magdeburgischen Seite. Wenn auch die Konkordienformel letztlich der Magdeburger Interpretation folgte, wies doch Melanchthons Interpretation mit der Ermöglichung von Kontingenz einen Weg auf, der das oftmals problematische Verhältnis von Religion und Politik gangbarer machen sollte. Eben diesen Spielraum hatten die Magdeburger aufgrund ihrer endzeitlichen Deutung nicht, war doch damit eine dualistische Weltsicht verbunden, die eine klare Positionierung pro oder contra erforderte. Dies wirkte sich auch auf das politische Denken aus. Die enge Verbindung politischer und religiöser Handlungsmuster in Anerkennung ihrer Eigenständigkeit kennzeichnete dieses Denken. Der Antichrist wurde als endzeitlicher Tyrann interpretiert, der das Chaos verkörperte. Gegen diesen galt es ebenso wie die in dessen Dienste stehenden Obrigkeit die Ordnung der göttlichen Schöpfung in Form der DreiStände-Lehre zu erhalten bzw. wiederherzustellen. Der magdeburgische Widerstand erfuhr seine Legitimation aus dem Bestreben, die alte Ordnung zu restituieren, zu reformieren – er war in der Argumentation der Exules weder Rebellion noch Ungehorsam.

Zusammenfassung

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Deren apokalyptische Deutung der Ereignisse verschärfte den Interimskonflikt erheblich. Auch die Auseinandersetzung mit den Wittenberger Theologen, allen voran Philipp Melanchthon, war von dieser Schärfe geprägt.354 Die Magdeburger sahen sich in der Pflicht, in der Nachfolge Luthers die Werke des Antichristen zu offenbaren. Persönliche Beziehungen konnten angesichts der Wahrheit, die die Magdeburger ans Licht zu bringen gedachten, keine Berücksichtigung finden. Vielmehr galt es, dem Wächteramt zu entsprechen und alle Christen vor der Verfälschung der Lehre zu warnen und sowohl Obrigkeiten als auch ehemalige Lehrer zu strafen. Die Predigten, vor allem aber die Druckschriften waren für sie das geeignete und durch Gott geschenkte Medium355, um diesem Amt gerecht zu werden.

354

Eine Relativierung zumindest für die Person des Flacius bei W ASCHBÜSCH, Alter Melanchthon, v.a. 163–167. 355 „Was die Druckereien belangt/ da ist gentzlich kein zweiffel/ Gott hab solch sein wunderlich werckzeug/ auß sonderlichen vnaußsprechlichen gnaden/ der Kirchen zu offenbarung vnd außbreittung der warheit/ widerlegung des Antichrists/ vnnd anderer Secten vnd jrrthumen geschneckt [sic].“ So MATTHIAS FLACIUS ILLYRICUS/NIKOLAUS GALUS, Sendschreiben/ Von den Mandaten/ Satzungen vnd Ordnungen/ dadurch das wort Gottes gefangen/ dem heiligen Geist sein ampt gespert/ vnd endtlich gar genomen wird, [Heinrich Geißler, Regensburg 1562], Aivr [ben. Ex.: HAB A: 156.22 Theol. (14) = VD16 F1532].

Kapitel 8

Fazit Mit dem Augsburger Interim war aufgrund dessen Charakters als Reichsund Religionsgesetz die Frage nach dem Verhältnis zwischen Religion und Politik in einer Schärfe aufgeworfen, die beide Konfessionsparteien zu einer Antwort nötigte. Insbesondere für die Protestanten stellte sich damit auch die Frage nach der eigenen Identität. Innerhalb dieser Parameter bewegt sich die vorliegende Studie. 1. Das Augsburger Interim war Ausdruck einer kontinuierlichen Religionspolitik des Kaisers, deren Ziel in der Überwindung des Glaubensschismas bestand. Inhaltliche Anknüpfungspunkte fanden sich in den Religionsgesprächen des Jahres 1530, innerhalb derer Melanchthon mit der interimistischen Duldung von Laienkelch und Priesterehe die protestantischen Minimalforderungen formuliert hatte, ebenso wie in der Rechtfertigungsformel des „Regensburger Buches“ von 1541. Als Konzession gegenüber den Protestanten fand beides Eingang in den Text des Augsburger Interims. Auch hinsichtlich der Organisation entsprach der Augsburger Reichsabschied von 1548 den Religionsgesprächen, standen diese doch stets unter dem Signum einer vorläufigen Regelung der Religionsfrage. Generell ist hier zu konstatieren, daß alle religiösen Einigungsbemühungen auf Reichsebene zwischen 1530 und 1548 bis hin zum Augsburger Religionsfrieden 1555 sich nicht nur als interimistische Regelung verstanden, sondern überhaupt erst möglich wurden durch die Vertagung des endgültigen Ausgleichs und dessen Delegierung an ein künftiges Konzil. Bestanden also Gemeinsamkeiten zu früheren Vergleichsansätzen, hatte sich der Kontext jedoch inzwischen erheblich geändert: Die Zusammenschau der Religionsgespräche zwischen 1530 und 1546 hat gezeigt, daß sich die Konfessionsparteien im Verlauf der Gespräche zunehmend voneinander entfernten. Auf protestantischer Seite führte die Ausdifferenzierung des Bekenntnisses im Umfeld der Gespräche zur Definition von Grenzen, hinter die nicht mehr zurückgewichen werden konnte. Verbunden war damit zugleich die Festlegung jener Essentialia, über die sich die lutherische Kirche definierte und welche nicht preiszugeben waren. Die Unmöglichkeit, auf friedlichem Wege zu einem religiösen Ausgleich zu gelangen, ließ den Kaiser zu den Waffen greifen. Der Krieg gegen das Schmalkaldische Bündnis wurde

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Fazit

überformt durch gegensätzliche Deutungen, die auf protestantischer Seite im Vorwurf eines Religionskrieges kulminierten. Obwohl sich der Kaiser bemühte, dieser Interpretation durch eine reichsrechtliche Legitimation des Krieges zu begegnen, war der Erlaß des Augsburger Interims für die Protestanten nur eine Bestätigung der kaiserlichen Religionspolitik. Die Niederlage der Schmalkaldener schränkte deren Aktionsraum gegenüber dem Kaiser erheblich ein, so daß dieser auf dem Augsburger Reichstag 1547/48 die Regelung der Religionsfrage innerhalb seiner universalmonarchischen Herrschaftskonzeption zu realisieren suchte. Während der Reichsbund an der reichsständischen Libertät scheiterte, spiegelten die Reaktionen, die der Beschluß des Interims im Alten Reich auslöste, die Divergenz zwischen der Kontinuität und den veränderten religionspolitischen Verhältnissen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hatte sich die abendländische harmonisierende Konzeption eines einheitlichen Christentums für das Alte Reich überlebt. 2. Die von den städtischen und territorialen Obrigkeiten zu fällende Entscheidung über die Annahme des Interims war in erster Linie abhängig von der jeweiligen aktuellen Bestimmung des Verhältnisses von Religion und Politik. Zwar wirkten sich auch materielle Faktoren, wie die Hypothek des Schmalkaldischen Krieges, die Präsenz kaiserlicher Truppen oder die Beschaffenheit der Kirchenverfassung, auf die Entscheidungsfindung aus. Ausschlaggebend war jedoch letztlich, inwiefern politische und religiöse Handlungsmaßstäbe in der Lage waren, den städtischen oder territorialen Frieden zu erhalten. In steter Anerkennung der Eigenlogik von Politik und Religion bestanden die Alternativen entweder in deren Trennung oder in der engen Verknüpfung beider Bereiche. Die Wittenberger Theologen favorisierten die Absonderung des Bekenntnisses von den politischen Entscheidungen. Damit gedachten sie, ihrem Kurfürsten einen Spielraum zu schaffen, der es ihm gestattete, sowohl dem Kaiser den entsprechenden Gehorsam zu erweisen als auch die Substanz der lutherischen Kirche zu erhalten. Ihr essenzielles Verständnis der Adiaphora sollte hierbei das entscheidende Mittel darstellen. Allerdings unterschätzten die Theologen mit der Zuordnung der kirchlichen Zeremonien zu den Mitteldingen die Herstellung konfessioneller Identität über die äußere Gestaltung der lutherischen Kirche. Die Magdeburger Exules dagegen vertraten ein eher konditioniertes Konzept der Adiaphora, nach welchem diese ihre Nützlichkeit und Neutralität im Falle des casus confessionis verloren. Dementsprechend konnte es weder einen religiösen Vergleich noch einen diesen ermöglichenden Spielraum geben. Die Kriterien für die Definition des casus confessionis allerdings zogen die Exules aus ihrer endzeitlichen Interpretation des Interimsgeschehens.

Fazit

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3. Die Apokalyptik ließ keine Spielräume zu. Sie stellte die religiöse Wahrheitsfrage. Die Magdeburger Exules diagnostizierten anhand der Ereigniskette Schmalkaldischer Krieg, Interim und Leipziger Landtagsvorlage die mit der Endzeit verbundenen Angriffe des Antichristen. Die apokalyptische Wahrnehmung implizierte eine dualistische Weltsicht, innerhalb deren jeder religiöse Vergleich, jede Veränderung in Lehre und Kirche ein Abfall von Gottes Wort darstellte. Die Annahme von Mitteldingen war daher ausgeschlossen. Die Magdeburger Exules zogen aus ihrer Diagnose Orientierungswissen und Handlungsmaximen. Die Endzeit erforderte das klare Bekenntnis, welches nach Ansicht der Exules weder die Mehrzahl der Gläubigen noch die angesehenen Wittenberger Theologen ablegten. Im Gegenteil versuchten diese mittels der Adiaphora, die Gläubigen zum Abfall zu verführen. Die Reinheit der Lehre, für die Luther als Garant galt, war zu bewahren und dessen Offenbarungswerk fortzusetzen, die Angriffe des Antichristen und seiner Diener zu identifizieren und die Gläubigen in zahlreichen Schriften vor ihnen zu warnen. Die Einheit der Reformation wurde neu definiert – unter Ausschluß Philipp Melanchthons. Aus der apokalyptischen Deutung entwickelten die Magdeburger Theologen ebenso politische Normen. Das Amt einer christlichen Obrigkeit bestand gerade in den letzten Zeiten im Schutz der Frommen wie der Kirche. Der Antichrist war das zerstörerische Chaos, gegen den es die Schöpfungsordnung zu erhalten galt. Den weltlichen Obrigkeiten kam demnach die Funktion des Katechon zu. Mit dem Befehl zur Annahme des Interims hatten diese sich jedoch ihres Amtes entsetzt, trugen sie doch zur Vermengung des weltlichen und geistlichen Regiments bei. Aus dieser Interpretation heraus entwickelten die Magdeburger eine Lehre, die es den unteren Obrigkeiten gestattete, zur Wiederherstellung der Schöpfungsordnung der jeweils übergeordneten Obrigkeit zu widerstehen. Da letztlich auch die unteren Obrigkeiten versagt hatten, so die Selbstsicht der Exules, kam der Antichrist schließlich erst an des Herrgotts Kanzlei zum Stehen. 4. Die Magdeburger Publizistik beschrieb in hoher Kohärenz den Widerstand der Stadt und ihrer Prediger als protestantische Erfolgsgeschichte: Die lutherische Kirche war vor dem Untergang bewahrt, der Antichrist aufgehalten. Der Widerstand Magdeburgs wurde zum Mythos lutherischer Erinnerungskultur. Die in thematischer und hoher Dichte erschienenen Druckschriften trugen nicht nur dazu bei, daß diese Erfolgsgeschichte sich in das kulturelle Gedächtnis einschrieb, sie verbannten den eigentlichen Kampf der Stadt gegen Interim und Belagerung in den toten Winkel. Deren Entscheidung, sich weder dem Kaiser noch dem Kurfürsten zu unterwerfen, war eine logische Fortsetzung des jahrzehntelangen Strebens nach städtischer Autonomie, die sich seit der Reformation auch mit der Forderung nach religiöser Freiheit ver-

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Fazit

band. Diesen Forderungen konnte der Rat auch angesichts von Reichsacht und Belagerung weiterhin Ausdruck verleihen, war die Freiheit oder Existenz der Stadt doch nie wirklich bedroht. Weder war sie im Schmalkaldischen Krieg von nennenswerten Kampfhandlungen tangiert noch hatte der Kaiser seinen Kriegszug gegen Magdeburg realisieren können. Die Belagerung wurde demjenigen übertragen, der nicht nur zum Schutzherrn über Magdeburg ernannt worden war, sondern sich auch als solcher verstand. Letztlich, so muß konstatiert werden, beschützte die Belagerung durch Moritz von Sachsen die Stadt vor weit mächtigeren Angriffen, die deren Freiheiten tatsächlich bedroht hätten. Natürlich stellte sich insbesondere das Belagerungsgeschehen den Magdeburgern selbst so nicht dar. Sie hatten im Gegenteil auf Grund der mit der Reichsacht verbundenen Isolation erhebliche wirtschaftliche Einbußen zu erleiden. Die Einquartierung von Söldnern und anderen Exules wirkte sich verstärkend auf das Bedrohungsgefühl aus. Spätestens an diesem Punkt sah sich der Rat denn auch gezwungen, die vermeintliche Gemeinschaft mit den Theologen aufzusagen. Deren polarisierende endzeitliche Argumentation konterkarierte zunehmend die konsensstiftenden Werte des Gemeinwohls und verringerte so die Möglichkeit der Wiederherstellung des städtischen Friedens. Ohne deren Wissen und Zustimmung nahm daher der städtische Rat Friedensverhandlungen mit dem sächsischen Kurfürsten auf und brachte diese zu einem für die Stadt durchaus akzeptablen Ende. Die Exules verurteilten den Friedensschluß und waren selbst nach der Aufhebung der Belagerung nicht bereit, von ihrer kompromißlosen Haltung abzurücken. Ein Sieg über die Belagerer, wie dies der Mythos der Exules impliziert, war dies gewiß nicht, stand doch Magdeburg bald nicht nur unter der Herrschaft eines, sondern dreier Stadtherren. Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse ist der Widerstand Magdeburgs deutlich differenzierter zu betrachten.

Quellen- und Literaturverzeichnis Einschlägige Quelleneditionen, wie die Werke Luthers in der Weimarer Ausgabe und die Schriften Melanchthons innerhalb des Corpus Reformatorum, werden hier nicht gesondert aufgeführt. Die entsprechenden Abkürzungen sind im Abkürzungsverzeichnis aufgeführt. 1. Ungedruckte Quellen ALBERUS, ERASMUS, Schreiben an Hartmann Beyer, 24.08.1550 [Universitätsarchiv Frankfurt am Main Ms. Ff. H. Beyer, Nr. 17]. CUNRADT, CHRISTOPH [i.e. Basilius Monner], Vom ampt der Obrickait gegenn den vnderthanen vnd der vnderthanenn gegen der Obrickait wie fernne mhan derselbigenn zugehorsamen schuldig seye. Bedencken verdeutschet durch Christopherum Cunradt, 1550 [SHStA Dresden, Geh. Rat Loc. 10039/2]. DIDYMUS, GABRIEL, Buch wider das Interim darneben auch ein kurzer Bericht und Antwort auf die neue Kirchenordnung des Jahres 1549 [1549] [SHStA Dresden, Geh. Rat Loc. 10298/2]. Grundlicher bericht was sich Anno Domini 1548 zu Berlin in der Margk des Interins halbenn zugetragen hab, vnd wans ins werck hett bringen wollen [1548], 235 r–244 v [BSB Cgm 1320]. RATZENBERGER, MATTHÄUS, Schreiben an Lukas Rosenthal [nach dem 17.04.1548], 105v–108v [FB Gotha Chart B38]. ROSENTHAL, LUKAS, Schreiben an Matthäus Ratzenberger, 17.04.1548 [FB Gotha Chart B38, 103 r–105 v]. W ALTERSDORFF, GEORG VON, Schreiben an Johann von Küstrin, Landsberg 18.01.1548 [GStA PK I. HA, Geh. Rat, Rep. 14, Nr. 1, Fasz. 3, fol. 4r–18 v].

2. Zeitgenössische gedruckte Quellen ALBERUS, ERASMUS, Ein Dialogus/ oder Gespräch etlicher Personen vom Interim. Item/ Vom krieg des Endtichrists zu Rom/ Bapst Pauli des dritten/ mit hilff Keiser Caroli des Fünfften/ wider Hertzog Johann Friderichen Churfürsten zu Sachssen etc. vnd seine mit verwandten/ Darinn vrsach angezeigt wirt/ das es nit wol möglich gwesen sey (Menschlicher hilff nach daruon zureden) daß der löbliche Churfürst zu Sachssen etc. disen obgemelten seinen Feinden/ hab obsigen künden/ von wegen so grosser Verrätherey vnnd vnthrew/ die jme von seinen eygnen Räthen vnnd Hauptleüten begegnet ist: Anno 1546. vnnd 1547. Item/ Von den Zeychen des Jüngsten tags. Apocalyps. 17, [o. Dr., Magdeburg] 16.8.1548 [VD16 A1485]. DERS., Ein Predigt vom Ehestand/ vber das Euangelium/ Es war ein Hochzeit zu Cana etc., Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1550 [VD16 A1516].

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Quellen- und Literaturverzeichnis

DERS., Schoener Lieder zwey/ Vorhin noch nie im Truck ansgaugen [sic]/ Das Erste/ von Grickel Interim/ Im thon Martinus ist nit geschwigen/ box Emser lieber Domine. Das Ander/ von dem Landtgraffen auss Hessen/ wie er es hat aussgericht etc., [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1548] [VD16 A1528]. DERS., Vom Basilisken zu Magdeburg. Item vom Hanen eyhe/ draus ein Basilisck wirt mit seiner Bedeutung aus der heilligen Schrifft. An den standhafftigen Bekenner Christi M. Caspar Aquilae geschrieben/ durch ERASMVM ALBERVM, Joachim Löw, Hamburg 1552 [VD16 A 1538]. ALEMANN, CHRISTIAN [i.e. Basilius Monner], Bedencken/ von dem Krieg/ der Anno sechs/ vnnd sieben vnd viertzig im Land zu Meißen vnd Sachsen geführt/ wofür er zu halten sey? Nemlich/ Vor einen Krieg wider die Lutherische Religion. Gestellet durch Christian Alemann/ mit einer Vorrede Christoff Conrads/ von Rechtmäßigkeit der Gegenwehr im selben Krieg, Basel 1557, in: HORTLEDER, Von den Ursachen, Buch II, Kap. 34, 213–223. AMSDORF, N IKOLAUS VON, Antwort/ Glaub vnd Bekentnis auff das schoene vnd liebliche INTERIM. Niclasen von Amssdorffs des veriagten Bischoffs zur Naumburgk, Michael Lotter, Magdeburg 1548 [VD16 A2325]. DERS., Das Doctor Pomer vnd Doctor Maior mit iren Adiaphoristen ergernis vnnd zurtrennung angericht/ Vnnd den Kirchen Christi/ vnueberwintlichen schaden gethan haben./ Derhalben sie vnd nicht wir zu Magdeburg/ vom Teuffel erwegt seint/ wie sie vns schmehen vnd lestern./ Niclas von Amsdorff Exul, [Michael Lotter], Magdeburg 1551 [VD16 A2340]. DERS., Das itzund die rechte zeit sey/ Christum vnd sein Wort zu bekennen/ vnd auff keine andre zu warten sey./ Etliche sprueche/ das man den Adiaphoristen nicht trawen noch gleuben sol./ Nicolaus von Amsdorff. EXVL, [Christian Rödinger d.Ä.], Magdeburg 1551 [VD16 A2343]. DERS., Das nie nöter gewest ist wider den Römischen Antichrist zu schreiben/ vnnd predigen/ denn itzundt zu dieser zeit do die Adiaphoristen mit gewalt in ihrenn schrifften dringen/ das man sich vnter den Bapst begeben/ vnnd ihn für ein Bisschoff vnd hirten der seelen widderumb erkennen vnnd annemen sol, Michael Lotter, Magdeburg 01.01.1551 [VD16 A 2348]. DERS., Ein trost an die zu Magdeburg/ Vnd an alle fromme Christen, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 10.06.1551 [VD16 A2392]. DERS., Einne erinnerung an die Deudschen/ das die einfeltigen jhre Suende/ so sie diese Fuenff jar her gethan haben/ erkennen/ vnd bekennen sollen/ sich bekeren vnd bessern/ Auff das sie selig/ vnd mit dem hauffen nicht verdampt werden./ Nicolaus von Amsdorff. EXVL [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg um 1550] [VD16 A2358]. DERS., Fuenff fuernemliche vnd gewisse Zeichen aus heiliger goettlicher Schrifft/ so kurtz vor dem Juengsten tag geschehen sollen, Christian Rödinger d.Ä., Jena 1554 [VD16 A2362]. DERS., Vom Bapst vnd seiner Kirchen/ das sie des Teufels/ vnd nicht Christi vnsers lieben Herrn Kirche sey. Nicolaus von Amsdorff. EXVL [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg] 1551 [VD16 A2406]. DERS./FLACIUS ILLYRICUS, MATTHIAS/GALLUS, NIKOLAUS, Deren zu Magdeburgk/ so widder die Adiaphora geschrieben haben/ jhres vorigen schreibens beschlus/ auff der Adiaphoristen beschueldigung vnnd lesterung/ die zeit jhrer belagerung/ vnd jtzt zum teil neulich vnter diesen friedshandlungen wider sie ausgangen, [Michael Lotter, Magdeburg] 28.10.1551 [VD16 A2352]. AQUILA, K ASPAR, Ein sehr hoch noetige Ermanung/ an das kleine bloede verzagte Christlich heufflein/ das sie in diesem erschrecklichem vnd letzten theil der zeit/ Gottes ewig

Zeitgenössische gedruckte Quellen

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Wort froelich bekennen sollen/ Wieder des Teuffels Finsternis/ Luegen vnd Mordt/ geprediget, Michael Lotter, Magdeburg 1548 [VD16 A266]. DERS., Eine christliche trostschrifft/ An den Churfuersten zu Sachsen/ Hertzog Johans Friderichen/ etc., [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg] 1547 [VD16 A258]. DERS., Wider den spoettischen Luegner vnd vnuerschempten verleumbder M. Isslebium Agricolam. Noetige verantwortung/ vnd Ernstliche warnung/ Wider das Interim. APOLOGIA M. CASPARIS AQVILAE Bischoff zu Salfeld, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 27.07.1548 [VD16 A279]. AQUINAS, DOMINICUS, Ein seer Schoen Christlich bedencken auff das Schendlich INTERIM Mit antzeigung der zeichen/ so fur dem Juengsten Tage herkomen/ vnd den jtzigen Interimistischen Abfal mit sich bringen sollen, [Michael Lotter, Magdeburg] 1549 [VD16 D2181]. ARBITER, PETRUS [i.e. Matthias Flacius Illyricus], Wieder die newe Sophisterey/ da nicht allein von den Feinden/ sondern auch von etlichen der vnsern/ der Artickel von der Justification/ wodurch wir fuer Gott gerecht werden/ angefochten wird/ Ein kurtzer vnd einfeltiger vnterricht./ Durch Petrum Arbiter, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg [1550] [VD16 A3208]. AZARIA, CAROLUS [i.e. Matthias Flacius Illyricus], Wider den Schöden Teuffel/ der sich itzt abermals in einen Engel des liechtes verkleidet hat/ das ist wider das newe INTERIM /|| Durch Carolum Azariam Gotsburgensem [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg] 1549 [VD16 F1559]. BAUMGARTEN, JOHANNES, Warhafftige Historia Der Leere/ Lebens vnd Christlichen absterbens/ des Ehrwirdigen Herrn Ern Lucae Rosenthaels seliger gedechtnis/ Pfarherrn zu S. Johannes/ in der Alten Stadt Magdeburgk. Mit einem vorgehendem Christlichem bericht/ vnd Brüderlicher vormanung/ an seine hinder sich gelassene lieben Pfarkinder vnd alle Christen/ Wie man das Ampt eines getrewen Pfarhern vnd Predigers behertzigen/ vnd auch den Tödtlichen abschiedt der Menner Gottes/ Christlich betrachten sol, Ambrosius Kirchner d.Ä., Magdeburg 1560 [VD16 B893]. Bedencken auffs INTERIM Der Theologen zu Wittenberg, [Michael Lotter, Magdeburg] 1548 [VD16 M4322]. Bekentnis Vntericht vnd vermanung/ der Pfarrhern vnd Prediger/ der Christlichen Kirchen zu Magdeburgk, Michael Lotter, Magdeburg 13.04.1550 [VD16 A2333]. Bekentniss vnnd Erklerung auffs INTERIM. durch der Erbarn Stedte/ Luebeck/ Hamburg/ Lueneburg/ etc. Superintendenten/ Pastorn vnnd Predigern zu Christlicher vnd notwendiger vnterrichtung gestellet, Michael Lotter, Magdeburg 1548 [VD16 A356]. BESOLD, CHRISTOPH, Tractatus Posthumus Iuris Publici De Origine, Et Successione, Variisque Imperii Romani Mutationibus, Imperatoris item ac Imperialium Iudiciorum ut & Statuum potestate ac Iurisdictione, Augsburg 1646 [VD17 1:019024T]. BESSELMEYER, SEBASTIAN, Warhafftiger Bericht/ Des Magdeburgischen Kriegs/ Schlacht/ Belagerung/ vnd fuernemesten Scharmuetzeln/ zu Wasser vnd zu Lande/ Auch alles/ was sich von beyden theilen/ innen vnd ausserhalb der Stadt/ vom anfang biß zum ende/ zugetragen hat [...], Halle, 1592 [VD16 B2268]. BUGENHAGEN, JOHANNES, ADHORTA|TIO BREVIS ET PLENA PIETATIS D.DOCTORIS IOHANNIS BVGENHAGII POmerani, Pastoris Ecclesiae Vuitebergensis ad vicinos in Bohemia, Silesia & Lusatia, eximia virtute preditos, ne adiuuent hostes Euangelij, qui armis & vi, Ecclesias & Scholas pias in his Regionibus vastare crudelissime decreuerunt, Scripta 1546. Mense Octobri, Georg Rhau, Wittenberg 1546 [VD16 B9229]. DERS., Christliche vermanung des Ehrwirdigen Herrn Doctor Johann Bugenhagen Pomerani/ Pastors der Kirchen zu Witteberg/ An die loebliche Nachbarschafft/ Behemen/ Slesier vnd Lusatier, Hans Lufft, Wittenberg 1546 [VD16 B9229].

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Quellen- und Literaturverzeichnis

DERS., Wie es vns zu Wittemberg in der Stadt gegangen ist/ in diesem vergangen Krieg/ bis wir/ durch Gottes gnaden/ erlöset sind/ [...] Warhafftige Historia/ beschrieben durch Johan Bugenhagen Pomern/ Doctor vnd Pfarherr zu Wittemberg, Wittenberg 1547 [VD16 B9479]. CRUCIGER, CASPAR D.Ä., Der XX. Psalm fur Christliche Herrschafft zu beten, Hans Lufft, Wittenberg 1546 [VD16 C5866]. Der pfarrhern vnd prediger zu Magdeburgk Christliche kurtze erinnerung an jhre Christliche gemeine/ vnd alle Christen ausserhalb/ gegenwertige verfolgung betreffend/ so wir in vnd vber der bekentnis des Euangelij Christi alhie zu Magdeburgk jtzt leiden, Michael Lotter, Magdeburg 16.10.1550 [VD16 P2283]. Der Prediger der Jungen Herrn/ Johans Friderichen Hertzogen zu Sachssen etc. Soenen/ Christlich Bedencken auff das INTERIM, Michael Lotter, Magdeburg 1548 [VD16 P4740]. Der Prediger zu Magdeburgk ware/ gegruendte Antwort/ auff das rhuemen ihrer Feinde/ das sie auch GOTtes Wort reine/ inhalts der Augspurgischen Confession/ so wol als die zu Magdeburgk haben/ Vnd was sie daraus mehr wider die Stadt einfuehren vnnd fuergeben duerffen, Michael Lotter, Magdeburg 1551 [VD16 P4753]. Der Von Magdeburgk Ausschreyben, Hans Walther, Magdeburg, 01.08.1548 [VD16 M129]. Der Von Magdeburgk Ausschreiben an alle Christen, Michael Lotter, Magdeburg, 24.03.1550 [VD16 M126]. Der Von Magdeburgk Entschueldigung/ Bit/ Vnnd gemeine Christliche erinnerunge, Michael Lotter, Magdeburg, 1549 [VD16 M134]. Der von Magdeburgk widerlegung vnnd verantwortung alles vngrundts vnd vnglimpffs/ so ihnen in ihrer vnchristlichen Belagerung von den Magdeburgischen Baalspfaffen/ vnnd andern ihren vnd der Christen Feinden begegenet, Michael Lotter, Magdeburg 13.12.1550 [VD16 M149]. Ein warhafftiger Bericht dero von Magdeburgk/ des ihennen was Mantags nach Matthei nechst verschienen/ inn diesem fünfftzigsten gegenwertigen Jare/ der minnerzal/ diss orts Landes ergangen, Magdeburg, Michael Lotter, 09.10.1550 [VD16 M152]. Eine Weissagung/ vnd ein schoener Herrlicher trost/ fuer alle hochbetruebte frome Christliche hertzen/ zu diser jtzigen truebseligen zeit/ Aus dem XIIII. Cap. Der offenbarung Johannis, [Michael Lotter, Magdeburg] 1548 [VD16 W1627]. FLACIUS ILLYRICUS, MATTHIAS, Antwort Matth. Fl. Illyr. auff etliche Beschueldigung D. Gei. Maiors/ vnd D. Pommers, [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1551] [VD16 F1259]. DERS., Bericht M. Fla. Jllyrici/ Von etlichen Artikeln der Christlichen Lehr/ vnd von seinem Leben/ vnd enlich auch von den Adiaphorischen Handlungen/ wider die falschen Geticht der Adiaphoristen, [Thomas Rebart, Jena] 1559 [VD16 F1280]. DERS., Catalogus testium Veritatis, Qui ante nostram aetatem reclamarunt Papae: Opus varia rerum, hoc praesertim tempore scitu dignißimarum, cognitione refertum, [...]. Cum Praefatione Mathiae Flacii Illyrici, qua Operis huius & ratio & usus exponitur, Oporinus, Basileae 1556 [VD16 F1293]. DERS., Clavis Scripturae seu de Sermone Sacrarum literarum, Oporinus, Basileae 1567 [VD16 F1307]. DERS. u.a., Ecclesiastica Historia integram ecclesiae Christi ideam quantum ad locum, propagationem, persecutionem, tranquillit., doctrin., haereses, ceremonias, gubunationem, schismata, synodos, personas, miracula, martyria, religiones extra ecclesiam: singulari diligentia et fide ex vetustissimis et optimis historicis, patribus et aliis scriptoribus congesta per aliquot studiosos et pios viros in urbe, Johannes Oporinus, Basel 1564–1574 [insges. 13 Bde.] [VD16 E230]. DERS., Ein buch/ von waren vnd falschen Mitteldingen/ Darin fast der antze handel von Mitteldingen erkleret wird/ widder die schedliche Rotte der Adiaphoristen./ Durch Matthiam Flacium Illyricum./ Item ein brieff D. Ioannis Epini Super. Hamb. an Illy. auch von Adia-

Zeitgenössische gedruckte Quellen

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phoris./ Item ein kurtz bekentnis vnd Protestation, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1550 [VD16 F1447]. DERS., Ein vermanung zur bestendigkeit/ in bekentnis der warheit/ Creutz/ vnd Gebett/ in dieser betruebten zeit sehr nuetzlich vnd troestlich/ durch M. Matthiam Flacium Illyricum/ Hebreischen leser zu Wittenberg, [Michael Lotter, Magdeburg um 1548] [VD16 F1522]. DERS., Eine schrifft Ma. Flacij Illyrici widder ein recht epicurisch buch/ darin das Leiptzische INTERIM verteidiget wird/ sich zu hueten fuer den verfelschern der waren Religion/ sehr nuetzlich zu lesen, [Michael Lotter, Magdeburg] 1549 [VD16 F1492]. DERS., Entschueldigung Matthiae Flacij Illyrici/ geschrieben and die Vniuersitet zu Wittemberg/ der Mittelding halben. Jtem sein brieff an Philip. Melanthonem/ sampt etlichen andern schrifften dieselbige sach belangend. Verdeudscht, [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg] 1549 [VD16 F1266]. DERS., Etliche greiffliche gewisse vnnd scheinbarliche warzeichen/ Daraus ein jeder wie geringes verstands er sey/ Wo er nur zu erforschung der warheit geneiget ist/ vormercken kan/ das die Lehre der Euangelischen des Herrn Christi Leher selbst ist/ vnd das der Papisten Lehr falsch/ Gottloss vnd vom Antichrist erfunden ist. Aus einer lateinischen schrifft M. Matthie Flacij Illyrici verdeutschet, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1549 [VD16 F1305]. DERS., Gruendliche verlegung aller Sophisterey/ so D. Pfeffinger mit den andern Adiaphoristen/ das Leiptzigsche Interim zubeschoenen/ gebraucht, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1551 [VD16 F1411]. DERS., Vermanung Matth. Flacij Illyrici zur gedult vnd glauben zu Gott/ im Creutz dieser verfolgung/ geschrieben an die Kirche Christi/ zu Magdeburg, Christian Rödinger d.Ä. Magdeburg 06.04.1551 [VD16 F1523]. [DERS.], Von der Messe vnd jhrem Canone Magistri Johannis Agricolae Eysleben/ Lhere vnd schrifft/ Welche er auff dem Reichstag zu Speyer in der Epistel zu den Collossern geprediget/ vnd folgend Anno M.D.XXVII. zu Wittenbergk im Druck offentlich hat ausgehen lassen/ Dem Interim so er ytzt hat helffen stellen/ gantz entgegen/ Daraus sein geyst zuuermercken, [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg um 1548] [VD16 ZV224]. DERS., Widder den ausszug des Leipsischen Interims/ oder das kleine Interim, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1549 [VD16 F1557]. DERS., Widder die newe Reformation D. Pfeffingers/ des Meisnischen Thumbherrn./ Durch Matth. Fl. Jllyr., Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1550 [VD16 F1562]. DERS./GALLUS, NIKOLAUS, Sendschreiben/ Von den Mandaten/ Satzungen vnd Ordnungen/ dadurch das wort Gottes gefangen/ dem heiligen Geist sein ampt gespert/ vnd endtlich gar genomen wird, [Heinrich Geißler, Regensburg 1562] [VD16 F1532]. DERS./MELANCHTHON, PHILIPP, Ein grausam Meerwunder/ den Bapst bedeutende/ zu Rom gefunden/ vnd zu Wittemberg erstlich Anno 23. vnd darnach abermal Anno 46. mit der auslegung Philippi gedruckt. Mit einer Vorrede Matthiae Flacij Illyrici, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1551 [VD16 M2994]. GALLUS, NIKOLAUS, Auff des Herrn D. Maiors verantwortung vnd Declaration der Leiptzigischen Proposition/ wie gute werck zur seligkeit noetig sind/ zum zeugnis seiner vnschuldt/ das er mit der Leiptzigischen handlung nichts zu thun habe./ Antwort. Nicolai Galli, Michael Lotter, Magdeburg; Basel 1552 [VD16 G255]. DERS., Christliche vermanung etlicher Theologen zu Wittebergk an alle Christen/ sonderlich an die Deudtschen Kriegsleut/ nechst verschienener Jare vnd itzt schwebende Kriegshandlung wider die Christen betreffend/ auffs newe wider im druck ausgangen./ Mit einer Vorrede vnnd Scholien M. Nicolai Galli/ Pfarrherrn der alten stadt Magdeburgk, Michael Lotter, Magdeburg 1551 [VD16 C2368].

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Quellen- und Literaturverzeichnis

DERS., Das die gruende Nicolai Galli noch fest stehen/ wider der Adiaphoristen Acta vnd Auszug, Heinrich Geißler, Regensburg 1560 [VD16 G263]. DERS., Eine DISPVTATION von Mitteldingen/ und von den itzigen Verenderungen in Kirchen/ die Christlich und wol geordnet sind/ aus dem Latein verdeudscht./ Mit einer Vorrede/ Durch M. Nicolaum Gallum/ Pfarrherrn zu Magdeburg zu S. Ulrich, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1550 [VD16 G269]. [DERS.], Einer Christlichen Stad vnthertenigk antwort/ auff das von Key. Ma. vberschickt Jnterim. Vnnd ein Radtschlag der Predicanten der selbigen Stadt [Magdeburg, Michael Lotter] 1548 [VD16 C 2379]. DERS., Gegenbericht auff D. Pfeffingers vnd der Adiaphoristen gesuchte glosen vber jhr Leiptzigsch Interim/ mit einer trewen warnung an alle Christen./ Durch Nicolaum Gallum Antiadiaphoristen/ Pfarrhern zu S. Vlrich der alten Stadt Magdeburg, Michael Lotter, Magdeburg, 01.11.1550 [VD16 G276]. DERS., Warhafftige Copey eins Sendbrieffes auss ober Deutschland geschrieben/ darinnen fein kurtz angezeigt wird/ was die bewilligte Leypzigische Reformation auch der oerte schaden gethan habe vnd noch thut/ vnd was daselbst geurteilt wirdt von der newen vnbekanten oder vneroffneten bekentnis./ Mit einer Vorrede vnd mit Scholien Nicolai Galli, [Michael Lotter, Magdeburg] 1551 [VD16 W328]. DERS., Widder den adiaphoristischen Geist/ inn jtzt vorstehenden vorkerungen der Christlichen wolgeordenten Kirchen/ kurtze gründliche erinnerung/ zu einem Christlichen waren vrteil/ vnd rechter Christlicher bestendickeit dienstlich. Durch Magister Nicolaum Gallum Pfarrhern zu Sanct Vlrich/ der alten Stadt Magdeburg, Michael Lotter, Magdeburg Juli 1550 (Einblattdruck). DERS./FLACIUS ILLYRICUS, MATTHIAS, Antwort M. Nicolai Galli vnd M. Fla. Illyrici/ auff den brieff etlicher Prediger in Meissen/ von der frage/ Ob sie lieber weichen/ denn den Chorrock anzihen sollen, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg [1550] [VD16 G252]. DERS./FLACIUS ILLYRICUS, MATTHIAS, Buspredigt/ fuer die oeffentlichen Suender jtziger zeit/ die falschen brueder/ Nemlich/ fuer die Verlasser/ Verleugker/ Abtruennige/ vnd Verfolger jhrer eignen Religion/ an jhren Bruedern, [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg um 1550/51] [VD16 G260]. DERS./FLACIUS ILLYRICUS, MATTHIAS, Der Theologen bedencken/ odder (wie es durch die ihren inn offentlichem Drueck genennet wirdt) Beschluss des Landtages zu Leiptzig/ so im December des 48. Iars/ von wegen des Auspurgischen Interims gehalten ist/ Welchs bedencken odder beschluss wir/ so da widder geschrieben/ das Leiptzigsche Interim genennet haben./ Mit einer Vorrede vnd Scholien/ was vnd warumb jedes stueck bisher fur vnchristlich darin gestraffe ist./ Durch Nicolaum Gallum vnd Matthiam Flacium Illyricum [Michael Lotter, Magdeburg] 1550 [VD16 S926]. Gemeine Ordenung/ wie mans in der alten Stadt Magdeburg/ auch Newenstadt vnd Sudenburg/ halten woelle/ mit dem Christlichen gemeinen Gebete vnd etlichen andern Ceremonien/ wider die grewliche Anfechtung vnd Verfolgung des Teuffels/ des Antichrists/ vnd der grossen Tyrannen/ damit sie nicht allein die loebliche Teutsche Nation im Blut zu erseuffen/ sondern auch die gantze Kirche Christi/ sampt jhrer wahren Religion/ vnd rechten Gottesdiensten/ gedencken außzuleschen vnd gar zu verdempffen [...], Magdeburg, Michael Lotter, 1546, in: HORTLEDER, Von den Ursachen, Buch III, Kap. 5/5, 254–258. [GREFF, JOACHIM], Ein Trostlied zu Ehren dem gefangnen Cristlichen Churfuersten/ HERtzog Johans Fridrich. gestelt an freunde vnd Feinde auff den thon. Mag ich Vnglueck nicht widerstan [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg] 1548 [VD16 G2990]. Gruendlicher vnd warhaffftiger Bericht aller Rathschleg vnd antwort/ so die Theologen zu Wittemberg/ vnd andere darzu erforderte/ auff den Landtegen/ vnd andern Versamlungen/

Zeitgenössische gedruckte Quellen

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nach dem Krieg/ wider die dazumal newen Reformation des Augspurgischen Buchs INTERIM genant/ zur widerlgung desselbigen/ gestelt/ Auch was sie nachmals in Mitteldingen vnd aus was vrsachen gerahten/ verwilligt vnd nachgegeben haben/ getrewlich vnd vleissig aus allen Actis vnd derselbigen Originalen zusamen gezogen [...] Von den Professorn in der Vniuersitet zu Wittemberg in druck verordnet, Georg Rhau, Wittenberg 1559 [VD16 W3727]. HENETUS, T HEODOR [i.e. Matthias Flacius Illyricus], Ein kurtzer bericht vom Interim/ daraus man leichtlich kan die leer vnnd Geist desselbigen Buchs erkennen/ Durch Theodorum Henetum allen fromen Christen zu dieser zeit nuetzlich vnnd troestlich, [Michael Lotter, Magdeburg] 1548 [VD16 F1437]. HERMANNUS, JOHANNES [i.e. Matthias Flacius Illyricus?], Das man in diesen geschwinden leufften/ dem Teuffel vnd Antichrist zugefallen/ nichts in den Kirchen Gottes vorendern soll, [Wittenberg?] 1548, o.Dr. [VD16 H2352]. HORTLEDER, FRIEDRICH (Hrsg.), Der Roemischen/ Keyser- Vnd/ Koniglichen Maiesteten [...]/ Handlungen vnd Außschreiben [...]/ Von den Vrsachen deß Teutschen Kriegs Kaeiser Carls deß V. wider die Schmalkaldische Bunds-Oberste/ Chur- vnd Fuersten/ Sachsen vnd Hessen/ vnd Jhrer Chur- vnd F.G.G. Mitverwandte/ Anno 1546. vnd 47, 2. erweit. Aufl., Gotha 1645 [VD17 1:018991L]. DERS. (Hrsg.), Der Römischen Keyser- Und Königlichen Maiestete[n]/ [...] Handlungen und Außschreiben [...] Von Rechtmässigkeit/ Anfang/ Fort- und endlichen Außgang deß Teutschen Kriegs/ Keyser Carls deß Fünfften/ wider die Schmalkaldische Bundsoberste/ Chur- und Fürsten/ Sachsen und Hessen/ und I. Chur- und Fürstl. G.G. Mitverwandte. Vom Jahr 1546. biß auff das Jahr 1558, 2. erw. Aufl. Gotha 1645 [VD17 1:018999W]. J ONAS, JUSTUS/MELANCHTHON, P HILIPP, Der Prophet Daniel/ ausgelegt/ Durch D. Philip. Melanthon. Aus dem Latin verdeudscht/ Durch Justum Jonam. Mit einer Vorrede an Churfuersten zu Sachsen etc., Nickel Schirlentz, Wittenberg 1546 [VD16 M 3446]. LAUTERWAR, CHRISTIANUS [i.e. Matthias Flacius Illyricus], Wider Das INTERIM. Papistische Mess/ Canonem/ vnnd Meister Eissleuben/ durch Christianum lauterwar/ zu dieser zeit nuetzlich zu lesen, [Michael Lotter, Magdeburg] 1549 [VD16 F1556]. LOHR, FRIEDRICH, Wie/ vnd wen man der Ertzeney/ so einem Erbarn Radte/ jnn der alten Stadt Magdeburgk/ vorordenet ist/ gebrauchen sol, Magdeburg 1548 [VD16 K2127]. MAGDEBURG, JOACHIM, Ein Brieff D. Erasmi Alberij seliger Gedechtnuß/ in den Vrsachen angezeigt werden/ warumb Christliche Prediger/ wowol aller Menschen/ Doch sonderlich der Hern vnd Fuersten Suend/ ohn forcht vnd mit ernst straffen sollen/ vnangesehen wie weinig sie damit bey jhnen außrichten. Psal. 2. So lasset euch zu unterweisen jhr Koenige vnd lasset euch zuechtigen jhr Richters auf Erden, [Georg Richolff d.J., Lübeck 1555] [VD16 A1482]. [MAJOR, GEORG], Ewiger Goettlicher/ Allmechtiger Maiestat Declaration. Wider Kaiser Carl/ Koenig zu Hispanien etc. Vnd Bapst Paulum den dritten [Josef Klug, Wittenberg] 1546 [VD16 M2034]. MEDLER, NIKOLAUS, Eine Predigt vber Das Euangelion Luce xiiij. Von dem Wassersuechtigen/ So man list den Siebenzehenden Sontag nach Trinitatis wieder das INTERIM. Geschrieben an einen guden freundt. Durch Doctorem Nicolaum Medlerum, [Michael Lotter, Magdeburg] 24.09.1548 [VD16 M1887]. MEDLER, NIKOLAUS, Zeychen am himmel bey Braunschwig newlich gesehen/ durch den superatendentem zu Braunschwig geschriben Mit einer vorrede, [Pancraz Kempf, Magdeburg] 1548 [VD16 M1894]. MELANCHTHON, P HILIPP, Bedencken auffs INTERIM Des Ehrwirdigen vnd Hochgelarten Herrn PHILIPPI MELANCTHONIS [Hans Walther, Magdeburg] 1548 [VD16 M4327].

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Quellen- und Literaturverzeichnis

DERS., Erklerung D. Mart. Lutheri von der frage/ die Notwehr belangend. Mit Vorreden Philippi Melanthonis vnd Doct. Johan. Bugenhagen Pomers/ Pastors der Kirchen zu Wittemberg, Wittenberg 1547, in: HORTLEDER, Von Rechtmässigkeit, Buch II, Kap. 28, 145–147. DERS., Philippi Melanchthonis Vorrede/ vor die Warnunge D. Martini Lutheri an seine liebe Teutschen/ vor etlichen Jahren geschrieben [...], Wittenberg 1546, in: HORTLEDER, Von Rechtmässigkeit, Buch II, Kap. 24, 136–139. MENIUS, JUSTUS, Von der Notwehr vnterricht/ Nützlich zu lesen, Veit Kreutzer Wittenberg 1547 [VD16 M4592]. MERCKEL, HEINRICH, Warhafftiger Ausfuerlicher vnd gruendlicher Bericht/ von der Altenstadt Magdeburgk Belagerung [...], Paul Donat, Magdeburg 1587 [VD16 M4798]. MIRISCH, MELCHIOR u.a., Doctor Melchior Mirisch/ Doctor Eberhardus Wydensee/ Joannes Fritzhans/ sampt andern predigernn/ des Ewangelij/ der löblichenn vnnd Kayserlichenn Stadt Maydeburgk/ Erbithen sich diese nachgedruckte Artickell/ vor eyner gantzen gemeyn mit gegrunter schrifft tzu erhalten/ widder alle Papisten Alhye tzu Maydeburgk. Hans Knappe d.J., Magdeburg 1524 [VD16 D2152]. [MONNER, BASILIUS], Von der Defension und Gegenwehre/ ob man sich wieder der Obrigkeit Tyrannei und unrechte Gewalt wehren/ und Gewalt mit Gewalt vertreiben möge, 1546, in: HORTLEDER, Von Rechtmässigkeit, Buch II, Kap. 30, 171–193. MORITZ, KURFÜRST ZU SACHSEN u.a., Ausschreiben etlicher Churfuersten/ Fuersten/ vnnd Stende/ des heyligen Roemischen Reichs/ Darinn angezeigt sein/ die vrsachen/ derwegen sie/ vnnd andere Christliche Koenige/ Potentaten/ Fuersten/ Stett vnnd Stende/ zu gegenwertigem Veldzug vnnd Kriegsruestung gedrungen worden, Michael Lotter, Magdeburg 1552 [VD16 S802]. MUSCULUS, ANDREAS, Vom juengsten Tag, Johann Eichorn, Johann Eichorn, Frankfurt Oder 13.01.1557 [VD16 M7239]. OPITIUS, M. IOSUA, Eine Christliche Leichpredigt. Bey dem Begrebnuß des Ehrwirdigen vnnd Hochgelehrten Herrn Nicolai Galli/ Pfarrhers/ vnd Superintendenten der Christlichen Gemein zu Regenspurg/ gethan am tag Johannis Baptistae, Hans Burger, Regensburg 1570 [VD16 O778]. [OSIANDER, ANDREAS D.Ä.], Bedencken auff das Interim von einem Hochgelerten vnd Ehrwirdigen Herrn/ einem Erbarn Radt seiner Oberkeit vberreicht, [Michael Lotter, Magdeburg] 1548 [VD16 O990]. DERS., Vermutung von den letzten zeyten/ vnd dem ende der Welt/ ausz der heyligen Schrifft gezogen, Johann Petreius, Nürnberg 1545 [VD16 O999]. PFEFFINGER, JOHANNES, Grüntlicher vnd Warhafftiger Bericht der vorigen vnd jetzigen/ fuer vnd nach dem Kriege ergangen Handlungen/ von den Adiaphoris oder Mitteldingen./ Sampt einer Christlichen kurtzen verantwortung/ Doctoris Johannis Pfeffinger/ Allen lieben Christen nuetzlich vnd troestlich zu wissen, Valentin Bapst d.Ä., Leipzig 1550 [VD16 P2326]. DERS., Von den TRADITIONIBVS, CEREMONIIS, Oder Mitteldingen/ Christlicher warer bericht/ allen lieben Christen in disen letzten vnd gefehrlichen zeitten nuetzlich zu wissen, Nicolaus Wolrab, Frankfurt an der Oder 1550 [VD16 P2357]. RATZENBERGER, MATTHÄUS , Hn. Matth. Ratzenbergers/ Weyland der Medicin Doctorisund Churfuerst Johann Friederichs jn Sachsen Leib-Medici, Warnung/ Vor den unrechten Wegen die Sache der Offenbahrung des Antichrists zu fuehren. Sambt gruendlichem Beweiß und Ausfuehrung/ daß D. Martin Luther nie gebilliget/ viel weniger gerathen/ sich in Glaubens-Sachen wider der Hohen Obrigkeit Gewalt zu wehren. Auch wie Lutheri Lehr und Buecher/ in dem Punct/ durch Melancthonem, Bugenhagium oder Pomeranum, Georgium Majorem und Andere verlassen/ verleugnet/ verworffen und verfaelscht worden, s.l. 1665 [VD17 1:074385D] (EA 1552).

Spätere Editionen

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Roemischer Keyserlicher Majestaet Achtserklaerung/ gegen der Alten Statt Magdeburg. Publicirt zu Augsburg den 27. Juli/ ANNO M.D.XLVII, in: HORTLEDER, Von Rechtmässigkeit, Buch IV, Kap. 2, 804f. [TIMANN, JOHANNES], Was vor grosse vnd mannichfaltige suende/ vnehre vnd ferlickeit/ alle die jenigen so das Interim odder Adiaphora annehmen/ odder einigerlei weisse bewilligen/ auff sich laden. Solches wirt man aus folgenden Artickeln zuuernemen haben. Durch Johan Amsterdam prediger zu Bremen/ fleissig zusammen gebracht. Item in sonderheit widder die Adiaphora in fine, [Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg] 1549 [ben. Ex.: FB Gotha Th 713/128a (2) = VD16 T1315]. Ware beschreibung der schlacht/ sampt belegerung der alten Statt Magdeburg/ was sich inn vnd ausserhalb der Statt begeben vnd zugetragen hat/ mit Scharmuetzeln/ zu wasser vnd Lande/ vom anfang biss zum still stand/ endtlichen vortragk/ vnd abzug etc., s.l. 27.11.1551 [VD16 W172]. W AREMUND, J OANNES [i.e. Matthias Flacius Illyricus], Ein gemeine protestation vnd Klagschrifft aller frommen Christen wieder das Interim vnnd andere geschwinde anschlege vnnd grausame verfolgung der wiedersacher des Euangelij/ allen Gottfuerchtigen gewissen/ zu dieser betruebten zeit/ vberaus sehr nuetzlich vnnd troestlich zu lesen, [Michael Lotter, Magdeburg] 1548 [VD16 F1406]. Warhafftiger vnd gegruenter bericht/ wider die vnuerfindliche vnd ertichte antzeigung/ So die verstockten der Roem. Key. Mai. Rebellen vnd Echtere/ auch vnsere des Thumbcapittels vnnd Ertzstiffts Magdeburgk/ vngehorsame/ Ehren vnnd Eidtsvergessene Vnderthane/ Burgermeistere/ Rathmanne/ vnd Innungsmeister/ der Altenstadt Magdeburgk/ neulicher Zeit im druck vergesslich ausgegossen/ vnnd von sich geschrieben/ Auch sonst wieder ihre manchfaltige viel jerige verbrechung vnd mishandlung/ durch vns obbemelt Thumbcapittel/ Prelten/ Grauen/ die von der Ritterschafft vnd Stedte/ des berurten Erzstiffts Magdeburgk/ der warheit zu gute/ Vnd damit menniglich des notturfftiglich wissens haben muege/ ausgegangen, [Leipzig, Valentin Bapst d.Ä., 25.10.]1550 [VD16 M153]. W ESTPHAL, J OACHIM , Verlegung des Gruendlichen Berichts der Adiaphoristen/ zu diesen boesen zeiten/ sehr nuetzlich zu lesen. Durch M. Joach. Westpha. Pfarherrn zu Hamburg. Mit einer praefation Illy. am ende gesetzt, Christian Rödinger d.Ä., Magdeburg 1551 [VD16 W2280].

3. Spätere Editionen ALBERUS, ERASMUS, Also spricht Gott/ Dis ist mein lieber Son an welchem ich wolgefallen hab DEN Solt Ihr hoeren [o. Dr., Magdeburg 1548], in: SCRIBNER, For the Sake of Simple Folk, 145. AMSDORF, NIKOLAUS VON, Ein trost, warnung vnd vermanung wider den Gottlosen Hertzog Moritz, s.l. 1546, in: ERNST-OTTO REICHERT, Amsdorff und das Interim. Erstausgabe seiner Schriften zum Interim mit Kommentar und historischer Einleitung, Diss. theol. Universität Halle-Wittenberg, Halle/Saale 1955, B, Ia, 1–14. AQUIN, THOMAS VON, Summa Theologiae II-II, Sancti Thomae Aquinatis doctoris angelici Opera omnia 8, iussu Leonis XIII. P.M. edita, cura et studio fratrum praedicatorum, Rom 1895. AUGUSTIJN, CORNELIS (Hrsg.), Martin Bucers deutsche Schriften, Bd. 9.1: Religionsgespräche (1539–1541), Gütersloh 1995. AULINGER, ROSEMARIE (Bearb.), Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V. Der Reichstag zu Regensburg 1546, Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V.: Jüngere Reihe 17, München 2005.

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Spätere Editionen

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Literatur

329

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Bibelstellenregister In allen Registern sind die Einträge, die ausschließlich in den Fußnoten vorkommen, durch kursive Schreibung der Seitenzahlen gekennzeichnet. Das Personenregister enthält keine modernen Autoren. Magdeburg betreffende Inhalte sind, wenn es sich um die Stadt handelt, im Ortsregister, alle anderen Inhalte im Sachregister zu finden.

Kanonische Schriften Genesis (Gen) 2,16–17

260

Richter (Ri) 20

186

Psalmen (Ps) 2,1–12 44,2–27 46 46,10 46,12 58,2 66,3 94,12–15 104,2–10 106,6–8

202 202 191 202 202 202 202 202 202 202

279 202 257

Hesekiel (Hes) 33 258 Daniel (Dan) 2 6 7 9

264 214

Matthäus (Mt) 5,18 10,32 15

202 179 241

19,21 22,21 24 24,3–44 24,29 24,36 24,42 Markus (Mk) 13,4–37

Jesaja (Jes) 40,8 58

11,36 12,11–12

25, 26, 215, 217, 220 179 179, 203 25, 179 214

13,24 13,32 13,35 Lukas (Lk) 9,26 12,4 12,9 21 21,5–36 21,25

265 179, 257 213, 214 25, 212, 215, 217, 235, 280 215 212 212

25, 212, 215, 217, 235, 280 215 211, 212 211

179 179 179 214 25, 212, 215, 217, 235, 280 215

332

Bibelstellenregister

Johannes (Joh) 3,17–19 28

1. Thessalonicherbrief (1 Thess) 5,1–2 212

Apostelgeschichte (Apg) 1 213 1,7 211 5,29 179, 184, 203, 223, 253

2. Thessalonicherbrief (2 Thess) 25, 215, 217, 220, 222 2 214, 218, 223, 231, 261, 280 2,3 218 2,3–12 231 2,4 193 2,8 264 2,9 214

Römerbrief (Röm) 13,1–4 96, 262 13,4 263 14 241 14,1–23 241 14,17 241

1. Timotheusbrief (1 Tim) 4,3 223

1. Korintherbrief (1 Kor) 6,12 241 8 241 8,9 241 10,23 241 11,23–25 227

Jakobusbrief (Jak) 2,17 123 Offenbarung des Johannes (Offb) 25, 27, 214, 215, 231, 232 9 216 13 212 17,1–2 224

2. Korintherbrief (2 Kor) 11,14 222, 232 Kolosserbrief (Kol) 2,16 241

Außerkanonische Schriften Äthiopisches Henochbuch (äthHen) 72–82 25

Personenregister Aepinus, Johannes 51 Aesquillus, Publius (Pseudonym für Flacius) 49 Affenstein, Wolf von 116 Agricola, Johann 47, 117, 122, 134, 164, 230 Alberus, Erasmus 4, 41, 43, 44–46, 52, 56, 198, 201, 217, 223, 229, 257, 258, 260, 261 Albrecht Alkibiades Markgraf von Brandenburg-Kulmbach 84, 186, 194 Albrecht Herzog von Preußen 145, 192, 195, 203, 206 Albrecht von Brandenburg, Kardinal Erzbischof und Kurfürst von Mainz, Erzbischof von Magdeburg 44, 66, 70, 117, 151, 154f., 157, 159–168, 170, 209 Alemann, von (Familie) 150, 155 Alemann, Ebeling von 178, 187 Alemann, Heine von 178, 194 Alemann, Ludwig von 178 Álvarez de Toledo, Fernando, Herzog von Alba 50, 90 Amsdorf, Nikolaus von 4, 41, 46–48, 50, 56, 156, 161, 164–166, 167, 197, 215, 217f., 220–224, 227, 229, 235– 237, 249, 260, 275, 276 Aquila, Kaspar 41, 48, 49, 191, 206, 229f. Aquin, Thomas von 96f., 240, Aquinas, Domenicus 215, 231 Arbiter, Petrus (Pseudonym für Flacius) 49 Aristoteles 255 Augustinus, Aurelius 96 Azarias Gotsburgensis, Carolus (Pseudonym für Flacius) 49 Barnim XI. Herzog von Pommern 131

Baumgart (Pomarius) d.Ä., Johann 55, 260 Baumgartner, Hieronymus 137 Besselmeyer, Sebastian 216 Besserer, Georg 116 Beyer, Hartmann 43 Bèze, Théodore de 20 Billick, Eberhard 73, 115f. Bode, Nikolaus 156 Bodenstein gen. Karlstadt, Andreas Rudolf 44 Brenz, Johannes 46, 60, 73 Brück, Gregor 60, 61 Bucer, Martin 69–71, 73f., 106, 136 Buchholzer, Georg 247 Bugenhagen, Johannes 49, 52, 67, 140, 142, 144, 208, 247, 268, 271, 275 Büren, Maximilian von 87 Butze, Georg 156, 162, 169 Calvin, Jean 20, 212 Camerarius, Joachim 142, 144 Campeggio, Lorenzo, Kardinal 59, 61, 70, 162 Capito, Wolfgang, 69, 154 Carlowitz, Christoph von 141, 142, 181, 184, 193, 249 Carlowitz, Georg von 65, 141 Christian III. König von Dänemark 208 Christoph Herzog von Württemberg 129 Cicero, Marcus Tullius 95, 96 Clemens VII., Papst 58, 60, 267 Cochlaeus, Johannes 57, 60, 70, 73, 113, 128 Contarini, Gasparo 71 Cranach d.Ä., Lucas 219, 220, 232 Cruciger d.Ä., Caspar 52, 67, 140, 164, 271 Cruningen, Jobst von 171

334

Personenregister

Cunradt, Christoph (Pseudonym für Basilius Monner) 263 Cyclops, Wolfgang 155, 157, 165 Daniel 107, 179, 203, 214, 250 Darius, König 179 Denhardt, Valentin 175 Detenhagen, Johann 156 Didymus, Gabriel 145, 231, 278 Dietrich, Veit 53 Doberitz, Martin 178 Domitian, Kaiser 27 Eber, Paul 141 Eck, Johannes 60, 62, 68, 70f., 213 Eck, Leonhard von 116 Egnatius, Baptista 49 Eichstedt, Heinrich 156 Elia 214, 261 Emden, von (Familie) 150 Emden, Levin von 167, 175, 178, 193, 223 Emmen, Ambrosius 178 Epiktet 240 Erasmus von Rotterdam, Desiderius 47 Erich II. d.J. Herzog von BraunschweigCalenberg-Göttingen 90, 134, 138, 161, 167, 171, 179 Erich Markgraf von Brandenburg, Erzbischof von Magdeburg 149 Ermst Herzog von BraunschweigLüneburg 167 Ernst Herzog von Sachsen, Erzbischof von Magdeburg 155 Fabri, Johannes, Bischof von Wien 61 Fabricius, Theodor 49f. Fachs, Ludwig 112, 116, 141f. Fagius, Paul 136 Fannemann, Balthasar, Weihbischof von Hildesheim 115 Farnese, Perluigi 82 Faustus, Elisabeth 49 Ferdinand I., römischer König 58, 64, 65f., 67, 79, 84, 87, 90, 100, 101f., 109, 110–113, 117, 129, 132, 140, 142, 144, 146, 180, 181, 186, 198, 206 Flacius, Matthias gen. Illyricus 1, 2, 4, 9, 19, 41, 43, 49–51, 53, 56, 143,

214–216, 226–230, 234–239, 242, 246, 248, 253–257, 258, 259, 270f., 275–277, 279, 281 Forster, Johann 141, 144 Franz Herzog von BraunschweigLüneburg 167 Franz I., König von Frankreich 64f., 72, 76, 79, 81, 82, 86 Frede, Henning 55, 260 Fresse, Johann de 195 Friedrich II. Pfalzgraf bei Rheine 70f., 83, 88, 118, 131, 207 Friedrich III., Kaiser 149 Friedrich Markgraf von Brandenburg 133, 189, 198 Friedrich von Oettingen-Oettingen 131 Fritzhans, Johannes 155, 156, 158, 160 Fröschel, Sebastian 140 Fürstenberg, Friedrich Graf von 73 Gallus, Nikolaus 1, 2, 4, 41, 46, 48, 50, 52–54, 56, 143, 197, 225, 229, 235– 237, 242, 246, 248, 253, 257, 260, 271, 274–279 Gattinara, Mercurino 110 Georg Fürst von Anhalt 141f., 144, 176, 207 Georg Herzog von Mecklenburg 185f., 189, 192, 206 Georg Herzog von Sachsen 60, 155, 161, 167 Georg Markgraf von BrandenburgAnsbach 60 Gienger, Georg 111 Glossenius, Nikolaus 54, 166 Godeken (Familie) 150 Granvelle, Nicolas de 68f., 71, 73, 75, 132 Gratian, Kaiser 96 Grawert, Johann 155, 156 Greiser, Daniel 141, 144 Gropper, Johannes 69–71 Guericke (Familie) 150 Guericke, Georg 178 Guericke, Heinrich 55, 261 Guericke, Jakob 193 Hagen, Bernhard von 60, 62 Hase, Heinrich von Lauffen 66, 116

Personenregister Heinrich d.J. Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel 60, 83, 101, 134, 138, 161, 167, 168, 179, 185, 192 Heinrich Herzog von Mecklenburg 167 Heinrich II. König von Frankreich 110, 195 Heinrich VIII. König von England 79, 82, 86 Heinrichmann, Jakob 116 Helding, Michael, Weihbischof von Mainz 113, 115f., 117f., 122 Heller, Johann 60 Heller, Sebastian 62 Henetus, Theodor (Pseudonym für Flacius) 49, 226 Hermannus, Johannes (Pseudonym für Flacius) 49 Heusenstamm, Sebastian von, Erzbischof und Kurfürst von Mainz 116, 119f., 130 Heydeck, Johann Freiherr von 187, 192, 206 Hieronymus 212 Hiltner, Johannes 54 Hitfeld, Ambrosius 55, 260 Hoffmann, Christoph 48 Hoffmann, Melchior 165 Hoffmeister, Johannes 73 Hofmann, Hans 111 Holofernes 203 Holstein, Johann 188 Hoppe, Arnold 193 Hügel, Andreas 134, 228 Hus, Jan 218 Hutten, Froberi von 224 Hutten, Moritz von, Bischof von Eichstätt 70, 73 Hutten, Ulrich von 224 Joachim I. Kurfürst von Brandenburg 154f., 161, 166 Joachim II. Kurfürst von Brandenburg 70, 72, 90, 117, 118, 133f., 142, 174–176, 179, 180, 181, 186, 188, 197f., 228, 247 Johann Albrecht Herzog von Mecklenburg 45, 54, 192, 195 Johann Albrecht Markgraf von Brandenburg-Ansbach, Erzbischof

335

von Magdeburg 166, 168, 170f., 175, 176f., 179, 181, 188, 189, 196, 198 Johann Friedrich Kurfürst (bis 1547), Herzog von Sachsen 47f., 60, 66, 67, 70, 73, 79, 83, 86f., 99, 101f., 103, 106f., 112, 130, 133, 168, 170, 171– 174, 191, 197, 205, 209, 216f., 223, 267, 269, 275 Johann Kurfürst von Sachsen 61, 64, 167 Johann Markgraf von Küstrin 84, 100, 118, 134, 137, 192, 193, 195, 258 Jonas, Justus 46, 67, 166, 173 Judas 107 Karl V., Kaiser 3, 10f., 14f., 18, 36, 39, 53, 58–60, 62, 63, 64f., 66, 68, 69, 70–76, 79–91, 95, 97–103, 105, 107–116, 117, 118–121, 128–132, 133, 134, 137f., 140, 142, 146f., 154, 157, 163, 165, 169, 170f., 174– 178, 180–184, 186, 188, 191–200, 203–206, 209f., 224–226, 230, 232, 234, 251f., 258f., 263–265, 267–270, 272, 274, 279, 283–286 Kauxdorf, Andreas 154 Kegel, Andreas, 140 Keller, vom (Familie) 150 Keller, Thomas 178 Kempff, Pankraz 41, 232 Kirchner d.Ä., Ambrosius 41 Komerstadt, Georg von 141 Könneritz, Nikolaus von 175 Krull, Jakob 176 Kunheim, Eberhard von 203 Langhans, Sebastian 156, 158 Lauterbach, Anton 142 Lauterwar, Christian(us) (Pseudonym für Flacius) 49, 226 Lescher, Martin 55 Leyen, Johann von der 116 Link, Wenzeslaus 218 Lorr d.J., Johann 41 Lotter d.Ä, Melchior 40 Lotter, Michael 40, 41, 48, 202 Ludwig XV. von Oettingen-Oettingen 131 Ludwig XVI. von Oettingen-Oettingen 131

336

Personenregister

Luther, Martin 2, 9, 19, 22, 44, 46f., 49, 58, 59, 62, 67, 70, 96f., 131, 137, 146, 153, 154, 158, 164, 166, 202, 218–221, 227, 232, 234f., 237, 241, 243, 245–247, 249, 251, 253, 254, 256, 259–261, 265–269, 274–276, 281, 285 Madruzzo, Christoph von, Fürstbischof von Trient 115 Madruzzo, Johann Gaudenz von 111, 116 Major, Georg 73, 140f., 144, 164, 173, 249, 268f., 275 Maltitz, Johann VIII. von, Bischof von Meißen 141 Malvenda, Pedro de 73f., 113, 115, 117 Mansfeld, Albrecht Graf von 167, 171, 185, 187, 196 Mansfeld, Christian Graf von 171 Mansfeld, Gerhard Graf von 167 Mansfeld, Johann Georg Graf von 186 Mansfeld, Johann Graf von 192 Mansfeld, Volrad Graf von 192 Maria Königin von Ungarn 101f., 198 Maria Königin von England 192 Mauritius 179, 185, 203, 268 Mayer, Bernhard 199 Medler, Nikolaus 49, 137, 216, 230 Melanchthon, Philipp 9, 16, 41, 49f., 53, 54, 58–62, 64f., 67, 68, 70f., 73, 105, 127, 137, 138, 139–141, 143, 144, 145, 164, 173, 214, 220, 225, 234f., 243, 245, 247, 249, 254, 258, 268f., 275f., 279–281, 283 Menius, Justus 48, 268, 269, 271 Merckel, Heinrich 54, 176, 193 Merckel, Margarethe 54 Merz, Leonhard 162, 167 Mirisch, Melchior 155, 157f., 160 Monner, Basilius 91f., 95, 263 Montfort, Hugo 116 Mordeisen, Ulrich von 112, 193 Moritz (Familie) 150 Moritz, Herzog und Kurfürst (ab 1547) von Sachsen 3, 11, 16, 19, 40, 44, 46, 84, 87, 90, 91, 100, 107, 112– 114, 118, 120, 133f., 138f., 141f., 144f., 170, 171, 173, 176, 177, 180f., 183, 184, 186, 188f., 192–198,

205–208, 210, 223, 231, 234, 251f., 258, 271, 274f., 285f. Mörlin, Joachim 134 Muelich, Heinrich 117 Müntzer, Thomas 255 Musculus, Andreas 211 Muxetula, Juan Antonio 63 Myconius, Friedrich 106 Naves, Johann von 73 Nebukadnezar 228 Noppus, Hieronymus 52 Obernburger, Johann 175 Oldenburg, Christoph Graf von 187 Osiander d.Ä., Andreas 22, 50, 53, 132, 212, 231, 261 Ossa, Melchior von 112, 142 Otto I., Kaiser 178, 209 Paul III., Papst 64, 73, 76, 81–84, 87f., 103, 110, 113–115, 119f., 198, 223, 228 Paulus 220f., 241, 272 Pfeffinger, Johannes 140, 144, 242–244, 253, 255, 258 Pflug(k), Kaspar von 187, 196 Pflug, Julius von, Bischof von Naumburg 47, 71, 117f., 122, 124, 127, 141 Philipp Graf von Hanau-Lichtenberg 44 Philipp Herzog von BraunschweigGrubenhagen 167 Philipp I. Herzog von Pommern 131 Philipp Landgraf von Hessen 61, 66, 69, 70, 79, 83, 85, 87, 90, 99, 101f., 103, 106f., 112, 130, 133, 138, 155, 167, 170, 174, 193f., 205, 206, 269 Pistoris, Modestinus 112f. Pistorius, Johannes 71 Ratzenberger, Matthäus 267f., 272 Rode (Familie) 150, 163 Rode, Jacob 167 Rödinger, Christian 40, 41, 191 Rosenthal, Lukas 55, 197, 260, 272 Rubin, Hans 156 Schertlin von Burtenbach, Sebastian 86, 107

Personenregister Scheyring, Johann 188 Schlieben, Eustachius 116 Schnepf, Erhard 60, 73 Schulz, Michael 145, 248, 278 Schurf, Hieronymus 162 Schwarzburg, Günther XL. Graf von 194 Schwarzburg, Günther XLI. Graf von 194 Schwenckfeld, Caspar 50 Schwendi, Lazarus von 176, 181, 183, 196, 198, 205 Scultetus, Marcus 156 Seitz, Sebastian 86 Seld, Georg Siegmund 116 Soto, Domingo de 117 Soto, Pedro de 115, 117 Spalatin, Georg 61, 64 Stadion, Christoph von, Bischof von Augsburg 60, 70 Stamburger, Johann 112f. Stengel, Johannes 55, 260, Stifel, Michael 212 Storm (Familie) 150 Storm, Nikolaus 154, 155, 161 Striegel, Viktorin 50 Sturm, Jakob 73, 116, 120, 136 Suarez, Francisco de 98 Suleiman II., Sultan 76, 79 Sülte, Thomas 154 Tucher, Stefan 51, 52 Ulrich Herzog von Württemberg 65, 85, 88, 129

337

Vehus, Hieronymus 60, 62f. Veltwyck, Gerard 69 Verallo, Girolamo 83 Vesser, Bernhard 106 Waldburg, Georg Truchseß von 63 Waldeck, Wolrad Graf von 15, 119 Walther, Hans 41, 202 Waremund(us), Johann(es) (Pseudonym für Flacius) 49, 226 Weidensee, Eberhard 155, 156, 158, 160 Weingarten, Gerwig Blarer von 116 Werner, Sebastian 164 Westphal (Familie) 162f. Westphal, Joachim 41, 51, 252 Wied, Hermann, Erzbischof und Kurfürst von Köln 83 Wilhelm Herzog von Bayern 84 Wilhelm Landgraf von Hesser 194f. Wilhelm V. Herzog von Kleve 70 Willich, Gregor, 164 Wimpina, Konrad 60 Witzel, Georg 57, 113, 128 Wolfgang Fürst von Anhalt-Köthen 54, 161, 167, 171, 188 Woltersdorf, Joachim 55, 166, 260 Wrisberg, Christoph von 90, 171 Wyclif, John 218 Zeuner, Caspar 142 Ziegenhagen, Johann 156 Zwilling s. Didymus Zwingli, Huldrych 165

Ortsregister Albona 49 Altes Reich 2, 3, 5, 11, 13, 15, 17, 20, 36f., 39f., 54, 58, 63, 73, 76, 80f., 82, 83, 88, 90, 99–103, 106, 109, 112–114, 121f., 127f., 135, 138, 140, 147–149, 161, 166, 171, 174f., 179f., 182, 187, 199f., 203, 205, 226, 233, 251, 264, 284 Altzella 142, 144 Antwerpen 50 Augsburg 14f., 37, 49, 57f., 64, 86, 109, 115, 119, 138, 182f., 187, 194, 199 Babenhausen 44 Basel 41, 49, 51 Barby 186 Berlin 176 Bethulien 200, 203 Böhmen 175 Bologna 58, 88, 113, 115, 117 Brandenburg/Havel 44, 134 Brandenburg, Kurfürstentum 45, 65, 68, 116f., 133f., 146, 157, 161, 166, 168, 175f., 180, 205 Braunschweig 49, 99, 134, 151, 167, 185 Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzogtum 168 Bremen 90, 171, 181, 183 Büdingen 44 Calbe 166, 170 Chambord 195 Coburg 58 Cracau 193 Crépy 72, 81, 86 Danzig 55 Deßdorf 216 Drakenburg 90, 137, 171, 173

Dreileben 185 Egeln 169, 175 Eilenburg 154 Einbeck 167 Eisenach 47 Eisleben 117, 179, 180 England 15, 86 Erfurt 89 Frankfurt am Main 114, 130, 245 Frankfurt an der Oder 175 Frankreich 15, 86, 112, 119, 199 Fulda 106 Geldern 70 Giengen 87 Göttingen 134, 167 Goslar 167 Gotha 47, 89, 173 Groß-Ottersleben 191 Groß-Salze 166 Guines 86 Hagenau 57, 64–66, 69f. Halberstadt 155, 171 – Stift 89, 133, 169–171, 185 Halle 137, 149, 151, 154, 166, 171 Hamburg 45, 49, 51, 137, 151, 231, 252 Hamersleben, Kloster 175, 180 Hannover 167 Heilbronn 132 Henneberg 230 Hessen, Landgrafschaft 45, 62, 69, 86, 130 Hildesheim 167 Ingolstadt 87 Italien 103 Jena 41, 47, 50, 53

340

Ortsregister

Jülich 68, 70 Jüterbog 134, 142, 179, 181 Köthen 52f. Köln, Kurfürstentum 69, 116 Konstanz 132, 135f., 244 Kopenhagen 54 Kursachsen s. Sachsen Landshut 87 Leipzig 3, 41, 44, 46, 55, 89, 117, 140, 151, 176, 276 Lochauer Heide 195 Lübeck 137, 231 Lüneburg 62, 137, 231 Magdeburg 2–4, 10, 12, 17–20, 38–41, 44–56, 90, 137, 149, 151–161, 163– 193, 194, 195–198, 200–210, 216, 218, 223, 226, 231, 234, 252, 257, 260, 270, 272, 275, 285, 286 – Altstadt 1, 3f., 11, 149–152, 154f., 158, 160f., 163–165, 168f., 170f., 172, 174–176, 179, 184–186, 189, 193, 195, 198, 208, 209, 216 – Neustadt 55, 149–151, 155, 158, 163, 165, 169, 170, 172, 189, 216 – Sudenburg 55, 149–152, 155, 158, 163, 165f., 169, 170, 172, 189 – Erzbistum 89, 133, 149, 154, 160, 166, 169–173, 177, 179f., 186, 189, 198, 205 Mainz 117 – Diözese 117 – Kurfürstentum 116 Mansfeld 52 Mecklenburg, Herzogtum 185 Meißen 55, 89, 168, 234, 248 Merseburg 117 Metz 195 Meudon 72 Möckern 169 Mömpelgard 129 Mühlberg 79, 89, 173 Mühlhausen 133 Münster 13 Naumburg 47f., 55f., 166 Neubrandenburg 45 Neugattersleben 175 Neuhaldensleben 185

Neumark 44 Niederlande 101, 112 Niederlausitz 175 Nidda 44 Nürnberg 53, 61, 62, 119, 132 Oberlausitz 175 Oberursel 44 Österreich 58 Oettingen 131 – Grafschaft 131 Paderborn 55 Padua 117 Parma, Herzogtum 82 Pegau 141, 143 Pfalz 68, 83, 116 Piacenza, Herzogtum 82 Polen 15 Pommern 131 Prag 180 Regensburg 14, 50, 52f., 57, 64, 68, 70– 72, 74, 84–86, 118, 227, 275, 276 Reutlingen 62 Rochlitz 89 Römisches Reich 110, 215 Rom 84, 115, 119, 218 Rostock 54 Sachsen 107, 244 – albertinisch (Kursachsen ab 1547) 3, 17, 37, 40, 87, 89, 116–118, 138, 140f., 144–146, 168, 176, 180, 186, 205f., 210, 213, 234 – ernestinisch (Kursachsen bis 1547) 86, 89 Salzwedel 55 Schönebeck 169, 185 Schwerin, Bistum 185 Spanien 103 Speyer 65, 117 Sprendlingen 44 Staden 44 Stralsund 135 Straßburg 50, 119, 132, 135 Tirol 216 Torgau 46, 141, 142, 278 Toul 195

Ortsregister Trient 73, 85, 88, 110 Trier, Kurfürstentum 116 Tübingen 49, 117 Ulm 88, 119, 132 Ungarn 58 Venedig 49 Verden 192 Verdun 195 Wanzleben 169, 185 Weilburg 44 Weimar 47, 48, 221

341

Westerhausen 178 Wetterau 44f. Wien 117 Wittenberg 16, 41, 47, 49, 51–53, 55, 89, 117, 138, 153, 173, 195, 213, 225f., 239, 244, 252f., 275, 276 Wolmirstedt 169, 198 Worms 57, 64, 67–69, 92 Württemberg 99, 129, 132, 135 Zeitz 117 Zwickau 54

Sachregister Abendmahl 59–64, 67, 69, 71, 75, 122f., 125–128, 145, 146, 158, 160, 219, 221f., 224f., 227, 229f., 260, 283 Adiaphora 3, 12, 17, 67, 75, 134, 137, 139–141, 143–147, 208, 225, 234– 236, 238–251, 253, 255, 258, 262, 270, 276f., 280, 284f. Adiaphoristischer Streit 12, 42f., 47, 234f., 244, 249–251, 275, 277 – Zweiter Adiaphoristischer Streit 243 Advocatus ecclesiae 76 Ärgernis s. Scandalon Apokalypse 211, 213, 217, 223 – Antichrist s.a. Tyrann/Tyrannei 1f., 7, 12, 42, 52, 106, 172f., 186f., 190, 193, 201, 205, 214f., 217–221, 223f., 228f., 233, 236–239, 246, 249f., 253, 261, 265–267, 269f., 273–275, 277, 279–281, 285 – Beerwolf 237, 248, 252, 264–266, 268–270, 272 – Berechnung des Jüngsten Tages 212–214, 217, 280 – Diener des Antichrist 42, 236, 246, 267, 274, 285 – Endzeit 1, 4, 24, 56, 184, 190, 209, 211f., 214–217, 223f., 230, 232f., 235f., 250, 261, 267, 280, 285 – Falsche Propheten 2, 165, 213, 214, 234–236, 239 – Heilsgeschichte 4, 9, 24, 26f., 108, 201 – Jüngster Tag 26, 28, 178, 201, 211f., 213f., 215, 217f., 225, 229, 280 – Katechon 2, 201, 203, 274, 285 – Parousieverzögerung 212f. – Propheten/Prophetie 24, 39, 212, 213f. – Reich Gottes 26 – Türke 220, 230, 232, 269

– Zeichen des Jüngsten Tages 12, 211f., 214–220, 223, 225, 235, 280 Apokalyptik 1, 4f., 7, 9, 12f., 19, 21f., 23, 26f., 29–31, 38f., 41f., 108, 184, 210f., 212, 213, 220, 223, 225, 229– 233, 249, 252, 265, 270, 273, 280f., 284–286 – Begriff 23f. Aristotelismus 256 Augsburger Interim 1–5, 8–18, 22, 37, 38, 39–41, 44, 47–49, 51–54, 56, 75, 80, 108–111, 113–116, 117, 118– 122, 126, 127–141, 144f., 147f., 164, 176, 177f., 180, 182, 184, 187, 196, 199f., 203f., 209, 217, 221–234, 236–239, 242–244, 246, 248, 250f., 253f., 256–258, 270, 273–275, 277f., 280, 283–285 Augsburger Religionsfrieden 121, 199, 283 Beichte 60, 226, 238 Braunschweiger Zug 83 Bund der niedersächsischen Hansestädte 167, 209 Burgundischer Vertrag 112 Buße 59, 124, 141, 146 Chorrock s. Liturgische Gewänder Christliche Freiheit 245, 254, 257 Chronica Carionis 214 Coburger Briefe 243 Confessio Augustana 58–60, 63f., 66f., 70, 74, 123, 177, 245, 253 – Apologie 64, 67, 68, 70, 219 – Invariata 76, – Variata 68, 76, 145 Confutatio 59f., 63 Custos utriusque tabulae 253–255, 257

344

Sachregister

Dessauer Bund 161, 167 Drei-Stände-Lehre 135, 259–262, 264– 266, 269, 274, 280 Druckschriften s.a. Publizistik 3, 9, 22, 31–37, 39, 79f., 108, 231 – Begriff 33, 35f. – Zensur 11, 36–41, 191 Ehe 124, 146 Erbsünde 50, 59, 68, 71, 74, 227f. Fastengebot 59, 61, 67, 75, 124, 126, 132, 139, 146, 219, 222f., 225, 238, 241, 245f. Fehde 97, 105, 169 Firmung 124, 146 Flacianer s. Magdeburg – Exules Formula reformationis s. Kirchenreform Frankfurter Anstand (1539) 65, 76, 81, 85f., 168 Freier Wille 71, 236 Gemeiner Nutzen/Gemeinwohl 39, 99f., 136, 147f., 209, 249, 256, 274, 286 Gnesiolutheraner s. Magdeburg – Exules Hallescher Bund 167 Hanse 151–153, 170 Hausvater 99f., 262 Heilbronner Vertrag 129 Heiligenanrufung 59, 125, 139, 141– 143, 223, 225f. Historische Politikforschung 6 Interimistischer Streit 42f., 234, 252, 275, 279, 281, 284 Interimsgeistliche 128f. Interimskommission 14, 113–117 Jülicher Erbvertrag 61 Jurisdiktion, bischöfliche 59–62, 67, 69, 71, 75, 124, 139, 143, 146, 223f., 226, 229 Kapitulationsverhandlungen 88f., 90, 111, 129–131, 173, 174, 176–179, 181, 183, 188, 192f., 195–197, 200, 204, 207, 223, 286

Kirchenbegriff 59, 69, 124 Kirchengüter 60f., 63, 75, 116, 119, 126, 128, 157, 171, 196 Kirchenordnung 60, 245f., 284 – Brandenburgische 133f. – Kursächsische 144, 146 Kirchenreform 72, 113, 115, 120f., 128, 182 Kirchenzeremonien 61, 71, 125f., 133f., 144, 146, 157f., 161, 172, 201, 229, 231, 241f., 244f., 247, 249f., 253, 255, 257f., 262, 273, 277, 284 Kirchliche Feiertage 67, 75, 126, 132f., 146, 238 Kleines Leipziger Interim s. Auszug der Leipziger Landtagsvorlage Klostergelübde 67, 69, 75 Konfessionalisierung 5, 8f., 76, 147f. Konfessionskultur 8 Königsberger Bund 192, 194f., 198 Konkordienformel 251, 280 Konzil 2, 10, 57f., 60, 62–64, 70–72, 75f., 81f., 85, 99, 113, 122, 124, 128, 166, 283 – Trient 65, 73, 74, 82f., 85, 88, 103, 110, 111, 113–116, 119, 121, 128, 182f., 187, 197, 212, 224, 226 Kriegslegitimation/Bellum iustum 10, 92–98, 100–102, 104, 106, 108 Krise 25, 27–30, 224 – Begriff 28 Laienkelch s. Abendmahl Landfriedensordnung 64f., 86, 99–101, 108, 128, 147, 170, 174f., 182f. Leipziger Disputation 47, 218 Leipziger Interim s. Leipziger Landtagsvorlage Leipziger Landtag (1548) 140, 142, 144, 234 Leipziger Landtagsvorlage 1, 3f., 8, 10– 12, 16f., 39f., 47, 56, 142–146, 221, 234–239, 242, 246, 252, 254, 270, 273–277, 280, 285 – Auszug 17, 144f., 234, 239 Libertät 16, 99, 103, 105f., 111f., 147, 190, 199, 201, 204f., 284 Liturgische Gewänder 126, 133, 139, 146, 238, 244–250, 280

Sachregister Luthertum – Bekenntnisbildung 16, 65, 76, 147, 251 – Erbe 9, 16, 235, 251, 285 – Identität 5, 8, 16, 18f., 31, 38, 43, 121, 245, 248, 283f. Magdeburg – Administrator 133 – Belagerung 1, 3f., 11, 19, 46, 50f., 173, 181, 183, 186–189, 192–195, 198, 200, 205f., 209f., 216, 223, 270, 285f. – Bürgerschaft 11, 39, 150, 155–158, 160–165, 169, 174f., 187, 195, 197, 221 – Burding 150, 159–162, 165 – Burggraf/Burggrafenamt 149, 170, 173 – Confessio 3, 17, 20, 48, 55, 184, 206, 209, 247, 256, 259, 261, 263, 270, 271f. – Domkapitel 154f., 158, 160f., 163– 166, 168f., 171, 177, 178f., 184, 186, 188, 189, 190, 196, 198, 204, 209 – Drucker/Druckereien 10, 40, 41, 51, 191, 202, 205, 232, 281 – Druckschriften/Publizistik 1, 2, 4, 9, 11f., 19, 31, 38–45, 48f., 134, 140, 143, 173, 190f., 193, 197, 200f., 205, 207, 213–215, 222, 225, 227, 229, 232f., 234, 235f., 239f., 248f., 252, 265, 270, 277f., 281, 285 – Erzbischof 11, 149–154, 159, 167, 168, 189, 198, 209 – Erzstiftische Landstände 166, 170, 176, 178–180, 190, 205 – Eid 159, 190, 196f., 259 – Exules 1–4, 9–12, 39, 41–43, 45–47, 50, 54–56, 197, 207, 210, 214, 217f., 220, 229f., 235–239, 244–246, 248– 254, 257f., 260, 270–276, 278–281, 284–286 – Geistliche 3f., 10, 19, 31, 39, 41, 154, 156–159, 161f., 164, 166, 173, 184, 193, 195, 197, 198, 200, 206, 208f., 252, 261, 263, 265, 268, 270, 272–274 – Gymnasium 46, 55, 164f.

345

– Handel 151, 161, 170, 174, 176, 180, 182 – Huldigung 168–171, 172, 197f. – Hundertmänner 150 – Innungen/Innungsmeister 150, 162, 168, 171, 174, 176, 183, 197 – Kanzlei Gottes/Herrgotts Kanzlei 2, 10, 19, 31, 38, 51, 206, 285 – Kastenordnung 157 – Kirchenordnung 172, 201 – Klerus 152, 154, 160–165, 167, 173, 196 – Koadjutor 133, 168, 189 – Magdeburger Recht 151 – Ministerium 159 – Möllenvogt 155 – Pfarrgemeinden 54f., 156, 158f., 163f. – Rat 3, 5, 11f., 19, 39, 42, 46, 52, 54, 149f., 152–156, 158–166, 168, 169– 171, 173, 174–178, 183–186, 188f., 191–195, 197, 200, 204f., 207–210, 259, 263, 286 – Ratsausschreiben 169, 176, 177, 178, 184, 186, 190, 200–202, 205, 209 – Rechte und Freiheiten 3, 152, 155, 168f., 177, 192, 195–197, 204f., 209f., 285 – Schöffenstuhl 150f., 175, 198 – Schultheiß/Schultheißenamt 149f. – Schutzherr/Schutzherrschaft 3, 89, 170, 173, 186, 197, 205, 210, 286 – Stapelrecht 151, 174f., 198 – Superintendentur 41, 46f., 52, 54, 159, 161, 164, 166 – Tripartit s. verfassungsrechtlicher Status – verfassungsrechtlicher Status 11, 149, 152f., 165, 169, 172, 198, 209f., 286 – Wappen 165, 169, 201f. – Widerstand 1–3, 11, 18–21, 52, 173, 179, 191, 197, 200f., 252, 258, 285, 286 – Widerstandsrecht/-legitimation 177f., 179, 184, 186, 203f., 209, 252, 258f., 261, 262–266, 270–274, 280 Majoristischer Streit 47, 275

346

Sachregister

Messe/Meßkanon 59–61, 63f., 67, 75, 125, 133, 139, 141f., 146, 165, 169, 219, 224–227, 229, 237 Miles christianus 107, 109 Mitteldinge s. Adiaphora Monarchia Universalis 11, 14, 110f., 284 Nachinterimistische Streitigkeiten 50 Niedersächsischer Hansekreis 39 Notwehr s. Widerstand Nürnberger Anstand (1532) 65, 68, 72, 76, 81, 86, 166, 168 Obrigkeit 12, 21, 36f., 46, 91, 94, 96– 98, 101, 104f., 135f., 140, 146f., 154, 157, 168f., 172, 175, 177, 184, 197, 203f., 209, 245f., 248, 250f., 253–265, 267–270, 272–274, 279– 281, 284f. Öffentlichkeit 9, 33–35, 40, 43, 105, 177, 276 Ölung 71, 124, 146, 158, 238 Papst/Papsttum s.a. Antichrist 2, 50, 81, 124, 184, 187, 190, 204f., 218–224, 227, 229–233, 236–239, 249f., 253f., 257, 260, 263, 266f., 269, 272, 277, 280 Passauer Vertrag 130, 199, 206 Pegauer Formel 141, 142f., 145, 236f. Philoneikia 249 Predigt 1, 35, 41, 46, 55, 61, 104, 211, 218, 235, 241, 260, 273, 281 Politica christiana 255f., 259 Politische Kommunikation 7 – Politische Sprache 7, 111 Politische Theologie 5–7, 15, 18, 62, 75, 98, 102, 108, 127, 137, 140, 146–148, 207f., 210, 243, 254, 255, 280, 283f. Praecipuum membrum ecclesiae 254, 257 Priesterehe 59–61, 63f., 67, 71, 75, 122, 126–128, 160, 219, 221, 224f., 229, 260, 283 Priesterweihe 125, 146 Privatabsolution 132, 139 Publizistik s.a. Druckschriften 3, 18, 80, 94, 100, 102, 105f., 108, 216

Rebellen/Rebellion 80, 86, 92, 99, 103, 174, 177f., 182–184, 186, 190, 196, 203f., 207, 269, 280 Recht – Göttliches 104f., 204, 209, 256, 264f., 269–271 – Natur- 15f., 104f., 177, 204, 209, 256, 259, 265–271, 274 – Positives 104f., 204, 209, 256, 266f. Rechtfertigung 59, 66, 69, 71, 74f., 88, 122–124, 134, 139, 141–143, 145, 222, 226f., 229f., 236f., 283 Reformation 2, 3, 5, 31–33, 81, 83, 117, 133, 149, 153–155, 156, 157f., 159, 160, 162f., 166, 168, 171f., 209, 212, 233, 245, 259, 285 Regensburger Buch s.a. Wormser Buch 47, 71f., 74, 118, 122, 123, 283 Regensburger Vertrag 171 Reichsabschied 111 – Augsburg (1530) 37f., 63f., 165 – Augsburg (1548) s.a. Augsburger Interim 2, 5, 37–39, 110, 112, 139, 229, 278, 283 – Augsburg (1551) 183 – Nürnberg (1524) 37f. – Regensburg (1546) 85f. – Speyer (1526) 57 – Speyer (1529) 37f., 57 – Speyer (1544) 199 – Worms (1521) 38, 47 – Worms (1545) 73 Reichsacht 97 – 1524 über Magdeburg 160, 164f. – 1527 über Magdeburg 165 – 1537 über Magdeburg 165 – 1546 über die Bundeshauptleute 79, 84, 86, 99–103, 108, 269 – 1547 über Magdeburg 3, 11, 39, 47, 90, 164, 174–176, 179f., 181, 182, 184, 186, 188, 190, 197, 200, 204– 206, 209f., 271, 286 – 1550 über Magdeburg 191, 195, 197f., 200, 204, 206, 209f., 286 – 1548 über Konstanz 132, 136 – 1548 (angedrohte) über Straßburg 135 Reichsbund 102, 108f., 111–113, 147, 206, 284

Sachregister Reichskammergericht 72, 99, 117, 155, 160–162, 182, 196 Reichsmatrikel 84, 149, 182 Reichsmünzordnung 84, 182 Reichspoliceyordnung 37f., 84, 182 Reichs-/Religionsgespräch 9–11, 47, 57, 65, 73f., 76f., 79, 81f., 121f., 125– 127, 283 – Augsburg (1530) 57, 58–64, 66, 68, 76, 127, 283 – Hagenau (1540) 57, 64–69, 71, 213, 275, 283 – interimistische Ansätze 10, 60, 63, 72, 75, 81, 111, 113, 283 – Leipzig (1534/1539) 65 – Regensburg (1541) 57, 64, 70–72, 74f., 227, 275, 283 – Regensburg (1546) 73, 77, 85, 122, 275, 283 – Worms (1540/41) 57, 64, 67–70, 74, 84, 275, 283 – Worms (1557) 50, 57, 92, 271 Reichstag – Augsburg (1530) 58, 61, 65, 81 – Augsburg (1547/48) 10, 13–15, 90, 109–115, 133, 182f., 257, 284 – Augsburg (1550/51) 14f., 176, 182– 184, 187 – Augsburg (1555) 199 – Regensburg (1541) 70 – Regensburg (1546) 14, 72–74, 84, 101 – Speyer (1544) 113 – Worms (1545) 73 Religionskrieg 80, 81, 91f., 98, 103f., 106, 108, 284 – Begriff 92–95 Religionspolitik – kaiserliche 3f., 10f., 14, 31, 45, 49, 72, 81, 82, 98, 101f., 109, 113, 119, 121, 138, 182, 206, 225, 283, 284 – kursächsische 16, 31, 138, 234 Sächsische Kurwürde 87, 89, 107 Sächsischer Städtebund 152 Sakramente 69, 124f., 143, 146, 219, 224–226, 238, 241, 243 Scandalon 225, 244–247 Schmalkaldische Artikel 65, 165, 219

347

Schmalkaldischer Bund 3, 10, 65, 66, 79f., 83–91, 97, 99, 100f., 104, 106– 108, 110, 112, 129, 167, 168, 170– 175, 196, 205, 209, 217, 225, 269, 283f. Schmalkaldischer Krieg 2, 10f., 15, 21, 39, 49, 79–81, 84, 86–91, 95, 98, 101, 102, 106–108, 131, 138, 171– 173, 176, 177, 180, 201, 205, 217, 224, 244, 267, 270f., 275, 283–286 Schöpfungsordnung 97, 101, 106, 252, 256, 260, 264–266, 269, 274, 280, 285 Schriftauslegung 71, 83, 124 Schwäbischer Bund 109 Stoa 240, 241 Sukzessionsverhandlungen 180, 206 Synergistischer Streit 47 Theologen – ernestinische 48, 221 – kursächsische 3, 9, 12, 18, 40f., 49, 51, 67, 136–144, 147, 233, 235–240, 242–248, 250f., 253f., 257, 268, 270f., 275–281, 284f. Torgauer Bund 167, 209 Tyrann/Tyrannei s.a. Antichrist 1, 45, 52, 99, 105f., 172f., 187, 201, 203, 219, 228, 230, 233, 257, 261, 264f., 267, 269f., 272–274, 279f. Universität – Bologna 117 – Jena 47, 50, 91, 276 – Leipzig 117 – Padua 117 – Tübingen 117 – Wittenberg 44, 46f., 49, 53, 55, 117, 138, 152, 153, 173, 252, 275f. Vertrag von – Chambord 195 – Crépy 72, 81, 86 – Guines 86 – Meudon 72, 81 – Wolmirstedt 198 Wächteramt 256f., 259, 261f., 274, 281 Wahl – zum Römischen König 58, 62, 64

348

Sachregister

– Wahlkapitulation 103 Weimarer Synode (1548) 47f. Weltreiche (Buch Daniel) 26, 214f., 280 Widerstand/Widerstandsrecht/legitimation 3, 15, 20f., 45, 80, 91, 97, 103–106, 110, 132, 138, 201, 203, 262–270 Wittenberger Konkordie 47, 65, 68

Wormser Buch s.a. Regensburger Buch 69–71 Wormser Edikt 37, 57, 64f., 161, 168 Württembergische Restitution 65 Zellaer Artikel 142 Zirkulardisputation 219, 265, 267f., 272 Zwei-Reiche-Lehre 253, 254, 257, 259, 260, 274