Insolvenzplan 9783814557526

Mit der Insolvenzrechtsreform durch das ESUG wurde das Insolvenzplanverfahren zu einem zentralen Sanierungsinstrument. D

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German Pages 242 Year 2015

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Insolvenzplan
 9783814557526

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Rendels/Zabel Insolvenzplan

ZIP Praxisbuch 3

Insolvenzplan 2. Auflage 2015

von RA Dr. Dietmar Rendels, Köln WP StB Karsten Zabel, Essen

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH ˜ Köln

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2015 RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH Postfach 27 01 25, 50508 Köln E-Mail: [email protected], Internet: http://www.rws-verlag.de Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, das Werk oder Teile daraus in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) zu vervielfältigen. Satz und Datenverarbeitung: SEUME Publishing Services GmbH, Erfurt Druck und Verarbeitung: rewi Druckhaus Winters GmbH, Wissen

Vorwort zur 2. Auflage Wir freuen uns, dass aufgrund reger Nachfrage zur ersten Auflage – wobei von Lesern und Buchbesprechungen immer wieder der Praxisbezug des Buches betont wurde – Bedarf für eine Neubearbeitung entstand. Die Vorauflage hatte den Stand von Ende Februar 2013. Seitdem fand unter dem Eindruck des ESUG – zum Teil „angefeuert“ durch die vielen Entscheidungen zum Suhrkamp-Planverfahren und die hierdurch ausgelöste rechtswissenschaftliche und rechtspolitische Diskussion – eine intensive Rechtsentwicklung statt. Insgesamt war in dieser Neuauflage eine „Flut“ gerichtlicher Entscheidungen und literarischer Stellungnahmen zu fast allen Bereichen des Insolvenzplans zu verarbeiten. Die seit der Vorauflage hinzugewonnenen praktischen Erfahrungen im Umgang mit den ESUG-Planregelungen betreffen weite Bereiche des Planverfahrens. Hervorzuheben sind insbesondere folgende Komplexe, die u. a. überarbeitet wurden: x

Vergleichsrechnung(en) (Anforderungen, Transparenz und Taktik);

x

Schnittstelle „Gesellschaftsrecht/Insolvenzrecht“;

x

Minderheitenschutzantrag, sofortige Beschwerde, Freigabeverfahren und Glaubhaftmachung der (wesentlichen) Schlechterstellung;

x

Gruppenbildung;

x

Vergütungsregelung durch Plan? Honorarrisiken?;

x

Wirksamkeit, Formulierungsmuster und Reichweite von Plan-Ausschlussfristen;

x

neue „Auslotung“ der Grenzen zwischen der Planprivatautonomie und zwingenden, nicht dispositiven Regelungsbereichen;

x

Auswertung taktischen Vorgehens aller Plan-Beteiligten zu Planinhalten und Verfahren – auch zu ESUG-Missbrauchsgefahren! – unter dem Eindruck des ESUG aus Gläubiger- und Schuldnersicht. Zu den praktischen Erfahrungen wurden weitere Praxistipps eingefügt;

x

wesentliche Erweiterung des Stichwortverzeichnisses am Ende des Buches zur Erleichterung einer schnelleren Lösungsfindung.

Insolvenzarbeitsrechtliche und steuerliche Fragen werden in diesem Buch (wie in der 1. Auflage) nur gestreift. Insoweit muss grundsätzlich auf Spezialliteratur verwiesen werden.

Köln, im April 2015

Dietmar Rendels Karsten Zabel

V

Vorwort Der Insolvenzplan ist seit Inkrafttreten des sog. Gesetzes zur Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) zum 1.3.2012 wirkungsvoller geworden. Der Insolvenzplan eröffnet trotz Insolvenz die Möglichkeit, den Rechtsträger zu erhalten. So behält – anders als in der Regelinsolvenz – der Berater den Schuldner als Mandanten. Der Gläubiger behält seinen Vertragspartner. Alle Beteiligten – insbesondere Schuldner, Gläubiger, Investoren und Arbeitnehmer – können sich auf der Grundlage der sog. Plan-Privatautonomie (vgl. § 217 InsO) in die Restrukturierung zur Überwindung der Insolvenz einbringen. Der Insolvenzplan soll die Insolvenz zügig beenden. Die Autoren haben aus verschiedenen Perspektiven (Gläubiger-, Schuldner-, Investoren- oder Arbeitnehmersicht) zahlreiche Insolvenzpläne entweder selbst erstellt oder aus Sicht des jeweiligen Mandanten kritisch begleitet. Das Werk will sich deshalb insbesondere an praktischen Interessen orientieren. Dies bedeutet, dass auftretende Rechtsfragen soweit möglich insbesondere anhand der hierzu ergangenen Rechtsprechung erörtert werden. Taktische Hinweise im Umgang mit allen Beteiligten sind ebenso wichtig wie Beispielsfälle und Formulierungsvorschläge für Planklauseln, speziell des gestaltenden Teils. Schon vorab sei betont, dass das Insolvenzplanverfahren über weite Strecken von einem frühzeitig – oft vor Insolvenzantragsstellung – eingeleiteten und gut geführten Kommunikationsprozess unter allen oder zumindest für die Planannahme wesentlichen Verfahrensbeteiligten „lebt“. Vor diesem Hintergrund sollen zwar die zahlreichen – häufig ungelösten – rechtlichen Streitfragen zum Insolvenzplan dargestellt werden. Gleichzeitig werden aber praktische Lösungen zur Vermeidung rechtlicher Auseinandersetzungen angeboten. Seit 2005 haben wir zusammen mit dem RWS Verlag regelmäßig Seminare zum Thema Insolvenzplan abgehalten, wobei seit 2010 die Entwicklung des ESUG in den Blick genommen wurde. Einer der Verfasser war im Gesetzgebungsverfahren zum ESUG Sachverständiger im Rahmen der Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags. Unseren Seminarteilnehmern danken wir für die fruchtbaren Praktiker-Diskussionen, die in nachfolgende Darstellungen eingeflossen sind. Nicht zuletzt gilt unser Dank Frau Martina Kopp, die das Manuskript geduldig textlich erstellt hat.

Köln, im März 2013

Dietmar Rendels Karsten Zabel

VII

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

Vorwort zur 2. Auflage .................................................................................. V Vorwort ......................................................................................................... VII Literaturverzeichnis .................................................................................... XIX A. Grundlagen und Einführung ..................................................... 1 ........ 1 I.

Einleitung, ESUG-Überblick ....................................................... 1 ........ 1

II. Grundgedanken des Planverfahrens ............................................ 5 1. Drei „rote Fäden“ .................................................................. 5 a) Überwindung der Summenmehrheit möglich ............. 6 b) Plan-Privatautonomie vs. zwingende Regelungsbereiche ......................................................... 7 c) Betriebswirtschaft .......................................................... 9 aa) Vergleichsrechnung(en) ....................................... 9 bb) Insolvenzgründe beseitigt? ................................. 10 cc) Krisenursachen alle – zügig – erkannt und beseitigt? .............................................................. 11 2. Gliederung und Inhalt eines Insolvenzplans ..................... 12 3. Rechtsnatur ......................................................................... 14

........ 2 ........ 2 ........ 3 ........ 3 ........ 6 ........ 6 ...... 10 ...... 10 ...... 11 ...... 11

III. Planziele und Planstrukturen ..................................................... 18 ...... 1. Ziele und Taktik .................................................................. 18 ...... a) Sanierung des Rechtsträgers ........................................ 19 ...... b) Liquidation ................................................................... 20 ...... c) Natürliche Person (ermogelte, schnellere Restschuldbefreiung?) ................................................. 21 ...... d) Lösung von Gesellschafterstreitigkeiten mittels Plan? ............................................................... 23a ...... e) Verfahrensbegleitende/verfahrensleitende Pläne? ..... 24 ...... 2. Quotenquelle und Planstruktur ......................................... 25 ...... a) Unsicherheit reiner Ertragspläne ................................ 25 ...... b) Investorenlösung: Synchronisation mit Share Deal ...... 27 ....... 3. Insolvenzplan als Instrument der Interessenverfolgung? .......................................................................... 30 ...... a) Wissens- und Zeitvorsprung der Planverfasser .......... 31 ...... b) M&A-Prozess und Vergleichsrechnung(en) ............. 33 ...... c) Sicherheitenbewertung, Begutachtungen ................... 35 ...... d) Feste oder flexible Quote? .......................................... 39 ......

12 12 13 13 13 15 15 16 16 16 17 17 18 18 20

IX

Inhaltsverzeichnis Rn.

e)

Seite

(Vorläufige) Eigen- oder (vorläufige) Insolvenzverwaltung? .................................................. 43 ...... 21

IV. Fallgruppen und Planbedarf ....................................................... 1. Restrukturierung des Rechtsträgers ................................... a) Gefahr der Folge-Insolvenz ........................................ b) Filialnetze ..................................................................... c) Vereine ......................................................................... d) Nicht übertragbare Lizenzen/Rechtspositionen ....... 2. Konzernlagen ...................................................................... 3. Natürliche Person ............................................................... a) Schnellere Restschuldbefreiung .................................. b) Freiberufler, Art. 12 GG (Zulassungserhalt) ............. c) Versorgungswerke und Insolvenzplan ....................... 4. Verbraucher .........................................................................

44 44 44 46 47 48 49 54 54 55 59 60

...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ......

22 22 22 22 22 23 23 24 24 24 27 27

B. Planvorbereitung ....................................................................... 62 ...... 29 I.

Außergerichtlich: Insolvenzplan als „Plan B“ ........................... 62 ...... 29

II. Vollständige Analyse der Sicherheiten („Sicherheitenspiegel“) ............................................................... 66 ...... 30 III. Plangrobkonzept und Liquiditätsplanung ................................. 72 ...... 32 1. Plangrobkonzept ................................................................. 72 ...... 32 2. Liquiditätsplanung unter Einstellung der Insolvenzbedingungen ........................................................ 74 ...... 32 IV. Frühe Gläubigerkontakte/frühe Abstimmung mit Arbeitnehmern ............................................................................ 77 ...... 33 V. Beitrag der Alt-Gesellschafter? .................................................. 78 ...... 33 VI. Gerichtskontakt vor Insolvenzantragstellung? ........................ 80 ...... 34 VII. Honorarfragen ............................................................................ 85 1. Insolvenzanfechtung ........................................................... 85 a) Vorsatzanfechtung ....................................................... 85 b) Kongruente Deckung (§ 130 InsO), Bargeschäft und Zeitmoment .......................................................... 92 aa) Qualitätskontrolle im Rahmen des Bargeschäfts („Gleichwertigkeit“) ..................... 96 bb) Vorschuss: § 142 InsO nach Insolvenzantragstellung? .................................... 98 2. Honorar bei der vorläufigen Eigenverwaltung .................. 99 a) Rang als Masseverbindlichkeit? .................................. 99 b) Honorarstopp durch den (vorläufigen) Gläubigerausschuss? .................................................. 100

X

...... 35 ...... 35 ...... 35 ...... 38 ...... 39 ...... 40 ...... 40 ...... 40 ...... 41

Inhaltsverzeichnis Rn.

3. 4.

Seite

Interessenkonflikt bei Gesellschafter- oder Gläubigergarantien? .......................................................... 102 ...... 41 Pauschalhonorar in Analogie zur InsVV oder Zeithonorar? ...................................................................... 103 ...... 42

VIII. Staatliche Förderprogramme .................................................. 105 ...... 43 C. Darstellender Teil .................................................................... 111 ...... 45 I.

Grundlagen ............................................................................... 111 ...... 1. Überblick und Fehlerfolgen ............................................. 111 ...... 2. Verhältnis zum gestaltenden Teil? ................................... 116 ...... a) Darstellender Teil als (lange) „Vertragspräambel“? .... 116 ....... b) Gruppenbildung – wo? .............................................. 119 ......

II. Einzelne Inhalte ........................................................................ 1. Quotenquelle, Quotenhöhe und Ausschüttungssicherheit ............................................................................ 2. Sicherheitendarstellung; bisherige Finanzierungsstruktur .............................................................................. 3. Sanierungskonzept „in Anlehnung“ an IDW S 6 ............ 4. Planungsanforderungen nach der Rechtsprechung des BGH ............................................................................ 5. Vergleichsrechnung(en) ................................................... a) Zerschlagung als Untergrenze .................................. b) Asset Deal-Angebot als ein Fortführungswert ........ c) Share Deal .................................................................. d) Gestaltungsmöglichkeiten und Zeitabläufe ............. e) Rechtszeitige Schließung des M&A-Prozesses? ...... 6. Plan-Finanzierungsstruktur .............................................. a) Bonität und Ziele des Investors ................................ b) Finanzierungszwischenholding zur Insolvenzplanfinanzierung ........................................................ c) Bankensicht: Insolvenzplan als Alternative zur außerinsolvenzlichen Doppeltreuhand? ................... 7. Straftaten ........................................................................... 8. Haftungsansprüche, Insolvenzanfechtung, sonstige Ansprüche .......................................................................... 9. Übersichten: Eckdaten, Verfahrensdaten und Zustelladressen .................................................................. 10. Geheimhaltung? ................................................................ 11. Kürzungsmöglichkeiten? ..................................................

45 45 46 46 47

121 ...... 47 121 ...... 47 122 ...... 48 123 ...... 48 132 138 142 145 147 149 151 153 153

...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ......

50 51 52 53 53 54 54 55 55

162 ...... 57 164 ...... 57 166 ...... 58 171 ...... 60 174 ...... 62 177 ...... 62 180 ...... 63

III. Bildung von Gläubiger-Gruppen ............................................. 182 ...... 63 1. Überblick ........................................................................... 182 ...... 63 a) Struktur des § 222 InsO, Fehlerfolge ....................... 182 ...... 63

XI

Inhaltsverzeichnis Rn.

2.

3.

4.

5. 6. 7.

b) Mehrheitsbeschaffung und Gläubiger(un-)gleichbehandlung ................................................................. c) Taktische Fragen ........................................................ Kontrolldichte durch das Insolvenzgericht? ................... a) Grundsatz: §§ 245, 251 InsO als „Korrekturfaktor“ ...................................................... b) ESUG: Intensivere Eingangskontrolle? ................... Zwingende Gruppen ......................................................... a) Absonderungsberechtigte ......................................... aa) Eingriff? ............................................................. bb) Mischgruppenverbot: Fortführungs- oder Zerschlagungswert zur Ausfallberechnung? ... cc) Differenzierungen bei Absonderungsberechtigten? Insolvenzanfechtungsrisiko? .... dd) Genauigkeit und gestaltender Teil ................... b) Insolvenzgläubiger ..................................................... c) Nachranggläubiger (bei fehlendem Forderungserlass) ................................................................ d) Gruppe der am Schuldner beteiligten Personen ...... e) Arbeitnehmer ............................................................. Fakultative Gruppen ......................................................... a) Kleingläubiger? .......................................................... b) Weitere typische fakultative Gruppen ...................... c) Gruppe der „nahestehenden“ Unternehmen/ Personen? ................................................................... d) Gruppe der strittigen Rechtspositionen? ................. e) Gruppe „Ansprüche aus unerlaubter Handlung“? ..... Spezialgesetzliche Gruppenbildungsvorschriften ........... Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) ................................. Nur eine Gesamt-Gruppe? Vielzahl Ein-Gläubiger-Gruppen? ..................................................

IV. Alt-Gesellschafter als besondere Gruppe ................................ 1. Überblick ........................................................................... a) ESUG: Verzahnung von Gesellschafts- und Insolvenzrecht ........................................................... b) Denkbare Plan-Eingriffe im Bereich des Gesellschaftsrechts .................................................... c) Gläubigerversammlung ersetzt Gesellschafterversammlung .............................................................. d) Ersetzung formeller gesellschaftsrechtlicher Erfordernisse .............................................................. 2. Debt-Equity-Swap ............................................................ a) Grundstruktur und praktische Relevanz? ................ b) Alternative: Anteilsübertragung auf Investor? ........

XII

Seite

186 ...... 64 188 ...... 65 189 ...... 65 189 194 195 195 195

...... ...... ...... ...... ......

65 66 67 67 67

200 ...... 69 204 ...... 70 205 ...... 71 206 ...... 71 207 210 211 215 215 217

...... ...... ...... ...... ...... ......

71 72 72 73 73 73

219 ...... 220 ...... 221 ....... 222 ...... 225 ......

75 75 76 76 77

231 ...... 78 233 ...... 79 233 ...... 79 233 ...... 79 236 ...... 81 238 ...... 83 243 244 244 247

...... ...... ...... ......

85 86 86 87

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

c)

3.

4. 5. 6. 7. 8.

Reverse-Debt-Equity-Swap und Umwandlungsmaßnahmen nach UmwG ......................................... 251 ...... Einzelprobleme eines Kapitalschnitts gegen Sacheinlage ... 253 ....... a) Bewertungsfragen ...................................................... 253 ...... aa) Ungesicherte Forderungen .............................. 253 ...... bb) Gesicherte Forderungen ................................... 256 ...... b) Ausschluss der Differenzhaftung ............................. 257 ...... c) Vollständiger Bezugsrechtsausschluss? .................... 258 ...... d) Besonderheiten bei der AG ....................................... 264 ...... Kapitalschnitt beendet Sicherungsrechte an Gesellschaftsanteilen ......................................................... 267 ...... Abfindungsansprüche Alt-Gesellschafter ........................ 269 ...... Change-of-Control-Klauseln ........................................... 271 ...... Kompetenzabgrenzung Insolvenzgericht/ Handelsregister? ................................................................ 272 ...... Insolvenzplan: Instrument „feindlicher Übernahme“? ..... 274 ....... a) Transparenter M&A-Prozess? .................................. 274 ...... b) Alt-Gesellschafter und Börsen-Spekulationskurs? .... 278 .......

88 88 88 88 89 90 90 92 93 93 94 94 96 96 97

V. GmbH & Co. KG ..................................................................... 279 ...... 97 D. Gestaltender Teil ..................................................................... 281 ...... 99 I.

Grundlagen ............................................................................... 1. Rechtsfolge: Rechtskraft .................................................. a) Trennung von gestaltendem und darstellendem Teil ...................................................... aa) Der Jurist als Leser ............................................ bb) Auslegungsregel betr. Verhältnis zum darstellenden Teil und den Plananlagen .......... b) Subjektive Rechtskraftgrenzen und „Beteiligte“ ..... c) Objektive Rechtskraftgrenzen .................................. d) Keine Rettung des Bürgen im Hauptschuldner-Plan ................................................ e) Haftungsbescheide nach der AO .............................. f) Notarersatzfunktion .................................................. g) Grundsätze der Übersichtlichkeit und Bestimmtheit .............................................................. h) Vollstreckung ............................................................. 2. Nichtigkeit einer Regelung? .............................................

II. Fehlende Gestaltungsmöglichkeiten ....................................... 1. Aussonderung ................................................................... 2. Keine Kostenreduzierung durch Plan bei Dauerschuldverhältnissen ................................................. 3. Sonstige Bereiche mangelnder Regelungsreichweite .......

281 ...... 99 281 ...... 99 281 ...... 99 282 ...... 99 283 .... 100 284 .... 101 286 .... 101 287 .... 101 288 .... 102 289 .... 102 292 .... 103 293 .... 103 295 .... 103 301 .... 105 301 .... 105 303 .... 106 306 .... 106

XIII

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

III. Kritische Grenzbereiche der Gestaltungsmöglichkeiten ....... 1. Eingriff in Absonderungsrechte ....................................... 2. Masseunzulänglichkeit ...................................................... 3. Schwebende oder latente Verpflichtungen? ....................

310 310 313 317

.... .... .... ....

107 107 108 109

IV. Quotengestaltung ..................................................................... 1. Feste oder flexible Quote? ............................................... 2. Cash-Out-Pläne/Verkauf von „Tafelsilber“ .................... 3. Earn-Out-Pläne/Besserungsschein und das Prinzip „Hoffnung“ .......................................................... 4. Leistung „an Quote statt“ ................................................

318 .... 109 318 .... 109 322 .... 110 323 .... 111 327 .... 111

V. Exkurs: Nachzügler und Ausschlussfristen ............................ 328 .... 112 1. Überblick ........................................................................... 328 .... 112 2. Ladung des Nachzüglers? ................................................. 330 .... 112 a) Grundlagen ................................................................ 330 .... 112 b) (Nach-)Ladung und „bekannte“ Gläubiger? ............ 336 .... 114 3. Quotenberechnung/Quotenanspruch ............................. 337 .... 114 a) Ohne Planregelung: Keine vollständige Präklusion .... 337 ..... 114 b) Wiederaufleben der Nachzügler-Forderung ............ 342 .... 115 4. Wirksamkeit von Ausschlussfristen? ............................... 344 .... 117 a) Problem: klare Quotenberechnung erforderlich ..... 344 .... 117 b) Die BGH-Rechtsprechung zu Plan-Ausschlussfristen .............................................. 345 .... 118 c) Überlegungen im ESUG-Gesetzgebungsverfahren .... 351 ..... 120 d) Ausschlussfristen zum Nachweis des Ausfalls? ....... 355 .... 121 e) Wiedereinsetzung, Formulierungsvorschlag ............ 357 .... 121 VI. Bilaterale Vereinbarungen ........................................................ 1. Bilaterale Planüberwachungsabrede ................................. 2. Treuhandabreden, Nachtragsverteilung ........................... 3. (Notarielles) Investorenangebot ......................................

358 358 360 363

.... .... .... ....

122 122 122 123

VII. Bedingungen ............................................................................. 1. Übersicht ........................................................................... 2. Einzelne Planbedingungen ............................................... 3. Zeitpunkt des Eintritts und Kontrolle der Erfüllung .....

364 364 366 367

.... .... .... ....

124 124 124 125

VIII. Entfallen der Aktivlegitimation ............................................. 372 .... 126 IX. Planüberwachung ...................................................................... 373 .... 126 X. Aufrechnung eines Gläubigers mit Verzichts-Forderung ...... 374 .... 126 1. BGH: unvollkommene Gläubiger-Forderung trotz Planverzicht? ..................................................................... 374 .... 126 2. Abhilfe durch den Plan? ................................................... 377 .... 128 E.

Planinitiativrecht .................................................................... 380 .... 131

I.

Überblick, Schuldnerschutz im US-amerikanischen Recht ... 380 .... 131

XIV

Inhaltsverzeichnis Rn.

II.

Seite

Initiativrecht des Schuldners .................................................. 382 .... 131 1. Planvorlagepflicht? ............................................................ 382 .... 131 2. Kostentragung? ................................................................. 384 .... 132

III. Initiativrecht des Insolvenzverwalters ................................... 385 .... 132 1. Vorteile des Initiativrechts des Regel-Verwalters ........... 385 .... 132 2. Cross-Border-Fälle und Initiativrecht des Hauptverwalters ................................................................ 386 .... 133 IV.

Kein Initiativrecht des (vorläufigen) Sachwalters ................. 387 .... 133

V.

Rechte der Gläubigerversammlung ........................................ 1. Weisungsrecht ................................................................... 2. Kein Weisungsrecht des (vorläufigen) Gläubigerausschusses ........................................................ 3. Konkurrierende Insolvenzpläne? .....................................

VI.

388 .... 133 388 .... 133 389 .... 133 390 .... 133

Wirkungen der Planeinreichung ............................................ 391 .... 134

VII. Planrücknahme bis wann? ...................................................... 392 .... 134 VIII. Taktik: Unternehmensplanung und Zeitpunkt der Planvorlage ........................................................................ 396 .... 135 F.

Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen ............................ 398 .... 137

I.

Vorprüfung nach § 231 InsO ................................................... 1. Funktionelle Zuständigkeit .............................................. 2. Zwei-Wochen-Frist zur Vorprüfung ............................... 3. Prüfungsdichte zur Gruppenbildung ............................... 4. Sonstige Rechtsprüfungen ................................................ 5. Schuldnerplan: offensichtlich fehlende Aussicht auf Annahme ..................................................................... 6. Schuldnerplan: offensichtlich fehlende Aussicht der Erfüllbarkeit ................................................................ 7. Früherer, fehlgeschlagener Schuldnerplan ....................... 8. Entscheidung des Gerichts und sofortige Beschwerde ........................................................................

398 398 400 401 402

.... .... .... .... ....

137 137 137 138 138

405 .... 139 407 .... 140 409 .... 140 410 .... 141

II. Niederlegung ............................................................................ 413 .... 141 III. Einholung von Stellungnahmen ............................................... 414 .... 142 IV. Vorbereitung von Prüfungs-, Erörterungs- und Abstimmungstermin ................................................................. 1. Taktik: Getrennter Erörterungs- und Abstimmungstermin? ....................................................... 2. Ladung ............................................................................... a) Grundsätze, rechtliches Gehör ................................. b) Planzusammenfassung ...............................................

415 .... 142 415 418 418 422

.... .... .... ....

142 143 143 144

XV

Inhaltsverzeichnis Rn.

3.

Seite

c) Zustellungsauftrag nach § 8 Abs. 3 InsO ................. 425 .... 145 d) Warnhinweis auf Beschwerdehürden ........................ 427 .... 145 Öffentliche Bekanntmachung, Monatsfrist zur Terminansetzung ............................................................... 428 .... 146

V. Erörterungstermin .................................................................... 431 .... 146 VI. Abstimmungstermin ................................................................. 1. Stimmrechtsfestsetzung und deren Überprüfung ........... 2. Erforderliche Planmehrheiten .......................................... 3. Erteilung einer Stimmrechtsvollmacht? ........................... 4. Gestaltung des Terminablaufs ..........................................

433 433 437 443 449

.... .... .... .... ....

147 147 148 149 151

VII. Obstruktionsverbot .................................................................. 1. Grundsatz: Überwindung opponierender Gruppen und/oder der Summenmehrheit ....................... 2. Voraussetzungen der Zustimmungsfiktion ..................... a) Verbot der Schlechterstellung ................................... b) Zustimmung der Mehrheit der abstimmenden Gruppen ............................................ c) Angemessene Beteiligung der obstruierenden Gruppe ....................................................................... aa) Kreditverlängerung gegen den Willen der Gruppe? ....................................................... bb) Schuldner- oder Gesellschaftervorteil? ............ d) Fortwirkendes Gleichbehandlungsgebot ................. e) Die Entscheidung des Gerichts ................................ f) Obstruktionsverbot für die Gruppe der Anteilsinhaber ............................................................ 3. Salvatorische Klauseln? .....................................................

450 .... 151

VIII. Änderungen des Insolvenzplans ............................................ 1. Grundsätze ........................................................................ 2. Zulässigkeit einzelner Änderungen .................................. 3. Änderungsvollmacht zugunsten des Insolvenzverwalters ..........................................................

464 .... 157 464 .... 157 465 .... 158

450 .... 151 452 .... 152 452 .... 152 453 .... 153 454 .... 153 454 456 458 459

.... .... .... ....

153 154 155 156

460 .... 156 462 .... 156

471 .... 159

IX. Planbestätigung: Prüfungsschritte und Entscheidung ........... 475 .... 160 1. Grundsatz: Alles nochmal prüfen! ................................... 475 .... 160 2. Verstoß gegen Verfahrensvorschriften? .......................... 477 .... 160 3. Verstoß gegen Regelungen zur Planannahme? ............... 478 .... 160 4. Verstoß gegen Regelungen zum Inhalt? .......................... 479 .... 161 5. Wesentlichkeitskriterium ................................................. 481 .... 161 6. Unlautere Herbeiführung ................................................. 483 .... 161 7. Versagung von Amts wegen, Darlegungslast .................. 484 .... 162 8. Keine Bestätigung vor Erfüllung aller Planbedingungen .... 486 ..... 162 9. Verkündung des Bestätigungsbeschlusses ....................... 487 .... 162 10. Erneute Versendung der Planzusammenfassung ............ 490 .... 163 11. Rechtskraftzeugnis ............................................................ 498 .... 164 XVI

Inhaltsverzeichnis Rn.

Seite

X. Minderheitenschutzantrag ....................................................... 499 .... 164 1. Grundsätze und Abgrenzung zum Obstruktionsverbot .... 499 ..... 164 2. Formelle Antragshürden (Widerspruch) ......................... 503 .... 164 3. Glaubhaftmachung der Schlechterstellung ...................... 506 .... 165 4. Nachbesserungsklauseln und „Mittel“ ............................. 510 .... 167 a) Der Mittelfonds ......................................................... 510 .... 167 b) Prozessuales ............................................................... 516 .... 169 XI. Sofortige Beschwerde ............................................................... 520 1. Gegenstand ........................................................................ 520 2. Zulässigkeit ........................................................................ 523 a) Frist ............................................................................ 523 b) Einlegung ................................................................... 524 c) Beschwerdeberechtigung ........................................... 525 d) Formelle und materielle Beschwer ............................ 526 e) Ladung: Hinweis auf ESUG-Hürden ....................... 529 f) Glaubhaftmachung der wesentlichen Schlechterstellung ...................................................... 530 3. Begründetheit .................................................................... 532 4. Freigabeverfahren ............................................................ 532a a) Grundlagen .............................................................. 532a b) Voraussetzungen ..................................................... 534b aa) Antrag .............................................................. 534b bb) „unverzüglich“ ................................................ 534c cc) Vorrang des Vollzugsinteresses, Nachteilsabwägung .......................................... 534f dd) Kein besonders schwerer Rechtsverstoß ........ 534i ee) Kein Rechtsmittel ............................................ 534j c) Entscheidungsinhalt ................................................ 534k d) Schadenersatz, keine Rückgängigmachung ............. 534l e) Zuständigkeit für die Schadensersatzklage ............ 534n XII. Aufhebung des Insolvenzverfahrens ....................................... 535 1. Voraussetzungen ............................................................... 535 2. Rechtsfolgen der Aufhebung ........................................... 541 3. Praktische Problembereiche und Lösungsvorschläge ..... 543 a) Schlussrechnungslegung? .......................................... 543 b) Begleichung der Masseverbindlichkeiten ................. 548 c) Vergütungs- und Kostenfestsetzungen .................... 552 d) Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung und Kontoverbindungen ................................................... 562 e) Prozessführungsbefugnis .......................................... 566 f) Steuerrückstellung ..................................................... 572 g) Aufrechnung ............................................................ 572a

.... .... .... .... .... .... .... ....

171 171 172 172 172 172 173 174

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182 182 183 184 184 186 187

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190 191 193 194

XIII. Planüberwachung ................................................................... 573 .... 194 1. Grundsätze ........................................................................ 573 .... 194 XVII

Inhaltsverzeichnis Rn.

2.

Einzelheiten ....................................................................... a) Maximaldauer von drei Jahren? ................................ b) Kosten ........................................................................ c) Eingrenzung der Berichtspflicht? ............................. d) Zustimmungspflichtige Rechtsgeschäfte und Überwachungsbefugnisse .......................................... e) Gläubigerausschuss und Amtsbeendigung? ............. f) Nachtragsverteilung? ................................................. g) Wie oft gibt es Insolvenzgeld? .................................. h) Aufhebung .................................................................

XIV. Wiederaufleben von Forderungen bei Nichterfüllung ......... 1. Grundsätze ........................................................................ 2. Nachzügler ........................................................................ 3. Erheblicher Rückstand ...................................................... 4. Strittige Forderungen und nicht nachgewiesener Ausfall .....................................................

Seite

580 580 582 583

.... .... .... ....

195 195 196 196

586 588 589 594 598

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197 197 198 199 201

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201 201 201 201

602 .... 202

G. Plananlagen .............................................................................. 607 .... 205 I.

Vermögensübersicht ................................................................. 607 .... 205

II. Planung ...................................................................................... 611 .... 206 III. Schuldnerzustimmung, persönlich haftende Gesellschafter ...... 614 ..... 206 IV. Gläubigerzustimmung zum Erwerb von Gesellschaftsanteilen ................................................................ 617 .... 207 V. Erklärungen Dritter, Investorenangebot ................................ 618 .... 207 VI. Neben- und Umsetzungsabreden ............................................ 622 .... 208 VII. Vollständigkeitserklärung ........................................................ 625 .... 209 Stichwortverzeichnis ................................................................................... 211

XVIII

Literaturverzeichnis Kommentare, Handbücher, Monographien, Praxisbücher Achsnick Die doppelnützige Treuhand in der Insolvenz 2. Aufl., 2013 Braun Insolvenzordnung, Kommentar, 6. Aufl., 2014 (zit.: Braun/Bearbeiter, InsO) Frege/Keller/Riedel Insolvenzrecht, Handbuch der Rechtspraxis, 7. Aufl., 2008 Graf-Schlicker Kommentar zur InsO, 4. Aufl., 2014 (zit.: Graf-Schlicker/Bearbeiter, InsO) Gravenbrucher Kreis ESUG-Erfahrungen, Probleme, Änderungsnotwendigkeiten, Thesenpapier, Stand Juni 2014, ZIP 2014, 1262 Hess/Groß/Reill-Ruppe/Roth Insolvenzplan, Sanierungsgewinn, Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenz, 4. Aufl., 2014 Hofmann, M. Eigenverwaltung, ZIP-Praxisbuch, 2014 Hölzle Praxisleitfaden ESUG, 2. Aufl., 2014 Kindler, Ingo Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren, Diss. 2009 Kreft (Hrsg.) Heidelberger Kommentar zur InsO, 7. Aufl., 2014 (zit.: Kreft/Bearbeiter, InsO) Kübler (Hrsg.) Handbuch Restrukturierung in der Insolvenz, Eigenverwaltung und Insolvenzplan, 2. Aufl., 2014 (zit.: Bearbeiter, in: Kübler, HRI) Kübler RWS-Dokumentation 18, Das neue Insolvenzrecht, 1999 Kübler/Prütting/Bork (Hrsg.) InsO, Kommentar zur Insolvenzordnung, 62. Lieferung 2/15 (zit.: Kübler/Prütting/Bork/Bearbeiter, InsO) Madaus Der Insolvenzplan, 2011 XIX

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XXIV

A. Grundlagen und Einführung I. Einleitung, ESUG-Überblick Das Insolvenzplanverfahren (§§ 217 – 269 InsO) ist mit der Einführung der 1 Insolvenzordnung zum 1.1.1999 an die Stelle des bis dahin geltenden Vergleichsverfahrens nach der Vergleichsordnung getreten. Der Gesetzgeber der „Ur-InsO“ hat sich dabei insbesondere vom US-amerikanischen Recht und dem dortigen Chapter 11 Bankruptcy Code leiten lassen.1) Wegen des grundsätzlich anderen Rechtssystems im anglo-amerikanischen Bereich ist die Implementierung anglo-amerikanischer Rechtsfiguren in der InsO oft „brüchig“ und gibt vielfach Anlass für Auslegungsfragen (z. B. beim Obstruktionsverbot). Das vom Gesetzgeber der Ur-InsO als „Kernstück der Reform“ gedachte Regelungswerk zum Insolvenzplan hat aber bekanntlich zwar in einigen – oft größeren und pressewirksamen – Fällen eine Restrukturierung durch Insolvenz leisten können, im Übrigen aber weitgehend ein Schattendasein geführt. Abgesehen davon, dass sich viele Insolvenzverfahren oftmals nicht – z. B. 2 wegen mangelnder oder viel zu später Vorbereitung oder nicht klar eingrenzbarer und nicht beseitigungsfähiger Krisenursachen – für ein Insolvenzplanverfahren eignen, litt das Planverfahren vor der ESUG-Reform an zahlreichen Hemmnissen. Diese Hemmnisse wurden teilweise durch die ESUG-Reform beseitigt oder zumindest abgemildert. Zu bedauern sind aber nach wie vor die zahlreichen Rechtsunsicherheiten aus dem Bereich des Steuerrechts, die vom ESUG ausgeklammert wurden. Im Schwerpunkt (Einzelheiten werden später im Zusammenhang mit dem 3 jeweiligen Problemfeld behandelt) hat das ESUG folgende, neue Akzente gesetzt:2) x

Eingriffe durch den Insolvenzplan in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte3) einschließlich der zwangsweisen Übertragung von Gesellschaftsanteilen werden erlaubt (§§ 217 Satz 2, 225a InsO u. a.; wobei im Anschluss an den Suhrkamp-Fall die Frage aufgeworfen wird, ob der Schutz der Mitgesellschafter gegen Plan-Missbrauch ausreicht);

___________ 1)

2) 3)

Vgl. Begründung zum RegE-InsO, BT-Drucks. 12/2443, S. 90; zu Defiziten des Chapter 11 und Änderungsvorschlägen Holzer, INDat-Report 1_2015, S. 10 ff. (danach hat sich das Verfahren im Kern seit vielen Jahren bewährt, soll aber nach der letzten Reform in 1978 ggf. optimiert werden). Zu ersten Effekten des ESUG nach einer Umfrage vgl. Buchalik/Haase, ZInsO 2012, 1832 ff. Zu einem Überblick betr. das Herausdrängen der Alt-Aktionäre bei einer Publikumsgesellschaft vgl. Karsten Schmidt, ZIP 2012, 2085 ff. (zu Pfleiderer) und Haas, NZI 2012, 961 ff. (Abgrenzung Insolvenz- und Gesellschaftsrecht); detailliert Hölzle, in: Kübler, HRI, 2. A., § 31 Rn. 1 ff. und Madaus, in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 Rn. 1 ff.; Überblick bei C. Schmidt/Stahlschmidt, in: Kübler, HRI, 2. A., § 35 Rn. 21.

1

A. Grundlagen und Einführung

x

Beseitigung der Rechtsmittellastigkeit des Planverfahrens4) (§§ 251 Abs. 2 und 3, 253 Abs. 2 und 4 InsO; wobei im Anschluss an den Suhrkamp-Fall die rechtspolitische Frage aufzuwerfen ist, ob die Rechtsmitteleingrenzung – insbesondere was die Rechtsbeschwerde zum BGH und das Freigabeverfahren nach § 253 Abs. 4 InsO betrifft – zu weit geht);

x

Zulässigkeit sog. verfahrensbegleitender Pläne (z. B. zur Regelung einzelner Verfahrensabschnitte durch einen Insolvenzplan im Rahmen eines fortlaufenden Regelinsolvenzverfahrens, vgl. § 217 Satz 1 InsO): …sowie der Verfahrensabwicklung …“);

x

Erleichterung der Quotenberechnung, insbesondere wenn Gläubiger nicht zeitnah ihre Forderung anmelden (vgl. §§ 250a/b InsO und § 229 Satz 3 InsO);

x

Erleichterungen der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach Planrechtskraft (vgl. § 66 Abs. 1 Satz 2 InsO: Verzicht auf Schlussrechnungslegung im gestaltenden Teil möglich; vgl. § 258 Abs. 2 Satz 2 InsO: Begleichung nicht fälliger Masseverbindlichkeiten nach Finanzplan);

x

Richterzuständigkeit ab 1.1.2013 (vgl. Ergänzung des § 18 Abs. 1 Nr. 2 Rechtspflegergesetz ab 1.1.2013 mit Art. 103g Satz 2 EGInsO = Richterzuständigkeit für ab 1.1.2013 beantragte Insolvenzverfahren).

4 Das ESUG hat damit zumindest einige Sanierungshürden abgebaut und das Ziel verfolgt, im europäischen Vergleich den Wettbewerbsstandort Deutschland zu stärken.5) Eigenverwaltung und Insolvenzplan haben an Bedeutung gewonnen. Die „Macht“ der Schuldnerberater (oft als Mandatserteiler) ist gestiegen. II. Grundgedanken des Planverfahrens 1. Drei „rote Fäden“ 5 Insbesondere, um dem „Einsteiger“, der sich zumindest weitgehend neu mit dem Planverfahren befasst, einen besseren Überblick zu ermöglichen, sei auf folgende Besonderheiten des Planverfahrens hingewiesen, die sich durch zahlreiche Problemfelder wie „rote Fäden“ ziehen. Zudem bieten die folgenden Leitgedanken des Planverfahrens oft einen Lösungsansatz zu zahlreichen Streitfragen.

___________ 4) 5)

2

Vgl. z. B. Madaus, NZI 2012, 597 mit einer kritischen Bestandsaufnahme zur Eingrenzung von §§ 251, 253 InsO. Zur Frage, ob das ESUG dieses Ziel erreicht hat und zum Rechtsvergleich, vgl. Piekenbrock, NZI 2012, 905.

II. Grundgedanken des Planverfahrens

a) Überwindung der Summenmehrheit möglich Während in einer „normalen“ Gläubigerversammlung in der Regel die Summen- 6 mehrheit dominiert, kann diese in der Gläubigerversammlung zur Abstimmung über einen Insolvenzplan infolge der Gruppenbildung überwunden werden. Beispiel (das niedergestimmte Finanzamt): Der Schuldner, eine natürliche Person, hat drei Gläubiger. Das Finanzamt mit einer Forderung von 1,0 Mio. EUR sowie zwei Berater mit Forderungen von jeweils 1.000,00 EUR. Unterstellt, es gelingt eine zulässige Gruppenbildung (was dann im genannten Beispielsfall das Problem sein wird), kann mit Hilfe des sog. Obstruktionsverbotes (vgl. § 245 InsO) das Finanzamt überstimmt werden. Folge: Die Entschuldung wird gegen den Willen eines oder mehrerer Hauptgläubiger möglich! b) Plan-Privatautonomie vs. zwingende Regelungsbereiche Nach der Grundnorm des Regelungskomplexes der InsO zum Insolvenzplan, 7 nach § 217 Satz 1 InsO, greift der Grundsatz der Gläubiger-Privatautonomie („… können in einem Insolvenzplan abweichend von den Vorschriften dieses Gesetzes geregelt werden.“). Grundsätzlich können deshalb die „Beteiligten“6) (speziell im gestaltenden Teil des Plans) mit privatautonomer Phantasie die Lösungen definieren, die zur Beendigung der Insolvenz führen sollen. Im Einzelfall – bei allzu viel Phantasie – stellt sich dann die Frage, welche Grenzen dieser Plan-Autonomie7) gesetzt sind, insbesondere durch nicht dispositive Vorschriften der InsO oder andere nicht dispositive Rechtsbereiche. Beispiel (Quotenzahlung durch Dienstleistung): Im vorstehenden Fall (Schuldner, natürliche Person, drei Gläubiger) wird im Insolvenzplan erwogen, zur Befriedigung des Insolvenzgläubigers „Finanzamt“ bestimmte Dienstleistungen zugunsten des Finanzamtes zu definieren.8) Der Schuldner, ein Maler-Meister, möge, so die Erwägungen des Planarchitekten, zur Teil-Befriedigung des Finanzamts das schmutzige Gebäude des örtlichen Finanzamtes anstreichen. Weiter erwägt der Planverfasser eine Planüberwachungsdauer von fünf Jahren.

___________ 6)

7)

8)

Auf diesen schwierigen Begriff, der in der InsO möglicherweise auch nicht einheitlich definiert wird, wird im Zusammenhang mit der jeweiligen Vorschrift, in der das Tatbestandsmerkmal auftaucht, eingegangen (vgl. §§ 254 – 254b InsO und unten Rn. 284 ff.). Einleitend hierzu beispielhaft BGH, Beschl. v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10, ZIP 2010, 1499, dazu EWiR 2010, 681 (M. Huber), (Verteilungsregeln nach §§ 188, 189 InsO kann der Plan abbedingen, dagegen nicht die Forderungsfeststellungsvorschriften nach §§ 174 ff. InsO, insbesondere nicht Voraussetzungen und Wirkungen einer Feststellung nach § 178 InsO). Zu Leistungen „an Quote statt“ vgl. Balthasar, in: Kübler, HRI, 2. A., § 26 Rn. 173 ff.

3

A. Grundlagen und Einführung

Lösung: Betrachtet man die Rechtsfolge des § 217 Satz 1 InsO isoliert („… können in einem Insolvenzplan abweichend … geregelt werden.“), so hat es den Anschein, als ob die Erwägungen des Planverfassers umsetzbar sein könnten. Die Quotenzahlung durch Dienstleistungserbringung könnte, was hier nicht abschließend behandelt werden soll, zumindest an Art. 12 GG scheitern. Zur Dauer der Planüberwachung wäre zu fragen, ob die Vorschrift des § 268 Abs. 1 Nr. 2 InsO (Aufhebung der Überwachung spätestens nach drei Jahren) zwingend ist oder im Wege der Gläubiger-Privatautonomie hiervon abgewichen werden kann (hierzu unten Rn. 580 ff.). Zum Einstieg sollen hier diese Fragen nicht gelöst werden, aber der häufig auftretende Grundkonflikt „Gläubiger-Privatautonomie vs. zwingender Regelungsbereich“ sollte somit deutlich sein. 8 Offenkundig ist, dass es für den Insolvenzplan nicht dispositive Bereiche gibt (so kann ein Insolvenzplan nicht Strafrechtsfolgen erlassen und nicht in das zwingende Steuerrecht oder sonstige – ggf. nach Auslegung zwingende – öffentliche Recht eingreifen). Bei der Planabfassung oder der Lösung einer rechtlichen Frage geht es dann oft darum, zu bestimmen, wo die Grenze der Privatautonomie verläuft und wo der zwingende Rechtsbereich, den der Plan nicht regeln darf, beginnt. In vielen anderen Bereichen, die weiter unten im Einzelnen behandelt werden sollen, ist der Konflikt Privat-Autonomie vs. nicht dispositiver Regelungsbereich kennzeichnend für viele Streitfragen und Grenzbereiche, die Gegenstand der Rechtsprechung waren oder noch sein werden. 8a Die genaue Bestimmung der Grenzen der Privatautonomie ist dabei aus mehreren Gründen oft nicht einfach. Zunächst versucht bereits § 217 Satz 1 InsO die Reichweite der Planautonomie einzugrenzen, indem die plandispositiven Regelungen auf bestimmte Bereiche begrenzt werden. So spricht § 217 Satz 1 InsO von der einer Planregelung zugänglichen „Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger, der Insolvenzgläubiger, (der) Verwertung der Insolvenzmasse und deren Verteilung an die Beteiligten, (der) Verfahrensabwicklung und (der) Haftung des Schuldners nach Beendigung des Verfahrens“. Was der InsO-Gesetzgeber mit den vorbezeichneten Merkmalen in § 217 Satz 1 InsO immer genau gemeint hat, kann zweifelhaft sein.9) Weiter wird die Auffassung vertreten, dass im Rahmen

___________ 9)

4

Vgl. hierzu Die Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2160, dort insbesondere in Fußn. 53: „Regelungen über die Befriedigung der Gläubiger“ soll danach die §§ 187 ff. InsO betreffen; das Merkmal „Verwertung der Insolvenzmasse“ betrifft die §§ 156 ff., 165 ff. InsO, das Merkmal „Verteilung an die Beteiligten“ betrifft wiederum die §§ 187 ff. InsO und die „Verfahrensabwicklung“ meint Abweichungen von §§ 197 ff., 207 ff. InsO; mit „Haftung des Schuldners nach Beendigung“ sind nach dieser Auffassung – nur – die §§ 201 ff., 286 ff. InsO gemeint.

II. Grundgedanken des Planverfahrens

der Insolvenzplanvorschriften nur die Vorschriften dispositiv seien, die der Gesetzgeber ausdrücklich als dispositiv erklärt hat.10) Der Wortlaut des § 217 Satz 1 InsO zur Reichweite der Privatautonomie 8b erlaubt oft keine eindeutige Grenzziehung. So könnte man auch durchaus eine vorläufige Berücksichtigung von streitigen Forderungen und Ausfallforderungen (bei noch nicht festgestellten Forderungen und bei noch nicht nachgewiesenem Ausfall) aufgrund einer Planregelung, die von § 256 Abs. 1 InsO abweicht, als eine Regelung über die „Verteilung unter den Beteiligten“ i. S. d. § 217 Satz 1 InsO verstehen und eine plandispositive Regelung i. R. d. § 256 InsO zulassen (im Detail siehe unten Rn. 355, 599 ff.).11) Das Argument, Insolvenzplanregelungen seien nur dispositiv, wenn die InsO dies ausdrücklich zulässt, ist nicht überzeugend. Teilweise haben die InsOVorschriften mit ausdrücklicher Öffnung für eine Planregelung den Charakter einer Beweisregelung (vgl. z. B. § 223 Abs. 1 InsO, wonach im Zweifel durch den Plan nicht in Rechte der Absonderungsrechte eingegriffen wird; vgl. § 225 Abs. 1 InsO, wonach im Zweifel nachrangige Forderungen als erlassen gelten). Nur weil der Gesetzgeber an bestimmten Stellen Beweisregeln aufgestellt hat, kann aus dem Schweigen des Gesetzgebers an anderen Stellen deshalb nicht geschlossen werden, dass eine Plan-Regelung der InsO nicht plandispositiv sei. Zum Teil scheint der Gesetzgeber bei ausdrücklichen Klauseln zur Plandispositivität auch den Schutz bestimmter Gruppen/Beteiligter im Auge gehabt zu haben (vgl. z. B. § 223 Abs. 1 Satz 2 InsO zum Schutz hinsichtlich bestimmter Finanzsicherheiten oder § 255 Abs. 3 InsO zum Schutz des Schuldners beim Wiederaufleben von Ansprüchen im Falle eines Planrückstands). Geht es dem Gesetzgeber mithin bei ausdrücklichen Öffnungen und ausdrücklichen Verboten zur Plandispositivität um Schutz bestimmter Beteiligter, ist das Argument, bei Fehlen einer ausdrücklichen Öffnungsklausel sei die Planvorschrift nicht dispositiv, eher wenig tragfähig.12) Würde man immer nur dann, wenn das Gesetz eine ausdrückliche Öffnungsklausel enthält, eine Plan-Regelung der InsO als plandispositiv ansehen, könnte der Planverfasser nicht mal im sog. „Finetuning“ sinnvoll von den Regelungen der §§ 217 ff. InsO abweichen.

___________ 10) Vgl. Die Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2143, 2160, dort insbesondere Fußn. 53; folgende Insolvenzplanvorschriften enthalten ausdrückliche Öffnungen für plandispositive Regelungen: § 223 Abs. 1 Satz 1 InsO zu den Absonderungsrechten, § 225 Abs. 1 InsO zu den nachrangigen Forderungen, § 225a Abs. 1 InsO zum Eingriff in Anteilsoder Mitgliedschaftsrechte, § 227 Abs. 1 InsO zur Haftung des Schuldners und § 255 Abs. 3 Satz 1 InsO zum Schutz des Schuldners in Bezug auf Regelungen zum Wiederaufleben von Forderungen bei einem Planrückstand. 11) Gegen jede Plandispositivität von § 256 InsO aus den im vorstehenden Absatz genannten Gründen dagegen Die Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2160, dort insbesondere Fußn. 53; dazu auch unter Rn. 344 ff. und Rn. 355 ff. 12) Entgegen der Ansicht der Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2160, dort insbesondere Fußn. 53.

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A. Grundlagen und Einführung

8c Da die Grenzziehung dazu, was plandispositiv ist und was nicht, im Einzelfall schwer sein kann, führt oft kein Weg daran vorbei, dass zunächst anhand eines Planentwurfs mit dem Insolvenzgericht im Vorfeld der förmlichen Einreichung ein Konsens erzielt werden muss. Wird die Grenze der Privatautonomie überschritten und wird der Plan rechtskräftig, ist zu prüfen, ob die fehlerhafte Regelung gleichwohl in Rechtskraft erwächst (siehe unten Rn. 296 ff.). c) Betriebswirtschaft aa) Vergleichsrechnung(en) 9 „Kern“ des Insolvenzplans ist die sog. Vergleichsrechnung. Jeder Gläubiger – und bei Eingriffen in seine Rechtspositionen auch Gesellschafter –, der über den Plan abstimmen soll, fragt, wie er mit dem Plan steht und wie er ohne Insolvenzplan – im Rahmen der Regelinsolvenz – stehen würde. Die Prognose der Besser- oder Schlechterstellung mit/ohne Plan spielt so z. B. bei der Reichweite des Obstruktionsverbotes eine Rolle (vgl. § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO), beim Minderheitenschutz (vgl. § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO) oder bei der Beschwerdebefugnis als Zulässigkeitsvoraussetzung der sofortigen Beschwerde (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO). Grundsätzlich darf – wie die zitierten Vorschriften zeigen – durch den Insolvenzplan im Vergleich zur Regelabwicklung keine Schlechterstellung erfolgen. Ein Anspruch auf Besserstellung im Vergleich zur Regelinsolvenz besteht nicht. Da die Vergleichsrechnung der „Kern“ des Insolvenzplans ist, ist sie mit besonderer Sorgfalt zu erstellen13). Die Vergleichsrechnung muss deshalb im darstellenden Teil ausführlich begründet und in den Plananlagen (Planungsrechnungen) unterlegt werden. Es stellen sich taktische Fragen dazu, ob der Planverfasser versucht sein könnte, die Ergebnisse dieser Vergleichsrechnung zu beeinflussen (z. B. durch Auslassung oder „Beherrschung“ eines M&A-Prozesses oder Ausnutzung von Gestaltungsspielräumen bei Prognoserechnungen oder durch Steuerung von Informationsflüssen u. a.). Darauf wird später detailliert eingegangen (zum Insolvenzplan als Instrument der Betonung bestimmter Interessen siehe unten Rn. 30 ff.). 9a Manchmal ist insbesondere zu beobachten, dass die Behauptung, in der Regelinsolvenz müsse der Betrieb geschlossen werden oder einzelne Vermögenspositionen seien in der Regelinsolvenz nicht zu veräußern, von einem Planinitiator, insbesondere, wenn es sich um einen Schuldner-Plan handelt, recht schnell aufgestellt wird. Mit einem solchen „Auslaufszenario in der ___________ 13) Zur „Entscheidungsgrundlage Vergleichsrechnung“ vgl. Zabel, in: Kübler, HRI, 2. A., § 27 Rn. 150 ff. (dort zu den betriebswirtschaftlichen Einzelheiten und den verschiedenen „Szenarien“, die im Rahmen der Vergleichsrechnung substantiiert dargestellt werden müssen, wie u. a. Einholung von Angeboten auf einen Asset Deal = Ergebnis bei Regelabwicklung, Einholung von Angeboten für einen Share Deal = Ergebnisse für den Insolvenzplan sowie zum – oft nur behaupteten – Zerschlagungsszenario, dort auch mit Formulierungsbeispielen für den darstellenden Teil und zu Planungsrechnungen).

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II. Grundgedanken des Planverfahrens

Regelinsolvenz“ lässt sich nämlich fast immer erreichen, dass die Quote bei der Regelinsolvenz deutlich niedriger wäre als im Plan. Zumindest bei Unternehmen ab einer gewissen Größenordnung plädieren die Verfasser dieses Buches dafür, dass in Form eines rechtzeitigen und transparenten M&AProzesses ein Markttest durchgeführt werden muss, um die Werte der Vergleichsrechnung, insbesondere wenn Zerschlagungsszenarien bei der Regelabwicklung behauptet werden, zu unterlegen. Natürlich mag es insbesondere bei kleineren Unternehmen, etwa bei einer besonderen Kundenbindung zu einzelnen Leistungsträgern, eine Vielzahl von Fällen geben, in denen ohne Insolvenzplan – in der Regelinsolvenz – nur ein Auslaufszenario in Betracht kommt. In jedem Fall sollten aber die Beteiligten – vor allem ein (vorläufiger) Gläubigerausschuss, aber auch jeder einzelne Gläubiger und der (vorläufige) Sachwalter sowie das Insolvenzgericht – sehr frühzeitig die Vergleichsrechnung kritisch überprüfen. Eine solche rechtzeitige Überprüfung – d. h. im Vorfeld zum Erörterungs- und Abstimmungstermin – setzt einen umfassenden Informationsfluss an die interessierten Gläubiger zu den einzelnen Vermögenswerten voraus, der wiederum (zumindest bei Unternehmen ab einer gewissen Größenordnung) häufig nur durch einen transparenten und rechtzeitigen M&A-Prozess gewährleistet werden kann. Schon hier, im Rahmen der grundsätzlichen und einleitenden Ausführungen, sei angemerkt, dass ein effektiver Rechtsschutz aus Sicht von Gläubigern und etwaigen Altgesellschaftern nur möglich ist, wenn dieser Informationsfluss rechtzeitig erfolgt. Neben der Rechtzeitigkeit des Informationsflusses ist insbesondere aus Sicht von Gläubigern und Altgesellschaftern erforderlich, dass die Vergleichsrechnung einen hohen Detaillierungsgrad aufweist und einzelne Vermögenspositionen, z. B. im Rahmen der Vermögensaufstellung nach § 229 Satz 1 InsO, detailliert schriftlich erläutert werden.14) Beispiel (M&A-Prozess und transparente und frühzeitige Vergleichsrechnung): Ein größeres Unternehmen aus der Stahlbranche (500 Arbeitnehmer mit zahlreichen Beteiligungen und Unterbeteiligungen, teilweise weltweit) soll mittels Insolvenzplan und Eigenverwaltung saniert werden. Der vorläufige Gläubigerausschuss moniert schon kurz nach Antragstellung, dass die Bewertung der Auslandsbeteiligungen schwierig sei. Ebenso ist die Bewertung einiger Kundenbeziehungen schwierig. Um die wahren Verkehrswerte zu erfahren, verlangt deshalb der (vorläufige) Gläubigerausschuss schon zeitnah nach Insolvenzantragstellung, dass eine große Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, dort eine Spezialabteilung, die auf M&A-Prozesse spezialisiert ist, mit diesem M&A-Prozess beauftragt wird. Die beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft setzt einen doppelten Bieterprozess in Gang. Nach Versendung eines Informationsschreibens an mehrere 100 in ___________ 14) Zum betriebswirtschaftlichen Detaillierungsgrad vgl. u. a. Zabel, in: Kübler, HRI, 2. A., § 27 Rn. 150 ff.

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A. Grundlagen und Einführung

Betracht kommende Interessenten und Eröffnung eines Datenraums werden die Interessenten aufgefordert, Angebote auf a) einen Asset Deal abzugeben und b) auf einen Share Deal. Der Asset Deal „steht“ für eine übertragende Sanierung im Rahmen der Regelinsolvenz, der Share Deal für eine Exit-Lösung im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens mit einem Investor (Zuwendung von Gesellschaftsanteilen an den Investor). Der vorläufige Gläubigerausschuss und der Sachwalter bestehen darauf, zeitnah in den Diskussionsprozess mit den Investoren eingebunden zu sein. In regelmäßigen Runden des vorläufigen Gläubigerausschusses, unter Einschluss einiger weiterer Hauptgläubiger, berichtet die M&A-Gesellschaft über den Fortschritt des Bieterprozesses. Auch die Alt-Gesellschafter werden über diesen kontinuierlich informiert. 9b Bei kleineren Unternehmen mag aus praktischen Gründen darüber nachgedacht werden, diesen Bieterprozess „schlank“ zu halten. Die Behauptung, ein Bieterprozess müsse nicht frühzeitig und transparent durchgeführt werden, weil vorinsolvenzlich kein Investor gefunden wurde, ist häufig eine reine „Zweck“-Behauptung, weil der Planstratege so den M&A-Prozess bewusst ausschließen will. Die vorinsolvenzliche Situation ist mit der Situation in der Insolvenz – der Plansanierung – schon deshalb nicht vergleichbar, weil die Insolvenz eine völlig andere finanz- und leistungswirtschaftliche Sanierung ermöglicht. Rückschlüsse aus dem Bieterverhalten aus der Zeit vor der Insolvenz für die Zeit in der Insolvenz sind daher in der Regel nicht erlaubt. 9c Aus Gläubigersicht kann es sogar Sinn machen, zu versuchen, in unmittelbaren Kontakt zu Investoren zu treten, um deren Wertvorstellungen zu schwierig bewertbaren Vermögensgegenständen unmittelbar zu erfahren (zur Beeinflussung der Vergleichsrechnung durch den M&A-Prozess siehe unten Rn. 33, 34). Ein „ehrlicher“ Planarchitekt wird sich dem, auch wenn er einen Schuldnerplan vorlegt, nicht grundsätzlich verschließen wollen. Natürlich führt diese „demokratische“, frühzeitige und transparente Beteiligung der Hauptgläubiger am Investorenprozess eventuell zu Verzögerungen des Verfahrensablaufs. Es erscheint aber nicht sachgerecht, mit dem Hinweis „Schnelligkeit erforderlich“ die Transparenz der für die Vergleichsrechnung notwendigen Hintergrundinformationen zu unterbinden! 9d Da die Ergebnisse für die Gläubiger bei der Regelinsolvenz rein hypothetisch sind, kann hier meistens nur Transparenz durch einen entsprechenden Bieterprozess (wie vorstehend beschrieben) erreicht werden. Hinzu kommt die schwierige Thematik der „Auslaufkosten“. Wie sich ein Auslaufszenario in der Regelinsolvenz – mit welchen Resteinnahmen und welchen Auslaufkosten – darstellt, ist oft schwierig zu planen, noch schwieriger für die Gläubiger zu kontrollieren. Bei größeren Unternehmen sollte vom Planinitiator eine detaillierte Auslaufkostenberechnung verlangt werden (zu einem Fall, in dem ausnahmsweise – insbesondere für die Sicherungsgläubiger (!) – die Zerschlagungswerte höher als die Fortführungswerte sind siehe unten Rn. 142 ff.).

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II. Grundgedanken des Planverfahrens

Gerade zu Beginn des Insolvenzverfahrens wird eine fundierte Vergleichs- 9e rechnung aus vorgenannten Gründen (u. a. Erfordernis eines transparenten M&A-Prozesses) kaum möglich sein. Dies bedeutet, dass die Vergleichsrechnung im Zweifel auch kontinuierlich – in Diskussion mit den Gläubigern und den sonstigen Beteiligten – fortgeschrieben werden muss.15) Gerade vor dem Hintergrund der ESUG-Vorschriften sind in der Eigen- 9f verwaltung Qualitätssicherung und Transparenz angezeigt. Bekanntlich wollte das ESUG die Eigenverwaltung und den Insolvenzplan stärken. Hier kann nicht der Ort sein, eine Bewertung der Auswirkungen des ESUG vorzunehmen. Es sei aber bereits im Rahmen dieser einführenden Hinweise angemerkt, dass im Bereich kleinerer und mittlerer „ESUG-Eigenverwaltungsverfahren“ aus Sicht der Verfasser in einigen Fällen die notwendigen Qualitätsanforderungen an Unternehmensplanung und Sanierungskonzepte (siehe dazu einführend auch sogleich zur notwendigen Beseitigung der Insolvenzgründe sowie zur Erfassung und Beseitigung aller Krisenursachen) nicht eingehalten wurden.16) Aus Gläubigersicht ist manchmal zu beobachten, dass mangels intensiverer betriebswirtschaftlicher Kenntnisse und mangels Insolvenzerfahrung die „Kontrolldichte“ zur Vergleichsrechnung bei einzelnen Mitgliedern des (vorläufigen) Gläubigerausschusses und oft auch beim Insolvenzgericht17) nicht ausreichend ist. Von (vorläufigen) Sachwaltern ist eine kritische Überprüfung der Vergleichsrechnung und der sonstigen juristischen betriebswirtschaftlichen Bestandteile eines Insolvenzplans zu fordern. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn ein vom Schuldner vorgeschlagener (vorläufiger) Sachwalter im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung nach §§ 270a/b InsO eingesetzt wurde. Ein Weg zum Schutz von Alt-Gesellschaftern gegen allzu „kreative“ Insol- 9g venzplanlösungen besteht – jedenfalls auch – darin, auf Basis der vorstehenden

___________ 15) Vgl. Die Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2159 zu Beanstandungen in Bezug auf die Vergleichsrechnung betr. u. a. unzureichende und nicht aktuelle Daten, zu starke Verbreitung von Erinnerungswerten, keine Angaben zu Kostenbeiträgen betr. Sicherungsgläubiger und Verwertungskosten, keine Berücksichtigung von Anfechtungs- und Haftungsansprüchen, völlig fehlende Ausführungen zu einer übertragenden Sanierung, Unstimmigkeiten zwischen darstellendem/gestaltendem Teil, fehlende Plananlagen zum Zahlenwerk, fehlende Bewertungsgutachten zum Anlagevermögen sowie fehlende Bilanzen und Ertrags- und Finanzplanungen und sogar fehlende Fortführungserklärung des Schuldners! 16) Zu Anforderungen an Sanierungskonzepte vgl. Zabel, in: Kübler, HRI, 2. A., § 4 Rn. 1 ff. und § 27 zu den Plananlagen, wie Vermögensverzeichnis und Planungsrechnungen; zu Fällen schlechter Pläne vgl. die Kritik der Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2159. 17) Vgl. die zutreffende Kritik der Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2159 („unzureichende und veraltete Daten [der Vergleichsrechnung]“).

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A. Grundlagen und Einführung

Ausführungen eine frühzeitige und transparente Vergleichsrechnung nebst „offenem“ M&A-Prozess zu verlangen (siehe unten Rn. 138 ff., 149 ff., 233 ff., 520 ff., 530 ff.).18) bb) Insolvenzgründe beseitigt? 10 Weiter muss der Verfasser des Insolvenzplans insbesondere bei einer juristischen Person dafür Sorge tragen, dass die Insolvenzgründe spätestens mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens nach § 258 Abs. 1 InsO nachhaltig beseitigt sind. Beispiel (insolvenzreif trotz Planrechtskraft?): Der Insolvenzplan ist rechtskräftig und das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer GmbH soll kurzfristig aufgehoben werden. Nach einer nunmehr aufgestellten – neuen – Planungsrechnung ist der Schuldner innerhalb der nächsten Wochen nur noch in der Lage, ca. 85 % seiner fälligen Verbindlichkeiten zu zahlen. In einem solchen Fall würde der Insolvenzplan – vielleicht unbemerkt von Gericht und den anderen Beteiligten – den Schuldner wieder in die „Insolvenzreife“ entlassen mit der Folge, dass trotz Planrechtskraft sofort wieder eine Insolvenzantragspflicht besteht. cc) Krisenursachen alle – zügig – erkannt und beseitigt? 11 Zudem muss im Rahmen der Erstellung – und zeitnahen Umsetzung! – des Sanierungskonzepts19) eine Erfassung und Beseitigung aller Krisenursachen erfolgen. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass sich nach Aufhebung der Insolvenz trotz eines guten Insolvenzplans die Insolvenz wiederholt. Dazu gehört auch eine Einschätzung, ob die Organisationsstruktur des Schuldners und die „wesentlichen Köpfe“ – was oft nicht der Fall ist – in der Lage sind, die Sanierungsmaßnahmen endgültig umzusetzen. Das Planverfahren ist mithin besonders für „im Kern gesunde“ Unternehmen geeignet. Eigenverwaltung und Insolvenzplan verlangen eine sehr kritische Überprüfung der Fähigkeiten des bisherigen Managements.

___________ 18) Angemerkt sei, dass in rechtspolitischer Hinsicht der Fall „Suhrkamp“ verschiedene Fragen aufgeworfen hat. Eine rechtspolitische Forderung könnte darin bestehen, den Eingangsschutz – gegen die Zulassung eines Insolvenzantrags eines Gesellschafters – im Vergleich zur aktuellen Rechtslage zu stärken. Ist nämlich erst einmal der Insolvenzantrag zugelassen und wurden Sicherungsmaßnahmen bzw. die vorläufige Eigenverwaltung angeordnet, ist es insbesondere für Minderheitsgesellschafter, die keinen Einfluss auf die Geschäftsführung haben, schwer, wieder aus der Insolvenz „herauszukommen“. Weiter sollten die Gerichte zur Beurteilung der Insolvenzgründe im Eröffnungsverfahren davon absehen, einen mitgebrachten oder vorgeschlagenen vorläufigen Sachwalter gleichzeitig zum Gutachter in Bezug auf Insolvenzgründe einzusetzen. 19) Hierzu ausführlich Zabel, in: Kübler, HRI, 2. A., § 4 Rn. 1 ff.

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II. Grundgedanken des Planverfahrens

2. Gliederung und Inhalt eines Insolvenzplans Der Insolvenzplan besteht gem. § 219 InsO aus drei Teilen:

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dem darstellenden Teil (mit den vorerwähnten betriebswirtschaftlichen Schwerpunkten, aber auch Darstellung und Analyse der Sicherheitenlage, Begründung der Gruppenbildung u. a.; vgl. § 220 InsO),

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dem gestaltenden Teil (der aus sich heraus verständlich die für die Entschuldung und nachhaltige Sanierung notwendigen Rechtswirkungen auslösen muss; häufig interessieren sich deshalb Juristen auch ausschließlich für den gestaltenden Teil; vgl. § 221 InsO) und

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den Planungsrechnungen sowie sonstigen Plananlagen (vgl. §§ 229, 230 InsO).

Auf die Einzelheiten hierzu wird im jeweiligen Kapitel unten eingegangen.

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3. Rechtsnatur Die dogmatische Einordnung des Insolvenzplans – etwa als Vertrag20) (ggf. mit 14 gemischt materiell-rechtlichem und verfahrensrechtlichem Charakter), Norm oder Gestaltungsurteil – ist nicht nur von rechtstheoretischer Bedeutung. Die Einordnung kann Folgen für die Planabfassung, die Reichweite der Rechtskraft und die Auslegung des Insolvenzplans haben. Unabhängig von der dogmatischen Einordnung sei vorab betont, dass der Planverfasser – da er für alle Verfahrensbeteiligten verständliche und eindeutige Planwirkungen auslösen muss – zumindest einem Vertragsverfasser ähnlich auf einen klaren und einheitlichen Sprachgebrauch im gesamten Insolvenzplan achten muss. Praxistipp (Kollegen-Kontrolle durch Gegenlesen): Frühzeitig sollten der Insolvenzplanentwurf oder ggf. einzelne Teile des ausformulierten Insolvenzplans, insbesondere des gestaltenden Teils, z. B. einem bisher mit der Sache nicht oder nur wenig befassten Kollegen zum Gegenlesen gegeben werden. Eine solche „neutrale Person“ findet oft eher Unklarheiten oder Lesewiderstände als der Planverfasser. Viele Änderungen im Laufe der Fortschreibung des Insolvenzplans trüben oft den selbstkritischen Blick für die Verständlichkeit des Plans.

Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 6.10.2005 (IX ZR 36/02, ZIP 2006, 15 39) die dogmatische Einordung zum „Wesen des Insolvenzplans“ letztlich offengelassen, wobei er dennoch zumindest für bestimmte Teile des Insolvenzplans den Vertragscharakter des Plans betont hat, ___________ 20) Für den Vertragscharakter des Insolvenzplans spricht sich z. B. Madaus, KTS 2012, 27 ff. aus (S. 57 „Willenserklärungen“); dort zu praktischen Folgen in Bezug auf zeitliche Grenzen der Rücknahme des Plans; ders. ebenso in NZI 2012, 597 mit dortiger Fußn. 6 und Madaus, Der Insolvenzplan, S. 301 ff.; zum Streitstand vgl. weiter Frege/Keller/ Riedel, Insolvenzrecht, Hdb. d. Rechtspraxis, Rn. 1922 ff. (S. 749) und Smid/Rattunde/ Martini, Der Insolvenzplan, S. 137 ff.

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A. Grundlagen und Einführung „Art und Umfang der Auslegung haben sich nach dem Wesen des Insolvenzplans zu richten. Im Schrifttum wird dieser entweder als Vergleich i. S. d. § 779 BGB … oder als privatrechtlicher Vertrag eigener Art angesehen … oder es wird ihm eine Doppelnatur als gemischt materiell-rechtlicher und verfahrensrechtlicher Vertrag beigemessen … Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass der Insolvenzplan nicht als Vergleich angesehen wurde. Er sei vielmehr ‚die privatautonome, den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Übereinkunft der mitspracheberechtigten Beteiligten über die Verwertung des haftenden Schuldnervermögens unter voller Garantie des Wertes der Beteiligungsrechte‘ (allgem. Begründung zum RegE-InsO, BT Drucks. 12/2443, S. 91). Nach Auffassung des Senats ist der Insolvenzplan ein spezifisches insolvenzrechtliches Instrument … Dies zeigt, dass der Insolvenzplan, auch wenn seine Annahme weitgehend auf der Willensübereinkunft der Beteiligten beruht, kein Vertrag im herkömmlichen Sinne ist. Dennoch ist für die Auslegung des Insolvenzplans, soweit nicht sein vollstreckbarer Teil betroffen ist, das individuelle Verständnis Derjenigen maßgebend, die ihn beschlossen haben. Eine Auslegung nach dem objektiven Erklärungsbefund, wie sie etwa bei AGB … Gesellschaftsverträgen von Publikumsgesellschaften …, Emissionsprospekten oder Satzungen … stattfindet, ist nicht zulässig …“

16 In den folgenden Passagen des Urteils zu einer Klausel des Gestaltenden Teils „§ 259 Abs. 3 InsO findet Anwendung“ kommt dann der BGH unter Ermittlung des erkennbaren, individuellen Willens der Beteiligten zu dem Ergebnis, dass Insolvenzanfechtungsstreitigkeiten aufgrund der zitierten Planformulierung („§ 259 Abs. 3 InsO findet Anwendung“) auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens vom vormaligen Insolvenzverwalter hätten fortgeführt werden können. Diese Anlehnung an §§ 133, 157 BGB zeigt, dass der BGH für die konkrete Klausel die für Verträge geltenden Auslegungsgrundsätze heranzieht.21) 17 In allen Teilen des Plans ist darauf zu achten, dass Begriffe und Redewendungen einheitlich und für Außenstehende verständlich verwandt werden. Abgesehen von vorstehenden Hinweisen zur notwendigen Selbstdisziplin bei der Abfassung des Insolvenzplans ist aus Praktikersicht eine weitere Befassung mit der eher rechtstheoretischen Frage der richtigen dogmatischen Einordnung des Plans (ggf. unterscheidend je nach den Planteilen) in der Regel eher sekundär. III. Planziele und Planstrukturen 1. Ziele und Taktik 18 Vertieft soll auf diesen Punkt im Rahmen der Ausführungen zum darstellenden Teil eingegangen werden (unten Kapitel C). Die nachfolgenden ersten Hinweise dienen der Orientierung, speziell dem „Einsteiger“ als ersten Überblick. Wegen des Grundsatzes der Gläubiger-Privatautonomie (siehe oben Rn. 7 – 8c) gilt als Leitlinie das Prinzip „alles ist möglich“, sofern es der Beendigung oder ___________ 21) Vgl. auch zur Planauslegung OLG Frankfurt/M., Urt. v. 20.10.2014 – 23 U 1/14 (dort u. a. Rn. 38 des Urteils zur Frage, ob die Planklausel „Gesamtdauer des Planverfahrens“ auch die Phase der Planüberwachung umfasst).

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III. Planziele und Planstrukturen

der Erleichterung der Insolvenz dient. Schwerpunktmäßig sind folgende Ziele zu unterscheiden: a) Sanierung des Rechtsträgers Häufig dient der Insolvenzplan der Sanierung eines Unternehmensträgers. 19 Dieser Unternehmensträger kann auch eine natürliche Person sein. Bei solchen „Sanierungsplänen“ liegt neben dem gestaltenden Teil, zur Auslösung der zur Sanierung notwendigen rechtlichen Wirkungen, ein Schwerpunkt auf dem darstellenden Teil. Dieser muss das Sanierungskonzept enthalten (insbesondere eine Analyse zu den Krisenursachen und deren Beseitigung). Dabei kann die Restrukturierung mittels Insolvenzplan auch mit der in der Regelinsolvenz klassischen sog. „übertragenden Sanierung“ durchaus kombiniert werden (vgl. § 262 Abs. 1, Satz 2 InsO „oder die Übernahmegesellschaft“). So ist etwa vorstellbar, Teile des Unternehmens im Rahmen eines Asset Deals auf eine andere Gesellschaft zu übertragen und das Restunternehmen mittels Insolvenzplan zu restrukturieren. Oft bleibt die Frage, wie „tief“ und „solide“ die Plansanierung ist und was nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens – dringend – der Nachsorge bedarf. b) Liquidation Weiter sind auch reine Liquidationspläne denkbar. Kommt im Rahmen einer 20 Regelabwicklung nur eine Einstellung und Abwicklung des Geschäftsbetriebs in Betracht, so kann dies auch ein Insolvenzplan ggf. leisten. Insbesondere in Kombination mit einem Drittzuschuss ist denkbar, die Liquidationsphase im Vergleich zur Regelabwicklung zu verkürzen und für die Gläubiger kalkulierbarer zu gestalten. c) Natürliche Person (ermogelte, schnellere Restschuldbefreiung?) Bei natürlichen Personen bezweckt ein Insolvenzplan häufig eine schnellere 21 Restschuldbefreiung. Bei Freiberuflern, die sich mit fremden Vermögensmassen befassen (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und Notare), ist das Planinstrument häufig die einzige Möglichkeit, die berufliche Zulassung zu erhalten (siehe detaillierter unten Rn. 55 ff.). Gelegentlich ist bei Insolvenzplänen über das Vermögen natürlicher Personen 22 eine gewisse Vorsicht geboten. Manchmal ist zu beobachten, dass eine natürliche Person mit Hilfe eines geschickten Beraters versucht, durch ein „schnelles Planverfahren“ – oft sogar durch einen unattraktiven „Null-Plan“ ohne Quotenzahlung22) – zu erreichen, dass Haftungsansprüche und/oder Vermögens___________ 22) Sog. Nullpläne sind zwar grundsätzlich zulässig, sofern in der Regelabwicklung die Quote auch Null wäre. An die Vergleichsrechnung (siehe oben Rn. 9 ff. und unten Rn. 138 ff.) und an die Gruppenbildung und deren Begründung dürften aber erhöhte Anforderungen zu stellen sein!

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A. Grundlagen und Einführung

objekte, die in der Regelinsolvenz dem Zugriff des Insolvenzverwalters unterliegen könnten, unentdeckt bleiben. So wird manchmal vom SchuldnerPlaninitiator aus taktischen Gründen Zeitdruck aufgebaut. Praxistipp (taktischer Zeitdruck des Schuldner-Beraters?): Insbesondere Gericht und/oder Sachwalter und/oder Insolvenzverwalter, die einen solchen „Beraterplan“ über das Vermögen einer natürlichen Person zu beurteilen haben, sollten sich deshalb ausreichend Zeit lassen, die Vermögensverhältnisse, die eventuellen Gründe zur Versagung der Restschuldbefreiung und den Bereich etwaiger Haftungsansprüche intensiv auszuloten. Auch der Berater sollte, um der Gefahr der Aufdeckung von Schuldner-Unregelmäßigkeiten nach Planrechtskraft vorzubeugen, auf eine intensivere Recherche aller Vermögensobjekte und/oder Haftungsansprüche achten. Aus Sicht aller Beteiligten kann die Vorlage einer sog. „Vollständigkeitserklärung“ des Schuldners zu seinen Vermögensverhältnissen angezeigt sein, damit im Fall später aufgedeckter Unregelmäßigkeiten eindeutig ist, in wessen Sphäre die Unregelmäßigkeiten zu verantworten sind.

Beispiel (Formulierungsvorschlag für die Vollständigkeitserklärung eines Schuldners/einer natürlichen Person aus Gläubigersicht): „Ich erkläre hiermit, dass die in diesem Insolvenzplan getätigten Angaben vollständig und richtig sind. Dies betrifft insbesondere: x

Alle Aufklärungen und Nachweise, um die ich während der Erstellung des Insolvenzplans gebeten wurde, habe ich vollständig und richtig getätigt.

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Ich versichere, dass keine Ermittlungsverfahren oder sonstige strafrechtliche Verfahren gegen mich anhängig sind. Ich habe auch keine Straftaten begangen, insbesondere nicht solche, die für eine Versagung der Restschuldbefreiung im Rahmen eines Regelinsolvenzverfahrens von Relevanz sein könnten.

x

Die in diesem Insolvenzplan getätigten Angaben zu Vermögensgegenständen und Schulden, insbesondere zum der Anlage xx beigefügten Vermögensstatus sind vollständig und richtig. Ich habe keine Vermögensgegenstände verschwiegen. Insbesondere habe ich in den letzten vier Jahren keine entgeltlichen oder unentgeltlichen Übertragungen von Vermögensgegenständen auf Verwandte oder sonstige Dritte getätigt.

x

Insbesondere sind alle Sicherungsrechte anhand aller Sicherungsverträge, die zum Teil nochmals von den Gläubigern angefordert wurden, vollständig erfasst.

x

Die bei Insolvenzplanerstellung gestellten Auskunftspersonen, die Herren, X, Y, Z sind von mir angewiesen worden, alle Angaben vollständig und richtig zu tätigen.

x

Weiter habe ich insbesondere keine aktuell vorhandenen oder erschließbaren Einkommensquellen verschwiegen. Die von mir zur Verfügung gestellte Buchhaltung ist aktuell, vollständig und richtig.

Mustermann-Schuldner, den ……“

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III. Planziele und Planstrukturen

Anmerkung: Eine solche Erklärung kann in dieser oder ähnlicher Form dem 23 Insolvenzplan als Anlage beigefügt werden. Die frühzeitige Erwähnung in der Planvorbereitungsphase, dass der Schuldner eine solche Erklärung unterzeichnen muss, kann schon zu Beginn der Planerstellungsphase zur Aufdeckung kritischer Punkte führen. d) Lösung von Gesellschafterstreitigkeiten mittels Plan? Insbesondere der Fall Suhrkamp23) hat eindrucksvoll gezeigt, dass aufgrund 23a des neuen ESUG-Insolvenzplan-Gesellschaftsrechts (erfolgreich) versucht wird, Gesellschafterstreitigkeiten mittels Insolvenzplan zu lösen. Im Fall Suhrkamp wurde bekanntlich eine GmbH & Co. KG mittels gestaltenden Teils des Insolvenzplans i. V. m. den Vorschriften des UmwG in eine AG umgewandelt. Die Folge war, dass bisherige Minderheitsrechte eines Minderheitsgesellschafters (für die dieser im Zweifel bei Kauf der Gesellschaftsanteile „teuer Geld“ bezahlt hatte) untergingen. Die Rechtsentwicklung hierzu ist noch nicht abgeschlossen, zumal auch rechtspolitische Reaktionen in der Literatur zum Schutz von Gesellschaftern gegen das „Insolvenzplan-Gesellschaftsrecht“ gefordert werden. Die Ermittlung von Fortführungs- und Zerschlagungswerten sowie die Unternehmensbewertung insgesamt hat das ESUG noch nicht befriedigend gelöst (zu Einzelheiten siehe oben Rn. 9 ff.; unten Rn. 30 ff., 233 ff., 530 ff.). e) Verfahrensbegleitende/verfahrensleitende Pläne? Aufgrund der Neufassung des § 217 Satz 1 InsO („…sowie der Verfahrens- 24 abwicklung…“) ist es grundsätzlich auch denkbar, im Rahmen eines fortlaufenden Regelinsolvenzverfahrens einzelne Verfahrensabschnitte und Problemlagen mit Hilfe eines Insolvenzplans isoliert zu lösen. So können ggf. langwierige Rechtsstreitigkeiten mit Hilfe eines Insolvenzplans vermieden werden und die Regelabwicklung kann „in Ruhe“ fortgesetzt werden. Auch hier wird trotz Ergänzung des ESUG in § 217 Satz 1 InsO („Verfahrensabwicklung“) die Frage sein, inwieweit einzelne Aspekte der Regelabwicklung, die durch den Plan abbedungen werden sollen, plandispositiv sind (zum Konflikt Gläubiger-Privatautonomie vs. nicht dispositives Recht vgl. bereits oben Rn. 7 – 8c). ___________ 23) AG Berlin-Charlottenburg, Beschl. v. 15.1.2014 – 36s IN 2196/13 (Beschl. zur Bestätigung des Insolvenzplans); LG Berlin, Beschl. v. 24.2.2014 – 51 T 107/14, ZIP 2014, 893; Sofortvollzugsbeschluss des LG Berlin v. 14.4.2014 – 51 T 107/14; BGH, Beschl. v. 17.7.2014 – IX ZB 13/14, ZIP 2014, 1442 (mit Bespr. Hölzle, ZIP 2014, 1819 ff.), dazu EWiR 2014, 521 (Madaus); BGH, Beschl. v. 17.9.2014 – IX ZB 26/14, ZIP 2014, 2040, dazu EWiR 2014, 685 (Spliedt); erneut LG Berlin, Beschl. v. 20.10.2014 – 51 T 696/14, ZIP 2014, 2197, dazu EWiR 2015, 23 (Leib/Rendels); BVerfG, Beschl. v. 18.12.2014 – 2 BvR 1978/13, ZIP 2015, 80, dazu EWiR 2015, 49 (Biner Bähr); vgl. auch zusammenfassend, insbesondere zu den Rechtsmittelaspekten, Skauradszun, DB 2014, 2694 ff.; zusammenfassend zu den Entscheidungen das BVerfG vgl. Göb/Nebel, NZI 2015, 215.

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A. Grundlagen und Einführung Praxistipp (Vielzahl von Löschungsbewilligungen als Gruppenerklärung mittels Insolvenzplan?): Im Regelverfahren x finden sich im Grundbuch ca. 30 Grundpfandrechte 30 verschiedener Gläubiger. Viele Gläubiger wollen keine Löschungsbewilligung abgeben, obwohl die Grundpfandrechte an aussichtsloser Rangstelle eingetragen sind. Hier erscheint es immerhin denkbar, – ggf. mit Hilfe des Obstruktionsverbotes gem. § 245 InsO – die Löschungsbewilligungen mittels Insolvenzplan in einer Gruppenerklärung abzugeben. Anschließend veräußert der Insolvenzverwalter freihändig im Rahmen des – nach Planrechtskraft – fortgesetzten Regelinsolvenzverfahrens.

2. Quotenquelle und Planstruktur a) Unsicherheit reiner Ertragspläne 25 Insolvenzpläne, deren Quotenzahlungen nur aus zukünftigen Unternehmenserträgen finanziert werden sollen, sind in der Regel schwierig oder nicht umzusetzen. In der Regel führt nämlich die übertragende Sanierung in Kombination mit einem sog. Asset Deal bei der Regelinsolvenz zu zügigen Zahlungseingängen beim Regelinsolvenzverwalter. Kann der Planinitiator nur damit argumentieren, dieses „schnelle Geld“, welches bei der Regelabwicklung zu erwarten ist, über viele Jahre im Rahmen der Unternehmenserträge überbieten zu können, ergeben sich (neben Fragen der zutreffenden Berechnung der Verzinsung) erhebliche Planungsunsicherheiten. Planungsunsicherheiten machen häufig die Erträge so ungewiss, dass die Vorlage eines reinen Ertragsplans für die Gläubiger oft kein überzeugendes Alternativangebot zur Regelinsolvenz darstellt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass so mancher Schuldner bei zukünftigen Erträgen dazu neigt, auf bloße Hoffnungswerte zu setzen. 26 Oft ist deshalb ein Insolvenzplan nur attraktiv und umsetzbar, wenn zumindest auch ein Drittzuschuss eines sog. Investors oder ein Zuschuss der Altgesellschafter erfolgt. Weiter kommt eine Attraktivitätssteigerung durch eine Quotengarantie eines finanzstarken Investors oder eines Kreditinstituts in Betracht. b) Investorenlösung: Synchronisation mit Share Deal 27 Ist bei einer juristischen Person eine Investorenlösung erforderlich, erfolgt der sog. „Exit“ – die Beendigung der Insolvenz und die Gläubigerbefriedigung – über einen sog. Share Deal. Im Zusammenhang mit der Restrukturierung des Unternehmensträgers mittels Insolvenzplan werden entweder durch Kapitalmaßnahmen neue Gesellschaftsanteile geschaffen (durch einen sog. Kapitalschnitt, siehe unten Rn. 244 f.), die dann einem Investor zugewandt werden können. Oder der Insolvenzplan überträgt im gestaltenden Teil – was nach den Neuregeln des ESUG grundsätzlich möglich ist – nach § 225a Abs. 3 InsO die Anteile der Alt-Gesellschafter an den Investor.

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III. Planziele und Planstrukturen

In der Regel müssen in solchen Konstellationen weite Teile des Insolvenz- 28 plans (z. B. die Darstellung der Finanzierung der Planquote im darstellenden Teil) mit der angedachten Investorenlösung – dem Share Deal – synchronisiert werden. Die finale Formulierung des Insolvenzplans kann dann oft sinnvoll erst erfolgen, wenn auch – juristisch abschließend ausformulierte – Einigkeit zwischen dem Planinitiator und/oder (vorläufigen) Sachwalter sowie dem Schuldner einerseits und dem Investor andererseits besteht. Häufig müssen deshalb parallel die Inhalte der Investorenlösung und die konkreten Inhalte des Insolvenzplans schrittweise verdichtet werden. Anders formuliert: Bei einer zu frühen Einreichung des Insolvenzplans kann – alles je nach Einzelfall – die Gefahr bestehen, dass der Planinhalt nicht mehr zur Investorenlösung passt. Auf weitere Einzelheiten hierzu wird im Zusammenhang mit dem gestaltenden und darstellenden Teil eingegangen. Weiter sei an dieser Stelle angemerkt, dass die Planvorlagefrist nach § 270b 29 Abs. 1 Satz 2 InsO von max. drei Monaten, die nicht verlängerbar ist, bei komplexen Sachverhalten und Rechtsverhältnissen häufig viel zu kurz ist. Gerade wenn noch keine endgültige Einigung mit einem Investor besteht, kann dies einem Verfahren nach § 270b InsO u. E. entgegenstehen. Der Planverfasser sollte sich nicht drängen lassen, zu viele offene Probleme aus Zeitnot auszuklammern oder in die Planbedingungen nach § 249 InsO „zu schieben“. Zum Teil ist zu beobachten, dass beim „Schutzschirm“ auch ohne Planvorlage – folgenlos – mit Eröffnung die Eigenverwaltung fortgesetzt wird. Dies ist eigentlich ein vom Gesetzgeber nicht gewollter Missbrauch des „Schutzschirm“. 3. Insolvenzplan als Instrument der Interessenverfolgung? Wie schon im Vorwort angeführt, kann der Insolvenzplaninitiator versuchen, 30 die Interessen bestimmter Beteiligter zu betonen. So kann ein Insolvenzplan mehr die Schuldnerinteressen betonen oder mehr die Interessen gesicherter oder ungesicherter Gläubiger oder die der Arbeitnehmer. Dabei müssen innerhalb der genannten Gruppen die Interessen nicht immer homogen sein. So kann z. B. ein gesicherter Lieferantengläubiger ein stärkeres Interesse am Erhalt seines Kunden, des Schuldners, haben, als ein erstrangig gesichertes Kreditinstitut. Trotz taktischer Möglichkeiten der Betonung bestimmter Interessen, wird der Planverfasser zur Erlangung der notwendigen Mehrheiten allzu offensichtliche Einseitigkeiten vermeiden. a) Wissens- und Zeitvorsprung der Planverfasser Deutlich werden soll an dieser Stelle, dass derjenige, der frühzeitig – am besten 31 vor der Insolvenz – die betriebswirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners analysiert und beginnt, Plan-Entwurfsformulierungen einschließlich Planungsrechnungen vorzulegen, einen Wissens- und Formulierungsvorsprung hat. Auch wenn vielleicht im Laufe des „Verdichtungsprozesses“ zum Insolvenzplan andere Beteiligte „aufholen“, so bleibt doch derjenige, der den Insolvenzplan konkret formuliert, immer im taktischen Vorteil. Gerade auf der Ziel17

A. Grundlagen und Einführung

geraden der Insolvenzplaneinreichung und im gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungsprozess können Änderungen „in letzter Minute“, die oft (ggf. aus taktischen Gründen) unter Zeitdruck erfolgen, vom Verfasser des Insolvenzplans eher eingeschätzt werden als von den Beteiligten, die den Planentwurf nur einmal gelesen haben. 32 Jedem Interessenvertreter sei deshalb empfohlen, sich möglichst frühzeitig nicht nur mit allgemeinen Eingaben zum Planinhalt einzubringen, sondern mit konkreten Formulierungsvorschlägen. Der Interessenvertreter, der nicht Planverfasser ist, muss die Planungsrechnungen frühzeitig kritisch hinterfragen. b) M&A-Prozess und Vergleichsrechnung(en) 33 Von entscheidender Bedeutung – mit Blick auf die Vergleichsrechnung, wie steht ein bestimmter Gläubiger mit/ohne Insolvenzplan? – ist oft der sog. M&A-Prozess (siehe bereits oben Rn. 9 ff.). Muss ein Investor gefunden werden, dann muss ein solcher Prozess durchgeführt werden. Derjenige, der den M&A-Prozess beherrscht und dessen Einzelheiten kennt, hat so häufig durch die geschickte Ansprache bestimmter Interessenten in bestimmter Reihenfolge auch die Möglichkeit, die Vergleichsrechnung zumindest in einigen Bereichen zu beeinflussen. So ist es z. B. im Einzelfall nicht auszuschließen, dass der M&A-Prozess so geführt wird, dass weniger Angebote auf einen Asset Deal abgegeben werden (die für die Gläubiger-Ergebnisse im Rahmen einer Regelinsolvenz, bei einer übertragenden Sanierung, „stehen“ würden), sondern mehr Angebote für einen Share Deal (der in diesem Zusammenhang für die Insolvenzplanlösung „steht“). Bei einem etwaigen Versuch, die taktischen Gestaltungsspielräume bei der Erstellung der Vergleichsrechnung zu nutzen, ist oft derjenige im Vorteil, in dessen Lager der M&A-Berater steht. Allerdings werden sämtliche Beteiligte dem Insolvenzplan nur dann zustimmen, wenn ein offener und transparenter M&A-Prozess durchgeführt wurde. „Blockaden“ in diesem Bereich dürften, sofern sie substantiiert dargelegt werden, im Rahmen einer angeordneten Eigenverwaltung auch einen „Nachteil“ i. S. d. § 270 Abs. 2 Nr. 2 InsO darstellen (siehe oben Rn. 9 ff.). 34 Im Rahmen einer Eigenverwaltung ist es insbesondere Aufgabe des Sachwalters, für die erforderliche Transparenz im M&A-Prozess zu sorgen (vgl. § 274 Abs. 3 InsO zur Rede- und Warnpflicht des Sachwalters bei durch die Eigenverwaltung konkret drohenden Nachteilen und oben Rn. 9 ff.). c) Sicherheitenbewertung, Begutachtungen 35 Sofern im Rahmen der Regelinsolvenz (durch einen sog. Asset Deal bei einer übertragenden Sanierung) Sicherungsgut durch den Regelinsolvenzverwalter zügig veräußert werden kann, darf der Insolvenzplan die Sicherungsgläubiger nicht schlechter stellen (bei einer Schlechterstellung werden entweder von vornherein schon die notwendigen Mehrheiten nicht erreichbar sein oder ein-

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III. Planziele und Planstrukturen

zelne Gläubiger haben im Rahmen eines Minderheitenschutzantrags die Möglichkeit, den Plan zu Fall zu bringen, vgl. § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO; bei einer Schlechterstellung greift auch das Obstruktionsverbot nicht, vgl. § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Die notwendige – zügige – Befriedigung der Sicherungsgläubiger führt deshalb häufig zu einer sehr starken Liquiditätsbelastung, was in vielen Fällen von vornherein einer Insolvenzplanlösung entgegenstehen kann. Diese durch die Sicherungsgläubiger im Einzelfall verursachte Liquiditäts- 36 not kann Anlass sein, bei einem vom Schuldner initiierten Insolvenzplan zu versuchen, den Wert des Sicherungsgutes „zu drücken“. Im Einzelfall, wenn aus Sicht der Sicherungsgläubiger hierfür Anhaltspunkte bestehen, kann es deshalb aus der Perspektive der gesicherten Gläubiger geboten sein, zeitnah Gegengutachten zu den vorgelegten Bewertungsgutachten vorzulegen. Auf die Rechtsfrage, ob in der Vergleichsrechnung (wie viel würde der Siche- 37 rungsgläubiger im Rahmen der Regelinsolvenz wann erhalten? Was soll im Rahmen des Insolvenzplans für das Sicherungsgut wann zugewandt werden?) auf Fortführungs- oder Zerschlagungswerte abzustellen ist, wird weiter unten im Zusammenhang mit den §§ 245 Abs. 1 Nr. 1, 251 Abs. 1 Nr. 2 eingegangen.24) Liegen divergierende Wertgutachten in Bezug auf Sicherungsgut vor, ist 38 frühzeitig zu empfehlen, mit den Sicherungsgläubigern eine Übereinkunft zum „Plan-Wert“ des Sicherungsgutes zu finden. Anderenfalls lässt sich nämlich schon in der ersten Phase der Planerstellung häufig keine ausreichend abgesicherte Planstruktur ausarbeiten. Beispiel (unmögliche Quotenberechnung bei ungelöstem Streit um Sicherheitenwert): Die betriebswirtschaftlichen Berater und Verfasser der Planungsrechnungen prognostizieren aufgrund des Drittzuschusses des Investors (15,0 Mio. EUR) und überschüssiger Erträge in den nächsten drei Jahren (5,0 Mio. EUR) einen gesamten Ausschüttungsbetrag an alle Gläubiger von 20,0 Mio. EUR. Gäbe es keine gesicherten Gläubiger, würde dies eine Quote von 20 % zur Folge haben. Nach den Wertgutachten der Sicherungsgläubiger, insbesondere der Grundpfandgläubiger, soll das Sicherungsgut insgesamt einen Fortführungswert von 10,0 Mio. EUR haben. Auf dieser Basis würde die Quote für die ungesicherten Gläubiger auf 10 % „sinken“. Die Gutachten, die der Berater im Rahmen der Eigenverwaltung beauftragt hat, kommen zu einem Fortführungswert von 7,5 Mio. EUR und einem Zerschlagungswert von 1,5 Mio. EUR. ___________ 24) Der BGH hat in der Entscheidung v. 7.7.2005 – IX ZB 266/04, ZIP 2005, 1648 = ZVI 2005, 604 („Konsum“) im Rahmen eines Fortführungsplans zur Bewertung einer Grundschuld die dinglichen Zinsen mit einbezogen, sich also tendenziell dafür ausgesprochen, dass bei einem Fortführungsplan auch Fortführungswerte angesetzt werden müssen; der Ansatz von Fortführungswerten beim Fortführungsplan ist aber dann nicht selbstverständlich, wenn im Rahmen der Regelinsolvenz eine Zerschlagung droht. Vgl. dazu auch EWiR 2006, 279 (v. Gleichenstein).

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A. Grundlagen und Einführung

Hier hängt die Quote der ungesicherten Gläubiger signifikant von a) der Lösung der Rechtsfrage ab, ob bei der Befriedigung der Sicherungsgläubiger auf Zerschlagungswerte abzustellen ist oder auf Fortführungswerte. Ist diese Rechtsfrage geklärt, drohen im Beispielsfall zudem wegen der divergierenden Wertgutachten b) Bewertungsstreitigkeiten, die die Quote beeinflussen. Tritt der Planinitiator vor Abklärung dieser Probleme mit einer bestimmten, auf der Grundlage seiner Gutachten eher hohen Quoten-Prognose an die ungesicherten Gläubiger heran, kann dies problematische Auswirkungen haben. Die Sicherungsgläubiger haben in der Regel eine starke Stellung. Muss der Planverfasser bei der späteren Fortschreibung und Überarbeitung des Insolvenzplans seine Quotenprognose „nach unten“ korrigieren, weil sich die Wertvorstellungen der Sicherungsgläubiger durchsetzen, kann dies für die Akzeptanz des Insolvenzplans insgesamt negative Folgen haben. d) Feste oder flexible Quote? 39 Denkt man den vorstehenden Beispielsfall weiter (bei Vorlage des Planentwurfs ist ungeklärt, mit welchem Wert die Sicherungsgläubiger insgesamt zu bedienen sind, so dass sich die Quote auch nicht annähernd exakt berechnen lässt), könnte eine Lösung darin liegen, mit einer flexiblen Quote zu arbeiten. So finden sich manchmal in Insolvenzplänen keine festen Quoten, sondern Quotenberechnungsformeln. Beispiel (Vorschlag für eine Quotenberechnungsformel im gestaltenden Teil): „Die Quote ergibt sich aus folgender Formel Zur Verteilung am (genaues Datum, z. B. vier Monate nach rechtskräftiger Aufhebung des Insolvenzverfahrens) realisierte freie Masse x 100 =x% ™ der rechtskräftig festgestellten Insolvenzforderungen (§ 38) InsO“ 40 Grundsätzlich sind solche flexiblen Quoten skeptisch zu sehen, jedenfalls sofern nicht eine sichere Mindestquote geboten wird. Zunächst resultiert diese Skepsis (je nach Einzelfall) daraus, dass der Insolvenzplan im gestaltenden Teil so bestimmt sein muss, dass aus dem Plan vollstreckt werden kann (vgl. § 257 Abs. 1 Satz 1 InsO). Diesen Vollstreckungserfordernissen wird die Quotenregelung nur gerecht, wenn ein Vollstreckungsorgan die Quotenhöhe nachvollziehen kann (was bei vorstehender Formel u. E. der Fall ist). Hinzu kommt, dass für die Zustimmung zum Insolvenzplan die meisten Gläubiger wissen wollen, in welcher Höhe sie durch den Insolvenzplan befriedigt werden. Unsicherheiten zur Quotenhöhe können das Vertrauen in den Insolvenzplan und die Zustimmungsakzeptanz stark beeinträchtigen. 41 Gibt es vorläufig unlösbare und unkalkulierbare Unwägbarkeiten, die die Höhe der Quote deutlich beeinflussen können (z. B. weil eine Tabellen-Feststellungs-

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III. Planziele und Planstrukturen

klage geführt werden muss), kann eine Lösung darin bestehen, dass eine ausschüttungsfähige Mindestquote formuliert wird, ggf. in Kombination mit einem sog. Besserungsschein. Besteht der Besserungsschein25) darin, dass bestimmte Anteile der Erträge aus der Geschäftstätigkeit der kommenden Jahre an die Gläubiger ausgeschüttet werden sollen, kann dies zu einem Konflikt mit dem angedachten Investor führen. Dieser wird nämlich darauf bedacht sein, für seinen Plan-Zuschuss in den Folgejahren die Erträge zu vereinnahmen. Fest steht, dass bei einer nicht exakt definierten Quote häufig im Nach- 42 gang Abarbeitungsstreitigkeiten entstehen. Manchmal wird z. B. definiert, dass dann, wenn ein bestimmter Rechtsstreit zur Durchsetzung z. B. von Haftungs- oder Anfechtungsansprüchen gewonnen wird, dieses „Töpfchen“ im Nachgang an die Gläubiger ausgeschüttet wird (nach Abzug von Kosten). Solche „Bonus-Töpfchen“ für Gläubiger enthalten oft Streitpotenzial. Bei der Abarbeitung der „Töpfchen“ wollen die Gläubiger oft intensiv informiert werden und sind mit der Abarbeitung nicht einverstanden. Fälle nicht eindeutig definierter Quotenausschüttungen signalisieren deshalb oft erhöhten Abarbeitungsaufwand und Streitpotenzial in der Plan-Abarbeitungsphase. e) (Vorläufige) Eigen- oder (vorläufige) Insolvenzverwaltung? Durch das ESUG ist zwar das Instrument der Eigenverwaltung – speziell 43 durch die Einführung der sog. vorläufigen Eigenverwaltung nach §§ 270a/b InsO – gestärkt worden. Es sei aber bereits hier angemerkt, dass die Eigenverwaltung einzelfallabhängig, aber dennoch häufig einer durchgreifenden Restrukturierung aus psychologischen Gründen entgegenstehen kann. Geschäftsführung und Berater stehen in der Regel im Rahmen der Eigenverwaltung dem Schuldner näher als den Gläubigern, denen Restrukturierungsbeiträge abverlangt werden. Der „klassische“ vorläufige Insolvenzverwalter „wirkt“ neutraler. Das „wirkt“ oft auch gegenüber den Arbeitnehmern überzeugender. Die „größere Ferne“ eines (vorläufigen) Insolvenzverwalters gegenüber den Sanierungsbeteiligten hat häufig den Vorteil, dass ein (vorläufiger) Insolvenzverwalter eher in der Lage ist, nachhaltige Sanierungsbeiträge auszuhandeln als der Schuldner und seine Berater im Rahmen der (vorläufigen) Eigenverwaltung. Schließlich müssen nach der – angestrebten schnellen Beendigung – der Insolvenz der Schuldner und die Sanierungsbeteiligten in der Regel wieder zusammenarbeiten. Der Schuldner kann deshalb deutlich mehr Berührungsängste haben, wenn es darum geht, nachhaltige Sanierungsbeiträge durchzusetzen als ein neutraler (vorläufiger) Insolvenzverwalter. In einer Vielzahl von Fällen sollten deshalb Schuldner überlegen, im Interesse einer durchgreifenden Sanierung mit einem kooperativen, klassischen (vorläufigen) Insolvenzverwalter zusammenzuarbeiten. ___________ 25) Zu einem „bösen“ Versuch, nachträglich, nach Planbestätigung und vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens, einen Plan-Besserungsschein zu unterlaufen AG Köln, Beschl. v. 15.12.2014 – 74 IN 152/12, ZIP 2015, 440 und unten Rn. 622.

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A. Grundlagen und Einführung

IV. Fallgruppen und Planbedarf 1. Restrukturierung des Rechtsträgers a) Gefahr der Folge-Insolvenz 44 In der Regel wird der Insolvenzplan (in Kombination mit der Eigenverwaltung) darauf abzielen, den Rechtsträger nach Analyse und Beseitigung der Krisenursachen möglichst durchgreifend zu restrukturieren (siehe oben Rn. 19). Es sei auf die Gefahr hingewiesen, dass bei einer nicht durchgreifenden leistungswirtschaftlichen Sanierung, möglicherweise auch aufgrund von Rücksichtnahme-„Pflichten“ des Schuldner-Beraters im Rahmen der Eigenverwaltung (siehe oben Rn. 43), sich die Insolvenzszenarien nach einer gewissen Zeit trotz eines gut gemeinten Insolvenzplans wiederholen. 45 Letztlich lassen sich fast alle Krisen- und Insolvenzursachen auf Managementfehler zurückführen. Oft sind zudem das vorhandene Management und/oder die Personalstruktur im Übrigen nicht in der Lage, die leistungswirtschaftliche Sanierung dauerhaft und nachhaltig umzusetzen. b) Filialnetze 46 Als geeignet hat sich das Insolvenzplaninstrument bei der Sanierung von Filialnetzen erwiesen (Stichworte: das frühere Insolvenzverfahren „Ihr Platz“, Sinn-Leffers, diverse Schuhketten etc.). Wenn für die einzelnen Filialen eigenständige betriebswirtschaftliche Analysen existieren (oder im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens kurzfristig erstellt werden können), wird gerade bei Filialnetzen schnell deutlich, welche Filiale mit Verlust oder mit Gewinn arbeitet. Die Verlustträger werden aus dem Netz schlicht „rausgeschnitten“. Häufig sind dann bei den verbleibenden Filialen noch die Mietverhältnisse und sonstige Verträge ein Restrukturierungsthema. Oft helfen hier die §§ 103 ff. InsO dem Schuldner, aus langfristigen und ungünstigen Verträgen herauszukommen.26) c) Vereine 47 Weiter hat das Insolvenzplanverfahren bisher eine gewisse Relevanz im Bereich des „Vereinslebens“ entfaltet. So werden immer wieder Fälle bekannt, in denen insbesondere Sportvereine mittels Insolvenzplan saniert werden. Das Planverfahren kann hier auch ein Mittel sein, um bestimmte Spielelizenzen zu erhalten.27) Bei geringer Masse ist hier oft das Verhältnis des Erstellungsaufwands betr. den Insolvenzplan zu den Vergütungsperspektiven des Planerstellers problematisch. ___________ 26) Siehe z. B. die Verfahren SinnLeffers oder das „alte“ Ihr-Platz-Verfahren aus 2005. 27) Zur per einstweiliger Verfügung (zunächst) durchgesetzter Spielerlaubnis (wegen Insolvenzplanvorlage) vgl. LG Köln, Urt. v. 15.7.2010 – 85 O 72/10 („DEL“) und OLG München, Beschl. v. 24.8.2010 – 35 Sch 21/10, NJOZ 2011, 413.

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IV. Fallgruppen und Planbedarf

d) Nicht übertragbare Lizenzen/Rechtspositionen Weiter ist der Insolvenzplan dann besonders geeignet, eine Rechtsträger- 48 Restrukturierung zu bewirken, wenn Lizenzen nicht mittels übertragender Sanierung übertragen werden können. So gibt es im öffentlich-rechtlichen Bereich immer wieder Fälle staatlicher Genehmigungen, Lizenzen oder sonstiger Erlaubnisse, die an den Rechtsträger gebunden sind. Hier „hilft“ nur der Insolvenzplan, nicht die Regelinsolvenz (vgl. z. B. Apotheke28)). 2. Konzernlagen Zudem sind wiederholt Fälle schon in der Anfangsphase der InsO bekannt 49 geworden, in denen mittels Insolvenzplan Konzernstrukturen29) erfolgreich saniert wurden (Stichwort: Herlitz). Es sind verschiedene Konstellationen zu unterscheiden. Sofern die zu sanierende Konzernstruktur nur unter der Krise der Mutterge- 50 sellschaft, z. B. einer Finanzierungsholding, leidet, ist eine solche Restrukturierung einfacher als im Rahmen zahlreicher operativer Konzern-Gesellschaften. Sind mehrere operative Gesellschaften mit unterschiedlichem Sitz, die rechtlich selbstständig, aber miteinander wirtschaftlich verbunden sind, zu restrukturieren, fehlt es zumindest bisher in der Regel an einem einheitlichen örtlichen „Konzerngerichtsstand“. Restrukturierer sind deshalb häufig darauf angewiesen, rechtzeitig mit mehr oder weniger phantasiereichen Konstruktionen zu erreichen, dass die zahlreichen operativen eigenständigen Gesellschaften eines Konzerns unter die einheitliche örtliche Zuständigkeit eines einzigen Insolvenzgerichts fallen (in Subsumtion des § 3 Abs. 1 InsO). Ein bekanntes Beispiel hierfür (das dann allerdings nicht in einem Insolvenzplanverfahren mündete) ist die Restrukturierung der PIN-Gruppe. Bei dieser Unternehmensgruppe handelte es sich um ca. 120 Postzustellgesellschaften, die der Deutschen Post AG Konkurrenz machen wollten, dann aber schließlich wegen Fehlkalkulationen in die Insolvenz fielen. Die Gesellschaften der PIN-Gruppe hatten ihren satzungsmäßigen Sitz bei den verschiedensten Amtsgerichten über ganz Deutschland verteilt. Aufgrund der einheitlichen Leitung der gesamten Gruppe bei einer Un- 51 ternehmensberatungsgesellschaft in Köln wurde im PIN-Fall erreicht, dass das Amtsgericht Köln nicht nur seine internationale Zuständigkeit nach Art. 3 Abs. 1 EuInsVO annahm, sondern auch seine örtliche Zuständigkeit ___________ 28) Zur Eigenverwaltung einer Apotheke OVG Berlin, Beschl. v. 18.6.2002 – 5 S 14.02, ZVI 2004, 620, 621. 29) Vgl. zum Reformstand „Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Bewältigung von Konzerninsolvenzen“ v. 28.8.2013, der anstrebt, typische Sanierungshemmnisse in Konzernlagen einer gesetzlichen Regelung zuzuführen; bekanntlich gab und gibt es zu diesem Entwurf eine intensive „Fortschreibungsdiskussion“, die bei Redaktionsschluss (Anfang Mai 2015) noch nicht abgeschlossen war.

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A. Grundlagen und Einführung

nach § 3 Abs. 1 InsO für zahlreiche Gesellschaften mit Sitz „außerhalb“ von Köln.30) 52 Bei der „Schaffung“ eines einheitlichen Konzerngerichtsstands nach § 3 Abs. 1 InsO (der bisher gesetzlich so – noch – nicht existiert), ist (derzeit noch) die Phantasie des Beraters gefragt. Eine frühzeitige Umsetzung vor Insolvenzantragstellung ist wichtig, um missbräuchliche Verlagerungen eines Verwaltungsmittelpunktes auszuschließen. Der Gesetzgeber plant insbesondere zur örtlichen Zuständigkeit bei Konzerninsolvenzen kurzfristig Abhilfe durch ein neues Konzerninsolvenzrecht.31) 53 Alternativ kommt bei Zuständigkeiten verschiedener Gerichte in Betracht, dass Sozietäten mit bundesweitem Verwalter-Netzwerk an unterschiedlichen Standorten verschiedene Verwalter „stellen“, die miteinander kooperieren. 3. Natürliche Person a) Schnellere Restschuldbefreiung 54 Dass natürliche Personen32) häufig mit Hilfe des Insolvenzplans versuchen, eine deutlich beschleunigte – ggf. auch ohne Plan versperrte – Restschuldbefreiung zu erreichen, wurde bereits erwähnt (siehe oben Rn. 21 ff. dort u. a. mit Hinweisen auf eine Vollständigkeitserklärung des Schuldners). b) Freiberufler, Art. 12 GG (Zulassungserhalt) 55 Insbesondere für Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Notare und ggf. sonstige Freiberufler, deren Tätigkeiten Bezug zur Verwaltung fremden Vermögens haben, ist der Insolvenzplan oft die einzige Chance, die Zulassung zu erhalten oder wieder erteilt zu bekommen. Hierzu hat das BVerfG in seiner Entscheidung vom 31.8.2005 (1 BvR 912/04, NJW 2005, 3057, 3058 [Notar]) Folgendes ausgeführt: „Angesichts der bereits geschilderten schweren Folgen, zu denen die bei Vermögensverfall ohne Ermessensspielraum auszusprechende Amtsenthebung führt, gebietet die Berufswahlfreiheit des Notars aus Art. 12 Abs. 1 GG eine sorgfältige Prüfung, ob aufgrund der Umstände des Einzelfalls die Vermutung des Vermögensverfalls als widerlegt angesehen werden kann … Ist die Erwartung gerechtfertigt, dass die finanziellen Verhältnisse des Notars in absehbarer Zeit wieder geordnet werden können, so liegen die Voraussetzungen einer Amtsent-

___________ 30) Vgl. AG Köln, Beschl. v. 19.2.2008 – 73 IE 1/08, ZIP 2008, 423 ff., dazu EWiR 2008, 531 (Paulus); Anmerkung: Die Luxemburger Holding der deutschen operativen Gesellschafterin war in der Krise – ohne Sitzverlegung – von Luxemburg zu einer Unternehmensberatungsgesellschaft nach Köln gezogen. 31) Vgl. zum letzten Stand bei Redaktionsschluss (Anfang Mai 2015) INDat-Report 03_2015, S. 6 unten rechts zum Stand der Berichterstattergespräche. 32) Zu Gewerbeuntersagungsverfahren wegen Straftaten während des Insolvenzverfahrens vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 11.8.2009 – 7 LA 232/07, NZI 2009, 782; zur Erzwingungshaft bei einer Geldbuße während der Insolvenz, vgl. LG Hannover, Beschl. v. 7.9.2009 – 48 Qs (Owi) 101/09.

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IV. Fallgruppen und Planbedarf hebung nicht vor und können durch eine gleichwohl verfügte Amtsenthebung auch nicht herbeigeführt werden.“

Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft ist gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO [und ähnlich lautender Vorschriften für Steuerberater, Notare und Wirtschaftsprüfer33)] zu widerrufen, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtssuchenden nicht gefährdet sind.34) Damit ist in der Regel mit berechtigter Insolvenzantragstellung, spätestens bei Anordnung vorläufiger Sicherungsmaßnahmen, der „Vermögensverfall“ eingetreten, sofern Berufe betroffen sind, die vermögensbezogen arbeiten. Sobald die Kammer hiervon erfährt, wird sie zu den genannten, frühen Zeitpunkten die Zulassung widerrufen. Soll versucht werden, das zu vermeiden, ist dringend zu empfehlen, mit Insolvenzantragstellung den Insolvenzplan vorzulegen. In jedem Fall ist eine ganz frühzeitige, oft auch telefonische Kontaktaufnahme, zur zuständigen Kammer und den dortigen, zuständigen Mitarbeitern dringend anzuraten (siehe auch unten den Praxistipp). Droht ein Zulassungswiderruf oder ist dieser bereits wegen Insolvenzantrag- 56 stellung erfolgt, stellt sich zunächst die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt – auch im Gerichtsverfahren gegen den Zulassungswiderruf – neue Tatsachen zugunsten des Freiberuflers berücksichtigt werden müssen. Oft ist der Fall so gekennzeichnet, dass der Insolvenzplan während des Rechtsstreits gegen den ergangenen Zulassungswiderruf vorgelegt wird. Aufgrund einer Verwaltungsrechtsform zum 1.9.2009 entfällt in der Regel das verwaltungsrechtliche Vorverfahren. Daraus hat der BGH – in Änderungen seiner früheren Rechtsprechung, nach der neue Tatsachen noch im Gerichtsverfahren zu berücksichtigen waren – in seiner Entscheidung vom 28.10.2011 (AnwZ (Brfg) 20/11, NZI 2012, 106) abgeleitet, dass nach dem Widerruf eingetretene Entwicklungen lediglich im Wiederzulassungsverfahren von Bedeutung sind, nicht in einem Anfechtungsrechtsstreit gegen den Zulassungswiderruf:35) „Dieses Vorbringen rechtfertigt schon deshalb nicht die Zulassung der Berufung, weil nach der Rechtsprechung des Senats für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach dem

___________ 33) Vgl. § 46 Abs. 1 Nr. 4 StBerG; § 20 Abs. 2 Nr. 5 WPO; § 50 Abs. 1 Nr. 6 BNotO. 34) BGH, Beschl. v. 4.6.2014 – AnwZ (Berfg) 9/14 (BWAnwGH, Urt. v. 15.1.2014 – AGH 15/13), NJOZ 2014, 1475; BFH, Urt. v. 18.3.2014 – VII R 14/13 (NV), BeckRS 2014, 95712; BGH, Beschl. v. 10.3.2014 – AnwZ (Brfg) 77/13, BeckRS 2014, 06891; BGH, Beschl. v. 10.2.2014 – AnwZ (Brfg) 81/13, BeckRS 2014, 05623; BGH, Beschl. v. 6.2.2014 – AnwZ (Brfg) 83/13, BeckRS 2014, 05924; BFH, Beschl. v. 18.12.2013 – VII B 40/13 (NV), DStRE 2014, 826; BGH, Beschl. v. 4.11.2013 – AnwZ (Brfg) 49/13, ZVI 2014, 144; BGH, Beschl. v. 7.10.2013 – AnwZ (Brfg) 33/13, BeckRS 2013, 19167; BGH, Beschl. v. 3.9.2013 – AnwZ (B) 23/09, BeckRS 2013, 17797, VIA 2013, 91; BGH, Beschl. v. 27.5.2013 – AnwZ (Brfg) 14/13, BeckRS 2013, 11090; BGH, Beschl. v. 24.5.2013 – AnwZ (Brfg) 15/13, BeckRS 2013, 10824; BGH, Beschl. v. 25.4.2013 – AnwZ (Brfg) 7/13, BeckRS 2013, 09175; FG Hannover, Urt. v. 27.6.2013 – 6 K 47/13, ZVI 2014, 154; M. Föhlisch, ZVI 2014, 161; F. Beck, ZVI 2013, 81. 35) Vgl. auch BGH, Beschl. v. 29.6.2011 – AnwZ (Brfg) 11/10, NJW 2011, 3234 und BGH, Beschl. v. 19.11.2012 – AnwZ (Brfg) 41/12.

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A. Grundlagen und Einführung ab dem 1.9.2009 geltenden Verfahrensrecht allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahren abzustellen ist; danach eingetretene Entwicklungen bleiben der Beurteilung in einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten (BGH NJW 2011, 3234 Rn. 9 ff.). Davon abgesehen könnte auch bei dem vom Kl. vorgetragenen Sachverhalt eine Konsolidierung seiner Vermögensverhältnisse nicht angenommen werden. Im Falle eines Insolvenzverfahrens sind die Vermögensverhältnisse erst dann wieder geordnet, wenn dem Schuldner … Restschuldbefreiung angekündigt wurde (§ 291 InsO) oder ein vom Insolvenzgericht bestätigter Insolvenzplan (§ 248 InsO) … vorliegt, bei dessen Erfüllung der Schuldner von seinen übrigen Forderungen gegenüber den Gläubigern befreit wird (BGH, Beschl. v. 31.5.2010 – AnwZ (B) 27/09 = BeckRS 2010, 15795, Rn. 12 m. w. N.).“

57 Allerdings sei aus der Praxis berichtet, dass eine schnelle und transparente Kontaktaufnahme zur zuständigen Kammer dann, wenn ein Zulassungswiderruf noch nicht erfolgt ist, dem Freiberufler oft helfen kann. Praxistipp (konstruktive, rechtzeitige Kontaktaufnahme zu einer Rechtsanwaltskammer): Ein Rechtsanwalt hatte aus einer früheren GbR-Verbindung Steuernachforderungen zu erfüllen, wozu er nicht in der Lage war. Es blieb deshalb nur die Stellung eines Eigenantrags. Aufgrund ausgebliebener insolvenzrechtlicher Vorberatung stellte dieser Rechtsanwalt den Eigenantrag ohne Vorlage eines Insolvenzplanentwurfs. Der Insolvenzverwalter nahm wenige Stunden nach Eingang des Insolvenzantrags Kontakt zur zuständigen Rechtsanwaltskammer auf. Wenige Tage später wurde der Rechtsanwaltskammer ein Plan-Grobkonzept vorgestellt. Nach den Darlegungen des Insolvenzverwalters war klar, dass durch ein „Abschneiden“ der alten GbR-Verbindlichkeiten der Anwalt seine Sozietät mit Profit würde fortführen können. Dieses Konzept eines – neutralen – Insolvenzverwalters war dann der Rechtsanwaltskammer ausreichend, davon abzusehen, die Zulassung zu widerrufen. Wenige Wochen später wurde der vollständig ausgearbeitete Insolvenzplan vorgelegt und (gegen die Stimmen des Finanzamts) angenommen und vom Insolvenzgericht bestätigt, mit kurzfristiger anschließender Aufhebung des Insolvenzverfahrens. So konnte durch eine frühe Kontaktaufnahme zur Rechtsanwaltskammer, obwohl der Insolvenzplan zunächst noch fehlte, bereits der Zulassungswiderruf verhindert werden.

58 Zum Zulassungswiderruf ergeht seit Jahren „reichhaltige“ Rechtsprechung. Diese Rechtsprechung betrifft aber (leider) in der Regel Fälle, in denen nicht sehr zeitnah mit zumindest einem Insolvenzplangrobkonzept auf die zuständige Kammer zugegangen wurde.36) ___________ 36) BFH, Beschl. v. 17.12.2009 – VII B 71/09, BeckRS 2009, 25015954 („Zumindest bis zur Annahme und Bestätigung eines Insolvenzplans (§§ 235 ff. InsO) ist es ungewiss, ob das Ziel der Bereinigung der Vermögensverhältnisse erreicht werden kann.“); BFH, Beschl. v. 30.4.2009 – VII R 32/08, BeckRS 2009, 25015209; BGH, Beschl. v. 25.10.2010 – AnwZ (B) 81/07, BeckRS 2010, 06202; BGH, Beschl. v. 22.3.2010 – AnwZ (B) 28/09, BeckRS 2010, 08907; BGH, Beschl. v. 22.3.2010 – AnwZ (B) 100/08, BeckRS 2010, 10702 sowie BGH, Beschl. v. 31.5.2010 – AnwZ (B) 27/09, ZInsO 2010, 1380 ff.; BGH, Beschl. v. 15.3.2012 – AnwZ (Brfg) 4/12, BeckRS 2012, 08738; BGH, Beschl. v. 4.4.2012 – AnwZ (Brfg) 62/11, BeckRS 2012, 10263; BGH, Beschl. v. 19.11.2012 – AnwZ (Brfg) 41/12; vgl. auch Paul, ZInsO 2012, 613, 618.

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IV. Fallgruppen und Planbedarf

c) Versorgungswerke und Insolvenzplan Fortlaufende Beiträge zu Versorgungswerken – für die Zeit nach Insolvenz- 59 eröffnung – kann der Insolvenzplan grundsätzlich37) nicht regeln. Da es sich bei Beitragsschulden gegenüber berufsständischen Versorgungswerken für die Zeit nach Eröffnung um Masseverbindlichkeiten handelt, dürfte nach der ESUG-Reform, sofern hierdurch ein Fall der Masseunzulänglichkeit eintritt, dennoch erwogen werden können, ob nunmehr eine Plankompetenz nach § 210a InsO gegeben ist. 4. Verbraucher Vor der Reform der Verbraucherinsolvenz und der Restschuldbefreiung, vor 60 dem 1.7.2014, war das Insolvenzplanverfahren für Verbraucher nicht eröffnet. Dies hatte im Einzelfall dazu geführt, dass „Verbraucher“ versuchten, sich durch Aufnahme einer mehr oder weniger vorgeschobenen selbstständigen Nebentätigkeit unter das Planverfahren zu mogeln (zu hieraus entstehenden Abgrenzungsfragen siehe die 1. Auflage, Rn. 60, 61). Seit dem 1.7.2014 wurde durch Aufhebung des bisherigen § 312 Abs. 2 InsO das Insolvenzplanverfahren für alle natürlichen Personen zugänglich.38) Für den Insolvenzplan ist die Unterscheidung „IN/IK“ somit nicht mehr von Relevanz. Die Eigenverwaltung ist aber demgegenüber nach § 270 Abs. 1 Satz 3 InsO nach wie vor im Verbraucherinsolvenzverfahren nicht anwendbar. Die Öffnung des Insolvenzplanverfahrens für Verbraucher gilt nach Art. 103h Satz 2 EGInsO auch für alle vor dem Stichtag bereits eingeleiteten Verbraucherverfahren. Praxistipp (Nachzügler beim Verbraucher):39) Manchmal ist es bei Verbrauchern oder sonstigen Kleinverfahren so, dass die Gläubiger zunächst kein Interesse haben, sich am Planverfahren zu beteiligen. Dies kann dann – auf den ersten Blick – zu vergleichsweise hohen Quotenzahlungen führen. Kommt es dann zur Rechtskraft eines Insolvenzplans und einem Quotenangebot, taucht oft die sog. „Nachzügler-Problematik“ auf (siehe unten Rn. 337 ff.). Der Nachzügler hat grundsätzlich einen Quotenanspruch. Wenn deshalb der Verdacht auf „müde“ oder unbekannte Gläubiger besteht, sollte mit allem Nachdruck versucht werden, diese Gläubiger zu ermitteln, um sie im Insolvenzplan zu berücksichtigen. Sonst kann es nach Planrechtskraft zu unangenehmen Überraschungen kommen (zur strittigen Problematik der Ausschlussfristen siehe unten Rn. 337 ff.).

___________ 37) Vgl. OVG Münster, Beschl. v. 30.6.2009 – 5 A 3363/07, BeckRS 2009, 35810; aufgrund des § 210a InsO-ESUG könnten evtl. Planregelungen bei Masseunzulänglichkeit in Betracht kommen. 38) Neußner, in: Kübler, HRI, 2. A., § 6 Rn. 19; Hess/Groß/Reill-Ruppe/Roth, Insolvenzplan, 4. A., Rn. 301. 39) Frind, BB 2014, 2179 ff.; zu Formularen vgl. H.-U. Heyer, ZVI 2014, 256; weiter vgl. auch Formulare für die Verbraucherinsolvenz, Fassung 7/2014, ZVI 2014, 282 ff.; Laroche/Harder, VIA 2014, 81 ff.; Lissner, ZInsO 2014, 2480 ff.; Rein, ZVI 2014, 239 ff.

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A. Grundlagen und Einführung

61 Nach § 5 Abs. 2 InsO kann das Insolvenzgericht das Insolvenzplanverfahren auch im schriftlichen Verfahren durchführen. Die Beteiligten sollten bei Verbraucher- und Kleinverfahren um eine „Verschlankung“ des Insolvenzplans bemüht sein. Ob das Insolvenzplanverfahren für Verbraucher- und Kleinstverfahren erhebliche Relevanz erlangen wird, bleibt abzuwarten. Je nach Einzelfall mag es zwar gelingen, zunächst einen „schlanken“ Plan zu entwerfen. Nicht selten, insbesondere bei einer größeren Anzahl von Gläubigern und/oder „hartnäckigen“ Gläubigern, kommt es dann aber nach Vorlage eines solchen „Oma-Plans“ (die „Oma“ oder ein sonstiger wohl gesonnener Dritter hat einen Planzuschuss zur Verfügung gestellt) zu Diskussionen, die das Insolvenzplanverfahren für Verbraucher oder sonstige „Kleinverfahren“ als zu aufwendig und deshalb nicht gangbar erscheinen lassen.

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B. Planvorbereitung I. Außergerichtlich: Insolvenzplan als „Plan B“ In der Regel werden Schuldner und/oder Gläubiger zunächst eine außerge- 62 richtliche Reststrukturierung anstreben. Dieses Bestreben ist grundsätzlich schon deshalb sinnvoll, weil durch die Insolvenz erhebliche Verfahrenskosten ausgelöst werden. Weiter kann das bekannte Stigma der Insolvenz zu einem erheblichen Vertrauensverlust bei Kunden, Lieferanten und sonstigen Beteiligten führen. Gleichwohl scheitert eine gut gemeinte außerinsolvenzliche Restrukturierung manchmal auch aus wenig vorhersehbaren Gründen.40) Sowohl die außergerichtliche Restrukturierung als auch die Restrukturierung 63 in der Insolvenz mittels Insolvenzplan haben in der Regel als identischen Kernbestandteil ein Sanierungskonzept. Sofern bei einer außergerichtlichen Restrukturierung eine „Überführung“ des außergerichtlichen Verfahrens in eine insolvenzrechtliche Restrukturierung nicht ausgeschlossen werden kann, sollte deshalb auch ein für die Insolvenzplanvorlage geeignetes Sanierungsgrobkonzept zu einem möglichst frühen Zeitpunkt ausgearbeitet und vorgelegt werden. Der Gesetzgeber der ESUG-Reform wollte sicherstellen, dass außergerichtliche Restrukturierungsbemühungen im Notfall nahtlos in eine gerichtliche Restrukturierung überführt werden können. Insbesondere ist zu diesem Zweck das Verfahren der vorläufigen Eigenverwaltung gem. §§ 270a/b InsO eingeführt worden. Im Rahmen der außergerichtlichen Restrukturierung sollte deshalb früh- 64 zeitig ein Sanierungsgrobkonzept zu Papier gebracht werden, welches im Rahmen eines etwaigen Verfahrens zur vorläufigen Eigenverwaltung nach §§ 270a/b InsO geeignet ist, den Gläubigerin zu belegen, dass eine Sanierung mittels Insolvenzplan im Rahmen der Eigenverwaltung möglich erscheint. Insbesondere ist vor Einleitung eines Verfahrens nach §§ 270a/b InsO in praktischer Hinsicht die Auflistung aller Krisenursachen und aller in Betracht kommenden Sanierungsmaßnahmen zu empfehlen. Auch sollten bereits erste Sanierungsmaßnahmen umgesetzt worden sein oder zumindest Aussagen zur Umsetzung möglich sein, bevor ein gerichtlicher Antrag gestellt wird. Dazu, dass sich die (vorläufige) Eigenverwaltung im Einzelfall – im Vergleich zur Regelabwicklung – auch als Sanierungshemmnis erweisen kann, wird auf obige Ausführungen verwiesen (vgl. oben Rn. 43). Insgesamt ist deshalb bei einer außergerichtlichen Restrukturierung zu 65 empfehlen, frühzeitig und parallel auch an den Grobstrukturen eines In___________ 40) So sei z. B. der Fall Pfleiderer erwähnt, in dem insbesondere rechtliche Auslegungsfragen zum Schuldverschreibungsgesetz wohl ein wesentlicher Mitauslöser der Insolvenz und der dann erfolgten insolvenzrechtlichen Restrukturierung waren; vgl. AG Düsseldorf, 501 IN 84/12; zu Fehlschlagsfaktoren einer außergerichtlichen Restrukturierung (häufig auch wegen nicht ausreichend kalkulierbarer Personalabbaukosten), vgl. Rendels, in: Kübler, HRI, 2. A., § 23 I ab S. 653 ff. (Rn. 1 ff.).

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B. Planvorbereitung

solvenzplans zu arbeiten, wobei das Sanierungsgrobkonzept eine wesentliche „Baustelle“ dieser Vorarbeiten ist.41) II. Vollständige Analyse der Sicherheiten („Sicherheitenspiegel“) 66 Bevor Kosten und intensiver Arbeitsaufwand in die detaillierte Abfassung eines Insolvenzplans investiert werden, sind neben dem vorerwähnten Sanierungsgrobkonzept weitere Vorüberlegungen anzustellen. Dazu gehört zwingend, dass die Sicherheitenstruktur frühzeitig genau geprüft werden muss. Wie oben (Rn. 35 ff.) ausgeführt, hängen die Höhe der Insolvenzplanquote und der Zahlungszeitpunkt für die Insolvenzquote in der Regel entscheidend von der Höhe und der notwendigen Geschwindigkeit der Befriedigung der Sicherungsrechte ab. Die Planstruktur kann deshalb meistens nicht ausreichend präzise entwickelt werden, solange nicht sämtliche Sicherungsrechte absolut sicher analysiert sind. 67 Da die Unterlagen des Schuldners und das Wissen der Mitarbeiter des Schuldners häufig nicht vollständig sind, ist deshalb als erster Schritt zu empfehlen, die Sicherungsverträge nicht nur im Schuldnerunternehmen vollständig zusammenstellen zu lassen. Vielmehr ist es häufig erforderlich, ggf. auch die Sicherungsgläubiger um Zusendung aller bekannten Sicherungsverträge zu bitten. Praxistipp (Ruhe und Vertraulichkeit bei der Planvorbereitung): Sowohl die Mitarbeiter des Schuldners als auch die Gläubiger sehen die Recherche im Bereich der Kredit- und Sicherungsverträge gerade im Vorfeld einer möglichen Insolvenzantragstellung oft als Sanierungshemmnis an. So hört man oft den Einwand, dass das „Herumbohren“ des Beraters eine ungewollte Publizität der (derzeit noch?) außergerichtlichen Restrukturierung bewirke. Hier muss der Berater dann häufig mit Ausreden arbeiten, mit denen die Kredit- und Sicherungsverträge im Unternehmen und/oder bei Gläubigern angefordert werden. Dazu können gehören, dass an einem Zwischenabschluss oder am Jahresabschluss gearbeitet wird oder sich ein möglicher Investor für diese Informationen interessiert.

68 Zu der notwendigen genauen und vollständigen Analyse der Sicherheitenstruktur gehört selbstverständlich auch, dass die Sicherungszweckabreden lückenlos erfasst werden. Der oder die Planverfasser müssen genau wissen, ob z. B. ein bestimmtes Darlehen aufgrund einer engen oder weiten Sicherungszweckabrede gesichert ist oder nicht. Immer wieder ergibt die genaue Analyse der Sicherheitenstruktur auch für die gesicherten Gläubiger eine Überraschung, manchmal dahingehend, dass aufgrund einer engen Sicherungszweckabrede ein gesichert geglaubter Darlehensanspruch in Wahrheit ungesichert ist. ___________ 41) Vgl. zu den Inhalten eines Sanierungsgrobkonzepts die Vorschläge im IDW S 9 oder des BDU aus August 2013.

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II. Vollständige Analyse der Sicherheiten („Sicherheitenspiegel“)

Zur Erstellung der Sicherheitenanalyse kann z. B. ein Mitarbeiter oder Kollege 69 beauftragt werden, der speziell und manchmal sehr zeitaufwendig diese Analyse erstellt. Die Aufgabe besteht darin, einen Sicherheitenspiegel in Form einer Excel-Tabelle aufzustellen. Dieser Sicherheitenspiegel besteht zumindest aus dem Namen des Gläubigers, der konkreten Auflistung der Darlehensnummer, der Spalte „Sicherungszweckerklärung“ (eng oder weit usw.), einer weiteren Spalte „Art der Sicherheit“, „Wert der Sicherheit“ (nach Begutachtung) und der Auflistung des ggf. teilweise oder ganz ungesicherten Teils einer Forderung. Insbesondere enthält der Sicherheitenspiegel auf der Grundlage der vorhandenen Wertgutachten in der Regel auch eine Prognose zum voraussichtlichen Ausfall bei der abgesonderten Befriedigung i. S. d. § 256 Abs. 1 Satz 1 InsO. Praxistipp (Ergebnisse zur Sicherheitenanalyse überprüfen lassen): Ein auf dieser Basis erstellter Entwurf eines Sicherheitenspiegels sollte dann den gesicherten oder nur vermeintlich gesicherten Gläubigern mit der Bitte um Gegenprüfung und Diskussion zur Verfügung gestellt werden. Wenn so zu einem möglichst frühen Zeitpunkt, weit vor Einreichung des Insolvenzplans, zumindest weitgehend Konsens mit den (gesicherten) Gläubigern dazu besteht, welche Forderung gesichert oder ungesichert ist und welchen Wert eine Sicherheit hat, ist die Basis für eine solide Quotenberechnung geschaffen. Strittige Bereiche werden so anhand der Diskussion mit einem exakten Sicherheitenspiegel frühzeitig klar.

Je nach Einzelfall (in der Regel sogar häufig) bereitet die präzise Erarbeitung 70 eines solchen Sicherheitenspiegels erheblichen Aufwand. Wird dieser Aufwand aber nicht – zu einem frühen Zeitpunkt – geleistet, bevor an der Insolvenzplanstruktur weitergearbeitet wird, riskiert der Planverfasser insbesondere durch unrealistische Quotenberechnungen, das „Thema“ zu verfehlen. Achtung: Aussonderungsrechte beachten! Weiter gehört zur Sicherheitenstruktur die zutreffende und vollständige Ana- 71 lyse, welche Aussonderungsrechte gegeben sind. In Aussonderungsrechte kann der Planverfasser nicht eingreifen (vgl. § 223 InsO). An Aussonderungsrechten kann die gesamte Plankonzeption scheitern. Wenn solche Risiken frühzeitig erkennbar sind, macht die weitere Verdichtung eines Plans – vor einer Einigung mit dem Aussonderungsberechtigten – oft keinen Sinn. Beispiel (geleaste Produktionslinie kein tauglicher Plangegenstand): Der Schuldnerbetrieb, die G-Getränke-GmbH, hat eine Produktionsstraße geleast. Ohne die Belassung der Produktionsstraße im Betrieb kann die Produktion nicht fortgeführt werden. Da eine Leasinggesellschaft in der Regel aussonderungsberechtigt ist, droht ohne Einigung mit der Leasinggesellschaft der Entzug der Betriebsgrundlage. In einem solchen Fall, abhängig von den weiteren Einzelfallumständen, wird es oft ratsam sein, zuerst eine Einigung mit der Leasinggesellschaft herbeizuführen, bevor an der weiteren Planstruktur gearbeitet werden kann, zumal diese Einigung möglicherweise auch Plan-Liquidität kostet. Al-

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B. Planvorbereitung

ternativ kommt in Betracht, die Einigung mit der Leasinggesellschaft als Planbedingung gem. § 249 InsO zu definieren. Dann hat allerdings – bei Verhandlungen nach Planannahme mit der Leasinggesellschaft – der Verhandlungspartner oft den Planarchitekten „in der Hand“. III. Plangrobkonzept und Liquiditätsplanung 1. Plangrobkonzept 72 Sind unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen das Sanierungsgrobkonzept (vorstehend Rn. 62 ff.) und die Sicherheitenstruktur (vorstehend Rn. 66 ff.) zumindest weitgehend konkretisiert worden, kann an der weiteren Planstruktur gearbeitet werden. Praxistipp (erster Grobentwurf des gestaltenden Teils als Diskussionsgrundlage): Für eine erste Planstruktur ist zunächst die Gruppeneinteilung zu überlegen. Auf Basis dieser Gruppeneinteilung kann versucht werden, insbesondere den gestaltenden Teil als ersten internen Entwurf auf einigen Seiten schriftlich festzuhalten. Mit dem Entwurf eines solchen gestaltenden Teils kann man die Diskussion mit den Mitgliedern der potenziellen Gläubigergruppen oft fruchtbar vorantreiben.

73 Mit Hilfe des Plangrobkonzepts (insbesondere bestehend aus der Gruppenbildung und ersten Strukturen des gestaltenden Teils), des Sanierungsgrobkonzepts und der Liquiditätsplanung, lässt sich effektiver als mit nur geringer Vorbereitung ein Verfahren nach §§ 270a/b InsO einleiten. Auch besteht – nur – auf der geschilderten Basis eine ausreichende Möglichkeit, die – potenziellen – Mitglieder eines vorläufigen Gläubigerausschusses und das Insolvenzgericht zu informieren und damit zu überzeugen. 2. Liquiditätsplanung unter Einstellung der Insolvenzbedingungen 74 Weiter gehört – in der Regel – in die Phase vor Insolvenzantragstellung die Erstellung einer konservativen Liquiditätsplanung, zumindest für die nächsten drei bis sechs Monate. Diese Liquiditätsplanung muss dann auch die Effekte einstellen, die mit der Publizität einer Insolvenzantragstellung selbst im Verfahren §§ 270a/b InsO verbunden sein werden. So werden zahlreiche Lieferanten auf Vorkasse bestehen. Weitere Nachteile, die mit der Insolvenzantragstellung verbunden sind, müssen ebenfalls vorab berücksichtigt werden. Ausreichender Massekredit unter Berücksichtigung negativer Insolvenzeffekte? 75 Ergibt die zu einem möglichst frühen Zeitpunkt aufgestellte Liquiditätsplanung – möglichst im Rahmen einer integrierten Unternehmensplanung –, dass mit Insolvenzantragstellung die notwendige Liquidität, z. B. zum Ankauf von Waren, fehlen könnte, ist vor Insolvenzantragstellung über die Voraussetzungen eines Massekredits nachzudenken.

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IV. Frühe Gläubigerkontakte/frühe Abstimmung mit Arbeitnehmern

Als Massekreditgeber kommen entweder beteiligte Gläubiger, Alt-Gesell- 76 schafter, ein schon gefundener Investor oder auch z. B. eine FactoringGesellschaft in Betracht. Alle potenziellen Massekreditgeber werden eine solide Datengrundlage verlangen, bevor es zu einer Kreditzusage und zu einer Auszahlung des Kredits kommt. Spätestens an diesem Punkt wird deshalb deutlich, dass sämtliche im Kapitel B geschilderten Vorarbeiten notwendig sind, um das vorinsolvenzliche Verfahren zu einer erfolgreichen Restrukturierung im Rahmen der Insolvenz überführen zu können. Praxistipp (Factoring oft besser als Vorrangkredit gem. §§ 264 ff. InsO): Am Markt sind einige Factoring-Gesellschaften tätig, die bei frühzeitiger und ordnungsgemäßer Einbindung, auf Basis der vorstehend geschilderten Datenlage, durchaus bereit sind, grundsätzlich Forderungen ab der Phase des Insolvenzantrags im Rahmen eines Factorings zur Planunterstützung aufzukaufen.

IV. Frühe Gläubigerkontakte/frühe Abstimmung mit Arbeitnehmern Sind die vorstehenden Punkte (Rn. 62 – 76) zumindest weitgehend abgearbei- 77 tet, insbesondere eine ordnungsgemäße (integrierte) Unternehmensplanung vorhanden, kann auf dieser Basis mit weiteren Gläubigern, insbesondere auch mit den Arbeitnehmern, der Diskussionsprozess zum Sanierungskonzept vorangetrieben werden. Mit Hilfe eines vorhandenen Planungs-Tools und der integrierten Unternehmensplanung können die Effekte der angedachten Sanierungsmaßnahmen dargestellt werden. Praxistipp (Simulation verschiedener, in Betracht kommender Sanierungsmaßnahmen): Im Rahmen einer Präsentation, z. B. vor dem Betriebsrat oder vor Hauptgläubigern, sollte mit Hilfe des Planungsrechungs-Tools die Wirkungsweise alternativer Sanierungsmaßnahmen simuliert werden. So können mit der integrierten Planung die Einspareffekte bei bestimmten Kostensenkungen (z. B. im Bereich Miete, Leasing oder Arbeitnehmer) offen „an die Wand geworfen“ werden, so dass der Sanierungsprozess für alle Beteiligten transparenter wird. Dies fördert in der Regel auch eher die Akzeptanz „harter Einschnitte“.

V. Beitrag der Alt-Gesellschafter? Weiter müssen sich die Planverfasser und die weiteren Beteiligten zu einem 78 möglichst frühen Zeitpunkt darüber Klarheit verschaffen, wie die zukünftige Gesellschafterstruktur der sanierten Ziel-Gesellschaft aussehen kann oder soll. Da in der Regel Insolvenzpläne nur aus Unternehmenserträgen schwer umsetzbar sind (siehe oben Rn. 25 f.), wird fast immer ein erheblicher „Zuschuss von außen“ zur Befriedigung der gesicherten und ungesicherten Gläubiger im Rahmen eines Insolvenzplans unabdingbar sein. Gesellschafter, die sich dieser Erkenntnis verschließen, riskieren, dass der In- 79 solvenzplan zu irgendeinem Zeitpunkt dann so abgefasst werden muss, dass

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B. Planvorbereitung

in die Anteils- und Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter eingegriffen wird (vgl. zum sog. Debt-Equity-Swap § 225a Abs. 2 InsO und zur Übertragung von Gesellschaftsanteilen § 225a Abs. 3 InsO; dazu unten Rn. 233 ff., Rn. 247 ff.). Wird der Insolvenzplan aus dem Lager des Schuldners und/ oder der (Alt-)Gesellschafter initiiert, sollte deshalb auch frühzeitig Klarheit zur Höhe und Notwendigkeit eines Gesellschafterbeitrags zur Unternehmensrestrukturierung bestehen. Praxistipp (Gesellschafter-Zuschuss): Wird der Insolvenzplan primär im Interesse des Schuldners und/oder der Gesellschafter eingereicht, kann sich empfehlen, diesen Gesellschafterbeitrag zunächst – im Rahmen des noch laufenden Diskussionsprozesses – nicht zu hoch anzusetzen. Im Zweifel werden alle Sanierungsbeteiligten versuchen, den Gesellschafterbeitrag hochzuhandeln, so dass fast jedes erste Angebot der AltGesellschafter für einen Drittzuschuss aus Sicht der anderen Beteiligten zu niedrig sein wird. Wer zu hoch „einsteigt“, riskiert, dass im Rahmen der Nachverhandlungen der notwendige Gesellschafterbeitrag die Finanzkraft der Gesellschafter überfordert.

VI. Gerichtskontakt vor Insolvenzantragstellung? 80 Ist nach vorstehenden Überlegungen (vorstehend Rn. 62 – 79) eine ordnungsgemäße (integrierte) Unternehmensplanung (mit Aufführung der Beratungskosten und sonstigen Verfahrenskosten) aufgestellt worden und liegen ein Sanierungsgrobkonzept sowie ein Insolvenzplanentwurf zumindest in erster Struktur vor, so ist auch die Basis geschaffen, mit dem Gericht Kontakt aufzunehmen. Die Kontaktaufnahme wird in der Regel vor Insolvenzantragstellung erfolgen. 81 Dabei werden in einer Vielzahl von Fällen die Restrukturierungs-Berater im Rahmen der Insolvenzantragstellung auch direkt Anregungen für die Besetzung eines vorläufigen Gläubigerausschusses geben. Sofern wegen erreichter Schwellenwerte ein zwingender Gläubigerausschuss nach § 22a Abs. 1 InsO gegeben ist, kommt der Berater um solche Vorschläge sinnvollerweise nicht umhin. Aber auch dann, wenn nur ein freiwilliger Gläubigerausschuss nach § 22a Abs. 2 InsO in Betracht kommt, kann sich im Einzelfall empfehlen, dass der Berater mit Insolvenzantragstellung eine fertige Gläubigerausschussbesetzung, unter Einschluss der Einverständniserklärungen der (potenziellen) Gläubigerausschussmitglieder, präsentiert. 82 Soweit ersichtlich, führt die Reform durch das ESUG zumindest dazu, dass sich bei zahlreichen Gerichten die Kommunikationskultur verbessert hat. Da ein „Gerangel“ um den Insolvenzantrag und die Besetzung des vorläufigen Gläubigerausschusses aus Sicht des Gerichts zu erheblichen Problemen führen kann, sind Gerichte – bei entsprechender Darstellung durch den Berater – in der Regel offen, kurz vor oder mit Insolvenzantragstellung die weiteren Abläufe zu besprechen. Dies gilt zumindest für Unternehmen ab einer gewissen Größenordnung.

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VII. Honorarfragen

Zur Kommunikation gehört insbesondere im Verfahren nach § 270b InsO 83 (sog. Schutzschirmverfahren) bei – oder besser vor – Insolvenzantragstellung mit dem Gericht zu diskutieren, ob der „mitgebrachte“ vorläufige Sachwalter vom Insolvenzgericht auch als geeignet akzeptiert wird. Wenn der mitgebrachte vorläufige Sachwalter nicht beim örtlich zuständigen Insolvenzgericht gelistet ist, wird im Zweifel vor Insolvenzantragstellung einer der verbreiteten Fragebögen vom mitgebrachten vorläufigen Sachwalter auszufüllen und beim Insolvenzgericht einzureichen sein.42) Sofern es sich um eine Unternehmensrestrukturierung von einigem Ge- 84 wicht handelt, sollte nichts dem Zufall überlassen werden. Das bloße „Einwerfen“ eines Insolvenzantrags ohne vorherige Abstimmung mit dem Insolvenzgericht sollte möglichst unterbleiben. VII. Honorarfragen 1. Insolvenzanfechtung a) Vorsatzanfechtung In der Krise – also insbesondere vorinsolvenzlich an Sanierungsberater – ge- 85 zahlte Honorare unterliegen grundsätzlich erhöhten Insolvenzanfechtungsrisiken. Da das „schwerste Geschütz“ eines möglichen Insolvenzverwalters die Vorsatzanfechtung nach § 133 InsO ist, sollte die Risikoprüfung (auch aus ex-ante-Sicht) mit § 133 InsO anfangen. Die Vorschriften zur Insolvenzanfechtung gem. §§ 129 ff. InsO gelten auch für die Phasen zwischen der Insolvenzantragstellung und der Insolvenzeröffnung im Rahmen der vorläufigen Eigenverwaltung.43) Allgemein gilt zu § 133 InsO, dass der BGH insbesondere zunächst in Ent- 86 scheidungen aus den Jahren 2006 und 2007 die Hürden für die Annahme eines Benachteiligungsvorsatzes und die Kenntnis des anderen Teils sehr stark gesenkt hatte.44) In der bezeichneten Entscheidung hat der BGH für den Benachteiligungsvorsatz eine Vermutung dahingehend formuliert, dass bei Kenntnis des Anfechtungsgegners von der drohenden Zahlungsunfähigkeit schon nach dem Wortlaut des § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Benachteiligungsvorsatz vermutet werde. Dies, so der BGH, müsse dann erst recht für den Benachteiligungsvorsatz selbst gelten. ___________ 42) Zu den verbreiteten Fragebögen in Bezug auf mitgebrachte, vorläufige Sachwalter, die beim örtlich zuständigen Insolvenzgericht nicht gelistet sind, vgl. Frind/Graeber/ Schmerbach/Siemon/Stephan, ZInsO 2012, 368 ff. 43) LG Köln, Urt. v. 4.7.2014 – 16 O 575/13, ZIP 2014, 1849 = BeckRS 2014, 14848; zur Eingrenzung des Insolvenzanfechtungsrisikos durch eine konkrete Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten siehe unten Rn. 99 ff. 44) Vgl. BGH, Urt. v. 13.4.2006 – IX ZR 158/05, ZIP 2006, 1261 (Tz. 14), dazu EWiR 2007, 117 (Pape).

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B. Planvorbereitung

In der bezeichneten Entscheidung führt der BGH unter Tz. 14 zur Vermutung des Benachteiligungsvorsatzes aus: „Ein Schuldner, der seine Zahlungsunfähigkeit kennt, handelt in aller Regel mit Benachteiligungsvorsatz … Dessen Vorliegen ist jedoch schon dann zu vermuten, wenn der Schuldner seine drohende Zahlungsunfähigkeit kennt. Dies ergibt sich mittelbar aus § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO. Da für den anderen Teil die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners vermutet wird, wenn er wusste, dass dessen Zahlungsunfähigkeit drohte, können für den Schuldner selbst keine strengeren Anforderungen gelten …“

87 Von dieser Entscheidung ist der BGH zwar nie ausdrücklich abgerückt. Die Substantiierungslast zu Lasten des anfechtenden Insolvenzverwalters wurde aber in der Nachfolgezeit erhöht.45) Die Kenntnis des Schuldners von der drohenden Zahlungsunfähigkeit löst nach der neueren Rechtsprechung des BGH keine Vermutung für den Benachteiligungsvorsatz aus. Diese Kenntnis ist aber immer noch ein starkes Beweisanzeichen für den Benachteiligungsvorsatz.46) 88 In der Entscheidung vom 10.1.2013 (IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174 ff. – „Göttinger Gruppe“) führt der BGH (S. 176) zum Benachteiligungsvorsatz einer Schuldnerin, die die Zahlungsunfähigkeit kennt, aus: „[17] … Danach handelte die Schuldnerin nur dann ohne Benachteiligungsvorsatz, wenn sie aufgrund besonderer Umstände davon ausgehen durfte, durch Verringerung der fälligen Forderungen und durch Erhöhung der Liquidität die fälligen Verbindlichkeiten insgesamt erfüllen zu können. Auch ernsthafte Sanierungsbemühungen können gegen den Benachteiligungsvorsatz sprechen. Es muss dann allerdings zu der Zeit der angefochtenen Handlung ein schlüssiges, von den tatsächlichen Gegebenheiten ausgehendes Sanierungskonzept vorliegen, das mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist und beim Schuldner die ernsthafte und begründete Aussicht auf Erfolg rechtfertigt … [18] … Der Beklagte hat auch nie behauptet, dass die Schuldnerin aufgrund eines schlüssigen Sanierungskonzepts … den Gesamtvergleich geschlossen … hat. Die bloße Hoffnung der Schuldnerin, die Krise überwinden zu können, genügt nicht, den Benachteiligungsvorsatz zu widerlegen …“

89 Zu § 133 InsO ist bekanntlich eine rechtspolitische Diskussion im Gange, die auf eine Eingrenzung der Vorsatzanfechtung zielt. Schon allein diese Diskussion scheint eine „Vorwirkung“ in dem Sinne zu haben, dass verschiedene Gerichtsurteile ab etwa dem Jahr 2013, auch der BGH, eine einschränkendere Auslegung des § 133 InsO vertreten. So hat der BGH – zumindest bei kongruenten Leistungen – im Anschluss an Äußerungen des Senatsvorsitzenden Kayser tendenziell stärker betont, dass bei einer bargeschäftsähnlichen Lage ___________ 45) Vgl. die Übersicht von Ganter, WM 2009, 1441 ff. (der damalige Vorsitzende des IX. Zivilsenats macht in dem zitierten Aufsatz deutlich, dass die Substantiierungslast und damit die Anforderungen an den Tatsachenvortrag des anfechtenden Insolvenzverwalters im Vergleich zu früheren Entscheidungen höher einzustufen sind). 46) Vgl. u. a. BGH, Urt. v. 10.1.2013 – IX ZR 13/12, ZIP 2013, 174, 175 unter Tz. 14.

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VII. Honorarfragen

viel dafür spricht, dass kein Benachteiligungsvorsatz gegeben ist oder/und es zumindest an der Kenntnis des Anfechtungsgegners hiervon fehlt.47) Erste Voraussetzung ist deshalb, dass der Berater bargeschäftsähnlich, Zug um 90 Zug, darauf achtet, zeitnah Honorare für geleistete Tätigkeiten zu erhalten. Der Rechtsgedanke des § 142 InsO, insbesondere die sog. 30-Tages-Grenze nach der BGH-Rechtsprechung für den Zeitabstand zwischen Zahlungseingang und geleisteter Tätigkeit, gilt deshalb im Rahmen des § 133 InsO entsprechend (zum Bargeschäft vgl. sogleich ab Rn. 92 ff.). Zudem wird man als Berater den Anwendungsbereich des § 133 InsO dann 91 mit (relativer Sicherheit) ausschließen können, wenn a) Insolvenzantragsfristen beachtet werden und b) die Beratungstätigkeit an den Merkmalen der Rechtsprechung zum „schlüssigen Sanierungskonzept“ ausgerichtet ist (siehe u. a. hierzu vorstehende Rn. 88). Dies bedeutet aber auch, dass sich die betriebswirtschaftlichen Sanierungsstandards im vertraglichen Pflichtenprogramm und der anschließenden Umsetzung widerspiegeln müssen.48) Weiter ist insbesondere für den Beginn der Sanierungstätigkeit von Bedeutung, dass das in der Rechtsprechung oft verwandte Merkmal „mindestens in den Anfängen schon in die Tat umgesetzt worden ist“ wohl mit Blick auf das ESUG eingrenzend auszulegen ist. Im Anschluss an Ausführungen von G. Kayser, Senatsvorsitzender des IX. Zivilsenats des BGH, ist davon auszugehen, dass auch der Beginn der Sanierungstätigkeit – sofern diese Tätigkeit auf sinnvolle, vertraglich definierte Ziele ausgerichtet ist – und hierfür gezahlte Honorare nicht der Anfechtung nach § 133 InsO unterliegen.49) Auch einige Instanzgerichte vertreten mit zunehmender Tendenz die An- 91a sicht, der Schuldner habe im Insolvenzantragsverfahren ein Recht auf anwaltliche Vertretung. Selbst wenn Indizien auf eine Inkongruenz deuten oder/und die erkennenden Gerichte keine inhaltliche Qualitätsprüfung vorgenommen haben, wird gleichwohl oft die Annahme des § 133 InsO – insbesondere vor dem Hintergrund des Gedankens der „bargeschäftsähnlichen Lage“ – abgelehnt.50) Vor dem Hintergrund, dass Rechtsprechung und Literatur zunehmend bemüht sind, Standards ordnungsgemäßer Sanierung und ___________ 47) Vgl. u. a. G. Kayser, NJW 2014, 422, 427 sowie im Anschluss BGH, Urt. v. 17.7.2014 – IX ZR 240/13, ZIP 2014, 1595, 1598, dazu EWiR 2014, 653 (Christoph Sorg) und BGH, Urt. v. 10.7.2014 – IX ZR 192/13, ZIP 2014, 1491, 1496 Rn. 44 des Urteils, dazu EWiR 2014, 561 (Ries); BGH, Beschl. v. 6.2.2014 – IX ZR 221/11, ZInsO 2014, 496. 48) Zum notwendigen Inhalt von Sanierungskonzepten ist grundsätzlich eine Orientierung am IDW-Standard S 6 zu empfehlen; für den Beginn der Sanierungstätigkeit, einer Tätigkeit, die zunächst auf die Erstellung eines Sanierungsgrobkonzepts ausgerichtet ist, empfiehlt sich eine Orientierung an den Ausführungen des BDU aus August 2013 zu § 270b InsO („Struktur eines Grobkonzepts im Rahmen der Bescheinigung nach § 270b InsO“) und am IDW-Standard S 9. 49) G. Kayser, NJW 2014, 422, 428; ders., WM 2013, 293, 299 li. 50) Vgl. die Entscheidung LG Würzburg Urt. v. 16.12.2013 – 92 O 2268/13, dazu ablehnend EWiR 2014, 689 (Rendels) sowie LG Berlin, Urt. v. 26.6.2014 – 63 O 11/14, ZIP 2014, 1688, dazu ebenfalls ablehnend EWiR 2014, 687 (Priebe).

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B. Planvorbereitung

Standards ordnungsgemäßer Eigenverwaltung durchzusetzen, kann aber nicht „blind“ – ohne schlüssiges Sanierungskonzept – darauf vertraut werden, dass die Rechtsprechung stets so großzügig ist, wie in den beiden zuvor bezeichneten Entscheidungen auf Landgerichtsebene. b) Kongruente Deckung (§ 130 InsO), Bargeschäft und Zeitmoment 92 Kommt nach vorstehenden Ausführungen – wegen zumindest in Ansätzen nachvollziehbarer Sanierungsleistungen und einer realistischen Chance der gleichmäßigen Befriedigung aller Gläubiger – kein Benachteiligungsvorsatz in Bezug auf die Zahlung des Beraterhonorars in Betracht, kann die Bargeschäftsausnahme nach § 142 InsO greifen. Nach der BGH-Rechtsprechung gilt § 142 InsO – über seinen Wortlaut hinaus – nicht bei Inkongruenz i. S. d. § 131 InsO.51) 93 Für die Annahme eines Bargeschäfts im Zusammenhang mit Beratungsleistungen hat der BGH eine sog. 30-Tages-Grenze eingeführt. Im Zusammenhang mit Anwaltsleistungen, die die Stellung eines Insolvenzantrags und den Entwurf einer Insolvenzplanskizze betrafen, hat der BGH in seiner Entscheidung vom 6.12.2007 (IX ZR 113/06, ZIP 2008, 232 ff.) u. a. ausgeführt: (20) „Als Bargeschäft (§ 142 InsO) werden Leistungen des Schuldners privilegiert, für die unmittelbar eine gleichwertige Gegenleistung in sein Vermögen gelangt ist. Insbesondere können auch Dienstleistungen eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts Bargeschäfte sein. Bei länger währenden Vertragsbeziehungen ist dafür zu verlangen, dass die jeweiligen Leistungen und Gegenleistungen zeitlich oder gegenständlich teilbar und zeitnah – entweder in Teilen oder abschnittsweise – ausgetauscht werden. Wenn zwischen dem Beginn der anwaltlichen Tätigkeit und der Erbringung einer Gegenleistung mehr als 30 Tage liegen, ist ein Bargeschäft zu verneinen. Rechtsanwälte werden dadurch nicht unangemessen benachteiligt. Denn sie können jederzeit Vorschüsse verlangen. Allerdings sind die Voraussetzungen eines Bargeschäfts nicht erfüllt, wenn der Rechtsanwalt einen Vorschuss in einer Höhe geltend macht, der die wertäquivalente Vergütung für die nächsten 30 Tage überschreitet. Es ist einem Rechtsanwalt, der in den Genuss der anfechtungsrechtlichen Bargeschäftsausnahme kommen will, möglich und zumutbar, in regelmäßigen Abständen Vorschüsse einzufordern, die in etwa dem Wert seiner inzwischen entfalteten oder in den nächsten 30 Tagen noch zu erbringenden Tätigkeit entsprechen. …“ (Hervorhebungen diesseits)

94 Dies bedeutet: Der Dienstleister muss entweder einen Vorschuss für die Tätigkeiten in den nächsten 30 Tagen verlangen oder er muss zusehen, dass er für bereits erbrachte Dienstleistungen innerhalb von 30 Tagen einen Geldeingang bewirkt. ___________ 51) St. Rechtsprechung des BGH seit BGH, Urt. v. 10.5.2007 – IX ZR 146/05, ZIP 2007, 1162, Rn. 10; vgl. auch Graf-Schlicker/Huber, InsO, § 142 Rn. 13; verkannt vom LG Würzburg, Urt. v. 16.12.2013 – 92 O 2268/13, dazu ablehnend EWiR 2014, 689 (Leib/ Rendels).

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VII. Honorarfragen

Diese Rechtsprechung passt nur zu Honorarabreden, die an den Zeit- 95 ablauf anknüpfen (also z. B. für Stundenhonorare). Für Pauschalvergütungsabreden oder gesetzliche Vergütungsansprüche passt die Rechtsprechung so recht nicht. Allerdings sind Stundensätze im Beratungsbereich inzwischen als übliche Vergütungsabreden zu bezeichnen, weshalb grundsätzlich eine Honorarabrede mit Stundensätzen empfohlen wird. aa) Qualitätskontrolle im Rahmen des Bargeschäfts („Gleichwertigkeit“) Neben dem Zeitmoment (siehe vorstehende Rn. 95) verlangt § 142 InsO 96 schon vom Wortlaut her, dass der potenziell anfechtbaren Zahlung des Schuldners eine „gleichwertige Gegenleistung“ gegenüberstehen muss, die „in sein Vermögen gelangt“. Ähnlich wie bei der Vorsatzanfechtung (vgl. vorstehend Rn. 85 ff.) nimmt der BGH i. R. d. § 142 InsO bei der Bargeschäftsausnahme eine Qualitätskontrolle vor. Bei nutzlosen Beratungsleistungen kann sich der Berater auch nicht auf § 142 InsO berufen. So führt der BGH in der Entscheidung vom 6.12.2007 (IX ZR 113/06, ZIP 2008, 232) u. a. Folgendes zur Nichtanwendbarkeit des § 142 InsO im dortigen Fall aus: (23) „Die geleisteten Zahlungen sind in voller Höhe zur Insolvenzmasse zurückzugewähren. Die Zahlung eines angemessenen Honorars für ernsthafte und nicht von vorneherein als aussichtslos erscheinende Sanierungsbemühungen kann zwar selbst dann, wenn diese gescheitert sind, ein Bargeschäft sein … Dazu müsste die Masse jedoch zumindest teilweise eine gleichwertige Gegenleistung erhalten haben. Hierfür kommt nach den zeitlichen Grenzen des Bargeschäfts nur derjenige Teil der Leistungen in Frage, den der Beklagte innerhalb von 30 Tagen nach dem Erhalt der Vergütungen erbracht hat. (24) Das von dem Beklagten in dieser Zeit vorgelegte Konzeptpapier eines künftigen Sanierungsplans hatte nach den Feststellungen des Landgerichts keinen praktischen Nutzen. (25) Auch die Stellung des Insolvenzantrags durch den Beklagten hat das Vermögen seiner Auftraggeberin nicht angereichert. … Denn auf der Grundlage der eingeholten Gutachten hätten die Schuldnerin und die GmbH Insolvenzanträge auch ohne Hinzuziehung eines anwaltlichen Beraters stellen können.“

Letztlich hat also der BGH mit vorbezeichneten Ausführungen im konkreten 97 Fall wegen „Nutzlosigkeit“, d. h. mangels „Gleichwertigkeit“ i. S. d. § 142 InsO, die Berufung auf § 142 InsO versagt. Einige Landgerichte haben demgegenüber (tendenziell großzügiger als die vorstehende BGH-Entscheidung) recht schnell und ohne intensivere, inhaltliche Qualitätskontrolle die „Gleichwertigkeit“ i. S. d. § 142 InsO bejaht.52)

___________ 52) Vgl. die Entscheidung LG Würzburg, v. 16.12.2013 – 92 O 2268/13, dazu ablehnend EWiR 2014, 689 (Leib/Rendels) sowie LG Berlin, Urt. v. 26.6.2014 – 63 O 11/14, ZIP 2014, 1688, dazu ebenfalls ablehnend EWiR 2014, 687 (Priebe).

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B. Planvorbereitung

bb) Vorschuss: § 142 InsO nach Insolvenzantragstellung? 98 Ob auf der Grundlage der vorstehend besprochenen Entscheidungen bei einem Vorschuss für die nächsten 30 Tage, der allerdings in die Zeit nach Insolvenzantragstellung hineinragt, überhaupt § 142 InsO greift, mag zweifelhaft sein. Zumindest geben die zitierten Entscheidungen des BGH zu erkennen, dass dann, wenn der Vorschuss in die Zeit nach Insolvenzantragstellung „hinübergreift“, der Berater greifbare Vorteile für die Insolvenzmasse bewirken muss. Ohne solche greifbaren Vorteile, z. B. auf der Grundlage eines ordnungsgemäßen Restrukturierungskonzepts (welches in verschiedenen und engen Zeitschritten vom Grobkonzept zu einem kompletten Sanierungsgutachten fortentwickelt wird), dürfte – abhängig von den weiteren Einzelfallumständen – eine Vorsatzanfechtung in Betracht kommen und wegen der „Nutzlosigkeits-Rechtsprechung“ auch § 142 InsO „unterhalb“ der Schwelle des § 133 InsO eventuell nicht greifen. Einige Landgerichte haben aber auch für die Zeit nach Insolvenzantragstellung dem Schuldner „ein Recht auf anwaltliche Vertretung“ zugesprochen und recht zügig Honorarzahlungen nach § 142 InsO geschützt53) (siehe oben Rn. 91a). Ob sich diese Tendenz durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Dabei ist zu beachten, dass bei juristischen Personen die Insolvenzantragspflicht eine persönliche, strafrechtlich sanktionierte Pflicht der Geschäftsführung ist. Dies spricht dagegen, Honorarvorschusszahlungen für die Zeit nach Insolvenzantragstellung generell als anfechtungsfest anzusehen, sofern nicht eine „Massenützlichkeit“ im Sinne der BGH-Rechtsprechung aus Sicht der Gläubiger – nicht aus Sicht des Schuldners – festgestellt werden kann (siehe hierzu vorstehend Rn. 96, 97). 2. Honorar bei der vorläufigen Eigenverwaltung a) Rang als Masseverbindlichkeit? 99 In den Fällen einer vorläufigen Eigenverwaltung nach §§ 270a/b InsO ist dem Berater neben der Beachtung der Insolvenzanfechtung zu empfehlen, darauf hinzuwirken, dass der Schuldner im gerichtlichen Beschluss zur Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung ermächtigt wird, Masseverbindlichkeiten (in Bezug auf konkrete Beraterhonorare oder sonstige konkrete, wichtige Vertragspartner) begründen zu können.54) Ohne eine solche Ermächtigung zur Eingehung von Masseverbindlichkeiten läuft der Berater ___________ 53) Vgl. die Entscheidung LG Würzburg, v. 16.12.2013 – 92 O 2268/13, dazu ablehnend EWiR 2014, 689 (Leib/Rendels) sowie LG Berlin, Urt. v. 26.6.2014 – 63 O 11/14, ZIP 2014, 1688, dazu ebenfalls ablehnend EWiR 2014, 687 (Priebe). 54) Zu Fragen der Ermächtigung des Schuldners zur Begründung von Masseverbindlichkeiten im vorläufigen Verfahren der Eigenverwaltung nach §§ 270a/b vgl. Undritz, BB 2012, 1551 ff.; Frind, ZInsO 2012, 1099 ff.; AG Köln, Beschl. v. 26.3.2012 – 73 IN 125/12, ZIP 2012, 788; AG Fulda, Beschl. v. 28.3.2012 – 91 IN 9/12, ZIP 2012, 1471; AG Hamburg, Beschl. v. 4.4.2012 – 67g IN 74/12, ZIP 2012, 787; AG Göttingen, Beschl. v. 12.11.2012 – 74 IN 160/12, ZIP 2012, 2360; LG Duisburg, Beschl. v. 29.11.2012 – 7 T 185/12, ZIP 2012, 2453; M. Hofmann, in: Kübler, HRI, 2. A., § 7 Rn. 111 ff.

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VII. Honorarfragen

Gefahr, dass seine Beraterhonorare, die zum Stichtag der Insolvenzeröffnung noch nicht beglichen sind, einfache Insolvenzforderungen darstellen, die nach Eröffnung nicht mehr beglichen werden dürfen.55) Die Ermächtigung zur Eingehung von Masseverbindlichkeiten schließt zudem Insolvenzanfechtungsrisiken in Bezug auf Beraterhonorare in der Regel aus (siehe oben Rn. 85 ff.). Dabei ist zu erwägen, ob die Eingehung von Masseverbindlichkeiten durch den Schuldner auch von der Zustimmung des (vorläufigen) Sachwalters analog § 277 Abs. 1 Satz 3 InsO abhängig gemacht wird.56) b) Honorarstopp durch den (vorläufigen) Gläubigerausschuss? Da es sich bei Honorarzahlungen im Rahmen der (vorläufigen) Eigenver- 100 waltung um eine Geschäftsführungsmaßnahme des Schuldners handelt und der vorläufige Sachwalter als „Filter“ für Beraterhonorare in der Insolvenzantragsphase „vorgeschaltet“ ist, sind in Bezug auf die Honorare wohl grundsätzlich keine Einzelbefugnisse des vorläufigen Gläubigerausschusses anzuerkennen. Dennoch hat der vorläufige Gläubigerausschuss im Verfahren nach § 270b InsO gem. § 270b Abs. 4 Nr. 2 InsO die Möglichkeit, mit bloßem Mehrheitsbeschluss und ohne Begründung, das sog. Schutzschirmverfahren zu beenden. Die Vorschrift des § 270b Abs. 4 Nr. 2 InsO dürfte deshalb je nach Einzelfall 101 ein Argument dafür sein, anstatt des Schutzschirmverfahrens ein Verfahren nach § 270a InsO zu wählen oder sogar lieber eine reguläre vorläufige Insolvenzverwaltung mit einem kooperativen vorläufigen Insolvenzverwalter. 3. Interessenkonflikt bei Gesellschafter- oder Gläubigergarantien? Vor vorstehendem Hintergrund (vgl. Rn. 85 ff. und Rn. 99 ff.) mag sich im 102 Einzelfall empfehlen, dass die Berater – in der Regel die Ersteller des Sanierungskonzepts und des Insolvenzplans – die Honorarzahlung durch einen Dritten bevorzugen oder zumindest darauf bestehen, dass ein Dritter die Insolvenzfestigkeit der Honorarzahlungen garantiert. Allerdings ist die hierdurch gewonnene Honorarsicherheit gegen mögliche Interessenkollisionen abzuwägen. Ist klar, dass ein bestimmter Gesellschafter oder ein bestimmter Gläubiger oder sonstiger Interessent das Honorar des Beraters garantiert, steht auch fest, in wessen „Lager“ der Berater steht. In praktischer Hinsicht ist dringend darauf zu achten, dass der Schuldner-Berater nicht mittelbar – z. B. wegen Honorargarantien – Interessen von Gesellschaftern, Gläubigern ___________ 55) Vgl. OLG Köln, Hinweisbeschl. v. 3.11.2014 – 2 U 82/14, ZIP 2014, 2523. 56) Zur analogen Anwendung des § 277 Abs. 1 InsO im Verfahren der vorläufigen Eigenverwaltung (Eröffnungsverfahren) und zu entsprechenden Zustimmungsvorbehalten im Gerichtsbeschluss, vgl. ausführlich M. Hofmann, in: Kübler, HRI, 2. A., § 7 Rn. 140 ff.; ab Rn. 100 ff. dezidierte Begründung dazu, dass Masseverbindlichkeiten bei der vorläufigen Eigenverwaltung im Antragsverfahren nicht durch den vorläufigen Sachwalter begründet werden.

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B. Planvorbereitung

oder sonstigen Beteiligten wahrnimmt.57) Darunter kann die Akzeptanz des Beraters leiden. Zudem können auch unzulässige Interessenkollisionen nach der Bundesrechtsanwaltsordnung entstehen (vgl. zum Parteiverrat § 356 StGB). 4. Pauschalhonorar in Analogie zur InsVV oder Zeithonorar? 103 Vor dem Hintergrund, dass der Berater in enger Kooperation mit dem (vorläufigen) Sachwalter tätig werden muss, mithin vorläufiger Sachwalter und Berater ähnliche Tätigkeiten ausüben, könnte es naheliegend erscheinen, den Berater analog den Regelungen der InsVV zur Vergütung des vorläufigen Sachwalters – aufgrund einer Abrede zwischen Schuldner und Berater – zu vergüten. So erscheinen grundsätzlich auch Koppelungsabreden zwischen Berater und Schuldner akzeptabel, in denen der Berater die gleiche Vergütung enthält wie der vorläufige Sachwalter. Grundsätzlich – im Vergleich zur Regelabwicklung – führt die Anordnung der vorläufigen Eigenverwaltung zunächst zu einer Senkung der Verfahrenskosten, da der (vorläufige) Sachwalter „nur“ 60 % der Regelvergütung erhält (vgl. § 12 InsVV). Bei einer solchen Pauschalabrede („Berater erhält die gleiche Vergütung wie der vorläufige Sachwalter“) würde die Masse also mit 120 % – im Vergleich zur Regelabwicklung – der Verfahrenskosten belastet. Bedenkt man, dass auch in der Regelinsolvenz im vorläufigen Verfahren, der (vorläufige) Insolvenzverwalter für bestimmte Fragen Spezialisten beauftragen wird (z. B. für bestimmte Bearbeitungen von Arbeitnehmer-Entgelt-Bescheinigungen, Abarbeitung gesellschaftsrechtlicher Spezialfragen oder des M&A-Prozesses), erscheint eine solche „120-Prozent-Gesamtabrede“ tolerabel. Praxistipp (Vorteile einer Honorarabrede zu Stundensätzen): Im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH zur 30-Tages-Grenze (zum Bargeschäft, siehe oben Rn. 92 ff.) und die verbreiteten Gepflogenheiten zur Vereinbarung von Stundensätzen, dürfte in der Regel die Vereinbarung eines Zeithonorars dem vorstehend erörterten Pauschalhonorar vorzuziehen sein. Bestimmte Stundensätze sind für beide Seiten grundsätzlich sachgerechter. Beim Pauschalhonorar riskiert der Berater, bei einem sehr hohen, ungeplanten Zeitaufwand ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr ausreichend vergütet zu werden. Umgekehrt läuft der Schuldner beim Pauschalhonorar Gefahr, dass der Berater versucht, mit wenig Einsatz viel Geld zu verdienen. Bei der Koppelungsabrede ist zudem die Neutralität des (vorläufigen) Sachwalters zweifelhaft. Vor diesem Hintergrund ist eine Stundensatz-Abrede zu empfehlen.

104 In praktischer Hinsicht sei berichtet, dass diverse „Beratungsgrößen“ am Markt – auch abhängig je nach Dringlichkeit eines „Noteinsatzes“ und der Frage, welche Mandate hierdurch nicht bearbeitet werden können – manchmal bis zu 1.000,00 EUR netto als Stundenhonorar vereinbart haben. Die Frage des Schutzes der Masse gegen unangemessene Honorare wird unter dem ESUG noch vertiefend zu analysieren sein.58) ___________ 57) Siehe dazu Hofmann, Eigenverwaltung, Rn. 565, 569 ff. 58) Vgl. hierzu Rendels, in: Festschrift Bruno M. Kübler, S. 577 ff.

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VIII. Staatliche Förderprogramme

VIII. Staatliche Förderprogramme In weiten Bereichen der Restrukturierung werden staatliche Förderpro- 105 gramme angeboten. Nach den (allerdings eher rudimentären) diesseitigen Erfahrungen im Bereich der Förderprogramme und Förderbanken der Länder, ist eine Förderung in der Startphase des Insolvenzplans oft schwierig. Die jeweiligen Fördergeber wollen in der Regel die Sanierungsfähigkeit belegt wissen, bevor Fördergelder ausgekehrt werden. Teilweise werden auch bereits bestätigte Insolvenzpläne für die Förderbewilligung verlangt. Nachfolgend einige Einzelheiten mit weiterführenden Hinweisen auf Internetseiten. Auf der Internetseite der NRW-Bank in Nordrhein-Westfalen 106 (www.nrwbank.de/foerderlotse-produkte) finden sich Hinweise und Ratschläge zum regionalen Förderprogramm Beratung (RWP). In einem Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Bauen, Wohnen und Verkehr in NRW vom 28.7.2011 – IV B 4-45-00/2-2011 werden Rechtsgrundlagen für Beratungsleistungen näher kommentiert. Nach § 5 Ziff. 2 des Erlasses sind zumindest Förderleistungen für „Vier-Tage-Werke für die Erstellung einer Machbarkeitsstudie“ nicht ausgeschlossen. Zuwendungsanträge müssen jedoch vor Beginn des Vorhabens gestellt werden. Weiter wird unter Ziff. 6.2 des bezeichneten Erlasses dann ausgeführt, dass über den Förderantrag „grundsätzlich innerhalb von sechs Monaten nach Antragstellung“ durch die NRW-Bank zu entscheiden sei. In eiligen Krisensituationen, mit Insolvenzgefahren, wäre diese Bearbeitungsfrist zu lang. Nach der eingangs zitierten Internetseite zum RWP in NRW sollen nur kleine und mittlere Unternehmen gefördert werden, „die sich nach EU-Definition nicht in Schwierigkeiten befinden“. Ergänzend dazu ist darauf hinzuweisen, dass die NRW-Bank einen Förderfonds unterhält, der auch im Re-strukturierungsbereich aktiv ist. Dieser Förderfonds ist auch geeignet, Investorenlösungen mit zu begleiten. Insgesamt – so auch diesseitige praktische Erfahrungen mit der NRW-Bank – ist diese Bank grundsätzlich mit Insolvenzplanverfahren gut vertraut. Es dürfte sich deshalb empfehlen, wenn der Planinitiator eine Förderung von Beratungsoder Investorenlösungen mit Hilfe der NRW-Bank anstrebt, mit diesem Institut möglichst frühzeitig Kontakt aufzunehmen, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Auf der Internetseite der KfW (www.kfw.de) findet sich unter dem Such- 107 begriff „Beratung in Krisen“ viel zu „Runden Tischen“ und Turnaround-Beratungen. Der Berater muss nach den dortigen Ausführungen bei der KfW gelistet sein und „klare Qualitätskriterien erfüllen“. Jedenfalls nach den dort nachlesbaren Ausführungen werden nicht gefördert Unternehmen, die bereits einen Insolvenzantrag gestellt haben oder die aufgrund ihrer schlechten wirtschaftlichen Lage bereits verpflichtet sind, Insolvenz zu beantragen. Gleichwohl befinden sich auf den Internetseiten der KfW ggf. auch ständig aktualisierte Informationen zur Förderung von Gründungen und Umstrukturierungen, ggf. auch durch Bürgschaftsprogramme.

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B. Planvorbereitung

108 Bekannt sind Förderungen, auch im Insolvenzplanbereich, durch die Sächsische Aufbaubank SAB. Auch hier kann ggf. zu aktuellen Entwicklungen auf die Internetseite www.SAB.sachsen.de verwiesen werden. Über weitere Links ist dort z. B. ein Programm „Krisenbewältigung und Neustart“ einsehbar. Zur Förderung existieren Richtlinien des sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit.59) Das Land Sachsen hat einen Fonds zur Förderung der Sanierung mittels Insolvenzplanverfahren angelegt (Fonds „Krisenbewältigung und Neustart“ mit einem Ausstattungsvolumen von rd. 16,2 Mio. EUR60)). 109 Auf der Internetseite des Bundeswirtschaftsministeriums befindet sich zudem eine Förderdatenbank, über die ggf. – auch in Bezug auf einzelne Bundesländer und Regionalbereiche – aktuelle Entwicklungen zu Förderprogrammen recherchierbar sind (www.foerderdatenbank.de/Foerder-DB/Navigation/root.html). 110 Die vorgenannten Regionalförderungen durch die NRW-Bank und die SAB in Sachsen finden sich in den meisten Bundesländern in ähnlicher Form.

___________ 59) Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Rettung und Umstrukturierung von kleineren und mittleren Unternehmen im Freistaat Sachsen vom 1.11.2005 unter www.revosax.sachsen.de sowie weitere Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen an kleinere und mittlere Unternehmen nach erfolgreicher Überwindung einer Krisensituation vom 1.11.2006. 60) Über die Website der SAB lässt sich eine PowerPoint-Präsentation zu bisherigen Erfahrungen mit dem bezeichneten Fonds im Internet recherchieren; die entsprechenden Antragsvordrucke sind ebenfalls über die Internetseite der SAB erhältlich.

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C. Darstellender Teil I. Grundlagen 1. Überblick und Fehlerfolgen Beginnt man bei den Rechtsfolgen eines unzureichenden darstellenden 111 Teils, ist § 250 Nr. 1 InsO zu beachten. Danach ist dem Insolvenzplan die Bestätigung von Amts wegen zu versagen, wenn u. a. die Vorschriften „über den Inhalt“ des Insolvenzplans in einem wesentlichen Punkt nicht beachtet worden sind. Nicht rechtzeitig behobene Fehler des darstellenden Teils, insbesondere wegen eines Verstoßes gegen § 220 Abs. 1 und 2 InsO, führen also zwingend zur Bestätigungsversagung nach § 250 Nr. 1 InsO oder Zurückweisung des vorgelegten Plans im Vorprüfungsverfahren nach § 231 Abs. 1 Nr. 1 InsO (dort Merkmal „Inhalt des Plans“). Nach § 220 Abs. 1 InsO wird im darstellenden Teil des Insolvenzplans be- 112 schrieben, welche Maßnahmen nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens getroffen worden sind oder noch getroffen werden sollen, um die Grundlagen für die geplante Gestaltung der Rechte der Beteiligten zu schaffen. Nach § 220 Abs. 2 InsO soll61) der darstellende Teil zudem alle sonstigen Angaben zu den Grundlagen und Auswirkungen des Insolvenzplans enthalten, die für die Entscheidung der Beteiligten über die Zustimmung zum Plan und für dessen gerichtliche Bestätigung erheblich sind. Es geht im darstellenden Teil darum, eine ehrliche und fundierte Entschei- 113 dungstransparenz für alle Beteiligten, also insbesondere für das Gericht und die abstimmenden Gläubiger (und ggf. Alt-Gesellschafter) zu schaffen. Nach § 226 Abs. 3 InsO sind Abkommen „neben“ dem Insolvenzplan, die 114 nicht im darstellenden Teil enthalten sind, in vielen Fällen nichtig (siehe auch unten Rn. 622 ff.). Sofern solche Abkommen einzelne Beteiligte bevorzugen oder abstimmungsrelevante Informationen enthalten, kann (auch) ein Verstoß gegen § 220 Abs. 1, 2 InsO vorliegen. Bei Nichtigkeit der „Nebenabrede“ fragt sich, wie sich die Nichtigkeit im Übrigen – falls die Planbestätigung ggf. „versehentlich“ erfolgt ist und der Plan rechtskräftig wird – auf den Insolvenzplan auswirkt.62) Insgesamt kann man einleitend festhalten, dass im darstellenden Teil alles 115 zu erwähnen ist, was aus Sicht eines redlichen Schuldners oder redlichen Gläubigers oder sonstigen Beteiligten für die Quotenhöhe, die Quotensicherheit oder aufgrund von Vorverhandlungen für die Zustimmung ___________ 61) Das „soll“ in § 220 Abs. 2 InsO liest der BGH als „muss“, vgl. BGH, Beschl. v. 13.10.2011 – IV ZB 37/08 (unter Tz. 9), ZIP 2012, 187 (dazu unten C.II.7. Rn. 166 ff. betr. darstellender Teil und ggf. notwendige Angabe von Straftaten). 62) Zur Abgrenzung zulässiger Forderungskauf/unlauteres Abkommen, vgl. BGH, Beschl. v. 3.3.2005 – IX ZB 153/04, ZIP 2005, 719, dazu EWiR 2005, 547 (Bähr/Landry).

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C. Darstellender Teil

bzw. Ablehnung des Insolvenzplans von erheblicher Relevanz ist.63) Dazu gehört insbesondere die Darlegung von Verwertungsalternativen im Rahmen der Regelinsolvenz, d. h. die sog. Vergleichsrechnung (siehe oben Rn. 9 ff. und unten Rn. 138 ff.). Starre, für alle Pläne geltende Vorgaben hat der BGH64) nicht aufgestellt. Umfang und Inhalt des darstellenden Teils hängen auch vom Umfang des Verfahrens ab. 2. Verhältnis zum gestaltenden Teil? a) Darstellender Teil als (lange) „Vertragspräambel“? 116 Schon vor vorstehendem Hintergrund wird deutlich, dass der darstellende Teil in der Regel nicht auf den viel zitierten „Bierdeckel“ passt. Der Planverfasser muss anhand der geführten Diskussionen zum Planentwurf insbesondere die unterschiedlichen Interessen von Juristen und betriebswirtschaftlich orientierten Berufen beachten. Schon weil der Adressatenkreis der potenziellen Insolvenzplanleser oft aus verschiedenen Berufsgruppen zusammengesetzt ist, sollten auch die Ausführungen im darstellenden und gestaltenden Teil in sich – ohne allzu viele Querverweisungen – so verständlich sein, dass z. B. der Jurist den gestaltenden Teil aus sich heraus verstehen kann (der Betriebswirt natürlich auch) und der betriebswirtschaftlich orientierte Leser den darstellenden Teil. 117 In den darstellenden Teil gehören alle beschreibenden Inhalte oder Begründungen für durch den gestaltenden Teil ausgelöste Rechtswirkungen. 118 Wollte man zur dogmatischen Einordnung eines Insolvenzplans Parallelen zu einem Urteil ziehen (siehe oben Rn. 14 ff.), könnte man – stark vereinfacht sagen –, dass der gestaltende Teil die Funktion des aus sich heraus verständlichen Tenors übernimmt, der darstellende Teil den Tatbestand (= die Sachverhaltsdarstellung) und die Urteilsgründe. Sieht man im Insolvenzplan eher Parallelen zu einem Vertrag (siehe oben zur strittigen Rechtsnatur Rn. 14 ff.), könnte man als „Eselsbrücke“ beim darstellenden Teil von einer (wenn auch langen) Präambel sprechen, beim gestaltenden Teil vom eigentlichen – Rechtswirkungen auslösenden – „Haupt-Text“ des Vertrags. Praxistipp (an Planzusammenfassung denken): Für die richtige „Aufteilung“ der Inhalte auf den darstellenden Teil und den gestaltenden Teil kann auch ein frühzeitiger Blick auf die Norm des § 235 Abs. 3 Satz 2 InsO helfen. Danach ist mit der Ladung entweder der komplette Plan oder eine „Zusammenfassung seines wesentlichen Inhalts“ zu versenden. Zumindest in größeren Verfahren und/oder Verfahren mit vielen Gläubigern wird in der Regel mit der Ladung nicht der gesamte Insolvenzplan versandt werden, schon weil dies die Kapazitäten so mancher Druckerei überschreiten

___________ 63) Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, § 221 Rn. 3, 4. 64) Vgl. BGH, Beschl. v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10, ZIP 2010, 1499, dazu EWiR 2010, 681 (M. Huber) betr. u. a. Ausschlussfristen.

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II. Einzelne Inhalte und die Planerstellungskosten sowie den sonstigen Aufwand in die Höhe treiben würde. Der Insolvenzplan muss so gegliedert und formuliert sein, dass die komplette Version des gestaltenden Teils und einige ausgewählte Seiten (als Auszug) des darstellenden Teils als Planzusammenfassung i. S. d. § 235 Abs. 2 Satz 2 InsO tauglich sind.65)

b) Gruppenbildung – wo? Daraus folgt z. B. für die Gruppenbildung, dass die Darstellung der Gruppen 119 und die Begründung hierfür – in Subsumtion insbesondere des § 222 Abs. 1 bis Abs. 3 InsO – in den darstellenden Teil gehören. Im gestaltenden Teil finden sich dann – nur – die Gestaltungserklärungen der Gruppen, in der Regel ohne Querverweisungen auf den darstellenden Teil.66) Bemerkungen, der darstellende Teil sei ein „Deutsch-Aufsatz“, sind somit 120 zwar im Ansatz richtig. Im darstellenden Teil werden keine Rechtswirkungen ausgelöst, sondern nur beschrieben. Dieser Teil darf aber vor dem Hintergrund der §§ 220, 250 Nr. 1 InsO (Risiko der Bestätigungsversagung) nicht abgewertet werden. II. Einzelne Inhalte 1. Quotenquelle, Quotenhöhe und Ausschüttungssicherheit Auf der Grundlage vorstehenden Überblicks gehören alle Informationen in den 121 darstellenden Teil, die die Quotenhöhe, die Quotenquelle und die Ausschüttungssicherheit betreffen. Nur durch insoweit vollständige und offene Angaben werden die Gläubiger (rechtsmittelfest) zur Planzustimmung bewegt werden können (vgl. u. a. ausführlich unter Rn. 153 ff. zu Informationen zur Insolvenzplan-Finanzierungsstruktur).

___________ 65) Vgl. z. B. den Insolvenzplan bei Rendels/Zabel, in: Kübler, HRI, 2. A., § 52: das dortige „Muster“ ist so aufgebaut, dass für die Planzusammenfassung i. S. d. § 235 Abs. 3 Satz 2 InsO das komplette Sanierungskonzept aus der Voll-Fassung des Insolvenzplans, die dann nur auf der Geschäftsstelle niedergelegt wird, herausgenommen werden könnte; weiter enthält dieser Plan insbesondere im darstellenden Teil unter Ziff. 3 in einer Tabelle eine übersichtliche Zusammenfassung dazu, welcher Gruppengläubiger aufgrund des Plans mit welcher Ausschüttung zu rechnen hat. Insbesondere sollte – wie im zuvor erwähnten Insolvenzplan – der gestaltende Teil für einen außenstehenden Leser aus sich heraus verständlich und alleine (ohne Bezugnahme auf den darstellenden Teil) die notwendigen Rechtswirkungen = die Gestaltungswirkungen, die für die Restrukturierung erforderlich sind, auslösen. 66) Nach Bierbach, in: Kübler, HRI, 2. A., § 28 Rn. 13 f. sollen die Abgrenzungskriterien für die Gruppenbildung (auch) im gestaltenden Teil aufgeführt werden. Dem ist grundsätzlich nicht zu folgen. Die – Rechtsänderungen – auslösenden Erklärungen der Gruppen gehören in den gestaltenden Teil. Die Begründungen für die Gruppenbildung dürften i. d. R. zu einer „Überfrachtung“ des gestaltenden Teils führen; vgl. auch Geiwitz/Käfferlein, in: Kübler, HRI, 2. A., § 25 Rn. 113.

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C. Darstellender Teil

2. Sicherheitendarstellung; bisherige Finanzierungsstruktur 122 Zur Planvorbereitung wurde oben dringend empfohlen, frühzeitig einen ganz detaillierten Sicherheitenspiegel aufzustellen (vgl. oben Rn. 66 ff.). Nun dürfte es zwar nicht erforderlich sein, jede einzelne Sicherheit im darstellenden Teil zu erwähnen und in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht zu analysieren. Gibt es aber grundsätzliche Fragen, z. B. zur Wirksamkeit, Unwirksamkeit oder Anfechtbarkeit einer wichtigen Sicherheit, so sollte ein ausschüttungsrelevanter Streitstand zu einer Sicherheit (der anhand des Sicherheitenspiegels diskutiert wurde) im darstellenden Teil Erwähnung finden. In der Regel wird jedenfalls im Bereich größerer Unternehmen in Grundzügen im darstellenden Teil die bisherige Finanzierungsstruktur des Schuldners einschließlich Sicherheiten zu beschreiben sein. 3. Sanierungskonzept „in Anlehnung“ an IDW S 6 123 Jedenfalls bei Restrukturierung eines Unternehmensträgers in Kombination mit Quotenausschüttungen auch aus Unternehmenserträgen gehört in die Voll-Version des darstellenden Teils die komplette Aufnahme eines Restrukturierungskonzepts, in der Regel in Anlehnung an den sog. Standard IDW S 6.67) 124 Im Hinblick auf die Gefahr, dass der Insolvenzplan manchmal nicht nachhaltig genug eine leistungswirtschaftliche Sanierung durchführt (siehe oben Rn. 11), sind zumindest bei Planausschüttungen aus Erträgen an die Restrukturierungsüberlegungen hohe Anforderungen zu stellen. Oft ist die bisherige „Mannschaft“ – insbesondere die Geschäftsführung – ohne personelle Veränderungen nicht in der Lage, ein gut gemeintes Restrukturierungskonzept vor/nach der Insolvenz (im Rahmen der Eigenverwaltung) umzusetzen. 125 Nachfolgend sollen einige betriebswirtschaftliche Sanierungsaspekte zumindest angeschnitten werden. Für betriebswirtschaftliche Details soll auf die zuvor zitierte Spezialliteratur verwiesen werden.68) Auch der Jurist sollte bei der Lektüre des darstellenden Teils eine Abarbeitung zu folgenden betriebswirtschaftlichen Aspekten wiederfinden. 126 Jede Restrukturierung hat in der Regel zum Kern, dass zunächst unter Berücksichtigung der Krisenursachen das Leitbild des sanierten Unternehmens entwickelt werden muss. Häufig geht dies nicht ohne Abstimmung mit den Vorstellungen des Investors.

___________ 67) Detailliert hierzu vgl. Zabel, in: Kübler, HRI, 2. A., § 4 ab S. 100 ff. (Rn. 1 ff.), dort Abarbeitung der Inhalte zu einem Sanierungsgutachten nach IDW S 6 auch als Bestandteil des darstellenden Teils; ebenda Rendels/Zabel, Planmuster in § 52, dort Ziff. 2 (S. 1306 ff.) des darstellenden Teils „Sanierungskonzept“; vgl. weiter Geiwitz/Käfferlein, in: Kübler, HRI, 2. A., § 25 A III. 68) Vgl. Zabel, in: Kübler, HRI, ebenda.

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II. Einzelne Inhalte

Beispiel (Suche des Leitbilds in einem Stahlkonzern): Die Stahl-GmbH hat im Laufe der letzten Jahre, vor der Insolvenz, zahlreiche Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften erworben. Die frühere Geschäftsführung wollte sich als internationaler Konzern aufstellen. Die Integration dieser Zukäufe ist bis zum Insolvenzzeitpunkt kaum vorangeschritten. Dies zeichnet sich dadurch aus, dass einzelne Tochtergesellschaften erhebliche Verluste verursachen und ebenfalls insolvenzbedroht sind. Andere Tochtergesellschaften haben zwar vorinsolvenzlich Gewinne erzielt, aber erfolgreich vermieden, Ausschüttungen an ihre Muttergesellschaft vornehmen zu müssen. In diesem Fall stellt sich zum „Leitbild“ die Frage, ob das Ziel eines internationalen Konzerns weiterverfolgt werden soll. Alternativ könnte man auch erwägen, in Kombination mit einem Insolvenzplan einzelne, profitable Tochtergesellschaften zu verkaufen und die restlichen, unprofitablen Tochtergesellschaften „abzustreifen“. Es muss also zum Leitbild eine Entscheidung zur Frage, ob ein internationaler Konzern oder eine nationale Gesellschaft gewollt ist, getroffen werden. Im konkreten Fall konnte diese Entscheidung, da sie schwierig war, letztlich nur in Abstimmung mit dem Investor getroffen werden (es blieb bei der internationalen Aufstellung). Weiter sollten im Sanierungskonzept sämtliche Krisenursachen und das je- 127 weilige Krisenstadium klar aufgelistet werden. Dabei macht es einen Unterschied, ob schnell drei oder vier einzelne, isolierte Krisenursachen ausgemacht werden können, die die Insolvenz verursacht haben oder ob es sich manchmal um mehrere Dutzend Krisenursachen handelt. Je unklarer und komplexer die Krisenursachen sind, umso schwieriger wird die Plansanierung. Auf Basis der Krisenursachen können dann unter Berücksichtigung der Leit- 128 bilder des sanierten Unternehmens die Sanierungsmaßnahmen anschließen (wie z. B. Personalabbau, Sanierungstarifverträge, Schließung einzelner Lagerstätten, Abstreifung unlukrativer Verträge gem. §§ 103 ff. InsO usw.). Dabei sind sowohl die leistungs- und finanzwirtschaftlichen Sanierungsmaßnahmen als auch der Stand ihrer Umsetzung von Bedeutung. Insbesondere bei ESUG-Schuldnerplänen in Bezug auf kleinere Unternehmen 129 wurde häufig beobachtet, dass das „Sanierungskonzept“ ausschließlich aus kaum umsetzbaren Sanierungsmaßnahmen bestand. So ist ein „Klassiker“ einer Fehlleistung, dass einfach pauschal Umsatzsteigerungen angenommen werden oder/und Kostenreduzierungen in Bereichen, in denen sich im angedachten Umfang keine Kosten reduzieren lassen (z. B. unrealistische Rohstoffkostenreduzierungen). In größeren und umfangreicheren Verfahren sind dagegen in der Regel „Profis“ auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht eingeschaltet. Umsetzungsrisiken in Bezug auf die notwendigen Sanierungsmaßnahmen 130 sollten im darstellenden Teil aufgeführt sein, damit die Gläubiger eine Entscheidungsgrundlage haben.

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C. Darstellender Teil

131 Oft muss der Investor die mittels Insolvenzplan aufgesetzte Restrukturierung nach der Insolvenz vehement fortsetzen. 4. Planungsanforderungen nach der Rechtsprechung des BGH 132 In keiner Entscheidung hat der BGH – jedenfalls nicht ausdrücklich – die Verpflichtung ausgesprochen, eine integrierte Planung aufzustellen und diese in den darstellenden Teil oder die Plananlagen einzufügen. Zu Planungsanforderungen hat der BGH in seiner Entscheidung vom 3.12.2009 (IX ZB 30/09, ZIP 2010, 341) u. a. Folgendes ausgeführt: „(3) Umstände, die das Insolvenzgericht hätten veranlassen müssen, dem Insolvenzplan gemäß § 250 Nr. 1 InsO die Bestätigung zu versagen, liegen nicht vor. Die Auffassung des Beschwerdegerichts, das Fehlen einer dem Insolvenzplan nach § 229 Satz 1 InsO beizufügenden Liquiditätsrechnung in tabellarischer Form sei durch die schriftsätzlichen Ausführungen zu den Einnahmen und Ausgaben des Schuldners während des Planzeitraums behoben, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Welche Anforderungen an die im Rahmen des Insolvenzplanverfahrens vorzulegenden Übersichten und Prognoserechnungen zu stellen sind, liegt im Verantwortungsbereich des Tatrichters. Bindende, in allen in Betracht kommenden Planverfahren einzuhaltende Vorgaben können schon wegen der Vielfalt der in Betracht kommenden Pläne sowie der unterschiedlichen Schuldner nicht gemacht werden. Diese sind vom Umfang und der jeweiligen wirtschaftlichen Bedeutung des Unternehmens abhängig. …“

133 Damit hat der BGH die Anforderungen an die Prognoserechnungen des Insolvenzplans ausdrücklich in das Ermessen des Tatrichters gestellt. Zu berücksichtigen ist aber, dass der vorbezeichnete Fall eine natürliche Person, einen Rechtsanwalt, betraf, also kein größeres Unternehmen. 134 Zur Interpretation vorstehender Entscheidung ist weiter zu bemerken, dass der BGH im Zusammenhang mit dem Sanierungsprivileg des früheren Eigenkapitalersatzrechts, § 32a Abs. 3 GmbHG a. F., die objektive Eignung der Sanierungsmaßnahmen verlangt hat.69) Da Sanierungsanforderungen – wenn auch einzelfallbezogen, eventuell je nach Komplexität der Probleme und der Unternehmensgröße – nur einheitlich definiert werden können, dürfte diese Rechtsprechung auch auf die Restrukturierung mittels Insolvenzplan übertragbar sein. Insgesamt ist die Rechtsprechung u. E. nicht ganz einheitlich. So hat der BGH z. B. im Bereich der Neugründungen, dort im Zusammenhang mit § 133 InsO, diese relativ großzügig (in Verneinung des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners) dadurch gefördert, dass gerade keine strengen Unternehmensplanungspflichten gefordert wurden.70) 135 In praktischer Hinsicht wird jedenfalls bei Unternehmenssanierungen der Planarchitekt an der Einhaltung des Standards IDW S 6 nicht vorbeikommen. Im Ergebnis dürfte damit grundsätzlich, sofern es sich nicht um ___________ 69) Vgl. BGH, Urt. v. 21.11.2005 – II ZR 277/03, ZIP 2006, 279, dazu EWiR 2006, 525 (Westpfahl/Janjuah). 70) Vgl. BGH, Urt. v. 5.3.2009 – IX ZR 85/07, ZIP 2009, 922, dazu EWiR 2009, 485 (Wallner).

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II. Einzelne Inhalte

ein „Klein-Unternehmen“ handelt, eine Pflicht gegeben sein, im Rahmen einer integrierten Unternehmensplanung die Sanierungs- und Ausschüttungswirkungen des Insolvenzplans darzustellen.71) Jedenfalls dann, wenn über die Erfüllung von Planungsanforderungen im Recht- 136 streit gestritten wird, ist nicht auszuschließen, dass die Gerichte ggf. einen Sachverständigenbeweis erheben. Wird ein Wirtschaftsprüfer zum Sachverständigen ernannt, wird dieser sich ebenfalls – schon aus berufsrechtlichen Gründen – an dem Standard IDW S 6 orientieren. Zusammengefasst dürfte deshalb die zitierte BGH-Entscheidung vom 137 3.12.2009 (IX ZB 30/09, ZIP 2010, 341) eher auf natürliche Personen und/ oder Schuldner mit einem geringeren Geschäftsumfang anwendbar zu sein. 5. Vergleichsrechnung(en) Aus Sicht der Gläubiger und damit auch aus Sicht der weiteren Verfahrens- 138 beteiligten gehört die Frage, wie würden die Gläubiger im Rahmen der Regelabwicklung stehen und wie stehen sie mit dem Insolvenzplan, zur zentralen Frage des Insolvenzplans (vgl. einführende Hinweise oben unter Rn. 9 ff. und zu den Alt-Gesellschaftern unten Rn. 274 ff.). Die Gläubiger brauchen einem Insolvenzplan nur zustimmen, wenn keine 139 Schlechterstellung im Vergleich zur Regelabwicklung erfolgt (siehe oben Rn. 9 ff.) Die Annahme-Wahrscheinlichkeit steigt, je deutlicher die Besserstellung im Vergleich zur Regelabwicklung ausfällt. Partiell kann diese Besserstellung auch dadurch bewirkt werden, dass das Insolvenzplanverfahren zu einer zügigeren Beendigung der Insolvenz als im Falle der Regelabwicklung führt. Bei einer voraussichtlichen Schlechterstellung einer Plan-Gruppe durch den 140 Plan im Vergleich zur Regelabwicklung greift das Obstruktionsverbot nach § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht. Selbst in der Plan-Gruppe überstimmte Gläubiger können im Rahmen des sog. Minderheitenschutzes nach § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO geltend machen, dass eine voraussichtliche Schlechterstellung durch den Plan im Vergleich zur Regelabwicklung erfolgt. Damit hat die Planvergleichsrechnung auch Auswirkungen auf die Bereiche 141 des Obstruktionsverbots (§ 245 InsO) und eines zu befürchtenden Minderheitenschutzantrags (§ 251 InsO). Zudem spielt die Vergleichsrechnung für die Beschwerdebefugnis eine Rolle (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO).

___________ 71) Zu den Anforderungen des IDW S6 und der Darstellung des Sanierungskonzepts im Rahmen des darstellenden Teils des Insolvenzplans, unter Einschluss einer integrierten Sanierungsplanung, vgl. Zabel, in: Kübler, HRI, 2. A., § 3 Rn. 1 ff., 145 ff.

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C. Darstellender Teil

a) Zerschlagung als Untergrenze 142 Ist bei der Regelabwicklung die Einstellung des Geschäftsbetriebs (= Zerschlagung) mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten (dazu siehe oben Rn. 9 ff.), gehört in die Vergleichsrechnung auch die Darstellung der Gläubigerbefriedigung in diesem Falle. 143 Dabei sind Fälle denkbar, in denen Gläubiger – insbesondere die Sicherungsgläubiger – im Falle einer Zerschlagung vielleicht sogar noch besser befriedigt werden, als im Falle einer Fortführung der Regelinsolvenz. Beispiel (für höhere Zerschlagungswerte als Fortführungswerte aus Sicht der Sicherungsgläubiger): Ein Filialnetz, die Drogeriekette Schl., soll im Wege einer übertragenen Sanierung (Asset Deal) im Regelinsolvenzverfahren (= keine Planlösung) an einen Investor veräußert werden. Die diversen Vermieter der einzelnen Standorte müssen der Übertragung der Mietverhältnisse an den Investor zustimmen. Die Vermieter machen diese Zustimmung von deutlichen Mieterhöhungen abhängig. Außerdem drohen mangels Transfergesellschaft erhebliche arbeitsrechtliche Risiken, u. a. aus § 613a BGB. Der Investor befürchtet, dass auch aus den Schließungsfilialen Arbeitnehmer anschließend Ansprüche aus § 613a BGB geltend machen. Insgesamt sind deshalb die Hürden für eine übertragende Sanierung so hoch, dass der Investor nur bereit ist, für alle Vermögensgegenstände, einschließlich Vorräte, an den Insolvenzverwalter 10,0 Mio. EUR zu zahlen. In den Filialen befinden sich aber Eigentumsvorbehaltswaren (erweiterter EV), die die Lieferanten mühelos für 12,0 Mio. EUR weiterverkaufen könnten. In diesem Fall kann aus Sicht der Sicherungsgläubiger die Zerschlagung des Unternehmens günstiger sein, als die „Rettung“ im Rahmen einer übertragenden Sanierung in der Regelinsolvenz. Soll nunmehr als weitere Alternative eine Rettung im Rahmen eines Insolvenzplans bewirkt werden, müssen diese Zerschlagungs-Untergrenzen insbesondere für die Sicherungsgläubiger nach Bewertung im Insolvenzplanverfahren beglichen werden können. Lösung: Sofern es vorstehend nicht um den (verlängerten und) erweiterten Eigentumsvorbehalt geht, also Aussonderungsrechte in Rede stehen sollten, kann der Insolvenzplan hier ohnehin nicht helfen, da nach § 223 InsO Eingriffe nur in Absonderungsrechte, nicht aber in Aussonderungsrechte möglich sind. Geht es im vorstehenden Beispiel (was unterstellt sei) um Absonderung, kann der Planverfasser zwar grundsätzlich nach § 223 InsO in diese Rechte eingreifen (z. B. durch zwangsweise Stundung), muss dann aber darauf achten, dass die Absonderungsberechtigten nicht schlechter stehen als bei der Zerschlagung. Im Rahmen der Planbefriedigung müssen dann z. B. auch Abzinsungseffekte berechnet werden. Würde der absonderungsberechtigte Gläubiger x bei der vorstehend beschriebenen Zerschlagung in der Regelinsolvenz zeitnah 1.000,00 EUR erhalten, müssen ihm beim Insolvenzplan mindestens 1.000,00 EUR zur Gleichstellung – verglichen mit der Regelinsolvenz im Plan – gewährt werden (besser mehr, um die Zu-

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II. Einzelne Inhalte

stimmung zum Plan zu erleichtern). Kann der Plan, z. B. aus Liquiditätsgründen, die Absonderungsberechtigten nur in länger gestreckten Raten (z. B. erst nach einem Jahr) befriedigen, müssten zumindest die Zinsnachteile, die durch die spätere Plan-Zahlung im Vergleich zur Regelabwicklung entstehen, ebenfalls ausgeglichen werden.72) In vorstehendem Fall wird sich aller Voraussicht nach weder in der Regelabwicklung noch für einen Plan ein Investor finden. Im Planverfahren hätte man aber den grundsätzlichen Vorteil, dass durch die Rechtsträgersanierung keine Zustimmung der Vermieter für Vertragsübertragungen erforderlich ist, so dass sich im Fall eher für das Planverfahren ein Investor finden lässt als für die übertragende Sanierung bei der Regelabwicklung. Im Normalfall werden alle Verfahrensbeteiligten – anders als im vorstehenden 144 Beispielsfall – bei einer Zerschlagung in der Regelinsolvenz schon wegen der Auslaufkosten schlechter stehen als bei einer Fortführung. In vorstehendem Ausnahmefall fragt sich, ob der Verwalter im Regelverfahren die Betriebsfortführung sogar einstellen muss. In jedem Fall müsste im Rahmen einer Planlösung die Zahlung des Zerschlagungswertes sichergestellt sein (der im vorstehenden Beispielsfall in Bezug auf die Sicherungsrechte ausnahmsweise höher ist als der Fortführungswert). b) Asset Deal-Angebot als ein Fortführungswert Ist im Rahmen einer Regelinsolvenz unter Erhaltung des fortgeführten Be- 145 triebs eine Asset Deal-Lösung möglich (sog. übertragende Sanierung), müssen die in diesem Rahmen zu erwartenden Gläubigerbefriedigungsquoten ebenfalls berechnet und im Rahmen der Vergleichsrechnung dargestellt werden. M&A-Prozess zu stark auf Share Deal ausgerichtet? Die Ergebnisse für eine mögliche Gläubigerbefriedigung bei einem Asset-Deal, 146 der für die Regelinsolvenz „steht“, werden sich anhand des M&A-Prozesses untermauern lassen. Um hier zu einer transparenten Vergleichsrechnung zu kommen, werden die Gläubiger darauf drängen, dass die Angebote, die Investoren auf einen Asset Deal abgegeben haben, ebenso offengelegt werden, wie der Kommunikationsprozess mit Asset Deal-Interessenten.73) c) Share Deal Für die Investorenlösung eines Insolvenzplans „steht“ in der Regel der 147 Share Deal.74) Da der Rechtsträger als solcher mittels Plan saniert wird, werden ___________ 72) Dazu, welche rechtlichen Grenzen bei einer solchen Zwangs-Stundung von Absonderungsrechten bestehen, wird noch weiter unten im Zusammenhang mit §§ 245, 251 InsO einzugehen sein: Inwieweit kann der Insolvenzplan eine Zwangs-Stundung gegen den Willen von Absonderungsberechtigten normieren? 73) Zu möglichen interessengesteuerten Vorgaben für den M&A-Prozess vgl. oben Rn. 33 f. 74) Zu der möglichen Kombination von Umwandlungsmaßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz mit einem Insolvenzplan, vgl. Madaus, ZIP 2012, 2133 ff.; vgl. unten zum gestaltenden und darstellenden Teil Rn. 251 f. betr. Varianten des Debt-Equity-Swap.

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C. Darstellender Teil

die Gesellschaftsanteile, z. B. an der konkreten GmbH oder AG, dem Investor zugewandt (entweder durch eine Übertragung der Gesellschaftsanteile nach § 225a Abs. 3 InsO mittels gestaltendem Teil des Insolvenzplans oder durch einen sog. Kapitalschnitt, siehe detailliert unten Rn. 233 ff.). Erstens muss der Planverfasser in rechtstechnischer Hinsicht hier sicherstellen, dass die Investorenbeiträge gläubigerwirksam in die Masse fließen und zweitens müssten diese Investorenbeiträge zu einer höheren Quote führen als die Ergebnisse im Rahmen eines Asset Deals. 148 Deshalb ist aus Sicht der Gläubiger der M&A-Prozess von erheblicher Bedeutung.75) d) Gestaltungsmöglichkeiten und Zeitabläufe 149 Die Schwierigkeit der Vergleichsrechnung(en) besteht für alle Beteiligten oft darin, dass es sich um Prognosen handelt. Die Prognose dazu, wie die Gläubiger mit/ohne Insolvenzplan stehen würden, wird immer mit Unsicherheiten belastet sein. Nur ein ordnungsgemäßer und transparenter M&A-Prozess reduziert die Prognoseunsicherheiten. 150 Die Prognoseunsicherheiten resultieren zudem oft aus einer rechtlichen Sphäre. So kann die Einsatzgröße „Asset Deal“ eigentlich erst dann eingesetzt werden, wenn der Käufer ein komplettes und bindendes Kaufangebot zur Übernahme der Assets abgegeben hat. Solange eine solche rechtliche Bindung des Asset Deal-Interessenten nicht vorliegt, unterliegt es zwar gleichwohl der Gläubigerautonomie, ob dem Plan zugestimmt wird oder nicht. Bloße – juristisch noch nicht endgültig abgesicherte – „Angebots-Hoffnungen“ sollten die Gläubiger aber grundsätzlich dazu bewegen, eher auf den Insolvenzplan als auf die Regelinsolvenz zu setzen. e) Rechtszeitige Schließung des M&A-Prozesses? 151 In jedem Fall sollte verhindert werden, dass beim Erörterungs- und Abstimmungstermin gewissermaßen „die Tür aufgeht“ und noch ein Asset Deal-Interessent vor der Planabstimmung in die Gläubigerversammlung ein neues Angebot „hereinruft“, welches die Planlösung überbieten soll. Um solche Unsicherheiten der Vergleichsrechnung auf der „Zielgeraden“ zu vermeiden, werden alle Beteiligten – in Abstimmung mit dem (vorläufigen) Gläubigerausschuss – zu einem bestimmten Zeitpunkt den M&A-Prozess als beendet erklären und keine weiteren Angebotsabgaben mehr entgegennehmen. Auf dieser Basis kann dann nach „Schließung“ des M&A-Prozesses die voraussichtliche Endfassung des Plans erstellt werden. Solange der M&AProzess nicht abgeschlossen ist, wird das eine abschließende Planabfassung beeinträchtigen oder verhindern. ___________ 75) Zu eventuellen „taktischen Versuchungen“ des Planinitiators, den Asset Deal zu verhindern, und der Aufsichtsrolle des (vorläufigen) Sachwalters sowie insgesamt zu Möglichkeiten der Interessensteuerung im Rahmen eines Planverfahrens siehe oben Rn. 33 f.

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II. Einzelne Inhalte

Darauf, ob eine juristisch (noch) nicht 100-prozentig abgesicherte „Angebots- 152 Hoffnung“ eine Schlechterstellung i. S. d. § 245 Abs. 1 Nr. 1 oder des § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO beinhalten kann, wird bei den bezeichneten Vorschriften näher einzugehen sein (siehe unten Rn. 452). 6. Plan-Finanzierungsstruktur a) Bonität und Ziele des Investors Die Ziele des Investors werden häufig – insbesondere auch aus Sicht der 153 Arbeitnehmer, aber auch aus Sicht der Gläubiger – von Bedeutung sein. Sie sollten deshalb von den Gläubigern – insbesondere, wenn die Quote (ggf. auch) auch aus Erträgen gespeist werden soll – vor der Planzustimmung nach Möglichkeit detailliert hinterfragt werden. So manch ein Investor versucht, nach der Planlösung die vordergründig für die Quotenzahlung geleisteten Kaufpreise oder sonstigen Beträge wieder aus dem Unternehmen herauszuziehen. Soll die Insolvenzquote (auch) aus einem Drittzuschuss gespeist werden, 154 sind die Bonität des Drittzuschussgebers und seine Pläne für die Zukunft nach der Insolvenz von entscheidender Bedeutung. In vielen Fällen, wenn die Bonität des Drittzuschussgebers nicht unzweifelhaft ist, werden die Gläubiger gut beraten sein, darauf zu bestehen, dass der Drittzuschussbetrag spätestens zu Beginn des Abstimmungstermins auf einem getrennten Verfahrenssonderkonto eingezahlt worden ist. Weiter ist auch denkbar, dass der Eingang des Drittzuschussbetrags als 155 Planbedingung (vgl. § 249 InsO) definiert wird, also erst nach Eingang des Drittzuschussbetrags der Insolvenzplan vom Insolvenzgericht bestätigt wird. Diese Verbindung des Drittzuschusses mit einer Planbedingung hat aber den Nachteil, dass zur Finanzierungssicherheit im Abstimmungstermin keine Klarheit besteht. Wie immer bedeutet die Definition einer Planbedingung, dass letztlich ein Problem „geschoben“ wird (was im Einzelfall sinnvoll sein kann, um mit der Nachricht eines Abstimmungserfolgs zum Insolvenzplan zunächst einmal wieder „an den Markt zu gehen“). Häufig werden Drittzuschüsse zur Stabilisierung des Betriebs der Schuldnerin 156 für die Zeit nach Planrechtskraft an die Schuldnerin geleistet. Sofern dieser Drittzuschuss nicht im Rahmen eines Kapitalschnitts, auf das Grund- oder Stammkapital der Schuldnerin geleistet wird, sind in der Praxis vielfältige Konstruktionen zu beobachten. Zum Teil erfolgt die Zahlung z. B. in die freie Rücklage. Es sind Investorenlösungen beobachtet worden, in denen der Investor ein nachrangiges Darlehen an den Schuldner gewährt hat, was für die Zeit des Insolvenzplans zins- und tilgungsfrei mit einem Rangrücktritt versehen wird (Rückzahlung des Darlehens erst nach vollständiger Erfüllung des Insolvenzplans und Ausschüttung aller Plan-Zahlungen).

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C. Darstellender Teil

157 Insgesamt wird bei allen Dritt-Zuschusszahlungen eines Investors aus Gläubigersicht, auch in der Planüberwachungsphase, sorgfältig darauf geachtet werden, dass nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens kein „mittelbarer Abzug“ des Drittzuschusses erfolgt (z. B. durch Konzern-Umlagen an den neuen InvestorGesellschafter, durch Sicherheitsbestellungen der (früheren) Schuldnerin für andere Gruppengesellschaften des Investors oder auf sonstigem „verschleiertem“ Weg, z. B. durch Beiratsvergütungen oder angebliche Dienstleistungen des Investors für die Insolvenzschuldnerin). Eventuell sind deshalb – dann im gestaltenden Teil des Insolvenzplans oder durch eine bilaterale Vereinbarung zwischen der Schuldnerin und dem Investor – „Abzugssperren“ für die Phase der Quotenausschüttung des Insolvenzplans zu erwägen. Etwaig dahingehende Fragen – Einschränkungen des Investors für die Zeit nach der Insolvenz – sind auch Bestandteil des M&A-Prozesses. Ist der Investor mit solchen „Abzugssperren“ nicht einverstanden, kann hieran die Investorenlösung und damit der Insolvenzplan scheitern. 158 Hat der Investor seinerseits den Investitionsbetrag mittels Darlehensaufnahme finanziert, ist das Bestreben des Investors, dass der Schuldner etwas zurückzahlt oder sich selbst finanziert, in der Regel naheliegender als bei Investoren mit hohem Eigenkapital. 159 Zudem sollten aus Gläubigersicht nachteilige gesellschaftsrechtliche Änderungen nach Planrechtskraft und nach rechtskräftiger Aufhebung des Insolvenzverfahrens eventuell in den Blick genommen werden. Beispiel (für eine gesellschaftsrechtliche, nachteilige Änderung nach Planrechtskraft): Der Investor I gewährt der Insolvenzschuldnerin mit seiner Gesellschaft I-Investment GmbH zur Stabilisierung des Geschäftsbetriebs ein nachrangiges Darlehen von 5,0 Mio. EUR. Nach Planrechtskraft und Aufhebung des Insolvenzverfahrens wird die I-Investment-GmbH auf die Schuldnerin verschmolzen, so dass das Darlehen im Rahmen einer Verschmelzung auf die Schuldnerin eliminiert wird. Finanzinvestor oder operativ tätiger Investor? Auch mag es – insbesondere aus Sicht von Arbeitnehmern – von Interesse sein, bestimmte gesellschaftsrechtliche Änderungen nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens durch Abreden zum Insolvenzplan zu vermeiden. Finanzinvestoren werden oft relativ kurze Zeit nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens versuchen, „Kasse“ zu machen. Das geschieht, indem die Gesellschaftsanteile nach der Beendigung der Insolvenz – natürlich mit Gewinn – weiter veräußert werden. So sind Fälle denkbar, in denen einzelne Beteiligte durch Planregelungen – in der Regel wohl wieder durch bilaterale Vereinbarung zwischen Schuldnerin und Investor – sicherstellen wollen, dass zumindest für einen Übergangszeitraum keine Änderung in der Gesellschafterstruktur stattfindet oder das Eindringen bestimmter Gesellschafter verhindert wird.

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II. Einzelne Inhalte

Zudem kann von Bedeutung sein, ob der Investor für die Zeit nach der 160 Insolvenz plant, besonders wertvolle Assets aus der (vormaligen) Schuldnerin „herauszuziehen“ (z. B. Patente, Urheberrechte, Lizenzen, bestimmte Unternehmensbeteiligungen oder sonstige Werte). Vorstehende Absichten eines Investors können bei Ausschüttungen aus Er- 161 trägen bei einer längeren Planüberwachungsphase die Ausschüttungssicherheit beeinträchtigen. b) Finanzierungszwischenholding zur Insolvenzplanfinanzierung Gelegentlich ist zu beobachten, dass die Gesellschaftsanteile an der Schuld- 162 nerin (entweder im Wege einer Anteilsübertragung oder im Rahmen eines Kapitalschnitts) auf eine neue „Zwischenholding“, die die Funktion einer Finanzierungsholding76) übernimmt, übertragen werden. So sind „Drittzuschussketten“ zur Gewährleistung der Planquote denkbar. Beispiel (für eine Plan-Finanzierungsholding): Die Investorengesellschaft I-GmbH will ihren Drittzuschuss zur Gewährleistung und/oder Optimierung der Planquote nicht unmittelbar an die Schuldnerin leisten. Es wird auf dem vorbezeichneten Wege eine „Finanzierungs-Zwischenholding“ als neue Gesellschafterin der Schuldnerin kreiert. Der Drittzuschuss erfolgt dann vom Investor an die Zwischenholding und von der Zwischenholding an die Schuldnerin. Durch solche Zwischenholdinglösungen will der Planverfasser oft verhindern, dass die neue Gesellschafter- und/oder Investorenstruktur deutlich wird (z. B. auch Einschaltung einer ausländischen Zwischen-Finanzierungsholding ohne nachprüfbare Gesellschafterliste). Denkbar ist im Rahmen der Neustrukturierung der Finanzierung der Schuldne- 163 rin mittels Insolvenzplan bei einer „Zwischenholding“, dass bestimmte Darlehensverbindlichkeiten, die vorher bei der Schuldnerin zu passivieren waren, mittels Schuldübernahme auf die Zwischenholding „hoch geschoben“ werden. c) Bankensicht: Insolvenzplan als Alternative zur außerinsolvenzlichen Doppeltreuhand? Zur Planfinanzierung ist denkbar, dass die bisherigen kreditfinanzierenden 164 Institute – insbesondere, wenn sich zeitnah kein Investor findet – selbst versuchen, zunächst durch die Insolvenzplanlösung zügig die nachteiligen Effekte der Insolvenzeröffnung „abzustreifen“. So ist etwa vorstellbar, dass die finanzierenden Kreditinstitute gemeinsam eine Zwischenholding gründen und ___________ 76) Zu einer Zweckgesellschaft der Gläubiger, gegründet durch u. a. Einbringung der Gläubiger-Forderungen in diese Gesellschaft, vgl. Reul/Heckschen/Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, Rn. 208 ff. und zum Debt-Equity-Swap unter Rn. 244 ff.

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C. Darstellender Teil

wie vorstehend beschrieben im Rahmen der Insolvenzplanlösung die Beendigung der Insolvenz finanzieren. Dies kann insbesondere dann Sinn machen, wenn die Beendigung der Insolvenz zu einer erheblichen Wertschöpfung führt, weil z. B. nur durch die zügige Beendigung der Insolvenz bestimmte Vertragsbeziehungen erhalten bleiben können. 165 Da das ESUG mit Hilfe des (vorläufigen) Gläubigerausschusses nach § 22a Abs. 1, 2 InsO gerade auch aus Gläubigersicht eine weitgehende Steuerung des Insolvenzverfahrens ermöglicht, kann der Insolvenzplan auch eine Alternative zur sog. Doppeltreuhand darstellen.77) Bekanntlich versuchen Kreditinstitute häufig die Insolvenz zu vermeiden, weil die negativen Effekte der Insolvenz ebenfalls sehr erheblich sind (erhebliche Verfahrenskosten und negative Auswirkungen auf Kunden und Lieferanten). Zu diesem Zweck werden oft vorinsolvenzlich – gelegentlich durch einen gewissen Druck auf die Alt-Gesellschafter – die Gesellschaftsanteile auf einen in der Regel bankennahen Doppeltreuhänder übertragen (der sowohl die Interessen der beteiligten Kreditinstitute als auch die der Alt-Gesellschafter wahrnehmen soll).78) Die bessere Steuerungsfähigkeit des Insolvenzverfahrens aufgrund der Neuregelungen durch das ESUG mag im Einzelfall Anlass sein, darüber nachzudenken, anstatt einer vorinsolvenzlichen Doppeltreuhand eine Insolvenzplanlösung in Kombination mit Eigenverwaltung anzustreben. Insbesondere bei erheblichen Pensionsverbindlichkeiten auf der Passivseite der Bilanz oder anderen Verbindlichkeiten, die sich außerinsolvenzlich gar nicht oder nur „teuer“ eliminieren lassen, ist die Insolvenzplanlösung vorzugswürdig. Seit Inkrafttreten des ESUG hat es zudem Fälle einer Doppeltreuhand gegeben, die gezielt in ein Schutzschirmverfahren überführt wurden. So lassen sich ggf. die Vorteile der Doppeltreuhand mit der (vorläufigen) Eigenverwaltung kombinieren. 7. Straftaten 166 Wie schon oben ausgeführt (Rn. 21 ff.), ist gelegentlich insbesondere bei Schuldner- Insolvenzplänen der Versuch zu beobachten, eine im Regelverfahren zu versagende Restschuldbefreiung (sogar vorzeitig) mit Hilfe des Insolvenzplans zu erreichen. Vor diesem Hintergrund ist intensiver diskutiert worden, ob und in welchem Umfang im darstellenden Teil über Straftaten oder ggf. relevante strafrechtliche Ermittlungsverfahren berichtet werden muss. Dies gilt insbesondere, wenn diese Straftaten und/oder Ermittlungsverfahren im Regelverfahren dazu führen könnten, die Restschuldbefreiung zu versagen (vgl. auch oben Rn. 18, zur Empfehlung, vom Schuldner eine Vollständigkeitserklärung als Plananlage zu verlangen).

___________ 77) Vgl. Achsnick, Die doppelnützige Treuhand in der Insolvenz, S. 1 ff. 78) Vgl. Achsnick, ebenda.

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II. Einzelne Inhalte

Zum Komplex hat der BGH mit Entscheidung vom 13.10.2011 (IX ZB 37/08, 167 ZIP 2012, 18779), Vorinstanz: LG Berlin80)) folgenden Leitsatz aufgestellt: „Werden in den darstellenden Teil des Insolvenzplans die vom Schuldner begangenen Insolvenzstraftaten (§§ 283 – 283c StGB) nicht aufgenommen, ist die Bestätigung des Plans nur zu versagen, wenn der Plan auf eine Unternehmensfortführung abzielt.“

Der BGH-Fall betraf einen Insolvenzplan, dessen Quote ausschließlich durch 168 einen Drittzuschuss gewährleistet wurde. Zudem sollte das Unternehmen der natürlichen Person nach den Planregelungen liquidiert werden. Der BGH führt in den Gründen auszugsweise Folgendes aus: „(8) b) Der Mindestinhalt des darstellenden Teils eines Insolvenzplans ist nicht in das freie Belieben des Planverfassers gestellt. Ob zu den nach § 220 Abs. 2 InsO gebotenen Angaben auch die Mitteilung von Verfahren wegen Insolvenzstraftaten des Schuldners gehören, bestimmt sich danach, ob diese Angaben für die Entscheidung der Gläubiger über die Zustimmung zum Plan erheblich sind. Beabsichtigt der Schuldner nicht, das Unternehmen fortzuführen, ist es nicht geboten, etwaige Insolvenzstraftaten im Plan aufzuführen. (9) aa) Nach § 220 Abs. 2 InsO muss der darstellende Teil eines Insolvenzplans alle Angaben zu den Grundlagen und den Auswirkungen des Plans enthalten, die für die Entscheidung der Gläubiger über die Zustimmung zum Plan und für dessen gerichtliche Bestätigung erheblich sind. … Der Gesetzgeber hat durch die weite Formulierung der Vorschrift lediglich auf eine für alle Fälle verbindliche Vorgabe verzichtet und die Entscheidung, welche Angaben die Gläubiger benötigen, für jeden Einzelfall zunächst dem Planverfasser und sodann gemäß §§ 231 Abs. 1 Nr. 1, 250 Nr. 1 InsO dem Insolvenzgericht übertragen … (10) Die Verwendung des Wortes „soll“ in § 220 Abs. 2 InsO bedeutet nicht, dass die geforderten Angaben fakultativ sind … (12) Der Senat hat in seinem Beschluss vom 19.5.2009 (IX ZB 236/07, ZIP 2009, 1384)81) im Hinblick auf den Versagungsgrund des § 290 Abs. 1 Nr. 2 InsO bereits verneint, dass der Schuldner im Insolvenzplan im Einzelnen die Gründe darzulegen hat, aus denen ein Gläubiger die Versagung der Restschuldbefreiung beantragen könnte. Eine derartige Pflicht stünde mit der den Gläubigern gemäß § 251 Abs. 2, 290 Abs. 2, 297 Abs. 2 InsO treffenden Darlegungs- und Beweislast nicht in Einklang …“

Die Frage war bisher strittig. Wie aus dem Leitsatz ersichtlich, hat der BGH 169 dann, wenn die Quotenquelle nicht aus einer Fortführung des Unternehmens folgt, eine Angabepflicht bezüglich von restschuldbefreiungsrelevanten Straftaten verneint. Die Entscheidung ist die konsequente Fortführung der Entscheidung des BGH vom 19.5.2009 (a. a. O.). ___________ 79) Vgl. dazu EWiR 2012, 215 (Rendels/Körner) und H. P. Roth, ZInsO 2012, 727. 80) LG Berlin, Beschl. v. 27.12.2007 – 86 T 657/07, ZIP 2008, 324, dazu EWiR 2008, 411 (Bähr). 81) Dazu EWiR 2010, 29 (Lau).

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C. Darstellender Teil

170 Beim Insolvenzplan über das Vermögen einer juristischen Person gilt die Entscheidung für etwaige Straftaten der Geschäftsführungsorgane. Da es dem BGH um die Quotensicherheit geht, dürfte dann, wenn „belastete“ Geschäftsführungsorgane vor Beginn des Abstimmungstermins ausgewechselt werden, ebenfalls an einer Berichtspflicht zu Straftaten vormaliger Geschäftsführer fehlen. 8. Haftungsansprüche, Insolvenzanfechtung, sonstige Ansprüche 171 Da das Insolvenzplanverfahren in der Regel auf eine zügige Beendigung der Insolvenz abzielt, ist die umfassende Aufarbeitung und Bewertung von Haftungsansprüchen (z. B. nach § 64 Satz 1 GmbHG) gegen Geschäftsführer oder sonstige Organe oft ebenso schwierig wie die umfassende Ermittlung und Bewertung von Insolvenzanfechtungsansprüchen. Der kaufmännische Vorteil der zügigen Beendigung der Insolvenz muss im Einzelfall gegen Schwierigkeiten bei der Ermittlung und Durchsetzung von Haftungs- und Insolvenzanfechtungsansprüchen abgewogen werden. Zu den Anforderungen des darstellenden Teils in Bezug auf diese Ansprüche hat der BGH in seinem Beschluss vom 15.7.2010 (IX ZB 65/10, ZIP 2010, 1499) Folgendes ausgeführt: „(41) c) Dem Plan war schließlich entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht gemäß § 250 Nr. 1 InsO die Bestätigung zu versagen, weil er den Anforderungen des § 220 Abs. 2 InsO an den Inhalt des darstellenden Teils nicht entsprochen hätte. (42) Nach § 220 Abs. 2 InsO muss der darstellende Teil eines Insolvenzplans alle Angaben zu den Grundlagen und den Auswirkungen des Plans enthalten, die für die Entscheidung der Gläubiger über die Zustimmung zum Plan und für dessen gerichtliche Bestätigung erheblich sind. (43) Bindende, in allen Planverfahren einzuhaltende Vorgaben können dabei schon wegen der Vielzahl der in Betracht kommenden Pläne sowie der unterschiedlichen Schuldner nicht gemacht werden. Diese sind vom Umfang und der jeweiligen wirtschaftlichen Bedeutung des Unternehmens abhängig … (44) Ein wesentlicher Verstoß i. S. d. § 250 InsO gegen die Verfahrensvorschrift über den Inhalt des darstellenden Teils des Insolvenzplans liegt dann vor, wenn es sich um einen Mangel handelt, der Einfluss auf die Annahme des Insolvenzplans gehabt haben könnte. … (46) aa) Forderungen gegen die Gesellschafter sind im Insolvenzplan mit einem Buchwert von 9.040.984,75 EUR sowie einem Erinnerungswert von 1,00 EUR angegeben, für den Fall der Regelabwicklung des Insolvenzverfahrens mit 4.520.000,00 EUR. Die Werte sind in den Erläuterungen des Planverfahrens im Einzelnen begründet … (47) Notwendiger Inhalt des darstellenden Teils des Insolvenzplans ist es, die Gläubiger auf derartige Darlehensforderungen hinzuweisen und diese zu bewerten, um eine Grundlage für die Abstimmung oder gegebenenfalls zuvor für Nachfragen und Erörterungen zu schaffen. (48) Umfassende Ausführungen zu Details sind dagegen nicht zu verlangen. …

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II. Einzelne Inhalte (49) bb) Beanstandet haben die Rechtsbeschwerdeführer weiter, dass eine Prüfung des Zeitpunkts der objektiven Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht stattgefunden habe und deshalb mögliche Ansprüche gegen die Geschäftsführer … aus § 64 GmbHG nicht hätten beziffert werden können und daher im Insolvenzplan nicht berücksichtigt worden seien. (50) Im Insolvenzplan … sind derartige Ansprüche angeführt, mit einem Erinnerungswert von 1,00 EUR bewertet und … erläutert. Dargestellt werden die Grundlagen eines Anspruchs nach § 64 GmbHG. Es wird ausgeführt, dass zunächst der maßgebliche Zeitpunkt festgestellt werden müsste, dass aber der insoweit zu untersuchende Sachverhalt noch nicht vollständig aufbereitet sei …; deshalb werde nur ein Merkposten in Ansatz gebracht. (51) Maßgebend und ausreichend ist auch hier, dass die möglichen Ansprüche aufgeführt und erörtert sind, auch wenn im Zeitpunkt der Planerstellung keine abschließende Beurteilung möglich ist. … (55) Der Insolvenzplan enthält Ausführungen zu bestehenden Anfechtungsansprüchen in Höhe von 472.555,09 EUR. … (56) Bestehende Anfechtungsansprüche sind, wenn sie für das Insolvenzverfahren von Bedeutung sind, in den darstellenden Teil aufzunehmen. …“

Zusammengefasst wird man festhalten können, dass der BGH in Bezug auf 172 die vorstehend behandelten Anspruchskomplexe (Insolvenzanfechtungs- und Haftungsansprüche) und den darstellenden Teil Ausführungen dem Grunde nach als grundsätzlich ausreichend ansieht. Jedenfalls in den Konstellationen, in denen eine ausführliche Aufarbeitung noch nicht möglich war, genügen nach dem BGH auch pauschale Hinweise. Zu Insolvenzanfechtungsansprüchen, die bereits abschließend ermittelt wurden, ist dagegen deren ausführliche Aufnahme in den darstellenden Teil auf der Grundlage der BGH-Rechtsprechung dringend zu empfehlen. Zwar signalisieren die vorstehend wiedergegebenen Rechtsgrundsätze des 172a BGH zu den Anforderungen an den darstellenden Teil in Bezug auf Insolvenzanfechtungs- und Haftungsansprüche eine gewisse Großzügigkeit. Tendenziell „strenger“ klingen aber einige Instanzgerichte, wie etwa AG Hamburg, Beschl. v. 20.5.2014 – 67c IN 232/13, ZIP 2014, 1601: „Die … vorgesehene Anfechtungsvorbehaltsklausel ist unsubstantiiert und geht daher – zum Nachteil einer Vergleichsrechnung – ins Leere. Um eine Vergleichsrechnung durchführen zu können, muss der Planvorlegende aufführen, welche Anfechtungsklagen noch bis zur Verfahrensaufhebung im Wege der Planbestätigung rechtshängig gemacht werden können. Die Klage muss bei Verfahrensaufhebung bereits rechtshängig sein …“

Im Einzelfall ist von den Verfassern leider öfter beobachtet worden, dass insbesondere im Rahmen eines Schuldner-Insolvenzplans in Kombination mit der Eigenverwaltung auch taktische Erwägungen eine Rolle spielen können, wonach Insolvenzanfechtungs- und Haftungsansprüche bewusst in den Hintergrund treten sollen. Eine ehrliche Vergleichsrechnung erfordert deshalb auch einen ehrlichen und transparenten Umgang mit in Betracht kommenden Insolvenzanfechtungs- und Haftungsansprüchen aller Art gegen alle Beteiligten.

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C. Darstellender Teil

173 Bestehen Darlehensansprüche oder sonstige Ansprüche gegen Gesellschafter, sind diese im darstellenden Teil zu beschreiben.82) 9. Übersichten: Eckdaten, Verfahrensdaten und Zustelladressen 174 Weiter sollte sich der Planverfasser betr. den darstellenden Teil insbesondere in die Perspektive des Richters oder Rechtspflegers versetzen. Das Gericht wird möglicherweise mit einzelnen Gläubigern oder Gläubigerausschussmitgliedern Kontakt aufnehmen wollen. Zumindest ist der Insolvenzplan nach § 232 InsO vom Gericht dem Gläubigerausschuss, dem Betriebsrat, einem Sprecherausschuss, dem Schuldner oder dem Insolvenzverwalter und weiteren Beteiligten zuzustellen. 175 Ähnlich wie die Eröffnungsgutachten zur Vorbereitung der Insolvenzeröffnung sollte deshalb jeder Insolvenzplan im vorderen Teil eine Übersicht über wesentliche Verfahrensdaten und Adressen der wesentlichen Beteiligten enthalten. Dazu gehört mithin insbesondere, dass die Verfahrensdaten in übersichtlicher Form tabellarisch dargestellt werden, ebenso wie die Adressen wichtiger Hauptgläubiger, der beteiligten Finanzämter, der beteiligten Sozialversicherungskassen, Anschriften der Betriebsratsmitglieder und Anschriften der Gläubigerausschussmitglieder. Das Gericht muss mit einem kurzen Blick auf diese Übersichten in der Lage sein, alle Zustellungen nach § 232 InsO komplett zu veranlassen, ohne dass Rückfragen beim Planverfasser notwendig sind. 176 Neben den rechtlichen Verhältnissen des Schuldners können die wirtschaftlichen Eckdaten in tabellarischer Form übersichtlich dargestellt werden (u. a. Sitz, Grund-/Stammkapital, Gesellschafter, Geschäftsjahr, Datum des letzten vorliegenden Jahresabschlusses, wichtige Bilanzkennzahlen wie Umsatzerlöse, Bilanzsumme, EBIT, EBITDA sowie Anzahl der Mitarbeiter etc.).83) 10. Geheimhaltung? 177 Durch die Rechtsprechung noch wenig geklärt ist die Frage, inwieweit der darstellende Teil aufgrund von Geheimhaltungsinteressen, speziell des Schuldners Kürzungen oder Auslassungen enthalten darf oder muss. Sensible Kundenlisten oder Kalkulationsdaten, die die Konkurrenz in die Lage versetzen könnten, dem Schuldner nachhaltig Wettbewerb zu bereiten, gehören keinesfalls in den darstellenden Teil.84)

___________ 82) Paul, ZInsO 2011, 610. 83) Vgl. Rendels/Zabel, in: Kübler, HRI, 2. A., § 52 S. 1312 u. 1321 zur Auflistung der rechtlichen und wirtschaftlichen Eckdaten des Schuldners. 84) Zu Geheimhaltungsfragen vgl. auch Geiwitz/Käfferlein, in: Kübler, HRI, 2. A., § 25 Rn. 124.

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III. Bildung von Gläubiger-Gruppen

Denkbar ist zudem, dass insbesondere gesicherte Großgläubiger in Inte- 178 ressenkollisionen geraten, was für ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse sprechen kann. Beispiel (für Interessenkollisionen eines Sicherungsgläubigers): Die bundesweit tätige D-Bank ist durch Grundpfandrechte und umfassende Sicherungsübereignungsverträge am Anlage- und Umlaufvermögen des Stahlkochers, X-GmbH, gesichert. Die D-Bank hat insbesondere den unmittelbaren Wettbewerber der Schuldnerin ebenfalls als Bankkunden finanziert, und dieser Wettbewerber interessiert sich – unter reinen Zerschlagungsgesichtspunkten – für einzelne Gegenstände des Anlage- und Umlaufvermögens der Schuldnerin. Hier ist – alles einzelfallabhängig – vorstellbar, dass bestimmte Informationen im Rahmen des M&A-Prozesses oder sonstige Unternehmensdaten nicht an die bezeichnete Bank weitergegeben werden dürfen. Erwägenswert ist, weite Teile des darstellenden Teils nur auf der Geschäfts- 179 stelle des Gerichts niederzulegen. Dann kann das Insolvenzgericht im Rahmen von § 4 InsO i. V. m. § 299 Abs. 1 oder Abs. 2 ZPO im Einzelfall darüber eine Entscheidung treffen, wer Akteneinsicht auf der Geschäftsstelle nehmen darf.85) 11. Kürzungsmöglichkeiten? Für weitere Kürzungsmöglichkeiten wird nach der Art des Insolvenzplans 180 zu differenzieren sein: Bei einem Insolvenzplan, der eine Gläubigerbefriedigung auch aus Erträgen vorsieht, sind zur Quotenquelle und zur Quotensicherheit genauere und mehr Ausführungen erforderlich als bei einem reinen Drittzuschussplan. Weiter wird nach der Größe des Schuldnerunternehmens zu differenzieren 181 sein. Bei einem „kleinen“ Freiberufler muss der Insolvenzplan kürzer ausfallen als bei einer börsennotierten Aktiengesellschaft. III. Bildung von Gläubiger-Gruppen 1. Überblick a) Struktur des § 222 InsO, Fehlerfolge § 222 Abs. 1 Satz 1 InsO bestimmt, dass zwingend Beteiligte mit unter- 182 schiedlicher Rechtsstellung auch in unterschiedliche Gruppen eingruppiert werden müssen. § 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 – 4 InsO konkretisiert die zwingenden Gruppen wie folgt: Bei entsprechenden Eingriffen ist die Gruppe der absonderungsberechtigten Gläubiger zu bilden, ferner die Gruppe der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger, die Gruppe der nachrangigen Insolvenzgläubiger (bei fehlendem Forderungserlass) sowie – neu eingeführt ___________ 85) Vgl. zu Geheimhaltungsfragen Geiwitz/Käfferlein, in: Kübler, HRI, 2. A., § 25 Rn. 124.

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C. Darstellender Teil

durch das ESUG – die Gruppe der am Schuldner beteiligten Personen bei Eingriffen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte. 183 § 222 Abs. 2 InsO ergänzt dann die vorstehende Gruppenbildung (nach Rechtskriterien) durch die Erlaubnis „aus den Beteiligten mit gleicher Rechtsstellung“ Gruppen zu bilden, „in denen Beteiligte mit gleichartigen wirtschaftlichen Interessen zusammengefasst werden“. In diesem Rahmen erlaubt § 222 Abs. 2 Satz 2 InsO alles, was „sachgerecht voneinander abgegrenzt“ wird. § 222 Abs. 2 Satz 3 InsO bestimmt, dass die Abgrenzungskriterien nebst vertiefender Begründung – nach diesseitiger Ansicht im darstellenden Teil – anzugeben sind. 184 Als „Faustregel“ wird man festhalten können, dass dann, wenn sich eine Gruppenbildung nicht von selbst erklärt oder/und die Gruppenbildung tendenziell auf eine bestimmte Mehrheitsbeschaffung hindeutet, die Begründungsanforderungen nach § 222 Abs. 2 Satz 3 InsO steigen. 185 Verstößt die Gruppenbildung gegen § 222 InsO (oder gegen sonstige zwingende Vorschriften), liegt ein Inhaltsverstoß nach § 250 Nr. 1 InsO vor, der grundsätzlich zwingend die Versagung der Bestätigung des Insolvenzplans zur Folge haben muss. Schon aus diesem Grunde muss das Insolvenzgericht – was das ESUG in § 231 Abs. 1 Nr. 1 InsO betont hat (zur Kontrolldichte siehe unten Rn. 188 ff., 194) – bereits im Rahmen der Vorprüfungen des Insolvenzplans die Gruppenbildung besonders beachten. b) Mehrheitsbeschaffung und Gläubiger(un-)gleichbehandlung 186 Neben der Mehrheitsbeschaffung kann der Planverfasser durch die Gruppenbildung eine Modifikation des allgemeinen insolvenzrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes (§ 1 InsO) bewirken. Durch den Insolvenzplan gleich zu behandeln sind nämlich nach § 226 Abs. 1 InsO – nur – Gläubiger innerhalb der Gruppe. Beispiel (für eine Ungleichbehandlung der Gruppen durch den Insolvenzplan): Der Schuldner S hat vorinsolvenzlich besonderen Ärger mit seinem SummenMehrheitsgläubiger, dem Finanzamt, was Insolvenzauslöser ist. Der Planverfasser erwägt die Bildung von drei Gruppen, nämlich das Finanzamt in der Gläubigergruppe 1, der Steuerberater des Schuldners soll die Gruppe 2 bilden und der Rechtsanwalt des Schuldners die Gruppe 3. Lösung: Unterstellt – bei intensiver sachgerechter Begründung (vgl. § 222 Abs. 2 Sätze 1 – 3 InsO) – diese Gruppenbildung sei rechtmäßig, können den Gläubigern der unterschiedlichen Gruppen grundsätzlich unterschiedliche Insolvenzquoten zu-

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III. Bildung von Gläubiger-Gruppen

gewandt werden. Ohne Insolvenzplan hätten alle Gläubiger gleich behandelt werden müssen.86) Will der Planverfasser – was nur ganz ausnahmsweise möglich sein wird – in- 187 nerhalb der Gruppe eine unterschiedliche Behandlung herbeiführen, ist gem. § 226 Abs. 2 InsO die Zustimmung „aller betroffenen Beteiligten“ (so § 226 Abs. 1 Satz 1 InsO) erforderlich, d. h. die Zustimmung aller benachteiligten Beteiligten, insbesondere der benachteiligten Gruppenmitglieder.87) c) Taktische Fragen In der Praxis wird in der Regel mit einer ungeraden Anzahl von Gruppen 188 gearbeitet, um bei der Abstimmung eine Patt-Situation zu verhindern. Ein solches Patt stünde nämlich der Anwendung des § 245 InsO (zum Obstruktionsverbot siehe unten Rn. 450 ff.) entgegen (vgl. § 245 Abs. 1 Nr. 3 InsO: „… Mehrheit der abstimmenden Gruppen“). Soweit einzelne opponierende Gläubiger gegeben sind, sollte geprüft werden, ob diese innerhalb einer Gruppe so eingruppiert werden können, dass sie mittels Gruppenmehrheit überstimmt werden (zu dem dann noch immer möglichen Minderheitenschutzantrag vgl. unten Rn. 499 ff.). 2. Kontrolldichte durch das Insolvenzgericht? a) Grundsatz: §§ 245, 251 InsO als „Korrekturfaktor“ Grundsätzlich ist zur Gruppenbildung im Rahmen des § 222 Abs. 1 – 3 InsO 189 von einem weiten Gestaltungsspielraum der Planverfasser auszugehen. Insbesondere die diversen Verbote zur Schlechterstellung durch den Insolvenzplan (im Vergleich zur Regelabwicklung) gem. § 245 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Nr. 3 InsO sowie in § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO setzen nämlich ihrerseits etwaigen Manipulationsmöglichkeiten zur Mehrheitsbeschaffung – zu Lasten ohne Insolvenzplan gleichrangiger Gläubiger – Grenzen.88) ___________ 86) Es drängt sich in dem vorstehenden – etwas provokativen – Beispiel eine missbräuchliche Gruppenbildung auf. Die Eingruppierung des Finanzamtes in Gruppe 1 wegen der unterschiedlichen Rechtsstellung (im Vergleich zu den beiden anderen einfachen Insolvenzgläubigern) ist aber grundsätzlich denkbar. Evtl. könnte der Planverfasser zur Gruppenbildung in dem angeführten Beispiel – alles sehr einzelfallabhängig – damit argumentieren, dass z. B. ein Berater an der Fortsetzung der Geschäftsverbindung interessiert ist, der andere Berater nicht, was, alles einzelfallabhängig, evtl. eine sachgerechte Abgrenzung i. S. d. § 222 Abs. 2 InsO beinhalten könnte. Unterschiedliche Quoten für die Gruppen 1 bis 3 würden im Beispielsfall die Anwendbarkeit des Obstruktionsverbotes ausschließen, vgl. §§ 245 Abs. 1 Nr. 2 u. Abs. 2 Nr. 3 InsO, so dass am Widerstand der Gruppe 1 der Plan scheitern würde. 87) Weitere Einzelheiten zu der wohl eher seltenen unterschiedlichen Behandlung innerhalb der Gruppe, vgl. Thies, in: HambKomm/InsO, § 226 Rn. 3 ff.; Kreft/Flessner, InsO, § 226 Rn. 3. 88) So auch zutreffend Braun/Braun/Frank, InsO, § 222 Rn. 15; siehe auch das vorstehende Beispiel unter Rn. 186.

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C. Darstellender Teil

190 Allerdings müssen in der Begründung der Gruppenbildung die rechtlichen und sachgerechten wirtschaftlichen Abgrenzungskriterien (vgl. § 222 Abs. 1, 2 InsO und vorstehend unter Rn. 183 f.) so detailliert und nachvollziehbar sein, dass das Gericht und die außenstehenden Gläubiger die zutreffende Subsumtion des § 222 InsO nachvollziehen können. Versuche, durch geschickte Gruppenbildung eine deutliche Summenmehrheit zu „brechen“, können ein Missbrauchsindiz sein, was erhöhte Begründungslasten auslöst. Eine „schwache“ oder fehlende Begründung einer geschickten Gruppenbildung kann deshalb einen Inhaltsverstoß nach § 250 Nr. 1 InsO darstellen. Somit liegt die Darlegungslast für eine ordnungsgemäße Gruppenbildung beim Planarchitekten. Bei einer geschickten und guten Begründung ist im Rahmen des § 222 InsO ein weiter Gestaltungsspielraum des Planarchitekten gegeben. Substantiierung und Transparenz der Vergleichsrechnung(en)? 191 In diesem Zusammenhang wird das Insolvenzgericht vor allem kritisch würdigen, falls die Vergleichsrechnung des Insolvenzplans (die für eine effektive Umsetzung der Schutzvorschriften nach §§ 245 Abs. 1 Nr. 1 und 2, Abs. 2 Nr. 3 und §§ 251 Abs. 1 Nr. 2, 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO von zentraler Bedeutung ist) „dünn“ ausfällt. Insbesondere bei einem Schuldner-Insolvenzplan – vor allem bei einem sog. Null-Plan ohne Quote oder bei einer auffällig niedrigen Quote – ist zur Vergleichsrechnung die kritische Gegenprüfung durch den (vorläufigen) Sachwalter oder Insolvenzverwalter angezeigt (siehe oben Rn. 8 ff.)! 192 Zur Nachprüfbarkeit der Gruppenbildung im Insolvenzplan hat der BGH (im Rahmen einer Rechtsbeschwerde) in seinem Beschluss vom 3.11.2011 (IX ZA 86/11, NZI 2012, 141) Folgendes ausgeführt: „(2) … Die Annahme des Beschwerdegerichts, die Gläubiger der Gruppe 3 würden durch den vom Schuldner vorgelegten Plan schlechter gestellt, als bei der Durchführung des Insolvenzverfahrens, ist eine überwiegend in den Verantwortungsbereich des Tatrichters fallende Prognoseentscheidung und kann …“

193 Im zuvor wiedergegebenen BGH-Fall hatte ein Schuldner versucht, Forderungen aus unerlaubter Handlung mittels Insolvenzplan zu kassieren und war in diesem Bemühen entweder an § 245 InsO oder an § 251 InsO wegen Schlechterstellung der Deliktsgläubiger im Vergleich zur Regelabwicklung gescheitert. b) ESUG: Intensivere Eingangskontrolle? 194 Das ESUG hat durch die Ergänzung der zitierten Norm verdeutlicht, dass das Gericht darauf zu achten hat, ob die Gruppenbildung sachgerecht erfolgt ist.89) In der Gesetzesbegründung ist aber nicht ausgeführt worden, dass ___________ 89) Vgl. z. B. die Begründung im Referentenentwurf zum ESUG zu Art. 1 (Änderung der InsO), dort zu Ziff. 20 (= S. 48 des RefE); Einfügung des Satzteils „insbesondere zur Bildung von Gruppen“ durch das ESUG als Gegenstand der Prüfung nach § 231 InsO.

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III. Bildung von Gläubiger-Gruppen

hierdurch die Kontrolldichte – im Vergleich zur Rechtslage vor der ESUGReform – intensiviert werden sollte. Dagegen spricht auch, dass die übrige Systematik der InsO (vorstehend unter Rn. 189 ff. beschrieben) vom ESUG nicht geändert wurde. Daher ist nicht anzunehmen, § 231 Abs. 1 Nr. 1 InsO habe durch das ESUG die Kontrollbefugnis des Gerichts in Bezug auf die Gruppenbildung erhöht. Gleichwohl muss das Gericht – ggf. anhand der Stellungnahmen einzelne Gläubiger und/oder der Begründung der Gruppenbildung im Plan unter Einschluss einer kritischen Würdigung der Vergleichsrechnungen (vgl. soeben Rn. 190 f.) – selbstverständlich durch den Planverfasser in die Lage versetzt werden, § 222 InsO zu subsumieren. 3. Zwingende Gruppen a) Absonderungsberechtigte aa) Eingriff? Sofern der Insolvenzplan nichts regelt, werden die Absonderungsrechte vom 195 Insolvenzplan „nicht berührt“ (vgl. § 223 Abs. 1 Satz 1 InsO). Anders gewendet: Nur bei einem rechtserheblichen Plan-Eingriff ist die Bildung der Gruppe der betroffenen Absonderungsberechtigten erforderlich und zulässig. Es fragt sich, wann ein Absonderungsrecht i. S. d. § 223 Abs. 1 Satz 1 InsO 196 „berührt“ ist. § 223 Abs. 2 InsO erwähnt hier ausdrücklich Fälle der Kürzung von Absonderungsrechten und der Stundung sowie die „sonstigen Regelungen“. Beispiel (Formulierungsbeispiel einer planeingreifenden Stundung): Im gestaltenden Teil90) des Insolvenzplans wird geregelt: „Die Grundpfandrechte der Gläubiger der Gruppe 1 (absonderungsberechtigte Grundpfandgläubiger) können so lange und soweit der Schuldner mit den Zahlungen nach diesem Insolvenzplan nicht in einen erheblichen Planrückstand gerät, nicht geltend gemacht werden. Mit vollständiger Erfüllung des Insolvenzplans gehen die Absonderungsrechte der Gruppe 1 unter und der Schuldner hat einen Löschungsanspruch.“ Anmerkung hierzu: Da im Falle einer Regelabwicklung die Absonderungsberechtigten die Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung betreiben könnten, wirkt die vorstehende Planregelung – im Vergleich zur Regelabwicklung – zunächst wie eine Stundung, dann letztlich wie ein Rechtsverzicht. Ein „Berühren“ im vorstehenden Sinne kann in rechtlicher oder wirtschaft- 197 licher Hinsicht erfolgen. In rechtlicher Hinsicht ist ein „Eingriff“ im vorstehenden Sinne immer dann anzunehmen, wenn – im Vergleich zur Regelabwicklung – sich in irgendeiner Weise, eventuell auch nur mittelbar, die ___________ 90) Zur Abgrenzung darstellender/gestaltender Teil siehe oben Rn. 116 ff. und unten Rn. 281 – 283; um die Darstellung nicht „auseinanderzureißen“ wird der „Eingriff“ hier behandelt, obwohl es sich um die Wirkung des gestaltenden Teils handelt.

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C. Darstellender Teil

Rechtsposition des Absonderungsberechtigten im Vergleich zur Regelabwicklung verändert oder verschlechtert.91) Teilweise wird diese rein juristische Betrachtung mit wirtschaftlichen Erwägungen kombiniert. So soll kein Eingriff in ein Absonderungsrecht vorliegen, wenn nur – ohne ausdrückliche Planregelung zum Absonderungsrecht – die zugrunde liegende Forderungen gestundet oder erlassen werden, solange die Restforderungen noch bei wirtschaftlicher Betrachtung vom Absonderungsrecht gedeckt sind.92) Beispiel (für eine rechtliche, aber nicht wirtschaftliche Kürzung eines Absonderungsrechts): Die X-Bank hat gegen den Schuldner S eine Forderung von 5,0 Mio. EUR. Sie ist im Grundbuch durch eine Grundschuld mit Nennbetrag (ohne Zinsen) in gleicher Höhe gesichert. Das Grundstück möge aber (zu einzelnen Bewertungsfragen Rn. 200 ff.) nur einen Wert von 3,0 Mio. EUR haben. Hier könnte man vertreten, dass dann, wenn – nur – die Forderung mittels Insolvenzplan von 5,0 auf 3,0 Mio. EUR gekürzt wird, kein Planeingriff in das Absonderungsrecht vorliegt. 198 Eine solche Interpretation ist indes wohl nicht zutreffend. Zunächst werden in rechtlicher Hinsicht (sofern es sich nicht ohnehin um eine streng akzessorische Sicherheit handelt) Forderungen und Absonderungsrechte durch eine Sicherungsabrede miteinander verbunden sein, so dass die Kürzung des Forderungsrechts – rechtlich – auch zu Lasten des Sicherungsrechts wirkt. Im Hinblick auf die weite Formulierung in § 223 Abs. 1 Satz 1 InsO „berührt“, wollte der Gesetzgeber wohl auch mögliche Grenzfälle eines Planeingriffs derart einbeziehen, dass eine Gruppenbildung erforderlich ist. Dafür spricht weiter, dass sich in vielen Fällen über die richtige Bewertung des Wertes der Sicherheit streiten lässt, so dass der rein – im Vergleich zur Regelabwicklung – auch nur mittelbar rechtlich durch den Insolvenzplan negativ betroffene Absonderungsberechtigte ein Teilhaberrecht am Planverfahren in Form einer zwingenden Gruppenbildung haben sollte.93) 199 Häufig – sofern nicht mit allen absonderungsberechtigten Gläubigern durch bilaterale Abreden außerhalb des Insolvenzplans eine andere Abrede getroffen wird – wird schon aus Liquiditätsgründen ein Eingriff in Absonderungsrechte in Form einer Stundung oder Kürzung notwendig sein.94) ___________ 91) Vgl. auch Kreft/Flessner, InsO, § 223 Rn. 3. 92) Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, § 222 Rn. 5; hiernach sollen also Kürzungen des Forderungsrechts nur dann als Eingriff in das dingliche Recht zu werten sein, wenn das Forderungsrecht so weit gekürzt wird, dass die Sicherheit bei wirtschaftlicher Betrachtung an Wert verliert. 93) Vgl. auch Kreft/Flessner, InsO, § 223 Rn. 3. 94) Von der Frage der Notwendigkeit einer Gruppenbildung nach § 223 Abs. 1 Satz 1 InsO ist zu differenzieren, welche Gruppenerklärungen im Rahmen der §§ 245, 251 InsO einem überstimmten Absonderungsberechtigten gegen dessen Willen aufgezwungen werden können; zur Kreditverlängerung wider Willen der überstimmten Gruppe als Kreditgeber vgl. unten Rn. 454 f. im Zusammenhang mit §§ 245, 251 InsO.

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III. Bildung von Gläubiger-Gruppen

bb) Mischgruppenverbot: Fortführungs- oder Zerschlagungswert zur Ausfallberechnung? Nach der grundlegenden Konsum-Entscheidung des BGH (7.7.2005 – IX 200 ZB 266/04, ZIP 2005, 1648 ff.) gilt das sog. Mischgruppenverbot. Im ersten Leitsatz der zitierten Entscheidung hält der BGH fest: „Im Rahmen eines Insolvenzplans ist die Bildung einer Gruppe, die Gläubiger mit werthaltigen und nicht werthaltigen Absonderungsrechten in sich vereint, grundsätzlich unzulässig.“

Beispiel (für eine unzulässige Mischgruppe): Das Kreditinstitut X ist Inhaberin einer Forderung von 5,0 Mio. EUR und eines Grundpfandrecht im Nennbetrag (ohne Zinsen) ebenfalls von 5,0 Mio. EUR. Die Grundstücksbewertung (zu Bewertungsfragen sogleich) ergibt, dass bei einer freihändigen Veräußerung max. 4,0 Mio. EUR als Erlös zu erwarten sind. In diesem Fall ist die X-Bank bei wirtschaftlicher Betrachtung in Höhe von 1,0 Mio. EUR ungesichert. Mit diesem ungesicherten Teil der Forderung darf deshalb die X-Bank nicht in die Gruppe der – werthaltig gesicherten – Absonderungsberechtigten eingruppiert werden. In Höhe des ungesicherten Teils ist die X-Bank ggf. als Gläubigerin „abzuspalten“ und in Höhe des zu erwartenden Ausfalls als ungesicherte Gläubigerin in eine weitere Plangruppe, die Gruppe der ungesicherten Gläubiger, einzugruppieren. Hintergrund dieser (zutreffenden) Entscheidung ist, dass die Absonderungs- 201 berechtigten auch durch den Insolvenzplan grundsätzlich zu 100 % (ggf. abzüglich Kostenbeiträge) bedient werden müssen. Würden bei wirtschaftlicher Betrachtung ungesicherte Forderungsanteile oder Anteile eines nicht werthaltigen Absonderungsrechts voll bedient, ginge dies zu Lasten der übrigen – ungesicherten – Insolvenzgläubiger. Grundsätzlich ist deshalb die Gruppe der Absonderungsberechtigten als Gruppe der „werthaltig gesicherten Absonderungsberechtigten“ zu definieren. Dies führt dann – abgesehen von praktischen Bewertungsfragen – zu weiteren 202 Rechtsfragen, nämlich ob der Insolvenzplan Fortführungs- oder Zerschlagungswerte bei der Bewertung von Absonderungsberechtigten zugrunde legen muss.95) In der zitierten Konsum-Entscheidung ist der BGH bei einem Fortführungsplan – zumindest im Hinblick auf die dinglichen Grundschuldzinsen – von einer Bewertung zu Fortführungswerten ausgegangen. Dies spricht dafür,

___________ 95) Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, § 222, dort in Fußn. 13; zu Grundpfandrechtsgläubigern und Bewertungsfragen vgl. im Übrigen instruktiv Ingo Kindler, Grundpfandrechte im Insolvenzverfahren (Diss. 2009), S. 197 oben oder S. 237 unten.

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C. Darstellender Teil

dass bei einem Fortführungsplan generell Fortführungswerte zugrunde zu legen sind, bei einem Liquidationsplan Liquidationswerte.96) 203 Vor dem Hintergrund des beschriebenen Mischgruppenverbots müssen sich sowohl der Planarchitekt als auch die Absonderungsberechtigten frühzeitig – durch Vorlage entsprechender Bewertungsgutachten – um die zutreffende Bewertung kümmern.97) cc) Differenzierungen bei Absonderungsberechtigten? Insolvenzanfechtungsrisiko? 204 Da innerhalb gleicher Rechtsstellung (§ 222 Abs. 1 Satz 1 InsO) nach § 222 Abs. 2, Sätze 1 – 3 InsO nach „wirtschaftlichen Interessen“ weiter „sachgerecht“ differenziert werden kann, ist – alles bei zutreffender Begründung im darstellenden Teil – auch eine Differenzierung zwischen verschiedenen Absonderungsberechtigten denkbar und zulässig (zu fakultativen Differenzierungen unter den Absonderungsberechtigten deshalb siehe unten Rn. 217 f.). 204a Da eine Differenzierung nach „wirtschaftlichen Interessen“ auch „sachgerecht“ i. S. d. § 222 Abs. 2 Sätze 1 – 3 InsO sein kann, dürfte in Bezug auf (Bank-)Sicherheiten, für die ein Insolvenzanfechtungsrisiko nicht ausgeschlossen werden kann, ggf. auch eine Differenzierung zu den Gläubigern der Gruppe der „anfechtungsfesten“ Sicherheiten in Betracht kommen. Beispiel (Sicherheitenbestellung in der Krise): Die X-Bank hat einen insolvenzbedrohten Kunden. Mit Hilfe der Unternehmensberatungsgesellschaft R, die die X-Bank ihrem Kunden dringend empfiehlt, wird noch ein „Unternehmenscheck“ durchgeführt. Da gewisse Sanierungsaussichten bestehen, erhält die Bank noch weitere Bankensicherheiten, etwa eine Globalzession und weitere Grundpfandrechte. Nach drei Monaten und einem Tag wird „völlig überraschend“ dann doch der Insolvenzantrag als erforderlich angesehen, da die Bank keine weiteren Kredite gibt. Der Insolvenzverwalter oder der Sachwalter (vgl. § 280 InsO) erwägen eine Anfechtung der bestellten Sicherheiten nach § 133 InsO. ___________ 96) Man könnte generell problematisieren – da Kreditinstitute und vergleichbar gesicherte Gläubiger aus eigener Rechtsmacht nur im Rahmen der Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung ihr dingliches Grundpfandrecht realisieren können – ob diese eigenen, begrenzten Rechtskompetenzen des Grundpfandrechtsgläubigers nicht dazu führen, dass evtl. auch bei einem Fortführungsplan – soweit nicht die dinglichen Zinsen betroffen sind – das eigentliche Recht trotz des Fortführungsplans zu Zerschlagungswerten bewertet werden muss. Wieso soll ein Grundpfandgläubiger Fortführungswerte beanspruchen können, die nur ein Insolvenzverwalter realisieren kann, der Absonderungsberechtigte aber nicht aus eigener Rechtsmacht heraus? Eine abschließende Erörterung dieser Frage würde jedoch den Rahmen dieser Abhandlung sprengen. 97) Vgl. auch Braun/Braun/Frank, InsO, § 223 Rn. 5 (dort wiederum zum Mischgruppenverbot), dort mit Fußn. 3; vgl. auch unseren Rat zur frühzeitigen Sicherheitenanalyse nebst Bewertung, siehe oben Rn. 66 ff.

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III. Bildung von Gläubiger-Gruppen

Im vorstehenden Beispielsfall mag es Banken geben, deren Sicherheiten seit vielen Jahren unzweifelhaft anfechtungsfest bestehen und eben die im Beispiel erwähnte Bank. Im Fall ist an die Plan-Gruppe der insolvenzanfechtungsbedrohten Sicherheit zu denken. Abgesehen davon, dass Insolvenzanfechtungsansprüche auch im Planverfahren geprüft werden müssen, könnte immerhin – abhängig von der weiteren Begründung und der Umstände des Einzelfalls – erwogen werden, dass die Bank in Bezug auf ihre Sicherungsrechte im Plan zur Vermeidung von Insolvenzanfechtungsprozessen „größere Opfer“ erbringen muss, als andere gesicherte Kreditinstitute. In diesem Zusammenhang könnte es nahe liegend oder sogar geboten erscheinen, die Sicherungsrechte der C-Bank in einer anderen Plan-Gruppe abzubilden und von einer Eingruppierung in die Gruppe der „übrigen gesicherten Banken“ abzusehen (im Übrigen zur Darstellung und Prüfung von Haftungs- und Insolvenzanfechtungsansprüchen im darstellenden Teil vgl. oben Rn. 166 ff., 171 ff.). dd) Genauigkeit und gestaltender Teil Die Rechtswirkungen für die einzelnen Gruppen und die „Beteiligten“ (vgl. 205 unten Rn. 273, 284 zu den subjektiven Grenzen der Planrechtskraft) werden im gestaltenden Teil ausgelöst. Schon hier sei aber zu Eingriffen in Absonderungsrechte angemerkt, dass mit Blick auf die Vorschriften der §§ 245, 251 InsO Planeingriffe – gegen den Willen der Absonderungsberechtigten – in „formulierungstechnischer“ Hinsicht schwierig sind (siehe unten Rn. 454 ff.). Wegen sachenrechtlicher Bestimmtheitsfragen, z. B. einer erforderlichen exakten Grundbuchbezeichnung etc., sollte bei Planeingriffen in Absonderungsrechte, insbesondere soweit Grundbesitz betroffen ist, ggf. ein sachenrechtlich versierter Kollege oder gar ein Notar die Plan-Entwurfsregelungen – vor Planeinreichung – gegenlesen. b) Insolvenzgläubiger Nach § 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 InsO sind die (nicht nachrangigen) Insolvenz- 206 gläubiger in einer Plangruppe zu erfassen. Aufgrund von § 222 Abs. 2 InsO kann hier weiter differenziert werden. Auf die in diesem Rahmen denkbaren – fakultativen – weiteren Gruppen von Insolvenzgläubigern wird unten (Rn. 217 ff.) eingegangen. c) Nachranggläubiger (bei fehlendem Forderungserlass) Nach § 225 Abs. 1 InsO gilt grundsätzlich – bei Fehlen einer abweichenden 207 Planregelung –, dass die Rechte der Nachranggläubiger durch den Insolvenzplan erlassen werden. Dies gilt auch für durch die Plansanierung entstehende Dividendenansprüche von Aktionären, die wie Nachrangansprüche zu behandeln sind.98) Will der Insolvenzplan entgegen § 225 Abs. 1 InsO Nachrang___________ 98) Vgl. BGH, Urt. v. 15.4.2010 – IX ZR 188/09, ZIP 2010, 1039; dazu EWiR 2010, 465 (Mock).

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C. Darstellender Teil

gläubigern eine Insolvenzquote zuwenden, bedarf es einer zwingenden Plangruppe hierzu (vgl. § 225 Abs. 2 InsO). 208 Da bei der Regelabwicklung Nachranggläubiger des § 39 Abs. 1 Nr. 1 – 5 InsO in der Regel keine Quote erhalten, kann eine Plan-Zuwendung an Nachranggläubiger – im Vergleich zur Regel-Abwicklung – zu einer Schlechterstellung aller anderen Gläubiger führen, die der Umsetzung des Plans entgegensteht. Zuwendungen an Nachranggläubiger bedürfen deshalb einer besonderen Begründung und Berücksichtigung im Rahmen der Vergleichsrechnung. 209 In der Praxis finden sich z. B. gelegentlich Plangruppen wie „nahestehende Unternehmen“. Damit sind oft Unternehmen gemeint, die im Konzernverbund tätig sind, ohne dass im Einzelfall ein Nachrang nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO gegeben ist. Die Rechtsfrage, ob ein solcher Nachrang gegeben ist oder nicht, muss aber voll subsumiert werden und kann in der Regel nicht mit Hilfe einer Gruppenbildung umgangen werden (vgl. unten Rn. 219). d) Gruppe der am Schuldner beteiligten Personen 210 Weiter ist nach § 222 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 InsO die Gruppe der am Schuldner beteiligten Personen zu bilden, wenn der Insolvenzplan in die Anteils- und Mitgliedschaftsrechte eingreifen will. Hierauf wird unten unter Rn. 233 ff. getrennt zurückzukommen sein. e) Arbeitnehmer 211 Ferner ist nach § 222 Abs. 3 Satz 1 InsO eine Gruppe der Arbeitnehmer zu bilden („sollen“). Bei einem Verstoß gegen diese „Soll-Vorschrift“ besteht die Gefahr, dass das Insolvenzgericht eine unzulässige Gruppenbildung moniert und in letzter Konsequenz die Planbestätigung nach § 250 Nr. 1 InsO versagen würde. Dementsprechend dürfte in praktischer Hinsicht die „Soll-Vorschrift“ als „Muss-Vorschrift“ zu lesen sein. 212 Nach dem Wortlaut des § 222 Abs. 3 Satz 1 InsO dürfen für eine Gruppenbildung die Insolvenzforderungen99) der Arbeitnehmer „nicht unerheblich“ sein. Dies ist nach überwiegender Auffassung nicht im Vergleich zum Gesamtvolumen der übrigen Insolvenzgläubigerforderungen zu ermitteln, sondern mit Blick auf die „Empfindlichkeit“ aus Sicht des oder der betroffenen Arbeitnehmer.100) Rückstände auf Zeitkonten oder rückständige Urlaubsabfindungsansprüche, die im Rahmen der Insolvenzgeldgewährung nicht auf die Bundesagentur übergehen, können deshalb häufig eine „nicht unerhebliche“ Arbeitnehmerforderung mit der Folge einer zulässigen Gruppenbildung begründen. ___________ 99) Vgl. LAG Niedersachsen, Urt. v. 1.6.2010 – 11 Sa 1658/09, NZI 2011, 156; zu Sozialplanforderungen im Insolvenzplanverfahren vgl. Niering, NZI 2010, 285. 100) Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, § 222 Rn. 10.

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III. Bildung von Gläubiger-Gruppen

Da in praktischer Hinsicht sehr häufig Personalmaßnahmen eine wesent- 213 liche Sanierungsmaßnahme darstellen, empfiehlt sich oft, die Arbeitnehmer als eine Plangruppe am Insolvenzplan zu beteiligen. Weiter sieht § 222 Abs. 3 InsO eigentlich eine Gruppe der Arbeitnehmer nur 214 als „Insolvenzgläubiger“ vor. Hierzu ist jedoch die durch das ESUG eingeführte Vorschrift des § 210a InsO zu beachten, wonach auch bei Masseunzulänglichkeit eine Insolvenzplanlösung möglich ist. In diesem Fall ist dann – zur Regelung der Masseforderungen der Arbeitnehmer – ebenfalls eine Gruppe der Arbeitnehmer als Massegläubiger denkbar und im Zweifel sogar geboten. 4. Fakultative Gruppen a) Kleingläubiger? Zur freigestellten Gruppenbildung ermöglicht § 222 Abs. 3 Satz 2 InsO die 215 Bildung der Gruppe der „Kleingläubiger“. So finden sich in der Praxis gelegentlich Empfehlungen, wie z. B. Gläubiger mit Forderungen von nur 1.000,00 EUR oder 2.000,00 EUR in einer gesonderten Gruppe zusammenzufassen. Eine weitere Empfehlung geht dann oft dahin, man möge diese Gruppe bevorzugt befriedigen, so dass schon einmal die Zustimmung dieser Gruppe der „Kleingläubiger“ sichergestellt ist. Solche Empfehlungen sind mit Blick auf die Vorschrift des § 245 Abs. 2 216 Nr. 3 InsO101) (i. V. m. § 245 Abs. 1 Nr. 2 InsO) überaus kritisch. Die Bevorzugung von Kleingläubigern – im Vergleich zu den übrigen Insolvenzgläubigern, die ohne Plan gleichrangig wären – kann dazu führen, dass das Obstruktionsverbot nicht mehr greift und eine „neidische“ weitere Plangruppe so erfolgreich gegen den Plan stimmen kann. b) Weitere typische fakultative Gruppen Innerhalb gleicher Rechtsstellung (vgl. § 222 Abs. 1 Sätze 1 und 2 InsO) kann 217 nach wirtschaftlichen Kriterien mit „sachgerechter“ Begründung differenziert werden (vgl. § 222 Abs. 2 InsO). Da die Gruppenbildung für die Mehrheitsbeschaffung und die durch den Plan modifizierte Gläubigergleichbehandlung (nach § 226 Abs. 1 InsO Gleichbehandlungserfordernis nur innerhalb der Gruppe) oft wesentlich ist, stellen die Überlegungen zur Gruppenbildung sehr häufig einen wesentlichen Schwerpunkt der „Plan-Architektur“ dar. Die Frage der Gruppenbildung steht überdies bei den ersten Vorüberlegungen häufig am Anfang der Findung der Planstruktur (zur Vorbereitungsphase siehe oben Kapitel B). In Insolvenzplänen – bei entsprechend guter Begründung für die Differenzierung im darstellenden Teil – finden sich häufig folgende Fälle separater Plan-Gruppen: x

Gesicherte Banken;

___________ 101) Dazu LG Magdeburg, Beschl. v. 25.4.2001 – 2 T 12/01, NZI 2001, 326.

73

C. Darstellender Teil

x

(von der vorstehenden Gruppe getrennt als eigenständige Gruppe) gesicherte Lieferanten;

x

Differenzierungen – durch Gruppierung in je eigene Gruppen – zwischen Absonderungsberechtigten mit/ohne Interesse an der Fortsetzung der Geschäftsbeziehung102) nach Planrechtskraft;

x

Behörden;

x

Differenzierung unter den Behörden durch weitere selbstständige Gruppen; etwa Gruppe des Finanzamtes, Gruppe der Ordnungsbehörde;

x

Bundesagentur für Arbeit (betr. die übergegangenen Arbeitnehmerforderungen);

x

Sozialversicherungsträger;

x

Leasinggesellschaften oder Vermieter als je eigene Gruppe;

x

Gläubiger mit Forderungen aus möglicherweise unerlaubter Handlung (§ 302 InsO gilt im Insolvenzplanverfahren nicht, so dass im ersten Überlegungsschritt auch diese Forderungen mit Hilfe des Plans erlassen werden können; vgl. aber u. a. §§ 251 Abs. 1 Nr. 2, 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO und das Schlechterstellungsverbot im Vergleich zur Regelabwicklung; siehe unten Rn. 221),

x

Differenzierungen durch selbstständige Gruppen weiter im Bereich der Dauerschuldverhältnisse (mit/ohne Fortsetzungswille für die Zeit nach Planrechtskraft);

x

Gruppe der – „abgespaltenen“ – ungesicherten Grundpfandrechtsgläubiger mit ihrem bei wirtschaftlicher Betrachtung ungesicherten Teil der Insolvenzforderung (zum sog. Mischgruppenverbot vgl. oben Rn. 200 ff. sowie BGH v. 7.7.2005 – IX ZB 266/04, ZIP 2005, 1648 ff.).103)

218 Teilweise wird überdies vertreten, eine Gruppenbildung könne auch nach rein formalen Abgrenzungskriterien erfolgen, etwa entsprechend den Differenzierungen von Forderungen nach den Vorschriften des HGB.104) Diese Auffassung ist zumindest nicht unproblematisch, da nach § 222 Abs. 2 InsO (innerhalb der Gruppen mit gleicher Rechtsstellung vgl. § 222 Abs. 1 InsO) nach wirtschaftlichen und sachgerechten Differenzierungskriterien, also mit Blick auf den konkreten Einzelfall, zu differenzieren ist. Beispiel (für einen Grenzfall zulässiger Gruppenbildung): Die G-GmbH will einen Insolvenzplan vorlegen mit fünf Gruppen. Der Vater des Gesellschafter-Geschäftsführers hat der G-GmbH ein Darlehen gewährt, ___________ 102) Vgl. BGH, Beschl. v. 26.4.2007 – IX ZB 5/06, NZI 2007, 521 (unter Tz. 8). 103) Zu weiteren denkbaren fakultativen Gruppen vgl. Bierbach, in: Kübler, HRI, 2. A., § 28 Rn. 35 ff.; Braun/Braun/Frank, InsO, § 222 Rn. 8. 104) Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, § 222 Rn. 7.

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III. Bildung von Gläubiger-Gruppen

welches nicht unter § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO fallen soll. Nach den Vorstellungen des Planverfassers soll der Vater – wegen des verwandtschaftlichen Bezugs zum Geschäftsführer – eine eigene Gruppe bilden. Daneben soll eine weitere Gruppe der ungesicherten Bankendarlehensgeber gebildet werden. Lösung: Grundsätzlich ist der Vater als Darlehensgeber rechtlich mit den Bankengläubigern gleichzustellen (vgl. § 222 Abs. 1 Satz 1 InsO). Zwar erlaubt § 222 Abs. 2 Satz 2 InsO eine „sachgerechte“ Abgrenzung. Dabei müssen die Abgrenzungskriterien nach § 222 Abs. 2 Satz 1 InsO „wirtschaftliche“ Belange betreffen. Das Verwandtschaftsverhältnis dürfte aber eher (es handelt sich aber wohl um einen Grenzfall) nicht ein solches „wirtschaftliches Interesse“ darstellen. Zumindest wären an die Begründung des Differenzierungskriteriums im Fall erhöhte Anforderungen zu stellen. c) Gruppe der „nahestehenden“ Unternehmen/Personen? Gelegentlich finden sich in der Praxis auch Fälle, in denen die Einordnung 219 einer „nahestehenden“ Person unter die Vorschrift des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO im Einzelfall schwierig sein kann (vgl. zur grundsätzlichen Behandlung von Nachranggläubigern oben Rn. 207 ff.). Der Plan-Architekt will die Frage offenlassen, ob der oder die Gläubiger unter § 39 Abs. 1 InsO fällt/fallen oder nicht und bildet die vorbezeichnete Gruppe. Solche Gruppenbildungen verdienen besondere Aufmerksamkeit und sind tendenziell skeptisch zu sehen. Grundsätzlich haben die Nachranggläubiger keine Quote zu beanspruchen (vgl. § 225 Abs. 2 InsO; meistens werden diese Gläubiger wegen § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO in der Regelinsolvenz eine wirtschaftlich wertlose Position haben). Bei einer Quotenzuwendung an einen Nachranggläubiger kann deshalb die Gefahr bestehen, dass diese – wegen der Umverteilung zu Lasten der anderen Insolvenzgläubiger – im Vergleich zur Regelabwicklung bei den anderen Insolvenzgläubigern zu einer Schlechterstellung i. S. d. § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO führt. Wird die ungelöste Rechtsfrage, ob ein bestimmter Gläubiger nachrangig ist oder nicht, im Insolvenzplan dadurch „gelöst“, dass eine Gruppe der „möglicherweise nachrangigen Insolvenzgläubiger“ gebildet wird, so besteht die Gefahr, dass diese Rechtsfrage im Rahmen des Minderheitenschutzantrags durchentschieden werden muss. Selbst dann, wenn die Gruppe „möglicher Nachranggläubiger“ oder „nahestehender Unternehmen“ auf eine Quote vollständig verzichtet, besteht immer noch die Gefahr, dass durch die Gruppenbildung Planmehrheiten geschaffen werden. Auch dies mag, je nach Einzelfall, gegen eine Gruppe der „nahestehenden Unternehmen“ o. Ä. sprechen. d) Gruppe der strittigen Rechtspositionen? Insoweit gelten die vorstehenden Ausführungen zu einer Gruppe der – mög- 220 lichen – Nachranggläubiger entsprechend. Der Plan-Architekt riskiert, dass

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C. Darstellender Teil

die strittige Rechtsposition – wegen einer Umverteilung zu Lasten der übrigen Insolvenzgläubiger – möglicherweise im Rahmen eines Minderheitenschutzantrags nach § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO durchentschieden wird. Weiter wird man differenzieren müssen, ob die Rechtsposition wegen einer ungelösten Rechtsfrage oder einer Sachverhaltsfrage strittig ist. Nur schwer aufklärbare Sachverhalte mögen im Einzelfall Anlass sein, eine entsprechende Gläubigergruppe zu bilden. Immer wird aber die Frage bleiben, ob eine bestimmte Mehrheitsbeschaffung oder Umverteilung zu Lasten der übrigen Insolvenzgläubiger beabsichtigt ist, was dann ggf. im Rahmen eines Minderheitenschutzantrags ausgetragen wird. e) Gruppe „Ansprüche aus unerlaubter Handlung“? 221 Eine solche Gruppe erscheint denkbar, da der Insolvenzplan grundsätzlich solche Ansprüche kürzen kann (§ 302 InsO gilt nicht).105) Es stellt sich aber dann die Frage, wenn diese Gruppe gegen den Plan stimmt, ob das Obstruktionsverbot greift (vgl. § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO zum Verbot der Schlechterstellung im wirtschaftlichen Ergebnis, siehe unten Rn. 452).106) Stimmt die Gruppe für den Plan, ist ebenfalls das Schlechterstellungsverbot gem. § 251 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 InsO für unterlegene Gruppenmitglieder auf Antrag noch zu prüfen (siehe unten unter Rn. 499 ff.). 5. Spezialgesetzliche Gruppenbildungsvorschriften 222 Auf die Besonderheiten zum Pensions-Sicherungs-Verein wird unten näher eingegangen (vgl. sogleich Rn. 225 ff., dort auch mit taktischen Hinweisen). 223 Weiter ist auf die Regelung des § 19 Abs. 4 Schuldverschreibungsgesetz (SchVG) zu verweisen. Diese Norm legt fest, dass in einem Insolvenzplan sämtlichen Schuldverschreibungsgläubigern einer Schuldverschreibungsgattung gleiche Rechte anzubieten sind. Dies schließt aber nicht aus, dass diese Gläubiger – sofern sie innerhalb der Gruppe die gleichen Rechte erhalten – in eine Gruppe mit anderen Gläubigern eingruppiert werden. 224 Weiter ist § 116 Nr. 3 Genossenschaftsgesetz (GenG) zu erwähnen. Danach können bei einer Genossenschaft Insolvenzgläubiger, die zugleich Genossenschaftsmitglieder sind, von übrigen Gläubigern unterschieden werden. ___________ 105) Vgl. u. a. BGH, Beschl. v. 17.11.2009 – IX ZR 32/08, FD-InsR 2010, 297977 (m. Anm. Frank). 106) Vgl. auch BGH, Beschl. v. 17.12.2009 – IX ZB 124/09, ZIP 2010, 292 und BGH, Beschl. v. 3.11.2011 – IX ZA 86/11, ZIP 2012, 141: „[2] Die Ausführungen des Beschwerdegerichts zur Nachprüfbarkeit der Gruppenbildung im vorliegenden Verfahrensstadium stimmen mit der Senatsrechtsprechung überein (vgl. BGHZ, 163, 344 [347]). Die Annahme des Beschwerdegerichts, die Gläubiger der Gruppe 3 würden durch den vom Schuldner vorgeschlagenen Plan schlechter gestellt als bei der Durchführung des Insolvenzverfahrens, ist eine überwiegend in den Verantwortungsbereich des Tatrichters fallende Prognoseentscheidung und kann im Rechtsbeschwerdeverfahren ohnehin nur eingeschränkt nachgeprüft werden …“.

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III. Bildung von Gläubiger-Gruppen

6. Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) Zur Gruppenbildung bestimmt § 9 Abs. 4 Satz 1 BetrAVG Folgendes:

225

„In einem Insolvenzplan, der die Fortführung des Unternehmens oder eines Betriebs vorsieht, kann für den Träger der Insolvenzsicherung eine besondere Gruppe gebildet werden.“

Wegen des klaren Wortlauts als Kann-Vorschrift ist zunächst der Gedanke 226 naheliegend, dass der Planverfasser einen Ermessensspielraum hat.107) Von einer solchen „Unterbutterung“ des PSV in einer Gesamtgruppe ist jedoch aus nachfolgenden Gründen im praktischen Ergebnis abzuraten. Nach § 7 Abs. 4, Satz 5 BetrAVG „soll“ im Insolvenzplan ein Besserungs- 227 schein vorgesehen werden. Bei einer nachhaltigen Besserung der wirtschaftlichen Lage des Arbeitsgebers sollen die vom Träger der Insolvenzsicherung zu erbringenden Leistungen wieder ganz oder zum Teil vom Arbeitgeber oder einem sonstigen Versorgungsträger übernommen werden. Dieser gesetzliche Besserungsschein als „Soll-Vorschrift“ könnte – der BGH hatte diese Frage noch nicht zu entscheiden – vom Insolvenzgericht als Inhaltsnorm i. S. d. § 250 Nr. 1 InsO (und damit als für die Planbestätigung zwingend) angesehen werden. In praktischer Hinsicht kommt der Planverfasser deshalb um eine Diskussion mit dem PSV zum genauen Inhalt des Besserungsscheins nicht umhin. Diese und weitere Besonderheiten, die mit dem PSV zum Insolvenzplan diskutiert werden müssen, bedingen, dass der PSV eine eigene Erklärung zu Versorgungsanwartschaften abgeben wird, die zu den Erklärungen der etwaigen Mit-Gruppenmitglieder nicht passen würde. Die Besonderheiten des PSV führen mithin zu einer eigenen Planerklärung 228 und damit auch zur Bildung einer eigenen Plan-Gruppe. Anders gewendet: Erwägt der Planarchitekt, dem PSV keinen Besserungsschein zuzuwenden und nur die Einordnung in die allgemeine Plan-Gruppe der anderen Insolvenzgläubiger, riskiert der Planverfasser die Bestätigungsversagung nach § 250 Nr. 1 InsO. Überdies ist der PSV – sofern frühzeitig in die Planentwurfsphase involviert 229 – in praktischer Hinsicht ein kooperativer und kompetenter Gesprächspartner. Bei entsprechendem Abstimmungsprozess mit dem PSV ist deshalb in der Regel die Zustimmung dieser Gruppe erreichbar, was mit Blick auf die Vorschrift des § 245 InsO gegenüber „widerspenstigen“ Gläubigern von Vorteil sein kann. Beispiel (zu einer Vorfeld-Abstimmung mit dem PSV): Eine der ersten Planentwürfe wurde dem PSV mit der Bitte um Abstimmung zugesandt. Da der Schuldner, auch nach Plansanierung, ebenso wie die Masse in relativ schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen da standen, war der PSV bereit, ___________ 107) Vgl. hierzu Schöne, in: Kübler, HRI, 2. A., § 29 II Rn. 15 ff.; im Gesetzentwurf war zunächst eine Muss-Vorschrift vorgesehen, die dann aber nicht umgesetzt wurde.

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C. Darstellender Teil

sich den gesetzlichen Besserungsschein im Rahmen eines Pauschalbetrags auszahlen zu lassen. Auf dieser Basis sandte der PSV einige Tage vor dem Abstimmungstermin einem – auch von den meisten anderen Gläubigern – bevollmächtigten neutralen anwaltlichen Vertreter eine Abstimmungsvollmacht,108) so dass die erfolgreiche Planumsetzung mit Hilfe des PSV erreicht werden konnte. 230 Der gesetzliche Besserungsschein des PSV kann störend wirken. So besteht die Gefahr, dass andere Gläubiger – z. B. Arbeitnehmer – auch einen Besserungsschein begehren, was den Verhandlungsaufwand erhöht. Vor dem Hintergrund der Abschaffung der früheren KO-Vorrangrechte durch die InsO ist der gesetzliche Besserungsschein des PSV systemwidrig. In den von den Autoren bearbeiteten Fällen war der PSV bei entsprechender, frühzeitiger und transparenter Involvierung in das Verfahren jedoch stets bereit, zu vernünftigen Bedingungen einzelfallabhängig einer Pauschalabfindung des Besserungsscheins zuzustimmen (allerdings ohne Präjudiz für die Sach- und Rechtslage in Bezug auf Fälle, in denen mehr verteilungsfähige Masse vorhanden ist).109) 7. Nur eine Gesamt-Gruppe? Vielzahl Ein-Gläubiger-Gruppen? 231 Es sind Konstellationen denkbar, in denen die Gesamtheit der Gläubiger – wie in einer Gläubigerversammlung in der Regelinsolvenz – im Planverfahren nur eine Gesamtgruppe bildet. Voraussetzung hierfür ist nach § 222 Abs. 1 – 3 InsO, dass weder in Absonderungsrechte eingegriffen wird, noch etwaige Nachrangforderungen eine Quote erhalten, ebenso keine Eingriffe auf der Ebene der Alt-Gesellschafter erfolgen und keine Arbeitnehmergruppe nach § 222 Abs. 3 Satz 1 InsO erforderlich ist. Da ein solcher Plan nur Gläubiger mit gleicher Rechtsstellung betrifft, wäre eine Ein-Gläubiger-Gruppe denkbar. 232 Als anderes Extrem sind in der Praxis gelegentlich Fälle bekannt geworden, in denen der Planarchitekt eine Vielzahl von einzelnen Gläubigern als Gruppe – bestehend aus nur je einem Gläubiger – definiert hat. Grundsätzlich schließt § 222 Abs. 1 – 3 InsO nicht aus, dass nur ein Gläubiger in der „Gruppe“ vorhanden ist. Da aber in praktischer Hinsicht Pläne mit mehr als sieben oder neun Gläubigergruppen als unüblich zu bezeichnen sind, dürfte eine Vielzahl von Ein-Mann-Gläubiger-Gruppen (z. B. 10 oder 20 Ein-Mann-GläubigerGruppen) als ungewöhnlich und deshalb tendenziell als nicht „sachgerecht“ i. S. d. § 222 Abs. 2 InsO zu bezeichnen sein.110) ___________ 108) Zu Vollmachtsfragen siehe unten Rn. 443 ff. 109) Vgl. Formulierungsbeispiel im Insolvenzplan-Muster von Rendels/Zabel, in: Kübler, HRI, 2. A., § 52 unter C.3.5. (S. 1351) des gestaltenden Teils (betr. eine Druckerei mit vorinsolvenzlich ca. 80 Arbeitnehmern). 110) Zur Taktik bei der Gruppenbildung mit zahlreichen Beispielen vgl. auch Bierbach, in: Kübler, HRI, 2. A., § 28 Rn. 79 ff. und Schöne, in: Kübler, HRI, 2. A., § 29 Rn. 19 ff. und Rn. 26 zur Ein-Gläubiger-Gruppe.

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IV. Alt-Gesellschafter als besondere Gruppe

Beispiel (für eine tendenziell unzulässige Ein-Mann-Gruppen-Bildung): Der Schuldner S hat sich mit seinem Finanzamt sehr gestritten und hat Verbindlichkeiten von rd. 500.000,00 EUR. Sein Berater, Herr Rechtsanwalt R, hat noch eine Forderung von 1.000,00 EUR und der Steuerberater, Herr S, hat noch eine Forderung von 1.500,00 EUR (zufällig??). Der Planverfasser erwägt, drei Gruppen, nämlich das Finanzamt, den Steuerberater und den Rechtsanwalt zu bilden. So soll mit Hilfe des Obstruktionsverbots das Finanzamt überwunden werden (vgl. § 245 InsO). Nun mag zwar eine geschickte Begründung im Einzelfall denkbar sein. Grundsätzlich dürfte dieses „Niederringen“ eines Hauptgläubigers, der mit großem Abstand höhere Forderungen hat als die beiden anderen Gläubiger, so konstruiert wirken, so dass eine unzulässige Gruppenbildung vorliegt.111) IV. Alt-Gesellschafter als besondere Gruppe 1. Überblick a) ESUG: Verzahnung von Gesellschafts- und Insolvenzrecht Sanierungsinstrumente sind sowohl in der InsO als auch im Gesellschaftsrecht 233 geregelt und verortet.112) Das ESUG hat durch Neuregelungen in §§ 217 Satz 2, 225a, 254 Abs. 4, 254a Abs. 2 InsO erstmals Eingriffe mittels Insolvenzplan in die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der sog. Alt-Gesellschafter erlaubt. Insbesondere gestattet § 225a Abs. 3 Satz 1 InsO im Plan „jede Regelung, die gesellschaftsrechtlich zulässig ist“ (zur strittigen Auslegung hierzu vgl. unten Rn. 236 ff.; 239 ff. und 259 ff.). Damit ermöglicht das ESUG erstmals mittels Insolvenzplan – gegen den Willen der Alt-Gesellschafter – durch Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte die Sanierung zu bewirken. Wird der Insolvenzplan rechtskräftig, so werden damit auch die im gestaltenden Teil gefassten – gesellschaftsrechtlichen – Beschlüsse unmittelbar wirksam (§ 254a Abs. 2 Satz 1 InsO). Vor der Reform waren Eingriffe gegen den Willen der Alt-Gesellschafter nicht möglich, so dass ein erhebliches Sanierungshemmnis bestand. Die Mitgliedschafts- und Anteilsrechte werden so mittels Insolvenzplan Quelle für die Insolvenzquote (siehe bereits Rn. 9 ff. zu Vergleichsrechnung und zum „Exit“ über einen Share Deal beim Plan; vgl. Rn. 33 ff.). Das ESUG hat die Diskussion zum Verhältnis von Insolvenz- und Gesellschaftsrecht als Sanierungsinstrument belebt.113) ___________ 111) Siehe auch den Fall oben Rn. 186 f. und dortige Ausführungen. 112) Zum Verhältnis von Gesellschafts- und Insolvenzrecht unter dem Aspekt, möglichst effektive Sanierungsinstrumente zu schaffen, vgl. Haas, NZG 2012, 961; Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 1 ff. und Rn. 209 ff. zum Insolvenzplan; Eidenmüller, NJW 2014, 17 ff. 113) Vgl. Karsten Schmidt, ZIP 2012, 2085 ff. (zu Pfleiderer).

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C. Darstellender Teil

233a Wie einige Fälle gezeigt haben, über die die Rechtsprechung seit der Vorauflage zu entscheiden hatte (insbesondere der Fall Suhrkamp), besteht zumindest im Ansatz ein nicht zu verkennendes Missbrauchspotenzial.114) Ab drohender Zahlungsunfähigkeit besteht aus Sicht von Gesellschaftern, die die Insolvenz nicht wünschen, das Risiko, dass mittels Insolvenzrecht – insbesondere im Interesse des (geschäftsführenden) Mehrheitsgesellschafters – eine Änderung der Gesellschafterstellung stattfindet.115) Es droht insbesondere eine Wegnahme von Gesellschafter-Minderheitsrechten. Ein Weg, einen (Minderheits-)Gesellschafter zu schützen, besteht in der Forderung, einen frühzeitigen und sehr transparenten M&A-Prozess aufzusetzen, der klar belegt, welche Werte – aus Sicht der Gesellschafter gemäß § 199 InsO – in der Regelinsolvenz realisiert werden könnten und ebenso sicherstellt, dass in der Plan-Insolvenz keine Werte verschleudert werden oder der Wert von Gesellschafterbeteiligungen intransparent bleibt (zum Transparenzschutz durch Verfahrensregeln bereits oben ab Rn. 9 ff.; vgl. auch Rn. 33 ff.). 233b Selbst im Verhältnis der Gesellschafter untereinander – in der Plangruppe der Gesellschafter – gelten in der Plan-Insolvenz die gesellschaftsrechtlichen Regeln, etwa eigentlich greifende gesellschaftsrechtliche Treuepflichten, nach verbreiteter Auffassung nicht. So hat im Fall Suhrkamp das OLG Frankfurt entschieden, dass ein (Minderheits-)Gesellschafter nicht vor den allgemeinen Zivilgerichten unter Berufung auf eine etwaige „an sich“ geltende gesellschaftsrechtliche Treuepflicht ein bestimmtes Abstimmungsverhalten in der Gläubigerversammlung zum Insolvenzplan erzwingen kann.116) Das Bundesverfassungsgericht hat diese Ansicht in einer Eilentscheidung nach § 32 BVerfGG bestätigt.117) 234 Zutreffenderweise sind die Darstellung und die Begründung für die Gruppenbildung im darstellenden Teil enthalten, während die eigentlichen Eingriffserklärungen im gestaltenden Teil zu platzieren sind (siehe oben Rn. 119 f.). Hier sollen aus Gründen der Übersichtlichkeit wichtige Rechtsfragen zur Einbeziehung der Anteils- und Mitgliedschaftsrechte im Insolvenzplanverfahren einheitlich im Abschnitt „Darstellender Teil“ erläutert werden, wobei sich in einigen Bereichen darüber streiten lässt, welche „Verteilung“ der Planinhalte bei der Abgrenzung darstellender/gestaltender Teil zutreffend ist.

___________ 114) Vgl. kritisch zur vermeintlichen Reichweite des Insolvenzrechts aus GesellschafterSicht Carsten Schäfer, ZIP 2014, 2417 ff. 115) Detailliert zum Sanierungs- aber auch Missbrauchspotenzial vgl. Madaus, in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 Rn. 24 ff. 116) OLG Frankfurt/M., Beschl. v. 1.10.2013 – 5 U 145/13, ZIP 2013, 2018 = NZG 2013, 1388, dazu EWiR 2013, 753 (Bähr/Schwartz). 117) BVerfG, Beschl. v. 17.10.2013 – 2 BvR 1978/13, ZIP 2013, 2163; vgl. weiter BVerfG, Beschl. v. 18.12.2014 – 2 BvR 1978/13, ZIP 2015, 80, dazu EWiR 2015, 49 (Biner/ Bähr).

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IV. Alt-Gesellschafter als besondere Gruppe Praxistipp (getrennte Abschnitte „Gesellschaftsrecht“): Die Gebote der Übersichtlichkeit, Verständlichkeit und Bestimmtheit werden im Zweifel dazu führen, dass sowohl im darstellenden Teil als auch im gestaltenden Teil die gesellschaftsrechtlichen Probleme in einem gesonderten Abschnitt behandelt werden. Dies ist auch schon deshalb sinnvoll, um bei der anschließenden Diskussion mit dem Handelsregister im Rahmen des Verfahrens nach dem FamFG die Eintragung zu erleichtern.

Zusätzlich hat das ESUG durch § 276a InsO ein Einflussnahmeverbot der 235 bisherigen Organe der Gesellschaft auf die Geschäftsführung kreiert. Aufsichtsrat, Gesellschafterversammlung oder entsprechende Organe haben – mit Anordnung der Eigenverwaltung im eröffneten Verfahren – keinen Einfluss mehr auf die Geschäftsführung. Abberufung und Neubestellung von Mitgliedern der Geschäftsleitung sind nur wirksam, wenn der Sachwalter zustimmt.118) Nach überwiegender Auffassung erfolgt keine analoge Anwendung des § 276a InsO im Insolvenzantragsverfahren.119) Dies kann dann aber im Einzelfall zur Folge haben, dass unkooperative Gesellschafterversammlungen oder Aufsichtsräte eine ggf. wenig sanierungsförderliche Geschäftsführung einsetzen. b) Denkbare Plan-Eingriffe im Bereich des Gesellschaftsrechts Eine – dann allerdings zwingende – Gruppenbildung ist nur dann notwendig, 236 wenn der Insolvenzplan in Gesellschafterrechte eingreift (vgl. § 225a Abs. 1 InsO „der Plan etwas anderes bestimmt“). Gegenstand einer Insolvenzplanregelung, des gestaltenden Teils, im Bereich 237 des Gesellschaftsrechts können (und zum Teil müssen) etwa sein: x

die Übertragung von Anteilen gegen den Willen der Alt-Eigner (§ 225a Abs. 3 InsO),

x

eine Kapitalherabsetzung mit anschließender Kapitalerhöhung gegen Sachoder Bareinlage, auch als Debt-Equity-Swap (§ 225a Abs. 2 InsO),

x

der Fortsetzungsbeschluss einer aufgelösten Gesellschaft (§ 225a Abs. 3 InsO),

___________ 118) Vgl. hierzu auch Hölzle, ZIP 2012, 2427, der im Wege einer Analogie § 276a InsO schon ab Stellung eines Schutzschirmantrags nach § 270b InsO eingreifen lassen will. Außerdem soll das Gericht bei intendierter Eigenverwaltung ab Insolvenzantragstellung im Wege „einer Gesamtanalogie zu § 233 Satz 1, § 276a InsO“ in der Lage sein, Sicherungsbeschlüsse gegen gesellschaftsrechtliche Veränderungen zu verhängen. Da der Gesetzgeber § 276a InsO nur für das eröffnete Verfahren gedacht hat und § 233 InsO nur die Vermögenswerte des Schuldners betrifft, nicht die gesellschaftsrechtliche Ebene, dürfte diese Auffassung dogmatisch kaum haltbar sein. 119) Vgl. zum Streitstand Bierbach, in Kübler, HRI, 2. A., § 11 Rn. 182.

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C. Darstellender Teil

x

Satzungsänderungen verschiedener Art (z. B. um die Satzung „investorentauglich“, etwa durch Eingrenzung von Minderheitsrechten, zu machen),120)

x

der Ausschluss des Bezugsrechts der Alt-Gesellschafter (zur Frage der sachlichen Begründung sogleich)121) und

x

Abfindungsregelungen zugunsten der Altgesellschafter, in deren Rechte der Plan eingreift, sofern diese Rechte nicht (wie oft) wertlos sind,

x

nach zutreffender Ansicht – so auch (indirekt) der BGH122) im Fall Suhrkamp – auch Umwandlungsbeschlüsse nach dem UmwG (§ 13 UmwG).123)

Bei Umwandlungsmaßnahmen im gestaltenden Teil sollte der Planarchitekt, sofern er nicht selber über intensive Umwandlungspraxis verfügt, einen erfahrenen Gesellschaftsrechtler/Umwandlungsspezialisten beiziehen. Der notwendige Umwandlungsvertrag, der Umwandlungsbericht (vgl. § 8 UmwG) sowie ggf. notwendige Prüfungsberichte (vgl. § 12 UmwG) sind dem Insolvenzplan als Plananlagen beizufügen.124) Eventuell kann man die genannten Umwandlungserfordernisse, soweit diese Informationserteilungen betreffen, auch in den darstellenden Teil integrieren. Mithin sind mittels gestaltenden Teils u. a. Verschmelzung, Formwechsel, Spaltung und Ausgliederungen möglich.125) Die Gläubigerschutzregelungen des UmwG, insbesondere also §§ 22, 23, 125 Satz 1, 133 Abs. 1 Satz 1 UmwG sind nach wohl zutreffender und überwiegender Ansicht ähnlich wie § 25 HGB teleologisch zu reduzieren, so dass insbesondere die gesamtschuldnerische Mithaftung des durch den Insolvenzplan kreierten, geänderten oder neuen Rechtsträgers für alle Verbindlichkeiten entfällt.126)

___________ 120) Vgl. Madaus, ZIP 2012, 2133, 2137 (o. li.). 121) Vgl. Madaus, ZIP 2012, 2133, 2137 (o. li.). 122) BGH, Beschl. v. 17.7.2014 – IX ZB 13/14, ZIP 2014, 1442 (m. Bespr. Hölzle, ZIP 2014, 1819), dazu EWiR 2014, 521 (Madaus); der BGH hat in der wiedergegebenen Suhrkamp-Rechtsbeschwerdeentscheidung zwar nicht ausdrücklich zur Frage einer formwechselnden Umwandlung Stellung genommen. Hätte der BGH jedoch Umwandlungsmaßnahmen im gestaltenden Teil des Insolvenzplans als unzulässig angesehen, hätte er, wovon die einhellige Meinung ausgeht, hierzu Stellung genommen. Mittelbar und indirekt hat der BGH somit Umwandlungsmaßnahmen im gestaltenden Teil des Insolvenzplans akzeptiert. 123) Vgl. Madaus, ZIP 2012, 2133, 2137 (o. li.); Madaus, in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 Rn. 1 ff. 124) Madaus, in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 Rn. 47 ff.; dort auch zu etwaigen Handlungen Dritter und zur ggf. weiterhin notwendigen Verzahnung von Handlungen Dritter mittels Planbedingung gem. § 249 InsO. 125) Zu Umwandlungsmaßnahmen im Plan nach dem UmwG vgl. Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 342 ff.; Madaus, in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 Rn. 44 ff. 126) Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 358 ff.; Madaus, in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 Rn. 21 ff.

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IV. Alt-Gesellschafter als besondere Gruppe

c) Gläubigerversammlung ersetzt Gesellschafterversammlung Ohne Insolvenz wäre in den meisten der vorstehend erwähnten Bereiche ein 238 Beschluss der Gesellschafterversammlung erforderlich. Im Aktienrecht wären darüber hinaus – außerhalb der Insolvenz – die besonderen Anforderungen an die Einberufung einer Gesellschafterversammlung zu erfüllen, die für die Einberufung und Beschlussfassung der Aktionäre gelten (vgl. z. B. §§ 118 ff. AktG). § 225a Abs. 3 InsO erlaubt „jede Regelung (zu treffen), die gesellschaftsrechtlich zulässig ist“. Damit tritt die Gläubigerversammlung an die Stelle der Gesellschafterversammlung und die gesellschaftsrechtlichen Mehrheitserfordernisse werden durch die §§ 244, 245 InsO ersetzt.127) Die materielle Reichweite der Regelungskompetenz der Gläubigerversammlung wird in § 225a InsO geregelt, dort insbesondere in Abs. 3 mit dem Hinweis auf die Zulässigkeit „jede(r) Regelung … die gesellschaftsrechtlich zulässig ist“.128) Die Auslegung des Tatbestandsmerkmals „jede Regelung zulässig“ (§ 225a 239 Abs. 3 InsO) bereitet Schwierigkeiten.129) Zum Teil wird vertreten, dass jede denkbare, gesellschaftsrechtliche Maßnahme – die ohne Insolvenz in die Kompetenz der Gesellschafterversammlung fallen würde – durch das Insolvenzrecht, d. h. die Gläubigerversammlung, ersetzt werden kann.130) Nach dieser Auffassung würden etwa auch folgende Maßnahmen im gestaltenden Teil des Insolvenzplans geregelt werden können:131) x

Abberufung und Bestellung von Organmitgliedern, inklusive Abberufung und Neubestellung des Aufsichtsrats,

x

Widerruf und Erteilung von Prokura und Handlungsvollmacht,

x

Feststellung von Jahresabschlüssen oder

x

Maßregeln zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung bis hin zur Aufstellung von Geschäftsordnungen für Organe.132)

Selbst wenn man dieser Auffassung folgen wollte, ist in praktischer Hinsicht zu 240 beachten, dass die „Exekutionsbeschlüsse“ des gestaltenden Teils des Insolvenzplans erst mit Rechtskraft der Bestätigung wirken (vgl. § 254 Abs. 1 InsO). Auch auf dem Boden der vorstehenden Auffassung müsste dann, wenn ein ___________ 127) Vgl. ausführlich Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 209 ff., 232 ff.; Madaus, in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 Rn. 24 ff., 33 ff. 128) Kritisch zu § 225a Abs. 3 Satz 1 InsO Carsten Schäfer, ZIP 2014, 2417, 2420 (falls der Verlust für den (Minderheits-)Gesellschafter nicht eindeutig bezifferbar sei, sei die gesellschaftsrechtliche Planmaßnahme, konkret der Formwechsel von der KG in eine AG bei Suhrkamp „per se“ unzulässig). 129) Dazu kritisch Carsten Schäfer, ZIP 2014, 2417 ff. 130) Vgl. Hölzle, in: Kübler, HRI, 2. A., § 31 Rn. 19 ff.; Hölzle, ZIP 2014, 1819, 1820/1821. 131) Vgl. auch weitere Beispiele bei Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 235. 132) So Hölzle, in: Kübler, HRI, 2. A., § 31 Rn. 22 ff.

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C. Darstellender Teil

„Eil-Fall“ des Handlungsbedarfs vor Rechtskraft der Planbestätigung gegeben ist, eine zumindest subsidiäre Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung gegeben sein. Diese „Eilbeschlüsse“ der Gesellschafter dürfen nicht planwidrig sein.133) 241 Da die Grundnorm des § 217 Satz 2 InsO die Einbeziehung der „Anteilsoder Mitgliedschaftsrechte“ erwähnt, werden nach einigen Literaturstimmen die Regelungsbefugnisse der Gläubigerversammlung entgegen vorstehender Ansicht dahingehend begrenzt, dass ein intensiver Bezug der gesellschaftsrechtlichen Planregelung zu den Anteils- und Mitgliedschaftsrechten der Alt-Eigentümer gegeben sein muss.134) Danach würden z. B. Abberufung und Neubesetzung von Vertretungsorganen oder des Aufsichtsrates nicht in die Kompetenz der über den Plan abstimmenden Gläubiger fallen, sondern als Folge-Aufgabe nach Planrechtskraft und Aufhebung des Insolvenzverfahrens wieder der Gesellschafterversammlung obliegen.135) Die Auffassung, die einen konkreten Anteils- oder Massebezug verlangt, hat dann aber das Folgeproblem, klären zu müssen, wann ein solcher Bezug gegeben ist und wann nicht. Entgegen der Rechtsansicht in der Vorauflage erscheint es deshalb vorzugswürdig, schlicht alle Maßnahmen, die ohne Insolvenz in die Kompetenz der Gesellschafterversammlung fallen, der über den Plan abstimmenden Gläubigerversammlung zuzuweisen.136) 242 Nach allen Auffassungen ist es insbesondere erlaubt, dass der gestaltende Teil Satzungsänderungen vorsieht, um Gesellschaftsanteile für einen Share-Deal investorentauglich zu machen. Beispiel (für eine Satzungsänderung: Streichung von bisherigen Minderheitsrechten und Herstellung der Transaktionsfähigkeit der Gesellschaftsanteile): In der Satzung der insolventen T-GmbH sind für einen bestimmten Gesellschafter, der 10 % der Gesellschaftsanteile hält, zahlreiche satzungsmäßige Minderheitsrechte normiert (z. B. die notwendige Zustimmung dieses Minderheitsgesellschafters zu bestimmten Investitionen ab einer bestimmten Höhe). Zwar soll nach den Insolvenzplanregelungen dieser Minderheitsgesellschafter in der Gesellschaft verbleiben, da er einen Quotenzuschuss leistet. Der Investor ist jedoch nicht bereit, die ___________ 133) Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 242. 134) Vgl. Madaus, ZIP 2012, 2133, 2137 (o. li.). 135) So jedenfalls Madaus, ZIP 2012, 2133, 2137 (o. li.); ders., in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 Rn. 30 – 32; dagegen halten auch Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 546, dort in Ziff. 6 eines Musters eines gestaltenden Teils (ebenso dort mit Fußn. 50) die Abberufung und Neubesetzung eines Aufsichtsrats mit Hilfe des gestaltenden Teils für zulässig; für unbegrenzte Kompetenzen der Gläubigerversammlung, Hölzle, ZIP 2014, 1819 und ders., in: Kübler, HRI, 2. A., § 31 Rn. 22 ff. 136) Vgl. hierzu Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 238 und Hölzle, ZIP 2014, 1819, 1820 re./1821 li.; vgl. weiter Hölzle, in: Kübler, HRI, 2. A., § 131 Rn. 1 ff., 10 ff., 30 ff. zu einzelnen Maßnahmen; vgl. überdies instruktiv und ausführlich zu Umwandlungsmaßnahmen im Insolvenzplan Madaus, in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 ff.; kritisch Carsten Schäfer, ZIP 2014, 2417 ff.

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IV. Alt-Gesellschafter als besondere Gruppe

bisherigen Minderheitsrechte zu akzeptieren, weil dies eine Weiterveräußerung der Gesellschaftsanteile nach der Insolvenz stören könnte. Der Plan sieht gegen Zahlung des Quotenzuschusses des Investors eine Übertragung von 90 % der Gesellschaftsanteile im Einverständnis mit allen davon betroffenen Gesellschaftern vor. Lösung: Der Insolvenzplan könnte z. B. die Minderheitsrechte des Alt-Aktionärs oder Alt-GmbH-Gesellschafters streichen. Weiter könnte z. B. im gestaltenden Teil137) – als Satzungsbestandteil – geregelt werden, dass bestimmte Alt-Gesellschafter ihre Anteile nicht ohne Zustimmung des Investors abtreten können. Praxistipp (Investorensorgfalt in der Planerstellungsphase): Das vorstehende Beispiel zu möglicherweise notwendigen Satzungsänderungen – um die Transaktionsfähigkeit der Satzung herzustellen – zeigt, dass ein Investor im Rahmen des M&A-Prozesses sich unbedingt in die Planabfassung einbringen muss. Im Rahmen der Due Diligence ist aus Sicht des Investors zu klären, was nach Planrechtskraft transaktionsstörend sein könnte. Diese Investoreninteressen sind, wie vorstehend beschrieben, dann insbesondere im gestaltenden Teil aus Investorensicht einzuarbeiten.

Zum vorstehenden Beispielsfall der Abtretung von „nur“ 90 % der Gesell- 242a schaftsanteile mittels gestaltenden Teils sei Folgendes angemerkt: Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen ist schneller als ein Kapitalschnitt, der als Satzungsänderung im Handelsregister eingetragen werden muss. Allerdings ist die Übertragung der „Alt-Anteile“ auch riskanter (so haftet der Investor138) für nicht eingezahltes Stammkapital). Nicht gangbar wäre etwa der Weg, bei der Zwangsübertragung mittels Plan nur einzelne Gesellschafter aus der Gesellschaft herauszudrängen, andere dagegen nicht. Erstens müssen innerhalb der Gruppe der Gesellschafter alle Gesellschafter gleich behandelt werden (§ 226 Abs. 1 InsO). Zweitens würde eine Ungleichbehandlung der Gesellschafter dazu führen, dass das Obstruktionsverbot nicht greift, vgl. § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO. Zum Stimmrecht der Alt-Gesellschafter wird auf Rn. 435 verwiesen. d) Ersetzung formeller gesellschaftsrechtlicher Erfordernisse Vorstehend (ab Rn. 233 ff.) wurde die inhaltliche Reichweite von „Gesell- 243 schafterbeschlüssen“ der Gläubigerversammlung (durch Planabstimmung) ___________ 137) Zur „Aufteilung“ darstellender/gestaltender Teil sei erneut auf oben Rn. 116 ff. und Rn. 281 ff. Bezug genommen. Es soll an dieser Stelle – eigentlich im darstellenden Teil befindlich – ein „Auseinanderreißen“ zusammengehörender Fragen vermieden werden, so dass die Reichweite des gestaltenden Teils hier bereits angesprochen wird. In der praktischen Umsetzung des Plans sind die Begründungen und Hintergrundüberlegungen im darstellenden Teil und die eigentlichen „Exekutionserklärungen“ – also z. B. die Satzungsformulierungen – im gestaltenden Teil untergebracht. 138) Vgl. auch zur Investorensicht in der Insolvenz die Einführung von Decker/Schäfer, BB 2015, 198, 202 ff.

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C. Darstellender Teil

im gestaltenden Teil beschrieben und kritisch diskutiert. Darüber hinaus „verlängert“ § 254a Abs. 2 Sätze 1 – 3 InsO die Wirkungen des Insolvenzrechts in Bezug auf gesellschaftsrechtlich eigentlich erforderliche Ladungen, Bekanntmachungen und sonstige Vorbereitungsmaßnahmen. Die formellen Anforderungen des Gesellschaftsrechts z. B. an Vorbereitungsmaßnahmen, wie Ladungen, (vorbereitende) Bekanntmachungen und Rederechte gelten im Planverfahren nicht (vgl. § 254a Abs. 2 InsO). Auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht – zum Ablauf einer Gesellschafter- oder Hauptversammlung – verdrängen die §§ 235 ff. InsO das Gesellschaftsrecht.139) Allerdings gibt es auch zu beachtende Grenzen der formellen Vereinfachung bei der Planumsetzung. Nicht durch den Plan ersetzt werden erforderliche Publizitätsakte, wie die Notwendigkeit, satzungsändernde Beschlüsse im Handelsregister einzutragen (vgl. § 54 GmbHG, § 181 AktG u. a.). Weiter werden durch den Insolvenzplan die gesellschaftsrechtlich notwendigen Anmeldungen nicht ersetzt. Auch abzugebende Erklärungen und/oder Versicherungen, wie etwa dass die im Plan vorgesehene Kapitaloder Sacheinlage bewirkt wurde, werden nicht durch den Insolvenzplan ersetzt.140) Zur Anmeldung beim Handelsregister und Ermächtigungsregelungen im Insolvenzplan hierzu, wird auch auf die Ausführungen unten zum Kapitalschnitt und zum Debt-Equity-Swap verwiesen (vgl. hierzu unten Rn. 272 ff.). 2. Debt-Equity-Swap a) Grundstruktur und praktische Relevanz? 244 Die Grundstruktur des Debt-Equity-Swap besteht darin, dass aus Schulden (= Forderungen der Gläubiger) Gesellschaftsanteile werden.141) Die Gläubiger bringen ihre Forderungen gegen die Schuldnerin ein und erhalten dafür Gesell-schaftsanteile. Dies geschieht in der Regel in Form eines Kapitalschnitts. Zunächst wird – im Insolvenzplan – das bisherige Stamm- oder Grundkapital auf null heruntergesetzt und dann im Wege der Kapitalerhöhung wieder heraufgesetzt. Das so geschaffene neue Kapital wird dann in Form einer Sachanlage erbracht. Handelt es sich um einen Debt-Equity-Swap, erfolgt die Einbringung z. B. durch das Kreditinstitut gegen Erlass der bisherigen Ansprüche gegen die damit verknüpfte Zuwendung von Gesellschaftsanteilen durch die Regelungen des gestaltenden Teils.142) Die Kapitalerhöhung kann auch in einer Kombination von einer Bar- und Sachkapitalerhöhung erfolgen. Der Debt-Equity-Swap ist damit eine besondere Form des Kapitalschnitts. ___________ 139) Vgl. hierzu Madaus, ZIP 2012, 2133 (u. li./o. re.); ders., in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 Rn. 33 ff. 140) Vgl. Thies, in: HambKomm/InsO, § 254a Rn. 9 ff. 141) Vgl. den instruktiven Überblick bei Wuschek, ZInsO 2012, 1768 ff.; Überblick bei Wertenbruch, in: Westermann, Handbuch der Personengesellschaften, Rn. 1853 ff. 142) Instruktiv auch mit vollständig ausformulierten Passagen zum darstellenden und gestaltenden Teil des Insolvenzplans Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557 ff.

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IV. Alt-Gesellschafter als besondere Gruppe

Ein wenig handelt es sich beim Debt-Equity-Swap um ein „Modethema“, da die 245 Bereitschaft der meisten Kreditinstitute oder sonstiger Gläubiger, sich als Anteilseigner zu beteiligen, doch eher gering sein dürfte.143) Eine Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital auf dem geschilderten Wege 246 gegen den Willen des betroffenen Gläubigers ist unzulässig (§ 225a Abs. 2 Satz 2 InsO).144) b) Alternative: Anteilsübertragung auf Investor? Zudem ist zu berücksichtigen, dass in einer Vielzahl von Fällen allein auf- 247 grund der Forderungsverzichte, die der gestaltende Teil des Insolvenzplans bewirkt, wieder Eigenkapital in Höhe des satzungsmäßigen Stamm- oder Grundkapitals vorhanden sein wird. Da § 225a Abs. 3 InsO ausdrücklich auch „die Übertragung von Anteils- oder 248 Mitgliedschaftsrechten“ vorsieht, kommt die Anteilsübertragung – z. B. auch auf eine eigens hierfür gegründete Zweckgesellschaft als Finanzierungsholding – als Alternative zum komplizierten Debt-Equity-Swap in Betracht. Beispiel (für Zweckgesellschaft von Kreditinstituten zum „Parken“ der Gesellschaftsanteile): Im Verfahren der T-GmbH findet sich trotz intensivem M&A-Prozess kein Investor, der nach Vorstellung der Kreditinstitute einen ausreichenden Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile zahlt. Um den Wert des Unternehmens zu erhöhen, soll deshalb zunächst die Insolvenz beendet werden. Zu diesem Zweck gründen die Kreditinstitute A, B und C eine Zweckgesellschaft. Der Insolvenzplan sieht vor, dass die Gesellschaftsanteile der Alt-Gesellschafter sämtlich auf diese Zweckgesellschaft übertragen werden. Später werden dann die Kreditinstitute, die diese Zweckgesellschaft gegründet haben, versuchen, die so erworbenen Gesellschaftsanteile gewinnbringend ohne das Stigma der Insolvenz weiter zu veräußern. Findet sich ein Investor bereits im Planverfahren, kann auf demselben Weg – 249 also ohne Kapitalschnitt – direkt eine Zuwendung der Gesellschaftsanteile an den Investor erfolgen. Jeder Investor, der Alt-Anteile erwerben will, ist allerdings gut beraten, 250 eine intensive rechtliche Due Diligence durchzuführen, z. B. um zu klären, ob die Stammeinlagen auf die zwangsweise übertragenen Gesellschaftsanteile vollständig eingezahlt sind und keine Sicherungsrechte an den Anteilen bestehen. Anderenfalls kann es zu Haftungsrisiken bei einer etwaigen Folgeinsolvenz nach Planrechtskraft kommen. „Kleben“ an den „Alt-Anteilen“ ___________ 143) Siehe aber den Kapitalschnitt im Fall Pfleiderer und dazu Karsten Schmidt, ZIP 2012, 2085 ff. 144) Die Vorschrift wurde während des Gesetzgebungsverfahrens zum ESUG eingeführt. Es bestand wohl die Sorge des Gesetzgebers, dass ohne diese Begrenzung Planverfasser insbesondere Forderungen von Finanzämtern in Eigenkapital umwandeln könnten.

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C. Darstellender Teil

nach der Due Diligence Risiken, etwa auch Sicherungsrechte, spricht dies für einen Kapitalschnitt. c) Reverse-Debt-Equity-Swap und Umwandlungsmaßnahmen nach UmwG 251 Insbesondere, um die ungeklärten steuerlichen Risiken des „klassischen“ Debt-Equity-Swaps145) zu vermeiden, wird in der Gestaltungspraxis ein sog. Reverse-Debt-Equity-Swap empfohlen.146) In dieser Variante gründen z. B. die einbringungswilligen Gläubiger zunächst eine Zweckgesellschaft (Zweck: Vermeidung von Steuernachteilen) entweder im Wege der Sach- oder Bargründung. Dann bringen die Gläubiger ihre Forderungen im Wege der Sacheinlage durch Abtretung an die Zweckgesellschaft in diese Gesellschaft ein und erhalten dafür Anteile an dieser Gesellschaft. Der Schuldner muss seinerseits im Wege der Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 Nr. 1 UmwG mindestens einen Betriebsteil in die Zweckgesellschaft einbringen. 252 Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Insolvenzplan auch die Übertragung von Assets auf eine solche Zweck- oder Übernahmegesellschaft vorsehen kann (vgl. § 260 Abs. 3 InsO). Zudem wird nunmehr – vor dem Hintergrund der ESUG-Neuregelungen – mit guter Begründung vertreten, dass auch Umwandlungsmaßnahmen nach dem UmwG Gegenstand eines Insolvenzplans sein können.147) Folgt man dieser (sorgfältig und zutreffend begründeten) Auffassung (siehe oben auch zu Suhrkamp, Rn. 237), könnte z. B. auch mittels Insolvenzplan der bisherige Schuldnerbetrieb insgesamt auf eine Zweckgesellschaft als aufnehmenden Rechtsträger nach dem UmwG verschmolzen werden. Im Wege der Ausgliederung (nach UmwG) könnten ebenso einzelne „Filetstücke“ verschmolzen werden, bei Restabwicklung des verbleibenden Rechtsträgers ebenfalls mittels Insolvenzplanregelungen (insoweit dann mit Regelungen zu einer Teil-Liquidation des restlichen, nicht ausgegliederten Teils des Schuldners). 3. Einzelprobleme eines Kapitalschnitts gegen Sacheinlage a) Bewertungsfragen aa) Ungesicherte Forderungen 253 Die Frage, wie die im Rahmen eines Debt-Equity-Swaps eingebrachten, ungesicherten Forderungen zu bewerten sind, wird sehr strittig beant___________ 145) Zu den vom ESUG nicht angegangenen steuerlichen Risiken vgl. Hölzle, in: Kübler, HRI, 2. A., § 31 Rn. 104 ff. und Kahlert, in: Kübler, HRI, 2. A., § 57. 146) Drouven/Nobiling, DB 2009, 1895 ff. und Drouven, ZIP 2009, 1052 ff.; Reul/Heckschen/ Wienberg, Insolvenzrecht in der Gestaltungspraxis, Rn. 208 ff.; dazu auch Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 324. 147) Vgl. instruktiv Madaus, ZIP 2012, 2133 ff. und oben Rn. 237.

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IV. Alt-Gesellschafter als besondere Gruppe

wortet.148) Die Bandbreite reicht von einer zulässigen Bewertung in Höhe des Nominalbetrags bis zur Betonung eines starken Abwertungsbedarfs.149) In der Regierungsbegründung zu § 225a InsO ESUG150) heißt es hierzu (S. 46/47): „Zur Frage der Werthaltigkeit des Anspruchs sind ggf. Gutachten einzuholen. Die Werthaltigkeit der Forderungen wird aufgrund der Insolvenz des Schuldners regelmäßig reduziert sein und der Wert wird nicht dem buchmäßigen Nennwert entsprechen, sondern deutlich darunter liegen. Hierbei kann auch die Quotenerwartung berücksichtigt werden. Der Insolvenzplan hat eine entsprechende Wertberichtigung vorzusehen. …“

Mit dem Hinweis auf die „Quotenerwartung“ dürfte beabsichtigt gewesen 254 sein, auf die Quote nach dem Insolvenzplan abzustellen, nicht auf Zerschlagungsquoten im Falle einer Regelabwicklung und Liquidation. Dementsprechend könnte eine Einbringung in Höhe der nach dem Insolvenzplan vorgesehenen Quote für ungesicherte Gläubiger als Bewertungsmaßstab in Betracht kommen. Dies passt allerdings nur, soweit die eingebrachte Forderung bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht durch ein Absonderungsrecht gedeckt ist. Weiter macht die Gesetzesbegründung deutlich, dass Wertgutachten einzu- 255 holen sind (hierzu oben Rn. 253 und unten Rn. 257 zum Ausschluss der Differenzhaftung gem. § 254 Abs. 4 InsO). bb) Gesicherte Forderungen Sind eingebrachte Forderungen ganz oder teilweise gesichert, geht die Sicher- 256 heit im Rahmen der Einbringung ebenfalls unter. Die damit zusammenhängenden Bewertungsfragen sind – sofern es den Debt-Equity-Swap betrifft – ebenfalls wenig geklärt.151) Insoweit dürfte zur Bestimmung des Ausfalls und zur Bestimmung des Wertes der eingebrachten Sicherheit auf obige Ausführungen zum sog. Mischgruppenverbot abzustellen sein (siehe oben C. III. 3 a) bb) Rn. 200 ff.). Zunächst ist die Rechtsfrage zu beurteilen, ob der Sicherungsgläubiger Zerschlagungs- oder Fortführungswerte beanspruchen kann (vgl. auch die Ausführungen zur Vergleichsrechnung unter Rn. 138 ff. mit dortigen Hinweisen auf die Zerschlagungswerte als Untergrenze und Ausnahmekonstellationen, in denen der Zerschlagungswert des

___________ 148) Kritisch (in Analyse des Pfleiderer-Insolvenzplans) zu Bewertungsfragen Karsten Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2087; zu Bewertungsfragen vgl. Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 563, dort in Fußn. 47; ausführlich und instruktiv Wertenbruch, in Westermann, Handbuch der Personengesellschaften, § 44 Rn. 1860; allgemein zu Fragen der Bilanzierung von Debt-Equity-Swaps Grüne, IRZ 2012, 277 ff.; Weber/Schneider, ZInsO 2012, 374 ff.; Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121, 124. 149) Vgl. Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 563, dort in Fußn. 47. 150) Entwurfsbegründung (Bearbeitungsstand 25.1.2011). 151) Vgl. Eckert/Harig, ZInsO 2012, 2318.

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C. Darstellender Teil

Sicherungsgutes höher ist als der Fortführungswert).152) Grundsätzlich dürfte, wie an der zitierten Stelle ausgeführt, bei einem Fortführungsplan von einer Sicherheitenbewertung zu Fortführungswerten auszugehen sein. Die Bewertungsfragen in Bezug auf Sicherheiten dürften beim Debt-Equity-Swap genauso zu lösen sein, wie bei der richtigen Einteilung der Gruppen (in Umsetzung des sog. Mischgruppenverbotes und bei den Schlechterstellungsverboten nach § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO und § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO. b) Ausschluss der Differenzhaftung 257 Nach § 254 Abs. 4 InsO ist – jedenfalls grundsätzlich – die Differenzhaftung des sog. Inferenten (der seine Forderungen im Wege des Swaps eingebracht hat) ausgeschlossen. Wie vorstehend (Rn. 253 ff.) zitiert, wird in der Gesetzesbegründung nicht von einer völlig freien Bewertung ausgegangen, sondern von der Einholung eines Wertgutachtens. Die Bewertungsvorschriften, z. B. nach dem Aktiengesetz bei einer Sachkapitalerhöhung, werden durch das ESUG auch nicht ausgeschlossen (§§ 183, 183a AktG). Ohne Einholung eines Wertgutachtens und ohne zumindest vertretbare Bewertung drohen deshalb bei einer „Blindbewertung“ diesem Gesellschafter in einer Folgeinsolvenz sogar Ansprüche ggf. aus § 826 BGB.153) c) Vollständiger Bezugsrechtsausschluss? 258 Nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen ist ein – insbesondere vollständiger – Bezugsrechtsausschluss nur bei Vorliegen eines sachlichen Rechtfertigungsgrundes zulässig.154) Dabei ist (außerinsolvenzlich) gesellschaftsrechtlich anerkannt, dass bei einer Sachkapitalerhöhung zum Zweck der Sanierung in der Regel der Bezugsrechtsausschluss sachlich gerechtfertigt ist.155) Bei Barkapitalerhöhungen, insbesondere, wenn sich zur Zeichnung bereite Aktionäre finden, ist die außerinsolvenzliche Begründung des Bezugs___________ 152) Insoweit differenzieren Eckert/Harig, ZInsO 2013, 2019 (re.) nicht genau genug. Dort wird zur übertragenden Sanierung die Auffassung vertreten, die Sicherungsgläubiger müssten „ggf. Abschläge … akzeptieren, da ein Erwerber aufgrund der notwendigen Übernahme von Arbeitnehmern und weiteren Dauerschuldverhältnissen bei diesen Positionen möglicherweise Nachlässe erwarten …wird.“ Wenn diese „Nachlässe“ bei einer übertragenden Sanierung zu einer Erlösauskehr unterhalb der Zerschlagungswerte führen würden, muss der Sicherungsgläubiger dies nicht akzeptieren. 153) So zutreffend Kanzler/Mader, GmbHR 2012, 992 ff. 154) Kritisch zum Bezugsrechtsausschluss im ESUG-Insolvenzplan Karsten Schmidt, ZIP 2012, 2085, 2097 (in Analyse der Folgen des Pfleiderer-Insolvenzplans); vgl. BGH, 13.3.1978 – II ZR 142/76, BGHZ 71, 40, 44; zum im Insolvenzplanverfahren fortgeltenden Erfordernis sachlicher Rechtfertigung vgl. Wertenbruch, in: Westermann, Handbuch der Personengesellschaften, § 44 Rn. 1856 ff.; vgl. zugunsten eines Bezugsrechtsausschlusses LG Bonn, Beschl. v. 10.7.2014 – 6 T 178/14 („Das Bezugsrecht hat nur dann einen wirtschaftlichen Wert, wenn es realistisch ausübbar sein wird – was nicht ‚glaubhaft‘ gemacht worden ist“), dazu EWiR 2015, 125 (Fölsing). 155) Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 105 (li.).

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IV. Alt-Gesellschafter als besondere Gruppe

rechtsausschlusses schwieriger.156) Allerdings ist anerkannt, dass ausnahmsweise auch bei einer Barkapitalerhöhung ein Bezugsrechtsausschluss in Betracht kommt, insbesondere dann, wenn nur so ein notwendiger, neuer Investor gefunden werden kann und alle Anteile „en bloc“ übertragen werden müssen.157) Bei der AG ist dabei zu berücksichtigen, dass nach §§ 228 Abs. 1, 235 Abs. 1 Satz 2 AktG bei Kapitalherabsetzung auf null mit anschließender Kapitalerhöhung das aktienrechtliche Mindestkapital (50.000,00 EUR) in bar erbracht werden muss. Ob die gesellschaftsrechtlichen Erfordernisse sachlicher Rechtfertigung 259 des Bezugsrechtsausschlusses auch im Insolvenzplanverfahren gelten, ist noch nicht abschließend geklärt. Das Problem resultiert aus § 225a Abs. 3 InsO, der Planregelungen nur erlaubt, soweit diese „gesellschaftsrechtlich zulässig“ sind. § 225a Abs. 2 Satz 3 InsO lässt den Bezugsrechtsausschluss ausdrücklich zu. In der Begründung des Gesetzes wird (wohl) von einer Zulässigkeit des Bezugsrechtsausschlusses zumindest in Bezug auf Sachkapitalerhöhungen ausgegangen.158) Im Zusammenhang mit der Einbringung von Forderungen wird in der Entwurfsbegründung zum ESUG, zu § 225a Abs. 2 InsO, ausgeführt (S. 47):159) „Im Falle einer Umwandlung von Forderungen in Aktien einer Aktiengesellschaft erfolgt die Zeichnung der jungen Aktien nach den allgemeinen Vorschriften des Aktienrechts. Zugleich muss für die Kapitalerhöhung, die vom Inferenten übernommen wird, ein Bezugsrechtsausschluss zu Lasten der Anteilsinhaber geregelt werden. Ist eine Kapitalherabsetzung beabsichtigt, so sind die zugrunde liegenden Wertermittlungen und sonstige Verluste nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches zu ermitteln und zu erläutern, die für den Jahresabschluss gelten. …“

Eine klare Positionierung für oder gegen den Bezugsrechtsausschluss fehlt in 260 der vorstehenden Entwurfsbegründung des RefE-ESUG. Mit den bezeichneten Regelungen in § 225a Abs. 2, 3 InsO hat der Gesetz- 261 geber wohl nur die gesellschaftsrechtlichen „Instrumente“ (wie einen Kapitalschnitt) als solche im Insolvenzplan zulassen wollen. Er hat aber nicht die gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen dieser Maßnahmen in das Insolvenzrecht „transportieren“ wollen.160) Das spricht für die Zulässigkeit des Bezugsrechtsausschlusses in allen Varianten der Kapitalerhöhung. Weitgehende Übereinstimmung besteht darin, dass in der Regel – schon 262 außerinsolvenzlich – der Sanierungszweck eine sachliche Rechtfertigung

___________ 156) 157) 158) 159) 160)

Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 105 (li.). Decher/Voland, ebenda. BT-Drucks. 17/5712, S. 18. Vgl. Entwurfsbegründung zum RefE, Bearbeitungsstand 25.1.2011, 15:45 Uhr. Vgl. Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 106.

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des Bezugsrechtsausschlusses bei der Sachkapitalerhöhung darstellt.161) Sofern eine Kapitalerhöhung gegen Bareinlage vorliegt, ist nach einer Auffassung der Sanierungszweck des Insolvenzplans nicht zwingend ein sachlicher Grund zum Ausschluss des Bezugsrechts.162) Jedoch dürfte entgegen dieser Auffassung in der Regel aufgrund der Insolvenz das Anteils- und Mitgliedschaftsrecht wertlos sein, so dass auch bei einer Barkapitalerhöhung der Sanierungszweck zumindest – wollte man eine Rechtfertigung verlangen – als Begründung für den Bezugsrechtsausschluss trägt. 263 Im Einzelfall mag belegt sein, dass ein Alt-Gesellschafter bereit und finanziell in der Lage ist, sich finanziell an einer Insolvenzplanlösung zu beteiligen. Sollte ausnahmsweise dieser Gesellschafter finanzstark genug sein und einer Insolvenzplanlösung nicht im Wege stehen, erscheint im Ausnahmefall denkbar, dass ein Bezugsrechtsausschluss sachwidrig sein kann. Zur Notwendigkeit eines transparenten M&A-Prozesses wird u. a. auf unten Rn. 274 ff. verwiesen. d) Besonderheiten bei der AG 264 Bei Aktiengesellschaften muss bei einer Kapitalherabsetzung auf null nach §§ 228 Abs. 1, 235 Abs. 1 Satz 2 AktG die anschließende Erhöhung des Grundkapitals in Höhe des Mindestkapitals (derzeit 50.000,00 EUR) in bar erfolgen. 265 Weiter ist bei der Aktiengesellschaft erforderlich, dass die Durchführung des Kapitalschnitts und die dazugehörigen Beschlüsse (im vorliegenden Zusammenhang also der Beschluss der Gläubigerversammlung zur Abstimmung über den Insolvenzplan) binnen sechs Monaten „nach der Beschlussfassung in das Handelsregister eingetragen worden“ sein müssen (vgl. § 228 Abs. 2 AktG). Bei versäumter Eintragungspflicht wird bzw. ist die Durchführung der Kapitalerhöhung nichtig. Wann im Insolvenzplanverfahren diese Eintragungsfrist von sechs Monaten beginnt, ist noch nicht geklärt. Zum Teil wird davon ausgegangen, dass die Frist erst mit Eintritt der Rechtskraft des Planbestätigungsbeschlusses zu laufen beginnt.163) 266 Dieser Auffassung – Fristbeginn mit Rechtskraft der Planbestätigung – ist zu folgen, da erst mit Rechtskraft die Gestaltungswirkungen des Insolvenzplans eintreten.

___________ 161) Madaus, ZIP 2012, 2133, 2137, dort in Fußn. 33; vgl. auch Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 563, dort in Fußn. 45 zum Streitstand m. w. N. 162) Simon/Merkelbach, NZG 2012, 121. 163) Vgl. Madaus, ZIP 2012, 2133, 2138; vgl. auch Horstkotte/Martini, ZInsO 2012, 557, 562, dort in Fußn. 40.

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4. Kapitalschnitt beendet Sicherungsrechte an Gesellschaftsanteilen Bestehen Pfandrechte oder sonstige Sicherungsrechte an Gesellschafts- 267 anteilen, gehen diese bei einer Kapitalherabsetzung auf null unter. Insofern werden Sicherungsgläubiger zu beachten haben, dass insbesondere bei einem entsprechenden Schuldnerplan aufgrund der ESUG-Neuregelungen Sicherungsrechte an Gesellschaftsanteilen mittels Insolvenzplan „kassiert“ werden können. Dies mag im Einzelfall aus Sicht der betroffenen Sicherungsgläubiger ein 268 Argument dafür sein, zu versuchen, mittels einer eigenen Insolvenzplanlösung (aus Gläubigersicht) einem Schuldner-Insolvenzplan zuvorzukommen. So betrachtet kann auch aus Sicht von Sicherungsgläubigern die Insolvenzplanlösung der sog. außerinsolvenzlichen Doppeltreuhand vorzuziehen sein. 5. Abfindungsansprüche Alt-Gesellschafter Grundsätzlich dürfte in der Insolvenz – sofern nicht ausnahmsweise eine 269 100 %-Quote für die Insolvenzgläubiger „im Raum steht“ – von der Wertlosigkeit der Gesellschaftsanteile auszugehen sein.164) Diese Wertlosigkeit war der Begründungsansatz des ESUG, Eingriffe in die Gesellschafts- und Mitgliedschaftsrechte mittels Insolvenzplan zuzulassen. Grundsätzlich sind die Gesellschafter, die von einem Eingriff betroffen sind, nach den Vorstellungen des ESUG-Gesetzgebers durch die zwingende Gruppenbildung (vgl. § 222 Abs. 1 Nr. 4 InsO) und das Schlechterstellungsverbot (vgl. §§ 251 Abs. 1 Nr. 2, 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO) ausreichend geschützt. Im Anschluss an den Suhrkamp-Fall hat sich jedoch gezeigt, dass zumindest bei einer vollständigen Befriedigung der ungesicherten Insolvenzgläubiger geschickte PlanStrategen auch Minderheits-Gesellschafterrechte mittels Insolvenzplan „einkassieren“ könnten. Dies hat eine – auch rechtspolitische – Diskussion dazu ausgelöst, ob die ESUG-Reform zur Einbeziehung des Gesellschaftsrechts zu weit geht und zu hohe Missbrauchsgefahren zu Lasten von (Minderheits)Gesellschaftern bestehen.165) Insbesondere, wenn eine 100 %-Quote für einzelne oder (nahezu) alle Gläu- 269a bigergruppen im Raum steht, ist (einzelfallabhängig) der Gedanke naheliegend, dass der Insolvenzplan nur dazu dient, bestimmte (Minderheits-)Rechte eines (Minderheits-)Gesellschafters einzuschränken (zum Schutz von Mitgesellschaftern gegen ein aus deren Sicht nicht gewünschtes Insolvenzplanverfahren vgl. bereits oben Rn. 9 ff., 33 ff., 233 ff., Rn. 274 ff. sowie unten zum Mittel___________ 164) Vgl. Hölzle, in: Kübler, HRI, 2. A., § 31 Rn. 5 ff. m. w. N.; zur Thematik spekulativer Börsenkurse vgl. Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 107; kritisch mit Blick auf Suhrkamp Carsten Schäfer, ZIP 2014, 2417, 2420 („nach allgemeinen Maßstäben ist die Fortführung des Unternehmens (auf Basis des Insolvenzplans) für dessen Bewertung zu berücksichtigen…“). 165) Zur Missbrauchsgefahr u. a. Madaus, in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 Rn. 24 ff.; Carsten Schäfer, ZIP 2014, 2417 ff.

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C. Darstellender Teil

fonds gem. § 251 Abs. 3 InsO Rn. 510 ff., zur sofortigen Beschwerde Rn. 520 ff. sowie zum Freigabeverfahren Rn. 532a ff.). In solchen Konstellationen ist es dann schwierig, zu bemessen, in welcher Höhe eigentlich „Mittel“ zur Vermeidung einer Benachteiligung des Minderheitsgesellschafters zur Verfügung gestellt werden müssen. Wie beim Schadensersatzanspruch gem. § 253 Abs. 4 Satz 3 InsO kann es einem (Minderheits-)Gesellschafter nahezu unmöglich sein, genau zu beziffern, welche „Mittel“ zur Kompensation seines Rechtsverlustes eigentlich erforderlich sind. Auch hier hilft wieder nur – auch vor verfassungsrechtlichem Hintergrund gemäß Art. 14 GG – Transparenzschutz durch einen frühzeitigen M&A-Prozess nebst frühzeitiger, vollständiger Informationsflüsse (vgl. bereits oben Rn. 9 ff., 33 ff.). 270 § 225a Abs. 5 InsO hat nun noch eine Sonderkonstellation im Blick. Stellt eine Insolvenzplanmaßnahme des gestaltenden Teils für eine am Schuldner trotz Insolvenz weiterhin beteiligte Person einen wichtigen Grund zum Austritt dar, ist zur Höhe der Abfindung auf die Vermögenslage bei einer „Abwicklung des Schuldners“ im Rahmen der Regelinsolvenz abzustellen (vgl. § 225a Abs. 5 InsO), was im Regelfall nur den Wert „Null“ bedeuten kann. Vor diesem Hintergrund werden die weiteren Regelungen der Vorschrift (z. B. Stundung der Abfindung bis zu drei Jahren) kaum praktische Relevanz entfalten. 6. Change-of-Control-Klauseln 271 Oft finden sich in Verträgen zwischen Schuldner und dessen Vertragspartnern Abreden dazu, dass bei einer Änderung der Struktur der Gesellschafter der Vertragspartner ein Recht zur Kündigung des Vertrags hat. Solche Kündigungsrechte, die an die Veränderung der Gesellschafterstruktur anknüpfen, sind nach § 225a Abs. 4 Satz 3 InsO unwirksam. Um den Sanierungszweck nicht zu gefährden, hat der Gesetzgeber im Laufe des ESUGGesetzgebungsverfahrens diese Vorschrift aufgenommen. 7. Kompetenzabgrenzung Insolvenzgericht/Handelsregister? 272 Zunächst ist zur Eingrenzung der Prüfungskompetenz des Handelsregisters auf die Rechtskraftwirkung des Insolvenzplans nach §§ 254, 254a InsO zu verweisen. Soweit die Rechtskraft des Insolvenzplans reicht, steht schon die Rechtskraftwirkung einer im Insolvenzplan geregelten Frage einer erneuten Prüfung durch das Handelsregister entgegen (siehe auch oben Rn. 243). 273 Allerdings ist die Rechtskraftwirkung des Insolvenzplans nur unter den „Beteiligten“ gegeben (vgl. §§ 254 Abs. 1, 254a Abs. 1 InsO). Was unter „Beteiligte“ im Einzelfall zu verstehen ist,166) kann je nach Einzelfall strittig sein. Die Registeröffentlichkeit, der nicht am Insolvenzplanverfahren beteiligte Rechtsverkehr, gehört jedenfalls nicht zu den „Beteiligten“ (vgl. dazu auch unten ___________ 166) Vgl. dazu auch Madaus, in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 Rn. 36.

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Rn. 284 ff.). Diese subjektiv nur begrenzte Reichweite der Planrechtskraft bedingt dann auch, dass die Registeröffentlichkeit entsprechend den allgemeinen Regeln zu Handelsregistereintragungen informiert werden muss.167) Grundsätzlich geben die §§ 225a, 254a Abs. 2 InsO zu erkennen, dass sämt- 273a liche „gesellschaftsrechtlichen Beschlüsse“ des Insolvenzplans sowohl in materieller Hinsicht (vgl. § 225a InsO) als auch in formeller Hinsicht (vgl. § 254a Abs. 2 InsO z. B. zu Ladungs- und Bekanntmachungsvoraussetzungen) umfassend und abschließend durch das Insolvenzrecht geregelt werden sollen. Damit unterliegen die „gesellschaftsrechtlichen“ Insolvenzplan-Beschlüsse der abschließenden Prüfungsbefugnis des Insolvenzgerichts und ggf. den Rechtsschutzmöglichkeiten nach §§ 251, 253 InsO. Dieses gesamte System würde keinen Sinn machen, wenn das Handelsregister im Anschluss an eine rechtskräftige Insolvenzplanabstimmung im Rahmen der genannten Regelungsbereiche eine erneute materielle Prüfungskompetenz hätte. So ist etwa die Frage, ob ein Bezugsrechtsausschluss rechtmäßig mittels Plan vorgenommen werden konnte oder ob eingebrachte Forderungen ordnungsgemäß und hinreichend bewertet worden sind, im Insolvenzplanverfahren zu prüfen und Gegenstand der Beschlussfassung der Gläubiger sowie des gerichtlichen Bestätigungsbeschlusses nach § 248 InsO.168) Damit hat das Handelsregister keine materielle Prüfungskompetenz,169) sondern nur eine beurkundende Funktion. Soweit dabei z. B. das Insolvenzrecht die formellen Voraussetzungen nicht 273b regelt, ist das Handelsregister auf die Prüfung formeller Eintragungsvoraussetzungen beschränkt. Als Beispiel könnte man wohl auf § 254a Abs. 2 Satz 3 InsO verweisen. Danach hat der Insolvenzverwalter – bei der Eigenverwaltung der Schuldner – das Recht, die infolge des Insolvenzplans notwendigen Anmeldungen beim zuständigen Registergericht vorzunehmen. Der gestaltende Teil kann nach § 221 Satz 2 InsO „den Insolvenzverwalter“ bevollmächtigen, bestimmte Umsetzungsmaßnahmen durchzuführen. Dazu gehören auch Anmeldungen. Im Hinblick auf die Plan-Privat-Autonomie sollte anerkannt werden – wozu es soweit ersichtlich keine Rechtsprechung und Literatur gibt –, dass der Insolvenzplan in der Eigenverwaltung auch den Schuldner bevollmächtigen kann, Anmeldungen oder Durchführungsmaßnahmen vorzunehmen.170) Hinsichtlich der nach dem FamFG erforderlichen Formvoraussetzungen der Anmeldung (z. B. notarielle Beglaubigung eines Antrags) enthält § 254a Abs. 2 InsO wohl keine Erleichterung bzw. Ersetzung der Former___________ 167) Vgl. auch Madaus, ZIP 2012, 2133, 2138 (re.). 168) Vgl. BT-Drucks. 17/5712, S. 37: „Dabei hat das Registergericht nur eine eingeschränkte Prüfungskompetenz, denn das wirksame Zustandekommen des Plans wird bereits durch das Insolvenzgericht überprüft. Dem Registergericht kommt hier vor allem eine beurkundende Funktion zu“. 169) Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 266; Madaus, in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 Rn. 42. 170) Vgl. zu Durchführungshandlungen auch Madaus, in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 Rn. 39.

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fordernisse, so dass in diesem Bereich eine Prüfungskompetenz des Handelsregisters besteht.171) Praxistipp (Kontaktaufnahme mit Handelsregister vor Planeinreichung): Unabhängig von vorstehenden Rechtsausführungen besteht im Einzelfall das Risiko, dass das Handelsregister nach Planrechtskraft im Rahmen einer Eintragung wegen der nicht häufig vorkommenden Situation „widerspenstig“ wird. Da jedenfalls nach Planrechtskraft der Insolvenzplan nicht mehr geändert werden kann, sollten praktische Umsetzungsprobleme dadurch vermieden werden, dass der Insolvenzplanentwurf und die Abläufe nach Planrechtskraft im Vorfeld des Abstimmungstermins mit dem Handelsregister besprochen werden.

273c Der Zugang von Willenserklärungen unterfällt ebenfalls nicht der Fiktion des § 254a InsO. Sofern im Abstimmungstermin alle Beteiligten anwesend sind, kommt eine Erklärung unter Anwesenden in Betracht. Weiter ist bei Annahmeerklärungen an einen Verzicht des Zugangs nach § 151 BGB zu denken.172) 8. Insolvenzplan: Instrument „feindlicher Übernahme“? a) Transparenter M&A-Prozess? 274 Vorstehende „ESUG-Instrumentarien“ ergeben, dass sich das Insolvenzplanverfahren gut eignet, entweder mittels Kapitalschnitt und/oder Anteilsübertragung sog. „feindliche Übernahmen“ durchzuführen (siehe oben Rn. 233 – 268 ff.). Dies ist einer der Gründe, warum um den Bezugsrechtsausschluss und um Bewertungsfragen in Bezug auf die Gesellschaftsanteile der Alt-Eigner recht heftig – auch rechtspolitisch – gerungen wird (hierzu oben Rn. 253 ff.). 275 Gegen diese „Schärfe“ des Insolvenzrechts ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Die diversen Schlechterstellungsverbote in u. a. §§ 245 Abs. 1 Nr. 1, 251 Abs. 1 Nr. 2, 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO gewährleisten grundsätzlich, dass weder die Gläubiger noch die Alt-Gesellschafter im Planverfahren weniger erhalten, als in der Regelinsolvenz (siehe auch oben Rn. 9 ff., 33 ff., 233 ff., 269 ff.). In der Entwurfsbegründung des RefE-InsO zum ESUG heißt es hierzu (S. 47):173) „Werden Anteilsrechte in einen Insolvenzplan einbezogen, so muss im Falle ihrer Einbeziehung eine finanzielle Kompensation vorgesehen werden, sofern die Anteile noch werthaltig sind. Hierfür hat der Plan nach § 251 Abs. 3 InsO-E gegebenenfalls die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Allerdings ist im Insolvenzverfahren regelmäßig von einer Wertlosigkeit der Anteile auszugehen. In diesem Fall ist auch eine Entschädigung nicht erforderlich. Der verfassungsrechtliche Eigentumsschutz der betroffenen An-

___________ 171) Vgl. auch Madaus, in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 Rn. 41 ff. 172) Vgl. hierzu Madaus, in: Kübler, HRI, 2. A., § 33 Rn. 37. 173) Vgl. Begründung zum RefE-InsO v. 25.1.2011, Bearbeitungsstand 15:45 Uhr.

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V. GmbH & Co. KG teilsinhaber wird durch die Regelungen zum Minderheitenschutz und zum Rechtsmittel gegen die Planbestätigung in den §§ 245, 251 und 253 InsO-E gewährleistet… Eine Entschädigung ist nach § 251 Abs. 3 Satz 2 InsO-E außerhalb des Insolvenzverfahrens geltend zu machen, damit keine Verzögerung eintritt.“

Der „Schlüssel“ dafür, dass die Schutzvorschriften nach §§ 245, 251, 253 InsO 276 nicht nur auf dem Papier existieren, ist ein frühzeitiger und transparenter M&A-Prozess (siehe oben Rn. 9 ff. zur Vergleichsrechnung). Nur dieser gewährleistet, dass mindestens die Ergebnisse einer übertragenden Sanierung an die Gläubiger und/oder Alt-Gesellschafter ausgekehrt werden (zum M&AProzess vgl. u. a. oben Rn. 33 ff. und zur Vergleichsrechnung oben Rn. 9 ff., 138 ff.). Unter dem Gesichtspunkt des Schutzes sowohl der Gläubiger als auch der 277 Alt-Eigner wird deshalb eine „feindliche Übernahme“ dann kritisch, wenn der M&A-Prozess für Alt-Eigner und/oder Gläubiger und/oder Gericht wenig transparent ist und/oder nicht so recht klar ist, welche Investoren mit welchen Zielen die insolvente Gesellschaft erwerben (z. B. bei einer Zwischenholding zum Zwecke der Planfinanzierung mit unklarer Gesellschafterstruktur dieser Holding; vgl. oben Rn. 153 ff. zur Notwendigkeit der Offenlegung der Plan-Finanzierungsstruktur im darstellenden Teil). b) Alt-Gesellschafter und Börsen-Spekulationskurs? Im Zusammenhang mit dem Gleichstellungsanspruch der Alt-Gesellschafter 278 (wie stünden diese in der Regelinsolvenz? – siehe vorstehend Rn. 274 ff. zu §§ 251, 245, 253 InsO) ist die Frage aufgeworfen worden, ob beim Kapitalschnitt mit Kapitalherabsetzung auf null den Alt-Gesellschaftern der aktuelle Börsenkurs von der Gesellschaft zugewandt werden muss.174) Selbst in der Insolvenz handeln Spekulanten oft Aktien der Schuldnerin noch mit einem Hoffnungswert. Aus diesem Grunde war in der Pfleiderer-Insolvenz vorsorglich im Rahmen des § 251 Abs. 3 InsO ein „Topf“ gebildet worden, den die Gesellschaft ggf. hätte auch noch aufstocken können (vgl. unten zum Minderheitenschutz nach § 251 InsO unter Rn. 510 ff.). Solche Spekulations-Hoffnungen dürften jedoch keinen durch Art. 14 GG geschützten Vermögenswert darstellen. Im Rahmen des § 251 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 InsO kann der AltGesellschafter beim Kapitalschnitt auf null deshalb den – oft schwankenden – Aktien-Spekulationswert nicht beanspruchen.175) V. GmbH & Co. KG Bei einem Insolvenzplan über das Vermögen einer GmbH & Co. KG ist zu 279 berücksichtigen, dass die Komplementär-GmbH – falls diese auch in die Insol___________ 174) Vgl. Decher/Voland, ZIP 2013, 103, 113. 175) So zutreffend Decher/Voland, ebenda.

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C. Darstellender Teil

venz gerät – grundsätzlich aus der Gesellschaft (der KG) ausscheidet (in der Regel sind die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Komplementär-GmbH und/oder die Abweisung mangels Masse im Gesellschaftsvertrag als Grund des Ausscheidens aus der KG definiert, vgl. auch § 131 Abs. 3 Nr. 2 HGB i. V. m. § 161 HGB). Entweder müssen die Planarchitekten dann eine neue Komplementär-GmbH „beschaffen“ (was manchmal steuerliche Nachteile hat) oder es muss versucht werden, die Insolvenz über das Vermögen der Komplementär-GmbH zu verhindern. Praxistipp (zur „Rettung“ der ursprünglichen Komplementär-GmbH): Grundsätzlich wird die Komplementär-GmbH durch den Insolvenzplan über das Vermögen der GmbH & Co. KG nach § 227 Abs. 2 InsO mitentschuldet. In einem Fall wurde mit dem Insolvenzgericht abgesprochen, dass zwar der Insolvenzantrag über das Vermögen der Komplementär-GmbH gestellt wird. Dieser Insolvenzantrag wurde dann aber nicht beschieden und nach Rechtskraft des Insolvenzplans und rechtkräftiger Aufhebung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der KG wurde der Insolvenzantrag – wegen Beseitigung der Insolvenzgründe auch über das Vermögen der Komplementär-GmbH – wieder zurückgenommen. Dies ist aber nur dann ein gangbarer Weg, wenn die Komplementär-GmbH nur aufgrund der Verbindlichkeiten der KG insolvenzreif geworden ist.176)

280 Wegen der notwendigen Plananlage, der Komplementär-Zustimmungserklärung, wird auf § 230 Abs. 1 Satz 2 InsO verwiesen (siehe unten Rn. 617).

___________ 176) Vgl. auch den Muster-Insolvenzplan von Rendels/Zabel, in: Kübler, HRI, § 52.

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D. Gestaltender Teil I. Grundlagen 1. Rechtsfolge: Rechtskraft a) Trennung von gestaltendem und darstellendem Teil Wie der Name schon sagt, soll der darstellende Teil informieren (siehe oben 281 Kapitel C), während der gestaltende Teil – mittels der Rechtskraftwirkungen177) nach §§ 254, 254 a/b InsO – die Rechtswirkungen für die durchgreifende Sanierung herbeiführt (z. B. Forderungserlasse und Stundungserklärungen).178) Dabei werden nach dem eindeutigen Wortlaut des § 254 Abs. 1 InsO die Rechtskraftwirkungen durch die „Rechtskraft der Bestätigung“ i. V. m. den Regeln des gestaltenden Teils ausgelöst.179) Grundnorm für den gestaltenden Teil ist § 221 InsO. Danach bestimmt der gestaltende Teil (§ 221 Satz 1 InsO spricht von „festgelegt“), „wie die Rechtsstellung der Beteiligten durch den Plan geändert werden soll“. aa) Der Jurist als Leser Beispiel (der schnelle Rechtspfleger): Für eine Insolvenzplansache hatten die Verfasser dieses Buches über Monate – durch kontinuierliche Fortschreibung des darstellenden Teils in verschiedenen Phasen – ein Restrukturierungskonzept in Anlehnung an IDW S 6 erarbeitet und in den darstellenden Teil – arbeitsaufwendig – integriert. Im Rahmen einer Präsentation im Betrieb sollte der zuständige Rechtspfleger informiert werden, der den Fall grundsätzlich aufgrund der Verwalterberichte kannte. Der Rechtspfleger hörte sich zusammen mit Teilen der Belegschaft im Rahmen der Präsentation – im Unternehmen – geduldig die Ausführungen zur betriebswirtschaftlichen Seite der Angelegenheit an. Am Ende des Präsentationstermins bemerkte er aber dann: „Gut, nun schauen wir uns einmal ausgiebig den gestaltenden Teil an!“ Der Fall soll verdeutlichen, dass Planbetrachter, die im Schwerpunkt eine 282 rein juristische Ausbildung haben, sich oft nahezu ausschließlich und so-

___________ 177) Zum Wirksamkeitszeitpunkt der Plan-Rechtskraftwirkung vgl. auch LG Hildesheim v. 2.5.2012 – 2 O 348/11 (Planausschüttungen vor Rechtskraft führen zur Haftung nach § 60 InsO). 178) Zu Abgrenzungsfragen darstellender/gestaltender Teil siehe auch oben Rn. 116 ff. 179) Die dogmatische Ableitung der materiell-rechtlichen Planwirkungen ist strittig. Nach einer Auffassung beruhen die materiell-rechtlichen Wirkungen auf dem Vertragscharakter des Plans; vgl. dazu Madaus, Der Insolvenzplan, S. 301 ff.; zur strittigen Rechtsnatur des Insolvenzplans vgl. oben Rn. 14 ff.

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D. Gestaltender Teil

fort für den gestaltenden Teil interessieren.180) Diese häufig anzutreffende „Prüfungssicht“ und auch ein gewisser Zeitdruck bei der Kontrolle des Insolvenzplans sollen verdeutlichen, dass die „Exekutionswirkungen“ des Insolvenzplans erstens im gestaltenden Teil vollständig enthalten sein müssen (Querverweisungen zum darstellenden Teil allenfalls selten und nur zu Informationszwecken). Zweitens muss der gestaltende Teil – auch isoliert betrachtet – aus sich heraus verständlich sein.181) bb) Auslegungsregel betr. Verhältnis zum darstellenden Teil und den Plananlagen 283 Nicht selten treten Widersprüche zwischen gestaltendem Teil einerseits und darstellendem Teil oder Plananlagen andererseits auf.182) Dies liegt gelegentlich an zahlreichen Planänderungen und Aktualisierungen im Laufe des Prozesses zur Fortschreibung des Planentwurfs. Um hier unübersichtliche und vom Planarchitekten nicht gewünschte Rückwirkungen des darstellenden Teils oder der Plananlagen auf den gestaltenden Teil auszuschließen, kann sich – je nach Einzelfall – etwa folgende Klausel am Ende des gestaltenden Teils empfehlen: Beispiel (für einen Formulierungsvorschlag zu einer Auslegungsregel): „Sollten die Regelungen des vorstehenden gestaltenden Teils in Widerspruch zu einzelnen Ausführungen im darstellenden Teil und/oder den Plananlagen stehen, so haben die Regelungen des gestaltenden Teils Vorrang. Die Plananlagen sind unter keinen Umständen Bestandteil des gestaltenden Teils. Insbesondere für die Ausschüttungszeitpunkte sowie die Quoten, Stundungen und Rechtsverzichte hat ___________ 180) Dazu sei höflich angemerkt, dass diese Konzentration des Juristen ausschließlich auf den gestaltenden Teil oft fehlerhaft ist. Auch der Jurist muss bestrebt sein, sich anhand des darstellenden Teils eine Meinung zur durchgreifenden Sanierung des Schuldners und insbesondere zur sog. Vergleichsrechnung (wie stehen die Gläubiger mit/ohne Plan) zu bilden. 181) Dies hat nach diesseitiger Ansicht auch zur Folge, dass die eigentlichen Gruppenerklärungen – isoliert – aus sich heraus verständlich im gestaltenden Teil vorhanden sind, während die Begründungen für die Gruppenbildung Aufgabe des darstellenden Teils sind, vgl. oben Rn. 116 ff. sowie Rn. 281 ff. 182) Vgl. den etwas kuriosen Fall LG Berlin, Urt. v. 1.12.2011 – IX O 293/11, ZInsO 2011, 326; im vorstehenden Fall war im darstellenden Teil eine zügige Aufhebung des Insolvenzverfahrens prognostiziert. Im gestaltenden Teil war vorgesehen, dass die Ausschüttung – durch den Schuldner – einen Monat nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens erfolgen sollte. Da es nach Planrechtskraft zu Aufhebungsverzögerungen – entgegen den Prognosen des darstellenden Teils – kam, sah sich der Verwalter in Abstimmung mit dem Insolvenzgericht zu einer Abschlagsverteilung veranlasst. Der Schuldner reklamierte im Rahmen einer Haftungsklage gegen den Verwalter persönlich nach § 60 InsO erfolgreich einen Zinsschaden, der ihm wegen der vorzeitigen Ausschüttung entstanden sei. Das LG Berlin ging von einem Vorrang der Fälligkeitsregel des gestaltenden Teils gegenüber den Prognosen im darstellenden Teil aus. Der Fall zeigt, dass manchmal eine Ausschüttung durch den Schuldner im Insolvenzplan kritisch ist und besser eine Ausschüttung durch den Planüberwacher (= vormaligen Insolvenzverwalter) vorgesehen werden sollte. Einzelheiten hierzu unter dem Abschnitt der Planüberwachung unten Rn. 573 ff.

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I. Grundlagen

grundsätzlich der gestaltende Teil stets Vorrang vor den Plananlagen und/oder den Ausführungen des darstellenden Teils“.183) b) Subjektive Rechtskraftgrenzen und „Beteiligte“ Die subjektiven Grenzen der Plan-Rechtskraft – die Adressaten der Rechts- 284 kraft – werden durch den Begriff „Beteiligte“184) in §§ 254, 254a/b InsO bestimmt. Dabei mag hier dahinstehen, ob die InsO den Begriff „Beteiligte“ (vgl. z. B. in § 60 InsO) immer einheitlich benutzt. In vorliegendem Zusammenhang sind jedenfalls „Beteiligte“ der Schuldner, alle – auch nicht anmeldende – Insolvenzgläubiger, der Sachwalter und bei entsprechenden Planeingriffen auch die Alt-Gesellschafter. Auch Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben, sind „Beteiligte“, für die die Planrechtskraft gilt (vgl. §§ 254b, 229 Satz 3, 259a/b InsO). Kein „Beteiligter“ ist die sog. Register-Öffentlichkeit, also z. B. nur poten- 285 zielle Vertragspartner des Schuldners.185) Massegläubiger sind nur dann „Beteiligte“, wenn in deren Position eingegriffen wird (vgl. § 210a InsO). c) Objektive Rechtskraftgrenzen Neben den potenziellen Adressaten der Rechtskraft (siehe vorstehend zu den 286 „Beteiligten“) sind die Inhalte, die der Rechtskraft zugänglich sein können, zu ermitteln. § 221 InsO beschreibt dies zunächst als die Änderung der „Rechtsstellung“ (der Beteiligten). Grundsätzlich kommen also alle Rechtspositionen als Gegenstand der Rechtskraftwirkung in Betracht. Der „Programmsatz“ des § 221 InsO wird dann in den nachfolgenden, verschiedenen Vorschriften der InsO konkretisiert (§§ 222 – 228 InsO). Die Vorschriften betreffen folgende Fragen: Eingriffsreichweite in Bezug auf Absonderungsrechte/Gruppenbildung, Kürzungen und Stundungen der einfachen Insolvenzforderungen, Rechtskürzungen der Nachranggläubiger und Eingriffe in Anteils- und Mitgliedschaftsrechte, Gleichbehandlungsfragen, Nachhaftung des Schuldners und die Änderung sachenrechtlicher Verhältnisse. d) Keine Rettung des Bürgen im Hauptschuldner-Plan Die weiteren inhaltlichen Wirkungen des Insolvenzplans in den vorgenannten 287 Bereichen werden dann in §§ 254, 254a/b InsO konkretisiert. So „sperrt“ z. B. § 254 Abs. 2 InsO u. a. die Möglichkeit, Rechte gegen Mitschuldner ___________ 183) Auf die Handhabung und Reichweite der Fehlerbeseitigungsvorschriften, die das ESUG in §§ 221 Satz 2, 248a InsO neu eingeführt hat, wird später unten eingegangen, ebenso auf weitere sog. „Salvatorische Klauseln“ (siehe unten Rn. 462 ff., 471 ff.). 184) Zur Definition „Beteiligte“ vgl. Thies, in: HambKomm/InsO, § 254 Rn. 3 ff. 185) Zu den daraus folgenden Konsequenzen zur Abgrenzung der Kompetenzen von Handelsregister und Insolvenzgericht vgl. oben Rn. 272 ff.

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D. Gestaltender Teil

und Bürgen gegen den Willen der Rechtsinhaber begrenzen zu können. Rechtspolitisch ist diese „Sperre“ in der Diskussion, da sie Planlösungen im Konzernbereich verhindern kann. Ebenso sind im Bereich kleinerer GmbHs Planlösungen zur gleichzeitigen Mit-Sanierung des Gesellschafter-Geschäftsführers, der sich z. B. verbürgt hat, nach § 254 Abs. 2 InsO ausgeschlossen, was sanierungsfeindlich wirken kann. Insoweit ist der Planarchitekt auf die Mitwirkung des Rechtsinhabers angewiesen. e) Haftungsbescheide nach der AO 288 Haftungsbescheide der Finanzverwaltung gegen einen Vorstand oder Geschäftsführer nach §§ 34, 69, 191 AO bleiben trotz Erlasses des Steueranspruchs im Insolvenzplan weiter möglich. In einem vom FG Saarbrücken entschiedenen Fall war der Haftungsbescheid vor der Rechtskraft des Insolvenzplans ergangen. Wie die vorstehend erwähnte Bürgenhaftung, die der Hauptschuldnerplan nicht regeln kann, bleibt es in Bezug auf Geschäftsführer (auch nach Planrechtskraft) bei den Haftungstatbeständen der AO trotz Planerlasses in Bezug auf die Steuerforderung.186) f) Notarersatzfunktion 289 Nach § 254a Abs. 1 InsO kann der Insolvenzplan eine „Formersatz-Funktion“ übernehmen. Werden z. B. Grundstücksgeschäfte im Rahmen des Insolvenzverfahrens – unter den Beteiligten! – geregelt, kann der Insolvenzplan die Beurkundungsfunktion eines Notars ersetzen. 290 Dies hilft zwar Kosten sparen. Es sollte hierzu aber deutlich werden, dass äußerste Präzision – wie sie ein geübter Notar zu formulieren gewohnt ist – bei solchen Planerklärungen erforderlich ist; sonst scheitert die Umsetzung des Plans nach der Rechtskraft. 291 Konstitutive Publizitätsakte, wie z. B. Pfandanzeigen, die Übergabe des unmittelbaren Besitzes beweglicher Sachen gem. § 929 Satz 1 BGB oder Grundbucheintragungen, kann der Insolvenzplan nicht ersetzen. Die Eintragungsbewilligung nach § 29 GBO soll nach überwiegender Auffassung in den Plan aufgenommen werden können.187) Die Aufnahme des Eigentumsumschreibungsantrags nach § 13 GBO in den Insolvenzplan soll ebenfalls möglich sein.188) Aber selbst wenn man dies für möglich hält, ist zur Entfaltung der Wirkung noch die Antragstellung bei der zuständigen Stelle erforderlich.189)

___________ 186) FG Saarbrücken, Urt. v. 23.11.2011 – 2 K 1683/09, ZIP 2012, 1191, dazu EWiR 2012, 427 (Paul); Fölsing, ZInsO 2012, 1409 ff. 187) Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, § 254a Rn. 2; Kreft/Flessner, InsO, § 228 Rn. 6. 188) Vgl. die vorstehenden Quellennachweise. 189) Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, § 254a Rn. 2.

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I. Grundlagen

g) Grundsätze der Übersichtlichkeit und Bestimmtheit Gerade der Blick auf die Vorschriften der §§ 254, 254a/b InsO, dort speziell 292 auf die „Formvorschrift“ des § 254a InsO, verdeutlicht, dass der gestaltende Teil häufig etwas mit Sachenrecht zu tun hat. So sind Rechtsübertragung, Erlass oder Stundungen von Gläubigerpositionen sachenrechtliche Verfügungen, für die der sachenrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz gilt. h) Vollstreckung Nach § 257 InsO, ist der Insolvenzplan „in Verbindung mit der Eintragung 293 in die Tabelle“ Vollstreckungstitel. Auch hier gilt der Bestimmtheitsgrundsatz. Ein außenstehender Dritter – nämlich das Vollstreckungsorgan – muss anhand des gestaltenden Teils in der Lage sein können, die Planregelungen zu vollstrecken. Dabei dürfte es zu weit gehen, zu verlangen, dass die hohen Anforderungen 294 an die „Vollstreckungs-Bestimmtheit“ bereits im Erörterungs- und Abstimmungstermin vollständig vorliegen müssen. Anders gewendet: Es muss als ausreichend bestimmt angesehen werden, dass der Insolvenzplan bis zum eventuellen Vollstreckungszeitpunkt die hinreichende Bestimmtheit herbeiführt. Beispiel (für die Herbeiführung der Bestimmtheit erst im Rahmen der Abarbeitung des Plans nach Erörterungs- und Abstimmungstermin): Der Insolvenzplan, über den abgestimmt werden soll, bestimmt, dass der Schuldner noch – vor Planrechtskraft, aber nach der Abstimmung – ein Verteilungsverzeichnis in entsprechender Anwendung von §§ 188, 189 InsO aufstellen und einreichen wird. Dann mag im Erörterungs- und Abstimmungstermin noch nicht abschließend klar sein, wer welche Quote erhält, zumindest ist der Weg aber klar definiert, wie die Quote abschließend bestimmt wird.190) 2. Nichtigkeit einer Regelung? Weiter ist wichtig, dass selbst eine fehlerhafte Planregelung – wie bei einem 295 fehlerhaften Urteilstenor – grundsätzlich in Rechtskraft erwächst. Dieser Rechtskraft von „Fehlern“ kann aber entweder eine Unverständlichkeit entgegenstehen oder die Nichtigkeit der Planregelung.

___________ 190) Auf weitere Einzelheiten, auch zur Anwendung von Ausschlussfristen wird weiter unten unter D. V. eingegangen; zur Frage „feste oder flexible Quote“ nebst Formel zur Bestimmbarkeit siehe bereits oben Rn. 39 ff.

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D. Gestaltender Teil

Beispiel (Nachtragsverteilung durch Planüberwacher im gestaltenden Teil?): Nach der Rechtsprechung des BGH ist für die Planüberwachung grundsätzlich kein Kompetenzausbau zugunsten des Planüberwachers in der Art vorgesehen, dass der Planüberwacher eine Nachtragsverteilung vornimmt.191) 296 Wollte man eine solche Regelung im gestaltenden Teil als unzulässig ansehen,192) wird die Regelung dennoch rechtskräftig, so gilt sie (wie etwa eine Regelung „Der Planüberwacher X hat die Forderungen Y und Z einzuziehen und im Wege der Nachtragsverteilung an die Gläubiger auszuschütten“ – ggf. eigentlich unzulässig, aber u. E. Wirksamkeit durch Rechtskraft). 297 Als nichtig hat der BGH aber z. B. eine Art nachträglichen „Ergänzungsbeschluss“ des Insolvenzgerichts zu einem Insolvenzplan – außerhalb des Insolvenzplans – angesehen. Der Plan enthielt keine Regelungen zur Fortdauer der Prozessführungsbefugnis nach Planrechtskraft (vgl. § 259 Abs. 3 InsO).193) Das Insolvenzgericht wollte durch Beschluss dem vormaligen Verwalter nachträglich Prozessführungsbefugnisse zuweisen. Der BGH hat dies – eher ausnahmsweise – als offenkundig schwerwiegend fehlerhafte und damit nichtige194) Regelung (des Insolvenzgerichts) eingestuft. 298 Weiter wäre wohl Nichtigkeit anzunehmen, wenn der Insolvenzplan versucht, in Rechtsbereiche einzugreifen, die er aufgrund Überschreitung der Grenzen der Privatautonomie offenkundig nicht regeln darf.195) So wäre wohl selbst eine „rechtskräftige“ Planregelung nichtig, wenn z. B. der Planarchitekt in zwingende Bereiche des öffentlichen Rechts, des Steuerrechts oder Strafrechts eingreifen würde.196) Weiter kann ein Insolvenzplan nicht wirksam strafrechtliche Sanktionen erlassen. Auch im Bereich des Arbeitsrechts wären Regelungen, die die Dauerschuldverhältnisse für die Zeit nach Planrechtskraft ändern sollen, ebenso nichtig, wie Eingriffe in Tarifverträge. Zu fehlenden Eingriffsmöglichkeiten in Bezug auf Dauerschuldverhältnisse im ___________ 191) Vgl. BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094 (Tz. 10: „Eine Nachtragsverteilung … infolge rechtskräftiger Bestätigung ausgeschlossen.“); C. Schmidt/Stahlschmidt, in: Kübler, HRI, 2. A., § 35 Rn. 26. 192) Zur nach § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO und § 259 Abs. 3 InsO mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens entfallenden (Prozessführungsbefugnis des vormaligen Insolvenzverwalters vgl. LG Marburg, Urt. v. 14.3.2012 – 1 O 123/11, ZInsO 2012, 1023. 193) Vgl. BGH, Beschl. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08, ZIP 2010, 102 = NZI 2010, 99, dazu EWiR 2010, 193 (Rendels/Körner). 194) Zur dort verneinten Nichtigkeit vgl. auch LAG Düsseldorf v. 15.9.2011 – 11 Sa 591/11, ZIP 2011, 2487 (re.) betr. Ausschlussklausel. 195) Zum grundsätzlichen Konflikt Gläubigerprivatautonomie vs. zwingende Rechtsbereiche vgl. bereits oben die „roten Fäden“ des Planverfahrens unter Rn. 7 f. 196) So wird z. B. in der Gesetzesbegründung zum ESUG für Insolvenzpläne bei Masseunzulänglichkeit (vgl. § 210a InsO) angeführt, ein Plan komme bei Massearmut als „Folge eines Umweltschadens“ in Betracht, vgl. auch den RefE, z. B. Bearbeitungsstand 25.1.2011, S. 43. Sollten hier zwingende Bereiche des öffentlichen Rechts tangiert sein, was ermittelt werden müsste, dürfte – entgegen der Entwurfsbegründung – eine wirksame Planregelung nicht möglich sein.

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II. Fehlende Gestaltungsmöglichkeiten

Allgemeinen wird auch auf die nachfolgenden Ausführungen (Rn. 301 ff.) verwiesen. Zur Rechtskraft möglicherweise gesetzeswidriger Insolvenzplanregelungen 299 hat das LAG Niedersachsen (Urt. v. 1.6.2010 – 11 Sa 1658/09) ausgeführt: „Die Klage ist nicht schon deshalb unbegründet, weil die Bestandskraft des bestätigten Insolvenzplans einer weitergehenden arbeitsgerichtlichen Prüfung generell entgegenstehen würde. Zwar erwächst der Insolvenzplan nach Annahme durch die Gläubigerversammlung und Bestätigung durch das Insolvenzgericht in Bestandskraft gem. §§ 253, 254 InsO (a. F.). Diese Bestandskraftwirkung ist zwingend notwendig, damit die Gestaltungswirkung gegenüber allen betroffenen Gläubigern sinnhaft umgesetzt werden kann. Das Gesetz bezeichnet sie als Rechtskraft. Dennoch ist sie inhaltlich nicht mit der Rechtskraft etwa eines Urteils gleichzusetzen. Denn der Insolvenzplan kommt letztlich durch privatautonome Gestaltung durch Insolvenzverwalter und Gläubigerversammlung zustande … Das Problem eventueller gesetzeswidriger Regelungen im Insolvenzplan ist daher ebenfalls nicht eindeutig zu beantworten … . Auch ein von der Gläubigerversammlung mehrheitlich angenommener und vom Insolvenzgericht bestätigter Insolvenzplan kann im Einzelfall keine Wirkung entfalten, soweit zwingende gesetzliche Vorschriften entgegenstehen. Dies zu prüfen, fällt bei Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis in die Zuständigkeit der Arbeitsgericht …“

U. E. relativiert das LAG damit in nicht zutreffender Weise die Rechtskraft 300 des Plans. Entweder erwächst der Plan – i. V. m. dem Bestätigungsbeschluss – in Rechtskraft oder die Planregelung ist nichtig. Insoweit ist der Insolvenzplan auch in der Lage, mit gesetzeswidrigen Regelungen, wie es das LAG formuliert, Rechtskraft zu entfalten. Dies gilt jedenfalls dann, wenn kein offensichtlicher, schwerwiegender Verstoß des gestaltenden Teils des Plans gegen zwingende Normen vorliegt. Wie bei einem Urteil ist die Grenzziehung zwischen Rechtskraft und Nichtigkeit zu finden. Die Ausführungen des LAG zu einer „abgeschwächten Rechtskraftwirkung“ überzeugen deshalb nicht. II. Fehlende Gestaltungsmöglichkeiten 1. Aussonderung In Aussonderungsrechte kann der Insolvenzplan unstrittig nicht eingreifen 301 (dies folgt u. a. mittelbar aus § 223 InsO, der „nur“ Eingriffe in Absonderungsrechte erlaubt). Insoweit kann deshalb im Einzelfall die Abgrenzung von Aus- und Absonderung von Bedeutung sein. Sofern an Aussonderungsrechten (z. B. im Bereich von Vermietung oder Lea- 302 sing) die Restrukturierung von vornherein scheitern kann, kann es sich im Ein-

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D. Gestaltender Teil

zelfall oft empfehlen, die insoweit notwendigen Sanierungsmaßnahmen (z. B. Senkung der Leasingkosten) der Detailarbeit am Insolvenzplan vorzuziehen.197) 2. Keine Kostenreduzierung durch Plan bei Dauerschuldverhältnissen 303 Häufig sind zu hohe Mietverbindlichkeiten und/oder Verbindlichkeiten aus sonstigen Dauerschuldverhältnissen (z. B. Leasing) eine (Mit-)Ursache für die Insolvenz. Der gestaltende Teil des Insolvenzplans ist nicht in der Lage, gegen den Willen des Vertragspartners eines Dauerschuldverhältnisses für die Zeit nach Insolvenzeröffnung in bestehende Vertragsverhältnisse einzugreifen.198) 304 Selbstverständlich gelten auch im Insolvenzplanbereich grundsätzlich die §§ 103 ff. InsO. Unabhängig von der „Rechtsmacht“ des gestaltenden Teils kann deshalb der Schuldner (bei Eigenverwaltung) oder der Insolvenzverwalter auch bei einem angestrebten Insolvenzplanverfahren alle Vertragsverhältnisse entsprechend den Regelungen der §§ 103 ff. InsO beenden. 305 Ein anschließender Neuabschluss – z. B. eine Art Kontrahierungszwang – mittels gestaltenden Teils zu bestimmten Bedingungen ist aber nicht möglich. Im Bereich von Vermietern und Leasinggebern hilft dem Schuldner deshalb nur der Weg über Individualvereinbarungen. 3. Sonstige Bereiche mangelnder Regelungsreichweite 306 Es ist immer eine Frage der Auslegung der Norm im Einzelfall, ob die vom Insolvenzplan tangierte Norm plandispositiv ist oder nicht (siehe oben Rn. 7 ff.). 307 In Bezug auf das Forderungsfeststellungsverfahren nach §§ 174 ff. InsO, insbesondere in Bezug auf die Feststellungswirkung nach § 178 InsO, hat der BGH entschieden, dass eine Abweichung durch den Insolvenzplan nicht möglich ist.199) Die Entscheidung war dann mit ein Anlass dafür, dass der ESUG-Gesetzgeber § 217 Satz 1 InsO mit den Tatbestandsmerkmalen „sowie die Verfahrensabwicklung“ sog. verfahrensleitende oder verfahrensbegleitende Insolvenzpläne zugelassen hat (vgl. dazu auch oben Rn. 24 und unten Rn. 541 f.). Vor diesem Hintergrund ist zweifelhaft, ob nach Inkrafttreten des ESUG an der bezeichneten BGH-Entscheidung festgehalten wird. 308 Trotz dieser „Öffnung“ durch das ESUG muss im Einzelfall weiterhin geprüft werden, ob der „Norm-Eingriff“ durch den gestaltenden Teil von der ___________ 197) Zu taktischen Hinweisen in Bezug auf die Vorbereitung des Insolvenzplans (keine Arbeit an unnötigen Stellen „verschwenden“) wird auf den Abschnitt oben B. verwiesen, dort insbesondere auf B. II. zu Sicherheitenfragen, die als einer der ersten Schritte zur Insolvenzplanerstellung im Vorfeld der Planerstellung detailliert abzuklären sind. 198) Zur Ausnahme bei Masseunzulänglichkeit vgl. unten Rn. 313 ff. 199) BGH, Beschl. v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480, dazu EWiR 2009, 251 (Landry).

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III. Kritische Grenzbereiche der Gestaltungsmöglichkeiten

Plan-Privatautonomie gedeckt ist, was z. B. im Bereich der Abbedingung von Vergütungsvorschriften (siehe unten Rn. 552 ff.) oder von Verfahrensabläufen in der Regel zweifelhaft sein wird. In einer u. E. unzutreffenden Entscheidung vom 24.9.2008 hat das OLG 309 Düsseldorf die Ansicht vertreten, die Planrechtskraft ermögliche einen Verzicht auf fortlaufende Unterhaltsansprüche für die Zeit nach Eröffnung.200) Da der Plan grundsätzlich nicht in Ansprüche, die nach Insolvenzeröffnung entstehen oder fällig werden, eingreifen kann, dürfte eine Unterhaltsregelung für die Zeit nach Insolvenzeröffnung eher sogar nichtig sein. III. Kritische Grenzbereiche der Gestaltungsmöglichkeiten 1. Eingriff in Absonderungsrechte Insoweit wird zunächst auf obige Ausführungen zur Gruppenbildung Bezug 310 genommen (nur bei einem „Eingriff“ in Absonderungsrechte ist eine Gruppenbildung zulässig und erforderlich).201) Kürzungen, Stundungen, Vollstreckungsverbote oder sonstige Eingriffe in Absonderungsrechte werden oft die Frage aufwerfen, ob der Absonderungsberechtigte im Vergleich zur Regelabwicklung schlechter gestellt wird oder nicht (vgl. zum Obstruktionsverbot § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO und zum Minderheitenschutz § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO). Geht es um das Obstruktionsverbot, muss der Planarchitekt die voraussichtlich fehlende Schlechterstellung darlegen und ggf. glaubhaft machen. Beim Minderheitenschutzantrag liegt dagegen die Darlegungslast für die voraussichtliche Schlechterstellung bei dem von seinen Gruppenmitgliedern überstimmten Gläubiger, der den Minderheitenschutzantrag stellen will (vgl. die unterschiedliche Fassung des Wortlauts von § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO und § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO; Einzelheiten hierzu beim Minderheitenschutz bzw. beim Obstruktionsverbot, vgl. unten Rn. 499 ff. und Rn. 450 ff.). Selbst wenn es sogar an einer Schlechterstellung im Vergleich zur Regelabwicklung fehlt, kann zweifelhaft sein, ob der Absonderungsberechtigte bestimmte Eingriffe hinnehmen muss. Oft wirken solche Eingriffe nämlich zumindest faktisch wie eine Verlängerung einer Kreditgewährung. Ob dies mit Hilfe des Obstruktionsverbots erreicht werden kann, ist strittig (hierzu im Zusammenhang mit dem Obstruktionsverbot unten (Rn. 454 f.). Weiter können bei Beantwortung der Frage, ob der Insolvenzplan eine 311 Schlechterstellung im Vergleich zur Regelabwicklung vorsieht oder nicht, sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht erhebliche Bewertungsfragen auftreten. Sind Fortführung- oder Zerschlagungswerte anzusetzen? Droht eine Gutachterschlacht verschiedener Bewertungsgutachten? Zu Lösungsansätzen wird auf obige Ausführungen zum sog. Mischgruppenverbot ___________ 200) OLG Düsseldorf, Urt. v. 24.9.2008 – 8 UF 212/07, NZI 2008, 689. 201) Siehe oben Rn. 195 ff.

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D. Gestaltender Teil

verwiesen.202) Nach Möglichkeit sollten an diesen Punkten drohende Streitfragen bereits in der Planvorbereitungsphase geklärt und einvernehmlich gelöst werden.203) 312 Auch in praktischer Hinsicht sind die Interessen der Absonderungsberechtigten häufig sehr inhomogen (so sind im Einzelfall oft bestimmte Absonderungsberechtigte an einer Fortsetzung der Kundenbeziehung unter keinen Umständen mehr interessiert, andere dagegen stärker am Erhalt ihres Kunden mittels Insolvenzplan). 2. Masseunzulänglichkeit 313 Vor Inkrafttreten des ESUG wurde strittig diskutiert, ob bei eingetretener Masseunzulänglichkeit oder zur Vermeidung der Masseunzulänglichkeit Insolvenzplanregelungen zulässig sind.204) Das ESUG hat nunmehr in § 210a InsO einen Plan bei „Anzeige“ der Masseunzulänglichkeit ausdrücklich zugelassen. In der Gesetzesbegründung wird der Fall einer Betriebsfortführung geschildert, bei der es zu einem Umweltschaden kommt.205) In diesem Beispielsfall kann – was einer Einzelfallprüfung bedürfte – zweifelhaft sein, ob das öffentliche Recht überhaupt einer Planregelung zugänglich ist. 314 An die Gruppe der „Massegläubiger“ ist insbesondere dann zu denken, wenn durch Kürzung von Masseansprüchen eine Betriebseinstellung vermieden werden kann. Die Betriebseinstellung führt nämlich dazu, dass Fortführungswerte – unter Entstehung von erheblichen Auslaufkosten – auf Zerschlagungswerte „gedrückt“ werden. Kürzungen der Ansprüche der Massegläubiger zum Zwecke der Erreichung einer Betriebsfortführung könnten ein denkbarer Regelungsbereich sein. Man mag etwa an den Bereich der aufoktroyierten Masseverbindlichkeiten im Bereich der Mietverhältnisse denken (vgl. § 109 Abs. 1 InsO zur Kündigungsfrist von drei Monaten zum Monatsende). Hier erscheinen Kürzungen mittels Insolvenzplan zur Vermeidung der Masseunzulänglichkeit im gestaltenden Teil möglich. 315 Offen erscheint zudem, ob bei Masseunzulänglichkeit zumindest individualvertragliche Ansprüche der Mitarbeiter mittels Gruppenerklärung gekürzt werden können.

___________ 202) Siehe oben zur Gruppenbildung unter Rn. 200 ff. 203) Siehe wiederum die Empfehlung zur frühzeitigen Aufstellung eines „Sicherheitenspiegels“ oben Rn. 66 ff. 204) Ablehnend: LG Dresden, Beschl. v. 15.7.2005 – 5 T 830/02, ZVI 2005, 610; befürwortend: Kreft/Flessner, InsO, § 217 Rn. 10; vgl. auch zusammenfassend Bierbach, in: Kübler, HRI, 2. A., § 28 Rn. 90 ff. 205) Vgl. bereits die Begründung zum DiskE-ESUG zu § 210a InsO, z. B. in: ZIP, Beilage 1 zu Heft 28/10, dort S. 9 (o. li.).

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IV. Quotengestaltung

Das Gesetz erlaubt vom Wortlaut her den Plan – nur – bei angezeigter Masse- 316 unzulänglichkeit. Es sollten auch Pläne zugelassen werden, um den Eintritt der Masseunzulänglichkeit zu verhindern. 3. Schwebende oder latente Verpflichtungen? Fraglich ist, ob vermeintliche Verpflichtungen, die zu handelsrechtlichen 317 Rückstellungen führen, mit Hilfe des Insolvenzplans gekürzt oder erlassen werden können. Zu denken wäre etwa an latente Produkthaftpflichtrisiken, die sich noch nicht realisiert haben. Soweit es sich um aufschiebend bedingte Forderungen handelt, sind diese im Insolvenzverfahren berücksichtigungsfähig. Die ergibt sich mittelbar u. a. aus § 191 InsO.206) Sofern es sich um latente Risiken z. B. im Bereich des Steuerrechts oder des öffentlichen Rechts (Umwelthaftungsrisiken) handelt, fehlt dem Plan allerdings die Regelungsmacht, in diese Bereiche eingreifen zu können. IV. Quotengestaltung 1. Feste oder flexible Quote? Zu dieser Frage wird zunächst auf obige Ausführungen unter Rn. 39 ff. Bezug 318 genommen. Wie dort ausgeführt, sind grundsätzlich – schon aus Gründen der Bestimmtheit der Planregelungen – feste Quoten vorzuziehen. Führen taktische Erwägungen oder nicht zügig lösbare Rechtsfragen zu einer „flexiblen“ Quote, ist es oft besser, eine starre Mindestquote mit einem Besserungsschein zu kombinieren. Eine weitgehend undefinierte Quote, wie etwa „die Gläubiger der Gruppe 1 erhalten die Veräußerungserlöse aus der Veräußerung der Grundstücke x oder y“, führt oft zu Problemen. Neben rechtlichen Bedenken wegen mangelnder Bestimmtheit folgen auf solche Formulierungen in der Regel erhebliche Abarbeitungsschwierigkeiten. Weiter sind in der Praxis Pläne beobachtet worden, in denen ein fest definier- 319 ter Ausschüttungstopf (z. B. 20,0 Mio. EUR) auf die zu einem bestimmten Zeitpunkt „zu bedienenden Gläubiger“ zu verteilen sind. Diese wurden wiederum im konkreten Fall durch die festgestellten Forderungen bestimmt. Die Schwierigkeiten bei einer solchen „offenen Passivmasse“ zur Quotenberechnung resultieren dann daraus, dass es immer noch einige bestrittene Forderungen oder nicht nachgewiesene Ausfallforderungen (vgl. § 256 Abs. 1 InsO) geben wird. In der Regel wird man in solchen Fällen nur dann zeitnah zu einer exakten Quote – durch genaue und abschließende Ermittlung aller zu bedienenden Insolvenzforderungen – kommen können, wenn die Wirksamkeit

___________ 206) Vgl. Kübler/Prütting/Bork/Holzer, InsO, § 42 Rn. 4a und Kreft/Eickmann, InsO, § 42 Rn. 7.

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D. Gestaltender Teil

von Ausschlussklauseln anerkannt wird und der Insolvenzplan solche wirksamen Ausschlussklauseln auch enthält.207) 320 In jedem Fall ist es im Interesse der richtigen Quotenberechnung empfehlenswert, im Insolvenzplanverfahren unter allen Umständen zu einem möglichst frühen Zeitpunkt zu versuchen, sowohl hinsichtlich bestrittener Insolvenzforderungen als auch bei noch nicht nachgewiesenem Ausfall der Absonderungsberechtigten zu einer endgültigen Tabelle und einem endgültigen Verteilungsverzeichnis zu gelangen. 321 Zur richtigen Ermittlung der Quote verpflichtet § 229 Satz 3 InsO aufgrund einer Neuregelung durch das ESUG, nicht nur auf die angemeldeten Forderungen abzustellen, sondern auf alle Forderungen, die „bei der Ausarbeitung des Plans bekannt sind“. Das Tatbestandsmerkmal „bekannt“, also das Abstellen auf eine positive Kenntnis, deutet darauf hin, dass keine Ermittlungspflicht besteht. Auf wessen Kenntnis genau hierbei abzustellen ist, regelt § 229 Satz 3 InsO nicht. In praktischer Hinsicht empfiehlt sich aber, intensive Anstrengungen zu unternehmen, alle zu bedienenden Insolvenzforderungen zu ermitteln. Ohne diese Präzision besteht Unkenntnis dazu, was überhaupt aufgrund des Insolvenzplans ausgeschüttet werden muss. Die Quotenberechnung sollte vor Planeinreichung zu einem (möglichst) genauen Ergebnis führen. 2. Cash-Out-Pläne/Verkauf von „Tafelsilber“ 322 Als Quelle der Quotengenerierung kommen manchmal Mittel in Betracht, die sich im Zeitpunkt der Planabfassung noch als Vermögenswerte im Vermögen der Schuldnerin befinden und mittelfristig veräußerungsfähig sind.208) Die Bestimmtheit der Ausschüttungsregelung wäre jedoch zweifelhaft, falls sinngemäß geregelt wird „die Gläubiger der Gruppe 1 erhalten die Grundstückserlöse x, y und z“. Hier mag man intern eine Prognose zu Zeitraum und Möglichkeiten des Verkaufs von „Tafelsilber“ anstellen. Im gestaltenden Teil sollte der Planarchitekt sich aber zu einer klaren, nicht von Prognosefragen belasteten Ausschüttungsregelung durchringen. Ggf. empfiehlt sich die Einstellung eines bestimmten (Mindest-)betrags, der zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgekehrt wird.

___________ 207) Zur Frage, ob und inwieweit noch bestrittene Forderungen oder Forderungen von Absonderungsberechtigten bei noch nicht nachgewiesenem Ausfall mittels Ausschlussfristen „bereinigt“ werden können, weiter unten unter Rn. 328 ff.; dort auch zur sog. „Nachzügler“-Problematik. 208) Vgl. auch zu verschiedenen Formen sog. Cash-Out-Pläne Balthasar, in: Kübler, HRI, 2. A., § 26 Rn. 152 ff.

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IV. Quotengestaltung

3. Earn-Out-Pläne/Besserungsschein und das Prinzip „Hoffnung“ Weiter finden sich bei der Ausschüttungstechnik oft Klauseln, wonach in- 323 nerhalb eines bestimmten Zeitraums (meist nach Beendigung der Insolvenz) generierbare Beträge an die Gläubiger ausgeschüttet werden sollen. Auch hier stellen sich wie in vorstehender Ziffer ausgeführt Bestimmtheitsfragen. Das gleiche Thema betrifft den sog. Besserungsschein. In diesem verzichten 324 die Gläubiger zwar zunächst auf ihre Forderungen. Dieser Verzicht steht jedoch unter näher definierten auflösenden Bedingungen. Sollte innerhalb eines bestimmten Zeitraums ein bestimmtes Ereignis eintreten, so ist der gewährte Schuldenerlass zumindest partiell hinfällig und es gibt für die Gläubiger einen „Nachschlag“. Solche Besserungsscheine könnten im Insolvenzplan etwa für den Fall vorge- 325 sehen werden, dass bestimmte Schwellenwerte (ein bestimmtes EBIT oder EBITDA) überschritten werden. Der hierdurch Begünstigte wird jedoch berücksichtigen müssen, dass sich die „Bilanzpolitik“ häufig gestalten lässt. So kann z. B. eine bestimmte Investition, die nicht unbedingt nötig ist, vorgezogen werden, wodurch das Bilanzbild sich verschlechtert. Der Begünstigte wird deshalb sehen müssen, dass der Schuldner – je nach Formulierung des Besserungsscheins – einige Möglichkeiten haben könnte, den Besserungsschein „auszuhebeln“. Auf der anderen Seite kann das Prinzip „Hoffnung“ helfen, die Zustimmung 326 zu einem Insolvenzplan zu erhalten. So mag es für einen Gläubiger weniger schmerzlich erscheinen, Forderungen ausbuchen zu müssen, wenn noch die Hoffnung besteht, bei guter Entwicklung aufgrund eines Besserungsscheins noch einen „Nachschlag“ zu erhalten. 4. Leistung „an Quote statt“ Weiter mag es Fälle geben, in denen ein Gläubiger nicht durch Zahlungen, 327 sondern durch Naturalleistungen befriedigt wird. § 217 Satz 1 InsO ermöglicht grundsätzlich mit seinem Hinweis auf die Gläubigerprivatautonomie solche Regelungen („Befriedigung … abweichend von den Vorschriften dieses Gesetzes geregelt werden.“). Bei solchen „Naturalien“ kann es aber zu Wertbemessungsstreitigkeiten kommen.209) Solche Leistungen können deshalb die Vergleichsrechnung (wie stünde der begünstigte Gläubiger oder ein anderer Gläubiger im Falle der Regelabwicklung und wie steht dieser Gläubiger jetzt?) erheblich erschweren und/oder intransparent machen. So können im Rahmen von Minderheitenschutzanträgen oder der Handhabung des Obstruktionsverbotes (vgl. §§ 245 Abs. 1 Nr. 1, 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO) erhebliche Probleme entstehen. Auch wird sich oft die Frage stellen, ob der Begünstigte ___________ 209) Vgl. auch Balthasar, in: Kübler, HRI, 2. A., § 26 Rn. 174 ff.

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D. Gestaltender Teil

aufgrund einer Sonderzuwendung entgegen § 226 Abs. 3 InsO einen unzulässigen Sondervorteil erhält. V. Exkurs: Nachzügler und Ausschlussfristen 1. Überblick 328 Gläubiger, die im Insolvenzplanverfahren ihre Forderungen nicht oder nicht rechtzeitig angemeldet haben, bereiten in mehrerer Hinsicht Schwierigkeiten, insbesondere in folgenden Bereichen: x

Sind diese Gläubiger gem. § 235 Abs. 3 Satz 1 InsO trotz fehlender oder nicht fristgerechter Anmeldung zu laden?

x

Wie soll die Quotenberechnung bei fehlender Anmeldung oder ggf. unbekannten Gläubigern erfolgen?

x

Haben die Nachzügler, die sich möglicherweise erst nach rechtskräftiger Verfahrensaufhebung melden, einen Anspruch in Höhe des ursprünglichen Anspruchs, einen Anspruch auf die Quote oder gar keinen Anspruch?

x

Ob und unter welchen Voraussetzungen droht hier dem Schuldner ein Wiederaufleben von Forderungen in voller Höhe nach §§ 255, 256 InsO, wenn der Nachzügler nach Verfahrensaufhebung seine Forderung vehement einfordert?

x

Lassen sich vorstehende Probleme durch sog. Ausschlussfristen im Insolvenzplan eindämmen?

329 Auf die vorstehenden Fragen soll zusammenfassend in den nachfolgenden Punkten eingegangen werden. Wegen der Probleme durch Nachmelder hat das ESUG in § 229 Satz 3 InsO geregelt, dass bei der Ausarbeitung des Plans alle Gläubiger zu berücksichtigen sind, die bekannt sind (siehe oben Rn. 233 ff.). Zum Schutz gegen Nachzügler wurden durch das ESUG zudem die §§ 259a/b InsO eingefügt (siehe unten Rn. 345 ff., 351 ff.). 2. Ladung des Nachzüglers? a) Grundlagen 330 Nach § 235 Abs. 3 Satz 1 InsO sind u. a. die Insolvenzgläubiger zum Erörterungs- und Abstimmungstermin zu laden, „die Forderungen angemeldet haben“. Das Wort „rechtzeitig“ (angemeldet) fehlt. 331 Daraus resultiert das Problem, wie mit solchen Gläubigern umzugehen ist, die erst nach Ablauf der Forderungsanmeldungsfrist und eventuell kurz vor dem Erörterungs- und Abstimmungstermin ihre Forderungen nachmelden.

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V. Exkurs: Nachzügler und Ausschlussfristen

Beispiel (für einen Nachmelder-Fall): Die Forderungsanmeldungsfrist war am 14.11.2002 abgelaufen. Nach Anberaumung eines Erörterungs- und Abstimmungstermins zum Insolvenzplan auf den 17.4.2003 ging am 1.4.2003, also gut 14 Tage vor dem Termin, eine Nachmeldung ein. Der nicht geladene Gläubiger erhob nach Planbestätigung Beschwerde nach § 253 InsO.210) Das LG Hannover wies die Beschwerde zurück und sah eine Ladung als nicht 332 erforderlich an, so dass die Bestätigung des Insolvenzplans Bestand hatte. Ausführungen des LG Hannover:211) „Der Beschwerdeführerin ist in ausreichender Weise rechtliches Gehör gewährt worden. Am 7.10.2002 wurde die Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom 1.10.2002 öffentlich bekannt gemacht, die Gläubiger wurden aufgefordert, ihre Ansprüche bis zum 14.11.2002 zur Tabelle anzumelden. … Darüber hinaus ist der Insolvenzplan mit seinen Anlagen und den eingegangenen Stellungnahmen … auf der Geschäftsstelle … niedergelegt worden. Der Beschwerdeführerin ist zwischenzeitlich der Insolvenzplan i. d. F. vom 14.4.2003 bekannt gemacht und rechtliches Gehör gewährt worden …“

Im Ergebnis liest das LG Hannover deshalb § 235 Abs. 3 Satz 1 InsO so, als ob 333 dort das Tatbestandsmerkmal „rechtzeitig“ (angemeldet) enthalten wäre. Weiter könnte man auch im Hinblick auf die öffentliche Bekanntmachung eines Erörterungs- und Abstimmungstermins nach § 9 Abs. 1, 3 InsO erwägen, die fehlende Ladung des Nachmelders als unerheblich anzusehen, zumal nach § 9 Abs. 3 InsO die öffentliche Bekanntmachung Einzelzustellungen ersetzt. Eine solche Auffassung – Entbehrlichkeit der Ladung des Nachmelders 334 wegen öffentlicher Bekanntmachung – wäre jedoch bedenklich, da mit der Ladung auch eine Planzusammenfassung übersandt wird. Diese Informationszuleitung an den Verfahrensbeteiligten durch Übersendung der (u. a.) Planzusammenfassung ist eine Zusatzinformation, die über die bloße öffentliche Bekanntmachung des Erörterungs- und Abstimmungstermins hinausgeht. Zudem hat der BGH wiederholt betont, dass ein Verstoß gegen die Ladungsvorschriften nach § 235 Abs. 3 InsO in der Regel einen wesentlichen Verfahrensmangel darstellt, der die Versagung der Bestätigung von Amts wegen nach sich zieht (§ 250 Nr. 1 InsO).212) In praktischer Hinsicht sollte soweit irgend möglich in Abstimmung mit 335 dem Insolvenzgericht bei „Auftauchen“ eines Nachmelders dessen Nachladung veranlasst werden. Ist dies infolge von Zeitabläufen nicht mehr möglich, z. B. weil der Nachmelder erst zwei oder drei Werktage vor dem Erörterungsund Abstimmungstermin nachmeldet, könnte erwogen werden, dass in dieser Konstellation die Nachmeldung unterbleiben kann. Dabei ist auch zu bedenken, ___________ 210) Fall nach LG Hannover, Beschl. v. 7.7.2003 – 20 T 36/03, ZInsO 2003, 719. 211) Beschl. v. 7.7.2003 – 20 T 36/03, ZInsO 2003, 719. 212) BGH, Beschl. v. 13.1.2011 – IX ZB 29/10 (gegen eine weitere Entscheidung des LG Hannover, v. 1.12.2009 – 6 T 62/09), BeckRS 2011, 02331 = ZIP 2011, 781.

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D. Gestaltender Teil

dass grundsätzlich nach der Bestätigung des Plans durch das Insolvenzgericht der Plan oder dessen wesentliche Zusammenfassung (nochmals in der Version des Erörterungs- und Abstimmungstermins) gem. § 252 Abs. 2 InsO u. a. den Insolvenzgläubigern zu übersenden ist. Im Rahmen dieses Verfahrens nach der Bestätigung wird den Nachmeldern ebenfalls rechtliches Gehör gewährt. 335a Jedenfalls das etwaige Stimmrecht von Nachzüglern, sofern sie nach vorstehenden Ausführungen zu laden sind, lässt sich nicht mittels Ausschlussfristen regeln (im Übrigen zu Ausschlussfristen siehe unten Rn. 344 ff.). Klauseln im Insolvenzplan wie „nicht rechtzeitig angemeldete Forderungen gelten als erlassen“ können jedenfalls in Bezug auf Anwesenheits- und Stimmrechte schon deshalb keinen Einfluss haben, weil der Insolvenzplan erst mit Rechtskraft wirkt.213) b) (Nach-)Ladung und „bekannte“ Gläubiger? 336 „Bekannte“ Gläubiger i. S. d. § 229 Satz 3 InsO sollten – obwohl § 235 Abs. 3 Satz1 InsO das nicht vorschreibt – ebenfalls geladen werden. Zwar berücksichtigt § 235 Abs. 3 Satz 1 InsO diese Gläubiger vom Wortlaut her nicht. Ein Stimmrecht haben diese „Nicht-Anmelder“ auch nicht. Das spricht zwar gegen eine Ladungspflicht. Da § 229 Satz 3 InsO aber eine Berücksichtigung bei der Quotenberechnung verlangt, ist wenig nachvollziehbar, warum „bekannte“ Gläubiger nicht geladen werden müssen. Zumindest schadet eine Ladung dieser Gläubiger nichts. 3. Quotenberechnung/Quotenanspruch a) Ohne Planregelung: Keine vollständige Präklusion 337 Weiter sind durch die Rechtsprechung häufiger Konstellationen entschieden worden, in denen der Nachmelder sich erst nach Planrechtskraft und rechtskräftiger Aufhebung des Insolvenzverfahrens mit seinem Anspruch „meldet“. Hierzu hat der BGH in seiner Entscheidung vom 10.5.2012 (IX ZR 206/11, ZIP 2012, 1359) Folgendes zur Rechtslage vor Einführung des § 229 Satz 3 ESUG-InsO ausgeführt: „[10] 3. Entgegen der Ansicht der Revision waren die Forderungen des Klägers nicht präkludiert. Die Insolvenzordnung sieht nicht vor, dass Forderungen, die im Insolvenzverfahren nicht angemeldet worden sind, nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht mehr gegen den Insolvenzschuldner geltend gemacht werden können (vgl. BGH, Urteil vom 19.5.2011 …). Die hier noch anwendbare Vorschrift des § 254 Abs. 1 Satz 3 InsO a. F., nach welcher der Insolvenzplan auch für nicht angemeldete Forderungen galt, setzte – wie die Revision selbst erkennt – gerade voraus, dass die nicht angemeldeten Forderungen fortbestanden und weiterhin durchgesetzt werden konnten (jetzt § 254b InsO; vgl. auch die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen vom 4.5.2011, BT-Drucks. 17/5712, S. 37, zu Nr. 41). …“

___________ 213) Vgl. auch Die Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2160 li.

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V. Exkurs: Nachzügler und Ausschlussfristen

Damit ist vom BGH ausdrücklich entschieden, dass – der vorliegende Fall 338 betraf eine Konstellation, in der der Insolvenzplan keine ausdrückliche Ausschlussfrist normiert hatte – bei „vergessener“ Forderungsanmeldung keine automatische und vollständige Präklusion stattfindet. Das gilt nach Inkrafttreten des § 229 Satz 3 InsO mit dem ESUG zum 1.3.2012 erst recht für die aktuelle Gesetzeslage. Wegen der Wirkung des § 254b InsO (Rechtskraftwirkungen „auch für In- 339 solvenzgläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben“) ist der Nachzügler aber auf den Quotenanspruch beschränkt. Genau genommen muss man § 254b InsO in Bezug auf die Rechtskraftwirkung mit den Worten „für und gegen (die … nicht angemeldet haben …)“ lesen.214) Problematisch wird in einem solchen Fall die nachträgliche Quotenbe- 340 rechnung zugunsten des Nachzüglers, wenn der Insolvenzplan keine feste Quote (z. B. starr 10 %) vorsieht.215) Wie sich aus soeben zitierter BGHEntscheidung ergibt, kann der Plan eine „flexible“ Quote vorsehen. Der Plan kann also z. B. eine bestimmte oder bestimmbare Summe an die zu einem bestimmten Zeitpunkt festgestellten Gläubigerforderungen ausschütten. Bestimmbarkeit im Ausschüttungszeitpunkt reicht (siehe auch unten Rn. 347). Wurde bei einer ersten Ausschüttungswelle der Nachzügler übersehen, ergeben sich bei einer solchen Quotenregelung kaum lösbare Fragen der Bestimmbarkeit der Ausschüttungsquote für den Nachzügler. Oft werden deshalb bei einer Planregelung – selbst mit flexibler Quote – zu- 341 sätzlich materielle Ausschlussfristen im Insolvenzplan definiert, um zu einem frühen Zeitpunkt zu einer exakten Quote zu kommen (zur überaus strittigen Wirksamkeit von Ausschlussfristen sogleich nachfolgend Rn. 344 ff.). b) Wiederaufleben der Nachzügler-Forderung Macht der Nachzügler-Gläubiger nach rechtskräftiger Aufhebung des Insol- 342 venzverfahrens einen vom Schuldner bestrittenen Anspruch geltend und zahlt der Schuldner nicht, stellen sich Fragen dazu, unter welchen Voraussetzungen entsprechend §§ 255, 256 InsO die gesamte Ursprungsforderung des Nachzüglers wiederauflebt. Hierzu hat der BGH entschieden, dass nicht der Schuldner von sich aus aktiv werden muss, sondern der Gläubiger. Nach § 256 Abs. 1 Satz 2 InsO muss der Nachzügler – wie bei einer im Prüfungstermin bestrittenen Forderung – einen Antrag beim Insolvenzge___________ 214) Zur Planwirkung gegenüber unbekannten Gläubigern vgl. LAG Düsseldorf, Urt. v. 15.9.2011 – 11 Sa 591/11, ZIP 2011, 2487; dazu EWiR 2012, 151 (Bähr/Höpker). 215) Der Insolvenzplan also etwa eine Klausel enthält, wonach an alle Gläubiger, deren Forderungen festgestellt sind, insgesamt quotal gleichmäßig die Summe x ausgeschüttet wird. Solche Klauseln dürften nach der BGH-Rechtsprechung zulässig sein, vgl. BGH, Urt. v. 10.5.2012 – IX ZR 206/11, ZIP 2012, 1359, 1360 unter Tz. 10: „…kann die Erfüllung des Insolvenzplans … unmöglich werden, insbesondere dann, wenn … eine bestimmte Summe Geldes unter den Insolvenzgläubigern verteilt wird.“

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D. Gestaltender Teil

richt auf vorläufige Berücksichtigung seiner Forderung stellen. Der BGH216) hat in diesem Zusammenhang Folgendes ausgeführt: „[13] a) Die Voraussetzungen des § 255 Abs. 1 InsO sind allerdings erfüllt. … Der Kläger hat den Beklagten gemahnt und ihm eine ausreichende Nachfrist gesetzt. [14] b) Der Beklagte kann sich jedoch auf die Ausnahmevorschrift des § 256 Abs. 1 InsO berufen, nach welcher ein Rückstand nicht anzunehmen ist, wenn der Schuldner eine bestrittene Forderung bis zu deren endgültiger Feststellung durch das Prozessgericht nur im Umfang der Entscheidung des Insolvenzgerichts über das Stimmrecht oder die vorläufige Berücksichtigung der Forderung begleicht. … [18] aa) § 256 Abs. 1 Satz 2 InsO gewährt dem Schuldner ein Antragsrecht, begründet aber keine Antragspflicht und regelt nicht die Rechtsfolgen eines nicht gestellten Antrags. … [19] bb) Der Kläger kann allerdings die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Rechtszustand vor Inkrafttreten der Insolvenzordnung für sich in Anspruch nehmen … Die Vorschriften der §§ 255, 256 InsO sind denjenigen der §§ 9, 97 VerglO nachgebildet … [20] Diese Rechtsprechung muss jedoch im Gesamtzusammenhang des Vergleichsverfahrens nach der Vergleichsordnung gesehen werden, welches sich teils deutlich von dem Insolvenzplanverfahren nach der Insolvenzordnung unterscheidet … [22] … Eine Gleichbehandlung aller Gläubiger ist am ehesten dadurch zu erreichen, dass der Gläubiger, der seine Forderung erst nachträglich geltend macht, selbst tätig werden muss, wenn er aufgrund einer vorläufigen Entscheidung des Insolvenzgerichts gemäß § 256 Abs. 1 Satz 2 InsO vorab befriedigt werden will … . Die Erfüllung des von den Gläubigern angenommenen und vom Insolvenzgericht bestätigten Insolvenzplans ist so weniger gefährdet, als wenn ein unverzügliches Tätigwerden des Schuldners verlangt würde. [23] d) Ist eine Forderung nicht zur Tabelle festgestellt worden und liegt auch keine Entscheidung des Insolvenzgerichts über das Stimmrecht oder über die vorläufige Berücksichtigung der Forderung gemäß § 256 Abs. 1 Satz 1 InsO vor, kann der Gläubiger einer vom Schuldner bestrittenen Forderung folglich erst dann wirksam eine Frist nach § 255 Abs. 1 Satz 2 InsO setzen, wenn seine Forderung vom Prozessgericht rechtskräftig festgestellt worden ist. Frühere Fristsetzungen sind wirkungslos …“

343 Also zusammengefasst: Entweder muss der Nachzügler, wenn der Schuldner die Forderungen als streitig bezeichnet, eine Entscheidung des Insolvenzgerichts zur vorläufigen Berücksichtigung gem. § 256 Abs. 1 Satz 2 InsO analog herbeiführen oder vor dem Prozessgericht auf Feststellung der vom Schuldner bestrittenen Forderung klagen. Erst dann, wenn der Schuldner nach einer Entscheidung des Insolvenzgerichts oder des Prozessgerichts trotz Mahnung und Fristsetzung nicht zahlt, entsteht ein Rückstand gem. § 255 Abs. 1 InsO i. V. m. § 256 Abs. 1 Satz 2 InsO mit dem Risiko des Wiederauflebens der ursprünglichen Gesamtforderung. ___________ 216) BGH, Urt. v. 10.5.2012 – IX ZR 206/11, ZIP 2012, 1359 ff.

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V. Exkurs: Nachzügler und Ausschlussfristen

4. Wirksamkeit von Ausschlussfristen? a) Problem: klare Quotenberechnung erforderlich Da Nachzügler – auch, wenn sie grundsätzlich nur einen Quotenanspruch 344 haben – die Liquidität überraschend belasten können und die Quotenberechnung beeinträchtigen, finden sich in der Praxis sehr häufig im gestaltenden Teil materielle Ausschlussfristen bzw. Ausschlussklauseln. Beispiel (Vorschlag für eine Plan-Ausschlussfrist217)): „Die Schuldnerin wird innerhalb von zwei Wochen nach Rechtskraft des Insolvenzplans und vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens auf der Grundlage der Insolvenztabelle ein Verteilungsverzeichnis in entsprechender Anwendung der §§ 188 ff. InsO erstellen und auf der Geschäftsstelle … niederlegen. Das Verteilungsverzeichnis ist für die Auszahlung aufgrund der Regelungen des Insolvenzplans maßgeblich. Somit können nur die in dem Verzeichnis aufgeführten Gläubiger an der Verteilung gemäß den Regelungen dieses Insolvenzplans teilnehmen; Gläubiger, die nicht im Verzeichnis aufgeführt sind, sind von der Verteilung ausgeschlossen, so dass ihre Forderungen erlöschen. Bestrittene oder nicht festgestellte Forderungen werden nur berücksichtigt, wenn der betreffende Gläubiger entweder innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach Niederlegung des Verteilungsverzeichnisses einen Rechtsstreit zur Klärung der Angelegenheit anhängig macht oder aufnimmt und dem Sachwalter entsprechend § 189 InsO nachweist, dass und für welchen Betrag die Forderungsfeststellungsklage erhoben oder das Verfahren in einem früher anhängigen Rechtsstreit aufgenommen worden ist.218) Im Falle des Nachweises der Klageerhebung oder der Aufnahme eines Rechtsstreits wird die maximal in Betracht kommende Quote auf einem Sonderkonto zurückbehalten …“ Sollte Streit über Eingreifen und Umfang vorstehender Ausschlussklauseln entstehen, so gerät der Schuldner nicht in einen erheblichen Planrückstand nach § 255 Abs. 1 InsO, solange der Streit nicht einvernehmlich oder rechtskräftig beigelegt worden ist.“219) ___________ 217) Der Formulierungsvorschlag steht nach hier vertretener – strittiger – Ansicht im Einklang mit der BGH-Rechtsprechung, siehe unten Rn. 345 ff. 218) Formulierung in Anlehnung an den Pfleiderer-Insolvenzplan. 219) Entsteht im konkreten Fall, also z. B. aufgrund einer konkreten Formulierung oder wegen unverschuldeter Fristversäumung, Streit über das Eingreifen einer Ausschlussklausel, besteht das Risiko, dass der Schuldner objektiv in einen Planrückstand nach § 255 Abs. 1 InsO gerät. Bei bestrittenen Forderungen und/oder nicht nachgewiesenem Ausfall dürfte im Regelfall ein Planrückstand schon nach § 256 Abs. 1 InsO ausgeschlossen sein. Denkbar ist, dass der Schuldner z. B. eine festgestellte Forderung im Verteilungsverzeichnis übersieht, so dass im Einzelfall evtl. § 256 Abs. 1 InsO nicht hilft. Es mag deshalb je nach den Umständen erwogen werden, noch durch eine zusätzliche Klausel für den Fall von Streitigkeiten um Ausschlussklauseln zumindest einen Planrückstand nach § 255 Abs. 1 InsO zu vermeiden (zum Wiederaufleben von Ansprüchen in voller Höhe vgl. auch unten Rn. 599 ff.).

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D. Gestaltender Teil

b) Die BGH-Rechtsprechung zu Plan-Ausschlussfristen 345 Die Beantwortung der Frage, ob im Insolvenzplan materielle Ausschlussfristen definiert werden können und welche Anforderungen an die Formulierung zu stellen sind, ist höchst umstritten.220) Insbesondere die Richterschaft auf Amtsgerichtsebene vertritt zunehmend die Ansicht, der Plan könne nicht wirksam materielle Ausschlussfristen definieren.221) In einer Entscheidung vom 15.7.2010 (IX ZB 65/10, ZIP 2010, 1499222)) hat der BGH eine Insolvenzplanklausel beurteilt, nach der der Gläubiger einer bestrittenen Forderung verpflichtet war, innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach Verkündung der gerichtlichen Bestätigung die Klageerhebung nachzuweisen. Anderenfalls, so die Planregelung, sollte die Forderung präkludiert sein. Der BGH führt zur Wirksamkeit der Ausschlussklausel aus: „[8] Die im Insolvenzplan festgelegte Klagefrist ist noch nicht abgelaufen, weil sie erst mit Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses zu laufen beginnt. [9] a) Gegen die Wirksamkeit dieser Regelung im Insolvenzplan bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. Allerdings können die Vorschriften über die Feststellung der Forderungen der Insolvenzgläubiger in einem Insolvenzplan nicht abbedungen werden … Abbedungen werden können aber die Vorschriften über die Verteilung, § 217 InsO. Die hier abgewandelt anzuwendenden Vorschriften der §§ 188, 189 InsO befinden sich im Abschnitt ‚Verteilung‘ des fünften Teils der InsO. Sie können durch den Insolvenzplan modifiziert werden. …“

346 Nach dieser Entscheidung sind somit grundsätzlich Ausschlussfristen anerkannt. Vorstehender Formulierungsvorschlag für eine Ausschlussfrist (Rn. 344) steht nach hier vertretener Ansicht im Einklang mit der zitierten BGH-Entscheidung. Allerdings kann die Wirkung der Ausschlussfristen erst mit Eintritt der Gestaltungswirkung des gestaltenden Teils eintreten, d. h. mit Rechtskraft des Insolvenzplans (vgl. § 254 Abs. 1 InsO). 347 Der BGH hat sich mit der Thematik von Nachzüglern und Ausschlussfristen in einer weiteren Entscheidung – ohne auf die oben erwähnte Entscheidung (Rn. 345) einzugehen – befasst. Der Insolvenzplan enthielt keine Regelung zu Nachzüglern. Nach rechtskräftiger Aufhebung des Insolvenzverfahrens

___________ 220) In rechtspolitischer Hinsicht wird deshalb vorgeschlagen, der Gesetzgeber möge eine klare Erlaubnis für Plan-Ausschlussfristen schaffen, so Gravenbrucher Kreis, ZIP 2014, 1262, 1264, 1265 (These 7); vgl. zur Streitfrage Balthasar, in: Kübler, HRI, 2. A., § 26 Rn. 278; für die Wirksamkeit von Ausschlussfristen LAG Düsseldorf, Urt. v. 15.9.2011 – 11 Sa 591/11, ZIP 2011, 2487; LAG Düsseldorf, Urt. v. 3.7.2014 – 5 Sa 225/14, ZIP 2014, 1988 = NZI 2014, 913; tendenziell kritisch zu Ausschlussfristen BAG, Urt. v. 12.9.2013 – 6 AZR 907/11 (Rn. 32), ZIP 2013, 2268, dazu EWiR 2013, 783 (Rendels). 221) Vgl. u. a. Die Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2160 oben li. 222) Dazu EWiR 2010, 681 (Huber).

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V. Exkurs: Nachzügler und Ausschlussfristen

wurde erstmals ein vom Schuldner bestrittener Anspruch erhoben. Der BGH223) führt aus: „[10] Zwar kann die Erfüllung von Insolvenzplänen durch nachträglich erhobene Forderungen gefährdet oder unmöglich werden, insbesondere dann, wenn diese vorsehen, dass eine bestimmte Summe Geldes unter den Insolvenzgläubigern verteilt wird. Dieses Problem hat der Gesetzgeber der Insolvenzordnung jedoch gesehen … [11] Die weitere Rechtsentwicklung zeigt ebenfalls, dass nicht angemeldete Forderungen auch nach der Annahme und Bestätigung des Insolvenzplans und der Aufhebung des Insolvenzverfahrens nicht ausgeschlossen sind. Durch das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) vom 7.12.2011 (BGBl I, 2582) sind mit Wirkung vom 1.3.2012 die Bestimmungen der §§ 259a, 259b InsO eingeführt worden. … Die Vorschriften der §§ 259a, 259b InsO setzen voraus, dass dem Planverfahren keine Ausschlusswirkung zukommt. Weitergehenden Vorschlägen, eine materielle Ausschlussfrist für im Insolvenzplanverfahren nicht angemeldete Forderungen zu schaffen, ist der Gesetzgeber der amtlichen Begründung zufolge bewusst nicht gefolgt, weil eine Ausschlussfrist aus verfassungsrechtlichen Gründen mit der Möglichkeit einer Wiedereinsetzung verbunden sein müsse und die vergleichbare Ausschlussfrist des § 14 GesO zu zahlreichen und langwierigen Streitigkeiten über die Frage des Verschuldens bei der Fristversäumung geführt habe (BT-Drucks. 17/5712, S. 37) …“

Auf den ersten Blick wirken die Aussagen der BGH-Entscheidung vom 348 15.7.2010 und der zuvor zitierten Entscheidung vom 10.5.2012 vielleicht widersprüchlich. Die zweite Entscheidung betraf aber einen Insolvenzplan, der keine Ausschlussfrist für Nachzügler vorsah. Vor diesem Hintergrund ist u. E. davon auszugehen, dass der BGH an seiner Entscheidung vom 15.7.2010 festhalten wird, zumal diese vorherige Entscheidung in der Entscheidung aus 2012 nicht erwähnt wird. Insgesamt erscheinen deshalb u. E. – trotz der ESUG-Neuregelungen in 349 §§ 259a/b InsO224) nach der BGH-Entscheidung vom 15.7.2010 – IX ZB 65/10 – auf der Grundlage der BGH-Rechtsprechung Ausschlussfristen zumindest in inhaltlicher Anlehnung an die §§ 188, 189 InsO zulässig, wobei erst mit Eintritt der Rechtskraft die Ausschlussfrist wirkt, mithin vorher die Ausschlussfrist nicht zu laufen beginnt. Allerdings besteht nach § 189 Satz 1 InsO keine Ausschlusswirkung gegen- 350 über vor der Insolvenz bereits titulierten Forderungen. Ein „Kassieren“ von vorinsolvenzlich titulierten Nachzügler-Forderungen mittels Insolvenzplans dürfte deshalb wohl ausgeschlossen sein. Zudem ist die Bildung der Gruppe „nicht angemeldete Forderungen“ kein zulässiger Weg225). ___________ 223) BGH, Urt. v. 10.5.2012 – IX ZR 206/11, ZIP 2012, 1359 ff. Der BGH hob damit die Entscheidung der Vorinstanz (OLG Celle ZIP 2011, 1577) auf. 224) Gegen die Wirksamkeit von Präklusionsklauseln gegen Nachzügler aufgrund der Wartungen gem. §§ 259a/b InsO aber AG Hamburg, Beschl. v. 20.5.2014 – 67c IN 232/13, ZIP 2014, 1601. 225) Balthasar, in: Kübler, HRI, 2. A., § 26 Rn. 278 („Bildung einer pauschalen Gruppe nicht angemeldeter Forderungen dürfte den Anforderungen des § 222 InsO nicht genügen…“).

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D. Gestaltender Teil

c) Überlegungen im ESUG-Gesetzgebungsverfahren 351 Wie vorstehend (Rn. 345 ff.) ausgeführt, hat sich auch der ESUG-Gesetzgeber in §§ 259a/b InsO226) mit der Nachzüglerproblematik und mit Ausschlussfristen befasst. Im Gesetzgebungsverfahren war diskutiert worden, ob es sinnvoll wäre, Ausschlussfristen in Anlehnung an § 14 GesO zu normieren. Der ESUG-Gesetzgeber hat sich dagegen ausgesprochen und dies in der Gesetzesbegründung näher erläutert.227) 352 Trotz des Bemühens des Gesetzgebers ist aus Praktikersicht zu §§ 259a/b InsO kritisch anzumerken, dass die genannten Vorschriften die drohende Liquiditätsproblematik aufgrund Nachzüglerforderungen – je nach Höhe der Nachzüglerforderung – nicht befriedigend lösen. Der Vollstreckungsschutz ist erstens ohnehin nur vorübergehend (längstens für drei Jahre). Zweitens ist eine kaum vorhersehbare Einzelfallabwägung des Insolvenzgerichts erforderlich. Drittens ist die Einsetzung des Insolvenzgerichts als „Vollstreckungsschutz-Gericht“ tendenziell auch systemwidrig (Insolvenzgericht als Vollstreckungsgericht?). 353 Die Verjährungsfrist des § 259b InsO von einem Jahr wird oft nicht helfen. Immer dann, wenn mit Hilfe eines Insolvenzplans die Restrukturierung gelingt und wieder Geld da ist, werden im Zweifel Begehrlichkeiten innerhalb der Jahresfrist auftauchen. 354 Trotz der gut gemeinten ESUG-Regeln zur Lösung der Nachzüglerproblematik wird deshalb in einer Vielzahl von Fällen der Planverfasser auf die Normierung von Ausschlussfristen dringend angewiesen sein. Vor diesem Hintergrund – der begrenzten Wirkung der §§ 259a/b InsO und Anerkennung von Ausschlussfristen zumindest in der Entscheidung des BGH vom 15.7.2010 – IX ZB 65/10 (siehe oben Rn. 345 ff.) – kann derjenigen Auffassung, die materielle Ausschlussfristen im Insolvenzplan generell für unwirksam erklärt, nicht zugestimmt werden.228) Ergänzend ist hier aus Praktikersicht anzumerken, dass manche Gläubiger (oft aus verständlicher Frustration aufgrund Erfahrungen in der Vergangenheit) oft sogar bewusst davon absehen, sich im Insolvenzverfahren zu melden, z. B. weil beauftragte Inkasso-Unternehmen Kosten sparen wollen (siehe oben Rn. 60 zur häufigen Nachzüglerproblematik bei natürlichen Personen). Wer sich bewusst am Verfahren nicht beteiligt, eine Ausschlussfrist im Insolvenzplan als Gläubiger erkennend und sehend, kann sich nach diesseitiger Auffassung nicht auf Art. 14 GG berufen. Wie vorstehend beschrieben, hängt deshalb die Beantwortung der Frage, ob eine materielle Ausschlussfrist im Insolvenzplan im Einzelfall wirksam ist oder nicht, vom „Themenbereich“ und der konkreten Formulierung der Ausschlussfrist ab. Wie die §§ 188, 189 InsO zeigen, sind Ausschlussfristen zum Zwecke der endgültigen Sicherstellung der Verteilung und der endgültigen ___________ 226) Vgl. zu §§ 259a/b InsO Überblick bei Rugullis, NZI 2012, 825 ff. 227) Vgl. BT-Drucks. 17/5712, S. 37. 228) So aber Die Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2160 o. li.

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V. Exkurs: Nachzügler und Ausschlussfristen

Quotenberechnung in der InsO normiert. Ausschlussfristen dienen nach dem Konzept der InsO dem Schutz des Ausschüttenden und der übrigen Gläubiger, so dass nicht ohne Einzelfallbetrachtung pauschal mit Art. 14 GG argumentiert werden kann. Eine Formulierung, die sich allerdings allzu weit von dem Modell der §§ 188, 189 InsO entfernt, ist Wirksamkeitsrisiken ausgesetzt. Ein pauschaler Ausschluss „nicht rechtzeitig angemeldeter Forderungen“, ohne Möglichkeiten – in definierten Grenzen – nachzumelden und/oder eine Forderungsfeststellungsklage zu erheben, ist deshalb aufgrund mangelhafter Formulierung im Einzelfall unwirksam.229) d) Ausschlussfristen zum Nachweis des Ausfalls? Häufig sehen Insolvenzpläne auch materielle Ausschlussfristen zum Nach- 355 weis des Ausfalls bei der abgesonderten Befriedigung vor (vgl. § 256 Abs. 1 Satz 1 InsO). So finden sich in der Praxis Klauseln, wonach der Ausfall spätestens innerhalb von sechs Monaten nach Rechtskraft des Insolvenzplans und/oder nach der Vorlage eines Verteilungsverzeichnisses des Schuldners nachgewiesen sein muss. Ob solche Ausschlussfristen wirksam sind, ist ebenfalls ungeklärt. Nach einer 356 Auffassung ist § 256 InsO in keiner Hinsicht plandispositiv.230) Jedenfalls in Fällen, in denen dem Absonderungsberechtigten in der gesetzten PlanAusschlussfrist die Realisierung seines Absonderungsrechts ohne weiteres möglich sein wird, sollten auch in diesem Bereich in Anlehnung an § 190 Abs. 1 Satz 1 InsO Ausschlussfristen anerkannt werden. e) Wiedereinsetzung, Formulierungsvorschlag Zu Formulierungsvorschlägen für eine Ausschlussfrist wird zunächst auf obiges 357 Beispiel verwiesen (siehe oben Rn. 344). In praktischer Hinsicht ist es in Bezug auf Nachzügler, die schuldlos nachmelden, sicherlich zumindest empfehlenswert, im Insolvenzplan Regeln zur Wiedereinsetzung in Anlehnung an §§ 233 ff. ZPO zu normieren. Ob dies zwingend geboten ist, soll hier dahinstehen. Beispiel (Vorschlag für eine Wiedereinsetzungsklausel als Ergänzung zu Ausschlussfristen): „Die Ausschlussfrist greift nicht, wenn der Gläubiger ohne sein Verschulden nicht in der Lage war, die Frist einzuhalten. Die Regelung des § 233 ZPO gilt insoweit entsprechend. Im Fall schuldloser Fristversäumung muss der Gläubiger seine Forderung innerhalb einer zweiwöchigen Nachfrist, beginnend mit dem Tag, an dem das Hindernis behoben ist, gegenüber dem Schuldner schriftlich geltend machen. § 234 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO gelten entsprechend. Der Gläubiger hat ___________ 229) Nur insoweit ist der Ansicht der Kölner Insolvenzrichter zuzustimmen, vgl. Die Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2160 o. li. 230) Die Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2159 u. re./2160 o. li. und oben Rn. 7 ff.

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D. Gestaltender Teil

das fehlende Verschulden und die Einhaltung der zweiwöchigen Nachfrist gegenüber dem Schuldner zu beweisen.231) Die Vorschriften der §§ 259a/b InsO bleiben unberührt.“ Praxistipp (weitgehende Klärung der zu bedienenden Insolvenzforderungen trotz Ausschlussfristen): Wegen der Streitfragen, die mit der Thematik „Ausschlussfristen“ verbunden sind, sollte in praktischer Hinsicht darauf geachtet werden, dass die Summe der Forderungen, die mit Ausschlussfristen „bekämpft“ werden, im Verhältnis zu allen zu bedienenden Insolvenzforderungen nicht zu hoch ist. Ausschlussfristen sind keinesfalls ein Mittel, eine ungepflegte Insolvenztabelle zu erledigen (zur Notwendigkeit einer genauen Quotenberechnung möglichst schon bei Einreichung des Insolvenzplans vgl. oben Rn. 318 ff.).

VI. Bilaterale Vereinbarungen 1. Bilaterale Planüberwachungsabrede 358 Vom gestaltenden Teil strikt zu unterscheiden ist die Möglichkeit, im Wege bilateraler Vereinbarungen ebenfalls Rechtswirkungen zu erzeugen. Diese Rechtswirkungen beziehen sich – wie bei schuldrechtlichen Verträgen allgemein – nur auf die Personen, die an der Abrede beteiligt sind. 359 Zu denken ist etwa an eine Planüberwachung nicht im gestaltenden Teil gem. § 260 Abs. 1 InsO, sondern aufgrund einer schuldrechtlichen Abrede zwischen Schuldner und dem Planüberwacher. Da die Planüberwachung nach § 260 Abs. 1 InsO nicht zwingend ist („kann“), muss sie nicht in den gestaltenden Teil aufgenommen werden. Man könnte auch an eine „abgeschwächte“ Form der Planüberwachung durch Vereinbarung zwischen Planüberwacher und Schuldner denken. Dann würde es sich um einen klassischen Dienstleistungsvertrag handeln. Für eine solche Abrede würden – zumindest nicht kraft normativer Wirkung des gestaltenden Teils – die §§ 261 ff. InsO nicht gelten. Eine solche Form der Planüberwachung mag insbesondere erwogen werden, wenn die Planüberwachung länger als drei Jahre dauern soll. Nach § 268 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist nämlich grundsätzlich eine längere Planüberwachung als für einen Zeitraum von drei Jahren nicht möglich. Würde man davon ausgehen wollen, dass diese Norm nicht mit Wirkung gegenüber allen Beteiligten plandispositiv ist (dazu unten Rn. 580 f.), so bleibt immer noch als Lösung, eine bilaterale Planüberwachung für einen längeren Zeitraum als von drei Jahren aufgrund schuldrechtlicher Abrede zwischen Schuldner und Planüberwacher. 2. Treuhandabreden, Nachtragsverteilung 360 Weiter werden in der Praxis gelegentlich Treuhandabreden zwischen Schuldner und „Planüberwacher“ als „Plan-Annex“ geschlossen, auch zur Ausschüttung an die Gläubiger. ___________ 231) Siehe auch den Pfleiderer-Insolvenzplan.

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VI. Bilaterale Vereinbarungen

Beispiel (für eine Treuhandabrede außerhalb des gestaltenden Teils als Ersatz für die Planüberwachung): Im Insolvenzplan über das Vermögen der natürlichen Person x ist vorgesehen, dass keine Planüberwachung stattfinden soll. Der Berater des Schuldners, ein Rechtsanwalt, soll als Treuhänder und anstelle der Planüberwachung sämtliche Vermögenswerte der Schuldnerin nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens an die Gläubiger in einer bestimmten, näher festgelegten Art und Weise verteilen. Der vorstehende Fall wurde in der Praxis tatsächlich beobachtet. Die geschilder- 361 te, konkrete Planregelung begegnet mehreren Bedenken. Fungiert der Schuldnervertreter als Treuhänder des Schuldners in einer Ausschüttungsfunktion, muss der Schuldnerberater auch faktisch Gläubigerinteressen wahrnehmen. Insoweit sind – auch einzelfallabhängig – unzulässige Interessenkollisionen denkbar. In jedem Fall sollte aber, sofern sich die Gläubiger im Einzelfall auf eine solche Treuhandkonstruktion einlassen, dann der komplette Treuhandvertrag vor Beginn des Erörterungs- und Abstimmungstermins dem Insolvenzplan als Anlage beigefügt sein. Weiter sind bilaterale Treuhandabtretungen des Schuldners an z. B. den Plan- 362 überwacher oder an den vormaligen Insolvenzverwalter denkbar, die faktisch zu einer Nachtragsverteilung führen. Nach § 259 Abs. 1 InsO fällt mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens die gesamte Verfügungsbefugnis an den Schuldner zurück. Sieht man Nachtragsverteilungsabreden im gestaltenden Teil wegen § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO als unzulässig an,232) so kann immer noch der Schuldner z. B. Haftungsansprüche der (vormaligen) Insolvenzmasse gegen Dritte an den vormaligen Insolvenzverwalter treuhänderisch abtreten. Die Treuhandabrede zwischen Schuldner und prozessführendem (vormaligen) Insolvenzverwalter kann dann dazu vorsehen, dass bestimmte Erlöse aus fortgeführten Prozessen, z. B. zur Durchsetzung von Haftungsansprüchen gegen Dritte, vom Treuhänder an die Gläubiger ausgekehrt werden.233) 3. (Notarielles) Investorenangebot Weiter ist die korrekte juristische Verbindung eines Investorenangebots 363 mit dem Insolvenzplan von Relevanz. Nach § 254a Abs. 2 Satz 1 InsO ___________ 232) Vgl. dazu BGH, Urt. v. 7.1.2008 – II ZR 283/06, ZIP 2008, 546 (Tz. 9 a. E.: „Vielmehr kann gem. § 228 InsO im gestaltenden Teil des Insolvenzplans eine Forderungsübertragung vorgenommen und dadurch verhindert werden, dass der Schuldner seine Verfügungsbefugnis gem. § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO wiedererlangt.“). Die dortige Planregelung dürfte als bilaterale Treuhandabtretung zu deuten sein. In der Entscheidung BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094 hat sich der BGH unter Tz. 10 des Urteils klar gegen eine Abbedingung des § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO ausgesprochen. 233) Vgl. dazu auch, Frank, in: FD-InsR 2010, 297031 zur Entscheidung des BGH, Urt. v. 10.12.2009 – IX ZR 206/08, ZIP 2010, 102, dazu EWiR 2010, 193 (Rendels/Körner); BGH Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094 (erstmals in der Revisionsinstanz offengelegte gewillkürte Prozessstandschaft ist zu spät); vgl. auch BGH, Urt. v. 27.3.2008 – IX ZR 65/06, ZIP 2008, 929.

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D. Gestaltender Teil

greift die Formersatzfunktion des Insolvenzplans nur für und gegen „Beteiligte“. In der Regel wird ein Investor, der sonst keine Verbindung zu dem Insolvenzverfahren aus der Zeit vor der Insolvenz hat, wohl nicht als „Beteiligter“ angesehen werden können (jedenfalls nicht mit ausreichender Rechtssicherheit, da insoweit noch keine höchstrichterliche Rechtsprechung ergangen ist). In Bezug auf Investorenangebote wird deshalb häufig der Weg gegangen werden müssen, das Angebot außerhalb des Insolvenzplans notariell beurkunden zu lassen (z. B. ein Angebot zur Übernahme der Gesellschaftsanteile). Eine solche notarielle Bindung des Investors vor dem Erörterungsund Abstimmungstermin mag im Einzelfall aus Sicht der Gläubiger auch aus Gründen der Rechtsklarheit gewünscht sein. VII. Bedingungen 1. Übersicht 364 Der Sache nach stellt § 249 InsO eine Verfahrensnorm dar, da der Zeitpunkt der Bestätigung durch eine Insolvenzplanbedingung „nach hinten“ geschoben wird. Da Insolvenzplanbedingungen im gestaltenden Teil definiert werden, soll an dieser Stelle hierauf eingegangen werden. 365 Es wurde schon darauf hingewiesen, dass eine Vielzahl von Planbedingungen oft ein „optisches Signal“ dafür sein kann, dass zahlreiche Probleme „in die Bedingungen geschoben“ werden (siehe oben Rn. 27 ff. zur oft zu knappen Planvorlagefrist nach § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO). Selbstverständlich bleibt manchmal aus Zeitgründen nichts anderes übrig, als Bedingungen zu definieren. Auch ein Plan, der unter zahlreichen Bedingungen steht, kann eine „Verhandlungsbasis“ für noch offene Sanierungsmaßnahmen darstellen. 2. Einzelne Planbedingungen 366 Beispiel (Formulierungsvorschlag für einige, typische Planbedingungen): „Planbedingungen: Die Bestätigung des Insolvenzplans setzt die Erfüllung aller folgenden Bedingungen gem. § 249 Satz 1 InsO voraus: x

Verbindliche Auskunft des Finanzamts X, dass der Gewinn, der durch die aufgrund dieses Insolvenzplans vorgesehenen Verzichtserklärungen von Gläubigern entsteht, als sog. Sanierungsgewinn i. S. d. Schreibens des Bundesfinanzministeriums vom 27.3.2003 (BStBl I 2003, 240) qualifiziert und insoweit auf die Geltendmachung von Körperschaftsteuer der Schuldnerin verzichtet wird …

x

Schriftliche Mitteilung der zuständigen Gemeinden,234) dass der Gewinn, der aufgrund der vorstehend erwähnten Verzichtserklärungen entsteht, bei

___________ 234) Bei Filialnetzen oder mehreren Niederlassungen muss der Planarchitekt oft (am besten vor dem Erörterungstermin) mit zahlreichen Kommunen Kontakt aufnehmen.

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VII. Bedingungen

der Schuldnerin nicht besteuert wird oder auf die Geltendmachung von Gewerbesteuer bei der Schuldnerin verzichtet wird. x

Vorlage einer Sanierungsfähigkeitsbescheinigung der X-Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zur Sanierungsfähigkeit des Betriebsteils Y.

x

Abschluss eines Sanierungstarifvertrags235) mit der Gewerkschaft V.

x

Einzahlung eines Planzuschussbeitrags236) des Investors I auf das Verfahrenssonderkonto des Sachwalters bei der X-Bank.

x

Zusammenschlussfreigaben: Mitteilung, dass für die in der Anlage xx aufgeführten Länder die zuständigen Kartellbehörden das Zusammenschlussvorhaben freigegeben haben oder eine nach dem jeweils anwendbaren Recht bestehende Freigabefiktion eintritt …“

3. Zeitpunkt des Eintritts und Kontrolle der Erfüllung Gelegentlich – sofern bestimmte Erklärungen oder Sanierungsbeiträge benötigt 367 werden – ist eine Definition von Planbedingungen auch ein Druckmittel, diese Erklärungen oder sonstigen Sanierungsbeiträge von den zuständigen Stellen oder sonstigen Gläubigern zu erhalten. Da an der Nichterfüllung der Bedingungen der Insolvenzplan scheitern kann, 368 finden sich in der Praxis zum Zeitpunkt des Eintritts der Bedingungen und zur Kontrolle des Bedingungseintritts oft weitere Klauseln. Diese haben zum Ziel, bestimmten Beteiligten (entweder dem Insolvenzgericht, dem Sachwalter, einem Gläubigerausschuss oder der Schuldnerin oder allen gemeinsam) gewisse Gestaltungsspielräume zur Feststellung des Bedingungseintritts einzuräumen, damit der Plan – falls eine einzelne, insgesamt nicht so bedeutende Bedingung, nicht erfüllt werden kann – nicht scheitert. Beispiel (Formulierungsvorschlag zum Zeitpunkt des Eintritts der Bedingungen und zu modifizierter Gerichtskontrolle): „Der Sachwalter wird mit Zustimmung der Schuldnerin und des Gläubigerausschusses ermächtigt, durch schriftliche Anzeige beim Insolvenzgericht, zu erklären, ganz oder teilweise auf den Eintritt einer der vorstehenden Bedingungen zu verzichten.“ Da der Grundsatz der Gläubigerprivatautonomie gilt, sind solche Modifikatio- 369 nen des § 249 Sätze 1 und 2 InsO – zur Zurücknahme der Kontrollpflicht des Insolvenzgerichts in Bezug auf die Erfüllung von Planbedingungen – u. E. zulässig. ___________ 235) Solche Tarifverträge sollten nach Möglichkeit vor Eröffnung abgeschlossen sein, um das Entstehen von Masseverbindlichkeiten zu vermeiden. 236) Besser vor dem Abstimmungstermin auf ein Sonderkonto.

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D. Gestaltender Teil

370 Zum Zeitpunkt des Eintritts der Bedingungen kann es manchmal sinnvoll sein, z. B. zu bestimmen, dass diese spätestens einen Tag vor Beginn des Erörterungstermins dem Insolvenzgericht nachgewiesen werden müssen (dann handelt es sich allerdings nicht um eine „echte“ Bedingung nach § 249 InsO, die die Planbestätigung „verschiebt“). Weiter kann geregelt werden, dass auf Antrag z. B. der Schuldnerin das Insolvenzgericht die Frist zur Erfüllung aller oder einzelner Bedingungen ganz oder in Teilen verlängern kann. Die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt einzelne oder alle Bedingungen erfüllt sein müssen, sollte rechtzeitig mit dem Insolvenzgericht vor dem Erörterungs- und Abstimmungstermin abgestimmt und im Plan geregelt werden. 371 Weiter sollen nach verbreiteter Auffassung auch sog. auflösende Bedingungen zulässig sein.237) Sinnvoll werden solche auflösenden Bedingungen im Zweifel nicht sein, da sie zum Ziel hätten, die Planwirkungen zu beenden. VIII. Entfallen der Aktivlegitimation 372 Zu Möglichkeiten im gestaltenden Teil oder – besser – durch bilaterale Abreden, die Aktivlegitimation des vormaligen Insolvenzverwalters oder Sachwalters aufrechtzuerhalten, wird auf oben Rn. 360 ff. und unten Rn. 541 f., Rn. 566 ff. Bezug genommen. IX. Planüberwachung 373 Die Planüberwachung kann Bestandteil des gestaltenden Teils sein. Auf die Ausführungen unter Rn. 358 f. und Rn. 573 ff. wird Bezug genommen. X. Aufrechnung eines Gläubigers mit Verzichts-Forderung 1. BGH: unvollkommene Gläubiger-Forderung trotz Planverzicht? 374 Die Rechtsprechung hatte wiederholt Konstellationen zu entscheiden, in denen eine vorinsolvenzliche Forderung des Schuldners gegen einen Gläubiger im Insolvenzplanverfahren vom Schuldner – ggf. aus taktischen Gründen – zunächst nicht geltend gemacht wurde. Objektiv bestand also gem. § 94 InsO mit Eröffnung eine geschützte Aufrechnungslage. Durch den Insolvenzplan wurden dann die Gläubiger-Forderungen gegen die Schuldnerin mittels Gläubigerverzichtserklärung „kassiert“. Nach der Insolvenz versuchten sodann diese Gläubiger, als die Schuldnerin ihrerseits ihre Forderungen geltend machte, aufzurechnen. Der BGH hat diese Aufrechnung grundsätzlich als wirksam angesehen.

___________ 237) Nerlich/Römermann/Braun, InsO, § 249 Rn. 2.

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X. Aufrechnung eines Gläubigers mit Verzichts-Forderung

Beispiel (Fall nach BGH v. 19.5.2011 – IX ZR 222/08, ZIP 2011, 1271): Der I-GmbH standen bereits vor Eröffnung der Insolvenz gegen das Land NRW Forderungen aus Werklohn zu. Dann wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzplan vorgelegt. Die Werklohnforderung wurde zunächst „vergessen“. Das Finanzamt FA hatte aus der Zeit vor der Insolvenz Umsatzsteuerforderungen in Millionenhöhe angemeldet. Der Insolvenzplan sah einen Forderungsverzicht des Finanzamtes in Höhe von ca. 93,65 % vor. Nach rechtskräftiger Planbestätigung und rechtskräftiger Aufhebung des Insolvenzverfahrens machte die Schuldnerin gegen das Land NRW die Werklohnansprüche aus der Zeit vor der Insolvenz wieder geltend. Das Land NRW rechnete mit den Steuerforderungen (trotz des Plan-Erlasses) auf. Nach unterschiedlichen Entscheidungen der Vorinstanzen hat der BGH mit 375 seinem Urteil vom 19.5.2011 (IX ZR 222/08, ZIP 2011, 1271) die Aufrechnung zugelassen und ausgeführt: „[7] 2. Um unvollkommene, rechtlich nicht durchsetzbare Forderungen handelt es sich auch bei den von dem Beklagten zur Aufrechnung gestellten Umsatzsteuerforderungen … Soweit sie als erlassen gelten, sind sie zwar nicht erloschen, bestehen indes nur noch als natürliche, unvollkommene Verbindlichkeit fort, deren Erfüllung möglich ist, aber nicht erzwungen werden kann … [9] 3. Die Aufrechnung mit einer Forderung, die nach dem Insolvenzplan als erlassen gilt, bleibt jedoch entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gemäß § 94 InsO möglich, wenn die Aufrechnungslage bereits zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bestand … [14] e) Die Zulassung der Aufrechnung gemäß § 94 InsO nach rechtskräftiger Bestätigung eines Insolvenzplans führt nicht zwangsläufig zu unbilligen Ergebnissen. Aufrechnungsmöglichkeiten eines Insolvenzgläubigers sind vor der Entscheidung über die Bestätigung des Insolvenzplans für den Insolvenzverwalter erkennbar. Er kann versuchen, den betreffenden Gläubiger zu einem Verzicht auf sein Aufrechnungsrecht zu bewegen. Oder – falls dies nicht gelingt – die fortbestehende Aufrechnungsmöglichkeit bei der Gestaltung des Insolvenzplans einbeziehen. Eine Berücksichtigung der aufrechenbaren Gegenforderung des Insolvenzgläubigers bei der Berechnung und Auszahlung der nach dem Insolvenzplan den Gläubigern zukommenden Quote kann er vermeiden, indem er selbst die Aufrechnung erklärt. Bestehen so noch Möglichkeiten, einer fortbestehenden Aufrechnungsmöglichkeit bei der Gestaltung des Insolvenzplans Rechnung zu tragen, kann von einer Beschädigung der Gläubigerautonomie durch die Zulassung der Aufrechnung mit einer nach dem Insolvenzplan als erlassen geltenden Forderung nicht die Rede sein (a. A.: Braun, NZI, 2009, 409, 411) …“

Geschützt wird also nach der BGH-Rechtsprechung – nur – eine vor-insol- 375a venzlich bereits nach § 94 InsO geschützte und bestehende Aufrechnungslage. Aufrechnungen mit dem erlassenen Teil einer Forderung gegen erst während des Insolvenzverfahrens entstandene Forderungen des Schuldners sind von dieser Rechtsprechung nicht geschützt. Insoweit bleibt die Aufrechnung unzulässig.238) Im Übrigen wird in der Literatur die Ansicht des BGH, ___________ 238) Thies, in: HambKomm/InsO, § 254 Rn. 6, 7.

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D. Gestaltender Teil

wonach trotz Forderungserlass die erlassene Forderung als Naturalobligation fortbesteht, kritisiert.239) Praxistipp (versuchte Finanzamtsaufrechnung mit Sachwalter-VergütungsVorsteuer): In der Liquiditätsplanung des eigenverwaltenden Schuldners war als Zufluss die Vorsteuer aus der Sachwalter-Vergütung eingestellt. Im Abstimmungstermin zum Insolvenzplan kündigte das Finanzamt an, mit dem Quotenanspruch gegen diesen Vorsteuererstattungsanspruch aufrechnen zu wollen (FallVariante: Das Finanzamt will mit Forderungen gegen den Schuldner, die durch Quotenzahlung nicht gedeckt sind, aufrechnen). Diese Aufrechnung – da erst im Insolvenzverfahren die Gegenforderung des Schuldners entstanden ist – wäre unwirksam und unzulässig. Die vorbezeichnete BGH-Rechtsprechung bezieht sich nur auf Aufrechnungslagen, die bereits vor der Insolvenz bestanden. Gleichwohl ist hier in praktischer Hinsicht „Ärger“ zu befürchten. Entweder – falls das Finanzamt die Rechtslage richtig einschätzt – sollte hier bereits vor Plan-Abstimmung eine Übereinkunft erzielt werden oder – was für zulässig gehalten wird – eine ausdrückliche Planregelung zur Klarstellung eingefügt werden, wie etwa „das Finanzamt gemäß Gruppe X ist nicht berechtigt, mit zur Tabelle angemeldeten Forderungen oder sonstigen vorinsolvenzlichen Forderungen gegen nach Insolvenzantragstellung entstandene Vorsteuererstattungsansprüche des Schuldners aufzurechnen“.

376 Nach dem Stand der Rechtsprechung darf der Planarchitekt vorinsolvenzliche Außenstände des Schuldners gegen einen aufrechnungsbefugten Gläubiger nicht vermögens- oder liquiditätswirksam berücksichtigen, auch wenn die Gegenforderungen des Gläubigers im Plan (weitgehend) erlassen werden. Übersehene Aufrechnungskonstellationen können zu einer ganz erheblichen Fehlkalkulation in Bezug auf die nachinsolvenzliche Liquidität und zur Fehleinschätzung der nachinsolvenzlichen Vermögenswerte des Schuldners führen. 2. Abhilfe durch den Plan? 377 Nachdem die vorbezeichneten BGH-Entscheidung240) bekannt geworden ist, drängt sich für einen Planarchitekten auf, zu versuchen, auch die Aufrechnungsmöglichkeit im Insolvenzplan ausdrücklich auszuschließen. Beispiel (für einen Formulierungsvorschlag zum Ausschluss von Aufrechnungsmöglichkeiten): „Erlassene Forderungen bestehen nach Planrechtskraft auch nicht als unvollkommene, rechtlich nicht mehr durchsetzbare Forderungen fort, sondern erlöschen in Gänze. Gläubiger, deren Forderungen infolge der Verzichtserklärungen nach diesem Insolvenzplan untergehen, sind nach Planrechtskraft und nach Aufhebung ___________ 239) Dellit/Hamann, ZIP 2015, 308 ff. 240) BGH, Urt. v. 19.5.2011 – IX ZR 222/08, ZIP 2011, 1271 ff.

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X. Aufrechnung eines Gläubigers mit Verzichts-Forderung

des Insolvenzverfahrens auch nicht befugt, mit ihren erlassenen Forderungen gegen Forderungen der Schuldnerin aufzurechnen …“ Wegen des Grundsatzes der Gläubigerprivatautonomie und der Betonung des 378 BGH, dass der Insolvenzplan insoweit Abhilfe schaffen kann, sollten solche Klauseln nach diesseitiger Ansicht als wirksam angesehen werden. Ob eine solche Klausel jedoch der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BGH standhalten wird, bleibt abzuwarten. Insbesondere bei den Finanzämtern (aber auch bei anderen staatlichen Stellen) 379 ist die vorbezeichnete Aufrechnungsproblematik inzwischen in der Regel bekannt. Finanzämter erkundigen sich deshalb meistens beim Planarchitekten, ob es noch möglicherweise vorinsolvenzliche Schuldnerforderungen gegen ein Bundesland gibt (die das Finanzamt nicht sehen kann). So wird die Planzustimmung der Finanzämter manchmal von der Erklärung des Planarchitekten abhängig gemacht, dass solche Schuldner-Forderungen, die nach der Insolvenz durchgesetzt werden sollen, nicht bestehen. Werden diese Informationen von einem Finanzamt oder sonstigen potenziellen ErlassGläubiger gefordert, wird sich faktisch die vorbezeichnete Aufrechnungsverbotsklausel nicht durchsetzen lassen (zur während des Insolvenzverfahrens entstehenden Aufrechnungslage siehe Rn. 375a).

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E. Planinitiativrecht I. Überblick, Schuldnerschutz im US-amerikanischen Recht Nach § 218 Abs. 1 Satz 1 InsO sind der Schuldner oder der Insolvenzver- 380 walter zur Vorlage des Insolvenzplans berechtigt. Nach § 218 Abs. 2 InsO (i. V. m. § 157 Satz 2 InsO) kann die Gläubigerversammlung den Insolvenzverwalter beauftragen, einen Insolvenzplan auszuarbeiten. Nach § 284 Abs. 1 Satz 1 InsO kann im Rahmen der Eigenverwaltung – nach Eröffnung – der Auftrag der Gläubigerversammlung zur Ausarbeitung eines Insolvenzplans an den Sachwalter oder an den Schuldner gerichtet werden. Beim Auftrag an den Schuldner wirkt der Sachwalter beratend mit (§ 284 Abs. 1 Satz 2 InsO). Während des Gesetzgebungsverfahrens bereits zur „Ur-Fassung“ der InsO 381 wurde diskutiert, ob konkurrierende Insolvenzpläne zugelassen werden sollen.241) Nach US-amerikanischem Recht, welches bekanntlich für weite Teile des Insolvenzplanverfahrens „Pate gestanden“ hat, hat der Schuldner für eine bestimmte Zeit von mindestens 120 Tagen ab Antragstellung ein exklusives Planinitiativrecht. Das Gericht kann die exklusive Planvorlagefrist verlängern (sec. 1121 d) (1) Chapter 11 US-Bankruptcy-Code).242) Diesen Überlegungen für eine „Schonfrist“ des Schuldners ist der deutsche Gesetzgeber ebenso wenig nähergetreten wie der Überlegung, zahlreiche konkurrierende Pläne insbesondere von Gläubigern zuzulassen. Einzelne Gläubiger haben demnach kein Planinitiativrecht. Die Gläubigergemeinschaft muss ihre Interessen bündeln und über die Beauftragung der Gläubigerversammlung das Planverfahren ggf. vorantreiben (vgl. §§ 157 Satz 2, 218 Abs. 2 InsO). In der Praxis konnte in seltenen Einzelfällen beobachtet werden, dass gut vorbereitete Schuldner, die auch noch Verbündete unter den Gläubigern hatten, in der Gläubigerversammlung eine Anweisung zur Planerstellung an den Insolvenzverwalter in Abstimmung mit den erschienenen Gläubiger erreichen konnten. II. Initiativrecht des Schuldners 1. Planvorlagepflicht? Nach einer bereits vor Inkrafttreten des ESUG in der Literatur vereinzelt 382 vertretenen Auffassung tritt neben die Insolvenzantragspflicht möglicherweise auch die Pflicht zur Vorlage eines Insolvenzplans.243) Vor dem Hintergrund der zahlreichen Sanierungsinstrumente, die das ESUG 383 optimiert und eingeführt hat, mag es naheliegend erscheinen, eine Planvorlage___________ 241) Vgl. BT-Drucks. 12/2443, S. 92. 242) Zur Anerkennung des Chapter-11-Verfahrens aus deutscher Sicht als Insolvenzverfahren vgl. BGH, Urt. v. 13.10.2009 – X ZR 79/06 (BPatG), ZIP 2009, 2217, dazu EWiR 2009, 781 (Rendels/Körner). 243) Vgl. Schluck-Amend/Walker, GmbHR 2001, 375, 380; Jaffé, in: FK-InsO, § 218 Rn. 10 m. w. N.

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E. Planinitiativrecht

pflicht im Rahmen des § 43 Abs. 1 GmbHG je nach Einzelfall anzunehmen. Aber selbst, wenn man eine Pflichtverletzung im Einzelfall bejahen wollte, dürfte es praktisch kaum möglich sein, einen kausalen Schaden nachzuweisen. Dem Geschäftsführer, der die Planvorlage unterlassen hat, müsste nachgewiesen werden, dass mit Hilfe eines bestimmten Insolvenzplans die erforderlichen Gläubigermehrheiten hätten beschafft werden können mit anschließender Restrukturierung. Dies dürfte kaum gelingen. 2. Kostentragung? 384 Wenn der Schuldner sein Planinitiativrecht effektiv umsetzen können soll, muss ihm ein Weg aufgezeigt werden, wie die Beratungskosten für die Planerstellung aus der Insolvenzmasse beglichen werden dürfen.244) Für das Regelinsolvenzverfahren hat der BGH entschieden, dass der Schuldner keinen gesetzlichen Anspruch auf Erstattung der durch die Planerstellung entstehenden Kosten hat.245) Da der Gesetzgeber in §§ 270a/b InsO durch das ESUG die Eigenverwaltung stärken wollte, ist diese Auffassung auf die vorläufige Eigenverwaltung nicht übertragbar. Da der Schuldner in der vorläufigen Eigenverwaltung die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis behält, hat er auch die Möglichkeit, sich seine eigenen Beratungskosten „zu bewilligen“. Im Rahmen des § 275 Abs. 1 Satz 1 InsO, wonach der vorläufige Sachwalter der Begründung außergewöhnlichen Verbindlichkeiten zustimmen muss, ist entweder eine Zustimmungspflicht des vorläufigen Sachwalters anzunehmen oder ein Fall einer „gewöhnlichen Verbindlichkeit“.246) In der Praxis werden der Schuldner, sein Berater und der vorläufige Sachwalter in allen Spielarten der vorläufigen Eigenverwaltung möglichst einen Weg finden, ein „Team“ zu bilden. In diesem Rahmen wird der vorläufige Sachwalter die Entnahme von Beratungskosten zubilligen (siehe auch oben zur Planvorbereitung unter Rn. 100 f. und der Rolle des vorläufigen Gläubigerausschusses). III. Initiativrecht des Insolvenzverwalters 1. Vorteile des Initiativrechts des Regel-Verwalters 385 Auch aus Schuldnersicht kann das Initiativrecht des (kooperativen) Insolvenzverwalters von taktischer Bedeutung sein. Häufig wird es einem „klassischen“ Insolvenzverwalter, der mit dem Schuldner oder/und anderen Planinteressenten (z. B. den „treibenden“ Kreditinstituten) kooperiert, leichter ___________ 244) Vgl. bereits oben Rn. 99 ff. 245) BGH, Urt. v. 6.12.2007 – IX ZR 113/06, ZIP 2008, 232 unter Tz. 21: „Der Schuldner ist im Regelinsolvenzverfahren zur Vorlage eines Insolvenzplans an das Insolvenzgericht befugt … er kann für die Kosten, die ihm durch die Ausarbeitung des Plans entstanden sind, jedoch keinen Ersatz aus der Masse beanspruchen …“. 246) Nach Hölzle, ZIP 2012, 855, 856 liegt betreffend die Planerstellungskosten schon kein Fall eines außergewöhnlichen Geschäfts nach § 275 Abs. 1 Satz 1 InsO vor. Von der dogmatischen Konstruktion her dürfte eher eine Zustimmungspflicht – im Lichte der §§ 218, 270a/b InsO – anzunehmen sein.

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IV. Kein Initiativrecht des (vorläufigen) Sachwalters

möglich sein, durchgreifende Sanierungsmaßnahmen auszuhandeln, als dem Schuldner im Rahmen der Eigenverwaltung. Der Schuldner muss schließlich nach Beendigung der Eigenverwaltung wieder mit „seinen“ Vertragspartnern zusammenarbeiten, der (vorläufige) Insolvenzverwalter als außenstehender Dritter nicht. 2. Cross-Border-Fälle und Initiativrecht des Hauptverwalters Bei grenzüberschreitenden Fällen hat zudem im (aus deutscher Sicht) inländ- 386 ischen Sekundärverfahren der aus deutscher Sicht ausländische Hauptinsolvenzverwalter nach Art. 34 Abs. 1 EuInsVO ein Planinitiativrecht.247) IV. Kein Initiativrecht des (vorläufigen) Sachwalters Wie sich im Umkehrschluss aus § 284 Abs. 1 Satz 1 InsO ergibt, hat der 387 (endgültige) Sachwalter kein Planinitiativrecht, was dann erst recht für den vorläufigen Sachwalter gilt. V. Rechte der Gläubigerversammlung 1. Weisungsrecht Nach § 157 Satz 2 InsO kann die Gläubigerversammlung den Verwalter (oder 388 nach § 284 Abs. 1 Satz 1 InsO den Sachwalter oder Schuldner) anweisen („Auftrag“), einen Insolvenzplan zu erarbeiten. Dabei hat die Gläubigerversammlung nach § 157 Satz 2 InsO die Möglichkeit, in einem gewissen Rahmen eine Zielvorgabe zu tätigen. Unter dieser Zielvorgabe wird man sich nur das ungefähre Ziel des Plans, wie eine Unternehmensfortführung oder einen Stilllegungsplan vorlegen können. Details müssen dann der Ausarbeitungsphase und dem Ermessen des Insolvenzverwalters überlassen bleiben.248) 2. Kein Weisungsrecht des (vorläufigen) Gläubigerausschusses Da schon im eröffneten Verfahren der – endgültige – Gläubigerausschuss 389 kein Weisungsrecht hat, sondern nur die Gläubigerversammlung, ist erst recht ein Weisungsrecht des vorläufigen Gläubigerausschusses zur Erstellung eines Insolvenzplans an den Sachwalter oder an den Schuldner oder an den (vorläufigen) Insolvenzverwalter ausgeschlossen.249) 3. Konkurrierende Insolvenzpläne? Dass der deutsche Gesetzgeber grundsätzlich keine Vielzahl einzelner Gläu- 390 bigerpläne zulassen wollte, wurde bereits eingangs ausgeführt (siehe oben ___________ 247) Weiterführend Herchen, in: Pannen, EuInsVO, Art. 34 Rn. 1 ff. 248) Vgl. Wegener, in: FK-InsO, § 157 Rn. 2 ff.; Rendels, in: Kübler, HRI, 2. A., § 26 Rn. 29. 249) Nach Hölzle, ZIP 2012, 855, 857 ff. soll der vorläufige Gläubigerausschuss analog § 284 Abs. 1 Satz 1 InsO den vorläufigen Sachwalter mit der Planerstellung beauftragen können; die Argumentation erscheint vor dem Hintergrund, dass nur die Gläubigerversammlung im eröffneten Verfahren ein Weisungsrecht hat, wenig tragfähig.

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E. Planinitiativrecht

Rn. 380 f.). Theoretisch sind drei konkurrierende Pläne denkbar, nämlich erstens ein Plan des Insolvenzverwalters, der von seinem originären Initiativrecht Gebrauch macht, zweitens ein vom Schuldner vorgelegter Plan und drittens ein Plan, den die Gläubigerversammlung beauftragt.250) VI. Wirkungen der Planeinreichung 391 Grundsätzlich besteht die einzige Wirkung der Planvorlage darin, dass die Prüfungs- und Verfahrenspflichten des Gerichts ausgelöst werden (§§ 231, 232, 234, 235 – 253 InsO). Nach § 233 Satz 1 InsO ordnet das Gericht auf Antrag des Schuldners oder des Insolvenzverwalters in bestimmten Fällen die Aussetzung der Verwertung und Verteilung der Insolvenzmasse an. Nach § 30d Abs. 2 ZVG kann der Schuldner bei einem von ihm vorgelegten Insolvenzplan, der nicht nach § 231 InsO zurückgewiesen wurde, beantragen, Zwangsversteigerungsmaßnahmen einstweilen auszusetzen. Gelegentlich ist deshalb in Einzelfällen beobachtet worden, dass Schuldner taktisch schnell (wenig vorbereitete) Insolvenzpläne einreichen, um Einstellungsmaßnahmen der Zwangsversteigerung „herauszuschlagen“. Solchen Versuchen sollten die Gerichte durch schnelle Zurückweisung nach § 231 InsO begegnen. VII. Planrücknahme bis wann? 392 Das Recht zur Planrücknahme ist Ausfluss des Planinitiativrechts. Das Rücknahmerecht steht deshalb dem oder den Planvorleger(n) zu. Die Planrücknahme kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine Änderung nach § 240 InsO kritisch oder ausgeschlossen erscheint. 393 Der BGH hatte einen Fall zu beurteilen, in dem zu einer Insolvenzplanversion ein Erörterungs- und Abstimmungstermin stattgefunden hatte. Jedenfalls in einer Konstellation, in der der Insolvenzplan-Architekt einen neuen Insolvenzplan vorstellt, dem die Gläubigerversammlung zustimmt, hat der BGH in seinem Beschluss vom 26.4.2007 (IX ZB 5/06) die Rücknahme auch nach dem Erörterungs- und Abstimmungstermin vor der gerichtlichen Bestätigung zugelassen. „[7] 3. Eine Grundsatzentscheidung ist auch nicht zu der Rechtsfrage veranlasst, bis zu welchem Zeitpunkt der eingereichte Plan zurückgenommen oder geändert werden kann. Stellt – wie hier – der Antragsberechtigte vor der gerichtlichen Bestätigung des Plans einen überarbeiteten Entwurf zur Abstimmung, der aus seiner Sicht dem bisherigen Diskussionsstand besser Rechnung trägt, ist das rechtliche Gehör aller Beteiligten gewahrt und sieht das Gericht keine Veranlassung, den neuen Plan nach § 231 InsO von Amts wegen zurückzuweisen, … liegt jedenfalls kein Verstoß gegen wesentliche Verfahrensvorschriften … vor, wenn über diesen neuen Plan abgestimmt wird.“

___________ 250) Vertiefend zu auftretenden Einzelfragen vgl. Rendels, in: Kübler, HRI, 2. A., § 24 Rn. 32.

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VIII. Taktik: Unternehmensplanung und Zeitpunkt der Planvorlage

Damit kann zumindest bei Einreichung eines Ersatzplans – mit Zustimmung 394 der Gläubigerversammlung – vor der gerichtlichen Bestätigung sogar nach dem Erörterungs- und Abstimmungstermin eine Rücknahme noch erfolgen. Im Übrigen ist umstritten, bis zu welchem Zeitpunkt der Insolvenzplan zu- 395 rückgenommen werden kann. Teilweise wird auf eine Zulässigkeit der Rücknahme bis zum Beginn des Erörterungstermins abgestellt. Andere lassen die Rücknahme bis zum Ende des Abstimmungstermins zu.251) Richtig dürfte sein, die Rücknahme – auch nach Bestätigung des Insolvenzplans – vor Eintritt der Rechtskraft zuzulassen.252) Solange der Bestätigungsbeschluss nicht rechtskräftig ist, entfaltet der Insolvenzplan keinerlei Rechtswirkungen. Ein Anspruch der Gläubigergemeinschaft auf Aufrechterhaltung eines solchen Plans ist deshalb vor Eintritt der Rechtskraft nicht ableitbar, so dass als Ausfluss des Planinitiativrechts ein Rücknahmerecht vor Rechtskraft der Bestätigung gegeben ist. Infolge der Eingrenzung der Rechtsmittel durch das ESUG dürfte jedoch eine vorsorgliche Rücknahme, um blockierenden Rechtsbehelfen zuvorzukommen, wohl stark an Bedeutung verlieren. VIII. Taktik: Unternehmensplanung und Zeitpunkt der Planvorlage Jedenfalls dann, wenn die Prämissen der dem Insolvenzplan zugrunde liegen- 396 den Unternehmensplanung auf unsicherer Grundlage ermittelt wurden, kann im Einzelfall erwogen werden, die Planeinreichung zunächst zurückzustellen. Für den oder die Planarchitekten ist es nämlich u. U. wenig förderlich, wenn frühzeitig ein Plan eingereicht wird, sich dann aber herausstellt, dass die Unternehmensplanung unzutreffend war. Da jedes Insolvenzplanverfahren eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt, werden nach Einreichung des Insolvenzplans die Plan-Zahlen der Unternehmensplanung durch Zeitablauf durch Ist-Zahlen überholt. So werden in der Regel die Gläubiger im Erörterungs- und Abstimmungstermin die Gelegenheit haben, die „Standfestigkeit“ der Planung anhand der dann real eingetretenen Entwicklung zu überprüfen. Es ist wenig vertrauensbildend, wenn die bei Planeinreichung vorgelegten Plan-Zahlen auf Nachfrage der Gläubiger bis zum Erörterungsund Abstimmungstermin nicht erfüllt wurden. Tendenziell sei deshalb empfohlen, im Rahmen von etwaigen Grauzonen 397 und Gestaltungsspielräumen eine konservative, nicht zu optimistische Unternehmensplanung aufzusetzen. Eine sehr konservative Planung kann allerdings im Einzelfall mit den Absichten der Gläubiger, einen möglichst hohen Investorenbeitrag zu erhalten, kollidieren. Der Ersteller der Planungsrechnung sollte sich jedoch nicht zu allzu optimistischen Planprämissen bewegen lassen. Jede Planung kommt irgendwann auch auf den Prüfstand des Abgleichs mit der realen Entwicklung. ___________ 251) Vgl. zum Meinungsstand: Kreft/Flessner, InsO, § 240 Rn. 12 m. w. N. zum Streitstand. 252) Vgl. zum Meinungsstand: Rendels, in: Kübler, HRI, 2. A., § 24 Rn. 39 ff.

135

F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen I. Vorprüfung nach § 231 InsO 1. Funktionelle Zuständigkeit Nach der durch das ESUG eingeführten Regelung des § 18 Abs. 1 Nr. 2 RPflG 398 sind ab dem 1.1.2013 nunmehr die Richter für das Insolvenzplanverfahren zuständig. Durch eine „Reparaturregelung“ vom 12.12.2012 in Art. 103g Abs. 1 Satz 2 EGInsO hat der Gesetzgeber ergänzend geregelt, dass die Planzuständigkeit des Richters nur für ab dem 1.1.2013 beantragte Insolvenzverfahren gilt.253) In rechtspolitischer Hinsicht ist die Richterzuständigkeit teilweise recht 399 heftig kritisiert worden.254) Zumindest bei Unternehmensinsolvenzen mit grenzüberschreitenden Bezügen wird im Ausland ein Richter aber „eher wahrgenommen“ als ein Rechtspfleger. Tendenziell erscheint die Richterzuständigkeit eher für größere oder grenzüberschreitende Verfahren passend. In verfahrenstechnischer Hinsicht ist vorstellbar, dass Rechtspfleger z. B. bei Stimmrechtsfestsetzungen oder zu formellen Abläufen eines Erörterungsund Abstimmungstermins den zuständigen Richter unterstützen und deshalb Richter und Rechtspfleger an einigen Schnittstellen gemeinsam tätig werden. 2. Zwei-Wochen-Frist zur Vorprüfung Nach § 231 Abs. 1 Satz 2 InsO in der durch das ESUG eingefügten Fassung 400 „soll“ das Gericht innerhalb von zwei Wochen nach Vorlage des Plans die Vorprüfungsentscheidung treffen. Diese Frist erscheint in vielen Fällen zu kurz. Auch zu dieser ESUG-Reformvorschrift wird deshalb Reformbedarf reklamiert.255) In der Regel sollte dem Insolvenzgericht anhand der Einreichung eines Insolvenzplanentwurfs – wodurch die Frist des § 231 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht in Gang gesetzt wird – Gelegenheit gegeben werden, „stressfrei“ den Insolvenzplan zu prüfen. Anhand eines Entwurfs lassen sich emotionsfreier etwaige kritische Stellen des Insolvenzplans zwischen Planarchitekt und Gericht diskutieren.

___________ 253) Gesetz v. 5.12.2012 (BGBl I, 2418); vgl. dazu BT-Drucks. 17/11385 v. 7.11.2012 (Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Rechtsbehelfsbelehrung im Zivilprozess). 254) Vgl. Frind, ZInsO 2011, 656 ff.; vgl. auch Entschließungen des BAKinso u. a. auf einer Tagung vom 21.11.2014 mit Forderung der Streichung des § 18 Abs. 1 Nr. 2 ESUG RPflG, INDat-Report 9_2014, 8 ff. 255) Vgl. BAKinso-Entschließungen v. 21.11.2014 in INDat-Report 9_2014, 8 ff. und homepage unter www.bak-inso.de.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen Praxistipp (Planabstimmung zwischen Schuldner und Sachwalter/Insolvenzverwalter im Vorfeld des Gerichtskontakts): Grundsätzlich ist allen Beteiligten zu empfehlen, dass Schuldner (und Schuldnerberater) sowie Sachwalter/Insolvenzverwalter den Insolvenzplanentwurf zumindest in groben Zügen (möglichst aber auch im Detail) im Vorfeld der Einreichung bei Gericht miteinander abstimmen. So sollte es selbstverständlich sein, dass der Schuldner dem Sachwalter im Vorfeld einen Planentwurf zur Verfügung stellt und umgekehrt der Insolvenzverwalter einen etwaigen Planentwurf dem Schuldner. Wenn der Plan auf diese Weise zumindest weitgehend zwischen Schuldner und Sachwalter/Insolvenzverwalter abgestimmt ist, kann der Entwurf beim Gericht eingereicht werden. Dies hilft, dem Insolvenzgericht Arbeit zu ersparen. Nach § 232 InsO geht der Wortlaut des Gesetzes grundsätzlich davon aus, dass erst nach Vorprüfung und „Zulassung“ des Plans (keine Zurückweisung nach § 231 InsO) eine Zuleitung des Plans an die dort Genannten erfolgt. Besser ist es aber, wenn der Planarchitekt schon bei Einreichung dem Insolvenzgericht eine Vorfeldabstimmung u. a. mit den in § 232 Abs. 1 InsO Genannten signalisieren kann. Es ist deshalb oft ratsam, dass der Insolvenzplanentwurf vom Planverfasser vor einer Einreichung bei Gericht nach § 231 InsO den in § 232 InsO genannten Beteiligten informell mit der Bitte um Abstimmung zur Verfügung gestellt wird, sofern im Einzelfall dem nicht Zeitnot entgegensteht. Alle wesentlichen Beteiligten (z. B. Gericht, Gläubigerausschuss, Großgläubiger, Sachwalter, Insolvenzverwalter oder Schuldner) sollten frühzeitig – vor Planeinreichung – dem Planverfasser nahe legen, im Vorfeld Gelegenheit zu erhalten, den Insolvenzplanentwurf vor förmlicher Einreichung reflektieren zu wollen.

3. Prüfungsdichte zur Gruppenbildung 401 Im Hinblick auf die Bedeutung der Gruppenbildung (als Instrument der Mehrheitsbeschaffung und der Modifikation der Gläubigergleichbehandlung) hat das ESUG in § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO die Prüfungskompetenz des Gerichts ausdrücklich auf die Prüfung der Bildung der Gruppen erstreckt. Nach diesseitiger Ansicht sollte aber mit dieser klarstellenden Regelung die Prüfungskompetenz des Gerichts nicht – im Vergleich zur Rechtslage vor dem ESUG – ausgedehnt werden (vgl. oben Rn. 189 ff. unter Hinweis auf die „Korrekturvorschriften“ nach §§ 245, 251 InsO und dort insbesondere zur Darlegungslast des Planarchitekten in Bezug auf die Vergleichsrechnung). 4. Sonstige Rechtsprüfungen 402 Im Übrigen muss das Gericht – mit voller Prüfungsintensität wie bei der Planbestätigung – im Rahmen der Vorprüfung nach § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO prüfen, ob x

der zutreffende Planinitiator den Plan eingereicht hat,

x

keine unzulässigen Inhalte vorliegen und

x

etwaige Fehler ggf. innerhalb angemessener Frist beseitigt werden können.

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I. Vorprüfung nach § 231 InsO

In praktischer Hinsicht empfehlen sich bei Rückfragen oft mündliche Kontakt- 403 aufnahmen zwischen Gericht und Planarchitekten. Formell ist das Gericht ggf. nach § 4 InsO i. V. m. § 139 ZPO zu rechtlichen Hinweisen verpflichtet und muss dem Planvorleger Gelegenheit geben, aus Sicht des Gerichts bestehende Fehler zu beseitigen. Zu inhaltlichen Fehlern, die nach § 231 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu einer Zurück- 403a weisung führten, wird aus der Praxis folgender „Katalog“ berichtet: Eine nicht fundierte Vergleichsrechnung, insbesondere bei überholtem Zahlenmaterial kann zur Zurückweisung führen. Weiter wird über Fälle berichtet, in denen der gesetzliche Besserungsschein zugunsten des Pensions-SicherungsVereins gemäß § 7 Abs. 4 Satz 5 BetrAVG übersehen wurde. Weiter wurde an einem Plan moniert, dass – trotz Eigenverwaltung – Steuerverbindlichkeiten in der Insolvenzantragsphase gemäß § 55 Abs. 4 InsO massemindernd berücksichtigt wurden, ein Besserungsschein aber für den Fall fehlte, dass doch keine Steuerverbindlichkeiten anfallen.256) Alles, was im Vorprüfungsverfahren schon erkennbar zu einer späteren Ver- 404 sagung der Bestätigung des Insolvenzplans führen kann (vgl. § 250 InsO) sollte bereits im Rahmen des § 231 InsO (möglichst) problematisiert werden. Anderenfalls droht ein überflüssiger Erörterungs- und Abstimmungstermin. Selbstverständlich kann der Erkenntnisprozess des Gerichts aufgrund des anschließenden Austauschs mit den Gläubigern nach Zuleitung der Planzusammenfassung an die Gläubiger (vgl. § 235 Abs. 3 InsO) gefördert werden. Aus diesem Grund ist das Gericht im Rahmen der späteren Bestätigungsprüfung nach §§ 248, 250 InsO nicht an seine Entscheidung nach § 231 InsO gebunden. Auch schon von vornherein erkennbare Gründe der Bestätigungsversagung, die im Rahmen des § 231 InsO zunächst nicht gerügt wurden, können später zur Bestätigungsversagung führen. 5. Schuldnerplan: offensichtlich fehlende Aussicht auf Annahme Nach § 231 Abs. 1 Satz 1, Nr. 2 Alt. 1 InsO muss das Gericht beim Schuld- 405 nerplan prüfen, ob der Plan offensichtlich keine Aussicht auf eine Annahme durch die Beteiligten hat. Bestehen erhebliche Disharmonien zwischen Schuldner und einigen (wesentlichen) Gläubigern, ist denkbar, dass die Gläubiger im Rahmen des Verfahrens nach § 231 InsO (oder vorher) ablehnende Stellungnahmen zum Insolvenzplanentwurf beim Insolvenzgericht einreichen. Grundsätzlich ist das Insolvenzgericht befugt, im Rahmen der nach § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InsO anzustellenden Prognose solche Gläubigereingaben

___________ 256) Vgl. zu diesem „Katalog“ von Zurückweisungsgründen gem. § 231 Abs. 1 Nr. 1 InsO und zur weiteren Zurückweisungsgründen Die Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2159/2160.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

– maßvoll – zu berücksichtigen. Der BGH hat hierzu mit Beschluss vom 16.12.2010 (IX ZB 21/09, ZIP 2011, 340257)) ausgeführt: „[3] …In die Beurteilung können aber auch im Verfahren bereits erfolgte Stellungnahmen der Gläubiger einbezogen werden, die freilich mit Vorsicht zu bewerten sind, weil sich die Meinung der Gläubiger bis zur Abstimmung über den Plan noch ändern kann. Die Ansicht der Rechtsbeschwerde, Äußerungen von Gläubigern dürften in keinem Fall berücksichtigt werden … trifft offensichtlich nicht zu …“

406 „Offensichtlich“ keine Aussicht auf Annahme dürfte demnach anzunehmen sein, wenn aufgrund zahlreicher Gläubigerstellungnahmen eindeutig absehbar ist, dass in einem Abstimmungstermin auch mit Hilfe des § 245 InsO (Obstruktionsverbot) keine Mehrheit nach §§ 243 – 245 InsO zu erzielen sein wird.258) Dies mag im Einzelfall am Verdacht von Unregelmäßigkeiten oder an bewusst zu niedrigen Quotenangeboten liegen. 6. Schuldnerplan: offensichtlich fehlende Aussicht der Erfüllbarkeit 407 Nach § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 InsO ist der Schuldnerplan zurückzuweisen, wenn die nach dem gestaltenden Teil vorgesehenen Regelungen offensichtlich nicht erfüllt werden können. Insoweit ist an Fälle zu denken, in denen insbesondere Schuldner Fortführungspläne vorlegen, aber mangels Gewerbeerlaubnis (oder konkret bevorstehender Gewerbeuntersagungsverfahren259)) eine Fortführung des Geschäftsbetriebs der natürlichen Person voraussichtlich ausscheidet. 408 Eine Kombination der Zurückweisungsgründe nach § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 InsO ist denkbar, wenn bei einem Drittzuschussplan der Schuldner nicht bereit oder in der Lage ist, die Person und die Leistungsfähigkeit des Drittzuschussgebers zu benennen. Bei unklaren Drittzuschüssen sollte das Gericht schon im Rahmen der Vorprüfung nach § 231 InsO auf einen Nachweis der Leistungsfähigkeit des Dritten hinwirken oder sogar verlangen, dass der Dritte seinen Zuschussbetrag schon auf einem Treuhandkonto des (vorläufigen) Sachwalters oder (vorläufigen) Insolvenzverwalters hinterlegt. Anderenfalls droht bei unklaren Drittzuschüssen unnötige Anschlussarbeit. 7. Früherer, fehlgeschlagener Schuldnerplan 409 Dass das Gesetz gegenüber Schuldner-Insolvenzplänen manchmal kritisch eingestellt ist, zeigt auch die Regelung des § 231 Abs. 2 InsO (neben den vorerwähnten Regelungen des § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 InsO). Hatte der ___________ 257) Bestätigt durch BGH, Beschl. v. 30.6.2011 – IX ZB 30/10, BeckRS 2011, 18823; vgl. dazu Paul, ZInsO 2011, 610, 611 ff. 258) Vgl. auch Rechtsprechungsübersicht bei Paul, ZInsO 2012, 613, 614. 259) Vgl. AG Siegen, Beschl. v. 28.12.1999 – 25 IN 161/99, NZI 2000, 236; dazu auch BGH, Beschl. v. 3.2.2011 – IX ZB 243/08, BeckRS 2011, 04091 (notwendige Grundstücksveräußerung nicht umsetzbar).

140

II. Niederlegung

Schuldner bereits in einer früheren Phase des Insolvenzverfahrens erfolglos einen Schuldner-Insolvenzplan eingebracht, so kann das Gericht einen neuen Plan des Schuldners zurückweisen, wenn der Insolvenzverwalter mit Zustimmung des Gläubigerausschusses (sofern ein solcher Ausschuss besteht) die Zurückweisung beantragt. 8. Entscheidung des Gerichts und sofortige Beschwerde Nur bei Zurückweisung des Plans ergeht ein entsprechender Beschluss. Die 410 Zurückweisung erfolgt von Amts wegen, ist also nicht an einen Antrag gebunden. Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat – wiederum nur – der Vorlegende das Recht zur sofortigen Beschwerde (§ 231 Abs. 3 InsO). Die Beschwerdebefugnis nach § 231 Abs. 3 InsO (nur Beschwerderechts des Planinitiators) ist somit anders gefasst, als das Beschwerderecht gegen die Bestätigung bzw. gegen die Bestätigungsversagung nach § 253 Abs. 1 InsO.260) Ist die Vorprüfung durch das Gericht aus Sicht des Planvorlegers erfolg- 411 reich, ergeht keine Entscheidung. Es erfolgt die Übersendung des Plans zur Stellungnahme an die weiteren Beteiligten (vgl. § 232 Abs. 1 InsO). Zum Verhältnis der Vorprüfung nach § 231 InsO zur Einholung der Stel- 412 lungnahmen nach § 232 InsO geht das Gesetz nach dem eindeutigen Wortlaut des § 232 Abs. 1 InsO (Eingangssatz) davon aus, dass zunächst das Insolvenzgericht eine abschließende Vorprüfung nach § 231 InsO vornimmt. Es erscheint aber auch möglich und sachgerecht – wozu sich in Rechtsprechung und Literatur soweit ersichtlich nichts findet –, dass das Insolvenzgericht bei Eingang den Insolvenzplan jedenfalls dann, wenn kein offensichtlicher Zurückweisungsfall nach § 231 InsO vorliegt, sogleich den weiteren Beteiligten zur Stellungnahme nach § 232 InsO zuleitet, um dann die Rückläufe hierzu im Rahmen der Entscheidung nach § 231 InsO berücksichtigen zu können. Hierfür spricht die Rechtsprechung des BGH, dass Gläubigereingaben bei der Prüfung nach § 231 Abs. 1 InsO „maßvoll“ berücksichtigt werden können (siehe oben Rn. 405 ff.). Allerdings wird dann oft die 14-Tages-Soll-Frist des § 231 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht „zu halten“ sein, was zu akzeptieren ist (zur rechtspolitischen Kritik an dieser Frist siehe oben Rn. 400). II. Niederlegung Der zutreffende Zeitpunkt der Niederlegung des Insolvenzplans ist strittig. 413 Mit Eingang des förmlich und endgültig eingereichten Insolvenzplans ist dieser u. E. auf der Geschäftsstelle – zur Einsicht der weiteren Beteiligten nach § 4 InsO i. V. m. § 299 Abs. 1, 2 ZPO – niederzulegen. Danach noch – z. B. nach Planzustellung gem. § 232 InsO – eingehende Stellungnahmen ___________ 260) Vgl. Graf-Schlicker/Kebekus/Wehler, InsO, § 231 Rn. 7; anders als bei § 231 InsO hat i. R. d. § 253 Abs. 1 InsO der Insolvenzverwalter kein Beschwerderecht, vgl. BGH, Beschl. v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480, dazu EWiR 2009, 251 (Landry).

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

sind dann ebenfalls mit dem Insolvenzplan zusammen niederzulegen (§ 234 InsO).261) Nach anderer Auffassung erfolgt die Niederlegung, sobald die Frist für die Abgabe der Stellungnahmen, die in der Regel zwei Wochen nicht überschreiten soll (§ 232 Abs. 3 Satz 2 InsO), abgelaufen ist.262) Um ausreichend Einsichtsmöglichkeiten einzuräumen, sollte jedenfalls in praktischer Hinsicht eine Niederlegung zu einem möglichst frühzeitigen Zeitpunkt erfolgen. III. Einholung von Stellungnahmen 414 Sinnvoll ist es in der Regel, wenn der Planarchitekt die nach § 232 InsO einzuholenden Stellungnahmen dem eingereichten Insolvenzplan bereits beifügt. Es sollte aber vorab mit dem Gericht abgestimmt werden, ob so das Verfahren nach § 232 InsO ersetzt werden kann. Zumindest sollte der Planverfasser die Stellungnahme des (sofern er besteht) vorläufigen oder endgültigen Gläubigerausschusses bereits bei Einreichung des Insolvenzplans nach § 231 InsO beifügen. In der Regel spart dies dem Insolvenzgericht Prüfungsaufwand und der Inhalt der Stellungnahmen kann bereits im Prüfungsverfahren nach § 231 InsO vom Gericht reflektiert werden.263) IV. Vorbereitung von Prüfungs-, Erörterungs- und Abstimmungstermin 1. Taktik: Getrennter Erörterungs- und Abstimmungstermin? 415 Grundsätzlich ist vorstellbar, dass vier Termine hintereinander in einem Termin zusammengefasst werden, nämlich der Berichtstermin (zur ersten Gläubigerversammlung), der Termin zur Prüfung der angemeldeten Forderungen, der Erörterungstermin und der Abstimmungstermin. Aus § 236 InsO ergibt sich, dass der Erörterungs- und Abstimmungstermin nicht vor dem Prüfungstermin stattfinden darf. Hintergrund ist, dass erst nach ordnungsgemäßer Forderungsprüfung die Stimmrechte festgesetzt werden sollen. 416 In umfangreicheren Verfahren kann sich die Trennung von Erörterungsund Abstimmungstermin aus mehreren Gründen empfehlen. Ein getrennter Erörterungstermin kann dem Planarchitekten ermöglichen, das Ergebnis der Erörterungen – noch vor der Abstimmung – stressfreier in den Plan einzuarbeiten als im Fall sofortiger Abstimmung.264) Zudem kann – nur – in einem gesonderten Abstimmungstermin mit Hilfe von Stimmkarten schriftlich abgestimmt werden (vgl. § 242 InsO). So kann ein Erörterungstermin genutzt werden, die schriftliche Stimmabgabe zu erläutern, um einen „ruhigen“ Ab___________ 261) Einzelheiten vgl. C. Schmidt/Stahlschmidt, in: Kübler, HRI, 2. A., § 35 Rn. 50 ff. 262) Braun/Braun/Frank, InsO, § 234 Rn. 3. 263) Zu einzelnen Befugnissen des (vorläufigen oder endgültigen) Gläubigerausschusses im Zusammenhang mit dem Insolvenzplanverfahren vgl. Ampferl, in: Kübler, HRI, 2. A., § 36 Rn. 1 ff. 264) Auf die zeitlichen Grenzen der Abänderungsbefugnis nach § 240 InsO wird im Zusammenhang mit dieser Vorschrift eingegangen (siehe unten Rn. 464).

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IV. Vorbereitung von Prüfungs-, Erörterungs- und Abstimmungstermin

stimmungstermin zu erreichen. Aus den genannten Gründen sind deshalb in der Praxis – vor ESUG – größere Verfahren mit getrennten Erörterungsund Abstimmungsterminen durchgeführt worden.265) Unter Geltung des ESUG muss diese Taktik einer möglichen Trennung 417 des Erörterungs- und Abstimmungstermins allerdings vom Planarchitekten überdacht werden. Minderheitenschutzanträge sind nämlich nach § 251 Abs. 1 Nr. 1 InsO – nur – aus formellen Gründen ausgeschlossen, wenn der Antragsteller nicht „spätestens im Abstimmungstermin“ schriftlich oder zu Protokoll dem Insolvenzplan widersprochen hat. Getrennte Erörterungs- und Abstimmungstermine eröffnen deshalb einen Zeitraum für Minderheitenschutzanträge, was ein taktischer Nachteil ist. Anders gewendet: Die Zusammenlegung von Erörterungs- und Abstimmungstermin schafft früher Klarheit, ob es zu Minderheitenschutzanträgen kommen wird. Dies spricht unter Geltung des ESUG für die Zusammenlegung von Erörterungs- und Abstimmungstermin. 2. Ladung a) Grundsätze, rechtliches Gehör Nach § 235 Abs. 3 Satz 1 InsO sind die Insolvenzgläubiger, die Forderungen 418 angemeldet haben, die absonderungsberechtigten Gläubiger, der Insolvenzverwalter, der Schuldner, der Betriebsrat und der Sprecherausschuss der leitenden Angestellten „besonders zu laden“. Die Ladung ist eine Ausprägung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs. Ladungsmängel führen in der Regel dazu, dass dem Insolvenzplan gem. § 250 Nr. 1 InsO die Bestätigung zu versagen ist.266) Die Ladungen haben deshalb vollständig und mit besonderer Sorgfalt zu er- 419 folgen. In einer Entscheidung vom 15.7.2010 (IX ZB 65/10, ZIP 2010, 1499) führt der BGH zur Ladung aus: „[27] b) Dem Plan war nicht gemäß § 250 Nr. 1 InsO die Bestätigung wegen Verstoßes gegen Verfahrensvorschriften zur Behandlung des Insolvenzplans in einem wesentlichen Punkt zu versagen. [28] aa) Die Ladung zur Gläubigerversammlung … in einen zu kleinen Sitzungssaal, von dem die Versammlung in einen größeren Sitzungssaal verlegt wurde, stellt keinen Verfahrensmangel in einem wesentlichen Punkt dar. [29] Die Ladung zur Gläubigerversammlung hat gemäß § 74 II 1 InsO die Zeit, den Ort und die Tagesordnung anzugeben. Dies gilt entsprechend für den Erörterungs- und Abstimmungstermin über einen Insolvenzplan gemäß § 235 I und II InsO, auch wenn dieser Termin nicht – wie im vorliegenden

___________ 265) Vgl. z. B. das „alte“ Ihr-Platz-Verfahren aus 2005 und das Insolvenzverfahren Theis vor dem AG Hagen, 103 IN 44/09, im Dez. 2011. 266) Vgl. BGH, Beschl. v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10, ZIP 2010, 1499 ab Tz. 28 ff.; BGH, Beschl. v. 13.1.2011 – IX ZB 29/10, ZIP 2011, 781 (Beschwerdebefugnis nach § 253 InsO des nicht geladenen Gläubigers bei bestrittener Forderung).

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen Fall – zusammen mit der Gläubigerversammlung abgehalten wird, in der über den Fortgang des Verfahrens und die Prüfung der angemeldeten Forderungen beschlossen werden soll … [30] In der Ladung zum Erörterungs- und Abstimmungstermin gemäß § 235 InsO ist deshalb auch der Terminort zutreffend anzugeben … Anderenfalls liegt eine wirksame Ladung nicht vor. [31] Stellt sich allerdings bei oder vor Sitzungsbeginn heraus, dass der vorgesehene Sitzungssaal zu klein ist, bestehen gegen eine Verlegung in einen anderen Sitzungssaal keine Bedenken, wenn der neue Sitzungssaal durch Aushang bekannt gemacht und in kurzer Zeit unschwer zu erreichen ist …“

420 Problematisch ist in diesem Zusammenhang die Vorschrift des § 229 Satz 3 InsO. Nach dieser ESUG-Vorschrift sind bei der Abfassung des Insolvenzplans auch die Gläubiger zu berücksichtigen, die zwar nicht angemeldet haben, deren Forderungen jedoch bekannt sind. Zwar enthält § 235 Abs. 3 Satz 1 InsO keine Ergänzung mit Blick auf die Vorschrift des § 229 Satz 3 InsO. Zumindest in praktischer Hinsicht dürfte sich aber empfehlen, auch alle bekannten Gläubiger, die ihre Forderungen nicht angemeldet haben, zu laden (vgl. zur Nachzüglerproblematik insgesamt oben unter Rn. 330 ff.). 421 Bei der notwendigen Ladung der Absonderungsberechtigten ist darauf zu achten, dass manchmal – z. B. dann, wenn Absonderungsrechte am Vermögen des Schuldners eine Drittverbindlichkeit sichern – keine Forderungsanmeldung des Absonderungsberechtigten vorliegt. Gleichwohl muss der Absonderungsberechtigte geladen werden. Bei der Prüfung, welche Beteiligten zu laden sind, darf deshalb keinesfalls nur die Insolvenztabelle berücksichtigt werden. b) Planzusammenfassung 422 Mit der Ladung ist ein Abdruck des Plans oder – was der Regelfall sein wird – eine Zusammenfassung des wesentlichen Planinhalts zu übersenden (§ 235 Abs. 3 Satz 2 InsO). Oben, im Zusammenhang des Verhältnisses darstellender/ gestaltender Teil, wurde bereits darauf hingewiesen, dass in der Regel der gesamte gestaltende Teil und einige Auszüge des darstellenden Teils als Planzusammenfassung in Betracht kommen (vgl. oben Rn. 116 ff. und dortiger Praxistipp mit Quellennachweisen und Hinweis auf Musterinsolvenzpläne). Aus dem darstellenden Teil sollten Grundsatzausführungen zu Art und Zielen des Insolvenzplans und den Vergleichsrechnungen als Planzusammenfassung mitübersandt werden. Der gesamte gestaltende Teil sollte – wie ein Vertragstext – aus sich heraus verständlich sein und ebenfalls mitversandt werden. Jedenfalls bei umfangreicheren Verfahren dürfte in der Regel das Sanierungskonzept kein zwingender Bestandteil der Planzusammenfassung sein. Sind im Insolvenzplan und in der für die Gläubiger bestimmten Zusammenfassung unterschiedliche Regelungen enthalten, ist der rechtskräftig bestätigte Insolvenzplan maßgeblich.267) ___________ 267) Vgl. Ganter, NZI 2015, 193, 206.

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IV. Vorbereitung von Prüfungs-, Erörterungs- und Abstimmungstermin

Diskussionen mit Rechtspflegern betrafen häufig die Frage, ob Gläubiger- 423 listen und/oder Planungsrechnungen – in den Plananlagen – zwingend als Planzusammenfassung mitzuversenden seien. Grundsätzlich und tendenziell haben alle Beteiligten nach § 4 InsO i. V. m. § 299 Abs. 1 InsO die Möglichkeit, den vollständigen Insolvenzplan auf der Geschäftsstelle einzusehen. Dieses Einsichtsrecht spricht dafür, dass die Planzusammenfassung „schlank“ gehalten werden kann. Dementsprechend können u. E. sowohl detaillierte Planungsrechnungen als auch die Gläubigerlisten (z. B. zur Gruppeneinteilung unter spezifischer Benennung der einzelnen Gläubigernamen nebst Adressen) bei der Planzusammenfassung fehlen. Börsennotierte Gesellschaften haben die Planzusammenfassung bei Ein- 424 griffen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte im Internet bekannt und zugänglich zu machen. Da auf die Internetbekanntmachungen auch völlig unbeteiligte Dritte ein Zugriffsrecht haben, spricht dies dafür, dass alle sensiblen Informationen in der Planzusammenfassung im Internet weggelassen werden dürfen oder ein Zugangsschutz mittels Passwort erfolgt. Wegen der Einzelheiten des vollständigen Insolvenzplans sind Beteiligte unter den Voraussetzungen des § 4 InsO i. V. m. § 299 Abs. 1 oder Abs. 2 ZPO auf die Akteneinsicht bei der Geschäftsstelle zu verweisen. c) Zustellungsauftrag nach § 8 Abs. 3 InsO Nach § 8 Abs. 3 InsO kann das Gericht den Insolvenzverwalter mit der Ladung 425 beauftragen. Davon wird in der Praxis regelmäßig Gebrauch gemacht. Selbstverständlich – wie vorstehend ausgeführt (Rn. 422 ff.) – muss der Inhalt der Planzusammenfassung exakt mit dem Insolvenzgericht abgestimmt werden. Bei der Eigenverwaltung dürfte der Sachwalter entsprechend § 8 Abs. 3 InsO 426 mit der Zustellung beauftragt werden können.268) Es finden sich wenig gesicherte Erkenntnisse dazu, ob eine Beauftragung des Schuldners im Rahmen der Eigenverwaltung möglich ist. Dies ist zweifelhaft. Um Risiken im Bereich der Planbestätigung zu vermeiden, sollte von einer Schuldnerbeauftragung abgesehen werden.269) d) Warnhinweis auf Beschwerdehürden In der Ladung ist zur Eingrenzung der Statthaftigkeit einer etwaigen sofortigen 427 Beschwerde auf die neuen ESUG-Beschwerdehürden hinzuweisen (siehe unten Rn. 521 ff.; Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde nur bei Widerspruch spätestens im Abstimmungstermin und Stimmabgabe gegen Plan, worauf in der Ladung hingewiesen werden muss). ___________ 268) Schmerbach, in: FK-InsO, § 8 Rn. 35, 36. 269) Vgl. auch zum Gesamtkomplex C. Schmidt/Stahlschmidt, in: Kübler, HRI, 2. A., § 37 Rn. 38, 39.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

3. Öffentliche Bekanntmachung, Monatsfrist zur Terminansetzung 428 Nach § 235 Abs. 1 Satz 3, der durch das ESUG eingeführt wurde, kann die Terminierung gleichzeitig mit der Einholung der Stellungnahmen nach § 232 InsO erfolgen. Nach § 235 Abs. 1 Satz 2 InsO soll der Termin „nicht über einen Monat hinaus angesetzt“ werden. Das Gesetz regelt nicht klar und ausdrücklich, ab welchem Zeitpunkt diese Soll-Monats-Frist zu berechnen ist. Nach überwiegender Auffassung läuft die Monatsfrist mit der öffentlichen Bekanntmachung.270) 429 Da die Planzusammenfassung nach § 235 Abs. 3 InsO Zusatzinformationen beinhaltet, die in der öffentlichen Bekanntmachung nicht enthalten sind, ersetzt die öffentliche Bekanntmachung in diesem Zusammenhang nicht die Ladung nach § 235 Abs. 3 InsO. § 9 Abs. 3 InsO, wonach die öffentliche Bekanntmachung „zum Nachweis der Zustellung an alle Beteiligten (genügt)“, ist deshalb im Bereich des § 235 Abs. 3 InsO nicht anwendbar.271) 430 Ergänzend sind nach § 74 Abs. 2 Satz 1 InsO Zeit, Ort und Tagesordnung öffentlich bekannt zu machen.272) V. Erörterungstermin 431 Unabhängig davon, ob der Erörterungstermin mit dem Abstimmungstermin zusammengelegt wird oder getrennte Termine stattfinden, wird zu Beginn der Erörterungen in der Regel ein Bericht zur Insolvenzplanstruktur erfolgen. In technischer Hinsicht (zumindest bei etwas umfangreicheren Verfahren) ist zu empfehlen, im Gerichtssaal einen Beamer nebst Leinwand für die Präsentation zu installieren. Zwar sind solche Präsentationen in Gerichtsräumen heute häufig noch unüblich; sie helfen aber, alle Anwesenden über die Planstruktur zu informieren. Wegen der gelegentlichen Unüblichkeit solcher Präsentationen mittels Beamer und Leinwand sollte rechtzeitig vor dem Erörterungstermin die Technik im angedachten Gerichtssaal überprüft werden. Vielleicht sollten auch vorab die Sicherheitskontrollen beim Gerichtseingang und sonstige Bedienstete informiert werden.273) 432 Häufig werden zudem zwischen dem Zeitpunkt der Zuleitung der Planzusammenfassung und dem Erörterungstermin Planänderungen erfolgen. Solche Planänderungen sollten mittels eines Korrekturmodusprogramms im Insol___________ 270) Thies, in: HambKomm/InsO, § 235 Rn. 3; Braun/Braun/Frank, InsO, § 235 Rn. 3; zum Meinungsstand betr. die Berechnung der Monatsfrist vgl. auch Backes, in: NWB-Kommentar InsO, § 35 Rn. 5. 271) Vgl. Graf-Schlicker/Kebekus/Wehler, InsO, § 235 Rn. 3. 272) Vgl. Backes, in: NWB-Kommentar InsO, § 235 Rn. 29. 273) Wir hatten einmal einen Erörterungs- und Abstimmungstermin, in dem wir versucht haben, mit Leinwand und Beamer die Sicherheitskontrollen des Gerichts zu passieren, wodurch die Kontrollen aber so überfordert wurden, dass ein unendlich langer Stau vor dem Gericht entstand.

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VI. Abstimmungstermin

venzplan kenntlich gemacht werden. Den Zuhörern des Erörterungstermins kann im Termin eine „Mark-up-Version“ des Insolvenzplans zur Vereinfachung der Nachverfolgung der Änderungen übergeben werden. Hierzu sollte im Vorfeld des Erörterungstermins abgeschätzt werden, mit wie vielen Teilnehmern zu rechnen ist und wie viele Mark-up-Versionen deshalb benötigt werden. VI. Abstimmungstermin 1. Stimmrechtsfestsetzung und deren Überprüfung Zur taktischen Frage, ob ein getrennter Abstimmungs- und Erörterungster- 433 min anberaumt werden soll, wird auf obige Ausführungen verwiesen (vgl. Rn. 415 ff.). Für die Stimmrechtsfestsetzung274) gelten die gleichen Grundsätze wie zu jeder 434 anderen Gläubigerversammlung (vgl. § 237 InsO i. V. m. § 77 InsO). Insbesondere ist deshalb in Bezug auf Gläubiger, deren Forderungen bestritten sind, eine Einigung zum Stimmrecht herbeizuführen (vgl. § 77 Abs. 2 InsO).275) Praxistipp (Taktisches Bestreiten zur „Reduzierung“ des Stimmrechts): In taktischer Hinsicht ist jeder Gläubiger, der abstimmen will, gut beraten, vor dem Termin (ggf. mit dem Sachwalter) abzuklären, ob seine Forderung festgestellt wird. „Großzügiges“ Bestreiten ist oft ein taktisches Mittel, Stimmrechte „unbequemer“ Gläubiger „abzuschneiden“. Manchmal – im Rahmen der Eigenverwaltung – konnte hier beobachtet werden, dass Sachwalter und Schuldnervertreter in enger Abstimmung miteinander so versuchen, das Potenzial kritischer Gläubiger zu reduzieren.

Absonderungsberechtigte Gläubiger sind nur stimmberechtigt, wenn der Plan in ihre Rechtsposition eingreift (nur dann ist eine Gruppenbildung erforderlich und erlaubt, vgl. § 223 InsO und oben zur Gruppenbildung unter Rn. 195 ff.). Für das Stimmrecht der Gesellschafter wurde durch das ESUG § 244 Abs. 3 435 InsO eingefügt. Während für das Stimmrecht der Gläubiger auf die Summe der Ansprüche abzustellen ist, ist hier auf die Summe der Beteiligungen abzustellen. Dies bedeutet etwa auch, dass Stamm-Aktionäre ebenso abstimmen wie Vorzugs-Aktionäre. Auf das Erfordernis einer zusätzlichen Kopfmehrheit hat der Gesetzgeber in Bezug auf Gesellschafter verzichtet. Zudem fingiert der durch das ESUG ebenfalls eingefügte § 246a InsO die Zustimmung der Anteilsinhaber, wenn sich kein Mitglied der Gruppe der Gesellschafter an der Abstimmung beteiligt. ___________ 274) Ausführlich zur Stimmrechtsfestsetzung im Planverfahren vgl. Kolmann, in: Kübler, HRI, 2. A., § 40 (S. 994 ff.), Rn. 1 ff.; Wertenbruch, in: Westermann, Handbuch Personengesellschaften, § 44 Rn. 1865 ff. 275) BGH, Beschl. v. 13.1.2011 – IX ZB 29/10, ZIP 2011, 781.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

436 Solange die Rechtspfleger für die Stimmrechtsfestsetzung zuständig waren, war es gem. § 18 Abs. 3 Satz 2 RPflG möglich, gegen die Festsetzung durch den Rechtspfleger noch im Termin eine Überprüfung durch den Richter zu beantragen. Aufgrund der Planzuständigkeit des Richters ab dem 1.1.2013 entfällt diese Überprüfungsmöglichkeit bei einer Stimmrechtsfestsetzung durch den Richter. Ob die Ordnungsgemäßheit der Stimmrechtsfestsetzung nach dem ESUG nochmals im Bestätigungsverfahren überprüft werden kann oder muss, ist strittig.276) Da das ESUG das Verfahren beschleunigen wollte, sprechen u. E. gute Argumente dafür, dass im Bestätigungsverfahren und bei der sofortigen Beschwerde weiterhin Stimmrechtsrügen unbeachtlich sind. Das BVerfG verlangt keine Kontrolle richterlicher Entscheidungen.277) 2. Erforderliche Planmehrheiten 437 In praktischer Hinsicht kann sich aus Gründen der Übersichtlichkeit empfehlen, die Gläubiger zu veranlassen, sich getrennt nach Gruppen zusammenzusetzen (wie die Fraktionen in den Parlamenten). Abgestimmt wird jedenfalls getrennt nach Gruppen (§ 243 InsO). 438 Sofern (wie regelmäßig) kein Fall eines getrennten Abstimmungstermins nach § 242 InsO vorliegt, erfolgt die Stimmabgabe mündlich und wird protokolliert. Mit Abgabe der Stimme ist das Stimmrecht verbraucht; eine Möglichkeit des Widerrufs der Stimmabgabe bis zum Ende der Abstimmung ist abzulehnen.278) 439 Das Abstimmungsergebnis kann durch Vermerk oder Ergänzung der Stimmliste (§ 239 InsO) protokolliert werden. Diese Stimmliste sollte dann als Anlage zum Sitzungsprotokoll genommen werden.279)

___________ 276) Zur früheren Rechtslage hatte z. B. das AG Duisburg mit Beschl. v. 14.11.2001 – 60 IN 107/00, ZInsO 2002, 737 ff. entschieden, dass im Bestätigungsverfahren nach § 250 Nr. 1 InsO keine erneute (inzidente) Stimmrechtsüberprüfung stattfindet; ebenso BGH, Beschl. v. 13.1.2011 – IX ZB 29/10, ZIP 2011, 781 (Tz. 7); zur neuen Rechtslage unter Geltung des ESUG wird vertreten, dass eine Prüfung der ordnungsgemäßen Stimmrechtsfestsetzung nunmehr im Rahmen des § 250 InsO zu erfolgen habe, vgl. Thies, in: HambKomm/InsO, § 250 Rn. 5; zur Unanfechtbarkeit der Stimmrechtsfestsetzung im Rahmen der Planbestätigung vgl. auch BGH, Beschl. v. 23.10.2008 – IX ZB 235/06, ZIP 2008, 2428, dazu EWiR 2009, 117 (Keller); zur Unwirksamkeit einer Stimmrechtsvollmacht vgl. auch die rechtskräftige Entscheidung LG Hamburg, Beschl. v. 1.12.2006 – 326 T 93/06, NZI 2007, 415; nach BVerfG, Beschl. v. 26.11.2009 – I BvR 339/09, ZIP 2010, 237 ist die Beschränkung von Rechtsmitteln gegen Stimmrechtsentscheidungen des Rechtspflegers im Insolvenzverfahren auf eine einmalige richterliche Kontrolle verfassungsrechtlich unbedenklich; zu Fragen des Stimmrechts und der Stimmrechtsfestsetzung in der Gläubigerversammlung vgl. Plathner/Sajogo, ZInsO 2011, 1090 ff. 277) Vgl. BVerfG ZIP 2010, 237 ebenda. 278) Thies, in: HambKomm/InsO, § 243 Rn. 6 m. w. N. 279) Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, § 243 Rn. 6.

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VI. Abstimmungstermin

Zur Annahme des Insolvenzplans ist nach § 244 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO er- 440 forderlich, dass in jeder Gruppe die Mehrheit der abstimmenden Gläubiger dem Plan zustimmt (Kopfmehrheit) und zusätzlich noch die sog. Summenmehrheit in jeder Gruppe der abstimmenden Gläubiger erreicht wird. Bei der Gruppe der Alt-Gesellschafter kommt es nur auf die Summenmehrheit an (§ 244 Abs. 3 InsO). Gläubiger, die sich passiv verhalten (Stimmenthaltung), werden nicht mitgezählt und gelten im Ergebnis als nicht erschienene Gläubiger.280) Vom Wortlaut her nicht ganz eindeutig ist im Eingangssatz des § 244 Abs. 1 441 InsO das Merkmal „in jeder Gruppe“ (die erwähnten erforderlichen Kopf- und Summenmehrheiten erreicht werden müssen). Bedeutet „in jeder Gruppe“ jede „erschienene“ Gruppe oder jede Gruppe, die der Insolvenzplan vorsieht? Vom Wortlaut her ist es naheliegender anzunehmen, dass jede Gruppe, die im Insolvenzplan vorgesehen ist, zumindest durch einen Gläubiger, der auch an der Abstimmung aktiv teilnimmt, repräsentiert sein muss.281) Um insoweit Diskussionen zur ausreichenden Repräsentanz jeder Gruppe in 442 der Gläubigerversammlung zu vermeiden, werden die Planarchitekten dafür Sorge tragen, dass zumindest aus jeder Gruppe ein Gläubiger erscheint und an der Abstimmung teilnimmt (eventuell auch durch Vollmachtserteilung, dazu nachfolgende Ausführungen unter Rn. 443 ff.). 3. Erteilung einer Stimmrechtsvollmacht? Um eine ausreichende Repräsentanz jeder Gruppe im Abstimmungstermin 443 sicherzustellen (vgl. vorstehende Ausführungen unter Rn. 437 ff.), kann sich empfehlen, die Gläubiger um Erteilung einer Stimmrechtsvollmacht zu bitten. Um Interessenkollisionen und ggf. damit das Risiko einer unwirksamen 444 Vollmacht zu vermeiden,282) empfiehlt es sich, einen außenstehenden Dritten283) (wegen Bezügen zur Rechtsberatung einen Rechtsanwalt) mit der Wahrnehmung der Stimmabgabe zu beauftragen. Nach einer Auffassung sollen Mitarbeiter des Sachwalters taugliche Bevollmächtigte sein können.284) Diese Auffassung erscheint zutreffend. Da der Sachwalter die Gläubigerinteressen zu vertreten hat, können er oder dessen Mitarbeiter auch von den Gläubigern bevollmächtigt werden. Zudem sollte, ebenfalls um Interessenkollisionen zu ver___________ 280) Vgl. die Begründung zu § 289 des RegE-InsO bei Kübler, Das neue Insolvenzrecht, RWS-Dokumentation 18, 1999, dort zu § 244 InsO (S. 485). 281) Zur Frage, ob nur ein anwesender Gläubiger einer Gruppe (bei mehreren vorgesehenen Plangruppen) für eine Planzustimmung genügt, vgl. Wegner, ZInsO 2002, 1157 ff. 282) Zur Unwirksamkeit der abstrakten Vollmacht wegen Interessenkollision (Beauftragung eines Sozius‘ des Schuldnervertreters) vgl. LG Hamburg, Beschl. v. 1.12.2006 – 326 T 93/06, NZI 2007, 415 (rkr.); zu kritischen Bereichen der Vollmachtserteilung vgl. Thies, in: HambKomm/InsO, § 250 Rn. 14. 283) Vgl. hierzu Die Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2160 li. 284) Die Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2160 li.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

meiden, der Bevollmächtigte von den Vollmachtgebern nur bevollmächtigt werden, für den Plan zu stimmen. Unter dem Gesichtspunkt unzulässiger Interessenkollisionen sind häufig zu beobachtende Vollmachtstexte mit der Option, für oder gegen den Insolvenzplan zu stimmen, wohl eher kritisch zu sehen. 445 Zudem ist zu den Vollmachtstexten oft zu beobachten, dass sich unleserliche Unterschriften ebenso finden, wie unleserliche handschriftliche Angaben zur Person des Vollmachtgebers. Sowohl die Person des Vollmachtgebers als auch die konkrete Vertretungsperson sollten – neben der Unterschrift – leserlich in Druckbuchstaben erkennbar sein. Um Diskussionen zur Vertretungsbefugnis zu vermeiden, sollten aus dem Handelsregister ersichtliche Vertreter für den Vollmachtgeber zeichnen, unter Beifügung einer Kopie des Handelsregisterauszugs und des Personalausweises der unterzeichnenden Person. Ohne eine klare Rückverfolgung der Vertretungskette bis zurück ins Handelsregister droht im Termin, sofern es ein Beteiligter darauf anlegt, eine Diskussion um die Wirksamkeit der Vollmacht. 446 Weiter ist es wichtig, für den Rücklauf der Vollmacht klare Rückgabefristen zu setzen. Der Bestand der Vollmachtserteilungen sollte spätestens vier oder fünf Werktage vor dem Abstimmungstermin klar sein. Zudem sollten die erhaltenen Stimmrechtsvollmachten im Vorfeld des Abstimmungstermins rechtzeitig dem Gericht zur Prüfung überlassen werden.285) Bei einem rechtzeitigen Rücklauf besteht noch Gelegenheit, mit wichtigen Gläubigern, die noch keine Vollmacht erteilt haben, zu telefonieren, um das Abstimmungsverhalten im Termin abzuklären. Beispiel (zu einem unterbliebenen Vollmachtrücklauf eines wichtigen Gläubigers): Die Gläubiger wurden gebeten, bis spätestens fünf Werktage vor dem Abstimmungstermin einem neutralen Anwaltskollegen die Vollmacht zu erteilen. Es war dabei der Hinweis erfolgt, dass Rückläufe nach diesem Zeitpunkt nicht mehr berücksichtigt werden können. Ein Hauptgläubiger einer Gruppe (Bundesagentur) hatte bis zum genannten Zeitpunkt keine Vollmacht erteilt. Da ohne diesen Gläubiger in der Gruppe die erforderliche Mehrheit nicht erreicht war, wurde telefonischer Kontakt zu den Entscheidungsträgern aufgenommen. Dabei stellte sich heraus, dass ein „Interessierter“, um den Insolvenzplan zu torpedieren, diesen Gläubiger gebeten hatte, gegen den Insolvenzplan zu stimmen. Nur im Rahmen sorgfältiger „Nacharbeit“ konnte der Gläubiger davon überzeugt werden, im Termin zu erscheinen und doch noch für den Insolvenzplan zu stimmen. Ohne diese Kommunikation aufgrund unterbliebener Vollmachtrückgabe wäre wahrscheinlich der Insolvenzplan im Termin wegen der ablehnenden Haltung des Gläubigers gescheitert. ___________ 285) Vgl. Die Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2160 li.

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VII. Obstruktionsverbot

Zudem sehen die Vollmachtstexte in der Regel vor, dass die Vertretung für 447 den Gläubiger „kostenfrei“ ist. Insoweit haben die Autoren mit mehreren Rechtsanwaltskammern die – erfolgreiche – Diskussion geführt, ob eine solche kostenfreie Vertretung möglich ist. Zwei Rechtsanwaltskammern konnten davon überzeugt werden, dass wegen der Besonderheiten des Insolvenzbezugs das Verbot zur „kostenfreien“ Vertretung nicht gilt und auch keine verbotene Werbung vorliegt. Zum Teil wird in der Kostenübernahmeerklärung aber ein verbotener Vorteil i. S. d. § 226 Abs. 3 InsO gesehen, der der Bestätigung nach § 250 Nr. 2 InsO entgegenstehen könne.286) In praktischer Hinsicht sollte das Problem mit dem Insolvenzgericht besprochen werden. Im Hinblick auf die verbreitete Üblichkeit solcher Abreden ist entgegen der zuvor zitierten Ansicht in der kostenfreien Vertretung kein Versagungsgrund i. S. d. §§ 226 Abs. 3, 250 Nr. 2 InsO zu sehen. Wäre der Gläubiger nämlich nicht zum Termin erschienen, wären ihm auch keine Kosten entstanden, so dass im Zweifel der Gläubiger genauso wirtschaftlich dasteht wie ohne Stimmrechtsvollmacht. Insgesamt ist in konfliktreichen Fällen auf eine sorgfältige Abfassung der 448 Vollmachten zu achten, da eine Abstimmung per Stimmrechtsvollmacht bei genauer Betrachtung zahlreiche, vorstehend angedeutete Angriffspunkte bieten kann. 4. Gestaltung des Terminablaufs Bei der inhaltlichen und formellen Gestaltung der Abläufe des Erörterungs- 449 und Abstimmungstermins ist das Gericht weitgehend frei. So ist entschieden worden, dass bei Überfüllung ein Sitzungssaal gewechselt werden kann. Die Dauer des Erörterungs- und Abstimmungstermins ist in das Ermessen des Gerichts gestellt. Insbesondere, wenn klare Planmehrheiten gegeben sind, kann die Erörterung kurz ausfallen.287) VII. Obstruktionsverbot 1. Grundsatz: Überwindung opponierender Gruppen und/oder der Summenmehrheit Mit Hilfe des Obstruktionsverbots können – wie der Name „Obstruktions- 450 verbot“ besagt – einzelne opponierende (= obstruierende) Plangruppen überwunden werden. Vorbild dieser Bestimmung ist die sog. „cram-down“Regelung des US-amerikanischen Rechts (11 US Bankruptcy Code 1129 (b) (1)). Die Anlehnungen an das US-amerikanische Recht verursachen zum Teil erhebliche Auslegungsschwierigkeiten, da der „Import“ in das deutsche Recht nicht bruchlos möglich ist. Besondere Auslegungsschwierigkeiten be___________ 286) Vgl. Thies, in: HambKomm/InsO, § 250 Rn. 14. 287) BGH, Beschl. v. 15.7.2010 – IX ZB 65/10, ZIP 2010, 1499, dazu EWiR 2010, 681 (M. Huber).

151

F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

reitet insbesondere § 245 Abs. 1 Nr. 2 InsO i. V. m. § 245 Abs. 2 InsO (die Vorschrift zur angemessenen Beteiligung der Gruppe, deren Opposition mit Hilfe des Obstruktionsverbots überwunden werden soll). Speziell die Frage, wann ein das Obstruktionsverbot ausschließender Schuldner- oder Gesellschaftervorteil vorliegt, ist ein Problem (vgl. hierzu unten Rn. 454 ff.). 451 Bisher sind nur vereinzelte Entscheidungen zum Obstruktionsverbot bekannt geworden. Oft ist das Obstruktionsverbot bei der Fortschreibung des Insolvenzplanentwurfs eher ein taktisches Druckmittel, um Konsens herbeizuführen. Fast alle auftretenden Grenzfragen sind juristisch umstritten. 2. Voraussetzungen der Zustimmungsfiktion a) Verbot der Schlechterstellung 452 Nach § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO kann eine Gruppe nur mit Hilfe des Obstruktionsverbotes überwunden werden, wenn alle „Angehörigen dieser Gruppe durch den Insolvenzplan voraussichtlich nicht schlechter gestellt werden als sie ohne einen Plan stünden“. Die Darlegungslast für die fehlende Schlechterstellung durch den Plan im Vergleich zur Regelabwicklung liegt beim Planarchitekten (vgl. die andere Formulierung bei § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO, wonach die Darlegungslast für die Schlechterstellung beim Minderheitenschutzantrag dem Gläubiger auferlegt wird). Oft handelt es sich hierbei um eine schwierige Prognoseentscheidung, für die die Transparenz der Vergleichsrechnung (wie steht der Gläubiger mit/ohne Insolvenzplan und welche Möglichkeiten bestehen im Rahmen der Regelabwicklung für einen Asset-Deal, d. h. für eine übertragene Sanierung?) von entscheidender Bedeutung ist. Diese wiederum wird ebenso wie die Substantiierung der Vergleichsrechnung häufig von einem gut geführten M&A-Prozess beeinflusst (zur Transparenz und zu den Anforderungen an den M&A-Prozess vgl. oben u. a. Rn. 138 ff.). Beispielsfall (neues Investorenangebot für einen Asset-Deal im Abstimmungstermin?): Im Abstimmungstermin erscheint – erstmals! – ein Gläubiger nebst Investor X mit einem schriftlichen Investorenangebot für einen Asset-Deal. Das Angebot würde eine höhere Gläubigerbefriedigung ergeben als die Insolvenzplanlösung. Lösung: In einem solchen Fall wird erstens zu bedenken sein, ob das Investorenangebot rechtlich bindend ist und vollständig ausformuliert. Bloße Einzeiler sind möglicherweise als solche schon nicht berücksichtigungsfähig. Im Vorfeld ist es sinnvoll – in Abstimmung mit Gericht und Gläubigerausschuss – den M&A- Prozess zu einem bestimmten Zeitpunkt zu schließen, was ebenfalls gegen die Berücksichtigung eines solchen Angebots in letzter Sekunde sprechen kann (vgl. oben Rn. 151 ff.).

152

VII. Obstruktionsverbot

b) Zustimmung der Mehrheit der abstimmenden Gruppen Weiter ist zusätzlich zur vorstehenden Voraussetzung zu prüfen, ob die 453 Mehrheit der Plangruppen dem Insolvenzplan zugestimmt hat (also z. B. von fünf Plangruppen müssen drei zugestimmt haben). Dieses eher formelle Erfordernis wird sich im Zweifel noch leicht feststellen lassen. c) Angemessene Beteiligung der obstruierenden Gruppe aa) Kreditverlängerung gegen den Willen der Gruppe? Beispiel (Niederstimmung einer Bank und faktischer Zwang zum Fortgewähren eines vorinsolvenzlichen Kredits)?: Der Insolvenzplan sah folgende sieben Gruppen vor: a) Gläubiger mit Absonderungsrechten, nämlich in der Gruppe 1 Kreditinstitute, in der Gruppe 2 die Stadtverwaltung sowie in der Gruppe 3 die Lieferanten. Weiter Gläubiger b) in der Gruppe 4 mit der Rechtsposition nicht nachrangiger, ungesicherter einfacher Insolvenzgläubiger, in der Gruppe 5 Kleingläubiger und in der Gruppe 6 die Arbeitnehmer. Weiter war dann noch als Gruppe 7 der Pensions-SicherungsVerein aufgeführt. Die Volksbank B verhinderte mit ihrer Summenmehrheit in der Gruppe 1 die Annahme des Plans durch die Gruppe 1. Gleichwohl bestätigten das AG und dem folgend das LG unter Berufung auf das Obstruktionsverbot das Zustandekommen des Plans.288) Der Plan sah vor, dass die Gruppe 1 ihre grundpfandrechtlich gesicherten Kredite und Grundpfandrechte stehen lassen sollte. Das LG Traunstein tätigte folgende Kernaussagen:

454

x

Die vorübergehende Aussetzung der Kredittilgung für bestimmte Zeit bei fortlaufenden Zinszahlungen beinhalte keine Schlechterstellung im Vergleich ohne Plan (in Subsumtion des § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO).

x

Für die Prognose nach § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO sei kein Sachverständigenauftrag erforderlich.

x

Eine etwaig im Ansatz gegebene Schlechterstellung im Vergleich zur Situation ohne Plan (in Subsumtion des § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO) könne dadurch wieder ausgeschlossen werden, dass der Plan an anderer Stelle Kompensation vorsehe (Anmerkung: Hierzu kommen etwa Abzinsungsberechnungen in Betracht, um Zinsnachteile durch „Stehenlassen“ von Forderungen wieder auszugleichen).

x

Es bestehe kein Rangverhältnis zwischen Insolvenzgläubigern und Absonderungsberechtigten i. S. d. § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO (dort Merkmale „… weder ein Gläubiger, der ohne einen Plan mit Nachrang gegenüber den Gläubigern der Gruppe zu behandeln wäre … einen wirtschaftlichen Wert erhält …“).

___________ 288) LG Traunstein, Beschl. v. 27.8.1999 – 4 T 2966/99, NZI 1999, 461 ff.

153

F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

x

Ob eine Unternehmensfortführung einen Schuldnervorteil (bei der juristischen Person einen Gesellschaftervorteil) i. S. d. § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO beinhaltet (dort Merkmal „… noch der Schuldner oder eine an ihm beteiligte Person einen wirtschaftlichen Wert erhält …“), ist Einzelfallfrage und jedenfalls dann zu verneinen, wenn kein Dritter zur Fortführung des Unternehmens bereit ist.

455 Auf Basis dieser Entscheidung könnten – im faktischen und wirtschaftlichen Ergebnis – opponierende Kreditinstitute mit Hilfe des Obstruktionsverbots gezwungen werden, vorinsolvenzliche Kredite und Sicherheiten zumindest für einen vorübergehenden Zeitraum stehen zu lassen. Da dies faktisch wie eine Vertragsverlängerung – zur Finanzierung der notwendigen Liquidität – wirken kann und der Insolvenzplan grundsätzlich nicht in der Lage ist, für die Zeit nach Insolvenzeröffnung neue Vertragsverhältnisse zu schaffen, dürfte die Entscheidung des LG Traunstein kritisch zu sehen sein.289) Wollte man der vorstehenden Auffassung folgen, ist im Rahmen der Vergleichsrechnung sorgfältig darzulegen, mit welchen Befriedigungsergebnissen die Absonderungsberechtigten in der Zwangsvollstreckung oder in der Regelabwicklung zu rechnen hätten. Dabei stellt sich die Rechtsfrage, ob im Rahmen der Vergleichsrechnung Fortführungs- oder Zerschlagungswerte einzustellen sind. Der BGH290) hat jedenfalls in der Konsum-Entscheidung bei einem Fortführungsplan (allerdings „nur“ in Bezug auf die dinglichen Zinsen) auf Fortführungswerte abgestellt (die Frage ist ebenso bedeutsam für die Berechnung des Ausfalls bei der abgesonderten Befriedigung gem. § 256 Abs. 1 Satz 1 InsO und zur Einhaltung des sog. Mischgruppenverbots, vgl. oben Rn. 200 ff.). bb) Schuldner- oder Gesellschaftervorteil? 456 Bei einer natürlichen Person soll ein wirtschaftlicher Schuldnervorteil, der der Anwendung des Obstruktionsverbotes entgegensteht (§ 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO), nach verbreiteter Auffassung dann ausgeschlossen sein, wenn der Schuldner ohne Plan seine Arbeit nicht mehr fortsetzen könnte.291) Die bloße Betriebsfortführung ist also nach verbreiteter Auffassung nicht automatisch die Zuwendung eines wirtschaftlichen Wertes an den Schuldner.292) 457 Weiter wird in der Praxis intensiv diskutiert, ob bei Schuldner- oder Gesellschaftervorteilen, die im Ansatz nach § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO gegeben sind, ___________ 289) Kritisch vgl. auch Smid/Rattunde/Martini, Der Insolvenzplan, Rn. 15.91 ff. 290) Beschl. v. 7.7.2005 – IX ZB 266/04, ZIP 2005, 1648 = ZVI 2005, 604, dazu EWiR 2006, 279 (v. Gleichenstein). 291) Vgl. AG Göttingen, Beschl. v. 19.12.2001 – 74 IN 112/00, ZIP 2002, 953, dazu EWiR 2002, 877 (Otte). 292) Vgl. auch LG Traunstein, Beschl. v. 27.8.1999 – 4 T 2966/99, NZI 1999, 461 sowie AG Mühldorf, Beschl. v. 27.7.1999 – 1 IN 26/99, NZI 1999, 422 sowie LG Mühlhausen, Beschl. v. 17.9.2007 – 2 T 190/06, NZI 2007, 724 ff.

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VII. Obstruktionsverbot

eine Anwendung des Obstruktionsverbotes doch wieder dadurch ermöglicht wird, indem der Begünstigte einen Insolvenzplanzuschuss tätigt.293) d) Fortwirkendes Gleichbehandlungsgebot Weiter ist zusätzlich zu vorstehend erörterten Voraussetzungen (soeben 458 Rn. 452 – 457) für die Anwendungen des Obstruktionsverbotes zwingend erforderlich, dass kein Gläubiger, der ohne den Plan gleichrangig mit dem obstruierenden Gläubiger stehen würde, durch den Insolvenzplan besser gestellt wird als der obstruierende Gläubiger (vgl. § 245 Abs. 2 Nr. 3 InsO).294) Praxistipp (Bevorzugung von Kleingläubigern schließt Obstruktionsverbot aus): Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass Kleingläubiger nicht besser gestellt werden dürfen, als der obstruierende Gläubiger bzw. die obstruierende Gläubigergruppe. § 245 Abs. 2 Nr. 3 InsO enthält nämlich – letztlich in Modifikation des § 226 Abs. 1 InsO – doch wieder eine Art gruppenübergreifendes Gleichbehandlungsgebot. Gläubiger, die ohne Insolvenzplan gleichstünden, dürfen nicht – wenn das Obstruktionsverbot greifen soll – besser gestellt werden. Die Bevorzugung von Kleingläubigern kann mithin der Anwendung des Obstruktionsverbotes entgegenstehen!

Zudem wurde aus der Praxis an uns die Frage herangetragen, ob wegen des 458a gesetzlichen Besserungsscheins des Pensions-Sicherungs-Vereins (siehe oben Rn. 227, 230) die Anwendung des Obstruktionsverbots ausgeschlossen sein könne. Regelmäßig erhält der PSV, wenn er am Insolvenzverfahren beteiligt ist, aufgrund des sog. Besserungsscheins gem. § 7 Abs. 4 Satz 5 BetrAVG im Planverfahren mehr, als er bei der Regelinsolvenz erhalten würde. Damit erhält der PSV aufgrund des Besserungsscheins beim Plan in der Regel eine Besserstellung im Vergleich zu anderen – ungesicherten – Insolvenzgläubigern. Vor diesem Hintergrund könnte der Rechtsanwender argumentieren, dass der PSV im Plan wegen seines Besserungsscheins mehr erhält als ein konkurrierender an sich gleichrangiger, einfacher Insolvenzgläubiger. Anders gewendet: In dieser Situation könnte der PSV im Vergleich zu anderen Gläubigern eine Besserstellung i. S. d. § 245 Abs. 2 Nr. 3 InsO erhalten, was dann zur Nichtanwendbarkeit des Obstruktionsverbots führen könnte. Diese Argumentation erscheint aber nicht durchgreifend. Zwar ist zunächst einzuräumen, dass der PSV bei der Gestaltung der InsO mit seinem gesetzlichen Besserungsschein (siehe oben Rn. 227, 230) gemäß § 7 Abs. 4 Satz 5 BetrAVG gute „Lobbyarbeit“ geleistet hat. Es kann aber nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber aufgrund dieser Bevorzugung des PSV immer dann, wenn der Pensions-Sicherungs-Verein an Insolvenzplanverfahren beteiligt ist, das Obstruktionsverbot ausschalten wollte. Dann würde in sehr vielen Fällen das Obstruktionsverbot nicht greifen, so dass u. E. bei einer etwaigen Besser___________ 293) Eidenmüller, ZGR 2001, 680 ff. 294) Vgl. LG Magdeburg, Beschl. v. 25.4.2001 – 2 T 12/01, NZI 2001, 326.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

stellung des PSV aufgrund des gesetzlichen Besserungsscheins gem. § 7 Abs. 4 Satz 5 BetrAVG die Vorschrift des § 245 Abs. 2 Nr. 3 InsO nicht einschlägig ist. Es bleibt trotz einer etwaigen „PSV-Sonderreglung“ im Plan bei der Anwendbarkeit des Obstruktionsverbotes. e) Die Entscheidung des Gerichts 459 Darüber, ob das Obstruktionsverbot anwendbar ist oder nicht, trifft das Gericht keine Zwischenentscheidung. Über die Anwendbarkeit des Obstruktionsverbotes ist im Rahmen der Bestätigung nach § 248 InsO zu befinden. Dementsprechend findet eine isolierte „Anfechtung“ des Obstruktionsverbotes nicht statt. Möglich ist allenfalls die sofortige Beschwerde gegen den Bestätigungsbeschluss unter den Voraussetzungen des § 253 InsO. f) Obstruktionsverbot für die Gruppe der Anteilsinhaber 460 Wird in die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte der Alt-Eigner eingegriffen, so trifft diese ebenfalls ein Obstruktionsverbot, vgl. § 245 Abs. 3 InsO. Diese Regelung ist durch das ESUG neu eingeführt worden. Grundsätzlich entspricht die Regelung des § 245 Abs. 3 InsO der Regelung des § 245 Abs. 2 InsO (siehe vorstehende Ausführungen unter Rn. 452–458). Allerdings fehlt in § 245 Abs. 3 InsO eine entsprechende Regelung zu § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO (in Bezug auf Nachranggläubiger, Schuldner- oder Gesellschaftervorteile). Daraus folgt, dass potenzielle Zuwendungen an Nachranggläubiger oder an den Schuldner oder an am Schuldner beteiligte Personen der Anwendung des Obstruktionsverbotes zu Lasten der Gruppe der Alt-Eigner nicht entgegenstehen. 461 Ein Herausdrängen nur einzelner Alt-Eigner aus der Gesellschaft führt gem. § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO dazu, dass das Obstruktionsverbot nicht greift. Wegen § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO ist es deshalb faktisch nicht möglich, nur einzelne Alt-Gesellschafter aus der Gesellschaft herauszudrängen und andere Alt-Eigner in der Gesellschaft zu belassen. 3. Salvatorische Klauseln? 462 Als „Salvatorische Klausel“ werden u. a.295) Klauseln bezeichnet, die einem nach Auffassung des Gerichts im Vergleich zur Regelabwicklung benachtei___________ 295) Der Begriff „Salvatorische Klausel“ wird in der Literatur und Praxis oft mit verschiedenen Bedeutungen belegt. Teilweise werden darunter Fehlerbeseitigungsvollmachten verstanden (dazu oben Rn. 443 ff.), teilweise sind damit Zahlungsmittel gemeint, die der gestaltende Teil des Plans für eine Gleichstellung im Falle einer etwaigen Schlechterstellung im Vergleich zur Regelabwicklung vorsieht (§ 251 Abs. 3 InsO). Schließlich kommt auch noch in Betracht, dass wie bei Verträgen als „Salvatorische Klausel“ Regelungen bezeichnet werden, wonach die Unwirksamkeit einer Regelung oder deren Lückenhaftigkeit nicht zur Unwirksamkeit der Planregelungen im Übrigen führt. Bei der Lektüre von Ratschlägen zu „Salvatorischen Klauseln“ sollte deshalb zunächst geklärt werden, in welchem Sinne in der konkreten Situation der Begriff verwandt wird.

156

VIII. Änderungen des Insolvenzplans

ligten Gläubiger eine Ausgleichszahlung oder sonstige Kompensationsleistung zuwenden sollen, um eine Schlechterstellung im Vergleich zur Regelabwicklung zu vermeiden. Im Bereich des Minderheitenschutzantrags (also in der Konstellation, in der ein Gläubiger innerhalb seiner Gruppe unterlegen ist) sieht nunmehr nach der ESUG-Neuregelung § 251 Abs. 3 InsO ausdrücklich vor, dass der gestaltende Teil eine solche „Auffanglösung“ zur Vermeidung einer Schlechterstellung im Vergleich zur Regelabwicklung vorsehen kann. Auch für das Obstruktionsverbot werden solche Klauseln empfohlen.296) Das Obstruktionsverbot des § 245 InsO sieht aber – anders als § 251 Abs. 3 463 InsO – gerade eine solche „Pufferbildung“ zur Vermeidung einer Schlechterstellung (vgl. § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO) nicht vor. Es ist zweifelhaft, ob im Rahmen des § 245 InsO eine solche Salvatorische Klausel – im Sinne eines Mittelfonds – eine Schlechterstellung wirklich in ausreichendem Maße vermeiden kann. Wegen des unterschiedlichen Wortlauts im Vergleich zu § 251 InsO erscheint bei § 245 InsO ein Mittelpuffer, um dessen Auszahlung der vom Obstruktionsverbot betroffene Gläubiger noch prozessual kämpfen muss, ausgeschlossen.297) Denkbar ist lediglich, dass im Rahmen der Vergleichsrechnung konkret ausgerechnet wird, welchen Betrag der obstruierende Gläubiger benötigt, um die Gleichbehandlung im Vergleich zur Regelabwicklung sicherzustellen. Dieser Betrag muss dann aber im gestaltenden Teil oder auf sonstigem Wege dem Gläubiger auch fest – als liquider und werthaltiger Anspruch – zugewandt werden. VIII. Änderungen des Insolvenzplans 1. Grundsätze § 240 InsO erlaubt – nur! – dem Planvorleger (§ 218 InsO), den Insolvenz- 464 plan aufgrund des Ergebnisses der Erörterungen abzuändern und anzupassen. Zwar formuliert § 240 Satz 1 InsO, dass Änderungen (nur) „aufgrund der Erörterung im Termin“ geändert werden können. In der Praxis ist aber anerkannt, dass nach formeller Einreichung des Insolvenzplans sowohl während des Vorprüfungsverfahrens nach § 231 InsO als auch danach – also vor dem Erörterungstermin – Änderungen eingepflegt werden können und aus praktischen Gründen oft eingepflegt werden müssen. Dies geschieht in technischer Hinsicht durch den sog. Änderungsmodus in einer Mark-up-Version. Auf Änderungen ist im Termin klar hinzuweisen. Änderungen führen nicht zu einer erneuten Vorprüfung nach § 231 InsO und nicht zur erneuten Einholung von Stellungnahmen nach § 232 InsO. ___________ 296) Braun/Braun/Frank, InsO, § 245 Rn. 23. 297) Zu Salvatorischen Klauseln im Rahmen des § 245 InsO vgl. ausführlich F. Becker, in: Kübler, HRI, 2. A., § 41 Rn. 85 ff., 88 ff. (Becker schlägt in Fußn. 146 vor, die Angehörigen der Gruppe durch eine Planmittelklausel zur Gleichstellung zu verpflichten. Schon aus Praktikabilitätsgründen kann aber wohl nur der Schuldner/ein liquider „Mitteltopf“ Anspruchsverpflichteter einer Gleichstellungsklausel auch i. R. d. § 245 InsO sein).

157

F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

2. Zulässigkeit einzelner Änderungen 465 In der Praxis ist weiter anerkannt, dass das Änderungsrecht des Planvorlegers recht weit geht. Nur der sog. „Plan-Kern“ – d. h. der Grundcharakter des Plans – darf durch die Änderungen nicht abgeändert werden. So darf z. B. aus einem Fortführungsplan kein Liquidationsplan werden.298) Dass die Nichtteilnahme am Abstimmungstermin eine gefährliche Sache ist, signalisieren zudem § 251 Abs. 2 InsO und § 253 Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 3 InsO. Auch diese ESUG-Regelungen sprechen für eine weite Änderungsbefugnis. 466 Anerkannt und praktisch relevant sind etwa folgende Änderungen: x

Quotenänderungen, selbst wenn diese erheblich sind,299)

x

Umgruppierung von einzelnen Gläubigern,

x

Streichung einer bestimmten Plangruppe (ggf. in Kombination mit einer Umgruppierung),

x

Anpassung an Neuigkeiten,

x

Präzisierungen und Abänderungen der einzelnen Gruppenerklärungen (wie bei Fortschreibung eines Vertragstextes).

467 Die Grenze für die Zulässigkeit von Änderungen dürfte überschritten sein, wenn durch die Änderung erstmals ein Eingriff in Rechte nicht geladener Beteiligter erfolgt.300) 468 In zeitlicher Hinsicht wird verbreitet vertreten, dass Änderungen nach Beendigung des Erörterungstermins unzulässig sind.301) Da allerdings bei einem einheitlichen Erörterungs- und Abstimmungstermin eine klare Trennung von Erörterung und Abstimmung nicht vollständig erfolgt, erscheint es denkbar, kleine Änderungen auch noch nach Beginn der Abstimmung vorzunehmen, sofern diese Änderungen diskutiert werden. Grundsätzlich sollte aber schon – auch um unklare Abläufe in der Gläubigerversammlung zu vermeiden – mit Beginn der Abstimmung keine Änderung mehr vorgenommen werden. 469 In Ausnahmefällen erscheint es bei komplizierteren Verhältnissen denkbar, den Erörterungs- und Abstimmungstermin zu unterbrechen und zu vertagen (§ 4 InsO i. V. m. § 227 ZPO).

___________ 298) Vgl. Graf-Schlicker/Kebekus/Wehler, InsO, § 240 Rn. 3: „…muss der grundsätzliche Charakter des Insolvenzplans erhalten bleiben.“ 299) Braun/Braun/Frank, InsO, § 240 Rn. 3. 300) Vgl. Pleister/Theusinger, in: Kübler, HRI, 2. A., § 39 Rn. 4 ff.; zu gesellschaftsrechtlichen Maßnahmen vgl. Pleister/Theusinger, ebenda, Rn. 6 ff. 301) Vgl. Thies, in: HambKomm/InsO, § 240 Rn. 8.

158

VIII. Änderungen des Insolvenzplans

Zu den Möglichkeiten einer Planrücknahme und den insoweit umstrittenen 470 zeitlichen Grenzen wird auf obige Ausführungen Bezug genommen (siehe oben Rn. 392 ff.). 3. Änderungsvollmacht zugunsten des Insolvenzverwalters Durch das ESUG wurde in §§ 221 Satz 2, 248a InsO die Möglichkeit zur 471 Einräumung einer Fehlerbeseitigungsvollmacht zugunsten des Insolvenzverwalters definiert. Solche „Fehlerbeseitigungsvollmachten“ fanden sich auch bereits vor Inkrafttreten des ESUG in der Praxis gelegentlich in Insolvenzplänen.302) Die Vollmacht kann sich entweder darauf erstrecken, den Insolvenzverwalter 472 zu bevollmächtigen, die „zur Umsetzung notwendigen Maßnahmen zu ergreifen“. Zudem kann der Verwalter bevollmächtigt werden „offensichtliche Fehler des Plans zu berichtigen“. Bei der Umsetzungsvollmacht wird es sich um formelle Befugnisse, wie zur Einreichung von Anträgen bei Registern, handeln. Bei inhaltlichen Berichtigungen aufgrund der Berichtigungsvollmacht bedarf es nach § 248a InsO der gerichtlichen Bestätigung der Planberichtigung. Das Gericht soll vor der Entscheidung einen etwaig bestellten Gläubigerausschuss anhören oder die Anteilsinhaber, sofern deren Rechte betroffen sind. Auf Antrag ist die Bestätigung zu versagen, wenn durch die Planänderung voraussichtlich eine Schlechterstellung erfolgt (§ 248a Abs. 3 InsO). Nach dem Wortlaut der Vorschrift gilt im Rahmen der Eigenverwaltung 473 eine solche „Änderungsvollmacht“ nicht zugunsten des Schuldners. Zu erwägen wäre in der Eigenverwaltung eine analoge Anwendung des § 221 Satz 2 InsO zugunsten des Sachwalters oder – besser – des planvorlegenden Schuldners. Die Umsetzungsvollmacht soll (was sinnvoll ist) verhindern, dass erneut ein 474 Notar eingeschaltet werden muss. Soweit es jedoch inhaltliche Änderungen des Plans betrifft, ist zu berücksichtigen, dass es zur Durchbrechung der Rechtskraft des Insolvenzplans kommen kann. Vor diesem Hintergrund sollte trotz der Möglichkeiten, die die §§ 221 Satz 2, 248a InsO bieten, in erster Linie auf eine klare Planabfassung geachtet werden. Die Fehlerbeseitigungsvollmacht, zur Einräumung der Befugnis für inhaltliche Planänderungen, sollte seltenen Ausnahmecharakter haben. Eine ordnungsgemäße und klare Planabfassung und die Auslegung des Insolvenzplans haben Vorrang vor einer etwaigen Vollmacht zu inhaltlichen Änderungen „offensichtlicher“ Fehler.

___________ 302) Zu Fehlerbeseitigungsvollmachten (auch „Salvatorische Klausel“ genannt) Frege/Keller/ Riedel, Insolvenzrecht, Hdb. d. Rechtspraxis, Rn. 2013.

159

F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

IX. Planbestätigung: Prüfungsschritte und Entscheidung 1. Grundsatz: Alles nochmal prüfen! 475 Nach §§ 248, 250 InsO bedarf der Insolvenzplan der Bestätigung durch das Insolvenzgericht in Form eines Bestätigungsbeschlusses (oder Bestätigungsversagungsbeschlusses). Eine Bindung an die Ergebnisse der Prüfung nach § 231 InsO besteht nicht. Das Gericht muss umfassend in formeller und materieller Hinsicht prüfen, ob die Vorschriften der InsO und sonstiger Normen eingehalten wurden. 476 Die Anhörung nach § 248 Abs. 2 InsO (Anhörung des Gläubigerausschusses und des Schuldners vor Planbestätigung) sollte möglichst im Termin erledigt werden, um Zeitverzögerungen zu vermeiden.303) Da überdies alle Beteiligten während des Verfahrens mehrfach Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Teilnahme am Termin haben, dürfte die Anhörung nach § 248 Abs. 2 InsO fakultativ sein.304) 2. Verstoß gegen Verfahrensvorschriften? 477 Wegen des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs können insbesondere Ladungsmängel, d. h. Verstöße gegen § 235 Abs. 3 InsO, zu einer Bestätigungsversagung führen (zur Ladung von sog. Nachzüglern oder der bekannten Gläubiger, vgl. oben Rn. 330 ff. sowie Rn. 418 ff.). Da der Grundsatz des rechtlichen Gehörs dem Schutz derjenigen dient, die möglicherweise versehentlich nicht geladen wurden, kann selbst ein Fehler aus der Gerichtssphäre dazu führen, dass das Gericht verpflichtet ist, die Bestätigung zu versagen. Weiter sind zur verfahrensmäßigen Behandlung des Insolvenzplans insbesondere die Vorschriften der §§ 218, 231, 232 sowie der §§ 234 – 243 InsO erneut im Rahmen des § 250 Nr. 1 InsO zu prüfen (zu der nach wie vor wohl auch unter der Geltung des ESUG ausgeschlossenen, erneuten Stimmrechtsüberprüfung im Rahmen des § 250 Nr. 1 InsO siehe oben Rn. 433 ff.). 3. Verstoß gegen Regelungen zur Planannahme? 478 Weiter muss das Gericht erneut überprüfen, ob neben den Mehrheiten auch alle erforderlichen Zustimmungen, z. B. die des Schuldners (vgl. § 247 InsO), vorliegen. Bei einer ordnungsgemäßen Verfahrensleitung durch das Gericht sollten in der Regel hierzu auftretende Fragen vor dem Erörterungs- und Abstimmungstermin erledigt worden sein.

___________ 303) Thies, in: HambKomm/InsO, § 248 Rn. 7. 304) So Graf-Schlicker/Kebekus/Wehler, InsO, § 248 Rn. 2.

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IX. Planbestätigung: Prüfungsschritte und Entscheidung

4. Verstoß gegen Regelungen zum Inhalt? Hierzu gehört die erneute Subsumtion der §§ 217, 219 – 230 InsO. Speziell 479 die Bildung der Gruppen (§ 222 InsO), der Gleichbehandlungsgrundsatz innerhalb der Gruppe (§ 226 Abs. 1 InsO) und etwaige unlautere Abreden (§ 226 Abs. 3 InsO) sind vom Gericht in den Blick zu nehmen. Bestehen Anhaltspunkte oder der Verdacht für unlautere Nebenabreden zum 480 Insolvenzplan (z. B. indem sich Alt-Gesellschafter für eine Kooperation irgendwelche Sondervorteile zuwenden lassen), so könnte das Gericht erwägen, eine Erklärung betroffener Beteiligter dazu anzufordern, dass es solche Nebenabreden nicht gibt. 5. Wesentlichkeitskriterium Werden Verstöße i. S. d. § 250 Nr. 1 InsO festgestellt, so führen sie nur zu einer 481 Bestätigungsversagung, wenn sie „wesentlich“ sind (vgl. § 250 Nr. 1 InsO). Hierzu ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Verstoß auf das Zustandekommen der Annahme des Insolvenzplans von Einfluss gewesen sein kann.305) Weiter darf der Mangel nicht behebbar sein. In der Regel sollte das Gericht im Vorfeld des Erörterungs- und Abstimmungs- 482 termins Probleme aus dem Bereich des § 250 Nr. 1 InsO erkannt und darauf hingewiesen haben. Notfalls, wenn sich während des Erörterungs- und Abstimmungstermins nicht sofort lösbare Problembereiche auftun, kommt eine Vertagung in Betracht. 6. Unlautere Herbeiführung Anders als § 250 Nr. 1 InsO hält § 250 Nr. 2 InsO im Zusammenhang mit 483 dem unlauteren Verhalten das Merkmal „herbeigeführt“. Dieses Merkmal erfordert schon vom Wortlaut her grundsätzlich einen Kausalitätsnachweis, so dass das unlautere Verhalten zur Planannahme geführt haben muss. Streng ist der BGH jedoch mit Stimmenmanipulationen durch Forderungskäufe oberhalb der angedachten Insolvenzquote. Hierzu sei erwähnt, dass nach der Rechtsprechung des BGH tendenziell jeder Stimmenkauf zu einem Betrag, der die Planquote übersteigt, zur Bestätigungsversagung führt (neben der Nichtigkeit der Abrede gem. § 226 Abs. 3 InsO).306) ___________ 305) Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, § 250 Rn. 6, 7. 306) BGH, Beschl. v. 3.3.2005 – IX ZB 153/04, ZIP 2005, 719 ff.; andere – offengelegte – Forderungskäufe unterhalb der Insolvenzquote sind jedoch denkbar. So hat z. B. im ursprünglichen Verfahren Ihr Platz (Insolvenzplanverfahren aus 2005) der damalige Investor, eine Investitionsbank, während des Insolvenzplanverfahrens Forderungskäufe unterhalb der Insolvenzquote vorgenommen und offen gelegt, was zulässig ist. Auch reguläre Forderungsaufkäufe sind während des Insolvenzplanverfahrens grundsätzlich nicht verboten, jedoch dann, wenn es um eine Stimmenmanipulation geht.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

7. Versagung von Amts wegen, Darlegungslast 484 Das Gericht muss die Bestätigung, sofern nicht behebbare wesentliche Mängel festgestellt sind, von Amts wegen versagen. Bei der Anwendung des § 250 InsO liegen nach der klaren Formulierung des Wortlauts des § 250 Nr. 1 und Nr. 2 InsO sowie nach Sinn und Zweck des Gesetzes die Darlegungs- und Beweislast für einen Versagungsgrund beim Insolvenzgericht. Daraus folgt, dass nur dann, wenn zur völligen Überzeugung des Gerichts feststeht, dass ein Versagungsgrund nach § 250 Nr. 1 oder Nr. 2 InsO vorliegt, die Versagung erfolgt. 485 Insbesondere bei einem etwaigen im Raum stehenden unlauteren Verhalten hat das Gericht die Möglichkeit, von Amts wegen (§ 5 InsO) Nachforschungen anzustellen.307) 8. Keine Bestätigung vor Erfüllung aller Planbedingungen 486 Die Bestätigung nach § 248 InsO unterbleibt, solange nicht sämtliche Planbedingungen i. S. d. § 249 InsO erfüllt sind. Zu möglichen Planbedingungen und deren Definition im gestaltenden Teil zu Fristen für die Erfüllung der Planbedingungen und zur Überprüfung des Eintritts der Bedingungen wird auf obige Ausführungen unter Rn. 364 ff. Bezug genommen. Die sorgfältige Abfassung der Planbedingungen ist in taktischer und rechtlicher Hinsicht von zentraler Bedeutung. 9. Verkündung des Bestätigungsbeschlusses 487 Nach § 252 Abs. 1 InsO ist der Bestätigungsbeschluss (oder der Beschluss zur Versagung der Bestätigung) zu verkünden. Bei kleineren Verfahren kann sich häufig die Verkündung der Bestätigung bereits am Ende des Erörterungsund Abstimmungstermins empfehlen. Unter der Rechtslage vor dem ESUG wurde gelegentlich bereits im Termin von den anwesenden Gläubigern die Erklärung eines Rechtsmittelverzichts erbeten. Da die ESUG-Neuregelungen in §§ 251 Abs. 1 Nr. 1, 253 Abs. 2 Nr. 1 InsO (betreffend Minderheitenschutzanträge und Plan-Beschwerde) einen Protest gegen den Plan spätestens im Abstimmungstermin als Zulässigkeitshürde vorsehen, sind solche Rechtsmittelverzichte nunmehr entbehrlich (möglicherweise sogar kontraproduktiv, da sie einen Widerspruch i. S. d. §§ 251 Abs. 1 Nr. 1, 253 Abs. 2 Nr. 1 InsO provozieren könnten). 488 Erfolgt die Verkündung wegen des Umfangs der Sache noch nicht am Schluss des Erörterungs- und Abstimmungstermins, so muss der Termin zur Verkündung der Entscheidung über die Bestätigung zeitnah anberaumt werden.308) ___________ 307) So hat das AG Duisburg, Beschl. v. 14.11.2001 – 60 IN 107/00, ZInsO 2002, 737 ff. durch Gläubigerbefragung versucht, herauszubekommen, ob unlautere Abreden vorlagen (im Ergebnis wurde der Plan bestätigt). 308) Vgl. auch zu weiteren Einzelheiten der gerichtlichen Entscheidung Westpfahl, in: Kübler, HRI, 2. A., § 42 Rn. 70 ff. („zwei Wochen“ = zeitnah).

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IX. Planbestätigung: Prüfungsschritte und Entscheidung

Mit der Verkündung des Bestätigungsbeschlusses (oder des Versagungsbe- 489 schlusses) beginnt mithin die 14-tägige Beschwerdefrist nach § 253 Abs. 1 InsO. 10. Erneute Versendung der Planzusammenfassung Erfolgt die Planbestätigung, so bestimmt § 252 Abs. 2 InsO, dass an die 490 Beteiligten erneut der Insolvenzplan oder eine wesentliche Planzusammenfassung zu versenden ist. Bei Eingriffen in Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte erfolgt nach § 252 Abs. 2 Satz 2 InsO aufgrund der ESUG-Regelung auch eine Versendung an die Alt-Gesellschafter. Börsennotierte Gesellschaften haben die Planzusammenfassung auf der Inter- 491 netseite „zugänglich“ zu machen (§ 252 Abs. 2 Satz 3 InsO). Dabei kommt auch in Betracht, den Beteiligten Passwörter zuzuteilen, um die Insolvenzplanzusammenfassung im Internet einzusehen. So kann verhindert werden, dass völlig Unbeteiligte Zugang zur Planzusammenfassung haben. Da die Rechtsmittelfrist mit Verkündung des Bestätigungsbeschlusses beginnt, 492 ist die Versendung der Planzusammenfassung oder des Plans für den Beginn der Rechtsmittelfrist unerheblich (siehe vorstehend Rn. 487 ff.). Dementsprechend kann die Versendung der Planzusammenfassung ggf. 493 auch erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erfolgen. Die Versendung des Insolvenzplans oder der Planzusammenfassung nach 494 § 252 Abs. 2 InsO dient der Information der Beteiligten. Insbesondere haben Beteiligte, die am Abstimmungs- und Erörterungstermin nicht teilgenommen haben und/oder nach der Ladung i. S. d. § 235 Abs. 3 InsO den Fortgang des Verfahrens nicht verfolgt haben, so die Chance, Planänderungen zu erfahren. Vor diesem Hintergrund sollte erwogen werden, eine Planzusammenfassung im Änderungsmodus zu versenden, in der die Änderungen des Plans nach der Ladung gem. § 235 Abs. 3 InsO optisch kenntlich gemacht sind. In einem von den Autoren verfassten Insolvenzplan-Fall bestand das Insol- 495 venzgericht darauf, im gestaltenden Teil die erneute Planversendung nach § 252 Abs. 2 InsO abzubedingen. Ob die Vorschrift des § 252 Abs. 2 InsO plandispositiv ist, ist u. E. sehr zweifelhaft, da nach Sinn und Zweck des § 252 Abs. 2 InsO allen Beteiligten die Endversion des Insolvenzplans zugänglich gemacht werden soll. Unterbleibt die Unterrichtung nach § 252 Abs. 2 InsO, so kann nach über- 496 wiegender Auffassung in der Literatur die sofortige Beschwerde hierauf nicht gestützt werden.309) Selbst wenn man also § 252 Abs. 2 InsO für nicht plandispositiv hält, so führt ein Verstoß gegen § 252 Abs. 2 InsO nicht zur Aufhebung des Bestätigungsbeschlusses. ___________ 309) Westpfahl, in: Kübler, HRI, 2. A., § 41 Rn. 77; Kübler/Prütting/Bork/Otte, InsO, § 252 Rn. 2.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

497 Der Eintritt der Rechtskraft wird nicht hinausgezögert, falls (fehlerhaft) mit dem Bestätigungsbeschluss ausnahmsweise nicht die Planzusammenfassung i. S. d. § 252 Abs. 2 InsO versandt (oder ins Internet gestellt) wurde.310) 11. Rechtskraftzeugnis 498 Um im Außenverhältnis die Rechtskraft des Insolvenzplans nachweisen zu können, empfiehlt sich in der Regel, dass das Insolvenzgericht dem Planinitiator ein Rechtskraftzeugnis erteilt. X. Minderheitenschutzantrag 1. Grundsätze und Abgrenzung zum Obstruktionsverbot 499 Die Bestätigungsversagung auf Antrag gem. § 251 InsO bezweckt den Schutz eines Gläubigers oder Anteilseigners, der innerhalb der Gruppe aufgrund der Mehrheit der anderen Gruppenmitglieder (vgl. § 244 InsO und oben Rn. 433 ff.) überstimmt wurde. Während es bei dem Obstruktionsverbot um die Obstruktion einer ganzen Gruppe geht (vgl. § 245 InsO), bezweckt § 251 InsO den Schutz eines oder mehrerer in der Gruppe unterlegenen Gläubigers/Gläubiger. Antragsberechtigt sind Gläubiger, nicht der Schuldner. Alt-Eigner juristischer Personen, die durch die Gruppenmehrheit überstimmt werden, sind ebenfalls nach § 251 InsO geschützt (vgl. oben Rn. 278 ff.) und antragsberechtigt. 500 Besteht eine Plangruppe aus nur einem Gläubiger, ist die Abgrenzung von § 245 InsO zu § 251 InsO nicht ganz einfach. Vom Sinn und Zweck der Vorschriften her, dürfte dann § 245 InsO Vorrang haben. Eine Anwendung beider Vorschriften nebeneinander im Fall einer „Ein-Gläubiger-Gruppe“ erscheint vom Sinn und Zweck der Regelungen her ausgeschlossen.311) 501 Wie zahlreiche weitere Normen der InsO will § 251 InsO eine – voraussichtliche – Schlechterstellung des Gläubigers im Vergleich zur Regelabwicklung vermeiden (vgl. bereits eingangs unter Rn. 9 zu den „roten Fäden“ des Insolvenzplanverfahrens, dort speziell zum Thema „Vergleichsrechnung“). 502 Das ESUG hat die Hürden für erfolgreiche Minderheitenschutzanträge deutlich erhöht (dazu die nachfolgenden Ausführungen). 2. Formelle Antragshürden (Widerspruch) 503 Minderheitenschutz wird nicht von Amts wegen gewährt, sondern nur auf Antrag des negativ betroffenen Gläubigers oder Anteilsinhabers. Schon un___________ 310) Westpfahl, in: Kübler, HRI, 2. A., § 41 Rn. 77, 78. 311) Vgl. die unterschiedliche Darlegungslast zum Schlechterstellungsverbot in § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO (Darlegungslast beim Planarchitekten) und in § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO (Darlegungslast beim Gläubiger nebst erforderlicher Glaubhaftmachung gem. § 251 Abs. 2 InsO).

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X. Minderheitenschutzantrag

ter der Gesetzeslage vor ESUG musste der Antragsteller für einen zulässigen Minderheitenschutzantrag dem Plan „spätestens im Abstimmungstermin schriftlich oder zu Protokoll widersprechen“ (§ 251 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Widerspricht der Gläubiger dem Plan nicht spätestens im Abstimmungstermin, so ist nunmehr – seit einer Neuregelung durch das ESUG – auch die sofortige Beschwerde dieses zunächst untätigen Gläubigers unzulässig (vgl. die Parallelvorschrift in § 253 Abs. 2 Nr. 1 InsO). Das Widerspruchsrecht setzt nicht voraus, dass der Antragsteller stimmbe- 504 rechtigt ist.312) Der Widerspruch nach § 251 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist auch erforderlich, wenn der Antragsteller gegen den Plan gestimmt hat. Wird der Minderheitenschutzantrag auf Versagung der Bestätigung bereits im Termin gestellt, so ist der zusätzliche Widerspruch nach § 251 Abs. 1 Nr. 1 InsO hierin enthalten.313) Der Antrag nach § 251 InsO ist statthaft, solange der Abstimmungstermin nicht beendet ist.314) Nicht erforderlich für die Zulässigkeit ist, dass der Antragsteller sich an der 505 Abstimmung beteiligt hat oder er im Termin anwesend war.315) 3. Glaubhaftmachung der Schlechterstellung Zusätzlich zu vorstehend erörterten Voraussetzungen muss der Antragsteller 506 nach § 251 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 251 Abs. 2 InsO eine voraussichtliche Schlechterstellung im Vergleich zur Regelabwicklung darlegen und zusätzlich glaubhaft machen. Schon nach der bisherigen BGH-Rechtsprechung (vor ESUG) ist die Prüfung des Insolvenzgerichts auf die vom Gläubiger vorgetragenen und glaubhaft gemachten Tatsachen beschränkt.316) Das ESUG hat für diese Glaubhaftmachung eine strenge zeitliche Schranke 507 eingeführt. Die Glaubhaftmachung der Schlechterstellung muss nach § 251 Abs. 2 InsO „spätestens im Abstimmungstermin“ erfolgen, anderenfalls ist der Minderheitenschutzantrag unzulässig. Der Antragsteller kann sich dem nicht durch einen Antrag auf Aussetzung 508 des Verfahrens nach § 251 InsO für die Dauer eines gegen den Schuldner geführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens entziehen.317) Aussetzungsanträge im Rahmen des § 251 InsO widersprechen nach der Rechtsprechung des BGH dem Gesetzeszweck des § 251 Abs. 2 InsO, der ___________ 312) Braun/Braun/Frank, InsO, § 251 Rn. 5; detailliert zur Antragsberechtigung Burmeister/ Schmidt-Hern, in: Kübler, HRI, § 43 Rn. 14 ff., dort Rn. 16 (kein Antragsrecht des Nachranggläubigers). 313) Zur Entbehrlichkeit eines ausdrücklichen Widerspruchs bei Versagungsantrag im Termin vgl. BGH, Beschl. v. 22.3.2007 – IX ZB 10/06, NZI 2007, 522. 314) Vgl. hierzu: Burmeister/Schmidt-Hern, in: Kübler, HRI, 2. A., § 43 Rn. 28. 315) Graf-Schlicker/Kebekus/Wehler, InsO, § 251 Rn. 2. 316) Vgl. BGH v. 24.3.2011 – IX ZB 80/11, ZIP 2011, 966. 317) BGH, Beschl. v. 17.12.2009 – IX ZB 124/09, WM 2010, 226.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

Verfahrensverzögerungen vermeiden will. § 227 ZPO ist mithin im Rahmen des § 251 InsO nach der zuvor zitierten BGH-Entscheidung nicht anwendbar. Eine Nachholungsfrist zur Glaubhaftmachung darf im Interesse der Verfahrensbeschleunigung nicht gesetzt werden.318) 509 An den recht strengen Anforderungen an eine Glaubhaftmachung (zu den Mitteln der Glaubhaftmachung vgl. § 294 ZPO319)) scheitern in der Praxis häufig – fast regelmäßig – Minderheitenschutzanträge.320) Eine „voraussichtliche“ Schlechterstellung ist nur dann glaubhaft gemacht, wenn die Planregelung nicht nur in rechtlicher Hinsicht, sondern auch im wirtschaftlichen Ergebnis im Vergleich zur Regelabwicklung mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Nachteil für den Antragsteller bewirkt.321) Das Erfordernis der Glaubhaftmachung erstreckt sich deshalb auch auf die Durchsetzbarkeit der Forderung nach der Insolvenz.322) Ist die Forderung bestritten, muss sich die Glaubhaftmachung auf alle Tatsachen erstrecken, die dann mit hoher Wahrscheinlichkeit den Subsumtionsschluss auf die geltend gemachte Forderung zulassen. Beispiel (für eine Schlechterstellung im Vergleich zur Regelabwicklung bei Planverzicht betreffend eine Forderung aus unerlaubter Handlung:323) Im Insolvenzverfahren über das Vermögen einer natürlichen Person, eines vormaligen Geschäftsführers einer GmbH, macht der Sozialversicherungsträger324) Forderungen aus unerlaubter Handlung wegen Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen geltend (vgl. § 266a StGB). Der Insolvenzplan sieht einen Teilerlass dieser etwaigen (strittigen) Forderungen vor. In diesem Fall muss für einen erfolgreichen Minderheitenschutzantrag nicht nur in rechtlicher Hinsicht das Vorliegen einer unerlaubten Handlung überwiegend wahrscheinlich sein, sondern es müssten auch Vollstreckungsmöglichkeiten für die Zeit nach der Regelabwicklung (keine Restschuldbefreiung im Regelinsolvenzverfahren wegen § 302 InsO) dargetan und glaubhaft gemacht werden (zu den Möglichkeiten, Ansprüche aus unerlaubter Handlung mittels Insolvenzplan einzukassieren, vgl. oben Rn. 221).

___________ 318) Thies, in: HambKomm/InsO, § 251 Rn. 10. 319) Zu den allg. Grundsätzen der Glaubhaftmachung vgl. Burmeister/Schmidt-Hern, in: Kübler, HRI, 2. A., § 43 Rn. 46 – 51. 320) Vgl. BGH, Beschl. v. 19.5.2009 – IX ZB 236/07, ZIP 2009, 1384. 321) BGH, ebenda. 322) Vgl. Paul, ZInsO 2011, 610, 611. 323) Vgl. dazu BGH, Beschl. v. 12.2.2009 – IX ZB 56/08. 324) Zum Stimmrechtsverhalten von Sozialversicherungsträgern vgl. Lenger/Bauchowitz, NZI 2015, 9 ff.

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X. Minderheitenschutzantrag

Das erhöhte Beförderungsentgelt, welches ein Schwarzfahrer als Vertrags- 509a strafe zu zahlen hat, ist grundsätzlich keine Deliktsforderung i. S. d. §§ 174 Abs. 2, 303 Nr. 1 InsO.325) 4. Nachbesserungsklauseln und „Mittel“ a) Der Mittelfonds Nach der ESUG-Vorschrift des § 251 Abs. 3 InsO kann es trotz einer glaubhaft 510 gemachten voraussichtlichen Schlechterstellung dennoch zur Abweisung des Minderheitenschutzantrags kommen, wenn im gestaltenden Teil „Mittel“ zur Gleichstellung für den (hypothetischen) Fall der Regelinsolvenz vorgesehen sind (vgl. § 251 Abs. 3 Satz 1 InsO). Damit hat das ESUG nunmehr ausdrücklich sog. Salvatorische Klauseln anerkannt, die im Rahmen des § 251 InsO eine Gleichstellung – ausschließlich des den Minderheitenschutzantrag nach § 251 InsO stellenden Gläubigers – mit der hypothetischen Befriedigungsquote bei Regelabwicklung bezwecken (wobei der Begriff „Salvatorische Klausel“ in der Literatur in verschiedener Bedeutung benutzt wird, vgl. oben Rn. 462 f.).326) Was unter „Mittel“ zu verstehen ist, ist dem Gesetzeswortlaut nicht eindeutig 511 zu entnehmen. Bereits in den Ausführungen zum ESUG-Referentenentwurf ist hierzu Folgendes nachzulesen:327) „Die Finanzierung des Ausgleichs muss durch eine Rücklage, eine Bankbürgschaft oder in ähnlicher Weise gesichert sein. …“

Vorstehende Erwägungen deuten darauf hin, dass „Mittel“ i. S. d. § 251 Abs. 3 512 Satz 1 InsO nur dann ausreichend gebildet sind, wenn diese Mittel als „Geldmittel“ liquide – als Rückbehalt – zur Verfügung stehen. Darauf deutet die Erwägung des Gesetzgebers mit dem Hinweis auf „Rücklage“ hin328). Gleichwertig wäre eine Bankbürgschaft. Damit ist eine bloße – nur in der Planung oder in der Bilanz abgebildete – 513 „Rückstellung“ wohl nicht ausreichend.329) Die Frage, ob die „Mittel“ liquide ___________ 325) Vgl. AG Regensburg, Urt. v. 3.3.2014 – 10 C 1949/13, BeckRS 2014, 17681 und dazu Siebert, VIA 2015, 6 ff. 326) Dabei kann man solche Gleichstellungsklauseln durchaus kritisch sehen. Erstens führen sie nämlich für den erfolgreich vorgehenden Gläubiger zu einer Besserstellung im Vergleich zum Rest der Plangruppe, was im wirtschaftlichen Ergebnis gegen das Gleichbehandlungsgebot innerhalb der Gruppe gem. § 226 Abs. 1 InsO verstößt. Zweitens können solche „Mittel“ auch Begehrlichkeiten wecken, auch abhängig von der Begründung im Insolvenzplan zu diesem Mittelfonds. 327) Vgl. bereits den RefE-InsO, S. 52 (Bearbeitungsstand 25.1.2011), S. 52. 328) So auch Burmeister/Schmidt-Hern, in: Kübler, HRI, 2. A., § 43 Rn. 79. 329) Nach Braun/Braun/Frank, InsO, § 251 Rn. 9 soll aber eine „Rückstellung“ in der PlanVermögensübersicht genügen. Nach hier vertretener Auffassung, im Anschluss an die Begründung des Gesetzgebers, ist ein in Geldmitteln liquide vorhandener „Rückbehalt“ erforderlich. Anderenfalls wäre die „Gleichstellung“ auch von der nur schwer zu beurteilenden Qualität der betriebswirtschaftlichen Planungen abhängig.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

vorhanden sein müssen, ist in der Literatur heftig umstritten (Rechtsprechung gibt es dazu, soweit ersichtlich, nicht). Zum Teil wird darauf hingewiesen, dass es selbst bei Masseverbindlichkeiten ausreichend ist, wenn anhand eines Finanzplans die Liquidität bei Fälligkeit (nicht bei Verfahrensaufhebung) belegt ist. Dies gelte dann auch für den Mittelfonds nach § 251 Abs. 3 InsO. Dieses Argument ist aber schon deshalb nicht überzeugend, weil die Mittel sofort mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens – um eine Gleichstellung mit der Regelabwicklung zu gewährleisten – „fällig“ sind.330) Vorzuziehen ist deshalb die Ansicht, dass „Mittel“ i. S. d. § 251 Abs. 3 InsO liquide spätestens bei der Aufhebung des Insolvenzverfahrens – als Voraussetzung der Aufhebung des Insolvenzverfahrens – vorhanden sein müssen. 513a Neben der „Qualität“ der Mittel (siehe vorstehend Rn. 513) ist die Frage der Höhe der Ausgleichsmittel im Insolvenzplan zu beantworten. Anspruchsinhaber ist – nur – derjenige Antragsteller, der einen Minderheitenschutzantrag stellt und/oder die sofortige Beschwerde einlegt.331) Dieser Anspruchsinhaber muss die Höhe der angeblichen Schlechterstellung anhand einer eigenen Vergleichsrechnung grundsätzlich konkret beziffern und glaubhaft machen (siehe oben Rn. 506 ff.). Wie schon mehrfach ausgeführt, hat der Planverfasser in der Regel einen erheblichen Informationsvorteil. Aus faktischen Gründen ist der Antragsteller nach § 251 InsO oder der Beschwerdeführer nach § 253 InsO häufig nicht in der Lage, an die Informationen zu gelangen, die ihm die Vorlage einer eigenen transparenten und fundierten Vergleichsrechnung ermöglichen (siehe oben Rn. 9 ff. zur Vergleichsrechnung; vgl. auch im Stichwortverzeichnis die vielen Hinweise zu verschiedenen Facetten der Probleme der Vergleichsrechnung(en)). In vielen Fällen wird deshalb der Antragsteller gem. § 251 InsO oder der Beschwerdeführer gem. § 253 InsO nur dann in der Lage sein, eine eigene substantiierte Vergleichsrechnung vorzulegen, wenn zunächst der Planinitiator eine kommentierte und substantiierte Vergleichsrechnung vorgelegt hat und zudem ein M&AProzess vor dem Abstimmungstermin durchgeführt wurde sowie der Antragsteller Zugang zu allen notwendigen Informationen erhalten hat (zur Darlegungslast des Planinitiators vgl. oben Rn. 9 ff., 189 ff., 401; vgl. auch zur erhöhten Prüfungsdichte bei der Vorprüfung durch das Insolvenzgericht nach § 231 InsO in Bezug auf die Transparenz der Vergleichsrechnung Rn. 403a; zum Freigabeverfahren vgl. Rn. 534a). 514 In praktischer Hinsicht wird die Begründung (im darstellenden Teil) zu dem Volumen des Mittelfonds‘ grundsätzlich eher knapp ausfallen können. Der Planverfasser wird bei einer belastbaren Vergleichsrechnung grundsätzlich von einer Gleichstellung aller Gläubiger – auch ohne Mittelfonds – ausgehen. Eine intensive Begründung der Bemessung der Mittel im darstellenden ___________ 330) Vgl. Lehmann/Rühle, NZI 2015, 151, 153 ff. 331) Vgl. zutreffend Lehmann/Rühle, NZI 2015, 151, 153 ff.

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X. Minderheitenschutzantrag

Teil könnte deshalb im Einzelfall darauf hinauslaufen, die eigenen Planprämissen in Frage zu stellen. Vor diesem Hintergrund ist die Höhe des zutreffend bemessenen Mittelfonds‘ 515 – sofern eine substantiierte Planvergleichsrechnung des Planinitiators vorliegt (siehe oben Rn. 9 ff. und soeben Rn. 513a) – allenfalls grob abschätzbar und damit schon aus faktischen Gründen gerichtlich wohl nur begrenzt überprüfbar. In Ausnahmefällen wird das Insolvenzgericht vor Planbestätigung zur Überprüfung des Mittelfonds‘ die Beauftragung eines Sachverständigen (§ 5 InsO) erwägen, was aber zu Zeitverzögerungen führt.332) b) Prozessuales Macht der Antragsteller geltend, die „Mittel“ seien zu niedrig oder nicht aus- 516 reichend liquide vorhanden, wird die ordnungsgemäße Anwendung des § 251 Abs. 3 Satz 1 InsO in der konkreten Planregelung gerügt. Diese Art einer Rüge führt u. E. nicht dazu, dass der Antragsteller gem. § 251 Abs. 3 Satz 2 InsO unbeschadet der Rechtskraft des Insolvenzplans auf den Rechtsweg zu den allgemeinen Prozessgerichten zu verweisen ist. Die ordnungsgemäße Anwendung des § 251 Abs. 3 Satz 1 InsO im Plan ist als grundsätzliche Frage im Rahmen der Planbestätigung und ggf. im Rahmen der anschließenden sofortigen Beschwerde nach § 253 InsO durchzuentscheiden.333) Dabei wird nicht verkannt, dass diese Rechtsansicht dann doch wieder – was der ESUG-Gesetzgeber eigentlich nicht wollte – zu einer Blockade der PlanRechtskraft führen kann. Man wird aber wohl – mit Blick auf § 251 Abs. 2 InsO (Glaubhaftmachung der Schlechterstellung spätestens im Abstimmungstermin) – verlangen müssen, dass der Antragsteller den nicht ausreichenden Mittelrahmen zur Gleichstellung ebenfalls spätestens im Abstimmungstermin glaubhaft macht. Sind im Insolvenzplan ausreichend liquide Mittel als liquider Rückbehalt 517 vorgesehen und vorhanden, ist der Anspruch auf eine „Gleichstellung mit den Ergebnissen der Regelabwicklung“ vor den allgemeinen Prozessgerichten gegen die Schuldnerin geltend zu machen (vgl. § 251 Abs. 3 Satz 2 InsO).

___________ 332) Zu Fragen des Mittelfonds gem. § 251 Abs. 3 InsO vgl. den Überblick bei Lehmann/ Rühle, NZI 2015, 151 ff. 333) Zutreffend Madaus, NZI 2012, 597, 599; Madaus empfiehlt in rechtspolitischer Hinsicht, dass grundsätzlich der Suspensiveffekt der sofortigen Beschwerde aufgehoben werden sollte. Dazu könnte der Gesetzgeber regeln, dass 14 Tage nach dem Bestätigungsbeschluss der Insolvenzplan in Kraft tritt, es sei denn, ein Beschwerdeführer ist in der Lage, das Landgericht dazu zu bewegen, den Suspensiveffekt der Beschwerde anzuordnen. Damit würden die Verhältnisse „umgedreht“. Während derzeit die Beschwerde die Rechtskraft des Insolvenzplans grundsätzlich hindert, es sei denn, es wird ein Sofortvollzug nach § 253 Abs. 4 InsO angeordnet, müsste dann der Beschwerdeführer die Beseitigung der Rechtskraft im Wege des „Sofortvollzugs“ beantragen.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

518 Nach dem Wortlaut des § 251 Abs. 3 Sätze 1 und 2 InsO ist wohl nicht erforderlich, das die Mittel vollstreckungssicher angelegt werden müssen.334) In der Praxis würde es selbstverständlich nicht schaden, wenn nach der Plankonzeption die „Mittel“ vollstreckungssicher durch die Schuldnerin angelegt werden, schon um die strittigen Auslegungsfragen zu § 251 Abs. 3 InsO nicht „ausfechten“ zu müssen. Beispiel (für einen Formulierungsvorschlag zu den „Mitteln“ gem. § 251 Abs. 3 InsO): „Die Schuldnerin stellt gem. § 251 Abs. 3 Satz 1 InsO Mittel in Höhe von EUR 1,5 Mio. zur Verfügung. Die Schuldnerin wird diese Mittel bereits vor Beginn des Abstimmungstermins auf ein speziell hierfür eingerichtetes Sonderkonto des Sachwalters bei der X-Bank (BLZ…:, Kontonummer: …) einzahlen.335) Der Sachwalter als Planüberwacher und die Schuldnerin sind verpflichtet, Beträge aus diesem Mittelfonds auszuzahlen, für den Fall, dass ein Beteiligter nachweist,336) dass er durch den Insolvenzplan voraussichtlich schlechter gestellt wird, als er im Rahmen der Regelabwicklung stehen würde. Die Schuldnerin ist berechtigt, den auf das Sonderkonto eingezahlten Betrag zu erhöhen, sofern dies durch ein Gericht – auch nach vorläufiger Einschätzung – für die Zurückweisung von Anträgen nach §§ 251, 253 InsO als erforderlich angesehen wird. Dies gilt speziell auch für den Fall, dass ein Landgericht gem. § 253 Abs. 4 InsO die sofortige Freigabe des Insolvenzplans erwägt. Die Schuldnerin ist auf Anweisung des Sachwalters = späteren Planüberwachers verpflichtet, auf dem vorbezeichneten Sonderkonto hinterlegte Beträge an den Beteiligten auszuzahlen, der rechtskräftig im Rahmen eines Rechtsstreits nach § 251 Abs. 3 Satz 2 InsO obsiegt. Der behauptete Ausgleichsanspruch nach § 251 Abs. 3 Sätze 1 und 2 InsO ist innerhalb von drei Wochen nach der rechtskräftigen Bestätigung des Insolvenzplans durch Klage gegen den Schuldner rechtshängig zu machen. Die Rechtshängigkeit ist gegenüber dem Sachwalter und der Schuldnerin innerhalb einer weiteren Frist von einer Woche durch Übersendung einer Kopie der Klageschrift und Mitteilung des Datums der Einreichung der Klage nachzuweisen. Soweit die Klageerhebung und/oder der Nachweis nach vorstehenden Sätzen nicht rechtzeitig erfolgen, kann der Beteiligte keinen Ausgleichsanspruch wegen Schlechterstellung gem. § 251 Abs. 3 InsO mehr geltend machen.

___________ 334) Burmeister/Schmidt-Hern, in: Kübler, HRI, 2. A., § 43 Rn. 80 m. w. N. 335) Womit die „Mittel“ vollstreckungssicher angelegt wären (siehe zu dieser Streitfrage die Ausführungen Rn. 518 eingangs). 336) § 251 Abs. 2 InsO erfordert zunächst – für die Zulässigkeit des Minderheitenschutzantrags – die Glaubhaftmachung. Für eine begründete Klage wird man aber fordern müssen, dass der Kläger im Wege des Vollbeweises die – voraussichtliche – Schlechterstellung im Vergleich zur Regelabwicklung „nachweist“. Es erscheint nicht vertretbar, die Begründetheit der Klage gem. § 251 Abs. 3 Satz 2 InsO schon mit bloßer Glaubhaftmachung bejahen zu können.

170

XI. Sofortige Beschwerde

Werden keine Klagen erhoben und/oder ergeben rechtskräftige Entscheidungen, dass der Mittelfonds ganz oder teilweise nicht mehr benötigt wird, stehen frei werdende Beträge der Schuldnerin zu.“337) Ob und welche Ausschlussfristen im Rahmen des § 251 Abs. 3 InsO definiert 519 werden können, ist bisher wenig erörtert worden. Sowohl die Schuldnerin als auch die anderen Beteiligten haben jedoch bei Minderheitenschutzanträgen nach § 251 InsO ein starkes Interesse an einer schnellen, endgültigen Klärung der Angelegenheit, was für die Zulässigkeit von Ausschlussfristen auch im Rahmen des § 251 Abs. 3 Satz 2 InsO spricht (zu Ausschlussfristen siehe oben Rn. 344 ff.). Zur Länge der zulässigen Ausschlussfrist dürfte eine ZweiWochen-Frist in Orientierung an § 189 InsO, beginnend ab Planrechtskraft, vertretbar sein (siehe oben Rn. 344 ff).338) Weiter sollte im gestaltenden Teil geregelt werden, ob freiwerdende Mittel 519a des Mittelfonds‘ zu einer Nachtragsverteilung führen oder nicht. Grundsätzlich gebühren freiwerdende Mittel nach § 259 Abs. 1 InsO der Schuldnerin. Fehlt im Plan eine Regelung zu frei werdenden Mitteln, gebühren diese dem Schuldner. Ggf. empfehlen sich ausdrückliche Regelungen im gestaltenden Teil zum Ausschluss einer Nachtragsverteilung, was aber – je nach Einzelfall – dann wiederum Diskussionen mit den Gläubigern auslösen kann. XI. Sofortige Beschwerde 1. Gegenstand Gegenstand der sofortigen Beschwerde ist nach § 253 Abs. 1 InsO der Be- 520 schluss des Insolvenzgerichts nach § 252 Abs. 1 Satz 1 InsO (Planbestätigung oder Versagung der Bestätigung). Das Beschwerdegericht muss die Frage, ob die Bestätigung ordnungsgemäß erfolgte (oder versagt wurde), anhand der §§ 248 – 252 Abs. 1 InsO überprüfen.339) Um „räuberische“ Planbeschwerden zur Durchsetzung unsachgemäßer Ziele 521 zu verhindern, hat das ESUG die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde an weitere Voraussetzungen geknüpft. Der Beschwerdeführer muss kumulativ folgende Voraussetzungen erfüllen: x

Widerspruch gegen den Plan spätestens im Abstimmungstermin (§ 253 Abs. 2 Nr. 1 InsO),

Teilnahme am Abstimmungstermin und Votum gegen den Plan (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 InsO) und ___________ x

337) Eine ähnliche Klausel – auch in Kombination mit einer Ausschlussfrist zur Klageerhebung und zum Nachweis der Klageerhebung – enthält der Pfleiderer-Plan, AG Düsseldorf, 501 IN 84/12. 338) Vgl. Lehmann/Rühle, NZI 2015, 151, 155, 156. 339) Dazu, ob Verstöße der Planregelungen gegen § 252 Abs. 2 InsO – der Insolvenzplan will die erneute Planversendung mit dem Bestätigungsbeschluss abbedingen – zur Bestätigungsversagung führen, siehe oben Rn. 490 ff.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

x

Glaubhaftmachung, dass a) eine wesentliche Schlechterstellung durch den Plan im Vergleich zur Regelabwicklung vorliegt340) sowie b) der vorstehende Nachteil nicht durch eine Zahlung gem. § 251 Abs. 3 InsO aus dem Mittelfonds des gestaltenden Teils ausgeglichen werden kann (§ 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO).

Zutreffend hat der BGH im Suhrkamp-Fall entschieden, dass die Statthaftigkeit der sofortigen Beschwerde nicht voraussetzt, dass im Erörterungsund Abstimmungstermin ein Minderheitenschutzantrag nach § 251 InsO gestellt wurde.341) 522 „Umverteilungsrügen“, die der BGH vor Inkrafttreten des ESUG zuließ, ohne dass eine Schlechterstellung im Vergleich zur Regelabwicklung dargetan werden musste, sind nicht mehr zulässig und die frühere BGH-Rechtsprechung hierzu ist überholt (siehe auch sogleich Rn. 526 ff.).342) 2. Zulässigkeit a) Frist 523 Die Beschwerdefrist von zwei Wochen ist eine Notfrist, die mit der Verkündung (§ 252 Abs. 1 InsO), d. h. nicht mit Zustellung an den Beschwerdeführer des Beschlusses beginnt (§ 4 InsO i. V. m. § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO). b) Einlegung 524 Nach der Neuregelung in § 6 Abs. 1 Satz 2 InsO „ist“ die sofortige Beschwerde beim Insolvenzgericht einzulegen. c) Beschwerdeberechtigung 525 Beschwerdeberechtigt sind nach § 253 Abs. 1 InsO grundsätzlich Gläubiger, der Schuldner und bei Gesellschaften die (Alt-)Gesellschafter, sofern bei allen zuvor Genannten deren Rechtsstellung durch den Insolvenzplan möglicherweise beeinträchtigt wird. Der Insolvenzverwalter ist jedoch wegen des Wort___________ 340) Beachte: Bei § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO fehlt – anders als bei § 253 Abs. 3 Nr. 2 InsO – das Merkmal „wesentlich“; § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO enthält das Merkmal „voraussichtlich“, was in § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO fehlt; kritisch zum unterschiedlichen Wortlaut von § 251 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 InsO und § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO Hölzle, Praxisleitfaden ESUG, S. 171, Rn. 6. 341) BGH, Beschl. v. 17.7.2014 – IX ZB 13/14, ZIP 2014, 1442 (m. Bespr. Hölzle, ZIP 2014, 1819 ff.), dazu EWiR 2014, 521 (Madaus) und unten Rn. 530; zu taktischen Fragen betr. Plan-Sofortvollzug und Rechtsmittel-Grenzen vgl. auch Skauradszun, DB 2014, 2694 ff. 342) Vgl. frühere Rechtsprechung seit BGH, Beschl. v. 7.1.2005 – IX ZB 266/04 („Konsum“), ZIP 2005, 1648 ff. (ohne dass eine Schlechterstellung im Vergleich zur Regelabwicklung notwendig war, konnte nach der zitierten Entscheidung ein Gläubiger u. a. versuchen, durch Umgruppierung eines anderen Gläubigers einen eigenen Planvorteil zu erlangen); vor der ESUG-Reform war deshalb eine materielle Beschwer im dargestellten Sinn oder eine formelle Beschwer für die Statthaftigkeit der Beschwerde genügend.

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XI. Sofortige Beschwerde

lauts des § 253 Abs. 1 InsO, der den Insolvenzverwalter nicht erwähnt, nicht beschwerdeberechtigt.343) Der Gläubiger einer bestrittenen Forderung, der nicht zum Erörterungs- und Abstimmungstermin geladen wurde, ist ebenfalls beschwerdebefugt.344) d) Formelle und materielle Beschwer Die Beschwerde ist weiter statthaft, wenn der Beschwerdeführer formell und 526 materiell beschwert ist.345) Eine formelle Beschwer liegt grundsätzlich vor, wenn von einem Antrag des Beschwerdeführers abgewichen wurde. Das ESUG konkretisiert die formelle Beschwer in § 253 Abs. 2 Nr. 1 und 2. InsO (Widerspruch spätestens im Abstimmungstermin und Abstimmung gegen Plan, vgl. Rn. 521). Der Beschwerdeführer muss dagegen nicht einen Minderheitenschutzantrag nach § 251 InsO gestellt haben (siehe oben Rn. 521).346) Eine relevante und kumulativ erforderliche materielle Beschwer liegt nach 527 dem ESUG nur vor, wenn eine wesentliche Schlechterstellung (vgl. § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO) im Vergleich zur Regelabwicklung vom Beschwerdeführer dargelegt wird (zur ebenfalls notwendigen Glaubhaftmachung siehe nachstehend Rn. 530 f.). Sowohl zur formellen Beschwer als auch zur materiellen Beschwer hat das ESUG wie eingangs (siehe soeben Rn. 520 ff.) beschrieben die Hürden im Vergleich zur Rechtslage vor Inkrafttreten des ESUG erhöht. An einer „wesentlichen“ Schlechterstellung dürfte es – mit Bewertungsspiel- 528 raum im Einzelfall – schon dann fehlen, wenn die Schlechterstellung im Vergleich zur Regelabwicklung entweder betragsmäßig oder prozentual (zur 10 %Grenze sogleich Rn. 530) nur gering ist.347) Damit kann z. B. eine eventuell nicht ausreichende Bemessung des Mittelfonds‘ nach § 251 Abs. 3 Satz 1 InsO nur dann erfolgreich im Wege der sofortigen Beschwerde geltend gemacht werden, wenn dieser Mittelfonds in einer ins Auge springenden Art und Weise nicht geeignet ist, die Gleichstellung mit der Regelabwicklung zu bewirken (siehe auch sogleich Rn. 530).348)

___________ 343) Graf-Schlicker/Kebekus/Wehler, InsO, § 253 Rn. 1; BGH, Beschl. v. 5.2.2009 – IX ZB 230/07, ZIP 2009, 480, dazu EWiR 2009, 251 (Landry). 344) BGH, Beschl. v. 13.1.2011 – IX ZB 29/10, ZIP 2011, 781. 345) Vor ESUG genügte eine formelle oder materielle Beschwer, siehe Rn. 522. 346) BGH, Beschl. v. 17.7.2014 – IX ZB 13/14, ZIP 2014, 1442, dazu EWiR 2014, 521 (Madaus). 347) Während § 251 Abs. 1 Nr. 2 „nur“ eine (voraussichtliche) Schlechterstellung verlangt, ist in der parallel gestalteten Regelung nach § 253 Abs. 2 Nr. 3 eine „wesentliche“ Schlechterstellung erforderlich; zum Unterschied vgl. auch Braun/Braun/Frank, InsO, § 253 Rn. 11. 348) Nach Graf-Schlicker/Kebekus/Wehler, InsO, § 253 Rn. 2 sind Schlechterstellungen unter 10 % nicht wesentlich, siehe auch Rn. 530.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

e) Ladung: Hinweis auf ESUG-Hürden 529 Die formellen ESUG-Hürden für die Statthaftigkeit der Beschwerde nach § 253 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 InsO greifen nur dann, wenn in der öffentlichen Bekanntmachung und in der Ladung auf die vorstehend beschriebenen Zulässigkeitsvoraussetzungen ausdrücklich hingewiesen worden ist (§ 253 Abs. 3 InsO!). f) Glaubhaftmachung der wesentlichen Schlechterstellung 530 Zur notwendigen Glaubhaftmachung wird zunächst auf die Ausführungen zum Minderheitenschutzantrag verwiesen (siehe oben Rn. 506 ff. und dort zu § 294 ZPO). Zur Glaubhaftmachung der wesentlichen Schlechterstellung i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO hat der BGH in seiner Suhrkamp-Entscheidung vom 17.7.2014349) – IX ZB 13/14 u. a. Folgendes ausgeführt: „(10) Schließlich führt § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO als Verschärfung der materiellen Beschwer eine Erheblichkeitsschwelle für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde ein, weil der Bf. glaubhaft zu machen hat, dass er durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird, als er ohne Plan stünde. Eine wesentliche Schlechterstellung in diesem Sinne soll nach der Gesetzesbegründung jedenfalls dann nicht angenommen werden können, wenn die Abweichung von dem Wert, den der Gläubiger voraussichtlich bei einer Verwertung ohne Insolvenzplan erhalten hätte, unter 10 % liegt (BT-Drucks. 17/5712, 35). Zusätzlich wird in § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO darauf hingewiesen, dass die Aufnahme von Vorsorgemaßnahmen nach § 251 Abs. 3 InsO in dem Insolvenzplan eine materielle Beschwer ausschließen kann (BT-Drucks. 17/5712, 35). … Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde … nicht an die Voraussetzung gebunden, dass der Bf. im Verfahren der Planbestätigung einen zulässigen Minderheitenschutzantrag nach § 251 gestellt hat … (24) Ein Rechtsmittel gegen die Bestätigung des Insolvenzplans ist gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO zulässig, wenn der Bf. glaubhaft macht, dass er durch den Plan wesentlich schlechter gestellt wird, als er ohne einen Plan stünde, und dass dieser Nachteil nicht durch eine Zahlung aus den in § 251 Abs. 3 InsO genannten Mitteln ausgeglichen werden kann. …“

Die 10 %-Grenze zum Merkmal „wesentliche“ (Schlechterstellung) wird von einigen Instanzgerichten350) übernommen. 530a Wird durch den gestaltenden Teil des Plans in Rechte der Alt-Gesellschafter eingegriffen, ist deren – hypothetische – Lage in der Regelinsolvenz zu betrachten.351) In der Regel wird also zu fragen sein, ob – ausnahmsweise – ein Alt-Gesellschafter in der Regelinsolvenz mit einer Überschusszahlung auf seine Einlage nach § 199 Satz 2 InsO hätte rechnen können. Werden alle ___________ 349) ZIP 2014, 1442, dazu EWiR 2014, 521 (Madaus); zu allen Suhrkamp-Entscheidungen vgl. auch die Zusammenfassung bei Göb, NZI 2015, 13 ff. 350) LG Hamburg, Beschl. v. 10.12.2014 – 326 T 163/14, BeckRS 2015, 01490. 351) Hölzle, ZIP 2014, 1819, 1822 li. („Einziger Vergleichsmaßstab, der an das konkret zu erwartende Planergebnis angelegt werden darf, ist aus Gesellschaftersicht § 199 Satz 2 InsO…“).

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XI. Sofortige Beschwerde

Insolvenzgläubiger zu 100 % befriedigt, mag – ausnahmsweise – zudem zur Vergleichsrechnung noch zu erörtern sein, ob der Alt-Gesellschafter in der Regelinsolvenz seine Gesellschaftsanteile hätte durch Veräußerung finanziell realisieren können. Diesen Fragen ist der BGH bekanntlich in seiner SuhrkampEntscheidung vom 17.7.2014352) nachgegangen. So hat der BGH in der zitierten Entscheidung unter Rn. 40, 41 eine finanzielle Realisierung von Gesellschaftsanteilen – wegen einer 100 %igen Quote der Gläubiger – für möglich gehalten. Bekanntlich ist das LG Berlin dem dann nach Zurückverweisung durch den BGH an das LG nicht gefolgt (siehe unten Rn. 532a ff. zum Sofortvollzug des Plans gem. § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO).353) Weiter ist zur Glaubhaftmachung der wesentlichen Schlechterstellung i. S. d. 530b § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO eine Diskussion dazu im Gange, ob es hier nur auf eine – betriebswirtschaftliche – quantitative Schlechterstellung ankommt, oder ob auch eine qualitative, d. h. inhaltliche Schlechterstellung zu einer „wesentlichen Schlechterstellung“ i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO führen kann.354) Verbreitet wird die BGH-Entscheidung im Suhrkamp-Beschluss vom 17.7.2014 dahingehend gedeutet, dass selbst schwere Rechtsfehler mit der sofortigen Beschwerde nicht gerügt werden können, sofern nicht in quantitativer Hinsicht aus diesen Rechtsfehlern auch eine wirtschaftliche Schlechterstellung folgt.355) Da der BGH im Beschwerdeverfahren erst auf der Ebene der Begründetheit die „Prüfungsdichte öffnet“ (dazu unten Rn. 532), spricht viel dafür, dass dann, wenn bei eklatanten Rechtsfehlern keine wirtschaftliche Schlechterstellung im Vergleich zur Regelabwicklung dargetan und glaubhaft gemacht wird, nach Ansicht des BGH es an der Glaubhaftmachung der wesentlichen Schlechterstellung fehlt. Mit anderen Worten: Es findet i. d. R. Zulässigkeitsprüfung nur eine Quantitätsprüfung, keine Qualitätsprüfung in normativer Hinsicht statt. Dieses Ergebnis wäre aber überaus misslich. In der Praxis sind immer wieder – in rechtlicher Hinsicht – schlecht formulierte Insolvenzpläne zu beobachten (z. B. Pläne, die die Titelfunktion des Insolvenzplans und/oder ein Wiederaufleben der Ursprungsforderung nach §§ 255, 256 InsO bei einem erheblichen Planrückstand ausschließen wollen!). Wären solche unsinnigen und/oder unwirksamen Planregelungen einer Überprüfung im Rahmen der sofortigen Beschwerde entzogen, nur weil im Insolvenzplan aufgrund mehr oder weniger belastbarer Vergleichsrechnungen behauptet wird, der Plan erwirtschafte eine höhere Quote als die Regelinsolvenz, könnten selbst grobe Rechtsverstöße ___________ 352) BGH, Beschl. v. 17.7.2014 – IX ZB 13/14, ZIP 2014, 1442, dazu EWiR 2014, 521 (Madaus), dazu Bespr. v. Hölzle, ZIP 2014, 1819 ff. 353) LG Berlin, Beschl. v. 20.10.2014 – 51 T 696/14, dazu EWiR 2015, 23 (Leib/Rendels). 354) Vgl. hierzu Hölzle, ZIP 2014, 1819, 1830 li. u. 355) Vgl. dazu EWiR 2014, 521, 522 (Madaus); tendenziell auch LG Bonn, Beschl. v. 10.7.2014 – 6 T 178/14 (Irrelevanz „inhaltliche Einwände“, d. h. im Fall der Rüge einer behaupteten, unzulässigen Ungleichbehandlung betr. Gläubiger und Aktionäre/HybridAn-leihegläubiger; dort auch zur (Un-)Wahrscheinlichkeit einer Bezugsrechtsausübung).

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

nicht einmal mehr mit der sofortigen Beschwerde gerügt werden. Dies kann kaum der Sinn der Eingrenzung des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO sein, zumal sich solche Rechtsverstöße – mittelbar – auch wirtschaftlich auswirken können. Was nutzt im vorstehenden Beispielsfall (der Insolvenzplan soll keine Titelfunktion haben) eine angeblich höhere Quote im Vergleich zur Regelinsolvenz, wenn der Quotenanspruch nach Rechtskraft des Plans nicht vollstreckt werden kann? Nach zutreffender Ansicht muss § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO deshalb auch „normativ“ dahingehend ausgelegt werden, dass erhebliche und greifbare Rechtsverstöße, unabhängig vom wirtschaftlich messbaren Ergebnis, mit der sofortigen Beschwerde gerügt werden können. 531 Insgesamt ist aufgrund der Neuregelungen des ESUG jedenfalls dann, wenn im gestaltenden Teil ein ausreichender Mittelfonds nach § 251 Abs. 3 InsO gebildet wurde, nur selten von einer statthaften sofortigen Beschwerde auszugehen, da es in der Regel an der Glaubhaftmachung der wesentlichen Schlechterstellung nach § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO fehlen wird (zum Vorschlag einer entsprechenden Plan-Formulierung zum Mittelfonds siehe oben Rn. 516 ff.). 3. Begründetheit 532 Die sofortige Beschwerde ist begründet, wenn die Planbestätigung nicht hätte erfolgen dürfen (Verstoß gegen insbesondere §§ 248 – 252 Abs. 1 InsO) oder – bei Bestätigungsversagung – die Bestätigung hätte erfolgen müssen. Ist einmal die Hürde der Glaubhaftmachung der wesentlichen Schlechterstellung genommen (siehe vorstehende Rn. 530 – 531), sind Prüfungspflicht und Prüfungskompetenz des Beschwerdegerichts nicht beschränkt. Die Einhaltung aller Vorschriften, die zur Versagung der Planbestätigung hätten führen können, muss vom Beschwerdegericht – unabhängig vom Merkmal der „wesentlichen Schlechterstellung“ i. S. d. § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO – überprüft werden. Der BGH hat im Beschl. v. 17.7.2014 – IX ZB 13/14 zur unbeschränkten Begründetheitsprüfung ausgeführt: „(36) Nicht zuzustimmen vermag der Senat, der aus § 253 Abs. 2 Nr. 3 hergeleiteten weitergehenden Schlussfolgerung, dass Verfahrensverstöße, die nicht zu einer wesentlichen Schlechterstellung geführt haben, für die Begründetheit der Beschwerde ohne Bedeutung sind, weil derartige Verfahrensverstöße nicht durch eine Zahlung nach § 251 Abs. 3 kompensiert werden können … . (37) Ein solches Verständnis hat im Wortlaut des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO, der eine Beschneidung der Begründetheitsprüfung nicht kennt, keinen Anhalt gefunden. … Folglich kann der Regelung des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO, die sich nur mit der Zulässigkeit einer Beschwerde befasst, nicht entgegen ihrem Wortlaut ein weitergehender, auf die materielle Prüfung des Beschwerdegerichts gerichteter Inhalt beigemessen werden … .“

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XI. Sofortige Beschwerde

4. Freigabeverfahren a) Grundlagen Es spricht viel dafür, dass sich der Sofortvollzug des Insolvenzplans durch 532a das Beschwerdegericht gem. § 253 Abs. 4 Satz1 InsO (nahezu) zum Regelfall entwickeln könnte.356) Im Suhrkamp-Fall hat der BGH nämlich mit Beschl. v. 17.9.2014 entschieden, dass es – selbst bei einer entsprechenden Zulassung durch das Landgericht als Beschwerdegericht, die unbeachtlich wäre – keine Rechtsbeschwerde gegen die Sofortvollzugsentscheidung nach § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO gibt.357) Die „Versuchung“, einen Plan deshalb nach § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO „durchzudrücken“, dürfte vor diesem Hintergrund groß sein. Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat auf der „Zielgeraden“ 533 des Gesetzgebungsverfahrens zum ESUG das Freigabeverfahren eingefügt. Nach § 253 Abs. 4 InsO (in Anlehnung an § 246a AktG) kann das Landgericht als Beschwerdegericht den Insolvenzplan – erst in der Beschwerdeinstanz – durch Zurückweisung der Beschwerde endgültig und sofort in Kraft setzen. Dadurch wird der Suspensiveffekt der sofortigen Beschwerde – kein Eintritt der Rechtskraft – relativiert.358) Planverzögerungen und etwaige Nachteile des Beschwerdeführers sind vom Landgericht umfassend gegeneinander abzuwägen (siehe unten Rn. 534a und Rn. 534f – 534i). Auch in diesem Rahmen kann die Mittelbereitstellungsklausel des Plans zu § 251 Abs. 3 Satz 1 InsO die Anordnung des Sofortvollzugs erleichtern (zu einem Klauselvorschlag siehe oben Rn. 516 ff.). Ein durch den Planvollzug ggf. entstehender Schaden ist außerhalb des Insol- 534 venzverfahrens vor den Prozessgerichten zu verfolgen. Der Schaden ist aus der Masse zu ersetzen. Eine Rückgängigmachung des Plans, d. h. Schadenersatz im Wege der Naturalrestitution, ist ausgeschlossen (§ 253 Abs. 4 Sätze 3 und 4 InsO). Da somit der Sofortvollzug gemäß § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO ein „scharfes 534a Schwert“ ist, sollten die Gerichte und alle anderen Beteiligten (vor allem Sachwalter und Gläubigerausschussmitglieder) darauf achten, dass durch einen rechtzeitigen und transparenten Informationsfluss eine ehrliche Vergleichsrechnung – vor dem Erörterungs- und Abstimmungstermin – aufgestellt wird (vgl. zum Verfahrensschutz durch „Spielregeln“ zur Vergleichsrechnung, insbesondere einen frühen M&A-Prozess, bereits oben einleitend unter Rn. 9 ff.). Ohne einen solchen M&A-Prozess droht unterlegenen Minderheitsgesellschaftern und allen Gläubigern, dass diese nicht in der Lage sind, einen konkreten Schaden zu beziffern. Das wäre vor dem Hintergrund des ___________ 356) Zutreffend Pleister/Tholen, ZIP 2015, 414 ff. 357) BGH, Beschl. v. 17.9.2014 – IX ZB 26/14, ZIP 2014, 2040, dazu EWiR 2014, 685 (Spliedt). 358) Vgl. dazu auch Madaus, NZI 2012, 597 ff. und oben Rn. 516 ff. zum fehlenden Suspensiveffekt der sofortigen Beschwerde.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

Art. 14 GG bedenklich! Fragen der zutreffenden Ermittlung der Fortführungswerte und der Unternehmensbewertung hat das ESUG (noch?) nicht befriedigend gelöst. Das lässt sich nur durch hohe Anforderungen an die rechtzeitige Vorlage der Vergleichsrechnung kompensieren. Dazu gehören hohe Anforderungen an die Vermögensübersicht nach § 229 Satz 1 InsO und an die Unternehmensplanung, die in der Regel als integrierte Unternehmensplanung zu erstellen ist.359) In der Entscheidung des LG Berlin vom 20.10.2014 zu Suhrkamp360) geht das Gericht am Ende der Entscheidung nur sehr knapp auf diesen Punkt ein. Ohne eine kommentierte und ausführliche Vermögensübersicht nebst betriebswirtschaftlich belastbarer und transparenter Unternehmensplanung fehlen aber einem Minderheitsgesellschafter oder sonstigem „außenstehenden“ Gläubiger in der Regel die notwendigen Informationen dazu, seine (wesentliche) Schlechterstellung im Vergleich zur Regelabwicklung glaubhaft machen zu können. b) Voraussetzungen aa) Antrag 534b Nach dem Wortlaut des § 254 Abs. 4 Satz 1 InsO kann der Sofortvollzug nur auf Antrag „des Insolvenzverwalters“ durch das Landgericht angeordnet werden. Da im Rahmen der Eigenverwaltung die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis beim Schuldner liegt, sollte einer wohl überwiegenden Ansicht folgend die Vorschrift in der Eigenverwaltung so gelesen werden, dass auch „der Schuldner“ das Antragsrecht hat, jedenfalls wenn er (wie im Regelfall) Planinitiator ist.361) bb) „unverzüglich“ 534c Nach dem klaren Wortlaut des § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO bezieht sich das Merkmal „unverzüglich“ auf die Pflicht des Landgerichts, zügig durch Zurückweisung der Beschwerde zu entscheiden (zum Entscheidungsinhalt im Übrigen unten unter Rn. 534k). Das Tatbestandsmerkmal „unverzüglich“ macht deutlich, dass es sich um ein Eilverfahren handelt. „Unverzüglich“ bedeutet nach § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB „ohne schuldhaftes Zögern“.362) Jedenfalls dann, wenn der Antragsteller über einen längeren Zeitraum den Sofortvollzugsantrag nicht gestellt hat, könnte dies – wegen des Eilcharakters des Verfahrens – dafür sprechen, den Antrag zurückzuweisen, weil dann eben auch die Beschwerdeentscheidung nicht mehr „unverzüglich“ wäre. In jedem ___________ 359) Vgl. auch Leib/Rendels, EWiR 2015, 23 zum Transparenzschutz bei der Vergleichsrechnung (Suhrkamp). 360) Vgl. ZIP 2014, 2197. 361) So zutreffend LG Berlin im Suhrkamp-Beschl. v. 20.10.2014 – 51 T 696/14, ZIP 2014, 2197, dazu EWiR 2015, 23 (Leib/Rendels); Pleister/Tholen, ZIP 2015, 414 ff. 362) LG Berlin, Beschl. v. 20.10.2014 – 51 T 696/14, ZIP 2014, 2197, dazu EWiR 2015, 23 (Leib/Rendels).

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XI. Sofortige Beschwerde

Fall – aus Praktikersicht – macht sich der Antragsteller mit der Behauptung der Eilbedürftigkeit unglaubwürdig, wenn der Sofortvollzugsantrag in der Beschwerdeinstanz erst mit Zeitverzögerung nachgeholt wird. Nach der zitierten Entscheidung des LG Berlin ist die Beschwerdeentscheidung 534d zur Freigabe auch dann noch „unverzüglich“ i. S. d. § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO, wenn der Fall nach Zurückverweisung durch den BGH, nach einer Entscheidung über eine vom Landgericht zugelassene Rechtsbeschwerde, an die Vorinstanz zurückkommt und diese – erst – dann den Sofortvollzug anordnet.363) Ob dem insoweit zu folgen ist, ist zweifelhaft. § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO hat nicht den Zweck, nach Zurückverweisung durch den BGH unbequemen „Segelanweisungen“ und Rechtsausführungen des BGH auszuweichen.364) Im Suhrkamp-Fall hat das Landgericht Berlin nach Abschluss der Rechtsbe- 534e schwerde beim BGH, nach Zurückverweisung durch den BGH an das Landgericht, zum Merkmal „unverzüglich“ wie folgt ausgeführt.365) „Eine unverzügliche Zurückweisung ist dem Beschwerdegericht auch durch Zeitablauf nicht aus der Hand genommen. Zum einen ist das Verfahren, wie ausgeführt, in den Zustand zurückversetzt worden, in dem es sich vor dem Erlass des aufgehobenen Beschlusses vom 24.2.2014, also zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife der sofortigen Beschwerde, befand. Das Merkmal der Unverzüglichkeit ist, nachdem Entscheidungsreife nach Aufhebung und Zurückverweisung neu eingetreten ist, erneut zu prüfen. Zum anderen ist das Merkmal der Unverzüglichkeit dann nicht erfüllt, wenn dem Handelnden eine schuldhafte Verzögerung (§ 121 Abs. 1 BGB) vorzuwerfen ist. Die genannte Legaldefinition gilt für das gesamte Privatrecht … Eine schuldhafte Verzögerung des Beschwerdegerichts in der Sachbearbeitung liegt nicht vor. Es hat die sofortige Beschwerde unverzüglich bearbeitet und ist nach Aufhebung und Zurückverweisung ebenso unverzüglich wieder in die Bearbeitung eingestiegen … ‚Unverzüglich‘ bedeutet eben nicht sofort …“

Nicht zulässig ist es aber, falls ein Landgericht zunächst – ohne eine Entscheidung nach § 253 Abs. 4 InsO zu treffen – über die sofortige Beschwerde entscheidet, die Rechtsbeschwerde zulässt und erst in einem späteren, weiteren Beschluss (noch in derselben Instanz) versucht, einen Sofortvollzug nach § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO „durchzusetzen“. Im Fall Suhrkamp hatte zunächst auf die Planbestätigung das Landgericht mit Beschlüssen vom 21./24.2.2014 zwar die sofortige Beschwerde zurückgewiesen, gleichzeitig aber die Rechtsbeschwerde zugelassen. Ein Sofortvollzug wurde nicht angeordnet. In einem weiteren Beschluss, vom 14.4.2014 hatte das Landgericht dann – nachträglich – eine Sofortvollzugsentscheidung nach § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO getroffen. Dieses „Nachlegen“ durch einen „nachgeschobenen“ Sofortvollzugsbeschluss

___________ 363) LG Berlin, Beschl. v. 20.10.2014 – 51 T 696/14, dazu EWiR 2015, 23 (Leib/Rendels). 364) Vgl. dazu auch Pleister/Tholen, ZIP 2015, 414. 365) LG Berlin, Beschl. v. 20.10.2014 – 51 T 696/14, ZIP 2014, 2197, dazu EWiR 2015, 23 (Leib/Rendels).

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

hat der BGH zutreffend als unzulässig angesehen.366) Das liefe auf einen nachträglichen „Widerruf“ der zunächst erfolgten Zulassung der Rechtsbeschwerde hinaus. Aber auch dann, wenn die Rechtsbeschwerde bei erfolgter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde nicht zugelassen wurde, dürfte eine nachfolgende „Sofortvollzugsentscheidung“ ausgeschlossen sein. Schon der Wortlaut des § 254 Abs. 4 Satz 1 InsO legt nahe, dass ein Sofortvollzug nur bis zur Beschwerdeentscheidung, deren Inhalt dann der Sofortvollzug ist, ergehen kann. Einem nachgeholten Sofortvollzug – nach der Beschwerdeentscheidung – sieht § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO nicht vor. cc) Vorrang des Vollzugsinteresses, Nachteilsabwägung 534f § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO formuliert, dass die Abwägung „nach freier Überzeugung des Gerichts“ zu erfolgen habe, wonach die Nachteile der Verzögerung der Planumsetzung die Nachteile für den Beschwerdeführer überwiegen müssen. Liegt in Zusammenhang mit Planinhalten oder Verfahrensabläufen ein besonders schwerer Rechtsverstoß vor, kann das Gericht die Beschwerde nicht in Anwendung des § 253 Abs. 4 InsO zurückweisen (§ 253 Abs. 4 Satz 2 InsO; dazu unten Rn. 534i). Es empfiehlt sich deshalb aus prozessökonomischen Gründen zuerst die etwaigen Konstellationen des Unterbleibens einer Nachteilsabwägung zu überprüfen, um sodann, sofern kein Ausschluss der Abwägung vorliegt, in die Nachteilsabwägung einzusteigen.367) Auch bei einer offensichtlich unzulässigen oder offensichtlich unbegründeten sofortigen Beschwerde ist – ohne Nachteilsabwägung – die sofortige Zurückweisung der Beschwerde gem. § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO zulässig.368) 534g Das Tatbestandsmerkmal „freie Überzeugung“ belegt, dass der Vergleichsmaßstab nicht der Maßstab des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO (Glaubhaftmachung der wesentlichen Schlechterstellung durch den Plan als Zulässigkeitsvoraussetzung der sofortigen Beschwerde) ist.369) Wegen der einschneidenden Wirkung des Sofortvollzugs – und vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlich geschützten Rechts auf rechtliches Gehör nach Art. 103 GG – muss das Landgericht aber unter umfassender Berücksichtigung des Sachverhalts und umfassender Abwägung aller Argumente und Indizien, die für und gegen den Sofortvollzug sprechen, eine sorgfältige Abwägung treffen (siehe auch oben zu Transparenzschutz Rn. 534a). Dabei sind die Nachteile für den Beschwerdeführer zu ermitteln, wobei es dann auf den Maßstab, wie der Beschwerdeführer im Regelinsolvenzverfahren stünde, ankommt (ohne die „Strenge“ der Glaubhaftmachung des § 253 Abs. 2 Nr. 3 InsO zu Lasten des ___________ 366) BGH, Beschl. v. 17.7.2014 – IX ZB 13/14, ZIP 2014, 1442 = NZI 2014, 751, dazu EWiR 2014, 521 (Madaus). 367) Pleister/Tholen, ZIP 2015, 414. 368) Pleister/Tholen, ZIP 2015, 414; Fischer NZI 2013, 513, 519. 369) LG Berlin, Beschl. v. 20.10.2014 – 51 T 696/14, ZIP 2014, 2197, dazu EWiR 2015, 23 (Leib/Rendels).

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XI. Sofortige Beschwerde

Beschwerdeführers). Dem sind dann die – oft überwiegenden – Nachteile für den Schuldner und sonstige Beteiligte bei einer fehlenden Planumsetzung gegenüberzustellen. Im Rahmen der Abwägung kann es auch eine (je nach Einzelfall mehr oder 534h weniger erhebliche) Rolle spielen, wie der Mittelfonds nach § 251 Abs. 3 Satz 1 InsO quantitativ und qualitativ (Rückbehalt in Cash auf einem Sonderkonto) ausgestaltet ist (vgl. dazu oben Rn. 510 ff.). Weiter kann es eine Rolle spielen, ob und in welchem Umfang – insbesondere bei gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierungsmaßnahmen im gestaltenden Teil des Insolvenzplans – Alt-Gesellschaftern, die eine Restriktion ihrer Rechte hinnehmen müssen, Abfindungsansprüche zuerkannt werden.370) dd) Kein besonders schwerer Rechtsverstoß Nach § 253 Abs. 4 Satz 2 InsO ist der Plan-Sofortvollzug dann ausgeschlossen, 534i „wenn ein besonders schwerer Rechtsverstoß vorliegt“. Dies ist als eine Aufforderung an das Beschwerdegericht zu verstehen, die Voraussetzungen für eine Planbestätigung nach §§ 248, 249, 250 InsO nochmals sauber zu überprüfen. Aber nur bei einem „ins Auge springenden Rechtsverstoß“ ist die Annahme eines „besonders schweren Rechtsverstoßes“ gerechtfertigt.371) In gesellschaftsrechtlicher Hinsicht dürfen jedenfalls keine groben Planfehler zu erkennen sein. Eine Überprüfung der Eröffnungsentscheidung findet nicht statt.372) ee) Kein Rechtsmittel Nach der Suhrkamp-Entscheidung des BGH vom 17.9.2014373) ist kein 534j Rechtsmittel gegen die „Freigabe“ nach § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO gegeben, auch nicht bei (stets fehlerhafter) Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Landgericht. In rechtspolitischer Hinsicht ist die Begrenzung des „Rechtsmittelzuges“ insoweit bedauerlich. Es besteht die Gefahr, dass die zahlreichen, interessanten Rechtsfragen, die das Planverfahren aufwirft, nicht mehr zum BGH gelangen. Dies fördert die Rechtszersplitterung und in Einzelfällen den „Mut“ der Instanzgerichte zu „dünnen“ Begründungen. c) Entscheidungsinhalt Nach § 253 Abs. 4 Satz 1 InsO besteht die Sofortvollzugsentscheidung darin, 534k dass das Landgericht die Beschwerde (unverzüglich) „zurückweist“. Es er___________ 370) Vgl. zu diesem Aspekt wiederum den Suhrkamp-Beschluss des LG Berlin v. 20.10.2014 – 51 T 696/14, dazu EWiR 2015, 23 (Leib/Rendels). 371) Insoweit zutreffend Pleister/Tholen, ZIP 2015, 414, 417 ff. 372) Vgl. LG Berlin v. 20.10.2014 – 51 T 696/14, ZIP 2014, 2197, dazu EWiR 2015, 23 (Leib/Rendels). 373) IX ZB 26/14, ZIP 2014, 2040, dazu EWiR 2014, 685 (Spliedt).

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

folgt also nicht etwa eine gesonderte Entscheidung zur „Freigabe“, sondern der Tenor der Entscheidung besteht in der Zurückweisung der sofortigen Beschwerde, etwa wie folgt: „Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin X vom … gegen den Beschluss des Amtsgerichts Y vom … [Anmerkung der Verfasser: Es folgt die genaue Bezeichnung des Bestätigungsbeschlusses unter Angabe des Aktenzeichens und des Datums] wird auf Ihre Kosten zurückgewiesen.“

d) Schadenersatz, keine Rückgängigmachung 534l Nach § 253 Abs. 4 Satz 3 InsO besteht die Rechtsfolge – falls die Insolvenzplanbestätigung rechtswidrig war und/oder objektiv ein Sofortvollzug nicht hätte erfolgen dürfen – darin, „dem Beschwerdeführer aus der Masse den Schaden zu ersetzen, der ihm durch den Planvollzug entsteht“. Die Rückgängigmachung des Plans, also eine Naturalrestitution, ist auch als Schadensersatzfolge ausgeschlossen. 534m Auch hier gilt wieder, dass wegen der häufigen Bewertungsschwierigkeiten zu einzelnen Vermögenspositionen des Schuldners und/oder wegen unklarer Bewertung des Unternehmens im Ganzen Alt-Gesellschaftern eine substantiierte Schadensersatzklage nur dann möglich ist, wenn vor dem Erörterungs- und Abstimmungstermin – zumindest bei etwas größeren Unternehmensinsolvenzen – ein transparenter M&A-Prozess stattgefunden hat und eine fundierte, dokumentierte und kommentierte Vergleichsrechnung vorliegt (vgl. bereits einführend oben unter Rn. 9 ff. und oben Rn. 534a). e) Zuständigkeit für die Schadensersatzklage 534n Nach § 253 Abs. 4 Satz 4 ist für Schadensersatzklagen nach vorstehender Ziffer „das Landgericht zuständig, das die sofortige Beschwerde zurückgewiesen hat“. Dieser Wortlaut wirft die Frage auf, ob genau die Beschwerdekammer für die Schadenersatzklage zuständig sein soll, die die sofortige Beschwerde durch Sofortvollzug zurückgewiesen hat oder ob nach dem allgemeinen Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts die hierfür vorgesehene (allgemeine) Zivilkammer für Schadensersatzklagen zuständig ist.374) Da die Verteilung der eingehenden Rechtsstreitigkeiten nicht dem Gesetzgeber obliegt, sondern dem jeweiligen Präsidium des jeweiligen Landgerichts, bleibt es bei den Regeln des jeweiligen Geschäftsverteilungsplans. XII. Aufhebung des Insolvenzverfahrens 1. Voraussetzungen 535 Nach § 258 Abs. 1 InsO erfolgt die Aufhebung des Insolvenzverfahrens „sobald die Bestätigung des Insolvenzplans rechtskräftig ist“. Nach § 258 Abs. 3 ___________ 374) Skauradszun, DB 2014, 2694, 2696 u. li.

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XII. Aufhebung des Insolvenzverfahrens

Satz 2 InsO sind zum Aufhebungszeitpunkt vorab durch das Gericht der Schuldner, der Insolvenzverwalter (oder der Sachwalter) und die Mitglieder des Gläubigerausschusses zu unterrichten. Da das Insolvenzplanverfahren auf eine beschleunigte Beendigung der Insolvenz abzielt, sollte die Aufhebung zum frühestmöglichen Zeitpunkt – nach Erledigung etwaiger Restaufgaben zwischen der Rechtskraft der Bestätigung und der Aufhebung des Insolvenzverfahrens (dazu unten Rn. 543 ff.) – erfolgen.375) Gemäß § 258 Abs. 1 InsO kann der Insolvenzplan im gestaltenden Teil Regel- 536 ungen zum Zeitpunkt der Aufhebung des Insolvenzverfahrens vorsehen (so kann z. B. die Aufhebung vom Eingang eines Drittzuschusses für die Planquote abhängig gemacht werden). Die Entscheidung zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens ergeht durch Be- 537 schluss und wirkt ex nunc. Der Beschluss und der Grund der Aufhebung sind öffentlich bekannt zu 538 machen (§ 258 Abs. 3 Satz 1 InsO). Sofern eine Planüberwachung im Insolvenzplan vorgesehen ist, ist diese ebenfalls in die öffentliche Bekanntmachung aufzunehmen (§ 267 Abs. 1 InsO). Der Beschluss zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist grundsätzlich unan- 539 fechtbar, da nach § 6 Abs. 1 InsO die Entscheidungen des Insolvenzgerichts nur bei ausdrücklicher Zulassung anfechtbar sind und es in Bezug auf den Aufhebungsbeschluss grundsätzlich an einer solchen Zulassung eines Rechtsmittels fehlt. Sofern in Bezug auf vor dem 1.1.2013 anhängige Verfahren eine Rechtspflegerentscheidung zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens ergeht, kann gegen den Aufhebungsbeschluss eine Rechtspflegererinnerung nach § 11 Abs. 2 RPflG in Betracht kommen. Vor diesem Hintergrund kann sich zumindest bei Rechtspflegerentscheidungen empfehlen, auch in Bezug auf den Aufhebungsbeschluss im Anschluss ein Rechtskraftzeugnis zu verlangen. Die Erfüllung des Plans ist grundsätzlich (sofern im gestaltenden Teil nicht aus- 540 drücklich als Aufhebungsvoraussetzung definiert) nicht Voraussetzung für die Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Die Erfüllung des Insolvenzplans wird im Anschluss ggf. im Rahmen einer Planüberwachung abgearbeitet (vgl. §§ 255, 256 InsO). 2. Rechtsfolgen der Aufhebung Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens erlöschen alle Ämter des Insol- 541 venzverwalters und der Mitglieder eines Gläubigerausschusses (§ 259 Abs. 1 ___________ 375) Zu verbleibenden Aufgaben nach der Bestätigung, die vor Aufhebung erledigt werden müssen, vgl. J. Schmidt, in: Kübler, HRI, 2. A., § 44 Rn. 1 ff. (ggf. Restaufgaben des Gläubigerausschusses, Festsetzung von Vergütung des Gläubigerausschusses und sämtlicher sonstiger Vergütungsansprüche einschließlich der Gerichtskosten, Begleichung aller fälligen und unstrittigen Masseverbindlichkeiten u. a.).

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

Satz 1 InsO; vgl. aber § 261 Abs. 1 InsO und unten Rn. 588 ff. zu Restaufgaben der Genannten bei Planüberwachung und fehlender Planregelung zu diesen „Restaufgaben“). Der Schuldner erhält die volle Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zurück (§ 259 Abs. 1 Satz 2 InsO). Grundsätzlich ist die Vorschrift des § 259 Abs. 1 InsO nicht plandispositiv.376) Zu den Möglichkeiten, dem vormaligen Insolvenzverwalter oder vormaligen Sachwalter zum Zwecke einer Nachtragsverteilung ggf. Rechtspositionen des Schuldners im Wege einer Treuhandabtretung zuzuweisen, wird auf obige Ausführungen Bezug genommen (siehe oben Rn. 360 ff.). 542 Da das ESUG in § 217 Satz 2 InsO sog. verfahrensbegleitende oder verfahrensleitende Insolvenzpläne zugelassen hat, kommt nach Beendigung des Insolvenzplanverfahrens auch in Betracht, dass das Insolvenzverfahren nicht aufgehoben wird, sondern die Regelabwicklung – nach Teillösungen durch Insolvenzplan – fortgesetzt wird (siehe auch Rn. 24).377) 3. Praktische Problembereiche und Lösungsvorschläge a) Schlussrechnungslegung? 543 Vor der ESUG-Reform stand eine Vielzahl der Insolvenzgerichte (und Rechtspfleger) auf dem Standpunkt, dass die Vorschrift des § 66 InsO a. F. (Erfordernis einer Schlussrechnungslegung nebst Schlussrechnungsprüfung) im Insolvenzplanverfahren ebenso gilt wie im Regelverfahren.378) Das ESUG hat nunmehr in § 66 Abs. 1 Satz 2 InsO bestimmt, dass die Schlussrechnungsvorschriften durch den Insolvenzplan abbedungen werden können. Mittelbar ergibt sich daraus, dass der ESUG-Gesetzgeber von der grundsätzlichen Anwendung der Schlussrechnungsvorschriften im Insolvenzplanverfahren entgegen der vorstehend zitierten Literaturauffassung ausgeht. 544 Die Anwendung der Schlussrechnungsvorschriften – sofern nicht in Abstimmung mit dem Gericht bei der Planabfassung Vorsorge getroffen wurde – hat in der Praxis zu teilweise erheblichen Verfahrensverzögerungen geführt.379) In der Praxis empfiehlt sich, um Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, zu einem frühen Zeitpunkt mit dem Insolvenzgericht abzustimmen, dass die Schlussrechnungsvorschriften nicht greifen sollen. ___________ 376) Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, § 259 Rn. 3 m. w. N. und oben Rn. 358 f. und Rn. 360 ff. 377) Zu Teil-Insolvenzplänen als Bestandteil der Regelinsolvenz mit anschließender Fortsetzung der Regelabwicklung vgl. J. Schmidt, in: Kübler, HRI, 2. A., § 44 Rn. 2 ff. 378) In der Literatur wurde teilweise vertreten, dass im Planverfahren die Schlussrechnungsvorschriften nicht gelten, so z. B. Grub, DZWIR 2004, 317; zum Streitstand vgl. ausführlich J. Schmidt, in: Kübler, HRI, 2. A., § 44 Rn. 21 ff. 379) Vgl. den Fall LG Berlin, Urt. v. 1.12.2011 – 9 O 293/11, ZInsO 2012, 326 (ein Schuldnerplan sah grundsätzlich nach dem darstellenden Teil eine zügige Verfahrensbeendigung nebst Ausschüttung durch den Schuldner vor; da es zu Verfahrensverzögerungen kam, nahm der Insolvenzverwalter entsprechend den Regelungen des darstellenden Teils eine Abschlagsverteilung von 95 % vor; wegen des Zinsschadens belangte anschließend erfolgreich der vormalige Schuldner den Verwalter nach § 60 InsO).

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XII. Aufhebung des Insolvenzverfahrens Praxistipp (Ersatz der Schlussrechnung durch eine kontinuierliche Rechnungsprüfung durch externen Kassenprüfer): Mit dem Insolvenzgericht wurde in einem größeren Verfahren abgestimmt, dass die Einnahmen- und Ausgabenrechnung des Schuldners (die zusätzlich zur handelsrechtlichen Buchführung aufgesetzt wurde) einmal monatlich von einem externen Kassenprüfer in Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss geprüft wird. Es erfolgte also eine kontinuierliche Zwischenrechnungslegung nebst kontinuierlicher Prüfung durch einen externen Kassenprüfer. Vor diesem Hintergrund hielt das Gericht – noch unter Geltung der Rechtslage vor dem ESUG – eine eigene Schlussrechnungsprüfung und die Anwendung des § 66 Abs. 1 InsO a. F. für entbehrlich.

Im vorstehenden Fall regte das Insolvenzgericht – noch vor Einreichung 545 des Insolvenzplans – in der ersten Gläubigerversammlung an, dass die Gläubigerversammlung mit Blick auf den bloß angedachten Insolvenzplan den Verzicht auf eine Schlussrechnungsprüfung erklärte. Die vorstehenden Abstimmungen mit dem Insolvenzgericht sind dann nach 546 § 66 Abs. 1 Satz 2 InsO durch eine entsprechende Planformulierung im gestaltenden Teil zu flankieren380). Beispiel (Vorschlag für eine Klausel zur Abbedingung der Schlussrechnungsprüfung): „Verzicht auf gesonderte Schlussrechnung, Schlussrechnungsprüfung und Schlusstermin Die vom Gericht angeordnete, fortlaufende Prüfung der Rechnungslegung des vorläufigen Insolvenzverwalters und der Schuldnerin (Anmerkung zum Sachverhalt: Nach Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung wurde mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Eigenverwaltung angeordnet, so dass alle Pflichten zur Rechnungslegung die Schuldnerin trafen.) durch den Kassenprüfer X gilt als Vorlage und Prüfung der Schlussrechnung. Eine erneute Anhörung der Gläubigerversammlung zur Rechnungslegung des vorläufigen Insolvenzverwalters und der Schuldnerin einschließlich der Festsetzung der Kosten des Insolvenzverfahrens findet nicht statt. Auf Schlussrechnungslegung, Bestellung eines Schlussrechnungsprüfers, Schlussbericht und gesonderten Schlusstermin wird verzichtet.“ Denkbar wären auch Klauseln, wonach eine Schlussrechnungserstellung und 547 Schlussrechnungsprüfung sich auf bestimmte Zeiträume erstrecken (z. B. nur auf den Zeitraum bis zur Annahme des Insolvenzplans). In praktischer Hinsicht empfiehlt sich jedoch dringend, um Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, wie vorstehend beschrieben, das im Regelinsolvenzverfahren greifende ___________ 380) Trotz der ESUG-Neuregelung in § 66 Satz 2 InsO werden in der Praxis wiederholt zu Schlussrechnungslegung/Schlussrechnungsprüfung Abstimmungsprobleme mit den Insolvenzgerichten berichtet, vgl. Gravenbrucher Kreis, ZIP 2014, 1262, 1265 (These 8).

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

Schlussrechnungsprozedere gänzlich und ausdrücklich ggf. in rechtzeitiger Abstimmung in der Planerstellungsphase mit dem Gericht abzubedingen.381) b) Begleichung der Masseverbindlichkeiten 548 § 258 Abs. 2 InsO regelt die Behandlung der Masseverbindlichkeiten. Die unstreitigen und fälligen Masseansprüche sind vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu begleichen (§ 258 Abs. 2 Satz 1 InsO). In Verfahren der Eigenverwaltung sollte in der Regel vorab mit dem Insolvenzgericht und dem Sachwalter abgestimmt werden, dass der Sachwalter dem Insolvenzgericht die Begleichung der fälligen Masseverbindlichkeiten oder deren Sicherstellung gemäß Finanzplan als Voraussetzung für die Aufhebung des Insolvenzverfahrens anzeigt. 549 Weiter empfiehlt sich, zum Schutz des Sachwalters im Innenverhältnis zwischen Schuldner und Sachwalter klar zu regeln, dass der Schuldner den (vormaligen) Sachwalter (ggf. den vormaligen Insolvenzverwalter) auch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens von allen Masseverbindlichkeiten freistellt und der Schuldner insoweit auf Aufrechnungs- und Zurückbehaltungsrechte verzichtet, sofern nicht etwaige unstrittige oder rechtskräftig festgestellte Rechtspositionen des Schuldners gegen den vormaligen Sachwalter gegeben sind. 550 Für streitige Masseansprüche muss der Schuldner Sicherheit leisten, wobei die Bemessung des Volumens der Sicherheitsleistung problematisch sein kann. Nicht jeder irgendwie geltend gemachte Anspruch, der objektiv unhaltbar ist, kann zu einer Berücksichtigung in Höhe des Nennwertes des erhobenen Anspruchs führen. Hier ist unter Berücksichtigung kaufmännischer Grundsätze ggf. eine angemessene Sicherheitsleistung in Höhe eines Bruchteils des streitigen Anspruchs als Rückbehalt zu bilden. In praktischer Hinsicht kann in Betracht kommen, dass der (vormalige) Sachwalter oder (vormalige) Insolvenzverwalter hierfür ein eigenständiges Verfahrenssonderkonto einrichtet, auf das der Schuldner – entsprechend den Regelungen des gestaltenden Teils – den Sicherungsbetrag für streitige Masseverbindlichkeiten einzahlen muss. 551 Für alle nicht fälligen (und unstreitigen) Masseverbindlichkeiten gilt nach § 258 Abs. 2 Satz 2 InsO seit der ESUG-Reform, dass die noch nicht fälligen Verbindlichkeiten entsprechend der Finanzplanung beglichen werden dürfen. Nach der Finanzplanung muss die „Erfüllung gewährleistet“ sein. Dies wirft die Frage auf, welche Qualitätsanforderungen an die Finanzplanung zu stellen sind (vgl. hierzu oben Rn. 132 ff.). In der Regel wird zumindest bei nicht ganz kleinen Unternehmen eine integrierte Unternehmensplanung verlangt werden müssen. ___________ 381) Vgl. auch den Muster-Insolvenzplan zu einer GmbH & Co. KG von Rendels/Zabel, in: Kübler, HRI, 2. A., § 52, dort unter Nr. 3.9 der Planklauseln.

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XII. Aufhebung des Insolvenzverfahrens

Beispiel (Nach Planbestätigung und Rechtskraft – vor Aufhebung – wegen Masseunzulänglichkeit „geplatzter“ Plan, Nebenabreden): Gar nicht so selten kommen Fälle vor, in denen ein bestätigter Insolvenzplan rechtskräftig wurde. Wegen einer Fehlplanung und der mangelnden Möglichkeit, die Masseverbindlichkeiten zu begleichen, wird dann das Insolvenzverfahren von der Eigenverwaltung in ein Regelinsolvenzverfahren überführt382). In der bezeichneten Entscheidung des AG Köln war a) die Liquiditätsplanung „auf Sand gebaut“. Die Vergütungsansprüche des Sachwalters und andere Masseverbindlichkeiten konnten nicht – trotz der Planbestätigung – ausgeglichen werden. Dann kam noch b) hinzu, dass nach Planbestätigung (offensichtlich wurde der Schuldner wegen des verabschiedeten Insolvenzplans mutig) Abtretungen von Ansprüchen erfolgten, die einen Besserungsschein des Insolvenzplans unterliefen. Das AG Köln hat im bezeichneten Fall dies – sehr zutreffend – zum Anlass genommen, die Eigenverwaltung aufzuheben. c) Vergütungs- und Kostenfestsetzungen Zu den Masseverbindlichkeiten nach § 258 Abs. 2 InsO gehören auch die 552 Verfahrenskosten nach § 54 InsO und damit sämtliche Vergütungsansprüche sowie die Gerichtskosten. Die Stundungsregelungen gem. §§ 4a/b InsO gelten im Planverfahren nicht.383) Die Verfahrenskosten (bestehend aus den Gerichtskosten, der Vergütung des (vorläufigen) Insolvenzverwalters/(vorläufigen) Sachwalters, den Beratungskosten des Schuldnerberaters in der Eigenverwaltung und u. a. der Kosten der Gläubigerausschussmitglieder) können einen erheblichen Umfang ausmachen. Sie sind deshalb für eine ordnungsgemäße Liquiditätsplanung oft entscheidend. Zu diesen Kosten sollte deshalb so früh wie möglich Klarheit herrschen, ggf. im Rahmen einvernehmlicher Abreden (dazu nachfolgend Rn. 553 ff.). In praktischer Hinsicht empfehlen sich, um ansonsten häufig auftretende 553 Verzögerungen zu vermeiden, frühzeitige Abstimmungen zwischen Planverfasser, Sachwalter (im Rahmen der Eigenverwaltung) und/oder Insolvenzverwalter (im Rahmen der Regelabwicklung) sowie Insolvenzgericht im Vorfeld des Erörterungs- und Abstimmungstermins (zur strittigen Regelung von Vergütungsfestsetzungsanträgen im Insolvenzplan, siehe unten Rn. 559). Praxistipp (Frühestmögliche Stellung aller Vergütungsanträge): Um Zeitverzögerungen zu vermeiden, sollten sowohl die Gläubigerausschussmitglieder als auch der Insolvenzverwalter oder Sachwalter ihre Vergütungsfestsetzungsanträge sämtlich zu einem möglichst frühen Zeitpunkt stellen.

Wann dieser möglichst frühe Zeitpunkt ist, ist noch nicht höchstrichterlich 554 geklärt und in der Praxis teilweise umstritten. Allerspätestens ab Rechtskraft ___________ 382) AG Köln, Beschl. v. 15.12.2014 – 74 IN 152/12, ZIP 2015, 440 ff. 383) BGH, Beschl. v. 5.5.2011 – IX ZB 136/09, ZIP 2011, 1327.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

der Planbestätigung sollte der Vergütungsfestsetzungsantrag – unverzüglich – bei Gericht eingehen, wobei die Vergütungsbeträge nach Möglichkeit im Vorfeld einvernehmlich abgestimmt sein sollten (ggf. anhand von AntragsEntwürfen). Teilweise wird in der Literatur auch vertreten, dass der Vergütungsfestsetzungsantrag bereits vor Rechtskraft der Planbestätigung gestellt werden kann.384) 555 Vor Aufhebung des Verfahrens sollten alle Vergütungen und Kosten gem. § 54 InsO festgesetzt und nach Möglichkeit entnommen sein. 556 Leider sind in der Praxis gelegentlich Fälle zu beobachten, in denen die Vergütungsfestsetzungsanträge von Verwalter und Gläubigerausschussmitgliedern zu einem recht späten Zeitpunkt – weit nach Planrechtskraft – gestellt wurden. Folge sind dann (manchmal) unangenehme zeitliche Verzögerungen bei der Aufhebung des Insolvenzverfahrens. Erscheinen nach überschlägiger Prüfung alle Vergütungsansprüche in der Liquiditätsplanung ausreichend berücksichtigt, sollte das Gericht bei noch fehlender Vergütungsfestsetzung eine Aufhebung gem. § 258 Abs. 2 Satz 2 InsO erwägen. 557 Zur Liquiditätsplanung wird auf oben Rn. 552 verwiesen. 558 In der Regel werden Informationen zu Vergütungen und Verfahrenskosten im darstellenden Teil oder in den Plananlagen (dort z. B. in den Unternehmensplanungen) nur informatorischen Charakter haben, so dass eine Bindung an die Planansätze beim späteren Vergütungsfestsetzungsantrag nicht besteht.385) Selbst wenn also der Insolvenzverwalter Planinitiator ist, ist er in seinem Vergütungsfestsetzungsantrag an die Planungen und/oder Angaben zur Vergütung im darstellenden Teil nicht gebunden. Umgekehrt kann theoretisch auch der Schuldner den Vergütungsfestsetzungsantrag des Sachwalters/ Insolvenzverwalters angreifen, auch wenn der Antrag den Informationen im Insolvenzplan entspricht. Solche Streitigkeiten sollten aber dringlich – um die erwähnte Verzögerung der Aufhebung des Insolvenzverfahrens und Unsicherheiten in der Liquiditätsplanung zu vermeiden – von vornherein durch Abreden unter allen Beteiligten vermieden werden. 559 Zudem soll der gestaltende Teil des Insolvenzplans nach einer bestrittenen Auffassung in der Lage sein, die Vergütungsansprüche im Insolvenzplan für alle Beteiligten (nebst Insolvenzgericht) bindend festzulegen.386) In der Praxis finden sich verbreitet Vergütungsregelungen im gestaltenden Teil. Nach einer Entscheidung des LG München I soll eine Vergütungsregelung im Insolvenzplan das Gericht nicht von der Pflicht entbinden, einen Vergütungsfestsetzungsbeschluss gemäß § 64 InsO fassen zu müssen. Der Höhe ___________ 384) J. Schmidt, in: Kübler, HRI, 2. A., § 44 Rn. 34 ff. 385) Vgl. auch BGH, Beschl. v. 22.2.2007 – IX ZB 106/06, ZIP 2007, 784 = NZI 2007, 341. 386) Vgl. J. Schmidt, in: Kübler, HRI, 2. A., § 44 Rn. 37 – 40; die zitierte Literaturansicht meint, dies der Rechtsprechung des BGH, Beschl. v. 22.2.2007 – IX ZB 106/06, ZIP 2007, 784 entnehmen zu können.

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XII. Aufhebung des Insolvenzverfahrens

nach soll die Planregelung das Gericht aber binden können.387) Diese Entscheidung ist in der Literatur und Rechtsprechung vieler Insolvenzgerichte auf Kritik gestoßen.388) Der Auffassung zu planbindenden Vergütungsregeln ist nicht zuzustimmen. Das Vergütungsfestsetzungsverfahren nach der InsO und der InsVV sowie die dort enthaltenen Verfahrensregeln und Normen zur Vergütungsbemessung sind u. E. nicht plandispositiv. Selbstverständlich bleibt allen Beteiligten – also Sachwalter/Insolvenzverwalter, Gläubigerausschussmitgliedern, Schuldnern und Gericht – überlassen, einvernehmlich die Höhe der Vergütung sehr frühzeitig abzustimmen. Bei einer entsprechenden einvernehmlichen Abstimmung ist nichts dagegen einzuwenden (und ggf. je nach Einzelfall empfehlenswert), eine solche Vergütungsregelung in den gestaltenden Teil aufzunehmen. Zur Berechnungsgrundlage sind ggf. Forderungen der Masse zum Schätzwert 560 zugrunde zu legen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 2 InsVV).389) Ein Drittzuschuss für die Planquote ist zur Bemessung der Berechnungsgrundlage nicht anzusetzen (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 InsVV). In einer unveröffentlichten Entscheidung stellte das Insolvenzgericht Essen zur Berechnungsgrundlage auf das „beaufsichtigte Vermögen“ ab. Zur Höhe der Vergütung des vorläufigen Sachwalters entschied das AG 561 Essen, diese betrage analog § 63 Abs. 3 Satz 1 InsO, § 12 Abs. 1 InsVV 15 % der Vergütung des endgültigen Insolvenzverwalters.390) Insbesondere aus Sicht eines Insolvenzverwalters oder Sachwalters kann die Begleitung eines Schuldner-Insolvenzplans erheblichen Aufwand bereiten. Die Bemessung der Zuschlagsfaktoren hierfür ist Einzelfallfrage. Der BGH hat zur Begleitung eines Schuldnerplans z. B. einen Zuschlag von mindestens 20 % anerkannt.391) Im Übrigen ist die Bemessung von Zuschlagsfaktorern im Insolvenzplanverfahren schwierig. In der Literatur und in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung finden sich breit gefächerte Zuschlagssätze in einer Größenordnung von 20 % bis 300 %392). Im Rahmen der Eigenverwaltung, wenn der Berater des Schuldners nicht ausreichend erfahren ist, ist häufiger zu beobachten, dass der (vorläufige) Sachwalter mehr oder weniger zum faktischen Planersteller wird (was nicht der Fall sein sollte). Dies muss sich dann auch entsprechend in der Höhe der Zuschlagssätze widerspiegeln. ___________ 387) LG München I, Beschl. v. 2.8.2013 – 14 T 16050/13, NZI 2013, 972. 388) Strikt gegen Plandispositivität Die Kölner Insolvenzrichter, ZIP 2014, 2153, 2160 ff.; A. Schöttler, NZI 2014, 852. 389) Vgl. BGH, Beschl. v. 17.3.2011 – IX ZB 145/10, ZInsO, 2011, 839 = NZI 2011, 445. 390) AG Essen, Beschl. v. 3.11.2014 – 166 IN 155/13, BeckRS 2014, 20459. 391) Vgl. BGH, Beschl. v. 22.2.2007 – IX ZB 106/06, ZIP 2007, 784; zu Vergütungsfragen bei Vorlage eines Insolvenzplans vgl. Stephan, VIA 2015, 1, 2. 392) Vgl. LG Erfurt v. 22.1.2010 – 1 T 480/09 (nur 5 %); vgl. Kübler/Prütting/Bork/ Prasser/Stoffler, InsO, Stand 54. Lfg. 8/13, § 3 InsVV Rn. 116 „Insolvenzplan“; vgl. auch die Übersicht bei Gräber/Gräber, zugänglich über www.insvv-online.de.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

d) Zeitpunkt der Verfahrensaufhebung und Kontoverbindungen 562 Bei der Eigenverwaltung wird in vielen Fällen der (mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens vormalige) Sachwalter nach § 275 Abs. 1 und Abs. 2 InsO die sog. „Kassenhoheit“ gehabt haben. Dazu gehört, dass der (vorläufige und/ oder vormalige) Sachwalter ein eigenes Verfahrenssonderkonto einrichtet, über das die Schuldnergelder während der Eigenverwaltung verwaltet wurden. 563 Diese sich daraus ergebenden Kontenbestände müssen mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens dann unverzüglich auf den Schuldner und dessen Konten überwiesen werden (vgl. § 259 Abs. 1 InsO). 564 Um dem Rechtsverkehr rechtzeitig eine zutreffende Kontoverbindung mitzuteilen, empfiehlt sich, mit gemeinsamen Rundschreiben von Schuldner und Sachwalter den Rechtsverkehr über die bevorstehende Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu informieren. In dem gemeinsamen Informationsschreiben können dann die Kontoverbindungen angegeben werden, die die Schuldnerin ab Aufhebung des Insolvenzverfahrens nutzen wird. Durch eine rechtzeitige Information wird vermieden, dass Vertragspartner – trotz Aufhebung des Insolvenzverfahrens – in Unkenntnis dieser Aufhebung weiter auf die alten Kontoverbindungen des Sachwalters zahlen, was Abwicklungsaufwand verursacht und die Liquidität der Schuldnerin beeinträchtigen kann. Beispiel (Formulierungsvorschlag für ein kurzes gemeinsames Rundschreiben an Vertragspartner von Sachwalter und Schuldnerin): „Aufhebung des Insolvenzverfahrens Sehr geehrte Damen und Herren, wir (Schuldnerin und Sachwalter) teilen hiermit gemeinsam mit, dass für den …2013 die Aufhebung des Insolvenzverfahrens vorgesehen ist. Nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans werden das Verfahren der Eigenverwaltung und die Insolvenz somit kurzfristig erfolgreich beendet und aufgehoben werden. Die X,Y-AG ist damit wieder eigenständig tätig und erfolgreich restrukturiert worden. Ab dem … 2013 gelten für die von Ihnen zu leistenden Zahlungen folgende Kontoverbindungen der X,Y-AG (es folgen Kreditinstitut, Kontonummer und BLZ). Wir bitten, die Buchhaltung Ihres Hauses unbedingt anzuweisen, die neue Kontoverbindung der restrukturierten X,Y-AG zu beachten. Mit freundlichen Grüßen X,Y-AG und Sachwalter“ 565 Zahlungen eines Drittschuldners an den (vormaligen) Insolvenzverwalter haben keine schuldbefreiende Wirkung, wenn der Schuldner keine Einzugsermächtigung erteilt hat.393) ___________ 393) Vgl. BGH, Urt. v. 12.5.2011 – IX ZR 133/10, ZIP 2011, 1220, dazu EWiR, 2011, 529 (Römermann).

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XII. Aufhebung des Insolvenzverfahrens

e) Prozessführungsbefugnis Zur Beendigung der Aktivlegitimation des (vormaligen) Insolvenzverwalters 566 und dessen Prozessführungsbefugnis gem. § 259 Abs. 1 Sätze 1 und 2 InsO wird auf obige Ausführungen verwiesen (Rn. 541 f.; dort auch zu möglichen Treuhandabtretungen des Schuldners zugunsten des (vormaligen) Insolvenzverwalters/Sachwalters zur Aufrechterhaltung der Möglichkeit, Rechtsstreitigkeiten mit Wirkung für die vormalige Masse trotz Aufhebung des Insolvenzverfahrens zu führen). Sofern der Insolvenzplan nicht (eindeutig) etwas anderes regelt, erhält der Schuldner gemäß § 259 Abs. 1 Sätze 1 und 2 InsO auch in prozessualer Hinsicht mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens die „Verfügungsbefugnis“ zurück. Durch die Insolvenzeröffnung unterbrochene Prozesse (§ 240 ZPO) fallen mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens wieder an den prozessführungsbefugten Schuldner zurück, ohne dass es einer gesonderten Aufnahme bedarf. Bestehende Ansprüche, die zur Insolvenzmasse gehören, können wieder (noch bis zur Revisionsinstanz) vom Schuldner selbst verfolgt werden.394) Anhängige Prozesse, die der Insolvenzverwalter zuvor als Partei kraft Amtes 567 angestrengt hatte, werden durch die Aufhebung nach § 258 Abs. 1 InsO unterbrochen. War allerdings vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens der vormalige Insolvenzverwalter anwaltlich vertreten, so bleibt die Vollmachtserteilung als wirksame Rechtshandlung bestehen und das Verfahren wird nur auf Antrag entsprechend § 246 ZPO unterbrochen.395) In Bezug auf Insolvenzanfechtungsansprüche verlangt § 259 Abs. 3 Satz 1 568 InsO, dass dieser „Rechtsstreit“ vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens „anhängig“ gemacht worden sein muss. Der vormalige Insolvenzverwalter oder Sachwalter (vgl. § 280 InsO) kann einen Insolvenzanfechtungsanspruch, der vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens „anhängig“ war, nur fortführen, wenn der Insolvenzplan im gestaltenden Teil diese Prozessführungsbefugnis ihm ausdrücklich einräumt. Der Hinweis im gestaltenden Teil auf „§ 259 Abs. 3 InsO findet Anwendung; anhängige Insolvenzanfechtungsrechtsstreitigkeiten werden vom (vormaligen) Insolvenzverwalter/Sachwalter als Planüberwacher fortgeführt“ genügt für die Einräumung der Prozessführungsbefugnis zur Fortsetzung „anhängiger“ Insolvenzanfechtungsrechtsstreitigkeiten.396) ___________ 394) Vgl. Braun/Braun/Frank, InsO, § 259 Rn. 5. 395) Vgl. BGH, Beschl. v. 23.9.2010 – VII ZR 89/10, NZI 2011, 27 und Braun/Braun/Frank, InsO, § 259 Rn. 6 m. w. N. 396) Vgl. auch BGH, Urt. v. 6.10.2005 – IX ZR 16/02, ZIP 2006, 39 = NZI, 2006, 100, dazu EWiR 2006, 87 (Bähr/Landry); in taktischer Hinsicht kann manchmal der allzu deutliche Hinweis auf Insolvenzanfechtungsthemen und fortgesetzte Insolvenzanfechtungsrechtsstreitigkeiten die Zustimmung zum Plan gefährden; OLG Dresden, Urt. v. 18.6.2014 – 13 U 106/14, ZIP 2014, 1294 = NZI 2014, 703 (m. Anm. Schmittmann) = ZIP 2014, 1294, dazu EWiR 2014, 525 (Rendels), (betr. Anfechtung in vorläufiger Eigenverwaltung gezahlter Sozialversicherungsbeiträge).

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

569 Ein „anhängiger Rechtsstreit“ i. S. d. § 259 Abs. 3 Satz 1 InsO zur Insolvenzanfechtung erfordert nach der Rechtsprechung des BGH, dass die Insolvenzanfechtungsklage vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens zugestellt worden ist.397) Die Vorschrift des § 167 ZPO – wonach zur Wahrung von Fristen u. a. die „Einreichung“ bei einer Zustellung „demnächst“ genügt – gilt also nicht! 569a Zudem kann der Insolvenzplan in prozessualer Hinsicht die Befugnis des (vormaligen) Insolvenzverwalters, „anhängige Anfechtungsrechtsstreitigkeiten“ (zur Notwendigkeit der Klagezustellung vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens siehe vorstehende Ausführungen) fortzuführen, auf bestimmte Verfahren beschränken.398) Die Ermächtigung des (vormaligen) Insolvenzverwalters zur Prozessführungsbefugnis kann mithin im gestaltenden Teil auf die Führung bestimmter Prozesse beschränkt werden. Davon zu unterscheiden sind etwaige Anforderungen an den darstellenden Teil in diesem Zusammenhang. Kommt die Führung verschiedener Anfechtungsrechtsstreitigkeiten nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens mit erheblichem Wert in Betracht, sollen aber nur bestimmte Anfechtungsansprüche „herausgegriffen“ werden, kann dies Erläuterungsbedarf im darstellenden Teil auslösen (vgl. § 220 Abs. 2 InsO und oben zur Vergleichsrechnung unter Rn. 121 ff. sowie zu Haftungsund Insolvenzanfechtungsansprüchen im darstellenden Teil oben unter Rn. 171 ff.). 569b Zudem sollte bei Fortsetzung anhängiger Rechtsstreitigkeiten betr. die Insolvenzanfechtung der gestaltende Teil die Kostentragung regeln. Ohne Regelung trägt im Zweifel der Schuldner die Kosten (vgl. § 259 Abs. 3 Satz 2 InsO.399) 570 Da aus materiell-rechtlichen Gründen die Geltendmachung von Insolvenzanfechtungsansprüchen nach §§ 129 ff. InsO eine Insolvenzeröffnung voraussetzt, kann auch der Schuldner nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens keine Insolvenzanfechtungsansprüche mehr neu einklagen. 570a Wird über das Vermögen des Schuldners ein neues Insolvenzverfahren eröffnet, führt der Verwalter des Folgeinsolvenzverfahrens bei ausreichender Ermächtigung diesen Rechtsstreit fort.400) Der Insolvenzanfechtungsrechtsstreit wird durch die Eröffnung eines neuen Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners unterbrochen.401) Der Verwalter im neuen Insol___________ 397) BGH, Urt. v. 11.4.2013 – IX ZR 122/12, ZIP 2013, 998, dazu EWiR 2013, 557 (RuheSchweigel); dazu auch Elzer, FD-ZVR 2013, 346, 344 (abrufbar über Beck-online). 398) Vgl. BGH, Beschl. v. 7.3.2013 – IX ZR 222/12, ZIP 2013, 738 = WM 2013, 714 ff. 399) Vgl. auch BAG, Beschl. v. 11.3.2015 – 10 AZB 101/14, Beck FD-ZVR 2015, 368315 m. Anm. v. Toussaint (über Differenzierung Insolvenzforderung/Masseverbindlichkeit ist im Kostenfestsetzungsverfahren in der Kostengrundentscheidung zu erkennen). 400) Vgl. BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11, ZIP 2014, 330, dazu EWiR 2014, 117 (Madaus). 401) BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11, ZIP 2014, 330, dazu EWiR 2014, 117 (Madaus).

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XII. Aufhebung des Insolvenzverfahrens

venzverfahren kann den unterbrochenen Rechtsstreit wieder aufnehmen.402) In einem erneuten Insolvenzverfahren über das Vermögen des Plan-Schuldners fallen die geltend gemachten Ansprüche – wenn es vor vollständiger Erfüllung des Plans zu einer Folgeinsolvenz kommt – in die Insolvenzmasse des Folgeinsolvenzverfahrens.403) Bestanden (während der Dauer des Insolvenzverfahrens) Haftungsansprüche 571 gegen Geschäftsführer nach § 64 Satz 1 GmbHG, so ist zweifelhaft, ob aus materiell-rechtlichen Gründen ein solcher Anspruch nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens noch besteht. Sinn und Zweck des § 64 Satz 1 GmbHG ist die „Auffüllung“ der Insolvenzmasse. Daraus folgt u. E., dass nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens jedenfalls der Schuldner solche Ansprüche gegen die Geschäftsführung nicht mehr mit dem Ziel der Zahlung an den Schuldner einklagen kann. Bestanden während der Insolvenz solche Ansprüche, so erscheint es deshalb ratsam, diese Ansprüche des Schuldners im Wege einer Treuhandabtretung an den (vormaligen) Insolvenzverwalter oder Sachwalter abzutreten, der dann die Ansprüche nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens quotenwirksam weiterverfolgen kann. Rechtsprechung zum Schicksal des Anspruchs nach § 64 Satz 1 GmbHG infolge Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist, soweit ersichtlich, bisher nicht ergangen. Es sollte aber u. E. möglich sein, Haftungsansprüche nach § 64 Satz 1 GmbHG mit Hilfe des (vormaligen) Insolvenzverwalters oder Sachwalters einer Nachtragsverteilung in Kombination mit einer Treuhandabtretung zugänglich zu machen. § 259 Abs. 3 InsO hilft im Fall des § 64 GmbHG – und anderer materiellrechtlicher Ansprüche – nicht, da die Vorschrift ausdrücklich nur die Insolvenzanfechtung betrifft. Insoweit ist deshalb zur Fortsetzung von Rechtsstreitigkeiten die vorerwähnte – bilateriale – Abrede zwischen Schuldner und Planüberwacher erforderlich. Der gestaltende Teil des Insolvenzplans kann in Bezug auf Ansprüche, die keine Insolvenzanfechtungsansprüche darstellen, nichts regeln. f) Steuerrückstellung Weiter resultieren (wie in anderen Bereichen auch) insbesondere bei natürlichen 572 Personen häufig Probleme aus dem Bereich des Steuerrechts. Insoweit bestehen vor Verfahrensaufhebung oft verkannte Risiken. Praxistipp (Steuerrückstellung vor Verfahrensaufhebung): Endet infolge Rechtskraft des Insolvenzplans und Aufhebung des Insolvenzverfahrens mitten im Jahr das Insolvenzverfahren, entstehen steuerliche Abgrenzungsprobleme. In mehreren von den Autoren betreuten Insolvenzplanverfahren über das Vermögen natürlicher Personen standen die Finanzämter auf dem Standpunkt, dass nur für das Gesamtjahr einheitlich eine Einkommensteuer-

___________ 402) Vgl. Ganter, NZI 2015, 193, 206. 403) BGH, Urt. v. 9.1.2014 – IX ZR 209/11, ZIP 2014, 330, dazu EWiR 2014, 117 (Madaus).

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen erklärung abgegeben werden kann. Dies hat dann zur Folge, dass der Schuldner (z. B. bei einem Verfahrensende mitten im Jahr) erst zum Jahresende eine Steuererklärung in Abstimmung mit dem vormaligen Insolvenzverwalter abgeben muss. Hieraus können dann noch nachlaufende Steuerverbindlichkeiten als Masseverbindlichkeiten resultieren, die vor Verfahrensaufhebung abgeschätzt werden müssen. In entsprechender Höhe müssen liquide Mittel für die offenen Steueransprüche zurückbehalten werden. Eventuell sollte als Annex zum gestaltenden Teil durch bilaterale Vereinbarungen zwischen Schuldner und vormaligem Insolvenzverwalter geregelt werden, dass der Verwalter trotz Verfahrensbeendigung nach wie vor noch berechtigt ist, die zurückbehaltenden liquiden Mittel an das Finanzamt – nach rechtskräftiger Steuerfeststellung – zu begleichen. Anderenfalls drohen hier wegen ungedeckter Masseverbindlichkeiten Aufhebungsverzögerungen und/oder Haftungsfragen nach § 61 InsO. Die Aufhebungsmodalitäten sollten deshalb dringend mit einem Steuerexperten vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens abgestimmt sein.

g) Aufrechnung 572a Zu Liquiditätsbelastungen durch Gläubiger-Aufrechnungen nach Verfahrensaufhebung wird auf Rn. 374 ff. Bezug genommen. XIII. Planüberwachung 1. Grundsätze 573 Die Planüberwachung wird im gestaltenden Teil geregelt. Nach § 260 Abs. 1 InsO „kann“ eine Planüberwachung vorgesehen werden. Eine Pflicht, eine Planüberwachung zu normieren, besteht deshalb nicht. 574 Gegenstand der Planüberwachung ist die Erfüllung der im Insolvenzplan vorgesehenen Verpflichtungen des Schuldners. Aus Sicht der Gläubiger soll eine Planüberwachung die Wahrscheinlichkeit ordnungsgemäßer Erfüllung erhöhen. 575 In gewisser Weise signalisiert die Planüberwachung, dass der Schuldner nicht in der Lage war, sehr zeitnah – vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens – sämtliche Verpflichtungen aus dem Insolvenzplan zu erfüllen. Je nach Einzelfall – und intendierter Kontrolldichte der Planüberwachung – kann deshalb die Planüberwachung auf Misstrauen gegenüber dem Schuldner hindeuten. Uninformierte Teilnehmer des Rechtsverkehrs können in der Insolvenzplanüberwachung auch eine Art „Rest-Insolvenzverfahren“ sehen, was die Kreditfähigkeit des Schuldners im Einzelfall beeinträchtigen kann. Vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist deshalb in Einzelfällen Aufklärungsarbeit wichtig, um zu vermitteln, dass die Überwachung „nicht so schlimm“ ist. Bei natürlichen Personen ist manchmal zu beobachten, dass wegen einer Planüberwachung die Gewährung einer Kreditkarte verweigert wurde. 576 In der Regel wird der vormalige Insolvenzverwalter oder der vormalige Sachwalter zum Planüberwacher bestimmt werden (vgl. die dispositive Grundregel des § 261 Abs. 1 Satz 1 InsO).

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XIII. Planüberwachung

Denkbar erscheint auch, im gestaltenden z. B. eine Anwalts-GbR, deren Sozius 577 z. B. der vormalige Verwalter ist, mit der Überwachung zu beauftragen. Jeder Dritte kann mit der Überwachung beauftragt werden. Praktisch wichtig ist die Frage, ob der Schuldner oder der Planüberwacher 578 die Plan-Quote ausschüttet. Erscheinen aus Sicht des (vormaligen) Sachwalters oder (vormaligen) Insolvenzverwalters oder des Insolvenzgerichts die Berater des Schuldners nicht ausreichend in der Lage, Ausschüttungen vorzunehmen, empfiehlt sich, dass der Planüberwacher im gestaltenden Teil dazu bestimmt wird, die Insolvenzplanausschüttungen vorzunehmen. Ohne eindeutige Regelung der Ausschüttung im gestaltenden Teil ist im Zweifel – nur – der Schuldner ausschüttungsberechtigt (§ 259 Abs. 1 Satz 2). Grundsätzlich besteht zur Regelung der Einzelheiten der Planüberwachung 579 aufgrund des Grundsatzes der Privatautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum (zu der oft schwierigen Grenzziehung betr. die Privatautonomie s. o. Rn. 7 ff.).404) Enthält der Insolvenzplan Regelungen für „die Dauer des Verfahrens“, ist damit einzelfallabhängig in der Regel die Dauer der Planüberwachung miterfasst (siehe oben Rn. 14 ff., 16 zu Rechtsnatur und Auslegung des Plans). 2. Einzelheiten a) Maximaldauer von drei Jahren? Nach § 268 Abs. 1 Nr. 2 InsO darf die Planüberwachung ab Aufhebung des 580 Insolvenzverfahrens maximal drei Jahre dauern. Fraglich ist, ob diese Norm plandispositiv ist. U. E. ist die Maximaldauer der Planüberwachung im Zusammenhang mit dem Vorrangkredit nach § 264 Abs. 1 Satz 1 InsO zu sehen. Unter bestimmten Voraussetzungen haben Kreditaufnahmen in der Planüberwachungsphase im Falle einer Folgeinsolvenz Vorrang vor anderen Gläubigern (§§ 264 – 266 InsO). Um diesen Vorrang zeitlich zu begrenzen, hat der Gesetzgeber eine Maximaldauer der Planüberwachung vorgesehen. Es spricht deshalb einiges dafür, dass im gestaltenden Teil auch eine Planüberwachungsdauer von mehr als drei Jahren definiert werden kann. Kreditaufnahmen nach drei Jahren (gerechnet ab Aufhebung des Insolvenzverfahrens) haben dann aber in einer erneuten Insolvenz keinen Vorrang nach § 264 Abs. 1 InsO mehr.405) Wollte man entgegen vorstehender Auffassung § 268 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht 581 als plandispositiv ansehen, kommt immer noch eine „Planüberwachung“ für länger als drei Jahre aufgrund einer bilateralen Abrede zwischen Schuldner ___________ 404) Vgl. Mönning, in: Kübler, HRI, 2. A., § 47 Rn. 9: „Bei der Gestaltung eines Insolvenzplans, die bezeichnenderweise häufig auch Planarchitektur genannt wird, sind dem Verfasser mit Ausnahme weniger zwingender verfahrenstechnischer Vorschriften keine Grenzen gesetzt.“ 405) So u. E. zutreffend AG Duisburg, Beschl. v. 1.4.2003 – 62 IN 187/03.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

und Planüberwacher (Dienstleistungsvertrag) in Betracht (zu solchen bilateralen Abreden vgl. oben Rn. 360 ff.). b) Kosten 582 Nach § 269 InsO trägt die Kosten der Planüberwachung grundsätzlich der Schuldner.406) Es findet sich häufig im gestaltenden Teil des Insolvenzplans (oder ggf. in einer bilateralen Abrede zwischen Schuldner und Planüberwacher (vgl. Rn. 622 ff.) als Plananlage) eine Vergütungsabrede zu Stundensätzen. Beispiel (Formulierungsvorschlag für eine Planüberwachung mit Kostenregelung zu Stundensätzen): „Die Kosten für die Überwachung trägt der Schuldner. Die Vergütung des (vormaligen) Sachwalters in seiner Eigenschaft als Planüberwacher erfolgt nach Zeitaufwand. Der Stundensatz beträgt 300,00 EUR netto zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer. Der Planüberwacher wird Stundennachweise in schriftlicher oder elektronischer Form aufstellen. Die kleinste abrechenbare Zeiteinheit beträgt 10 Minuten. Nebenkosten wie Telefon, Telefax und sonstige Kosten werden einmal monatlich mit 200,00 EUR zuzüglich der gesetzlichen Mehrwertsteuer pauschal abgegolten.“ c) Eingrenzung der Berichtspflicht? 583 Nach § 261 Abs. 2 Satz 1 InsO hat der Planüberwacher, sofern nichts anderes im Insolvenzplan definiert wird, dem Gericht „jährlich über den jeweiligen Stand und die weiteren Aussichten der Erfüllung des Insolvenzplans zu berichten“. Manche Gerichte bestehen auf Berichten im Abstand von sechs Monaten (entsprechend der bei manchen Gerichten üblichen sechsmonatigen Berichtsfrist im Insolvenzverfahren). 584 Manchmal werden z. T. Planregelungen verwandt, in denen diese Berichtspflicht zur Entlastung der Beteiligten modifiziert wird. Beispiel (Formulierungsvorschlag für eine eingeschränkte Berichtspflicht): „Eine Berichtspflicht des Planüberwachers besteht nicht. Der Planüberwacher wird dem Insolvenzgericht nur anzeigen, falls konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Insolvenzplan nicht erfüllt werden kann. Im Fall des Planrückstands entsprechend §§ 255, 256 InsO i. V. m. den Regeln des gestaltenden Teils ist der Planüberwacher berechtigt, auf der Internetseite der Schuldnerin eine entsprechende Anzeige zu veröffentlichen. Die Schuldnerin erteilt die Zustimmung zu dieser Anzeige bereits jetzt.“ ___________ 406) Nach LG Memmingen, Beschl. v. 28.2.2011, 44 T 204/11, ZInsO 2011, 1567 kann die Festsetzung der Vergütung des Planüberwachers auch noch nach Beendigung der Planüberwachung durch das Insolvenzgericht dem Grunde und der Höhe nach erfolgen.

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XIII. Planüberwachung

In vorstehendem Vorschlag wird somit auch die Verpflichtung zur „Nicht- 585 erfüllungsanzeige“ nach § 262 Satz 2 InsO an alle Gläubiger (bei fehlendem Gläubigerausschuss) zur Arbeitserleichterung des Planüberwachers modifiziert (Internetanzeige). d) Zustimmungspflichtige Rechtsgeschäfte und Überwachungsbefugnisse Nach § 263 InsO könnten einzelne Rechtsgeschäfte des Schuldners oder der 586 Übernahmegesellschaft während der Überwachungsphase an die Zustimmungspflicht des Planüberwachers geknüpft werden. Es handelt sich um eine echte Verfügungsbeschränkung. In praktischer Hinsicht ist grundsätzlich eine solche Verfügungsbeschränkung zu Lasten des Schuldners nicht zu empfehlen. Die Abwicklung in der Planüberwachungsphase wird komplizierter. Die Verfügungsbeschränkung stellt ein erhebliches Misstrauensvotum gegenüber dem Schuldner dar, das die Frage aufwirft, ob das Insolvenzplanverfahren überhaupt eine geeignete Verfahrensart ist bzw. in der Überwachungsphase gewesen ist. Grundsätzlich (einzelfallabhängig) empfiehlt sich auch, zu erwägen, die Befug- 587 nisse des Planüberwachers ausdrücklich auf die bloße Ausschüttung zu begrenzen (vgl. oben Rn. 573 ff.). Einzelne Beobachtungspflichten des Planüberwachers, sofern sie definiert werden, erhöhen das Haftungsrisiko des Planüberwachers und erschweren die Abwicklung des Geschäftsbetriebs in der Überwachungsphase.407) Die Befugnisse des Planüberwachers sollten deshalb möglichst eingeschränkt werden.408) Beispiel (Formulierungsvorschlag zur Eingrenzung der Befugnisse des Planüberwachers): „Aufgabe des Planüberwachers ist ausschließlich die rechtzeitige Ausschüttung der Zahlungen nach dem Insolvenzplan. Die Schuldnerin wird zum Zwecke der Ausschüttung dem Planüberwacher die Ausschüttungsbeträge spätestens 14 Werktage vor Fälligkeit der Ausschüttung durch Zahlung auf das Sonderkonto des Überwachers bei der X-Bank (Kontonummer …, BLZ…) zur Verfügung zu stellen. Außer der rechtzeitigen Ausschüttung hat der Planüberwacher keinerlei Verpflichtungen.“ e) Gläubigerausschuss und Amtsbeendigung? Zur Beendigung oder Fortsetzung der Tätigkeit des Gläubigerausschusses 588 in Bezug auf die Planüberwachung empfehlen sich klare Planregelungen. Im Regelfall erlöschen zwar die Ämter der Mitglieder eines Gläubigerausschusses mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 259 Abs. 1 Satz 1 InsO). ___________ 407) Zur Überwachung durch Beobachtung entsprechend den Regelungen des gestaltenden Teils vgl. Mönning, in: Kübler, HRI, 2. A., § 47 Rn. 66 ff. 408) Zum „Ausbau“ von Befugnissen des Überwachers vgl. Lissner, ZInsO 2012, 1452 ff.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

§ 261 Abs. 1 Satz 2 InsO bestimmt aber, dass bei einer Planüberwachung die Ämter „der Mitglieder des Gläubigerausschusses … (insoweit fortbestehen)“. Bei unklarer Planregelung kann deshalb – bei anschließender Planüberwachungsphase – eine Diskussion dazu aufkommen, ob die Mitglieder des Gläubigerausschusses ihr Amt fortsetzen sollen oder nicht. Es empfiehlt sich deshalb, klar zu regeln, ob die Ämter der Gläubigerausschussmitglieder trotz Planüberwachung mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens erlöschen sollen oder nicht. Beispiel (Formulierungsvorschlag betr. Gläubigerausschuss-Ämter): „Die Erfüllung des Insolvenzplans wird gemäß den Regelungen dieses gestaltenden Teils durch den (vormaligen) Sachwalter überwacht. Nach § 261 Abs. 1 Satz 2 InsO bleiben die Mitglieder des Gläubigerausschusses zur Begleitung der Planüberwachung im Amt (alternativ und ggf. vorzugswürdig: Mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens enden unbeschadet der Planüberwachung die Ämter der Gläubigerausschussmitglieder).“ f) Nachtragsverteilung? 589 Zu den Möglichkeiten einer Nachtragsverteilung wird zunächst auf obige Ausführungen unter Rn. 360 ff. (Treuhandabreden, Nachtragsverteilung) Bezug genommen. Überwiegend wird – in Interpretation der Rechtsprechung des BGH – davon ausgegangen, dass die Vorschrift des § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO nicht dispositiv ist. Eine Nachtragsverteilung kraft gestaltenden Teils – in Kombination mit Ausschüttungen durch den Planüberwacher – ist deshalb nach der Rechtsprechung des BGH tendenziell ausgeschlossen. Ganz eindeutig ist die Rechtsprechung des BGH u. E. aber nicht. 590 In der Entscheidung vom 7.1.2008 (II ZR 283/06, ZIP 2008, 546) hat der BGH unter Tz. 9 wie folgt formuliert: „Vielmehr kann gemäß § 228 InsO im gestaltenden Teil des Insolvenzplans eine Forderungsübertragung vorgenommen und dadurch verhindert werden, dass der Schuldner insoweit seine Verfügungsbefugnis gemäß § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO wieder erlangt…“

591 In der weiteren Entscheidung des BGH vom 7.7.2008 (II ZR 26/07, ZIP 2008, 2094) heißt es unter Tz. 10: „Eine Nachtragsverteilung, während derer das Amt des Insolvenzverwalters fortbesteht, ist nach einer Aufhebung des Insolvenzverfahrens … ausgeschlossen. § 259 Abs. 1 Satz 2 InsO sieht nicht vor, dass der Schuldner seine Verfügungsbefugnis nur teilweise wiedererlangt. … Für die mit einer Nachtragsverteilung verbundene Beschränkung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis fehlt nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens eine gesetzliche Grundlage …, so dass es zu keiner Nachtragsverteilung durch den früheren Insolvenzverwalter kommen kann.“

592 Die zitierten Passagen der beiden Urteile des BGH sind nicht ganz widerspruchsfrei. Die Praxis löst das Problem wie oben ausgeführt durch eine bilate-

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XIII. Planüberwachung

rale Treuhandzession des Schuldners zugunsten des Planüberwachers (siehe oben Rn. 364 ff.). Auf dieser Basis ist eine „Nachtragsverteilung“ aufgrund einer schuldrechtlichen Abrede zwischen Schuldner und Planüberwacher zugunsten der Gläubiger als Begünstigte möglich. Im Übrigen wird zu differenzieren sein: Enthält der Insolvenzplan keine 593 ausdrückliche und klare Regelung zur Nachtragverteilung, ist jede Nachtragsverteilung ausgeschlossen. Mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist nur noch der Schuldner verfügungsbefugt (§ 259 Abs. 1 InsO). Enthält der – gestaltende – Teil fehlerhafte Regeln zu einer Nachtragsverteilung, weil man den BGH so interpretiert, dass auch ausdrückliche Nachtragsverteilungsregeln im gestaltenden Teil unzulässig sind, so stellt sich eine Rechtskraftthematik. Ist die dann ggf. gesetzeswidrige, aber grundsätzlich rechtskräftige Nachtragsverteilungsregelung des gestaltenden Teils beachtlich und wirksam? Im Zweifel wird man die Rechtskraftwirkung dieser fehlerhaften Regelung bejahen müssen, da kein offenkundig ins Auge springender schwerwiegender Fehler vorliegt (zur Abgrenzung Rechtskraft/Nichtigkeit bei fehlerhaften Planregelungen des gestaltenden Teils siehe oben Rn. 295 ff.). g) Wie oft gibt es Insolvenzgeld? Kann der Insolvenzplan in oder nach der Planüberwachungsphase nicht er- 594 füllt werden, kommt es bei einem erheblichen Rückstand zu einem neuen, zweiten Insolvenzverfahren (vgl. § 255 Abs. 2 InsO). Insoweit ist streitig, ob und unter welcher Voraussetzung die Arbeitnehmer, die schon einmal wegen Insolvenz dieses Arbeitgebers Insolvenzgeld erhalten haben, einen erneuten Insolvenzgeldanspruch haben. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG soll jedenfalls grundsätzlich – auch bei einer Folgeinsolvenz nach Aufhebung einer Planüberwachung – von einer andauernden Zahlungsunfähigkeit auszugehen sein, die einen erneuten Insolvenzgeldanspruch ausschließt.409) Nach dieser Rechtsprechung hätten oft nur neue – nach der ersten Insolvenzgeldbewilligung – eingestellte Arbeitnehmer in der Folgeinsolvenz einen Insolvenzgeldanspruch. Das BSG führt im Urt. v. 6.12.2012 – B 11 AL 10/11 R u. a. (an diesem Tag sind mehrere BSG-Entscheidungen zur Thematik ergangen) zu einer Folgeinsolvenz nach Aufhebung der Planüberwachung aus: „[2] Der Kläger war Fußballspieler … Das Amtsgericht … eröffnete erstmals mit Beschluss vom 1.1.2000 über das Vermögen des Arbeitgebers [Anmerkung der Verfasser: eines eingetragenen Vereins] das Insolvenzverfahren, bestätigte den vom damaligen Insolvenzverwalter vorgelegten Insolvenzplan …Mit Beschluss vom 1.12.2000 stellte das AG das Insolvenzverfahren ein und hob am 5.12.2002 die Überwachung wegen Endes der Überwachungszeit auf …

___________ 409) Vgl. BSG, Urt. v. 6.12.2012 – B 11 AL 10/11 R, und ebenfalls BSG, Urt. v. 6.12.2012 – B 11 AL 11/11 R, ZIP 2013, 795; BSG, Urt. v. 29.5.2008 – B 11a AL 57/06 R, ZIP 2008, 1989, dazu EWiR, 2009, 217 (Grüter); zum Gesamtkomplex vgl. auch Mönning, in: Kübler, HRI, 2. A., § 47 Rn. 169 ff.

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F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen [3] Am 3.12.2003 bzw. 23.12.2003 beantragten der Arbeitgeber und die AOK Sachsen erneut die Eröffnung des Insolvenzverfahrens …, eröffnete das AG mit Beschluss vom 2.2.2004 ein zweites Insolvenzverfahren … [14] Nach ständiger Rechtsprechung des BSG, an der der Senat festhält, tritt ein neues Insolvenzereignis nicht ein und kann folglich auch Ansprüche auf InsG nicht auslösen, solange die auf einem bestimmten Insolvenzereignis beruhende Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers andauert … Von andauernder Zahlungsunfähigkeit ist solange auszugehen, wie der Schuldner wegen eines nicht nur vorübergehenden Mangels an Zahlungsmitteln nicht in der Lage ist, seine fälligen Geldschulden im Allgemeinen zu erfüllen … [15] Unter Beachtung dieser in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und unter Berücksichtigung der tatsächlichen Feststellungen des LSG ist die Auffassung der Beklagten, die auf dem im Jahre 2000 eingetretenen Insolvenzereignis beruhende Zahlungsunfähigkeit habe in der Folgezeit fortbestanden, nicht zu beanstanden. Das LSG hat unmissverständlich festgestellt, dass der jedenfalls seit Ende der Spielsaison 1998/1999 insolvente Arbeitgeber des Klägers auch danach zu keinem Zeitpunkt die Zahlungsunfähigkeit wiedererlangt hat. Es hat die Entwicklung der wirtschaftlichen Entwicklung des Arbeitgebers … ausführlich dargestellt …“ [16] Etwas anderes ergibt sich nicht …, wonach das Insolvenzgericht am 1.12.2000 das Insolvenzverfahren einstellte und die Überwachung wegen Endes der Überwachungszeit am 5.12.2002 aufhob … [17] Soweit der Senat darüber hinaus in der Vergangenheit für die Annahme fortdauernder Zahlungsunfähigkeit auf die andauernde Überwachung der Planerfüllung durch den Insolvenzverwalter abgestellt hat (BSGE 100, 282, 285 …), ist hieraus nicht etwa zu folgern, dass immer von der Wiedererlangung der Zahlungsfähigkeit auszugehen wäre, wenn der Insolvenzplan nicht (mehr) überwacht wird …“

595 Auf Basis dieser Rechtsprechung wird insbesondere die erneute Insolvenzgeldvorfinanzierung bei einer Folgeinsolvenz zum Problem. Das LSG Sachsen hat sich kritisch mit der Rechtsprechung des BSG befasst. Für die Folgeinsolvenz nach der Planüberwachungsphase hat das Landessozialgericht den betroffenen Arbeitnehmern ein zweites Mal Insolvenzgeld zuerkannt.410) Selbst dann, wenn sich an das Insolvenzplanverfahren keine Überwachungsphase anschließt, hätte das Landessozialgericht die Insolvenzgeld-Bewilligung akzeptiert. Das Gericht nahm eine richtlinienkonforme Auslegung des § 183 SGB III (seit 1.4.2012 gilt § 165 SGB III) vor. Das BSG hat dieser Entscheidung jedoch mit den zitierten Urteilen vom 6.12.2012 widersprochen. Gibt es kein zweites Insolvenzgeld, kann keine Vorfinanzierung erfolgen. 596 Entgegen der Rechtsprechung des BSG muss – jedenfalls sofern eine juristische Person mittels Insolvenzplan saniert werden soll – für die Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Beseitigung der Insolvenzgründe nachgewiesen sein (vgl. bereits oben die Einführung unter Rn. 10). Würde der Insolvenzplan mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Zahlungsunfähigkeit nicht beseiti___________ 410) LSG Sachsen, Urt. v. 9.3.2011 – L 1 AL 241/06, NZI 2011, 608 = NZS 2012, 313 (aufgehoben durch die zitierten BSG-Entscheidungen).

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XIV. Wiederaufleben von Forderungen bei Nichterfüllung

gen, würde mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens sofort wieder die Insolvenzantragsfrist nach § 15a Abs. 1 InsO greifen. Bei einem ordnungsgemäßen Insolvenzplan ist deshalb davon auszugehen, dass mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens auch die Zahlungsunfähigkeit – nachhaltig – beseitigt ist (anderenfalls wäre auch in der Regel ein Fall der Überschuldung gegeben). Vor diesem Hintergrund muss – einzelfallabhängig – die Rechtsprechung des 597 BSG überdacht werden. Zumindest lässt die Entscheidung des BSG „Spielraum“ dahingehend zu, dass bei nachgewiesener Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit auch ein zweites Mal Insolvenzgeld bewilligt wird. Auch in der Praxis haben wir schon öfter beobachtet, dass bei einer Folgeinsolvenz, nach einem zunächst (vermeintlich erfolgreichen) Insolvenzplan, ein zweites Mal Insolvenzgeld bewilligt wurde. Dies sollte jedoch rechtzeitig unter Beachtung vorstehender Hinweise – Nachweis der Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit – mit der Bundesagentur abgestimmt werden. h) Aufhebung Die Aufhebung der Planüberwachung ist durch Beschluss anzuordnen. Der 598 Beschluss ist öffentlich bekannt zu machen (§ 268 Abs. 1, 2 InsO). XIV. Wiederaufleben von Forderungen bei Nichterfüllung 1. Grundsätze Die §§ 255, 256 InsO regeln, unter welchen Voraussetzungen ein erheblicher 599 Planrückstand anzunehmen ist, der zum Wiederaufleben der Ursprungsforderung führt. Unter den Voraussetzungen der §§ 255, 256 InsO werden die Planwirkungen, wie Stundungen und Teilerlasse von Gläubigern hinfällig. Das Recht der allgemeinen Leistungsstörungen des BGB findet keine Anwendung. Das Wiederaufleben nach §§ 255, 256 InsO betrifft immer nur den Gläubiger, gegenüber dem der Schuldner „erheblich in Rückstand“ i. S. d. § 255 Abs. 1 Satz 2 InsO gerät. Die genannten Vorschriften haben also nicht zur Folge, dass bei einem Rückstand gegenüber einem Gläubiger sämtliche Verbindlichkeiten des Schuldners wiederaufleben. 2. Nachzügler Zur Rechtslage, falls ein Nachzügler nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens 600 erstmals eine nicht zur Tabelle angemeldete Forderung geltend macht, wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf obige Ausführungen (unter Rn. 342 ff.) verwiesen. 3. Erheblicher Rückstand Leistet der Schuldner bei Fälligkeit die Planquote nicht, so ist ein zum Wieder- 601 aufleben führender „erheblicher Rückstand“ erst dann anzunehmen, wenn 201

F. Verfahrensabläufe und Verfahrensfragen

der Gläubiger schriftlich mahnt und eine Nachfrist zur Zahlung von zwei Wochen setzt (§ 255 Abs. 1 Satz 2 InsO). Nach § 255 Abs. 3 InsO kann diese Vorschrift – zugunsten des Schuldners – abbedungen werden. Um bei etwaigen Zeitverzögerungen im Zusammenhang mit der Ausschüttung ein allzu rasches Wiederaufleben zu verhindern, kann sich z. B. oft empfehlen, eine Monatsfrist oder eine sonstige längere Frist im gestaltenden Teil zu definieren. Beispiel (Formulierungsvorschlag zur Abbedingung von § 255 Abs. 1 InsO): „Ein erheblicher Rückstand ist erst dann anzunehmen, wenn der Gläubiger den Schuldner schriftlich gemahnt hat und trotz einer Nachfrist von einem Monat keine Zahlung entsprechend den Regelungen des Insolvenzplans erfolgt. Im Übrigen findet § 255 InsO Anwendung.“ Ob § 255 InsO in diesem Sinne plandispositiv ist, ist allerdings strittig und vorsichtshalber mit dem Insolvenzgericht rechtzeitig abzustimmen (siehe oben Rn. 7 ff.). 4. Strittige Forderungen und nicht nachgewiesener Ausfall 602 § 256 InsO betrifft die Behandlung streitiger Forderungen und von Ausfallforderungen, solange der Ausfall bei der abgesonderten Befriedigung nicht endgültig nachgewiesen ist. Nach § 256 Abs. 1 Satz 1 InsO soll die Ausschüttung zunächst – vorläufig – in Anlehnung an das in der Gläubigerversammlung gewährte Stimmrecht erfolgen. Diese gesetzliche Regelung hat den Nachteil, dass es zu Hin- und Herzahlungen kommen kann. Ergibt eine spätere Feststellung der Forderung, dass diese in höherem Umfang als bei der Stimmrechtsfestsetzung zu berücksichtigen ist, muss der Schuldner nachzahlen. Ergibt sich in einem Rechtsstreit oder aufgrund einer Vereinbarung mit dem Gläubiger, dass die Forderung in geringerem Maße oder gar nicht festzustellen ist, muss der Gläubiger die Ausschüttung ganz oder teilweise an den Schuldner erstatten. 603 Um hier zu einer früheren Rechtsklarheit zu kommen, ist zu empfehlen – was aber strittig gesehen wird –, grundsätzlich zumindest zur Regelung der strittigen Forderungen im Insolvenzplan materielle Ausschlussfristen zu definieren (zum Streitstand in Bezug auf materielle Ausschlussfristen im Insolvenzplan siehe oben Rn. 344 ff., insbesondere Rn. 355 und 356 und schon oben Rn. 8a). 604 Zudem kann u. E. – in Abbedingung des § 256 InsO (siehe oben Rn. 8a zur strittigen Rechtslage) – im gestaltenden Teil des Insolvenzplans bestimmt werden, dass für strittige Forderungen und noch nicht nachgewiesene Ausfallforderungen in voller Höhe des angemeldeten Betrags ein Ausschüttungsrückbehalt gebildet wird. 605 Erfolgt z. B. die Quotenausschüttung durch den Planüberwacher, kann der Insolvenzplan nach diesseitiger strittiger Auffassung regeln (siehe oben Rn. 8a ff.),

202

XIV. Wiederaufleben von Forderungen bei Nichterfüllung

dass der Schuldner für strittige Forderungen und bei noch nicht nachgewiesenem Ausfall die denkbaren maximalen Ausschüttungsbeträge auf einem Sonderkonto des (vormaligen) Sachwalters/Insolvenzverwalters einzahlt und die Beträge dort separiert werden (siehe bereits oben Rn. 8b). Um unnötige Belastungen der Ausschüttungsliquidität zu vermeiden, sollte – soweit irgendwie möglich – bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens die Insolvenztabelle endgültig sein. Wer den dringenden Ratschlag befolgt, zu einem möglichst frühzeitigen Zeitpunkt einen kompletten Sicherheitenspiegel zu erstellen (siehe oben Rn. 69 ff.), müsste auch weitgehend in der Lage sein, vor der Ausschüttung den potenziellen Ausfall der Absonderungsberechtigten zu berechnen oder mit diesen einvernehmlich festzulegen (zur rechtzeitigen Insolvenzplanvorbereitung, speziell zur vollständigen Erfassung und Bewertung aller Sicherheiten vgl. oben Rn. 66 ff.). Beispiel (Vorschlag für eine Formulierung zur Abbedingung des § 256 InsO und zur Bildung eines Ausschüttungsrückbehalts; zur strittigen Rechtslage siehe oben Rn. 8a ff.): „§ 256 InsO findet keine Anwendung. Für bestrittene Forderungen bildet die Schuldnerin einen Ausschüttungsrückbehalt in Höhe des möglichen Quotenanspruchs des Gläubigers und überweist diesen Betrag an den Planüberwacher. Gläubiger von gesicherten Forderungen nehmen nur in Höhe des nachgewiesenen Ausfalls an der Verteilung teil. In den Fällen des noch nicht nachgewiesenen Ausfalls bildet die Schuldnerin für etwaige Quotenausschüttungen in Höhe des möglichen Quotenanspruchs einen Ausschüttungsrückbehalt und überweist diesen ebenfalls an den Planüberwacher. (Es folgen dann zur Verfolgung bestrittener Forderungen und zum Nachweis des Ausfalls Ausschlussfristen in den Regelungen des gestaltenden Teils, vgl. hierzu oben unter Rn. 344 ff.).“ Derartige Planklauseln haben den Vorteil, dass die Gläubiger bestrittener 606 Forderungen oder die dinglich Berechtigten bei noch nicht nachgewiesenem Ausfall durch den Rückbehalt auf einem Verfahrenssonderkonto gut gesichert sind. Zudem werden Hin- und Herzahlungen vermieden. Dies ist nach diesseitiger (strittiger) Ansicht vorteilhafter als das gesetzliche Modell des § 256 InsO. Ist allerdings die Gesamtsumme dieses Rückbehalts im Vergleich zum Gesamtausschüttungsvolumen relativ hoch, geht der Ausschüttungsrückbehalt stark zu Lasten der Gläubiger mit festgestellten Forderungen und der dinglich Gesicherten mit nachgewiesenem Ausfall. Es muss dann geregelt werden, dass die Ausschüttungsrückbehalte in bestimmten Zeitabständen überprüft werden und ggf. im Wege der Nachtragsverteilung – sofern die Rückbehalte nicht mehr benötigt werden – an die anderen Gläubiger ausgeschüttet werden oder (falls eine Nachtragsverteilung nicht gewünscht ist) dem Schuldner zufließen.

203

G. Plananlagen I. Vermögensübersicht Die Plananlagen werden in §§ 229, 230 InsO geregelt.411) Daneben gibt es sog. 607 allgemeine Plananlagen, die nicht speziell gesetzlich geregelt sind. Dazu gehört z. B. ein Verzeichnis der Gläubiger mit Zuordnung zur jeweiligen Plangruppe (siehe oben Rn. 423).412) § 229 Satz 1 InsO regelt die Vermögensübersicht. Nur wenn die Gläubiger- 608 befriedigung (zumindest auch) aus Erträgen erfolgt, ist nach § 229 Satz 1 InsO dem Insolvenzplan eine Übersicht der Vermögensgegenstände und der Verbindlichkeiten beizufügen, „die sich bei einem Wirksamwerden des Plans gegenüberstünden“. Zudem sind Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten „mit ihren Werten“ aufzuführen. Die im Einzelfall möglicherweise aufwendige Erstellung der Vermögensübersicht nach § 229 Satz 1 InsO entfällt mithin, wenn die Gläubigerbefriedigung ausschließlich aufgrund eines Zuschusses eines Inverstors erfolgt.413) Der nach § 229 Satz 1 InsO zugrunde liegende Stichtag ist im Gesetz nicht 609 klar definiert. Der Hinweis auf den Zeitpunkt „bei einem Wirksamwerden des Plans gegenüberstünden“ meint vom Wortlaut her den Tag der Rechtskraft des Insolvenzplans. Da der Ersteller der Vermögensübersicht kaum die zukünftige Entwicklung prognostizieren kann, wird in praktischer Hinsicht nichts anderes übrig bleiben, als einen zeitnahen Stichtag vor dem Erörterungsund Abstimmungstermin zu wählen. Sofern sich durch Zeitablauf – bis zum Eintritt der voraussichtlichen Rechtskraft – erhebliche Änderungen ergeben können, die zum Stichtag absehbar sind, sollte in den Erläuterungen auf dieses Änderungsrisiko hingewiesen werden. Zur Bewertung wird häufig vertreten, dass die Vermögenswerte in einem Fort- 610 führungsplan zu Fortführungswerten anzusetzen seien.414) Wie oben ausgeführt, ist jedoch zentraler Bestandteil des Insolvenzplans auch die Vergleichsrechnung zu den Ergebnissen einer möglichen Regelabwicklung (vgl. oben bereits eingangs Rn. 9 ff. sowie insbesondere die Ausführungen zu § 245 Abs. 1 Nr. 1 InsO unter Rn. 452 und zu § 251 Abs. 1 Nr. 2 InsO unter Rn. 506 ff. und Rn. 510 ff.). Dementsprechend – um die Transparenz der Vergleichsrechnungen sicherzustellen – dürfte sich in der Regel zumindest empfehlen, die Ergebnisse in der Regelinsolvenz in der Vermögensübersicht ebenso darzustellen wie Zerschlagungswerte, falls (siehe oben Rn. 9a) ohne Insolvenzplan nur eine Zerschlagung in Betracht kommt. ___________ 411) 412) 413) 414)

Vgl. ausführlich Zabel, in: Kübler, HRI, 2. A., § 27 Rn. 1 ff. Vgl. Zabel, in: Kübler, HRI, 2. A., § 27 Rn. 6 ff., 10 ff. Vgl. Graf-Schlicker/Kebekus/Wehler, InsO, § 229 Rn. 1. Vgl. Graf-Schlicker/Kebekus/Wehler, InsO, § 229 Rn. 1, 2.

205

G. Plananlagen

II. Planung 611 Nach § 229 Satz 2 InsO sind ergänzend „Aufwendungen und Erträge (darzustellen)“. Beim Ertragsplan ist der gesamte Ausschüttungszeitraum darzustellen. Grundsätzlich hat der BGH zwar insoweit keine festen Regeln aufgestellt (vgl. oben Rn. 132 ff. zu den Planungsanforderungen nach der Rechtsprechung des BGH). Sofern es sich aber nicht um ein nur kleineres Unternehmen handelt, dürfte in Anlehnung an den Standard IDW S 6 eine integrierte Unternehmensplanung zu verlangen sein. In die Gewinn- und Verlustrechnung sind auch die Ausschüttungen nach dem Insolvenzplan unter Einschluss aller Verfahrenskosten einzubeziehen.415) 612 Schließlich kann § 229 Satz 2 InsO auch nur im Zusammenhang mit § 258 Abs. 2 Satz 2 InsO gesehen werden. Die Begleichung der nicht fälligen (aber unstreitigen) Masseverbindlichkeiten muss entsprechend der ordnungsgemäßen Finanzplanung sichergestellt sein (vgl. oben Rn. 543 ff.). Da zum Schutz der Massegläubiger jedenfalls bei etwas größeren Unternehmen eine integrierte Planung zu verlangen ist, kann für § 229 Satz 2 InsO nichts anderes gelten. Die Masseverbindlichkeiten sollten wegen § 258 Abs. 2 InsO in der Planung besonders kenntlich gemacht werden. 613 In Zusammenfassung mit vorstehenden Ausführungen unter Rn. 607 ff. und Rn. 611 ff. sind deshalb folgende Plananlagen denkbar: (a) Plananlagen zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung: x

Vorläufige Handelsbilanz (vgl. auch § 155 Abs. 2 Satz 1 InsO)

x

Ggf. Vermögensübersicht nach § 153 InsO

x

Überleitungsrechnung für den Zeitraum zwischen Verfahrenseröffnung und Inkrafttreten des Insolvenzplans

(b) Plananlagen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Insolvenzplans: x

Plan-Bilanzen

x

Plan-Gewinn- und Verlustrechnungen (Ergebnisplan)

x

Plan-Liquiditätsrechnungen (Finanzplan)

(c) Vergleichsrechnung: x

Szenario Liquidation/Zerschlagung

III. Schuldnerzustimmung, persönlich haftende Gesellschafter 614 Nach § 230 Abs. 1 InsO muss bei Planvorlage durch den Insolvenzverwalter zur Schuldner-Sanierung, sofern es sich beim Schuldner um eine natürliche Person handelt, dessen Erklärung beigefügt werden, wonach der Schuldner zur Fortführung des Unternehmens auf der Grundlage des Plans bereit ist. ___________ 415) Ausführlich Zabel, in: Kübler, HRI, 2. A., § 27 Rn. 99 ff.

206

IV. Gläubigerzustimmung zum Erwerb von Gesellschaftsanteilen

In der Regel wird der Planarchitekt diese Erklärung schon im Vorprüfungsverfahren nach § 231 InsO vorlegen. Die Schuldnererklärung nach § 230 Abs. 1 Satz 1 InsO ist entbehrlich, wenn der Schuldner Planinitiator ist (§ 230 Abs. 1 Satz 3 InsO). Nach § 230 Abs. 1 Satz 2 InsO ist die Erklärung der persönlich haftenden 615 Gesellschafter, dass Einverständnis mit dem Plan und der Unternehmensfortführung besteht, beizufügen. Dies betrifft Alt- oder Neu-Gesellschafter, z. B. im Fall einer GmbH & Co. KG (hierzu oben Rn. 279 f.). Davon zu unterscheiden ist der gesellschaftsrechtliche Fortsetzungsbeschluss 616 (zu gesellschaftsrechtlichen Erklärungen im gestaltenden Teil siehe oben Rn. 238 ff.). IV. Gläubigerzustimmung zum Erwerb von Gesellschaftsanteilen Da nach § 225a Abs. 2 Satz 2 InsO ein Debt-Equity-Swap gegen den Willen 617 des Gläubigers ausgeschlossen ist, muss, falls Gläubiger Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte erwerben sollen, nach § 230 Abs. 2 InsO die Einverständniserklärung des oder der betroffenen Gläubiger zur Übernahme von Anteilsoder Mitgliedschaftsrechten beigefügt werden. V. Erklärungen Dritter, Investorenangebot Der Begriff „Dritter“ ist von dem Begriff „Beteiligter“ i. S. d. §§ 254 ff. InsO 618 abzugrenzen (zu den subjektiven Grenzen der Rechtskraft vgl. Rn. 284 ff.). Ein „Dritter“ ist immer dann gegeben, wenn die Planrechtskraft nach §§ 254 ff. InsO keine Wirkung entfalten kann. Sofern Dritte für den Fall rechtskräftiger Planbestätigung auch Verpflichtungen „gegenüber den Gläubigern“ übernehmen (§ 230 Abs. 3 InsO), ist die Erklärung der Dritten dem Insolvenzplan beizufügen. Da grundsätzlich die Dritten mit dem Schuldner (und/oder dem Insolvenzverwalter bzw. dem Sachwalter) bilaterale Vereinbarungen schließen werden, ist eine Verpflichtung „gegenüber den Gläubigern“ i. S. d. § 230 Abs. 3 InsO wohl auch dann anzunehmen, wenn die Gläubiger nur mittelbar – aufgrund der Abrede mit dem Schuldner – begünstigt werden sollen. Weiter wird sich in einer Vielzahl von Fällen zumindest empfehlen, ein binden- 619 des Investorenangebot dem Insolvenzplan als Plananlage beizufügen (dazu, dass der Investor wohl kein Beteiligter nach §§ 254 ff. InsO ist, vgl. oben Rn. 284 ff. und Rn. 363). Zum Zeitpunkt der Beifügung der Erklärungen Dritter ist grundsätzlich 620 davon auszugehen, dass zumindest quotenrelevante Erklärungen bei Einreichung des Insolvenzplans vollständig vorliegen müssen.416) In Bezug auf quotenrelevante Anlagen dürfte für Änderungen auch auf die Plananlagen die Vorschrift des § 240 InsO anwendbar sein. ___________ 416) Vgl. Thies, in: HambKomm/InsO, § 230 Rn. 10.

207

G. Plananlagen

621 Bei Änderungen des Insolvenzplans und/oder Änderungen der Anlagen ist darauf zu achten, dass diese Änderungen miteinander synchronisiert werden. Bei Änderungen der Anlagen und/oder der übrigen Teile des Plans besteht immer die Gefahr, dass Bezugnahmen ins Leere gehen oder unverständlich werden. VI. Neben- und Umsetzungsabreden 622 Weiter ist bei den – möglicherweise notwendigen – Plananlagen auch die Vorschrift des § 226 Abs. 3 InsO zu berücksichtigen. Nach dieser Vorschrift ist jedes Abkommen, welches Beteiligten Sondervorteile bietet, unter bestimmten Voraussetzungen unwirksam. Eine dieser Unwirksamkeitsvoraussetzungen ist ein „nicht im Plan vorgesehener Vorteil“. Mithin kann durch Transparenz gegenüber den Gläubigern – auch in Form einer Plananlage – möglicherweise die Anwendung des § 226 Abs. 3 InsO vermieden werden. In diesem Zusammenhang ist z. B. an etwaige Abreden – außerhalb des Plans – zwischen Investor und Alt-Gesellschaftern zu denken. Abtretungen von Ansprüchen des Schuldners – auch nach Planbestätigung, ggf. vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens – können zu einer „verdächtigen“ Gläubigerbenachteiligung führen. Dies gilt insbesondere, falls Gericht, Sachwalter oder Gläubigerausschuss nicht informiert waren.417) 623 Zudem kann sich empfehlen, freiwillig dem Insolvenzplan aus Transparenzgründen Plananlagen beizufügen. Hierzu können z. B. flankierende bilaterale Abreden mit Quotenrelevanz gehören (zu bilateralen Abreden z. B. zwischen Schuldner und weiteren Beteiligten, vgl. oben Rn. 358 ff.). 624 In Zusammenfassung der vorstehenden Ausführungen unter Rn. 614 – 624 sind deshalb folgende weitere Anlagen denkbar: x

z. B. Darlehensverträge oder Vereinbarungen zwischen Schuldner und Investor zur Stärkung des Eigenkapitals/Sicherstellung der Planquote;

x

bilaterale Vereinbarung zur Planüberwachung (falls Regelung im gestaltenden Teil nicht erwünscht oder nicht möglich, vgl. oben Rn. 358 ff.),

x

Zustimmungserklärungen nach § 232 InsO, insbesondere der Gläubigerausschussmitglieder;

x

Garantieerklärungen Dritter und/oder des Investors, insbesondere betreffend die Quote;

x

sonstige „Nebenabreden“ z. B. zwischen Investor und Alt-Gesellschaftern und/oder Investor und Schuldnerin (vgl. § 226 Abs. 3 InsO).

___________ 417) AG Köln, Beschl. v. 15.12.2014 – 74 IN 152/12 (die heimliche Abtretung von masseerhöhenden Ansprüchen des Schuldners führte zur Aufhebung der Eigenverwaltung), ZIP 2015, 440, dazu auch oben Rn. 551.

208

VII. Vollständigkeitserklärung

VII. Vollständigkeitserklärung Wie oben zu natürlichen Personen ausgeführt, empfiehlt sich, zu Vermögens- 625 verhältnissen und insbesondere unterbliebenen Vermögensübertragungen im Vorfeld der Insolvenz dem Insolvenzplan eine Vollständigkeitserklärung des Schuldners beizufügen. Bei juristischen Personen ist eine Vollständigkeitserklärung der Geschäftsführungsorgane zu empfehlen. Sollte die Geschäftsführung im Zusammenhang mit der Planerstellung Falschangaben getätigt haben, so kann eine solche Vollständigkeitserklärung Berater und/oder den (vorläufigen) Insolvenzverwalter bzw. (vorläufigen) Sachwalter zumindest partiell entlasten (zur Vollständigkeitserklärung siehe oben Rn. 21 ff.).

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Stichwortverzeichnis Absonderungsrechte – Eingriff 195 ff., 310 ff. s. a. Gruppenbildung, Sicherheitenbewertung, Vergleichsrechnung Abstimmungstermin 433 ff. – Planmehrheit 440 ff. – Stimmrechte 434 ff. – Vorbereitung 415 ff. Altgesellschafter 23a, 78 f., 233 ff., 274 ff. – Abberufung der Geschäftsführung 235 – Bezugsrecht/Ausschluss? 258 ff., 274 – Debt-Equity-Swap 244 ff. – Herausdrängen Einzelner? 242, 460 f. – Kapitalschnitt 253 ff., 267 ff. – Missbrauch-Plan 9 ff., 23a, 233 ff., 269 ff. – Obstruktionsverbot 460 f. – Schadensersatz/Bezifferung 9 ff., 534l, 534m – Stimmrecht 435 – Transparenzschutz d. Verfahrensregeln 9 ff., 33 ff., 233 ff. – Treuepflicht/Abstimmung 233b – Vergleichsrechnung 9 ff., 275 ff. Änderungen des Plans 464 ff. – Änderungsvollmacht 471 ff. – Beispielsfälle 465 – Rücknahme 392 ff. – Zulässigkeitsgrenzen 465 ff. Apotheke 48 Aufhebung des Insolvenzverfahrens 535 ff. – Aufrechnung 374 ff. – Kontoverbindungen 562 ff., 564, 565

– Prozessführungsbefugnis 16, 566 ff. – Verwaltungs- u. Verfügungsbefugnis 541 Aufrechnung – Finanzamt 375a, 379 – Liquiditätsrisiko 375a s. a. Aufhebung Ausschlussfrist 335a, 337 ff., 344 ff., 519 – Art. 14 GG 354 – Ausfallberechnung 69, 320, 355, 356, 602 ff. – BGH Rechtsprechung 345 ff. – Formulierungsvorschläge 344 – Insolvenztabelle 357 – Minderheitenschutz/„Mittel“ 278, 517 ff. – Stimmrecht 335a – titulierte Forderung 350 – Wiedereinsetzung 357 – Wirksamkeitsvoraussetzungen 345 ff. Aus-/Absonderung s. Vergleichsrechnung

Besserungsschein – Bonus-„Töpfchen“ 42, 324 ff. – Nebenabreden/Unterlaufen 622 – Mindestquote 41, 324 ff. Bestätigungsverfahren 475 ff.; 487 ff. – Annahmevorschriften 478 – Beschluss 475 – Darlegungs- und Beweislast 481 ff. – Inhaltsanforderungen 479, 480 – Kausalität 481 ff. – Ladungsmangel 477 – Planversendung 490 ff. – unlauteres Verhalten 483 – Verfahrensverstöße 477 – Verkündung 487 ff.

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Stichwortverzeichnis

Bezugsrecht s. Altgesellschafter Bilaterale Vereinbarungen 358 ff. – Investorenangebot 363 – Nachtragsverteilung? 360 ff. – Planüberwachung 358 ff., 580 ff. – Treuhandabreden 360 ff. Bürge 287

Chapter 11 1, 381 Darstellender Teil 111 ff. – Abgrenzung zum gestaltenden Teil 111 ff., 281 ff. – Ansprüche gegen Beteiligte 166 ff., 171 ff. – Fehlerfolgen 111 ff. – Finanzierungsholding 153 ff., 162 ff. – Geheimhaltungsinteressen 177 ff. – Gruppenbildung wo? 119 – Planfinanzierungsstruktur 153 ff. – Vergleichsrechnungen 132 ff., 138 ff., 191 ff. Dauerschuldverhältnisse 303 Debt-Equity-Swap 244 ff. – Entbehrlichkeit 247 – Reverse DES 251 ff. s. a. Altgesellschafter Doppeltreuhand 164 ff., 267 ff. – Plan als Alternative? 165 – Sicherungsrechte am Anteil 267 ff.

Eigenverwaltung – Managementfehler 11 – Masseverbindlichkeiten 99 Einholung Stellungnahmen 400, 411 f., 414 – vor Einreichung? 400, 411 f. – während Vorprüfung? 412 – Zeitpunkt 412

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Erörterungstermin 431 ff. – Dauer 449 – Mark-up-Version 431 f. – PowerPoint-Präsentation 431 f. – Trennung vom Abstimmungstermin? 415 ff.

Factoring 74 ff. s. a. Vorrangkredit Filialnetze 46 Finanzierungszwischenholding 162 ff. s. a. darstellender Teil Freiberufler 55 ff. – Förderprogramme 105 – Rechtsanwaltskammer 57 – Versorgungswerk 59 Freigabeverfahren 532a ff. – Abwägung 534f ff. – Entscheidungsformel 534k – Rechtsmittelausschluss 534j – Schadensersatz 534l – Transparenzschutz/Vergleichsrechnung 534a – „unverzüglich“ 534c

Gestaltender Teil 281 ff. – Beteiligtenbegriff 284 ff. – Dauerschuldverhältnisse 303 ff. – Nachzügler s. Ausschlussfrist – Nichtigkeit 295 ff. – Rechtskraftwirkungen 286 ff. Gläubiger-Privatautonomie 7 ff. – Forderungsfeststellung 7 – Grenzen 8 GmbH & Co. KG 279, 280, 615 – Komplementär-GmbH 279 f., 615 Gruppe der Alt-Gesellschafter 233 ff. – Anteilsübertragung 237, 247 ff.

Stichwortverzeichnis

– Bewertung/Einbringung 253 ff. – Bezugsrechtsausschluss 258 ff. – Debt-Equity-Swap 244 ff. – Kapitalschnitt 237, 244 Gruppenbildung 182 ff. – Eingriff in Absonderungsrechte 195 ff., 205, 217 – freiwillige Gruppen 215 ff. – Gruppe der insolvenzanfechtungsbedrohten (Sicherungs-) Rechte? 204a – Kontrolldichte des Gerichts 189 f., 194, 401 – Mischgruppenverbot 200 ff. – Nachranggläubiger/ nahestehende Unternehmen 219 – Pensionssicherungsverein 225 ff. – spezialgesetzliche Regelungen 222 ff. – unerlaubte Handlung 192 f. – zwingende Gruppen 195 ff.

Investor 9 ff., 27 ff., 41, 145 ff., 153 ff., 242 – Angebot 363, 618 – Besserungsschein für Gläubiger 41 – Due Diligence 242, 247 ff., 250 – Kapitalschnitt 250, 253 ff., 267 – Mitgestaltung des Plans 242 – M&A-Prozess 9 ff., 33 ff., 153 ff. – Share-Deal 9 ff., 28, 38 – Sicherungsrechte an Gesellschaftsanteilen 250, 267 – Unternehmensplanung 397 – Übernahmeangebot 619

Honorare 85 ff.

Massekredit 76 Masseunzulänglichkeit 313 ff., 551 – trotz Planrechtskraft/Aufhebungshindernis 551 ff. M&A-Prozess 145 ff., 274 ff. – Führung 274 ff. – Investor s. dort – Transparenz 34, 38, 146, 149 f., 189, 274, 276 f. – Vergleichsrechnung s. dort – Schließung 151 f. Minderheitenschutzantrag 499 ff. – Abgrenzung zum Obstruktionsverbot 499 ff. – Glaubhaftmachung 506 ff. – Mittel-Klausel 510 ff., 518 – Nachbesserungsklauseln 510 ff. – Obstruktionsverbot/ Abgrenzung 499, 500 – Prozessführung 516 ff. – Schlechterstellung 506 ff.

– Bargeschäftsausnahme 92 ff., 96 ff. – Honorarabrede/Inhalte 102, 103 – für Insolvenzantrag (?) 91, 91a, 98 – Insolvenzanfechtung 85 ff. – Interessenkonflikte 102 – Koppelungsabrede 103 – Masseverbindlichkeit 99, 100 – Sachwalter 384 – Schutzschirm 90 – vorläufiger Gläubigerausschuss 100 f.

Insolvenzgeldvorfinanzierung – Folgeinsolvenz 594 ff. s. a. Planüberwachung Interessenverfolgung 18 ff. – Taktik im Planverfahren 18 ff.

Kompetenzabgrenzungen 272 ff. – – – –

bekannter Gläubiger(?) 336 Handelsregister 272 ff. Insolvenzgericht 272 ff. Nachzügler 330 ff.

Ladung 330 ff., 418 ff.

213

Stichwortverzeichnis

– Terminaussetzungsantrag 508 ff. – unerlaubte Handlung 509 – Widerspruch 503 ff. Mittelfonds – s. Minderheitenschutzantrag

Nachtragsverteilung s. Planüberwachung Nachzügler – Ladung 330 ff. – Stimmrecht? 335a – Verbraucher 60 s. a. Ausschlussfrist, Wiederaufleben Natürliche Person 21 ff., 54 ff. – Freiberufler/Zulassungserhalt 55 ff. – Steuerrückstellungen/Aufhebung 572 – Unregelmäßigkeiten 22 ff. – Versorgungswerk 59 – Vollständigkeitserklärungen 22, 625 Nebenabreden 114, 115, 622 ff. s. a. Plananlagen Nichterfüllung 304 Niederlegung des Insolvenzplans 413 – Zeitpunkt 413 Nebenabreden zum Plan s. Plananlagen Null-Plan 22, 138 ff., 192, 406, 625 – Gruppenbildung 191 – Vergleichsrechnung 138 ff. – Vollständigkeitserklärung 22, 625 – Vorprüfung 406

Obstruktionsverbot 450 ff. – Anteilseigner 460 f. – faktische Kreditverlängerung? 454 – Gleichbehandlungsgebot 458

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– Minderheitenschutz/ Abgrenzung 499 f. – Mittelfonds? 463 – Nichteingreifen wegen PSVBesserungsscheins? 458a – Nichteingreifen bei Bevorzugung von Kleingläubigern 215 f. – salvatorische Klausel/ Mittelfonds 462 f. – Schlechterstellungsverbot 452

Pensions-Sicherungs-Verein 225 ff. – Besserungsschein 227, 230 – eigene Gruppe 225 ff., 228 – taktische Ratschläge 229 Plananlagen 607 ff. – Anspruchsabtretungen, verdeckte 622 – Ausschüttungsplanung 611 ff. – Beteiligte 618 – Nebenabreden 621 ff., 625 – Vermögensübersicht/Stichtag 607 ff. – Zustimmungserklärungen 617 ff. Planbedingungen 29, 71, 364 ff. – einzelne Inhalte 365 – Erfüllungsprüfung 367 – Fristen 367 – Kompetenzänderungen 368 ff. Plan-Dritt-Zuschuss 366 – Erklärung als Plananlage 624 – gerichtliches Vorprüfungsverfahren 405 ff. – Vergleichsrechnung 138 ff. Planinitiativrecht 380 ff. – Gläubiger 388 ff. – Insolvenzverwalter 385 ff. – Sachwalter 387 ff. – Schuldner 380 f., 382 ff. Planprivatautonomie 8 ff. – Reichweite/Grenzen 8 ff. Planüberwachung 359 ff., 573 ff. – Aufhebung 580, 598

Stichwortverzeichnis

– Ausschüttungsregelungen 589 ff. – Bekanntmachung, öffentliche 538 – Berichtspflicht/Eingrenzung 583 ff. – Gläubigerausschuss 588 – Insolvenzgeld/Folgeinsolvenz 594 ff. – Kosten 582 – Maximaldauer 580 f. – Nachtragsverteilung 362, 589 ff. – Zustimmungsvorbehalte 586 ff. Planvorbereitung 8c, 62 ff. – Alt-Gesellschafter 78 f., 241 ff – frühzeitiges Sanierungsgrobkonzept 63 ff. – Kontaktaufnahmen 77 ff. – Liquiditätsplanung 74 ff. – Massekredit 74 f. – Plangrobkonzept 72 – Sicherheitenspiegel 66 ff. – vorl. Gläubigerausschuss/ Beset-zungsanregungen 81 s. a. Planprivatautonomie Planziele – ermogelte Restschuldbefreiung 22 – Rechtsträgersanierung 19 – taktische Hinweise 30 ff., 43 Planzusammenfassung 118, 422 ff. – Inhalt 119, 422, 423 – Differenzen zum gest. Teil 422 – Ladung 425 ff. – Privatautonomie 7 ff. Privatautonomie s. Planprivatautonomie

Quotenberechnung 25 ff., 318 ff., 336 ff. – Ausschlussfrist s. dort – Besserungsschein? 41, 227, 324 ff.

– bloßer Ertragsplan? 25 – feste/flexible Quote? 38 ff., 318 ff., 340, 347 – Garantie der Quote 25 f. – Nachzügler s. Ausschlussfrist

Rechtskraft 240, 281 ff. – aufschiebend bedingte Verbindlichkeit 317 – „Beteiligte“/Begriff 273 – Gesellschaftsbeschlüsse 240 – konstitutive Publizitätsakte 291 – Nichtigkeit 295 ff. – öffentliche Verbindlichkeit 317 – Wirksamkeit rechtswidriger Regelung 299 ff. – Wirkungen 281 ff. Rechtmittelfrist 489 – Beginn/Verkündung 489, 492 f. s. a. sofortige Beschwerde

Sachwalter – Pflichten im M&A-Prozess 9 – Vergütung 552 ff. Sanierungskonzept 123 ff. s. a. Darstellender Teil Salvatorische Klauseln 462 f., 510 – Auslegungsregel 283 – Fehlerbeseitigungsvollmacht 471 ff. – Mittel zur Vermeidung einer Schlechterstellung 518 f. – Teilunwirksamkeiten 462 Schlussrechnung 543 ff. – Klausel 546 Schutzschirm 29, 43, 63, 85 ff., 99 ff. – effektive Sanierung 43, 63 f., 73 ff. – Honorar 85 ff., 99 ff. – Vergleichsrechnung 9 – Vorlagefrist 29

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Stichwortverzeichnis

Sicherheitenbewertung 66 ff. – Fortführungswert 200 ff. – Wertgutachten 69, 197 – Zerschlagungswert 202 Sofortige Beschwerde 520 ff. – formelle Beschwer 526 – Frist/Verkündung 523 – Gegenstand 520 ff. – materielle Beschwer 527 – Schlechterstellung/ Glaubhaftmachung 530 ff. s. a. Rechtsmittelfrist Steuern – Aufrechnungsstreit 374 ff. – Planbedingung 366 – keine Regelungskompetenz 317 – Rückbehalt wg. unbekannter Risiken 572 Stimmrechtsfestsetzung 434 ff. – Ausschlussfrist 335a – Beschwerde? 436 – Gesellschafter 435 – Festsetzungsgrundsätze 434 – Manipulation/Forderungskauf 483 – Überprüfung? 483 ff. Stimmrechtsvollmacht 443 ff. – Gerichtsprüfung 446 – Inhalte 444 f. – Interessenkollision 444 – Lesbarkeit 444 f. – Rücklaufkontrolle 446 – Sachwalter als Bevollmächtigter? 444 Stundung von Verfahrenskosten 552 Suhrkamp 23a s. a. Altgesellschafter, sofortige Beschwerde, Freigabeverfahren

Treuepflicht s. Altgesellschafter

Überwachung 237 s. a. Planüberwachung

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Umwandlung 237, 251 f. – Reverse-Dept-Equity-Swap 251 Unerlaubte Handlung 193, 217, 221, 509, 509a – nicht b. Vertragsstrafe 509a – Sozialversicherungsabgaben 221, 509 s. a. Gruppenbildung, Minderheitenschutzantrag Unternehmensplanung 132 ff., 396 ff., 534 a, 534 m, 551 ff. – BGH 132 ff. s. a. Darstellender Teil

Verbraucher 60 f. – Plan 60 – schriftliches Verfahren 61 Verfahrensbegleitende Pläne 7, 24, 541 – Phönix 7 – Privatautonomie 7, 24 Verfahrenskosten – keine Stundung 552 s. a. Aufhebung, Vergütung Vergleichsrechnung – „Abschneiden“ durch Sofortvollzug(?) 534a ff. – Asset-/Share-Deal 145 ff. – Auslaufkosten 9 ff., 144 – Aus-/Absonderung 25, 35 ff., 66, 143 ff. – Darlegungslast und Substantiierung 401, 452 – Fortführungswerte 37, 138 ff., 143 ff., 200 ff. – Fortschreibung 403a – Freigabeverfahren 534a – Führung des M&A-Prozesses s. M&A-Prozess – Grundsätze 9 ff., 138 ff. – Insolvenzanfechtungs/Haftungs-ansprüche 171 ff. – integrierte Planung 132 ff. – Plananlage 611 f.

Stichwortverzeichnis

– Planungsanforderungen nach BGH 132 ff. – Schließung des M&A-Prozesses 151 – schwerer Rechtsfehler 530b – Transparenz 9 ff., 33 ff., 191 ff., 534a – Zeitvorteile d. Plans 139 – Zerschlagungswerte 9 ff., 37, 138 ff., 143 ff., 200 ff. s. a. Altgesellschafter, Darstellender Teil Vergütung 552 ff. – Liquiditätsplanung 552 – Plandispositivität(?) 559 – Berechnungsgrundlage 560 – Zuschlagsfaktoren 561 Verjährung (kurze) – §§ 259a/b effektiv? 353 – Versorgungswerke 59 s. a. Nachzügler Vollmacht s. Stimmrechtsvollmacht Vollständigkeitserklärung 22, 625 – natürliche Person 22 – Plananlage 625 Vollstreckung 40 – Bestimmtheit 40 Vollstreckungsschutz – effektiv? 352 s. a. Nachzügler

Vorprüfung, gerichtliche 398, 403a ff. – Besserungsschein/PSV 403a – Fehlerkatalog 403a – funktionelle Zuständigkeit 398 f. – Grenzen Privatautonomie 8 ff. – Gruppenbildung 401 – Kommunikation 400 – Stellungnahmen n. § 232 InsO vorab? 400, 412 – Vergleichsrechnung 403a Vorrangkredit 580 – Dauer der Planüberwachung 580 – Factoring 74 ff.

Wiederaufleben 599 ff. – – – – –

Ausfallberechnung 602 ff. Klauseln 601, 605 Rückbehalt 605 f. Rückstand 601 strittige Forderung 602

Zulassungswiderruf s. Freiberufler Zusammenfassung s. Planzusammenfassung

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