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German Pages 80 [82] Year 2018
Stefan Görres (Hrsg.)
Innovationen für die Pflege Praxisimpulse aus Forschungsergebnissen und Studien
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Stefan Görres (Hrsg.)
Innovationen für die Pflege Praxisimpulse aus Forschungsergebnissen und Studien
Unter Mitarbeit von: Gabriel Spieker Lina Heier Saskia Konusch
Inhalt Vorwort
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Prävention hat Potenzial
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Bewohnergesundheit fördern
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Mundgesundheit fördern
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Sturzprävention im Fokus
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Hilfen bei Blasenschwäche
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Die Schmerzen im Blick haben
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Genau hinschauen
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Für Entlastung sorgen
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Vorsicht mit Psycho-Pillen
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Gewaltige Anstrengungen
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Bewegung wirkt
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Das Essen nicht vergessen
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Hunde als Therapeuten
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Passgenaue Angebote gesucht
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Autoren
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Angenehme Nachtruhe
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Was hilft bei Schmerzen?
33
Essen bedeutet Lebensqualität
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Mehr als ein Bauchgefühl
39
Mobil und stabil bleiben
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Dekubitus wirksam vorbeugen
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Was hilft bei Depressionen?
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Viele offene Fragen
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Lebensqualität verbessern
54
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, die demografischen und epidemiologischen Veränderungen der letzten fünfzig Jahre, insbesondere die Zunahme von Hochaltrigkeit und chronischen Krankheiten, haben die Zahl der Menschen mit dauerhafter Unterstützungs- bzw. Pflegebedürftigkeit vervielfacht. So ist die Pflege bzw. die Frage ausreichender pflegerischer Versorgung zu einer gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Herausforderung ersten Ranges geworden. Eine qualitativ hochwertige Pflege ist dabei unerlässlich, um den gesellschaftlichen Herausforderungen vor allem an Einrichtungen der stationären Langzeitpflege künftig begegnen zu können. Eine solche Pflege benötigt wissenschaftliche Grundlagen und ist der Evidenzbasierung verpflichtet – soweit besteht mittlerweile Konsens. Das vorliegende Buch versucht, diesen Anspruch umzusetzen. Zu zahlreichen praxisrelevanten Themen finden sich Studienergebnisse von hoher Qualität. Sie alle zeigen, welche zumeist pflegerischen Interventionen sich bisher aus Sicht der Forschung bewährt haben und wo noch weiterhin ein Forschungsbedarf besteht. Die Studien sind in der hier vorliegenden Form jeweils in einzelnen Ausgaben der Zeitschrift Altenpflege vorgestellt und veröffentlicht. Sie stammen nicht nur aus der deutschen Forschung, sondern sind international zusammengestellt. Damit wird es möglich, Konzepte und Potenziale der pflegerischen Praxis aus anderen Ländern kennenzulernen. Zugleich eröffnet sich so die Option, die Pflegekonzepte in den eigenen Einrichtungen der stationären Langzeitpflege zu überdenken und neue Wege zu gehen. Denn schließlich sollen Wissenschaft und so auch die im Buch aufgeführten Studien zu Innovationen in der Praxis führen. Um eine wirklich gute Qualität der Versorgung zu gewährleisten und auch im Wettbewerb bestehen zu können, ist das eine unbedingte Notwendigkeit. Die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen dem Vincentz-Verlag und der Universität Bremen haben dieses Produkt, das Ihnen vorliegt, möglich gemacht. Wir hoffen, dass es nicht nur lehrreich ist und Spaß macht, sondern Ihnen auch dabei hilft, sich in Ihrer Arbeit bestätigt zu fühlen oder neue Anregungen zu bekommen. Dienen soll es letztlich den pflegebedürftigen Menschen und allen, die ihnen eine gute Pflege zuteilkommen lassen wollen. Prof. Dr. Stefan Görres Universität Bremen
Innovationen für die Pflege
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Bewohnergesundheit fördern Zahngesundheit, Bewegungsübungen, Nahrungsaufnahme: Aktuelle Studien aus der Welt der Pflegewissenschaft weisen nach, dass Pflegende auf unterschiedliche Art Text: Stefan Görres und Weise die Gesundheit von Heimbewohnern fördern können.
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er Zustand von natürlich im Gebiss verbliebenen Zähnen von Pflegeheimbewohnern ist häufig schlecht. Eine durch eine Mehrfachmedikation verminderte Menge des Speichelflusses begünstigt ebenso wie vorhandene Zahnbeläge die Entstehung von Karies. Zusätzlich sind viele Bewohner körperlich nur vermindert belastbar und verfügen nur über herabgesetzte Muskelkraft, was eine ausreichende Putzbewegung der Hand einschränken kann. Bei der Zahnpflege sind sie daher auf die Unterstützung von Pflegenden angewiesen. Eine Alternative könnte in der Nutzung einer elektrischen Zahnbürste bestehen: Auf den ersten Blick ist sie nicht unbedingt von Muskelkraft abhängig und auch für die Pflegenden
In beiden Studiengruppen konnte eine vergleichbare Reduktion des Zahnbelags beobachtet werden. Bewohner, die auf Unterstützung bei der Zahnpflege angewiesen waren, erzielten allerdings einen größeren Nutzen durch das Putzen mit einer elektrischen Zahnbürste als jene, die keine Unterstützung benötigten. Zwei Drittel der Pflegekräfte empfanden, was die Handhabbarkeit angeht, keinen Unterschied zwischen den beiden Zahnbürsten. Unter kognitiv eingeschränkten Bewohnern, etwa Demenzerkrankten, empfand hingegen etwa die Hälfte der Pflegenden die Nutzung einer elektrischen Zahnbürste als einfacher.
eine Erleichterung. Ziel einer 2014 veröffentlichten und von der University of Oslo, dem Oslo University Hospital und dem Buskerud University College Drammen durchgeführten norwegischen Studie war die Beobachtung der Reduktion von Zahnbelägen unter der Nutzung einer elektrischen im Vergleich zu einer manuellen Zahnbürste. Verglichen wurde anhand von zwei Studiengruppen das Zähneputzen jeweils mit einer elektrischen und einer manuellen Zahnbürste, mit der identischen Zahncreme, zwei Mal pro Tag über einen Zeitraum von zwei Monaten.
Das Leben in Pflegeheimen ist für viele Menschen mit einem inaktiven Lebensstil verbunden. Neben möglicher Bettlägerigkeit führt vor allem auch häufiges Sitzen bei eigentlich körperlich fitten Senioren zu einem schrittweisen Abbau physischer Funktionen, begründet durch den schnellen Abbau an Muskelmasse. Dabei ist die Erkenntnis nicht neu, dass sich regelmäßige Bewegung positiv auf die Gesundheit und damit funktionale Unabhängigkeit von älteren Menschen auswirkt. Die mit dem steigenden Alter verbundenen körperlichen Einschränkungen erschweren es
Innovationen für die Pflege
Effektive Bewegungsübungen
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Foto: Alexander Raths_Fotolia
Senioren mit einem reduzierten Allgemeinzustand, in Pflegeheimen einer sportlichen Aktivität nachzugehen. Neuen Erkenntnissen zufolge könnten jedoch auch passive Bewegungsübungen eingesetzt werden, um einen weiteren körperlichen Abbau zu verhindern – bisher wurden diese stets als wenig effektiv angesehen. In einer kürzlich von der Faculty of Health Science der Suzuka University of Medical Science (Japan), dem National Institute of Fitness and Sports in Kanoya (Japan), dem Department of Human Performance Studies, Center for Physical Activity and Aging der Wichita State University (USA) und dem Department of Rehabilitation des Yonaha General Hospital in Kuwana (Japan) veröffentlichten Studie wurden 23 Heimbewohner zwischen 80 bis 93 Jahren, die nur wenig Unterstützung bei ihren Aktivitäten des täglichen Lebens benötigten und keinen sportlichen Einschränkun-
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gen unterlagen, in eine passive und eine aktive Übungsgruppe eingeteilt. Beide Gruppen absolvierten jeweils über zwölf Wochen hinweg zweimal täglich für 30 Minuten Trainingseinheiten. Die Einheiten beinhalteten Übungen, die nicht nur einzelne Muskeln isoliert, sondern mehrere Gelenke und Muskelgruppen gleichzeitig beanspruchten und damit auf das Training von Alltagsbewegungen abzielten. In der passiven Übungsgruppe wurden die Muskeln der Teilnehmenden ohne ihre eigene Mithilfe von verschiedenen Sportmaschinen stimuliert, während die aktive Gruppe mit Hilfe elastischer Bänder selbst ihre Muskeln anstrengen musste. Beide Gruppen realisierten ihre Übungen sitzend, um die Trainingssicherheit zu wahren. Im Vorher-Nachher-Vergleich beider Gruppen zeigte sich, dass passive Bewegungsübungen bei älteren Menschen genauso effektiv
Bewohnergesundheit fördern
sind wie aktive Bewegungsübungen. Insbesondere in Bezug auf Übungen, die die Armmuskulatur stärken, das Aufstehen erleichtern, den Gleichgewichtssinn trainieren und die allgemeine körperliche Flexibilität beeinflussen, konnten bereits innerhalb von zwölf Wochen in beiden Gruppen Verbesserungen erzielt werden. Die Autoren schlussfolgern, dass regelmäßige physische Aktivitäten oder Bewegungen mit Hilfe von passiven Bewegungsübungen somit auch in den Alltag von hochaltrigen und körperlich eingeschränkten Pflegeheimbewohnern integriert werden können. Diese Form von Aktivität könnte dabei auch die Bereitschaft und Motivation, sich regelmäßig zu bewegen, bei jenen älteren Menschen erhöhen, die sonst nicht in der Lage wären, selbst aktiv zu sein und bzw. oder aus Angst vor Verletzungen sportliche Aktivitäten meiden.
Optimierte Nahrungsaufnahme Gerade im Hinblick auf die oft eingeschränkte tägliche Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme steigt bei Demenz-erkrankten das Risiko einer Mangel-ernährung. Eine adäquate Ernährung beinhaltet nicht nur eine qualitative und quantitative Versorgung mit Nährstoffen, sondern auch soziale Teilhabe und Lebensqualität. Allerdings haben Menschen mit Demenz ein höheres Risiko, genau diese Fähigkeit der Teilhabe abzubauen oder einen Teil ihrer Lebensqualität zu verlieren, als Personen ohne demenz in der Langzeitpflege. Mehr als die Hälfte von ihnen erfahren durch das Verlernen des Essens einen Einschnitt in ihre Selbstständigkeit. In einer Literarturarbeit aus dem Jahre 2015 erstellten US-amerikanische Forscher der University of Iowa, der University of Maryland
Innovationen für die Pflege
und des Boston Colleges eine Übersicht, die eine Reihe von Interventionen zur Förderung des Essverhaltens von Menschen mit Demenz jenseits des 65. Lebensjahrs aufzeigen konnte. Es sind eine Vielzahl von Faktoren, die die Nahrungsaufnahme Betroffener in der Langzeitpflege beeinflussen. Dies wird anhand eines sozioökologischen Modells bzw. eines ökosystemischen Ansatzes verdeutlicht – und zwar auf verschiedenen Ebenen möglicher Einflussfaktoren. Die intrapersonalen Faktoren inkludieren etwa Alter und Komorbiditäten der entsprechenden Person. Die interpersonalen Faktoren können das Fachwissen des Personals sowie ihre Fähigkeit, Bewohner adäquat bei der selbstständigen Essenseinnahme zu unterstützen, beinhalten. Die umweltbedingten Faktoren umfassen Räumlichkeiten und Hilfsmittel, in bzw. mit denen das Essen eingenommen wird. Schließlich sind es Rahmenbedingungen, wie beispielsweise der Führungsstil des Managements, der vorrangig personenorientiert anstatt aufgabenorientiert sein sollte, die einen Einflussfaktor darstellen. Um also ein optimales Essensverhalten erzielen zu können, ist eine multifaktorielle und zugleich individuelle Pflege hilfreich. Interventionen müssen entsprechend komplexe Trainingsprogramme bereithalten (für das Pflegepersonal und/oder Menschen mit Demenz) als auch Umgebungsmodifikationen vornehmen. Trainingsprogramme für beide Zielgruppen nehmen häufig Bezug auf das Montessori-Konzept. In kontinuierlichen und wiederholenden Trainingseinheiten wird die Nahrungsaufnahme Schritt für Schritt eingeübt. Auch eine 1:1-Intervention, die durch
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positive Verstärkung und Aufforderungen seitens der Pflegekraft Bewohner dazu bringt, selbstständig zu essen, erwies sich als effektiv. Als hilfreich zeigten sich zudem Umgebungs-
modifikationen, die sich durch verbesserte Lichtverhältnisse, eine ansprechende Essensdarreichung oder kontrastreiches Geschirr widerspiegeln.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie von Fjeld, Mowe, Eide und Willumsen wurde 2014 im „European Journal of Oral Science“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http:// onlinelibrary.wiley.com/enhanced/doi/10.1111/eos.12113 Die Studie von Takahashi, Takeshima, Rogers und Islam wurde 2015 im „Journal of Physical Therapy Science“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://doi.org/10.1589/jpts.27.2895 Die Studie von Lui, Galik, Boltz, Nahm und Resnick wurde 2015 in „Worldviews on Evidence-Based Nursing“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://onlinelibrary.wiley.com/enhanced/doi/10.1111/wvn.12100/
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Bewohnergesundheit fördern
Sturzprävention im Fokus Wie häufig stürzen Bewohner von Pflegeheimen? Was sind die Gründe dafür? Und wie lassen sich derartige Ereignisse verhindern? Die Pflegewissenschaft hat diese Fragen Text: Lina Heier und Stefan Görres gestellt und Antworten gefunden.
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türze von Bewohnern stellen für Einrichtungen der stationären Langzeitpflege ein gravierendes Problem dar. Nach Stürzen – oft hervorgerufen durch Ganginstabilität, agitiertes Verhalten, Urin- und Stuhlinkontinenz oder die Einnahme von Medikamenten – leiden die Betroffenen sowohl unter physischen (Frakturen, Mobilitätseinschränkungen) als auch psychischen Folgen (Sturzangst, Depressionen) – und zwar häufig noch Jahre später. Für die betroffenen Einrichtungen entstehen oft haftungsrechtliche Probleme und dem Gesundheitssystem infolge von Stürzen zusätzliche Kosten. Aus diesem Grund gewinnen Maßnahmen zur Sturzprävention an Bedeutung. Ziel dieser Maßnahmen ist die Verringerung der Sturzereignisse bzw. die Linderung der Folgen, wenn sich Stürze nicht verhindern lassen. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es effektiver, evidenzbasierter Maßnahmen der Sturzprävention.
Hohes Risiko für Folgestürze Forscher des Instituts für Gesundheits- und Pflegewissenschaft der Charité Universitätsmedizin Berlin haben 2015 eine Studie veröffentlicht, in der die Häufigkeit von Stürzen in Pflegeheimen, auftretende Verletzungen sowie durchgeführte Risikoeinschätzungen und
Innovationen für die Pflege
Präventionsmaßnahmen untersucht wurden, um ein genaueres Bild über das Problem Sturz zu erhalten. Zu diesem Zweck erhoben Pflegekräfte über einen Zeitraum von sieben Jahren zwischen 2006 und 2013 in 332 Pflegeheimen die Daten von über 25 000 Bewohnern und dokumentierten u.a. Sturzhäufigkeiten, Sturzfolgen und durchgeführte Maßnahmen zur Vermeidung von Stürzen. Über 16 000 Bewohner der untersuchten stationären Langzeitpflegeeinrichtungen wurden dabei als hochgradig sturzgefährdet eingestuft. Insgesamt sind innerhalb des Untersuchungszeitraumes über 1 100 Pflegeheimbewohner nachweisbar gestürzt, von denen ungefähr sechs Prozent schwere Verletzungen wie z.B. Oberschenkelhalsfrakturen oder Bänderverletzungen erlitten. Die größten Risikofaktoren für einen Sturz stellen gemäß den Autoren der Studie vorangegangene Stürze innerhalb der letzten zwei Wochen, eingeschränkte Mobilität und Harninkontinenz und damit verbunden häufige Toilettengänge (vor allem nachts) dar. Als weitere Faktoren können kognitive Beeinträchtigungen (insbesondere Demenz), Mangelernährung und ein hohes Alter genannt werden. Bei den umgesetzten Präventionsmaßnahmen der Pflegekräfte in den Einrichtungen
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handelte es sich vor allem um Beratungs- und Aufklärungsgespräche über Risikofaktoren, Mobilitätshilfen wie Rollatoren und das Angebot bzw. Anlegen von Hüftprotektoren. Die Zahl der Verordnungen physiotherapeutischer Maßnahmen und der Einsatz von Bettgittern konnten laut der Studienergebnisse anschließend reduziert werden. Dabei fällt auf, dass der Fokus der durchgeführten Präventionsmaßnahmen besonders auf den Risikofaktoren „Mobilität“ und „vorangegangene Stürze“ lag und die Interventionen weniger auf Mangelernährung und Harninkontinenz abgestimmt wurden.
Alarmsystem senkt Sturzrate An der Universität Braunschweig haben Forscher kürzlich ein Bettenausstiegsalarmsystem entwickelt, durch dessen Anwendung Stürze in Einrichtungen der stationären Langzeitpflege und geriatrischen Stationen reduziert werden können. In der 2013 publizierten Studie wird ein Alarmsystem als eine technisch innovative Präventionsmaßnahme vorgestellt, die Aufstehversuche von älteren Menschen zuverlässig erkennen und gegebenenfalls Pflegekräfte alarmieren, die wiederum die Bewohner bei der Mobilisation unterstützen und so Stürzen präventiv entgegenwirken können. Das System wurde mit Hilfe von Pflegekräften und Ärzten entwickelt, die ihre Anforderungen in die Entwicklung einbringen konnten. Um zu überprüfen, ob die Anzahl von Stürzen reduziert werden kann, wurde das System unter Laborbedingungen in eher kürzeren Tests sowie in einer klinischen Studie mit 98 Teilnehmern getestet.
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Das Bettenausstiegsalarmsystem ist mit einem Computer der Pflegekräfte verbunden oder mit dem Alarmsystem der Station. Ein entsprechender Sensor wird an den Extremitäten der betroffenen Bewohner befestigt. Der Alarm wird im konkreten Fall insgesamt zwei Mal ausgelöst – zunächst beim Verlassen des Bettes und dann noch einmal, wenn der Bewohner sich wieder hinlegen möchte. Da Bewohner nicht mehr unbemerkt ohne Unterstützung der Pflegekräfte ihr Bett verlassen können und somit der Schutz von sturzgefährdeten Personen erhöht werden kann, ist ein potenzieller Einsatz des Systems besonders während der Nachtschichten oder generell in Schichten mit einer geringen personellen Besetzung denkbar. Durch den Test des Systems konnten die Forscher festhalten, dass Versuche von Bewohnern, das Bett zu verlassen, sehr zuverlässig registriert werden konnten. Außerdem deuten die Ergebnisse darauf hin, dass die Sturzrate gesenkt werden konnte, was sich aufgrund der methodischen Limitierungen der Tests jedoch nicht mit vollständiger Sicherheit belegen lässt. Insgesamt wurde das System von Pflegekräften wie auch von Teilnehmern der Studie als wenig störend empfunden und als eine Erleichterung im Arbeitsalltag wahrgenommen.
Schulungen zur Sturzprophylaxe Forscher des Instituts für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung des Universitätsklinikums in Hamburg haben im Jahr 2015 eine Studie veröffentlicht, in der eine multifaktorielle Maßnahme zur Sturzprävention in Pflegeheimen auf Wirksamkeit und Kostenef-
Sturzprävention im Fokus
fektivität getestet wurde. Bei der untersuchten Maßnahme handelte es sich um ein Projekt zur Prävention von Hüftfrakturen in der stationären Altenpflege. Die Interventionsgruppe bestand aus über 250 Einrichtungen der stationären Langzeitpflege mit über 13 000 Bewohnern, die Kontrollgruppe bestand aus über 800 Einrichtungen mit über 30 000 Bewohnern. Pflegeheime der Interventionsgruppe erhielten Maßnahmen, die aus dem Nationalen Expertenstandard Sturzprophylaxe abgeleitet wurden: insbesondere Schulungsmaßnahmen, Kraft- und Balancetrainings sowie Maßnahmen zur Reduktion von Gefahren in der Umgebung der Bewohner. Weiterhin wurden Pflegekräfte darin geschult, Sturzereignisse korrekt zu dokumentieren, in Gesprä-
chen mit Ärzten Medikamenteneinstellungen zu besprechen und gegebenenfalls zu korrigieren sowie Hüftprotektoren richtig einzusetzen. Zusammenfassend konnte die Rate der Femurfrakturen durch diese Maßnahmen im ersten Jahr insgesamt um 20 Prozent reduziert werden. Die Kosten für die durchgeführten Interventionen lagen laut den Autoren im moderaten Bereich, wobei keine direkte Kosteneinsparung durch eine reduzierte Sturzhäufigkeit abzuleiten war. Weiterhin zeigt das Projekt, dass es möglich ist, ein breit angelegtes Sturzpräventionsprogramm erfolgreich in den Versorgungsalltag zu integrieren und positive Ergebnisse zu erzielen.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie von Heinrich, Rapp, Rissmann, König und Becker (Institut für Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung des Universitätsklinikums Hamburg) wurde 2015 in „Das Gesundheitswesen“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter www.thieme-connect.com/products/ejournals/ abstract/10.1055/s-0032-1330029 Die Studie von Wolf, Hetzer, zu Schwabedissen, Wiese und Marschollek (Universität Braunschweig) wurde 2013 in der „Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://link.springer.com/arti cle/10.1007%2Fs00391-013-0560-2#/page-1 Die Studie von Lahmann, Heinze und Rommel (Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaft der Charité Universitätsmedizin Berlin) wurde 2015 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://link.springer.com/article/10.1007/s00103-014-1966-8
Innovationen für die Pflege
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Die Schmerzen im Blick haben Mehr als die Hälfte der Bewohner von Pflegeheimen klagen über regelmäßige Schmerzen. Wie auf dieses Phänomen reagiert wird, haben drei Studien untersucht. Text: Lina Heier und Stefan Görres
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ach neuesten Erkenntnissen einer Studie, die im Rahmen des Projekts „Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster“ durchgeführt wurde, haben ca. die Hälfte aller Bewohner von stationären Langzeitpflegeeinrichtungen regelmäßig Schmerzen, bei körperlicher Belastung sind es sogar bis zu 67 Prozent. Ähnliche Erkenntnisse sind im europäischen Ausland zu beobachten. Dort berichten zwischen 32 und 57 Prozent der Pflegeheimbewohner von regelmäßigen Schmerzen. Bei Nichtbehandlung bzw. einer unzureichenden Behandlung kann dies zu einer drastischen Reduzierung der Lebensqualität sowie zu Depression, Angst, Stürzen und Schlafproblemen führen. Um die Schmerzsituation ausreichend beurteilen zu können, empfiehlt sich eine systematische Schmerzerfassung bei Bewohnern stationärer Langzeitpflegeeinrichtungen. Eine solche jedoch stellt Pflegekräfte regelmäßig vor Herausforderungen – zumal Demenz, Multimorbidität, eingeschränktes Seh- und Hörvermögen die korrekte Erfassung von Schmerzen und ein effizientes Schmerzmanagement stark erschweren können. Schließlich mangelt es an wissenschaftlich fundierten Empfehlungen und Leitlinien für eine einheitliche Vorgehensweise bei der Schmerzerfassung und zum Schmerzmanagement.
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Forscher der Medizinischen Privatuniversität in Salzburg haben nun jüngst eine Studie veröffentlicht, in der sie Daten zur Schmerzsituation und -erfassung in österreichischen Pflegeheimen und – daraus abgeleitet – mögliche Verbesserungspotentiale für das Schmerzmanagement vorstellen. In der zwischen 2011 und 2014 durchgeführten Querschnittserhebung wurden insgesamt 425 Bewohner aus zwölf Einrichtungen zu ihrer Schmerzsituation und der Schmerzerfassung befragt. Um möglichst genaue Ergebnisse zu erzielen, wurden die Bewohner in zwei Gruppen eingeteilt und mit unterschiedlichen Assessmentinstrumenten untersucht: kognitiv leistungsfähige Bewohner und kognitiv beeinträchtige Bewohner. 243 Teilnehmer wurden der kognitiv leistungsstarken Gruppe und 183 der Gruppe mit kognitiv beeinträchtigen Bewohnern zugeordnet. Die Forscher konnten durch die Befragung der Bewohner feststellen, dass immerhin etwa zwei Drittel aller Bewohner in Ruhe bzw. bei Belastung Schmerzen verspüren. Bei Bewohnern, die zu keiner Selbstauskunft ihrer Schmerzsituation fähig waren, wird die Prävalenz noch höher eingeschätzt. Bis zu 68 Prozent der Bewohner waren der Meinung, dass Schmerzen zum Alltag dazugehören,
Die Schmerzen im Blick haben
und knapp 40 Prozent haben ihre Schmerzen schon mindestens einmal verschwiegen, um der Pflege nicht zur Last zu werden. Auch fehlende Bezugspflegekräfte, Angst vor medikamentösen Nebenwirkungen und Ängste vor Abhängigkeiten von Schmerzmitteln führen zum Verschweigen von Schmerzen. Angesichts dieser beeindruckenden Ergebnisse sehen die Verfasser der Studie einen erheblichen Handlungsbedarf. Dies betrifft eine Optimierung des Schmerzmanagements ebenso wie die Wahl der Erfassungsinstrumente, die stärker auf die kognitiven Fähigkeiten der Bewohner abgestimmt werden müssen, sofern überhaupt eine Selbsteinschätzung der Schmerzsituation möglich ist.
Schmerzmittelversorgung Forscher der Universität Bremen haben ebenfalls 2015 eine Studie zum Thema Schmerzmittelversorgung in Einrichtungen der stationären Langzeitpflege veröffentlicht. Untersucht wurden neu aufgenommene Bewohner, die den beiden Gruppen „mit Krebserkrankung“ bzw. „ohne Krebserkrankung“ zugeordnet waren. Die Untersuchung erfolgte anhand von Routinedaten der Gmünder Ersatzkasse. Erfasst wurden Bewohner, die zwischen 2004 und 2009 erstmalig in ein Pflegeheim aufgenommen wurden. Daten über den Aufenthalt im Pflegeheim wurden über die Pflegeversicherung gewonnen, Informationen über das Vorliegen einer Krebserkrankung über ambulant-ärztliche Abrechnungsdaten generiert. Insgesamt konnten die Daten von 5 549 Bewohnern aus den ersten 90 Tagen des Aufenthalts miteinander verglichen werden. Eine Krebsdiagnose lag bei 781 Bewohnern
Innovationen für die Pflege
bei Heimeintritt vor, 4 768 Bewohner hatten keine Krebsdiagnose. Die Studie kam zu folgenden Ergebnissen: Im Durchschnitt erhielten die Bewohner 7,8 unterschiedliche Arzneimittel, wobei bis zu 29 unterschiedliche Wirkstoffe verordnet wurden. Bewohner mit Krebsdiagnose erhielten durchschnittlich mehr Medikamente. Über 40 Prozent aller befragten Bewohner erhielten mindestens ein Schmerzmittel, von den 781 Bewohnern mit Krebsdiagnose waren es dagegen ca. 52 Prozent. Weiterhin wurden über 8 700 Packungen Schmerzmittel verordnet, davon erhielten 1 570 Bewohner über 4 000 Packungen Metamizol®. Die Dominanz von Metamizol® wird auch in anderen Studien belegt, obwohl dieser Wirkstoff nur begrenzte Indikationen aufweist: bei starken Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen, Tumorschmerzen oder anderen akuten bzw. chronischen Schmerzen. Seine verbreitete Verordnung bei Pflegeheimbewohnern wird in der Studie daher kritisch hinterfragt. Weiterhin sehen die Autoren die Notwendigkeit gegeben, das Pflegepersonal stärker für mögliche Nebenwirkungen zu sensibilisieren und dazu, wenn möglich regelmäßig eine a däquate Schmerzerfassung durchzuführen.
Schmerztherapie Ein europäischer Vergleich von Schmerztherapien und besonderen Schmerzcharakteristika in Einrichtungen der stationären Langzeitpflege war Gegenstand einer Untersuchung, die kürzlich von Forschern der Universitäten Bonn und Ulm in Zusammenarbeit mit Forschern aus Italien durchgeführt und deren
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Ergebnisse jetzt veröffentlicht wurden. Dazu wurden 4 156 Bewohner aus 57 Pflegeheimen in sieben europäischen Ländern befragt. Aus Deutschland waren 472 Bewohner aus neun Einrichtungen beteiligt. Die Bewohner wurden von Pflegekräften u.a. sehr ausführlich zu ihrem Schmerzempfinden befragt. Informationen zu Medikamenten und nichtpharmakologischen Interventionen wurden aus den Dokumentationen der Bewohner entnommen. Von mehr als 50 Prozent der Bewohner in deutschen Pflegeheimen wurden Schmerzen angegeben. Dies lag über dem europäischen Durchschnitt. Mehr als drei Viertel aller Bewohner, die mindestens mittelstarke Schmerzen aufwiesen, erhielten Schmerzmedikamente. Im Vergleich zeigte sich, dass in Deutschland Metamizol® als häufigstes Analgetikum angewendet wird; in den anderen untersuchten Ländern dominierte Paracetamol®. 16 Prozent der deutschen Heimbewohner mit deutlichen Schmerzen erhielten eine Bedarfsmedika-
tion statt einer festen Schmerzmitteltherapie, im europäischen Schnitt waren es dagegen 11 Prozent. Positiv ist, dass in Deutschland ein höherer Anteil von Kombinationen aus pharmakologischen und nichtpharmakologischen Therapien zur Anwendung kommt. Nichtmedikamentöse Maßnahmen zur Schmerzreduktion werden dort selbst bei Bewohnern mit mindestens mittelstarken Schmerzen angeboten.
Fazit Die Studien zeigen, dass fast jeder zweite Heimbewohner Schmerzen hat und dennoch etwa 20 Prozent eine nicht ausreichende Therapie erhalten – sei es auf medikamentöser oder nicht-medikamentöser bBsis. Grundlage für eine differenzierte Entscheidungsfindung sollten in jedem Falle eine effiziente Schmerzerfassung und ein darauf fußendes Schmerzmanagement sein. Dies gilt besonders für Bewohner mit kognitiven Einschränkungen.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Salzburger Studie von Schreier, Stering, Pitzer, Iglseder und Osterbrink wurde 2015 in der Zeitschrift „Schmerz“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00482-014-1509-0 Die Bremer Studie von Schulze, Freitag, Glaeske, Schmiemann und Hoffmann wurde 2015 in der Zeitschrift „Schmerz“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00482-015-0003-7 Die Bonner/Ulmer Studie von Lukas, Mayer, Onder, Bernabei und Denkinger wurde 2015 in der Zeitschrift „Schmerz“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs00482-015-0004-6
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Die Schmerzen im Blick haben
Für Entlastung sorgen Die Gesundheit von Beschäftigten in der Altenpflege ist enormen Belastungen ausgesetzt. Studien aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben die Gründe Text: Lina Heier und Stefan Görres hierfür im Detail untersucht.
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ie Gesundheit des Pflegepersonals ist in Zeiten des Pflegekräftemangels wieder stärker in den Blickpunkt gerückt. Arbeitgeber unterbreiten vermehrt Angebote, die der Gesunderhaltung dienen, und die Pflegekräfte selbst haben angesichts der Personalknappheit größere Wahlmöglichkeiten, sich ihren Arbeitsplatz unter dem Gesichtspunkt „gesundes Arbeiten“ auszusuchen. Das ändert aber nichts daran, dass die Arbeit in der stationären Langzeitpflege angesichts des hohen Pflege- und Betreuungsbedarfs Pflegekräfte täglich vor neue Herausforderungen stellt und sie oftmals an ihre persönlichen und gesundheitlichen Grenzen bringt. Die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte sind unter dem Diktat knapper Ressourcen ebenfalls ein Grund dafür, warum nach wie vor in vielen nationalen und internationalen Studien auf hohe Belastungswerte für Pflegekräfte, hohe Fluktuationsraten und vorzeitige Ausstiege aus dem Pflegeberuf hingewiesen wird.
Physische und psychische Belastungen Autoren einer 2015 veröffentlichten Studie des Ludwig-Boltzmann-Instituts in Wien untersuchten auf Basis von Daten eines Pilotpro-
Innovationen für die Pflege
jektes (2011-2013) zur umfassenden Gesundheitsbetreuung im Setting der stationären Langzeitpflege die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit von Mitarbeitern in der Pflege. Mit Hilfe von Fragebögen wurden insgesamt 83 Personen aus drei unterschiedlichen Einrichtungen befragt. Sie sollten ihre physische und psychische Belastung in Bezug auf ihre aktuelle und mittelfristige Arbeitsfähigkeit einschätzen. Insgesamt waren – typisch für den Bereich der Altenpflege – über 90 Prozent der teilnehmenden Pflegekräfte weiblich und über 75 Prozent über 40 Jahre alt. Zudem hatten über 60 Prozent der Befragten mehr als zehn Jahre Berufserfahrung und 68 Prozent einen Migrationshintergrund. Etwas über 25 Prozent der Pflegekräfte schätzten ihren Gesundheitszustand als „ausgezeichnet“ oder „sehr gut“ an, über die Hälfte als „gut“ und knapp 18 Prozent als „weniger gut“ oder „schlecht“. Die häufigsten Beschwerden waren Schulter-, Nacken- und Rückenschmerzen. Die aktuelle körperliche Arbeitsfähigkeit wurde wiederum von etwas mehr als der Hälfte der Befragten als „mittelmäßig“ oder „schlecht“ eingeschätzt, ähnlich verhält es sich mit der psychischen Arbeitsfähigkeit. Insgesamt waren sich 70 Prozent nicht sicher,
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ob sie den Beruf als Pflegekraft in der stationären Langzeitpflege bis zum Rentenalter durchführen können. Die Autoren schlussfolgern aus diesen Ergebnissen, dass Termin- und Zeitdruck sowie Stress allgemein als die stärksten Belastungsfaktoren für die aktuelle Arbeitsfähigkeit angesehen werden können. Um die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit mittel- bis langfristig zu erhalten, wird den Unternehmen empfohlen, sich unter anderem auf eine gesunde Teamkultur und ein gutes Arbeitsklima zu konzentrieren. Zwar wird die Arbeit mit pflegebedürftigen, demenziell erkrankten und am Lebensende stehenden hochbetagten Menschen immer eine Herausforderung bleiben. Wenn aber die Rahmenbedingungen wie Teamkultur und Arbeitsklima stimmen, kann dadurch vieles kompensiert und Stress besser verarbeitet werden.
Emotionaler und zwischenmenschlicher Stress Forscher der Fachhochschule und der Universität Bielefeld veröffentlichten 2015 eine Studie über das Burnout-Risiko in der stationären Langzeitversorgung. Burnout ist häufig die späte Folge von emotionalem und zwischenmenschlichem Stress, der nicht mehr kompensiert werden kann. Sie legten den Fokus dabei nicht nur auf die Belastungen, sondern auch auf die Ressourcen, auf die Pflegekräfte zurückgreifen können: kollegiale Führungsstile der Vorgesetzten und eine gute Einbindung in soziale Netze von Kollegen, Freunden, Familie. Zentrales Ziel der Untersuchung war es herauszufinden, welche Wechselwirkungen be-
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lastende und entlastende Faktoren zeigen und welche direkten oder indirekten Einflüsse sich bei der Entstehung oder Vermeidung eins Burnouts erkennen lassen. Dazu wurden 2011 insgesamt 297 Pflegekräfte bzw. Mitarbeiter aus der Hauswirtschaft und Betreuung aus acht Einrichtungen der stationären Langzeitpflege befragt. 90 Prozent der Befragten waren weiblich, das Durchschnittsalter lag bei 42 Jahren. Rund 60 Prozent hatten eine berufliche Ausbildung in der Altenpflege und 9 Prozent eine in der Gesundheits- und Krankenpflege absolviert. Die übrigen Befragten hatten keine pflegerische Ausbildung durchlaufen oder waren als Betreuungskräfte eingesetzt. Die Auswertung der Daten zeigte unter anderem, dass 37 Prozent der Teilnehmer ein erhöhtes Burnout-Risiko aufwiesen. Anzeichen dafür waren eine erhöhte Müdigkeit und körperliche Erschöpfung. Jeder fünfte Befragte fühlte sich oft emotional erschöpft und jeder vierte immer oder oft ausgelaugt. Weiterhin verspürte fast die Hälfte der Mitarbeiter oft oder sehr oft Zeitdruck, was sich negativ auf die Arbeit auswirkte. Über 30 Prozent konnten oft die Pausen nicht einhalten oder mussten begonnene Tätigkeiten unterbrechen. Zudem stimmten über 38 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass wegen beruflicher Verpflichtungen private Pläne oft geändert werden mussten, bei über 20 Prozent hatte der arbeitsbedingte Stress negative Auswirkungen auf das Privatleben. Als fördernde Faktoren konnten durch diese Untersuchung eine zuverlässige Leitung mit einer guten Beziehung zu ihren Mitarbeitern und ein gutes Verhältnis zu Arbeitskollegen identifiziert werden.
Für Entlastung sorgen
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Die Autoren folgern aus den Ergebnissen, dass nicht nur gesundheitliche, sondern auch strukturelle und organisatorische Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements das Burnout-Risiko reduzieren können.
Pflegerisches und nicht-pflegerisches Personal Eine 2015 veröffentlichte Publikation aus der Schweiz untersuchte Belastungsreaktionen nicht nur bei pflegerischem, sondern auch bei nicht-pflegerischem Personal in der stationären Langzeitpflege. Etwa ein Drittel aller Beschäftigten in einem Pflegeheim gehört anderen Berufsgruppen an – etwa hauswirtschaftliches Personal, Therapeuten, Sozialarbeiter oder Ärzte. Auch diese Berufe haben mehr oder weniger regelmäßig Kontakt
Innovationen für die Pflege
zu Bewohnern und deren Angehörigen und deshalb könnten auch sie – so die Annahme – ähnlichen psychischen Belastungen im Vergleich zu den Pflegekräften ausgesetzt sein. Sind also die Belastungsfolgen bei nichtpflegerischem Personal ebenso stark ausgeprägt, wie sie bei pflegerischem Personal ja schon vielfach nachgewiesen werden konnten? Dazu wurden aus zwei Einrichtungen der stationären Langzeitpflege 232 Fragebögen ausgewertet, 38 Prozent der Fragebögen wurden von nicht-pflegerischem Personal ausgefüllt. Der Fragebogen enthielt unter anderem Fragen zu emotionaler Erschöpfung, persönlicher Motivation, Arbeitszufriedenheit und Wohlbefinden. Bemerkenswert war, dass sich keine signifikanten Unterschiede zwischen pflegeri-
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schen und nicht-pflegerischen Mitarbeitern zeigten, bei letzteren also ebenfalls ähnliche Belastungen wie bei den Pflegekräften zu finden waren. An die Einrichtungen geht daher
die Empfehlung, Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements nicht nur für Pflegekräfte, sondern ebenfalls für nicht-pflegerische Berufsgruppen anzubieten.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Wiener Studie „Gesundheit am Arbeitsplatz in der stationären Altenbetreuung. Status und Determinanten der Arbeitsfähigkeit von Pflegepersonen“ von Cichocki, Quehenberger, Zeiler und Krajic wurde 2015 in der Zeitschrift „Prävention und Gesundheitsförderung“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://link.springer.com/article/10.1007/s11553-015-0498-x Die Bielefelder Studie „Burnout-Risiko in der stationären Langzeitversorgung. Ressourcen und Belastungen von Pflege- und Betreuungskräften“ von Brause, Kleina, Horn und Schaeffer wurde 2015 in der Zeitschrift „Prävention und Gesundheitsförderung“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://link. springer.com/article/10.1007/s11553-014-0469-7 Die Schweizer Studie „Burnout ist für alle da. Belastungsreaktionen beim Personal im geriatrischen Pflegeheim“ von M. Maier wurde 2015 in der Zeitschrift „Prävention und Gesundheitsförderung“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://link.springer.com/article/10.1007%2Fs11553-015-0502-5#/ page-1
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Für Entlastung sorgen
Gewaltige Anstrengungen Aggression und Gewalt gehören zum Pflegealltag – für Pflegende wie für Bewohner. Drei Studien an drei Hochschulen haben sich des Themas angenommen. Text: Lina Heier und Stefan Görres
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ggressionen, Gewalt und Fixierungen gehören in Einrichtungen der stationären Langzeitpflege schon fast zu alltäglichen Erfahrungen – von Pflegefachkräften wie Bewohnern. Bis zu 80 Prozent der Pflegefachkräfte erleben innerhalb von zwölf Monaten physische, psychische und verbale Aggressionen und Gewalt durch Bewohner; bis zu 36 Prozent sogar innerhalb einer Woche. Bewohner mit aggressiven Verhaltensweisen sind oft durch kognitive Veränderungen charakterisiert, leiden an überdurchschnittlich starken Schmerzen und leben im Gegensatz zu Bewohnern ohne Aggressionen schon länger in Einrichtungen der stationären Langzeitpflege. Pflegefachkräfte fühlen sich durch die Begegnung mit aggressiven oder gewalttätigen Verhaltensweisen häufig überfordert, empfinden Scham, Angst und Wut oder resignieren angesichts dieser Situationen. Es kommt nicht selten vor, dass solche Erlebnisse und ein unreflektierter Umgang mit ihnen im schlimmsten Fall in Gewalt gegen Bewohner umschlagen. Schätzungen gehen davon aus, dass die Prävalenz von Gewalthandlungen gegen alte Menschen in Institutionen des Gesundheitswesens zwischen elf und 24 Prozent liegt. Die Folge davon können unter anderem mechanische Fixierungen oder un-
Innovationen für die Pflege
terlassene Hilfestellungen, in wenigen Fällen auch physische Gewaltanwendungen seitens der Pflegefachkräfte sein. Immer wieder gehen entsprechende Schlagzeilen durch die Medien. Während zu Aggressionen und Gewalt in der Pflege (und dies betrifft beide Seiten, Bewohner wie Pflegefachkräfte) wenig Evidenz vorhanden ist, sind Fixierungen häufiger dokumentiert. Ergebnisse einer Studie der Evangelischen Hochschule in Berlin (2012) gehen davon aus, dass bis zu 30 Prozent der Bewohner stationärer Pflegeeinrichtungen während ihres Aufenthaltes durch Pflegefachkräfte am Bett bzw. Stuhl fixiert werden. Eine Studie des Pflegeforschungsverbundes Nord aus Hamburg (2008) berichtet, dass bei 40 Prozent der Bewohner stationärer Langzeiteinrichtungen innerhalb des letzten Jahres freiheitsentziehende Maßnahmen durchgeführt wurden. Allerdings diene dies nicht nur der Verhinderung aggressiver Verhaltensweisen, sondern auch dem Schutz vor Stürzen.
Studien an der Uni St. Gallen Forscher der Universität im schweizerischen St. Gallen untersuchten 2010/2011 in 21 Pflegeheimen die Nutzung von empfohlenen pflegerischen Maßnahmen, um mit aggressiven Verhaltensweisen von Bewohnern adäquat
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umzugehen. In den entsprechenden Fragebögen wurden u.a. pflegerische Interventionen zur Verhinderung oder im Umgang mit Aggressionen und Gewalt beschrieben. Gefragt wurde, wie häufig diese von Pflegekräften tatsächlich auch genutzt wurden. Insgesamt wurden über 800 Pflegefachkräfte befragt. Von ihnen hatten über 40 Prozent mehr als 15 Jahre Berufserfahrung, über die Hälfte arbeitete Vollzeit, mehr als 40 Prozent verfügten über Fortbildungen zum Umgang mit aggressiven Verhaltensweisen von Bewohnern. Insgesamt gaben 81 Prozent der pflegerischen Mitarbeiter an, innerhalb des letzten Jahres Erfahrungen mit aggressiven Verhaltensweisen von Bewohnern gemacht zu haben. Interveniert wurde dann mit Beruhigungsmaßnahmen und Fragen nach den Auslösern für das Verhalten. Bei diesen Interventionen versuchten die Pflegefachkräfte in aller Regel, die Perspektive der Betroffenen einzunehmen, um das Verhalten verstehen zu können. Dazu wurden biografische Informationen genutzt sowie Maßnahmen der Validation eingesetzt. Knapp fünf Prozent der pflegerischen Mitarbeiter nannten mechanische Fixierungen als eine Möglichkeit, mit aggressiven Verhaltensweisen umzugehen. Häufig holten die Pflegefachkräfte auch Unterstützung und Beratung bei den Vorgesetzen und Kollegen ein. Dies führte zu einer differenzierteren Sichtweise und trug deutlich zu einem Gefühl der Handlungssicherheit bei.
Projekt an der Uni Witten In einem gemeinsamen Projekt der Unis St. Gallen und Witten/Herdecke wurde 2013 und 2014 die Häufigkeit körperlicher Fixierungen
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in Einrichtungen der stationären Langzeitpflege untersucht mit dem Ziel, Häufigkeiten und Typen von Fixierungen beschreiben zu können. Ältere Schätzungen geben eine Prävalenzrate zwischen sechs und 19 Prozent in der Schweiz und zwischen vier und 59 Prozent in Deutschland an. Diese Spannbreite zeugt von einer hohen Dunkelziffer. Bekannt sind negative Folgen wie die Bildung von Druckgeschwüren und Lungenentzündungen oder die Reduktion von kognitiven Fähigkeiten. Die Autoren führten eine multizentrische Querschnittstudie durch, an der 20 Pflegeheime und über 1 300 Bewohner beteiligt waren. Etwas über 26 Prozent von ihnen waren zumindest einmal im Erhebungszeitraum fixiert – am häufigsten durch Bettgitter, zudem durch Rollstühle mit Tisch und/oder Gurt oder Schlafoveralls. Die Autoren stellten fest, dass die berichteten Fixierungsmaßnahmen von Pflegefachkräften meist zum Schutz vor Stürzen eingesetzt und die Maßnahme (vielleicht auch deshalb) nicht kritisch hinterfragt wurden. Die Ergebnisse lassen allerdings auch die Vermutung zu, dass ein ungünstiger Personalschlüssel, Überlastungen und Zeitmangel als Ursachen in Betracht kommen können: „Je mehr Bewohner eine Pflegefachkraft zu versorgen hat, desto mehr Bewohner werden fixiert“.
Forschung an der Uni Erlangen Schließlich beschäftigten sich Wissenschaftler der Universität Erlangen-Nürnberg in einem 2016 veröffentlichten Beitrag mit dem Thema „Gewalt gegen alte Menschen im stationären sowie ambulanten/familiären Bereich“. Sie wiesen explizit darauf hin, dass die Definition von Gewalt im gesundheitlichen/medizi-
Gewaltige Anstrengungen
nischen Kontext mehr als nur die körperliche Dimension einnimmt. Die Gerontologie bezieht sich auf ein Verständnis von Gewalt, das „eine systematische, nicht einmalige Handlung mit negativen Einwirkungen auf die Betroffenen“ meint. In differenzierender Weise wird unterschieden zwischen personaler, struktureller und kultureller Gewalt. Allerdings ist davon auszugehen, dass personale bzw. direkte Gewalt am stärksten vertreten sind. Erstmals hingewiesen wird auf Ursachen der Gewalt, die auf Rassismus beruhen. Diese haben bisher kaum Beachtung in der Forschung gefunden. Folgen von Gewalt gegen alte Menschen können allgemein Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung sein wie Isolation, Hilflosigkeit, Ängste oder Hoffnungslosigkeit.
In diesem Zusammenhang wird auf eine dringend nötige Sensibilisierung für empathische Verhaltensweisen seitens der Pflegefachkräfte hingewiesen. Dies ist besonders deswegen anzuraten und auch naheliegend, weil die betroffenen älteren Menschen häufig der Kriegs- und Nachkriegsgeneration angehören, deren Gewalterlebnisse aus dieser Zeit durch gewalttätige Handlungen und Machtmissbrauch seitens der Pflegefachkräfte oder anderer Mitarbeiter erneut durchlebt werden können. Die Autoren sehen daher in der Diagnostik und im Assessment von Gewalt gegen alte Menschen eine notwendige, wenn auch komplexe Aufgabe. Immerhin können zumindest sichtbare Anzeichen wie das Auftreten von Druckgeschwüren, Fehlernährung, Hämatome oder Knochenbrüche leichter entdeckt werden.
DIESEN DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie aus St. Gallen von Zeller, Müller, Needham, Dassen, Kok und Halfens wurde 2013 unter dem Titel „Dealing with aggressive behaviour in nursing homes: caregivers‘ use of recommended measures“ im „Journal of Clinical Nursing“ zusammengefasst. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/1S0VFFd Die gemeinsame Studie der Unis St. Gallen und Witten/Herdecke von Hofmann, Schorro, Haastert und Meyer wurde 2015 unter dem Titel „Use of physical restraint in nursing homes: a multicentre cross-sectional study“ im Magazin „BMC Geriatrics“ zusammengefasst. Sie ist online verfügbar unter http://bit. ly/1YpvSKD Die Studie der Uni Erlangen-Nürnberg von Rolf D. Hirsch wurde 2016 unter dem Titel „Gewalt gegen alte Menschen: Erkennen – Sensibilisieren – Handeln! “ im Bundesgesetzblatt zusammengefasst. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/20veUfJ
Innovationen für die Pflege
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Das Essen nicht vergessen Mangelernährung bei Bewohnern mit und ohne Demenz Heimbewohner weisen häufiger eine Mangelernährung auf, oder sind in dieser Hinsicht zumindest einem höheren Risiko ausgesetzt, wenn eine Demenz vorliegt. Welche Forschungsergebnisse gibt es zu diesem Thema? Text: Lina Heier und Stefan Görres
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chon jetzt bilden Bewohner mit einer demenziellen Erkrankung mit einem durchschnittlichen Anteil von 70 Prozent die größte Gruppe in stationären Langzeitpflegeeinrichtungen. Neben vielen Symptomen und Folgen der Demenz stellt die Mangelernährung besondere Anforderungen an alle Beteiligten. Der Appetit lässt zunehmend nach, Mahlzeiten werden vergessen, Kau- und Schluckstörungen können sich entwickeln. Ernährungsbedingte Gesundheitsprobleme gehen häufig einher mit einem raschen Gewichtsverlust und einer damit verbundenen Leistungsminderung. In der internationalen Literatur findet sich allerdings eine hohe Schwankungsbreite in den Raten der Mangelernährung zwischen acht Prozent bis über 80 Prozent bei Heimbewohnern. Für Deutschland gehen Schätzungen von ungefähr 20 Prozent aus. In dieser Situation stellt sich oftmals die Frage nach einer künstlichen Ernährung, um langfristig der Mangelernährung und den daraus resultierenden Folgen entgegenzuwirken.
Studie 1: Erhöhtes Risiko Wissenschaftler einer 2013 veröffentlichten Studie zum Thema Mangelernährung und De-
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menz bei Bewohnern der stationären Altenpflege in Deutschland untersuchten die Häufigkeit von Mangelernährung in den Jahren 2008 und 2009. An der Querschnittsstudie beteiligten sich bundesweit über 5 200 Bewohner aus insgesamt 65 Einrichtungen der Altenpflege. Bei knapp über der Hälfte der Bewohner wurde eine Demenz dokumentiert sowie ein geringerer Body-Maß-Index und ein höheres Alter im Vergleich zu Bewohnern ohne Demenz. Weiterhin zeigte sich, dass signifikant mehr Bewohner eine Mangelernährung aufweisen bzw. angesichts geringer Nahrungsaufnahmen und damit unbeabsichtigten Gewichtsverlusten einem erhöhten Risiko gegenüber einer Mangelernährung ausgesetzt sind, wenn eine Demenz vorliegt. Die adäquaten pflegerischen Interventionen bestanden vor allem in der Gabe von energiereichen Zwischenmahlzeiten und Nahrungssupplementen. Eher selten wurde auf Sondennahrung oder eine parenterale Ernährung zurückgegriffen. Die Autoren schlussfolgerten aus diesen Ergebnissen, dass bei Heimbewohnern mit einer Demenz die Risiken deutlich begünstigt werden. Denn die Betroffenen sind selten dazu
Das Essen nicht vergessen
in der Lage, Wünsche und Bedürfnisse in einer kommunikativ zugänglichen Art und Weise zu äußern. Von den Pflegenden verlangt dies eine ausgesprochen gute Qualifikation mit den entsprechenden Kompetenzen sowie mehr Zeit für die Nahrungsaufnahme. Es ist naheliegend, dass bei diesem zentralen Pflegeproblem ein deutlicher Zusammenhang zwischen geringer pflegerischer Qualifizierung und Personalbesetzung auf der einen und dem Auftreten von Mangelernährung auf der anderen Seite zu vermuten ist.
Die Autoren sehen angesichts dieser Daten die Annahme bestätigt, dass die höhere Inzidenz bei Bewohnern mit einer Demenz wesentlich auf die bekannten Folgen einer Mangelernährung zurückzuführen ist. Kritisch angemerkt wird, dass trotz einer in die Persönlichkeit eingreifenden Intervention, wie sie das Legen einer Magensonde darstellt, keine Evidenz bezüglich der Verbesserung der Lebensqualität oder einer erfolgreichen Lebensverlängerung vorliegt.
Studie 2: Sonden im Fokus
Das Thema „Sondenernährung bei Menschen mit Demenz in stationären Pflegeeinrichtungen“ wurde ebenfalls in einer 2014 veröffentlichten Forschungsarbeit an der Universität Bremen bearbeitet. Rosa Mazzola untersuchte mittels 31 Interviews die Fragen, unter welchen Umständen die Entscheidung für eine langfristige Sondenernährung zustande kommt, wer an der Entscheidung beteiligt ist und wer schließlich die Entscheidung trifft. Sie befragte dafür Bewohner von Pflegeeinrichtungen, Bezugspflegepersonen wie Ärzte oder Pflegekräfte sowie Stellvertreterpersonen der Bewohner, um die Komplexität des Entscheidungsprozesses abbilden zu können. Als zentrales Phänomen bei der Entscheidungsfindung kristallisierte sich bei den Beteiligten das Gefühl heraus, eine Entscheidung über Leben und Tod treffen zu müssen. Vor allem Angehörige sind mit dieser Frage konfrontiert: Wird bei der Entscheidung gegen eine Sonde in Kauf genommen, damit zugleich den Sterbeprozess einzuleiten, oder soll eine künstliche Ernährung das Leben mit Demenz verlängern? Für die Entscheidung rele-
Forscher der Universitäten Bremen und Oldenburg beschäftigten sich jüngst mit dem Thema „Sondenernährung bei Bewohnern der stationären Langzeitpflege“. In einer 2016 veröffentlichten Studie verglichen sie die Häufigkeit neu gelegter Sonden bei Bewohnern mit und ohne Demenz, die zwischen 2004 und 2009 in eine Einrichtung der stationären Langzeitpflege gezogen waren. Dazu nutzten die Autoren bundesweite Routinedaten aller über 65-jährigen Versicherten einer großen gesetzlichen Krankenkasse. In dem betrachteten Zeitraum hatten über 7 600 Menschen einen Platz in einem Pflegeheim bezogen. Ihr durchschnittliches Alter lag bei rund 80 Jahren, fast die Hälfte hatte eine diagnostizierte Demenz. Über die Jahre verteilt lag die Inzidenz von Sondenernährung bei 28,4 von 1 000 Bewohnern. Im Vergleich zwischen Bewohnern mit und ohne Demenz zeigte sich bei Bewohnern mit einer Demenz eine deutlich höhere Inzidenz (mit 33,3 von 1 000) als bei Bewohnern ohne eine Demenz (23,3 von 1 000).
Innovationen für die Pflege
Studie 3: Leben und Tod
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vant zeigte sich bei ihrem Ringen für oder gegen eine Sondenernährung eine Vielzahl an Faktoren, die bei einer solch tiefgreifenden Entscheidung zu beachten sind. Dies führt häufig zu einer Überforderung der entscheidungstragenden Personen, oft auch der Professionellen. Die aus der Forschungsarbeit resultierenden Handlungsempfehlungen stellen deshalb auch die Notwendigkeit von Entscheidungshilfen wie Fallbesprechungen und Ethik-
kommissionen in den Vordergrund, um eine Entscheidung zu treffen, die möglichst den Wunsch und den Willen der demenzbetroffenen Menschen abbildet. Dabei nehmen besonders Pflegefachkräfte eine tragende Rolle ein: durch den täglichen Kontakt und die pflegerische Beziehung zum Bewohner können sie maßgeblich zu einer Entscheidungsfindung beitragen und eine Art Advokatenfunktion einnehmen.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Ergebnisse der Studie „Mangelernährung und Demenz bei Bewohnern in Einrichtungen der stationären Altenpflege in Deutschland“ wurden in der „Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie“ zusammengefasst. Sie sind online verfügbar unter: http://bit.ly/1Tqt1n1 Die Ergebnisse der von Schulze, Mazzola und Hoffmann verfassten gemeinsamen Studie der Universitäten Bremen und Oldenburg wurden im „American Journal of Alzheimer‘s Disease & other Dementias“ zusammengefasst. Sie sind online verfügbar unter: http://bit.ly/1sxAbcU Die Dissertation „Das Tabu im PEG-Ereignis. Die Anwendung langfristiger Sondenernährung bei Menschen mit Demenz in der stationären Langzeitpflege“ von Rosa Mazzola an der Uni Bremen wurden in der „Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie“ ist online verfügbar unter: http://bit.ly/1U8VmuV
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Das Essen nicht vergessen
Passgenaue Angebote gesucht Versorgungsansätze für Bewohner mit Demenz. Versorgungsangebote, die passgenau für Menschen mit Demenz zwischen Häuslichkeit und Pflegeheim abgestimmt sind, fehlen noch weitgehend. Wie kann Text: Lina Heier und Stefan Görres diesem Mangel begegnet werden?
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em „Welt Alzheimer Report“ zufolge sind weltweit ca. 46 Millionen Menschen an Demenz erkrankt, für Deutschland gibt das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) rund 1,6 MillionenBetroffene an – mit steigender Tendenz. Von etwa 800 000 pflegebedürftigen Menschen, die in Einrichtungen der stationären Langzeitpflege versorgt werden, sind Schätzungen zufolge 60 bis 70 Prozent an einer Demenz erkrankt. Die Zahlen sind nicht neu, geben jedoch einen deutlichen Hinweis auf die enormen Auswirkungen auf die pflegerische Versorgungslandschaft. Neben dem daraus resultierenden quantitativen Problem in der Versorgung demenziell erkrankter Bewohner ist die Frage nach geeigneten Qualifikationen und qualitativ hochwertigen Interventionen ebenfalls unbefriedigend gelöst. Immer wieder dominiert deshalb die Frage nach wirksamen Versorgungsansätzen die Diskussion – die Struktur, die Qualifikation, die Intervention betreffend.
Witten: Balance of Care Forscher der Universität Witten/Herdecke untersuchten einen möglichen Versorgungsansatz zur Generierung passgenauer Versorgungsangebote für Menschen mit Demenz
Innovationen für die Pflege
zwischen Häuslichkeit und Pflegeheimen in Deutschland. Dieser „Balance of Care“-Ansatz wurde bereits in den 1970er Jahren entwickelt und 2011/2012 in insgesamt acht europäischen Ländern mit dem Ziel erprobt, GutePraxis-Empfehlungen („best practice“) daraus zu gewinnen. Die Identifikation struktureller Bedingungen des Gesundheits- und Sozialsystems in den einzelnen Ländern stand dabei im Vordergrund. Die Erhebungen wurden mit zwei Gruppen, insgesamt mehr als 2 000 Personen, durchgeführt: etwa 800 Personen mit Demenz und deren Angehörige lebten in der eigenen Häuslichkeit, mehr als 1 200 Personen in Einrichtungen der stationären Langzeitpflege. Die Experten in den einzelnen Ländern diskutierten im Anschluss an die Befragungen die Ergebnisse und versuchten, passgenaue Versorgungsangebote für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen festzulegen. So unterschiedlich die Gesundheits- und Sozialsysteme in den verschiedenen Ländern auch waren, so überraschend einfach fiel die Antwort zumindest für den ambulanten Bereich aus: Für eine längere Betreuung im ambulanten Bereich hielten die Experten für Deutschland die Notwendigkeit gänzlich
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neuer Unterstützungsangebote für nicht erforderlich, wenn es darum geht, die Versorgung in der häuslichen Umgebung so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Allerdings wurden kaum Aussagen zu den Kosten getroffen.
Halle: Advanced Practice Nurses Forscher der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg führten kürzlich eine Potenzialanalyse zum Einsatz von speziell auf Masterniveau ausgebildeten Geriatrischen Advanced Practice Nurses (APN) durch. Die Forscher versuchten auf Grundlage internationaler Literatur herauszufinden, ob deren Einsatz zu einer Verbesserung der Versorgungsqualität von Bewohnern mit demenziellen Erkrankungen in der stationären Langzeitpflege führt. Das ursprünglich in den USA entwickelte Qualifikationskonzept ist in den letzten Jahren auch vermehrt in Deutschland diskutiert worden, um eine adäquate Antwort auf die Zunahme von komplexen Versorgungsbedarfen im pflegerischen Bereich zu finden. Kernkompetenz einer Geriatrischen APN ist die Fähigkeit, auf der Grundlage eines fundierten klinischen Wissens komplexe Entscheidungsprozesse in Pflegesituationen lösungs- und ergebnis- sowie qualitätsorientiert steuern zu können – in diesem Fall die Planung, Durchführung und Steuerung evidenzbasierter Pflege zur optimierten Versorgung von Bewohnern mit Demenz. Beeindruckend fanden die Forscher vor allem die Ergebnisse aus einer aktuellen systematischen Übersichtsarbeit mit über 2 500 Studienteilnehmern. Diese zeigten eindeutig einen Zusammenhang zwischen Verbesserungen bei den Pflegeproblemen „Dekubitus
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und Inkontinenz“ sowie der Reduzierung von „depressiven und aggressiven Verhaltensweisen“ und dem Einsatz von Geriatrischen APN auf Masterniveau. Ebenfalls wird von einer höheren Zufriedenheit der Angehörigen mit der pflegerischen Versorgung berichtet. Sicher ist die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf den deutschen Kontext fraglich: Die Erhebung wurde in den USA durchgeführt, und es existieren folglich erhebliche strukturelle Unterschiede zum deutschen System. Weiterhin stellt die APN in den USA bereits seit 1977 ein eigenständiges Berufsbild; in Deutschland existieren erst seit dem Jahr 2007 Masterprogramme mit diesem Schwerpunkt. Eine flächendeckende Versorgung mit diesen Experten ist im Vergleich zu den USA daher in Deutschland (noch) nicht gegeben und es fehlen Evaluationen zu deren Tätigkeiten.
Edinburgh: Tanztherapie Einen gänzlichen anderen Ansatz zur Verbesserung der Versorgung von demenzkranken Menschen untersuchten Forscher der Universität im schottischen Edinburgh. Diese veröffentlichten 2016 eine Studie über den Effekt von psychomotorischen Tanztherapien als Intervention zur Verbesserung von Verhalten und Stimmungslage bei Bewohnern mit Demenz in Einrichtungen der stationären Langzeitpflege. Nachdem die Autoren auf der Grundlage einer Literaturrecherche und einer qualitativen Befragung von Bewohnern und Pflegekräften einen positiven Nutzen identifizieren konnten, führten sie eine eigene dreiphasige Erhebung mit insgesamt zehn Bewohnern aus drei stationären Einrichtungen durch. Diese
Passgenaue Angebote gesucht
zwölfwöchige Intervention konzentrierte sich auf drei Dimensionen: motorische, emotionale sowie kognitive Wirkungen der Tanztherapie. Insgesamt dauerte die Therapie 30 Minuten und beinhaltete die Elemente „WarmUp“, „Tanz nach Anleitung“, „freies Tanzen“ und eine ausklingende Phase. Die Forscher konn-
ten nach Beendigung der Intervention immerhin eine leichte Verbesserung im Verhalten (zum Beispiel zunehmender Appetit) und in der Stimmungslage (Abnahme depressiver Verhaltensmuster) der teilnehmenden Bewohner feststellen.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Ergebnisse der Studie „Der Balance of Care Ansatz zur Generierung passgenauer Versorgungsangebote für Menschen mit Demenz zwischen Häuslichkeit und Pflegeheim“ der Uni Witten/Herdecke wurden in der „Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen“ zusammengefasst. Sie sind online verfügbar unter http://bit.ly/1rnPAeX Die Ergebnisse der Studie „Potenzialanalyse zu Advanced Practice Nursing (APN) für Bewohner mit dementiellen Erkrankungen in deutschen Einrichtungen der stationären Langzeitpflege“ der Uni Halle-Wittenberg wurden in der „Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen“ zusammengefasst. Sie sind online verfügbar unter http://bit.ly/1VXmRKJ Die Ergebnisse der Studie „Psychomotor Dance Therapy Intervention (DANCIN) for people with dementia in care homes: a multiple-baseline single case study“ der Universität Edinburgh wurden in der Zeitschrift „International Psychogeriatrics“ zusammengefasst. Sie sind online verfügbar unter http://bit. ly/1URfNdk
Innovationen für die Pflege
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Angenehme Nachtruhe Schlafstörungen bei Pflegeheimbewohnern Die subjektive Schlafqualität von Heimbewohnern lässt sich verbessern, wenn es gelingt, ihre körperliche und soziale Aktivität zu erhöhen. Die Forschungsergebnisse Text: Stefan Görres dazu:
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ltersbedingte Veränderungen in der Schlafphysiologie, häufiges Auftreten von gesundheitlichen Beeinträchtigungen und Pflegebedürftigkeit sowie fehlende Aktivierung und Mobilisierung machen Pflegeheimbewohner besonders anfällig für Schlafstörungen. Trotz der hohen Prävalenz von Schlafstörungen in Pflegeheimen gibt es einen Mangel an Forschung über die Verwendung von nicht-pharmakologischen Ansätzen, um den Schlaf der Bewohner zu verbessern.
Eine Studie aus Berlin Eine Cluster-randomisierte Interventionsstudie mit 85 Bewohnern von 20 Pflegeheimen in Berlin hatte zum Ziel, den Schlaf von Pflegeheimbewohnern zu verbessern, indem ihre soziale Aktivierung und körperliche Mobilisierung gefördert wurden. Durchgeführt wurde die Studie von Forschern der Alice SalomonHochschule und der Freien Universität Berlin zwischen April 2012 und Mai 2013. Eine experimentelle Gruppe von Bewohnern, die an einem Aktivierungsprogramm viermal pro Woche (zwei 45-Minuten-Sitzungen sozialer Aktivität, zwei 45-Minuten-Sitzungen von körperlichem Training) über einen Zeitraum von acht Wochen teilnahm, wurde
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verglichen mit einer Kontrollgruppe ohne Intervention. Die Intervention fand in kleinen Gruppen von drei bis acht Teilnehmern statt. Gruppenaktivitäten, Gedächtnisübungen, Übungen zur Feinmotorik, und Gespräche waren Teil des sozialen Aktivitätsprogramms. Die körperliche Aktivierung bestand aus Übungen zur Förderung der Balance, Kraft und Ausdauer und wurde mit kleinen Gymnastikgeräten durchgeführt. Die Schlafqualität wurde beurteilt mittels des Insomnia Severity Index (ISI), einer Bewertung von Schlafstörungen/-unterbrechungen durch die Pflegekräfte und aktigraphiebasierten Schlafparametern. Obwohl keine Änderungen in aktigraphiebasierten Schlafparametern beobachtet wurden, erhöhte sich die subjektiv bewertete Schlafqualität in der Interventionsgruppe signifikant im Vergleich zur Kontrollgruppe. Das legt nahe, dass die subjektive Schlafqualität der Bewohner verbessert werden kann, wenn entsprechend ihre körperliche und soziale Aktivität erhöht wird und es gelingt, die Bewohner zur Teilnahme zu motivieren.
Eine Studie aus Korea Eine quasi-experimentelle Studie wurde von Forschern der Catholic University of Korea
Angenehme Nachtruhe
mit 30 Teilnehmern in einem Pflegeheim in der Provinz Gyeong-gi (Südkorea) zwischen
drei Wochen nach Beginn der Intervention. Daher wäre es wünschenswert, die Therapie für
Juni 2011 und September 2011 durchgeführt. Ziel war es, die langfristigen Auswirkungen der Fußbadtherapie unter Verwendung unterschiedlicher Wassertemperaturen auf die Schlafqualität von älteren Erwachsenen in Pflegeheimen zu untersuchen. Die Teilnehmer wurden zufällig einer Interventions-, Placebo- und Kontrollgruppe zugeordnet. Die Fußbadtherapie wurde für 30 Minuten täglich über einen Zeitraum von vier Wochen durchgeführt. Wasser mit einer Temperatur von 40 °C wurde für die Interventionsgruppe, Wasser mit einer Temperatur von 36,5 °C für die Placebogruppe verwendet. Die Kontrollgruppe erhielt keine Intervention. Das Fußbad wurde 1,5 Stunden vor dem Schlafengehen mit einem speziellen Gerät für Fußbäder durchgeführt. Dabei wurde darauf geachtet, dass die Raumtemperatur und die Luftfeuchtigkeit konstant waren. Die Schlafmuster der Teilnehmer (Gesamtschlafmenge, Schlafeffizienz und Schlaf-Latenz) und Schlafstörungen wurden mittels Aktigraphie und einem Schlafstörungsinventar (Sleep Disorders Inventory/SDI) verglichen. Das SDI wurde durch die Pflegekräfte beantwortet und so beobachtete Schlafstörungen/ -unterbrechungen erfasst. Tägliche 30-minütige Fußbadtherapie-Sitzungen mit einer Wassertemperatur von 40 °C waren wirksam, die Schlafqualität zu verbessern. Die Therapie war allerdings effektiver für Teilnehmer mit schlechter Schlafqualität bei Beginn der Intervention (baseline) als bei Personen mit relativ guter Schlafqualität. Die langfristigen Auswirkungen der Fußbadtherapie verringerten sich
zwei Wochen durchzuführen, sie für eine Woche zu unterbrechen, und dann fortzusetzen.
Innovationen für die Pflege
Eine Studie aus den USA Eine von Forschern der George Mason University (Virginia) und der Emory University (Georgia) 2014 veröffentlichte Studie untersuchte den Effekt eines sieben Wochen andauernden Krafttraining- und Bewegungsprogramms auf den Apnea-Hypopnea-Index (AHI). Mittels einer Sekundäranalyse von Daten aus einer randomisierten kontrollierten Studie wurden insgesamt 144 Teilnehmer aus zehn Pflegeheimen und drei Einrichtungen betreuten Wohnens im Vergleich zur Kontrollgruppe mit üblicher Versorgung in Arkansas untersucht. Die Interventionsgruppe führte die Übungen allein (56 Personen) oder in Gesellschaft (41 Personen) durch und wurde für die weitere Analyse zu einer Sportgruppe zusammengefasst (97 Personen). Sie führte unter Beaufsichtigung Krafttraining der Arm- und Hüftstreckmuskeln an drei Tagen der Woche durch, mit zusätzlichen zwei Tagen die Woche leichter Bewegung. Die Kontrollgruppe (97 Personen) nahm an den üblichen Aktivitäten teil, die in ihren Einrichtungen angeboten wurden. Ein tragbares Datenerfassungssystem wurde verwendet, um nächtliche Polysomnographie (PSG)-Daten zu sammeln. Die primäre Ergebnisvariable AHI (Apnea-Hypopnea-Index) wurde in der natürlichen Schlafumgebung der Teilnehmer für zwei Nächte vor Beginn und zwei Nächte nach Abschluss der Intervention als die Anzahl von Apnoen und Hypopnoen pro Stunde Schlaf gemessen.
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Das primäre Ergebnis war, dass eine SiebenWochen-Sportintervention, bestehend aus wöchentlichem strukturiertem Krafttraining und leichtem Gehen, signifikant die Schwere von obstruktiver Schlafapnoe, gemessen durch den AHI, reduzierte. Weiterhin erhöhte
das Sportprogramm die absolute Kraft der älteren Erwachsenen in der Interventionsgruppe, was eine Erhöhung der funktionellen Kapazität förderte und eine Verringerung des Pflegeaufwands zur Folge haben kann.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Ergebnisse der Berliner Studie von Kuck, Pantke und Flick wurden unter dem Titel „Effects of social activation and physical mobilization on sleep in nursing home residents“ in der Zeitschrift „Geriatric Nursing“ zusammengefasst. Sie sind online verfügbar unter http://bit.ly/29SNzDr Die Ergebnisse der koreanischen Studie von Kim und Sohng wurden unter dem Titel „The effects of footbath on sleep among the older adults in nursing home: A quasi-experimental study“ in der Zeitschrift „Complementary Therapies in Medicine“ zusammengefasst. Sie sind online verfügbar unter http://bit. ly/29OpqJY Die Ergebnisse der US-amerikanischen Studie von Herrick, Bliwise, Puri, Rogers und Richards wurden unter dem Titel „Strength training and light physical activity reduces the apnea-hypopnea index in institutionalized older adults“ in der Zeitschrift „Journal of the American Medical Directors Association“ zusammengefasst. Sie sind online verfügbar unter http://bit.ly/2a4zWTb
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Angenehme Nachtruhe
Was hilft bei Schmerzen? Gute Ideen aus Hongkong und New York Ein nicht unbeträchtlicher Teil der Pflegeheimbewohner klagt über Schmerzen. Pflegewissenschaftliche Studien zeigen, was fundiertes Schmerzmanagement Text: Stefan Görres bewirken kann.
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chätzungen gehen davon aus, dass zwischen 40 und 80 Prozent der Bewohner von Pflegeheimen an Schmerzen verschiedener Ursache leiden, aber nur etwa 20 Prozent werden trotz Schmerzstandard behandelt. Dies ist zum Teil darauf zurückzuführen, dass ältere Personen häufig nicht nur unter Schmerzen, sondern auch unter zahlreichen anderen Symptomen und Erkrankungen leiden und der Schmerz oft nicht erkannt, wahrgenommen oder behandelt wird. Besondere Probleme ergeben sich bei Demenz, da eindeutige Schmerzäußerungen meist nicht möglich sind. Was also ist zu tun?
Hongkong: Schmerzen im Alltag Ziel einer von Forschern der Hong Kong Polytechnic University (China) durchgeführten und 2015 publizierten Studie war es, die Effektivität eines so genannten„peer-assisted“ Schmerzmanagementprogramms hinsichtlich Schmerzreduktion, schmerzbezogener Selbstwirksamkeit, funktioneller Mobilität, Einsamkeit und Lebensfreude bei Pflegeheimbewohnern zu untersuchen. Rekrutiert wurden dafür 32 Pflegeheimbewohner eines privaten Pflegeheimes in Hongkong. „Peers“ waren zwölf Freiwillige (allesamt
Innovationen für die Pflege
älter als 50 Jahre) aus dem Institute of Active Ageing der Hong Kong Polytechnic University. Das zwölfwöchige Programm mit zwei jeweils einstündigen Sitzungen pro Woche fand in Kleingruppen von sechs Personen statt. Jeder Freiwillige begleitete zwei bis drei Bewohner. Themen der Sitzungen waren Schmerz im Alltag und der Umgang damit, nicht-pharmakologische Strategien zum Schmerzmanagement wie Musik, Massagen, visuelle Stimulation, Stimulation des Geruchs- und Geschmackssinns, die Nutzung von Kühl- und Heizkissen sowie 20-minütige körperliche Übungen. Zur Unterstützung erhielten die Freiwilligen ein Handbuch mit den wichtigsten Informationen für die Sitzungen. Bei den Pflegeheimbewohnern zeigte sich eine signifikante Reduktion in der Schmerzintensität nach Abschluss der Intervention. Schmerzbezogene Selbstwirksamkeit, funktionelle Mobilität sowie Lebensfreude waren signifikant erhöht, Einsamkeit verringert, und das körperliche und psychologische Wohlbefinden von Pflegeheimbewohnern konnte verbessert werden.
New York: Schmerzen behandeln Forscher des Farmingdale State College aus New York, untersuchten in einer 2014 veröffentlichten, randomisiert kontrollierten Studie
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Foto: Foto-Ruhrgebiet _Fotolia
den Effekt einer Pflegeintervention für ältere Menschen mit chronischen Schmerzen. Drei Gruppen von je 39 bis 40 Teilnehmern (alle 60 Jahre oder älter) wurden aus sieben LangzeitPflegeeinrichtungen in der Region der Mittelatlantikstaaten der Vereinigten Staaten rekrutiert. Ein Teil der Teilnehmer erhielt die M-Technik-Handmassage mit Aromatherapie (ein Prozent Lavendelöl im Massageöl) – dabei handelt es sich um eine besonders sanfte und leicht zu erlernende Form von Massage, die gut geeignet ist für gebrechliche oder empfindliche Menschen. Einem anderen Teil wurde die MTechnik-Handmassage ohne Aromatherapie verabreicht. In einer dritten Gruppe (Kontrollgruppe) erhielten die Teilnehmer ein 20-Minuten-Gespräch zu einem Thema ihrer Wahl mit einer Pflegekraft, aber ohne Handmassage. Die Intervention wurde zweimal wöchentlich für 20 Minuten in einem Zeitraum von vier Wochen von einer einzelnen Pflegekraft
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durchgeführt. Sowohl mit als auch ohne Aromatherapie zeigten die Teilnehmer eine signifikant reduzierte Intensität der chronischen Schmerzen im Vergleich zur Kontrollgruppe. Die M-Technik-Handmassage mit oder ohne Aromatherapie erwies sich also als eine sichere, einfache und effektive Intervention, die von Pflegenden im Rahmen des Schmerzmanagements genutzt werden kann.
China: Körperliches Training Eine weitere, 2014 in China veröffentlichte Studie, durchgeführt von Forschern der Hong Kong Polytechnic University, untersuchte den Effekt von körperlicher Betätigung auf die Intensität chronischer Schmerzen bei Bewohnern von Pflegeeinrichtungen. Aus zehn Pflegeheimen in Hongkong wurden 396 ältere Pflegeheimbewohner (mindestens 60 Jahre alt und mit chronischen Schmerzen) rekrutiert: Fünf Pflegeeinrichtungen (insgesamt 225 Be-
Was hilft bei Schmerzen?
wohner) waren in der Interventionsgruppe mit körperlicher Betätigung, weitere fünf Pflegeeinrichtungen (insgesamt 171 Bewohner) in der Kontrollgruppe ohne Intervention. Die körperliche Betätigung bestand aus einem achtwöchigen Trainingsprogramm, das einmal pro Woche von einem Physiotherapeuten und von Pflegekräften in einem Mehrzweckraum der Pflegeheime durchgeführt wurde. Das Programm enthielt Aufwärmübungen für 15 Minuten, Stärkungsübungen für Schulter, Nacken, Rücken, Hüfte und Knie sowie Stretching, Balanceübungen und selbst durchgeführte Massagen an Akupressurpunkten für 45 Minuten. Am Ende der Sitzung wurde ein Blatt mit einer „Übung des Tages“ als Mittel zur Förderung des Selbstmanagements an die
Teilnehmer verteilt. Die Kontrollgruppe erhielt kein Training oder Übungsblatt. Nach Abschluss des Trainings zeigte sich in der Interventionsgruppe eine signifikant höhere Reduktion der Schmerzintensität. Zusätzlich war das psychologische Wohlbefinden (Freude, Abwesenheit von Einsamkeit, Lebenszufriedenheit, Abwesenheit von Depression) in der Interventionsgruppe signifikant verbessert. Die drei Studien zeigen also zweierlei. Erstens, dass in der stationären Langzeitpflege für eine gute Schmerzbehandlung ein fundiertes Schmerzmanagement in immer wichtiger ist. Und zweitens, dass pflegerische Interventionen in diesem Zusammenhang durchaus erfolgreich sein können.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie von Mimi Tse, Suey Yeung, Paul Lee und Shamay Ng (Hong Kong Polytechnic University, School of Nursing und Department of Rehabilitation Sciences, Hongkong, China) wurde 2015 im „Journal of Gerontology & Geriatric Research“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2cGGDIU Die Studie von K. Cino (Farmingdale State College, State University of New York, USA) wurde 2014 im „Journal of Holistic Nursing“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2cpzvQJ Die Studie von Mimi Tse, Shuk Twan Tang, Vanessa Wan und Sinfia Vong (Hong Kong Polytechnic University, United Christian Hospital & Prince Margaret Hospital, Hongkong, China) wurde 2014 in der Zeitschrift „Pain Management Nursing“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2ctQgMk
Innovationen für die Pflege
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Essen bedeutet Lebensqualität Die Einnahme von Mahlzeiten ist mehr als bloße Nahrungsaufnahme. Studien zeigen, wie mit kleinem Aufwand die Lebensqualität der Bewohner verbessert werden kann. Text: Stefan Görres
D
ie Einnahme von Mahlzeiten ist in der stationären Langzeitpflege eine der zentralen Herausforderungen für Pflegekräfte. Sie ist zeit- und personalintensiv und wird in ihrer Bedeutung für die Lebensqualität von Pflegebedürftigen häufig völlig unterschätzt.
USA: Appetitsteigernd Ziel einer 2014 veröffentlichten Studie – durchgeführt von Forschern der Gonzaga University (Spokane/Washington) und University of Wisconsin (Madison/Wisconsin) – war es, die Wirkung von Zitrone-Limetten-Sorbet auf den Speichelfluss sowie auf die Nahrungsaufnahme und das Körpergewicht von Pflegeheimbewohnern zu testen. 39 Bewohner zweier Pflegeheime, allesamt jenseits des 65. Lebensjahrs, erhielten über einen Zeitraum von sechs Wochen fünf Minuten vor den Mittag- und Abendessen zwei Unzen (etwa 57 Gramm) Zitrone-Limetten-Sorbet. Als Vergleich und vor der Intervention wurde den Teilnehmern über sechs Wochen vor den Mittags- und Abendmahlzeiten zwei Unzen (etwa 59 Milliliter) eines Nicht-Zitrusgetränkes angeboten. 22 Bewohner schlossen sowohl den Vergleichs- als auch den Interventionszeitraum ab. Von diesen 22 Personen haben acht an Gewicht zugenommen, zehn ihr
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Gewicht gehalten und vier Personen an Gewicht verloren. Die Menge der beim Abendessen eingenommenen Lebensmittel erhöhte sich signifikant von durchschnittlich 208 auf 253 Gramm, gemessen mit der Vergleichsperiode. Insgesamt führte die Einnahme von Zitrone-Limetten-Sorbet dazu, den Speichelfluss und damit die Nahrungsaufnahme und das Gewicht zu erhöhen.
Burgund: Freude am Essen Der Akt des Essens kann nicht allein auf Ernährungs- und sensorische Aspekte beschränkt werden. Er enthält auch eine psycho-affektive Dimension. Diese bezieht sich auf den Kontext, in dem die Mahlzeit serviert wird. In einer 2015 veröffentlichte Studie testeten Forscher der Universität von Burgund im französischen Dijon die Wirkung von vier Kontextfaktoren auf die Nahrungsaufnahme und die Freude am Essen bei älteren Pflegeheimbewohnern – untersucht wurden die Art, wie das Hauptgericht auf der Speisekarte genannt wurde, die Größe und die Vielfalt der Gemüseportionen, das (Nicht-)Vorhandensein von Würzmitteln in der Mitte des Tisches und das (Nicht-)Vorhandensein von Umgebungselementen, wie etwa dekorativen Objekten auf dem Tisch oder Hintergrundmusik.
Essen bedeutet Lebensqualität
Foto: Kzenon_Fotolia
42 Pflegeheimbewohner erhielten zwölf „experimentelle“ Mahlzeiten. Für jeden Faktor wurde eine Kontrollbedingung mit zwei experimentellen Bedingungen verglichen. Die Studie zeigte, dass es ausreichen kann, ein Kontextelement der Mahlzeit zu verändern, um die Zufriedenheit der Bewohner mit der Mahlzeit und die verzehrte Menge an Fleisch und Gemüse zu erhöhen. Besonders wirksam waren die erhöhte Vielfalt der Würzmittel auf dem Tisch. Hingegen waren Faktoren wie der Menüname auf der Speisekarte und die Tischdekoration ineffektiv. Angesichts der finanziellen Einschränkungen von Pflegeheimen konnte diese Studie interessante und kostengünstige Ideen zur Erhöhung der Essensaufnahme und der Zufriedenheit mit Mahlzeiten aufzeigen.
Frankreich: Mangelernährung Eine Studie zu Vermeidung von Mangelernährung, die besonders unter Pflegeheimbewoh-
Innovationen für die Pflege
nern mit kognitiven Einschränkungen verbreitet ist, wurde von Forschern des Pariser Centre for Food and Hospitality Research am Institut Paul Bocuse und des Forschungsinstituts AgroParisTech durchgeführt und 2015 veröffentlicht. Sie untersuchte erstens den Zusammenhang zwischen dem „Mögen“ eines Nahrungsmittels und der Nahrungsaufnahme und zweitens den Einfluss von Geschmacksverbesserung auf das „Mögen“ eines Nahrungsmittels und die Nahrungsaufnahme bei älteren Personen mit unterschiedlichem kognitivem Status. Dafür wurden 104 Teilnehmer, die 70 Jahre und älter waren, aus vier Pflegeheimen in Lyon rekrutiert und in drei Gruppen eingeteilt. Als Kriterium diente ihr kognitiver Status: schlechter, moderater und hoher kognitiver Status. Getestet wurde eine Vorspeise, die aus einem Stück weichen Weißbrots mit Auberginenaufstrich bestand. Zwei Versionen der Vorspeise wurden zubereitet. Die Vorspeise, die als Referenz diente,
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bestand aus gekochter und vermengter Aubergine mit fünf Prozent Olivenöl ohne Ge-
Zusammenhang zwischen dem „Mögen“ des Lebensmittels und der verzehrten Nahrungs-
schmackszusatz. Die Vorspeise mit verbessertem Geschmack enthielt zusätzlich verschiedene Gewürze wie Zitrone, Knoblauch, Salz und Pfeffer. Der 15-minütige Test wurde dreimal (mit einem Abstand von je einer Woche) vor der Mittagsmahlzeit in einem Raum des Pflegeheims zusammen mit Pflegekräften durchgeführt. Die Teilnehmer erhielten zwei Teller mit jeweils vier Stücken der Vorspeisen. Es zeigten sich ein positiver
menge sowie ein positiver Einfluss von Geschmacksverbesserung auf die Nahrungsaufnahme, unabhängig vom kognitiven Status. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Nahrungsaufnahme bei älteren Menschen in Pflegeheimen, auch und besonders bei solchen mit kognitiven Einschränkungen, durch die Optimierung der sensorischen Eigenschaften der Mahlzeit erhöht werden kann.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie „Increasing food intake in nursing home residents: efficacy of the Sorbet Increases Salivation intervention“ von Crogan, Simha und Morgenstern (Gonzaga University & University of Wisconsin, USA) wurde 2014 in „Geriatric Nursing“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2daQCGY Die Studie „Improving meal context in nursing homes. Impact of four strategies on food intake and meal pleasure“ von Divert, Laghmaoui, Crema et al. (Centre for Taste and Feeding Behavior der Universität von Burgund, Frankreich) wurde 2015 in „Appetite“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http:// bit.ly/2cPGQIh Die Studie „Influence of flavour enhancement on food liking and consumption in older adults with poor, moderate or high cognitive status“ von Pouyet, Cuvelier, Benattar & Giboreau (Centre for Food and Hospitality Research, Institut Paul Bocuse & AgroParisTech, Frankreich) wurde 2015 in „Food Quality and Preference“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2dm48pR
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Essen bedeutet Lebensqualität
Mehr als ein Bauchgefühl Darmgesundheit Ein gesunder Darm ist der Schlüssel zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden. Pflegewissenschaftliche Studien zeigen Strategien und Wirkungen auf. Text: Stefan Görres
Hatten Sie heute schon Stuhlgang? Diese Frage ist allen Pflegefachkräften und Bewohnern von Einrichtungen der stationären Langzeitpflege hinreichend bekannt. Die Verbesserung der Darmgesundheit spielt neben Ernährung, Bewegung und dem seelischen Gleichgewicht eine bisher unterschätzte Rolle, das gilt besonders für die pflegerische Intervention. Tatsächlich können Lebensqualität und Wohlbefinden durch einen regelmäßigen Stuhlgang und die Vermeidung von Obstipation erheblich verbessert werden.
Amsterdam: Probiotik Ziel einer zwischen März und Mai 2013 an der Freien Universität Amsterdam durchgeführten Studie war es herauszufinden, ob ein probiotisches, fermentiertes Milchgetränk die Stuhlgewohnheiten von älteren Menschen im Pflegeheim verbessern kann. 135 Teilnehmer jenseits des 70. Lebensjahres konnten zu diesem Zweck in einem Pflegeheim in den Niederlanden zur Teilnahme gewonnen werden. Sie erhielten über einen Zeitraum von sechs Wochen täglich zum Frühstück ein probiotisches Milchgetränk: „Yakult Original“ mit 1.0×108 cfu (koloniebildende Einheiten) /ml Lactobacillus casei Shirota (YIT9029) – in den
Innovationen für die Pflege
drei Wochen zuvor hatten die Teilnehmer das Produkt nicht erhalten. Während des gesamten Studienzeitraums wurden die Stuhlgewohnheiten durch eine Pflegekraft dokumentiert. Diagnostische Mittel waren die Bristol-Stuhlformen-Skala und die Häufigkeit des Stuhlgangs. Aufgrund von Problemen bei der Kooperationsbereitschaft der Pflegebedürftigen (= compliance) konnten nur die Daten von 44 Teilnehmern ausgewertet werden. Ergebnis: Die Stuhlqualität verbesserte sich durch die Gabe des Milchgetränks signifikant. Dies machte sich bemerkbar in einer deutlichen Reduktion von Diarrhö- und Konstipations-Stuhlen und durch mehr „ideale“ Stuhltypen. Es gab keine signifikante Änderung des Anteils von Personen mit funktioneller Verstopfung.
Taiwan: Bauchmassage Eine weitere Studie fand von September bis Dezember 2012 im nördlichen Taiwan an der Chang Gung University statt. Die Forscher untersuchten die Effektivität einer individualisierten Intervention zur Reduktion von Obstipation bei älteren Menschen in Pflegeheimen. Aus vier Pflegeheimen wurden 43
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Teilnehmer mit Obstipation, alle 65 mindestens Jahre alt, rekrutiert und zufällig je einer
typ nach der Bristol-Stuhlformen-Skala und der Nutzung von Laxativen.
Interventions- und einer Vergleichsgruppe zugeteilt. Zu Beginn der Studie wurden von den Teilnehmern relevante Risikofaktoren erfasst: Stuhlgewohnheiten, Alltagskompetenz, Ballaststoffzufuhr, Flüssigkeitsaufnahme, medizinische Verfassung und Medikamente. Während des Studienzeitraums von acht Wochen erhielt jeder Teilnehmer in der Interventionsgruppe neben der üblichen Behandlung ein Handbuch, das mit einfachen Sätzen und Bildern die Strategien zur Reduktion der Verstopfung erläuterte. Die Hinweise basierten auf den persönlichen Risikofaktoren und körperlichen beziehungsweise kognitiven Einschränkungen. Die Strategien beinhalteten die tägliche Einnahme von 25 bis 30 Gramm Ballaststoffen, vermehrte körperliche Aktivität, tägliche Bauchmassagen von 15 Minuten (die die Teilnehmer an sich selbst durchführten, nachdem man ihnen zuvor die Techniken beigebracht hatte) sowie regelmäßige Stuhlgewohnheiten (zum Beispiel nach jeder Mahlzeit) und eine erhöhte Flüssigkeitsaufnahme. Auf einem Protokollbogen konnten die Teilnehmer für jeden Tag die angewandten Strategien ankreuzen. Die Vergleichsgruppe erhielt die übliche Routinebehandlung für Obstipation. Bei den Teilnehmern in der Behandlungsgruppe zeigte sich signifikant häufiger ein geregelter Stuhlgang, inklusive Darmgeräuschen als Indikator für eine gesunde Darmbewegung. Kein signifikanter Unterschied zur Vergleichsgruppe zeigte sich bei Symptomen und Schweregrad der Obstipation, dem Stuhl-
Es kann also, dies als Fazit, durchaus sinnvoll sein, die Selbstfürsorge älterer Personen bezüglich Obstipation zu unterstützen.
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Ägypten: Lebensstil Eine chronische Verstopfung kann die Lebensqualität bekanntlich erheblich beeinträchtigen. Deshalb haben Forscher der Suez Canal University im ägyptischen Ismailia eine Studie mit der Frage durchgeführt, ob sich die Lebensqualität bei älteren Pflegeheimbewohnern mit funktioneller Obstipation mithilfe einer Bildungsmaßnahme zum Thema „Lebensstiländerung“ positiv beeinflussen lässt. 23 Bewohner mit funktioneller Obstipation, alle hatten sie das 60. Lebensjahr überschritten, wurden dafür aus zwei Pflegeheimen in Ismailia City zufällig ausgewählt. Die Intervention fand von April bis Juli 2011 in drei Sitzungen von je 30 Minuten in einem Abstand von zwei Wochen statt. In den Sitzungen bekamen die Teilnehmer in Form von Gruppendiskussionen Handlungs- und Verhaltensanleitungen zu Obstipation, zur Wichtigkeit von regelmäßigen Stuhlgewohnheiten, zu geeigneten Körperpositionen für den Stuhlgang, zu gesunder und ausgewogener Ernährung, zu angemessener Flüssigkeitszufuhr, zum Nutzen von Bewegung, zu passenden körperlichen Übungen sowie zu Indikationen für die Nutzung von Laxativen. Ergänzend erhielten die Teilnehmer eine informative Broschüre. Vor und nach der Intervention wurden die Teilnehmer zur Schwere ihrer Symptome sowie zu relevanten Lebensstilfaktoren wie Laxativnutzung, Ernährung,
Mehr als ein Bauchgefühl
Flüssigkeitszufuhr, Medikamente und körperliche Betätigung befragt. Die Intervention konnte die Schwere der Symptome reduzieren und die Lebensquali-
tät signifikant verbessern. Ebenfalls erhöhte sich die Zahl der Personen, die nun regelmäßig drei Mahlzeiten und häufiger Lebensmittel mit vielen Ballaststoffen zu sich nahmen.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie von van den Nieuwboer, Klomp-Hogeterp, Verdoorn et al. (Athena Institut, Freie Universität Amsterdam/Niederlande)wurde 2015 in „Beneficial Microbes“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2fozPm9 Die Studie von Huang, Yang, Tsai et al. (Chang Gung University/Taiwan) wurde 2015 im „Journal of Clinical Nursing“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2foz0tl Die Studie von Nour-Eldein, Salama, Abdulmajeed & Heissam (Suez Canal University, Ismailia/Ägypten) wurde 2014 im „Journal of Family & Community Medicine“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2foAvYx
Innovationen für die Pflege
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Mobil und stabil bleiben Bewohner in Pflegeheimen profitieren von Beweglichkeitsübungen. Pflegewissenschaftliche Studien belegen die positiven Effekte.
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obilität im Alter ist ein Schlagwort, das zunehmend häufiger von Politik, Wissenschaft und Praxis bemüht wird. Das ist gut so. Denn es ist längst wissenschaftlich belegt, dass Bewegung und Sport eine präventive Wirkung haben. Aber gilt dies auch für Bewohner von Pflegeheimen?
Balance und Kraft stärken In einer Studie, durchgeführt von Forschern der Hochschulen Oslo und Akershus in Norwegen, wurde der Langzeiteffekt eines intensiven Bewegungsprogramms bei demenzerkrankten Pflegeheimbewohnern ermittelt. Aus 18 Pflegeheimen in Oslo konnten zwischen Mai 2012 und September 2013 170 demenzerkrankte Pflegeheimbewohner zur Teilnahme an der Studie gewonnen werden. Allesamt wurden sie nach dem Zufallsprinzip entweder der Intervention- oder der Kontrollgruppe zugeordnet. Drei bis sechs Teilnehmer je Pflegeheim hatten zweimal pro Woche über einen Zeitraum von zwölf Wochen ein Training mit Physiotherapeuten. Die Sitzungen dauerten jeweils 50 bis 60 Minuten. Sie beinhalteten Aufwärmübungen, mindestens zwei Kraftübungen für die unteren Gliedmaßen mit maximal zwölf Wiederholungen und zwei Gleichgewichtsübungen.
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Text: Stefan Görres
Alle Übungen wurden individuell auf die Teilnehmer zugeschnitten, angeleitet und beaufsichtigt. In der Kontrollgruppe fand zweimal wöchentlich ein Treffen von 50 bis 60 Minuten mit Aktivitäten wie Lesen, Spielen oder Musikhören statt. In der Interventionsgruppe zeigten sich signifikante Verbesserungen in der Balance, erhöhte Kraft und weniger Apathie. Selbst die Langzeitmessungen nach zwölf Wochen, in denen die Teilnehmer kein Training oder sonstige Maßnahmen erhielten, zeigten noch eine signifikant verbesserte Balance und ein niedrigeres Agitationslevel.
Training für Rollstuhlfahrer Körperliche Aktivität hilft auch dabei, den Rückgang der Muskelkraft zu verhindern. In einer von Forschern der Kaohsiung Medical University in Taiwan durchgeführten Studie wurde ein Bewegungsprogramm mit elastischen Bändern für Pflegeheimbewohner erprobt, die in ihren täglichen Aktivitäten (ADL) auf einen Rollstuhl angewiesen waren. Zehn Pflegeheime aus dem südlichen Taiwan wurden zufällig der Interventionsgruppe (64 Teilnehmer) oder der Kontrollgruppe (63 Teilnehmer) zugeordnet. Die Gruppengröße wurde auf je 15 Personen pro Pflegeheim festgelegt. Die Intervention wurde in zwei Phasen
Mobil und stabil bleiben
Foto: Robert Kneschke, Fotolia
durchgeführt: Freiwillige leiteten das 40-minütige Training in den ersten sechs Monate dreimal pro Woche. In den folgenden sechs Monaten wurde das Training DVD-gestützt durchgeführt. Die Freiwilligen wurden aus den Einrichtungen selbst rekrutiert und in drei Sitzungen mit einer Dauer von jeweils drei Stunden darin geschult. Je Gruppe leitete ein Freiwilliger die Übungen an, während die anderen beiden für die Sicherheit der Teilnehmer sorgten. Das Grundprogramm wurde über drei Monate durchgeführt und enthielt jeweils vier verschiedene Aufwärmübungen, rhythmische Bewegungen und Dehnungsübungen. In den folgenden drei Monaten wurden fortgeschrittene Übungen in jeder Kategorie durchgeführt. In den daran anschließenden sechs Monaten wurde das Programm durch eine zuvor gefilmte DVD angeleitet. Die Teilnehmer
Innovationen für die Pflege
leiteten die Übungen selbst. Es war nur noch ein Freiwilliger anwesend, um die Sicherheit der Teilnehmer zu garantieren. Alle Indikatoren der funktionellen Fitness wie Lungenkapazität, Flexibilität, Handkraft waren in der Interventionsgruppe signifikant verbessert im Vergleich zur Kontrollgruppe mit Routinebehandlung.
Angst vor Stürze therapieren Eine weitere Studie wurde von Forschern der Chang Gung University, ebenfalls Taiwan, zwischen Juli 2008 und Juni 2009 durchgeführt. Ziel war es, den Effekt einer kognitiven Verhaltensstrategie in Kombination mit körperlichen Übungen auf die Angst vor Stürzen bei Pflegeheimbewohnern zu evaluieren. Als primäre Outcomes wurden die Angst vor und tatsächlich stattgefundene Stürze evaluiert, als sekundäre Outcomes Depression, Mobi-
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lität (Gang und Balance) und Muskelkraft. Es konnten 80 Pflegeheimbewohner aus sechs Pflegeheimen im nördlichen Taiwan als Teilnehmer gewonnen werden, sie wurden zufällig drei Gruppen zugeordnet. In der Gruppe A „Kognitive Verhaltensstrategie“ (27 Teilnehmer) fanden acht wöchentliche Sitzungen mit einer Dauer von jeweils 20 bis 25 Minuten mit sechs bis acht Bewohnern pro Gruppe statt. Ziel war es, über Risiken und Konsequenzen von Stürzen aufzuklären und zu vermitteln, dass die Angst vor Stürzen kontrollierbar ist. In der Gruppe B „Kognitive Verhaltensstrategie mit Bewegung“ (27 Teilnehmer) fanden zusätzlich anspruchsvolle körperliche Übungen mit dem Gymnastikball, Heben von Wasserflaschen sowie verschiedene Übungen für die Fußgelenke und die Knie statt. Das
halbstündige Training wurde zweimal pro Woche durchgeführt, um Kraft und Ausdauer besonders der oberen und unteren Extremitäten zu verbessern. Die Teilnehmer in der Kontrollgruppe C (26 Teilnehmer) erhielten die übliche Routineversorgung. Die Bewohner in der kombinierten Gruppe B (Kognitive Verhaltensstrategie und körperliche Übungen) zeigten nach fünf Monaten signifikant bessere Ergebnisse als die Kontrollgruppe C. Signifikant weniger Stürze zeigten sich in beiden Interventionsgruppen (A und B) im Vergleich zur Kontrollgruppe C. Auch bei den Teilnehmern in der Gruppe A mit nur kognitiver Verhaltensstrategie war die Angst vor Stürzen signifikant verbessert sowie eine niedrigere Inzidenz an Stürzen nach fünf Monaten zu verzeichnen.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie von Telenius, Engedal & Bergland (Hochschule Oslo und Akershus & Oslo und Tønsberg Universitätskrankenhaus, Norwegen) wurde 2015 in „BMC Geriatrics“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2gH7VUh Die Studie von Chen, Li, Huang & Cheng (Kaohsiung Medical University & Yuhing Junior College of Health Care and Management, Taiwan) wurde 2016 im „International Journal of Nursing Studies“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2gwaE2I Die Studie von Huang, Chung, Chen et al. (Chang Gung University, Taiwan) wurde 2015 in „Aging & Mental Health“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2gDEoc8
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Mobil und stabil bleiben
Dekubitus wirksam vorbeugen Pflegebedürftige haben ein erhöhtes Risiko, an Dekubitus zu erkranken. Welche Maßnahmen warum präventiv wirken, das haben pflegewissenschaftliche Studien Text: Stefan Görres untersucht.
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n Deutschland entwickeln über 400 000 Menschen jährlich behandlungsbedürftige Dekubiti, so die Schätzungen. Inzwischen existiert eine ganze Reihe von Möglichkeiten der Prävention. Doch was hilft wirklich?
USA/Kanada: Häufigkeit des Lagerungswechsels Zur Druckentlastung ist die natürliche und in regelmäßigen Intervallen durchgeführte Körperbewegung nach wie vor bedeutend. Doch welcher zeitliche Rhythmus ist der geeignete und verschafft pflegebedürftigen Bettlägerigen längere Ruhephasen? Dies untersuchten im Jahr 2014 Forscher der University of Texas (USA) gemeinsam mit Wissenschaftlern der Severity Information Systems Inc. (USA) und dem Institute for Clinical Outcomes (USA) sowie der Toronto Health Economics and Technology Assessment Collaborative (Kanada). Der Studie zufolge ist der regelmäßige Positionswechsel der Bettlägerigen im Drei-Stunden-Takt weitaus besser als in Intervallen, die in ihrer Häufigkeit darunter oder darüber liegen. 942 pflegebedürftige Bettlägerige verteilten die Forscher zufällig auf drei Versuchsgruppen. Jeder Gruppe wurde ein zeitliches Intervall zum Wechsel der Positionen von zwei, drei oder vier Stunden zugeordnet.
Innovationen für die Pflege
Nach dreiwöchiger Beobachtung stellten die Forscher fest, dass jene Pflegebedürftigen, die im Takt von zwei oder vier Stunden umpositioniert wurden (auch „umgelagert“ oder ,,umgebettet“ genannt), mit jeweils 2,5 Prozent (Zahl der Teilnehmer: 321) und 3,05 Prozent (Zahl der Teilnehmer: 295) ein höheres Dekubitusrisiko entwickelten als jene 326 Teilnehmer, die alle drei Stunden umpositioniert wurden (0,61 Prozent).
USA: Liegeposition Das Umpositionieren als probates Mittel zur Dekubitusprophylaxe ist als solches unbestritten. Allerdings gehen die Meinungen auseinander, welche Position als Goldstandard angesehen werden kann, um das Gewebe bestmöglich zu schonen und Druckgeschwüren vorzubeugen. Eine 2015 veröffentlichte Studie von Forschern des Weill Cornell Medical College in New York (USA) untersuchte bei 25 bettlägerigen Pflegebedürftigen, wie sich die bewährten Lagerungspositionen auf das Gewebe, den Blutfluss und die Hauttemperatur auswirken. Die Studienergebnisse zeigen, dass die Rückenlage sowie die 90 Grad-Seitenlagerung weniger zu empfehlen sind als die 30 Grad-Seitenlagerung und die 30 Grad-Rückenlage mit
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Foto: Werner Krüper
angewinkelten Beinen. Zudem war der Blutfluss in der Rückenlage im Vergleich zu den anderen Positionen deutlich höher. Je stärker ein Gewebe durchblutet wird, desto höher sind die Heilungschancen für einen Dekubitus. Und desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu Nekrosen oder Thromben kommt. Bemerkenswert ist zudem, dass die Kerntemperatur in allen Positionen um +0,8° C bis +1,5° C erhöht war. Zu beachten ist hierbei, dass dies nicht als Krankheitssymptomatik interpretiert wird und zu unbegründeten Maßnahmen führt.
Niederlande: Wahl der Matratze Eine wichtige Rolle kommt bei der Dekubitusprävention der Auswahl der richtigen Matratze oder innovativen Überzügen zu. Die Frage ist, ob herkömmliche Matratzen in Pflegeheimen nicht generell durch beson-
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ders komfortable und dabei teure High-TechMatratzen beziehungsweise Überzüge zur Dekubitusprophylaxe ersetzt werden sollten, um dadurch das aufwändige ,,Umlagern“ von Bettlägerigen zu reduzieren oder gar überflüssig zu machen. Niederländische Forscher von dem Maastricht University untersuchten im Jahr 2015 in einem Pflegeheim über zwei Monate in einem dreistufigen Verfahren die Auswirkungen der Anwendung eines neuartigen luftgepolsterten und aufblasbaren Matratzenüberzugs auf einer elastischen Polymer-Schaumstoffmatratze (des Materials wegen auch ,,Visco“ oder ,,Tempur“ genannt). In dem Verfahren bezogen die Forscher 20 Pflegebedürftige ein. Ausschließlich bei Bedarf wurden die Teilnehmer umpositioniert. Bei Bedarf bedeutete, dass erste Anzeichen einer Dekubitusentwicklung nach 48 Stunden
Dekubitus wirksam vorbeugen
zu erkennen waren oder Rezidiven (Rückfälle) auftraten. Bei sieben Personen entwickelte sich während der Studie erstmalig ein Dekubitus 1. Grades, welcher auch zum Ende der Studie noch bestand (Zahl der Teilnehmer: 20). Als „Ausreißer“ (Einzelfall) entwickelte sich im Laufe der Studie bei einer einzigen Person sogar ein Dekubitus 2. Grades.
Die Anwendung dieses innovativen Matratzenüberzugs führte somit nicht zum erhofften Erfolg und kann keine regelmäßigen Positionswechsel ersetzen oder reduzieren. Im Ergebnis konnte auch kein Vorteil dieser Überzüge im Vergleich zu Tempur-Matratzen ohne aufblasbare Luftpolsterauflagen festgestellt werden.
DIE STUDIEN IM NE TZ Daten und Analysen zum Thema Dekubitus in: Robert Koch-Institut (Hrsg.) (2002): Dekubitus. In: Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 12:7. Online verfügbar unter http://bit.ly/2j5i5Ot Die Studie von Bergstrom, Horn, Rapp et al. (University of Texas Health-Sciences-Center at Houston/USA, International Severity Information Systems, Inc. and the Institute for Clinical Outcomes/USA, und Toronto Health Economics and Technology Assessment Collaborative/Kanada) wurde 2014 in „Ontario Health Technology Assessment Series“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2jhXSCD Die Studie von Källman, Engström, Bergstrand et al. (Department of Psychiatry & Department of Health Policy and Research, Weill Cornell Medical College, New York/USA) wurde 2015 in „Biological Research for Nursing“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2if7BI5 Die Studie von Van Leen und Schols (Maastricht University, Niederlande) wurde 2015 in „Healthcare“ (Basel) veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2iir8uJ
Innovationen für die Pflege
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Was hilft bei Depressionen? Depressionen im Pflegeheim Ein erheblicher Teil der Heimbewohner leidet unter Depressionen. Diese werden hier mit Tabletten, dort mit nicht-medikamentösen Methoden bekämpft. Pflegeforscher haben in diversen Studien ermittelt, was gut und was weniger gut hilft. Text: Stefan Görres und Gabriel Spieker
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ielen Menschen schlägt der Winter mit seiner langen Dunkelheit und den wenigen Sonnenstunden sprichwörtlich aufs Gemüt. Besonders alten Menschen, die in Pflegeheimen leben und deren Tag- beziehungsweise Nachtrhythmus bereits beeinträchtigt ist, macht diese Jahreszeit zu schaffen. Häufig werden Psychopharmaka verabreicht, obwohl sich durchaus auch andere nicht-medikamentöse Interventionen anbieten.
China: Entspannungsmusik Forscher der Beijing University of Chinese Medicine (Peking, China) untersuchten im Jahr 2014 mit anerkannten Verfahren („focus groups“, „selfrating depression scale“, „Hamilton depression scale“) die Auswirkungen von Qigong-Entspannungsmusik auf 50 an Winterdepression leidende Bewohner eines Pekinger Pflegeheims. Die Bewohner wurden für die Untersuchung zufällig, aber gleichmäßig einer von zwei Gruppen (Behandlungsgruppe oder Kontrollgruppe) zugeteilt. Zwei Monate nahmen sie wöchentlich ein bis zwei Stunden an einer Musiktherapie teil, die aus vier Phasen bestand: Einleitung, Umsetzung, aktives Zuhö-
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ren, Ausklang. Die Kontrollgruppe nahm an der dritten Phase nicht teil, um die Auswirkungen (Emotionen und Depressionsintensitäten) vor und nach der Therapie vergleichen zu können. Die Musiktherapie wirkte sich positiv auf die Gefühlslage der Teilnehmer der Behandlungsgruppe aus. Innere Unruhe wie auch depressive Symptome konnten gelindert werden und sprechen für die Anwendung von Musiktherapie in Pflegeheimen bei depressiven Stimmungen der Bewohner.
Türkei: Volksmusik In einer RCT-Studie untersuchten Forscher der Universitäten Ordu und Giresun (Türkei) im Jahr 2015 acht Wochen lang insgesamt 64 depressive Bewohner eines türkischen Pflegeheims. Ziel der Forscher war es, nicht nur die Auswirkung von Musik auf die Stimmung, sondern auch auf Vitalwerte depressiver Pflegeheimbewohner zu untersuchen. Hierzu wurden die Bewohner zufällig, aber gleichmäßig einer von zwei Gruppen (Behandlungsgruppe oder Kontrollgruppe) zugeteilt. Vitalzeichen wurden quantitativ mit Hilfe von Patienten-
Was hilft bei Depressionen?
auskunftsformularen und einer geriatrischen Skala (Geriatric Depression Scale – GDS) zur
Foto: GordonGrand_Fotolia
Ermittlung von Depressionsintensitäten vor Beginn der Musiktherapie und nach zwei Monaten erhoben. Nur eine der beiden Gruppen nahm für zwei Monate jeweils drei Mal wöchentlich jeweils 40 Minuten an der Musiktherapie mit türkischer Volksmusik teil. Die Forscher stellten fest, dass sich sowohl die Depressionsintensität als auch der systolische Blutdruck bei den Teilnehmern der Musiktherapie im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant verringerte. Demzufolge kann eine Musiktherapie bei depressiven Pflegeheimbewohnern nicht nur die Stimmungslage aufhellen, sondern auch positive Effekte auf Vitalwerte zeigen – in dieser Studie auf den Blutdruck.
USA: Risiskoanalyse Viele Pflegeheimbewohner erhalten ärztlich verordnete Psychopharmaka. Doch gibt es auch alternative Behandlungsverfahren, die mitunter eine vergleichbare Wirkung erzielen. US-amerikanische Forscher der Fordham University, einer privaten Hochschule in New York City, untersuchten 2014 in einer siebenwöchigen Pilotstudie mit anerkannten Verfahren (etwa: „Patient Health Questionnaire 9“, „MiniMental State Examination“, „Hamilton Rating Scale for Depression“, „Structured Clinical Interview for DSM-IV“) die Anwendung nichtmedikamentöser Therapieformen zur Minderung von Depressionen. Hierzu wählten sie 37 depressive Pflegeheimbewohner aus und ordneten sie zufällig einer Gruppe zu (Behandlungsgruppe oder Kontrollgruppe). Die 21 Teilnehmer der
Innovationen für die Pflege
Behandlungsgruppe erhielten sechsmal für je eine Stunde ein so genanntes „ProblemSolving Treatment“ (PST). Diese Behandlung beinhaltete die systematische Analyse von individuell auftretenden alltäglichen Risikofaktoren für Depressionen. Das Verständnis dafür und der Umgang damit wurde von einem klinischen Sozialarbeiter vermittelt. Die 16 Teilnehmer der Vergleichsgruppe wurden stattdessen sechsmalig von anderen Betreuungskräften besucht. Nach Therapieende und zwei Monate danach wurden die Teilnehmer von den Forschern zum Abgleich erneut mit den genannten Verfahren gescreent. Teilnehmer der Behandlungsgruppe konnten im Vergleich zur Kontrollgruppe einen Rückgang von Depres-
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sionen verzeichnen, sofern sie die Behandlung vollständig durchliefen (ComplianceProblem). Statistisch betrachtet können zwar aufgrund der geringen Stichproben keine endgültigen und belastbaren Aussagen getroffen werden. Dennoch sind die Forscher aufgrund der Studienergebnisse davon überzeugt, dass der Einsatz von erfahrenen Fach-
kräften aus der Altenpflege oder Geriatrie vor allem labilen Pflegebedürftigen zugutekommen könnte. Derart geschulte Fachkräfte verfügen über besondere Kenntnisse kognitiver Krankheitsbilder betagter Menschen und sind dazu in der Lage, eine intensive soziale Beziehung mit den Bewohnern zu pflegen.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie „Effects of five-element music therapy on elderly people with seasonal affective disorder in a Chinese nursing home“ von Liu, Niu, Feng et al. (Beijing University of Chinese Medicine, China) wurde 2014 im „Journal of Traditional Chinese Medicine“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter: http://bit. ly/2l3quAf Die Studie „The effect of music therapy on depression and physiological parameters in elderly people living in a Turkish nursing home“ von Gök Ugur, Yaman Aktaş, Orak et al. (Ordu University; Giresun University, Türkei) wurde 2016 in „Aging and Mental Health“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter: http://bit.ly/2jL95KY Die Studie „Addressing depression in a long-term care setting: a phase II pilot of problem-solving treatment“ von Reinhardt, Horowitz, Cimarolli et al. (Jewish Home Lifecare Research Institute on Aging, Fordham University, New York City, USA) wurde 2014 in „Clinical Therapeutics“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter: http://bit.ly/2kxoS4r
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Was hilft bei Depressionen?
Viele offene Fragen Was Demenzkranken eigentlich gut tut, ist noch längst nicht umfassend bekannt. Nationale und internationale Pflegewissenschaftler haben geeignete Versorgungsformen, Fachkräfte und Therapien untersucht. Text: Stefan Görres und Gabriel Spieker
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ei der Pflege von Menschen mit Demenz sind noch viele Fragen offen: Sind Pflegeheime in jedem Fall die geeignete Versorgungsform? Welche Fachkräfte sind die richtigen für eine angemessene Pflege? Und: kann Tanzen Therapie sein?
Pflegeheim oder Häuslichkeit? Wissenswert ist zum Beispiel, dass der Anteil der über 60-jährigen Menschen mit Demenz innerhalb Europas zwar vergleichbar ist, aber der Anteil derjenigen, die in ein Pflegeheim umziehen, im Ländervergleich erheblich variiert. Selbst bei vergleichbarem Krankheitsverlauf und ähnlichen therapeutischen Angeboten sind deutliche Unterschiede im Zeitpunkt des Umzugs dokumentiert. Im Rahmen eines EU-Forschungsprojekts haben Forscher der Universität Witten/Herdecke und der MartinLuther-Universität Halle-Wittenberg die Methodik des „Balance of Care“-Ansatzes genutzt, um diese Unterschiede zu untersuchen. Das 2013 abgeschlossene und publizierte Projekt „RightTimePlaceCare“ zielt darauf ab, GutePraxis-Empfehlungen für geeignete Versorgungsarrangements für Menschen mit Demenz und ihre pflegenden Angehörigen zu entwickeln. Dieser Ansatz kombiniert empi-
Innovationen für die Pflege
rische Daten, Kostenschätzungen und Expertenkonsens. In acht EU-Ländern wurde eine Umfrage mit 2 014 Menschen mit Demenz und ihren pflegenden Angehörigen in Pflegeheimen (1 223 Personen) und der eigenen Häuslichkeit (791 Personen) durchgeführt. Ausgewählte deskriptive Merkmale der Teilnehmer dienten zur Generierung so genannter Standardtypen. Diese wurden in 14 Fallvignetten übersetzt und von fünf bis sechs Expertenpanels mit jeweils drei bis vier Teilnehmer in jedem Land diskutiert. Die Ergebnisse zeigen, dass es in jedem Land für eine spezifische Gruppe von Menschen mit Demenz, die derzeit in stationären Einrichtungen leben, auch Möglichkeiten für eine Betreuung in der Häuslichkeit geben könnte. In Deutschland legen die Experteneinschätzungen zudem nahe, dass die Betreuung in der Häuslichkeit auch mit bestehenden Strukturen aufrechterhalten werden könnte. Noch ausstehende Analyseschritte sollen zeigen, inwieweit die alternativen Versorgungszenarien umsetzbar und auch unter Kostenaspekten zu bevorzugen sind.
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in deutschen Einrichtungen der stationären Langzeitpflege verbessern kann. Die Übersichtsarbeit zeigte, dass der Einsatz von GAPN-Kräften und die von ihnen erstellten spezifischen Therapiepläne und das Monitoring der Krankheitsverläufe die Häufigkeit von Stürzen und Krankenhauseinweisungen verringern konnte. Zudem konnte das Verhalten bei zu Depressionen und Aggressionen tendierenden Bewohnern positiv beeinflusst werden. Auch Angehörige waren mit dieser pflegerischen Versorgung insgesamt zufriedener. Wegen der reduzierten Studienlage, fehlenden Aussagen zu Kosten und Rentabilität und mittel- bis langfristigen Effekten sowie fehlender Repräsentativität konnten derzeit allerdings noch keine abschließenden Empfehlungen zum Einsatz von GAPN-Pflegekräften in deutschen Pflegeeinrichtungen abgegeben werden.
Studierte Pflegekräfte einsetzen?
Tanzen weckt Lebenslust
Internationale Studien stellen immer wieder heraus, dass demenziell erkrankte Bewohner von der Kompetenz akademisch ausgebildeter geriatrischer Pflegeexperten – den speziell fortgebildeten Geriatric Advanced Practice Nurses (GAPN) – profitieren. Gilt das auch für Deutschland, das sich mit der Akademisierung in der Pflege nach wie vor schwer tut? Die Forscher Koch und Fleischer von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg untersuchten 2014 auf der Grundlage eines Reviews mit vier kontrollierten Studien mittels einer so genannten Potenzialanalyse, inwieweit der Einsatz von GAPN die pflegerische Versorgung von Menschen mit Demenz
Viele Anlässe bieten im Laufe des Lebens Gelegenheiten zum Tanz. Neueren Studien zufolge könnten auch demenziell Erkrankte von solchen Angeboten profitieren. Forscher der University of Edinburgh (Schottland) und der Newcastle University (England) untersuchten mit Hilfe von 32 Pflegefachkräften in einer 2016 veröffentlichten Studie zehn an Demenz leidende Bewohner in drei stationären Pflegeeinrichtungen. Die Wissenschaftler nutzten für die Probandenauswahl anerkannte Verfahren (DMAS17; MMST und das Tinetti Balance Assessment Tool). Die Durchführung erfolgte durch ein dreistufiges Design (multiple-baseline single-
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Viele offene Fragen
case study). Die Bewohner wurden auf so genannte vier Baselines verteilt. Die drei Teilneh-
und/oder bewerteten beziehungsweise beobachteten. Alle Bewohner gaben während
mer der ersten Baseline wurden an 42 Tagen beobachtet, die zweite mit drei Bewohnern an 35 Tagen, die dritte mit ebenfalls drei Bewohnern an 28 Tagen und die vierte Baseline mit einem Teilnehmer an 21 Tagen. An die Beobachtungsphase knüpfte eine zwölfwöchige Interventionsphase an, in der zweimal in der Woche 30 Minuten Danzón getanzt und Aufwärmübungen absolviert wurden. Zum Teil tanzten die Pflegekräfte mit
und nach dem Tanzen ein Feedback. In der dritten Phase, die zwölf Wochen später stattfand, wurden Verhaltensveränderungen beobachtet und mitgeteilt. Die Auswertung zeigte, dass die Bewohner zufriedener und kontaktfreudiger waren und der Appetit zunahm. Einige Teilnehmer bemerkten allerdings Gelenkprobleme. Andere wiederum nahmen dies zum Ansporn. Insgesamt wurde die Tanztherapie empfohlen.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie von Stephan, Guiteras, Juchems und anderen (Universität Witten/Herdecke; Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) wurde 2013 in der „Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter: http://bit.ly/2mNEPlj Die Studie von Koch und Fleischer (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) wurde 2014 in der „Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter: http://bit. ly/2mSQwqj Die Studie von Guzman, Freeston, Rochester und anderen (University of Edinburgh; Newcastle University) wurde 2016 im „International Psychogeriatric Journal“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter: http://bit.ly/2mNBT8a
Innovationen für die Pflege
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Lebensqualität verbessern Ein schönes Zuhause, gutes Essen, Freunde: Bewohnern von Pflegeheimen fehlen oft die Voraussetzungen für gute Lebensqualität. Was dagegen helfen kann, haben Text: Stefan Görres und Gabriel Spieker pflegewissenschaftliche Studien untersucht.
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it zunehmendem Alter geht nicht selten ein Teil der objektiven Voraussetzungen für gute Lebensqualität verloren. Die Gründe dafür können krankheits- und pflegebedingte Einschränkungen sein, geringere Mobilität und Teilhabe oder knappe finanzielle Ressourcen. Besonders bei den Bewohnern von Altenund Pflegeheimen führt dies zu emotionalem Stress und kann die subjektiv erlebte Lebensqualität deutlich reduzieren. Nun können in
der Regel die objektiven Faktoren nur bedingt verändert werden. Das subjektive Erleben und Wohlbefinden allerdings lässt sich sehr wohl beeinflussen – und zwar auf unterschiedliche Art und Weise.
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Spanien: Meditation
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Spanische Forscher der Universität in Alicante an der Costa Blanca untersuchten in einer 2014 publizierten Studie, ob eine besondere Atemtechnik geeignet ist, um durch bewusste Entspannung die subjektive Lebensqualität zu erhöhen. Unterstellt wurde dabei ein Zusammenhang zwischen emotionalem Stress, Alter, körperlichem Verschleiß und Einsamkeit. Dazu wurden 30 Bewohner eines spanischen Pflegeheims zufällig einer von zwei Gruppen zugeteilt, einer Interventions- und einer Kontrollgruppe. Bei der einfach anwendbaren „Benson-Meditation“ konzentrierten sich die Teilnehmer in ungestörter Umgebung auf ein bestimmtes Wort und wiederholten dieses regelmäßig. Die Übung erprobte die Interventionsgruppe in zehn Sitzungen von je 60 Minuten fünf Mal pro Woche. Die Kontrollgruppe erhielt keinerlei Intervention. Zu Beginn, nach 15 Tagen und drei Monate nach Abschluss wurden bei beiden Gruppen psychische, physische und biologische Pa-
Lebensqualität verbessern
rameter wie Lebenseinstellung, sensorische Wahrnehmung, Umgang mit Ängsten und
wurde vor allem das Vertrauen der Bewohner positiv verstärkt. Vier Wochen nach dieser In-
Schmerzen sowie Gewicht, Blutdruck, Body Mass-Index (BMI) und Blutwerte gemessen. Die abschließende Auswertung ergab signifikante Unterschiede zwischen beiden Gruppen. Bei der Interventionsgruppe konnten sowohl negative Affekte und Disstress als auch die Wahrnehmung solcher Symptome verringert werden. Noch drei Monate später wurde von der Interventionsgruppe eine höhere Lebensqualität empfunden. Obwohl ein Placeboeffekt nicht ausgeschlossen werden kann, führten vergleichbare internationale Studien zu ähnlichen Resultaten.
tervention war die Zufriedenheit der Interventionsgruppe signifikant gestiegen. In der Kontrollgruppe hingegen stagnierte die Zufriedenheit. Durch die Intervention konnten negative Emotionen wie zum Beispiel Aggressionen verringert werden. Die Forscher resümieren, dass diese Methode bei geringem Aufwand durchaus geeignet scheint, die Lebensqualität von Bewohner zu verbessern.
Frankreich: Wohnen gestalten Nicht selten empfinden Menschen, die kürzlich in ein Pflegeheim gezogen sind oder auch schon eine Weile dort leben, ihr neues Zuhause als fremd. Für viele erscheint der Tagesablauf ungewohnt und fremdbestimmt. All dies kann die Lebensqualität beeinflussen. Forscher der franzöischen Universitäten Victor Segalen Bordeaux II, Südbretagne und Artois untersuchten aus diesem Anlass in einer 2015 veröffentlichten Studie das Outcome einer simpel anwendbaren Methode zur Steigerung der Lebensqualität bei Pflegeheimbewohnern. Hierzu verteilten sie 33 Bewohner zufällig auf zwei Gruppen (Interventions- und Kontrollgruppe) und eruierten deren mentale und psychische Fähigkeiten, sich an neue Umgebungen anzupassen. Die Interventionsgruppe wurde eingeladen, ihre Zimmer selbst einzurichten und nach Belieben zu gestalten. Durch zugewandte Mimik, Gestik oder eine leichte Armberührung
Innovationen für die Pflege
Großbritannien: Mangelernährung vorbeugen Das Speisenangebot in Pflegeheimen ist ein bekannter Garant für Zufriedenheit und Lebensqualität. Dennoch führen unterschiedliche Gründe oft zu Mangelernährung und unerwünschtem Gewichtsverlust. Um dem vorzubeugen, haben Forscher der Universität Southampton in der südenglischen Grafschaft Hampshire in einer zweieinhalbjährigen und 2016 veröffentlichten Studie die Frage untersucht, ob die zusätzliche Gabe von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) oder individueller fachlicher Ernährungsberatung geeignet ist, unerwünschte Mangelernährung zu vermeiden und hierdurch die Lebensqualität zu erhalten. Dazu wurden 104 „gefährdete“ Bewohner aus englischen Pflegeheimen zufällig auf zwei Gruppen (NEM- oder Beratungsgruppe) verteilt. Für zwölf Wochen wurden der NEM-Gruppe Getränke, Suppen und Puddings unterschiedlichen Geschmacks, unterschiedlicher Menge und unterschiedlicher Energiedichte mittels wechselnder Instruktio-
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nen angeboten. Die Beratungsgruppe hingegen erhielt vor Beginn und im Laufe der Studie lediglich eine Broschüre, welche die Vorteile von Lebensmitteln mit hoher Energiedichte hervorhob. Hinzu kam eine Ernährungsberatung durch einen Fachberater, der zusätzlich ein Diskussionsforum zu beiden Interventionen zu Beginn und Mitte der Studie anbot. Die abschließende Messung der Nährstoffe (beispielsweise Proteine, Kalzium, Magnesium
und Vitamine) mittels Blut- und Urinproben ergab bei den Teilnehmern der NEM-Gruppe einen höheren Anteil im Vergleich zur Beratungsgruppe, deren Werte nicht höher als vor der Studie waren. Neben den Änderungen in der Gesamtaufnahme von Nährstoffen konnte ebenfalls eine Zunahme des Gewichts sowie mittels EQ-5D-Verfahren eine gestiegene Lebensqualität bei der NEM-Gruppe ermittelt werden.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie von Reig-Ferrer, Ferrer-Cascales, Santos-Ruiz et al. (Universität Alicante, Spanien) wurde 2014 im Fachjournal „Complementary & Alternative Medicine“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2nypPbP Die Studie von Pascual, Saada, Dessales et al. (Universität Victor Segalen Bordeaux II; Universität der Südbretagne; Universität Artois; alle Frankreich) wurde 2015 im Fachjournal „Pratiques Psychologiques“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2mSdlyB Die Studie von Parsons, Stratton, Cawood et al. (Universität Southampton, Großbritannien) wurde 2017 im Fachjournal „Clinical Nutrition“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2obt0Jt
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Lebensqualität verbessern
Prävention hat Potenzial Gesundheitsförderung spielt bislang in der Pflege nur eine untergeordnete Rolle. Dass mit geeigneten Methoden aber durchaus Erfolge erzielt werden können, belegen Text: Stefan Görres und Gabriel Spieker pflegewissenschaftliche Studien.
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nterventionen zur Prävention und Gesundheitsförderung in der Pflege sind nicht selbstverständlich und häufig auch nicht bekannt. Deshalb wird oftmals das Potenzial nicht erkannt. Damit werden Möglichkeiten unterlassen, die für die Pflegebedürftigen mehr Lebensqualität und für die Pflegenden eine attraktive Erweiterung ihres Arbeitsspektrums bedeuten können. Insbesondere geriatrisch geschulte Pflegefachkräfte sind hier gefragt.
Zahl der Delire vermindern Experten schätzen, dass jeder Zweite jenseits des 65. Lebensjahres in der Langzeitpflege potenziell gefährdet ist, ein Delir zu entwickeln. Gründe sind: Alter, Multimorbidität, Alkoholoder Medikamentenmissbrauch beziehungsweise entsprechende Wechselwirkungen. Symptome wie Wahrnehmungs- und psychomotorische Störungen als auch Affektreaktionen können Hinweise darauf sein. In einer fünfmonatigen Pilotstudie des Universitätsklinikums Albacete (Spanien) wurden die Auswirkungen von präventiven, nicht-medikamentösen Pflegemaßnahmen zur Reduktion von Neuerkrankungen und zur Schwere von Deliren bei älteren Menschen untersucht. Die Pflegemaßnahmen wurden von speziali-
Innovationen für die Pflege
sierten geriatrischen Pflegefachkräften ausgeführt. Die spanischen Forscher ließen 50 Patienten einer geriatrischen Station per Computer in je eine Interventions- und Kontrollgruppe aufteilen. Die 21 Teilnehmer der Interventionsgruppe (IG) erhielten ab der Aufnahme bis zur Entlassung medizinische Aufklärung, individuelle Schlaf- und Schmerztherapie, eine Auflistung und Darstellung des Medikamentenkonsums sowie eine Optimierung des Ernährungs- und Flüssigkeitshaushalts. Die Kontrollgruppe (KG) mit 29 Teilnehmern erhielt nur eine Standardtherapie. Wissenschaftlichen Verfahren zufolge erlitten sieben Personen (33 Prozent) der IG im Mittel für zwei Tage und 14 KG-Teilnehmer (48 Prozent) für drei Tage ein Delir. Neuerkrankungsfälle und Schwere unterschieden sich bei vergleichender Messung nach Ende der Studie signifikant: 14 Prozent IG gegenüber 41Prozent KG und 35 Prozent IG gegenüber 65 Prozent KG. Die Schwere wie auch die Mortalität unterschieden sich im Tagesdurchschnitt während der Beobachtung dagegen kaum: 21 Prozent IG gegenüber 19 Prozent KG und 17 Prozent IG gegenüber 19 Prozent KG. Die Forscher unterstreichen den Nutzen dieser von geriatrischen Pflegefachkräften
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vierte die IG zweimal je Woche ein 15-minütiges Warm-up mit Dehn- und Streckübungen,
durchgeführten Interventionen zur Reduktion und Prävention der Neuerkrankungsfälle und Häufigkeiten von Deliren.
Mit Thai-Chi beweglicher werden Wenn Kraft und Bewegung im Alter abnehmen (Sarkopenie), begünstigt dies die Entstehung von Kontrakturen. Ein internationales Forscherteam mit Wissenschaftlern ais Taiwan und Schottland untersuchte 2015 den Nutzen von Thai-Chi und Theraband-Übungen auf Beweglichkeit und Muskelkraft bei 108 teilstationären älteren Patienten in sechs taiwanesischen Tageskliniken. Die Patienten wurden gleichmäßig auf eine IG mit 48 Teilnehmern und eine KG mit 47 Teilnehmern verteilt. In 16 Wochen absol-
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30 Minuten Thai-Chi mit einem Theraband variierender Stärke sowie auf Wunsch ein 15 Minuten dauerndes Cool-down (Rotationen der Wirbelsäule, Armschwingen und Springen). Die KG erhielt keine Intervention. Acht und 16 Wochen nach Intervention wurden Muskelkraft und Beweglichkeit erneut gemessen. Beide konnten bei den IG-Teilnehmern im Vergleich zu Beginn der Studie signifikant gesteigert werden. Vergleichsdaten der KG wurden nicht publiziert. Die Forscher sind überzeugt, dass diese Übungen gut in den Alltag integriert und Sicherheit und Selbstständigkeit damit erhöht werden können.
Forderndes Verhalten verringern US-Forscher des Polisher Research Institute (North Wales, USA), des VA WesternNY Healthcare System (Batavia & New York, USA) und der University of Utah (Salt Lake City, USA) untersuchten in einer dreiwöchigen Studie die Auswirkungen psychosozialer Interventionen auf affektives, verbales und nonverbales Verhalten demenziell Erkrankter. Ziel war die Reduzierung oder Verhinderung dieser Folgeerscheinungen. Dazu erfassten die Wissenschaftler von 180 Bewohnern eines US-Pflegeheims mit anfänglicher und fortgeschrittener Demenz die Aktivitäten des täglichen Lebens sowie alltägliche Vorlieben mit dem Minimum Data Set und dem PELINH(Preferences for Everyday Living Inventory- Nursing). Kognitive Fähigkeiten wurden mit dem Mini-Mental-Status-Test (MMST) und Verhaltensausprägungen mit MOSES (Multi-
Prävention hat Potenzial
dimensional Observation Scale for Elderly Subjects) gemessen. Die Aufteilung der Demenzpatienten erfolgte auf eine IG, eine KG und eine Vergleichsgruppe (VG). Die IG mit 44 Teilnehmern wählte ihre zehn Minuten dauernden Aktivitäten selbst aus. Die 43 KG-Teilnehmer erhielten eine Standardaktivität wie eine 1:1-Betreuung, Reden und Lesen. Jede Aktivität umfasste zehn bis 15 Minuten. Die 93 VG-Teilnehmer bekamen keine Aktivität. Alle Gruppen wurden dreimal je Woche vor, während und nach der Aktivitätbeobachtet und dokumentiert, die VG im gesamten All-
tag. Die IG- und KG-Teilnehmer zeigten gleichermaßen höhereZufriedenheitswerte und eine höhere Ausgeglichenheit. Die Personen in der KG verhielten sich allerdings häufiger herausfordernder als die IG-Teilnehmer und waren eher unkooperativ. Die VG-Teilnehmer waren am unruhigsten. Angst und Traurigkeit blieben bei allen Gruppen gleich. Die Forscher resümieren, dass individuelle psychosoziale Interventionen am geeignetsten erscheinen, um nicht-konforme Verhaltensweisen von demenziell Erkrankten zu verringern.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie von Avendano-Cespedes, Garcia-Cantos, Gonzalez-Teruel et al. (Geriatrics Department, Complejo Hospitalario Universitario of Albacete, Spanien) wurde 2016 im „European Menopause Journal“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2qHEAcK Die Studie von Lin, Sung, Li et al. (Institute of Medical Sciences, Tzu Chi University, Hualien/Taiwan; National Taiwan Sport University, Taoyuan/Taiwan; Edinburgh Napier University, Edinburgh/Schottland) wurde 2015 im „Journal of Clinical Nursing“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit. ly/2qC8Tm6 Die Studie von van Haitsma, Curyto, Abbott et al. (Polisher Research Institute, Madlyn and Leonard Abramson Center for Jewish Life, North Wales/USA, VA Western NY Healthcare System, Batavia, New York/USA; College of Nursing, University of Utah, Salt Lake City/USA) wurde 2013 in den „Journals of Gerontology, Series B: Psychological Sciences and Social Sciences“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2pAIzdn
Innovationen für die Pflege
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Mundgesundheit fördern Pflegewissenschaftliche Studien aus Japan und Kanada zeigen, dass professionelle Mund- und Zahnhygiene die Lebensqualität von Heimbewohnern spürbar verbessern Text: Stefan Görres und Gabriel Spieker kann.
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und- und Zahnpflege kommen im stationären Alltag häufig zu kurz, obwohl Pflegeheimbewohner anfälliger für orale Erkrankungen sind als gleichaltrige Personen mit eigenem Haushalt. Die Folgen sind weitreichend: Nicht nur die orale Gesundheit, auch die Ernährungs- und Lebensqualität können gefährdet sein. So die Erkenntnis der Fünften deutschen Mundgesundheitsstudie von 2016.
Professionelle Zahnreinigung Japanische Forscher der Universität Shizuoka sowie der Nihon Universität in Tokio verglichen in einer Studie (2014) die Auswirkungen professioneller Zahnreinigung durch Pflegekräfte und Zahnmedizinische Assistenten auf die orale Gesundheit von Pflegeheimbewohnern. Hierzu wurden 30 Bewohner zufällig auf je eine Interventions- (IG) und Kontrollgruppe (KG) aufgeteilt. Vier Wochen lang erhielten alle Bewohner einmal wöchentlich nach dem Frühstück neben der regulären Zahnpflege eine zusätzliche Pflege mit Büschel- und Interdental bürsten. Die IG wurde von Zahnmedizinischen Assistenten betreut, die KG von Pflegekräften. Zu Beginn sowie ein, drei und fünf Monate nach Interventionsende wurden Bakterien-
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anzahl und -typen in der Mundflora per Tupfer erhoben, mit Dental Plaque-Index und Tongue Plaque-Index ausgewertet und verglichen. Die Messungen der Proben unterschieden sich zu Beginn der Studie kaum. Bei Auswertung nach Interventionsende zeigten sich unterschiedliche Wirkungen: Zahnbelege konnten in der IG um 57 Prozent und in der KG um 13 Prozent reduziert werden. Dieses Ergebnis war zu erwarten. Bei Pflegekräften wird ein Fortbildungsbedarf in der modernen professionellen Zahnpflege gesehen. Bezogen auf die Anzahl von Bakterien wiesen im Vergleich zum Behandlungsbeginn die IG 86 Prozent und die Teilnehmer der KG 50 Prozent mehr der (ungefährlichen) Streptokokkenbakterien auf. Diese nicht beabsichtigte Zunahme der Bakterienzahl wird auf eine mögliche Wechselwirkung individuellen Medikamentenkonsums und professioneller Zahnreinigung beziehungsweise auf eine Reaktion des Immunsystems zurückgeführt. Im Ergebnis ist die Professionelle Zahnreinigung offensichtlich kaum geeignet, Bakterien zu reduzieren. Allerdings wird der unerwartete Bakterienanstieg dennoch als Erfolg der Maßnahme gewertet, weil die Zunahme der Bakterien in diesem Fall als ein Indiz für
Mundgesundheit fördern
die natürliche Reaktion eines intakten Immunsystems angesehen wird.
Pflegekräfte informieren Kanadische Forscher der Dalhousie University in Halifax entwickelten im Jahr 2015 auf Basis des Best-practice-Ansatzes Maßnahmen zur Sensibilisierung und Optimierung der täglichen Mundpflege und testeten diese ein Jahr bei 93 Bewohnern aus drei Pflegeheimen. Mit den Pflegekräften erarbeiteten die Forscher Poster zur Darstellung adäquater Mundpflege und platzierten diese gut sichtbar in Stationszimmern und Sozialräumen. Zusätzlich wurden im Team gemeinsam Mundpflegestandards erstellt bzw. aktualisiert, Fortbildungen auf Video aufgezeichnet und abwesenden Kollegen zur Verfügung gestellt. Alle Pflegeteams erhielten einheitliche Sortimente an Mundpflegeprodukten: Plastikbecher, Zahnbürsten, -seide, -pasta, Mundspüllösungen und laminierte Anleitungen zur Mundpflege. Dazu sogenannte Care-Cards mit Bildern und Bezeichnungen verschiedener Zahnzustände wie Karies und Parodontose, die in allen Badezimmern der Bewohner deponiert wurden. Zur Verlaufsdokumentation des Zustands der Mundhygiene wurde in jedem Bewohnerzimmer ein Protokoll ausgelegt und täglich durch die Pflegekräfte aktualisiert. Abschließend wurden die Anforderungen und Erwartungen der Leitungsebene (PDL) mit jenen der Bewohner und Pflegekräfte abgeglichen. Im Ergebnis fühlten sich die Pflegekräfte für das Thema der adäquaten Mundpflege sowohl mehr sensibilisiert als auch informiert. Alle Maßnahmen wurden von den Pflegekräf-
Innovationen für die Pflege
ten als nützlich beurteilt und besonders zur Einarbeitung und Orientierung neuer Mitarbeiter als sehr hilfreich bewertet.
Zungenreinigung Pflegebedürftige, insbesondere jene mit einem beeinträchtigtem Schluck- und Hustenreflex, sind gefährdet, lebensbedrohliche Aspirationspneumonien zu erleiden. Forscher der Kyushu Universitätszahnklinik in Kitakyushu, der Kyushu Universität in Fukuoka und der Asokizuna Zahnklinik in Aso (Japan) veröffentlichten 2016 die Ergebnisse einer Studie zur Wirkung regelmäßiger Zungenreinigung bei der Mundpflege auf die Förderung des natürlichen Hustenreflexes. 96 betagte Menschen aus elf japanischen geriatrischen Einrichtungen und Pflegeheimen wurden zufällig in je eine IG und KG aufgeteilt. Die 52 Teilnehmer der IG erhielten vier Wochen tägliche Mundpflege oder führten diese selbst durch. Der Hilfsbedarf wurde per Barthel-Index erhoben. Zusätzlich erfolgte morgens und abends eine Zungenreinigung in Form von zehn sanften Abreibungen mittels Zungenbürste vom Rachen zur Zungenspitze. Die Mitglieder der KG erhielten keine Zungenreinigung. Die Wirkung wurde durch Messung der Ausatmung am Ende der Intervention sowie vier Wochen später und drei Monate nach Interventionsende bei allen Teilnehmern der Studie mit elektronischem Spirometer durchgeführt. Vor der Intervention fanden sich keine Unterschiede. Bei Beendigung der Intervention zeigten sich interessanterweise bei beiden Gruppen höhere Atemvolumina. Obwohl diese, wie zu erwarten, bei der IG besonders
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stark ausgeprägt waren, lässt sich die unerwartete Zunahme bei der KG durch die Zuwendung und Aufmerksamkeit seitens der Forscher im Rahmen des Projektes erklären. Nach drei Monaten ergaben Messungen allerdings eine Wiederabnahme des Atemvolumens. Verglichen mit Daten vor der Interven-
tion zeigten aber beide Gruppen immer noch höhere Atemvolumina. Die Forscher sehen einen Zusammenhang zwischen täglicher Zungenreinigung und erhöhten Atemvolumina – das Abhusten wird erleichtert und Aspirationspneumonien kann vorgebeugt werden.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie von Morino, Ookawa, Haruta et al. (Universität Shizuoka, Special Nursing Home for the Elderly ‘Ryusouen’ Shizuoka, Nihon University School of Dentistry Tokio/alle Japan) wurde 2014 im „International Journal of Dental Hygiene“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2sOo1gi Die Studie von McNally, Martin-Misener, McNeil et al. (Dalhousie University Halifax/Kanada) wurde 2015 im „Journal of the American Medical Directors Association“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2qT40ok Die Studie von Izumi, Takeuchi, Ganaha et al. (Kyushu Dental University, Kitakyushu; Kyushu University, Fukuoka; Aso-kizuna Dental Clinic, Aso/alle Japan) wurde 2016 im „Journal of Oral Rehabilitation“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2qY5EZO
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Mundgesundheit fördern
Hilfen bei Blasenschwäche Ein nicht unbeträchtlicher Anteil der Pflegeheim-Bewohner leidet unter Harninkontinenz. Welche Maßnahmen und Therapien in solchen Fällen helfen können, zeigen pflegewissenschaftliche Studien.
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nkontinenz ist eine Volkskrankheit. Nach jüngsten Schätzungen leiden rund 40 Prozent der über 70-Jährigen darunter – physisch wie psychisch. Gesellschaftlich betrachtet ist Inkontinenz allerdings seit jeher ein Tabuthema. Gründe genug, nach neuen Lösungen zu suchen.
Beckenbodentraining Forscher der Ufuk University, der Gulhane Military Medical Academy (beide Ankara/Türkei) und der Girne American University (Girne/ Nordzypern) untersuchten in einer Studie pflegewissenschaftlich fundierte Pflegeplanungen zur Behandlung weiblicher Bewohner mit Harninkontinenz gemäß NANDA-I (North American Nursing Diagnosis Association International), NOC (Nursing Out-comes Classification) und NIC (Nursing Intervention Classification) in fünf Pflegeheimen. Die Forscher ordneten 32 Bewohner einer Interventionsgruppe (IG) zu, 30 einer Kontrollgruppe (KG). Pflegende erhielten eine Schulung und beobachteten gemeinsam eine Woche lang täglich kontinenzassoziiertes Verhalten der IG – unter anderem nach Maßnahmen wie Blasen- oder Beckenbodentraining. Die KG erhielt keine Intervention. Ergebnis-
Innovationen für die Pflege
Text: Stefan Görres und Gabriel Spieker
messungen mit dem ISI (Incontinence Severity Index), dem UDI-6 (Urinary Distress Inventory-6) und mit I-QQL (Incontinence Quality of Life scale) zeigten zu Beginn keine Unterschiede. Monate später verringerten sich allerdings die Symptomatik und die Ausprägung der Harninkontinenz bei der IG, verbunden mit einer höheren Lebensqualität, als Folge der Trainings. Praktikabilität und Effektivität der Pflegeplanungen finden sich bestätigt.
Muskelstimulationstherapie Präventive Maßnahmen zur Vermeidung von Inkontinenz sind nach wie vor selten. Überdurchschnittlich oft wird mit absorbierendem Material interveniert statt mit präventiven, tendenziell günstigeren Maßnahmen. Forscher des Instituts für Pflegewissenschaft der Universität Wien (Österreich) analysierten im diesem Jahr zwei ambulant etablierte Inkontinenztherapien auf die Übertragbarkeit in die stationäre Altenpflege. Sie teilten 82 von Harninkontinenz betroffene Bewohner aus 22 Pflegeheimen auf zwei Interventionsgruppen (IG 1 und IG 2) auf. Die IG 1 (Teilnehmerzahl: 53) erhielt über drei Monate zweimal wöchentlich je 15 Minuten eine periphere Muskelstimulationstherapie (RPMS).
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Die IG 2 (Teilnehmerzahl: 29) nahm drei Monate zweimal täglich an einem Beckenbodentraining teil. Die IG 2 führte zudem einmal pro Woche acht Übungen unter Anleitung aus. Zu Beginn sowie nach sechs und nach zwölf Wochen wurde mit dem International Consultation on Incontinence QuestionnaireShort Form (ICIQ-SF), dem Incontinence Quality of Life (I-QOL)-Instrument und einem Miktionstagebuch gemessen. Zu Beginn war der Harninkontinenzgrad beider Gruppen im Mittel ähnlich, auch in der zweiten Messung. Bei Therapieende konnten beide Gruppen die Harninkontinenz reduzieren. Die IG 1 steigerte allerdings die Lebensqualität signifikant. Bei sehr starker Harninkontinenz verminderte sich der Materialverbrauch beider Gruppen deutlich, bei den Teilnehmern der IG 1 besonders in der Nacht.
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Insgesamt erwies sich die RPMS-Therapie als effektiver.
Schulungen für Pflegekräfte Schweizer Forscher der Fachhochschulen St. Gallen und Luzern publizierten 2016 eine Studie, die über 14 Monate den Nutzen spezifischer Schulungen und Fallbesprechungen sowohl für Pflegende (Teilnehmerzahl: 235) bezüglich deren subjektiv empfundener Arbeitsbelastung als auch für an Demenz und Harninkontinenz leidende Bewohner (Teilnehmerzahl: 140) aus sieben Pflegeheimen bezüglich ihrer Kontinenz und ihrer Lebensqualität untersuchte. Die Forscher unterteilten das Pflegepersonal aufgabenzentriert in zwei Gruppen. In der Gruppe A waren Diplom-Pflegefachkräfte und Pflegekräfte ohne Diplom, in Gruppe B Pflege-
Hilfen bei Blasenschwäche
hilfskräfte. Beide Gruppen erhielten eine Schulung zu Demenz und Inkontinenz. Zusätzlich fanden über sechs Monate Fallbesprechungen und diverse Maßnahmen statt. Die subjektiv empfundene Arbeitsbelastung, der Grad der Harninkontinenz und die Lebensqualität wurden vor Beginn sowie nach zwei und sechs Monaten sowie am Studienende gemessen. Zusätzliche Messungen wurden nach Schulungen und Fallbesprechungen durchgeführt. In Gruppe A wurde die Belastung von Pflegenden im Umgang mit Demenz überwiegend niedriger empfunden als in Gruppe B,
was die Forscher auf deren geringeren Wissensstand und die unterschiedlichen Ausbildungen und Aufgaben zurückführten. Dennoch haben die Schulungen, so das Fazit der Forscher, Wissenslücken geschlossen. Daher plädieren die Wissenschaftler grundsätzlich für die Initiierung solcher Schulungen in Pflegeheimen. In englischsprachigen und skandinavischen Ländern sind geschulte „nurse continence advisors“ sowohl in der ambulanten als auch in der stationären Pflege im Einsatz. Diese Option empfiehlt sich möglichweise auch für Einrichtungen in Deutschland.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie von Gencbas, Bebis und Cicek aus dem Jahr 2016 (Ufuk University, Ankara/Türkei; Gulhane Military Medical Academy, Ankara/Türkei; Girne American University, Girne/Zypern) wurde 2017 im „International Journal of Nursing Knowledge“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter: http://bit. ly/2u9RQcy Die Studie von Schrank, Adlbrecht und Mayer aus dem Jahr 2017 (Institut für Pflegewissenschaft der Universität Wien/Österreich) wurde 2017 in der Fachzeitschrift „Gerontologie und Geriatrie“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter: http://bit.ly/2twLLcz Die Studie von Kohler, Schwarz, Burgstaller et al. aus dem Jahr 2016 (Fachhochschule St.Gallen/Schweiz, Luzerner Hochschule/Schweiz) wurde 2016 in der Fachzeitschrift „Gerontologie und Geriatrie“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter: http://bit.ly/2t225kW
Innovationen für die Pflege
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Genau hinschauen Die Qualität der medizinischen Versorgung führt immer wieder zu Diskussionen. Pflegewissenschaftliche Studien untersuchten, was verbessert werden kann. Text: Stefan Görres und Gabriel Spieker
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on rund drei Millionen Pflegebedürftigen in Deutschland leben 27 Prozent in Pflegeheimen. Ihre medizinische Versorgung ist ein Dauerthema und löst immer wieder Diskussionen um die Qualität der medizinischen Versorgung in der stationären Altenpflege aus. Angesichts Multimorbidität und Polypharmazie wird nicht selten der Vorwurf der fachärztlichen Unterversorgung erhoben. Was kann verbessert werden?
Frankreich: Telemedizin Forscher des Geriatrischen Départements des Challans Hospital und des Nantes University Hospital (Frankreich) untersuchten in einer 2015 veröffentlichten Studie, ob telemedizinische Sprechstunden (tmS) geeignet sind, die fachärztliche Versorgung von Pflegeheimbewohnern zu verbessern. Drei externe geriatrische Fachärzte führten bei 69 Bewohnern aus drei Pflegeheimen eine tmS durch, für die nach einem Screening Empfehlungen ausgesprochen wurden. Diese bezogen sich unter anderem auf die Modifizierung von ärztlichen Verordnungen, die Ernährung oder notwendige Facharztüberweisungen. An der Studie beteiligte Assistenten waren für Anamnese, Verordnungen und den Aus-
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tausch entsprechender Daten zwischen Fachund Heimärzten bei jeder tmS bzw. 30 Tage nach den tmS zuständig. Telefonisch berichteten sie über Zustandsveränderungen, welche unter anderem mittels Skalen wie „Cumulative Illness Rating Scale in Geriatrics score“, „Body Mass Index“ und „Neuropsychiatric Inventory“ erhoben wurden. Bei insgesamt 58 Bewohnern kamen die Heimärzte dem Rat der Geriater nach, bei elf Bewohnern erfolgte dies nicht. Die Empfehlungen wiesen deutlich auf fachärztlichen Beratungsbedarf hin. Empfohlene Änderungen waren vor allem neuropsychologisch indiziert. Die Heimärzte folgten vor allem Expertenempfehlungen zur medikamentösen Behandlung (83 Prozent) und alternativen Behandlungsempfehlungen (87 Prozent).
Deutschland: Schmerztherapie Pflegebedürftige leiden oft unter Schmerzen, erhalten mitunter aber keine oder nur eine unzureichende Schmerztherapie. Forscher der Charité Universitätsmedizin Berlin und des Uniklinikums Tübingen entwickelten mittels interdisziplinär ausgerichteter Handlungsempfehlungen zum Schmerzmanagement von Pflegeheimbewohnern Fortbildungen für Pflegekräfte und Heimärzte und verglichen in
Genau hinschauen
einer 2015 veröffentlichten Studie deren Auswirkungen. Sie teilten 239 Bewohner, 17 Ärzte und 169 Mitarbeiter aus Pflege und Verwaltung aus sechs Pflegeheimen zufällig auf eine Interventionsgruppe (IG) mit 121 Bewohnern, neun Ärzten, 100 Mitarbeitern und eine Kontrollgruppe (KG) mit 118 Bewohnern, acht Ärzten und 69 Mitarbeitern auf. Die Mitarbeiter der IG erhielten elf Fortbildungen mit je sechs Stunden zu Schmerzentstehung, Assessments, Therapien und Kommunikation. Die Ärzte der IG absolvierten über sechs Wochen einen interaktiven Online-Kurs (iOK) von insgesamt fünf bis sechs Stunden. Das KGTeam erhielt elf Fortbildungen à 45 Minuten zum allgemeinen Schmerzmanagement. Nur zwei Ärzte dieses Teams nahmen am iOK teil. Mit Skalen wie „Brief Pain Inventory“, „Numeric-rating-scale“ und „Pain Medication Appropriateness Scale“ wurde der Therapieerfolg vor Beginn, nach drei und nach sechs Monaten erhoben. Zu Beginn variierten Schmerzaufkommen und Schmerzniveau der Bewohner kaum. In der IG waren 72 Prozent betroffen, in der KG 74 Prozent. Bei Studienende reduzierte sich das Schmerzaufkommen auf 66 Prozent in der IG und auf 71 Prozent in der KG. Das Schmerzniveau sank bei den Teilnehmern der IG signifikant, wogegen es bei den Personen der KG unverändert blieb. Der Anteil ohne Analgetikabedarf konnte in der IG signifikant von 21 Prozent auf zehn Prozent gesenkt werden. In der KG nahm er von sieben Prozent auf neun Prozent zu. Im Ergebnis konnte das unzureichende Schmerzmanagement zwar erfolgreich redu-
Innovationen für die Pflege
ziert werden. Die Forscher weisen jedoch darauf hin, dass der Fachkräftemangel dies erschwert.
Kanada: Osteoporose Der weltweit hohe Anteil weiblicher Pflegeheimbewohner erfordert auch in diesem Kontext ärztliche Gender-Sensibilität bezogen auf Erkrankungen und Medikationen. Dies betrifft vor allem die Osteoporose, die besonders häufig bei älteren Frauen diagnostiziert wird. Forscher der McMaster University in Hamilton (Kanada) untersuchten in einer 2015 veröffentlichten Langzeitstudie die Häufigkeit der von Heimärzten verordneten Medikamente und Nahrungsergänzungsmitteln zur Osteoporosebehandlung wie Denosumab, Kalzium und Vitamin D. Sie rekrutierten 4 660 Bewohner, unter ihnen 70 Prozent Frauen, aus 33 Pflegeheimen, die zufällig in eine Interventionsgruppe (IG) mit 1 367 Teilnehmern und eine Kontrollgruppe (KG) mit 3 293 Teilnehmern aufgeteilt wurden. Die IG und ihr multidisziplinäres Team – bestehend aus Mitarbeitern der Pflege, Therapie, Verwaltung und Küche – erhielten durch Fachärzte für Osteopathie und Geriatrie über ein Jahr drei jeweils einstündige Fortbildungen mit Audits, Lerneinheiten sowie BestPractice-Techniken zu Sturzprävention und Osteoporose-Management. Dabei wurden stets Sturzereignisse und Medikation retrospektiv analysiert und Prozesse evaluiert. Das multidisziplinäre Team der KG erhielt lediglich Infomaterial. Zu Beginn erhielten 36 Prozent der IG und 42 Prozent der KG Vitamin D sowie 31 Prozent der IG und 35 Prozent der KG Kalzium-Präparate. Medikamente gegen
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Osteoporose erhielten 17 Prozent der IG und 23 Prozent der KG. Im Studienverlauf stiegen die Verordnungen für Vitamin D im Mittel um 22 Prozent in der IG und um acht Prozent in der KG. Die Verordnungen für Kalzium erhöhten sich um neun Prozent in der IG und um zwei Prozent in der KG. Die Verschreibung von Arznei gegen
Osteoporose ergab keine signifikanten Unterschiede. Sturzereignisse blieben unveröffentlicht. Im Fazit erhöhen also multidisziplinäre Fortbildungen die Sensibilität gegenüber gendersensitiven Erkrankungen und führen zu einem veränderten und angepassten Behandlungsspektrum.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie von Georgeton, Aubert, Pierrard et al. (Challans Hospital; Nantes University Hospital/Frankreich) wurde 2015 im Fachjournal „Maturitas“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2vLepYJ Die Studie von Könner, Budnick, Kuhnert et al.(Charité Universitätsmedizin Berlin, Universitätsklinikum Tübingen) wurde 2015 im „European Journal of Pain“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2fxyHyl Die Studie von Kennedy, Ioannidis, Thabane et al. (McMaster University, Hamilton/Kanada) wurde 2015 im Fachjournal „Trials“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2wAnVvq
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Genau hinschauen
Vorsicht mit Psycho-Pillen Zahlreiche Demenzerkrankte in der stationären Langzeitpflege erhalten Antipsychotika. Nicht immer werden die Medikamente korrekt verordnet, wie Text: Stefan Görres und Saskia Konusch pflegewissenschaftliche Studien belegen.
J
eder fünfte Pflegebedürftige bekommt Arzneimittel gegen Wahnvorstellungen. Bei diesen Medikamenten handelt es sich um Neuroleptika – auch bekannt als Antipsychotika. Bei Demenzkranken bekommt diese Mittel sogar jeder Dritte. Pflegeheimbewohner sind dabei besonders betroffen. Nicht immer allerdings erfolgt eine leitliniengerechte Verordnung, zumal diese Medikamente im Verdacht stehen, unerwünschte Nebenwirkungen und Ereignisse hervorzurufen. Zu diesen gehören etwa die Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit, die Verringerung der Lebensqualität und ein erhöhtes Mortalitätsrisiko. Das zeigen zwei ältere und eine aktuelle Studie.
Erhöhtes Mortalitätsrisiko Auf der Datengrundlage von 17 randomisiert kontrollierten Studien gab im Jahr 2005 die US Food and Drug Adminis-tration (FDA) mit Sitz in Silver Springs im Bundesstaat Maryland die Warnung heraus, dass (atypische) Neuroleptika mit einem 60 bis 70 Prozent höherem Mortalitätsrisiko im Vergleich zum Placebo bei älteren Demenzerkrankten in Verbindung stehen. Vor diesem Hintergrund wurde in einer bereits 2012 veröffentlichten bevölkerungs-
Innovationen für die Pflege
bezogenen Kohortenstudie in Pflegeheimen in den Vereinigten Staaten das Mortalitätsrisiko durch den Gebrauch von Neuroleptika bei älteren Pflegeheimbewohnern untersucht. Risperidon wurde dabei als Referenzgruppe gegenüber anderen Neuroleptika herangezogen. Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass von den 75 445 Pflegeheimbewohnern, die Neuroleptika bekommen hatten, 6 598 Personen während der ersten 180 Tage nach Behandlungsbeginn verstarben – und zwar durch eine andere Todesursache als Krebs. Zentrales Ergebnis der Untersuchung: Das Mortalitätsrisiko variiert je nach Neuroleptikum. Im Vergleich zu Risperidon sind etwa Haloperidol mit einem erhöhten und Quetiapin mit einem geringeren Mortalitätsrisiko innerhalb der ersten 180 Tage verbunden. Für die anderen Neuroleptika (als da wären etwa Aripiprazol, Olanzapin oder Ziprasidon) waren keine klinisch relevanten Unterschiede erkennbar.
Verordnungsfehler In einer anderen US-Studie untersuchten Wissenschaftler des Meyers Primary Care Institute und der University of Masssachusetts Medical School im Jahr 2005 zwei Pflegeheime in den USA mit insgesamt 1 247 Heimbewohnern in
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Langzeitpflege (8 336 Heimbewohnermonate) im Hinblick auf unerwünschte Arzneimittelereignisse (UAE). In einem Zeitraum von neun Monaten kam es in den beiden Pflegeeinrichtungen zu 815 UAE, was 9,8 UAEs pro 100 Heimbewohnermonate entspricht. Davon wurden 42 Prozent beziehungsweise 4,1 UAE pro 100 Heimbewohnermonate als vermeidbar eingestuft. 28 Prozent der UAE waren schwerwiegend bis tödlich, von diesen UAEs wurden sogar 61 Prozent als vermeidbar eingeschätzt. Die Mehrzahl der vermeidbaren UAE beruhte auf Fehlern in der Verordnung (beispielsweise inadäquates Arzneimittel, falsche Dosis oder Interaktion) sowie im Therapiemonitoring (zum Beispiel Überwachung von Laborwerten und Symptomen).
Wechselwirkungen prüfen In einer 2017 veröffentlichten retrospektiven Langzeitstudie an der Geriatrischen Abteilung
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der Katholischen Universität vom Heiligen Herzen im italienischen Mailand wurden 604 über 65-jährige demenzkranke Pflegeheimbewohner, die mit antipsychotischen Medikamenten behandelt werden, in 59 Pflegeheimen aus sieben verschiedenen europäischen Ländern (Tschechien, England, Finnland, Frankreich, Italien, Deutschland, Niederlande) und in Israel beobachtet. Jeder Todesfall wurde notiert, um das Mortalitätsrisiko der Pflegeheimbewohner im Zusammenhang mit potenziellen Wechselwirkungen antipsychotischer Medikamente zu bestimmen. Bei 278 Bewohnern (oder bei 46 Prozent von ihnen) kam es zu Wechselwirkungen, bei 248 Bewohnern (89 Prozent) kam es zu einem Vorfall, bei 30 Bewozhnern (11 Prozent) zu zwei oder mehreren Vorfällen. Die 278 Bewohner, bei denen es zu Wechselwirkungen kam, waren überwiegend weiblich. Sie bekamen mehr Medikamente gleichzeitig und waren von mehreren Erkrankungen
Vorsicht mit Psycho-Pillen
betroffen. Insbesondere ischämische Herzerkrankungen und Herzinsuffizienz kamen gehäuft vor. Darüber hinaus verstarben 108 Pflegeheimbewohner (18 Prozent) innerhalb des Beobachtungszeitraums von einem Jahr. Die Wechselwirkungen werden mit 5 9 Todesfällen von 278 Personen (Inzidenzrate=0,26/ Personenjahr) gegenüber 49 Todesfällen von
326 Personen (Inzidenzrate=0,17/Personenjahr) mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko assoziiert. Schlussfolgerung der Forscher: Die oft unkritische Gabe von Neuroleptika bei Demenz verstößt nicht selten gegen Leitlinien. Im Sinne der Patientensicherheit ist zudem auf eine bessere Qualifikation der Pflegefachkräfte hinzuweisen.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie von Huybrechts, Gerhard, Crystal et al. (Division of Pharmacoepidemiology and Pharmacoeconomics, Department of Medicine, Brigham and Women’s Hospital and Harvard Medical School, Boston; Ernest Mario School of Pharmacy, Rutgers University, New Brunswick; Columbia University, New York) wurde 2012 in der Fachzeitschrift „British Medical Journal“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2wtLd9A Die Studie von Gurwitz, Field, Judge et al. (The Meyers Primary Care Institute, Fallon Foundation, and University of Massachusetts Medical School, Worcester, Massachusetts; Masonicare, Wallingford, Connecticut) wurde 2005 in der Fachzeitschrift „American Journal of Medicine“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2xnx22h Die Studie von Liberoti, Sganga, Landi et al. (Department of Geriatrics, Neuroscience and Orthopedics, Agastino Gemelli University Hospital, University Cattalogica del Sacro Cuore, Italy) wurde 2017 in der Fachzeitschrift „Journal of Clinical Psychiatry“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit. ly/2vaaYHC
Innovationen für die Pflege
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Bewegung wirkt Der Einsatz therapeutischer Angebote wird häufig mit dem Verweis, deren Wirkung sei nicht belegt, als wenig vielversprechend angesehen. Pflegewissenschaftliche Studien zeigen dagegen, dass Therapien durchaus erfolgreich sein können. Text: Stefan Görres, Saskia Konusch
D
ie Sachlage ist eindeutig: Therapeutische Maßnahmen haben in der stationären Langzeitpflege nach wie vor keine Priorität. Vielmehr bedingt ein höherer Pflegegrad geradezu einen Rückgang an Therapien. Die Frage der Notwendigkeit therapeutischer Angebote wird vor allem vom fehlenden Nachweis ihrer Wirkung abhängig gemacht. Daraus abgeleitet wird eine Förderung der Mobilität bei Pflegebedürftigen oft als wenig vielsprechend angesehen.
Norwegen: Gleichgewicht In einer randomisiert kontrollierten Studie (Randomized Controlled Trial/RCT) an der Hochschule Oslo und Akershus (Norwegen) haben Telenius, Engedal und Bergland im Jahr 2015 die Langzeiteffekte eines zwölfwöchigen Bewegungsprogramms auf die körperliche Funktionalität und die psychische Verfassung von Pflegeheimbewohnern mit Demenz in 18 Pflegeheimen in Oslo analysiert. Zu Beginn nahmen an der Studie 170 Pflegeheimbewohner teil, davon waren 87 in die Interventionsgruppe und 83 in die Kontrollgruppe eingeteilt. Nach einem Follow-up sechs Monate darauf waren noch 140 Perso-
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nen übriggeblieben. Die Studienteilnehmer waren im Durchschnitt 87 Jahre alt. Dreiviertel von ihnen waren Frauen. Das 50- bis 60-minütige Bewegungsprogramm in der Interventionsgruppe beinhaltete intensive Kräftigungs- und Gleichgewichtsübungen, die zweimal wöchentlich in Kleingruppen durchgeführt wurden. Das Programm wurde von Physiotherapeuten begleitet, wobei jeweils ein Therapeut für drei Bewohner zuständig war. Die Aktivitäten in der Kontrollgruppe wurden ebenfalls zweimal pro Woche für 50 bis 60 Minuten durchgeführt. Sie bestanden aus leichten Übungen im Sitzen, Lesen, Musik hören oder Konversationen führen. In der Interventionsgruppe konnte das Gleichgewichtsverhalten der Heimbewohner durchschnittlich um 2,7 Punkte auf der BergBalance-Skala verbessert werden. Die Kontrollgruppe hingegen verschlechterte sich. Darüber hinaus wies die Interventionsgruppe weniger Verhaltensstörungen auf, gemessen anhand des Neuropsychiatric Inventory (NPI)Scores. Die Studie hat gezeigt, dass ein Bewegungsprogramm positive Langzeiteffekte auf die Gesundheit von Pflegeheimbewohnern,
Bewegung wirkt
insbesondere auf das Gleichgewichtsverhalten, erzielen kann.
Ganggeschwindigkeit aus, am meisten profitieren jedoch Personen, die auf keine Un-
Schweden: Ganggeschwindigkeit
terstützung wie Rollstuhl, Rollator oder Gehstock/Krücke angewiesen waren.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kam eine 2016 veröffentlichten Studie, die Toots, Littbrand, Holmberg und andere an der Universität im schwedischen Umeå erarbeitet haben. In einem RCT mit 16 Pflegeheimen in Schweden wurden die Effekte eines intensiven Trainingsprogramms auf die Ganggeschwindigkeit gemessen. Teilgenommen haben 186 Pflegeheimbewohner mit Demenz, von denen 93 der Interventionsgruppe und 93 der Kontrollgruppe zugeteilt wurden. Von den Teilnehmern benötigten 145 Personen beziehungsweise 78 Prozent einen Rollstuhl oder eine Gehhilfe wie einen Rollator oder einen Gehstock. Das 45-minütige Programm der Interventionsgruppe wurde in Kleingruppen von drei bis acht Personen durchgeführt und beinhaltete 39 Übungen, die auf eine Verbesserung der Beinkraft, des Gleichgewichts und der Mobilität abzielten. Die Übungen wurden vier Monate lang durchgeführt, jeweils in einem Rhythmus von fünf Terminen im Zeitraum von zwei Wochen, und von Physio- und Ergotherapeuten angeleitet. Die Kontrollgruppe hat sich in Gruppensitzungen unterhalten, Lieder gesungen, Musik gehört oder Bilder angeschaut. Als primäre Zielgröße wurde die Ganggeschwindigkeit zu Beginn, nach vier und nach sieben Monaten gemessen. Die Effekte unterschieden sich bei Bewohnern ohne jegliche Gehhilfe von denen mit einer Unterstützung. Die Kräftigungs- und Bewegungsprogramme wirkten sich zwar insgesamt positiv auf die
Innovationen für die Pflege
Taiwan: Verhaltenstherapie Tzu-Ting Huang, Meng-Ling Chung und andere Wissenschaftler unterschiedlicher Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Taiwan untersuchten in einer 2016 veröffentlichten Studie, welche Effekte eine kognitive Verhaltenstherapie in Kombination mit Bewegung bei Bewohnern in der Langzeitpflege auf deren Angst vor Stürzen hat. In einem RCT wurden 75 Bewohner aus sechs Pflegeheimen in Taiwan in drei Gruppen aufgeteilt: eine Vergleichsgruppe, eine Gruppe mit kognitiver Verhaltenstherapie und eine Gruppe mit kognitiver Verhaltenstherapie in Kombination mit Bewegung. Die erste Gruppe erhielt eine Betreuung nach herkömmlichen Konzept („usual care“). Die zweite Gruppe nahm an acht jeweils 20bis 25-minütigen Sitzungen pro Woche teil. Hierzu wurden die Bewohner in Kleingruppen von sechs bis acht Personen verteilt. Den Teilnehmern wurden die Risiken zu stürzen nähergebracht. Außerdem wurden ihnen Strategien vermittelt, wie sie ihre Angst vor dem Stürzen kontrollieren können. Die dritte Gruppe erhielt dasselbe Programm wie die zweite Gruppe und ein zusätzliches Bewegungsprogramm, das zweimal wöchentlich für je 30 Minuten durchgeführt wurde. Das Bewegungsprogramm zielte auf die Stärkung der oberen und unteren Extremitäten sowie auf eine Verbesserung der Ausdauer ab. Neben der Angst zu stürzen wurden
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die Stürze, die Neigung zur depressiven Stimmung, die Mobilität und die Muskelkraft der Extremitäten nach zwei und nach fünf Monaten gemessen. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass die Bewohner, die als Mitglieder der dritten Gruppe an einem kombinierten Programm teilnahmen, deutliche Verbesserungen in allen Zielgrößen im Vergleich zu den anderen beiden
Gruppen aufzeigten. Die Sturz-Inzidenz war in beiden Interventionsgruppen geringer gegenüber der Vergleichsgruppe. Die Studie weist ebenfalls auf positive Effekte durch die Interventionen hin. Allerdings wird hier, im Vergleich zu den vorherigen beiden Studien, besonders die Kombination aus kognitiver Verhaltenstherapie und Bewegung hervorgehoben.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie von Telenius et al. (Norwegen) wurde 2015 in der Fachzeitschrift „British Medical Journal“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http:// bit.ly/2gH7VUh Die Studie von Toots et al. (Schweden) wurde 2016 in der Fachzeitschrift „Journal of the American Medical Directors Association“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2xvv4y2 Die Studie von Huang et al. (Taiwan) wurde 2016 in der Fachzeitschrift „Aging and Mental Health“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit. ly/2fL5zkD
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Bewegung wirkt
Hunde als Therapeuten In Deutschland führt die Tiergestützte Therapie immer noch ein Schattendasein. Dabei belegen pflegewissenschaftliche Studien, dass Tiere in der Regel eine positive Text: Von Stefan Görres und Saskia Konusch Wirkung auf Heimbewohner haben.
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ass Haustiere dem Menschen guttun können, ist allgemein anerkannt. Unterschätzt wird hingegen die positive Wirkung von Tieren in der Therapie. Dabei kann die tiergestützte Therapie in der stationären Langzeitpflege als Alternative zu Medikamenten wie Psychopharmaka sinnvoll eingesetzt werden. Vor allem Menschen mit Demenz und Bewohner, die sich einsam fühlen oder gesundheitlich beeinträchtigt sind, können von den Helfern auf vier Pfoten profitieren. Bisher konnte sich diese Form der Therapie oft aus Gründen des Aufwands oder der Hygiene nicht gänzlich durchsetzen. Studien aus ganz Europa belegen allerdings, dass die tiergestützte Therapie durchaus positiv auf den gesundheitlichen Zustand von Pflegeheimbewohnern wirkt.
Norwegen: Lebensqualität Die Wirkung einer tiergestützten Therapie untersuchte 2016 das Forscherteam um Christine Olsen von der University of Life Sciences in Ås (Norwegen). An der randomisiert kontrollierten Studie (Randomized Controlled Trial/RCT) nahmen 58 Bewohner mit Demenz oder anderen kognitiven Beeinträchtigungen teil. 28 Personen wurden in die Interventionsgruppe aufgenommen, 30 in die Kont-
Innovationen für die Pflege
rollgruppe. Die Probanden waren älter als 65 Jahre und stammten aus zehn unterschiedlichen Pflegeheimen. Über einen Zeitraum von zwölf Wochen bekamen die Teilnehmer der Interventionsgruppe zweimal wöchentlich je 30 Minuten lang Besuch von Hunden. Dafür wurden die Bewohner in Kleingruppen mit drei bis sechs Personen aufgeteilt. Das Angebot wurde von einem qualifizierten Hundebetreuer durchgeführt. Die Kontrollgruppe wurde in dem Interventionszeitraum wie gewohnt betreut. Zu Beginn der Studie wurde das Befinden der teilnehmenden Bewohner in Bezug auf Depression, Bewegung und Lebensqualität erhoben. Nach Ablauf der Studie sowie nach drei Monaten wurden Untersuchungen durchgeführt, um die Effekte der Maßnahmen zu messen. Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass unmittelbar nach Beendigung der Studie eine Verbesserung der Lebensqualität in der Interventionsgruppe festzustellen war. Bei Bewohnern mit schwerer Demenz zeigten sich hinsichtlich Depression und Lebensqualität die positiven Effekte der tiergestützten Therapie am deutlichsten nach drei Monaten. Resümee der Untersuchung: Eine tiergestützte Therapie kann Menschen mit Demenz
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helfen. Besonders profitieren können Personen, die sich in einem späten Stadium der
mern in den drei Gruppen jedoch wieder verkürzt. Auch war kein Unterschied zwischen
Krankheit befinden.
den Gruppen erkennbar. Für das psychische Wohlbefinden wurden keine Effekte festgestellt. Die dänischen Forscher wiesen abschließend darauf hin, dass weitere Untersuchungen notwendig seien, um einen Kausalzusammenhang zwischen der Schlafdauer und den hundegestützten Treffen zu erkennen. Jedoch scheinen insbesondere lebende Tiere eine positive Wirkung auf Pflegeheimbewohner zu haben.
Dänemark: Schlafdauer An der Universität Aarhus in Dänemark analysierte in einer randomisiert kontrollierten Studie (RCT) ein Forscherteam um Karen Thodberg im Jahr 2016 die Effekte von tiergestützter Therapie auf das Schlafmuster und das psychische Wohlbefinden von Pflegeheimbewohnern. Dafür wurden 100 Bewohner aus vier dänischen Pflegeheimen auf drei Gruppen verteilt. Zweimal pro Woche fand für alle Teilnehmer ein zehnminütiges Treffen mit einem lebenden oder einem künstlichen Tier statt. Die Aktionen wurden von dem Begleiter des Tieres sowie einer weiteren Person als Beobachter durchgeführt. In der ersten Gruppe mit 35 Teilnehmern wurde ein Hund eingesetzt. Die zweite Gruppe mit ebenfalls 35 Personen beschäftigte sich mit Paro, einem Roboter in Gestalt einer Pflegerobbe, und die dritte Gruppe mit 30 Teilnehmern mit einer Stoffkatze. Die Intervention dauerte sechs Wochen, sodass alle Bewohner insgesamt an zwölf Treffen teilnahmen. Während der Treffen sprachen die Bewohner zu den Tieren oder sie streichelten sie. Die Hunde wurden an der Leine gehalten, die Pflegerobbe und die Stoffkatze auf den Arm genommen. Die Studie zeigt, dass sich die Schlafdauer der Bewohner nach drei Wochen in allen drei Gruppen erhöht hatte. Am meisten jedoch in der ersten Gruppe, deren Teilnehmer mit dem lebenden Hund spielten. Nach sechs Wochen hatte sich die Schlafdauer bei allen Teilneh-
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Italien: Sozialverhalten Die Wirkung von tiergestützter Therapie auf das Wohlbefinden von Pflegeheimbewohnern untersuchten auch Forscher um Alfonso Sollami am University Hospital of Parma (Italien) in einer Langzeitstudie (2017). Dabei nahmen die Forscher Angstzustände, Depression, Apathie, Einsamkeit sowie die Lebensqualität der Bewohner in den Fokus. 28 Pflegeheimbewohner wurden zufällig einer Interventionsgruppe und einer Kontrollgruppe mit je 14 Teilnehmern zugeordnet. Die Kontrollgruppe nahm weiterhin an den gewöhnlichen Aktivitäten im Pflegeheim teil. Anders die Interventionsgruppe: Die Teilnehmer kamen zweimal in der Woche zusammen. Die einstündigen Treffen fanden 16 Mal statt. Zu Besuch war immer ein ausgebildeter und zertifizierter Therapiehund. Die Bewohner führten den Hund aus, übernahmen die Fellpflege, fütterten ihn und spielten mit dem Tier. Nach Ende der Studie stellten die Forscher eine Verbesserung aller genannten Krankheits- und Lebensbereiche fest. Besonders die
Hunde als Therapeuten
Lebensqualität der Teilnehmer in der Interventionsgruppe verbesserte sich deutlich. In der Kontrollgruppe blieben diese Parameter unverändert bzw. verschlechterten sich sogar. Die Studie zeigt, dass Hunde als „Katalysator“ für zwischenmenschliche Beziehungen eingesetzt werden können. Die Pflegeheimbewohner waren aktiver und hatten sichtbar Freude am Umgang mit dem Hund. Auch Bewohner, die zuvor besonders zurückhaltend
und isoliert waren, wurden mit Hilfe des Tieres besser integriert und sozialisiert. Die positiven Effekte einer tiergestützten Therapie zeigen emotionale, soziale und gesundheitsförderliche Wirkungen nicht nur bei den Bewohnern. Auch ihre Angehörigen, die Pflegekräfte sowie die Therapeuten können durch den Einsatz von Tieren unterstützt und entlastet werden.
DIE STUDIEN IM NE TZ Die Studie aus Norwegen wurde 2016 in der Fachzeitschrift „International Journal of Geriatric Psychiatry“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2zFuFfF Die Studie aus Dänemark wurde 2016 in der Fachzeitschrift „Psychogeriatrics“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit.ly/2AHi4X7 Die Studie aus Italien wurde 2017 in der Fachzeitschrift „Acta Biomed for Health Professions“ veröffentlicht. Sie ist online verfügbar unter http://bit. ly/2iTw2gL
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Autoren Prof. Dr. Stefan Görres ist Pflegewissenschaftler am Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP) an der Universität Bremen
Gabriel Spieker ist examinierte Pflegefachkraft und Studierender der Gesundheits- und Politikwissenschaften an der Universität Bremen
Saskia Konusch ist Studierende des Master-Studienganges „Public Health“ und studentische Mitarbeiterin am Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP) an der Universität Bremen
Lina Heier ist studentische Mitarbeiterin am Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP) an der Universität Bremen
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Unser Tipp
... zum Thema „Dokumentation“
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Prof. Dr. Stefan Görres, seit 1994 Professur an der Universität Bremen mit Schwerpunkten in Pflegewissenschaft und Gerontologie. Dekan des Fachbereichs 11, Human- und Gesundheitswissenschaften und Mitglied des Akademischen Senats. Mitglied des Direktoriums des Instituts für Public Health und Pflegeforschung (IPP) Zahlreiche Veröffentlichungen u.a. zu Themen wie Zukunft der Pflege, Professionalisierung von Pflegeberufen, Zukünftige Versorgungsstrukturen, Qualitätssicherung und Steuerungsmodelle in der Pflege. Mitherausgeber von wissenschaftlichen Buchreihen. Mitglied in zahlreichen wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Jurys sowie in Wissenschaftlichen Beiräten bei Stiftungen und Unternehmen. Gutachten und Beratungen u.a. für Ministerien auf der Bundes- und Landesebene.
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ISBN 978-3-86630-115-9