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German Pages 573 [1104] Year 2009
Frentzel · Jäkel · Junge Industrie- und Handelskammergesetz Kommentar
Industrie- und Handelskammergesetz Kommentar
zum Kammerrecht des Bundes und der Länder begrllndet von
Dr. Gerhard Frentzel t Dr. Ernst Jäkel t fortgafiihrt von
WemerJunge bearbeitet von
Prof. Dr. Ralf Jahn Hauptgeschäftsführer der IHK Würzburg-schweinfurt
Annette Karstedt-MeieiTieks .AssessorJn. Leiterin des Referats Wlrtschaflsrecht, Öffentliches Auftragswesen, Datenschutzrecht beim DIHK
Dr. Jürgen Möllertng MC.J. Rechtsanwalt, Leiter des Bereichs Recht beim DIHK
Axel Rickert Rechtsanwalt, Leiter des Referats Kammerrecht und Sachversta.ndlgenwesen beim DIHK
Dr. Bettina Wurster Rechtsanwaltln, Leiterin des Referats EU-Umweltpolltlk, Umweltrecht beim DIHK
7.Außage
2009
oUs
Dt~midt Köln
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 3738-01, Fax 02211937 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-40954-8 ©2009 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Vetwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfiiltigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfibnungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das vetwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Jan P. Lichtenford, Mettmann Satz: WMTP, Birkenau Druck und Verarbeitung: Kösel, Krugzell Printed in Germany
Vorwort
Seit der 6. Auflage (1999) ist das IHKG mehrfach novelliert worden. Neben eher technischen Änderungen wie der Umstellung von § 3 Abs. 3 und 4 auf die Euro-Währung und der Anpassung der Terminologie des IHKG an die Doppik wurden eine Beitragsbefreiung für Existenzgründer, eine Erweiterung der Grundbeitragsermäßigung bei Mehrfachmitgliedschaften und die Verbesserung der Möglichkeiten des Datentransfers eingeführt. Sozusagen in letzter Minute schaffte dann das 4. VerwVfÄndG im Dezember 2008 noch eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die Übertragung von Aufgaben des einheitlichen Ansprechpartners nach der Dienstleistungsrichtlinie auf die IHKs. Bei dieser Gelegenheit wurden dann auch noch die Möglichkeiten der Aufgabenübertragung zwischen IHKs erweitert und die Rechtsgrundlage für den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss verbessert. Daneben gab es zahlreiche Änderungen anderer Gesetze mit Auswirkungen auf die Organisation und Tätigkeit der IHKs, beispielsweise die Neufassung des Berufsbildungsgesetzes, die Übertragung des Versicherungsvermittlerregisters und des dazugehörigen gewerberechtlichen Erlaubnisverfahrens auf die IHKs sowie die neuen Vorschriften in der Handwerksordnung zur Abgrenzung der IHK-/ HwK-Mitgliedschaft. Auch die Rechtsprechung sorgte mit zahlreichen Urteilen dafür, dass einige Bereiche des Rechts der Industrie- und Handelskammern neu interpretiert werden müssen. Größtenteils haben die Entscheidungen allerdings zu einer Festigung des bisherigen Rechtszustands beigetragen. Zu nennen ist insbesondere der umfassend begründete Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Pflichtmitgliedschaft. Das Bundesverwaltungsgericht hat des Weiteren die Grenzen für eine Beteiligung der IHKs an Anlagen und Einrichtungen und die Informationsrechte von Gremienmitgliedern neu gesteckt. Obergerichtliche Entscheidungen gab es beispielsweise zu dem Vollversammlungswahlen, zum Prüfungsrecht der Landesrechnungshöfe und zu Stellungnahmen von IHKs und IHK-Vereinigungen. Die Verfasser haben in der 7. Auflage allen diesen Änderungen Rechnung getragen und sich bemüht, Rechtsprechung und Schrifttum möglichst vollständig zu erfassen. Dass der KommenV
Vorwort
tar dadurch um fast 100 Seiten angewachsen ist, war nicht beabsichtigt, aber leider nicht zu vermeiden. Gerade weil das IHKG ein so kurzes Gesetz ist, muss für viele Fragen auf Gerichtsentscheidungen und Literatur zurückgegriffen werden. Die Verfasser hoffen, dass die Neuauflage des Frentzel/Jäkel/Junge wie auch schon die Vorauflagen den IHKs, den Kammern, Gerichten und Behörden bei der Anwendung des IHKG eine Hilfe sein wird. Berlin, Brüssel, Würzburg, Februar 2009 Ralf Jahn Annette Karstedt-Meierrieks Axel Rickert Bettina Wurster
VI
Jürgen Möllering
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
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Einführung 1. Von der Entwicklung des Kammerwesens. . . . . . . . 2. Die Kammern in den neuen Bundesländern . . . . . . 3. Die Grundprinzipien des heutigen Kammerwesens . 4. Kammern, Mitbestimmung und Privatisierung . . . . 5. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag . . 6. Die Auslandshandelskammern, Delegiertenbüros und Repräsentanzen der Deutschen Wirtschaft . . . . 7. Europäische Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . .
1 6 10 16 19
1 4 6 13 14
20 23
15 17
Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
Erläuterungen §1 1. Allgemeiner Aufgabenbereich . . . . . . . . . . . . 2. Wahrnehmung des Gesamtinteresses . . . . . . . 3. Förderung der gewerblichen Wirtschaft . . . . . 4. Gutachtertätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Benennung von sachkundigen Ausschussmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Wahrung von Sitte und Anstand. . . . . . . . . . . 7. Anlagen und Einrichtungen zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Berufsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Ursprungszeugnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Andere dem Wirtschaftsverkehr dienende Bescheinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Carnet A.T.A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 6 18 27
37 40 46 51
.... ....
48 52
59 60
. . . . 58 . . . . 69 . . . . 150
64 71 107
. . . . 156 . . . . 162
109 112 VII
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
12. Beglaubigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Einheitliche Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Übertragung weiterer Aufgaben . . . . . . . . . 15. Sachverständige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16. Rechtsnatur der Kammeraufgaben . . . . . . . 17. Wahrnehmung sozialpolitischer Interessen . 18. Schutz der Bezeichnung „IHK“ . . . . . . . . .
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. 163 . 164a . 165 . 198 . 226 . 262 . 267
112 113 117 134 145 161 163
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1 13 15 35
166 174 174 182
. 56 . 71 . 92 . 100
191 197 204 208
. 114
212
. 129 . 138 . 147
221 225 227
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232 237 239 253 273 293 294 298 302 309 312
§2 1. Begriff der Kammerzugehörigkeit . . . . . . . . . . . . . 2. Kreis der Kammerzugehörigen . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gewerbesteuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Keine gesonderte Prüfung, ob ein Gewerbebetrieb vorliegt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Betriebsstätte im Kammerbezirk . . . . . . . . . . . . . 7. Ausnahmen für freie Berufe . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Ausnahmen für Land- und Forstwirtschaft . . . . . . 9. Ausnahmen für zulassungspflichtige, zulassungsfreie handwerkliche sowie handwerksähnliche Betriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Ausnahmen für landwirtschaftliche Genossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Ausnahmen für gemeindliche Eigenbetriebe . . . . . 12. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §3 1. Körperschaftsstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dienstherrenfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Haushaltsrecht, Doppik . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ausnahmen bei Grundbeitrag und Umlage . 6. Beitragsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Sonderbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Erhebung, Einziehung und Beitreibung . . . . 10. Verjährung von Kammerbeiträgen . . . . . . . 11. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII
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1 10 16 40 74 110 114 122 132 148 154
Inhaltsverzeichnis
§4
Rz. Seite
1. Rechtliche Bedeutung der Vollversammlung . . . . 2. Zuständigkeitsabgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Inhalt der Satzung der IHK . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sonstiges Satzungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtliche Anforderungen an das Satzungsrecht . 6. Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 5 14 31 33 45
316 318 320 328 329 333
§5 1. Bedeutung des Kammerwahlrechts. 2. Wahlrecht und Wählbarkeit . . . . . . 3. Wahlordnung . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Wahlanfechtung . . . . . . . . . . . . . . 5. Ehrenamtliche Tätigkeit . . . . . . . .
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1 4 26 86 92
337 338 348 375 378
1. Organe der IHK . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Präsident . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Präsidium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Aufgaben von Präsident und Präsidium 5. Verhältnis der IHK-Organe zueinander .
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1 4 11 13 17
380 382 385 385 387
1. Rechtliche Stellung des Hauptgeschäftsführers . 2. Bestellung des Hauptgeschäftsführers . . . . . . . . 3. Vertretung der Industrie- und Handelskammer . 4. Geschäftsführer und Mitarbeiter der IHK . . . . .
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1 6 12 17
388 390 393 394
1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausschüsse der IHK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Berufsbildungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Aufgaben des Berufsbildungsausschusses . . . . . . . 5. Stellung des Berufsbildungsausschusses innerhalb der IHK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1 2 5 18
395 396 397 402
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28
409
§6
§7
§8
IX
Inhaltsverzeichnis
§9
Rz. Seite
1. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 9 im Rahmen allgemeiner Datenschutzregelungen 4. Datenerhebung (§ 9 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Erhebung von Beitragsbemessungsgrundlagen (§ 9 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Nutzung der Daten durch die IHKs (§ 9 Abs. 3) . . . . 7. Übermittlung von Daten an andere IHKs (§ 9 Abs. 3a). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Übermittlung von Daten an nichtöffentliche Stellen (§ 9 Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Datenübermittlung an Behörden und andere öffentliche Stellen (§ 9 Abs. 6) . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Informationsfreiheitsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 3 4 9
412 413 413 415
15 17
418 419
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... ... ...
1 5 7
429 432 433
...
10
435
...
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436
§ 10 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufgabenübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss . . . . . 4. Verhältnis zu anderen Regelungen der Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die für den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss geltenden Rechtsvorschriften . . . . . . . . § 11 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Rechtsaufsicht . 3. Vorbeugende Rechtsaufsicht 4. Aufsicht in Finanzfragen . . . 5. Aufgehobene Vorschriften . .
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1 4 26 35 42
438 440 449 453 456
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1 2 4 5
459 459 460 461
§ 12 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . 2. Zuweisung von Aufgaben . 3. Einzelvorschriften . . . . . . . 4. Ergänzungsfähiger Bereich . X
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Inhaltsverzeichnis Seite
§ 13a Bremen und Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
475
§ 13a Übergangsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
475
§ 14a Übergangsvorschrift für die neuen Bundesländer . . . .
476
§ 15a Inkrafttreten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
477
Anhang: Landesrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . .
479
1. Baden-Württemberg . . . . . 2. Bayern . . . . . . . . . . . . . . . 3. Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Brandenburg . . . . . . . . . . . 5. Bremen . . . . . . . . . . . . . . . 6. Hamburg . . . . . . . . . . . . . 7. Hessen . . . . . . . . . . . . . . . 8. Mecklenburg-Vorpommern 9. Niedersachsen . . . . . . . . . 10. Nordrhein-Westfalen . . . . . 11. Rheinland-Pfalz. . . . . . . . . 12. Saarland . . . . . . . . . . . . . . 13. Sachsen . . . . . . . . . . . . . . 14. Sachsen-Anhalt . . . . . . . . . 15. Schleswig-Holstein . . . . . . 16. Thüringen. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
479 481 485 487 490 493 498 501 504 506 509 512 514 518 520 526
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
549
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XI
Einführung Rz.
Rz.
1. Von der Entwicklung des Kammerwesens . . . . . . . . . . .
1
4. Kammern, Mitbestimmung und Privatisierung . . . . . . . . . 16
2. Die Kammern in den neuen Bundesländern . . . . . . . . . . . .
6
5. Der Deutsche Industrieund Handelskammertag . . . . 19
3. Die Grundprinzipien des heutigen Kammerwesens . . a) Organisationsrecht . . . . . . . . b) Funktionale Grundsätze . . . c) Gesetzesgeschichte. . . . . . . .
10 10 13 15
6. Die Auslandshandelskammern, Delegiertenbüros und Repräsentanzen der Deutschen Wirtschaft. . . . . . . . . . . 20 7. Europäische Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
Literaturauswahl: Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, 1984; Hendler, Geschichte und Idee der funktionalen Selbstverwaltung, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 9; Jäkel/Junge, Die deutschen Industrieund Handelskammern und der Deutsche Industrie- und Handelstag, 1986; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 1997; Tettinger, Kammerrecht, 1997; Wiesemann, Auslandshandelskammern: 100 Jahre Dienstleister für die Wirtschaft, 2000.
1. Von der Entwicklung des Kammerwesens Die deutschen Industrie- und Handelskammern haben, historisch gesehen, zwei sehr verschiedene Wurzeln. Zum einen liegt ihr Ursprung in dem Gedanken der Selbsthilfe durch genossenschaftlichen Zusammenschluss, wie er sich in den Territorien des alten Deutschen Reiches seit dem Mittelalter in unterschiedlichen Formen (z.B. Gilden, Kommerzkollegien, preußische Korporationen) für Gewerbetreibende, besonders in den großen Handelsstädten, verwirklicht hatte (Fischer, Unternehmerschaft, Selbstverwaltung und Staat, 1964; Klein, Dokumente der Geschichte der Handelskammer Hamburg, 1965). Zum anderen haben die derzeitigen Kammern in ihrer Form und rechtlichen Struktur französische Vorbilder, indem die seit langem in Frankreich bestehenden Chambres de Commerce (und Chambres Consultatives) nach dem Frieden von Lunéville in den französisch gewordenen linksrheinischen Gebieten eingeführt und später unter preußischer HerrMöllering
1
1
Einf.
Von der Entwicklung des Kammerwesens
schaft nicht nur übernommen, sondern auch in rechtsrheinischen Landesteilen neu konstituiert wurden. Für Aufbau und Aufgaben der preußischen Kammern ist das königliche Statut vom 22. 6. 1830, dem die Handelskammer in Elberfeld und Barmen ihr Entstehen verdankt, ein wichtiges Dokument: Schon damals wählte die Kammer ihren Vorsitzenden selbst, auch stand den Angehörigen des Kaufmannsstandes ein unmittelbares Wahlrecht zur Kammer zu; die Aufgaben allerdings beschränkten sich noch auf die Berichterstattung an die Staatsbehörden, auf die Aufsicht (aber nur kraft staatlicher Übertragung) über Anstalten aus dem Bereich von Handel und Schifffahrt sowie auf die Begutachtung von Personen, die z.B. als Makler oder als Verwalter von öffentlichen „Handels-, Fabrik- und Schifffahrtanstalten“ tätig werden sollten. 2
Die zuvor unter französischer Herrschaft gegründeten Kammern erhielten 1831 die gleiche Struktur. Während bis dahin die Kammern ihr Recht in Einzelanordnungen des Landesherrn statuiert erhielten, führte der nächste Schritt zu einer allgemeinen, also für das ganze Staatsgebiet geltenden Verordnung über die Errichtung von Handelskammern. Damit ist der 12. 3. 1848, einer der letzten Tage des Vormärz, der Geburtstag eines allgemeinen preußischen Kammerrechts: Es sollten nunmehr überall Kammern entstehen, wo ein wirtschaftliches Bedürfnis hierfür bestand; nur gewisse Grundfragen der inneren Struktur sollten staatlicher Genehmigung bedürfen (Kgl. VO vom 11. 2. 1848 – GS 63).
3
Die rasche Weiterentwicklung von Gesetzgebung, Wirtschaft und Verkehr nach 1848 drängte jedoch bald wieder zu einer Neuregelung. Auch machte die Vergrößerung des preußischen Staatsgebietes in den 60er Jahren eine Vereinheitlichung des Kammerrechts notwendig. So brachte das Gesetz vom 24. 2. 1870 (GS 134) zahlreiche Veränderungen gegenüber den Bestimmungen von 1848. Diese Veränderungen betrafen insbesondere die Kammeraufgaben. Aus dem konsultativen Gebilde nach französischem Vorbild, das in erster Linie Hilfsstelle für die Organe des Staates sein sollte, wurde ein Organ, dem – neben den fortgeltenden Unterrichtungspflichten gegenüber dem Staat – erstmals ausdrücklich die Vertretung der „Gesamtinteressen der Handels- und Gewerbetreibenden“ im Bezirk zugewiesen war. Diese Aufgabe ist seitdem über Kriege und Umwälzungen hinweg das Leitmotiv deutscher Kammerarbeit gewesen. Insgesamt ist das Gesetz von 1870 mit relativ geringfügigen Ergänzungen und Änderungen – im Laufe der Zeit 2
Möllering
Von der Entwicklung des Kammerwesens
Einf.
hatten sich auch die Kammern über das gesamte Staatsgebiet ausgebreitet – bis zum Einbruch der nationalsozialistischen Vorstellungen für das Kammerwesen maßgeblich gewesen; es hatte zuvor in seinen Grundzügen auch die anderen landesrechtlichen Regelungen im Deutschen Reich mitbestimmt. Die weitgehende Unabhängigkeit, die das damalige Recht den Kammern und der in ihnen vertretenen kaufmännischen Selbstverwaltung eingeräumt hatte, passte nicht zum Aufbau und zu den Vorstellungen des totalitären Staates. Von 1934 an war das Kammersystem unmittelbaren Eingriffen des Reichsgesetz- und Verordnungsgebers unterworfen, die sämtlich auf Unterstellung unter die Staatsgewalt und auf die Einbeziehung in deren Hoheitsbereich hinausliefen. Die Gestaltung, die die Wirtschaftsorganisation in diesen Jahren schließlich erhielt – die Bildung von Wirtschaftskammern und Gauwirtschaftskammern unter der Dominanz des sog. Führerprinzips – hatten mit den früheren Industrie- und Handelskammern nichts mehr gemein. So war es für die Besatzungsmächte nach dem Zusammenbruch des Reiches ab 1945 selbstverständlich, dass die Erscheinungsformen der national-sozialistischen Wirtschaftsorganisation sofort zu beseitigen waren. Andererseits wurde das Vorhandensein einer organisierten Vertretung der Kaufmannschaft als unterstützendes Element einer demokratischen Wirtschaftsverfassung empfunden; insofern fand das Wiedererstehen der Kammern, die ja selbst hatten dem politischen Diktat weichen müssen, bei den drei westlichen Besatzungsmächten Verständnis und Zustimmung. Doch verfolgten die Besatzungsmächte alles mit Misstrauen, was eine ihnen ungewohnte Form aufwies, oder was nach Zusammenballung wirtschaftlicher Macht und nach Zusammenfassung oder Eingliederung durch staatlichen Befehl aussah. Das alte Prinzip der gesetzlich vorgeschriebenen Zugehörigkeit zu einer Industrieund Handelskammer und der Charakter der Kammerbeiträge als öffentliche Abgaben, die wie Steuern beigetrieben werden konnten, wurde daher nur von der französischen Besatzungsbehörde aus ihrer Vertrautheit mit diesem System ohne weiteres anerkannt, nicht aber von den britischen und amerikanischen Stellen, deren Kammersystem auf ganz anderen Grundlagen beruhte. So suchte jede Besatzungsmacht auf eigenen Wegen zu einer Lösung zu kommen; und es wurden ganz unterschiedliche Provisorien getroffen, auf deren Grundlage die allenthalben wiedererrichteten Kammern Möllering
3
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Einf.
Die Kammern in den neuen Bundesländern
während einer Epoche fast beispielloser Intensivierung des Wirtschaftslebens für mehr als ein Jahrzehnt leben und wirken mussten. So erklären sich die Merkmale des deutschen Kammerrechts nach 1945: Zersplitterung, Unklarheit und Rechtsunsicherheit. 5
Nach der Konstituierung der Bundesrepublik sprachen mithin klare und gewichtige Gesichtspunkte für eine bundesrechtliche Regelung: die Einheitlichkeit des deutschen Wirtschaftsgebietes, sowie die Tatsache, dass Wirtschaftspolitik nur einheitlich vom Bund betrieben und dass demgemäß Wirtschafts(organisations)recht nur vom Bund geregelt werden konnte. So war es erforderlich, dass die Kammern als Organe der Wirtschaftspflege und der Wirtschaftsbetreuung ihre rechtliche Ordnung einheitlich vom Bund erhielten. Die Konsequenz war das Bundesgesetz vom 18. 12. 1956 (BGBl. I, 920); den Ländern ist darin nur die Zuständigkeit für gewisse ergänzende Regelungen vorbehalten (umfassendere Darstellungen der geschichtlichen Entwicklung bei Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 123; Tettinger, Kammerrecht, 35; Regionale Besonderheiten sind den zahlreichen, anlässlich von Kammerjubiläen erschienenen Denk- und Festschriften zu entnehmen, die meistens die Geschichte der einzelnen Kammer im Zusammenhang mit der regionalen Wirtschaftsentwicklung darstellen und die vom DIHT in zwei Bibliographien aufgeführt werden: DIHT-Schriftenreihe 81, Bonn 1963; DIHTSchriftenreihe 102, Bonn 1967. Am umfassendsten ist die DIHTBibliograhie zur Geschichte und Organisation der Industrie- und Handelskammern und des DIHT von 1986).
2. Die Kammern in den neuen Bundesländern 6
In der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone wurden die Gauwirtschaftskammern unmittelbar nach Kriegsende zunächst aufgelöst, aber bereits im Herbst 1945 von den Ländern wieder Industrie- und Handelskammern zugelassen. Im Jahre 1953 wurden sie erneut aufgelöst und in demselben Jahr als eine einheitliche IHK der DDR wiedererrichtet. Im Jahre 1958 wurden mit der Verordnung über die Industrie- und Handelskammern der Bezirke (GBl. I, Nr. 61) die Bezirksdirektionen der einheitlichen IHK selbständige juristische Personen und den Räten der Bezirke unterstellt. Aufgrund des Beschlusses des Ministerrates vom 2. 2. 1983 wurde die Verordnung über die Industrie- und Handelskammern der Be4
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Die Kammern in den neuen Bundesländern
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zirke durch das Statut der Handels- und Gewerbekammern (HGKs) der Bezirke ersetzt; seitdem bestanden bis zur Vereinigung beider deutscher Staaten in den 14 Bezirken der früheren DDR und in Ostberlin Handels- und Gewerbekammern. Pflichtmitglieder der Handels- und Gewerbekammern waren private Kleinunternehmer (Großhändler, Einzelhändler, Kommissionshändler, Gaststättenbetriebe, Drogerien, Gartenbaubetriebe sowie private Transport-, Verkehrs- und Dienstleistungsbetriebe). Außer dem Namen hatten diese Kammern mit den Industrie- und Handelskammern in freien westlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen nichts gemein. Sie waren zur Teilnahme am Aufbau des Sozialismus verpflichtet und in das System der zentralen Verwaltungswirtschaft eingebunden. Sie hatten ihre Mitglieder zur Planerfüllung und zur fachlichen und politischen Qualifizierung anzuhalten; sie schlossen ferner für die Beschäftigten ihrer Mitgliedsunternehmen Tarifverträge ab. Die Leitung lag bei einem Direktor, der vom Vorsitzenden des Rates des Bezirkes berufen und abberufen wurde und der dessen Weisungen unterlag. Schon bald nach dem Umbruch in der früheren DDR Ende 1989 und zu Beginn des Jahres 1990 bildeten sich spontane Initiativen der privaten Unternehmer mit dem Ziel, die Handels- und Gewerbekammern in vom Staat unabhängige, demokratisch legitimierte Industrie- und Handelskammern umzuwandeln. Gründungsversammlungen wählten Präsidenten und ersetzten die bisherigen Direktoren durch Hauptgeschäftsführer. Diese Entwicklung vollzog sich zunächst im rechtsfreien Raum. Erst die Verordnung über die Industrie- und Handelskammern in der DDR vom 1. 3. 1990 (BGBl. I, Nr. 15) gab nachträglich die erforderliche Rechtsgrundlage. Sie ordnete die Bildung von Industrie- und Handelskammern nach regionalwirtschaftlichen Gesichtspunkten an und qualifizierte die Industrie- und Handelskammern ausdrücklich als „Organisationen der gewerblichen Selbstverwaltung und der regionalwirtschaftlichen Interessenvertretung“. Auch sonst war die VO weitgehend am IHKG orientiert und sah Pflichtmitgliedschaft für alle Gewerbetreibenden und als Aufgabenbereich die Vertretung des gesamtwirtschaftlichen Interesses der Bezirkswirtschaft vor. Eine frei gewählte Vollversammlung als oberstes Organ hatte ihrerseits den Präsidenten zu wählen und den Hauptgeschäftsführer zu bestellen.
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Mit der Erstreckung des IHKG durch den Einigungsvertrag auf das Gebiet der fünf neuen Bundesländer (Einigungsvertrag vom
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31. 8. 1990 Anlage I, Kapitel V, Sachgebiet B, Abschnitt III, Ziff. 4, BGBl. II, 885/1000) sind die dort errichteten Industrie- und Handelskammern Kammern im Sinne des IHKG geworden. Die Verordnung vom 1. 3. 1990 hatte als staatlicher Gründungsakt bereits den verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Anforderungen genügt, die für die Errichtung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erforderlich sind. Ausreichend war dabei die Festlegung, dass in der früheren DDR Industrie- und Handelskammern gebildet werden (§ 1 Abs. 1 VO), dass die bis dahin bestehenden Handels- und Gewerbekammern aufgelöst werden (§ 10 Abs. 1 VO) und das Statut der Handels- und Gewerbekammern außer Kraft tritt (§ 10 Abs. 3 VO). Daraus ergab sich der Wille des Verordnungsgebers, die Industrie- und Handelskammern räumlich an die Stelle der vormaligen HGKs treten zu lassen. Das wird bestätigt durch eine Anordnung des damaligen Ministers für Wirtschaft vom 25. 9. 1990, in welcher zu § 1 Abs. 1 der VO festgelegt wurde, dass die bestehenden Bezirksgrenzen der früheren DDR gleichzeitig die Grenzen für die Kammerbezirke der IHKs bilden. 9
Errichtung, Auflösung oder Umgliederungen fallen seit der Erstreckung des IHKG auf die neuen Bundesländer in die Kompetenz der Länder, die dabei von den durch die VO geschaffenen Kammerbezirken auszugehen haben. Inzwischen gibt es in allen neuen Bundesländern auch Landesausführungsgesetze zum IHKG, die im Anhang abgedruckt sind und bei deren Formulierung die Erfahrungen in den alten Bundesländern Pate standen. Zurzeit gibt es in Deutschland 80 Industrie- und Handelskammern.
3. Die Grundprinzipien des heutigen Kammerwesens a) Organisationsrecht 10
Organisationsrechtlich gelten nachstehende Grundsätze: – Die Industrie- und Handelskammern (IHKs) sind Körperschaften des öffentlichen Rechts (KdöR). – Es besteht Pflichtzugehörigkeit kraft Gesetzes. – Die Kammerzugehörigen sind gesetzlich zur Zahlung von Kammerbeiträgen verpflichtet. – Kammerbeiträge und Gebühren sind öffentliche Abgaben. 6
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– Die IHK ist eine auf ihren Bezirk bezogene regionale Wirtschaftsorganisation. – Die IHK hat eine duale Organstruktur bestehend aus Ehrenamt und Hauptamt. – Als Körperschaft öffentlichen Rechts untersteht die IHK der Rechtsaufsicht des jeweiligen Bundeslandes. Die Eigenschaft der Kammer als KdöR folgt aus ihren Aufgaben; die Kammerzugehörigkeit kraft Gesetzes und die auf ihr beruhende Beitragspflicht garantieren die Unabhängigkeit der IHKs, die zur qualifizierten Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Insofern ist die Kammerzugehörigkeit kraft Gesetzes das notwendige Fundament der Kammerarbeit, die ja darin besteht, das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft ihres Bezirks (mit Ausnahme des Handwerks) wahrzunehmen, sowie Gerichte und Verwaltung durch Gutachten, Berichte und Vorschläge zu unterstützen. Denn das Gesamtinteresse ist nicht identisch mit der Summe oder Potenzierung von Einzelinteressen; seine Ermittlung setzt vielmehr die Abwägung und den Ausgleich dieser Einzelinteressen voraus (dazu Möllering, WiVerw 2001, 25). Das wäre aber für eine Organisation, die sich dem Einfluss einzelner Mitglieder oder Mitgliedergruppen nicht entziehen könnte, weil sie mit deren Austritt oder mit finanziellen Restriktionen rechnen müsste, eine auf Dauer unerfüllbare Zumutung. Es bedarf gewichtiger Voraussetzungen, um der Aufgabe der Interessenwahrnehmung innerhalb der Grenzen der Objektivität gerecht zu werden. Zunächst ist vorausgesetzt, dass sich die Kammer auf die Mitarbeit aller Bezirksfirmen stützen kann. Gehörte nicht die gesamte gewerbliche Wirtschaft des Bezirks zur Kammer, so bestünde die Gefahr, dass der Mitgliederkreis zu klein wird und dass der notwendige Gesamtüberblick, der sich aus der laufenden und unmittelbaren Fühlung mit allen Bezirksfirmen ergibt, allmählich verloren ginge. Die Wahrung des Gesamtinteresses setzt eine Unabhängigkeit nach allen Seiten voraus, ohne die es unmöglich wäre, die widerstreitenden „Belange“ abzuwägen und auszugleichen sowie ein objektives Urteil abzugeben. Hierin liegt das Charakteristikum der Kammerarbeit und gleichzeitig ein wesentlicher Unterschied gegenüber der Aufgabe von Wirtschafts- und Fachverbänden, für welche die Aufgabe des Interessenausgleichs wohl auch gegeben sein kann, aber nicht in der gleichen wesensbestimmenden Art wie für die Kammern. Bei diesen müssen Einzel- und GruppenMöllering
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interessen auch dann, wenn sie von starken Kräften gestützt werden, dem Gesamtinteresse untergeordnet werden können. Das aber ist nur gewährleistet, wenn dem einzelnen Gewerbetreibenden nicht der Entschluss darüber freisteht, ob er der Kammer angehören will, und wenn er damit nicht seine Mitgliedschaft und Zahlungspflicht von bestimmten Entscheidungen abhängig machen kann, die ihm gerade erwünscht erscheinen. Entsprechendes gilt für die vielen Gutachten und Stellungnahmen, die von den Kammern zu erarbeiten sind, um, ihrem gesetzlichen Auftrag gemäß, Gerichte und Verwaltungsbehörden in deren Entscheidungen und Überlegungen zu unterstützen. Derartige gutachtliche Äußerungen der Kammern müssen wirklichkeits- und wirtschaftsnah sein, dabei aber eine objektive Darstellung enthalten, wenn sie für Gerichte und Behörden eine echte Entscheidungshilfe sein wollen; auch dafür ist wiederum die Unabhängigkeit der Kammern eine wesentliche Voraussetzung (dazu insbesondere BVerfG GewArch 2001, 111). 12
Schließlich ist herauszustellen, dass die Kammern eine regionalbezogene Aufgabe haben. Sie vertreten und betreuen die Gewerbebetriebe ihres Bezirks und sie haben die Interessen ihres Kammerbezirks als Wirtschaftsraum wahrzunehmen. Da die Wirtschaftsverbände im Allgemeinen nur auf Bundes- und Landesebene organisiert sind und die Handwerkskammern jeweils einen ganzen Regierungsbezirk umfassen, sind die Industrie- und Handelskammern praktisch die einzige regionale und lokale Einrichtung, welche die Interessen der gewerblichen Wirtschaft gegenüber Kommunen und Kommunalverbänden vertritt. Gerade kleine und mittlere Unternehmen, welche lediglich den lokalen oder regionalen Markt versorgen, sind von der Entwicklung in den Kommunen stark abhängig. b) Funktionale Grundsätze
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Funktional ist für die Kammern das Prinzip der Selbstverwaltung wesentlich, das – ausgehend von den Stein-Hardenberg-Reformen 1808 – inzwischen ein wichtiges Organisationsprinzip eines demokratischen Staates geworden ist (BVerfGE 33, 125; Hendler, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 9) und zu einer großen Zahl von Kammern und sonstigen Nichtgebietskörperschaften geführt hat. (Aus dem umfangreichen neueren Schrifttum zur Selbstver8
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waltung: Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, 1984; Stober, Industrie- und Handelskammer, 1992; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 1997; Tettinger, Kammerrecht, 1997). Die Selbstverwaltung verkörpert in Deutschland eine freiheitliche Traditionslinie in der neuzeitlichen Entwicklung der über weite Strecken durch autoritäre Strukturen geprägten Staats- und Verwaltungsorganisation (Hendler, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 9), weil sie – wie das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die Industrie- und Handelskammern treffend ausgeführt hat – „auch dort, wo das Allgemeininteresse einen gesetzlichen Zwang verlangt, die unmittelbare Staatsverwaltung vermeidet und stattdessen auf die Mitwirkung der Betroffenen setzt“ (BVerfG GewArch 2002, 111, 113). Selbstverwaltung ist „die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch vom Staat dazu berufene öffentlich-rechtliche Körperschaften unter staatlicher Aufsicht, aber mit eigener Verantwortung und eigener Entschlussfreiheit, sowie mit eigenen Organen“ (Most, Selbstverwaltung, 1927; dazu auch Huber, Selbstverwaltung der Wirtschaft, 1958; Scheuner, DÖV 1952, 611; Jäkel/Junge, Industrie- und Handelskammern, 16; Vogel in: Stober (Hrsg.), Lexikon des Rechts der Wirtschaft, 303). Diese Wesensmerkmale sind für die IHKs gegeben: Sie bestimmen ihre Organe selbst. Die Kammerzugehörigen wählen die Vollversammlung; diese wählt wiederum das Präsidium und bestellt den Hauptgeschäftsführer. Damit ist die personelle Legitimation, wie sie das Verfassungsrecht auch für Teilkörperschaften innerhalb des Staates fordert, gesichert. Die Kammern regeln ihre Finanzen selbst durch die Vollversammlung, die den Haushaltsplan beschließt sowie die Höhe der Beiträge und Gebühren festsetzt. Schließlich konkretisiert die Vollversammlung die Aufgaben der Kammer im Wesentlichen selbst und regelt ihre eigenen Angelegenheiten durch Satzungsrecht. Satzungsgewalt, Personalhoheit und Finanzhoheit sind damit die entscheidenden Merkmale einer Selbstverwaltungskörperschaft. Dem steht nicht entgegen, dass der Staat den Kammern noch zusätzliche Aufgaben übertragen kann; denn auch solche Aufgaben werden in Selbstverwaltung und Selbstverantwortung wahrgenommen. Die staatliche Aufsicht ist grundsätzlich auf die Rechtsaufsicht beschränkt; ein fachliches Weisungsrecht ist auch bei übertragenen Aufgaben nicht gegeben (dazu Kluth, Jahrbuch des Kammerrechts 2005, 211; Möllering, WiVerw 2006, 261). Möllering
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c) Gesetzesgeschichte 15
1. Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. 12. 1956 (BGBl. I, 920) Initiativantrag (BT 1964); Bericht des Wirtschaftsausschusses (BT 2380); Bundestagsprotokolle der 167. Sitzung am 26. 10. 1956 und der 173. Sitzung am 16. 11. 1956. 2. Art. 22 des Steueränderungsgesetzes 1961 vom 13. 7. 1961 (BGBl. I, 981) § 2 Abs. 6 wird gestrichen und stattdessen § 3 Abs. 4 ergänzt. Alle Gewerbetreibenden werden kammerzugehörig, wobei die Kleingewerbetreibenden jedoch weitgehend beitragsfrei bleiben. 3. § 103 des Berufsbildungsgesetzes vom 14. 8. 1969 (BGBl. I, 1112) § 1 Abs. 2, § 4 und § 8 werden ergänzt. Es handelt sich um Folgeänderungen zum Berufsbildungsgesetz. 4. Art. 9 Nr. 1 des Gesetzes zur Herabsetzung des Volljährigkeitsalters vom 31. 7. 1974 (BGBl. I, 1713) § 5 Abs. 2 wird angepasst. Als Folgeänderung zur Herabsetzung des Volljährigkeitsalters wird die Wählbarkeit zur Vollversammlung auf das 18. Lebensjahr herabgesetzt. 5. Art. 95 Nr. 5 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 14. 12. 1976 (BGBl. I, 3341) § 3 Abs. 8 wird als Folgeänderung zur neuen Abgabenordnung geändert. Damit ändern sich auch die Verjährungsvorschriften für die Kammerbeiträge. 6. Einigungsvertrag vom 31. 8. 1990 nebst Zustimmungsgesetz vom 23. 9. 1990 (BGBl. II, 885) Das IHKG wird auf die neuen Bundesländer ausgedehnt. Abweichend von den §§ 3 Abs. 3 und 4 gilt bis 31. 12. 1992 eine Sonderregelung für die Beitragserhebung. 7. Art. 2 des Gesetzes zur Änderung von Gesetzen auf dem Gebiete des Rechts der Wirtschaft vom 21. 12. 1992 (BGBl. I, 2133) Die Abgrenzung zum Handwerk wird durch § 2 Abs. 3, § 3 Abs. 4 Satz 1 und § 13a Abs. 1 neu geklärt. Das Beitragsrecht wird durch § 3 Abs. 3, § 11 Abs. 2 und § 13 Abs. 2 dahin novelliert, dass der Gewerbeertrag, hilfsweise auch der Gewinn aus Gewerbebetrieb Bemessungsgrundlage für die Umlage wird, 10 Möllering
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dass der Unterschied zwischen Kleingewerbetreibenden und Vollkaufleuten entfällt und alle Gewerbetreibenden zum Beitrag herangezogen werden. Als spezifische Datenschutzvorschrift wird § 9 eingefügt. Schließlich wird in § 14 die Beitragsregelung für die neuen Bundesländer bis 31. 12. 1997 verlängert. 8. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und sonstiger gewerberechtlicher Vorschriften vom 23. 11. 1994 (BGBl. I, 3475) Als Folgeänderung zu § 14 GewO wird in die bereichsspezifische Datenvorschrift des § 9 Abs. 1 das Wort „Name“ eingefügt. 9. Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 23. 7. 1998 (BGBl. I, 1887), Berichtigung vom 1. 10. 1998 (BGBl. I, 3158) Die Beitragsregelung in § 3 Abs. 3 und 4 wird dahin geändert, dass Kleinstgewerbetreibende wieder beitragsfrei werden und die Umlagefreigrenze für natürliche Personen und Personengesellschaften auf 30.000 DM erhöht wird. Ebenso wird für die Doppelmitgliedschaft zu Kammern der freien Berufe oder der Landwirtschaft eine niedrigere Bemessungsgrundlage festgesetzt. Schließlich erlaubt eine neue Vorschrift in § 1 Abs. 4a, dass die Kammern mit staatlicher Genehmigung Zweckverbände bilden oder ihnen obliegende Aufgaben vertraglich einer anderen Kammer übertragen dürfen. Die Novelle ist – abgesehen von einer Folgeänderung zum Gewerbesteuergesetz – am 1. 1. 1999 in Kraft getreten. 10. Art. 118 Siebente Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 29. 10. 2001 (BGBl. I, 2785) Teiländerung des § 2 Abs. 4 Buchstabe c. 11. Art. 6 Gesetz zur Umstellung von Gesetzen und Verordnungen im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Euro (EuroEG 9) vom 10. 11. 2001 (BGBl. I, 2992) Änderung des Betrags in § 3 Abs. 3 Satz 3 und Satz 6 12. Art. 95 Achte Zuständigkeitsanpassungsverordnung 25. 11. 2003 (BGBl. I, 2304) Teiländerung des § 2 Abs. 4 Buchstabe c) Möllering
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13. Art. 5 Drittes Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 24. 12. 2003 (BGBl. I, 2934) Der Beitragsbefreiungstatbestand für „Kleinstgewerbetreibende“ (§ 3 Abs. 3 Sätze 3 und 4 wird neugefasst und ein neuer Befreiungstatbestand für Existenzgründer (§ 3 Abs. 3 Satz 5) wird eingefügt. Betreffend die Beitragsermäßigung für Kammerzugehörige mit Zugehörigkeit auch zu anderen Kammerorganisationen (§ 3 Abs. 4 Satz 3) erfolgt eine Klarstellung. Außerdem enthält das Gesetz Änderungen der Handwerksordnung mit Relevanz für das IHKG, i.e. Einführung eines Schlichtungsverfahrens bei streitiger Zuordnung zum Handwerk oder sonstigen Gewerben (§ 16 HandwO) und die Zugehörigkeit zur Handwerkskammer von Gesellen, die sich mit einfachen handwerksnahen Tätigkeiten selbständig gemacht haben. 14. Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes zur Reform der beruflichen Bildung (Berufsbildungsreformgesetz) vom 23. 3. 2005 (BGBl. I, 931) Das Gesetz passt § 4 Satz 3 und § 8 lediglich redaktionell an die Neufassung des Berufsbildungsgesetzes an. Im Berufsbildungsgesetz selbst werden auch für die Tätigkeit der IHKs relevante Vorschriften geändert. 15. Art. 130 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. 10. 2006 (BGBl. I, 2407) Teiländerung von § 2 Abs. 4 Buchstabe c. 16. Art. 7 Zweites Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246, 2249) Anpassung der Gesetzesterminologie an die Einführung der Doppik (insbesondere § 3 Abs. 2, § 4 Satz 2 Nr. 8 IHKG), Erweiterung der Möglichkeit zur Ermäßigung des Grundbeitrags bei Mehrfachmitgliedschaften (§ 3 Abs. 3 Satz 9 und 10 IHKG) Erleichterung des Datentransfers zum Zwecke der Beitragsveranlagung und der Wirtschaftsförderung (§ 9 Abs. 2 und 3a IHKG) und diverse redaktionelle Klarstellungen. 17. Art. 7 des Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (4. VwVfÄndG) vom 11.12.2008 (BGBl. I, 920) stellt in § 1 Abs. 3a und 3b klar, dass die Länder die IHKs per Gesetz mit den Aufgaben der Einheitlichen Stelle nach der Dienstleistungsrichtlinie (dort „Einheitlicher Ansprechpartner) betrauen können. Es erweitert ferner die Ko12 Möllering
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Kammern, Mitbestimmung und Privatisierung
operationsmöglichkeiten der IHKs, wobei die bis dahin einschlägige Vorschrift des § 1 Abs. 4a gestrichen und die Aufgabenübertragung sowie die Errichtung und Organisation öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse in einem neuen § 10 und die Aufsicht in diesen Fällen in § 11 Abs. 1 Sätze 2 und 3, Abs. 2 Nrn. 4 und 5 sowie Abs. 2a und 2b geregelt wird.
4. Kammern, Mitbestimmung und Privatisierung Schon nach dem Ersten Weltkrieg ist wiederholt, besonders von gewerkschaftlicher Seite, die Forderung erhoben worden, die Organe der Kammern nicht nur durch die Wahl seitens der kammerzugehörigen Unternehmer bestimmen zu lassen, sondern auch Arbeitnehmervertreter an ihnen zu beteiligen. Ähnliche Forderungen wurden auch nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges gestellt (Prowe, WSI-Mitteilungen 1981, 398). Die mit der Errichtung sog. paritätischer Kammern zusammenhängenden Fragen gehören zur Problematik der „überbetrieblichen Mitbestimmung“ und basieren weitgehend auf den Gedanken der „Wirtschaftsdemokratie“, die besonders von Naphtali (Wirtschaftsdemokratie, 2. Aufl. 1928) entwickelt worden sind. Der Bundesgesetzgeber hatte sich bei der Verabschiedung des IHK-Gesetzes im Jahre 1956 primär die Verwirklichung der Rechtseinheit und der Rechtssicherheit zum Ziele gesetzt und sich darauf konzentriert, den Kammern für ihre Arbeit einwandfreie Rechtsgrundlagen zu geben. Eine Beteiligung von Arbeitnehmervertretern wurde nur dort vorgesehen, wo sie in der Kammerarbeit schon seit längerem praktiziert worden war, nämlich im Bereich der Berufsausbildung und hier besonders im Zusammenhang mit dem Prüfungswesen. Der darauf abzielende § 8 IHKG ist später durch § 103 des Berufsausbildungsgesetzes vom 14. 8. 1969 (BGBl. I, 111) neu gefasst und inhaltlich wesentlich erweitert worden.
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Unabhängig hiervon ist die Diskussion über die überbetriebliche Mitbestimmung auch nach Inkrafttreten des IHKG weitergeführt worden. Sie hat sich dabei verstärkt dem Problem eines Bundeswirtschafts- und Sozialrats (mit Landes- und Bezirkswirtschaftsund Sozialräten) zugewandt und mit den Arbeitnehmerkammern befasst (Enquetekommission Verfassungsreform – BT-Drs. 7/5924; siehe auch BVerfGE 38, 281), während die Forderung nach paritätischer Besetzung der IHK-Organe etwas in den Hintergrund getre-
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Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag
ten zu sein scheint. Möglicherweise beruht das darauf, dass inzwischen an der Vereinbarkeit einer solchen paritätischen Regelung mit dem Grundgesetz gravierende Zweifel aufgeworfen worden sind (Jäkel, Verfassungsrechtliche Aspekte 1979). 18
Die IHKG-Novelle 1992 hat vielmehr erneut die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft aufgeworfen und zu einem Fraktionsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geführt, der die IHKs privatisieren und ihnen die bisherigen hoheitlichen Aufgaben im Wege der Beleihung belassen sollte (BT 13/6063 – dazu Kluth, Verfassungsfragen 1997). Mit der IHKG-Novelle 1998 hat der Deutsche Bundestag in einer begleitenden Entschließung jedoch ausdrücklich festgestellt, dass die Pflichtmitgliedschaft notwendig und auch sachlich weiterhin gerechtfertigt ist (BT 13/10297). Ebenso haben die Verwaltungsgerichte in ständiger Rechtsprechung eine erneute Vorlage an das Bundesverfassungsgericht abgelehnt (BVerwG GewArch 1998, 410; OVG Koblenz GewArch 1997, 196; OVG Münster GewArch 1998, 413). Das Bundesverfassungsgericht seinerseits hat eine Verfassungsbeschwerde, die sich gegen das Urteil des BVerwG vom 21. 7. 1998 zur Pflichtmitgliedschaft richtete, durch Kammerbeschluss vom 7. 12. 2001 nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 1806/98, GewArch 2002, 111). Entsprechendes gilt für verschiedene weitere Verfassungsbeschwerden, die sich bis zu diesem Zeitpunkt beim Bundesverfassungsgericht angesammelt hatten.
5. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag 19
Die Spitzenorganisation der IHKs auf Bundesebene ist der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Am 13. 5. 1861 war er in Heidelberg als Deutscher Handelstag unter dem Motto: „Ein Recht, ein Maß, ein Gewicht!“ gegründet worden. Er wurde 1918 in Deutscher Industrie- und Handelstag (DIHT) umbenannt und behielt diese Bezeichnung auch nach seiner Neugründung im Jahre 1949 bis zum 13. 2. 2001 bei. Die Umbenennung in DIHK erfolgte, um auch im Namen die Beziehung zu den Industrie- und Handelskammern deutlich werden zu lassen. Derzeit sind im DIHK alle 80 IHKs des Bundesgebietes in der privatrechtlichen Rechtsform eines e.V. mit dem Sitz in Berlin zusammengefasst. Der DIHK dient einer gemeinsamen Meinungsbildung der Kammern, insbesondere zu überregionalen Fragen und Problemen der 14 Möllering
Die Auslandshandelskammern und Delegiertenbüros
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deutschen Politik, durch welche gesamtwirtschaftliche Belange berührt werden. Ähnlich den Kammern hat der DIHK (aufgrund seiner Satzung) eine Vollversammlung, die aus den Vertretern der Mitgliedskammern besteht, einen von den Landesarbeitsgemeinschaften der Kammern benannten (erweiterten) Vorstand und einen von der Vollversammlung gewählten Präsidenten, der zusammen mit vier ebenfalls von der Vollversammlung gewählten Vizepräsidenten und dem Hauptgeschäftsführer den Geschäftsführenden Vorstand (Vorstand im Sinne von § 26 BGB) bildet. Auf den DIHK sind vereinzelt vom Gesetzgeber direkt Aufgaben übertragen worden, die sich jedoch aus seiner Funktion als Spitzenorganisation der IHKs ableiten (vgl. § 65 WiPrO: Arbeitsgemeinschaft für das wirtschaftliche Prüfungswesen; § 11a Abs. 1 GewO: Versicherungsvermittlerregister; § 32 Abs. 2 Umweltauditgesetz: EMAS-Register). Dem DIHK angegliedert, aber in ihrer Arbeit von ihm völlig unabhängig, ist die in Bielefeld domizilierende Rechnungsprüfungsstelle der IHKs, welche die Haushaltsführung (fast) aller 80 Kammern kontrolliert, nachdem in allen Ländern der Bundesrepublik diese eigene Rechnungsprüfungsstelle anstelle der Rechnungshöfe mit der wichtigen Funktion der Haushaltsführungs- und Rechnungskontrolle betraut worden ist (Näheres über Entstehung, Entwicklung und Aufgaben des DIHK/DIHT in der im Jahre 1961 zum 100-jährigen Bestehen des DIHT herausgegebenen Festschrift „Die Verantwortung des Unternehmers in der Selbstverwaltung“; Jäkel/Junge, Industrie- und Handelskammern, 61 sowie Möllering in: Stober (Hrsg.), Lexikon, 1998, 102).
6. Die Auslandshandelskammern, Delegiertenbüros und Repräsentanzen der Deutschen Wirtschaft Die Auslandshandelskammern (AHKs) sind keine IHKs im Sinne des IHKG. Sie sind vielmehr jeweils nach dem Recht des Gastlandes, in dem sie ihren Sitz haben und arbeiten, privatrechtlich organisierte Vereinigungen mit freiwilligen Mitgliedern. Die ersten AHKs wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts als Selbsthilfeeinrichtungen der deutschen Kaufleute in den jeweiligen Gastländern errichtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden allenthalben sog. bilaterale Kammern gegründet. Mitglieder sind Kaufleute sowohl aus dem Gastland als auch aus Deutschland, die an der Entwicklung des Wirtschaftsverkehrs zwischen diesen beiden Ländern interessiert sind. Diese Auslandshandelskammern (einige mit Möllering
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Die Auslandshandelskammern und Delegiertenbüros
Zweigstellen, auch in Deutschland), derzeit 58 an der Zahl in 56 Ländern mit noch immer zunehmender Tendenz, finanzieren sich aus Mitgliedsbeiträgen und Entgelten, die sie für Sonderleistungen (z.B. Auskünfte, Marktanalysen oder Geltendmachung von Forderungen) erheben. Im Hinblick auf die Entlastung, welche die Arbeit der Auslandshandelskammern für die diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Bundesrepublik, insbesondere für den kommerziellen Auskunftsdienst in den Gastländern bedeutet, erhalten die Auslandshandelskammern finanzielle Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt, die vom DIHK verwaltet werden. Berücksichtigt bei der Zuteilung dieser Zuwendungen wird auch die je nach der Wirtschaftskraft des Gastlandes recht unterschiedliche Finanzstärke der einzelnen AHK. Der Personaleinsatz für die Geschäftsführung dieser Kammern wird durch den DIHK gesteuert, der sie auch in allen fachlichen Fragen unterstützt und betreut. Alle deutschen Auslandshandelskammern dienen der Förderung des Wirtschaftsverkehrs zwischen der Bundesrepublik und dem Gastland; sie unterstützen deutsche Kaufleute bei der Entwicklung und Abwicklung ihrer Wirtschaftsbeziehungen zum Gastland, bemühen sich aber auch um die Interessen ihrer im Gastland ansässigen Mitglieder gegenüber der Wirtschaft in der Bundesrepublik (Jäkel/ Junge, Industrie- und Handelskammern, 87; Möllering, WiVerw 1998, S. 214; Wiesemann, Auslandshandelskammern: 100 Jahre Dienstleister für die Wirtschaft, Berlin 2000). 21
Daneben hat sich die Einrichtung sog. Delegiertenbüros in Ländern entwickelt, in denen aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen die Gründung einer bilateralen Auslandshandelskammer noch nicht möglich ist. Zurzeit gibt es etwa 14 Delegiertenbüros in 11 Ländern. Der DIHK entsendet in diese Länder einen „Delegierten der deutschen Wirtschaft“, der in der Regel auch weitere Mitarbeiter hat und den Unternehmen die gleichen Leistungen wie eine Auslandshandelskammer anbietet. Diese Delegiertenbüros unterscheiden sich nur dadurch von den Auslandshandelskammern, dass sich die Delegierten nicht auf Mitglieder und Kammervorstände stützen können; Beiräte können jedoch die unternehmerischen Erfahrungen beider Länder auch in diesem Fall einbringen. Schließlich gibt es noch Repräsentanzen (derzeit fünf Repräsentanzen in fünf Ländern), die von einer Ortskraft aus dem Gastland geleitet werden, aber die gleichen Aufgaben wie ein Delegiertenbüro erfüllen. 16 Möllering
Europäische Zusammenarbeit
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Das Netz der Auslandshandelskammern und der Delegiertenbüros zieht sich damit über 72 Länder in fünf Kontinenten und erfasst einen Bereich, der ca. 80 % der deutschen Exporte aufnimmt und aus dem mehr als 75 % der deutschen Importe kommen. In diesen Ländern werden etwa 90 % der deutschen Auslandsinvestitionen getätigt. Auf diese Weise ist die wirtschaftliche Selbstverwaltung auch in allen Ländern präsent, die für die deutsche Wirtschaft von Bedeutung sind.
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7. Europäische Zusammenarbeit Seit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ar- 23 beiten auch die Kammerorganisationen der EWG-(später EG-, heute EU-) Mitgliedstaaten enger zusammen als früher. Sie gründeten am 28. Februar 1958 in Straßburg die Ständige Konferenz der Industrie- und Handelskammern der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, zu der zunächst nur die Kammerorganisationen der sechs Gründerstaaten der EWG gehörten. Im Zuge der Entwicklung sind auch die Kammerorganisationen der neuen Mitgliedstaaten hinzugetreten. Dazu kommen als assoziierte Mitglieder die Kammerorganisationen derjenigen Staaten, die der Europäischen Freihandelszone (EFTA) angehören oder deren Länder einen Assoziierungsvertrag mit der EU haben. Als Beobachter fungieren die Kammern einiger Länder oder Ländergruppen, die besonders enge Beziehungen zur EU unterhalten. Die Ständige Konferenz ist ein eingetragener Verein nach belgischem Recht und nennt sich inzwischen „Eurochambres“ (vgl. Conférence Permanente, 25éme Anniversaire, Luxemburg 1983). Die Eurochambres sind wie eine Spitzenorganisation organisiert. Die Vollversammlung besteht aus den Vertretern der beteiligten Kammerorganisationen. Sie wählen Präsident und Präsidium und setzen eine Reihe von Fachausschüssen ein. Fachausschüsse und Vollversammlung befassen sich eingehend mit den Vorlagen der EU-Kommission und verfolgen aufmerksam die Entwicklung des EU-Rechts. Sie sind der gemeinsame Gesprächspartner für die Organe der EU, insbesondere die Kommission und ihre Dienste.
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Fast alle europäischen Kammerorganisationen unterhalten inzwischen Verbindungsbüros in Brüssel, so dass aus den Sitzungen der verschiedenen Gremien von Eurochambres und den regelmäßigen
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Möllering
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Einf.
Europäische Zusammenarbeit
Treffen der Brüsseler Verbindungsbüros inzwischen auch ein dichtes Kommunikationsnetz der europäischen Kammern entstanden ist. Die enge Zusammenarbeit hat das gegenseitige Verständnis für die immer noch vorhandenen Unterschiede der Wirtschaftsund Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten wesentlich gefördert und trägt damit auch dazu bei, gemeinsame Stellungnahmen zur europäischen Entwicklung zu erleichtern. 26
Diese Gemeinsamkeit ist zwar nicht immer leicht herzustellen, da die beteiligten Kammerorganisationen sehr unterschiedlich organisiert sind. Öffentlich-rechtliche Kammerorganisationen (mit Pflichtzugehörigkeit und Beitragspflicht) gibt es in acht Mitgliedstaaten der EU (Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich und Spanien). Alle anderen 19 Mitgliedstaaten haben privatrechtlich organisierte Kammern mit freiwilliger Mitgliedschaft, wobei einige davon eine eigene Rechtsgrundlage in Form eines Kammergesetzes haben (Finnland, Belgien, Litauen, Polen, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn). Es gibt jedoch ein gemeinsames Verständnis der europäischen Kammern, welches in der „Charter of the European Chambers of Commerce and Industry“ am 15. Oktober 1999 auf der Eurochambres-Konferenz in Nikosia formuliert wurde. Danach gehört es zu den Aufgaben der Kammern, das Gesamtinteresse der kammerzugehörigen Wirtschaft zu vertreten, die Entwicklung unternehmerischer Tätigkeit auf lokaler und regionaler Ebene zu fördern, als Berater gegenüber dem Staat und anderen Hoheitsträgern zu handeln, ihnen vom Staat oder anderen Hoheitsträgern übertragene Aufgaben im Sinne des Subsidiaritätsprinzips auszuführen und den Wirtschaftsunternehmen weitgefächerte Dienstleistungen sowie ein Forum für den Gedanken- und Erfahrungsaustausch anzubieten. In den Tätigkeitsschwerpunkten zeigen sich allerdings trotz dieses gemeinsamen Verständnisses deutliche Unterschiede, was nicht zuletzt mit der unterschiedlichen rechtlichen Konstruktion und Finanzierung zusammenhängt (Corrado, Jahrbuch des Kammerrechts 2004, 149 – Italien; Kluth/Rieger, Das Kammerwesen in anderen europäischen Staaten, in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts, 179; Möllering, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 335; Rodriguez Artacho/ Barnes Vazquez, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 315 – Spanien; Rieger, Jahrbuch des Kammerrechts 2003, 201 – Österreich; Willer, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 271 – Frankreich). 18 Möllering
Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern
vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2418). §1 (1) Die Industrie- und Handelskammern haben, soweit nicht die Zuständigkeit der Organisationen des Handwerks nach Maßgabe des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) vom 17. September 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1411) gegeben ist, die Aufgabe, das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirkes wahrzunehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen; dabei obliegt es ihnen insbesondere, durch Vorschläge, Gutachten und Berichte die Behörden zu unterstützen und zu beraten sowie für Wahrung von Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken. (2) Die Industrie- und Handelskammern können Anlagen und Einrichtungen, die der Förderung der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige dienen, begründen, unterhalten und unterstützen sowie Maßnahmen zur Förderung und Durchführung der kaufmännischen und gewerblichen Berufsbildung unter Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere des Berufsbildungsgesetzes, treffen. (3) Den Industrie- und Handelskammern obliegt die Ausstellung von Ursprungszeugnissen und anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Bescheinigungen, soweit nicht Rechtsvorschriften diese Aufgaben anderen Stellen zuweisen. (3a) Die Länder können durch Gesetz den Industrie- und Handelskammern die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes übertragen. Das Gesetz regelt, welche Aufgabenbereiche von der Zuweisung erfasst sind. Dabei kann das Gesetz vorsehen, dass die Industrie- und Handelskam19
§ 2 IHKG
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mern auch für nicht Kammerzugehörige tätig werden. Das Gesetz regelt auch die Aufsicht. (3b) Die Länder können den Industrie- und Handelskammern durch Gesetz ermöglichen, sich an Einrichtungen zu beteiligen, die die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes erfüllen. (4) Weitere Aufgaben können den Industrie- und Handelskammern durch Gesetz oder Rechtsverordnung übertragen werden. (5) Nicht zu den Aufgaben der Industrie- und Handelskammern gehört die Wahrnehmung sozialpolitischer und arbeitsrechtlicher Interessen.
§2 (1) Zur Industrie- und Handelskammer gehören, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte unterhalten (Kammerzugehörige). (2) Absatz 1 gilt für natürliche Personen und Gesellschaften, welche ausschließlich einen freien Beruf ausüben oder welche Landoder Forstwirtschaft oder ein damit verbundenes Nebengewerbe betreiben, nur, soweit sie in das Handelsregister eingetragen sind. (3) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke oder der handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen sind oder die nach § 90 Abs. 3 der Handwerksordnung zur Handwerkskammer gehören, gehören mit ihrem nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteil der Industrie- und Handelskammer an. (4) Absatz 1 gilt nicht für landwirtschaftliche Genossenschaften; als solche gelten im Sinne dieser Bestimmung a) ländliche Kreditgenossenschaften, deren Mitglieder überwiegend aus Landwirten bestehen; b) Genossenschaften, die ganz der überwiegend der Nutzung landwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder der Versorgung der Landwirtschaft mit Betriebsmitteln oder dem Absatz oder der 20
§ 3 IHKG
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Lagerung oder der Bearbeitung oder Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dienen, sofern sich die Be- oder Verarbeitung nach der Verkehrsauffassung im Bereich der Landwirtschaft hält; c) Zusammenschlüsse der unter Buchstabe b genannten Genossenschaften bis zu einer nach der Höhe des Eigenkapitals zu bestimmenden Grenze, die von dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz durch Rechtsverordnung festgelegt wird. (5) Absatz 1 gilt nicht für Gemeinden und Gemeindeverbände, die Eigenbetriebe unterhalten. Sie können aber insoweit der Industrie- und Handelskammer beitreten.
§3 (1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts. (2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. (3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Nicht in das Handelsregister eingetragene natürliche Personen und Personengesellschaften, deren Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder, soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, deren nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5200 Euro nicht übersteigt, sind vom Beitrag freigestellt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an 21
§ 3 IHKG
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einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrieund Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden. (4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen 22
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§ 3 IHKG
Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird. (5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben. (6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen. (7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlass und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln. (7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird 23
§ 4 IHKG
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durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt. (8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind – für die Verjährung die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen, – für die Einziehung und Beitreibung die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.
§4 Über die Angelegenheiten der Industrie- und Handelskammer beschließt, soweit nicht die Satzung etwas anderes bestimmt, die Vollversammlung. Der ausschließlichen Beschlussfassung durch die Vollversammlung unterliegen 1. die Satzung, 2. die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung, 3. die Feststellung des Wirtschaftsplans, 4. die Festsetzung des Maßstabes für die Beiträge und Sonderbeiträge, 5. die Erteilung der Entlastung, 6. die Übertragung von Aufgaben auf andere Industrie- und Handelskammern, die Übernahme dieser Aufgaben, die Bildung von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen und die Beteiligung hieran (§ 10) sowie die Beteiligung an Einrichtungen nach § 1 Abs. 3b, 7. die Art und Weise der öffentlichen Bekanntmachung und 8. die Satzung gem. § 3 Abs. 7a (Finanzstatut). § 79 des Berufsbildungsgesetzes bleibt unberührt. Soweit nach Satz 2 Nr. 7 die elektronische Verkündung von Satzungsrecht vorgesehen ist, hat diese im elektronischen Bundesanzeiger zu erfolgen. 24
§ 7 IHKG
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§5 (1) Die Mitglieder der Vollversammlung werden von den Kammerzugehörigen gewählt. (2) Wählbar sind natürliche Personen, die das Kammerwahlrecht auszuüben berechtigt sind, am Wahltag volljährig sind und entweder selbst Kammerzugehörige sind oder allein oder zusammen mit anderen zur gesetzlichen Vertretung einer kammerzugehörigen juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personenmehrheit befugt sind. Wählbar sind auch besonders bestellte Bevollmächtigte und in das Handelsregister eingetragene Prokuristen von Kammerzugehörigen. (3) Das Nähere über die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts, über die Durchführung der Wahl sowie über Dauer und vorzeitige Beendigung der Mitgliedschaft zur Vollversammlung regelt die Wahlordnung. Sie muss Bestimmungen über die Aufteilung der Kammerzugehörigen in besondere Wahlgruppen sowie die Zahl der diesen zugeordneten Sitze in der Vollversammlung enthalten und dabei die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks sowie die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen berücksichtigen.
§6 (1) Die Vollversammlung wählt aus ihrer Mitte den Präsidenten (Präses) und die von der Satzung zu bestimmende Zahl von weiteren Mitgliedern des Präsidiums. (2) Der Präsident (Präses) ist der Vorsitzende des Präsidiums. Er beruft die Vollversammlung ein und führt in ihr den Vorsitz.
§7 (1) Die Vollversammlung bestellt den Hauptgeschäftsführer. (2) Präsident (Präses) und Hauptgeschäftsführer vertreten nach näherer Bestimmung der Satzung die Industrie- und Handelskammer rechtsgeschäftlich und gerichtlich.
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§ 8 IHKG
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§8 Werden bei den Industrie- und Handelskammern zur Durchführung anderer als der in § 79 des Berufsbildungsgesetzes genannten Aufgaben Ausschüsse gebildet, so kann die Satzung bestimmen, dass in diese Ausschüsse auch Personen berufen werden, die nach § 5 Abs. 2 nicht wählbar sind.
§9 (1) Zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben dürfen die Industrie- und Handelskammern die Daten nach § 14 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 der Gewerbeordnung bei den Kammerzugehörigen erheben, soweit diese Daten ihnen nicht von der zuständigen Behörde übermittelt worden sind. Darüber hinaus dürfen sie Daten über angebotene Waren und Dienstleistungen sowie über die Betriebsgrößenklasse bei den Kammerzugehörigen erheben. Auskunftspflichtig sind die Inhaber oder diejenigen, die allein oder zusammen mit anderen zur gesetzlichen Vertretung einer kammerzugehörigen juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personenmehrheit befugt sind. Auskunftspflichtig sind auch besonders bestellte Bevollmächtigte und in das Handelsregister eingetragene Prokuristen von Kammerzugehörigen. (2) Die Industrie- und Handelskammern und ihre Gemeinschaftseinrichtungen, die öffentliche Stellen im Sinne des § 2 Abs. 2 des Bundesdatenschutzgesetzes sind, sind berechtigt, zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit und zur Festsetzung der Beiträge der Kammerzugehörigen Angaben zur Gewerbesteuerveranlagung, wie sie auch zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 erforderlich sind, sowie die nach § 3 Abs. 3 erforderlichen Bemessungsgrundlagen bei den Finanzbehörden zu erheben. (3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Daten dürfen von den Industrie- und Handelskammern und ihren Gemeinschaftseinrichtungen verwendet werden, soweit dies zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Andere als die in Satz 1 genannten Daten dürfen sie nur erheben und verwenden, soweit eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet. (3a) Die Industrie- und Handelskammern dürfen Name, Firma, Anschrift und Wirtschaftszweig ihrer Kammerzugehörigen sowie 26
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§ 10 IHKG
die übrigen in Absatz 1 genannten Daten an andere Industrie- und Handelskammern auf Ersuchen oder durch Abruf im automatisierten Verfahren übermitteln, soweit dies für die Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich ist. (4) Die Industrie- und Handelskammern dürfen Name, Firma, Anschrift und Wirtschaftszweig von Kammerzugehörigen zur Förderung von Geschäftsabschlüssen und zu anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Zwecken an nichtöffentliche Stellen übermitteln. Die übrigen in Absatz 1 genannten Daten dürfen zu den in Satz 1 genannten Zwecken an nichtöffentliche Stellen übermittelt werden, sofern der Kammerzugehörige nicht widersprochen hat. Auf die Möglichkeit, der Übermittlung der Daten an nichtöffentliche Stellen zu widersprechen, sind die Kammerzugehörigen vor der ersten Übermittlung schriftlich hinzuweisen. Daten über Zugehörige anderer Kammern hat die Industrie- und Handelskammer nach Übermittlung an die nichtöffentliche Stelle unverzüglich zu löschen, soweit sie nicht zur Erfüllung der ihr nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich sind. An Bewerber für die Wahl zur Vollversammlung nach § 5 dürfen zum Zweck der Wahlwerbung die in Satz 1 genannten Daten über Wahlberechtigte aus ihrer jeweiligen Wahlgruppe übermittelt werden. Der Bewerber hat diese Daten nach der Durchführung der Wahl unverzüglich zu löschen. Dritte, an die Daten übermittelt werden, dürfen diese Daten nur für den Zweck verwenden, zu dessen Erfüllung sie ihnen übermittelt werden. (5) (aufgehoben) (6) Für das Verändern, Sperren oder Löschen der nach den Absätzen 1 und 2 erhobenen Daten sowie die Übermittlung der Daten nach Absatz 1 an öffentliche Stellen gelten die Datenschutzgesetze der Länder. Für die Übermittlung der Daten an andere Industrie- und Handelskammern durch Abruf im automatisierten Verfahren nach Absatz 3a gilt § 10 des Bundesdatenschutzgesetzes entsprechend. § 10 Aufgabenübertragung und öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss (1) Industrie- und Handelskammern können Aufgaben, die ihnen auf Grund von Gesetz oder Rechtsverordnung obliegen, einver27
§ 11 IHKG
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nehmlich einer anderen Industrie- und Handelskammer übertragen oder zur Erfüllung dieser Aufgaben untereinander öffentlichrechtliche Zusammenschlüsse bilden oder sich daran beteiligen. § 1 Abs. 3b bleibt unberührt. (2) Die Rechtsverhältnisse des öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses werden durch Satzung geregelt. Diese muss bestimmen, welche Aufgaben durch den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss wahrgenommen werden. Die Erstsatzung bedarf der Zustimmung der Vollversammlungen der beteiligten Industrie- und Handelskammern. Diese haben die Erstsatzung in der für ihre Bekanntmachungen vorgeschriebenen Form zu veröffentlichen. (3) Die Aufgabenübertragung auf Industrie- und Handelskammern oder auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse mit Sitz in einem anderen Bundesland sowie die Beteiligung an solchen Zusammenschlüssen ist zulässig, soweit nicht die für die beteiligten Kammern oder Zusammenschlüsse geltenden besonderen Rechtsvorschriften dies ausschließen oder beschränken. (4) Die Regelungen dieses Gesetzes in § 1 Abs. 3a, § 3 Abs. 2, 6, 7a und 8, § 4 Satz 1 und 2 Nr. 1 bis 5, 7 und 8 sowie in den §§ 6 und 7 sind auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse entsprechend anzuwenden.
§ 11 (1) Die Industrie- und Handelskammern unterliegen der Aufsicht des Landes darüber, dass sie sich bei Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften (einschließlich der Satzung, der Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung) halten. Die Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss wird durch die Aufsichtsbehörde des Landes ausgeübt, in dem der Zusammenschluss seinen Sitz hat. § 1 Abs. 3a Satz 4 bleibt unberührt. (2) Die Beschlüsse der Vollversammlung über 1. die Satzung nach § 3 Abs. 7a Satz 2, 2. die Satzung nach § 4 Satz 2 Nr. 1, 3. die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung, 4. die Übertragung von Aufgaben an eine andere Industrie- und Handelskammer und die Übernahme dieser Aufgaben, 28
§ 12 IHKG
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5. die Bildung öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse oder die Beteiligung an solchen (§ 10) sowie 6. einen 0,8 vom Hundert der Bemessungsgrundlagen nach § 3 Abs. 3 Satz 6 übersteigenden Umlagesatz bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde des Landes. (2a) Die Satzung nach § 10 Abs. 2 sowie Änderungen der Satzung bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde des Landes, in dem der Zusammenschluss seinen Sitz hat, sowie durch die Aufsichtsbehörden der beteiligten Kammern. (2b) Die Aufgabenübertragung durch eine Industrie- und Handelskammer auf andere Industrie- und Handelskammern oder auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse mit Sitz in einem anderen Bundesland sowie die Beteiligung an solchen Zusammenschlüssen bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörden der übertragenden und der übernehmenden Kammer; im Falle der Übertragung auf einen öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss ist zusätzlich die Genehmigung der für diesen zuständigen Aufsichtsbehörde erforderlich. (3) Rechtsvorschriften, die diesem Gesetz widersprechen, werden aufgehoben; Abschnitt I des Gesetzes zur Erhaltung und Hebung der Kaufkraft vom 24. März 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 235) und die Verordnung über die Rechnungslegung und Rechnungsprüfung während des Krieges vom 5. Juli 1940 (Reichsgesetzbl. II S. 139) finden auf die Industrie- und Handelskammern keine Anwendung.
§ 12 (1) Durch Landesrecht können ergänzende Vorschriften erlassen werden über 1. die Errichtung und Auflösung von Industrie- und Handelskammern sowie von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen, 2. die Änderung der Bezirke bestehender Industrie- und Handelskammern, 3. die für die Ausübung der Befugnisse des § 11 Abs. 1 und 2 zuständigen Behörden,
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§ 13 IHKG
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4. die Aufsichtsmittel, welche erforderlich sind, um die Ausübung der Befugnisse gemäß § 11 Abs. 1 und 2 zu ermöglichen, 5. die Verpflichtung der Steuerveranlagungsbehörden zur Mitteilung der für die Festsetzung der Beiträge erforderlichen Unterlagen an die Industrie- und Handelskammern, 6. die Verpflichtung der Behörden zur Amtshilfe bei Einziehung und Beitreibung von Abgaben (§ 3 Abs. 8), 7. die Prüfung des Jahresabschlusses der Industrie- und Handelskammern, 8. die Befugnis der Industrie- und Handelskammern zur Führung eines Dienstsiegels, 9. Zuständigkeit und Verfahren für die Bestellung von Ausschussmitgliedern gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2. (2) Vor der Entscheidung über Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 sind die Kammerzugehörigen gemäß § 2 Abs. 1 zu hören.
§ 13 Die Handelskammern Bremen und Hamburg sind berechtigt, ihre bisherige Bezeichnung weiterzuführen.
§ 13a (1) Kammerzugehörige, die am 31. Dezember 1993 nach § 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 3 Satz 2 in der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung einer Industrie- und Handelskammer angehörten, können nach Maßgabe dieser Vorschriften weiterhin der Industrie- und Handelskammer angehören. (2) Wenn das der Beitragserhebung zugrundeliegende Bemessungsjahr vor dem 1. Januar 1994 liegt, werden die Beiträge auf der Grundlage der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung dieses Gesetzes erhoben. (3) Die Beitragsbefreiung in § 3 Abs. 3 Satz 4 ist nur auf Kammerzugehörige anzuwenden, deren Gewerbeanzeige nach dem 31. Dezember 2003 erfolgt.
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§ 15 IHKG
Gesetzestext
§ 14 Bis zum 31. Dezember 1997 können die Beiträge der Kammerzugehörigen von den Industrie- und Handelskammern in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet im Anschluss an die in Anlage I Kapitel V Sachgebiet B Abschnitt III Nr. 4 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II S. 885, 1000) angegebene Frist abweichend von § 3 Abs. 3 und 4 festgesetzt werden. Die Beitragsordnung und der Beitragsmaßstab bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.
§ 15 Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
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Erläuterungen
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(1) Die Industrie- und Handelskammern haben, soweit nicht die Zuständigkeit der Organisationen des Handwerks nach Maßgabe des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) vom 17. September 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1411) gegeben ist, die Aufgabe, das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirkes wahrzunehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen; dabei obliegt es ihnen insbesondere, durch Vorschläge, Gutachten und Berichte die Behörden zu unterstützen und zu beraten sowie für Wahrung von Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken. (2) Die Industrie- und Handelskammern können Anlagen und Einrichtungen, die der Förderung der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige dienen, begründen, unterhalten und unterstützen sowie Maßnahmen zur Förderung und Durchführung der kaufmännischen und gewerblichen Berufsbildung unter Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere des Berufsbildungsgesetzes, treffen. (3) Den Industrie- und Handelskammern obliegt die Ausstellung von Ursprungszeugnissen und anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Bescheinigungen, soweit nicht Rechtsvorschriften diese Aufgaben anderen Stellen zuweisen. (3a) Die Länder können durch Gesetz den Industrie- und Handelskammern die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes übertragen. Das Gesetz regelt, welche Aufgabenbereiche von der Zuweisung erfasst sind. Dabei kann das Gesetz vorsehen, dass die Industrie- und Handelskammern auch für nicht Kammerzugehörige tätig werden. Das Gesetz regelt auch die Aufsicht. (3b) Die Länder können den Industrie- und Handelskammern durch Gesetz ermöglichen, sich an Einrichtungen zu beteiligen, die die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes erfüllen.
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§1
Aufgabenbereich
(4) Weitere Aufgaben können den Industrie- und Handelskammern durch Gesetz oder Rechtsverordnung übertragen werden. (5) Nicht zu den Aufgaben der Industrie- und Handelskammern gehört die Wahrnehmung sozialpolitischer und arbeitsrechtlicher Interessen. Rz. 1. Allgemeiner Aufgabenbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wahrnehmung des Gesamtinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff „Gesamtinteresse“ . . b) Meinungsbildung der IHK . . c) Formen der Wahrnehmung des Gesamtinteresses . . . . . . d) Wahrnehmung des Gesamtinteresses im Rahmen der Handwerksordnung . . . . . . . . e) Kammerzusammenarbeit und Vereinsbeitritt . . . . . . . . . 3. Förderung der gewerblichen Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . a) Information . . . . . . . . . . . . . . . b) Auskünfte . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Empfehlungen und Warnungen. . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gutachtertätigkeit . . . . . . . . . a) Bedeutung der Kammergutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Feststellung der Verkehrsauffassung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesamtwirtschaftliche Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Rechtsfragen . . . . . . . . . . . . . .
1 6 6 11 13
15 16 18 20 23 24 26 27 28 32 37 39 42
5. Benennung von sachkundigen Ausschussmitgliedern . . 48
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Rz. 6. Wahrung von Sitte und Anstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . b) Ehrengerichtsbarkeit. . . . . . . . c) Bekämpfung der Korruption .
52 52 55 57
7. Anlagen und Einrichtungen zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft . . . . . . . . . . . 58 8. a) b) c)
Berufsbildung . . . . . . . . . . . . . . Historische Entwicklung . . . . Berufsbildungsgesetz (BBiG) . Die Aufgaben der IHKs im Bereich der Berufsbildung . . . aa) Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse (§ 34 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Prüfung des Ausbildungsvertrages (§ 35 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Prüfung der persönlichen und fachlichen Eignung (§§ 28–30 BBiG) . . . . . . . . . dd) Prüfung der Eignung der Ausbildungsstätte (§ 27 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Sonstige Eintragungsvoraussetzungen (§ 35 Abs. 1 Nr. 3 BBiG) . . . . . . ff) Rechtsmittel . . . . . . . . . . . gg) Verzeichnis kein öffentliches Register . . . . . . . . . . hh) Verkürzung der Ausbildungsdauer (§ 8 Abs. 1 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69 69 72 81 82 83 88 91 92 93 94 95
§1
Aufgabenbereich Rz.
d)
e)
f)
g)
h)
ii) Verlängerung der Ausbildungszeit (§§ 21 Abs. 3 und 8 Abs. 2 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . Prüfungswesen . . . . . . . . . . . . aa) Prüfungsausschuss (§ 40 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entschädigung für die Tätigkeit im Prüfungsausschuss (§ 40 Abs. 4 BBiG) . . . . . . cc) Vorsitz im Prüfungsausschuss (§ 41 Abs. 1 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . Entscheidungen des Prüfungsausschusses . . . . . . . . . . aa) Zulassung im Regelfall (§ 43 Abs. 1 BBiG) . . . . . . bb) Vorzeitige Zulassung (§ 45 Abs. 1 BBiG) . . . . . . cc) Zulassung von Außenseitern (§ 45 Abs. 2 BBiG) . . . . . . dd) Prüfungsentscheidungen (§§ 38, 47 BBiG) . . . . ee) Zwischenprüfungen (§ 48 BBiG) . . . . . . . . . . . . Regelung, Überwachung und Förderung der Ausbildung (§ 9 BBiG) . . . . . . . . . . . . aa) Überwachung (§ 76 BBiG) . . . . . . . . . . . . bb) Beratung . . . . . . . . . . . . . . Fortbildung und Umschulung (§§ 53 ff., 58 ff. BBiG) . . aa) Prüfungen . . . . . . . . . . . . . bb) Fortbildungsveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . Gebühren und Entgelte . . . . . aa) Gebühr für Abschlussprüfungen (§ 37 Abs. 4 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gebühr für Fortbildungs- und Umschulungsprüfungen . . . . . . . .
97 100
Rz. cc) Entgelte für Fördermaßnahmen während der Ausbildung. . . . . . . . . . . . . 148 dd) Entgelte für Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen . . . . . . 149
102
9. Ursprungszeugnisse . . . . . . . . 150
108
10. Andere dem Wirtschaftsverkehr dienende Bescheinigungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 11. Carnet A.T.A. . . . . . . . . . . . . . 162
111
12. Beglaubigungen. . . . . . . . . . . . 163 13. Einheitliche Stelle . . . . . . . . 164a
112 113 114 115 117 126
130 131 132 134 135 142 145 145 147
14. Übertragung weiterer Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 a) Einigungsstellen für Wettbewerbsstreitigkeiten . . . . . . 172 b) Wanderlager . . . . . . . . . . . . . . . 176 c) Sachkundeprüfungen im Einzelhandel . . . . . . . . . . . . . . 177 d) Fachkundeprüfung nach dem Waffengesetz. . . . . . . . . . 179 e) Sachkundeprüfungen im Güterkraftverkehr . . . . . . . . 180a f) Sachkundeprüfung im Straßenpersonenverkehr . . . . . . . 181 g) Qualifikation zum Berufskraftfahrer . . . . . . . . . . . . . . . . 182 h) Unterrichtung gemäß Gaststättengesetz . . . . . . . . . . . . . . 183 i) Unterrichtung und Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe . . . . . . . . . . . . 184 j) Bescheinigungen für die Beförderung gefährlicher Güter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 k) Ermächtigung von Handelsmaklern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 l) Versteigerer . . . . . . . . . . . . . . . 189 m) Versicherungsvermittler . . . . 190
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35
§1
Aufgabenbereich Rz.
n) Registrierung geprüfter Betriebsstandorte . . . . . . . . . 194 o) Verpackungsverordnung . . . 195 p) Börsenaufsicht . . . . . . . . . . . . 197 q) Gewerbeanzeige . . . . . . . . . 197a 15. Sachverständige . . . . . . . . . . . a) Rechtsgrundlagen für die Bestellung von Sachverständigen . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtliche und tatsächliche Bedeutung der öffentlichen Bestellung. . . . . . . . . . c) Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung . . . . . . . d) Rechtsanspruch auf Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vertraulichkeit von Auskünften. . . . . . . . . . . . . . .
198
200
206 210
Rz. f)
Rücknahme und Widerruf der Bestellung . . . . . . . . . . . . . 218
16. Rechtsnatur der Kammeraufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Selbstverwaltung . . . . . . . . . . b) Satzungsgewalt . . . . . . . . . . . . c) Verwaltungsverfahren . . . . . . d) Schlichtverwaltende Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Organstreit . . . . . . . . . . . . . . . . f) Amtshaftung und Amtshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Vertraulichkeit von Kammerunterlagen . . . . . . . .
226 226 236 239 245 248 250 253
214
17. Wahrnehmung sozialpolitischer Interessen . . . . . . . . . . . 262
215
18. Schutz der Bezeichnung „IHK“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
Literaturauswahl: Ammermann, Kooperation der Industrie- und Handelskammern bei der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben, WiVerw 1998, 201; Behmenburg, Kompetenzverteilung bei der Berufsausbildung; Biernert, Kooperation von Industrie- und Handelskammern in Deutschland und Europa; Bleutge, Sachverständige – Inhalte und Pflichten ihrer öffentlichen Bestellung (DIHK 2003); DIHK (Hrsg.), Berufsbildung, Weiterbildung, Bildungspolitik, 2006/2007; Ennuschat/Tille, Unterlassungsansprüche von Kammermitgliedern gegen Äußerungen des DIHK, GewArch 2007, 24; Groß, Interessenausgleich durch Kollegialverfahrensrecht in den Kammern, Jahrbuch des Kammerrechts 2003, 26; Grütters, Informationsfreiheit auch gegenüber Industrie- und Handelskammern?, GewArch 2002, 270; Hahn, Verwaltungsstreitverfahren zwischen Kammern und ihren Mitgliedern, WiVerw 2004, 178; Hövelberndt, Die Kammern als Wettbewerber, 2008; Hurlebaus, Rechtsratgeber Berufsbildung, 20. Aufl. 2007; Jahn, IHK-Wirtschaftsförderung durch Beteiligung an Anlagen und Einrichtungen, GewArch 2001, 146; Jahn, Interne Willensbildungsprozesse in wirtschaftlichen Selbstverwaltungskörperschaften am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, WiVerw 2004, 133; Jahn, Die Kontrolle von Unternehmen und Beteiligungen der Kammern, Jahrbuch des Kammerund Berufsrechts 2005, 51; Jestaedt, Funktionale Selbstverwaltung und Demokratieprinzip im Lichte der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Jahrbuch des Kammerrechts 2003, 9; Kannengießer, Zulässigkeit und Grenzen wirtschaftlicher Betätigung der Industrie- und
36 Möllering
§1
Allgemeiner Aufgabenbereich
Handelskammern, WiVerw 1998; 182; Klopp et al., Neue Regeln für Versicherungsvermittler, 2007; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 1997; Kluth/Voigt, Rechtliche Rahmenbedingungen für die Betätigung von Kammern im Bereich von Bildungsdienstleistungen, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 351; Knemeyer, Wettbewerbsrelevante Dienstleistungen der Industrie- und Handelskammern, WiVerw 2001, 1; Mitsch, Zum Auswahlermessen der Industrie- und Handelskammer bei der Benennung von Unternehmensberatern, GewArch 1992, 422; Möllering, Vertretung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft durch die Industrie- und Handelskammern, WiVerw 2001, 25; Möllering, Übertragung von Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung auf die Industrie- und Handelskammern, WiVerw 2006, 261; Möllering, Zur rechtlichen Überprüfung von Stellungnahmen, in Festschrift für Stober, 391; Mühlhausen/Stück, Die BBiG-Reform, AuA 2005, 272; Natzel, DB 2005, 610; Opolony, Vergütung in der Ausbildung, AuA 2004; Rickert, Öffentlichkeit und Informationspflichten in den Industrie- und Handelskammern, WiVerw 2004, 153; Schönleiter, Das neue Recht für Versicherungsvermittler, GewArch 2007, 265; Stober, Die Industrie- und Handelskammern als Mittler zwischen Staat und Wirtschaft, 1992, Swoboda, Was wir tun, 2007; Wurster, Die Novellierung des Berufsbildungsgesetzes, WiVerw 2003; Ziekow/Windoffer (Hrsg.), Ein einheitlicher Ansprechpartner für Dienstleister, 2007.
1. Allgemeiner Aufgabenbereich § 1 umschreibt den Aufgabenkreis der IHK und bildet damit die entscheidende Grundlage für ihre Tätigkeit. Die Vorschrift führt Aufgaben und Befugnisse im Einzelnen auf, da Nichtgebietskörperschaften – anders als Bund, Länder und Gemeinden – keine Allzuständigkeit haben und außerhalb ihres gesetzlichen Auftrags nicht tätig werden dürfen (BVerwG GewArch 2001, 161). Die Absätze 1 bis 3 sind dabei generalklauselartig formuliert, um im damit gegebenen Rahmen der IHK als Selbstverwaltungskörperschaft den notwendigen Freiraum für eigene Gestaltungsmöglichkeiten zu geben; sie kennzeichnen organisationsrechtlich den eigenen „Wirkungskreis“. Abs. 3a und 4 sehen die Übertragung weiterer Aufgaben vor, eröffnen also auch die Möglichkeit eines „übertragenen Wirkungskreises“; davon wird seit jeher Gebrauch gemacht (vgl. Gesamtüberblick bei Swoboda, Was wir tun, 2007).
1
Die Formulierungen lehnen sich an das frühere Preußische Handelskammergesetz an, um die Kontinuität des gesetzlichen Kammerauftrags zu betonen. Das klingt gelegentlich etwas altfränkisch, ist aber für die sachgerechte Auslegung von Bedeutung.
2
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§1
Aufgabenbereich
Insbesondere die traditionellen Generalklauseln zeigen, welchen weiten Spielraum der Gesetzgeber den in den IHKs zusammengefassten Unternehmen bei der Wahrnehmung des Gesamtinteresses einräumen will. Die Kammergeschichte beweist, welche vielfältigen Aktivitäten die IHKs auf dieser Grundlage entwickelt haben. Vor allem aber haben die Generalklauseln die Möglichkeit gegeben, dass die IHKs ihre Arbeit jederzeit den wechselnden wirtschaftlichen Problemen anpassen und neuen Aufgaben gerecht werden konnten. Die Generalklauseln sind deshalb einer kasuistischen Aufzählung der Aufgaben und Befugnisse überlegen und spiegeln geradezu das Wesen der Selbstverwaltung wider. 3
§ 1 enthält bereits eine allgemeine Aufgliederung der Kammeraufgaben, welche den historischen Wurzeln des Kammerwesens entspricht. Einerseits sind die Kammeraufgaben „nach außen“ orientiert; bei der Wahrnehmung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft wenden sich die IHKs an den Staat in allen seinen Erscheinungsformen, also auch im Bereich der Kommunen und Kommunalverbände, werden als Berater und Gutachter tätig und informieren die Öffentlichkeit. Andererseits ist die Kammerarbeit „nach innen“ gerichtet, wenn die IHKs die ihnen zugehörigen Unternehmen informieren, beraten und unterstützen; darin liegt der Förderauftrag der IHKs gegenüber ihren Zugehörigen. Dazu kommen schließlich die administrativen Aufgaben, welche den IHKs gem. Abs. 3, 3a und 4 im Bereich der Wirtschaft übertragen werden; es handelt sich stets um staatliches Wirtschaftsrecht, dessen Durchführung im Sinne des Subsidiaritätsprinzips der IHK als eigene Angelegenheit anvertraut und damit eine Selbstverwaltungsaufgabe wird.
4
Die Tätigkeit der einzelnen IHK vollzieht sich in erster Linie in ihrem Bezirk, weil die regionale Gliederung durch ihre Konzentration auf einen überschaubaren Lebenskreis die beste Grundlage für eine wirkungsvolle Selbstverwaltung ist und nur auf diese Weise die regionalen Besonderheiten und Schwerpunkte ausreichend berücksichtigt werden können. Bei den Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung, die den IHKs übertragen sind, ergibt sich das auch aus den Regelungen über die örtliche Zuständigkeit. Der Förderauftrag ist auf die Unternehmen des Bezirks bezogen. Die regionale Gliederung im Kammerwesen lässt sich deshalb auch insoweit mit der gemeindlichen Selbstverwaltung vergleichen. Die Kammerarbeit baut indes zwar auf den wirtschaftlichen Interes38 Möllering
§1
Allgemeiner Aufgabenbereich
sen der Bezirkswirtschaft auf, ist aber in ihrem Aktionsradius nicht auf den Kammerbezirk beschränkt. Die IHK kann vielmehr im Rahmen der Vertretung des Gesamtinteresses und ihres Förderauftrags überall dort tätig werden, wo das Interesse der Unternehmen ihres Bezirks berührt wird. Wenn wirtschaftliche Entscheidungen auf Landes- oder Bundesebene anstehen, kann sie sich – meist zusammen mit anderen betroffenen Kammern und auf dem Wege über eine gemeinsame Organisation (DIHK oder Landesarbeitsgemeinschaft) – an die entsprechenden staatlichen Stellen wenden. Wenn für die Bezirkswirtschaft Maßnahmen der Europäischen Union oder internationaler Organisationen wichtig sind, können die IHKs auch in dieser Richtung tätig werden; über den DIHK wirken sie in der europäischen Kammervereinigung EUROCHAMBRES mit. Angesichts der Bedeutung der Außenwirtschaft für ihre Mitgliedsunternehmen können sie sich schließlich auch im Ausland engagieren, beispielsweise deutsche Auslandshandelskammern und Delegierte der deutschen Wirtschaft im Ausland unterstützen, Delegationen entsenden und Kontakte institutionalisieren (dazu Möllering, WiVerw 1998, 214). Diese Tätigkeit der IHK bezieht sich grundsätzlich auf das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft ihres Bezirks, d.h. die ihr zugehörigen Gewerbetreibenden im Sinne von § 2. Ausgenommen von Vertretung und Betreuung sind deshalb nach den Einleitungsworten von § 1 Abs. 1 diejenigen Unternehmer, die als Handwerker oder handwerksähnliche Gewerbetreibende den Handwerkskammern angehören. Im Übrigen ergibt sich die genauere Abgrenzung des Kreises der Kammerzugehörigen aus § 2. Danach gehören etwa auch die Landwirtschaft und die freien Berufe grundsätzlich nicht zu den IHK-Mitgliedern, es sei denn, dass die Mitgliedschaft ausnahmsweise über die Eintragung im Handelsregister vermittelt wird. Die Interessen dieser Wirtschaftszweige – außer in den genannten Ausnahmefällen – gehören somit nicht zu dem von der IHK vertretenen Interessenspektrum. Das wiederum ist von den IHKs zu beachten, wenn sie sich mit Interessenvertretungen der Handwerker, Freiberufler oder Landwirte in gemeinsamen Organisationen zusammenschließen (OVG Münster GewArch 2000, 378 betr. die Mitgliedschaft einer Landesärztekammer in einem Landesverband und mittelbar Bundesverband der freien Berufe).
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5
§1
Aufgabenbereich
2. Wahrnehmung des Gesamtinteresses a) Begriff „Gesamtinteresse“ 6
Die erste Hauptaufgabe der IHK ist die Wahrnehmung des Gesamtinteresses der ihr zugehörigen Gewerbetreibenden. Das Gesamtinteresse ist dabei weder eine Summe oder Potenzierung der Einzelinteressen noch der kleinste gemeinsame Nenner, sondern setzt nach einer Ermittlung dieser Einzelinteressen deren Abwägung und den Versuch des Ausgleichs (dazu Möllering, WiVerw 2001, 25) voraus; die Kammern sollen angesichts der vielfältigen wirtschaftlichen Interessen wie ein Filter wirken. Das ist eine schwierige Aufgabe, welche die Pflichtmitgliedschaft voraussetzt. Die Pflichtzugehörigkeit aller Wirtschaftszweige und Wirtschaftsstufen, von Unternehmen aller Betriebsgrößen und Rechtsformen zwingt die IHK dazu, eine umfassende Kenntnis der Wirtschaftslage und der Unternehmen des Bezirks zu entwickeln, ihre Interessen langfristig zu sehen und für alle die gemeinsame beste Lösung zu suchen. Die Feststellung eines solchen Gesamtinteresses ist trotz der seit jeher bestehenden Interessenunterschiede zwischen den Unternehmen auch möglich, weil die gewerbliche Wirtschaft als Ganzes auf angemessene Rahmenbedingungen angewiesen ist und einseitige Einzel- oder Gruppeninteressen dahinter zurücktreten müssen. Es geht also darum, wirtschaftspolitische Prioritäten zu setzen und in diesem Rahmen optimale Lösungen zu finden. Diese Aufgabe kann weder von privaten Wirtschaftsverbänden noch von der staatlichen oder kommunalen Wirtschaftsförderung erfüllt werden (vgl. BVerfG GewArch 2002, 111; aus ökonomischer Sicht auch Schmidt-Trenz, Die Logik kollektiven Handelns bei Delegation, 1996; Goltz, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 179).
7
Dabei bleibt die IHK aber an dieses Gesamtinteresse gebunden und braucht nicht – wie staatliche Instanzen – auch divergierende Interessen anderer Lebensbereiche zu berücksichtigen, obwohl dies in der Praxis regelmäßig geschieht. Rechtlich sind Gesamtinteresse und Gemeinwohl zu unterscheiden, so dass man nur von einer Gemeinwohlorientierung der Kammer sprechen kann (Möllering, WiVerw 2001, 25, 33; Möllering in: Festschrift Stober, 391, 403; a.A. Stober/Eisenmenger in: Kluth (Hrsg), Handbuch des Kammerrechts, 232). Die Zusammenfassung vielfältiger wirtschaftlicher und außerökonomischer Interessen obliegt dem Staat, 40 Möllering
§1
Wahrnehmung des Gesamtinteresses
der allein für die Entscheidungen zuständig ist und im Rahmen des parlamentarisch-repräsentativen Systems seine jeweilige Auffassung des Gemeinwohls durchsetzt. Die IHK ist lediglich der Berater in wirtschaftlichen Fragen. In diesem Rahmen nehmen die IHKs intensiv an der wirtschaftspolitischen Meinungsbildung auf allen Ebenen teil, mag es sich um kommunale Entscheidungen, um Maßnahmen der Länder oder um Entscheidungen der Europäischen Union und Beschlüsse internationaler Organisationen, in denen die Bundesrepublik Deutschland mitwirkt (z.B. Vereinte Nationen; WTO; OECD), handeln.
8
Bekannt sind vor allem die Konjunkturumfragen des DIHK bei den Unternehmen in Deutschland, bei denen jeweils dreimal im Jahr mehr als 20.000 Antworten zur Einschätzung der Wirtschaftslage und zu den Geschäftsplänen ausgewertet werden. Daneben wird einmal im Jahr eine Umfrage bei Auslandshandelskammern und Delegiertenbüros in über 80 Ländern zur aktuellen Lage der deutschen Außenwirtschaft durchgeführt.
9
Die Legitimation zu einer Stellungnahme haben die IHKs, wenn 10 die Interessen der gewerblichen Wirtschaft ihres Bezirks berührt werden, mag es sich auch um außerökonomische Lebensbereiche handeln. Denn auch hier müssen die wirtschaftlichen Konsequenzen berücksichtigt werden. Die Grenze liegt allerdings stets beim allgemeinpolitischen Mandat, das den IHKs wie auch anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften mit Pflichtmitgliedschaft nicht zusteht (BVerwG, NvWZ 2000, 323; BVerwGE 34, 69; VG Kassel vom 30. 1. 2007 – 3 E 2253; VG Arnsberg GewArch 2001, 163; dazu auch Möllering in: Festschrift Stober, 391, 399; Stober/ Eisenmenger in: Kluth (Hrsg), Handbuch des Kammerrechts, 233). Eine genaue Grenzziehung ist nicht immer einfach, wird von den Gerichten aber zu Recht eher großzügig vorgenommen. Eine sinnvolle Stellungnahme etwa zu einem Haushaltsentwurf – sei es bei einer Gemeinde, im Land oder im Bund – ist nur möglich, wenn auch zu den Aufgaben auf den außerökonomischen Lebensbereichen Stellung genommen wird. Die ökonomischen Zusammenhänge sind beispielsweise bei der Umwelt- und Steuerpolitik, der Landwirtschaftspolitik, bei Arbeitsmarktfragen oder der Sozialpolitik in aller Regel offensichtlich, können aber auch für die Gesundheitspolitik, die Familienpolitik oder den Kulturbereich von Möllering
41
§1
Aufgabenbereich
Bedeutung sein. Selbst das Votum zu einem geplanten Volksentscheid kann erhebliche Konsequenzen für den wirtschaftlichen Standort haben und die IHK zu einer Stellungnahme berechtigen (OVG Hamburg vom 12. 10. 2007 – 1 Bs 236/07). Besondere Vorsicht müssen die IHKs dann walten lassen, wenn sie sich zu Fragen des Arbeitsrechts und der Sozialpolitik äußern. Hier gilt die besondere Grenze des § 1 Abs. 5 (dazu unten Rz. 262). b) Meinungsbildung der IHK 11
In der Praxis wird die Meinung der IHK bei der Wahrnehmung des Gesamtinteresses durch Umfragen und Beratungen gebildet. Selbstverständlich stehen die Beratungsergebnisse der Vollversammlung im Vordergrund und sind, insbesondere bei der Ermittlung wirtschaftspolitischer Grundpositionen unerlässlich. Das folgt schon aus § 4 Satz 1, wonach über die Angelegenheiten der IHK die Vollversammlung beschließt. In Fällen der Eilbedürftigkeit kann es jedoch erforderlich sein, dass das Präsidium oder auch der Präsident bzw. Hauptgeschäftsführer eine Stellungnahme für die IHK ohne vorherigen Vollversammlungsbeschluss abgeben. Soweit sie sich dabei im Rahmen früherer Vollversammlungsbeschlüsse oder der allgemein durch die Vollversammlung vorgegebenen wirtschaftlichen Grundpositionen bewegen, ist das unproblematisch. Ansonsten müssen sie die von ihnen vertretene Auffassung nachträglich der Vollversammlung zur Beschlussfassung vorlegen. Wichtige Instrumente der Meinungsbildung sind ferner die Beratungen in Ausschüssen und Arbeitskreisen sowie Umfragen, mit denen die Anliegen und Sorgen der Kammerzugehörigen ermittelt werden. Nicht zuletzt ist auch der laufende und enge Kontakt der IHK mit ihren Kammerzugehörigen zu erwähnen, der ihr einen breiten Überblick über die Bezirkswirtschaft verschafft. Die Meinungsbildung der IHK bedarf also immer einer soliden Fundierung, nicht notwendigerweise aber in jedem konkreten Einzelfall eines formalen Beschlusses (vgl. Jahn, WiVerw 2004, 133; Möllering, WiVerw 2001, 25, 40).
12
Bei divergierenden Auffassungen liegt die Schwierigkeit dann in der Wertung der Einzel- oder Gruppeninteressen, also der Abwägung, wie sie § 1 Abs. 1 ausdrücklich vorschreibt. Diese Abwägung wird häufig zu Prioritäten führen, so dass nachrangige Interessen zurückstehen müssen. Eine Kammerstellungnahme kann 42 Möllering
§1
Wahrnehmung des Gesamtinteresses
deshalb im Widerspruch zu den Interessen eines bestimmten kammerzugehörigen Unternehmens stehen und wird sich oft auch nicht mit den – von Wirtschafts- und Fachverbänden vorgetragenen – Brancheninteressen decken (OVG Koblenz, GewArch 1993, 289; VG Arnsberg, GewArch 2001, 163; Soltmann, WiVerw 1998, 224). Gerade darin liegt ihr besonderer Wert für den Empfänger, dass zwar alle Interessen ermittelt, aber auch gewichtet und erforderlichenfalls zurückgewiesen werden; Statistiken oder demoskopische Umfragen können diese Abwägungen nicht ersetzen. In erster Linie aber ist der Ausgleich dieser Interessen zu suchen, was in der Regel nur aufgrund einer klaren ordnungspolitischen Grundlinie und einer langfristigen Betrachtung möglich ist. Dieser Grundkonsens der in den IHKs zusammengefassten Unternehmerschaft für eine freiheitliche und marktwirtschaftliche Ordnung ist dabei entscheidend und die Grundlage einer funktionierenden Selbstverwaltungskörperschaft. Kammerstellungnahmen können diese integrierende Funktion aber nur haben, wenn sich daraus die Grundsätze ergeben, nach denen die Wertung von Einzel- und Gruppeninteressen erfolgt ist. In der Regel wird schon die Begründung des Kammervotums zeigen, welche Argumente in der Auseinandersetzung zwischen Mehrheit und Minderheit eine Rolle gespielt haben. Es kann aber auch oft zweckmäßig sein, die Auffassungen einer geschlossenen größeren Minderheit ausdrücklich anzuführen. Außerdem sollte erwähnt werden, auf welche Umfragen und Beratungen sich das Kammervotum stützt. Nur auf diese Weise gewinnt der Empfänger ein zutreffendes Bild, wie und warum die Kammer zu dieser Stellungnahme gekommen ist; das Votum wirkt dann umso überzeugender (zum Ganzen Möllering, WiVerw 2001, 25, 48; Möllering in: Festschrift Stober, 391, 402; Groß, Jahrbuch des Kammerrechts 2003, 27). c) Formen der Wahrnehmung des Gesamtinteresses Im Einzelnen kann sich die Wahrnehmung des Gesamtinteresses der Bezirkswirtschaft nach dieser internen Meinungsbildung in allen denkbaren Formen vollziehen. In erster Linie wenden sich die IHKs an die entscheidenden staatlichen Instanzen mit Berichten, Vorschlägen, Gutachten und Memoranden. Dabei sind sie nicht darauf beschränkt, nur gegenüber Behörden, Ministerien und Regierungen in Bund und Ländern Stellung zu nehmen; sie werden Möllering
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§1
Aufgabenbereich
über den DIHK regelmäßig bei der Vorbereitung von Gesetzen und Verordnungen gehört (§ 24 GGO II – GMBl. 1976, 550). Sie können sich genauso an die gesetzgebenden Körperschaften wenden und werden dort regelmäßig auch in den Parlamentsausschüssen an den Anhörungen zu wirtschaftlich relevanten Fragen beteiligt (§ 70 GO BT i.d.F. vom 2. 7. 1980 – BGBl. I, 1237). Genauso gehört es jedoch heute zu einer Mitwirkung an der wirtschaftspolitischen Meinungsbildung, dass die IHKs die Öffentlichkeit über ihre Auffassung zu wirtschaftlichen Fragen in dem breiten, oben aufgezeigten Sinne informieren und sich gegebenenfalls auch publizistisch mit anderen wirtschaftspolitischen Auffassungen auseinander setzen. Öffentliche Veranstaltungen, Präsidentenreden, Pressekonferenzen und Pressemeldungen gehören deshalb ebenso zur Erfüllung dieses Kammerauftrags wie die Herausgabe einer Kammerzeitschrift. Diese Öffentlichkeitsarbeit von Kammern ist heute allgemein üblich und auch rechtlich als Teil ihres gesetzlichen Auftrags anerkannt (VG Kassel vom 30. 1. 2007 – E 2253/04 n.rkr.; VG Gießen GewArch 2006, 30 „Sommerempfang“; Anwaltsgerichtshof Bremen BRAK-Mitt. 1996, 86; Anwaltsgerichtshof Niedersachsen BRAK-Mitt. 1996, 207; Tettinger, Kammerrecht, 1997, 159). Dabei ist es selbstverständlich, dass die Kammern sich im Rahmen ihres Aufgabenbereichs halten und sachbezogen argumentieren. 14
Für eine sachkundige Beratung des Staates in allen wirtschaftlichen Fragen ist die Organisationsform der IHKs als Selbstverwaltungskörperschaften am besten geeignet (BVerfG, GewArch 2002, 111). Nur der öffentlich-rechtliche Status gibt die Möglichkeit, die IHKs zur Wahrung des Gesamtinteresses aller Gewerbetreibenden und damit zu einer gesamtwirtschaftlichen Sicht gesetzlich zu verpflichten. Nur die Pflichtmitgliedschaft sichert den IHKs die Unabhängigkeit, die Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit auch gegenüber abweichenden Gruppen- und Einzelinteressen zu verwirklichen und damit integrierend zu wirken. Nur die Kammerzugehörigkeit aller Gewerbetreibenden eines Bezirks bietet die breite Erfahrungsgrundlage, um wirklich alle wirtschaftlichen Interessen zu erfassen und zu repräsentativen Ergebnissen zu kommen. Die regionale Gliederung gibt schließlich die Möglichkeit, den Unterschieden in der Wirtschaftslage und Wirtschaftsentwicklung gerecht zu werden. Pflichtzugehörigkeit und regionale Gliederung sind deshalb die entscheidenden organisatorischen 44 Möllering
§1
Wahrnehmung des Gesamtinteresses
Voraussetzungen für die Erfüllung des gesetzlichen Kammerauftrags zur Wahrnehmung der gesamtwirtschaftlichen Interessen. d) Wahrnehmung des Gesamtinteresses im Rahmen der Handwerksordnung Eine besondere Form der Vertretung des Gesamtinteresses sieht § 12 HwO vor: Gegen die Entscheidung der Handwerkskammer über die Eintragung eines der IHK angehörigen Gewerbetreibenden in die Handwerksrolle steht neben dem Gewerbetreibenden selbst auch der IHK der Verwaltungsrechtsweg offen. Außerdem ist die IHK nach § 16 Abs. 3 Satz 2 HwO neben der Handwerkskammer anzuhören, bevor die Gewerbebehörde einem Gewerbetreibenden den Betrieb eines nach ihrer Auffassung zulassungspflichtigen Handwerks untersagt. Die Untersagung darf nur nach Abgabe einer gemeinsamen Erklärung der Handwerkskammer und IHK, wonach diese die Voraussetzungen für die Untersagung als gegeben ansehen, erfolgen. Können sich Handwerkskammer und IHK nicht über eine gemeinsame Erklärung verständigen, so entscheidet eine vom DIHK und Deutschen Handwerkskammertag (DHKT) gemeinsam für die Dauer von vier Jahren zu bildende Schlichtungskommission, die sich aus je einem Vertreter von DIHK und DHKT sowie einem gemeinsam benannten Mitglied, welches den Vorsitz führt, zusammensetzt (§ 16 Abs. 4 und 5 HwO). Das Verfahren wird durch die Verordnung über das Schlichtungsverfahren nach § 16 HwO vom 22. 6. 2004 (BGBl. I, 1314, geändert durch Art. 28 Abs. 8 des Gesetzes vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) geregelt (vgl. Jahn, DB 2004, 802; Schwannecke/Heck, GewArch 2004, 129).
15
e) Kammerzusammenarbeit und Vereinsbeitritt Diese Grundsätze für die Wahrnehmung des wirtschaftlichen Ge- 16 samtinteresses gelten auch für die Zusammenarbeit der IHKs in den Landesarbeitsgemeinschaften, im DIHK sowie im europäischen Rahmen. Hier müssen vor allem die unterschiedlichen regionalen Wirtschaftsinteressen gewichtet und nach Möglichkeit ausgeglichen werden, im europäischen Rahmen sogar nationale Wirtschaftsinteressen. Aus dieser Aufgabenstellung ergibt sich, dass dabei jeweils die übergeordneten gemeinsamen Interessen den Vorrang haben müssen. Die einzelnen Kammern oder ihre ZuMöllering
45
§1
Aufgabenbereich
sammenschlüsse bringen dann zwar ihre jeweiligen regionalen Interessen mit entsprechendem Nachdruck ein, müssen sich aber auch für eine gemeinsame Lösung zu Kompromissen bereitfinden; auch dies liegt im Rahmen des gesamtwirtschaftlichen Auftrags. 17
Die Bildung von Spitzenorganisationen – auch in der privatrechtlichen Form eines Vereins – ist von der Rechtsprechung seit langem anerkannt (BVerwGE 74, 254 – Zentralverband des Deutschen Handwerks; OVG Koblenz GewArch 1993, 289 – DIHT). Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ist sogar in mehreren Gesetzen ausdrücklich aufgeführt (vgl. § 16 Abs. 4 HwO und § 65 WPO). Ebenso ist den IHKs der Beitritt zu Vereinen erlaubt, wenn sie nach Satzung und tatsächlicher Aktivität die gleichen Ziele verfolgen (Tettinger, Kammerrecht, 1997, 152 – zu den Grenzen OVG Münster GewArch 2000, 378; Möllering, WiVerw 2001, 25, 54; Möllering in: Festschrift Stober, 391, 395); für die Industrie- und Handelskammern ergibt sich das sogar ausdrücklich aus § 1 Abs. 2 IHKG.
3. Förderung der gewerblichen Wirtschaft 18
Die zweite Hauptaufgabe der IHK liegt in der Förderung der gewerblichen Wirtschaft ihres Bezirks. Diese Förderung kann teilweise auch in der Wahrnehmung des Gesamtinteresses liegen, wenn die Kammer sich mit Stellungnahmen an staatliche Instanzen wendet. Bei dem Förderauftrag des § 1 Abs. 1 ist aber in erster Linie an die Maßnahmen zu denken, welche die IHKs zur Betreuung der Kammerzugehörigen treffen. Da beide Aufgabengebiete – Vertretung des Gesamtinteresses und Förderung der Bezirkswirtschaft gleichwertig sind, können die IHKs über die Schwerpunkte ihrer Arbeit weitgehend frei entscheiden. Eine Grenze liegt lediglich darin, dass die öffentlich-rechtlichen Pflichtaufgaben im eigenen wie im übertragenen Wirkungskreis nicht vernachlässigt werden dürfen; sie stehen nicht zur Disposition.
19
Diese Fördertätigkeit der IHKs, oft auch „Service“ genannt, ist so vielfältig wie die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Kammerbezirke. Die Kammer und ihre Organe entscheiden in eigener Verantwortung über die Maßnahmen, die sie dafür notwendig halten, und die Mittel, die sie dafür einsetzen wollen. Damit legen sie fest, welche wirtschaftlichen Bedürfnisse im Kammerbezirk sie 46 Möllering
§1
Förderung der gewerblichen Wirtschaft
für vorrangig halten. Im Kern handelt es sich um „Selbsthilfe“, welche die Unternehmerschaft in ihrer eigenen Organisation entwickelt und die eine der historischen Wurzeln der wirtschaftlichen Selbstverwaltung ist. a) Information Zunächst einmal gehört zu den Förderaufgaben die Information der kammerzugehörigen Unternehmen. Dabei handelt es sich nicht nur um die Veröffentlichung der IHKs über ihre eigene Tätigkeit, sondern um die Information der kammerzugehörigen Gewerbetreibenden über alle wirtschaftlich relevanten Fragen. Dazu gehören beispielsweise Berichte über die Wirtschaftslage genauso wie über Gesetzgebung und Rechtsprechung, über regionale Entwicklungen wie über internationale Einflüsse. Aus den früheren Mitteilungsblättern sind deshalb in Erfüllung dieses Informationsauftrags Kammerzeitschriften geworden. Die Rechtsprechung hat eine solche Informationspflicht stets anerkannt und auch die Aufnahme von Anzeigen sowie neutraler, sogar unterhaltender Beiträge in Kammerzeitschriften für zulässig erklärt (BVerwG GewArch 1977, 232; Tettinger, GewArch 1986, 50). Die Grenzen des Kammerauftrags werden dagegen bei allgemeinpolitischen Artikeln überschritten, auch wenn es sich um Namensartikel handelt (BVerwGE 64, 298). Kammerzeitschriften können durch allgemeine Haushaltsmittel, Abonnements und Anzeigen finanziert werden, nicht aber durch Sonderbeiträge oder einen Pflichtbezug (BVerwG GewArch 1977, 232; 1982, 204).
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Neben die Kammerzeitschrift treten als Informationsmittel aber auch zahlreiche Broschüren, welche die Kammerzugehörigen über neue wirtschaftsrechtliche oder wirtschaftspolitische Maßnahmen und Spezialfragen wirtschaftlicher Art unterrichten und oft zu einer Schriftenreihe der Kammern oder des DIHK führen. Kennzeichnend ist in allen Fällen, dass ein breites Bedürfnis der Kaufmannschaft nach schneller, praxisnaher und sachkundiger Information besteht. Auch damit erfüllt die IHK ihren Informationsauftrag, selbst wenn sich gelegentlich Überschneidungen mit Fachzeitschriften und den Arbeitsbereichen kammerzugehöriger Fachverlage ergeben; entscheidend ist, dass es sich um ein geeignetes Mittel zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Kammerauftrags handelt. Selbstverständlich verfügen alle IHKs sowie der
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DIHK auch über eine eigene Website im Internet, über die seitens der Unternehmen und der interessierten Öffentlichkeit aktuelle Informationen zu Wirtschafts- und Rechtsthemen, zur Organisation und zu Veranstaltungen der IHK und zu den Rechtsgrundlagen der IHK-Tätigkeit abgerufen werden können. 22
Als Sonderaufgabe ist hier noch die Herausgabe des Schuldnerverzeichnisses zu erwähnen, das bei den Amtsgerichten gem. § 915 ZPO geführt wird. Die meisten IHKs geben diese Angaben – ergänzt um Insolvenzeröffnungen – in Form von monatlichen Listen an interessierte kammerzugehörige Unternehmen weiter. Diese Unternehmen können dann schnell und einfach überprüfen, ob und welche ihrer Schuldner oder auch künftigen Kunden in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Die Einzelheiten des Verfahrens, insbesondere die Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit und des Datenschutzes regeln die §§ 915–915h ZPO und die Verordnung über Schuldnerverzeichnisse vom 15. 12. 1994 (BGBl. I, 3822, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 13. 12. 2001, BGBl. I, 3638). b) Auskünfte
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An die allgemeine Information durch Kammerzeitschriften und Rundschreibendienste, Broschüren, Merkblätter und das Internet knüpft sich als zweites Element der Beratungsaufgabe das Auskunftswesen, auf das insbesondere mittlere und kleine Unternehmen in komplizierter werdenden wirtschaftlichen Verhältnissen angewiesen sind. Die IHKs sind hier zu Auskünften jeder Art berechtigt, die von den Unternehmen für ihre Tätigkeit gebraucht werden. Ihnen steht dafür – neben amtlichen Veröffentlichungen, Nachschlagewerken, Kommentaren und den jedermann zugänglichen Datenbanken als modernem Informationszentrum – umfangreiches Auskunftsmaterial zur Verfügung, das bei ihrer eigenen Tätigkeit anfällt und oft bundesweit systematisch aufbereitet und ausgewertet wird. Ein Beispiel dafür sind die Auskünfte über Export- und Importfirmen, aber auch über die Produktpalette im produzierenden Gewerbe. Im EG-Rahmen hat sich hier auch eine Zusammenarbeit mit der EG-Kommission in Form der „Euroschalter“ entwickelt, insbesondere über die zahlreichen EG-Förderprogramme und europaweiten Ausschreibungen.
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c) Beratung Zum Förderungsauftrag der IHKs gehören aber nicht nur allgemeine Informationen und konkrete Einzelauskünfte, sondern auch die Beratung im Einzelfall; in der Praxis gehen ohnehin Auskunft und Beratung ineinander über. Deswegen ist ihnen auch die Rechtsberatung der Kammerzugehörigen erlaubt, soweit sie sich auf deren unternehmerische Tätigkeit bezieht (seit 1. 7. 2008 § 8 Abs. 1 Nr. 2 Rechtsdienstleistungsgesetz, davor § 3 Nr. 1 RBeratG; BGH GewArch 1991, 233; Heck, GewArch 1982, 48). Ebenso dürfen die Kammern die ihnen zugehörigen Unternehmen in steuerlichen Fragen beraten (§ 4 Nr. 3 des Steuerberatungsgesetzes; Kormann, GewArch 1988, 249). In der Regel beschränken sie sich dabei allerdings auf Auskünfte und verweisen für eine vertiefte Beratung auf die dafür spezialisierten freien Berufe. Sie sind jedoch rechtlich nicht daran gehindert, auch selbst in eine solche vertiefte Einzelberatung eines kammerzugehörigen Unternehmens einzutreten. Die Beratungsaufgabe endet jedoch, wenn es in einem Streitfall um die Vertretung eines Einzelinteresses gegenüber einem anderen, vor einer Behörde oder vor den Gerichten geht; die Rechtsvertretung ist den IHKs verschlossen (so Lenssen, GewArch 1973, 201; weiter gehend BVerwGE 5, 74; BGH GewArch 1991, 36; Heck, GewArch 1982, 48).
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Die Rechtsprechung hat diese Grenzen des Kammerauftrags inzwischen durchweg anerkannt, auch wenn vergleichbare Leistungen von Gewerbebetrieben oder freien Berufen angeboten werden. Die Zulässigkeit der betrieblichen Beratung ist vom OVG Lüneburg (GewArch 1986, 201; Vorinstanz VG Schleswig GewArch 1982, 30) bestätigt worden, die Zulässigkeit der Technologieberatung vom OLG Karlsruhe (GewArch 1989, 208). Die Steuerberatung durch Kreishandwerkerschaften hat der BGH gebilligt (GewArch 1991, 233; Scholtissek, GewArch 1991, 210). Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht (GewArch 1957, 130) auf der Grundlage des Rechtsberatungsgesetzes die Einrichtung einer Inkassostelle für zulässig erklärt; der BGH ist ihm gefolgt (GewArch 1991, 36 – an dieser Beurteilung dürfte sich auch unter dem neuen Rechtsdienstleistungsgesetz nichts ändern). Ebenso haben die Staatsaufsichtsbehörden seit jeher den Förderauftrag der Kammern weit gezogen und oft sogar zur Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen angeregt, wie die Mittelstandsberichte der Bundesregierung zeigen.
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d) Empfehlungen und Warnungen 26
Im Zuge von Information, Auskunft und Beratung kommt es zwangsläufig auch zu Empfehlungen und Warnungen. Die Befugnis dazu wird – soweit nicht eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung vorliegt – aus der jeweiligen Behördenaufgabe und der allgemeinen Staatspflicht zur Gefahrenabwehr hergeleitet (kritisch dazu Lege, DVBl. 1999, 569). In der Kammerpraxis ergeben sich Streitigkeiten, wenn sich Dritte darüber beklagen, dass sie bei einer Auskunft und Beratung nicht in die Empfehlung einbezogen oder sogar bewusst davon ausgeschlossen worden sind. Es ist selbstverständlich, dass die IHK bei solchen namentlichen Empfehlungen objektiv auswählen muss (vgl. BGHZ 19, 199). Sie sollte auch darauf hinweisen, dass ihre Empfehlung keineswegs abschließend gemeint ist und dass es auch andere qualifizierte Anbieter dieser Waren oder Leistungen gibt. Wenn sie selbst ihre eigenen Einrichtungen empfiehlt, muss sie sogar auf solche Mitbewerber hinweisen (OLG Karlsruhe GewArch 1989, 208). Es würde aber dem Sinn einer solchen Anfrage eines kammerzugehörigen Unternehmens und dem Beratungsauftrag der IHK widersprechen, wenn sie statt einer Auswahl geeigneter Adressen vollständige Adressenlisten liefern müsste; damit wäre dem Anfragenden nicht geholfen. Die Kammer muss vielmehr – wie jeder andere, beispielsweise freiberufliche Berater auch – das ihr vorliegende Material nicht nur zusammenfassen, sondern auch werten und objektiv für den vorliegenden Fall die geeigneten Adressen auswählen. Sie ist als Berater sogar dazu verpflichtet, nicht geeignete Angebote aus ihrer Empfehlung herauszulassen. Die Entscheidung des OVG Lüneburg vom 28. 9. 1987 (8 A 60/86), welche der IHK die Herausgabe einer vollständigen Adressenliste ohne jede Wertung zumutet und eine Auswahl für unzulässig hält, verkennt deshalb deren gesetzlichen Beratungsauftrag. Die Entscheidung des OVG Lüneburg ist jedoch vom Bundesverwaltungsgericht, das in der Auswahl durch die IHK einen wirtschaftsregelnden Eingriff der öffentlichen Hand in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG sieht, bestätigt worden (GewArch 1992, 139).
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Der Förderungsauftrag der IHK schließt auch Warnungen ein, um die kammerzugehörigen Unternehmen auf rechtliche oder wirtschaftliche Gefahren aufmerksam zu machen. Solange dies in allgemeiner Form geschieht, bestehen keine rechtlichen Probleme. Die Kammern können beispielsweise vor unseriösen Beratern 50 Möllering
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warnen (VGH Mannheim GewArch 1985, 328). Selbst eine unzutreffende, aber vertretbare Rechtsansicht kann einer solchen Warnung zugrunde gelegt werden (OVG Koblenz GewArch 1983, 69). Auch namentliche Erwähnungen sind zulässig, wenn es um den innerdienstlichen Verkehr zwischen den Kammern und ihren Zusammenschlüssen zur Erfüllung ihrer Aufgabe geht oder wenn diese mit gutachtlichen Stellungnahmen oder im Wege des Amtshilfeverkehrs mit Behörden in Verbindung stehen. Dagegen erfordern namentliche Warnungen, mögen sie im Einzelfall ausgesprochen werden, durch Rundschreibendienste oder gar Veröffentlichungen, dass wegen der Folgen für den Betroffenen vorher die Verhältnismäßigkeit sorgfältig geprüft wird. Die Tatsachen, welche die Warnungen begründen, müssen nicht nur sachlich dargestellt und nachweisbar sein, sondern die Warnung muss unter Abwägung der Interessen auch zum Schutz erforderlich sein; je höher der mögliche Schaden für den Betroffenen und je größer die Verbreitung der Warnungen, desto größere Sorgfalt ist angebracht (vgl. zu Warnungen im Lebensmittelbereich: VGH München vom 31. 8. 2007 – 25 CE 07.2215; OLG Stuttgart ZIP 1990, 1209; LG Göppingen NVwZ 1992, 98; OVG Münster GewArch 1988, 11; Dolde, Behördliche Warnung vor nichtverkehrsfähigen Lebensmitteln, 1987; Leidinger, DÖV 1993, 925). Soweit im Rahmen dieses Förderauftrags besondere Anlagen und Einrichtungen gegründet werden, findet sich noch eine zusätzliche Ermächtigung für die Kammern in § 1 Abs. 2 (s. Rz. 60).
4. Gutachtertätigkeit Eine besonders wichtige Aufgabe der IHKs ist die Erstellung von Gutachten, die in § 1 Abs. 1 ausdrücklich erwähnt werden.
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a) Bedeutung der Kammergutachten Das Kammergutachten ist die Stellungnahme zu einem Einzelfall, über den ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde zu befinden hat. Es wird erstattet, wenn diese Stellen zur Vorbereitung ihrer Entscheidung die IHK um sachverständige Beurteilung der mit dem Fall zusammenhängenden wirtschaftlichen Fragen ersuchen. Die Kammergutachten sind damit klar von den wirtschaftspoliti-
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schen Vorstellungen und Eingaben der Kammern zu unterscheiden. Die Gerichte ersuchen die IHK sehr häufig um solche Gutachten, da die Rechtsprechung in ständig steigendem Umfang mit wirtschaftlichen Tatbeständen befasst ist und insbesondere Verkehrsauffassungen zu berücksichtigen hat. Das Gleiche gilt für den wachsenden Bereich der Wirtschaftsverwaltung, die zur Entscheidung eines Einzelfalles oft auf umfangreiche Ermittlungen angewiesen ist. In zahlreichen Vorschriften des Bundes- und Landesrechts ist ausdrücklich eine gutachtliche Mitwirkung der IHK vorgesehen, wozu auf die Zusammenstellung einschlägiger bundesrechtlicher Vorschriften in der DIHK-Publikation „Was wir tun“ (2007) verwiesen wird. Gerichte und Behörden ersuchen die Kammern aber auch weit darüber hinaus um Ermittlungen und zusammenfassende Stellungnahmen (vgl. Junge, WiVerw 1987, 195). 29
Bei allen diesen Kammergutachten geht es im Grunde nur um zwei Fragen: entweder um die gesamtwirtschaftliche Beurteilung eines Einzelfalles oder um die Verkehrsauffassung in der Kaufmannschaft. Es handelt sich in beiden Fällen um die Ausfüllung von unbestimmten Rechtsbegriffen oder Generalklauseln, für die eine Kenntnis des Wirtschaftslebens, der Wirtschaftsregion und der Unternehmen erforderlich ist. Die Voraussetzung dafür bietet die Kammer bei der Ausarbeitung ihrer Gutachten. Der Wert der Kammergutachten für Justiz und Verwaltung liegt darin, dass in ihnen nicht nur bestimmte Spezialkenntnisse auf wirtschaftlichem Gebiet vermittelt werden, wie dies bei den Gutachten eines einzelnen Sachverständigen der Fall ist. Vielmehr werden hier die Spezialkenntnisse vieler sachkundiger Kaufleute zu einer allgemeinen kaufmännischen Auffassung zusammengefasst und von der IHK durch eine gesamtwirtschaftliche Beurteilung ergänzt. Insofern erfüllen die Kammergutachten meist eine Doppelfunktion, nämlich die Ermittlung wirtschaftlicher Tatsachen und deren unternehmerische Wertung.
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Vor allem aber erfüllt die IHK nach Struktur und Aufgabe alle Voraussetzungen, die Gerichte und Behörden an einen ebenso sachkundigen wie objektiven Gutachter stellen müssen. Als Körperschaften, denen alle Gewerbetreibenden (mit Ausnahme des Handwerks) kraft Gesetzes angehören und die regional gegliedert 52 Möllering
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sind, haben sie den ständigen orts- und firmennahen Kontakt mit der gesamten Kaufmannschaft und sind gleichzeitig zu einer abwägenden und ausgleichenden gesamtwirtschaftlichen Beurteilung verpflichtet. Der öffentlich-rechtliche Status mit Pflichtzugehörigkeit gibt ihnen nicht nur die Unabhängigkeit von Einzel- und Gruppeninteressen (BVerfG GewArch 2002, 111), sondern sichert den Zugang zu Unternehmen aller Branchen, jeder Größenordnung und Rechtsform. Die regionale Gliederung bringt nicht nur den direkten Kontakt zu den Unternehmen, sondern führt auch – insbesondere bei Gutachten des DIHK – zur Berücksichtigung regionaler Unterschiede im Bundesgebiet. Gerichte und Behörden können also sicher sein, dass die Auffassung aller beteiligten und betroffenen Verkehrskreise jeweils in ihrer ganzen Breite in die Ermittlungen und die gesamtwirtschaftliche Wertung einbezogen worden ist. Die IHKs erstatten Gutachten nur für Gerichte und Behörden, nicht aber für Privatpersonen und auch nicht für kammerzugehörige Unternehmen. Die gesetzliche Pflicht als gerichtlicher und behördlicher Gutachter führt dazu, dass sie sich nicht durch Privatgutachten präjudizieren dürfen. Sie müssen deshalb solche Bitten ablehnen und auf die Möglichkeit verweisen, im Verwaltungsund Gerichtsverfahren bei der entscheidenden Stelle die Einholung eines Kammergutachtens anzuregen; erst auf einen solchen staatlichen Auftrag hin wird die IHK als Gutachter tätig.
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b) Feststellung der Verkehrsauffassung Einen Schwerpunkt für Kammergutachten bildet die Feststellung der Verkehrsauffassung, mag es sich um einen Handelsbrauch nach § 346 HGB, eine Verkehrssitte nach § 157 BGB handeln oder um die Durchsetzung oder Verwechslungsfähigkeit von Firmen, Geschäftsbezeichnungen oder Marken (§ 18 Abs. 2 HGB, § 8 Abs. 3 und § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Markengesetz). Ebenso erstatten die IHKs Gutachten über die Verkehrsauffassung im Bereich des UWG.
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Bei der Feststellung von Handelsbräuchen (§ 346 HGB) oder einer Verkehrssitte (§ 157 BGB) geht es nicht allein um das tatsächliche Verhalten der beteiligten Wirtschaftskreise, sondern es muss vor allem auch ermittelt werden, ob die Gewohnheit in den beteiligten Wirtschaftskreisen mangels abweichender Vereinbarung für
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das betreffende Rechtsgeschäft gelten soll (Beispiele aus der Rechtsprechung: BGH NJW 1966, 502; BB 1976, 480; NJW 1997, 2818; OLG Hamburg MDR 1963, 849; BayObLG NJW 1972, 165; LG Würzburg NJW 1960, 2291). Die IHKs müssen beide Fragen nach Verhalten und Auffassung beantworten und in ihrem Gutachten ihre Feststellungen anhand der Ermittlungsergebnisse näher begründen. Dagegen ist es nicht ihre Aufgabe und darf auch nicht einer Umfrage zugrunde gelegt werden, wie die Rechtsfrage selbst beurteilt wird; darüber haben allein die Gerichte zu entscheiden (BGH NJW 1966, 502). Die Kammergutachten vermitteln damit Erkenntnisse, die einzelne Äußerungen der unmittelbar interessierten Fachkreise (etwa der Lieferanten und Abnehmer einer Ware) in der Regel nicht bieten können. Sie werten vielmehr die Antworten aller beteiligten Wirtschaftskreise aus (Gallois, NJW 1954, 1312; Böshagen, NJW 1956, 695; BGH WRP 1955, 102). Aus diesem Grunde muss sich die Befragung an einen ausreichenden Querschnitt der beteiligten Verkehrskreise richten, ohne dass dabei demoskopische Methoden und große Zahlen notwendig sind. Die IHK wird vielmehr Ermittlungen auf breiter Basis anlegen, bei der es vor allem auf die richtige Auswahl der zu befragenden Kaufleute ankommt. Sie befragt deshalb erfahrene Unternehmer, von denen sie eine Marktübersicht erwarten kann (Fachleuteumfrage); die Zahl der befragten Unternehmen und die Streuung auf Unternehmen verschiedener Größe und Rechtsform geben dann ein zutreffendes Bild der Wirtschaftspraxis. Es handelt sich also, der allgemeinen Zielsetzung der Kammerarbeit entsprechend, um die Ermittlung und Auswertung der kaufmännischen Sachkunde. Aus diesem Grunde lehnen die IHKs auch die Erstattung von Gutachten ab und verweisen auf Meinungsforschungsinstitute, wenn es um eine Befragung von Letztverbrauchern geht. 34
Ein anderes Beispiel für Kammergutachten sind die Feststellungen im Markenrecht, ob sich eine Marke im Verkehr durchgesetzt hat (§ 8 Abs. 3 Markengesetz) oder Ähnlichkeiten mit einer anderen Marke aufweist (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Markengesetz). Auch hier bedarf es eingehender Ermittlungen in den beteiligten Verkehrskreisen (BGH GRUR 1960, 232; Bundespatentgericht vom 4. 6. 1986 – 29 W 9/84; Ströbele und Swoboda, Markenartikel 1984, 127 und 139.).
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Schließlich sind auch noch die firmenrechtlichen Gutachten der IHKs an die Registergerichte zu erwähnen, die auf der Grundlage 54 Möllering
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des § 126 FGG für Firmenklarheit und Firmenwahrheit sorgen sollen. Hierzu haben die Kammern gemeinsam firmenrechtliche Leitsätze entwickelt, die weithin von der Rechtsprechung bestätigt worden sind. Auch diese Leitsätze gehen auf umfangreiche Befragungen und Beratungen zurück und werden je nach Bedarf ergänzt. Die Neuordnung des Firmenrechts durch das Handelsrechtsreformgesetz vom 22. 6. 1998 (BGBl. I, 1471) hat diese Aufgabe wesentlich erleichtert, weil die Firmenbildung weitgehend freigegeben worden ist. Die Gutachtertätigkeit der IHKs ist jedoch nicht auf Zivilgerichte beschränkt, sondern erfolgt genauso für Staatsanwaltschaften (insbesondere in Fällen der Wirtschaftskriminalität und des UWG); hier ist etwa auf den Gutachterausschuss für Wettbewerbsfragen hinzuweisen, dessen Gutachten laufend in der Fachzeitschrift WRP veröffentlicht werden. Auch Finanz- und Verwaltungsgerichte nehmen die Kammern häufiger in Anspruch. Dagegen hat der Aufgabenbereich der Kammern wegen § 1 Abs. 5, sofern keine wirtschaftspolitischen Tatbestände damit verbunden sind, keine Berührung zum Arbeits- und Sozialrecht, so dass auf diesem Gebiet nur ausnahmsweise gutachtliche Feststellungen für die Gerichte möglich sind; in der Regel handelt es sich hier auch gar nicht um wirtschaftliche Fragen im Sinne des Kammerauftrags.
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c) Gesamtwirtschaftliche Beurteilung Soweit es um eine gesamtwirtschaftliche Beurteilung eines Einzelfalles geht, handelt es sich in der Regel um Gutachtenersuche der Verwaltungsbehörden. Der Schwerpunkt liegt hier im Gewerbe- und Verkehrsrecht. Soweit nämlich noch gewerberechtliche Zulassungen notwendig sind oder eine Bedürfnisprüfung erfolgt, wird stets ein Kammergutachten eingeholt. Auch bei Gewerbeuntersagungen nach § 35 GewO wird die zuständige IHK gehört, was in den Verwaltungsvorschriften eingehend geregelt ist. Für das Geschäftsleben wichtiger als solche Einzelfälle sind aber die Kammergutachten, wenn es um regionale Ausnahmen usw. geht; hier bedarf es stets einer gesamtwirtschaftlichen Abwägung.
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Neben diesen gewerberechtlichen Gutachten sind vor allem die Kreditgutachten zu erwähnen, welche die IHKs bei der Vergabe von öffentlichen Mitteln im gewerblichen Bereich erstatten. Ge-
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nauso gehören hierher die Kammergutachten bei UK-Stellungen und bei der Erlaubnis an Ausländer für selbständige Tätigkeiten. In allen diesen Fällen muss die IHK die gesamtwirtschaftliche Lage in der Region wie in den betroffenen Branchen genau kennen, notfalls durch Umfragen im Einzelnen ermitteln und der Behörde in einer nachvollziehbaren Form mit einem Votum unterbreiten. d) Verfahren 39
Bei Eingang des gerichtlichen oder behördlichen Ersuchens um ein Gutachten wird sich die IHK zunächst einmal eine genaue Kenntnis des Sachverhalts in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht verschaffen. Denn es kommt darauf an, die Fragen an die sachverständigen Kaufleute so zu stellen, dass die wesentlichen Gesichtspunkte zu erkennen sind, bei der Auswertung berücksichtigt werden können und die abschließende Zusammenfassung der IHK wirklich zur Förderung des Prozesses beiträgt. Deshalb bedürfen gerichtliche Beweisbeschlüsse und behördliche Gutachtenersuchen häufig einer Konkretisierung, um den wirtschaftlichen Kern der Streitfrage in einer umfragegerechten Form herauszuarbeiten. Die Fragestellung und die Abgrenzung der beteiligten Verkehrskreise werden dazu mit der ersuchenden Stelle abgestimmt.
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Die IHK wendet sich dann mit ihrer Umfrage an die sachkundigen Kaufleute ihres Bezirks, was eine genaue Kenntnis der gesamten gewerblichen Wirtschaft des Bezirks, selbst bei Spezialfertigungen und besonderen Absatzformen, voraussetzt. Vorsorglich wird dabei stets auch noch festgestellt, ob ein antwortendes Unternehmen überhaupt in dem streitigen Bereich tätig ist und Erfahrungen hat; negative Antworten darauf scheiden aus der weiteren Auswertung aus. Es ist selbstverständlich, dass bei der Ermittlung von Verkehrsauffassungen ebenso wie bei der gesamtwirtschaftlichen Beurteilung von Sachverhalten alle betroffenen Seiten gehört werden, bei Handelsbräuchen also Lieferanten wie Abnehmer und bei der gesamtwirtschaftlichen Beurteilung nicht nur die unmittelbar betroffenen Verkehrskreise, sondern auch die mittelbar Betroffenen. Im Übrigen werden die verwertbaren Antworten dann von der Kammer – oder bei bundesweiten Ermittlungen vom DIHK – zusammengefasst und ausgewertet. Das Gutachten muss 56 Möllering
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die Ermittlungsgrundlagen, die Ermittlungsergebnisse und die daraus von der Kammer gezogenen Schlussfolgerungen in einer nachvollziehbaren Form darstellen. Für die praktischen Arbeiten auf diesen Gebieten hat der DIHK zwei Merkblätter über die Feststellung von Handelsbräuchen und über die Feststellung der Verkehrsdurchsetzung von Warenzeichen herausgegeben. Darüber hinaus werden in der Kammerpraxis auch die Entwicklungen und Anforderungen der Rechtsprechung berücksichtigt, so in den DIHT-Arbeitshilfen für die Feststellung von Handelsbräuchen aus dem Jahr 1987.
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e) Rechtsfragen Die Gutachten der IHKs in Prozesssachen werden in der Regel aufgrund eines Beweisbeschlusses vom Gericht angefordert. Verfahrensrechtlich sind dies amtliche Auskünfte, also ein eigenständiges Beweismittel im Sinne der §§ 273 Abs. 2 Nr. 3, 358a Satz 2 Nr. 2 ZPO sowie § 26 Abs. 1 Nr. 1 der Verwaltungsverfahrensgesetze. Ihrem Inhalt nach stellen sie Sachverständigengutachten der Kammern als Verwaltungsbehörde dar (BGHZ 62, 95; BGH BB 1976, 480; NJW 1979, 268; NJW 1997, 2818; BVerwGE 73, 1; 31, 212).
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In verwaltungsrechtlicher Sicht handelt es sich bei der Gutachtertätigkeit der IHKs um eine öffentlich-rechtliche Aufgabe, jedoch schlichtverwaltender Art. Sie erfordert keine hoheitlichen Befugnisse und ändert die Rechtslage der Beteiligten nicht. Die Kammergutachten sind mithin keine Verwaltungsakte und können auch nicht im Verwaltungsrechtsweg angefochten werden. Die Gutachtertätigkeit der IHK beruht auf ihrer Verpflichtung gegenüber der anfragenden staatlichen Stelle, ohne dass ein Rechtsverhältnis zu den Beteiligten eines Rechtsstreits oder Verwaltungsverfahrens entsteht. Deshalb hat der VGH Kassel einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) zurückgewiesen, mit dem versucht wurde, ein Kammergutachten zu verhindern (Beschluss vom 20. 7. 1979 – IV I G 26/79). Auch unter dem Gesichtspunkt der Reflexwirkung kann ein Kammergutachten nicht als Verwaltungsakt angefochten werden (vgl. zu den Gutachten der Rechtsanwaltskammern an den Oberlandesgerichtspräsidenten bei der Anwaltszulassung: BVerwG DVBl. 1954, 646).
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Das Kammergutachten ist in erster Linie für die ersuchende Stelle bestimmt. Sie ist Herr des Verfahrens und entscheidet nach den für sie maßgebenden Vorschriften, inwieweit das Gutachten der Beteiligten bekanntzugeben ist. Im Prozess ist dies selbstverständlich, im Verwaltungsverfahren vom pflichtgemäßen Ermessen abhängig (vgl. § 29 der Verwaltungsverfahrensgesetze).
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Ein Kammergutachten kann jedoch für die Fachkreise von allgemeinem Interesse sein. Der IHK obliegt es dann, nach pflichtgemäßem Ermessen die Entscheidung, in welcher anonymisierten Form sie ihr Gutachten veröffentlicht oder einem beschränkten Kreis zugänglich macht. Dabei sind grundsätzlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, aber auch die Namen der beteiligten Parteien geheim zu halten, so dass etwa Gutachten in Vergleichssachen oder Kreditangelegenheiten nicht veröffentlicht werden können. Dagegen war es beispielsweise notwendig, die kaufmännische Auffassung bei der Vereinbarung eines Nettopreises (nach Einführung der Mehrwertsteuer) in breiter Form bekannt zu machen.
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Umgekehrt wird vielfach auch versucht, Einzelheiten über die Hintergründe eines Kammergutachtens zu erfahren, insbesondere Aktenunterlagen einzusehen und die Namen von Gewährsleuten der Kammer festzustellen. Darauf brauchen die IHKs selbst in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren oder bei Prozessen nicht einzugehen. Sie können in verwaltungsgerichtlichen Verfahren (§ 99 VwGO) wie im Strafverfahren (§ 96 StPO) eine Erklärung des Landeswirtschaftsministers als zuständiger Staatsaufsichtsbehörde einholen, wonach eine Verweigerung der Akteneinsicht und der Aktenvorlage im Interesse ihrer weiteren Aufgabenerfüllung notwendig ist. Die IHK ist für ihre Gutachtertätigkeit oft darauf angewiesen, vertrauliche Auskünfte zu erhalten. Sie muss dann auch die Vertraulichkeit im weiteren Verfahren einhalten können, um weiterhin mit einer solchen freiwilligen Unterstützung durch die Kaufmannschaft rechnen zu können. Es ist selbstverständlich, dass die Frage, ob Vertraulichkeit notwendig ist, in jedem Einzelfall gesondert und sorgfältig geprüft werden muss. Eine Einsicht in Kreditgutachten der Kammern ist nicht nur Dritten, sondern sogar den Betroffenen selbst verwehrt (OVG Münster, Beschluss vom 15. 12. 1989 – 4 A 1501/87). Bei der Beurteilung von Einsichtsverlangen sind nunmehr in den Bundesländern, in denen es Informationsfreiheitsgesetze gibt, welche auch für die 58 Möllering
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Benennung von sachkundigen Ausschussmitgliedern
IHKs gelten, deren Regelungen zu beachten (dazu BVerwG vom 15. 10. 2007 – 7 B 9.07; OVG Münster vom 9. 11. 2006 – OVG 8 A 1679/04). Aus dem gleichen Grund bedürfen Kammermitarbeiter einer Aussagegenehmigung, wenn sie als Zeugen über Tatsachen aussagen sollen, die ihnen im Zusammenhang mit ihrer dienstlichen Tätigkeit zur Kenntnis gelangt sind. Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Aussage dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Es ist also dieselbe Prüfung anzustellen, wie sie bei der Entscheidung über Akteneinsicht oder Aktenvorlage hinsichtlich der notwendigen Vertraulichkeit vorzunehmen ist. Über die Aussagegenehmigung entscheidet die IHK als Dienstherr, wobei die Verweigerung ein anfechtbarer Verwaltungsakt ist (VGH Freiburg NJW 1956, 1941; OVG Berlin ZBR 1955, 247; OVG Münster DÖV 1959, 874).
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5. Benennung von sachkundigen Ausschussmitgliedern Die Wahrnehmung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirt- 48 schaft und die Beratung staatlicher Instanzen in wirtschaftlichen Fragen vollziehen sich nicht nur in Stellungsnahmen und Gutachten, sondern oft durch die Benennung sachkundiger Kaufleute oder Kammergeschäftsführer für entsprechende staatliche oder kommunale Gremien. In zahlreichen Fällen sind die Kammern verpflichtet, sachkundige Vertreter zu entsenden. Eine erste Übersicht gibt dazu die 2. Auflage dieses Kommentars (S. 329/30); weitere Fälle von Entsendungsrechten sind inzwischen dazugekommen (Rundfunkräte; Bezirksplanungsräte; Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung). Aber auch bei der Bildung von Sachverständigenkommissionen in Bund und Ländern für größere Reformvorhaben werden oft Kammervertreter berufen. Die eigene Tätigkeit der IHK beschränkt sich hier zunächst einmal auf die Beurteilung der Eignung und Sachkunde des zu benennenden Vertreters. Darüber hinaus wird sie ihn im Rahmen ihrer Möglichkeiten bei seiner Aufgabe unterstützen, indem sie ihm Beratungsergebnisse und Erkenntnisse der Kammer für die Mitarbeit zugänglich macht. Insofern kann diese Mitwirkung der Kaufmannschaft durch sachkundige Mitglieder in kommunalen Möllering
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und staatlichen Ausschüssen auch als mittelbare Gutachter- und Sachverständigentätigkeit gewertet werden. 50
Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Aufgabe der IHKs, für die Mitwirkung in den Kammern für Handelssachen der Landgerichte die ehrenamtlichen Handelsrichter zu benennen (§§ 108–110 GVG). Nach § 114 GVG können die Kammern für Handelssachen über Gegenstände, zu deren Beurteilung eine kaufmännische Begutachtung genügt, sowie über das Bestehen von Handelsgebräuchen aufgrund eigener Sachkunde und Wissenschaft entscheiden. In Betracht kommen vor allem selbständige Unternehmer, die im Handelsregister eingetragen worden sind, aber auch die Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften, Genossenschaften und Sparkassen sowie die Geschäftsführer einer GmbH, aber auch Prokuristen. Sie alle müssen aus langjähriger unternehmerischer Tätigkeit Sachkunde und Erfahrung im Geschäftsleben aufweisen. Insgesamt haben die Kammern mehr als 2500 Handelsrichter benannt.
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Neuerdings wirken die IHKs auch mit, die Beisitzer in den Vergabekammern des Bundeskartellamtes zu benennen (§ 106 Abs. 1 GWB).
6. Wahrung von Sitte und Anstand a) Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs 52
§ 1 Abs. 1 überträgt der IHK schließlich die Aufgabe, für Wahrung von Sitte und Anstand des ehrbaren Kaufmanns zu wirken. Das Gesetz lässt auch hier der IHK einen breiten Spielraum, in welcher Weise sie dieser Verpflichtung nachkommen will. Sie kann sich z.B. aufklärend und mit Stellungsnahmen zu Einzelfällen an die Kaufmannschaft und an die Öffentlichkeit wenden. Sie wirkt aber auch dadurch, dass sie ihre Ansichten gutachtlich gegenüber den Gerichten zum Ausdruck bringt und gesetzgeberische Vorschläge macht, etwa zur Novellierung des UWG oder zu den EGRichtlinien über den unlauteren Wettbewerb.
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Einer der Schwerpunkte liegt in der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Kammern kommen dieser Aufgabe nicht nur durch Information und Aufklärung im Einzelfall, sondern auch durch formelle Abmahnungen und Klagen nach. Ihre Klagebefugnis ist 60 Möllering
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Wahrung von Sitte und Anstand
ausdrücklich durch § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG normiert (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, § 8 Rz. 3.64). Sie arbeiten darüber hinaus eng mit der von ihnen unterstützten Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und regionalen Wettbewerbsverbänden zusammen, an denen auch Handwerkskammern und Einzelhandelsverbände beteiligt sind. Durch einen Prozesskostenfonds und sonstige Leistungen unterstützen sie diese gemeinsamen Bemühungen. Vor allem ist hier der GutachterAusschuss für Wettbewerbsfragen noch zu nennen, der von den Spitzenorganisationen der Wirtschaft gebildet wird und dessen Geschäftsführung gemeinsam beim DIHK und dem Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) liegt. Er erstattet Gutachten in Grundsatzfragen, die jeweils in der Fachzeitschrift WRP veröffentlicht werden. Ferner sind hier die bei den IHKs errichteten Einigungsstellen für Wettbewerbsstreitigkeiten nach 15 UWG zu erwähnen (vgl. Rz. 170). Die in dem früheren § 8 Abs. 3 UWG den Kammern übertragene Aufgabe der Entgegennahme von Räumungsverkaufsanzeigen und Nachprüfung der Angaben ist im Zuge der Liberalisierung des deutschen Wettbewerbsrechts seit dem 8. Juli 2004 entfallen. In diesem Zusammenhang muss schließlich auch das Klagerecht der IHKs gegen unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 UKlaG erwähnt werden; damit können die Kammern Unterlassungs- und Widerrufsansprüche geltend machen. Aber auch bei § 126 FGG, welcher ihnen die Mitwirkung bei der Führung des Handelsregisters anvertraut, geht es um die Grundsätze der Firmenklarheit (§ 18 Abs. 2 HGB), also um eine Frage der Lauterkeit im Wettbewerb.
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b) Ehrengerichtsbarkeit Die Bestrebungen der IHKs, eine kaufmännische Ehrengerichtsbarkeit im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereichs zu errichten, reichen lange zurück (vgl. 3. Aufl., S. 61). Das IHKG lässt eine solche Ehrengerichtsbarkeit jedoch nicht mehr zu, weil es nicht die dafür notwendigen ausdrücklichen Ermächtigungen enthält. Insbesondere ist es nicht zulässig, im Rahmen der Ehrengerichtsbarkeit einem Kammerzugehörigen Wahlrecht oder Wählbarkeit abzusprechen; die zulässigen Einschränkungen des Wahlrechts finden sich allein in den Wahlordnungen und müssen sich im Rahmen von Möllering
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Aufgabenbereich
§ 5 Abs. 3 halten. Ebenso kann die IHK kein kaufmännisches Ehrengericht bilden, das einen Einlassungszwang vorschreibt und Sanktionen (z.B. Rüge oder Verweis) verhängt (vgl. Bremer, BB 1964, 828; Mohr/Faber, GewArch 1989, 157). Eine Berufsaufsicht wie bei den freien Berufen (mit Berufsaufsichtsverfahren und Sanktionen bis hin zum Ausschluss) findet nicht statt (BVerwG DVBl. 1995, 43 – Lotsenbrüderschaft – mit Hinweis auf BVerfGE 50, 16/17 und BVerwGE 90, 359, 363). 56
Ungeachtet dieser Einschränkungen kann die IHK allerdings einen Ehrenausschuss oder eine Spruchstelle für Ehrenangelegenheiten errichten, die lediglich gutachtlich tätig werden. Niemand kann dabei zur Unterwerfung gezwungen werden. Bei Zustimmung zum Verfahren hat die Spruchstelle jedoch die Möglichkeit zur Feststellung, dass ein bestimmtes Verhalten Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns verletzt oder dass dieser Vorwurf unbegründet ist. Selbst wenn eine Zustimmung zum Verfahren nicht vorliegt, muss man die IHK für befugt halten, ihr eingereichte schlüssige Unterlagen, aus denen sich Anhaltspunkte für ein unehrenhaftes Verhalten eines Kammerzugehörigen ergeben, in einem förmlichen Verfahren zu behandeln. Dabei sind alle in Betracht kommenden Erkenntnisquellen auszuschöpfen, und es ist dem Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Das Ergebnis eines solchen Verfahrens kann allerdings nur eine abstrakte Feststellung sein, ob ein bestimmtes Verhalten Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns verletzt oder nicht; der Betroffene kann dabei nicht genannt werden. Im Übrigen bleibt es dann der IHK überlassen, in welcher Form sie eine solche abstrakte Feststellung verwertet, ohne dass Rückschlüsse auf die Beteiligten möglich sind (ablehnend dazu Bremer, Kammerrecht der Wirtschaft, S. 53). Besonders erwähnt werden soll in diesem Zusammenhang die „Versammlung Eines Ehrbahren Kaufmanns e.V.“, die historisch und organisatorisch eng mit der Handelskammer Hamburg verbunden ist. Die Satzung des Vereins sieht ein Ausschlussverfahren vor, wenn das Mitglied nicht mehr die Gewähr für einwandfreies Verhalten im Geschäftsverkehr bietet (vgl. Vorauflage § 1 Rz. 59). c) Bekämpfung der Korruption
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Die Bekämpfung der Korruption ist in jüngerer Zeit stärker in das Bewusstsein der Wirtschaft und der Öffentlichkeit gerückt. Dazu 62 Möllering
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Wahrung von Sitte und Anstand
haben eine Reihe spektakulärer Korruptionsfälle beigetragen, die wiederum Anlass für das KorrBekG vom 13. 8. 1997 und insbesondere das OECD-Übereinkommen über die Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr vom 21. 11. 1997 gaben. Letzteres wurde durch das InBestG vom 10. 9. 1998 in deutsches Recht umgesetzt. Auch das Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vom 26. 7. 1995 mit Protokoll vom 27. 9. 1996 – umgesetzt durch das EUBestG vom 10. 9. 1998 – hat zu weiteren Verschärfungen des deutschen Korruptionsstrafrechts geführt (zum Ganzen Pieth/Eigen (Hrsg.), Korruption im internationalen Geschäftsverkehr, 1999; Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007). Das UN-Übereinkommen gegen Korruption vom 31. 10. 2003 sowie das am 15. 5. 2003 unterzeichnete Zusatzprotokoll zum Strafrechtsübereinkommen des Europarates über Korruption und der Rahmenbeschluss 2003/568/JI des Rates der EU vom 22. Juli 2003 (Abl. EU Nr. L 192, 54) machen weitere Anpassungen des deutschen Rechts erforderlich, die beispielsweise zu einer deutlichen Erweiterung des Tatbestands der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr führen könnten. Aufgrund der genannten Rechtsentwicklung ist heute nicht nur eine sehr weit reichende Strafbarkeit der Gewährung und Annahme von Vergünstigungen in Bezug auf deutsche Amtsträger gegeben. Auch die Bestechung von ausländischen Amtsträgern und von Mitarbeitern in- und ausländischer Geschäftspartner ist unter Strafe gestellt. Schmiergeldzahlungen – auch im Ausland – sind bei der steuerlichen Gewinnermittlung nicht mehr absetzbar. Dies hat auch der Verpflichtung der IHKs nach § 1 Abs. 1, für Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken, einen neuen Impuls gegeben. So ist zwangsläufig der Informationsbedarf der IHK-zugehörigen Unternehmen deutlich gewachsen. Dem wird durch Informationsveranstaltungen vor allem im Bereich Außenwirtschaft Rechnung getragen. Außerdem wird die IHK-Organisation beim Monitoring-Verfahren im Rahmen des OECD-Übereinkommens konsultiert. Einzelne IHKs engagieren sich zusammen mit anderen Organisationen der Wirtschaft auch institutionell bei der Bekämpfung der Korruption. So wurde etwa mit maßgeblicher Unterstützung der Handelskammer Hamburg bei PRO HONORE e.V. Hamburg eine Vertrauensstelle zu Bekämpfung der Korruption eingerichtet. Dass die Möglichkeiten der deutschen IHKs auf diesem Gebiet noch nicht ausgeschöpft sind, zeigt indes das Möllering
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Schwedische Institut zur Bekämpfung der Korruption, das bei der Handelskammer Stockholm bereits seit 1923 besteht. Zweck des Instituts ist es, die Öffentlichkeit über Rechtsgrundlagen und Korruptionsfälle zu informieren. Es werden jedoch auch konkrete Einzelfragen beantwortet und im Auftrag von Behörden und Gerichten Gutachten erstellt (Möllering, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 82). Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass auch auf der Ebene der Bundesländer Vorschriften zum Zwecke der Korruptionsbekämpfung erlassen werden, die ggf. für die IHKs unmittelbar Pflichten begründen können. (Beispielsweise das Korruptionsbekämpfungsgesetz NRW vom 16. 12. 2004 – GV.NRW.2005, 8).
7. Anlagen und Einrichtungen zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft 58
Während § 1 Abs. 1 sich darauf beschränkt, die Wahrung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft und den Förderungsauftrag zu umreißen, bringt § 1 Abs. 2 die „Instrumentalisierung“ und damit eine sachgerechte Ausfüllung des durch Abs. 1 gezogenen Rahmens. Die IHKs können Anlagen und Einrichtungen, die der Förderung der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige dienen, begründen, unterhalten und unterstützen. Der Gesetzgeber beschränkt sich damit auf eine Art von „gesetzlicher Ermächtigung“, die das weite Gebiet der Selbstverwaltung der Wirtschaft umfasst. Es bleibt der Entscheidung der Kammer überlassen, ob, inwieweit und in welcher Form sie im Rahmen des Abs. 2 tätig wird. Sie kann die Initiative selbst ergreifen oder sich an anderweitigen Initiativen oder schon vorhandenen Anlagen oder Einrichtungen beteiligen. Insbesondere kann sie allein oder zusammen mit anderen Kammern und mit gewissen Einschränkungen auch Verbänden (siehe unten Rz. 61) Träger solcher Einrichtungen werden und sich dabei auch privatrechtlicher Formen bedienen, etwa eines Vereins oder auch einer GmbH; aber auch als Stifter in einer privatrechtlichen Stiftung auftreten. Diese Form der Ausgliederung in einen selbständigen Rechtsträger hat sich insbesondere bei der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen bewährt. Entscheidend ist, dass der satzungsmäßige Zweck dieser Anlage oder Einrichtung im Interesse der gewerblichen Wirtschaft oder eines Teils von ihr liegt, die Förderung also zum gesetzlichen Kammerauftrag gehört (BVerwG NJW 1987, 338; an64 Möllering
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scheinend etwas enger BVerwG, NJW 1987, 337). Auf keinen Fall kann die IHK ihren Aufgabenkreis durch eine solche Ausgliederung erweitern (Erbguth/Stollmann, DÖV 1993, 798). Es ist auch selbstverständlich, dass kein Nutzungszwang vorgeschrieben werden kann (OVG Erfurt GewArch 1998, 26). § 1 Abs. 2 hat zudem durch die höchstrichterliche Rechtspre- 59 chung in Bezug auf die Zweckbezogenheit eine einschränkende Interpretation erfahren: Die Wendung „der Förderung … dienen“ steht nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts der erkennbar weiteren in § 1 Abs. 1 gegenüber („für die Förderung … zu wirken“). Die Vorschrift des § 1 Abs. 2 nehme auch nicht lediglich auf § 1 Abs. 1 Bezug, was für die Absicht des Gesetzgebers spräche, klarzustellen, dass die Kammeraufgaben die Begründung, Unterhaltung und Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen im Rahmen des § 1 Abs. 1 umfassten. Da Anlagen und Einrichtungen – im Gegensatz zu den Interessen wahrenden Tätigkeiten nach § 1 Abs. 1 – typischerweise verfestigt und auf Dauer angelegt seien, verbinde sich mit dem Begriff des „Dienens“ vielmehr die Vorstellung einer gewissen Nachhaltigkeit, die nur dann erzielt werde, wenn die jeweilige Anlage oder Einrichtung gerade und in erster Linie das Interesse der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige fördere. Daraus wiederum leitet das Gericht ab, dass die IHKs nicht legitimiert sind, Anlagen und Einrichtungen zu begründen, zu unterhalten und zu unterstützen, die dem (allgemeinen) öffentlichen Interesse dienen. Begründet oder unterhält die IHK gemeinsam mit anderen Personen oder Verbänden eine Anlage oder Einrichtung, wird zwar nicht verlangt, dass die Interessen der anderen Beteiligten mit dem Förderungsauftrag der IHK identisch sind. Es genügt vielmehr, dass diese in Bezug auf das Vorhaben gleichgerichtet sind. Unzulässig ist hingegen die Beteiligung der IHK gemeinsam mit anderen Personen oder Verbänden, wenn letztere mit der gemeinsamen Einrichtung andere Zwecke verfolgen. Im entschiedenen Fall ging es um die Beteiligung der IHK an einem Flugplatz, der auch von Sportfliegern genutzt wurde (BVerwG GewArch 2001, 161; VGH München GewArch 2000, 60; dazu Jahn, GewArch 2001, 146; Kormann, GewArch 2003, 89; Selmer, JuS 2001, 823). Für die Frage der Zulässigkeit ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Beteiligung der IHK einen hohen oder niedrigen finanziellen Möllering
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Einsatz verlangt. Selbst Minderheitsbeteiligungen von wenigen Tausend Euro können unzulässig sein, wenn die Zwecke, denen die Einrichtung dient, nicht ausschließlich dem Förderungsauftrag entsprechen. Das Bundesverwaltungsgericht hält jedoch ausnahmsweise eine Beteiligung an einer Einrichtung, die auch Zwecken jenseits der Förderung der gewerblichen Wirtschaft des IHK-Bezirks dient, für zulässig, wenn die IHK auf diese Weise das ihr obliegende Interesse wirksam zur Geltung bringen kann und feststeht, dass sich die Beteiligung in der Interessenwahrnehmung erschöpft. Das wurde etwa im Falle einer bloßen Anschubbeteiligung angenommen, wenn dieser Zweck bereits in dem zugrundeliegenden Beschluss der Vollversammlung deutlich geworden war (BVerwG GewArch 2001, 161; VGH München GewArch 2001, 235). 61
Ebenso kann die IHK aber im Rahmen ihrer eigenen Organisation rechtlich unselbständige Anlagen oder Einrichtungen schaffen, beispielsweise für Dienstleistungen, welche die kammerzugehörigen Unternehmen brauchen und die im allgemeinen Interesse der Bezirkswirtschaft liegen. Im Schwerpunkt handelt es sich dabei um Informations-, Beratung- und Weiterbildungsangebote, die insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen sonst nicht zur Verfügung stehen oder von ihnen bisher nicht ausreichend genutzt wurden.
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Die Rechtsprechung hat inzwischen in zahlreichen Fällen die Zulässigkeit solcher Anlagen und Einrichtungen auch in einer privaten Rechtsform anerkannt. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits sehr frühzeitig entschieden, dass die Inkassotätigkeit von Kreishandwerkerschaften zulässig ist (BVerwG GewArch 1957, 130; OLG Hamm WRP 1982, 536; OLG Köln GRUR 1987, 277; Aberle, GewArch 1970, 1). Ebenso wurde anerkannt, dass eine Handwerkskammer im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags die Kammerzugehörigen beraten und eine betriebswirtschaftliche Beratungsstelle unterhalten darf, auch wenn dadurch eine Konkurrenz für freiberufliche Berater entsteht (OVG Lüneburg GewArch 1986, 201; Vorinstanz VG Schleswig GewArch 1982, 30). Schließlich ist die Technologieberatung der Industrie- und Handelskammern zu erwähnen, welche das OLG Karlsruhe (GewArch 1989, 208) als zulässig anerkannt hat; die Kammer muss lediglich bei der Werbung für diese Technologieberatung gleichzeitig auch auf vergleichbare private Anbieter hinweisen. Genauso hat das OLG 66 Möllering
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Anlagen und Einrichtungen
Celle entschieden, wenn eine Kammer für ihre Fortbildungslehrgänge wirbt (GewArch 1997, 347). Der gesetzliche Förderungsauftrag der Kammern umfasst also auch solche Einzelberatungen von Kammerzugehörigen, welche die Steigerung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Gesamtinteresse sichern sollen. Im Rahmen des gesetzlichen Förderungsauftrags der IHK liegen aber auch Beteiligungen an Unternehmen, die insgesamt für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region von Bedeutung sind. Kammern dürfen sich deshalb an Messe- und Ausstellungsgesellschaften beteiligen, weil damit eine gesamtwirtschaftliche Förderung verbunden ist (BGH DVBl. 1964, 475 für die Beteiligung einer Landwirtschaftskammer an einer Landwirtschaftsausstellung; VGH München GewArch 1987, 202 für die Beteiligung einer Handwerkskammer an einer Messegesellschaft; VG Schleswig GewArch 1997, 144 – Beteiligung der IHKs an einer GmbH, die Gemeinschaftsstände auf Auslandsmessen organisiert). Das Gleiche gilt für den Kammerbeitritt zu Vereinen, welche dasselbe Ziel wie die Kammern bei der Förderung der Wirtschaft verfolgen (BVerwG NJW 1987, 337; OVG Bremen AnwBl. 1993, 537; großzügiger für Anwaltskammern im Bundesverband Freier Berufe: BGH BRAK-Mitt. 1996, 126/127; Handwerkskammern im Zentralverband des deutschen Handwerks: BVerwGE 74, 254; OVG Münster NJW 1975, 1475; GewArch 1983, 302).
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Bei allen diesen Informations-, Beratungs- und Weiterbildungsangeboten der IHKs lässt sich nicht ausschließen, dass zumindest am Rande und in der Folge der Zeit wirtschaftlich eine Wettbewerbssituation zu vergleichbaren gewerblichen und freiberuflichen Anbietern der gleichen Leistungen entsteht (dazu umfassend Hövelberndt, Kammern als Wettbewerber, 135 ff.). Eine solche Wettbewerbssituation entsteht besonders häufig, wenn Kammern mit ihren Dienstleistungsangeboten zunächst eine Marktlücke, insbesondere bei Fortbildung und Beratung, füllen und erst später gewerbliche und freiberufliche Anbieter in diesem von der Kammer erschlossenen Gebiet als Wettbewerber auftreten, wenn sich diese neue Tätigkeit auch privatwirtschaftlich lohnt. Erst die „Pionierarbeit“ der IHK führt zum Wettbewerb. Die oben zitierte Rechtsprechung zeigt jedoch, dass eine solche Wettbewerbssituation die Kammerbetätigung nicht unzulässig macht, solange kammerzugehörige Unternehmen nicht ernsthaft dadurch beeinträchtigt werden (OVG Lüneburg GewArch 1986, 201; OLG Karlsruhe GewArch
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1989, 208; OLG Celle GewArch 1997, 347; Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 20. 8. 1981, welcher die Technologieberatung der Industrie- und Handelskammern auch bei Konkurrenz zu privaten Anbietern bestätigt; vgl, auch BGH GewArch 1991, 26). Ebenso unterstützt die Bundesregierung den Beratungsservice der Kammern bei der Technologie- und Innovationsberatung (BT 9/1902 vom 6. 8. 1982). Die Entscheidung darüber, ob eine im Rahmen des Förderungsauftrags erbrachte Dienstleistung der IHK in Konkurrenz zu einzelnen Mitgliedern zulässig ist, muss anhand der in § 1 Abs. 1 vorgeschriebenen Interessenabwägung getroffen werden. Abzuwägen ist das Interesse der Mitgliedschaft der IHK an der betreffenden Dienstleistung gegenüber dem Interesse der kammerzugehörigen Konkurrenzanbieter, dass diese Dienstleistung unterbleibt. Das Vorhandensein eines umfassenden und qualitativ ausreichenden Angebots am Markt spricht für ein Überwiegen des Interesses der privaten Anbieter, ein nicht ausreichendes Angebot am Markt eher für das zuerst genannte Interesse. Für die Aktivität der IHK sprechen ferner ein enger Bezug zu deren klassischen Aufgaben und das Vorhandensein einer besonderen Kompetenz. Neue Konkurrenten von etablierten IHK-Dienstleistungen sind weniger schutzwürdig als Anbieter, die schon vor der IHK am Markt waren (VG Freiburg GewArch 2005, 478). Auch geographische Besonderheiten des Kammerbezirkes sind zu berücksichtigen. Dieses Abwägungsgebot bedeutet weiterhin, dass grundsätzlich die Vollversammlung der IHK die Entscheidung über das Dienstleistungsangebot der IHK zu treffen hat – nicht über jede einzelne Tätigkeit und jeden einzelnen Kurs, aber doch über die Grundzüge des Angebots. Sie hat diese Entscheidung auch von Zeit zu Zeit zu überprüfen, so dass sie regelmäßig über die Entwicklungen des Dienstleistungsangebots der IHK und die Situation auf dem Markt zu informieren ist. Diese Verpflichtungen bestehen auch, wenn die Dienstleistung nicht von der IHK selbst erbracht wird, sondern in eine Einrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgelagert ist (Kluth/Voigt, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 351). Wenn die IHK Dienstleistungen anbietet, die auch von einzelnen Mitgliedern angeboten werden, so muss sie über diese Dienstleistungen der Mitglieder grundsätzlich in gleicher Weise wie über ihre eigenen Dienstleistungen informieren (OLG Celle GewArch 1997, 347; enger bei auswärtigen Anbietern und vor dem Hintergrund der fortschreitenden technischen Entwicklung der Informationsmedien: LG Münster vom 12. 2. 2006 – 68 Möllering
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24 O 165/05). Umgekehrt kann die IHK gegenüber den gleiche Leistungen anbietenden Mitgliedern wettbewerbsrechtlichen Schutz nicht – oder zumindest nur eingeschränkt – in Anspruch nehmen (OLG Koblenz, MDR 2001, 643). Die Grenze für die Serviceangebote der IHK liegt weniger in der Konkurrenzsituation, sondern darin, dass den Kammern eine rein gewerbliche Betätigung versagt ist, die nicht mehr vom Förderungsauftrag des § 1 Abs. 1 gedeckt wird. Insoweit geht das nicht rechtskräftig gewordene Urteil des OVG Koblenz (GewArch 1980, S. 339) in der Begründung zu weit, weil es nicht genügend differenziert. Sicherlich ist öffentlich-rechtlichen Körperschaften eine rein gewerbliche Betätigung zum Zwecke der Etatfinanzierung oder Betriebsauslastung untersagt (vgl. für Gemeinden BVerfGE 39, 329; speziell zur GO NW OLG Hamm NJW 1998, 3504). Die Grenze ist jedoch noch nicht dadurch überschritten, dass eine handelsrechtliche Form für die Durchführung des Förderauftrags gewählt wird und Gewinnerzielung nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird (vgl. die differenzierten Ausführungen von Stober, ZHR 1981, S. 565; VGH München GewArch 1987, 202; sehr eng noch Fröhler/Kormann, GewArch 1984, 177; wie hier Kormann, GewArch 1987, 249, 257; zusammenfassend Erdmann, Wirtschaftliche Betätigung von Wirtschaftskammern, DVBl. 1998, 13, der zwischen dem Kernbereich der Kammeraufgaben und einer Grundversorgung im Übrigen unterscheidet; ähnlich Kannengießer, WiVerw 1998, 182). Unter dem Gesichtspunkt des fairen und unverfälschten Wettbewerbs ist sogar zu befürworten, dass die IHK bei individualnützlichen Dienstleistungen marktübliche Entgelte nimmt, statt diese aus Mitgliedsbeiträgen zu subventionieren. Die kritische Grenze ist jedenfalls dann überschritten, wenn die IHK Dienstleistungen so billig anbietet, dass für den Großteil ihrer Konkurrenten die Gefahr der Verdrängung vom Markt besteht (Kluth/Voigt, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 351, 411).
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Als Einrichtungen und Anlagen, die der Förderung der gewerblichen Wirtschaft dienen, sind vor allem kaufmännische und gewerbliche Bildungszentren, Fortbildungsschulen, Lehrwerkstätten und die Veranstaltung von Lehrgängen anzusehen. Ebenso gehören hierher Beratungsstellen und Beratungsdienste, die insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, für Innovation und Technologietransfer, für Exportfragen oder betriebswirtschaftliche Organisation eingerichtet werden. Auch Informationsdienste, sei
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es in gedruckter oder in elektronischer Form, gehören dazu. Schließlich ist die Beteiligung der IHK an Messegesellschaften, an Gesellschaften zur Beseitigung von Sondermüll oder an Kreditgarantiegemeinschaften zu erwähnen, welche für die gewerbliche Wirtschaft von besonderer Bedeutung sind. Früher widmeten sich die Kammern auch dem Betrieb von Hafen- und Speicheranlagen, der Bereitstellung von technischen Hilfsdiensten wie der Unterhaltung von Berufs- und Fachschulen; solche Kammeraktivitäten sind heute noch gesetzlich zulässig, werden aber nur noch relativ selten ausgeübt. Streng zu trennen von dieser Aufgabenerfüllung in privatrechtlicher Form ist die fiskalische Nutzung des Kammervermögens durch Vermietung oder Verpachtung; sie regelt sich allein nach Haushaltsrecht. 67
Zu den von den IHKs gegründeten und den Beteiligten zur Verfügung gestellten Einrichtungen gehören ferner auch die Schiedsgerichte. Kaufmännische Schiedsgerichte dienen in der Regel der Erledigung sachlicher Streitfragen aus dem Bereich des Warenoder Dienstleistungsverkehrs. Zahlreiche IHKs haben deshalb eine eigene Schiedsgerichtsordnung, die von Unternehmen im Bedarfsfall vereinbart werden kann; wenn sich die Parteien nicht auf einen Schiedsrichter oder einen Obmann des Schiedsgerichts einigen oder mit einer Schiedsrichterbenennung in Verzug geraten, ist es dann Aufgabe der Kammer, eine Ersatzberufung vorzunehmen (HK Hamburg, Rechtsprechung kaufmännischer Schiedsgerichte 1988–1994, Hamburg/Baden-Baden 1994). Bundesweit ist hier die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) zu erwähnen, an der die Kammern maßgeblich beteiligt sind und die eine eigene Schiedsordnung zur Verfügung stellt.
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Schließlich gehören zu diesen Einrichtungen die Mediationsstellen und Schlichtungsstellen, die bei zahlreichen IHKs etwa für kaufmännische Streitigkeiten oder Verbraucherbeschwerden – mehr oder weniger institutionalisiert – errichtet sind. Sie sollen im Interesse der Bezirkswirtschaft durch eine sachkundige Schlichtung versuchen, Streitigkeiten zwischen Kaufleuten bzw. mit Letztverbrauchern gütlich beizulegen. In der Praxis haben sich diese Schlichtungsstellen bewährt und oft schon im Vorfeld Streitigkeiten erledigen können. In einem Teil der Fälle kommt es jedoch auch zu formellen Schlichtungsverhandlungen mit einem abschließenden Schlichtungsvorschlag oder Mediationsergebnis. Der Rechtsweg wird dadurch für die Beteiligten nicht 70 Möllering
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ausgeschlossen. In einigen Ländern sind bei den IHKs auch Schlichtungsstellen nach § 15a EGZPO eingerichtet.
8. Berufsbildung a) Historische Entwicklung Die IHKs haben sich seit vielen Jahrzehnten, besonders intensiv aber seit den dreißiger Jahren, einer Ordnung und Systematisierung der Berufsausbildung gewidmet. Sie haben dabei ein umfassendes System von anerkannten Lehrberufen, Ordnungsmitteln, Ausbildungsrichtlinien und Prüfungsordnungen entwickelt sowie zur Erfassung der Lehrlinge und Ausbildungsbetriebe die Lehrlingsrolle eingerichtet. In zunehmendem Umfang sind Lehrabschlussprüfungen abgenommen worden, so dass schließlich in fast allen Fällen Erfolg oder Misserfolg einer Ausbildung durch eine Prüfung kontrolliert werden konnte. Zentralstelle für die Erarbeitung der Ordnungsmittel war dabei nach dem Zweiten Weltkrieg die „Arbeitsstelle für betriebliche Berufsbildung“ (ABB) in Bonn, die von der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, dem Bundesverband der Deutschen Industrie und dem DIHT gemeinsam getragen wurde. Die von der ABB unter Mitwirkung der Gewerkschaften erarbeiteten Berufsbilder dienten dem Bundesminister für Wirtschaft als Grundlage bei der Anerkennung eines Lehrberufs; auch bei der Änderung von Berufsbildern oder bei der Streichung von Lehrberufen bediente sich der Bundesminister für Wirtschaft der vorbereitenden Tätigkeit der Arbeitsstelle (vgl.: Behmenburg, Kompetenzverteilung bei der Berufsbildung, 26 ff.; Ipsen, Berufsausbildungsrecht für Handel, Gewerbe und Industrie; Hoffmann, Zur Geschichte der Berufsausbildung in Deutschland; Junge, Die Ordnung der kaufmännischen und gewerblichen Berufsausbildung durch die Industrie- und Handelskammern, BB 1961, 534; Krause, Neustrukturierung der beruflichen Bildung – Wege in die Zukunft; 10 Jahre Arbeitsstelle für Betriebliche Berufsausbildung, 1957; 15 Jahre Arbeitsstelle für Betriebliche Berufsausbildung, 1962).
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Die Tätigkeit der IHKs auf dem Gebiet der Berufsausbildung leitete sich aus einer sehr allgemein gehaltenen Ermächtigung in den früheren Landesgesetzen (z.B. § 38 Abs. 2 Pr. IHKG, § 2 Nr. 3 Bay. IHK-VO) her. Das IHK-Gesetz (IHKG) von 1956 hat diese Rechts-
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grundlagen übernommen (für den Bereich des Handwerks galt insoweit § 91 Abs. 1 Nr. 4, 5 und 6 HwO), so dass die Kammern ihre aus diesem Bereich bewährte Tätigkeit als Aufgabe der Selbstverwaltung weiter ausüben konnten und weiter ausgebaut haben. Dass sie dabei nur unter „Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften“ tätig sein konnten, war selbstverständlich und bedurfte an sich keines solchen einschränkenden Hinweises im Gesetzestext. Dass auch für den Bereich der Berufsausbildung das Organisationsrecht der IHKs im IHKG abschließend geregelt war und dass auch hier nur die allgemeine Rechtsaufsicht durch die Aufsichtsbehörde gem. § 11 Abs. 1 ausgeübt werden konnte, ist durch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG GewArch 1961, 42) bestätigt worden. 71
Wenn das IHKG die IHKs ermächtigt hatte, Maßnahmen zur Förderung und Durchführung der kaufmännischen und gewerblichen Berufsausbildung zu treffen, so umfasste diese Aufgabe auch die Befugnis, in diesem Bereich Rechtsvorschriften zu erlassen. Diese Satzungsgewalt erstreckte sich insoweit auch auf Nicht-Kammerzugehörige, seien es Lehrlinge, Bewerber für Weiterbildungsprüfungen oder Ausbildungsbetriebe, die als Nicht-Kammerzugehörige in anerkannten gewerblichen oder kaufmännischen Ausbildungsberufen ausbildeten (vgl. BVerfGE 12, 319; BürkleStorz, Verfassungsrechtliche Grundlagen und Grenzen der Satzungsautonomie berufsständischer Korporationen, 147 ff.; a.A. Wentzel, Autonomes Berufsbildungsrecht und Grundgesetz, Zur Rechtsetzung der Industrie- und Handelskammern und Handwerksorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland). b) Berufsbildungsgesetz (BBiG)
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Das Berufsbildungsgesetz vom 14. 8. 1969 (BGBl. I, 1112) schuf für diese traditionelle Kammeraufgabe neue Rechtsgrundlagen. Es kodifizierte die bisherige Entwicklung der Berufsbildung durch die Kammern. Das BBiG wurde mehrfach novelliert und durch das Berufsbildungsreformgesetz vom 23. 3. 2005 (BGBl. I, 931), zuletzt geändert durch Art. 9b des Zweiten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft (MEG II) vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246), wesentlich modernisiert. Der Gesetzgeber legt darin die Rahmenbedingungen für die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung, die be72 Wurster
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rufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung (vgl. die Definitionen in § 1 BBiG) fest. Die einzelnen Ausbildungsordnungen werden im Rahmen von Verordnungen (§§ 4, 5 BBiG) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie erlassen, wobei der Bundesminister bzw. die Bundesministerin die Vorarbeiten dem Bundesinstitut für Berufsbildung übertragen kann (§§ 89 ff. BBiG; bis zur BBiG-Novellierung im Jahr 2005 geregelt im Berufsausbildungsförderungsgesetz vom 12. 1. 1994, BGBl. I, 78). Hinzu kommen zahlreiche weitere Ausführungsverordnungen, z.B. die Ausbildereignungsverordnung (AEVO) vom 16. 2. 1999 (BGBl. I, 157), zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. 5. 2008 (BGBl. I, 854), die Anrechnungsverordnungen der Länder etwa für das schulische Berufsgrundbildungsjahr oder den Besuch einer einjährigen Berufsfachschule (ausführlich Hurlebaus, Rechtsratgeber Berufsbildung, 152). Die Anrechnungsverordnungen des Bundes traten durch Art. 8 Abs. 3 des Berufsbildungsreformgesetzes am 1. 8. 2006 außer Kraft. Zusammen mit den parallelen Bestimmungen der Handwerksordnung und dem Jugendarbeitsschutzgesetz vom 12. 4. 1976 (BGBl. I, 965), zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes vom 31.10.2008 (BGBl. I, 2149), bildet das Berufsbildungsrecht inzwischen eine eigene Rechtsmaterie, so dass auf die einschlägigen Kommentare und die Entscheidungssammlung verwiesen werden muss (Braun/Mühlhausen/Munk/Stück, BBiG; Gedon/Hurlebaus, Berufsbildungsrecht; Herkert/Töltl, BBiG; Knopp/Kraegeloh, BBiG; Leinemann/Taubert, BBiG; Wohlgemuth, BBiG; Hurlebaus, Rechtsratgeber Berufsbildung; Hurlebaus, Entscheidungssammlung zum Berufsbildungsrecht [EzB]). Dieser Kommentar kann deshalb nur die kammerrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Bezüge des Berufsbildungsrechts behandeln, nicht dagegen die arbeitsrechtlichen Fragen oder bildungspolitischen Probleme.
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Die neuen Rechtsgrundlagen haben an der praktischen Arbeit der 74 IHKs auf dem Gebiet der Berufsbildung zunächst wenig geändert. Aufgrund der großen politischen Bedeutung des Berufsbildungswesens sind seine rechtlichen Grundlagen jedoch einer kontinuierlichen Entwicklung unterworfen. Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz vom 7. 9. 1976 (BGBl. I, 2658) etwa hat die IHKs bei der Erstellung der Berufsbildungsstatistik, die als Grundlage für den jährlich zu erstattenden Berufsbildungsbericht der Bundesregierung diente, in die Pflicht genommen. Sie waren nach § 12 Wurster
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Abs. 2 dieses Gesetzes als zuständige Stellen auskunftspflichtig, soweit bei ihnen die für die Erhebung erforderlichen Daten vorlagen und erhoben wurden. Hieraus hat sich ein sehr detailliertes Berichtssystem entwickelt, besonders über Daten im Zusammenhang mit der Eintragung der Ausbildungsverhältnisse und mit den Zwischen- und Abschlussprüfungen. Außerdem waren die IHKs über ihre Spitzenorganisation, den DIHT, am Vorschlagsrecht für die Berufung der Beauftragten der Arbeitgeber im Hauptausschuss des neuen Bundesinstituts für Berufsbildung beteiligt (§ 16 Abs. 3). Das Gesetz ist durch Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. 12. 1980 (BVerfGE 55, 274 = GewArch 1981, 41 und 52) für nichtig erklärt worden, womit sowohl für den Berufsbildungsbericht (einschließlich der Ausbildungsstatistik) wie für das Bundesinstitut und seinen Hauptausschuss ex tunc die Rechtsgrundlage weggefallen war. Gleichzeitig war die Basis für eine Erhebung der Berufsausbildungsabgabe entfallen, die zur Finanzierung der in § 2 vorgesehenen Förderungsmaßnahmen dienen sollte, allerdings niemals erhoben wurde. 75
Nach dem daraufhin verabschiedeten neuen Gesetz (Berufsbildungsförderungsgesetz vom 23. 12. 1981, BGBl. I, 1692), wurde wiederum ein Bundesinstitut mit Hauptausschuss errichtet; an dem Vorschlagsrecht für die Beauftragten der Arbeitgeber in diesem Ausschuss war wiederum der DIHT namens der Kammerorganisation beteiligt. Einen jährlichen Bildungsbericht der Bundesregierung schrieb § 3 vor. Die politisch und rechtlich so umstrittene Ausbildungsabgabe sah das Gesetz nicht mehr vor (vgl. dazu BVerfGE 55, 274 = GewArch 1981, 41 und 52). Im Rahmen der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes im Jahr 2005 wurde das Berufsbildungsförderungsgesetz in das BBiG integriert und um eine Definition der Ziele der Berufsbildungsforschung ergänzt. Dieser Teil des Gesetzes (§§ 84 ff. BBiG) enthält nach wie vor Regelungen zur Berufsbildungsforschung, zur Planung und zur Statistik sowie zur Arbeit des Bundesinstituts für Berufsbildung in Bonn. Noch immer ist der heutige DIHK an der Besetzung des Hauptausschusses beteiligt (§ 92 Abs. 4 BBiG).
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Die Reform von 2005 hat das Berufsbildungsrecht in einigen weiteren Punkten modernisiert (dazu ausführlich Mühlhausen/Stück, Die BBiG-Reform, AuA 2005, 272; Natzel, DB 2005, 610; Wurster, Berufsbildungsgesetz von A bis Z). Geändert haben sich etwa die 74 Wurster
§1
Berufsbildung
Zuständigkeiten von IHKs und HwKs für die Betreuung der Ausbildungsverhältnisse: Statt der Abgrenzung nach dem „Ausbildungsstättenprinzip“ – früher waren die IHKs für alle Ausbildungsbetriebe der gewerblichen Wirtschaft mit Ausnahme der Handwerksbetriebe zuständig – gilt seither das sog. „Berufsprinzip“. Gemäß § 71 Abs. 2 BBiG sind die IHKs heute „zuständige Stellen“ für die Berufsbildung in nichthandwerklichen Gewerbeberufen. Die HwKs sind nach § 71 Abs. 1 BBiG zuständige Stellen für die Berufsbildung in Berufen der Handwerksordnung. Eine Ausnahmevorschrift findet sich in § 71 Abs. 7 BBiG, wonach die HwKs ebenfalls zuständig sind, soweit die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung und die berufliche Umschulung in Betrieben zulassungspflichtiger Handwerke, zulassungsfreier Handwerke und handwerksähnlicher Gewerbe durchgeführt wird. Hier wird das „Berufsprinzip“ wieder durch das „Ausbildungsstättenprinzip“ durchbrochen. Der Grund für die Ausnahmevorschrift liegt in der Tatsache, dass die HwKs zahlreiche Betriebe, die von ihnen traditionell betreut werden, an die IHKs verloren hätten, wäre nur nach dem „Berufsprinzip“ differenziert worden. Einige wesentliche Pflichten der IHKs haben sich aber trotz zahlreicher Reformen nicht verändert: Die IHKs sind weiterhin für die Eintragung in das Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse (die frühere Lehrlingsrolle) zuständig (§ 34 BBiG) und prüfen dabei die persönliche und fachliche Eignung von Ausbildenden und Ausbildern, die Eignung der Ausbildungsstätte und die Rechtmäßigkeit der Ausbildungsverträge. Am 31. 12. 2007 waren rund 911.000 Ausbildungsverhältnisse bei den IHKs eingetragen, bei 219.000 Ausbildungsbetrieben und 359.000 Ausbildern. Sie erlassen – aufgrund der Beschlüsse des Berufsbildungsausschusses (vgl. § 8) – die Prüfungsordnungen für die Abschluss-, die Umschulungs- und die Fortbildungsprüfungen (§ 47 BBiG, ggf. i.V.m. § 56 Abs. 1 bzw. § 62 Abs. 3 BBiG), errichten die Prüfungsausschüsse und führen die Prüfungen durch (§§ 37 ff. BBiG), im Ausbildungsjahr 2007 insgesamt rund 330.000 Abschlussprüfungen. Sie überwachen ferner die Berufsausbildung (§ 76 BBiG).
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Aus der früheren freiwilligen Selbstverwaltungsaufgabe ist heute für die IHKs eine Pflichtaufgabe geworden. Auch diese Pflichtaufgabe bleibt jedoch eine Selbstverwaltungsaufgabe und wird nicht zu einer Auftragsangelegenheit. Weder der Staat noch andere Stellen haben ein fachliches Weisungsrecht für den Einzelfall erhal-
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Aufgabenbereich
ten. Die umfangreiche Regelung durch Gesetze und Verordnungen bewirkt jedoch, dass die Rechtsaufsicht über die IHKs in diesem Bereich sehr viel dichter geworden ist. Vor allem aber sind die Entscheidungen der IHKs in weiten Bereichen Verwaltungsakte, so dass die Verwaltungsgerichte angerufen werden können. 79
Die wesentlichen Änderungen für die IHKs auf diesem Aufgabengebiet resultieren nicht nur aus den neuen Rechtsgrundlagen, die Ergebnis politischer Diskussionen sind, sondern häufig aus dem wirtschaftlichen Wandel, der eine ständige Anpassung der Berufsbildung an moderne Techniken und neue kaufmännische Anforderungen erzwingt und damit auch der beruflichen Fort- und Weiterbildung einen immer breiteren Raum zuweist. Die Ausbildungsordnungen werden laufend überarbeitet und erfordern von Unternehmen wie IHKs oft eine aufwändige Umstellung. Neben die anerkannten Ausbildungsberufe sind zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten getreten, die mit einer Prüfung enden (Aufstiegsfortbildung); 2007 haben die IHKs ca. 63.000 Fortbildungsprüfungen abgenommen. Das IHK-Fortbildungssystem umfasst heute zahlreiche Fachwirte- und Industriemeisterprüfungen, Prüfungen zum Fachkaufmann, zum Betriebswirt (IHK) sowie zum Technischen Betriebswirt (IHK). Die jährlichen DIHK-Berichte zur Berufsausbildung und Weiterbildung vermitteln davon, nicht zuletzt durch die umfangreichen und tief gegliederten Statistiken, ein instruktives Bild (zuletzt: DIHK (Hrsg.), DIHK-Bildungsbericht 2007/2008 – Berufsbildung, Weiterbildung, Bildungspolitik, 2008). Diese Berichte zeigen auch, wie die gewerbliche Wirtschaft den demographischen Entwicklungen über viele Jahre lang durch die Schaffung neuer Ausbildungsstellen Rechnung getragen hat und welchen Umfang die Lehrgänge der Anpassungsfortbildung (als Gegensatz zur Aufstiegsfortbildung) annehmen.
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Neben dem Berufsbildungsgesetz hat auch § 1 Abs. 2 IHKG über die freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben seine Bedeutung behalten. Die IHKs können weiterhin „Maßnahmen zur Förderung und Durchführung der kaufmännischen und gewerblichen Berufsbildung treffen“, soweit nicht das Berufsbildungsgesetz eine abschließende Regelung vorsieht („unter Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere des Berufsbildungsgesetzes“). Zu diesen freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben zählen insbesondere die Prüfungen in der Aufstiegsfortbildung (§§ 53 ff. BBiG) und in der beruflichen Umschulung (§§ 58 ff. BBiG), wo die 76 Wurster
§1
Berufsbildung
IHKs – soweit nicht der Verordnungsgeber selbst eingreift – Prüfungsordnungen erlassen, die Prüfungsausschüsse errichten und die Prüfungen abnehmen. Bei der Aufstiegsfortbildung und der Umschulung nehmen die IHKs mit ihren Prüfungsordnungen Satzungsgewalt in Anspruch und setzen mit ihren Entscheidungen, z.B. über die Zulassung zur Prüfung, Verwaltungsakte. Zu den Selbstverwaltungsaufgaben schlichtverwaltender Art gehören dagegen die sonstigen Aktivitäten der IHKs, insbesondere die Einrichtung von Bildungszentren und Gemeinschaftslehrwerkstätten, die Veranstaltung von Lehrgängen zur Vorbereitung auf Fortbildungsprüfungen, aber auch zur laufenden Unterrichtung der Mitarbeiter der kammerzugehörigen Unternehmen über die moderne technische und kaufmännische Entwicklung (Anpassungsfortbildung). All dies sind Fördermaßnahmen, die von den IHKs als freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe übernommen werden, zu denen sie ermächtigt, aber rechtlich nicht verpflichtet sind; die Entscheidung wird praktisch nach den Bedürfnissen im Kammerbezirk getroffen. c) Die Aufgaben der IHKs im Bereich der Berufsbildung Die IHK als „zuständige Stelle“ hat im Bereich der Berufsbildung eine Vielzahl von Aufgaben wahrzunehmen. Der Erlass der Prüfungsordnungen und sonstiger Rechtsvorschriften, welche der Berufsbildungsausschuss beschließt, wird bei § 8 behandelt. Hier sollen die Maßnahmen der IHK beim einzelnen Ausbildungsverhältnis sowie im Prüfungswesen dargestellt werden.
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aa) Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse (§ 34 BBiG) Die IHK hat ein Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse zu führen, in das der wesentliche Inhalt des im Einzelfall abgeschlossenen Ausbildungsvertrages einzutragen ist (§ 34 BBiG). Die Führung dieses Verzeichnisses, das in etwa der früheren Lehrlingsrolle entspricht und heute durch die EDV modernisiert ist, bildet die Grundlage für die Überwachung der Ausbildung und für die Durchführung der Zwischen- und Abschlussprüfungen. Die IHK ist zur Eintragung eines Ausbildungsvertrages verpflichtet, wenn dieser dem Gesetz und der Ausbildungsordnung entspricht (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BBiG) und wenn außerdem die persönliche und fachliche Eignung des Ausbildenden und des Ausbilders (§§ 28–30 Wurster
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Aufgabenbereich
BBiG), sowie die Eignung der Ausbildungsstätte (§ 27 BBiG) gegeben sind (§ 35 Abs. 1 Nr. 2 BBiG). Für Auszubildende unter 18 Jahren muss darüber hinaus die ärztliche Bescheinigung über die Erstuntersuchung nach § 32 Abs. 1 JArbSchG der IHK zur Einsicht vorgelegt werden (§ 35 Abs. 1 Nr. 3 BBiG). bb) Prüfung des Ausbildungsvertrages (§ 35 BBiG) 83
In jedem Fall ist zu prüfen, ob der Ausbildungsvertrag den gesetzlichen Voraussetzungen und der Ausbildungsordnung entspricht. Ausbildungsordnungen werden für den Bereich der gewerblichen Wirtschaft im Wege der Rechtsverordnung vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (§ 4 BBiG) erlassen; in ihnen sind u.a. die Bezeichnung der Ausbildungsberufe, der Ausbildungsinhalt, die Ausbildungsdauer und die Prüfungsanforderungen festgelegt. An diese Ausbildungsdauer sind also die Vertragspartner bei Abschluss des Ausbildungsvertrages und die IHK bei dessen Eintragung gebunden.
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Soweit nicht eine neue Ausbildungsordnung durch Rechtsverordnung erlassen ist, gelten gem. § 104 Abs. 1 BBiG die bisher anerkannten Lehrberufe samt Berufsbild, Berufsbildungsplan und Prüfungsanforderungen weiter; sie sind zwar damit nicht Rechtsverordnungen geworden, aber wie solche zu behandeln. Ein Beispiel hierfür ist der Beruf des „Teilezurichters“, der am 11. 9. 1940 staatlich anerkannt wurde. Die Vergleichbarkeit mit den Rechtsverordnungen gilt nicht nur für die IHKs bei Eintragung, Überwachung und Prüfung, sondern auch z.B. für den Bereich des § 4 Abs. 3 BBiG, nach welchem die Ausbildung von Jugendlichen unter 18 Jahren grundsätzlich nur in einem anerkannten Ausbildungsberuf stattfinden darf.
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Wichtig ist dabei, dass der Vertrag die in § 11 Abs. 1 Nr. 1 BBiG vorgeschriebene sachliche und zeitliche Gliederung der Ausbildung enthält; hierdurch soll der Ausbildende schon vor Beginn der Ausbildung festlegen, durch welchen Ausbildungsverlauf die Ausbildung nach Maßgabe der Ausbildungsordnung gewährleistet wird. Den notwendigen Anhalt dafür gibt der Ausbildungsrahmenplan (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 BBiG), der in seiner konkreten Anwendung jedoch flexibel ist und lediglich sicherstellen soll, dass alle in der Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten auch vermittelt werden. Wenn Ausbil78 Wurster
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Berufsbildung
dungsbetriebe nicht alle Ausbildungsinhalte vermitteln können (z.B. EDV-Kenntnisse oder Warenkunde), sind ergänzende Lehrgänge oder auswärtige Stagen einzuplanen (§ 27 Abs. 2 BBiG). Außerdem muss die IHK nachprüfen, ob der Vertrag Angaben über Zahlung und Höhe der Vergütung – auch über deren stufenweise Erhöhung – und über die Dauer des Urlaubs enthält; sie hat dabei auch zu prüfen, ob die Höhe der Vergütung angemessen ist (§ 11 Abs. 1 Nr. 6, § 17 Abs. 1, § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBiG). Auf die Frage, was als angemessen gelten kann, gibt das Gesetz keine Antwort. Aus der Rechtsprechung ist zu folgern, dass tarifliche Regelungen einen Anhaltspunkt bieten, aber, besonders bei nicht tarifgebundenen Auszubildenden, nicht zwingender Maßstab sind. Bei erheblicher Unterschreitung vergleichbarer Tarifsätze oder branchenüblicher Vergütungssätze kann die zuständige Stelle die Eintragung des Ausbildungsvertrages verweigern (Verwaltungsakt). Hiergegen steht der Verwaltungsrechtsweg offen (dazu: BVerwG EzB BBiG § 10 Nr. 48; VGH München EzB BBiG § 10 Nr. 10; VG Schleswig GewArch 1989, 300; vgl. im Übrigen Hurlebaus, Rechtsratgeber Berufsbildung, 120; Opolony, Vergütung in der Ausbildung, AuA 2004, 39). Trotzdem darf die IHK keine Mindestsätze generell festlegen (BVerwGE GewArch 1981, 299). Bei der Anrechnung von Berufsgrundbildungsjahren oder Berufsfachschuljahren ist dies auch bei der Vergütung zu berücksichtigen (BAG EzB BBiG § 10 Nr. 28 und 29). Auch wenn die IHK die Vergütung für angemessen hält und den Ausbildungsvertrag einträgt, bleibt davon eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung über die Angemessenheit der Vergütung unberührt (BAG EzB-VjA BBiG § 17 Nr. 1). Entsprechendes gilt für die im Vertrag vereinbarte Dauer des Urlaubs, wobei die IHK zumindest zu prüfen haben wird, ob der Vertrag den jeweiligen gesetzlichen Urlaubsregelungen (z.B. für Minderjährige nach § 19 JArbSchG) entspricht.
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Die Benutzung eines Mustervertrages können die Kammern nicht vorschreiben, obwohl dies wegen der Abfrage zahlreicher statistischer Daten auf dem Formular der Verwaltungsvereinfachung dienen würde (OVG Koblenz EzB-VjA BBiG § 4 Nr. 3 und § 32 Nr. 6; VG Kassel EzB BBiG § 4 Nr. 2; VG Hannover EzB BBiG § 4 Nr. 4).
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cc) Prüfung der persönlichen und fachlichen Eignung (§§ 28–30 BBiG) 88
Ausbilder und Ausbilderinnen müssen persönlich und fachlich für die Ausbildung geeignet sein. Persönlich nicht geeignet ist, wer Kinder und Jugendliche nicht beschäftigen darf oder gegen das BBiG verstoßen hat (§ 29 BBiG). Die persönliche Eignung fehlt etwa, wenn die Stellung als Ausbildender dazu ausgenutzt wird, den Auszubildenden weltanschaulich zu beeinflussen (z.B. im Sinne der Scientology-Organisation, OVG NRW EzB-VjA BBiG §§ 20, 21 Nr. 42) oder die geschützte Privatsphäre der Auszubildenden behelligt wird (VG Düsseldorf EzB-VjA BBiG §§ 20, 21 Nr. 43). Die fachliche Eignung besitzt, wer die beruflichen sowie die berufsund arbeitspädagogischen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die für die Vermittlung der Ausbildungsinhalte erforderlich sind (§ 30 BBiG). Zur fachlichen Eignung VG Koblenz EzBVjA BBiG § 76 Nr. 5; OVG Münster GewArch 1980, 169.
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Aufgrund einer in § 30 Abs. 5 BBiG enthaltenen Ermächtigung ist die Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO) vom 16. 2. 1999 (BGBl. I, 157), zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. 5. 2008 (BGBl. I, 854) ergangen, die vorschreibt, dass Ausbildende und Ausbilder den Erwerb bestimmter (in § 2 Nrn. 1–7 der VO festgelegter) berufs- und arbeitspädagogischer Kenntnisse durch eine Prüfung (§ 3) nachzuweisen haben. Die vorletzte Änderung der Verordnung am 28. 5. 2003 brachte eine Neuerung: Probeweise wurde ein neuer § 7 eingeführt, der Ausbilder für diejenigen Ausbildungsverhältnisse, die vom 1. August 2003 bis zum 31. Juli 2008 bestehen oder begründet wurden, von der Pflicht zum Nachweis von Kenntnissen nach der AEVO befreite. Die Politik reagierte mit der Änderung der Verordnung auf den schwierigen Ausbildungsmarkt und versuchte, auf diese Weise mehr Interessenten unter den Betrieben zu gewinnen. Mit der Änderung von 2008 wurde die Befreiung von der Nachweispflicht für bestehende und bis zum Ablauf des 31. Juli 2009 beginnende Ausbildungsverhältnisse verlängert; in diesem Zeitraum soll die AEVO-Prüfung etwas entschlackt und modernisiert werden. Trotz der Aussetzung der Prüfung werden Lehrgänge und Prüfungen weiterhin von den IHKs angeboten.
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Zur Abnahme der Prüfung haben die Berufsbildungsausschüsse der IHKs Prüfungsordnungen verabschiedet, denen Richtlinien 80 Wurster
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des seinerzeitigen, inzwischen aufgehobenen Bundesausschusses für Berufsbildung vom 18. 1. 1973 zugrunde liegen. Für die Abnahme der Prüfung hat die IHK als zuständige Stelle einen oder mehrere Prüfungsausschüsse zu errichten (§ 4 Abs. 1 AEVO), für welche die Vorschriften des BBiG sinngemäß gelten. Die IHK kann auch nach § 6 AEVO von dem erforderlichen Nachweis und damit der Prüfung als Ausbilder befreien. Trotz Aussetzung der AEVOPrüfung als verbindliche Voraussetzung für die Ausbildung hat diese Möglichkeit nicht an Bedeutung verloren, da die Prüfung voraussichtlich für alle Ausbildungsverhältnisse, die nach dem 31. Juli 2009 beginnen, wieder zur Pflicht wird. Die Entscheidungen der IHK ergehen auf Antrag und sind Verwaltungsakte, die im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens der IHK liegen. Ablehnende Bescheide können mit Widerspruch und Klage angegriffen werden. Gegen die AEVO sind verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht, von den Gerichten aber übereinstimmend zurückgewiesen worden (VGH München EzB-VjA BBiG §§ 20, 21 Nr. 13 und Nr. 18; Nds. OVG Lüneburg EzB BBiG § 25 Nr. 5). Auch wenn die Befähigung nach der AEVO gegeben ist, kann die persönliche oder fachliche Eignung zu verneinen sein, so dass dann die zuständige Stelle zur Ablehnung der Eintragung verpflichtet wäre (VG Hannover EzB-VjA BBiG § 32 Nr. 4; OVG Koblenz BB 1976, 138). Wurde die AEVO-Prüfung für den Bereich der gewerblichen Wirtschaft bestanden, gilt diese auch als Eignungsnachweis für die Berufsausbildung im öffentlichen Dienst (BVerwG EzB-VjA BBiG §§ 20, 21 Nr. 39). dd) Prüfung der Eignung der Ausbildungsstätte (§ 27 BBiG) Die Voraussetzungen des § 27 BBiG für die Eignung der Ausbildungsstätte können durch Satzungsrecht der IHK nicht weiter konkretisiert werden. Es bedarf vielmehr in jedem Fall einer Einzelentscheidung (OVG Koblenz EzB BBiG § 22 Nr. 3; VG Braunschweig GewArch 1992, 147). Dagegen sind interne Verwaltungsrichtlinien denkbar, in denen Maßstäbe für die Eignung einer Ausbildungsstätte oder für eine Relation Ausbilder/Auszubildende gesetzt werden, um dadurch der IHK in ihren Entscheidungen einen Anhalt zu geben, ihr aber doch hinreichenden Entscheidungsspielraum zu lassen. Wurster
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Die vom Bundesausschuss für Berufsbildung für solche Relationen erlassenen Richtlinien haben zwar keinen Rechtsnormcharakter, sind aber für die Entscheidungen der IHKs insofern bedeutsam, als wesentliche Abweichungen ohne besonderen Grund in der Regel unzulässig sind (LAG Berlin EzB BBiG § 22 Nr. 4; dazu auch VG Freiburg EzB BBiG § 22 Nr. 5 und OVG Koblenz BB 1975, 840). ee) Sonstige Eintragungsvoraussetzungen (§ 35 Abs. 1 Nr. 3 BBiG) 92
§ 35 Abs. 1 Nr. 3 BBiG ist durch § 63 des Jugendarbeitsschutzgesetzes vom 12. 4. 1976 (BGBl. I, 965) eingefügt worden; danach sind die IHKs verpflichtet, die Eintragung eines Ausbildungsvertrages mit einem minderjährigen Auszubildenden von der Vorlage der in § 32 Abs. 1 JArbSchG geforderten Bescheinigung über die ärztliche Erstuntersuchung abhängig zu machen. Eine erfolgte Eintragung hat die IHK später zu löschen, wenn nicht in bestimmter Frist (§ 35 Abs. 2 BBiG) die von § 33 JArbSchG geforderte Bescheinigung über die erste Nachuntersuchung vorgelegt wird. ff) Rechtsmittel
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Gibt die Überprüfung des Eintragungsantrages keinen Anlass zu einer Beanstandung, so hat die IHK den Ausbildungsvertrag in ihr Verzeichnis einzutragen. Ergeben sich rechtliche Bedenken gegen den Inhalt des Vertrages, so muss dessen Eintragung abgelehnt werden. Das Gleiche gilt, wenn die nach §§ 28 ff. BBiG erforderlichen Voraussetzungen für Ausbildende oder Ausbilder nicht erfüllt werden oder die Ausbildungsstätte als nicht geeignet anzusehen ist (§ 35 Abs. 2 Satz 1 BBiG). Werden Mängel der fachlichen oder persönlichen Eignung festgestellt, so hat die IHK gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 BBiG die nach Landesrecht zuständige Behörde – das ist meist der Regierungspräsident – zu unterrichten, die danach generell über die Untersagung des Einstellens oder Ausbildens zu entscheiden hat. Gemäß § 105 BBiG, der durch die Reform von 2005 ins Gesetz aufgenommen wurde, können die Länder den IHKs die Zuständigkeit für die Untersagung auch übertragen. Sowohl die Ablehnung der Eintragung durch die IHK als auch die Untersagung durch die zuständige Behörde oder die IHK sind Verwaltungsakte, die jeweils der selbständigen Anfechtung im Ver82 Wurster
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waltungsrechtswege unterliegen, wobei im Falle des § 35 Abs. 2 BBiG die IHK, im Falle des § 33 BBiG das Land oder – bei Übertragung der Zuständigkeit – ebenfalls die IHK passiv legitimiert ist. Klageberechtigt gegen eine Nichteintragung durch die IHK nach § 35 Abs. 2 BBiG sind sowohl der Auszubildende wie der Ausbildende (BVerwG EzB BBiG § 32 Nr. 15). Im Falle der Untersagung des Einstellens und Ausbildens nach § 33 BBiG ist vor allem der Ausbildende klageberechtigt, während der Auszubildende beizuladen ist (BVerwG DÖV 1982, 1036). gg) Verzeichnis kein öffentliches Register Das von der IHK zu führende Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse (§ 34 BBiG) ist kein öffentliches Register und daher (anders als etwa das Grundbuch oder das Handelsregister) nicht zur allgemeinen Einsichtnahme bestimmt. Es besteht aus dem Verzeichnis auch keine generelle Auskunftspflicht gegenüber Dritten. Vielmehr ist bei Auskünften über personenbezogene Daten, mag es sich um Einzelanfragen oder auch um Sammelanfragen handeln, auf die Datenschutzvorschriften zu achten, so dass selbst der Berufsbildungsausschuss wegen seiner allgemeinen Aufgaben keine Einzeldaten erhalten kann. Statistische Zusammenfassungen sind dagegen zulässig.
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hh) Verkürzung der Ausbildungsdauer (§ 8 Abs. 1 BBiG) Die IHK kann einen Ausbildungsvertrag grundsätzlich nur dann in das Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse eintragen, wenn die im Vertrag vereinbarte Ausbildungszeit der Ausbildungsordnung entspricht. Dabei sind ggf. die Anrechnungsverordnungen der Länder für das Berufsgrundbildungsjahr und die Berufsfachschuljahre zu berücksichtigen. Eine Ausnahme hiervon bietet § 8 Abs. 1 Satz 1 BBiG, wonach die IHK die Ausbildungszeit zu verkürzen hat, wenn zu erwarten ist, dass der Auszubildende das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht. Bei berechtigtem Interesse kann sich der Antrag auch auf eine Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit richten (§ 8 Abs. 1 Satz 2 BBiG, Teilzeitberufsausbildung). Typische Fälle des berechtigten Interesses sind etwa die Betreuung eines eigenen Kindes, die Pflege eines nahen Angehörigen sowie eine Behinderung, die eine Vollzeitausbildung zur unverhältnismäßigen Belastung werWurster
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den lässt. Der Antrag hierzu kann nur vom Auszubildenden und vom Ausbildenden gemeinsam gestellt werden. Die Kürzung steht nicht im Belieben der IHK; sie ist vielmehr dazu verpflichtet, wenn die formellen und sachlichen Voraussetzungen gegeben sind. Der Antrag kann schon mit Abschluss des Ausbildungsvertrages, aber auch während der Ausbildung, gestellt werden. Wie die IHK die Erwartung erhärtet, dass der Auszubildende das Ziel in der gekürzten Zeit erreicht, ist ihr überlassen. Es können hierfür geeignete Beweisunterlagen – etwa von der Berufsschule – angefordert werden. Hier ist es eine Frage der Beweiswürdigung, ob die Annahme gerechtfertigt ist, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht werden kann. Die IHK kann mit ihrer Entscheidung Auflagen verbinden oder sie kann die Kürzung nicht im beantragten, sondern in einem reduzierten Umfange aussprechen, wenn sie von den Darlegungen des Antrages nicht voll überzeugt ist. Insofern ist ihr in ihrer Verpflichtung zur Kürzung ein Ermessensspielraum gegeben, den sie für eine verantwortungsbewusste Entscheidung – diese greift in die Regelung der Ausbildungsordnung ein – sehr sorgsam ausschöpfen und ausfüllen kann. 96
§ 8 Abs. 1 BBiG kann durch die IHK nicht in Form von Satzungsrecht konkretisiert werden, weil dann der dort normierte Rechtsanspruch der Auszubildenden, bei Erfüllung der Voraussetzungen zu einer Verkürzung der Ausbildungszeit zu kommen, beeinträchtigt würde. Es bestehen aber keine Bedenken, wenn in Verwaltungsrichtlinien, zu denen allerdings als wichtige Angelegenheit der Berufsausbildung der Berufsbildungsausschuss angehört werden muss (§ 79 Abs. 2 Nr. 1 BBiG), generelle Anhaltspunkte gesetzt werden. Solche Richtlinien haben die IHKs für typische Fälle, z.B. bestimmte Schulabschlüsse, aufgestellt, deren Beachtung und Anwendung für den Einzelfall im Wege der Selbstbindung verwaltungsrechtlich verpflichtend ist. Sie dürfen damit jedoch nicht die nach § 8 Abs. 1 BBiG notwendige individuelle Entscheidung in Frage stellen. ii) Verlängerung der Ausbildungszeit (§§ 21 Abs. 3 und 8 Abs. 2 BBiG)
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Wenn Auszubildende die Abschlussprüfung nicht bestehen, verlängert sich auf ihr Verlangen das Ausbildungsverhältnis bis zur 84 Wurster
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nächsten Wiederholungsprüfung, längstens um ein Jahr (§ 21 Abs. 3 BBiG). Dem Nichtbestehen steht es gleich, wenn Auszubildende aufgrund von Krankheit nicht an der Abschlussprüfung teilnehmen können (BAG BB 1999, 214). Die Ausbildungszeit kann jedoch bereits dann verlängert werden, wenn vor der Prüfung absehbar ist, dass das Ausbildungsziel innerhalb der gewöhnlichen Ausbildungszeit nicht erreicht wird. Während die IHK in einem gewissen Ermessensrahmen zur Kürzung verpflichtet ist (sie „hat zu kürzen“), so enthält § 8 Abs. 2 BBiG für die Verlängerung der Ausbildungszeit durch die IHK nur eine „Kann“-Vorschrift. Nur der Auszubildende ist hierzu antragsberechtigt; er muss darlegen, dass die Verlängerung erforderlich ist, um das Ausbildungsziel zu erreichen; der Ausbildende ist hierzu nur zu hören. Selbst wenn er widerspricht, etwa weil er annimmt, auch bei Verlängerung werde der Auszubildende den Abschluss nicht schaffen, kann die IHK, sofern sie von der Berechtigung des Antrages überzeugt ist, die Verlängerung aussprechen und damit den Ausbildenden gegen seinen Willen über die vereinbarte Vertragsdauer hinaus an den Ausbildungsvertrag binden. Sie wird dieses „kann“, auch wenn die Formulierung nach außen keine Mussvorschrift erkennen lässt, für sich als verpflichtend ansehen, wenn ihr glaubhaft erscheint, dass die Verlängerung erforderlich ist, um das Ausbildungsziel zu erreichen, und dass der Auszubildende den Willen und die Fähigkeit besitzt, die Verlängerung in diesem Sinne erfolgreich zu nutzen. Lehnt sie den Antrag des Auszubildenden ab, so ist hierin ein Verwaltungsakt gegeben, den der Auszubildende anfechten kann. Gibt sie dem Antrag statt, so liegt darin ein Verwaltungsakt, durch den der Ausbildende rechtlich betroffen wird, da ihm durch die Verlängerung gegen seinen Willen Verpflichtungen auferlegt werden. Er könnte demgemäß den Verlängerungsbescheid anfechten (Verwaltungsakt mit Doppelwirkung; vgl. § 80a VwGO). Durch die aufschiebende Wirkung könnten sich bei einem vom Ausbildenden eingelegten Rechtsmittel für die Praxis erhebliche Schwierigkeiten ergeben, da dann die Kontinuität der Ausbildung trotz der von der IHK angeordneten Verlängerung unterbrochen, die Zielsetzung der Verlängerung also gefährdet würde, während umgekehrt bei Aussetzung der aufschiebenden Wirkung die Verlängerung praktiziert, das Rechtsmittel also seines Gehaltes entkleidet würde.
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Das Problem löst sich heute nach den §§ 80a und 80b VwGO, wonach der Auszubildende sofortige Vollziehung, der Ausbildende dagegen Aussetzung der Vollziehung bei der IHK beantragen kann; die Verwaltungsgerichte können dann wiederum die Entscheidung der IHK aufheben oder abändern. Es bedarf bei einer solchen vorläufigen Maßnahme einer sorgfältigen Abwägung der beiderseitigen Interessen und der Erfolgsaussichten (OVG Hamburg EzB VwGO § 123 Nr. 1). Das Verfahren nach § 123 VwGO ist nicht mehr zulässig (§ 123 Abs. 5 VwGO). d) Prüfungswesen
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Die IHK errichtet für die Abnahme der Abschlussprüfungen Prüfungsausschüsse (§ 39 Abs. 1 Satz 1 BBiG). Diese Prüfungsausschüsse sind keine Behörden, sondern unselbständige Einrichtungen der IHK (BVerwG EzB VwGO § 68, Nr. 7). Mehrere IHKs können auch bei einer von ihnen einen gemeinsamen Prüfungsausschuss errichten (§ 39 Abs. 1 Satz 2 BBiG). Grundlage für einen solchen gemeinsamen Prüfungsausschuss ist neben der gesetzlichen Ermächtigung der zwischen den beteiligten IHKs geschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag, der wegen der Beachtung der beiderseitigen Verbandskompetenzen notwendig ist (OVG Münster DÖV 1979, 102). Als Spezialnorm geht § 39 Abs. 1 Satz 2 BBiG dem § 10 IHKG vor.
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Soweit ein gemeinsamer Prüfungsausschuss mit anderen Kammern nicht errichtet worden ist, kann die IHK auch einen Prüfling an eine andere Kammer mit einem für seine Ausbildung vorgesehenen Prüfungsausschuss weitergeben. Sämtliche Unterlagen über die Zulassung zur Prüfung sind dann an diese IHK abzugeben, welche die Prüfung abnimmt und auch für eine etwaige Anfechtung der Prüfungsentscheidung passiv legitimiert ist (VG Gelsenkirchen EzB BBiG § 46 Abs. 2 Pharmareferent, Nr. 1). Bei einem solchen Einzelfall bedarf es keiner Vereinbarung, wie sie § 10 IHKG vorsieht; dann handelt es sich vielmehr um einen einfachen Fall der Amtshilfe nach den §§ 4–8 VwVfG (des jeweiligen Landes).
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aa) Prüfungsausschuss (§ 40 BBiG) Für die Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse ist die IHK an § 40 BBiG gebunden. Danach müssen jedem Prüfungsausschuss „Beauftragte der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in gleicher Zahl“ sowie „mindestens eine Lehrkraft einer berufsbildenden Schule“ angehören. Dies ist eine Mindestzahl, die bei der einzelnen Prüfung nicht unterschritten werden darf. Die IHK kann jedoch mehr Prüfer für ein bestimmtes Prüfungsgebiet berufen, ohne dass dies in der Prüfungsordnung genau festgelegt zu werden braucht (VG Mannheim EzB BBiG § 37 Nr. 16). Die Aufteilung auf die einzelnen Prüfungsausschüsse, wenn für einen anerkannten Ausbildungsberuf mehrere Prüfungsausschüsse gebildet werden müssen, trifft die IHK nach ihrem pflichtgemäßen Auswahlermessen (OVG Münster EzB BBiG § 37 Nr. 6; a.A. VG Münster GewArch 1991, 182).
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Die IHK beruft die Mitglieder und deren Stellvertreter (§ 40 Abs. 2 Satz 3 BBiG) für längstens fünf Jahre (§ 40 Abs. 3 Satz 1 BBiG). Die Arbeitgebervertreter beruft sie nach ihrem Ermessen. Für die Arbeitnehmervertreter und deren Stellvertreter haben die im Kammerbezirk bestehenden Gewerkschaften und selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern ein Vorschlagsrecht. Die IHK muss zunächst diejenigen Prüfer berufen, die vorgeschlagen sind, sofern diese für die Prüfungsgebiete sachkundig und geeignet sind (§ 40 Abs. 1 Satz 2 BBiG). Es ist allerdings denkbar, dass sie nicht sämtliche der vorgeschlagenen Personen als Prüfer berufen kann, weil die verschiedenen Gewerkschaften und Vereinigungen insgesamt mehr Vorschläge unterbreiten als Prüfer benötigt werden, so dass die IHK zu einer Auswahl innerhalb der verschiedenen Vorschläge gezwungen ist. Dabei wird sie nach pflichtgemäßem Ermessen die Vorschläge der Organisationen nach deren Stärke und Bedeutung für die jeweiligen Prüfungsbereiche oder Prüfungsbezirke, soweit ihr das möglich ist, zu berücksichtigen haben, auch Minderheiten (VG Köln EzB BBiG § 37 Nr. 10). Sofern hierbei einzelne Vorgeschlagene nicht zum Zuge kommen, steht ihnen ein Rechtsmittel nicht zu, weil sie nicht selbst in ihrem Recht betroffen sind (VGH Mannheim GewArch 1980, 312; Wohlgemuth, DB 1992, 1777). Weitaus häufiger kommt es allerdings vor, dass nicht genügend Arbeitnehmervertreter innerhalb der von der IHK gesetzten angemessenen Frist vorgeschlagen werden (zur Angemessenheit der Frist Herkert/Töltl, BBiG, § 40, Rz. 86: ca.
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ein Monat). Für diesen Fall eröffnet § 40 Abs. 3 Satz 4 BBiG die Möglichkeit der Berufung nach pflichtgemäßem Ermessen. Die IHK wird dann selbst bei ihren Mitgliedern für die Mitarbeit von Arbeitnehmervertretern in den Prüfungsausschüssen werben. 104
Eine Ausnahme bildet hier § 40 Abs. 5 BBiG, wonach die IHK bei einem Mangel an Prüfern von der in § 40 Abs. 3 BBiG vorgesehenen Zusammensetzung des Prüfungsausschusses abweichen kann (OVG Lüneburg GewArch 1995, 170). Sie darf dann selbst einen Arbeitgebervertreter anstelle des Arbeitnehmerbeauftragten berufen (VGH Mannheim EzB BBiG § 35 Nr. 9, VG Schleswig-Holstein EzB BBiG § 37 Nr. 4). Es kann auch ganz auf Stellvertreter verzichtet werden, wenn nicht genügend Fachleute zur Verfügung stehen.
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Wenn also die IHK grundsätzlich an die Vorschläge der Gewerkschaften und gleichgestellten Vereinigungen gebunden ist, so ist sie doch gehalten, darauf zu achten, dass die in § 40 Abs. 1 BBiG gestellten Anforderungen erfüllt sind, d.h., dass die Vorgeschlagenen „für die Prüfungsgebiete sachkundig und für die Mitwirkung im Prüfungswesen geeignet sind“. Das Erfordernis der „Sachkunde“ setzt nicht voraus, dass die Prüfer die Ausbildereignungsprüfung erfolgreich abgelegt haben (VG Stuttgart EzB BBiG § 37 Nr. 26). Sofern Vorschläge diesen Anforderungen nicht entsprechen – z.B. der Vorgeschlagene hat in dem zu prüfenden Ausbildungsberuf keine ausreichenden praktischen Erfahrungen – muss die IHK diesen Vorschlag zurückweisen und um einen anderen Vorschlag ersuchen.
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Ob die Mitwirkung der Lehrkräfte in den Prüfungsausschüssen eine Dienstpflicht darstellt, war früher zweifelhaft, sofern sie nur auf der Prüfungsordnung der IHK beruhte. Nunmehr ist sie im Gesetz festgeschrieben. Die ratio legis des BBiG geht dahin, durch Beteiligung der Lehrkräfte eine Verzahnung des Berufsschulunterrichts und der betrieblichen Ausbildung auch bei der Abschlussprüfung sicherzustellen. Für die IHK ist aus diesem Grunde die Berufung von mindestens einer Lehrkraft für jeden Ausschuss eine verbindliche Vorschrift. Erfolgte die Prüfung durch einen Ausschuss, dem keine Lehrkraft angehört, so wäre der Ausschuss nicht entsprechend der gesetzlichen Vorschrift zusammengesetzt und die von ihm abgenommene Prüfung anfechtbar, falls nicht ein Notfall im Sinne von § 40 Abs. 5 BBiG vorliegt (OVG Lüne88 Wurster
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burg EzB BBiG § 37 Nr. 3; VG Schleswig EzB BBiG § 37 Nr. 4). Hieraus ergibt sich die Verpflichtung der Schulaufsichtsbehörde, bei der Berufung der Lehrkräfte mitzuwirken. Dadurch, dass das Gesetz die Berufung der Lehrkräfte an das Einvernehmen mit der Schulaufsichtsbehörde bindet, ist klargestellt, dass die Mitwirkung in den Prüfungsausschüssen die dienstliche Tätigkeit der Lehrkräfte betrifft. Lehrkräfte können also kraft ihres Beamtenstatus zu dieser Nebentätigkeit als Prüfer bei Abschlussprüfungen verpflichtet werden (VG Berlin EzB-VjA BBiG § 37 Nr. 13). Die Abberufung eines Prüfers ist aus wichtigem Grund zulässig 107 (§ 40 Abs. 3 BBiG). Der Betroffene ist vorher zu hören; das gilt auch für die an der Berufung Beteiligten. Die IHK ist aber an deren Stellungnahme nicht gebunden. Der Betroffene kann Verwaltungsklage erheben (nicht aber die vorschlagende Stelle), weil er mit der Abberufung (anders als vor seiner Berufung) in seinen Rechten betroffen ist; er müsste aber geltend machen, dass die IHK mit der Abberufung ihr Ermessen missbraucht habe. bb) Entschädigung für die Tätigkeit im Prüfungsausschuss (§ 40 Abs. 4 BBiG) Es besteht keine Verpflichtung zur Annahme des Amtes. Zwar ist 108 die Tätigkeit im Prüfungsausschuss ehrenamtlich; jedoch hat die IHK für bare Auslagen und Zeitversäumnis eine angemessene Entschädigung zu zahlen, soweit eine solche nicht von anderer Seite gewährt wird. Die IHK setzt die Höhe der Entschädigung mit Genehmigung der obersten Landesbehörde fest (§ 40 Abs. 4 BBiG). Es handelt sich dabei nicht um die Festsetzung der Entschädigung im Einzelfall, sondern um die generelle Festlegung in Form von Entschädigungsregeln. Im Rahmen dieser Regeln besteht Anspruch auf Entschädigung, so dass jeder Prüfer – sowohl Arbeitgeber- wie auch Arbeitnehmervertreter oder Lehrkraft – berechtigt ist, die Entschädigung gegenüber der IHK geltend zu machen. In der Regel verweisen die IHKs bei ihren Entschädigungsregeln auf das Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. 5. 2004 (BGBl. I, 718, 776), zuletzt geändert durch Art. 18 Abs. 4 des Gesetzes vom 12. 12. 2007 (BGBl. I, 2840). Da es sich dabei häufig um eine dynamische Verweisung handelt, gilt jeweils die aktuelle Fassung die-
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ses Gesetzes; eine Anpassung der Prüferentschädigung erfolgt damit automatisch bei jeder Änderung dieses Gesetzes. 109
Die Entschädigungsregeln haben rechtlich den Charakter einer Verwaltungsvorschrift, welche den gesetzlichen Entschädigungsanspruch konkretisiert. Die Entschädigungsregeln brauchen deshalb nicht von der Vollversammlung beschlossen zu werden, sie müssen sich lediglich im Rahmen des Haushaltsansatzes für Prüferentschädigungen halten. Auch der Berufsbildungsausschuss ist beim Erlass dieser Entschädigungsregelung nur nach § 79 Abs. 2 BBiG zu hören.
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Zur Frage des Verdienstausfalls äußert sich der Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit zum BBiG dahin, der Gesetzgeber gehe davon aus, dass gegenüber der bisherigen Handhabung, wonach die Prüfer für die Zeit ihrer Prüfungstätigkeit von ihren Arbeitgebern weiterhin Lohn und Gehalt erhalten hätten, keine Änderung eintreten werde. Gleichwohl besteht ein Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall, soweit dieser nachgewiesen werden kann. Auch dann bleibt die Prüfertätigkeit ein Ehrenamt, für das kein Honorar beansprucht werden kann (BVerwG EzB BBiG § 37 Nr. 20; BAG EZB BBiG § 37 Nr. 32). Der Arbeitgeber wird den Prüfer für seine ehrenamtliche Tätigkeit freistellen, wenn diese sich zeitlich in einem zumutbaren Rahmen hält. Auch ein sog. Aufgabenerstellungsausschuss kann als Prüfungsausschuss gelten; zur Vergütung für die Tätigkeit hierbei: BVerwG EzB-VjA BBiG § 37 Nr. 10; OVG Hamburg HmbJVBl 1978, 37. cc) Vorsitz im Prüfungsausschuss (§ 41 Abs. 1 BBiG)
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Während früher die IHK den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses bestellte, wählt heute gem. § 41 Abs. 1 BBiG der Prüfungsausschuss ein Mitglied, das den Vorsitz führt und ein weiteres Mitglied, das den Vorsitz stellvertretend übernimmt. Diese sollen nicht derselben Mitgliedergruppe angehören. Alle ordentlichen Mitglieder, welcher Gruppe sie auch angehören mögen, sind stimmberechtigt und wählbar.
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e) Entscheidungen des Prüfungsausschusses Der Prüfungsausschuss entscheidet über das Bestehen der Prüfung (§ 38 BBiG); er entscheidet aber auch über die Zulassung zur Prüfung, wenn die IHK, die normalerweise die Zulassung ausspricht, der Ansicht ist, dass die Zulassungsvoraussetzungen nicht gegeben sind (§ 46 Abs. 1 BBiG). Diese Zuständigkeit des Prüfungsausschusses gewinnt an Bedeutung bei der Zulassung in besonderen Fällen (§ 45 BBiG).
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aa) Zulassung im Regelfall (§ 43 Abs. 1 BBiG) Im Regelfall schreibt die IHK diejenigen Auszubildenden rechtzeitig an, die nach dem Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse ihre Ausbildungszeit beenden und zur Prüfung anstehen. Anschließend prüft sie die eingereichten Unterlagen, die § 43 Abs. 1 BBiG aufzählt. Wenn sie die Zulassung ablehnen will, muss sie die Unterlagen dem Prüfungsausschuss zur Entscheidung vorlegen.
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Bei dieser Prüfung der eingereichten Unterlagen darf die Frage nach der zurückgelegten Ausbildungszeit nicht schematisch gehandhabt werden, wenn beispielsweise die Ausbildungszeit durch Krankheit oder aus anderen Gründen unterbrochen war. Entscheidend ist vielmehr der Gesamteindruck, ob der Bewerber trotz der Unterbrechungen das Ausbildungsziel erreichen und die notwendigen Fertigkeiten und Kenntnisse erwerben konnte (OVG Hamburg GewArch 1990, 217). Wenn ein Bewerber trotz fehlender oder unzureichender Unterlagen zur Prüfung zugelassen worden ist und sie auch bestanden hat, sind alle Zulassungsmängel geheilt (VG Mannheim EzB BBiG § 35 Nr. 4). bb) Vorzeitige Zulassung (§ 45 Abs. 1 BBiG) Vor Ablauf der Ausbildungszeit kann der Auszubildende auf seinen Antrag zur Prüfung zugelassen werden, wenn seine Leistungen dies rechtfertigen; über die Zulassung entscheidet die IHK, die zuvor den Ausbildenden und die Berufsschule zu hören hat (§ 45 Abs. 1 BBiG). Ist sie aufgrund dieser Anhörung und der vom Auszubildenden etwa beigebrachten Gründe der Ansicht, dass die Leistungen des Auszubildenden die vorzeitige Prüfung rechtfertigen, so spricht sie die Zulassung aus. Reichen die vorgebrachten Wurster
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Gründe nicht zu ihrer Überzeugung aus, so muss sie den Fall dem Prüfungsausschuss vorlegen, der dann über Zulassung oder Nichtzulassung zu entscheiden hat. Bei der vorzeitigen Zulassung gem. § 45 Abs. 1 BBiG handelt es sich um eine „enge Ausnahmevorschrift“, die nur „für einen ganz begrenzten Kreis von Auszubildenden Anwendung finden“ kann (VGH Kassel EzB BBiG § 40 Abs. 1 Nr. 2). Eine vorzeitige Zulassung kann daher davon abhängig gemacht werden, dass der Auszubildende wesentlich über dem Durchschnitt liegende Leistungen (z.B. in den Noten der Berufsschule und in dem Zwischenzeugnis seines Ausbildungsbetriebes) glaubhaft macht (OVG Koblenz, VG Oldenburg, VG Freiburg EzB BBiG § 40 Abs. 1 Nrn. 21, 4, 8). Nur der Auszubildende ist antrags- und klageberechtigt, nicht der Ausbildende (VG Ansbach EzB BBiG § 40 Abs. 1 Nr. 5). cc) Zulassung von Außenseitern (§ 45 Abs. 2 BBiG) 115
Ein Prüfungsbewerber, der eine ordnungsgemäße Ausbildung für den Ausbildungsberuf nicht durchlaufen hat, ist zuzulassen, wenn er nachweist, dass er mindestens das Eineinhalbfache der Zeit, die nach der Ausbildungsordnung als Ausbildungszeit vorgeschrieben ist, in dem Beruf, in dem er die Prüfung ablegen will, tätig gewesen ist (§ 45 Abs. 2 BBiG). Als Zeiten der Berufstätigkeit gelten gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 BBiG auch Ausbildungszeiten in einem anderen, einschlägigen – d.h. artverwandten – Ausbildungsberuf. Davon profitieren insbesondere Absolventen zweijähriger Berufe, die eine Abschlussprüfung in einem verwandten dreijährigen Beruf anstreben. Sie können nach einer einschlägigen Berufstätigkeit nunmehr zweieinhalb Jahre nach Bestehen der Abschlussprüfung in einem zweijährigen Beruf die Zulassung zur Abschlussprüfung in einem verwandten dreijährigen Beruf erlangen.
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Diese Dauer der Berufstätigkeit muss nicht nachgewiesen werden, wenn der Bewerber durch Vorlage von Zeugnissen oder auf andere Weise glaubhaft machen kann, dass er Kenntnisse und Fertigkeiten erworben hat, die die Zulassung zur Prüfung rechtfertigen (§ 45 Abs. 2 Satz 3 BBiG). In allen Fällen prüft die IHK, ob die Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung gegeben sind. Bejaht sie das, so spricht sie die Zulassung aus; kommt sie zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen nicht gegeben oder nicht glaubhaft dargetan sind, so leitet sie den Vorgang gem. § 46 Abs. 1 BBiG 92 Wurster
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an den zuständigen Prüfungsausschuss, der über Zulassung oder Nichtzulassung zu entscheiden hat (VGH Kassel EzB BBiG § 40 Abs. 2 Nr. 1; VG Köln EzB BBiG § 40 Abs. 2 Nr. 3; VG Koblenz EzB BBiG § 40 Abs. 2 Nr. 6). Der Bewerber hat einen Rechtsanspruch auf Zulassung, wenn die Voraussetzungen erfüllt und von ihm nachgewiesen sind (VGH Kassel EzB BBiG § 40 Abs. 2 Nr. 1). dd) Prüfungsentscheidungen (§§ 38, 47 BBiG) Die IHK hat für die Abschlussprüfungen eine Prüfungsordnung zu erlassen (§ 47 Abs. 2 BBiG). Gem. § 79 Abs. 4 BBiG ist hierfür der Berufsbildungsausschuss zuständig. Maßgeblich für den Inhalt der Prüfungsordnung sind Richtlinien des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung in Bonn, § 47 Abs. 3 BBiG („Musterprüfungsordnung“). Sie wurden im Jahr 1971 erstmals erlassen und zuletzt im Jahr 2007 überarbeitet. Die aufgrund dieser Richtlinien vom Berufsbildungsausschuss der IHK beschlossene Prüfungsordnung bedarf schließlich der Genehmigung der obersten Landesbehörde und ist im Bekanntmachungsorgan der IHK wie jedes andere statutarische Recht zu verkünden. In dieser Prüfungsordnung sind mindestens die Zulassung zur Prüfung, die Gliederung, die Bewertungsmaßstäbe, die Erteilung der Prüfungszeugnisse, die Folgen von Verstößen gegen die Prüfungsordnung und die Wiederholungsprüfung geregelt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 BBiG). Sie kann ferner vorsehen, dass Prüfungsaufgaben, die überregional oder von einem Aufgabenerstellungsausschuss der zuständigen Stelle erstellt oder ausgewählt werden, zu übernehmen sind, sofern diese Aufgaben von Gremien erstellt oder ausgewählt werden, die entsprechend § 40 Abs. 2 BBiG zusammengesetzt sind (§ 47 Abs. 2 Satz 2 BBiG). Diese durch das Berufsbildungsgesetz von 2005 eingeführte Regelung wurde in der Musterprüfungsordnung des BiBB-Hauptausschusses von 2007 in § 18 Abs. 2 umgesetzt. Die Prüfungsordnung hat Rechtssatzcharakter (VGH Mannheim ESVGH 16, 102). Nach ihr hat sich die IHK bzw. der Prüfungsausschuss bei der Zulassung zur Prüfung, bei der Durchführung der Prüfungen und bei den Prüfungsentscheidungen zu richten. Sie kann auch von einem Bewerber oder Prüfling gemäß § 47 VwGO angegriffen werden.
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Der Prüfungsausschuss hat zwar nach § 18 Abs. 1 der Prüfungsordnung die Möglichkeit, die Prüfungsaufgaben selbst zu erstellen. In der Regel werden aber die schriftlichen Prüfungsaufgaben für die einzelnen Ausbildungsberufe von überregionalen Aufgabenerstellungs-Ausschüssen ausgearbeitet, in denen ebenso wie in den Prüfungsausschüssen Vertreter der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der Lehrkräfte gleichberechtigt zusammenwirken. In diesen Fällen schreibt der neue § 18 Abs. 2 der Prüfungsordnung vor, dass die so erstellten Aufgaben vom Prüfungsausschuss zu übernehmen sind, wenn die zuständige Stelle über die Übernahme entschieden hat. Damit wird eindeutig festgelegt, dass überregional erstellte Prüfungsaufgaben, die den Anforderungen des BBiG genügen, von den Prüfungsausschüssen der IHKs ohne vorheriges Einsichtsrecht sowie ohne weitere Änderungen übernommen werden müssen, wenn die IHK-Geschäftsführung sich dafür entschieden hat. Hier hat der einzelne Prüfungsausschuss also keine Auswahl mehr, sondern hat die vorgelegten Arbeiten entsprechend den schriftlichen Aufgaben zu bewerten. Mit dieser Regelung wird der ständigen Rechtsprechung Rechnung getragen (BVerwG GewArch 1990, 363; OVG Münster GewArch 1990, 136; OVG Münster GewArch 1990, 136; VG Frankfurt EzB BBiG § 37 Nr. 11; VG Düsseldorf EzB BBiG § 37 Nr. 12, für Zwischenprüfungen OVG Berlin EzB BBiG § 37 Nr. 34).
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Schon die Entscheidungen der Prüfungsausschüsse, die vor Erlass des Berufsbildungsgesetzes ergingen, waren Verwaltungsakte (OVG Münster BB 1961, 474; Junge, BB 1961, 534; Richter, Die Rechtsprechung zur Berufsbildung, 1969). Die gerichtliche Nachprüfung war jedoch darauf beschränkt, ob das Prüfungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt und die Bewertung nicht durch sachfremde Erwägungen beeinflusst worden ist; alle mit der Bewertung zusammenhängenden fachlichen Fragen konnten von den Verwaltungsgerichten nicht korrigiert werden (BVerwGE 8, 272; 11, 165).
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Demgegenüber hat das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1991 (BVerfGE 84, 34 und 59) bei Berufszulassungsprüfungen die gerichtliche Nachprüfung auf fachliche Fragen ausgedehnt und nur noch die prüfungsspezifischen Wertungen davon ausgenommen. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Grundsätze für die Prüfungspraxis weiterentwickelt, insbesondere ein verwaltungsinternes Kontrollverfahren und die Möglichkeit einer Neubewertung 94 Wurster
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durch den Prüfungsausschuss eingeführt (BVerwG DÖV 1993, 480; DVBl. 1993, 842; DVBl. 1998, 971; VGH München NVwZ 1991, 499 und dazu Rozek, NVwZ 1992, 33). Voraussetzung dafür ist wiederum eine abgestufte Begründungspflicht für schriftliche wie mündliche Leistungen (BVerwGE 91, 242; 99, 165). Ein Wortprotokoll der mündlichen Prüfung wird jedoch nicht verlangt (BVerfG NVwZ 1997, 263; BVerwG DVBl. 1994, 641; OVG Münster DVBl. 1992, 1849). Diese Neuerungen haben im Schrifttum ein umfangreiches Echo gefunden, weil sie das Prüfungsverfahren erheblich komplizieren (Niehues, NJW 1991, 3001; Herzog, NJW 1992, 2601; Wohlgemuth, DB 1992, 1777; zusammenfassend Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2 Prüfungsrecht, 2004; Zimmerling/Brehm, NVwZ 1997, 451). Im Bereich des BBiG ist davon auszugehen, dass die Abschlussprüfungen diesen Grundsätzen entsprechen müssen, weil sie wegen ihrer allgemeinen Anerkennung im Wirtschaftsleben – z.B. in Tarifverträgen oder auch Arbeitsverträgen – für das Berufsleben praktisch die gleichen Folgen haben wie eine Berufszulassung. Die frühere Rechtsprechung lässt sich deshalb nur noch teilweise heranziehen, soweit es nicht um fachliche Fragen in der Prüfung selbst geht. So bleiben beispielsweise Multiple-Choice-Prüfungen zulässig; die Fragen können jedoch auf ihre Zulässigkeit und Eignung, die Antworten auf ihre Richtigkeit überprüft werden (BVerfGE 84, 59). Jede vertretbare fachliche Meinung gilt. Ebenso kann bei der Bewertung weiterhin ein Punktesystem angewandt werden, das die Punkteverteilung auf die einzelnen Noten nicht linear vornimmt; Folgefehler dürfen jedoch nicht mehrfach zu einem Punktabzug führen (VG Neustadt EzB PO-FP, Feststellung des Prüfungsergebnisses, Nr. 3). Einwände des Prüflings in verwaltungsinternen Kontrollverfahren müssen auf jeden Fall rechtzeitig und substantiiert erhoben werden.
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Bei der Nachprüfung der Verfahrensvorschriften kann die ordnungsgemäße Zusammensetzung des Prüfungsausschusses von Bedeutung sein (OVG Lüneburg EzB BBiG § 37 Nr. 3); ein Wechsel der Prüfer während der Prüfung ist unzulässig (VGH Mannheim EzB BBiG § 37 Nr. 2). Auch die Beachtung der Anforderungen aus der Prüfungsordnung ist wesentlich (VGH München EzB PO-AP, Bewertung, Nr. 4; OVG Münster EzB HwO § 38 Nrn. 2 und 3). Bei der Auseinandersetzung über die richtige Bewertung einer Prüfungsleistung geht es deshalb oft um die Bewertungsvorschriften
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der Prüfungsordnung, wenn sie beispielsweise ein Hundertpunktesystem vorsehen. Eine solche Bewertung ist zulässig, wobei die Punkteverteilung keineswegs linear zu sein braucht (OVG Bremen EzB-VjA BBiG § 46 Abs. 1, Bilanzbuchhalter, Nr. 9; OVG Münster GewArch 1985, 22; VGH Mannheim GewArch 1990, 136). Auf jeden Fall müssen die Prüfer selbst entscheiden (VGH Mannheim GewArch 1990, 136; VGH München GewArch 1990, 417). 123
Ein Fehler beim Prüfungsverfahren kann grundsätzlich nur dann zur Aufhebung der Prüfungsentscheidung führen, wenn ein Einfluss auf das Prüfungsergebnis nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG GewArch 1978, 133). Dies ist in der Regel nicht der Fall, wenn lediglich bei dem Prüfungsprotokoll, welches die Prüfungsordnung vorsieht, Fehler vorgekommen sind, die sich nicht auf das Prüfungsergebnis auswirken können (VG Köln EzB BBiG § 35 Nr. 7; VGH Mannheim EzB BBiG § 35 Nr. 9). Ein Wortprotokoll ist jedenfalls nicht notwendig (BVerfG NVwZ 1997, 263; BVerwG DVBl. 1994, 641; OVG Münster DVBl. 1992, 1849).
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Nur der Auszubildende kann die Prüfungsentscheidung anfechten; dem Ausbildenden steht dieses Recht nicht zu, da mit dem Prüfungsbescheid kein Verwaltungsakt ihm gegenüber ergangen ist (OVG Münster GewArch 1978, 381; a.A. OVG Lüneburg EzBVjA BBiG § 14 Abs. 3, Nr. 3). Für den Ausbildenden kann eine nicht bestandene Prüfung seines Auszubildenden nur dann überhaupt eine rechtliche Auswirkung haben, wenn sich in diesem Fall der Ausbildungsvertrag verlängert (§ 21 Abs. 3 BBiG).
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Widerspruch und Klage sind gegen die IHK zu richten, nicht gegen den Prüfungsausschuss. Die Prüfungsausschüsse der IHKs sind nur unselbständige Organe, die von der IHK gemäß dem Berufsbildungsgesetz errichtet werden. Sie sind keine Behörden. Diese Streitfrage ist abschließend durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG GewArch 1985, 97) geklärt. ee) Zwischenprüfungen (§ 48 BBiG)
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Zur Ermittlung des Ausbildungsstandes ist während der Berufsausbildung eine Zwischenprüfung entsprechend der Ausbildungsordnung durchzuführen (§ 48 BBiG).
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Da § 47 BBiG nicht unter den Vorschriften aufgeführt ist, die für § 48 BBiG entsprechend gelten, ist die IHK nicht verpflichtet, für die Zwischenprüfungen eine Prüfungsordnung aufzustellen. Sie kann also das Prüfungsverfahren nach den besonderen Bedürfnissen einer Zwischenprüfung einfach und flexibel gestalten. Z.B. kann sie auf eine mündliche Prüfung verzichten und lediglich schriftliche Prüfungsaufgaben stellen (VG Hamburg EzB BBiG § 44 Nr. 8). Zwar wird § 39 BBiG für anwendbar erklärt, der die Errichtung von Prüfungsausschüssen durch die IHK vorsieht. Da aber nicht auch § 40 BBiG anwendbar ist, wäre die IHK bei der Bildung von Prüfungsausschüssen für Zwischenprüfungen nicht an die dort gegebenen sachlichen und formellen Voraussetzungen gebunden; sie könnte vielmehr die Ausschüsse so bilden, wie es ihr nach der gegebenen Sachlage zweckmäßig und erforderlich erscheint. Es wäre denkbar, dass – falls etwa nur schriftliche Aufgaben gestellt werden – nur Lehrkräfte in einen Prüfungsausschuss berufen werden. Von der Teilnahme (nicht von einem Erfolg) an der Zwischenprüfung ist die Zulassung zur Abschlussprüfung abhängig (§ 43 Abs. 1 Nr. 2 BBiG). Im Übrigen dient das Ergebnis der Zwischenprüfung nur der Feststellung des Leistungsstandes, ohne dass damit rechtliche Folgen für die Auszubildenden verbunden sind; z.B. wird keine Anrechnung auf spätere Prüfungsleistungen vorgenommen. Der Prüfling ist durch die Mitteilung seines Ergebnisses daher nicht in seinen Rechten betroffen. Er kann demgemäß auch gegen diese Mitteilung, die keine Entscheidung im Rechtssinne darstellt, weder Widerspruch einlegen noch den Verwaltungsrechtsweg beschreiten.
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Zu der Regelung über Zwischenprüfungen ist auf jeden Fall der Berufsbildungsausschuss nach § 79 Abs. 2 BBiG zu hören, da sie in der Form einer Verwaltungsvorschrift ergeht.
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Das Berufsbildungsgesetz von 2005 hat zusätzlich die sog. „gestreckte Abschlussprüfung“, d.h. die Abschlussprüfung in zwei zeitlich auseinander fallenden Teilen, eingeführt (§§ 5 Abs. 2 Nr. 2, 44, 48 Abs. 2 BBiG). Anstatt der Durchführung einer Zwischenprüfung, die nicht bewertet wird, besteht nun die Möglichkeit, in der Ausbildungsordnung die Zwischenprüfung durch einen ersten Teil der Abschlussprüfung zu ersetzen. Die Ergebnisse dieses ersten Teils fließen in das Gesamtergebnis der Prüfung ein.
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f) Regelung, Überwachung und Förderung der Ausbildung (§ 9 BBiG) 130
Die IHK regelt die Berufsausbildung im Rahmen des Gesetzes (§ 9 BBiG), soweit nicht besondere Vorschriften bestehen. Wenn diese Regelung in der Form von Verwaltungsrichtlinien erfolgt – z.B. für die Anrechnung bestimmter Schulabgänge auf die Dauer der Ausbildungszeit, oder für die bei vorzeitiger Zulassung zu fordernden Leistungsnachweise – handelt es sich um Fragen, die als wichtige Angelegenheiten im Sinne von § 79 Abs. 2 BBiG anzusehen sind und zu denen daher der Berufsbildungsausschuss vorher zu hören ist. Allerdings können die IHKs nicht die Eintragung eines Vertrages von der Verwendung eines bestimmten Vertragsmusters abhängig machen (VG Kassel EzB BBiG § 4 Nr. 2; OVG Koblenz GewArch 1974, 347), obwohl die Notwendigkeit einer kurzfristigen Überprüfung und Eintragung von Tausenden von Ausbildungsverträgen dies nahe legt; die IHK kann Vertragsmuster nur empfehlen. Ebenso wenig können die IHKs im Rahmen der Eintragungsprüfung nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 BBiG Höchstzahlen für die zu beschäftigenden Auszubildenden verbindlich festlegen (OVG Koblenz EzB BBiG § 22 Nr. 3). Auch hier gibt es deshalb nur Verwaltungsvorschriften, welche eine Berücksichtigung des Einzelfalles und seiner besonderen Umstände nicht ausschließen dürfen. Nach § 76 BBiG obliegt der IHK die Überwachung der Berufsausbildung sowie deren Förderung durch Beratung der Ausbildenden und der Auszubildenden. aa) Überwachung (§ 76 BBiG)
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Die IHK ist berechtigt, die Ausbildungsstätten daraufhin zu besichtigen und zu überprüfen, ob sie nach ihrer Ausstattung eine ordnungsgemäße Ausbildung gewährleisten. Sie erhält durch diese Bestimmung alle notwendigen Rechte, insbesondere auch ein Auskunftsrecht und das Recht zum Betreten der Ausbildungsstätte. Ausbildungsstätten in diesem Sinne sind sowohl eine etwa vorhandene Ausbildungswerkstatt oder Ausbildungsecke, wie auch der Betrieb selbst, sofern die Ausbildung ganz oder teilweise im Betrieb erfolgt. Die IHK kann auch prüfen, ob die ihr benannten Ausbilder tatsächlich in der Ausbildung tätig sind. Sie ist befugt, sich zu informieren, ob die Auszubildenden mit ausbil98 Wurster
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dungsfremden Aufgaben beschäftigt werden. Zu all diesen Zwecken kann die IHK vom Ausbildenden die Erteilung von Auskünften oder die Vorlage von Unterlagen verlangen. Der Ausbildende ist verpflichtet, die notwendigen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen; er ist auch verpflichtet, die Besichtigung der Ausbildungsstätte – also auch des Betriebes, soweit in ihm ausgebildet wird – zu gestatten. Eine Ausnahme hinsichtlich der Auskunftspflicht gilt gem. § 76 Abs. 4 BBiG nur, soweit die Beantwortung einer Frage die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten zur Folge haben würde. bb) Beratung Zur Beratung der Beteiligten an der Berufsausbildungsvorbereitung, der Berufsausbildung und der Umschulung hat die IHK Berater zu bestellen (§ 76 Abs. 1 Satz 2 BBiG). Das Gesetz enthält keine Vorschrift darüber, was unter diesem Begriff zu verstehen ist. In jedem Fall ist die eigentliche Berufsberatung, die in der Regel vor dem Eingehen eines Ausbildungsverhältnisses liegt, keine Kammeraufgabe; sie ist Angelegenheit der Arbeitsverwaltung. Die Beratung im Sinne des § 76 BBiG hat also einen anderen Inhalt. Sie kann ihre Zielsetzung nur darin haben, dazu beizutragen, dass die Berufsausbildungsvorbereitung, Ausbildung oder Umschulung erfolgreich abschließt. Die Beratung der Auszubildenden kann also z.B. dahin gehen, dass sie bestimmte Lücken, die etwa eine Zwischenprüfung aufgezeigt hat, durch besondere Anstrengungen schließen sollen. Die Beratung der Ausbildenden kann dahin gehen, ihnen nahe zu legen, dass sie den Auszubildenden die Möglichkeit geben, gewisse Kenntnisse, die im eigenen Betrieb nicht oder nur unzureichend zu vermitteln sind, anderweitig zu gewinnen, z.B. durch Teilnahme an Ergänzungsmaßnahmen, an einer Förderveranstaltung oder durch zeitweilige Abstellung in eine überbetriebliche Ausbildungswerkstatt. Sie kann aber auch darauf gerichtet sein, den Betriebsinhaber, der ein Ausbildungsverhältnis eingehen will, davon zu überzeugen, dass er nach der Art seines Betriebes eine ordnungsgemäße Ausbildung nicht gewährleistet, dass er zusätzlich zu vorhandenen nicht weitere Auszubildende einstellen sollte oder dass er nach der Art seiner eigenen Tätigkeit, z.B. wegen häufiger geschäftlicher Abwesenheit, zu einer
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sinnvollen Beaufsichtigung und Anleitung eines Auszubildenden nicht in der Lage ist. 133
Eine solche Beratungstätigkeit ist von der IHK seit jeher ausgeübt worden. In zunehmendem Maße beschäftigen die IHKs besondere Ausbildungsberater, die im Wesentlichen im Außendienst zur Überwachung und Beratung in den Ausbildungsbetrieben sowie zur Einwerbung neuer Ausbildungsplätze im Rahmen des Ausbildungspakts („Nationaler Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland“) tätig sind. Jedoch bleibt es jeder IHK überlassen, wie sie die Ausbildungsberatung organisiert. Es ist ihre Entscheidung, ob sie hierfür lediglich für den Außendienst eingestellte Mitarbeiter einsetzt, oder ob sie Büro- und Außendienst – auch im Bürodienst wird Beratung praktiziert – nach einzelnen Fachsparten gegliedert oder einheitlich wahrnehmen lässt. Die Tätigkeit als Ausbildungsberater stellt eine Funktion in Ausübung der Kammerrechte und -pflichten nach § 76 BBiG dar, wobei jede IHK nach ihrer personellen und sachlichen Situation zu beurteilen hat, wie sie dieser Funktion organisatorisch gerecht wird und wen sie zur Wahrnehmung dieser Funktionen als Ausbildungsberater bestellt. g) Fortbildung und Umschulung (§§ 53 ff., 58 ff. BBiG)
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Neben der Berufsausbildung haben sich Berufsfortbildung und Umschulung zu weiteren Schwerpunkten der IHK-Arbeit entwickelt. In den kaufmännischen Berufen gibt es zahlreiche Weiterbildungsprüfungen, so etwa für Fachkaufleute (nach Funktion im Unternehmen), für Fachwirte (nach Branchen), für Pharmareferenten, Bilanzbuchhalter und Betriebswirte (IHK). Im gewerblichen Bereich sind es die Weiterbildungsprüfungen zum Industriemeister (nach Branchen), zum Fachmeister (in den nichtindustriellen Berufen) sowie zum Technischen Betriebswirt (IHK). Jährliche Berufsbildungsberichte des DIHK (zuletzt: DIHK-Bildungsbericht 2007/2008 Berufsbildung, Weiterbildung, Bildungspolitik 2008) geben ein instruktives Bild von der Fülle dieser Weiterbildungsmöglichkeiten, die mit einer Prüfung abgeschlossen und in der gesamten Wirtschaft anerkannt werden. Ebenso zeigt sich aber auch an den Statistiken, in welchem großen Umfang davon heute Gebrauch gemacht wird. Die kaufmännische und gewerbliche Berufsausbildung ist keine „Sackgasse“ mehr, sondern eröffnet viele Aufstiegsmöglichkeiten. 100
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Berufsbildung
§1
aa) Prüfungen Als Grundlage für eine einheitliche berufliche Fortbildung kann das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie oder dem sonst zuständigen Fachministerium nach Anhörung des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung durch Rechtsverordnung Fortbildungsabschlüsse anerkennen und hierfür Prüfungsregelungen erlassen (§ 53 Abs. 1 BBiG). Wird das Ministerium nicht tätig, ergibt sich aber der Bedarf für eine Fortbildung, können die IHKs selbst gemäß § 54 BBiG tätig werden. Ihre Fortbildungsprüfungsregelungen müssen die Bezeichnung des Fortbildungsabschlusses, Ziel, Inhalt und Anforderungen der Prüfungen, die Zulassungsvoraussetzungen sowie das Prüfungsverfahren regeln. Solche Fortbildungsprüfungsregelungen sind Satzungsrecht, das vom Berufsbildungsausschuss gemäß § 79 Abs. 4 Satz 1 BBiG beschlossen werden muss.
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Die IHK ist zur Durchführung solcher Prüfungen nicht verpflichtet. Falls sie Prüfungen durchführt, hat sie durch eine Prüfungsordnung – zuständig ist wiederum der Berufsbildungsausschuss – die Zulassung, die Gliederung der Prüfung, die Bewertungsmaßstäbe, die Erteilung der Prüfungszeugnisse, die Folgen von Verstößen gegen die Prüfungsordnung und die Wiederholungsprüfung zu regeln (§§ 56 Abs. 2, 47 BBiG). Die konkreten Zulassungsvoraussetzungen sind jedoch nicht in der Prüfungsordnung festzulegen; insoweit stellen die §§ 53 Abs. 2 und 54 BBiG leges speziales dar. Die IHK hat auch Prüfungsausschüsse zu errichten; für deren Zusammensetzung und Bildung gelten §§ 40 und 41 BBiG entsprechend, d.h., sie müssen paritätisch aus je einem Beauftragten der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehen, wobei für letztere die Gewerkschaften oder die ihr entsprechenden selbständigen Vereinigungen ein Vorschlagsrecht haben. Dass entsprechend den für die Abschlussprüfungen geltenden Vorschriften auch für Fortbildungsprüfungen eine Lehrkraft aus einer berufsbildenden Schule als Mitglied des Prüfungsausschusses zu berufen ist, ergibt sich aus der entsprechend vorgeschriebenen Anwendung des § 40 BBiG, obwohl bei der Fortbildung Erwachsener keineswegs immer Berufsschulausbildung oder Berufsschulstoff zur Prüfung anstehen. Daher wird die Vorschrift im Bereich der FortbildungsprüWurster 101
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§1
Aufgabenbereich
fungen weit ausgelegt, d.h., es werden etwa auch Dozenten aus Fortbildungseinrichtungen als Prüfer akzeptiert. Auch diese Ausschüsse wählen sich ihren Vorsitz selbst. 137
Die Systematik der Prüfungen bei beruflichen Umschulungsmaßnahmen ist ähnlich wie in der Fortbildung. Gem. § 58 BBiG kann das Bundesministerium für Bildung und Forschung als Grundlage für eine geordnete und einheitliche berufliche Umschulung Umschulungsordnungen erlassen. Wird das Ministerium nicht tätig, können die IHKs eigene Umschulungsprüfungsregelungen verabschieden. Die Vorschriften für Prüfungen und Prüfungsausschüsse gelten entsprechend (§ 62 Abs. 3 BBiG). Die IHK ist nicht verpflichtet, solche besonderen Prüfungen für Umschüler durchzuführen.
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In ihrem Entschluss über die Abnahme von Prüfungen nach §§ 53 ff. und §§ 58 ff. BBiG sind die IHKs nur ihrem pflichtgemäßen Ermessen unterworfen. Allerdings werden sie, da es sich insoweit um wichtige Angelegenheiten im Sinne von § 79 Abs. 2 Nr. 1 BBiG handelt, den Berufsbildungsausschuss hierzu hören müssen, dessen Votum zwar nicht verbindlich, aber doch sachlich von erheblichem Gewicht ist. Wenn die IHK sich aufgrund ihrer Erfahrungen und der Bedürfnisse der Wirtschaft im Kammerbezirk zur Einführung einer bestimmten Weiterbildungs- oder Umschulungsprüfung entschließt, ist die Prüfungsordnung dafür vom Berufsbildungsausschuss zu verabschieden, von der Staatsaufsichtsbehörde zu genehmigen und im Bekanntmachungsorgan der IHK zu verkünden.
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Bei eigenen Fortbildungsmaßnahmen, wie sie einer langen Kammertradition entsprechen, ist die Abnahme von Prüfungen durch die IHK eine selbst gesetzte Pflicht. Von Stellen außerhalb der IHK werden gelegentlich Fortbildungsmaßnahmen angeboten, auf deren Inhalt die IHK keinen Einfluss hat. Hier werden manchmal Sonderinteressen geltend gemacht, die auf ein Zeugnis der IHK ausgerichtet sind. Bei der von der IHK vorzunehmenden Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass es bereits eine große Breite von IHK-Weiterbildungsprüfungen gibt und eine Zersplitterung vermieden werden muss.
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Bei Umschulungsmaßnahmen kann ein allgemeines Interesse für die Abnahme der Prüfungen durch die IHK sprechen, wenn z.B. 102
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Berufsbildung
§1
die Arbeitsverwaltung aus arbeitsmarktpolitischen Gründen solche Lehrgänge anregt und finanziert; hier werden sich die IHKs der Abnahme von Prüfungen nicht verschließen können. Soweit Prüfungen durchgeführt werden, muss für sie eine Prüfungsordnung (durch den Berufsbildungsausschuss) verabschiedet werden. Richtlinien hierzu hat der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung gem. §§ 62 Abs. 3, 47 BBiG für die Umschulungsprüfungen zuletzt 2007 (gemeinsam mit der Prüfungsordnung für die Ausbildungsprüfungen), und für Fortbildungsprüfungen gem. §§ 56 Abs. 1, 47 BBiG zuletzt 2008 erlassen. Soweit Verordnungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ergehen, sind die IHKs bei Durchführung eigener Lehrgänge an deren Stoffplan gebunden und bei der Durchführung von Prüfungen verpflichtet, die Vorschriften der VO anzuwenden.
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Das Verordnungsrecht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wird bewusst subsidiär ausgeübt, weil sich die Fortbildung in erster Linie nach den Bedürfnissen der Wirtschaft zu richten hat und nur aus der praktischen Erfahrung die Notwendigkeit dafür erschlossen werden kann. Für die Einheitlichkeit von Weiterbildungsprüfungen sorgt der DIHK, in dem die IHKs zusammenarbeiten und bei einer neuen Weiterbildungsprüfung auch eine entsprechende Fortbildungsprüfungsregelung als gemeinsamen Entwurf entwickeln. Einer Verordnung bedarf es deshalb nur dann, wenn Fortbildungsmöglichkeiten von vielen Bildungsträgern angeboten werden und eine Koordinierung der Prüfungsanforderungen und damit auch der Vorbereitungslehrgänge notwendig ist. In der Regel geht man von einem Bedürfnis für eine Verordnung aus, wenn eine IHK-Fortbildungsprüfungsregelung über fünf Jahre lang in mindestens fünf Bundesländern besteht und die Prüfung bundesweit innerhalb der letzten drei Jahre vor Überführung in eine Verordnung 500 Teilnehmer hatte. Auf diese Weise bleibt das Fortbildungssystem elastisch genug, um den wechselnden Anforderungen der Wirtschaft gerecht zu werden. Nur bundesweit durchgesetzte Fortbildungsprüfungen verlangen abschließend nach einer Festlegung durch eine Verordnung. bb) Fortbildungsveranstaltungen Die §§ 53 ff. und 58 ff. BBiG befassen sich nur mit der Ermächtigung der IHK zur Abnahme von Prüfungen bei Fortbildung und Wurster 103
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§1
Aufgabenbereich
Umschulung. Die Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen, d.h. Seminaren, Lehrgängen und Kursen, beruht nicht auf §§ 53 ff. und 58 ff. BBiG, sondern auf § 1 Abs. 2 IHKG. Dabei haben die IHKs selbst darüber zu entscheiden, ob sie solche Veranstaltungen – z.B. ein Bilanzbuchhalterseminar oder einen Lehrgang für Industriemeister – durchführen und welchen Inhalt sie diesen Veranstaltungen geben. Soweit allerdings das zuständige Bundesministerium von seiner Ermächtigung Gebrauch macht, Zulassungsvoraussetzungen und Prüfungsanforderungen für Fortbildungsprüfungen durch Verordnung einheitlich festzulegen, haben die IHKs die an sich ihrer freien Entschließung unterliegende Ausgestaltung ihrer Fortbildungsmaßnahmen mit diesen Zulassungsvoraussetzungen und Prüfungsanforderungen abzustimmen. 143
Hinsichtlich der Durchführung solcher Maßnahmen ist der Berufsbildungsausschuss zu unterrichten. Die begriffliche Abgrenzung dessen, was als Fortbildung i.S. von § 1 Abs. 4 und §§ 53 ff. BBiG zu gelten hat und somit dem Unterrichtungsrecht des Ausschusses unterliegt, ist nicht immer ganz einfach. Es wird davon auszugehen sein, dass alle Maßnahmen der IHK, die in erster Linie dem sich Fortbildenden dienen, indem sie dessen berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten erweitern und ihm ein berufliches Aufsteigen ermöglichen, als Fortbildung i.S. des BBiG anzusehen sind. Sie müssen nicht unbedingt auf eine Prüfung abgestellt sein und mit einer solchen abschließen; jedoch wird die Abnahme einer Prüfung als wichtiges Indiz dafür zu werten sein, dass es sich um eine Fortbildung i.S. des BBiG handelt.
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Lehrgänge oder Veranstaltungen, die primär im Interesse der Unternehmungen liegen, indem sie Angestellte dieser Unternehmen für eine bestimmte Aufgabe (z.B. besserer Telefondienst oder bessere Geschäftsbriefe) schulen oder ihnen betriebswirtschaftliches Wissen vermitteln (z.B. Rationalisierungskurse, betriebswirtschaftliche Veranstaltungen), sind nicht als Fortbildung im engeren Sinne des BBiG anzusehen und unterliegen damit auch nicht der Mitwirkung des Berufsbildungsausschusses. Fortbildungsmaßnahmen, die nicht durch die IHK, sondern durch eine GmbH durchgeführt werden, unterliegen nicht der Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte (VG Saarland EzB BBiG § 46 Abs. 1 Nr. 1).
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Wurster
§1
Berufsbildung
h) Gebühren und Entgelte aa) Gebühr für Abschlussprüfungen (§ 37 Abs. 4 BBiG) Nach § 37 Abs. 4 BBiG ist die Abschlussprüfung für den Auszubildenden gebührenfrei. Aus dem Umkehrschluss ergibt sich, dass die Erhebung einer Gebühr vom Ausbildenden durch das Gesetz nicht untersagt ist. So wird auch im Bericht des Bundestags-Ausschusses für Arbeit vom 4. 6. 1969 (BT-Drs. V/4260, 16) ausdrücklich vermerkt: „Soweit Prüfungsgebühren erhoben werden, sind sie vom Ausbildenden zu zahlen.“ Die Erhebung einer Gebühr vom Ausbildenden widerspricht auch nicht den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen des Gebührenrechts. Denn die Voraussetzung, dass die Abschlussprüfung im Interesse des Gebührenpflichtigen, d.h. des Ausbildenden, durchgeführt wird, ist erfüllt. Zwar dient die Prüfung primär dem Interesse des Auszubildenden, da sie bestimmte für sein weiteres Berufsleben wesentliche Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten bestätigt. Sie dient aber gleichzeitig auch dem Interesse des Ausbildenden. Da dieser nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 BBiG verpflichtet ist, dem Auszubildenden die Fertigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich sind, und da zur Feststellung dieser Fertigkeiten, also zur Feststellung, ob der Ausbildende insoweit seiner Verpflichtung aus dem Ausbildungsvertrag nachgekommen ist, die Abschlussprüfung dient (§§ 37 Abs. 1, 38 BBiG), ist der Ausbildende aus dem Ausbildungsvertrag gehalten, den Auszubildenden zur Prüfung anzumelden, und gem. § 15 BBiG verpflichtet, ihn zur Teilnahme an der Prüfung freizustellen. Das Prüfungsverfahren dient also insofern – jedenfalls auch – seinem Interesse, so dass sich die vom Gesetzgeber gebilligte Erhebung einer Prüfungsgebühr rechtfertigt.
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Von Prüflingen, die gem. § 45 Abs. 2 BBiG auf eigenen Antrag zur Prüfung zugelassen werden (sog. Externe), können Prüfungsgebühren erhoben werden. Dasselbe gilt für Wiederholer, deren Berufsausbildungsverhältnis nicht gem. § 21 Abs. 3 BBiG verlängert worden ist. Derartige Prüflinge sind nicht „Auszubildende“ im Sinne des Gesetzes, so dass § 37 Abs. 4 BBiG für sie nicht gilt. Offensichtlich ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass solche Prüflinge – anders als die Auszubildenden – voll in Arbeit und Lohn stehen und daher die Gebühr für eine Prüfung, von deren Ablegung sie sich ja Vorteile versprechen, tragen können. Für
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§1
Aufgabenbereich
Prüflinge nach § 43 Abs. 2 BBiG dagegen wird wohl § 37 Abs. 4 BBiG gelten, da diese Prüflinge nach Abschluss ihrer Ausbildung zur Prüfung anstehen, insoweit also als Auszubildende betrachtet werden können. bb) Gebühr für Fortbildungs- und Umschulungsprüfungen 147
Da § 37 Abs. 4 in § 56 Abs. 1 und in § 62 Abs. 3 BBiG nicht für entsprechend anwendbar erklärt worden ist, können die IHKs für die Teilnahme an diesen Prüfungen auch vom Prüfungsteilnehmer selbst Gebühren verlangen. Das steht in logischem Zusammenhang zu der ratio legis des § 37 Abs. 4 BBiG, da der Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis keine Verpflichtung zur Fortbildung des Arbeitnehmers trägt – anders der Ausbildende gegenüber dem Auszubildenden – und da die Fortbildung im primären Fortkommensinteresse des Prüfungsteilnehmers erfolgt. Bei der Umschulung gilt Entsprechendes. cc) Entgelte für Fördermaßnahmen während der Ausbildung
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Für Förderkurse, die von einer IHK zur Ausfüllung von Kenntnislücken bei Auszubildenden, z.B. in Rechnen und Orthographie, angeboten werden, kann ein Entgelt vom Auszubildenden erhoben werden, wenn er im eigenen Interesse an solchen Kursen teilnimmt. Der Ausbildende wäre nicht verpflichtet, dieses Entgelt zu übernehmen – er wird es vielfach freiwillig tun –, da es sich insoweit um Ergänzung schulischen Wissens handelt, für das der Ausbildende keine Ausbildungsverantwortung trägt. Für Maßnahmen zur Ergänzung des Ausbildungsstoffes kann der Ausbildende die Kosten tragen müssen, wenn die Gründe für die notwendige Ergänzung bei ihm liegen. dd) Entgelte für Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen
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Bei solchen Maßnahmen kann die IHK vom Teilnehmer ein Entgelt erheben. Hier wird jedoch vielfach eine Kostenübernahme durch das Arbeitsamt nach Maßgabe des SGB III in Betracht kommen, die neben den Teilnahmeentgelten zumeist auch die Prüfungsgebühren umfasst. In den dargestellten Fällen handelt es sich rechtlich nicht um eine Gebühr, obwohl solche Teilnehmerentgelte oft als Gebühr be106
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Ursprungszeugnisse
§1
zeichnet werden. Werden Entgelte vom pflichtigen Teilnehmer nicht gezahlt, so können sie nicht wie Gebühren als öffentliche Abgaben beigetrieben werden; sie müssen vielmehr im Zivilrechtswege geltend gemacht und vollstreckt werden.
9. Ursprungszeugnisse Ursprungszeugnisse sind nach internationalen Handelsabmachungen vielfach im Warenverkehr zur Feststellung des Herkunftslandes vorgeschrieben. Es handelt sich um eine traditionelle Aufgabe der Industrie- und Handelskammern (vgl. § 42 Abs. 2 des Preußischen IHKG; § 2 Nr. 7 der Bayerischen IHK-Verordnung), die insbesondere bei Kammern mit Exportorientierung von Industrie und Handel große Bedeutung hat. Neben der IHK mit ihrer generellen Zuständigkeit sind jeweils für ihren Bereich zuständig die Handwerkskammern (§ 91 Abs. 1 Nr. 11 HwO), Landwirtschaftskammern nach näherer Bestimmung des einschlägigen Landesgesetzes, Zollstellen gemäß Dienstanweisung des Bundesfinanzministeriums (VSF Z 40 60 Nr. 1), sowie für Filme das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft gemäß dem Runderlass Außenwirtschaft Nr. 4/87 vom 10. 3. 1987 (BAnz. Nr. 58 vom 15. 3. 1987). Für den Artenschutz gilt eine Sonderregelung nach Art. 5 Abs. 3 des Washingtoner Artenschutzabkommens vom 3. 3. 1973 in Verbindung mit der EG-Verordnung 3626/82 vom 3. 12. 1982 (ABl. der Europäischen Gemeinschaft Nr. L 384, S. 1).
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Rechtsgrundlage für die Ausstellung von Ursprungszeugnissen durch die IHKs ist neben § 1 Abs. 3 IHKG der Zollkodex der EG (VO/EWG Nr. 2913/92 vom 12. 10. 1992 – ABl. EG Nr. 1 303), wo die Artikel 22–26 den Ursprungsbegriff und die Ursprungszeugnisse behandeln. Ergänzt wird der Zollkodex durch eine Durchführungsverordnung (VO/EWG Nr. 2454/93 vom 2. 7. 1993 – ABl. EG Nr. I 253), die in den Artikeln 35–54 und den Anhängen IX, X und XI alle Einzelheiten bis hin zum Antragsformular regelt. Änderungen erfolgen so häufig, dass der letzte Stand nur aus den Amtsblättern der EG oder aus kurzfristig ergänzten Loseblattwerken entnommen werden kann (Wolff, EG-Zollkodex, Stand Okt. 1997; Kaufmann, Ursprungsregeln, Baden-Baden 1996).
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Ein vom DIHK erarbeitetes Musterstatut (1993) fasst die allgemein anerkannte Praxis der IHKs zusammen. Es bildet, nach-
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§1
Aufgabenbereich
dem es von der Vollversammlung der einzelnen Kammern als statutarisches Recht beschlossen und verkündet ist, eine weitere einheitliche Rechtsgrundlage für die Verwaltungsverfahren. Dazu kommen gemeinsam erarbeitete Musterrichtlinien, welche regelmäßig der Entwicklung auf diesem Sachgebiet angepasst werden. Das Statut stellt die Rechte der Kammern für die Nachprüfung der Angaben der Antragsteller sowie notfalls für die Rücknahme von Ursprungszeugnissen klar. Für das Verfahren gilt im Übrigen das Verwaltungsverfahrensgesetz des jeweiligen Bundeslandes. 153
Unter den von den Antragstellern zu machenden Angaben ist die Bezeichnung des Ursprungslandes der auszuführenden Waren besonders wichtig. Haben diese Waren ihren Ursprung in einem Land der Europäischen Gemeinschaft, so ist als Ursprungsbezeichnung die „Europäische Gemeinschaft“ anzugeben. Besonderer Beachtung bedürfen Anträge, die Waren betreffen, die nicht im inländischen Betrieb des Antragstellers, sondern in einem fremden Betrieb oder im eigenen Betrieb des Antragstellers im Ausland hergestellt sind. Die Kammern müssen in diesen Fällen Unterlagen über den Ursprung der Waren verlangen. Das sind in erster Linie Ursprungszeugnisse anderer zur Ausstellung berechtigter Stellen oder Rechnungen, Lieferscheine und dgl. inländischer Hersteller, sofern sie erkennen lassen, dass die Waren in deren eigenen Betrieben im Inland hergestellt wurden. Belege von nichteuropäischen Händlern oder Herstellern müssen von einer zur Ausstellung von Ursprungszeugnissen berechtigten Stelle bescheinigt bzw. beglaubigt sein.
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Ursprungszeugnisse sind öffentliche Urkunden (§ 271 StGB, § 415 ZPO), denn sie haben Beweiskraft für und gegen jedermann und genießen damit öffentlichen Glauben. Es bedarf keiner besonderen gesetzlichen Vorschrift, um ihnen diese rechtliche Bedeutung zu verschaffen. Sie sind auf ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage von den IHKs (die insoweit Behörden sind, RGSt. 52, 198) ausgestellt worden, ihre Rechtswirkung wird in den oben genannten Gesetzen und Verordnungen festgestellt. Handelsverträge pflegen überdies ausdrücklich die Verwendung von Ursprungszeugnissen zu Beweiszwecken vorzusehen; sie sind daraufhin für den gesamten internationalen Handel als Beweis des Ursprungs anerkannt (vgl. hierzu RGSt. 61, 410, 412/413 und RGSt. 74, 26, 32).
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Möllering
Andere dem Wirtschaftsverkehr dienende Bescheinigungen
§1
Zur Glaubhaftmachung der für die Ausstellung eines Ursprungszeugnisses erheblichen Tatsachen werden der IHK vielfach eidesstattliche Versicherungen vorgelegt. Die Kammern sind jedoch zur Abnahme eidesstattlicher Versicherungen nicht berechtigt. Diese Frage war früher streitig (vgl. 3. Auflage, S. 97/98), ist nunmehr jedoch durch § 27 der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder geklärt. Danach darf eine Behörde Versicherungen an Eides statt nur verlangen und abnehmen, wenn dies für das Verfahren durch Gesetz oder Rechtsverordnung vorgesehen und die Behörde durch Rechtsvorschrift ausdrücklich dafür zuständig erklärt worden ist. An solchen Rechtsvorschriften fehlt es, abgesehen von § 3 Abs. 4 des Hamburger Kammergesetzes vom 27. 2. 1956 und § 12 Abs. 5 GGVS. Lediglich in diesen Fällen ist also die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung gegenüber der IHK nach § 156 StGB strafbar. Aber auch bei den anderen Kammern besteht ein ausreichender Strafschutz dadurch, dass die Abgabe falscher Erklärungen zur Erlangung eines Ursprungszeugnisses in der Regel als Betrug (§ 263 StGB) gegenüber dem Vertragspartner oder als mittelbare Falschbeurkundung (§ 271 StGB) bestraft werden kann, gegebenenfalls auch als Zollstraftat nach § 370 AO.
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10. Andere dem Wirtschaftsverkehr dienende Bescheinigungen Im internationalen Handelsverkehr sind neben den Ursprungszeugnissen andere dem Wirtschaftsverkehr dienende Bescheinigungen relativ häufig. Eine Bescheinigung „dient“ dem Wirtschaftsverkehr, wenn sie z.B. von ausländischen Behörden, in Akkreditivbedingungen oder für Zwecke der Legalisierung durch ausländische Konsulate „gefordert“ wird. „Dienen“ heißt nicht unbedingt, dass solche Bescheinigungen dem Wirtschaftsverkehr auch tatsächlich „förderlich“ sein müssen. Sie dienen der Beweissicherung und sind wegen der Besonderheiten des grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehrs auf diesem Gebiet praktisch unentbehrlich, während hier für den innerstaatlichen Waren- oder Dienstleistungsverkehr in der Regel anderweitige Rechts- oder Beweismöglichkeiten bestehen. Vertragspartner des deutschen Unternehmens braucht nicht ein Kaufmann zu sein; es kann sich auch um einen ausländischen Staat, eine karitative Organisation
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§1
Aufgabenbereich
oder einen Privatmann als Teilnehmer am grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr handeln. 157
Besonders häufig sind die Bescheinigungen, die auf Handelsrechnungen und vergleichbaren Handelspapieren von ausländischen Behörden zusätzlich zum Ursprungszeugnis gefordert werden. Eine Übersicht über diese von zahlreichen ausländischen Behörden verlangten Bescheinigungen gibt das von der Handelskammer Hamburg herausgegebene Handbuch „Konsulats- und Mustervorschriften“ in seiner jeweiligen Fassung. Hier handelt es sich in der Regel um Bescheinigungen, weil die IHKs die Richtigkeit der in der Handelsrechnung aufgeführten Tatsachen bestätigen. Auch für diese Bescheinigungen gibt es einheitliche Texte, die in den Musterrichtlinien des DIHK festgehalten sind.
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Das erwähnte Musterstatut erklärt die Bestimmungen über das Verfahren bei Ursprungszeugnissen sinngemäß auch für diese Bescheinigungen für anwendbar. Deshalb wird sich die IHK über die von ihr zu bescheinigenden Tatsachen Gewissheit verschaffen müssen, beispielsweise durch Einsicht in die Bücher, durch Augenschein oder durch Vorlage von Korrespondenz. Zur Abnahme eidesstattlicher Versicherungen ist die IHK auch hier nicht befugt. Die Kammern prüfen aber auch, ob die Notwendigkeit für eine solche Bescheinigung besteht, ob also ausländische Behörden oder vertragliche Vereinbarungen dies vorsehen. Die früher streitige Frage, ob auch Bescheinigungen im Zusammenhang mit einem ausländischen Boykott zulässig sind, ist inzwischen durch die 24. Verordnung AWV vom 23. 7. 1992 (BAnz. Nr. 139 vom 29. 7. 1992) geklärt, wonach eine solche Unterstützung nur für Embargos der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union zulässig, im Übrigen aber verboten ist. Die Einzelheiten finden sich in den Runderlassen AWV Nr. 27/92 (BAnz. Nr. 139 vom 29. 7. 1992) und Nr. 31/92 (BAnz. Nr. 177 vom 19. 9. 1992).
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Soweit Bescheinigungen aufgrund besonderer staatlicher Vorschriften auszustellen sind, bedarf es ebenfalls keines Rückgriffs auf § 1 Abs. 3 IHKG. Ein Beispiel für Bescheinigungen, deren Ausstellung den Kammern durch Sondervorschrift übertragen worden ist, bietet § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Ersten Verordnung zur Durchführung von Richtlinien über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr in der Europäischen Gemeinschaft vom 14. 5. 1971 (BGBl. I, 677). Danach haben die IHKs die Be110
Möllering
Andere dem Wirtschaftsverkehr dienende Bescheinigungen
§1
scheinigung über eine Ausbildung oder Befähigung oder die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit im Inland auszustellen, soweit nicht für Angehörige des Handwerks und handwerksähnlicher Berufe die Handwerkskammern, und für freie Berufe andere öffentlich-rechtliche Berufskammern zuständig sind. Dazu kommt auch die Erklärung, dass der Antragsteller nicht in Insolvenz geraten ist. Eine Zusammenfassung der einschlägigen Richtlinien und der zuständigen Behörden bringt die Bekanntmachung der Kommission vom 13. 7. 1974 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft 1974 Nr. C 81/1). Demnächst wird der gesamte Bereich durch eine einzige EG-Richtlinie neu geregelt. Soweit die Ausstellung von dem Wirtschaftsverkehr dienenden Bescheinigungen durch Rechtsvorschrift anderen Stellen zugewiesen ist, besteht keine Zuständigkeit der IHK. Die Kammern haben also auch keine Ersatzzuständigkeit, wenn staatliche Fachbehörden ausschließlich für zuständig erklärt worden sind. Nicht zuständig sind die IHKs für die Ausstellung von EWG-Warenverkehrsbescheinigungen aufgrund von Assoziierungs- oder Präferenzabkommen, die ausschließlich den Zolldienststellen zugewiesen worden ist; die Grundlage dafür findet sich in den Protokollen, Anlagen und Beschlüssen zu den verschiedenen Assoziierungs- oder Präferenzabkommen. Gelegentlich ist in internationalen Handelsabkommen oder auch aus gegebenem Anlass die Vorlage von Analysenzertifikaten, sog. Verkehrsfähigkeitsbescheinigungen, für Wein und Weinbrand, Lebensmittel, Kosmetika und Bedarfsgegenstände, vorgeschrieben, womit in der Regel die staatlichen Lebensmitteluntersuchungsämter beauftragt worden sind; in Nordrhein-Westfalen sind beispielsweise die Kreisordnungsbehörden nach § 8 des Landesgesetzes über Lebensmittel, Kosmetika und Bedarfsgegenstände zuständig, anders dagegen in Bayern nach einem Erlass vom 20. 10. 1967 (MBl. 671) die Kammern. Soweit also nach Landesrecht in diesem Bereich für eine Bescheinigungstätigkeit der Kammern überhaupt Raum bleibt, bedienen sich diese selbstverständlich für die notwendigen Untersuchungen ebenfalls der staatlichen Lebensmitteluntersuchungsämter oder geeigneter Sachverständigenlabors.
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Die Ausstellung dieser dem Wirtschaftsverkehr dienenden Bescheinigungen nach § 1 Abs. 3 IHKG oder den oben erwähnten Sondervorschriften ist ein Verwaltungsakt und erfolgt in einem Verwaltungsverfahren. Die Bescheinigung kann also eingeklagt
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§1
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werden, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind und nachgewiesen werden. Die Ablehnungsgründe der Kammer können dann gerichtlich überprüft werden. Zuständig ist grundsätzlich diejenige Kammer, in deren Bezirk der Hauptsitz des Unternehmens oder die Betriebsstätte liegt.
11. Carnet A.T.A. 162
Keine dem Wirtschaftsverkehr dienende Bescheinigung im engeren Sinne, aber vom Sachgebiet verwandt mit den vorgenannten Dokumenten, ist das Carnet A.T.A., das bei vorübergehender Ausfuhr von Waren in das Ausland für die Präsentation auf Messen oder als Warenmuster oder Berufsausrüstung die Hinterlegung oder Kaution für Zollabgaben ersetzt. Das Carnet wird von den IHKs ausgestellt. Die IHK-Organisation bürgt über den DIHK, der wiederum über die Euler HERMES Kreditversicherung AG versichert ist, für die Abgaben bis zur Wiederausfuhr (A.T.A. Übereinkommen, BGBl. II, 1965; 948; Istanbuler Konvention, ABl. EG Nr. L 130 vom 27. 5. 1993).
12. Beglaubigungen 163
In der Praxis werden die Industrie- und Handelskammern seit jeher auch für die Beglaubigung von Unterschriften oder Abschriften in Anspruch genommen, fast ausschließlich für den Außenwirtschaftsverkehr (vgl. Konsulats- und Mustervorschriften der Handelskammer Hamburg). Eine solche Beglaubigung reicht jedoch nicht aus, wenn ausdrücklich eine öffentliche Beglaubigung (§ 129 BGB) vorgeschrieben ist oder verlangt wird; hierfür sind nach dem Beurkundungsgesetz vom 28. 8. 1969 (BGBl. I, 513) ausschließlich die Notare zuständig. Davon ist jedoch die amtliche Beglaubigung zu unterscheiden, wenn das unterzeichnete Schriftstück zur Vorlage bei einer Behörde oder sonstigen Stelle benötigt wird (vgl. § 65 des Beurkundungsgesetzes). Die amtliche Beglaubigung ist in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder näher geregelt (§§ 33, 34 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes und die gleich lautenden Landesvorschriften); danach wird die Zuständigkeit durch Rechtsverordnung festgelegt. So dürfen z.B. in Rheinland-Pfalz die IHKs nur Unterschriften, nicht aber Abschriften beglaubigen. Diese Vorschriften der 112
Möllering
Einheitliche Stelle
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Verwaltungsverfahrensgesetze über die amtliche Beglaubigung gelten nur für den innerdeutschen Rechtsverkehr, nämlich zur Vorlage bei einer deutschen Behörde oder sonstigen durch Rechtsvorschrift bezeichneten Stellen, nicht jedoch für die Kammerbeglaubigungen im Außenwirtschaftsverkehr für ausländische Stellen und Geschäftspartner. Hier ergibt sich die Kammerzuständigkeit aus § 1 Abs. 3, dessen Wortlaut – aus dem früheren Kammerrecht übernommen und entsprechend zu verstehen – auch bloße Beglaubigungsvermerke umfasst. Die IHKs können deshalb im Rahmen der internationalen Beglaubigungspraxis im Außenwirtschaftsverkehr auch weiterhin solche Beglaubigungen von Unterschriften und Abschriften vornehmen. Es handelt sich dabei ebenfalls um amtliche Beglaubigungen im Sinne von § 65 des Beurkundungsgesetzes, die damit öffentliche Urkunden gemäß § 415 ZPO sind und nach den Konsulargesetzen des Auslandes einer Legalisierung bedürfen. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass oft kurze Bescheinigungen fälschlich als „Beglaubigungen“ bezeichnet werden. Bescheinigungen enthalten Erklärungen der bescheinigenden Stelle über die von ihr festgestellten Tatsachen, während die Beglaubigung lediglich die Echtheit einer Unterschrift oder die Richtigkeit einer Abschrift betrifft. Insbesondere bei den Kammervermerken auf Handelsrechnungen und anderen Handelspapieren handelt es sich in der Regel um Bescheinigungen im Sinne von § 1 Abs. 3, nicht um Beglaubigungen.
164
13. Einheitliche Stelle Durch Art. 7 des Vierten Gesetzes Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (4. VwVfÄndG) vom 11. 12. 2008 (BGBl. I, 2418) sind die Absätze 3a und 3b in § 1 eingefügt worden. In Abs. 3a werden die Länder ermächtigt, den Industrie- und Handelskammern durch Gesetz die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes – gegebenenfalls auch im Verhältnis zu nicht Kammerzugehörigen – zu übertragen. Das Gesetz hat die Aufgabenbereiche, auf die sich diese Übertragung bezieht, und die Aufsicht zu regeln. Nach Abs. 3b können die Länder den IHKs dabei ebenfalls durch Gesetz ermöglichen, sich an Einrichtungen zu beteiligen, welche die Aufgaben einer einheitlichen Stelle erfüllen. Möllering 113
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Aufgabenbereich
164b
Die Regelung erfolgt im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. EG Nr. L 376 S. 36). Ziel der Richtlinie ist die Förderung des Binnenmarktes durch eine Verbesserung des Rechtsrahmens für die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen. Nach Art. 6 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Dienstleistungserbringer alle Verfahren und Formalitäten, die für die Aufnahme ihrer Dienstleistungstätigkeiten erforderlich sind, sowie die Beantragung der für die Ausübung der Dienstleistungstätigkeit erforderlichen Genehmigungen über „einheitliche Ansprechpartner“ (im Umsetzungsgesetz „einheitliche Stelle“) abwickeln können. Die einheitlichen Stellen sollen nach Art. 7 der Richtlinie den Dienstleistungserbringern und Dienstleistungsempfängern in einfacher und verständlicher Sprache – und möglichst auch in anderen Gemeinschaftssprachen – Informationen über Verfahren und Formalitäten, Behörden, Zugang zu Datenbanken, Rechtsbehelfe und einschlägige Verbände und Organisationen leicht zugänglich und schnell zur Verfügung stellen. Diese Informationen sollen die gewöhnliche Auslegung der maßgeblichen Anforderungen umfassen; eine Rechtsberatung im Einzelfall wird indes nicht verlangt. Die Verfahren und Formalitäten müssen nach Art. 8 der Richtlinie zudem sowohl über die einheitliche Stelle als auch bei den zuständigen Behörden auf Wunsch des Dienstleistungserbringers elektronisch abzuwickeln sein. Von besonderer Bedeutung ist die nach Überschreitung festgelegter Bearbeitungsfristen in Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie vorgesehene Genehmigungsfiktion (vgl. zum Ganzen auch die Einführung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 580/08; aus der Literatur Ziekow/Windoffer (Hrsg.), Ein Einheitlicher Ansprechpartner für Dienstleister, 2007; Schliesky (Hrsg.), Die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie in der deutschen Verwaltung, 2007; Ziekow, GewArch 2007, 179; Palige, GewArch 2007, 273; Dürr, GewArch 2008, 25; Windoffer, GewArch 2008, 97; Cremer, EuZW 2008, 655; Kluth, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2007, 122; Biernert, GewArch 2008, 417).
164c
Die Bedeutung des neuen Abs. 3a ist begrenzt. Die Ermächtigung der Länder, die Aufgabe der einheitlichen Stelle auf die IHKs zu übertragen, hätte sich auch bereits aus dem geltenden § 1 Abs. 4 ergeben. Die Begründung zu dem Gesetzentwurf spricht denn 114
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Einheitliche Stelle
§1
auch von einer „deklaratorischen Klarstellung“ (BR-Drs. 580/08, S. 38). Genau genommen enthält Abs. 3a Satz 1 sogar eine Einschränkung gegenüber der bisherigen Rechtslage, indem er für die Aufgabenübertragung ein formelles Gesetz vorschreibt. Auch Satz 2 hat keinen eigenen Regelungsgehalt. Wenn der Bund nicht regelt, für welche Aufgabenbereiche die einheitlichen Stellen zuständig sein sollen, dann müssen dies die Länder machen, wenn sie ihren IHKs die Aufgabe der einheitlichen Stelle zuweisen. Das Ergebnis wird allerdings sein, dass nicht nur die Frage, ob die IHKs als einheitliche Stellen tätig werden sollen, der Landesgesetzgebung überantwortet worden ist, sondern dass die Länder auch entscheiden, in welcher Form die IHKs als einheitliche Stelle tätig werden (dazu Abs. 3b) und welche Aufgabenbereiche sie dabei abdecken. Es kann also geschehen, dass in einem Bundesland nur die IHKs allein mit der Aufgabe „einheitliche Stelle“ für ein sehr breites Spektrum von Unternehmern und Tätigkeiten betraut werden (kritisch dazu unter verfassungsrechtlichen Aspekten Cremer, EuZW 2008, 655), während sie in einem anderen Bundesland nur in Kooperation mit anderen Kammern oder staatlichen Stellen und nur gegenüber Unternehmern aus anderen EU-Mitgliedstaaten tätig werden und in einem dritten Bundesland schließlich überhaupt nicht zuständig sind. Damit besteht die Gefahr, dass die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie beim Thema „einheitliche Stelle“ zu einem bunten Flickenteppich führen kann und – wenn man sich die Überlegungen in den einzelnen Bundesländern zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses der 7. Auflage dieses Kommentars anschaut – tatsächlich auch führen wird. Es ist daher außerordentlich bedauerlich, dass der Bund seine Kompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 i.V.m. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG nicht ausgeschöpft hat.
164d
Mehr als eine Klarstellung enthält indes Abs. 3a Satz 3. Denn 164e grundsätzlich ist die Verbandskompetenz der IHKs auf den Kreis der IHK-Zugehörigen begrenzt. Dabei wird allerdings diese Grenze nicht sehr scharf gezogen. Ein gewisses „spillover“ auf Personen, die nicht der IHK angehören, ist zu Recht stets als unschädlich angesehen worden. Beispielsweise handelt es sich bei den Kandidaten der IHK-Sachkundeprüfungen in aller Regel um Personen, für die die Prüfung erst den Weg zu einer die IHK-Zugehörigkeit begründenden Tätigkeit eröffnet. Oder als Sachverständige werden von den IHKs teilweise nicht IHK-zugehörige Personen beMöllering 115
§1
Aufgabenbereich
stellt und vereidigt, weil dies auch im Interesse der IHK-zugehörigen gewerblich tätigen Unternehmen auf der Nachfrageseite geschieht. Wenn jedoch die IHKs generell zur einheitlichen Stelle auch für Handwerker und Freiberufler bestimmt werden, dürfte die Grenze des „spillover“ überschritten sein (Möllering, GewArch 2006, 261, 269). Es bedarf daher einer besonderen Ermächtigungsnorm für die Länder. 164f
Bereits heftig umstritten ist Abs. 3a Satz 4, wonach das LandesGesetz auch die Aufsicht regelt. Unklar ist zunächst, ob die Vorschrift an sich bereits eine Ausnahme von § 11 Abs. 1 Satz 1, wonach die IHKs der Rechtsaufsicht der Länder unterliegen, darstellt. Aus dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich nur schließen, dass die Länder ermächtigt und verpflichtet sind, bei Übertragung der Aufgabe der einheitlichen Stelle auf die IHKs auch die Aufsicht zu regeln. Offen bleibt danach, ob eine solche Regelung abweichend von § 11 Abs. 1 Satz 1 auch Fachaufsicht vorsehen kann. Auch der ebenfalls durch das 4. VwVfÄndG eingeführte § 11 Abs. 1 Satz 3 bringt keine Klarheit. Denn er besagt nur, dass die bundesrechtlichen Aufsichtsregelungen für öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse nicht denen des Landes-Gesetzes, in dem die Übertragung der Aufgabe der einheitlichen Stelle erfolgt und in dem auch die Aufsicht zu regeln ist, vorgehen – was normalerweise nach dem Grundsatz „Bundesrecht bricht Landesrecht“ der Fall wäre. Lediglich aus der Begründung zu Abs. 3a Satz 4 lässt sich entnehmen, dass die Bundesregierung offenbar davon ausgeht, dass die Tätigkeit der Kammern als einheitliche Stelle Fachaufsicht erfordert. Diese Auffassung und insbesondere deren Ableitung aus der Feststellung, dass regelmäßig Fachaufsicht vorgesehen sei, wenn die Kammern staatliche Aufgaben wahrnähmen, ist jedoch unzutreffend. Es ist bislang kein Fall bekannt, in dem bei einer Übertragung staatlicher Aufgaben auf die IHKs eine Fachaufsicht normiert wäre. Das wäre nicht nur nach geltendem Recht nicht zulässig. Es entspräche auch nicht dem Wesen der funktionalen Selbstverwaltung (so schon BVerwG GewArch 1961, 42, 43; ebenso Kluth, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2007, 122; Möllering, WiVerw 2006, 261, 282 – siehe dazu auch die Ausführungen in § 11 Rz. 3). Ein Abweichen von dieser Regelungspraxis wäre bei der einheitlichen Stelle zudem nicht geboten, denn die Aufgaben, die einer solchen einheitlichen Stelle zukämen, hätten nur sehr begrenzt Eingriffscharakter. Eine genaue 116
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Übertragung weiterer Aufgaben
§1
gesetzliche Steuerung des Handelns der einheitlichen Stelle verbunden mit Rechtsaufsicht würde zudem ausreichen, um die Dienstleistungsrichtlinie wirksam und einheitlich umzusetzen (Kluth, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2007, 122, 145; vgl. zum Ganzen auch BVerfG GewArch 2003, 290, 291 „Wasserverband“). § 1 Abs. 3b ist eine Klarstellung zu § 1 Abs. 2, die auf Grund des Urteils des BVerwG vom 19. 9. 2000 zur Beteiligung einer IHK an einer Flughafenbetriebsgesellschaft (GewArch 2001, 161) wohl notwendig ist. Es handelt sich außerdem um eine Erweiterung des ebenfalls durch Art. 8 des 4. VwVfÄndG eingeführten § 10 Abs. 1, der eine Übertragung von Aufgaben im hoheitlichen Bereich nur innerhalb der IHK-Organisation ermöglicht.
164g
14. Übertragung weiterer Aufgaben Die Bestimmung des § 1 Abs. 4 stellt nicht nur die Fortgeltung al- 165 ler bisherigen bundes- und landesrechtlichen Vorschriften sicher, in denen besondere Aufgaben auf die IHKs übertragen worden sind, sondern bildet auch die Grundlage für die Übertragung weiterer Aufgaben. Die Bestimmung ist zwar für den Bundesgesetzgeber nicht notwendig, der mit späteren Gesetzen den Aufgabenkreis der Kammern erweitern oder auch einschränken kann. Dagegen ist die Vorschrift für den Bund als Verordnungsgeber sowie für die Länder erforderlich, mögen sie Landesgesetze oder Landesverordnungen erlassen. Die Bestimmung beseitigt die Sperre, die sonst das IHKG bei Aufgabenübertragung durch Landesgesetze und durch Rechtsverordnungen des Bundes oder der Länder darstellen würde (vgl. Art. 31 GG).
166
Für diese Übertragung weiterer Aufgaben schreibt die Bestimmung aber auch ausdrücklich vor, dass dies durch Gesetz oder Rechtsverordnung erfolgen muss. Dies ist bei hoheitlichen Aufgaben eine Selbstverständlichkeit, weil es dafür einer durch Rechtsnorm begründeten Zuständigkeit bedarf. Bund und Länder können zwar für ihren unmittelbaren Verwaltungsbereich die Zuständigkeit auch durch Organisationserlass im Rahmen ihrer Organisationsgewalt bestimmen. Bei der Übertragung auf selb-
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ständige öffentlich-rechtliche Körperschaften ist dagegen eine Rechtsnorm notwendig, um Verwaltungsverfahren durchführen und Verwaltungsakte erlassen zu können (vgl. Rasch, DVBl. 1983, 617). Insoweit ist die Bestimmung also nur deklaratorisch und wiederholt allgemeine rechtsstaatliche Anforderungen für die Übertragung hoheitlicher Befugnisse und Zuständigkeiten. Der Bund und die Länder brauchen deshalb in jedem Fall auch noch eine Norm, die sie zu dieser Übertragung auf die Industrie- und Handelskammern ermächtigt; meist erfolgt dies zusammen mit der Verordnungsermächtigung im jeweiligen Fachgesetz. 168
Neben der Aufhebung der Sperrwirkung liegt deshalb die praktische Bedeutung der Bestimmung darin, dass öffentlich-rechtliche Aufgaben schlichtverwaltender Art den IHKs nicht durch bloßen Verwaltungserlass übertragen werden können. Damit wird eine Belastung durch kammerfremde Aufgaben ausgeschlossen. Dagegen bleibt es zulässig, dass die Kammern auf Anregung von Bund oder Ländern im Rahmen ihrer freiwilligen Selbstverwaltung Aufgaben übernehmen, die unter ihren allgemeinen Aufgabenkreis fallen und ihre Kammerzugehörigen betreffen. Hoheitliche Aufgaben können auf diese Weise aber nicht übernommen werden.
169
Aber selbst durch Gesetze und Verordnungen können den IHKs nicht beliebige Wirtschaftsverwaltungsaufgaben hoheitlicher Art übertragen werden. Zunächst einmal kann es sich immer nur um Aufgaben handeln, die im Wesentlichen mit den kammerzugehörigen Unternehmen zusammenhängen. Darüber hinaus müssen es Aufgaben sein, die sich für die Selbstverwaltung eignen. Das sind solche Aufgaben, an deren Erfüllung ein gesteigertes Interesse der Gemeinschaft besteht, die aber weder allein im Wege privater Initiative wirksam wahrgenommen werden können noch zu den im engeren Sinne staatlichen Aufgaben zählen, die der Staat selbst durch seine Behörden wahrnehmen muss. Ein wesentliches Element sind dabei Vorteile, die sich aus der Beteiligung der Betroffenen durch selbst gewählte Organe ergeben, einmal im Sinne einer größeren Sachnähe der Entscheidungen und zum Zweiten durch die gegenüber unmittelbarem staatlichen Zwang freiheitlichere Verwaltungsform (BVerfG Beschluss vom 7. 12. 2001 GewArch 2002, 111, Möllering, WiVerw 2006, 261). Andererseits sind der Aufgabenübertragung besonders dort Grenzen gesetzt, wo Eingriffe von hoher Intensität in Grundrechte zu besorgen sind und wo von dem Verwaltungshandeln auch Nichtmitglieder der IHKs 118
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Übertragung weiterer Aufgaben
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nicht nur am Rande betroffen sind. Auch dürfen solche gesetzlich oder durch Verordnung übertragenen hoheitlichen Aufgaben nicht zu einem Widerspruch zu den Grundsätzen des Kammergesetzes, etwa dem Auftrag zur Förderung der IHK-zugehörigen Unternehmen, führen. Es wäre also wohl beispielsweise nicht zulässig, nach dieser Vorschrift den IHKs die Eintreibung von staatlichen Sonderabgaben für bestimmte gewerbliche Bereiche zu übertragen oder sie für rein administrative Zwecke – insbesondere mit repressivem Charakter – in Anspruch zu nehmen. Bei der Übertragung weiterer Aufgaben ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie den IHKs zur Selbstverwaltung anvertraut werden und deshalb weder Fachaufsicht noch Weisungsrechte staatlicher Behörden begründen (so ausdrücklich § 11 Abs. 1). Lediglich die Rechtsaufsicht wacht über die ordnungsmäßige Erfüllung in diesem „übertragenen Wirkungskreis“. Die von der Bundesregierung in der Begründung zu Art. 7 Nr. 1 des Entwurfs eines 4. VwVfÄndG (BT-Drs. 16/10493, S. 22) vertretene Auffassung, wonach regelmäßig eine Fachaufsicht vorgesehen ist, wenn Selbstverwaltungskörperschaften staatliche Aufgaben wahrnehmen, ist bezogen auf die IHKs unzutreffend. Gegenwärtig gibt es keine nach § 1 Abs. 4 übertragenen Aufgaben, die von den IHKs unter Fachaufsicht durchgeführt werden. Das widerspräche auch der bereits erwähnten Vorschrift des § 11 Abs. 1, die abschließend und für die Länder verbindlich die Aufsicht über die IHKs im Sinne einer Rechtsaufsicht regelt (vgl. Kluth, Jahrbuch des Kammerund Berufsrechts 2007, 122). Auch muss den Kammern Raum für eine satzungsrechtliche Regelung der Aufgabe bleiben. Hier liegt nicht selten der Schwerpunkt der Mitwirkung der Betroffenen. Die notwendige demokratische Legitimation kann zwar verlangen, dass etwa bei Entscheidungen über die Berufszulassung die „statusbildenden Normen“ vom Gesetzgeber selbst festgelegt werden. Auch können sich aus dem europäischen Wettbewerbsrecht staatliche Regelungsvorbehalte ergeben (EuGH vom 19. 2. 2002 – C-309/99 – Wouters). Andererseits würden die „Prinzipien der Selbstverwaltung und der Autonomie, die ebenfalls im demokratischen Prinzip wurzeln und die dem freiheitlichen Charakter unserer Sozialordnung entsprechen, nicht ernst genug genommen, wenn der Selbstgesetzgebung autonomer Körperschaften so starke Fesseln angelegt würden, dass ihr Grundgedanke, die in den gesellschaftlichen Gruppen lebendigen Kräfte in eigener Möllering 119
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Verantwortung zu Ordnung der sie besonders berührenden Angelegenheiten heranzuziehen und ihren Sachverstand für die Findung ‚richtigen’ Rechts zu nutzen, nicht genügend Spielraum fände (BVerfG NJW 1972, 1504). Die IHKs werden also durch ihnen übertragene hoheitliche Aufgaben nicht in die mittelbare Staatsverwaltung eingegliedert, sondern als wirtschaftliche Selbstverwaltungskörperschaften mit Aufgaben betraut, die nach dem Subsidiaritätsprinzip besser von ihnen erledigt werden können. 171
Die folgenden Darstellungen, aber auch die Ausführungen zum Berufsbildungswesen (Rz. 69 ff.) und zum Sachverständigenwesen (Rz. 199 ff.) zeigen deutlich, wie sich die übertragenen Aufgaben der IHKs im Laufe der Zeiten ändern. Mit der Deregulierung entfallen einzelne Kammeraufgaben, andere kommen jedoch hinzu. Rechtsgebiete, für die früher nur Kammersatzungen galten, werden durch Gesetze und Verordnungen im Einzelnen geregelt. Auch soweit die hoheitlichen Zuständigkeiten bei den IHKs als „zuständiger Stelle“ verbleiben, wirkt sich jede Gesetzesänderung auch auf die Kammerarbeit aus. Insgesamt hat dieser administrative Teil der Kammeraufgaben seine Bedeutung behalten und sich in den letzten Jahren sogar noch erweitert. Einen Überblick gibt die DIHK-Veröffentlichung „Leistungen im öffentlichen Auftrag“ (2002). a) Einigungsstellen für Wettbewerbsstreitigkeiten
172
Die nach § 15 UWG errichteten Einigungsstellen zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten sind zwar aus ihrer Entwicklung heraus als Selbsthilfeeinrichtungen der gewerblichen Wirtschaft zu werten (Rickertsen, GewArch 1957, 73). Ihre Errichtung ist jedoch Aufgabe der Landesregierungen. Die Führung der Geschäfte der Einigungsstellen ist durch Rechtsverordnungen der Länder der jeweiligen IHK übertragen worden (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, Anm. H zu § 15; umfassend zu Organisation und Verfahren: Ottofülling, WRP 2006, 410; ferner Krieger, GRUR 1957, 197; Hinz, Leitfaden für die Einigungsstellen, 1987; Köhler, WRP 1991, 617).
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Diese Übertragung hat insofern besondere Bedeutung, als die Einigungsstellen auch für nicht den IHKs angehörende Gewerbetreibende (Handwerk) zuständig sind. Die geschäftsführenden IHKs haben deshalb unter Mitwirkung der beteiligten Kammern, zu de120
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Übertragung weiterer Aufgaben
§1
nen auch die örtlich zuständigen Handwerkskammern gehören, den Vorsitzenden und die Mitglieder der Einigungsstelle zu benennen, die Vergütungen für Zeugen und Sachverständige zu verauslagen und die Auslagen einzuziehen. In Bremen und Bayern können sie für das Verfahren auch Gebühren erheben; in den übrigen Ländern ist das Verfahren gebührenfrei. Die Zuständigkeit der Einigungsstellen ist auch bei Wettbewerbsstreitigkeiten mit Verbrauchern und Verbraucherverbänden gegeben, so dass für diese Fälle auch Verbraucherorganisationen bei der Zusammensetzung der Einigungsstelle berücksichtigt werden sollen, insbesondere die in jedem Land mit öffentlichen Mitteln geförderten Verbraucherzentralen (§ 15 Abs. 11 Satz 2 UWG; vgl. auch BT-Drs. 9/1707).
174
Die weiteren Einzelheiten über Errichtung, Zusammensetzung und Verfahren der Einigungsstellen finden sich in weitgehend übereinstimmenden Landesverordnungen, zu denen § 15 Abs. 11 Satz 1 UWG die Landesregierungen ermächtigt. Im Einzelnen gelten zurzeit folgende Verordnungen: Baden-Württemberg: Verordnung vom 9. 2. 1987 (GBl. 64); Bayern: Verordnung vom 17. 5. 1988 (GVBl. 115). Berlin: Verordnung vom 29. 7. 1958 (GVBl. Sb II 43–2), geändert durch die Verordnungen vom 4. 12. 1974 (GVBl. 2785) und vom 28. 10. 1987 (GVBl. 2577); Brandenburg: Verordnung vom 10. 10. 2006 (GVBl. II 2006, 450); Bremen: Verordnung vom 16. 2. 1988 (GVBl. 17), zuletzt geändert durch VO v. 18. 10. 2005 (GVBl. 607); Hamburg: Verordnung vom 27. 1. 1959 (HmbBl. I 44–b), geändert durch Verordnung vom 23. 12. 1986 (GVBl. 368); Hessen: Verordnung vom 13. 2. 1959 (GVBl. 3); Mecklenburg-Vorpommern: Verordnung vom 19. 9. 1991 (GVOBl. M-V 1991, 384); Niedersachsen: Verordnung vom 21. 2. 1991 (Nds. GVBl.1991, 139); Nordrhein-Westfalen: Verordnung vom 15. 8. 1989 (GV. NRW 1989, 460); Rheinland-Pfalz: Landesverordnung vom 2. 5. 1988 (GVBl. 1988, 102), Saarland: Einigungsstellenverordnung vom 21. 1. 1988 (ABl. 1988, 89), geändert durch VO v. 24. 2. 1994 (ABl.607) i.V.m. Anlage zum Gesetz vom 26. 1. 1994 (ABl. 509); Sachsen: Verordnung vom 10. 4. 2006 (SächsGVBl. 2006, 97170); Sachsen-Anhalt: Verordnung vom 21. 1. 1992 (GVBl. LSA 1992, 39); Schleswig-Holstein: Einigungsstellenverordnung vom 19. 7. 1991 (GVOBl. 1991, 390), geändert durch § 69 der LVO v. 24. 10. 1996 (GVBl. 652); Thüringen: Verordnung vom 10. 12. 1991 (GVBl. 1991, 666).
175
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§1
Aufgabenbereich
b) Wanderlager 176
In diesem Zusammenhang muss noch die Pflicht zur Anzeige für Wanderlager nach § 56a Abs. 2 GewO erwähnt werden, die bei der unteren Verwaltungsbehörde zu erfolgen hat. Die IHKs werden dazu grundsätzlich gehört, weil es um die Ordnungsmäßigkeit der Ankündigung von Wanderlagern geht (VGH München GewArch 1975, 121; VG Koblenz vom 20. 4. 1982 – 1 K 193/81). c) Sachkundeprüfungen im Einzelhandel
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Das Gesetz über die Berufsausübung im Einzelhandel vom 5. 8. 1957 (BGBl. I, 1121) ist bereits für die meisten Zweige des Einzelhandels vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt (BVerfGE 19, 330), im Übrigen durch das Gesetz vom 25. 7. 1984 (BGBl. I, 1008) aufgehoben worden. Damit ist nicht nur die Sachkundeprüfung für den Einzelhandel generell entfallen, sondern auch für den Einzelhandel mit ärztlichen Hilfsmitteln, wo früher die Kammern die Prüfungen abnahmen (vgl. 4. Aufl., S. 67). Geblieben ist die Sachkundeprüfung für den Einzelhandel mit frei verkäuflichen Arzneimitteln.
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Die Rechtsgrundlage dafür findet sich nunmehr im Arzneimittelrecht. § 50 des Arzneimittelgesetzes vom 12. 12. 2005 (BGBl. I, 3394), enthält die notwendige Ermächtigung, die durch die AMSachKV vom 20. 6. 1978 (BGBl. I, 753) ausgefüllt worden ist. Nach § 9 dieser Verordnung haben die zuständigen Landesbehörden die IHKs als Stellen bezeichnet, vor denen die Prüfung im Einzelhandel für frei verkäufliche Arzneimittel abzulegen sind. In Berlin und Hamburg ist diese Übertragung durch Ergänzung der Landeskammergesetze vollzogen worden; in den Ländern sind zum Teil eigene Rechtsverordnungen verabschiedet worden (§ 1 AMSachKVZustV vom 9. 7. 1984, GBL. 511; § 5 BayVVABATV vom 29. 3. 2007, GVBl. 282; AM/TFZZustV RP vom 25. 6. 1978; § 1 AABTHZustV SL vom 18. 11. 2005, Amtsbl. 1010; § 5 AMZustV BB vom 27. 10. 1992, GVBl. II, 693). d) Fachkundeprüfung nach dem Waffengesetz
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In ähnlicher Form wie früher beim Einzelhandelsgesetz bringt auch das Waffengesetz vom 11. 10. 2002 (BGBl. I, 3970), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. 11. 2007 (BGBl. I, 2557), eine Ein122
Möllering
Übertragung weiterer Aufgaben
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schaltung der Kammern (dazu Künneke/Berger, Waffenhandel, DIHK 2003). § 22 sieht hier für den Einzelhandel mit Waffen eine Fachkundeprüfung vor, die in den §§ 1 und 2 AWaffV vom 27. 10. 2003 (BGBl. I, 2123) geregelt ist. Die Fachkundeprüfung wird von staatlichen Prüfungsausschüssen abgenommen, deren Geschäftsführung bei der IHK liegt (vgl. Stiefel, Leitfaden Waffenhandel, DIHK 2008). Diese Konstruktion, dass in Einzelbereichen des Gewerberechts staatliche Prüfungsausschüsse errichtet werden und die IHKs lediglich mit der Geschäftsführung beauftragt sind, ist heute die Ausnahme. Nach neueren Gesetzen und Verordnungen werden, wie auch die folgenden Beispiele zeigen, gewerberechtliche Prüfungsausschüsse von den IHKs errichtet. Die gesamte Aufgabe wird den Kammern übertragen, so dass sie dann auch bei Klagen gegen Prüfungsentscheidungen passivlegitimiert sind. Bei Fachkundeprüfungen nach dem Waffengesetz ist dagegen die Klage gegen die staatliche Behörde zu richten, welche den Prüfungsausschuss errichtet hat und der er damit zugeordnet ist.
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e) Sachkundeprüfungen im Güterkraftverkehr Im Güterkraftverkehr ist aufgrund von § 3 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 6 Nr. 1 des Güterkraftverkehrsgesetzes vom 22. 6. 1998 (BGBl. I, 1485) durch § 5 Abs. 1 der Berufszugangsverordnung GüKG vom 22. 12. 1998 (BGBl. I, 3963) den IHKs die Bildung der Prüfungsausschüsse für den Güterkraftverkehr übertragen worden. Die unter bestimmten Voraussetzungen notwendige Prüfung wird vor einem Prüfungsausschuss der IHK abgelegt, für den die Kammer die Ausschussmitglieder bestellt. Der Vorsitzende und sein Vertreter sollen zur Vollversammlung der Kammer wählbar oder bei einer IHK beschäftigt sein.
180a
f) Sachkundeprüfung im Straßenpersonenverkehr Eine weitere Sachkundeprüfung im Verkehrsbereich findet sich in § 13 Abs. 1 Nr. 3 des Personenbeförderungsgesetzes i.d.F. vom 8. 8. 1990 (BGBl. I, 1690), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 224), nämlich der Nachweis der fachlichen Eignung zur Führung von Unternehmen des Straßenpersonenverkehrs. Aufgrund der Ermächtigung in § 57 Abs. 1 Nr. 4 Möllering 123
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des Personenbeförderungsgesetzes ist dazu die Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr vom 15. 6. 2000 (PBZugV, BGBl. I, 85) zuletzt geändert durch VO vom 8. 11. 2007 (BGBl. I, 2569) erlassen worden, die in § 4 Abs. 7 und § 5 die Prüfung vor einem Prüfungsausschuss der IHK vorschreibt und das Verfahren im Einzelnen regelt. Die Sachkundeprüfungen finden getrennt für Unternehmen des Taxen- und Mietwagenverkehrs und für sonstige Unternehmen des Straßenpersonenverkehrs statt. Die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses und das Verfahren sind in der Verordnung wie beim Güterkraftverkehr (s.o.) geregelt. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Personenbeförderungsgesetz sind die IHKs außerdem von der zuständigen Behörde vor der Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung gutachtlich zu hören. g) Qualifikation zum Berufskraftfahrer 182
Das aufgrund der Richtlinie 2003/59/EG vom 15. 6. 2000 erlassene Berufsfahrerqualifikations-Gesetz (BKrFQG) vom 14. 8. 2008 (BGBl. I, 1958) verlangt von selbständigen und angestellten Kraftfahrern im Güterkraftverkehr (über 3,5 t) und Personenverkehr (mehr als 8 Fahrgastplätze) einen Qualifikationsnachweis in verschiedenen Stufen, der durch eine Prüfung bei der IHK auf der Rechtsgrundlage der Berufskraftfahrer-Qualifikations-Verordnung (BKrFQV) vom 22. 8. 2006 (BGBl. I, 2018) erbracht wird. h) Unterrichtung gemäß Gaststättengesetz
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Nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 des Gaststättengesetzes vom 20. 11. 1998 (BGBl. I, 3418), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246) hängt die Erlaubnis zum Gaststättenbetrieb von dem Nachweis einer Unterrichtung ab, welche die Grundzüge der notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse vermitteln soll. Diese Unterrichtung obliegt den IHKs, die darüber eine Bescheinigung für die Zulassungsbehörde auszustellen haben. Die Einzelheiten der Unterrichtung sind zwischen den staatlichen Behörden und den Kammern abgestimmt und in Verwaltungsvorschriften zusammengefasst. Da es sich bei dieser Unterrichtung um eine Selbstverwaltungsangelegenheit handelt, haben diese Verwaltungsvorschriften keinen Weisungscharakter, sondern nur die Bedeutung einer Zusammenfassung der gemein124
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Übertragung weiterer Aufgaben
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sam erarbeiteten Grundsätze im Interesse einer einheitlichen Handhabung. Die Gebühren für die Unterrichtung finden sich in den Gebührenordnungen der Kammern. Auch wenn die IHK die Durchführung der Unterrichtungsverfahren delegiert, sei es an eine eigene Bildungseinrichtung oder geeignete private Stellen, bleibt sie voll in der Verantwortung für Inhalt und Effektivität der Unterrichtung und kann auch nur selbst die Bescheinigungen ausstellen. Da nach der Föderalismusreform aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. 8. 2006 (BGBl. I, 2034) die Gesetzgebungskompetenz im Gaststättenrecht auf die Länder übergegangen ist (zum Umfang der Kompetenzverlagerung vgl. Höfling/Rixen, GewArch 2008, 1, 6), kann nicht ausgeschlossen werden, dass künftig die Unterrichtung in den einzelnen Ländern unterschiedlich geregelt oder sogar ein Sachkundenachweis verlangt wird. i) Unterrichtung und Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe Nach § 34a Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GewO i.d.F. vom 22. 2. 1999 (BGBl. I, 202), zuletzt geändert durch Art. 14 des Gesetzes vom 19. 12. 2007 (BGBl. I, 3024) und § 2 der Verordnung über das Bewachungsgewerbe (BewachV) i.d.F. vom 10. 7. 2003 (BGBl. I, 1378), zuletzt geändert durch Art. 9 Abs. 10 des Gesetzes vom 23. 11. 2007 (BGBl. I, 2631), bedarf derjenige, der ein Bewachungsgewerbe betreibt, einer Erlaubnis. Dafür muss er eine Bescheinigung der zuständigen IHK nach § 3 Abs. 2 BewachV darüber beibringen, dass er über die zur Ausübung des Gewerbes notwendigen rechtlichen Vorschriften unterrichtet worden ist und mit ihnen vertraut ist. Das Gleiche gilt nach § 34a Abs. 1 Satz 4 GewO für Personen, die im Bewachungsgewerbe beschäftigt sind. Die Ausstellung der Bescheinigung setzt kein formelles Prüfungsverfahren voraus. Die IHK muss jedoch feststellen, dass die Teilnahme an der Unterrichtung ohne Fehlzeiten erfolgt ist. Sie muss sich ferner durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch einen aktiven Dialog mit den Unterrichtsteilnehmern sowie durch mündliche und schriftliche Verständnisfragen, davon überzeugen, dass die Unterrichtsteilnehmer mit den in § 4 BewachV genannten Unterrichtungsgegenständen vertraut sind. Der Umfang der Unterrichtung ist in § 3 Abs. 3 BewachV für Gewerbetreibende auf 80 Unterrichtsstunden und für Mitarbeiter auf 40 Unterrichtsstunden von jeweils 45 Minuten festgesetzt. Die IHKs können Möllering 125
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gemäß § 2 Satz 2 BewachV Vereinbarungen zur gemeinsamen Durchführung der Unterrichtung schließen – die Regelung ist Spezialnorm gegenüber der allgemeinen Kooperationsklausel des § 10 IHKG. 185
§ 34a Abs. 1 Satz 5 GewO verlangt nunmehr für Personen, die Kontrollgänge im öffentlichen Verkehrsraum oder in Hausrechtsbereichen mit tatsächlich öffentlichem Verkehr durchführen oder zum Schutz vor Ladendieben bzw. zu Bewachungen im Eingangsbereich von gastgewerblichen Diskotheken eingesetzt sind, einen Sachkundenachweis. Mit der Abnahme der Sachkundeprüfung sind nach § 5a BewachV die IHKs, die auch die Bescheinigung über das Bestehen ausstellen, betraut. Vorgeschrieben ist nach § 5c BewachV ein schriftlicher Teil und ein mündlicher Teil. Der mündliche Teil soll für jeden Prüfling 15 Minuten dauern. Einzelheiten der Prüfung erlässt die IHK in Satzungsform (§ 5c Abs. 7 BewachV). Auch bei der Abnahme der Sachkundeprüfung können die IHKs nach § 5a Abs. 3 BewachV kooperieren (zum Ganzen Möllering/Böhm in: Stober/Olschok (Hrsg.), Handbuch des Sicherheitsgewerberechts, 535). j) Bescheinigungen für die Beförderung gefährlicher Güter
186
Für die Beförderung gefährlicher Güter haben die IHKs ebenfalls umfangreiche Aufgaben übertragen bekommen. Rechtsgrundlage ist das Gefahrgutbeförderungsgesetz vom 29. 9. 1998 (BGBl. I, 3114), zuletzt geändert durch Art. 294 Verordnung vom 31. 10. 2006 (BGBl. I, 2407), in Verbindung mit dem Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR), ratifiziert durch Gesetz vom 30. 9. 1957 (BGBl. II, 1489). Nach § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes sind die Kammern für die Durchführung, Überwachung und Anerkennung der Ausbildung, Prüfung und Fortbildung, für die Erteilung von Bescheinigungen sowie für die Anerkennung von Lehrgängen, Lehrgangsveranstaltungen und Lehrkräften zuständig. Einzelheiten regeln sie durch Satzung. § 6 Abs. 11 der Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahnen (GGVSE) vom 24. 11. 2006 (BGBl. I, 2683) überträgt den IHKs in Bezug auf den Straßenverkehr die Zuständigkeit für die Überwachung und Anerkennung der Schulung, Durchführung der Prüfungen, Erteilung der Bescheinigung über die Fahrzeugführer126
Möllering
Übertragung weiterer Aufgaben
§1
schulung und das Führen des Verzeichnisses über die gültigen Schulungsbescheinigungen für Fahrzeugführer. Dazu kommt die Gefahrgutbeauftragten-Verordnung in der Fassung vom 26. 3. 1998 (BGBl. I, 648), zuletzt geändert durch Art. 481 der Verordnung vom 31. 10. 2006 (BGBl. I, 2407), welche in fast allen einschlägigen Unternehmen die Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten vorschreibt und für diesen wiederum eine Schulung mit regelmäßiger Wiederholung vorsieht. Die Anerkennung dieser Schulungslehrgänge ist den IHKs übertragen worden. Die Teilnahmebestätigungen an den Schulungsveranstaltungen werden vom Veranstalter selbst ausgestellt. § 5 Gefahrgutbeauftragten-Verordnung schreibt vor, dass am Ende des Grundlehrgangs, der für den allgemeinen Teil grundsätzlich 10 Unterrichtseinheiten und für den besonderen Teil für einen Verkehrsträger 20 Unterrichtseinheiten zu jeweils 45 Minuten betragen soll, eine schriftliche Prüfung vor der IHK abzulegen ist.
187
Auch hier handelt es sich um hoheitliche Aufgaben, mag es um die Anerkennung von Lehrgängen, die Abnahme der Prüfung oder die Ausstellung der Bescheinigung gehen. Die IHK entscheidet aufgrund der Übertragung dieser Aufgaben durch § 6 Abs. 11 GGVSE oder durch § 2 Abs. 2 der Gefahrgutbeauftragten-Verordnung in eigener Verantwortung und ist an keinerlei Weisungen gebunden. Sie kann das Verfahren durch ein eigenes Statut regeln, sich aber auch mit eigenen Verwaltungsvorschriften dafür begnügen. Hierzu liegen Musterstatuten und gemeinsam mit allen beteiligten Kreisen ausgearbeitete Lehrgangspläne vor. k) Ermächtigung von Handelsmaklern Die öffentliche Ermächtigung von Handelsmaklern (z.B. für den 188 freihändigen Verkauf hinterlegter oder verpfändeter Sachen – §§ 385, 1221, 1235 BGB) erfolgt nach Art. 13 des Preuß. Ausführungsgesetzes zum BGB vom 20. 9. 1889 (GS 184) im verbliebenen Bereich des Gesetzes durch die IHK; diese nimmt auch die Vereidigung vor. Für Nordrhein-Westfalen ist diese Rechtsgrundlage inzwischen durch Art. 27 des Ersten Gesetzes zur Funktionalreform vom 11. 7. 1978 (GVBl. NW 290) abgelöst, wo wiederum die IHKs mit dieser Aufgabe betraut werden. In Bayern findet sich diese Befugnis, Handelsmakler zu vereidigen und öffentlich zu ermächtigen, in Art. 7 BayIHKG, in Brandenburg im § 16 BbgMöllering 127
§1
Aufgabenbereich
AGBGB vom 28. 7. 2000 (GVBl. I 2000, 114), in Hessen in § 27a Hess.AGBGB vom 18. 12. 1984 (GVBl. I 1984, 344), im Saarland in § 5 AGJusG vom 5. 2. 1997 (Amtsblatt 1997, 258), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. 11. 2007 (Amtsblatt 2007, 2393), in Sachsen in § 7 Abs. 2 SächsIHKG vom 18. 11. 1998 (SächsGVBl. 1991, 380) und in Schleswig-Holstein in § 40 IHKG SH vom 24.2.180, i.d.F.d.B. vom 31. 12. 1971 (GVOBl. 1971, 182). l) Versteigerer 189
Nach § 34b Abs. 5 GewO, in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. 2. 1999 (BGBl. I, 202), zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes 21. 12. 2007 (BGBl. I, 3024), können besonders sachkundige Versteigerer nach dem Ermessen der zuständigen Stellen allgemein oder für bestimmte Arten von Versteigerungen öffentlich bestellt werden. Sie sind darauf zu vereidigen, dass sie ihre Aufgaben gewissenhaft und unparteilich erfüllen. Es handelt sich hierbei nicht um eine Zulassungsregelung, weil auch ohne eine solche öffentliche Bestellung das Versteigerergewerbe aufgrund einer Erlaubnis ausgeübt werden kann (vgl. BVerwG GewArch 1966, 94; LG Mannheim GewArch 1993, 476; allgemein dazu Bleutge, WiVerw 1987, 218; Ernst, GewArch 1991, 51; Brocki, GewArch 1961, 27; Jahn, GewArch 1993, 457; Schönleiter, GewArch 2000, 49). Die Bestellung ist vielmehr mit der öffentlichen Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen zu vergleichen, so dass es möglich ist, die öffentliche Bestellung und Vereidigung eines Versteigerers von der Erfüllung bestimmter sachlicher und persönlicher Voraussetzungen und von dem Vorhandensein eines abstrakten Bedürfnisses abhängig zu machen. Gegenwärtig sind die IHKs nur in Nordrhein-Westfalen als zuständige Stellen i.S.v. § 34b Abs. 5 GewO bestimmt (VO zur Regelung der Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Gewerbeüberwachung vom 10. 12. 1974, GVBl. NW 1558). In den anderen Ländern werden die IHKs gutachtlich vor der öffentlichen Bestellung durch staatliche Behörden gehört (zum Nachweis besonderer Sachkunde VGH Mannheim GewArch 1989, 163; VG Karlsruhe GewArch 1990, 171). m) Versicherungsvermittler
190
Durch das aufgrund der Richtlinie 2002/92/EG vom 9. 12. 2002 über Versicherungsvermittlung (ABl. EG 2003 Nr. L 9 S. 3) erlasse128
Möllering
Übertragung weiterer Aufgaben
§1
ne Gesetz zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts vom 19. 12. 2006 (BGBl. I 3232) ist den IHKs in § 11a GewO seit dem 22. 5. 2007 die Führung des Versicherungsvermittlerregisters übertragen worden. Gemäß § 11a Abs. 1 GewO bedienen sie sich dazu der in § 32 Abs. 2 Umweltauditgesetz bezeichneten „gemeinsamen Stelle“. Das ist nach den zwischen den IHKs unter Beteiligung der Handwerkskammern getroffenen Vereinbarungen zum Umweltauditgesetz der DIHK (s.u. Rz. 194). Durch diese Regelung wird die Vorgabe „einer einzigen Auskunftsstelle“ in Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie erfüllt. Sie ist ein Beispiel für eine vom Gesetzgeber spezialgesetzlich vorgeschriebene bundesweite Kooperation von IHKs. Der DIHK übernimmt auch die Auslandsmeldungen nach § 11a Abs. 5 GewO. Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler, die in Deutschland tätig sein wollen und noch nicht in einem anderen Mitgliedstaat der EU in einem entsprechenden Register eingetragen sind, müssen sich nach § 34d Abs. 7 GewO in das Versicherungsvermittlerregister beim DIHK eintragen lassen. Entsprechendes gilt nach § 34e Abs. 2 GewO für die Versicherungsberater. Einzelheiten über den Inhalt des Registers und das Eintragungs- und Auskunftsverfahren sind in den § 5 bis § 7 Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) vom 15. 5. 2007 (BGBl. I, 733) geregelt. Die Voraussetzungen für die Eintragung in das Versicherungsvermittlerregister sind unterschiedlich geregelt, je nachdem, ob es sich um gebundene Versicherungsvertreter oder ungebundene Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler und Versicherungsberater handelt. Gebundene Versicherungsvertreter sind solche, die ausschließlich für ein Versicherungsunternehmen oder für mehrere Versicherungsunternehmen, deren Produkte nicht in Konkurrenz zueinander stehen, tätig sind. Sie können sich ohne Weiteres durch eine entsprechende Mitteilung des Versicherungsunternehmens wen das Register eintragen lassen. Das Versicherungsunternehmen übernimmt dabei die uneingeschränkte Haftung für die Vermittlertätigkeit (§ 34d Abs. 4 GewO). Ungebundene Versicherungsvertreter, Makler und Versicherungsberater bedürfen hingegen einer Erlaubnis, die durch die IHK erteilt wird (§ 34d Abs. 1 und § 34e Abs. 1 GewO). Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt, nicht die vorgeschriebene Vermögenshaftpflichtversicherung Möllering 129
191
§1
Aufgabenbereich
von derzeit 1 Million Euro für jeden Versicherungsfall und 1,5 Millionen Euro für alle Versicherungsfälle eines Jahres (§ 9 Abs. 2 VersVermV) abgeschlossen hat oder nicht die notwendige Sachkunde nachweisen kann (§ 34d Abs. 2 GewO). Eine Ausnahme gibt es für sog. akzessorische Vermittler. Das sind Vermittler, die Versicherungen als Ergänzung der im Rahmen ihrer Haupttätigkeit gelieferten Waren oder Dienstleistungen vermitteln – beispielsweise Autohäuser, die Vollkaskoversicherungen vermitteln. Sie können auf Antrag von der Erlaubnispflicht befreit werden, wenn sie ihre Tätigkeit im Namen eines oder mehrerer Erlaubnisinhaber oder im Namen von Versicherungsunternehmen ausüben, die die vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen haben und sich ihr Auftraggeber für ihre Zuverlässigkeit und angemessene Qualifikation verbürgt. Über den Antrag entscheidet ebenfalls die IHK (§ 34d Abs. 3 GewO). 192
Die IHKs sind nicht nur für die Erteilung der Erlaubnis nach § 34d und § 34e GewO, sondern auch für deren Rücknahme und Widerruf zuständig. Umstritten ist, ob sie auch für die Überwachung der Versicherungsvermittler und Versicherungsberater, zur Untersagung der Versicherungsvermittlung nach § 156 Abs. 2 Satz 2 GewO und zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach § 144 bis § 146 GewO zuständig sind. Bei der Übertragung der Aufgaben nach § 11a, § 34d und § 34e GewO auf die IHKs bestand zwischen dem DIHK und dem federführenden Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Einigkeit, dass diese Aufgaben nicht auf die Kammern übertragen werden sollten. Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten durch die IHKs entspräche weder dem Selbstverständnis wirtschaftlicher Selbstverwaltung, noch stehen den IHKs die sachlichen und personellen Mittel für diese Aufgaben zur Verfügung. Im Falle der Versicherungsvermittlung würde dies zudem zu einer dreigeteilten Zuständigkeit zwischen den IHKs, den Gewerbeämtern und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) führen. Dennoch gehen offenbar die Länder Bayern, Hessen und Niedersachsen von einer Zuständigkeit der IHKs aus. In Hessen ist dies sogar ausdrücklich im Verordnungswege geregelt (§ 1 Abs. 4 und 5 sowie § 9 Abs. 5 der Verordnung über Zuständigkeiten der Gewerbeordnung und dem Gaststättengesetz sowie über den Betrieb von Straußenwirtschaften vom 20. 6. 2002, GVBl. I, 395, i.d.F. der Änderungsverordnung vom 10. 10. 2007, GVBl. I, 674). 130
Möllering
Übertragung weiterer Aufgaben
§1
Die Abnahme der Sachkundeprüfung liegt ebenfalls in der Zuständigkeit der IHKs (§ 34d Abs. 2 Nr. 4 GewO). Die Einzelheiten sind in § 1 bis § 4 VersVermV geregelt. Die IHKs errichten zu diesem Zweck Prüfungsausschüsse. Sie können Vereinbarungen zur gemeinsamen Durchführung der Sachkundeprüfung schließen (§ 2 VersVermV). Bemerkenswert ist die Regelung über die Auswahl der schriftlichen Prüfungsaufgaben, die in § 3 Abs. 3 VersVermV einen bundesweit einheitlich tätigen Aufgabenauswahlausschuss vorschreibt. Der Ausschuss ist mit acht Mitgliedern und acht stellvertretenden Mitgliedern besetzt, die von den IHKs jeweils nach Anhörung von Vertretern der Versicherungsunternehmen, der Versicherungsmakler, der Versicherungsberater und der Außendienstführungskräfte berufen werden. Für die Zusammensetzung ist ein vom Gesetzgeber vorgegebener Proporz der Vertreter von Versicherungsunternehmen, Versicherungsmaklern, Versicherungsberatern, Versicherungsvertretern, Außendienstführungskräften und IHK-Vertretern maßgeblich. Der Aufgabenauswahlausschuss ist ein weiteres Beispiel der spezialgesetzlich geregelten bundesweiten IHK-Kooperation (vgl. zum Ganzen: Jahn/Klein, DB 2007, 957; Schönleiter, GewArch 2007, 265; Klopp et al., Neue Regeln für Versicherungsvermittler, DIHK 2007).
193
n) Registrierung geprüfter Betriebsstandorte Das Umweltauditgesetz vom 7. 12. 1995 (BGBl. I, 1591), neugefasst durch Gesetz vom 4. 9. 2002 (BGBl. I, 3490) ist die deutsche Transformation der VO (EWG) Nr. 1836/93 vom 29. 6. 1993 (Abl. L 168, 1 und L 203, 17), die ein freiwilliges Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung entwickeln soll. Das Gesetz regelt nicht nur den Inhalt von Umweltgutachten und die Zulassung von Umweltgutachtern, sondern in den §§ 32–36 auch die Registrierung geprüfter Betriebsstandorte und die Veröffentlichung eines einheitlichen bundesweiten Verzeichnisses darüber. Diese Aufgabe wird in § 32 Abs. 1 den IHKs und den Handwerkskammern, jeweils für ihren Bereich, übertragen; gemeinsame Stelle für die Veröffentlichung des bundesweiten Verzeichnisses ist der DIHK. Dabei sieht § 32 Abs. 3 vor, dass die Kammern diese Aufgabe auch länderübergreifend auf bestimmte Kammern unter ihnen konzentrieren können, eine Vorwegnahme des § 10 IHKG, der die Kooperation zwischen den IHKs – und hier sogar mit den Handwerkskammern – allgemein regelt. Die KamMöllering 131
194
§1
Aufgabenbereich
mern können für die Registrierung nach § 35 auch Satzungen erlassen, welche der Genehmigung der Aufsichtsbehörde (im Einvernehmen mit der obersten Umweltschutzbehörde) bedürfen, und nach § 36 Gebühren für die Registrierung erheben. Bislang hat dieses Gemeinschaftssystem freiwilliger Umweltprüfungen im Wesentlichen nur in Deutschland Anklang gefunden (vgl. Hüwels, Probleme der Registrierung geprüfter Betriebsstandorte, 110; Koch, Zusammenwirken von Handelskammern, Handwerkskammern und Umweltschutzbehörden, 126, beide in: Bohne (Hrsg.), Erfahrungen mit dem Umweltauditgesetz, 1998; Schottelius, Umweltmanagementsysteme, NVwZ 1998, 805; Lütker/Ewer, NVwZ 1999, 19). o) Verpackungsverordnung 195
Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen, die für den privaten Endverbraucher bestimmt sind, müssen diese gemäß § 6 Verpackungsverordnung vom 21. 8. 1998 (BGBl. I, 2379), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 19. 7. 2007 (BGBl. I, 1462) am Ort der Übergabe der Waren zurücknehmen und einer zugelassenen Verwertung zuführen. Sie müssen die Rücknahme und Verwertung, sofern sie nicht dem „grünen Punkt“ angeschlossen sind, dokumentieren und von einem unabhängigen Sachverständigen testieren lassen. Die Testate für ein Jahr sind gemäß Anlage I zu § 6 Abschnitte 2 und 3 jeweils bis zum 1.5. des folgenden Jahres bei der nach § 32 Abs. 2 Umweltauditgesetz errichteten gemeinsamen Stelle – dem DIHK – zu hinterlegen.
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Um einerseits Wettbewerb bei der Rücknahme und Verwertung zu ermöglichen und andererseits „Trittbrettfahren“ zu verhindern, ist die Verpackungsverordnung durch die Fünfte Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung (VerpackV1998ÄndV 5) vom 2. 4. 2008 (BGBl. I, 2008, 531) in einem neu gefassten § 6 dahin gehend ergänzt worden, dass derjenige, der Verkaufsverpackungen im Sinne des § 6 Verpackungsverordnung in den Verkehr bringt, sich zur Gewährleistung der flächendeckenden Rücknahme an einem oder mehreren Sammelsystemen beteiligen oder einen Selbstentsorgernachweis erbringen muss. Gemäß einem neuen § 10 VerpackV muss er ferner über sämtliche von ihm mit Ware befüllten Verkaufsverpackungen eines Jahres bis zum 1. Mai des Folgejahres eine von einem Wirtschaftsprüfer, vereidig132
Möllering
Übertragung weiterer Aufgaben
§1
ten Buchprüfer, Steuerberater oder unabhängigen Sachverständigen testierte Vollständigkeitserklärung in elektronischer Form bei der örtlich zuständigen IHK für drei Jahre hinterlegen. Bei geringen Jahresmengen muss dies nur auf Verlangen der Abfallbehörde geschehen. Die IHKs betreiben die Hinterlegungsstellen in Selbstverwaltung. Sie informieren die Öffentlichkeit laufend im Internet darüber, wer eine Vollständigkeitserklärung abgegeben hat, und gewähren den Behörden, die für die Überwachung der abfallwirtschaftlichen Vorschriften zuständig sind, Einsicht in die hinterlegten Vollständigkeitserklärungen. Sie bedienen sich zur Erfüllung ihrer Pflichten der gemeinsamen Stelle nach § 32 Abs. 2 Umweltauditgesetz, also des DIHK. Auch die Sammelsysteme sind nach § 10 Abs. 6 VerpackV zur Hinterlegung der Informationen über eine Beteiligung an ihrem System jährlich mit gleicher Frist verpflichtet. Sie tragen die Kosten und Auslagen für die Einrichtung und den Betrieb der Hinterlegungsstelle wie auch für die Hinterlegungen. p) Börsenaufsicht Die Börsenaufsicht war früher nach dem Börsenrecht den Industrie- und Handelskammern übertragen, die sowohl Träger von Wertpapier- wie von Warenbörsen waren (vgl. z.B. § 41 des preußischen IHKG). Nach 1945 sind in den Ländern anderweitige Regelungen getroffen worden, so dass lediglich noch in Berlin und Hamburg die Börsenaufsicht bei der Kammer lag (vgl. Bremer, Kammerrecht, 182/184; Bremer, Grundzüge des deutschen und ausländischen Börsenrechts, 56).
197
Inzwischen hat sich das Börsenrecht (als Teil des Kapitalmarktrechts) weitgehend verselbständigt und wird zunehmend durch EG-Richtlinien bestimmt, die durch Novellen in deutsches Recht umgesetzt werden. Das Börsengesetz bestimmt eingehend Organe und Aufsicht über die Börsen. Für die Kammern als ursprüngliche Gründer und Träger der Börsen bleibt praktisch kein Spielraum mehr. q) Gewerbeanzeige In Rheinland-Pfalz sind die IHKs nach § 1 Abs. 2 der GewRZustV RP vom 30. 1. 2001 (GVBl. 2001, 43) i.d.F. der Ersten Landesverordnung zur Änderung der Landesverordnung (LVO) über ZustänMöllering 133
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§1
Aufgabenbereich
digkeiten im Gewerberecht vom 19. 12. 2006 (GVBl. 2006, 450) zuständig für die Durchführung des § 14 GewO und des § 55c GewO, also insbesondere für die Entgegennahme der Gewerbeanzeigen (beim stationären Gewerbe nach § 14 Abs. 1 GewO und subsidiär beim nicht reisegewerbekartenpflichtigen Reisegewerbe nach § 55c GewO) und deren Bescheinigung (§ 15 Abs. 1 GewO). Das gilt nicht für den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose, für den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art (§ 14 Abs. 2 GewO) und für überwachungsbedürftige Gewerbe (§ 38 Abs. 1 GewO). Ausgeschlossen ist auch die Abmeldung von Amts wegen nach Betriebsaufgabe (heute § 14 Abs. 1 Satz 3). Die Aufgabe ist den IHKs als Auftragsangelegenheit unter Aufsicht des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau übertragen (dazu § 11 Rz. 3).
15. Sachverständige 198
Besondere Bedeutung hat die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen, welche den Kammern im Rahmen von § 36 GewO i.V.m. § 1 Abs. 4 IHKG durch Landesrecht übertragen worden ist. Für diesen Aufgabenbereich erübrigt sich deshalb eine besondere Vorschrift im IHKG, wie sie früher im Preußischen IHKG (§ 42 Abs. 1) und in anderen Landesgesetzen üblich war. Diese Kammeraufgabe gehört deshalb zum „übertragenen Wirkungskreis“.
199
§ 36 GewO ist der wirtschaftlichen und rechtlichen Entwicklung mehrfach angepasst worden (zur Gesetzesgeschichte vgl. Bleutge in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung GewO, § 36 Anm. 1–9). Hervorzuheben sind das Gesetz vom 24. 4. 1986 (BGBl. I, 560), das eine subsidiäre Ermächtigung für die Sachverständigenordnungen der Kammern brachte (wegen VerfGH München GewArch 1984, 55; OVG Münster GewArch 1983, 334), und das Gesetz vom 23. 11. 1994 (BGBl. I, 3475), das die bis dahin übliche konkrete Bedürfnisprüfung abschaffte (wegen BVerfGE 86, 28). Seitdem besteht ein Rechtsanspruch auf Bestellung zum Sachverständigen, sofern abstrakt überhaupt ein Bedürfnis für eine solche Sachverständigentätigkeit festgestellt werden kann und sich die fachlichen Voraussetzungen auf dem betreffenden Sachgebiet so kon134
Möllering
§1
Sachverständige
solidiert haben, dass man von allgemein anerkannten Regeln ausgehen kann. Außerdem ist der Kreis der Personen, die zu Sachverständigen bestellt werden können, auf Freiberufler, Beamte und Angestellte erweitert worden (Marks, GewArch 1994, 444; Bleutge, GewArch 1994, 447; Frotscher, NVwZ 1996, 33, 36). a) Rechtsgrundlagen für die Bestellung von Sachverständigen Gemäß § 36 Abs. 1 GewO können Personen, die als Sachverständige tätig sind oder tätig werden wollen, durch die von den Landesregierungen bestimmten Stellen nach deren Ermessen für bestimmte Sachgebiete öffentlich bestellt werden, wenn sie besondere Sachkunde nachweisen und keine Bedenken gegen ihre Eignung bestehen. Gemäß § 36 Abs. 2 GewO gilt dies auch für Probenehmer, Zähler, Wäger und Personen, die ähnliche Aufgaben erfüllen.
200
Wegen der Einzelheiten zum Sachverständigenwesen wird verwiesen auf den Kommentar Landmann/Rohmer, GewO (Loseblatt), der auch die gesamte Rechtsprechung sowie weiterführende Literatur bringt, sowie auf folgendes Schrifttum: Bayerlein [Hrsg.], Praxishandbuch Sachverständigenrecht, 4. Auflage 2008; Bleutge, GewArch 2007, 184; Bleutge, Sachverständige (2003); Jessnitzer/ Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Auflage 2007; Wellmann, Der Sachverständige in der Praxis, 7. Auflage 2004; Stober, Der öffentlich bestellte Sachverständige zwischen beruflicher Bindung und Deregulierung, 1991; Scholl, Der private Sachverständige im Verwaltungsrecht, 2005). Eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung findet sich in den Aufsätzen von Bleutge, GewArch 1976, 363; 1980, 313; 1986, 145; 1990, 113 und 2008, 9.
201
Die von den Landesregierungen bestimmten Stellen sind grundsätzlich die IHKs. Für handwerkliche Erzeugnisse und Leistungen obliegt die Sachverständigenbestellung den Handwerkskammern (§ 91 Abs. 1 Nr. 8 HwO; zur Tragweite vgl. BGH GewArch 1984, 386; dazu Heck, GewArch 1985, 71; auch die Neufassung dieser Bestimmung durch Gesetz vom 28. 6. 1990 – BGBl. I, 1221/1245 – beschränkt den handwerklichen Sachverständigen auf die Beurteilung handwerklicher Leistungen). Für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaus sind die Landwirtschaftskammern und in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpom-
202
Möllering 135
§1
Aufgabenbereich
mern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen staatliche Landwirtschaftsbehörden zuständig, was auf Art. XI Abs. 3 der 4. Novelle zur Gewerbeordnung vom 5. 2. 1960 (BGBl. I, 61) zurückgeht (vgl. im Übrigen Landmann/Rohmer, § 36 Anm. 51/53 und II Nrn. 272/273). Schließlich haben in bestimmten Bereichen des Hochbaus noch die Architektenkammern in Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie die Ingenieurkammern in Berlin (Baukammer), Brandenburg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen (Bau) für Ingenieurtätigkeiten die konkurrierende Zuständigkeit zur Sachverständigenbestellung; in den anderen Ländern (Sachsen und Thüringen) sehen die Landesgesetze über Architekten- oder Ingenieurkammern lediglich eine Mitwirkung bei der Sachverständigenbestellung oder auch nur die Benennung von Sachverständigen vor (zum Überblick über die Zuständigkeiten nach § 36 GewO siehe Rickert in: Pielow (Hrsg.), BeckOK GewO § 36 Rz. 13–16.1). 203
Von dem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nach § 36 GewO sind die amtlichen oder amtlich anerkannten Sachverständigen zu unterscheiden, die aufgrund von Bundesoder Landesgesetzen für bestimmte Prüfungsaufgaben zugelassen werden und meist in speziellen Überwachungsorganisationen zusammengefasst sind (vgl. § 36 Abs. 5 GewO; hoheitliche Tätigkeit BGHZ 49, 108). Als Beispiele sind das Kraftfahrzeugsachverständigengesetz, das Eichgesetz und die Landesgesetze über die Landvermessung zu nennen; als Überwachungsorganisationen sind die Technischen Überwachungsvereine und die DEKRA am bekanntesten (beliehene Verbände: BVerwG GewArch 1990, 355). Dazu sind mit dem Umweltauditgesetz noch die Umweltgutachter gekommen. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang, dass der Gesetzgeber zunehmend in die amtlichen Überprüfungen durch Prüfungsorganisationen auch öffentlich bestellte Sachverständige einbezieht (§ 5 Altfahrzeug-Verordnung; Anhang I Verpackungsverordnung; §§ 6, 10 TEHG; § 11 ElektroG; § 558a BGB, § 641a BGB; § 7 SpielV; § 21 EnEV).
204
Die IHKs sind durch entsprechende Landesgesetze oder Landesverordnungen dazu ermächtigt worden, Sachverständige im Rahmen des § 36 GewO zu bestellen und zu vereidigen. Im Einzelnen gelten:
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Möllering
§1
Sachverständige
– in Baden-Württemberg: § 7 des AGIHKG vom 27. 1. 1958 (GVBl. 77); – in Bayern: Art. 7 und Art. 10 Abs. 2 des AGIHKG vom 25. 3. 1958 (GVBl. 40); – in Berlin: § 1 der VO vom 10. 11. 1967 (GVBl. 1571); – in Brandenburg: § 7 des AGIHKG v. 13. 9. 1991 (GVBl. 440); – in Bremen: § 3 Abs. 1 Nr. 1 der VO vom 23. 10. 1990; – in Hamburg: § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Hamburger Kammergesetzes vom 27. 2. 1956 (GVBl. 21), geändert durch Gesetz vom 21. 2. 1983 (GVBl. 55) i.V.m. Nr. III Ziff. 5 der Anordnung zur Durchführung der Gewerbeordnung vom 21. 12. 1987 (Amtl. Anzeiger, Teil II des Hamburgischen GVBl. 1988, 9); – in Hessen: § 6 des AGIHKG vom 6. 11. 1957 (GVBl. 147); – in Mecklenburg-Vorpommern: § 6 des AGIHKG v. 18. 2. 1992 (GVBl. 98) i.V.m. § 1 der Landesverordnung über die Regelung der Zuständigkeiten nach dem AGIHKG vom 18. 3. 1992 (GVBl. 232); – in Niedersachsen: § 6 des AGIHKG vom 20. 12. 1957 (GVBl. 136); – in Nordrhein-Westfalen: § 6 des AGIHKG vom 23. 7. 1957 (GVBl. 187) und § 1 Abs. 1 der VO vom 10. 12. 1974 (GVBl. 1558); – in Rheinland-Pfalz: § 5 des AGIHKG vom 24. 2. 1958 (GVBl. 43) i.V.m. VO vom 25. 3. 1991 (GVBl.174); – im Saarland: § 6 des AGIHKG vom 29. 3. 1960 (ABl. 261); – in Sachsen-Anhalt: § 6 des Gesetzes v. 10. 6. 1991 (GVBl. 103); – in Sachsen: § 7 AGIHKG v. 18. 11. 1991 (GVBl. 28) i.V.m. VO vom 28. 1. 1992 (GVBl. 40); – in Schleswig-Holstein: § 1 Abs. 2 des Gesetzes vom 13. 2. 1953 (GVBl. 54, 41) i.V.m. § 42 Abs. 1 des Preuß. IHKG i.d.F. vom 8. 12. 1933 (GS 1934, 6); – in Thüringen: § 1 der Landesverordnung vom 3. 4. 1991 (GVBl. 69). Durch die mehrfache Neufassung des § 36 GewO hat sich an der gesetzlichen Zuständigkeit der IHKs nichts geändert. Art. XI Möllering 137
205
§1
Aufgabenbereich
Abs. 2 Ziff. 1 der 4. Novelle zur Gewerbeordnung vom 5. 2. 1960 (BGBl. I, 61) bestimmte nämlich, dass die Vorschriften der Länder über die Zuständigkeit, d.h. die entsprechenden Bestimmungen der Landeskammergesetze, in Kraft bleiben, solange von der Ermächtigung nicht anderweitig Gebrauch gemacht wird. Soweit einzelne Bundesländer inzwischen Rechtsverordnungen erlassen haben, bestätigen sie die Kammern in ihrem bisherigen Aufgabenbereich, der die Masse der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen umfasst. b) Rechtliche und tatsächliche Bedeutung der öffentlichen Bestellung 206
Die „öffentliche“ Bestellung von Sachverständigen wirkt sich rechtlich darin aus, dass ihren Handlungen und Gutachten bestimmte Rechtsfolgen beigelegt sind (z.B. §§ 438, 608, 609 HGB; § 61 Binnenschifffahrtsgesetz; vgl. RGZ 124, 245) und dass sie im Zivil- oder Strafprozess vorzugsweise als Sachverständige heranzuziehen sind (§§ 404 Abs. 2 ZPO; 73 Abs. 2 StPO); durch Verweisung auf die ZPO gelten diese Vorschriften auch in den anderen Gerichtsbarkeiten.
207
Durch § 132a Abs. 1 Ziff. 3 und Abs. 2 StGB ist inzwischen auch die Bezeichnung „öffentlich bestellter Sachverständiger“ strafrechtlich geschützt, auch gegen verwechslungsfähige Bezeichnungen. Strafbar macht sich deshalb derjenige, der ohne generell als Sachverständiger öffentlich bestellt und vereidigt zu sein, sich als solcher bezeichnet (AG Krefeld BB 1961, 197; LG Bonn WRP 1978, 922; VG Oldenburg GewArch 1979, 92); verboten ist also auch die Bezeichnung als „Vereidigter Sachverständiger“, selbst wenn der Sachverständige im Einzelfall von Gerichten herangezogen und dann auch jeweils auf seine Aussage vereidigt wurde.
208
Darüber hinaus schützt § 5 UWG vor sonstigen irreführenden Maßnahmen (OLG München WRP 1981, 483; OLG Bamberg WRP 1982, 158 und 179; OLG Frankfurt WRP 1983, 123; ferner die umfangreiche Übersicht bei Bleutge, GewArch 2008, 9, 15). Der Hinweis auf die „Anerkennung“ durch einen privatrechtlichen Verband ist nur dann nicht irreführend, wenn der Verband dabei namentlich angegeben wird und wenn vor allem die Anerkennungsvoraussetzungen des Verbandes den Bestellungsvoraussetzungen der Kammern gleichwertig sind, also das Publikum nicht 138
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Sachverständige
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über die Qualifikation des Sachverständigen getäuscht wird (BGH GewArch 1984, 397; OLG Hamm GewArch 1987, 246). Selbst die bloße Bezeichnung als „Sachverständiger“ kann irreführend sein, wenn es sich um einen Angestellten eines am Gutachten interessierten Unternehmens handelt und damit Unparteilichkeit und Unabhängigkeit nicht gesichert sind (OLG Frankfurt WRP 1990, 340) oder wenn sich jemand ohne ausreichende Vorbildung als „Sachverständiger“ bezeichnet (BGH BB 1997, 1760; OLG München GewArch 1995, 297). Durch diese Rechtsprechung zu § 132a StGB und § 5 UWG ist die Sonderstellung des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen rechtlich weitgehend abgesichert. Entscheidend bleibt jedoch, dass die von der IHK öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen aufgrund des sorgfältigen Bestellungsverfahrens und der Überwachung durch die IHK besonderes Vertrauen genießen und auch in der Öffentlichkeit als besonders qualifiziert und zuverlässig angesehen werden.
209
c) Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung Aus § 36 Abs. 1 GewO ergibt sich lediglich, dass die öffentliche Bestellung und Vereidigung für ein bestimmtes Sachgebiet erfolgt, dass sie den Nachweis einer besonderen Sachkunde des Sachverständigen voraussetzt und dass keine Bedenken gegen seine Eignung bestehen dürfen; außerdem wird die Eidesformel festgelegt. Die näheren Einzelheiten dagegen über die Voraussetzungen, die Bestellung, die Pflichten des Sachverständigen und das Erlöschen der Bestellung ergeben sich nicht aus dem Gesetz, sondern könnten von den Landesregierungen aufgrund der Ermächtigung in § 36 Abs. 3 GewO durch Rechtsverordnung geregelt werden. Von dieser Verordnungsermächtigung ist jedoch kein Gebrauch gemacht worden, weil die Kammern in Form von Satzungsrecht alle einschlägigen Fragen geregelt haben.
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Die Satzungsgewalt der Kammern in diesem Bereich war früher umstritten (Bay. VerfGH GewArch 1984, 55; BVerwGE 45, 235). Nunmehr ist die Satzungsgewalt der Kammern in diesem Bereich ausdrücklich durch § 36 Abs. 4 GewO anerkannt; diese Bestimmung wurde durch Art. 3 des Ersten Rechtsbereinigungsgesetzes vom 24. 4. 1986 (BGBl. I, 560) eingefügt. Der Umfang der Satzungsgewalt ergibt sich aus § 36 Abs. 3 GewO; diese detaillierte
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Aufgabenbereich
Aufzählung der Regelungsmaterien erlaubt es, auch Nicht-Kammerzugehörige (Freiberufler, Beamte, Angestellte) dem Satzungsrecht der Kammer zu unterwerfen. Als Rechtsvorschriften sind die Sachverständigenordnungen der Kammern von den jeweiligen Vollversammlungen zu beschließen und auch im Bekanntmachungsorgan der Kammer zu verkünden; einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf es nicht. 212
Die Sachverständigenordnungen der Kammern stimmen weitgehend und wörtlich mit der Mustersachverständigenordnung des DIHK überein, die regelmäßig der Praxis und vor allem der Rechtsprechung angepasst und weiterentwickelt wird (vgl. Bleutge, Sachverständige, 45; Rickert, BeckOK GewO § 36). Im Einzelnen sind die Pflichten des Sachverständigen auch noch durch MusterRichtlinien des DIHK konkretisiert. Ergänzend hat der DIHK mit Hilfe des Instituts für Sachverständigenwesen (IfS) für die wichtigsten Sachverständigenzweige noch besondere fachliche Bestellungsvoraussetzungen entwickelt, welche Vorbildung, Kenntnisse und Fähigkeiten des Sachverständigen als Voraussetzung für seine Bestellung im Einzelnen aufführen und eine gleichmäßige Beurteilung der Anträge wie ein hohes Niveau der Sachkunde sichern (BVerwG GewArch 1975, 333; OVG Schleswig-Holstein GewArch 1992, 234). Für viele Sachbereiche sind darüber hinaus bei den Kammern überregionale Fachgremien errichtet worden, welche sich aufgrund bisheriger Gutachten, schriftlicher Aufgaben, praktischer Übungen und eines Fachgesprächs über die besondere Sachkunde eines Antragstellers vergewissern und gegenüber der bestellenden Kammer dazu gutachtlich Stellung nehmen (VGH München GewArch 1974, 21; VG Regensburg GewArch 1996, 280 – Prüfung nur, wenn schriftliche Unterlagen nicht ausreichen).
213
Die Rechtsprechung hat diese von den Kammern entwickelten Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung und Vereidigung, die in besonderem Maße dem gesamtwirtschaftlichen Interesse an zuverlässigen und qualifizierten Sachverständigen Rechnung tragen, durchweg bestätigt. Beispielsweise sind die Altersgrenzen (mindesten 30 Jahre, höchstens 68 Jahre – BVerfG GewArch 1983, 258 und 1991, 103; Bay. VerfGH GewArch 1984, 55 und GewArch 1989, 236; BVerwG GewArch 1963, 224; OVG Lüneburg GewArch 1976, 126; OVG Berlin GewArch 1978, 293; OVG Münster GewArch 1981, 221; VGH Mannheim GewArch 1993, 199), aber auch die Befristung von Sachverständigenbestellungen (OVG Münster 140
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Sachverständige
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GewArch 1966, 251 und GewArch 1969, 155) immer wieder bestätigt worden. Es steht allerdings zu befürchten, dass zumindest die Altersregelungen im Gefolge des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) in Zukunft wieder häufiger Gegenstand von Klagen werden könnten. Noch wichtiger ist es, dass die Rechtsprechung ebenso wie die Kammern an den Nachweis der besonderen Sachkunde einen strengen Maßstab anlegen und ein überdurchschnittliches Fachwissen verlangen; die normalerweise für die Ausübung einer Tätigkeit notwendigen Kenntnisse reichen nicht aus (BVerwG GewArch 1973, 263; BVerwGE 45, 235; OVG Lüneburg GewArch 1977, 377; OVG Koblenz GewArch 1979, 331; OVG Münster GewArch 1983, 334; VGH Mannheim GewArch 1984, 380; weitere Rechtsprechung bei Bleutge, GewArch 2008, 9, 10). Auch an die persönliche Eignung werden hohe Anforderungen gestellt; dazu gehören Unparteilichkeit und Unabhängigkeit, Zuverlässigkeit und geordnete Vermögensverhältnisse (BVerwG GewArch 1974, 333; 1975, 333; 1979, 304; VG Mannheim GewArch 1977, 19; OVG Koblenz GewArch 1979, 331; GewArch 1980, 375; OVG Münster DÖV 1983, 44; GewArch 1986, 164; weitere Rechtsprechung bei Bleutge, GewArch 2008, 9, 12). Diese geforderte Unabhängigkeit kann auch ein Beamter oder Angestellter haben, wenn ihm der Dienstherr oder Arbeitgeber einen Zweitberuf als Sachverständiger erlauben. Wichtig ist jedoch der Fall des angestellten Sachverständigen in einer Sachverständigengesellschaft (Sozietät oder Partnerschaft, GmbH) oder in einer Überwachungsorganisation; hier kommt es darauf an, dass er bei seiner fachlichen Tätigkeit kraft Vertrages frei von Weisungen bleibt. Diese Vereinheitlichung der Rechtsgrundlagen im Bereich der IHKs hat dazu geführt, dass sich inzwischen auch die Sachverständigenordnungen der Handwerkskammern, der Architektenkammern, der Ingenieurkammern und der Landwirtschaftskammern weitgehend und oft wörtlich an die Muster-Sachverständigenordnung des DIHK anlehnen. Damit ist für fast alle Bestellungsbehörden eine einheitliche Rechtspraxis gesichert und ein für die Gesamtwirtschaft wichtiges Sachgebiet übereinstimmend geordnet. d) Rechtsanspruch auf Bestellung Wenn der Antragsteller die geforderten fachlichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllt, hat er einen Rechtsanspruch auf Möllering 141
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Bestellung. Die konkrete Bedürfnisprüfung, ob die örtlichen Verhältnisse die Bestellung eines weiteren Sachverständigen zweckmäßig erscheinen lassen, ist nicht mehr zulässig (BVerfGE 86, 28). Dagegen behält die Kammer das Ermessen darüber, auf welchen Sachgebieten sie Sachverständige öffentlich bestellen und vereidigen will (abstrakte Bedürfnisprüfung, ob auf einem bestimmten Sachgebiet überhaupt Sachverständigenleistungen nachgefragt werden). Dieses Ermessen ist auch deshalb notwendig, damit nicht zu kleine und überspezialisierte Sachgebiete entstehen. Vor allem aber muss eine Sachverständigenbestellung auf Sachgebieten verhindert werden, die noch umstritten sind und bei denen es deshalb prüffähige, allgemein anerkannte Regeln noch nicht gibt. e) Vertraulichkeit von Auskünften 215
Zur Feststellung, ob der Bewerber die erforderliche besondere Sachkunde besitzt und persönlich geeignet ist, kann die IHK alle geeigneten Ermittlungen anstellen. Sie wird sich in erster Linie frühere Gutachten vorlegen lassen, sowie – falls es erforderlich erscheint – eine Überprüfung des Bewerbers durch ein Fachgremium veranlassen, aber auch beispielsweise ihren Ausschuss für Sachverständigenfragen anhören (so VGH München GewArch 1974, 21; VG Augsburg, GewArch 1979, 194; VG Saarlouis GewArch 1981, 10; VG Karlsruhe GewArch 1981, 333; VG Minden GewArch 1982, 375). Darüber hinaus wird sie insbesondere zur persönlichen Eignung Referenzen einholen. Diese vertraulichen Auskünfte braucht die IHK weder in einem Ablehnungsbescheid noch in einem Verwaltungsstreitverfahren preiszugeben, wie inzwischen wiederholt von der Rechtsprechung bestätigt worden ist (BVerwGE 5, 95; OVG Berlin GewArch 1971, 155; OVG Koblenz GewArch 1976, 329; VG Berlin GewArch 1980, 193; VG Schleswig-Holstein GewArch 1982, 25).
216
Bei der Beurteilung der persönlichen Eignung hat die IHK einen weiten Ermessensspielraum. Es genügt, dass sich Zweifel an der Eignung oder besonderen Sachkunde des Antragstellers nicht haben ausräumen lassen. Diese Ermittlungen sind aber nur möglich, wenn sich die Kammer auf die Auskünfte von Fachleuten stützen kann, die mit dem Bewerber bereits geschäftlich zu tun gehabt haben und seine Gutachtertätigkeit schon kennen (vgl. VG Schleswig-Holstein GewArch 1982, 25). Diese Vertrauensleute würden 142
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Sachverständige
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sich aber nicht offen äußern, wenn sie dadurch in Auseinandersetzungen mit dem Antragsteller verwickelt werden könnten. Die Preisgabe der Namen der Auskunftspersonen würde die Erfüllung dieser Kammeraufgabe unzumutbar erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen. Die Vertraulichkeit der Auskünfte ist daher im öffentlichen Interesse geboten, so dass bei der Staatsaufsichtsbehörde eine Erklärung gemäß § 99 VwGO zur Verweigerung von Aktenvorlage und Auskunft angefordert werden kann. Eine solche Erklärung der Staatsaufsichtsbehörde führt allerdings dazu, dass die Kammer sich nicht mehr direkt auf die vertrauliche Auskunft stützen kann und ihre Ablehnung in anderer Form nachvollziehbar begründen muss. Dabei zeigt sich dann oft, dass Name und Vorgänge doch in der ablehnenden Begründung aufgeführt werden müssen, um Vorwürfe konkret belegen zu können, etwa mit dem Ergebnis einer fehlerhaften Begutachtung oder Beratung des Sachverständigen. Die Nachprüfung einer Ablehnung im Verwaltungsstreitverfahren läuft auf eine Gesamtprüfung der Persönlichkeit des abgelehnten Bewerbers hinaus. Deshalb brauchen Kammern wie Verwaltungsgerichte in den einzureichenden Unterlagen auch einen Lebenslauf, aus dem sich Vorbildung, Ausbildung sowie berufliche Stationen und Erfahrungen ergeben. Die Verwaltungsgerichte beschränken sich daher darauf zu ermitteln, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob die Kammer von der richtigen Rechtsauffassung ausgegangen ist und ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat.
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f) Rücknahme und Widerruf der Bestellung Die öffentliche Bestellung zum Sachverständigen ist ein Verwaltungsakt, der früher nur unter den Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 GewO zurückgenommen werden konnte; diese Bestimmung ist inzwischen aufgehoben. An ihre Stelle sind die §§ 48 und 49 der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder getreten, die die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten abschließend regeln. Die Rücknahme betrifft einen von vornherein rechtswidrigen Verwaltungsakt, der Widerruf die Aufhebung eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes. Rücknahme wie Widerruf sind Ermessensentscheidungen der Kammern, die eingehend zu begründen sind. Insbesondere ist beim Widerruf auch zu prüfen, ob Möllering 143
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die Maßnahme dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Eine Rücknahme kommt deshalb im Wesentlichen nur in Betracht, wenn unrichtige oder unvollständige Unterlagen vorgelegt worden sind und die Kammer als Bestellungsbehörde getäuscht wurde. Ein Widerruf ist möglich, wenn die Voraussetzungen der besonderen Sachkunde und persönlichen Eignung nachgewiesenermaßen nicht mehr vorliegen sollten; in der Regel geht es dabei um Verstöße gegen die Pflichten als Sachverständiger, wie sie in der Sachverständigenordnung und den Richtlinien dazu einschließlich einer umfangreichen Rechtsprechung festgelegt worden sind. 219
Zuständig für Rücknahme und Widerruf ist diejenige Stelle, welche die öffentliche Bestellung angesprochen hat. Diese Zuständigkeitslösung war nicht unbestritten, solange § 53 Abs. 2 GewO galt; einige Länder hatten deshalb die IHKs ausdrücklich auch mit Rücknahme oder Widerruf der Bestellung beauftragt (vgl. 4. Aufl., S. 79). Nach der ersatzlosen Streichung des § 53 Abs. 2 GewO ist diese Frage erledigt. Es ist selbstverständlich, dass mit der Übertragung der Bestellungsbefugnis auf die Kammern nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder auch die Befugnis zu Rücknahme und Widerruf der Bestellung verbunden ist, zumal die Bestellungsbehörde schon wegen ihrer größeren Sachnähe und der Unterlagen aus dem Bestellungsverfahren und der späteren Überwachung des Sachverständigen über die besseren Voraussetzungen für eine sachgerechte Entscheidung verfügt.
220
Für einen Widerruf reichen insbesondere wiederholte Verstöße gegen die Sachverständigenpflichten aus, wie sie in der Sachverständigenordnung und den Richtlinien dazu festgelegt sind (BVerwG GewArch 1960, 183; 1974, 103; 1979, 304; OVG Münster GewArch 1964, 31; DÖV 1983, 44; GewArch 1969, 155; VGH Mannheim, GewArch 1977, 19; GewArch 1986, 329). Ebenso genügt es, wenn der Sachverständige sich nicht mehr in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befindet (BVerwG GewArch 1974, 333; VG Münster GewArch 1996, 380) oder wenn seine Eignung und Zuverlässigkeit durch sein Verhalten zweifelhaft geworden sind (VG Stuttgart GewArch 1979, 375; OVG Koblenz GewArch 1979, 331; weitere Rechtsprechung bei Bleutge, GewArch 2008, 9, 12).
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Aus dieser Rechtsprechung über den Widerruf einer Sachverständigenbestellung ergibt sich auch, in welcher Form die Kammern 144
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Rechtsnatur der Kammeraufgaben
§1
ihrer Aufgabe während der Bestellungsdauer eines Sachverständigen nachkommen. In erster Linie kümmern sie sich über das von ihnen geschaffene Institut für Sachverständigenwesen (IfS) um die Information und Fortbildung der Sachverständigen, die mehrfach jährlich über alle sie betreffenden Probleme, insbesondere auch über Gesetzgebung und Rechtsprechung, unterrichtet und denen rechtliche und fachliche Fortbildungslehrgänge laufend angeboten werden. Genauso überwachen die Kammern aber auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten die von ihnen bestellten Sachverständigen, gehen Beschwerden von Gerichten und Auftraggebern nach und vergewissern sich durch Umfragen über Auslastung und Tätigkeitsbereiche der bestellten Sachverständigen. Der Sachverständige ist verpflichtet, der Kammer die zur Überwachung und zur Klärung von Streitfragen notwendigen Auskünfte zu geben, insbesondere beanstandete Gutachten vorzulegen und Einsicht in seine Unterlagen zu gestatten. Auf diese Weise lässt sich auch nach der Bestellung sichern, dass die hohe Qualifikation und die Zuverlässigkeit gewährleistet bleiben. Einstweilen frei.
222–225
16. Rechtsnatur der Kammeraufgaben a) Selbstverwaltung Die Industrie- und Handelskammern sind Selbstverwaltungskörperschaften, deren Aufgabenkreis durch staatliche Zuweisung bestimmt und begrenzt wird und deren Aufgaben deshalb stets öffentlich-rechtlicher Art sind (vgl. Legaldefinition der öffentlichrechtlichen Körperschaft in § 37 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein). Die ihnen durch das Gesetz selbst zugewiesenen Aufgaben sind Selbstverwaltungsangelegenheiten, mag es sich um den Erlass von Satzungsrecht, um Verwaltungsverfahren und Verwaltungsakte oder um eine schlichtverwaltende Tätigkeit handeln („eigener Wirkungskreis“).
226
Die anderweitig durch Bundes- oder Landesrecht zugewiesenen Aufgaben (§ 1 Abs. 4) sind grundsätzlich ebenfalls Selbstverwaltungsaufgaben, können aber ausnahmsweise auch Auftragsangelegenheiten sein. Bei Selbstverwaltungskörperschaften ist davon auszugehen, dass ihnen auch neue Aufgaben zur Selbstverwaltung überlassen werden (vgl. Most, Selbstverwaltung, 9 und 26); heute
227
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Aufgabenbereich
wird dies meist ausdrücklich durch den Wortlaut der Übertragungsbestimmung oder wenigstens in der amtlichen Begründung klargestellt. Die Kammern werden nicht nur wegen ihrer Ortsund Firmennähe sowie ihrer Sachkenntnis damit betraut, sondern weil die Erfüllung dieser Aufgaben auch kaufmännischen Sachverstand, d.h. also die Mitwirkung der kammerzugehörigen Unternehmer und des Ehrenamts erfordert – wenn z.B. fachkundige Prüfungsausschüsse zu bilden sind – und sich die Selbstverwaltung dafür am besten eignet (dazu auch BVerfG GewArch 2002, 111; Stober, IHK als Mittler, 87; Kluth, DÖV 2005, 368). Die bislang übertragenen Kammeraufgaben sind deshalb durchweg Selbstverwaltungsangelegenheiten im „übertragenen Wirkungskreis“. 228
Gelegentlich wird auch zwischen freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben und Pflichtaufgaben der Selbstverwaltung unterschieden. Diese Terminologie ist nicht unproblematisch, denn sie suggeriert, dass die IHK eine Kompetenz-Kompetenz haben könnten. Das aber ist nicht der Fall (BVerwG GewArch 2001, 161). Die Unterscheidung kann daher nur so verstanden werden, dass bei einigen Aufgaben die IHK selbst ihre Tätigkeitsschwerpunkte wählen kann, während sie bei anderen zu einer bestimmten Tätigkeit verpflichtet ist. Auch freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben sind öffentliche Aufgaben. Die freiwillige Selbstverwaltung findet ihre Rechtsgrundlage in § 1 Abs. 1 und 2; Pflichtaufgaben sind die Gutachtenerstattung für Gerichte und Behörden, die Berufsausbildung (nicht dagegen Berufsfortbildung und Umschulung) sowie alle Aufgaben nach § 1 Abs. 3 und 4.
229
Selbstverwaltungsangelegenheiten im eigenen wie im übertragenen Wirkungskreis werden heute auch unter dem Begriff der „Verbandskompetenz“ zusammengefasst (vgl. OVG Münster NJW 1979, 1057; Oldiges, DÖV 1989, 873). Entscheidend für die Einordnung als Auftragsangelegenheit ist es, ob bei der staatlichen Zuweisung die Fachaufsicht und damit ein Weisungsrecht im Einzelfall vorbehalten worden sind (vgl. §§ 19, 20 LVG SchlH; Foerster, LVG SchlH, Stand 1990, § 19 Anm. 2; § 20 Anm. 2 und § 50 Anm. 3). Im Kommunalrecht gibt es daneben den umstrittenen Begriff der Pflichtaufgaben nach Weisung (vgl. § 3 Abs. 2 GO NW); hier erlässt die Aufsichtsbehörde den Widerspruchsbescheid (§ 7 AG VwGO NW).
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Rechtsnatur der Kammeraufgaben
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Die Übertragung einer Auftragsangelegenheit auf die IHKs ist nur 230 in Ausnahmefällen zulässig, wie dies etwa in Kriegs- und Krisenzeiten schon vorgekommen und heute in den Notstandsgesetzen und -verordnungen vorgesehen ist. Der Charakter einer Selbstverwaltungskörperschaft setzt jedoch enge Grenzen für die Übertragung solcher Auftragsangelegenheiten, weil sich die Kammern mit ihrem kleinen hauptamtlichen Stab nicht als nachgeordnete Wirtschaftsverwaltungsbehörden eignen und deshalb durch Auftragsangelegenheiten rein administrativer Art in ihrem Wesen denaturiert werden könnten. Zumindest für den Landesgesetzgeber liegt hier eine deutliche rechtliche Sperre. Beispielsweise kann er den Kammern nicht den Einzug staatlicher Abgaben übertragen, selbst wenn sie von kammerzugehörigen Unternehmen aufzubringen sind. Ebenso wenig kann er den Kammern Aufsichtsoder Kontrollrechte übertragen, weil die damit verbundenen Weisungsrechte staatlicher Behörden dem Selbstverwaltungscharakter der Kammern widersprechen würden. Eine verfassungsrechtliche Garantie der Kammer-Selbstverwaltung gibt es allerdings nur in Baden-Württemberg (Art. 71 Abs. 1 Verf. BW) und Niedersachsen (Art. 57 Abs. 1 Nds. Verf.) Als einzige Landesverfassung erstreckt die niedersächsische Verfassung in ihrem Art. 57 Abs. 4 sogar das bei der Übertragung staatlicher Aufgaben auf die Gemeinden allgemein geltende Konnexitätsprinzip auch auf die funktionalen Selbstverwaltungskörperschaften und damit auf die IHKs. Allerdings besteht auch in Niedersachsen ein Defizit gegenüber der kommunalen Selbstverwaltung insoweit, als Art. 57 Abs. 4 Nds.Verf. keine Vollkostendeckung garantiert. Außerdem gibt es keinen gerichtlichen Rechtsschutz für die Kammern (zum Ganzen Kluth, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2004, 13; Möllering, WiVerw 2006, 261, 273). Der eigene wie der übertragene Wirkungskreis beschränken ab- 231 schließend die Kammeraktivitäten, weil öffentlich-rechtliche Körperschaften nur im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags tätig sein dürfen und die IHKs – anders als die Gebietskörperschaften – keine Allzuständigkeit haben. Diese Grenzen sind allerdings in der Praxis – jedenfalls in Bezug auf die IHK-Tätigkeit – kaum spürbar, weil der Kammerauftrag zur Wahrnehmung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft in § 1 Abs. 1 bewusst sehr weit und als Generalklausel formuliert ist und ausdrücklich auch die wirtschaftspolitischen Stellungnahmen, Vorschläge und Gutachten Möllering 147
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einbezieht. Kritischer ist dies bei der Beteiligung an Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 2 IHKG. Diese ist nur zulässig, wenn die betreffenden Anlagen oder Einrichtungen der Förderung der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige „dienen“. Das wiederum ist nur der Fall, wenn sie gerade und in erster Linie das Interesse der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige fördern, also nicht auch anderen Zwecken – etwa dem gemeinen Wohl – dienen (BVerwG GewArch 2001, 161, 162). Auch wenn sich die Kammern bei Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben privatrechtlicher Formen bedienen, dürfen sie ihren Aufgabenkreis nicht überschreiten. 232
Der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, dass öffentlich-rechtliche Körperschaften kein „allgemeinpolitisches Mandat“ haben – ausgehend von der Tätigkeit der Allgemeinen Studentenausschüsse (BVerwGE 34, 69; 59, 231/238; 59, 242/245; BGH NJW 1982, 346) und dann auf alle öffentlich-rechtlichen Körperschaften ausgedehnt (BVerwGE 64, 115 und 298/301), wirkt sich deshalb nicht aus, solange sich die IHKs zu wirtschaftlich relevanten Fragen äußern und damit das Gesamtinteresse ihrer Bezirkswirtschaft zur Geltung bringen. Das kann etwa auch bei familienpolitischen und bildungspolitischen Themen zutreffen, wenn diese Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort haben (VG Kassel vom 30. 1. 2007 – 3 E 2253/04 n.rkr.). Sogar beim Votum gegen einen geplanten Volksentscheid ist die Zulässigkeit bejaht worden, weil auch dieser die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts beinträchtigen kann (OVG Hamburg vom 12. 10. 2007- 1 Bs 236/07). Erst wenn ein Bezug zur Wirtschaft nicht mehr erkennbar ist, werden die Grenzen des gesetzlichen Kammerauftrages überschritten.
233
Auf dieser Rechtsprechung aufbauend hat das Bundesverwaltungsgericht den weiteren Grundsatz entwickelt, dass Mitglieder von öffentlich-rechtlichen Körperschaften auf Unterlassung klagen können, wenn die Körperschaft ihren gesetzlichen Aufgabenkreis überschreitet, insbesondere, wenn sie Haushaltsmittel für körperschaftsfremde Zwecke ausgibt (BVerwG GewArch 2001, 163; BVerwG GewArch 1999, 21, 22; BVerwGE 64, 115; vgl. auch Schmidt, NVwZ 1992, 40 und Tettinger, Kammerrecht, 159–167). Danach ist auch der Beitritt öffentlich-rechtlicher Körperschaften zu privaten Spitzenorganisationen zu beurteilen. Allerdings wird in der Rechtsprechung bislang durchweg die Auffassung vertreten, 148
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Rechtsnatur der Kammeraufgaben
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dass eine konkrete Aufgabenüberschreitung des Dachverbandes ein Austrittsverlangen des Mitglieds einer dem Dachverband angehörenden Kammer nicht rechtfertigen kann. Jedenfalls soll das gelten, solange die Kammer im Bereich der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben nicht an Beschlüsse des Dachverbandes gebunden ist (BVerwG GewArch 1986, 298 – Zentralverband des Deutschen Handwerks; OVG Münster NJW 1975, 1475 – Bundesärztekammer, OVG Koblenz GewArch 1993, 289 – DIHT; BGH BRAK-Mitt. 1996, 126 – Patentanwaltskammer im internationalen Dachverband; BVerfG DNotZ 1983, 502 – Notarkammer). Strenger noch wird teilweise die Mitgliedschaft von Kammern der freien Berufe im Bundesverband oder einem Landesverband Freier Berufe bewertet (BVerwG NJW 1987, 337; OVG Münster GewArch 1998, 413; OVG Bremen AnwBl. 1993, 537). In neueren Urteilen der Verwaltungsgerichte zur Mitgliedschaft in der ABDA wird darauf abgestellt, ob der satzungsmäßige Aufgabenbereich des privatrechtlichen Zusammenschlusses und dessen tasächliche Aktivitäten sich innerhalb der gesetzlichen Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Körperschaft halten (vgl. Hensch, Jahrbuch des Kammerrechts 2004, 72, 94 m.w. Nachw.; Möllering in Festschrift für Stober, 391). Demgegenüber lässt die Rechtsprechung eine allgemeine Kontrolle der Mitglieder in Bezug auf die Rechtmäßigkeit des Handelns ihrer IHK nicht zu, insbesondere also auch nicht die der Popularklage schon ähnelnde Mitgliederklage bei Rechtsanwendungsfehlern (vgl. VGH Mannheim, Normenkontrollbeschluss vom 7. 10. 1985 – 14 S 1446/84; VG Kassel vom 30. 1. 2007 – 3 E 2253/04 n.rkr.). Schließlich hat die Rechtsprechung auch klargestellt, dass der Vorwurf eines gesetzwidrigen Handelns durch Überschreitung der gesetzlichen Aufgaben keine Beitragsverweigerung rechtfertigt (BVerwGE 59, 242; 64, 115; dazu Tettinger, Kammerrecht, 1997, 223/4). Erst recht gibt es keine verwaltungsrechtliche Unterlassungsklage für Kammerzugehörige, die sich gegen eine privatrechtliche Maßnahme der IHK als Fiskus wenden. Das Haushaltsrecht hat keine Außenwirkung und begründet auch keine Schutzpflichten für Dritte.
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Hoheitlicher Art ist derjenige Teil der Kammeraufgaben, bei dem die Kammer Rechte oder Pflichten für Kammerzugehörige oder Dritte begründet. Dabei ist zwischen dem Erlass von Satzungsrecht (Satzungsgewalt) und Verwaltungsverfahren mit abschlie-
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ßenden Verwaltungsakten (hoheitliche Verwaltung) zu unterscheiden. Nach ihrem Schwerpunkt sind die Kammeraufgaben jedoch schlichtverwaltender Art, nämlich die Tätigkeit als Gutachter und Berater für Gerichte, Behörden, Ministerien und Parlamente, ebenso bei der Betreuung der Kammerzugehörigen. b) Satzungsgewalt 236
Die Satzungsgewalt der IHK ergibt sich für das interne Organisationsrecht bereits aus § 4 Satz 2, hinsichtlich der einzelnen Sachaufgaben aus der jeweiligen gesetzlichen Zuweisung. Die Satzungsgewalt ist dabei nicht an die Ermächtigungsvoraussetzungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG gebunden, sondern ergibt sich aus dem Selbstverwaltungscharakter der Körperschaft unter Zuweisung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe (BVerfGE 12, 319/325). Die IHKs können also auf den ihnen zugewiesenen Aufgabengebieten ihre Tätigkeit durch eigene Statuten rechtsförmlich regeln, mag es sich um den eigenen oder den übertragenen Wirkungskreis handeln; auch für die Satzungsgewalt im übertragenen Wirkungskreis kommt Art. 80 Abs. 1 GG nicht zur Anwendung (so Maurer, DÖV 1993, 184; a.M. Stern, im Bonner Kommentar Art. 28 Nr. 106). Dieser verfassungsrechtlichen Streitfrage kommt jedoch kaum noch Bedeutung zu, weil der Gesetzgeber – wegen des Wesentlichkeitsprinzips – die wichtigsten Fragen selbst im Gesetz regelt oder Vorgaben für den Satzungsgeber macht (BVerfG GewArch 2005, 72 – Notarkasse; BVerfG NJW 1972, 1504, 1507 – Fachärzte; § 36 Abs. 3 und 4 GewO).
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Soweit es sich aus der gesetzlich zugewiesenen Aufgabe ergibt, können außer den Kammerzugehörigen auch Dritte dem Satzungsrecht unterliegen (BVerfG GewArch 2003, 290). Beispielsweise sieht das Berufsbildungsgesetz in § 54 den Erlass von Rechtsvorschriften vor, welche sowohl die ausbildenden Kammerzugehörigen wie nichtkammerzugehörige Ausbilder und Auszubildende betreffen; auch hier ist der Begriff „Rechtsvorschriften“ in dem allgemein üblichen Sinne der Rechtsnorm gebraucht (vgl. Art. 129 GG, die Landesverfassungen sowie die Verwaltungsverfahrensgesetze von Bund und Ländern). Ebenso ermächtigt § 36 Abs. 4 GewO die Kammern subsidiär zum Erlass von Satzungen im Sachverständigenwesen, um die Pflichten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen festzulegen; auch 150
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Rechtsnatur der Kammeraufgaben
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wenn er als Freiberufler, Beamter oder Angestellter nicht kammerzugehörig ist. Schließlich werden von den Statuten zur Durchführung von § 12 GGVS nichtkammerzugehörige Lehrgangsveranstalter und Lehrgangsteilnehmer betroffen, von den Statuten nach § 2 Abs. 2 der Gefahrgutbeauftragten-Verordnung auch nicht-kammerzugehörige Lehrgangsveranstalter. Die sachliche Legitimation der Satzungsgewalt ergibt sich in diesen erwähnten Fällen aus der Aufgabenzuweisung. Die persönliche Legitimation folgt daraus, dass die eigentlichen Adressaten der Regelung die kammerzugehörigen Unternehmen sind; sie müssen ihre Mitarbeiter im Umgang mit Gefahrgütern eingehend ausbilden lassen. Die Gültigkeit des Satzungsrechts der IHK wird in der Regel nur als Vorfrage in einem Verwaltungsstreitverfahren geprüft, wenn es um das Wahlrecht oder eine Beitragsveranlagung, um eine Sachverständigenbestellung oder um eine Einzelentscheidung im Bereich der Berufsbildung geht. Die Verwaltungsgerichte können dabei zwar eine Rechtsvorschrift als unwirksam behandeln, wenn sie gegen übergeordnetes Recht (Verfassungsrecht, Gesetze oder Verordnungen) verstößt, sie aber nicht für nichtig erklären. Die Konsequenz einer entsprechenden Anpassung ihres Satzungsrechts muss die IHK selbst ziehen; notfalls müsste sie dazu von der Staatsaufsichtsbehörde angehalten werden. Die meisten Länder (außer Hamburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen) haben jedoch in Ausführung von § 47 VwGO eine Normenkontrollklage zugelassen, mit der Rechtsvorschriften unterhalb des Landesgesetzes und damit beispielsweise auch Satzungsrecht der Kammern abstrakt nachgeprüft werden können. Auch eine einstweilige Anordnung ist in solchen Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO möglich (vgl. dazu Erichsen/Scherzberg, DVBl. 1987, 168). Der VGH Mannheim hat deshalb eine einstweilige Anordnung erlassen, weil er eine Einzelbestimmung der Prüfungsordnung einer IHK rechtlich für bedenklich hielt (Beschluss vom 18. 4. 1966 – I 224/66). Das OVG Lüneburg hat sich ebenfalls mit einem Normenkontrollantrag gegen eine Prüfungsordnung befasst, den Rechtssatzcharakter bestätigt, den Antrag aber aus anderen Gründen zurückgewiesen (Beschluss vom 15. 5. 1974 – VII C 1/73). In einem solchen Fall kann eine Satzungsvorschrift für nichtig erklärt werden, was wegen der Recht setzenden Wirkung ebenfalls der Verkündung bedarf (§ 47 Abs. 5 Satz 2 Hs. 2 VwGO). Möllering 151
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§1
Aufgabenbereich
c) Verwaltungsverfahren 239
Die Zuweisung hoheitsrechtlicher Verwaltungsaufgaben führt dazu, dass die IHKs Verwaltungsverfahren durchführen und Verwaltungsakte erlassen. Sie sind dabei an die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts gebunden, die hinsichtlich des Verwaltungsverfahrens und einiger damit zusammenhängender materiell-rechtlicher Fragen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder kodifiziert worden sind.
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Die befürchtete Zweigleisigkeit im Verwaltungsverfahrensrecht hat sich dabei nicht ergeben, weil gemäß § 1 Abs. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes für die IHKs als öffentlichrechtliche Körperschaften unter der Rechtsaufsicht des Landes in allen Fällen allein das jeweilige Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes gilt. Die Landesgesetze stimmen im Übrigen mit dem Bundesgesetz und untereinander so weitgehend und in der Regel wortgleich überein, dass im Folgenden zur Vereinfachung nur nach den Paragraphen des Bundesgesetzes zitiert wird.
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Verwaltungsakt ist jede Entscheidung, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 35 VwVfG). Verwaltungsverfahren ist die nach außen wirkende Tätigkeit einer Behörde, die auf Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gerichtet ist (§ 9 VwVfG). Behörde ist dabei jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 1 Abs. 4 VwVfG), also auch die Kammer. Dieser Behördenbegriff gilt im Übrigen auch für die schlichtverwaltende Tätigkeit der Kammer selbst, obwohl das Verwaltungsverfahrensgesetz diesen Bereich nicht weiter behandelt.
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Bei den IHKs finden sich Verwaltungsakte und Verwaltungsverfahren sowohl im Organisationsrecht als auch bei den einzelnen Sachaufgaben. Insbesondere geht es hier um Beitrags- und Gebührenbescheide, aber auch um die Stundung, den Erlass und die Niederschlagung von Beiträgen und Gebühren. Dagegen ist inzwischen geklärt, dass die einzelnen Entscheidungen im Wahlverfahren keine Verwaltungsakte sind und allein das Wahlergebnis angefochten werden kann (vgl. § 5 Rz. 79 und 86). Im Bereich der 152
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Rechtsnatur der Kammeraufgaben
§1
hoheitlichen Sachaufgaben werden etwa Verwaltungsverfahren durchgeführt und Verwaltungsakte erlassen, wenn es sich um die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen, die Erlaubniserteilung für Versicherungsvermittler, Rücknahme oder Widerruf der Bestellung oder Erlaubniserteilung handelt bzw. wenn es um die Ausstellung von Ursprungszeugnissen oder Bescheinigungen oder um Einzelentscheidungen im Bereich der Berufsbildung oder der gewerberechtlichen Sachkundeprüfungen geht. Der Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte der IHK richtet sich nach der VwGO, die in den meisten Ländern zunächst ein Widerspruchsverfahren vorsieht (§§ 68 ff. VwGO) und anschließend den Klageweg eröffnet (§ 42 VwGO mit Anfechtungs- und Verpflichtungsklage). Auch die Widerspruchsentscheidung wird von der IHK selbst erlassen, weil sie als Selbstverwaltungskörperschaft gemäß § 73 Abs. 1 Nr. 3 VwGO entscheidet (BVerwG vom 27. 10. 1978 – VII B 198/78; vom 20. 7. 1984 – VII Z 31/83). Bei Prüfungsentscheidungen hat sich dabei die Widerspruchsentscheidung der Kammer in den gleichen Grenzen zu halten, wie sie den Verwaltungsgerichten gesetzt sind. Intern richtet sich die Zuständigkeit nach der Organisationsverteilung, so dass beispielsweise von der Kammer auch ein Ausschuss oder das Präsidium für die Entscheidung von Widersprüchen bestimmt werden kann. Die Kostenerstattung bei erfolgreichem Widerspruch regelt sich nach § 80 VwVfG.
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Zum Verwaltungsstreitverfahren ist darauf hinzuweisen, dass hier die Vertretung der IHK gemäß § 7 Abs. 2 IHKG gemeinsam durch den Präsidenten und den Hauptgeschäftsführer erfolgt. Mit der Prozessvertretung – auch in der Berufungs- und Revisionsinstanz – kann ein Kammermitarbeiter, der die Befähigung zum Richteramt hat, beauftragt werden (§ 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO).
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d) Schlichtverwaltende Tätigkeit Im Übrigen sind die Kammeraufgaben in ihrem Schwergewicht schlichtverwaltender Art, insbesondere soweit die IHK als Gutachter und Berater, aber auch bei der Betreuung der kammerzugehörigen Unternehmen und der Wahrnehmung sonstiger Selbstverwaltungsaufgaben tätig wird (vgl. Robbers, Schlichtes Verwaltungshandeln, DÖV 1987, 272). Der BGH hat deshalb entMöllering 153
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Aufgabenbereich
schieden, dass die öffentliche Warnung einer IHK vor einem namentlich genannten Missbrauch von dem Betroffenen wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters dieser Maßnahme nicht vor den Zivilgerichten angefochten werden kann (NJW 1956, 711). Ebenso hat der BGH geklärt, dass auch die Vermittlung einer Handelsvertretung durch eine IHK als öffentlich-rechtliche Tätigkeit zu qualifizieren ist (NJW 1958, 1101). 246
Gegen die Durchführung dieser schlichtverwaltenden Tätigkeiten steht den Betroffenen kein Rechtsschutz zu, weil keinerlei Rechte oder Pflichten dadurch begründet werden und auch sonst nicht in ihre Rechtsstellung eingegriffen wird. Ein Unternehmen kann deshalb die IHK nicht darauf verklagen, ein bestimmtes Gutachten zu unterlassen oder zu ändern (VG Wiesbaden vom 26. 2. 1979 – D III G 25/79; VGH Kassel vom 20. 7. 1979 – IV TG 26/79). Es gibt auch keinen Widerrufsanspruch bei amtlichen Auskünften (BGH NJW 1971, 1749). Kammerzugehörige könnten lediglich im Klagewege beanstanden, dass sich die Kammer nicht im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags hält (BVerwGE 34, 69; 59, 238; 59, 245; AnwBl. 1982, 65).
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Im Übrigen ist die Grenzlinie für eine etwaige Klageberechtigung sehr fließend, weil unter Umständen auch Empfehlungen und Auskünfte zu den verwaltungsgerichtlich überprüfbaren Tätigkeiten gehören, wenn unmittelbar in die Rechte eines kammerzugehörigen Unternehmens oder Dritten eingegriffen wird (OVG Koblenz GewArch 1983, 69; VGH Mannheim GewArch 1985, 328; OVG Lüneburg GewArch 1992, 139 und BVerwG GewArch 1992, 422); zuständig für solche Klagen sind jedoch auf jeden Fall nur die Verwaltungsgerichte (BGH NJW 1956, 711; LG Konstanz GewArch 1987, 268). e) Organstreit
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Schließlich ist hier noch der Organstreit zu erwähnen, der sich nach der Rechtsprechung aus dem kommunalen Verfassungsrecht entwickelt hat und in dem es um die Abgrenzung von Organzuständigkeiten geht (Hoppe, NJW 1980, 1017). Eine gesetzliche Ausformung der Organstreitigkeiten findet sich in § 191 Abs. 2 BRAO (vgl. dazu die Entscheidungen des BGH Anwaltsblatt 1989, 45). In jedem Fall bedarf es einer Prüfung, ob überhaupt die Voraussetzungen für einen Organstreit vorliegen; die bloße Behaup154
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tung, Organ zu sein oder einen Organstreit führen zu wollen, reicht dafür nicht aus (OVG Münster DVBl. 1981, 1072). Voraussetzung für ein Organ ist, dass es eigene satzungsrechtliche oder gesetzliche Zuständigkeiten hat, im Rahmen deren es für die Kammer entscheidet. Darüber hinaus muss ein Organ in seinen eigenen rechtlich geschützten Interessen und insbesondere in seiner gesetzlichen oder satzungsrechtlichen Zuständigkeit betroffen sein (vgl. OVG Koblenz NJW 1976, 1163/1165; BVerwG NVwZ 1985, 112/113). Deshalb ist die Klage einer Bezirkskammer gegen einen satzungsändernden Beschluss der Vollversammlung von vornherein als unzulässig verworfen worden (VG Stuttgart vom 19. 1. 1990 – 4 K 2070/89). Hingegen wurde die Klage eines Vollversammlungsmitglieds gegen den Präsidenten der IHK auf Einsichtnahme in den Prüfungsbericht der Rechnungsprüfungsstelle als zulässig angesehen (OVG Münster GewArch 2004, 255; die Aufhebung des Urteils durch BVerwG GewArch 2004, 331 erfolgte aus anderen Gründen). Schließlich ist stets das Rechtsschutzbedürfnis zu prüfen (BVerfG NVwZ 1993, 357). Organe der IHK sind auch die Prüfungsausschüsse nach dem Berufsbildungsgesetz. Ihr Anspruch, überregional erstellte Aufgaben vor der Lehrabschlussprüfung zur Einsicht zu bekommen oder sie gar abzulehnen, ist vom OVG Münster zurückgewiesen worden (GewArch 1990, 136). Aus Anlass dieser Auseinandersetzungen ist im Übrigen auch geklärt worden, dass weder der Ausschussvorsitzende noch ein einzelnes Mitglied des Ausschusses diese Rechte in Anspruch nehmen können, sondern allenfalls der Gesamtausschuss mit Mehrheit eine Organklage beschließen kann; sie war in diesen Fällen jedoch stets unbegründet (VG Frankfurt EzB BBiG § 37 Nr. 11).
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f) Amtshaftung und Amtshilfe Aus dem öffentlich-rechtlichen Charakter der Kammertätigkeit 250 ergibt sich als Konsequenz auch die Amtshaftung, wie sie durch Art. 34 GG i.V. mit § 839 BGB vorgesehen ist. Das seinerzeit erlassene Staatshaftungsgesetz vom 26. 6. 1981 (BGBl. I, 553) ist nämlich vom BVerfG wegen fehlender Bundeskompetenz aufgehoben worden (BVerfGE 61, 149). Diese Bundeskompetenz ist zwar inzwischen geschaffen worden (Art. 74 Abs. 1 Nr. 25 GG); doch haben sich Bund und Länder noch nicht auf eine Neufassung des Möllering 155
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Staatshaftungsgesetzes einigen können. Im Sinne von § 839 BGB üben die IHKs öffentliche Gewalt aus und haften für rechtswidriges Verhalten. Dabei kommt es allerdings darauf an, ob eine Pflicht des öffentlichen Rechts verletzt wurde, die der IHK gegenüber einem Dritten oblag. Eine solche Amtspflicht gegenüber Dritten ist bei fehlerhaften Verwaltungsakten vorhanden, kann aber auch bei Auskünften – je nach Charakter von Anfrage und Antwort – gegeben sein (vgl. BGH DVBl. 1970, 861; 1978, 704). In erster Linie kommt eine Folgenbeseitigung, aber bei Verschulden auch Schadensausgleich in Geld in Betracht. Der Geldersatz entfällt jedoch, wenn eine ausreichende Folgenbeseitigung vorgenommen worden ist (vgl. zu irrtümlichen Eintragungen und entsprechenden Auskünften aus dem Schuldnerverzeichnis OLG Karlsruhe vom 11. 7. 1985 – 12 U 47/85; zur Beratung im Rahmen der Berufsausbildung LG Frankenthal (Pfalz) vom 6. 12. 2007 – 3 O 377/07). 251
Als öffentlich-rechtliche Körperschaft ist die IHK zur Amtshilfe verpflichtet und kann sie auch selbst in Anspruch nehmen (vgl. Art. 35 Abs. 1 GG und die §§ 4–8 VwVfG). Dabei hat die Kammer insbesondere zu prüfen, ob sie zur Vertraulichkeit der ihr bekannten Tatsachen verpflichtet ist oder diese Vertraulichkeit selbst zugesagt hat, so dass sie ein Amtshilfeersuchen gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwVfG ablehnen muss. Insbesondere die Datenschutzvorschriften der Länder sind hier von den Kammern zu beachten (vgl. allgemein dazu: Simitis, NJW 1986, 2795), die neuerdings auch personenbezogene Daten in Akten einbeziehen. Ebenso muss die IHK berücksichtigen, dass die Beantwortung ihrer Umfragen freiwillig ist und sie eine Antwort nicht erzwingen kann, so dass sie Auskunftsersuchen, die erfahrungsgemäß keinen Erfolg haben können, gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG ablehnen darf. Im Streitfall entscheidet nach § 5 Abs. 5 VwVfG die Staatsaufsichtsbehörde (vgl. Schnapp/Friehe, NJW 1982, 1422). Aber auch eine Klage der anfragenden Behörde, deren Beantwortung abgelehnt worden ist, ist zulässig (BVerwG DVBl. 1986, 1199 im Falle einer Anfrage aus der Sozialversicherung; dazu Stüer, DÖV 1985, 720; Schnapp, DVBl. 1987, 561).
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Grundsätzlich haftet die IHK als Anstellungs-Körperschaft, mag es sich um eigene oder übertragene Aufgaben oder um eine Amtshilfe handeln. Wenn nach § 10 hoheitliche Aufgaben auf eine andere Kammer übertragen worden sind, haftet bei Amtspflichtsver156
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letzungen die übernehmende IHK. Ist dagegen für die gemeinsame Wahrnehmung solcher Aufgaben ein juristisch selbständiger öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss gebildet worden, so haftet dieser für seine Mitarbeiter. g) Vertraulichkeit von Kammerunterlagen In der Praxis spielt die Vertraulichkeit von Kammerunterlagen eine große Rolle, weil die IHK bei ihren Ermittlungen, Umfragen und aus der Zusammenarbeit mit den Kammerzugehörigen eine Fülle von Informationen vertraulicher Art erhält und in ihren Gutachten oder Entscheidungen lediglich das zusammengefasste Ergebnis auswertet. Deshalb gibt es immer wieder bei Sachverständigenbestellungen, bei Kammergutachten über die Kreditwürdigkeit oder bei der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Auskunftswünsche über die zugrunde liegenden Aktenvorgänge und insbesondere die Namen von Informanten der IHK (vgl. dazu auch § 1 Rz. 46 und 215).
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Die Vertraulichkeit von Kammerunterlagen ist durch Gesetz und Rechtsprechung inzwischen weitgehend geklärt (kritisch dazu Kroitzsch, BB 1984, 309). Soweit die Kammern nach § 31 Abs. 1 AO für ihr Beitragswesen die Gewerbeerträge, Gewinne und Zerlegungsanteile erhalten, gilt das Steuergeheimnis nach § 30 AO; die Mitarbeiter sind darauf, soweit sie nicht ohnehin Amtsträger nach § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB sind, nach dem Verpflichtungsgesetz vom 2. 3. 1974 (BGBl. I, 547) zu verpflichten. Darüber hinaus sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch § 203 Abs. 2 Satz 1 StGB umfassend geschützt. Dies gilt nach § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB auch für persönliche und sachliche Verhältnisse, die speziell im übertragenen Wirkungskreis für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfasst worden sind und nicht unbefugt offenbart werden dürfen; lediglich an andere Behörden und sonstige Stellen der öffentlichen Verwaltung dürfen sie im Rahmen der Datenschutzgesetze weitergegeben werden. Schließlich bringt § 30 VwVfG für alle Verwaltungsverfahren einen Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (vgl. dazu Knemeyer, NJW 1984, 2241). Selbst in Verwaltungsverfahren kann die IHK nach § 29 Abs. 2 VwVfG den Beteiligten die Akteneinsicht verweigern, soweit die Vorgänge ihrem Wesen nach zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben geheim gehalten werden müssen; ein ausreichender
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Aufgabenbereich
Grund ist die vorher zugesagte Vertraulichkeit. In diesem Sinne hat das OVG Münster (Beschluss vom 15. 12. 1989 – 4 A 1501/87) verneint, dass der Kläger in einem Bürgschaftsverfahren ein allgemeines Akteneinsichtsrecht oder auch nur einen Anspruch auf Einsicht in die gutachtliche Äußerung der IHK zu seinem Bürgschaftsantrag hat (ähnlich VG Ansbach GewArch 1995, 202). 255
Die Rechtsprechung hat auch ein Auskunftsrecht über die interne Meinungs- und Willensbildung abgelehnt (BVerwGE 12, 296; 18, 58; 28, 191; NJW 1969, 1131; OVG Lüneburg DVBl. 1967, 859; OVG Münster GewArch 1973, 73). Vor allem gilt dies für die Bekanntgabe von Informanten, weil die IHK zur Erfüllung ihrer Aufgabe auf vertrauliche Informationen angewiesen ist und diese Erkenntnisquellen gefährden würde, wenn Informanten – beispielsweise über die Unzuverlässigkeit eines Sachverständigen oder über Wettbewerbsverstöße eines Wettbewerbers – mit zivilrechtlichen Verfahren rechnen müssten. Die Vertraulichkeit von Informationen an die IHK ist deshalb ausdrücklich vom Bundesverwaltungsgericht (DVBl. 1965, 647), vom OVG Koblenz (DVBl. 1977, 425), vom VG Berlin (GewArch 1980, 193) und vom VG Schleswig (GewArch 1982, 25) bestätigt worden. Ebenso brauchen die Informanten nicht benannt zu werden, wie das Bundesverwaltungsgericht (DVBl. 1965, 647), der VGH München (NJW 1980, 198) und das VG Ansbach (GewArch 1979, 20) anerkannt haben. In allen Fällen bedarf es selbstverständlich einer sorgfältigen Abwägung, ob im Einzelfall die individuellen Rechte des Auskunftsbegehrenden Vorrang haben oder ob die Erfüllung der Kammeraufgaben durch eine Auskunft gefährdet würde; eine ablehnende Entscheidung kann im Verwaltungsrechtsweg überprüft werden und muss sich an den Grundgedanken der §§ 99 VwGO, 29 und 30 VwVfG messen lassen. Auch die Vorlage der Unterlagen an das Gericht kann entfallen, wenn die Aufsichtsbehörde die Sperrerklärung nach § 99 VwGO, § 96 StPO abgibt (BVerwG DVBl. 1984, 836); auch diese Sperrerklärung kann durch Beschwerde (§ 99 Abs. 2 VwGO) oder Klage (bei § 96 StPO) vor den Verwaltungsgerichten angefochten werden (BVerwGE 66, 233/236; BVerwG NVwZ 1994, 72).
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Diese Wahrung der Vertraulichkeit findet gewisse Einschränkungen gegenüber der Finanzverwaltung und gegenüber den Staatsanwaltschaften. Nach den §§ 93 Abs. 1 und 97 Abs. 1 i.V. mit § 105 Abs. 1 AO sind die IHKs gegenüber den Finanzbehörden zur 158
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Rechtsnatur der Kammeraufgaben
§1
Auskunft und zur Vorlage von Urkunden verpflichtet, soweit ein formelles Auskunftsersuchen erfolgt und die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziele führt oder keinen Erfolg verspricht; die Verpflichtung der Kammer ist also nur subsidiär. Die IHK kann sich aber auch auf § 106 AO berufen, dass die Auskunft oder Vorlage dem Wohl des Bundes oder eines Landes erhebliche Nachteile bereiten würde; sie muss dazu eine entsprechende Erklärung der Staatsaufsichtsbehörde beibringen. Die Voraussetzungen sind erfüllt, wenn die Aufgabenerfüllung der Kammer durch Auskunft oder Vorlage gefährdet würde, insbesondere wenn die Kammer die zugesagte Vertraulichkeit von Informationen brechen müsste. Erst wenn die Aufsichtsbehörde eine solche Erklärung nach § 106 AO ablehnt, ist die IHK zur Auskunft oder Vorlage an die Finanzbehörden verpflichtet. Das Gleiche gilt, wenn sich die Finanzverwaltung auf die Amtshilfevorschriften der §§ 111 und 112 AO bezieht. Bei Steuer- und Zollfahndungen gilt § 208 Abs. 1 AO. Die gleiche Problematik ergibt sich bei Anfragen der Staatsanwaltschaften. Nach § 161 StPO kann die Staatsanwaltschaft von allen öffentlichen Behörden und somit auch von den IHKs Auskünfte verlangen. Falls die IHK wegen der notwendigen Vertraulichkeit in einem solchen Fall Bedenken hat, kann sie gemäß § 96 StPO eine entsprechende Erklärung der Aufsichtsbehörde einholen. Die Rechtsprechung hat schon häufiger anerkannt, dass Verwaltungsbehörden die Namen von Gewährsleuten geheim halten und zu diesem Zweck auch Aussagegenehmigungen ablehnen oder beschränken dürfen (vgl. BVerwG NJW 1984, 585; DÖV 1987, 249). Für die IHKs ist dies ausdrücklich vom AG Weiden (Beschluss vom 1. 12. 1958 – Bs 45/58) anerkannt worden, weil sie ihrer gesetzlichen Aufgabenstellung nur bei Wahrung der Vertraulichkeit nachkommen können, ebenso vom VG Oldenburg (Beschluss vom 7. 1. 1985 – IV Os 2/85; zum Rechtsweg vgl. OLG Celle NJW 1991, 856).
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Im Verhältnis zu strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist allerdings auch das Problem der Beschlagnahme wichtig. Hier ist § 96 StPO analog anzuwenden, weil eine zulässige Auskunftsverweigerung oder Ablehnung der Aussagegenehmigung entsprechende Verwertungsverbote auch für beschlagnahmte Unterlagen zur Folge hat (vgl. Erdsiek, NJW 1960, 616). Soweit eine solche Erklärung der Aufsichtbehörde nach § 96 StPO nicht vorliegt, ist auch eine
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Aufgabenbereich
Beschlagnahme von Kammerunterlagen zulässig (BGH NJW 1992, 1973; LG Wuppertal NJW 1992, 770). 259
Ein staatsanwaltschaftlicher Zwang zur Auskunft gegenüber der IHK ist jedenfalls nicht möglich (vgl. BVerwG NJW 1959, 1456 m. Anm. Vogel, NJW 1959, 1938; außerdem OVG Münster JZ 1958, 754 m. Anm. Rupp; BVerwG JZ 1960, 65; LG Oldenburg vom 7. 1. 1985 – IV Os 2/85).
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Die Vertraulichkeit gilt grundsätzlich auch gegenüber dem Präsidenten und den Mitgliedern der IHK-Gremien. Die einzelnen Mitglieder einer IHK-Vollversammlung haben zwar grundsätzlich einen organschaftlichen Anspruch auf Auskunft und Akteneinsicht in Bezug auf alle Gegenstände, die in die Kompetenz der Vollversammlung fallen (OVG Münster GewArch 2004, 255). Dieser Anspruch schließt allerdings nicht Gegenstände ein, die aus den in den vorstehenden Absätzen genannten Gründen vertraulich zu behandeln sind. Außerdem kann der Informationsanspruch der einzelnen Vollversammlungsmitglieder durch Satzungsrecht der IHK eingeschränkt werden (BVerwG GewArch 2004, 331; siehe auch Entscheidungsbesprechung von Rickert, GewArch 2004, 369).
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Die in einigen Ländern erlassenen Informationsfreiheitsgesetze (IfG) haben eine neue Dimension in der Diskussion um die Vertraulichkeit von Kammerunterlagen eröffnet. Grundsätzlich – so hat das Bundesverwaltungsgericht nunmehr entschieden – schließt das IHKG die Befugnis der Länder nicht aus, durch ein allgemeines IfG Ansprüche auf Zugang zu amtlichen Informationen außerhalb konkreter Verwaltungsverfahren auch gegenüber Industrie- und Handelskammern einzuräumen (GewArch 2007, 478; vgl. auch Röger, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 65, 105; dagegen Grütters, GewArch 2002, 270 und GewArch 2003, 271, Rickert, WiVerw 2004, 153, 167). Es gibt solche Informationsfreiheitsgesetze in Berlin (vom 15. 10. 1999 – GVBl. 561), NordrheinWestfalen (vom 27. 11. 2001 – GVBl. 806) und Schleswig-Holstein (vom 9. 2. 2000 – GVBl. 166). Brandenburg, das als erstes Land ein Informationsfreiheitsgesetz hatte, hat die IHKs ausgeklammert. Das IfG NRW bestimmt, dass, soweit besondere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht bestehen, diese den Vorschriften des IfG vorgehen. Ungeklärt ist bislang, ob dazu 160
Möllering
§1
Wahrnehmung sozialpolitischer Interessen
auch Vorschriften des Satzungsrechts der IHKs zählen. Die IfGs der Länder Berlin und Schleswig-Holstein kennen diese Einschränkungsmöglichkeit nicht (vgl. § 3 Abs. 3 IfG Berlin und § 17 IfG SH). Die Informationsfreiheitsgesetze geben jedem Bürger ohne Nachweis eines besonderen Interesses einen Anspruch auf Akteneinsicht. Wenn dieser durch Satzungsrecht nicht beschränkt werden kann, dann begründet er für jedermann ein weiter gehendes Informationsrecht als für die IHK-Mitglieder und sogar die Mitglieder der IHK-Vollversammlungen. Allerdings gibt es auch für den Anspruch nach dem IfG Grenzen, die sich aus dem Schutz öffentlicher Belange und der Rechtsdurchsetzung, dem Schutz der behördlichen Entscheidungsbildungsprozesse, dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und von personenbezogenen Daten (vgl. etwa § 6 bis § 9 IfG NRW) ergeben. Als Behörden sind die IHKs zudem nach den – weitgehend gleich lautenden – Pressegesetzen der Länder verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Die Auskünfte dürfen nur verweigert werden, soweit durch sie die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder ihnen Vorschriften über die Geheimhaltung (beispielsweise § 30 AO) entgegen stehen oder sie ein überwiegendes öffentliches oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzen würden oder ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet (so PresseG des Landes Niedersachsen).
17. Wahrnehmung sozialpolitischer Interessen Der Abs. 5 ist während der Ausschussberatungen im Bundestag 262 (vgl. Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik vom 19. 5. 1956 – zu Drucksache II/2380) in das Gesetz eingefügt worden. Damit sollte besonders vermerkt werden, dass die den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen im Rahmen des Tarifvertragsrechts und der sozialpolitischen Selbstverwaltung zustehenden Aufgaben – entsprechend der früheren Rechtslage – auch künftig von den IHKs nicht wahrgenommen werden können. An sich geht das schon aus der Fassung von § 1 Abs. 1 hervor, so dass Abs. 5 materiellrechtlich keine Änderung gegenüber dem Initiativentwurf bedeutet.
Möllering 161
§1
Aufgabenbereich
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Den IHKs ist somit die Ausübung von Funktionen versagt, die aus der tarifrechtlichen Stellung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände herrühren. Wenn also eine IHK durch eine Betriebsvereinbarung mit einer Gutachteraufgabe über den angemessenen ortsüblichen Lohn betraut würde, müsste sie die ihr angetragene Tätigkeit ablehnen. Ebenso muss die IHK auch bei Gutachtenund Auskunftsersuchen von Arbeitsämtern, Sozialbehörden und Arbeits- oder Sozialgerichten prüfen, inwieweit es sich um von ihr ermittelbare wirtschaftliche Tatsachen oder arbeits- oder sozialpolitische Fragen handelt (z.B. früher § 128 Abs. 4 AFG).
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Soweit allerdings sozialpolitische oder arbeitsrechtliche Fragen von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung sind, gehört die Beschäftigung mit den sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Problemen zu der nach § 1 Abs. 1 zugewiesenen wirtschaftspolitischen Interessenwahrnehmung (so im Ergebnis auch Bremer, 69). Die IHKs sind also nicht gehindert, sich unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten mit Fragen der Sozialpolitik und des Arbeitsrechts zu befassen, etwa mit der Bedeutung sozialpolitischer Maßnahmen für Währung, Außenhandel oder öffentliche Haushalte oder auch mit den wirtschaftlichen Folgen eines sozial- oder arbeitsgerichtlichen Urteils von grundsätzlicher Bedeutung. Sie können sich hierzu äußern und über ihre Auffassung die Kammerzugehörigen und andere Stellen unterrichten (vgl. Bremer, 69; Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik vom 19. 5. 1956 zu BT II/2380; Antwort des Bundeswirtschaftsministers BT V/2218). Die Grenzen sind damit fließend. Entscheidend ist, dass bei solchen Stellungnahmen und Veröffentlichungen die wirtschaftlichen Konsequenzen für die gewerbliche Wirtschaft den Ausgangspunkt bilden.
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Die IHKs sind ferner nicht gehindert, auf dem Gebiete der Sozialpolitik und des Arbeitsrechts tätig zu werden, soweit dies nicht der Interessenwahrnehmung dient. Sie können also über Fragen des Sozialrechts oder des Arbeitsrechts anfragenden Unternehmen Auskunft erteilen, z.B. über den Inhalt und die Anwendbarkeit gesetzlicher Vorschriften, das Vorhandensein und den Inhalt von Tarifverträgen, die vorhandene Rechtsprechung und Literatur. Ebenso können sie Hinweise auf diesen Gebieten und aufklärende Aufsätze veröffentlichen. Die Grenze zwischen dieser Auskunftsund Informationstätigkeit und der Wahrnehmung von Interessen ist dort zu ziehen, wo bereits im Einzelfall eine gegensätzliche In162
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Schutz der Bezeichnung „IHK“
§1
teressenlage vor allem zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer deutlich geworden ist und die Auskunft in eine arbeitsrechtliche oder sozialrechtliche Beratung überzugehen beginnt. Entscheidend ist deshalb nicht, dass der Auskunftsuchende aus einem bestimmten Anlass heraus um Unterrichtung bittet, sondern ob in einem bereits entstandenen Streitfall eine Einschaltung der IHK erstrebt wird. Eine solche Einschaltung in arbeits- oder sozialrechtliche Auseinandersetzungen ist den Kammern untersagt. Die Zuständigkeit der IHKs zur Errichtung einer Schlichtungsstelle zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden ergibt sich aus § 111 Abs. 2 ArbGG. In diesem Bereich können die Kammern ausdrücklich auch Schlichtungsfunktionen wahrnehmen.
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18. Schutz der Bezeichnung „IHK“ Die Bezeichnung „IHK“ oder „HK“ ist in der Bundesrepublik zwar nicht gesetzlich geschützt. Der Begriff „Kammer“ wird jedoch seit jeher als Organisationsbezeichnung ausschließlich für öffentlichrechtliche Selbstverwaltungskörperschaften gebraucht. Privatrechtliche Organisationen dürfen sich deshalb nicht als „Kammer“ bezeichnen. Diese Auffassung ist von den Gerichten bereits mehrfach bestätigt worden (OLG Frankfurt BB 1974, 577; BayObLG NJW 1972, 957). All diese Entscheidungen beziehen sich darauf, dass die Bezeichnung eines Vereins der Wahrheit entsprechen muss (analoge Anwendung von § 18 Abs. 2 HGB) und dass deshalb für privatrechtliche Organisationen die Bezeichnung „Kammer“ irreführend ist (vgl. auch OLG Celle Rechtspfleger 1974, 222).
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Diese Grundsätze gelten auch für zwischenstaatliche oder ausländische Einrichtungen in der Bundesrepublik, soweit sie nach geltendem Vereinsrecht gegründet und eingetragen werden. Die Registergerichte lehnen hier bei der Neugründung privatrechtlicher Organisationen die Bezeichnung „Kammer“ ab. Ausnahmen sind nur noch aufgrund des Vertrauensschutzes zulässig, soweit zwischenstaatliche oder ausländische Handelskammern in der Bundesrepublik bereits vor dieser inzwischen gefestigten Rechtsprechung gegründet wurden und tatsächlich auch repräsentativ die
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Möllering 163
§2
Kammerzugehörigkeit
Funktionen einer zwischenstaatlichen Handelskammer wahrnehmen. Des Weiteren kommt eine Klage nach § 5 UWG wegen Irreführung in Betracht, wenn in Wirklichkeit mit der Bezeichnung „Kammer“ die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit getarnt werden soll (OLG Hamm WRP 1991, 497; OLG Stuttgart WRP 1996, 945). 269
Im Übrigen ist das Namensrecht einer bestehenden IHK gemäß § 12 BGB geschützt, wenn eine andere Organisation eine verwechslungsfähige Bezeichnung wählt. Dazu kommt der Schutz, den die eingetragene Dienstleistungsmarke „IHK“ nach dem Markengesetz bietet. Hier können sich die Kammern unmittelbar durch Privatklagen gegen verwechslungsfähige Bezeichnungen wehren (vgl. Thieme, Zum Namensschutz von Hochschulen und Universitäten, DÖV 1977, 484; Pappermann, Das Namensrecht der kommunalen Gebietskörperschaften, DÖV 1980, 353).
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(1) Zur Industrie- und Handelskammer gehören, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte unterhalten (Kammerzugehörige). (2) Absatz 1 gilt für natürliche Personen und Gesellschaften, welche ausschließlich einen freien Beruf ausüben oder welche Landoder Forstwirtschaft oder ein damit verbundenes Nebengewerbe betreiben, nur, soweit sie in das Handelsregister eingetragen sind. (3) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke oder der handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen sind oder die nach § 90 Abs. 3 der Handwerksordnung zur Handwerkskammer gehören, gehören mit ihrem nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteil der Industrie- und Handelskammer an. (4) Absatz 1 gilt nicht für landwirtschaftliche Genossenschaften; als solche gelten im Sinne dieser Bestimmung
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Kammerzugehörigkeit
a) ländliche Kreditgenossenschaften, deren Mitglieder überwiegend aus Landwirten bestehen; b) Genossenschaften, die ganz der überwiegend der Nutzung landwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder der Versorgung der Landwirtschaft mit Betriebsmitteln oder dem Absatz oder der Lagerung oder der Bearbeitung oder Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dienen, sofern sich die Be- oder Verarbeitung nach der Verkehrsauffassung im Bereich der Landwirtschaft hält; c) Zusammenschlüsse der unter Buchstabe b genannten Genossenschaften bis zu einer nach der Höhe des Eigenkapitals zu bestimmenden Grenze, die von dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz durch Rechtsverordnung festgelegt wird. (5) Absatz 1 gilt nicht für Gemeinden und Gemeindeverbände, die Eigenbetriebe unterhalten. Sie können aber insoweit der Industrie- und Handelskammer beitreten. Rz. 1. Begriff der Kammerzugehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 a) Organisationsrechtliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 b) Pflichtzugehörigkeit und Grundgesetz. . . . . . . . . . . . . . . 3 c) Pflichtzugehörigkeit und Landesverfassung . . . . . . . . . . 6 d) Pflichtzugehörigkeit und Recht der EU . . . . . . . . . . . . . . 7 e) Doppelzugehörigkeit . . . . . . . 10 2. Kreis der Kammerzugehörigen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3. Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . a) Wechsel der Rechtsform . . . . b) Die einzelnen Rechtsformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Handelsregistereintragung . .
15 16 20 32
4. Gewerbesteuerpflicht . . . . . . 35
Rz. a) Objektive Gewerbesteuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Organgesellschaften . . . . . . . . c) Tatbestandswirkung . . . . . . . . d) Maßgebender Zeitpunkt . . . . e) Beispiele zur Gewerbesteuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36 40 41 44 47
5. Keine gesonderte Prüfung, ob ein Gewerbebetrieb vorliegt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 6. Betriebsstätte im Kammerbezirk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gewerbliche Niederlassung . b) Verkaufsstelle . . . . . . . . . . . . . . c) Betriebsstätte . . . . . . . . . . . . . .
71 76 79 80
7. Ausnahmen für freie Berufe . 92 a) Natürliche Personen . . . . . . . . 94 b) Sozietäten, Partnerschaften, EWIV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
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Rz.
c) Handelsgesellschaften. . . . . . 98
c) Handwerkliche Nebenbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 d) Auswärtige Betriebsstätten . 128
8. Ausnahmen für Land- und Forstwirtschaft . . . . . . . . . . . . a) Steuerschädlicher Zukauf . . b) Land- und forstwirtschaftliche Nebenbetriebe . . . . . . . . . c) Handelsregistereintragung von Landwirten. . . . . . . . . . . . d) Selbständige Gewerbebetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
100 101 105 108 110
9. Ausnahmen für zulassungspflichtige, zulassungsfreie handwerkliche sowie handwerksähnliche Betriebe . . . . 114 a) Handwerkliche, zulassungsfreie handwerkliche und handwerksähnliche Betriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Mischbetriebe . . . . . . . . . . . . . 122
10. Ausnahmen für landwirtschaftliche Genossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ländliche Kreditgenossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Landwirtschaftliche Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften . . . . . . . . . . c) Zentralgenossenschaften . . . 11. Ausnahmen für gemeindliche Eigenbetriebe. . . . . . . . . a) Eigenbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . b) „Gemeindlich“ . . . . . . . . . . . . c) Freiwilliger Beitritt . . . . . . . .
129 130
134 136 138 139 142 145
12. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . 147
Literaturauswahl: Jahn, GewArch 2002, 353; Jahn, WiVerw 2004, 133; Jahn, GewArch 2004, 41; Jahn, GewArch 2005, 169; Jahn, GewArch 2007, 353; Jahn, GewArch 2008, 137; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung 1997; Kluth, Handbuch des Kammerrechts 2005, 109; Loewer, GewArch 2000, 89; Scheidtmann, Wirtschafts- und berufsständische Kammern im europäischen Gemeinschaftsrecht, 2007; Schoebener, VerwArch 2000, 374; Tettinger, Kammerrecht 1997.
1. Begriff der Kammerzugehörigkeit a) Organisationsrechtliche Bedeutung 1
Das Gesetz hat den Begriff der Kammerzugehörigkeit neu eingeführt und damit zu einer organisationsrechtlichen Klärung beigetragen. Es versteht unter „IHK“ nur noch die öffentlichrechtliche Körperschaft als juristische Person, die aus den „Kammerzugehörigen“ gebildet wird; das Beschlussorgan der IHK führt die Bezeichnung „Vollversammlung“. Die Zugehörigkeit zur IHK und die Mitgliedschaft in der Vollversammlung werden damit terminologisch getrennt (vgl. zum früheren Sprachgebrauch 2. Aufl., 166
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107/108). Inzwischen hat sich diese terminologische Trennung im gesamten Körperschaftsrecht durchgesetzt. Der neue Begriff macht zugleich deutlich, dass die Kammerzugehörigkeit kraft Gesetzes eintritt und es sich dabei um ein öffentlich-rechtliches Verhältnis, nicht aber um eine privatrechtliche Mitgliedschaft handelt. Rechte und Pflichten der Kammerzugehörigen bestimmen sich allein nach Gesetz und Satzungsrecht. Insbesondere ergeben sich aus der Kammerzugehörigkeit Wahlrecht und Beitragspflicht, darüber hinaus die Möglichkeit zur Mitwirkung in der Kammerarbeit und der Anspruch auf Beratung und Betreuung.
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b) Pflichtzugehörigkeit und Grundgesetz Der neue Begriff kennzeichnet schließlich die sog. Pflichtzu- 3 gehörigkeit, die seit jeher ein wesentliches Merkmal des Kammerwesens ist und beispielsweise genauso für die Handwerkskammern oder die Kammern der freien Berufe gilt. Diese Pflichtmitgliedschaft ist mit dem Grundgesetz und insbesondere mit den Grundrechten vereinbar, wie Rechtsprechung und Schrifttum inzwischen einhellig festgestellt haben. Von entscheidender Bedeutung ist die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das sich in zahlreichen Entscheidungen mit der Pflichtzugehörigkeit – oft auch Pflichtmitgliedschaft genannt – und den Aufgaben öffentlich-rechtlicher Körperschaften befasst (BVerfGE 10, 89/102; 10, 354; 12, 319, 321, 15, 235, 240; 32, 54; 33, 125, 156; 38, 281; 76, 171 und 196). Die Pflichtmitgliedschaft zur IHK wurde im Jahre 1962 vom Bundesverfassungsgericht bestätigt (BVerfGE 15, 235). Das Bundesverfassungsgericht beurteilt dabei die Pflichtmitgliedschaft nicht nach Art. 9 Abs. 1 GG, der die (positive und negative) Vereinigungsfreiheit nur für privatrechtliche Zusammenschlüsse sichert, sondern allein nach Art. 2 Abs. 1 GG, weil sie die allgemeine Handlungsfreiheit einschränkt. Es kommt darauf an, ob sich diese Beschränkung im Rahmen der verfassungsrechtlichen Ordnung hält. Konkret stellt das Bundesverfassungsgericht darauf ab, ob der öffentlich-rechtlichen Körperschaft „legitime öffentliche Aufgaben“ übertragen worden sind. Dies können auch bloße „schlichtverwaltende Tätigkeiten“ sein. Es bleibt damit im Wesentlichen eine Sache des gesetzgeberischen Ermessens, welche Aufgaben als im öffentlichen Interesse liegend Jahn
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anerkannt und öffentlich-rechtlichen Körperschaften anvertraut werden. Eine verfassungsgerichtliche Nachprüfung ist nur noch insoweit zulässig, als sie der Feststellung dient, ob der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum überschritten hat. Eine solche Überschreitung liegt jedoch nicht vor, wenn die Übertragung von Aufgaben an eine Körperschaft öffentlichen Rechts „herkömmlich und bewährt“ und für die Zugehörigen und Beitragspflichtigen „nicht übermäßig belastend und zumutbar“ ist (BVerfGE 10, 104 und 114). 3a
Das Bundesverfassungsgericht hat in neueren Entscheidungen (NVwZ 2001, 190 – Zwangsbezug eines Semestertickets; GewArch 2001, 332 – Pflichtmitgliedschaft in genossenschaftlichem Prüfungsverband) und vor allem in seinem richtungsweisenden Beschluss vom 7. 12. 2001 (1 BvR 1806/98, GewArch 2002, 111) die Voraussetzungen einer beitragsfinanzierten Pflichtzugehörigkeit in einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft nochmals herausgearbeitet und hierbei auf die Grundsätze der Entscheidung zur IHK-Pflichtmitgliedschaft aus dem Jahr 1962 zurückgegriffen. Hierbei hat das Gericht die Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft unter Hinweis auf die Erfüllung „legitimer öffentlicher Aufgaben“ und die „freiheitssichernde und legitimatorische Funktion der Pflichtmitgliedschaft“ durch die „Chance zur Beteiligung und Mitwirkung an staatlichen Entscheidungsprozessen“ ausdrücklich bekräftigt. Das gilt insbesondere für einen Staat, der den Gedanken der Selbstverwaltung bejaht und in seiner Gesetzgebung weitgehend verwirklicht hat. Die Bedeutung der Selbstverwaltung hat das Bundesverfassungsgericht später nochmals im Fachärzteurteil (BVerfGE 33, 125, insb. 156, 160) und zwei jüngeren Entscheidungen (BVerfG GewArch 2003, 290; GewArch 2005, 72) betont und festgestellt, dass die funktionale Selbstverwaltung das demokratische Prinzip ergänzt und verstärkt: Der Gesetzgeber schafft ein wirksames Mitspracherecht der Betroffenen, aktiviert verwaltungsexternen Sachverstand, erleichtert einen sachgerechten Interessenausgleich und trägt so dazu bei, dass die von ihm beschlossenen Zwecke und Ziele effektiver erreicht werden.
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Die Verwaltungsgerichte haben gerade in jüngster Zeit immer wieder die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Pflichtmitgliedschaft bestätigt, insbesondere das Bundesverwaltungsgericht für 168
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das IHKG (GewArch 2002, 69; 2005, 24), die Handwerkskammern (GewArch 1999, 193) und die Jagdgenossenschaft (NVwZ 2006, 92). Daneben sind die ausführlich begründeten Urteile des OVG Koblenz (GewArch 1997, 196) und des OVG Münster (GewArch 1998, 413) zu erwähnen. Einen Überblick über die umfangreiche Rechtsprechung der Instanzgerichte gibt Jahn, GewArch 2008, 137, 138; 2005, 169; s. ferner die Nachweise 6. Aufl., § 2 Rz. 4. Die Verwaltungsgerichte haben es abgelehnt, die Frage dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG erneut vorzulegen, weil sich durch den Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft seit 1962 an den verfassungsgerichtlichen Voraussetzungen der Pflichtmitgliedschaft zur IHK nichts geändert hat. Die Wahrnehmung des Gesamtinteresses wie die Übertragung hoheitlicher Aufgaben rechtfertigen auch weiterhin die Pflichtmitgliedschaft. Von einem Verfassungswandel, also einem Wandel der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, der eine abermalige Überprüfung der früheren verfassungsgerichtlichen Entscheidungen rechtfertigen würde, kann nicht ausgegangen werden. Denn im Rahmen der Interessenvertretung nehmen die IHKs nach wie vor legitime öffentliche Aufgaben wahr, die in ihrer Fülle in den letzten Jahren sogar deutlich zugenommen haben (etwa bei der Umsetzung des Versicherungsvermittlerrechts, siehe dazu Jahn/ Klein, DB 2007, 957). Deshalb hat es das Bundesverfassungsgericht abgelehnt, sich abermals in der Sache mit der IHK-Pflichtmitgliedschaft zu befassen und stattdessen auf seinen Beschluss vom 7. 12. 2001 verwiesen (BVerfG vom 22. 3. 2006 – 1 BvR 1726/05). Ein Bekenntnis zur Pflichtmitgliedschaft hat auch der Deutsche Bundestag aus Anlass der Verabschiedung des IHKG-Änderungsgesetzes 1998 ausdrücklich in einer Entschließung abgelegt (BTDrs. 13/10297). Auch die Bundesregierung hat nachfolgend bekräftigt, dass sie Industrie- und Handelskammern in der Form öffentlich-rechtlicher Körperschaften mit Pflichtmitgliedschaft als Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft nach wie vor für sachgerecht und erforderlich hält (BT-Drs. 14/9175 und 15/3265). Dementsprechend haben sich die deutschen Wirtschafts- und Berufskammern im Jahr 2007 in einer „Charta der funktionalen Selbstverwaltung durch Wirtschafts- und Berufskammern“ zu den Prinzipien der funktionalen Selbstverwaltung als Gewähr für einen leistungsfähigen und bürgernahen Verfassungsstaat bekannt (Text der Charta unter www.kammerrecht.de). Jahn
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Das rechtswissenschaftliche Schrifttum hat – bis auf wenige kritische Stimmen – diese herrschende Auffassung noch vertieft (s. die Nachweise 6. Aufl., § 2 Rz. 5, ferner Kluth, DÖV 2005, 368; Kluth, NVwZ 2002, 298; Jahn, GewArch 2002, 353; Löwer, GewArch 2000, 89; Schöbener, VerwArch 2000, 374). Dass die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für das IHKG vorliegen, hat das Bundesverfassungsgericht mit einem Urteil vom 19. 12. 1962 bestätigt (BVerfGE 15, 235, 239). Es unterscheidet darin zwischen den beiden Aufgaben der „Vertretung der gewerblichen Wirtschaft gegenüber dem Staat“ und der „Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben auf wirtschaftlichem Gebiet“, die es beide als unzweifelhaft legitime öffentliche Aufgaben bezeichnet. Insbesondere betont es die den IHKs übertragene Pflicht zur Ermittlung und Vertretung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft, zur abwägenden und ausgleichenden Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige und -betriebe und damit zu einem höchstmöglichen Maß an Objektivität, die im öffentlichen Interesse liegt. Aus diesen Überlegungen folgert das Bundesverfassungsgericht, „dass es zur sachgemäßen Erfüllung der den IHKs übertragenen Aufgaben sinnvoll, ja notwendig war, ihre Organisation auf dem Prinzip der Pflichtzugehörigkeit aufzubauen“. Diese Ansicht hat das Gericht später bekräftigt (GewArch 2002, 111). c) Pflichtzugehörigkeit und Landesverfassung
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Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist gleichzeitig geklärt, dass die Pflichtzugehörigkeit zu den IHKs nicht gegen gleich lautende oder weiter gehende Grundrechte der Landesverfassung verstößt, welche durch Art. 142 GG aufrechterhalten werden (BVerfGE 1, 281; 36, 342, 363; DVBl. 1993, 390). Da das IHKG mit dem Grundgesetz vereinbar ist, geht es als Bundesrecht nach Art. 31 GG auch den Landesverfassungen vor. Abweichende Bestimmungen der Landesverfassungen sind auf die IHKs nicht anwendbar, beispielsweise der in seiner Auslegung umstrittene Art. 179 der Bayer. Verfassung oder auch der frühere Art. 69 Abs. 3 der Verfassung von Rheinland-Pfalz (Sacksofsky, NVwZ 1993, 235). Zum verfassungsrechtlichen Schutz der Kammern auf Länderebene siehe Kluth DÖV 2005, 368; Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 109, 114; Jahn, Justitia et Pax, 947.
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d) Pflichtzugehörigkeit und Recht der EU Im Zuge der jüngeren Auseinandersetzungen ist mehrfach auch die Vereinbarkeit der Pflichtmitgliedschaft mit dem EG-Vertrag angeschnitten worden, weil es nicht in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union öffentlich-rechtliche IHKs gibt. Der Vorwurf, die Pflichtmitgliedschaft sei ein Verstoß gegen das EG-Wettbewerbs- und Kartellrecht, hat sich sehr schnell als abwegig herausgestellt (siehe die Nachweise bei Jahn, GewArch 2005, 169, 172 Fn. 41). Aber auch ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit liegt nicht vor, weil das IHKG nicht die Niederlassung ausländischer Unternehmen beschränkt oder erschwert, sondern nur an eine erfolgte Niederlassung organisationsrechtliche Konsequenzen knüpft (VG Greifswald GewArch 2007, 287; VG Gießen GewArch 2006, 214; Jahn, GewArch 2005, 169 172 Fn. 43). Da das IHKG inländische und ausländische Gewerbetreibende gleich behandelt, spielt auch Art. 3 Abs. 1 GG keine Rolle; es kommt auch zu keiner Diskriminierung i.S.v. Art. 6 EGV/Maastricht (= Art. 12 EGV/Amsterdam). Daher ist auch die gesetzliche Pflichtmitgliedschaft der im Inland tätigen englischen Limited nicht zu beanstanden (VG Darmstadt GewArch 2007, 85). Auch aus der EuGH-Rechtsprechung zur Handwerkskammerzugehörigkeit (GewArch 2000, 476 und dazu Diefenbach, GewArch 2001, 305; Meyer, GewArch 2001, 265) folgt nichts anderes. Dort hat der EuGH entschieden, dass die deutsche Handwerksrollenpflicht eines ausländischen Anbieters von Estrich-Arbeiten gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt. Die Entscheidung kann jedoch nicht auf die IHK-Pflichtmitgliedschaft übertragen werden, weil diese nicht schon bei Erbringung einer Dienstleistung eines ausländischen Anbieters in Deutschland eintritt, sondern an das Vorhandensein einer gewerblichen Niederlassung oder Betriebsstätte im Kammerbezirk anknüpft. Gerade das Fehlen dieser Differenzierung hatte der EuGH in seiner Entscheidung als maßgeblich für den Verstoß der Handwerksrollenpflicht gegen EU-Recht bezeichnet (siehe auch Diefenbach, GewArch 2006, 217; Möllering, WiVerw 2001, 25). Erst recht berührt das IHKG nicht die Freiheiten des Warenverkehrs und der Dienstleistungen (VG Gießen GewArch 2006, 214). Die Verwaltungsgerichte haben deshalb stets eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 177 EGV Maastricht (= Art. 234 EGV/Amsterdam) abgelehnt, zumal es sich stets um rein nationale Fälle handelte (vgl. dazu EuGH EuZW 1996, 82; 1997, 403). Jahn
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Von Interesse ist in diesem Zusammenhang auch, dass der EuGH die Beitragsregelung für die niederländischen Industrie- und Handelskammern gebilligt und nicht unter die GesellschaftssteuerRichtlinie subsumiert hat (EuGH GewArch 1996, 472). Ebenso hat er die Pflichtmitgliedschaft zu einer Tierärztekammer bestätigt (EuGH Rs. 271/82 – Slg. 1983, 2727).
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Die Europäische Menschenrechtskommission hatte bereits 1998 entschieden, dass Art. 11 Abs. 1 der Konvention die Vereinigungsfreiheit nur im privatrechtlichen Bereich schützt und auf die öffentlich-rechtlichen spanischen IHKs nicht anzuwenden ist (Requête Nr. 36087/97). In diesem Sinne hat für das IHKG später die Verwaltungsrechtsprechung entschieden (VG Gießen GewArch 2006, 214; VG Greifswald GewArch 2007, 287, ferner die Nachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137). Auch mit Art. 20 Abs. 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen ist die Pflichtmitgliedschaft vereinbar (siehe die Nachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137, Fn. 50). e) Doppelzugehörigkeit
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In der Praxis gibt es häufig den Fall, dass Unternehmen oder auch freie Berufe mehreren öffentlich-rechtlichen Körperschaften mit Pflichtzugehörigkeit angehören. Als Beispiel ist die Kombination der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zu erwähnen, aber auch die der Architekten, Ingenieure oder Angehörigen der Heilberufe. Ebenso kann es aber auch vorkommen, dass ein Unternehmen der Landwirtschaftskammer und der IHK angehört. Besonders häufig ist der Fall, dass ein Unternehmen sowohl zur IHK als auch zur Handwerkskammer gehört; dies ist aber genau genommen kein Fall der „Doppelzugehörigkeit“, wie sich aus § 2 Abs. 3 ergibt (s.u. Rz. 114).
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Die Doppelzugehörigkeiten ergeben sich stets aus der Kombination mehrerer Tätigkeiten und sind rechtlich anerkannt, oft sogar ausdrücklich in den betreffenden Kammergesetzen. Insbesondere § 43 Abs. 4 WPO und § 57 Abs. 3 StBeratG zählen detailliert die Tätigkeiten auf, die mit dem Beruf eines Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters vereinbar sind. Für die Rechtsanwälte ergibt sich dies aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 7 Nr. 8 BRAO und indirekt aus den §§ 45–47 BRAO. Dazu kommt verstärkt die Zusammenarbeit verschiedener freier Berufe in der 172
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Rechtsform einer Gesellschaft, sei es einer bloßen Sozietät (BGBGesellschaft), einer Partnerschaft oder EWIV oder auch einer Kapitalgesellschaft, die stets gewerbesteuerpflichtig (§ 2 Abs. 2 GewStG) und damit IHK-zugehörig ist. Das IHKG erwähnt die Doppelmitgliedschaft mehrfach, bei der 12 Kammerzugehörigkeit in § 2 Abs. 2 und Abs. 3 und vor allem bei der Beitragsregelung in § 3 Abs. 4. Der Gesetzgeber hat dort für die wichtigsten Fälle eine pauschale Lösung gewählt, welche auf den Schwerpunkt der Tätigkeit abstellt und den Beitrag zur IHK entsprechend reduziert. Dies entspricht dem Grundsatz, den die Rechtsprechung seit langem dafür entwickelt hat, dass verschiedene nebeneinander ausgeübte freiberufliche und gewerbliche Tätigkeiten jeweils auch die Zugehörigkeit zu den entsprechenden Kammern begründen und sich die Beitragsbemessung nach dem Anteil richten muss, den die spezifische Tätigkeit ausmacht. Im Grunde ist dies nur ein Unterfall der Beitragsäquivalenz, dass sich die Beiträge nach den (generellen und nicht quantifizierbaren) Vorteilen aus der Pflichtmitgliedschaft richten müssen (BVerwG GewArch 2005, 24 und Vorauflage § 2 Rz. 12). Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte hat solche Doppelund Mehrfach-Zugehörigkeiten mit daraus resultierender mehrfacher Beitragspflicht stets anerkannt (vgl. 5. Aufl., 122; zuletzt OVG Münster DStR 2006, 2279; VG Leipzig GewArch 2007, 163 – Rechtsanwalts GmbH; ferner die Nachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137; Drexler/König, GewArch 2004, 461 und GewArch 2005, 320). Das IHKG-Änderungsgesetz 1998 hat dies lediglich kodifiziert. Die gleichzeitige Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer einerseits und einer Wirtschaftskammer andererseits ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn während berufsständische Kammern ausschließlich die Interessen ihrer Mitglieder vertreten und daher reine Berufsorganisationen darstellen, vertreten die IHKs die Wahrnehmung des Gesamtinteresses aller nichthandwerklichen Gewerbetreibenden in ihrem Zuständigkeitsbereich (BVerwG GewArch 2002, 69; GewArch 2005, 24; GewArch 2006, 341 – Konkurrenz von Innungsmitgliedschaft und Handwerkskammerzugehörigkeit).
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2. Kreis der Kammerzugehörigen 13
§ 2 regelt abschließend die Voraussetzungen der Kammerzugehörigkeit. Abs. 1 ist die Grundnorm, deren Tatbestandsmerkmale stets erfüllt sein müssen. Bei der Auslegung ist naturgemäß der Gesamtzusammenhang des Gesetzes zu beachten. Die Ausnahmen ergeben sich für Handwerksbetriebe, zulassungsfreie Handwerke und für handwerksähnliche Gewerbe aus § 2 Abs. 3, für einige andere Bereiche aus § 2 Abs. 2 und 4. § 2 Abs. 1 bindet die Kammerzugehörigkeit an drei Kriterien nämlich eine im Gesetz aufgeführte Rechtsform, die objektive Gewerbesteuerpflicht und das Vorhandensein einer Betriebsstätte im Kammerbezirk. Alle drei Kriterien müssen kumulativ erfüllt sein, wobei es allein auf das objektive Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ankommt, nicht hingegen auf die subjektive Kenntnis des Unternehmens oder der IHK (VG Lüneburg vom 13. 4. 2005 – 5 A 13/04).
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Im konkreten Fall sind deshalb – da die Rechtsform keine Rolle spielt, sondern umfassend definiert ist – vor allem als allgemeine Voraussetzung der Kammerzugehörigkeit die Gewerbesteuerpflicht sowie als räumliche Voraussetzung die Existenz einer Betriebsstätte im Kammerbezirk zu prüfen. Erst anschließend kann es darauf ankommen, ob eine Ausnahme vorliegt.
3. Rechtsform 15
§ 2 Abs. 1 zählt zur Umschreibung des Kreises der Kammerzugehörigen die Rechtsformen auf, welche die Kammerzugehörigkeit begründen. Diese Aufzählung ist so umfassend, dass die Rechtsform eigentlich kein Abgrenzungsmerkmal mehr ist. Entscheidend für die Abgrenzung sind deshalb die anderen Tatbestandsmerkmale des Abs. 1. a) Wechsel der Rechtsform
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Die Aufzählung der Rechtsformen in § 2 Abs. 1 hat jedoch eine andere rechtliche Konsequenz. Die Kammerzugehörigkeit wird damit eindeutig als öffentlich-rechtliches Verhältnis zwischen der IHK und dem Gewerbetreibenden fixiert, in welcher Rechtsform er sein Unternehmen auch betreiben mag. Kammerzugehörig ist – 174
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nach einem neueren Sprachgebrauch – der Unternehmensträger. Das bedeutet, dass eine natürliche oder juristische Person oder auch eine Personenvereinigung nur einmal kammerzugehörig sein kann, auch wenn sie neben der Hauptniederlassung in demselben Kammerbezirk noch Zweigniederlassungen oder weitere Betriebsstätten unterhält. Daraus folgt weiter, dass auch derjenige Gewerbetreibende kammerzugehörig ist, der seinen Sitz oder seine Hauptniederlassung in einem anderen Kammerbezirk oder im Ausland hat und in dem betreffenden Kammerbezirk selbst lediglich Zweigniederlassungen oder Betriebsstätten unterhält. Bei Betriebsstätten ausländischer Unternehmen kommt es allerdings entscheidend auf die Gewerbesteuerpflicht an, die sich nach dem jeweiligen und gegenüber § 12 AO modifizierten Betriebsstättenbegriff der Doppelbesteuerungsabkommen oder nach § 2 Abs. 6 GewStG richtet. Die Anknüpfung an den Gewerbetreibenden ergibt schließlich, in- 17 wieweit der Wechsel der Rechtsform die Kammerzugehörigkeit berührt. Es kommt darauf an, ob bei einem Wechsel der Rechtsform die rechtliche Identität des Unternehmensträgers gewahrt bleibt, er also weiterbesteht, oder ob eine andere Rechtsperson das Unternehmen fortführt und lediglich sein Vermögen und seine Schulden übernimmt. Kennzeichnend dafür, dass eine neue Rechtsperson auftritt, ist eine Rechtsnachfolge, insbesondere auch die gesetzliche Anordnung der Gesamtrechtsnachfolge und des Vermögensübergangs. Dazu gehört auch der Unternehmenskauf, der durch Einzelübertragung erfolgt; hier entsteht eine neue Kammerzugehörigkeit, sofern der Käufer nicht schon kammerzugehörig ist. Die Betriebsübernahme nach § 613a BGB ist dagegen nur ein Indiz, weil darunter auch die Übernahme von Teilbetrieben fällt, die steuerlich keinen Unternehmerwechsel darstellt; bei der Veräußerung von Teilbetrieben bleibt der Verkäufer kammerzugehörig, der Käufer wird kammerzugehörig, falls er es noch nicht ist. Auch die Firmenfortführung besagt nichts über Identität oder Rechtsnachfolge, wie die verschiedenen Fälle der §§ 21, 22 und 24 HGB zeigen. Entscheidend ist in all diesen Fällen, ob ein Unternehmerwechsel stattgefunden hat (vgl. § 2 Abs. 5 und § 5 Abs. 2 GewStG; Abschn. 20 GewStR 1998). Die Identität und damit die Kammerzugehörigkeit bleiben bei allen formwechselnden Umwandlungen erhalten. Das Umwandlungsgesetz vom 28. 10. 1994 (BGBl. I, 3210) erfasst ziemlich Jahn
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lückenlos alle Fälle und unterscheidet zwischen bloßem Rechtsformwechsel (§§ 190–304) einerseits und Verschmelzung, Spaltung und Vermögensübertragung (§§ 2–189) andererseits. Nur beim Rechtsformwechsel bleibt die Kammerzugehörigkeit des Unternehmens erhalten. In allen anderen Fällen führt der Unternehmerwechsel zur Kammerzugehörigkeit des neuen Rechtsträgers, falls er nicht schon kammerzugehörig ist. Die Kammerzugehörigkeit des bisherigen Rechtsträgers endet, ausgenommen allerdings die Fälle von Teilübertragungen, von Abspaltungen und Ausgliederungen (§ 174 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UmwG). 19
OHG, KG und bürgerlich-rechtliche Gesellschaft bleiben unverändert kammerzugehörig, mögen diese Rechtsformen untereinander wechseln, oder Gesellschafter eintreten oder ausscheiden (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB). Selbst wenn aus einer OHG, KG oder bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft alle anderen Gesellschafter ausscheiden und ein Einzelunternehmen entsteht, bleibt die Identität gewahrt; die Anteile der ausscheidenden Gesellschafter wachsen nach herrschender Meinung dem verbleibenden Gesellschafter an (§ 738 BGB, Abschn. 20 Abs. 2 GewStR). b) Die einzelnen Rechtsformen
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Im Übrigen handelt es sich um folgende Rechtsformen, die von Abs. 1 erfasst werden:
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– Natürliche Personen als Einzelkaufleute und sonstige Einzelgewerbetreibende; auf die Eintragung im Handelsregister kommt es nicht an. Da die Kammerzugehörigkeit auf den Gewerbetreibenden abstellt, ist auch ein Einzelkaufmann mit mehreren Betrieben nur einmal kammerzugehörig, selbst wenn er für jeden dieser Betriebe gesondert zur Gewerbesteuer veranlagt wird (Abschn. 16 GewStR; vgl. BFH DB 1989, 2311). Er wird daher nur einmal zum Grundbeitrag und ggf. zu einer einheitlichen Umlage herangezogen (siehe § 3 Rz. 66).
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– Personenhandelsgesellschaften, also OHG und KG, aber auch GmbH & Co. KG. Da Personenhandelsgesellschaften in ihrer Rechtsstellung weitgehend den juristischen Personen angenähert sind (§§ 124; 161 Abs. 2 HGB) und auch einheitlich zur Gewerbesteuer veranlagt werden, ist die Gesellschaft kammerzugehörig, nicht aber ihre Gesellschafter. Wenn also dieselben 176
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Rechtsform
Personen mehrere Personenhandelsgesellschaften gemeinsam betreiben, sind die verschiedenen Gesellschaften jeweils für sich kammerzugehörig (Abschn. 16 Abs. 3 GewStR). Dies gilt auch für freiwillige Handelsregistereintragungen nach § 105 Abs. 2 HGB. – Partnerschaftsgesellschaften (Gesetz vom 25. 7. 1994 – BGBl. I, 1744) fallen dagegen nicht darunter, sind also nicht kammerzugehörig, weil sie auf die Ausübung eines freien Berufes beschränkt und deshalb nicht gewerbesteuerpflichtig sind. Sie sind keine Personenhandelsgesellschaften, sondern werden in ein gesondertes Register eingetragen.
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– Juristische Personen des privaten Rechts. Hierunter fallen Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, einschließlich der durch das „Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG, vom 23. 10. 2008, BGBl. I, 2026)“ eingeführten „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“, Genossenschaften (soweit nicht als landwirtschaftliche Genossenschaften nach § 3 Nr. 8 GewStG nicht gewerbesteuerpflichtig oder nach § 2 Abs. 4 IHKG nicht kammerzugehörig), Kommanditgesellschaften auf Aktien, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (soweit sie nicht nach § 3 Abs. 9 GewStG und § 12a GewStDV von der Gewerbesteuer befreit sind), Vereine (insbesondere wirtschaftliche Vereine nach § 22 BGB (VG Würzburg vom 18. 1. 2006 – W 6 K 05.1148) oder Idealvereine mit wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach § 2 Abs. 3 GewStG), bürgerlichrechtliche Stiftungen (soweit sie gewerbesteuerpflichtig sind). Die in Klammern gesetzten Einschränkungen zeigen deutlich, dass sich die entscheidende Abgrenzung der Kammerzugehörigkeit nicht aus der Rechtsform, sondern aus den anderen Tatbestandsmerkmalen des Abs. 1 ergibt.
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– Juristische Personen des öffentlichen Rechts, mag es sich um Körperschaften (Gebietskörperschaften wie Nichtgebietskörperschaften), öffentlich-rechtliche Anstalten oder Stiftungen handeln. Dies gilt beispielsweise für alle Rundfunkanstalten, wenn sie wegen der Werbesendungen – gegebenenfalls auch unter Einschaltung einer organschaftlich verbundenen Tochtergesellschaft – gewerbesteuerpflichtig sind (vgl. VG Köln vom 5. 11. 1990 – 1 K 1369/89; VG Berlin GewArch 1995, 479).
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Kammerzugehörigkeit
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Zu den kammerzugehörigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören öffentlich-rechtliche Kreditinstitute (soweit sie nicht von der Gewerbesteuerpflicht nach § 3 Nr. 2 GewStG befreit sind), insbesondere Staatsbanken, die am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen. Vor allem aber fallen hierunter die Sparkassen, die heute überwiegend öffentlich-rechtliche Anstalten kraft Landesrechts sind, in einigen Ausnahmefällen auch juristische Personen des privaten Rechts. Sie sind in beiden Fällen kammerzugehörig, weil sie zur Gewerbesteuer herangezogen werden und Wettbewerbsunternehmen im Kreditgewerbe sind. Die frühere Ermäßigung bei der Gewerbesteuer ist inzwischen entfallen. Mit der Gewerbesteuerveranlagung ist zugleich entschieden, dass es sich nicht um hoheitliche Tätigkeiten handelt, sondern um einen Gewerbebetrieb (§ 2 GewStDV).
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Im Bereich der Versicherungswirtschaft gibt es ebenfalls eine Reihe von öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalten, die Wettbewerbsunternehmen sind und zur Gewerbesteuer herangezogen werden. Die Voraussetzung der Gewerbesteuerpflicht fehlt jedoch in den Sonderfällen des § 3 Nr. 11 GewStG (öffentlich-rechtliches Versorgungswerk).
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Ebenso gehören schließlich hierher Bund und Länder, soweit sie Eigenbetriebe unterhalten; für Eigenbetriebe der Gemeinden und Gemeindeverbände gilt § 2 Abs. 5, nicht dagegen für kommunale Zweckverbände. Von der Gewerbesteuer sind jedoch die Monopolverwaltungen des Bundes, die staatlichen Lotterieunternehmen und der Erdölbevorratungsverband befreit (§ 3 Nr. 1 GewStG). Kammerzugehörig sind dagegen beispielsweise staatliche Verlagsunternehmen, Schifffahrtsunternehmen, Brauereien, Sägewerke und nicht gemeinnützige Staatsbäder (VG Wiesbaden vom 16. 8. 1960 – III/2 655/59; OVG Koblenz vom 11. 12. 1985 – 6 A 102/84; vom 28. 7. 1987 – 6 A 18/86; VG Freiburg vom 6. 7. 1983 – 1 K 141/82; VG Neustadt vom 18. 10. 1986 – 7 K 67/84).
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– Personenmehrheiten. Dazu zählen vor allem die Gesellschaften bürgerlichen Rechts (§ 705 BGB), die ein kleingewerbliches Unternehmen betreiben (VG Karlsruhe vom 21. 6. 1994 – 3 K 2858/93 –). Mit der Streichung der Wörter „nicht rechtsfähige“ durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246) wurde § 2 Abs. 1 klargestellt. Die jetzt im Gesetz erfolgte Streichung entspricht der systematischen 178
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Rechtsform
Einordnung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch die neuere Rechtsprechung des BGH. Dieser hatte bereits 2001 entschieden, dass die GbR rechtsfähig und parteifähig ist, soweit sie als Teilnehmer am Rechtsverkehr eigene (vertragliche) Rechte und Pflichten begründet (BGHZ 146, 341). Ferner zählen dazu Unternehmen, die als vorübergehende Arbeitsgemeinschaften anderer Unternehmen (insbesondere in der Bauwirtschaft) üblich sind (vgl. aber die gewerbesteuerlichen Sondervorschriften für Arbeitsgemeinschaften in § 2a GewStG und Abschn. 23 GewStR). Solche Arbeitsgemeinschaften können aber auch handelsregisterpflichtig sein (OVG Münster vom 26. 5. 1992 – 5 A 403/91). Ebenso gehören hierher Reedereien (§ 489 HGB), Erbengemeinschaften oder Ehegatten, zu deren Nachlass oder deren Gesamtgut (bei ehelicher Gütergemeinschaft) ein Unternehmen gehört. Schließlich sind hier die nichtrechtsfähigen Vereine (§ 54 BGB) zu erwähnen, wenn sie wegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gewerbesteuerpflichtig sind (§ 2 Abs. 3 GewStG). – Ausländische Unternehmensformen, wenn sie rechtlich unselbständige Zweigniederlassungen oder Betriebsstätten im Kammerbezirk unterhalten. Dabei bedarf es infolge der umfassenden Aufzählung keiner oft schwierigen international-privatrechtlichen Qualifikation, mit welcher deutschen Unternehmensform sie vergleichbar sind und ob es sich etwa um juristische Personen handelt. Voraussetzung ist lediglich, dass sie in Deutschland rechtlich anerkannt sind, was sich nach den Grundsätzen des deutschen internationalen Privatrechts richtet (Sitztheorie; BayObLG EuZW 1992, 548 und 1999, 288; VG Aachen vom 8. 7. 1994 – 7 K 548/93; vgl. aber auch für den EGRaum EuGH EuZW 1999, 216 – Centros Ltd.; K. Schmidt, ZGR 1999, 22–28). Weiterhin ist Voraussetzung, dass der Gewerbebetrieb erlaubt ist und dass sie zur Gewerbesteuer herangezogen werden (vgl. § 2 Abs. 6 und 7 GewStG). Die Gewerbesteuerpflicht ausländischer Betriebsstätten entscheidet sich dabei vorrangig nach den bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen und dem dort vielfach modifizierten Betriebsstättenbegriff. Alle diese Vorfragen für die Kammerzugehörigkeit ausländischer Unternehmen wegen ihrer Zweigniederlassungen oder Betriebsstätten im Kammerbezirk sind für die Kammerpraxis mit der Veranlagung zur Gewerbesteuer entschieden. Eine Jahn
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Kammerzugehörigkeit
nach dem Recht eines anderen EU-Staates gegründete Gesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland (doppelt ansässige Gesellschaft) erlangte nach früherer gewerbesteuerlicher Verwaltungsansicht erst mit der Eintragung ins deutsche Handelsregister ihre Rechtsfähigkeit im Inland (Abschn. 13 Abs. 2 Satz 4 GewStR 1998). Diese Ansicht ist inzwischen obsolet, nachdem doppelt ansässige Gesellschaften nach der Rechtsprechung des EuGH (NJW 1999, 2027; NJW 2002, 3614) im Inland vollrechtsfähig sind, es also auf die Handelsregistereintragung nicht ankommt (siehe gleich lautenden Erlass der Obersten Finanzbehörden der Länder vom 20. 5. 2005, BStBl. I, 727). Die in Deutschland inzwischen verbreitete Rechtsform der englischen Limited (Private Limited Company) begründet bei einer Tätigkeit im Inland die IHK-Zugehörigkeit und Beitragspflicht (OVG Münster GewArch 2006, 471; VG Darmstadt GewArch 2007, 85). Eine nach englischem Recht gegründete Limited erlangt mit der Eintragung in das registrar of companies beim Companies House und der Ausstellung der Gründungsbescheinigung Rechtspersönlichkeit und kann als juristische Person am Rechtsverkehr teilnehmen (Müller, DB 2006, 824). Dieser Status kommt ihr als in einem europäischen Mitgliedstaat gegründete Gesellschaft auch in Deutschland zu (BGH NJW 2003, 1461). Allerdings muss eine englische Limited ihre in Deutschland eröffnete Hauptniederlassung auch in das deutsche Handelsregister eintragen lassen, auch wenn bereits die Eintragung in das registrar of companies eine „Eintragung ins Handelsregister“ im Sinne des IHKG ist (VG Darmstadt GewArch 2007, 85). Beantragt eine englische Limited in Deutschland die Eintragung einer Zweigniederlassung in das Handelsregister, kann das Registergericht diese Eintragung bei einem bestehenden Gewerbeverbot (§ 35 GewO) gegen den – dem Geschäftsführer einer GmbH gleichstehenden – Director der Limited verweigern, ohne dass ein Verstoß gegen die EUNiederlassungsfreiheit vorliegt (BGH DB 2007, 1518). 31
Das Gleiche gilt für europäische Rechtsformen, wie die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 vom 25. 7. 1985 (ABl. EG Nr. L 199, 1). Ihre gewerbesteuerliche Behandlung ist in § 5 Abs. 1 Satz 4 GewStG und Abschn. 36 GewStR 1998 geregelt.
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Rechtsform
c) Handelsregistereintragung Im Gegensatz zu früheren landesrechtlichen Vorschriften (vgl. 2. Aufl., 125) macht das Gesetz die Kammerzugehörigkeit nicht mehr von der Eintragung im Handelsregister oder Genossenschaftsregister abhängig, sondern bezieht auch die Kleingewerbetreibenden ein. Ursprünglich machte das Gesetz in § 2 Abs. 6 noch eine Ausnahme für diejenigen natürlichen Personen, die nach ihrer Gewerbesteuerveranlagung zur Zahlung von Gewerbesteuer nicht verpflichtet waren oder lediglich zur gemeindlichen Mindestgewerbesteuer herangezogen wurden. Diese Vorschrift des IHKG ist jedoch durch Art. 22 des Steueränderungsgesetzes 1961 vom 13. 7. 1961 (BGBl. I, 981) aufgehoben worden. Seitdem ist gewährleistet, dass die Kammer gemäß ihrer gesetzlichen Aufgabe aus § 1 Abs. 1 auch sachlich die Gesamtrepräsentanz aller Gewerbetreibenden (außerhalb der Organisation des Handwerks) ist. Das Kleingewerbe stellt, wie die Statistiken zeigen, einen erheblichen Teil aller kammerzugehörigen Gewerbetreibenden dar und ist in der gesamtwirtschaftlichen Meinungsbildung entsprechend seinem jeweiligen Gewicht und Interesse zu berücksichtigen. Die freiwillige Handelsregistereintragung von Kleingewerbetreibenden nach § 2 HGB (Handelsrechtsreformgesetz vom 22. 6. 1998 – BGBl. I, 1474) hat allerdings eine gewisse Verschiebung zwischen Kaufleuten und sonstigen Gewerbetreibenden gebracht. Insbesondere bei BGB-Gesellschaften kleingewerblicher Art ist damit zu rechnen, dass sie sich nach § 105 Abs. 2 HGB als OHG oder KG ins Handelsregister eintragen lassen.
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Da § 36 HGB mit dem Handelsrechtsreformgesetz gestrichen worden ist, sind Eigenbetriebe der öffentlichen Hand bei Vorliegen der Voraussetzungen ins Handelsregister einzutragen; sie sind handelsregisterpflichtig geworden.
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Die Handelsregistereintragung bildet bei der Feststellung der Kammerzugehörigkeit lediglich noch ein zusätzliches Merkmal, wenn es um die Abgrenzung von Ausnahmen oder um Beitragsbefreiungen geht. Bei freien Berufen und Landwirtschaft stellt § 2 Abs. 2 auf die Handelsregistereintragung ab, weil sie ein besonders deutliches Indiz für den kaufmännischen Charakter des Unternehmens ist. § 3 Abs. 3 Satz 3 befreit natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht im Handelsregister eingetragen sind, von der Beitragspflicht, wenn ihr Gewerbeertrag bzw. ihr Ge-
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Kammerzugehörigkeit
winn aus Gewerbebetrieb 5200 Euro nicht übersteigt. Schließlich knüpft § 3 Abs. 4 Satz 1 mit dem Erfordernis eines vollkaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetriebs an die Handelsregisterfähigkeit (nicht an die tatsächliche Handelsregistereintragung) an, wenn es um die Beitragsveranlagung von Mischbetrieben im Handwerk geht (vgl. § 2 Abs. 3); zur Eintragungspflicht im Handelsregister kann auf die Kommentierungen zu § 1 Abs. 2 HGB in der Fassung des Handelsrechtsreformgesetzes zurückgegriffen werden.
4. Gewerbesteuerpflicht 35
Das Gesetz folgt dem Vorbild der früheren landesrechtlichen Kammergesetze (vgl. Wendtland, passim) und macht die Kammerzugehörigkeit von der „Veranlagung zur Gewerbesteuer“ abhängig. Durch diese Verweisung soll der Kreis der kammerzugehörigen Gewerbetreibenden anhand eines staatlich festgestellten und verwaltungsmäßig einfach zu handhabenden Merkmals abgegrenzt werden. Zum Verständnis dieser Einzelheiten bedarf es daher eines Rückgriffs auf das gesamte Gewerbesteuerrecht, das im Gewerbesteuergesetz (in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. 10. 2002, BGBl. I, 4167), der GewStDVO und den GewStR 1998 niedergelegt ist, das seinerseits oft wieder auf das Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerrecht verweist. Dabei sind, soweit die Kammerbeiträge nach einem zurückliegenden Bemessungsjahr erhoben werden, ggf. auch die früheren Fassungen des Gewerbesteuergesetzes anzuwenden. Es können hier nur die unmittelbar für das Kammerrecht bedeutsamen Bestimmungen erwähnt werden; im Übrigen muss wegen der Einzelheiten auf die einschlägigen Kommentare verwiesen werden.
35a
Die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer war nach mehreren Vorlagebeschlüssen des FG Niedersachsen (vom 14. 4. 2005 – 4 K 317/91, EFG 2005, 1417) ungeklärt. Der BFH hielt jedenfalls daran fest, dass die Gewerbeertragsteuer verfassungsgemäß ist (BFH DB 2005, 1364). Auch das Bundesverfassungsgericht ging bereits bislang davon aus, dass eine Gemeinde zur Erhebung der Gewerbesteuer gesetzlich verpflichtet ist und hierauf nicht zur Ansiedlung von Gewerbebetrieben verzichten darf, setzte also die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer voraus (BVerfG GewArch 2005, 129). Diese Sichtweise hat das Bundesverfassungs182
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Gewerbesteuerpflicht
gericht inzwischen bestätigt und auf die Vorlage des FG Niedersachsen (EFG 2005, 1417) festgestellt, dass die Erhebung der Gewerbesteuer nur von Gewerbetreibenden nicht verfassungswidrig ist (BVerfG DB 2008, 1243). a) Objektive Gewerbesteuerpflicht Das Gesetz knüpft mit den Worten „zur Gewerbesteuer veranlagt“ nicht an die gemeindliche Gewerbesteuerveranlagung an, sondern an die objektive Gewerbesteuerpflicht für stehende Gewerbebetriebe (§ 2 GewStG) und für das Reisegewerbe (§ 35a GewStG). Die Entscheidung erfolgt durch die Finanzverwaltung. Diese Auslegung ergibt sich nicht nur aus dem traditionellen Verständnis, sondern besonders deutlich aus dem Zusammenhang mit § 3 Abs. 3 Sätze 3 und 6 und Abs. 4 Satz 2. Dort wird jeweils die Bemessungsgrundlage daran angeknüpft, ob ein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt worden ist. Fehlt es an der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags, ist als Bemessungsgrundlage der Gewinn aus Gewerbebetrieb nach dem Einkommensteuergesetz oder dem Körperschaftsteuergesetz zu verwenden. Es kommt also nicht darauf an, ob ein objektiv nach § 2 GewStG gewerbesteuerpflichtiger Unternehmer tatsächlich zur Zahlung herangezogen wird. Wer demgegenüber gemäß § 3 GewStG von der Gewerbesteuer befreit ist, unterliegt nicht der Steuerpflicht und ist deshalb auch nicht kammerzugehörig.
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Auch wenn der Gewerbeertrag eines Gewerbetreibenden die jeweilige Freigrenze nicht übersteigt, wird ein Gewerbesteuermessbetrag über null Euro festgesetzt (Freistellungsbescheid); auch darin liegt eine Gewerbesteuerveranlagung i.S.v. § 2 Abs. 1 (BVerwG GewArch 1997, 22; OVG Lüneburg GewArch 1996, 413; VGH München GewArch 1996, 247). Dies war früher die Regel, weil die Gemeinden in diesem Fall eine Mindestgewerbesteuer erheben konnten (vgl. § 17a GewStG a.F.); diese Mindestgewerbesteuer ist jedoch durch das Steueränderungsgesetz 1979 vom 30. 11. 1978 (BGBl. I, 1849) aufgehoben worden.
37
In zahlreichen Fällen, in denen von vornherein abzusehen ist, dass die gewerbesteuerliche Freigrenze in den nächsten Jahren nicht überschritten wird, wird deshalb heute von einer formellen Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags auf null Euro abgesehen; diese Unternehmen werden von den Finanzämtern nur noch in
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Kammerzugehörigkeit
Überwachungslisten geführt und in regelmäßigen Abständen überprüft; in den Listen oder Datenträgern, mit denen die Finanzverwaltung den Kammern die gewerbesteuerpflichtigen und kammerzugehörigen Gewerbetreibenden übermitteln, werden sie mit einem sog. „R-Merker“ gekennzeichnet; sie sind dann von der Gewerbesteuererklärung freigestellt (§ 25 Abs. 1 Satz 1 GewStDV 1991). 39
Die Auslegung von § 2 Abs. 1 des Gesetzes ändert sich durch diese Verwaltungsvereinfachung nicht, weil auch diese Gewerbetreibenden der Gewerbesteuerpflicht objektiv unterliegen und lediglich subjektiv von der Gewerbesteuerzahlungspflicht befreit sind. Das Merkmal „zur Gewerbesteuer veranlagt“ hängt nicht davon ab, ob der betroffene Gewerbetreibende auch tatsächlich Gewerbesteuer zahlen muss (siehe die Nachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137, 142, Fn. 74; Jahn, GewArch 2005, 169 176 mit Fn. 97) oder im IHK-Bezirk nur einen geringen Gewinn oder gar Verlust erwirtschaftet (VG Darmstadt GewArch 2005, 429). Die „Gewerbesteuerveranlagung“ bezeichnet somit nicht eine entsprechende Zahlungspflicht, sondern die objektive Veranlagung zur Gewerbesteuer dem Grunde nach, die sich aus §§ 2, 3 GewStG ergibt (BVerwG GewArch 2005, 24). Auch zeigt § 3 Abs. 3 Satz 6, dass nur die objektive Gewerbesteuerpflicht gemeint ist. Wenn nämlich kein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt wird, richtet sich die Umlageerhebung stattdessen nach dem Gewinn aus Gewerbebetrieb, wie er nach dem Einkommensteuergesetz oder dem Körperschaftssteuergesetz festgesetzt wird (VG Düsseldorf GewArch 1995, 294; VG Hamburg GewArch 1996, 414; VG Würzburg GewArch 1996, 482; Jahn, GewArch 1997, 179). b) Organgesellschaften
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Eine Veranlagung zur Gewerbesteuer erfolgt deshalb auch bei Organgesellschaften, die der Gewerbesteuer unterliegen und lediglich gemäß § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 GewStG wie Betriebsstätten des Organträgers behandelt werden. Auch hier wird zunächst der Gewerbeertrag gesondert für jede Organgesellschaft festgestellt, ehe daraus im Wege der Konsolidierung für den gesamten gewerbesteuerlichen Organkreis der Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt wird (Abschn. 14 und 41 GewStR). Das Bundesverwaltungsgericht hat ausdrücklich bestätigt, dass dieses besondere 184
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Gewerbesteuerpflicht
Festsetzungsverfahren für den Gewerbesteuermessbetrag die selbständige Kammerzugehörigkeit der Organgesellschaften nicht berührt; die vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobenen Zielsetzungen des IHKG erfordern im Interesse der bezirklichen Vertretung vielmehr die Wählbarkeit von Vorständen, Geschäftsführern und Prokuristen von Organgesellschaften in ihren Kammerbezirken und begründen damit die selbständige Kammerzugehörigkeit der Organgesellschaften (BVerwGE 22, 58, VGH Mannheim GewArch 1985, 368). c) Tatbestandswirkung Die Anknüpfung der Kammerzugehörigkeit an die Gewerbesteuerpflicht bedeutet für die Praxis, dass die IHKs für dieses Tatbestandsmerkmal auf die Mitteilung der Finanzverwaltung über die Gewerbesteuerpflichtigen und ihre Gewerbeerträge oder Gewinne angewiesen sind (vgl. § 9 Abs. 2, § 12 Abs. 1 Nr. 5 IHKG; § 31 AO). Rechtlich ist die IHK an die Festsetzung der Finanzverwaltung gebunden und kann nicht in eine eigene materielle Prüfung der Gewerbesteuerpflicht eintreten (VGH Mannheim vom 27. 2. 2007 – 6 S 2003/06; Jahn, GewArch 2005, 169, 176 Fn. 100). Ebenso wenig hat die IHK das Recht, die Entscheidung des Finanzamts anzufechten. Die – allerdings umstrittene – Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs versagt auch den Gemeinden eine solche Anfechtung der Messbetragsbescheide (BFH BStBl. III 1956, 44; 1962, 145 und 497). Die Feststellung der Gewerbesteuerpflicht hat für die IHK damit kraft gesetzlicher Anordnung Tatbestandswirkung. Diese Tatbestandswirkung hat das Bundesverwaltungsgericht (GewArch 1999, 73) ausdrücklich bestätigt.
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Die Tatbestandswirkung erstreckt sich jedoch nicht auf die Vorfrage, ob auch eine Betriebsstätte besteht, obwohl dies Voraussetzung für einen Zerlegungsbescheid ist. Im Streitfall müssen deshalb IHKs und Verwaltungsgerichte die Existenz einer Betriebsstätte selbst feststellen (VG Aachen GewArch 2004, 305; VG Berlin vom 13. 4. 2006 – 11 A 793.05). Wer – aus welchen Gründen auch immer – nicht gewerbesteuerpflichtig ist, kann auch nicht kammerzugehörig sein. Deshalb wirkt sich eine Verneinung der Gewerbesteuerpflicht durch die Finanzgerichte automatisch auf die Kammerzugehörigkeit aus, die dann rückwirkend entfällt; zu Unrecht gezahlte Beiträge werden dann erstattet. Um-
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gekehrt begründet auch eine rückwirkende Feststellung der Gewerbesteuerpflicht, wie sie bei Änderungen der Gewerbesteuer gelegentlich vorkommt, auch eine rückwirkende Kammerzugehörigkeit (OVG Lüneburg vom 27. 1. 1984 – 8 A 4/83; OVG Koblenz GewArch 1994, 415). 43
Damit werden zahlreiche Streitfragen, die sonst über die Kammerzugehörigkeit entstehen könnten, in das Gewerbesteuerrecht und das dafür vorgesehene steuerrechtliche Verfahren verwiesen. Insbesondere vereinfacht sich damit die Abgrenzung der kammerzugehörigen Gewerbetreibenden gegenüber gewerbesteuerfreien oder gemeinnützigen Einrichtungen, gegenüber freien Berufen und gegenüber der Landwirtschaft (s.u. Rz. 92, 100). Nur in Einzelfällen bedarf es noch der Prüfung, ob die Ausnahmen des § 2 Abs. 2–5 eingreifen. d) Maßgebender Zeitpunkt
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In zeitlicher Hinsicht ist für die Kammerzugehörigkeit die Gewerbesteuerpflicht im jeweiligen Kalenderjahr maßgebend, wobei sich der Veranlagungszeitraum für die Gewerbesteuer und das Geschäftsjahr der Kammer decken. Die Kammerzugehörigkeit für 2008 ergibt sich also aus der Gewerbesteuerpflicht für 2008, sie kann damit allerdings auch erst nachträglich festgestellt werden. In der Praxis führt das zu keinen Schwierigkeiten, weil durch die vorläufige Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrags und die laufenden Vorauszahlungen bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Gewerbesteuerpflicht bereits einstweilige Maßnahmen vorliegen, die auch für die IHK – vorbehaltlich der endgültigen finanzamtlichen oder finanzgerichtlichen Entscheidung – gelten. Es ist nach der Rechtsprechung nicht zu beanstanden, wenn sich die IHK bei der Beitragsveranlagung zu Beginn des Geschäftsjahres auf die letzte ihr bekannte Gewerbesteuerveranlagung bezieht, gleichgültig aus welchem Jahr diese stammt (Jahn, GewArch 2005, 221, 226 mit Fn. 238). Die Beitragsveranlagung durch Vorauszahlungsbescheid ist nicht zu beanstanden, weil sie hergebrachten Grundsätzen des Beitragsrechtes entspricht und deshalb keiner ausdrücklichen Rechtsgrundlage im IHKG bedarf (VG Augsburg vom 2. 8. 2004 – 4 K 02.180). Aber auch dann, wenn die IHK, insbesondere bei auswärtigen Betriebsstätten, aus Versehen nichts von der Gewerbesteuerpflicht des Unternehmens er186
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fahren sollte, entsteht die Kammerzugehörigkeit gleichzeitig mit der Gewerbesteuerpflicht, so dass auch eine rückwirkende Veranlagung zulässig ist (OVG Koblenz GewArch 1994, 415). Die Gewerbesteuerpflicht und damit auch die Kammerzugehörigkeit beginnen für Einzelgewerbetreibende und Personengesellschaften, also auch für Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften, mit der Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit, d.h. mit der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr; Vorbereitungshandlungen wie die Anmietung eines Geschäftslokals oder der Bau von Produktionsstätten reichen nicht aus (Abschn. 18 Abs. 1 GewStR). Bei Kapitalgesellschaften (einschließlich der gewerblich geprägten Personengesellschaft – § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG), Genossenschaften und Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit beginnt die Gewerbesteuerpflicht und Kammerzugehörigkeit mit der Eintragung in das Handels- oder Genossenschaftsregister; von diesem Zeitpunkt ab gilt jede Tätigkeit als gewerblich (Abschn. 18 Abs. 2 GewStR). Auch bei einer Vorratsgesellschaft begründet die Handelsregistereintragung bereits die beitragspflichtige Kammerzugehörigkeit; ob die nach dem Unternehmensgegenstand zulässige Tätigkeit „noch nicht ausgeübt“ wird, ist unerheblich (VG Magdeburg GewArch 2005, 154). Die objektive Gewerbesteuerpflicht und damit die Kammermitgliedschaft endet nicht bereits mit der tatsächlichen Beendigung der gewerblichen Betätigung, sondern erst mit der Löschung einer kammerzugehörigen Gesellschaft im Handelsregister (Jahn, GewArch 2005, 169, 177 mit Fn. 114); ein Auflösungsbeschluss der Gesellschafter reicht hierfür nicht, es kommt vielmehr auf die vollständige Einstellung werbender Tätigkeit an. Bei einer GmbH sind deshalb IHK-Zugehörigkeit und Beitragspflicht so lange gegeben, wie die GmbH objektiv der Gewerbesteuer unterliegt. Beim gewerblich tätigen Einzelunternehmer entfällt demgegenüber die Kammerzugehörigkeit mit der faktischen Einstellung der gewerblichen Tätigkeit, wofür die Gewerbeabmeldung ein starkes Indiz ist, also Kraft Gesetzes durch Wegfall der objektiven Gewerbesteuerpflicht. Auf die Gewerbeabmeldung kommt es insoweit nicht an. Denn auch im ungekehrten Fall einer unterbliebenen Gewerbeanmeldung, aber tatsächlich gewerblichen Tätigkeit besteht Gewerbesteuerpflicht und damit Kammerzugehörigkeit.
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Die Bindung der Kammerzugehörigkeit an die objektive Gewerbesteuerpflicht ist insbesondere bei der Fluktuation im Bereich der Kleingewerbetreibenden zu beachten, aber auch bei der Schließung auswärtiger Betriebsstätten. Wenn der Gewerbebetrieb endgültig eingestellt ist, endet die Kammerzugehörigkeit, auch wenn vom Finanzamt ein Gewerbesteuermessbetrag oder Gewinne aus Gewerbebetrieb noch für frühere Jahre festzustellen sind. Wenn eine auswärtige Betriebsstätte endgültig geschlossen wird, endet die zusätzliche Kammerzugehörigkeit in diesem Kammerbezirk, auch wenn noch Zerlegungsanteile des Unternehmens für frühere Jahre ausgewiesen werden. Wenn allerdings der Gewerbesteuermessbetrag, Zerlegungsanteil oder Gewinn aus Gewerbebetrieb noch die Zeiten der Kammerzugehörigkeit betrifft, führt dies auch nach Beendigung der Kammerzugehörigkeit zu einer Korrektur des ursprünglichen Beitragsbescheides. e) Beispiele zur Gewerbesteuerpflicht • Gemeinnützige Unternehmen
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Von der Gewerbesteuer befreit sind Unternehmen, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§ 3 Nr. 6 GewStG). Die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit sind in den §§ 51–68 AO geregelt. Für das Kammerrecht von Interesse waren dabei früher die gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen, die aus diesem Grunde weder gewerbesteuerpflichtig noch kammerzugehörig waren und auch nicht freiwillig der IHK beitreten konnten; diese Befreiungen sind durch das Steuerreformgesetz 1990 (BGBl. 1988 I, 1093) und die entsprechende Neufassung von § 3 Ziff. 15 bis 18 GewStG weggefallen. Die meisten Wohnungsbauunternehmen sind seitdem gewerbesteuerpflichtig und kammerzugehörig. • Verpachtete Unternehmen
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Wenn ein Gewerbebetrieb verpachtet wird, so ist der Pächter als Gewerbetreibender gewerbesteuerpflichtig und kammerzugehörig. Der Verpächter ist dagegen nicht mehr gewerbesteuerpflichtig, da es sich bei ihm in der Regel nur noch um eine bloße Vermögensverwaltung handelt (Abschn. 11 Abs. 3 GewStR); seine Kammerzugehörigkeit endet mit dem Beginn der Verpachtung. Nur ausnahmsweise bleibt auch der Verpächter gewerbesteuerpflichtig, 188
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§2
Gewerbesteuerpflicht
wenn die Verpachtung im Rahmen seines fortbestehenden Gewerbebetriebs erfolgt oder wenn sich seine Verpächtertätigkeit nach Art und Umfang der damit verbundenen Pflichten als gewerbliche Tätigkeit herausstellt. • Betriebsaufspaltung Einen Sonderfall bildet die Betriebsaufspaltung, wenn ein Unternehmen (Besitzunternehmen) seine wesentlichen Wirtschaftsgüter einer von ihm gegründeten und beherrschten Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) zum Zwecke der Weiterführung des Gewerbebetriebs vermietet oder verpachtet. Das Besitzunternehmen bleibt in diesem Fall gewerbesteuerpflichtig, weil es sich über das Betriebsunternehmen weiterhin am allgemeinen Wirtschaftsverkehr beteiligt; das entspricht einer ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFHE 104, 321; BFH BStBl. 1998 II, 478) und ist auch vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 25, 28) gebilligt worden (vgl. Abschn. 11 Abs. 3 Satz 10 GewStR, 137 Abs. 4 und 5 EStR; BFH DB 1982, 2331, selbst bei der Zwischenschaltung einer rechtsfähigen Stiftung; u.U. kann sogar ein Organverhältnis vorliegen – Abschn. 14 Abs. 7 GewStR). Bei der Betriebsaufspaltung ist infolgedessen auch die Kammerzugehörigkeit beider Unternehmen, des Besitzunternehmens wie des Betriebsunternehmens, gegeben (BVerwG GewArch 1984, 350; Jahn, GewArch 2005, 169, 176; VG Düsseldorf vom 27. 9. 2006 – 20 K 4907/05). Ist allerdings eine Betriebskapitalgesellschaft nach § 3 Nr. 20c GewStG von der Gewerbesteuer befreit, so erstreckt sich die Befreiung bei der Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- bzw. Verpachtungstätigkeit des Besitzunternehmens; beide Unternehmen unterliegen in diesem Fall nicht der Gewerbesteuer und sind deshalb auch nicht kammerzugehörig (BFHE 213, 50 = DB 2006, 1129).
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Für die Kammerzugehörigkeit (wie für das Gewerbesteuerrecht) 50 spielte es schon früher keine Rolle, dass das Besitzunternehmen keine OHG mehr sein konnte, sondern sich in eine BGB-Gesellschaft umwandelte (BGHZ 32, 307/10; NJW 1971, 1968; ZIP 1990, 505; OLG Hamm ZIP 1993, 1310). Das Handelsrechtsreformgesetz hat ausdrücklich auch den Vermögensverwaltungsgesellschaften die Möglichkeit gegeben, sich als OHG oder KG im Handelsregister eintragen zu lassen. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob ihr Geschäftsbetrieb nach Art des Umfangs eine kaufmännische Jahn
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Kammerzugehörigkeit
Einrichtung erfordert; die Eintragung ist dann freiwillig (§ 105 Abs. 2 HGB). Das Besitzunternehmen ist, wenn es zur Gewerbesteuer veranlagt wird, in jedem Fall kammerzugehörig. • Stille Gesellschaft 51
Eine ähnliche Konstellation bildet auch die stille Gesellschaft, die nach § 335 HGB im Allgemeinen nur als Innengesellschaft besteht und über kein eigenes Vermögen verfügt; Gewerbetreibender ist der Unternehmer, mit dem die stille Gesellschaft eingegangen ist. Er ist allein gewerbesteuerpflichtig und damit auch kammerzugehörig; die Ergebnisse der stillen Gesellschaft werden ihm zugerechnet (vgl. Abschn. 138 EStR und Abschn. 50 GewStR).
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In Ausnahmefällen gibt es jedoch auch atypisch stille Gesellschaften, die ein eigenes gesondertes Gesamthandvermögen und damit auch eine eigene Betriebsstätte haben, auch wenn dies der Betrieb des Unternehmers mit der stillen Beteiligung ist. In diesem Fall wird die stille Gesellschaft als Mitunternehmergemeinschaft nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG und § 2 Abs. 1 GewStG zur Gewerbesteuer veranlagt und ist also als Gewerbetreibender – neben dem gesondert veranlagten Unternehmen, das die stille Gesellschaft gebildet hat – kammerzugehörig (vgl. Schulze zur Wiesche, GmbHR 1982, 114; BB 1982, 1974; BFH BB 1979, 1176; DB 1982, 260; BB 1991, 1022; NJW 1997, 344). Die Kammerzugehörigkeit ist vom VG Gelsenkirchen (Urteil vom 26. 9. 1990 – 7 K 2154/89) bestätigt worden. • Beginn der Kammerzugehörigkeit
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Während es bei Einzelunternehmen und Personengesellschaft auf die Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit ankommt, setzt bei Kapitalgesellschaften die Gewerbesteuerpflicht und die Kammerzugehörigkeit bereits mit der Eintragung in das Handelsregister ein, selbst bei Vorbereitungsmaßnahmen und Übernahmen (Einzelheiten in Abschn. 18 Abs. 2 GewStR; VG Magdeburg GewArch 2005, 154; siehe auch oben Rz. 44). • Einstellung des Unternehmens
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Schwierig ist gewerbesteuerlich auch die Unterscheidung, ob ein Gewerbebetrieb lediglich vorübergehend ruht (z.B. Saisonbetriebe) oder ob er tatsächlich eingestellt worden ist (Abschn. 19 GewStR). 190
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Keine gesonderte Prüfung, ob ein Gewerbebetrieb vorliegt
Bei Einzelgewerbetreibenden und Personenhandelsgesellschaften kommt es darauf an, dass nach dem Gesamtbild der äußeren Merkmale und inneren Vorgänge die gewerbliche Tätigkeit nicht nur vorübergehend eingestellt worden ist; auf die bloße Gewerbeabmeldung kommt es also nicht an. Bei einem Handelsbetrieb ist dies nicht der Fall, solange das Warenlager noch „im Ladengeschäft“ veräußert wird. Sobald die vorhandenen Betriebsgegenstände aber nur noch versilbert und die rückständigen Forderungen eingezogen werden, liegt keine gewerbliche Tätigkeit mehr vor. Die Entscheidung des Finanzamts über die Gewerbesteuerpflicht ist auch hier für die Kammerzugehörigkeit maßgebend. Bei Kapitalgesellschaften, die kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig sind, muss jegliche Tätigkeit eingestellt werden (vgl. Abschn. 19 Abs. 3 GewStR). In diesen Fällen bleibt also auch die Kammerzugehörigkeit bis zu diesem Zeitpunkt des Wegfalls der Gewerbesteuerpflicht und seiner Feststellung durch das Finanzamt aufrechterhalten. Praktisch bleibt es deshalb auch während der gesamten Liquidationsphase bei der Kammerzugehörigkeit, bis die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht wird (Jahn, GewArch 2005, 169, 177 m.w.N.).
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5. Keine gesonderte Prüfung, ob ein Gewerbebetrieb vorliegt Mit der Gewerbesteuerpflicht ist in der Regel auch ein Gewerbebetrieb gegeben, so dass es auf eine zusätzliche Prüfung in dieser Richtung nicht mehr ankommt. Insbesondere gilt dies für alle Gewerbesteuerpflichtigen nach § 2 Abs. 1 GewStG; darunter fallen die Einzelgewerbetreibenden und die bürgerlich-rechtlichen Gesellschaften, Einzelkaufmann, OHG und KG sowie vergleichbare Mitunternehmergemeinschaften. Die Frage hat in den Fällen Praxisrelevanz, in denen trotz entsprechender Veranlagung zur Gewerbesteuer der Einwand erhoben wird, dass noch keine Kammerzugehörigkeit gegeben sei, weil tatsächlich (noch) kein Gewerbe ausgeübt werde oder (noch) keine Gewerbeanmeldung (§ 14 GewO) vorliege. Bei objektiver Gewerbesteuerpflicht kann allerdings ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Betreffende auch ein „Gewerbe“ betreibt (VG Freiburg vom 10. 8. 2005 – 7 K 760/05).
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Daneben gibt es allerdings auch eine Gewerbesteuerpflicht allein kraft Rechtsform (§ 2 Abs. 2 GewStG) und wegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (§ 2 Abs. 3 GewStG); darin liegt eine steuerliche Erweiterung des allgemeinen Gewerbebegriffs (Abschn. 13 und 15 GewStR). In diesen Fällen stellte sich deshalb die Frage, ob neben der Gewerbesteuerpflicht auch noch das Vorhandensein eines gewerblichen Unternehmens Voraussetzung für die Kammerzugehörigkeit ist. Für eine solche Auslegung könnte die Kammeraufgabe sprechen, das Gesamtinteresse der Gewerbetreibenden wahrzunehmen (§ 1 Abs. 1), aber auch der Gesamtzusammenhang mit den verwandten Begriffen wie gewerbliche Niederlassung, Verkaufsstelle und Betriebsstätte (§ 2 Abs. 1), nicht zuletzt aber der Sinn und Zweck der Kammerzugehörigkeit. Deshalb hat das Bundesverwaltungsgericht in einer älteren Entscheidung die GEMA trotz ihrer Gewerbesteuerpflicht als Hilfsorganisation freier Berufe angesehen, ihr die Gewerbeeigenschaft abgesprochen und damit auch die Kammerzugehörigkeit verneint (BVerwGE 16, 295). Diese Auffassung hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch später ausdrücklich wieder aufgegeben und in dem Fall einer Steuerberatungsgesellschaft die Kammerzugehörigkeit allein mit der Handelsregistereintragung und dem satzungsmäßigen Gegenstand des Unternehmens begründet (BVerwGE 55, 1).
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Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht (GewArch 1984, 350; GewArch 2005, 24) fortgeführt. Auch in den Fällen, in denen sich die Gewerbesteuerpflicht „nur“ aus § 2 Abs. 2 GewStG ergibt, muss nicht zusätzlich geprüft werden, ob eine „gewerbliche Tätigkeit“ vorliegt. Zwar hatte noch das OVG Lüneburg (vom 26. 3. 1999 – 8 L 2600/98; vom 28. 5. 1999 – 8 L 4677/98) die Ansicht vertreten, dass bei gänzlichem rechtlichen Ausschluss gewerblicher Tätigkeit in einer GmbH-Satzung die Kammerzugehörigkeit entfällt. Diese Ansicht kann allerdings spätestens nach dem Urteil des BVerwG vom 19. 1. 2005 (GewArch 2005, 211) nicht mehr aufrecht erhalten werden, nachdem das BVerwG die Kammerzugehörigkeit und Beitragspflicht einer (freiberuflichen) GmbH auch dann bejaht hat, wenn ihr Unternehmensgegenstand ausschließlich in der Verwaltung eigenen Vermögens besteht. Diese Rechtsprechung ist ausdrücklich zu begrüßen (Jahn, GewArch 2004, 410; Drexler/König, GewArch 2004, 461). Denn § 2 Abs. 1 kann eine zusätzlich Beschränkung der Kammerzugehörigkeit darauf, dass „gewerbliche Tätigkeiten“ 192
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ausgeführt werden müssen, nicht entnommen werden, da § 2 Abs. 1 – neben den räumlichen Voraussetzungen – allein an den formalen Umstand der Gewerbesteuerveranlagung anknüpft. Genauso haben die Oberverwaltungsgerichte die Kammerzugehörigkeit von Kapitalgesellschaften freier Berufe bejaht, auch wenn keine berufsrechtlich zulässige gewerbliche Tätigkeit vorgesehen war oder ausgeübt wurde (VGH München GewArch 1981, 162; OVG Lüneburg GewArch 1997, 153; OVG Münster GewArch 1997, 200). Auch die Vorschriften der IHKG-Novelle 1998 gehen offensichtlich davon aus, dass es keiner gesonderten Prüfung bedarf, ob neben der Gewerbesteuerpflicht auch ein Gewerbe im handels- und gewerberechtlichen Sinne besteht. Schon der Wortlaut von § 2 Abs. 2 zeigte, dass bei Gewerbesteuerpflicht und Handelsregistereintragung auch eine ausschließlich freiberufliche oder landwirtschaftliche Tätigkeit die Kammerzugehörigkeit begründet; auf den Betrieb eines Gewerbes kommt es danach nicht an. Die IHKG-Novelle 1998 zieht dann die Konsequenz daraus in § 3 Abs. 4 Sätze 3 und 5, wonach die Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrags nur Bedeutung hat für die Höhe des Beitrags, nicht jedoch für die Frage der Kammerzugehörigkeit, für die es allein auf die Gewerbesteuerpflicht ankommt (BVerwG GewArch 2005, 24).
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Diese Lösung entspricht der wachsenden Tendenz in den freien Berufen, sich zur gemeinsamen Berufsausübung zu Kapitalgesellschaften zusammenzuschließen. Ursprünglich waren es nur die Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- und Buchprüfungsgesellschaften; jetzt kommt die Anwalts-GmbH hinzu, bei der der Bundestag ausdrücklich in seinen Beratungen eine Befreiung von der IHK-Zugehörigkeit abgelehnt hat. Selbst Ärzte lagern ihre nichtmedizinischen Nebenaufgaben oft in eine gemeinsame GmbH aus. Schließlich nutzen Ingenieure und Sachverständige zunehmend die Möglichkeit der Zusammenarbeit in einer Kapitalgesellschaft, weil sie die Spezialisierung der Gesellschafter fördert und ihnen ein komplexes Leistungsangebot ermöglicht. Künftig ist auch bei Landwirten, insbesondere Gärtnereien und Baumschulen, selbst wenn sie nicht schon durch steuerschädlichen Zukauf gewerbesteuerpflichtig und kammerzugehörig werden, zu erwarten, dass sie aufgrund von § 3 Abs. 2 HGB mit der Handelsregistereintragung auch zur Gewerbesteuerpflicht herangezogen wer-
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den und damit kammerzugehörig werden. Sie erfüllen dann die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 4 Satz 3. 61
In der Beitragspraxis ändert sich für Freiberufler und Landwirte trotzdem nur wenig. Während früher der volle Grundbeitrag erhoben wurde, werden seit 1. 1. 1999 der Grundbeitrag und auch die Umlage auf der Basis einer anteiligen Bemessungsgrundlage erhoben (§ 3 Abs. 4 Satz 2).
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Die allgemeine Maßgeblichkeit der Gewerbesteuerpflicht bedeutet allerdings, dass von der Kammerzugehörigkeit auch wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (§ 2 Abs. 3 GewStG; § 8 GewStDV; § 14 AO) erfasst werden, wie sie insbesondere gemeinnützige Einrichtungen, Idealvereine, Berufsverbände, Parteien und Gewerkschaften unterhalten. In der Praxis wird sich dabei jedoch der Kreis der Kammerzugehörigen kaum ausweiten, weil heute größere gewerbliche Aktivitäten in selbständige Kapitalgesellschaften ausgegliedert zu werden pflegen, Zweckbetriebe gewerbesteuerfrei sind (§§ 65–68 AO, § 3 GewStG) und weil für geringfügige Aktivitäten eine Gewerbesteuerfreigrenze von 30.678 Euro Jahresumsatz gilt (§ 64 Abs. 3 AO). Die öffentliche Hand wird ohnehin nur gewerbesteuerpflichtig und damit kammerzugehörig, wenn sie ein Gewerbe nach § 2 Abs. 1 GewStG betreibt (vgl. § 2 GewStDV).
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Diese Lösung des Gesetzgebers ist konsequent, weil die Gewerbesteuer alle wirtschaftlichen Betriebe erfasst, die selbständig am allgemeinen Wirtschaftsverkehr teilnehmen und nachhaltig auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind. Damit ist der steuerliche Gewerbebegriff (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG) voll in das Kammerrecht übernommen worden, zumal hilfsweise auch der Gewinn aus Gewerbebetrieb nach Einkommen- oder Körperschaftssteuerrecht Beitragsbemessungsgrundlage ist (§ 3 Abs. 3 Satz 3); die Verknüpfung der Kammerzugehörigkeit mit dem Gewerbesteuerrecht ist noch enger geworden. Es bedarf also weder eines Vergleichs mit dem handelsrechtlichen oder dem gewerberechtlichen Gewerbebegriff, noch einer Prüfung des Unternehmensgegenstandes, ob etwa gewerbliche Tätigkeiten generell ausgeschlossen sind oder nicht ausgeübt werden. Mit der objektiven Gewerbesteuerpflicht und insbesondere der Entscheidung der Finanzverwaltung darüber sind alle diese Vorfragen für die Kammer entschieden.
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Beispiele: • GmbH Eine GmbH ist kraft Rechtsform nach § 2 Abs. 2 GewStG gewerbesteuerpflichtig. Sie ist gemäß § 13 Abs. 3 GmbHG eine Handelsgesellschaft und gilt nach § 6 HGB als Kaufmann. Als besonders elastische Rechtsform wird sie allerdings auch zu zahlreichen nichtgewerblichen Zwecken angewandt, insbesondere mildtätiger, kirchlicher, wissenschaftlicher, sportlicher oder geselliger Art. In der Regel wird in diesen Fällen die Gemeinnützigkeit anerkannt, womit Gewerbesteuerpflicht und Kammerzugehörigkeit entfallen. Wenn die Gemeinnützigkeit dagegen nicht anerkannt wird, bleibt es bei der Kammerzugehörigkeit.
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• GmbH & Co. KG Unter diesen Gesichtspunkten ist auch die Kammerzugehörigkeit bei der GmbH & Co. KG zu beurteilen, die ein weit verbreiteter Unternehmenstyp im gewerblichen Mittelstand ist. Die KG ist als Betriebsunternehmen gewerbesteuerpflichtig und kammerzugehörig. Die Komplementär-GmbH ist schon kraft Rechtsform nach § 2 Abs. 2 GewStG gewerbesteuerpflichtig, auch wenn der BFH mit dem Beschluss des Großen Senats vom 31. 10. 1984 (BStBl. II, 751) die Geprägerechtsprechung aufgegeben hat. Deshalb spielt es auch keine Rolle, welchen Umfang die Tätigkeit der Komplementär-GmbH hat und ob sie – außer den Gewinnanteilen als Gesellschafter der KG – überhaupt Einnahmen ausweisen kann (OVG Hamburg GewArch 2004, 258; VG Saarland GewArch 2001, 296; Jahn, GewArch 2005, 169, 178).
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Bei der GmbH & Co. KG ist darüber hinausgehend aber auch davon auszugehen, dass die Tätigkeit der Komplementär-GmbH eine Gewerbeausübung i.S.v. § 2 Abs. 1 GewStG ist. Deshalb kommt es hier nicht einmal auf den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand an, weil bereits in der satzungsmäßigen Aufgabe als Komplementär – auch wenn dies die einzige Gesellschaftsaufgabe ist – sich die Gewerbeabsicht ausdrückt. Denn es wäre widersprüchlich, wenn sich eine GmbH & Co. KG zu ihrem Vorteil auf die juristische Betrachtungsweise (Trennung) berufen könnte, wenn es ihr zum Nachteil gereicht hingegen auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise, also die Unternehmenseinheit (VG Freiburg vom 28. 9. 2001 – 7 K 1503/00). Auch die Komplementär-
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GmbH eines in der Rechtsform der KG geführten Handwerksbetriebes ist selbständig IHK-zugehörig, da sie kein „Betriebsteil“ der KG im Sinne des § 2 Abs. 3 ist (VG Saarland GewArch 2001, 296; VG Chemnitz vom 17. 2. 2004 – 8 K 251/04). • Genossenschaften und Versicherungsvereine 67
Genossenschaften und Versicherungsvereine a.G. sind nach § 2 Abs. 2 GewStG gewerbesteuerpflichtig, ausgenommen sind lediglich kleinere Versicherungsvereine a.G. nach § 12a GewStDV. Sie sind sämtlich Gewerbetreibende, denn die Absicht der Gewinnerzielung ist auch dort gegeben, wo die wirtschaftliche Betätigung nicht dazu dient, der juristischen Person selbst Gewinn zuzuführen, sondern die Wirtschaft der Mitglieder zu fördern. Erst recht gilt dies bei jedem Nichtmitgliedergeschäft von Genossenschaften und Versicherungsvereinen, selbst wenn die Gewinnerzielung dabei nur Nebenzweck ist. Die Genossenschaften und Versicherungsvereine a.G. sind deshalb, soweit sie gewerbesteuerpflichtig sind und nicht die Ausnahme für landwirtschaftliche Genossenschaften in § 2 Abs. 2 u. 4 eingreift, stets kammerzugehörig. • Vereine
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Wirtschaftliche Vereine, die ihre Rechtsfähigkeit durch Verleihung gemäß § 22 BGB erhalten, sind gewerbesteuerpflichtig. In der Regel unterhalten sie aufgrund des Vereinsziels einen Gewerbebetrieb i.S.v. § 2 Abs. 1 GewStG, sind deshalb gewerbesteuerpflichtig und auch kammerzugehörig. Das Gleiche gilt für eine rechtsfähige Stiftung, die einen Gewerbebetrieb unterhält (vgl. Abschn. 15 Abs. 4 GewStR). Dabei genügt es für die Gewinnabsicht, dass lediglich ein Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben oder eine Vermögensmehrung angestrebt wird; die Gewinnerzielung kann durchaus ein Nebenzweck bleiben (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 3 EStG). Für die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist es erforderlich, dass die Leistungen der Allgemeinheit angeboten werden.
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Idealvereine (§ 21 BGB) und nichtrechtsfähige Vereine (§ 54 BGB) dagegen sind nur gewerbesteuerpflichtig, soweit sie einen Gewerbebetrieb nach § 2 Abs. 1 GewStG unterhalten oder soweit sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.v. § 2 Abs. 3 GewStG betreiben. Für diesen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist weder 196
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die Gewinnerzielungsabsicht, noch eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr begriffsnotwendig (Abschn. 15 GewStR). Trotzdem ist er gewerbesteuerpflichtig und damit auch kammerzugehörig. In der Regel wird allerdings diese partielle Gewerbesteuerpflicht – etwa bei Fachverbänden, Parteien, Gewerkschaften oder Einrichtungen gemeinnütziger Unternehmen – deshalb entfallen, weil es sich um Zweckbetriebe handelt (§§ 65–68 AO) oder die Freigrenze von 30.678 Euro Jahresumsatz (§ 64 Abs. 3 AO) nicht überschritten wird. Bei einem größeren Umfang der wirtschaftlichen Tätigkeit erfolgt ohnehin meistens die Ausgliederung in eine selbständige Kapitalgesellschaft, insbesondere eine GmbH. Als Einzelbeispiel ist die GEMA zu erwähnen, wo das Bundesverwaltungsgericht seine Auslegung über die Kammerzugehörigkeit geändert hat (BVerwGE 16, 295 und 55, 1). Dies gilt auch für sonstige Urheberrechtsgesellschaften nach dem Gesetz über die Wahrung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten vom 9. 9. 1965 (BGBl. I, 1294). Ebenso werden die Technischen Überwachungsvereine als Gewerbebetriebe zur Gewerbesteuer veranlagt. Ihre Tätigkeit ist gewerblich, nicht hoheitlich (Siebert, 44, 45; Götz/Lukes, passim; Woesenack, passim); sie sind deshalb kammerzugehörig.
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6. Betriebsstätte im Kammerbezirk Die Kammerzugehörigkeit setzt schließlich voraus, dass der gewerbesteuerpflichtige Gewerbetreibende im Bezirk der IHK (siehe zum Kammerbezirksbegriff näher Meyer, GewArch 2006, 305) eine Betriebsstätte unterhält. Diese räumliche Voraussetzung entspricht dem regionalen Charakter der IHK und trägt der Tatsache Rechnung, dass die Kammerarbeit nicht nur den im Bezirk liegenden Hauptniederlassungen dient, sondern auch den dort unterhaltenen Betriebsstätten auswärtiger Unternehmen. Das Gesetz schließt sich bei der räumlichen Anknüpfung konsequent dem gewerbesteuerlichen System an, das von einer Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags auf die beteiligten Gemeinden ausgeht. Damit ist ein verwaltungsmäßig einfach zu handhabender Maßstab auch für die Beitragsveranlagung unter den beteiligten IHKs gewonnen.
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Aus diesen Gründen ist für die räumliche Anknüpfung der Betriebsstättenbegriff entscheidend, der dem Steuerrecht entnommen ist (§ 12 AO) und vom einkommensteuerlichen Betriebsstättenbegriff (§ 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG) zu unterscheiden ist, der bis 31. 12. 2006 galt. Die bislang in § 2 Abs. 1 enthaltene „entwederoder“-Konstruktion (entweder gewerbliche Niederlassung oder Verkaufsstelle) ist im Jahr 2007 durch das Zweite MittelstandsEntlastungsgesetz (vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) gestrichen worden, weil der Begriff „Betriebsstätte“ als Oberbegriff auch die „gewerbliche Niederlassung“ und „Verkaufsstelle“ umfasst. Damit reduziert das Gesetz den Anknüpfungspunkt auf die „Betriebsstätte“ im Sinne des § 12 AO, einen Begriff, an den auch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung anknüpft (BT-Drs. 16/4391, 64; Jahn, GewArch 2007, 353, 354).
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Nach § 12 Satz 1 AO ist Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Diese Fassung von § 12 AO erweitert die ursprüngliche Betriebsstättendefinition in § 16 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes, weil es nicht mehr auf eine „feste örtliche Anlage“ ankommt (Tipke/Kruse, AO, Stand Oktober 2008 § 12 Tz. 2, 4 f.). Eine Betriebsstätte kann jeder körperliche Gegenstand sein, welcher der Tätigkeit eines Unternehmers dient und einen räumlichen Bezug zu einem bestimmten Punkt der Erdoberfläche hat, beispielsweise auch Marktstände oder Taxistände. Die Verfügungsmacht des Unternehmers muss nur noch ausreichend sein, um sein Gewerbe auszuüben (siehe die Nachweise bei Jahn, GewArch 2005, 169, 180). In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht (GewArch 1999, 73) Automaten als Betriebsstätten beurteilt und dabei ausdrücklich an § 12 AO angeknüpft, der auch für § 2 Abs. 1 IHKG gilt. Deshalb reicht die (vertraglich vereinbarte) Mitbenutzung fremder Büros oder Gewerberäume (OVG Hamburg vom 4. 3. 2005 – 1 Bf 481/03; VG Sachsen GewArch 1996, 334 – Versicherungsvertreter mit Arbeitsraum bei seiner Versicherung) ebenso aus wie die Ausübung eines Gewerbes innerhalb eines anderen Gewerbebetriebes (OVG Münster GewArch 1997, 29 – Automatenaufsteller in fremdem Gewerbebetrieb; VG Gießen vom 24. 9. 2003 – 8 E 2022/01). Selbst bei Betriebsführungsverträgen, bei denen das Personal bei der Muttergesellschaft angestellt ist und ihr auch Räume und Vorräte gehören, sind die Betriebsstätten der juristisch selbständigen Betriebsführungsgesellschaft zuzuord198
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nen und diese deswegen auch kammerzugehörig (BVerwG vom 26. 9. 1996 – 1 B 116/96). Wegen der älteren Rechtsprechung wird auf die 6. Aufl. (§ 2 Rz. 73) verwiesen. Nur ausnahmsweise wird sich eine Betriebsstätte aus § 13 AO ergeben, der den ständigen Vertreter definiert und auch das vertretene Unternehmen steuerpflichtig macht. Praktische Bedeutung hat der Begriff im Wesentlichen nur für das Außensteuerrecht, wobei allerdings die Doppelbesteuerungsabkommen Vorrang haben und in vielfach modifizierter Form den Betriebsstättenbegriff definieren; § 5 des OECD-Musterabkommens lehnt sich beispielsweise noch stark an § 16 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes an.
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Auseinandersetzungen gibt es in der Praxis eigentlich nur, wenn 75 es um Betriebsstätten in einem anderen Unternehmen oder ohne eigenes Personal geht oder wenn im Rahmen des § 13 AO die Voraussetzungen als ständiger Vertreter bestritten werden. Alle diese Fragen werden zwar bei der Gewerbesteuerveranlagung entschieden. Die finanzamtliche Feststellung, dass im Kammerbezirk eine Betriebsstätte besteht, ist jedoch eine Vorfrage und nimmt nicht an der Tatbestandswirkung des Gewerbesteuermessbetrages oder Zerlegungsanteils teil, sondern muss im Streitfall von der Kammer und gegebenenfalls den Verwaltungsgerichten selbständig geprüft werden (BVerwG GewArch 1999, 73; anderer Meinung noch OVG Münster GewArch 1997, 29 und OVG Koblenz GewArch 1994, 415). In der Kammerpraxis können sich daraus kaum Divergenzen ergeben, weil auch die Kammern § 12 AO und die einschlägige Rechtsprechung der Finanzgerichte zum Betriebsstättenbegriff anwenden und zum gleichen Ergebnis kommen werden. a) Gewerbliche Niederlassung Der Begriff der gewerblichen Niederlassung ist dem Gewerberecht entnommen, wird in den §§ 42 und 55 GewO verwandt und in § 42 Abs. 2 GewO definiert. Eine gewerbliche Niederlassung ist danach nur vorhanden, wenn der Gewerbetreibende einen zum dauernden Gebrauch eingerichteten ständigen oder in regelmäßiger Wiederkehr von ihm benutzten Raum für den Betrieb eines Gewerbes besitzt. Bei der gewerberechtlichen Anzeigepflicht spricht § 14 GewO von Zweigniederlassungen und unselbständigen Zweigstellen. Auch sie sind gewerbliche Niederlassungen im Jahn
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Sinne des Gewerbe- wie des Kammerrechts und Betriebsstätten im Sinne des Steuerrechts. 77
Nicht zu verwechseln ist damit der Begriff der Zweigniederlassung, der im Handels- und Gesellschaftsrecht gebraucht und in § 13 HGB näher erläutert wird. Die Zweigniederlassung steht im Gegensatz zur Hauptniederlassung und muss so organisiert sein, dass sie im Falle der Veräußerung als selbständiges Gewerbe weitergeführt werden könnte. Haupt- und Zweigniederlassungen sind deshalb stets gewerbliche Niederlassungen im Sinne des Gewerberechts und unterliegen der Anzeigepflicht nach § 14 GewO.
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Auch beim Reisegewerbe bedarf es für die Kammerzugehörigkeit der räumlichen Anknüpfung an einen bestimmten Kammerbezirk. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Reisegewerbe nach § 55 GewO auch von einer gewerblichen Niederlassung aus betrieben werden kann. Einer besonderen Prüfung bedürfen deshalb nur die relativ wenigen Fälle, in denen das Reisegewerbe ohne jede gewerbliche Niederlassung ausgeübt wird. Soweit nämlich Reisegewerbetreibende im Handelsregister eingetragen sind, ist damit das Vorhandensein einer gewerblichen Niederlassung gemäß § 29 HGB bereits beim Registergericht festgestellt und auch für die Kammerzugehörigkeit maßgebend. Werden sowohl Reisegewerbe als auch stehendes Gewerbe nebeneinander betrieben, so wird das Gesamtunternehmen nach § 35a Abs. 2 Satz 2 GewStG als stehendes Gewerbe zur Gewerbesteuer veranlagt und ist entsprechend kammerzugehörig. Nur wenn dies alles nicht der Fall ist, bleibt festzustellen, ob der für die Gewerbesteuer maßgebende „Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit“ (§ 35a Abs. 3 GewStG und Abschn. 12 und 82 GewStR) auch alle Voraussetzungen einer gewerblichen Niederlassung erfüllt. Dies kann auch die Wohnung eines Handels- oder Versicherungsvertreters sein, wenn dort tatsächlich ein Teil der Geschäftstätigkeit abgewickelt wird, beispielsweise die Führung von Büchern oder Aufzeichnungen, die schriftliche Korrespondenz, die telefonischen Vereinbarungen über Besuchstermine (VG Leipzig vom 15. 11. 1999 – 6 K 812/98; wegen der älteren Rechtsprechung siehe Vorauflage § 2 Rz. 78). Bei Schaustellern kann die gewerbliche Niederlassung das Standquartier sein, von wo aus die Reisen vorbereitet werden, wo Reparaturen erfolgen und außerhalb der Saison die Betriebseinrichtungen gelagert werden. Es bleiben deshalb in der Praxis nur wenige Fälle übrig, in denen ein kleingewerblicher Reisegewerbetreiben200
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der tatsächlich keine gewerbliche Niederlassung hat und deshalb auch nicht kammerzugehörig ist (VGH Kassel vom 21. 10. 1964 – OS V 91/63; kritisch dazu Frentzel/Jäkel, DVBI. 1964, 973). Konsequenter ist es, auch in diesen Fällen das Gewerbesteuerrecht zu übernehmen und für das Reisegewerbe anstelle des Betriebsstättenbegriffs den Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit als Anknüpfungspunkt für die Kammerzugehörigkeit zu nehmen. b) Verkaufsstelle Der Begriff der Verkaufsstelle ist auf Handelsbetriebe zugeschnitten und erfasst insbesondere die Ladengeschäfte der Filialunternehmen. Sie haben nicht die Selbständigkeit von Zweigniederlassungen, sind aber als unselbständige Zweigstellen nach § 14 GewO anzeigepflichtig; § 15a GewO spricht wiederum von offenen Verkaufsstellen. Sie sind Betriebsstätten nach § 12 Satz 2 Nr. 6 AO und begründen die Kammerzugehörigkeit, auch wenn die Hauptniederlassung in einem anderen Kammerbezirk liegt. Im Fall eines handwerklichen Mischbetriebes (§ 3 Abs. 4 Satz 1) ist für die Feststellung der „Betriebsstätte“ auf das gesamte Unternehmen abzustellen; deshalb begründet auch eine auswärtige (nichthandwerkliche) Verkaufsstelle, für die keine Handwerksrolleneintragung besteht, die Kammerzugehörigkeit (Jahn, GewArch 1995, 457, 463; VG Bremen vom 8. 6. 2006 – 2 K 1429/05).
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c) Betriebsstätte Der steuerliche Betriebsstättenbegriff umfasst nicht nur gewerb- 80 liche Niederlassungen und Verkaufsstellen, sondern nach § 12 AO jede feste Geschäftseinrichtung oder auch nur Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Eine Betriebsstätte i.S.v. § 12 Satz 1 AO erfordert hierbei, dass der Unternehmer eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über die von ihm genutzte Geschäftseinrichtung oder Anlage hat (BFH DStR 2008, 1828). Wichtige Beispiele werden in § 12 Satz 2 AO im Einzelnen aufgeführt und in Rechtsprechung und Schrifttum näher erläutert. Danach bedarf es für die Betriebsstätte keines besonderen Raumes und gewerblicher Vorrichtungen. Es genügt, dass der Unternehmer über einen bestimmten Raum oder über eine bestimmte Fläche die Verfügungsgewalt hat, die für die Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit ausreicht (Abschn. 22 GewStR). Als Betriebsstätte eines Jahn
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Kammerzugehörigkeit
Unternehmens gilt darüber hinaus der Ort, an dem ein ständiger Vertreter i.S.v. § 13 AO nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. 81
Für die Kammerzugehörigkeit kommt es im Übrigen nicht darauf an, ob bei mehreren Betriebsstätten eine Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags erfolgt und auf die betreffende Betriebsstätte ein Zerlegungsanteil entfällt oder ob gemäß § 34 GewStG bei Kleinbeträgen von der Zerlegung abgesehen wird (siehe die älteren Rechtsprechungsnachweise in der Vorauflage § 2 Rz. 81). Ebenso wenig spielt es eine Rolle, ob wegen § 25 GewStDV überhaupt kein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt wird, sondern nur im Einkommen- oder Körperschaftssteuerbescheid ein Gewinn aus Gewerbebetrieb ausgewiesen wird.
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In allen diesen Fällen müssen die Kammern selbständig prüfen, ob eine Betriebsstätte besteht (BVerwG GewArch 1999, 73; VG Aachen GewArch 2004, 305). Die Verwaltungsgerichte prüfen dies im Streitfall ebenfalls nach, ohne an etwaige steuerliche Feststellungen gebunden zu sein. Wenn allerdings das Finanzamt einen Gewerbesteuermessbetrag oder einen Zerlegungsanteil festsetzt und damit die Vorfrage einer Betriebsstätte bejaht hat, kann sich die Kammer im Regelfall daran orientieren. Bei einer Zurückverlegung des Bemessungszeitraumes kann es allerdings vorkommen, dass zwischenzeitlich die auswärtige Betriebsstätte eines Unternehmens aufgegeben worden ist und deshalb keine Kammerzugehörigkeit mehr besteht (so VGH Mannheim vom 20. 4. 1990 – 14 S 586/89). Gleiches gilt, wenn eine ursprünglich im IHK-Bezirk ansässige KG faktisch ihren Sitz verlegt, ohne die Sitzverlegung dem Handelsregister anzuzeigen oder den Gesellschaftsvertrag entsprechend zu ändern (VG Aachen GewArch 2004, 305).
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Auch hier sollen die Konsequenzen des steuerlichen Betriebsstättenbegriffs anhand einiger Beispiele verdeutlicht werden:
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– Betriebsstätten sind nach § 12 Satz 2 AO die Stätte der Geschäftsleitung, Zweigniederlassungen, Geschäftsstellen, Fabrikations- oder Werkstätten, Warenlager, Einkaufs- oder Verkaufsstellen, welche dem Unternehmer oder seinem ständigen Vertreter zur Ausübung des Gewerbes dienen (§ 12 Nr. 1–6 AO). 202
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§2
Betriebsstätte im Kammerbezirk
– Genauso sind Bergwerke, Steinbrüche oder andere örtlich fortschreitende oder schwimmende Stätten der Gewinnung von Bodenschätzen Betriebsstätten (§ 12 Nr. 7 AO).
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– Schließlich sind auch Bau- und Montagestellen Betriebsstätten nach § 12 Nr. 8 AO, wenn die Dauer der einzelnen Bauausführung oder Montage oder der ohne Unterbrechung aufeinander folgenden Arbeiten die Dauer von 6 Monaten übersteigt. Infolgedessen begründen auch länger dauernde Bauarbeiten und Montagen die Betriebsstätteneigenschaft und die Kammerzugehörigkeit.
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– Betriebsstätte für Binnen- und Küstenschiffer ist nach § 6 GewStDV der Ort, der als Heimathafen im Schiffsregister eingetragen ist (vgl. auch Abschn. 22 Abs. 2 GewStR 1998). Die Zugehörigkeit der Binnenschiffer zu Schifferbetriebsverbänden ändert an der Kammerzugehörigkeit nichts. Die Schifferbetriebsverbände sind lediglich öffentlich-rechtliche Marktverbände (vgl. Huber, 275); die zusätzlich von ihnen übernommenen berufsständischen Aufgaben überschneiden sich nicht mit den Kammeraufgaben. Eine echte Doppelzugehörigkeit zu zwei öffentlich-rechtlichen Körperschaften liegt also nicht vor.
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– Die Aufstellung von Automaten begründet ebenfalls eine Betriebsstätte, mag es sich um Verkaufsautomaten, Photoautomaten oder auch Spiel-, Musik- oder Unterhaltungsautomaten handeln (BVerwG GewArch 1999, 73; OVG Münster GewArch 1997, 296).
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– Auslieferungslager sind ebenfalls Betriebsstätten, wenn das ausliefernde Unternehmen darüber eine nicht nur vorübergehende und zur Ausübung seines Gewerbes ausreichende Verfügungsgewalt hat und dort eine gewerbliche Tätigkeit des Unternehmens selbst stattfindet. Gleichzeitig kann in diesen Betriebsstätten aber auch ein Handelsvertreter ein selbständiges eigenes Gewerbe betreiben, wenn ihm die Räume vom ausliefernden Unternehmen zur Verfügung gestellt werden und er dort auch eine eigene gewerbliche Tätigkeit entfaltet. Der Tankstellenpächter ist deshalb als Gewerbetreibender, und zwar als Handelsvertreter, anzusehen. Er ist kammerzugehörig, unabhängig davon, ob die gepachtete Tankstelle gleichzeitig
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Kammerzugehörigkeit
auch eine Betriebsstätte der Mineralölgesellschaft ist (zur früheren Rechtsprechung s. 6. Aufl., § 2 Rz. 89). 90
– Die gleichen Grundsätze gelten für Versicherungsgesellschaften, deren Agenturen und Versicherungsvertreter. Es kommt im Einzelfall darauf an, ob die Agentur wegen ihrer weitgehenden Weisungsbindung eine Betriebsstätte der Versicherungsgesellschaft ist oder ob der Versicherungsvertreter ein eigenes Gewerbe betreibt (Abschn. 22 Abs. 6 GewStR). Beide Voraussetzungen können aber auch gleichzeitig vorliegen, wenn beispielsweise eine Versicherungsgesellschaft in den Räumen einer anderen Versicherungsgesellschaft und ohne eigenes Personal im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft ihre Geschäfte abwickelt (vgl. § 13 AO; Abschn. 22 Abs. 6 GewStR). Das Schadensbüro einer Versicherungsgesellschaft ist ebenfalls eine Betriebsstätte, welche die Kammerzugehörigkeit begründet (VG Saarland GewArch 1996, 337).
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– Mehrgemeindliche Betriebsstätten (§ 30 GewStG und Abschn. 78 GewStR) begründen die Zugehörigkeit zu zwei oder mehreren IHKs, wenn die beteiligten Gemeinden in verschiedenen Kammerbezirken liegen. Für die Beitragsveranlagung der IHKs gilt dann ebenfalls die gewerbesteuerliche Zerlegung. Dies kommt insbesondere bei großen, die Gemeindegrenzen übergreifenden Industriekomplexen vor.
7. Ausnahmen für freie Berufe 92
§ 2 Abs. 2 nimmt von der Kammerzugehörigkeit natürliche Personen und Gesellschaften aus, die ausschließlich einen freien Beruf ausüben und nicht in das Handelsregister eingetragen sind. Diese Bestimmung erklärt sich aus der früher im Einkommensteuerrecht und damit auch im Gewerbesteuerrecht geltenden Auffassung des freien Berufs, die mit der Neufassung von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG durch das Steueränderungsgesetz 1960 vom 30. 7. 1960 (BGBl. I, 616) erweitert worden ist. Heute entfällt die Gewerbesteuerpflicht bereits, soweit eine freiberufliche Tätigkeit aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich ausgeübt wird. Solange die persönliche Leitung noch möglich ist, schadet auch die Beschäftigung fachlich vorgebildeter Mitarbeiter nicht mehr (Abschn. 136 EStR). Freie Berufe sind damit grundsätz204
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Ausnahmen für freie Berufe
lich nicht kammerzugehörig, schon weil bei ihnen die Gewerbesteuerpflicht als erste Voraussetzung der Kammerzugehörigkeit fehlt. „Freie Berufe“ sind im Gegensatz zum Gewerbe dadurch gekennzeichnet, dass es sich um persönliche Dienste höherer Art handelt, deren Ausübung von der allgemeinen höheren Bildung des Tätigen und einer gewissen ideellen Motivation gekennzeichnet ist, die das bloße Gewinnstreben überlagert (s. auch Hahn, GewArch 2006, 129). Der EuGH (DB 2001, 2280) definiert freie Berufe als „Tätigkeiten, die ausgesprochen intellektuellen Charakter haben, eine hohe Qualifikation verlangen und gewöhnlich einer genauen und strengen berufsständischen Regelung unterliegen. Bei der Ausübung einer solchen Tätigkeit hat das persönliche Element besondere Bedeutung und diese Ausübung setzt auf jeden Fall eine große Selbständigkeit bei der Vornahme der beruflichen Handlungen voraus.“ Da die Feststellung des Finanzamtes zur objektiven Gewerbesteuerpflicht für die IHK bindend ist, hat sich in den letzten Jahren eine umfassende Einzelfallrechtsprechung zur steuerlichen Abgrenzung freier Berufe von gewerblichen Tätigkeiten herausgebildet (siehe dazu im Einzelnen Jahn, GewArch 2005, 169 (178); Jahn, DB 2007, 2613).
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Die Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 2 kann deshalb nur noch eingreifen, wenn trotz der Ausübung eines freien Berufs insgesamt doch eine Gewerbesteuerpflicht entsteht und gleichzeitig die Eintragung im Handelsregister erfolgt ist. Dabei wird es sich in der Regel um Personenhandelsgesellschaften oder Kapitalgesellschaften freier Berufe handeln, denen die handelsrechtlichen Rechtsformen kraft Berufsrecht offen stehen.
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Folgende Fälle sind zu unterscheiden: a) Natürliche Personen Bei natürlichen Personen kommt es darauf an, ob das Steuerrecht ihre Berufsart als freiberuflich anerkennt und auch die persönliche Leitung und Eigenverantwortung noch gewahrt sind; die steuerliche Entscheidung gilt auch für die IHK. Wird eine freiberufliche Tätigkeit anerkannt, entfällt die Gewerbesteuerpflicht. Eine Kammerzugehörigkeit kommt schon nach Abs. 1 nicht in Betracht, ohne dass es der Ausnahme in Abs. 2 bedürfte. Wird dagegen bei Jahn
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Kammerzugehörigkeit
einer natürlichen Person eine selbständige Tätigkeit steuerlich als Gewerbe behandelt und sie zur Gewerbesteuer herangezogen, liegt schon die Voraussetzung eines freien Berufs nach Abs. 2 nicht mehr vor; auf die Handelsregistereintragung kommt es gar nicht mehr an (VG Arnsberg GewArch 1996, 415). Für natürliche Personen ist deshalb die Ausnahmebestimmung in Abs. 2 gegenstandslos geworden (siehe die Nachweise in der Vorauflage § 2 Rz. 94). 95
Nach diesen Grundsätzen regelt sich beispielsweise auch die Frage, ob Krankenanstalten und Sanatorien, Unterrichtsanstalten, Architekten- und Ingenieurbüros als freiberuflich oder gewerblich zu bezeichnen sind (dazu Jahn, DB 2007, 2613; s. auch BFH NJW 2005, 1006; OVG Koblenz vom 17. 7. 2007, 6 A 11414/06; OVG Lüneburg GewArch 2008, 34: Ein Berufsbetreuer i.S.d. § 1897 BGB ist nicht freiberuflich tätig, sondern übt ein Gewerbe aus). Von der jeweiligen steuerlichen Entscheidung hängt auch die Kammerzugehörigkeit ab; in vielen dieser Fälle ist ohnehin eine Befreiung von der Gewerbesteuer vorgesehen (vgl. § 3 Nr. 13, 20 GewStG; Abschn. 19 und 31 GewStR). Auf die finanzamtliche Feststellung kommt es auch an, ob bei einer gemischten freiberuflich-gewerblichen Tätigkeit auch ein einheitlicher Gewerbebetrieb angenommen wird (vgl. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG und dazu Söffing, NJW 1998, 511; BFHE 128, 67 – Tierarzt und Arzneiverkauf, aber auch BFH NJW 1998, 3447 – Ärzte als Gewerbetreibende) oder ob es sich um eine davon getrennte Gewerbeausübung handelt (BFHE 123, 199 – Arzt und Arzneimittelverkauf getrennt). b) Sozietäten, Partnerschaften, EWIV
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Die Ausübung eines freien Berufs in einer nichthandelsrechtlichen Gesellschaftsform (z.B. Sozietäten als bürgerlich-rechtliche Gesellschaften) begründet ebenfalls nicht die Gewerbesteuerpflicht, so dass es für die Kammerzugehörigkeit bereits an der Voraussetzung des § 2 Abs. 1 fehlt. Beteiligt sich aber eine sog. Freiberufler-Kapitalgesellschaft mitunternehmerisch an einer Freiberufler-Personengesellschaft, so erzielt die Personengesellschaft insgesamt gewerbliche Einkünfte (BFH DB 2008, 1468); Folge ist dann auch die Kammerzugehörigkeit bei der IHK. Ebenso wenig sind Partnerschaften (Gesetz vom 25. 7. 1994 – BGBl. I, 206
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Ausnahmen für freie Berufe
1744) gewerbesteuerpflichtig, da sie kraft gesetzlicher Definition nur der gemeinsamen Berufsausübung von Freiberuflern dienen; sie sind keine Handelsgesellschaften und nicht im Handelsregister eingetragen. Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) ist nicht selbst gewerbesteuerpflichtig, sondern ihre Mitglieder werden wegen ihres anteiligen Gewerbeertrages zur Gewerbesteuer veranlagt (§ 5 Abs. 1 Satz 4 GewStG; Abschn. 36 GewStR); damit entfällt auch eine Kammerzugehörigkeit. Die Gesellschafter der EWIV wiederum sind nur kammerzugehörig, wenn sie gewerbesteuerpflichtig sind.
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c) Handelsgesellschaften Wenn dagegen ein freier Beruf in Form einer Handelsgesellschaft (Personenhandelsgesellschaft oder Kapitalgesellschaft) ausgeübt wird, ist er kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig im Handelsregister eingetragen und damit kammerzugehörig (siehe die Rechtsprechungsnachweise bei Jahn, GewArch 2004, 410; Jahn, GewArch 2005, 169, 178). Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und vereidigten Buchprüfern steht für eine gemeinsame Berufsausübung – neben Sozietät und Partnerschaft – auch die Rechtsform der OHG und KG offen (§ 27 Abs. 2 WPO; § 49 Abs. 2 StBeratG). Vor allem aber können Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und GmbHs als Berufsgesellschaften gründen. Für Rechtsanwälte lässt die BRAO nunmehr die Rechtsanwalts-GmbH zu (§§ 59c–59m BRAO). Auch bei den sonstigen freien Berufen entscheidet das jeweilige Berufsrecht, ob und unter welchen Voraussetzungen die gemeinsame Berufsausübung auch in der Rechtsform einer Handelsgesellschaft zulässig ist (z.B. für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige nach § 36 GewO die Sachverständigenordnungen der Kammern, zur Architekten-GmbH VGH Mannheim DVBl. 1999, 50).
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Mit der Gewerbesteuerpflicht und Handelsregistereintragung solcher Berufsgesellschaften ist die Kammerzugehörigkeit nach § 2 Abs. 2 gegeben. Es kommt nicht mehr darauf an, ob sie nach dem im Handelsregister eingetragenen Unternehmensgegenstand die berufsrechtlich zulässigen gewerblichen Tätigkeiten ausüben können (BVerwG GewArch 2005, 24; anders aber noch BVerwGE
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Kammerzugehörigkeit
55, 1; OVG Lüneburg GewArch 1997, 153). Auch eine rein freiberufliche Tätigkeit solcher Berufsgesellschaften führt zur IHK-Zugehörigkeit (VG Leipzig GewArch 2007, 163; ferner die Nachweise in der Vorauflage § 2 Rz. 99). Daraus folgt: Wer die Rechtsform frei wählen kann, muss auch den damit verbundenen Nachteil der beitragspflichtigen Kammerzugehörigkeit hinnehmen (BVerwG GewArch 2005, 211). Die beitragsrechtlichen Konsequenzen aus einer solchen Doppelmitgliedschaft zieht § 3 Abs. 4 Satz 3, wonach Grundbeitrag und Umlage nur von 1/10 der Bemessungsgrundlage erhoben werden. Mit dieser Pauschalierung erübrigt sich die Prüfung, ob und zu welchen Umsatzanteilen auch berufsrechtlich zulässige Gewerbetätigkeiten ausgeübt werden. Aber auch der Nachweis einer Anwalts-GmbH, kraft Gesetzes nur freiberuflich tätig sein zu können, befreit nicht von der Kammerzugehörigkeit.
8. Ausnahmen für Land- und Forstwirtschaft 100
§ 2 Abs. 2 nimmt von der Kammerzugehörigkeit weiterhin natürliche Personen und Gesellschaften aus, welche Land- oder Forstwirtschaft oder ein damit verbundenes Nebengewerbe betreiben und nicht im Handelsregister eingetragen sind. Diese Ausnahme erfasst die landwirtschaftlich tätigen Genossenschaften, die Kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig (§ 2 Abs. 2 GewStG), aber nicht in das Handelsregister eingetragen sind. Praktische Bedeutung hat die Ausnahme weiterhin für die Grenzfälle des steuerschädlichen Zukaufs, der landwirtschaftlichen Nebengewerbe und der Handelsregistereintragung von Land- und Forstwirten; die Entwicklung der Landwirtschaft hat allerdings diese Grenzfälle zunehmend vermehrt (vgl. von Ebner, GewArch 1983, 1). a) Steuerschädlicher Zukauf
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Für Betriebe der Land- oder Forstwirtschaft kann eine Gewerbesteuerpflicht nur durch steuerschädlichen Zukauf entstehen, wenn dauernd und nachhaltig fremde Erzeugnisse über den betriebsnotwendigen Umfang hinaus hinzugekauft und ohne Bearbeitung weiterveräußert werden; die Grenze liegt aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei einem Zukauf von mehr als 30 % des Umsatzes (Abschn. 11 Abs. 1 GewStR mit einer Verweisung auf Abschn. 135 EStR, jetzt R 15.5 Abs. 5 EStR 2005). Das 208
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Ausnahmen für Land- und Forstwirtschaft
VG Dessau (GewArch 2006, 215) hat die Frage nach der Höhe des gewerblichen Anteils dahin beantwortet, dass der steuerschädliche Zukauf 50 % des Gesamtumsatzes des Betriebes nicht übersteigen darf, da das Gesetz in § 2 Abs. 2 nicht ausschließliche, sondern „überwiegende“ landwirtschaftliche Betätigung fordert; deshalb sind jedenfalls bei einem gewerblichen Anteil von 60 % die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 2. Alternative nicht mehr gegeben (VG Stade vom 15. 6. 2006 – 6 A 1280/04). Mit dieser Gewerbesteuerpflicht entsteht auch die Kammerzugehörigkeit nach § 2 Abs. 1. § 2 Abs. 2 greift nicht mehr ein, weil nicht mehr ausschließlich Land- oder Forstwirtschaft betrieben werden. Es kommt nicht darauf an, ob solche Unternehmen ein Gewerbebetrieb im handels- oder gewerberechtlichen Sinne sind. Ebenso wenig bedarf es einer Handelsregistereintragung.
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Ein niedrigerer Zukauf als 30 % ist dagegen nicht steuerschädlich und löst auch keine Gewerbesteuerpflicht aus. Eine Kammerzugehörigkeit kommt deshalb nur in Frage, wenn das ausschließlich landwirtschaftlich tätige Unternehmen sich freiwillig nach § 105 HGB als OHG oder KG in das Handelsregister eintragen lässt und damit auch kraft Gesetzes – § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG – gewerbesteuerpflichtig wird. Wenn sich ein ausschließlich land- oder forstwirtschaftlicher Einzelunternehmer dagegen freiwillig nach § 3 Abs. 2 HGB in das Handelsregister eintragen lässt, gilt er zwar als Kaufmann, wird dadurch aber nicht gewerbesteuerpflichtig; damit ist er auch nicht kammerzugehörig.
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Praktische Beispiele für diese Grenzfälle sind insbesondere Gärtnereien, Baumschulen und Winzer. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf R 15.5 Abs. 5 EStR 2005 verwiesen.
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b) Land- und forstwirtschaftliche Nebenbetriebe Land- und forstwirtschaftliche Nebenbetriebe (zum Begriff s. R 15.5 Abs. 3 EStR 2005) werden zur Gewerbesteuer veranlagt, wenn Substanzbetriebe (z.B. Sand- und Kiesgruben, Tongruben, Steinbrüche, Torfstiche) überwiegend ihre Erzeugung an Dritte verkaufen oder wenn Verarbeitungsbetriebe (z.B. Brennereien, Sägewerke, Molkereien, Ziegeleien) mehr als 30 % ihres Umsatzes steuerschädlich zukaufen (R 15.5 Abs. 3, 5 EStR 2005). Sie begründen trotzdem nur die Kammerzugehörigkeit, wenn der Betrieb als Jahn
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Kammerzugehörigkeit
Einzelfirma oder Personenhandelsgesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, weil der Land- und Forstwirt durch die freiwillige Eintragung eines Nebengewerbes im Handelsregister (§ 3 Abs. 3 HGB) seine Absicht einer Gewerbeausübung manifestiert hat. Hier behält die Eintragung im Handelsregister die Bedeutung eines zusätzlichen Abgrenzungsmerkmals; es gilt § 2 Abs. 2. Wenn solche Betriebe dagegen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geführt werden, handelt es sich nicht mehr um landwirtschaftliche Nebenbetriebe, sondern um selbständige gewerbliche Unternehmen; ihre Kammerzugehörigkeit ergibt sich bereits aus § 2 Abs. 1. 106
Der Begriff des landwirtschaftlichen Nebengewerbes ist § 3 Abs. 3 HGB entnommen. Die Verbindung zwischen dem Hauptbetrieb und dem Nebenbetrieb muss landwirtschaftlicher Art sein, bezieht sich also in erster Linie auf die Verarbeitung oder Verwertung der Erzeugnisse des Hauptbetriebs durch den Nebenbetrieb. Es genügt also nicht, dass sich Landwirtschaft und ein daneben betriebenes Gewerbe (z.B. Tongrube, Ziegelei) gegenseitig wirtschaftlich zweckmäßig ergänzen. Für die Annahme eines landwirtschaftlichen Nebengewerbes ist vielmehr die wirtschaftliche Abhängigkeit von dem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb Voraussetzung. Der Nebenbetrieb muss dem Hauptbetrieb dienen und ihm untergeordnet sein. Dies ist wiederum nur der Fall, solange im Nebenbetrieb weit überwiegend eigene landwirtschaftliche Erzeugnisse des Hauptbetriebs verwertet und bearbeitet werden. Andernfalls ist dieser Rahmen überschritten und ein selbständiges Gewerbe begründet. Diese Grundsätze gelten auch für forstwirtschaftliche Nebengewerbe (z.B. Sägewerke). Bei der Erzeugung von Energie, z.B. durch Wind-, Solar- oder Wasserkraft, liegt kein Nebenbetrieb der Land- und Forstwirtschaft vor, sondern ein Gewerbebetrieb, weil keine Be- und Verarbeitung von Rohstoffen und damit auch keine Verwendung der hierbei gewonnenen Erzeugnisse im eigenen Betrieb erfolgt (R 15.5 Abs. 11 EStR 2005).
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Die Kammerzugehörigkeit richtet sich deshalb entweder nach der Eintragung im Handelsregister oder ergibt sich aufgrund einer Prüfung, ob der Rahmen eines landwirtschaftlichen Nebengewerbes überschritten wird. Ist das landwirtschaftliche Nebengewerbe im Handelsregister eingetragen, regelt sich die Beitragspflicht nach § 3 Abs. 4 Satz 3.
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Ausnahmen für Land- und Forstwirtschaft
c) Handelsregistereintragung von Landwirten § 3 Abs. 2 HGB (i.d.F. des Handelsrechtsreformgesetzes vom 22. 6. 1998, BGBl. I, 1474) hat für land- und forstwirtschaftliche Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, sich freiwillig in das Handelsregister eintragen zu lassen. In diesen Fällen ist auch weiterhin eine Kammerzugehörigkeit ausgeschlossen, soweit keine Gewerbesteuerveranlagung erfolgt. Wenn dies jedoch der Fall ist, ist auch die Kammerzugehörigkeit gegeben. Dies gilt für Land- und Forstwirte, die als Einzelkaufleute oder Personenhandelsgesellschaften eingetragen werden, vor allem aber für Kapitalgesellschaften mit landwirtschaftlicher Betätigung. Als Beispiel sind hier die Saatzuchtbetriebe zu nennen, die wegen ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig, und im Handelsregister eingetragen sind; daneben sind sie oft auch Pflichtmitglied bei der Landwirtschaftskammer. Für die Beitragsbemessung gilt dann § 3 Abs. 4 Satz 3.
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Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften sind häufig nach § 3 Nr. 14 GewStG von der Gewerbesteuerpflicht befreit und schon deshalb nicht kammerzugehörig. Werden sie dagegen gewerbesteuerveranlagt – z.B. wegen steuerschädlichen Zukaufs oder weil nicht alle Voraussetzungen der Freistellung erfüllt sind – entfällt ihre Kammerzugehörigkeit nach § 2 Abs. 2, weil Genossenschaften nicht im Handelsregister, sondern im Genossenschaftsregister eingetragen sind. Die Voraussetzungen von § 2 Abs. 2 treffen also zu.
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d) Selbständige Gewerbebetriebe Von den bisher erörterten Fällen des steuerschädlichen Zukaufs, der landwirtschaftlichen Nebengewerbe und der Handelsregistereintragung von land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmen sind, wie sich bereits mehrfach zeigte, die Fälle zu unterscheiden, in denen neben der Land- oder Forstwirtschaft ein selbständiges gewerbliches Unternehmen betrieben wird. Beispielsweise kann die von einem Land- oder Forstwirt betriebene Gastwirtschaft niemals ein Nebenbetrieb sein. Ebenso sind Fuhrleistungen eines Landwirts für Dritte gewerblicher Art und begründen ohne Rückgriff auf Abs. 2 die Kammerzugehörigkeit (zur älteren Rechtsprechung siehe die Nachweise in der 6. Aufl., § 2 Rz. 110). Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass eine Gewerbesteuerpflicht besteht, die einsetzt, wenn mehr als 1/3 des Gesamtumsatzes aus Jahn
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Kammerzugehörigkeit
dieser Tätigkeit kommt (R 15.5 Abs. 6 Sätze 2 und 3 EStR 2005). Schließlich gehören die Fälle dazu, in denen selbstgewonnene land- oder forstwirtschaftliche Erzeugnisse ohne Be- oder Verarbeitung über ein eigenes Handelsgeschäft abgesetzt werden und bei Überschreitung gewisser Grenzen ein selbständiges Gewerbe vorliegt (R 15.5 Abs. 6 EStR 2005). 111
Nach den gleichen Grundsätzen ist die Kammerzugehörigkeit von Landwirten zu behandeln, die ihre Erntemaschinen anderen Landwirten zum Lohndrusch zur Verfügung stellen und, wenn sie mehr als 1/3 ihres Gesamtumsatzes daraus erlösen, ein gewerbesteuerpflichtiges Gewerbe ausüben. Erst recht ist natürlich der selbständige Lohndrescher als Gewerbetreibender kammerzugehörig (VG Schleswig vom 16. 10. 1958 – 2 K 49/58).
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Auch ein Viehkaufmann ist Gewerbetreibender und bereits nach § 2 Abs. 1 kammerzugehörig. Die abweichende Behandlung der Viehverwertungsgenossenschaften in § 2 Abs. 4b verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz (VG Darmstadt vom 22. 4. 1960 – III 605/58).
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Schließlich sind in diesem Zusammenhang auch die gewerbliche Tierzucht und Tierhaltung zu erwähnen, die ohne eigene Futtergrundlage und in gewerblicher Art betrieben werden; diese Betriebe sind kammerzugehörig nach § 2 Abs. 1.
9. Ausnahmen für zulassungspflichtige, zulassungsfreie handwerkliche sowie handwerksähnliche Betriebe 114
Seit der IHKG-Novelle 1992 ist die Abgrenzung der Zugehörigkeit zur Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammer ausdrücklich in § 2 Abs. 3 geregelt, die Beitragspflicht gemischter Betriebe, die neben einem handwerklichen oder handwerksähnlichen Betrieb auch sonstige gewerbliche Tätigkeiten ausüben, in § 3 Abs. 4 Satz 1. Beide Bestimmungen lehnten sich an die frühere Praxis der Kammern und eine ständige Rechtsprechung an, wonach gemischte Betriebe wegen ihrer nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsweise auch der IHK angehören, aber erst bei Überschreiten einer Unerheblichkeitsgrenze zum IHK-Beitrag herangezogen werden (vgl. näher 5. Aufl., Rz. 152, 153 und 158; 6. Aufl., § 2 Rz. 114). 212
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Ausnahmen für zulassungspflichtige, zulassungsfreie Betriebe
Ersatzlos weggefallen ist dagegen die Sonderregelung für so genannte Handwerkerkaufleute (§ 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 3 Satz 2 a.F.), weil eine Beitragsabführung der Handwerkskammern an die Industrie- und Handelskammern nicht in das System des Körperschaftsrechts passte und auch reine Handwerksbetriebe umfasste; die bloße Mitwirkung der IHK bei der Handelsregistereintragung von Handwerksbetrieben nach § 126 FGG rechtfertigte diese Abführung nicht mehr. Durch das Handelsrechtsreformgesetz 1998 ist selbst der Begriff des Handwerkerkaufmanns weggefallen, weil die abschließende Aufzählung der Handelsgewerbe in § 1 Abs. 2 HGB ersatzlos gestrichen wurde und künftig auch jeder Dienstleistungshandwerker ebenso wie jeder andere Gewerbetreibende ins Handelsregister einzutragen ist, wenn sein Unternehmen nach Art und Umfang einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Auch kleingewerbliche Handwerker oder handwerksähnliche Betriebe können sich nach § 2 HGB inzwischen im Handelsregister eintragen lassen und sind dann Kaufleute (früher „Vollkaufleute“ genannt).
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§ 2 Abs. 3 wurde mit weitreichenden Konsequenzen für die Kammerzugehörigkeit mittelbar einerseits durch die Einführung zulassungsfreier Handwerke durch das Dritte Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften (sog. „Große Handwerksnovelle“ vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934), andererseits durch das Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und Förderung von Kleinunternehmen (sog. „Kleine Handwerksnovelle“ vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2933) angepasst (siehe zu den damit verbundenen Kammerrechtsänderungen Jahn, GewArch 2004, 41; Schwannecke/Heck, GewArch 2004, 129; Kormann/Hüpers, GewArch 2004, 353). Durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz (vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) wurde § 2 Abs. 3 unter Berücksichtigung der seit 2004 geltenden neuen Rechtslage nochmals präziser gefasst (siehe Jahn, GewArch 2007, 353, 354). In seiner aktuellen Version regelt § 2 Abs. 3, dass natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in die Handwerksrolle oder im Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke oder der handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen sind oder die nach § 90 Abs. 3 HwO zur Handwerkskammer gehören, mit ihrem nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteil der IHK angehören. Unternehmen, die hiernach der IHK angehören, bleiben wie bisher nur unter den ein-
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schränkenden Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 Satz 1 beitragspflichtig. 117
Bei der Anwendung der neuen Bestimmungen ist auf die Handwerksordnung in der jeweiligen Fassung abzustellen (Handwerksordnung in der Fassung vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934 und vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2933). Die Handwerksordnung regelt, wer in die Handwerksrolle oder das Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke oder in das Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe einzutragen ist. Diese dynamische Verweisung kann bei Änderungen der Anlage A und B zur Handwerksordnung auch zu einem Wechsel der Kammerzugehörigkeit und bei gemischten Betrieben der Beitragspflicht führen, wie die letzte Handwerksnovelle gezeigt hat. Insgesamt ist damit jedoch eine klare Abgrenzung von IHKs und Handwerkskammern gelungen, so dass sich der Verwaltungsaufwand und auch die Möglichkeit zu Streitigkeiten entscheidend reduziert haben. Im Einzelnen sind folgende Fälle zu unterscheiden: a) Handwerkliche, zulassungsfreie handwerkliche und handwerksähnliche Betriebe
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§ 1 Abs. 1 des Gesetzes nimmt mit einem generellen Vorbehalt von den Kammeraufgaben und damit auch von der Kammerzugehörigkeit Gewerbetreibende aus, soweit für sie eine Zuständigkeit der Organisation des Handwerks begründet ist. § 2 Abs. 3 bestätigt diese traditionelle Auslegung, wonach gewerbliche Tätigkeiten, die organisationsrechtlich keine Zugehörigkeit zur Handwerkskammer begründen, auch zur IHK-Zugehörigkeit führen. Damit entfällt die Zugehörigkeit zur IHK, soweit und solange jemand wegen eines Handwerksbetriebs als selbständiger Handwerker in die Handwerksrolle §§ 6 HwO) oder in das Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke (§§ 18 Abs. 2 Satz 1; 19 HwO) oder wegen eines handwerksähnlichen Betriebs in das Verzeichnis der handwerksähnlichen Betriebe (§ 19 HwO) eingetragen ist und ausschließlich entsprechende Tätigkeiten ausübt; er ist dann allein Pflichtmitglied der Handwerkskammer (§ 90 Abs. 2 HwO). Mit der Eintragung wird entschieden, ob ein Gewerbe der in den Anlagen A und B der HwO bezeichneten Art handwerksmäßig (§ 1 Abs. 2 HwO), zulassungsfrei als Handwerk oder in handwerksähnlicher Betriebsform (§ 18 Abs. 2 HwO) betrieben wird. Außer214
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Ausnahmen für zulassungspflichtige, zulassungsfreie Betriebe
dem begründen „einfache handwerkliche Tätigkeiten“ i.S.d. § 90 Abs. 3 HwO die ausschließliche Mitgliedschaft bei der Handwerkskammer. Die IHK ist im Verfahren beizuladen, wenn über den handwerklichen Charakter des Betriebs Streit besteht (§ 16 Abs. 3 Satz 2 HwO; dazu BVerwG GewArch 1993, 334; OVG Koblenz GewArch 1988, 199) und kann gegen die Entscheidung der Handwerkskammer das Verwaltungsgericht selbständig – d.h. unabhängig von dem betroffenen Gewerbetreibenden – anrufen und Rechtsmittel einlegen (§§ 11, 12 und 20 HwO). Sie kann auch selbständig die Löschung in der Handwerksrolle oder im Verzeichnis der handwerksähnlichen Betriebe betreiben, wenn die Voraussetzungen für eine Eintragung nicht mehr vorliegen (§§ 13 Abs. 2, 14 Satz 2, 20 HwO; OVG Lüneburg GewArch 1971, 32). Können sich IHK und Handwerkskammer über die organisationsrechtliche Zuordnung eines Unternehmens nicht verständigen, entscheidet eine von DIHK und DHKT eingerichtete Schlichtungskommission, die von den Trägerorganisationen gemeinsam für die Dauer von jeweils vier Jahren, erstmals ab 1. 7. 2004 gebildet wird (§ 16 Abs. 4 HwO). Diese gilt sinnentsprechend für die organisationsrechtliche Zuordnung sog. einfacher Tätigkeiten i.S.v. § 90 Abs. 3 HwO. Hält der betroffene Gewerbetreibende die Entscheidung der Schlichtungskommission für rechtswidrig, entscheidet die Oberste Landesbehörde. Die Rechtswegregelung des § 12 HwO gilt in diesem Fall entsprechend (siehe Jahn, GewArch 2004, 41). Im Einzelnen ist bei der Abgrenzung wie folgt zu differenzieren: • Minderhandwerk Schon nach der bis Ende 2003 geltenden Rechtslage galt, dass eine gewerbliche Tätigkeit ein Handwerk nur dann war, wenn die jeweils ausgeübte Tätigkeit handwerksfähig war (§ 1 Abs. 2 HwO) und handwerksmäßig betrieben wurde. Fallen also in einem Betrieb lediglich Tätigkeiten an, die ohne Beherrschung in handwerklicher Schulung erworbener besonderer Fähigkeiten und Kenntnisse unproblematisch ausgeführt werden können, dann liegt ein sog. „Minderhandwerk“ vor, das nicht unter die Vorschriften der Handwerksordnung fällt, sondern sich lediglich nach den Vorschriften über die Gewerbeordnung beurteilt (BVerwGE 58, 217, 222; BVerfG GewArch 2000, 240). Unternehmer, die lediglich selbständig „einfache Tätigkeiten“ erbringen, waren deshalb schon bislang Mitglied der IHK, es sei denn, sie übten diese Jahn
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Tätigkeiten im Rahmen ihres vollhandwerklichen Meisterbetriebs aus. Mit der sog. „Kleinen Handwerksnovelle“ (BGBl. 2003 I, 2933) ist gesetzlich klargestellt worden, welche Tätigkeiten nicht zum Kernbereich eines Handwerks gehören, also keine „wesentlichen Tätigkeiten“ im Sinne des § 1 Abs. 2 HwO sind. Hierzu zählen solche Tätigkeiten (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 HwO), – die in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten erlernt werden können, – die zwar eine längere Anlernzeit verlangen, aber für das Gesamtbild des betreffenden Gewerbes der Anlage A nebensächlich sind und deswegen nicht die Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern, auf die die Ausbildung in diesem Gewerbe hauptsächlich ausgerichtet ist, oder – die sich nicht aus einem Gewerbe der Anlage A entwickelt haben. Die Ausübung mehrerer solcher Tätigkeiten ist zulässig, jedoch dürfen die einfachen Tätigkeiten nicht in einer Weise kumuliert werden, dass sie einen wesentlichen Teil eines Handwerks ausmachen (§ 1 Abs. 2 Satz 3 HwO). Wer die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, ist infolgedessen ausschließlich IHK-Mitglied (siehe Jahn, GewArch 2004, 41). • Einfache handwerkliche Tätigkeiten Einfache handwerkliche Tätigkeiten begründen aber nach § 90 Abs. 3 u. 4 HwO seit 2004 die ausschließliche Mitgliedschaft bei der Handwerkskammer. Eine „einfache“ handwerkliche Tätigkeit nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 HwO, also eine innerhalb von zwei bis drei Monaten erlernbare Tätigkeit liegt hiernach vor, wenn – der Gewerbetreibende die Gesellenprüfung in einem zulassungspflichtigen Handwerk erfolgreich abgelegt hat, – die betriebliche Tätigkeit Bestandteil der Erstausbildung in diesem zulassungspflichtigen Handwerk war und – die Tätigkeit den überwiegenden Teil der gewerblichen Tätigkeit ausmacht. Dies gilt entsprechend, wenn ausbildungsvorbereitende Maßnahmen im Sinne des § 25 HwO erfolgreich absolviert worden sind 216
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und einer abgeschlossenen Gesellenausbildung im Wesentlichen entsprechen. Voraussetzung ist aber nach § 90 Abs. 4 HwO in allen Fällen, dass die Tätigkeit in handwerksmäßiger Betriebsform erbracht wird. Erfasst werden nur Gewerbetreibende, die ihre „einfache“ handwerkliche Tätigkeit erstmals nach dem 30. 12. 2003 bei der Gewerbebehörde angezeigt haben. In diesem Fall sind sie bis zu einem Gewerbeertrag/Gewinn aus Gewerbebetrieb von 5200 Euro/Jahr bei der Handwerkskammer beitragsbefreit (§ 113 Abs. 2 Satz 4 HwO). Diese (seit 1. 1. 2004) neue organisationsrechtliche Zuordnungsregelung entspricht einem gemeinsamen Vorschlag von DIHK und ZDH im Gesetzgebungsverfahren. Für die organisationsrechtliche Zuordnung von Kleinunternehmern zur Handwerkskammer ist zu berücksichtigen, ob ein aus der Ausbildung des Unternehmers abzuleitender fachlicher und persönlicher Bezug zu einem Vollhandwerk besteht, aufgrund dessen eine besondere Verbundenheit zum Handwerk angenommen werden kann. Eine solche „Verbundenheit“ soll etwa dann angenommen werden können, wenn ein in einem Vollhandwerk ausgebildeter Geselle als selbständiger Gewerbetreibender Leistungen anbietet, die Teiltätigkeiten seines Ausbildungshandwerks sind, die jedoch nicht dem Erfordernis eines Meisterbriefs unterfallen. Beispiel: Der Bäckergeselle, der in seinem eigenen Backshop vorgefertigte Teigrohlinge zu Brötchen aufbackt und dies dort verkauft. In diesem Fall besteht Handwerkskammerzugehörigkeit. Demgegenüber soll die Verbundenheit bei Unternehmern fehlen, die sich außerhalb der handwerklichen Ausbildung die Fähigkeit zur Erbringung solcher „einfachen Tätigkeiten“ angeeignet haben. Entsprechendes soll gelten, wenn zwar eine Ausbildung im Handwerk erfolgt ist und auch Tätigkeiten des erlernten Fachs ausgeübt werden, der Schwerpunkt des Unternehmens jedoch außerhalb des fachlichen Bezugs liegt. Beispiel: Der Bäckergeselle, der selbständig eine Tankstelle führt und dort auch selbst aus vorgefertigten Teigrohlingen aufgebackene Brötchen verkauft. In diesem Fall bleibt der Unternehmer allein Kammermitglied der IHK. Jahn
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Die automatische Gleichsetzung von Handwerksbegriff und Berufsbild, welche die Verwaltungspraxis beherrschte, ist damit aufgelöst, was sich bereits zuvor in Gerichtsentscheidungen zeigte (kein Handwerk: Bewehrung mit Baustahl – OVG Münster GewArch 1992, 185; Offsetdruck – BVerwG GewArch 1994, 199; Verputzarbeiten – VG Arnsberg GewArch 2007, 426; a.A. aber VGH München GewArch 2007, 125; Beschriftung und Aufstellung industriell gefertigter Grabmale – LG Mainz GewArch 2007, 123; VG Lüneburg GewArch 2008, 42; Reifenmontage – LG Itzehoe GewArch 2008, 40). Vor allem unter dem Gesichtspunkt der Gewerbefreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) werden nicht für ein Handwerk typische Tätigkeiten ausgenommen.
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In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass handwerkliche, zulassungsfreie handwerkliche und handwerksähnliche Gewerbe auch in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft (OHG; KG; GmbH & Co.) oder einer Kapitalgesellschaft (insbes. GmbH) betrieben (§§ 1 Abs. 1, 18 Abs. 1 HwO) und in die Handwerksrolle bzw. das Verzeichnis der handwerksähnlichen Betriebe eingetragen werden. Trotz der Eintragung im Handelsregister gehören die entsprechenden Betriebsgesellschaften allein der HWK an, solange sie ausschließlich ein Handwerk oder handwerksähnliches Gewerbe betreiben und nicht der IHK freiwillig beigetreten waren (vgl. § 13a Abs. 1). Die Komplementär-GmbH eines in der Rechtsform der KG geführten Handwerksbetriebes bleibt allerdings selbständig IHK-zugehörig; sie gehört weder zu den durch § 2 Abs. 3 erfassten, in die Handwerksrolle oder das Verzeichnis der zulassungsfreien handwerklichen bzw. handwerksähnlichen Gewerbe aufzunehmenden Betrieben, noch ist sie ein „Betriebsteil“ der KG im Sinne des § 2 Abs. 3 (VG Saarland GewArch 2001, 296; VG Chemnitz vom 17. 2. 2004 – 8 K 251/04). Das Gleiche gilt für den Sonderfall, dass die öffentliche Hand als Eigenbetrieb einen Handwerksbetrieb unterhält (§ 2 Nr. 1 HwO); auch hier besteht nur die Zugehörigkeit zur Handwerkskammer. Soweit die Pflichtzugehörigkeit zur Handwerkskammer reicht, scheidet eine Pflichtzugehörigkeit zur IHK aus. b) Mischbetriebe
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§ 2 Abs. 3 erfasst nach seinem Wortlaut in erster Linie die gemischten Betriebe, wenn ein handwerklicher, zulassungsfreier 218
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handwerklicher oder handwerksähnlicher Betrieb auch sonstige gewerbliche Tätigkeiten ausübt. Dies führt – bezogen auf das Gesamtunternehmen – zur Doppelmitgliedschaft bei Handwerkskammer wie Industrie- und Handelskammer, mag der Betrieb im Handelsregister einzutragen sein oder nicht. Das Gesetz verwirklicht damit konsequent den Grundsatz, dass alle Gewerbetreibenden, soweit es sich nicht um die Zuständigkeit der Handwerkskammern handelt, der IHK angehören. Lediglich die Beitragspflicht ist wegen der Doppelmitgliedschaft in § 3 Abs. 4 Satz 1 modifiziert worden. c) Handwerkliche Nebenbetriebe Einen Sonderfall bilden die handwerklichen Nebenbetriebe, die nach § 2 Nr. 3 i.V.m. § 3 HwO in die Handwerksrolle eingetragen werden und insoweit die Pflichtzugehörigkeit zur HWK begründen (s. zur älteren Rechtsprechung die Nachweise 6. Aufl., § 2 Rz. 123). In diesem Eintragungsverfahren wird auch entschieden, ob überhaupt ein handwerklicher Nebenbetrieb (§ 3 Abs. 1 HwO) vorliegt, ob es sich um einen unerheblichen Nebenbetrieb (§ 3 Abs. 2 HwO) oder um einen handwerklichen Hilfsbetrieb (§ 3 Abs. 3 HwO) handelt. Diese Entscheidung ist für die IHK verbindlich und kann von ihr nur in dem spezifisch handwerksrechtlichen Verfahren angefochten werden. Für die einzelnen Handwerke existiert hier eine umfangreiche Rechtsprechung, inwieweit wesentliche handwerkliche Teiltätigkeiten in einem Nebenbetrieb durchgeführt werden; im Einzelnen ist vieles umstritten, ohne dass dies hier dargestellt werden kann. Im Kern handelt es sich stets um die Frage, inwieweit Kundendienst, Montage und Servicefunktionen wegen der Eigenart ihrer Tätigkeit einen handwerklichen Nebenbetrieb oder gar Hilfsbetrieb darstellen (siehe seit 2004 § 3 Abs. 3 HwO) oder ob es sich nur um unwesentliche Teiltätigkeiten eines Handwerks handelt (siehe zu den unwesentlichen Teiltätigkeiten eines Handwerks VG Arnsberg GewArch 2007, 426; LG Mainz GewArch 2007, 123; ferner die älteren Rechtsprechungsnachweise s. 6. Aufl., § 2 Rz. 123).
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Die Einordnung als handwerklicher Hilfsbetrieb (§ 3 Abs. 3 HwO) liegt zwar in vielen Fällen nahe (VG Augsburg vom 24. 7. 1991 – 4 K 89 A 1548 – Hilfsbetrieb im Konzern), scheitert aber oft an der sehr engen Definition des Hilfsbetriebes. Leistungen an Dritte
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sind bei einem Hilfsbetrieb seit der HwO-Novelle ab 2004 in einem Umfang freigestellt, wie er den heutigen Vertriebspraktiken entspricht. Kundendienst, Montage und Service fallen in der Regel unter diesen Begriff des Hilfsbetriebes. 125
Daneben geht es darum, ob der Schwerpunkt beim Handwerksbetrieb liegt oder ob bei einer hauptsächlich nichthandwerklichen Tätigkeit nur ein handwerklicher Nebenbetrieb vorliegt; entscheidend war früher das Umsatzverhältnis (BVerwG DÖV 1983, 598). Seit der HwO-Novelle ist seit 2004 für die Unerheblichkeitsgrenze beim Nebenbetrieb nur noch die Zeitkomponente (Arbeitszeit eines in Vollzeit arbeitenden Einmannbetriebes) maßgeblich, die Umsatzkomponente ist entfallen (§ 3 Abs. 2 HwO). Schließlich gibt es auch eine Überschneidung von handwerklichen und gewerblichen Berufsbildern, die nach § 1 Abs. 2 HwO dazu führt, dass die gemeinsamen Tätigkeiten nicht mehr zum Kern- und Vorbehaltsbereich eines Handwerks gehören.
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In allen Fällen eines handwerklichen Nebenbetriebs ist schon begrifflich stets ein Hauptbetrieb vorausgesetzt, dessen Pflichtzugehörigkeit zur IHK sich nach § 2 Abs. 1 richtet. Der Wortlaut von § 2 Abs. 3 ist so weit gefasst, dass darunter auch IHK-zugehörige Unternehmen fallen, die einen handwerklichen Nebenbetrieb unterhalten und deswegen in die Handwerksrolle eingetragen sind; sie gehören insoweit auch der Handwerkskammer an.
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Den Begriff des handwerksähnlichen Nebenbetriebs gibt es nicht, da § 20 HwO bewusst von einer Verweisung auf die §§ 2, 3 HwO absieht (OVG Koblenz GewArch 1992, 146). Soweit ein kammerzugehöriges Unternehmen auch handwerksähnliche Nebentätigkeiten ausübt, bleibt es für den Gesamtbetrieb bei der alleinigen Pflichtzugehörigkeit zur IHK, soweit nicht § 90 Abs. 3 HwO eingreift. d) Auswärtige Betriebsstätten
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Diese Grundsätze gelten auch, wenn handwerkliche Betriebe, zulassungsfreie handwerkliche, handwerksähnliche Betriebe und Mischbetriebe Betriebsstätten in einem anderen Kammerbezirk unterhalten (vgl. zur Handwerksrolleneintragung von Zweigniederlassungen Schlarmann, DVBl. 1999, 375). Handwerkliche Zweigbetriebe in einem anderen Handwerkskammerbezirk wer220
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den dort in die Handwerksrolle eingetragen (VG Ansbach GewArch 1990, 99; Honig, GewArch 1988, 49; ferner die älteren Nachweise 6. Aufl., § 2 Rz. 128). Filialen in demselben Handwerkskammerbezirk werden dagegen nicht erneut eingetragen, da die Handwerksrolleneintragung personenbezogen ist (OVG Koblenz GewArch 1987, 306). Damit scheiden bei Handwerksrolleneintragung auch bloße Verkaufsstellen sowie Geräte- und Vorratslager für die Pflichtzugehörigkeit zur IHK aus, mögen sie im gleichen Handwerkskammerbezirk oder in einem anderen liegen; sie gehören zur Handwerkskammer (BVerwG GewArch 1974, 474; OVG Koblenz GewArch 1983, 194; Dorn, GewArch 1972, 205; Honig, GewArch 1988, 49). Wenn ein Mischbetrieb eine Betriebsstätte in einem anderen Kammerbezirk unterhält, kommt es für die dortige Kammerzugehörigkeit darauf an, ob in dieser Betriebsstätte auch nichthandwerkliche Tätigkeiten entfaltet werden; nur dann besteht die Pflichtzugehörigkeit zur IHK. Im Fall eines handwerklichen Mischbetriebes begründet deshalb auch eine auswärtige (nichthandwerkliche) Verkaufsstelle, für die keine Handwerksrolleneintragung besteht, die IHK-Zugehörigkeit gemäß § 2 Abs. 3 (VG Bremen vom 8. 6. 2006 – 2 K 1429/05; VG Würzburg GewArch 1995, 296 (dort Kammerzugehörigkeit nach § 2 Abs. 3 bejaht, jedoch Beitragspflicht nach § 3 Abs. 4 verneint); Jahn, GewArch 1995, 457, 463). Auf diesen Grundsätzen baut auch die Beitragsveranlagung auf.
10. Ausnahmen für landwirtschaftliche Genossenschaften § 2 Abs. 4 nimmt bestimmte landwirtschaftliche Genossenschaften von der Kammerzugehörigkeit aus. In der Regel sind solche Genossenschaften allerdings schon wegen Abs. 1 nicht kammerzugehörig, weil sie nach § 3 Nr. 8 GewStG nicht der Gewerbesteuer unterliegen (Abschn. 27 GewStR 1998); diese Vorschrift stimmt wörtlich mit § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG überein, so dass auch die Körperschaftsteuerrichtlinien anzuwenden sind (R 20-24 KStR 2004). Daneben gibt es eine eng definierte Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Genossenschaften nach § 3 Nr. 14 (Abschn. 30 GewStR 1998; zur inzwischen ausgelaufenen Sonderregelung für die früheren LPG im Beitrittsgebiet siehe Abschn. 34a GewStR 1991). Das Gesetz fasst im Hinblick auf die Entwicklung des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens diese Ausnahme jedoch weiter und nimmt wegen der Nichtmitgliedergeschäfte Jahn
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auch gewerbesteuerpflichtige Genossenschaften aus, solange sie insgesamt der Landwirtschaft näher stehen als der gewerblichen Wirtschaft (vgl. zur Entstehungsgeschichte 2. Aufl., 137, 138). Deshalb war das Gesetz gezwungen, den Oberbegriff der landwirtschaftlichen Genossenschaften selbst zu definieren und abzugrenzen; Voraussetzung bleibt in jedem Fall die Rechtsform der Genossenschaft (Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in der Fassung vom 19. 8. 1994 – BGBl. I, 2202 mit Folgeänderungen). a) Ländliche Kreditgenossenschaften 130
In Abs. 4a werden zunächst die ländlichen Kreditgenossenschaften erwähnt, praktisch die Raiffeisenkassen. Diese Ausnahme hat auch rechtliche Bedeutung, weil Kreditgenossenschaften stets gewerbesteuerpflichtig sind und nach Wegfall früherer Steuervergünstigungen auch in vollem Umfange zur Gewerbesteuer herangezogen werden.
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Der Begriff der Kreditgenossenschaften setzt zunächst voraus, dass Bankgeschäfte im Sinne des Kreditwesensgesetzes betrieben werden und bankfremde Geschäfte – z.B. als Warengeschäft – von untergeordneter Bedeutung bleiben. Das Nichtmitgliedergeschäft – nach Streichung von § 8 Abs. 2 GenG zulässig – ist kammerrechtlich unerheblich. Die Beschränkung auf den landwirtschaftlichen Charakter liegt vielmehr darin, dass die Mitglieder der Genossenschaft „überwiegend“ Landwirte sein müssen; die Landwirte müssen also mehr als 50 % der Mitglieder stellen, ungeachtet der Zahl der Geschäftsanteile und der Höhe ihrer Geschäftsguthaben. Als Landwirt sind dabei nicht nur die Inhaber landwirtschaftlicher Vollerwerbsbetriebe anzusehen, sondern auch Landwirte im Nebenerwerb (VGH Mannheim GewArch 1993, 494). In der Praxis wird dieser Prozentsatz durch Auskunft der Genossenschaften und Einsicht in das Genossenschaftsregister geklärt und bedarf einer Überprüfung in regelmäßigen Abständen, insbesondere wenn sich durch den Zusammenschluss von Volks- und Raiffeisenbanken die Zusammensetzung der Genossenschaft ändert.
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Der Zusatz „ländlich“ ist als Pleonasmus anzusehen und wurde wohl deshalb gebraucht, um nicht mehrfach das Wort „landwirtschaftlich“ zu benutzen. Für die Auslegung hat dieser Zusatz kei222
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Ausnahmen für landwirtschaftliche Genossenschaften
ne Bedeutung, sondern weist allenfalls darauf hin, dass landwirtschaftliche Kreditgenossenschaften fast ausschließlich ihren Sitz in Landgemeinden und Kleinstädten haben. Der Wortlaut von Abs. 4a ergibt im Übrigen eindeutig, dass Zentralkassen (vgl. zum Begriff den früheren Abschn. 73 KStR 1977) von der Kammerzugehörigkeit nicht ausgenommen sind. Ihre Mitglieder sind nicht Landwirte, sondern andere Genossenschaften. Zentralkassen fallen auch nicht unter die Ausnahme in Abs. 4c.
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b) Landwirtschaftliche Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften Die Ausnahme in Abs. 4b geht bei den landwirtschaftlichen Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften über die steuerlichen Abgrenzungen in § 3 Abs. 8 GewStG und § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG insofern hinaus, als ihre Tätigkeit nur „überwiegend“ der gemeinsamen Nutzung landwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen, der Versorgung der Landwirtschaft ihrer Mitglieder mit Betriebsmitteln oder dem Absatz oder der Lagerung wirtschaftlicher Erzeugnisse ihrer Mitglieder zu dienen braucht. Es schadet also kammerrechtlich nicht, wenn das Nichtmitgliedergeschäft oder ein sonstiger Zweck (Hilfs- und Nebengeschäfte im steuerlichen Sinne) verfolgt wird, solange die Umsätze aus diesen Betätigungen nicht den überwiegenden Anteil ausmachen. Die entscheidende kammerrechtliche Abgrenzung liegt vielmehr darin, ob sich bei Verwertungsgenossenschaften die überwiegende Be- oder Verarbeitung nach der Verkehrsauffassung noch im Bereich der Landwirtschaft hält. Diese Einschränkung ist wiederum dem Steuerrecht entnommen und wird anhand zahlreicher Beispiele und Einzelheiten in den Abschnitten R 20 Abs. 6, H 20 KStR 2004 erläutert. Im Großen und Ganzen gilt der Grundsatz, dass eine Beoder Verarbeitung sich noch im Bereich der Landwirtschaft hält, wenn sie nach der Art der hergestellten Erzeugnisse in etwa auch in einem landwirtschaftlichen Betrieb selbst erfolgen könnte.
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Kammerrechtlich ist hier also eine „Korrektur“ des Gewerbesteuerrechts für landwirtschaftliche Genossenschaften erfolgt. Auch wenn sie infolge des Nichtmitgliedergeschäfts oder wegen Nebengeschäften gewerbesteuerpflichtig werden (Abschn. R 20 Abs. 6 KStR 2004), bleiben sie bei einem überwiegend landwirtschaftli-
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Kammerzugehörigkeit
chen Genossenschaftszweck von der Kammerzugehörigkeit ausgenommen. Diese Ausnahme verstößt auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG), weil die mit ihnen konkurrierenden Gewerbetreibenden kammerzugehörig sind. In der Praxis werden diese Voraussetzungen durch Auskunft der Genossenschaft über die Verteilung ihrer Umsätze geklärt, wozu § 3 Abs. 3 Satz 8 eine Auskunftspflicht vorsieht. c) Zentralgenossenschaften 136
Für Zusammenschlüsse von Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften bringt Abs. 4c (zuletzt redaktionell geändert durch die Neunte ZuständigkeitsanpassungsV vom 31. 10. 2006, BGBl. I, 2406) schließlich eine Sonderregelung. Der Gesetzgeber hat damit der Tatsache Rechnung getragen, dass Zentralgenossenschaften mit den landwirtschaftlichen Betrieben nicht mehr unmittelbar verbunden sind und dass bei ihnen – zumindest von einer gewissen Größe ab – das Schwergewicht auf der gewerblichen Betätigung liegt, sie dann aber auch als Handelsunternehmen kammerzugehörig sein sollen. Die vorgesehene Abgrenzung nach der Größe ist durch die Verordnung vom 6. 1. 1958 (BGBl. I, 48) erfolgt und nimmt landwirtschaftliche Zentralgenossenschaften von der Kammerzugehörigkeit aus, solange ihr Eigenkapital den Betrag von 3,5 Mio. DM nicht erreicht (vgl. Wortlaut der VO vom 6. 1. 1958 [BGBl. I, 48]). Im Einzelnen müssen folgende Voraussetzungen für die Ausnahme erfüllt sein:
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Der Zusammenschluss muss ebenfalls die Rechtsform einer Genossenschaft haben. Wenn sich Genossenschaften in der Rechtsform einer AG oder GmbH zusammenschließen, was im Zuge von Umwandlungen und der zunehmenden Konzentration im gesamten Genossenschaftswesen immer häufiger vorkommt, ist der in Abs. 4 verwandte Oberbegriff „Genossenschaft“ nicht mehr erfüllt, und es tritt die Kammerzugehörigkeit wie bei anderen Kapitalgesellschaften gemäß Abs. 1 ein. Der Zentralgenossenschaft dürfen weiterhin nur landwirtschaftliche Genossenschaften angehören, die nach Abs. 4b nicht kammerzugehörig sind. Die Zentralgenossenschaft wird deshalb unabhängig von ihrer Größe kammerzugehörig, sobald auch nur eine der Mitgliedsgenossenschaften kammerzugehörig ist. Schließlich muss das Eigenkapital unter 3,5 Mio. DM (rd. 1,84 Mio. Euro) bleiben, wobei an § 337 224
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Ausnahmen für gemeindliche Eigenbetriebe
HGB, und zwar an die Passivposten (Geschäftsguthaben und Ergebnisrücklagen) anzuknüpfen ist; der Eigenkapitalbegriff des Kreditwesengesetzes ist auf Kreditgenossenschaften abgestellt und kann bei Zentralgenossenschaften landwirtschaftlicher Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften nicht herangezogen werden.
11. Ausnahmen für gemeindliche Eigenbetriebe § 2 Abs. 5 nimmt die Eigenbetriebe von Gemeinden und Gemeindeverbänden von der Kammerzugehörigkeit aus, eröffnet ihnen jedoch die Möglichkeit des freiwilligen Kammerbeitritts.
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a) Eigenbetrieb Der Begriff des Eigenbetriebs ist dem Gemeinderecht entnommen und bezeichnet gewerbliche Unternehmen, die von Gemeinden und Gemeindeverbänden in rechtlich unselbständiger Form als Teil ihrer Verwaltung betrieben werden (vgl. § 114 GO NW). Meist handelt es sich um Versorgungsbetriebe für Energie, Gas, Wasser oder Wärme („Stadtwerke“), um Verkehrsunternehmen oder Hafenbetriebe, die der Gewerbesteuerpflicht unterliegen, selbst wenn sie mit Zwangs- oder Monopolrechten ausgestattet sind (§ 2 Abs. 1 GewStDV; Abschn. 17 GewStR); sie erfüllen alle Voraussetzungen des Abs. 1 und werden nur durch Abs. 5 ausgenommen. Wenn Gemeinden dagegen diese Unternehmen in der selbständigen Rechtsform einer AG oder GmbH führen, greift Abs. 5 nicht ein; sie sind stets nach Abs. 1 kammerzugehörig. Ebenso kammerzugehörig sind „Kommunalunternehmen“ nach dem bayr. Gesetz vom 26. 7. 1995 (GVBl. 376; dazu Baum NVwZ 1996, 557).
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Zu unterscheiden sind dabei noch die so genannten Hoheitsbetriebe (z.B. Schlachthöfe, Friedhöfe, Müllabfuhr), die überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen, deshalb nicht als Gewerbe anzusehen sind und infolgedessen nach § 2 Abs. 2 GewStG auch nicht der Gewerbesteuerpflicht unterliegen; hier kommt eine Kammerzugehörigkeit schon nach Abs. 1 nicht in Betracht.
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Ebenso scheiden bloße Regiebetriebe für die Kammerzugehörigkeit aus, weil sie lediglich der Deckung des eigenen Behördenbe-
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Kammerzugehörigkeit
darfs dienen und nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen (zum Begriff Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungsrechts, 853; § 107 Abs. 2 Nr. 4 GO NW). b) „Gemeindlich“ 142
Die Begriffe „Gemeinde“ und „Gemeindeverbände“ sind ebenfalls dem Gemeinderecht zu entnehmen und umfassen auch Landkreise und Landschaftsverbände (vgl. für das Land NordrheinWestfalen: Kreisordnung vom 14. 7. 1994 (GVBl. 646); Landschaftsverbandsordnung i.d.F. vom 14. 7. 1994 (GVBl. 657) und Kommunalverband Ruhrgebiet vom 14. 7. 1994 (GVBl. 640). Dagegen gehören nicht mehr dazu die Zweckverbände, die von Gemeinden oder Gemeindeverbänden nur für einzelne Aufgaben gegründet werden und oft auch Eigenbetriebe unterhalten; Zweckverbände sind nach der Terminologie des Gemeinderechts keine Gemeindeverbände und deshalb kammerzugehörig (OVG Koblenz NVwZ 1988, 1145; VG Regensburg vom 8. 12. 1997 – RO 5 K 97.01262).
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Die Ausnahmevorschrift gilt auch nicht für Eigenbetriebe des Bundes und der Länder. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut und der Notwendigkeit, Ausnahmebestimmungen eng auszulegen. Dafür spricht vor allem auch, dass nur die Gemeindeordnungen eine Beschränkung der Eigenbetriebe auf Zwecke der Daseinsvorsorge sichern. Darin wird nämlich vorgeschrieben, dass ein dringender öffentlicher Zweck das Unternehmen erfordert und dass dieser Zweck durch andere Unternehmen nicht besser oder wirtschaftlicher erfüllt werden kann. Für Bund und Länder fehlt diese Beschränkung ihrer gewerblichen Tätigkeit, so dass für deren Eigenbetriebe auch keine Ausnahme berechtigt ist. Sie sind stets kammerzugehörig (VG Wiesbaden vom 16. 8. 1960 – 111/2–655/69 – für ein staatliches Kurhotel; VG Freiburg vom 6. 7. 1983 – 1 K 141/82 – für staatliche Bäderverwaltung; OVG Koblenz vom 11. 12. 1985 – 6 A 102/84).
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Schließlich gilt die Ausnahme für kommunale Eigenbetriebe nach ihrem Wortlaut auch nicht für Eigenbetriebe von Nichtgebietskörperschaften oder Anstalten, beispielsweise gewerbesteuerpflichtige Unternehmen von Wasserverbänden oder Rundfunk- und Fernsehanstalten. In diesen Fällen wird allerdings meist auch von vornherein die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft gewählt. 226
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Rechtsschutz
c) Freiwilliger Beitritt Das Gesetz eröffnet jedoch den Gemeinden und Gemeindeverbän- 145 den wegen ihrer Eigenbetriebe den freiwilligen Beitritt zur IHK. Die Kammerzugehörigkeit tritt damit ein, wenn eine entsprechende Beitrittserklärung abgegeben wird. Kammerzugehörig ist dann die Gemeinde oder der Gemeindeverband als juristische Person des öffentlichen Rechts (Gebietskörperschaft), nicht aber der Eigenbetrieb. Deshalb ist es auch nicht möglich, dass eine Gemeinde oder ein Gemeindeverband nur mit einzelnen Eigenbetrieben der IHK beitritt; der Beitritt einer Gemeinde oder eines Gemeindemitgliedes gilt deshalb immer für alle ihre Eigenbetriebe. Mit dem Beitritt erwerben die Gemeinden oder der Gemeindeverband die gleichen Rechte wie alle anderen Kammerzugehörigen und übernehmen die gleichen Pflichten; Wahlrecht, Wählbarkeit und Beitragspflicht richten sich nach den Statuten der Kammer, ohne dass Sondervereinbarungen möglich wären. Aus der Möglichkeit eines freiwilligen Kammerbeitritts ergibt sich konsequent auch die Austrittsmöglichkeit. Die Mehrzahl der Kammersatzungen regelt dies in einer besonderen Bestimmung, wonach zum Schluss eines Haushaltsjahres mit sechsmonatiger Frist der Austritt erklärt werden kann.
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Für den freiwilligen Kammerbeitritt kommt es nicht darauf an, ob der Eigenbetrieb im Handelsregister eingetragen ist oder nicht. Nachdem § 36 HGB ersatzlos gestrichen worden ist, besteht eine Eintragungspflicht. Wie sich aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ergibt, ist die freiwillige Beitrittsmöglichkeit – abgesehen von den Fällen des § 13a – auf Gemeinden und Gemeindeverbände beschränkt. Wer die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 bis 4 für den gesetzlichen Erwerb der Kammerzugehörigkeit nicht erfüllt, kann der IHK also nicht freiwillig beitreten.
12. Rechtsschutz Die Kammerzugehörigkeit als öffentlich-rechtliches Verhältnis wird in der Regel nur als Vorfrage streitig sein, wenn es um Wahlrecht oder Wählbarkeit, vor allem aber um die Beitragsveranlagung geht. Im Wahlrecht sind dabei erst die kammerinternen
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Status, Beiträge und Gebühren
Rechtsbehelfe der Wahlordnung auszuschöpfen, ehe Widerspruch und Klage zulässig sind. Bei der Beitragsveranlagung sind Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid gegeben. Wenn die Kammerzugehörigkeit verneint wird, sind etwaige Beiträge zurückzuerstatten (OVG Hamburg DVBl. 1969, 409). Statt einer Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid ist zur verwaltungsgerichtlichen Klärung der Kammerzugehörigkeit auch eine Feststellungsklage statthaft. Denn die Frage, ob eine Person „kammerzugehörig“ nach § 2 Abs. 1 IHKG ist, betrifft ein im Vorfeld des IHK-Beitragsbescheides feststellungsfähiges Rechtsverhältnis gemäß § 43 Abs. 1 VwGO (OVG Hamburg vom 4. 3. 2005 – 1 Bf 481/03; VGH Mannheim vom 23. 9. 1997 – 9 S 1744/96; VG München vom 24. 3. 1998 – M 16 K 97.1064; VG Koblenz vom 12. 1. 1998 – 3 K 1706/97.KO; VG Gießen vom 22. 4. 1997 – 8 E 23/95 (2)).
3
(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.
(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. (3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Nicht in das Handelsregister eingetragene natürliche Personen und Personengesellschaften, deren Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder, soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, deren nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5200 Euro nicht übersteigt, sind vom Beitrag freigestellt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen 228
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§3
Status, Beiträge und Gebühren
sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrieund Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden. (4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb Jahn
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Status, Beiträge und Gebühren
nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird. (5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben. (6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen. (7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlass und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln. (7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsät230
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Status, Beiträge und Gebühren
ze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt. (8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind – für die Verjährung die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen, – für die Einziehung und Beitreibung die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden. Rz. 1. a) b) c)
Körperschaftsstatus . . . . . . . . Körperschaftsrecht . . . . . . . . . Behördenbegriff . . . . . . . . . . . . Insolvenzverfahren. . . . . . . . .
1 3 7 9
2. Dienstherrenfähigkeit . . . . . . 10 a) Kammerbeamte . . . . . . . . . . . 10 b) Kammerangestellte . . . . . . . . 14 3. Haushaltsrecht, Doppik . . . . a) Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Finanzstatut. . . . . . . . . . . . . . . c) Wirtschaftsplan. . . . . . . . . . . . d) Wirtschaftssatzung . . . . . . . . e) Rechnungsprüfung . . . . . . . . .
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17 22 22 34 39
4. Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 a) Entwicklung des Beitragsrechts in den Jahren 1999 bis 2008. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Rz. b) Rechtsnatur des IHKBeitrags. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Grundbeitrag. . . . . . . . . . . . . . . d) Umlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zerlegungsanteil . . . . . . . . . . . f) Feststellung der Gewerbesteuerpflicht und Ermittlung der Gewerbeerträge . . . . . . . . . 5. Ausnahmen bei Grundbeitrag und Umlage . . . . . . . . . . . a) Beitragsbefreiung für Kleinunternehmen . . . . . . . . . . . . . . b) Beitragsbefreiung von Existenzgründern. . . . . . . . . . . . . . . c) Reduzierung der Befreiungsgrenzen durch Vollversammlungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . d) Grundbeitragsermäßigung für Komplementär- und Tochtergesellschaften . . . . . . .
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43 48 58 67
70 74 74 76
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Status, Beiträge und Gebühren
e) Umlagefreibetrag für natürliche Personen und Personengesellschaften . . . . . f) Handwerkliche Mischbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Apotheker . . . . . . . . . . . . . . . . h) Angehörige freier Berufe . . . . i) Landwirtschaft . . . . . . . . . . . .
Rz.
Rz.
82
a) Gebührentatbestände . . . . . . 123 b) Gebührenordnung . . . . . . . . . 125 c) Staatliche Gebührenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
85 97 100 106
6. Beitragsordnung . . . . . . . . . . . 110 7. a) b) c)
Sonderbeiträge. . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen. . . . . . . . . . . Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderbeitragsordnung . . . . .
9. Erhebung, Einziehung und Beitreibung . . . . . . . . . . . . . . . a) Erhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einziehung und Beitreibung c) Erlass, Niederschlagung, Stundung . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verweisungen . . . . . . . . . . . . .
132 133 136 142 146
114 116 118 120
10. Verjährung von Kammerbeiträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
8. Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
11. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . 154
Literaturauswahl: Franz, Handbuch des Kammerrechts, 2005, 323; Jahn, GewArch 2004, 41; Jahn, GewArch 2005, 169, 221; Jahn, GewArch 2007, 353; Jahn, GewArch 2008, 137; Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 2005, 109; Stober, Industrie- und Handelskammern, 100; Tettinger, Kammerrecht, 104.
1. Körperschaftsstatus 1
Das Gesetz erklärt in § 3 Abs. 1 die Industrie- und Handelskammer ausdrücklich zu einer Körperschaft öffentlichen Rechts und folgt damit der traditionellen Auffassung (vgl. 2. Aufl., 148). Diese wurde vom Deutschen Bundestag am 2. 4. 1998 durch die Annahme eines Entschließungsantrags der Fraktionen CDU/CSU, SPD und F.D.P. (BT-Drs. 13/10297; Protokoll der 227. Sitzung, 13. Wahlperiode des Deutschen Bundestages, 20901) noch einmal bekräftigt: „Der Deutsche Bundestag hält Kammern in der Form öffentlich-rechtlicher Körperschaften mit Pflichtmitgliedschaft als Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft für weiterhin erforderlich und sachgerecht. Sowohl die Rechtsform als auch die daraus folgende gesetzliche Mitgliedschaft aller Kammerzugehörigen sind Konsequenz der den Kammern übertragenen hoheitlichen Tätigkeiten sowie der Aufgabe, das Gesamtinteresse der Wirtschaft im Kammerbezirk wahrzunehmen“. Die Bundesregie232
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§3
Körperschaftsstatus
rung hat nachfolgend in Anknüpfung an einen früheren Bericht (BT-Drs. 14/9175) auch im Jahr 2004 nochmals bekräftigt, dass sie die IHKs in der Form öffentlich-rechtlicher Körperschaften mit Pflichtmitgliedschaft als Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft nach wie vor für sachgerecht und erforderlich hält (BTDrs. 15/3265). Auch die deutschen Wirtschafts- und Berufskammern haben sich nachfolgend in einer „Charta der funktionalen Selbstverwaltung durch Wirtschafts- und Berufskammern“ zu den Prinzipien der funktionalen Selbstverwaltung – und damit auch zum Status der Körperschaft öffentlichen Rechts – als Gewähr für einen leistungsfähigen und bürgernahen Verfassungsstaat bekannt (Text der Charta unter www.kammerrecht.de). Die einzelne IHK erwirbt den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts mit ihrer Gründung, sei es durch Verwaltungsakt aufgrund eines Gesetzes oder unmittelbar kraft Gesetzes. Bei der Umbildung früherer privatrechtlicher Kammern wurde der Körperschaftsstatus durch Verleihung erworben (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1; Tettinger, Kammerrecht, 104; ferner die Nachweise aus der älteren Literatur 6. Aufl., § 3 Rz. 2).
2
a) Körperschaftsrecht Damit ist der IHK im staatlichen Organisationsgefüge ein klar umrissener Platz zugewiesen, aus dem sich zahlreiche rechtliche Konsequenzen ergeben. Im Rahmen des Gesetzes finden die allgemeinen Grundsätze des Körperschaftsrechts Anwendung, wie sie in der Verwaltungslehre zum Organisationsrecht entwickelt (vgl. Huber, 182) und teilweise im Landesverwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein in der Fassung vom 3. 10. 1986 (GVBl. 209) kodifiziert worden sind; dort werden generell für alle Nichtgebietskörperschaften die Errichtung und Aufhebung, das Satzungsrecht und die Staatsaufsicht behandelt (§§ 37 bis 40, 50 bis 52, 65 bis 70). Ebenso gelten damit für die IHKs alle bundesund landesrechtlichen Vorschriften, die generell die Körperschaften öffentlichen Rechts einbeziehen. In der Regel wird dann von den „sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts“ gesprochen (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG des Bundes); verkürzt werden die IHKs oft auch als „landesunmittelbare Körperschaften“ bezeichnet, was jedoch den irrigen Eindruck einer Einordnung in die unmittelbare Jahn
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§3
Status, Beiträge und Gebühren
Staatsverwaltung und eines staatlichen Weisungsrechts erweckt. Bei landesrechtlichen Vorschriften bleibt jedoch stets der Vorrang des IHKG als Bundesrecht zu prüfen, was beispielsweise seinerzeit zum Wegfall der Fachaufsicht nach dem früheren Berliner Berufsbildungsgesetz (BVerwG DVBl. 1961, 449) oder auch zur Nichtanwendung eines Landesverkündungsgesetzes (OVG Koblenz GewArch 1989, 20) oder zur Nichtanwendbarkeit des staatlichen Haushaltsrechts auf die Rechnungsprüfung der IHKs in Bayern (VGH München GewArch 2008, 72, Revision unter BVerWG 6 C 2/08) geführt hat. Auch andere landesrechtliche Eingriffe in Autonomie, Organisation oder Aufgabenkreis der Kammern werden dadurch ausgeschlossen, dass Bundesrecht nach Art. 31 GG den Vorrang hat. 4
Wenn die Kammern in diesem Zusammenhang oft zur „mittelbaren Staatsverwaltung“ gerechnet werden, so wird dieser staatsrechtliche Begriff ihrem Charakter als Selbstverwaltungskörperschaften doch wenig gerecht. Er beruht auf dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Einheit der Staatsgewalt, wonach Körperschaftsstatus und hoheitliche Befugnisse nur vom Staat übertragen werden können, verkennt aber, dass bei Selbstverwaltungskörperschaften – abgesehen von § 1 Abs. 4 – im Schwerpunkt keine Übertragung originär staatlicher Aufgaben stattfindet, sondern eine öffentlichrechtliche Anerkennung eigener Aufgaben; beispielsweise kann die Beratung gegenüber staatlichen Instanzen keine ursprüngliche und übertragungsfähige Staatsaufgabe sein. Darüber hinaus suggeriert der Begriff der mittelbaren Staatsverwaltung eine Einordnung in einen staatlichen Verwaltungsaufbau, der gerade bei Selbstverwaltungskörperschaften nicht gegeben ist; insbesondere gibt es bei ihnen keine Fachaufsicht mit Weisungsrechten, sondern nur eine Rechtsaufsicht (Stober, Industrie- und Handelskammern, 101; Tettinger, Kammerrecht, 129; Kluth, DÖV 2005, 368; Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 109).
5
In neuerer Zeit gab es vereinzelte Vorschläge, die IHKs statt in der Rechtsform öffentlich-rechtlicher Körperschaften auf privatrechtlicher Basis zu organisieren und sie mit hoheitlichen Aufgaben zu beleihen (so der Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 8. 11. 1996 – BT-Drs. 13/6063). Dem kann zwar nicht – wie bei den Gemeinden – eine verfassungsrechtliche Absicherung des Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) entgegengehalten werden. Eine derartige Änderung der Rechtsform der IHKs würde 234
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§3
Körperschaftsstatus
jedoch eine Schmälerung der den Mitgliedern der gegenwärtigen Industrie- und Handelskammern zugewiesenen demokratischen Partizipationsrechte bedeuten, was wiederum nur bei Beachtung des Willkürverbots und damit bei Vorliegen einer die Statusänderung tragenden Begründung zulässig wäre. Insoweit genießen die Kammern einen aus dem Demokratieprinzip in Verbindung mit dem Willkürverbot abgeleiteten relativen verfassungsrechtlichen Bestandsschutz (Kluth, Verfassungsfragen, 51), der bereits heute im Landesrecht (Art. 57 Abs. 1 Nds. Verf.; Art. 71 Abs. 1 BW Verf.) seinen Niederschlag gefunden hat (Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 109, 114). Abgesehen davon würde die Übertragung der von den IHKs derzeit in Selbstverwaltung wahrgenommenen Aufgaben auf Institutionen mit privatrechtlicher Organisationsform im Wege der Beleihung einen Übergang von der bloßen Rechtsaufsicht auf die Fachaufsicht und dementsprechend detailliertere Vorgaben des Gesetzgebers erfordern. Eine derartige Entwicklung stände im Gegensatz zur weithin verlangten Deregulierung des Wirtschaftsverwaltungsrechts. Gornig weist zutreffend darauf hin, dass es den wirtschaftlichen Freiheitsrechten dient, wenn die Gewerbetreibenden eines Bezirks die Schwerpunkte der Kammerarbeit selbst bestimmen. Die Pflichtmitgliedschaft liege damit im Interesse einer Wirtschaftsform, die darauf abziele, den Unternehmen größtmögliche wirtschaftliche Freiheit zu garantieren, aber auch die soziale Komponente angemessen zu berücksichtigen (Gornig, WiVerw 1998, 157, 174).
6
b) Behördenbegriff Die IHK als öffentlich-rechtliche Körperschaft ist Träger öffentlicher Verwaltung und damit auch Behörde im Sinne des Verwaltungsrechts. Dies ergibt sich aus § 1 Abs. 4 der Verwaltungsverfahrensgesetze in Bund und Ländern und umfasst auch das schlichte Verwaltungshandeln (vgl. Tettinger, Kammerrecht, 209). Dabei kommt bei einer Nichtgebietskörperschaft – anders als in der kommunalen und staatlichen Verwaltung – der Körperschaft selbst die Behördeneigenschaft zu, nicht ihren jeweiligen Organen. Diese Organe sind keine organisatorisch selbständigen Stellen, welche ihre Beschlüsse selbst ausführen, sondern dienen le-
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§3
Status, Beiträge und Gebühren
diglich der Willensbildung der IHK als Behörde (vgl. §§ 3 und 12 LVG Schleswig-Holstein). 8
Für Zusammenschlüsse von IHKs war bis zum Inkrafttreten des IHKGÄndG am 1. 1. 1999 (BGBl. 1998 I, 1887) weder im IHKG noch in den Ausführungsgesetzen der Länder eine öffentlichrechtliche Rechtsform vorgesehen, so dass sie nur als privatrechtliche Vereinigung gebildet werden konnten. Von den Kammervereinigungen in den Bundesländern sind einige eingetragene, die meisten jedoch nicht rechtsfähige Vereine. Der DIHK ist ein eingetragener Verein. Die Mitgliedschaft der IHKs in den Landesvereinigungen und im DIHK ist von kammerzugehörigen Unternehmen verschiedentlich angegriffen, aber von den Gerichten stets als rechtmäßig angesehen worden (BVerwG GewArch 1990, 398, 400; BVerfGE 74, 254; OVG Rheinland-Pfalz GewArch 1993, 289, 290; VG Frankfurt vom 17. 3. 2000 – 7 E 1044/97 (2); VG Düsseldorf vom 26. 9. 2007 – 20 K 4698/06; ebenso Tettinger, Kammerrecht, 229 unter Berufung auf § 65 WPO, wo der DIHK auch vom Gesetzgeber ausdrücklich genannt wird). Kammervereinigungen und DIHK nehmen im Rahmen ihrer Satzung für die Mitgliedskammern gemeinsame Aufgaben wahr, insbesondere den Erfahrungsaustausch, die Koordinierung und die Zusammenfassung der Meinungen in überregionalen Fragen, vor allem aber auch die zentrale Information und Beratung der angeschlossenen Mitgliedskammern (vgl. Möllering, Lexikon des Rechts der Wirtschaft, D 100, 1). Dabei haben diese privatrechtlichen Zusammenschlüsse den gleichen Aufgabenkreis wie die IHKs und sind auch daran gebunden. Hoheitliche Aufgaben können von den IHKs nicht auf sie übertragen werden; dies kann nur durch Gesetz oder Verordnung des Staates geschehen (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 der 27. DVO zum G 131 vom 10. 6. 1960, BGBl. I, 133). Seit Inkrafttreten der IHKGÄnderung durch das 4. VwVfÄndG (vom 11. 12. 2008, BGBl. I, 2418) am 18. 12. 2008 haben die IHKs jedoch auf der Basis des neuen § 10 die Möglichkeit, zur Erfüllung einzelner Aufgaben diese auf andere IHKs oder öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse zu übertragen (vgl. dazu näher die Kommentierung bei § 10 IHKG).
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§3
Dienstherrenfähigkeit
c) Insolvenzverfahren Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Insolvenzordnung ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht eines Landes untersteht, unzulässig, wenn das Landesrecht dies bestimmt. Für die IHKs ist dies in allen Ländern geschehen (Baden-Württemberg: Art. 1 § 45 des Gesetzes vom 28. 2. 1987 – GBl. 43; Bayern: Art. 25 AGGVG vom 23. 6. 1981 – GVBl. 188; Berlin: Gesetz vom 27. 3. 1990 – GVBl. 682; Brandenburg: § 6 des Gesetzes vom 13. 9. 1991 – GVBl. Nr. 28 vom 30. 9. 1991; Bremen: Art. 1 des Gesetzes vom 15. 12. 1987 – GBl. 293; Hamburg: Gesetz vom 25. 4. 1988 – GVBl. 49; Hessen: § 26 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vom 7. 3. 1984 – Sammelblatt 578; Mecklenburg-Vorpommern: § 5 des Gesetzes vom 18. 2. 1992 – GVBl. MV, 98; Niedersachsen: § 1 des Gesetzes vom 27. 3. 1987 – GVBl. 67; Nordrhein-Westfalen: Art. 6 Nr. 8 des Gesetzes vom 6. 10. 1987 – GVBl. Nr. 39; Rheinland-Pfalz: § 8a des Gesetzes vom 1. 7. 1987 – Sammelblatt Nr. 25/95 vom 19. 6. 1987; Saarland: § 37 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vom 27. 3. 1974 – ABl. 430; Sachsen: § 19 Abs. 1 SächsJG vom 24. 11. 2000 – SächsGVBl. 482; Sachsen-Anhalt: Gesetz vom 18. 12. 1992 – GVBl. LSA 130; Schleswig-Holstein: § 52 des Landesverwaltungsgesetzes i.d.F. vom 3. 10. 1986 – GVBl. 209; Thüringen: § 7 des Gesetzes vom 7. 12. 1993 – GVBl. 757). Dies ist auch verfassungsrechtlich zulässig (BVerfG vom 23. 3. 1983 – 2 BvL 13/79; BVerfG NJW 1994, 1465).
9
2. Dienstherrenfähigkeit a) Kammerbeamte Die IHK hat das Recht, Beamte zu ernennen (Dienstherrenfähigkeit – vgl. Tettinger, Kammerrecht, 122). Dieses Recht ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus dem Körperschaftsstatus, sondern bedarf einer besonderen Verleihung. Rechtsgrundlage ist § 121 Nr. 2 des Beamtenrechtsrahmengesetzes i.d.F. vom 27. 2. 1985 (BGBl. I, 463), der einheitlich und unmittelbar auch in den Ländern gilt. Danach steht die Dienstherrenfähigkeit denjenigen Körperschaften zu, die sie bei Inkrafttreten des Beamtenrechtsrahmengesetzes am 1. 9. 1957 bereits hatten oder die sie später durch Gesetz, Rechtsverordnung oder genehmigte Satzung erhalten. Soweit also IHKs in diesem Zeitpunkt bereits öffentlichJahn
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Status, Beiträge und Gebühren
rechtliche Körperschaften waren und die Dienstherrenfähigkeit hatten, verbleibt es dabei. Den IHKs, die nach 1945 privatrechtliche Vereinigungen waren und später gemäß § 9 des Gesetzes umgebildet worden sind, haben die Ausführungsgesetze der Länder die Dienstherrenfähigkeit verliehen (§ 5 Baden-Württemberg, Art. 4 Bayern, § 6 Berlin, § 11 Hamburg, § 7 Hessen). Zusätzlich ist in den aufsichtsbehördlich genehmigten Kammersatzungen überall die Dienstherrenfähigkeit verankert. 11
Die Dienstherrenfähigkeit verpflichtet die IHKs jedoch nicht dazu, Beamte zu ernennen. Art. 33 Abs. 4 GG sieht zwar vor, dass die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe „in der Regel“ Beamten zu übertragen ist. Das Übergewicht der schlichtverwaltenden Tätigkeit bei den Kammern rechtfertigt jedoch die vorgesehene Ausnahme, wie übrigens auch ein Vergleich mit der Praxis anderer Nichtgebietskörperschaften zeigt (vgl. BVerfGE 9, 284; OVG Münster ZBR 1971, 207; Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Anm. 33, 42).
12
Wenn eine IHK Beamte ernennt, gilt dafür das Beamtenrecht des Landes, wobei die Sondervorschriften für Körperschaftsbeamte (früher auch mittelbare Staatsbeamte genannt) zu beachten sind. Die Besoldungsgrundlagen finden sich im Bundesbesoldungsgesetz, ergänzt im jeweiligen Landesbesoldungsgesetz; die Versorgung regelt sich nach dem Beamtenversorgungsgesetz.
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Die Versorgung der ehemaligen Kammermitarbeiter aus der Zeit vor 1945 richtet sich nach dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 GG fallenden Personen (G 131) i.d.F. vom 13. 10. 1965 – (BGBl. I, 1685). Für vertriebene Kammerbeamte und ihnen gleichgestellte Angestellte gilt die 27. DVO zum G 131 vom 10. 6. 1960 (BGBl. I, 333). Die Treuhänderaufgabe nimmt der DIHK wahr (vgl. im Übrigen 3. Aufl., 190–192). b) Kammerangestellte
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Auch die Tätigkeit als Angestellter einer IHK ist öffentlicher Dienst, was für die verschiedensten Rechtsgebiete von Bedeutung ist. Kammergeschäftsführer sind Amtsträger i.S. von § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB, weil sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfüllen (vgl. zum Ermessensbeamten BGH NJW 1960, 831; OLG Karlsruhe vom 11. 7. 1985 – 12 U 47/85 – für eine Sachbearbeite238
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Haushaltsrecht, Doppik
rin für Schuldnerverzeichnisse). Juristische Mitarbeiter können grundsätzlich nach § 7 Nr. 8 BRAO nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden, weil eine Kollision zwischen ihren Dienstpflichten und der Anwaltsaufgabe befürchtet wird (BGHZ 49, 295; 68, 59; BRAK-Mitt. 1994, 42, 43; BRAK-Mitt. 1996, 164). Kammermitarbeiter können keine ehrenamtlichen Beisitzer bei Verwaltungsgerichten sein, weil auch hier eine Kollisionsgefahr besteht (OVG Münster DÖV 1961, 910). Für frühere Beamte, die in den Kammerdienst getreten sind, finden auf ihre beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge die Ruhensvorschriften der §§ 53 und 55 des Beamtenversorgungsgesetzes Anwendung. Für Versorgungszusagen an Kammerangestellte gilt das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. 12. 1974 (BGBl. I, 3610), soweit nicht im Einzelfall das IHK-Versorgungswerk, das Gegenstand der Versorgungszusage ist, günstiger ist. Soweit die IHK dabei auf beamtenrechtliche Grundsätze abstellt oder ihre Zusatzversorgung am öffentlichen Dienst orientiert, findet auf unverfallbare Versorgungsanwartschaften § 18 Abs. 1 Nr. 5 oder 6 Anwendung (Zusatz-Nachversicherung). Die Befreiung von der gesetzlichen Angestelltenversicherung und die Nachversicherungspflicht finden sich in den jeweiligen Vorschriften des SGB IV. Wegen weiterer Einzelheiten s. 6. Aufl., § 3 Rz. 14. In diesem Zusammenhang ist schließlich daran zu erinnern, dass für die IHKs das jeweilige Personalvertretungsgesetz des Landes gilt. Dienststellenleiter im Sinne der Personalvertretungsgesetze ist der Hauptgeschäftsführer.
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3. Haushaltsrecht, Doppik § 3 Abs. 2 des Gesetzes sah bis 31. 12. 2007 vor, dass die IHK einen 16 „Haushaltsplan“ nach kameralistischen Grundsätzen aufzustellen hat und dass die Mittel – soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind – durch Beiträge der Kammerzugehörigen aufzubringen sind. Diese Vorschrift bildete die Grundlage für das Haushaltsrecht und die Finanzwirtschaft der Kammer, ergänzt durch § 4 Nr. 3–5, § 11 Abs. 2 und 3 und § 12 Abs. 1 Nr. 7. Zu weiteren Einzelheiten und Konsequenzen der Kameralistik s. 6. Aufl., Rz. 16. Die Rechnungslegung der IHKs erfolgte bislang nach der allgemein für öffentlich-rechtliche Körperschaften üblichen KameraJahn
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Status, Beiträge und Gebühren
listik. Allerdings haben sich unter Federführung und Koordination des DIHK die IHKs bundesweit entschlossen, auf die kaufmännische Buchführung umzustellen, da diese für öffentlich-rechtliche Körperschaften, deren Mitglieder ausschließlich gewerbliche Unternehmen sind, zweckmäßiger und transparenter ist. Durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz (MEG II vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) wurde das Rechnungswesen der IHKs von der bisherigen Kameralistik mit Wirkung vom 1. 1. 2008 auf die Doppik umgestellt (Art. 30 Abs. 1 Satz 3 MEG II). Seit dem 1. 1. 2008 erfolgt demgemäß die Rechnungslegung der IHKs verbindlich nach den Grundsätzen der kaufmännischen Buchführung (Doppik), eine alternative Rechnungslegung nach den bisher üblichen kameralistischen Grundsätzen ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut also ab 2008 unzulässig. Im Zuge von Pilotprojekten hatten die IHKs schon im Vorfeld der gesetzlichen Änderung verstärkt von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihre Rechnungslegung nach den Grundsätzen kaufmännischer Buchführung vorzunehmen. Zielsetzung der Umstellung der IHKs auf die Doppik ist vor allem eine Erhöhung der Transparenz für ihre Mitglieder und eine Stärkung des Etatrechts der IHK-Vollversammlungen (vgl. BT-Drs. 16/4391, 64). Die IHK-zugehörigen Unternehmen wenden selbst kaufmännische Rechnungslegungsgrundsätze an, weshalb Unternehmern und Unternehmensvertretern das neue System besser vertraut ist. Mit der Umstellung auf die Doppik wird es dem für die Entscheidung über den Haushalt zuständigen Ehrenamt der IHK (Vollversammlung) erleichtert, die Wirtschaftsund Finanzplanung der IHK nachzuvollziehen und zu verabschieden. Die Unterschiede zwischen dem eigenen Unternehmen und der eigenen IHK werden in der Abbildung der finanziellen Abläufe geringer. Die damit erwartete steigende Zahlentransparenz soll schließlich auch die Akzeptanz der IHKs bei ihren Mitgliedsunternehmen steigern (BT-Drs. 16/4391, 65; Jahn, GewArch 2007, 353, 354). Die Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik hat eine redaktionelle Anpassung des IHKG an die Begrifflichkeit der kaufmännischen Buchführung erforderlich gemacht. Da die im HGB geregelten Grundsätze der Doppik nicht deckungsgleich auf alle Geschäftsvorgänge einer IHK übertragen werden können, wird durch den im MEG II neu eingefügten § 3 Abs. 7a nur eine „sinngemäße“ Anwendung der Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung vorgeschrieben, die durch das 240
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Satzungsrecht der Kammer unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts zu konkretisieren ist. Hiermit wird das sog. Finanzstatut (§ 3 Abs. 7a Satz 2) eingeführt, das die bisherige Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) ablöst. Das Finanzstatut ist durch die jeweilige IHK-Vollversammlung zu beschließen (§ 4 Satz 2 Nr. 8), von der nach Landesrecht zuständigen Aufsichtsbehörde rechtsaufsichtlich zu genehmigen (§ 11 Abs. 2) und öffentlich bekannt zu machen (§ 4 Satz 2 Nr. 7 i.V.m. dem jeweiligen Satzungsrecht der Kammer). Soweit hiernach (auch) die elektronische Verkündung von Satzungsrecht vorgesehen ist, hat diese nach dem durch das MEG II neu eingefügten § 4 Satz 4 ausschließlich im elektronischen Bundesanzeiger zu erfolgen. Ausgangspunkt der doppischen Buchführung ist die Eröffnungsbilanz, die von der Vollversammlung zu beschließen und anschließend öffentlich bekannt zu machen ist. Der Eröffnungsbilanz liegt eine Bestandsaufnahme (Inventur) und Bewertung des Kammervermögens und der Schulden zu Grunde. Die rechtlichen Grundlagen für die Erstellung der Eröffnungsbilanz nach kaufmännischen Grundsätzen (§§ 238 bis 256 HGB) bilden das von der IHK-Vollversammlung verabschiedete (§ 4 Satz 2 Nr. 8) und von der Aufsichtsbehörde genehmigte (§ 11 Abs. 2) Finanzstatut (§ 3 Abs. 7a). Die Aufstellung der Eröffnungsbilanz erfolgt nach den einschlägigen Vorschriften der §§ 238 ff. HGB, den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, den Regeln des Finanzstatuts i.V.m. den Richtlinien zur Ausführung des Finanzstatuts sowie den Sondervorschriften zur Erstellung der Eröffnungsbilanz. Die Gliederung der Eröffnungsbilanz erfolgt nach einem in einer Anlage zum Finanzstatut vorgeschriebenen Gliederungsschema. Die Prüfung der Eröffnungsbilanz ist durch die zuständige Stelle (Rechnungsprüfungsstelle der IHKs oder Wirtschaftsprüfer) auf der Grundlage der landesrechtlichen Richtlinien für die Prüfung der Jahresrechnung der IHKs vorzunehmen. Die Aufstellung der Eröffnungsbilanz liegt in der Verantwortung des Präsidenten und des Hauptgeschäftsführers der IHK, der zugleich Beauftragter für die Wirtschaftsführung der IHK ist. Die prüfende Stelle erteilt bei beanstandungsfreier Prüfung der Eröffnungsbilanz einen entsprechenden Bestätigungsvermerk, der der nach Landesrecht zuständigen Aufsichtsbehörde zur Kenntnis gegeben wird. Die Aufsichtsbehörde hat lediglich bei Rechtsverstößen ein BeanstanJahn
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Status, Beiträge und Gebühren
dungsrecht (§ 11 Abs. 1), jedoch keine fachaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse. Mit Rücksicht auf die Finanzautonomie der IHK bedarf die Eröffnungsbilanz auch keiner Genehmigung der Aufsichtsbehörde. 16c
Mit der Umstellung der Rechnungslegung der IHKs nach den Grundsätzen kaufmännischer Buchführung (Doppik) sind auch redaktionelle Änderungen im IHKG erforderlich geworden. So ist das Wort „Haushaltsplan“ durch den Begriff „Wirtschaftsplan“ ersetzt worden (§ 3 Abs. 2 Sätze 1 und 2). Folgeänderungen betreffen die das Haushaltsrecht der IHKs betreffenden Vorschriften, in denen der Begriff „Haushaltssatzung“ durch „Wirtschaftssatzung“ bzw. das „Haushaltsjahr“ durch „Geschäftsjahr“ ersetzt worden ist (§ 3 Abs. 3 Satz 5; 4 Satz 2 Nr. 3 und 8). Durch Neufassung des § 12 Abs. 1 Nr. 7 sind die Landesgesetzgeber ermächtigt worden, ergänzende Vorschriften für die Prüfung der Jahresrechnung der IHKs zu erlassen. Von dieser Ermächtigung haben die Länder Gebrauch gemacht (z.B. in Bayern durch Änderung von Art. 3 AGIHKG durch Gesetz vom 27. 11. 2007, BayGVBl., 785).
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Nach § 12 Abs. 1 Nr. 7 i.d.F. bis 31. 12. 2007 waren die Grundsätze über die Rechnungslegung und die Prüfung der Jahresrechnung der Regelung durch den Landesgesetzgeber überlassen. Das Landesrecht sah vor, dass die Rechnungslegung der IHKs den Grundsätzen entsprechen muss, die für das staatliche Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen gelten. Dazu hatte sich die IHK mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde eine Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) zu geben. Dieses autonome Haushaltssatzungsrecht ist durch die Einführung der Doppik per 1. 1. 2008 nicht gänzlich obsolet geworden, sondern hat für Haushaltsjahre bis einschließlich 2007, auch wenn die Prüfung der jeweiligen Jahresrechnung erst nach dem 31. 12. 2007 erfolgt, noch Geltung. Etwas anderes gilt nur, wenn eine IHK bereits vor Einführung des neuen doppischen Rechnungswesens durch das MEG II mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde einen Vollversammlungsbeschluss zur Einführung einer Rechnungslegung nach kaufmännischen Grundsätzen gefasst hatte. Damit ist wie folgt zu differenzieren:
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Haushaltsrecht, Doppik
a) Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) Ausgangspunkt ist § 11 Abs. 3, der das Beiträgegesetz vom 24. 3. 1934 (RGBl. I, 235) für den Bereich der Kammern außer Kraft setzt; dort war seinerzeit in § 6 die sinngemäße Anwendung der Reichshaushaltsordnung vorgeschrieben worden. Stattdessen beschränkte § 12 Abs. 1 Nr. 7 (i.d.F. bis 31. 12. 2007) die Bundesländer darauf, Grundsätze für die Rechnungslegung und die Prüfung der Jahresrechnung der Kammern zu erlassen. In den Ausführungsgesetzen der Bundesländer wurde deshalb nur noch für diesen Teilbereich von den Grundsätzen des staatlichen Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens (Art. 3 Bayern), den Grundsätzen der Reichshaushaltsordnung (§ 2 Hessen) oder einer sinngemäßen Anwendung der Reichshaushaltsordnung gesprochen. Im Übrigen wurde mehrfach auf die HKRO verwiesen, welche sich die IHKs selbst gaben und die teilweise der aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedurfte (Art. 3 Bayern; § 2 Rheinland-Pfalz; § 4 Saarland; § 2 Abs. 1 Berlin i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 21. 3. 1967 – GVBl. 512 sowie in den neuen Bundesländern). Im Ergebnis zeigten alle diese Vorschriften, dass damit nur ein Rahmen für das Haushaltsrecht der IHKs gesetzt, ihnen also die sachgerechte und zweckmäßige Durchführung im Einzelnen überlassen bleibt. Als Selbstverwaltungskörperschaften behalten sie den notwendigen Spielraum für eine ihren Verhältnissen entsprechende Anpassung des öffentlichen Haushaltsrechts. An die Stelle einer unmittelbaren oder sinngemäßen Anwendung der Haushaltsordnungen im Einzelfall trat also die von den IHKs erlassene HKRO.
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Diese Rechtslage hat sich auch durch das Haushaltsgrundsätzegesetz und die in seinem Rahmen ergangenen Landeshaushaltsordnungen nicht geändert (VGH München GewArch 2008, 72 unter Hinweis auf BVerwGE 98, 163, 174). § 1 schreibt zwar i.V.m. § 48 HGRG vor, dass die Landeshaushaltsordnungen auch auf die landesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts entsprechend anzuwenden sind; das würde für die Kammern praktisch die Wiedereinführung der durch § 11 Abs. 3 ausdrücklich außer Kraft gesetzten Regelungen des Beiträgegesetzes und der Kriegskontrollverordnung bedeuten. § 48 HGrG macht jedoch eine Ausnahme, soweit durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt ist. Die Landeshaushaltsordnungen wiederholen diesen Vorbehalt in ihrem § 105 Abs. 1. Für die IHKs er-
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gibt sich diese Ausnahme von den §§ 1–87 und 106–110 LHO aus den oben zitierten Vorschriften des IHKG, die gemäß Art. 31 GG ohnehin dem Landesrecht vorgehen, sowie zusätzlich aus den entsprechenden Ausführungsvorschriften der Landeskammergesetze, die übereinstimmend eine unmittelbare Anwendung des öffentlichen Haushaltsrechts ausschließen und lediglich eine Berücksichtigung seiner Grundsätze in einer eigenständigen Kammerregelung vorsehen. 19
Der DIHK hatte ein Muster für eine Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) erarbeitet, das von den IHKs mit geringfügigen Abweichungen übernommen und aufgrund ihrer Satzungsgewalt erlassen worden ist; es trat an die Stelle der §§ 1–87 der Landeshaushaltsordnung. Es gab dazu einen MusterHaushaltsplan, Muster-Verwaltungsvorschriften und Erläuterungen (Kauczor, Haushaltsrecht der Industrie- und Handelskammern, erläutert anhand der Muster-HKRO sowie der vorläufigen Muster-Verwaltungsvorschriften, Bonn 1985).
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Die HKRO ist ihrer Rechtsnatur nach Satzungsrecht, wenn sie von der Vollversammlung verabschiedet und verkündet wurde. Sie ist dann für die IHK als statutarisches Recht für Haushaltsjahre bis einschließlich 2007 sowie für die hierauf bezogene Prüfung der Jahresrechnung verbindlich und erfüllt die Voraussetzungen, die § 48 HGRG und § 105 Abs. 1 LHO an eine abweichende Regelung stellen. Verstöße gegen die HKRO rechtfertigen deshalb bei Rechtsverletzungen eine Beanstandung durch die Staatsaufsichtsbehörde nach § 11 Abs. 1. Aber auch, wenn die HKRO nur als Verwaltungsvorschrift vom Präsidium erlassen wurde, ist sie kammerintern verbindlich. Verstöße sind dann insoweit Rechtsverletzungen, als darin gleichzeitig die auch für die IHKs verbindlichen Grundsätze des öffentlichen Haushaltsrechts konkretisiert worden sind; bloße Zweckmäßigkeits- und Ordnungsvorschriften der HKRO haben diese Folgen nicht.
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Die HKRO lehnt sich in Terminologie und Grundsätzen weitgehend an das öffentliche Haushaltsrecht in Bund und Ländern an, ist jedoch auf die spezifischen Bedürfnisse der IHKs zugeschnitten und mit den Staatsaufsichtsbehörden abgestimmt oder, soweit das Landesrecht es vorsieht, von ihnen auch genehmigt und gilt für Haushaltsjahre bis einschließlich 2007 grundsätzlich fort. Zu den wichtigen Grundsätzen gehört es, dass der Entwurf 244
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für Haushaltsplan und Haushaltssatzung vor Beginn des Haushaltsjahres vorgelegt wird (Grundsatz der Vorherigkeit) und dass bis zu einer Verabschiedung nur Haushaltsmittel im Rahmen der Ausgabenansätze des abgelaufenen Haushaltsjahres geleistet werden dürfen. Einnahmen und Ausgaben sind in voller Höhe und getrennt voneinander zu veranschlagen, so dass Saldierungen unzulässig sind (Bruttoprinzip und Grundsatz der Vollständigkeit). Der Haushalt war in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen (Grundsatz des Haushaltsausgleichs). Im Übrigen muss hier auf die HKRO, die Vorläufigen Verwaltungsvorschriften und die Erläuterungen dazu sowie auf die Kommentare zum Haushaltsrecht verwiesen werden. b) Finanzstatut Mit Einführung der Rechnungslegung nach den Grundsätzen kaufmännischer Buchführung (Doppik) gilt für die IHKs verbindlich ab dem Wirtschaftsjahr 2008 das durch § 3 Abs. 7a neu eingeführte Finanzstatut, das ab diesem Zeitpunkt die bisherige HKRO ablöst. Den Rechtsrahmen hierfür schafft der neu eingefügte § 3 Abs. 7a; § 12 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. den entsprechenden Ländervorschriften. Die Länderregelungen in den Ausführungsgesetzen zum IHKG sehen zwar eine Rechnungslegung nach den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechtes vor, haben in ihren Ausführungsbestimmungen aber klar gestellt, dass den IHKs keine bestimmte Art von Buchführungssystem (insbesondere Kameralistik oder kaufmännische Buchführung) vorgeschrieben werden soll (siehe z.B. in Bayern Art. 3 AGIHKG i.d.F. des Gesetzes vom 27. 11. 2007, BayGVBl. 785 und dazu BayLT-Drs. 15/8211).
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Der DIHK hat ein Muster-Finanzstatut erarbeitet, das von den IHKs mit geringfügigen Abweichungen übernommen und aufgrund ihrer Satzungsgewalt (§ 4 Satz 2 Nr. 8) erlassen worden ist. Das Finanzstatut tritt damit ab dem Wirtschaftsjahr 2008 an die Stelle der bisherigen HKRO, die ihrerseits die §§ 1, 87 der Landeshaushaltsordnung ersetzte. Ergänzend dazu gibt es einen MusterWirtschaftsplan sowie Muster-Verwaltungsvorschriften bzw. Erläuterungen zum Finanzstatut.
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Das Finanzstatut ist seiner Rechtsnatur nach Satzungsrecht, es muss von der Vollversammlung verabschiedet (§ 4 Satz 2 Nr. 8) und im Veröffentlichungsorgan der IHK verkündet werden. Das
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Finanzstatut ist dann für die IHK als statutarisches Recht verbindlich und erfüllt die Voraussetzungen, die § 48 HGrG und § 105 Abs. 1 LHO an eine abweichende Regelung stellen. Vor der öffentlichen Bekanntmachung bedarf das von der Vollversammlung beschlossene Finanzstatut der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Aufsichtsbehörde (§ 11 Abs. 2). Verstöße der Kammer gegen das Finanzstatut rechtfertigen als Rechtsverletzungen eine Beanstandung durch die Aufsichtsbehörde nach § 11 Abs. 1. 21d
Das Finanzstatut lehnt sich in Terminologie und Grundsätzen an die kaufmännische Buchführung nach dem HGB an, berücksichtigt allerdings hierbei die spezifischen Geschäftsvorgänge einer IHK. In der Terminologie löst der „Wirtschaftsplan“ den bisherigen „Haushaltsplan“ ab, die „Wirtschaftssatzung“ die bisherige „Haushaltssatzung“ und das „Geschäftsjahr“ das bisherige „Haushaltsjahr“. Zu den wichtigsten Grundsätzen zählt, dass der Entwurf des Wirtschaftsplanes einschließlich Wirtschaftssatzung vor Beginn des Geschäftsjahres vorgelegt wird (Grundsatz der Vorherigkeit). Die Rechnungslegung erfolgt im Rahmen eines von der Vollversammlung zu beschließenden Nachtrags-Wirtschaftsplanes sowie einer Bilanz nach kaufmännischen Grundsätzen (§§ 238 bis 256 HGB). c) Wirtschaftsplan
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Der in § 3 Abs. 2 Satz 1 vorgeschriebene Wirtschaftsplan verpflichtet die IHK, alljährlich Erträge und Aufwendungen zu veranschlagen. Das Geschäftsjahr der IHKs ist inzwischen nach dem Vorbild von Bund, Ländern und Gemeinden überall auf das Kalenderjahr umgestellt worden.
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Für die formelle Gestaltung des Wirtschaftsplans enthält das Gesetz keine Vorschriften. Sie ergibt sich vielmehr aus dem Finanzstatut (früher HKRO), zu dem auch ein Muster-Wirtschaftsplan nebst Anlagen gehört. Der Wirtschaftsplan beinhaltet die Plan-, Gewinn- und Verlustrechnung mit der voraussichtlichen Summe der Erträge, der Aufwendungen und den Saldo der Rücklagenveränderung. Ferner beinhaltet der Wirtschaftsplan den Finanzplan mit der voraussichtlichen Summe der Investitionsein- und -auszahlungen, der Summe der Ein- und Auszahlungen aus Finanzierungstätigkeit sowie der Summe sämtlicher Ein- und Auszahlungen. Die Planung der Gewinn- und Verlustrechnung beschreibt 246
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die Summe der Betriebserträge, den Betriebsaufwand, das Betriebsergebnis, das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, den Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag sowie schließlich hieraus resultierend den Bilanzgewinn bzw. Bilanzverlust. Bei den Erträgen im Wirtschaftsplan liegt das Schwergewicht bei den Kammerbeiträgen, deren Höhe alljährlich durch die Wirtschaftssatzung festgesetzt und deren Erhebung verfahrensrechtlich in der Beitragsordnung geregelt wird. Dazu kommen die Erträge aus Gebühren nach der Gebührenordnung (i.V.m. dem Gebührentarif), ggf. auch aus Sonderbeiträgen aufgrund einer Sonderbeitragsordnung. Schließlich sind neben den Erträgen aus Entgelten alle sonstigen betrieblichen Erträge aus der Nutzung des Kammervermögens anzusetzen. Dazu zählen insbesondere Mietund Pachteinnahmen, aber auch alle sonstigen privatrechtlichen Einnahmen, z.B. aus dem Verkauf von Vordrucken, der Herausgabe der Kammerzeitschrift und sonstigen Veröffentlichungen. Auf diese fiskalischen Erträge sowie die Gebührenerträge bezieht sich der Halbsatz: „soweit sie (sc. die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der IHK) nicht anderweitig gedeckt sind“. Die IHK muss also zunächst diese Erträge berücksichtigen, ehe sie den verbleibenden Bedarf in Form von Beiträgen deckt. Gleichzeitig wird die IHK dadurch angehalten, diesen Rahmen zunächst einmal auszuschöpfen. Beiträge der Kammerzugehörigen bilden also nach dem Willen des Gesetzgebers nur eine nachrangige Finanzierungsquelle. Eine rechtliche Verpflichtung der IHK, selbsterwirtschaftete Erträge aus Gebühren oder Entgelten zu erzielen, kann hieraus allerdings nicht abgeleitet werden.
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Auf der Aufwandsseite des Wirtschaftsplans geht es im Wesentlichen um Sach- und Personalkosten, die gemäß dem Muster-Wirtschaftsplan aufzugliedern sind, um den Materialaufwand sowie die Abschreibungen. Teil der Gewinnverwendung sind die Zuweisungen an die Liquiditätsrücklage und die Ausgleichsrücklage, die einen bestimmten Prozentsatz der fortdauernden Einnahmen nicht überschreiten sollen. Die (fakultative) Liquiditätsrücklage dient als Liquiditätsreserve, auf welche bei angespannter Kassenlage zur Vermeidung der Aufnahme von Kassenkrediten zurückgegriffen werden kann. Die (zwingende) Ausgleichsrücklage soll insbesondere konjunkturbedingte Schwankungen im Beitragsaufkommen auffangen und ist für eine kontinuierliche Finanzwirtschaft von besonderer Bedeutung. Daneben gibt es meist noch
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weitere zweckgebundene Rücklagen. Zur Rücklagenbildung ist die IHK nicht nur berechtigt, sondern im Interesse einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung sogar verpflichtet (VG Augsburg vom 2. 8. 2004 – 4 K 02.180). 26
Als Anlage gehören zum Wirtschaftsplan eine gesonderte Zusammenstellung der übernommenen Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewährleistungen, die zu Aufwendungen in künftigen Geschäftsjahren führen können. Größere Baumaßnahmen, die 5 % des Betriebsaufwandes überschreiten, sind von der Vollversammlung gesondert zu beschließen; Grundlage hierfür ist eine gesonderte Investitions- und Finanzierungsübersicht. Für unselbständige Einrichtungen der IHK, die sich zu einem erheblichen Teil aus eigenen Erträgen oder zweckgebundenen Leistungen Dritter finanzieren, sind gesonderte Wirtschaftspläne zulässig. Die gesonderten Wirtschaftspläne sind dem Wirtschaftsplan der IHK beizufügen.
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Der Wirtschaftsplan ist nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen (§ 3 Abs. 2 Satz 2). Diese Grundsätze des öffentlichen Haushaltsrechts sind so selbstverständlich, dass es ihrer ausdrücklichen Erwähnung im Gesetz eigentlich nicht bedurft hätte. Der Wirtschaftsausschuss des Bundestages hat seinerzeit diesen Satz nur deshalb aufgenommen, um dem Eindruck entgegenzuwirken, dass die Aufhebung des Beiträgegesetzes und der Kriegskontroll-Verordnung durch § 11 Abs. 3 auch eine Freistellung von diesen Grundsätzen bedeuten könnte. Verfehlt ist es deshalb, wenn Bremer (93, 94) aus diesem selbstverständlichen Satz weitgehende Konsequenzen für Haushaltswesen und Finanzgebaren der Kammern ableiten will und praktisch damit wieder zur unmittelbaren und vollständigen Anwendung des jeweiligen öffentlichen Haushaltsrechts kommt.
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Es bleibt jedoch noch die Streitfrage, inwieweit die Staatsaufsichtsbehörde die Einhaltung dieser Grundsätze nachprüfen kann. Wenn Bremer (93, 94) über die Rechtsfigur des unbestimmten Rechtsbegriffs die Rechtsaufsicht auf das gesamte Haushaltswesen ausdehnen will, gerät er in Widerspruch zum Grundgedanken der Rechtsaufsicht, welche gerade die Selbstverwaltung und Selbstverantwortlichkeit der IHKs garantieren soll. Dem Selbst248
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verwaltungsprinzip entspricht vielmehr ein vom Gesetzgeber übertragener Gestaltungsspielraum, in den die Rechtskontrolle nur bei Überschreitung der rechtlichen Grenzen oder Willkürentscheidungen eingreifen kann (§ 11 Rz. 5). Gerade wenn man davon ausgeht, dass die IHK im Rahmen ihres weitgespannten Aufgabenkreises selbst Schwerpunkt und Umfang der einzelnen Aktivitäten bestimmen kann, muss eine Rechtskontrolle über die damit verbundenen Aufwendungen und die dafür notwendigen Erträge sich auf die Prüfung beschränken, ob die zu finanzierenden Aufgaben zum gesetzlichen Wirkungskreis der IHKs gehören und ob bei der Finanzierung die allgemeinen Grundsätze einer wirtschaftlichen Haushaltsführung eingehalten sind. Es ist nicht möglich, auf dem Umweg über die Beanstandung von Beitragssätzen oder Aufwandsposten der IHK auch die Art ihrer Aufgabenerfüllung vorzuschreiben oder sie in Einzelfällen daran zu hindern. Auch wenn man § 3 Abs. 2 Satz 2 als einen Ansatzpunkt für die Rechtsaufsicht auffasst, muss stets das Selbstverwaltungsprinzip beachtet werden; die Staatsaufsichtsbehörde kann nur bei Überschreitung dieses Rahmens eingreifen (vgl. insbes. Fröhler, Staatsaufsicht, 43, 45, und 87, 88). Im Gemeinderecht finden sich vergleichbare Formeln, welche auch nicht als unbestimmte Rechtsbegriffe, sondern als Gestaltungsspielraum für die Selbstverwaltung verstanden werden (OVG Münster DÖV 1991, 611). Die Beschränkung der Rechtskontrolle im Haushaltswesen lässt sich auch aus § 11 Abs. 2 ableiten. Dort wird eine Genehmigungspflicht nur für Umlagesätze vorgeschrieben, die 0,8 % des Gewerbeertrags übersteigen. Auch hier kann die Staatsaufsichtsbehörde nicht Einzelheiten des Wirtschaftsplans (früher Haushaltsplan) kritisieren, sondern allenfalls nach Erörterung aller Gesichtspunkte die Genehmigung des vorgesehenen Umlagesatzes ablehnen. Es bleibt dann Sache der IHK, welche Änderungen des Wirtschaftsplans oder auch der Wirtschaftssatzung sie aufgrund eines zu reduzierenden Umlagesatzes vornimmt. Diese Bestimmung beweist, dass es sich bei der Rechtsaufsicht im Haushaltswesen nur um ein Teilgebiet der allgemeinen Rechtsaufsicht handelt und daraus nicht etwa wegen der in § 3 Abs. 2 Satz 2 erwähnten Grundsätze eine vorbeugende Finanzaufsicht entwickelt werden kann.
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Der Wirtschaftsplan ist von der Vollversammlung festzustellen (§ 4 Nr. 3). Aus der Kammersatzung ergibt sich, dass der Wirt-
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schaftsplan vom Hauptgeschäftsführer (ggf. i.V.m. einer Etatkommission) vorbereitet und im Einvernehmen mit dem Präsidium eingebracht wird. 31
Unterschiedliche Auffassungen bestehen zur Frage der Öffentlichkeit des Wirtschaftsplanes. Eine Pflicht zur Veröffentlichung besteht – wie auch bei staatlichen oder kommunalen Haushalten – nicht (Kauczor, Haushaltsrecht, § 1 HKRO Anm. 6; vgl. auch BVerfGE 20, 53, 92). Anders als etwa im Kommunalrecht (vgl. etwa § 79 Abs. 6 GO NW) ergibt sich aus dem IHKG auch keine ausdrückliche Verpflichtung, den Wirtschaftsplan der Öffentlichkeit oder auch nur den Kammerzugehörigen zugänglich zu machen. Das IHKG schließt allerdings die Befugnis der Länder nicht aus, durch ein allgemeines Informationsfreiheitsgesetz – wie in NRW, s. IFG NRW v. 27. 11. 2001 – GVBl. 806 und dazu Grütters, GewArch 2003, 271 – Ansprüche auf Zugang zu amtlichen Informationen außerhalb konkreter Verwaltungsverfahren auch gegenüber IHKs einzuräumen (BVerwG GewArch 2007, 478; dazu ferner Rickert, WuV 2004, 153). Die in § 12 Abs. 1 Nr. 7 eröffnete Regelungszuständigkeit der Bundesländer betrifft nur die Grundsätze der Rechnungslegung und die Prüfung der Jahresrechnung. Dementsprechend umfasst die in den Landesausführungsgesetzen enthaltene Verweisung auf das staatliche Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen (vgl. etwa § 4 IHKG NW) nicht die Aufstellung und Ausführung des Wirtschaftsplans und damit auch nicht die Frage, ob dieser öffentlich zu machen ist. Teilweise wird eine dahin gehende Pflicht aber aus einem allgemeinen Haushaltsgrundsatz der Öffentlichkeit hergeleitet, der auch die Öffentlichkeit des Haushaltsplans umfasst (Wiesner, Finanzwirtschaft, 67). Selbstverständlich und notwendig sei zudem die Verabschiedung des Haushalts in öffentlicher Sitzung der Vollversammlung. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit könne nur hinsichtlich von Teilgebieten, etwa aus Gründen der Wahrung des Steuergeheimnisses, der Gefahr einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten bzw. des Datenschutzes in Frage kommen (Kauczor, § 1 HKRO Anm. 6.3.).
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Der DIHK hat per Vollversammlungsbeschluss vom 22. 10. 1998 den IHKs empfohlen, den Haushaltsplan (jetzt: Wirtschaftsplan) unter Beachtung der o.g. Einschränkungen während des gesamten Haushaltsjahres zur Einsicht auszulegen und in zusammengefasster Form in der Kammerzeitschrift zu veröffentlichen. Dabei soll auf die Möglichkeit der Einsichtnahme hingewiesen werden. Eine 250
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Verpflichtung der IHKs, den Kammerzugehörigen den Haushaltsplan auf Anforderung zu übersenden, besteht nicht. An dieser DIHK-Beschlusslage hat sich auch nach Einführung der Doppik bei den IHKs und Änderung des IHKG per 1. 1. 2008 nichts geändert. Der Wirtschaftsplan kann von den Kammerzugehörigen nicht angefochten werden. Er ist eine innerorganisatorische Norm, die weder Rechte noch Verbindlichkeiten Dritter begründet (vgl. § 3 Abs. 2 BHO und gleich lautend § 3 Abs. 2 Satz 2 Muster-Finanzstatut). Auch über eine Anfechtung des Beitragsbescheides ist eine gerichtliche Kontrolle des Wirtschaftsplanes grundsätzlich nicht zu erreichen.
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d) Wirtschaftssatzung Zum Wirtschaftsplan gehört alljährlich auch die Wirtschaftssatzung, deren wichtigster Teil die Festsetzung des Maßstabes für Beiträge und Sonderbeiträge ist (§ 4 Nr. 4) und deren Inhalt sich im Übrigen aus dem Musterfinanzstatut ergibt. Die Wirtschaftssatzung ist von der Vollversammlung zusammen mit dem Wirtschaftsplan zu verabschieden und zu veröffentlichen, weil sie die Beitragspflichten der Kammerzugehörigen konkretisiert; insoweit handelt es sich um Rechtsnormen (VGH Kassel vom 29. 5. 1969 – V OE 34/68; OVG Lüneburg GewArch 1999, 122 zur Zulässigkeit der Rückwirkung). Eine fehlerhafte Wirtschaftssatzung kann auch im gerichtlichen Verfahren bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung durch nachträglichen Beschluss der Vollversammlung geheilt werden (VG Münster vom 28. 6. 1999 – 3 K 1271/95). Die Wirtschaftssatzung mit der Festsetzung der Beiträge ist in dem von der Kammersatzung vorgesehenen Organ zu publizieren. Diesbezüglich kann gegen die Rechtmäßigkeit eines späteren Beitragsbescheides nicht eingewandt werden, die erforderliche Veröffentlichung des Satzungsrechts sei unwirksam gewesen, weil der Kammerzugehörige das amtliche Mitteilungsblatt der IHK nicht erhalten habe; insoweit zählt es zu den eigenen Obliegenheiten des Kammerzugehörigen, sich das entsprechende Publikationsorgan bei der IHK zu beschaffen oder es anzufordern (VG Magdeburg vom 17. 3. 2004 – 3 A 477/03). Bei der Veröffentlichung der Wirtschaftssatzung geht es um die Staffelungskriterien und die Höhe der Grundbeiträge, um den Umlagesatz und den für Jahn
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die Umlage maßgebenden Bemessungszeitraum sowie um die Erhebung von Vorauszahlungen; falls der Umlagesatz 0,8 % des Gewerbeertrags übersteigt, ist auch die aufsichtsbehördliche Genehmigung in der Veröffentlichung zu vermerken. Seit Inkrafttreten der Beitragsfreistellung für „Kleinstgewerbetreibende“ am 1. 1. 1999 kann die Wirtschaftssatzung auch Festlegungen über die Freistellungsgrenze enthalten. Soll – was möglich ist – von der Regelgrenze des § 3 Abs. 3 Satz 5 abgewichen werden, sind solche Festlegungen erforderlich. Sollen trotz Überschreiten des gesetzlichen Schwellenwerts beitragsbefreiter Kammerzugehöriger die Freistellungsgrenzen nicht abgesenkt werden, empfiehlt sich, die entsprechende Ermessensausübung der IHK-Vollversammlung in der Sitzungsniederschrift zu protokollieren. Eine Veröffentlichungspflicht besteht nur bei einer Absenkung der Ertragsgrenzen gemäß § 3 Abs. 3 Satz 5, weil sich in diesem Fall der Kreis der Beitragspflichtigen ändert. Schließlich sind in der Wirtschaftssatzung die Endsummen des Wirtschaftsplans für Erträge und Aufwendungen anzugeben. 35
Die IHK ist bei der Ausführung von Wirtschaftsplan und Wirtschaftssatzung an deren Ansätze gebunden. Sie muss ggf. einen Nachtragswirtschaftsplan vorlegen, wenn sich im Laufe des Geschäftsjahres – auch ohne Überschreitung des Gesamtansatzes – wesentliche Veränderungen in den Aufwandstiteln ergeben und für einen Ausgleich die gegenseitige Deckungsfähigkeit nicht mehr ausreicht. Bei Titelüberschreitungen und abweichender Verteilung genügt dagegen eine nachträgliche Genehmigung; sie wird in der Regel bei der Entgegennahme des Jahresabschlusses und der Entlastung erteilt.
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Wenn im Rahmen eines Nachtragswirtschaftsplans auch Beiträge erhöht werden müssen, bedarf es zusätzlich einer Änderung der Wirtschaftssatzung durch die Vollversammlung; die geänderte Wirtschaftssatzung ist erneut zu verkünden. Wenn dagegen lediglich Beiträge oder sonstige Erträge höher als veranschlagt eingehen, braucht der Überschuss des Jahresabschlusses im Rahmen der Ergebnisverwendung nur in den Wirtschaftsplan des nächsten Jahres übertragen zu werden, soweit das Finanzstatut das zulässt. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang noch, dass das doppische System im Grundsatz vom Gesamtdeckungsprinzip ausgeht. 252
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Schließlich bestimmt die Wirtschaftssatzung darüber, bis zu welcher Höhe Kredite aufgenommen und Verpflichtungen für künftige Investitionsausgaben eingegangen werden dürfen.
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Bei einem Beitragsprozess kann in begrenztem Umfang auch die Wirtschaftssatzung mit der Festsetzung der Beiträge verwaltungsgerichtlich nachgeprüft werden. Da es sich bei der Festsetzung der Beiträge um eine Selbstverwaltungsentscheidung der Vollversammlung handelt, genügt eine nachvollziehbare Abwägung der verschiedenen für die Kammerfinanzierung wichtigen Gesichtspunkte (VG Arnsberg GewArch 1996, 415; vgl. auch zum Kommunalrecht OVG Münster NVwZ 1988, 1156; 1990, 689; dazu auch die Nachweise 6. Aufl., § 3 Rz. 38).
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e) Rechnungsprüfung Wegen der Kontrolle des Haushaltswesens der IHKs wird auf die Ausführungen zur Rechnungsprüfung (§ 12 Abs. 1 Nr. 7) sowie zur Entlastung (§ 4 Nr. 5) verwiesen. Die IHKs unterliegen nicht der staatlichen Rechnungsprüfung nach der jeweiligen Landeshaushaltsordnung (VGH München GewArch 2008, 72).
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4. Beiträge a) Entwicklung des Beitragsrechts in den Jahren 1999 bis 2008 Die gesetzlichen Grundlagen des IHK-Beitrags haben seit Erscheinen der Vorauflage erhebliche Veränderungen erfahren (zur Entwicklung des Beitragsrechts von 1990 bis 1999 s. 6. Aufl., § 3 Rz. 40–42). Obwohl das IHKG mit dem Änderungsgesetz 1998 mit Wirkung vom 1. 1. 1999 (Gesetz vom 23. 7. 1998, BGBl. I, 1887, 3158; zu der Novelle ausführlich Jahn, GewArch 1998, 356) geändert worden war, ließ der politische Druck auf die Kammerorganisation auch in der Folgezeit nicht nach. Dies war erstaunlich, nachdem nach der IHKG-Novelle 1998 der Deutsche Bundestag in einer begleitenden Entschließung über die Notwendigkeit der Pflichtmitgliedschaft (BT-Drs. 13/10297) die Notwendigkeit der Pflichtmitgliedschaft bekräftigt hatte, die Bundesregierung in ihrem Bericht über die Beiträge, Aufgaben und die Effizienz der IHKs (BT-Drs. 14/9195) diese Sichtweise bestätigt hatte sowie das Bundesverfassungsgericht in seinem richtungsweisenden Beschluss Jahn
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vom 7. 12. 2001 (GewArch 2002, 98) die gesetzliche Pflichtmitgliedschaft abermals als verfassungsgemäß bestätigt hatte. Die erste Initiative zur (mittelbaren) Änderung des IHKG hatte die Bundesregierung bereits 2003 mit dem Kleinunternehmerförderungsgesetz (KFG vom 31. 7. 2003, BGBl. I, 1550) in Angriff genommen, das rückwirkend zum 1. 1. 2003 in Kraft trat. Ziel dieses Gesetzes war, unnötige bürokratische Belastungen für Unternehmen abzubauen und Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzierungsbedingungen insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen einzuleiten. Hierzu wurden durch das KFG vereinfachte Gewinnermittlungsmöglichkeiten für Existenzgründer und Kleinunternehmer geschaffen sowie die Wertgrenzen für bestehende Beitragsbefreiungstatbestände bei den IHKs indirekt erhöht. Das KFG hätte insbesondere Änderungen der steuerrechtlich relevanten Umsatzgrenzen in der AO vorgesehen, auf die § 3 Abs. 3 IHKG bis dahin verwies. Geplant war eine Erhöhung – der für die Beitragsbefreiung in § 3 Abs. 3 Satz 3 maßgeblichen Ertragsobergrenze von 5200 Euro auf 7000 Euro, – der ebenfalls für die Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 3 Satz 4 heranzuziehenden Umsatzobergrenze von 52.000 Euro auf 70.000 Euro und – der nach § 3 Abs. 4 Satz 1 für die Beitragsveranlagung von Mischbetrieben maßgeblichen Mindestumsatzgrenze von 135.000 Euro auf 175.000 Euro. Die für das Beitragsrecht der IHKs maßgeblichen Änderungen durch das KFG wären allerdings erst für Veranlagungszeiträume ab 2004 zu beachten gewesen (Art. 7 KFG; § 19 EGAO). Die neuen Ertrags- und Umsatzgrenzen wären folglich erst ab 1. 1. 2004 im Beitragsrecht der Kammern zu berücksichtigen gewesen. Allerdings sind die entsprechenden Änderungen des KFG für Zwecke des IHK-Beitragsrechts obsolet geworden, da der Gesetzgeber zwischenzeitlich mit dem Dritten Gesetz zur Änderung der HWO und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften (sog. „Große Handwerksnovelle“ vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934) die entsprechenden Beitragsbefreiungsgrenzen von der AO abgekoppelt und unmittelbar im IHKG ab dem 1. 1. 2004 selbst geregelt hatte (siehe Jahn, GewArch 2004, 41, 44).
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Beiträge
Die nächsten größeren Änderungen im Beitragsrecht der IHKs ergaben sich mit Wirkung vom 1. 1. 2004 durch die oben erwähnte „Große Handwerksnovelle“ (vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934) und das sog. Kleinunternehmergesetz („Kleine Handwerksnovelle“ vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2933; zur Entstehungsgeschichte der beiden Gesetze siehe Jahn, GewArch 2004, 41; Schwannecke/ Heck, GewArch 2004, 129; Kormann/Hüpers, GewArch 2004, 353). Zielsetzung dieser beiden Gesetze war neben der Einschränkung des Meistervorbehalts und Aufgabe des Inhaberprinzips im Handwerksrecht insbesondere die Schaffung von Zugangserleichterungen für Existenzgründungen. Hierzu gab es neben umfangreichen Neuerungen bei der organisationsrechtlichen Zuordnung von Kleinunternehmern zur IHK bzw. Handwerkskammer (siehe dazu oben die Kommentierung bei § 2 Rz. 114; Jahn, GewArch 2004, 41) auch beitragsrechtliche Erleichterungen. Für das IHKBeitragsrecht ergaben sich folgende Änderungen ab 1. 1. 2004: Die allgemeine Beitragsbefreiungsgrenze für Kleinunternehmen (ohne Rücksicht auf deren Gründungszeitpunkt) wurde durch die Neufassung des § 3 Abs. 3 Satz 3 auf dem alten Niveau unmittelbar im IHKG geregelt. Seit 1. 1. 2004 sind Kammerzugehörige beitragsbefreit, die weder im Handels-, noch im Genossenschaftsregister eingetragen sind und deren Gewerbeertrag, hilfsweise Gewinn aus Gewerbebetrieb im jeweiligen Haushaltsjahr 5200 Euro nicht übersteigt. Völlig neu in das Gesetz eingefügt wurde eine Beitragsbefreiungsregelung für Existenzgründer. Natürliche Personen, die als Kammerzugehörige weder im Handelsregister noch im Genossenschaftsregister eingetragen sind, sind seit 1. 1. 2004 nach § 3 Abs. 3 Satz 4 bei der IHK zwei Jahre lang komplett vom Beitrag (also sowohl vom Grundbeitrag als auch von der Umlage) und zwei weitere Jahre nur von der Umlage befreit, soweit ihr Gewerbeertrag, hilfsweise Gewinn aus Gewerbebetrieb, 25.000 Euro im Jahr nicht übersteigt. Da der schon bislang für kammerzugehörige natürliche Personen und Personengesellschaften geltende Umlagefreibetrag auch nach der IHKG-Novelle 2004 erhalten blieb, sind seit 1. 1. 2004 Existenzgründer von der Umlage befreit, die zwischen 15.340 Euro und 25.000 Euro Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb erhoben wird. Die neu eingeführte Befreiungsregelung gilt aber nur für natürliche Personen und auch bei diesen nur dann, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor ihrer Jahn
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Status, Beiträge und Gebühren
Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren. Mit dieser Einschränkung wollte der Gesetzgeber das Beitragsprivileg auf „echte“ Existenzgründer beschränken (näher Jahn, GewArch 2004, 41, 44). Außerdem hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass die Beitragsbefreiung nur für Existenzgründungen nach dem 31. 12. 2003 zum Zuge kommt (§ 13a Abs. 3). Schon nach dem früheren Recht konnte durch Vollversammlungsbeschluss (§ 3 Abs. 3 Satz 5) die Beitragsbefreiung zusätzlich von einer Umsatzobergrenze oder gar von einer niedrigeren Gewerbeertrags-/Gewinngrenze abhängig gemacht werden, wenn zu befürchten war, dass der Kreis der beitragsfreien IHK-Mitglieder (bezogen auf alle Kammerzugehörigen) mehr als ein Drittel beträgt. Dieses Korrektiv war schon früher in das Gesetz eingefügt worden, um eine Verletzung des Äquivalenzprinzips auszuschließen, also zu verhindern, dass zu viele Kammerzugehörige vom Beitrag freigestellt werden (siehe BVerwG GewArch 1990, 398). Die Grenze der beitragsfreien Kammerzugehörigen wurde per 1. 1. 2004 durch den neu gefassten § 3 Abs. 3 Satz 5 ausgeweitet. Soweit durch die Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 3 Sätze 3 und 4 die Zahl der Beitragspflichtigen voraussichtlich geringer als 55 % sein wird, also die Zahl der beitragsbefreiten Kammerzugehörigen über 45 % steigt, kann die Vollversammlung im Rahmen auszuübenden Ermessens eine oder beide Befreiungsgrenzen entsprechend absenken. Die Einbeziehung der früher üblichen zusätzlichen Umsatzgrenze als Korrektiv zur Begrenzung der beitragsbefreiten Kammerzugehörigen sieht das ab dem 1. 1. 2004 geltende Recht nicht mehr vor. Ob die Vollversammlung von der Absenkungsbefugnis Gebrauch macht, obliegt im Rahmen der anzustellenden Prognose ihrem Ermessen, das Teil ihres Budgetrechts ist (BTDrs. 15/2083, 50). Mit der IHKG-Novelle 2004 hat der Gesetzgeber auch in § 3 Abs. 4 Satz 1 die maßgebliche Umsatzgrenze von der AO abgekoppelt und eine Regelung unmittelbar im IHKG getroffen. Im Handelsregister eingetragene Betriebe, die ein Handwerk oder handwerksähnliches Gewerbe ausüben, sind seit 1. 1. 2004 bei der IHK nur noch beitragspflichtig, wenn der Umsatz im nichthand-
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Beiträge
werklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteil mehr als 130.000 Euro/Jahr beträgt. Schon unter dem früher geltenden Beitragsrecht waren Apothekeninhaber, Freiberufler und Angehörige der Land- und Forstwirtschaft beitragsrechtlich privilegiert. Hiermit wurde berücksichtigt, dass die genannten Personenkreise doppelt kammerzugehörig sind und in der Regel auch bei einer berufsständischen Kammer Beiträge entrichten müssen. Durch Neufassung des § 3 Abs. 4 Satz 3 wurde klargestellt, dass die entsprechende Beitragsprivilegierung in Einzelfällen, für die die gesetzliche Regelung von vornherein nicht gedacht war, nicht mehr greift. Durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz (MEG II vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) wurde das IHK-Beitragsrecht abermals geändert. Im Wesentlichen sind die Änderungen zum 1. 1. 2008 in Kraft getreten (siehe Jahn, GewArch 2007, 353). Die Änderungen des IHKG betrafen neben dem IHK-Beitragsrecht vor allem die redaktionell erforderliche Anpassung des Gesetzes an die Einführung einer neuen Rechnungslegung nach den Grundsätzen kaufmännischer Buchführung (Doppik, siehe dazu oben Rz. 16 ff.), Klarstellungen in Bezug auf die Kammerzugehörigkeit nach § 2 Abs. 1 u. 3, die Einfügung einer Rechtsgrundlage für Auslagenersatz (§ 3 Abs. 6 und 7), die Einfügung einer Satzungskompetenz für IHK-Veröffentlichungen (§ 4 Satz 2 Nr. 7; 4 Satz 4), Konkretisierungen im IHK-Wahlrecht (§ 5 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1) sowie umfangreiche Neuregelungen für den Bereich der Datenerhebung und Datenverarbeitung der IHKs (§ 9). Im IHK-Beitragsrecht wurde die bisherige Beitragsbefreiungsregelung für Nichtkaufleute mit geringem Gewinn konkretisiert. Mit der redaktionellen Klarstellung soll eine Gleichstellung inländischer und ausländischer Kapitalgesellschaften erreicht, insbesondere klargestellt werden, dass die Beitragsbefreiungsregelung auf (ausländische) Limiteds keine Anwendung findet (so schon VG Darmstadt GewArch 2007, 85). Eine entsprechende Folgeänderung betrifft die erfolgten Klarstellungen in § 3 Abs. 3 Satz 4. § 3 Abs. 3 Satz 4 berücksichtigt mit seinen redaktionellen Änderungen die Umstellung des Rechnungswesens der IHKs auf die Doppik und stellt klar, dass von dem Beitragsprivileg nur solche kammerzugehörigen Existenzgründer profitieren, die „natürliche Personen“ sind. Jahn
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Schon nach der bisher geltenden Regelung in § 3 Abs. 3 Satz 9 konnte Gewerbetreibenden, die einer IHK „mehrfach“ angehören, ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden. Diese Regelung ist – wörtlich genommen – ohne Sinn, da es den Fall einer echten Mehrfachmitgliedschaft desselben Kammerzugehörigen rechtlich nicht geben kann (Jahn, GewArch 1998, 356). Die ab 1. 1. 2008 geltende Neuregelung des § 3 Abs. 3 Satz 9 und 10 ist nunmehr unter Verzicht auf den Antrag als Ermessenstatbestand ausgestaltet. Es wird klargestellt, dass es den IHKs möglich sein soll, einen ermäßigten Grundbeitrag einzuräumen, wenn eine Muttergesellschaft und eine hundertprozentige Tochtergesellschaft jeweils mit ihrem Hauptsitz derselben IHK angehören. Ob die IHK hiervon Gebrauch macht, steht unter Satzungsvorbehalt, erfordert also einen Beschluss der jeweiligen IHK-Vollversammlung. b) Rechtsnatur des IHK-Beitrags 43
Die Beiträge zu den Industrie- und Handelskammern sind öffentliche Abgaben; sie gehören jedoch nicht zu den Steuern, sondern sind Beiträge im abgabenrechtlichen Sinne und müssen alle Voraussetzungen für Beiträge erfüllen (zur Rechtsnatur siehe Schöbener, Handbuch des Kammerrechts, Rz. 5).
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Der Oberbegriff der öffentlichen Abgabe kennzeichnet alle öffentlich-rechtlichen Geldleistungen, welche durch Gesetz auferlegt werden und die bei Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes an ein öffentlich-rechtliches Gemeinwesen zu entrichten sind. In diesem Rahmen unterscheidet man in herkömmlicher Weise zwischen Steuern, Beiträgen und Gebühren, welche der Deckung des notwendigen Haushaltsbedarfs dienen. Neuerdings kommen dazu als 4. Gruppe die Sonderabgaben, bei denen statt des finanzwirtschaftlichen Zwecks (Erzielung von Einnahmen) die wirtschaftspolitische Zielsetzung maßgebend ist (vgl. BVerfGE 55, 274; Axer, GewArch 1996, 453; ferner die Nachweise Vorauflage Rz. 44). Die Beiträge stehen dabei zwischen den Steuern, die keinerlei Entgeltcharakter haben, und den Gebühren, die Gegenleistung für eine besondere Verwaltungsleistung sind. Beiträge stellen nämlich keine Gegenleistung für besondere Leistungen dar, sondern dienen der allgemeinen Finanzierung der Tätigkeit einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft durch ihre Zugehörigen. Sie gelten die im Gesamtinteresse der Zugehörigen erbrachten Leistungen ab und wer258
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den wegen dieses generellen und abstrakten Entgeltcharakters auch als Vorzugslasten bezeichnet; der Vorteil für die Zahlungspflichtigen braucht also nur generell und sehr mittelbar zu sein (vgl. BVerwGE, 39, 100; 42, 210; GewArch 1990, 398; die Nachweise bei Jahn, GewArch 2005, 169, 221, 222) und kann sich bis zu einer Fiktion verflüchtigen. Dass die Kammerbeiträge diese Voraussetzungen einer Vorzugslast erfüllen, hat insbesondere Klein (DVBl. 1959, 315 mit ausführlichen Hinweisen auf Rechtsprechung und Schrifttum) gegen Vogel (DVBl. 1958, 491, der irrigerweise die Kammerbeiträge als Steuern qualifiziert) nachgewiesen (vgl. auch VGH Mannheim GewArch 1996, 482; DVBl. 1997, 659; Axer, GewArch 1996, 453). Wenn man innerhalb der Vorzugslasten noch differenzieren will, so gehören die Kammerbeiträge zu den Verbandslasten, die nach der Leistungsfähigkeit der Zugehörigen erhoben und nicht einmal abstrakt nach dem individuellen Vorteil berechnet werden (zur Verwendung der Begriffe Vorzugslast, Verbandslast, Mitgliedsabgabe vgl. Axer, GewArch 1996, 453). Deshalb kommt es bei der Verbandslast auch nicht darauf an, ob der Kammerzugehörige die generellen Vorteile seiner Zugehörigkeit tatsächlich in Anspruch nimmt (vgl. BVerwGE 25, 149; 42, 210; OVG Münster vom 23. 2. 2006 – 4 A 4451/03; OVG Koblenz GewArch 1997, 196, 198; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, 549) oder – wegen nachträglicher Feststellung seiner Gewerbesteuerpflicht und Kammerzugehörigkeit – überhaupt nicht in Anspruch nehmen konnte (OVG Lüneburg vom 27. 1. 1984 – 8 OVG A 4/83; für Handwerkskammern BVerwG GewArch 1977, 232; VGH Mannheim GewArch 1988, 165, 166; Jahn, GewArch 2005, 221, 222). Für die Wahrung des Äquivalenzprinzips genügt der allgemeine Nutzen, der sich für die Kammermitglieder aus der Wahrnehmung der Kammeraufgaben durch die IHK ergibt (OVG Münster vom 23. 2. 2006 – 4 A 4451/03; OVG Lüneburg GewArch 1996, 413; VG Oldenburg vom 14. 11. 2006 – 12 A 857/05). In diesem Sinne haben die Verwaltungsgerichte inzwischen auch mehrfach Einwendungen gegen Kammerbeiträge abgewiesen (vgl. die umfangreichen Rechtsprechungszitate bei Jahn, GewArch 2005, 211, 212).
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§ 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes beinhaltet die Grundvorschrift, wonach die notwendigen Haushaltsmittel, soweit sie nicht durch anderweitige Einnahmen gedeckt sind, durch Beiträge der Kammerzugehörigen aufzubringen sind; der Pflichtzugehörigkeit ent-
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spricht der Pflichtbeitrag. Abs. 3 und 4 regeln anschließend diesen Pflichtbeitrag näher und unterscheiden zwischen Grundbeiträgen und Umlage. Das Gesetz sieht dabei Abstufungen und Ausnahmen vor, um der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen Rechnung zu tragen. 47
Kammerbeiträge sind als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG steuerlich abzugsfähig. c) Grundbeitrag
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Sinn des Grundbeitrags war es ursprünglich, neben der von der steuerlichen Leistungsfähigkeit abhängigen Umlage eine Finanzierungskomponente zu haben, die alle Kammerzugehörigen – oder zumindest die Vollkaufleute unter ihnen – im Sinne einer allgemeinen „Grundlast“ gleichmäßig traf (vgl. die 5. Aufl., S. 181). Ganz wurde dieses Prinzip jedoch auch früher nicht durchgehalten, was sich etwa darin äußerte, dass mehr als die Hälfte aller kammerzugehörigen Gewerbetreibenden keinen und etwa 20 % nur einen ermäßigten Grundbeitrag zahlten. Mit der Einbeziehung aller Kammerzugehörigen in die Beitragspflicht und der Ausklammerung des Gewerbekapitals aus der Bemessungsgrundlage für die Umlage durch die Beitragsnovelle vom 21. 12. 1992 ergab sich die Notwendigkeit einer stärkeren Differenzierung des Grundbeitrags (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 12/3320, 8). § 3 Abs. 3 Satz 2 IHKG in der Fassung des Gesetzes vom 21. 12. 1992 ließ daher eine Staffelung nach der Leistungskraft zu (siehe Jahn, GewArch 1993, 129). Die Staffelungsbefugnis bezieht sich aber nur auf den Grundbeitrag, denn für eine Staffelung der Umlage fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage (OVG Koblenz GewArch 2001, 344). An der Verfassungsmäßigkeit der Regelung über die Grundbeitragsstaffelung bestehen keine Bedenken (BVerwG GewArch 1999, 193).
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Über die Auslegung des Begriffes „Leistungskraft“ gab es in der Folgezeit allerdings in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen. Während in den meisten Entscheidungen die Wahl der Staffelungskriterien weitgehend in das Ermessen der jeweiligen IHK gestellt und dabei sowohl ein einheitlicher Grundbeitrag als auch ein nach den Kriterien „Handelsregistereintragung“ oder „Vollkaufmannseigenschaft“ gestaffelter Grundbeitrag als rechtmäßig akzeptiert wurde, legten einige Gerichte den Begriff „Leis260
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tungskraft“ im Wesentlichen als gleichbedeutend mit steuerlicher Leistungsfähigkeit aus und lehnten damit eine Staffelung nach der „Handelsregistereintragung“ oder „Vollkaufmannseigenschaft“ ab bzw. ließen die Staffelung nach der „Vollkaufmannseigenschaft“ nur in Verbindung mit Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb zu (s. die Rechtsprechungsnachweise 6. Aufl., Rz. 49, ferner Jahn, GewArch 1997, 177, 183; Jahn, GewArch 2005, 169, 223; Jahn, GewArch 2008, 137, 139). Dem hat der Gesetzgeber durch das IHKGÄndG vom 23. 7. 1998 (BGBl. I, 1887) abgeholfen, indem er in dem neugefassten § 3 Abs. 3 Satz 2 die „Leistungskraft“ nur als ein Staffelungskriterium nennt und daneben ausdrücklich Art und Umfang des Gewerbebetriebs erwähnt. Da es sich außerdem um eine bloß beispielhafte Aufzählung handelt („insbesondere“), ist auch die Heranziehung weiterer Kriterien (etwa Handelsregistereintrag, Beschäftigtenzahl, Umsatz) für die Beitragsstaffelung zulässig (vgl. die Begründung des Änderungsantrags von CDU/CSU, F.D.P. und SPD vom 10. 2. 1998, BT-Drs. 13/9975). Damit haben auch die so genannten „Großbetriebsstaffeln“, die sich in der Regel an Umsatz, Bilanzsumme oder Beschäftigtenzahl orientieren, eine sichere gesetzliche Grundlage erhalten. Auch der Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb bleibt weiterhin mögliches Staffelungskriterium. Im Normalfall ist dabei auf den ungekürzten Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb abzustellen, denn der Freibetrag des § 3 Abs. 3 Satz 7 gilt nur für die Umlage (Jahn, GewArch 1998, 356, 359). Kammerzugehörige, für die § 3 Abs. 4 Sätze 2 und 3 Anwendung finden (Apotheker, sonstige Freiberufler und Landwirte) werden nur mit den dort genannten Anteilen zum Grundbeitrag veranlagt. Der recht breite Gestaltungsspielraum der IHKs bei der Staffelung der Grundbeiträge ist ein typisches Kennzeichen einer Selbstverwaltungskörperschaft. Er entzieht sich daher weitgehend der gerichtlichen Überprüfung. Am eingehendsten sind diese Fragen bisher bei den Gemeinden untersucht worden, wenn die Festsetzung der gemeindlichen Hebesätze angefochten wurde (VGH München BayVBl. 1976, 341; OVG Münster NVwZ 1988, 1156; 1990, 689; dazu Müller, NVwZ 1990, 640; Beckmann, DVBl. 1990, 1193, 1198). In allen diesen Fällen wurden Normenkontrollklagen oder auch inzidente Überprüfungen der gemeindlichen Hebesätze wegen der gemeindlichen Finanzautonomie abgewiesen. Aber auch Jahn
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in Bezug auf die IHK-Beiträge haben die Gerichte dies in jüngerer Zeit wiederholt bestätigt. So ist etwa die Haushaltssatzung (Wirtschaftssatzung) nicht deshalb rechtswidrig, weil sie keinen speziellen Grundbeitrag für Mitglieder enthält, die keinen Gewinn erzielen (VG Regensburg GewArch 1995, 479). Gegen die Erhebung eines Grundbeitrags auch bei Verlust bestehen keine Bedenken (siehe die Nachweise bei Jahn, GewArch 2005, 169, 224 (Fn. 214)). Die Kammern sind ferner rechtlich nicht gehalten, ihr Beitragssystem dem Steuersystem entsprechend progressiv, wenigstens aber linear auszugestalten (OVG Koblenz GewArch 1997, 196, 198) oder beim Grundbeitrag überhaupt die individuelle Ertragssituation zu berücksichtigen (VG Leipzig GewArch 1997, 210). 51
Auch verlangt das Gleichheitsgebot nicht, dass jeder Besonderheit Rechnung getragen werden muss, sondern es lässt aus Gründen der Praktikabilität dem Grundsatz der Typengerechtigkeit entsprechende Pauschalierungen zu (OVG Magdeburg GewArch 1997, 154; OVG Münster vom 29. 4. 1998 – 4 A 2384/97; Jahn, GewArch 2005, 169, 223 [Fn. 205]). Deshalb besteht für die durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG v. 28. 10. 2008, BGBl. I, 2026) ab 1. 11. 2008 eingeführten „kleinen“ GmbH, der „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ kein Anspruch auf eine gesonderte (geringere) Grundbeitragsstaffel. Eine solche beitragsrechtliche Besserstellung einer im Handelsregister eingetragenen juristischen Person mit Haftungsbeschränkung der Gesellschafter wäre systemfremd und kammerrechtlich schwer begründbar. Auch eine Beitragsbefreiung kommt deshalb nicht in Betracht (siehe unten Rz. 74). Und schließlich ist ein Vergleich der Beiträge in verschiedenen IHK-Bezirken für die Frage einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG irrelevant. Die Festsetzung der Beiträge ist von der Mitgliederstruktur des Kammerbezirks abhängig und daher einer allgemeinen Regelung auf Gesetzesebene nicht zugänglich (VG Würzburg GewArch 1996, 482; vgl. auch Jahn, GewArch 1997, 177, 183; Jahn, GewArch 2005, 169, 223).
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Für das richtige Verhältnis von Grundbeiträgen und Umlage gibt es ebenfalls keine festen Richtgrößen – weder für ihren Anteil am Haushaltsvolumen noch für ihre absolute Höhe. Dazu ist die Struktur der Kammerbezirke zu unterschiedlich – von den gewerbesteuerlichen Änderungen und ihren beitragsrechtlichen Kon262
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sequenzen ganz abgesehen. Es ist vielmehr Aufgabe der Vollversammlung, bei der Festlegung von Grundbeitrag und Umlage entsprechend den bezirklichen Verhältnissen und Haushaltsnotwendigkeiten die verschiedenen Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen und einen Ausgleich zwischen der allgemeinen „Grundlast“ und der von der Leistungsfähigkeit abhängigen Umlage zu finden. Bei einer Erhöhung von Beiträgen wird es beispielsweise darauf ankommen, alle Gruppen von Beitragszahlern möglichst gleichmäßig mehr zu belasten. Eine größere Korrektur und damit eine Umschichtung im Aufkommen kann aber auch notwendig sein, wenn die Belastungen bisher zu einseitig verteilt waren. Wirtschaftssatzung oder die Beitragsordnung müssen klar festlegen, nach welchen Kriterien die Grundbeitragsstaffelung erfolgt. Da für den Grundbeitrag eine gesetzliche Regelung über die Ersatzbemessungsgrundlage fehlt, empfiehlt es sich für IHKs, die nach dem Gewerbeertrag/Gewinn aus Gewerbebetrieb staffeln, eine ausdrückliche Bestimmung, wie sie in § 3 Abs. 3 Satz 6 für die Umlage existiert, in die Wirtschaftssatzung oder Beitragsordnung aufzunehmen. Geschieht dies nicht, berührt dies allerdings die Wirksamkeit der Wirtschaftssatzung (Haushaltssatzung) nicht (OVG Frankfur/Oder vom 29. 7. 1999 – 2 B 17/99; so auch OVG Lüneburg vom 12. 11. 1998 – 8 L 4277/98; sowie bereits OVG Lüneburg GewArch 1997, 153). Nach anderer Auffassung des OVG Lüneburg (GewArch 1998, 160) soll aber die Haushaltssatzung (Wirtschaftssatzung) mangels Bestimmtheit nichtig sein. Diese Konsequenz wird indes sowohl von anderen Gerichten als auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur (VGH Mannheim vom 17. 6. 1998 – 14 S 38/98; VG Karlsruhe vom 21. 4. 1998 – 1 K 2075/96; Jahn, GewArch 1998, 146) zu recht als zu harsch empfunden.
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Eine Beitragsstaffel „Gewerbeertrag/Gewinn aus Gewerbebetrieb bis … Euro“ schließt nach herrschender Meinung auch den Verlustfall mit ein (VG Karlsruhe vom 21. 4. 1998 – 1 K 2075/96; VG Düsseldorf vom 10. 11. 1998 – 3 K 6147/98; Jahn, DB 1997, 2456; a.A. Paul, DB 1997, 1436). Dennoch kann es sich empfehlen, in der Wirtschaftssatzung eine Formulierung zu verwenden, die den Verlust ausdrücklich aufführt und damit den Meinungsstreit gar nicht entstehen lässt.
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Der Grundbeitrag ist – ausgenommen in den Fällen der Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 3 Satz 3 und ggf. von Mischbetrieben – von allen Kammerzugehörigen zu zahlen, selbst wenn der Gewerbesteuermessbetrag auf Null Euro lautet oder für die Betriebsstätten im Kammerbezirk gemäß § 34 GewStG kein Zerlegungsanteil festgesetzt wird (VG Saarland vom 30. 5. 1989 – 5 K 138/89). Es kann sich dabei ergeben, dass der Grundbeitrag höher als die Umlage ist. Darin liegt kein Widerspruch, wenn man den Grundbeitrag entsprechend dem gesetzgeberischen Willen als eigenständiges Finanzierungsinstrument ansieht und seine Bedeutung für eine gerechte Beitragsverteilung betont. Dies gilt genauso, wenn ein Unternehmen in zahlreichen anderen Kammerbezirken auswärtige Betriebsstätten – wenn auch kleinster Art – unterhält und deshalb die Summe der von ihm gezahlten Grundbeiträge sogar wesentlich höher als die für das gesamte Unternehmen zu zahlende Umlage ist; der Hinweis auf zahlreiche auswärtige Betriebsstätten ist auch kein Erlassgrund (OVG Münster GewArch 1997, 296, 298; VG Gelsenkirchen GewArch 1984, 37). Zu begründen ist dies damit, dass die auswärtigen Betriebsstätten jeweils auch die Vorteile aus der Arbeit der dortigen IHK ziehen.
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Jeweils separat kammerzugehörig und beitragspflichtig sind auch die Mitglieder einer Organschaft wie Organträgerin (Muttergesellschaft) und Organgesellschaften (Tochtergesellschaften). Wenn beispielsweise eine auswärtige Muttergesellschaft im Kammerbezirk Betriebsstätten sowie eine Organgesellschaft unterhält, sind beide selbständig kammerzugehörig und müssen jeweils den vollen Grundbeitrag zahlen (VG München vom 31. 5. 1983 – M 4016 XVI 82). Auf der Grundlage des § 3 Abs. 3 Satz 9, der durch das IHKGÄndG vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2245) eingefügt wurde, ist allerdings den IHKs die Möglichkeit gegeben, in diesen Fällen im Rahmen ihres Ermessens einen ermäßigten Grundbeitrag einzuräumen (siehe dazu unten Rz. 80). Der Grundbeitrag ist andererseits von jedem Kammerzugehörigen nur einmal zu zahlen, selbst wenn er im Kammerbezirk mehrere Betriebsstätten unterhält.
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Der Grundbeitrag ist unteilbar, selbst wenn die Kammerzugehörigkeit nicht während des gesamten Haushaltsjahres bestanden hat (OVG Lüneburg GewArch 1996, 413, 414; Jahn, GewArch 2005, 169, 223). Die genehmigten Beitragsordnungen legen fest, dass er stets ungekürzt zu zahlen ist, und mit Beginn des Haushaltsjahres entsteht. Bei einer gewerblichen Tätigkeit von unter 264
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drei Monaten sehen die IHKs in ihren Beitragsordnungen allerdings die Möglichkeit vor, von einer Grundbeitragserhebung abzusehen. d) Umlage Kernstück des Beitragswesens und der Kammerfinanzen ist die Umlage, die, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt ist, auf der Basis des Gewerbeertrags nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls auf der Basis des nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb bemessen wird. Damit wird primär auf ein Gesamtsystem abgestellt, dessen Angelpunkt der Gewerbesteuermessbescheid als Grundlagenbescheid ist; daraus folgt wiederum, dass bei Änderungen dieses Grundlagenbescheids die IHKs in analoger Anwendung von § 175 Nr. 1 AO einen neuen Beitragsbescheid erlassen und es zu Nachveranlagungen oder auch Erstattungen kommen kann.
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Diese Anknüpfung der Umlage an den Gewerbeertrag des Kammerzugehörigen nach dem Gewerbesteuergesetz ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (VG Arnsberg vom 27. 11. 1996 – 13 K 33461/95). Sie dient vielmehr einer größeren Beitragsgerechtigkeit. Dies hatte das Bundesverwaltungsgericht bezogen auf den Gewerbesteuermessbetrag bereits in seinem Urteil vom 26. 6. 1990 (GewArch 1990, 398) festgestellt. Im gleichen Sinne hatten sich auch schon vorher andere Gerichte geäußert (VGH Kassel GewArch 1987, 395; vgl. dazu auch Mache, GewArch 1986, 122; Junge, GewArch 1986, 153; Junge, WUR 1991, 38).
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Der vom Finanzamt festgestellte Gewerbeertrag ist für die Kammer verbindlich und hat für sie kraft Gesetzes Tatbestandswirkung (BVerwG NVwZ 1983, 546; Jahn, GewArch 2005, 169, 176; Jahn, GewArch 2008, 137, 142). Die IHK kann nicht etwa stattdessen Umsatz, Beschäftigtenzahl oder andere Merkmale zur Bemessungsgrundlage für die Umlage machen. Die nur für die neuen Bundesländer geltende Sonderregelung des § 14 war auf den 31. 12. 1997 befristet und ist damit ausgelaufen (vgl. dazu noch VG Potsdam vom 3. 12. 1999 – 7 L 1308/98; VG Halle vom 11. 9. 2002 – 5 A 172/02 HAL). Aus der Verbindlichkeit des Gewerbeertrags ergibt sich darüber hinaus, dass die Vollversammlung für alle umlagepflichtigen Unternehmen nur einen einheitli-
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chen Hebesatz (Umlagesatz) festlegen darf. Sie darf weder eine Höchstgrenze für die Umlage bestimmen, noch den Umlagesatz nach Branchen, Betriebsgrößen oder anderen Merkmalen staffeln. Das Gewerbesteuergesetz berücksichtigt bereits die unterschiedlichen Ertragsverhältnisse, die sich damit entsprechend auf die Kammerumlage auswirken. Die IHK hat infolgedessen keine Möglichkeit einer individuellen Beitragsgestaltung (vgl. Bescheid des Bundeswirtschaftsministers an den DIHT vom 7. 8. 1958 – Z A 1-5028/58; Bremer, 96). Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem schon erwähnten Urteil vom 26. 6. 1990 (GewArch 1990, 398) jedoch eine Staffelung im Umlagesatz oder die Festlegung einer Höchstgrenze für möglich gehalten, wenn der Vorteil aus der Kammerzugehörigkeit nicht mehr entsprechend mit der Bemessungsgrundlage gewachsen sein sollte. Dies ist jedoch keine operationable Formel, so dass weder die IHK noch ein Verwaltungsgericht wissen können, wann diese Grenze überschritten wird. Grundsätzlich steigt auch mit der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens der Vorteil, den es aus der Kammerzugehörigkeit zieht. 61
Der Gewerbeertrag (§ 11 GewStG) ist nach § 7 GewStG unter Berücksichtigung von § 10a GewStG zu ermitteln. Ausgangspunkt ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Dazu werden die in § 8 GewStG genannten Beträge hinzugerechnet. Es handelt sich im Einzelnen um Dauerschuldentgelte (§ 8 Nr. 1 GewStG), Renten und dauernde Lasten (§ 8 Nr. 2 GewStG, aufgehoben mWv EZ 2008 durch Gesetz vom 14. 8. 2007, BGBl. I, 1912), stille Gewinnanteile (§ 8 Nr. 3 GewStG, ebenfalls aufgehoben wie vor), KGaA-Gewinnanteile (§ 8 Nr. 4 GewStG), Miet- und Pachtzinsen für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (§ 8 Nr. 7 GewStG, ebenfalls aufgehoben wie vor), mitunternehmerische Verlustanteile (§ 8 Nr. 8 GewStG), Spenden (§ 8 Nr. 9 GewStG), ausschüttungsbedingte Gewinnminderungen (§ 8 Nr. 10 GewStG). Anschließend werden die in § 9 GewStG vorgesehenen Kürzungen bei betrieblichem Grundbesitz (§ 9 Nr. 1 GewStG), bei mitunternehmerischen Gewinnanteilen (§ 9 Nr. 2 GewStG), bei Schachtelbeteiligungen (§ 9 Nr. 2a GewStG), bei KGaA-Gewinnanteilen (§ 9 Nr. 2b GewStG), bei ausländischen Betriebsstätten (§ 9 Nr. 3 GewStG), bei Miet- und Pachtzinsen (§ 9 Nr. 4 GewStG, letztmals anzuwenden für EZ 2007, vgl. Gesetz vom 14. 8. 2007, BGBl. I, 1912), bei Spenden (§ 9 Nr. 5 266
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GewStG), bei ausländischen Schachtelbeteiligungen (§ 9 Nr. 7 GewStG) und bei befreiten Gewinnen aus Auslandsbeteiligungen (§ 9 Nr. 8 GewStG) vorgenommen. Und schließlich wird noch ein eventueller Verlustausgleich nach § 10a GewStG vorgenommen. Auch außerordentliche Gewerbeerträge, etwa Veräußerungsgewinne bei Unternehmensverkäufen gehören zur Bemessungsgrundlage und werden folglich auch bei der IHK-Umlage berücksichtigt (VG Arnsberg vom 18. 2. 2005 – 13 K 1540/04). Sämtliche vorgenannten Berechnungen erfolgen durch die Finanzbehörden. Die IHK ist also auch insoweit an deren Mitteilung, die Tatbestandswirkung hat, gebunden. Nicht berücksichtigt werden bei der Veranlagung zum IHK-Beitrag die in § 11 Abs. 1 GewStG genannten Freibeträge. Diese sind ausdrücklich nur für die Berechnung der Gewerbesteuer von Bedeutung, mindern jedoch nicht den Gewerbeertrag.
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Das Gesetz bestimmt nicht das Jahr, dessen Gewerbeertrag der Kammerumlage zugrunde zu legen ist. Eine zwingende Akzessorietät der Kammerumlage zur Gewerbesteuer, wie sie früher bestand, gibt es im IHKG nicht mehr. Es bleibt den IHKs vielmehr überlassen, in ihrer Wirtschaftssatzung das Bemessungsjahr festzulegen, nach dessen Gewerbeertrag die Umlage erhoben wird. Die Mehrzahl der IHKs ist deshalb zur „Gegenwartsveranlagung“ übergegangen, nachdem die Datenverarbeitung im Beitragswesen dieses Verfahren mit seinen Vorauszahlungen und Abrechnungen erleichtert. Eine vorläufige Veranlagung auf der Basis des letzten der IHK bekannten Gewerbeertrags ist zulässig (VG Würzburg GewArch 1995, 293; VG Arnsberg GewArch 1996, 336). Sie erfolgt durch Vorauszahlungsbescheid, wie er in Beitragsordnung und Wirtschaftssatzung vorgesehen ist. Der finanzamtliche Grundlagenbescheid bindet hierbei die IHK beim Vorauszahlungsbescheid. Der Kammerzugehörige kann deshalb nicht geltend machen, der Grundlagenbescheid des Finanzamts sei rechtswidrig; dieser Grundlagenbescheid ist vielmehr vor den Finanzbehörden bzw. -gerichten anzufechten (OVG Münster GewArch 2002, 33). Ein anderer Teil der IHKs verlegt jedoch das Bemessungsjahr zurück, in der Regel um drei Jahre; die Kammerumlage für 1999 wird dann beispielsweise nach dem Gewerbeertrag des Jahres 1996 erhoben. Diese Zurückverlegung hat den Vorteil, dass nach drei Jahren die Masse der Gewerbesteuerveranlagungen durchgeführt ist und für fast alle Kammerzugehörigen der Gewerbeertrag vor-
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liegt, so dass die Beitragsveranlagung sogleich endgültig erfolgen kann und es keiner Vorauszahlungen bedarf. Die Rechtsprechung hat in einer ganzen Reihe von Verfahren diese Zurückverlegung des Bemessungszeitraums anerkannt (s. die älteren Rechtsprechungsnachweise 6. Aufl., Rz. 63). 64
Die IHK kann andererseits ihre Umlage nicht endgültig nach den letzten vorliegenden Gewerbeerträgen berechnen, da es sich dann – je nach der Dauer des Veranlagungsverfahrens – um Erträge verschiedener Jahre handeln würde und der Grundsatz der steuerlichen Gleichbehandlung verletzt würde. Sie kann nur ein bestimmtes Kalenderjahr für alle Kammerzugehörigen als Bemessungsgrundlage für die Umlage wählen.
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Wenn die Wirtschaftssatzung die Gewerbeerträge eines zurückliegenden Kalenderjahres zur Grundlage der Umlage bestimmt, muss in der Wirtschaftssatzung selbst auch noch Vorsorge für die Umlageberechnung bei zwischenzeitlich errichteten Gewerbebetrieben und Betriebsstätten getroffen werden. In diesen Fällen erhebt die IHK ihre Umlage so lange nach dem ersten vorliegenden Gewerbeertrag, bis der Anschluss an das zurückliegende Bemessungsjahr erreicht ist. Die mehrfache Benutzung desselben Gewerbeertrags führt dabei zu keiner Mehrbelastung, weil umgekehrt bei Beendigung der Kammerzugehörigkeit eines umlagepflichtigen Unternehmens seine letzten Gewerbeerträge unbenutzt bleiben. Wenn z.B. ein Unternehmen mit dem 31. 12. 1998 seine Tätigkeit eingestellt hat und seine Kammerzugehörigkeit damit beendet ist, kann die IHK keinen Beitrag mehr für 1999 erheben und bei einer Zurückverlegung des Bemessungszeitraums um zwei Jahre die noch anfallenden Gewerbeerträge 1996, 1997 und 1998 nicht mehr nutzen. Praktische Bedeutung hat diese Frage insbesondere für auswärtige Bau- und Montagestellen, soweit sie als Betriebsstätten gelten und die Kammerzugehörigkeit begründen. Sie werden bei Zurückverlegung des Bemessungszeitraums mehrfach mit dem ersten Zerlegungsanteil zur Umlage herangezogen, während die letzten Zerlegungsanteile regelmäßig wegen Beendigung der Kammerzugehörigkeit entfallen. Gerade an diesem Beispiel erweist sich auch, dass die in der Haushaltssatzung (Wirtschaftssatzung) getroffene „Übergangsregelung“ für neuerrichtete oder vorübergehende Betriebsstätten der gleichmäßigen Beitragsbelastung aller Kammerzugehörigen dient; andernfalls wären nämlich Bau- und Montageunternehmen mit ihren auf die auswärtigen 268
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Betriebsstätten entfallenden Zerlegungsanteilen umlagefrei und brauchten nur den Grundbeitrag zu zahlen. Die Hilfsbemessungsgrundlage Gewinn aus Gewerbebetrieb findet dann Anwendung, wenn vom Finanzamt ein Gewerbesteuermessbetrag – in der Regel bei geringen Erträgen – nicht festgesetzt wird. Der aus dem EStG oder dem KStG abgeleitete Gewinn aus Gewerbebetrieb wird um Gewinne aus ausländischen Betriebsstätten, um Beteiligungserträge von anderen Unternehmen und um den nicht ausgeglichenen Gewerbeverlust aus Vorjahren (§ 10a GewStG) gekürzt, um eine dem Gewerbeertrag vergleichbare Bemessungsgrundlage zu erhalten. Regelungen dazu enthalten die Beitragsordnungen der IHKs. Da den IHKs die betreffenden Kürzungsbeträge in der Regel nicht bekannt sind, wird deren Nachweis durch den Beitragspflichtigen verlangt (§ 3 Abs. 3 Satz 8). Hat ein Einzelunternehmer mehrere Betriebe, die jeweils unter einer eigenen Steuernummer zur Gewerbesteuer veranlagt werden, wird für diesen Kammerzugehörigen kein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt. Daher ist auch in diesen Fällen auf den Gewinn aus Gewerbebetrieb nach dem Einkommensteuergesetz als Bemessungsgrundlage für die Beitragserhebung abzustellen.
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e) Zerlegungsanteil Die Verweisung auf den Gewerbeertrag in § 3 Abs. 3 Satz 6 schließt die Zerlegung ein, wenn ein Unternehmer Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden unterhält und deshalb jeder beteiligten Gemeinde vom Finanzamt gemäß den §§ 28–34 GewStG ein Zerlegungsanteil am Gewerbesteuermessbetrag des Unternehmens zugewiesen wird. Da nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes auch auswärtige Betriebsstätten die Kammerzugehörigkeit eines Unternehmens begründen, kann die IHK in solchen Fällen neben dem Grundbeitrag ihre Umlage nur auf der Grundlage der Zerlegungsanteile erheben, die auf die Gemeinden im Kammerbezirk entfallen. Ebenso wie die Gemeinden nur Gewerbesteuer für die in ihrem Gebiet befindlichen Betriebsstätten erhalten, berechnet sich die Kammerumlage nur nach den Zerlegungsanteilen für die Betriebsstätten im Kammerbezirk. In den Beitragsordnungen der IHKs wird für die Fälle, in denen eine Veranlagung nach dem Gewerbeertrag erfolgt, auf die gewerbesteuerliche Zerlegung verwiesen. Lediglich bei Veranlagung auf Jahn
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der Basis der Hilfsbemessungsgrundlage Gewinn aus Gewerbebetrieb wird ausdrücklich festgelegt, dass die Zerlegung nach dem Verhältnis der Lohnsummen vorgenommen werden muss. 68
In diesem Zusammenhang bedarf die Umlageberechnung bei Organgesellschaften besonderer Erwähnung. Sie bleiben selbständige Kammerzugehörige, werden aber gewerbesteuerlich gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG wie Betriebsstätten behandelt. Für den gesamten gewerbesteuerlichen Organkreis wird deshalb nur ein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt und dann auf die Betriebsstättengemeinden zerlegt. Soweit die Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden liegen, kann die Umlage an Hand des jeweiligen Zerlegungsanteils berechnet werden (VGH Mannheim GewArch 1985, 368). Es kommt aber auch vor, dass in einer einzigen Gemeinde sowohl Betriebsstätten des Organträgers als auch seiner Organgesellschaften vorhanden sind; für sie wird dann nur ein einheitlicher Zerlegungsanteil ausgewiesen. In solchen Fällen muss die IHK im Benehmen mit dem Organträger den Zerlegungsanteil nochmals aufteilen, um gesondert die Umlagen für die Betriebsstätten des Organträgers und der Organgesellschaft(en) festzulegen. In der Praxis verständigen sich zu recht Organträger und IHK dahin, dass die Organgesellschaft lediglich einen Beitragsbescheid über ihren Grundbeitrag erhält und dass dem Organträger ein zusammenfassender Umlagebescheid für sämtliche Betriebsstätten des Organkreises im Kammerbezirk zugestellt wird.
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Wenn eine bisher selbständige Gesellschaft zur Organgesellschaft wird, ändert sich an der Kammerzugehörigkeit nichts. Der Grundbeitrag wird, wie bisher, weiter von ihr erhoben. Ebenso wird die Umlage weiter von der Organgesellschaft eingezogen, wobei bei einer Zurückverlegung des Bemessungsjahres auch noch von den Gewerbeerträgen oder Zerlegungsanteilen aus der vororganschaftlichen Zeit auszugehen ist. Sobald der Anschluss an das zurückliegende Bemessungsjahr erreicht ist, wird der Zerlegungsanteil aufgrund des Organschaftsverhältnisses zugrunde gelegt. Wegen der Saldierung von Gewinnen und Verlusten im Organkreis ist der organschaftliche Zerlegungsanteil meist niedriger als der frühere Gewerbeertrag, so dass solche Unternehmensverbindungen in der Regel erhebliche Einnahmeausfälle für Gemeinden wie IHKs zur Folge haben. Die gleichen Konsequenzen ergeben sich im Übrigen auch bei der Beendigung eines Organschaftsverhältnisses, weil auch hier die selbständige Kammerzugehörigkeit unverändert 270
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bleibt (vgl. VGH Mannheim GewArch 1985, 368). Neben dem Grundbeitrag wird die Umlage so lange nach dem früheren Zerlegungsanteil aus der Zeit der Organschaft berechnet, bis ein eigener Zerlegungsanteil der selbständig gewordenen früheren Organgesellschaft vorliegt; hier ist allerdings in den oben erwähnten Fällen, in denen Betriebsstätten des früheren Organträgers und der nunmehr selbständig gewordenen Organgesellschaft in einer Gemeinde liegen, eine Aufteilung des gemeinsamen Zerlegungsanteils notwendig. Wenn schließlich eine Organgesellschaft innerhalb eines Haushaltsjahres ein Organschaftsverhältnis beendet und anschließend sofort ein neues Organschaftsverhältnis mit einem anderen Organträger begründet, sind die beiden Zerlegungsanteile zusammenzurechnen; meist handelt es sich dabei um Fälle, in denen sämtliche Anteile an einer Tochtergesellschaft an ein anderes Unternehmen verkauft werden. Anders als im Körperschaftssteuerrecht bedarf es für die gewerbesteuerliche Organschaft keines Organschaftsvertrages; die IHK braucht die gewerbesteuerlichen Voraussetzungen aber nicht nachzuprüfen, weil für sie die Entscheidung des Finanzamts bindend ist. f) Feststellung der Gewerbesteuerpflicht und Ermittlung der Gewerbeerträge Die IHK ist für die Feststellung der Kammerzugehörigkeit und vor allem für die Erhebung der Umlage auf die Mitteilung der vom Finanzamt festgestellten Gewerbeerträge und Zerlegungsanteile angewiesen. Die Finanzämter sind dazu berechtigt und verpflichtet. Dies ergibt sich aus § 31 Abs. 1 AO, wonach sie – unter Wahrung des Steuergeheimnisses im Übrigen – die für deren Arbeit notwendigen Besteuerungsunterlagen an Körperschaften öffentlichen Rechts weitergeben dürfen (OVG Koblenz vom 22. 1. 1997 – 11 A 12624/96; VG Neustadt/W. GewArch 1997, 23) und nun vor allem auch weiterzugeben haben. Die Heranziehung der gewerbesteuerlichen Grundlagen dient der Vereinfachung und Entlastung des IHK-Beitragsverfahrens und entspricht damit dem Anliegen, die finanzielle Inanspruchnahme der Mitglieder gering zu halten (VG Saarland GewArch 1996, 334); durch diese Datenweitergabe wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der IHK-Mitglieder nicht verletzt. In § 9 Abs. 2 ist ferner bestimmt, dass die Industrie- und Handelskammern und deren Gemeinschaftseinrichtungen, die öffentliche Stellen i.S. des § 2 Nr. 2 BDSG sind, zur Jahn
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Feststellung der Kammerzugehörigkeit und zur Festsetzung der Beiträge der Kammerzugehörigen Angaben zur Gewerbesteuerveranlagung im Sinne von § 2 Abs. 1 sowie die nach § 3 Abs. 3 erforderlichen Bemessungsgrundlagen bei den Finanzbehörden erheben. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Änderung von Gesetzen auf dem Gebiet der Wirtschaft vom 21. 12. 1992 (BGBl. I, 2133) in das IHKG eingeführt und durch das MEG II (vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) geändert. 71
Eine Pflicht der Finanzämter zur Mitteilung der Gewerbeerträge und Zerlegungsanteile kann ferner von den Bundesländern gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 5 in ihren Ausführungsgesetzen vorgeschrieben werden. Davon ist bislang abgesehen worden, weil bereits überall entsprechende Erlasse der Landesfinanzminister diese Frage regelten. Inzwischen ist das Verfahren durch die Einführung der automatischen Datenverarbeitung bei der Finanzverwaltung und den IHKs weiterentwickelt worden, wofür auch ein gemeinsamer Ausschuss zwischen der Finanzverwaltung und den Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern gebildet und eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen wurde, die laufend der weiteren Entwicklung im Steuerrecht, im Kammerrecht und in der Datenverarbeitung angepasst wird. Hilfsweise besteht für die Kammern die Möglichkeit, die für die Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen unmittelbar bei den Kammerzugehörigen zu erheben. Diese sind gem. § 3 Abs. 3 Satz 8 der IHK gegenüber zur Auskunft und Gewährung von Einsicht in die relevanten Geschäftsunterlagen verpflichtet. Die Einschränkung auf Fälle, in denen die Bemessungsgrundlagen nicht bereits nach § 9 erhoben sind, bedeutet nicht, dass die IHK vor Äußerung des Auskunftsverlangens zunächst versuchen muss, die notwendigen Daten über das Finanzamt zu bekommen. Sind ihr indessen vom Finanzamt bereits die entsprechenden Daten mitgeteilt worden, ist ein Auskunftsverlangen bzw. eine Einsichtnahme in Geschäftsunterlagen ausgeschlossen. Es bestände dafür auch kein Bedarf, denn die vom Finanzamt mitgeteilten Bemessungsgrundlagen sind für die IHKs verbindlich.
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Liegen Mitteilungen des Finanzamtes vor, die jedoch eine eindeutige Beitragsveranlagung nicht zulassen, bleiben die Befugnisse der IHK nach § 3 Abs. 3 Satz 8 bestehen. Sie muss dieses sogar tun, wenn sie den betreffenden Kammerzugehörigen zum Beitrag veranlagen will. Dies folgt aus dem sowohl im Steuerrecht (§ 88 272
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AO) als auch im Beitragsrecht (§ 24 VwVfG) geltenden Grundsatz der Ermittlung von Amts wegen. Das Steuergeheimnis (§ 30 AO) ist auch von den IHKs zu wahren. Sie dürfen die mitgeteilten Besteuerungsunterlagen nur für Beitragszwecke verwenden und nicht Dritten offenbaren. Soweit die mit den Gewerbeerträgen oder Gewinnen aus Gewerbebetrieb sowie mit den Zerlegungsanteilen befassten Kammermitarbeiter ausnahmsweise nicht Amtsträger i.S.v. § 11 Abs. 2 Nr. 2c StGB sind, werden sie auf die Geheimhaltung aufgrund des Verpflichtungsgesetzes vom 2. 3. 1974 (BGBl. I, 547) besonders verpflichtet und stehen dann den Amtsträgern gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB gleich. Auch bei der Datenverarbeitung selbst sind entsprechende Sicherungen vorgesehen, um eine unbefugte Offenbarung oder auch nur Verwendung der mitgeteilten Besteuerungsunterlagen zu verhindern.
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5. Ausnahmen bei Grundbeitrag und Umlage a) Beitragsbefreiung für Kleinunternehmen Nicht im Handelsregister eingetragene natürliche Personen und Personengesellschaften mit einem Gewerbeertrag, hilfsweise Gewinn aus Gewerbebetrieb, von nicht mehr als 5200 Euro p.a. sind vom IHK-Beitrag freigestellt (zur früheren Regelung ab 1. 1. 1999 s. 6. Aufl., Rz. 74, 75). Nicht freigestellt – ohne Rücksicht auf den Ertrag – werden daher Kapitalgesellschaften, da für diese die Handelsregistereintragung Entstehensvoraussetzung ist. Gewerbetreibende, deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind zwar zur Eintragung in das Handelsregister verpflichtet, profitieren aber bis zur Eintragung ebenfalls von der Beitragsbefreiung (a.A. VG Stade vom 19. 9. 2005 – 5 A 18/04, das bei objektiver Eintragungspflicht bereits vor formaler Eintragung eine Beitragsbefreiung ausschließt). Gleiches gilt für Gewerbetreibende ohne vollkaufmännischen Geschäftsbetrieb, wenn sie von der neuen Eintragungsoption des § 2 HGB (Handelsrechtsreformgesetz vom 22. 6. 1998, BGBl. I, 1474) Gebrauch gemacht haben. Denn die Beitragsbefreiung stellt auf das formale Element der Eintragung im Handelsregister ab. Wer für die Eintragung optiert, kann nicht nur selektiv die Vorteile des Kaufmannsstandes genießen, sondern Jahn
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muss auch die Nachteile in Kauf nehmen (BVerwG NVwZ 2005, 700). Eine beitragsrechtliche Privilegierung scheidet auch für die neue „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ aus, die durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG v. 28. 10. 2008, BGBl. I, 2026) mit Wirkung vom 1. 11. 2008 eingeführt worden ist. Denn die UG ist eine im Handelsregister eingetragene juristische Person mit einer Haftungsbeschränkung für die Gesellschafter; eine beitragsrechtliche Besserstellung bedürfte jedoch einer Gesetzesänderung im IHKG. Aus dem gleichen Grund kommt auch eine spezielle Grundbeitragsstaffel für die UG nicht in Betracht (oben Rz. 51). Beitragsbefreit werden können trotz fehlender Handelsregistereintragung weder weiterhin Genossenschaften noch nun auch im Vereinsregister eingetragene Vereine, soweit sie überhaupt zur Gewerbesteuer veranlagt werden, da es sich um juristische Personen und nicht um Personengesellschaften handelt. 75
Die seit 1. 1. 1999 in § 3 Abs. 3 Satz 2 getroffene Freistellungsregelung sollte bereits durch das Kleinunternehmerförderungsgesetz (KFG vom 31. 7. 2003, BGBl. I, 1550) mit Wirkung vom 1. 1. 2003 mittelbar geändert werden. Denn das KFG sah Änderungen der steuerrechtlich relevanten Umsatzgrenzen in der AO vor, auf die § 3 Abs. 3 bislang dynamisch verwies. Geplant war eine Erhöhung der in § 3 Abs. 3 Satz 3 maßgeblichen Ertragsobergrenze von 5200 Euro auf 7000 Euro, ferner eine Anhebung der maßgeblichen Umsatzobergrenzen in § 3 Abs. 3 Satz 4. Da allerdings die Änderungen des KFG erst für Veranlagungszeiträume ab 1. 1. 2004 zu beachten gewesen wären (Art. 7 KFG, § 19 EGAO), sind die Änderungen des KFG für Zwecke des IHK-Beitragsrechtes obsolet geworden. Denn mit dem Dritten Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften (vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934) hat der Gesetzgeber die maßgeblichen Beitragsbefreiungsgrenzen unmittelbar im IHKG selbst geregelt und auf eine Verweisung auf die AO verzichtet (vgl. Jahn, GewArch 2004, 41, 44). Die Beitragsbefreiungsregelung in § 3 Abs. 3 Satz 3 ist durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz (vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) abermals geändert worden (vgl. Jahn, GewArch 2007, 353, 355). Die bisherige Regelung, die an den „Kammerzugehörigen“ anknüpfte, war aus Sicht des Gesetzgebers hinsichtlich ausländischer Kapitalgesellschaften unklar gefasst, so dass eine gesetzli274
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che Klarstellung erforderlich war. Die Beitragsbefreiungsregelung bezieht sich nunmehr auf nicht in das Handelsregister eingetragene „natürliche Personen und Personengesellschaften“, um eine Gleichstellung inländischer und ausländischer Kapitalgesellschaften sicherzustellen (BT-Drs. 16/4391, 65). Die Rechtsprechung hatte zwar bereits entschieden, dass die Beitragsbefreiungsregelung insbesondere auf ausländische Limiteds keine Anwendung findet (VG Darmstadt GewArch 2007, 85); dennoch ist die jetzt erfolgte gesetzliche Klarstellung im Sinne der Rechtssicherheit zu begrüßen. b) Beitragsbefreiung von Existenzgründern Seit 1. 1. 2004 (Gesetz vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934) sind Existenzgründer, die als natürliche Personen weder im Handelsregister noch im Genossenschaftsregister eingetragen sind, nach § 3 Abs. 3 Satz 4 bei der IHK zwei Jahre lang komplett vom Beitrag, also sowohl vom Grundbeitrag als auch von der Umlage und zwei weitere Jahre nur von der Umlage befreit, soweit ihr Gewerbeertrag, hilfsweise Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro/Jahr nicht übersteigt. Diese Regelung ist durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz (vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) mit Wirkung vom 1. 1. 2008 redaktionell nochmals geändert worden, um klar zu stellen, dass von dem Beitragsprivileg nur solche kammerzugehörigen Existenzgründer profitieren, die natürliche Personen sind; außerdem berücksichtigt § 3 Abs. 3 Satz 4 in der ab 1. 1. 2008 geltenden Fassung die Umstellung der IHKs auf die Doppik („Geschäftsjahr“ statt „Haushaltsjahr“). Da der schon bislang für natürliche Personen und Personengesellschaften geltende Umlagefreibetrag erhalten geblieben ist (§ 3 Abs. 3 Satz 7), sind Existenzgründer von der Umlage beitragsbefreit, die zwischen 15.340 Euro und 25.000 Euro erhoben wird. Anders als beim Existenzgründer, der als Mitglied der Handwerkskammer bei dieser nur im Jahr der Gründung vollständig von Grund- und Zusatzbeitrag, danach zwei Jahre zur Hälfte von Grund- und Zusatzbeitrag und für das vierte Jahr nur vom Zusatzbeitrag befreit ist (§ 113 Abs. 3 Satz 5 HwO), kommt der IHK-zugehörige Existenzgründer in den Genuss vollständiger Grundbeitragsfreiheit für die ersten beiden Jahre. Mit dieser Differenzierung trägt der Gesetzgeber der unterschiedlichen Eingangshöhe der Grundbeiträge bei IHK und HWK Rechnung, berücksichJahn
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tigt also, dass wegen der niedrigeren Grundbeitragssätze der IHKs eine Halbierung des Grundbeitrags nicht effizient gewesen wäre (vgl. BT-Drs. 15/2083, 50). Die Befreiungsregelung des § 3 Abs. 3 Satz 4 gilt für den betroffenen Personenkreis nur dann, wenn die betroffenen Personen in den letzten fünf Jahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren. Mit dieser Einschränkung will der Gesetzgeber das Beitragsprivileg auf „echte“ Existenzgründer beschränken (vgl. BT-Drs. 15/2083, 35). Nicht begünstigt ist also zum Beispiel der langjährig tätige Ingenieur, der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielt hat und nunmehr eine gewerbliche Selbständigkeit als Gastwirt anstrebt. Außerdem ist durch die Übergangsvorschrift des § 13a Abs. 3 sichergestellt, dass die Beitragsbefreiung nur für Existenzgründungen nach dem 31. 12. 2003 gilt. Denn nur in diesem Fall ist überhaupt denkbar, das gesetzgeberische Ziel einer Stimulierung von Existenzgründungen zu erreichen. Nachdem schon nach den bisherigen Regelungen Kleinunternehmen unterhalb gewisser Ertrags-/Gewinngrenzen beitragsbefreit waren, ist zweifelhaft, ob die explizit auf Existenzgründer bezogene zusätzliche Befreiungsregelung tatsächlich einen zusätzlich spürbaren Gründungsanreiz schafft. c) Reduzierung der Befreiungsgrenzen durch Vollversammlungsbeschluss 76
Die Freistellungsgrenze kann von der IHK selbst herabgesetzt werden, wenn zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Haushaltssatzung aufgrund der dann vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass der Anteil der Beitragszahler auf weniger als 55 % aller Kammerzugehörigen schmilzt. Diese Regelung ist mit Rücksicht auf das bereits zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. 6. 1990 (GewArch 1990, 398) erfolgt. Sie soll verhindern, dass die Beitragslast der IHK auf zu wenigen Schultern ruht. Bis zum 31. 12. 2003 konnte die Beitragsbefreiung durch Vollversammlungsbeschluss nach § 3 Abs. 3 Satz 5 zusätzlich von einer Umsatzobergrenze oder von einer niedrigeren Gewerbeertrags-/ 276
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Gewinngrenze abhängig gemacht werden, wenn zu besorgen war, dass der Kreis der beitragsfreien IHK-Mitglieder bezogen auf alle Mitglieder mehr als ein Drittel beträgt; dieses Korrektiv war in das Gesetz eingefügt worden, um eine Verletzung des Äquivalenzprinzips auszuschließen (s. zur früheren Rechtslage 6. Aufl., Rz. 76). Durch die Änderungen des IHKG per 1. 1. 2004 (Gesetz vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934) wurde die Grenze der beitragsfreien Mitglieder in § 3 Abs. 3 Satz 5 angehoben. Soweit die Anzahl der beitragspflichtigen voraussichtlich geringer als 55 % sein wird, also die Zahl der beitragsbefreiten Unternehmen über 45 % steigt, kann die Vollversammlung der IHK die Beitragsbefreiungsgrenzen nach § 3 Abs. 3 Satz 3 und 4 entsprechend absenken. Anders als die frühere Regelung knüpft § 3 Abs. 3 Satz 5 seit 1. 1. 2004 nicht mehr an die zusätzliche Einführung einer Umsatzgrenze an, sondern nur noch einheitlich an Ertragsgrenzen. Dies bewirkt im Veranlagungsverfahren der IHKs eine erhebliche Vereinfachung, weil in der Vergangenheit die Beachtung etwaiger Umsatzgrenzen als Regulativ nur nach einer sehr verwaltungsaufwendigen Mitgliederbefragung möglich war. Das auslösende Kriterium für die Absenkung der Gewerbeertrags-/ Gewinngrenze stellt die Vollversammlung im Rahmen ihres Ermessens aufgrund eigener Einschätzung anhand der ihr zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vorliegenden Bemessungsgrundlagen fest. In der Begründung zu der Vorschrift (in der bis 31. 12. 2003 geltenden Fassung) heißt es, dass die Herabsetzung nicht zu einem punktgenauen Ergebnis führen muss. Vielmehr komme es ausschließlich darauf an, welche Ausfälle aufgrund der zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Haushaltes der Vollversammlung vorliegenden Bemessungsgrundlagen vernünftigerweise „ex ante“ erwartet werden können. Sei später aufgrund der endgültigen Veranlagung für das Haushaltsjahr tatsächlich ein geringerer oder höherer Anteil als ein Drittel der Kammerzugehörigen beitragsbefreit, so habe dies auf den Bestand und die Rechtmäßigkeit der Freistellungsgrenze keinen Einfluss (BT-Drs. 13/9975, 4).
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Die Vollversammlung hat daher zunächst vor Verabschiedung des Haushaltes eine Prognose auf der Basis des dann vorhandenen Zahlenmaterials anzustellen. In der Praxis ist ein Quotient zu bilden, in dessen Nenner alle bei der IHK erfassten Kammerzugehörigen einschließlich der Mischbetriebe zu einem bestimmten Stichtag vor der Haushaltsvollversammlung aufzunehmen sind.
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Im Zähler sind die Kammerzugehörigen aufzuführen, die voraussichtlich vom Kammerbeitrag befreit sein werden. Dies sind zunächst einmal alle Mischbetriebe, die bisher schon zwar IHK-zugehörig, aber nicht beitragspflichtig sind. Ferner erscheinen im Zähler Gewerbetreibende, die nicht im Handelsregister eingetragen sind und deren Gewerbeertrag/Gewinn aus Gewerbebetrieb bekanntermaßen die jeweils gesetzte Grenze (Normalfall: 5200 Euro) nicht überschreitet. Nicht im Handelsregister eingetragene Gewerbetreibende, deren Ertrag/Gewinn unbekannt ist, sind grundsätzlich im gleichen Verhältnis wie diejenigen, deren Ertrag/ Gewinn bekannt ist, in solche mit fiktivem Ertrag/Gewinn unter 5200 Euro und solche mit fiktivem Ertrag/Gewinn über 5200 Euro aufzuteilen. Nur die ersteren sind in den Zähler des Prognosequotienten aufzunehmen. Schließlich sind im Zähler die nach Maßgabe des § 3 Abs. 3 Satz 4 beitragsbefreiten Existenzgründer zu berücksichtigen. Das vorstehend dargestellte Schema zur Ermittlung des Prognosequotienten ist nicht starr anzuwenden. Gibt es etwa Gründe für die Annahme, dass bei den Kleingewerbetreibenden ohne bekannten Ertrag/Gewinn der Anteil der nach § 3 Abs. 3 Satz 3 freizustellenden höher oder niedriger ist als bei denjenigen, deren Ertrag/Gewinn bekannt ist, so ist dies im Rahmen des Prognosequotienten zu berücksichtigen. 79
Ist der so ermittelte Quotient höher als 45 %, stellt sich für die Vollversammlung die Frage einer Absenkung der Grenze für den Gewerbeertrag/Gewinn aus Gewerbebetrieb. Es besteht grundsätzlich keine Pflicht, von den eingeräumten Möglichkeiten der Herabsetzung Gebrauch zu machen – etwa wenn das genannte beitragsfreie Drittel nur geringfügig überschritten würde. Die in das Ermessen der Vollversammlung gestellte Herabsetzungsmöglichkeit würde sich lediglich dann zu einer Verpflichtung verdichten, wenn der Anteil der aus der Beitragspflicht herausfallenden Kammerzugehörigen so hoch würde, dass eine Kollision mit den vom Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung (GewArch 1990, 398) aufgestellten Grundsätzen zu befürchten wäre (BT-Drs. 13/9975, 3). In der Praxis empfiehlt sich, die Ermessensausübung im Rahmen der Prognoseentscheidung der Vollversammlung bei der Beschlussfassung über die Wirtschaftssatzung entsprechend in der Sitzungsniederschrift zu dokumentieren. Ist später aufgrund der endgültigen Veranlagung für das Haushaltsjahr tatsächlich ein geringerer oder höherer Anteil als ein 278
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Drittel der Kammerzugehörigen beitragsbefreit, so hat dies auf den Bestand und die Rechtmäßigkeit der Freistellungsgrenze keinen Einfluss. Allerdings wird die Vollversammlung ein zu starkes Abweichen des Ist-Wertes vom Prognose-Soll bei der Prognose für die Folgejahre berücksichtigen müssen. d) Grundbeitragsermäßigung für Komplementär- und Tochtergesellschaften Seit 1999 konnte Gewerbetreibenden, die einer IHK „mehrfach angehören (zum Beispiel mit Tochtergesellschaften)“ ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden (§ 3 Abs. 3 Satz 8 in der bis 31. 12. 2003 geltenden Fassung). Diese sowohl vom Inhalt wie auch von der Formulierung her verunglückte so genannte „Mehrfachmitgliedschaftsregelung“ wurde sozusagen „in letzter Minute“ in das IHKGÄndG 1998 aufgenommen (BT-Drs. 13/10296). Die Bestimmung ist bei wörtlicher Auslegung unanwendbar, denn den Fall einer echten Mehrfachmitgliedschaft ein und desselben Gewerbetreibenden in ein und derselben IHK gibt es nicht (VG Darmstadt GewArch 2007, 85). Tochtergesellschaften sind selbständige Gewerbetreibende (vgl. auch VG München GewArch 1997, 195); Niederlassungen, Betriebsstätten und Verkaufsstellen werden hingegen als Teil des Unternehmens im Rahmen einer einzigen Kammerzugehörigkeit angesehen und innerhalb eines Kammerbezirks auch beitragsmäßig nur einmal belastet. Nach der Begründung des Änderungsantrags sollen vor allem mittelständische Unternehmen, die aus betrieblichen Gründen einzelne Unternehmensbereiche, die früher als Hauptabteilung geführt wurden, rechtlich ausgegliedert haben, begünstigt sein. De facto sind derartige Ausgliederungsstrukturen jedoch eher bei Großunternehmen anzutreffen, so dass es sehr schwer ist, die Fälle unter dem Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit richtig einzuordnen. Zudem hätte es der Regelung des § 3 Abs. 3 Satz 8 a.F. gar nicht bedurft, um die in der „Mehrfachmitgliedschaft“ liegenden Härten zu vermeiden. Durch die erweiterten Staffelungskriterien des § 3 Abs. 3 Satz 2 hätte die Grundbeitragsstaffelung auch die oben genannten besonderen Konstellationen berücksichtigen können. Und schließlich ist der Standort der den Grundbeitrag betreffenden Regelung am Ende von § 3 Abs. 3 unter dem Gesichtspunkt der Gesetzessystematik ausgesprochen ungewöhnlich (siehe auch Jahn, GewArch 1998, 356). Jahn
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In Konsequenz dieser Ausgangslage ist durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz (vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2245) § 3 Abs. 3 Satz 9 und 10 mit Wirkung vom 1. 1. 2008 abermals geändert worden. Die optionale Beitragsbefreiungsregelung bezieht sich neben Komplementärgesellschaften nunmehr auch auf Tochtergesellschaften, deren sämtliche Anteile von einer Muttergesellschaft mit Sitz im selben IHK-Bezirk gehalten werden. Nach der bis Ende 2007 geltenden Regelung des § 3 Abs. 3 Satz 8 (jetzt Satz 9, 10) waren die IHKs zur Grundbeitragsermäßigung nicht verpflichtet und hatten deshalb auch nur teilweise in ihren Beitragsordnungen bzw. Haushaltssatzungen davon Gebrauch gemacht, den Grundbeitrag auf Antrag zu reduzieren. Konsequenz war in der Kammerpraxis eine höchst unterschiedliche beitragsrechtliche Regelung der betroffenen Gewerbetreibenden. Deshalb hatte die nachfolgende Änderung die im ursprünglichen Gesetzentwurf (BT-Drs. 16/4391, 65) vorgesehene Klarstellung vor allem den Fall der GmbH & Co. KG und ähnlichen KG-Konstruktionen mit einer Kapitalgesellschaft als Komplementärin vor Augen. In jenen Fällen sollte die Kapitalgesellschaft „auf Antrag“ nur mit dem halben Grundbeitrag veranlagt werden. Diese Regelung ist aber im weiteren Gesetzgebungsverfahren durch die Beschlüsse des Neunten Ausschusses (BT-Drs. 16/5522, 13) nochmals modifiziert und unter Verzicht auf den Antrag als Ermessenstatbestand ausgestaltet worden. Die im Gesetzgebungsverfahren erfolgte Ergänzung soll klarstellen, dass es IHKs auch weiterhin möglich sein soll, einen ermäßigten Grundbeitrag einzuräumen, wenn eine Muttergesellschaft und eine hundertprozentige Tochtergesellschaft jeweils mit ihrem Hauptsitz derselben IHK angehören. Damit die IHKs die Gegebenheiten in ihrem Bezirk berücksichtigen können, werden sowohl die Regelung zu den Kapitalgesellschaften wie auch die zu den hundertprozentigen Tochtergesellschaften als Ermessensregelungen ausgestaltet, ein gesetzliches Antragserfordernis besteht also nicht mehr. Sowohl die Einführung einer Grundbeitragsermäßigung als auch ein Antragserfordernis stehen somit unter Satzungsvorbehalt, erfordern also einen Beschluss der jeweiligen IHK-Vollversammlung. Nach der Gesetzesbegründung (BTDrs. 16/5522, 41) sollen die Regelungen auch keinen abschließenden Charakter haben. Regelungen im IHK-Satzungsrecht, die Reduzierungen des Grundbeitrags aufgrund anderer Kriterien vornehmen, bleiben also zulässig. Nach Ansicht des Gesetzgebers soll dies von praktischer Relevanz vor allem für gemischt-gewerb280
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liche Unternehmen sein, die einer IHK und einer Handwerkskammer angehören und denen in einigen IHKs bereits gegenwärtig ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt wird. Ob diese Zielsetzung des Gesetzgebers allerdings vom Wortlaut der neuen Regelung in § 3 Abs. 3 Satz 9 getragen wird, erscheint zweifelhaft. Außerdem dürfte das vom Gesetzgeber selbst definierte Ziel einer bundesweit möglichst einheitlichen Handhabung der Beitragsregelung auf diesem Wege kaum erreicht werden (Jahn, GewArch 2007, 353, 355). Es bleibt abzuwarten, wie die Vollversammlungen der IHKs das 81 ihnen eingeräumte Ermessen gebrauchen werden. Eine Fallgruppe, die für die Anwendung eines ermäßigten Grundbeitrags in Betracht käme, bilden nach wie vor die GmbH & Co. KG und ähnliche KG-Konstruktionen mit einer juristischen Person als Komplementärin. Hier ist in der Vergangenheit die volle Grundbeitragsveranlagung der Komplementär-GmbH (VG Düsseldorf GewArch 1995, 482) und der KG kritisiert worden. Die Komplementär-GmbH und die KG sind zwar rechtlich zwei verschiedene Personen, bilden aber jedenfalls dann, wenn die GmbH ausschließlich die Komplementär-Funktion ausübt, wirtschaftlich eine Einheit (vgl. auch VG Leipzig vom 22. 3. 2007 – 5 K 687/04). Die GmbH & Co. KG wird im Wirtschaftsleben durchweg als eine Gesellschaftsform betrachtet, die selbständig neben der einfachen KG oder der GmbH steht. Die organisatorische Unterteilung ist lediglich auf der juristischen Ebene, nicht aber auf der Ebene der wirtschaftlichen Aktivität erkennbar. Die GmbH kann auch rechtlich nicht aus der KG herausgetrennt werden, ohne dass die Existenz der letzteren enden würde. Die Rechtsform der GmbH & Co. KG wird besonders von mittelständischen Gewerbetreibenden benutzt. e) Umlagefreibetrag für natürliche Personen und Personengesellschaften Der Umlagefreibetrag für natürliche Personen und Personengesellschaften (§ 3 Abs. 3 Satz 6) wurde zunächst in Höhe von 15.000 DM im Rahmen der Beitragsreform vom 21. 12. 1992 (BGBl. I, 2133) eingeführt. Damit sollten „die Nachteile gemildert werden, die diese Unternehmen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb gegenüber juristiJahn
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schen Personen haben“ (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, BTDrs. 12/3320, 8). Ein wesentlicher Nachteil besteht etwa darin, dass natürliche Personen und Personengesellschaften, anders als juristische Personen, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb kein Geschäftsführergehalt zum Abzug bringen können. Unter Hinweis auf diesen Umstand ist der ursprünglich eingeräumte Freibetrag mit Wirkung zum 1. 1. 1999 auf 30.000 DM (seit der Euro-Umstellung ab 2002: 15.340 Euro, vgl. Gesetz vom 10. 11. 2001, BGBl. I, 2992) erhöht worden (vgl. Begründung des Entwurfs zum IHKGÄndG BT-Drs. 13/9378). Diese Freibetragsregelung ist von der Rechtsprechung für verfassungsgemäß gehalten worden (VG Ansbach vom 4. 3. 2004 – 4 K 03.01483). 83
Es wäre jedoch eine verkürzte Sichtweise, den Freibetrag lediglich unter dem Aspekt eines Ausgleichs für die fehlende Abzugsmöglichkeit des Geschäftsführergehaltes zu betrachten (OVG Münster vom 22. 3. 1999 – 4 A 2669/96; VGH Mannheim vom 29. 4. 1999 – 14 S 190/99). Er stellt vielmehr den „Versuch einer annähernd gleichen Behandlung von Körperschaften und Personengesellschaften bzw. natürlichen Personen“ (vgl. Begründung zum IHKGÄndG, BT-Drs. 13/9378) – d.h. unter Berücksichtigung aller Vor- und Nachteile der genannten Rechtsformen – dar. Verfehlt wäre es insbesondere, in der Vorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 6 einen exakt rechnerischen Ausgleich zu vermuten.
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Der Freibetrag wird nur für die Umlage gewährt, gilt also nicht für den Grundbeitrag, so dass bei der Beitragsberechnung von zwei unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen auszugehen ist (siehe Jahn, DB 1999, 253, 255). Da der Freibetrag für die natürliche Person bzw. für die Personengesellschaft insgesamt gewährt wird, ist er im Falle der Zugehörigkeit zu mehreren IHKs, z.B. über Betriebsstätten in verschiedenen Kammerbezirken, nur einmal vor der Zerlegung des Gewerbeertrags bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb abzuziehen. In den Fällen des § 3 Abs. 4 (Sonderregelungen für handwerkliche Mischbetriebe, Apotheken, Freiberufler und Landwirte) wird der Umlagefreibetrag ebenfalls nur einmal beim Gesamtertrag/Gesamtgewinn vor Ermittlung des auf den nichthandwerklichen und nichthandwerksähnlichen Betriebsteil entfallenden Anteils bzw. vor der gesetzlich vorgeschriebenen „Viertelung“ oder „Zehntelung“ berücksichtigt.
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f) Handwerkliche Mischbetriebe Die Beitragsregelung für handwerkliche Mischbetriebe (§ 3 Abs. 4 Satz 1) ist im Zusammenhang mit der Neuordnung der Zugehörigkeit gewerblicher Unternehmen zu den Industrie- und Handelskammern bzw. Handwerkskammern durch das Gesetz zur Änderung von Gesetzen auf dem Gebiet des Rechts der Wirtschaft vom 21. 12. 1992 (BGBl. I, 2133) zu sehen. Mit der Abschaffung der auf Artikel 3 des Gesetzes über die Kaufmannseigenschaft von Handwerkern (BGBl. 1953 I, 106) beruhenden Möglichkeit einer Doppelmitgliedschaft auf freiwilliger Basis und des entsprechenden Beitragstransfers HWK/IHK (vgl. dazu die 6. Aufl., Rz. 152 und 192) ergab sich die Notwendigkeit veränderter Bestimmungen über den Beitragsfluss.
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Sowohl in Bezug auf die Kammerzugehörigkeit wie auch in Bezug auf die Beitragspflicht wird nunmehr an das Vorliegen eines Mischbetriebs im Sinne des Vorhandenseins handwerklicher bzw. handwerksähnlicher sowie nichthandwerklicher und nichthandwerksähnlicher Betriebsteile angeknüpft. Ein handwerklicher oder handwerksähnlicher Betriebsteil kann nur vorliegen, wenn die betreffende natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft in der Handwerksrolle oder im Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen ist. Ist das nicht der Fall, besteht uneingeschränkt IHK-Beitragspflicht. Daraus folgt etwa, dass eine nicht in der Handwerksrolle eingetragene Komplementär-GmbH einer ausschließlich handwerklich tätigen und dementsprechend in der Handwerksrolle eingetragenen Kommanditgesellschaft der IHK zugehörig ist und auch nur an diese Beiträge entrichten muss. Die Komplementär-GmbH gehört weder zu den von § 2 Abs. 3 erfassten, in die Handwerksnovelle oder das Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe aufzunehmenden Betriebe noch ist sie ein „Betriebsteil“ der KG i.S.d. § 2 Abs. 3 (VG Saarland GewArch 2001, 296).
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Für Kleinunternehmer, die „einfache“ handwerkliche Tätigkeiten ausführen (§§ 1 Abs. 2 Satz 2; 90 Abs. 3 HwO), für handwerkliche Hilfsbetriebe (§ 3 Abs. 3 HwO) oder Nebenbetriebe unterhalb der Unerheblichkeitsgrenze (§ 3 Abs. 2 HwO) besteht keine Pflicht zur Eintragung in die Handwerksrolle. In diesen Fällen kann also grundsätzlich von einer uneingeschränkten IHK-Zugehörigkeit (vgl. dazu § 2 Rz. 122 und 124) und Beitragspflicht ausgegangen
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werden. Falls jedoch trotz aus diesen Gründen nicht bestehender Handwerksrollenpflichtigkeit eine Eintragung in die Handwerksrolle erfolgt ist, bleibt es bis zum Zeitpunkt der Löschung bei der Mischbetriebsregelung, denn sowohl § 2 Abs. 3 als auch § 3 Abs. 4 Satz 1 knüpfen nicht an die Handwerksrollenpflichtigkeit, sondern an die Tatsache der Eintragung an. Problematisch ist die Beurteilung eines handwerklichen Unternehmens mit Betriebsstätten in mehreren IHK-Bezirken, wenn die Betriebsstätten in einem dieser Bezirke nicht in der Handwerksrolle eingetragen sind. In diesem Fall soll dennoch auch für den betreffenden IHK-Bezirk die Mischbetriebsregelung gelten. Das Unternehmen ist mit den dort belegenen Betriebsstätten zwar der IHK zugehörig, aber nur beitragspflichtig, wenn ansonsten die Kriterien des § 3 Abs. 4 Satz 1 erfüllt sind (VG Würzburg GewArch 1995, 296; kritisch dazu Jahn, GewArch 1995, 457, 464). 88
Bei Personen und Personengesellschaften, die ein handwerksähnliches Gewerbe betreiben, kommt es zunächst darauf an, ob sie in dem Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe – gemeint ist das Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe nach § 19 HwO – eingetragen sind. Ist dies nicht der Fall, sind sie uneingeschränkt IHK-zugehörig und beitragspflichtig. Liegt hingegen die Eintragung in dem Verzeichnis vor, richtet sich die IHK-Zugehörigkeit und die Beitragspflicht nach den Mischbetriebsregelungen der §§ 2 Abs. 3 und 3 Abs. 4 Satz 1. Das gilt selbst dann, wenn ein handwerksähnliches Gewerbe in Wirklichkeit nicht ausgeübt wird oder den Charakter eines Nebenbetriebes oder Hilfsbetriebes trägt. In jedem dieser Fälle hätte zwar eine Eintragung in das Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe zu unterbleiben (Musielak/Detterbeck, § 19 HwO Rz. 4). § 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 4 Satz 1 stellen jedoch wie beim Vollhandwerk auf die bloße Tatsache der Eintragung und nicht auf die Eintragungsfähigkeit ab.
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Liegt eine Eintragung in der Handwerksrolle oder im Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe vor, so gehört der Gewerbetreibende nur bei Vorhandensein eines nichthandwerklichen und nichthandwerksähnlichen Betriebsteils und nur mit diesem der IHK an. Nur die Gewerbeerträge bzw. Gewinne dieses Betriebsteils können als Bemessungsgrundlage für den IHK-Beitrag herangezogen werden. Der diesem Betriebsteil zuzurechnende, für die Beitragsveranlagung maßgebende Anteil an der Bemes284
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sungsgrundlage kann auf Basis einer Aufteilungsvereinbarung zwischen IHK und HWK aufgeteilt werden; rechtlich zu beanstanden ist dies nicht (VGH Mannheim GewArch 1999, 80). § 3 Abs. 4 Satz 1 schränkt die IHK-Beitragspflicht solcher Mischbetriebe jedoch weiter ein: Als zusätzliche Voraussetzung dafür, dass überhaupt ein IHK-Beitrag entrichtet werden muss, wird verlangt, dass der Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert und dass der maßgebliche Umsatz des nichthandwerklichen bzw. nichthandwerksähnlichen Betriebsteils den gesetzlichen Schwellenwert übersteigt. Das zuerst genannte Kriterium entspricht – positiv formuliert – der Definition des vollkaufmännischen Handelsgewerbes in § 1 Abs. 2 HGB in der Fassung des Handelsrechtsreformgesetzes vom 22. 6. 1998 (BGBl. I, 1474). Die Feststellung der Erfüllung dieses Kriteriums kann mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein (vgl. Kögel, DB 1998, 1802). Hinsichtlich der Art des Gewerbebetriebes wird etwa auf die Notwendigkeit der Kreditaufnahme und Kreditgewährung oder einer doppelten Buchführung sowie auf die Beschäftigung von kaufmännisch vorgebildetem Personal abgestellt. Zur Bestimmung des Umfangs werden Umsatz, Beschäftigtenzahl, Betriebsvermögen, Kredithöhe, Zahl der Standorte und Unternehmensgegenstand herangezogen. In der Praxis wird durchweg an die Handelsregistereintragung angeknüpft. Dies ist auch nach Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes am 1. 7. 1998 weiterhin möglich. Zwar können sich seitdem auch Personen und Personengesellschaften, deren Unternehmen einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert, in das Handelsregister eintragen lassen (§ 2 Satz 1 HGB). Sie können dann jedoch nicht mehr geltend machen, dass das unter der eingetragenen Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei (§ 5 HGB). Damit werden sie in jeder Hinsicht als Kaufleute (früher Vollkaufleute) behandelt.
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Bei der Beurteilung der Kaufmannseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 IHKG i.V.m. § 1 Abs. 2 HGB ist auf das gesamte Unternehmen – und nicht nur auf den nichthandwerklichen bzw. nichthandwerksähnlichen Betriebsteil – abzustellen. Einzubeziehen sind sämtliche Betriebsstätten, auch wenn sie in einem anderen Kammerbezirk liegen.
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Das zweitgenannte Kriterium, der Umsatz des nichthandwerklichen oder nicht handwerksähnlichen Betriebsteils, ist mit Wirkung vom 1. 1. 2004 (Gesetz vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934) präziser gefasst worden. Der Gesetzgeber hat nunmehr die maßgebliche Umsatzgrenze von der Abgabenordnung abgekoppelt und eine Regelung unmittelbar im IHKG getroffen. Eine Beitragspflicht zur IHK besteht für die betroffenen Mischbetriebe nur, wenn der Umsatz im nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteil mehr als 130.000 Euro im Jahr beträgt. Hierbei sind alle relevanten Umsätze aller Betriebsstätten zu berücksichtigen. Auch nach der Neufassung des § 3 Abs. 4 Satz 1 ist die Regelung missverständlich formuliert. Das gilt einmal für die Verknüpfung von nichthandwerklich und nichthandwerksähnlich durch das Wort „oder“. Der relevante Umsatz ist vom Gesetz selbst nicht definiert. Für die IHK-Beitragspflicht zählen nur solche Umsätze, die weder einem handwerklichen noch einem handwerksähnlichen Betriebsteil zuzurechnen sind – vorausgesetzt, dass insoweit eine entsprechende Eintragung in der Handwerksrolle oder im Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe vorliegt (s.o.). Der Wert der verarbeiteten oder bearbeiteten Materialien ist dem handwerklichen bzw. handwerksähnlichen Betriebsteil zuzurechnen.
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Für die Frage, ob die maßgebliche Umsatzgrenze des nichthandwerklichen bzw. nichthandwerksähnlichen Betriebsteils überschritten ist, muss wiederum auf das gesamte Unternehmen also alle relevanten Umsätze aller Betriebsstätten abgestellt werden (VG Bremen vom 6. 8. 2006 – 2 K 1429/05). Die relevanten Umsätze sämtlicher Betriebsstätten – auch derjenigen außerhalb des IHK-Bezirks – sind in die Berechnung einzubeziehen. Der in der Handwerksrolle oder im Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe eingetragene Gewerbebetrieb, dessen nichthandwerklicher bzw. nichthandwerksähnlicher Umsatz die 130.000 Euro-Grenze nicht überschreitet, ist vom IHK-Beitrag befreit. Gleiches gilt – ohne Rücksicht auf die Umsatzgrenze – von dem kleingewerblich handwerklichen bzw. handwerksähnlichen Betrieb – selbst dann, wenn er von der am 1. 7. 1998 eingeführten Option der Eintragung im Handelsregister Gebrauch gemacht haben sollte.
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Die Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 1, die in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Vereinfachung erfolgte, entspricht nicht dem 286
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Gedanken der Beitragsgerechtigkeit. Die genannten Unternehmen erwerben, sofern sie nur über einen nichthandwerklichen bzw. nichthandwerksähnlichen Betriebsteil verfügen, alle Rechte eines IHK-Zugehörigen, müssen aber keinerlei IHK-Beiträge zahlen, auch wenn ihr aus nichthandwerklicher bzw. nichthandwerksähnlicher Tätigkeit resultierender Gewerbeertrag weit über dem liegt, bei dem ein nichthandwerklicher bzw. nichthandwerksähnlicher Gewerbetreibender bereits beitragspflichtig ist. Auch ist die vom Gesetzgeber gebrauchte Begründung, wonach die Mischbetriebe zumeist ausschließlich die Dienste der Handwerkskammer in Anspruch nehmen, eine Unterstellung, die nicht der Wirklichkeit entspricht (vgl. Jahn, GewArch 1993, 129, 133). Für die Beitragsveranlagung ist der auf den nichthandwerklichen bzw. nichthandwerksähnlichen Betriebsteil entfallende Gewerbeertrag zu ermitteln. Bei Betriebsstätten in mehreren IHK-Bezirken sind die Verhältnisse in dem einzelnen Bezirk maßgebend. Zu diesem Zweck kann der vom Finanzamt mitgeteilte Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb – bei Betriebsstätten in verschiedenen IHK-Bezirken der zerlegte Gewerbeertrag/Gewinn – entsprechend den auf die Betriebsteile entfallenden Umsätzen aufgeteilt werden. Dabei darf die IHK die Umsatzangaben des Unternehmens gegenüber der Handwerkskammer zugrunde legen (VG Arnsberg GewArch 1997, 152). Bei Mischbetrieben, in denen beim nichthandwerklichen bzw. nichthandwerksähnlichen Betriebsteil typischerweise geringere Umsatzrenditen anfallen als beim handwerklichen/handwerksähnlichen, sind ggf. Korrekturen erforderlich. In der Praxis findet eine Abstimmung zwischen den Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern statt. Die danach auf den nichthandwerklichen bzw. nichthandwerksähnlichen Betriebsteil entfallenden Gewerbeerträge/Gewinne aus Gewerbebetrieb werden für die Veranlagung zur Umlage und – soweit bei der Grundbeitragsstaffelung auf Gewerbeertrag oder Gewinn abgestellt wird – auch für die Veranlagung zum Grundbeitrag herangezogen.
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Auch für Handwerkerkaufleute, die neben ihrem Handwerk eine nichthandwerkliche Tätigkeit ausüben, gilt § 2 Abs. 3. Die Übergangsvorschrift in § 13a Abs. 1 erfasst deshalb nur Handwerkerkaufleute, die ausschließlich ein Handwerk betreiben und vor dem 31. 12. 1993 der IHK freiwillig beigetreten sind. Sie bleiben kammerzugehörig, sind aber beitragsfrei.
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g) Apotheker 97
Apotheken sind Gewerbetriebe (BVerfGE 5, 25; 7, 377; NJW 1996, 3067; BVerwGE 4, 81 und 167; BFH, BStBl. 1956 III, 18 und 1961 III, 155) und damit kammerzugehörig (VG Koblenz GewArch 1992, 418; VG Würzburg GewArch 1995, 293; wegen der älteren Rechtsprechung s. 6. Aufl., Rz. 97). Da selbständige wie unselbständige Apotheker in den meisten Bundesländern aufgrund landesrechtlicher Vorschriften auch noch einer besonderen Berufsorganisation, den Apothekerkammern, angehören, hat der Bundestag in der 2. Lesung des Gesetzentwurfs zum IHKGÄndG 1998 (Protokoll der 167. Sitzung des Bundestags) es für zweckmäßig gehalten, die Auswirkungen einer doppelten Beitragspflicht bei den kammerzugehörigen Apotheken einzuschränken. Er folgte dabei dem § 59 des in Baden-Württemberg geltenden Gesetzes über die öffentliche Berufsvertretung der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Dentisten vom 7. 3. 1959 (GBl. Ba-Wü 163).
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Der Inhalt der zunächst in § 3 Abs. 3 enthaltenen Regelung wurde mehrfach geändert, zuletzt durch Artikel 1 Nr. 7 des IHKGÄndG vom 23. 7. 1998 (BGBl. I, 1887), per 1. 1. 2004 durch Gesetz vom 24. 12. 2003 (BGBl. I, 2934) präzisiert, um klarzustellen, dass die Beitragsprivilegierung in Fällen nicht greift, für die die gesetzliche Regelung von vornherein nicht gedacht war (Jahn, GewArch 2004, 41, 45). Nach der nunmehr in § 3 Abs. 4 Satz 2 niedergelegten Fassung werden Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages bzw. ihres Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Bei der Veranlagung zum Grundbeitrag kann die Regelung relevant werden, wenn die IHK ihre Grundbeiträge nach dem Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb staffelt. Durch § 3 Abs. 4 Satz 2 ist sie jedoch nicht verpflichtet, dies zu tun. Werden jedoch andere quantitative Kriterien – z.B. Umsatz, Beschäftigtenzahl – zur Grundbeitragsstaffelung verwendet, kommt ggf. eine analoge Anwendung der „Viertelung“ in Betracht. Für die Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 3 Satz 3 ist ebenfalls der geviertelte Gewerbeertrag maßgebend.
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Sinn der Apothekenregelung ist es, wegen der Mehrfachbelastung mit Beiträgen zu verschiedenen Kammern nur einen Teil des Ertrags in die Veranlagung des IHK-Beitrags einfließen zu lassen. Der Apothekeninhaber wird für Zwecke der Veranlagung so ge288
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stellt, als hätte er nur ein Viertel des tatsächlichen Gewerbeertrags bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb erwirtschaftet. Wegen der Berücksichtigung des Umlagefreibetrags sei auf Rz. 82 verwiesen. h) Angehörige freier Berufe Das IHKÄndG (BGBl. I, 1998, 1898) hat durch den neuen § 3 Abs. 4 Satz 3 die „Apothekerregelung“ in modifizierter Form auch auf andere freie Berufe erweitert; per 1. 1. 2004 wurde diese Regelung durch den Gesetzgeber nochmals präzisiert (Gesetz vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in jüngerer Zeit freiberufliche Tätigkeiten zunehmend in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft – insbesondere der GmbH – ausgeübt werden und damit über § 2 Abs. 1 IHKG i.V.m. § 2 Abs. 2 GewStG die IHK-Zugehörigkeit begründet wird. Da die Rechtsprechung die IHK-Zugehörigkeit inzwischen selbst dann bejaht, wenn die betreffende Kapitalgesellschaft in ihrer Satzung jegliche gewerbliche Tätigkeit ausdrücklich ausschließt (vgl. VG Leipzig GewArch 2007, 163; Jahn, GewArch 2004, 410; Drexler/König, GewArch 2004, 461), erschien es dem Gesetzgeber geboten, die durch die Doppelzugehörigkeit gegebene Belastung durch Beiträge an mehrere Kammerorganisationen zu mildern (vgl. BT-Drs. 13/9975, 6). Dies ist einseitig zu Lasten der Industrieund Handelskammern geschehen, deren für die Beitragserhebung zur Verfügung stehende Bemessungsgrundlage deutlich herabgesetzt wurde.
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Indem die Regelung an die doppelte oder mehrfache Kammerzugehörigkeit anknüpft, scheidet sie Fälle aus, in denen eine Person freiberuflich tätig ist und getrennt davon selbst ein Gewerbe ausübt oder an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist, bei der sich die Gewerbesteuerpflicht in vollem Umfang bereits aus § 2 Abs. 1 GewStG – und nicht erst aus § 2 Abs. 2 GewStG – ergibt. Die zuerst genannte Konstellation dürfte angesichts der berufsrechtlichen Beschränkungen, denen Freiberufler in der Regel unterliegen, eher selten vorkommen. Die zweite ist hingegen problemlos denkbar (Beispiel: Zwei Steuerberater sind als alleinige Gesellschafter an einer Südfrüchte Import-GmbH beteiligt. Die Geschäftsführung haben sie einer Person übertragen, die nicht dem Berufsstand angehört). Hier besteht die Zugehörigkeit zur Berufskammer nur bezüglich der freiberuflichen Tätigkeit, während die
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IHK-Zugehörigkeit auf den Gewerbebetrieb beschränkt ist (vgl. oben § 2 Rz. 103). 102
§ 3 Abs. 4 Satz 3 findet Anwendung einmal auf die Fälle, in denen ein Angehöriger eines freien Berufs neben seiner freiberuflichen Tätigkeit durch Berufsrecht zugelassene gewerbliche Leistungen erbringt und aus diesem Grunde gewerbesteuerpflichtig wird (Beispiele: Ein Steuerberater ist als Treuhänder tätig, ein Tierarzt verkauft ambulant Tierarzneien oder ein Architekt übernimmt die Bauleitung und Bauüberwachung). Der in der Praxis wichtigste Anwendungsfall ist die Kapitalgesellschaft (GmbH, AG, KGaA), die ausschließlich oder jedenfalls vorwiegend freiberuflich tätig ist – etwa die Wirtschaftsprüfungs AG, die Steuerberatungs GmbH, neuerdings auch die Rechtsanwalts GmbH sowie die Architekten GmbH oder die Ingenieur GmbH. Da bei der Architekten- bzw. Ingenieur GmbH – anders als etwa bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern – nicht die Kapitalgesellschaft, sondern nur die an ihr beteiligten Architekten bzw. Ingenieure als natürliche Personen der Berufskammer angehören, de facto aber eine der Doppel-Zugehörigkeit entsprechende finanzielle Belastung auftritt, hat der Gesetzgeber die „Freiberufler-Regelung“ auch für diesen Fall für anwendbar erklärt.
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Freiberufler, die keiner Berufskammer angehören (z.B. Journalisten, Bildberichterstatter) und deshalb dort auch keine Beiträge entrichten, kommen – wenn die Voraussetzungen für die IHK-Zugehörigkeit vorliegen – nicht in den Genuss der herabgesetzten Bemessungsgrundlage. Anders als die „Apotheker-Regelung“ (vgl. oben Rz. 97) verlangt § 3 Abs. 4 Satz 3 ausdrücklich eine Berufskammerzugehörigkeit. Gibt es für den betreffenden freien Beruf eine Berufskammer nur in einigen Bundesländern (z.B. für Ingenieure), so ist die Anwendung des § 3 Abs. 4 Satz 3 auch nur auf Industrie- und Handelskammern in diesen Bundesländern beschränkt (vgl. die Übersicht über die Berufskammern und deren Rechtsgrundlagen bei Tettinger, Kammerrecht, 259, ferner im Internet-Auftritt des Instituts für Kammerrecht, www.kammerrecht.de).
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Die Bemessungsgrundlage von nur einem Zehntel des Gewerbeertrags bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb begründet der Gesetzgeber damit, dass in den Fällen des § 3 Abs. 4 Satz 3 die freiberufliche Tätigkeit in der Regel deutlich überwiegt (vgl. den 290
Jahn
§3
Ausnahmen bei Grundbeitrag und Umlage
Gesetzeswortlaut „vorwiegend“ in § 3 Abs. 4 Satz 3). Er stellt dies ausdrücklich der Tätigkeit der Apotheker gegenüber, die durch den Verkauf fertiger Produkte einen erheblich höheren Anteil von Einkünften gewerblicher Art erwirtschaften (BT-Drs. 13/9975, 6). Diese Differenzierung ist nicht willkürlich und damit auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebots nach Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. dazu BVerwG GewArch 1990, 398) gerechtfertigt – jedenfalls, solange sichergestellt ist, dass die in § 3 Abs. 4 Satz 3 enthaltene Vergünstigung nicht auch in den Fällen gewährt wird, in denen die freiberufliche Tätigkeit hinter die Gewerbeausübung zurücktritt. Hierzu ist eine Regelung in den Beitragsordnungen bzw. Wirtschaftssatzungen der Industrie- und Handelskammern erforderlich. Wegen der Berücksichtigung des Umlagefreibetrags (§ 3 Abs. 3 Satz 6) sei auf Rz. 82 verwiesen. Für die Freistellungsregelung nach § 3 Abs. 3 Sätze 3 und 4 ist die ermäßigte Bemessungsgrundlage von einem Zehntel des Gewerbeertrags/Gewinns aus Gewerbebetrieb maßgebend. Allerdings dürfte dies wegen der regelmäßig vorliegenden Handelsregistereintragung kaum relevant werden.
105
i) Landwirtschaft Die Vergünstigung für Kammerzugehörige, die auch einer Landwirtschaftskammer angehören, entspricht derjenigen, die Freiberuflern gewährt wird (siehe oben Rz. 100). Ein besonderes Problem stellt sich hier allerdings bei der Frage, wann ein IHK-zugehöriger Unternehmer auch einer Landwirtschaftskammer angehört. Landwirtschaftskammern gibt es nur in den Bundesländern Bremen (Gesetz vom 20. 3. 1956 – GBl. 13); Hamburg (Gesetz vom 4. 12. 1990 – GVBl., 240); Niedersachsen (Gesetz vom 10. 10. 1986 – GVBl., 325); Nordrhein-Westfalen (Gesetz über die Errichtung von Landwirtschaftskammern im Lande Nordrhein-Westfalen vom 11. 2. 1949 – GSNW, 706); Rheinland-Pfalz (Gesetz vom 28. 7. 1970 – GVBl., 309); Saarland (Gesetz vom 9. 7. 1956 – ABl., 1042 i.d.F. d. Bek. vom 22. 10. 1975 – ABl., 1150) und SchleswigHolstein (Gesetz i.d.F. d. B. vom 30. 3. 1992 – GVOBl., 211). In den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften ist zwar von „Mitgliedern“ der Landwirtschaftskammer die Rede. Als solche werden jedoch diejenigen Personen bezeichnet, die dem gewählten parlamentarischen Gremium der Landwirtschaftskammer – entspreJahn
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Status, Beiträge und Gebühren
chend der IHK-Vollversammlung – angehören (vgl. § 4 LwKG NW). Die Belastung, um deren Ausgleich es bei § 3 Abs. 4 Satz 3 geht, entsteht durch die Umlagepflicht, die wiederum an die Grundsteuerpflicht eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes (vgl. § 3 des Gesetzes über eine Umlage der Landwirtschaftskammern im Lande Nordrhein-Westfalen – Umlagegesetz – vom 17. 7. 1951 – GSNW, 715/SGVNW, 780) bzw. die Beschäftigtenzahl eines Binnenfischereibetriebes (§ 10 Umlagegesetz) anknüpft. 107
Für die Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 3 kann es somit nicht darauf ankommen, ob ein der IHK zugehöriger Gewerbetreibender gleichzeitig auch (gewähltes) „Mitglied“ der Landwirtschaftskammer ist. Entscheidend ist vielmehr die Belastungsüberschneidung, die dadurch entsteht, dass ein Betrieb, welcher der IHK zugehörig ist, gleichzeitig als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (vgl. § 3 Umlagegesetz NW) zur Landwirtschaftskammerumlage verpflichtet ist. Das ist dann der Fall, wenn er über ein oder mehrere im IHK-Bezirk belegene Betriebsgrundstücke verfügt, die, losgelöst von ihrer Zugehörigkeit zu dem Gewerbebetrieb, einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bilden würden (vgl. § 3 Umlagegesetz NW i.V.m. § 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Reform des Grundsteuerrechts vom 7. 8. 1973, BGBl. I, 965 und § 99 Abs. 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes). Gleiches muss gelten, wenn der Gewerbebetrieb einen zur Landwirtschaftskammerumlage verpflichteten, im IHK-Bezirk belegenen Fischereibetrieb umfasst (vgl. § 9 und 10 Umlagegesetz NW). Die Festsetzung der Landwirtschaftskammerumlage der zuständigen Finanzbehörde (vgl. § 13 Umlagegesetz NW) ist insoweit für die Veranlagung zum IHK-Beitrag bindend. Damit scheidet etwa die Anwendung des § 3 Abs. 4 Satz 3 auch von vornherein bei allen Industrie- und Handelskammern in denjenigen Bundesländern aus, in denen es keine Landwirtschaftskammern gibt.
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Auch für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bzw. den Fischereibetrieb gilt, dass § 3 Abs. 4 Satz 3 nur dann Anwendung findet, wenn es sich um einen integrierten Bestandteil des der IHK zugehörigen Gewerbebetriebs handelt. Dieser Fall ist typischerweise gegeben, wenn ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft durch Zukauf die Grenze überschreitet, die zur Gewerbesteuerpflicht führt (vgl. dazu oben § 2 Rz. 101) oder als landund forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb im Handelsregister eingetragen ist (vgl. oben § 2 Rz. 105). Nicht erfasst sind hingegen die 292
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§3
Beitragsordnung
Fälle, in denen neben der Land- und Forstwirtschaft ein selbständiges gewerbliches Unternehmen, Land- und Forstwirtschaft also nicht „vorwiegend“ i.S.d. § 3 Abs. 4 Satz 3 betrieben wird (vgl. die Beispiele bei § 2 Rz. 110). Hier wird – soweit die Voraussetzungen für die IHK-Zugehörigkeit vorliegen – der betreffende gewerbliche Betrieb auf der Basis seines gesamten Gewerbeertrags bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb zum IHK-Beitrag veranlagt. § 3 Abs. 4 Satz 3 findet keine Anwendung bei Betrieben mit überwiegend gewerblicher Tätigkeit (z.B. bei Industrieunternehmen, die über Ausgleichsland verfügen, welches für die Landwirtschaftskammerumlage herangezogen wird). Diese Einschränkung muss aus den gleichen Erwägungen wie bei der „Freiberufler-Regelung“ (vgl. § 3 Rz. 104) gemacht werden.
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6. Beitragsordnung Das Gesetz regelt die Beitragspflicht der Kammerzugehörigen ab- 110 schließend, überlässt das Verfahren der Beitragserhebung dagegen der von der IHK zu erlassenden Beitragsordnung. Diese Beitragsordnung ist von der Vollversammlung zu beschließen (§ 4 Satz 2 Nr. 2), von der Staatsaufsichtsbehörde zu genehmigen (§ 11 Abs. 2) und ebenso wie andere Rechtsvorschriften der IHK ordnungsmäßig zu verkünden (siehe die Nachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137). Der Gestaltungsspielraum für die Beitragsordnung ist dabei gering, da sie im Wesentlichen nur allgemein anerkannte Grundsätze des Verwaltungsrechts und des Abgabenrechts für den Bereich der IHK kodifizieren kann. Insbesondere gilt für die Beitragserhebung der IHKs das Verwaltungsverfahrensgesetz des jeweiligen Landes, auch wenn es dafür kaum zugeschnitten ist. Im Wesentlichen enthält die Beitragsordnung deshalb nur eine deklaratorische Zusammenfassung dessen, was sich ohnehin aus dem Gesetz und seiner Auslegung ergibt. Soweit den IHKs Gestaltungsmöglichkeiten verbleiben – z.B. bei der Grundbeitragsstaffelung (§ 3 Abs. 3 Satz 2) und der Regelung für Tochter- und Komplementärgesellschaften (§ 3 Abs. 3 Satz 9 und 10), sind diese in der Beitragsordnung zu regeln. Zwingend vorgeschrieben ist eine Regelung von Erlass und Niederschlagung (§ 3 Abs. 7 Satz 2). Die Beitragsordnungen lehnen sich dabei durchweg an die entsprechenden Vorschriften § 227 und § 222 der Abgabenordnung an. Jahn
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§3
Status, Beiträge und Gebühren
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Die Beitragsordnung verweist ihrerseits wieder auf die alljährliche Wirtschaftssatzung (§ 4 Satz 2 Nr. 3), welche die Höhe der Beiträge festsetzt. In den Beitragsbescheiden sind deshalb als Rechtsgrundlage jeweils das IHKG, die Beitragsordnung sowie die maßgebende Wirtschaftssatzung zu erwähnen. Erwähnt werden müssen ferner der zugrundegelegte Gewerbeertrag oder Zerlegungsanteil und das von der Vollversammlung festgesetzte Bemessungsjahr.
113
Sollte die Beitragsordnung aus formalen Gründen als Ganzes nichtig sein, etwa weil der Vollversammlungsbeschluss an Mängeln leidet, die Genehmigung der Staatsaufsichtsbehörde fehlt oder die Verkündung nicht erfolgt ist, so sind auch die darauf beruhenden Beitragsbescheide rechtswidrig (OVG Münster DÖV 1986, 887). Rechtskräftige Beitragsbescheide bleiben jedoch bestehen, weil sie bestandskräftig sind. Im Übrigen kann die IHK anstelle der nichtigen Beitragsordnung rückwirkend eine ordnungsmäßige Beitragsordnung verabschieden und auf dieser Grundlage die aufzuhebenden Beitragsbescheide durch neue ersetzen, soweit nicht die Verjährung eingetreten ist (weitergehend für rückwirkende Heilung BVerwG DVBl 1970, 835 und DVBl 1976, 942; OVG Lüneburg GewArch 1999, 22). Im Übrigen kann fehlerhaftes Satzungsrecht, das der Beitragserhebung zugrunde liegt, im gerichtlichen Verfahren bis zum Schluss der Verhandlung durch nachträglichen Beschluss der Vollversammlung geheilt werden (VG Münster vom 28. 6. 1999 – 3 K 1271/95).
7. Sonderbeiträge 114
§ 3 Abs. 5 sieht die Erhebung von Sonderbeiträgen vor, wenn Anlagen oder Einrichtungen der IHK einem bestimmten Kreis von Kammerzugehörigen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Vorbild ist das Rechtsinstitut der Vorausbelastung, das es bereits früher im Kammerrecht gab (z.B. § 30 des Preuß. IHKG; Art. 37 des Hess. IHKG) und das auch im Kommunalrecht bekannt ist (§ 53 Abs. 3 der Hess. Kreisordnung vom 25. 2. 1952 – GVBl. 37). Die Vorausbelastung soll sicherstellen, dass Sondermaßnahmen für einen Teil der Beitragspflichtigen nicht die Allgemeinheit belasten.
115
Insbesondere im Handwerksbereich wird von dem Rechtsinstitut der Sonderbeiträge relativ häufig Gebrauch gemacht, wenn es sich 294
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§3
Sonderbeiträge
um die Finanzierung überbetrieblicher Lehrwerkstätten und vergleichbarer Lehrgänge handelt (vgl. BVerwG GewArch 1998, 36; zur älteren Rechtsprechung siehe Voraufl. Rz. 115). Die in dieser Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über Sonderbeiträge lassen sich z.T. auch auf den Bereich der IHK übertragen; dabei ist jedoch zu beachten, dass die Handwerkskammern in solchen Fällen die Sonderumlage von allen Zugehörigen erheben und sich nicht – wie die IHKs – auf einzelne Gewerbezweige beschränken können. Auch für die Notarkammern ist die Zulässigkeit einer Sonderumlage bestätigt worden (BGH NJW 1997, 1239). a) Voraussetzungen Voraussetzung für Sonderbeiträge ist nach der ausdrücklichen Ver- 116 weisung des Gesetzes, dass die IHK eine Anlage oder Einrichtung im Sinne von § 1 Abs. 2 begründet, unterhält oder unterstützt. Damit ist von vornherein ausgeschlossen, dass allgemeine Kammeraufgaben gemäß § 1 Abs. 1 auf diese Weise gesondert finanziert werden. Aber auch wenn Anlagen und Einrichtungen der IHK gemäß § 1 Abs. 2 der Förderung der gesamten Bezirkswirtschaft dienen, sind die Mittel dafür durch die allgemeinen Beiträge aufzubringen. Sonderbeiträge kommen nur in Betracht, wenn die Anlage oder Einrichtung für einen bestimmten Gewerbezweig oder einen sonst genau abgrenzbaren Kreis von Kammerzugehörigen besondere Vorteile bringt. Das ist hauptsächlich der Fall, wenn ein Gewerbezweig, der für einen Kammerbezirk besondere Bedeutung hat, eine spezialisierte Technik aufweist und daher für ihn Fachschulen, Institute oder sonstige Fördereinrichtungen wünschenswert sind (z.B. Edelsteinschleiferei, Glasbläserei, Uhrenherstellung, Keramik, Webtechnik). Aber auch Gemeinschaftslehrwerkstätten können durch Sonderbeiträge finanziert werden, wenn sie auf bestimmte Ausbildungsberufe zugeschnitten sind und der Kreis der an dieser Ausbildung interessierten Unternehmen sich abstrakt und gleichzeitig zuverlässig gegenüber der Allgemeinheit der Kammerzugehörigen abgrenzen lässt. Es kommt dabei nicht auf eine Abgrenzung nach Gewerbezweigen an; jedes objektive und sachgerechte Abgrenzungsmerkmal reicht aus. Die IHK entscheidet im Rahmen ihrer Selbstverwaltung darüber, 117 ob sie eine solche Anlage oder Einrichtung begründen, unterhalten oder unterstützen will. Es genügt, dass die Maßnahmen objekJahn
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Status, Beiträge und Gebühren
tiv geeignet sind, einem Teil der Kammerzugehörigen zu nutzen; auch ein mittelbarer Nutzen reicht aus. In diesem Sinne hat das VG Karlsruhe (Urteil vom 10. 10. 1967 – II 223/66) auch die Zulässigkeit von Sonderbeiträgen für die Unterhaltung eines Freizeitheimes für ausländische Arbeitnehmer bestätigt. Es kommt nicht darauf an, ob und inwieweit die Kammerzugehörigen später tatsächlich von den ihnen angebotenen und von ihnen auch finanzierten Möglichkeiten Gebrauch machen. Die Anlage oder Einrichtung braucht im Übrigen kein unselbständiger Teil der IHK zu sein, sondern kann auch mit anderen Trägern, beispielsweise in Form einer GmbH oder eines eingetragenen Vereins, geführt werden. Das Gesetz stellt in § 1 Abs. 2 wie in § 3 Abs. 5 dem Begründen und Unterhalten das Unterstützen gleich. b) Verfahren 118
Wenn die IHK eine solche Anlage oder Einrichtung durch Sonderbeiträge finanzieren will, hat sie den Beteiligten gemäß § 3 Abs. 5 Satz 2 vorher Gelegenheit zur Äußerung zu geben. „Beteiligte“ sind die Kammermitglieder, die von der zu finanzierenden Anlage oder Einrichtung besonders profitieren und deshalb zum Sonderbeitrag herangezogen werden sollen. Die Vollversammlung ist an die Stellungnahme der Beteiligten zwar nicht gebunden und beschließt über die Begründung, Unterhaltung und Unterstützung ebenso wie über die Erhebung von Sonderbeiträgen in eigener Verantwortung, wird sich aber in der Praxis kaum in Widerspruch zu dem Votum der in der Hauptsache Beteiligten setzen; rechtlich ist ihr Beschluss aber, sofern die Beteiligten gehört worden sind, nicht angreifbar. Ist die Anhörung nach § 3 Abs. 5 Satz 2 aber unterblieben, liegt ein Verfahrensfehler vor, der die Beschlussfassung über die Sonderbeitragssatzung rechtswidrig macht. Nachfolgend erlassene Sonderbeitragsbescheide bleiben jedoch wirksam und sind bei Unanfechtbarkeit vollstreckbar. Dieser Charakter der Anhörung ist vor allem dann wichtig, wenn einzelne Beteiligte oder Gruppen unter ihnen später ihre Auffassung ändern und beispielsweise wegen zu geringer Benutzung der Anlage oder Einrichtung oder wegen der finanziellen Lasten gern wieder darauf verzichten würden; auch hier entscheidet die Vollversammlung in eigener Verantwortung.
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Sonderbeiträge
Der Aufsichtsbehörde steht die Genehmigung der Sonderbeitragsordnung nach § 11 Abs. 2 zu. Sie kann aber nur die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften prüfen und ihre Genehmigung nicht etwa deswegen versagen, weil sie die in Frage kommende Einrichtung nicht für notwendig oder zweckmäßig hält oder weil die Vollversammlung von der Stellungnahme der Beteiligten abgewichen ist. Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Zwecke der Einrichtung mit den Kammeraufgaben nach § 1 nicht zu vereinbaren oder wenn die Einrichtung zur Wirtschaftsförderung absolut ungeeignet wäre; in diesem Fall liegt aber keine Fachaufsicht, sondern zulässige Rechtsaufsicht vor.
119
c) Sonderbeitragsordnung Grundlage für die Erhebung von Sonderbeiträgen ist eine Sonderbeitragsordnung, die von der Vollversammlung zu beschließen, von der Staatsaufsichtsbehörde zu genehmigen und ordnungsgemäß zu verkünden ist. Sie muss die Anlagen oder Einrichtungen, für die Sonderbeiträge erhoben werden, genau bezeichnen und den Kreis der sonderbeitragspflichtigen Unternehmen klar abgrenzen. Die Bemessungsgrundlage für die Sonderbeiträge brauchen nicht die Gewerbeerträge zu sein. Da es sich um eine Vorzugslast handelt, kann beispielsweise die Lohnsumme, die Zahl der Arbeitnehmer oder auch der Umsatz ein zweckmäßiger Verteilungsmaßstab sein, um den Nutzen, den die einzelnen Unternehmen aus der Einrichtung ziehen können, richtig zu erfassen.
120
Die Sonderbeitragsordnung kann mit Rücksicht auf das Regelungsermessen der Vollversammlung darüber hinaus Vorschriften über die Führung und Verwaltung der Anlagen und Einrichtungen enthalten, auch wenn das Gesetz darüber nichts sagt. § 30 Abs. 2 des früheren Preuß. IHKG sah beispielsweise die Bildung von Ausschüssen vor, die aus Mitgliedern der Vollversammlung und Vertretern der sonderbeitragspflichtigen Unternehmen zusammenzusetzen waren. Auch wenn heute die Verwaltung Angelegenheit der IHK ist, kann die Bildung derartiger Ausschüsse zweckmäßig sein; ihre Aufgabe kann aber stets nur in der Beratung von Vollversammlung und Präsidium bestehen.
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Status, Beiträge und Gebühren
8. Gebühren 122
§ 3 Abs. 6 ermächtigt die IHKs, für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen oder Einrichtungen oder Verwaltungsleistungen Gebühren zu erheben. Damit ist eine klare Rechtsgrundlage geschaffen, die sich an das Vorbild von § 30a des Preuß. IHKG i.d.F. vom 29. 12. 1933 (GS 1934, 6) hält und deren Konkretisierung durch die Gebührenordnung erfolgt. Gebühren sind nach einer allgemein anerkannten Begriffsbestimmung öffentliche Abgaben, die kraft Rechtsvorschrift als Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme oder Leistung der Verwaltung zu erbringen sind; deshalb ist zwischen Benutzungsgebühren und Verwaltungsgebühren zu unterscheiden (BVerfGE 50, 217, 226; 91, 207, 223; 93, 319, 345; BVerwGE 95, 188; OVG Münster GewArch 1997, 374). Für die Gebührenerhebung gilt das Kostendeckungsprinzip. a) Gebührentatbestände
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Das Gesetz verweist zunächst auf § 1 Abs. 2, welcher besondere Anlagen und Einrichtungen zur Förderung der Bezirkswirtschaft oder einzelner Gewerbegruppen vorsieht. Insbesondere wenn die Anlage oder Einrichtung der gesamten Bezirkswirtschaft zur Verfügung steht, können von den Benutzern Gebühren erhoben werden. Ebenso ist es aber auch zulässig, bei Anlagen oder Einrichtungen der Kammer für besondere Gewerbezweige in erster Linie Benutzungsgebühren vorzusehen und nur für die Grundfinanzierung Sonderbeiträge (§ 3 Abs. 5) zu erheben. Die Benutzungsgebühren spielen in der Praxis keine besondere Rolle mehr, weil sie ein öffentlich-rechtlich geregeltes Benutzungsverhältnis – wie etwa im Anstaltsrecht – voraussetzen und streng von einem privatrechtlichen Entgelt für sonstige Leistungen der Kammer zu unterscheiden sind. In diesen Fällen hat die IHK die Wahl, ob sie das Benutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich gestalten will, z.B. bei der Teilnahme an Lehrgängen, der Benutzung von Ausbildungs- und Lehrwerkstätten. In der Regel bevorzugen die Kammern die privatrechtliche Gestaltung und erheben für ihre Leistungen Entgelte, auch wenn manchmal noch irrigerweise von einer „Gebühr“ gesprochen wird.
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Praktische Bedeutung haben dagegen die Verwaltungsgebühren, die für „besondere Tätigkeiten“ erhoben werden. Damit sind 298
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Gebühren
Amtshandlungen und insbesondere Verwaltungsakte gemeint, die auf Antrag vorgenommen werden, im Interesse des Antragstellers liegen oder ihn begünstigen. Es kann sich dabei um Kammeraufgaben im eigenen wie im übertragenen Wirkungskreis handeln. Die Einordnung als freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe, als Pflichtaufgabe oder auch als Auftragsangelegenheit ist gebührenrechtlich ohne Belang. Beispiele für die Erhebung von Verwaltungsgebühren sind die Ausstellung von Ursprungszeugnissen, Bescheinigungen, die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen, Handelsmaklern und Versteigerern, Sach- und Fachkundeprüfungen (Einzelhandel, Güterkraftverkehr, Personenstraßenverkehr, Waffengesetz), die Unterrichtung und der Nachweis gemäß § 4 Gaststättengesetz, die Eintragung, Betreuung und Überwachung von Ausbildungsverhältnissen und die Abnahme von Prüfungen aller Art (soweit nicht das BBiG für den Auszubildenden Gebührenfreiheit vorsieht). b) Gebührenordnung Die Erhebung von Gebühren ist in der Gebührenordnung zu regeln, die von der Vollversammlung zu beschließen ist (§ 4 Satz 2 Nr. 2), der aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedarf (§ 11 Abs. 2) und ordnungsgemäß verkündet werden muss.
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Die Gebührenordnungen der IHKs übernehmen in der Regel die Terminologie der Kostengesetze des Bundes und der Länder. In einem allgemeinen Teil werden die verfahrensrechtlichen Vorschriften (einschließlich Auslagenersatz, Herabsetzung, Erlass und Niederschlagung) geregelt. Für die Forderung von Auslagenersatz fehlte bislang in § 3 Abs. 6 und 7 eine eindeutige Rechtsgrundlage. Dies hat der Gesetzgeber nunmehr durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz (vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) nachgeholt. Obwohl die Frage bislang verwaltungsgerichtlich noch nicht entschieden werden musste, stellt der Gesetzgeber nunmehr in § 3 Abs. 6 und 7 klar, dass auch der „Ersatz von Auslagen“ von einer IHK gefordert werden kann. Dies ist im Sinne der Rechtssicherheit zu begrüßen. Auslagen werden insbesondere erhoben, wenn durch die Einschaltung Dritter Zusatzkosten entstehen; dies kann beispielsweise bei der Überprüfung von Sachverständigen durch ein fachkundiges Gremium oder bei der Einholung von Laboranalysen für eine Bescheinigung der Fall sein,
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Status, Beiträge und Gebühren
aber auch bei einer Datenbankrecherche zur Beantwortung einer Anfrage. Auch die alleinige Erhebung von Auslagen ist zulässig, wenn die übrige Tätigkeit der Kammer gebührenfrei (aber gebührenfähig) ist. Ebenso werden Entstehung des Gebührenanspruchs, seine Fälligkeit, Mahnung und Beitreibung behandelt. Für die Gebühren werden feste Sätze oder auch Rahmensätze vorgesehen, wobei innerhalb des Rahmens der Verwaltungsaufwand und der wirtschaftliche Wert für den Gebührenschuldner den Ausschlag geben. 127
Der entscheidende Teil der Gebührenordnung ist der beigefügte Gebührentarif, welcher die Gebührenhöhe oder den Gebührenrahmen für die im Einzelnen genau bestimmten Verwaltungsleistungen festsetzt, ebenfalls von der Vollversammlung zu beschließen (§ 4 Satz 2 Nr. 2), rechtsaufsichtlich zu genehmigen (§ 11 Abs. 2) und zu verkünden ist. Insbesondere sind bei der Aufstellung des Gebührentarifs das Kostendeckungsprinzip und das Äquivalenzprinzip zu beachten, die aus rechtsstaatlichen Grundsätzen hergeleitet werden und nach überwiegender Meinung zum Wesen der Gebühr gehören (Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 541 mit zahlreichen Hinweisen auf Rechtsprechung und Schrifttum; vgl. insbesondere EuGH ZIP 1998, 206 „Fantask“).
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Die Obergrenze für die Höhe jeder Gebühr bilden die Verwaltungskosten, wobei es allerdings nur einer Durchschnittsrechnung anhand der bisherigen Erfahrungen bedarf. Es kommt nicht darauf an, ob im Einzelfall der Verwaltungsaufwand geringer als die festgesetzte Gebühr ist, oder ob die Gebühreneinnahmen gelegentlich die Verwaltungskosten übersteigen (BVerwG NJW 1962, 1583). In diesem Rahmen gilt dann noch das Äquivalenzprinzip, wonach die Gebühr in einem angemessenen Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert der Verwaltungsleistung stehen muss (VG München vom 16. 10. 1984 – N 909 XVI/84 – betrifft Bescheinigung nach § 6 Abs. 3 AEVO; zur Beachtung des Äquivalenzprinzips im IHK-Abgabenrecht siehe noch Jahn, GewArch 1997, 177, 182). Deshalb haben sich auch Rahmengebühren eingebürgert, innerhalb deren die Gebühr nach Verwaltungsaufwand und Bedeutung der Angelegenheit bemessen wird. Eine unbestimmte Gebühr, die erst im Einzelfall festgesetzt wird, ist unzulässig.
129
Die IHK ist zur Erhebung von Gebühren verpflichtet, da § 3 Abs. 2 Satz 1 eine Finanzierung durch allgemeine Beiträge der Kammer300
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Gebühren
zugehörigen nur vorsieht, „soweit die Kosten nicht anderweitig gedeckt sind“. Insbesondere bei Leistungen, die in erster Linie individuellen Belangen dienen, wird sie der Gebühr – bzw. dem privatrechtlichen Entgelt – den Vorzug vor einer Solidarfinanzierung über den Beitrag einräumen (Kannengießer, WiVerw 1998, 182, 199). Es liegt jedoch im Ermessen der IHK, inwieweit sie bei der Gebührenerhebung die aufgezeigten Höchstgrenzen ausschöpfen will, was beispielsweise bei den Berufsbildungsgebühren regelmäßig nicht der Fall ist, oder ob sie aus verwaltungstechnischen Gründen auf einzelne Gebühren verzichtet, wenn die Gebührenhöhe zu gering ist und den mit einer Erhebung verbundenen Verwaltungsaufwand nicht lohnt. Insoweit hat die IHK als Selbstverwaltungskörperschaft Gestaltungsmöglichkeiten und kann die verschiedenen Gesichtspunkte gegeneinander abwägen, insbesondere, in welchem Umfang allgemeine Haushaltsmittel aus den Kammerbeiträgen für eine Aufgabe mit nicht ausreichendem Gebührenaufkommen eingesetzt werden sollen. Die IHK ist auch berechtigt, im Rahmen des Veranlagungsverfahrens für den Erlass eines Widerspruchsbescheides bei erfolglosem Widerspruch eine Widerspruchsbescheidsgebühr nach Maßgabe ihres Gebührentarifs zu erheben. Denn mit dem Widerspruch nimmt der Rechtsbehelfsführer eine besondere hoheitliche Tätigkeit der IHK in Anspruch (VG Sigmaringen vom 23. 7. 2003 – 4 K 270/02). Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, wenn eine IHK nach Maßgabe ihres Gebührentarifs bei Beitragsverzug des Beitragsschuldners eine oder mehrere Mahngebühren in unterschiedlicher Höhe erhebt. Dies ist im Hinblick auf den besonderen Verwaltungsaufwand der IHK gerechtfertigt, der durch Kontrolle unerledigter Beitragssachen entsteht (VG Freiburg vom 25. 9. 2002 – 5 K 1529/01).
129a
c) Staatliche Gebührenregelung Die Zuständigkeit für die Festsetzung von Gebühren liegt nach § 3 Abs. 6 grundsätzlich bei der IHK, wobei die Vollversammlung zu beschließen hat (§ 4 Satz 2 Nr. 2). Diese Vorschrift unterscheidet nicht zwischen den verschiedenen Kammeraufgaben. Deshalb ist die IHK nicht nur im Selbstverwaltungsbereich und bei den zur Selbstverwaltung übertragenen Aufgaben für die Festlegung der Gebühren in ihrem Gebührentarif zuständig, sondern grundJahn
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sätzlich auch bei der Übertragung von Auftragsangelegenheiten. Lediglich in diesen Fällen übertragener Aufgaben könnten durch Bundes- oder Landesrecht Gebühren zugunsten der IHK festgelegt werden. Wenn keine solche staatliche Gebührenregelung existiert, kann dies die IHK in ihrem Gebührentarif tun. 131
Das Verwaltungskostengesetz des Bundes vom 23. 6. 1970 (BGBl. I, 821) gilt nicht für die IHKs; sie sind durch § 1 Abs. 3 Nr. 7 ausdrücklich ausgenommen. Ebenso haben die Landeskostengesetze, früher oft Gebührengesetz genannt, fast durchweg darauf verzichtet, für die den IHKs übertragenen Aufgaben Gebühren festzulegen.
9. Erhebung, Einziehung und Beitreibung 132
§ 3 unterscheidet bei Beiträgen, Sonderbeiträgen und Gebühren mehrfach (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 Satz 1, Abs. 6, Abs. 7 Satz 1 und Abs. 8) zwischen Erhebung, Einziehung und Beitreibung und kennzeichnet damit verschiedene Verfahrensabschnitte. Die Terminologie ist dabei allerdings nicht der neueren Entwicklung angepasst, wie sie insbesondere in der AO 1977 kodifiziert ist. a) Erhebung
133
Unter „Erhebung“ ist der verwaltungsinterne Vorgang zu verstehen, in dem die IHK Beiträge, Sonderbeiträge oder Gebühren festsetzt, und der im Steuerrecht als Steuerfestsetzung bezeichnet wird (vgl. §§ 155 ff. AO); er endet mit dem Beitragsbescheid, einschließlich späterer Änderungsbescheide. Die Erhebung der Beiträge setzt voraus, dass die IHK den abgabepflichtigen Tatbestand ermittelt, insbesondere von den Finanzämtern die Gewerbeerträge und Zerlegungsanteile bzw. von den Gewerbeämtern die gewerbepolizeilichen An- und Abmeldungen nach § 14 GewO erhält. Ggf. sind auch zusätzliche Rückfragen bei den betreffenden Unternehmen notwendig, um Kammerzugehörigkeit und Beitragspflicht zu klären, etwa bei Organgesellschaften oder bei Mischbetrieben. Insoweit ist die IHK auskunftsberechtigt (vgl. oben Rz. 3, 71).
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Bei der Erhebung der Beiträge ist die IHK an die Feststellungen des Finanzamts gebunden, soweit es sich um die Gewerbesteuerpflicht und den festgestellten Gewerbeertrag oder Zerlegungs302
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Erhebung, Einziehung und Beitreibung
anteil handelt (OVG Münster GewArch 2002, 33; zur älteren Rechtsprechung siehe Voraufl. Rz. 134). Die IHK darf deshalb nicht für ihre Umlagezwecke den Gewerbeertrag bzw. den Zerlegungsanteil korrigieren und etwa rechtliche Einwände oder wirtschaftliche Bedenken gegen die zugrundeliegenden Vorschriften des Gewerbesteuerrechts berücksichtigen. Diese Fragen sind von den gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen im finanzgerichtlichen Verfahren zu klären, notfalls auch durch eine Verfassungsbeschwerde (vgl. z.B. BVerfGE 13, 290, welche § 8 Nr. 5 GewStG für nichtig erklärte; anschließend aufgehoben durch Gesetz vom 30. 7. 1962 – BGBl. I, 563). Die IHK kann lediglich die Entscheidung über den Widerspruch – soweit nach Landesrecht nicht als Rechtsbehelf ausgeschlossen – gegen ihren Beitragsbescheid aussetzen, wenn parallel der Gewerbesteuermessbetrag oder seine Rechtsgrundlagen angefochten werden. Allenfalls ist ein Erlass oder auch Teilerlass möglich, wenn – unabhängig von der gewerbesteuerlichen Streitfrage – auch die Voraussetzungen für einen Erlass im Sinne von § 227 AO vorliegen. Ebenso wenig ist gegen einen Prozessvergleich oder auch einen Vergleichsvertrag im Sinne von § 55 VwVfG einzuwenden, wenn dessen Voraussetzungen – eine hinsichtlich des Sachverhaltes oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit – vorliegen. Jede nachträgliche Verneinung der Gewerbesteuerpflicht, jede Änderung des Gewerbeertrags oder des Zerlegungsanteils wirken sich wegen der Akzessorietät rückwirkend und ohne Rücksicht auf die Unanfechtbarkeit eines Beitragsbescheides auch auf die Kammerbeiträge aus. Der Gewerbesteuermessbescheid ist ein Grundlagenbescheid, dessen Änderungen sich schon begrifflich in den Folgebescheiden (z.B. auch in dem Umlagebescheid der IHK) fortsetzen müssen und dort erst praktisch Bedeutung gewinnen. Dies entspricht dem Grundgedanken aus den §§ 175 Abs. 1 Nr. 1, 182 Abs. 1 und 184 AO sowie § 35b GewStG, die wegen der Bindung des Kammerbeitragsrechts an das Gewerbesteuer- und Abgabenrecht hier analog angewandt werden müssen (OVG Hamburg GewArch 1984, 351; siehe auch BFH DB 2004, 2351). Zu viel erhobene Kammerbeiträge werden infolgedessen erstattet, zu wenig erhobene Kammerbeiträge werden nachgefordert. Eine zeitliche Grenze für die Nachforderung von Kammerbeiträgen bildet lediglich die Verjährung.
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b) Einziehung und Beitreibung 136
An die Erhebung schließen sich die „Einziehung“ und die „Beitreibung“ an, welche den Anspruch der IHKs realisieren sollen; im Steuerrecht wird hier vom Erhebungsverfahren (§§ 218 ff. AO) und von der Vollstreckung (§§ 249 ff. AO) gesprochen. Insbesondere bei den Beitragsbescheiden sind die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigen, weil der Beitragsbescheid ein Verwaltungsakt ist und in einem Verwaltungsverfahren ergeht. Es bedarf jedoch keiner individuellen Unterzeichnung, insbesondere nicht im automatisierten Verfahren. Der Beitragsbescheid ist verschlossen zu versenden, wobei die Aufgabe zur Post genügt; im Zweifel hat die IHK allerdings den Zugang des Bescheides samt Zeitpunkt nachzuweisen (§ 41 Abs. 2 VwVfG).
137
Gehen Beiträge und Gebühren nicht zum festgesetzten Zahlungstermin ein, und bleibt auch eine – in der Beitragsordnung zwingend vorgeschriebene – Mahnung ohne Erfolg, kann die IHK die rückständigen Beiträge oder Gebühren zwangsweise beitreiben. Für die Einziehung und Beitreibung verweist § 3 Abs. 5 Satz 1 auf die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften, also auf die Verfahrensvorschriften der Kommunalabgabengesetze; diese verweisen wiederum weitgehend auf die Abgabenordnung zurück (vgl. Gern, NVwZ 1995, 1145). Damit ist trotz aller landesrechtlichen Unterschiede im Einzelnen sichergestellt, dass die Kammerabgaben überall öffentliche Abgaben sind und wie Gemeindeabgaben eingezogen und beigetrieben werden können, ohne dass dazu ein vollstreckbarer Titel eines Gerichts erwirkt werden müsste. Im Übrigen sind die Vorschriften der Kommunalabgabengesetze nur „entsprechend“ anwendbar, so dass die IHK für die Einziehung und Beitreibung zuständig bleibt und sich nicht in jedem Fall der Amtshilfe der Gemeinden bedienen muss. Sie kann vielmehr selbst die Beitrags- und Gebührenbescheide versenden, bei Verspätung die Mahnschreiben herausgeben und die notwendigen Entscheidungen treffen.
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Vollstreckungsbehörden sind regelmäßig die Gemeinden, gelegentlich auch die Bezirksämter oder Kreisbehörden; dies wird ausdrücklich in den Landeskammergesetzen von Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und im Saarland vorge304
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schrieben. Im Übrigen ergibt sich aus den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder, ob die Kammern auch selbst Vollstreckungsbehörden einrichten dürfen. In der Praxis werden aber auch in diesen Fällen die Gemeinden im Wege der Amtshilfe um Beitreibung gebeten. Den Ländern wird in § 3 Abs. 8 Satz 2 vorbehalten, Verfahren und Zuständigkeit für die Einziehung und Beitreibung der Kammerabgaben abweichend zu regeln. Davon haben lediglich Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen Gebrauch gemacht. In Bayern bestimmt Art. 2 AGIHKG, dass die von der IHK über rückständige Abgaben aufgestellten Rückstandsverzeichnisse Vollstreckungstitel im Sinne von § 794 ZPO sind; die Beitreibung erfolgt dann durch den Gerichtsvollzieher. Daneben können aber auch die Gemeinden mit der Verwaltungsvollstreckung beauftragt werden; den bayerischen Gemeinden steht dabei übrigens nach Art. 26 und 27 BayVwZVG ebenfalls die Vollstreckung über den Gerichtsvollzieher offen. Ebenso können die IHKs in Baden-Württemberg zwischen dem zivilrechtlichen und dem öffentlichen Vollstreckungsweg wählen, seitdem das baden-württembergische Verwaltungsvollstreckungsgesetz vom 12. 3. 1974 (GVBl. 93) beide Möglichkeiten zur Verfügung stellt (§ 15 Abs. 1 und 2). Im Übrigen haben die meisten Länder in ihren Ausführungsgesetzen aufgrund der Ermächtigung in § 12 Abs. 1 Nr. 6 die Gemeinden zur Amtshilfe bei der Einziehung und Beitreibung verpflichtet und die Vergütung dafür geregelt. Die IHKs nehmen diese Amtshilfe bei der Einziehung allenfalls noch für die Kleingewerbetreibenden in Anspruch; nach Einführung der Datenverarbeitung veranlagen die meisten IHKs auch die Kleingewerbetreibenden selbst. Die Beitreibung erfolgt dagegen regelmäßig über die Gemeinden. Die IHK trägt die Beitreibungskosten, sofern sie nicht beim Vollstreckungsschuldner ebenfalls beigetrieben werden können. Da diese Beitreibungsgebühren, die vom Vollstreckungsschuldner ebenfalls zu entrichten sind, oft nicht die tatsächlichen Kosten decken, verlangen die Gemeinden gelegentlich von den Kammern eine zusätzliche Beitreibungsgebühr. Die Zulässigkeit einer solchen Beitreibungsgebühr ist umstritten.
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Für eine Zustellung der Beitrags- und Gebührenbescheide gelten die Verwaltungszustellungsgesetze der Länder, die ihrerseits wieder auf das Verwaltungszustellungsgesetz des Bundes vom 3. 7. 1952 (BGBl. I, 739 in der jeweiligen Fassung) verweisen. Eine
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formelle Zustellung ist jedoch nur ausnahmsweise notwendig, etwa bei Widerspruchsbescheiden (§ 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO); sonst genügt die Aufgabe zur Post. Der Zugang von Beitragsbescheiden mittels einfachem Brief wird am dritten Tag nach Aufgabe zur Post vermutet, es sei denn, der Bescheid ist überhaupt nicht oder später zugegangen (§ 41 Abs. 2 VwVfG). Zu den Bestimmtheitserfordernissen (§ 37 Abs. 1 VwVfG) des Beitragsbescheides zählt auch, dass zweifelsfrei erkennbar sein muss, an wen sich der Beitragsbescheid richten soll. Der Adressat ergibt sich grundsätzlich aus dem Anschriftenfeld des Beitragsbescheides in Verbindung mit seinem Inhalt. Danach ist die Adressierung eines IHK-Beitragsbescheides an die Konzernmutter einer kammerzugehörigen Organgesellschaft unwirksam, wenn die Konzernmutter selbst ihren Sitz nicht im Bezirk der IHK hat, also selbst nicht kammerzugehörig ist (VG Lüneburg vom 13. 1. 1999 – 5 A 18/98). Einer wirksamen Bekanntgabe steht aber nicht entgegen, wenn der Kammerzugehörige sich zwischenzeitlich umbenannt hat, die IHK bei der Adressierung des Bescheids aber noch den alten Namen verwendet hat (VG Würzburg vom 18. 1. 2006 – W 6 K 05.1148). Ist Beitragsschuldnerin eine GmbH, kann der Bescheid ohne Weiteres an die Privatadresse des Geschäftsführers zugestellt werden, da dieser die GmbH vertritt (§ 35 Abs. 1 GmbHG) und die Zustellung an jedem Ort möglich ist, an dem der Geschäftsführer angetroffen wird (§ 73 Abs. 3 VwGO; §§ 170 Abs. 2, 177 ZPO; §§ 7 Abs. 2, 3 Abs. 3 VwZG, vgl. VG Magdeburg vom 17. 3. 2004 – 3 A 477/03). Ein Einzelunternehmer hat keinen Anspruch, dass der Beitragsbescheid unter Nennung des vollständigen Namens des Gewerbebetriebs bekannt gegeben wird; ausreichend ist, dass der Bescheid unter Angabe der Geschäftsadresse an den Inhaber des Gewerbebetriebes gesandt wird (VG Leipzig vom 29. 11. 1999 – 6 K 1910/99). Der Heranziehung zum IHK-Beitrag steht nicht entgegen, dass das kammerzugehörige Unternehmen bei Zustellung des Beitragsbescheides nicht mehr existierte. Ebenso wie gegen eine aufgelöste GbR noch Steuerbescheide ergehen können (BFH BStBl. II, 1997, 745), kann auch noch ein IHK-Beitragsbescheid erlassen werden. Entscheidend ist, dass der Kammerzugehörige in dem Veranlagungsjahr, das Gegenstand des Beitragsbescheides ist, rechtlich existierte und zur Gewerbesteuer veranlagt war (OVG Schleswig vom 17. 7. 2006 – 3 LA 62/06).
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Bei privatrechtlichen Entgelten ist die IHK dagegen auf die zivilprozessualen Möglichkeiten angewiesen, um ihre Ansprüche zu verwirklichen. Sie muss notfalls mit Mahnbescheid und Zivilklage sowie mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach der ZPO vorgehen.
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c) Erlass, Niederschlagung, Stundung Gemäß § 3 Abs. 7 Satz 2 sind in der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung und der Gebührenordnung auch Erlass und Niederschlagung zu regeln.
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Erlass ist der ganze oder teilweise Verzicht auf einen Beitrags- oder Gebührenanspruch, wenn die Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre (vgl. § 227 Abs. 1 AO; zum früheren, vergleichbaren § 131 AO BFH NJW 1973, 1824; BVerwG BB 1976, 456). Es handelt sich also um eine Billigkeitsmaßnahme, über die nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden ist und bei der nicht zuletzt der Grundsatz einer gleichmäßigen Behandlung aller Kammerzugehörigen beachtet werden muss, so dass ein strenger Maßstab anzulegen ist (VG Freiburg vom 7. 11. 2003 – 7 K 152/01). Der Erlass setzt grundsätzlich einen Antrag bei der IHK voraus (VG Darmstadt GewArch 1995, 483). Infolgedessen kommt auch ein auf Beitragserlass gerichteter Antrag im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erst dann in Betracht, wenn ein entsprechender Erlassantrag von der jeweiligen IHK rechtsmittelfähig abgelehnt worden ist. Er kann immer nur mit den Umständen des Einzelfalles begründet werden und ist nicht dazu geeignet, Einwände gegen das Gewerbesteuerrecht zu berücksichtigen und indirekt den Gewerbeertrag oder Zerlegungsanteil zu korrigieren (VG Kassel vom 17. 9. 1998 – 4 E 1180/96 (2)). Als Tatbestandsvoraussetzung des Beitragserlasses knüpfen die IHK-Beitragsordnungen einheitlich an den unbestimmten Rechtsbegriff der „unbilligen Härte“ an, die eine „sachliche Härte“ oder eine „persönliche Härte“ sein kann (§ 227 AO). Nach der Rechtsprechung darf ein Erlass hierbei nur gewährt werden, wenn und soweit dies dazu dient, einem atypischen Sachverhalt Rechnung zu tragen, der aufgrund bestimmter tatsächlicher Umstände vom Regelbild deutlich abweicht, wobei der Kammerzugehörige die Erlassvoraussetzungen substantiiert vorzutragen und in geeigneter Weise (z.B. durch Vorlage von Steuerbescheiden) glaubhaft zu machen hat (OVG Koblenz GewArch
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2001, 344; ferner die Rechtsprechungsnachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137, 192). Beispielsweise ist das Vorhandensein vieler Betriebsstätten in zahlreichen Kammerbezirken allein noch kein Anlass für einen Erlass des Grundbeitrags für auswärtige Betriebsstätten (OVG Münster GewArch 1997, 296, 298 – bestätigt durch BVerwG GewArch 1999, 73). Ein Erlass wäre hingegen etwa dann geboten, wenn der Beitrag für den Kammerzugehörigen erdrosselnde Wirkung hätte, also die Beitragserhebung den Fortbestand des Betriebes konkret gefährden würde. Das ist aber in der Rechtsprechung bislang stets verneint worden (vgl. Jahn, GewArch 1997, 177, 184; Jahn, GewArch 2008, 137, 192 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Konsequenterweise kann deshalb allein aus dem Fehlen eines Ertrags oder Gewinns, von Umsätzen oder der Umstand bloßer Untätigkeit bzw. Ruhen der Geschäftstätigkeit oder der Verlusterzielung noch kein Anspruch auf Beitragserlass abgeleitet werden (VG Leipzig vom 28. 3. 2005 – 5 K 1717/01, VG Neustadt/Weinstraße vom 9. 2. 2006 – 4 K 1637/05 NW). Eine verwaltungsgerichtliche Nachprüfung kann sich nur darauf erstrecken, ob die IHK bei ihrer Billigkeitsentscheidung ihr Ermessen überschritten oder missbraucht hat, oder ob die vorgetragenen Billigkeitsgründe nicht geprüft worden sind (VG Darmstadt vom 23. 10. 1970 – III E 110/70). Die Rechtsfrage, ob ein Erlass zulässig oder geboten ist, ist nicht revisibel (BVerwG GewArch 1999, 73). 144
Die Niederschlagung ist im Gegensatz zum Erlass lediglich der (ganze oder teilweise) endgültige Verzicht auf die Beitreibung eines Beitrags- und Gebührenanspruchs (vgl. auch § 261 AO). Die Niederschlagung kann nur erfolgen, wenn feststeht, dass die Beitreibung keinen Erfolg haben wird oder wenn die Kosten der Einziehung und Beitreibung in einem Missverhältnis zur Beitragsoder Gebührenschuld stehen. Insoweit können sich die Kammern an die Kleinbetragsregelung halten, wie sie auch im Gewerbesteuerrecht gilt (vgl. § 34 GewStG).
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Die Beitragsordnung regelt schließlich die Stundung (vgl. § 222 AO). Stundung kommt in Betracht, wenn die sofortige Zahlung mit erheblichen Härten für den Beitragspflichtigen verbunden ist und der Beitragsanspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Die Stundung unterbricht die Verjährung.
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d) Verweisungen Die verschiedenartigen Verweisungen im Beitrags- und Gebührenrecht mit ihren Weiterverweisungen sind wenig übersichtlich. Auslegungsschwierigkeiten kann im Einzelfall insbesondere die Abgrenzung bereiten, inwieweit das IHKG, die Beitragsordnung und die Wirtschaftssatzung der IHK entweder durch das Verwaltungsverfahrensgesetz und das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Landes oder durch die Kommunalabgabengesetze mit ihren Weiterverweisungen auf die Abgabenordnung zu ergänzen sind. Dabei ist davon auszugehen, dass Erhebung, Einziehung und Beitreibung von Kammerbeiträgen und Gebühren zum Verwaltungsrecht gehören und deshalb in erster Linie das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes ergänzend anzuwenden ist. Die Anfechtung richtet sich auf jeden Fall nach der Verwaltungsgerichtsordnung.
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Nur soweit das IHKG für Einziehung, Beitreibung und Verjährung ausdrücklich auf die Kommunalabgabengesetze oder unmittelbar auf die Abgabenordnung verweist, können diese für das Beitragsverfahren zweckmäßigeren Vorschriften des Steuerrechts herangezogen werden. Dabei ist zu beachten, dass die Verweisungen des IHKG heute im Kommunalabgabenrecht wie in der Abgabenordnung auf moderne Bezeichnungen treffen. Deshalb wäre es vorzuziehen, wenn im IHKG nur noch einheitlich eine entsprechende Anwendung der Verfahrensvorschriften der Abgabenordnung vorgesehen würde. Die früheren Schwierigkeiten sind jedoch dadurch weitgehend abgeschwächt worden, dass inzwischen die Abgabenordnung 1977 sich in Terminologie und auch Einzelheiten an die Verwaltungsverfahrensgesetze anlehnt und sie teilweise sogar wörtlich übernimmt. In den meisten Fällen ergibt sich deshalb praktisch kein Unterschied mehr.
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10. Verjährung von Kammerbeiträgen § 3 Abs. 8 Satz 1 verweist – in Anlehnung an das frühere Kammerrecht (vgl. 2. Aufl., 171) – für die Verjährung von Beiträgen, Sonderbeiträgen und Gebühren auf die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern von Einkommen und Vermögen (dazu ausführlich Möllering/Schwenker, GewArch 2003, 98). Diese Verweisung ist durch den Beschluss des Bundes-
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verfassungsgerichts vom 22. 6. 1995 (NJW 1995, 2615) zur teilweisen Verfassungswidrigkeit der Vermögenssteuer nicht berührt. 149
Die Abgabenordnung (AO 1977) vom 16. 3. 1976 (BGBl. I, 613) gilt für die Verjährung aller Beitrags- und Gebührenansprüche, die ab 1. 1. 1977 entstanden sind (Art. 97 § 10 Abs. 1 und § 14 Abs. 1 und 2 EGAO 1977 vom 14. 12. 1976 – BGBl. I, 3341). Danach ist zwischen der Festsetzungsverjährung (§§ 169–171 AO) und der Zahlungsverjährung (§§ 228–232) zu trennen. Durch die strikte Gesetzesverweisung kann die IHK in der IHK-Beitragsordnung keine abweichende Verjährungsregelung treffen (VG Würzburg vom 11. 10. 2000 – W 6 K 99.1498).
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Von praktischer Bedeutung für die IHKs ist lediglich die Festsetzungsverjährung für Beiträge. Die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Beitragsanspruch entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO) und beträgt 4 Jahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Nach Ablauf der Festsetzungsfrist ist eine Aufhebung oder Änderung des Beitragsbescheids nicht mehr zulässig, nicht einmal eine Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit. Lediglich eine Änderung des Gewerbesteuermessbetrags oder des Zerlegungsanteils kann noch nach Ablauf dieser Frist zu einer Änderung von Beitragsbescheiden führen (§ 184 AO).
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Eine Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist analog § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO erfordert eine durch Rechtsvorschrift oder behördliche Anordnung begründete Meldepflicht, die sich auf einen konkreten Abgabetatbestand und einen bestimmten Zeitraum bezieht. Nur eine allgemeine Pflicht des Kammerzugehörigen, Auskunft über die Grundlage der Beitragsfestsetzung zu geben (§ 3 Abs. 3 Satz 8), reicht deshalb für den Eintritt der Anlaufhemmung nicht (VG Halle vom 11. 9. 2002 – 5 A 172/02 HAL). Allerdings besteht regelmäßig eine Pflicht des Gewerbetreibenden, sein Gewerbe anzumelden. Über diese Gewerbeanmeldung gibt er der IHK zumindest auch Auskunft über seine Grundbeitragspflicht. Daher wirkt die Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist analog § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO in den Fällen, in denen der Kammerzugehörige zur Gewerbeanmeldung verpflichtet, dieser Pflicht aber nicht nachgekommen ist. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist gehemmt, soweit der Gewerbesteuermessbetrag oder Zerlegungsanteil noch nicht vorliegt. Für das Ende der Festsetzungsfrist beim IHK-Beitrag findet § 171 Abs. 10 AO entsprechend Anwendung (VG Mannheim vom 310
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21. 3. 2002 – 14 S 2450/01; VGH Kassel vom 21. 7. 2000 – 8 ZU 1099/00; ferner die Rechtsprechungsnachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137, 191 f.). Somit endet die Festsetzungsfrist, soweit für die Festsetzung ein Feststellungsbescheid oder Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheides. Da für die IHK nach § 3 Abs. 3 der vom Finanzamt festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag bindend ist, läuft deshalb analog § 171 Abs. 10 AO die Frist für die Festsetzung des IHK-Beitrags so lange, wie der Gewerbesteuermessbescheid noch verändert oder erlassen werden kann (VG Mannheim GewArch 2002, 480). Ein wiederholender Grundlagenbescheid wirkt sich allerdings nicht gem. § 171 Abs. 10 AO auf den Lauf der Festsetzungsfrist für den Folgebescheid aus (BFH vom 13. 12. 2000 – X R 42/96); wird also ein Gewerbesteuermessbescheid durch eine IHK nicht innerhalb der zweijährigen Frist des § 171 Abs. 10 AO ausgewertet, wird eine erneute Auswertungsmöglichkeit auch nicht dadurch geschaffen, dass der genannte Gewerbesteuermessbescheid nach Überprüfung unverändert wiederholt wird. Die Festsetzungsfrist für den Kammerbeitrag endet erst mit Ablauf von 2 Jahren nach Bekanntgabe des Gewerbesteuermessbetrags oder Zerlegungsanteils an den Kammerzugehörigen (§ 171 Abs. 10 AO). Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt, in dem dem Steuerpflichtigen – nicht der IHK – der Gewerbesteuermessbetrag oder Zerlegungsanteil oder deren Änderungen zugehen. Ebenso ist der Ablauf der Festsetzungsfrist gehemmt, wenn die IHK selbst die Beitragsveranlagung wegen noch zu treffender Ermittlungen ausgesetzt oder nur einen vorläufigen Beitragsbescheid erlassen hat (§ 171 Abs. 8 AO). Die Festsetzungsfrist endet dann wiederum mit Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheiten beseitigt sind und die IHK davon Kenntnis erhalten hat (§ 171 Abs. 8 AO). In schwierigen Fällen können die IHKs also durch eine ausdrückliche Aussetzung der Beitragsveranlagung unter Hinweis auf die Gründe oder durch eine vorläufige Beitragsfestsetzung die Festsetzungsfristen verlängern, müssen jedoch um eine möglichst baldige Klärung und die endgültige Festsetzung innerhalb eines Jahres bemüht sein. Bei einer vorläufigen Beitragsfestsetzung (z.B. zum Grundbeitrag wegen fehlender Bemessungsgrundlage) endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres seit Kenntnis der IHK von der festgesetzten Bemessungsgrundlage. Im Übrigen ist es selbstverständlich, dass die Festsetzungsfrist nicht abläuft, bevor über Widersprüche und Jahn
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Klagen gegen den Beitragsbescheid entschieden ist (§ 171 Abs. 3 AO). 152
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts GewArch 1986, 310 ist durch den neuen § 171 Abs. 10 AO praktisch überholt. Das Gericht hatte darin entschieden, dass eine steuerliche Betriebsprüfung nach § 146 Abs. 3 AO a.F. (heute § 171 Abs. 4 AO) nur bei Steuerschulden zu einer Ablaufhemmung führt, nicht dagegen bei Kammerbeiträgen; eine entsprechende Anwendung für Kammerbeiträge sei ausgeschlossen, weil diese steuerlichen Maßnahmen (vgl. heute § 171 Abs. 4 bis 6 AO) nicht das Verhältnis zwischen IHK und Kammerzugehörigen berührten. In fast allen diesen Fällen einer steuerlichen Betriebsprüfung ergeht jedoch in der Regel ein Änderungsbescheid zum Gewerbesteuermessbescheid oder zum Zerlegungsanteil, worauf dann auch für die IHK § 171 Abs. 10 AO anzuwenden ist. Dieser Fall der Ablaufhemmung bei Grundlagenbescheiden führt deshalb auch bei den IHKs in Fällen einer steuerlichen Betriebsprüfung mittelbar zu einer Ablaufhemmung.
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Die Zahlungsverjährung knüpft an den Beitrags- und Gebührenbescheid an und beträgt 5 Jahre (§ 228 AO). Die Verjährungsfrist beginnt hier mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist (§ 229 AO). Unterbrochen wird die Zahlungsverjährung nur noch durch Zahlungsaufschub, Stundung oder Vollstreckungsaufschub sowie durch alle Vollstreckungsmaßnahmen jeweils bis zum Ablauf dieser Maßnahmen oder Entscheidungen (§ 231 Abs. 2 AO). Die Unterbrechung der Zahlungsverjährung bewirkt jedoch, dass mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Unterbrechung geendet hat, eine neue Verjährungsfrist dafür zu laufen beginnt (§ 231 Abs. 3 AO). Da auch die Mahnung die Zahlungsverjährung unterbricht, dürfte diese in der Praxis eigentlich nicht relevant sein.
11. Rechtsschutz 154
Gegen die Verwaltungsakte (§ 35 Satz 1 VwVfG) der IHK im Beitrags- und Gebührenrecht sind der Widerspruch nach den §§ 68 VwGO (teilweise durch Landesrecht jedoch ausgeschlossen, z.B. seit 1. 7. 2007 in Bayern, BayGVBl. 2007, 390; zuvor bereits Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, seit 2007 ebenfalls Nordrhein312
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Rechtsschutz
Westfalen) und anschließend die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO gegeben. Verwaltungsakte sind dabei nicht nur Beitrags- und Gebührenbescheide, sondern auch Vorauszahlungsbescheide sowie Entscheidungen über Stundungs- und Erlassanträge. Die Entscheidung trifft auch im Widerspruchsverfahren die IHK selbst (§ 73 Abs. 1 Nr. 3 VwGO). Die Widerspruchsentscheidung ist zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen sowie förmlich zuzustellen. Wird die Widerspruchsfrist nicht eingehalten und entscheidet die IHK nicht erneut sachlich, ist eine Anfechtungsklage unzulässig. Etwas anderes gilt, wenn die beklagte IHK sich auf die Klage sachlich eingelassen und Abweisung beantragt hat, da in diesem Fall nicht erkennbar ist, was mit einem Vorverfahren noch hätte erreicht werden können (VG Berlin vom 12. 10. 1998 – VG A 486.98; Jahn, GewArch 2008, 137, 194). Statt einer Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid ist zur Klärung der Kammerzugehörigkeit auch eine Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) statthaft (VGH München vom 23. 9. 1997 – 9 S 1744/96; VG Gießen vom 22. 4. 1997 – 8 E 23/95 (2); VG München vom 24. 3. 1998 – M 16 K 97.1064; OVG Hamburg vom 4. 3. 2005 – 1 Bf 481/03). Im Beitragsprozess ist es Angelegenheit des Klägers, behauptete Rechtsverstöße substantiiert vorzutragen. Allein die bloße Behauptung, eine Beitragsordnung sei als IHKSatzungsrecht nicht wirksam zustande gekommen und scheidet deshalb als Grundlage der Beitragserhebung aus, löst noch keine Amtsermittlungspflicht des Gerichts aus, weil dem Kläger zugemutet werden kann, sich durch Einsichtnahme in die entsprechenden Unterlagen selbst die erforderliche Kenntnis zu verschaffen (VG Augsburg vom 2. 8. 2004 – 4 K 02.180). Die Anfechtung des Beitragsbescheides hat keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Jedoch kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise auf Antrag wiederherstellen; der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig (vgl. § 80 Abs. 5 und 6 VwGO; OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. 11. 1990 – 8 M 12/90). Voraussetzung ist allerdings nach § 80 Abs. 4 VwGO, dass vorab ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der IHK gestellt und von dieser abgelehnt worden ist. In der Erhebung des Widerspruchs ist ein solcher Antrag ebenso wenig zu sehen wie in einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zum Verwaltungsgericht (VG Berlin vom 13. 6. 1997 – VG 4 A 351.97). Da § 80 Abs. 6 VwGO eine nicht nachholbare Jahn
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Voraussetzung beinhaltet, kommt weder eine Heilung des Mangels durch sachliche Einlassung des Antragsgegners (IHK) im Eilverfahren noch eine Aussetzung zur Nachholung des Verfahrens nach § 80 Abs. 6 VwGO in Betracht. Einer vorherigen Ablehnungsentscheidung durch die IHK im Vorfeld eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO zum Verwaltungsgericht bedarf es nur dann nicht, wenn dem Kammerzugehörigen bereits die Vollstreckung konkret droht (§ 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 und 2 VwGO – vgl. VG Lüneburg vom 24. 10. 1996 – 5 B 44/96). Im Aussetzungsverfahren bei der IHK muss der Antragsteller ein „unbillige Härte“ i.S.d. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO darlegen. Eine „unbillige Härte“ i.S.d. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO ist nicht anzunehmen, wenn durch den Sofortvollzug nicht Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinaus gehen und die nicht oder nur schwer wieder gut zu machen sind; hierbei ist auch im IHK-Beitragsrecht ein strenger Maßstab anzulegen, weil der Gesetzgeber grundsätzlich entschieden hat, Abgaben- und Kostenbescheide zu Gunsten der öffentlichen Haushalte von Gesetzes wegen für sofort vollziehbar zu erklären (VG Meiningen vom 1. 6. 2006 – 2 E 134/06). Eine „unbillige Härte“ i.S.d. Gesetzes liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn die Höhe des erhobenen IHK-Grundbeitrages fast so groß ist wie der verbleibende Jahresüberschuss des Gewerbetreibenden (VG Gießen vom 5. 8. 1999 – 8 G 956/99). Auch die Anhängigkeit eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens gegen die Pflichtmitgliedschaft (§ 2 Abs. 1) begründet im Sofortvollzugsverfahren noch keine „ernstlichen Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides, die die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes rechtfertigen (VG Augsburg vom 23. 3. 2000 – Au 4 S 00.97). 156
Eine Aussetzung der Beitreibung richtet sich nach § 80 Abs. 4 VwGO. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung erstreckt sich darauf, dass die IHK die geltenden Rechtsvorschriften (einschließlich ihres eigenen Satzungsrechts) eingehalten und, soweit es um Ermessensentscheidungen bei Stundung und Erlass geht, ihr Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat (vgl. zum Begriff der Rechtsverletzung Eyermann, VwGO, § 80 Anm. 66). Da die IHK kraft Gesetzes an die Entscheidung des Finanzamts über die Gewerbesteuerpflicht und an den festgesetzten Gewerbesteuermessbetrag oder Zerlegungsanteil gebunden ist, können darüber auch die Verwaltungsgerichte in einem Verwaltungsstreitverfahren wegen 314
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der Kammerbeiträge nicht mehr neu entscheiden. Deshalb geht es in der Praxis bei solchen Verwaltungsstreitverfahren meist darum, ob die Kammerzugehörigkeit gegeben ist, ob der Beitragsbescheid von zutreffenden Tatsachen ausgeht und ob das Verfahren ordnungsgemäß war. Eine solche Anfechtung des Beitragsbescheides kann nicht durch eine Feststellungsklage gegen die Beitragsordnung umgangen werden (VG Arnsberg vom 19. 4. 1985 – 5 K 268/84). Ebenso wenig berechtigt der Vorwurf gegenüber der IHK, dass sie etwa kammerfremde Zwecke verfolgt und dafür Kammermittel einsetzt, eine Beitragsverweigerung (OVG Koblenz GewArch 1997, 196, 199; VG Hamburg vom 9. 10. 2007 – 2 E 3338/07; VG Freiburg GewArch 2005, 478; ferner die Nachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137, 187); ein solcher Vorwurf kann nur durch eine Unterlassungsklage geklärt werden (siehe dazu Ennuschat/Tille, GewArch 2007, 24, Jahn, GewArch 2008, 137, 187).
4
Über die Angelegenheiten der Industrie- und Handelskammer beschließt, soweit nicht die Satzung etwas anderes bestimmt, die Vollversammlung. Der ausschließlichen Beschlussfassung durch die Vollversammlung unterliegen 1. die Satzung, 2. die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung, 3. die Feststellung des Wirtschaftsplans, 4. die Festsetzung des Maßstabes für die Beiträge und Sonderbeiträge, 5. die Erteilung der Entlastung, 6. die Übertragung von Aufgaben auf andere Industrie- und Handelskammern, die Übernahme dieser Aufgaben, die Bildung von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen und die Beteiligung hieran (§ 10) sowie die Beteiligung an Einrichtungen nach § 1 Abs. 3b, 7. die Art und Weise der öffentlichen Bekanntmachung und 8. die Satzung gem. § 3 Abs. 7a (Finanzstatut). § 79 des Berufsbildungsgesetzes bleibt unberührt. Soweit nach Satz 2 Nr. 7 die elektronische Verkündung von Satzungsrecht vorRickert
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Zuständigkeit der Vollversammlung
gesehen ist, hat diese im elektronischen Bundesanzeiger zu erfolgen.
1. Rechtliche Bedeutung der Vollversammlung . . . . . . . . . .
Rz.
Rz.
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cc) Öffentlichkeit der Sitzungen . . . . . . . . . . . . . . 29 f) Wirtschaftsführung . . . . . . . . . 30
2. Zuständigkeitsabgrenzung . . 5 a) Vorbehaltsaufgaben der Vollversammlung . . . . . . . . . . 5 b) Gesetzliche Ausnahme . . . . . 8 c) Zuständigkeitsbeschränkung durch Satzung . . . . . . . . 11 3. Inhalt der Satzung der IHK . a) Name und Sitz der IHK . . . . . b) Zahl der Vollversammlungsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zuständigkeitsregeln . . . . . . . d) Ausschüsse und Zweigstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . aa) Beschlussfähigkeit . . . . . bb) Beschlussfassung der Vollversammlung . . . . . .
14 15 17 18 20 23 24
4. Sonstiges Satzungsrecht . . . . . 31 5. Rechtliche Anforderungen an das Satzungsrecht. . . . . . . . a) Erlass von Satzungsrecht . . . . b) Verkündung von Satzungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verkündungsorgan . . . . . . bb) Anforderungen an die IHK-Zeitschrift . . . . . . . . . cc) Elektronische Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . dd) Inhalt der Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . .
33 34 38 39 41 42a 43
6. Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
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Literaturauswahl: Th. Groß, Jahrbuch des Kammerrechts 2003, 26; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung; Möllering, WiVerw 2001, 25; Rickert, WiVerw 2004, 153; Tettinger, Kammerrecht.
1. Rechtliche Bedeutung der Vollversammlung 1
Nach § 4 ist die Vollversammlung das demokratisch legitimierte höchste Entscheidungsgremium der IHK, deren Mindestaufgaben und -befugnisse sich aus dem Gesetz ergeben (BVerwG GewArch 2004, 331). Sie ist aufgrund der Wahl durch die Mitglieder legitimiert, als Vertreterin aller Mitgliedsunternehmen für die IHK zu entscheiden. Die Vollversammlung ist dabei in ihrer Zuständigkeit nicht auf Rechtsetzung und Organbestellung beschränkt, sondern kann auch Verwaltungsrichtlinien erlassen und Einzelentscheidungen treffen. Sie hat damit die Kompetenz, alle Vorgänge 316
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Rechtliche Bedeutung der Vollversammlung
an sich zuziehen, soweit nicht nach Gesetz oder Satzung andere Organe der IHK zuständig sind. Sie muss sich mit ihren Entscheidungen jedoch innerhalb des von § 1 vorgegebenen Rahmens halten; eine Aufgabendefinitionskompetenz hat sie nicht (BVerwG GewArch 2001, 161). Die wesentlichen Entscheidungen für die Arbeit der IHK müssen ihr auf jeden Fall vorbehalten bleiben (OVG Koblenz GewArch 1981, 336). Neben dem Satzungsrecht ist die Feststellung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft Kernaufgabe der Vollversammlung. Aufgrund der regionalspezifischen Zusammensetzung der Vollversammlung und der Wahl ihrer Mitglieder durch alle Kammerzugehörigen ist sie das am besten legitimierte Gremium, die dazu erforderliche Interessenabwägung in einem verfassten Verfahren vorzunehmen (Möllering, WiVerw 2001, 25, 40). Stellungnahmen und Aussagen der IHK müssen sich letztlich immer auf von der Vollversammlung beschlossene allgemeine Leitlinien – wie die Wahrung der Gewerbefreiheit – oder konkrete Positionen – beispielsweise zu lokalen Projekten oder aktuellen Gesetzesvorhaben – zurückführen lassen (siehe dazu § 1 Rz. 11).
1a
§ 4 legt darüber hinaus fest, dass das Satzungsrecht nur von der Vollversammlung beschlossen werden kann. Dies gilt nicht nur für die in § 4 Satz 2 Nr. 1 und 2 aufgeführten Statuten, sondern auch für das sonstige Satzungsrecht der IHK. Das Präsidium kann also das sonstige Satzungsrecht der IHK nur erlassen, wenn es durch die Satzung der IHK dazu ausdrücklich ermächtigt worden ist. Insgesamt stellt die Bestimmung damit den Selbstverwaltungscharakter der IHK und die autonome Satzungsgewalt klar (vgl. § 1 Rz. 226 und 236).
2
Im Übrigen kennt das Gesetz jedoch keine strenge Trennung in Legislative und Exekutive, auch wenn sich in der Praxis eine gewisse Gewaltenteilung zwischen den verschiedenen Organen der IHK herausgebildet hat und oft auch in der Satzung verankert ist. Bestimmte Zuständigkeiten sind der Vollversammlung sogar durch Gesetz vorbehalten, andererseits ist diese teilweise durch das Gesetz in ihrer Allgemeinzuständigkeit eingeschränkt oder kann sich in der Satzung selbst auf die wesentlichen Entscheidungen beschränken.
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Zuständigkeit der Vollversammlung
In der Praxis der Vollversammlung nehmen deshalb die Regularien nur wenig Zeit in Anspruch und werden meist auf eine Sitzung im Jahr konzentriert. Kernpunkte der Sitzungen sind vielmehr wirtschaftspolitische Fragen, welche den IHK-Bezirk besonders berühren (Rz. 1a).
2. Zuständigkeitsabgrenzung a) Vorbehaltsaufgaben der Vollversammlung 5
Zu den wichtigsten Aufgaben der Vollversammlung gehört die Verabschiedung des Satzungsrechts, welches die innere Ordnung der IHK regelt. Dies sind die Satzung (§ 4 Satz 2 Nr. 1), die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung (§ 4 Satz 2 Nr. 2) sowie das Finanzstatut (§ 4 Satz 2 Nr. 8). Diese Statuten bedürfen der Genehmigung durch die Staatsaufsichtsbehörde nach § 11 Abs. 2. Weiterhin ist der Vollversammlung die jährliche Feststellung des Wirtschaftsplans sowie die Festsetzung der Beiträge und Sonderbeiträge vorbehalten (§ 4 Satz 2 Nr. 3 und 4). Nach der Regelung der inneren Verfassung der IHK kommt diesen Finanzbeschlüssen die größte Bedeutung zu, weil die Erfüllung der Kammeraufgaben einerseits von den Finanzmöglichkeiten abhängt und andererseits die Kammerzugehörigen durch ihre gewählten Vertreter selbst über die zu tragenden Lasten entscheiden müssen. In dieser Finanzhoheit zeigt sich wiederum deutlich der Selbstverwaltungscharakter der IHK, zumal auch die Entlastung, insbesondere für das Haushaltsgebaren, der Vollversammlung vorbehalten bleibt (§ 4 Satz 2 Nr. 5). Ebenfalls der Vollversammlung behält § 4 Nr. 6 die Entscheidung vor, wenn es um die Bildung von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen zwischen IHKs oder um die Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf andere IHKs geht (§ 10). Die Zuständigkeit der Vollversammlung wird hier zu Recht festgelegt, weil es sich um wesentliche Entscheidungen für den Zuständigkeitsbereich der IHK handelt und eine Übertragung von Aufgaben an andere IHKs oder an gemeinsame öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse oft auch weitreichende finanzielle Konsequenzen für den IHK-Haushalt hat. Aus diesem Grunde ist auch in § 11 Abs. 2 eine Genehmigung der Staatsaufsichtsbehörde vorgesehen. Schließlich entscheidet die Vollversammlung über die Art und Weise der öffentlichen Bekanntmachung (§ 4 Satz 2 Nr. 7). Damit kann die Vollversammlung beschließen, ob und in 318
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Zuständigkeitsabgrenzung
welchem Printmedium die IHK veröffentlicht oder ob die IHK im Internet veröffentlicht. Für das Satzungsrecht beschränkt § 4 Satz 4 allerdings eine elektronische Veröffentlichung auf den elektronischen Bundesanzeiger. Zu den Vorbehaltsaufgaben tritt schließlich die Organbestellung hinzu (Personalhoheit). Die Vollversammlung allein ist nach § 6 Abs. 1 für die Wahl des Präsidenten und des Präsidiums zuständig. Sie bestellt nach § 7 Abs. 1 den Hauptgeschäftsführer. Damit sind auch die entscheidenden Organbestellungen unmittelbar von der Vollversammlung demokratisch legitimiert, wie es dem Gedanken der Selbstverwaltung entspricht.
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Diese Übersicht der Vorbehaltsaufgaben der Vollversammlung fasst drei wesentliche Elemente der Selbstverwaltung zusammen, nämlich die Satzungsautonomie, die Finanzhoheit und die Personalhoheit. Die Rechtsaufsicht nach § 11 Abs. 1 und 2 bildet dazu das notwendige Korrektiv.
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b) Gesetzliche Ausnahme Durch § 4 Satz 3 wird klargestellt, dass die im Bereich der Berufs- 8 ausbildung zu erlassenden Rechtsvorschriften der IHK gemäß § 79 BBiG vom Berufsbildungsausschuss als besonderem Organ der IHK und nicht von der Vollversammlung zu beschließen sind. Bei finanzwirksamen Beschlüssen ist jedoch gemäß § 79 Abs. 5 BBiG wiederum die Zustimmung der Vollversammlung erforderlich. Die Ausnahme in § 79 BBiG ergibt aber auch, dass die vom Berufsbildungsausschuss beschlossenen Rechtsvorschriften von der IHK erlassen und verkündet werden, dass es sich also beim Berufsbildungsausschuss um ein Organ der IHK handelt und er organisationsrechtlich voll eingebunden ist.
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Der Verweis in § 4 Satz 3 auf den § 79 BBiG schränkt im Übrigen jedoch nicht die Zuständigkeit der Vollversammlung nach § 1 Abs. 1 ein, das Gesamtinteresse der Bezirkswirtschaft auch im Bereich der Berufsbildungspolitik wahrzunehmen. Die Berufsbildungsausschüsse nach dem BBiG dienen der Durchführung des Berufsbildungsgesetzes, sind aber nicht für bildungspolitische Fragen zuständig; insoweit bedürfen bildungspolitische Äußerungen
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der IHK nicht der vorherigen Unterrichtung und Anhörung nach § 79 Abs. 2 und 3 BBiG (vgl. § 8 Rz. 18). c) Zuständigkeitsbeschränkung durch Satzung 11
Abgesehen von dieser gesetzlich geregelten Zuständigkeitsverteilung kann die Vollversammlung sich in der Satzung selbst beschränken. Voraussetzung bleibt dabei, dass sie weiterhin die Richtlinien der Kammerarbeit bestimmt. Einzelne Aufgaben kann sie jedoch an Präsident, Präsidium oder Geschäftsführung übertragen, beispielsweise die Wahrnehmung der laufenden Geschäfte der IHK oder die Entscheidung in Eilfällen (OVG Lüneburg, Dt.HwBl. 1981, 234). In Ermangelung einer näheren gesetzlichen Ausgestaltung überantwortet das IHKG die innere Ordnung der IHK und damit auch die Aufgabenverteilung zwischen den einzelnen Organen der näheren Ausgestaltung durch die von der Vollversammlung beschlossene Satzung (BVerwG GewArch 2004, 331).
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Bei den oben erwähnten Vorbehaltsaufgaben der Vollversammlung ist es auch nicht möglich, sie durch Satzungsbestimmung an die Genehmigung eines anderen Organs der IHK zu binden. Dagegen kann die Satzung vorsehen, dass vor der Beschlussfassung der Vollversammlung andere Organe vorbereitend tätig werden und Vorschläge machen. Dies ist für die Vorbereitung des Wirtschaftsplans durch Geschäftsführung und Präsidium üblich; teilweise gibt es auch besondere Etatausschüsse für diesen Zweck. Die Entscheidung trifft jedoch die Vollversammlung, ohne an solche Vorarbeiten und Vorschläge gebunden zu sein.
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§ 77 Abs. 2 BBiG überträgt der IHK die Aufgabe, der zuständigen Landesbehörde die „Beauftragten der Arbeitgeber“ für den Berufsbildungsausschuss vorzuschlagen. Weder § 4 IHKG noch das BBiG hindern die Vollversammlung daran, diese Funktion dem Präsidium anzuvertrauen.
3. Inhalt der Satzung der IHK 14
Daher bildet die Satzung nach § 4 Satz 2 Nr. 1 die Grundlage für die innere Organisation der IHK und ist mit der kommunalen Hauptsatzung im Gemeinderecht zu vergleichen. Sie muss sich 320
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im Rahmen des Gesetzes halten, hat jedoch im Übrigen einen weiten Spielraum. Folgende Einzelfragen sind dabei wichtig: a) Name und Sitz der IHK In der Satzung der IHK wird der IHK-Name festgelegt, soweit dies nicht bereits durch Landesgesetz oder Landesverordnung erfolgt ist. Bei den Gemeinden ist die Namensgebung ein staatlicher Organisationsakt (vgl. VGH München DVBl. 1981, 223). Neuerdings zeigt sich aber auch im Gemeinderecht, dass den Gemeinden ein Antragsrecht auf Namensänderung zugestanden wird oder dass sie sogar in ihrer Hauptsatzung (mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde) den Namen ändern dürfen. Soweit bei den IHKs Landesgesetze oder Landesverordnungen einen Namen der IHK festgelegt haben, ist dies oft nur deklaratorisch erfolgt und bedeutet nicht die Inanspruchnahme einer ausschließlichen Zuständigkeit; deshalb werden Namensänderungen in Form einer Satzungsänderung genehmigt. Die Landeskammergesetze in den neuen Bundesländern sehen sogar ausdrücklich vor, dass die IHKs mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde in ihrer Satzung den Namen und sogar den Sitz der IHK ändern können. Damit ist klargestellt, dass diese staatlichen Festlegungen nur deklaratorischen Charakter haben. Gleichzeitig erfolgte dann auch, soweit erforderlich, die Anpassung der staatlichen Verordnungen, in denen der Name der IHK aufgeführt war. In den meisten Fällen haben die Länder diese Frage von vornherein den Satzungen der IHKs überlassen.
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Der Sitz der IHK ist regelmäßig bereits durch Gesetz oder Rechtsverordnung festgelegt und kann von der IHK nur geändert werden, wenn das Landeskammergesetz dies ausdrücklich zulässt. Anderenfalls bedarf eine Sitzverlegung der IHK in eine andere Gemeinde des IHK-Bezirks einer vorherigen Änderung des Gesetzes oder der Rechtsverordnung. Ebenso ist die Umschreibung des IHK-Bezirks in der Satzung nur deklaratorisch (vgl. § 12 Rz. 8).
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b) Zahl der Vollversammlungsmitglieder Des Weiteren regelt die Satzung die Zahl der Vollversammlungsmitglieder, während sich die Einzelheiten des Wahlverfahrens aus der Wahlordnung ergeben. Ebenso muss die Satzung die Anzahl der Mitglieder des Präsidiums festsetzen (§ 6 Abs. 1) sowie ausRickert
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drücklich klären, dass und unter welchen Voraussetzungen auch nichtwählbare Personen in Ausschüsse berufen werden können (§ 8; für den Berufsbildungsausschuss gelten die Sondervorschriften der §§ 77 bis 80 BBiG). c) Zuständigkeitsregeln 18
Im Zusammenhang mit den Organen ist in der Satzung auch jede Ausnahme von der Zuständigkeit der Vollversammlung zu regeln (§ 4 Satz 1), insbesondere die Befugnisse von Präsident (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 2), Präsidium und Geschäftsführung. Es muss ausdrücklich geklärt werden, welche Beschluss- und Mitwirkungskompetenzen beispielsweise dem Präsidium zukommen, etwa bei der Ernennung von Beamten oder der Zusage von Altersversorgung. Die Geschäftsführung unter der Leitung des Hauptgeschäftsführers (§ 7 Abs. 2) wird grundsätzlich mit der Wahrnehmung der laufenden Geschäfte beauftragt (vgl. auch OVG Lüneburg, Deutsches Handwerksblatt 1981, 234).
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In diesem Zusammenhang gehören dann in die Satzung auch Einzelheiten über die rechtsgeschäftliche Vertretung der IHK, die zwar grundsätzlich gemäß § 7 Abs. 2 durch Präsident und Hauptgeschäftsführer gemeinsam erfolgt, deren Vertretung im Verhinderungsfall sich aber nach den Satzungsvorschriften oder einer Geschäftsordnung richtet. Sonderregelungen finden sich in den Satzungen der IHKs meist auch für den Abschluss von Anstellungsverträgen, insbesondere mit dem Hauptgeschäftsführer und weiteren Geschäftsführern. Regelmäßig unterzeichnen Verträge mit dem Hauptgeschäftsführer nach der jeweiligen Satzung der Präsident und ein Vizepräsident, Verträge mit den Geschäftsführern der Präsident und der Hauptgeschäftsführer; für Anstellungsverträge mit den weiteren Mitarbeitern der IHK ist in der Regel der Hauptgeschäftsführer alleinvertretungsberechtigt, weil dies zur Wahrnehmung der laufenden Geschäfte gehört. Diese Zeichnungsregelung bedeutet zugleich eine klare Abstufung in der Mitwirkung des Ehrenamts in Personalangelegenheiten und sichert gleichzeitig, dass der Hauptgeschäftsführer seiner Verantwortung für die ordnungsgemäße Erfüllung der Kammeraufgaben auch in Personalfragen voll nachkommen kann.
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d) Ausschüsse und Zweigstellen In der Satzung der IHK werden meist auch die Bildung von fachlichen oder bezirklichen Ausschüssen sowie die Einrichtung von Außen- und Zweigstellen behandelt. Beispielsweise kann sich die Vollversammlung bei den Fachausschüssen nur die Errichtung der Ausschüsse vorbehalten. Mit dem Namen legt sie auch den Aufgabenkreis fest. Das Präsidium kann dann die Ausschussmitglieder berufen, bei einer entsprechenden Satzungsermächtigung gemäß § 8 auch nicht wählbare Personen. Die Ausschussmitglieder wiederum können dann den Ausschussvorsitzenden wählen. Ebenso ist durch die Satzung regelbar, dass die Vollversammlung den Ausschussvorsitzenden wählt und auch alle weiteren Ausschussmitglieder beruft. Regelmäßig gibt es für die konkrete Ausgestaltung längere Traditionen, die die regionalen Besonderheiten berücksichtigen.
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Daneben gibt es viele Flächenkammern, die neben den Fachausschüssen auch bezirkliche Ausschüsse auf Stadt- oder Kreisebene einrichten, um lokale Fragen noch ortsnäher durch die unmittelbar Betroffenen behandeln zu können. Die Aufgaben reichen von der Stadtentwicklung und Bauleitplänen, Gewerbeflächen und Verkehrsanbindungen bis hin zu den gemeindlichen Gewerbesteuerhebesätzen und zum Gemeindehaushalt. In lokalen Fragen haben diese bezirklichen Ausschüsse die größere Sachnähe und Ortskenntnis für sich, auch wenn sie stets – wie alle Ausschüsse der IHK, mit Ausnahme des Berufsbildungsausschusses – nur eine beratende Funktion haben. In Bayern gibt es aus der Tradition des früheren bayerischen Kammerrechts die Einrichtung der örtlichen Industrie- und Handelsgremien, die in jedem Stadt- und Landkreis des IHK-Bezirks eingerichtet werden und neben der Behandlung der lokalen Fragen weitere wichtige Funktionen im Aufbau der IHK haben. Die Mitglieder der Industrie- und Handelsgremien werden nämlich unmittelbar gewählt und entsenden wiederum aus ihrer Mitte im Wege der mittelbaren Wahl Mitglieder in die Vollversammlung, um dort das lokale Element und die wirtschaftlichen Schwerpunkte des IHK-Bezirks zu repräsentieren. Die Einzelheiten finden sich in den jeweiligen Wahlordnungen.
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Unabhängig von solchen bezirklichen Ausschüssen haben Flä- 22 chenkammern vielfach auch Zweigstellen und Außenstellen, die teilweise sogar in der Satzung verankert sind; ihre Aufhebung ist Rickert
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dann nur im Wege einer Satzungsänderung möglich und bedarf einer qualifizierten Mehrheit. In Baden-Württemberg hat die Neugliederungsverordnung bei der Zusammenlegung von IHK-Bezirken sogar oft mehrere Hauptgeschäftsstellen beibehalten, um die Verbindung mit dem kammerzugehörigen Unternehmen unverändert zu lassen und traditionellen persönlichen Bindungen Rechnung zu tragen. Genauso ist es aber auch ohne Satzungsermächtigung zulässig, Zweigstellen und Außenstellen der IHK zu bilden, sofern der Wirtschaftsplan der IHK die erforderlichen Mittel dafür vorsieht. In allen Fällen handelt es sich lediglich um verwaltungsmäßige Untergliederungen der IHK, um die verschiedenen wirtschaftlichen Schwerpunkte eines IHK-Bezirks noch ortsnäher zu betreuen. Die Zweigstellen und Außenstellen unterliegen naturgemäß der Weisung der Hauptgeschäftsstelle und des Hauptgeschäftsführers und geben ihre Äußerungen im Namen der IHK ab. e) Verfahrensfragen 23
Schließlich regelt die Satzung meist noch die Grundzüge des Verfahrens in der Vollversammlung, beschränkt sich aber auf die wichtigsten Probleme bei Beschlüssen und Wahlen. Teilweise wird auch auf eine Geschäftsordnung verwiesen, die von der Vollversammlung für ihr eigenes Verfahren sowie für Präsidium und Ausschüsse erlassen wird und eine autonome Regelung wie bei parlamentarischen Körperschaften ist. In der Regel kommen die Kammersatzungen aber mit relativ wenigen Verfahrensvorschriften aus, weil sich die IHKs nach dem inzwischen weitgehend gefestigten parlamentarischen Brauch richten. Besonders ausführlich ist die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, soweit sie sich in den §§ 19–53 mit den Plenarsitzungen befasst (vgl. auch Schmitz, Die vorrangige Abstimmung über den weitestgehenden Antrag, NVwZ 1992, 547; VG Würzburg GewArch 1993, 246 – Tagesordnungsantrag nur von Vollversammlungsmitgliedern). Gleichwohl kann die Vollversammlung einzelne Punkte ausdrücklich regeln und damit der gerichtlichen Überprüfung weitgehend entzogene Verfahrensregeln selbständig aufstellen (BVerwG GewArch 2004, 331). Dies bietet sich vor allem bei fehlender Vergleichbarkeit des parlamentarischen Verfahrens oder abweichenden Zuständigkeiten innerhalb der Organe an.
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aa) Beschlussfähigkeit Zu den üblichen Verfahrensvorschriften gehört eine Regelung der Beschlussfähigkeit, selbst wenn dies nicht unbedingt notwendig ist. Der parlamentarischen Regel entspricht es dabei, dass die Beschlussfähigkeit die Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl, bei der IHK also die Hälfte der Zahl der Vollversammlungsmitglieder, voraussetzt. Die Beschlussfähigkeit wird üblicherweise zu Beginn einer Sitzung festgestellt und bleibt erhalten, solange die Beschlussunfähigkeit nicht festgestellt wird. Streitig ist in der Rechtsprechung lediglich, ob diese Beschlussunfähigkeit vom Versammlungsleiter von Amts wegen oder nur auf Antrag eines Teilnehmers oder einer bestimmten Zahl von Mitgliedern festgestellt werden muss.
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Ein Antrag ist in der Regel vorgeschrieben, um Beweisschwierigkeiten für die Gültigkeit von Beschlüssen und Wahlen zu vermeiden. Aber auch ohne einen solchen Antrag ist der Versammlungsleiter bei offensichtlicher Unterschreitung der notwendigen Mitgliederzahl von sich aus zur Feststellung der Beschlussunfähigkeit verpflichtet (vgl. OVG Münster DÖV 1962, 710). Auf jeden Fall sind Beschlüsse und Wahlen, die vor der Feststellung der Beschlussunfähigkeit erfolgt sind, gültig. Das Verfahren zur Feststellung der Beschlussunfähigkeit und die entsprechende Verpflichtung des Versammlungsleiters sind eine ausreichende Sicherung gegen eine fingierte Beschlussfähigkeit.
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Für Fälle der Beschlussunfähigkeit kann die Satzung auch – entsprechend der Entwicklung im Vereinsrecht (BGH NJW-RR 1989, 376, 377; Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein, 16. Aufl. 1997, 156/157; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 9. Aufl. 2002, Rz. 854–856) – vorsehen, dass mit der Einladung zu einer Vollversammlung auch eine Eventualeinladung zu einer weiteren Vollversammlung eine halbe oder eine Stunde später verbunden wird, wenn die zuerst einberufene Vollversammlung beschlussunfähig sein sollte. Gleichzeitig kann die Satzung für diese zweite, vorsorglich eingeladene Vollversammlung die Beschlussfähigkeit auf die Mehrheit der anwesenden Vollversammlungsmitglieder beschränken. Entscheidend ist, dass dies ausdrücklich in der Satzung vorgesehen ist und dass in der doppelten Einladung auf die Folgen für die Beschlussfähigkeit der eventuell eingeladenen Vollversammlung hingewiesen wird (BGH
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NJW 1962, 394; BGH NJW-RR 1989, 376, 377). Falls die Satzung solche Vorschriften nicht enthält, bleibt bei Feststellung der Beschlussunfähigkeit nur übrig, eine neue Vollversammlung einzuladen und dabei alle Vorschriften der Satzung für eine ordentliche Vollversammlung einzuhalten. bb) Beschlussfassung der Vollversammlung 27
Dagegen kann die Satzung keine schriftliche Abstimmung der Vollversammlung vorsehen, soweit es sich um die gesetzlichen Vorbehaltsaufgaben der Vollversammlung in den §§ 4, 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 handelt. Diese Beschlüsse und Wahlen sind so wichtig, dass auf eine Aussprache in der Vollversammlung mit Rede und Gegenrede nicht verzichtet werden kann. Wenn das Gesetz diese genannten Aufgaben der Vollversammlung zwingend vorbehält, geht es auch von dem Leitbild einer beratenden Vollversammlung aus. Lediglich für einfachere Beschlüsse könnte eine schriftliche Abstimmung in der Vollversammlung in der Satzung vorgesehen werden, soweit alle Vollversammlungsmitglieder schriftlich zustimmen; deswegen ist eine solche, ohnehin eingeschränkte Satzungsbestimmung wenig praktisch. Das Umlaufverfahren, bei dem ein Vorgang von einem zum anderen Mitglied zur Unterschrift weitergegeben wird, kommt für die Vollversammlung überhaupt nicht in Betracht, sondern nur für das Präsidium.
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Für Beschlüsse und Wahlen wird meist auch geregelt, welche Mehrheit erforderlich ist. Die Satzungen der IHKs gehen hier ebenso wie Parlamente von der einfachen Mehrheit (der abgegebenen Stimmen) aus, so dass Stimmenthaltungen nicht mitzählen. Zumindest für Änderungen der Satzung wird eine qualifizierte Mehrheit vorgesehen. Auch die Voraussetzungen für die offene und die geheime Abstimmung sind in der Satzung zu regeln. Bei Wahlen gilt bei mehreren Bewerbern in der Regel das Prinzip der relativen Mehrheit, bei dem nur ein einziger Wahlgang stattfindet und der Bewerber mit der höchsten Stimmzahl gewählt ist. Für die Wahl des Präsidenten und des Präsidiums kann eine qualifizierte Mehrheit vorgesehen werden. Häufig wird auch eine geheime Wahl von Präsident und Präsidium zwingend vorgeschrieben, während bei den übrigen Personenwahlen auf Antrag auch offen gewählt werden kann. Diese Stufung ist sinnvoll, da es teilweise zu unstreitigen Wahlen, beispielsweise bei der Benennung von 326
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Ausschussmitgliedern oder auch der Wahl von ehrenamtlichen Rechnungsprüfern, kommt, für die eine geheime Wahl zu unangemessenem Aufwand führt. Die Wahl des Präsidenten und der übrigen Präsidiumsmitglieder rechtfertigen aufgrund ihrer Bedeutung und Organstellung dagegen stets die Durchführung einer geheimen Wahl. cc) Öffentlichkeit der Sitzungen Die Satzung kann auch vorschreiben, dass die Vollversammlung über die Öffentlichkeit ihrer Sitzung entscheidet. Sie kann dann an Hand der konkreten Tagesordnung beurteilen, welche Punkte wegen der notwendigen Rücksicht auf Dritte vertraulich behandelt werden müssen. Überwiegend sehen die Satzungen der IHKs zumindest eine Mitgliederöffentlichkeit der Vollversammlung vor, die auf Antrag oder für bestimmte Fragen ausgeschlossen werden kann. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit ohne die Möglichkeit der Vollversammlung, einen davon abweichenden Beschluss zu fassen, ist dagegen nicht zulässig. Ohne eine Regelung zur Öffentlichkeit ist von der Mitgliederöffentlichkeit der Sitzungen auszugehen, die für bestimmte Tagesordnungspunkte (z.B. Personalangelegenheiten, Datenschutz) von der Vollversammlung aufgehoben werden kann oder sogar muss (Rickert, WiVerw 2004, 153, 157).
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f) Wirtschaftsführung Im Bereich der Wirtschaftsführung regelt die Satzung der IHK im Allgemeinen die Vorbereitung des Wirtschaftsplans durch Hauptgeschäftsführung und Präsidium, die ehrenamtliche Rechnungsprüfung durch von der Vollversammlung gewählte Rechnungsprüfer sowie die Vorlage des Jahresabschlusses samt Entlastung. Zur Entlastung des Präsidiums gibt es teilweise auch einen besonderen Haushaltsausschuss, der zusammen mit der Geschäftsführung den Wirtschaftsplan vorbereitet; ein Vizepräsident übernimmt dann meist die Funktion des Schatzmeisters. Für die Durchführung des Wirtschaftsplans als Teil der laufenden Geschäfte ist grundsätzlich der Hauptgeschäftsführer verantwortlich und bedarf deshalb auch einer eigenen Entlastung. Die Entlastung erfolgt durch die Vollversammlung, weshalb diese auch das Recht hat, alle dazu erforderlichen Unterlagen und Vorgänge einzusehen bzw. einsehen zu lassen. Dieses Recht steht jedoch der VollversammRickert
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lung als Organ zu, nicht dagegen dem einzelnen Organmitglied (BVerwG GewArch 2004, 331, 332; Rickert, GewArch 2004, 369).
4. Sonstiges Satzungsrecht 31
Neben der Satzung der IHK als Hauptsatzung sieht § 4 Satz 2 Nr. 2 noch die wichtigsten weiteren Ordnungen vor, die jeweils im Zusammenhang mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einzelnen behandelt werden: – Wahlordnung § 5 Rz. 26 – Beitragsordnung § 3 Rz. 110 – Sonderbeitragsordnung § 3 Rz. 120 – Gebührenordnung § 3 Rz. 125 – Wirtschaftssatzung § 3 Rz. 34 – Finanzstatut § 3 Rz. 21a Mit der Umstellung von der Kameralistik auf die kaufmännische Buchführung gehört auch das Finanzstatut gemäß § 4 Satz 2 Nr. 8 zu den Vorbehaltsaufgaben der Vollversammlung. Während der Erlass der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung im Rahmen der Kameralistik auch einem anderen Organ übertragen werden konnte, soweit Landesrecht nicht etwas anderes vorsah, hat der Gesetzgeber für das Finanzstatut eine eigene Regelung zugunsten der Vollversammlung getroffen.
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Zu diesem im Gesetz bereits aufgezählten Satzungsrecht der IHKs können auch noch weitere Statuten gehören, welche die IHKs im Rahmen ihres eigenen und ihres übertragenen Wirkungskreises erlassen. Zu § 1 sind bereits zahlreiche Beispiele genannt, etwa die Sachverständigenordnungen, die Statuten für die Ausstellung von Ursprungszeugnissen und Bescheinigungen und die Prüfungsordnungen in der Berufsausbildung und der Fortbildung, aber auch Schlichtungsordnungen für Streitigkeiten bei Ausbildungsverhältnissen, für kaufmännische Streitigkeiten oder für Verbraucherschlichtungsstellen. Soweit nichtkammerzugehörige Dritte von solchen Satzungen erfasst werden sollen, muss sich die Zuständigkeit der IHK zur Regelung aus der Zuweisung dieser Aufgabe ergeben.
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5. Rechtliche Anforderungen an das Satzungsrecht Das gesamte Satzungsrecht der IHKs steht nicht nur unter dem Vorbehalt, dass ihm Verfassung, Gesetze und Verordnungen als übergeordnete Rechtsquellen vorgehen und allenfalls deklaratorisch wiederholt werden können. Vielmehr muss das Satzungsrecht der IHK auch im Übrigen den rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechen. Bei Überschreitung des gesetzlichen Rahmens ist die betreffende Satzungsbestimmung nichtig (VerfG Potsdam DVBl 2000, 1440; OVG Münster GewArch 1992, 416; VGH Mannheim ZUR 2004, 358).
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a) Erlass von Satzungsrecht Beim Erlass von Satzungsrecht sind die für jeden Rechtsetzungsakt geltenden allgemeinen rechtstaatlichen Grundsätze zu beachten, aber auch manche gesetzestechnischen Zweckmäßigkeitsfragen zu berücksichtigen (vgl. Müller, Handbuch der Gesetzgebungstechnik, 2. Aufl. 1968; Schneider, Gesetzgebung, 3. Aufl. 2002; Ossenbühl, Eine Fehlerlehre für untergesetzliche Normen, NJW 1986, 2805; Maurer, Rechtsfragen kommunaler Satzungsgebung, DÖV 1993, 184).
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Zu den rechtstaatlichen Voraussetzungen gehört zunächst die rechtsatzmäßige Formulierung, wobei nach der Überschrift vor allem auch die Vollversammlung als das verabschiedende Organ angegeben sowie Tag und Ort der Verabschiedung aufgeführt sein müssen. Eine Angabe der Ermächtigungsgrundlage ist erforderlich (Schneider, Gesetzgebung, 3. Aufl. 2002, § 14 Rz. 478). Die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses und die eindeutige Feststellung des beschlossenen Wortlauts müssen sich aus der Ergebnisniederschrift der Vollversammlung ergeben, die wiederum von Präsident und Hauptgeschäftsführer mit Ort und Datum unterzeichnet werden (OVG Lüneburg DÖV 1962, 95). Der Wortlaut der schriftlichen Vorlage muss also der Ergebnisniederschrift als Anlage beigefügt werden. Die Änderungsanträge werden im Protokoll aufgeführt ebenso wie das Abstimmungsergebnis (VGH Kassel NJW 1994, 812; OVG Münster GewArch 1997, 239).
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Daneben bedarf es einer gesonderten Ausfertigung der beschlossenen Satzung, mit Ort und Datum von Präsident und Hauptgeschäftsführer unterzeichnet (BVerwGE 65, 283; 88, 204; Ziegler,
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Zuständigkeit der Vollversammlung
Die Ausfertigung von Rechtsvorschriften, DVBl. 1997, 280; Starke, NVwZ 1995, 1186). Dies gilt auch für die vom Berufsbildungsausschuss nach § 58 Abs. 2 BBiG beschlossenen Prüfungsordnungen, die Satzungsrecht der IHK sind (VGH Mannheim NVwZ 1985, 206). Die gesonderte Ausfertigung ist insbesondere notwendig, weil in Genehmigungsfällen erst mit der späteren staatsaufsichtlichen Genehmigung der endgültige Wortlaut der zu verkündenden Satzung feststeht und auch bei der Verkündung die Genehmigung mitzuteilen ist (VGH München BayVBl. 1991, 23; NVwZ 1994, 88). Die Ausfertigung kann also nur bei nichtgenehmigungspflichtigen Satzungen sofort mit der Ergebnisniederschrift über die Vollversammlung, welche die Satzung beschlossen hat, verbunden werden. In Genehmigungsfällen liegt der Zeitpunkt der Ausfertigung auf jeden Fall nach der staatsaufsichtlichen Genehmigung. 37
Ausfertigung und erneute Verkündung können im Übrigen nachgeholt werden, wenn sich Mängel ergeben haben (VGH München, BayVBl. 1995, 242). Verwaltungsakte, die auf die mangels Ausfertigung und/oder Verkündung nichtige Satzung gestützt worden sind, bleiben wirksam, wenn der Mangel bis zur letzten mündlichen Verhandlung geheilt worden ist (BVerwGE 64, 218). b) Verkündung von Satzungsrecht
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Daran schließt sich die Verkündung der beschlossenen Satzung der IHK an. Ohne ordnungsmäßige Verkündung wird ein Rechtssatz nicht wirksam (Dohrn, Die Verkündung als Rechtswirksamkeitsvoraussetzung des Satzungsrechts am Beispiel der Handwerksinnung, GewArch 1972, 285). aa) Verkündungsorgan
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Aus diesem Grunde gehört auch in jede Satzung der IHK eine Bestimmung, welche das Verkündungsorgan festlegt und darüber hinaus – soweit die beschlossene Satzung den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens nicht selbst bestimmt – einen bestimmten Zeitpunkt nach der Verkündung für das Inkrafttreten festlegt. Dieser Zwang zur satzungsrechtlichen Festlegung der Verkündungsform gilt für das Gemeinderecht wie das Kammerrecht. Das Bundesverwaltungsgericht (GewArch 1987, 375) hat entschieden, dass es nur 330
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Rechtliche Anforderungen an das Satzungsrecht
noch für eine Übergangszeit Satzungen aufgrund einer nicht satzungsrechtlich festgelegten Verkündungsform toleriert. Der hessische Staatsgerichtshof (NVwZ 1989, 1153) hat darüber hinaus verfügt, dass im Interesse der Rechtssicherheit die Verkündung von Rechtsnormen in der Regel (Ausnahme: Karten; Bebauungspläne) in einem jedermann zugänglichen Druckwerk erfolgt. Auslage und Aushang in der Geschäftsstelle, verbunden mit einer Hinweisbekanntmachung, haben damit ihre frühere Bedeutung verloren. Aus diesem Grunde sehen heute fast alle IHK-Satzungen vor, dass die Verkündung von Satzungsrecht im Mitteilungsblatt der IHK zu erfolgen hat; sonst wird die verabschiedete Rechtsnorm nicht wirksam (VGH Kassel DB 1969, 2176; OVG Münster NJW 1962, 694). Eine solche Verkündung von statutarischem Recht im Mitteilungsblatt der IHK genügt aber auch, wie die Gerichte in zahlreichen vergleichbaren Fällen festgestellt haben (OVG Hamburg GewArch 1989, 381; VGH München DVBl. 1960, 438). Eine Verkündungsvorschrift für das Satzungsrecht im Mitteilungsblatt der IHK geht auch einem Landesverkündungsgesetz vor, wie es das OVG Koblenz in seinem Urteil vom 11. 10. 1988 (GewArch 1989, 20) im Verhältnis zum Landesverkündungsgesetz von RheinlandPfalz vom 3. 12. 1973 (GVBl. 375) entschieden hat. Im Rahmen der vom IHKG verliehenen Satzungsgewalt bestimmt die IHK auch selbst satzungsrechtlich über die Verkündung ihrer Rechtsvorschriften (OVG Koblenz GewArch 1989, 20).
40
bb) Anforderungen an die IHK-Zeitschrift Die satzungsrechtliche Bestimmung des Mitteilungsblatts zum 41 Verkündungsorgan hindert die IHK nicht daran, das Mitteilungsblatt zu einer IHK-Zeitschrift auszugestalten und darin für die Kammerzugehörigen wirtschaftliche Hinweise in Form von Aufsätzen und Kommentaren zu bringen. Eine solche Doppelfunktion des Verkündungsorgans ist beispielsweise vom Bundesverfassungsgericht sogar für die Wahlbekanntmachungen einer Gemeinde in einem Amtsblatt anerkannt worden (BVerfGE 79, 161, 166), vom OVG Münster für ein privates Anzeigenblatt mit einem gesonderten amtlichen Verkündungsteil (OVG Münster DÖV 1988, 647). Bei einer solchen Ausgestaltung des früheren Mitteilungsblattes zu einer modernen IHK-Zeitschrift ist es jedoch wichtig, Rickert
331
§4
Zuständigkeit der Vollversammlung
zwischen einem amtlichen und einem nichtamtlichen Teil zu unterscheiden. Die Verkündungen müssen jedenfalls im amtlichen Teil des Blattes erfolgen, so dass selbst eine wörtliche Wiedergabe im redaktionellen Teil nicht genügt (VGH München DVBl. 1960, 438). Das Mitteilungsblatt muss schließlich ein Ausgabedatum tragen, weil dies z.B. für die Fristenberechnung im IHK-Vollversammlungswahlrecht oder das Inkrafttreten von Satzungsrecht notwendig ist. 42
Die Tatsache, dass das Mitteilungsblatt oder die IHK-Zeitschrift in der Satzung der IHK zum Verkündungsorgan bestimmt worden ist, hat nicht zur Folge, dass die IHK es allen Mitgliedern unentgeltlich zustellen müsste. Sie muss das Blatt allerdings allen Kammerzugehörigen zugänglich machen, darf also niemanden von der Bezugsmöglichkeit ausschließen. Wie sie den Preis des Blattes berechnet, ist in ihr pflichtgemäßes Ermessen gestellt. cc) Elektronische Veröffentlichung
42a
Mit der Einfügung von § 4 Satz 2 Nr. 7 ist nun auch eine elektronische Veröffentlichung möglich. Die Vollversammlung kann auch eine Veröffentlichung in einem anderen Medium als einem Printmedium beschließen. Damit ist ausdrücklich auch die Veröffentlichung im Internet zulässig. Für die Veröffentlichung von Satzungsrecht schränkt § 4 Satz 4 allerdings die Möglichkeit der elektronischen Veröffentlichung ein, insoweit ist ausschließlich der elektronische Bundesanzeiger zulässig. Für andere Veröffentlichungen, wie z.B. Bekanntmachungen im Rahmen der Wahlen zur Vollversammlung oder die Bekanntmachung der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, gibt es diese Einschränkung nicht. Daher kann im Satzungsrecht der IHK insoweit eine Bekanntmachung im Internet, z.B. auf der Homepage der IHK, vorgesehen werden. Sieht die Satzung ausschließlich eine elektronische Bekanntmachung vor, kann zusätzlich auch in der IHK-Zeitschrift veröffentlicht werden (wie es umgekehrt ebenfalls möglich ist), rechtlich erheblich ist jedoch nur die elektronische Veröffentlichung. Eine Regelung in der Satzung, die eine parallele Bekanntmachung in Printform und in elektronischer Form vorsieht, ist dagegen nicht sinnvoll.
332
Rickert
§4
Entlastung
dd) Inhalt der Veröffentlichung Soweit für Satzungsrecht die aufsichtsbehördliche Genehmigung vorgeschrieben ist (§ 11 Abs. 2 des Gesetzes, aber auch § 47 Abs. 1 BBiG), muss bei der Verkündung auch diese Genehmigung erkennbar sein (vgl. § 66 Abs. 1 Nr. 3 des Landesverwaltungsgesetzes für Schleswig-Holstein). Ein vollständiger Abdruck des Genehmigungsvermerks ist also bei der Verkündung nicht erforderlich. Vielmehr genügt es, wenn bei der Verkündung des Satzungsrechts anschließend an Wortlaut und Unterschriften auf die Genehmigung verwiesen wird, weil sie notwendige Voraussetzung für die Rechtsgültigkeit ist. Das OVG Münster hält es deshalb nicht für notwendig, dass das Aktenzeichen und die Unterschriften der Genehmigungsverfügung mitveröffentlicht werden (DVBl. 1968, 394). Der VGH München (BayVerwBl. 1969, 289) und das OVG Lüneburg (DVBl. 1969, 849) halten sogar die Mitveröffentlichung oder einen Hinweis auf die Genehmigungsverfügung für ganz entbehrlich, weil es sich dabei um keinen Rechtsetzungsakt und deshalb auch um keinen notwendigen Bestandteil des Rechtsetzungsverfahrens handelt.
43
Formfehler bei der Verkündung können durch eine neue Bekanntmachung geheilt werden (OVG Münster DVBl. 1970, 430; VGH Kassel DB 1969, 2176). Wenn die verkündete Satzung aus rechtlichen Gründen – z.B. Überschreitung des Aufgabenkreises oder unklare Formulierung – nichtig sein sollte, bleibt der rückwirkende Erlass einer neuen fehlerfreien Satzung zulässig (VGH München BayVBl. 1985, 656; NVwZ 1995, 1242). Verwaltungsakte, die sich zwischenzeitlich auf die rechtlich fehlerhafte oder nicht wirksam verkündete Satzung gestützt hatten, bleiben bestandskräftig (OVG Münster DVBl. 1965, 950). Soweit solche Verwaltungsakte noch nicht bestandskräftig sind, kann der Mangel bis zur letzten mündlichen Verhandlung rückwirkend durch Erlass und Verkündung einer neuen Satzung geheilt werden (BVerwGE 64, 218); anderenfalls bedarf es einer Berichtigung des Verwaltungsakts (OVG Münster DÖV 1986, 887).
44
6. Entlastung § 4 Satz 2 Nr. 5 erwähnt unter den Vorbehaltsaufgaben der Vollversammlung ausdrücklich noch die Entlastung. Mit der EntlasRickert
333
45
§4
Zuständigkeit der Vollversammlung
tung wird festgestellt, ob die Aufstellung und Vollziehung des Wirtschaftsplans den zugrunde liegenden Beschlüssen der Vollversammlung und ob die Wirtschaftsführung insgesamt den Regelungen des Finanzstatuts, den Grundsätzen des öffentlichen Haushaltsrechts und den übrigen für die IHK geltenden Rechtsvorschriften entsprochen hat. Die Entlastung erfasst die gesamte Rechnungslegung und Wirtschaftsführung der IHK, wozu der gesamte finanzielle Bereich einschließlich des Beitragswesens gehört. Die Entlastung eignet sich deshalb jedoch nicht dazu, die sonstige Amtsführung von Organen der IHK zu behandeln (Erichsen, Kommunalrecht des Landes Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 1997, 228/229). 46
Der Entlastung geht eine doppelte Prüfung des Jahresabschlusses voraus. Zunächst erfolgt die Prüfung des Jahresabschlusses durch die Rechnungsprüfungsstelle der Industrie- und Handelskammern (Bielefeld), die dazu gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 7 von den Ländern bestimmt worden ist und deren Prüfungsbericht der IHK wie der Rechtsaufsichtsbehörde zugeht (vgl. § 12 Rz. 26). Eine (zusätzliche) externe Rechnungsprüfung der Haushalts- und Wirtschaftsprüfung der IHK durch die Landesrechnungshöfe ist bundesgesetzlich bereits durch § 11 Abs. 3 ausgeschlossen (VGH München vom 5. 11. 2007 – 22 BV 06.1281). Zahlreiche IHKs haben zusätzlich in ihren Satzungen die hauptamtliche Prüfung durch die Rechnungsprüfungsstelle in Bielefeld vorgeschrieben. Dazu kommt überall nach den Satzungen der IHK eine ehrenamtliche Rechnungsprüfung, wofür die Vollversammlung mehrere Rechnungsprüfer aus ihrer Mitte zu wählen pflegt. Ihnen liegt auch der Prüfungsbericht der Rechnungsprüfungsstelle vor, so dass sie das Schwergewicht ihrer Prüfung mehr auf Zweckmäßigkeitsfragen richten können. Diese ehrenamtliche Prüfung lässt sich am besten mit der Eigenprüfung nach § 109 Abs. 2 LHO vergleichen, ohne dass diese Vorschrift unmittelbar Anwendung finden kann.
47
Die Entlastung durch die Vollversammlung wird nach dem Bericht der ehrenamtlichen Rechnungsprüfer beantragt und hat bei ihrer Erteilung die rechtliche Bedeutung einer Quittung. Sie ist in der Regel nur ein Beweismittel für ordnungsgemäße Wirtschaftsführung, schließt aber den nachträglichen Nachweis von Unregelmäßigkeiten und entsprechende Rückgriffe nicht aus (BGH NJW 1989, 1151). Abschließend wirkt die Entlastung nur für Maßnah334
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§5
Wahl zur Vollversammlung
men, die bei ihrer Erteilung bekannt sind. Insbesondere kann die Entlastung bei außer- und überplanmäßigen Ausgaben, die ordnungsgemäß in der Rechnungslegung ausgewiesen sind, wie eine Nachbewilligung wirken. Über die Entlastung von Präsidium und Hauptgeschäftsführer wird in der Regel gemeinsam abgestimmt, kann jedoch auf entsprechendes Verlangen aus der Vollversammlung auch getrennt abgestimmt werden. Wird die Entlastung verweigert, können damit Regressansprüche wegen unrichtiger Wirtschaftsführung verbunden sein, bedürfen dann aber auch einer eigenen rechtlichen Begründung. Umgekehrt kann auch auf die Erteilung der Entlastung geklagt werden. Außerdem können sich aus der Verweigerung der Entlastung gegenüber Angestellten der IHK Rechte zur Kündigung aus wichtigem Grund ergeben, gegenüber Beamten die Einleitung eines Disziplinarverfahrens (Wallerath, Die öffentlichrechtliche Innenhaftung von Organwaltern, DVBl. 1971, 197; Hüttenbrink, Die öffentlich-rechtliche Haftung der ehrenamtlichen Organwalter gegenüber ihren Selbstverwaltungskörperschaften, DVBl. 1981, 989).
48
§ 109 Abs. 3 LHO findet auf die IHKs keine Anwendung, da das IHKG in § 4 Satz 2 Nr. 5 und in § 11 Abs. 2 und 3 abweichende Regelungen i.S.v. § 105 Abs. 1 LHO trifft.
49
5
(1) Die Mitglieder der Vollversammlung werden von den Kammerzugehörigen gewählt.
(2) Wählbar sind natürliche Personen, die das Kammerwahlrecht auszuüben berechtigt sind, am Wahltag volljährig sind und entweder selbst Kammerzugehörige sind oder allein oder zusammen mit anderen zur gesetzlichen Vertretung einer kammerzugehörigen juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personenmehrheit befugt sind. Wählbar sind auch besonders bestellte Bevollmächtigte und in das Handelsregister eingetragene Prokuristen von Kammerzugehörigen. (3) Das Nähere über die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts, über die Durchführung der Wahl sowie über Dauer und vorzeitige Beendigung der Mitgliedschaft zur Vollversammlung Rickert
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§5
Wahl zur Vollversammlung
regelt die Wahlordnung. Sie muss Bestimmungen über die Aufteilung der Kammerzugehörigen in besondere Wahlgruppen sowie die Zahl der diesen zugeordneten Sitze in der Vollversammlung enthalten und dabei die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks sowie die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen berücksichtigen. Rz. 1. Bedeutung des Kammerwahlrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wahlrecht und Wählbarkeit. a) Wahlrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausübung des Wahlrechts bei Personenmehrheiten und juristischen Personen . . . bb) Ausübung des Wahlrechts durch Prokuristen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausübung des Wahlrechts durch einen Wahlbevollmächtigten . dd) Vorübergehendes Ruhen des Wahlrechts. . . . . . . . . b) Wählbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . aa) Altersvoraussetzungen . bb) Wählbarkeit von Prokuristen und besonders bestellten Bevollmächtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verbot der Doppelvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beendigung der Mitgliedschaft in der Vollversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wahlordnung . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzlicher Rahmen für die Wahlordnung . . . . . . . . . . b) Wahlsystem . . . . . . . . . . . . . . . aa) Größe der Vollversammlung . . . . . . . . . . . . . bb) Amtszeit der Vollversammlung . . . . . . . . . . . . .
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Rickert
Rz.
1 4 4
c)
6 7
d)
8 10 13 17
18 20
22 26 26 29 30 31
e) f)
g)
cc) Persönlichkeitswahl . . . . dd) Mittelbare Wahl . . . . . . . . Wahlgruppen. . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsätze für die Bildung von Wahlgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einräumung von Mindestsitzen in den Wahlgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gestaltungsspielraum bei der Sitzverteilung . . . Durchführung der Wahl . . . . . aa) Vorbereitung der Wahl . . bb) Wahlvorschläge. . . . . . . . . cc) Durchführung der Wahl . dd) Friedenswahl . . . . . . . . . . . Wahlergebnis . . . . . . . . . . . . . . Wahlprüfung . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsbehelfe im Laufe des Wahlverfahrens . . . . . bb) Interne Wahlprüfung . . . . Aufsichtsbehördliche Genehmigung der Wahlordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35 37 44 44 51 54 57 58 63 71 73 75 78 79 80
84
4. Wahlanfechtung . . . . . . . . . . . . 86 a) Anfechtung des Wahlergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 b) Folgen der Ungültigerklärung einer Wahl . . . . . . . . . . . . 89 5. Ehrenamtliche Tätigkeit . . . . a) Mitgliedschaft in der Vollversammlung . . . . . . . . . . . . . . b) Schweigepflicht . . . . . . . . . . . . c) Interessenkollision . . . . . . . . .
92 92 94 95
§5
Bedeutung des Kammerwahlrechts
Literaturauswahl: Chr. Groß, Wahl zur Vollversammlung der IHK; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung; Kluth, Jahrbuch des Kammerrechts 2006, 139; Röger, Jahrbuch des Kammerrechts 2004, 179.
1. Bedeutung des Kammerwahlrechts § 5 regelt die Wahl der Vollversammlung. Abs. 1 betrifft das aktive Wahlrecht, Abs. 2 das passive Wahlrecht (Wählbarkeit). Abs. 3 verweist im Übrigen auf die von der Vollversammlung zu erlassende Wahlordnung und gibt dafür Rahmenvorschriften.
1
Die Wahl der Vollversammlung durch die Kammerzugehörigen ist das entscheidende Kriterium für eine Selbstverwaltungskörperschaft, weil sie damit der IHK und ihren Organen die Legitimation gibt, als Vertreter aller Mitgliedsunternehmen für die IHK zu entscheiden (siehe § 4 Rz. 1). Die Vollversammlung als oberstes Organ der IHK bestimmt nicht nur durch das Satzungsrecht und die Wahl von Präsident, Präsidium und Hauptgeschäftsführer die konkrete organisatorische Struktur der IHK, sondern gibt mit ihren Beratungen und Beschlüssen auch die Richtlinien für die Kammerarbeit vor. Sie realisiert die Autonomie der IHK, wie sie sich in Personalhoheit, Finanzhoheit und Satzungsgewalt zeigt.
2
Das Kammerwahlrecht unterscheidet sich dabei von den politischen Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden, wie sie Art. 38 Abs. 1 GG umreißt. Die Einzelheiten des Wahlverfahrens werden vielmehr der Wahlordnung überlassen, damit die IHK die wirtschaftlichen Verhältnisse ihres Bezirks ebenso wie unterschiedliche regionale Traditionen berücksichtigen kann; die Vollversammlung soll ein Spiegelbild der Bezirkswirtschaft sein. Deshalb findet eine gebündelte Gruppenwahl in den einzelnen Wirtschaftszweigen statt. Das Stimmgewicht, d.h. der Erfolgswert der einzelnen Wahlstimme, ist infolgedessen in den verschiedenen Wahlgruppen auch unterschiedlich und nur innerhalb der eigenen Wahlgruppe gleich. Auch eine mittelbare Wahl der Vollversammlung durch Wahlmänner ist zulässig, weil eine unmittelbare Wahl nicht vorgeschrieben ist. Wie bei anderen Selbstverwaltungskörperschaften ist das Wahlrecht der IHK der Kammeraufgabe angepasst (Tettinger, Kammerrecht 1997, 96 f.; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 459; Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, 1991; Oebbecke, Demokrati-
3
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337
§5
Wahl zur Vollversammlung
sche Legitimation der funktionalen Selbstverwaltungen, VerwArch 1990, 349 f.).
2. Wahlrecht und Wählbarkeit a) Wahlrecht 4
Nur die Kammerzugehörigen sind berechtigt, die Mitglieder der VV zu wählen. Wenn auch das Gesetz das Wahlrecht der freiwilligen Kammerzugehörigen (§ 2 Abs. 5) nicht ausdrücklich erwähnt, so ergibt sich dies doch aus dem Begriff der Kammerzugehörigkeit; nach dem freiwilligen Beitritt stehen sie in jeder Hinsicht den anderen Kammerzugehörigen gleich.
5
Andererseits ergibt sich aus § 5 Abs. 1, dass alle Kammerzugehörigen wahlberechtigt sind. Das Kammerwahlrecht geht deshalb nicht von der einzelnen natürlichen Person aus, sondern von dem kammerzugehörigen Unternehmen nach § 2. Es gilt das Prinzip der allgemeinen Wahl. Eine Wahlordnung, die einen Teil der Wähler vom Wahlrecht ausschließt, wäre also insoweit unwirksam. Die Wahlordnung kann allerdings die Ausübung des Wahlrechts im Einzelnen regeln (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 77). Hierzu gehören z.B. Bestimmungen über das Ruhen des Wahlrechts, nicht aber über die dauernde Entziehung desselben. aa) Ausübung des Wahlrechts bei Personenmehrheiten und juristischen Personen
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Bei Einzelunternehmen ist der Inhaber selbst wahlberechtigt und wählbar, bei Personenmehrheiten (OHG, KG, bürgerlich-rechtliche Gesellschaft, Erbengemeinschaft) und bei juristischen Personen ist jeder wahlberechtigt, der für sich allein oder gemeinschaftlich mit anderen zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugt ist. Das Wahlrecht kann naturgemäß für jedes Unternehmen nur einheitlich und auch nur einmal ausgeübt werden. Es ist Sache der Wahlordnung, dies sicherzustellen. Der Wahlvorstand kann bei einem mehrköpfigen Vertretungsgremium eine Vollmacht des Unternehmens für die Ausübung der Wahl verlangen.
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Wahlrecht und Wählbarkeit
bb) Ausübung des Wahlrechts durch Prokuristen Die Wahlordnungen der IHKs sehen darüber hinaus vor, dass das Wahlrecht eines Unternehmens auch durch einen im Handelsregister eingetragenen Prokuristen ausgeübt werden kann. Der Grund für diese Regelung liegt darin, dass Prokuristen nach § 5 Abs. 2 Satz 2 auch wählbar sind. Es wäre deshalb inkonsequent, den Prokuristen die Ausübung des aktiven Wahlrechts nicht zu geben, wenn sie gleichzeitig wählbar sind.
7
cc) Ausübung des Wahlrechts durch einen Wahlbevollmächtigten Schließlich muss die Wahlordnung auch noch Vorsorge treffen, 8 wenn an der IHK-Wahl auswärtige Unternehmen teilnehmen, die im Kammerbezirk nur Zweigniederlassungen und Betriebsstätten haben. Selbstverständlich können diese auswärtigen Unternehmen an der IHK-Wahl durch ihre gesetzlichen Vertreter oder im Handelsregister eingetragene Prokuristen das Wahlrecht ausüben; bei der Briefwahl macht es keine Schwierigkeiten, das Wahlrecht auch vom auswärtigen Hauptsitz des Unternehmens aus wahrzunehmen. Um in solchen Fällen aber die Ausübung des Wahlrechts zu erleichtern, schreiben die Wahlordnungen der IHKs darüber hinaus vor, dass für Zweigniederlassungen und Betriebsstätten, deren Hauptsitz nicht im Kammerbezirk liegt und die nicht von einem gesetzlichen Vertreter oder einem im Handelsregister eingetragenen Prokuristen geleitet werden, das Wahlrecht auch durch einen Wahlbevollmächtigten ausgeübt werden kann. Er hat diese Berechtigung dem Wahlvorstand durch eine zu diesem Zweck ausgestellte Vollmacht des Unternehmens nachzuweisen. Bei auswärtigen Unternehmen ist es deshalb bei der schriftlichen Wahl zweckmäßig, zuerst das Unternehmen am Hauptsitz anzuschreiben, zugleich aber auch auf die Möglichkeit einer Wahlausübung durch einen örtlichen Wahlbevollmächtigten im Kammerbezirk hinzuweisen. Wenn sich dieses Verfahren eingespielt hat, kann künftig jeweils die im Kammerbezirk gelegene und die Kammerzugehörigkeit begründende Zweigniederlassung angeschrieben werden.
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Wahl zur Vollversammlung
dd) Vorübergehendes Ruhen des Wahlrechts 10
Die Wahlordnung hat aber auch zu regeln, unter welchen Voraussetzungen das Wahlrecht ruht und vorübergehend nicht ausgeübt werden kann. Die Wahlordnungen der IHKs sehen dabei vor, dass das Wahlrecht ruht, solange einem wahlberechtigten Kammerzugehörigen die Amtsfähigkeit, die Wählbarkeit, das Stimmrecht oder Grundrechte rechtskräftig aberkannt worden sind. Teilweise werden auch noch zwei Gruppen von Ruhensgründen, nämlich Insolvenzgründe und gewichtige Strafverfahren, aufgeführt, die jedoch nicht mehr unumstritten sind (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 137).
11
Das Wahlrecht ist in der funktionalen Selbstverwaltung eines der wichtigsten Partizipationsrechte der Mitglieder und gehört daher zum Kernbestand der Mitgliedsrechte. Weder die Kammerzugehörigkeit noch die Beitragspflicht des Mitglieds werden durch Insolvenz des Unternehmens oder Strafbarkeit bzw. Haft des Unternehmers berührt (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 137). Daher ist im Gegenzug eine Aussetzung des Wahlrechts nur im Fall des Verlustes des Rechts, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, angemessen. Dabei ist auch der zwischenzeitlich eingetretene Rechts- und Wertewandel zu berücksichtigen. Entgegen früherer Auffassung widerspricht die Teilnahme von aktiven wahlberechtigten Kammerzugehörigen auch bei Insolvenz oder Strafbarkeit bzw. Haft nicht dem Auftrag der IHK nach § 1 Abs. 1, für Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken. War nach der Konkursordnung die geordnete Abwicklung des insolventen Unternehmens zur Befriedigung der Gläubiger einziges gesetzliches Ziel, steht nach § 1 der Insolvenzordnung neben der Verwertung der Erhalt des Unternehmens als gleichberechtigtes Ziel des Verfahrens im Gesetz. Gleichzeitig spricht der Gesetzgeber nach der Befriedigung der Gläubiger auch die Entschuldung des redlichen Schuldners als Verfahrensziel an (§ 1 Satz 2 InsO). Die gesetzliche Neuregelung zeigt also, dass die Insolvenz nicht das Ende der wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners darstellen muss und eine Stigmatisierung nicht gewollt ist. Konsequenterweise ist durch Art. 76 Nr. 3 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. 10. 1994 (BGBl. I, 2911) deshalb auch § 96 Abs. 2 Nr. 2 HWO, wonach solche Personen nicht wahlberechtigt waren, „die infolge gerichtlicher Anordnung in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt sind“, nicht etwa an die neue In340
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Wahlrecht und Wählbarkeit
solvenzordnung angepasst (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 138), sondern mit folgender amtlicher Begründung ersatzlos gestrichen worden: „Allgemein verfolgt das neue Insolvenzrecht rein vermögensrechtliche Ziele; eine Beeinträchtigung der Ehre des Schuldners soll mit dem Verfahren nicht verbunden sein (…). Insgesamt erscheint es daher nicht angebracht, einem Mitglied der Handwerkskammer die Berechtigung zur Wahl mit der Begründung abzusprechen, dass er in der Verfügung über sein Vermögen beschränkt ist (§ 96 Abs. 2 Nr. 2 HWO). (…) Solange er Mitglied der HWK ist, kann ihm sein aktives Wahlrecht nur aus besonders schwerwiegenden Gründen genommen werden.“ Auch sollte das Ruhen so kurz wie nur irgend möglich gehalten werden, nämlich nur für die Zeit der wirklichen Verhinderung. Die Wahlordnung könnte beispielsweise bei Verlust von Amtsfähigkeit, Wählbarkeit, Stimmrecht oder gar Grundrechten die Tilgung im Strafregister als den maßgeblichen Zeitpunkt für das Wiederaufleben der Wahlberechtigung festlegen, jedoch erscheint eine Beschränkung auf den Zeitraum des Verlusts sachgerechter. In allen Fällen handelt es sich jedoch nur um ein vorübergehendes Ruhen des Wahlrechts, nicht aber seine Entziehung auf Dauer; eine solche Entziehung wäre unzulässig. Das Wahlrecht verbleibt immer beim Kammerzugehörigen. Zu unterscheiden ist jedoch zwischen dem Wahlrecht und seiner Ausübung. Liegt der Hinderungsgrund nur bei einem zur Ausübung des Wahlrechts Berechtigten vor, bleibt das Wahlrecht bestehen und ein anderer Berechtigter kann es ausüben. Ist der Kammerzugehörige selbst von einem Ruhensgrund betroffen, kann das Wahlrecht nicht ausgeübt werden. Auch im eröffneten Insolvenzverfahren verbleibt nicht nur das Wahlrecht, sondern auch die Ausübung beim Unternehmer bzw. dem gesetzlichen Vertreter und geht nicht auf den Insolvenzverwalter über, da weiterhin kammerzugehörig und beitragspflichtig das Mitglied bleibt.
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b) Wählbarkeit In die Vollversammlung ist nur wählbar, wer das Wahlrecht auszuüben berechtigt ist. Der Wortlaut von § 5 Abs. 2 Satz 1 zeigt damit den engen Zusammenhang zwischen Wahlrecht und Wählbarkeit, der für die Wahlordnung insoweit enge Grenzen setzt. Sie kann lediglich die Ausübung des Wahlrechts regeln und in schwerRickert
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Wahl zur Vollversammlung
wiegenden Fällen das vorübergehende Ruhen vorsehen, es aber nicht auf die Dauer entziehen. Nur in diesem begrenzten Umfang, in dem die Ausübung des Wahlrechts nach der Wahlordnung ruht, ist auch die Wählbarkeit vorübergehend eingeschränkt. Dem entspricht es, dass das Gesetz auch – anders als frühere Landeskammergesetze – keinen Ausschluss aus der Vollversammlung kennt. 14
Daraus ergibt sich, dass Mitglied der Vollversammlung nur sein kann, wer für ein kammerzugehöriges Unternehmen vertretungsberechtigt ist. Aus dem Geschäftsleben ausgeschiedene frühere Kaufleute können nicht mehr in die Vollversammlung gewählt werden, selbst wenn sie noch in Aufsichtsräten oder Beiräten kammerzugehöriger Unternehmen tätig sind und weiterhin einen wesentlichen Einfluss auf das Unternehmen ausüben.
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Das IHKG beschränkt die Wählbarkeit auch nicht auf Inländer, so dass bei Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen auch ausländische Staatsangehörige in die Vollversammlung gewählt werden können. Das Gesetz geht damit über die Art. 13 und 18 des Europäischen Niederlassungsabkommens vom 13. 12. 1955 hinaus (BGBl. 1959 II, 998 i.V.m. der Bekanntmachung vom 30. 7. 1965, BGBl. II, 1099), aber auch über die Niederlassungsrichtlinien der EG, welche für Angehörige der EG-Mitgliedstaaten lediglich das aktive Wahlrecht sichern und für die Wählbarkeit noch einen gewissen Vorbehalt machen (vgl. Art. 4 der EG-Richtlinie vom 15. 10. 1965). Damit scheidet von vornherein eine Diskriminierung i.S.v. Art. 12 Abs. 1 EGV (Amsterdamer Fassung) aus.
16
Schließlich macht das Gesetz die Wählbarkeit auch nicht davon abhängig, dass der Bewerber eine Betriebsstätte des kammerzugehörigen Unternehmens im Kammerbezirk leitet. Die Betriebsstätte eines auswärtigen Unternehmens begründet zwar die Kammerzugehörigkeit; kammerzugehörig ist jedoch das Unternehmen selbst, so dass seine gesetzlichen Vertreter in allen Kammerbezirken wahlberechtigt und wählbar sind, in denen das Unternehmen Betriebsstätten unterhält. Erst recht kommt es nicht darauf an, ob ein Bewerber seinen Wohnsitz im Kammerbezirk hat. Eine enge unternehmerische wie auch persönliche Bindung an den Kammerbezirk ist zwar erwünscht und auch die Regel, weil die Wahl eines Bewerbers eines auswärtigen kammerzugehörigen Unternehmens in die Vollversammlung erfahrungsgemäß nur Erfolg hat, wenn der Bewerber eine ausreichende Bekanntheit in seiner Wahlgruppe 342
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Wahlrecht und Wählbarkeit
und seinem Kammerbezirk vorweisen kann. Rechtlich bestehen jedoch keine Hindernisse dafür, dass sich auch das Vorstandsmitglied eines auswärtigen Unternehmens um die Mitgliedschaft in der Vollversammlung bewirbt. aa) Altersvoraussetzungen Das passive Wahlrecht war in § 5 Abs. 2 zunächst an die Vollendung des 25. Lebensjahres gebunden und damit dem preußischen Kammerrecht gefolgt. Nach Art. 9 des Gesetzes zur Neuregelung des Volljährigkeitsalters vom 31. 7. 1974 (BGBl. I, 1713), ist jedoch die Wählbarkeit nur noch von der Volljährigkeit, also von der Vollendung des 18. Lebensjahres abhängig. Damit ist zugleich geklärt, dass eine Rechtsgrundlage für die Einführung eines Höchstalters für die Wählbarkeit nicht gegeben ist.
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bb) Wählbarkeit von Prokuristen und besonders bestellten Bevollmächtigten Prokuristen kammerzugehöriger Unternehmen waren bereits nach früherem Landesrecht wahlberechtigt und wählbar; Wahlrecht und Wählbarkeit waren gesetzlich für Zweigniederlassungen und Betriebsstätten vorgesehen, konnten aber nach Kammerbeschluss oder Satzung auch ganz allgemein zugelassen werden (§ 5 Abs. 3 Pr. IHK-Ges.). Das Bundesgesetz hat diesen Grundsatz übernommen, aber nicht die sich aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Pr. IHKGes. ergebende Beschränkung auf ¼ der Mitglieder der Vollversammlung; eine solche Beschränkung könnte jedoch nach § 5 Abs. 3 Satz 2 in der Wahlordnung vorgesehen werden.
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Die Wählbarkeit besonders bestellter Bevollmächtigter ist erst in die Ausschussvorlage eingefügt worden; diese Vorschrift sollte der Tatsache Rechnung tragen, dass es im Wirtschaftsleben maßgebende Persönlichkeiten gibt, die weder Vorstandsmitglieder einer juristischen Person noch Prokuristen sind; sie soll also die Wählbarkeit von Personen ermöglichen, die in leitender Stellung, etwa aufgrund einer Generalvollmacht tätig sind. Zwar sind solche Fälle nicht sehr zahlreich, jedoch handelt es sich meist um führende Persönlichkeiten, deren Mitarbeit für die IHK von besonderem Wert sein kann. Wenn auch das Gesetz nähere Voraussetzungen für einen „besonders bestellten Bevollmächtigten“ nicht
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Wahl zur Vollversammlung
definiert, so ist doch aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes deutlich, dass es sich nicht um die früher im Pr. IHK-Ges. (§ 5 Abs. 2 Nr. 2) zur Abgabe der Wahlstimme zugelassenen Wahlbevollmächtigten, sondern um Bevollmächtigte besonderer Art handelt (vgl. Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik vom 19. 5. 1956 zu Drucksache 2380, Ausführungen zu § 5 Abs. 2); entscheidend ist, dass sie unternehmerisch tätig sind und dass ihnen kraft ihrer Vollmacht die Ausübung von Unternehmerfunktionen für den vollmachtgebenden Betrieb übertragen ist. In der Praxis sind dies die Leiter der Filialen von Banken, Versicherungen, Kaufhäusern, beispielsweise aber auch der Chefredakteur einer Zeitung oder Zeitschrift ohne kaufmännische Befugnisse. Es kommt nicht darauf an, ob der Bevollmächtigte die gleichen oder größere Befugnis hat wie ein Prokurist. Dagegen sind ehemalige Unternehmer, auch wenn sie noch im Aufsichtsrat, im Beirat oder in der Gesellschafterversammlung den Vorsitz führen, nicht mehr wählbar, selbst wenn diese gesellschaftsrechtlichen Organe erheblichen unternehmerischen Einfluss haben; entscheidend ist die Vertretungsmacht für das kammerzugehörige Unternehmen. Die Vertretungsmacht ist für den Aufsichtsrat nach § 105 Abs. 1 AktG bereits gesetzlich ausgeschlossen, weshalb ein Aufsichtsrat nicht wählbar ist (Kluth/Sethe, Gutachten zur Wählbarkeit, 18; zu weit insoweit Groß, Wahl zur Vollversammlung, 74). Soweit für den Beirat oder ein anderes Gremium die Regelungen über den Aufsichtsrat der AG anwendbar sind, ist die Wählbarkeit der Mitglieder ebenfalls gesetzlich ausgeschlossen. In allen anderen Fällen müsste über die Gremiumszugehörigkeit hinaus eine gesonderte Vertretungsmacht mit Unternehmerfunktion für die Gesellschaft vorliegen. cc) Verbot der Doppelvertretung 20
Unabhängig davon, wer für das kammerzugehörige Unternehmen das aktive Wahlrecht satzungsmäßig auszuüben ermächtigt wird, bleibt grundsätzlich jeder vertretungsberechtigte Gesellschafter und jedes Vorstandsmitglied wählbar. Deshalb hatte § 7 Abs. 2 des preußischen IHK-Gesetzes vom 24. 2. 1870 ausdrücklich vorgeschrieben, dass für jedes Unternehmen nicht mehr als ein Vertreter in die Vollversammlung gewählt werden kann. Da das IHKG die Einzelheiten des Wahlrechts nicht mehr selbst regelt, sondern ausdrücklich der ergänzenden Bestimmung durch die Wahlord344
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Wahlrecht und Wählbarkeit
nung der IHK zuweist, hielten es zahlreiche IHKs in Übereinstimmung mit ihren Aufsichtsbehörden für zulässig, die frühere preußische Regelung sinngemäß in ihrer Wahlordnung zu übernehmen, die beispielsweise bei mittelbaren Wahlen rechtzeitig Klarheit schafft. Dieser Auffassung hat das OVG Lüneburg (BB 1971, 412) für den Fall widersprochen, dass wählbare Angehörige eines Unternehmens noch einem anderen Unternehmen einer anderen Wahlgruppe angehören und einer von ihnen als Angehöriger der einen, ein anderer für das andere Unternehmen in einer anderen Wahlgruppe in die Vollversammlung gewählt wird. Nach Ansicht des Gerichts dürfe die Wahlordnung eine solche Einschränkung der Wählbarkeit nicht vorsehen, weil § 5 Abs. 3 nur zu einer Regelung der Ausübung des Wahlrechts ermächtige, nicht aber das Wahlrecht selbst und sein Korrelat die Wählbarkeit, umfasse. Soweit diese Begründung sich – über den richtig entschiedenen Einzelfall hinaus – generell gegen Einschränkungen der Wählbarkeit richtet, ist sie zumindest durch die klarstellende Gesetzesänderung mit dem Zweiten Mittelstandsentlastungsgesetz vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246) nicht mehr haltbar. Die in § 5 Abs. 3 enthaltene Ermächtigung der IHK zur Gestaltung der Wahlordnung umfasst nun ausdrücklich das aktive und das passive Wahlrecht und lässt daher auch wirksame Regelungen zum Verbot der Doppelvertretung zu. Vielmehr lässt sich im Kontext sogar ein Auftrag des Gesetzes für eine entsprechende Beschränkung der Wählbarkeit bei der Gestaltung der Wahlordnung herleiten, zumindest, wenn es sich um eine „echte“ Doppelvertretung handelt. Wenn die Einteilung in Wahlgruppen die Spiegelbildlichkeit der Vollversammlung sichern soll, dann müssen die zur Verfügung stehenden Vollversammlungssitze auch möglichst breit verteilt werden, auch in den einzelnen Wahlgruppen; eine Doppelvertretung würde diese Möglichkeiten jedenfalls einschränken. Insofern handelt es sich bei dem Verbot der Doppelvertretung in der Vollversammlung auch um eine kammerpolitisch bedeutsame Frage. Das Verbot der Doppelvertretung erstreckt sich dabei bereits auf die Kandidatur. So ist die Kandidatur von zwei Vertretern desselben Unternehmens unzulässig, da im Erfolgsfall nicht beide Kandidaten die Wahl annehmen könnten. Daher muss schon für die Kandidatur im Unternehmen die Entscheidung getroffen werden, welche Person kandidieren darf. Umgekehrt kann dieselbe Person Rickert
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Wahl zur Vollversammlung
nicht gleichzeitig für verschiedene Unternehmen, eventuell in verschiedenen Wahlgruppen, kandidieren. Auch hier muss bereits für die Kandidatur die Entscheidung getroffen werden, für welches Unternehmen kandidiert wird. In beiden Fällen ist regelmäßig eine Erhöhung der Wahlchancen beabsichtigt, jedoch nicht zulässig. 21
In Konzernen spielt das Problem der Doppelvertretung keine Rolle. Da Organgesellschaften (Organtöchter) kammerrechtlich nicht als Betriebsstätten gelten, sondern selbständig kammerzugehörig sind, steht den Vorstandsmitgliedern und Prokuristen solcher Gesellschaften das aktive und passive Wahlrecht zu, unabhängig davon, ob die Organträgerin (Organmutter) im gleichen oder in einem anderen Kammerbezirk ansässig ist. In einem Kammerbezirk, in dem neben der Hauptniederlassung einer Organgesellschaft auch Betriebsstätten der Organträgerin bestehen, ist es also möglich, dass beide Unternehmen ein Vollversammlungsmitglied stellen. c) Beendigung der Mitgliedschaft in der Vollversammlung
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Die Wahlordnung enthält aus Gründen der Vollständigkeit auch eine Vorschrift darüber, dass die Mitgliedschaft mit dem Ablauf der Amtszeit, mit der Amtsniederlegung oder vorher mit dem Tode des Vollversammlungsmitgliedes endet. Wichtig sind deshalb Bestimmungen darüber, wie zu verfahren ist, wenn die Voraussetzungen der Wählbarkeit eines Mitgliedes nachträglich entfallen sind. Da § 5 keine ausdrückliche Bestimmung über ein zwangsläufiges Ausscheiden aus der Vollversammlung bei nachträglichem Verlust der Wählbarkeit enthält, ist davon auszugehen, dass diese Frage in der Wahlordnung geregelt werden kann. Im Interesse der Rechtssicherheit liegt es, dass die Wahlordnung einen konstitutiven Beschluss der Vollversammlung verlangt, der formell die vorzeitige Beendigung des Mandats feststellt und damit das Verfahren des Nachrückens oder einer Ersatzwahl einleitet. Dieser Beschluss liegt dann jedoch nicht im Ermessen der Vollversammlung, sondern dient lediglich der Feststellung des genauen Zeitpunktes. Daher muss die Vollversammlung diesen Beschluss auf einen entsprechenden Antrag hin fassen. Bei Kenntnis vom anfänglichen Fehlen oder nachträglichen Wegfall der Wählbarkeit ist der Präsident verpflichtet, einen entsprechenden Beschluss in der 346
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Wahlrecht und Wählbarkeit
Vollversammlung herbeizuführen. Der Betroffene kann gegen einen solchen Beschluss Widerspruch und Anfechtungsklage erheben. Genauso aber ist es möglich, dass die Wahlordnung auf einen solchen Beschluss der Vollversammlung verzichtet. Die Wählbarkeit und damit auch das Mandat in der Vollversammlung enden dann, wenn die Wählbarkeit entfällt. Wenn dann im Streitfall ein Beschluss der Vollversammlung darüber notwendig ist, hat er nur noch deklaratorische Bedeutung. Der Betroffene kann dann durch eine Feststellungsklage klären, ob er noch Mitglied der Vollversammlung ist.
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Entscheidend ist in beiden Fällen eine Bestimmung der Wahlordnung, nach der die Gültigkeit von Beschlüssen und Wahlen nicht berührt wird, wenn Mitglieder der Vollversammlung daran mitgewirkt haben, die nicht mehr wählbar waren.
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Ist die Zugehörigkeit der Bewerber zu einer bestimmten Wahlgruppe oder einem bestimmten Wahlbezirk weitere Voraussetzung der Wählbarkeit, so folgt daraus nicht, dass ein nachträglicher Wechsel des Vollversammlungsmitgliedes in ein Unternehmen einer anderen Wahlgruppe oder einem anderen Wahlbezirk die Wählbarkeit berührt. Für den Rest der Amtsperiode wäre dann zwar die Wahlgruppeneinteilung nur noch formal eingehalten. Es wird aber umgekehrt durch die Erhaltung des Mandats klargestellt, dass jedes Vollversammlungsmitglied nach seiner Wahl Vertreter aller Gewerbezweige, nicht aber nur eines Unternehmens, einer Wahlgruppe oder eines Wahlbezirks ist. Deshalb berühren der Wechsel in der unternehmerischen Position des Mitglieds sowie ein Wohnortwechsel seine Wählbarkeit nicht, sofern er überhaupt nur noch eine leitende Tätigkeit in einem kammerzugehörigen Unternehmen ausübt. Der Wechsel in der unternehmerischen Position braucht nicht nahtlos zu erfolgen, wenn die Wahlordnung einen konstitutiven Beschluss über den Verlust der Wählbarkeit vorsieht; im anderen Falle allerdings ist mit der Aufgabe der ursprünglichen unternehmerischen Position zunächst die Wählbarkeit entfallen und wird durch den späteren Eintritt als Geschäftsführer in ein anderes kammerzugehöriges Unternehmen nicht rückwirkend wieder hergestellt. Fehlt es bereits anfänglich an der Wahlgruppenzugehörigkeit, weil der persönlich wählbare Vertreter in der falschen Wahlgruppe kandidiert hat, entfällt da-
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Wahl zur Vollversammlung
durch die Wählbarkeit weder anfänglich noch nachträglich. Dies stellt einen Wahlfehler dar, der ausschließlich innerhalb der Anfechtungsfrist geltend gemacht werden kann. Ebenso wenig führt der Verlust der „Ehrbarkeit“ zu einem vorzeitigen Ende der Mitgliedschaft in der Vollversammlung (vgl. § 1 Rz. 55).
3. Wahlordnung a) Gesetzlicher Rahmen für die Wahlordnung 26
Während das frühere Landesrecht die Ausübung des Wahlrechts und die Durchführung der Wahl in Einzelvorschriften regelte, hat das IHKG hierfür nur einige Grundsätze aufgestellt, die Regelung im Übrigen aber der Wahlordnung überlassen. Die Wahlordnung ist damit neben der Satzung das wichtigste Statut der IHK.
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Für den sachlichen Inhalt der Wahlordnung gilt, wie für jedes statutarische Recht, die durch das Gesetz in § 5 gezogene Grenze. Die IHK darf also nicht mit den in der Wahlordnung getroffenen Regelungen den Ermächtigungsrahmen des Gesetzes überschreiten. So ist die Aufteilung der Kammerzugehörigen in Wahlgruppen zwingend, die Einteilung in Wahlbezirke steht dagegen im Regelungsermessen der Vollversammlung. Mit der gesetzlichen Klarstellung (siehe Rz. 20) umfasst der Ermächtigungsrahmen unzweifelhaft sowohl die Regelung des aktiven als auch des passiven Wahlrechts. Der Gesetzgeber wollte mit § 5 Abs. 3 der IHK eine Regelungsbefugnis zuweisen, die sich am weiten Ermächtigungsrahmen des preußischen Kammerrechts orientierte. Eine solche Flexibilität ist auch notwendig, wenn die Wahlordnung die Besonderheiten in Tradition und Struktur jedes Kammerbezirks widerspiegeln soll. Das zeigt sich nicht nur in der Bildung der Wahlgruppen und Wahlbezirke, sondern auch in Unterschieden beim Wahlverfahren. In der Folge können deshalb auch nur die gebräuchlichen Varianten behandelt werden, nicht aber alle theoretisch möglichen und auch rechtlich zulässigen Gestaltungsformen.
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Im Übrigen ist es selbstverständlich, dass die Wahlordnung auch im Rahmen des § 5 Abs. 3 den allgemeinen Wahlrechtsgrundsätzen entsprechen muss. Bei Vergleichen mit anderen Wahlordnungen ist jedoch der unpolitische Charakter der IHK-Wahl als gebün348
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delte Gruppenwahl zu beachten, die sich nur in der funktionalen Selbstverwaltung findet. b) Wahlsystem In der Wahlordnung ist eine Reihe von Grundsatzentscheidungen zum Wahlsystem zu treffen, die anschließend auch das Wahlverfahren in seiner konkreten Ausgestaltung beeinflussen.
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aa) Größe der Vollversammlung Die IHK legt in ihrer Wahlordnung zunächst einmal die Zahl der Vollversammlungsmitglieder fest. Die Mitgliederzahl richtet sich erfahrungsgemäß nach der Größe des Kammerbezirks und soll ein überschaubares, arbeitsfähiges Gremium sichern. Deshalb gibt es praktisch, wenn auch nicht rechtlich, eine Obergrenze für die Mitgliederzahl der Vollversammlung, was auf die Einteilung in Wahlgruppen und deren Zahl und Größe wiederum zurückwirkt.
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bb) Amtszeit der Vollversammlung Die nächste Entscheidung betrifft die Dauer der Amtszeit der Vollversammlung. Die Wahlordnung muss bestimmen, ob die Wahlen einheitlich für die gesamte Wahlperiode erfolgen oder ob ein Teil der Mitglieder turnusgemäß ausscheidet, so dass jeweils Ergänzungswahlen notwendig sind.
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Die Wahlordnungen der meisten IHKs sehen eine Amtsperiode von 4 Jahren vor, zu der auch einheitlich gewählt wird. Zulässig ist aber auch nach preußischem Vorbild das System der Ergänzungswahlen mit gestaffelten Amtsperioden. So kann die Wahlordnung z.B. bestimmen, dass die Amtsperiode zwar 6 Jahre beträgt, dass aber jeweils die Hälfte der Mitglieder nach 3 Jahren oder ein Drittel der Mitglieder nach 2 Jahren ausscheidet und durch Ergänzungswahlen ersetzt wird. Dieses ehemals preußische System hat zwar den Vorteil, die Kontinuität in der Arbeit der Vollversammlung wirksam zu sichern. Wegen der häufigen Ergänzungswahlen ist es heute kaum noch gebräuchlich. Bei einer einheitlichen IHK-Wahl für eine einheitliche Amtsperiode von 4 oder 5 Jahren hat es sich auch bewährt, in der Wahlordnung einen kalendermäßig festen Termin für den Beginn der Rickert
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Amtszeit vorzusehen und diese Amtszeit damit vom Zeitpunkt der IHK-Wahl und der Feststellung des Wahlergebnisses unabhängig zu machen. Am zweckmäßigsten ist es, die Amtszeit der neuen Vollversammlung am 1. 1. beginnen zu lassen. Die IHK-Wahl kann dann im zweiten Halbjahr des Vorjahres stattfinden. Die neugewählte Vollversammlung konstituiert sich dann nach dem 1. 1. Bei dieser Regelung können die gewählten Mitglieder der neuen Vollversammlung ab 1. 1. ihre Rechte wahrnehmen, jedoch nicht vorher; auch mittelbare Wahlen zur Vollversammlung können nicht vorgezogen werden, da sie eine konstituierende Sitzung der Vollversammlung voraussetzen und diese erst nach Beginn der Wahlperiode zulässig ist. 33
Die Amtszeit der Vollversammlung kann durch eine Änderung der Wahlordnung für die Zukunft verlängert oder auch verkürzt werden. Ebenso kann die IHK zu einem anderen Wahlsystem übergehen, beispielsweise von der früheren preußischen Turnuswahl mit Ergänzungswahlen (alle zwei oder drei Jahre) zu einer durchgehenden einheitlichen Wahlperiode von vier oder fünf Jahren. Bei einer solchen Änderung der Wahlordnung ist jedoch zu beachten, dass die Mandate der gewählten Vollversammlungsmitglieder unter keinen Umständen verkürzt werden dürfen und dass auch nur unter außergewöhnlichen Umständen eine Verlängerung der laufenden Wahlperiode der amtierenden Vollversammlung zulässig ist. Hier handelt es sich um eine verfassungsrechtlich bedeutsame Frage (vgl. hierzu Krüger, Verfassungsrechtliche Einschränkung von Wahlrechtsänderungen, NJW 1956, 246). Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach entschieden, dass dem Wahlberechtigten das Wahlrecht nicht auf einem in der Verfassung nicht vorgesehenem Wege entzogen oder verkürzt werden darf und dass die Hinausschiebung fälliger Wahlen eine solche Beeinträchtigung des Wahlrechts ist (BVerfGE 62, 1; 114, 121). Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat eine Verlängerung der laufenden Amtszeit der Kommunalvertretungen aus den gleichen Gründen wie das Bundesverfassungsgericht beanstandet, jedoch die Möglichkeit von Ausnahmen zugelassen (VerfGH 11, 1 = Bayerische Verwaltungsblätter 1978, 269, 276). Derartige Ausnahmen kommen dort in Frage, wo Zwangslagen und Übergangssituationen eine befristete Verlängerung von Amtszeiten erforderlich machen, so vor allem, wenn in absehbarer Zeit Reformen der Staatsund Verwaltungsorganisation anstehen, die kurzfristig zur Neu350
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wahl von Vertretungskörperschaften und Organen führen würden. Deshalb sind bei der Kreisreform in Baden-Württemberg die Amtszeiten der Kreistage durch Gesetz kurzfristig verlängert worden (Gesetz zur Vorbereitung der Kreisreform vom 8. 12. 1970, GBl. Ba.-Wü. 497; dazu StGH Ba.-Wü. DÖV 1975, 85), in Nordrhein-Westfalen aus Anlass der kommunalen Neugliederung die Wahlzeiten von Gemeinde- und Kreisvertretungen durch ein sog. Vorschaltgesetz (Gesetz zur vorübergehenden Neuregelung von Einzelfragen aus Anlass der kommunalen Neugliederung vom 16. 7. 1969, GVBl. NW 530; dazu VGH NW DVBl. 1971, 502). Im Bereich der Kammerorganisationen war die Verlängerung von Amtszeiten bei der Umbildung der Kammern aus Anlass des Inkrafttretens der Handwerksordnung und des IHKG zugelassen (§ 121 Abs. 1 Satz 3 HwO; § 10 Satz 2 IHKG). Schließlich wurde von dieser Ausnahmemöglichkeit auch bei der Neuordnung der Kammerbezirke Gebrauch gemacht. So wurde bei der Kammerbezirksreform in Baden-Württemberg gem. § 5 der Verordnung vom 14. 12. 1971 (GVBl. 513) eine Übergangsvollversammlung gebildet, deren Mandat erst mit der Wahl der ersten „neuen“ Vollversammlung endete. Eine ähnliche Lösung hat Nordrhein-Westfalen bei der Neugliederung der Kammerbezirke in § 3 Abs. 4 der Verordnung vom 1. 3. 1977 (GVBl. NW 95) getroffen. Schließlich ist hier der Zusammenschluss zur IHK Hannover–Hildesheim zu erwähnen, wo durch Beschlüsse der beiden dabei noch selbständigen Vollversammlungen eine ähnliche Verlängerung der Amtszeiten mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde herbeigeführt wurde. Alle solche Einzelmaßnahmen haben also die Erleichterung von Neuordnungen zum Ziel und widersprechen nicht dem Rechtsstaatsprinzip, wenn nachgewiesenermaßen eine besondere Zwangslage oder Übergangssituation vorliegt. Um welche Zeitdauer ggf. Amtszeiten von Organen der IHK zu verlängern sind, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu bestimmen. Je mehr eine Reform auf lange Geltungsdauer und weitgreifende Wirkungen abgestellt ist, desto länger wird auch eine Übergangslösung im Bereich der Kammern auszudehnen sein. Die Verlängerung der Wahlzeit und damit der Amtsperiode der amtierenden Vollversammlung kann, wenn sie nicht durch staatliche Rechtssetzung erfolgt wie bei den Neugliederungs-Verordnungen, durch die IHK selbst durch statutarischen Beschluss der Vollversammlung, am besten durch eine entsprechende Änderung der Wahlordnung geschehen, wofür die Genehmigung der Aufsichtsbehörde erforderlich ist. Rickert
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Wahl zur Vollversammlung
Während eine Verlängerung der Amtszeit also ausnahmsweise zulässig ist, ist eine Verkürzung der Wahlzeit amtierender Vollversammlungen – abgesehen von Ausnahmesituationen, in denen der Gesetz- oder Verordnungsgeber dies bestimmt – (vgl. OVG Koblenz GewArch 1952, 18) – nur mit Zustimmung aller Vollversammlungsmitglieder möglich. Sie müssen alle zum gleichen Zeitpunkt ihr Mandat niederlegen, damit eine Neuwahl zwingend erforderlich wird. Diese Notwendigkeit ergibt sich beispielsweise, wenn der Übergang von turnusmäßigen Ergänzungswahlen zu einer einheitlichen Wahlperiode beschlossen wird, weil sonst die Umstellung in den Mandaten zu schwierig und kompliziert wird und sich auch zu lange hinzieht. cc) Persönlichkeitswahl
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Schließlich ist für die unmittelbare Wahl der Vollversammlungsmitglieder vorzusehen, ob eine Persönlichkeitswahl oder ob Listenwahlen stattfinden. Beides ist zulässig, beeinflusst aber die Folgevorschriften und insbesondere das Wahlverfahren. In der Praxis haben sich alle IHKs für die Persönlichkeitswahl nach dem Prinzip der relativen Mehrheitswahl entschieden; die Bewerber mit den meisten Stimmen sind gewählt. Das entspricht am besten dem Charakter einer Selbstverwaltungskörperschaft und gibt den wahlberechtigten Kammerzugehörigen auch größeren Einfluss auf die Zusammensetzung der Vollversammlung; er kann die von ihm bevorzugten Bewerber aus einer Bewerberliste auswählen, in der sämtliche Wahlvorschläge alphabetisch zusammengefasst worden sind. Im Hochschulrecht ist diese Form der Persönlichkeitswahl sogar bindend (BVerwGE 102, 151).
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Diese Entscheidung der Wahlordnungen für die Persönlichkeitswahl beeinflusst wiederum die Form, in welcher Vollversammlungsmitglieder, die vorzeitig aus ihrem Amt ausscheiden, ersetzt werden. Bei der Persönlichkeitswahl tritt als Ersatzmann in die Vollversammlung derjenige Bewerber ein, der bei seiner Wahl in der gleichen Wahlgruppe (und ggf. auch im gleichen Wahlbezirk) nach dem ausscheidenden Mitglied die höchste Stimmenzahl erhalten hat. Bei gleich hohen Stimmzahlen entscheidet das Los, wie es die Wahlordnung vorsieht. Eine Ersatzwahl kommt bei der Persönlichkeitswahl nur in Frage, falls kein Ersatzmann mehr vorhanden ist. Für diese Ersatzwahl sehen die Wahlordnungen in 352
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Wahlordnung
der Regel eine mittelbare Wahl vor, wonach für die restliche Dauer der Wahlperiode die Vollversammlung im Wege der mittelbaren Wahl einen Ersatzmann hinzuwählt. Dieser Ersatzmann muss der Wahlgruppe und dem Wahlbezirk des ausgeschiedenen Vollversammlungsmitglieds angehören. Die Wahlordnung bestimmt auch, welche Zahl von Vollversammlungsmitgliedern den Vorschlag für einen solchen Ersatzmann einzubringen hat, wobei ein ausschließliches Vorschlagsrecht des Präsidiums dabei zu restriktiv wäre. Es handelt sich bei der Ersatzwahl um einen besonderen Fall der mittelbaren Wahl, bei der die verbleibenden Vollversammlungsmitglieder als Wahlmänner für den Ersatzmann fungieren. Genauso kann die Wahlordnung aber auch eine unmittelbare Wahl als Ersatzwahl vorsehen, die dann – insbesondere bei dem früheren preußischen Turnussystem für die Ergänzung der Vollversammlung – mit der nächsten Ergänzungswahl verbunden wird und sich nach den allgemeinen Vorschriften für die unmittelbare Wahl richtet. Auf beiden Wegen wird sichergestellt, dass die Wahlgruppeneinteilung der Vollversammlung und damit die Spiegelbildlichkeit der Vollversammlung zur Wirtschaft des Kammerbezirks erhalten bleiben. dd) Mittelbare Wahl Schließlich muss die Wahlordnung eine Entscheidung darüber treffen, ob die Wahl zur Vollversammlung ganz oder teilweise unmittelbar oder mittelbar durchgeführt wird.
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Das IHKG sieht in dem Wortlaut von § 5 Abs. 1 eine unmittelbare Wahl nicht zwingend vor. Daher war die Zulässigkeit einer Zuwahl oder einer mittelbaren Wahl umstritten, zumal das frühere Kammerrecht die Zuwahl ausdrücklich zuließ (vgl. 4. Aufl., 188). Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Urteil vom 3. 9. 1963 (BVerwGE 16, 312) ein gemischtes System von unmittelbarer und mittelbarer Wahl in der Weise zugelassen, dass für eine in der Wahlordnung festgelegte Anzahl weiterer Vollversammlungsmitglieder die unmittelbar gewählten Mitglieder der Vollversammlung als Wahlmänner fungieren können. Eine solche Regelung könne durchaus sachgerecht sein, „um so die Ergänzung dieses Organs durch Vertreter solcher für das Bild des Kammerbezirks bedeutsamen Wirtschaftszweige zu ermöglichen, die über das Wahlgruppenverfahren keinen Sitz in der Vollversammlung errei-
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chen können“. Andererseits darf aber diese mittelbare Wahl nicht so ausgeweitet werden, dass die in § 5 Abs. 3 Satz 2 zum Ausdruck gekommene Verpflichtung, die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen zu berücksichtigen, in Frage gestellt wird. Als Obergrenze werden allgemein 20 % der Gesamtzahl der VVMitglieder angesehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Großteil der mittelbaren Wahlen Fälle betrifft, bei denen kein Nachrücker mehr vorhanden ist. 39
Zahlreiche IHKs haben inzwischen daraufhin in ihren Wahlordnungen vorgesehen, dass eine bestimmte Anzahl von Vollversammlungssitzen durch eine solche mittelbare Wahl besetzt werden kann. Meist wird dabei nur eine Höchstzahl für die mittelbar zu wählenden Vollversammlungsmitglieder angegeben, um der Vollversammlung (als Wahlmännergremium) die Möglichkeit zu geben, nach Bedarf davon Gebrauch zu machen und nicht alle Sitze dieser Art sofort zu besetzen. Daraus ergibt sich dann aber auch, dass die mittelbare Wahl nicht in der konstituierenden Sitzung einer neugewählten Vollversammlung erfolgen muss, sondern auch zu einem späteren Zeitpunkt im Laufe der Amtsperiode der Vollversammlung je nach Bedarf durchgeführt werden kann.
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Damit ist eine Rechtsgrundlage für die Fälle geschaffen, in denen die in Form der mittelbaren Wahl durchgeführte „Zuwahl“ sachliche Vorteile bietet. Es kann sich darum handeln, für den Kammerbezirk im besonderen Maße repräsentative Unternehmer für die Mitarbeit in der Vollversammlung zu gewinnen, aber auch darum, in der Vollversammlung die Vertretung kleiner, aber wichtiger Branchen zu sichern, die bei der Wahlgruppeneinteilung keine eigene Wahlgruppe erhalten haben und in ihrer größeren Wahlgruppe nicht zum Zuge kommen. Ebenso können auf diese Weise Gewichtsverschiebungen zwischen den Wahlgruppen ausgeglichen werden, die noch keine Änderung der Sitzverteilung in der Vollversammlung und damit eine Änderung der Wahlordnung rechtfertigen. Insgesamt kann also diese Form der mittelbaren Wahl dazu beitragen, die Spiegelbildlichkeit der Vollversammlung, wie sie § 5 Abs. 3 Satz 2 vorschreibt, weiter zu verfeinern und zu verbessern.
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Eine andere Form der mittelbaren Wahl findet sich bei den bayerischen Industrie- und Handelskammern. Die Vollversammlungen der bayerischen Industrie- und Handelskammern werden z.T. über 354
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die Industrie- und Handelsgremien, also mittelbar gewählt. Die bayerischen IHKs haben in ihren Statuten weitgehend die traditionelle Regionalinstanz der Industrie- und Handelsgremien beibehalten, deren Vorsitzender (und ggf. weitere Mitglieder) der Vollversammlung kraft Amtes angehören. Da jedes Mitglied der Gremialversammlung von den Kammerzugehörigen im Gremialbezirk unmittelbar gewählt wird und außerdem die Gremialmitglieder für die in die Vollversammlung zu entsendenden Vorsitzenden (und ggf. weitere Mitglieder) als Wahlmänner anzusehen sind, entspricht diese mittelbare Wahl ebenfalls den Voraussetzungen des § 5 IHKG. Wesentlich ist in allen Fällen der mittelbaren Wahl, dass die Mit- 42 glieder der Vollversammlung (in Bayern die Mitglieder der Industrie- und Handelsgremien), die als Wahlmänner die mittelbare Wahl ausüben, ein Mandat hierfür von ihren Wählern erhalten haben. Es steht also die „echte“ Zuwahl, d.h. eine Zuwahl, die die unmittelbar gewählten Vollversammlungsmitglieder vornehmen, ohne ein ausdrückliches Mandat als Wahlmänner von den Kammerzugehörigen erhalten zu haben, in Widerspruch zu § 5 Abs. 1. Eine Wahlordnung, die eine solche „echte“ Zuwahl ermöglicht, würde nicht die nach § 11 Abs. 2 erforderliche aufsichtsbehördliche Genehmigung erhalten. Es ist deshalb nicht möglich, im Laufe einer Amtsperiode die mittelbare Wahl einzuführen und auch sofort durchzuführen; zunächst muss – aufgrund der geänderten Wahlordnung – eine Neuwahl zur Vollversammlung erfolgen, weil erst die auf dieser neuen Grundlage gewählten Vollversammlungsmitglieder auch den Wählerauftrag als Wahlmänner für die mittelbare Wahl bekommen. Darin liegt der entscheidende rechtliche Unterschied zur „echten“ Zuwahl, wie sie früher Landeskammergesetze kannten. Gleichzeitig dürfen nur die unmittelbar gewählten Vollversammlungsmitglieder als Wahlmänner tätig werden (BVerwG GewArch 1964, 70). Die bis zu diesem Zeitpunkt bereits mittelbar gewählten Vollversammlungsmitglieder dürfen sich an der Zuwahl nicht beteiligen (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 87). Das fehlende Mandat als Wahlmann für die mittelbare Wahl ist der einzige Unterschied der mittelbar gewählten zu den unmittelbar gewählten Vollversammlungsmitgliedern. Die Gültigkeit einer solchen mittelbaren Wahl, sei es durch die unmittelbar gewählten Vollversammlungsmitglieder oder in Bayern die Gremialmitglieder als Wahlmänner, darf von keinen weiRickert
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teren Bedingungen abhängig gemacht werden. Beispielsweise ist es nicht zulässig, die mittelbare Wahl an die Zustimmung eines anderen Organs, etwa des Präsidiums, zu binden oder allein dem Präsidium ein Vorschlagsrecht zu geben. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die gewählten Mitglieder der VV in ihrer Eigenschaft als Wahlmänner eine Persönlichkeit zuwählen, die bei einer vorher durchgeführten streitigen Wahl kein Mandat erhalten hat (OVG Münster GewArch 2003, 378 – unveröffentlichter Teil der Gründe S. 21; s. auch dazu Groß/Rickert, GewArch 2003, 359). In einer solchen Zuwahl läge, wenn nur die in § 5 Abs. 3 Satz 2 geforderte „Spiegelbildlichkeit“ für die Zusammensetzung der VV gewahrt bleibt, keine Verfälschung des Wählerwillens; jedenfalls ebenso wenig, wie wenn eine Persönlichkeit zugewählt wird, die von den Vorschlagsberechtigten für die streitige Wahl überhaupt nicht vorgeschlagen worden war (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 89; Groß/Rickert, GewArch 2003, 359). c) Wahlgruppen aa) Grundsätze für die Bildung von Wahlgruppen 44
§ 5 Abs. 3 Satz 2 schreibt zwingend vor, dass die Wahlordnung die Kammerzugehörigen in Wahlgruppen aufzuteilen hat, welche die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks sowie die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen berücksichtigen. Daraus ergibt sich wiederum, dass die in unmittelbarer Wahl zu besetzenden Vollversammlungssitze auf die gebildeten Wahlgruppen zu verteilen sind. Darüber hinaus ist auch eine Einteilung des Kammerbezirks in Wahlkreise und die Verteilung der Sitze auf diese zulässig. Diese Einteilung ist jedoch nur bei entsprechend großen Wahlgruppen möglich, da die regionale Komponente nicht als eigenständiges Verteilungskriterium, sondern nur als verfeinerndes Kriterium zur Umsetzung der gesetzlich angeordneten Berücksichtigung der wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks verwendet werden darf (BVerwG GewArch 2002, 432). Es findet also eine Gruppenwahl statt, bei der jede Wahlgruppe und jeder Wahlbezirk seine Bewerber für die vorgesehenen Vollversammlungssitze wählt. Der Sinn dieser Gruppenwahl liegt darin, die Vollversammlung zu einem Spiegelbild der tatsächlichen Wirtschaftsstruktur des Kammerbezirks zu ma356
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chen. Die bindende Anordnung des Gesetzes über die Aufteilung der Kammerzugehörigen in Wahlgruppen beschränkt daher auch das Wahlrecht auf die eigene Wahlgruppe. Eine Wahl der Kandidaten durch alle Kammerzugehörigen über die eigene Wahlgruppe hinaus ist somit unzulässig. Zulässig wäre aber eine Kandidatur in einer anderen Wahlgruppe, soweit die Wählbarkeit überhaupt vorliegt und die Wahlordnung dies zulässt. Wenn auch bei den Wahlen zur VV jeder Kammerzugehörige wahlberechtigt ist, so sind damit die Stimmen nicht ohne weiteres gleichwertig. Die VV soll nicht das rechnerische Ergebnis aus der Anzahl der abgegebenen Stimmen, sondern ein Spiegelbild der wirtschaftlichen Komponenten des Kammerbezirks darstellen und diesen Bezirk sowohl in seinen räumlichen Besonderheiten als auch in seinen spezifischen Wirtschaftskräften zum Ausdruck bringen (so auch OVG Münster GewArch 2003, 378). Würde die Stimme jedes Kammerzugehörigen in gleicher Weise gewertet, so könnte der Fall eintreten, dass Wirtschaftszweige, die zwar das Schwergewicht der Wirtschaft im Bezirk darstellen, aber zahlenmäßig nur schwach vertreten sind, in der IHK gar nicht zu Wort kommen. Das Gleiche könnte, und zwar gerade zu Lasten der kleinen Unternehmen, denen in ihrer Gesamtheit eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt, geschehen, wenn das Wahlrecht einheitlich, aber nach der Gewichtigkeit der Unternehmen ausgeübt würde. Deshalb hat sich auf der Grundlage der alten Landesvorschriften (§ 10 Pr. IHK-Ges., § 20 Bayer. IHKVO) die Praxis der IHKs dahin gebildet, die Wahl getrennt nach Wirtschaftsgruppen, ggf. noch unter bezirklicher Aufgliederung, durchzuführen. Die Angehörigen jeder Gruppe wählen also gemeinsam innerhalb der Gruppe die auf sie entfallenden Mitglieder. Es ist klar, dass bei einer solchen Gruppenwahl die Stimmen der wahlberechtigten Kammerzugehörigen nicht in allen Wahlgruppen das gleiche Gewicht haben, sondern nur innerhalb ihrer eigenen Wahlgruppe. In kleinen Wahlgruppen genügen wenige Stimmen, in großen Wahlgruppen bedarf es einer hohen Stimmenzahl, um gewählt zu werden.
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Darin liegt ein entscheidender Unterschied zu politischen Wahlen bei den Gebietskörperschaften, dagegen eine deutliche Parallele zu den Gruppenwahlen in zahlreichen anderen Bereichen. Während bei politischen Wahlen nach dem Prinzip der Verhältniswahl jede Wählerstimme den gleichen Zähl- und auch Erfolgswert ha-
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ben muss, genügt beim Mehrheitswahlrecht der gleiche Zählwert (BVerfGE 1, 208, 244; 16, 130, 139; 34, 81, 98; 47, 253, 277; ständige Rspr.). Erst recht führt die Gruppenwahl in unterschiedlich gewichteten Wahlgruppen zu einem unterschiedlichen Erfolgswert der Stimmen (BVerfGE 35, 79, 134; 39, 247, 254 zum Hochschulrecht). Solche Gruppenwahlen mit unterschiedlichem Erfolgswert der Stimmen sind aus dem Personalvertretungsgesetz (§§ 5 und 17 Abs. 3 BPersVG) und aus der Wirtschaftsprüferordnung für die Wahl zum Beirat der Wirtschaftsprüferkammer (§ 59 Abs. 3 WPO) sowie aus Landwirtschaftskammergesetzen (§ 6 LwKG HA; §§ 4, 5 LwKG NW) bekannt. Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht haben sich mehrfach damit befasst (BVerfGE 91, 367; BVerfG NVwZ 1997, 261; BVerwGE 5, 118, 120, 5, 263; 36, 174; 55, 17). 47
Dass nach dem Gesetz die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks und die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Gewerbegruppen zu berücksichtigen sind, verpflichtet die Vollversammlung, sich in der Wahlordnung nicht schematisch an bestimmte Gesichtspunkte – wie etwa an die Anzahl der jeweiligen Betriebe oder auch die Summe ihrer IHK-Beiträge oder Gewerbeerträge – zu binden, sondern sie nach ihrer Bedeutung für die Wirtschaft des Kammerbezirks zu wägen. Auch Umsätze und Arbeitnehmerzahl können berücksichtigt werden, soweit darüber statistische Daten bis auf die Ebene des Kammerbezirks vorliegen sollten. Am besten hat sich eine Kombination mehrerer Maßstäbe bewährt, um das gesamtwirtschaftliche Gewicht der Gewerbegruppen zu ermitteln. Diese Maßstäbe und ihre Gewichtung müssen jedoch nicht in der Wahlordnung festgeschrieben werden, soweit die Wahlordnung selbst die Aufteilung der Sitze auf die Wahlgruppen und Wahlbezirke enthält (OVG Münster GewArch 2003, 378).
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Die „wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks“ erwarten Berücksichtigung insbesondere, wenn in Teilen des Kammerbezirks bestimmte Gewerbegruppen dominieren. Die „gesamtwirtschaftliche Bedeutung einzelner Gewerbegruppen“ kann es rechtfertigen, ihnen trotz geringer Anzahl eine relativ starke Vertretung für IHKs zu geben, in deren Bezirk ein Wirtschaftszweig ansässig ist, der für das ganze Bundesgebiet – etwa beim Inoder Export – eine führende Stellung hat. Es wird also die Vollversammlung einer IHK, die stark am Überseehandel beteiligt ist, 358
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ganz anders zusammengesetzt sein, als die VV einer binnendeutschen IHK, die einen räumlich großen Bezirk mit schwach entwickelter Industrie, dafür aber einen relativ starken Einzelhandelsanteil umfasst. Die Dienstleistungsunternehmen haben überall an Zahl und wirtschaftlicher Bedeutung zugenommen, so dass sie oft nicht nur in einer Wahlgruppe zusammengefasst, sondern teilweise sehr spezialisierte Wahlgruppen geschaffen wurden. Eine eigene Wahlgruppe für die nicht im Handelsregister eingetragenen Unternehmen ist unzulässig (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 73). Regelmäßig sind rund doppelt so viele Kammerzugehörige nicht in das Handelsregister eingetragen, wie eingetragen sind. In einigen Wahlgruppen stellen die nichteingetragenen Kammerzugehörigen teilweise sogar einen zumindest bedeutenden Teil der Wirtschaftskraft dar. Mit dem Handelsrechtsreformgesetz, das am 1. 7. 1998 in Kraft getreten ist, käme es zusätzlich auch aus Sicht der IHK zu zufälligen Ergebnissen, da nach § 2 HGB sich auch Kleingewerbetreibende in das Handelsregister eintragen lassen dürfen (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 73). Letztlich sind sie grundsätzlich auch beitragspflichtig und werden, soweit ihr Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht innerhalb der Beitragsbefreiungsgrenzen liegt, auch zum Beitrag herangezogen. Die Erfahrungen zeigen, dass selbst das Argument, mit dieser Wahlgruppe überhaupt erst die Vertretung der Kleingewerbetreibenden in der Vollversammlung zu gewährleisten, nicht greift, da bei der Zusammensetzung der Vollversammlungen auch ohne diese besondere Wahlgruppe die Kleingewerbetreibenden in ausreichender Anzahl vertreten sind.
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Die Abgrenzung der Wahlgruppen in der Wahlordnung bedient sich überall der Begriffe, die das Statistische Bundesamt für die Klassifikation der Wirtschaftszweige (Ausgabe 2008) benutzt. Diese Klassifikation berücksichtigt die Vorgaben der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE Rev. 2), die mit der Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. 12. 2006 (ABl. EG Nr. L 393 S. 1) veröffentlicht wurde. Die Zustimmung der Europäischen Kommission gemäß Artikel 4 Absatz 3 der o.g. Verordnung liegt vor. Die Kurzbezeichnungen der Wahlordnung für die einzelnen Wirtschaftsgruppen haben deshalb einen eindeutigen Inhalt und erlauben eine genaue Zuordnung der kammerzugehörigen Unternehmen.
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bb) Einräumung von Mindestsitzen in den Wahlgruppen 51
In der Praxis der IHKs hat sich aber auch gezeigt, dass die Bildung eigener Wahlgruppen nicht übertrieben werden darf. Die Wahlgruppen werden sonst zu klein, die Abgrenzung zwischen ihnen immer schwieriger und das Wahlverfahren insgesamt weniger übersichtlich. Am besten hat sich eine Aufteilung auf 8 bis 10 Wahlgruppen bewährt, wozu ohnehin bei Flächenkammern noch für die zahlenmäßig starken Wahlgruppen die Unterteilung in Wahlbezirke kommt. Das ergibt 25 bis 30 Wahlgruppen und Wahlbezirke, in denen getrennte Wahlvorschläge einzureichen und jeweils einige Bewerber zu wählen sind.
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In dem Bestreben, auch bei größeren Wahlgruppen ein Höchstmaß an Spiegelbildlichkeit der Vollversammlung zu erreichen, hat sich die Einräumung von Mindestsitzen innerhalb einer Wahlgruppe eingebürgert. Sie dient dem Schutz von zahlenmäßig kleinen Minderheiten, die ihrem wirtschaftlichen Gewicht nach aber für den Kammerbezirk wesentlich sind und deshalb wenigstens mit einem Sitz in der Vollversammlung vertreten sein sollen. Eine solche Bestimmung bei der Verteilung der Vollversammlungssitze hat für die Wahlvorschläge wie für die Feststellung des Wahlergebnisses Konsequenzen. Die Kandidatenliste als Summe aller Wahlvorschläge ist erst dann vollständig, wenn auch eine ausreichende Anzahl an Kandidaten der Minderheit enthalten ist. Anderenfalls muss der Wahlausschuss mittels Nachfrist zu weiteren Wahlvorschlägen, insbesondere mit Kandidaten der Minderheit, auffordern. Bei der Feststellung des Wahlergebnisses ist auf jeden Fall aus den Bewerbern der Minderheit derjenige gewählt, der die meisten Stimmen erhalten hat, mögen auch andere Bewerber dieser Wahlgruppe oder des Wahlbezirks höhere Stimmenzahlen erhalten haben. Sind in der Kandidatenliste nicht ausreichend Bewerber der Minderheit enthalten, bleiben die vorgesehenen Mindestsitze insoweit frei und können nur durch eine mittelbare oder unmittelbare Nachwahl besetzt werden.
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Insofern wirkt die Einräumung von Mindestsitzen wie die Bildung einer eigenen Wahlgruppe, auch wenn die Wahl dann von der gesamten Wahlgruppe durchgeführt wird. Vergleichbar ist etwa eine Personalratswahl, bei der eine gemeinsame Wahl stattfindet (§ 19 Abs. 2 und 5 BPersVG).
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cc) Gestaltungsspielraum bei der Sitzverteilung Das IHKG hat in der Überzeugung, dass für jede IHK die bezirklichen Gegebenheiten anders liegen, die Aufteilung der Vollversammlungssitze auf die Gewerbegruppen und die Teile des Kammerbezirks in das Ermessen der Vollversammlung bei der Beschlussfassung über die Wahlordnung gestellt. Es folgt damit der Tradition des preußischen IHK-Gesetzes (§ 10) genau so wie auch heute noch § 93 Abs. 2 der Handwerksordnung, wobei bei der Wahlgruppenzuordnung die Einteilung nach Wirtschaftsbereichen zwingend, das regionale Kriterium nur zwecks Verfeinerung zusätzlich eingeführt werden darf (BVerwG GewArch 2002, 432 – siehe auch Rz. 44). Die IHKs haben damit ein entscheidendes Instrument erhalten, um ihrer Grundaufgabe, die Ermittlung und Vertretung des Gesamtinteresses der gewerblichen Unternehmerschaft ihres Bezirks, sachgerecht Rechnung zu tragen.
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Es würde dem Sinn dieser Rahmenvorschrift widersprechen, wenn versucht würde, etwa für die Sitzverteilung in der Vollversammlung einheitliche Richtlinien oder Leitzahlen aufzustellen, etwa die Kriterien absolut festzulegen, nach denen Wahlgruppen und Wahlbezirke zu bilden sind, oder auch die Gewichtung dieser Kriterien zu bestimmen. Die endgültige Sitzverteilung ist trotz der zur Vorbereitung herangezogenen statistischen Daten keine Rechenaufgabe, sondern eine Gesamtwertung der Struktur des Kammerbezirks (BVerwGE 81, 12, 17: „Einschätzungsprärogative“). Schon der preußische Handelsminister hatte deshalb im Zusammenhang mit der Neufassung des § 10 des preußischen IHK-Gesetzes durch die Novelle von 1897, die wahlweise eine ähnliche Delegation enthielt, ausdrücklich abgelehnt, die den IHKs wegen der bezirklichen Besonderheiten zugewiesene Entscheidung über die Wahlordnung durch Erlass zu reglementieren (vgl. Lusensky, Handelskammergesetz, 118 und 222).
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Die Vollversammlung hat also bei der Verteilung der Sitze in der Wahlordnung und damit der Aufteilung in Wahlgruppen und Wahlbezirke einen Gestaltungsspielraum, der nach pflichtgemäßem Ermessen auszufüllen ist (OVG Münster GewArch 2003, 378; OVG Lüneburg GewArch 1992, 420; ausführlich VG München vom 15. 12. 1998 – M 16 K 97, 282; VG Braunschweig vom 23. 7. 1990 – 1 A 1008/90). Die Vollversammlung wird sich – in der Regel durch Vorschaltung eines besonderen Ausschusses zur
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Prüfung der Wahlordnung – geeignete Unterlagen aus den zugänglichen wirtschaftlichen Daten beschaffen, deren Wertung sie dann im Rahmen der gesetzlichen Vorgabe frei vornimmt. Natürlich darf sie sich nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen und hat die Sitzverteilung zu überprüfen, wenn sich die Struktur des Kammerbezirks nachhaltig ändert und eine Korrektur über die mittelbare Wahl nicht mehr möglich ist. Die Abstände, in denen die Sitzverteilung der Wahlordnung überprüft wird, hängen also von der Schnelligkeit des wirtschaftlichen Strukturwandels im einzelnen Kammerbezirk ab. Bei allen IHKs ist deshalb die Sitzverteilung in den vergangenen Jahrzehnten – oft mehrfach – geändert worden, ohne dass es dafür einer ausdrücklichen Bestimmung der Wahlordnung bedurfte. Aber auch die mehrfachen Änderungen im Gewerbesteuerrecht wie im Beitragsrecht der IHKs haben zu Verschiebungen in der Beitragslast geführt, die sich in der geänderten Sitzverteilung in der Vollversammlung widerspiegeln. Der Anteil der Industrie in den Vollversammlungen ist meist zurückgegangen; dafür sind neue Wahlgruppen für die Dienstleistungen eingerichtet worden. d) Durchführung der Wahl 57
Neben diesen spezifischen Entscheidungen über Wahlsystem, Wahlgruppen und Wahlbezirke regelt die Wahlordnung auch die technische Durchführung der Wahl. Vorbild sind dabei weniger die Wahlordnungen für die politischen Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden, sondern die Wahlen zu anderen Selbstverwaltungskörperschaften. Allgemeine Wahlrechtsgrundsätze sind zu beachten, soweit sie auch für Gruppenwahlen gelten. aa) Vorbereitung der Wahl
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Die Wahlordnung legt die Vorbereitung und Durchführung der Wahl in die Hand eines Wahlausschusses (oder auch eines Wahlbeauftragten), der von der Vollversammlung zu wählen ist. Es entspricht dem Charakter einer Selbstverwaltungskörperschaft, dass die Vollversammlung als oberstes Organ dabei in den Wahlausschuss ganz oder zumindest überwiegend auch aus ihrer Mitte Mitglieder wählt und damit durch ihre eigenen Vertrauensleute in dem für die Wahl verantwortlichen Gremium mehrheitlich vertreten ist. 362
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Regelmäßig bestimmen die Wahlordnungen der IHKs die Briefwahl als Art der Stimmabgabe, weil diese erfahrungsgemäß zu einer wesentlich höheren Wahlbeteiligung führt und damit die demokratische Legitimation der Vollversammlung als oberstem Organ der IHK stärkt. Soweit eine solche Regelung nicht bereits durch die Wahlordnung getroffen wird, entscheidet der Wahlausschuss zunächst, ob schriftlich oder durch persönliche Stimmabgabe gewählt werden soll. Bei der Briefwahl legt der Wahlausschuss die Fristen für die Abgabe der Stimmzettel fest, bei der persönlichen Stimmabgabe bestimmt er den Wahltag, die Stimmbezirke, die Wahllokale und Wahlzeiten; ebenso beruft er dann für jeden Stimmbezirk einen Wahlvorstand.
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Zunehmend wird parallel zur Briefwahl auch die elektronische Wahl in den IHKs eingeführt. Zulässig wäre auch eine ausschließlich elektronische Wahl, wenn gleichzeitig sichergestellt ist, dass alle kammerzugehörigen Unternehmen die Möglichkeit der Teilnahme an der elektronischen Wahl haben. Soweit die Wahlordnung für die elektronische Wahl nur einen Rahmen schafft, muss der Wahlausschuss auch die ergänzenden Regelungen beschließen. Bei der elektronischen Wahl ist auf die Sicherheitsanforderungen sowie die Wahrung des Wahlgeheimnisses besonderer Wert zu legen. Insoweit muss die elektronische Wahl an den Standards der Briefwahl gemessen werden, allerdings über diese auch nicht deutlich hinausgehen. Während noch vor wenigen Jahren der technische Aufwand für die Realisierung einer elektronischen Vollversammlungswahl unverhältnismäßig hoch war, sind derzeit bereits die wesentlichen Anforderungen mit verhältnismäßigem Aufwand realisierbar. Kernanforderungen sind dabei die Sicherheit des elektronischen Zugangs, die Trennung der Wählerdaten (wer gewählt hat) von den Stimmdaten (wie gewählt wurde) sowie der Ausschluss einer doppelten Stimmabgabe (sowohl elektronisch als auch per Brief). Die Erfahrungen aus den ersten elektronischen Wahlen zeigen, dass die Sicherheit nicht geringer als bei der Briefwahl ist.
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Weiterhin bestimmt der Wahlausschuss die Aufstellung und Auslegung der Wählerlisten, die aufgrund der der IHK vorliegenden Unterlagen die wahlberechtigten Kammerzugehörigen auf die verschiedenen Wahlgruppen, Wahlbezirke und Stimmbezirke verteilen. Er entscheidet über Anträge auf Aufnahme in die Wählerliste ebenso wie über Einsprüche gegen Eintragungen in die Wählerlis-
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te, wobei es meist um die Zuordnung zu der richtigen Wahlgruppe geht. Wahlberechtigt ist nur ein Unternehmen, das in die Wählerlisten eingetragen ist. 61
Schließlich veranlasst der Wahlausschuss die notwendigen Wahlbekanntmachungen, damit alle kammerzugehörigen Unternehmen über die IHK-Wahl und ihre Einzelheiten unterrichtet sind. Er macht nicht nur die Frist für die Abgabe der Stimmzettel oder – bei der persönlichen Stimmabgabe – den Wahltag bekannt, sondern auch die Auslegung der Wählerlisten und die Frist für Anträge und Einsprüche, die Frist und die Voraussetzungen für die Einreichung von Wahlvorschlägen und schließlich die Kandidatenlisten für die Wahl in den einzelnen Wahlgruppen und Wahlbezirken. Veröffentlichungsorgan für alle Wahlbekanntmachungen ist nach einer Bestimmung der Wahlordnung regelmäßig das Mitteilungsblatt der IHK, das alle Voraussetzungen eines Verkündungsorgans erfüllt. Mit der Ergänzung von § 4 Satz 2 Nr. 7 ist klargestellt, dass in der Wahlordnung auch eine andere Art und Weise der Bekanntmachung geregelt werden kann. Dabei ist insbesondere an die Bekanntmachungen im Rahmen der IHK-Wahl gedacht worden, die nun auch im Internet unter der Adresse der IHK erfolgen können, soweit die Wahlordnung dies vorsieht (siehe auch § 4 Rz. 42a).
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Diese Übersicht der Aufgaben des Wahlausschusses zeigt bereits, dass die Vorbereitung und Durchführung einer Wahl eines klaren Terminplanes bedarf, der die verschiedenen Fristen in der Wahlordnung und die danach vorgesehenen Wahlbekanntmachungen aufeinander abstimmt und mit den Erscheinungsdaten des Mitteilungsblattes der IHK für die Wahlbekanntmachungen in Einklang bringt. Soweit die Bekanntmachungen weiterhin in Printform erfolgen, ist bei der Planung der Rhythmus des Erscheinens zu beachten, insbesondere bei der Berücksichtigung eventueller Nachfristen. Bei einer elektronischen Bekanntmachung besteht insoweit eine größere Flexibilität. bb) Wahlvorschläge
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Die Wahlen erfolgen aufgrund von Wahlvorschlägen, welche die Wahlberechtigten jeweils getrennt für die Wahlgruppen und Wahlbezirke einreichen und die dann innerhalb einer Wahlgruppe und eines Wahlbezirks zu Kandidatenlisten zusammengefasst werden. 364
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Dabei ist in der Regel vorgesehen, dass nur Bewerber vorgeschlagen werden dürfen, welche der Wahlgruppe und dem Wahlbezirk angehören. Es ist aber auch zulässig, gruppenfremde Bewerber in den Wahlgruppen zuzulassen; das findet sich beispielsweise in § 18 Abs. 2 BPersVG. Außerdem regelt die Wahlordnung, wie viele Mitglieder der Wahlgruppe und des Wahlbezirks einen Wahlvorschlag zu unterzeichnen haben. Dieses Quorum kann sinnvoll sein, um die Ernsthaftigkeit von Wahlvorschlägen sicher zu stellen, insbesondere bei Einzelvorschlägen. Andererseits darf es jedoch nicht prohibitiv wirken, so dass es einer Obergrenze bedarf. Während das Quorum früher in einem Prozentsatz der Wahlberechtigten dieser Wahlgruppe und dieses Wahlbezirks mit einer festen Obergrenze wegen sehr großer Wahlgruppen und -bezirke festgelegt wurde, ist in jüngerer Zeit überwiegend eine feste Zahl mit einer prozentualen Obergrenze für sehr kleine Wahlgruppen und -bezirke vorgesehen. Teilweise wird auch auf das Quorum ganz verzichtet, um die formalen Hürden für Einzelbewerber noch weiter abzubauen. Die rechtliche Zulässigkeit von Quoren ist in der Rechtsprechung unbestritten, soweit die Obergrenze noch angemessen ist (vgl. etwa BVerfGE 6, 21, 27; 12, 10, 27; 12, 132, 134; 12, 135, 137; 60, 152, 167; 67, 369; 71, 81, 98; VGH Mannheim GewArch 1998, 65). Dabei bedeutet es allerdings keine Erschwerung, dass das Quorum höher liegt als die Zahl der vorzuschlagenden Bewerber; Vergleichsmaßstab ist vielmehr die Gesamtzahl der Betriebe einer Wahlgruppe (OVG Greifswald DVBl. 1995, 303 zu § 22 Abs. 3 KWG MV). Außerdem ist es zulässig, dass auch ein Bewerber seinen Wahlvorschlag unterzeichnen und damit das Quorum erfüllen kann. Der Wahlausschuss prüft nach Ablauf der Einreichungsfrist die vorliegenden Wahlvorschläge auf ihre Ordnungsmäßigkeit. Die Bewerber müssen in dieser Wahlgruppe und diesem Wahlbezirk wählbar sein und sich mit der Annahme des Mandats einverstanden erklärt haben. Ebenso müssen die notwendigen Unterschriften von wahlberechtigten Unternehmen der Wahlgruppe oder des Wahlbezirks vorhanden sein. Die Wahlordnung entscheidet auch darüber, ob ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge unterzeichnen darf. Soweit die Wahlordnung dies nicht ausdrücklich regelt, ist davon auszugehen, dass eine mehrfache Unterstützung zugelassen ist. Bei der Einzelkandidatur ist dies schon erforderlich, um dem Unterzeichner eines Wahlvorschlags die MöglichRickert
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keit zu geben, durch weitere Unterstützungen auch die in der Wahlordnung geregelte Mindestanzahl von Wahlbewerbern in seiner Wahlgruppe und seinem Wahlbezirk sicherzustellen. Eine Beschränkung auf die Mindestanzahl ergibt sich daraus nicht. Im Falle einer Listenwahl wird ebenfalls das Element der Auswahl gestärkt, wenn der Wahlberechtigte weitere als den von ihm zunächst unterzeichneten Wahlvorschlag unterstützen kann. 65
Schließlich bestimmt die Wahlordnung auch, wie viel Bewerber auf einem Wahlvorschlag vorzuschlagen sind, wobei die Tendenz eindeutig zur Möglichkeit der Einzelvorschläge zeigt. Dies erleichtert die Kandidatur erheblich, da die Vorschlagslisten Einzelbewerbern kaum eine Chance auf eine zulässige Wahlbewerbung geben. Der Aufwand bei der Zusammenstellung von Wahlvorschlagslisten ist häufig nur von Unternehmergruppen oder Verbänden leistbar. Hinsichtlich der Anzahl der Bewerber auf einer Kandidatenliste als Summe aller Wahlvorschläge einer Wahlgruppe und eines Wahlbezirks ist jedoch die Festlegung einer Mindestzahl sinnvoll, um eine streitige Wahl sicherzustellen. Hier finden sich bei den IHKs zahlreiche Varianten. Teilweise muss mindestens ein Bewerber mehr vorgeschlagen werden, als in der Wahlgruppe und im Wahlbezirk zu wählen sind, teilweise ist die Zahl der übersteigenden Bewerber höher; in jedem Fall sichert diese Regelung eine streitige Wahl. Gehen nicht mehr Wahlvorschläge als zur Verfügung stehende Sitze in der Vollversammlung ein, findet sich regelmäßig die Regelung in der Wahlordnung, dass der Wahlausschuss eine Nachfrist zur Einreichung weiterer Wahlvorschläge zu setzen hat. Nur wenn auch in dieser Nachfrist die erforderliche Anzahl an Wahlbewerbern nicht erreicht wird, findet eine Wahl begrenzt auf die eingegangenen Wahlvorschläge statt. Dabei kann es theoretisch vorkommen, dass weniger Bewerber als Sitze in der Vollversammlung zur Wahl stehen oder ein Bewerber überhaupt nicht gewählt wird und dadurch ein Vollversammlungssitz unbesetzt bleibt. Möglich ist auch eine Regelung in der Wahlordnung, die bei Nichterreichen der Mindestanzahl von Bewerbern in einer Kandidatenliste die in dieser Wahl zu vergebenden Sitze soweit reduziert, dass eine streitige Wahl zwingend sichergestellt ist. In diesem Fall können die freibleibenden Vollversammlungssitze nur in einer Nachwahl besetzt werden.
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Zu den Aufgaben des Wahlausschusses gehört es auch, rechtzeitig für die Beseitigung von Mängeln in den eingereichten Wahlvor366
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schlägen zu sorgen. Er kann den Unterzeichnern dafür auch eine Nachfrist geben, soweit die Wahlordnung dies vorsieht. Nach Ablauf der Vorschlagsfrist oder ihrer Verlängerung, weil nicht genügend Bewerber vorgeschlagen worden sind, sind jedoch materielle Mängel eines Wahlvorschlages nicht mehr heilbar, auch nicht in Form der Gewährung einer Nachfrist. Ist beispielsweise das notwendige Quorum an Unterzeichnern bei Ablauf der Vorschlagsfrist nicht erfüllt, so können keine weiteren Unterzeichner nachgeschoben werden. Enthält der Wahlvorschlag beispielsweise nicht die vorgesehene Zahl von Bewerbern, weil ein Bewerber als nicht wählbar ausgeschieden werden musste, kann nach Ablauf der Vorschlagsfrist kein Bewerber nachgeschoben werden. Der Wahlvorschlag ist in solchen Fällen vielmehr zurückzuweisen und nimmt an der Wahl nicht teil. Aus diesen Gründen ist es riskant, wenn Unterzeichner ihren Wahlvorschlag erst in letzter Minute einreichen. Für materielle Berichtigungen des Wahlvorschlags bleibt dann kein Raum mehr. Nach Prüfung all dieser Voraussetzungen entscheidet der Wahlausschuss über die Gültigkeit der eingereichten Wahlvorschläge und fasst die Bewerber aus den gültigen Wahlvorschlägen zu einer einzigen Kandidatenliste zusammen. Die Bewerber werden dabei in der Regel alphabetisch aufgeführt, so dass der Wahlvorschlag, auf dem sie vorgeschlagen worden sind, nicht mehr erkenntlich ist. Das entspricht dem Charakter einer Persönlichkeitswahl, bei dem alle gültig vorgeschlagenen Bewerber gleichwertig zur Wahl stehen.
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Unterschiedlich ist der Fall zu behandeln, wenn ein vorgeschlagener Bewerber später stirbt. Tritt der Todesfall vor Ablauf der Einreichungsfrist für die Wahlvorschläge ein, so kann ein bereits eingereichter Wahlvorschlag bis zu diesem Termin auch noch ergänzt werden. Tritt der Todesfall dagegen nach Ablauf der Einreichungsfrist für die Wahlvorschläge ein und wird dadurch die Mindestanzahl an Bewerbern auf der Kandidatenliste unterschritten, so muss der Wahlausschuss über die Festsetzung einer Nachfrist entscheiden. Stirbt ein Bewerber nach Feststellung oder sogar nach Bekanntmachung der Kandidatenliste, so bleibt die Kandidatenliste ohne Nachfrist gültig, der verstorbene Bewerber wird aber auf den Stimmzetteln nicht mehr aufgeführt. Auf diese Weise kann es dazu kommen, dass ein Vollversammlungssitz trotz zunächst ausreichender Wahlvorschläge nicht besetzt wird.
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Wenn in einer Wahlgruppe kein gültiger Wahlvorschlag eingegangen ist oder wenn die Zahl der gültig vorgeschlagenen Bewerber nicht die Zahl der Sitze erreicht, gibt der Wahlausschuss eine Nachfrist. Es können dann weitere Wahlvorschläge eingereicht werden. Andernfalls bleiben diese Sitze in der Vollversammlung unbesetzt (vgl. BVerwG PersV 1990, 536).
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Die Kandidatenlisten für die Wahlgruppen und Wahlbezirke werden im Übrigen vom Wahlausschuss in der dafür von der Wahlordnung bestimmten Art und Weise (siehe § 4 Rz. 42a), regelmäßig noch im Mitteilungsblatt der IHK, bekannt gegeben. Dabei ist es zulässig, mit Einvernehmen der Bewerber ein Foto beizufügen und die derzeitigen Aufgaben des Bewerbers in seinem Unternehmen genauer darzulegen, um ihn den Wählern vorzustellen; auf dem Stimmzettel erscheint nämlich später nur noch der Name. Wenn alle Bewerber in gleicher Weise vorgestellt werden, liegt darin auch keine Wahlwerbung, die das Wahlergebnis beeinflussen könnte. Eine unterschiedliche Darstellung stellt eine unzulässige Wahlbeeinflussung dar und kann zur Anfechtbarkeit führen. Daher ist eine standardisierte Darstellung den Bewerbern anzubieten. Soweit sie dann selbst hinter diesem Angebot zurückbleiben (weniger Angaben, geringere Bildqualität), ist eine solche Abweichung unbeachtlich, solange der Standard nicht unangemessen hoch war. Ebenso ist es unbedenklich, wenn Repräsentanten der IHK zur Teilnahme an der IHK-Wahl aufrufen und dabei nicht als Bewerber in Erscheinung treten. Dagegen ist es der IHK untersagt, Werbung für einzelne Bewerber oder eine Gruppe von ihnen zu betreiben. Besondere Zurückhaltung ist deshalb nach Veröffentlichung der Wahlvorschläge geboten. Daher bieten sich spätestens dann für Aufrufe zur Wahlbeteiligung insbesondere Ehrenpräsidenten oder Ehrenmitglieder der Vollversammlung sowie aktive, aber nicht mehr kandidierende Vollversammlungsmitglieder an. cc) Durchführung der Wahl
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Die Wahl selbst erfolgt durch Stimmzettel, welche für jede Wahlgruppe und jeden Wahlbezirk die Kandidatenliste sowie einen Hinweis auf die Anzahl der zu wählenden Bewerber enthalten. Der Wähler kennzeichnet die von ihm gewählten Bewerber dadurch, dass er deren Namen auf der Bewerberliste ankreuzt. Er
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darf höchstens so viele Bewerber ankreuzen, wie in der Wahlgruppe und im Wahlbezirk zu wählen sind. Zusätzlicher Vorkehrungen bedarf es bei der Briefwahl. Der Wähler erhält neben dem Stimmzettel und Umschlag auch noch einen „Wahlschein“, der seine Wahlberechtigung ausweist und von einem Wahlberechtigten des Unternehmens ordnungsgemäß unterzeichnet werden muss; der Wahlschein ist dann zusammen mit dem verschlossenen Wahlumschlag innerhalb der gesetzten Frist an die IHK zu übersenden. Erst nachdem die IHK die Wahlberechtigung geprüft hat, wird der verschlossene Wahlumschlag in die Urne für den betreffenden Wahlbezirk und die betreffende Wahlgruppe eingeworfen. Bei einer Briefwahl gibt es deshalb zwei Formen ungültiger Stimmabgaben: Stimmabgaben, die wegen mangelhafter Wahlscheine nicht berücksichtigt werden können, sowie Stimmzettel, die ungültig sind.
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Bei der elektronischen Wahl muss sichergestellt werden, dass der Wahlberechtigte – analog zum Wahlschein bei der Briefwahl – seine Wahlberechtigung nachweist. Hier gelten keine geringeren Anforderungen als bei der Briefwahl, wobei die Zusendung einer Kennung für das kammerzugehörige Unternehmen ausreichend ist. Weiterhin muss die mehrfache Stimmabgabe für ein Mitgliedsunternehmen ausgeschlossen sein. Wird bei einer parallelen Briefwahl und elektronischen Wahl für ein wahlberechtigtes Unternehmen sowohl ein Wahlumschlag abgeschickt als auch die elektronische Stimmabgabe vorgenommen, gilt die zuerst bei der IHK eingegangene Stimme als wirksam abgegeben, die weitere Stimme wird als unwirksam nicht berücksichtigt. Zur Kontrolle der Stimmabgabe muss auch bei der elektronischen Wahl nachgehalten werden, welche Unternehmen bereits gewählt haben. Um das Wahlgeheimnis jedoch zu wahren, müssen diese Informationen getrennt von den Stimmenergebnissen gespeichert werden.
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dd) Friedenswahl Zu einem Wahlgang kommt es immer dann, wenn mehr Bewerber vorgeschlagen sind, als zu wählen sind. Ein Wahlgang findet aber in der Regel nach den Wahlordnungen auch dann statt, wenn nur so viel Bewerber vorgeschlagen sind, wie gewählt werden müssen. Die Wahlpraxis der IHKs hat gezeigt, dass auch in diesem Falle die Bewerber, die von vornherein mit ihrer Wahl rechnen können, Rickert
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jeweils mit einer erheblichen Stimmzahl ihrer Wahlgruppe oder ihres Wahlbezirks gewählt werden. Dafür sorgt bereits das Quorum bei der Unterzeichnung der Wahlvorschläge, weil die Unterzeichner erfahrungsgemäß die von ihnen vorgeschlagenen Bewerber zu wählen pflegen. Darüber hinaus hat die Briefwahl insgesamt bei allen IHKs, die sie praktizieren, zu einer erheblichen Erhöhung der Wahlbeteiligung geführt. Bedenken, dass ein Bewerber allein mit seiner eigenen Stimme gewählt werden könnte, haben sich als theoretisch erwiesen. 74
Dagegen ist die bloße „Friedenswahl“ unzulässig, bei der nur so viele Bewerber vorgeschlagen werden, wie Sitze in der Vollversammlung für diese Wahlgruppe zu vergeben sind und die Bewerber ohne Wahlakt als gewählt gelten (zur Kommunalwahl BVerfGE 13, 1/17; zur Handwerkskammerwahl VG Freiburg GewArch 1995, 248; VGH Mannheim GewArch 1998, 65; zu § 5 Abs. 1 IHKG BVerwG GewArch 1980, 296; Groß, Wahl zur Vollversammlung, 66; anders zu § 46 Abs. 3 SGB IV BSGE 36, 242). Eine intransparente Absprache bei der Wahlvorbereitung kann die Wahlhandlung zur Legitimation von staatliche Befugnisse ausübenden Funktionsträgern nicht ersetzen (Th. Groß, Kammerverfassungsrecht in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts, 1. Aufl. 2005, 187, 201) und ist daher verfassungswidrig (Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 460; Th. Groß, Kollegialprinzip, 263). e) Wahlergebnis
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Nach Abschluss der Wahl stellt der Wahlausschuss das Wahlergebnis fest; eine öffentliche Stimmenauszählung ist – anders als im Kommunalwahlrecht (dazu OVG Koblenz DÖV 1991, 613) – im Gesetz nicht vorgesehen, gilt jedoch für die kammerzugehörigen Unternehmer gleichwohl. Die Wahlberechtigten haben einen Anspruch auf Anwesenheit bei der Stimmauszählung (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 179; Rickert, WiVerw 2004, 153, 164). Der Wahlausschuss entscheidet bei der Briefwahl über die Ordnungsmäßigkeit der Wahlscheine und die Gültigkeit der Stimmzettel. Bei persönlicher Stimmabgabe sind die Wahlvorstände für die einzelnen Stimmbezirke für die Entscheidung über die Gültigkeit der Stimmzettel zuständig. Gewählt sind in den einzelnen Wahlgruppen und Wahlbezirken diejenigen Bewerber, welche die meisten 370
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Stimmen erhalten haben. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los, welches ein Mitglied des Wahlausschusses zieht. Wenn die Wahlordnung bei einem vorzeitigen Ausscheiden eines Vollversammlungsmitgliedes das Nachrücken eines Ersatzmannes vorsieht, fungieren die nicht gewählten Bewerber in der Reihenfolge ihrer Stimmzahlen als Ersatzmitglieder. Über den Wahlablauf und das Wahlergebnis fertigt bei der Briefwahl und der elektronischen Wahl der Wahlausschuss eine Niederschrift an, bei der persönlichen Abgabe der Wahlvorstand für jeden Stimmbezirk. Diese Niederschrift enthält alle Einzelheiten, welche für eine Überprüfung der Wahl notwendig sind. Sie wird zusammen mit den Stimmzetteln von der IHK aufbewahrt.
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Der Wahlausschuss gibt schließlich das Ergebnis der Wahl in der in der Wahlordnung festgelegten Art und Weise bekannt, was derzeit nach den aktuellen Wahlordnungen überwiegend im Mitteilungsblatt der IHK als Verkündungsorgan für alle Wahlbekanntmachungen erfolgt, teilweise aber auch von einigen Wahlordnungen in elektronischer Form vorgesehen wird (s. § 4 Rz. 42a). Es genügt dabei, wenn die gewählten Bewerber bekannt gemacht werden (vgl. auch § 100 Abs. 2 der Handwerksordnung). Eine Veröffentlichung der Einzelheiten für jede Wahlgruppe und jeden Wahlbezirk ist dagegen nicht mehr erforderlich, auch nicht über die jeweilige Zahl der Stimmberechtigten, der abgegebenen und gültigen Stimmen und die Ergebnisse der einzelnen Bewerber (VG Frankfurt/Main vom 23. 8. 2005 – 5 E 2812/04). Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf Bekanntmachungsvorschriften von Wahlordnungen zu Kommunalwahlen oder zur Bundestagswahl, da diese nicht anwendbar sind (VG Frankfurt/Main a.a.O.; allgemein zur Anwendbarkeit von Kommunalrecht auf die IHK BVerwG GewArch 2004, 331). Die in der Niederschrift des Wahlausschusses festgehaltenen Einzelheiten sind zwar nicht Gegenstand der Bekanntmachung, müssen jedoch auf Nachfrage den kammerzugehörigen Unternehmen mitgeteilt werden (Rickert, WiVerw 2004, 153, 172; so wohl auch OVG Münster GewArch 2003, 378 in der nichtveröffentlichten Kostenentscheidung). Zu diesem aus der Kammerzugehörigkeit abgeleiteten Auskunftsanspruch der Wahlberechtigten kann bei Bestehen eines Landesinformationsfreiheitsgesetzes (IFG) noch ein Jedermannsrecht auf Auskunft über die Wahlergebnisse hinzutreten (BVerwG Be-
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schluss vom 15. 10. 2007 – 7 B 9.07; OVG Münster GewArch 2007, 113). f) Wahlprüfung 78
Die Wahlordnung sieht darüber hinaus Rechtsbehelfe während des Wahlverfahrens sowie eine interne Wahlprüfung vor. aa) Rechtsbehelfe im Laufe des Wahlverfahrens
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Die Wahlordnung sieht eine Reihe von Entscheidungen des Wahlausschusses vor, die im Laufe eines Wahlverfahrens erfolgen. Der Wahlausschuss entscheidet über Anträge und Einsprüche zur Wählerliste sowie über die Zulassung oder Ablehnung eines Wahlvorschlags. Nach überwiegend vertretener Ansicht stellen diese Einzelentscheidungen im Laufe des Wahlverfahrens nicht selbständige Verwaltungsakte dar, sondern sind unselbständige Teile des Wahlverfahrens (VG Frankfurt/Main vom 23. 8. 2005 – 5 E 2812/04). Sie können dann nicht selbständig vor den Verwaltungsgerichten angefochten werden, sondern nur im Rahmen des Einspruchs gegen das Wahlergebnis oder einer späteren Klage vor den Verwaltungsgerichten. Dies entspricht der Handhabung bei den politischen Wahlen, insbesondere bei den Gemeindewahlen (VGH Hessen DVBl. 1967, 629). Vor allem aber wird diese Auslegung dem Charakter des Wahlverfahrens gerecht, weil sonst durch die Dauer von Widerspruchsverfahren und Verwaltungsstreitverfahren die weitere Durchführung der Wahl oder eines Teils von ihr gefährdet und jedenfalls wesentlich verzögert würde. Die Unanfechtbarkeit der hier behandelten Einzelentscheidungen des Wahlausschusses im Laufe des Wahlverfahrens nimmt den Antragstellern auch nicht den Rechtsschutz, weil sie diese Gründe nochmals bei ihrem Einspruch gegen das Wahlergebnis und später bei einer Klage vor den Verwaltungsgerichten anführen können und die ursprünglich beanstandeten Wahlmängel dann im Rahmen eines umfassenden Rechtsschutzes nochmals gerichtlich geprüft werden. Rechtsdogmatisch lässt sich diese Auffassung schließlich damit begründen, dass das Kammerwahlrecht zum Organisationsrecht gehört und nicht das Verwaltungshandeln – genauso wenig wie die Ausübung der Satzungsgewalt durch die IHK – betrifft.
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bb) Interne Wahlprüfung Schließlich sehen die Wahlordnungen als interne Selbstkontrolle 80 der IHK eine Wahlprüfung vor, über die der Wahlausschuss, oft aber auch sofort die Vollversammlung entscheidet. Es bürgert sich jedoch zunehmend ein, dass zunächst der Wahlausschuss über den Wahleinspruch entscheidet und erst über den Widerspruch dagegen die Vollversammlung. Das verhindert eine zweimalige Befassung der Vollversammlung und sichert eine nochmalige Überprüfung des Einspruchs durch ein anderes Gremium der IHK. Diese Zweistufigkeit ist jedoch nur möglich, soweit das Widerspruchsverfahren nicht durch Landesrecht ausgeschlossen ist (ausgeschlossen derzeit in Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Bayern und Nordrhein-Westfalen). Einspruchsberechtigt ist jeder wahlberechtigte Kammerzugehörige, der von einem fehlerhaften Wahlvorgang in seinem Recht, zu wählen oder gewählt zu werden, beeinträchtigt worden ist. Das gilt z.B. für einen Kammerzugehörigen, wenn er zu Unrecht nicht in die Wählerliste aufgenommen worden ist oder wenn ein von ihm unterzeichneter Wahlvorschlag zu Unrecht zurückgewiesen worden ist. Das gilt aber auch für einen Bewerber, dessen Bewerbung abgelehnt worden ist. Der Einspruch wird darüber hinaus jedem Wahlberechtigten zuzubilligen sein, der als Kammerzugehöriger ein rechtliches Interesse daran hat, dass die Wahl in allen ihren Phasen ordnungsgemäß unter Berücksichtigung aller bestehenden Vorschriften durchgeführt und nicht durch Wahlmängel beeinflusst worden ist. Durch die Wahlordnung kann jedoch das Einspruchsrecht und die Klagebefugnis auf die eigene Wahlgruppe beschränkt werden (OVG Münster GewArch 2003, 378, unveröffentlichter Teil der Urteilsgründe Seite 13). Darüber hinaus hängt es auch von den geltend gemachten Wahlmängeln ab, ob die gesamte IHK-Wahl überprüft werden muss oder nur die Wahl in der Wahlgruppe oder dem Wahlbezirk des Einsprechenden (vgl. § 100 Abs. 1 und § 101 der Handwerksordnung). Auf jeden Fall muss der Einspruch fristgerecht sein und konkrete Wahlmängel rügen (BVerfG DVBl. 1994, 41); eine generelle Nachprüfung der Wahl ist nicht erforderlich (BVerfGE 85, 148; BVerfG DVBl. 1994, 42). Es ist selbstverständlich, dass ein nichtgewählter Bewerber die von ihm erreichten Stimmzahlen auf seine Anfrage mitgeteilt erhält und dass ein Einspruchsführer, mag es sich um einen nicht gewählten Bewerber oder um einen Wähler handeln, Einsicht in Rickert
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die Protokolle des Wahlausschusses erhält, soweit er dies zur Begründung seines Einspruchs braucht. Darüber hinaus bestehen aber auch sowohl aus der Kammerzugehörigkeit als auch gegebenenfalls aus Landesinformationsfreiheitsgesetzen Ansprüche auf Information über die genauen Wahlergebnisse (s. Rz. 77). 82
Das zuständige Organ der IHK (Vollversammlung oder Wahlausschuss) prüft aufgrund des Einspruchs, ob tatsächlich ein Rechtsverstoß bei der Wahl vorgekommen ist und ob dieser Rechtsverstoß das Ergebnis der Wahl zu beeinflussen geeignet war. Ergibt sich, dass dies nicht der Fall ist oder dass auch ohne die beanstandeten Fehler ein anderes Wahlergebnis nicht hätte erzielt werden können, so ist der Rechtsbehelf des Einspruchs zurückzuweisen. Sofern dem Einspruch stattgegeben wird, ist eine – ggf. auf Wahlgruppe oder Wahlbezirk beschränkte – Neuwahl anzuordnen. Da nach inzwischen überwiegender Ansicht erstmals die Einspruchsentscheidung einen Verwaltungsakt darstellt, ist dagegen der Widerspruch gegeben (OVG Münster GewArch 2003, 378), soweit das Widerspruchsverfahren nicht durch Landesgesetz ausgeschlossen ist (siehe Rz. 80). Deshalb empfiehlt es sich bei bestehendem Widerspruchsverfahren, in der Wahlordnung die Entscheidung über den Einspruch dem Wahlausschuss, die Widerspruchsentscheidung der Vollversammlung zuzuweisen.
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Eine spezielle Streitfrage ergibt sich, wenn mit dem Einspruch die Ungültigkeit bestimmter Wahlvorschriften, deren Anwendung im vorliegenden Fall das Wahlergebnis hätte beeinflussen können, geltend gemacht wird. Wenn der Wahlausschuss für die Entscheidung über den Einspruch zuständig ist, wird man ihm nicht das Recht geben können, die Gültigkeit der von der Vollversammlung beschlossenen und von der Aufsichtsbehörde genehmigten Wahlordnung zu überprüfen. Ist dagegen die Vollversammlung selbst für die Entscheidung über den Wahleinspruch oder den Widerspruch zuständig, kann sie auch selbst die Konsequenzen aus ihren Beratungen ziehen, dem Einspruch stattgeben und gleichzeitig die Wahlordnung entsprechend ändern. g) Aufsichtsbehördliche Genehmigung der Wahlordnung
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Die Wahlordnung bedarf nach § 11 Abs. 2 der aufsichtsbehördlichen Genehmigung, um wirksam zu werden. Auch diese Genehmigung steht unter dem Grundsatz der Rechtsaufsicht. Sie kann 374
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§5
Wahlanfechtung
also nur verweigert werden, wenn die Wahlordnung gegen das IHKG oder höherrangige gesetzliche Normen verstößt. Die Aufsichtsbehörde kann also nicht im Wege der Beanstandung eine andere Sitzverteilung fordern, weil sie etwa die wirtschaftlichen Besonderheiten oder die gesamtwirtschaftliche Bedeutung einzelner Wahlgruppen anders beurteilt als die Vollversammlung; die Aufsichtsbehörde würde sonst ihr Ermessen an die Stelle des Gestaltungsspielraums der hierzu berufenen Vollversammlung setzen. Die Aufsichtsbehörde kann von der IHK jedoch verlangen, dass sie ihr die Vorstellungen, aus denen die Sitzverteilung in der Wahlordnung hergeleitet ist, im Einzelnen darlegt. Dazu gehören dann auch etwaige statistische Unterlagen, von denen die Vollversammlung bei der Sitzverteilung ausgegangen ist. Ergibt sich daraus, dass keine sachfremden Erwägungen die Entschließung der Vollversammlung beeinflusst haben, kann die Aufsichtsbehörde eine andere Sitzverteilung nicht erzwingen. Die Rahmenvorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 2 vertraut gerade der Vollversammlung die Entscheidung an, wie bei der Sitzverteilung zahlreiche widerstrebende, objektiv aber nicht messbare und von Fall zu Fall unterschiedlich zu bewertende Interessen auszugleichen sind. Es genügt also, dass die Vollversammlung eine vertretbare Lösung gefunden hat, auch wenn andere gleichwertige Sitzverteilungen möglich wären.
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4. Wahlanfechtung a) Anfechtung des Wahlergebnisses Da die Einzelentscheidungen des Wahlausschusses im Laufe des Wahlverfahrens nicht anfechtbar sind und die Wahlprüfung aufgrund eines Einspruchs nur eine interne Selbstkontrolle der IHK darstellt, steht den wahlberechtigten Kammerzugehörigen nach Entscheidung von Einspruch und Widerspruch die Klage vor den Verwaltungsgerichten zu. Der Charakter der Klage war lange Zeit in der Rechtsprechung umstritten (vgl. 5. Aufl. 1991, 252). Inzwischen hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass Einspruchs- und Widerspruchsentscheidungen Verwaltungsakte sind und es sich um eine Verpflichtungsklage handelt (OVG Münster GewArch 2003, 378; OVG Münster DVBl. 1981, 874, VGH Mannheim GewArch 1998, 65). Der Klageantrag geht deshalb nicht dahin, die UnRickert
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Wahl zur Vollversammlung
gültigkeit der Wahl festzustellen (Feststellungsklage) oder die Wahl sogar für ungültig zu erklären (Gestaltungsklage), sondern dahin, die Vollversammlung zur Ungültigkeitserklärung der Wahl zu verpflichten. In der Praxis hat sich dafür allerdings die Bezeichnung Wahlanfechtung erhalten, weil sie am treffendsten ist. 87
Eine solche Wahlanfechtung setzt voraus, dass bei der Wahl ein Rechtsverstoß erfolgt ist und dass dieser Rechtsverstoß geeignet war, das Wahlergebnis zu beeinflussen (vgl. dazu die ausdrückliche Regelung in § 103 Abs. 3 der Handwerksordnung). Ein Rechtsverstoß kann selbstverständlich auch darin liegen, dass Bestimmungen der Wahlordnung höherrangiges Recht verletzen und deshalb nichtig sind (vgl. VGH Mannheim NVwZ RR 1989, 36). Aber auch in einem solchen Fall ist es für eine Wahlanfechtung notwendig, dass diese nichtigen Bestimmungen angewendet worden sind und das Wahlergebnis beeinflusst haben konnten. Eine Wahlbeeinträchtigung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wiederum nur gegeben, wenn der Rechtsverstoß die Sitzverteilung berühren konnte (BVerfGE 34, 203; 35, 302). Ausreichend ist die Möglichkeit einer Beeinflussung des Ergebnisses, die bei einem wesentlichen Wahlfehler anzunehmen ist (OVG Münster GewArch 2003, 378).
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Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich allerdings auf die im Wahleinspruch fristgerecht und substantiiert vorgetragenen Wahlmängel, soweit eine solche Präklusionswirkung in der Wahlordnung geregelt ist (OVG Münster GewArch 2003, 378). Ein Nachschieben von Einspruchsgründen ist bei Vorliegen einer wirksamen Präklusionsregelung nicht zulässig (BVerfGE 85, 148, 158; OVG Münster GewArch 2003, 378; OVG Koblenz DÖV 1992, 228, 229; VGH Mannheim DVBl. 1992, 437 und GewArch 1998, 65). b) Folgen der Ungültigerklärung einer Wahl
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Wenn eine IHK-Wahl für ungültig erklärt wird, hat – ggf. beschränkt auf eine Wahlgruppe oder einen Wahlbezirk – eine Neuwahl stattzufinden. Haben die Verwaltungsgerichte die Vollversammlung verpflichtet, eine IHK-Wahl für ungültig zu erklären, weil eine Bestimmung der Wahlordnung ungültig ist, hat die Vollversammlung zunächst die Wahlordnung entsprechend der ge-
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Wahlanfechtung
richtlichen Entscheidung zu ändern, bevor sie die Ungültigkeit der Wahl feststellt. Trotz der Ungültigkeit einer IHK-Wahl bleiben alle zwischenzeitlich gefassten Beschlüsse und sonstigen Maßnahmen der Vollversammlung wirksam (BVerwG GewArch 1999, 193; OVG Münster GewArch 2003, 378). Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Reihe von Entscheidungen klargestellt, dass auch bei Ungültigerklärung einer Wahl im Interesse der Rechtssicherheit und wegen des notwendigen Vertrauensschutzes Dritter zwischenzeitliche Beschlüsse, Wahlen und sonstige Handlungen des ungültig gewählten Gremiums in ihrer rechtlichen Wirksamkeit unberührt bleiben (BVerfGE 1, 14, 38; 3, 41, 44). Dies gilt auch bei einer Wahl, die wegen verfassungswidriger Wahlvorschriften für ungültig erklärt wird (BVerfGE 34, 81/103); das ungültig gewählte Gremium ist sogar zur Änderung der Wahlordnung im Sinne der Entscheidung befugt. Praktisch wirkt damit die Ungültigkeitserklärung einer Wahl nur ex nunc (Heinrichs, Über die Rechtsfolgen fehlerhafter Wahlgesetze, NJW 1960, 1746; OVG Münster DÖV 1990, 1029).
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Selbst wenn also eine Wahlanfechtung erfolgreich sein sollte, 91 kann die Vollversammlung rechtswirksam den Präsidenten, die Vizepräsidenten sowie den Hauptgeschäftsführer wählen, aber auch Wirtschaftssatzung und Wirtschaftsplan beschließen und sonstige Maßnahmen vornehmen. Die IHK bleibt damit auch während eines solchen Rechtsstreits voll handlungsfähig (BVerwG GewArch 1999, 193; Staatsgerichtshof Bremen DVBl. 1994, 633; OVG Münster GewArch 2003, 378; VG Freiburg GewArch 1997, 423/VGH Mannheim GewArch 1998, 164). Mit der Ungültigkeitserklärung der Wahl durch die Vollversammlung tritt der Verlust des Mandats kraft Gesetzes ein, eine weitergehende Feststellung ist nicht erforderlich (OVG Münster OVGE MüLü 42, 162). Soweit die Ungültigkeit nur eine Wahlgruppe oder sogar nur einen Wahlbezirk betrifft, scheiden die betroffenen Mitglieder mit dieser Entscheidung aus der Vollversammlung aus. Wird dagegen die gesamte Wahl für ungültig erklärt, werden unterschiedliche Folgen vertreten. Teilweise wird von einer Korrektur- und Notkompetenz der alten Vollversammlung ausgegangen, die zur Vorbereitung und Durchführung der Neuwahl und zum Erlass unverzichtbarer und unverschiebbarer Beschlüsse berechtigt (Röger, in Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2004, 179, 197; Rickert
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Wahl zur Vollversammlung
in dieser Richtung wohl auch VG Düsseldorf vom 10. 2. 2004 – 3 K 9275/02 und 3 K 5238/03). Eine andere Auffassung geht vom Ende der Existenz des gewählten Gremiums aus (Frowein, AöR 99, 72, 108), wodurch in der Zeit zwischen der Ungültigerklärung der Wahl und der konstituierenden Sitzung der neuen Vollversammlung das Präsidium bei satzungsrechtlich geregelter Eilkompetenz die erforderlichen Entscheidungen treffen müsste, anderenfalls eine Handlungsunfähigkeit der IHK gegeben wäre. Schon aus diesem Grund ist der Korrektur- und Notkompetenz der ungültig gewählten Vollversammlung der Vorrang zu geben.
5. Ehrenamtliche Tätigkeit a) Mitgliedschaft in der Vollversammlung 92
Die Mitgliedschaft in der Vollversammlung ist eine ehrenamtliche Aufgabe. Die Mitglieder der Vollversammlung sind nicht Ehrenbeamte und stehen auch nicht im öffentlichen Dienst, aber in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Verhältnis zur IHK, wofür sich die Bezeichnung „Organwalter“ eingebürgert hat. Damit ist auch eine begriffliche Trennung von dem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis des Beamten und von dem Amtsträger im strafrechtlichen Sinne gesichert. Da das IHKG – anders als die Handwerksordnung in § 94 – keine gesetzlichen Bestimmungen kennt, welche zur Übernahme eines solchen Ehrenamtes verpflichten, ist davon auszugehen, dass das Ehrenamt freiwillig übernommen wird und auch jederzeit niedergelegt werden kann.
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Für eine ehrenamtliche Tätigkeit wird – wie schon der Begriff und seine Geschichte besagen – keine Vergütung geleistet. Die Satzungen der IHKs legen lediglich fest, ob und in welchem Umfang die Mitglieder der Vollversammlung und der Ausschüsse Anspruch auf Erstattung barer Auslagen haben, die ihnen bei der Erledigung einzelner Aufträge entstehen. Für die Mitwirkung in der Vollversammlung und in den Ausschüssen wird keine Entschädigung gezahlt, nicht einmal eine Aufwandsentschädigung und auch kein Verdienstausfall (Ausnahme: Berufsbildungsausschuss – § 77 Abs. 3 Satz 2 BBiG).
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Ehrenamtliche Tätigkeit
b) Schweigepflicht In der Satzung der IHK wird den Mitgliedern der Vollversammlung und der Ausschüsse eine Schweigepflicht auferlegt für Vorgänge, die ausdrücklich als vertraulich bezeichnet werden oder die ihrer Natur nach vertraulich sind. Eine Sanktion bei einer Verletzung der Schweigepflicht fehlt jedoch. Die Vollversammlungsmitglieder sind nicht „Amtsträger“ im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB, weil sie eine körperschaftsinterne Aufgabe als Beschlussorgan erfüllen und Dritten gegenüber nicht als Träger öffentlicher Verwaltung in Erscheinung treten (BGH NJW 1983, 2509; Schröder, Zum Begriff des Amtsträgers, NJW 1984, 2510). Ihre Stellung ist eher der eines Parlamentariers vergleichbar, da sie nicht in interne Behördenstrukturen mit Weisungsrecht eingebunden sind, sondern in freier Ausübung ihres Mandats selbstbestimmt tätig werden (BGH NJW 2006, 2050, 2053; Trüg, BeckOK StGB § 11 Rn 28). Ebenso wenig fallen die Vollversammlungsmitglieder unter § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB, weil sie nicht „für den öffentlichen Dienst verpflichtet“ werden (Gesetz über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen i.d.F. von Art. 42 EG StGB; vgl. dazu Zechlin, BB 1982, 439). Damit entfallen die Voraussetzungen für alle einschlägigen Straftatbestände (§§ 133 Abs. 3, 201 Abs. 3, 203 Abs. 2, 4 und 5, 204, 331 Abs. 1, 332 Abs. 1 und 353b StGB). Schließlich hat auch die Vollversammlung keine Möglichkeit, durch Beschluss eine Entfernung eines Vollversammlungsmitgliedes, das gegen die Schweigepflicht verstoßen hat, zu beschließen. Insofern bleibt die Schweigepflicht eine lex imperfecta. Dagegen ist eine Schadensersatzpflicht nicht ausgeschlossen (BVerwG NVwZ 1996, 1103 – bei Aufgabenüberschreitung eines ASTA; vgl. auch § 43 Abs. 4 GO NW).
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c) Interessenkollision Auch wenn das IHKG eine ausdrückliche Vorschrift nicht enthält und die Satzung keine Regelung dafür vorsehen sollte, gilt für die Vollversammlungsmitglieder der allgemein aus § 181 BGB übernommene, auch im öffentlichen Recht wirksame Grundsatz, dass bei Interessenkollisionen die Ausübung der mit einem Amt verbundenen Befugnisse nicht statthaft ist. Eingehend regelt diesen Ausschluss für das Verwaltungsverfahren § 20 der Verwaltungsverfahrensgesetze, insbesondere den Grad der Zusammengehörigkeit und Verwandtschaft. Diese Bestimmung kann analog auf die Rickert
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Präsident, Präsidium
Vollversammlung und das Präsidium als Beschlussorgane angewandt werden. Das Kommunalrecht kann zwar nicht analog angewandt oder zur Auslegung des IHKG herangezogen (BVerwG GewArch 2004, 331), ihm können jedoch allgemein geltende Rechtsgedanken entnommen werden. Insoweit kann auf ähnliche Vorschriften verwiesen werden, die sich auch in den Gemeindeordnungen finden (vgl. Art. 49 GO Bayern). Ein Mitglied der Vollversammlung oder des Präsidiums kann deshalb bei einem Beschluss, der beispielsweise ihn selbst, sein Unternehmen oder seine eigenen Angehörigen unmittelbar betrifft, nicht mitwirken. Er ist also verhindert, an der Beschlussfassung teilzunehmen, wenn etwa ein Bau- oder Druckauftrag an seine Firma oder an ein von einem seiner Kinder betriebenes Unternehmen erteilt werden soll. Das gilt jedoch nicht für Wahlen und solche Beschlüsse, die mit jedem Kammerzugehörigen auch die Mitglieder der Vollversammlung treffen (z.B. Beschlussfassung über Grundbeiträge und Umlage).
6
(1) Die Vollversammlung wählt aus ihrer Mitte den Präsidenten (Präses) und die von der Satzung zu bestimmende Zahl von weiteren Mitgliedern des Präsidiums. (2) Der Präsident (Präses) ist der Vorsitzende des Präsidiums. Er beruft die Vollversammlung ein und führt in ihr den Vorsitz. Rz.
Rz.
1. Organe der IHK . . . . . . . . . . . .
1
2. Präsident. . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
a) Aufgaben des Präsidenten . . . 13 b) Aufgaben des Präsidiums . . . . 15
3. Präsidium . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 4. Aufgaben von Präsident und Präsidium . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
5. Verhältnis der IHK-Organe zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
1. Organe der IHK 1
Die Aufgaben der Industrie- und Handelskammern werden ebenso wie bei anderen öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltungskörperschaften – z.B. den Gemeinden – von den gesetzlich festgelegten 380
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Organe der IHK
Organen wahrgenommen (Kluth/Goltz, GewArch 2003, 265). Jedes Organ handelt im Rahmen seiner im Gesetz oder in der Satzung festgelegten Zuständigkeit; es hat die Zuständigkeiten anderer Organe der IHK zu respektieren, um damit den organisationsrechtlichen Entscheidungen des Gesetz- bzw. Satzungsgebers Rechnung zu tragen und die übertragenen Verantwortlichkeiten nicht zu verwischen. Das Gesetz zählt die Organe der IHK nicht ausdrücklich auf, was aber auch nicht notwendig ist; die Organqualität ergibt sich aus den durch das Gesetz oder die Satzung zugewiesenen Wahrnehmungszuständigkeiten für die IHK (zum Organbegriff vgl. Erichsen, § 7 A 4). In diesem Sinne ist die Vollversammlung gem. § 4 das oberste Beschlussorgan der IHK; sie wählt außerdem den Präsidenten und die Mitglieder des Präsidiums (§ 6) und bestellt den Hauptgeschäftsführer (§ 7). Die Organstellung von Präsident und Hauptgeschäftsführer ergibt sich aus § 7 Abs. 2, der ihre rechtsgeschäftliche und gerichtliche Vertretungsmacht regelt; sie verschaffen der IHK Handlungsfähigkeit nach außen und sind damit für den Organbegriff typische sich aus dem Organisationsrecht ergebende Handlungssubjekte der IHK (Erichsen, § 7 A 4). Die Organeigenschaft des Präsidiums ergibt sich aus den Satzungen, die den Präsidien in der Regel die Zuständigkeit für alle Entscheidungen und Beschlüsse zuweisen, welche das Gesetz und die Satzungen nicht ausdrücklich den Vollversammlungen vorbehalten. Ebenso ist der Berufsbildungsausschuss nach §§ 77 ff. BBiG ein Organ der IHK, weil er gem. § 79 BBiG bestimmte Rechte erhalten hat, insbesondere die Zuständigkeit für den Erlass von statutarischem Recht auf dem Gebiet der Berufsbildung gem. § 79 Abs. 4 BBiG. Schließlich sind auch die Prüfungsausschüsse nach dem Berufsbildungsgesetz (§§ 39 ff., 56 und 62 BBiG) IHK-Organe, weil sie im Namen der IHK Entscheidungen treffen. Durch das Satzungsrecht der IHK könnten auch weitere Organe geschaffen werden, wobei nicht die Bezeichnung, sondern die übertragenen Aufgaben dafür maßgebend sind (Kluth/Goltz, GewArch 2003, 265, 266); das ist nur ausnahmsweise der Fall.
2
Das Vorhandensein mehrerer IHK-Organe mit unterschiedlichen Kompetenzen führt dazu, dass – ebenso wie im Kommunalverfassungsrecht – ein körperschaftsinterner Organstreit möglich ist (Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 61 Rz. 10 und § 78 Rz. 12; Erichsen, § 7 C; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 6. Aufl. 2005
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§6
Präsident, Präsidium
§ 21; Hoppe, NJW 1980, 1017). Ein solcher Organstreit ist auch zwischen den Organen einer IHK möglich (OVG Münster GewArch 2003, 255; OVG Münster GewArch 1990, 136); beispielsweise könnte die Vollversammlung festgestellt wissen wollen, dass der Präsident oder Hauptgeschäftsführer seine Befugnisse überschritten habe oder der von der Vollversammlung gewählte Hauptgeschäftsführer könnte sich gegen seine Abberufung zur Wehr setzen wollen. Gleichfalls kann ein Organmitglied im Wege des Organstreitverfahrens eigene Rechte gegenüber einem Organ der IHK geltend machen; beispielsweise das Vollversammlungsmitglied gegen den Präsidenten auf Auskunft (OVG Münster GewArch 2003, 255 – im konkreten Fall jedoch mangels Anspruch im Ergebnis erfolglos, s. BVerwG GewArch 2004, 331) oder das Präsidiumsmitglied gegen die Vollversammlung zur Feststellung der Unwirksamkeit der eigenen Abwahl (VG Frankfurt am Main vom 15. 11. 2007 – 5 E 777/07). Keines der Organe der IHK ist Behörde im Sinne des Verwaltungsrechts, sondern die IHK selbst (vgl. § 3 Rz. 7).
2. Präsident 4
Der Präsident wird aus der Mitte der Vollversammlung gewählt. Er muss also Vollversammlungsmitglied sein und damit die Voraussetzungen erfüllen, die in Gesetz und WO für die Wahl zur Vollversammlung enthalten sind. Er muss wenigstens 18 Jahre alt sowie kammerzugehöriger Unternehmer oder gesetzlich für ein kammerzugehöriges Unternehmen vertretungsberechtigt sein. Ebenso kann ein Prokurist oder ein besonders bestellter Bevollmächtigter (vgl. § 5 Rz. 18/19) Präsident einer IHK werden. Schließlich sind auch die mittelbar gewählten Vollversammlungsmitglieder (vgl. § 5 Rz. 40) zu erwähnen, die mit demselben Recht wie die unmittelbar gewählten zum Präsidenten oder in das Präsidium gewählt werden können (vgl. § 5 Rz. 42).
5
Durch die Satzung könnte allerdings vorgeschrieben werden, dass zum Präsidenten (oder auch zum Mitglied des Präsidiums) nur gewählt werden kann, wer ein höheres Lebensalter als 18 Jahre hat, das nach § 5 Abs. 2 für das aktive und passive Wahlrecht vorgesehen ist. Die Satzung könnte auch die Wahl zum Präsidenten auf deutsche Staatsangehörige beschränken, ohne gegen die EG-Richtlinien zum Niederlassungsrecht oder das Europäische Niederlas382
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§6
Präsident
sungsabkommen zu verstoßen; in allen diesen Vorschriften werden nämlich Vorbehalte für die Wählbarkeit von Angehörigen anderer EG-Mitgliedstaaten gemacht, soweit das Amt – wie auch beim Präsidenten einer IHK – zur Ausübung öffentlicher Gewalt ermächtigt. Solche Einschränkungen der Wählbarkeit zum Präsidenten kommen jedoch in der Praxis nicht vor. Die Satzung kann auch vorsehen, dass ein Präsident nur einmal wieder gewählt werden kann, also insgesamt nur zwei Amtszeiten als Präsident amtieren darf. Ebenso könnte die Satzung ein Höchstalter für die Wahl zum Präsidenten vorschreiben, auch wenn der Präsident weiterhin der Vollversammlung angehört. Steht die Satzung einer Wiederwahl entgegen, so sind die Betreffenden nicht zum Präsidenten wählbar. Ihre Mitgliedschaft in der Vollversammlung bleibt unberührt.
6
Die Bestimmung, dass der Präsident aus der Mitte der Vollversammlung gewählt wird, hat auch rechtliche Konsequenzen für die Beendigung seines Amtes. Fallen die Voraussetzungen seiner Wählbarkeit zur Vollversammlung weg, so endet mit der Mitgliedschaft in der Vollversammlung auch sein Amt als Präsident vorzeitig. Ist der Eintritt dieser Folge für die Mitgliedschaft zur Vollversammlung an einen Beschluss der Vollversammlung gebunden, der diese Voraussetzungen feststellen muss, so gilt die Beendigung des Amtes wie des Mandats erst für den Zeitpunkt dieses Beschlusses. Die Satzung sieht jedoch in der Regel vor, dass Präsident und Präsidium bis zur Wahl ihrer Nachfolger im Amt bleiben; die IHK ist berechtigt, die Kontinuität ihrer Organe auf diese Weise zu sichern. Falls die IHK eine notwendige Neuwahl über Gebühr hinauszögern sollte, könnte die Rechtsaufsichtsbehörde eingreifen.
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Die im Gesetz gewählten Bezeichnungen „Präsident“ und „Präsidium“ dienen nur der Funktionsbestimmung. Sie bieten keine Vorschrift für die ausschließliche Anwendbarkeit dieser Bezeichnung. Durch die Satzung einer IHK könnten also Organe, welche die Funktionen von Präsident und Präsidium ausüben, anders bezeichnet werden (z.B. als Vorstand und Vorsitzender des Vorstandes). Durch den in der Ausschussvorlage eingefügten Klammerzusatz „Präses“ hat das Gesetz diese Möglichkeit angedeutet, ohne damit aber die rechtlich zulässigen Bezeichnungen auf Präsident und Präses zu beschränken.
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§6
Präsident, Präsidium
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Der Präsident ist nicht nur Organ der IHK, sondern auch Amtsträger i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB, weil er – insbesondere bei der rechtsgeschäftlichen Vertretung der IHK, aber auch bei hoheitlichen Aufgaben – Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.
10
Die in der Vollversammlung vorgenommenen Wahlen des Präsidenten und des Präsidiums sind als Maßnahme zwischen zwei Organen und Organteilen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts keine Verwaltungsakte i.S.v. § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), da sie nicht auf Außenwirkung gerichtet sind (Stelkens/Bonk/Sachs, Kommentar VwVfG, 6. Aufl. 2001, § 35 Rz. 119; Kopp/Schenke, Kommentar VwGO, 14. Aufl. 2005, Anh. § 42 Anm. 86). Daher können Wahl und Abwahl auch nicht mit der Anfechtungsklage angefochten werden, sondern nur im Wege des Organstreitverfahrens als Leistungsklage oder auch als Feststellungsklage (VG Frankfurt am Main vom 15. 11. 2007 – 5 E 777/07).
10a
Hinsichtlich der Abberufung gelten zunächst die Regelungen in der Satzung. Ist die Abwahl nicht in der Satzung geregelt, gibt es unterschiedliche Auffassungen, unter welchen Voraussetzungen sie vor Ablauf der Wahlperiode zulässig ist. Teilweise wird vertreten, dass es allgemeinen demokratischen Grundsätzen entspreche, gewählte Amtsinhaber grundsätzlich abberufen zu können, wenn sie die Unterstützung der Mehrheit des Gremiums verlieren, das ihre Amtsführung legitimiert (vgl. hierzu Groß, Kammerverfassungsrecht in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts, 1. Aufl. – 2005, 187, 194). Von der Rechtsprechung wird derzeit die vorzeitige Abwahl ohne Satzungsregelung grundsätzlich ausgeschlossen (VG Frankfurt am Main vom 15. 11. 2007 – 5 E 777/07) und nur aus wichtigem Grund eventuell zugelassen. In jedem Fall würde dies hohe Anforderungen voraussetzen. Differenzen zwischen Präsident und Präsidium oder zwischen Präsident und Vollversammlung allein sind ebenso wenig ausreichend wie fehlendes Vertrauen. Erst wenn die Arbeits- und Handlungsfähigkeit der IHK nicht mehr gegeben oder aus vergleichbarem Grund ein Verbleiben im Amt bis zum Ende der Wahlperiode nicht mehr zumutbar ist, geht die Rechtsprechung offensichtlich von der Zulässigkeit einer vorzeitigen Abwahl aus (VG Frankfurt am Main vom 15. 11. 2007 – 5 E 777/07).
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Aufgaben von Präsident und Präsidium
3. Präsidium Für die Wählbarkeit in das Präsidium enthält das Gesetz keine be- 11 sonderen Vorschriften. Auch Präsidiumsmitglieder müssen aus der Mitte der Vollversammlung gewählt werden, also Vollversammlungsmitglieder sein. Die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen, die für die Wahl zum Präsidenten und für die vorzeitige Beendigung dieses Amtes gelten, sind auch für die übrigen Mitglieder des Präsidiums maßgeblich. Die Satzung kann für die Verteilung der Präsidialsitze auf Wahlgruppen und Wahlbezirke Vorschriften enthalten. Sie kann auch die Möglichkeit einer Wiederwahl zum Präsidenten wie zum Präsidium beschränken. Auch hierin liegt eine mögliche Wahrnehmung von autonomen Gestaltungsrechten, wie sie dem Wesen der Selbstverwaltung entsprechen. Für die Abwahl von Präsidiumsmitgliedern gelten dieselben Voraussetzungen wie für den Präsidenten (s. Rz. 10a). Die Mitgliedschaft im Präsidium ist ebenso wie die Mitgliedschaft zur Vollversammlung ein Ehrenamt; die Inhaber dieses Ehrenamtes sind nicht Beamte. Hierzu sowie über die Verschwiegenheitspflicht, den Anspruch auf Ersatz von Auslagen sowie die Bewilligung einer Aufwandsentschädigung s. § 5 Rz. 93.
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Die Mitglieder des Präsidiums sind – ebenso wie die Mitglieder der Vollversammlung – Organwalter (zum Begriff Erichsen, § 7 A 5 Fn. 271), jedoch keine Amtsträger i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB, weil sie nur körperschaftsinterne Aufgaben als Beschlussorgan wahrnehmen und nicht nach außen in Erscheinung treten (siehe § 5 Rz. 94).
4. Aufgaben von Präsident und Präsidium a) Aufgaben des Präsidenten Der Präsident ist der ehrenamtliche Repräsentant der IHK. Das Gesetz führt als Aufgabe des Präsidenten nur den Vorsitz in der Vollversammlung an, deren Mitglied er bleibt, sowie die Einberufung der Vollversammlung. Soweit nicht Satzung oder Geschäftsordnung dem Präsidenten in der Einberufung der Vollversammlung und deren Leitung Bindungen auferlegen (z.B. Antrag auf Einberufung seitens einer Minderheit, Einberufungsfristen, Erteilung oder Entziehung des Wortes etc.), übt der Präsident seine Rickert
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Präsident, Präsidium
Funktion nach pflichtgemäßem Ermessen aus. Er hat die Arbeit der Vollversammlung sicherzustellen und die nach geltendem Recht erforderlichen Beschlüsse der Vollversammlung sowie eine demokratische Beratung dieser Materien zu gewährleisten. Handelt er seinen Verpflichtungen zuwider, so kann die Vollversammlung das durch entsprechende Beschlüsse rügen und – wenn der Präsident nicht entsprechend den Vorgaben der Vollversammlung handelt – ihn aus seinem Amt abwählen. Daneben kann auch die Aufsichtsbehörde ggf. für ein ordnungsgemäßes Funktionieren der IHK-Organe Sorge tragen. 14
Als weitere Aufgabe des Präsidenten ergibt sich aus § 7 Abs. 2, dass er – gemeinsam mit dem Hauptgeschäftsführer – die rechtsgeschäftliche und gerichtliche Vertretung der IHK wahrnimmt. Damit ist der Präsident auch an allen wesentlichen Einzelvorgängen beteiligt, soweit sie nicht gemäß der Satzung zu den laufenden Geschäften und damit zu den Aufgaben des Hauptgeschäftsführers gehören. Insbesondere sehen die Satzungen vor, dass der Präsident Dienstverträge bei der Einstellung von Geschäftsführern mitunterzeichnet, also auch an diesen wichtigen personalpolitischen Entscheidungen einer IHK mitwirkt. Die Arbeitgeberfunktion gegenüber den Mitarbeitern der IHK nimmt dagegen der Hauptgeschäftsführer wahr. Der Präsident ist auch nicht Vorgesetzter des Hauptgeschäftsführers. Im Übrigen wird die Satzung zu regeln haben, ob und welche anderen Aufgaben vom Präsidenten wahrzunehmen sind (z.B. den Vorsitz in bestimmten Ausschüssen). b) Aufgaben des Präsidiums
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Das Präsidium ist ein Beschlussorgan, dessen Kompetenzen sich im Einzelnen aus der Satzung ergeben müssen. Die Kompetenzen kommen dabei dem Gesamtgremium unter der Leitung des Präsidenten zu, nicht jedoch seinen Einzelmitgliedern. Hauptaufgabe des Präsidiums ist die Unterstützung des Präsidenten, vor allem bei der Vorbereitung der Vollversammlungen und den dort zu beschließenden Statuten sowie den Richtlinien für die Kammerarbeit. Im Präsidium wird also die wichtigste sachliche Vorarbeit in allen Grundsatzfragen der IHK geleistet. Nach der Satzung wirkt das Präsidium insbesondere bei der Vorbereitung des alljährlichen Wirtschaftsplanes mit, hat aber auch über die Zusage von 386
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Verhältnis der IHK-Organe zueinander
Altersversorgungen an Mitarbeiter der IHK zu entscheiden. In der Regel bereitet es auch den Vorschlag für die Bestellung eines neuen Hauptgeschäftsführers vor. Dem Präsidium kann in der Satzung der IHK auch – mit Ausnahme der in § 4 aufgeführten Fälle – der Erlass von Rechtsvorschriften übertragen werden, z.B. im Bereich des Sachverständigenwesens. Auch kann die Satzung eine Eilkompetenz des Präsidiums vorsehen, unter den bereits genannten Voraussetzungen Entscheidungen an Stelle der Vollversammlung zu treffen, die dann jedoch dieser mitgeteilt oder von dieser bestätigt werden müssen. Die Satzung hat hier einen relativ weiten Gestaltungsspielraum, inwieweit sie das Präsidium in die Grundsatzarbeit der IHK mit Mitwirkungs- und Entscheidungsrechten einschalten will. Die im Gesetz festgelegten Befugnisse anderer Organe dürfen jedoch nicht eingeschränkt werden.
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5. Verhältnis der IHK-Organe zueinander Jedes Organ der IHK nimmt die ihm durch Gesetz oder Satzung 17 zugewiesenen Aufgaben wahr, ohne dass zwischen ihnen ein Über- oder Unterordnungsverhältnis bestände oder dass es etwa ein Weisungsrecht gäbe. Schon der Organbegriff schließt ein Weisungsrecht gegenüber anderen Organen mit eigenem Wirkungskreis aus. Wohl können Vollversammlung und Präsidium im Rahmen ihrer Zuständigkeit Beschlüsse fassen, welche die Geschäftsführung zur Durchführung verpflichten. Aufgabe des Präsidenten (oder nach der Satzung auch des Präsidiums) ist es dann, die ordnungsmäßige Durchführung dieser Beschlüsse durch die Geschäftsführung zu überwachen. Zu diesem Zweck können Präsident oder Präsidium von der Geschäftsführung Auskunft über alle für ihre Beschlüsse notwendigen Vorgänge verlangen, soweit nicht spezielle Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitsvorschriften bestehen (z.B. § 30 AO oder bei Personalakten). Auf der anderen Seite hat der Hauptgeschäftsführer – ähnlich wie der Bürgermeister im Kommunalrecht (vgl. § 54 Abs. 2 GO NW) – die Pflicht, auf die Rechtmäßigkeit des Handelns der IHK zu achten; Beschlüsse der Vollversammlung oder des Präsidiums, die mit der Rechtsordnung oder dem Satzungsrecht, insbesondere mit dem Wirtschaftsplan und dem Finanzstatut, nicht vereinbar sind, hat er zu beanstanden (vgl. § 7 Rz. 3 f.). Das Verhältnis von VollverRickert
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§7
Hauptgeschäftsführer
sammlung, Präsidium und Hauptgeschäftsführer ist also auch durch eine Aufgaben- und Funktionsteilung und eine gegenseitige Kontrolle gekennzeichnet (vgl. dazu Erichsen, § 7 A 3). 18
Aus diesen Ausführungen ergibt sich auch, dass das Präsidium nicht etwa mit der Stellung eines Aufsichtsrats in einer Kapitalgesellschaft zu vergleichen ist; insbesondere hat das Präsidium keine allgemeine Überwachungsaufgabe. Entscheidend bleibt vielmehr die vertrauensvolle Zusammenarbeit der IHK-Organe als Voraussetzung für ein erfolgreiches Wirken der IHK.
19
Dem Grundsatz eines allgemeinen Verwaltungsprinzips entspricht es, dass Präsident und Präsidium nach Ablauf ihrer Amtszeit die Geschäfte bis zur Neuwahl weiter ausüben; das würde auch dann gelten, wenn eine entsprechende Regelung nicht ausdrücklich in Satzung oder Geschäftsordnung getroffen worden ist.
7
(1) Die Vollversammlung bestellt den Hauptgeschäftsführer.
(2) Präsident (Präses) und Hauptgeschäftsführer vertreten nach näherer Bestimmung der Satzung die Industrie- und Handelskammer rechtsgeschäftlich und gerichtlich. Rz.
Rz.
1. Rechtliche Stellung des Hauptgeschäftsführers . . . . .
1
3. Vertretung der Industrieund Handelskammer . . . . . . . 12
2. Bestellung des Hauptgeschäftsführers . . . . . . . . . . .
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4. Geschäftsführer und Mitarbeiter der IHK . . . . . . . . . . . . 17
1. Rechtliche Stellung des Hauptgeschäftsführers 1
Der Hauptgeschäftsführer (HGF) wird vom IHKG nicht ausdrücklich als Organ der IHK bezeichnet. Für ihn ergibt sich die Organstellung aber aus seinen gesetzlichen Aufgaben, insbesondere aus § 7 Abs. 2 und seiner Bestellung durch die Vollversammlung. § 7 Abs. 2 weist dem Hauptgeschäftsführer die Aufgabe zu, die Geschäfte der IHK zu führen und die IHK zusammen mit dem Prä388
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§7
Rechtliche Stellung des Hauptgeschäftsführers
sidenten rechtsgeschäftlich und gerichtlich zu vertreten. Das Gesetz überträgt ihm damit bestimmte Wahrnehmungsfunktionen, was für die Organqualität typisch ist (Kluth/Goltz, GewArch 2003, 265, 266; vgl. § 6 Rz. 2). Der Hauptgeschäftsführer ist ein Organ der IHK mit eigenen Rechten und Pflichten, also mit einem eigenen gesetzlichen Wirkungskreis, und einer – wie Präsident und Präsidium – direkt von der Vollversammlung abgeleiteten Legitimation. Er führt – wie schon der Begriff sagt – die Geschäfte der IHK und ist für die ordnungsgemäße Erfüllung der Kammeraufgaben verantwortlich. Als Leiter der Geschäftsstelle der IHK ist er der Vorgesetzte der übrigen Mitarbeiter der IHK und Dienststellenleiter im Sinne des Personalvertretungsrechts. Ebenso ist er der Beauftragte für die Wirtschaftsprüfung (§ 18 Finanzstatut). Er bedarf einer eigenen Entlastung, insbesondere hinsichtlich seiner Wirtschaftsführung.
2
Die Geschäftsführungsfunktion verpflichtet den Hauptgeschäftsführer, die Meinungsbildung und Entscheidung der anderen Organe der IHK vorzubereiten. Dabei ist er zur Darlegung wirtschaftlicher wie auch insbesondere rechtlicher Bedenken berechtigt und verpflichtet. Deshalb hat er auch kraft Amtes ein Teilnahmerecht an allen Sitzungen von Vollversammlung, Präsidium und Ausschüssen. Bei rechtlichen Bedenken kann er seine Mitwirkung verweigern, auch wenn – etwa im Falle der rechtsgeschäftlichen Vertretung – damit eine verbindliche Willenserklärung oder Äußerung der IHK unmöglich würde.
3
Im Übrigen ist der Hauptgeschäftsführer als Organ der IHK an die Beschlüsse der Vollversammlung und des Präsidiums, soweit es Beschlussfunktionen hat, gebunden. Er hat sie ordnungsgemäß durchzuführen. Dies gilt für alle Grundsatzbeschlüsse der Vollversammlung und des Präsidiums über die Richtlinien zur Kammerarbeit, vor allem auch für die Durchführung des Wirtschaftsplanes. Der Hauptgeschäftsführer unterliegt der Kontrolle durch die Vollversammlung und – soweit satzungsrechtlich vorgesehen – des Präsidiums.
4
Der Hauptgeschäftsführer ist nicht nur Organ der IHK, sondern auch Amtsträger i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2b StGB.
5
Die Bezeichnung „Hauptgeschäftsführer“ ist eine Funktionsangabe und schließt – ebenso wie bei den Bezeichnungen Präsident Rickert
389
§7
Hauptgeschäftsführer
oder Präses – die Wahl anderer Bezeichnungen nicht aus, etwa Erster Syndikus.
2. Bestellung des Hauptgeschäftsführers 6
Die Stellung des Hauptgeschäftsführers in der Industrie- und Handelskammer ist dadurch hervorgehoben, dass er sich auf ein Mandat der demokratisch gewählten Vollversammlung berufen kann. Gegenüber Präsident und Präsidium soll ihm Unabhängigkeit dadurch gegeben werden, dass er – genau wie diese selbst – die Grundlage seines Wirkens im Vertrauen der Vollversammlung findet. Präsident, Präsidium oder Vollversammlung sind weder Dienstvorgesetzte (ein beamtenrechtlicher Begriff) noch Vorgesetzte des Hauptgeschäftsführers, sondern jeweils andere Organe der IHK mit eigenen Kompetenzen. Der Hauptgeschäftsführer ist ihnen für die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte der IHK und für die Durchführung ihrer Beschlüsse quasi-parlamentarisch verantwortlich, aber nicht weisungsgebunden.
7
Die Bestellung des Hauptgeschäftsführers durch die Vollversammlung ist ein Verwaltungsakt (OVG Lüneburg vom 20. 11. 2008 – 8 ME 51/08; VG Arnsberg vom 5. 1. 1978 – 1 K 744/77). Teilweise wird die Rechtsnatur der Berufung und Abberufung des Hauptgeschäftsführers als Verwaltungsakt in Zweifel gezogen, da die Entscheidung nicht auf Außenwirkung gerichtet sei (VG Lüneburg vom 23. 7. 2008 – 5 A 64/08, allerdings durch OVG Lüneburg in derselben Rechtssache anders entschieden). Da sich jedoch die Berufung oder Abberufung jedenfalls beim hauptamtlichen Hauptgeschäftsführer – anders als beim ehrenamtlichen Präsidenten oder Präsidiumsmitglied – auch direkt auf die Rechtsstellung der Person des Amtsinhabers auswirkt, ist sie zumindest insoweit auf Außenwirkung im Sinne von § 35 VwVfG gerichtet (OVG Lüneburg vom 20. 11. 2008 – 8 ME 51/08; Schöbener, GewArch 2008, 329; Schöbener in: Kluth, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2007). Die Bestellung erfolgt – im Gegensatz zur Wahl von Präsident und Präsidium – regelmäßig unbefristet. Auf dem Verwaltungsakt der Bestellung beruht das Organverhältnis des Hauptgeschäftsführers, gleichzeitig aber auch sein privat- oder dienstrechtliches Anstellungsverhältnis.
390
Rickert
§7
Bestellung des Hauptgeschäftsführers
Als Konsequenz aus dem Bestellungserfordernis in § 7 Abs. 1 er- 8 gibt sich, dass auch nur die Vollversammlung den Hauptgeschäftsführer abberufen kann. Eine Abberufung kann allerdings nicht willkürlich erfolgen, sondern muss hinreichend, z.B. mit einer grundlegenden Erschütterung des Vertrauensverhältnisses, begründet werden (OVG Lüneburg vom 20. 11. 2008 – 8 ME 51/08; VG Lüneburg vom 23. 7. 2008 – 5 A 64/08). Hinsichtlich des Maßstabs für Gründe einer Abberufung ist der Rückgriff auf das Kommunalrecht nicht zulässig (BVerwG BVerwGE 120, 255 = GewArch 2004, 331), möglich ist jedoch die Anwendung des Rechtsgedankens aus vergleichbarem Bundesrecht, wie z.B. der Abberufung des Vorstandes einer Krankenkasse in § 35a SGB IV oder einer Bank in § 6 des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau bzw. der Entlassung eines Mitglieds des Vorstandes der Bundesanstalt für Arbeit in § 382 SGB III (OVG Lüneburg vom 20. 11. 2008 – 8 ME 51/08). Soweit die Bestellung des Hauptgeschäftsführers ausnahmsweise satzungsgemäß befristet erfolgt, ist bei fehlender Abberufungsregelung in der Satzung mit der Rechtsprechung zur Unzulässigkeit der vorzeitigen Abwahl von Präsidiumsmitgliedern (VG Frankfurt am Main vom 15. 11. 2007 – 5 E 777/07) auch die vorzeitige Abberufung des Hauptgeschäftsführers nur mit wichtigem Grund zulässig (§ 6 Rz. 10a). Die Abberufung beendet die Organstellung des Hauptgeschäftsführers und unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung; für diesen Prozess ist das abberufene Organ klagebefugt (VGH Kassel DVBl. 1989, 934; VG Lüneburg vom 23. 7. 2008 – 5 A 64/08) und die Anfechtungsklage die richtige Klageart (OVG Lüneburg vom 20. 11. 2008 – 8 ME 51/08; VG Arnsberg vom 5. 1. 1978 – 1 K 744/77). Inwieweit die Abberufung sich auf die Rechte des Hauptgeschäftsführers aus seinem Dienst- und Versorgungsvertrag auswirkt, ist unter dienstvertragsrechtlichen Aspekten zu prüfen. Zuständig dafür sind die Zivilgerichte (BAG vom 22. 7. 1998 – 5 AS 30/98; LAG Nürnberg, vom 27. 11. 1974 – 3 Sa 313/74), da der Hauptgeschäftsführer als Organ der IHK gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG kein Arbeitnehmer ist und eine Vereinbarung der Zuständigkeit des Arbeitsgerichts nach § 2 Abs. 4 ArbGG nur mit juristischen Personen des Privatrechts, nicht mit Körperschaften des öffentlichen Rechts wie der IHK möglich ist. Jedenfalls ist die Abberufung durch die Vollversammlung Voraussetzung für eine Kündigung des privatrechtlichen Dienstvertrages. Vorher kann das Präsidium den Hauptgeschäftsführer nur suspendieren. Rickert
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§7
Hauptgeschäftsführer
9
Ohne die Bestellung durch die Vollversammlung können einem Mitarbeiter der IHK die gesetzlichen Funktionen und die Stellung eines Hauptgeschäftsführers nicht eingeräumt werden. Ein Vertrag, durch den etwa Präsident und seitheriger Hauptgeschäftsführer einen neuen Hauptgeschäftsführer berufen, könnte zwar zivilrechtlich für die IHK verbindlich sein, da die Begründung von Anstellungsverhältnissen zum Aufgabenbereich von Präsident und Hauptgeschäftsführer gehört; er könnte auch Zahlungsund Beschäftigungsverpflichtungen auslösen. Ein solcher Vertrag würde jedoch in funktioneller Hinsicht die Bestellung durch die Vollversammlung nicht ersetzen. Im Allgemeinen wird eine Vereinbarung dieser Art zumindest stillschweigend als „vorbehaltlich der Bestellung durch die Vollversammlung“ abgeschlossen zu gelten haben und hinfällig sein, wenn die Bestellung nicht ausgesprochen wird.
10
Die weiteren Mitglieder der Geschäftsführung einschließlich des Vertreters des Hauptgeschäftsführers benötigen eine Bestellung durch die Vollversammlung nicht, auch wenn eine solche Voraussetzung satzungsrechtlich zulässig ist. Soweit nicht die Satzung die Einstellung dieser Mitarbeiter der IHK dem Präsidium oder dem Präsidenten zuweist, würde die Beschlussfassung hierüber von der allgemeinen Zuständigkeit der Vollversammlung gemäß § 4 gedeckt sein; die Vollversammlung ist jedoch nicht verpflichtet, diese Aufgaben selbst wahrzunehmen oder satzungsrechtlich zu delegieren. Ohne entsprechende Satzungsregelung entscheidet über die Geschäftsverteilung innerhalb der IHK der Hauptgeschäftsführer.
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Die Bestellung mehrerer Hauptgeschäftsführer, die neben- und miteinander tätig sind, sieht das Gesetz nicht vor. Es geht davon aus, dass – ähnlich einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband – die IHK eine monokratisch verfasste Geschäftsführung mit nur einem leitenden Organwalter hat (Kluth/Goltz, GewArch 2003, 265, 270). Andernfalls wäre eine eindeutige rechtsgeschäftliche Vertretung der IHK, wie sie in § 7 Abs. 2 geregelt ist, nicht gegeben.
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Rickert
§7
Vertretung der Industrie- und Handelskammer
3. Vertretung der Industrie- und Handelskammer Die IHK wird gerichtlich und rechtsgeschäftlich durch Präsident und Hauptgeschäftsführer gemeinschaftlich vertreten, so dass grundsätzlich keiner von diesen allein tätig werden kann. Die Satzung kann aber „Näheres“ zur Vertretung bestimmen und damit anordnen, dass bestimmte Arten von Geschäften vom Präsidenten oder vom Hauptgeschäftsführer allein vorgenommen werden. Solche Erleichterungen sind für die Geschäfte der laufenden Verwaltung und für Geschäfte von finanziell geringfügiger Bedeutung, für die eine betragsmäßige Begrenzung festgesetzt werden kann, im Interesse einer reibungslosen Verwaltung üblich und auch notwendig.
12
Die Satzung kann auch besondere Bestimmungen für die Vertretung der IHK beim Abschluss von Anstellungs- und Versorgungsverträgen oder bei der Berufung ins Beamtenverhältnis treffen. Bei der Erteilung von Versorgungszusagen und bei der Berufung ins Beamtenverhältnis ist in den Satzungen oft auch eine Mitwirkung des Präsidiums vorgesehen, weil solche Maßnahmen die IHK besonders langfristig binden. Umgekehrt ist der Hauptgeschäftsführer nach den Satzungen der IHKs in der Regel alleinvertretungsberechtigt, wenn es um die Anstellung oder Entlassung von Mitarbeitern unterhalb der Geschäftsführerebene geht.
13
Bei Vorliegen einer Interessenkollision sind (entsprechend dem allgemeinen Grundsatz des § 181 BGB) die Mitglieder des Präsidiums und der Geschäftsführung verhindert, für die IHK rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen; die Satzung regelt die Vertretung im Falle solcher tatsächlichen oder rechtlichen Verhinderung, oft unter Verweis auf eine Geschäftsordnung.
14
Wird die rechtsgeschäftliche Vertretung der IHK gegenüber ihrem Präsidenten oder gegenüber dem Hauptgeschäftsführer erforderlich (z.B. Abschluss eines Mietvertrages mit diesem), so handelt für den Präsidenten das zur Vertretung des Präsidenten berufene Mitglied des Präsidiums bzw. für den Hauptgeschäftsführer dessen allgemeiner Stellvertreter, da die rechtsgeschäftliche und gerichtliche Vertretung in § 7 Abs. 2 nicht an die Person, sondern an die Funktion gebunden sind und demgemäß bei Verhinderung des Amtsträgers durch den dann zur Wahrnehmung der Funktion Be-
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Rickert
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§7
Hauptgeschäftsführer
rechtigten wahrgenommen werden. Das gilt beispielsweise auch dann, wenn ein Anstellungsvertrag mit einem neuen Hauptgeschäftsführer abzuschließen ist und der bisherige Hauptgeschäftsführer dafür nicht zur Verfügung steht, soweit die Satzung für diesen Vertrag nicht bereits eine andere Vertretung regelt, beispielsweise durch den Präsidenten und ein weiteres Mitglied des Präsidiums. 16
§ 7 Abs. 2 regelt nur die Vertretung im gerichtlichen und rechtsgeschäftlichen Bereich. Das Gesetz enthält keine Vorschriften über die Vertretung der IHK bei der Erfüllung der ihr zugewiesenen oder übertragenen Aufgaben (VG Wiesbaden vom 28. 4. 1959 – III 2 195/58). Bei der Abgabe von Erklärungen im öffentlichrechtlichen Bereich (z.B. Gutachten gegenüber Gerichten oder Behörden, Stellungnahmen gegenüber gesetzgebenden Körperschaften oder Regierungsstellen) ebenso wie beim Erlass von Verwaltungsakten (z.B. Prüfungsentscheidungen, Bestellung von Sachverständigen) richtet sich die Vertretungsbefugnis für die IHK nach der Verwaltungsorganisation, die in der Satzung, Geschäftsordnung oder im Geschäftsverteilungsplan festgelegt ist oder auch auf einer Anordnung des Hauptgeschäftsführers beruhen kann. Die Zuständigkeiten im Finanzbereich sind im Finanzstatut – vgl. dazu § 3 Rz. 21a – und der Kassendienstanweisung festgelegt.
4. Geschäftsführer und Mitarbeiter der IHK 17
Die Satzung oder die Geschäftsordnung regelt, wer für die Begründung (und Beendigung) der Anstellungsverträge der Mitarbeiter der IHK zuständig ist, denen keine Organstellung zukommt. Häufiger als für Mitglieder der Vollversammlung wird für Mitarbeiter der IHK, je nach der Art ihrer Tätigkeit, die Geheimhaltungspflicht in Betracht kommen. Das kann besonders dann relevant werden, wenn der IHK Funktionen im Rahmen der Notstandsgesetzgebung übertragen werden, aber auch für die Wahrung des Steuergeheimnisses im Bereich des Beitrags bei der Verarbeitung der durch die Finanzverwaltung übermittelten Bemessungsgrundlagen. Insofern kann die förmliche Verpflichtung von Mitarbeitern der IHK im Rahmen des Verpflichtungsgesetzes als Voraussetzung für ihre Strafbarkeit, z.B. wegen Geheimnisverrats nach § 203 Abs. 2 Nr. 2 StGB i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB Bedeutung erlangen. 394
Rickert
§8
Vorbemerkung
8
Werden bei den Industrie- und Handelskammern zur Durchführung anderer als der in § 79 des Berufsbildungsgesetzes genannten Aufgaben Ausschüsse gebildet, so kann die Satzung bestimmen, dass in diese Ausschüsse auch Personen berufen werden, die nach § 5 Abs. 2 nicht wählbar sind. Rz. 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . .
1
2. Ausschüsse der IHK. . . . . . . .
2
3. Berufsbildungsausschuss . . . a) Zusammensetzung des Berufsbildungsausschusses . b) Berufung der Mitglieder . . . . c) Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . d) Ehrenamt . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vorsitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beschlussfähigkeit . . . . . . . . .
5 7 8 13 15 16 17
Rz. 4. Aufgaben des Berufsbildungsausschusses . . . . . . . . . . a) Beratende Mitwirkung . . . . . . b) Erlass von Rechtsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlüsse mit finanziellen Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . d) Geschäftsordnung . . . . . . . . . .
18 18 24 26 27
5. Stellung des Berufsbildungsausschusses innerhalb der IHK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Literaturauswahl: Düring/Wohlgemuth, Berufsbildungs- und Prüfungsausschüsse, DB Beilage 28/86; Meyer, Regionale Kammergliederungen, GewArch 2006; Wölker, Berufsbildungsgesetz; Wurster, Berufsbildungsgesetz von A bis Z.
1. Vorbemerkung Die Neufassung des § 8 im Jahre 1969 beruht auf § 103 Nr. 3 des ersten Berufsbildungsgesetzes (BBiG v. 14. 8. 1969, BGBl. I, 1112). Mit dem Wegfall von Abs. 1–3 des alten § 8 ist auch der nach dieser Vorschrift als besonderer Ausschuss der IHK zu bildende Berufsbildungsausschuss fortgefallen und durch den Berufsbildungsausschuss des Berufsbildungsgesetzes ersetzt worden. Von § 8 hat nur der bisherige Abs. 4 Bestand; er behält seine Bedeutung für die übrigen bei der IHK bestehenden Ausschüsse. Das Berufsbildungsgesetz von 1969 hat im Jahr 2005 eine umfangreiche Modernisierung und Umstrukturierung erfahren. Es liegt nun in der Fassung vom 23. 3. 2005 (BGBl. I, 2407), zuletzt geändert durch Art. 9b des Zweiten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen WirtWurster 395
1
§8
Ausschüsse
schaft (MEG II) vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246) vor. In seiner neuen Form ist es am 1. 4. 2005 in Kraft getreten. Im Zusammenhang mit der BBiG-Novelle von 2005 wurde durch Art. 4 Nr. 5 des BerBiRefG vom 23. 3. 2005 (BGBl. I, 931) der Verweis in § 8 auf den alten § 58 BBiG durch den Verweis auf den nunmehr korrekten § 79 BBiG ersetzt. Der Berufsbildungsausschuss der IHK ist heute in den §§ 77 bis 80 BBiG geregelt. Im Verhältnis zu den Vorschriften über den Berufsbildungsausschuss vor April 2005 haben die neuen Regelungen Änderungen der inhaltlichen Zuständigkeit wie auch des Verfahrens mit sich gebracht.
2. Ausschüsse der IHK 2
Bei der IHK werden in der Regel durch Satzung oder durch Beschluss der Vollversammlung zahlreiche Fachausschüsse gebildet. Es ist zur Stärkung der fachkundigen Ausrichtung seit jeher üblich, dass in solche Ausschüsse auch Mitglieder berufen werden, die der Vollversammlung nicht angehören und ihr rechtlich nicht angehören können; meist handelt es sich um leitende Angestellte kammerzugehöriger Unternehmen mit besonderen Kenntnissen auf einzelnen Fachgebieten, um Angehörige der freien Berufe oder um Vertreter der Kommunalverwaltungen (z.B. für das Gebiet des Verkehrs, der Außenwirtschaft oder der Stadtplanung). Das Gesetz eröffnet die Möglichkeit, durch Satzung zu bestimmen, dass solche Personen in Kammerausschüsse berufen werden können.
3
Neben diesen Fachausschüssen gibt es in den IHKs auch Regionalausschüsse. Die bayerischen IHKs kennen seit jeher die auf Kreisebene gewählten Industrie- und Handelsgremien, andere Kammern nach ihrer Satzung oder Beschlüssen der Vollversammlung Kreisausschüsse und Stadtausschüsse. Auch in solche Regionalausschüsse der IHK können, sofern die Satzung es vorsieht, Personen berufen werden, die nicht nach § 5 Abs. 2 wählbar sind. Eine solche Satzungsregelung ist jedoch nur zulässig, soweit diese Gremien nicht für die mittelbare Wahl von Vollversammlungsmitgliedern zuständig sind (s. § 5 Rz. 41). Aufgabe dieser Regionalausschüsse ist es, in örtlichen Angelegenheiten unmittelbar den Sachverstand der betroffenen kammerzugehörigen Unternehmen nutzbar zu machen und die Meinungsbildung auch in diesen lokalen Fragen auf eine breitere Grundlage zu stellen. Gleichzeitig dienen solche Regionalausschüsse – genauso wie Außenstellen oder 396
Wurster
§8
Berufsbildungsausschuss
Zweigstellen der IHK – der Verstärkung des Kontaktes mit den kammerzugehörigen Unternehmen. Fachausschüsse und Regionalausschüsse sind keine Organe der IHK, sondern werden nur beratend für Vollversammlung, Präsidium und Geschäftsführung tätig. Die Funktionen dieser Organe bleiben also unberührt; sie werden unterstützt, aber in ihrer selbständigen Entscheidung nicht beschnitten. Deshalb können Fachausschüsse wie Regionalausschüsse auch keine Maßnahmen nach außen treffen; die empfohlene Maßnahme trifft die IHK durch ihre Organe und gemäß ihrer gesetzlichen Vertretung. Auch Pressemeldungen und andere Formen der Publizität hängen von der Zustimmung der zuständigen Kammerorgane, in der Regel von Präsident oder Hauptgeschäftsführer, ab.
4
3. Berufsbildungsausschuss So wie von § 8 Abs. 4 a.F. der frühere Berufsbildungsausschuss ausgenommen war, nimmt auch § 8 n.F. den neuen Berufsbildungsausschuss von einer solchen Regelungsmöglichkeit durch die Kammersatzung aus. Für diesen Ausschuss gelten in erster Linie die §§ 77 bis 80 BBiG und subsidiär das Satzungsrecht der IHK (vgl. Herkert/Töltl, BBiG, § 77 Rz. 2; Düring/Wohlgemuth, Berufsbildungs- und Prüfungsausschüsse, DB Beilage 28/86).
5
Die IHK als zuständige Stelle nach § 71 Abs. 2 BBiG muss gemäß § 77 Abs. 1 BBiG einen Berufsbildungsausschuss errichten, was sofort nach Erlass des ersten Berufsbildungsgesetzes von 1969 bei allen IHKs erfolgt ist. Zusammensetzung, Aufgaben und Arbeitsweise werden durch das Berufsbildungsgesetz geregelt.
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a) Zusammensetzung des Berufsbildungsausschusses Rechtsgrundlage für den bei der IHK zu errichtenden Berufsbildungsausschuss ist § 77 BBiG. Während früher nach § 8 die IHK zu bestimmen hatte, wie viele Mitglieder dem Ausschuss angehörten, legt nun das BBiG fest, dass dem Ausschuss je sechs „Beauftragte der Arbeitgeber“, „Beauftragte der Arbeitnehmer“ und „Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen“ angehören, die Lehrkräfte grundsätzlich mit beratender Stimme (§ 77 Abs. 1 Satz 2 BBiG). Ausnahmsweise haben die Lehrkräfte nach § 79 Abs. 6 BBiG Wurster 397
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§8
Ausschüsse
Stimmrecht, wenn Beschlüsse zu Angelegenheiten der Berufsausbildungsvorbereitung und Berufsausbildung gefasst werden und diese sich unmittelbar auf die Organisation der schulischen Berufsbildung auswirken. Der Begriff „Beschlüsse“ ist hier untechnisch zu verstehen, darunter fallen etwa auch Anhörungsgegenstände wie z.B. die Verwaltungsgrundsätze über die Verkürzung der Ausbildungsdauer (vgl. Herkert/Töltl, BBiG, § 77 Rz. 39; Wurster, Berufsbildungsgesetz von A bis Z, 23). Nach § 77 Abs. 5 BBiG haben die Mitglieder Stellvertreter und Stellvertreterinnen, die bei Verhinderung der Mitglieder an deren Stelle treten. Die Stellvertreter und Stellvertreterinnen haben also keinen Anspruch auf Teilnahme an den Sitzungen des Ausschusses und müssen hierzu nicht geladen werden, wenn nicht der Fall der Vertretung gegeben ist. Ob sie als Gäste – ohne Anspruch auf die den Ausschussmitgliedern zustehende Entschädigung – eingeladen werden können, bleibt der Geschäftsordnung und den Beschlüssen des Ausschusses überlassen. Der DIHK und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) haben im November 2006 gemeinsam eine Muster-Geschäftsordnung zur Umsetzung in den Berufsbildungsausschüssen empfohlen (vgl. Rz. 27). Demnach sind die Stellvertreter und Stellvertreterinnen gleichzeitig mit den Mitgliedern über die Sitzungen des Ausschusses zu unterrichten und erhalten Tagesordnung und Sitzungsunterlagen zur Kenntnisnahme. Ein Mitglied, das verhindert ist, hat die IHK unverzüglich über seine Verhinderung zu informieren. Die IHK lädt dann eine Stellvertretung aus der jeweiligen Mitgliedergruppe zur Sitzung ein. Die regelmäßige Unterrichtung der Stellvertreter durch Übersendung der Protokolle ist üblich und in der o.g. Empfehlung vorgesehen. Es gibt nicht die Bindung einer Stellvertretung an ein bestimmtes Mitglied; vielmehr kann jeder Stellvertreter zur Vertretung jedes Mitglieds der Gruppe herangezogen werden. Damit ist die Möglichkeit gegeben, innerhalb der Gruppen einen Stellvertreter jeweils auch nach seinem besonderen sachlichen Interesse und Wissen einzusetzen. b) Berufung der Mitglieder 8
Nach § 77 Abs. 2 BBiG werden sämtliche Mitglieder des Berufsbildungsausschusses – ebenso wie gem. § 77 Abs. 5 BBiG deren Stellvertreter und Stellvertreterinnen – durch die nach Landesrecht zuständige Behörde berufen. Die Länder haben die Zuständigkeit 398
Wurster
Berufsbildungsausschuss
§8
nicht einheitlich geregelt. Überwiegend ist der Minister (Senator) für Wirtschaft zuständig. Die Berufung erfolgt für die „Beauftragten der Arbeitgeber“ auf Vorschlag der IHK, für die „Beauftragten der Arbeitnehmer“ auf Vorschlag der im Kammerbezirk bestehenden Gewerkschaften und selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozialoder berufspolitischer Zwecksetzung (§ 77 Abs. 2 BBiG).
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Auf die Tariffähigkeit einer Vereinigung von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung kommt es dabei nicht an; ebenso ist unerheblich, dass der Organisation hauptsächlich leitende Angestellte angehören (VGH Baden-Württemberg GewArch 1980, 312). Nicht vorschlagsberechtigt sind allerdings öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse von Arbeitnehmern, z.B. Arbeitnehmerkammern (OVG Bremen GewArch 1973, 42). Welchem Organ der IHK das Vorschlagsrecht hinsichtlich der Arbeitgebervertreter zusteht, ist im BBiG nicht geregelt. In der Regel enthalten die IHK-Satzungen eine Vorschrift, wonach das Präsidium für alle Beschlüsse zuständig ist, welche das Gesetz und die Satzung nicht ausdrücklich der Vollversammlung vorbehalten. Die Beauftragten der Arbeitgeber werden deshalb meist vom Präsidium vorgeschlagen.
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Die zuständige Landesbehörde hat nicht zu prüfen, ob die vorgeschlagenen Mitglieder, Stellvertreter und Stellvertreterinnen im Berufsbildungsausschuss persönlich oder fachlich geeignet i.S.v. §§ 29 und 30 BBiG sind oder ob sie die Eignung und Sachkunde i.S.v. § 40 Abs. 1 BBiG, wie sie für Prüfer gefordert wird, haben. Auch ohne solche detaillierten Vorschriften im Gesetz hat sich die Praxis bewährt, dass IHKs, Gewerkschaften und Arbeitnehmervereinigungen in der Berufsbildung erfahrenes Ausbildungsund Prüfungspersonal für den Berufsbildungsausschuss vorschlagen und damit dessen Sachkunde und auch dessen Übersicht über das Berufsbildungswesen im Bezirk sicherstellen. Die Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen werden von der zuständigen Schulverwaltungsbehörde vorgeschlagen und können dazu auch im Nebenamt verpflichtet werden.
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Die zuständige Landesbehörde ist gehalten, entsprechend den ihr vorgelegten Vorschlägen die Mitglieder und deren Stellvertreter bzw. Stellvertreterinnen zu berufen; die IHK muss aus den so be-
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§8
Ausschüsse
rufenen Mitgliedern den Ausschuss konstituieren. Die Berufung durch die zuständige Landesbehörde erfolgt auf vier Jahre (§ 77 Abs. 2 BBiG), was in der Regel mit der Amtszeit der Vollversammlung übereinstimmt und sich damit in das Gefüge einer Selbstverwaltungskörperschaft richtig einordnet. c) Abberufung 13
Die Abberufung von Mitgliedern, Stellvertretern und Stellvertreterinnen (§ 77 Abs. 4, 5 BBiG) erfolgt durch die für die Berufung zuständige Landesbehörde; das ergibt sich als Reflexrecht zu deren Berufung. Eine Abberufung ist nicht an einen Vorschlag der berechtigten Stellen gebunden; sie kann vielmehr auch auf Anregung der anderen Gruppen oder von Amts wegen erfolgen, ist aber – gegen den Willen des oder der Abzuberufenden – nur aus wichtigem Grund zulässig. Was als wichtiger Grund anzusehen ist, legt das Gesetz im Einzelnen nicht dar. Wichtige Gründe können im persönlichen Verhalten des Mitglieds liegen, wenn dieses z.B. ohne triftige Entschuldigung an den Ausschuss-Sitzungen regelmäßig nicht teilnimmt, oder auch in einer Veränderung der äußeren Verhältnisse, die den Vorschlag und die Berufung getragen haben, z.B. wenn das Mitglied aus dem Kammerbezirk verzieht. Da die Berufung des Mitglieds aufgrund eines Vorschlags erfolgt war, ist es folgerichtig, dass die vorschlagsberechtigte Stelle vor einer Abberufung gehört wird, aber auch das abzuberufende Mitglied selbst. Hält die zuständige Landesbehörde einen wichtigen Grund für gegeben, kann sie die Abberufung auch dann aussprechen, wenn die vorschlagsberechtigte Stelle oder der bzw. die Abzuberufende ihr bei der Anhörung nicht zustimmen. Die Abberufung ist jedenfalls ein anfechtbarer Verwaltungsakt, sowohl für die Abberufenen wie für die vorschlagsberechtigten Stellen.
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Für den Abberufenen hat die zuständige Landesbehörde eine Ersatzberufung vorzunehmen, und zwar für den Rest der Amtszeit. In der Regel wird die vorschlagsberechtigte Stelle als Nachfolger einen der bisherigen Stellvertreter vorschlagen. d) Ehrenamt
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§ 77 Abs. 3 BBiG hebt hervor, dass die Tätigkeit im Ausschuss für die Mitglieder (entsprechendes gilt gem. § 77 Abs. 5 BBiG für die 400
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Berufsbildungsausschuss
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Stellvertreter und Stellvertreterinnen) ehrenamtlich ist. Das Mandat im Berufsbildungsausschuss kann also von den Berufenen jederzeit niedergelegt werden. Für bare Auslagen und Zeitversäumnis hat die IHK eine angemessene Entschädigung zu gewähren (so für Rechtsanwaltskammer: BVerwG NJW 1978, 233 = EzB-VjA BBiG § 56 Nr. 1). Die Höhe dieser Entschädigung ist von der IHK festzusetzen. Aus der Tatsache, dass diese Festsetzung der Genehmigung durch die oberste Landesbehörde bedarf, ergibt sich, dass nicht die Festsetzung im Einzelfall gemeint ist, sondern die Festsetzung durch eine generelle Regelung. Die IHKs haben demgemäß Entschädigungsregeln zu erlassen, auf deren Grundlage sie – nach der Genehmigung durch die oberste Landesbehörde – die Entschädigung jeweils im Einzelfall errechnen. Welche Regelung als „angemessen“ gelten kann, bleibt der IHK überlassen; die Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde stellt sicher, dass eine Willkür in der Bemessung ausgeschlossen bleibt. Zuständig für die Festsetzung ist grundsätzlich die Vollversammlung der IHK, da es sich um eine rein organisationsrechtliche Angelegenheit handelt. Sie kann entsprechend der Satzung die Festlegung auch dem Präsidium oder dem Hauptgeschäftsführer überlassen. e) Vorsitz Nach § 77 Abs. 6 BBiG wählt der Berufsbildungsausschuss ein 16 Mitglied, das den Vorsitz führt sowie ein weiteres Mitglied, das den Vorsitz stellvertretend übernimmt. Sie sollen nicht derselben Mitgliedergruppe angehören. Da nach § 77 Abs. 1 BBiG die Lehrkräfte grundsätzlich nur beratende Stimme haben, sind sie bei dieser Wahl nicht stimmberechtigt. Sie sind auch nicht wählbar, da die Bezogenheit auf den Wahlakt für den Vorsitz und die Stellvertretung die Wählbarkeit auf die Stimmberechtigten begrenzt. Andernfalls ließe sich dann durch wechselnde Majoritäten erreichen, dass jeweils eine wahlberechtigte Gruppe vom Vorsitz ausgeschlossen ist, was dem Sinn und Inhalt von § 77 Abs. 6 Satz 2 BBiG widersprechen würde. Außerdem wäre das auf die wahlberechtigten Mitglieder bezogene Prinzip der Parität beeinträchtigt. (s. Bericht des Bundestags-Ausschusses für Arbeit, BTDrs. V/4260, 20: „In Übereinstimmung mit der Bildungskommission des Deutschen Bildungsrates hat sich der Ausschuss für eine beratende Mitwirkung der Lehrer entschieden, weil dadurch einerseits deren Sachverstand zur Geltung kommt, andererseits die Wurster 401
§8
Ausschüsse
für die außerschulische Berufsbildung in erster Linie Verantwortlichen paritätisch über die zu erlassenden Rechtsvorschriften entscheiden können.“); so auch Wölker, BBiG, 36; Gedeon/Hurlebaus, BBiG, § 77 Rz. 31; a.A. Töltl, der den Lehrkräften ein passives Wahlrecht zuerkennt, Herkert/Töltl, BBiG, § 77 Rz. 31. Im Verhältnis zum Berufsbildungsgesetz von 1969 hat das BBiG von 2005 zwar einige sprachliche Änderungen in § 77 BBiG gebracht. Laut Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/3980, § 77) entspricht der neue § 77 BBiG jedoch inhaltlich dem § 56 des alten Berufsbildungsgesetzes, sodass sich die sprachlichen Änderungen nicht auswirken. f) Beschlussfähigkeit 17
Der Berufsbildungsausschuss ist nach § 78 Abs. 1 BBiG beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner stimmberechtigten Mitglieder anwesend ist. Er beschließt mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Vorschrift über die Beschlussfähigkeit setzt praktisch voraus, dass beide stimmberechtigten Gruppen in der Sitzung vertreten sind. Da die Lehrkräfte im Regelfall kein Stimmrecht haben, ist die Majorisierung einer Gruppe durch die andere nicht möglich. Ein Beschluss kommt also nicht zustande, wenn die Beauftragten der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer vollständig vertreten sind und jeweils geschlossen für und gegen eine Vorlage stimmen.
4. Aufgaben des Berufsbildungsausschusses a) Beratende Mitwirkung 18
Nach § 79 Abs. 1 BBiG ist der Berufsbildungsausschuss in allen wichtigen Angelegenheiten der beruflichen Bildung zu unterrichten und zu hören. Darin ist eine Verpflichtung der IHKs und ihrer Organe gegenüber dem Ausschuss begründet, die sich in einem Anspruch des Ausschusses auf Anhörung und Unterrichtung niederschlägt. Entgegen dem Wortlaut in Abs. 1, der von unterrichten „und“ hören spricht, besteht entweder ein Anspruch auf Unterrichtung oder ein Anspruch auf Anhörung. Dies ergibt sich aus dem Zusammenhang mit den Absätzen 2 und 3: Im Gegensatz zum alten Berufsbildungsgesetz von 1968, in dem der Begriff der wichtigen Angelegenheiten in § 58 Abs. 1 nicht weiter definiert 402
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Aufgaben des Berufsbildungsausschusses
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war, enthalten § 79 Abs. 2 und 3 BBiG heute einen Katalog der wichtigen Angelegenheiten. Wichtige Angelegenheiten, in denen der Berufsbildungsausschuss anzuhören ist, sind demnach beispielsweise der Erlass von Verwaltungsgrundsätzen über die Eignung von Ausbildungs- und Umschulungsstätten, für das Führen von schriftlichen Ausbildungsnachweisen, für die Verkürzung der Ausbildungsdauer, für die vorzeitige Zulassung zur Abschlussprüfung, für die Durchführung der Prüfungen, zur Durchführung von über- und außerbetrieblicher Ausbildung sowie Verwaltungsrichtlinien zur beruflichen Bildung. Von den wichtigen Angelegenheiten, in denen der Berufsbildungsausschuss zu unterrichten ist, seien beispielhaft die Zahl und Art der der zuständigen Stelle angezeigten Maßnahmen der Berufsausbildungsvorbereitung und beruflichen Umschulung sowie der eingetragenen Berufsausbildungsverhältnisse genannt. Die Aufzählung der wichtigen Angelegenheiten im Berufsbildungsgesetz ist nicht abschließend (vgl. „insbesondere“ in § 79 Abs. 2 und 3 BBiG). Die Anhörung des Ausschusses muss jeweils vor der Entscheidung der IHK über den Gegenstand erfolgen, die Unterrichtung kann auch nachträglich vorgenommen werden. Auch nach der BBiG-Reform ist offensichtlich, dass es sich bei den Anhörungs- und Unterrichtungsgegenständen grundsätzlich nicht um Angelegenheiten der laufenden Verwaltung oder um Einzelfälle handeln kann, es sei denn, dass ein solcher Fall ausnahmsweise von beispielhafter Bedeutung ist und zu einer allgemeinen Erörterung Anlass gibt. Der Ausschuss kann also nicht einzelne Verwaltungsvorgänge an sich ziehen, die interne Verwaltung der IHK regeln oder als Beschwerdeinstanz oder als Überwachungsorgan zu wirken versuchen. Zu den Angelegenheiten in diesem Sinne zählt auch nicht eine Meinungsbildung der Vollversammlung zu allgemeinen Bildungsfragen, etwa zur Verlängerung der Schulzeit, zum Verhältnis Schule/Berufsschule oder zu einer Berufsbildungsumlage. Der Berufsbildungsausschuss hat nicht die Aufgabe, die Meinungsbildung der Kammerorgane in Bildungsfragen, die das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft berühren, zu beeinflussen oder die Kammerorgane in dieser Hinsicht von ihm abhängig zu machen. Bei derartigen bildungspolitischen Äußerungen handeln die IHKs vielmehr im Rahmen des § 1 Abs. 1 IHKG, während der Berufsbildungsausschuss nur der Durchführung des BBiG dient.
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Wenn allerdings die IHK aufgrund ihrer internen Meinungsbildung eigene Maßnahmen in die Wege leiten wollte, z.B. die Errichtung einer eigenen Handelsschule plant, weil ihr die öffentlichen Schulen nicht ausreichend erscheinen, dann müsste dazu vorher der Berufsbildungsausschuss unterrichtet werden. Auch die Errichtung oder Schließung von Lehrwerkstätten der IHK gehört dazu. Dabei spielt es für die Pflicht zur Unterrichtung des Berufsbildungsausschusses keine Rolle, ob solche Handelsschulen oder Lehrwerkstätten in privatrechtlicher Form von der IHK errichtet und betrieben werden. Eine Anhörung des Ausschusses ist nach § 79 Abs. 3 Nr. 6 BBiG nicht erforderlich.
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Zu den Angelegenheiten der beruflichen Bildung gehören neben dem eigentlichen Ausbildungsbereich auch die Berufsausbildungsvorbereitung, die Fortbildung und die Umschulung, soweit sich die IHK dieser Bereiche annimmt. Äußert sich die Vollversammlung etwa dahin, dass Umschulungsmaßnahmen der Arbeitsverwaltung aus volkswirtschaftlichen Gründen erwünscht oder auch unerwünscht seien, so ist sie darin frei. Will sie aber beschließen, Umschulungsmaßnahmen selbst durchzuführen, so wäre das eine Angelegenheit, zu der der Berufsbildungsausschuss zu hören wäre (§§ 58 ff., 79 Abs. 2 BBiG). Selbstverständlich kann eine solche Anhörung zu Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen, welche die IHK plant, nur die Grundsatzfragen festlegen, aber nicht im Einzelnen auf Lehrgangsprogramme und Inhalte, auf Dozenten und deren Vergütung oder die Höhe der Lehrgangsentgelte eingehen; solche organisatorischen Durchführungsmaßnahmen gehören nicht mehr zu den wichtigen Angelegenheiten, sondern sind laufende Angelegenheiten der Geschäftsführung.
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Anhören bedeutet Konsultieren; die IHK kann sich also nicht damit begnügen, solche Angelegenheiten dem Ausschuss zu notifizieren; sie muss vielmehr seine Meinung hierzu einholen und sich mit ihr auseinander setzen. Bei der Unterrichtung genügt hingegen die Weitergabe der Informationen, die zum Verständnis des Sachverhalts notwendig sind (Herkert/Töltl, BBiG, § 79 Rz. 9–14; Braun/Mühlhausen/Munk/Stück, BBiG, § 58 Rz. 11–12; Leinemann/Taubert, BBiG, § 79 Rz. 14). Soweit der Ausschuss anzuhören oder zu unterrichten ist, kann er seine Meinung zwar in Form von Beschlüssen fassen; diese Beschlüsse haben jedoch rechtlich nur die Bedeutung einer Stellungnahme, Anregung oder Meinungsäußerung – sie ermangeln der rechtlichen Verbindlichkeit 404
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gegenüber der IHK, obwohl die IHK sich vom Begriff der Konsultation her gehalten fühlen wird, einer übereinstimmenden Willensäußerung des Ausschusses Beachtung zu schenken. Rechtlich sind die zuständigen Kammerorgane jedoch in ihrer Entscheidung frei. Aus dieser Pflicht, den Ausschuss zu unterrichten und zu hören, folgt jedoch kein Auskunftsrecht des Einzelmitglieds, etwa zu den Fragen, wer als Prüfer in einen Ausschuss berufen ist und wie viele Ausschüsse für welchen Ausbildungsberuf bestehen (VG Karlsruhe EzB BBiG § 58 Nr. 7). Einzelne Mitglieder des Berufsbildungsausschusses können nicht das dem Ausschuss als Ganzes verliehene Unterrichtungs- bzw. Anhörungsrecht etwa im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage geltend machen (BVerwG GewArch 2004, 331; VG Aachen EzB-VjA BBiG § 58 Nr. 14; siehe auch Rickert, GewArch 2004, 369). Nur der Gesamtausschuss kann mit Stimmenmehrheit die IHK um eine Auskunft bitten, wobei die IHK jedoch von sich aus noch zu prüfen hat, ob es sich tatsächlich um eine wichtige Angelegenheit der Berufsbildung im Sinne der Durchführung des Gesetzes handelt und ob nicht etwa datenschutzrechtliche oder andere Vorschriften einer sehr detailliert gewünschten Auskunft entgegenstehen. Hier ist besonders streng die Grenze zu beachten, die zwischen einer allgemeinen Auskunft, welche für eine Beschlussfassung des Ausschusses ausreicht, und einer Kontrolle der Einzelvorgänge zu ziehen ist.
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Neu seit der BBiG-Reform von 2005 ist § 79 Abs. 1 Satz 2 BBiG. 23 Demnach hat der Berufsbildungsausschuss im Rahmen seiner Aufgaben auf eine stetige Entwicklung der Qualität der beruflichen Bildung hinzuwirken. Von den Gewerkschaften werden auf der Grundlage dieser Norm zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität in Betrieben, Berufsschulen und den IHKs gefordert. Zum Teil wird die Qualitätsentwicklung selbst zur „wichtigen Angelegenheit“ erhoben (Laskies/Nehls, BBiG, § 79 Rz. 9; Wohlgemuth, BBiG, § 79 Rz. 2a, 2b). Die Gesetzessystematik wie auch die Gesetzesmaterialien sprechen jedoch gegen diese Auffassung. Die Qualitätsentwicklung ist vielmehr ein Thema, das die Arbeit an den „wichtigen Angelegenheiten“ ständig begleiten soll. Der Gesetzgeber wollte die Bedeutung der Qualitätssicherung und deren stetige Entwicklung für die Berufsbildung unterstreichen und darüber hinaus eine verbindliche Leitlinie für die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben (also das Formulieren von Meinungen im Rahmen von Anhörung und Unterrichtung in Wurster 405
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wichtigen Angelegenheiten) schaffen (vgl. BT-Drs. 15/4752, § 79; Gedeon/Hurlebaus, BBiG, § 79 Rz. 68). b) Erlass von Rechtsvorschriften 24
Eine Besonderheit gilt nach § 79 Abs. 4 BBiG für die von der IHK zu erlassenden Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der beruflichen Bildung. Über diese hat der Ausschuss in eigener Zuständigkeit zu beschließen; insoweit tritt er an Stelle der Vollversammlung als Beschlussorgan der IHK – es handelt sich hier also im Gegensatz zu den Beschlüssen im Rahmen von § 79 Abs. 2 und 3 BBiG um „echte“ Beschlüsse (vgl. Rz. 21 und Herkert/Töltl, BBiG, § 79 Rz. 39; Wurster, Berufsbildungsgesetz von A bis Z, 23). Diese Zuständigkeit ist jedoch ausdrücklich auf Rechtsvorschriften beschränkt; Rechtsvorschriften sind nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts Vorschriften mit Außenwirkung, d.h. mit bindender Wirkung für und gegen Dritte. Sie werden auch als Satzungen bezeichnet und stellen einen Ausfluss des Selbstverwaltungsrechts der IHK dar. Hierzu gehören insbesondere die Prüfungsordnungen nach den §§ 47, 56 Abs. 1 und 62 Abs. 3 BBiG wie auch die Fortbildungs- und Umschulungsprüfungsregelungen (§§ 54, 59 BBiG), soweit nicht bei Fortbildung und Umschulung der Verordnungsgeber von seinen Verordnungsbefugnissen Gebrauch gemacht hat (§§ 53, 58 BBiG). Dadurch unterscheiden sie sich von den sog. Verwaltungsvorschriften oder Verwaltungsrichtlinien, die nur interne Weisungen darstellen, nach denen die in der IHK Tätigen – zumeist in einem gewissen Ermessensrahmen – verwaltungsmäßig zu verfahren haben. Solche Verwaltungsrichtlinien können jedoch „wichtige Angelegenheiten“ i.S.v. § 79 Abs. 1 BBiG darstellen, sodass die Kammer gemäß § 79 Abs. 2 Nr. 1 BBiG ihretwegen den Ausschuss anzuhören, d.h. seine Meinung zu erfragen hat. Für Rechtsvorschriften nach § 9 BBiG bleibt praktisch kein Raum mehr, nachdem die Rechtsprechung entsprechende Versuche der IHKs, unbestimmte Rechtsbegriffe durch Satzung festzulegen oder den Auszubildenden die Führung eines Berichtsheftes oder die Benutzung eines bestimmten Vertragsformulars vorzuschreiben, unterbunden hat (vgl. OVG Rheinland-Pfalz GewArch 1974, 347). § 9 BBiG rechtfertigt deshalb heute nur noch Verwaltungsgrundsätze der IHKs, zu denen der Berufsbildungsausschuss in der Regel nach § 79 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vorher zu hören ist. Pflichten Dritter 406
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können damit nicht begründet werden. Das VG Hamburg billigt der IHK allerdings über den Satzungserlass nach §§ 9, 79 Abs. 4 BBiG die Befugnis zur Abnahme freiwilliger Zusatzprüfungen zu, soweit diese streng von den Abschlussprüfungen in anerkannten Ausbildungsberufen getrennt werden, VG Hamburg EzB BBiG § 44 Nr. 7. Nicht der formellen Beschlussfassung durch den Berufsbildungsausschuss unterliegen auch Einzelentscheidungen der IHK, z.B. im Zulassungs- oder Prüfungsbereich. Hier bleibt die Zuständigkeit der IHK bzw. ihrer Prüfungsausschüsse unberührt. Soweit der Ausschuss Beschlüsse fasst, die über seine Zuständigkeit hinausgehen oder in anderer Weise gegen Recht oder Satzung verstoßen, kann die IHK durch ihren Präsidenten und Hauptgeschäftsführer bei dem Ausschuss ihre Bedenken anmelden. Bleibt hinsichtlich des (nach Ansicht der Kammer) unrechtmäßigen Beschlusses der Dissens erhalten, so könnte die IHK dessen Ausführung verweigern. Es bliebe dann dem Ausschuss oder den im Ausschuss vertretenen Gruppen belassen, bei der Aufsichtsbehörde geltend zu machen, dass sich die IHK damit ihrerseits unrechtmäßig verhalte. Falls die Aufsichtsbehörde dieser Ansicht beitritt und das Verhalten der IHK beanstandet, wäre gegen diese aufsichtsrechtliche Verfügung der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, sodass die IHK dann Verwaltungsklage erheben könnte. Verweigert die Aufsichtsbehörde ein Einschreiten aus Rechtsgründen, so wäre hiergegen eine Verpflichtungsklage nicht gegeben. Die Auseinandersetzung könnte aber auch in Form eines Organstreits ausgetragen werden (vgl. § 6 Rz. 3).
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c) Beschlüsse mit finanziellen Auswirkungen Soweit Beschlüsse des Ausschusses finanzielle Auswirkungen haben, bedürfen sie für ihre Wirksamkeit der Zustimmung der Vollversammlung als des für den Wirtschaftsplan zuständigen Organs der IHK (§ 79 Abs. 5 BBiG). Von der Beschlusszuständigkeit des Ausschusses bleibt die Finanzhoheit der IHK und die Zuständigkeit der Vollversammlung für den Wirtschaftsplan unberührt. Jede Mehrausgabe im laufenden Geschäftsjahr bedeutet eine Änderung des Wirtschaftsplanes und bedarf deshalb der Zustimmung der Vollversammlung. Aber auch Beschlüsse, die erst in der Folge zu nicht unwesentlichen Mehrausgaben führen, bedürfen von vornWurster 407
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herein der Zustimmung der Vollversammlung, damit deren künftige Entscheidungsfreiheit nicht eingeengt wird (§ 79 Abs. 5 Satz 2 BBiG). Der Vergleich findet dabei zwischen den bisherigen Wirtschaftsplanansätzen für den Bereich der Berufsbildung und den durch die Beschlüsse entstehenden Mehrausgaben statt. d) Geschäftsordnung 27
DIHK und DGB erarbeiten in der Regel gemeinsam eine Mustergeschäftsordnung für die Berufsbildungsausschüsse der IHKs. Dies ist zuletzt im November 2006 geschehen. Da sich jeder Ausschuss seine Geschäftsordnung selbst gibt, sind jedoch Abweichungen von der Empfehlung möglich. Der Ausschuss kann in der Geschäftsordnung die Bildung von Unterausschüssen vorsehen und bestimmen, dass ihnen nicht nur Mitglieder des Ausschusses angehören (§ 80 BBiG). Die Bezugnahme auf § 77 Abs. 2 BBiG hat zur Folge, dass auch die Mitglieder von Unterausschüssen von der nach Landesrecht für die Berufung der Ausschussmitglieder zuständigen Behörde, d.h. vom Minister (Senator) berufen werden müssen; aus der gleichen Vorschrift folgt, dass für die Arbeitnehmervertreter auch nicht der Berufsbildungsausschuss, sondern die in § 77 Abs. 2 BBiG angeführten Gewerkschaften und andere Vereinigungen vorschlagsberechtigt sind. Für die Abberufung gilt § 77 Abs. 3 BBiG. Da die Unterausschüsse bei diesem Verfahren praktisch recht unbeweglich wären, wird der Berufsbildungsausschuss es vielfach vorziehen, aus seinen eigenen Reihen Arbeitskreise zu bilden. Für die Mitglieder der Unterausschüsse ist – ebenso wie für die Ausschussmitglieder – eine Entschädigung für bare Auslagen und Zeitversäumnis zu zahlen. Die IHKs werden die Entschädigung für die Mitglieder der Unterausschüsse zweckmäßigerweise in den Entschädigungsregeln für den Ausschuss selbst mitregeln. Unterausschüsse können schon begrifflich nur der Vorbereitung der Beratung im gesamten Berufsbildungsausschuss dienen. Eine abschließende Stellungnahme oder der Beschluss von Rechtsvorschriften kann nicht an sie delegiert werden. Die Geschäftsordnung des Berufsbildungsausschusses kann im Übrigen auch nicht in die gesetzlichen und satzungsmäßigen Zuständigkeiten der Kammerorgane eingreifen. Deshalb können Präsident und Hauptgeschäftsführer kraft Gesetzes und Kammersatzung jederzeit auch an den Sitzungen des Berufsbildungsausschusses teilnehmen, zumal sie in erster Linie die Pflicht zur Un408
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Stellung des Berufsbildungsausschusses innerhalb der IHK
terrichtung und Anhörung haben und beispielsweise rechtliche Bedenken gegen vorgesehene Rechtsvorschriften oder Beschlüsse vorzutragen haben. Ebenso wenig kann sich der Berufsbildungsausschuss eine eigene Geschäftsführung oder ein eigenes Sekretariat zulegen, weil die Geschäftsführung von IHK-Ausschüssen in der Hand der IHK-Geschäftsführung liegt. Schließlich kann der Berufsbildungsausschuss auch keine eigene Öffentlichkeitsarbeit treiben, etwa Pressekonferenzen geben oder Pressemitteilungen herausgeben; dies ist nur mit Zustimmung von Präsident und Hauptgeschäftsführer möglich, denen dieses Recht der Vertretung der IHK nach außen zusteht (§ 7 Abs. 2).
5. Stellung des Berufsbildungsausschusses innerhalb der IHK Der Berufsbildungsausschuss ist ein Organ der IHK (vgl. § 6 Rz. 2) und nicht in seiner Stellung neben der IHK verselbständigt; dies ergibt sich eindeutig aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Nichtgeltung von § 77 Abs. 1 und 2 BBiG für die Kirchen (BVerfGE 72, 278 = EzB BBiG § 56 Nr. 4). Er wirkt mit seiner Arbeit innerhalb der IHK, d.h. wendet sich mit seinen Empfehlungen an die zur Beschlussfassung berufenen Organe der Kammer – Vollversammlung oder Präsidium – und begründet mit seinen Beschlüssen, soweit hierzu § 79 Abs. 4 BBiG eine Grundlage bietet, statutarisches Recht (Satzungsrecht der IHK). Der Ausschuss kann also kein Eigenleben außerhalb der IHK, etwa im Verkehr mit anderen Kammern oder deren Ausschüssen, oder mit Landes- und Bundesdienststellen entwickeln. Die geschäftliche Besorgung der Ausschussarbeit obliegt der IHK-Geschäftsführung; von der Sache her wird hierfür meist der für die berufliche Bildung zuständige Bereichsleiter oder ein von ihm Beauftragter in Betracht kommen. Der Hauptgeschäftsführer oder ein von ihm Beauftragter ist berechtigt, an den Sitzungen des Ausschusses teilzunehmen. Häufig ist ein solches Recht durch die Satzung für sämtliche IHK-Ausschüsse – damit also auch für den Berufsbildungsausschuss – ausdrücklich bestätigt; soweit die Satzung hierzu nichts enthält, ergibt sich ein solches Recht aber aus dem Sachzusammenhang, nämlich aus der Verpflichtung der IHK, den Ausschuss in wichtigen Angelegenheiten zu unterrichten bzw. anzuhören, da es dem Hauptgeschäftsführer als dem letztlich für die Kammerarbeit Verantwortlichen nicht genommen werden Wurster 409
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Datenschutz
kann, diese Verpflichtungen der IHK gegenüber dem Ausschuss selbst wahrzunehmen.
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(1) Zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben dürfen die Industrie- und Handelskammern die Daten nach § 14 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 der Gewerbeordnung bei den Kammerzugehörigen erheben, soweit diese Daten ihnen nicht von der zuständigen Behörde übermittelt worden sind. Darüber hinaus dürfen sie Daten über angebotene Waren und Dienstleistungen sowie über die Betriebsgrößenklasse bei den Kammerzugehörigen erheben. Auskunftspflichtig sind die Inhaber oder diejenigen, die allein oder zusammen mit anderen zur gesetzlichen Vertretung einer kammerzugehörigen juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personenmehrheit befugt sind. Auskunftspflichtig sind auch besonders bestellte Bevollmächtigte und in das Handelsregister eingetragene Prokuristen von Kammerzugehörigen. (2) Die Industrie- und Handelskammern und ihre Gemeinschaftseinrichtungen, die öffentliche Stellen im Sinne des § 2 Abs. 2 des Bundesdatenschutzgesetzes sind, sind berechtigt, zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit und zur Festsetzung der Beiträge der Kammerzugehörigen Angaben zur Gewerbesteuerveranlagung, wie sie auch zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 erforderlich sind, sowie die nach § 3 Abs. 3 erforderlichen Bemessungsgrundlagen bei den Finanzbehörden zu erheben. (3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Daten dürfen von den Industrie- und Handelskammern und ihren Gemeinschaftseinrichtungen verwendet werden, soweit dies zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Andere als die in Satz 1 genannten Daten dürfen sie nur erheben und verwenden, soweit eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet. (3a) Die Industrie- und Handelskammern dürfen Name, Firma, Anschrift und Wirtschaftszweig ihrer Kammerzugehörigen sowie die übrigen in Absatz 1 genannten Daten an andere Industrie- und Handelskammern auf Ersuchen oder durch Abruf im automati-
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Datenschutz
sierten Verfahren übermitteln, soweit dies für die Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich ist. (4) Die Industrie- und Handelskammern dürfen Name, Firma, Anschrift und Wirtschaftszweig von Kammerzugehörigen zur Förderung von Geschäftsabschlüssen und zu anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Zwecken an nichtöffentliche Stellen übermitteln. Die übrigen in Absatz 1 genannten Daten dürfen zu den in Satz 1 genannten Zwecken an nichtöffentliche Stellen übermittelt werden, sofern der Kammerzugehörige nicht widersprochen hat. Auf die Möglichkeit, der Übermittlung der Daten an nichtöffentliche Stellen zu widersprechen, sind die Kammerzugehörigen vor der ersten Übermittlung schriftlich hinzuweisen. Daten über Zugehörige anderer Kammern hat die Industrie- und Handelskammer nach Übermittlung an die nichtöffentliche Stelle unverzüglich zu löschen, soweit sie nicht zur Erfüllung der ihr nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich sind. An Bewerber für die Wahl zur Vollversammlung nach § 5 dürfen zum Zweck der Wahlwerbung die in Satz 1 genannten Daten über Wahlberechtigte aus ihrer jeweiligen Wahlgruppe übermittelt werden. Der Bewerber hat diese Daten nach der Durchführung der Wahl unverzüglich zu löschen. Dritte, an die Daten übermittelt werden, dürfen diese Daten nur für den Zweck verwenden, zu dessen Erfüllung sie ihnen übermittelt werden. (5) (aufgehoben) (6) Für das Verändern, Sperren oder Löschen der nach den Absätzen 1 und 2 erhobenen Daten sowie die Übermittlung der Daten nach Absatz 1 an öffentliche Stellen gelten die Datenschutzgesetze der Länder. Für die Übermittlung der Daten an andere Industrie- und Handelskammern durch Abruf im automatisierten Verfahren nach Absatz 3a gilt § 10 des Bundesdatenschutzgesetzes entsprechend. Rz. 1. Entstehungsgeschichte . . . . .
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2. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . .
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3. § 9 im Rahmen allgemeiner Datenschutzregelungen . . . . a) Allgemeiner Datenschutz . .
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Rz. b) § 9 als bereichsspezifische Sonderregelung für die IHKs .
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4. Datenerhebung (§ 9 Abs. 1) . . 9 a) Daten aus den Gewerbeanzeigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 b) Daten über Waren und Dienstleistungen . . . . . . . . . . . 13
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Datenschutz Rz.
c) Auskunftspflicht . . . . . . . . . . 14 5. Erhebung von Beitragsbemessungsgrundlagen (§ 9 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . 15 6. Nutzung der Daten durch die IHKs (§ 9 Abs. 3). . . . . . . . 17 7. Übermittlung von Daten an andere IHKs (§ 9 Abs. 3a) . . . 19 8. Übermittlung von Daten an nichtöffentliche Stellen (§ 9 Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Rz. a) Datenübermittlung . . . . . . . . b) Nichtöffentliche Stellen . . . . c) Zweckbindung der Übermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Umfang der Datenübermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) § 9 Abs. 4 – Wahlen . . . . . . . .
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9. Datenübermittlung an Behörden und andere öffentliche Stellen (§ 9 Abs. 6) . . . . 36 10. Informationsfreiheitsgesetze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Literaturauswahl: Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz [BDSG], 8. Aufl. 2005.
1. Entstehungsgeschichte 1
Die §§ 9 und 10 enthielten ursprünglich Vorschriften, welche der Rechtsvereinheitlichung bei der Umbildung der beim Inkrafttreten des IHKG bereits bestehenden Industrie- und Handelskammern unterschiedlicher Strukturen und Rechtsformen zu Industrie- und Handelskammern im Sinne dieses Gesetzes dienten. Diese Umbildung ist inzwischen überall abgeschlossen, so dass diese Vorschriften obsolet geworden sind.
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Durch das Gesetz zur Änderung von Gesetzen auf dem Gebiet des Rechts der Wirtschaft v. 21. 12. 1992 (BGBl. I, 2133) wurde der § 9 als bereichsspezifische Datenschutzregelung eingeführt. Die ursprünglich im Regierungsentwurf (BT-Drs. 605/92) auf die Erhebung der zur Beitragsfestsetzung erforderlichen Bemessungsgrundlagen beschränkte Vorschrift wurde im Gesetzgebungsverfahren auf andere Bereiche der Datenerhebung und -verarbeitung erweitert. Seine jetzige Fassung erhielt die Vorschrift durch das zweite Gesetzt zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246).
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§ 9 im Rahmen allgemeiner Datenschutzregelungen
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2. Vorbemerkung § 9 stellt eine datenschutzrechtliche Sonderregelung für die IHKs dar, durch welche die Anwendung der für sie geltenden allgemeinen Datenschutzvorschriften, insbesondere der zulässige Rahmen der Datenverarbeitung, bereichsspezifisch geregelt wird. Eine Kommentierung dieser Sonderregelung muss auf der Grundlage der allgemeinen Datenschutzregelungen in ihrer von der Rechtsprechung und Literatur geprägten Ausformung erfolgen, ohne dass jedoch diese Vorschriften selbst ausführlich dargestellt und kommentiert werden können. Es wird lediglich eine kurze, dem besseren Verständnis der Sonderregelung dienende Einführung in die Grundzüge des Datenschutzrechts gegeben; im Übrigen muss auf die einschlägige Literatur verwiesen werden.
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3. § 9 im Rahmen allgemeiner Datenschutzregelungen a) Allgemeiner Datenschutz aa) Die IHKs unterliegen als juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht eines Landes unterstehen, den Datenschutzgesetzen dieses Landes (§ 2 Abs. 2 BDSG). Da das BDSG für öffentliche Stellen der Länder nur subsidiär gilt, nämlich nur insoweit, als der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 BDSG), findet das BDSG auf die IHKs keine Anwendung, weil in allen Bundesländern Datenschutzgesetze bestehen (Gola/Schomerus, § 1 Rz. 19 – die im Folgenden zitierten §§ des BDSG stimmen zumeist inhaltlich mit den entsprechenden Regelungen in den Landesdatenschutzgesetzen [LDSG] im Wesentlichen überein).
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Die Datenschutzgesetze sind Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (Gola/Schomerus, § 1 Rz. 4) und können bei Verstößen Schadenersatzansprüche begründen; außerdem gewähren die Gesetze selbst dem Betroffenen Schadenersatzansprüche, wenn öffentliche oder nichtöffentliche Stellen in unzulässiger Weise seine personenbezogenen Daten verarbeiten (vgl. §§ 7, 8 BDSG). Die Betroffenen haben einen Auskunftsanspruch gegenüber der speichernden Stelle (§ 19 BDSG) und können ggf. eine Berichtigung, Löschung und Sperrung unzulässigerweise gespeicherter personenbezogener Daten verlangen (§ 20 BDSG). Sie haben außerdem das Recht, sich an die Datenschutzbeauftragten zu wenden,
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welche die Einhaltung der Vorschriften durch die öffentlichen Stellen überwachen und dabei weitgehende Einsichts- und Vorlagerechte haben (§§ 21 ff. BDSG). Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben gegenüber öffentlichen Stellen ein Beanstandungsrecht; richtet sich eine Beanstandung an eine öffentlich-rechtliche Körperschaft oder Anstalt, so unterrichtet der Datenschutzbeauftragte auch die zuständige Aufsichtsbehörde (§ 25 Abs. 1 Ziff. 4 BDSG). 6
bb) Zweck datenschutzrechtlicher Regelungen ist der Schutz des Persönlichkeitsrechts, wie es in dem vom BVerfG (BVerfGE 65, 1) geprägten Begriff des „Rechts auf informationelle Selbstbestimmung“ seinen Ausdruck findet (Gola/Schomerus, § 1 Rz. 6). Die Datenschutzgesetze regeln alle Arten des „Umgangs“ mit personenbezogenen Daten unter Verwendung einer automatisierten Datei, d.h. das Erheben, Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren, Löschen und Nutzen von Daten (vgl. Gola/Schomerus, § 3 Rz. 23 ff.), wobei im öffentlichen Bereich unter bestimmten Umständen auch Akten einer automatisierten Datei gleichgestellt sind (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BDSG).
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Schutzgegenstand des Datenschutzes sind nur „personenbezogene Daten“, die als Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse von natürlichen Personen (vgl. § 12 des Gesetzes über Statistik für Bundeszwecke; § 203 Abs. 2 StGB) definiert werden. Personenbezogen sind also nur die Daten, die sich auf eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person beziehen. Juristische Personen (z.B. Kapitalgesellschaften, eingetragene Vereine) und Personengesellschaften (z.B. OHG, KG, BGB-Gesellschaft) genießen nicht den Schutz der Datenschutzgesetze (OLG Karlsruhe DuD 1983, 229), wohl aber deren Mitglieder, soweit Angaben über die Gesellschaft auf sie „durchschlagen“, d.h. ein Bezug der Angaben zu einer bestimmten hinter der Gesellschaft stehenden natürlichen Person hergestellt werden kann (Gola/Schomerus, § 3 Rdn. 11). Personenbezogene Daten dürfen von öffentlichen Stellen nur genutzt werden, wenn eine Rechtsvorschrift dieses erlaubt oder anordnet oder soweit der Betroffene schriftlich eingewilligt hat; für die Einholung der Einwilligung und ihre Form enthalten die Datenschutzgesetze besondere Regelungen (vgl. § 4a BDSG).
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Datenerhebung
b) § 9 als bereichsspezifische Sonderregelung für die IHKs Die IHKs benötigen für die Erfüllung ihrer Aufgaben eine Vielzahl 8 von Daten, die ihnen zum Teil von anderen öffentlichen Stellen zugeleitet werden (z.B. von den Gewerbe-/Ordnungsämtern und den Finanzbehörden), zum Teil auch von den IHKs selbst erhoben werden. § 9 regelt die Zulässigkeit der Datenerhebung und der Datenverarbeitung speziell für die IHKs. Diese kammerspezifische Datenschutzregelung ist eine eigenständige Regelung und steht zu anderen datenschutzrechtlichen Regelungen im Verhältnis von Spezial- und Grundnorm: Soweit § 9 eine Regelung trifft, gilt diese vorrangig vor anderen Vorschriften; soweit weder in § 9 noch in anderen speziellen Vorschriften eine Regelung enthalten ist, gelten subsidiär die jeweiligen Landesdatenschutzgesetze.
4. Datenerhebung (§ 9 Abs. 1) a) Daten aus den Gewerbeanzeigen § 9 Abs. 1 Satz 1 gestattet den IHKs, zur Erfüllung der ihnen nach dem IHKG übertragenen Aufgaben die Daten nach § 14 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 GewO bei den Kammerzugehörigen zu erheben, soweit ihnen diese Daten nicht von der zuständigen Stelle, in diesem Fall also den Gewerbe-/Ordnungsämtern, übermittelt worden sind. Der Gesetzgeber will mit dieser Vorschrift zum Ausdruck bringen, dass die IHKs die Daten erheben können, welche die Gewerbe-/Ordnungsämter auch von sich aus nach § 14 Abs. 9 Satz 1 Ziff. 1 GewO den IHKs regelmäßig übermitteln dürfen. Die in Betracht kommenden Daten ergeben sich aus § 14 Abs. 4 GewO, insbesondere aus den der GewO als Anlage beigefügten Formularmustern für die Gewerbeanmeldung (Anlage 1), Gewerbeummeldung (Anlage 2) und Gewerbeabmeldung (Anlage 3). Alle Feldnummern dieser Formularmuster (mit Ausnahme des Unterschriftsfeldes) dürfen den IHKs übermittelt und von ihnen selbst erhoben werden. Es handelt sich im Einzelnen um Angaben über Name, Ort und Nummer der Handelsregistereintragung; Vor- und Zunamen des Gewerbetreibenden (Gesellschafters einer Personengesellschaft/Geschäftsführers einer juristischen Person); Geburtsdatum und -ort sowie Staatsangehörigkeit, Anschrift, Telefon- und Faxnummer des Gewerbetreibenden (Gesellschafters einer Personengesellschaft/Geschäftsführers einer juristischen Person); Vor- und Zunamen der vertretungsberechtigten PerKarstedt-Meierrieks
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son(en); Anschrift der jetzigen und früheren Betriebsstätte, Anschrift der Hauptniederlassung; Art der angemeldeten gewerblichen Tätigkeit und ihr Beginn; Art des angemeldeten Betriebes (Industrie, Handwerk, Handel, Sonstiges); voraussichtliche Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer; Gegenstand der Anmeldung (Hauptniederlassung, Zweigniederlassung, unselbständige Zweigstelle, Automatenaufstellung, Reisegewerbe); Neuerrichtung oder Übernahme der Betriebsstätte; ggf. Name des früheren Betriebsinhabers; Vorliegen einer Erlaubnis, einer Handwerkskarte, einer Aufenthaltsgenehmigung mit/ohne Beschränkung; Datum der Anmeldung. 10
Bezüglich dieser Daten haben die IHKs ein eigenes Datenerhebungsrecht, von dem sie allerdings nur insoweit Gebrauch machen dürfen, als die Daten ihnen nicht bereits durch die Gewerbeüberwachungsbehörden übermittelt worden sind.
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Die Daten dürfen nur zur Erfüllung der den IHKs nach dem IHKG übertragenen Aufgaben erhoben werden; die IHK-Aufgaben umfassen sowohl die originären Aufgaben nach § 1 Abs. 1 bis 3 (Vertretung des Gesamtinteresses der Wirtschaft, Förderung der gewerblichen Wirtschaft einschl. der Unterhaltung entsprechender Einrichtungen; Unterstützung von Behörden und Gerichten; Wahrung von Anstand und Sitte; Förderung und Durchführung der Berufsbildung; Ausstellung von Wirtschaftsbescheinigungen) als auch übertragene Aufgaben nach § 1 Abs. 4 (vgl. dazu die Ausführungen in § 1 Rz. 165). Die Übertragung weiterer Aufgaben hat zwar durch besondere Gesetze oder Rechtsverordnungen zu erfolgen; sie ist aber ausdrücklich durch § 1 Abs. 4 zugelassen und geregelt, so dass es sich auch bei diesen übertragenen Aufgaben um „nach diesem Gesetz übertragene Aufgaben“ handelt; das ergibt sich im Übrigen auch aus § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GewO, der ausdrücklich die Übermittlung der Daten auch zur Wahrnehmung der nach § 1 Abs. 4 übertragenen Aufgaben zulässt. Soweit allerdings die Daten aus § 14 Abs. 4 GewO zur Erfüllung dieser übertragenen Aufgaben nicht ausreichen, muss die Berechtigung zur Erhebung weiterer Daten in dem übertragenden Gesetz oder der übertragenden Rechtsverordnung geregelt werden.
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Der in Abs. 1 in Bezug genommene § 14 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 GewO ist im Übrigen insofern missglückt, als er § 3 IHKG, der das Beitragswesen regelt, und § 5 IHKG, der sich mit den Wahlen zur 416
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Datenerhebung
Vollversammlung befasst, als Vorschriften aufführt, aus denen sich IHK-Aufgaben ergeben. Das ist jedoch nicht der Fall. Die IHK-Aufgaben – originäre und übertragene – ergeben sich nur aus § 1; bei der Beitragserhebung und der Durchführung von IHKWahlen handelt es sich um (notwendige) organisatorische Maßnahmen, die allenfalls mittelbar der Aufgabenwahrnehmung dienen. Die Bezugnahme auf diese Vorschriften ist jedoch dahin gehend zu interpretieren, dass die Daten auch insoweit übermittelt (und von den IHKs nach § 9 Abs. 1 erhoben) werden können, als sie für die Beitragserhebung und die Durchführung von Wahlen zur Vollversammlung erforderlich sind. b) Daten über Waren und Dienstleistungen Über die sich aus § 14 Abs. 4 GewO ergebenden Daten hinaus können die IHKs nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Daten über die von ihren Kammerzugehörigen angebotenen Waren und Dienstleistungen sowie über die Betriebsgrößenklassen bei ihren Kammerzugehörigen erheben. Auch für diese Daten gilt die Einschränkung des Satzes 1, dass sie nur zur Erfüllung der den IHKs übertragenen Aufgaben erhoben werden dürfen. Diese Voraussetzung ist regelmäßig gegeben, weil die IHKs diese Daten zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft, insbesondere zur Förderung von Geschäftsabschlüssen, und die Daten über die Betriebsgrößenklassen zusätzlich auch zur Beurteilung und Gewichtung von Meinungsäußerungen der Kammerzugehörigen bei der Abgabe von Stellungnahmen und für statistische Zwecke benötigen.
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c) Auskunftspflicht Soweit die IHKs die Daten nach Satz 1 oder 2 selbst erheben, sind nach Satz 3 und 4 der Inhaber und die aufgeführten Personen auskunftspflichtig. Inhaber sind die natürlichen Personen, die das Gewerbe betreiben, sei es als Kleingewerbetreibende, als Einzelkaufleute oder als Gesellschafter einer Personengesellschaft. Auskunftspflichtig sind nunmehr neben den gesetzlichen Vertretern juristischer Personen auch besonders Bevollmächtigte oder im Handelsregister eingetragene Prokuristen. Wenn die Bitte nach Erteilung einer Auskunft nicht erfüllt wird, kann das Auskunftsverlangen als Verwaltungsakt ausgestaltet werden, der notfalls nach
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Datenschutz
den §§ 6 ff. des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes durchgesetzt werden kann.
5. Erhebung von Beitragsbemessungsgrundlagen (§ 9 Abs. 2) 15
Die IHKs sind sowohl für die Feststellung der Kammerzugehörigkeit, die von der Gewerbesteuerpflicht abhängt, vor allem aber für die Erhebung der Beiträge auf die Mitteilung der Gewerbeerträge, der Zerlegungsanteile – und soweit keine Gewerbesteuermessbeträge festgesetzt worden sind – auf die Mitteilung der Gewinne aus Gewerbebetrieb nach dem Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz angewiesen. Die Finanzbehörden sind dazu nach § 31 AO berechtigt und die Landesgesetzgeber können sie dazu nach § 12 Abs. 1 auch verpflichten. In der Praxis werden die Beitragsbemessungsdaten aufgrund entsprechender Erlasse der Landesfinanzminister und aufgrund entsprechender Rahmenvereinbarungen zwischen IHKs und Finanzverwaltungen der Länder überall unmittelbar an die Rechenzentren der IHKs übermittelt, die sie an die einzelnen IHKs weiterleiten (vgl. § 3 Rz. 71).
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§ 9 Abs. 2 regelt spiegelbildlich zum Recht bzw. zur Verpflichtung der Finanzbehörden, die Daten an die IHKs weiterzugeben, das Recht der IHKs, die Beitragsbemessungsdaten bei den Finanzbehörden zu erheben. Die Vorschrift stellt somit eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass die Daten bei den Betroffenen selbst zu erheben sind (vgl. Gola/Schomerus, § 13 Rz. 2). Daneben gibt § 3 Abs. 3 Satz 7 den IHKs bezüglich der Beitragsbemessungsgrundlagen subsidiär zu § 9 Abs. 2 ein eigenes Erhebungsrecht bei den ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden; dies ist vor allem für die Fälle erforderlich, in denen die Finanzbehörden Angaben über die Gewinne aus Gewerbebetrieb nach dem EStG für Firmeninhaber oder Gesellschafter nicht machen können (vgl. § 3 Rz. 71, 72). Die Klarstellung in § 9 Abs. 2, dass auch die Feststellung der Kammerzugehörigkeit eine Rechtfertigung für die Erhebung der Daten bei den Finanzbehörden ist, führt dazu, dass Daten der Finanzbehörden über gewerbesteuerliche Veranlagungen, denen keine Gewerbeanmeldung bei den IHKs entspricht, dennoch von den IHKs erhoben werden dürfen. Sie dürfen insofern zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit verwendet werden, als eine entsprechende 418
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§9
Übermittlung von Daten an andere IHKs
Anfrage beim Betroffenen zulässig ist, um zu klären, ob und welche gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird und ob sich daraus eine IHK-Zugehörigkeit mit einer eventuellen Beitragspflicht ergibt.
6. Nutzung der Daten durch die IHKs (§ 9 Abs. 3) Abs. 3 bezieht sich nur auf den in § 9 geregelten Teilbereich der Grunddaten der Kammerzugehörigen, also die in Abs. 1 geregelten Daten der Gewerbeanmeldungen nach § 14 Abs. 4 GewO und die in Abs. 2 geregelten Beitragsbemessungsgrundlagen. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung weiterer nicht in dieser Vorschrift genannten Daten, bleibt – wie sich aus Satz 2 ergibt – zulässig, soweit andere Rechtsvorschriften das zulassen. So folgt z.B. aus § 71 BBiG i.V.m. den jeweiligen Landesdatenschutzgesetzen die Zulässigkeit der Erhebung und Verarbeitung von Daten der Auszubildenden und der kammerzugehörigen Ausbildungsbetriebe durch die IHKs.
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Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Daten dürfen die IHKs für ihre Zwecke verwenden, soweit dieses zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Unabhängig davon können die IHKs nach Abs. 3 beispielsweise die gespeicherten Anschriften ihrer kammerzugehörigen Unternehmen einer bestimmten Branche verwenden, um ihre Auffassung zu bestimmten sie betreffenden Gesetzesvorhaben zu erfragen oder sie auf rechtliche oder tatsächliche Entwicklungen hinzuweisen, die für diesen Wirtschaftsbereich bedeutsam sind.
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7. Übermittlung von Daten an andere IHKs (§ 9 Abs. 3a) Die neue Vorschrift erweitert nicht die Zulässigkeit der Datenverarbeitung. Sie ermöglicht lediglich den automatisierten Abruf als technischen Vorgang der Datenübermittlung unter den IHKs neben der Einzelabfrage. Hierbei ist jedoch die Zweckbindung – Erfüllung der nach dem IHKG übertragenen Aufgaben – zu beachten. Hierunter fällt nicht nur die Übermittlung zur Klärung von Beitragsfragen, sondern auch, wie sich aus Abs. 4 ergibt, die Weiterleitung der Daten zur Förderung von Geschäftsabschlüssen bzw. andere dem Wirtschaftsverkehr dienende Zwecke. Für den automatisierten Abruf gelten als Rechtsgrundlage nicht die – un-
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Datenschutz
terschiedlichen – Regelungen des LDSG, sondern einheitlich das BDSG (§ 9 Abs. 6).
8. Übermittlung von Daten an nichtöffentliche Stellen (§ 9 Abs. 4) a) Datenübermittlung 20
Abs. 4 regelt die Zulässigkeit und Voraussetzungen der Übermittlung von Daten durch die IHKs an nichtöffentliche Stellen. Übermittlung ist die Bekanntgabe gespeicherter oder durch Datenverarbeitung gewonnener Daten an Dritte entweder durch Weitergabe der Daten an den Empfänger oder durch Bereitstellung der Daten durch die speichernde Stelle und die Einsicht oder den Abruf durch den Empfänger (vgl. Gola/Schomerus, § 3 Rz. 10). Eine Übermittlung liegt auch vor, wenn personenbezogene Daten im Internet bereitgehalten und von dort abgerufen werden. Nach h.M. stellt sich auch die Veröffentlichung von Daten als Übermittlung dar (Gola/Schomerus, § 3 Rz. 33).
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Bei der Behandlung der Frage, welche Daten unter welchen Voraussetzungen übermittelt werden dürfen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nur personenbezogene Daten dem Datenschutz unterliegen. Die Weitergabe von Daten juristischer Personen und von Personengesellschaften unterliegt in der Regel keinen Beschränkungen (vgl. Rz. 7). Dasselbe gilt für die Weitergabe von Daten, welcher der Betroffene in der vorgeschriebenen Form zugestimmt hat. Es empfiehlt sich daher, dass die IHKs sich von ihren Zugehörigen die Einwilligung zur Übermittlung bestimmter Daten zu bestimmten Zwecken geben lassen. Schließlich darf die Kammer Daten übermitteln, wenn eine bereichsspezifische Vorschrift (in diesem Falle Abs. 4) das erlaubt oder darüber hinausgehend auch dann, wenn die für die jeweilige Kammer geltenden allgemeinen Vorschriften des LDSG das zulassen.
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Abs. 4 unterscheidet zwischen Daten, zu deren Weitergabe die IHKs in jedem Fall berechtigt sind, soweit dieses dem Wirtschaftsverkehr dient, und Daten, die zu diesem Zweck nur dann an nichtöffentliche Stellen weitergegeben werden dürfen, wenn der Kammerzugehörige nicht widerspricht.
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Übermittlung von Daten an nichtöffentliche Stellen
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Zu der ersteren Gruppe gehören der Name (bzw. bei Kaufleuten die Firma), die Anschrift und der Wirtschaftszweig des Kammerzugehörigen. Es handelt sich hierbei um Daten, die aus der Sicht des Betroffenen relativ „unsensibel“ sind, weil er sich mit ihnen zur Verwirklichung seines Geschäftszwecks ohnehin freiwillig in die Öffentlichkeit (z.B. bei der Werbung) begibt; andererseits ist die Weitergabemöglichkeit dieser Daten aus der Sicht der IHKs das Minimum dessen, was sie zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken (§ 1 Abs. 1), benötigen und was zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels des Abs. 4, Geschäftsabschlüsse zu fördern, notwendig ist. Bei realistischer Betrachtungsweise müsste zur effektiven Aufgabenwahrnehmung der „unproblematische“ Datenkatalog zumindest um die angebotenen Waren und Dienstleistungen sowie um die Telefon- und Fax-Nummern erweitert werden, weil in der Praxis die Kontaktaufnahme als Vorstufe eines Geschäftsabschlusses aufgrund der angebotenen Waren und Dienstleistungen per Telefon oder Telefax erfolgt und das Fehlen dieser Angaben das bezweckte Zustandekommen von Geschäftsabschlüssen behindert und erschwert. Die E-Mail-Adresse fällt hingegen nicht unter diese Daten.
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Abs. 4 ist als bereichsspezifische Vorschrift vorrangig nur hinsichtlich der in Abs. 1 genannten Daten (zu denen auch die Telefon- und Fax-Nummern gehören). Für die Übermittlung anderer Daten gelten gem. Abs. 3 Satz 2 die allgemeinen Vorschriften des LDSG. Nach den meisten LDSG ist die Übermittlung von Daten aus allgemein zugänglichen Quellen ohne Beschränkungen zulässig. Soweit Handelsregisterdaten im Bundesanzeiger (www.unternehmensregister.de) veröffentlicht worden sind (Datum der HREintragung, Name des Geschäftsführers), ist die Übermittlung dieser Daten nach Maßgabe des jeweils geltenden LDSG zulässig; allerdings kann fraglich sein, inwieweit diese Zulässigkeit durch die Verbindung mit anderen, ebenfalls zur Übermittlung freigegebenen Daten nach Abs. 1 beeinträchtigt wird.
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Ein Widerspruch des Kammerzugehörigen ist hingegen bei der Übermittlung von personenbezogenen Daten zu beachten, die in Abs. 1 genannt und nicht durch Abs. 4 Satz 1 vom Widerspruchsrecht ausgenommen sind, d.h. insbesondere bei Daten über angebotene Waren und Dienstleistungen, die Betriebsgrößenklassen,
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die Telefon- und Fax-Nummer und Ort und Nummer der HR-Eintragung. 26
Die Kammerzugehörigen sind vor der erstmaligen Übermittlung der Daten schriftlich auf die Möglichkeit des Widerspruchs hinzuweisen. Dieses geschieht in der Praxis zumeist in der Weise, dass der Hinweis bereits in dem ersten Schreiben, das ein neuer Kammerzugehöriger von seiner Kammer erhält, erfolgt. Für den Widerspruch selbst ist keine Form vorgeschrieben. Es genügt deshalb auch ein mündlicher/telefonischer Widerspruch, der von der Kammer zu vermerken und zu beachten ist. Dem Kammerzugehörigen sollte eine Frist von ca. zwei Monaten für die Geltendmachung seines Widerspruchs nach Aussendung des Begrüßungsschreibens eingeräumt werden, bevor seine Daten zum ersten Mal an Dritte übermittelt werden. b) Nichtöffentliche Stellen
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Nichtöffentliche Stellen sind alle Empfänger, die nicht gem. § 2 Abs. 1 bis 3 BDSG dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzuordnen sind. Es sind dies natürliche und juristische Personen und Personenvereinigungen des privaten Rechts, die keine hoheitlichen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen (§ 2 Abs. 4 BDSG). Dagegen sind von IHKs getragene Vereinigungen auf Landesebene ungeachtet ihrer Rechtsform nach § 2 Abs. 2 BDSG öffentliche Stellen, soweit diese an der Erledigung einer öffentlichen Aufgabe teilnehmen (Gola/Schomerus, § 2 Rz. 6 ff.); das trifft etwa auf die Kammervereinigungen und Rechenzentren der IHKs auf Landesebene zu (Gola/Schomerus, § 2 Rz. 18). Das gilt aber auch für länderübergreifende Kammervereinigungen, wie den DIHK, die dem LDSG ihres Sitzortes unterliegen (vgl. dazu Gola/Schomerus, § 2 Rz. 15 ff.). c) Zweckbindung der Übermittlung
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aa) Die IHKs dürfen personenbezogene Daten nur übermitteln, wenn der Zweck die Weitergabe legitimiert. Der Grundsatz der Zweckbindung ergibt sich aus dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts (vgl. oben Rz. 6). Der Betroffene soll sich darauf verlassen können, dass seine personenbezogenen Daten nur zu dem Zweck verwendet werden, zu dem sie erhoben worden 422
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Übermittlung von Daten an nichtöffentliche Stellen
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sind. Für eine Verwendung zu anderen Zwecken – insbesondere für die Übermittlung an Dritte – bedarf es einer gesetzlichen Grundlage. Nach allgemeinem Datenschutzrecht ist eine Übermittlung alternativ nur zulässig, wenn sie entweder zur Aufgabenerfüllung der übermittelnden Stelle erforderlich ist oder wenn ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen am Unterbleiben der Übermittlung nicht besteht. Die übermittelnde Stelle trägt die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung und der Empfänger darf die Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden (vgl. dazu insgesamt Gola/Schomerus, § 16 Rz. 5 ff.). Der Abs. 4 konkretisiert diese allgemeine Datenschutzregelung 29 für den Bereich der IHKs, indem er die Übermittlung eines Teils des in Abs. 1 genannten Datenkranzes, nämlich Name (bei Kaufleuten Firma), Anschrift und Wirtschaftszweig, zur Förderung von Geschäftsabschlüssen und im Interesse des Wirtschaftsverkehrs generell gestatten, während die Zulässigkeit der Übermittlung aller anderen in Abs. 1 genannten Daten davon abhängig gemacht wird, dass der Betroffene der Übermittlung nicht widerspricht. Die IHKs handeln bei der Übermittlung von Daten ihrer kammerzugehörigen Unternehmen in Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken (§ 1 Abs. 1), der durch § 9 Abs. 4 für die Datenübermittlung in der Weise konkretisiert wird, dass die Datenübermittlung der Förderung von Geschäftsabschlüssen oder dem Wirtschaftsverkehr dienen muss. Dies gilt auch dann, wenn sich die Kammer für die Übermittlung einer privatrechtlichen Einrichtung oder Vereinigung bedient. Die IHKs können ihre Aufgaben im Rahmen ihrer Organisationsgewalt auch durch privatrechtliche Einrichtungen erfüllen, die sich allerdings in den Grenzen des gesetzlichen Kammerauftrags halten müssen und denselben Beschränkungen und Verpflichtungen unterliegen wie die IHKs selbst (vgl. dazu § 1 Rz. 59). Wie bei den allgemeinen Datenschutzregelungen entsprechend dem § 16 Abs. 1 Ziff. 1 BDSG kommt es, wenn eine öffentliche Stelle die Datenübermittlung im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags vornimmt, nicht darauf an, ob der (nicht-öffentliche) Empfänger Nutzen von oder Interesse an den Daten hat (Gola/Schomerus, § 16 Rz. 10). Das entbindet die IHKs allerdings nicht von ihrer Verantwortung, auf die Zulässigkeit der Übermittlung zu achten. Karstedt-Meierrieks
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Bei der Übermittlung der Daten an bestimmte Empfänger ist die Prüfung der Plausibilität des Zwecks der Übermittlung in der Regel möglich. Da eine Datenübermittlung jedoch auch in Form einer Veröffentlichung (die nach h.M. einer Übermittlung gleichsteht, vgl. Gola/Schomerus, § 3 Rz. 33) erfolgen kann, sind in diesem Fall den IHKs die Empfänger und ihre Interessen nicht bekannt. Da die Übermittlung der Daten jedoch in Erfüllung des gesetzlichen Auftrags der IHKs erfolgt, kommt es darauf nicht an (vgl. Gola/Schomerus, § 16 Rz. 5). Dasselbe muss auch gelten, wenn die Übermittlung im Rahmen einer sog. offenen Datenbank erfolgt, die einem unbeschränkten Empfängerkreis zu den gesetzlich zugelassenen Zwecken zugänglich ist. Das BDSG regelt zwar in § 10 die Voraussetzungen eines automatisierten Abrufverfahrens; ein solches Verfahren – und damit die Anwendbarkeit dieser Vorschrift – ist jedoch nicht gegeben, wenn Art und Umfang der zu übermittelnden Daten allein von der übermittelnden Stelle bestimmt werden (Gola/Schomerus, § 10 Rz. 4). § 10 Abs. 5 BDSG nimmt überdies die offenen Datenbanken, die nicht auf bestimmte Benutzergruppen beschränkt sind, ausdrücklich von der Regelung über den automatisierten Datenabruf aus. Eine besondere Zulassung zu Abrechnungszwecken unter Vergabe einer Benutzeridentifikation, wie z.B. bei Adressdatenbanken und Branchendatenbanken der IHKs, soll allerdings einer offenen Datenbank nicht entgegenstehen. 31
Entscheidend ist in diesen Fällen, dass die IHKs die Übermittlung bzw. die Bereitstellung der Daten im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags und der Zweckbindung vornehmen, wobei sie bei der Veröffentlichung bzw. Bereitstellung allerdings deutlich darauf hinweisen sollten, dass die Daten vom Empfänger nur zur Förderung von Geschäftsabschlüssen und des Wirtschaftsverkehrs genutzt werden dürfen. Die Veröffentlichung bzw. Bereitstellung der Daten zum Abruf ist wegen der Schnelligkeit und Einfachheit der Zugriffsmöglichkeit sowie der Aktualität der Daten der effektivste Weg zur Erreichung des vom Gesetzgeber angestrebten Zieles, Geschäftsabschlüsse und den Wirtschaftsverkehr zu fördern. Die in Abs. 4 aufgeführten Daten sind relativ „unsensibel“ und ihrer Art nach auf die Zweckbindung zugeschnitten und in aller Regel auch nur für diese Zwecke nutzbar. Schließlich liegt die Veröffentlichung bzw. Bereitstellung der Daten zum Abruf offensichtlich auch im Interesse der Betroffenen, so dass von ihrer mutmaß424
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Übermittlung von Daten an nichtöffentliche Stellen
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lichen Einwilligung ausgegangen werden kann; damit wären insoweit sogar die Voraussetzungen für eine Zweckänderung im Sinne des (hier allerdings wegen der Spezialvorschrift des Abs. 4 nicht anwendbaren) § 14 Abs. 2 Ziff. 3 BDSG gegeben. bb) Abs. 4 gestattet die Übermittlung bestimmter Daten der kammerzugehörigen Unternehmen zur Förderung von Geschäftsabschlüssen und zu anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Zwecken. Diese Zweckbestimmung ist sehr weit gefasst und stellt offensichtlich den Versuch dar, den Grundauftrag der IHKs aus § 1 Abs. 1 zu konkretisieren, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken. Bereits der Wortlaut („ … zu anderen …“) macht deutlich, dass das Kriterium der „dem Wirtschaftsverkehr dienenden Zwecke“ der übergeordnete und weiter gehende Begriff ist, zu dem die „Förderung von Geschäftsabschlüssen“ ein Unter- und Sonderfall ist. Dennoch steht in der Praxis die Übermittlung von Daten zur Förderung von Geschäftsabschlüssen eindeutig im Vordergrund. Sie liegt insbesondere vor, wenn IHKs auf Anfrage Daten an Unternehmen übermitteln, welche Bezugsquellen oder Abnehmer für ihre Erzeugnisse suchen. In diesen Bereich fallen aber auch von den IHKs herausgegebene Veröffentlichungen der in ihrem Bezirk ansässigen Unternehmen, aus denen sich die von diesen hergestellten Waren oder angebotenen Dienstleistungen ergeben. Die „Empfänger“ greifen auf diese veröffentlichten Daten zurück, um als Anbieter oder Nachfrager mit den für sie interessanten Unternehmen Kontakt aufzunehmen und Geschäftsverbindungen anzuknüpfen. Denselben Zweck erfüllen von den IHKs eingerichtete Branchendatenbanken, die als offene Datenbank nach § 10 Abs. 5 BDSG zulässig sind (Gola/Schomerus, § 10 Rz. 17). Dem Zweck der Förderung von Geschäftsabschlüssen dient schließlich auch die Weitergabe der Daten an Verlagsunternehmen, die diese in nach bestimmten Gesichtspunkten geordneten Nachschlagewerken zusammenfassen. Die Erwerber der Nachschlagewerke können aus ihnen für sie interessante Lieferund Bezugsmöglichkeiten schnell ermitteln.
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Demgegenüber kommt die Übermittlung von Daten an private Stellen zu anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Zwecken eher selten vor. Auch hier kann die Weitergabe der Daten an Verlagsunternehmen als Beispiel genannt werden, die auf diese Daten angewiesen sind, wenn ihr Geschäftsbetrieb darauf ausgerichtet ist, der Wirtschaft einschlägige Adressen oder Liefer- und Bezugs-
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möglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Ein weiteres Beispiel ist die Veröffentlichung von Daten kooperationswilliger Unternehmen, die auf diese Weise geeignete Kooperationspartner suchen. Die Förderung der Kooperation (soweit sie nicht bereits unter das Merkmal der Förderung von Geschäftsabschlüssen fällt) dient der Steigerung der Leistungsfähigkeit der Unternehmen und damit der Wirtschaftsförderung. In diesen Zusammenhang gehören auch Datenweitergaben zum Zwecke der Warnung vor unseriösen Unternehmen; der Förderauftrag der IHKs beinhaltet auch das Recht, kammerzugehörige Unternehmen vor Risiken und Schäden zu bewahren (vgl. § 1 Rz. 26). Gedeckt durch Abs. 4 ist auch die Weitergabe von Daten im Rahmen der Zuständigkeit zur Ausstellung von dem Wirtschaftsverkehr dienenden Urkunden und Bescheinigungen (vgl. § 1 Rz. 156). Dem Wirtschaftsverkehr dient schließlich auch die Weitergabe von Daten, die zur Einsicht und Weitergabe an Unternehmen in anderen EU-Staaten im Rahmen der Zusammenarbeit mit der EU-Kommission in Form der „Euro-Info-Center“ bestimmt sind. d) Umfang der Datenübermittlung 34
Neben den Daten der eigenen IHK-Mitglieder ist es nunmehr jeder IHK gestattet, auch Daten der Mitglieder anderer IHKs an nichtöffentliche Empfänger zu übermitteln. Hiermit soll anfragenden Unternehmen ermöglicht werden, über eine bestimmte Branche oder einen bestimmten Unternehmensgegenstand eine bundesweit umfassende Datenselektion zu erhalten. Dies dient einer schnellen Wirtschaftsförderung für Existenzgründer. Andererseits wird hierdurch auch den Unternehmen, deren Adressdaten angefragt werden, eine stärkere Verbreitung ihrer Angebote bei möglichst vielen potenzielle Kunden und Geschäftspartnern ermöglicht. Jedoch ist die weitergebende IHK verpflichtet, diese Daten nach der Übermittlung in ihrem Bereich unverzüglich zu löschen, wenn sie sie gespeichert hatte, es sei denn, die Daten werden noch zur Aufgabenerfüllung benötigt. Die Daten anderer IHK-Mitglieder darf die übermittelnde IHK im Rahmen des automatisierten Abrufs von den anderen IHKs erheben (§ 9 Abs. 6 Satz 2).
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Datenübermittlung an Behörden und andere öffentliche Stellen
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e) § 9 Abs. 4 – Wahlen § 9 Abs. 4 Satz 5 übernimmt die Regelung aus der Musterwahlordnung. Danach ist die IHK berechtigt, auf Anfrage eines Bewerbers ihm für die Wahl zur Vollversammlung die Grunddaten (Name, Firma, Anschrift und Wirtschaftszweig) der IHK-Mitglieder aus seiner Wahlgruppe zu übermitteln. Dem Bewerber soll die Möglichkeit gegeben werden, vor Ausübung des passiven Wahlrechts für sich zu werben. Das Übermittlungsmedium sollte daher geeignet sein, den Zweck zu erfüllen.
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Satz 6 erfordert den Hinweis an den Empfänger, dass er die Daten nach Durchführung der Wahl unverzüglich zu löschen hat. Satz 7 nimmt teilweise die Regelung des ehemaligen § 9 Abs. 5 auf. Danach ist der nichtöffentliche Empfänger der Daten verpflichtet, diese nur für den Zweck zu verwenden, für den er sie übermittelt erhalten hat. Die Regelung enthält keine Sanktionsmöglichkeiten für einen Missbrauch. Die IHK ist aber wohl verpflichtet, bei Feststellung eines Missbrauchs diesen zu beanstanden und eine erneute Datenanfrage entsprechend kritisch zu prüfen.
9. Datenübermittlung an Behörden und andere öffentliche Stellen (§ 9 Abs. 6) § 9 enthält für die Übermittlung von Daten innerhalb des öffentlichen Bereichs keine bereichsspezifischen Vorschriften, sondern verweist in Abs. 6 insoweit auf die Datenschutzgesetze der Länder. Nach den meisten LDSG dürfen personenbezogene Daten ohne Einwilligung des Betroffenen nur weitergegeben werden, wenn der Empfänger nachweist, dass er die Daten zu seiner rechtmäßigen Aufgabenerfüllung benötigt und die Daten in zumutbarer Weise nicht beim Betroffenen selbst erheben kann. Dieses wird regelmäßig dadurch geschehen, dass der um Übermittlung nachsuchende Empfänger die Rechtsgrundlage angibt. Die Kammer hat im Rahmen ihrer Verantwortung die Schlüssigkeit des Ersuchens zu prüfen. Dieses gilt auch für Amtshilfeersuchen gem. § 4 VwVfG. Obwohl danach der Empfänger selbst zu prüfen hat, welche Daten er benötigt, entbindet das die übermittelnde Kammer nicht von der Plausibilitätsprüfung.
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Aufgabenübertragung und Zusammenschluss
Der Verweis in Satz 2 auf das BDSG soll für das Verfahren Rechtssicherheit schaffen. Die LDSG sehen unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen für die Zulässigkeit des automatisierten Abrufverfahrens vor. Der klarstellende Hinweis auf das BDSG schafft eine für alle IHKs in gleicher Weise geltende Rechtsgrundlage.
10. Informationsfreiheitsgesetze 37
Neben der datenschutzrechtlichen Auskunftspflicht gegenüber dem Betroffenen über die gesamten Daten, die die IHK über ihn gespeichert hat, treten in einigen Bundesländern Ansprüche nach den Informationsfreiheitsgesetzen (IFG; BVerwG vom 15. 10. 2007 – 7 B 9.07). Sie können von jedermann ohne Pflicht zum Nachweis eines berechtigten Interesses geltend gemacht werden. Allerdings findet dieser allgemeine Auskunftsanspruch seine Grenzen dort, wo entweder Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse durch Offenlegung berührt sind oder wo durch die Information Datenschutzrechte Dritter beeinträchtigt werden können.
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Aufgabenübertragung und öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss
(1) Industrie- und Handelskammern können Aufgaben, die ihnen auf Grund von Gesetz oder Rechtsverordnung obliegen, einvernehmlich einer anderen Industrie- und Handelskammer übertragen oder zur Erfüllung dieser Aufgaben untereinander öffentlichrechtliche Zusammenschlüsse bilden oder sich daran beteiligen. § 1 Abs. 3b bleibt unberührt. (2) Die Rechtsverhältnisse des öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses werden durch Satzung geregelt. Diese muss bestimmen, welche Aufgaben durch den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss wahrgenommen werden. Die Erstsatzung bedarf der Zustimmung der Vollversammlungen der beteiligten Industrie- und Handelskammern. Diese haben die Erstsatzung in der für ihre Bekanntmachungen vorgeschriebenen Form zu veröffentlichen. (3) Die Aufgabenübertragung auf Industrie- und Handelskammern oder auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse mit Sitz in einem anderen Bundesland sowie die Beteiligung an solchen Zu428
Möllering
§ 10
Vorbemerkung
sammenschlüssen ist zulässig, soweit nicht die für die beteiligten Kammern oder Zusammenschlüsse geltenden besonderen Rechtsvorschriften dies ausschließen oder beschränken. (4) Die Regelungen dieses Gesetzes in § 1 Abs. 3a, § 3 Abs. 2, 6, 7a und 8, § 4 Satz 1 und 2 Nr. 1 bis 5, 7 und 8 sowie in den §§ 6 und 7 sind auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse entsprechend anzuwenden. Rz.
Rz.
1. Vorbemerkung. . . . . . . . . . . . .
1
2. Aufgabenübertragung . . . . . .
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3. Öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss . . . . . . . . .
7
5. Die für den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss geltenden Rechtsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
4. Verhältnis zu anderen Regelungen der Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Literaturauswahl: Ammermann, WiVerw 1998, 201; Biernert, Kooperation von Industrie- und Handelskammern in Deutschland und Europa, 2006; Biernert, GewArch 2008, 417.
1. Vorbemerkung Die durch das 4. VwVfÄndG vom 11. 12. 2008 (BGBl. I, 2418) ein- 1 gefügte Vorschrift des § 10 ersetzt den gleichzeitig aufgehobenen § 1 Abs. 4a, der erst durch das IHKG-Änderungsgesetz im Jahre 1998 neu in das IHKG aufgenommen worden war (BGBl. I, 1887) und der den IHKs die Bildung öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse oder die vertragliche Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf andere IHKs erlauben sollte. Eine solche Ermächtigung ist bei hoheitlichen Aufgaben dringend notwendig. Es erweist sich nicht nur als zweckmäßig und kostensparend, die Kammerarbeit auf eine Stelle unter den Kammern zu konzentrieren, die sich auf ein bestimmtes Fachgebiet spezialisieren oder bei Massenvorgängen sinnvoll moderne Datentechnik anwenden kann. In einigen Spezialvorschriften im Gewerberecht und im Berufsbildungsgesetz wurde daher schon seit jeher die Möglichkeit geschaffen, gemeinsame Prüfungsausschüsse zu bilden oder Aufgaben ganz auf andeMöllering 429
§ 10
Aufgabenübertragung und Zusammenschluss
re IHKs zu übertragen (zuletzt § 32 Abs. 2 Umweltauditgesetz vom 4. 9. 2002, BGBl. I, 3490; § 2 und § 5b Abs. 3 BewachV vom 10. 7. 2003, BGBl. I, 1378; § 71 Abs. 9 Berufsbildungsgesetz vom 23. 3. 2005, BGBl. I, 931 zuletzt geändert durch Art. 9b Gesetz vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246 sowie § 2 Abs. 3 und § 18a Versicherungsvermittlungsverordnung vom 15. 5. 2007, BGBl. I, 733). Unverzichtbar sind solche Kooperationsmöglichkeiten insbesondere dann, wenn – wie es heute zunehmend geschieht – die IHKs Aufgaben übertragen bekommen, die EU-Richtlinien entspringen, in denen die Einrichtung von zentralen Ansprechstellen oder Registern verlangt wird, die für den gesamten Mitgliedstaat zuständig sind, oder wenn die Aufgabe aus der Natur der Sache nur bundeseinheitlich erledigt werden kann. Das Umweltauditgesetz hat deshalb in § 32 Abs. 2 angeordnet, dass die Handwerkskammern und IHKs für die ihnen übertragene Registrierung geprüfter Betriebsstandorte und die daraus fließenden Informations- und Veröffentlichungspflichten eine „gemeinsame Stelle“ benennen, die diese Aufgaben bundesweit zentral wahrnimmt. Diese aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Kammern geschaffene „gemeinsame Stelle“ für das EMAS-Register – im konkreten Fall der DIHK – wurde Vorbild für weitere Konstruktionen gleicher Art beim Versicherungsvermittlerregister (§ 11a Abs. 1 GewO) und bei der Stelle zur Hinterlegung der Vollständigkeitserklärungen nach Anlage I zu § 6 VerpackV. Das trifft ebenfalls für das Register nach § 10 VerpackV n.F. zu (zur Bandbreite der Kooperationsmöglichkeiten vgl. Biernert, Kooperation von Industrieund Handelskammern in Deutschland und Europa; Bienert, GewArch 2008, 417; Karpen/Biernert, in: FS für Stober, 371). 2
Das alles ist aber nicht ausreichend. Als defizitär erwies sich auch schon kurz nach ihrem Inkrafttreten die generelle Kooperationsklausel des § 1 Abs. 4a. Das gilt beispielsweise für den Rechtsstatus des öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses. Zwar ist der öffentlich-rechtliche Zusammenschluss nicht ganz neu. Schon das frühere preußische Kammerrecht kannte etwa den „Zweckverband“ mehrerer IHKs (§ 2 Abs. 4 der Verordnung vom 1. 4. 1924 – GS 194; vgl. auch 4. Aufl., S. 248). Zweckverbände im kommunalen Bereich sind in den Landesgesetzen über die kommunale Zusammenarbeit geregelt; sie sind in der Rechtsform öffentlichrechtlicher Körperschaften organisiert. Da allerdings § 1 Abs. 4a selbst nichts über die Rechtsform des „öffentlichen-rechtlichen 430
Möllering
Vorbemerkung
§ 10
Zusammenschlusses“ aussagte, in der Terminologie auf den Begriff „Zweckverband“ verzichtete und auch nicht die typischen Gründungsformalitäten eines Zweckverbandes sowie dementsprechende Regeln für die interne Verfassung vorschrieb (vgl. §§ 9 ff. GkG NW), wurde er teilweise als für die Gründung eines Zweckverbands nicht ausreichend angesehen (vgl. Biernert, Kooperation, 51). Statt des „Zweckverbands“, bei dem es sich um eine öffentlich-rechtliche Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit handelt, käme dann nur eine nicht rechtsfähige Arbeitsgemeinschaft nach öffentlichem Recht in Betracht. § 1 Abs. 4a erwies sich auch insofern als defizitär, als er keine Kooperationsmöglichkeiten bei hoheitlichen Aufgaben mit anderen Kammern vorsah. Das wäre aber gerade in Bezug auf die Handwerkskammern wegen der vielfach gleichgelagerten Aufgaben sehr sinnvoll. Unklar war auch, ob und inwieweit ganze Aufgabenblöcke oder Aufgaben interner Verwaltung übertragen werden konnten. Und schließlich wurde teilweise in Abrede gestellt, dass § 1 Abs. 4a eine Kooperation, welche die Grenzen der Bundesländer überschreitet, zulässt (vgl. auch die Begründung zu Art. 7 Nr. 4 des Regierungsentwurfs eines 4. VwVfÄndG, BT-Drs. 16/10493, S. 22). Dem kann zwar nicht zugestimmt werden, da durch die auch schon bei Vereinbarungen nach § 1 Abs. 4a erforderliche Genehmigung der Aufsichtsbehörden (§ 11 Abs. 2 bisheriger Fassung) die Interessen der beteiligten Länder vollständig gewahrt sind. Aber in der Praxis sind aus diesem Grunde verschiedene Kooperationsversuche von IHKs im Bereich hoheitlicher Aufgaben gescheitert.
3
Der Gesetzgeber musste also dringend nachbessern. Bei einem einwandfreien „Zweckverband“ würden zweifelhafte rechtliche Konstruktionen, wie sie der Gesetzgeber in § 32 Abs. 2 Umweltauditgesetz und § 11a Abs. 1 GewO gebraucht hat, überflüssig. Das Aufsichtsproblem ließe sich durch eine klare Kompetenzzuweisung bei Landesgrenzen überschreitenden Kooperationen entschärfen. Der neue § 10 schafft nun die Voraussetzungen für eine Kooperation auf einer sicheren rechtlichen Grundlage. Zwar enthält auch der neue Gesetzestext keine ausdrückliche Regelung zur Rechtsform des öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses. In der Begründung zum Art. 7 Nr. 4 des Regierungsentwurfs eines 4. VwVfÄndG heißt es jedoch: „soweit die Satzung dies zulässt, ist der öffentlich-rechtliche Zusammenschluss rechtsfähig und
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Möllering 431
§ 10
Aufgabenübertragung und Zusammenschluss
kann Dienstherrenfähigkeit besitzen“. Durch Streichung des Wortes „einzelne“ ist klargestellt, dass auch Aufgabenblöcke (z.B. der Bereich Recht) übertragen werden können. Keine ausdrückliche Regelung wird bezüglich der Qualität der übertragbaren Aufgaben (nur Aufgaben mit Außenwirkung oder auch Aufgaben interner Verwaltung?) getroffen. Aus dem Umstand aber, dass die Bundesregierung in der Entwurfsbegründung die Anwendbarkeit der Kooperationsklausel auf Aufgaben interner Verwaltung als „teilweise in Zweifel gezogen“ bezeichnet, ihrerseits aber keinen Vorschlag zur Klarstellung unterbreitet, ist zu schließen, dass der Gesetzgeber selbst offenbar hinsichtlich der Qualität der übertragbaren Aufgaben keine grundsätzlichen Einschränkungen sieht. Die Zulässigkeit Ländergrenzen überschreitender Kooperation einschließlich der Bildung Ländergrenzen überschreitender öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse ergibt sich jetzt im Grundsatz eindeutig aus § 10 Abs. 4. Die Aufsicht ist in diesen Fällen in den ebenfalls neuen Abs. 2a und 2b von § 11 geregelt. Nicht allgemein geregelt hat der Gesetzgeber die Kooperation mit anderen Kammerorganisationen oder Institutionen. Lediglich für den Bereich der einheitlichen Stelle nach der Dienstleistungsrichtlinie wurde hierzu in § 1 Abs. 3b eine Ermächtigungsgrundlage für die Länder geschaffen.
2. Aufgabenübertragung 5
Im Einzelnen ist es nach § 10 Abs. 1 jetzt grundsätzlich möglich, jedwede Aufgabe von einer IHK auf eine andere zu übertragen. Grenzen können sich jedoch aus der Natur der Sache, insbesondere aus dem Wesen der Selbstverwaltung, ergeben. So müssen Kernfunktionen der IHK und ihrer Organe erhalten bleiben (Ammermann, WiVerw 1998, 201). Es wäre zum Beispiel nicht zulässig, die Entscheidung über den Wirtschaftsplan der Vollversammlung einer anderen IHK zu überlassen. Überhaupt ist zu bezweifeln, ob § 10 erlaubt, Organfunktionen auf eine andere IHK zu übertragen. Nicht ausgeschlossen ist hingegen die Wahrnehmung der Funktion des Hauptgeschäftsführers von mehreren IHKs durch ein und dieselbe Person. Dies ist kein Anwendungsfall des § 10 Abs. 1.
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Die Aufgabenübertragung erfolgt durch öffentlich-rechtlichen Vertrag. Das ergibt sich aus dem Wort „einvernehmlich“. Eine Be432
Möllering
Öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss
§ 10
schlussfassung der Vollversammlung nach § 4 Satz 2 Nr. 6 und die Genehmigung der Aufsichtsbehörde nach § 11 Abs. 2b ist nicht nur auf der Seite der übertragenden, sondern auch auf der Seite der übernehmenden IHK erforderlich. Dies war nach der alten „Kooperationsklausel“ teilweise bezweifelt worden, ist jetzt aber durch die Neufassung der vorstehend genannten Vorschriften eindeutig geklärt. Nicht geregelt ist die Frage der Veröffentlichung der Vereinbarungen zwischen den IHKs. Hier wird zu unterscheiden sein: Soweit in den Vereinbarungen Regelungen mit Außenwirkung getroffen werden – beispielsweise hinsichtlich der Zuständigkeit für bestimmte hoheitliche Aufgaben – sind diese als Satzungsrecht zu erlassen und nach Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (dazu § 11 Abs. 2b) sowie Ausfertigung in der für Satzungsrecht vorgeschriebenen Form zu veröffentlichen. Keiner Veröffentlichung bedürfen hingegen diejenigen Teile der Vereinbarungen, die sich ausschließlich auf die Abwicklung der Aufgabenübertragung zwischen den beteiligten IHKs – beispielsweise auf den Kostenausgleich – beziehen.
3. Öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss § 10 Abs. 1 ermöglicht auch die Bildung öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse und die Beteiligung daran. Die Rechtsverhältnisse des öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses werden durch Satzung geregelt. Diese muss den Kreis der Aufgaben festlegen, die von dem öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss wahrgenommen werden sollen. Die Satzung kann ferner die Rechtsfähigkeit und Dienstherrenfähigkeit desselben vorsehen (vgl. die Begründung zu Art. 7 Nr. 4 des 4. VwVfÄndG – BT-Drs. 16/10493, S. 22). Im Umkehrschluss ist davon auszugehen, dass ein öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss auch als nicht rechtsfähige Arbeitsgemeinschaft gegründet werden kann. In jedem Falle bedarf die Erstsatzung der Zustimmung der Vollversammlungen aller IHKs, die den Zusammenschluss bilden. Für die Erstsatzung ist außerdem – nach Genehmigung und Ausfertigung – ausdrücklich die Veröffentlichung durch alle beteiligten IHKs vorgeschrieben.
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Für die Beteiligung an einem bereits bestehenden öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss sowie für die Aufgabenübertragung auf einen solchen ist ebenfalls ein Beschluss der Vollversammlung der sich beteiligenden bzw. die Aufgaben übertragenden IHK erfor-
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Möllering 433
§ 10
Aufgabenübertragung und Zusammenschluss
derlich. Dieser Beschluss ist in den Teilen, die Außenwirkung haben, ebenfalls nach Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde und Ausfertigung als Satzungsrecht zu veröffentlichen. Das Gesetz schweigt darüber, ob es seitens des öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses eines Aktes der Zustimmung bedarf. Davon ist aber auszugehen. Zwar bezieht sich das Wort „einvernehmlich“ in § 10 Abs. 1 nur auf die Übertragung von Aufgaben zwischen IHKs. Es wäre jedoch widersinnig, wenn eine einzelne IHK ihre Aufgaben auf einen von anderen IHKs gebildeten öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss „abladen“ könnte, ohne sich mit diesem über die Konditionen der Aufgabenübertragung einigen zu müssen. Ein Argument für diese Auffassung ergibt sich auch aus § 11 Abs. 2b, wonach bei Aufgabenübertragung auf einen öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss mit Sitz in einem anderen Bundesland auch die für diesen Sitz zuständige Aufsichtsbehörde genehmigen muss. Der Übertragungsbeschluss der IHK könnte aber gar nicht der Genehmigung dieser Behörde unterliegen, da sie keine Aufsicht über landesfremde IHKs führen kann. 9
Die Übertragung von Aufgaben auf IHKs oder öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse in anderen Bundesländern und die Ländergrenzen überschreitende Beteiligung an solchen Zusammenschlüssen hat der Gesetzgeber in § 10 Abs. 3 zwar nunmehr ausdrücklich für zulässig erklärt, allerdings mit der Einschränkung, soweit nicht die für die beteiligten IHKs oder Zusammenschlüsse geltenden besonderen Rechtsvorschriften dies ausschließen oder beschränken. Unter Rechtsvorschriften sind Bundesund Landesgesetze und Verordnungen sowie das Satzungsrecht der IHKs und der Zusammenschlüsse selbst zu verstehen. Des Weiteren kämen – wenigstens vom Wortlaut her – auch europäische Vorschriften mit unmittelbarer Geltung in Betracht. Das wäre aber vom Gesetzeszweck her wenig überzeugend. Insgesamt scheinen zudem derzeit keine solchen Vorschriften zu existieren – nicht auf Bundes- oder Landesebene und auch nicht auf europäischer Ebene. Von praktischer Bedeutung ist hingegen die Beschränkung, die sich aus der Beteiligung der Aufsichtsbehörden ergibt (dazu § 11 Abs. 2a und 2b).
434
Möllering
Andere Regelungen der Zusammenarbeit
§ 10
4. Verhältnis zu anderen Regelungen der Zusammenarbeit Ein Rückgriff auf § 10 ist ausgeschlossen, wenn es eine spezialgesetzliche Regelung für die Übertragung von Aufgaben oder die Beteiligung an Zusammenschlüssen gibt. Eine solche Regelung ist die in § 1 Abs. 3b enthaltene Ermächtigung der Länder, den IHKs die Beteiligung an Einrichtungen zu ermöglichen, die die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes wahrnehmen. § 10 Abs. 1 Satz 2 bestimmt ausdrücklich, dass diese Regelung durch die allgemeinen Vorschriften über die Aufgabenübertragung und den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss unberührt bleibt. Auch in § 4 Satz 2 Nr. 6 ist die Beteiligung an Einrichtungen nach § 1 Abs. 3b zusätzlich zu der allgemeinen Aufgabenübertragung und Bildung von öffentlichenrechtlichen Zusammenschlüssen erwähnt. Es ist daher davon auszugehen, dass eine solche Beteiligung zum Zwecke der einheitlichen Stelle ausschließlich durch Landesgesetz nach § 1 Abs. 3b geregelt werden kann. Dass gilt selbstverständlich für die Beteiligung an nicht nur von IHKs gebildeten einheitlichen Stellen. Es gilt aber auch auf Grund der Spezialität dann, wenn IHKs unter sich eine einheitliche Stelle bilden wollen. Das Landesgesetz hat dann auch die Modalitäten der Beteiligung zu regeln.
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Nicht jede Regelung der Zusammenarbeit zwischen IHKs kann als Spezialgesetz, welches die Anwendung von § 10 ausschließt, angesehen werden. So ließ etwa die Regelung des § 1 Abs. 3 VersVermV, wonach IHKs Vereinbarungen zur gemeinsamen Durchführung von Sachkundeprüfungen für Versicherungsvermittler schließen oder gemeinsame Prüfungsausschüsse errichten können, den bisherigen § 1 Abs. 4a ausdrücklich unberührt. Aber auch die Übertragung der örtlichen Zuständigkeit für das Registerverfahren und die Sachkundeprüfung nach § 18 VersVermV steht nicht im leeren Raum. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch in diesen Fällen das Verfahren der Übertragung, soweit es in diesen Vorschriften nicht geregelt ist, sich nach § 10, § 4 Satz 2 Nr. 6 und § 11 IHKG richtet. Das gilt auch für die entsprechenden Vorschriften der BewachV und des BBiG.
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Möllering 435
§ 11
Staatsaufsicht
5. Die für den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss geltenden Rechtsvorschriften 12
§ 10 Abs. 4 bewirkt, dass für den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss kein eigenes gesetzliches Regelungsinstrumentarium geschaffen werden muss. Es gelten vielmehr die grundlegenden Organisationsvorschriften des IHKG, auf die einzeln verwiesen wird, entsprechend. So kann einem öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss die Aufgabe einer einheitlichen Stelle übertragen werden. Die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit des Zusammenschlusses werden durch die Beiträge der Mitgliedskammern oder Gebühren für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen oder Tätigkeiten aufgebracht. Das Rechnungswesen entspricht dem der IHKs. Der öffentlich-rechtliche Zusammenschluss hat eine Vollversammlung, welche über alle Angelegenheiten, die nicht durch Satzung anderen Organen zugewiesen sind, entscheidet. Sie hat die Budgethoheit, wählt den Präsidenten und gegebenenfalls ein Präsidium. Sie bestellt den Hauptgeschäftsführer. Präsident und Hauptgeschäftsführer vertreten nach näherer Bestimmung der Satzung den Zusammenschluss gemeinsam rechtsgeschäftlich und gerichtlich (vgl. auch Begründung zum Entwurf eines 4. VwVfÄndG (BT-Drs. 16/10493)). Dies gilt ungeachtet der Rechtsform, in der der öffentlich-rechtliche Zusammenschluss errichtet wird.
11
(1) Die Industrie- und Handelskammern unterliegen der Aufsicht des Landes darüber, dass sie sich bei Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften (einschließlich der Satzung, der Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung) halten. Die Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss wird durch die Aufsichtsbehörde des Landes ausgeübt, in dem der Zusammenschluss seinen Sitz hat. § 1 Abs. 3a Satz 4 bleibt unberührt. (2) Die Beschlüsse der Vollversammlung über 1. die Satzung nach § 3 Abs. 7a Satz 2, 2. die Satzung nach § 4 Satz 2 Nr. 1, 3. die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung, 436
Möllering
§ 11
Staatsaufsicht
4. die Übertragung von Aufgaben an eine andere Industrie- und Handelskammer und die Übernahme dieser Aufgaben, 5. die Bildung öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse oder die Beteiligung an solchen (§ 10) sowie 6. einen 0,8 vom Hundert der Bemessungsgrundlagen nach § 3 Abs. 3 Satz 6 übersteigenden Umlagesatz bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde des Landes. (2a) Die Satzung nach § 10 Abs. 2 sowie Änderungen der Satzung bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde des Landes, in dem der Zusammenschluss seinen Sitz hat, sowie durch die Aufsichtsbehörden der beteiligten Kammern. (2b) Die Aufgabenübertragung durch eine Industrie- und Handelskammer auf andere Industrie- und Handelskammern oder auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse mit Sitz in einem anderen Bundesland sowie die Beteiligung an solchen Zusammenschlüssen bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörden der übertragenden und der übernehmenden Kammer; im Falle der Übertragung auf einen öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss ist zusätzlich die Genehmigung der für diesen zuständigen Aufsichtsbehörde erforderlich. (3) Rechtsvorschriften, die diesem Gesetz widersprechen, werden aufgehoben; Abschnitt I des Gesetzes zur Erhaltung und Hebung der Kaufkraft vom 24. März 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 235) und die Verordnung über die Rechnungslegung und Rechnungsprüfung während des Krieges vom 5. Juli 1940 (Reichsgesetzbl. II S. 139) finden auf die Industrie- und Handelskammern keine Anwendung.
1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . 2. a) b) c)
Rz.
Rz.
1
d) Verhältnis zum Individualschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 e) Keine Staatsaufsicht in zivilrechtlichen Angelegenheiten 23 f) Anfechtung von Aufsichtsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . 25
Allgemeine Rechtsaufsicht . 4 Sachlicher Umfang. . . . . . . . . 5 Aufsichtsmittel. . . . . . . . . . . . 12 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Möllering 437
§ 11
Staatsaufsicht Rz.
g) Aufsicht über öffentlichrechtliche Zusammenschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . 25a 3. Vorbeugende Rechtsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Genehmigungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anfechtung der Ablehnung . c) Vorbeugende Rechtsaufsicht bei Ländergrenzen überschreitenden Aufgabenübertragungen oder öffentlichrechtlichen Zusammenschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . .
26 27 32
Rz. 4. Aufsicht in Finanzfragen . . . . a) Grenzen der Finanzaufsicht . b) Anwendungsfälle der Finanzaufsicht . . . . . . . . . . . . . c) Finanzaufsicht und Wirtschaftsplan . . . . . . . . . . . . . . . .
35 35 37 40
5. Aufgehobene Vorschriften . . . 42 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 42 b) Beiträgegesetz . . . . . . . . . . . . . . 46
34a
Literaturauswahl: Heusch, Staatliche Aufsicht in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts, Kapitel M; Kluth, Verfassungs- und kammerrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung der staatlichen Aufsicht, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2005, 181; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 270; Kluth, Verfassungs- und europarechtliche Anforderungen, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2007, 122; Möllering, Übertragung von Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung auf die Industrieund Handelskammern, WiVerw 2006, 261, 282; Möstl, Grundsätze und aktuelle Rechtsfragen der Staatsaufsicht über Kammern, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2006, 33; Rieger, Die Besonderheiten des Haushaltsrechts der Industrie- und Handelskammern und deren Bedeutung für die Rechnungslegung und die Rechnungshofskontrolle, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2005, 112.
1. Vorbemerkung 1
Die Staatsaufsicht ist einerseits das notwendige und selbstverständliche Korrelat der Körperschaftsrechte, der Pflichtzugehörigkeit und der Beitragshoheit. Aus dem Prinzip der Selbstverwaltung ergibt sich andererseits, dass die Staatsaufsicht die Selbständigkeit der Körperschaft und die selbstverantwortliche Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht in Frage stellen darf.
2
Kennzeichnend für Selbstverwaltungskörperschaften jeder Art (Gemeinden wie Kammern und sonstige Nichtgebietskörperschaften) ist deshalb, dass die Staatsaufsicht auf eine Rechtsaufsicht be438
Möllering
Vorbemerkung
§ 11
schränkt ist; dieses Rechtsinstitut verwirklicht gleichermaßen Freiheit und Bindung. Die Rechtsaufsicht kann in besonders wichtigen Fällen vorbeugend ausgestaltet werden, damit die Staatsaufsichtsbehörden in einem Genehmigungsverfahren bereits vorher die Rechtmäßigkeit von Beschlüssen und Maßnahmen prüfen können; die Genehmigungstatbestände sind dann im Gesetz einzeln aufgeführt. Im Übrigen greift die allgemeine Rechtsaufsicht nachträglich ein, wenn Rechtsverletzungen vorkommen. Auch das IHKG kennt in § 11 nur eine solche Rechtsaufsicht. Von der Rechtsaufsicht ist die Fachaufsicht zu unterscheiden (im Kommunalrecht Sonderaufsicht genannt). Sie findet bei Auftragsangelegenheiten Anwendung, die es allerdings bislang im Bereich der IHKs nicht gibt. Widersprüchlich ist insoweit § 1 Abs. 2 GewRZustV RP vom 30. 1. 2001 (GVBl. 2001, 43) i.d.F. der Ersten Landesverordnung zur Änderung der GewRZustVO vom 19. 12. 2006 (GVBl. 2006, 450), wonach die Zuständigkeit der IHKs zur Entgegennahme der Gewerbeanmeldungen ausdrücklich als „Auftragsangelegenheit“ bezeichnet, die Aufsicht aber nur in Bezug auf die zuständige Aufsichtsbehörde geregelt wird. Mehr wäre auch wegen § 11 Abs. 1 Satz 1 IHKG nicht möglich. Für den Bund und die Länder hat auch bei der Übertragung von Aufgaben nach § 1 Abs. 4 stets das Prinzip der Selbstverwaltung im Vordergrund gestanden (vgl. auch § 1 Rz. 170 und 230). Eine Fachaufsicht würde dem mit einer solchen Übertragung verfolgten Zweck eindeutig zuwiderlaufen. Wie das Bundesverfassungsgericht überzeugend ausgeführt hat, besteht der grundlegende Vorteil der Übertragung von Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung auf die IHKs in der Nutzung des Sachverstands der Unternehmer (GewArch 2002, 111; Kluth, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2005, 181, 188). Dieses Vorteils würde sich der übertragende Staat begeben, wenn er den Sachverstand seiner eigenen Amtswalter über denjenigen der IHK setzte – was ja bei einer Fachaufsicht der Fall wäre (Möllering, WiVerw 2006, 261, 283; Möstl, Jahrbuch des Kammerund Berufsrechts 2006, 33, 35). Außerdem gleicht die partizipatorisch-personelle Legitimation – die Rückführung der persönlichen Legitimation der für die IHK Handelnden unmittelbar oder mittelbar auf die Wahl durch die Mitglieder der IHK – das Defizit hinsichtlich der personellen Legitimation im engeren Sinne – nämlich der Rückführung der Legitimation des Amtswalters auf das Staatsvolk – aus (Stober, GewArch 2001, 393, 397; Kluth, JahrMöllering 439
3
§ 11
Staatsaufsicht
buch des Kammer- und Berufsrechts 2005, 181, 199; vgl. auch BVerfGE 107, 59 zum Wasserverband). Das gilt jedenfalls solange, wie die nach § 1 Abs. 4 übertragenen Aufgaben IHK-Mitglieder als Adressaten haben oder jedenfalls andere Personen nur am Rande betroffen sind. Ist das nicht der Fall, muss man sich in aller Regel auch schon fragen, ob es sich überhaupt um eine Aufgabe handelt, die zur Übertragung in die Selbstverwaltung der Wirtschaft geeignet ist. Es wird daher allgemein angenommen, dass die Qualifikation einer Aufgabe als vom Staat übertragen keineswegs automatisch Fachaufsicht bedeutet. Selbst wenn in diesen Fällen Fachaufsicht nicht generell abgelehnt wird, so wird sie doch überwiegend von einer ausdrücklichen Ermächtigung abhängig gemacht (Heusch in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts, 510; zweifelnd Möstl, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2006, 33, 40). Im Bereich der IHKs gibt es dafür kein Beispiel, wohl hingegen in anderen Kammerorganisationen (vgl. die Regelungen über die Abschlussprüferaufsichtskommission APAK in § 66a WPO und § 124b HwO). Durch § 11 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 4 ist zudem sicher gestellt, dass auch die Länder nicht von sich aus Fachaufsicht – etwa im Rahmen von Landesgesetzen, die Aufgaben nach § 1 Abs. 4 übertragen – einführen können. Denn § 12 Abs. 1 Nr. 4 gestattet den Ländern nur, Vorschriften zu erlassen „über die Aufsichtsmittel, welche erforderlich sind, um die Ausübung der Befugnisse nach § 11 Abs. 1 und 2 zu ermöglichen“.
2. Allgemeine Rechtsaufsicht 4
Aus der Grundvorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 ergibt sich, dass die Staatsaufsicht über die IHKs Rechtsaufsicht und nicht Fachaufsicht ist. Die Aufsichtsbehörde kann also nicht in den Gestaltungsspielraum und das Ermessen der Kammerorgane eingreifen, weder durch vorherige Anweisungen, noch durch nachträgliche Beanstandungen. Die Staatsaufsicht hat vielmehr darüber zu wachen, dass sich die IHKs bei der Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften halten. So spricht schon Köster (Die Staatsaufsicht über die preußischen Industrieund Handelskammern, Berlin 1933, 81) von der Staatsaufsicht als bloßer Rechtskontrolle. Auch Bremer (Kammerrecht der Wirtschaft, 144) geht zwar von diesem Grundsatz aus, rechnet zum Begriff der Rechtsordnung aber auch „Verwaltungsprinzipien“ 440
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Allgemeine Rechtsaufsicht
§ 11
und verwischt damit den grundlegenden Unterschied zwischen Rechts- und Ermessenskontrolle. a) Sachlicher Umfang Die allgemeine Rechtsaufsicht nach § 11 Abs. 1 Satz 1 ist als „repressive Aufsicht“ ausgestaltet. Sie bezieht sich auf die Einhaltung aller Rechtsvorschriften, welche für die Tätigkeit der Kammern gelten. Das sind nicht nur das IHKG und die Landesausführungsgesetze dazu, sondern auch alle sonstigen öffentlichrechtlichen Vorschriften des Bundes und der Länder, die für die IHKs als öffentlich-rechtliche Körperschaften gelten. Genauso gehören dazu aber die Rechtsvorschriften, welche sich die IHK selbst gibt (autonomes Recht). Dabei handelt es sich zum einen um die organisationsrechtlichen Grundlagen wie etwa die Satzung, Wahlordnung, Beitragsordnung und Wirtschaftssatzung, etwaige Sonderbeitragsordnungen und die Gebührenordnung und zum anderen um sonstiges Satzungsrecht wie z.B. die Sachverständigenordnung, das Statut für die Ausstellung von Ursprungszeugnissen und Bescheinigungen sowie die Prüfungsordnungen für Sachkundeprüfungen und für Prüfungen im Berufsbildungsbereich. Die IHK ist als Selbstverwaltungskörperschaft in der Gestaltung dieser Rechtsvorschriften weitgehend frei, muss aber selbstverständlich höherrangiges Recht (Verfassung, Gesetze und Verordnungen) beachten; hier könnte die Aufsichtsbehörde bei unzulässigen Kammervorschriften eingreifen. Vor allem aber muss sich die IHK an die von ihr selbst gesetzten Rechtsvorschriften auch korrekt halten. Damit ist der Kreis der Rechtsvorschriften abschließend umrissen, der Grundlage für die allgemeine (repressive) Rechtsaufsicht ist.
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Trotzdem hat sich die Rechtsaufsicht in ihrem sachlichen Umfang erweitert, weil immer mehr Rechtsvorschriften im Bereich der Berufsbildung und der übertragenen Aufgaben nach § 1 Abs. 4 ergehen. Ein Grund dafür mag nicht nur der Trend zu einer perfektionistischen und möglichst umfassenden Regelung sein, sondern auch die Tatsache, dass die IHK in manchen Fällen dabei für Nichtkammerzugehörige zuständig ist oder dass es sich um wesentliche, vom Gesetzgeber selbst zu treffende Entscheidungen handelt. Das Fachärzte-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 33, 125) scheint hier nachzuwirken. Ein Beispiel für die
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§ 11
Staatsaufsicht
sehr weitgehenden staatlichen Vorgaben ist die Versicherungsvermittlungsverordnung vom 15. 5. 2007 (BGBl. I, 733), die nicht nur in ihrem § 1 äußerst detaillierte Vorgaben für den Inhalt der Sachkundeprüfung macht, sondern darüber hinaus die Besetzung des Aufgabenauswahlausschusses in einem höchst komplizierten Verfahren regelt. Ursprünglich sollten sogar noch die Dauer der schriftlichen Prüfung und die Nutzung des Computers vorgeschrieben werden. Das Ergebnis ist eine allmähliche Einengung des Selbstverwaltungsspielraums, insbesondere der eigenen Satzungsgewalt. Bei diesen Selbstverwaltungspflichtaufgaben, die so detailliert durch Gesetze oder Verordnungen bereits vorgeregelt sind, bleibt den IHKs oft nur noch die eigenständige Durchführung. Sie sind dabei zwar nicht an Verwaltungsvorschriften gebunden und können keine Weisungen im Einzelfall erhalten. Teilweise werden jedoch auch in diesem Bereich von den Behörden und den IHKs gemeinsam Verwaltungsgrundsätze ausgearbeitet, die beide Seiten einheitlich anwenden (z.B. bei Unterrichtungs- oder Anerkennungsverfahren). 7
Der Rechtsaufsicht unterliegen nicht nur Beschlüsse der Vollversammlung, sondern auch sonstige Maßnahmen der IHK und ihrer Organe (z.B. Präsidium oder Hauptgeschäftsführer). Die Rechtsaufsicht kann also nicht nur bei Statuten eingreifen, wenn diese mit übergeordnetem Recht nicht in Einklang stehen. Sie kann auch einzelne Durchführungsmaßnahmen und Einzelvorgänge aufgreifen, wobei allerdings der Vorrang des individuellen Rechtsschutzes zu beachten ist.
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Die Rechtsaufsicht erstreckt sich auch auf ein Unterlassen, wenn Kammerorgane zu handeln verpflichtet sind. Wird z.B. in der Wahlordnung die Beendigung der Mitgliedschaft in der Vollversammlung wegen Wegfalls der Wählbarkeit an einen konstitutiven Beschluss der Vollversammlung gebunden, so kann die Aufsichtsbehörde ein zu langes Hinausschieben dieser Entscheidung beanstanden.
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Besondere Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Rechtsaufsicht und Ermessenskontrolle bestehen in den Fällen, in denen das IHKG der Kammer und ihren Organen nur einen allgemeinen Rahmen setzt. Auch hier ist jedoch daran festzuhalten, dass beim Erlass von autonomem Recht nur eine Überschreitung des der IHK eingeräumten Gestaltungsspielraums einen Rechtsverstoß 442
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Allgemeine Rechtsaufsicht
§ 11
darstellen kann und dass bei Einzelentscheidungen und sonstigen Maßnahmen der IHK eine sachgerechte Ausübung ihres Ermessens nicht beanstandet werden darf. Im Wesentlichen deckt sich die Rechtsaufsicht also mit der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (§ 114 VwGO). Als Beispiel für Fälle, in denen das Ermessen der IHK entscheidet und die Rechtsaufsicht sich auf Ermessensmissbräuche beschränkt, ist auf § 3 Abs. 2 Satz 2 zu verweisen, der von den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung spricht und damit den IHKs einen finanziellen Gestaltungsspielraum eröffnet. Entsprechendes gilt für die Einteilung in Wahlgruppen und Wahlbezirke, welche die Wahlordnung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 zu treffen hat. In den Landesausführungsgesetzen geht es um die Formel, wie die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts für den Bereich der Rechnungslegung und Rechnungsprüfung sinngemäß anzuwenden sind (vgl. § 3 Rz. 17 und zu § 12 Abs. 1 Nr. 7). Rechtsprechung liegt im Kammerbereich im Wesentlichen für die Rechtsaufsicht der Handwerkskammern über die Handwerksinnungen vor (BVerwG GewArch 1972, 333; OVG Koblenz GewArch 1967, 209; OVG Münster OVGE 19, 67; VG Hannover GewArch 1970, 36); daneben für einige Berufskammern (BVerwG vom 17. 12. 1981 – 5 C 56/79; LSG Essen vom 12. 12. 1978 – L 1 Ha 27/28; OVG Münster vom 6. 6. 1980 – 15 A 1810/78).
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Für den Bereich der Wahrnehmung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft kommt eine Rechtsaufsicht praktisch kaum in Betracht, weil sie sich im Wesentlichen auf den sachlichen Inhalt eines Kammervotums erstrecken würde; es ist ja gerade Aufgabe der IHK, zu amtlichen Auffassungen kritisch Stellung zu nehmen und auch neue Vorschläge zu unterbreiten. Hier kann nur geprüft werden, ob das Verfahren bei der Meinungsbildung korrekt war (Eyermann, GewArch 1992, 209; Möstl, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2006, 37) oder das Votum den Aufgabenkreis der IHK überschreitet (vgl. § 1 Rz. 231 f.; dazu Möllering in: Festschrift für Stober, 391, 397). Ein Aufruf zu gesetzeswidrigem Verhalten ist selbstverständlich unzulässig und kann von der Aufsichtsbehörde untersagt werden.
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Staatsaufsicht
b) Aufsichtsmittel 12
Die Aufsichtsmittel sind im Gesetz nicht im Einzelnen aufgeführt, sondern landesrechtlicher Regelung überlassen (§ 12 Abs. 1 Nr. 4). Auch die Landesausführungsgesetze beschränken sich dabei fast alle auf eine Zuweisung der Zuständigkeit an den Landeswirtschaftsminister (Wirtschaftssenator) und erwähnen lediglich die Auflösung der Vollversammlung als äußerstes Aufsichtsmittel. Detaillierter ist das ThürAG IHKG, das in § 2 Abs. 2 und 3 die Aufsichtsmittel aufzählt. Eine solche Aufzählung ist jedoch nicht notwendig, weil sich hier aus dem allgemeinen Verwaltungsrecht seit langem eine Skala der Aufsichtsmittel entwickelt hat und allgemein anerkannt ist (vgl. zum Ganzen Heusch in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts 495, 522; Möstl, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2006, 33, 42).
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Die Aufsichtsbehörde hat zunächst ein Unterrichtungsrecht. Sie kann also Berichte anfordern, sie kann Aufklärung (ggf. durch Aktenvorlage, Anhörung von Kammerorganen und Einsicht in Unterlagen) sowie Gehör vor den Organen der IHK verlangen. Dieses Unterrichtungsrecht der Aufsichtsbehörde ist auf den Zweck der Rechtsaufsicht beschränkt, kann also nur in Anspruch genommen werden, wenn hinreichend Anlass zu der Vermutung besteht, dass ein Rechtsverstoß vorgekommen ist (Reuß, DVBl. 1957, 474).
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Als nächstes Aufsichtsmittel ist die Beanstandung zu erwähnen, die, soweit sie sich gegen ein beabsichtigtes Verhalten richtet, grundsätzlich aufschiebende Wirkung hat. Die IHK kann sich mit Rechtsmitteln gegen eine solche Beanstandung wehren und darf erst nach rechtskräftiger Klärung die beabsichtigte Maßnahme durchführen. Oft wird der Begriff der Beanstandung aber auch im weiteren Sinne gebraucht, wenn es sich um bereits durchgeführte Maßnahmen handelt und der IHK zunächst Gelegenheit gegeben werden soll, von sich aus eine Rechtswidrigkeit zu beseitigen.
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Die nächste Stufe sind die aufsichtsbehördliche Anordnung und das Recht zur Aufhebung von Beschlüssen. Letzteres ist nur zulässig, wenn die IHK rechtlich und tatsächlich zur Aufhebung in der Lage ist (Heusch in Kluth (Hrsg.), Jahrbuch des Kammerrechts, 524). Mit der aufsichtsbehördlichen Anordnung und der Aufhebung von Beschlüssen greift die Aufsichtsbehörde bereits unmittelbar in die Entscheidungen der IHK ein. Wenn die Aufsichts444
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Allgemeine Rechtsaufsicht
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behörde zuvor eine Beanstandung ausgesprochen hat, kann sie erst nach deren Erfolglosigkeit weitere Aufsichtsmaßnahmen ergreifen (OVG Münster DVBl. 1992, 986). Schließlich sind als äußerste Mittel und unter dementsprechend strengen Voraussetzungen (BVerwG GewArch 1972, 333; OVG Münster GewArch 1964 S. 63) die Ersatzvornahme (darunter auch die Zwangsetatisierung – vgl. Junge, GewArch 1958, 221) und die Bestellung eines Beauftragten sowie die Auflösung von Kammerorganen zu erwähnen. Die Landeskammergesetze erwähnen stets nur die Auflösung der Vollversammlung als ultima ratio bei wiederholten Verstößen. Dagegen sind die Androhung und Verhängung eines Zwangsgeldes weder gegen die IHK, noch gegen ihre Organe oder Mitarbeiter zulässig (vgl. Fröhler, Die Staatsaufsicht über die Handwerkskammern, 58).
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c) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Aus den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts ergibt sich, dass die Mittel der Staatsaufsicht in einem angemessenen Verhältnis zum jeweiligen Aufsichtszweck stehen müssen. Ihre Auswahl und ihre Anwendung dürfen nicht weitergehen, als zur Erreichung des Aufsichtszwecks erforderlich ist. Es ist also „so viel Staat wie nötig“, aber auch „so wenig Staat wie möglich“ einzusetzen. Auch verlangt das Grundgesetz zwar grundsätzlich, nicht jedoch ausnahms- und lückenlos die Einrichtung einer Staatsaufsicht gegenüber den Trägern funktionaler Selbstverwaltung (Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 274). Entscheidend ist, dass insgesamt ein ausreichendes Legitimationsniveau erreicht wird. Das kann bei Kammeraufgaben mit starkem Eingriffspotenzial und Auswirkungen auf Nichtmitglieder anders zu beurteilen sein als bei schlichtem Verwaltungshandeln im Mitgliederbereich (vgl. Möstl, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2006, 39).
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Da die allgemeine Staatsaufsicht nach § 11 Abs. 1 Rechtskontrolle ist, entspricht es dem Sinn des Gesetzes, wenn sie sich darauf beschränkt, einzelnen bekannt gewordenen Fällen nachzugehen, diese aufzuklären und erforderlichenfalls für Abhilfe zu sorgen. Sie darf dagegen nicht als prophylaktische Aufgabe aufgefasst werden – etwa durch Teilnahme an den Sitzungen der Vollversammlung. Es würde dem Wesen der Selbstverwaltung widersprechen,
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Staatsaufsicht
wenn die Staatsaufsicht sich berufen fühlte, ohne konkreten Anlass allgemein und vorbeugend die Tätigkeit der Selbstverwaltungsorgane zu überwachen. Ebenso wenig hat die Aufsichtsbehörde das Recht, Kassenrevisionen vorzunehmen (vgl. Reuß, Die Organisation der Wirtschaft, 126). Aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber die Selbstverwaltung anerkannt hat, ergibt sich auch, dass er grundsätzlich das Zutrauen zu einem selbstverantwortlichen, gesetzmäßigen und korrekten Verhalten der Selbstverwaltungsorgane hat. 19
Das Gesetz räumt dadurch, dass es die Aufsichtsmittel nicht einzeln aufzählt und gegeneinander abgrenzt, der Aufsichtsbehörde eine weite Skala möglicher Interventionen ein. Umso wichtiger ist es, dass sie in ihrer Anwendung jeweils dem konkret in Frage stehenden Zweck entspricht. Eine Maßnahme, die in dem einen Fall angemessen und zulässig ist, kann bei anderer Sachlage eine Überschreitung des Ermessens darstellen und würde damit unzulässig sein. Dieser Grundsatz der Adäquanz ist besonders bei generellen, vorbeugend gedachten Anordnungen zu beachten. So kann z.B. im Zusammenhang mit einer Beschwerde über einen Verstoß gegen rechtliche Bestimmungen im Einzelfall ohne weiteres eine ausführliche Stellungnahme der IHK und, falls diese nicht ausreicht, die Vorlage der Akten gefordert werden. Es könnte in einem solchen Fall sogar zulässig sein, dass die Aufsichtsbehörde die Vorgänge der IHK durch einen Beauftragten überprüft und innerhalb der Kammer Feststellungen trifft. Dagegen wäre es als unzulässig anzusehen, wenn die Aufsichtsbehörde diesen Anlass ausnutzen würde, sich in allen gleich gelagerten Fällen Bericht erstatten zu lassen oder sogar ohne konkreten Anlass die künftige Vorlage von Kopien des Schriftwechsels oder von Protokollen zu verlangen. Hier würde sie gegenüber dem Aufsichtszweck den Rahmen der Aufsicht überspannen und damit ihr Ermessen bei der verhältnismäßigen Anwendung der ihr zustehenden Aufsichtsmittel missbrauchen.
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Wegen dieses Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit beim Einsatz der Aufsichtsmittel ist die Frage, ob die Staatsaufsicht an das Opportunitäts- oder das Legalitätsprinzip gebunden ist, ein mehr theoretisches Problem. Bereits aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich, dass sie die Aufsichtsmittel je nach Bedeutung des Falles und Verhalten der Kammer in der aufgezählten
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Reihenfolge einsetzen kann, um einen Rechtsverstoß aufzuklären und der Beschwerde abzuhelfen. d) Verhältnis zum Individualschutz Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich schließlich, dass der Individualschutz Vorrang hat und die Anrufung der Staatsaufsichtsbehörde kein Ersatz für mögliche oder gar versäumte Rechtsmittel ist. Die Rechtsaufsicht kann deshalb nicht eingreifen, wenn bei einer angeblichen Rechtsverletzung Rechtsmittel wie Widerspruch und Anfechtungsklage nach der VwGO zur Verfügung stehen. Ebenso wenig kann sie sich einschalten, wenn im Wahlrecht beispielsweise die Wahlordnung ein Einspruchsrecht gibt. In solchen Fällen kann die Staatsaufsichtsbehörde nicht in schwebende Verfahren eingreifen, da letztlich die Entscheidung den Verwaltungsgerichten obliegt. Sie kann aber auch nicht die endgültige Entscheidung in diesen Verfahren überflüssig machen, indem sie in der zugrundeliegenden Sachfrage im Aufsichtswege schon vorher eine Entscheidung trifft. Erst recht kann sie auf diese Weise nicht versäumte Rechtsmittel eines Betroffenen ersetzen, was gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstieße, aus dem sich Rechtsmittelfristen und Unanfechtbarkeit herleiten (vgl. auch Schnapp, DVBl. 1971, 480; kritisch dazu Reuss, WiVerw 1981, 151). Aus diesem Grunde ist auch im Körperschaftsrecht anerkannt, dass es keinen Rechtsanspruch Dritter auf ein Einschreiten der Staatsaufsichtsbehörde gibt und ein solches Einschreiten insbesondere nicht durch Klage erzwungen werden kann.
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Die Rechtsaufsicht wird sich deshalb auf diejenigen Rechtsfälle 22 konzentrieren, in denen kein individueller Rechtsschutz zur Verfügung steht und die allgemeiner Art sind. Dabei handelt es sich insbesondere um die Rechtmäßigkeit von Statuten, soweit sie nicht ohnehin der Genehmigungspflicht nach § 11 Abs. 2 unterliegen. Selbstverständlich kann sich die Aufsichtsbehörde auch einschalten, wenn die IHK im Anschluss an eine rechtskräftige verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht für gleich gelagerte Fälle die entsprechenden Konsequenzen zieht. Als Beispiel wäre daran zu denken, dass ein Verwaltungsgericht eine bestimmte Vorschrift eines solchen Statuts für rechtswidrig hält und die Aufsichtsbehörde diese Auffassung auch teilt. Nicht jedes rechtskräfMöllering 447
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Staatsaufsicht
tige Urteil eignet sich allerdings zu einer Verallgemeinerung. Solange die Auffassung der IHK in streitigen Rechtsfragen vertretbar ist, besteht für die Aufsichtsbehörde kein Anlass zum Einschreiten im Rahmen der Rechtsaufsicht. e) Keine Staatsaufsicht in zivilrechtlichen Angelegenheiten 23
Eine weitere Schlussfolgerung aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Vorrang des Individualschutzes liegt darin, dass sich die Staatsaufsicht nicht auf zivilrechtliche Fragen der Kammer erstreckt. Diese Begrenzung der Staatsaufsicht auf Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften ist im Gemeinderecht für die Kommunalaufsicht teilweise sogar kodifiziert.
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Für zivilrechtliche Auseinandersetzungen der IHK ist der Individualrechtsschutz in vollem Umfang gesichert, mag es sich um Zivilrecht oder Arbeitsrecht handeln. Die Aufsichtsbehörde kann also beispielsweise nicht eingreifen, wenn es zu arbeitsrechtlichen Streitigkeiten mit Kammermitarbeitern kommt oder wenn Fragen des UWG entschieden werden müssen. Es kann allerdings sein, dass im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Streitfragen auch öffentlich-rechtliche Verpflichtungen der IHK, insbesondere aus ihrem Organisationsrecht oder dem Haushaltsrecht, berührt werden und insoweit eine mögliche öffentlich-rechtliche Rechtsverletzung aufzuklären ist. In diesem beschränkten Rahmen, bei dem es in erster Linie um die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen der IHK geht, kann die Aufsichtsbehörde auch bei zivilrechtlichen Fragen einschreiten. f) Anfechtung von Aufsichtsmaßnahmen
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Aufsichtsmaßnahmen sind grundsätzlich Verwaltungsakte und können von der betroffenen Kammer mit Widerspruch und Klage nach der VwGO angefochten werden; der Rechtsnatur nach handelt es sich hier um Anfechtungsklagen (§ 42 Abs. 1 VwGO). Der Begriff des anfechtbaren Verwaltungsaktes ist dabei sehr weit zu ziehen (OVG Münster GewArch 1981, 375; VG Minden DVBl. 1972, 801), auch wenn nicht jedes Schreiben und jeder Hinweis der Aufsichtsbehörde darunter fällt. Ein formelles Auskunftsverlangen ist aber bereits als Aufsichtsmaßnahme i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 anzusprechen und als Verwaltungsakt zu qualifizieren. 448
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Vorbeugende Rechtsaufsicht
g) Aufsicht über öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse § 1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 wurden durch das 4. VwVfÄndG eingeführt. Zur Zeit der Geltung des § 1 Abs. 4a wurden öffentlichrechtliche Zusammenschlüsse von IHKs aus mehreren Bundesländern teilweise als nicht zulässig angesehen, weil es keine Regelung der Aufsichtszuständigkeit für solche Zusammenschlüsse gab. § 11 Abs. 1 Satz 2 regelt nunmehr, dass die Zuständigkeit immer bei der Aufsichtsbehörde des Landes liegt, in dem der Zusammenschluss seinen Sitz hat. Eine Ausnahme davon bestimmt allerdings § 11 Abs. 2a, nach dem die Erstsatzung des Zusammenschlusses und alle späteren Satzungsänderungen auch von den Aufsichtsbehörden der beteiligten IHKs genehmigt werden müssen. § 11 Abs. 1 Satz 3 stellt klar, dass die Länder in Bezug auf die Einheitlichen Stellen die Aufsicht anders als in § 11 Abs. 1 Satz 2 regeln können.
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3. Vorbeugende Rechtsaufsicht Bei Beschlüssen der Vollversammlung, die für die Existenz und Arbeit der Kammer von besonderer Bedeutung sind, ist mit der Genehmigungspflicht eine gesteigerte Mitwirkung des Staates vorgesehen. Das gilt nicht in dem Sinn, dass die Aufsichtsbehörde sachlich über die in § 11 Abs. 1 gezogenen Grenzen der Rechtskontrolle hinaus eingreifen dürfte, sondern dahin, dass die Beschlüsse der Kammer bis zur Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung schwebend unwirksam sind und bei einer endgültigen Versagung der Genehmigung nicht wirksam werden. Zutreffend wird deshalb von einer vorbeugenden (präventiven) Rechtsaufsicht gesprochen.
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a) Genehmigungstatbestände Die Genehmigungstatbestände werden in § 11 Abs. 2 im Einzelnen aufgeführt. Es handelt sich vor allem um die grundlegenden organisationsrechtlichen Statuten, nämlich Satzung, Wahlordnung, Finanzstatut („Satzung nach § 3 Abs. 7a Satz 2“ seit dem 1. 1. 2008; die frühere HKRO war nur in einigen Ländern genehmigungspflichtig), Beitrags- und Sonderbeitragsordnung sowie Gebührenordnung. Dazu kommt dann noch eine Genehmigungspflicht für Umlagesätze, die 0,8 % der Bemessungsgrundlagen Möllering 449
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übersteigen, sowie für Beschlüsse nach § 10, die hoheitliche Aufgaben auf andere Kammern übertragen oder die Bildung von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen der Kammern betreffen. § 11 Abs. 2 Nr. 4 stellt jetzt auch klar, dass nicht nur der Vollversammlungsbeschluss über die Übertragung, sondern auch über die Übernahme von Aufgaben der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. Das ist schon deswegen geboten, weil sich durch die Übernahme von Aufgaben in aller Regel weitergehende Verpflichtungen der IHK ergeben als durch die Übertragung. Bei Ländergrenzen überschreitenden Aufgabenübertragungen ist zudem fortan die Aufsichtsbehörde der übernehmenden IHK nach der Übernahme auch für die Rechtsaufsicht in Bezug auf die übernommenen Aufgaben zuständig. 28
Bereits aus dieser Aufzählung ergibt sich, dass weder der Wirtschaftsplan noch die Grundbeiträge und ihre Staffelung einer Genehmigung bedürfen. Dies hat bereits das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 55, 1) klargestellt. Ebenso sind Umlagesätze erst genehmigungspflichtig, wenn sie 0,8 % der Bemessungsgrundlagen (Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb) übersteigen; unterhalb dieses Wertes sind sie genehmigungsfrei. Die eindeutige Regelung des IHKG lässt insoweit keine Parallelen zur Handwerkskammer (OVG Münster GewArch 1973, 15) oder zu den Kammern der freien Berufe zu (BVerwG vom 18. 9. 1973 – I C 73/67).
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Schließlich finden sich noch Genehmigungspflichten im Berufsbildungsgesetz. Nach § 47 Abs. 1 BBiG bedürfen die Prüfungsordnungen, welche die IHK im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Berufsausbildung erlässt, der Genehmigung der zuständigen obersten Landesbehörde. Zu dieser Genehmigungspflicht für Prüfungsordnungen kommt die Genehmigungspflicht für die Entschädigungsregelung hinzu, welche die IHK für die Mitglieder der Prüfungsausschüsse und die Mitglieder des Berufsbildungsausschusses festzusetzen hat (§§ 40 Abs. 4 Satz 2 und 77 Abs. 3 Satz 2 BBiG). Auch sämtliche Genehmigungspflichten nach dem Berufsbildungsgesetz sind ein Teil der vorbeugenden Rechtsaufsicht und können nur bei Rechtsverstößen zu einer Ablehnung der Genehmigung führen.
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Die Genehmigung erfolgt in all diesen Fällen durch einen Bescheid der Aufsichtsbehörde, auf den die IHK einen Rechtsanspruch hat (vgl. zum Handwerksrecht: Kormann, GewArch 1996, 41 und 393). Dabei ist es möglich, von der Genehmigung eine einzelne rechtswidrige Vorschrift auszunehmen. Sie wird dann nicht wirksam und kann auch nicht verkündet werden. Diese Möglichkeit einer Einschränkung der Genehmigung besteht allerdings nur, wenn der im Übrigen genehmigte Wortlaut noch eine schlüssige und in sich verständliche Regelung bringt. Betrifft die Beanstandung dagegen den Kern des vorgelegten Beschlusses oder eine zur Durchführung und zum Verständnis notwendige Einzelvorschrift, so bleibt nur eine Ablehnung des gesamten Beschlusses durch Versagung der Genehmigung möglich. Dies kann auch in der Form geschehen, dass die Genehmigung unter der Maßgabe erteilt wird, dass die beanstandeten Vorschriften in einem bestimmten Sinne geändert werden. Wenn die IHK der Maßgabe im Aufsichtsbescheid durch erneuten Beschluss beitritt, ist die Genehmigung erteilt; der Beschluss braucht nicht erneut vorgelegt zu werden (OVG Münster DÖV 1966, 280). Wenn sie sich dem Aufsichtsbescheid jedoch nicht anschließt, ist die Genehmigung abgelehnt. Die IHK ist dann frei, in welcher Form sie mit erneuten Beschlüssen die Angelegenheit weiterverfolgen will.
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Auf keinen Fall können Genehmigungen mit Auflagen oder Bedingungen verbunden werden. Solche Auflagen und Bedingungen ständen im Widerspruch zum Wesen einer Rechtsnorm, wie insbesondere in der Rechtsprechung zur Genehmigung kommunaler Satzungen mehrfach festgestellt worden ist (vgl. Barocka, DVBl. 1963, 765). Ebenso wenig sind eine auflösende Bedingung für die Genehmigung (OVG Koblenz NVwZ 1995, 1227) oder der Widerruf einer erteilten Genehmigung (BVerwG GewArch 1992, 302) zulässig. Bei einer Änderung der Rechtslage muss die Aufsichtsbehörde die IHK zu einer Anpassung ihres statutarischen Rechts anhalten.
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b) Anfechtung der Ablehnung Wenn die Aufsichtsbehörde die Genehmigung ganz oder teilweise ablehnt, steht der IHK dagegen der verwaltungsrechtliche Rechtsschutz zu. Sie kann Widerspruch einlegen und anschließend eine Verpflichtungsklage vor den Verwaltungsgerichten erheben Möllering 451
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Staatsaufsicht
(Heusch in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts 495, 527; Masson/Menger, VerwArch 1964, 76). 33
Die Rechtsnatur der aufsichtsbehördlichen Genehmigung war durch eine Entscheidung des VGH München (BB 1960, 1181) streitig geworden, wobei es um einen Vergleichsfall aus dem Handwerksrecht ging. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch in zwei Entscheidungen (BVerwGE 16, 83 und 312) klargestellt, dass die aufsichtsbehördliche Genehmigung rechtlich nicht als Mitwirkung am Zustandekommen eines Rechtsetzungsaktes zu werten ist, sondern dass die Genehmigung wie deren Ablehnung gegenüber der Kammer ein Verwaltungsakt ist; die Ablehnung stellt ein der Aufsichtsbehörde in den Grenzen der Rechtsaufsicht zustehendes Veto dar. Nur diese Auffassung sichert die Satzungsgewalt der Kammer und ihre eigenständige Rechtsetzung und entspricht den Vorschriften des IHKG. Rechtsetzungsakte kommen durch Beschluss der IHK zustande; das Rechtsetzungsverfahren ist damit abgeschlossen. Zur Wirksamkeit bedarf es nur noch der Genehmigung, deren Ablehnung nur mit Rechtsverstößen begründet werden kann (vgl. auch Menger, VerwArch 1961, 410; Küchenhoff, JuS 1965, 52).
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Damit entspricht die Rechtslage im Kammerrecht derjenigen des kommunalen Bereichs, wo die Rechtsprechung seit jeher eine Verpflichtungsklage gegen die Ablehnung von Genehmigungen zulässt (vgl. Masson, BayVerwBl. 1960, 369 und die dort angegebenen Entscheidungen, sowie 1964, 283; Kormann, GewArch 1996, 41). c) Vorbeugende Rechtsaufsicht bei Ländergrenzen überschreitenden Aufgabenübertragungen oder öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen
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Die durch das 4. VwVfÄndG vom 11. 12. 2008 (BGBl. I, 2418) neu in § 11 eingefügten Absätze 2a und 2b regeln die Rechtsaufsicht bei Ländergrenzen überschreitenden Aufgabenübertragungen sowie bei öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen, an denen IHKs aus mehreren Bundesländern beteiligt sind.
34b
In § 11 Abs. 2a wird bestimmt, dass der Erstsatzung eines öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses sowohl die Aufsichtsbehörde am Sitz des Zusammenschlusses als auch die Aufsichts452
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Aufsicht in Finanzfragen
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behörden der beteiligten IHKs zustimmen müssen. Das ist nachvollziehbar, denn sowohl die beteiligten IHKs als auch der Zusammenschluss selbst gehen möglicherweise weitreichende Verpflichtungen ein. Schwer nachvollziehbar ist hingegen die Regelung, wonach auch bei Satzungsänderungen des Zusammenschlusses wieder die Aufsichtsbehörden aller beteiligten IHKs genehmigen müssen. Es ist zwar richtig, dass auch eine Satzungsänderung des Zusammenschlusses gegebenenfalls in Bezug auf die beteiligten IHKs aufsichtsrelevant sein kann. Aber hier hätte man sicher darauf vertrauen können, dass die Aufsicht am Ort des Zusammenschlusses ausreichend ist. Jedenfalls kann sich die nach dem 4. VwVfÄndG vorgesehene Zustimmung aller Aufsichtsbehörden bald als bürokratisches Monstrum erweisen. Demgegenüber ist ohne weiteres einleuchtend, dass nach § 11 Abs. 2b bei Ländergrenzen überschreitenden Aufgabenübertragungen sowohl die Aufsichtsbehörde der übertragenden IHK den Übertragungsbeschluss von deren Vollversammlung als auch diejenige der übernehmenden IHK den Übernahmebeschluss von deren Vollversammlung genehmigen muss. Denn die Aufsichtsbehörde der übertragenden Kammer begibt sich praktisch der Aufsicht in puncto der übertragenen Aufgabe und die Aufsichtsbehörde der übernehmenden IHK bekommt zusätzliche Aufsichtsverpflichtungen. Das Gleiche gilt natürlich, wenn die Aufgabe Ländergrenzen überschreitend auf einen öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss übertragen wird. Denn auch hier bekommt die Aufsichtsbehörde des Zusammenschlusses zusätzliche Aufsichtsverpflichtungen.
34c
4. Aufsicht in Finanzfragen a) Grenzen der Finanzaufsicht Von besonderer Bedeutung sind die staatlichen Aufsichtsrechte in Finanzfragen. Sie begründen nach dem IHKG keine eigenständige Finanzaufsicht, sondern sind nur ein Sonderfall der allgemeinen Rechtskontrolle.
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Die IHK hat im Zusammenhang mit der Pflichtzugehörigkeit die Beitragshoheit erhalten. Gleichwohl hat das Gesetz von einer Einschränkung der selbstverantwortlichen Finanzhoheit abgesehen, insbesondere keine Genehmigung des Wirtschaftsplans oder der
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Staatsaufsicht
Beiträge vorgeschrieben. Vielmehr erklärt § 11 Abs. 3 die Vorschriften des Beiträgegesetzes und der Kriegskontrollverordnung ausdrücklich für die IHKs für nicht anwendbar. Dabei ist mit Recht davon ausgegangen worden, dass sich die IHK ohne Inanspruchnahme staatlicher Zuschüsse, und zwar im Wesentlichen aus den Beiträgen der Kammerzugehörigen, finanziert und dass die demokratisch gewählten Vertreter der Beitragspflichtigen, mittelbar also diese selbst, durch die Beschlussfassung über Wirtschaftsplan und Wirtschaftssatzung die Entscheidung über ihre Beitragsbelastung selbst in der Hand haben. b) Anwendungsfälle der Finanzaufsicht 37
Deshalb beschränkt sich § 11 Abs. 2 darauf, die Genehmigungspflicht für eine Umlage vorzuschreiben, die 0,8 % der Bemessungsgrundlagen (Gewebeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb) übersteigt. Damit ist ausreichend sichergestellt, dass die bei einer Überschreitung dieser Grenze eintretende Belastung der Gewerbetreibenden nicht ohne staatliche Kontrolle möglich ist. Auch die Entscheidung über die Genehmigung für Umlagesätze, welche 0,8 % der Bemessungsgrundlagen (Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb) übersteigen, muss sich im Rahmen einer Rechtsaufsicht halten. Die Aufsichtsbehörde kann infolge dessen nur prüfen, ob die Aufgaben, deren Finanzierung im Wirtschaftsplan vorgesehen ist, im Rahmen der Kammeraufgaben nach § 1 liegen; sie kann deshalb nicht die Aufnahme freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben oder die Höhe der dafür eingesetzten Finanzmittel beanstanden. Es ist gerade der Sinn der Selbstverwaltung, dass die Vollversammlung die Entscheidungen über die konkrete Kammerarbeit trifft und dabei auch Prioritäten setzen kann. Darüber hinaus hat die Aufsichtsbehörde zu prüfen, ob bei der Finanzierung dieser gesetzlichen Aufgaben die Grenzen der wirtschaftlichen und sparsamen Finanzgebarung gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 nicht offensichtlich überschritten sind. Auch insoweit handelt es sich um die Prüfung der Rechtsfrage, ob ein Ermessensmissbrauch oder eine Ermessensüberschreitung vorliegt. Die Versagung der Genehmigung kann infolgedessen nur mit Rechtsgründen begründet werden und darf keinen neuen Umlagesatz festsetzen, sondern muss es der IHK überlassen, im Rahmen einer erneuten Beratung des Wirtschaftsplans und der Wirtschaftssat-
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Aufsicht in Finanzfragen
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zung aus den Versagungsgründen der Aufsichtsbehörden die Konsequenzen zu ziehen. § 11 Abs. 2 unterwirft auch Sonderbeitragsordnungen der Genehmigungspflicht, enthält aber keine zusätzliche Genehmigungspflicht für Sonderbeiträge. Das ist schon deshalb entbehrlich, weil die Sonderbeitragsordnung in der Regel bereits Maßstäbe für eine eigenständige Beitragsregelung bringt, die sich an dem Vorteil für die jeweils begünstigten Unternehmen orientiert und den allgemeinen Grundsätzen des Beitragsrechts (insbesondere dem Äquivalenzprinzip) entspricht. Die meist alljährlich festzusetzende Höhe des Sonderbeitrags bleibt dann genehmigungsfrei.
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Auch die Herabsetzung der Beitragsfreistellungsgrenze nach § 3 Abs. 3 Satz 5 ist nicht genehmigungspflichtig. Hier kann die Aufsichtsbehörde aber nach § 11 Abs. 1 die IHK um Auskunft ersuchen, aufgrund welcher Zahlen und Annahmen sie zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Zahl der Beitragspflichtigen auf weniger als 55 % der Kammerzugehörigen sinkt und wie sich die niedrigeren Freistellungsgrenzen voraussichtlich finanziell auswirken werden. Eingreifen kann die Aufsichtsbehörde nach den allgemeinen Grundsätzen aber nur dann, wenn diese Berechnungen nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Da es sich um eine Prognoseentscheidung über die künftige Beitragsentwicklung handelt, darf die Aufsichtsbehörde – ebenso wenig wie später Verwaltungsgerichte – eine vertretbare Prognose der IHK beanstanden.
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c) Finanzaufsicht und Wirtschaftsplan Das Gesetz enthält keine Vorschrift über eine generelle Verpflichtung zur Vorlage der Wirtschaftspläne. Eine Vorlage kann deshalb von der Aufsichtsbehörde nur verlangt werden, wenn sie im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht einen konkreten Anlass dazu hat. Hierfür kommen insbesondere § 3 Abs. 2 und § 11 Abs. 2 in Betracht. Da in § 3 Abs. 2 eine sparsame und wirtschaftliche Finanzgebarung und die pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen vorgeschrieben sind, könnte eine Verletzung dieser Gesichtspunkte ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde nach § 11 Abs. 1 rechtfertigen; Voraussetzung wäre allerdings, dass die IHK bei der Wirtschaftsplanung ihren Ermessensrahmen offensichtlich missbraucht. Ebenso rechtfertigt die Genehmigung Möllering 455
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eines höheren Umlagesatzes nach § 11 Abs. 2 die Vorlage des Wirtschaftsplans, damit sich die Aufsichtsbehörde einen Überblick über Einnahmen und Ausgaben und deren Schwerpunkte verschaffen kann. 41
Abgesehen von diesen beiden – bisher theoretisch gebliebenen – Ausnahmefällen, erhält die Aufsichtsbehörde den Wirtschaftsplan erst zusammen mit der Jahresrechnung und dem Bericht der Rechnungsprüfungsstelle (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 7). Insofern ist die gesamte Rechtsaufsicht in Finanzfragen im Kern eine nachträgliche Rechtskontrolle, wie dies auch § 11 Abs. 1 entspricht.
5. Aufgehobene Vorschriften a) Allgemeines 42
Es bedarf an sich keiner ausdrücklichen Erwähnung, dass das IHKG alle widersprechenden Vorschriften des Kammerrechts aufgehoben hat. Deshalb muss für die nach 1945, aber vor dem IHKG erlassenen Landeskammergesetze jeweils im Einzelnen geprüft werden, inwieweit die Bestimmungen noch gültig sind. Das betrifft das schleswig-holsteinische Gesetz vom 23. 2. 1954 (GVBl. 41) und das Hamburger Gesetz vom 27. 2. 1956 (GVBl. 184). Das badische IHKG vom 17. 10. 1951 (GVBl. 184) ist ausdrücklich bei Erlass des baden-württembergischen IHKG aufgehoben worden (vgl. Anhang Nr. 2 – § 10 Abs. 2 Nr. 3).
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Da die praktische Anwendung eines Gesetzes erleichtert wird, wenn die aufgehobenen oder nicht mehr anzuwendenden Vorschriften einzeln aufgeführt sind, ist eine solche Aufzählung vielfach in Gesetzen enthalten (vgl. §§ 125–127 HwO). Das IHKG ist gleichwohl dieser Gesetzestechnik nicht gefolgt, weil die bis zu seinem Inkrafttreten geltenden Vorschriften überwiegend landesrechtlicher Art waren und zu einem Großteil erst nach Ergänzung des Bundesgesetzes durch neue Landesvorschriften unanwendbar wurden; die bis dahin weiter geltenden Vorschriften konnten also nicht generell mit Inkrafttreten aufgehoben werden. Jedoch zählen die Ausführungsgesetze der Länder vielfach die außer Kraft tretenden Vorschriften ausdrücklich auf und haben damit diese Lücke des Bundesgesetzes zum richtigen Zeitpunkt ausgefüllt.
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Aufgehobene Vorschriften
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Über die Frage, ob die reichsrechtlichen Vorschriften, welche die IHKs betreffen – z.B. VO vom 20. 8. 1934 (RGBl. I, 790) und das IHK-Beiträgegesetz vom 25. 3. 1939 (RGBl. I, 649) – bereits durch die Gauwirtschaftskammergesetzgebung aufgehoben worden sind, besteht ebenso wenig eine einheitliche Meinung wie über die hiermit untrennbar verknüpfte Frage der Weitergeltung des früheren Landeskammerrechts (vgl. BVerwG DVBl. 1961, 593 = DÖV 1961, 703 = BB 1961, 582, jeweils mit Anmerkungen; Droste, BB 1961, 1013). Auf jeden Fall sind diese Vorschriften spätestens mit Erlass des IHKG außer Kraft getreten.
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Die besatzungsrechtlichen Anordnungen, die für das Kammerwesen von Bedeutung waren, sind, da sie sämtlich nicht in den amtlichen Verkündungsblättern veröffentlicht wurden, mit § 3 des Ersten Gesetzes zur Aufhebung des Besatzungsrechts vom 30. 5. 1956 (BGBl. I, 437) aufgehoben worden.
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b) Beiträgegesetz Ausdrücklich angeführt als nicht mehr anwendbar (§ 11 Abs. 3) sind Abschnitt 1 des Beiträgegesetzes vom 24. 3. 1934 (RGBl. I, 235) und die Kriegskontrollverordnung vom 5. 7. 1940 (RGBl. II, 139). Beide Vorschriften konnten nicht formell aufgehoben werden, weil sie damals in anderen Bereichen noch galten. Es diente der Klarstellung, dass sie für den Bereich der IHKs keine Anwendung mehr finden können, nachdem die Rechts- und Finanzaufsicht durch das Bundesgesetz einen neuen Inhalt erhalten hat.
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Der in Abschn. 1 des Beiträgegesetzes enthaltene Grundsatz sparsamer Wirtschafts- und Haushaltsführung ist in § 3 Abs. 2 Satz 2 aufgenommen worden. Die Grundsätze der Rechnungslegung und die Prüfung der Jahresabschlusses bleiben nach § 12 Abs. 1 Nr. 7 landesrechtlicher Regelung vorbehalten.
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Aus der ausdrücklichen Nichtanwendbarkeit des Beiträgegesetzes und der Kriegskontrollverordnung sowie der eigenständigen Regelung im IHKG und in den Landesausführungsgesetzen folgt auch, dass die nunmehr aufgrund des Haushaltsgrundsätzegesetzes in den Landeshaushaltsordnungen vorgesehenen Bestimmungen nicht unmittelbar auf die IHKs anwendbar sind und auch nicht entsprechend angewandt werden können. Insbesondere gilt dies für die §§ 1–87 LHO, welche durch das Finanzstatut ersetzt
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Landesrechtliche Ergänzungsvorschriften
werden, aber auch für die §§ 106–110 LHO, denen das IHKG als Bundesrecht und die auf dieser Grundlage erlassenen Kammerstatuten vorgehen (vgl. § 3 Rz. 18). Insbesondere wird aus § 11 Abs. 3 abgeleitet, dass – anders als bei den Handwerkskammern (BVerwG GewArch 1995, 377) – eine Prüfung der IHKs durch die Landesrechnungshöfe ausgeschlossen ist (VGH München GewArch 2008, 72 n.rkr. – Az. des BVerwG: 6 C 2/08; ebenso im Ergebnis Rieger, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2005, 112, 134).
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(1) Durch Landesrecht können ergänzende Vorschriften erlassen werden über
1. die Errichtung und Auflösung von Industrie- und Handelskammern sowie von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen, 2. die Änderung der Bezirke bestehender Industrie- und Handelskammern, 3. die für die Ausübung der Befugnisse des § 11 Abs. 1 und 2 zuständigen Behörden, 4. die Aufsichtsmittel, welche erforderlich sind, um die Ausübung der Befugnisse gemäß § 11 Abs. 1 und 2 zu ermöglichen, 5. die Verpflichtung der Steuerveranlagungsbehörden zur Mitteilung der für die Festsetzung der Beiträge erforderlichen Unterlagen an die Industrie- und Handelskammern, 6. die Verpflichtung der Behörden zur Amtshilfe bei Einziehung und Beitreibung von Abgaben (§ 3 Abs. 8), 7. die Prüfung des Jahresabschlusses der Industrie- und Handelskammern, 8. die Befugnis der Industrie- und Handelskammern zur Führung eines Dienstsiegels, 9. Zuständigkeit und Verfahren für die Bestellung von Ausschussmitgliedern gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2. (2) Vor der Entscheidung über Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 sind die Kammerzugehörigen gemäß § 2 Abs. 1 zu hören.
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Zuweisung von Aufgaben Rz. 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . .
1
2. Zuweisung von Aufgaben. . .
2
3. Einzelvorschriften . . . . . . . . .
4
4. Ergänzungsfähiger Bereich . . 5 a) Zu Nrn. 1 und 2 . . . . . . . . . . . 6 b) Zu Nr. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Rz. c) d) e) f) g) h)
Zu Nr. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu Nr. 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu Nr. 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu Nr. 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu Nr. 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu Nr. 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
20 21 23 25 32 33
1. Vorbemerkung Das Bundesgesetz hat sich auf die Festlegung der Vorschriften beschränkt, die für eine einheitliche Rechts- und Aufgabenstellung der IHKs wesentlich sind. Die Ausführung dieser Vorschriften ist weitgehend der Satzung und der Wahlordnung zugewiesen worden, um der im Bereich der IHKs zu beobachtenden Vielgestaltigkeit und dem Grundsatz der Selbstverwaltung Rechnung zu tragen. Daher bedarf das Gesetz nur verhältnismäßig geringfügiger landesrechtlicher Ergänzung, die in erster Linie dort notwendig bleibt, wo der Staat als Aufsichtsbehörde angesprochen ist. Landesrechtliche Ergänzungsvorschriften zum Bundesgesetz können wegen der präklusiven Wirkung des § 12 nur ergehen, soweit das Gesetz ausdrückliche Ermächtigungsgrundlagen enthält.
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2. Zuweisung von Aufgaben Den Ländern ist durch § 1 Abs. 4 die Möglichkeit gegeben, den Aufgabenbereich der IHKs zu erweitern. Die Vorschrift wendet sich insoweit besonders an den Landesgesetzgeber, obwohl § 1 Abs. 4 die Übertragungsmöglichkeit durch Gesetz oder Rechtsverordnung schlechthin normiert. Hätte das Gesetz lediglich die Übertragung weiterer Aufgaben durch den Bund, und auch nur in Gesetzesform, im Auge gehabt, hätte es des § 1 Abs. 4 nicht bedurft, da der Bundesgesetzgeber jederzeit eine entsprechende Regelung treffen könnte. Auch soweit die Ermächtigungsgrundlage für die Übertragung von Kammeraufgaben bereits in anderen rechtlichen Vorschriften enthalten ist (z.B. § 36 GewO), kann die Konkretisierung der Ermächtigung im Rahmen der landesrechtlichen Ergänzungsvorschriften zum Bundeskammergesetz erfol-
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Landesrechtliche Ergänzungsvorschriften
gen. Das ist allenthalben geschehen (z.B. NRW § 6, Baden-Württemberg § 7, Bayern Art. 7; Texte: Anhang Nrn. 1, 2 und 3). 3
Im Übrigen haben das IHKG und die Enumeration in § 12 eine Sperrwirkung (Art. 31 GG) für den Landesgesetzgeber zur Folge. Diese Sperrwirkung reicht so weit, wie das IHKG das Organisationsrecht der Kammern regelt. Insbesondere können daher in den durch § 12 Abs. 1 genannten Fällen die Länder nicht diesen Rahmen überschreiten. Ebenso wenig kann der Landesgesetzgeber aus sonstigen Gründen in die bundesrechtlich geregelte Organisation, Struktur und den Aufgabenkreis der Kammern eingreifen. Das ist gelegentlich streitig, wenn der Landesgesetzgeber Vorschriften für die allgemeine staatliche oder kommunale Verwaltung generell auch auf Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts ausdehnt und damit die IHKs einzubeziehen scheint, etwa bei Landesverkündungsgesetzen (ablehnend OVG Koblenz GewArch 1989, 20), den Personalvertretungsgesetzen und den Informationsfreiheitsgesetzen (zustimmend BVerwG GewArch 2007, 478; Röger, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 65, 110; a.A. Grütters, GewArch 2002, 270, 272; Rickert, WiVerw 2004, 153) der Länder. Nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts kommt es darauf an, ob es sich um Regelungen des Verwaltungsverfahrens i.S.v. Art. 84 Abs. 1 GG (dann Sperrwirkung des § 12 IHKG) oder um materiellrechtliche Regelungen handelt. Im letztgenannten Fall ist Art. 72 Abs. 1 GG einschlägig, der für die Länder insoweit Spielraum für eigene Vorschriften lässt, als das einschlägige Gebiet noch nicht abschließend durch den Bund geregelt ist. Für das Datenschutzrecht ist in § 9 eine bereichsspezifische Regelung ergangen, welche den Datenschutzgesetzen von Bund und Ländern vorgeht.
3. Einzelvorschriften 4
Für den Organisationsbereich der IHKs enthält das Gesetz nur in § 3 Abs. 8 eine ausdrückliche Verweisung auf das Landesrecht. Indirekte Verweisungen auf das Landesrecht finden sich noch in § 3 Abs. 4 Satz 3 und 4, weil für die Apothekergesetze, die Landwirtschaftskammergesetze und für die Kammern einiger freier Berufe die Länder zuständig sind. Daneben ist eine Ergänzung des Bundesgesetzes durch Landesrecht auf die in § 12 Abs. 1 angeführten Gebiete beschränkt. Jedoch enthält § 12 keine i.S.v. Art. 80 GG 460
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ausreichende Ermächtigungsgrundlage für Verordnungen der Länder. Die landesrechtliche Regelung ist in allen Ländern vielmehr durch Gesetz erfolgt, das erst die notwendigen Verordnungsermächtigungen bringt (vgl. Anhang Nrn. 1–16).
4. Ergänzungsfähiger Bereich § 12 Abs. 1 führt unter den Nrn. 1–9 die einzelnen der Ergänzung des Bundesgesetzes zugänglichen oder bedürftigen Gebiete auf. Es handelt sich vorwiegend um Normen über Organisations- und Zuständigkeitsfragen.
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a) Zu Nrn. 1 und 2 • Gegenstand der Ergänzungsnormen Da die IHKs Körperschaften des Landesrechts sind, gehören die mit der Errichtung und bezirklichen Abgrenzung der einzelnen IHKs zusammenhängenden Fragen in den Bereich der Organisationsgewalt der Länder. Die Ermächtigung zur Errichtung neuer IHKs ist angesichts des Umstandes, dass die Bezirke der existierenden IHKs das gesamte Bundesgebiet abdecken, ohne große praktische Relevanz. Allerdings wäre es auch als Errichtung anzusehen, wenn aus dem Bezirk einer bestehenden IHK ein Teil herausgelöst und für diesen eine selbständige, neue IHK gebildet würde. Hier läge gleichzeitig eine Änderung der bezirklichen Grenzen einer bestehenden IHK (§ 12 Abs. 1 Nr. 2) vor. Eine größere praktische Relevanz hat der Fall, dass zwei bestehende IHKs zu einer neuen IHK zusammengelegt werden. Hier fällt die Auflösung dieser Kammern mit der Errichtung einer neuen IHK (entsprechend den Vorschriften zu Nr. 1) zusammen; insofern bedurfte die Zusammenlegung keiner gesonderten Erwähnung im Gesetz.
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Bei der Errichtung der Kammern im vorigen Jahrhundert wurde je- 7 weils im staatlichen Errichtungsakt oder auch in einem Landesgesetz der Bezirk jeder einzelnen Kammer festgelegt. Bei der Wiedererrichtung oder Neukonstituierung der IHKs nach dem letzten Kriege wurde der Kammerbezirk dagegen regelmäßig in der Satzung der Kammer aufgeführt und erhielt mit deren Genehmigung auch eine landesrechtliche Grundlage.
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7a
Die durch das 4. VwVfÄndG eingeführte Erweiterung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 stellt klar, dass der Landesgesetzgeber auch in Bezug auf die öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüsse ergänzende Vorschriften zum IHKG erlassen kann.
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Aus § 12 Abs. 1 Nr. 2 geht hervor, dass der Erlass von Vorschriften über die Änderung der Kammerbezirke Sache der Länder ist. Die hierzu ergangenen Landesvorschriften (z.B. NRW § 1, Bayern Art. 8; Texte s.u. Anhang) gehen übereinstimmend dahin, dass die Änderung von Kammerbezirken durch staatliche Rechtsetzung (durch Gesetz, RVO oder Organisationsakt mit rechtsetzender Wirkung) zu erfolgen hat; sie ist in keinem Falle der Regelung der IHK durch Satzung überlassen. Auch die Genehmigung einer solchen Satzung würde die notwendige staatliche Rechtsetzung nicht erübrigen. Soweit eine Kammersatzung in ihrer Beschreibung des Kammerbezirks auf staatliche oder kommunale Verwaltungsbezirke abstellt (z.B. „der Kammerbezirk umfasst die Kreise X, Y und Z“) hat eine Änderung dieser Verwaltungsbezirke nicht auch die gleichzeitige Änderung des Kammerbezirks automatisch zur Folge. Wenn also dem Kreise X Teile eines anderen Kreises zugewiesen werden, die zu einer anderen IHK gehören, so bedürfte eine entsprechende Änderung der Kammerbezirke eines besonderen kammerrelevanten Aktes staatlicher Rechtssetzung in der hierfür vorgesehenen Form. Daher kann auch eine übereinstimmende Auffassung zweier IHKs über die An- bzw. Ausgliederung von Gebietsteilen nicht über Satzungsbeschluss oder über die Interpretation von Gebietsbeschreibungen in der Satzung realisiert werden; es ist vielmehr stets eine staatliche Rechtsetzung erforderlich. Demgemäß ist auch die Zusammenführung der beiden IHKs Hannover und Hildesheim zwar durch (genehmigte) Satzungsbeschlüsse vorbereitet, aber erst durch den nachfolgenden staatlichen Errichtungsbeschluss und dessen Verkündung verwirklicht worden. Ohne staatliche Rechtsetzung wäre es nicht möglich, dass die Kammerzugehörigkeit für die Kaufleute bestimmter Gebietsteile mit ihren Folgen hinsichtlich der Beitragspflicht und des Wahlrechts Änderungen erfährt. So wie die öffentlich-rechtlichen Rechte und Pflichten für die Kammerzugehörigen des Kammerbezirks X bei Errichtung dieser Kammer nur durch den Gesetz- oder VO-Geber hatten begründet werden können, kann eine Änderung dieses „besonderen Gewaltverhältnisses“ durch Zuordnung zur IHK Y nur durch den Gesetz- oder VO462
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Geber erfolgen. Diesem ist in den Landesgesetzen demgemäß auch die Auflösung und Neubildung von IHKs und die Änderung von Kammerbezirken zugewiesen. Dabei ist festzuhalten, dass der Begriff der Auflösung einer IHK in § 12 Abs. 1 Nr. 1 nichts mit der Auflösung der Vollversammlung als einer Maßnahme der Staatsaufsicht zu tun hat, sondern dass es sich hierbei um eine den Bezirk der Kammer betreffende Organisationsmaßnahme handelt. Seit Erlass des IHKG und der Landesausführungsgesetze dazu, hat es inzwischen umfangreiche Änderungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 und 2 IHKG gegeben. In Baden-Württemberg und NordrheinWestfalen ist es zu einer grundlegenden Neugliederung der Kammerbezirke gekommen, bei der auch IHKs aufgelöst wurden. In Niedersachsen sind die IHKs Hannover und Hildesheim, in Hessen die IHKs Gießen und Friedberg sowie Dillenburg und Wetzlar aufgrund eigener Initiative zusammengeschlossen worden. Aber auch sonst sind die Kammerbezirke fast durchweg der kommunalen Gebietsreform und den neuen Regierungsbezirken angeglichen worden, um Überschneidungen zu verhindern. Für diese „Deckungsgleichheit“ spricht, dass die IHKs aufgrund ihrer regionalen Aufgaben besonders eng mit den Städten und Landkreisen ihres Kammerbezirks und dem zuständigen Regierungspräsidenten zusammenarbeiten müssen. Es dient deshalb der Verwaltungsvereinfachung, wenn diese Zusammenarbeit konzentriert wird. Außerdem hat sich in der Praxis hat sich gezeigt, dass die neuen Verwaltungsgrenzen weitgehend auf regionale Wirtschaftsräume Rücksicht genommen haben. Das Prinzip der „Deckungsgleichheit“ ist deshalb heute nicht mehr umstritten; es findet sich beispielsweise in § 90 Abs. 3 HwO und in den Landesausführungsgesetzen zum IHKG in den neuen Bundesländern.
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Bei der Neugliederung von Kammerbezirken ist es naturgemäß häufiger zu verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzungen gekommen. Klagen einzelner Kammerzugehöriger sind allerdings nicht zulässig. Klagt dagegen die betroffene IHK selbst, ist eingehend geprüft worden, ob die Neugliederungsverordnung des Landes sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung gehalten hat und überzeugend begründet war (OVG Münster GewArch 1981, 375; OVG Lüneburg vom 13. 6. 1988 – 8 A 40/86; OVG SachsenAnhalt GewArch 1996, 70 und 1997, 342; zum Handwerksbereich: BVerwG NVwZ 1993, 675; OVG Münster GewArch 1975, 194; VG Halle GewArch 1996, 75).
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Zwei aufgelöste IHKs in NRW haben schließlich das Land wegen ihrer Auflösung verklagt, weil diese nicht einer besseren Durchführung der Kammeraufgaben diene, sondern eher das Gegenteil bewirke. Beide Klagen sind – nach Abweisung in erster Instanz – vom OVG Münster als unzulässig zurückgewiesen worden, weil das Klagebegehren sachlich ein Normenkontrollverfahren zum Inhalt habe, das – mangels Ausfüllung des § 47 VwGO – in NRW nicht zugelassen sei (OVG Münster vom 21. 5. 1981 – 15 A 1846/79 und 15 A 2030/79). • Inhalt der Ergänzungsnormen
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Die Länder – außer Hamburg und Schleswig-Holstein – haben durch ihre Ausführungsgesetze (vgl. Anhang) geregelt, auf welchem Wege die in § 12 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 vorgesehenen Maßnahmen zu erfolgen haben, welche Stelle für die Änderungsmaßnahmen zuständig ist und was gegebenenfalls für die Abwicklung und für die Übergangszeit zu gelten hat (z.B. NRW § 1, BadenWürttemberg § 1, Hessen § 1; Texte: Anhang Nrn. 10, 1 und 7). Eine Anhörung der Kammerzugehörigen hätte gem. Abs. 1 Nrn. 1 und 2 landesrechtlich eingeführt werden können, wenn sie nicht bereits durch den in der 2. Lesung des Entwurfs vom Bundestag neu eingestellten § 12 Abs. 2 bundesrechtlich vorgeschrieben worden wäre. Nachdem das Bundesgesetz diese Ergänzung erfahren hat, kann das Landesrecht – das ist durch die Ermächtigung gem. § 12 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 gedeckt – nur noch die nähere Ausgestaltung der Anhörung regeln.
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Es genügt dabei nicht, die Organe der beteiligten IHKs zu hören; denn Abs. 2 ordnet ausdrücklich an, dass die Kammerzugehörigen selbst – das sind die in § 2 Abs. 1 angeführten Gewerbetreibenden unter Berücksichtigung der in § 2 Absätze 2 bis 5 enthaltenen Ausnahmen – zu hören sind. Es sind nicht sämtliche Kammerzugehörigen in dem von einer Änderung betroffenen Kammerbezirk zu hören, sondern nur diejenigen, die unmittelbar von der Änderung selbst berührt werden. Will also der Gesetz- oder Verordnungsgeber einen Landkreis von der IHK A zur IHK B geben, so sind die in diesem Landkreis mit ihren Betriebsstätten ansässigen Gewerbetreibenden anzuhören, nicht aber die übrigen zur IHK A gehörigen oder die zur IHK B gehörigen Gewerbetreibenden. Der Sinn von § 12 Abs. 2 geht dahin, dass durch das Anhörungsverfahren die unmittelbar Betroffenen über das Vorhaben un464
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terrichtet werden und sich dazu in ihrer Sicht äußern können. Auch wenn der ganze Kammerbezirk von der Veränderung, etwa durch Auflösung, betroffen ist, bedarf es einer Anhörung der Kammerzugehörigen. Zwar werden die Gewerbetreibenden des Kammerbezirks in ihrer Gesamtheit durch die Vollversammlung repräsentiert; deren Votum könnte aber die in § 12 Abs. 2 vorgeschriebene Anhörung nicht ersetzen, wenn es auch der Vollversammlung unbenommen bleibt, sich mit einem eigenen Votum zum Wort zu melden. Im Sinne von § 12 Abs. 2 bedeutet „hören“, dass dem in Frage kommenden Personenkreis Gelegenheit zu geben ist, zur Errichtung, Auflösung oder Neuabgrenzung Stellung zu nehmen und dabei zustimmende oder kritische Ansichten zu begründen. Nicht erforderlich ist eine Einzelanhörung oder eine besondere Abstimmung unter den Kammerzugehörigen; das würde über den Begriff des „Hörens“ hinausgehen. Es muss aber wenigstens gefordert werden, dass das konkrete Vorhaben in hinreichender Form (etwa durch Veröffentlichung in staatlichen oder geeigneten bezirklichen, oder, wenn es sich um die Umgliederung kleinerer Gebietsteile handelt, sogar örtlichen Verkündungsblättern) öffentlich bekannt gemacht wird. Dabei muss eine ausreichende Frist gesetzt werden, die jedem der betroffenen Kammerzugehörigen die Möglichkeit bietet, sich gegenüber der zuständigen Stelle zu äußern, die allerdings nicht gehalten ist, den bei ihr eingehenden Äußerungen zu folgen.
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• Erweiterung der Ergänzungsnormen § 12 Abs. 2 ist eine Mindestverpflichtung; landesrechtlich könnten darüber hinaus in Ergänzung zu Abs. 1 Nrn. 1 und 2 noch weitere Verfahrensvorschriften ergehen; so könnte zusätzlich die Anhörung der Vollversammlung der beteiligten Kammern vorgeschrieben oder in bestimmten Fällen für deren Votum eine bestimmte Mehrheit vorgesehen und weiterhin angeordnet werden, dass Änderungen nur auf Antrag und nur erfolgen dürfen, wenn die beteiligten Kammern mit bestimmter Mehrheit zugestimmt haben. Von dieser Möglichkeit haben die Länder nicht Gebrauch gemacht. In Nordrhein-Westfalen ist aber vor der Änderung von Kammerbezirken die Anhörung des Wirtschaftsausschusses des Landtages vorgesehen. In den meisten Ländern genügt für die Änderung von Kammerbezirken eine Rechtsverordnung (z.B. NRW Möllering 465
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§ 1, Baden-Württemberg § 1, Hessen § 1; Texte: Anhang Nrn. 10, 1, 7); in Bremen ist ein Landesgesetz notwendig (§ 1 Abs. 1; Text: Anhang Nr. 5). In Rheinland-Pfalz sind ohne Änderung des Landesgesetzes die Kammerbezirke durch eine Bekanntmachung der Landesregierung geändert worden. Die Landesregierung hat diese Befugnis im Rahmen ihrer Organisationsgewalt in Anspruch genommen (Anhang Nr. 11). In Niedersachsen übt das „Landesministerium“ die Befugnisse nach § 1 Abs. 1 IHKG NS durch einen formellen „Beschluss“ aus, der im NdsMBl. veröffentlicht wird. 16
Im früheren preußischen Kammerrecht war darüber hinaus für die Kammern die Möglichkeit gegeben, mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde zur gemeinsamen und ausschließlichen Erfüllung bestimmter Aufgaben einen Zweckverband zu bilden (§ 2 Abs. 4 der VO vom 1. 4. 1924 – GS 194; vgl. dazu 4. Aufl., S. 248). Das IHKG-Änderungsgesetz 1998 hatte mit § 1 Abs. 4a (nunmehr § 10) den Kammern wieder den Weg geöffnet, öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse zu bilden oder hoheitliche Aufgaben auf andere Kammern zu übertragen. Die Effizienz der Kammerarbeit kann durch eine solche Konzentration bei bestimmten hoheitlichen Aufgaben gesteigert werden. Ebenso kann die unterschiedliche Leistungskraft der Kammerbezirke auf diese Weise ausgeglichen werden. Insofern handelt es sich um eine Alternative zu einer Neugliederung der Kammerbezirke. Deshalb finden sich bereits im Gewerberecht und im Berufsbildungsgesetz Sondervorschriften, welche den IHKs durch öffentlich-rechtlichen Vertrag die Möglichkeit gemeinsamer Prüfungsausschüsse erlauben. Diese gesetzlichen Vorschriften sind bei hoheitlichen Aufgaben notwendig, während im schlicht verwaltenden Bereich eine privatrechtliche Form der Kammerzusammenarbeit seit langem üblich und auch zulässig ist (meist in der Rechtsform eines Vereins oder einer GmbH). Den vorstehend beschriebenen Notwendigkeiten entsprechend plant der Bundesgesetzgeber eine Erweiterung der derzeitigen Kooperationsklausel, die neben der Landesgrenzen überschreitenden Kooperation auch die Kooperation Zweckverbandsform vorsieht. • Besondere landesrechtliche Vorschriften
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Außer dem in § 12 Abs. 2 vorgesehenen Anhörungsrecht gibt es keine bundesrechtliche Vorschrift für ein Veränderungen des der466
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zeitigen Besitzstandes betreffendes Verfahren. Es ist den Ländern überlassen, darüber zu befinden, ob und inwieweit sie eine Veränderung der Bezirkseinteilung für erforderlich und zweckmäßig halten, um finanziell leistungsfähigere und damit unabhängigere oder in der Bezirksabgrenzung funktionsfähigere IHKs zu schaffen. Zumeist ist die Neuabgrenzung davon abhängig gemacht, dass sie zur besseren Durchführung der Kammeraufgaben „geboten“ (so NRW § 1, Bayern Art. 8, Hessen § 1) oder „zweckmäßig“ (Baden-Württemberg § 1) sei. In Rheinland-Pfalz, wo schon die Landesverfassung vom 18. 5. 1947 (Art. 69) angeordnet hatte, dass die Bezirke der Kammern grundsätzlich mit den Regierungsbezirken übereinstimmen sollten, sind in § 1 des IHKG die Bezirke der Kammern ausdrücklich aufgeführt; Änderungen sind fortgeschrieben worden. Dieser Grundsatz der Landesverfassung bleibt für die Landesregierung bei Abgrenzungsmaßnahmen maßgeblich, da der Bund in dieser Hinsicht im Bundesgesetz von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht und damit die Landesverfassung – anders als hinsichtlich des ebenfalls in Art. 69 Verf. Rh.-Pf. enthaltenen Grundsatzes der Mitbestimmung – durch das Bundesgesetz nicht präkludiert wird. Das Bundesgesetz hat auf derartige Vorschriften verzichtet, um die Organisationsgewalt der Länder in einem Bereich, in dem die Interessen von Land zu Land und von Bezirk zu Bezirk verschieden liegen, nicht einzuengen. Die Frage, ob eine Änderung „geboten“ oder „zweckmäßig“ sei, 18 kann kontrovers interpretiert werden. Die Rechtsprechung hat schon für die in den Bundesländern durchgeführte Gemeinde- und Kreisgebietsreform bestätigt, dass dem Staat bei der Neuabgrenzung ein weiter Ermessensrahmen zusteht. Dabei bietet Art. 28 GG (ähnlich entsprechenden Vorschriften der Landesverfassungen) nur eine institutionelle Garantie, nicht aber einen Bestandsschutz im Einzelnen. Nur in relativ wenigen Fällen, wo die Neuordnung sinnwidrig und damit ermessensmissbräuchlich war, sind Änderungen im Gemeindebereich als rechtswidrig aufgehoben worden. Auch für den Kammerbereich gelten diese Grundsätze, wobei zu bemerken ist, dass hier nicht einmal eine institutionelle Garantie verfassungsrechtlich gegeben ist. Die Rechtsprechung ist daher im Wesentlichen den für den kommunalen Bereich herausgestellten Prinzipien gefolgt.
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b) Zu Nr. 3 19
Nach Art. 83 GG führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten aus. Nach Art. 84 Abs. 1 GG regeln sie in diesem Rahmen grundsätzlich auch die Einrichtung der Behörden und Verwaltungsverfahren. Auch die Bestimmung der für die Genehmigungen nach dem Berufsbildungsgesetz zuständigen „obersten Landesbehörden“ ist Sache der Länder. Diese sind darin frei, ob sie für solche Genehmigungen die nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 bestimmte Aufsichtsbehörde, oder ein anderes Ressort als zuständig bestimmen. Entsprechendes gilt für die Behörde, welche nach § 11a Abs. 1 Satz 4 GewO mit der Aufsicht über die IHKs betreffend die Führung des Versicherungsvermittlerregisters beauftragt wird. c) Zu Nr. 4
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Während Nr. 3 lediglich die Festlegung der zuständigen Behörden betrifft, bietet Nr. 4 die Möglichkeit, die Aufsichtsmittel, die zur Durchführung der Staatsaufsicht gem. § 11 Absätze 1 und 2 erforderlich sind, landesrechtlich zu regeln. Danach könnten alle im Bereich der Verwaltung bekannten Aufsichtsmittel (Aufklärung, Berichtspflicht, Beanstandung, Entsendung eines Beauftragten, Zwangsetatisierung und Auflösung der Organe) einzeln eingeführt werden. Das ist (mit Ausnahme von Thüringen in § 2 AGIHKGThür.) nicht erfolgt. Soweit sich die Kammergesetzte der Länder in ihren AGIHKGs darauf beschränken, die Auflösung der Vollversammlung anzuführen (Nordrhein-Westfalen § 2 Abs. 2, Niedersachsen § 2 Abs. 2, Rheinland-Pfalz § 1 Abs. 2, Saarland § 2 Abs. 2; Texte: Anhang Nrn. 9–12), wird durch die Anführung des stärksten Aufsichtsmittels die Skala der verwaltungsmäßig schwächeren Mittel mitumfasst (so schon die Begründung des sog. Berlepsch’schen Entwurfs zum IHK-Gesetz vom 19. 8. 1897; vgl. Lusensky, a.a.O., 208). In anderen Landesgesetzen ist ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Auflösung der Vollversammlung als äußerstes Aufsichtsmittel nur dann anzuwenden ist, wenn andere Mittel nicht ausreichen (Baden-Württemberg § 2 Abs. 2, Bayern Art. 1 Abs. 2, Berlin § 1 Abs. 2, Hessen § 2 Abs. 2; Texte: Anhang Nrn. 1–3, 7). § 12 Abs. 1 Nr. 4 ermächtigt die Länder nicht dazu, die Fachaufsicht einzuführen.
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d) Zu Nr. 5 Da die IHKs nach § 3 Abs. 3 ihre Umlage auf der Grundlage der Gewerbeerträge bzw. der Gewinne aus einem Gewerbebetrieb erheben, ergibt sich zwingend, dass sie diese Bemessungsgrundlagen und Zerlegungsanteile von den Finanzämtern erhalten müssen. § 31 AO ermächtigt die Finanzbehörden, diese Daten an Körperschaften des öffentlichen Rechts, damit also auch an die IHKs, zum Zwecke der Festsetzung der Kammerbeiträge mitzuteilen. In den Ländern bestanden darüber Erlasse, die inzwischen durch eine umfangreiche und regelmäßig überarbeitete Rahmenvereinbarung der Finanzverwaltung mit Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern ersetzt worden sind. Rechtsverordnungen waren dazu nicht erforderlich. Auch die Landeskammergesetze sehen von einer ausdrücklichen Regelung ab, weil als Rechtsgrundlage § 31 AO ausreicht.
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§ 9 Abs. 2 hat jedoch im Rahmen des Datenschutzes ausdrücklich auch das korrespondierende Recht der IHKs und ihrer Rechenzentren festgelegt, von den Finanzbehörden die für die Beitragsveranlagung notwendigen Daten anzufordern. Die Vorschrift wurde durch Art. 7 Nr. 5 des Gesetzes vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246) dahingehend konkretisiert, dass nunmehr auch die zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit erforderlichen Angaben über die Gewerbesteuerveranlagung bei den Finanzbehörden abgerufen werden können.
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e) Zu Nr. 6 § 3 Abs. 8 Satz 1 enthält nur eine Verweisung auf die materiellen und verfahrensrechtlichen Normen des Gemeindeabgaberechts, belässt den IHKs aber ihre Zuständigkeit bei der Erhebung, Einziehung und Beitreibung der Kammerbeiträge. Deshalb bedarf es einer landesrechtlichen Vorschrift, um die Gemeinden zu verpflichten, die Einziehung und Beitreibung von Kammerbeiträgen zu übernehmen. Die Landesausführungsgesetze haben in Verfolg dieses Landesvorbehalts davon teilweise Gebrauch gemacht und jeweils auch die Kostenfrage mitgeregelt. Dabei zeigen sich erhebliche Unterschiede. In Nordrhein-Westfalen und Hessen sind die Gemeinden und Gemeindeverbände verpflichtet, die Beiträge gegen eine Pauschalvergütung von 5 % der zu erhebenden Beiträge einzuziehen und beizutreiben. In Niedersachsen, im Saarland soMöllering 469
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wie in Hamburg sind die Gemeinden ebenfalls dazu verpflichtet, wobei statt einer Pauschalvergütung die Erstattung der Kosten vorgesehen ist. Auch ohne eine gesetzliche Regelung im Landeskammergesetz ergibt sich jedoch für die meisten Kammern die Möglichkeit, die Vollstreckung von Beitrags- und Gebührenbescheiden über die Gemeinden im Wege der Amtshilfe zu erwirken. In Bayern und Baden-Württemberg ist dabei den Gemeinden alternativ auch die Möglichkeit eröffnet, Rückstandsverzeichnisse (auch der IHKs) durch den Gerichtsvollzieher im zivilrechtlichen Vollstreckungsverfahren zu verwirklichen. In diesen beiden Ländern können aber auch die IHKs selbst den Gerichtsvollzieher beauftragen. 24
Sofern die Gemeinden zur Einziehung und Beitreibung verpflichtet sind, steht es der IHK frei, sich zu entscheiden, in welchen Fällen sie Einziehungs- oder Beitreibungsaufträge erteilen will. Sie ist nicht verpflichtet, die gesamte Einziehung oder auch nur die gesamte Beitreibung durch die Gemeinden vornehmen zu lassen. f) Zu Nr. 7
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Den Ländern ist vorbehalten, Grundsätze über die Prüfung der Jahresabschlüsse der IHKs aufzustellen. Mit Wirkung zum 1. 1. 2008 finden auf die Rechnungslegung der IHKs die Grundsätze der doppelten Buchführung Anwendung, die im Handelsgesetzbuch geregelt sind. Der Hinweis auf die Regelungsbefugnis der Länder in Bezug auf die Rechnungslegung wurde daher gestrichen. Die Regelungsbefugnis in Bezug auf die Prüfung der Jahresabschlüsse bleibt erhalten.
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Für die Prüfung der Jahresabschlüsse der IHKs ist in fast allen Ländern (Ausnahme Niedersachsen) ausschließlich die Rechnungsprüfungsstelle des DIHK zuständig (vgl. zur Entwicklung der Rechnungsprüfung im Kammerwesen 2. Aufl., 247; Bremer, 239; Dascher/Kauczor, Das Prüfungswesen der Industrie- und Handelskammern, Bielefeld 1986). Die Rechtslage unterscheidet sich damit grundsätzlich von der bei den Handwerkskammern (vgl. BVerwG E 99, 185; GewArch 1995, 377; VGH München GewArch 1992, 388; Eyermann, GewArch 1992, 209/216; 1994, 441; Kopp, WiVerw 1994, 20; Knöpfle, Die Zuständigkeit der Rechnungshöfe für die Prüfung der Körperschaften öffentlichen Rechts, 1988; Rie470
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ger, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts, 2005, 112; Stober, Zur Rechnungsprüfung von Kammern, 1989). Die meisten Landesausführungsgesetze (mit Ausnahme von Bre- 27 men, Hamburg, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz) legen fest, dass die Aufsichtsbehörde die für die „Rechnungsprüfung“ der IHKs zuständige Stelle bestimmt. In den neuen Bundesländern findet sich die Bestimmung der Rechnungsprüfungsstelle sogar in einem Landesausführungsgesetz (vgl. § 4 Abs. 2 AGIHKG-MV), sonst in einer Durchführungsverordnung. Die Länder (mit Ausnahme von Bremen) haben die vom DIHK errichtete Rechnungsprüfungsstelle in Bielefeld mit dieser Aufgabe betraut, also auch Hamburg, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. In NordrheinWestfalen und den neuen Bundesländern ist dies durch Gesetz oder Rechtsverordnung erfolgt, in den anderen Ländern durch Erlasse. Darin liegt die in § 48 HGRG vorgesehene und in § 111 der Landeshaushaltsordnungen aufrechterhaltene Ausnahme von der sonst gegebenen Prüfungszuständigkeit des Landesrechnungshofs. Die Ausnahme der IHKs von der Prüfungszuständigkeit des Landesrechnungshofs ergibt sich landesrechtlich unterschiedlich, entweder aus § 111 Abs. 1 LHO (durch Rechtsvorschrift), aus § 111 Abs. 2 Satz 1 LHO (neu erteilte Ausnahmen) oder aus § 111 Abs. 2 Satz 2 LHO (aufrechterhaltene alte Ausnahmen); für die Ausnahmen nach § 111 Abs. 2 Satz 1 wie 2 LHO reicht ein Organisationserlass aus. Dabei zeigt die Entstehungsgeschichte und -zeit, dass die Landeskammergesetze ausschließlich die Rechnungsprüfung im Sinne des heutigen § 111 LHO meinen, nicht etwa die Eigenprüfung des § 109 Abs. 2 LHO; diese Eigenprüfung findet durch die ehrenamtlichen Rechnungsprüfer der Vollversammlung statt und ist in der Kammersatzung vorgesehen (vgl. zur Terminologie Reger, Bemerkungen zur Finanzkontrolle, VerwArch 1975, 195 und 319; Karehnke, DÖH 1974, 27; a.M. Stackmann, DVBl. 1996, 414). Die Länder haben deshalb durchweg ihre Organisationserlasse, mit denen sie die Rechnungsprüfungsstelle beauftragten, nach Erlass der neuen LHO bestätigt; in den Ausführungsgesetzen der neuen Bundesländer (mit Ausnahme von Thüringen) ist die Freistellung von einer Prüfung durch den Landesrechnungshof sogar ausdrücklich festgehalten. In Bayern hat der VGH München die Freistellung der IHKs von der Prüfung durch den Landesrechnungshof bestätigt (GewArch 2008, 72 n. rkr. – Az. des BVerwG 6 C 2/08).
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Damit ist die Rechnungsprüfung bei den IHKs einem eigenen Organ der Kammerorganisation anvertraut, dessen Rechtsstellung der eines Rechnungshofs angeglichen ist. Die Rechnungsprüfungsstelle ist zwar juristisch ein unselbständiger Teil des DIHK, wobei ihr jedoch ein Sonderstatut völlige Unabhängigkeit garantiert. Diese Unabhängigkeit besteht zunächst einmal darin, dass die Rechnungsprüfungsstelle keinerlei Weisungen des DIHK, der Kammervereinigungen und der Kammern unterworfen und lediglich an das Sonderstatut und die Prüfungsrichtlinien gebunden ist. Neben diese sachliche Unabhängigkeit tritt die persönliche Unabhängigkeit des Prüfungspersonals, dessen Einstellung und Kündigung dem durch das Sonderstatut eingesetzten Aufsichtsrat für die Rechnungsprüfungsstelle obliegt und an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft ist. Schließlich hat die Rechnungsprüfungsstelle einen eigenen Sonderhaushalt, der unmittelbar von ihren Organen der Vollversammlung des DIHK zur Beschlussfassung vorgelegt wird. Damit ist für die Rechnungsprüfungsstelle sachlich, personell und finanziell ein ähnlicher Status wie für Rechnungshöfe gesichert.
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Die Rechnungsprüfungsstelle ist aber auch gegenüber den Aufsichtsbehörden unabhängig und kann nicht etwa als weisungsgebundenes Hilfsorgan bei der Wahrnehmung der Staatsaufsicht verstanden werden. Der Einfluss der Aufsichtsbehörden beschränkt sich vielmehr auf den Erlass von Prüfungsrichtlinien, die gemäß § 6 Abs. 3 des Sonderstatuts an die Stelle der von der Vollversammlung des DIHK zunächst erlassenen Prüfungsrichtlinien getreten sind oder sie modifizieren. Diese Abänderungen betreffen nach dem Vorbild der nordrhein-westfälischen Prüfungsrichtlinien vor allem eine Prüfung der Ausgaben daraufhin, dass sie aus Ansätzen des Wirtschaftsplans erfolgt sind, die „in Wahrung der Kammeraufgaben“ liegen; im Übrigen sind die von der Vollversammlung beschlossenen Ansätze des Wirtschaftsplans der Kritik der Rechnungsprüfungsstelle und auch der Aufsichtsbehörde entzogen.
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Die Rechnungsprüfungsstelle ist seit Februar 2008 freiwilliges Mitglied der Wirtschaftsprüferkammer. Die Rechtsgrundlage dafür ist § 59 Abs. 2 WPO, der die Möglichkeit einer solchen freiwilligen Mitgliedschaft für überörtliche Prüfungseinrichtungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften ermöglicht. Dementsprechend dürfen bei ihr auch Wirtschaftsprüfer tätig sein (§ 43a 472
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Ergänzungsfähiger Bereich
§ 12
Abs. 1 WPO). Die Rechnungsprüfungsstelle hat sich in ihrem Sonderstatut zur Beachtung der berufsrechtlichen Vorschriften und zur Teilnahme an der Qualitätskontrolle verpflichtet. Die Prüfungsberichte der Rechnungsprüfungsstelle sind die Grund- 31 lage für die ehrenamtlichen Rechnungsprüfer der Vollversammlung wie für die Aufsichtsbehörden. Sie sind deshalb gemäß § 9 Sonderstatut zeitgleich in je einer Ausfertigung an den Präsidenten und den Hauptgeschäftsführer und in einer weiteren Ausfertigung an die Aufsichtsbehörde zu senden. Die Aufsichtsbehörde kann jedoch nur eingreifen, soweit sie aufgrund der ermittelten Tatsachen einen Rechtsverstoß oder einen Ermessensmissbrauch der IHK bei der Wirtschaftsführung feststellt. Der Gestaltungsspielraum der Vollversammlung bleibt deshalb von der Prüfung unberührt; in diesem Bereich kann es weder von der Rechnungsprüfungsstelle noch der Aufsichtsbehörde Beanstandungen geben (so selbst für die Prüfung der Handwerkskammern durch die Rechnungshöfe Knöpfle, Zuständigkeit der Rechnungshöfe, Thesen E 4 und F 2; Stober/Kluth, Rechnungsprüfung in Kammern). Im Übrigen ist es Aufgabe der ehrenamtlichen Rechnungsprüfer, Zweckmäßigkeitsfragen in ihrem Prüfungsbericht an die Vollversammlung aufzugreifen und damit zur Entscheidung zu bringen; diese ehrenamtliche Rechnungsprüfung ist die Grundlage der Entlastung durch die Vollversammlung. Ähnlich wie im Gemeinderecht könnte man deshalb bei den IHKs zwischen der Aufsichtsprüfung und der Eigenprüfung (vgl. auch § 109 Nr. 2 LHO) unterscheiden, die verschiedene Zwecke verfolgen und beide den Prüfungsbericht der Rechnungsprüfungsstelle zum Ausgang haben. Wenn die IHK in ihrer Satzung regelt, dass der Bericht der Rechnungsprüfungsstelle nur den ehrenamtlichen Rechnungsprüfern zugänglich zu machen ist, dann haben die anderen Vollversammlungsmitglieder kein Einsichtsrecht (BVerwG GewArch 2004, 331 gegen OVG Münster vom 12. 6. 2003 – 8 A 4282/02). g) Zu Nr. 8 Vielfach bestehen in den Ländern Vorschriften über die Führung 32 des großen, kleinen oder abgewandelten Dienstsiegels durch öffentlich-rechtliche Körperschaften. In diesen Fällen bedarf es neuer landesrechtlicher Normen für die IHKs nicht. Soweit eine Regelung noch notwendig ist oder abweichend erfolgen soll, bietet § 12 Möllering 473
§ 12
Landesrechtliche Ergänzungsvorschriften
Abs. 1 Nr. 8 hierfür die Möglichkeit (vgl. z.B. Bayern Art. 5; Berlin § 6 Abs. 2; Bremen § 5 Abs. 1; NRW VO vom 16. 5. 1956 – GVBl. 144, wo in § 5 Abs. 3 den Kammern die Berechtigung zum kleinen Landessiegel anvertraut wird; Texte: Anhang Nrn. 1, 3 und 5). h) Zu Nr. 9 33
Die Vorschrift ist zwar durch das Berufsbildungsgesetz nicht ausdrücklich aufgehoben; sie ist aber, soweit sie sich ausdrücklich auf die Berufung der Mitglieder für den gem. § 8 IHKG zu bildenden Ausschuss bezieht, obsolet geworden. Da § 77 BBiG unmittelbar festlegt, dass die Mitglieder des Berufsbildungsausschusses von der nach Landesrecht zuständigen Behörde „berufen“ werden, bedarf es keiner besonderen bundesrechtlichen Norm mehr, welche die Länder zum Erlass ergänzender Vorschriften über die Zuständigkeit ermächtigt. Die Zuständigkeitsregelung ist vielmehr bereits gem. § 77 BBiG Landessache. Fraglich sein könnte, ob § 12 Abs. 1 Nr. 9 auch weiterhin Bedeutung hat hinsichtlich des Verfahrens für die Bestellung von Ausschussmitgliedern. Das ist nicht anzunehmen, da sich das § 12 Abs. 1 Nr. 9 auch insoweit ausdrücklich auf § 8 Abs. 2 Satz 2 bezieht und diese Vorschrift hinfällig geworden ist. Die Länder sind also in der Gestaltung des Verfahrens für die Berufung der Mitglieder des neuen Ausschusses frei. Hinfällig geworden sind insofern auch die sich auf § 12 Abs. 1 Nr. 9 beziehenden Normen der Landes-Ausführungsgesetze (z.B. NRW § 5; Baden-Württemberg § 7; Bayern Art. 7). Soweit Arbeitnehmerkammern bestehen, könnte diesen die Bestellung der Arbeitnehmervertreter übertragen werden. Von dieser Möglichkeit wird nirgends Gebrauch gemacht.
34
Erforderlich sind landesrechtliche Vorschriften (oder Ermächtigungsnormen) darüber, welche Stelle die vorschlagsberechtigten Organisationen im Einzelfall festlegt, wie die zur Verfügung stehenden Ausschusssitze auf diese Organisationen verteilt werden und wie das Vorschlagsverfahren gestaltet wird. Es ist dabei den Ländern überlassen zu bestimmen, ob eine mehrfache Anzahl der in Frage stehenden Mitglieder vorgeschlagen werden muss, wie Vertreter oder Ersatzleute – falls die Satzung der IHK für die Ausschüsse der IHK solche vorsieht – zu benennen sind und wie Widerruf oder Zurücknahme der Bestellung erfolgen (s. im Einzelnen die Landesvorschriften, z.B. Niedersachsen § 5 Abs. 2 und 3; NRW 474
Möllering
Übergangsvorschriften
§ 13a
§ 5 Abs. 2; Hessen § 5 Abs. 2; Bayern Art. 6 Abs. 2 und 3; Texte: Anhang Nrn. 9, 10, 7, 2).
13
Die Handelskammern Bremen und Hamburg sind berechtigt, ihre bisherige Bezeichnung weiterzuführen.
Die Kammern in Bremen und Hamburg führen nach alter Tradition die Bezeichnung „Handelskammer“. Sie sollen diese besondere Überlieferung in ihrer Bezeichnung beibehalten können, wenn sie es wünschen. Sie haben diesen Wunsch durch Festlegung ihrer Bezeichnung in der Satzung zum Ausdruck gebracht.
1
13a
(1) Kammerzugehörige, die am 31. Dezember 1993 nach § 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 3 Satz 2 in der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung einer Industrie- und Handelskammer angehörten, können nach Maßgabe dieser Vorschriften weiterhin der Industrie- und Handelskammer angehören. (2) Wenn das der Beitragserhebung zugrundeliegende Bemessungsjahr vor dem 1. Januar 1994 liegt, werden die Beiträge auf der Grundlage der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung dieses Gesetzes erhoben. (3) Die Beitragsbefreiung in § 3 Abs. 3 Satz 4 ist nur auf Kammerzugehörige anzuwenden, deren Gewerbeanzeige nach dem 31. Dezember 2003 erfolgt. Es handelt sich um Übergangsvorschriften der IHKG-Novelle 1992, die inzwischen weitgehend obsolet geworden sind. Abs. 1 bezieht sich auf die frühere Sonderstellung der Handwerkerkaufleute, für welche die Handwerkskammer früher einen Beitrag an die Industrie- und Handelskammer zahlte und die der Industrie- und Handelskammer freiwillig beitreten konnten. Sie bleiben beitragsfreie IHK-Mitglieder, obwohl sie ausschließlich ein Handwerk betreiben. Für alle Handwerkerkaufleute, die Mischbetriebe mit einem nichthandwerklichen Betriebsteil sind, Möllering 475
1
§ 14
Übergangsvorschriften
gilt dagegen § 2 Abs. 3 n.F., wonach allein ein nichthandwerklicher Betriebsteil die IHK-Zugehörigkeit begründet. Da die meisten Handwerkerkaufleute Mischbetriebe sind, ist die Vorschrift heute praktisch bedeutungslos. Es gibt kaum Handwerkerkaufleute, die ausschließlich ein Handwerk betreiben und seinerzeit freiwillig der IHK beigetreten sind. 2
Abs. 2 regelt die Einführung des neuen Beitragsrechts ab 1. 1. 1994 für den Fall, dass die Kammer in ihrer Haushaltssatzung für die Umlage einen zurückliegenden Bemessungszeitraum festgesetzt hatte. Dann galt auch das bisherige Recht für die Beitragserhebung, wonach es bei der Umlage allein auf den Gewerbesteuermessbetrag ankam. Eine rückwirkende Ermittlung von Gewerbeerträgen oder Gewinnen aus Gewerbebetrieb sollte vermieden werden. Genauso wenig sollte ein Zwang ausgeübt werden, dass die Kammern am 1. 1. 1994 überall zur „Gegenwartsveranlagung“ übergehen. Durch Zeitablauf ist diese Übergangsvorschrift inzwischen obsolet geworden.
3
Von Interesse bleibt Abs. 2 allein dadurch, dass darin die früher umstrittene, von den Verwaltungsgerichten jedoch anerkannte Zurückverlegung des Bemessungszeitraumes für die Umlage gesetzlich anerkannt wird.
14
Bis zum 31. Dezember 1997 können die Beiträge der Kammerzugehörigen von den Industrie- und Handelskammern in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet im Anschluss an die in Anlage I Kapitel V Sachgebiet B Abschnitt III Nr. 4 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II S. 885, 1000) angegebene Frist abweichend von § 3 Abs. 3 und 4 festgesetzt werden. Die Beitragsordnung und der Beitragsmaßstab bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. 1
Auch diese Übergangsvorschrift für die IHKs in den neuen Bundesländern ist inzwischen durch Zeitablauf obsolet geworden. Sie hatten die Möglichkeit, in einer Übergangszeit bis zum 31. 12. 1997 ihre Beiträge nach anderen Maßstäben als nach § 3 Abs. 3 und 4 a.F. festzusetzen, da Gewerbesteuermessbeträge noch 476
Möllering
Inkrafttreten
§ 15
nicht zur Verfügung standen. In der Regel haben sie den Umsatz als Kriterium für die Umlage gewählt, gelegentlich aber auch die Arbeitnehmerzahlen (vgl. im Übrigen 5. Aufl. § 3 Rz. 7–33). Ab 1. 1. 1998 erheben sie ihre Beiträge nach dem gleichen Recht wie die IHKs in den alten Bundesländern.
15
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Das Bundesgesetz ist mit Datum vom 18. 12. 1956 im Bundesgesetzblatt Nr. 52 vom 21. 12. 1956 verkündet worden, also am 22. 12. 1956 in Kraft getreten.
1
Auch in Berlin ist das Gesetz mit dem 22. 12. 1956 in Kraft getreten, wie sich aus der Berlin-Klausel in § 14 a.F. ergab. Die Umbildung der Berliner IHK ist mit dem 1. 1. 1958 erfolgt.
2
Im Saarland ist das Bundesgesetz zum 1. 1. 1960 in Kraft getreten, wie sich aus § 3 Ziff. III, 12 des Gesetzes zur Einführung von Bundesrecht im Saarland vom 30. 6. 1959 (BGBl. I, 313) ergibt. Das bis zu diesem Zeitpunkt für die dortige IHK geltende saarländische Gesetz Nr. 531 vom 9. 7. 1956 (ABl. 1040) nebst Wahlordnung vom 31. 7. 1956 (ABl. 1071) stimmte mit dem Bundesgesetz sachlich nicht völlig überein, so dass es mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes auf dieses abgestellt werden musste. Das ist durch das Gesetz Nr. 707 über die Industrie- und Handelskammern des Saarlandes vom 29. 3. 1960 (ABl. 261) geschehen. Das alte saarländische Kammergesetz trat mit Wirkung vom 1. 5. 1960 außer Kraft.
3
In den neuen Bundesländern ist das Bundesgesetz aufgrund des Einigungsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 31. 8. 1990 und der Vereinbarungen vom 18. 9. 1990 und vom 23. 9. 1990 (BGBl. II, 885/1000) am 3. 10. 1990 in Kraft getreten (vgl. dazu 5. Aufl. S. 3–5, S. 19/20, S. 195–199).
4
Die IHK-Novelle vom 23. 7. 1998 (BGBl. I, 1887) ist nach ihrem Art. 2 am 1. 1. 1999 in Kraft getreten. Eine Berichtigung vom
5
Möllering 477
Vorwort
Seit der 6. Auflage (1999) ist das IHKG mehrfach novelliert worden. Neben eher technischen Änderungen wie der Umstellung von § 3 Abs. 3 und 4 auf die Euro-Währung und der Anpassung der Terminologie des IHKG an die Doppik wurden eine Beitragsbefreiung für Existenzgründer, eine Erweiterung der Grundbeitragsermäßigung bei Mehrfachmitgliedschaften und die Verbesserung der Möglichkeiten des Datentransfers eingeführt. Sozusagen in letzter Minute schaffte dann das 4. VerwVfÄndG im Dezember 2008 noch eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für die Übertragung von Aufgaben des einheitlichen Ansprechpartners nach der Dienstleistungsrichtlinie auf die IHKs. Bei dieser Gelegenheit wurden dann auch noch die Möglichkeiten der Aufgabenübertragung zwischen IHKs erweitert und die Rechtsgrundlage für den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss verbessert. Daneben gab es zahlreiche Änderungen anderer Gesetze mit Auswirkungen auf die Organisation und Tätigkeit der IHKs, beispielsweise die Neufassung des Berufsbildungsgesetzes, die Übertragung des Versicherungsvermittlerregisters und des dazugehörigen gewerberechtlichen Erlaubnisverfahrens auf die IHKs sowie die neuen Vorschriften in der Handwerksordnung zur Abgrenzung der IHK-/ HwK-Mitgliedschaft. Auch die Rechtsprechung sorgte mit zahlreichen Urteilen dafür, dass einige Bereiche des Rechts der Industrie- und Handelskammern neu interpretiert werden müssen. Größtenteils haben die Entscheidungen allerdings zu einer Festigung des bisherigen Rechtszustands beigetragen. Zu nennen ist insbesondere der umfassend begründete Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts zur Pflichtmitgliedschaft. Das Bundesverwaltungsgericht hat des Weiteren die Grenzen für eine Beteiligung der IHKs an Anlagen und Einrichtungen und die Informationsrechte von Gremienmitgliedern neu gesteckt. Obergerichtliche Entscheidungen gab es beispielsweise zu dem Vollversammlungswahlen, zum Prüfungsrecht der Landesrechnungshöfe und zu Stellungnahmen von IHKs und IHK-Vereinigungen. Die Verfasser haben in der 7. Auflage allen diesen Änderungen Rechnung getragen und sich bemüht, Rechtsprechung und Schrifttum möglichst vollständig zu erfassen. Dass der KommenV
Vorwort
tar dadurch um fast 100 Seiten angewachsen ist, war nicht beabsichtigt, aber leider nicht zu vermeiden. Gerade weil das IHKG ein so kurzes Gesetz ist, muss für viele Fragen auf Gerichtsentscheidungen und Literatur zurückgegriffen werden. Die Verfasser hoffen, dass die Neuauflage des Frentzel/Jäkel/Junge wie auch schon die Vorauflagen den IHKs, den Kammern, Gerichten und Behörden bei der Anwendung des IHKG eine Hilfe sein wird. Berlin, Brüssel, Würzburg, Februar 2009 Ralf Jahn Annette Karstedt-Meierrieks Axel Rickert Bettina Wurster
VI
Jürgen Möllering
Inhaltsverzeichnis Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
V
Rz. Seite
Einführung 1. Von der Entwicklung des Kammerwesens. . . . . . . . 2. Die Kammern in den neuen Bundesländern . . . . . . 3. Die Grundprinzipien des heutigen Kammerwesens . 4. Kammern, Mitbestimmung und Privatisierung . . . . 5. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag . . 6. Die Auslandshandelskammern, Delegiertenbüros und Repräsentanzen der Deutschen Wirtschaft . . . . 7. Europäische Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . .
1 6 10 16 19
1 4 6 13 14
20 23
15 17
Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
19
Erläuterungen §1 1. Allgemeiner Aufgabenbereich . . . . . . . . . . . . 2. Wahrnehmung des Gesamtinteresses . . . . . . . 3. Förderung der gewerblichen Wirtschaft . . . . . 4. Gutachtertätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Benennung von sachkundigen Ausschussmitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Wahrung von Sitte und Anstand. . . . . . . . . . . 7. Anlagen und Einrichtungen zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Berufsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Ursprungszeugnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Andere dem Wirtschaftsverkehr dienende Bescheinigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Carnet A.T.A. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
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. . . .
. . . .
1 6 18 27
37 40 46 51
.... ....
48 52
59 60
. . . . 58 . . . . 69 . . . . 150
64 71 107
. . . . 156 . . . . 162
109 112 VII
Inhaltsverzeichnis Rz. Seite
12. Beglaubigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13. Einheitliche Stelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14. Übertragung weiterer Aufgaben . . . . . . . . . 15. Sachverständige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16. Rechtsnatur der Kammeraufgaben . . . . . . . 17. Wahrnehmung sozialpolitischer Interessen . 18. Schutz der Bezeichnung „IHK“ . . . . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. . . . . . .
. 163 . 164a . 165 . 198 . 226 . 262 . 267
112 113 117 134 145 161 163
. . . .
1 13 15 35
166 174 174 182
. 56 . 71 . 92 . 100
191 197 204 208
. 114
212
. 129 . 138 . 147
221 225 227
. . . . . . . . . . .
232 237 239 253 273 293 294 298 302 309 312
§2 1. Begriff der Kammerzugehörigkeit . . . . . . . . . . . . . 2. Kreis der Kammerzugehörigen . . . . . . . . . . . . . . . 3. Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gewerbesteuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Keine gesonderte Prüfung, ob ein Gewerbebetrieb vorliegt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Betriebsstätte im Kammerbezirk . . . . . . . . . . . . . 7. Ausnahmen für freie Berufe . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Ausnahmen für Land- und Forstwirtschaft . . . . . . 9. Ausnahmen für zulassungspflichtige, zulassungsfreie handwerkliche sowie handwerksähnliche Betriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Ausnahmen für landwirtschaftliche Genossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11. Ausnahmen für gemeindliche Eigenbetriebe . . . . . 12. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . §3 1. Körperschaftsstatus . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Dienstherrenfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Haushaltsrecht, Doppik . . . . . . . . . . . . . . . 4. Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Ausnahmen bei Grundbeitrag und Umlage . 6. Beitragsordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7. Sonderbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Erhebung, Einziehung und Beitreibung . . . . 10. Verjährung von Kammerbeiträgen . . . . . . . 11. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII
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1 10 16 40 74 110 114 122 132 148 154
Inhaltsverzeichnis
§4
Rz. Seite
1. Rechtliche Bedeutung der Vollversammlung . . . . 2. Zuständigkeitsabgrenzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Inhalt der Satzung der IHK . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sonstiges Satzungsrecht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Rechtliche Anforderungen an das Satzungsrecht . 6. Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
. . . . . .
1 5 14 31 33 45
316 318 320 328 329 333
§5 1. Bedeutung des Kammerwahlrechts. 2. Wahlrecht und Wählbarkeit . . . . . . 3. Wahlordnung . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Wahlanfechtung . . . . . . . . . . . . . . 5. Ehrenamtliche Tätigkeit . . . . . . . .
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1 4 26 86 92
337 338 348 375 378
1. Organe der IHK . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Präsident . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Präsidium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Aufgaben von Präsident und Präsidium 5. Verhältnis der IHK-Organe zueinander .
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1 4 11 13 17
380 382 385 385 387
1. Rechtliche Stellung des Hauptgeschäftsführers . 2. Bestellung des Hauptgeschäftsführers . . . . . . . . 3. Vertretung der Industrie- und Handelskammer . 4. Geschäftsführer und Mitarbeiter der IHK . . . . .
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1 6 12 17
388 390 393 394
1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausschüsse der IHK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Berufsbildungsausschuss . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Aufgaben des Berufsbildungsausschusses . . . . . . . 5. Stellung des Berufsbildungsausschusses innerhalb der IHK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . .
1 2 5 18
395 396 397 402
.
28
409
§6
§7
§8
IX
Inhaltsverzeichnis
§9
Rz. Seite
1. Entstehungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. § 9 im Rahmen allgemeiner Datenschutzregelungen 4. Datenerhebung (§ 9 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Erhebung von Beitragsbemessungsgrundlagen (§ 9 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Nutzung der Daten durch die IHKs (§ 9 Abs. 3) . . . . 7. Übermittlung von Daten an andere IHKs (§ 9 Abs. 3a). . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Übermittlung von Daten an nichtöffentliche Stellen (§ 9 Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Datenübermittlung an Behörden und andere öffentliche Stellen (§ 9 Abs. 6) . . . . . . . . . . . . . . . . 10. Informationsfreiheitsgesetze . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 3 4 9
412 413 413 415
15 17
418 419
19
419
20
420
36 37
427 428
... ... ...
1 5 7
429 432 433
...
10
435
...
12
436
§ 10 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Aufgabenübertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss . . . . . 4. Verhältnis zu anderen Regelungen der Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die für den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss geltenden Rechtsvorschriften . . . . . . . . § 11 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . 2. Allgemeine Rechtsaufsicht . 3. Vorbeugende Rechtsaufsicht 4. Aufsicht in Finanzfragen . . . 5. Aufgehobene Vorschriften . .
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1 4 26 35 42
438 440 449 453 456
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1 2 4 5
459 459 460 461
§ 12 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . 2. Zuweisung von Aufgaben . 3. Einzelvorschriften . . . . . . . 4. Ergänzungsfähiger Bereich . X
. . . .
Inhaltsverzeichnis Seite
§ 13a Bremen und Hamburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
475
§ 13a Übergangsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
475
§ 14a Übergangsvorschrift für die neuen Bundesländer . . . .
476
§ 15a Inkrafttreten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
477
Anhang: Landesrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . .
479
1. Baden-Württemberg . . . . . 2. Bayern . . . . . . . . . . . . . . . 3. Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Brandenburg . . . . . . . . . . . 5. Bremen . . . . . . . . . . . . . . . 6. Hamburg . . . . . . . . . . . . . 7. Hessen . . . . . . . . . . . . . . . 8. Mecklenburg-Vorpommern 9. Niedersachsen . . . . . . . . . 10. Nordrhein-Westfalen . . . . . 11. Rheinland-Pfalz. . . . . . . . . 12. Saarland . . . . . . . . . . . . . . 13. Sachsen . . . . . . . . . . . . . . 14. Sachsen-Anhalt . . . . . . . . . 15. Schleswig-Holstein . . . . . . 16. Thüringen. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . . .
479 481 485 487 490 493 498 501 504 506 509 512 514 518 520 526
Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
529
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
549
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Einführung Rz.
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1. Von der Entwicklung des Kammerwesens . . . . . . . . . . .
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4. Kammern, Mitbestimmung und Privatisierung . . . . . . . . . 16
2. Die Kammern in den neuen Bundesländern . . . . . . . . . . . .
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5. Der Deutsche Industrieund Handelskammertag . . . . 19
3. Die Grundprinzipien des heutigen Kammerwesens . . a) Organisationsrecht . . . . . . . . b) Funktionale Grundsätze . . . c) Gesetzesgeschichte. . . . . . . .
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6. Die Auslandshandelskammern, Delegiertenbüros und Repräsentanzen der Deutschen Wirtschaft. . . . . . . . . . . 20 7. Europäische Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
Literaturauswahl: Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, 1984; Hendler, Geschichte und Idee der funktionalen Selbstverwaltung, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 9; Jäkel/Junge, Die deutschen Industrieund Handelskammern und der Deutsche Industrie- und Handelstag, 1986; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 1997; Tettinger, Kammerrecht, 1997; Wiesemann, Auslandshandelskammern: 100 Jahre Dienstleister für die Wirtschaft, 2000.
1. Von der Entwicklung des Kammerwesens Die deutschen Industrie- und Handelskammern haben, historisch gesehen, zwei sehr verschiedene Wurzeln. Zum einen liegt ihr Ursprung in dem Gedanken der Selbsthilfe durch genossenschaftlichen Zusammenschluss, wie er sich in den Territorien des alten Deutschen Reiches seit dem Mittelalter in unterschiedlichen Formen (z.B. Gilden, Kommerzkollegien, preußische Korporationen) für Gewerbetreibende, besonders in den großen Handelsstädten, verwirklicht hatte (Fischer, Unternehmerschaft, Selbstverwaltung und Staat, 1964; Klein, Dokumente der Geschichte der Handelskammer Hamburg, 1965). Zum anderen haben die derzeitigen Kammern in ihrer Form und rechtlichen Struktur französische Vorbilder, indem die seit langem in Frankreich bestehenden Chambres de Commerce (und Chambres Consultatives) nach dem Frieden von Lunéville in den französisch gewordenen linksrheinischen Gebieten eingeführt und später unter preußischer HerrMöllering
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Von der Entwicklung des Kammerwesens
schaft nicht nur übernommen, sondern auch in rechtsrheinischen Landesteilen neu konstituiert wurden. Für Aufbau und Aufgaben der preußischen Kammern ist das königliche Statut vom 22. 6. 1830, dem die Handelskammer in Elberfeld und Barmen ihr Entstehen verdankt, ein wichtiges Dokument: Schon damals wählte die Kammer ihren Vorsitzenden selbst, auch stand den Angehörigen des Kaufmannsstandes ein unmittelbares Wahlrecht zur Kammer zu; die Aufgaben allerdings beschränkten sich noch auf die Berichterstattung an die Staatsbehörden, auf die Aufsicht (aber nur kraft staatlicher Übertragung) über Anstalten aus dem Bereich von Handel und Schifffahrt sowie auf die Begutachtung von Personen, die z.B. als Makler oder als Verwalter von öffentlichen „Handels-, Fabrik- und Schifffahrtanstalten“ tätig werden sollten. 2
Die zuvor unter französischer Herrschaft gegründeten Kammern erhielten 1831 die gleiche Struktur. Während bis dahin die Kammern ihr Recht in Einzelanordnungen des Landesherrn statuiert erhielten, führte der nächste Schritt zu einer allgemeinen, also für das ganze Staatsgebiet geltenden Verordnung über die Errichtung von Handelskammern. Damit ist der 12. 3. 1848, einer der letzten Tage des Vormärz, der Geburtstag eines allgemeinen preußischen Kammerrechts: Es sollten nunmehr überall Kammern entstehen, wo ein wirtschaftliches Bedürfnis hierfür bestand; nur gewisse Grundfragen der inneren Struktur sollten staatlicher Genehmigung bedürfen (Kgl. VO vom 11. 2. 1848 – GS 63).
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Die rasche Weiterentwicklung von Gesetzgebung, Wirtschaft und Verkehr nach 1848 drängte jedoch bald wieder zu einer Neuregelung. Auch machte die Vergrößerung des preußischen Staatsgebietes in den 60er Jahren eine Vereinheitlichung des Kammerrechts notwendig. So brachte das Gesetz vom 24. 2. 1870 (GS 134) zahlreiche Veränderungen gegenüber den Bestimmungen von 1848. Diese Veränderungen betrafen insbesondere die Kammeraufgaben. Aus dem konsultativen Gebilde nach französischem Vorbild, das in erster Linie Hilfsstelle für die Organe des Staates sein sollte, wurde ein Organ, dem – neben den fortgeltenden Unterrichtungspflichten gegenüber dem Staat – erstmals ausdrücklich die Vertretung der „Gesamtinteressen der Handels- und Gewerbetreibenden“ im Bezirk zugewiesen war. Diese Aufgabe ist seitdem über Kriege und Umwälzungen hinweg das Leitmotiv deutscher Kammerarbeit gewesen. Insgesamt ist das Gesetz von 1870 mit relativ geringfügigen Ergänzungen und Änderungen – im Laufe der Zeit 2
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Von der Entwicklung des Kammerwesens
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hatten sich auch die Kammern über das gesamte Staatsgebiet ausgebreitet – bis zum Einbruch der nationalsozialistischen Vorstellungen für das Kammerwesen maßgeblich gewesen; es hatte zuvor in seinen Grundzügen auch die anderen landesrechtlichen Regelungen im Deutschen Reich mitbestimmt. Die weitgehende Unabhängigkeit, die das damalige Recht den Kammern und der in ihnen vertretenen kaufmännischen Selbstverwaltung eingeräumt hatte, passte nicht zum Aufbau und zu den Vorstellungen des totalitären Staates. Von 1934 an war das Kammersystem unmittelbaren Eingriffen des Reichsgesetz- und Verordnungsgebers unterworfen, die sämtlich auf Unterstellung unter die Staatsgewalt und auf die Einbeziehung in deren Hoheitsbereich hinausliefen. Die Gestaltung, die die Wirtschaftsorganisation in diesen Jahren schließlich erhielt – die Bildung von Wirtschaftskammern und Gauwirtschaftskammern unter der Dominanz des sog. Führerprinzips – hatten mit den früheren Industrie- und Handelskammern nichts mehr gemein. So war es für die Besatzungsmächte nach dem Zusammenbruch des Reiches ab 1945 selbstverständlich, dass die Erscheinungsformen der national-sozialistischen Wirtschaftsorganisation sofort zu beseitigen waren. Andererseits wurde das Vorhandensein einer organisierten Vertretung der Kaufmannschaft als unterstützendes Element einer demokratischen Wirtschaftsverfassung empfunden; insofern fand das Wiedererstehen der Kammern, die ja selbst hatten dem politischen Diktat weichen müssen, bei den drei westlichen Besatzungsmächten Verständnis und Zustimmung. Doch verfolgten die Besatzungsmächte alles mit Misstrauen, was eine ihnen ungewohnte Form aufwies, oder was nach Zusammenballung wirtschaftlicher Macht und nach Zusammenfassung oder Eingliederung durch staatlichen Befehl aussah. Das alte Prinzip der gesetzlich vorgeschriebenen Zugehörigkeit zu einer Industrieund Handelskammer und der Charakter der Kammerbeiträge als öffentliche Abgaben, die wie Steuern beigetrieben werden konnten, wurde daher nur von der französischen Besatzungsbehörde aus ihrer Vertrautheit mit diesem System ohne weiteres anerkannt, nicht aber von den britischen und amerikanischen Stellen, deren Kammersystem auf ganz anderen Grundlagen beruhte. So suchte jede Besatzungsmacht auf eigenen Wegen zu einer Lösung zu kommen; und es wurden ganz unterschiedliche Provisorien getroffen, auf deren Grundlage die allenthalben wiedererrichteten Kammern Möllering
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Die Kammern in den neuen Bundesländern
während einer Epoche fast beispielloser Intensivierung des Wirtschaftslebens für mehr als ein Jahrzehnt leben und wirken mussten. So erklären sich die Merkmale des deutschen Kammerrechts nach 1945: Zersplitterung, Unklarheit und Rechtsunsicherheit. 5
Nach der Konstituierung der Bundesrepublik sprachen mithin klare und gewichtige Gesichtspunkte für eine bundesrechtliche Regelung: die Einheitlichkeit des deutschen Wirtschaftsgebietes, sowie die Tatsache, dass Wirtschaftspolitik nur einheitlich vom Bund betrieben und dass demgemäß Wirtschafts(organisations)recht nur vom Bund geregelt werden konnte. So war es erforderlich, dass die Kammern als Organe der Wirtschaftspflege und der Wirtschaftsbetreuung ihre rechtliche Ordnung einheitlich vom Bund erhielten. Die Konsequenz war das Bundesgesetz vom 18. 12. 1956 (BGBl. I, 920); den Ländern ist darin nur die Zuständigkeit für gewisse ergänzende Regelungen vorbehalten (umfassendere Darstellungen der geschichtlichen Entwicklung bei Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 123; Tettinger, Kammerrecht, 35; Regionale Besonderheiten sind den zahlreichen, anlässlich von Kammerjubiläen erschienenen Denk- und Festschriften zu entnehmen, die meistens die Geschichte der einzelnen Kammer im Zusammenhang mit der regionalen Wirtschaftsentwicklung darstellen und die vom DIHT in zwei Bibliographien aufgeführt werden: DIHT-Schriftenreihe 81, Bonn 1963; DIHTSchriftenreihe 102, Bonn 1967. Am umfassendsten ist die DIHTBibliograhie zur Geschichte und Organisation der Industrie- und Handelskammern und des DIHT von 1986).
2. Die Kammern in den neuen Bundesländern 6
In der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone wurden die Gauwirtschaftskammern unmittelbar nach Kriegsende zunächst aufgelöst, aber bereits im Herbst 1945 von den Ländern wieder Industrie- und Handelskammern zugelassen. Im Jahre 1953 wurden sie erneut aufgelöst und in demselben Jahr als eine einheitliche IHK der DDR wiedererrichtet. Im Jahre 1958 wurden mit der Verordnung über die Industrie- und Handelskammern der Bezirke (GBl. I, Nr. 61) die Bezirksdirektionen der einheitlichen IHK selbständige juristische Personen und den Räten der Bezirke unterstellt. Aufgrund des Beschlusses des Ministerrates vom 2. 2. 1983 wurde die Verordnung über die Industrie- und Handelskammern der Be4
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Die Kammern in den neuen Bundesländern
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zirke durch das Statut der Handels- und Gewerbekammern (HGKs) der Bezirke ersetzt; seitdem bestanden bis zur Vereinigung beider deutscher Staaten in den 14 Bezirken der früheren DDR und in Ostberlin Handels- und Gewerbekammern. Pflichtmitglieder der Handels- und Gewerbekammern waren private Kleinunternehmer (Großhändler, Einzelhändler, Kommissionshändler, Gaststättenbetriebe, Drogerien, Gartenbaubetriebe sowie private Transport-, Verkehrs- und Dienstleistungsbetriebe). Außer dem Namen hatten diese Kammern mit den Industrie- und Handelskammern in freien westlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen nichts gemein. Sie waren zur Teilnahme am Aufbau des Sozialismus verpflichtet und in das System der zentralen Verwaltungswirtschaft eingebunden. Sie hatten ihre Mitglieder zur Planerfüllung und zur fachlichen und politischen Qualifizierung anzuhalten; sie schlossen ferner für die Beschäftigten ihrer Mitgliedsunternehmen Tarifverträge ab. Die Leitung lag bei einem Direktor, der vom Vorsitzenden des Rates des Bezirkes berufen und abberufen wurde und der dessen Weisungen unterlag. Schon bald nach dem Umbruch in der früheren DDR Ende 1989 und zu Beginn des Jahres 1990 bildeten sich spontane Initiativen der privaten Unternehmer mit dem Ziel, die Handels- und Gewerbekammern in vom Staat unabhängige, demokratisch legitimierte Industrie- und Handelskammern umzuwandeln. Gründungsversammlungen wählten Präsidenten und ersetzten die bisherigen Direktoren durch Hauptgeschäftsführer. Diese Entwicklung vollzog sich zunächst im rechtsfreien Raum. Erst die Verordnung über die Industrie- und Handelskammern in der DDR vom 1. 3. 1990 (BGBl. I, Nr. 15) gab nachträglich die erforderliche Rechtsgrundlage. Sie ordnete die Bildung von Industrie- und Handelskammern nach regionalwirtschaftlichen Gesichtspunkten an und qualifizierte die Industrie- und Handelskammern ausdrücklich als „Organisationen der gewerblichen Selbstverwaltung und der regionalwirtschaftlichen Interessenvertretung“. Auch sonst war die VO weitgehend am IHKG orientiert und sah Pflichtmitgliedschaft für alle Gewerbetreibenden und als Aufgabenbereich die Vertretung des gesamtwirtschaftlichen Interesses der Bezirkswirtschaft vor. Eine frei gewählte Vollversammlung als oberstes Organ hatte ihrerseits den Präsidenten zu wählen und den Hauptgeschäftsführer zu bestellen.
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Mit der Erstreckung des IHKG durch den Einigungsvertrag auf das Gebiet der fünf neuen Bundesländer (Einigungsvertrag vom
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Die Grundprinzipien des heutigen Kammerwesens
31. 8. 1990 Anlage I, Kapitel V, Sachgebiet B, Abschnitt III, Ziff. 4, BGBl. II, 885/1000) sind die dort errichteten Industrie- und Handelskammern Kammern im Sinne des IHKG geworden. Die Verordnung vom 1. 3. 1990 hatte als staatlicher Gründungsakt bereits den verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Anforderungen genügt, die für die Errichtung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erforderlich sind. Ausreichend war dabei die Festlegung, dass in der früheren DDR Industrie- und Handelskammern gebildet werden (§ 1 Abs. 1 VO), dass die bis dahin bestehenden Handels- und Gewerbekammern aufgelöst werden (§ 10 Abs. 1 VO) und das Statut der Handels- und Gewerbekammern außer Kraft tritt (§ 10 Abs. 3 VO). Daraus ergab sich der Wille des Verordnungsgebers, die Industrie- und Handelskammern räumlich an die Stelle der vormaligen HGKs treten zu lassen. Das wird bestätigt durch eine Anordnung des damaligen Ministers für Wirtschaft vom 25. 9. 1990, in welcher zu § 1 Abs. 1 der VO festgelegt wurde, dass die bestehenden Bezirksgrenzen der früheren DDR gleichzeitig die Grenzen für die Kammerbezirke der IHKs bilden. 9
Errichtung, Auflösung oder Umgliederungen fallen seit der Erstreckung des IHKG auf die neuen Bundesländer in die Kompetenz der Länder, die dabei von den durch die VO geschaffenen Kammerbezirken auszugehen haben. Inzwischen gibt es in allen neuen Bundesländern auch Landesausführungsgesetze zum IHKG, die im Anhang abgedruckt sind und bei deren Formulierung die Erfahrungen in den alten Bundesländern Pate standen. Zurzeit gibt es in Deutschland 80 Industrie- und Handelskammern.
3. Die Grundprinzipien des heutigen Kammerwesens a) Organisationsrecht 10
Organisationsrechtlich gelten nachstehende Grundsätze: – Die Industrie- und Handelskammern (IHKs) sind Körperschaften des öffentlichen Rechts (KdöR). – Es besteht Pflichtzugehörigkeit kraft Gesetzes. – Die Kammerzugehörigen sind gesetzlich zur Zahlung von Kammerbeiträgen verpflichtet. – Kammerbeiträge und Gebühren sind öffentliche Abgaben. 6
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Die Grundprinzipien des heutigen Kammerwesens
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– Die IHK ist eine auf ihren Bezirk bezogene regionale Wirtschaftsorganisation. – Die IHK hat eine duale Organstruktur bestehend aus Ehrenamt und Hauptamt. – Als Körperschaft öffentlichen Rechts untersteht die IHK der Rechtsaufsicht des jeweiligen Bundeslandes. Die Eigenschaft der Kammer als KdöR folgt aus ihren Aufgaben; die Kammerzugehörigkeit kraft Gesetzes und die auf ihr beruhende Beitragspflicht garantieren die Unabhängigkeit der IHKs, die zur qualifizierten Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Insofern ist die Kammerzugehörigkeit kraft Gesetzes das notwendige Fundament der Kammerarbeit, die ja darin besteht, das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft ihres Bezirks (mit Ausnahme des Handwerks) wahrzunehmen, sowie Gerichte und Verwaltung durch Gutachten, Berichte und Vorschläge zu unterstützen. Denn das Gesamtinteresse ist nicht identisch mit der Summe oder Potenzierung von Einzelinteressen; seine Ermittlung setzt vielmehr die Abwägung und den Ausgleich dieser Einzelinteressen voraus (dazu Möllering, WiVerw 2001, 25). Das wäre aber für eine Organisation, die sich dem Einfluss einzelner Mitglieder oder Mitgliedergruppen nicht entziehen könnte, weil sie mit deren Austritt oder mit finanziellen Restriktionen rechnen müsste, eine auf Dauer unerfüllbare Zumutung. Es bedarf gewichtiger Voraussetzungen, um der Aufgabe der Interessenwahrnehmung innerhalb der Grenzen der Objektivität gerecht zu werden. Zunächst ist vorausgesetzt, dass sich die Kammer auf die Mitarbeit aller Bezirksfirmen stützen kann. Gehörte nicht die gesamte gewerbliche Wirtschaft des Bezirks zur Kammer, so bestünde die Gefahr, dass der Mitgliederkreis zu klein wird und dass der notwendige Gesamtüberblick, der sich aus der laufenden und unmittelbaren Fühlung mit allen Bezirksfirmen ergibt, allmählich verloren ginge. Die Wahrung des Gesamtinteresses setzt eine Unabhängigkeit nach allen Seiten voraus, ohne die es unmöglich wäre, die widerstreitenden „Belange“ abzuwägen und auszugleichen sowie ein objektives Urteil abzugeben. Hierin liegt das Charakteristikum der Kammerarbeit und gleichzeitig ein wesentlicher Unterschied gegenüber der Aufgabe von Wirtschafts- und Fachverbänden, für welche die Aufgabe des Interessenausgleichs wohl auch gegeben sein kann, aber nicht in der gleichen wesensbestimmenden Art wie für die Kammern. Bei diesen müssen Einzel- und GruppenMöllering
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Die Grundprinzipien des heutigen Kammerwesens
interessen auch dann, wenn sie von starken Kräften gestützt werden, dem Gesamtinteresse untergeordnet werden können. Das aber ist nur gewährleistet, wenn dem einzelnen Gewerbetreibenden nicht der Entschluss darüber freisteht, ob er der Kammer angehören will, und wenn er damit nicht seine Mitgliedschaft und Zahlungspflicht von bestimmten Entscheidungen abhängig machen kann, die ihm gerade erwünscht erscheinen. Entsprechendes gilt für die vielen Gutachten und Stellungnahmen, die von den Kammern zu erarbeiten sind, um, ihrem gesetzlichen Auftrag gemäß, Gerichte und Verwaltungsbehörden in deren Entscheidungen und Überlegungen zu unterstützen. Derartige gutachtliche Äußerungen der Kammern müssen wirklichkeits- und wirtschaftsnah sein, dabei aber eine objektive Darstellung enthalten, wenn sie für Gerichte und Behörden eine echte Entscheidungshilfe sein wollen; auch dafür ist wiederum die Unabhängigkeit der Kammern eine wesentliche Voraussetzung (dazu insbesondere BVerfG GewArch 2001, 111). 12
Schließlich ist herauszustellen, dass die Kammern eine regionalbezogene Aufgabe haben. Sie vertreten und betreuen die Gewerbebetriebe ihres Bezirks und sie haben die Interessen ihres Kammerbezirks als Wirtschaftsraum wahrzunehmen. Da die Wirtschaftsverbände im Allgemeinen nur auf Bundes- und Landesebene organisiert sind und die Handwerkskammern jeweils einen ganzen Regierungsbezirk umfassen, sind die Industrie- und Handelskammern praktisch die einzige regionale und lokale Einrichtung, welche die Interessen der gewerblichen Wirtschaft gegenüber Kommunen und Kommunalverbänden vertritt. Gerade kleine und mittlere Unternehmen, welche lediglich den lokalen oder regionalen Markt versorgen, sind von der Entwicklung in den Kommunen stark abhängig. b) Funktionale Grundsätze
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Funktional ist für die Kammern das Prinzip der Selbstverwaltung wesentlich, das – ausgehend von den Stein-Hardenberg-Reformen 1808 – inzwischen ein wichtiges Organisationsprinzip eines demokratischen Staates geworden ist (BVerfGE 33, 125; Hendler, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 9) und zu einer großen Zahl von Kammern und sonstigen Nichtgebietskörperschaften geführt hat. (Aus dem umfangreichen neueren Schrifttum zur Selbstver8
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waltung: Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, 1984; Stober, Industrie- und Handelskammer, 1992; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 1997; Tettinger, Kammerrecht, 1997). Die Selbstverwaltung verkörpert in Deutschland eine freiheitliche Traditionslinie in der neuzeitlichen Entwicklung der über weite Strecken durch autoritäre Strukturen geprägten Staats- und Verwaltungsorganisation (Hendler, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 9), weil sie – wie das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die Industrie- und Handelskammern treffend ausgeführt hat – „auch dort, wo das Allgemeininteresse einen gesetzlichen Zwang verlangt, die unmittelbare Staatsverwaltung vermeidet und stattdessen auf die Mitwirkung der Betroffenen setzt“ (BVerfG GewArch 2002, 111, 113). Selbstverwaltung ist „die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch vom Staat dazu berufene öffentlich-rechtliche Körperschaften unter staatlicher Aufsicht, aber mit eigener Verantwortung und eigener Entschlussfreiheit, sowie mit eigenen Organen“ (Most, Selbstverwaltung, 1927; dazu auch Huber, Selbstverwaltung der Wirtschaft, 1958; Scheuner, DÖV 1952, 611; Jäkel/Junge, Industrie- und Handelskammern, 16; Vogel in: Stober (Hrsg.), Lexikon des Rechts der Wirtschaft, 303). Diese Wesensmerkmale sind für die IHKs gegeben: Sie bestimmen ihre Organe selbst. Die Kammerzugehörigen wählen die Vollversammlung; diese wählt wiederum das Präsidium und bestellt den Hauptgeschäftsführer. Damit ist die personelle Legitimation, wie sie das Verfassungsrecht auch für Teilkörperschaften innerhalb des Staates fordert, gesichert. Die Kammern regeln ihre Finanzen selbst durch die Vollversammlung, die den Haushaltsplan beschließt sowie die Höhe der Beiträge und Gebühren festsetzt. Schließlich konkretisiert die Vollversammlung die Aufgaben der Kammer im Wesentlichen selbst und regelt ihre eigenen Angelegenheiten durch Satzungsrecht. Satzungsgewalt, Personalhoheit und Finanzhoheit sind damit die entscheidenden Merkmale einer Selbstverwaltungskörperschaft. Dem steht nicht entgegen, dass der Staat den Kammern noch zusätzliche Aufgaben übertragen kann; denn auch solche Aufgaben werden in Selbstverwaltung und Selbstverantwortung wahrgenommen. Die staatliche Aufsicht ist grundsätzlich auf die Rechtsaufsicht beschränkt; ein fachliches Weisungsrecht ist auch bei übertragenen Aufgaben nicht gegeben (dazu Kluth, Jahrbuch des Kammerrechts 2005, 211; Möllering, WiVerw 2006, 261). Möllering
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c) Gesetzesgeschichte 15
1. Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. 12. 1956 (BGBl. I, 920) Initiativantrag (BT 1964); Bericht des Wirtschaftsausschusses (BT 2380); Bundestagsprotokolle der 167. Sitzung am 26. 10. 1956 und der 173. Sitzung am 16. 11. 1956. 2. Art. 22 des Steueränderungsgesetzes 1961 vom 13. 7. 1961 (BGBl. I, 981) § 2 Abs. 6 wird gestrichen und stattdessen § 3 Abs. 4 ergänzt. Alle Gewerbetreibenden werden kammerzugehörig, wobei die Kleingewerbetreibenden jedoch weitgehend beitragsfrei bleiben. 3. § 103 des Berufsbildungsgesetzes vom 14. 8. 1969 (BGBl. I, 1112) § 1 Abs. 2, § 4 und § 8 werden ergänzt. Es handelt sich um Folgeänderungen zum Berufsbildungsgesetz. 4. Art. 9 Nr. 1 des Gesetzes zur Herabsetzung des Volljährigkeitsalters vom 31. 7. 1974 (BGBl. I, 1713) § 5 Abs. 2 wird angepasst. Als Folgeänderung zur Herabsetzung des Volljährigkeitsalters wird die Wählbarkeit zur Vollversammlung auf das 18. Lebensjahr herabgesetzt. 5. Art. 95 Nr. 5 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 14. 12. 1976 (BGBl. I, 3341) § 3 Abs. 8 wird als Folgeänderung zur neuen Abgabenordnung geändert. Damit ändern sich auch die Verjährungsvorschriften für die Kammerbeiträge. 6. Einigungsvertrag vom 31. 8. 1990 nebst Zustimmungsgesetz vom 23. 9. 1990 (BGBl. II, 885) Das IHKG wird auf die neuen Bundesländer ausgedehnt. Abweichend von den §§ 3 Abs. 3 und 4 gilt bis 31. 12. 1992 eine Sonderregelung für die Beitragserhebung. 7. Art. 2 des Gesetzes zur Änderung von Gesetzen auf dem Gebiete des Rechts der Wirtschaft vom 21. 12. 1992 (BGBl. I, 2133) Die Abgrenzung zum Handwerk wird durch § 2 Abs. 3, § 3 Abs. 4 Satz 1 und § 13a Abs. 1 neu geklärt. Das Beitragsrecht wird durch § 3 Abs. 3, § 11 Abs. 2 und § 13 Abs. 2 dahin novelliert, dass der Gewerbeertrag, hilfsweise auch der Gewinn aus Gewerbebetrieb Bemessungsgrundlage für die Umlage wird, 10 Möllering
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dass der Unterschied zwischen Kleingewerbetreibenden und Vollkaufleuten entfällt und alle Gewerbetreibenden zum Beitrag herangezogen werden. Als spezifische Datenschutzvorschrift wird § 9 eingefügt. Schließlich wird in § 14 die Beitragsregelung für die neuen Bundesländer bis 31. 12. 1997 verlängert. 8. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und sonstiger gewerberechtlicher Vorschriften vom 23. 11. 1994 (BGBl. I, 3475) Als Folgeänderung zu § 14 GewO wird in die bereichsspezifische Datenvorschrift des § 9 Abs. 1 das Wort „Name“ eingefügt. 9. Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 23. 7. 1998 (BGBl. I, 1887), Berichtigung vom 1. 10. 1998 (BGBl. I, 3158) Die Beitragsregelung in § 3 Abs. 3 und 4 wird dahin geändert, dass Kleinstgewerbetreibende wieder beitragsfrei werden und die Umlagefreigrenze für natürliche Personen und Personengesellschaften auf 30.000 DM erhöht wird. Ebenso wird für die Doppelmitgliedschaft zu Kammern der freien Berufe oder der Landwirtschaft eine niedrigere Bemessungsgrundlage festgesetzt. Schließlich erlaubt eine neue Vorschrift in § 1 Abs. 4a, dass die Kammern mit staatlicher Genehmigung Zweckverbände bilden oder ihnen obliegende Aufgaben vertraglich einer anderen Kammer übertragen dürfen. Die Novelle ist – abgesehen von einer Folgeänderung zum Gewerbesteuergesetz – am 1. 1. 1999 in Kraft getreten. 10. Art. 118 Siebente Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 29. 10. 2001 (BGBl. I, 2785) Teiländerung des § 2 Abs. 4 Buchstabe c. 11. Art. 6 Gesetz zur Umstellung von Gesetzen und Verordnungen im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Euro (EuroEG 9) vom 10. 11. 2001 (BGBl. I, 2992) Änderung des Betrags in § 3 Abs. 3 Satz 3 und Satz 6 12. Art. 95 Achte Zuständigkeitsanpassungsverordnung 25. 11. 2003 (BGBl. I, 2304) Teiländerung des § 2 Abs. 4 Buchstabe c) Möllering
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13. Art. 5 Drittes Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 24. 12. 2003 (BGBl. I, 2934) Der Beitragsbefreiungstatbestand für „Kleinstgewerbetreibende“ (§ 3 Abs. 3 Sätze 3 und 4 wird neugefasst und ein neuer Befreiungstatbestand für Existenzgründer (§ 3 Abs. 3 Satz 5) wird eingefügt. Betreffend die Beitragsermäßigung für Kammerzugehörige mit Zugehörigkeit auch zu anderen Kammerorganisationen (§ 3 Abs. 4 Satz 3) erfolgt eine Klarstellung. Außerdem enthält das Gesetz Änderungen der Handwerksordnung mit Relevanz für das IHKG, i.e. Einführung eines Schlichtungsverfahrens bei streitiger Zuordnung zum Handwerk oder sonstigen Gewerben (§ 16 HandwO) und die Zugehörigkeit zur Handwerkskammer von Gesellen, die sich mit einfachen handwerksnahen Tätigkeiten selbständig gemacht haben. 14. Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes zur Reform der beruflichen Bildung (Berufsbildungsreformgesetz) vom 23. 3. 2005 (BGBl. I, 931) Das Gesetz passt § 4 Satz 3 und § 8 lediglich redaktionell an die Neufassung des Berufsbildungsgesetzes an. Im Berufsbildungsgesetz selbst werden auch für die Tätigkeit der IHKs relevante Vorschriften geändert. 15. Art. 130 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. 10. 2006 (BGBl. I, 2407) Teiländerung von § 2 Abs. 4 Buchstabe c. 16. Art. 7 Zweites Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246, 2249) Anpassung der Gesetzesterminologie an die Einführung der Doppik (insbesondere § 3 Abs. 2, § 4 Satz 2 Nr. 8 IHKG), Erweiterung der Möglichkeit zur Ermäßigung des Grundbeitrags bei Mehrfachmitgliedschaften (§ 3 Abs. 3 Satz 9 und 10 IHKG) Erleichterung des Datentransfers zum Zwecke der Beitragsveranlagung und der Wirtschaftsförderung (§ 9 Abs. 2 und 3a IHKG) und diverse redaktionelle Klarstellungen. 17. Art. 7 des Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (4. VwVfÄndG) vom 11.12.2008 (BGBl. I, 920) stellt in § 1 Abs. 3a und 3b klar, dass die Länder die IHKs per Gesetz mit den Aufgaben der Einheitlichen Stelle nach der Dienstleistungsrichtlinie (dort „Einheitlicher Ansprechpartner) betrauen können. Es erweitert ferner die Ko12 Möllering
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Kammern, Mitbestimmung und Privatisierung
operationsmöglichkeiten der IHKs, wobei die bis dahin einschlägige Vorschrift des § 1 Abs. 4a gestrichen und die Aufgabenübertragung sowie die Errichtung und Organisation öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse in einem neuen § 10 und die Aufsicht in diesen Fällen in § 11 Abs. 1 Sätze 2 und 3, Abs. 2 Nrn. 4 und 5 sowie Abs. 2a und 2b geregelt wird.
4. Kammern, Mitbestimmung und Privatisierung Schon nach dem Ersten Weltkrieg ist wiederholt, besonders von gewerkschaftlicher Seite, die Forderung erhoben worden, die Organe der Kammern nicht nur durch die Wahl seitens der kammerzugehörigen Unternehmer bestimmen zu lassen, sondern auch Arbeitnehmervertreter an ihnen zu beteiligen. Ähnliche Forderungen wurden auch nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges gestellt (Prowe, WSI-Mitteilungen 1981, 398). Die mit der Errichtung sog. paritätischer Kammern zusammenhängenden Fragen gehören zur Problematik der „überbetrieblichen Mitbestimmung“ und basieren weitgehend auf den Gedanken der „Wirtschaftsdemokratie“, die besonders von Naphtali (Wirtschaftsdemokratie, 2. Aufl. 1928) entwickelt worden sind. Der Bundesgesetzgeber hatte sich bei der Verabschiedung des IHK-Gesetzes im Jahre 1956 primär die Verwirklichung der Rechtseinheit und der Rechtssicherheit zum Ziele gesetzt und sich darauf konzentriert, den Kammern für ihre Arbeit einwandfreie Rechtsgrundlagen zu geben. Eine Beteiligung von Arbeitnehmervertretern wurde nur dort vorgesehen, wo sie in der Kammerarbeit schon seit längerem praktiziert worden war, nämlich im Bereich der Berufsausbildung und hier besonders im Zusammenhang mit dem Prüfungswesen. Der darauf abzielende § 8 IHKG ist später durch § 103 des Berufsausbildungsgesetzes vom 14. 8. 1969 (BGBl. I, 111) neu gefasst und inhaltlich wesentlich erweitert worden.
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Unabhängig hiervon ist die Diskussion über die überbetriebliche Mitbestimmung auch nach Inkrafttreten des IHKG weitergeführt worden. Sie hat sich dabei verstärkt dem Problem eines Bundeswirtschafts- und Sozialrats (mit Landes- und Bezirkswirtschaftsund Sozialräten) zugewandt und mit den Arbeitnehmerkammern befasst (Enquetekommission Verfassungsreform – BT-Drs. 7/5924; siehe auch BVerfGE 38, 281), während die Forderung nach paritätischer Besetzung der IHK-Organe etwas in den Hintergrund getre-
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Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag
ten zu sein scheint. Möglicherweise beruht das darauf, dass inzwischen an der Vereinbarkeit einer solchen paritätischen Regelung mit dem Grundgesetz gravierende Zweifel aufgeworfen worden sind (Jäkel, Verfassungsrechtliche Aspekte 1979). 18
Die IHKG-Novelle 1992 hat vielmehr erneut die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft aufgeworfen und zu einem Fraktionsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geführt, der die IHKs privatisieren und ihnen die bisherigen hoheitlichen Aufgaben im Wege der Beleihung belassen sollte (BT 13/6063 – dazu Kluth, Verfassungsfragen 1997). Mit der IHKG-Novelle 1998 hat der Deutsche Bundestag in einer begleitenden Entschließung jedoch ausdrücklich festgestellt, dass die Pflichtmitgliedschaft notwendig und auch sachlich weiterhin gerechtfertigt ist (BT 13/10297). Ebenso haben die Verwaltungsgerichte in ständiger Rechtsprechung eine erneute Vorlage an das Bundesverfassungsgericht abgelehnt (BVerwG GewArch 1998, 410; OVG Koblenz GewArch 1997, 196; OVG Münster GewArch 1998, 413). Das Bundesverfassungsgericht seinerseits hat eine Verfassungsbeschwerde, die sich gegen das Urteil des BVerwG vom 21. 7. 1998 zur Pflichtmitgliedschaft richtete, durch Kammerbeschluss vom 7. 12. 2001 nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 1806/98, GewArch 2002, 111). Entsprechendes gilt für verschiedene weitere Verfassungsbeschwerden, die sich bis zu diesem Zeitpunkt beim Bundesverfassungsgericht angesammelt hatten.
5. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag 19
Die Spitzenorganisation der IHKs auf Bundesebene ist der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Am 13. 5. 1861 war er in Heidelberg als Deutscher Handelstag unter dem Motto: „Ein Recht, ein Maß, ein Gewicht!“ gegründet worden. Er wurde 1918 in Deutscher Industrie- und Handelstag (DIHT) umbenannt und behielt diese Bezeichnung auch nach seiner Neugründung im Jahre 1949 bis zum 13. 2. 2001 bei. Die Umbenennung in DIHK erfolgte, um auch im Namen die Beziehung zu den Industrie- und Handelskammern deutlich werden zu lassen. Derzeit sind im DIHK alle 80 IHKs des Bundesgebietes in der privatrechtlichen Rechtsform eines e.V. mit dem Sitz in Berlin zusammengefasst. Der DIHK dient einer gemeinsamen Meinungsbildung der Kammern, insbesondere zu überregionalen Fragen und Problemen der 14 Möllering
Die Auslandshandelskammern und Delegiertenbüros
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deutschen Politik, durch welche gesamtwirtschaftliche Belange berührt werden. Ähnlich den Kammern hat der DIHK (aufgrund seiner Satzung) eine Vollversammlung, die aus den Vertretern der Mitgliedskammern besteht, einen von den Landesarbeitsgemeinschaften der Kammern benannten (erweiterten) Vorstand und einen von der Vollversammlung gewählten Präsidenten, der zusammen mit vier ebenfalls von der Vollversammlung gewählten Vizepräsidenten und dem Hauptgeschäftsführer den Geschäftsführenden Vorstand (Vorstand im Sinne von § 26 BGB) bildet. Auf den DIHK sind vereinzelt vom Gesetzgeber direkt Aufgaben übertragen worden, die sich jedoch aus seiner Funktion als Spitzenorganisation der IHKs ableiten (vgl. § 65 WiPrO: Arbeitsgemeinschaft für das wirtschaftliche Prüfungswesen; § 11a Abs. 1 GewO: Versicherungsvermittlerregister; § 32 Abs. 2 Umweltauditgesetz: EMAS-Register). Dem DIHK angegliedert, aber in ihrer Arbeit von ihm völlig unabhängig, ist die in Bielefeld domizilierende Rechnungsprüfungsstelle der IHKs, welche die Haushaltsführung (fast) aller 80 Kammern kontrolliert, nachdem in allen Ländern der Bundesrepublik diese eigene Rechnungsprüfungsstelle anstelle der Rechnungshöfe mit der wichtigen Funktion der Haushaltsführungs- und Rechnungskontrolle betraut worden ist (Näheres über Entstehung, Entwicklung und Aufgaben des DIHK/DIHT in der im Jahre 1961 zum 100-jährigen Bestehen des DIHT herausgegebenen Festschrift „Die Verantwortung des Unternehmers in der Selbstverwaltung“; Jäkel/Junge, Industrie- und Handelskammern, 61 sowie Möllering in: Stober (Hrsg.), Lexikon, 1998, 102).
6. Die Auslandshandelskammern, Delegiertenbüros und Repräsentanzen der Deutschen Wirtschaft Die Auslandshandelskammern (AHKs) sind keine IHKs im Sinne des IHKG. Sie sind vielmehr jeweils nach dem Recht des Gastlandes, in dem sie ihren Sitz haben und arbeiten, privatrechtlich organisierte Vereinigungen mit freiwilligen Mitgliedern. Die ersten AHKs wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts als Selbsthilfeeinrichtungen der deutschen Kaufleute in den jeweiligen Gastländern errichtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden allenthalben sog. bilaterale Kammern gegründet. Mitglieder sind Kaufleute sowohl aus dem Gastland als auch aus Deutschland, die an der Entwicklung des Wirtschaftsverkehrs zwischen diesen beiden Ländern interessiert sind. Diese Auslandshandelskammern (einige mit Möllering
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Die Auslandshandelskammern und Delegiertenbüros
Zweigstellen, auch in Deutschland), derzeit 58 an der Zahl in 56 Ländern mit noch immer zunehmender Tendenz, finanzieren sich aus Mitgliedsbeiträgen und Entgelten, die sie für Sonderleistungen (z.B. Auskünfte, Marktanalysen oder Geltendmachung von Forderungen) erheben. Im Hinblick auf die Entlastung, welche die Arbeit der Auslandshandelskammern für die diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Bundesrepublik, insbesondere für den kommerziellen Auskunftsdienst in den Gastländern bedeutet, erhalten die Auslandshandelskammern finanzielle Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt, die vom DIHK verwaltet werden. Berücksichtigt bei der Zuteilung dieser Zuwendungen wird auch die je nach der Wirtschaftskraft des Gastlandes recht unterschiedliche Finanzstärke der einzelnen AHK. Der Personaleinsatz für die Geschäftsführung dieser Kammern wird durch den DIHK gesteuert, der sie auch in allen fachlichen Fragen unterstützt und betreut. Alle deutschen Auslandshandelskammern dienen der Förderung des Wirtschaftsverkehrs zwischen der Bundesrepublik und dem Gastland; sie unterstützen deutsche Kaufleute bei der Entwicklung und Abwicklung ihrer Wirtschaftsbeziehungen zum Gastland, bemühen sich aber auch um die Interessen ihrer im Gastland ansässigen Mitglieder gegenüber der Wirtschaft in der Bundesrepublik (Jäkel/ Junge, Industrie- und Handelskammern, 87; Möllering, WiVerw 1998, S. 214; Wiesemann, Auslandshandelskammern: 100 Jahre Dienstleister für die Wirtschaft, Berlin 2000). 21
Daneben hat sich die Einrichtung sog. Delegiertenbüros in Ländern entwickelt, in denen aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen die Gründung einer bilateralen Auslandshandelskammer noch nicht möglich ist. Zurzeit gibt es etwa 14 Delegiertenbüros in 11 Ländern. Der DIHK entsendet in diese Länder einen „Delegierten der deutschen Wirtschaft“, der in der Regel auch weitere Mitarbeiter hat und den Unternehmen die gleichen Leistungen wie eine Auslandshandelskammer anbietet. Diese Delegiertenbüros unterscheiden sich nur dadurch von den Auslandshandelskammern, dass sich die Delegierten nicht auf Mitglieder und Kammervorstände stützen können; Beiräte können jedoch die unternehmerischen Erfahrungen beider Länder auch in diesem Fall einbringen. Schließlich gibt es noch Repräsentanzen (derzeit fünf Repräsentanzen in fünf Ländern), die von einer Ortskraft aus dem Gastland geleitet werden, aber die gleichen Aufgaben wie ein Delegiertenbüro erfüllen. 16 Möllering
Europäische Zusammenarbeit
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Das Netz der Auslandshandelskammern und der Delegiertenbüros zieht sich damit über 72 Länder in fünf Kontinenten und erfasst einen Bereich, der ca. 80 % der deutschen Exporte aufnimmt und aus dem mehr als 75 % der deutschen Importe kommen. In diesen Ländern werden etwa 90 % der deutschen Auslandsinvestitionen getätigt. Auf diese Weise ist die wirtschaftliche Selbstverwaltung auch in allen Ländern präsent, die für die deutsche Wirtschaft von Bedeutung sind.
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7. Europäische Zusammenarbeit Seit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ar- 23 beiten auch die Kammerorganisationen der EWG-(später EG-, heute EU-) Mitgliedstaaten enger zusammen als früher. Sie gründeten am 28. Februar 1958 in Straßburg die Ständige Konferenz der Industrie- und Handelskammern der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, zu der zunächst nur die Kammerorganisationen der sechs Gründerstaaten der EWG gehörten. Im Zuge der Entwicklung sind auch die Kammerorganisationen der neuen Mitgliedstaaten hinzugetreten. Dazu kommen als assoziierte Mitglieder die Kammerorganisationen derjenigen Staaten, die der Europäischen Freihandelszone (EFTA) angehören oder deren Länder einen Assoziierungsvertrag mit der EU haben. Als Beobachter fungieren die Kammern einiger Länder oder Ländergruppen, die besonders enge Beziehungen zur EU unterhalten. Die Ständige Konferenz ist ein eingetragener Verein nach belgischem Recht und nennt sich inzwischen „Eurochambres“ (vgl. Conférence Permanente, 25éme Anniversaire, Luxemburg 1983). Die Eurochambres sind wie eine Spitzenorganisation organisiert. Die Vollversammlung besteht aus den Vertretern der beteiligten Kammerorganisationen. Sie wählen Präsident und Präsidium und setzen eine Reihe von Fachausschüssen ein. Fachausschüsse und Vollversammlung befassen sich eingehend mit den Vorlagen der EU-Kommission und verfolgen aufmerksam die Entwicklung des EU-Rechts. Sie sind der gemeinsame Gesprächspartner für die Organe der EU, insbesondere die Kommission und ihre Dienste.
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Fast alle europäischen Kammerorganisationen unterhalten inzwischen Verbindungsbüros in Brüssel, so dass aus den Sitzungen der verschiedenen Gremien von Eurochambres und den regelmäßigen
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Europäische Zusammenarbeit
Treffen der Brüsseler Verbindungsbüros inzwischen auch ein dichtes Kommunikationsnetz der europäischen Kammern entstanden ist. Die enge Zusammenarbeit hat das gegenseitige Verständnis für die immer noch vorhandenen Unterschiede der Wirtschaftsund Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten wesentlich gefördert und trägt damit auch dazu bei, gemeinsame Stellungnahmen zur europäischen Entwicklung zu erleichtern. 26
Diese Gemeinsamkeit ist zwar nicht immer leicht herzustellen, da die beteiligten Kammerorganisationen sehr unterschiedlich organisiert sind. Öffentlich-rechtliche Kammerorganisationen (mit Pflichtzugehörigkeit und Beitragspflicht) gibt es in acht Mitgliedstaaten der EU (Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich und Spanien). Alle anderen 19 Mitgliedstaaten haben privatrechtlich organisierte Kammern mit freiwilliger Mitgliedschaft, wobei einige davon eine eigene Rechtsgrundlage in Form eines Kammergesetzes haben (Finnland, Belgien, Litauen, Polen, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn). Es gibt jedoch ein gemeinsames Verständnis der europäischen Kammern, welches in der „Charter of the European Chambers of Commerce and Industry“ am 15. Oktober 1999 auf der Eurochambres-Konferenz in Nikosia formuliert wurde. Danach gehört es zu den Aufgaben der Kammern, das Gesamtinteresse der kammerzugehörigen Wirtschaft zu vertreten, die Entwicklung unternehmerischer Tätigkeit auf lokaler und regionaler Ebene zu fördern, als Berater gegenüber dem Staat und anderen Hoheitsträgern zu handeln, ihnen vom Staat oder anderen Hoheitsträgern übertragene Aufgaben im Sinne des Subsidiaritätsprinzips auszuführen und den Wirtschaftsunternehmen weitgefächerte Dienstleistungen sowie ein Forum für den Gedanken- und Erfahrungsaustausch anzubieten. In den Tätigkeitsschwerpunkten zeigen sich allerdings trotz dieses gemeinsamen Verständnisses deutliche Unterschiede, was nicht zuletzt mit der unterschiedlichen rechtlichen Konstruktion und Finanzierung zusammenhängt (Corrado, Jahrbuch des Kammerrechts 2004, 149 – Italien; Kluth/Rieger, Das Kammerwesen in anderen europäischen Staaten, in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts, 179; Möllering, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 335; Rodriguez Artacho/ Barnes Vazquez, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 315 – Spanien; Rieger, Jahrbuch des Kammerrechts 2003, 201 – Österreich; Willer, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 271 – Frankreich). 18 Möllering
Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern
vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2418). §1 (1) Die Industrie- und Handelskammern haben, soweit nicht die Zuständigkeit der Organisationen des Handwerks nach Maßgabe des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) vom 17. September 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1411) gegeben ist, die Aufgabe, das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirkes wahrzunehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen; dabei obliegt es ihnen insbesondere, durch Vorschläge, Gutachten und Berichte die Behörden zu unterstützen und zu beraten sowie für Wahrung von Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken. (2) Die Industrie- und Handelskammern können Anlagen und Einrichtungen, die der Förderung der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige dienen, begründen, unterhalten und unterstützen sowie Maßnahmen zur Förderung und Durchführung der kaufmännischen und gewerblichen Berufsbildung unter Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere des Berufsbildungsgesetzes, treffen. (3) Den Industrie- und Handelskammern obliegt die Ausstellung von Ursprungszeugnissen und anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Bescheinigungen, soweit nicht Rechtsvorschriften diese Aufgaben anderen Stellen zuweisen. (3a) Die Länder können durch Gesetz den Industrie- und Handelskammern die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes übertragen. Das Gesetz regelt, welche Aufgabenbereiche von der Zuweisung erfasst sind. Dabei kann das Gesetz vorsehen, dass die Industrie- und Handelskam19
§ 2 IHKG
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mern auch für nicht Kammerzugehörige tätig werden. Das Gesetz regelt auch die Aufsicht. (3b) Die Länder können den Industrie- und Handelskammern durch Gesetz ermöglichen, sich an Einrichtungen zu beteiligen, die die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes erfüllen. (4) Weitere Aufgaben können den Industrie- und Handelskammern durch Gesetz oder Rechtsverordnung übertragen werden. (5) Nicht zu den Aufgaben der Industrie- und Handelskammern gehört die Wahrnehmung sozialpolitischer und arbeitsrechtlicher Interessen.
§2 (1) Zur Industrie- und Handelskammer gehören, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte unterhalten (Kammerzugehörige). (2) Absatz 1 gilt für natürliche Personen und Gesellschaften, welche ausschließlich einen freien Beruf ausüben oder welche Landoder Forstwirtschaft oder ein damit verbundenes Nebengewerbe betreiben, nur, soweit sie in das Handelsregister eingetragen sind. (3) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke oder der handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen sind oder die nach § 90 Abs. 3 der Handwerksordnung zur Handwerkskammer gehören, gehören mit ihrem nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteil der Industrie- und Handelskammer an. (4) Absatz 1 gilt nicht für landwirtschaftliche Genossenschaften; als solche gelten im Sinne dieser Bestimmung a) ländliche Kreditgenossenschaften, deren Mitglieder überwiegend aus Landwirten bestehen; b) Genossenschaften, die ganz der überwiegend der Nutzung landwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder der Versorgung der Landwirtschaft mit Betriebsmitteln oder dem Absatz oder der 20
§ 3 IHKG
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Lagerung oder der Bearbeitung oder Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dienen, sofern sich die Be- oder Verarbeitung nach der Verkehrsauffassung im Bereich der Landwirtschaft hält; c) Zusammenschlüsse der unter Buchstabe b genannten Genossenschaften bis zu einer nach der Höhe des Eigenkapitals zu bestimmenden Grenze, die von dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz durch Rechtsverordnung festgelegt wird. (5) Absatz 1 gilt nicht für Gemeinden und Gemeindeverbände, die Eigenbetriebe unterhalten. Sie können aber insoweit der Industrie- und Handelskammer beitreten.
§3 (1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts. (2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. (3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Nicht in das Handelsregister eingetragene natürliche Personen und Personengesellschaften, deren Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder, soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, deren nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5200 Euro nicht übersteigt, sind vom Beitrag freigestellt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an 21
§ 3 IHKG
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einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrieund Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden. (4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen 22
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§ 3 IHKG
Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird. (5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben. (6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen. (7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlass und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln. (7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird 23
§ 4 IHKG
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durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt. (8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind – für die Verjährung die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen, – für die Einziehung und Beitreibung die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.
§4 Über die Angelegenheiten der Industrie- und Handelskammer beschließt, soweit nicht die Satzung etwas anderes bestimmt, die Vollversammlung. Der ausschließlichen Beschlussfassung durch die Vollversammlung unterliegen 1. die Satzung, 2. die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung, 3. die Feststellung des Wirtschaftsplans, 4. die Festsetzung des Maßstabes für die Beiträge und Sonderbeiträge, 5. die Erteilung der Entlastung, 6. die Übertragung von Aufgaben auf andere Industrie- und Handelskammern, die Übernahme dieser Aufgaben, die Bildung von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen und die Beteiligung hieran (§ 10) sowie die Beteiligung an Einrichtungen nach § 1 Abs. 3b, 7. die Art und Weise der öffentlichen Bekanntmachung und 8. die Satzung gem. § 3 Abs. 7a (Finanzstatut). § 79 des Berufsbildungsgesetzes bleibt unberührt. Soweit nach Satz 2 Nr. 7 die elektronische Verkündung von Satzungsrecht vorgesehen ist, hat diese im elektronischen Bundesanzeiger zu erfolgen. 24
§ 7 IHKG
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§5 (1) Die Mitglieder der Vollversammlung werden von den Kammerzugehörigen gewählt. (2) Wählbar sind natürliche Personen, die das Kammerwahlrecht auszuüben berechtigt sind, am Wahltag volljährig sind und entweder selbst Kammerzugehörige sind oder allein oder zusammen mit anderen zur gesetzlichen Vertretung einer kammerzugehörigen juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personenmehrheit befugt sind. Wählbar sind auch besonders bestellte Bevollmächtigte und in das Handelsregister eingetragene Prokuristen von Kammerzugehörigen. (3) Das Nähere über die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts, über die Durchführung der Wahl sowie über Dauer und vorzeitige Beendigung der Mitgliedschaft zur Vollversammlung regelt die Wahlordnung. Sie muss Bestimmungen über die Aufteilung der Kammerzugehörigen in besondere Wahlgruppen sowie die Zahl der diesen zugeordneten Sitze in der Vollversammlung enthalten und dabei die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks sowie die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen berücksichtigen.
§6 (1) Die Vollversammlung wählt aus ihrer Mitte den Präsidenten (Präses) und die von der Satzung zu bestimmende Zahl von weiteren Mitgliedern des Präsidiums. (2) Der Präsident (Präses) ist der Vorsitzende des Präsidiums. Er beruft die Vollversammlung ein und führt in ihr den Vorsitz.
§7 (1) Die Vollversammlung bestellt den Hauptgeschäftsführer. (2) Präsident (Präses) und Hauptgeschäftsführer vertreten nach näherer Bestimmung der Satzung die Industrie- und Handelskammer rechtsgeschäftlich und gerichtlich.
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§ 8 IHKG
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§8 Werden bei den Industrie- und Handelskammern zur Durchführung anderer als der in § 79 des Berufsbildungsgesetzes genannten Aufgaben Ausschüsse gebildet, so kann die Satzung bestimmen, dass in diese Ausschüsse auch Personen berufen werden, die nach § 5 Abs. 2 nicht wählbar sind.
§9 (1) Zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben dürfen die Industrie- und Handelskammern die Daten nach § 14 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 der Gewerbeordnung bei den Kammerzugehörigen erheben, soweit diese Daten ihnen nicht von der zuständigen Behörde übermittelt worden sind. Darüber hinaus dürfen sie Daten über angebotene Waren und Dienstleistungen sowie über die Betriebsgrößenklasse bei den Kammerzugehörigen erheben. Auskunftspflichtig sind die Inhaber oder diejenigen, die allein oder zusammen mit anderen zur gesetzlichen Vertretung einer kammerzugehörigen juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personenmehrheit befugt sind. Auskunftspflichtig sind auch besonders bestellte Bevollmächtigte und in das Handelsregister eingetragene Prokuristen von Kammerzugehörigen. (2) Die Industrie- und Handelskammern und ihre Gemeinschaftseinrichtungen, die öffentliche Stellen im Sinne des § 2 Abs. 2 des Bundesdatenschutzgesetzes sind, sind berechtigt, zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit und zur Festsetzung der Beiträge der Kammerzugehörigen Angaben zur Gewerbesteuerveranlagung, wie sie auch zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 erforderlich sind, sowie die nach § 3 Abs. 3 erforderlichen Bemessungsgrundlagen bei den Finanzbehörden zu erheben. (3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Daten dürfen von den Industrie- und Handelskammern und ihren Gemeinschaftseinrichtungen verwendet werden, soweit dies zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Andere als die in Satz 1 genannten Daten dürfen sie nur erheben und verwenden, soweit eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet. (3a) Die Industrie- und Handelskammern dürfen Name, Firma, Anschrift und Wirtschaftszweig ihrer Kammerzugehörigen sowie 26
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§ 10 IHKG
die übrigen in Absatz 1 genannten Daten an andere Industrie- und Handelskammern auf Ersuchen oder durch Abruf im automatisierten Verfahren übermitteln, soweit dies für die Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich ist. (4) Die Industrie- und Handelskammern dürfen Name, Firma, Anschrift und Wirtschaftszweig von Kammerzugehörigen zur Förderung von Geschäftsabschlüssen und zu anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Zwecken an nichtöffentliche Stellen übermitteln. Die übrigen in Absatz 1 genannten Daten dürfen zu den in Satz 1 genannten Zwecken an nichtöffentliche Stellen übermittelt werden, sofern der Kammerzugehörige nicht widersprochen hat. Auf die Möglichkeit, der Übermittlung der Daten an nichtöffentliche Stellen zu widersprechen, sind die Kammerzugehörigen vor der ersten Übermittlung schriftlich hinzuweisen. Daten über Zugehörige anderer Kammern hat die Industrie- und Handelskammer nach Übermittlung an die nichtöffentliche Stelle unverzüglich zu löschen, soweit sie nicht zur Erfüllung der ihr nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich sind. An Bewerber für die Wahl zur Vollversammlung nach § 5 dürfen zum Zweck der Wahlwerbung die in Satz 1 genannten Daten über Wahlberechtigte aus ihrer jeweiligen Wahlgruppe übermittelt werden. Der Bewerber hat diese Daten nach der Durchführung der Wahl unverzüglich zu löschen. Dritte, an die Daten übermittelt werden, dürfen diese Daten nur für den Zweck verwenden, zu dessen Erfüllung sie ihnen übermittelt werden. (5) (aufgehoben) (6) Für das Verändern, Sperren oder Löschen der nach den Absätzen 1 und 2 erhobenen Daten sowie die Übermittlung der Daten nach Absatz 1 an öffentliche Stellen gelten die Datenschutzgesetze der Länder. Für die Übermittlung der Daten an andere Industrie- und Handelskammern durch Abruf im automatisierten Verfahren nach Absatz 3a gilt § 10 des Bundesdatenschutzgesetzes entsprechend. § 10 Aufgabenübertragung und öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss (1) Industrie- und Handelskammern können Aufgaben, die ihnen auf Grund von Gesetz oder Rechtsverordnung obliegen, einver27
§ 11 IHKG
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nehmlich einer anderen Industrie- und Handelskammer übertragen oder zur Erfüllung dieser Aufgaben untereinander öffentlichrechtliche Zusammenschlüsse bilden oder sich daran beteiligen. § 1 Abs. 3b bleibt unberührt. (2) Die Rechtsverhältnisse des öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses werden durch Satzung geregelt. Diese muss bestimmen, welche Aufgaben durch den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss wahrgenommen werden. Die Erstsatzung bedarf der Zustimmung der Vollversammlungen der beteiligten Industrie- und Handelskammern. Diese haben die Erstsatzung in der für ihre Bekanntmachungen vorgeschriebenen Form zu veröffentlichen. (3) Die Aufgabenübertragung auf Industrie- und Handelskammern oder auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse mit Sitz in einem anderen Bundesland sowie die Beteiligung an solchen Zusammenschlüssen ist zulässig, soweit nicht die für die beteiligten Kammern oder Zusammenschlüsse geltenden besonderen Rechtsvorschriften dies ausschließen oder beschränken. (4) Die Regelungen dieses Gesetzes in § 1 Abs. 3a, § 3 Abs. 2, 6, 7a und 8, § 4 Satz 1 und 2 Nr. 1 bis 5, 7 und 8 sowie in den §§ 6 und 7 sind auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse entsprechend anzuwenden.
§ 11 (1) Die Industrie- und Handelskammern unterliegen der Aufsicht des Landes darüber, dass sie sich bei Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften (einschließlich der Satzung, der Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung) halten. Die Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss wird durch die Aufsichtsbehörde des Landes ausgeübt, in dem der Zusammenschluss seinen Sitz hat. § 1 Abs. 3a Satz 4 bleibt unberührt. (2) Die Beschlüsse der Vollversammlung über 1. die Satzung nach § 3 Abs. 7a Satz 2, 2. die Satzung nach § 4 Satz 2 Nr. 1, 3. die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung, 4. die Übertragung von Aufgaben an eine andere Industrie- und Handelskammer und die Übernahme dieser Aufgaben, 28
§ 12 IHKG
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5. die Bildung öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse oder die Beteiligung an solchen (§ 10) sowie 6. einen 0,8 vom Hundert der Bemessungsgrundlagen nach § 3 Abs. 3 Satz 6 übersteigenden Umlagesatz bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde des Landes. (2a) Die Satzung nach § 10 Abs. 2 sowie Änderungen der Satzung bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde des Landes, in dem der Zusammenschluss seinen Sitz hat, sowie durch die Aufsichtsbehörden der beteiligten Kammern. (2b) Die Aufgabenübertragung durch eine Industrie- und Handelskammer auf andere Industrie- und Handelskammern oder auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse mit Sitz in einem anderen Bundesland sowie die Beteiligung an solchen Zusammenschlüssen bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörden der übertragenden und der übernehmenden Kammer; im Falle der Übertragung auf einen öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss ist zusätzlich die Genehmigung der für diesen zuständigen Aufsichtsbehörde erforderlich. (3) Rechtsvorschriften, die diesem Gesetz widersprechen, werden aufgehoben; Abschnitt I des Gesetzes zur Erhaltung und Hebung der Kaufkraft vom 24. März 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 235) und die Verordnung über die Rechnungslegung und Rechnungsprüfung während des Krieges vom 5. Juli 1940 (Reichsgesetzbl. II S. 139) finden auf die Industrie- und Handelskammern keine Anwendung.
§ 12 (1) Durch Landesrecht können ergänzende Vorschriften erlassen werden über 1. die Errichtung und Auflösung von Industrie- und Handelskammern sowie von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen, 2. die Änderung der Bezirke bestehender Industrie- und Handelskammern, 3. die für die Ausübung der Befugnisse des § 11 Abs. 1 und 2 zuständigen Behörden,
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§ 13 IHKG
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4. die Aufsichtsmittel, welche erforderlich sind, um die Ausübung der Befugnisse gemäß § 11 Abs. 1 und 2 zu ermöglichen, 5. die Verpflichtung der Steuerveranlagungsbehörden zur Mitteilung der für die Festsetzung der Beiträge erforderlichen Unterlagen an die Industrie- und Handelskammern, 6. die Verpflichtung der Behörden zur Amtshilfe bei Einziehung und Beitreibung von Abgaben (§ 3 Abs. 8), 7. die Prüfung des Jahresabschlusses der Industrie- und Handelskammern, 8. die Befugnis der Industrie- und Handelskammern zur Führung eines Dienstsiegels, 9. Zuständigkeit und Verfahren für die Bestellung von Ausschussmitgliedern gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2. (2) Vor der Entscheidung über Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 sind die Kammerzugehörigen gemäß § 2 Abs. 1 zu hören.
§ 13 Die Handelskammern Bremen und Hamburg sind berechtigt, ihre bisherige Bezeichnung weiterzuführen.
§ 13a (1) Kammerzugehörige, die am 31. Dezember 1993 nach § 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 3 Satz 2 in der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung einer Industrie- und Handelskammer angehörten, können nach Maßgabe dieser Vorschriften weiterhin der Industrie- und Handelskammer angehören. (2) Wenn das der Beitragserhebung zugrundeliegende Bemessungsjahr vor dem 1. Januar 1994 liegt, werden die Beiträge auf der Grundlage der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung dieses Gesetzes erhoben. (3) Die Beitragsbefreiung in § 3 Abs. 3 Satz 4 ist nur auf Kammerzugehörige anzuwenden, deren Gewerbeanzeige nach dem 31. Dezember 2003 erfolgt.
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§ 15 IHKG
Gesetzestext
§ 14 Bis zum 31. Dezember 1997 können die Beiträge der Kammerzugehörigen von den Industrie- und Handelskammern in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet im Anschluss an die in Anlage I Kapitel V Sachgebiet B Abschnitt III Nr. 4 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II S. 885, 1000) angegebene Frist abweichend von § 3 Abs. 3 und 4 festgesetzt werden. Die Beitragsordnung und der Beitragsmaßstab bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.
§ 15 Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
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Einführung Rz.
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1. Von der Entwicklung des Kammerwesens . . . . . . . . . . .
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4. Kammern, Mitbestimmung und Privatisierung . . . . . . . . . 16
2. Die Kammern in den neuen Bundesländern . . . . . . . . . . . .
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5. Der Deutsche Industrieund Handelskammertag . . . . 19
3. Die Grundprinzipien des heutigen Kammerwesens . . a) Organisationsrecht . . . . . . . . b) Funktionale Grundsätze . . . c) Gesetzesgeschichte. . . . . . . .
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6. Die Auslandshandelskammern, Delegiertenbüros und Repräsentanzen der Deutschen Wirtschaft. . . . . . . . . . . 20 7. Europäische Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
Literaturauswahl: Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, 1984; Hendler, Geschichte und Idee der funktionalen Selbstverwaltung, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 9; Jäkel/Junge, Die deutschen Industrieund Handelskammern und der Deutsche Industrie- und Handelstag, 1986; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 1997; Tettinger, Kammerrecht, 1997; Wiesemann, Auslandshandelskammern: 100 Jahre Dienstleister für die Wirtschaft, 2000.
1. Von der Entwicklung des Kammerwesens Die deutschen Industrie- und Handelskammern haben, historisch gesehen, zwei sehr verschiedene Wurzeln. Zum einen liegt ihr Ursprung in dem Gedanken der Selbsthilfe durch genossenschaftlichen Zusammenschluss, wie er sich in den Territorien des alten Deutschen Reiches seit dem Mittelalter in unterschiedlichen Formen (z.B. Gilden, Kommerzkollegien, preußische Korporationen) für Gewerbetreibende, besonders in den großen Handelsstädten, verwirklicht hatte (Fischer, Unternehmerschaft, Selbstverwaltung und Staat, 1964; Klein, Dokumente der Geschichte der Handelskammer Hamburg, 1965). Zum anderen haben die derzeitigen Kammern in ihrer Form und rechtlichen Struktur französische Vorbilder, indem die seit langem in Frankreich bestehenden Chambres de Commerce (und Chambres Consultatives) nach dem Frieden von Lunéville in den französisch gewordenen linksrheinischen Gebieten eingeführt und später unter preußischer HerrMöllering
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Von der Entwicklung des Kammerwesens
schaft nicht nur übernommen, sondern auch in rechtsrheinischen Landesteilen neu konstituiert wurden. Für Aufbau und Aufgaben der preußischen Kammern ist das königliche Statut vom 22. 6. 1830, dem die Handelskammer in Elberfeld und Barmen ihr Entstehen verdankt, ein wichtiges Dokument: Schon damals wählte die Kammer ihren Vorsitzenden selbst, auch stand den Angehörigen des Kaufmannsstandes ein unmittelbares Wahlrecht zur Kammer zu; die Aufgaben allerdings beschränkten sich noch auf die Berichterstattung an die Staatsbehörden, auf die Aufsicht (aber nur kraft staatlicher Übertragung) über Anstalten aus dem Bereich von Handel und Schifffahrt sowie auf die Begutachtung von Personen, die z.B. als Makler oder als Verwalter von öffentlichen „Handels-, Fabrik- und Schifffahrtanstalten“ tätig werden sollten. 2
Die zuvor unter französischer Herrschaft gegründeten Kammern erhielten 1831 die gleiche Struktur. Während bis dahin die Kammern ihr Recht in Einzelanordnungen des Landesherrn statuiert erhielten, führte der nächste Schritt zu einer allgemeinen, also für das ganze Staatsgebiet geltenden Verordnung über die Errichtung von Handelskammern. Damit ist der 12. 3. 1848, einer der letzten Tage des Vormärz, der Geburtstag eines allgemeinen preußischen Kammerrechts: Es sollten nunmehr überall Kammern entstehen, wo ein wirtschaftliches Bedürfnis hierfür bestand; nur gewisse Grundfragen der inneren Struktur sollten staatlicher Genehmigung bedürfen (Kgl. VO vom 11. 2. 1848 – GS 63).
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Die rasche Weiterentwicklung von Gesetzgebung, Wirtschaft und Verkehr nach 1848 drängte jedoch bald wieder zu einer Neuregelung. Auch machte die Vergrößerung des preußischen Staatsgebietes in den 60er Jahren eine Vereinheitlichung des Kammerrechts notwendig. So brachte das Gesetz vom 24. 2. 1870 (GS 134) zahlreiche Veränderungen gegenüber den Bestimmungen von 1848. Diese Veränderungen betrafen insbesondere die Kammeraufgaben. Aus dem konsultativen Gebilde nach französischem Vorbild, das in erster Linie Hilfsstelle für die Organe des Staates sein sollte, wurde ein Organ, dem – neben den fortgeltenden Unterrichtungspflichten gegenüber dem Staat – erstmals ausdrücklich die Vertretung der „Gesamtinteressen der Handels- und Gewerbetreibenden“ im Bezirk zugewiesen war. Diese Aufgabe ist seitdem über Kriege und Umwälzungen hinweg das Leitmotiv deutscher Kammerarbeit gewesen. Insgesamt ist das Gesetz von 1870 mit relativ geringfügigen Ergänzungen und Änderungen – im Laufe der Zeit 2
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Von der Entwicklung des Kammerwesens
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hatten sich auch die Kammern über das gesamte Staatsgebiet ausgebreitet – bis zum Einbruch der nationalsozialistischen Vorstellungen für das Kammerwesen maßgeblich gewesen; es hatte zuvor in seinen Grundzügen auch die anderen landesrechtlichen Regelungen im Deutschen Reich mitbestimmt. Die weitgehende Unabhängigkeit, die das damalige Recht den Kammern und der in ihnen vertretenen kaufmännischen Selbstverwaltung eingeräumt hatte, passte nicht zum Aufbau und zu den Vorstellungen des totalitären Staates. Von 1934 an war das Kammersystem unmittelbaren Eingriffen des Reichsgesetz- und Verordnungsgebers unterworfen, die sämtlich auf Unterstellung unter die Staatsgewalt und auf die Einbeziehung in deren Hoheitsbereich hinausliefen. Die Gestaltung, die die Wirtschaftsorganisation in diesen Jahren schließlich erhielt – die Bildung von Wirtschaftskammern und Gauwirtschaftskammern unter der Dominanz des sog. Führerprinzips – hatten mit den früheren Industrie- und Handelskammern nichts mehr gemein. So war es für die Besatzungsmächte nach dem Zusammenbruch des Reiches ab 1945 selbstverständlich, dass die Erscheinungsformen der national-sozialistischen Wirtschaftsorganisation sofort zu beseitigen waren. Andererseits wurde das Vorhandensein einer organisierten Vertretung der Kaufmannschaft als unterstützendes Element einer demokratischen Wirtschaftsverfassung empfunden; insofern fand das Wiedererstehen der Kammern, die ja selbst hatten dem politischen Diktat weichen müssen, bei den drei westlichen Besatzungsmächten Verständnis und Zustimmung. Doch verfolgten die Besatzungsmächte alles mit Misstrauen, was eine ihnen ungewohnte Form aufwies, oder was nach Zusammenballung wirtschaftlicher Macht und nach Zusammenfassung oder Eingliederung durch staatlichen Befehl aussah. Das alte Prinzip der gesetzlich vorgeschriebenen Zugehörigkeit zu einer Industrieund Handelskammer und der Charakter der Kammerbeiträge als öffentliche Abgaben, die wie Steuern beigetrieben werden konnten, wurde daher nur von der französischen Besatzungsbehörde aus ihrer Vertrautheit mit diesem System ohne weiteres anerkannt, nicht aber von den britischen und amerikanischen Stellen, deren Kammersystem auf ganz anderen Grundlagen beruhte. So suchte jede Besatzungsmacht auf eigenen Wegen zu einer Lösung zu kommen; und es wurden ganz unterschiedliche Provisorien getroffen, auf deren Grundlage die allenthalben wiedererrichteten Kammern Möllering
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Die Kammern in den neuen Bundesländern
während einer Epoche fast beispielloser Intensivierung des Wirtschaftslebens für mehr als ein Jahrzehnt leben und wirken mussten. So erklären sich die Merkmale des deutschen Kammerrechts nach 1945: Zersplitterung, Unklarheit und Rechtsunsicherheit. 5
Nach der Konstituierung der Bundesrepublik sprachen mithin klare und gewichtige Gesichtspunkte für eine bundesrechtliche Regelung: die Einheitlichkeit des deutschen Wirtschaftsgebietes, sowie die Tatsache, dass Wirtschaftspolitik nur einheitlich vom Bund betrieben und dass demgemäß Wirtschafts(organisations)recht nur vom Bund geregelt werden konnte. So war es erforderlich, dass die Kammern als Organe der Wirtschaftspflege und der Wirtschaftsbetreuung ihre rechtliche Ordnung einheitlich vom Bund erhielten. Die Konsequenz war das Bundesgesetz vom 18. 12. 1956 (BGBl. I, 920); den Ländern ist darin nur die Zuständigkeit für gewisse ergänzende Regelungen vorbehalten (umfassendere Darstellungen der geschichtlichen Entwicklung bei Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 123; Tettinger, Kammerrecht, 35; Regionale Besonderheiten sind den zahlreichen, anlässlich von Kammerjubiläen erschienenen Denk- und Festschriften zu entnehmen, die meistens die Geschichte der einzelnen Kammer im Zusammenhang mit der regionalen Wirtschaftsentwicklung darstellen und die vom DIHT in zwei Bibliographien aufgeführt werden: DIHT-Schriftenreihe 81, Bonn 1963; DIHTSchriftenreihe 102, Bonn 1967. Am umfassendsten ist die DIHTBibliograhie zur Geschichte und Organisation der Industrie- und Handelskammern und des DIHT von 1986).
2. Die Kammern in den neuen Bundesländern 6
In der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone wurden die Gauwirtschaftskammern unmittelbar nach Kriegsende zunächst aufgelöst, aber bereits im Herbst 1945 von den Ländern wieder Industrie- und Handelskammern zugelassen. Im Jahre 1953 wurden sie erneut aufgelöst und in demselben Jahr als eine einheitliche IHK der DDR wiedererrichtet. Im Jahre 1958 wurden mit der Verordnung über die Industrie- und Handelskammern der Bezirke (GBl. I, Nr. 61) die Bezirksdirektionen der einheitlichen IHK selbständige juristische Personen und den Räten der Bezirke unterstellt. Aufgrund des Beschlusses des Ministerrates vom 2. 2. 1983 wurde die Verordnung über die Industrie- und Handelskammern der Be4
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Die Kammern in den neuen Bundesländern
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zirke durch das Statut der Handels- und Gewerbekammern (HGKs) der Bezirke ersetzt; seitdem bestanden bis zur Vereinigung beider deutscher Staaten in den 14 Bezirken der früheren DDR und in Ostberlin Handels- und Gewerbekammern. Pflichtmitglieder der Handels- und Gewerbekammern waren private Kleinunternehmer (Großhändler, Einzelhändler, Kommissionshändler, Gaststättenbetriebe, Drogerien, Gartenbaubetriebe sowie private Transport-, Verkehrs- und Dienstleistungsbetriebe). Außer dem Namen hatten diese Kammern mit den Industrie- und Handelskammern in freien westlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnungen nichts gemein. Sie waren zur Teilnahme am Aufbau des Sozialismus verpflichtet und in das System der zentralen Verwaltungswirtschaft eingebunden. Sie hatten ihre Mitglieder zur Planerfüllung und zur fachlichen und politischen Qualifizierung anzuhalten; sie schlossen ferner für die Beschäftigten ihrer Mitgliedsunternehmen Tarifverträge ab. Die Leitung lag bei einem Direktor, der vom Vorsitzenden des Rates des Bezirkes berufen und abberufen wurde und der dessen Weisungen unterlag. Schon bald nach dem Umbruch in der früheren DDR Ende 1989 und zu Beginn des Jahres 1990 bildeten sich spontane Initiativen der privaten Unternehmer mit dem Ziel, die Handels- und Gewerbekammern in vom Staat unabhängige, demokratisch legitimierte Industrie- und Handelskammern umzuwandeln. Gründungsversammlungen wählten Präsidenten und ersetzten die bisherigen Direktoren durch Hauptgeschäftsführer. Diese Entwicklung vollzog sich zunächst im rechtsfreien Raum. Erst die Verordnung über die Industrie- und Handelskammern in der DDR vom 1. 3. 1990 (BGBl. I, Nr. 15) gab nachträglich die erforderliche Rechtsgrundlage. Sie ordnete die Bildung von Industrie- und Handelskammern nach regionalwirtschaftlichen Gesichtspunkten an und qualifizierte die Industrie- und Handelskammern ausdrücklich als „Organisationen der gewerblichen Selbstverwaltung und der regionalwirtschaftlichen Interessenvertretung“. Auch sonst war die VO weitgehend am IHKG orientiert und sah Pflichtmitgliedschaft für alle Gewerbetreibenden und als Aufgabenbereich die Vertretung des gesamtwirtschaftlichen Interesses der Bezirkswirtschaft vor. Eine frei gewählte Vollversammlung als oberstes Organ hatte ihrerseits den Präsidenten zu wählen und den Hauptgeschäftsführer zu bestellen.
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Mit der Erstreckung des IHKG durch den Einigungsvertrag auf das Gebiet der fünf neuen Bundesländer (Einigungsvertrag vom
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Die Grundprinzipien des heutigen Kammerwesens
31. 8. 1990 Anlage I, Kapitel V, Sachgebiet B, Abschnitt III, Ziff. 4, BGBl. II, 885/1000) sind die dort errichteten Industrie- und Handelskammern Kammern im Sinne des IHKG geworden. Die Verordnung vom 1. 3. 1990 hatte als staatlicher Gründungsakt bereits den verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Anforderungen genügt, die für die Errichtung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erforderlich sind. Ausreichend war dabei die Festlegung, dass in der früheren DDR Industrie- und Handelskammern gebildet werden (§ 1 Abs. 1 VO), dass die bis dahin bestehenden Handels- und Gewerbekammern aufgelöst werden (§ 10 Abs. 1 VO) und das Statut der Handels- und Gewerbekammern außer Kraft tritt (§ 10 Abs. 3 VO). Daraus ergab sich der Wille des Verordnungsgebers, die Industrie- und Handelskammern räumlich an die Stelle der vormaligen HGKs treten zu lassen. Das wird bestätigt durch eine Anordnung des damaligen Ministers für Wirtschaft vom 25. 9. 1990, in welcher zu § 1 Abs. 1 der VO festgelegt wurde, dass die bestehenden Bezirksgrenzen der früheren DDR gleichzeitig die Grenzen für die Kammerbezirke der IHKs bilden. 9
Errichtung, Auflösung oder Umgliederungen fallen seit der Erstreckung des IHKG auf die neuen Bundesländer in die Kompetenz der Länder, die dabei von den durch die VO geschaffenen Kammerbezirken auszugehen haben. Inzwischen gibt es in allen neuen Bundesländern auch Landesausführungsgesetze zum IHKG, die im Anhang abgedruckt sind und bei deren Formulierung die Erfahrungen in den alten Bundesländern Pate standen. Zurzeit gibt es in Deutschland 80 Industrie- und Handelskammern.
3. Die Grundprinzipien des heutigen Kammerwesens a) Organisationsrecht 10
Organisationsrechtlich gelten nachstehende Grundsätze: – Die Industrie- und Handelskammern (IHKs) sind Körperschaften des öffentlichen Rechts (KdöR). – Es besteht Pflichtzugehörigkeit kraft Gesetzes. – Die Kammerzugehörigen sind gesetzlich zur Zahlung von Kammerbeiträgen verpflichtet. – Kammerbeiträge und Gebühren sind öffentliche Abgaben. 6
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Die Grundprinzipien des heutigen Kammerwesens
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– Die IHK ist eine auf ihren Bezirk bezogene regionale Wirtschaftsorganisation. – Die IHK hat eine duale Organstruktur bestehend aus Ehrenamt und Hauptamt. – Als Körperschaft öffentlichen Rechts untersteht die IHK der Rechtsaufsicht des jeweiligen Bundeslandes. Die Eigenschaft der Kammer als KdöR folgt aus ihren Aufgaben; die Kammerzugehörigkeit kraft Gesetzes und die auf ihr beruhende Beitragspflicht garantieren die Unabhängigkeit der IHKs, die zur qualifizierten Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Insofern ist die Kammerzugehörigkeit kraft Gesetzes das notwendige Fundament der Kammerarbeit, die ja darin besteht, das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft ihres Bezirks (mit Ausnahme des Handwerks) wahrzunehmen, sowie Gerichte und Verwaltung durch Gutachten, Berichte und Vorschläge zu unterstützen. Denn das Gesamtinteresse ist nicht identisch mit der Summe oder Potenzierung von Einzelinteressen; seine Ermittlung setzt vielmehr die Abwägung und den Ausgleich dieser Einzelinteressen voraus (dazu Möllering, WiVerw 2001, 25). Das wäre aber für eine Organisation, die sich dem Einfluss einzelner Mitglieder oder Mitgliedergruppen nicht entziehen könnte, weil sie mit deren Austritt oder mit finanziellen Restriktionen rechnen müsste, eine auf Dauer unerfüllbare Zumutung. Es bedarf gewichtiger Voraussetzungen, um der Aufgabe der Interessenwahrnehmung innerhalb der Grenzen der Objektivität gerecht zu werden. Zunächst ist vorausgesetzt, dass sich die Kammer auf die Mitarbeit aller Bezirksfirmen stützen kann. Gehörte nicht die gesamte gewerbliche Wirtschaft des Bezirks zur Kammer, so bestünde die Gefahr, dass der Mitgliederkreis zu klein wird und dass der notwendige Gesamtüberblick, der sich aus der laufenden und unmittelbaren Fühlung mit allen Bezirksfirmen ergibt, allmählich verloren ginge. Die Wahrung des Gesamtinteresses setzt eine Unabhängigkeit nach allen Seiten voraus, ohne die es unmöglich wäre, die widerstreitenden „Belange“ abzuwägen und auszugleichen sowie ein objektives Urteil abzugeben. Hierin liegt das Charakteristikum der Kammerarbeit und gleichzeitig ein wesentlicher Unterschied gegenüber der Aufgabe von Wirtschafts- und Fachverbänden, für welche die Aufgabe des Interessenausgleichs wohl auch gegeben sein kann, aber nicht in der gleichen wesensbestimmenden Art wie für die Kammern. Bei diesen müssen Einzel- und GruppenMöllering
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Die Grundprinzipien des heutigen Kammerwesens
interessen auch dann, wenn sie von starken Kräften gestützt werden, dem Gesamtinteresse untergeordnet werden können. Das aber ist nur gewährleistet, wenn dem einzelnen Gewerbetreibenden nicht der Entschluss darüber freisteht, ob er der Kammer angehören will, und wenn er damit nicht seine Mitgliedschaft und Zahlungspflicht von bestimmten Entscheidungen abhängig machen kann, die ihm gerade erwünscht erscheinen. Entsprechendes gilt für die vielen Gutachten und Stellungnahmen, die von den Kammern zu erarbeiten sind, um, ihrem gesetzlichen Auftrag gemäß, Gerichte und Verwaltungsbehörden in deren Entscheidungen und Überlegungen zu unterstützen. Derartige gutachtliche Äußerungen der Kammern müssen wirklichkeits- und wirtschaftsnah sein, dabei aber eine objektive Darstellung enthalten, wenn sie für Gerichte und Behörden eine echte Entscheidungshilfe sein wollen; auch dafür ist wiederum die Unabhängigkeit der Kammern eine wesentliche Voraussetzung (dazu insbesondere BVerfG GewArch 2001, 111). 12
Schließlich ist herauszustellen, dass die Kammern eine regionalbezogene Aufgabe haben. Sie vertreten und betreuen die Gewerbebetriebe ihres Bezirks und sie haben die Interessen ihres Kammerbezirks als Wirtschaftsraum wahrzunehmen. Da die Wirtschaftsverbände im Allgemeinen nur auf Bundes- und Landesebene organisiert sind und die Handwerkskammern jeweils einen ganzen Regierungsbezirk umfassen, sind die Industrie- und Handelskammern praktisch die einzige regionale und lokale Einrichtung, welche die Interessen der gewerblichen Wirtschaft gegenüber Kommunen und Kommunalverbänden vertritt. Gerade kleine und mittlere Unternehmen, welche lediglich den lokalen oder regionalen Markt versorgen, sind von der Entwicklung in den Kommunen stark abhängig. b) Funktionale Grundsätze
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Funktional ist für die Kammern das Prinzip der Selbstverwaltung wesentlich, das – ausgehend von den Stein-Hardenberg-Reformen 1808 – inzwischen ein wichtiges Organisationsprinzip eines demokratischen Staates geworden ist (BVerfGE 33, 125; Hendler, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 9) und zu einer großen Zahl von Kammern und sonstigen Nichtgebietskörperschaften geführt hat. (Aus dem umfangreichen neueren Schrifttum zur Selbstver8
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Die Grundprinzipien des heutigen Kammerwesens
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waltung: Hendler, Selbstverwaltung als Ordnungsprinzip, 1984; Stober, Industrie- und Handelskammer, 1992; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 1997; Tettinger, Kammerrecht, 1997). Die Selbstverwaltung verkörpert in Deutschland eine freiheitliche Traditionslinie in der neuzeitlichen Entwicklung der über weite Strecken durch autoritäre Strukturen geprägten Staats- und Verwaltungsorganisation (Hendler, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 9), weil sie – wie das Bundesverfassungsgericht in Bezug auf die Industrie- und Handelskammern treffend ausgeführt hat – „auch dort, wo das Allgemeininteresse einen gesetzlichen Zwang verlangt, die unmittelbare Staatsverwaltung vermeidet und stattdessen auf die Mitwirkung der Betroffenen setzt“ (BVerfG GewArch 2002, 111, 113). Selbstverwaltung ist „die Erfüllung öffentlicher Aufgaben durch vom Staat dazu berufene öffentlich-rechtliche Körperschaften unter staatlicher Aufsicht, aber mit eigener Verantwortung und eigener Entschlussfreiheit, sowie mit eigenen Organen“ (Most, Selbstverwaltung, 1927; dazu auch Huber, Selbstverwaltung der Wirtschaft, 1958; Scheuner, DÖV 1952, 611; Jäkel/Junge, Industrie- und Handelskammern, 16; Vogel in: Stober (Hrsg.), Lexikon des Rechts der Wirtschaft, 303). Diese Wesensmerkmale sind für die IHKs gegeben: Sie bestimmen ihre Organe selbst. Die Kammerzugehörigen wählen die Vollversammlung; diese wählt wiederum das Präsidium und bestellt den Hauptgeschäftsführer. Damit ist die personelle Legitimation, wie sie das Verfassungsrecht auch für Teilkörperschaften innerhalb des Staates fordert, gesichert. Die Kammern regeln ihre Finanzen selbst durch die Vollversammlung, die den Haushaltsplan beschließt sowie die Höhe der Beiträge und Gebühren festsetzt. Schließlich konkretisiert die Vollversammlung die Aufgaben der Kammer im Wesentlichen selbst und regelt ihre eigenen Angelegenheiten durch Satzungsrecht. Satzungsgewalt, Personalhoheit und Finanzhoheit sind damit die entscheidenden Merkmale einer Selbstverwaltungskörperschaft. Dem steht nicht entgegen, dass der Staat den Kammern noch zusätzliche Aufgaben übertragen kann; denn auch solche Aufgaben werden in Selbstverwaltung und Selbstverantwortung wahrgenommen. Die staatliche Aufsicht ist grundsätzlich auf die Rechtsaufsicht beschränkt; ein fachliches Weisungsrecht ist auch bei übertragenen Aufgaben nicht gegeben (dazu Kluth, Jahrbuch des Kammerrechts 2005, 211; Möllering, WiVerw 2006, 261). Möllering
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c) Gesetzesgeschichte 15
1. Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. 12. 1956 (BGBl. I, 920) Initiativantrag (BT 1964); Bericht des Wirtschaftsausschusses (BT 2380); Bundestagsprotokolle der 167. Sitzung am 26. 10. 1956 und der 173. Sitzung am 16. 11. 1956. 2. Art. 22 des Steueränderungsgesetzes 1961 vom 13. 7. 1961 (BGBl. I, 981) § 2 Abs. 6 wird gestrichen und stattdessen § 3 Abs. 4 ergänzt. Alle Gewerbetreibenden werden kammerzugehörig, wobei die Kleingewerbetreibenden jedoch weitgehend beitragsfrei bleiben. 3. § 103 des Berufsbildungsgesetzes vom 14. 8. 1969 (BGBl. I, 1112) § 1 Abs. 2, § 4 und § 8 werden ergänzt. Es handelt sich um Folgeänderungen zum Berufsbildungsgesetz. 4. Art. 9 Nr. 1 des Gesetzes zur Herabsetzung des Volljährigkeitsalters vom 31. 7. 1974 (BGBl. I, 1713) § 5 Abs. 2 wird angepasst. Als Folgeänderung zur Herabsetzung des Volljährigkeitsalters wird die Wählbarkeit zur Vollversammlung auf das 18. Lebensjahr herabgesetzt. 5. Art. 95 Nr. 5 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 14. 12. 1976 (BGBl. I, 3341) § 3 Abs. 8 wird als Folgeänderung zur neuen Abgabenordnung geändert. Damit ändern sich auch die Verjährungsvorschriften für die Kammerbeiträge. 6. Einigungsvertrag vom 31. 8. 1990 nebst Zustimmungsgesetz vom 23. 9. 1990 (BGBl. II, 885) Das IHKG wird auf die neuen Bundesländer ausgedehnt. Abweichend von den §§ 3 Abs. 3 und 4 gilt bis 31. 12. 1992 eine Sonderregelung für die Beitragserhebung. 7. Art. 2 des Gesetzes zur Änderung von Gesetzen auf dem Gebiete des Rechts der Wirtschaft vom 21. 12. 1992 (BGBl. I, 2133) Die Abgrenzung zum Handwerk wird durch § 2 Abs. 3, § 3 Abs. 4 Satz 1 und § 13a Abs. 1 neu geklärt. Das Beitragsrecht wird durch § 3 Abs. 3, § 11 Abs. 2 und § 13 Abs. 2 dahin novelliert, dass der Gewerbeertrag, hilfsweise auch der Gewinn aus Gewerbebetrieb Bemessungsgrundlage für die Umlage wird, 10 Möllering
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dass der Unterschied zwischen Kleingewerbetreibenden und Vollkaufleuten entfällt und alle Gewerbetreibenden zum Beitrag herangezogen werden. Als spezifische Datenschutzvorschrift wird § 9 eingefügt. Schließlich wird in § 14 die Beitragsregelung für die neuen Bundesländer bis 31. 12. 1997 verlängert. 8. Art. 4 des Gesetzes zur Änderung der Gewerbeordnung und sonstiger gewerberechtlicher Vorschriften vom 23. 11. 1994 (BGBl. I, 3475) Als Folgeänderung zu § 14 GewO wird in die bereichsspezifische Datenvorschrift des § 9 Abs. 1 das Wort „Name“ eingefügt. 9. Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 23. 7. 1998 (BGBl. I, 1887), Berichtigung vom 1. 10. 1998 (BGBl. I, 3158) Die Beitragsregelung in § 3 Abs. 3 und 4 wird dahin geändert, dass Kleinstgewerbetreibende wieder beitragsfrei werden und die Umlagefreigrenze für natürliche Personen und Personengesellschaften auf 30.000 DM erhöht wird. Ebenso wird für die Doppelmitgliedschaft zu Kammern der freien Berufe oder der Landwirtschaft eine niedrigere Bemessungsgrundlage festgesetzt. Schließlich erlaubt eine neue Vorschrift in § 1 Abs. 4a, dass die Kammern mit staatlicher Genehmigung Zweckverbände bilden oder ihnen obliegende Aufgaben vertraglich einer anderen Kammer übertragen dürfen. Die Novelle ist – abgesehen von einer Folgeänderung zum Gewerbesteuergesetz – am 1. 1. 1999 in Kraft getreten. 10. Art. 118 Siebente Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 29. 10. 2001 (BGBl. I, 2785) Teiländerung des § 2 Abs. 4 Buchstabe c. 11. Art. 6 Gesetz zur Umstellung von Gesetzen und Verordnungen im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Euro (EuroEG 9) vom 10. 11. 2001 (BGBl. I, 2992) Änderung des Betrags in § 3 Abs. 3 Satz 3 und Satz 6 12. Art. 95 Achte Zuständigkeitsanpassungsverordnung 25. 11. 2003 (BGBl. I, 2304) Teiländerung des § 2 Abs. 4 Buchstabe c) Möllering
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13. Art. 5 Drittes Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften vom 24. 12. 2003 (BGBl. I, 2934) Der Beitragsbefreiungstatbestand für „Kleinstgewerbetreibende“ (§ 3 Abs. 3 Sätze 3 und 4 wird neugefasst und ein neuer Befreiungstatbestand für Existenzgründer (§ 3 Abs. 3 Satz 5) wird eingefügt. Betreffend die Beitragsermäßigung für Kammerzugehörige mit Zugehörigkeit auch zu anderen Kammerorganisationen (§ 3 Abs. 4 Satz 3) erfolgt eine Klarstellung. Außerdem enthält das Gesetz Änderungen der Handwerksordnung mit Relevanz für das IHKG, i.e. Einführung eines Schlichtungsverfahrens bei streitiger Zuordnung zum Handwerk oder sonstigen Gewerben (§ 16 HandwO) und die Zugehörigkeit zur Handwerkskammer von Gesellen, die sich mit einfachen handwerksnahen Tätigkeiten selbständig gemacht haben. 14. Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes zur Reform der beruflichen Bildung (Berufsbildungsreformgesetz) vom 23. 3. 2005 (BGBl. I, 931) Das Gesetz passt § 4 Satz 3 und § 8 lediglich redaktionell an die Neufassung des Berufsbildungsgesetzes an. Im Berufsbildungsgesetz selbst werden auch für die Tätigkeit der IHKs relevante Vorschriften geändert. 15. Art. 130 Neunte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. 10. 2006 (BGBl. I, 2407) Teiländerung von § 2 Abs. 4 Buchstabe c. 16. Art. 7 Zweites Gesetz zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246, 2249) Anpassung der Gesetzesterminologie an die Einführung der Doppik (insbesondere § 3 Abs. 2, § 4 Satz 2 Nr. 8 IHKG), Erweiterung der Möglichkeit zur Ermäßigung des Grundbeitrags bei Mehrfachmitgliedschaften (§ 3 Abs. 3 Satz 9 und 10 IHKG) Erleichterung des Datentransfers zum Zwecke der Beitragsveranlagung und der Wirtschaftsförderung (§ 9 Abs. 2 und 3a IHKG) und diverse redaktionelle Klarstellungen. 17. Art. 7 des Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (4. VwVfÄndG) vom 11.12.2008 (BGBl. I, 920) stellt in § 1 Abs. 3a und 3b klar, dass die Länder die IHKs per Gesetz mit den Aufgaben der Einheitlichen Stelle nach der Dienstleistungsrichtlinie (dort „Einheitlicher Ansprechpartner) betrauen können. Es erweitert ferner die Ko12 Möllering
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Kammern, Mitbestimmung und Privatisierung
operationsmöglichkeiten der IHKs, wobei die bis dahin einschlägige Vorschrift des § 1 Abs. 4a gestrichen und die Aufgabenübertragung sowie die Errichtung und Organisation öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse in einem neuen § 10 und die Aufsicht in diesen Fällen in § 11 Abs. 1 Sätze 2 und 3, Abs. 2 Nrn. 4 und 5 sowie Abs. 2a und 2b geregelt wird.
4. Kammern, Mitbestimmung und Privatisierung Schon nach dem Ersten Weltkrieg ist wiederholt, besonders von gewerkschaftlicher Seite, die Forderung erhoben worden, die Organe der Kammern nicht nur durch die Wahl seitens der kammerzugehörigen Unternehmer bestimmen zu lassen, sondern auch Arbeitnehmervertreter an ihnen zu beteiligen. Ähnliche Forderungen wurden auch nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges gestellt (Prowe, WSI-Mitteilungen 1981, 398). Die mit der Errichtung sog. paritätischer Kammern zusammenhängenden Fragen gehören zur Problematik der „überbetrieblichen Mitbestimmung“ und basieren weitgehend auf den Gedanken der „Wirtschaftsdemokratie“, die besonders von Naphtali (Wirtschaftsdemokratie, 2. Aufl. 1928) entwickelt worden sind. Der Bundesgesetzgeber hatte sich bei der Verabschiedung des IHK-Gesetzes im Jahre 1956 primär die Verwirklichung der Rechtseinheit und der Rechtssicherheit zum Ziele gesetzt und sich darauf konzentriert, den Kammern für ihre Arbeit einwandfreie Rechtsgrundlagen zu geben. Eine Beteiligung von Arbeitnehmervertretern wurde nur dort vorgesehen, wo sie in der Kammerarbeit schon seit längerem praktiziert worden war, nämlich im Bereich der Berufsausbildung und hier besonders im Zusammenhang mit dem Prüfungswesen. Der darauf abzielende § 8 IHKG ist später durch § 103 des Berufsausbildungsgesetzes vom 14. 8. 1969 (BGBl. I, 111) neu gefasst und inhaltlich wesentlich erweitert worden.
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Unabhängig hiervon ist die Diskussion über die überbetriebliche Mitbestimmung auch nach Inkrafttreten des IHKG weitergeführt worden. Sie hat sich dabei verstärkt dem Problem eines Bundeswirtschafts- und Sozialrats (mit Landes- und Bezirkswirtschaftsund Sozialräten) zugewandt und mit den Arbeitnehmerkammern befasst (Enquetekommission Verfassungsreform – BT-Drs. 7/5924; siehe auch BVerfGE 38, 281), während die Forderung nach paritätischer Besetzung der IHK-Organe etwas in den Hintergrund getre-
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Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag
ten zu sein scheint. Möglicherweise beruht das darauf, dass inzwischen an der Vereinbarkeit einer solchen paritätischen Regelung mit dem Grundgesetz gravierende Zweifel aufgeworfen worden sind (Jäkel, Verfassungsrechtliche Aspekte 1979). 18
Die IHKG-Novelle 1992 hat vielmehr erneut die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft aufgeworfen und zu einem Fraktionsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen geführt, der die IHKs privatisieren und ihnen die bisherigen hoheitlichen Aufgaben im Wege der Beleihung belassen sollte (BT 13/6063 – dazu Kluth, Verfassungsfragen 1997). Mit der IHKG-Novelle 1998 hat der Deutsche Bundestag in einer begleitenden Entschließung jedoch ausdrücklich festgestellt, dass die Pflichtmitgliedschaft notwendig und auch sachlich weiterhin gerechtfertigt ist (BT 13/10297). Ebenso haben die Verwaltungsgerichte in ständiger Rechtsprechung eine erneute Vorlage an das Bundesverfassungsgericht abgelehnt (BVerwG GewArch 1998, 410; OVG Koblenz GewArch 1997, 196; OVG Münster GewArch 1998, 413). Das Bundesverfassungsgericht seinerseits hat eine Verfassungsbeschwerde, die sich gegen das Urteil des BVerwG vom 21. 7. 1998 zur Pflichtmitgliedschaft richtete, durch Kammerbeschluss vom 7. 12. 2001 nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 1806/98, GewArch 2002, 111). Entsprechendes gilt für verschiedene weitere Verfassungsbeschwerden, die sich bis zu diesem Zeitpunkt beim Bundesverfassungsgericht angesammelt hatten.
5. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag 19
Die Spitzenorganisation der IHKs auf Bundesebene ist der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Am 13. 5. 1861 war er in Heidelberg als Deutscher Handelstag unter dem Motto: „Ein Recht, ein Maß, ein Gewicht!“ gegründet worden. Er wurde 1918 in Deutscher Industrie- und Handelstag (DIHT) umbenannt und behielt diese Bezeichnung auch nach seiner Neugründung im Jahre 1949 bis zum 13. 2. 2001 bei. Die Umbenennung in DIHK erfolgte, um auch im Namen die Beziehung zu den Industrie- und Handelskammern deutlich werden zu lassen. Derzeit sind im DIHK alle 80 IHKs des Bundesgebietes in der privatrechtlichen Rechtsform eines e.V. mit dem Sitz in Berlin zusammengefasst. Der DIHK dient einer gemeinsamen Meinungsbildung der Kammern, insbesondere zu überregionalen Fragen und Problemen der 14 Möllering
Die Auslandshandelskammern und Delegiertenbüros
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deutschen Politik, durch welche gesamtwirtschaftliche Belange berührt werden. Ähnlich den Kammern hat der DIHK (aufgrund seiner Satzung) eine Vollversammlung, die aus den Vertretern der Mitgliedskammern besteht, einen von den Landesarbeitsgemeinschaften der Kammern benannten (erweiterten) Vorstand und einen von der Vollversammlung gewählten Präsidenten, der zusammen mit vier ebenfalls von der Vollversammlung gewählten Vizepräsidenten und dem Hauptgeschäftsführer den Geschäftsführenden Vorstand (Vorstand im Sinne von § 26 BGB) bildet. Auf den DIHK sind vereinzelt vom Gesetzgeber direkt Aufgaben übertragen worden, die sich jedoch aus seiner Funktion als Spitzenorganisation der IHKs ableiten (vgl. § 65 WiPrO: Arbeitsgemeinschaft für das wirtschaftliche Prüfungswesen; § 11a Abs. 1 GewO: Versicherungsvermittlerregister; § 32 Abs. 2 Umweltauditgesetz: EMAS-Register). Dem DIHK angegliedert, aber in ihrer Arbeit von ihm völlig unabhängig, ist die in Bielefeld domizilierende Rechnungsprüfungsstelle der IHKs, welche die Haushaltsführung (fast) aller 80 Kammern kontrolliert, nachdem in allen Ländern der Bundesrepublik diese eigene Rechnungsprüfungsstelle anstelle der Rechnungshöfe mit der wichtigen Funktion der Haushaltsführungs- und Rechnungskontrolle betraut worden ist (Näheres über Entstehung, Entwicklung und Aufgaben des DIHK/DIHT in der im Jahre 1961 zum 100-jährigen Bestehen des DIHT herausgegebenen Festschrift „Die Verantwortung des Unternehmers in der Selbstverwaltung“; Jäkel/Junge, Industrie- und Handelskammern, 61 sowie Möllering in: Stober (Hrsg.), Lexikon, 1998, 102).
6. Die Auslandshandelskammern, Delegiertenbüros und Repräsentanzen der Deutschen Wirtschaft Die Auslandshandelskammern (AHKs) sind keine IHKs im Sinne des IHKG. Sie sind vielmehr jeweils nach dem Recht des Gastlandes, in dem sie ihren Sitz haben und arbeiten, privatrechtlich organisierte Vereinigungen mit freiwilligen Mitgliedern. Die ersten AHKs wurden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts als Selbsthilfeeinrichtungen der deutschen Kaufleute in den jeweiligen Gastländern errichtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden allenthalben sog. bilaterale Kammern gegründet. Mitglieder sind Kaufleute sowohl aus dem Gastland als auch aus Deutschland, die an der Entwicklung des Wirtschaftsverkehrs zwischen diesen beiden Ländern interessiert sind. Diese Auslandshandelskammern (einige mit Möllering
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Die Auslandshandelskammern und Delegiertenbüros
Zweigstellen, auch in Deutschland), derzeit 58 an der Zahl in 56 Ländern mit noch immer zunehmender Tendenz, finanzieren sich aus Mitgliedsbeiträgen und Entgelten, die sie für Sonderleistungen (z.B. Auskünfte, Marktanalysen oder Geltendmachung von Forderungen) erheben. Im Hinblick auf die Entlastung, welche die Arbeit der Auslandshandelskammern für die diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Bundesrepublik, insbesondere für den kommerziellen Auskunftsdienst in den Gastländern bedeutet, erhalten die Auslandshandelskammern finanzielle Zuwendungen aus dem Bundeshaushalt, die vom DIHK verwaltet werden. Berücksichtigt bei der Zuteilung dieser Zuwendungen wird auch die je nach der Wirtschaftskraft des Gastlandes recht unterschiedliche Finanzstärke der einzelnen AHK. Der Personaleinsatz für die Geschäftsführung dieser Kammern wird durch den DIHK gesteuert, der sie auch in allen fachlichen Fragen unterstützt und betreut. Alle deutschen Auslandshandelskammern dienen der Förderung des Wirtschaftsverkehrs zwischen der Bundesrepublik und dem Gastland; sie unterstützen deutsche Kaufleute bei der Entwicklung und Abwicklung ihrer Wirtschaftsbeziehungen zum Gastland, bemühen sich aber auch um die Interessen ihrer im Gastland ansässigen Mitglieder gegenüber der Wirtschaft in der Bundesrepublik (Jäkel/ Junge, Industrie- und Handelskammern, 87; Möllering, WiVerw 1998, S. 214; Wiesemann, Auslandshandelskammern: 100 Jahre Dienstleister für die Wirtschaft, Berlin 2000). 21
Daneben hat sich die Einrichtung sog. Delegiertenbüros in Ländern entwickelt, in denen aus rechtlichen oder wirtschaftlichen Gründen die Gründung einer bilateralen Auslandshandelskammer noch nicht möglich ist. Zurzeit gibt es etwa 14 Delegiertenbüros in 11 Ländern. Der DIHK entsendet in diese Länder einen „Delegierten der deutschen Wirtschaft“, der in der Regel auch weitere Mitarbeiter hat und den Unternehmen die gleichen Leistungen wie eine Auslandshandelskammer anbietet. Diese Delegiertenbüros unterscheiden sich nur dadurch von den Auslandshandelskammern, dass sich die Delegierten nicht auf Mitglieder und Kammervorstände stützen können; Beiräte können jedoch die unternehmerischen Erfahrungen beider Länder auch in diesem Fall einbringen. Schließlich gibt es noch Repräsentanzen (derzeit fünf Repräsentanzen in fünf Ländern), die von einer Ortskraft aus dem Gastland geleitet werden, aber die gleichen Aufgaben wie ein Delegiertenbüro erfüllen. 16 Möllering
Europäische Zusammenarbeit
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Das Netz der Auslandshandelskammern und der Delegiertenbüros zieht sich damit über 72 Länder in fünf Kontinenten und erfasst einen Bereich, der ca. 80 % der deutschen Exporte aufnimmt und aus dem mehr als 75 % der deutschen Importe kommen. In diesen Ländern werden etwa 90 % der deutschen Auslandsinvestitionen getätigt. Auf diese Weise ist die wirtschaftliche Selbstverwaltung auch in allen Ländern präsent, die für die deutsche Wirtschaft von Bedeutung sind.
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7. Europäische Zusammenarbeit Seit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ar- 23 beiten auch die Kammerorganisationen der EWG-(später EG-, heute EU-) Mitgliedstaaten enger zusammen als früher. Sie gründeten am 28. Februar 1958 in Straßburg die Ständige Konferenz der Industrie- und Handelskammern der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, zu der zunächst nur die Kammerorganisationen der sechs Gründerstaaten der EWG gehörten. Im Zuge der Entwicklung sind auch die Kammerorganisationen der neuen Mitgliedstaaten hinzugetreten. Dazu kommen als assoziierte Mitglieder die Kammerorganisationen derjenigen Staaten, die der Europäischen Freihandelszone (EFTA) angehören oder deren Länder einen Assoziierungsvertrag mit der EU haben. Als Beobachter fungieren die Kammern einiger Länder oder Ländergruppen, die besonders enge Beziehungen zur EU unterhalten. Die Ständige Konferenz ist ein eingetragener Verein nach belgischem Recht und nennt sich inzwischen „Eurochambres“ (vgl. Conférence Permanente, 25éme Anniversaire, Luxemburg 1983). Die Eurochambres sind wie eine Spitzenorganisation organisiert. Die Vollversammlung besteht aus den Vertretern der beteiligten Kammerorganisationen. Sie wählen Präsident und Präsidium und setzen eine Reihe von Fachausschüssen ein. Fachausschüsse und Vollversammlung befassen sich eingehend mit den Vorlagen der EU-Kommission und verfolgen aufmerksam die Entwicklung des EU-Rechts. Sie sind der gemeinsame Gesprächspartner für die Organe der EU, insbesondere die Kommission und ihre Dienste.
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Fast alle europäischen Kammerorganisationen unterhalten inzwischen Verbindungsbüros in Brüssel, so dass aus den Sitzungen der verschiedenen Gremien von Eurochambres und den regelmäßigen
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Europäische Zusammenarbeit
Treffen der Brüsseler Verbindungsbüros inzwischen auch ein dichtes Kommunikationsnetz der europäischen Kammern entstanden ist. Die enge Zusammenarbeit hat das gegenseitige Verständnis für die immer noch vorhandenen Unterschiede der Wirtschaftsund Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten wesentlich gefördert und trägt damit auch dazu bei, gemeinsame Stellungnahmen zur europäischen Entwicklung zu erleichtern. 26
Diese Gemeinsamkeit ist zwar nicht immer leicht herzustellen, da die beteiligten Kammerorganisationen sehr unterschiedlich organisiert sind. Öffentlich-rechtliche Kammerorganisationen (mit Pflichtzugehörigkeit und Beitragspflicht) gibt es in acht Mitgliedstaaten der EU (Deutschland, Frankreich, Griechenland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich und Spanien). Alle anderen 19 Mitgliedstaaten haben privatrechtlich organisierte Kammern mit freiwilliger Mitgliedschaft, wobei einige davon eine eigene Rechtsgrundlage in Form eines Kammergesetzes haben (Finnland, Belgien, Litauen, Polen, Portugal, Schweden, Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn). Es gibt jedoch ein gemeinsames Verständnis der europäischen Kammern, welches in der „Charter of the European Chambers of Commerce and Industry“ am 15. Oktober 1999 auf der Eurochambres-Konferenz in Nikosia formuliert wurde. Danach gehört es zu den Aufgaben der Kammern, das Gesamtinteresse der kammerzugehörigen Wirtschaft zu vertreten, die Entwicklung unternehmerischer Tätigkeit auf lokaler und regionaler Ebene zu fördern, als Berater gegenüber dem Staat und anderen Hoheitsträgern zu handeln, ihnen vom Staat oder anderen Hoheitsträgern übertragene Aufgaben im Sinne des Subsidiaritätsprinzips auszuführen und den Wirtschaftsunternehmen weitgefächerte Dienstleistungen sowie ein Forum für den Gedanken- und Erfahrungsaustausch anzubieten. In den Tätigkeitsschwerpunkten zeigen sich allerdings trotz dieses gemeinsamen Verständnisses deutliche Unterschiede, was nicht zuletzt mit der unterschiedlichen rechtlichen Konstruktion und Finanzierung zusammenhängt (Corrado, Jahrbuch des Kammerrechts 2004, 149 – Italien; Kluth/Rieger, Das Kammerwesen in anderen europäischen Staaten, in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts, 179; Möllering, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 335; Rodriguez Artacho/ Barnes Vazquez, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 315 – Spanien; Rieger, Jahrbuch des Kammerrechts 2003, 201 – Österreich; Willer, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 271 – Frankreich). 18 Möllering
Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern
vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Vierten Gesetzes zur Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften vom 11. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2418). §1 (1) Die Industrie- und Handelskammern haben, soweit nicht die Zuständigkeit der Organisationen des Handwerks nach Maßgabe des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) vom 17. September 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1411) gegeben ist, die Aufgabe, das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirkes wahrzunehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen; dabei obliegt es ihnen insbesondere, durch Vorschläge, Gutachten und Berichte die Behörden zu unterstützen und zu beraten sowie für Wahrung von Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken. (2) Die Industrie- und Handelskammern können Anlagen und Einrichtungen, die der Förderung der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige dienen, begründen, unterhalten und unterstützen sowie Maßnahmen zur Förderung und Durchführung der kaufmännischen und gewerblichen Berufsbildung unter Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere des Berufsbildungsgesetzes, treffen. (3) Den Industrie- und Handelskammern obliegt die Ausstellung von Ursprungszeugnissen und anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Bescheinigungen, soweit nicht Rechtsvorschriften diese Aufgaben anderen Stellen zuweisen. (3a) Die Länder können durch Gesetz den Industrie- und Handelskammern die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes übertragen. Das Gesetz regelt, welche Aufgabenbereiche von der Zuweisung erfasst sind. Dabei kann das Gesetz vorsehen, dass die Industrie- und Handelskam19
§ 2 IHKG
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mern auch für nicht Kammerzugehörige tätig werden. Das Gesetz regelt auch die Aufsicht. (3b) Die Länder können den Industrie- und Handelskammern durch Gesetz ermöglichen, sich an Einrichtungen zu beteiligen, die die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes erfüllen. (4) Weitere Aufgaben können den Industrie- und Handelskammern durch Gesetz oder Rechtsverordnung übertragen werden. (5) Nicht zu den Aufgaben der Industrie- und Handelskammern gehört die Wahrnehmung sozialpolitischer und arbeitsrechtlicher Interessen.
§2 (1) Zur Industrie- und Handelskammer gehören, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte unterhalten (Kammerzugehörige). (2) Absatz 1 gilt für natürliche Personen und Gesellschaften, welche ausschließlich einen freien Beruf ausüben oder welche Landoder Forstwirtschaft oder ein damit verbundenes Nebengewerbe betreiben, nur, soweit sie in das Handelsregister eingetragen sind. (3) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke oder der handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen sind oder die nach § 90 Abs. 3 der Handwerksordnung zur Handwerkskammer gehören, gehören mit ihrem nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteil der Industrie- und Handelskammer an. (4) Absatz 1 gilt nicht für landwirtschaftliche Genossenschaften; als solche gelten im Sinne dieser Bestimmung a) ländliche Kreditgenossenschaften, deren Mitglieder überwiegend aus Landwirten bestehen; b) Genossenschaften, die ganz der überwiegend der Nutzung landwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder der Versorgung der Landwirtschaft mit Betriebsmitteln oder dem Absatz oder der 20
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Lagerung oder der Bearbeitung oder Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dienen, sofern sich die Be- oder Verarbeitung nach der Verkehrsauffassung im Bereich der Landwirtschaft hält; c) Zusammenschlüsse der unter Buchstabe b genannten Genossenschaften bis zu einer nach der Höhe des Eigenkapitals zu bestimmenden Grenze, die von dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz durch Rechtsverordnung festgelegt wird. (5) Absatz 1 gilt nicht für Gemeinden und Gemeindeverbände, die Eigenbetriebe unterhalten. Sie können aber insoweit der Industrie- und Handelskammer beitreten.
§3 (1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts. (2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. (3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Nicht in das Handelsregister eingetragene natürliche Personen und Personengesellschaften, deren Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder, soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, deren nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5200 Euro nicht übersteigt, sind vom Beitrag freigestellt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an 21
§ 3 IHKG
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einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrieund Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden. (4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen 22
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§ 3 IHKG
Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird. (5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben. (6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen. (7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlass und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln. (7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird 23
§ 4 IHKG
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durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt. (8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind – für die Verjährung die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen, – für die Einziehung und Beitreibung die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.
§4 Über die Angelegenheiten der Industrie- und Handelskammer beschließt, soweit nicht die Satzung etwas anderes bestimmt, die Vollversammlung. Der ausschließlichen Beschlussfassung durch die Vollversammlung unterliegen 1. die Satzung, 2. die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung, 3. die Feststellung des Wirtschaftsplans, 4. die Festsetzung des Maßstabes für die Beiträge und Sonderbeiträge, 5. die Erteilung der Entlastung, 6. die Übertragung von Aufgaben auf andere Industrie- und Handelskammern, die Übernahme dieser Aufgaben, die Bildung von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen und die Beteiligung hieran (§ 10) sowie die Beteiligung an Einrichtungen nach § 1 Abs. 3b, 7. die Art und Weise der öffentlichen Bekanntmachung und 8. die Satzung gem. § 3 Abs. 7a (Finanzstatut). § 79 des Berufsbildungsgesetzes bleibt unberührt. Soweit nach Satz 2 Nr. 7 die elektronische Verkündung von Satzungsrecht vorgesehen ist, hat diese im elektronischen Bundesanzeiger zu erfolgen. 24
§ 7 IHKG
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§5 (1) Die Mitglieder der Vollversammlung werden von den Kammerzugehörigen gewählt. (2) Wählbar sind natürliche Personen, die das Kammerwahlrecht auszuüben berechtigt sind, am Wahltag volljährig sind und entweder selbst Kammerzugehörige sind oder allein oder zusammen mit anderen zur gesetzlichen Vertretung einer kammerzugehörigen juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personenmehrheit befugt sind. Wählbar sind auch besonders bestellte Bevollmächtigte und in das Handelsregister eingetragene Prokuristen von Kammerzugehörigen. (3) Das Nähere über die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts, über die Durchführung der Wahl sowie über Dauer und vorzeitige Beendigung der Mitgliedschaft zur Vollversammlung regelt die Wahlordnung. Sie muss Bestimmungen über die Aufteilung der Kammerzugehörigen in besondere Wahlgruppen sowie die Zahl der diesen zugeordneten Sitze in der Vollversammlung enthalten und dabei die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks sowie die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen berücksichtigen.
§6 (1) Die Vollversammlung wählt aus ihrer Mitte den Präsidenten (Präses) und die von der Satzung zu bestimmende Zahl von weiteren Mitgliedern des Präsidiums. (2) Der Präsident (Präses) ist der Vorsitzende des Präsidiums. Er beruft die Vollversammlung ein und führt in ihr den Vorsitz.
§7 (1) Die Vollversammlung bestellt den Hauptgeschäftsführer. (2) Präsident (Präses) und Hauptgeschäftsführer vertreten nach näherer Bestimmung der Satzung die Industrie- und Handelskammer rechtsgeschäftlich und gerichtlich.
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§ 8 IHKG
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§8 Werden bei den Industrie- und Handelskammern zur Durchführung anderer als der in § 79 des Berufsbildungsgesetzes genannten Aufgaben Ausschüsse gebildet, so kann die Satzung bestimmen, dass in diese Ausschüsse auch Personen berufen werden, die nach § 5 Abs. 2 nicht wählbar sind.
§9 (1) Zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben dürfen die Industrie- und Handelskammern die Daten nach § 14 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 der Gewerbeordnung bei den Kammerzugehörigen erheben, soweit diese Daten ihnen nicht von der zuständigen Behörde übermittelt worden sind. Darüber hinaus dürfen sie Daten über angebotene Waren und Dienstleistungen sowie über die Betriebsgrößenklasse bei den Kammerzugehörigen erheben. Auskunftspflichtig sind die Inhaber oder diejenigen, die allein oder zusammen mit anderen zur gesetzlichen Vertretung einer kammerzugehörigen juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personenmehrheit befugt sind. Auskunftspflichtig sind auch besonders bestellte Bevollmächtigte und in das Handelsregister eingetragene Prokuristen von Kammerzugehörigen. (2) Die Industrie- und Handelskammern und ihre Gemeinschaftseinrichtungen, die öffentliche Stellen im Sinne des § 2 Abs. 2 des Bundesdatenschutzgesetzes sind, sind berechtigt, zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit und zur Festsetzung der Beiträge der Kammerzugehörigen Angaben zur Gewerbesteuerveranlagung, wie sie auch zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 erforderlich sind, sowie die nach § 3 Abs. 3 erforderlichen Bemessungsgrundlagen bei den Finanzbehörden zu erheben. (3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Daten dürfen von den Industrie- und Handelskammern und ihren Gemeinschaftseinrichtungen verwendet werden, soweit dies zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Andere als die in Satz 1 genannten Daten dürfen sie nur erheben und verwenden, soweit eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet. (3a) Die Industrie- und Handelskammern dürfen Name, Firma, Anschrift und Wirtschaftszweig ihrer Kammerzugehörigen sowie 26
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§ 10 IHKG
die übrigen in Absatz 1 genannten Daten an andere Industrie- und Handelskammern auf Ersuchen oder durch Abruf im automatisierten Verfahren übermitteln, soweit dies für die Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich ist. (4) Die Industrie- und Handelskammern dürfen Name, Firma, Anschrift und Wirtschaftszweig von Kammerzugehörigen zur Förderung von Geschäftsabschlüssen und zu anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Zwecken an nichtöffentliche Stellen übermitteln. Die übrigen in Absatz 1 genannten Daten dürfen zu den in Satz 1 genannten Zwecken an nichtöffentliche Stellen übermittelt werden, sofern der Kammerzugehörige nicht widersprochen hat. Auf die Möglichkeit, der Übermittlung der Daten an nichtöffentliche Stellen zu widersprechen, sind die Kammerzugehörigen vor der ersten Übermittlung schriftlich hinzuweisen. Daten über Zugehörige anderer Kammern hat die Industrie- und Handelskammer nach Übermittlung an die nichtöffentliche Stelle unverzüglich zu löschen, soweit sie nicht zur Erfüllung der ihr nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich sind. An Bewerber für die Wahl zur Vollversammlung nach § 5 dürfen zum Zweck der Wahlwerbung die in Satz 1 genannten Daten über Wahlberechtigte aus ihrer jeweiligen Wahlgruppe übermittelt werden. Der Bewerber hat diese Daten nach der Durchführung der Wahl unverzüglich zu löschen. Dritte, an die Daten übermittelt werden, dürfen diese Daten nur für den Zweck verwenden, zu dessen Erfüllung sie ihnen übermittelt werden. (5) (aufgehoben) (6) Für das Verändern, Sperren oder Löschen der nach den Absätzen 1 und 2 erhobenen Daten sowie die Übermittlung der Daten nach Absatz 1 an öffentliche Stellen gelten die Datenschutzgesetze der Länder. Für die Übermittlung der Daten an andere Industrie- und Handelskammern durch Abruf im automatisierten Verfahren nach Absatz 3a gilt § 10 des Bundesdatenschutzgesetzes entsprechend. § 10 Aufgabenübertragung und öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss (1) Industrie- und Handelskammern können Aufgaben, die ihnen auf Grund von Gesetz oder Rechtsverordnung obliegen, einver27
§ 11 IHKG
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nehmlich einer anderen Industrie- und Handelskammer übertragen oder zur Erfüllung dieser Aufgaben untereinander öffentlichrechtliche Zusammenschlüsse bilden oder sich daran beteiligen. § 1 Abs. 3b bleibt unberührt. (2) Die Rechtsverhältnisse des öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses werden durch Satzung geregelt. Diese muss bestimmen, welche Aufgaben durch den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss wahrgenommen werden. Die Erstsatzung bedarf der Zustimmung der Vollversammlungen der beteiligten Industrie- und Handelskammern. Diese haben die Erstsatzung in der für ihre Bekanntmachungen vorgeschriebenen Form zu veröffentlichen. (3) Die Aufgabenübertragung auf Industrie- und Handelskammern oder auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse mit Sitz in einem anderen Bundesland sowie die Beteiligung an solchen Zusammenschlüssen ist zulässig, soweit nicht die für die beteiligten Kammern oder Zusammenschlüsse geltenden besonderen Rechtsvorschriften dies ausschließen oder beschränken. (4) Die Regelungen dieses Gesetzes in § 1 Abs. 3a, § 3 Abs. 2, 6, 7a und 8, § 4 Satz 1 und 2 Nr. 1 bis 5, 7 und 8 sowie in den §§ 6 und 7 sind auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse entsprechend anzuwenden.
§ 11 (1) Die Industrie- und Handelskammern unterliegen der Aufsicht des Landes darüber, dass sie sich bei Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften (einschließlich der Satzung, der Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung) halten. Die Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss wird durch die Aufsichtsbehörde des Landes ausgeübt, in dem der Zusammenschluss seinen Sitz hat. § 1 Abs. 3a Satz 4 bleibt unberührt. (2) Die Beschlüsse der Vollversammlung über 1. die Satzung nach § 3 Abs. 7a Satz 2, 2. die Satzung nach § 4 Satz 2 Nr. 1, 3. die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung, 4. die Übertragung von Aufgaben an eine andere Industrie- und Handelskammer und die Übernahme dieser Aufgaben, 28
§ 12 IHKG
Gesetzestext
5. die Bildung öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse oder die Beteiligung an solchen (§ 10) sowie 6. einen 0,8 vom Hundert der Bemessungsgrundlagen nach § 3 Abs. 3 Satz 6 übersteigenden Umlagesatz bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde des Landes. (2a) Die Satzung nach § 10 Abs. 2 sowie Änderungen der Satzung bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde des Landes, in dem der Zusammenschluss seinen Sitz hat, sowie durch die Aufsichtsbehörden der beteiligten Kammern. (2b) Die Aufgabenübertragung durch eine Industrie- und Handelskammer auf andere Industrie- und Handelskammern oder auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse mit Sitz in einem anderen Bundesland sowie die Beteiligung an solchen Zusammenschlüssen bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörden der übertragenden und der übernehmenden Kammer; im Falle der Übertragung auf einen öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss ist zusätzlich die Genehmigung der für diesen zuständigen Aufsichtsbehörde erforderlich. (3) Rechtsvorschriften, die diesem Gesetz widersprechen, werden aufgehoben; Abschnitt I des Gesetzes zur Erhaltung und Hebung der Kaufkraft vom 24. März 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 235) und die Verordnung über die Rechnungslegung und Rechnungsprüfung während des Krieges vom 5. Juli 1940 (Reichsgesetzbl. II S. 139) finden auf die Industrie- und Handelskammern keine Anwendung.
§ 12 (1) Durch Landesrecht können ergänzende Vorschriften erlassen werden über 1. die Errichtung und Auflösung von Industrie- und Handelskammern sowie von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen, 2. die Änderung der Bezirke bestehender Industrie- und Handelskammern, 3. die für die Ausübung der Befugnisse des § 11 Abs. 1 und 2 zuständigen Behörden,
29
§ 13 IHKG
Gesetzestext
4. die Aufsichtsmittel, welche erforderlich sind, um die Ausübung der Befugnisse gemäß § 11 Abs. 1 und 2 zu ermöglichen, 5. die Verpflichtung der Steuerveranlagungsbehörden zur Mitteilung der für die Festsetzung der Beiträge erforderlichen Unterlagen an die Industrie- und Handelskammern, 6. die Verpflichtung der Behörden zur Amtshilfe bei Einziehung und Beitreibung von Abgaben (§ 3 Abs. 8), 7. die Prüfung des Jahresabschlusses der Industrie- und Handelskammern, 8. die Befugnis der Industrie- und Handelskammern zur Führung eines Dienstsiegels, 9. Zuständigkeit und Verfahren für die Bestellung von Ausschussmitgliedern gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2. (2) Vor der Entscheidung über Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 sind die Kammerzugehörigen gemäß § 2 Abs. 1 zu hören.
§ 13 Die Handelskammern Bremen und Hamburg sind berechtigt, ihre bisherige Bezeichnung weiterzuführen.
§ 13a (1) Kammerzugehörige, die am 31. Dezember 1993 nach § 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 3 Satz 2 in der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung einer Industrie- und Handelskammer angehörten, können nach Maßgabe dieser Vorschriften weiterhin der Industrie- und Handelskammer angehören. (2) Wenn das der Beitragserhebung zugrundeliegende Bemessungsjahr vor dem 1. Januar 1994 liegt, werden die Beiträge auf der Grundlage der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung dieses Gesetzes erhoben. (3) Die Beitragsbefreiung in § 3 Abs. 3 Satz 4 ist nur auf Kammerzugehörige anzuwenden, deren Gewerbeanzeige nach dem 31. Dezember 2003 erfolgt.
30
§ 15 IHKG
Gesetzestext
§ 14 Bis zum 31. Dezember 1997 können die Beiträge der Kammerzugehörigen von den Industrie- und Handelskammern in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet im Anschluss an die in Anlage I Kapitel V Sachgebiet B Abschnitt III Nr. 4 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II S. 885, 1000) angegebene Frist abweichend von § 3 Abs. 3 und 4 festgesetzt werden. Die Beitragsordnung und der Beitragsmaßstab bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.
§ 15 Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
31
Erläuterungen
1
(1) Die Industrie- und Handelskammern haben, soweit nicht die Zuständigkeit der Organisationen des Handwerks nach Maßgabe des Gesetzes zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) vom 17. September 1953 (Bundesgesetzbl. I S. 1411) gegeben ist, die Aufgabe, das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirkes wahrzunehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen; dabei obliegt es ihnen insbesondere, durch Vorschläge, Gutachten und Berichte die Behörden zu unterstützen und zu beraten sowie für Wahrung von Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken. (2) Die Industrie- und Handelskammern können Anlagen und Einrichtungen, die der Förderung der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige dienen, begründen, unterhalten und unterstützen sowie Maßnahmen zur Förderung und Durchführung der kaufmännischen und gewerblichen Berufsbildung unter Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere des Berufsbildungsgesetzes, treffen. (3) Den Industrie- und Handelskammern obliegt die Ausstellung von Ursprungszeugnissen und anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Bescheinigungen, soweit nicht Rechtsvorschriften diese Aufgaben anderen Stellen zuweisen. (3a) Die Länder können durch Gesetz den Industrie- und Handelskammern die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes übertragen. Das Gesetz regelt, welche Aufgabenbereiche von der Zuweisung erfasst sind. Dabei kann das Gesetz vorsehen, dass die Industrie- und Handelskammern auch für nicht Kammerzugehörige tätig werden. Das Gesetz regelt auch die Aufsicht. (3b) Die Länder können den Industrie- und Handelskammern durch Gesetz ermöglichen, sich an Einrichtungen zu beteiligen, die die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes erfüllen.
Möllering
33
§1
Aufgabenbereich
(4) Weitere Aufgaben können den Industrie- und Handelskammern durch Gesetz oder Rechtsverordnung übertragen werden. (5) Nicht zu den Aufgaben der Industrie- und Handelskammern gehört die Wahrnehmung sozialpolitischer und arbeitsrechtlicher Interessen. Rz. 1. Allgemeiner Aufgabenbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wahrnehmung des Gesamtinteresses . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Begriff „Gesamtinteresse“ . . b) Meinungsbildung der IHK . . c) Formen der Wahrnehmung des Gesamtinteresses . . . . . . d) Wahrnehmung des Gesamtinteresses im Rahmen der Handwerksordnung . . . . . . . . e) Kammerzusammenarbeit und Vereinsbeitritt . . . . . . . . . 3. Förderung der gewerblichen Wirtschaft . . . . . . . . . . . . . . . . a) Information . . . . . . . . . . . . . . . b) Auskünfte . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Empfehlungen und Warnungen. . . . . . . . . . . . . . . . 4. Gutachtertätigkeit . . . . . . . . . a) Bedeutung der Kammergutachten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Feststellung der Verkehrsauffassung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Gesamtwirtschaftliche Beurteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Rechtsfragen . . . . . . . . . . . . . .
1 6 6 11 13
15 16 18 20 23 24 26 27 28 32 37 39 42
5. Benennung von sachkundigen Ausschussmitgliedern . . 48
34 Möllering
Rz. 6. Wahrung von Sitte und Anstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs . . . . . . . . . . . . . . . b) Ehrengerichtsbarkeit. . . . . . . . c) Bekämpfung der Korruption .
52 52 55 57
7. Anlagen und Einrichtungen zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft . . . . . . . . . . . 58 8. a) b) c)
Berufsbildung . . . . . . . . . . . . . . Historische Entwicklung . . . . Berufsbildungsgesetz (BBiG) . Die Aufgaben der IHKs im Bereich der Berufsbildung . . . aa) Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse (§ 34 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Prüfung des Ausbildungsvertrages (§ 35 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Prüfung der persönlichen und fachlichen Eignung (§§ 28–30 BBiG) . . . . . . . . . dd) Prüfung der Eignung der Ausbildungsstätte (§ 27 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . . ee) Sonstige Eintragungsvoraussetzungen (§ 35 Abs. 1 Nr. 3 BBiG) . . . . . . ff) Rechtsmittel . . . . . . . . . . . gg) Verzeichnis kein öffentliches Register . . . . . . . . . . hh) Verkürzung der Ausbildungsdauer (§ 8 Abs. 1 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
69 69 72 81 82 83 88 91 92 93 94 95
§1
Aufgabenbereich Rz.
d)
e)
f)
g)
h)
ii) Verlängerung der Ausbildungszeit (§§ 21 Abs. 3 und 8 Abs. 2 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . Prüfungswesen . . . . . . . . . . . . aa) Prüfungsausschuss (§ 40 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Entschädigung für die Tätigkeit im Prüfungsausschuss (§ 40 Abs. 4 BBiG) . . . . . . cc) Vorsitz im Prüfungsausschuss (§ 41 Abs. 1 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . Entscheidungen des Prüfungsausschusses . . . . . . . . . . aa) Zulassung im Regelfall (§ 43 Abs. 1 BBiG) . . . . . . bb) Vorzeitige Zulassung (§ 45 Abs. 1 BBiG) . . . . . . cc) Zulassung von Außenseitern (§ 45 Abs. 2 BBiG) . . . . . . dd) Prüfungsentscheidungen (§§ 38, 47 BBiG) . . . . ee) Zwischenprüfungen (§ 48 BBiG) . . . . . . . . . . . . Regelung, Überwachung und Förderung der Ausbildung (§ 9 BBiG) . . . . . . . . . . . . aa) Überwachung (§ 76 BBiG) . . . . . . . . . . . . bb) Beratung . . . . . . . . . . . . . . Fortbildung und Umschulung (§§ 53 ff., 58 ff. BBiG) . . aa) Prüfungen . . . . . . . . . . . . . bb) Fortbildungsveranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . Gebühren und Entgelte . . . . . aa) Gebühr für Abschlussprüfungen (§ 37 Abs. 4 BBiG) . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Gebühr für Fortbildungs- und Umschulungsprüfungen . . . . . . . .
97 100
Rz. cc) Entgelte für Fördermaßnahmen während der Ausbildung. . . . . . . . . . . . . 148 dd) Entgelte für Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen . . . . . . 149
102
9. Ursprungszeugnisse . . . . . . . . 150
108
10. Andere dem Wirtschaftsverkehr dienende Bescheinigungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 11. Carnet A.T.A. . . . . . . . . . . . . . 162
111
12. Beglaubigungen. . . . . . . . . . . . 163 13. Einheitliche Stelle . . . . . . . . 164a
112 113 114 115 117 126
130 131 132 134 135 142 145 145 147
14. Übertragung weiterer Aufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 a) Einigungsstellen für Wettbewerbsstreitigkeiten . . . . . . 172 b) Wanderlager . . . . . . . . . . . . . . . 176 c) Sachkundeprüfungen im Einzelhandel . . . . . . . . . . . . . . 177 d) Fachkundeprüfung nach dem Waffengesetz. . . . . . . . . . 179 e) Sachkundeprüfungen im Güterkraftverkehr . . . . . . . . 180a f) Sachkundeprüfung im Straßenpersonenverkehr . . . . . . . 181 g) Qualifikation zum Berufskraftfahrer . . . . . . . . . . . . . . . . 182 h) Unterrichtung gemäß Gaststättengesetz . . . . . . . . . . . . . . 183 i) Unterrichtung und Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe . . . . . . . . . . . . 184 j) Bescheinigungen für die Beförderung gefährlicher Güter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 k) Ermächtigung von Handelsmaklern . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 l) Versteigerer . . . . . . . . . . . . . . . 189 m) Versicherungsvermittler . . . . 190
Möllering
35
§1
Aufgabenbereich Rz.
n) Registrierung geprüfter Betriebsstandorte . . . . . . . . . 194 o) Verpackungsverordnung . . . 195 p) Börsenaufsicht . . . . . . . . . . . . 197 q) Gewerbeanzeige . . . . . . . . . 197a 15. Sachverständige . . . . . . . . . . . a) Rechtsgrundlagen für die Bestellung von Sachverständigen . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtliche und tatsächliche Bedeutung der öffentlichen Bestellung. . . . . . . . . . c) Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung . . . . . . . d) Rechtsanspruch auf Bestellung . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vertraulichkeit von Auskünften. . . . . . . . . . . . . . .
198
200
206 210
Rz. f)
Rücknahme und Widerruf der Bestellung . . . . . . . . . . . . . 218
16. Rechtsnatur der Kammeraufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Selbstverwaltung . . . . . . . . . . b) Satzungsgewalt . . . . . . . . . . . . c) Verwaltungsverfahren . . . . . . d) Schlichtverwaltende Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Organstreit . . . . . . . . . . . . . . . . f) Amtshaftung und Amtshilfe . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Vertraulichkeit von Kammerunterlagen . . . . . . . .
226 226 236 239 245 248 250 253
214
17. Wahrnehmung sozialpolitischer Interessen . . . . . . . . . . . 262
215
18. Schutz der Bezeichnung „IHK“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
Literaturauswahl: Ammermann, Kooperation der Industrie- und Handelskammern bei der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben, WiVerw 1998, 201; Behmenburg, Kompetenzverteilung bei der Berufsausbildung; Biernert, Kooperation von Industrie- und Handelskammern in Deutschland und Europa; Bleutge, Sachverständige – Inhalte und Pflichten ihrer öffentlichen Bestellung (DIHK 2003); DIHK (Hrsg.), Berufsbildung, Weiterbildung, Bildungspolitik, 2006/2007; Ennuschat/Tille, Unterlassungsansprüche von Kammermitgliedern gegen Äußerungen des DIHK, GewArch 2007, 24; Groß, Interessenausgleich durch Kollegialverfahrensrecht in den Kammern, Jahrbuch des Kammerrechts 2003, 26; Grütters, Informationsfreiheit auch gegenüber Industrie- und Handelskammern?, GewArch 2002, 270; Hahn, Verwaltungsstreitverfahren zwischen Kammern und ihren Mitgliedern, WiVerw 2004, 178; Hövelberndt, Die Kammern als Wettbewerber, 2008; Hurlebaus, Rechtsratgeber Berufsbildung, 20. Aufl. 2007; Jahn, IHK-Wirtschaftsförderung durch Beteiligung an Anlagen und Einrichtungen, GewArch 2001, 146; Jahn, Interne Willensbildungsprozesse in wirtschaftlichen Selbstverwaltungskörperschaften am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, WiVerw 2004, 133; Jahn, Die Kontrolle von Unternehmen und Beteiligungen der Kammern, Jahrbuch des Kammerund Berufsrechts 2005, 51; Jestaedt, Funktionale Selbstverwaltung und Demokratieprinzip im Lichte der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, Jahrbuch des Kammerrechts 2003, 9; Kannengießer, Zulässigkeit und Grenzen wirtschaftlicher Betätigung der Industrie- und
36 Möllering
§1
Allgemeiner Aufgabenbereich
Handelskammern, WiVerw 1998; 182; Klopp et al., Neue Regeln für Versicherungsvermittler, 2007; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 1997; Kluth/Voigt, Rechtliche Rahmenbedingungen für die Betätigung von Kammern im Bereich von Bildungsdienstleistungen, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 351; Knemeyer, Wettbewerbsrelevante Dienstleistungen der Industrie- und Handelskammern, WiVerw 2001, 1; Mitsch, Zum Auswahlermessen der Industrie- und Handelskammer bei der Benennung von Unternehmensberatern, GewArch 1992, 422; Möllering, Vertretung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft durch die Industrie- und Handelskammern, WiVerw 2001, 25; Möllering, Übertragung von Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung auf die Industrie- und Handelskammern, WiVerw 2006, 261; Möllering, Zur rechtlichen Überprüfung von Stellungnahmen, in Festschrift für Stober, 391; Mühlhausen/Stück, Die BBiG-Reform, AuA 2005, 272; Natzel, DB 2005, 610; Opolony, Vergütung in der Ausbildung, AuA 2004; Rickert, Öffentlichkeit und Informationspflichten in den Industrie- und Handelskammern, WiVerw 2004, 153; Schönleiter, Das neue Recht für Versicherungsvermittler, GewArch 2007, 265; Stober, Die Industrie- und Handelskammern als Mittler zwischen Staat und Wirtschaft, 1992, Swoboda, Was wir tun, 2007; Wurster, Die Novellierung des Berufsbildungsgesetzes, WiVerw 2003; Ziekow/Windoffer (Hrsg.), Ein einheitlicher Ansprechpartner für Dienstleister, 2007.
1. Allgemeiner Aufgabenbereich § 1 umschreibt den Aufgabenkreis der IHK und bildet damit die entscheidende Grundlage für ihre Tätigkeit. Die Vorschrift führt Aufgaben und Befugnisse im Einzelnen auf, da Nichtgebietskörperschaften – anders als Bund, Länder und Gemeinden – keine Allzuständigkeit haben und außerhalb ihres gesetzlichen Auftrags nicht tätig werden dürfen (BVerwG GewArch 2001, 161). Die Absätze 1 bis 3 sind dabei generalklauselartig formuliert, um im damit gegebenen Rahmen der IHK als Selbstverwaltungskörperschaft den notwendigen Freiraum für eigene Gestaltungsmöglichkeiten zu geben; sie kennzeichnen organisationsrechtlich den eigenen „Wirkungskreis“. Abs. 3a und 4 sehen die Übertragung weiterer Aufgaben vor, eröffnen also auch die Möglichkeit eines „übertragenen Wirkungskreises“; davon wird seit jeher Gebrauch gemacht (vgl. Gesamtüberblick bei Swoboda, Was wir tun, 2007).
1
Die Formulierungen lehnen sich an das frühere Preußische Handelskammergesetz an, um die Kontinuität des gesetzlichen Kammerauftrags zu betonen. Das klingt gelegentlich etwas altfränkisch, ist aber für die sachgerechte Auslegung von Bedeutung.
2
Möllering
37
§1
Aufgabenbereich
Insbesondere die traditionellen Generalklauseln zeigen, welchen weiten Spielraum der Gesetzgeber den in den IHKs zusammengefassten Unternehmen bei der Wahrnehmung des Gesamtinteresses einräumen will. Die Kammergeschichte beweist, welche vielfältigen Aktivitäten die IHKs auf dieser Grundlage entwickelt haben. Vor allem aber haben die Generalklauseln die Möglichkeit gegeben, dass die IHKs ihre Arbeit jederzeit den wechselnden wirtschaftlichen Problemen anpassen und neuen Aufgaben gerecht werden konnten. Die Generalklauseln sind deshalb einer kasuistischen Aufzählung der Aufgaben und Befugnisse überlegen und spiegeln geradezu das Wesen der Selbstverwaltung wider. 3
§ 1 enthält bereits eine allgemeine Aufgliederung der Kammeraufgaben, welche den historischen Wurzeln des Kammerwesens entspricht. Einerseits sind die Kammeraufgaben „nach außen“ orientiert; bei der Wahrnehmung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft wenden sich die IHKs an den Staat in allen seinen Erscheinungsformen, also auch im Bereich der Kommunen und Kommunalverbände, werden als Berater und Gutachter tätig und informieren die Öffentlichkeit. Andererseits ist die Kammerarbeit „nach innen“ gerichtet, wenn die IHKs die ihnen zugehörigen Unternehmen informieren, beraten und unterstützen; darin liegt der Förderauftrag der IHKs gegenüber ihren Zugehörigen. Dazu kommen schließlich die administrativen Aufgaben, welche den IHKs gem. Abs. 3, 3a und 4 im Bereich der Wirtschaft übertragen werden; es handelt sich stets um staatliches Wirtschaftsrecht, dessen Durchführung im Sinne des Subsidiaritätsprinzips der IHK als eigene Angelegenheit anvertraut und damit eine Selbstverwaltungsaufgabe wird.
4
Die Tätigkeit der einzelnen IHK vollzieht sich in erster Linie in ihrem Bezirk, weil die regionale Gliederung durch ihre Konzentration auf einen überschaubaren Lebenskreis die beste Grundlage für eine wirkungsvolle Selbstverwaltung ist und nur auf diese Weise die regionalen Besonderheiten und Schwerpunkte ausreichend berücksichtigt werden können. Bei den Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung, die den IHKs übertragen sind, ergibt sich das auch aus den Regelungen über die örtliche Zuständigkeit. Der Förderauftrag ist auf die Unternehmen des Bezirks bezogen. Die regionale Gliederung im Kammerwesen lässt sich deshalb auch insoweit mit der gemeindlichen Selbstverwaltung vergleichen. Die Kammerarbeit baut indes zwar auf den wirtschaftlichen Interes38 Möllering
§1
Allgemeiner Aufgabenbereich
sen der Bezirkswirtschaft auf, ist aber in ihrem Aktionsradius nicht auf den Kammerbezirk beschränkt. Die IHK kann vielmehr im Rahmen der Vertretung des Gesamtinteresses und ihres Förderauftrags überall dort tätig werden, wo das Interesse der Unternehmen ihres Bezirks berührt wird. Wenn wirtschaftliche Entscheidungen auf Landes- oder Bundesebene anstehen, kann sie sich – meist zusammen mit anderen betroffenen Kammern und auf dem Wege über eine gemeinsame Organisation (DIHK oder Landesarbeitsgemeinschaft) – an die entsprechenden staatlichen Stellen wenden. Wenn für die Bezirkswirtschaft Maßnahmen der Europäischen Union oder internationaler Organisationen wichtig sind, können die IHKs auch in dieser Richtung tätig werden; über den DIHK wirken sie in der europäischen Kammervereinigung EUROCHAMBRES mit. Angesichts der Bedeutung der Außenwirtschaft für ihre Mitgliedsunternehmen können sie sich schließlich auch im Ausland engagieren, beispielsweise deutsche Auslandshandelskammern und Delegierte der deutschen Wirtschaft im Ausland unterstützen, Delegationen entsenden und Kontakte institutionalisieren (dazu Möllering, WiVerw 1998, 214). Diese Tätigkeit der IHK bezieht sich grundsätzlich auf das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft ihres Bezirks, d.h. die ihr zugehörigen Gewerbetreibenden im Sinne von § 2. Ausgenommen von Vertretung und Betreuung sind deshalb nach den Einleitungsworten von § 1 Abs. 1 diejenigen Unternehmer, die als Handwerker oder handwerksähnliche Gewerbetreibende den Handwerkskammern angehören. Im Übrigen ergibt sich die genauere Abgrenzung des Kreises der Kammerzugehörigen aus § 2. Danach gehören etwa auch die Landwirtschaft und die freien Berufe grundsätzlich nicht zu den IHK-Mitgliedern, es sei denn, dass die Mitgliedschaft ausnahmsweise über die Eintragung im Handelsregister vermittelt wird. Die Interessen dieser Wirtschaftszweige – außer in den genannten Ausnahmefällen – gehören somit nicht zu dem von der IHK vertretenen Interessenspektrum. Das wiederum ist von den IHKs zu beachten, wenn sie sich mit Interessenvertretungen der Handwerker, Freiberufler oder Landwirte in gemeinsamen Organisationen zusammenschließen (OVG Münster GewArch 2000, 378 betr. die Mitgliedschaft einer Landesärztekammer in einem Landesverband und mittelbar Bundesverband der freien Berufe).
Möllering
39
5
§1
Aufgabenbereich
2. Wahrnehmung des Gesamtinteresses a) Begriff „Gesamtinteresse“ 6
Die erste Hauptaufgabe der IHK ist die Wahrnehmung des Gesamtinteresses der ihr zugehörigen Gewerbetreibenden. Das Gesamtinteresse ist dabei weder eine Summe oder Potenzierung der Einzelinteressen noch der kleinste gemeinsame Nenner, sondern setzt nach einer Ermittlung dieser Einzelinteressen deren Abwägung und den Versuch des Ausgleichs (dazu Möllering, WiVerw 2001, 25) voraus; die Kammern sollen angesichts der vielfältigen wirtschaftlichen Interessen wie ein Filter wirken. Das ist eine schwierige Aufgabe, welche die Pflichtmitgliedschaft voraussetzt. Die Pflichtzugehörigkeit aller Wirtschaftszweige und Wirtschaftsstufen, von Unternehmen aller Betriebsgrößen und Rechtsformen zwingt die IHK dazu, eine umfassende Kenntnis der Wirtschaftslage und der Unternehmen des Bezirks zu entwickeln, ihre Interessen langfristig zu sehen und für alle die gemeinsame beste Lösung zu suchen. Die Feststellung eines solchen Gesamtinteresses ist trotz der seit jeher bestehenden Interessenunterschiede zwischen den Unternehmen auch möglich, weil die gewerbliche Wirtschaft als Ganzes auf angemessene Rahmenbedingungen angewiesen ist und einseitige Einzel- oder Gruppeninteressen dahinter zurücktreten müssen. Es geht also darum, wirtschaftspolitische Prioritäten zu setzen und in diesem Rahmen optimale Lösungen zu finden. Diese Aufgabe kann weder von privaten Wirtschaftsverbänden noch von der staatlichen oder kommunalen Wirtschaftsförderung erfüllt werden (vgl. BVerfG GewArch 2002, 111; aus ökonomischer Sicht auch Schmidt-Trenz, Die Logik kollektiven Handelns bei Delegation, 1996; Goltz, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 179).
7
Dabei bleibt die IHK aber an dieses Gesamtinteresse gebunden und braucht nicht – wie staatliche Instanzen – auch divergierende Interessen anderer Lebensbereiche zu berücksichtigen, obwohl dies in der Praxis regelmäßig geschieht. Rechtlich sind Gesamtinteresse und Gemeinwohl zu unterscheiden, so dass man nur von einer Gemeinwohlorientierung der Kammer sprechen kann (Möllering, WiVerw 2001, 25, 33; Möllering in: Festschrift Stober, 391, 403; a.A. Stober/Eisenmenger in: Kluth (Hrsg), Handbuch des Kammerrechts, 232). Die Zusammenfassung vielfältiger wirtschaftlicher und außerökonomischer Interessen obliegt dem Staat, 40 Möllering
§1
Wahrnehmung des Gesamtinteresses
der allein für die Entscheidungen zuständig ist und im Rahmen des parlamentarisch-repräsentativen Systems seine jeweilige Auffassung des Gemeinwohls durchsetzt. Die IHK ist lediglich der Berater in wirtschaftlichen Fragen. In diesem Rahmen nehmen die IHKs intensiv an der wirtschaftspolitischen Meinungsbildung auf allen Ebenen teil, mag es sich um kommunale Entscheidungen, um Maßnahmen der Länder oder um Entscheidungen der Europäischen Union und Beschlüsse internationaler Organisationen, in denen die Bundesrepublik Deutschland mitwirkt (z.B. Vereinte Nationen; WTO; OECD), handeln.
8
Bekannt sind vor allem die Konjunkturumfragen des DIHK bei den Unternehmen in Deutschland, bei denen jeweils dreimal im Jahr mehr als 20.000 Antworten zur Einschätzung der Wirtschaftslage und zu den Geschäftsplänen ausgewertet werden. Daneben wird einmal im Jahr eine Umfrage bei Auslandshandelskammern und Delegiertenbüros in über 80 Ländern zur aktuellen Lage der deutschen Außenwirtschaft durchgeführt.
9
Die Legitimation zu einer Stellungnahme haben die IHKs, wenn 10 die Interessen der gewerblichen Wirtschaft ihres Bezirks berührt werden, mag es sich auch um außerökonomische Lebensbereiche handeln. Denn auch hier müssen die wirtschaftlichen Konsequenzen berücksichtigt werden. Die Grenze liegt allerdings stets beim allgemeinpolitischen Mandat, das den IHKs wie auch anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften mit Pflichtmitgliedschaft nicht zusteht (BVerwG, NvWZ 2000, 323; BVerwGE 34, 69; VG Kassel vom 30. 1. 2007 – 3 E 2253; VG Arnsberg GewArch 2001, 163; dazu auch Möllering in: Festschrift Stober, 391, 399; Stober/ Eisenmenger in: Kluth (Hrsg), Handbuch des Kammerrechts, 233). Eine genaue Grenzziehung ist nicht immer einfach, wird von den Gerichten aber zu Recht eher großzügig vorgenommen. Eine sinnvolle Stellungnahme etwa zu einem Haushaltsentwurf – sei es bei einer Gemeinde, im Land oder im Bund – ist nur möglich, wenn auch zu den Aufgaben auf den außerökonomischen Lebensbereichen Stellung genommen wird. Die ökonomischen Zusammenhänge sind beispielsweise bei der Umwelt- und Steuerpolitik, der Landwirtschaftspolitik, bei Arbeitsmarktfragen oder der Sozialpolitik in aller Regel offensichtlich, können aber auch für die Gesundheitspolitik, die Familienpolitik oder den Kulturbereich von Möllering
41
§1
Aufgabenbereich
Bedeutung sein. Selbst das Votum zu einem geplanten Volksentscheid kann erhebliche Konsequenzen für den wirtschaftlichen Standort haben und die IHK zu einer Stellungnahme berechtigen (OVG Hamburg vom 12. 10. 2007 – 1 Bs 236/07). Besondere Vorsicht müssen die IHKs dann walten lassen, wenn sie sich zu Fragen des Arbeitsrechts und der Sozialpolitik äußern. Hier gilt die besondere Grenze des § 1 Abs. 5 (dazu unten Rz. 262). b) Meinungsbildung der IHK 11
In der Praxis wird die Meinung der IHK bei der Wahrnehmung des Gesamtinteresses durch Umfragen und Beratungen gebildet. Selbstverständlich stehen die Beratungsergebnisse der Vollversammlung im Vordergrund und sind, insbesondere bei der Ermittlung wirtschaftspolitischer Grundpositionen unerlässlich. Das folgt schon aus § 4 Satz 1, wonach über die Angelegenheiten der IHK die Vollversammlung beschließt. In Fällen der Eilbedürftigkeit kann es jedoch erforderlich sein, dass das Präsidium oder auch der Präsident bzw. Hauptgeschäftsführer eine Stellungnahme für die IHK ohne vorherigen Vollversammlungsbeschluss abgeben. Soweit sie sich dabei im Rahmen früherer Vollversammlungsbeschlüsse oder der allgemein durch die Vollversammlung vorgegebenen wirtschaftlichen Grundpositionen bewegen, ist das unproblematisch. Ansonsten müssen sie die von ihnen vertretene Auffassung nachträglich der Vollversammlung zur Beschlussfassung vorlegen. Wichtige Instrumente der Meinungsbildung sind ferner die Beratungen in Ausschüssen und Arbeitskreisen sowie Umfragen, mit denen die Anliegen und Sorgen der Kammerzugehörigen ermittelt werden. Nicht zuletzt ist auch der laufende und enge Kontakt der IHK mit ihren Kammerzugehörigen zu erwähnen, der ihr einen breiten Überblick über die Bezirkswirtschaft verschafft. Die Meinungsbildung der IHK bedarf also immer einer soliden Fundierung, nicht notwendigerweise aber in jedem konkreten Einzelfall eines formalen Beschlusses (vgl. Jahn, WiVerw 2004, 133; Möllering, WiVerw 2001, 25, 40).
12
Bei divergierenden Auffassungen liegt die Schwierigkeit dann in der Wertung der Einzel- oder Gruppeninteressen, also der Abwägung, wie sie § 1 Abs. 1 ausdrücklich vorschreibt. Diese Abwägung wird häufig zu Prioritäten führen, so dass nachrangige Interessen zurückstehen müssen. Eine Kammerstellungnahme kann 42 Möllering
§1
Wahrnehmung des Gesamtinteresses
deshalb im Widerspruch zu den Interessen eines bestimmten kammerzugehörigen Unternehmens stehen und wird sich oft auch nicht mit den – von Wirtschafts- und Fachverbänden vorgetragenen – Brancheninteressen decken (OVG Koblenz, GewArch 1993, 289; VG Arnsberg, GewArch 2001, 163; Soltmann, WiVerw 1998, 224). Gerade darin liegt ihr besonderer Wert für den Empfänger, dass zwar alle Interessen ermittelt, aber auch gewichtet und erforderlichenfalls zurückgewiesen werden; Statistiken oder demoskopische Umfragen können diese Abwägungen nicht ersetzen. In erster Linie aber ist der Ausgleich dieser Interessen zu suchen, was in der Regel nur aufgrund einer klaren ordnungspolitischen Grundlinie und einer langfristigen Betrachtung möglich ist. Dieser Grundkonsens der in den IHKs zusammengefassten Unternehmerschaft für eine freiheitliche und marktwirtschaftliche Ordnung ist dabei entscheidend und die Grundlage einer funktionierenden Selbstverwaltungskörperschaft. Kammerstellungnahmen können diese integrierende Funktion aber nur haben, wenn sich daraus die Grundsätze ergeben, nach denen die Wertung von Einzel- und Gruppeninteressen erfolgt ist. In der Regel wird schon die Begründung des Kammervotums zeigen, welche Argumente in der Auseinandersetzung zwischen Mehrheit und Minderheit eine Rolle gespielt haben. Es kann aber auch oft zweckmäßig sein, die Auffassungen einer geschlossenen größeren Minderheit ausdrücklich anzuführen. Außerdem sollte erwähnt werden, auf welche Umfragen und Beratungen sich das Kammervotum stützt. Nur auf diese Weise gewinnt der Empfänger ein zutreffendes Bild, wie und warum die Kammer zu dieser Stellungnahme gekommen ist; das Votum wirkt dann umso überzeugender (zum Ganzen Möllering, WiVerw 2001, 25, 48; Möllering in: Festschrift Stober, 391, 402; Groß, Jahrbuch des Kammerrechts 2003, 27). c) Formen der Wahrnehmung des Gesamtinteresses Im Einzelnen kann sich die Wahrnehmung des Gesamtinteresses der Bezirkswirtschaft nach dieser internen Meinungsbildung in allen denkbaren Formen vollziehen. In erster Linie wenden sich die IHKs an die entscheidenden staatlichen Instanzen mit Berichten, Vorschlägen, Gutachten und Memoranden. Dabei sind sie nicht darauf beschränkt, nur gegenüber Behörden, Ministerien und Regierungen in Bund und Ländern Stellung zu nehmen; sie werden Möllering
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Aufgabenbereich
über den DIHK regelmäßig bei der Vorbereitung von Gesetzen und Verordnungen gehört (§ 24 GGO II – GMBl. 1976, 550). Sie können sich genauso an die gesetzgebenden Körperschaften wenden und werden dort regelmäßig auch in den Parlamentsausschüssen an den Anhörungen zu wirtschaftlich relevanten Fragen beteiligt (§ 70 GO BT i.d.F. vom 2. 7. 1980 – BGBl. I, 1237). Genauso gehört es jedoch heute zu einer Mitwirkung an der wirtschaftspolitischen Meinungsbildung, dass die IHKs die Öffentlichkeit über ihre Auffassung zu wirtschaftlichen Fragen in dem breiten, oben aufgezeigten Sinne informieren und sich gegebenenfalls auch publizistisch mit anderen wirtschaftspolitischen Auffassungen auseinander setzen. Öffentliche Veranstaltungen, Präsidentenreden, Pressekonferenzen und Pressemeldungen gehören deshalb ebenso zur Erfüllung dieses Kammerauftrags wie die Herausgabe einer Kammerzeitschrift. Diese Öffentlichkeitsarbeit von Kammern ist heute allgemein üblich und auch rechtlich als Teil ihres gesetzlichen Auftrags anerkannt (VG Kassel vom 30. 1. 2007 – E 2253/04 n.rkr.; VG Gießen GewArch 2006, 30 „Sommerempfang“; Anwaltsgerichtshof Bremen BRAK-Mitt. 1996, 86; Anwaltsgerichtshof Niedersachsen BRAK-Mitt. 1996, 207; Tettinger, Kammerrecht, 1997, 159). Dabei ist es selbstverständlich, dass die Kammern sich im Rahmen ihres Aufgabenbereichs halten und sachbezogen argumentieren. 14
Für eine sachkundige Beratung des Staates in allen wirtschaftlichen Fragen ist die Organisationsform der IHKs als Selbstverwaltungskörperschaften am besten geeignet (BVerfG, GewArch 2002, 111). Nur der öffentlich-rechtliche Status gibt die Möglichkeit, die IHKs zur Wahrung des Gesamtinteresses aller Gewerbetreibenden und damit zu einer gesamtwirtschaftlichen Sicht gesetzlich zu verpflichten. Nur die Pflichtmitgliedschaft sichert den IHKs die Unabhängigkeit, die Ergebnisse der gemeinsamen Arbeit auch gegenüber abweichenden Gruppen- und Einzelinteressen zu verwirklichen und damit integrierend zu wirken. Nur die Kammerzugehörigkeit aller Gewerbetreibenden eines Bezirks bietet die breite Erfahrungsgrundlage, um wirklich alle wirtschaftlichen Interessen zu erfassen und zu repräsentativen Ergebnissen zu kommen. Die regionale Gliederung gibt schließlich die Möglichkeit, den Unterschieden in der Wirtschaftslage und Wirtschaftsentwicklung gerecht zu werden. Pflichtzugehörigkeit und regionale Gliederung sind deshalb die entscheidenden organisatorischen 44 Möllering
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Wahrnehmung des Gesamtinteresses
Voraussetzungen für die Erfüllung des gesetzlichen Kammerauftrags zur Wahrnehmung der gesamtwirtschaftlichen Interessen. d) Wahrnehmung des Gesamtinteresses im Rahmen der Handwerksordnung Eine besondere Form der Vertretung des Gesamtinteresses sieht § 12 HwO vor: Gegen die Entscheidung der Handwerkskammer über die Eintragung eines der IHK angehörigen Gewerbetreibenden in die Handwerksrolle steht neben dem Gewerbetreibenden selbst auch der IHK der Verwaltungsrechtsweg offen. Außerdem ist die IHK nach § 16 Abs. 3 Satz 2 HwO neben der Handwerkskammer anzuhören, bevor die Gewerbebehörde einem Gewerbetreibenden den Betrieb eines nach ihrer Auffassung zulassungspflichtigen Handwerks untersagt. Die Untersagung darf nur nach Abgabe einer gemeinsamen Erklärung der Handwerkskammer und IHK, wonach diese die Voraussetzungen für die Untersagung als gegeben ansehen, erfolgen. Können sich Handwerkskammer und IHK nicht über eine gemeinsame Erklärung verständigen, so entscheidet eine vom DIHK und Deutschen Handwerkskammertag (DHKT) gemeinsam für die Dauer von vier Jahren zu bildende Schlichtungskommission, die sich aus je einem Vertreter von DIHK und DHKT sowie einem gemeinsam benannten Mitglied, welches den Vorsitz führt, zusammensetzt (§ 16 Abs. 4 und 5 HwO). Das Verfahren wird durch die Verordnung über das Schlichtungsverfahren nach § 16 HwO vom 22. 6. 2004 (BGBl. I, 1314, geändert durch Art. 28 Abs. 8 des Gesetzes vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) geregelt (vgl. Jahn, DB 2004, 802; Schwannecke/Heck, GewArch 2004, 129).
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e) Kammerzusammenarbeit und Vereinsbeitritt Diese Grundsätze für die Wahrnehmung des wirtschaftlichen Ge- 16 samtinteresses gelten auch für die Zusammenarbeit der IHKs in den Landesarbeitsgemeinschaften, im DIHK sowie im europäischen Rahmen. Hier müssen vor allem die unterschiedlichen regionalen Wirtschaftsinteressen gewichtet und nach Möglichkeit ausgeglichen werden, im europäischen Rahmen sogar nationale Wirtschaftsinteressen. Aus dieser Aufgabenstellung ergibt sich, dass dabei jeweils die übergeordneten gemeinsamen Interessen den Vorrang haben müssen. Die einzelnen Kammern oder ihre ZuMöllering
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Aufgabenbereich
sammenschlüsse bringen dann zwar ihre jeweiligen regionalen Interessen mit entsprechendem Nachdruck ein, müssen sich aber auch für eine gemeinsame Lösung zu Kompromissen bereitfinden; auch dies liegt im Rahmen des gesamtwirtschaftlichen Auftrags. 17
Die Bildung von Spitzenorganisationen – auch in der privatrechtlichen Form eines Vereins – ist von der Rechtsprechung seit langem anerkannt (BVerwGE 74, 254 – Zentralverband des Deutschen Handwerks; OVG Koblenz GewArch 1993, 289 – DIHT). Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ist sogar in mehreren Gesetzen ausdrücklich aufgeführt (vgl. § 16 Abs. 4 HwO und § 65 WPO). Ebenso ist den IHKs der Beitritt zu Vereinen erlaubt, wenn sie nach Satzung und tatsächlicher Aktivität die gleichen Ziele verfolgen (Tettinger, Kammerrecht, 1997, 152 – zu den Grenzen OVG Münster GewArch 2000, 378; Möllering, WiVerw 2001, 25, 54; Möllering in: Festschrift Stober, 391, 395); für die Industrie- und Handelskammern ergibt sich das sogar ausdrücklich aus § 1 Abs. 2 IHKG.
3. Förderung der gewerblichen Wirtschaft 18
Die zweite Hauptaufgabe der IHK liegt in der Förderung der gewerblichen Wirtschaft ihres Bezirks. Diese Förderung kann teilweise auch in der Wahrnehmung des Gesamtinteresses liegen, wenn die Kammer sich mit Stellungnahmen an staatliche Instanzen wendet. Bei dem Förderauftrag des § 1 Abs. 1 ist aber in erster Linie an die Maßnahmen zu denken, welche die IHKs zur Betreuung der Kammerzugehörigen treffen. Da beide Aufgabengebiete – Vertretung des Gesamtinteresses und Förderung der Bezirkswirtschaft gleichwertig sind, können die IHKs über die Schwerpunkte ihrer Arbeit weitgehend frei entscheiden. Eine Grenze liegt lediglich darin, dass die öffentlich-rechtlichen Pflichtaufgaben im eigenen wie im übertragenen Wirkungskreis nicht vernachlässigt werden dürfen; sie stehen nicht zur Disposition.
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Diese Fördertätigkeit der IHKs, oft auch „Service“ genannt, ist so vielfältig wie die wirtschaftlichen Bedürfnisse der Kammerbezirke. Die Kammer und ihre Organe entscheiden in eigener Verantwortung über die Maßnahmen, die sie dafür notwendig halten, und die Mittel, die sie dafür einsetzen wollen. Damit legen sie fest, welche wirtschaftlichen Bedürfnisse im Kammerbezirk sie 46 Möllering
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Förderung der gewerblichen Wirtschaft
für vorrangig halten. Im Kern handelt es sich um „Selbsthilfe“, welche die Unternehmerschaft in ihrer eigenen Organisation entwickelt und die eine der historischen Wurzeln der wirtschaftlichen Selbstverwaltung ist. a) Information Zunächst einmal gehört zu den Förderaufgaben die Information der kammerzugehörigen Unternehmen. Dabei handelt es sich nicht nur um die Veröffentlichung der IHKs über ihre eigene Tätigkeit, sondern um die Information der kammerzugehörigen Gewerbetreibenden über alle wirtschaftlich relevanten Fragen. Dazu gehören beispielsweise Berichte über die Wirtschaftslage genauso wie über Gesetzgebung und Rechtsprechung, über regionale Entwicklungen wie über internationale Einflüsse. Aus den früheren Mitteilungsblättern sind deshalb in Erfüllung dieses Informationsauftrags Kammerzeitschriften geworden. Die Rechtsprechung hat eine solche Informationspflicht stets anerkannt und auch die Aufnahme von Anzeigen sowie neutraler, sogar unterhaltender Beiträge in Kammerzeitschriften für zulässig erklärt (BVerwG GewArch 1977, 232; Tettinger, GewArch 1986, 50). Die Grenzen des Kammerauftrags werden dagegen bei allgemeinpolitischen Artikeln überschritten, auch wenn es sich um Namensartikel handelt (BVerwGE 64, 298). Kammerzeitschriften können durch allgemeine Haushaltsmittel, Abonnements und Anzeigen finanziert werden, nicht aber durch Sonderbeiträge oder einen Pflichtbezug (BVerwG GewArch 1977, 232; 1982, 204).
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Neben die Kammerzeitschrift treten als Informationsmittel aber auch zahlreiche Broschüren, welche die Kammerzugehörigen über neue wirtschaftsrechtliche oder wirtschaftspolitische Maßnahmen und Spezialfragen wirtschaftlicher Art unterrichten und oft zu einer Schriftenreihe der Kammern oder des DIHK führen. Kennzeichnend ist in allen Fällen, dass ein breites Bedürfnis der Kaufmannschaft nach schneller, praxisnaher und sachkundiger Information besteht. Auch damit erfüllt die IHK ihren Informationsauftrag, selbst wenn sich gelegentlich Überschneidungen mit Fachzeitschriften und den Arbeitsbereichen kammerzugehöriger Fachverlage ergeben; entscheidend ist, dass es sich um ein geeignetes Mittel zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Kammerauftrags handelt. Selbstverständlich verfügen alle IHKs sowie der
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Aufgabenbereich
DIHK auch über eine eigene Website im Internet, über die seitens der Unternehmen und der interessierten Öffentlichkeit aktuelle Informationen zu Wirtschafts- und Rechtsthemen, zur Organisation und zu Veranstaltungen der IHK und zu den Rechtsgrundlagen der IHK-Tätigkeit abgerufen werden können. 22
Als Sonderaufgabe ist hier noch die Herausgabe des Schuldnerverzeichnisses zu erwähnen, das bei den Amtsgerichten gem. § 915 ZPO geführt wird. Die meisten IHKs geben diese Angaben – ergänzt um Insolvenzeröffnungen – in Form von monatlichen Listen an interessierte kammerzugehörige Unternehmen weiter. Diese Unternehmen können dann schnell und einfach überprüfen, ob und welche ihrer Schuldner oder auch künftigen Kunden in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind. Die Einzelheiten des Verfahrens, insbesondere die Vorkehrungen zur Wahrung der Vertraulichkeit und des Datenschutzes regeln die §§ 915–915h ZPO und die Verordnung über Schuldnerverzeichnisse vom 15. 12. 1994 (BGBl. I, 3822, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 13. 12. 2001, BGBl. I, 3638). b) Auskünfte
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An die allgemeine Information durch Kammerzeitschriften und Rundschreibendienste, Broschüren, Merkblätter und das Internet knüpft sich als zweites Element der Beratungsaufgabe das Auskunftswesen, auf das insbesondere mittlere und kleine Unternehmen in komplizierter werdenden wirtschaftlichen Verhältnissen angewiesen sind. Die IHKs sind hier zu Auskünften jeder Art berechtigt, die von den Unternehmen für ihre Tätigkeit gebraucht werden. Ihnen steht dafür – neben amtlichen Veröffentlichungen, Nachschlagewerken, Kommentaren und den jedermann zugänglichen Datenbanken als modernem Informationszentrum – umfangreiches Auskunftsmaterial zur Verfügung, das bei ihrer eigenen Tätigkeit anfällt und oft bundesweit systematisch aufbereitet und ausgewertet wird. Ein Beispiel dafür sind die Auskünfte über Export- und Importfirmen, aber auch über die Produktpalette im produzierenden Gewerbe. Im EG-Rahmen hat sich hier auch eine Zusammenarbeit mit der EG-Kommission in Form der „Euroschalter“ entwickelt, insbesondere über die zahlreichen EG-Förderprogramme und europaweiten Ausschreibungen.
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Förderung der gewerblichen Wirtschaft
c) Beratung Zum Förderungsauftrag der IHKs gehören aber nicht nur allgemeine Informationen und konkrete Einzelauskünfte, sondern auch die Beratung im Einzelfall; in der Praxis gehen ohnehin Auskunft und Beratung ineinander über. Deswegen ist ihnen auch die Rechtsberatung der Kammerzugehörigen erlaubt, soweit sie sich auf deren unternehmerische Tätigkeit bezieht (seit 1. 7. 2008 § 8 Abs. 1 Nr. 2 Rechtsdienstleistungsgesetz, davor § 3 Nr. 1 RBeratG; BGH GewArch 1991, 233; Heck, GewArch 1982, 48). Ebenso dürfen die Kammern die ihnen zugehörigen Unternehmen in steuerlichen Fragen beraten (§ 4 Nr. 3 des Steuerberatungsgesetzes; Kormann, GewArch 1988, 249). In der Regel beschränken sie sich dabei allerdings auf Auskünfte und verweisen für eine vertiefte Beratung auf die dafür spezialisierten freien Berufe. Sie sind jedoch rechtlich nicht daran gehindert, auch selbst in eine solche vertiefte Einzelberatung eines kammerzugehörigen Unternehmens einzutreten. Die Beratungsaufgabe endet jedoch, wenn es in einem Streitfall um die Vertretung eines Einzelinteresses gegenüber einem anderen, vor einer Behörde oder vor den Gerichten geht; die Rechtsvertretung ist den IHKs verschlossen (so Lenssen, GewArch 1973, 201; weiter gehend BVerwGE 5, 74; BGH GewArch 1991, 36; Heck, GewArch 1982, 48).
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Die Rechtsprechung hat diese Grenzen des Kammerauftrags inzwischen durchweg anerkannt, auch wenn vergleichbare Leistungen von Gewerbebetrieben oder freien Berufen angeboten werden. Die Zulässigkeit der betrieblichen Beratung ist vom OVG Lüneburg (GewArch 1986, 201; Vorinstanz VG Schleswig GewArch 1982, 30) bestätigt worden, die Zulässigkeit der Technologieberatung vom OLG Karlsruhe (GewArch 1989, 208). Die Steuerberatung durch Kreishandwerkerschaften hat der BGH gebilligt (GewArch 1991, 233; Scholtissek, GewArch 1991, 210). Schließlich hat das Bundesverwaltungsgericht (GewArch 1957, 130) auf der Grundlage des Rechtsberatungsgesetzes die Einrichtung einer Inkassostelle für zulässig erklärt; der BGH ist ihm gefolgt (GewArch 1991, 36 – an dieser Beurteilung dürfte sich auch unter dem neuen Rechtsdienstleistungsgesetz nichts ändern). Ebenso haben die Staatsaufsichtsbehörden seit jeher den Förderauftrag der Kammern weit gezogen und oft sogar zur Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen angeregt, wie die Mittelstandsberichte der Bundesregierung zeigen.
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Aufgabenbereich
d) Empfehlungen und Warnungen 26
Im Zuge von Information, Auskunft und Beratung kommt es zwangsläufig auch zu Empfehlungen und Warnungen. Die Befugnis dazu wird – soweit nicht eine ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung vorliegt – aus der jeweiligen Behördenaufgabe und der allgemeinen Staatspflicht zur Gefahrenabwehr hergeleitet (kritisch dazu Lege, DVBl. 1999, 569). In der Kammerpraxis ergeben sich Streitigkeiten, wenn sich Dritte darüber beklagen, dass sie bei einer Auskunft und Beratung nicht in die Empfehlung einbezogen oder sogar bewusst davon ausgeschlossen worden sind. Es ist selbstverständlich, dass die IHK bei solchen namentlichen Empfehlungen objektiv auswählen muss (vgl. BGHZ 19, 199). Sie sollte auch darauf hinweisen, dass ihre Empfehlung keineswegs abschließend gemeint ist und dass es auch andere qualifizierte Anbieter dieser Waren oder Leistungen gibt. Wenn sie selbst ihre eigenen Einrichtungen empfiehlt, muss sie sogar auf solche Mitbewerber hinweisen (OLG Karlsruhe GewArch 1989, 208). Es würde aber dem Sinn einer solchen Anfrage eines kammerzugehörigen Unternehmens und dem Beratungsauftrag der IHK widersprechen, wenn sie statt einer Auswahl geeigneter Adressen vollständige Adressenlisten liefern müsste; damit wäre dem Anfragenden nicht geholfen. Die Kammer muss vielmehr – wie jeder andere, beispielsweise freiberufliche Berater auch – das ihr vorliegende Material nicht nur zusammenfassen, sondern auch werten und objektiv für den vorliegenden Fall die geeigneten Adressen auswählen. Sie ist als Berater sogar dazu verpflichtet, nicht geeignete Angebote aus ihrer Empfehlung herauszulassen. Die Entscheidung des OVG Lüneburg vom 28. 9. 1987 (8 A 60/86), welche der IHK die Herausgabe einer vollständigen Adressenliste ohne jede Wertung zumutet und eine Auswahl für unzulässig hält, verkennt deshalb deren gesetzlichen Beratungsauftrag. Die Entscheidung des OVG Lüneburg ist jedoch vom Bundesverwaltungsgericht, das in der Auswahl durch die IHK einen wirtschaftsregelnden Eingriff der öffentlichen Hand in die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG sieht, bestätigt worden (GewArch 1992, 139).
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Der Förderungsauftrag der IHK schließt auch Warnungen ein, um die kammerzugehörigen Unternehmen auf rechtliche oder wirtschaftliche Gefahren aufmerksam zu machen. Solange dies in allgemeiner Form geschieht, bestehen keine rechtlichen Probleme. Die Kammern können beispielsweise vor unseriösen Beratern 50 Möllering
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Gutachtertätigkeit
warnen (VGH Mannheim GewArch 1985, 328). Selbst eine unzutreffende, aber vertretbare Rechtsansicht kann einer solchen Warnung zugrunde gelegt werden (OVG Koblenz GewArch 1983, 69). Auch namentliche Erwähnungen sind zulässig, wenn es um den innerdienstlichen Verkehr zwischen den Kammern und ihren Zusammenschlüssen zur Erfüllung ihrer Aufgabe geht oder wenn diese mit gutachtlichen Stellungnahmen oder im Wege des Amtshilfeverkehrs mit Behörden in Verbindung stehen. Dagegen erfordern namentliche Warnungen, mögen sie im Einzelfall ausgesprochen werden, durch Rundschreibendienste oder gar Veröffentlichungen, dass wegen der Folgen für den Betroffenen vorher die Verhältnismäßigkeit sorgfältig geprüft wird. Die Tatsachen, welche die Warnungen begründen, müssen nicht nur sachlich dargestellt und nachweisbar sein, sondern die Warnung muss unter Abwägung der Interessen auch zum Schutz erforderlich sein; je höher der mögliche Schaden für den Betroffenen und je größer die Verbreitung der Warnungen, desto größere Sorgfalt ist angebracht (vgl. zu Warnungen im Lebensmittelbereich: VGH München vom 31. 8. 2007 – 25 CE 07.2215; OLG Stuttgart ZIP 1990, 1209; LG Göppingen NVwZ 1992, 98; OVG Münster GewArch 1988, 11; Dolde, Behördliche Warnung vor nichtverkehrsfähigen Lebensmitteln, 1987; Leidinger, DÖV 1993, 925). Soweit im Rahmen dieses Förderauftrags besondere Anlagen und Einrichtungen gegründet werden, findet sich noch eine zusätzliche Ermächtigung für die Kammern in § 1 Abs. 2 (s. Rz. 60).
4. Gutachtertätigkeit Eine besonders wichtige Aufgabe der IHKs ist die Erstellung von Gutachten, die in § 1 Abs. 1 ausdrücklich erwähnt werden.
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a) Bedeutung der Kammergutachten Das Kammergutachten ist die Stellungnahme zu einem Einzelfall, über den ein Gericht oder eine Verwaltungsbehörde zu befinden hat. Es wird erstattet, wenn diese Stellen zur Vorbereitung ihrer Entscheidung die IHK um sachverständige Beurteilung der mit dem Fall zusammenhängenden wirtschaftlichen Fragen ersuchen. Die Kammergutachten sind damit klar von den wirtschaftspoliti-
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Aufgabenbereich
schen Vorstellungen und Eingaben der Kammern zu unterscheiden. Die Gerichte ersuchen die IHK sehr häufig um solche Gutachten, da die Rechtsprechung in ständig steigendem Umfang mit wirtschaftlichen Tatbeständen befasst ist und insbesondere Verkehrsauffassungen zu berücksichtigen hat. Das Gleiche gilt für den wachsenden Bereich der Wirtschaftsverwaltung, die zur Entscheidung eines Einzelfalles oft auf umfangreiche Ermittlungen angewiesen ist. In zahlreichen Vorschriften des Bundes- und Landesrechts ist ausdrücklich eine gutachtliche Mitwirkung der IHK vorgesehen, wozu auf die Zusammenstellung einschlägiger bundesrechtlicher Vorschriften in der DIHK-Publikation „Was wir tun“ (2007) verwiesen wird. Gerichte und Behörden ersuchen die Kammern aber auch weit darüber hinaus um Ermittlungen und zusammenfassende Stellungnahmen (vgl. Junge, WiVerw 1987, 195). 29
Bei allen diesen Kammergutachten geht es im Grunde nur um zwei Fragen: entweder um die gesamtwirtschaftliche Beurteilung eines Einzelfalles oder um die Verkehrsauffassung in der Kaufmannschaft. Es handelt sich in beiden Fällen um die Ausfüllung von unbestimmten Rechtsbegriffen oder Generalklauseln, für die eine Kenntnis des Wirtschaftslebens, der Wirtschaftsregion und der Unternehmen erforderlich ist. Die Voraussetzung dafür bietet die Kammer bei der Ausarbeitung ihrer Gutachten. Der Wert der Kammergutachten für Justiz und Verwaltung liegt darin, dass in ihnen nicht nur bestimmte Spezialkenntnisse auf wirtschaftlichem Gebiet vermittelt werden, wie dies bei den Gutachten eines einzelnen Sachverständigen der Fall ist. Vielmehr werden hier die Spezialkenntnisse vieler sachkundiger Kaufleute zu einer allgemeinen kaufmännischen Auffassung zusammengefasst und von der IHK durch eine gesamtwirtschaftliche Beurteilung ergänzt. Insofern erfüllen die Kammergutachten meist eine Doppelfunktion, nämlich die Ermittlung wirtschaftlicher Tatsachen und deren unternehmerische Wertung.
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Vor allem aber erfüllt die IHK nach Struktur und Aufgabe alle Voraussetzungen, die Gerichte und Behörden an einen ebenso sachkundigen wie objektiven Gutachter stellen müssen. Als Körperschaften, denen alle Gewerbetreibenden (mit Ausnahme des Handwerks) kraft Gesetzes angehören und die regional gegliedert 52 Möllering
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Gutachtertätigkeit
sind, haben sie den ständigen orts- und firmennahen Kontakt mit der gesamten Kaufmannschaft und sind gleichzeitig zu einer abwägenden und ausgleichenden gesamtwirtschaftlichen Beurteilung verpflichtet. Der öffentlich-rechtliche Status mit Pflichtzugehörigkeit gibt ihnen nicht nur die Unabhängigkeit von Einzel- und Gruppeninteressen (BVerfG GewArch 2002, 111), sondern sichert den Zugang zu Unternehmen aller Branchen, jeder Größenordnung und Rechtsform. Die regionale Gliederung bringt nicht nur den direkten Kontakt zu den Unternehmen, sondern führt auch – insbesondere bei Gutachten des DIHK – zur Berücksichtigung regionaler Unterschiede im Bundesgebiet. Gerichte und Behörden können also sicher sein, dass die Auffassung aller beteiligten und betroffenen Verkehrskreise jeweils in ihrer ganzen Breite in die Ermittlungen und die gesamtwirtschaftliche Wertung einbezogen worden ist. Die IHKs erstatten Gutachten nur für Gerichte und Behörden, nicht aber für Privatpersonen und auch nicht für kammerzugehörige Unternehmen. Die gesetzliche Pflicht als gerichtlicher und behördlicher Gutachter führt dazu, dass sie sich nicht durch Privatgutachten präjudizieren dürfen. Sie müssen deshalb solche Bitten ablehnen und auf die Möglichkeit verweisen, im Verwaltungsund Gerichtsverfahren bei der entscheidenden Stelle die Einholung eines Kammergutachtens anzuregen; erst auf einen solchen staatlichen Auftrag hin wird die IHK als Gutachter tätig.
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b) Feststellung der Verkehrsauffassung Einen Schwerpunkt für Kammergutachten bildet die Feststellung der Verkehrsauffassung, mag es sich um einen Handelsbrauch nach § 346 HGB, eine Verkehrssitte nach § 157 BGB handeln oder um die Durchsetzung oder Verwechslungsfähigkeit von Firmen, Geschäftsbezeichnungen oder Marken (§ 18 Abs. 2 HGB, § 8 Abs. 3 und § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Markengesetz). Ebenso erstatten die IHKs Gutachten über die Verkehrsauffassung im Bereich des UWG.
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Bei der Feststellung von Handelsbräuchen (§ 346 HGB) oder einer Verkehrssitte (§ 157 BGB) geht es nicht allein um das tatsächliche Verhalten der beteiligten Wirtschaftskreise, sondern es muss vor allem auch ermittelt werden, ob die Gewohnheit in den beteiligten Wirtschaftskreisen mangels abweichender Vereinbarung für
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das betreffende Rechtsgeschäft gelten soll (Beispiele aus der Rechtsprechung: BGH NJW 1966, 502; BB 1976, 480; NJW 1997, 2818; OLG Hamburg MDR 1963, 849; BayObLG NJW 1972, 165; LG Würzburg NJW 1960, 2291). Die IHKs müssen beide Fragen nach Verhalten und Auffassung beantworten und in ihrem Gutachten ihre Feststellungen anhand der Ermittlungsergebnisse näher begründen. Dagegen ist es nicht ihre Aufgabe und darf auch nicht einer Umfrage zugrunde gelegt werden, wie die Rechtsfrage selbst beurteilt wird; darüber haben allein die Gerichte zu entscheiden (BGH NJW 1966, 502). Die Kammergutachten vermitteln damit Erkenntnisse, die einzelne Äußerungen der unmittelbar interessierten Fachkreise (etwa der Lieferanten und Abnehmer einer Ware) in der Regel nicht bieten können. Sie werten vielmehr die Antworten aller beteiligten Wirtschaftskreise aus (Gallois, NJW 1954, 1312; Böshagen, NJW 1956, 695; BGH WRP 1955, 102). Aus diesem Grunde muss sich die Befragung an einen ausreichenden Querschnitt der beteiligten Verkehrskreise richten, ohne dass dabei demoskopische Methoden und große Zahlen notwendig sind. Die IHK wird vielmehr Ermittlungen auf breiter Basis anlegen, bei der es vor allem auf die richtige Auswahl der zu befragenden Kaufleute ankommt. Sie befragt deshalb erfahrene Unternehmer, von denen sie eine Marktübersicht erwarten kann (Fachleuteumfrage); die Zahl der befragten Unternehmen und die Streuung auf Unternehmen verschiedener Größe und Rechtsform geben dann ein zutreffendes Bild der Wirtschaftspraxis. Es handelt sich also, der allgemeinen Zielsetzung der Kammerarbeit entsprechend, um die Ermittlung und Auswertung der kaufmännischen Sachkunde. Aus diesem Grunde lehnen die IHKs auch die Erstattung von Gutachten ab und verweisen auf Meinungsforschungsinstitute, wenn es um eine Befragung von Letztverbrauchern geht. 34
Ein anderes Beispiel für Kammergutachten sind die Feststellungen im Markenrecht, ob sich eine Marke im Verkehr durchgesetzt hat (§ 8 Abs. 3 Markengesetz) oder Ähnlichkeiten mit einer anderen Marke aufweist (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 Markengesetz). Auch hier bedarf es eingehender Ermittlungen in den beteiligten Verkehrskreisen (BGH GRUR 1960, 232; Bundespatentgericht vom 4. 6. 1986 – 29 W 9/84; Ströbele und Swoboda, Markenartikel 1984, 127 und 139.).
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Schließlich sind auch noch die firmenrechtlichen Gutachten der IHKs an die Registergerichte zu erwähnen, die auf der Grundlage 54 Möllering
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des § 126 FGG für Firmenklarheit und Firmenwahrheit sorgen sollen. Hierzu haben die Kammern gemeinsam firmenrechtliche Leitsätze entwickelt, die weithin von der Rechtsprechung bestätigt worden sind. Auch diese Leitsätze gehen auf umfangreiche Befragungen und Beratungen zurück und werden je nach Bedarf ergänzt. Die Neuordnung des Firmenrechts durch das Handelsrechtsreformgesetz vom 22. 6. 1998 (BGBl. I, 1471) hat diese Aufgabe wesentlich erleichtert, weil die Firmenbildung weitgehend freigegeben worden ist. Die Gutachtertätigkeit der IHKs ist jedoch nicht auf Zivilgerichte beschränkt, sondern erfolgt genauso für Staatsanwaltschaften (insbesondere in Fällen der Wirtschaftskriminalität und des UWG); hier ist etwa auf den Gutachterausschuss für Wettbewerbsfragen hinzuweisen, dessen Gutachten laufend in der Fachzeitschrift WRP veröffentlicht werden. Auch Finanz- und Verwaltungsgerichte nehmen die Kammern häufiger in Anspruch. Dagegen hat der Aufgabenbereich der Kammern wegen § 1 Abs. 5, sofern keine wirtschaftspolitischen Tatbestände damit verbunden sind, keine Berührung zum Arbeits- und Sozialrecht, so dass auf diesem Gebiet nur ausnahmsweise gutachtliche Feststellungen für die Gerichte möglich sind; in der Regel handelt es sich hier auch gar nicht um wirtschaftliche Fragen im Sinne des Kammerauftrags.
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c) Gesamtwirtschaftliche Beurteilung Soweit es um eine gesamtwirtschaftliche Beurteilung eines Einzelfalles geht, handelt es sich in der Regel um Gutachtenersuche der Verwaltungsbehörden. Der Schwerpunkt liegt hier im Gewerbe- und Verkehrsrecht. Soweit nämlich noch gewerberechtliche Zulassungen notwendig sind oder eine Bedürfnisprüfung erfolgt, wird stets ein Kammergutachten eingeholt. Auch bei Gewerbeuntersagungen nach § 35 GewO wird die zuständige IHK gehört, was in den Verwaltungsvorschriften eingehend geregelt ist. Für das Geschäftsleben wichtiger als solche Einzelfälle sind aber die Kammergutachten, wenn es um regionale Ausnahmen usw. geht; hier bedarf es stets einer gesamtwirtschaftlichen Abwägung.
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Neben diesen gewerberechtlichen Gutachten sind vor allem die Kreditgutachten zu erwähnen, welche die IHKs bei der Vergabe von öffentlichen Mitteln im gewerblichen Bereich erstatten. Ge-
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nauso gehören hierher die Kammergutachten bei UK-Stellungen und bei der Erlaubnis an Ausländer für selbständige Tätigkeiten. In allen diesen Fällen muss die IHK die gesamtwirtschaftliche Lage in der Region wie in den betroffenen Branchen genau kennen, notfalls durch Umfragen im Einzelnen ermitteln und der Behörde in einer nachvollziehbaren Form mit einem Votum unterbreiten. d) Verfahren 39
Bei Eingang des gerichtlichen oder behördlichen Ersuchens um ein Gutachten wird sich die IHK zunächst einmal eine genaue Kenntnis des Sachverhalts in rechtlicher und wirtschaftlicher Hinsicht verschaffen. Denn es kommt darauf an, die Fragen an die sachverständigen Kaufleute so zu stellen, dass die wesentlichen Gesichtspunkte zu erkennen sind, bei der Auswertung berücksichtigt werden können und die abschließende Zusammenfassung der IHK wirklich zur Förderung des Prozesses beiträgt. Deshalb bedürfen gerichtliche Beweisbeschlüsse und behördliche Gutachtenersuchen häufig einer Konkretisierung, um den wirtschaftlichen Kern der Streitfrage in einer umfragegerechten Form herauszuarbeiten. Die Fragestellung und die Abgrenzung der beteiligten Verkehrskreise werden dazu mit der ersuchenden Stelle abgestimmt.
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Die IHK wendet sich dann mit ihrer Umfrage an die sachkundigen Kaufleute ihres Bezirks, was eine genaue Kenntnis der gesamten gewerblichen Wirtschaft des Bezirks, selbst bei Spezialfertigungen und besonderen Absatzformen, voraussetzt. Vorsorglich wird dabei stets auch noch festgestellt, ob ein antwortendes Unternehmen überhaupt in dem streitigen Bereich tätig ist und Erfahrungen hat; negative Antworten darauf scheiden aus der weiteren Auswertung aus. Es ist selbstverständlich, dass bei der Ermittlung von Verkehrsauffassungen ebenso wie bei der gesamtwirtschaftlichen Beurteilung von Sachverhalten alle betroffenen Seiten gehört werden, bei Handelsbräuchen also Lieferanten wie Abnehmer und bei der gesamtwirtschaftlichen Beurteilung nicht nur die unmittelbar betroffenen Verkehrskreise, sondern auch die mittelbar Betroffenen. Im Übrigen werden die verwertbaren Antworten dann von der Kammer – oder bei bundesweiten Ermittlungen vom DIHK – zusammengefasst und ausgewertet. Das Gutachten muss 56 Möllering
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die Ermittlungsgrundlagen, die Ermittlungsergebnisse und die daraus von der Kammer gezogenen Schlussfolgerungen in einer nachvollziehbaren Form darstellen. Für die praktischen Arbeiten auf diesen Gebieten hat der DIHK zwei Merkblätter über die Feststellung von Handelsbräuchen und über die Feststellung der Verkehrsdurchsetzung von Warenzeichen herausgegeben. Darüber hinaus werden in der Kammerpraxis auch die Entwicklungen und Anforderungen der Rechtsprechung berücksichtigt, so in den DIHT-Arbeitshilfen für die Feststellung von Handelsbräuchen aus dem Jahr 1987.
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e) Rechtsfragen Die Gutachten der IHKs in Prozesssachen werden in der Regel aufgrund eines Beweisbeschlusses vom Gericht angefordert. Verfahrensrechtlich sind dies amtliche Auskünfte, also ein eigenständiges Beweismittel im Sinne der §§ 273 Abs. 2 Nr. 3, 358a Satz 2 Nr. 2 ZPO sowie § 26 Abs. 1 Nr. 1 der Verwaltungsverfahrensgesetze. Ihrem Inhalt nach stellen sie Sachverständigengutachten der Kammern als Verwaltungsbehörde dar (BGHZ 62, 95; BGH BB 1976, 480; NJW 1979, 268; NJW 1997, 2818; BVerwGE 73, 1; 31, 212).
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In verwaltungsrechtlicher Sicht handelt es sich bei der Gutachtertätigkeit der IHKs um eine öffentlich-rechtliche Aufgabe, jedoch schlichtverwaltender Art. Sie erfordert keine hoheitlichen Befugnisse und ändert die Rechtslage der Beteiligten nicht. Die Kammergutachten sind mithin keine Verwaltungsakte und können auch nicht im Verwaltungsrechtsweg angefochten werden. Die Gutachtertätigkeit der IHK beruht auf ihrer Verpflichtung gegenüber der anfragenden staatlichen Stelle, ohne dass ein Rechtsverhältnis zu den Beteiligten eines Rechtsstreits oder Verwaltungsverfahrens entsteht. Deshalb hat der VGH Kassel einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) zurückgewiesen, mit dem versucht wurde, ein Kammergutachten zu verhindern (Beschluss vom 20. 7. 1979 – IV I G 26/79). Auch unter dem Gesichtspunkt der Reflexwirkung kann ein Kammergutachten nicht als Verwaltungsakt angefochten werden (vgl. zu den Gutachten der Rechtsanwaltskammern an den Oberlandesgerichtspräsidenten bei der Anwaltszulassung: BVerwG DVBl. 1954, 646).
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Möllering
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§1
Aufgabenbereich
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Das Kammergutachten ist in erster Linie für die ersuchende Stelle bestimmt. Sie ist Herr des Verfahrens und entscheidet nach den für sie maßgebenden Vorschriften, inwieweit das Gutachten der Beteiligten bekanntzugeben ist. Im Prozess ist dies selbstverständlich, im Verwaltungsverfahren vom pflichtgemäßen Ermessen abhängig (vgl. § 29 der Verwaltungsverfahrensgesetze).
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Ein Kammergutachten kann jedoch für die Fachkreise von allgemeinem Interesse sein. Der IHK obliegt es dann, nach pflichtgemäßem Ermessen die Entscheidung, in welcher anonymisierten Form sie ihr Gutachten veröffentlicht oder einem beschränkten Kreis zugänglich macht. Dabei sind grundsätzlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, aber auch die Namen der beteiligten Parteien geheim zu halten, so dass etwa Gutachten in Vergleichssachen oder Kreditangelegenheiten nicht veröffentlicht werden können. Dagegen war es beispielsweise notwendig, die kaufmännische Auffassung bei der Vereinbarung eines Nettopreises (nach Einführung der Mehrwertsteuer) in breiter Form bekannt zu machen.
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Umgekehrt wird vielfach auch versucht, Einzelheiten über die Hintergründe eines Kammergutachtens zu erfahren, insbesondere Aktenunterlagen einzusehen und die Namen von Gewährsleuten der Kammer festzustellen. Darauf brauchen die IHKs selbst in einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren oder bei Prozessen nicht einzugehen. Sie können in verwaltungsgerichtlichen Verfahren (§ 99 VwGO) wie im Strafverfahren (§ 96 StPO) eine Erklärung des Landeswirtschaftsministers als zuständiger Staatsaufsichtsbehörde einholen, wonach eine Verweigerung der Akteneinsicht und der Aktenvorlage im Interesse ihrer weiteren Aufgabenerfüllung notwendig ist. Die IHK ist für ihre Gutachtertätigkeit oft darauf angewiesen, vertrauliche Auskünfte zu erhalten. Sie muss dann auch die Vertraulichkeit im weiteren Verfahren einhalten können, um weiterhin mit einer solchen freiwilligen Unterstützung durch die Kaufmannschaft rechnen zu können. Es ist selbstverständlich, dass die Frage, ob Vertraulichkeit notwendig ist, in jedem Einzelfall gesondert und sorgfältig geprüft werden muss. Eine Einsicht in Kreditgutachten der Kammern ist nicht nur Dritten, sondern sogar den Betroffenen selbst verwehrt (OVG Münster, Beschluss vom 15. 12. 1989 – 4 A 1501/87). Bei der Beurteilung von Einsichtsverlangen sind nunmehr in den Bundesländern, in denen es Informationsfreiheitsgesetze gibt, welche auch für die 58 Möllering
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Benennung von sachkundigen Ausschussmitgliedern
IHKs gelten, deren Regelungen zu beachten (dazu BVerwG vom 15. 10. 2007 – 7 B 9.07; OVG Münster vom 9. 11. 2006 – OVG 8 A 1679/04). Aus dem gleichen Grund bedürfen Kammermitarbeiter einer Aussagegenehmigung, wenn sie als Zeugen über Tatsachen aussagen sollen, die ihnen im Zusammenhang mit ihrer dienstlichen Tätigkeit zur Kenntnis gelangt sind. Die Genehmigung darf nur versagt werden, wenn die Aussage dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Es ist also dieselbe Prüfung anzustellen, wie sie bei der Entscheidung über Akteneinsicht oder Aktenvorlage hinsichtlich der notwendigen Vertraulichkeit vorzunehmen ist. Über die Aussagegenehmigung entscheidet die IHK als Dienstherr, wobei die Verweigerung ein anfechtbarer Verwaltungsakt ist (VGH Freiburg NJW 1956, 1941; OVG Berlin ZBR 1955, 247; OVG Münster DÖV 1959, 874).
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5. Benennung von sachkundigen Ausschussmitgliedern Die Wahrnehmung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirt- 48 schaft und die Beratung staatlicher Instanzen in wirtschaftlichen Fragen vollziehen sich nicht nur in Stellungsnahmen und Gutachten, sondern oft durch die Benennung sachkundiger Kaufleute oder Kammergeschäftsführer für entsprechende staatliche oder kommunale Gremien. In zahlreichen Fällen sind die Kammern verpflichtet, sachkundige Vertreter zu entsenden. Eine erste Übersicht gibt dazu die 2. Auflage dieses Kommentars (S. 329/30); weitere Fälle von Entsendungsrechten sind inzwischen dazugekommen (Rundfunkräte; Bezirksplanungsräte; Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung). Aber auch bei der Bildung von Sachverständigenkommissionen in Bund und Ländern für größere Reformvorhaben werden oft Kammervertreter berufen. Die eigene Tätigkeit der IHK beschränkt sich hier zunächst einmal auf die Beurteilung der Eignung und Sachkunde des zu benennenden Vertreters. Darüber hinaus wird sie ihn im Rahmen ihrer Möglichkeiten bei seiner Aufgabe unterstützen, indem sie ihm Beratungsergebnisse und Erkenntnisse der Kammer für die Mitarbeit zugänglich macht. Insofern kann diese Mitwirkung der Kaufmannschaft durch sachkundige Mitglieder in kommunalen Möllering
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und staatlichen Ausschüssen auch als mittelbare Gutachter- und Sachverständigentätigkeit gewertet werden. 50
Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Aufgabe der IHKs, für die Mitwirkung in den Kammern für Handelssachen der Landgerichte die ehrenamtlichen Handelsrichter zu benennen (§§ 108–110 GVG). Nach § 114 GVG können die Kammern für Handelssachen über Gegenstände, zu deren Beurteilung eine kaufmännische Begutachtung genügt, sowie über das Bestehen von Handelsgebräuchen aufgrund eigener Sachkunde und Wissenschaft entscheiden. In Betracht kommen vor allem selbständige Unternehmer, die im Handelsregister eingetragen worden sind, aber auch die Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften, Genossenschaften und Sparkassen sowie die Geschäftsführer einer GmbH, aber auch Prokuristen. Sie alle müssen aus langjähriger unternehmerischer Tätigkeit Sachkunde und Erfahrung im Geschäftsleben aufweisen. Insgesamt haben die Kammern mehr als 2500 Handelsrichter benannt.
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Neuerdings wirken die IHKs auch mit, die Beisitzer in den Vergabekammern des Bundeskartellamtes zu benennen (§ 106 Abs. 1 GWB).
6. Wahrung von Sitte und Anstand a) Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs 52
§ 1 Abs. 1 überträgt der IHK schließlich die Aufgabe, für Wahrung von Sitte und Anstand des ehrbaren Kaufmanns zu wirken. Das Gesetz lässt auch hier der IHK einen breiten Spielraum, in welcher Weise sie dieser Verpflichtung nachkommen will. Sie kann sich z.B. aufklärend und mit Stellungsnahmen zu Einzelfällen an die Kaufmannschaft und an die Öffentlichkeit wenden. Sie wirkt aber auch dadurch, dass sie ihre Ansichten gutachtlich gegenüber den Gerichten zum Ausdruck bringt und gesetzgeberische Vorschläge macht, etwa zur Novellierung des UWG oder zu den EGRichtlinien über den unlauteren Wettbewerb.
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Einer der Schwerpunkte liegt in der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Kammern kommen dieser Aufgabe nicht nur durch Information und Aufklärung im Einzelfall, sondern auch durch formelle Abmahnungen und Klagen nach. Ihre Klagebefugnis ist 60 Möllering
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ausdrücklich durch § 8 Abs. 3 Nr. 4 UWG normiert (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, § 8 Rz. 3.64). Sie arbeiten darüber hinaus eng mit der von ihnen unterstützten Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs und regionalen Wettbewerbsverbänden zusammen, an denen auch Handwerkskammern und Einzelhandelsverbände beteiligt sind. Durch einen Prozesskostenfonds und sonstige Leistungen unterstützen sie diese gemeinsamen Bemühungen. Vor allem ist hier der GutachterAusschuss für Wettbewerbsfragen noch zu nennen, der von den Spitzenorganisationen der Wirtschaft gebildet wird und dessen Geschäftsführung gemeinsam beim DIHK und dem Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) liegt. Er erstattet Gutachten in Grundsatzfragen, die jeweils in der Fachzeitschrift WRP veröffentlicht werden. Ferner sind hier die bei den IHKs errichteten Einigungsstellen für Wettbewerbsstreitigkeiten nach 15 UWG zu erwähnen (vgl. Rz. 170). Die in dem früheren § 8 Abs. 3 UWG den Kammern übertragene Aufgabe der Entgegennahme von Räumungsverkaufsanzeigen und Nachprüfung der Angaben ist im Zuge der Liberalisierung des deutschen Wettbewerbsrechts seit dem 8. Juli 2004 entfallen. In diesem Zusammenhang muss schließlich auch das Klagerecht der IHKs gegen unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 UKlaG erwähnt werden; damit können die Kammern Unterlassungs- und Widerrufsansprüche geltend machen. Aber auch bei § 126 FGG, welcher ihnen die Mitwirkung bei der Führung des Handelsregisters anvertraut, geht es um die Grundsätze der Firmenklarheit (§ 18 Abs. 2 HGB), also um eine Frage der Lauterkeit im Wettbewerb.
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b) Ehrengerichtsbarkeit Die Bestrebungen der IHKs, eine kaufmännische Ehrengerichtsbarkeit im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereichs zu errichten, reichen lange zurück (vgl. 3. Aufl., S. 61). Das IHKG lässt eine solche Ehrengerichtsbarkeit jedoch nicht mehr zu, weil es nicht die dafür notwendigen ausdrücklichen Ermächtigungen enthält. Insbesondere ist es nicht zulässig, im Rahmen der Ehrengerichtsbarkeit einem Kammerzugehörigen Wahlrecht oder Wählbarkeit abzusprechen; die zulässigen Einschränkungen des Wahlrechts finden sich allein in den Wahlordnungen und müssen sich im Rahmen von Möllering
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§ 5 Abs. 3 halten. Ebenso kann die IHK kein kaufmännisches Ehrengericht bilden, das einen Einlassungszwang vorschreibt und Sanktionen (z.B. Rüge oder Verweis) verhängt (vgl. Bremer, BB 1964, 828; Mohr/Faber, GewArch 1989, 157). Eine Berufsaufsicht wie bei den freien Berufen (mit Berufsaufsichtsverfahren und Sanktionen bis hin zum Ausschluss) findet nicht statt (BVerwG DVBl. 1995, 43 – Lotsenbrüderschaft – mit Hinweis auf BVerfGE 50, 16/17 und BVerwGE 90, 359, 363). 56
Ungeachtet dieser Einschränkungen kann die IHK allerdings einen Ehrenausschuss oder eine Spruchstelle für Ehrenangelegenheiten errichten, die lediglich gutachtlich tätig werden. Niemand kann dabei zur Unterwerfung gezwungen werden. Bei Zustimmung zum Verfahren hat die Spruchstelle jedoch die Möglichkeit zur Feststellung, dass ein bestimmtes Verhalten Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns verletzt oder dass dieser Vorwurf unbegründet ist. Selbst wenn eine Zustimmung zum Verfahren nicht vorliegt, muss man die IHK für befugt halten, ihr eingereichte schlüssige Unterlagen, aus denen sich Anhaltspunkte für ein unehrenhaftes Verhalten eines Kammerzugehörigen ergeben, in einem förmlichen Verfahren zu behandeln. Dabei sind alle in Betracht kommenden Erkenntnisquellen auszuschöpfen, und es ist dem Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Das Ergebnis eines solchen Verfahrens kann allerdings nur eine abstrakte Feststellung sein, ob ein bestimmtes Verhalten Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns verletzt oder nicht; der Betroffene kann dabei nicht genannt werden. Im Übrigen bleibt es dann der IHK überlassen, in welcher Form sie eine solche abstrakte Feststellung verwertet, ohne dass Rückschlüsse auf die Beteiligten möglich sind (ablehnend dazu Bremer, Kammerrecht der Wirtschaft, S. 53). Besonders erwähnt werden soll in diesem Zusammenhang die „Versammlung Eines Ehrbahren Kaufmanns e.V.“, die historisch und organisatorisch eng mit der Handelskammer Hamburg verbunden ist. Die Satzung des Vereins sieht ein Ausschlussverfahren vor, wenn das Mitglied nicht mehr die Gewähr für einwandfreies Verhalten im Geschäftsverkehr bietet (vgl. Vorauflage § 1 Rz. 59). c) Bekämpfung der Korruption
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Die Bekämpfung der Korruption ist in jüngerer Zeit stärker in das Bewusstsein der Wirtschaft und der Öffentlichkeit gerückt. Dazu 62 Möllering
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haben eine Reihe spektakulärer Korruptionsfälle beigetragen, die wiederum Anlass für das KorrBekG vom 13. 8. 1997 und insbesondere das OECD-Übereinkommen über die Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr vom 21. 11. 1997 gaben. Letzteres wurde durch das InBestG vom 10. 9. 1998 in deutsches Recht umgesetzt. Auch das Übereinkommen über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vom 26. 7. 1995 mit Protokoll vom 27. 9. 1996 – umgesetzt durch das EUBestG vom 10. 9. 1998 – hat zu weiteren Verschärfungen des deutschen Korruptionsstrafrechts geführt (zum Ganzen Pieth/Eigen (Hrsg.), Korruption im internationalen Geschäftsverkehr, 1999; Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 2007). Das UN-Übereinkommen gegen Korruption vom 31. 10. 2003 sowie das am 15. 5. 2003 unterzeichnete Zusatzprotokoll zum Strafrechtsübereinkommen des Europarates über Korruption und der Rahmenbeschluss 2003/568/JI des Rates der EU vom 22. Juli 2003 (Abl. EU Nr. L 192, 54) machen weitere Anpassungen des deutschen Rechts erforderlich, die beispielsweise zu einer deutlichen Erweiterung des Tatbestands der Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr führen könnten. Aufgrund der genannten Rechtsentwicklung ist heute nicht nur eine sehr weit reichende Strafbarkeit der Gewährung und Annahme von Vergünstigungen in Bezug auf deutsche Amtsträger gegeben. Auch die Bestechung von ausländischen Amtsträgern und von Mitarbeitern in- und ausländischer Geschäftspartner ist unter Strafe gestellt. Schmiergeldzahlungen – auch im Ausland – sind bei der steuerlichen Gewinnermittlung nicht mehr absetzbar. Dies hat auch der Verpflichtung der IHKs nach § 1 Abs. 1, für Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken, einen neuen Impuls gegeben. So ist zwangsläufig der Informationsbedarf der IHK-zugehörigen Unternehmen deutlich gewachsen. Dem wird durch Informationsveranstaltungen vor allem im Bereich Außenwirtschaft Rechnung getragen. Außerdem wird die IHK-Organisation beim Monitoring-Verfahren im Rahmen des OECD-Übereinkommens konsultiert. Einzelne IHKs engagieren sich zusammen mit anderen Organisationen der Wirtschaft auch institutionell bei der Bekämpfung der Korruption. So wurde etwa mit maßgeblicher Unterstützung der Handelskammer Hamburg bei PRO HONORE e.V. Hamburg eine Vertrauensstelle zu Bekämpfung der Korruption eingerichtet. Dass die Möglichkeiten der deutschen IHKs auf diesem Gebiet noch nicht ausgeschöpft sind, zeigt indes das Möllering
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Schwedische Institut zur Bekämpfung der Korruption, das bei der Handelskammer Stockholm bereits seit 1923 besteht. Zweck des Instituts ist es, die Öffentlichkeit über Rechtsgrundlagen und Korruptionsfälle zu informieren. Es werden jedoch auch konkrete Einzelfragen beantwortet und im Auftrag von Behörden und Gerichten Gutachten erstellt (Möllering, in: Dölling (Hrsg.), Handbuch der Korruptionsprävention, 82). Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass auch auf der Ebene der Bundesländer Vorschriften zum Zwecke der Korruptionsbekämpfung erlassen werden, die ggf. für die IHKs unmittelbar Pflichten begründen können. (Beispielsweise das Korruptionsbekämpfungsgesetz NRW vom 16. 12. 2004 – GV.NRW.2005, 8).
7. Anlagen und Einrichtungen zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft 58
Während § 1 Abs. 1 sich darauf beschränkt, die Wahrung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft und den Förderungsauftrag zu umreißen, bringt § 1 Abs. 2 die „Instrumentalisierung“ und damit eine sachgerechte Ausfüllung des durch Abs. 1 gezogenen Rahmens. Die IHKs können Anlagen und Einrichtungen, die der Förderung der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige dienen, begründen, unterhalten und unterstützen. Der Gesetzgeber beschränkt sich damit auf eine Art von „gesetzlicher Ermächtigung“, die das weite Gebiet der Selbstverwaltung der Wirtschaft umfasst. Es bleibt der Entscheidung der Kammer überlassen, ob, inwieweit und in welcher Form sie im Rahmen des Abs. 2 tätig wird. Sie kann die Initiative selbst ergreifen oder sich an anderweitigen Initiativen oder schon vorhandenen Anlagen oder Einrichtungen beteiligen. Insbesondere kann sie allein oder zusammen mit anderen Kammern und mit gewissen Einschränkungen auch Verbänden (siehe unten Rz. 61) Träger solcher Einrichtungen werden und sich dabei auch privatrechtlicher Formen bedienen, etwa eines Vereins oder auch einer GmbH; aber auch als Stifter in einer privatrechtlichen Stiftung auftreten. Diese Form der Ausgliederung in einen selbständigen Rechtsträger hat sich insbesondere bei der Zusammenarbeit mit anderen Organisationen bewährt. Entscheidend ist, dass der satzungsmäßige Zweck dieser Anlage oder Einrichtung im Interesse der gewerblichen Wirtschaft oder eines Teils von ihr liegt, die Förderung also zum gesetzlichen Kammerauftrag gehört (BVerwG NJW 1987, 338; an64 Möllering
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scheinend etwas enger BVerwG, NJW 1987, 337). Auf keinen Fall kann die IHK ihren Aufgabenkreis durch eine solche Ausgliederung erweitern (Erbguth/Stollmann, DÖV 1993, 798). Es ist auch selbstverständlich, dass kein Nutzungszwang vorgeschrieben werden kann (OVG Erfurt GewArch 1998, 26). § 1 Abs. 2 hat zudem durch die höchstrichterliche Rechtspre- 59 chung in Bezug auf die Zweckbezogenheit eine einschränkende Interpretation erfahren: Die Wendung „der Förderung … dienen“ steht nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts der erkennbar weiteren in § 1 Abs. 1 gegenüber („für die Förderung … zu wirken“). Die Vorschrift des § 1 Abs. 2 nehme auch nicht lediglich auf § 1 Abs. 1 Bezug, was für die Absicht des Gesetzgebers spräche, klarzustellen, dass die Kammeraufgaben die Begründung, Unterhaltung und Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen im Rahmen des § 1 Abs. 1 umfassten. Da Anlagen und Einrichtungen – im Gegensatz zu den Interessen wahrenden Tätigkeiten nach § 1 Abs. 1 – typischerweise verfestigt und auf Dauer angelegt seien, verbinde sich mit dem Begriff des „Dienens“ vielmehr die Vorstellung einer gewissen Nachhaltigkeit, die nur dann erzielt werde, wenn die jeweilige Anlage oder Einrichtung gerade und in erster Linie das Interesse der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige fördere. Daraus wiederum leitet das Gericht ab, dass die IHKs nicht legitimiert sind, Anlagen und Einrichtungen zu begründen, zu unterhalten und zu unterstützen, die dem (allgemeinen) öffentlichen Interesse dienen. Begründet oder unterhält die IHK gemeinsam mit anderen Personen oder Verbänden eine Anlage oder Einrichtung, wird zwar nicht verlangt, dass die Interessen der anderen Beteiligten mit dem Förderungsauftrag der IHK identisch sind. Es genügt vielmehr, dass diese in Bezug auf das Vorhaben gleichgerichtet sind. Unzulässig ist hingegen die Beteiligung der IHK gemeinsam mit anderen Personen oder Verbänden, wenn letztere mit der gemeinsamen Einrichtung andere Zwecke verfolgen. Im entschiedenen Fall ging es um die Beteiligung der IHK an einem Flugplatz, der auch von Sportfliegern genutzt wurde (BVerwG GewArch 2001, 161; VGH München GewArch 2000, 60; dazu Jahn, GewArch 2001, 146; Kormann, GewArch 2003, 89; Selmer, JuS 2001, 823). Für die Frage der Zulässigkeit ist es grundsätzlich unerheblich, ob die Beteiligung der IHK einen hohen oder niedrigen finanziellen Möllering
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Einsatz verlangt. Selbst Minderheitsbeteiligungen von wenigen Tausend Euro können unzulässig sein, wenn die Zwecke, denen die Einrichtung dient, nicht ausschließlich dem Förderungsauftrag entsprechen. Das Bundesverwaltungsgericht hält jedoch ausnahmsweise eine Beteiligung an einer Einrichtung, die auch Zwecken jenseits der Förderung der gewerblichen Wirtschaft des IHK-Bezirks dient, für zulässig, wenn die IHK auf diese Weise das ihr obliegende Interesse wirksam zur Geltung bringen kann und feststeht, dass sich die Beteiligung in der Interessenwahrnehmung erschöpft. Das wurde etwa im Falle einer bloßen Anschubbeteiligung angenommen, wenn dieser Zweck bereits in dem zugrundeliegenden Beschluss der Vollversammlung deutlich geworden war (BVerwG GewArch 2001, 161; VGH München GewArch 2001, 235). 61
Ebenso kann die IHK aber im Rahmen ihrer eigenen Organisation rechtlich unselbständige Anlagen oder Einrichtungen schaffen, beispielsweise für Dienstleistungen, welche die kammerzugehörigen Unternehmen brauchen und die im allgemeinen Interesse der Bezirkswirtschaft liegen. Im Schwerpunkt handelt es sich dabei um Informations-, Beratung- und Weiterbildungsangebote, die insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen sonst nicht zur Verfügung stehen oder von ihnen bisher nicht ausreichend genutzt wurden.
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Die Rechtsprechung hat inzwischen in zahlreichen Fällen die Zulässigkeit solcher Anlagen und Einrichtungen auch in einer privaten Rechtsform anerkannt. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits sehr frühzeitig entschieden, dass die Inkassotätigkeit von Kreishandwerkerschaften zulässig ist (BVerwG GewArch 1957, 130; OLG Hamm WRP 1982, 536; OLG Köln GRUR 1987, 277; Aberle, GewArch 1970, 1). Ebenso wurde anerkannt, dass eine Handwerkskammer im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags die Kammerzugehörigen beraten und eine betriebswirtschaftliche Beratungsstelle unterhalten darf, auch wenn dadurch eine Konkurrenz für freiberufliche Berater entsteht (OVG Lüneburg GewArch 1986, 201; Vorinstanz VG Schleswig GewArch 1982, 30). Schließlich ist die Technologieberatung der Industrie- und Handelskammern zu erwähnen, welche das OLG Karlsruhe (GewArch 1989, 208) als zulässig anerkannt hat; die Kammer muss lediglich bei der Werbung für diese Technologieberatung gleichzeitig auch auf vergleichbare private Anbieter hinweisen. Genauso hat das OLG 66 Möllering
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Anlagen und Einrichtungen
Celle entschieden, wenn eine Kammer für ihre Fortbildungslehrgänge wirbt (GewArch 1997, 347). Der gesetzliche Förderungsauftrag der Kammern umfasst also auch solche Einzelberatungen von Kammerzugehörigen, welche die Steigerung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Gesamtinteresse sichern sollen. Im Rahmen des gesetzlichen Förderungsauftrags der IHK liegen aber auch Beteiligungen an Unternehmen, die insgesamt für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region von Bedeutung sind. Kammern dürfen sich deshalb an Messe- und Ausstellungsgesellschaften beteiligen, weil damit eine gesamtwirtschaftliche Förderung verbunden ist (BGH DVBl. 1964, 475 für die Beteiligung einer Landwirtschaftskammer an einer Landwirtschaftsausstellung; VGH München GewArch 1987, 202 für die Beteiligung einer Handwerkskammer an einer Messegesellschaft; VG Schleswig GewArch 1997, 144 – Beteiligung der IHKs an einer GmbH, die Gemeinschaftsstände auf Auslandsmessen organisiert). Das Gleiche gilt für den Kammerbeitritt zu Vereinen, welche dasselbe Ziel wie die Kammern bei der Förderung der Wirtschaft verfolgen (BVerwG NJW 1987, 337; OVG Bremen AnwBl. 1993, 537; großzügiger für Anwaltskammern im Bundesverband Freier Berufe: BGH BRAK-Mitt. 1996, 126/127; Handwerkskammern im Zentralverband des deutschen Handwerks: BVerwGE 74, 254; OVG Münster NJW 1975, 1475; GewArch 1983, 302).
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Bei allen diesen Informations-, Beratungs- und Weiterbildungsangeboten der IHKs lässt sich nicht ausschließen, dass zumindest am Rande und in der Folge der Zeit wirtschaftlich eine Wettbewerbssituation zu vergleichbaren gewerblichen und freiberuflichen Anbietern der gleichen Leistungen entsteht (dazu umfassend Hövelberndt, Kammern als Wettbewerber, 135 ff.). Eine solche Wettbewerbssituation entsteht besonders häufig, wenn Kammern mit ihren Dienstleistungsangeboten zunächst eine Marktlücke, insbesondere bei Fortbildung und Beratung, füllen und erst später gewerbliche und freiberufliche Anbieter in diesem von der Kammer erschlossenen Gebiet als Wettbewerber auftreten, wenn sich diese neue Tätigkeit auch privatwirtschaftlich lohnt. Erst die „Pionierarbeit“ der IHK führt zum Wettbewerb. Die oben zitierte Rechtsprechung zeigt jedoch, dass eine solche Wettbewerbssituation die Kammerbetätigung nicht unzulässig macht, solange kammerzugehörige Unternehmen nicht ernsthaft dadurch beeinträchtigt werden (OVG Lüneburg GewArch 1986, 201; OLG Karlsruhe GewArch
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1989, 208; OLG Celle GewArch 1997, 347; Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 20. 8. 1981, welcher die Technologieberatung der Industrie- und Handelskammern auch bei Konkurrenz zu privaten Anbietern bestätigt; vgl, auch BGH GewArch 1991, 26). Ebenso unterstützt die Bundesregierung den Beratungsservice der Kammern bei der Technologie- und Innovationsberatung (BT 9/1902 vom 6. 8. 1982). Die Entscheidung darüber, ob eine im Rahmen des Förderungsauftrags erbrachte Dienstleistung der IHK in Konkurrenz zu einzelnen Mitgliedern zulässig ist, muss anhand der in § 1 Abs. 1 vorgeschriebenen Interessenabwägung getroffen werden. Abzuwägen ist das Interesse der Mitgliedschaft der IHK an der betreffenden Dienstleistung gegenüber dem Interesse der kammerzugehörigen Konkurrenzanbieter, dass diese Dienstleistung unterbleibt. Das Vorhandensein eines umfassenden und qualitativ ausreichenden Angebots am Markt spricht für ein Überwiegen des Interesses der privaten Anbieter, ein nicht ausreichendes Angebot am Markt eher für das zuerst genannte Interesse. Für die Aktivität der IHK sprechen ferner ein enger Bezug zu deren klassischen Aufgaben und das Vorhandensein einer besonderen Kompetenz. Neue Konkurrenten von etablierten IHK-Dienstleistungen sind weniger schutzwürdig als Anbieter, die schon vor der IHK am Markt waren (VG Freiburg GewArch 2005, 478). Auch geographische Besonderheiten des Kammerbezirkes sind zu berücksichtigen. Dieses Abwägungsgebot bedeutet weiterhin, dass grundsätzlich die Vollversammlung der IHK die Entscheidung über das Dienstleistungsangebot der IHK zu treffen hat – nicht über jede einzelne Tätigkeit und jeden einzelnen Kurs, aber doch über die Grundzüge des Angebots. Sie hat diese Entscheidung auch von Zeit zu Zeit zu überprüfen, so dass sie regelmäßig über die Entwicklungen des Dienstleistungsangebots der IHK und die Situation auf dem Markt zu informieren ist. Diese Verpflichtungen bestehen auch, wenn die Dienstleistung nicht von der IHK selbst erbracht wird, sondern in eine Einrichtung mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgelagert ist (Kluth/Voigt, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 351). Wenn die IHK Dienstleistungen anbietet, die auch von einzelnen Mitgliedern angeboten werden, so muss sie über diese Dienstleistungen der Mitglieder grundsätzlich in gleicher Weise wie über ihre eigenen Dienstleistungen informieren (OLG Celle GewArch 1997, 347; enger bei auswärtigen Anbietern und vor dem Hintergrund der fortschreitenden technischen Entwicklung der Informationsmedien: LG Münster vom 12. 2. 2006 – 68 Möllering
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24 O 165/05). Umgekehrt kann die IHK gegenüber den gleiche Leistungen anbietenden Mitgliedern wettbewerbsrechtlichen Schutz nicht – oder zumindest nur eingeschränkt – in Anspruch nehmen (OLG Koblenz, MDR 2001, 643). Die Grenze für die Serviceangebote der IHK liegt weniger in der Konkurrenzsituation, sondern darin, dass den Kammern eine rein gewerbliche Betätigung versagt ist, die nicht mehr vom Förderungsauftrag des § 1 Abs. 1 gedeckt wird. Insoweit geht das nicht rechtskräftig gewordene Urteil des OVG Koblenz (GewArch 1980, S. 339) in der Begründung zu weit, weil es nicht genügend differenziert. Sicherlich ist öffentlich-rechtlichen Körperschaften eine rein gewerbliche Betätigung zum Zwecke der Etatfinanzierung oder Betriebsauslastung untersagt (vgl. für Gemeinden BVerfGE 39, 329; speziell zur GO NW OLG Hamm NJW 1998, 3504). Die Grenze ist jedoch noch nicht dadurch überschritten, dass eine handelsrechtliche Form für die Durchführung des Förderauftrags gewählt wird und Gewinnerzielung nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird (vgl. die differenzierten Ausführungen von Stober, ZHR 1981, S. 565; VGH München GewArch 1987, 202; sehr eng noch Fröhler/Kormann, GewArch 1984, 177; wie hier Kormann, GewArch 1987, 249, 257; zusammenfassend Erdmann, Wirtschaftliche Betätigung von Wirtschaftskammern, DVBl. 1998, 13, der zwischen dem Kernbereich der Kammeraufgaben und einer Grundversorgung im Übrigen unterscheidet; ähnlich Kannengießer, WiVerw 1998, 182). Unter dem Gesichtspunkt des fairen und unverfälschten Wettbewerbs ist sogar zu befürworten, dass die IHK bei individualnützlichen Dienstleistungen marktübliche Entgelte nimmt, statt diese aus Mitgliedsbeiträgen zu subventionieren. Die kritische Grenze ist jedenfalls dann überschritten, wenn die IHK Dienstleistungen so billig anbietet, dass für den Großteil ihrer Konkurrenten die Gefahr der Verdrängung vom Markt besteht (Kluth/Voigt, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 351, 411).
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Als Einrichtungen und Anlagen, die der Förderung der gewerblichen Wirtschaft dienen, sind vor allem kaufmännische und gewerbliche Bildungszentren, Fortbildungsschulen, Lehrwerkstätten und die Veranstaltung von Lehrgängen anzusehen. Ebenso gehören hierher Beratungsstellen und Beratungsdienste, die insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, für Innovation und Technologietransfer, für Exportfragen oder betriebswirtschaftliche Organisation eingerichtet werden. Auch Informationsdienste, sei
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es in gedruckter oder in elektronischer Form, gehören dazu. Schließlich ist die Beteiligung der IHK an Messegesellschaften, an Gesellschaften zur Beseitigung von Sondermüll oder an Kreditgarantiegemeinschaften zu erwähnen, welche für die gewerbliche Wirtschaft von besonderer Bedeutung sind. Früher widmeten sich die Kammern auch dem Betrieb von Hafen- und Speicheranlagen, der Bereitstellung von technischen Hilfsdiensten wie der Unterhaltung von Berufs- und Fachschulen; solche Kammeraktivitäten sind heute noch gesetzlich zulässig, werden aber nur noch relativ selten ausgeübt. Streng zu trennen von dieser Aufgabenerfüllung in privatrechtlicher Form ist die fiskalische Nutzung des Kammervermögens durch Vermietung oder Verpachtung; sie regelt sich allein nach Haushaltsrecht. 67
Zu den von den IHKs gegründeten und den Beteiligten zur Verfügung gestellten Einrichtungen gehören ferner auch die Schiedsgerichte. Kaufmännische Schiedsgerichte dienen in der Regel der Erledigung sachlicher Streitfragen aus dem Bereich des Warenoder Dienstleistungsverkehrs. Zahlreiche IHKs haben deshalb eine eigene Schiedsgerichtsordnung, die von Unternehmen im Bedarfsfall vereinbart werden kann; wenn sich die Parteien nicht auf einen Schiedsrichter oder einen Obmann des Schiedsgerichts einigen oder mit einer Schiedsrichterbenennung in Verzug geraten, ist es dann Aufgabe der Kammer, eine Ersatzberufung vorzunehmen (HK Hamburg, Rechtsprechung kaufmännischer Schiedsgerichte 1988–1994, Hamburg/Baden-Baden 1994). Bundesweit ist hier die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) zu erwähnen, an der die Kammern maßgeblich beteiligt sind und die eine eigene Schiedsordnung zur Verfügung stellt.
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Schließlich gehören zu diesen Einrichtungen die Mediationsstellen und Schlichtungsstellen, die bei zahlreichen IHKs etwa für kaufmännische Streitigkeiten oder Verbraucherbeschwerden – mehr oder weniger institutionalisiert – errichtet sind. Sie sollen im Interesse der Bezirkswirtschaft durch eine sachkundige Schlichtung versuchen, Streitigkeiten zwischen Kaufleuten bzw. mit Letztverbrauchern gütlich beizulegen. In der Praxis haben sich diese Schlichtungsstellen bewährt und oft schon im Vorfeld Streitigkeiten erledigen können. In einem Teil der Fälle kommt es jedoch auch zu formellen Schlichtungsverhandlungen mit einem abschließenden Schlichtungsvorschlag oder Mediationsergebnis. Der Rechtsweg wird dadurch für die Beteiligten nicht 70 Möllering
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ausgeschlossen. In einigen Ländern sind bei den IHKs auch Schlichtungsstellen nach § 15a EGZPO eingerichtet.
8. Berufsbildung a) Historische Entwicklung Die IHKs haben sich seit vielen Jahrzehnten, besonders intensiv aber seit den dreißiger Jahren, einer Ordnung und Systematisierung der Berufsausbildung gewidmet. Sie haben dabei ein umfassendes System von anerkannten Lehrberufen, Ordnungsmitteln, Ausbildungsrichtlinien und Prüfungsordnungen entwickelt sowie zur Erfassung der Lehrlinge und Ausbildungsbetriebe die Lehrlingsrolle eingerichtet. In zunehmendem Umfang sind Lehrabschlussprüfungen abgenommen worden, so dass schließlich in fast allen Fällen Erfolg oder Misserfolg einer Ausbildung durch eine Prüfung kontrolliert werden konnte. Zentralstelle für die Erarbeitung der Ordnungsmittel war dabei nach dem Zweiten Weltkrieg die „Arbeitsstelle für betriebliche Berufsbildung“ (ABB) in Bonn, die von der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände, dem Bundesverband der Deutschen Industrie und dem DIHT gemeinsam getragen wurde. Die von der ABB unter Mitwirkung der Gewerkschaften erarbeiteten Berufsbilder dienten dem Bundesminister für Wirtschaft als Grundlage bei der Anerkennung eines Lehrberufs; auch bei der Änderung von Berufsbildern oder bei der Streichung von Lehrberufen bediente sich der Bundesminister für Wirtschaft der vorbereitenden Tätigkeit der Arbeitsstelle (vgl.: Behmenburg, Kompetenzverteilung bei der Berufsbildung, 26 ff.; Ipsen, Berufsausbildungsrecht für Handel, Gewerbe und Industrie; Hoffmann, Zur Geschichte der Berufsausbildung in Deutschland; Junge, Die Ordnung der kaufmännischen und gewerblichen Berufsausbildung durch die Industrie- und Handelskammern, BB 1961, 534; Krause, Neustrukturierung der beruflichen Bildung – Wege in die Zukunft; 10 Jahre Arbeitsstelle für Betriebliche Berufsausbildung, 1957; 15 Jahre Arbeitsstelle für Betriebliche Berufsausbildung, 1962).
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Die Tätigkeit der IHKs auf dem Gebiet der Berufsausbildung leitete sich aus einer sehr allgemein gehaltenen Ermächtigung in den früheren Landesgesetzen (z.B. § 38 Abs. 2 Pr. IHKG, § 2 Nr. 3 Bay. IHK-VO) her. Das IHK-Gesetz (IHKG) von 1956 hat diese Rechts-
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grundlagen übernommen (für den Bereich des Handwerks galt insoweit § 91 Abs. 1 Nr. 4, 5 und 6 HwO), so dass die Kammern ihre aus diesem Bereich bewährte Tätigkeit als Aufgabe der Selbstverwaltung weiter ausüben konnten und weiter ausgebaut haben. Dass sie dabei nur unter „Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften“ tätig sein konnten, war selbstverständlich und bedurfte an sich keines solchen einschränkenden Hinweises im Gesetzestext. Dass auch für den Bereich der Berufsausbildung das Organisationsrecht der IHKs im IHKG abschließend geregelt war und dass auch hier nur die allgemeine Rechtsaufsicht durch die Aufsichtsbehörde gem. § 11 Abs. 1 ausgeübt werden konnte, ist durch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG GewArch 1961, 42) bestätigt worden. 71
Wenn das IHKG die IHKs ermächtigt hatte, Maßnahmen zur Förderung und Durchführung der kaufmännischen und gewerblichen Berufsausbildung zu treffen, so umfasste diese Aufgabe auch die Befugnis, in diesem Bereich Rechtsvorschriften zu erlassen. Diese Satzungsgewalt erstreckte sich insoweit auch auf Nicht-Kammerzugehörige, seien es Lehrlinge, Bewerber für Weiterbildungsprüfungen oder Ausbildungsbetriebe, die als Nicht-Kammerzugehörige in anerkannten gewerblichen oder kaufmännischen Ausbildungsberufen ausbildeten (vgl. BVerfGE 12, 319; BürkleStorz, Verfassungsrechtliche Grundlagen und Grenzen der Satzungsautonomie berufsständischer Korporationen, 147 ff.; a.A. Wentzel, Autonomes Berufsbildungsrecht und Grundgesetz, Zur Rechtsetzung der Industrie- und Handelskammern und Handwerksorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland). b) Berufsbildungsgesetz (BBiG)
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Das Berufsbildungsgesetz vom 14. 8. 1969 (BGBl. I, 1112) schuf für diese traditionelle Kammeraufgabe neue Rechtsgrundlagen. Es kodifizierte die bisherige Entwicklung der Berufsbildung durch die Kammern. Das BBiG wurde mehrfach novelliert und durch das Berufsbildungsreformgesetz vom 23. 3. 2005 (BGBl. I, 931), zuletzt geändert durch Art. 9b des Zweiten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft (MEG II) vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246), wesentlich modernisiert. Der Gesetzgeber legt darin die Rahmenbedingungen für die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung, die be72 Wurster
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rufliche Fortbildung und die berufliche Umschulung (vgl. die Definitionen in § 1 BBiG) fest. Die einzelnen Ausbildungsordnungen werden im Rahmen von Verordnungen (§§ 4, 5 BBiG) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie erlassen, wobei der Bundesminister bzw. die Bundesministerin die Vorarbeiten dem Bundesinstitut für Berufsbildung übertragen kann (§§ 89 ff. BBiG; bis zur BBiG-Novellierung im Jahr 2005 geregelt im Berufsausbildungsförderungsgesetz vom 12. 1. 1994, BGBl. I, 78). Hinzu kommen zahlreiche weitere Ausführungsverordnungen, z.B. die Ausbildereignungsverordnung (AEVO) vom 16. 2. 1999 (BGBl. I, 157), zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. 5. 2008 (BGBl. I, 854), die Anrechnungsverordnungen der Länder etwa für das schulische Berufsgrundbildungsjahr oder den Besuch einer einjährigen Berufsfachschule (ausführlich Hurlebaus, Rechtsratgeber Berufsbildung, 152). Die Anrechnungsverordnungen des Bundes traten durch Art. 8 Abs. 3 des Berufsbildungsreformgesetzes am 1. 8. 2006 außer Kraft. Zusammen mit den parallelen Bestimmungen der Handwerksordnung und dem Jugendarbeitsschutzgesetz vom 12. 4. 1976 (BGBl. I, 965), zuletzt geändert durch Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes vom 31.10.2008 (BGBl. I, 2149), bildet das Berufsbildungsrecht inzwischen eine eigene Rechtsmaterie, so dass auf die einschlägigen Kommentare und die Entscheidungssammlung verwiesen werden muss (Braun/Mühlhausen/Munk/Stück, BBiG; Gedon/Hurlebaus, Berufsbildungsrecht; Herkert/Töltl, BBiG; Knopp/Kraegeloh, BBiG; Leinemann/Taubert, BBiG; Wohlgemuth, BBiG; Hurlebaus, Rechtsratgeber Berufsbildung; Hurlebaus, Entscheidungssammlung zum Berufsbildungsrecht [EzB]). Dieser Kommentar kann deshalb nur die kammerrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Bezüge des Berufsbildungsrechts behandeln, nicht dagegen die arbeitsrechtlichen Fragen oder bildungspolitischen Probleme.
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Die neuen Rechtsgrundlagen haben an der praktischen Arbeit der 74 IHKs auf dem Gebiet der Berufsbildung zunächst wenig geändert. Aufgrund der großen politischen Bedeutung des Berufsbildungswesens sind seine rechtlichen Grundlagen jedoch einer kontinuierlichen Entwicklung unterworfen. Das Ausbildungsplatzförderungsgesetz vom 7. 9. 1976 (BGBl. I, 2658) etwa hat die IHKs bei der Erstellung der Berufsbildungsstatistik, die als Grundlage für den jährlich zu erstattenden Berufsbildungsbericht der Bundesregierung diente, in die Pflicht genommen. Sie waren nach § 12 Wurster
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Abs. 2 dieses Gesetzes als zuständige Stellen auskunftspflichtig, soweit bei ihnen die für die Erhebung erforderlichen Daten vorlagen und erhoben wurden. Hieraus hat sich ein sehr detailliertes Berichtssystem entwickelt, besonders über Daten im Zusammenhang mit der Eintragung der Ausbildungsverhältnisse und mit den Zwischen- und Abschlussprüfungen. Außerdem waren die IHKs über ihre Spitzenorganisation, den DIHT, am Vorschlagsrecht für die Berufung der Beauftragten der Arbeitgeber im Hauptausschuss des neuen Bundesinstituts für Berufsbildung beteiligt (§ 16 Abs. 3). Das Gesetz ist durch Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. 12. 1980 (BVerfGE 55, 274 = GewArch 1981, 41 und 52) für nichtig erklärt worden, womit sowohl für den Berufsbildungsbericht (einschließlich der Ausbildungsstatistik) wie für das Bundesinstitut und seinen Hauptausschuss ex tunc die Rechtsgrundlage weggefallen war. Gleichzeitig war die Basis für eine Erhebung der Berufsausbildungsabgabe entfallen, die zur Finanzierung der in § 2 vorgesehenen Förderungsmaßnahmen dienen sollte, allerdings niemals erhoben wurde. 75
Nach dem daraufhin verabschiedeten neuen Gesetz (Berufsbildungsförderungsgesetz vom 23. 12. 1981, BGBl. I, 1692), wurde wiederum ein Bundesinstitut mit Hauptausschuss errichtet; an dem Vorschlagsrecht für die Beauftragten der Arbeitgeber in diesem Ausschuss war wiederum der DIHT namens der Kammerorganisation beteiligt. Einen jährlichen Bildungsbericht der Bundesregierung schrieb § 3 vor. Die politisch und rechtlich so umstrittene Ausbildungsabgabe sah das Gesetz nicht mehr vor (vgl. dazu BVerfGE 55, 274 = GewArch 1981, 41 und 52). Im Rahmen der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes im Jahr 2005 wurde das Berufsbildungsförderungsgesetz in das BBiG integriert und um eine Definition der Ziele der Berufsbildungsforschung ergänzt. Dieser Teil des Gesetzes (§§ 84 ff. BBiG) enthält nach wie vor Regelungen zur Berufsbildungsforschung, zur Planung und zur Statistik sowie zur Arbeit des Bundesinstituts für Berufsbildung in Bonn. Noch immer ist der heutige DIHK an der Besetzung des Hauptausschusses beteiligt (§ 92 Abs. 4 BBiG).
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Die Reform von 2005 hat das Berufsbildungsrecht in einigen weiteren Punkten modernisiert (dazu ausführlich Mühlhausen/Stück, Die BBiG-Reform, AuA 2005, 272; Natzel, DB 2005, 610; Wurster, Berufsbildungsgesetz von A bis Z). Geändert haben sich etwa die 74 Wurster
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Zuständigkeiten von IHKs und HwKs für die Betreuung der Ausbildungsverhältnisse: Statt der Abgrenzung nach dem „Ausbildungsstättenprinzip“ – früher waren die IHKs für alle Ausbildungsbetriebe der gewerblichen Wirtschaft mit Ausnahme der Handwerksbetriebe zuständig – gilt seither das sog. „Berufsprinzip“. Gemäß § 71 Abs. 2 BBiG sind die IHKs heute „zuständige Stellen“ für die Berufsbildung in nichthandwerklichen Gewerbeberufen. Die HwKs sind nach § 71 Abs. 1 BBiG zuständige Stellen für die Berufsbildung in Berufen der Handwerksordnung. Eine Ausnahmevorschrift findet sich in § 71 Abs. 7 BBiG, wonach die HwKs ebenfalls zuständig sind, soweit die Berufsausbildungsvorbereitung, die Berufsausbildung und die berufliche Umschulung in Betrieben zulassungspflichtiger Handwerke, zulassungsfreier Handwerke und handwerksähnlicher Gewerbe durchgeführt wird. Hier wird das „Berufsprinzip“ wieder durch das „Ausbildungsstättenprinzip“ durchbrochen. Der Grund für die Ausnahmevorschrift liegt in der Tatsache, dass die HwKs zahlreiche Betriebe, die von ihnen traditionell betreut werden, an die IHKs verloren hätten, wäre nur nach dem „Berufsprinzip“ differenziert worden. Einige wesentliche Pflichten der IHKs haben sich aber trotz zahlreicher Reformen nicht verändert: Die IHKs sind weiterhin für die Eintragung in das Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse (die frühere Lehrlingsrolle) zuständig (§ 34 BBiG) und prüfen dabei die persönliche und fachliche Eignung von Ausbildenden und Ausbildern, die Eignung der Ausbildungsstätte und die Rechtmäßigkeit der Ausbildungsverträge. Am 31. 12. 2007 waren rund 911.000 Ausbildungsverhältnisse bei den IHKs eingetragen, bei 219.000 Ausbildungsbetrieben und 359.000 Ausbildern. Sie erlassen – aufgrund der Beschlüsse des Berufsbildungsausschusses (vgl. § 8) – die Prüfungsordnungen für die Abschluss-, die Umschulungs- und die Fortbildungsprüfungen (§ 47 BBiG, ggf. i.V.m. § 56 Abs. 1 bzw. § 62 Abs. 3 BBiG), errichten die Prüfungsausschüsse und führen die Prüfungen durch (§§ 37 ff. BBiG), im Ausbildungsjahr 2007 insgesamt rund 330.000 Abschlussprüfungen. Sie überwachen ferner die Berufsausbildung (§ 76 BBiG).
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Aus der früheren freiwilligen Selbstverwaltungsaufgabe ist heute für die IHKs eine Pflichtaufgabe geworden. Auch diese Pflichtaufgabe bleibt jedoch eine Selbstverwaltungsaufgabe und wird nicht zu einer Auftragsangelegenheit. Weder der Staat noch andere Stellen haben ein fachliches Weisungsrecht für den Einzelfall erhal-
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ten. Die umfangreiche Regelung durch Gesetze und Verordnungen bewirkt jedoch, dass die Rechtsaufsicht über die IHKs in diesem Bereich sehr viel dichter geworden ist. Vor allem aber sind die Entscheidungen der IHKs in weiten Bereichen Verwaltungsakte, so dass die Verwaltungsgerichte angerufen werden können. 79
Die wesentlichen Änderungen für die IHKs auf diesem Aufgabengebiet resultieren nicht nur aus den neuen Rechtsgrundlagen, die Ergebnis politischer Diskussionen sind, sondern häufig aus dem wirtschaftlichen Wandel, der eine ständige Anpassung der Berufsbildung an moderne Techniken und neue kaufmännische Anforderungen erzwingt und damit auch der beruflichen Fort- und Weiterbildung einen immer breiteren Raum zuweist. Die Ausbildungsordnungen werden laufend überarbeitet und erfordern von Unternehmen wie IHKs oft eine aufwändige Umstellung. Neben die anerkannten Ausbildungsberufe sind zahlreiche Weiterbildungsmöglichkeiten getreten, die mit einer Prüfung enden (Aufstiegsfortbildung); 2007 haben die IHKs ca. 63.000 Fortbildungsprüfungen abgenommen. Das IHK-Fortbildungssystem umfasst heute zahlreiche Fachwirte- und Industriemeisterprüfungen, Prüfungen zum Fachkaufmann, zum Betriebswirt (IHK) sowie zum Technischen Betriebswirt (IHK). Die jährlichen DIHK-Berichte zur Berufsausbildung und Weiterbildung vermitteln davon, nicht zuletzt durch die umfangreichen und tief gegliederten Statistiken, ein instruktives Bild (zuletzt: DIHK (Hrsg.), DIHK-Bildungsbericht 2007/2008 – Berufsbildung, Weiterbildung, Bildungspolitik, 2008). Diese Berichte zeigen auch, wie die gewerbliche Wirtschaft den demographischen Entwicklungen über viele Jahre lang durch die Schaffung neuer Ausbildungsstellen Rechnung getragen hat und welchen Umfang die Lehrgänge der Anpassungsfortbildung (als Gegensatz zur Aufstiegsfortbildung) annehmen.
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Neben dem Berufsbildungsgesetz hat auch § 1 Abs. 2 IHKG über die freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben seine Bedeutung behalten. Die IHKs können weiterhin „Maßnahmen zur Förderung und Durchführung der kaufmännischen und gewerblichen Berufsbildung treffen“, soweit nicht das Berufsbildungsgesetz eine abschließende Regelung vorsieht („unter Beachtung der geltenden Rechtsvorschriften, insbesondere des Berufsbildungsgesetzes“). Zu diesen freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben zählen insbesondere die Prüfungen in der Aufstiegsfortbildung (§§ 53 ff. BBiG) und in der beruflichen Umschulung (§§ 58 ff. BBiG), wo die 76 Wurster
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IHKs – soweit nicht der Verordnungsgeber selbst eingreift – Prüfungsordnungen erlassen, die Prüfungsausschüsse errichten und die Prüfungen abnehmen. Bei der Aufstiegsfortbildung und der Umschulung nehmen die IHKs mit ihren Prüfungsordnungen Satzungsgewalt in Anspruch und setzen mit ihren Entscheidungen, z.B. über die Zulassung zur Prüfung, Verwaltungsakte. Zu den Selbstverwaltungsaufgaben schlichtverwaltender Art gehören dagegen die sonstigen Aktivitäten der IHKs, insbesondere die Einrichtung von Bildungszentren und Gemeinschaftslehrwerkstätten, die Veranstaltung von Lehrgängen zur Vorbereitung auf Fortbildungsprüfungen, aber auch zur laufenden Unterrichtung der Mitarbeiter der kammerzugehörigen Unternehmen über die moderne technische und kaufmännische Entwicklung (Anpassungsfortbildung). All dies sind Fördermaßnahmen, die von den IHKs als freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe übernommen werden, zu denen sie ermächtigt, aber rechtlich nicht verpflichtet sind; die Entscheidung wird praktisch nach den Bedürfnissen im Kammerbezirk getroffen. c) Die Aufgaben der IHKs im Bereich der Berufsbildung Die IHK als „zuständige Stelle“ hat im Bereich der Berufsbildung eine Vielzahl von Aufgaben wahrzunehmen. Der Erlass der Prüfungsordnungen und sonstiger Rechtsvorschriften, welche der Berufsbildungsausschuss beschließt, wird bei § 8 behandelt. Hier sollen die Maßnahmen der IHK beim einzelnen Ausbildungsverhältnis sowie im Prüfungswesen dargestellt werden.
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aa) Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse (§ 34 BBiG) Die IHK hat ein Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse zu führen, in das der wesentliche Inhalt des im Einzelfall abgeschlossenen Ausbildungsvertrages einzutragen ist (§ 34 BBiG). Die Führung dieses Verzeichnisses, das in etwa der früheren Lehrlingsrolle entspricht und heute durch die EDV modernisiert ist, bildet die Grundlage für die Überwachung der Ausbildung und für die Durchführung der Zwischen- und Abschlussprüfungen. Die IHK ist zur Eintragung eines Ausbildungsvertrages verpflichtet, wenn dieser dem Gesetz und der Ausbildungsordnung entspricht (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 BBiG) und wenn außerdem die persönliche und fachliche Eignung des Ausbildenden und des Ausbilders (§§ 28–30 Wurster
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BBiG), sowie die Eignung der Ausbildungsstätte (§ 27 BBiG) gegeben sind (§ 35 Abs. 1 Nr. 2 BBiG). Für Auszubildende unter 18 Jahren muss darüber hinaus die ärztliche Bescheinigung über die Erstuntersuchung nach § 32 Abs. 1 JArbSchG der IHK zur Einsicht vorgelegt werden (§ 35 Abs. 1 Nr. 3 BBiG). bb) Prüfung des Ausbildungsvertrages (§ 35 BBiG) 83
In jedem Fall ist zu prüfen, ob der Ausbildungsvertrag den gesetzlichen Voraussetzungen und der Ausbildungsordnung entspricht. Ausbildungsordnungen werden für den Bereich der gewerblichen Wirtschaft im Wege der Rechtsverordnung vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (§ 4 BBiG) erlassen; in ihnen sind u.a. die Bezeichnung der Ausbildungsberufe, der Ausbildungsinhalt, die Ausbildungsdauer und die Prüfungsanforderungen festgelegt. An diese Ausbildungsdauer sind also die Vertragspartner bei Abschluss des Ausbildungsvertrages und die IHK bei dessen Eintragung gebunden.
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Soweit nicht eine neue Ausbildungsordnung durch Rechtsverordnung erlassen ist, gelten gem. § 104 Abs. 1 BBiG die bisher anerkannten Lehrberufe samt Berufsbild, Berufsbildungsplan und Prüfungsanforderungen weiter; sie sind zwar damit nicht Rechtsverordnungen geworden, aber wie solche zu behandeln. Ein Beispiel hierfür ist der Beruf des „Teilezurichters“, der am 11. 9. 1940 staatlich anerkannt wurde. Die Vergleichbarkeit mit den Rechtsverordnungen gilt nicht nur für die IHKs bei Eintragung, Überwachung und Prüfung, sondern auch z.B. für den Bereich des § 4 Abs. 3 BBiG, nach welchem die Ausbildung von Jugendlichen unter 18 Jahren grundsätzlich nur in einem anerkannten Ausbildungsberuf stattfinden darf.
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Wichtig ist dabei, dass der Vertrag die in § 11 Abs. 1 Nr. 1 BBiG vorgeschriebene sachliche und zeitliche Gliederung der Ausbildung enthält; hierdurch soll der Ausbildende schon vor Beginn der Ausbildung festlegen, durch welchen Ausbildungsverlauf die Ausbildung nach Maßgabe der Ausbildungsordnung gewährleistet wird. Den notwendigen Anhalt dafür gibt der Ausbildungsrahmenplan (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 BBiG), der in seiner konkreten Anwendung jedoch flexibel ist und lediglich sicherstellen soll, dass alle in der Ausbildungsordnung vorgeschriebenen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten auch vermittelt werden. Wenn Ausbil78 Wurster
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dungsbetriebe nicht alle Ausbildungsinhalte vermitteln können (z.B. EDV-Kenntnisse oder Warenkunde), sind ergänzende Lehrgänge oder auswärtige Stagen einzuplanen (§ 27 Abs. 2 BBiG). Außerdem muss die IHK nachprüfen, ob der Vertrag Angaben über Zahlung und Höhe der Vergütung – auch über deren stufenweise Erhöhung – und über die Dauer des Urlaubs enthält; sie hat dabei auch zu prüfen, ob die Höhe der Vergütung angemessen ist (§ 11 Abs. 1 Nr. 6, § 17 Abs. 1, § 35 Abs. 1 Nr. 1 BBiG). Auf die Frage, was als angemessen gelten kann, gibt das Gesetz keine Antwort. Aus der Rechtsprechung ist zu folgern, dass tarifliche Regelungen einen Anhaltspunkt bieten, aber, besonders bei nicht tarifgebundenen Auszubildenden, nicht zwingender Maßstab sind. Bei erheblicher Unterschreitung vergleichbarer Tarifsätze oder branchenüblicher Vergütungssätze kann die zuständige Stelle die Eintragung des Ausbildungsvertrages verweigern (Verwaltungsakt). Hiergegen steht der Verwaltungsrechtsweg offen (dazu: BVerwG EzB BBiG § 10 Nr. 48; VGH München EzB BBiG § 10 Nr. 10; VG Schleswig GewArch 1989, 300; vgl. im Übrigen Hurlebaus, Rechtsratgeber Berufsbildung, 120; Opolony, Vergütung in der Ausbildung, AuA 2004, 39). Trotzdem darf die IHK keine Mindestsätze generell festlegen (BVerwGE GewArch 1981, 299). Bei der Anrechnung von Berufsgrundbildungsjahren oder Berufsfachschuljahren ist dies auch bei der Vergütung zu berücksichtigen (BAG EzB BBiG § 10 Nr. 28 und 29). Auch wenn die IHK die Vergütung für angemessen hält und den Ausbildungsvertrag einträgt, bleibt davon eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung über die Angemessenheit der Vergütung unberührt (BAG EzB-VjA BBiG § 17 Nr. 1). Entsprechendes gilt für die im Vertrag vereinbarte Dauer des Urlaubs, wobei die IHK zumindest zu prüfen haben wird, ob der Vertrag den jeweiligen gesetzlichen Urlaubsregelungen (z.B. für Minderjährige nach § 19 JArbSchG) entspricht.
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Die Benutzung eines Mustervertrages können die Kammern nicht vorschreiben, obwohl dies wegen der Abfrage zahlreicher statistischer Daten auf dem Formular der Verwaltungsvereinfachung dienen würde (OVG Koblenz EzB-VjA BBiG § 4 Nr. 3 und § 32 Nr. 6; VG Kassel EzB BBiG § 4 Nr. 2; VG Hannover EzB BBiG § 4 Nr. 4).
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cc) Prüfung der persönlichen und fachlichen Eignung (§§ 28–30 BBiG) 88
Ausbilder und Ausbilderinnen müssen persönlich und fachlich für die Ausbildung geeignet sein. Persönlich nicht geeignet ist, wer Kinder und Jugendliche nicht beschäftigen darf oder gegen das BBiG verstoßen hat (§ 29 BBiG). Die persönliche Eignung fehlt etwa, wenn die Stellung als Ausbildender dazu ausgenutzt wird, den Auszubildenden weltanschaulich zu beeinflussen (z.B. im Sinne der Scientology-Organisation, OVG NRW EzB-VjA BBiG §§ 20, 21 Nr. 42) oder die geschützte Privatsphäre der Auszubildenden behelligt wird (VG Düsseldorf EzB-VjA BBiG §§ 20, 21 Nr. 43). Die fachliche Eignung besitzt, wer die beruflichen sowie die berufsund arbeitspädagogischen Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt, die für die Vermittlung der Ausbildungsinhalte erforderlich sind (§ 30 BBiG). Zur fachlichen Eignung VG Koblenz EzBVjA BBiG § 76 Nr. 5; OVG Münster GewArch 1980, 169.
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Aufgrund einer in § 30 Abs. 5 BBiG enthaltenen Ermächtigung ist die Ausbilder-Eignungsverordnung (AEVO) vom 16. 2. 1999 (BGBl. I, 157), zuletzt geändert durch Verordnung vom 14. 5. 2008 (BGBl. I, 854) ergangen, die vorschreibt, dass Ausbildende und Ausbilder den Erwerb bestimmter (in § 2 Nrn. 1–7 der VO festgelegter) berufs- und arbeitspädagogischer Kenntnisse durch eine Prüfung (§ 3) nachzuweisen haben. Die vorletzte Änderung der Verordnung am 28. 5. 2003 brachte eine Neuerung: Probeweise wurde ein neuer § 7 eingeführt, der Ausbilder für diejenigen Ausbildungsverhältnisse, die vom 1. August 2003 bis zum 31. Juli 2008 bestehen oder begründet wurden, von der Pflicht zum Nachweis von Kenntnissen nach der AEVO befreite. Die Politik reagierte mit der Änderung der Verordnung auf den schwierigen Ausbildungsmarkt und versuchte, auf diese Weise mehr Interessenten unter den Betrieben zu gewinnen. Mit der Änderung von 2008 wurde die Befreiung von der Nachweispflicht für bestehende und bis zum Ablauf des 31. Juli 2009 beginnende Ausbildungsverhältnisse verlängert; in diesem Zeitraum soll die AEVO-Prüfung etwas entschlackt und modernisiert werden. Trotz der Aussetzung der Prüfung werden Lehrgänge und Prüfungen weiterhin von den IHKs angeboten.
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Zur Abnahme der Prüfung haben die Berufsbildungsausschüsse der IHKs Prüfungsordnungen verabschiedet, denen Richtlinien 80 Wurster
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des seinerzeitigen, inzwischen aufgehobenen Bundesausschusses für Berufsbildung vom 18. 1. 1973 zugrunde liegen. Für die Abnahme der Prüfung hat die IHK als zuständige Stelle einen oder mehrere Prüfungsausschüsse zu errichten (§ 4 Abs. 1 AEVO), für welche die Vorschriften des BBiG sinngemäß gelten. Die IHK kann auch nach § 6 AEVO von dem erforderlichen Nachweis und damit der Prüfung als Ausbilder befreien. Trotz Aussetzung der AEVOPrüfung als verbindliche Voraussetzung für die Ausbildung hat diese Möglichkeit nicht an Bedeutung verloren, da die Prüfung voraussichtlich für alle Ausbildungsverhältnisse, die nach dem 31. Juli 2009 beginnen, wieder zur Pflicht wird. Die Entscheidungen der IHK ergehen auf Antrag und sind Verwaltungsakte, die im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens der IHK liegen. Ablehnende Bescheide können mit Widerspruch und Klage angegriffen werden. Gegen die AEVO sind verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht, von den Gerichten aber übereinstimmend zurückgewiesen worden (VGH München EzB-VjA BBiG §§ 20, 21 Nr. 13 und Nr. 18; Nds. OVG Lüneburg EzB BBiG § 25 Nr. 5). Auch wenn die Befähigung nach der AEVO gegeben ist, kann die persönliche oder fachliche Eignung zu verneinen sein, so dass dann die zuständige Stelle zur Ablehnung der Eintragung verpflichtet wäre (VG Hannover EzB-VjA BBiG § 32 Nr. 4; OVG Koblenz BB 1976, 138). Wurde die AEVO-Prüfung für den Bereich der gewerblichen Wirtschaft bestanden, gilt diese auch als Eignungsnachweis für die Berufsausbildung im öffentlichen Dienst (BVerwG EzB-VjA BBiG §§ 20, 21 Nr. 39). dd) Prüfung der Eignung der Ausbildungsstätte (§ 27 BBiG) Die Voraussetzungen des § 27 BBiG für die Eignung der Ausbildungsstätte können durch Satzungsrecht der IHK nicht weiter konkretisiert werden. Es bedarf vielmehr in jedem Fall einer Einzelentscheidung (OVG Koblenz EzB BBiG § 22 Nr. 3; VG Braunschweig GewArch 1992, 147). Dagegen sind interne Verwaltungsrichtlinien denkbar, in denen Maßstäbe für die Eignung einer Ausbildungsstätte oder für eine Relation Ausbilder/Auszubildende gesetzt werden, um dadurch der IHK in ihren Entscheidungen einen Anhalt zu geben, ihr aber doch hinreichenden Entscheidungsspielraum zu lassen. Wurster
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Die vom Bundesausschuss für Berufsbildung für solche Relationen erlassenen Richtlinien haben zwar keinen Rechtsnormcharakter, sind aber für die Entscheidungen der IHKs insofern bedeutsam, als wesentliche Abweichungen ohne besonderen Grund in der Regel unzulässig sind (LAG Berlin EzB BBiG § 22 Nr. 4; dazu auch VG Freiburg EzB BBiG § 22 Nr. 5 und OVG Koblenz BB 1975, 840). ee) Sonstige Eintragungsvoraussetzungen (§ 35 Abs. 1 Nr. 3 BBiG) 92
§ 35 Abs. 1 Nr. 3 BBiG ist durch § 63 des Jugendarbeitsschutzgesetzes vom 12. 4. 1976 (BGBl. I, 965) eingefügt worden; danach sind die IHKs verpflichtet, die Eintragung eines Ausbildungsvertrages mit einem minderjährigen Auszubildenden von der Vorlage der in § 32 Abs. 1 JArbSchG geforderten Bescheinigung über die ärztliche Erstuntersuchung abhängig zu machen. Eine erfolgte Eintragung hat die IHK später zu löschen, wenn nicht in bestimmter Frist (§ 35 Abs. 2 BBiG) die von § 33 JArbSchG geforderte Bescheinigung über die erste Nachuntersuchung vorgelegt wird. ff) Rechtsmittel
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Gibt die Überprüfung des Eintragungsantrages keinen Anlass zu einer Beanstandung, so hat die IHK den Ausbildungsvertrag in ihr Verzeichnis einzutragen. Ergeben sich rechtliche Bedenken gegen den Inhalt des Vertrages, so muss dessen Eintragung abgelehnt werden. Das Gleiche gilt, wenn die nach §§ 28 ff. BBiG erforderlichen Voraussetzungen für Ausbildende oder Ausbilder nicht erfüllt werden oder die Ausbildungsstätte als nicht geeignet anzusehen ist (§ 35 Abs. 2 Satz 1 BBiG). Werden Mängel der fachlichen oder persönlichen Eignung festgestellt, so hat die IHK gemäß § 32 Abs. 2 Satz 2 BBiG die nach Landesrecht zuständige Behörde – das ist meist der Regierungspräsident – zu unterrichten, die danach generell über die Untersagung des Einstellens oder Ausbildens zu entscheiden hat. Gemäß § 105 BBiG, der durch die Reform von 2005 ins Gesetz aufgenommen wurde, können die Länder den IHKs die Zuständigkeit für die Untersagung auch übertragen. Sowohl die Ablehnung der Eintragung durch die IHK als auch die Untersagung durch die zuständige Behörde oder die IHK sind Verwaltungsakte, die jeweils der selbständigen Anfechtung im Ver82 Wurster
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waltungsrechtswege unterliegen, wobei im Falle des § 35 Abs. 2 BBiG die IHK, im Falle des § 33 BBiG das Land oder – bei Übertragung der Zuständigkeit – ebenfalls die IHK passiv legitimiert ist. Klageberechtigt gegen eine Nichteintragung durch die IHK nach § 35 Abs. 2 BBiG sind sowohl der Auszubildende wie der Ausbildende (BVerwG EzB BBiG § 32 Nr. 15). Im Falle der Untersagung des Einstellens und Ausbildens nach § 33 BBiG ist vor allem der Ausbildende klageberechtigt, während der Auszubildende beizuladen ist (BVerwG DÖV 1982, 1036). gg) Verzeichnis kein öffentliches Register Das von der IHK zu führende Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse (§ 34 BBiG) ist kein öffentliches Register und daher (anders als etwa das Grundbuch oder das Handelsregister) nicht zur allgemeinen Einsichtnahme bestimmt. Es besteht aus dem Verzeichnis auch keine generelle Auskunftspflicht gegenüber Dritten. Vielmehr ist bei Auskünften über personenbezogene Daten, mag es sich um Einzelanfragen oder auch um Sammelanfragen handeln, auf die Datenschutzvorschriften zu achten, so dass selbst der Berufsbildungsausschuss wegen seiner allgemeinen Aufgaben keine Einzeldaten erhalten kann. Statistische Zusammenfassungen sind dagegen zulässig.
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hh) Verkürzung der Ausbildungsdauer (§ 8 Abs. 1 BBiG) Die IHK kann einen Ausbildungsvertrag grundsätzlich nur dann in das Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse eintragen, wenn die im Vertrag vereinbarte Ausbildungszeit der Ausbildungsordnung entspricht. Dabei sind ggf. die Anrechnungsverordnungen der Länder für das Berufsgrundbildungsjahr und die Berufsfachschuljahre zu berücksichtigen. Eine Ausnahme hiervon bietet § 8 Abs. 1 Satz 1 BBiG, wonach die IHK die Ausbildungszeit zu verkürzen hat, wenn zu erwarten ist, dass der Auszubildende das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht. Bei berechtigtem Interesse kann sich der Antrag auch auf eine Verkürzung der täglichen oder wöchentlichen Ausbildungszeit richten (§ 8 Abs. 1 Satz 2 BBiG, Teilzeitberufsausbildung). Typische Fälle des berechtigten Interesses sind etwa die Betreuung eines eigenen Kindes, die Pflege eines nahen Angehörigen sowie eine Behinderung, die eine Vollzeitausbildung zur unverhältnismäßigen Belastung werWurster
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den lässt. Der Antrag hierzu kann nur vom Auszubildenden und vom Ausbildenden gemeinsam gestellt werden. Die Kürzung steht nicht im Belieben der IHK; sie ist vielmehr dazu verpflichtet, wenn die formellen und sachlichen Voraussetzungen gegeben sind. Der Antrag kann schon mit Abschluss des Ausbildungsvertrages, aber auch während der Ausbildung, gestellt werden. Wie die IHK die Erwartung erhärtet, dass der Auszubildende das Ziel in der gekürzten Zeit erreicht, ist ihr überlassen. Es können hierfür geeignete Beweisunterlagen – etwa von der Berufsschule – angefordert werden. Hier ist es eine Frage der Beweiswürdigung, ob die Annahme gerechtfertigt ist, dass das Ausbildungsziel in der gekürzten Zeit erreicht werden kann. Die IHK kann mit ihrer Entscheidung Auflagen verbinden oder sie kann die Kürzung nicht im beantragten, sondern in einem reduzierten Umfange aussprechen, wenn sie von den Darlegungen des Antrages nicht voll überzeugt ist. Insofern ist ihr in ihrer Verpflichtung zur Kürzung ein Ermessensspielraum gegeben, den sie für eine verantwortungsbewusste Entscheidung – diese greift in die Regelung der Ausbildungsordnung ein – sehr sorgsam ausschöpfen und ausfüllen kann. 96
§ 8 Abs. 1 BBiG kann durch die IHK nicht in Form von Satzungsrecht konkretisiert werden, weil dann der dort normierte Rechtsanspruch der Auszubildenden, bei Erfüllung der Voraussetzungen zu einer Verkürzung der Ausbildungszeit zu kommen, beeinträchtigt würde. Es bestehen aber keine Bedenken, wenn in Verwaltungsrichtlinien, zu denen allerdings als wichtige Angelegenheit der Berufsausbildung der Berufsbildungsausschuss angehört werden muss (§ 79 Abs. 2 Nr. 1 BBiG), generelle Anhaltspunkte gesetzt werden. Solche Richtlinien haben die IHKs für typische Fälle, z.B. bestimmte Schulabschlüsse, aufgestellt, deren Beachtung und Anwendung für den Einzelfall im Wege der Selbstbindung verwaltungsrechtlich verpflichtend ist. Sie dürfen damit jedoch nicht die nach § 8 Abs. 1 BBiG notwendige individuelle Entscheidung in Frage stellen. ii) Verlängerung der Ausbildungszeit (§§ 21 Abs. 3 und 8 Abs. 2 BBiG)
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Wenn Auszubildende die Abschlussprüfung nicht bestehen, verlängert sich auf ihr Verlangen das Ausbildungsverhältnis bis zur 84 Wurster
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nächsten Wiederholungsprüfung, längstens um ein Jahr (§ 21 Abs. 3 BBiG). Dem Nichtbestehen steht es gleich, wenn Auszubildende aufgrund von Krankheit nicht an der Abschlussprüfung teilnehmen können (BAG BB 1999, 214). Die Ausbildungszeit kann jedoch bereits dann verlängert werden, wenn vor der Prüfung absehbar ist, dass das Ausbildungsziel innerhalb der gewöhnlichen Ausbildungszeit nicht erreicht wird. Während die IHK in einem gewissen Ermessensrahmen zur Kürzung verpflichtet ist (sie „hat zu kürzen“), so enthält § 8 Abs. 2 BBiG für die Verlängerung der Ausbildungszeit durch die IHK nur eine „Kann“-Vorschrift. Nur der Auszubildende ist hierzu antragsberechtigt; er muss darlegen, dass die Verlängerung erforderlich ist, um das Ausbildungsziel zu erreichen; der Ausbildende ist hierzu nur zu hören. Selbst wenn er widerspricht, etwa weil er annimmt, auch bei Verlängerung werde der Auszubildende den Abschluss nicht schaffen, kann die IHK, sofern sie von der Berechtigung des Antrages überzeugt ist, die Verlängerung aussprechen und damit den Ausbildenden gegen seinen Willen über die vereinbarte Vertragsdauer hinaus an den Ausbildungsvertrag binden. Sie wird dieses „kann“, auch wenn die Formulierung nach außen keine Mussvorschrift erkennen lässt, für sich als verpflichtend ansehen, wenn ihr glaubhaft erscheint, dass die Verlängerung erforderlich ist, um das Ausbildungsziel zu erreichen, und dass der Auszubildende den Willen und die Fähigkeit besitzt, die Verlängerung in diesem Sinne erfolgreich zu nutzen. Lehnt sie den Antrag des Auszubildenden ab, so ist hierin ein Verwaltungsakt gegeben, den der Auszubildende anfechten kann. Gibt sie dem Antrag statt, so liegt darin ein Verwaltungsakt, durch den der Ausbildende rechtlich betroffen wird, da ihm durch die Verlängerung gegen seinen Willen Verpflichtungen auferlegt werden. Er könnte demgemäß den Verlängerungsbescheid anfechten (Verwaltungsakt mit Doppelwirkung; vgl. § 80a VwGO). Durch die aufschiebende Wirkung könnten sich bei einem vom Ausbildenden eingelegten Rechtsmittel für die Praxis erhebliche Schwierigkeiten ergeben, da dann die Kontinuität der Ausbildung trotz der von der IHK angeordneten Verlängerung unterbrochen, die Zielsetzung der Verlängerung also gefährdet würde, während umgekehrt bei Aussetzung der aufschiebenden Wirkung die Verlängerung praktiziert, das Rechtsmittel also seines Gehaltes entkleidet würde.
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Das Problem löst sich heute nach den §§ 80a und 80b VwGO, wonach der Auszubildende sofortige Vollziehung, der Ausbildende dagegen Aussetzung der Vollziehung bei der IHK beantragen kann; die Verwaltungsgerichte können dann wiederum die Entscheidung der IHK aufheben oder abändern. Es bedarf bei einer solchen vorläufigen Maßnahme einer sorgfältigen Abwägung der beiderseitigen Interessen und der Erfolgsaussichten (OVG Hamburg EzB VwGO § 123 Nr. 1). Das Verfahren nach § 123 VwGO ist nicht mehr zulässig (§ 123 Abs. 5 VwGO). d) Prüfungswesen
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Die IHK errichtet für die Abnahme der Abschlussprüfungen Prüfungsausschüsse (§ 39 Abs. 1 Satz 1 BBiG). Diese Prüfungsausschüsse sind keine Behörden, sondern unselbständige Einrichtungen der IHK (BVerwG EzB VwGO § 68, Nr. 7). Mehrere IHKs können auch bei einer von ihnen einen gemeinsamen Prüfungsausschuss errichten (§ 39 Abs. 1 Satz 2 BBiG). Grundlage für einen solchen gemeinsamen Prüfungsausschuss ist neben der gesetzlichen Ermächtigung der zwischen den beteiligten IHKs geschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag, der wegen der Beachtung der beiderseitigen Verbandskompetenzen notwendig ist (OVG Münster DÖV 1979, 102). Als Spezialnorm geht § 39 Abs. 1 Satz 2 BBiG dem § 10 IHKG vor.
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Soweit ein gemeinsamer Prüfungsausschuss mit anderen Kammern nicht errichtet worden ist, kann die IHK auch einen Prüfling an eine andere Kammer mit einem für seine Ausbildung vorgesehenen Prüfungsausschuss weitergeben. Sämtliche Unterlagen über die Zulassung zur Prüfung sind dann an diese IHK abzugeben, welche die Prüfung abnimmt und auch für eine etwaige Anfechtung der Prüfungsentscheidung passiv legitimiert ist (VG Gelsenkirchen EzB BBiG § 46 Abs. 2 Pharmareferent, Nr. 1). Bei einem solchen Einzelfall bedarf es keiner Vereinbarung, wie sie § 10 IHKG vorsieht; dann handelt es sich vielmehr um einen einfachen Fall der Amtshilfe nach den §§ 4–8 VwVfG (des jeweiligen Landes).
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aa) Prüfungsausschuss (§ 40 BBiG) Für die Zusammensetzung der Prüfungsausschüsse ist die IHK an § 40 BBiG gebunden. Danach müssen jedem Prüfungsausschuss „Beauftragte der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in gleicher Zahl“ sowie „mindestens eine Lehrkraft einer berufsbildenden Schule“ angehören. Dies ist eine Mindestzahl, die bei der einzelnen Prüfung nicht unterschritten werden darf. Die IHK kann jedoch mehr Prüfer für ein bestimmtes Prüfungsgebiet berufen, ohne dass dies in der Prüfungsordnung genau festgelegt zu werden braucht (VG Mannheim EzB BBiG § 37 Nr. 16). Die Aufteilung auf die einzelnen Prüfungsausschüsse, wenn für einen anerkannten Ausbildungsberuf mehrere Prüfungsausschüsse gebildet werden müssen, trifft die IHK nach ihrem pflichtgemäßen Auswahlermessen (OVG Münster EzB BBiG § 37 Nr. 6; a.A. VG Münster GewArch 1991, 182).
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Die IHK beruft die Mitglieder und deren Stellvertreter (§ 40 Abs. 2 Satz 3 BBiG) für längstens fünf Jahre (§ 40 Abs. 3 Satz 1 BBiG). Die Arbeitgebervertreter beruft sie nach ihrem Ermessen. Für die Arbeitnehmervertreter und deren Stellvertreter haben die im Kammerbezirk bestehenden Gewerkschaften und selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern ein Vorschlagsrecht. Die IHK muss zunächst diejenigen Prüfer berufen, die vorgeschlagen sind, sofern diese für die Prüfungsgebiete sachkundig und geeignet sind (§ 40 Abs. 1 Satz 2 BBiG). Es ist allerdings denkbar, dass sie nicht sämtliche der vorgeschlagenen Personen als Prüfer berufen kann, weil die verschiedenen Gewerkschaften und Vereinigungen insgesamt mehr Vorschläge unterbreiten als Prüfer benötigt werden, so dass die IHK zu einer Auswahl innerhalb der verschiedenen Vorschläge gezwungen ist. Dabei wird sie nach pflichtgemäßem Ermessen die Vorschläge der Organisationen nach deren Stärke und Bedeutung für die jeweiligen Prüfungsbereiche oder Prüfungsbezirke, soweit ihr das möglich ist, zu berücksichtigen haben, auch Minderheiten (VG Köln EzB BBiG § 37 Nr. 10). Sofern hierbei einzelne Vorgeschlagene nicht zum Zuge kommen, steht ihnen ein Rechtsmittel nicht zu, weil sie nicht selbst in ihrem Recht betroffen sind (VGH Mannheim GewArch 1980, 312; Wohlgemuth, DB 1992, 1777). Weitaus häufiger kommt es allerdings vor, dass nicht genügend Arbeitnehmervertreter innerhalb der von der IHK gesetzten angemessenen Frist vorgeschlagen werden (zur Angemessenheit der Frist Herkert/Töltl, BBiG, § 40, Rz. 86: ca.
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ein Monat). Für diesen Fall eröffnet § 40 Abs. 3 Satz 4 BBiG die Möglichkeit der Berufung nach pflichtgemäßem Ermessen. Die IHK wird dann selbst bei ihren Mitgliedern für die Mitarbeit von Arbeitnehmervertretern in den Prüfungsausschüssen werben. 104
Eine Ausnahme bildet hier § 40 Abs. 5 BBiG, wonach die IHK bei einem Mangel an Prüfern von der in § 40 Abs. 3 BBiG vorgesehenen Zusammensetzung des Prüfungsausschusses abweichen kann (OVG Lüneburg GewArch 1995, 170). Sie darf dann selbst einen Arbeitgebervertreter anstelle des Arbeitnehmerbeauftragten berufen (VGH Mannheim EzB BBiG § 35 Nr. 9, VG Schleswig-Holstein EzB BBiG § 37 Nr. 4). Es kann auch ganz auf Stellvertreter verzichtet werden, wenn nicht genügend Fachleute zur Verfügung stehen.
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Wenn also die IHK grundsätzlich an die Vorschläge der Gewerkschaften und gleichgestellten Vereinigungen gebunden ist, so ist sie doch gehalten, darauf zu achten, dass die in § 40 Abs. 1 BBiG gestellten Anforderungen erfüllt sind, d.h., dass die Vorgeschlagenen „für die Prüfungsgebiete sachkundig und für die Mitwirkung im Prüfungswesen geeignet sind“. Das Erfordernis der „Sachkunde“ setzt nicht voraus, dass die Prüfer die Ausbildereignungsprüfung erfolgreich abgelegt haben (VG Stuttgart EzB BBiG § 37 Nr. 26). Sofern Vorschläge diesen Anforderungen nicht entsprechen – z.B. der Vorgeschlagene hat in dem zu prüfenden Ausbildungsberuf keine ausreichenden praktischen Erfahrungen – muss die IHK diesen Vorschlag zurückweisen und um einen anderen Vorschlag ersuchen.
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Ob die Mitwirkung der Lehrkräfte in den Prüfungsausschüssen eine Dienstpflicht darstellt, war früher zweifelhaft, sofern sie nur auf der Prüfungsordnung der IHK beruhte. Nunmehr ist sie im Gesetz festgeschrieben. Die ratio legis des BBiG geht dahin, durch Beteiligung der Lehrkräfte eine Verzahnung des Berufsschulunterrichts und der betrieblichen Ausbildung auch bei der Abschlussprüfung sicherzustellen. Für die IHK ist aus diesem Grunde die Berufung von mindestens einer Lehrkraft für jeden Ausschuss eine verbindliche Vorschrift. Erfolgte die Prüfung durch einen Ausschuss, dem keine Lehrkraft angehört, so wäre der Ausschuss nicht entsprechend der gesetzlichen Vorschrift zusammengesetzt und die von ihm abgenommene Prüfung anfechtbar, falls nicht ein Notfall im Sinne von § 40 Abs. 5 BBiG vorliegt (OVG Lüne88 Wurster
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burg EzB BBiG § 37 Nr. 3; VG Schleswig EzB BBiG § 37 Nr. 4). Hieraus ergibt sich die Verpflichtung der Schulaufsichtsbehörde, bei der Berufung der Lehrkräfte mitzuwirken. Dadurch, dass das Gesetz die Berufung der Lehrkräfte an das Einvernehmen mit der Schulaufsichtsbehörde bindet, ist klargestellt, dass die Mitwirkung in den Prüfungsausschüssen die dienstliche Tätigkeit der Lehrkräfte betrifft. Lehrkräfte können also kraft ihres Beamtenstatus zu dieser Nebentätigkeit als Prüfer bei Abschlussprüfungen verpflichtet werden (VG Berlin EzB-VjA BBiG § 37 Nr. 13). Die Abberufung eines Prüfers ist aus wichtigem Grund zulässig 107 (§ 40 Abs. 3 BBiG). Der Betroffene ist vorher zu hören; das gilt auch für die an der Berufung Beteiligten. Die IHK ist aber an deren Stellungnahme nicht gebunden. Der Betroffene kann Verwaltungsklage erheben (nicht aber die vorschlagende Stelle), weil er mit der Abberufung (anders als vor seiner Berufung) in seinen Rechten betroffen ist; er müsste aber geltend machen, dass die IHK mit der Abberufung ihr Ermessen missbraucht habe. bb) Entschädigung für die Tätigkeit im Prüfungsausschuss (§ 40 Abs. 4 BBiG) Es besteht keine Verpflichtung zur Annahme des Amtes. Zwar ist 108 die Tätigkeit im Prüfungsausschuss ehrenamtlich; jedoch hat die IHK für bare Auslagen und Zeitversäumnis eine angemessene Entschädigung zu zahlen, soweit eine solche nicht von anderer Seite gewährt wird. Die IHK setzt die Höhe der Entschädigung mit Genehmigung der obersten Landesbehörde fest (§ 40 Abs. 4 BBiG). Es handelt sich dabei nicht um die Festsetzung der Entschädigung im Einzelfall, sondern um die generelle Festlegung in Form von Entschädigungsregeln. Im Rahmen dieser Regeln besteht Anspruch auf Entschädigung, so dass jeder Prüfer – sowohl Arbeitgeber- wie auch Arbeitnehmervertreter oder Lehrkraft – berechtigt ist, die Entschädigung gegenüber der IHK geltend zu machen. In der Regel verweisen die IHKs bei ihren Entschädigungsregeln auf das Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. 5. 2004 (BGBl. I, 718, 776), zuletzt geändert durch Art. 18 Abs. 4 des Gesetzes vom 12. 12. 2007 (BGBl. I, 2840). Da es sich dabei häufig um eine dynamische Verweisung handelt, gilt jeweils die aktuelle Fassung die-
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ses Gesetzes; eine Anpassung der Prüferentschädigung erfolgt damit automatisch bei jeder Änderung dieses Gesetzes. 109
Die Entschädigungsregeln haben rechtlich den Charakter einer Verwaltungsvorschrift, welche den gesetzlichen Entschädigungsanspruch konkretisiert. Die Entschädigungsregeln brauchen deshalb nicht von der Vollversammlung beschlossen zu werden, sie müssen sich lediglich im Rahmen des Haushaltsansatzes für Prüferentschädigungen halten. Auch der Berufsbildungsausschuss ist beim Erlass dieser Entschädigungsregelung nur nach § 79 Abs. 2 BBiG zu hören.
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Zur Frage des Verdienstausfalls äußert sich der Bericht des Bundestagsausschusses für Arbeit zum BBiG dahin, der Gesetzgeber gehe davon aus, dass gegenüber der bisherigen Handhabung, wonach die Prüfer für die Zeit ihrer Prüfungstätigkeit von ihren Arbeitgebern weiterhin Lohn und Gehalt erhalten hätten, keine Änderung eintreten werde. Gleichwohl besteht ein Anspruch auf Entschädigung für Verdienstausfall, soweit dieser nachgewiesen werden kann. Auch dann bleibt die Prüfertätigkeit ein Ehrenamt, für das kein Honorar beansprucht werden kann (BVerwG EzB BBiG § 37 Nr. 20; BAG EZB BBiG § 37 Nr. 32). Der Arbeitgeber wird den Prüfer für seine ehrenamtliche Tätigkeit freistellen, wenn diese sich zeitlich in einem zumutbaren Rahmen hält. Auch ein sog. Aufgabenerstellungsausschuss kann als Prüfungsausschuss gelten; zur Vergütung für die Tätigkeit hierbei: BVerwG EzB-VjA BBiG § 37 Nr. 10; OVG Hamburg HmbJVBl 1978, 37. cc) Vorsitz im Prüfungsausschuss (§ 41 Abs. 1 BBiG)
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Während früher die IHK den Vorsitzenden des Prüfungsausschusses bestellte, wählt heute gem. § 41 Abs. 1 BBiG der Prüfungsausschuss ein Mitglied, das den Vorsitz führt und ein weiteres Mitglied, das den Vorsitz stellvertretend übernimmt. Diese sollen nicht derselben Mitgliedergruppe angehören. Alle ordentlichen Mitglieder, welcher Gruppe sie auch angehören mögen, sind stimmberechtigt und wählbar.
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e) Entscheidungen des Prüfungsausschusses Der Prüfungsausschuss entscheidet über das Bestehen der Prüfung (§ 38 BBiG); er entscheidet aber auch über die Zulassung zur Prüfung, wenn die IHK, die normalerweise die Zulassung ausspricht, der Ansicht ist, dass die Zulassungsvoraussetzungen nicht gegeben sind (§ 46 Abs. 1 BBiG). Diese Zuständigkeit des Prüfungsausschusses gewinnt an Bedeutung bei der Zulassung in besonderen Fällen (§ 45 BBiG).
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aa) Zulassung im Regelfall (§ 43 Abs. 1 BBiG) Im Regelfall schreibt die IHK diejenigen Auszubildenden rechtzeitig an, die nach dem Verzeichnis der Berufsausbildungsverhältnisse ihre Ausbildungszeit beenden und zur Prüfung anstehen. Anschließend prüft sie die eingereichten Unterlagen, die § 43 Abs. 1 BBiG aufzählt. Wenn sie die Zulassung ablehnen will, muss sie die Unterlagen dem Prüfungsausschuss zur Entscheidung vorlegen.
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Bei dieser Prüfung der eingereichten Unterlagen darf die Frage nach der zurückgelegten Ausbildungszeit nicht schematisch gehandhabt werden, wenn beispielsweise die Ausbildungszeit durch Krankheit oder aus anderen Gründen unterbrochen war. Entscheidend ist vielmehr der Gesamteindruck, ob der Bewerber trotz der Unterbrechungen das Ausbildungsziel erreichen und die notwendigen Fertigkeiten und Kenntnisse erwerben konnte (OVG Hamburg GewArch 1990, 217). Wenn ein Bewerber trotz fehlender oder unzureichender Unterlagen zur Prüfung zugelassen worden ist und sie auch bestanden hat, sind alle Zulassungsmängel geheilt (VG Mannheim EzB BBiG § 35 Nr. 4). bb) Vorzeitige Zulassung (§ 45 Abs. 1 BBiG) Vor Ablauf der Ausbildungszeit kann der Auszubildende auf seinen Antrag zur Prüfung zugelassen werden, wenn seine Leistungen dies rechtfertigen; über die Zulassung entscheidet die IHK, die zuvor den Ausbildenden und die Berufsschule zu hören hat (§ 45 Abs. 1 BBiG). Ist sie aufgrund dieser Anhörung und der vom Auszubildenden etwa beigebrachten Gründe der Ansicht, dass die Leistungen des Auszubildenden die vorzeitige Prüfung rechtfertigen, so spricht sie die Zulassung aus. Reichen die vorgebrachten Wurster
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Gründe nicht zu ihrer Überzeugung aus, so muss sie den Fall dem Prüfungsausschuss vorlegen, der dann über Zulassung oder Nichtzulassung zu entscheiden hat. Bei der vorzeitigen Zulassung gem. § 45 Abs. 1 BBiG handelt es sich um eine „enge Ausnahmevorschrift“, die nur „für einen ganz begrenzten Kreis von Auszubildenden Anwendung finden“ kann (VGH Kassel EzB BBiG § 40 Abs. 1 Nr. 2). Eine vorzeitige Zulassung kann daher davon abhängig gemacht werden, dass der Auszubildende wesentlich über dem Durchschnitt liegende Leistungen (z.B. in den Noten der Berufsschule und in dem Zwischenzeugnis seines Ausbildungsbetriebes) glaubhaft macht (OVG Koblenz, VG Oldenburg, VG Freiburg EzB BBiG § 40 Abs. 1 Nrn. 21, 4, 8). Nur der Auszubildende ist antrags- und klageberechtigt, nicht der Ausbildende (VG Ansbach EzB BBiG § 40 Abs. 1 Nr. 5). cc) Zulassung von Außenseitern (§ 45 Abs. 2 BBiG) 115
Ein Prüfungsbewerber, der eine ordnungsgemäße Ausbildung für den Ausbildungsberuf nicht durchlaufen hat, ist zuzulassen, wenn er nachweist, dass er mindestens das Eineinhalbfache der Zeit, die nach der Ausbildungsordnung als Ausbildungszeit vorgeschrieben ist, in dem Beruf, in dem er die Prüfung ablegen will, tätig gewesen ist (§ 45 Abs. 2 BBiG). Als Zeiten der Berufstätigkeit gelten gemäß § 45 Abs. 2 Satz 2 BBiG auch Ausbildungszeiten in einem anderen, einschlägigen – d.h. artverwandten – Ausbildungsberuf. Davon profitieren insbesondere Absolventen zweijähriger Berufe, die eine Abschlussprüfung in einem verwandten dreijährigen Beruf anstreben. Sie können nach einer einschlägigen Berufstätigkeit nunmehr zweieinhalb Jahre nach Bestehen der Abschlussprüfung in einem zweijährigen Beruf die Zulassung zur Abschlussprüfung in einem verwandten dreijährigen Beruf erlangen.
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Diese Dauer der Berufstätigkeit muss nicht nachgewiesen werden, wenn der Bewerber durch Vorlage von Zeugnissen oder auf andere Weise glaubhaft machen kann, dass er Kenntnisse und Fertigkeiten erworben hat, die die Zulassung zur Prüfung rechtfertigen (§ 45 Abs. 2 Satz 3 BBiG). In allen Fällen prüft die IHK, ob die Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung gegeben sind. Bejaht sie das, so spricht sie die Zulassung aus; kommt sie zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen nicht gegeben oder nicht glaubhaft dargetan sind, so leitet sie den Vorgang gem. § 46 Abs. 1 BBiG 92 Wurster
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an den zuständigen Prüfungsausschuss, der über Zulassung oder Nichtzulassung zu entscheiden hat (VGH Kassel EzB BBiG § 40 Abs. 2 Nr. 1; VG Köln EzB BBiG § 40 Abs. 2 Nr. 3; VG Koblenz EzB BBiG § 40 Abs. 2 Nr. 6). Der Bewerber hat einen Rechtsanspruch auf Zulassung, wenn die Voraussetzungen erfüllt und von ihm nachgewiesen sind (VGH Kassel EzB BBiG § 40 Abs. 2 Nr. 1). dd) Prüfungsentscheidungen (§§ 38, 47 BBiG) Die IHK hat für die Abschlussprüfungen eine Prüfungsordnung zu erlassen (§ 47 Abs. 2 BBiG). Gem. § 79 Abs. 4 BBiG ist hierfür der Berufsbildungsausschuss zuständig. Maßgeblich für den Inhalt der Prüfungsordnung sind Richtlinien des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung in Bonn, § 47 Abs. 3 BBiG („Musterprüfungsordnung“). Sie wurden im Jahr 1971 erstmals erlassen und zuletzt im Jahr 2007 überarbeitet. Die aufgrund dieser Richtlinien vom Berufsbildungsausschuss der IHK beschlossene Prüfungsordnung bedarf schließlich der Genehmigung der obersten Landesbehörde und ist im Bekanntmachungsorgan der IHK wie jedes andere statutarische Recht zu verkünden. In dieser Prüfungsordnung sind mindestens die Zulassung zur Prüfung, die Gliederung, die Bewertungsmaßstäbe, die Erteilung der Prüfungszeugnisse, die Folgen von Verstößen gegen die Prüfungsordnung und die Wiederholungsprüfung geregelt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 BBiG). Sie kann ferner vorsehen, dass Prüfungsaufgaben, die überregional oder von einem Aufgabenerstellungsausschuss der zuständigen Stelle erstellt oder ausgewählt werden, zu übernehmen sind, sofern diese Aufgaben von Gremien erstellt oder ausgewählt werden, die entsprechend § 40 Abs. 2 BBiG zusammengesetzt sind (§ 47 Abs. 2 Satz 2 BBiG). Diese durch das Berufsbildungsgesetz von 2005 eingeführte Regelung wurde in der Musterprüfungsordnung des BiBB-Hauptausschusses von 2007 in § 18 Abs. 2 umgesetzt. Die Prüfungsordnung hat Rechtssatzcharakter (VGH Mannheim ESVGH 16, 102). Nach ihr hat sich die IHK bzw. der Prüfungsausschuss bei der Zulassung zur Prüfung, bei der Durchführung der Prüfungen und bei den Prüfungsentscheidungen zu richten. Sie kann auch von einem Bewerber oder Prüfling gemäß § 47 VwGO angegriffen werden.
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Der Prüfungsausschuss hat zwar nach § 18 Abs. 1 der Prüfungsordnung die Möglichkeit, die Prüfungsaufgaben selbst zu erstellen. In der Regel werden aber die schriftlichen Prüfungsaufgaben für die einzelnen Ausbildungsberufe von überregionalen Aufgabenerstellungs-Ausschüssen ausgearbeitet, in denen ebenso wie in den Prüfungsausschüssen Vertreter der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der Lehrkräfte gleichberechtigt zusammenwirken. In diesen Fällen schreibt der neue § 18 Abs. 2 der Prüfungsordnung vor, dass die so erstellten Aufgaben vom Prüfungsausschuss zu übernehmen sind, wenn die zuständige Stelle über die Übernahme entschieden hat. Damit wird eindeutig festgelegt, dass überregional erstellte Prüfungsaufgaben, die den Anforderungen des BBiG genügen, von den Prüfungsausschüssen der IHKs ohne vorheriges Einsichtsrecht sowie ohne weitere Änderungen übernommen werden müssen, wenn die IHK-Geschäftsführung sich dafür entschieden hat. Hier hat der einzelne Prüfungsausschuss also keine Auswahl mehr, sondern hat die vorgelegten Arbeiten entsprechend den schriftlichen Aufgaben zu bewerten. Mit dieser Regelung wird der ständigen Rechtsprechung Rechnung getragen (BVerwG GewArch 1990, 363; OVG Münster GewArch 1990, 136; OVG Münster GewArch 1990, 136; VG Frankfurt EzB BBiG § 37 Nr. 11; VG Düsseldorf EzB BBiG § 37 Nr. 12, für Zwischenprüfungen OVG Berlin EzB BBiG § 37 Nr. 34).
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Schon die Entscheidungen der Prüfungsausschüsse, die vor Erlass des Berufsbildungsgesetzes ergingen, waren Verwaltungsakte (OVG Münster BB 1961, 474; Junge, BB 1961, 534; Richter, Die Rechtsprechung zur Berufsbildung, 1969). Die gerichtliche Nachprüfung war jedoch darauf beschränkt, ob das Prüfungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt und die Bewertung nicht durch sachfremde Erwägungen beeinflusst worden ist; alle mit der Bewertung zusammenhängenden fachlichen Fragen konnten von den Verwaltungsgerichten nicht korrigiert werden (BVerwGE 8, 272; 11, 165).
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Demgegenüber hat das Bundesverfassungsgericht im Jahre 1991 (BVerfGE 84, 34 und 59) bei Berufszulassungsprüfungen die gerichtliche Nachprüfung auf fachliche Fragen ausgedehnt und nur noch die prüfungsspezifischen Wertungen davon ausgenommen. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Grundsätze für die Prüfungspraxis weiterentwickelt, insbesondere ein verwaltungsinternes Kontrollverfahren und die Möglichkeit einer Neubewertung 94 Wurster
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durch den Prüfungsausschuss eingeführt (BVerwG DÖV 1993, 480; DVBl. 1993, 842; DVBl. 1998, 971; VGH München NVwZ 1991, 499 und dazu Rozek, NVwZ 1992, 33). Voraussetzung dafür ist wiederum eine abgestufte Begründungspflicht für schriftliche wie mündliche Leistungen (BVerwGE 91, 242; 99, 165). Ein Wortprotokoll der mündlichen Prüfung wird jedoch nicht verlangt (BVerfG NVwZ 1997, 263; BVerwG DVBl. 1994, 641; OVG Münster DVBl. 1992, 1849). Diese Neuerungen haben im Schrifttum ein umfangreiches Echo gefunden, weil sie das Prüfungsverfahren erheblich komplizieren (Niehues, NJW 1991, 3001; Herzog, NJW 1992, 2601; Wohlgemuth, DB 1992, 1777; zusammenfassend Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2 Prüfungsrecht, 2004; Zimmerling/Brehm, NVwZ 1997, 451). Im Bereich des BBiG ist davon auszugehen, dass die Abschlussprüfungen diesen Grundsätzen entsprechen müssen, weil sie wegen ihrer allgemeinen Anerkennung im Wirtschaftsleben – z.B. in Tarifverträgen oder auch Arbeitsverträgen – für das Berufsleben praktisch die gleichen Folgen haben wie eine Berufszulassung. Die frühere Rechtsprechung lässt sich deshalb nur noch teilweise heranziehen, soweit es nicht um fachliche Fragen in der Prüfung selbst geht. So bleiben beispielsweise Multiple-Choice-Prüfungen zulässig; die Fragen können jedoch auf ihre Zulässigkeit und Eignung, die Antworten auf ihre Richtigkeit überprüft werden (BVerfGE 84, 59). Jede vertretbare fachliche Meinung gilt. Ebenso kann bei der Bewertung weiterhin ein Punktesystem angewandt werden, das die Punkteverteilung auf die einzelnen Noten nicht linear vornimmt; Folgefehler dürfen jedoch nicht mehrfach zu einem Punktabzug führen (VG Neustadt EzB PO-FP, Feststellung des Prüfungsergebnisses, Nr. 3). Einwände des Prüflings in verwaltungsinternen Kontrollverfahren müssen auf jeden Fall rechtzeitig und substantiiert erhoben werden.
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Bei der Nachprüfung der Verfahrensvorschriften kann die ordnungsgemäße Zusammensetzung des Prüfungsausschusses von Bedeutung sein (OVG Lüneburg EzB BBiG § 37 Nr. 3); ein Wechsel der Prüfer während der Prüfung ist unzulässig (VGH Mannheim EzB BBiG § 37 Nr. 2). Auch die Beachtung der Anforderungen aus der Prüfungsordnung ist wesentlich (VGH München EzB PO-AP, Bewertung, Nr. 4; OVG Münster EzB HwO § 38 Nrn. 2 und 3). Bei der Auseinandersetzung über die richtige Bewertung einer Prüfungsleistung geht es deshalb oft um die Bewertungsvorschriften
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der Prüfungsordnung, wenn sie beispielsweise ein Hundertpunktesystem vorsehen. Eine solche Bewertung ist zulässig, wobei die Punkteverteilung keineswegs linear zu sein braucht (OVG Bremen EzB-VjA BBiG § 46 Abs. 1, Bilanzbuchhalter, Nr. 9; OVG Münster GewArch 1985, 22; VGH Mannheim GewArch 1990, 136). Auf jeden Fall müssen die Prüfer selbst entscheiden (VGH Mannheim GewArch 1990, 136; VGH München GewArch 1990, 417). 123
Ein Fehler beim Prüfungsverfahren kann grundsätzlich nur dann zur Aufhebung der Prüfungsentscheidung führen, wenn ein Einfluss auf das Prüfungsergebnis nicht ausgeschlossen werden kann (BVerwG GewArch 1978, 133). Dies ist in der Regel nicht der Fall, wenn lediglich bei dem Prüfungsprotokoll, welches die Prüfungsordnung vorsieht, Fehler vorgekommen sind, die sich nicht auf das Prüfungsergebnis auswirken können (VG Köln EzB BBiG § 35 Nr. 7; VGH Mannheim EzB BBiG § 35 Nr. 9). Ein Wortprotokoll ist jedenfalls nicht notwendig (BVerfG NVwZ 1997, 263; BVerwG DVBl. 1994, 641; OVG Münster DVBl. 1992, 1849).
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Nur der Auszubildende kann die Prüfungsentscheidung anfechten; dem Ausbildenden steht dieses Recht nicht zu, da mit dem Prüfungsbescheid kein Verwaltungsakt ihm gegenüber ergangen ist (OVG Münster GewArch 1978, 381; a.A. OVG Lüneburg EzBVjA BBiG § 14 Abs. 3, Nr. 3). Für den Ausbildenden kann eine nicht bestandene Prüfung seines Auszubildenden nur dann überhaupt eine rechtliche Auswirkung haben, wenn sich in diesem Fall der Ausbildungsvertrag verlängert (§ 21 Abs. 3 BBiG).
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Widerspruch und Klage sind gegen die IHK zu richten, nicht gegen den Prüfungsausschuss. Die Prüfungsausschüsse der IHKs sind nur unselbständige Organe, die von der IHK gemäß dem Berufsbildungsgesetz errichtet werden. Sie sind keine Behörden. Diese Streitfrage ist abschließend durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG GewArch 1985, 97) geklärt. ee) Zwischenprüfungen (§ 48 BBiG)
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Zur Ermittlung des Ausbildungsstandes ist während der Berufsausbildung eine Zwischenprüfung entsprechend der Ausbildungsordnung durchzuführen (§ 48 BBiG).
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Da § 47 BBiG nicht unter den Vorschriften aufgeführt ist, die für § 48 BBiG entsprechend gelten, ist die IHK nicht verpflichtet, für die Zwischenprüfungen eine Prüfungsordnung aufzustellen. Sie kann also das Prüfungsverfahren nach den besonderen Bedürfnissen einer Zwischenprüfung einfach und flexibel gestalten. Z.B. kann sie auf eine mündliche Prüfung verzichten und lediglich schriftliche Prüfungsaufgaben stellen (VG Hamburg EzB BBiG § 44 Nr. 8). Zwar wird § 39 BBiG für anwendbar erklärt, der die Errichtung von Prüfungsausschüssen durch die IHK vorsieht. Da aber nicht auch § 40 BBiG anwendbar ist, wäre die IHK bei der Bildung von Prüfungsausschüssen für Zwischenprüfungen nicht an die dort gegebenen sachlichen und formellen Voraussetzungen gebunden; sie könnte vielmehr die Ausschüsse so bilden, wie es ihr nach der gegebenen Sachlage zweckmäßig und erforderlich erscheint. Es wäre denkbar, dass – falls etwa nur schriftliche Aufgaben gestellt werden – nur Lehrkräfte in einen Prüfungsausschuss berufen werden. Von der Teilnahme (nicht von einem Erfolg) an der Zwischenprüfung ist die Zulassung zur Abschlussprüfung abhängig (§ 43 Abs. 1 Nr. 2 BBiG). Im Übrigen dient das Ergebnis der Zwischenprüfung nur der Feststellung des Leistungsstandes, ohne dass damit rechtliche Folgen für die Auszubildenden verbunden sind; z.B. wird keine Anrechnung auf spätere Prüfungsleistungen vorgenommen. Der Prüfling ist durch die Mitteilung seines Ergebnisses daher nicht in seinen Rechten betroffen. Er kann demgemäß auch gegen diese Mitteilung, die keine Entscheidung im Rechtssinne darstellt, weder Widerspruch einlegen noch den Verwaltungsrechtsweg beschreiten.
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Zu der Regelung über Zwischenprüfungen ist auf jeden Fall der Berufsbildungsausschuss nach § 79 Abs. 2 BBiG zu hören, da sie in der Form einer Verwaltungsvorschrift ergeht.
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Das Berufsbildungsgesetz von 2005 hat zusätzlich die sog. „gestreckte Abschlussprüfung“, d.h. die Abschlussprüfung in zwei zeitlich auseinander fallenden Teilen, eingeführt (§§ 5 Abs. 2 Nr. 2, 44, 48 Abs. 2 BBiG). Anstatt der Durchführung einer Zwischenprüfung, die nicht bewertet wird, besteht nun die Möglichkeit, in der Ausbildungsordnung die Zwischenprüfung durch einen ersten Teil der Abschlussprüfung zu ersetzen. Die Ergebnisse dieses ersten Teils fließen in das Gesamtergebnis der Prüfung ein.
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§1
Aufgabenbereich
f) Regelung, Überwachung und Förderung der Ausbildung (§ 9 BBiG) 130
Die IHK regelt die Berufsausbildung im Rahmen des Gesetzes (§ 9 BBiG), soweit nicht besondere Vorschriften bestehen. Wenn diese Regelung in der Form von Verwaltungsrichtlinien erfolgt – z.B. für die Anrechnung bestimmter Schulabgänge auf die Dauer der Ausbildungszeit, oder für die bei vorzeitiger Zulassung zu fordernden Leistungsnachweise – handelt es sich um Fragen, die als wichtige Angelegenheiten im Sinne von § 79 Abs. 2 BBiG anzusehen sind und zu denen daher der Berufsbildungsausschuss vorher zu hören ist. Allerdings können die IHKs nicht die Eintragung eines Vertrages von der Verwendung eines bestimmten Vertragsmusters abhängig machen (VG Kassel EzB BBiG § 4 Nr. 2; OVG Koblenz GewArch 1974, 347), obwohl die Notwendigkeit einer kurzfristigen Überprüfung und Eintragung von Tausenden von Ausbildungsverträgen dies nahe legt; die IHK kann Vertragsmuster nur empfehlen. Ebenso wenig können die IHKs im Rahmen der Eintragungsprüfung nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 BBiG Höchstzahlen für die zu beschäftigenden Auszubildenden verbindlich festlegen (OVG Koblenz EzB BBiG § 22 Nr. 3). Auch hier gibt es deshalb nur Verwaltungsvorschriften, welche eine Berücksichtigung des Einzelfalles und seiner besonderen Umstände nicht ausschließen dürfen. Nach § 76 BBiG obliegt der IHK die Überwachung der Berufsausbildung sowie deren Förderung durch Beratung der Ausbildenden und der Auszubildenden. aa) Überwachung (§ 76 BBiG)
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Die IHK ist berechtigt, die Ausbildungsstätten daraufhin zu besichtigen und zu überprüfen, ob sie nach ihrer Ausstattung eine ordnungsgemäße Ausbildung gewährleisten. Sie erhält durch diese Bestimmung alle notwendigen Rechte, insbesondere auch ein Auskunftsrecht und das Recht zum Betreten der Ausbildungsstätte. Ausbildungsstätten in diesem Sinne sind sowohl eine etwa vorhandene Ausbildungswerkstatt oder Ausbildungsecke, wie auch der Betrieb selbst, sofern die Ausbildung ganz oder teilweise im Betrieb erfolgt. Die IHK kann auch prüfen, ob die ihr benannten Ausbilder tatsächlich in der Ausbildung tätig sind. Sie ist befugt, sich zu informieren, ob die Auszubildenden mit ausbil98 Wurster
§1
Berufsbildung
dungsfremden Aufgaben beschäftigt werden. Zu all diesen Zwecken kann die IHK vom Ausbildenden die Erteilung von Auskünften oder die Vorlage von Unterlagen verlangen. Der Ausbildende ist verpflichtet, die notwendigen Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen; er ist auch verpflichtet, die Besichtigung der Ausbildungsstätte – also auch des Betriebes, soweit in ihm ausgebildet wird – zu gestatten. Eine Ausnahme hinsichtlich der Auskunftspflicht gilt gem. § 76 Abs. 4 BBiG nur, soweit die Beantwortung einer Frage die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten zur Folge haben würde. bb) Beratung Zur Beratung der Beteiligten an der Berufsausbildungsvorbereitung, der Berufsausbildung und der Umschulung hat die IHK Berater zu bestellen (§ 76 Abs. 1 Satz 2 BBiG). Das Gesetz enthält keine Vorschrift darüber, was unter diesem Begriff zu verstehen ist. In jedem Fall ist die eigentliche Berufsberatung, die in der Regel vor dem Eingehen eines Ausbildungsverhältnisses liegt, keine Kammeraufgabe; sie ist Angelegenheit der Arbeitsverwaltung. Die Beratung im Sinne des § 76 BBiG hat also einen anderen Inhalt. Sie kann ihre Zielsetzung nur darin haben, dazu beizutragen, dass die Berufsausbildungsvorbereitung, Ausbildung oder Umschulung erfolgreich abschließt. Die Beratung der Auszubildenden kann also z.B. dahin gehen, dass sie bestimmte Lücken, die etwa eine Zwischenprüfung aufgezeigt hat, durch besondere Anstrengungen schließen sollen. Die Beratung der Ausbildenden kann dahin gehen, ihnen nahe zu legen, dass sie den Auszubildenden die Möglichkeit geben, gewisse Kenntnisse, die im eigenen Betrieb nicht oder nur unzureichend zu vermitteln sind, anderweitig zu gewinnen, z.B. durch Teilnahme an Ergänzungsmaßnahmen, an einer Förderveranstaltung oder durch zeitweilige Abstellung in eine überbetriebliche Ausbildungswerkstatt. Sie kann aber auch darauf gerichtet sein, den Betriebsinhaber, der ein Ausbildungsverhältnis eingehen will, davon zu überzeugen, dass er nach der Art seines Betriebes eine ordnungsgemäße Ausbildung nicht gewährleistet, dass er zusätzlich zu vorhandenen nicht weitere Auszubildende einstellen sollte oder dass er nach der Art seiner eigenen Tätigkeit, z.B. wegen häufiger geschäftlicher Abwesenheit, zu einer
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§1
Aufgabenbereich
sinnvollen Beaufsichtigung und Anleitung eines Auszubildenden nicht in der Lage ist. 133
Eine solche Beratungstätigkeit ist von der IHK seit jeher ausgeübt worden. In zunehmendem Maße beschäftigen die IHKs besondere Ausbildungsberater, die im Wesentlichen im Außendienst zur Überwachung und Beratung in den Ausbildungsbetrieben sowie zur Einwerbung neuer Ausbildungsplätze im Rahmen des Ausbildungspakts („Nationaler Pakt für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland“) tätig sind. Jedoch bleibt es jeder IHK überlassen, wie sie die Ausbildungsberatung organisiert. Es ist ihre Entscheidung, ob sie hierfür lediglich für den Außendienst eingestellte Mitarbeiter einsetzt, oder ob sie Büro- und Außendienst – auch im Bürodienst wird Beratung praktiziert – nach einzelnen Fachsparten gegliedert oder einheitlich wahrnehmen lässt. Die Tätigkeit als Ausbildungsberater stellt eine Funktion in Ausübung der Kammerrechte und -pflichten nach § 76 BBiG dar, wobei jede IHK nach ihrer personellen und sachlichen Situation zu beurteilen hat, wie sie dieser Funktion organisatorisch gerecht wird und wen sie zur Wahrnehmung dieser Funktionen als Ausbildungsberater bestellt. g) Fortbildung und Umschulung (§§ 53 ff., 58 ff. BBiG)
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Neben der Berufsausbildung haben sich Berufsfortbildung und Umschulung zu weiteren Schwerpunkten der IHK-Arbeit entwickelt. In den kaufmännischen Berufen gibt es zahlreiche Weiterbildungsprüfungen, so etwa für Fachkaufleute (nach Funktion im Unternehmen), für Fachwirte (nach Branchen), für Pharmareferenten, Bilanzbuchhalter und Betriebswirte (IHK). Im gewerblichen Bereich sind es die Weiterbildungsprüfungen zum Industriemeister (nach Branchen), zum Fachmeister (in den nichtindustriellen Berufen) sowie zum Technischen Betriebswirt (IHK). Jährliche Berufsbildungsberichte des DIHK (zuletzt: DIHK-Bildungsbericht 2007/2008 Berufsbildung, Weiterbildung, Bildungspolitik 2008) geben ein instruktives Bild von der Fülle dieser Weiterbildungsmöglichkeiten, die mit einer Prüfung abgeschlossen und in der gesamten Wirtschaft anerkannt werden. Ebenso zeigt sich aber auch an den Statistiken, in welchem großen Umfang davon heute Gebrauch gemacht wird. Die kaufmännische und gewerbliche Berufsausbildung ist keine „Sackgasse“ mehr, sondern eröffnet viele Aufstiegsmöglichkeiten. 100
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Berufsbildung
§1
aa) Prüfungen Als Grundlage für eine einheitliche berufliche Fortbildung kann das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie oder dem sonst zuständigen Fachministerium nach Anhörung des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung durch Rechtsverordnung Fortbildungsabschlüsse anerkennen und hierfür Prüfungsregelungen erlassen (§ 53 Abs. 1 BBiG). Wird das Ministerium nicht tätig, ergibt sich aber der Bedarf für eine Fortbildung, können die IHKs selbst gemäß § 54 BBiG tätig werden. Ihre Fortbildungsprüfungsregelungen müssen die Bezeichnung des Fortbildungsabschlusses, Ziel, Inhalt und Anforderungen der Prüfungen, die Zulassungsvoraussetzungen sowie das Prüfungsverfahren regeln. Solche Fortbildungsprüfungsregelungen sind Satzungsrecht, das vom Berufsbildungsausschuss gemäß § 79 Abs. 4 Satz 1 BBiG beschlossen werden muss.
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Die IHK ist zur Durchführung solcher Prüfungen nicht verpflichtet. Falls sie Prüfungen durchführt, hat sie durch eine Prüfungsordnung – zuständig ist wiederum der Berufsbildungsausschuss – die Zulassung, die Gliederung der Prüfung, die Bewertungsmaßstäbe, die Erteilung der Prüfungszeugnisse, die Folgen von Verstößen gegen die Prüfungsordnung und die Wiederholungsprüfung zu regeln (§§ 56 Abs. 2, 47 BBiG). Die konkreten Zulassungsvoraussetzungen sind jedoch nicht in der Prüfungsordnung festzulegen; insoweit stellen die §§ 53 Abs. 2 und 54 BBiG leges speziales dar. Die IHK hat auch Prüfungsausschüsse zu errichten; für deren Zusammensetzung und Bildung gelten §§ 40 und 41 BBiG entsprechend, d.h., sie müssen paritätisch aus je einem Beauftragten der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer bestehen, wobei für letztere die Gewerkschaften oder die ihr entsprechenden selbständigen Vereinigungen ein Vorschlagsrecht haben. Dass entsprechend den für die Abschlussprüfungen geltenden Vorschriften auch für Fortbildungsprüfungen eine Lehrkraft aus einer berufsbildenden Schule als Mitglied des Prüfungsausschusses zu berufen ist, ergibt sich aus der entsprechend vorgeschriebenen Anwendung des § 40 BBiG, obwohl bei der Fortbildung Erwachsener keineswegs immer Berufsschulausbildung oder Berufsschulstoff zur Prüfung anstehen. Daher wird die Vorschrift im Bereich der FortbildungsprüWurster 101
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§1
Aufgabenbereich
fungen weit ausgelegt, d.h., es werden etwa auch Dozenten aus Fortbildungseinrichtungen als Prüfer akzeptiert. Auch diese Ausschüsse wählen sich ihren Vorsitz selbst. 137
Die Systematik der Prüfungen bei beruflichen Umschulungsmaßnahmen ist ähnlich wie in der Fortbildung. Gem. § 58 BBiG kann das Bundesministerium für Bildung und Forschung als Grundlage für eine geordnete und einheitliche berufliche Umschulung Umschulungsordnungen erlassen. Wird das Ministerium nicht tätig, können die IHKs eigene Umschulungsprüfungsregelungen verabschieden. Die Vorschriften für Prüfungen und Prüfungsausschüsse gelten entsprechend (§ 62 Abs. 3 BBiG). Die IHK ist nicht verpflichtet, solche besonderen Prüfungen für Umschüler durchzuführen.
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In ihrem Entschluss über die Abnahme von Prüfungen nach §§ 53 ff. und §§ 58 ff. BBiG sind die IHKs nur ihrem pflichtgemäßen Ermessen unterworfen. Allerdings werden sie, da es sich insoweit um wichtige Angelegenheiten im Sinne von § 79 Abs. 2 Nr. 1 BBiG handelt, den Berufsbildungsausschuss hierzu hören müssen, dessen Votum zwar nicht verbindlich, aber doch sachlich von erheblichem Gewicht ist. Wenn die IHK sich aufgrund ihrer Erfahrungen und der Bedürfnisse der Wirtschaft im Kammerbezirk zur Einführung einer bestimmten Weiterbildungs- oder Umschulungsprüfung entschließt, ist die Prüfungsordnung dafür vom Berufsbildungsausschuss zu verabschieden, von der Staatsaufsichtsbehörde zu genehmigen und im Bekanntmachungsorgan der IHK zu verkünden.
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Bei eigenen Fortbildungsmaßnahmen, wie sie einer langen Kammertradition entsprechen, ist die Abnahme von Prüfungen durch die IHK eine selbst gesetzte Pflicht. Von Stellen außerhalb der IHK werden gelegentlich Fortbildungsmaßnahmen angeboten, auf deren Inhalt die IHK keinen Einfluss hat. Hier werden manchmal Sonderinteressen geltend gemacht, die auf ein Zeugnis der IHK ausgerichtet sind. Bei der von der IHK vorzunehmenden Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass es bereits eine große Breite von IHK-Weiterbildungsprüfungen gibt und eine Zersplitterung vermieden werden muss.
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Bei Umschulungsmaßnahmen kann ein allgemeines Interesse für die Abnahme der Prüfungen durch die IHK sprechen, wenn z.B. 102
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Berufsbildung
§1
die Arbeitsverwaltung aus arbeitsmarktpolitischen Gründen solche Lehrgänge anregt und finanziert; hier werden sich die IHKs der Abnahme von Prüfungen nicht verschließen können. Soweit Prüfungen durchgeführt werden, muss für sie eine Prüfungsordnung (durch den Berufsbildungsausschuss) verabschiedet werden. Richtlinien hierzu hat der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung gem. §§ 62 Abs. 3, 47 BBiG für die Umschulungsprüfungen zuletzt 2007 (gemeinsam mit der Prüfungsordnung für die Ausbildungsprüfungen), und für Fortbildungsprüfungen gem. §§ 56 Abs. 1, 47 BBiG zuletzt 2008 erlassen. Soweit Verordnungen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung ergehen, sind die IHKs bei Durchführung eigener Lehrgänge an deren Stoffplan gebunden und bei der Durchführung von Prüfungen verpflichtet, die Vorschriften der VO anzuwenden.
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Das Verordnungsrecht des Bundesministeriums für Bildung und Forschung wird bewusst subsidiär ausgeübt, weil sich die Fortbildung in erster Linie nach den Bedürfnissen der Wirtschaft zu richten hat und nur aus der praktischen Erfahrung die Notwendigkeit dafür erschlossen werden kann. Für die Einheitlichkeit von Weiterbildungsprüfungen sorgt der DIHK, in dem die IHKs zusammenarbeiten und bei einer neuen Weiterbildungsprüfung auch eine entsprechende Fortbildungsprüfungsregelung als gemeinsamen Entwurf entwickeln. Einer Verordnung bedarf es deshalb nur dann, wenn Fortbildungsmöglichkeiten von vielen Bildungsträgern angeboten werden und eine Koordinierung der Prüfungsanforderungen und damit auch der Vorbereitungslehrgänge notwendig ist. In der Regel geht man von einem Bedürfnis für eine Verordnung aus, wenn eine IHK-Fortbildungsprüfungsregelung über fünf Jahre lang in mindestens fünf Bundesländern besteht und die Prüfung bundesweit innerhalb der letzten drei Jahre vor Überführung in eine Verordnung 500 Teilnehmer hatte. Auf diese Weise bleibt das Fortbildungssystem elastisch genug, um den wechselnden Anforderungen der Wirtschaft gerecht zu werden. Nur bundesweit durchgesetzte Fortbildungsprüfungen verlangen abschließend nach einer Festlegung durch eine Verordnung. bb) Fortbildungsveranstaltungen Die §§ 53 ff. und 58 ff. BBiG befassen sich nur mit der Ermächtigung der IHK zur Abnahme von Prüfungen bei Fortbildung und Wurster 103
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§1
Aufgabenbereich
Umschulung. Die Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen, d.h. Seminaren, Lehrgängen und Kursen, beruht nicht auf §§ 53 ff. und 58 ff. BBiG, sondern auf § 1 Abs. 2 IHKG. Dabei haben die IHKs selbst darüber zu entscheiden, ob sie solche Veranstaltungen – z.B. ein Bilanzbuchhalterseminar oder einen Lehrgang für Industriemeister – durchführen und welchen Inhalt sie diesen Veranstaltungen geben. Soweit allerdings das zuständige Bundesministerium von seiner Ermächtigung Gebrauch macht, Zulassungsvoraussetzungen und Prüfungsanforderungen für Fortbildungsprüfungen durch Verordnung einheitlich festzulegen, haben die IHKs die an sich ihrer freien Entschließung unterliegende Ausgestaltung ihrer Fortbildungsmaßnahmen mit diesen Zulassungsvoraussetzungen und Prüfungsanforderungen abzustimmen. 143
Hinsichtlich der Durchführung solcher Maßnahmen ist der Berufsbildungsausschuss zu unterrichten. Die begriffliche Abgrenzung dessen, was als Fortbildung i.S. von § 1 Abs. 4 und §§ 53 ff. BBiG zu gelten hat und somit dem Unterrichtungsrecht des Ausschusses unterliegt, ist nicht immer ganz einfach. Es wird davon auszugehen sein, dass alle Maßnahmen der IHK, die in erster Linie dem sich Fortbildenden dienen, indem sie dessen berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten erweitern und ihm ein berufliches Aufsteigen ermöglichen, als Fortbildung i.S. des BBiG anzusehen sind. Sie müssen nicht unbedingt auf eine Prüfung abgestellt sein und mit einer solchen abschließen; jedoch wird die Abnahme einer Prüfung als wichtiges Indiz dafür zu werten sein, dass es sich um eine Fortbildung i.S. des BBiG handelt.
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Lehrgänge oder Veranstaltungen, die primär im Interesse der Unternehmungen liegen, indem sie Angestellte dieser Unternehmen für eine bestimmte Aufgabe (z.B. besserer Telefondienst oder bessere Geschäftsbriefe) schulen oder ihnen betriebswirtschaftliches Wissen vermitteln (z.B. Rationalisierungskurse, betriebswirtschaftliche Veranstaltungen), sind nicht als Fortbildung im engeren Sinne des BBiG anzusehen und unterliegen damit auch nicht der Mitwirkung des Berufsbildungsausschusses. Fortbildungsmaßnahmen, die nicht durch die IHK, sondern durch eine GmbH durchgeführt werden, unterliegen nicht der Nachprüfung durch die Verwaltungsgerichte (VG Saarland EzB BBiG § 46 Abs. 1 Nr. 1).
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§1
Berufsbildung
h) Gebühren und Entgelte aa) Gebühr für Abschlussprüfungen (§ 37 Abs. 4 BBiG) Nach § 37 Abs. 4 BBiG ist die Abschlussprüfung für den Auszubildenden gebührenfrei. Aus dem Umkehrschluss ergibt sich, dass die Erhebung einer Gebühr vom Ausbildenden durch das Gesetz nicht untersagt ist. So wird auch im Bericht des Bundestags-Ausschusses für Arbeit vom 4. 6. 1969 (BT-Drs. V/4260, 16) ausdrücklich vermerkt: „Soweit Prüfungsgebühren erhoben werden, sind sie vom Ausbildenden zu zahlen.“ Die Erhebung einer Gebühr vom Ausbildenden widerspricht auch nicht den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen des Gebührenrechts. Denn die Voraussetzung, dass die Abschlussprüfung im Interesse des Gebührenpflichtigen, d.h. des Ausbildenden, durchgeführt wird, ist erfüllt. Zwar dient die Prüfung primär dem Interesse des Auszubildenden, da sie bestimmte für sein weiteres Berufsleben wesentliche Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten bestätigt. Sie dient aber gleichzeitig auch dem Interesse des Ausbildenden. Da dieser nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 BBiG verpflichtet ist, dem Auszubildenden die Fertigkeiten und Kenntnisse zu vermitteln, die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderlich sind, und da zur Feststellung dieser Fertigkeiten, also zur Feststellung, ob der Ausbildende insoweit seiner Verpflichtung aus dem Ausbildungsvertrag nachgekommen ist, die Abschlussprüfung dient (§§ 37 Abs. 1, 38 BBiG), ist der Ausbildende aus dem Ausbildungsvertrag gehalten, den Auszubildenden zur Prüfung anzumelden, und gem. § 15 BBiG verpflichtet, ihn zur Teilnahme an der Prüfung freizustellen. Das Prüfungsverfahren dient also insofern – jedenfalls auch – seinem Interesse, so dass sich die vom Gesetzgeber gebilligte Erhebung einer Prüfungsgebühr rechtfertigt.
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Von Prüflingen, die gem. § 45 Abs. 2 BBiG auf eigenen Antrag zur Prüfung zugelassen werden (sog. Externe), können Prüfungsgebühren erhoben werden. Dasselbe gilt für Wiederholer, deren Berufsausbildungsverhältnis nicht gem. § 21 Abs. 3 BBiG verlängert worden ist. Derartige Prüflinge sind nicht „Auszubildende“ im Sinne des Gesetzes, so dass § 37 Abs. 4 BBiG für sie nicht gilt. Offensichtlich ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass solche Prüflinge – anders als die Auszubildenden – voll in Arbeit und Lohn stehen und daher die Gebühr für eine Prüfung, von deren Ablegung sie sich ja Vorteile versprechen, tragen können. Für
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§1
Aufgabenbereich
Prüflinge nach § 43 Abs. 2 BBiG dagegen wird wohl § 37 Abs. 4 BBiG gelten, da diese Prüflinge nach Abschluss ihrer Ausbildung zur Prüfung anstehen, insoweit also als Auszubildende betrachtet werden können. bb) Gebühr für Fortbildungs- und Umschulungsprüfungen 147
Da § 37 Abs. 4 in § 56 Abs. 1 und in § 62 Abs. 3 BBiG nicht für entsprechend anwendbar erklärt worden ist, können die IHKs für die Teilnahme an diesen Prüfungen auch vom Prüfungsteilnehmer selbst Gebühren verlangen. Das steht in logischem Zusammenhang zu der ratio legis des § 37 Abs. 4 BBiG, da der Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis keine Verpflichtung zur Fortbildung des Arbeitnehmers trägt – anders der Ausbildende gegenüber dem Auszubildenden – und da die Fortbildung im primären Fortkommensinteresse des Prüfungsteilnehmers erfolgt. Bei der Umschulung gilt Entsprechendes. cc) Entgelte für Fördermaßnahmen während der Ausbildung
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Für Förderkurse, die von einer IHK zur Ausfüllung von Kenntnislücken bei Auszubildenden, z.B. in Rechnen und Orthographie, angeboten werden, kann ein Entgelt vom Auszubildenden erhoben werden, wenn er im eigenen Interesse an solchen Kursen teilnimmt. Der Ausbildende wäre nicht verpflichtet, dieses Entgelt zu übernehmen – er wird es vielfach freiwillig tun –, da es sich insoweit um Ergänzung schulischen Wissens handelt, für das der Ausbildende keine Ausbildungsverantwortung trägt. Für Maßnahmen zur Ergänzung des Ausbildungsstoffes kann der Ausbildende die Kosten tragen müssen, wenn die Gründe für die notwendige Ergänzung bei ihm liegen. dd) Entgelte für Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen
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Bei solchen Maßnahmen kann die IHK vom Teilnehmer ein Entgelt erheben. Hier wird jedoch vielfach eine Kostenübernahme durch das Arbeitsamt nach Maßgabe des SGB III in Betracht kommen, die neben den Teilnahmeentgelten zumeist auch die Prüfungsgebühren umfasst. In den dargestellten Fällen handelt es sich rechtlich nicht um eine Gebühr, obwohl solche Teilnehmerentgelte oft als Gebühr be106
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Ursprungszeugnisse
§1
zeichnet werden. Werden Entgelte vom pflichtigen Teilnehmer nicht gezahlt, so können sie nicht wie Gebühren als öffentliche Abgaben beigetrieben werden; sie müssen vielmehr im Zivilrechtswege geltend gemacht und vollstreckt werden.
9. Ursprungszeugnisse Ursprungszeugnisse sind nach internationalen Handelsabmachungen vielfach im Warenverkehr zur Feststellung des Herkunftslandes vorgeschrieben. Es handelt sich um eine traditionelle Aufgabe der Industrie- und Handelskammern (vgl. § 42 Abs. 2 des Preußischen IHKG; § 2 Nr. 7 der Bayerischen IHK-Verordnung), die insbesondere bei Kammern mit Exportorientierung von Industrie und Handel große Bedeutung hat. Neben der IHK mit ihrer generellen Zuständigkeit sind jeweils für ihren Bereich zuständig die Handwerkskammern (§ 91 Abs. 1 Nr. 11 HwO), Landwirtschaftskammern nach näherer Bestimmung des einschlägigen Landesgesetzes, Zollstellen gemäß Dienstanweisung des Bundesfinanzministeriums (VSF Z 40 60 Nr. 1), sowie für Filme das Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft gemäß dem Runderlass Außenwirtschaft Nr. 4/87 vom 10. 3. 1987 (BAnz. Nr. 58 vom 15. 3. 1987). Für den Artenschutz gilt eine Sonderregelung nach Art. 5 Abs. 3 des Washingtoner Artenschutzabkommens vom 3. 3. 1973 in Verbindung mit der EG-Verordnung 3626/82 vom 3. 12. 1982 (ABl. der Europäischen Gemeinschaft Nr. L 384, S. 1).
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Rechtsgrundlage für die Ausstellung von Ursprungszeugnissen durch die IHKs ist neben § 1 Abs. 3 IHKG der Zollkodex der EG (VO/EWG Nr. 2913/92 vom 12. 10. 1992 – ABl. EG Nr. 1 303), wo die Artikel 22–26 den Ursprungsbegriff und die Ursprungszeugnisse behandeln. Ergänzt wird der Zollkodex durch eine Durchführungsverordnung (VO/EWG Nr. 2454/93 vom 2. 7. 1993 – ABl. EG Nr. I 253), die in den Artikeln 35–54 und den Anhängen IX, X und XI alle Einzelheiten bis hin zum Antragsformular regelt. Änderungen erfolgen so häufig, dass der letzte Stand nur aus den Amtsblättern der EG oder aus kurzfristig ergänzten Loseblattwerken entnommen werden kann (Wolff, EG-Zollkodex, Stand Okt. 1997; Kaufmann, Ursprungsregeln, Baden-Baden 1996).
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Ein vom DIHK erarbeitetes Musterstatut (1993) fasst die allgemein anerkannte Praxis der IHKs zusammen. Es bildet, nach-
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Möllering 107
§1
Aufgabenbereich
dem es von der Vollversammlung der einzelnen Kammern als statutarisches Recht beschlossen und verkündet ist, eine weitere einheitliche Rechtsgrundlage für die Verwaltungsverfahren. Dazu kommen gemeinsam erarbeitete Musterrichtlinien, welche regelmäßig der Entwicklung auf diesem Sachgebiet angepasst werden. Das Statut stellt die Rechte der Kammern für die Nachprüfung der Angaben der Antragsteller sowie notfalls für die Rücknahme von Ursprungszeugnissen klar. Für das Verfahren gilt im Übrigen das Verwaltungsverfahrensgesetz des jeweiligen Bundeslandes. 153
Unter den von den Antragstellern zu machenden Angaben ist die Bezeichnung des Ursprungslandes der auszuführenden Waren besonders wichtig. Haben diese Waren ihren Ursprung in einem Land der Europäischen Gemeinschaft, so ist als Ursprungsbezeichnung die „Europäische Gemeinschaft“ anzugeben. Besonderer Beachtung bedürfen Anträge, die Waren betreffen, die nicht im inländischen Betrieb des Antragstellers, sondern in einem fremden Betrieb oder im eigenen Betrieb des Antragstellers im Ausland hergestellt sind. Die Kammern müssen in diesen Fällen Unterlagen über den Ursprung der Waren verlangen. Das sind in erster Linie Ursprungszeugnisse anderer zur Ausstellung berechtigter Stellen oder Rechnungen, Lieferscheine und dgl. inländischer Hersteller, sofern sie erkennen lassen, dass die Waren in deren eigenen Betrieben im Inland hergestellt wurden. Belege von nichteuropäischen Händlern oder Herstellern müssen von einer zur Ausstellung von Ursprungszeugnissen berechtigten Stelle bescheinigt bzw. beglaubigt sein.
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Ursprungszeugnisse sind öffentliche Urkunden (§ 271 StGB, § 415 ZPO), denn sie haben Beweiskraft für und gegen jedermann und genießen damit öffentlichen Glauben. Es bedarf keiner besonderen gesetzlichen Vorschrift, um ihnen diese rechtliche Bedeutung zu verschaffen. Sie sind auf ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage von den IHKs (die insoweit Behörden sind, RGSt. 52, 198) ausgestellt worden, ihre Rechtswirkung wird in den oben genannten Gesetzen und Verordnungen festgestellt. Handelsverträge pflegen überdies ausdrücklich die Verwendung von Ursprungszeugnissen zu Beweiszwecken vorzusehen; sie sind daraufhin für den gesamten internationalen Handel als Beweis des Ursprungs anerkannt (vgl. hierzu RGSt. 61, 410, 412/413 und RGSt. 74, 26, 32).
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Möllering
Andere dem Wirtschaftsverkehr dienende Bescheinigungen
§1
Zur Glaubhaftmachung der für die Ausstellung eines Ursprungszeugnisses erheblichen Tatsachen werden der IHK vielfach eidesstattliche Versicherungen vorgelegt. Die Kammern sind jedoch zur Abnahme eidesstattlicher Versicherungen nicht berechtigt. Diese Frage war früher streitig (vgl. 3. Auflage, S. 97/98), ist nunmehr jedoch durch § 27 der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder geklärt. Danach darf eine Behörde Versicherungen an Eides statt nur verlangen und abnehmen, wenn dies für das Verfahren durch Gesetz oder Rechtsverordnung vorgesehen und die Behörde durch Rechtsvorschrift ausdrücklich dafür zuständig erklärt worden ist. An solchen Rechtsvorschriften fehlt es, abgesehen von § 3 Abs. 4 des Hamburger Kammergesetzes vom 27. 2. 1956 und § 12 Abs. 5 GGVS. Lediglich in diesen Fällen ist also die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung gegenüber der IHK nach § 156 StGB strafbar. Aber auch bei den anderen Kammern besteht ein ausreichender Strafschutz dadurch, dass die Abgabe falscher Erklärungen zur Erlangung eines Ursprungszeugnisses in der Regel als Betrug (§ 263 StGB) gegenüber dem Vertragspartner oder als mittelbare Falschbeurkundung (§ 271 StGB) bestraft werden kann, gegebenenfalls auch als Zollstraftat nach § 370 AO.
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10. Andere dem Wirtschaftsverkehr dienende Bescheinigungen Im internationalen Handelsverkehr sind neben den Ursprungszeugnissen andere dem Wirtschaftsverkehr dienende Bescheinigungen relativ häufig. Eine Bescheinigung „dient“ dem Wirtschaftsverkehr, wenn sie z.B. von ausländischen Behörden, in Akkreditivbedingungen oder für Zwecke der Legalisierung durch ausländische Konsulate „gefordert“ wird. „Dienen“ heißt nicht unbedingt, dass solche Bescheinigungen dem Wirtschaftsverkehr auch tatsächlich „förderlich“ sein müssen. Sie dienen der Beweissicherung und sind wegen der Besonderheiten des grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehrs auf diesem Gebiet praktisch unentbehrlich, während hier für den innerstaatlichen Waren- oder Dienstleistungsverkehr in der Regel anderweitige Rechts- oder Beweismöglichkeiten bestehen. Vertragspartner des deutschen Unternehmens braucht nicht ein Kaufmann zu sein; es kann sich auch um einen ausländischen Staat, eine karitative Organisation
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§1
Aufgabenbereich
oder einen Privatmann als Teilnehmer am grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr handeln. 157
Besonders häufig sind die Bescheinigungen, die auf Handelsrechnungen und vergleichbaren Handelspapieren von ausländischen Behörden zusätzlich zum Ursprungszeugnis gefordert werden. Eine Übersicht über diese von zahlreichen ausländischen Behörden verlangten Bescheinigungen gibt das von der Handelskammer Hamburg herausgegebene Handbuch „Konsulats- und Mustervorschriften“ in seiner jeweiligen Fassung. Hier handelt es sich in der Regel um Bescheinigungen, weil die IHKs die Richtigkeit der in der Handelsrechnung aufgeführten Tatsachen bestätigen. Auch für diese Bescheinigungen gibt es einheitliche Texte, die in den Musterrichtlinien des DIHK festgehalten sind.
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Das erwähnte Musterstatut erklärt die Bestimmungen über das Verfahren bei Ursprungszeugnissen sinngemäß auch für diese Bescheinigungen für anwendbar. Deshalb wird sich die IHK über die von ihr zu bescheinigenden Tatsachen Gewissheit verschaffen müssen, beispielsweise durch Einsicht in die Bücher, durch Augenschein oder durch Vorlage von Korrespondenz. Zur Abnahme eidesstattlicher Versicherungen ist die IHK auch hier nicht befugt. Die Kammern prüfen aber auch, ob die Notwendigkeit für eine solche Bescheinigung besteht, ob also ausländische Behörden oder vertragliche Vereinbarungen dies vorsehen. Die früher streitige Frage, ob auch Bescheinigungen im Zusammenhang mit einem ausländischen Boykott zulässig sind, ist inzwischen durch die 24. Verordnung AWV vom 23. 7. 1992 (BAnz. Nr. 139 vom 29. 7. 1992) geklärt, wonach eine solche Unterstützung nur für Embargos der Vereinten Nationen oder der Europäischen Union zulässig, im Übrigen aber verboten ist. Die Einzelheiten finden sich in den Runderlassen AWV Nr. 27/92 (BAnz. Nr. 139 vom 29. 7. 1992) und Nr. 31/92 (BAnz. Nr. 177 vom 19. 9. 1992).
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Soweit Bescheinigungen aufgrund besonderer staatlicher Vorschriften auszustellen sind, bedarf es ebenfalls keines Rückgriffs auf § 1 Abs. 3 IHKG. Ein Beispiel für Bescheinigungen, deren Ausstellung den Kammern durch Sondervorschrift übertragen worden ist, bietet § 5 Abs. 1 Nr. 2 der Ersten Verordnung zur Durchführung von Richtlinien über die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr in der Europäischen Gemeinschaft vom 14. 5. 1971 (BGBl. I, 677). Danach haben die IHKs die Be110
Möllering
Andere dem Wirtschaftsverkehr dienende Bescheinigungen
§1
scheinigung über eine Ausbildung oder Befähigung oder die Ausübung einer beruflichen Tätigkeit im Inland auszustellen, soweit nicht für Angehörige des Handwerks und handwerksähnlicher Berufe die Handwerkskammern, und für freie Berufe andere öffentlich-rechtliche Berufskammern zuständig sind. Dazu kommt auch die Erklärung, dass der Antragsteller nicht in Insolvenz geraten ist. Eine Zusammenfassung der einschlägigen Richtlinien und der zuständigen Behörden bringt die Bekanntmachung der Kommission vom 13. 7. 1974 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft 1974 Nr. C 81/1). Demnächst wird der gesamte Bereich durch eine einzige EG-Richtlinie neu geregelt. Soweit die Ausstellung von dem Wirtschaftsverkehr dienenden Bescheinigungen durch Rechtsvorschrift anderen Stellen zugewiesen ist, besteht keine Zuständigkeit der IHK. Die Kammern haben also auch keine Ersatzzuständigkeit, wenn staatliche Fachbehörden ausschließlich für zuständig erklärt worden sind. Nicht zuständig sind die IHKs für die Ausstellung von EWG-Warenverkehrsbescheinigungen aufgrund von Assoziierungs- oder Präferenzabkommen, die ausschließlich den Zolldienststellen zugewiesen worden ist; die Grundlage dafür findet sich in den Protokollen, Anlagen und Beschlüssen zu den verschiedenen Assoziierungs- oder Präferenzabkommen. Gelegentlich ist in internationalen Handelsabkommen oder auch aus gegebenem Anlass die Vorlage von Analysenzertifikaten, sog. Verkehrsfähigkeitsbescheinigungen, für Wein und Weinbrand, Lebensmittel, Kosmetika und Bedarfsgegenstände, vorgeschrieben, womit in der Regel die staatlichen Lebensmitteluntersuchungsämter beauftragt worden sind; in Nordrhein-Westfalen sind beispielsweise die Kreisordnungsbehörden nach § 8 des Landesgesetzes über Lebensmittel, Kosmetika und Bedarfsgegenstände zuständig, anders dagegen in Bayern nach einem Erlass vom 20. 10. 1967 (MBl. 671) die Kammern. Soweit also nach Landesrecht in diesem Bereich für eine Bescheinigungstätigkeit der Kammern überhaupt Raum bleibt, bedienen sich diese selbstverständlich für die notwendigen Untersuchungen ebenfalls der staatlichen Lebensmitteluntersuchungsämter oder geeigneter Sachverständigenlabors.
160
Die Ausstellung dieser dem Wirtschaftsverkehr dienenden Bescheinigungen nach § 1 Abs. 3 IHKG oder den oben erwähnten Sondervorschriften ist ein Verwaltungsakt und erfolgt in einem Verwaltungsverfahren. Die Bescheinigung kann also eingeklagt
161
Möllering 111
§1
Aufgabenbereich
werden, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind und nachgewiesen werden. Die Ablehnungsgründe der Kammer können dann gerichtlich überprüft werden. Zuständig ist grundsätzlich diejenige Kammer, in deren Bezirk der Hauptsitz des Unternehmens oder die Betriebsstätte liegt.
11. Carnet A.T.A. 162
Keine dem Wirtschaftsverkehr dienende Bescheinigung im engeren Sinne, aber vom Sachgebiet verwandt mit den vorgenannten Dokumenten, ist das Carnet A.T.A., das bei vorübergehender Ausfuhr von Waren in das Ausland für die Präsentation auf Messen oder als Warenmuster oder Berufsausrüstung die Hinterlegung oder Kaution für Zollabgaben ersetzt. Das Carnet wird von den IHKs ausgestellt. Die IHK-Organisation bürgt über den DIHK, der wiederum über die Euler HERMES Kreditversicherung AG versichert ist, für die Abgaben bis zur Wiederausfuhr (A.T.A. Übereinkommen, BGBl. II, 1965; 948; Istanbuler Konvention, ABl. EG Nr. L 130 vom 27. 5. 1993).
12. Beglaubigungen 163
In der Praxis werden die Industrie- und Handelskammern seit jeher auch für die Beglaubigung von Unterschriften oder Abschriften in Anspruch genommen, fast ausschließlich für den Außenwirtschaftsverkehr (vgl. Konsulats- und Mustervorschriften der Handelskammer Hamburg). Eine solche Beglaubigung reicht jedoch nicht aus, wenn ausdrücklich eine öffentliche Beglaubigung (§ 129 BGB) vorgeschrieben ist oder verlangt wird; hierfür sind nach dem Beurkundungsgesetz vom 28. 8. 1969 (BGBl. I, 513) ausschließlich die Notare zuständig. Davon ist jedoch die amtliche Beglaubigung zu unterscheiden, wenn das unterzeichnete Schriftstück zur Vorlage bei einer Behörde oder sonstigen Stelle benötigt wird (vgl. § 65 des Beurkundungsgesetzes). Die amtliche Beglaubigung ist in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder näher geregelt (§§ 33, 34 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes und die gleich lautenden Landesvorschriften); danach wird die Zuständigkeit durch Rechtsverordnung festgelegt. So dürfen z.B. in Rheinland-Pfalz die IHKs nur Unterschriften, nicht aber Abschriften beglaubigen. Diese Vorschriften der 112
Möllering
Einheitliche Stelle
§1
Verwaltungsverfahrensgesetze über die amtliche Beglaubigung gelten nur für den innerdeutschen Rechtsverkehr, nämlich zur Vorlage bei einer deutschen Behörde oder sonstigen durch Rechtsvorschrift bezeichneten Stellen, nicht jedoch für die Kammerbeglaubigungen im Außenwirtschaftsverkehr für ausländische Stellen und Geschäftspartner. Hier ergibt sich die Kammerzuständigkeit aus § 1 Abs. 3, dessen Wortlaut – aus dem früheren Kammerrecht übernommen und entsprechend zu verstehen – auch bloße Beglaubigungsvermerke umfasst. Die IHKs können deshalb im Rahmen der internationalen Beglaubigungspraxis im Außenwirtschaftsverkehr auch weiterhin solche Beglaubigungen von Unterschriften und Abschriften vornehmen. Es handelt sich dabei ebenfalls um amtliche Beglaubigungen im Sinne von § 65 des Beurkundungsgesetzes, die damit öffentliche Urkunden gemäß § 415 ZPO sind und nach den Konsulargesetzen des Auslandes einer Legalisierung bedürfen. Im Übrigen ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass oft kurze Bescheinigungen fälschlich als „Beglaubigungen“ bezeichnet werden. Bescheinigungen enthalten Erklärungen der bescheinigenden Stelle über die von ihr festgestellten Tatsachen, während die Beglaubigung lediglich die Echtheit einer Unterschrift oder die Richtigkeit einer Abschrift betrifft. Insbesondere bei den Kammervermerken auf Handelsrechnungen und anderen Handelspapieren handelt es sich in der Regel um Bescheinigungen im Sinne von § 1 Abs. 3, nicht um Beglaubigungen.
164
13. Einheitliche Stelle Durch Art. 7 des Vierten Gesetzes Änderung verwaltungsverfahrensrechtlicher Vorschriften (4. VwVfÄndG) vom 11. 12. 2008 (BGBl. I, 2418) sind die Absätze 3a und 3b in § 1 eingefügt worden. In Abs. 3a werden die Länder ermächtigt, den Industrie- und Handelskammern durch Gesetz die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes – gegebenenfalls auch im Verhältnis zu nicht Kammerzugehörigen – zu übertragen. Das Gesetz hat die Aufgabenbereiche, auf die sich diese Übertragung bezieht, und die Aufsicht zu regeln. Nach Abs. 3b können die Länder den IHKs dabei ebenfalls durch Gesetz ermöglichen, sich an Einrichtungen zu beteiligen, welche die Aufgaben einer einheitlichen Stelle erfüllen. Möllering 113
164a
§1
Aufgabenbereich
164b
Die Regelung erfolgt im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. EG Nr. L 376 S. 36). Ziel der Richtlinie ist die Förderung des Binnenmarktes durch eine Verbesserung des Rechtsrahmens für die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen. Nach Art. 6 der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass Dienstleistungserbringer alle Verfahren und Formalitäten, die für die Aufnahme ihrer Dienstleistungstätigkeiten erforderlich sind, sowie die Beantragung der für die Ausübung der Dienstleistungstätigkeit erforderlichen Genehmigungen über „einheitliche Ansprechpartner“ (im Umsetzungsgesetz „einheitliche Stelle“) abwickeln können. Die einheitlichen Stellen sollen nach Art. 7 der Richtlinie den Dienstleistungserbringern und Dienstleistungsempfängern in einfacher und verständlicher Sprache – und möglichst auch in anderen Gemeinschaftssprachen – Informationen über Verfahren und Formalitäten, Behörden, Zugang zu Datenbanken, Rechtsbehelfe und einschlägige Verbände und Organisationen leicht zugänglich und schnell zur Verfügung stellen. Diese Informationen sollen die gewöhnliche Auslegung der maßgeblichen Anforderungen umfassen; eine Rechtsberatung im Einzelfall wird indes nicht verlangt. Die Verfahren und Formalitäten müssen nach Art. 8 der Richtlinie zudem sowohl über die einheitliche Stelle als auch bei den zuständigen Behörden auf Wunsch des Dienstleistungserbringers elektronisch abzuwickeln sein. Von besonderer Bedeutung ist die nach Überschreitung festgelegter Bearbeitungsfristen in Art. 13 Abs. 3 der Richtlinie vorgesehene Genehmigungsfiktion (vgl. zum Ganzen auch die Einführung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 580/08; aus der Literatur Ziekow/Windoffer (Hrsg.), Ein Einheitlicher Ansprechpartner für Dienstleister, 2007; Schliesky (Hrsg.), Die Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie in der deutschen Verwaltung, 2007; Ziekow, GewArch 2007, 179; Palige, GewArch 2007, 273; Dürr, GewArch 2008, 25; Windoffer, GewArch 2008, 97; Cremer, EuZW 2008, 655; Kluth, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2007, 122; Biernert, GewArch 2008, 417).
164c
Die Bedeutung des neuen Abs. 3a ist begrenzt. Die Ermächtigung der Länder, die Aufgabe der einheitlichen Stelle auf die IHKs zu übertragen, hätte sich auch bereits aus dem geltenden § 1 Abs. 4 ergeben. Die Begründung zu dem Gesetzentwurf spricht denn 114
Möllering
Einheitliche Stelle
§1
auch von einer „deklaratorischen Klarstellung“ (BR-Drs. 580/08, S. 38). Genau genommen enthält Abs. 3a Satz 1 sogar eine Einschränkung gegenüber der bisherigen Rechtslage, indem er für die Aufgabenübertragung ein formelles Gesetz vorschreibt. Auch Satz 2 hat keinen eigenen Regelungsgehalt. Wenn der Bund nicht regelt, für welche Aufgabenbereiche die einheitlichen Stellen zuständig sein sollen, dann müssen dies die Länder machen, wenn sie ihren IHKs die Aufgabe der einheitlichen Stelle zuweisen. Das Ergebnis wird allerdings sein, dass nicht nur die Frage, ob die IHKs als einheitliche Stellen tätig werden sollen, der Landesgesetzgebung überantwortet worden ist, sondern dass die Länder auch entscheiden, in welcher Form die IHKs als einheitliche Stelle tätig werden (dazu Abs. 3b) und welche Aufgabenbereiche sie dabei abdecken. Es kann also geschehen, dass in einem Bundesland nur die IHKs allein mit der Aufgabe „einheitliche Stelle“ für ein sehr breites Spektrum von Unternehmern und Tätigkeiten betraut werden (kritisch dazu unter verfassungsrechtlichen Aspekten Cremer, EuZW 2008, 655), während sie in einem anderen Bundesland nur in Kooperation mit anderen Kammern oder staatlichen Stellen und nur gegenüber Unternehmern aus anderen EU-Mitgliedstaaten tätig werden und in einem dritten Bundesland schließlich überhaupt nicht zuständig sind. Damit besteht die Gefahr, dass die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie beim Thema „einheitliche Stelle“ zu einem bunten Flickenteppich führen kann und – wenn man sich die Überlegungen in den einzelnen Bundesländern zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses der 7. Auflage dieses Kommentars anschaut – tatsächlich auch führen wird. Es ist daher außerordentlich bedauerlich, dass der Bund seine Kompetenz aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 i.V.m. Art. 84 Abs. 1 Satz 2 GG nicht ausgeschöpft hat.
164d
Mehr als eine Klarstellung enthält indes Abs. 3a Satz 3. Denn 164e grundsätzlich ist die Verbandskompetenz der IHKs auf den Kreis der IHK-Zugehörigen begrenzt. Dabei wird allerdings diese Grenze nicht sehr scharf gezogen. Ein gewisses „spillover“ auf Personen, die nicht der IHK angehören, ist zu Recht stets als unschädlich angesehen worden. Beispielsweise handelt es sich bei den Kandidaten der IHK-Sachkundeprüfungen in aller Regel um Personen, für die die Prüfung erst den Weg zu einer die IHK-Zugehörigkeit begründenden Tätigkeit eröffnet. Oder als Sachverständige werden von den IHKs teilweise nicht IHK-zugehörige Personen beMöllering 115
§1
Aufgabenbereich
stellt und vereidigt, weil dies auch im Interesse der IHK-zugehörigen gewerblich tätigen Unternehmen auf der Nachfrageseite geschieht. Wenn jedoch die IHKs generell zur einheitlichen Stelle auch für Handwerker und Freiberufler bestimmt werden, dürfte die Grenze des „spillover“ überschritten sein (Möllering, GewArch 2006, 261, 269). Es bedarf daher einer besonderen Ermächtigungsnorm für die Länder. 164f
Bereits heftig umstritten ist Abs. 3a Satz 4, wonach das LandesGesetz auch die Aufsicht regelt. Unklar ist zunächst, ob die Vorschrift an sich bereits eine Ausnahme von § 11 Abs. 1 Satz 1, wonach die IHKs der Rechtsaufsicht der Länder unterliegen, darstellt. Aus dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich nur schließen, dass die Länder ermächtigt und verpflichtet sind, bei Übertragung der Aufgabe der einheitlichen Stelle auf die IHKs auch die Aufsicht zu regeln. Offen bleibt danach, ob eine solche Regelung abweichend von § 11 Abs. 1 Satz 1 auch Fachaufsicht vorsehen kann. Auch der ebenfalls durch das 4. VwVfÄndG eingeführte § 11 Abs. 1 Satz 3 bringt keine Klarheit. Denn er besagt nur, dass die bundesrechtlichen Aufsichtsregelungen für öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse nicht denen des Landes-Gesetzes, in dem die Übertragung der Aufgabe der einheitlichen Stelle erfolgt und in dem auch die Aufsicht zu regeln ist, vorgehen – was normalerweise nach dem Grundsatz „Bundesrecht bricht Landesrecht“ der Fall wäre. Lediglich aus der Begründung zu Abs. 3a Satz 4 lässt sich entnehmen, dass die Bundesregierung offenbar davon ausgeht, dass die Tätigkeit der Kammern als einheitliche Stelle Fachaufsicht erfordert. Diese Auffassung und insbesondere deren Ableitung aus der Feststellung, dass regelmäßig Fachaufsicht vorgesehen sei, wenn die Kammern staatliche Aufgaben wahrnähmen, ist jedoch unzutreffend. Es ist bislang kein Fall bekannt, in dem bei einer Übertragung staatlicher Aufgaben auf die IHKs eine Fachaufsicht normiert wäre. Das wäre nicht nur nach geltendem Recht nicht zulässig. Es entspräche auch nicht dem Wesen der funktionalen Selbstverwaltung (so schon BVerwG GewArch 1961, 42, 43; ebenso Kluth, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2007, 122; Möllering, WiVerw 2006, 261, 282 – siehe dazu auch die Ausführungen in § 11 Rz. 3). Ein Abweichen von dieser Regelungspraxis wäre bei der einheitlichen Stelle zudem nicht geboten, denn die Aufgaben, die einer solchen einheitlichen Stelle zukämen, hätten nur sehr begrenzt Eingriffscharakter. Eine genaue 116
Möllering
Übertragung weiterer Aufgaben
§1
gesetzliche Steuerung des Handelns der einheitlichen Stelle verbunden mit Rechtsaufsicht würde zudem ausreichen, um die Dienstleistungsrichtlinie wirksam und einheitlich umzusetzen (Kluth, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2007, 122, 145; vgl. zum Ganzen auch BVerfG GewArch 2003, 290, 291 „Wasserverband“). § 1 Abs. 3b ist eine Klarstellung zu § 1 Abs. 2, die auf Grund des Urteils des BVerwG vom 19. 9. 2000 zur Beteiligung einer IHK an einer Flughafenbetriebsgesellschaft (GewArch 2001, 161) wohl notwendig ist. Es handelt sich außerdem um eine Erweiterung des ebenfalls durch Art. 8 des 4. VwVfÄndG eingeführten § 10 Abs. 1, der eine Übertragung von Aufgaben im hoheitlichen Bereich nur innerhalb der IHK-Organisation ermöglicht.
164g
14. Übertragung weiterer Aufgaben Die Bestimmung des § 1 Abs. 4 stellt nicht nur die Fortgeltung al- 165 ler bisherigen bundes- und landesrechtlichen Vorschriften sicher, in denen besondere Aufgaben auf die IHKs übertragen worden sind, sondern bildet auch die Grundlage für die Übertragung weiterer Aufgaben. Die Bestimmung ist zwar für den Bundesgesetzgeber nicht notwendig, der mit späteren Gesetzen den Aufgabenkreis der Kammern erweitern oder auch einschränken kann. Dagegen ist die Vorschrift für den Bund als Verordnungsgeber sowie für die Länder erforderlich, mögen sie Landesgesetze oder Landesverordnungen erlassen. Die Bestimmung beseitigt die Sperre, die sonst das IHKG bei Aufgabenübertragung durch Landesgesetze und durch Rechtsverordnungen des Bundes oder der Länder darstellen würde (vgl. Art. 31 GG).
166
Für diese Übertragung weiterer Aufgaben schreibt die Bestimmung aber auch ausdrücklich vor, dass dies durch Gesetz oder Rechtsverordnung erfolgen muss. Dies ist bei hoheitlichen Aufgaben eine Selbstverständlichkeit, weil es dafür einer durch Rechtsnorm begründeten Zuständigkeit bedarf. Bund und Länder können zwar für ihren unmittelbaren Verwaltungsbereich die Zuständigkeit auch durch Organisationserlass im Rahmen ihrer Organisationsgewalt bestimmen. Bei der Übertragung auf selb-
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Aufgabenbereich
ständige öffentlich-rechtliche Körperschaften ist dagegen eine Rechtsnorm notwendig, um Verwaltungsverfahren durchführen und Verwaltungsakte erlassen zu können (vgl. Rasch, DVBl. 1983, 617). Insoweit ist die Bestimmung also nur deklaratorisch und wiederholt allgemeine rechtsstaatliche Anforderungen für die Übertragung hoheitlicher Befugnisse und Zuständigkeiten. Der Bund und die Länder brauchen deshalb in jedem Fall auch noch eine Norm, die sie zu dieser Übertragung auf die Industrie- und Handelskammern ermächtigt; meist erfolgt dies zusammen mit der Verordnungsermächtigung im jeweiligen Fachgesetz. 168
Neben der Aufhebung der Sperrwirkung liegt deshalb die praktische Bedeutung der Bestimmung darin, dass öffentlich-rechtliche Aufgaben schlichtverwaltender Art den IHKs nicht durch bloßen Verwaltungserlass übertragen werden können. Damit wird eine Belastung durch kammerfremde Aufgaben ausgeschlossen. Dagegen bleibt es zulässig, dass die Kammern auf Anregung von Bund oder Ländern im Rahmen ihrer freiwilligen Selbstverwaltung Aufgaben übernehmen, die unter ihren allgemeinen Aufgabenkreis fallen und ihre Kammerzugehörigen betreffen. Hoheitliche Aufgaben können auf diese Weise aber nicht übernommen werden.
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Aber selbst durch Gesetze und Verordnungen können den IHKs nicht beliebige Wirtschaftsverwaltungsaufgaben hoheitlicher Art übertragen werden. Zunächst einmal kann es sich immer nur um Aufgaben handeln, die im Wesentlichen mit den kammerzugehörigen Unternehmen zusammenhängen. Darüber hinaus müssen es Aufgaben sein, die sich für die Selbstverwaltung eignen. Das sind solche Aufgaben, an deren Erfüllung ein gesteigertes Interesse der Gemeinschaft besteht, die aber weder allein im Wege privater Initiative wirksam wahrgenommen werden können noch zu den im engeren Sinne staatlichen Aufgaben zählen, die der Staat selbst durch seine Behörden wahrnehmen muss. Ein wesentliches Element sind dabei Vorteile, die sich aus der Beteiligung der Betroffenen durch selbst gewählte Organe ergeben, einmal im Sinne einer größeren Sachnähe der Entscheidungen und zum Zweiten durch die gegenüber unmittelbarem staatlichen Zwang freiheitlichere Verwaltungsform (BVerfG Beschluss vom 7. 12. 2001 GewArch 2002, 111, Möllering, WiVerw 2006, 261). Andererseits sind der Aufgabenübertragung besonders dort Grenzen gesetzt, wo Eingriffe von hoher Intensität in Grundrechte zu besorgen sind und wo von dem Verwaltungshandeln auch Nichtmitglieder der IHKs 118
Möllering
Übertragung weiterer Aufgaben
§1
nicht nur am Rande betroffen sind. Auch dürfen solche gesetzlich oder durch Verordnung übertragenen hoheitlichen Aufgaben nicht zu einem Widerspruch zu den Grundsätzen des Kammergesetzes, etwa dem Auftrag zur Förderung der IHK-zugehörigen Unternehmen, führen. Es wäre also wohl beispielsweise nicht zulässig, nach dieser Vorschrift den IHKs die Eintreibung von staatlichen Sonderabgaben für bestimmte gewerbliche Bereiche zu übertragen oder sie für rein administrative Zwecke – insbesondere mit repressivem Charakter – in Anspruch zu nehmen. Bei der Übertragung weiterer Aufgaben ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie den IHKs zur Selbstverwaltung anvertraut werden und deshalb weder Fachaufsicht noch Weisungsrechte staatlicher Behörden begründen (so ausdrücklich § 11 Abs. 1). Lediglich die Rechtsaufsicht wacht über die ordnungsmäßige Erfüllung in diesem „übertragenen Wirkungskreis“. Die von der Bundesregierung in der Begründung zu Art. 7 Nr. 1 des Entwurfs eines 4. VwVfÄndG (BT-Drs. 16/10493, S. 22) vertretene Auffassung, wonach regelmäßig eine Fachaufsicht vorgesehen ist, wenn Selbstverwaltungskörperschaften staatliche Aufgaben wahrnehmen, ist bezogen auf die IHKs unzutreffend. Gegenwärtig gibt es keine nach § 1 Abs. 4 übertragenen Aufgaben, die von den IHKs unter Fachaufsicht durchgeführt werden. Das widerspräche auch der bereits erwähnten Vorschrift des § 11 Abs. 1, die abschließend und für die Länder verbindlich die Aufsicht über die IHKs im Sinne einer Rechtsaufsicht regelt (vgl. Kluth, Jahrbuch des Kammerund Berufsrechts 2007, 122). Auch muss den Kammern Raum für eine satzungsrechtliche Regelung der Aufgabe bleiben. Hier liegt nicht selten der Schwerpunkt der Mitwirkung der Betroffenen. Die notwendige demokratische Legitimation kann zwar verlangen, dass etwa bei Entscheidungen über die Berufszulassung die „statusbildenden Normen“ vom Gesetzgeber selbst festgelegt werden. Auch können sich aus dem europäischen Wettbewerbsrecht staatliche Regelungsvorbehalte ergeben (EuGH vom 19. 2. 2002 – C-309/99 – Wouters). Andererseits würden die „Prinzipien der Selbstverwaltung und der Autonomie, die ebenfalls im demokratischen Prinzip wurzeln und die dem freiheitlichen Charakter unserer Sozialordnung entsprechen, nicht ernst genug genommen, wenn der Selbstgesetzgebung autonomer Körperschaften so starke Fesseln angelegt würden, dass ihr Grundgedanke, die in den gesellschaftlichen Gruppen lebendigen Kräfte in eigener Möllering 119
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§1
Aufgabenbereich
Verantwortung zu Ordnung der sie besonders berührenden Angelegenheiten heranzuziehen und ihren Sachverstand für die Findung ‚richtigen’ Rechts zu nutzen, nicht genügend Spielraum fände (BVerfG NJW 1972, 1504). Die IHKs werden also durch ihnen übertragene hoheitliche Aufgaben nicht in die mittelbare Staatsverwaltung eingegliedert, sondern als wirtschaftliche Selbstverwaltungskörperschaften mit Aufgaben betraut, die nach dem Subsidiaritätsprinzip besser von ihnen erledigt werden können. 171
Die folgenden Darstellungen, aber auch die Ausführungen zum Berufsbildungswesen (Rz. 69 ff.) und zum Sachverständigenwesen (Rz. 199 ff.) zeigen deutlich, wie sich die übertragenen Aufgaben der IHKs im Laufe der Zeiten ändern. Mit der Deregulierung entfallen einzelne Kammeraufgaben, andere kommen jedoch hinzu. Rechtsgebiete, für die früher nur Kammersatzungen galten, werden durch Gesetze und Verordnungen im Einzelnen geregelt. Auch soweit die hoheitlichen Zuständigkeiten bei den IHKs als „zuständiger Stelle“ verbleiben, wirkt sich jede Gesetzesänderung auch auf die Kammerarbeit aus. Insgesamt hat dieser administrative Teil der Kammeraufgaben seine Bedeutung behalten und sich in den letzten Jahren sogar noch erweitert. Einen Überblick gibt die DIHK-Veröffentlichung „Leistungen im öffentlichen Auftrag“ (2002). a) Einigungsstellen für Wettbewerbsstreitigkeiten
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Die nach § 15 UWG errichteten Einigungsstellen zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten sind zwar aus ihrer Entwicklung heraus als Selbsthilfeeinrichtungen der gewerblichen Wirtschaft zu werten (Rickertsen, GewArch 1957, 73). Ihre Errichtung ist jedoch Aufgabe der Landesregierungen. Die Führung der Geschäfte der Einigungsstellen ist durch Rechtsverordnungen der Länder der jeweiligen IHK übertragen worden (vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, Anm. H zu § 15; umfassend zu Organisation und Verfahren: Ottofülling, WRP 2006, 410; ferner Krieger, GRUR 1957, 197; Hinz, Leitfaden für die Einigungsstellen, 1987; Köhler, WRP 1991, 617).
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Diese Übertragung hat insofern besondere Bedeutung, als die Einigungsstellen auch für nicht den IHKs angehörende Gewerbetreibende (Handwerk) zuständig sind. Die geschäftsführenden IHKs haben deshalb unter Mitwirkung der beteiligten Kammern, zu de120
Möllering
Übertragung weiterer Aufgaben
§1
nen auch die örtlich zuständigen Handwerkskammern gehören, den Vorsitzenden und die Mitglieder der Einigungsstelle zu benennen, die Vergütungen für Zeugen und Sachverständige zu verauslagen und die Auslagen einzuziehen. In Bremen und Bayern können sie für das Verfahren auch Gebühren erheben; in den übrigen Ländern ist das Verfahren gebührenfrei. Die Zuständigkeit der Einigungsstellen ist auch bei Wettbewerbsstreitigkeiten mit Verbrauchern und Verbraucherverbänden gegeben, so dass für diese Fälle auch Verbraucherorganisationen bei der Zusammensetzung der Einigungsstelle berücksichtigt werden sollen, insbesondere die in jedem Land mit öffentlichen Mitteln geförderten Verbraucherzentralen (§ 15 Abs. 11 Satz 2 UWG; vgl. auch BT-Drs. 9/1707).
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Die weiteren Einzelheiten über Errichtung, Zusammensetzung und Verfahren der Einigungsstellen finden sich in weitgehend übereinstimmenden Landesverordnungen, zu denen § 15 Abs. 11 Satz 1 UWG die Landesregierungen ermächtigt. Im Einzelnen gelten zurzeit folgende Verordnungen: Baden-Württemberg: Verordnung vom 9. 2. 1987 (GBl. 64); Bayern: Verordnung vom 17. 5. 1988 (GVBl. 115). Berlin: Verordnung vom 29. 7. 1958 (GVBl. Sb II 43–2), geändert durch die Verordnungen vom 4. 12. 1974 (GVBl. 2785) und vom 28. 10. 1987 (GVBl. 2577); Brandenburg: Verordnung vom 10. 10. 2006 (GVBl. II 2006, 450); Bremen: Verordnung vom 16. 2. 1988 (GVBl. 17), zuletzt geändert durch VO v. 18. 10. 2005 (GVBl. 607); Hamburg: Verordnung vom 27. 1. 1959 (HmbBl. I 44–b), geändert durch Verordnung vom 23. 12. 1986 (GVBl. 368); Hessen: Verordnung vom 13. 2. 1959 (GVBl. 3); Mecklenburg-Vorpommern: Verordnung vom 19. 9. 1991 (GVOBl. M-V 1991, 384); Niedersachsen: Verordnung vom 21. 2. 1991 (Nds. GVBl.1991, 139); Nordrhein-Westfalen: Verordnung vom 15. 8. 1989 (GV. NRW 1989, 460); Rheinland-Pfalz: Landesverordnung vom 2. 5. 1988 (GVBl. 1988, 102), Saarland: Einigungsstellenverordnung vom 21. 1. 1988 (ABl. 1988, 89), geändert durch VO v. 24. 2. 1994 (ABl.607) i.V.m. Anlage zum Gesetz vom 26. 1. 1994 (ABl. 509); Sachsen: Verordnung vom 10. 4. 2006 (SächsGVBl. 2006, 97170); Sachsen-Anhalt: Verordnung vom 21. 1. 1992 (GVBl. LSA 1992, 39); Schleswig-Holstein: Einigungsstellenverordnung vom 19. 7. 1991 (GVOBl. 1991, 390), geändert durch § 69 der LVO v. 24. 10. 1996 (GVBl. 652); Thüringen: Verordnung vom 10. 12. 1991 (GVBl. 1991, 666).
175
Möllering 121
§1
Aufgabenbereich
b) Wanderlager 176
In diesem Zusammenhang muss noch die Pflicht zur Anzeige für Wanderlager nach § 56a Abs. 2 GewO erwähnt werden, die bei der unteren Verwaltungsbehörde zu erfolgen hat. Die IHKs werden dazu grundsätzlich gehört, weil es um die Ordnungsmäßigkeit der Ankündigung von Wanderlagern geht (VGH München GewArch 1975, 121; VG Koblenz vom 20. 4. 1982 – 1 K 193/81). c) Sachkundeprüfungen im Einzelhandel
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Das Gesetz über die Berufsausübung im Einzelhandel vom 5. 8. 1957 (BGBl. I, 1121) ist bereits für die meisten Zweige des Einzelhandels vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt (BVerfGE 19, 330), im Übrigen durch das Gesetz vom 25. 7. 1984 (BGBl. I, 1008) aufgehoben worden. Damit ist nicht nur die Sachkundeprüfung für den Einzelhandel generell entfallen, sondern auch für den Einzelhandel mit ärztlichen Hilfsmitteln, wo früher die Kammern die Prüfungen abnahmen (vgl. 4. Aufl., S. 67). Geblieben ist die Sachkundeprüfung für den Einzelhandel mit frei verkäuflichen Arzneimitteln.
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Die Rechtsgrundlage dafür findet sich nunmehr im Arzneimittelrecht. § 50 des Arzneimittelgesetzes vom 12. 12. 2005 (BGBl. I, 3394), enthält die notwendige Ermächtigung, die durch die AMSachKV vom 20. 6. 1978 (BGBl. I, 753) ausgefüllt worden ist. Nach § 9 dieser Verordnung haben die zuständigen Landesbehörden die IHKs als Stellen bezeichnet, vor denen die Prüfung im Einzelhandel für frei verkäufliche Arzneimittel abzulegen sind. In Berlin und Hamburg ist diese Übertragung durch Ergänzung der Landeskammergesetze vollzogen worden; in den Ländern sind zum Teil eigene Rechtsverordnungen verabschiedet worden (§ 1 AMSachKVZustV vom 9. 7. 1984, GBL. 511; § 5 BayVVABATV vom 29. 3. 2007, GVBl. 282; AM/TFZZustV RP vom 25. 6. 1978; § 1 AABTHZustV SL vom 18. 11. 2005, Amtsbl. 1010; § 5 AMZustV BB vom 27. 10. 1992, GVBl. II, 693). d) Fachkundeprüfung nach dem Waffengesetz
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In ähnlicher Form wie früher beim Einzelhandelsgesetz bringt auch das Waffengesetz vom 11. 10. 2002 (BGBl. I, 3970), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. 11. 2007 (BGBl. I, 2557), eine Ein122
Möllering
Übertragung weiterer Aufgaben
§1
schaltung der Kammern (dazu Künneke/Berger, Waffenhandel, DIHK 2003). § 22 sieht hier für den Einzelhandel mit Waffen eine Fachkundeprüfung vor, die in den §§ 1 und 2 AWaffV vom 27. 10. 2003 (BGBl. I, 2123) geregelt ist. Die Fachkundeprüfung wird von staatlichen Prüfungsausschüssen abgenommen, deren Geschäftsführung bei der IHK liegt (vgl. Stiefel, Leitfaden Waffenhandel, DIHK 2008). Diese Konstruktion, dass in Einzelbereichen des Gewerberechts staatliche Prüfungsausschüsse errichtet werden und die IHKs lediglich mit der Geschäftsführung beauftragt sind, ist heute die Ausnahme. Nach neueren Gesetzen und Verordnungen werden, wie auch die folgenden Beispiele zeigen, gewerberechtliche Prüfungsausschüsse von den IHKs errichtet. Die gesamte Aufgabe wird den Kammern übertragen, so dass sie dann auch bei Klagen gegen Prüfungsentscheidungen passivlegitimiert sind. Bei Fachkundeprüfungen nach dem Waffengesetz ist dagegen die Klage gegen die staatliche Behörde zu richten, welche den Prüfungsausschuss errichtet hat und der er damit zugeordnet ist.
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e) Sachkundeprüfungen im Güterkraftverkehr Im Güterkraftverkehr ist aufgrund von § 3 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 Nr. 3 und Abs. 6 Nr. 1 des Güterkraftverkehrsgesetzes vom 22. 6. 1998 (BGBl. I, 1485) durch § 5 Abs. 1 der Berufszugangsverordnung GüKG vom 22. 12. 1998 (BGBl. I, 3963) den IHKs die Bildung der Prüfungsausschüsse für den Güterkraftverkehr übertragen worden. Die unter bestimmten Voraussetzungen notwendige Prüfung wird vor einem Prüfungsausschuss der IHK abgelegt, für den die Kammer die Ausschussmitglieder bestellt. Der Vorsitzende und sein Vertreter sollen zur Vollversammlung der Kammer wählbar oder bei einer IHK beschäftigt sein.
180a
f) Sachkundeprüfung im Straßenpersonenverkehr Eine weitere Sachkundeprüfung im Verkehrsbereich findet sich in § 13 Abs. 1 Nr. 3 des Personenbeförderungsgesetzes i.d.F. vom 8. 8. 1990 (BGBl. I, 1690), zuletzt geändert durch Art. 7 des Gesetzes vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 224), nämlich der Nachweis der fachlichen Eignung zur Führung von Unternehmen des Straßenpersonenverkehrs. Aufgrund der Ermächtigung in § 57 Abs. 1 Nr. 4 Möllering 123
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§1
Aufgabenbereich
des Personenbeförderungsgesetzes ist dazu die Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr vom 15. 6. 2000 (PBZugV, BGBl. I, 85) zuletzt geändert durch VO vom 8. 11. 2007 (BGBl. I, 2569) erlassen worden, die in § 4 Abs. 7 und § 5 die Prüfung vor einem Prüfungsausschuss der IHK vorschreibt und das Verfahren im Einzelnen regelt. Die Sachkundeprüfungen finden getrennt für Unternehmen des Taxen- und Mietwagenverkehrs und für sonstige Unternehmen des Straßenpersonenverkehrs statt. Die Zusammensetzung des Prüfungsausschusses und das Verfahren sind in der Verordnung wie beim Güterkraftverkehr (s.o.) geregelt. Nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Personenbeförderungsgesetz sind die IHKs außerdem von der zuständigen Behörde vor der Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung gutachtlich zu hören. g) Qualifikation zum Berufskraftfahrer 182
Das aufgrund der Richtlinie 2003/59/EG vom 15. 6. 2000 erlassene Berufsfahrerqualifikations-Gesetz (BKrFQG) vom 14. 8. 2008 (BGBl. I, 1958) verlangt von selbständigen und angestellten Kraftfahrern im Güterkraftverkehr (über 3,5 t) und Personenverkehr (mehr als 8 Fahrgastplätze) einen Qualifikationsnachweis in verschiedenen Stufen, der durch eine Prüfung bei der IHK auf der Rechtsgrundlage der Berufskraftfahrer-Qualifikations-Verordnung (BKrFQV) vom 22. 8. 2006 (BGBl. I, 2018) erbracht wird. h) Unterrichtung gemäß Gaststättengesetz
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Nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 des Gaststättengesetzes vom 20. 11. 1998 (BGBl. I, 3418), zuletzt geändert durch Art. 10 des Gesetzes vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246) hängt die Erlaubnis zum Gaststättenbetrieb von dem Nachweis einer Unterrichtung ab, welche die Grundzüge der notwendigen lebensmittelrechtlichen Kenntnisse vermitteln soll. Diese Unterrichtung obliegt den IHKs, die darüber eine Bescheinigung für die Zulassungsbehörde auszustellen haben. Die Einzelheiten der Unterrichtung sind zwischen den staatlichen Behörden und den Kammern abgestimmt und in Verwaltungsvorschriften zusammengefasst. Da es sich bei dieser Unterrichtung um eine Selbstverwaltungsangelegenheit handelt, haben diese Verwaltungsvorschriften keinen Weisungscharakter, sondern nur die Bedeutung einer Zusammenfassung der gemein124
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Übertragung weiterer Aufgaben
§1
sam erarbeiteten Grundsätze im Interesse einer einheitlichen Handhabung. Die Gebühren für die Unterrichtung finden sich in den Gebührenordnungen der Kammern. Auch wenn die IHK die Durchführung der Unterrichtungsverfahren delegiert, sei es an eine eigene Bildungseinrichtung oder geeignete private Stellen, bleibt sie voll in der Verantwortung für Inhalt und Effektivität der Unterrichtung und kann auch nur selbst die Bescheinigungen ausstellen. Da nach der Föderalismusreform aufgrund des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. 8. 2006 (BGBl. I, 2034) die Gesetzgebungskompetenz im Gaststättenrecht auf die Länder übergegangen ist (zum Umfang der Kompetenzverlagerung vgl. Höfling/Rixen, GewArch 2008, 1, 6), kann nicht ausgeschlossen werden, dass künftig die Unterrichtung in den einzelnen Ländern unterschiedlich geregelt oder sogar ein Sachkundenachweis verlangt wird. i) Unterrichtung und Sachkundeprüfung im Bewachungsgewerbe Nach § 34a Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GewO i.d.F. vom 22. 2. 1999 (BGBl. I, 202), zuletzt geändert durch Art. 14 des Gesetzes vom 19. 12. 2007 (BGBl. I, 3024) und § 2 der Verordnung über das Bewachungsgewerbe (BewachV) i.d.F. vom 10. 7. 2003 (BGBl. I, 1378), zuletzt geändert durch Art. 9 Abs. 10 des Gesetzes vom 23. 11. 2007 (BGBl. I, 2631), bedarf derjenige, der ein Bewachungsgewerbe betreibt, einer Erlaubnis. Dafür muss er eine Bescheinigung der zuständigen IHK nach § 3 Abs. 2 BewachV darüber beibringen, dass er über die zur Ausübung des Gewerbes notwendigen rechtlichen Vorschriften unterrichtet worden ist und mit ihnen vertraut ist. Das Gleiche gilt nach § 34a Abs. 1 Satz 4 GewO für Personen, die im Bewachungsgewerbe beschäftigt sind. Die Ausstellung der Bescheinigung setzt kein formelles Prüfungsverfahren voraus. Die IHK muss jedoch feststellen, dass die Teilnahme an der Unterrichtung ohne Fehlzeiten erfolgt ist. Sie muss sich ferner durch geeignete Maßnahmen, insbesondere durch einen aktiven Dialog mit den Unterrichtsteilnehmern sowie durch mündliche und schriftliche Verständnisfragen, davon überzeugen, dass die Unterrichtsteilnehmer mit den in § 4 BewachV genannten Unterrichtungsgegenständen vertraut sind. Der Umfang der Unterrichtung ist in § 3 Abs. 3 BewachV für Gewerbetreibende auf 80 Unterrichtsstunden und für Mitarbeiter auf 40 Unterrichtsstunden von jeweils 45 Minuten festgesetzt. Die IHKs können Möllering 125
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Aufgabenbereich
gemäß § 2 Satz 2 BewachV Vereinbarungen zur gemeinsamen Durchführung der Unterrichtung schließen – die Regelung ist Spezialnorm gegenüber der allgemeinen Kooperationsklausel des § 10 IHKG. 185
§ 34a Abs. 1 Satz 5 GewO verlangt nunmehr für Personen, die Kontrollgänge im öffentlichen Verkehrsraum oder in Hausrechtsbereichen mit tatsächlich öffentlichem Verkehr durchführen oder zum Schutz vor Ladendieben bzw. zu Bewachungen im Eingangsbereich von gastgewerblichen Diskotheken eingesetzt sind, einen Sachkundenachweis. Mit der Abnahme der Sachkundeprüfung sind nach § 5a BewachV die IHKs, die auch die Bescheinigung über das Bestehen ausstellen, betraut. Vorgeschrieben ist nach § 5c BewachV ein schriftlicher Teil und ein mündlicher Teil. Der mündliche Teil soll für jeden Prüfling 15 Minuten dauern. Einzelheiten der Prüfung erlässt die IHK in Satzungsform (§ 5c Abs. 7 BewachV). Auch bei der Abnahme der Sachkundeprüfung können die IHKs nach § 5a Abs. 3 BewachV kooperieren (zum Ganzen Möllering/Böhm in: Stober/Olschok (Hrsg.), Handbuch des Sicherheitsgewerberechts, 535). j) Bescheinigungen für die Beförderung gefährlicher Güter
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Für die Beförderung gefährlicher Güter haben die IHKs ebenfalls umfangreiche Aufgaben übertragen bekommen. Rechtsgrundlage ist das Gefahrgutbeförderungsgesetz vom 29. 9. 1998 (BGBl. I, 3114), zuletzt geändert durch Art. 294 Verordnung vom 31. 10. 2006 (BGBl. I, 2407), in Verbindung mit dem Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR), ratifiziert durch Gesetz vom 30. 9. 1957 (BGBl. II, 1489). Nach § 5 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes sind die Kammern für die Durchführung, Überwachung und Anerkennung der Ausbildung, Prüfung und Fortbildung, für die Erteilung von Bescheinigungen sowie für die Anerkennung von Lehrgängen, Lehrgangsveranstaltungen und Lehrkräften zuständig. Einzelheiten regeln sie durch Satzung. § 6 Abs. 11 der Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahnen (GGVSE) vom 24. 11. 2006 (BGBl. I, 2683) überträgt den IHKs in Bezug auf den Straßenverkehr die Zuständigkeit für die Überwachung und Anerkennung der Schulung, Durchführung der Prüfungen, Erteilung der Bescheinigung über die Fahrzeugführer126
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Übertragung weiterer Aufgaben
§1
schulung und das Führen des Verzeichnisses über die gültigen Schulungsbescheinigungen für Fahrzeugführer. Dazu kommt die Gefahrgutbeauftragten-Verordnung in der Fassung vom 26. 3. 1998 (BGBl. I, 648), zuletzt geändert durch Art. 481 der Verordnung vom 31. 10. 2006 (BGBl. I, 2407), welche in fast allen einschlägigen Unternehmen die Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten vorschreibt und für diesen wiederum eine Schulung mit regelmäßiger Wiederholung vorsieht. Die Anerkennung dieser Schulungslehrgänge ist den IHKs übertragen worden. Die Teilnahmebestätigungen an den Schulungsveranstaltungen werden vom Veranstalter selbst ausgestellt. § 5 Gefahrgutbeauftragten-Verordnung schreibt vor, dass am Ende des Grundlehrgangs, der für den allgemeinen Teil grundsätzlich 10 Unterrichtseinheiten und für den besonderen Teil für einen Verkehrsträger 20 Unterrichtseinheiten zu jeweils 45 Minuten betragen soll, eine schriftliche Prüfung vor der IHK abzulegen ist.
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Auch hier handelt es sich um hoheitliche Aufgaben, mag es um die Anerkennung von Lehrgängen, die Abnahme der Prüfung oder die Ausstellung der Bescheinigung gehen. Die IHK entscheidet aufgrund der Übertragung dieser Aufgaben durch § 6 Abs. 11 GGVSE oder durch § 2 Abs. 2 der Gefahrgutbeauftragten-Verordnung in eigener Verantwortung und ist an keinerlei Weisungen gebunden. Sie kann das Verfahren durch ein eigenes Statut regeln, sich aber auch mit eigenen Verwaltungsvorschriften dafür begnügen. Hierzu liegen Musterstatuten und gemeinsam mit allen beteiligten Kreisen ausgearbeitete Lehrgangspläne vor. k) Ermächtigung von Handelsmaklern Die öffentliche Ermächtigung von Handelsmaklern (z.B. für den 188 freihändigen Verkauf hinterlegter oder verpfändeter Sachen – §§ 385, 1221, 1235 BGB) erfolgt nach Art. 13 des Preuß. Ausführungsgesetzes zum BGB vom 20. 9. 1889 (GS 184) im verbliebenen Bereich des Gesetzes durch die IHK; diese nimmt auch die Vereidigung vor. Für Nordrhein-Westfalen ist diese Rechtsgrundlage inzwischen durch Art. 27 des Ersten Gesetzes zur Funktionalreform vom 11. 7. 1978 (GVBl. NW 290) abgelöst, wo wiederum die IHKs mit dieser Aufgabe betraut werden. In Bayern findet sich diese Befugnis, Handelsmakler zu vereidigen und öffentlich zu ermächtigen, in Art. 7 BayIHKG, in Brandenburg im § 16 BbgMöllering 127
§1
Aufgabenbereich
AGBGB vom 28. 7. 2000 (GVBl. I 2000, 114), in Hessen in § 27a Hess.AGBGB vom 18. 12. 1984 (GVBl. I 1984, 344), im Saarland in § 5 AGJusG vom 5. 2. 1997 (Amtsblatt 1997, 258), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. 11. 2007 (Amtsblatt 2007, 2393), in Sachsen in § 7 Abs. 2 SächsIHKG vom 18. 11. 1998 (SächsGVBl. 1991, 380) und in Schleswig-Holstein in § 40 IHKG SH vom 24.2.180, i.d.F.d.B. vom 31. 12. 1971 (GVOBl. 1971, 182). l) Versteigerer 189
Nach § 34b Abs. 5 GewO, in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. 2. 1999 (BGBl. I, 202), zuletzt geändert durch Art. 9 des Gesetzes 21. 12. 2007 (BGBl. I, 3024), können besonders sachkundige Versteigerer nach dem Ermessen der zuständigen Stellen allgemein oder für bestimmte Arten von Versteigerungen öffentlich bestellt werden. Sie sind darauf zu vereidigen, dass sie ihre Aufgaben gewissenhaft und unparteilich erfüllen. Es handelt sich hierbei nicht um eine Zulassungsregelung, weil auch ohne eine solche öffentliche Bestellung das Versteigerergewerbe aufgrund einer Erlaubnis ausgeübt werden kann (vgl. BVerwG GewArch 1966, 94; LG Mannheim GewArch 1993, 476; allgemein dazu Bleutge, WiVerw 1987, 218; Ernst, GewArch 1991, 51; Brocki, GewArch 1961, 27; Jahn, GewArch 1993, 457; Schönleiter, GewArch 2000, 49). Die Bestellung ist vielmehr mit der öffentlichen Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen zu vergleichen, so dass es möglich ist, die öffentliche Bestellung und Vereidigung eines Versteigerers von der Erfüllung bestimmter sachlicher und persönlicher Voraussetzungen und von dem Vorhandensein eines abstrakten Bedürfnisses abhängig zu machen. Gegenwärtig sind die IHKs nur in Nordrhein-Westfalen als zuständige Stellen i.S.v. § 34b Abs. 5 GewO bestimmt (VO zur Regelung der Zuständigkeiten auf dem Gebiet der Gewerbeüberwachung vom 10. 12. 1974, GVBl. NW 1558). In den anderen Ländern werden die IHKs gutachtlich vor der öffentlichen Bestellung durch staatliche Behörden gehört (zum Nachweis besonderer Sachkunde VGH Mannheim GewArch 1989, 163; VG Karlsruhe GewArch 1990, 171). m) Versicherungsvermittler
190
Durch das aufgrund der Richtlinie 2002/92/EG vom 9. 12. 2002 über Versicherungsvermittlung (ABl. EG 2003 Nr. L 9 S. 3) erlasse128
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Übertragung weiterer Aufgaben
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ne Gesetz zur Neuregelung des Versicherungsvermittlerrechts vom 19. 12. 2006 (BGBl. I 3232) ist den IHKs in § 11a GewO seit dem 22. 5. 2007 die Führung des Versicherungsvermittlerregisters übertragen worden. Gemäß § 11a Abs. 1 GewO bedienen sie sich dazu der in § 32 Abs. 2 Umweltauditgesetz bezeichneten „gemeinsamen Stelle“. Das ist nach den zwischen den IHKs unter Beteiligung der Handwerkskammern getroffenen Vereinbarungen zum Umweltauditgesetz der DIHK (s.u. Rz. 194). Durch diese Regelung wird die Vorgabe „einer einzigen Auskunftsstelle“ in Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie erfüllt. Sie ist ein Beispiel für eine vom Gesetzgeber spezialgesetzlich vorgeschriebene bundesweite Kooperation von IHKs. Der DIHK übernimmt auch die Auslandsmeldungen nach § 11a Abs. 5 GewO. Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler, die in Deutschland tätig sein wollen und noch nicht in einem anderen Mitgliedstaat der EU in einem entsprechenden Register eingetragen sind, müssen sich nach § 34d Abs. 7 GewO in das Versicherungsvermittlerregister beim DIHK eintragen lassen. Entsprechendes gilt nach § 34e Abs. 2 GewO für die Versicherungsberater. Einzelheiten über den Inhalt des Registers und das Eintragungs- und Auskunftsverfahren sind in den § 5 bis § 7 Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermV) vom 15. 5. 2007 (BGBl. I, 733) geregelt. Die Voraussetzungen für die Eintragung in das Versicherungsvermittlerregister sind unterschiedlich geregelt, je nachdem, ob es sich um gebundene Versicherungsvertreter oder ungebundene Versicherungsvertreter, Versicherungsmakler und Versicherungsberater handelt. Gebundene Versicherungsvertreter sind solche, die ausschließlich für ein Versicherungsunternehmen oder für mehrere Versicherungsunternehmen, deren Produkte nicht in Konkurrenz zueinander stehen, tätig sind. Sie können sich ohne Weiteres durch eine entsprechende Mitteilung des Versicherungsunternehmens wen das Register eintragen lassen. Das Versicherungsunternehmen übernimmt dabei die uneingeschränkte Haftung für die Vermittlertätigkeit (§ 34d Abs. 4 GewO). Ungebundene Versicherungsvertreter, Makler und Versicherungsberater bedürfen hingegen einer Erlaubnis, die durch die IHK erteilt wird (§ 34d Abs. 1 und § 34e Abs. 1 GewO). Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn der Antragsteller die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt, nicht die vorgeschriebene Vermögenshaftpflichtversicherung Möllering 129
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von derzeit 1 Million Euro für jeden Versicherungsfall und 1,5 Millionen Euro für alle Versicherungsfälle eines Jahres (§ 9 Abs. 2 VersVermV) abgeschlossen hat oder nicht die notwendige Sachkunde nachweisen kann (§ 34d Abs. 2 GewO). Eine Ausnahme gibt es für sog. akzessorische Vermittler. Das sind Vermittler, die Versicherungen als Ergänzung der im Rahmen ihrer Haupttätigkeit gelieferten Waren oder Dienstleistungen vermitteln – beispielsweise Autohäuser, die Vollkaskoversicherungen vermitteln. Sie können auf Antrag von der Erlaubnispflicht befreit werden, wenn sie ihre Tätigkeit im Namen eines oder mehrerer Erlaubnisinhaber oder im Namen von Versicherungsunternehmen ausüben, die die vorgeschriebene Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen haben und sich ihr Auftraggeber für ihre Zuverlässigkeit und angemessene Qualifikation verbürgt. Über den Antrag entscheidet ebenfalls die IHK (§ 34d Abs. 3 GewO). 192
Die IHKs sind nicht nur für die Erteilung der Erlaubnis nach § 34d und § 34e GewO, sondern auch für deren Rücknahme und Widerruf zuständig. Umstritten ist, ob sie auch für die Überwachung der Versicherungsvermittler und Versicherungsberater, zur Untersagung der Versicherungsvermittlung nach § 156 Abs. 2 Satz 2 GewO und zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach § 144 bis § 146 GewO zuständig sind. Bei der Übertragung der Aufgaben nach § 11a, § 34d und § 34e GewO auf die IHKs bestand zwischen dem DIHK und dem federführenden Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie Einigkeit, dass diese Aufgaben nicht auf die Kammern übertragen werden sollten. Die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten durch die IHKs entspräche weder dem Selbstverständnis wirtschaftlicher Selbstverwaltung, noch stehen den IHKs die sachlichen und personellen Mittel für diese Aufgaben zur Verfügung. Im Falle der Versicherungsvermittlung würde dies zudem zu einer dreigeteilten Zuständigkeit zwischen den IHKs, den Gewerbeämtern und der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) führen. Dennoch gehen offenbar die Länder Bayern, Hessen und Niedersachsen von einer Zuständigkeit der IHKs aus. In Hessen ist dies sogar ausdrücklich im Verordnungswege geregelt (§ 1 Abs. 4 und 5 sowie § 9 Abs. 5 der Verordnung über Zuständigkeiten der Gewerbeordnung und dem Gaststättengesetz sowie über den Betrieb von Straußenwirtschaften vom 20. 6. 2002, GVBl. I, 395, i.d.F. der Änderungsverordnung vom 10. 10. 2007, GVBl. I, 674). 130
Möllering
Übertragung weiterer Aufgaben
§1
Die Abnahme der Sachkundeprüfung liegt ebenfalls in der Zuständigkeit der IHKs (§ 34d Abs. 2 Nr. 4 GewO). Die Einzelheiten sind in § 1 bis § 4 VersVermV geregelt. Die IHKs errichten zu diesem Zweck Prüfungsausschüsse. Sie können Vereinbarungen zur gemeinsamen Durchführung der Sachkundeprüfung schließen (§ 2 VersVermV). Bemerkenswert ist die Regelung über die Auswahl der schriftlichen Prüfungsaufgaben, die in § 3 Abs. 3 VersVermV einen bundesweit einheitlich tätigen Aufgabenauswahlausschuss vorschreibt. Der Ausschuss ist mit acht Mitgliedern und acht stellvertretenden Mitgliedern besetzt, die von den IHKs jeweils nach Anhörung von Vertretern der Versicherungsunternehmen, der Versicherungsmakler, der Versicherungsberater und der Außendienstführungskräfte berufen werden. Für die Zusammensetzung ist ein vom Gesetzgeber vorgegebener Proporz der Vertreter von Versicherungsunternehmen, Versicherungsmaklern, Versicherungsberatern, Versicherungsvertretern, Außendienstführungskräften und IHK-Vertretern maßgeblich. Der Aufgabenauswahlausschuss ist ein weiteres Beispiel der spezialgesetzlich geregelten bundesweiten IHK-Kooperation (vgl. zum Ganzen: Jahn/Klein, DB 2007, 957; Schönleiter, GewArch 2007, 265; Klopp et al., Neue Regeln für Versicherungsvermittler, DIHK 2007).
193
n) Registrierung geprüfter Betriebsstandorte Das Umweltauditgesetz vom 7. 12. 1995 (BGBl. I, 1591), neugefasst durch Gesetz vom 4. 9. 2002 (BGBl. I, 3490) ist die deutsche Transformation der VO (EWG) Nr. 1836/93 vom 29. 6. 1993 (Abl. L 168, 1 und L 203, 17), die ein freiwilliges Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung entwickeln soll. Das Gesetz regelt nicht nur den Inhalt von Umweltgutachten und die Zulassung von Umweltgutachtern, sondern in den §§ 32–36 auch die Registrierung geprüfter Betriebsstandorte und die Veröffentlichung eines einheitlichen bundesweiten Verzeichnisses darüber. Diese Aufgabe wird in § 32 Abs. 1 den IHKs und den Handwerkskammern, jeweils für ihren Bereich, übertragen; gemeinsame Stelle für die Veröffentlichung des bundesweiten Verzeichnisses ist der DIHK. Dabei sieht § 32 Abs. 3 vor, dass die Kammern diese Aufgabe auch länderübergreifend auf bestimmte Kammern unter ihnen konzentrieren können, eine Vorwegnahme des § 10 IHKG, der die Kooperation zwischen den IHKs – und hier sogar mit den Handwerkskammern – allgemein regelt. Die KamMöllering 131
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Aufgabenbereich
mern können für die Registrierung nach § 35 auch Satzungen erlassen, welche der Genehmigung der Aufsichtsbehörde (im Einvernehmen mit der obersten Umweltschutzbehörde) bedürfen, und nach § 36 Gebühren für die Registrierung erheben. Bislang hat dieses Gemeinschaftssystem freiwilliger Umweltprüfungen im Wesentlichen nur in Deutschland Anklang gefunden (vgl. Hüwels, Probleme der Registrierung geprüfter Betriebsstandorte, 110; Koch, Zusammenwirken von Handelskammern, Handwerkskammern und Umweltschutzbehörden, 126, beide in: Bohne (Hrsg.), Erfahrungen mit dem Umweltauditgesetz, 1998; Schottelius, Umweltmanagementsysteme, NVwZ 1998, 805; Lütker/Ewer, NVwZ 1999, 19). o) Verpackungsverordnung 195
Hersteller und Vertreiber von Verkaufsverpackungen, die für den privaten Endverbraucher bestimmt sind, müssen diese gemäß § 6 Verpackungsverordnung vom 21. 8. 1998 (BGBl. I, 2379), zuletzt geändert durch Art. 6 des Gesetzes vom 19. 7. 2007 (BGBl. I, 1462) am Ort der Übergabe der Waren zurücknehmen und einer zugelassenen Verwertung zuführen. Sie müssen die Rücknahme und Verwertung, sofern sie nicht dem „grünen Punkt“ angeschlossen sind, dokumentieren und von einem unabhängigen Sachverständigen testieren lassen. Die Testate für ein Jahr sind gemäß Anlage I zu § 6 Abschnitte 2 und 3 jeweils bis zum 1.5. des folgenden Jahres bei der nach § 32 Abs. 2 Umweltauditgesetz errichteten gemeinsamen Stelle – dem DIHK – zu hinterlegen.
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Um einerseits Wettbewerb bei der Rücknahme und Verwertung zu ermöglichen und andererseits „Trittbrettfahren“ zu verhindern, ist die Verpackungsverordnung durch die Fünfte Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung (VerpackV1998ÄndV 5) vom 2. 4. 2008 (BGBl. I, 2008, 531) in einem neu gefassten § 6 dahin gehend ergänzt worden, dass derjenige, der Verkaufsverpackungen im Sinne des § 6 Verpackungsverordnung in den Verkehr bringt, sich zur Gewährleistung der flächendeckenden Rücknahme an einem oder mehreren Sammelsystemen beteiligen oder einen Selbstentsorgernachweis erbringen muss. Gemäß einem neuen § 10 VerpackV muss er ferner über sämtliche von ihm mit Ware befüllten Verkaufsverpackungen eines Jahres bis zum 1. Mai des Folgejahres eine von einem Wirtschaftsprüfer, vereidig132
Möllering
Übertragung weiterer Aufgaben
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ten Buchprüfer, Steuerberater oder unabhängigen Sachverständigen testierte Vollständigkeitserklärung in elektronischer Form bei der örtlich zuständigen IHK für drei Jahre hinterlegen. Bei geringen Jahresmengen muss dies nur auf Verlangen der Abfallbehörde geschehen. Die IHKs betreiben die Hinterlegungsstellen in Selbstverwaltung. Sie informieren die Öffentlichkeit laufend im Internet darüber, wer eine Vollständigkeitserklärung abgegeben hat, und gewähren den Behörden, die für die Überwachung der abfallwirtschaftlichen Vorschriften zuständig sind, Einsicht in die hinterlegten Vollständigkeitserklärungen. Sie bedienen sich zur Erfüllung ihrer Pflichten der gemeinsamen Stelle nach § 32 Abs. 2 Umweltauditgesetz, also des DIHK. Auch die Sammelsysteme sind nach § 10 Abs. 6 VerpackV zur Hinterlegung der Informationen über eine Beteiligung an ihrem System jährlich mit gleicher Frist verpflichtet. Sie tragen die Kosten und Auslagen für die Einrichtung und den Betrieb der Hinterlegungsstelle wie auch für die Hinterlegungen. p) Börsenaufsicht Die Börsenaufsicht war früher nach dem Börsenrecht den Industrie- und Handelskammern übertragen, die sowohl Träger von Wertpapier- wie von Warenbörsen waren (vgl. z.B. § 41 des preußischen IHKG). Nach 1945 sind in den Ländern anderweitige Regelungen getroffen worden, so dass lediglich noch in Berlin und Hamburg die Börsenaufsicht bei der Kammer lag (vgl. Bremer, Kammerrecht, 182/184; Bremer, Grundzüge des deutschen und ausländischen Börsenrechts, 56).
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Inzwischen hat sich das Börsenrecht (als Teil des Kapitalmarktrechts) weitgehend verselbständigt und wird zunehmend durch EG-Richtlinien bestimmt, die durch Novellen in deutsches Recht umgesetzt werden. Das Börsengesetz bestimmt eingehend Organe und Aufsicht über die Börsen. Für die Kammern als ursprüngliche Gründer und Träger der Börsen bleibt praktisch kein Spielraum mehr. q) Gewerbeanzeige In Rheinland-Pfalz sind die IHKs nach § 1 Abs. 2 der GewRZustV RP vom 30. 1. 2001 (GVBl. 2001, 43) i.d.F. der Ersten Landesverordnung zur Änderung der Landesverordnung (LVO) über ZustänMöllering 133
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Aufgabenbereich
digkeiten im Gewerberecht vom 19. 12. 2006 (GVBl. 2006, 450) zuständig für die Durchführung des § 14 GewO und des § 55c GewO, also insbesondere für die Entgegennahme der Gewerbeanzeigen (beim stationären Gewerbe nach § 14 Abs. 1 GewO und subsidiär beim nicht reisegewerbekartenpflichtigen Reisegewerbe nach § 55c GewO) und deren Bescheinigung (§ 15 Abs. 1 GewO). Das gilt nicht für den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose, für den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art (§ 14 Abs. 2 GewO) und für überwachungsbedürftige Gewerbe (§ 38 Abs. 1 GewO). Ausgeschlossen ist auch die Abmeldung von Amts wegen nach Betriebsaufgabe (heute § 14 Abs. 1 Satz 3). Die Aufgabe ist den IHKs als Auftragsangelegenheit unter Aufsicht des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau übertragen (dazu § 11 Rz. 3).
15. Sachverständige 198
Besondere Bedeutung hat die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen, welche den Kammern im Rahmen von § 36 GewO i.V.m. § 1 Abs. 4 IHKG durch Landesrecht übertragen worden ist. Für diesen Aufgabenbereich erübrigt sich deshalb eine besondere Vorschrift im IHKG, wie sie früher im Preußischen IHKG (§ 42 Abs. 1) und in anderen Landesgesetzen üblich war. Diese Kammeraufgabe gehört deshalb zum „übertragenen Wirkungskreis“.
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§ 36 GewO ist der wirtschaftlichen und rechtlichen Entwicklung mehrfach angepasst worden (zur Gesetzesgeschichte vgl. Bleutge in Landmann/Rohmer, Gewerbeordnung GewO, § 36 Anm. 1–9). Hervorzuheben sind das Gesetz vom 24. 4. 1986 (BGBl. I, 560), das eine subsidiäre Ermächtigung für die Sachverständigenordnungen der Kammern brachte (wegen VerfGH München GewArch 1984, 55; OVG Münster GewArch 1983, 334), und das Gesetz vom 23. 11. 1994 (BGBl. I, 3475), das die bis dahin übliche konkrete Bedürfnisprüfung abschaffte (wegen BVerfGE 86, 28). Seitdem besteht ein Rechtsanspruch auf Bestellung zum Sachverständigen, sofern abstrakt überhaupt ein Bedürfnis für eine solche Sachverständigentätigkeit festgestellt werden kann und sich die fachlichen Voraussetzungen auf dem betreffenden Sachgebiet so kon134
Möllering
§1
Sachverständige
solidiert haben, dass man von allgemein anerkannten Regeln ausgehen kann. Außerdem ist der Kreis der Personen, die zu Sachverständigen bestellt werden können, auf Freiberufler, Beamte und Angestellte erweitert worden (Marks, GewArch 1994, 444; Bleutge, GewArch 1994, 447; Frotscher, NVwZ 1996, 33, 36). a) Rechtsgrundlagen für die Bestellung von Sachverständigen Gemäß § 36 Abs. 1 GewO können Personen, die als Sachverständige tätig sind oder tätig werden wollen, durch die von den Landesregierungen bestimmten Stellen nach deren Ermessen für bestimmte Sachgebiete öffentlich bestellt werden, wenn sie besondere Sachkunde nachweisen und keine Bedenken gegen ihre Eignung bestehen. Gemäß § 36 Abs. 2 GewO gilt dies auch für Probenehmer, Zähler, Wäger und Personen, die ähnliche Aufgaben erfüllen.
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Wegen der Einzelheiten zum Sachverständigenwesen wird verwiesen auf den Kommentar Landmann/Rohmer, GewO (Loseblatt), der auch die gesamte Rechtsprechung sowie weiterführende Literatur bringt, sowie auf folgendes Schrifttum: Bayerlein [Hrsg.], Praxishandbuch Sachverständigenrecht, 4. Auflage 2008; Bleutge, GewArch 2007, 184; Bleutge, Sachverständige (2003); Jessnitzer/ Ulrich, Der gerichtliche Sachverständige, 12. Auflage 2007; Wellmann, Der Sachverständige in der Praxis, 7. Auflage 2004; Stober, Der öffentlich bestellte Sachverständige zwischen beruflicher Bindung und Deregulierung, 1991; Scholl, Der private Sachverständige im Verwaltungsrecht, 2005). Eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung findet sich in den Aufsätzen von Bleutge, GewArch 1976, 363; 1980, 313; 1986, 145; 1990, 113 und 2008, 9.
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Die von den Landesregierungen bestimmten Stellen sind grundsätzlich die IHKs. Für handwerkliche Erzeugnisse und Leistungen obliegt die Sachverständigenbestellung den Handwerkskammern (§ 91 Abs. 1 Nr. 8 HwO; zur Tragweite vgl. BGH GewArch 1984, 386; dazu Heck, GewArch 1985, 71; auch die Neufassung dieser Bestimmung durch Gesetz vom 28. 6. 1990 – BGBl. I, 1221/1245 – beschränkt den handwerklichen Sachverständigen auf die Beurteilung handwerklicher Leistungen). Für den Bereich der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Garten- und Weinbaus sind die Landwirtschaftskammern und in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpom-
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mern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen staatliche Landwirtschaftsbehörden zuständig, was auf Art. XI Abs. 3 der 4. Novelle zur Gewerbeordnung vom 5. 2. 1960 (BGBl. I, 61) zurückgeht (vgl. im Übrigen Landmann/Rohmer, § 36 Anm. 51/53 und II Nrn. 272/273). Schließlich haben in bestimmten Bereichen des Hochbaus noch die Architektenkammern in Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und Niedersachsen sowie die Ingenieurkammern in Berlin (Baukammer), Brandenburg, Hessen, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen (Bau) für Ingenieurtätigkeiten die konkurrierende Zuständigkeit zur Sachverständigenbestellung; in den anderen Ländern (Sachsen und Thüringen) sehen die Landesgesetze über Architekten- oder Ingenieurkammern lediglich eine Mitwirkung bei der Sachverständigenbestellung oder auch nur die Benennung von Sachverständigen vor (zum Überblick über die Zuständigkeiten nach § 36 GewO siehe Rickert in: Pielow (Hrsg.), BeckOK GewO § 36 Rz. 13–16.1). 203
Von dem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen nach § 36 GewO sind die amtlichen oder amtlich anerkannten Sachverständigen zu unterscheiden, die aufgrund von Bundesoder Landesgesetzen für bestimmte Prüfungsaufgaben zugelassen werden und meist in speziellen Überwachungsorganisationen zusammengefasst sind (vgl. § 36 Abs. 5 GewO; hoheitliche Tätigkeit BGHZ 49, 108). Als Beispiele sind das Kraftfahrzeugsachverständigengesetz, das Eichgesetz und die Landesgesetze über die Landvermessung zu nennen; als Überwachungsorganisationen sind die Technischen Überwachungsvereine und die DEKRA am bekanntesten (beliehene Verbände: BVerwG GewArch 1990, 355). Dazu sind mit dem Umweltauditgesetz noch die Umweltgutachter gekommen. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang, dass der Gesetzgeber zunehmend in die amtlichen Überprüfungen durch Prüfungsorganisationen auch öffentlich bestellte Sachverständige einbezieht (§ 5 Altfahrzeug-Verordnung; Anhang I Verpackungsverordnung; §§ 6, 10 TEHG; § 11 ElektroG; § 558a BGB, § 641a BGB; § 7 SpielV; § 21 EnEV).
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Die IHKs sind durch entsprechende Landesgesetze oder Landesverordnungen dazu ermächtigt worden, Sachverständige im Rahmen des § 36 GewO zu bestellen und zu vereidigen. Im Einzelnen gelten:
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– in Baden-Württemberg: § 7 des AGIHKG vom 27. 1. 1958 (GVBl. 77); – in Bayern: Art. 7 und Art. 10 Abs. 2 des AGIHKG vom 25. 3. 1958 (GVBl. 40); – in Berlin: § 1 der VO vom 10. 11. 1967 (GVBl. 1571); – in Brandenburg: § 7 des AGIHKG v. 13. 9. 1991 (GVBl. 440); – in Bremen: § 3 Abs. 1 Nr. 1 der VO vom 23. 10. 1990; – in Hamburg: § 3 Abs. 1 Nr. 4 des Hamburger Kammergesetzes vom 27. 2. 1956 (GVBl. 21), geändert durch Gesetz vom 21. 2. 1983 (GVBl. 55) i.V.m. Nr. III Ziff. 5 der Anordnung zur Durchführung der Gewerbeordnung vom 21. 12. 1987 (Amtl. Anzeiger, Teil II des Hamburgischen GVBl. 1988, 9); – in Hessen: § 6 des AGIHKG vom 6. 11. 1957 (GVBl. 147); – in Mecklenburg-Vorpommern: § 6 des AGIHKG v. 18. 2. 1992 (GVBl. 98) i.V.m. § 1 der Landesverordnung über die Regelung der Zuständigkeiten nach dem AGIHKG vom 18. 3. 1992 (GVBl. 232); – in Niedersachsen: § 6 des AGIHKG vom 20. 12. 1957 (GVBl. 136); – in Nordrhein-Westfalen: § 6 des AGIHKG vom 23. 7. 1957 (GVBl. 187) und § 1 Abs. 1 der VO vom 10. 12. 1974 (GVBl. 1558); – in Rheinland-Pfalz: § 5 des AGIHKG vom 24. 2. 1958 (GVBl. 43) i.V.m. VO vom 25. 3. 1991 (GVBl.174); – im Saarland: § 6 des AGIHKG vom 29. 3. 1960 (ABl. 261); – in Sachsen-Anhalt: § 6 des Gesetzes v. 10. 6. 1991 (GVBl. 103); – in Sachsen: § 7 AGIHKG v. 18. 11. 1991 (GVBl. 28) i.V.m. VO vom 28. 1. 1992 (GVBl. 40); – in Schleswig-Holstein: § 1 Abs. 2 des Gesetzes vom 13. 2. 1953 (GVBl. 54, 41) i.V.m. § 42 Abs. 1 des Preuß. IHKG i.d.F. vom 8. 12. 1933 (GS 1934, 6); – in Thüringen: § 1 der Landesverordnung vom 3. 4. 1991 (GVBl. 69). Durch die mehrfache Neufassung des § 36 GewO hat sich an der gesetzlichen Zuständigkeit der IHKs nichts geändert. Art. XI Möllering 137
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Abs. 2 Ziff. 1 der 4. Novelle zur Gewerbeordnung vom 5. 2. 1960 (BGBl. I, 61) bestimmte nämlich, dass die Vorschriften der Länder über die Zuständigkeit, d.h. die entsprechenden Bestimmungen der Landeskammergesetze, in Kraft bleiben, solange von der Ermächtigung nicht anderweitig Gebrauch gemacht wird. Soweit einzelne Bundesländer inzwischen Rechtsverordnungen erlassen haben, bestätigen sie die Kammern in ihrem bisherigen Aufgabenbereich, der die Masse der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen umfasst. b) Rechtliche und tatsächliche Bedeutung der öffentlichen Bestellung 206
Die „öffentliche“ Bestellung von Sachverständigen wirkt sich rechtlich darin aus, dass ihren Handlungen und Gutachten bestimmte Rechtsfolgen beigelegt sind (z.B. §§ 438, 608, 609 HGB; § 61 Binnenschifffahrtsgesetz; vgl. RGZ 124, 245) und dass sie im Zivil- oder Strafprozess vorzugsweise als Sachverständige heranzuziehen sind (§§ 404 Abs. 2 ZPO; 73 Abs. 2 StPO); durch Verweisung auf die ZPO gelten diese Vorschriften auch in den anderen Gerichtsbarkeiten.
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Durch § 132a Abs. 1 Ziff. 3 und Abs. 2 StGB ist inzwischen auch die Bezeichnung „öffentlich bestellter Sachverständiger“ strafrechtlich geschützt, auch gegen verwechslungsfähige Bezeichnungen. Strafbar macht sich deshalb derjenige, der ohne generell als Sachverständiger öffentlich bestellt und vereidigt zu sein, sich als solcher bezeichnet (AG Krefeld BB 1961, 197; LG Bonn WRP 1978, 922; VG Oldenburg GewArch 1979, 92); verboten ist also auch die Bezeichnung als „Vereidigter Sachverständiger“, selbst wenn der Sachverständige im Einzelfall von Gerichten herangezogen und dann auch jeweils auf seine Aussage vereidigt wurde.
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Darüber hinaus schützt § 5 UWG vor sonstigen irreführenden Maßnahmen (OLG München WRP 1981, 483; OLG Bamberg WRP 1982, 158 und 179; OLG Frankfurt WRP 1983, 123; ferner die umfangreiche Übersicht bei Bleutge, GewArch 2008, 9, 15). Der Hinweis auf die „Anerkennung“ durch einen privatrechtlichen Verband ist nur dann nicht irreführend, wenn der Verband dabei namentlich angegeben wird und wenn vor allem die Anerkennungsvoraussetzungen des Verbandes den Bestellungsvoraussetzungen der Kammern gleichwertig sind, also das Publikum nicht 138
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über die Qualifikation des Sachverständigen getäuscht wird (BGH GewArch 1984, 397; OLG Hamm GewArch 1987, 246). Selbst die bloße Bezeichnung als „Sachverständiger“ kann irreführend sein, wenn es sich um einen Angestellten eines am Gutachten interessierten Unternehmens handelt und damit Unparteilichkeit und Unabhängigkeit nicht gesichert sind (OLG Frankfurt WRP 1990, 340) oder wenn sich jemand ohne ausreichende Vorbildung als „Sachverständiger“ bezeichnet (BGH BB 1997, 1760; OLG München GewArch 1995, 297). Durch diese Rechtsprechung zu § 132a StGB und § 5 UWG ist die Sonderstellung des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen rechtlich weitgehend abgesichert. Entscheidend bleibt jedoch, dass die von der IHK öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen aufgrund des sorgfältigen Bestellungsverfahrens und der Überwachung durch die IHK besonderes Vertrauen genießen und auch in der Öffentlichkeit als besonders qualifiziert und zuverlässig angesehen werden.
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c) Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung Aus § 36 Abs. 1 GewO ergibt sich lediglich, dass die öffentliche Bestellung und Vereidigung für ein bestimmtes Sachgebiet erfolgt, dass sie den Nachweis einer besonderen Sachkunde des Sachverständigen voraussetzt und dass keine Bedenken gegen seine Eignung bestehen dürfen; außerdem wird die Eidesformel festgelegt. Die näheren Einzelheiten dagegen über die Voraussetzungen, die Bestellung, die Pflichten des Sachverständigen und das Erlöschen der Bestellung ergeben sich nicht aus dem Gesetz, sondern könnten von den Landesregierungen aufgrund der Ermächtigung in § 36 Abs. 3 GewO durch Rechtsverordnung geregelt werden. Von dieser Verordnungsermächtigung ist jedoch kein Gebrauch gemacht worden, weil die Kammern in Form von Satzungsrecht alle einschlägigen Fragen geregelt haben.
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Die Satzungsgewalt der Kammern in diesem Bereich war früher umstritten (Bay. VerfGH GewArch 1984, 55; BVerwGE 45, 235). Nunmehr ist die Satzungsgewalt der Kammern in diesem Bereich ausdrücklich durch § 36 Abs. 4 GewO anerkannt; diese Bestimmung wurde durch Art. 3 des Ersten Rechtsbereinigungsgesetzes vom 24. 4. 1986 (BGBl. I, 560) eingefügt. Der Umfang der Satzungsgewalt ergibt sich aus § 36 Abs. 3 GewO; diese detaillierte
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Aufzählung der Regelungsmaterien erlaubt es, auch Nicht-Kammerzugehörige (Freiberufler, Beamte, Angestellte) dem Satzungsrecht der Kammer zu unterwerfen. Als Rechtsvorschriften sind die Sachverständigenordnungen der Kammern von den jeweiligen Vollversammlungen zu beschließen und auch im Bekanntmachungsorgan der Kammer zu verkünden; einer Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf es nicht. 212
Die Sachverständigenordnungen der Kammern stimmen weitgehend und wörtlich mit der Mustersachverständigenordnung des DIHK überein, die regelmäßig der Praxis und vor allem der Rechtsprechung angepasst und weiterentwickelt wird (vgl. Bleutge, Sachverständige, 45; Rickert, BeckOK GewO § 36). Im Einzelnen sind die Pflichten des Sachverständigen auch noch durch MusterRichtlinien des DIHK konkretisiert. Ergänzend hat der DIHK mit Hilfe des Instituts für Sachverständigenwesen (IfS) für die wichtigsten Sachverständigenzweige noch besondere fachliche Bestellungsvoraussetzungen entwickelt, welche Vorbildung, Kenntnisse und Fähigkeiten des Sachverständigen als Voraussetzung für seine Bestellung im Einzelnen aufführen und eine gleichmäßige Beurteilung der Anträge wie ein hohes Niveau der Sachkunde sichern (BVerwG GewArch 1975, 333; OVG Schleswig-Holstein GewArch 1992, 234). Für viele Sachbereiche sind darüber hinaus bei den Kammern überregionale Fachgremien errichtet worden, welche sich aufgrund bisheriger Gutachten, schriftlicher Aufgaben, praktischer Übungen und eines Fachgesprächs über die besondere Sachkunde eines Antragstellers vergewissern und gegenüber der bestellenden Kammer dazu gutachtlich Stellung nehmen (VGH München GewArch 1974, 21; VG Regensburg GewArch 1996, 280 – Prüfung nur, wenn schriftliche Unterlagen nicht ausreichen).
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Die Rechtsprechung hat diese von den Kammern entwickelten Voraussetzungen für die öffentliche Bestellung und Vereidigung, die in besonderem Maße dem gesamtwirtschaftlichen Interesse an zuverlässigen und qualifizierten Sachverständigen Rechnung tragen, durchweg bestätigt. Beispielsweise sind die Altersgrenzen (mindesten 30 Jahre, höchstens 68 Jahre – BVerfG GewArch 1983, 258 und 1991, 103; Bay. VerfGH GewArch 1984, 55 und GewArch 1989, 236; BVerwG GewArch 1963, 224; OVG Lüneburg GewArch 1976, 126; OVG Berlin GewArch 1978, 293; OVG Münster GewArch 1981, 221; VGH Mannheim GewArch 1993, 199), aber auch die Befristung von Sachverständigenbestellungen (OVG Münster 140
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GewArch 1966, 251 und GewArch 1969, 155) immer wieder bestätigt worden. Es steht allerdings zu befürchten, dass zumindest die Altersregelungen im Gefolge des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) in Zukunft wieder häufiger Gegenstand von Klagen werden könnten. Noch wichtiger ist es, dass die Rechtsprechung ebenso wie die Kammern an den Nachweis der besonderen Sachkunde einen strengen Maßstab anlegen und ein überdurchschnittliches Fachwissen verlangen; die normalerweise für die Ausübung einer Tätigkeit notwendigen Kenntnisse reichen nicht aus (BVerwG GewArch 1973, 263; BVerwGE 45, 235; OVG Lüneburg GewArch 1977, 377; OVG Koblenz GewArch 1979, 331; OVG Münster GewArch 1983, 334; VGH Mannheim GewArch 1984, 380; weitere Rechtsprechung bei Bleutge, GewArch 2008, 9, 10). Auch an die persönliche Eignung werden hohe Anforderungen gestellt; dazu gehören Unparteilichkeit und Unabhängigkeit, Zuverlässigkeit und geordnete Vermögensverhältnisse (BVerwG GewArch 1974, 333; 1975, 333; 1979, 304; VG Mannheim GewArch 1977, 19; OVG Koblenz GewArch 1979, 331; GewArch 1980, 375; OVG Münster DÖV 1983, 44; GewArch 1986, 164; weitere Rechtsprechung bei Bleutge, GewArch 2008, 9, 12). Diese geforderte Unabhängigkeit kann auch ein Beamter oder Angestellter haben, wenn ihm der Dienstherr oder Arbeitgeber einen Zweitberuf als Sachverständiger erlauben. Wichtig ist jedoch der Fall des angestellten Sachverständigen in einer Sachverständigengesellschaft (Sozietät oder Partnerschaft, GmbH) oder in einer Überwachungsorganisation; hier kommt es darauf an, dass er bei seiner fachlichen Tätigkeit kraft Vertrages frei von Weisungen bleibt. Diese Vereinheitlichung der Rechtsgrundlagen im Bereich der IHKs hat dazu geführt, dass sich inzwischen auch die Sachverständigenordnungen der Handwerkskammern, der Architektenkammern, der Ingenieurkammern und der Landwirtschaftskammern weitgehend und oft wörtlich an die Muster-Sachverständigenordnung des DIHK anlehnen. Damit ist für fast alle Bestellungsbehörden eine einheitliche Rechtspraxis gesichert und ein für die Gesamtwirtschaft wichtiges Sachgebiet übereinstimmend geordnet. d) Rechtsanspruch auf Bestellung Wenn der Antragsteller die geforderten fachlichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllt, hat er einen Rechtsanspruch auf Möllering 141
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Bestellung. Die konkrete Bedürfnisprüfung, ob die örtlichen Verhältnisse die Bestellung eines weiteren Sachverständigen zweckmäßig erscheinen lassen, ist nicht mehr zulässig (BVerfGE 86, 28). Dagegen behält die Kammer das Ermessen darüber, auf welchen Sachgebieten sie Sachverständige öffentlich bestellen und vereidigen will (abstrakte Bedürfnisprüfung, ob auf einem bestimmten Sachgebiet überhaupt Sachverständigenleistungen nachgefragt werden). Dieses Ermessen ist auch deshalb notwendig, damit nicht zu kleine und überspezialisierte Sachgebiete entstehen. Vor allem aber muss eine Sachverständigenbestellung auf Sachgebieten verhindert werden, die noch umstritten sind und bei denen es deshalb prüffähige, allgemein anerkannte Regeln noch nicht gibt. e) Vertraulichkeit von Auskünften 215
Zur Feststellung, ob der Bewerber die erforderliche besondere Sachkunde besitzt und persönlich geeignet ist, kann die IHK alle geeigneten Ermittlungen anstellen. Sie wird sich in erster Linie frühere Gutachten vorlegen lassen, sowie – falls es erforderlich erscheint – eine Überprüfung des Bewerbers durch ein Fachgremium veranlassen, aber auch beispielsweise ihren Ausschuss für Sachverständigenfragen anhören (so VGH München GewArch 1974, 21; VG Augsburg, GewArch 1979, 194; VG Saarlouis GewArch 1981, 10; VG Karlsruhe GewArch 1981, 333; VG Minden GewArch 1982, 375). Darüber hinaus wird sie insbesondere zur persönlichen Eignung Referenzen einholen. Diese vertraulichen Auskünfte braucht die IHK weder in einem Ablehnungsbescheid noch in einem Verwaltungsstreitverfahren preiszugeben, wie inzwischen wiederholt von der Rechtsprechung bestätigt worden ist (BVerwGE 5, 95; OVG Berlin GewArch 1971, 155; OVG Koblenz GewArch 1976, 329; VG Berlin GewArch 1980, 193; VG Schleswig-Holstein GewArch 1982, 25).
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Bei der Beurteilung der persönlichen Eignung hat die IHK einen weiten Ermessensspielraum. Es genügt, dass sich Zweifel an der Eignung oder besonderen Sachkunde des Antragstellers nicht haben ausräumen lassen. Diese Ermittlungen sind aber nur möglich, wenn sich die Kammer auf die Auskünfte von Fachleuten stützen kann, die mit dem Bewerber bereits geschäftlich zu tun gehabt haben und seine Gutachtertätigkeit schon kennen (vgl. VG Schleswig-Holstein GewArch 1982, 25). Diese Vertrauensleute würden 142
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sich aber nicht offen äußern, wenn sie dadurch in Auseinandersetzungen mit dem Antragsteller verwickelt werden könnten. Die Preisgabe der Namen der Auskunftspersonen würde die Erfüllung dieser Kammeraufgabe unzumutbar erschweren, wenn nicht gar unmöglich machen. Die Vertraulichkeit der Auskünfte ist daher im öffentlichen Interesse geboten, so dass bei der Staatsaufsichtsbehörde eine Erklärung gemäß § 99 VwGO zur Verweigerung von Aktenvorlage und Auskunft angefordert werden kann. Eine solche Erklärung der Staatsaufsichtsbehörde führt allerdings dazu, dass die Kammer sich nicht mehr direkt auf die vertrauliche Auskunft stützen kann und ihre Ablehnung in anderer Form nachvollziehbar begründen muss. Dabei zeigt sich dann oft, dass Name und Vorgänge doch in der ablehnenden Begründung aufgeführt werden müssen, um Vorwürfe konkret belegen zu können, etwa mit dem Ergebnis einer fehlerhaften Begutachtung oder Beratung des Sachverständigen. Die Nachprüfung einer Ablehnung im Verwaltungsstreitverfahren läuft auf eine Gesamtprüfung der Persönlichkeit des abgelehnten Bewerbers hinaus. Deshalb brauchen Kammern wie Verwaltungsgerichte in den einzureichenden Unterlagen auch einen Lebenslauf, aus dem sich Vorbildung, Ausbildung sowie berufliche Stationen und Erfahrungen ergeben. Die Verwaltungsgerichte beschränken sich daher darauf zu ermitteln, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob die Kammer von der richtigen Rechtsauffassung ausgegangen ist und ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt hat.
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f) Rücknahme und Widerruf der Bestellung Die öffentliche Bestellung zum Sachverständigen ist ein Verwaltungsakt, der früher nur unter den Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 GewO zurückgenommen werden konnte; diese Bestimmung ist inzwischen aufgehoben. An ihre Stelle sind die §§ 48 und 49 der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder getreten, die die Rücknahme und den Widerruf von Verwaltungsakten abschließend regeln. Die Rücknahme betrifft einen von vornherein rechtswidrigen Verwaltungsakt, der Widerruf die Aufhebung eines rechtmäßigen Verwaltungsaktes. Rücknahme wie Widerruf sind Ermessensentscheidungen der Kammern, die eingehend zu begründen sind. Insbesondere ist beim Widerruf auch zu prüfen, ob Möllering 143
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die Maßnahme dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Eine Rücknahme kommt deshalb im Wesentlichen nur in Betracht, wenn unrichtige oder unvollständige Unterlagen vorgelegt worden sind und die Kammer als Bestellungsbehörde getäuscht wurde. Ein Widerruf ist möglich, wenn die Voraussetzungen der besonderen Sachkunde und persönlichen Eignung nachgewiesenermaßen nicht mehr vorliegen sollten; in der Regel geht es dabei um Verstöße gegen die Pflichten als Sachverständiger, wie sie in der Sachverständigenordnung und den Richtlinien dazu einschließlich einer umfangreichen Rechtsprechung festgelegt worden sind. 219
Zuständig für Rücknahme und Widerruf ist diejenige Stelle, welche die öffentliche Bestellung angesprochen hat. Diese Zuständigkeitslösung war nicht unbestritten, solange § 53 Abs. 2 GewO galt; einige Länder hatten deshalb die IHKs ausdrücklich auch mit Rücknahme oder Widerruf der Bestellung beauftragt (vgl. 4. Aufl., S. 79). Nach der ersatzlosen Streichung des § 53 Abs. 2 GewO ist diese Frage erledigt. Es ist selbstverständlich, dass mit der Übertragung der Bestellungsbefugnis auf die Kammern nach den Verwaltungsverfahrensgesetzen der Länder auch die Befugnis zu Rücknahme und Widerruf der Bestellung verbunden ist, zumal die Bestellungsbehörde schon wegen ihrer größeren Sachnähe und der Unterlagen aus dem Bestellungsverfahren und der späteren Überwachung des Sachverständigen über die besseren Voraussetzungen für eine sachgerechte Entscheidung verfügt.
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Für einen Widerruf reichen insbesondere wiederholte Verstöße gegen die Sachverständigenpflichten aus, wie sie in der Sachverständigenordnung und den Richtlinien dazu festgelegt sind (BVerwG GewArch 1960, 183; 1974, 103; 1979, 304; OVG Münster GewArch 1964, 31; DÖV 1983, 44; GewArch 1969, 155; VGH Mannheim, GewArch 1977, 19; GewArch 1986, 329). Ebenso genügt es, wenn der Sachverständige sich nicht mehr in geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen befindet (BVerwG GewArch 1974, 333; VG Münster GewArch 1996, 380) oder wenn seine Eignung und Zuverlässigkeit durch sein Verhalten zweifelhaft geworden sind (VG Stuttgart GewArch 1979, 375; OVG Koblenz GewArch 1979, 331; weitere Rechtsprechung bei Bleutge, GewArch 2008, 9, 12).
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Aus dieser Rechtsprechung über den Widerruf einer Sachverständigenbestellung ergibt sich auch, in welcher Form die Kammern 144
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Rechtsnatur der Kammeraufgaben
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ihrer Aufgabe während der Bestellungsdauer eines Sachverständigen nachkommen. In erster Linie kümmern sie sich über das von ihnen geschaffene Institut für Sachverständigenwesen (IfS) um die Information und Fortbildung der Sachverständigen, die mehrfach jährlich über alle sie betreffenden Probleme, insbesondere auch über Gesetzgebung und Rechtsprechung, unterrichtet und denen rechtliche und fachliche Fortbildungslehrgänge laufend angeboten werden. Genauso überwachen die Kammern aber auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten die von ihnen bestellten Sachverständigen, gehen Beschwerden von Gerichten und Auftraggebern nach und vergewissern sich durch Umfragen über Auslastung und Tätigkeitsbereiche der bestellten Sachverständigen. Der Sachverständige ist verpflichtet, der Kammer die zur Überwachung und zur Klärung von Streitfragen notwendigen Auskünfte zu geben, insbesondere beanstandete Gutachten vorzulegen und Einsicht in seine Unterlagen zu gestatten. Auf diese Weise lässt sich auch nach der Bestellung sichern, dass die hohe Qualifikation und die Zuverlässigkeit gewährleistet bleiben. Einstweilen frei.
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16. Rechtsnatur der Kammeraufgaben a) Selbstverwaltung Die Industrie- und Handelskammern sind Selbstverwaltungskörperschaften, deren Aufgabenkreis durch staatliche Zuweisung bestimmt und begrenzt wird und deren Aufgaben deshalb stets öffentlich-rechtlicher Art sind (vgl. Legaldefinition der öffentlichrechtlichen Körperschaft in § 37 Abs. 1 des Allgemeinen Verwaltungsgesetzes für das Land Schleswig-Holstein). Die ihnen durch das Gesetz selbst zugewiesenen Aufgaben sind Selbstverwaltungsangelegenheiten, mag es sich um den Erlass von Satzungsrecht, um Verwaltungsverfahren und Verwaltungsakte oder um eine schlichtverwaltende Tätigkeit handeln („eigener Wirkungskreis“).
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Die anderweitig durch Bundes- oder Landesrecht zugewiesenen Aufgaben (§ 1 Abs. 4) sind grundsätzlich ebenfalls Selbstverwaltungsaufgaben, können aber ausnahmsweise auch Auftragsangelegenheiten sein. Bei Selbstverwaltungskörperschaften ist davon auszugehen, dass ihnen auch neue Aufgaben zur Selbstverwaltung überlassen werden (vgl. Most, Selbstverwaltung, 9 und 26); heute
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wird dies meist ausdrücklich durch den Wortlaut der Übertragungsbestimmung oder wenigstens in der amtlichen Begründung klargestellt. Die Kammern werden nicht nur wegen ihrer Ortsund Firmennähe sowie ihrer Sachkenntnis damit betraut, sondern weil die Erfüllung dieser Aufgaben auch kaufmännischen Sachverstand, d.h. also die Mitwirkung der kammerzugehörigen Unternehmer und des Ehrenamts erfordert – wenn z.B. fachkundige Prüfungsausschüsse zu bilden sind – und sich die Selbstverwaltung dafür am besten eignet (dazu auch BVerfG GewArch 2002, 111; Stober, IHK als Mittler, 87; Kluth, DÖV 2005, 368). Die bislang übertragenen Kammeraufgaben sind deshalb durchweg Selbstverwaltungsangelegenheiten im „übertragenen Wirkungskreis“. 228
Gelegentlich wird auch zwischen freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben und Pflichtaufgaben der Selbstverwaltung unterschieden. Diese Terminologie ist nicht unproblematisch, denn sie suggeriert, dass die IHK eine Kompetenz-Kompetenz haben könnten. Das aber ist nicht der Fall (BVerwG GewArch 2001, 161). Die Unterscheidung kann daher nur so verstanden werden, dass bei einigen Aufgaben die IHK selbst ihre Tätigkeitsschwerpunkte wählen kann, während sie bei anderen zu einer bestimmten Tätigkeit verpflichtet ist. Auch freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben sind öffentliche Aufgaben. Die freiwillige Selbstverwaltung findet ihre Rechtsgrundlage in § 1 Abs. 1 und 2; Pflichtaufgaben sind die Gutachtenerstattung für Gerichte und Behörden, die Berufsausbildung (nicht dagegen Berufsfortbildung und Umschulung) sowie alle Aufgaben nach § 1 Abs. 3 und 4.
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Selbstverwaltungsangelegenheiten im eigenen wie im übertragenen Wirkungskreis werden heute auch unter dem Begriff der „Verbandskompetenz“ zusammengefasst (vgl. OVG Münster NJW 1979, 1057; Oldiges, DÖV 1989, 873). Entscheidend für die Einordnung als Auftragsangelegenheit ist es, ob bei der staatlichen Zuweisung die Fachaufsicht und damit ein Weisungsrecht im Einzelfall vorbehalten worden sind (vgl. §§ 19, 20 LVG SchlH; Foerster, LVG SchlH, Stand 1990, § 19 Anm. 2; § 20 Anm. 2 und § 50 Anm. 3). Im Kommunalrecht gibt es daneben den umstrittenen Begriff der Pflichtaufgaben nach Weisung (vgl. § 3 Abs. 2 GO NW); hier erlässt die Aufsichtsbehörde den Widerspruchsbescheid (§ 7 AG VwGO NW).
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Rechtsnatur der Kammeraufgaben
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Die Übertragung einer Auftragsangelegenheit auf die IHKs ist nur 230 in Ausnahmefällen zulässig, wie dies etwa in Kriegs- und Krisenzeiten schon vorgekommen und heute in den Notstandsgesetzen und -verordnungen vorgesehen ist. Der Charakter einer Selbstverwaltungskörperschaft setzt jedoch enge Grenzen für die Übertragung solcher Auftragsangelegenheiten, weil sich die Kammern mit ihrem kleinen hauptamtlichen Stab nicht als nachgeordnete Wirtschaftsverwaltungsbehörden eignen und deshalb durch Auftragsangelegenheiten rein administrativer Art in ihrem Wesen denaturiert werden könnten. Zumindest für den Landesgesetzgeber liegt hier eine deutliche rechtliche Sperre. Beispielsweise kann er den Kammern nicht den Einzug staatlicher Abgaben übertragen, selbst wenn sie von kammerzugehörigen Unternehmen aufzubringen sind. Ebenso wenig kann er den Kammern Aufsichtsoder Kontrollrechte übertragen, weil die damit verbundenen Weisungsrechte staatlicher Behörden dem Selbstverwaltungscharakter der Kammern widersprechen würden. Eine verfassungsrechtliche Garantie der Kammer-Selbstverwaltung gibt es allerdings nur in Baden-Württemberg (Art. 71 Abs. 1 Verf. BW) und Niedersachsen (Art. 57 Abs. 1 Nds. Verf.) Als einzige Landesverfassung erstreckt die niedersächsische Verfassung in ihrem Art. 57 Abs. 4 sogar das bei der Übertragung staatlicher Aufgaben auf die Gemeinden allgemein geltende Konnexitätsprinzip auch auf die funktionalen Selbstverwaltungskörperschaften und damit auf die IHKs. Allerdings besteht auch in Niedersachsen ein Defizit gegenüber der kommunalen Selbstverwaltung insoweit, als Art. 57 Abs. 4 Nds.Verf. keine Vollkostendeckung garantiert. Außerdem gibt es keinen gerichtlichen Rechtsschutz für die Kammern (zum Ganzen Kluth, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2004, 13; Möllering, WiVerw 2006, 261, 273). Der eigene wie der übertragene Wirkungskreis beschränken ab- 231 schließend die Kammeraktivitäten, weil öffentlich-rechtliche Körperschaften nur im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags tätig sein dürfen und die IHKs – anders als die Gebietskörperschaften – keine Allzuständigkeit haben. Diese Grenzen sind allerdings in der Praxis – jedenfalls in Bezug auf die IHK-Tätigkeit – kaum spürbar, weil der Kammerauftrag zur Wahrnehmung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft in § 1 Abs. 1 bewusst sehr weit und als Generalklausel formuliert ist und ausdrücklich auch die wirtschaftspolitischen Stellungnahmen, Vorschläge und Gutachten Möllering 147
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einbezieht. Kritischer ist dies bei der Beteiligung an Anlagen und Einrichtungen im Sinne des § 1 Abs. 2 IHKG. Diese ist nur zulässig, wenn die betreffenden Anlagen oder Einrichtungen der Förderung der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige „dienen“. Das wiederum ist nur der Fall, wenn sie gerade und in erster Linie das Interesse der gewerblichen Wirtschaft oder einzelner Gewerbezweige fördern, also nicht auch anderen Zwecken – etwa dem gemeinen Wohl – dienen (BVerwG GewArch 2001, 161, 162). Auch wenn sich die Kammern bei Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben privatrechtlicher Formen bedienen, dürfen sie ihren Aufgabenkreis nicht überschreiten. 232
Der von der Rechtsprechung entwickelte Grundsatz, dass öffentlich-rechtliche Körperschaften kein „allgemeinpolitisches Mandat“ haben – ausgehend von der Tätigkeit der Allgemeinen Studentenausschüsse (BVerwGE 34, 69; 59, 231/238; 59, 242/245; BGH NJW 1982, 346) und dann auf alle öffentlich-rechtlichen Körperschaften ausgedehnt (BVerwGE 64, 115 und 298/301), wirkt sich deshalb nicht aus, solange sich die IHKs zu wirtschaftlich relevanten Fragen äußern und damit das Gesamtinteresse ihrer Bezirkswirtschaft zur Geltung bringen. Das kann etwa auch bei familienpolitischen und bildungspolitischen Themen zutreffen, wenn diese Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort haben (VG Kassel vom 30. 1. 2007 – 3 E 2253/04 n.rkr.). Sogar beim Votum gegen einen geplanten Volksentscheid ist die Zulässigkeit bejaht worden, weil auch dieser die Entwicklung des Wirtschaftsstandorts beinträchtigen kann (OVG Hamburg vom 12. 10. 2007- 1 Bs 236/07). Erst wenn ein Bezug zur Wirtschaft nicht mehr erkennbar ist, werden die Grenzen des gesetzlichen Kammerauftrages überschritten.
233
Auf dieser Rechtsprechung aufbauend hat das Bundesverwaltungsgericht den weiteren Grundsatz entwickelt, dass Mitglieder von öffentlich-rechtlichen Körperschaften auf Unterlassung klagen können, wenn die Körperschaft ihren gesetzlichen Aufgabenkreis überschreitet, insbesondere, wenn sie Haushaltsmittel für körperschaftsfremde Zwecke ausgibt (BVerwG GewArch 2001, 163; BVerwG GewArch 1999, 21, 22; BVerwGE 64, 115; vgl. auch Schmidt, NVwZ 1992, 40 und Tettinger, Kammerrecht, 159–167). Danach ist auch der Beitritt öffentlich-rechtlicher Körperschaften zu privaten Spitzenorganisationen zu beurteilen. Allerdings wird in der Rechtsprechung bislang durchweg die Auffassung vertreten, 148
Möllering
Rechtsnatur der Kammeraufgaben
§1
dass eine konkrete Aufgabenüberschreitung des Dachverbandes ein Austrittsverlangen des Mitglieds einer dem Dachverband angehörenden Kammer nicht rechtfertigen kann. Jedenfalls soll das gelten, solange die Kammer im Bereich der ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgaben nicht an Beschlüsse des Dachverbandes gebunden ist (BVerwG GewArch 1986, 298 – Zentralverband des Deutschen Handwerks; OVG Münster NJW 1975, 1475 – Bundesärztekammer, OVG Koblenz GewArch 1993, 289 – DIHT; BGH BRAK-Mitt. 1996, 126 – Patentanwaltskammer im internationalen Dachverband; BVerfG DNotZ 1983, 502 – Notarkammer). Strenger noch wird teilweise die Mitgliedschaft von Kammern der freien Berufe im Bundesverband oder einem Landesverband Freier Berufe bewertet (BVerwG NJW 1987, 337; OVG Münster GewArch 1998, 413; OVG Bremen AnwBl. 1993, 537). In neueren Urteilen der Verwaltungsgerichte zur Mitgliedschaft in der ABDA wird darauf abgestellt, ob der satzungsmäßige Aufgabenbereich des privatrechtlichen Zusammenschlusses und dessen tasächliche Aktivitäten sich innerhalb der gesetzlichen Aufgaben der öffentlich-rechtlichen Körperschaft halten (vgl. Hensch, Jahrbuch des Kammerrechts 2004, 72, 94 m.w. Nachw.; Möllering in Festschrift für Stober, 391). Demgegenüber lässt die Rechtsprechung eine allgemeine Kontrolle der Mitglieder in Bezug auf die Rechtmäßigkeit des Handelns ihrer IHK nicht zu, insbesondere also auch nicht die der Popularklage schon ähnelnde Mitgliederklage bei Rechtsanwendungsfehlern (vgl. VGH Mannheim, Normenkontrollbeschluss vom 7. 10. 1985 – 14 S 1446/84; VG Kassel vom 30. 1. 2007 – 3 E 2253/04 n.rkr.). Schließlich hat die Rechtsprechung auch klargestellt, dass der Vorwurf eines gesetzwidrigen Handelns durch Überschreitung der gesetzlichen Aufgaben keine Beitragsverweigerung rechtfertigt (BVerwGE 59, 242; 64, 115; dazu Tettinger, Kammerrecht, 1997, 223/4). Erst recht gibt es keine verwaltungsrechtliche Unterlassungsklage für Kammerzugehörige, die sich gegen eine privatrechtliche Maßnahme der IHK als Fiskus wenden. Das Haushaltsrecht hat keine Außenwirkung und begründet auch keine Schutzpflichten für Dritte.
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Hoheitlicher Art ist derjenige Teil der Kammeraufgaben, bei dem die Kammer Rechte oder Pflichten für Kammerzugehörige oder Dritte begründet. Dabei ist zwischen dem Erlass von Satzungsrecht (Satzungsgewalt) und Verwaltungsverfahren mit abschlie-
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Aufgabenbereich
ßenden Verwaltungsakten (hoheitliche Verwaltung) zu unterscheiden. Nach ihrem Schwerpunkt sind die Kammeraufgaben jedoch schlichtverwaltender Art, nämlich die Tätigkeit als Gutachter und Berater für Gerichte, Behörden, Ministerien und Parlamente, ebenso bei der Betreuung der Kammerzugehörigen. b) Satzungsgewalt 236
Die Satzungsgewalt der IHK ergibt sich für das interne Organisationsrecht bereits aus § 4 Satz 2, hinsichtlich der einzelnen Sachaufgaben aus der jeweiligen gesetzlichen Zuweisung. Die Satzungsgewalt ist dabei nicht an die Ermächtigungsvoraussetzungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG gebunden, sondern ergibt sich aus dem Selbstverwaltungscharakter der Körperschaft unter Zuweisung einer bestimmten öffentlichen Aufgabe (BVerfGE 12, 319/325). Die IHKs können also auf den ihnen zugewiesenen Aufgabengebieten ihre Tätigkeit durch eigene Statuten rechtsförmlich regeln, mag es sich um den eigenen oder den übertragenen Wirkungskreis handeln; auch für die Satzungsgewalt im übertragenen Wirkungskreis kommt Art. 80 Abs. 1 GG nicht zur Anwendung (so Maurer, DÖV 1993, 184; a.M. Stern, im Bonner Kommentar Art. 28 Nr. 106). Dieser verfassungsrechtlichen Streitfrage kommt jedoch kaum noch Bedeutung zu, weil der Gesetzgeber – wegen des Wesentlichkeitsprinzips – die wichtigsten Fragen selbst im Gesetz regelt oder Vorgaben für den Satzungsgeber macht (BVerfG GewArch 2005, 72 – Notarkasse; BVerfG NJW 1972, 1504, 1507 – Fachärzte; § 36 Abs. 3 und 4 GewO).
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Soweit es sich aus der gesetzlich zugewiesenen Aufgabe ergibt, können außer den Kammerzugehörigen auch Dritte dem Satzungsrecht unterliegen (BVerfG GewArch 2003, 290). Beispielsweise sieht das Berufsbildungsgesetz in § 54 den Erlass von Rechtsvorschriften vor, welche sowohl die ausbildenden Kammerzugehörigen wie nichtkammerzugehörige Ausbilder und Auszubildende betreffen; auch hier ist der Begriff „Rechtsvorschriften“ in dem allgemein üblichen Sinne der Rechtsnorm gebraucht (vgl. Art. 129 GG, die Landesverfassungen sowie die Verwaltungsverfahrensgesetze von Bund und Ländern). Ebenso ermächtigt § 36 Abs. 4 GewO die Kammern subsidiär zum Erlass von Satzungen im Sachverständigenwesen, um die Pflichten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen festzulegen; auch 150
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Rechtsnatur der Kammeraufgaben
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wenn er als Freiberufler, Beamter oder Angestellter nicht kammerzugehörig ist. Schließlich werden von den Statuten zur Durchführung von § 12 GGVS nichtkammerzugehörige Lehrgangsveranstalter und Lehrgangsteilnehmer betroffen, von den Statuten nach § 2 Abs. 2 der Gefahrgutbeauftragten-Verordnung auch nicht-kammerzugehörige Lehrgangsveranstalter. Die sachliche Legitimation der Satzungsgewalt ergibt sich in diesen erwähnten Fällen aus der Aufgabenzuweisung. Die persönliche Legitimation folgt daraus, dass die eigentlichen Adressaten der Regelung die kammerzugehörigen Unternehmen sind; sie müssen ihre Mitarbeiter im Umgang mit Gefahrgütern eingehend ausbilden lassen. Die Gültigkeit des Satzungsrechts der IHK wird in der Regel nur als Vorfrage in einem Verwaltungsstreitverfahren geprüft, wenn es um das Wahlrecht oder eine Beitragsveranlagung, um eine Sachverständigenbestellung oder um eine Einzelentscheidung im Bereich der Berufsbildung geht. Die Verwaltungsgerichte können dabei zwar eine Rechtsvorschrift als unwirksam behandeln, wenn sie gegen übergeordnetes Recht (Verfassungsrecht, Gesetze oder Verordnungen) verstößt, sie aber nicht für nichtig erklären. Die Konsequenz einer entsprechenden Anpassung ihres Satzungsrechts muss die IHK selbst ziehen; notfalls müsste sie dazu von der Staatsaufsichtsbehörde angehalten werden. Die meisten Länder (außer Hamburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen) haben jedoch in Ausführung von § 47 VwGO eine Normenkontrollklage zugelassen, mit der Rechtsvorschriften unterhalb des Landesgesetzes und damit beispielsweise auch Satzungsrecht der Kammern abstrakt nachgeprüft werden können. Auch eine einstweilige Anordnung ist in solchen Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO möglich (vgl. dazu Erichsen/Scherzberg, DVBl. 1987, 168). Der VGH Mannheim hat deshalb eine einstweilige Anordnung erlassen, weil er eine Einzelbestimmung der Prüfungsordnung einer IHK rechtlich für bedenklich hielt (Beschluss vom 18. 4. 1966 – I 224/66). Das OVG Lüneburg hat sich ebenfalls mit einem Normenkontrollantrag gegen eine Prüfungsordnung befasst, den Rechtssatzcharakter bestätigt, den Antrag aber aus anderen Gründen zurückgewiesen (Beschluss vom 15. 5. 1974 – VII C 1/73). In einem solchen Fall kann eine Satzungsvorschrift für nichtig erklärt werden, was wegen der Recht setzenden Wirkung ebenfalls der Verkündung bedarf (§ 47 Abs. 5 Satz 2 Hs. 2 VwGO). Möllering 151
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c) Verwaltungsverfahren 239
Die Zuweisung hoheitsrechtlicher Verwaltungsaufgaben führt dazu, dass die IHKs Verwaltungsverfahren durchführen und Verwaltungsakte erlassen. Sie sind dabei an die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts gebunden, die hinsichtlich des Verwaltungsverfahrens und einiger damit zusammenhängender materiell-rechtlicher Fragen in den Verwaltungsverfahrensgesetzen des Bundes und der Länder kodifiziert worden sind.
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Die befürchtete Zweigleisigkeit im Verwaltungsverfahrensrecht hat sich dabei nicht ergeben, weil gemäß § 1 Abs. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes für die IHKs als öffentlichrechtliche Körperschaften unter der Rechtsaufsicht des Landes in allen Fällen allein das jeweilige Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes gilt. Die Landesgesetze stimmen im Übrigen mit dem Bundesgesetz und untereinander so weitgehend und in der Regel wortgleich überein, dass im Folgenden zur Vereinfachung nur nach den Paragraphen des Bundesgesetzes zitiert wird.
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Verwaltungsakt ist jede Entscheidung, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist (§ 35 VwVfG). Verwaltungsverfahren ist die nach außen wirkende Tätigkeit einer Behörde, die auf Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gerichtet ist (§ 9 VwVfG). Behörde ist dabei jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 1 Abs. 4 VwVfG), also auch die Kammer. Dieser Behördenbegriff gilt im Übrigen auch für die schlichtverwaltende Tätigkeit der Kammer selbst, obwohl das Verwaltungsverfahrensgesetz diesen Bereich nicht weiter behandelt.
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Bei den IHKs finden sich Verwaltungsakte und Verwaltungsverfahren sowohl im Organisationsrecht als auch bei den einzelnen Sachaufgaben. Insbesondere geht es hier um Beitrags- und Gebührenbescheide, aber auch um die Stundung, den Erlass und die Niederschlagung von Beiträgen und Gebühren. Dagegen ist inzwischen geklärt, dass die einzelnen Entscheidungen im Wahlverfahren keine Verwaltungsakte sind und allein das Wahlergebnis angefochten werden kann (vgl. § 5 Rz. 79 und 86). Im Bereich der 152
Möllering
Rechtsnatur der Kammeraufgaben
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hoheitlichen Sachaufgaben werden etwa Verwaltungsverfahren durchgeführt und Verwaltungsakte erlassen, wenn es sich um die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen, die Erlaubniserteilung für Versicherungsvermittler, Rücknahme oder Widerruf der Bestellung oder Erlaubniserteilung handelt bzw. wenn es um die Ausstellung von Ursprungszeugnissen oder Bescheinigungen oder um Einzelentscheidungen im Bereich der Berufsbildung oder der gewerberechtlichen Sachkundeprüfungen geht. Der Rechtsschutz gegen Verwaltungsakte der IHK richtet sich nach der VwGO, die in den meisten Ländern zunächst ein Widerspruchsverfahren vorsieht (§§ 68 ff. VwGO) und anschließend den Klageweg eröffnet (§ 42 VwGO mit Anfechtungs- und Verpflichtungsklage). Auch die Widerspruchsentscheidung wird von der IHK selbst erlassen, weil sie als Selbstverwaltungskörperschaft gemäß § 73 Abs. 1 Nr. 3 VwGO entscheidet (BVerwG vom 27. 10. 1978 – VII B 198/78; vom 20. 7. 1984 – VII Z 31/83). Bei Prüfungsentscheidungen hat sich dabei die Widerspruchsentscheidung der Kammer in den gleichen Grenzen zu halten, wie sie den Verwaltungsgerichten gesetzt sind. Intern richtet sich die Zuständigkeit nach der Organisationsverteilung, so dass beispielsweise von der Kammer auch ein Ausschuss oder das Präsidium für die Entscheidung von Widersprüchen bestimmt werden kann. Die Kostenerstattung bei erfolgreichem Widerspruch regelt sich nach § 80 VwVfG.
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Zum Verwaltungsstreitverfahren ist darauf hinzuweisen, dass hier die Vertretung der IHK gemäß § 7 Abs. 2 IHKG gemeinsam durch den Präsidenten und den Hauptgeschäftsführer erfolgt. Mit der Prozessvertretung – auch in der Berufungs- und Revisionsinstanz – kann ein Kammermitarbeiter, der die Befähigung zum Richteramt hat, beauftragt werden (§ 67 Abs. 1 Satz 3 VwGO).
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d) Schlichtverwaltende Tätigkeit Im Übrigen sind die Kammeraufgaben in ihrem Schwergewicht schlichtverwaltender Art, insbesondere soweit die IHK als Gutachter und Berater, aber auch bei der Betreuung der kammerzugehörigen Unternehmen und der Wahrnehmung sonstiger Selbstverwaltungsaufgaben tätig wird (vgl. Robbers, Schlichtes Verwaltungshandeln, DÖV 1987, 272). Der BGH hat deshalb entMöllering 153
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schieden, dass die öffentliche Warnung einer IHK vor einem namentlich genannten Missbrauch von dem Betroffenen wegen des öffentlich-rechtlichen Charakters dieser Maßnahme nicht vor den Zivilgerichten angefochten werden kann (NJW 1956, 711). Ebenso hat der BGH geklärt, dass auch die Vermittlung einer Handelsvertretung durch eine IHK als öffentlich-rechtliche Tätigkeit zu qualifizieren ist (NJW 1958, 1101). 246
Gegen die Durchführung dieser schlichtverwaltenden Tätigkeiten steht den Betroffenen kein Rechtsschutz zu, weil keinerlei Rechte oder Pflichten dadurch begründet werden und auch sonst nicht in ihre Rechtsstellung eingegriffen wird. Ein Unternehmen kann deshalb die IHK nicht darauf verklagen, ein bestimmtes Gutachten zu unterlassen oder zu ändern (VG Wiesbaden vom 26. 2. 1979 – D III G 25/79; VGH Kassel vom 20. 7. 1979 – IV TG 26/79). Es gibt auch keinen Widerrufsanspruch bei amtlichen Auskünften (BGH NJW 1971, 1749). Kammerzugehörige könnten lediglich im Klagewege beanstanden, dass sich die Kammer nicht im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags hält (BVerwGE 34, 69; 59, 238; 59, 245; AnwBl. 1982, 65).
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Im Übrigen ist die Grenzlinie für eine etwaige Klageberechtigung sehr fließend, weil unter Umständen auch Empfehlungen und Auskünfte zu den verwaltungsgerichtlich überprüfbaren Tätigkeiten gehören, wenn unmittelbar in die Rechte eines kammerzugehörigen Unternehmens oder Dritten eingegriffen wird (OVG Koblenz GewArch 1983, 69; VGH Mannheim GewArch 1985, 328; OVG Lüneburg GewArch 1992, 139 und BVerwG GewArch 1992, 422); zuständig für solche Klagen sind jedoch auf jeden Fall nur die Verwaltungsgerichte (BGH NJW 1956, 711; LG Konstanz GewArch 1987, 268). e) Organstreit
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Schließlich ist hier noch der Organstreit zu erwähnen, der sich nach der Rechtsprechung aus dem kommunalen Verfassungsrecht entwickelt hat und in dem es um die Abgrenzung von Organzuständigkeiten geht (Hoppe, NJW 1980, 1017). Eine gesetzliche Ausformung der Organstreitigkeiten findet sich in § 191 Abs. 2 BRAO (vgl. dazu die Entscheidungen des BGH Anwaltsblatt 1989, 45). In jedem Fall bedarf es einer Prüfung, ob überhaupt die Voraussetzungen für einen Organstreit vorliegen; die bloße Behaup154
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tung, Organ zu sein oder einen Organstreit führen zu wollen, reicht dafür nicht aus (OVG Münster DVBl. 1981, 1072). Voraussetzung für ein Organ ist, dass es eigene satzungsrechtliche oder gesetzliche Zuständigkeiten hat, im Rahmen deren es für die Kammer entscheidet. Darüber hinaus muss ein Organ in seinen eigenen rechtlich geschützten Interessen und insbesondere in seiner gesetzlichen oder satzungsrechtlichen Zuständigkeit betroffen sein (vgl. OVG Koblenz NJW 1976, 1163/1165; BVerwG NVwZ 1985, 112/113). Deshalb ist die Klage einer Bezirkskammer gegen einen satzungsändernden Beschluss der Vollversammlung von vornherein als unzulässig verworfen worden (VG Stuttgart vom 19. 1. 1990 – 4 K 2070/89). Hingegen wurde die Klage eines Vollversammlungsmitglieds gegen den Präsidenten der IHK auf Einsichtnahme in den Prüfungsbericht der Rechnungsprüfungsstelle als zulässig angesehen (OVG Münster GewArch 2004, 255; die Aufhebung des Urteils durch BVerwG GewArch 2004, 331 erfolgte aus anderen Gründen). Schließlich ist stets das Rechtsschutzbedürfnis zu prüfen (BVerfG NVwZ 1993, 357). Organe der IHK sind auch die Prüfungsausschüsse nach dem Berufsbildungsgesetz. Ihr Anspruch, überregional erstellte Aufgaben vor der Lehrabschlussprüfung zur Einsicht zu bekommen oder sie gar abzulehnen, ist vom OVG Münster zurückgewiesen worden (GewArch 1990, 136). Aus Anlass dieser Auseinandersetzungen ist im Übrigen auch geklärt worden, dass weder der Ausschussvorsitzende noch ein einzelnes Mitglied des Ausschusses diese Rechte in Anspruch nehmen können, sondern allenfalls der Gesamtausschuss mit Mehrheit eine Organklage beschließen kann; sie war in diesen Fällen jedoch stets unbegründet (VG Frankfurt EzB BBiG § 37 Nr. 11).
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f) Amtshaftung und Amtshilfe Aus dem öffentlich-rechtlichen Charakter der Kammertätigkeit 250 ergibt sich als Konsequenz auch die Amtshaftung, wie sie durch Art. 34 GG i.V. mit § 839 BGB vorgesehen ist. Das seinerzeit erlassene Staatshaftungsgesetz vom 26. 6. 1981 (BGBl. I, 553) ist nämlich vom BVerfG wegen fehlender Bundeskompetenz aufgehoben worden (BVerfGE 61, 149). Diese Bundeskompetenz ist zwar inzwischen geschaffen worden (Art. 74 Abs. 1 Nr. 25 GG); doch haben sich Bund und Länder noch nicht auf eine Neufassung des Möllering 155
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Staatshaftungsgesetzes einigen können. Im Sinne von § 839 BGB üben die IHKs öffentliche Gewalt aus und haften für rechtswidriges Verhalten. Dabei kommt es allerdings darauf an, ob eine Pflicht des öffentlichen Rechts verletzt wurde, die der IHK gegenüber einem Dritten oblag. Eine solche Amtspflicht gegenüber Dritten ist bei fehlerhaften Verwaltungsakten vorhanden, kann aber auch bei Auskünften – je nach Charakter von Anfrage und Antwort – gegeben sein (vgl. BGH DVBl. 1970, 861; 1978, 704). In erster Linie kommt eine Folgenbeseitigung, aber bei Verschulden auch Schadensausgleich in Geld in Betracht. Der Geldersatz entfällt jedoch, wenn eine ausreichende Folgenbeseitigung vorgenommen worden ist (vgl. zu irrtümlichen Eintragungen und entsprechenden Auskünften aus dem Schuldnerverzeichnis OLG Karlsruhe vom 11. 7. 1985 – 12 U 47/85; zur Beratung im Rahmen der Berufsausbildung LG Frankenthal (Pfalz) vom 6. 12. 2007 – 3 O 377/07). 251
Als öffentlich-rechtliche Körperschaft ist die IHK zur Amtshilfe verpflichtet und kann sie auch selbst in Anspruch nehmen (vgl. Art. 35 Abs. 1 GG und die §§ 4–8 VwVfG). Dabei hat die Kammer insbesondere zu prüfen, ob sie zur Vertraulichkeit der ihr bekannten Tatsachen verpflichtet ist oder diese Vertraulichkeit selbst zugesagt hat, so dass sie ein Amtshilfeersuchen gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwVfG ablehnen muss. Insbesondere die Datenschutzvorschriften der Länder sind hier von den Kammern zu beachten (vgl. allgemein dazu: Simitis, NJW 1986, 2795), die neuerdings auch personenbezogene Daten in Akten einbeziehen. Ebenso muss die IHK berücksichtigen, dass die Beantwortung ihrer Umfragen freiwillig ist und sie eine Antwort nicht erzwingen kann, so dass sie Auskunftsersuchen, die erfahrungsgemäß keinen Erfolg haben können, gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG ablehnen darf. Im Streitfall entscheidet nach § 5 Abs. 5 VwVfG die Staatsaufsichtsbehörde (vgl. Schnapp/Friehe, NJW 1982, 1422). Aber auch eine Klage der anfragenden Behörde, deren Beantwortung abgelehnt worden ist, ist zulässig (BVerwG DVBl. 1986, 1199 im Falle einer Anfrage aus der Sozialversicherung; dazu Stüer, DÖV 1985, 720; Schnapp, DVBl. 1987, 561).
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Grundsätzlich haftet die IHK als Anstellungs-Körperschaft, mag es sich um eigene oder übertragene Aufgaben oder um eine Amtshilfe handeln. Wenn nach § 10 hoheitliche Aufgaben auf eine andere Kammer übertragen worden sind, haftet bei Amtspflichtsver156
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letzungen die übernehmende IHK. Ist dagegen für die gemeinsame Wahrnehmung solcher Aufgaben ein juristisch selbständiger öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss gebildet worden, so haftet dieser für seine Mitarbeiter. g) Vertraulichkeit von Kammerunterlagen In der Praxis spielt die Vertraulichkeit von Kammerunterlagen eine große Rolle, weil die IHK bei ihren Ermittlungen, Umfragen und aus der Zusammenarbeit mit den Kammerzugehörigen eine Fülle von Informationen vertraulicher Art erhält und in ihren Gutachten oder Entscheidungen lediglich das zusammengefasste Ergebnis auswertet. Deshalb gibt es immer wieder bei Sachverständigenbestellungen, bei Kammergutachten über die Kreditwürdigkeit oder bei der Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Auskunftswünsche über die zugrunde liegenden Aktenvorgänge und insbesondere die Namen von Informanten der IHK (vgl. dazu auch § 1 Rz. 46 und 215).
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Die Vertraulichkeit von Kammerunterlagen ist durch Gesetz und Rechtsprechung inzwischen weitgehend geklärt (kritisch dazu Kroitzsch, BB 1984, 309). Soweit die Kammern nach § 31 Abs. 1 AO für ihr Beitragswesen die Gewerbeerträge, Gewinne und Zerlegungsanteile erhalten, gilt das Steuergeheimnis nach § 30 AO; die Mitarbeiter sind darauf, soweit sie nicht ohnehin Amtsträger nach § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB sind, nach dem Verpflichtungsgesetz vom 2. 3. 1974 (BGBl. I, 547) zu verpflichten. Darüber hinaus sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch § 203 Abs. 2 Satz 1 StGB umfassend geschützt. Dies gilt nach § 203 Abs. 2 Satz 2 StGB auch für persönliche und sachliche Verhältnisse, die speziell im übertragenen Wirkungskreis für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfasst worden sind und nicht unbefugt offenbart werden dürfen; lediglich an andere Behörden und sonstige Stellen der öffentlichen Verwaltung dürfen sie im Rahmen der Datenschutzgesetze weitergegeben werden. Schließlich bringt § 30 VwVfG für alle Verwaltungsverfahren einen Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (vgl. dazu Knemeyer, NJW 1984, 2241). Selbst in Verwaltungsverfahren kann die IHK nach § 29 Abs. 2 VwVfG den Beteiligten die Akteneinsicht verweigern, soweit die Vorgänge ihrem Wesen nach zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben geheim gehalten werden müssen; ein ausreichender
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Grund ist die vorher zugesagte Vertraulichkeit. In diesem Sinne hat das OVG Münster (Beschluss vom 15. 12. 1989 – 4 A 1501/87) verneint, dass der Kläger in einem Bürgschaftsverfahren ein allgemeines Akteneinsichtsrecht oder auch nur einen Anspruch auf Einsicht in die gutachtliche Äußerung der IHK zu seinem Bürgschaftsantrag hat (ähnlich VG Ansbach GewArch 1995, 202). 255
Die Rechtsprechung hat auch ein Auskunftsrecht über die interne Meinungs- und Willensbildung abgelehnt (BVerwGE 12, 296; 18, 58; 28, 191; NJW 1969, 1131; OVG Lüneburg DVBl. 1967, 859; OVG Münster GewArch 1973, 73). Vor allem gilt dies für die Bekanntgabe von Informanten, weil die IHK zur Erfüllung ihrer Aufgabe auf vertrauliche Informationen angewiesen ist und diese Erkenntnisquellen gefährden würde, wenn Informanten – beispielsweise über die Unzuverlässigkeit eines Sachverständigen oder über Wettbewerbsverstöße eines Wettbewerbers – mit zivilrechtlichen Verfahren rechnen müssten. Die Vertraulichkeit von Informationen an die IHK ist deshalb ausdrücklich vom Bundesverwaltungsgericht (DVBl. 1965, 647), vom OVG Koblenz (DVBl. 1977, 425), vom VG Berlin (GewArch 1980, 193) und vom VG Schleswig (GewArch 1982, 25) bestätigt worden. Ebenso brauchen die Informanten nicht benannt zu werden, wie das Bundesverwaltungsgericht (DVBl. 1965, 647), der VGH München (NJW 1980, 198) und das VG Ansbach (GewArch 1979, 20) anerkannt haben. In allen Fällen bedarf es selbstverständlich einer sorgfältigen Abwägung, ob im Einzelfall die individuellen Rechte des Auskunftsbegehrenden Vorrang haben oder ob die Erfüllung der Kammeraufgaben durch eine Auskunft gefährdet würde; eine ablehnende Entscheidung kann im Verwaltungsrechtsweg überprüft werden und muss sich an den Grundgedanken der §§ 99 VwGO, 29 und 30 VwVfG messen lassen. Auch die Vorlage der Unterlagen an das Gericht kann entfallen, wenn die Aufsichtsbehörde die Sperrerklärung nach § 99 VwGO, § 96 StPO abgibt (BVerwG DVBl. 1984, 836); auch diese Sperrerklärung kann durch Beschwerde (§ 99 Abs. 2 VwGO) oder Klage (bei § 96 StPO) vor den Verwaltungsgerichten angefochten werden (BVerwGE 66, 233/236; BVerwG NVwZ 1994, 72).
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Diese Wahrung der Vertraulichkeit findet gewisse Einschränkungen gegenüber der Finanzverwaltung und gegenüber den Staatsanwaltschaften. Nach den §§ 93 Abs. 1 und 97 Abs. 1 i.V. mit § 105 Abs. 1 AO sind die IHKs gegenüber den Finanzbehörden zur 158
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Auskunft und zur Vorlage von Urkunden verpflichtet, soweit ein formelles Auskunftsersuchen erfolgt und die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziele führt oder keinen Erfolg verspricht; die Verpflichtung der Kammer ist also nur subsidiär. Die IHK kann sich aber auch auf § 106 AO berufen, dass die Auskunft oder Vorlage dem Wohl des Bundes oder eines Landes erhebliche Nachteile bereiten würde; sie muss dazu eine entsprechende Erklärung der Staatsaufsichtsbehörde beibringen. Die Voraussetzungen sind erfüllt, wenn die Aufgabenerfüllung der Kammer durch Auskunft oder Vorlage gefährdet würde, insbesondere wenn die Kammer die zugesagte Vertraulichkeit von Informationen brechen müsste. Erst wenn die Aufsichtsbehörde eine solche Erklärung nach § 106 AO ablehnt, ist die IHK zur Auskunft oder Vorlage an die Finanzbehörden verpflichtet. Das Gleiche gilt, wenn sich die Finanzverwaltung auf die Amtshilfevorschriften der §§ 111 und 112 AO bezieht. Bei Steuer- und Zollfahndungen gilt § 208 Abs. 1 AO. Die gleiche Problematik ergibt sich bei Anfragen der Staatsanwaltschaften. Nach § 161 StPO kann die Staatsanwaltschaft von allen öffentlichen Behörden und somit auch von den IHKs Auskünfte verlangen. Falls die IHK wegen der notwendigen Vertraulichkeit in einem solchen Fall Bedenken hat, kann sie gemäß § 96 StPO eine entsprechende Erklärung der Aufsichtsbehörde einholen. Die Rechtsprechung hat schon häufiger anerkannt, dass Verwaltungsbehörden die Namen von Gewährsleuten geheim halten und zu diesem Zweck auch Aussagegenehmigungen ablehnen oder beschränken dürfen (vgl. BVerwG NJW 1984, 585; DÖV 1987, 249). Für die IHKs ist dies ausdrücklich vom AG Weiden (Beschluss vom 1. 12. 1958 – Bs 45/58) anerkannt worden, weil sie ihrer gesetzlichen Aufgabenstellung nur bei Wahrung der Vertraulichkeit nachkommen können, ebenso vom VG Oldenburg (Beschluss vom 7. 1. 1985 – IV Os 2/85; zum Rechtsweg vgl. OLG Celle NJW 1991, 856).
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Im Verhältnis zu strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist allerdings auch das Problem der Beschlagnahme wichtig. Hier ist § 96 StPO analog anzuwenden, weil eine zulässige Auskunftsverweigerung oder Ablehnung der Aussagegenehmigung entsprechende Verwertungsverbote auch für beschlagnahmte Unterlagen zur Folge hat (vgl. Erdsiek, NJW 1960, 616). Soweit eine solche Erklärung der Aufsichtbehörde nach § 96 StPO nicht vorliegt, ist auch eine
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Beschlagnahme von Kammerunterlagen zulässig (BGH NJW 1992, 1973; LG Wuppertal NJW 1992, 770). 259
Ein staatsanwaltschaftlicher Zwang zur Auskunft gegenüber der IHK ist jedenfalls nicht möglich (vgl. BVerwG NJW 1959, 1456 m. Anm. Vogel, NJW 1959, 1938; außerdem OVG Münster JZ 1958, 754 m. Anm. Rupp; BVerwG JZ 1960, 65; LG Oldenburg vom 7. 1. 1985 – IV Os 2/85).
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Die Vertraulichkeit gilt grundsätzlich auch gegenüber dem Präsidenten und den Mitgliedern der IHK-Gremien. Die einzelnen Mitglieder einer IHK-Vollversammlung haben zwar grundsätzlich einen organschaftlichen Anspruch auf Auskunft und Akteneinsicht in Bezug auf alle Gegenstände, die in die Kompetenz der Vollversammlung fallen (OVG Münster GewArch 2004, 255). Dieser Anspruch schließt allerdings nicht Gegenstände ein, die aus den in den vorstehenden Absätzen genannten Gründen vertraulich zu behandeln sind. Außerdem kann der Informationsanspruch der einzelnen Vollversammlungsmitglieder durch Satzungsrecht der IHK eingeschränkt werden (BVerwG GewArch 2004, 331; siehe auch Entscheidungsbesprechung von Rickert, GewArch 2004, 369).
261
Die in einigen Ländern erlassenen Informationsfreiheitsgesetze (IfG) haben eine neue Dimension in der Diskussion um die Vertraulichkeit von Kammerunterlagen eröffnet. Grundsätzlich – so hat das Bundesverwaltungsgericht nunmehr entschieden – schließt das IHKG die Befugnis der Länder nicht aus, durch ein allgemeines IfG Ansprüche auf Zugang zu amtlichen Informationen außerhalb konkreter Verwaltungsverfahren auch gegenüber Industrie- und Handelskammern einzuräumen (GewArch 2007, 478; vgl. auch Röger, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 65, 105; dagegen Grütters, GewArch 2002, 270 und GewArch 2003, 271, Rickert, WiVerw 2004, 153, 167). Es gibt solche Informationsfreiheitsgesetze in Berlin (vom 15. 10. 1999 – GVBl. 561), NordrheinWestfalen (vom 27. 11. 2001 – GVBl. 806) und Schleswig-Holstein (vom 9. 2. 2000 – GVBl. 166). Brandenburg, das als erstes Land ein Informationsfreiheitsgesetz hatte, hat die IHKs ausgeklammert. Das IfG NRW bestimmt, dass, soweit besondere Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen, die Auskunftserteilung oder die Gewährung von Akteneinsicht bestehen, diese den Vorschriften des IfG vorgehen. Ungeklärt ist bislang, ob dazu 160
Möllering
§1
Wahrnehmung sozialpolitischer Interessen
auch Vorschriften des Satzungsrechts der IHKs zählen. Die IfGs der Länder Berlin und Schleswig-Holstein kennen diese Einschränkungsmöglichkeit nicht (vgl. § 3 Abs. 3 IfG Berlin und § 17 IfG SH). Die Informationsfreiheitsgesetze geben jedem Bürger ohne Nachweis eines besonderen Interesses einen Anspruch auf Akteneinsicht. Wenn dieser durch Satzungsrecht nicht beschränkt werden kann, dann begründet er für jedermann ein weiter gehendes Informationsrecht als für die IHK-Mitglieder und sogar die Mitglieder der IHK-Vollversammlungen. Allerdings gibt es auch für den Anspruch nach dem IfG Grenzen, die sich aus dem Schutz öffentlicher Belange und der Rechtsdurchsetzung, dem Schutz der behördlichen Entscheidungsbildungsprozesse, dem Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und von personenbezogenen Daten (vgl. etwa § 6 bis § 9 IfG NRW) ergeben. Als Behörden sind die IHKs zudem nach den – weitgehend gleich lautenden – Pressegesetzen der Länder verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Die Auskünfte dürfen nur verweigert werden, soweit durch sie die sachgemäße Durchführung eines schwebenden Verfahrens vereitelt, erschwert, verzögert oder gefährdet werden könnte oder ihnen Vorschriften über die Geheimhaltung (beispielsweise § 30 AO) entgegen stehen oder sie ein überwiegendes öffentliches oder ein schutzwürdiges privates Interesse verletzen würden oder ihr Umfang das zumutbare Maß überschreitet (so PresseG des Landes Niedersachsen).
17. Wahrnehmung sozialpolitischer Interessen Der Abs. 5 ist während der Ausschussberatungen im Bundestag 262 (vgl. Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik vom 19. 5. 1956 – zu Drucksache II/2380) in das Gesetz eingefügt worden. Damit sollte besonders vermerkt werden, dass die den Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen im Rahmen des Tarifvertragsrechts und der sozialpolitischen Selbstverwaltung zustehenden Aufgaben – entsprechend der früheren Rechtslage – auch künftig von den IHKs nicht wahrgenommen werden können. An sich geht das schon aus der Fassung von § 1 Abs. 1 hervor, so dass Abs. 5 materiellrechtlich keine Änderung gegenüber dem Initiativentwurf bedeutet.
Möllering 161
§1
Aufgabenbereich
263
Den IHKs ist somit die Ausübung von Funktionen versagt, die aus der tarifrechtlichen Stellung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände herrühren. Wenn also eine IHK durch eine Betriebsvereinbarung mit einer Gutachteraufgabe über den angemessenen ortsüblichen Lohn betraut würde, müsste sie die ihr angetragene Tätigkeit ablehnen. Ebenso muss die IHK auch bei Gutachtenund Auskunftsersuchen von Arbeitsämtern, Sozialbehörden und Arbeits- oder Sozialgerichten prüfen, inwieweit es sich um von ihr ermittelbare wirtschaftliche Tatsachen oder arbeits- oder sozialpolitische Fragen handelt (z.B. früher § 128 Abs. 4 AFG).
264
Soweit allerdings sozialpolitische oder arbeitsrechtliche Fragen von gesamtwirtschaftlicher Bedeutung sind, gehört die Beschäftigung mit den sich daraus ergebenden wirtschaftlichen Problemen zu der nach § 1 Abs. 1 zugewiesenen wirtschaftspolitischen Interessenwahrnehmung (so im Ergebnis auch Bremer, 69). Die IHKs sind also nicht gehindert, sich unter gesamtwirtschaftlichen Gesichtspunkten mit Fragen der Sozialpolitik und des Arbeitsrechts zu befassen, etwa mit der Bedeutung sozialpolitischer Maßnahmen für Währung, Außenhandel oder öffentliche Haushalte oder auch mit den wirtschaftlichen Folgen eines sozial- oder arbeitsgerichtlichen Urteils von grundsätzlicher Bedeutung. Sie können sich hierzu äußern und über ihre Auffassung die Kammerzugehörigen und andere Stellen unterrichten (vgl. Bremer, 69; Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik vom 19. 5. 1956 zu BT II/2380; Antwort des Bundeswirtschaftsministers BT V/2218). Die Grenzen sind damit fließend. Entscheidend ist, dass bei solchen Stellungnahmen und Veröffentlichungen die wirtschaftlichen Konsequenzen für die gewerbliche Wirtschaft den Ausgangspunkt bilden.
265
Die IHKs sind ferner nicht gehindert, auf dem Gebiete der Sozialpolitik und des Arbeitsrechts tätig zu werden, soweit dies nicht der Interessenwahrnehmung dient. Sie können also über Fragen des Sozialrechts oder des Arbeitsrechts anfragenden Unternehmen Auskunft erteilen, z.B. über den Inhalt und die Anwendbarkeit gesetzlicher Vorschriften, das Vorhandensein und den Inhalt von Tarifverträgen, die vorhandene Rechtsprechung und Literatur. Ebenso können sie Hinweise auf diesen Gebieten und aufklärende Aufsätze veröffentlichen. Die Grenze zwischen dieser Auskunftsund Informationstätigkeit und der Wahrnehmung von Interessen ist dort zu ziehen, wo bereits im Einzelfall eine gegensätzliche In162
Möllering
Schutz der Bezeichnung „IHK“
§1
teressenlage vor allem zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer deutlich geworden ist und die Auskunft in eine arbeitsrechtliche oder sozialrechtliche Beratung überzugehen beginnt. Entscheidend ist deshalb nicht, dass der Auskunftsuchende aus einem bestimmten Anlass heraus um Unterrichtung bittet, sondern ob in einem bereits entstandenen Streitfall eine Einschaltung der IHK erstrebt wird. Eine solche Einschaltung in arbeits- oder sozialrechtliche Auseinandersetzungen ist den Kammern untersagt. Die Zuständigkeit der IHKs zur Errichtung einer Schlichtungsstelle zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden ergibt sich aus § 111 Abs. 2 ArbGG. In diesem Bereich können die Kammern ausdrücklich auch Schlichtungsfunktionen wahrnehmen.
266
18. Schutz der Bezeichnung „IHK“ Die Bezeichnung „IHK“ oder „HK“ ist in der Bundesrepublik zwar nicht gesetzlich geschützt. Der Begriff „Kammer“ wird jedoch seit jeher als Organisationsbezeichnung ausschließlich für öffentlichrechtliche Selbstverwaltungskörperschaften gebraucht. Privatrechtliche Organisationen dürfen sich deshalb nicht als „Kammer“ bezeichnen. Diese Auffassung ist von den Gerichten bereits mehrfach bestätigt worden (OLG Frankfurt BB 1974, 577; BayObLG NJW 1972, 957). All diese Entscheidungen beziehen sich darauf, dass die Bezeichnung eines Vereins der Wahrheit entsprechen muss (analoge Anwendung von § 18 Abs. 2 HGB) und dass deshalb für privatrechtliche Organisationen die Bezeichnung „Kammer“ irreführend ist (vgl. auch OLG Celle Rechtspfleger 1974, 222).
267
Diese Grundsätze gelten auch für zwischenstaatliche oder ausländische Einrichtungen in der Bundesrepublik, soweit sie nach geltendem Vereinsrecht gegründet und eingetragen werden. Die Registergerichte lehnen hier bei der Neugründung privatrechtlicher Organisationen die Bezeichnung „Kammer“ ab. Ausnahmen sind nur noch aufgrund des Vertrauensschutzes zulässig, soweit zwischenstaatliche oder ausländische Handelskammern in der Bundesrepublik bereits vor dieser inzwischen gefestigten Rechtsprechung gegründet wurden und tatsächlich auch repräsentativ die
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§2
Kammerzugehörigkeit
Funktionen einer zwischenstaatlichen Handelskammer wahrnehmen. Des Weiteren kommt eine Klage nach § 5 UWG wegen Irreführung in Betracht, wenn in Wirklichkeit mit der Bezeichnung „Kammer“ die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit getarnt werden soll (OLG Hamm WRP 1991, 497; OLG Stuttgart WRP 1996, 945). 269
Im Übrigen ist das Namensrecht einer bestehenden IHK gemäß § 12 BGB geschützt, wenn eine andere Organisation eine verwechslungsfähige Bezeichnung wählt. Dazu kommt der Schutz, den die eingetragene Dienstleistungsmarke „IHK“ nach dem Markengesetz bietet. Hier können sich die Kammern unmittelbar durch Privatklagen gegen verwechslungsfähige Bezeichnungen wehren (vgl. Thieme, Zum Namensschutz von Hochschulen und Universitäten, DÖV 1977, 484; Pappermann, Das Namensrecht der kommunalen Gebietskörperschaften, DÖV 1980, 353).
2
(1) Zur Industrie- und Handelskammer gehören, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte unterhalten (Kammerzugehörige). (2) Absatz 1 gilt für natürliche Personen und Gesellschaften, welche ausschließlich einen freien Beruf ausüben oder welche Landoder Forstwirtschaft oder ein damit verbundenes Nebengewerbe betreiben, nur, soweit sie in das Handelsregister eingetragen sind. (3) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke oder der handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen sind oder die nach § 90 Abs. 3 der Handwerksordnung zur Handwerkskammer gehören, gehören mit ihrem nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteil der Industrie- und Handelskammer an. (4) Absatz 1 gilt nicht für landwirtschaftliche Genossenschaften; als solche gelten im Sinne dieser Bestimmung
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§2
Kammerzugehörigkeit
Funktionen einer zwischenstaatlichen Handelskammer wahrnehmen. Des Weiteren kommt eine Klage nach § 5 UWG wegen Irreführung in Betracht, wenn in Wirklichkeit mit der Bezeichnung „Kammer“ die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit getarnt werden soll (OLG Hamm WRP 1991, 497; OLG Stuttgart WRP 1996, 945). 269
Im Übrigen ist das Namensrecht einer bestehenden IHK gemäß § 12 BGB geschützt, wenn eine andere Organisation eine verwechslungsfähige Bezeichnung wählt. Dazu kommt der Schutz, den die eingetragene Dienstleistungsmarke „IHK“ nach dem Markengesetz bietet. Hier können sich die Kammern unmittelbar durch Privatklagen gegen verwechslungsfähige Bezeichnungen wehren (vgl. Thieme, Zum Namensschutz von Hochschulen und Universitäten, DÖV 1977, 484; Pappermann, Das Namensrecht der kommunalen Gebietskörperschaften, DÖV 1980, 353).
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(1) Zur Industrie- und Handelskammer gehören, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, natürliche Personen, Handelsgesellschaften, andere Personenmehrheiten und juristische Personen des privaten und des öffentlichen Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer eine Betriebsstätte unterhalten (Kammerzugehörige). (2) Absatz 1 gilt für natürliche Personen und Gesellschaften, welche ausschließlich einen freien Beruf ausüben oder welche Landoder Forstwirtschaft oder ein damit verbundenes Nebengewerbe betreiben, nur, soweit sie in das Handelsregister eingetragen sind. (3) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke oder der handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen sind oder die nach § 90 Abs. 3 der Handwerksordnung zur Handwerkskammer gehören, gehören mit ihrem nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteil der Industrie- und Handelskammer an. (4) Absatz 1 gilt nicht für landwirtschaftliche Genossenschaften; als solche gelten im Sinne dieser Bestimmung
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Kammerzugehörigkeit
a) ländliche Kreditgenossenschaften, deren Mitglieder überwiegend aus Landwirten bestehen; b) Genossenschaften, die ganz der überwiegend der Nutzung landwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder der Versorgung der Landwirtschaft mit Betriebsmitteln oder dem Absatz oder der Lagerung oder der Bearbeitung oder Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dienen, sofern sich die Be- oder Verarbeitung nach der Verkehrsauffassung im Bereich der Landwirtschaft hält; c) Zusammenschlüsse der unter Buchstabe b genannten Genossenschaften bis zu einer nach der Höhe des Eigenkapitals zu bestimmenden Grenze, die von dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz durch Rechtsverordnung festgelegt wird. (5) Absatz 1 gilt nicht für Gemeinden und Gemeindeverbände, die Eigenbetriebe unterhalten. Sie können aber insoweit der Industrie- und Handelskammer beitreten. Rz. 1. Begriff der Kammerzugehörigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 a) Organisationsrechtliche Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 b) Pflichtzugehörigkeit und Grundgesetz. . . . . . . . . . . . . . . 3 c) Pflichtzugehörigkeit und Landesverfassung . . . . . . . . . . 6 d) Pflichtzugehörigkeit und Recht der EU . . . . . . . . . . . . . . 7 e) Doppelzugehörigkeit . . . . . . . 10 2. Kreis der Kammerzugehörigen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3. Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . a) Wechsel der Rechtsform . . . . b) Die einzelnen Rechtsformen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Handelsregistereintragung . .
15 16 20 32
4. Gewerbesteuerpflicht . . . . . . 35
Rz. a) Objektive Gewerbesteuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Organgesellschaften . . . . . . . . c) Tatbestandswirkung . . . . . . . . d) Maßgebender Zeitpunkt . . . . e) Beispiele zur Gewerbesteuerpflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
36 40 41 44 47
5. Keine gesonderte Prüfung, ob ein Gewerbebetrieb vorliegt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 6. Betriebsstätte im Kammerbezirk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Gewerbliche Niederlassung . b) Verkaufsstelle . . . . . . . . . . . . . . c) Betriebsstätte . . . . . . . . . . . . . .
71 76 79 80
7. Ausnahmen für freie Berufe . 92 a) Natürliche Personen . . . . . . . . 94 b) Sozietäten, Partnerschaften, EWIV. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96
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§2
Kammerzugehörigkeit Rz.
Rz.
c) Handelsgesellschaften. . . . . . 98
c) Handwerkliche Nebenbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 d) Auswärtige Betriebsstätten . 128
8. Ausnahmen für Land- und Forstwirtschaft . . . . . . . . . . . . a) Steuerschädlicher Zukauf . . b) Land- und forstwirtschaftliche Nebenbetriebe . . . . . . . . . c) Handelsregistereintragung von Landwirten. . . . . . . . . . . . d) Selbständige Gewerbebetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
100 101 105 108 110
9. Ausnahmen für zulassungspflichtige, zulassungsfreie handwerkliche sowie handwerksähnliche Betriebe . . . . 114 a) Handwerkliche, zulassungsfreie handwerkliche und handwerksähnliche Betriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Mischbetriebe . . . . . . . . . . . . . 122
10. Ausnahmen für landwirtschaftliche Genossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Ländliche Kreditgenossenschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Landwirtschaftliche Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften . . . . . . . . . . c) Zentralgenossenschaften . . . 11. Ausnahmen für gemeindliche Eigenbetriebe. . . . . . . . . a) Eigenbetrieb . . . . . . . . . . . . . . . b) „Gemeindlich“ . . . . . . . . . . . . c) Freiwilliger Beitritt . . . . . . . .
129 130
134 136 138 139 142 145
12. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . 147
Literaturauswahl: Jahn, GewArch 2002, 353; Jahn, WiVerw 2004, 133; Jahn, GewArch 2004, 41; Jahn, GewArch 2005, 169; Jahn, GewArch 2007, 353; Jahn, GewArch 2008, 137; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung 1997; Kluth, Handbuch des Kammerrechts 2005, 109; Loewer, GewArch 2000, 89; Scheidtmann, Wirtschafts- und berufsständische Kammern im europäischen Gemeinschaftsrecht, 2007; Schoebener, VerwArch 2000, 374; Tettinger, Kammerrecht 1997.
1. Begriff der Kammerzugehörigkeit a) Organisationsrechtliche Bedeutung 1
Das Gesetz hat den Begriff der Kammerzugehörigkeit neu eingeführt und damit zu einer organisationsrechtlichen Klärung beigetragen. Es versteht unter „IHK“ nur noch die öffentlichrechtliche Körperschaft als juristische Person, die aus den „Kammerzugehörigen“ gebildet wird; das Beschlussorgan der IHK führt die Bezeichnung „Vollversammlung“. Die Zugehörigkeit zur IHK und die Mitgliedschaft in der Vollversammlung werden damit terminologisch getrennt (vgl. zum früheren Sprachgebrauch 2. Aufl., 166
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§2
Begriff
107/108). Inzwischen hat sich diese terminologische Trennung im gesamten Körperschaftsrecht durchgesetzt. Der neue Begriff macht zugleich deutlich, dass die Kammerzugehörigkeit kraft Gesetzes eintritt und es sich dabei um ein öffentlich-rechtliches Verhältnis, nicht aber um eine privatrechtliche Mitgliedschaft handelt. Rechte und Pflichten der Kammerzugehörigen bestimmen sich allein nach Gesetz und Satzungsrecht. Insbesondere ergeben sich aus der Kammerzugehörigkeit Wahlrecht und Beitragspflicht, darüber hinaus die Möglichkeit zur Mitwirkung in der Kammerarbeit und der Anspruch auf Beratung und Betreuung.
2
b) Pflichtzugehörigkeit und Grundgesetz Der neue Begriff kennzeichnet schließlich die sog. Pflichtzu- 3 gehörigkeit, die seit jeher ein wesentliches Merkmal des Kammerwesens ist und beispielsweise genauso für die Handwerkskammern oder die Kammern der freien Berufe gilt. Diese Pflichtmitgliedschaft ist mit dem Grundgesetz und insbesondere mit den Grundrechten vereinbar, wie Rechtsprechung und Schrifttum inzwischen einhellig festgestellt haben. Von entscheidender Bedeutung ist die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das sich in zahlreichen Entscheidungen mit der Pflichtzugehörigkeit – oft auch Pflichtmitgliedschaft genannt – und den Aufgaben öffentlich-rechtlicher Körperschaften befasst (BVerfGE 10, 89/102; 10, 354; 12, 319, 321, 15, 235, 240; 32, 54; 33, 125, 156; 38, 281; 76, 171 und 196). Die Pflichtmitgliedschaft zur IHK wurde im Jahre 1962 vom Bundesverfassungsgericht bestätigt (BVerfGE 15, 235). Das Bundesverfassungsgericht beurteilt dabei die Pflichtmitgliedschaft nicht nach Art. 9 Abs. 1 GG, der die (positive und negative) Vereinigungsfreiheit nur für privatrechtliche Zusammenschlüsse sichert, sondern allein nach Art. 2 Abs. 1 GG, weil sie die allgemeine Handlungsfreiheit einschränkt. Es kommt darauf an, ob sich diese Beschränkung im Rahmen der verfassungsrechtlichen Ordnung hält. Konkret stellt das Bundesverfassungsgericht darauf ab, ob der öffentlich-rechtlichen Körperschaft „legitime öffentliche Aufgaben“ übertragen worden sind. Dies können auch bloße „schlichtverwaltende Tätigkeiten“ sein. Es bleibt damit im Wesentlichen eine Sache des gesetzgeberischen Ermessens, welche Aufgaben als im öffentlichen Interesse liegend Jahn
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§2
Kammerzugehörigkeit
anerkannt und öffentlich-rechtlichen Körperschaften anvertraut werden. Eine verfassungsgerichtliche Nachprüfung ist nur noch insoweit zulässig, als sie der Feststellung dient, ob der Gesetzgeber seinen Gestaltungsspielraum überschritten hat. Eine solche Überschreitung liegt jedoch nicht vor, wenn die Übertragung von Aufgaben an eine Körperschaft öffentlichen Rechts „herkömmlich und bewährt“ und für die Zugehörigen und Beitragspflichtigen „nicht übermäßig belastend und zumutbar“ ist (BVerfGE 10, 104 und 114). 3a
Das Bundesverfassungsgericht hat in neueren Entscheidungen (NVwZ 2001, 190 – Zwangsbezug eines Semestertickets; GewArch 2001, 332 – Pflichtmitgliedschaft in genossenschaftlichem Prüfungsverband) und vor allem in seinem richtungsweisenden Beschluss vom 7. 12. 2001 (1 BvR 1806/98, GewArch 2002, 111) die Voraussetzungen einer beitragsfinanzierten Pflichtzugehörigkeit in einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft nochmals herausgearbeitet und hierbei auf die Grundsätze der Entscheidung zur IHK-Pflichtmitgliedschaft aus dem Jahr 1962 zurückgegriffen. Hierbei hat das Gericht die Verfassungsmäßigkeit der Pflichtmitgliedschaft unter Hinweis auf die Erfüllung „legitimer öffentlicher Aufgaben“ und die „freiheitssichernde und legitimatorische Funktion der Pflichtmitgliedschaft“ durch die „Chance zur Beteiligung und Mitwirkung an staatlichen Entscheidungsprozessen“ ausdrücklich bekräftigt. Das gilt insbesondere für einen Staat, der den Gedanken der Selbstverwaltung bejaht und in seiner Gesetzgebung weitgehend verwirklicht hat. Die Bedeutung der Selbstverwaltung hat das Bundesverfassungsgericht später nochmals im Fachärzteurteil (BVerfGE 33, 125, insb. 156, 160) und zwei jüngeren Entscheidungen (BVerfG GewArch 2003, 290; GewArch 2005, 72) betont und festgestellt, dass die funktionale Selbstverwaltung das demokratische Prinzip ergänzt und verstärkt: Der Gesetzgeber schafft ein wirksames Mitspracherecht der Betroffenen, aktiviert verwaltungsexternen Sachverstand, erleichtert einen sachgerechten Interessenausgleich und trägt so dazu bei, dass die von ihm beschlossenen Zwecke und Ziele effektiver erreicht werden.
4
Die Verwaltungsgerichte haben gerade in jüngster Zeit immer wieder die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der Pflichtmitgliedschaft bestätigt, insbesondere das Bundesverwaltungsgericht für 168
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§2
Begriff
das IHKG (GewArch 2002, 69; 2005, 24), die Handwerkskammern (GewArch 1999, 193) und die Jagdgenossenschaft (NVwZ 2006, 92). Daneben sind die ausführlich begründeten Urteile des OVG Koblenz (GewArch 1997, 196) und des OVG Münster (GewArch 1998, 413) zu erwähnen. Einen Überblick über die umfangreiche Rechtsprechung der Instanzgerichte gibt Jahn, GewArch 2008, 137, 138; 2005, 169; s. ferner die Nachweise 6. Aufl., § 2 Rz. 4. Die Verwaltungsgerichte haben es abgelehnt, die Frage dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG erneut vorzulegen, weil sich durch den Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft seit 1962 an den verfassungsgerichtlichen Voraussetzungen der Pflichtmitgliedschaft zur IHK nichts geändert hat. Die Wahrnehmung des Gesamtinteresses wie die Übertragung hoheitlicher Aufgaben rechtfertigen auch weiterhin die Pflichtmitgliedschaft. Von einem Verfassungswandel, also einem Wandel der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, der eine abermalige Überprüfung der früheren verfassungsgerichtlichen Entscheidungen rechtfertigen würde, kann nicht ausgegangen werden. Denn im Rahmen der Interessenvertretung nehmen die IHKs nach wie vor legitime öffentliche Aufgaben wahr, die in ihrer Fülle in den letzten Jahren sogar deutlich zugenommen haben (etwa bei der Umsetzung des Versicherungsvermittlerrechts, siehe dazu Jahn/ Klein, DB 2007, 957). Deshalb hat es das Bundesverfassungsgericht abgelehnt, sich abermals in der Sache mit der IHK-Pflichtmitgliedschaft zu befassen und stattdessen auf seinen Beschluss vom 7. 12. 2001 verwiesen (BVerfG vom 22. 3. 2006 – 1 BvR 1726/05). Ein Bekenntnis zur Pflichtmitgliedschaft hat auch der Deutsche Bundestag aus Anlass der Verabschiedung des IHKG-Änderungsgesetzes 1998 ausdrücklich in einer Entschließung abgelegt (BTDrs. 13/10297). Auch die Bundesregierung hat nachfolgend bekräftigt, dass sie Industrie- und Handelskammern in der Form öffentlich-rechtlicher Körperschaften mit Pflichtmitgliedschaft als Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft nach wie vor für sachgerecht und erforderlich hält (BT-Drs. 14/9175 und 15/3265). Dementsprechend haben sich die deutschen Wirtschafts- und Berufskammern im Jahr 2007 in einer „Charta der funktionalen Selbstverwaltung durch Wirtschafts- und Berufskammern“ zu den Prinzipien der funktionalen Selbstverwaltung als Gewähr für einen leistungsfähigen und bürgernahen Verfassungsstaat bekannt (Text der Charta unter www.kammerrecht.de). Jahn
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Kammerzugehörigkeit
Das rechtswissenschaftliche Schrifttum hat – bis auf wenige kritische Stimmen – diese herrschende Auffassung noch vertieft (s. die Nachweise 6. Aufl., § 2 Rz. 5, ferner Kluth, DÖV 2005, 368; Kluth, NVwZ 2002, 298; Jahn, GewArch 2002, 353; Löwer, GewArch 2000, 89; Schöbener, VerwArch 2000, 374). Dass die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für das IHKG vorliegen, hat das Bundesverfassungsgericht mit einem Urteil vom 19. 12. 1962 bestätigt (BVerfGE 15, 235, 239). Es unterscheidet darin zwischen den beiden Aufgaben der „Vertretung der gewerblichen Wirtschaft gegenüber dem Staat“ und der „Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben auf wirtschaftlichem Gebiet“, die es beide als unzweifelhaft legitime öffentliche Aufgaben bezeichnet. Insbesondere betont es die den IHKs übertragene Pflicht zur Ermittlung und Vertretung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft, zur abwägenden und ausgleichenden Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige und -betriebe und damit zu einem höchstmöglichen Maß an Objektivität, die im öffentlichen Interesse liegt. Aus diesen Überlegungen folgert das Bundesverfassungsgericht, „dass es zur sachgemäßen Erfüllung der den IHKs übertragenen Aufgaben sinnvoll, ja notwendig war, ihre Organisation auf dem Prinzip der Pflichtzugehörigkeit aufzubauen“. Diese Ansicht hat das Gericht später bekräftigt (GewArch 2002, 111). c) Pflichtzugehörigkeit und Landesverfassung
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Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist gleichzeitig geklärt, dass die Pflichtzugehörigkeit zu den IHKs nicht gegen gleich lautende oder weiter gehende Grundrechte der Landesverfassung verstößt, welche durch Art. 142 GG aufrechterhalten werden (BVerfGE 1, 281; 36, 342, 363; DVBl. 1993, 390). Da das IHKG mit dem Grundgesetz vereinbar ist, geht es als Bundesrecht nach Art. 31 GG auch den Landesverfassungen vor. Abweichende Bestimmungen der Landesverfassungen sind auf die IHKs nicht anwendbar, beispielsweise der in seiner Auslegung umstrittene Art. 179 der Bayer. Verfassung oder auch der frühere Art. 69 Abs. 3 der Verfassung von Rheinland-Pfalz (Sacksofsky, NVwZ 1993, 235). Zum verfassungsrechtlichen Schutz der Kammern auf Länderebene siehe Kluth DÖV 2005, 368; Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 109, 114; Jahn, Justitia et Pax, 947.
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d) Pflichtzugehörigkeit und Recht der EU Im Zuge der jüngeren Auseinandersetzungen ist mehrfach auch die Vereinbarkeit der Pflichtmitgliedschaft mit dem EG-Vertrag angeschnitten worden, weil es nicht in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union öffentlich-rechtliche IHKs gibt. Der Vorwurf, die Pflichtmitgliedschaft sei ein Verstoß gegen das EG-Wettbewerbs- und Kartellrecht, hat sich sehr schnell als abwegig herausgestellt (siehe die Nachweise bei Jahn, GewArch 2005, 169, 172 Fn. 41). Aber auch ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit liegt nicht vor, weil das IHKG nicht die Niederlassung ausländischer Unternehmen beschränkt oder erschwert, sondern nur an eine erfolgte Niederlassung organisationsrechtliche Konsequenzen knüpft (VG Greifswald GewArch 2007, 287; VG Gießen GewArch 2006, 214; Jahn, GewArch 2005, 169 172 Fn. 43). Da das IHKG inländische und ausländische Gewerbetreibende gleich behandelt, spielt auch Art. 3 Abs. 1 GG keine Rolle; es kommt auch zu keiner Diskriminierung i.S.v. Art. 6 EGV/Maastricht (= Art. 12 EGV/Amsterdam). Daher ist auch die gesetzliche Pflichtmitgliedschaft der im Inland tätigen englischen Limited nicht zu beanstanden (VG Darmstadt GewArch 2007, 85). Auch aus der EuGH-Rechtsprechung zur Handwerkskammerzugehörigkeit (GewArch 2000, 476 und dazu Diefenbach, GewArch 2001, 305; Meyer, GewArch 2001, 265) folgt nichts anderes. Dort hat der EuGH entschieden, dass die deutsche Handwerksrollenpflicht eines ausländischen Anbieters von Estrich-Arbeiten gegen die Dienstleistungsfreiheit verstößt. Die Entscheidung kann jedoch nicht auf die IHK-Pflichtmitgliedschaft übertragen werden, weil diese nicht schon bei Erbringung einer Dienstleistung eines ausländischen Anbieters in Deutschland eintritt, sondern an das Vorhandensein einer gewerblichen Niederlassung oder Betriebsstätte im Kammerbezirk anknüpft. Gerade das Fehlen dieser Differenzierung hatte der EuGH in seiner Entscheidung als maßgeblich für den Verstoß der Handwerksrollenpflicht gegen EU-Recht bezeichnet (siehe auch Diefenbach, GewArch 2006, 217; Möllering, WiVerw 2001, 25). Erst recht berührt das IHKG nicht die Freiheiten des Warenverkehrs und der Dienstleistungen (VG Gießen GewArch 2006, 214). Die Verwaltungsgerichte haben deshalb stets eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 177 EGV Maastricht (= Art. 234 EGV/Amsterdam) abgelehnt, zumal es sich stets um rein nationale Fälle handelte (vgl. dazu EuGH EuZW 1996, 82; 1997, 403). Jahn
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Kammerzugehörigkeit
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Von Interesse ist in diesem Zusammenhang auch, dass der EuGH die Beitragsregelung für die niederländischen Industrie- und Handelskammern gebilligt und nicht unter die GesellschaftssteuerRichtlinie subsumiert hat (EuGH GewArch 1996, 472). Ebenso hat er die Pflichtmitgliedschaft zu einer Tierärztekammer bestätigt (EuGH Rs. 271/82 – Slg. 1983, 2727).
9
Die Europäische Menschenrechtskommission hatte bereits 1998 entschieden, dass Art. 11 Abs. 1 der Konvention die Vereinigungsfreiheit nur im privatrechtlichen Bereich schützt und auf die öffentlich-rechtlichen spanischen IHKs nicht anzuwenden ist (Requête Nr. 36087/97). In diesem Sinne hat für das IHKG später die Verwaltungsrechtsprechung entschieden (VG Gießen GewArch 2006, 214; VG Greifswald GewArch 2007, 287, ferner die Nachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137). Auch mit Art. 20 Abs. 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen ist die Pflichtmitgliedschaft vereinbar (siehe die Nachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137, Fn. 50). e) Doppelzugehörigkeit
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In der Praxis gibt es häufig den Fall, dass Unternehmen oder auch freie Berufe mehreren öffentlich-rechtlichen Körperschaften mit Pflichtzugehörigkeit angehören. Als Beispiel ist die Kombination der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zu erwähnen, aber auch die der Architekten, Ingenieure oder Angehörigen der Heilberufe. Ebenso kann es aber auch vorkommen, dass ein Unternehmen der Landwirtschaftskammer und der IHK angehört. Besonders häufig ist der Fall, dass ein Unternehmen sowohl zur IHK als auch zur Handwerkskammer gehört; dies ist aber genau genommen kein Fall der „Doppelzugehörigkeit“, wie sich aus § 2 Abs. 3 ergibt (s.u. Rz. 114).
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Die Doppelzugehörigkeiten ergeben sich stets aus der Kombination mehrerer Tätigkeiten und sind rechtlich anerkannt, oft sogar ausdrücklich in den betreffenden Kammergesetzen. Insbesondere § 43 Abs. 4 WPO und § 57 Abs. 3 StBeratG zählen detailliert die Tätigkeiten auf, die mit dem Beruf eines Wirtschaftsprüfers oder Steuerberaters vereinbar sind. Für die Rechtsanwälte ergibt sich dies aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 7 Nr. 8 BRAO und indirekt aus den §§ 45–47 BRAO. Dazu kommt verstärkt die Zusammenarbeit verschiedener freier Berufe in der 172
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§2
Begriff
Rechtsform einer Gesellschaft, sei es einer bloßen Sozietät (BGBGesellschaft), einer Partnerschaft oder EWIV oder auch einer Kapitalgesellschaft, die stets gewerbesteuerpflichtig (§ 2 Abs. 2 GewStG) und damit IHK-zugehörig ist. Das IHKG erwähnt die Doppelmitgliedschaft mehrfach, bei der 12 Kammerzugehörigkeit in § 2 Abs. 2 und Abs. 3 und vor allem bei der Beitragsregelung in § 3 Abs. 4. Der Gesetzgeber hat dort für die wichtigsten Fälle eine pauschale Lösung gewählt, welche auf den Schwerpunkt der Tätigkeit abstellt und den Beitrag zur IHK entsprechend reduziert. Dies entspricht dem Grundsatz, den die Rechtsprechung seit langem dafür entwickelt hat, dass verschiedene nebeneinander ausgeübte freiberufliche und gewerbliche Tätigkeiten jeweils auch die Zugehörigkeit zu den entsprechenden Kammern begründen und sich die Beitragsbemessung nach dem Anteil richten muss, den die spezifische Tätigkeit ausmacht. Im Grunde ist dies nur ein Unterfall der Beitragsäquivalenz, dass sich die Beiträge nach den (generellen und nicht quantifizierbaren) Vorteilen aus der Pflichtmitgliedschaft richten müssen (BVerwG GewArch 2005, 24 und Vorauflage § 2 Rz. 12). Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte hat solche Doppelund Mehrfach-Zugehörigkeiten mit daraus resultierender mehrfacher Beitragspflicht stets anerkannt (vgl. 5. Aufl., 122; zuletzt OVG Münster DStR 2006, 2279; VG Leipzig GewArch 2007, 163 – Rechtsanwalts GmbH; ferner die Nachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137; Drexler/König, GewArch 2004, 461 und GewArch 2005, 320). Das IHKG-Änderungsgesetz 1998 hat dies lediglich kodifiziert. Die gleichzeitige Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer einerseits und einer Wirtschaftskammer andererseits ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn während berufsständische Kammern ausschließlich die Interessen ihrer Mitglieder vertreten und daher reine Berufsorganisationen darstellen, vertreten die IHKs die Wahrnehmung des Gesamtinteresses aller nichthandwerklichen Gewerbetreibenden in ihrem Zuständigkeitsbereich (BVerwG GewArch 2002, 69; GewArch 2005, 24; GewArch 2006, 341 – Konkurrenz von Innungsmitgliedschaft und Handwerkskammerzugehörigkeit).
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Kammerzugehörigkeit
2. Kreis der Kammerzugehörigen 13
§ 2 regelt abschließend die Voraussetzungen der Kammerzugehörigkeit. Abs. 1 ist die Grundnorm, deren Tatbestandsmerkmale stets erfüllt sein müssen. Bei der Auslegung ist naturgemäß der Gesamtzusammenhang des Gesetzes zu beachten. Die Ausnahmen ergeben sich für Handwerksbetriebe, zulassungsfreie Handwerke und für handwerksähnliche Gewerbe aus § 2 Abs. 3, für einige andere Bereiche aus § 2 Abs. 2 und 4. § 2 Abs. 1 bindet die Kammerzugehörigkeit an drei Kriterien nämlich eine im Gesetz aufgeführte Rechtsform, die objektive Gewerbesteuerpflicht und das Vorhandensein einer Betriebsstätte im Kammerbezirk. Alle drei Kriterien müssen kumulativ erfüllt sein, wobei es allein auf das objektive Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ankommt, nicht hingegen auf die subjektive Kenntnis des Unternehmens oder der IHK (VG Lüneburg vom 13. 4. 2005 – 5 A 13/04).
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Im konkreten Fall sind deshalb – da die Rechtsform keine Rolle spielt, sondern umfassend definiert ist – vor allem als allgemeine Voraussetzung der Kammerzugehörigkeit die Gewerbesteuerpflicht sowie als räumliche Voraussetzung die Existenz einer Betriebsstätte im Kammerbezirk zu prüfen. Erst anschließend kann es darauf ankommen, ob eine Ausnahme vorliegt.
3. Rechtsform 15
§ 2 Abs. 1 zählt zur Umschreibung des Kreises der Kammerzugehörigen die Rechtsformen auf, welche die Kammerzugehörigkeit begründen. Diese Aufzählung ist so umfassend, dass die Rechtsform eigentlich kein Abgrenzungsmerkmal mehr ist. Entscheidend für die Abgrenzung sind deshalb die anderen Tatbestandsmerkmale des Abs. 1. a) Wechsel der Rechtsform
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Die Aufzählung der Rechtsformen in § 2 Abs. 1 hat jedoch eine andere rechtliche Konsequenz. Die Kammerzugehörigkeit wird damit eindeutig als öffentlich-rechtliches Verhältnis zwischen der IHK und dem Gewerbetreibenden fixiert, in welcher Rechtsform er sein Unternehmen auch betreiben mag. Kammerzugehörig ist – 174
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Rechtsform
nach einem neueren Sprachgebrauch – der Unternehmensträger. Das bedeutet, dass eine natürliche oder juristische Person oder auch eine Personenvereinigung nur einmal kammerzugehörig sein kann, auch wenn sie neben der Hauptniederlassung in demselben Kammerbezirk noch Zweigniederlassungen oder weitere Betriebsstätten unterhält. Daraus folgt weiter, dass auch derjenige Gewerbetreibende kammerzugehörig ist, der seinen Sitz oder seine Hauptniederlassung in einem anderen Kammerbezirk oder im Ausland hat und in dem betreffenden Kammerbezirk selbst lediglich Zweigniederlassungen oder Betriebsstätten unterhält. Bei Betriebsstätten ausländischer Unternehmen kommt es allerdings entscheidend auf die Gewerbesteuerpflicht an, die sich nach dem jeweiligen und gegenüber § 12 AO modifizierten Betriebsstättenbegriff der Doppelbesteuerungsabkommen oder nach § 2 Abs. 6 GewStG richtet. Die Anknüpfung an den Gewerbetreibenden ergibt schließlich, in- 17 wieweit der Wechsel der Rechtsform die Kammerzugehörigkeit berührt. Es kommt darauf an, ob bei einem Wechsel der Rechtsform die rechtliche Identität des Unternehmensträgers gewahrt bleibt, er also weiterbesteht, oder ob eine andere Rechtsperson das Unternehmen fortführt und lediglich sein Vermögen und seine Schulden übernimmt. Kennzeichnend dafür, dass eine neue Rechtsperson auftritt, ist eine Rechtsnachfolge, insbesondere auch die gesetzliche Anordnung der Gesamtrechtsnachfolge und des Vermögensübergangs. Dazu gehört auch der Unternehmenskauf, der durch Einzelübertragung erfolgt; hier entsteht eine neue Kammerzugehörigkeit, sofern der Käufer nicht schon kammerzugehörig ist. Die Betriebsübernahme nach § 613a BGB ist dagegen nur ein Indiz, weil darunter auch die Übernahme von Teilbetrieben fällt, die steuerlich keinen Unternehmerwechsel darstellt; bei der Veräußerung von Teilbetrieben bleibt der Verkäufer kammerzugehörig, der Käufer wird kammerzugehörig, falls er es noch nicht ist. Auch die Firmenfortführung besagt nichts über Identität oder Rechtsnachfolge, wie die verschiedenen Fälle der §§ 21, 22 und 24 HGB zeigen. Entscheidend ist in all diesen Fällen, ob ein Unternehmerwechsel stattgefunden hat (vgl. § 2 Abs. 5 und § 5 Abs. 2 GewStG; Abschn. 20 GewStR 1998). Die Identität und damit die Kammerzugehörigkeit bleiben bei allen formwechselnden Umwandlungen erhalten. Das Umwandlungsgesetz vom 28. 10. 1994 (BGBl. I, 3210) erfasst ziemlich Jahn
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Kammerzugehörigkeit
lückenlos alle Fälle und unterscheidet zwischen bloßem Rechtsformwechsel (§§ 190–304) einerseits und Verschmelzung, Spaltung und Vermögensübertragung (§§ 2–189) andererseits. Nur beim Rechtsformwechsel bleibt die Kammerzugehörigkeit des Unternehmens erhalten. In allen anderen Fällen führt der Unternehmerwechsel zur Kammerzugehörigkeit des neuen Rechtsträgers, falls er nicht schon kammerzugehörig ist. Die Kammerzugehörigkeit des bisherigen Rechtsträgers endet, ausgenommen allerdings die Fälle von Teilübertragungen, von Abspaltungen und Ausgliederungen (§ 174 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UmwG). 19
OHG, KG und bürgerlich-rechtliche Gesellschaft bleiben unverändert kammerzugehörig, mögen diese Rechtsformen untereinander wechseln, oder Gesellschafter eintreten oder ausscheiden (§ 738 Abs. 1 Satz 1 BGB). Selbst wenn aus einer OHG, KG oder bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft alle anderen Gesellschafter ausscheiden und ein Einzelunternehmen entsteht, bleibt die Identität gewahrt; die Anteile der ausscheidenden Gesellschafter wachsen nach herrschender Meinung dem verbleibenden Gesellschafter an (§ 738 BGB, Abschn. 20 Abs. 2 GewStR). b) Die einzelnen Rechtsformen
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Im Übrigen handelt es sich um folgende Rechtsformen, die von Abs. 1 erfasst werden:
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– Natürliche Personen als Einzelkaufleute und sonstige Einzelgewerbetreibende; auf die Eintragung im Handelsregister kommt es nicht an. Da die Kammerzugehörigkeit auf den Gewerbetreibenden abstellt, ist auch ein Einzelkaufmann mit mehreren Betrieben nur einmal kammerzugehörig, selbst wenn er für jeden dieser Betriebe gesondert zur Gewerbesteuer veranlagt wird (Abschn. 16 GewStR; vgl. BFH DB 1989, 2311). Er wird daher nur einmal zum Grundbeitrag und ggf. zu einer einheitlichen Umlage herangezogen (siehe § 3 Rz. 66).
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– Personenhandelsgesellschaften, also OHG und KG, aber auch GmbH & Co. KG. Da Personenhandelsgesellschaften in ihrer Rechtsstellung weitgehend den juristischen Personen angenähert sind (§§ 124; 161 Abs. 2 HGB) und auch einheitlich zur Gewerbesteuer veranlagt werden, ist die Gesellschaft kammerzugehörig, nicht aber ihre Gesellschafter. Wenn also dieselben 176
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Rechtsform
Personen mehrere Personenhandelsgesellschaften gemeinsam betreiben, sind die verschiedenen Gesellschaften jeweils für sich kammerzugehörig (Abschn. 16 Abs. 3 GewStR). Dies gilt auch für freiwillige Handelsregistereintragungen nach § 105 Abs. 2 HGB. – Partnerschaftsgesellschaften (Gesetz vom 25. 7. 1994 – BGBl. I, 1744) fallen dagegen nicht darunter, sind also nicht kammerzugehörig, weil sie auf die Ausübung eines freien Berufes beschränkt und deshalb nicht gewerbesteuerpflichtig sind. Sie sind keine Personenhandelsgesellschaften, sondern werden in ein gesondertes Register eingetragen.
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– Juristische Personen des privaten Rechts. Hierunter fallen Aktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, einschließlich der durch das „Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG, vom 23. 10. 2008, BGBl. I, 2026)“ eingeführten „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“, Genossenschaften (soweit nicht als landwirtschaftliche Genossenschaften nach § 3 Nr. 8 GewStG nicht gewerbesteuerpflichtig oder nach § 2 Abs. 4 IHKG nicht kammerzugehörig), Kommanditgesellschaften auf Aktien, Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit (soweit sie nicht nach § 3 Abs. 9 GewStG und § 12a GewStDV von der Gewerbesteuer befreit sind), Vereine (insbesondere wirtschaftliche Vereine nach § 22 BGB (VG Würzburg vom 18. 1. 2006 – W 6 K 05.1148) oder Idealvereine mit wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach § 2 Abs. 3 GewStG), bürgerlichrechtliche Stiftungen (soweit sie gewerbesteuerpflichtig sind). Die in Klammern gesetzten Einschränkungen zeigen deutlich, dass sich die entscheidende Abgrenzung der Kammerzugehörigkeit nicht aus der Rechtsform, sondern aus den anderen Tatbestandsmerkmalen des Abs. 1 ergibt.
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– Juristische Personen des öffentlichen Rechts, mag es sich um Körperschaften (Gebietskörperschaften wie Nichtgebietskörperschaften), öffentlich-rechtliche Anstalten oder Stiftungen handeln. Dies gilt beispielsweise für alle Rundfunkanstalten, wenn sie wegen der Werbesendungen – gegebenenfalls auch unter Einschaltung einer organschaftlich verbundenen Tochtergesellschaft – gewerbesteuerpflichtig sind (vgl. VG Köln vom 5. 11. 1990 – 1 K 1369/89; VG Berlin GewArch 1995, 479).
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Kammerzugehörigkeit
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Zu den kammerzugehörigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts gehören öffentlich-rechtliche Kreditinstitute (soweit sie nicht von der Gewerbesteuerpflicht nach § 3 Nr. 2 GewStG befreit sind), insbesondere Staatsbanken, die am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen. Vor allem aber fallen hierunter die Sparkassen, die heute überwiegend öffentlich-rechtliche Anstalten kraft Landesrechts sind, in einigen Ausnahmefällen auch juristische Personen des privaten Rechts. Sie sind in beiden Fällen kammerzugehörig, weil sie zur Gewerbesteuer herangezogen werden und Wettbewerbsunternehmen im Kreditgewerbe sind. Die frühere Ermäßigung bei der Gewerbesteuer ist inzwischen entfallen. Mit der Gewerbesteuerveranlagung ist zugleich entschieden, dass es sich nicht um hoheitliche Tätigkeiten handelt, sondern um einen Gewerbebetrieb (§ 2 GewStDV).
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Im Bereich der Versicherungswirtschaft gibt es ebenfalls eine Reihe von öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalten, die Wettbewerbsunternehmen sind und zur Gewerbesteuer herangezogen werden. Die Voraussetzung der Gewerbesteuerpflicht fehlt jedoch in den Sonderfällen des § 3 Nr. 11 GewStG (öffentlich-rechtliches Versorgungswerk).
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Ebenso gehören schließlich hierher Bund und Länder, soweit sie Eigenbetriebe unterhalten; für Eigenbetriebe der Gemeinden und Gemeindeverbände gilt § 2 Abs. 5, nicht dagegen für kommunale Zweckverbände. Von der Gewerbesteuer sind jedoch die Monopolverwaltungen des Bundes, die staatlichen Lotterieunternehmen und der Erdölbevorratungsverband befreit (§ 3 Nr. 1 GewStG). Kammerzugehörig sind dagegen beispielsweise staatliche Verlagsunternehmen, Schifffahrtsunternehmen, Brauereien, Sägewerke und nicht gemeinnützige Staatsbäder (VG Wiesbaden vom 16. 8. 1960 – III/2 655/59; OVG Koblenz vom 11. 12. 1985 – 6 A 102/84; vom 28. 7. 1987 – 6 A 18/86; VG Freiburg vom 6. 7. 1983 – 1 K 141/82; VG Neustadt vom 18. 10. 1986 – 7 K 67/84).
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– Personenmehrheiten. Dazu zählen vor allem die Gesellschaften bürgerlichen Rechts (§ 705 BGB), die ein kleingewerbliches Unternehmen betreiben (VG Karlsruhe vom 21. 6. 1994 – 3 K 2858/93 –). Mit der Streichung der Wörter „nicht rechtsfähige“ durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246) wurde § 2 Abs. 1 klargestellt. Die jetzt im Gesetz erfolgte Streichung entspricht der systematischen 178
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Einordnung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch die neuere Rechtsprechung des BGH. Dieser hatte bereits 2001 entschieden, dass die GbR rechtsfähig und parteifähig ist, soweit sie als Teilnehmer am Rechtsverkehr eigene (vertragliche) Rechte und Pflichten begründet (BGHZ 146, 341). Ferner zählen dazu Unternehmen, die als vorübergehende Arbeitsgemeinschaften anderer Unternehmen (insbesondere in der Bauwirtschaft) üblich sind (vgl. aber die gewerbesteuerlichen Sondervorschriften für Arbeitsgemeinschaften in § 2a GewStG und Abschn. 23 GewStR). Solche Arbeitsgemeinschaften können aber auch handelsregisterpflichtig sein (OVG Münster vom 26. 5. 1992 – 5 A 403/91). Ebenso gehören hierher Reedereien (§ 489 HGB), Erbengemeinschaften oder Ehegatten, zu deren Nachlass oder deren Gesamtgut (bei ehelicher Gütergemeinschaft) ein Unternehmen gehört. Schließlich sind hier die nichtrechtsfähigen Vereine (§ 54 BGB) zu erwähnen, wenn sie wegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gewerbesteuerpflichtig sind (§ 2 Abs. 3 GewStG). – Ausländische Unternehmensformen, wenn sie rechtlich unselbständige Zweigniederlassungen oder Betriebsstätten im Kammerbezirk unterhalten. Dabei bedarf es infolge der umfassenden Aufzählung keiner oft schwierigen international-privatrechtlichen Qualifikation, mit welcher deutschen Unternehmensform sie vergleichbar sind und ob es sich etwa um juristische Personen handelt. Voraussetzung ist lediglich, dass sie in Deutschland rechtlich anerkannt sind, was sich nach den Grundsätzen des deutschen internationalen Privatrechts richtet (Sitztheorie; BayObLG EuZW 1992, 548 und 1999, 288; VG Aachen vom 8. 7. 1994 – 7 K 548/93; vgl. aber auch für den EGRaum EuGH EuZW 1999, 216 – Centros Ltd.; K. Schmidt, ZGR 1999, 22–28). Weiterhin ist Voraussetzung, dass der Gewerbebetrieb erlaubt ist und dass sie zur Gewerbesteuer herangezogen werden (vgl. § 2 Abs. 6 und 7 GewStG). Die Gewerbesteuerpflicht ausländischer Betriebsstätten entscheidet sich dabei vorrangig nach den bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen und dem dort vielfach modifizierten Betriebsstättenbegriff. Alle diese Vorfragen für die Kammerzugehörigkeit ausländischer Unternehmen wegen ihrer Zweigniederlassungen oder Betriebsstätten im Kammerbezirk sind für die Kammerpraxis mit der Veranlagung zur Gewerbesteuer entschieden. Eine Jahn
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nach dem Recht eines anderen EU-Staates gegründete Gesellschaft mit Geschäftsleitung im Inland (doppelt ansässige Gesellschaft) erlangte nach früherer gewerbesteuerlicher Verwaltungsansicht erst mit der Eintragung ins deutsche Handelsregister ihre Rechtsfähigkeit im Inland (Abschn. 13 Abs. 2 Satz 4 GewStR 1998). Diese Ansicht ist inzwischen obsolet, nachdem doppelt ansässige Gesellschaften nach der Rechtsprechung des EuGH (NJW 1999, 2027; NJW 2002, 3614) im Inland vollrechtsfähig sind, es also auf die Handelsregistereintragung nicht ankommt (siehe gleich lautenden Erlass der Obersten Finanzbehörden der Länder vom 20. 5. 2005, BStBl. I, 727). Die in Deutschland inzwischen verbreitete Rechtsform der englischen Limited (Private Limited Company) begründet bei einer Tätigkeit im Inland die IHK-Zugehörigkeit und Beitragspflicht (OVG Münster GewArch 2006, 471; VG Darmstadt GewArch 2007, 85). Eine nach englischem Recht gegründete Limited erlangt mit der Eintragung in das registrar of companies beim Companies House und der Ausstellung der Gründungsbescheinigung Rechtspersönlichkeit und kann als juristische Person am Rechtsverkehr teilnehmen (Müller, DB 2006, 824). Dieser Status kommt ihr als in einem europäischen Mitgliedstaat gegründete Gesellschaft auch in Deutschland zu (BGH NJW 2003, 1461). Allerdings muss eine englische Limited ihre in Deutschland eröffnete Hauptniederlassung auch in das deutsche Handelsregister eintragen lassen, auch wenn bereits die Eintragung in das registrar of companies eine „Eintragung ins Handelsregister“ im Sinne des IHKG ist (VG Darmstadt GewArch 2007, 85). Beantragt eine englische Limited in Deutschland die Eintragung einer Zweigniederlassung in das Handelsregister, kann das Registergericht diese Eintragung bei einem bestehenden Gewerbeverbot (§ 35 GewO) gegen den – dem Geschäftsführer einer GmbH gleichstehenden – Director der Limited verweigern, ohne dass ein Verstoß gegen die EUNiederlassungsfreiheit vorliegt (BGH DB 2007, 1518). 31
Das Gleiche gilt für europäische Rechtsformen, wie die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2137/85 vom 25. 7. 1985 (ABl. EG Nr. L 199, 1). Ihre gewerbesteuerliche Behandlung ist in § 5 Abs. 1 Satz 4 GewStG und Abschn. 36 GewStR 1998 geregelt.
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c) Handelsregistereintragung Im Gegensatz zu früheren landesrechtlichen Vorschriften (vgl. 2. Aufl., 125) macht das Gesetz die Kammerzugehörigkeit nicht mehr von der Eintragung im Handelsregister oder Genossenschaftsregister abhängig, sondern bezieht auch die Kleingewerbetreibenden ein. Ursprünglich machte das Gesetz in § 2 Abs. 6 noch eine Ausnahme für diejenigen natürlichen Personen, die nach ihrer Gewerbesteuerveranlagung zur Zahlung von Gewerbesteuer nicht verpflichtet waren oder lediglich zur gemeindlichen Mindestgewerbesteuer herangezogen wurden. Diese Vorschrift des IHKG ist jedoch durch Art. 22 des Steueränderungsgesetzes 1961 vom 13. 7. 1961 (BGBl. I, 981) aufgehoben worden. Seitdem ist gewährleistet, dass die Kammer gemäß ihrer gesetzlichen Aufgabe aus § 1 Abs. 1 auch sachlich die Gesamtrepräsentanz aller Gewerbetreibenden (außerhalb der Organisation des Handwerks) ist. Das Kleingewerbe stellt, wie die Statistiken zeigen, einen erheblichen Teil aller kammerzugehörigen Gewerbetreibenden dar und ist in der gesamtwirtschaftlichen Meinungsbildung entsprechend seinem jeweiligen Gewicht und Interesse zu berücksichtigen. Die freiwillige Handelsregistereintragung von Kleingewerbetreibenden nach § 2 HGB (Handelsrechtsreformgesetz vom 22. 6. 1998 – BGBl. I, 1474) hat allerdings eine gewisse Verschiebung zwischen Kaufleuten und sonstigen Gewerbetreibenden gebracht. Insbesondere bei BGB-Gesellschaften kleingewerblicher Art ist damit zu rechnen, dass sie sich nach § 105 Abs. 2 HGB als OHG oder KG ins Handelsregister eintragen lassen.
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Da § 36 HGB mit dem Handelsrechtsreformgesetz gestrichen worden ist, sind Eigenbetriebe der öffentlichen Hand bei Vorliegen der Voraussetzungen ins Handelsregister einzutragen; sie sind handelsregisterpflichtig geworden.
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Die Handelsregistereintragung bildet bei der Feststellung der Kammerzugehörigkeit lediglich noch ein zusätzliches Merkmal, wenn es um die Abgrenzung von Ausnahmen oder um Beitragsbefreiungen geht. Bei freien Berufen und Landwirtschaft stellt § 2 Abs. 2 auf die Handelsregistereintragung ab, weil sie ein besonders deutliches Indiz für den kaufmännischen Charakter des Unternehmens ist. § 3 Abs. 3 Satz 3 befreit natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht im Handelsregister eingetragen sind, von der Beitragspflicht, wenn ihr Gewerbeertrag bzw. ihr Ge-
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winn aus Gewerbebetrieb 5200 Euro nicht übersteigt. Schließlich knüpft § 3 Abs. 4 Satz 1 mit dem Erfordernis eines vollkaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetriebs an die Handelsregisterfähigkeit (nicht an die tatsächliche Handelsregistereintragung) an, wenn es um die Beitragsveranlagung von Mischbetrieben im Handwerk geht (vgl. § 2 Abs. 3); zur Eintragungspflicht im Handelsregister kann auf die Kommentierungen zu § 1 Abs. 2 HGB in der Fassung des Handelsrechtsreformgesetzes zurückgegriffen werden.
4. Gewerbesteuerpflicht 35
Das Gesetz folgt dem Vorbild der früheren landesrechtlichen Kammergesetze (vgl. Wendtland, passim) und macht die Kammerzugehörigkeit von der „Veranlagung zur Gewerbesteuer“ abhängig. Durch diese Verweisung soll der Kreis der kammerzugehörigen Gewerbetreibenden anhand eines staatlich festgestellten und verwaltungsmäßig einfach zu handhabenden Merkmals abgegrenzt werden. Zum Verständnis dieser Einzelheiten bedarf es daher eines Rückgriffs auf das gesamte Gewerbesteuerrecht, das im Gewerbesteuergesetz (in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. 10. 2002, BGBl. I, 4167), der GewStDVO und den GewStR 1998 niedergelegt ist, das seinerseits oft wieder auf das Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerrecht verweist. Dabei sind, soweit die Kammerbeiträge nach einem zurückliegenden Bemessungsjahr erhoben werden, ggf. auch die früheren Fassungen des Gewerbesteuergesetzes anzuwenden. Es können hier nur die unmittelbar für das Kammerrecht bedeutsamen Bestimmungen erwähnt werden; im Übrigen muss wegen der Einzelheiten auf die einschlägigen Kommentare verwiesen werden.
35a
Die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer war nach mehreren Vorlagebeschlüssen des FG Niedersachsen (vom 14. 4. 2005 – 4 K 317/91, EFG 2005, 1417) ungeklärt. Der BFH hielt jedenfalls daran fest, dass die Gewerbeertragsteuer verfassungsgemäß ist (BFH DB 2005, 1364). Auch das Bundesverfassungsgericht ging bereits bislang davon aus, dass eine Gemeinde zur Erhebung der Gewerbesteuer gesetzlich verpflichtet ist und hierauf nicht zur Ansiedlung von Gewerbebetrieben verzichten darf, setzte also die Verfassungsmäßigkeit der Gewerbesteuer voraus (BVerfG GewArch 2005, 129). Diese Sichtweise hat das Bundesverfassungs182
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Gewerbesteuerpflicht
gericht inzwischen bestätigt und auf die Vorlage des FG Niedersachsen (EFG 2005, 1417) festgestellt, dass die Erhebung der Gewerbesteuer nur von Gewerbetreibenden nicht verfassungswidrig ist (BVerfG DB 2008, 1243). a) Objektive Gewerbesteuerpflicht Das Gesetz knüpft mit den Worten „zur Gewerbesteuer veranlagt“ nicht an die gemeindliche Gewerbesteuerveranlagung an, sondern an die objektive Gewerbesteuerpflicht für stehende Gewerbebetriebe (§ 2 GewStG) und für das Reisegewerbe (§ 35a GewStG). Die Entscheidung erfolgt durch die Finanzverwaltung. Diese Auslegung ergibt sich nicht nur aus dem traditionellen Verständnis, sondern besonders deutlich aus dem Zusammenhang mit § 3 Abs. 3 Sätze 3 und 6 und Abs. 4 Satz 2. Dort wird jeweils die Bemessungsgrundlage daran angeknüpft, ob ein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt worden ist. Fehlt es an der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags, ist als Bemessungsgrundlage der Gewinn aus Gewerbebetrieb nach dem Einkommensteuergesetz oder dem Körperschaftsteuergesetz zu verwenden. Es kommt also nicht darauf an, ob ein objektiv nach § 2 GewStG gewerbesteuerpflichtiger Unternehmer tatsächlich zur Zahlung herangezogen wird. Wer demgegenüber gemäß § 3 GewStG von der Gewerbesteuer befreit ist, unterliegt nicht der Steuerpflicht und ist deshalb auch nicht kammerzugehörig.
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Auch wenn der Gewerbeertrag eines Gewerbetreibenden die jeweilige Freigrenze nicht übersteigt, wird ein Gewerbesteuermessbetrag über null Euro festgesetzt (Freistellungsbescheid); auch darin liegt eine Gewerbesteuerveranlagung i.S.v. § 2 Abs. 1 (BVerwG GewArch 1997, 22; OVG Lüneburg GewArch 1996, 413; VGH München GewArch 1996, 247). Dies war früher die Regel, weil die Gemeinden in diesem Fall eine Mindestgewerbesteuer erheben konnten (vgl. § 17a GewStG a.F.); diese Mindestgewerbesteuer ist jedoch durch das Steueränderungsgesetz 1979 vom 30. 11. 1978 (BGBl. I, 1849) aufgehoben worden.
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In zahlreichen Fällen, in denen von vornherein abzusehen ist, dass die gewerbesteuerliche Freigrenze in den nächsten Jahren nicht überschritten wird, wird deshalb heute von einer formellen Feststellung des Gewerbesteuermessbetrags auf null Euro abgesehen; diese Unternehmen werden von den Finanzämtern nur noch in
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Überwachungslisten geführt und in regelmäßigen Abständen überprüft; in den Listen oder Datenträgern, mit denen die Finanzverwaltung den Kammern die gewerbesteuerpflichtigen und kammerzugehörigen Gewerbetreibenden übermitteln, werden sie mit einem sog. „R-Merker“ gekennzeichnet; sie sind dann von der Gewerbesteuererklärung freigestellt (§ 25 Abs. 1 Satz 1 GewStDV 1991). 39
Die Auslegung von § 2 Abs. 1 des Gesetzes ändert sich durch diese Verwaltungsvereinfachung nicht, weil auch diese Gewerbetreibenden der Gewerbesteuerpflicht objektiv unterliegen und lediglich subjektiv von der Gewerbesteuerzahlungspflicht befreit sind. Das Merkmal „zur Gewerbesteuer veranlagt“ hängt nicht davon ab, ob der betroffene Gewerbetreibende auch tatsächlich Gewerbesteuer zahlen muss (siehe die Nachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137, 142, Fn. 74; Jahn, GewArch 2005, 169 176 mit Fn. 97) oder im IHK-Bezirk nur einen geringen Gewinn oder gar Verlust erwirtschaftet (VG Darmstadt GewArch 2005, 429). Die „Gewerbesteuerveranlagung“ bezeichnet somit nicht eine entsprechende Zahlungspflicht, sondern die objektive Veranlagung zur Gewerbesteuer dem Grunde nach, die sich aus §§ 2, 3 GewStG ergibt (BVerwG GewArch 2005, 24). Auch zeigt § 3 Abs. 3 Satz 6, dass nur die objektive Gewerbesteuerpflicht gemeint ist. Wenn nämlich kein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt wird, richtet sich die Umlageerhebung stattdessen nach dem Gewinn aus Gewerbebetrieb, wie er nach dem Einkommensteuergesetz oder dem Körperschaftssteuergesetz festgesetzt wird (VG Düsseldorf GewArch 1995, 294; VG Hamburg GewArch 1996, 414; VG Würzburg GewArch 1996, 482; Jahn, GewArch 1997, 179). b) Organgesellschaften
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Eine Veranlagung zur Gewerbesteuer erfolgt deshalb auch bei Organgesellschaften, die der Gewerbesteuer unterliegen und lediglich gemäß § 2 Abs. 2 Sätze 2 und 3 GewStG wie Betriebsstätten des Organträgers behandelt werden. Auch hier wird zunächst der Gewerbeertrag gesondert für jede Organgesellschaft festgestellt, ehe daraus im Wege der Konsolidierung für den gesamten gewerbesteuerlichen Organkreis der Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt wird (Abschn. 14 und 41 GewStR). Das Bundesverwaltungsgericht hat ausdrücklich bestätigt, dass dieses besondere 184
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Gewerbesteuerpflicht
Festsetzungsverfahren für den Gewerbesteuermessbetrag die selbständige Kammerzugehörigkeit der Organgesellschaften nicht berührt; die vom Bundesverfassungsgericht hervorgehobenen Zielsetzungen des IHKG erfordern im Interesse der bezirklichen Vertretung vielmehr die Wählbarkeit von Vorständen, Geschäftsführern und Prokuristen von Organgesellschaften in ihren Kammerbezirken und begründen damit die selbständige Kammerzugehörigkeit der Organgesellschaften (BVerwGE 22, 58, VGH Mannheim GewArch 1985, 368). c) Tatbestandswirkung Die Anknüpfung der Kammerzugehörigkeit an die Gewerbesteuerpflicht bedeutet für die Praxis, dass die IHKs für dieses Tatbestandsmerkmal auf die Mitteilung der Finanzverwaltung über die Gewerbesteuerpflichtigen und ihre Gewerbeerträge oder Gewinne angewiesen sind (vgl. § 9 Abs. 2, § 12 Abs. 1 Nr. 5 IHKG; § 31 AO). Rechtlich ist die IHK an die Festsetzung der Finanzverwaltung gebunden und kann nicht in eine eigene materielle Prüfung der Gewerbesteuerpflicht eintreten (VGH Mannheim vom 27. 2. 2007 – 6 S 2003/06; Jahn, GewArch 2005, 169, 176 Fn. 100). Ebenso wenig hat die IHK das Recht, die Entscheidung des Finanzamts anzufechten. Die – allerdings umstrittene – Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs versagt auch den Gemeinden eine solche Anfechtung der Messbetragsbescheide (BFH BStBl. III 1956, 44; 1962, 145 und 497). Die Feststellung der Gewerbesteuerpflicht hat für die IHK damit kraft gesetzlicher Anordnung Tatbestandswirkung. Diese Tatbestandswirkung hat das Bundesverwaltungsgericht (GewArch 1999, 73) ausdrücklich bestätigt.
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Die Tatbestandswirkung erstreckt sich jedoch nicht auf die Vorfrage, ob auch eine Betriebsstätte besteht, obwohl dies Voraussetzung für einen Zerlegungsbescheid ist. Im Streitfall müssen deshalb IHKs und Verwaltungsgerichte die Existenz einer Betriebsstätte selbst feststellen (VG Aachen GewArch 2004, 305; VG Berlin vom 13. 4. 2006 – 11 A 793.05). Wer – aus welchen Gründen auch immer – nicht gewerbesteuerpflichtig ist, kann auch nicht kammerzugehörig sein. Deshalb wirkt sich eine Verneinung der Gewerbesteuerpflicht durch die Finanzgerichte automatisch auf die Kammerzugehörigkeit aus, die dann rückwirkend entfällt; zu Unrecht gezahlte Beiträge werden dann erstattet. Um-
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gekehrt begründet auch eine rückwirkende Feststellung der Gewerbesteuerpflicht, wie sie bei Änderungen der Gewerbesteuer gelegentlich vorkommt, auch eine rückwirkende Kammerzugehörigkeit (OVG Lüneburg vom 27. 1. 1984 – 8 A 4/83; OVG Koblenz GewArch 1994, 415). 43
Damit werden zahlreiche Streitfragen, die sonst über die Kammerzugehörigkeit entstehen könnten, in das Gewerbesteuerrecht und das dafür vorgesehene steuerrechtliche Verfahren verwiesen. Insbesondere vereinfacht sich damit die Abgrenzung der kammerzugehörigen Gewerbetreibenden gegenüber gewerbesteuerfreien oder gemeinnützigen Einrichtungen, gegenüber freien Berufen und gegenüber der Landwirtschaft (s.u. Rz. 92, 100). Nur in Einzelfällen bedarf es noch der Prüfung, ob die Ausnahmen des § 2 Abs. 2–5 eingreifen. d) Maßgebender Zeitpunkt
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In zeitlicher Hinsicht ist für die Kammerzugehörigkeit die Gewerbesteuerpflicht im jeweiligen Kalenderjahr maßgebend, wobei sich der Veranlagungszeitraum für die Gewerbesteuer und das Geschäftsjahr der Kammer decken. Die Kammerzugehörigkeit für 2008 ergibt sich also aus der Gewerbesteuerpflicht für 2008, sie kann damit allerdings auch erst nachträglich festgestellt werden. In der Praxis führt das zu keinen Schwierigkeiten, weil durch die vorläufige Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrags und die laufenden Vorauszahlungen bis zu einer endgültigen Entscheidung über die Gewerbesteuerpflicht bereits einstweilige Maßnahmen vorliegen, die auch für die IHK – vorbehaltlich der endgültigen finanzamtlichen oder finanzgerichtlichen Entscheidung – gelten. Es ist nach der Rechtsprechung nicht zu beanstanden, wenn sich die IHK bei der Beitragsveranlagung zu Beginn des Geschäftsjahres auf die letzte ihr bekannte Gewerbesteuerveranlagung bezieht, gleichgültig aus welchem Jahr diese stammt (Jahn, GewArch 2005, 221, 226 mit Fn. 238). Die Beitragsveranlagung durch Vorauszahlungsbescheid ist nicht zu beanstanden, weil sie hergebrachten Grundsätzen des Beitragsrechtes entspricht und deshalb keiner ausdrücklichen Rechtsgrundlage im IHKG bedarf (VG Augsburg vom 2. 8. 2004 – 4 K 02.180). Aber auch dann, wenn die IHK, insbesondere bei auswärtigen Betriebsstätten, aus Versehen nichts von der Gewerbesteuerpflicht des Unternehmens er186
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fahren sollte, entsteht die Kammerzugehörigkeit gleichzeitig mit der Gewerbesteuerpflicht, so dass auch eine rückwirkende Veranlagung zulässig ist (OVG Koblenz GewArch 1994, 415). Die Gewerbesteuerpflicht und damit auch die Kammerzugehörigkeit beginnen für Einzelgewerbetreibende und Personengesellschaften, also auch für Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften, mit der Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit, d.h. mit der Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr; Vorbereitungshandlungen wie die Anmietung eines Geschäftslokals oder der Bau von Produktionsstätten reichen nicht aus (Abschn. 18 Abs. 1 GewStR). Bei Kapitalgesellschaften (einschließlich der gewerblich geprägten Personengesellschaft – § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG), Genossenschaften und Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit beginnt die Gewerbesteuerpflicht und Kammerzugehörigkeit mit der Eintragung in das Handels- oder Genossenschaftsregister; von diesem Zeitpunkt ab gilt jede Tätigkeit als gewerblich (Abschn. 18 Abs. 2 GewStR). Auch bei einer Vorratsgesellschaft begründet die Handelsregistereintragung bereits die beitragspflichtige Kammerzugehörigkeit; ob die nach dem Unternehmensgegenstand zulässige Tätigkeit „noch nicht ausgeübt“ wird, ist unerheblich (VG Magdeburg GewArch 2005, 154). Die objektive Gewerbesteuerpflicht und damit die Kammermitgliedschaft endet nicht bereits mit der tatsächlichen Beendigung der gewerblichen Betätigung, sondern erst mit der Löschung einer kammerzugehörigen Gesellschaft im Handelsregister (Jahn, GewArch 2005, 169, 177 mit Fn. 114); ein Auflösungsbeschluss der Gesellschafter reicht hierfür nicht, es kommt vielmehr auf die vollständige Einstellung werbender Tätigkeit an. Bei einer GmbH sind deshalb IHK-Zugehörigkeit und Beitragspflicht so lange gegeben, wie die GmbH objektiv der Gewerbesteuer unterliegt. Beim gewerblich tätigen Einzelunternehmer entfällt demgegenüber die Kammerzugehörigkeit mit der faktischen Einstellung der gewerblichen Tätigkeit, wofür die Gewerbeabmeldung ein starkes Indiz ist, also Kraft Gesetzes durch Wegfall der objektiven Gewerbesteuerpflicht. Auf die Gewerbeabmeldung kommt es insoweit nicht an. Denn auch im ungekehrten Fall einer unterbliebenen Gewerbeanmeldung, aber tatsächlich gewerblichen Tätigkeit besteht Gewerbesteuerpflicht und damit Kammerzugehörigkeit.
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Die Bindung der Kammerzugehörigkeit an die objektive Gewerbesteuerpflicht ist insbesondere bei der Fluktuation im Bereich der Kleingewerbetreibenden zu beachten, aber auch bei der Schließung auswärtiger Betriebsstätten. Wenn der Gewerbebetrieb endgültig eingestellt ist, endet die Kammerzugehörigkeit, auch wenn vom Finanzamt ein Gewerbesteuermessbetrag oder Gewinne aus Gewerbebetrieb noch für frühere Jahre festzustellen sind. Wenn eine auswärtige Betriebsstätte endgültig geschlossen wird, endet die zusätzliche Kammerzugehörigkeit in diesem Kammerbezirk, auch wenn noch Zerlegungsanteile des Unternehmens für frühere Jahre ausgewiesen werden. Wenn allerdings der Gewerbesteuermessbetrag, Zerlegungsanteil oder Gewinn aus Gewerbebetrieb noch die Zeiten der Kammerzugehörigkeit betrifft, führt dies auch nach Beendigung der Kammerzugehörigkeit zu einer Korrektur des ursprünglichen Beitragsbescheides. e) Beispiele zur Gewerbesteuerpflicht • Gemeinnützige Unternehmen
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Von der Gewerbesteuer befreit sind Unternehmen, die ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§ 3 Nr. 6 GewStG). Die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit sind in den §§ 51–68 AO geregelt. Für das Kammerrecht von Interesse waren dabei früher die gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen, die aus diesem Grunde weder gewerbesteuerpflichtig noch kammerzugehörig waren und auch nicht freiwillig der IHK beitreten konnten; diese Befreiungen sind durch das Steuerreformgesetz 1990 (BGBl. 1988 I, 1093) und die entsprechende Neufassung von § 3 Ziff. 15 bis 18 GewStG weggefallen. Die meisten Wohnungsbauunternehmen sind seitdem gewerbesteuerpflichtig und kammerzugehörig. • Verpachtete Unternehmen
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Wenn ein Gewerbebetrieb verpachtet wird, so ist der Pächter als Gewerbetreibender gewerbesteuerpflichtig und kammerzugehörig. Der Verpächter ist dagegen nicht mehr gewerbesteuerpflichtig, da es sich bei ihm in der Regel nur noch um eine bloße Vermögensverwaltung handelt (Abschn. 11 Abs. 3 GewStR); seine Kammerzugehörigkeit endet mit dem Beginn der Verpachtung. Nur ausnahmsweise bleibt auch der Verpächter gewerbesteuerpflichtig, 188
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wenn die Verpachtung im Rahmen seines fortbestehenden Gewerbebetriebs erfolgt oder wenn sich seine Verpächtertätigkeit nach Art und Umfang der damit verbundenen Pflichten als gewerbliche Tätigkeit herausstellt. • Betriebsaufspaltung Einen Sonderfall bildet die Betriebsaufspaltung, wenn ein Unternehmen (Besitzunternehmen) seine wesentlichen Wirtschaftsgüter einer von ihm gegründeten und beherrschten Kapitalgesellschaft (Betriebsunternehmen) zum Zwecke der Weiterführung des Gewerbebetriebs vermietet oder verpachtet. Das Besitzunternehmen bleibt in diesem Fall gewerbesteuerpflichtig, weil es sich über das Betriebsunternehmen weiterhin am allgemeinen Wirtschaftsverkehr beteiligt; das entspricht einer ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFHE 104, 321; BFH BStBl. 1998 II, 478) und ist auch vom Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 25, 28) gebilligt worden (vgl. Abschn. 11 Abs. 3 Satz 10 GewStR, 137 Abs. 4 und 5 EStR; BFH DB 1982, 2331, selbst bei der Zwischenschaltung einer rechtsfähigen Stiftung; u.U. kann sogar ein Organverhältnis vorliegen – Abschn. 14 Abs. 7 GewStR). Bei der Betriebsaufspaltung ist infolgedessen auch die Kammerzugehörigkeit beider Unternehmen, des Besitzunternehmens wie des Betriebsunternehmens, gegeben (BVerwG GewArch 1984, 350; Jahn, GewArch 2005, 169, 176; VG Düsseldorf vom 27. 9. 2006 – 20 K 4907/05). Ist allerdings eine Betriebskapitalgesellschaft nach § 3 Nr. 20c GewStG von der Gewerbesteuer befreit, so erstreckt sich die Befreiung bei der Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- bzw. Verpachtungstätigkeit des Besitzunternehmens; beide Unternehmen unterliegen in diesem Fall nicht der Gewerbesteuer und sind deshalb auch nicht kammerzugehörig (BFHE 213, 50 = DB 2006, 1129).
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Für die Kammerzugehörigkeit (wie für das Gewerbesteuerrecht) 50 spielte es schon früher keine Rolle, dass das Besitzunternehmen keine OHG mehr sein konnte, sondern sich in eine BGB-Gesellschaft umwandelte (BGHZ 32, 307/10; NJW 1971, 1968; ZIP 1990, 505; OLG Hamm ZIP 1993, 1310). Das Handelsrechtsreformgesetz hat ausdrücklich auch den Vermögensverwaltungsgesellschaften die Möglichkeit gegeben, sich als OHG oder KG im Handelsregister eintragen zu lassen. Dabei kommt es auch nicht darauf an, ob ihr Geschäftsbetrieb nach Art des Umfangs eine kaufmännische Jahn
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Einrichtung erfordert; die Eintragung ist dann freiwillig (§ 105 Abs. 2 HGB). Das Besitzunternehmen ist, wenn es zur Gewerbesteuer veranlagt wird, in jedem Fall kammerzugehörig. • Stille Gesellschaft 51
Eine ähnliche Konstellation bildet auch die stille Gesellschaft, die nach § 335 HGB im Allgemeinen nur als Innengesellschaft besteht und über kein eigenes Vermögen verfügt; Gewerbetreibender ist der Unternehmer, mit dem die stille Gesellschaft eingegangen ist. Er ist allein gewerbesteuerpflichtig und damit auch kammerzugehörig; die Ergebnisse der stillen Gesellschaft werden ihm zugerechnet (vgl. Abschn. 138 EStR und Abschn. 50 GewStR).
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In Ausnahmefällen gibt es jedoch auch atypisch stille Gesellschaften, die ein eigenes gesondertes Gesamthandvermögen und damit auch eine eigene Betriebsstätte haben, auch wenn dies der Betrieb des Unternehmers mit der stillen Beteiligung ist. In diesem Fall wird die stille Gesellschaft als Mitunternehmergemeinschaft nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG und § 2 Abs. 1 GewStG zur Gewerbesteuer veranlagt und ist also als Gewerbetreibender – neben dem gesondert veranlagten Unternehmen, das die stille Gesellschaft gebildet hat – kammerzugehörig (vgl. Schulze zur Wiesche, GmbHR 1982, 114; BB 1982, 1974; BFH BB 1979, 1176; DB 1982, 260; BB 1991, 1022; NJW 1997, 344). Die Kammerzugehörigkeit ist vom VG Gelsenkirchen (Urteil vom 26. 9. 1990 – 7 K 2154/89) bestätigt worden. • Beginn der Kammerzugehörigkeit
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Während es bei Einzelunternehmen und Personengesellschaft auf die Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit ankommt, setzt bei Kapitalgesellschaften die Gewerbesteuerpflicht und die Kammerzugehörigkeit bereits mit der Eintragung in das Handelsregister ein, selbst bei Vorbereitungsmaßnahmen und Übernahmen (Einzelheiten in Abschn. 18 Abs. 2 GewStR; VG Magdeburg GewArch 2005, 154; siehe auch oben Rz. 44). • Einstellung des Unternehmens
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Schwierig ist gewerbesteuerlich auch die Unterscheidung, ob ein Gewerbebetrieb lediglich vorübergehend ruht (z.B. Saisonbetriebe) oder ob er tatsächlich eingestellt worden ist (Abschn. 19 GewStR). 190
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Keine gesonderte Prüfung, ob ein Gewerbebetrieb vorliegt
Bei Einzelgewerbetreibenden und Personenhandelsgesellschaften kommt es darauf an, dass nach dem Gesamtbild der äußeren Merkmale und inneren Vorgänge die gewerbliche Tätigkeit nicht nur vorübergehend eingestellt worden ist; auf die bloße Gewerbeabmeldung kommt es also nicht an. Bei einem Handelsbetrieb ist dies nicht der Fall, solange das Warenlager noch „im Ladengeschäft“ veräußert wird. Sobald die vorhandenen Betriebsgegenstände aber nur noch versilbert und die rückständigen Forderungen eingezogen werden, liegt keine gewerbliche Tätigkeit mehr vor. Die Entscheidung des Finanzamts über die Gewerbesteuerpflicht ist auch hier für die Kammerzugehörigkeit maßgebend. Bei Kapitalgesellschaften, die kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig sind, muss jegliche Tätigkeit eingestellt werden (vgl. Abschn. 19 Abs. 3 GewStR). In diesen Fällen bleibt also auch die Kammerzugehörigkeit bis zu diesem Zeitpunkt des Wegfalls der Gewerbesteuerpflicht und seiner Feststellung durch das Finanzamt aufrechterhalten. Praktisch bleibt es deshalb auch während der gesamten Liquidationsphase bei der Kammerzugehörigkeit, bis die Gesellschaft im Handelsregister gelöscht wird (Jahn, GewArch 2005, 169, 177 m.w.N.).
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5. Keine gesonderte Prüfung, ob ein Gewerbebetrieb vorliegt Mit der Gewerbesteuerpflicht ist in der Regel auch ein Gewerbebetrieb gegeben, so dass es auf eine zusätzliche Prüfung in dieser Richtung nicht mehr ankommt. Insbesondere gilt dies für alle Gewerbesteuerpflichtigen nach § 2 Abs. 1 GewStG; darunter fallen die Einzelgewerbetreibenden und die bürgerlich-rechtlichen Gesellschaften, Einzelkaufmann, OHG und KG sowie vergleichbare Mitunternehmergemeinschaften. Die Frage hat in den Fällen Praxisrelevanz, in denen trotz entsprechender Veranlagung zur Gewerbesteuer der Einwand erhoben wird, dass noch keine Kammerzugehörigkeit gegeben sei, weil tatsächlich (noch) kein Gewerbe ausgeübt werde oder (noch) keine Gewerbeanmeldung (§ 14 GewO) vorliege. Bei objektiver Gewerbesteuerpflicht kann allerdings ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Betreffende auch ein „Gewerbe“ betreibt (VG Freiburg vom 10. 8. 2005 – 7 K 760/05).
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Daneben gibt es allerdings auch eine Gewerbesteuerpflicht allein kraft Rechtsform (§ 2 Abs. 2 GewStG) und wegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (§ 2 Abs. 3 GewStG); darin liegt eine steuerliche Erweiterung des allgemeinen Gewerbebegriffs (Abschn. 13 und 15 GewStR). In diesen Fällen stellte sich deshalb die Frage, ob neben der Gewerbesteuerpflicht auch noch das Vorhandensein eines gewerblichen Unternehmens Voraussetzung für die Kammerzugehörigkeit ist. Für eine solche Auslegung könnte die Kammeraufgabe sprechen, das Gesamtinteresse der Gewerbetreibenden wahrzunehmen (§ 1 Abs. 1), aber auch der Gesamtzusammenhang mit den verwandten Begriffen wie gewerbliche Niederlassung, Verkaufsstelle und Betriebsstätte (§ 2 Abs. 1), nicht zuletzt aber der Sinn und Zweck der Kammerzugehörigkeit. Deshalb hat das Bundesverwaltungsgericht in einer älteren Entscheidung die GEMA trotz ihrer Gewerbesteuerpflicht als Hilfsorganisation freier Berufe angesehen, ihr die Gewerbeeigenschaft abgesprochen und damit auch die Kammerzugehörigkeit verneint (BVerwGE 16, 295). Diese Auffassung hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch später ausdrücklich wieder aufgegeben und in dem Fall einer Steuerberatungsgesellschaft die Kammerzugehörigkeit allein mit der Handelsregistereintragung und dem satzungsmäßigen Gegenstand des Unternehmens begründet (BVerwGE 55, 1).
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Diese Rechtsprechung hat das Bundesverwaltungsgericht (GewArch 1984, 350; GewArch 2005, 24) fortgeführt. Auch in den Fällen, in denen sich die Gewerbesteuerpflicht „nur“ aus § 2 Abs. 2 GewStG ergibt, muss nicht zusätzlich geprüft werden, ob eine „gewerbliche Tätigkeit“ vorliegt. Zwar hatte noch das OVG Lüneburg (vom 26. 3. 1999 – 8 L 2600/98; vom 28. 5. 1999 – 8 L 4677/98) die Ansicht vertreten, dass bei gänzlichem rechtlichen Ausschluss gewerblicher Tätigkeit in einer GmbH-Satzung die Kammerzugehörigkeit entfällt. Diese Ansicht kann allerdings spätestens nach dem Urteil des BVerwG vom 19. 1. 2005 (GewArch 2005, 211) nicht mehr aufrecht erhalten werden, nachdem das BVerwG die Kammerzugehörigkeit und Beitragspflicht einer (freiberuflichen) GmbH auch dann bejaht hat, wenn ihr Unternehmensgegenstand ausschließlich in der Verwaltung eigenen Vermögens besteht. Diese Rechtsprechung ist ausdrücklich zu begrüßen (Jahn, GewArch 2004, 410; Drexler/König, GewArch 2004, 461). Denn § 2 Abs. 1 kann eine zusätzlich Beschränkung der Kammerzugehörigkeit darauf, dass „gewerbliche Tätigkeiten“ 192
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ausgeführt werden müssen, nicht entnommen werden, da § 2 Abs. 1 – neben den räumlichen Voraussetzungen – allein an den formalen Umstand der Gewerbesteuerveranlagung anknüpft. Genauso haben die Oberverwaltungsgerichte die Kammerzugehörigkeit von Kapitalgesellschaften freier Berufe bejaht, auch wenn keine berufsrechtlich zulässige gewerbliche Tätigkeit vorgesehen war oder ausgeübt wurde (VGH München GewArch 1981, 162; OVG Lüneburg GewArch 1997, 153; OVG Münster GewArch 1997, 200). Auch die Vorschriften der IHKG-Novelle 1998 gehen offensichtlich davon aus, dass es keiner gesonderten Prüfung bedarf, ob neben der Gewerbesteuerpflicht auch ein Gewerbe im handels- und gewerberechtlichen Sinne besteht. Schon der Wortlaut von § 2 Abs. 2 zeigte, dass bei Gewerbesteuerpflicht und Handelsregistereintragung auch eine ausschließlich freiberufliche oder landwirtschaftliche Tätigkeit die Kammerzugehörigkeit begründet; auf den Betrieb eines Gewerbes kommt es danach nicht an. Die IHKG-Novelle 1998 zieht dann die Konsequenz daraus in § 3 Abs. 4 Sätze 3 und 5, wonach die Festsetzung eines Gewerbesteuermessbetrags nur Bedeutung hat für die Höhe des Beitrags, nicht jedoch für die Frage der Kammerzugehörigkeit, für die es allein auf die Gewerbesteuerpflicht ankommt (BVerwG GewArch 2005, 24).
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Diese Lösung entspricht der wachsenden Tendenz in den freien Berufen, sich zur gemeinsamen Berufsausübung zu Kapitalgesellschaften zusammenzuschließen. Ursprünglich waren es nur die Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- und Buchprüfungsgesellschaften; jetzt kommt die Anwalts-GmbH hinzu, bei der der Bundestag ausdrücklich in seinen Beratungen eine Befreiung von der IHK-Zugehörigkeit abgelehnt hat. Selbst Ärzte lagern ihre nichtmedizinischen Nebenaufgaben oft in eine gemeinsame GmbH aus. Schließlich nutzen Ingenieure und Sachverständige zunehmend die Möglichkeit der Zusammenarbeit in einer Kapitalgesellschaft, weil sie die Spezialisierung der Gesellschafter fördert und ihnen ein komplexes Leistungsangebot ermöglicht. Künftig ist auch bei Landwirten, insbesondere Gärtnereien und Baumschulen, selbst wenn sie nicht schon durch steuerschädlichen Zukauf gewerbesteuerpflichtig und kammerzugehörig werden, zu erwarten, dass sie aufgrund von § 3 Abs. 2 HGB mit der Handelsregistereintragung auch zur Gewerbesteuerpflicht herangezogen wer-
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den und damit kammerzugehörig werden. Sie erfüllen dann die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 4 Satz 3. 61
In der Beitragspraxis ändert sich für Freiberufler und Landwirte trotzdem nur wenig. Während früher der volle Grundbeitrag erhoben wurde, werden seit 1. 1. 1999 der Grundbeitrag und auch die Umlage auf der Basis einer anteiligen Bemessungsgrundlage erhoben (§ 3 Abs. 4 Satz 2).
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Die allgemeine Maßgeblichkeit der Gewerbesteuerpflicht bedeutet allerdings, dass von der Kammerzugehörigkeit auch wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (§ 2 Abs. 3 GewStG; § 8 GewStDV; § 14 AO) erfasst werden, wie sie insbesondere gemeinnützige Einrichtungen, Idealvereine, Berufsverbände, Parteien und Gewerkschaften unterhalten. In der Praxis wird sich dabei jedoch der Kreis der Kammerzugehörigen kaum ausweiten, weil heute größere gewerbliche Aktivitäten in selbständige Kapitalgesellschaften ausgegliedert zu werden pflegen, Zweckbetriebe gewerbesteuerfrei sind (§§ 65–68 AO, § 3 GewStG) und weil für geringfügige Aktivitäten eine Gewerbesteuerfreigrenze von 30.678 Euro Jahresumsatz gilt (§ 64 Abs. 3 AO). Die öffentliche Hand wird ohnehin nur gewerbesteuerpflichtig und damit kammerzugehörig, wenn sie ein Gewerbe nach § 2 Abs. 1 GewStG betreibt (vgl. § 2 GewStDV).
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Diese Lösung des Gesetzgebers ist konsequent, weil die Gewerbesteuer alle wirtschaftlichen Betriebe erfasst, die selbständig am allgemeinen Wirtschaftsverkehr teilnehmen und nachhaltig auf Gewinnerzielung ausgerichtet sind. Damit ist der steuerliche Gewerbebegriff (§ 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG) voll in das Kammerrecht übernommen worden, zumal hilfsweise auch der Gewinn aus Gewerbebetrieb nach Einkommen- oder Körperschaftssteuerrecht Beitragsbemessungsgrundlage ist (§ 3 Abs. 3 Satz 3); die Verknüpfung der Kammerzugehörigkeit mit dem Gewerbesteuerrecht ist noch enger geworden. Es bedarf also weder eines Vergleichs mit dem handelsrechtlichen oder dem gewerberechtlichen Gewerbebegriff, noch einer Prüfung des Unternehmensgegenstandes, ob etwa gewerbliche Tätigkeiten generell ausgeschlossen sind oder nicht ausgeübt werden. Mit der objektiven Gewerbesteuerpflicht und insbesondere der Entscheidung der Finanzverwaltung darüber sind alle diese Vorfragen für die Kammer entschieden.
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Beispiele: • GmbH Eine GmbH ist kraft Rechtsform nach § 2 Abs. 2 GewStG gewerbesteuerpflichtig. Sie ist gemäß § 13 Abs. 3 GmbHG eine Handelsgesellschaft und gilt nach § 6 HGB als Kaufmann. Als besonders elastische Rechtsform wird sie allerdings auch zu zahlreichen nichtgewerblichen Zwecken angewandt, insbesondere mildtätiger, kirchlicher, wissenschaftlicher, sportlicher oder geselliger Art. In der Regel wird in diesen Fällen die Gemeinnützigkeit anerkannt, womit Gewerbesteuerpflicht und Kammerzugehörigkeit entfallen. Wenn die Gemeinnützigkeit dagegen nicht anerkannt wird, bleibt es bei der Kammerzugehörigkeit.
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• GmbH & Co. KG Unter diesen Gesichtspunkten ist auch die Kammerzugehörigkeit bei der GmbH & Co. KG zu beurteilen, die ein weit verbreiteter Unternehmenstyp im gewerblichen Mittelstand ist. Die KG ist als Betriebsunternehmen gewerbesteuerpflichtig und kammerzugehörig. Die Komplementär-GmbH ist schon kraft Rechtsform nach § 2 Abs. 2 GewStG gewerbesteuerpflichtig, auch wenn der BFH mit dem Beschluss des Großen Senats vom 31. 10. 1984 (BStBl. II, 751) die Geprägerechtsprechung aufgegeben hat. Deshalb spielt es auch keine Rolle, welchen Umfang die Tätigkeit der Komplementär-GmbH hat und ob sie – außer den Gewinnanteilen als Gesellschafter der KG – überhaupt Einnahmen ausweisen kann (OVG Hamburg GewArch 2004, 258; VG Saarland GewArch 2001, 296; Jahn, GewArch 2005, 169, 178).
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Bei der GmbH & Co. KG ist darüber hinausgehend aber auch davon auszugehen, dass die Tätigkeit der Komplementär-GmbH eine Gewerbeausübung i.S.v. § 2 Abs. 1 GewStG ist. Deshalb kommt es hier nicht einmal auf den satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand an, weil bereits in der satzungsmäßigen Aufgabe als Komplementär – auch wenn dies die einzige Gesellschaftsaufgabe ist – sich die Gewerbeabsicht ausdrückt. Denn es wäre widersprüchlich, wenn sich eine GmbH & Co. KG zu ihrem Vorteil auf die juristische Betrachtungsweise (Trennung) berufen könnte, wenn es ihr zum Nachteil gereicht hingegen auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise, also die Unternehmenseinheit (VG Freiburg vom 28. 9. 2001 – 7 K 1503/00). Auch die Komplementär-
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GmbH eines in der Rechtsform der KG geführten Handwerksbetriebes ist selbständig IHK-zugehörig, da sie kein „Betriebsteil“ der KG im Sinne des § 2 Abs. 3 ist (VG Saarland GewArch 2001, 296; VG Chemnitz vom 17. 2. 2004 – 8 K 251/04). • Genossenschaften und Versicherungsvereine 67
Genossenschaften und Versicherungsvereine a.G. sind nach § 2 Abs. 2 GewStG gewerbesteuerpflichtig, ausgenommen sind lediglich kleinere Versicherungsvereine a.G. nach § 12a GewStDV. Sie sind sämtlich Gewerbetreibende, denn die Absicht der Gewinnerzielung ist auch dort gegeben, wo die wirtschaftliche Betätigung nicht dazu dient, der juristischen Person selbst Gewinn zuzuführen, sondern die Wirtschaft der Mitglieder zu fördern. Erst recht gilt dies bei jedem Nichtmitgliedergeschäft von Genossenschaften und Versicherungsvereinen, selbst wenn die Gewinnerzielung dabei nur Nebenzweck ist. Die Genossenschaften und Versicherungsvereine a.G. sind deshalb, soweit sie gewerbesteuerpflichtig sind und nicht die Ausnahme für landwirtschaftliche Genossenschaften in § 2 Abs. 2 u. 4 eingreift, stets kammerzugehörig. • Vereine
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Wirtschaftliche Vereine, die ihre Rechtsfähigkeit durch Verleihung gemäß § 22 BGB erhalten, sind gewerbesteuerpflichtig. In der Regel unterhalten sie aufgrund des Vereinsziels einen Gewerbebetrieb i.S.v. § 2 Abs. 1 GewStG, sind deshalb gewerbesteuerpflichtig und auch kammerzugehörig. Das Gleiche gilt für eine rechtsfähige Stiftung, die einen Gewerbebetrieb unterhält (vgl. Abschn. 15 Abs. 4 GewStR). Dabei genügt es für die Gewinnabsicht, dass lediglich ein Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben oder eine Vermögensmehrung angestrebt wird; die Gewinnerzielung kann durchaus ein Nebenzweck bleiben (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 3 EStG). Für die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ist es erforderlich, dass die Leistungen der Allgemeinheit angeboten werden.
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Idealvereine (§ 21 BGB) und nichtrechtsfähige Vereine (§ 54 BGB) dagegen sind nur gewerbesteuerpflichtig, soweit sie einen Gewerbebetrieb nach § 2 Abs. 1 GewStG unterhalten oder soweit sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.v. § 2 Abs. 3 GewStG betreiben. Für diesen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb ist weder 196
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Betriebsstätte im Kammerbezirk
die Gewinnerzielungsabsicht, noch eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr begriffsnotwendig (Abschn. 15 GewStR). Trotzdem ist er gewerbesteuerpflichtig und damit auch kammerzugehörig. In der Regel wird allerdings diese partielle Gewerbesteuerpflicht – etwa bei Fachverbänden, Parteien, Gewerkschaften oder Einrichtungen gemeinnütziger Unternehmen – deshalb entfallen, weil es sich um Zweckbetriebe handelt (§§ 65–68 AO) oder die Freigrenze von 30.678 Euro Jahresumsatz (§ 64 Abs. 3 AO) nicht überschritten wird. Bei einem größeren Umfang der wirtschaftlichen Tätigkeit erfolgt ohnehin meistens die Ausgliederung in eine selbständige Kapitalgesellschaft, insbesondere eine GmbH. Als Einzelbeispiel ist die GEMA zu erwähnen, wo das Bundesverwaltungsgericht seine Auslegung über die Kammerzugehörigkeit geändert hat (BVerwGE 16, 295 und 55, 1). Dies gilt auch für sonstige Urheberrechtsgesellschaften nach dem Gesetz über die Wahrung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten vom 9. 9. 1965 (BGBl. I, 1294). Ebenso werden die Technischen Überwachungsvereine als Gewerbebetriebe zur Gewerbesteuer veranlagt. Ihre Tätigkeit ist gewerblich, nicht hoheitlich (Siebert, 44, 45; Götz/Lukes, passim; Woesenack, passim); sie sind deshalb kammerzugehörig.
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6. Betriebsstätte im Kammerbezirk Die Kammerzugehörigkeit setzt schließlich voraus, dass der gewerbesteuerpflichtige Gewerbetreibende im Bezirk der IHK (siehe zum Kammerbezirksbegriff näher Meyer, GewArch 2006, 305) eine Betriebsstätte unterhält. Diese räumliche Voraussetzung entspricht dem regionalen Charakter der IHK und trägt der Tatsache Rechnung, dass die Kammerarbeit nicht nur den im Bezirk liegenden Hauptniederlassungen dient, sondern auch den dort unterhaltenen Betriebsstätten auswärtiger Unternehmen. Das Gesetz schließt sich bei der räumlichen Anknüpfung konsequent dem gewerbesteuerlichen System an, das von einer Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags auf die beteiligten Gemeinden ausgeht. Damit ist ein verwaltungsmäßig einfach zu handhabender Maßstab auch für die Beitragsveranlagung unter den beteiligten IHKs gewonnen.
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Aus diesen Gründen ist für die räumliche Anknüpfung der Betriebsstättenbegriff entscheidend, der dem Steuerrecht entnommen ist (§ 12 AO) und vom einkommensteuerlichen Betriebsstättenbegriff (§ 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG) zu unterscheiden ist, der bis 31. 12. 2006 galt. Die bislang in § 2 Abs. 1 enthaltene „entwederoder“-Konstruktion (entweder gewerbliche Niederlassung oder Verkaufsstelle) ist im Jahr 2007 durch das Zweite MittelstandsEntlastungsgesetz (vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) gestrichen worden, weil der Begriff „Betriebsstätte“ als Oberbegriff auch die „gewerbliche Niederlassung“ und „Verkaufsstelle“ umfasst. Damit reduziert das Gesetz den Anknüpfungspunkt auf die „Betriebsstätte“ im Sinne des § 12 AO, einen Begriff, an den auch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung anknüpft (BT-Drs. 16/4391, 64; Jahn, GewArch 2007, 353, 354).
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Nach § 12 Satz 1 AO ist Betriebsstätte jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Diese Fassung von § 12 AO erweitert die ursprüngliche Betriebsstättendefinition in § 16 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes, weil es nicht mehr auf eine „feste örtliche Anlage“ ankommt (Tipke/Kruse, AO, Stand Oktober 2008 § 12 Tz. 2, 4 f.). Eine Betriebsstätte kann jeder körperliche Gegenstand sein, welcher der Tätigkeit eines Unternehmers dient und einen räumlichen Bezug zu einem bestimmten Punkt der Erdoberfläche hat, beispielsweise auch Marktstände oder Taxistände. Die Verfügungsmacht des Unternehmers muss nur noch ausreichend sein, um sein Gewerbe auszuüben (siehe die Nachweise bei Jahn, GewArch 2005, 169, 180). In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht (GewArch 1999, 73) Automaten als Betriebsstätten beurteilt und dabei ausdrücklich an § 12 AO angeknüpft, der auch für § 2 Abs. 1 IHKG gilt. Deshalb reicht die (vertraglich vereinbarte) Mitbenutzung fremder Büros oder Gewerberäume (OVG Hamburg vom 4. 3. 2005 – 1 Bf 481/03; VG Sachsen GewArch 1996, 334 – Versicherungsvertreter mit Arbeitsraum bei seiner Versicherung) ebenso aus wie die Ausübung eines Gewerbes innerhalb eines anderen Gewerbebetriebes (OVG Münster GewArch 1997, 29 – Automatenaufsteller in fremdem Gewerbebetrieb; VG Gießen vom 24. 9. 2003 – 8 E 2022/01). Selbst bei Betriebsführungsverträgen, bei denen das Personal bei der Muttergesellschaft angestellt ist und ihr auch Räume und Vorräte gehören, sind die Betriebsstätten der juristisch selbständigen Betriebsführungsgesellschaft zuzuord198
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Betriebsstätte im Kammerbezirk
nen und diese deswegen auch kammerzugehörig (BVerwG vom 26. 9. 1996 – 1 B 116/96). Wegen der älteren Rechtsprechung wird auf die 6. Aufl. (§ 2 Rz. 73) verwiesen. Nur ausnahmsweise wird sich eine Betriebsstätte aus § 13 AO ergeben, der den ständigen Vertreter definiert und auch das vertretene Unternehmen steuerpflichtig macht. Praktische Bedeutung hat der Begriff im Wesentlichen nur für das Außensteuerrecht, wobei allerdings die Doppelbesteuerungsabkommen Vorrang haben und in vielfach modifizierter Form den Betriebsstättenbegriff definieren; § 5 des OECD-Musterabkommens lehnt sich beispielsweise noch stark an § 16 Abs. 1 des Steueranpassungsgesetzes an.
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Auseinandersetzungen gibt es in der Praxis eigentlich nur, wenn 75 es um Betriebsstätten in einem anderen Unternehmen oder ohne eigenes Personal geht oder wenn im Rahmen des § 13 AO die Voraussetzungen als ständiger Vertreter bestritten werden. Alle diese Fragen werden zwar bei der Gewerbesteuerveranlagung entschieden. Die finanzamtliche Feststellung, dass im Kammerbezirk eine Betriebsstätte besteht, ist jedoch eine Vorfrage und nimmt nicht an der Tatbestandswirkung des Gewerbesteuermessbetrages oder Zerlegungsanteils teil, sondern muss im Streitfall von der Kammer und gegebenenfalls den Verwaltungsgerichten selbständig geprüft werden (BVerwG GewArch 1999, 73; anderer Meinung noch OVG Münster GewArch 1997, 29 und OVG Koblenz GewArch 1994, 415). In der Kammerpraxis können sich daraus kaum Divergenzen ergeben, weil auch die Kammern § 12 AO und die einschlägige Rechtsprechung der Finanzgerichte zum Betriebsstättenbegriff anwenden und zum gleichen Ergebnis kommen werden. a) Gewerbliche Niederlassung Der Begriff der gewerblichen Niederlassung ist dem Gewerberecht entnommen, wird in den §§ 42 und 55 GewO verwandt und in § 42 Abs. 2 GewO definiert. Eine gewerbliche Niederlassung ist danach nur vorhanden, wenn der Gewerbetreibende einen zum dauernden Gebrauch eingerichteten ständigen oder in regelmäßiger Wiederkehr von ihm benutzten Raum für den Betrieb eines Gewerbes besitzt. Bei der gewerberechtlichen Anzeigepflicht spricht § 14 GewO von Zweigniederlassungen und unselbständigen Zweigstellen. Auch sie sind gewerbliche Niederlassungen im Jahn
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Kammerzugehörigkeit
Sinne des Gewerbe- wie des Kammerrechts und Betriebsstätten im Sinne des Steuerrechts. 77
Nicht zu verwechseln ist damit der Begriff der Zweigniederlassung, der im Handels- und Gesellschaftsrecht gebraucht und in § 13 HGB näher erläutert wird. Die Zweigniederlassung steht im Gegensatz zur Hauptniederlassung und muss so organisiert sein, dass sie im Falle der Veräußerung als selbständiges Gewerbe weitergeführt werden könnte. Haupt- und Zweigniederlassungen sind deshalb stets gewerbliche Niederlassungen im Sinne des Gewerberechts und unterliegen der Anzeigepflicht nach § 14 GewO.
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Auch beim Reisegewerbe bedarf es für die Kammerzugehörigkeit der räumlichen Anknüpfung an einen bestimmten Kammerbezirk. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Reisegewerbe nach § 55 GewO auch von einer gewerblichen Niederlassung aus betrieben werden kann. Einer besonderen Prüfung bedürfen deshalb nur die relativ wenigen Fälle, in denen das Reisegewerbe ohne jede gewerbliche Niederlassung ausgeübt wird. Soweit nämlich Reisegewerbetreibende im Handelsregister eingetragen sind, ist damit das Vorhandensein einer gewerblichen Niederlassung gemäß § 29 HGB bereits beim Registergericht festgestellt und auch für die Kammerzugehörigkeit maßgebend. Werden sowohl Reisegewerbe als auch stehendes Gewerbe nebeneinander betrieben, so wird das Gesamtunternehmen nach § 35a Abs. 2 Satz 2 GewStG als stehendes Gewerbe zur Gewerbesteuer veranlagt und ist entsprechend kammerzugehörig. Nur wenn dies alles nicht der Fall ist, bleibt festzustellen, ob der für die Gewerbesteuer maßgebende „Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit“ (§ 35a Abs. 3 GewStG und Abschn. 12 und 82 GewStR) auch alle Voraussetzungen einer gewerblichen Niederlassung erfüllt. Dies kann auch die Wohnung eines Handels- oder Versicherungsvertreters sein, wenn dort tatsächlich ein Teil der Geschäftstätigkeit abgewickelt wird, beispielsweise die Führung von Büchern oder Aufzeichnungen, die schriftliche Korrespondenz, die telefonischen Vereinbarungen über Besuchstermine (VG Leipzig vom 15. 11. 1999 – 6 K 812/98; wegen der älteren Rechtsprechung siehe Vorauflage § 2 Rz. 78). Bei Schaustellern kann die gewerbliche Niederlassung das Standquartier sein, von wo aus die Reisen vorbereitet werden, wo Reparaturen erfolgen und außerhalb der Saison die Betriebseinrichtungen gelagert werden. Es bleiben deshalb in der Praxis nur wenige Fälle übrig, in denen ein kleingewerblicher Reisegewerbetreiben200
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Betriebsstätte im Kammerbezirk
der tatsächlich keine gewerbliche Niederlassung hat und deshalb auch nicht kammerzugehörig ist (VGH Kassel vom 21. 10. 1964 – OS V 91/63; kritisch dazu Frentzel/Jäkel, DVBI. 1964, 973). Konsequenter ist es, auch in diesen Fällen das Gewerbesteuerrecht zu übernehmen und für das Reisegewerbe anstelle des Betriebsstättenbegriffs den Mittelpunkt der gewerblichen Tätigkeit als Anknüpfungspunkt für die Kammerzugehörigkeit zu nehmen. b) Verkaufsstelle Der Begriff der Verkaufsstelle ist auf Handelsbetriebe zugeschnitten und erfasst insbesondere die Ladengeschäfte der Filialunternehmen. Sie haben nicht die Selbständigkeit von Zweigniederlassungen, sind aber als unselbständige Zweigstellen nach § 14 GewO anzeigepflichtig; § 15a GewO spricht wiederum von offenen Verkaufsstellen. Sie sind Betriebsstätten nach § 12 Satz 2 Nr. 6 AO und begründen die Kammerzugehörigkeit, auch wenn die Hauptniederlassung in einem anderen Kammerbezirk liegt. Im Fall eines handwerklichen Mischbetriebes (§ 3 Abs. 4 Satz 1) ist für die Feststellung der „Betriebsstätte“ auf das gesamte Unternehmen abzustellen; deshalb begründet auch eine auswärtige (nichthandwerkliche) Verkaufsstelle, für die keine Handwerksrolleneintragung besteht, die Kammerzugehörigkeit (Jahn, GewArch 1995, 457, 463; VG Bremen vom 8. 6. 2006 – 2 K 1429/05).
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c) Betriebsstätte Der steuerliche Betriebsstättenbegriff umfasst nicht nur gewerb- 80 liche Niederlassungen und Verkaufsstellen, sondern nach § 12 AO jede feste Geschäftseinrichtung oder auch nur Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Eine Betriebsstätte i.S.v. § 12 Satz 1 AO erfordert hierbei, dass der Unternehmer eine nicht nur vorübergehende Verfügungsmacht über die von ihm genutzte Geschäftseinrichtung oder Anlage hat (BFH DStR 2008, 1828). Wichtige Beispiele werden in § 12 Satz 2 AO im Einzelnen aufgeführt und in Rechtsprechung und Schrifttum näher erläutert. Danach bedarf es für die Betriebsstätte keines besonderen Raumes und gewerblicher Vorrichtungen. Es genügt, dass der Unternehmer über einen bestimmten Raum oder über eine bestimmte Fläche die Verfügungsgewalt hat, die für die Ausübung seiner gewerblichen Tätigkeit ausreicht (Abschn. 22 GewStR). Als Betriebsstätte eines Jahn
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Unternehmens gilt darüber hinaus der Ort, an dem ein ständiger Vertreter i.S.v. § 13 AO nachhaltig die Geschäfte eines Unternehmens besorgt und dabei dessen Sachweisungen unterliegt. 81
Für die Kammerzugehörigkeit kommt es im Übrigen nicht darauf an, ob bei mehreren Betriebsstätten eine Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags erfolgt und auf die betreffende Betriebsstätte ein Zerlegungsanteil entfällt oder ob gemäß § 34 GewStG bei Kleinbeträgen von der Zerlegung abgesehen wird (siehe die älteren Rechtsprechungsnachweise in der Vorauflage § 2 Rz. 81). Ebenso wenig spielt es eine Rolle, ob wegen § 25 GewStDV überhaupt kein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt wird, sondern nur im Einkommen- oder Körperschaftssteuerbescheid ein Gewinn aus Gewerbebetrieb ausgewiesen wird.
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In allen diesen Fällen müssen die Kammern selbständig prüfen, ob eine Betriebsstätte besteht (BVerwG GewArch 1999, 73; VG Aachen GewArch 2004, 305). Die Verwaltungsgerichte prüfen dies im Streitfall ebenfalls nach, ohne an etwaige steuerliche Feststellungen gebunden zu sein. Wenn allerdings das Finanzamt einen Gewerbesteuermessbetrag oder einen Zerlegungsanteil festsetzt und damit die Vorfrage einer Betriebsstätte bejaht hat, kann sich die Kammer im Regelfall daran orientieren. Bei einer Zurückverlegung des Bemessungszeitraumes kann es allerdings vorkommen, dass zwischenzeitlich die auswärtige Betriebsstätte eines Unternehmens aufgegeben worden ist und deshalb keine Kammerzugehörigkeit mehr besteht (so VGH Mannheim vom 20. 4. 1990 – 14 S 586/89). Gleiches gilt, wenn eine ursprünglich im IHK-Bezirk ansässige KG faktisch ihren Sitz verlegt, ohne die Sitzverlegung dem Handelsregister anzuzeigen oder den Gesellschaftsvertrag entsprechend zu ändern (VG Aachen GewArch 2004, 305).
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Auch hier sollen die Konsequenzen des steuerlichen Betriebsstättenbegriffs anhand einiger Beispiele verdeutlicht werden:
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– Betriebsstätten sind nach § 12 Satz 2 AO die Stätte der Geschäftsleitung, Zweigniederlassungen, Geschäftsstellen, Fabrikations- oder Werkstätten, Warenlager, Einkaufs- oder Verkaufsstellen, welche dem Unternehmer oder seinem ständigen Vertreter zur Ausübung des Gewerbes dienen (§ 12 Nr. 1–6 AO). 202
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– Genauso sind Bergwerke, Steinbrüche oder andere örtlich fortschreitende oder schwimmende Stätten der Gewinnung von Bodenschätzen Betriebsstätten (§ 12 Nr. 7 AO).
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– Schließlich sind auch Bau- und Montagestellen Betriebsstätten nach § 12 Nr. 8 AO, wenn die Dauer der einzelnen Bauausführung oder Montage oder der ohne Unterbrechung aufeinander folgenden Arbeiten die Dauer von 6 Monaten übersteigt. Infolgedessen begründen auch länger dauernde Bauarbeiten und Montagen die Betriebsstätteneigenschaft und die Kammerzugehörigkeit.
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– Betriebsstätte für Binnen- und Küstenschiffer ist nach § 6 GewStDV der Ort, der als Heimathafen im Schiffsregister eingetragen ist (vgl. auch Abschn. 22 Abs. 2 GewStR 1998). Die Zugehörigkeit der Binnenschiffer zu Schifferbetriebsverbänden ändert an der Kammerzugehörigkeit nichts. Die Schifferbetriebsverbände sind lediglich öffentlich-rechtliche Marktverbände (vgl. Huber, 275); die zusätzlich von ihnen übernommenen berufsständischen Aufgaben überschneiden sich nicht mit den Kammeraufgaben. Eine echte Doppelzugehörigkeit zu zwei öffentlich-rechtlichen Körperschaften liegt also nicht vor.
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– Die Aufstellung von Automaten begründet ebenfalls eine Betriebsstätte, mag es sich um Verkaufsautomaten, Photoautomaten oder auch Spiel-, Musik- oder Unterhaltungsautomaten handeln (BVerwG GewArch 1999, 73; OVG Münster GewArch 1997, 296).
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– Auslieferungslager sind ebenfalls Betriebsstätten, wenn das ausliefernde Unternehmen darüber eine nicht nur vorübergehende und zur Ausübung seines Gewerbes ausreichende Verfügungsgewalt hat und dort eine gewerbliche Tätigkeit des Unternehmens selbst stattfindet. Gleichzeitig kann in diesen Betriebsstätten aber auch ein Handelsvertreter ein selbständiges eigenes Gewerbe betreiben, wenn ihm die Räume vom ausliefernden Unternehmen zur Verfügung gestellt werden und er dort auch eine eigene gewerbliche Tätigkeit entfaltet. Der Tankstellenpächter ist deshalb als Gewerbetreibender, und zwar als Handelsvertreter, anzusehen. Er ist kammerzugehörig, unabhängig davon, ob die gepachtete Tankstelle gleichzeitig
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auch eine Betriebsstätte der Mineralölgesellschaft ist (zur früheren Rechtsprechung s. 6. Aufl., § 2 Rz. 89). 90
– Die gleichen Grundsätze gelten für Versicherungsgesellschaften, deren Agenturen und Versicherungsvertreter. Es kommt im Einzelfall darauf an, ob die Agentur wegen ihrer weitgehenden Weisungsbindung eine Betriebsstätte der Versicherungsgesellschaft ist oder ob der Versicherungsvertreter ein eigenes Gewerbe betreibt (Abschn. 22 Abs. 6 GewStR). Beide Voraussetzungen können aber auch gleichzeitig vorliegen, wenn beispielsweise eine Versicherungsgesellschaft in den Räumen einer anderen Versicherungsgesellschaft und ohne eigenes Personal im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft ihre Geschäfte abwickelt (vgl. § 13 AO; Abschn. 22 Abs. 6 GewStR). Das Schadensbüro einer Versicherungsgesellschaft ist ebenfalls eine Betriebsstätte, welche die Kammerzugehörigkeit begründet (VG Saarland GewArch 1996, 337).
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– Mehrgemeindliche Betriebsstätten (§ 30 GewStG und Abschn. 78 GewStR) begründen die Zugehörigkeit zu zwei oder mehreren IHKs, wenn die beteiligten Gemeinden in verschiedenen Kammerbezirken liegen. Für die Beitragsveranlagung der IHKs gilt dann ebenfalls die gewerbesteuerliche Zerlegung. Dies kommt insbesondere bei großen, die Gemeindegrenzen übergreifenden Industriekomplexen vor.
7. Ausnahmen für freie Berufe 92
§ 2 Abs. 2 nimmt von der Kammerzugehörigkeit natürliche Personen und Gesellschaften aus, die ausschließlich einen freien Beruf ausüben und nicht in das Handelsregister eingetragen sind. Diese Bestimmung erklärt sich aus der früher im Einkommensteuerrecht und damit auch im Gewerbesteuerrecht geltenden Auffassung des freien Berufs, die mit der Neufassung von § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG durch das Steueränderungsgesetz 1960 vom 30. 7. 1960 (BGBl. I, 616) erweitert worden ist. Heute entfällt die Gewerbesteuerpflicht bereits, soweit eine freiberufliche Tätigkeit aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich ausgeübt wird. Solange die persönliche Leitung noch möglich ist, schadet auch die Beschäftigung fachlich vorgebildeter Mitarbeiter nicht mehr (Abschn. 136 EStR). Freie Berufe sind damit grundsätz204
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Ausnahmen für freie Berufe
lich nicht kammerzugehörig, schon weil bei ihnen die Gewerbesteuerpflicht als erste Voraussetzung der Kammerzugehörigkeit fehlt. „Freie Berufe“ sind im Gegensatz zum Gewerbe dadurch gekennzeichnet, dass es sich um persönliche Dienste höherer Art handelt, deren Ausübung von der allgemeinen höheren Bildung des Tätigen und einer gewissen ideellen Motivation gekennzeichnet ist, die das bloße Gewinnstreben überlagert (s. auch Hahn, GewArch 2006, 129). Der EuGH (DB 2001, 2280) definiert freie Berufe als „Tätigkeiten, die ausgesprochen intellektuellen Charakter haben, eine hohe Qualifikation verlangen und gewöhnlich einer genauen und strengen berufsständischen Regelung unterliegen. Bei der Ausübung einer solchen Tätigkeit hat das persönliche Element besondere Bedeutung und diese Ausübung setzt auf jeden Fall eine große Selbständigkeit bei der Vornahme der beruflichen Handlungen voraus.“ Da die Feststellung des Finanzamtes zur objektiven Gewerbesteuerpflicht für die IHK bindend ist, hat sich in den letzten Jahren eine umfassende Einzelfallrechtsprechung zur steuerlichen Abgrenzung freier Berufe von gewerblichen Tätigkeiten herausgebildet (siehe dazu im Einzelnen Jahn, GewArch 2005, 169 (178); Jahn, DB 2007, 2613).
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Die Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 2 kann deshalb nur noch eingreifen, wenn trotz der Ausübung eines freien Berufs insgesamt doch eine Gewerbesteuerpflicht entsteht und gleichzeitig die Eintragung im Handelsregister erfolgt ist. Dabei wird es sich in der Regel um Personenhandelsgesellschaften oder Kapitalgesellschaften freier Berufe handeln, denen die handelsrechtlichen Rechtsformen kraft Berufsrecht offen stehen.
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Folgende Fälle sind zu unterscheiden: a) Natürliche Personen Bei natürlichen Personen kommt es darauf an, ob das Steuerrecht ihre Berufsart als freiberuflich anerkennt und auch die persönliche Leitung und Eigenverantwortung noch gewahrt sind; die steuerliche Entscheidung gilt auch für die IHK. Wird eine freiberufliche Tätigkeit anerkannt, entfällt die Gewerbesteuerpflicht. Eine Kammerzugehörigkeit kommt schon nach Abs. 1 nicht in Betracht, ohne dass es der Ausnahme in Abs. 2 bedürfte. Wird dagegen bei Jahn
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einer natürlichen Person eine selbständige Tätigkeit steuerlich als Gewerbe behandelt und sie zur Gewerbesteuer herangezogen, liegt schon die Voraussetzung eines freien Berufs nach Abs. 2 nicht mehr vor; auf die Handelsregistereintragung kommt es gar nicht mehr an (VG Arnsberg GewArch 1996, 415). Für natürliche Personen ist deshalb die Ausnahmebestimmung in Abs. 2 gegenstandslos geworden (siehe die Nachweise in der Vorauflage § 2 Rz. 94). 95
Nach diesen Grundsätzen regelt sich beispielsweise auch die Frage, ob Krankenanstalten und Sanatorien, Unterrichtsanstalten, Architekten- und Ingenieurbüros als freiberuflich oder gewerblich zu bezeichnen sind (dazu Jahn, DB 2007, 2613; s. auch BFH NJW 2005, 1006; OVG Koblenz vom 17. 7. 2007, 6 A 11414/06; OVG Lüneburg GewArch 2008, 34: Ein Berufsbetreuer i.S.d. § 1897 BGB ist nicht freiberuflich tätig, sondern übt ein Gewerbe aus). Von der jeweiligen steuerlichen Entscheidung hängt auch die Kammerzugehörigkeit ab; in vielen dieser Fälle ist ohnehin eine Befreiung von der Gewerbesteuer vorgesehen (vgl. § 3 Nr. 13, 20 GewStG; Abschn. 19 und 31 GewStR). Auf die finanzamtliche Feststellung kommt es auch an, ob bei einer gemischten freiberuflich-gewerblichen Tätigkeit auch ein einheitlicher Gewerbebetrieb angenommen wird (vgl. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG und dazu Söffing, NJW 1998, 511; BFHE 128, 67 – Tierarzt und Arzneiverkauf, aber auch BFH NJW 1998, 3447 – Ärzte als Gewerbetreibende) oder ob es sich um eine davon getrennte Gewerbeausübung handelt (BFHE 123, 199 – Arzt und Arzneimittelverkauf getrennt). b) Sozietäten, Partnerschaften, EWIV
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Die Ausübung eines freien Berufs in einer nichthandelsrechtlichen Gesellschaftsform (z.B. Sozietäten als bürgerlich-rechtliche Gesellschaften) begründet ebenfalls nicht die Gewerbesteuerpflicht, so dass es für die Kammerzugehörigkeit bereits an der Voraussetzung des § 2 Abs. 1 fehlt. Beteiligt sich aber eine sog. Freiberufler-Kapitalgesellschaft mitunternehmerisch an einer Freiberufler-Personengesellschaft, so erzielt die Personengesellschaft insgesamt gewerbliche Einkünfte (BFH DB 2008, 1468); Folge ist dann auch die Kammerzugehörigkeit bei der IHK. Ebenso wenig sind Partnerschaften (Gesetz vom 25. 7. 1994 – BGBl. I, 206
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Ausnahmen für freie Berufe
1744) gewerbesteuerpflichtig, da sie kraft gesetzlicher Definition nur der gemeinsamen Berufsausübung von Freiberuflern dienen; sie sind keine Handelsgesellschaften und nicht im Handelsregister eingetragen. Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (EWIV) ist nicht selbst gewerbesteuerpflichtig, sondern ihre Mitglieder werden wegen ihres anteiligen Gewerbeertrages zur Gewerbesteuer veranlagt (§ 5 Abs. 1 Satz 4 GewStG; Abschn. 36 GewStR); damit entfällt auch eine Kammerzugehörigkeit. Die Gesellschafter der EWIV wiederum sind nur kammerzugehörig, wenn sie gewerbesteuerpflichtig sind.
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c) Handelsgesellschaften Wenn dagegen ein freier Beruf in Form einer Handelsgesellschaft (Personenhandelsgesellschaft oder Kapitalgesellschaft) ausgeübt wird, ist er kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig im Handelsregister eingetragen und damit kammerzugehörig (siehe die Rechtsprechungsnachweise bei Jahn, GewArch 2004, 410; Jahn, GewArch 2005, 169, 178). Wirtschaftsprüfern, Steuerberatern und vereidigten Buchprüfern steht für eine gemeinsame Berufsausübung – neben Sozietät und Partnerschaft – auch die Rechtsform der OHG und KG offen (§ 27 Abs. 2 WPO; § 49 Abs. 2 StBeratG). Vor allem aber können Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und GmbHs als Berufsgesellschaften gründen. Für Rechtsanwälte lässt die BRAO nunmehr die Rechtsanwalts-GmbH zu (§§ 59c–59m BRAO). Auch bei den sonstigen freien Berufen entscheidet das jeweilige Berufsrecht, ob und unter welchen Voraussetzungen die gemeinsame Berufsausübung auch in der Rechtsform einer Handelsgesellschaft zulässig ist (z.B. für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige nach § 36 GewO die Sachverständigenordnungen der Kammern, zur Architekten-GmbH VGH Mannheim DVBl. 1999, 50).
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Mit der Gewerbesteuerpflicht und Handelsregistereintragung solcher Berufsgesellschaften ist die Kammerzugehörigkeit nach § 2 Abs. 2 gegeben. Es kommt nicht mehr darauf an, ob sie nach dem im Handelsregister eingetragenen Unternehmensgegenstand die berufsrechtlich zulässigen gewerblichen Tätigkeiten ausüben können (BVerwG GewArch 2005, 24; anders aber noch BVerwGE
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55, 1; OVG Lüneburg GewArch 1997, 153). Auch eine rein freiberufliche Tätigkeit solcher Berufsgesellschaften führt zur IHK-Zugehörigkeit (VG Leipzig GewArch 2007, 163; ferner die Nachweise in der Vorauflage § 2 Rz. 99). Daraus folgt: Wer die Rechtsform frei wählen kann, muss auch den damit verbundenen Nachteil der beitragspflichtigen Kammerzugehörigkeit hinnehmen (BVerwG GewArch 2005, 211). Die beitragsrechtlichen Konsequenzen aus einer solchen Doppelmitgliedschaft zieht § 3 Abs. 4 Satz 3, wonach Grundbeitrag und Umlage nur von 1/10 der Bemessungsgrundlage erhoben werden. Mit dieser Pauschalierung erübrigt sich die Prüfung, ob und zu welchen Umsatzanteilen auch berufsrechtlich zulässige Gewerbetätigkeiten ausgeübt werden. Aber auch der Nachweis einer Anwalts-GmbH, kraft Gesetzes nur freiberuflich tätig sein zu können, befreit nicht von der Kammerzugehörigkeit.
8. Ausnahmen für Land- und Forstwirtschaft 100
§ 2 Abs. 2 nimmt von der Kammerzugehörigkeit weiterhin natürliche Personen und Gesellschaften aus, welche Land- oder Forstwirtschaft oder ein damit verbundenes Nebengewerbe betreiben und nicht im Handelsregister eingetragen sind. Diese Ausnahme erfasst die landwirtschaftlich tätigen Genossenschaften, die Kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig (§ 2 Abs. 2 GewStG), aber nicht in das Handelsregister eingetragen sind. Praktische Bedeutung hat die Ausnahme weiterhin für die Grenzfälle des steuerschädlichen Zukaufs, der landwirtschaftlichen Nebengewerbe und der Handelsregistereintragung von Land- und Forstwirten; die Entwicklung der Landwirtschaft hat allerdings diese Grenzfälle zunehmend vermehrt (vgl. von Ebner, GewArch 1983, 1). a) Steuerschädlicher Zukauf
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Für Betriebe der Land- oder Forstwirtschaft kann eine Gewerbesteuerpflicht nur durch steuerschädlichen Zukauf entstehen, wenn dauernd und nachhaltig fremde Erzeugnisse über den betriebsnotwendigen Umfang hinaus hinzugekauft und ohne Bearbeitung weiterveräußert werden; die Grenze liegt aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung bei einem Zukauf von mehr als 30 % des Umsatzes (Abschn. 11 Abs. 1 GewStR mit einer Verweisung auf Abschn. 135 EStR, jetzt R 15.5 Abs. 5 EStR 2005). Das 208
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Ausnahmen für Land- und Forstwirtschaft
VG Dessau (GewArch 2006, 215) hat die Frage nach der Höhe des gewerblichen Anteils dahin beantwortet, dass der steuerschädliche Zukauf 50 % des Gesamtumsatzes des Betriebes nicht übersteigen darf, da das Gesetz in § 2 Abs. 2 nicht ausschließliche, sondern „überwiegende“ landwirtschaftliche Betätigung fordert; deshalb sind jedenfalls bei einem gewerblichen Anteil von 60 % die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 2. Alternative nicht mehr gegeben (VG Stade vom 15. 6. 2006 – 6 A 1280/04). Mit dieser Gewerbesteuerpflicht entsteht auch die Kammerzugehörigkeit nach § 2 Abs. 1. § 2 Abs. 2 greift nicht mehr ein, weil nicht mehr ausschließlich Land- oder Forstwirtschaft betrieben werden. Es kommt nicht darauf an, ob solche Unternehmen ein Gewerbebetrieb im handels- oder gewerberechtlichen Sinne sind. Ebenso wenig bedarf es einer Handelsregistereintragung.
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Ein niedrigerer Zukauf als 30 % ist dagegen nicht steuerschädlich und löst auch keine Gewerbesteuerpflicht aus. Eine Kammerzugehörigkeit kommt deshalb nur in Frage, wenn das ausschließlich landwirtschaftlich tätige Unternehmen sich freiwillig nach § 105 HGB als OHG oder KG in das Handelsregister eintragen lässt und damit auch kraft Gesetzes – § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG – gewerbesteuerpflichtig wird. Wenn sich ein ausschließlich land- oder forstwirtschaftlicher Einzelunternehmer dagegen freiwillig nach § 3 Abs. 2 HGB in das Handelsregister eintragen lässt, gilt er zwar als Kaufmann, wird dadurch aber nicht gewerbesteuerpflichtig; damit ist er auch nicht kammerzugehörig.
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Praktische Beispiele für diese Grenzfälle sind insbesondere Gärtnereien, Baumschulen und Winzer. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf R 15.5 Abs. 5 EStR 2005 verwiesen.
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b) Land- und forstwirtschaftliche Nebenbetriebe Land- und forstwirtschaftliche Nebenbetriebe (zum Begriff s. R 15.5 Abs. 3 EStR 2005) werden zur Gewerbesteuer veranlagt, wenn Substanzbetriebe (z.B. Sand- und Kiesgruben, Tongruben, Steinbrüche, Torfstiche) überwiegend ihre Erzeugung an Dritte verkaufen oder wenn Verarbeitungsbetriebe (z.B. Brennereien, Sägewerke, Molkereien, Ziegeleien) mehr als 30 % ihres Umsatzes steuerschädlich zukaufen (R 15.5 Abs. 3, 5 EStR 2005). Sie begründen trotzdem nur die Kammerzugehörigkeit, wenn der Betrieb als Jahn
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Einzelfirma oder Personenhandelsgesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, weil der Land- und Forstwirt durch die freiwillige Eintragung eines Nebengewerbes im Handelsregister (§ 3 Abs. 3 HGB) seine Absicht einer Gewerbeausübung manifestiert hat. Hier behält die Eintragung im Handelsregister die Bedeutung eines zusätzlichen Abgrenzungsmerkmals; es gilt § 2 Abs. 2. Wenn solche Betriebe dagegen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft geführt werden, handelt es sich nicht mehr um landwirtschaftliche Nebenbetriebe, sondern um selbständige gewerbliche Unternehmen; ihre Kammerzugehörigkeit ergibt sich bereits aus § 2 Abs. 1. 106
Der Begriff des landwirtschaftlichen Nebengewerbes ist § 3 Abs. 3 HGB entnommen. Die Verbindung zwischen dem Hauptbetrieb und dem Nebenbetrieb muss landwirtschaftlicher Art sein, bezieht sich also in erster Linie auf die Verarbeitung oder Verwertung der Erzeugnisse des Hauptbetriebs durch den Nebenbetrieb. Es genügt also nicht, dass sich Landwirtschaft und ein daneben betriebenes Gewerbe (z.B. Tongrube, Ziegelei) gegenseitig wirtschaftlich zweckmäßig ergänzen. Für die Annahme eines landwirtschaftlichen Nebengewerbes ist vielmehr die wirtschaftliche Abhängigkeit von dem landwirtschaftlichen Hauptbetrieb Voraussetzung. Der Nebenbetrieb muss dem Hauptbetrieb dienen und ihm untergeordnet sein. Dies ist wiederum nur der Fall, solange im Nebenbetrieb weit überwiegend eigene landwirtschaftliche Erzeugnisse des Hauptbetriebs verwertet und bearbeitet werden. Andernfalls ist dieser Rahmen überschritten und ein selbständiges Gewerbe begründet. Diese Grundsätze gelten auch für forstwirtschaftliche Nebengewerbe (z.B. Sägewerke). Bei der Erzeugung von Energie, z.B. durch Wind-, Solar- oder Wasserkraft, liegt kein Nebenbetrieb der Land- und Forstwirtschaft vor, sondern ein Gewerbebetrieb, weil keine Be- und Verarbeitung von Rohstoffen und damit auch keine Verwendung der hierbei gewonnenen Erzeugnisse im eigenen Betrieb erfolgt (R 15.5 Abs. 11 EStR 2005).
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Die Kammerzugehörigkeit richtet sich deshalb entweder nach der Eintragung im Handelsregister oder ergibt sich aufgrund einer Prüfung, ob der Rahmen eines landwirtschaftlichen Nebengewerbes überschritten wird. Ist das landwirtschaftliche Nebengewerbe im Handelsregister eingetragen, regelt sich die Beitragspflicht nach § 3 Abs. 4 Satz 3.
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c) Handelsregistereintragung von Landwirten § 3 Abs. 2 HGB (i.d.F. des Handelsrechtsreformgesetzes vom 22. 6. 1998, BGBl. I, 1474) hat für land- und forstwirtschaftliche Unternehmen die Möglichkeit eröffnet, sich freiwillig in das Handelsregister eintragen zu lassen. In diesen Fällen ist auch weiterhin eine Kammerzugehörigkeit ausgeschlossen, soweit keine Gewerbesteuerveranlagung erfolgt. Wenn dies jedoch der Fall ist, ist auch die Kammerzugehörigkeit gegeben. Dies gilt für Land- und Forstwirte, die als Einzelkaufleute oder Personenhandelsgesellschaften eingetragen werden, vor allem aber für Kapitalgesellschaften mit landwirtschaftlicher Betätigung. Als Beispiel sind hier die Saatzuchtbetriebe zu nennen, die wegen ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtig, und im Handelsregister eingetragen sind; daneben sind sie oft auch Pflichtmitglied bei der Landwirtschaftskammer. Für die Beitragsbemessung gilt dann § 3 Abs. 4 Satz 3.
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Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaften sind häufig nach § 3 Nr. 14 GewStG von der Gewerbesteuerpflicht befreit und schon deshalb nicht kammerzugehörig. Werden sie dagegen gewerbesteuerveranlagt – z.B. wegen steuerschädlichen Zukaufs oder weil nicht alle Voraussetzungen der Freistellung erfüllt sind – entfällt ihre Kammerzugehörigkeit nach § 2 Abs. 2, weil Genossenschaften nicht im Handelsregister, sondern im Genossenschaftsregister eingetragen sind. Die Voraussetzungen von § 2 Abs. 2 treffen also zu.
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d) Selbständige Gewerbebetriebe Von den bisher erörterten Fällen des steuerschädlichen Zukaufs, der landwirtschaftlichen Nebengewerbe und der Handelsregistereintragung von land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmen sind, wie sich bereits mehrfach zeigte, die Fälle zu unterscheiden, in denen neben der Land- oder Forstwirtschaft ein selbständiges gewerbliches Unternehmen betrieben wird. Beispielsweise kann die von einem Land- oder Forstwirt betriebene Gastwirtschaft niemals ein Nebenbetrieb sein. Ebenso sind Fuhrleistungen eines Landwirts für Dritte gewerblicher Art und begründen ohne Rückgriff auf Abs. 2 die Kammerzugehörigkeit (zur älteren Rechtsprechung siehe die Nachweise in der 6. Aufl., § 2 Rz. 110). Voraussetzung ist allerdings auch hier, dass eine Gewerbesteuerpflicht besteht, die einsetzt, wenn mehr als 1/3 des Gesamtumsatzes aus Jahn
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dieser Tätigkeit kommt (R 15.5 Abs. 6 Sätze 2 und 3 EStR 2005). Schließlich gehören die Fälle dazu, in denen selbstgewonnene land- oder forstwirtschaftliche Erzeugnisse ohne Be- oder Verarbeitung über ein eigenes Handelsgeschäft abgesetzt werden und bei Überschreitung gewisser Grenzen ein selbständiges Gewerbe vorliegt (R 15.5 Abs. 6 EStR 2005). 111
Nach den gleichen Grundsätzen ist die Kammerzugehörigkeit von Landwirten zu behandeln, die ihre Erntemaschinen anderen Landwirten zum Lohndrusch zur Verfügung stellen und, wenn sie mehr als 1/3 ihres Gesamtumsatzes daraus erlösen, ein gewerbesteuerpflichtiges Gewerbe ausüben. Erst recht ist natürlich der selbständige Lohndrescher als Gewerbetreibender kammerzugehörig (VG Schleswig vom 16. 10. 1958 – 2 K 49/58).
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Auch ein Viehkaufmann ist Gewerbetreibender und bereits nach § 2 Abs. 1 kammerzugehörig. Die abweichende Behandlung der Viehverwertungsgenossenschaften in § 2 Abs. 4b verstößt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz (VG Darmstadt vom 22. 4. 1960 – III 605/58).
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Schließlich sind in diesem Zusammenhang auch die gewerbliche Tierzucht und Tierhaltung zu erwähnen, die ohne eigene Futtergrundlage und in gewerblicher Art betrieben werden; diese Betriebe sind kammerzugehörig nach § 2 Abs. 1.
9. Ausnahmen für zulassungspflichtige, zulassungsfreie handwerkliche sowie handwerksähnliche Betriebe 114
Seit der IHKG-Novelle 1992 ist die Abgrenzung der Zugehörigkeit zur Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammer ausdrücklich in § 2 Abs. 3 geregelt, die Beitragspflicht gemischter Betriebe, die neben einem handwerklichen oder handwerksähnlichen Betrieb auch sonstige gewerbliche Tätigkeiten ausüben, in § 3 Abs. 4 Satz 1. Beide Bestimmungen lehnten sich an die frühere Praxis der Kammern und eine ständige Rechtsprechung an, wonach gemischte Betriebe wegen ihrer nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsweise auch der IHK angehören, aber erst bei Überschreiten einer Unerheblichkeitsgrenze zum IHK-Beitrag herangezogen werden (vgl. näher 5. Aufl., Rz. 152, 153 und 158; 6. Aufl., § 2 Rz. 114). 212
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Ausnahmen für zulassungspflichtige, zulassungsfreie Betriebe
Ersatzlos weggefallen ist dagegen die Sonderregelung für so genannte Handwerkerkaufleute (§ 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 3 Satz 2 a.F.), weil eine Beitragsabführung der Handwerkskammern an die Industrie- und Handelskammern nicht in das System des Körperschaftsrechts passte und auch reine Handwerksbetriebe umfasste; die bloße Mitwirkung der IHK bei der Handelsregistereintragung von Handwerksbetrieben nach § 126 FGG rechtfertigte diese Abführung nicht mehr. Durch das Handelsrechtsreformgesetz 1998 ist selbst der Begriff des Handwerkerkaufmanns weggefallen, weil die abschließende Aufzählung der Handelsgewerbe in § 1 Abs. 2 HGB ersatzlos gestrichen wurde und künftig auch jeder Dienstleistungshandwerker ebenso wie jeder andere Gewerbetreibende ins Handelsregister einzutragen ist, wenn sein Unternehmen nach Art und Umfang einen kaufmännisch eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert. Auch kleingewerbliche Handwerker oder handwerksähnliche Betriebe können sich nach § 2 HGB inzwischen im Handelsregister eintragen lassen und sind dann Kaufleute (früher „Vollkaufleute“ genannt).
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§ 2 Abs. 3 wurde mit weitreichenden Konsequenzen für die Kammerzugehörigkeit mittelbar einerseits durch die Einführung zulassungsfreier Handwerke durch das Dritte Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften (sog. „Große Handwerksnovelle“ vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934), andererseits durch das Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und Förderung von Kleinunternehmen (sog. „Kleine Handwerksnovelle“ vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2933) angepasst (siehe zu den damit verbundenen Kammerrechtsänderungen Jahn, GewArch 2004, 41; Schwannecke/Heck, GewArch 2004, 129; Kormann/Hüpers, GewArch 2004, 353). Durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz (vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) wurde § 2 Abs. 3 unter Berücksichtigung der seit 2004 geltenden neuen Rechtslage nochmals präziser gefasst (siehe Jahn, GewArch 2007, 353, 354). In seiner aktuellen Version regelt § 2 Abs. 3, dass natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in die Handwerksrolle oder im Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke oder der handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen sind oder die nach § 90 Abs. 3 HwO zur Handwerkskammer gehören, mit ihrem nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteil der IHK angehören. Unternehmen, die hiernach der IHK angehören, bleiben wie bisher nur unter den ein-
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schränkenden Voraussetzungen des § 3 Abs. 4 Satz 1 beitragspflichtig. 117
Bei der Anwendung der neuen Bestimmungen ist auf die Handwerksordnung in der jeweiligen Fassung abzustellen (Handwerksordnung in der Fassung vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934 und vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2933). Die Handwerksordnung regelt, wer in die Handwerksrolle oder das Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke oder in das Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe einzutragen ist. Diese dynamische Verweisung kann bei Änderungen der Anlage A und B zur Handwerksordnung auch zu einem Wechsel der Kammerzugehörigkeit und bei gemischten Betrieben der Beitragspflicht führen, wie die letzte Handwerksnovelle gezeigt hat. Insgesamt ist damit jedoch eine klare Abgrenzung von IHKs und Handwerkskammern gelungen, so dass sich der Verwaltungsaufwand und auch die Möglichkeit zu Streitigkeiten entscheidend reduziert haben. Im Einzelnen sind folgende Fälle zu unterscheiden: a) Handwerkliche, zulassungsfreie handwerkliche und handwerksähnliche Betriebe
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§ 1 Abs. 1 des Gesetzes nimmt mit einem generellen Vorbehalt von den Kammeraufgaben und damit auch von der Kammerzugehörigkeit Gewerbetreibende aus, soweit für sie eine Zuständigkeit der Organisation des Handwerks begründet ist. § 2 Abs. 3 bestätigt diese traditionelle Auslegung, wonach gewerbliche Tätigkeiten, die organisationsrechtlich keine Zugehörigkeit zur Handwerkskammer begründen, auch zur IHK-Zugehörigkeit führen. Damit entfällt die Zugehörigkeit zur IHK, soweit und solange jemand wegen eines Handwerksbetriebs als selbständiger Handwerker in die Handwerksrolle §§ 6 HwO) oder in das Verzeichnis der zulassungsfreien Handwerke (§§ 18 Abs. 2 Satz 1; 19 HwO) oder wegen eines handwerksähnlichen Betriebs in das Verzeichnis der handwerksähnlichen Betriebe (§ 19 HwO) eingetragen ist und ausschließlich entsprechende Tätigkeiten ausübt; er ist dann allein Pflichtmitglied der Handwerkskammer (§ 90 Abs. 2 HwO). Mit der Eintragung wird entschieden, ob ein Gewerbe der in den Anlagen A und B der HwO bezeichneten Art handwerksmäßig (§ 1 Abs. 2 HwO), zulassungsfrei als Handwerk oder in handwerksähnlicher Betriebsform (§ 18 Abs. 2 HwO) betrieben wird. Außer214
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dem begründen „einfache handwerkliche Tätigkeiten“ i.S.d. § 90 Abs. 3 HwO die ausschließliche Mitgliedschaft bei der Handwerkskammer. Die IHK ist im Verfahren beizuladen, wenn über den handwerklichen Charakter des Betriebs Streit besteht (§ 16 Abs. 3 Satz 2 HwO; dazu BVerwG GewArch 1993, 334; OVG Koblenz GewArch 1988, 199) und kann gegen die Entscheidung der Handwerkskammer das Verwaltungsgericht selbständig – d.h. unabhängig von dem betroffenen Gewerbetreibenden – anrufen und Rechtsmittel einlegen (§§ 11, 12 und 20 HwO). Sie kann auch selbständig die Löschung in der Handwerksrolle oder im Verzeichnis der handwerksähnlichen Betriebe betreiben, wenn die Voraussetzungen für eine Eintragung nicht mehr vorliegen (§§ 13 Abs. 2, 14 Satz 2, 20 HwO; OVG Lüneburg GewArch 1971, 32). Können sich IHK und Handwerkskammer über die organisationsrechtliche Zuordnung eines Unternehmens nicht verständigen, entscheidet eine von DIHK und DHKT eingerichtete Schlichtungskommission, die von den Trägerorganisationen gemeinsam für die Dauer von jeweils vier Jahren, erstmals ab 1. 7. 2004 gebildet wird (§ 16 Abs. 4 HwO). Diese gilt sinnentsprechend für die organisationsrechtliche Zuordnung sog. einfacher Tätigkeiten i.S.v. § 90 Abs. 3 HwO. Hält der betroffene Gewerbetreibende die Entscheidung der Schlichtungskommission für rechtswidrig, entscheidet die Oberste Landesbehörde. Die Rechtswegregelung des § 12 HwO gilt in diesem Fall entsprechend (siehe Jahn, GewArch 2004, 41). Im Einzelnen ist bei der Abgrenzung wie folgt zu differenzieren: • Minderhandwerk Schon nach der bis Ende 2003 geltenden Rechtslage galt, dass eine gewerbliche Tätigkeit ein Handwerk nur dann war, wenn die jeweils ausgeübte Tätigkeit handwerksfähig war (§ 1 Abs. 2 HwO) und handwerksmäßig betrieben wurde. Fallen also in einem Betrieb lediglich Tätigkeiten an, die ohne Beherrschung in handwerklicher Schulung erworbener besonderer Fähigkeiten und Kenntnisse unproblematisch ausgeführt werden können, dann liegt ein sog. „Minderhandwerk“ vor, das nicht unter die Vorschriften der Handwerksordnung fällt, sondern sich lediglich nach den Vorschriften über die Gewerbeordnung beurteilt (BVerwGE 58, 217, 222; BVerfG GewArch 2000, 240). Unternehmer, die lediglich selbständig „einfache Tätigkeiten“ erbringen, waren deshalb schon bislang Mitglied der IHK, es sei denn, sie übten diese Jahn
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Tätigkeiten im Rahmen ihres vollhandwerklichen Meisterbetriebs aus. Mit der sog. „Kleinen Handwerksnovelle“ (BGBl. 2003 I, 2933) ist gesetzlich klargestellt worden, welche Tätigkeiten nicht zum Kernbereich eines Handwerks gehören, also keine „wesentlichen Tätigkeiten“ im Sinne des § 1 Abs. 2 HwO sind. Hierzu zählen solche Tätigkeiten (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 HwO), – die in einem Zeitraum von bis zu drei Monaten erlernt werden können, – die zwar eine längere Anlernzeit verlangen, aber für das Gesamtbild des betreffenden Gewerbes der Anlage A nebensächlich sind und deswegen nicht die Kenntnisse und Fertigkeiten erfordern, auf die die Ausbildung in diesem Gewerbe hauptsächlich ausgerichtet ist, oder – die sich nicht aus einem Gewerbe der Anlage A entwickelt haben. Die Ausübung mehrerer solcher Tätigkeiten ist zulässig, jedoch dürfen die einfachen Tätigkeiten nicht in einer Weise kumuliert werden, dass sie einen wesentlichen Teil eines Handwerks ausmachen (§ 1 Abs. 2 Satz 3 HwO). Wer die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt, ist infolgedessen ausschließlich IHK-Mitglied (siehe Jahn, GewArch 2004, 41). • Einfache handwerkliche Tätigkeiten Einfache handwerkliche Tätigkeiten begründen aber nach § 90 Abs. 3 u. 4 HwO seit 2004 die ausschließliche Mitgliedschaft bei der Handwerkskammer. Eine „einfache“ handwerkliche Tätigkeit nach § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 HwO, also eine innerhalb von zwei bis drei Monaten erlernbare Tätigkeit liegt hiernach vor, wenn – der Gewerbetreibende die Gesellenprüfung in einem zulassungspflichtigen Handwerk erfolgreich abgelegt hat, – die betriebliche Tätigkeit Bestandteil der Erstausbildung in diesem zulassungspflichtigen Handwerk war und – die Tätigkeit den überwiegenden Teil der gewerblichen Tätigkeit ausmacht. Dies gilt entsprechend, wenn ausbildungsvorbereitende Maßnahmen im Sinne des § 25 HwO erfolgreich absolviert worden sind 216
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Ausnahmen für zulassungspflichtige, zulassungsfreie Betriebe
und einer abgeschlossenen Gesellenausbildung im Wesentlichen entsprechen. Voraussetzung ist aber nach § 90 Abs. 4 HwO in allen Fällen, dass die Tätigkeit in handwerksmäßiger Betriebsform erbracht wird. Erfasst werden nur Gewerbetreibende, die ihre „einfache“ handwerkliche Tätigkeit erstmals nach dem 30. 12. 2003 bei der Gewerbebehörde angezeigt haben. In diesem Fall sind sie bis zu einem Gewerbeertrag/Gewinn aus Gewerbebetrieb von 5200 Euro/Jahr bei der Handwerkskammer beitragsbefreit (§ 113 Abs. 2 Satz 4 HwO). Diese (seit 1. 1. 2004) neue organisationsrechtliche Zuordnungsregelung entspricht einem gemeinsamen Vorschlag von DIHK und ZDH im Gesetzgebungsverfahren. Für die organisationsrechtliche Zuordnung von Kleinunternehmern zur Handwerkskammer ist zu berücksichtigen, ob ein aus der Ausbildung des Unternehmers abzuleitender fachlicher und persönlicher Bezug zu einem Vollhandwerk besteht, aufgrund dessen eine besondere Verbundenheit zum Handwerk angenommen werden kann. Eine solche „Verbundenheit“ soll etwa dann angenommen werden können, wenn ein in einem Vollhandwerk ausgebildeter Geselle als selbständiger Gewerbetreibender Leistungen anbietet, die Teiltätigkeiten seines Ausbildungshandwerks sind, die jedoch nicht dem Erfordernis eines Meisterbriefs unterfallen. Beispiel: Der Bäckergeselle, der in seinem eigenen Backshop vorgefertigte Teigrohlinge zu Brötchen aufbackt und dies dort verkauft. In diesem Fall besteht Handwerkskammerzugehörigkeit. Demgegenüber soll die Verbundenheit bei Unternehmern fehlen, die sich außerhalb der handwerklichen Ausbildung die Fähigkeit zur Erbringung solcher „einfachen Tätigkeiten“ angeeignet haben. Entsprechendes soll gelten, wenn zwar eine Ausbildung im Handwerk erfolgt ist und auch Tätigkeiten des erlernten Fachs ausgeübt werden, der Schwerpunkt des Unternehmens jedoch außerhalb des fachlichen Bezugs liegt. Beispiel: Der Bäckergeselle, der selbständig eine Tankstelle führt und dort auch selbst aus vorgefertigten Teigrohlingen aufgebackene Brötchen verkauft. In diesem Fall bleibt der Unternehmer allein Kammermitglied der IHK. Jahn
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Die automatische Gleichsetzung von Handwerksbegriff und Berufsbild, welche die Verwaltungspraxis beherrschte, ist damit aufgelöst, was sich bereits zuvor in Gerichtsentscheidungen zeigte (kein Handwerk: Bewehrung mit Baustahl – OVG Münster GewArch 1992, 185; Offsetdruck – BVerwG GewArch 1994, 199; Verputzarbeiten – VG Arnsberg GewArch 2007, 426; a.A. aber VGH München GewArch 2007, 125; Beschriftung und Aufstellung industriell gefertigter Grabmale – LG Mainz GewArch 2007, 123; VG Lüneburg GewArch 2008, 42; Reifenmontage – LG Itzehoe GewArch 2008, 40). Vor allem unter dem Gesichtspunkt der Gewerbefreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) werden nicht für ein Handwerk typische Tätigkeiten ausgenommen.
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In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass handwerkliche, zulassungsfreie handwerkliche und handwerksähnliche Gewerbe auch in der Rechtsform einer Personenhandelsgesellschaft (OHG; KG; GmbH & Co.) oder einer Kapitalgesellschaft (insbes. GmbH) betrieben (§§ 1 Abs. 1, 18 Abs. 1 HwO) und in die Handwerksrolle bzw. das Verzeichnis der handwerksähnlichen Betriebe eingetragen werden. Trotz der Eintragung im Handelsregister gehören die entsprechenden Betriebsgesellschaften allein der HWK an, solange sie ausschließlich ein Handwerk oder handwerksähnliches Gewerbe betreiben und nicht der IHK freiwillig beigetreten waren (vgl. § 13a Abs. 1). Die Komplementär-GmbH eines in der Rechtsform der KG geführten Handwerksbetriebes bleibt allerdings selbständig IHK-zugehörig; sie gehört weder zu den durch § 2 Abs. 3 erfassten, in die Handwerksrolle oder das Verzeichnis der zulassungsfreien handwerklichen bzw. handwerksähnlichen Gewerbe aufzunehmenden Betrieben, noch ist sie ein „Betriebsteil“ der KG im Sinne des § 2 Abs. 3 (VG Saarland GewArch 2001, 296; VG Chemnitz vom 17. 2. 2004 – 8 K 251/04). Das Gleiche gilt für den Sonderfall, dass die öffentliche Hand als Eigenbetrieb einen Handwerksbetrieb unterhält (§ 2 Nr. 1 HwO); auch hier besteht nur die Zugehörigkeit zur Handwerkskammer. Soweit die Pflichtzugehörigkeit zur Handwerkskammer reicht, scheidet eine Pflichtzugehörigkeit zur IHK aus. b) Mischbetriebe
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§ 2 Abs. 3 erfasst nach seinem Wortlaut in erster Linie die gemischten Betriebe, wenn ein handwerklicher, zulassungsfreier 218
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handwerklicher oder handwerksähnlicher Betrieb auch sonstige gewerbliche Tätigkeiten ausübt. Dies führt – bezogen auf das Gesamtunternehmen – zur Doppelmitgliedschaft bei Handwerkskammer wie Industrie- und Handelskammer, mag der Betrieb im Handelsregister einzutragen sein oder nicht. Das Gesetz verwirklicht damit konsequent den Grundsatz, dass alle Gewerbetreibenden, soweit es sich nicht um die Zuständigkeit der Handwerkskammern handelt, der IHK angehören. Lediglich die Beitragspflicht ist wegen der Doppelmitgliedschaft in § 3 Abs. 4 Satz 1 modifiziert worden. c) Handwerkliche Nebenbetriebe Einen Sonderfall bilden die handwerklichen Nebenbetriebe, die nach § 2 Nr. 3 i.V.m. § 3 HwO in die Handwerksrolle eingetragen werden und insoweit die Pflichtzugehörigkeit zur HWK begründen (s. zur älteren Rechtsprechung die Nachweise 6. Aufl., § 2 Rz. 123). In diesem Eintragungsverfahren wird auch entschieden, ob überhaupt ein handwerklicher Nebenbetrieb (§ 3 Abs. 1 HwO) vorliegt, ob es sich um einen unerheblichen Nebenbetrieb (§ 3 Abs. 2 HwO) oder um einen handwerklichen Hilfsbetrieb (§ 3 Abs. 3 HwO) handelt. Diese Entscheidung ist für die IHK verbindlich und kann von ihr nur in dem spezifisch handwerksrechtlichen Verfahren angefochten werden. Für die einzelnen Handwerke existiert hier eine umfangreiche Rechtsprechung, inwieweit wesentliche handwerkliche Teiltätigkeiten in einem Nebenbetrieb durchgeführt werden; im Einzelnen ist vieles umstritten, ohne dass dies hier dargestellt werden kann. Im Kern handelt es sich stets um die Frage, inwieweit Kundendienst, Montage und Servicefunktionen wegen der Eigenart ihrer Tätigkeit einen handwerklichen Nebenbetrieb oder gar Hilfsbetrieb darstellen (siehe seit 2004 § 3 Abs. 3 HwO) oder ob es sich nur um unwesentliche Teiltätigkeiten eines Handwerks handelt (siehe zu den unwesentlichen Teiltätigkeiten eines Handwerks VG Arnsberg GewArch 2007, 426; LG Mainz GewArch 2007, 123; ferner die älteren Rechtsprechungsnachweise s. 6. Aufl., § 2 Rz. 123).
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Die Einordnung als handwerklicher Hilfsbetrieb (§ 3 Abs. 3 HwO) liegt zwar in vielen Fällen nahe (VG Augsburg vom 24. 7. 1991 – 4 K 89 A 1548 – Hilfsbetrieb im Konzern), scheitert aber oft an der sehr engen Definition des Hilfsbetriebes. Leistungen an Dritte
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sind bei einem Hilfsbetrieb seit der HwO-Novelle ab 2004 in einem Umfang freigestellt, wie er den heutigen Vertriebspraktiken entspricht. Kundendienst, Montage und Service fallen in der Regel unter diesen Begriff des Hilfsbetriebes. 125
Daneben geht es darum, ob der Schwerpunkt beim Handwerksbetrieb liegt oder ob bei einer hauptsächlich nichthandwerklichen Tätigkeit nur ein handwerklicher Nebenbetrieb vorliegt; entscheidend war früher das Umsatzverhältnis (BVerwG DÖV 1983, 598). Seit der HwO-Novelle ist seit 2004 für die Unerheblichkeitsgrenze beim Nebenbetrieb nur noch die Zeitkomponente (Arbeitszeit eines in Vollzeit arbeitenden Einmannbetriebes) maßgeblich, die Umsatzkomponente ist entfallen (§ 3 Abs. 2 HwO). Schließlich gibt es auch eine Überschneidung von handwerklichen und gewerblichen Berufsbildern, die nach § 1 Abs. 2 HwO dazu führt, dass die gemeinsamen Tätigkeiten nicht mehr zum Kern- und Vorbehaltsbereich eines Handwerks gehören.
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In allen Fällen eines handwerklichen Nebenbetriebs ist schon begrifflich stets ein Hauptbetrieb vorausgesetzt, dessen Pflichtzugehörigkeit zur IHK sich nach § 2 Abs. 1 richtet. Der Wortlaut von § 2 Abs. 3 ist so weit gefasst, dass darunter auch IHK-zugehörige Unternehmen fallen, die einen handwerklichen Nebenbetrieb unterhalten und deswegen in die Handwerksrolle eingetragen sind; sie gehören insoweit auch der Handwerkskammer an.
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Den Begriff des handwerksähnlichen Nebenbetriebs gibt es nicht, da § 20 HwO bewusst von einer Verweisung auf die §§ 2, 3 HwO absieht (OVG Koblenz GewArch 1992, 146). Soweit ein kammerzugehöriges Unternehmen auch handwerksähnliche Nebentätigkeiten ausübt, bleibt es für den Gesamtbetrieb bei der alleinigen Pflichtzugehörigkeit zur IHK, soweit nicht § 90 Abs. 3 HwO eingreift. d) Auswärtige Betriebsstätten
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Diese Grundsätze gelten auch, wenn handwerkliche Betriebe, zulassungsfreie handwerkliche, handwerksähnliche Betriebe und Mischbetriebe Betriebsstätten in einem anderen Kammerbezirk unterhalten (vgl. zur Handwerksrolleneintragung von Zweigniederlassungen Schlarmann, DVBl. 1999, 375). Handwerkliche Zweigbetriebe in einem anderen Handwerkskammerbezirk wer220
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den dort in die Handwerksrolle eingetragen (VG Ansbach GewArch 1990, 99; Honig, GewArch 1988, 49; ferner die älteren Nachweise 6. Aufl., § 2 Rz. 128). Filialen in demselben Handwerkskammerbezirk werden dagegen nicht erneut eingetragen, da die Handwerksrolleneintragung personenbezogen ist (OVG Koblenz GewArch 1987, 306). Damit scheiden bei Handwerksrolleneintragung auch bloße Verkaufsstellen sowie Geräte- und Vorratslager für die Pflichtzugehörigkeit zur IHK aus, mögen sie im gleichen Handwerkskammerbezirk oder in einem anderen liegen; sie gehören zur Handwerkskammer (BVerwG GewArch 1974, 474; OVG Koblenz GewArch 1983, 194; Dorn, GewArch 1972, 205; Honig, GewArch 1988, 49). Wenn ein Mischbetrieb eine Betriebsstätte in einem anderen Kammerbezirk unterhält, kommt es für die dortige Kammerzugehörigkeit darauf an, ob in dieser Betriebsstätte auch nichthandwerkliche Tätigkeiten entfaltet werden; nur dann besteht die Pflichtzugehörigkeit zur IHK. Im Fall eines handwerklichen Mischbetriebes begründet deshalb auch eine auswärtige (nichthandwerkliche) Verkaufsstelle, für die keine Handwerksrolleneintragung besteht, die IHK-Zugehörigkeit gemäß § 2 Abs. 3 (VG Bremen vom 8. 6. 2006 – 2 K 1429/05; VG Würzburg GewArch 1995, 296 (dort Kammerzugehörigkeit nach § 2 Abs. 3 bejaht, jedoch Beitragspflicht nach § 3 Abs. 4 verneint); Jahn, GewArch 1995, 457, 463). Auf diesen Grundsätzen baut auch die Beitragsveranlagung auf.
10. Ausnahmen für landwirtschaftliche Genossenschaften § 2 Abs. 4 nimmt bestimmte landwirtschaftliche Genossenschaften von der Kammerzugehörigkeit aus. In der Regel sind solche Genossenschaften allerdings schon wegen Abs. 1 nicht kammerzugehörig, weil sie nach § 3 Nr. 8 GewStG nicht der Gewerbesteuer unterliegen (Abschn. 27 GewStR 1998); diese Vorschrift stimmt wörtlich mit § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG überein, so dass auch die Körperschaftsteuerrichtlinien anzuwenden sind (R 20-24 KStR 2004). Daneben gibt es eine eng definierte Steuerbefreiung für land- und forstwirtschaftliche Genossenschaften nach § 3 Nr. 14 (Abschn. 30 GewStR 1998; zur inzwischen ausgelaufenen Sonderregelung für die früheren LPG im Beitrittsgebiet siehe Abschn. 34a GewStR 1991). Das Gesetz fasst im Hinblick auf die Entwicklung des landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens diese Ausnahme jedoch weiter und nimmt wegen der Nichtmitgliedergeschäfte Jahn
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auch gewerbesteuerpflichtige Genossenschaften aus, solange sie insgesamt der Landwirtschaft näher stehen als der gewerblichen Wirtschaft (vgl. zur Entstehungsgeschichte 2. Aufl., 137, 138). Deshalb war das Gesetz gezwungen, den Oberbegriff der landwirtschaftlichen Genossenschaften selbst zu definieren und abzugrenzen; Voraussetzung bleibt in jedem Fall die Rechtsform der Genossenschaft (Gesetz betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in der Fassung vom 19. 8. 1994 – BGBl. I, 2202 mit Folgeänderungen). a) Ländliche Kreditgenossenschaften 130
In Abs. 4a werden zunächst die ländlichen Kreditgenossenschaften erwähnt, praktisch die Raiffeisenkassen. Diese Ausnahme hat auch rechtliche Bedeutung, weil Kreditgenossenschaften stets gewerbesteuerpflichtig sind und nach Wegfall früherer Steuervergünstigungen auch in vollem Umfange zur Gewerbesteuer herangezogen werden.
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Der Begriff der Kreditgenossenschaften setzt zunächst voraus, dass Bankgeschäfte im Sinne des Kreditwesensgesetzes betrieben werden und bankfremde Geschäfte – z.B. als Warengeschäft – von untergeordneter Bedeutung bleiben. Das Nichtmitgliedergeschäft – nach Streichung von § 8 Abs. 2 GenG zulässig – ist kammerrechtlich unerheblich. Die Beschränkung auf den landwirtschaftlichen Charakter liegt vielmehr darin, dass die Mitglieder der Genossenschaft „überwiegend“ Landwirte sein müssen; die Landwirte müssen also mehr als 50 % der Mitglieder stellen, ungeachtet der Zahl der Geschäftsanteile und der Höhe ihrer Geschäftsguthaben. Als Landwirt sind dabei nicht nur die Inhaber landwirtschaftlicher Vollerwerbsbetriebe anzusehen, sondern auch Landwirte im Nebenerwerb (VGH Mannheim GewArch 1993, 494). In der Praxis wird dieser Prozentsatz durch Auskunft der Genossenschaften und Einsicht in das Genossenschaftsregister geklärt und bedarf einer Überprüfung in regelmäßigen Abständen, insbesondere wenn sich durch den Zusammenschluss von Volks- und Raiffeisenbanken die Zusammensetzung der Genossenschaft ändert.
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Der Zusatz „ländlich“ ist als Pleonasmus anzusehen und wurde wohl deshalb gebraucht, um nicht mehrfach das Wort „landwirtschaftlich“ zu benutzen. Für die Auslegung hat dieser Zusatz kei222
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Ausnahmen für landwirtschaftliche Genossenschaften
ne Bedeutung, sondern weist allenfalls darauf hin, dass landwirtschaftliche Kreditgenossenschaften fast ausschließlich ihren Sitz in Landgemeinden und Kleinstädten haben. Der Wortlaut von Abs. 4a ergibt im Übrigen eindeutig, dass Zentralkassen (vgl. zum Begriff den früheren Abschn. 73 KStR 1977) von der Kammerzugehörigkeit nicht ausgenommen sind. Ihre Mitglieder sind nicht Landwirte, sondern andere Genossenschaften. Zentralkassen fallen auch nicht unter die Ausnahme in Abs. 4c.
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b) Landwirtschaftliche Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften Die Ausnahme in Abs. 4b geht bei den landwirtschaftlichen Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften über die steuerlichen Abgrenzungen in § 3 Abs. 8 GewStG und § 5 Abs. 1 Nr. 14 KStG insofern hinaus, als ihre Tätigkeit nur „überwiegend“ der gemeinsamen Nutzung landwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen, der Versorgung der Landwirtschaft ihrer Mitglieder mit Betriebsmitteln oder dem Absatz oder der Lagerung wirtschaftlicher Erzeugnisse ihrer Mitglieder zu dienen braucht. Es schadet also kammerrechtlich nicht, wenn das Nichtmitgliedergeschäft oder ein sonstiger Zweck (Hilfs- und Nebengeschäfte im steuerlichen Sinne) verfolgt wird, solange die Umsätze aus diesen Betätigungen nicht den überwiegenden Anteil ausmachen. Die entscheidende kammerrechtliche Abgrenzung liegt vielmehr darin, ob sich bei Verwertungsgenossenschaften die überwiegende Be- oder Verarbeitung nach der Verkehrsauffassung noch im Bereich der Landwirtschaft hält. Diese Einschränkung ist wiederum dem Steuerrecht entnommen und wird anhand zahlreicher Beispiele und Einzelheiten in den Abschnitten R 20 Abs. 6, H 20 KStR 2004 erläutert. Im Großen und Ganzen gilt der Grundsatz, dass eine Beoder Verarbeitung sich noch im Bereich der Landwirtschaft hält, wenn sie nach der Art der hergestellten Erzeugnisse in etwa auch in einem landwirtschaftlichen Betrieb selbst erfolgen könnte.
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Kammerrechtlich ist hier also eine „Korrektur“ des Gewerbesteuerrechts für landwirtschaftliche Genossenschaften erfolgt. Auch wenn sie infolge des Nichtmitgliedergeschäfts oder wegen Nebengeschäften gewerbesteuerpflichtig werden (Abschn. R 20 Abs. 6 KStR 2004), bleiben sie bei einem überwiegend landwirtschaftli-
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Kammerzugehörigkeit
chen Genossenschaftszweck von der Kammerzugehörigkeit ausgenommen. Diese Ausnahme verstößt auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 GG), weil die mit ihnen konkurrierenden Gewerbetreibenden kammerzugehörig sind. In der Praxis werden diese Voraussetzungen durch Auskunft der Genossenschaft über die Verteilung ihrer Umsätze geklärt, wozu § 3 Abs. 3 Satz 8 eine Auskunftspflicht vorsieht. c) Zentralgenossenschaften 136
Für Zusammenschlüsse von Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften bringt Abs. 4c (zuletzt redaktionell geändert durch die Neunte ZuständigkeitsanpassungsV vom 31. 10. 2006, BGBl. I, 2406) schließlich eine Sonderregelung. Der Gesetzgeber hat damit der Tatsache Rechnung getragen, dass Zentralgenossenschaften mit den landwirtschaftlichen Betrieben nicht mehr unmittelbar verbunden sind und dass bei ihnen – zumindest von einer gewissen Größe ab – das Schwergewicht auf der gewerblichen Betätigung liegt, sie dann aber auch als Handelsunternehmen kammerzugehörig sein sollen. Die vorgesehene Abgrenzung nach der Größe ist durch die Verordnung vom 6. 1. 1958 (BGBl. I, 48) erfolgt und nimmt landwirtschaftliche Zentralgenossenschaften von der Kammerzugehörigkeit aus, solange ihr Eigenkapital den Betrag von 3,5 Mio. DM nicht erreicht (vgl. Wortlaut der VO vom 6. 1. 1958 [BGBl. I, 48]). Im Einzelnen müssen folgende Voraussetzungen für die Ausnahme erfüllt sein:
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Der Zusammenschluss muss ebenfalls die Rechtsform einer Genossenschaft haben. Wenn sich Genossenschaften in der Rechtsform einer AG oder GmbH zusammenschließen, was im Zuge von Umwandlungen und der zunehmenden Konzentration im gesamten Genossenschaftswesen immer häufiger vorkommt, ist der in Abs. 4 verwandte Oberbegriff „Genossenschaft“ nicht mehr erfüllt, und es tritt die Kammerzugehörigkeit wie bei anderen Kapitalgesellschaften gemäß Abs. 1 ein. Der Zentralgenossenschaft dürfen weiterhin nur landwirtschaftliche Genossenschaften angehören, die nach Abs. 4b nicht kammerzugehörig sind. Die Zentralgenossenschaft wird deshalb unabhängig von ihrer Größe kammerzugehörig, sobald auch nur eine der Mitgliedsgenossenschaften kammerzugehörig ist. Schließlich muss das Eigenkapital unter 3,5 Mio. DM (rd. 1,84 Mio. Euro) bleiben, wobei an § 337 224
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§2
Ausnahmen für gemeindliche Eigenbetriebe
HGB, und zwar an die Passivposten (Geschäftsguthaben und Ergebnisrücklagen) anzuknüpfen ist; der Eigenkapitalbegriff des Kreditwesengesetzes ist auf Kreditgenossenschaften abgestellt und kann bei Zentralgenossenschaften landwirtschaftlicher Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaften nicht herangezogen werden.
11. Ausnahmen für gemeindliche Eigenbetriebe § 2 Abs. 5 nimmt die Eigenbetriebe von Gemeinden und Gemeindeverbänden von der Kammerzugehörigkeit aus, eröffnet ihnen jedoch die Möglichkeit des freiwilligen Kammerbeitritts.
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a) Eigenbetrieb Der Begriff des Eigenbetriebs ist dem Gemeinderecht entnommen und bezeichnet gewerbliche Unternehmen, die von Gemeinden und Gemeindeverbänden in rechtlich unselbständiger Form als Teil ihrer Verwaltung betrieben werden (vgl. § 114 GO NW). Meist handelt es sich um Versorgungsbetriebe für Energie, Gas, Wasser oder Wärme („Stadtwerke“), um Verkehrsunternehmen oder Hafenbetriebe, die der Gewerbesteuerpflicht unterliegen, selbst wenn sie mit Zwangs- oder Monopolrechten ausgestattet sind (§ 2 Abs. 1 GewStDV; Abschn. 17 GewStR); sie erfüllen alle Voraussetzungen des Abs. 1 und werden nur durch Abs. 5 ausgenommen. Wenn Gemeinden dagegen diese Unternehmen in der selbständigen Rechtsform einer AG oder GmbH führen, greift Abs. 5 nicht ein; sie sind stets nach Abs. 1 kammerzugehörig. Ebenso kammerzugehörig sind „Kommunalunternehmen“ nach dem bayr. Gesetz vom 26. 7. 1995 (GVBl. 376; dazu Baum NVwZ 1996, 557).
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Zu unterscheiden sind dabei noch die so genannten Hoheitsbetriebe (z.B. Schlachthöfe, Friedhöfe, Müllabfuhr), die überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen, deshalb nicht als Gewerbe anzusehen sind und infolgedessen nach § 2 Abs. 2 GewStG auch nicht der Gewerbesteuerpflicht unterliegen; hier kommt eine Kammerzugehörigkeit schon nach Abs. 1 nicht in Betracht.
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Ebenso scheiden bloße Regiebetriebe für die Kammerzugehörigkeit aus, weil sie lediglich der Deckung des eigenen Behördenbe-
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§2
Kammerzugehörigkeit
darfs dienen und nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnehmen (zum Begriff Stober, Handbuch des Wirtschaftsverwaltungsrechts, 853; § 107 Abs. 2 Nr. 4 GO NW). b) „Gemeindlich“ 142
Die Begriffe „Gemeinde“ und „Gemeindeverbände“ sind ebenfalls dem Gemeinderecht zu entnehmen und umfassen auch Landkreise und Landschaftsverbände (vgl. für das Land NordrheinWestfalen: Kreisordnung vom 14. 7. 1994 (GVBl. 646); Landschaftsverbandsordnung i.d.F. vom 14. 7. 1994 (GVBl. 657) und Kommunalverband Ruhrgebiet vom 14. 7. 1994 (GVBl. 640). Dagegen gehören nicht mehr dazu die Zweckverbände, die von Gemeinden oder Gemeindeverbänden nur für einzelne Aufgaben gegründet werden und oft auch Eigenbetriebe unterhalten; Zweckverbände sind nach der Terminologie des Gemeinderechts keine Gemeindeverbände und deshalb kammerzugehörig (OVG Koblenz NVwZ 1988, 1145; VG Regensburg vom 8. 12. 1997 – RO 5 K 97.01262).
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Die Ausnahmevorschrift gilt auch nicht für Eigenbetriebe des Bundes und der Länder. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Wortlaut und der Notwendigkeit, Ausnahmebestimmungen eng auszulegen. Dafür spricht vor allem auch, dass nur die Gemeindeordnungen eine Beschränkung der Eigenbetriebe auf Zwecke der Daseinsvorsorge sichern. Darin wird nämlich vorgeschrieben, dass ein dringender öffentlicher Zweck das Unternehmen erfordert und dass dieser Zweck durch andere Unternehmen nicht besser oder wirtschaftlicher erfüllt werden kann. Für Bund und Länder fehlt diese Beschränkung ihrer gewerblichen Tätigkeit, so dass für deren Eigenbetriebe auch keine Ausnahme berechtigt ist. Sie sind stets kammerzugehörig (VG Wiesbaden vom 16. 8. 1960 – 111/2–655/69 – für ein staatliches Kurhotel; VG Freiburg vom 6. 7. 1983 – 1 K 141/82 – für staatliche Bäderverwaltung; OVG Koblenz vom 11. 12. 1985 – 6 A 102/84).
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Schließlich gilt die Ausnahme für kommunale Eigenbetriebe nach ihrem Wortlaut auch nicht für Eigenbetriebe von Nichtgebietskörperschaften oder Anstalten, beispielsweise gewerbesteuerpflichtige Unternehmen von Wasserverbänden oder Rundfunk- und Fernsehanstalten. In diesen Fällen wird allerdings meist auch von vornherein die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft gewählt. 226
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§2
Rechtsschutz
c) Freiwilliger Beitritt Das Gesetz eröffnet jedoch den Gemeinden und Gemeindeverbän- 145 den wegen ihrer Eigenbetriebe den freiwilligen Beitritt zur IHK. Die Kammerzugehörigkeit tritt damit ein, wenn eine entsprechende Beitrittserklärung abgegeben wird. Kammerzugehörig ist dann die Gemeinde oder der Gemeindeverband als juristische Person des öffentlichen Rechts (Gebietskörperschaft), nicht aber der Eigenbetrieb. Deshalb ist es auch nicht möglich, dass eine Gemeinde oder ein Gemeindeverband nur mit einzelnen Eigenbetrieben der IHK beitritt; der Beitritt einer Gemeinde oder eines Gemeindemitgliedes gilt deshalb immer für alle ihre Eigenbetriebe. Mit dem Beitritt erwerben die Gemeinden oder der Gemeindeverband die gleichen Rechte wie alle anderen Kammerzugehörigen und übernehmen die gleichen Pflichten; Wahlrecht, Wählbarkeit und Beitragspflicht richten sich nach den Statuten der Kammer, ohne dass Sondervereinbarungen möglich wären. Aus der Möglichkeit eines freiwilligen Kammerbeitritts ergibt sich konsequent auch die Austrittsmöglichkeit. Die Mehrzahl der Kammersatzungen regelt dies in einer besonderen Bestimmung, wonach zum Schluss eines Haushaltsjahres mit sechsmonatiger Frist der Austritt erklärt werden kann.
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Für den freiwilligen Kammerbeitritt kommt es nicht darauf an, ob der Eigenbetrieb im Handelsregister eingetragen ist oder nicht. Nachdem § 36 HGB ersatzlos gestrichen worden ist, besteht eine Eintragungspflicht. Wie sich aus dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ergibt, ist die freiwillige Beitrittsmöglichkeit – abgesehen von den Fällen des § 13a – auf Gemeinden und Gemeindeverbände beschränkt. Wer die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 bis 4 für den gesetzlichen Erwerb der Kammerzugehörigkeit nicht erfüllt, kann der IHK also nicht freiwillig beitreten.
12. Rechtsschutz Die Kammerzugehörigkeit als öffentlich-rechtliches Verhältnis wird in der Regel nur als Vorfrage streitig sein, wenn es um Wahlrecht oder Wählbarkeit, vor allem aber um die Beitragsveranlagung geht. Im Wahlrecht sind dabei erst die kammerinternen
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§3
Status, Beiträge und Gebühren
Rechtsbehelfe der Wahlordnung auszuschöpfen, ehe Widerspruch und Klage zulässig sind. Bei der Beitragsveranlagung sind Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid gegeben. Wenn die Kammerzugehörigkeit verneint wird, sind etwaige Beiträge zurückzuerstatten (OVG Hamburg DVBl. 1969, 409). Statt einer Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid ist zur verwaltungsgerichtlichen Klärung der Kammerzugehörigkeit auch eine Feststellungsklage statthaft. Denn die Frage, ob eine Person „kammerzugehörig“ nach § 2 Abs. 1 IHKG ist, betrifft ein im Vorfeld des IHK-Beitragsbescheides feststellungsfähiges Rechtsverhältnis gemäß § 43 Abs. 1 VwGO (OVG Hamburg vom 4. 3. 2005 – 1 Bf 481/03; VGH Mannheim vom 23. 9. 1997 – 9 S 1744/96; VG München vom 24. 3. 1998 – M 16 K 97.1064; VG Koblenz vom 12. 1. 1998 – 3 K 1706/97.KO; VG Gießen vom 22. 4. 1997 – 8 E 23/95 (2)).
3
(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.
(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. (3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Nicht in das Handelsregister eingetragene natürliche Personen und Personengesellschaften, deren Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder, soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, deren nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5200 Euro nicht übersteigt, sind vom Beitrag freigestellt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen 228
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§3
Status, Beiträge und Gebühren
Rechtsbehelfe der Wahlordnung auszuschöpfen, ehe Widerspruch und Klage zulässig sind. Bei der Beitragsveranlagung sind Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid gegeben. Wenn die Kammerzugehörigkeit verneint wird, sind etwaige Beiträge zurückzuerstatten (OVG Hamburg DVBl. 1969, 409). Statt einer Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid ist zur verwaltungsgerichtlichen Klärung der Kammerzugehörigkeit auch eine Feststellungsklage statthaft. Denn die Frage, ob eine Person „kammerzugehörig“ nach § 2 Abs. 1 IHKG ist, betrifft ein im Vorfeld des IHK-Beitragsbescheides feststellungsfähiges Rechtsverhältnis gemäß § 43 Abs. 1 VwGO (OVG Hamburg vom 4. 3. 2005 – 1 Bf 481/03; VGH Mannheim vom 23. 9. 1997 – 9 S 1744/96; VG München vom 24. 3. 1998 – M 16 K 97.1064; VG Koblenz vom 12. 1. 1998 – 3 K 1706/97.KO; VG Gießen vom 22. 4. 1997 – 8 E 23/95 (2)).
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(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.
(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. (3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Nicht in das Handelsregister eingetragene natürliche Personen und Personengesellschaften, deren Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder, soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, deren nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5200 Euro nicht übersteigt, sind vom Beitrag freigestellt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen 228
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§3
Status, Beiträge und Gebühren
sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrieund Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden. (4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb Jahn
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§3
Status, Beiträge und Gebühren
nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird. (5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben. (6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen. (7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlass und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln. (7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsät230
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§3
Status, Beiträge und Gebühren
ze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt. (8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind – für die Verjährung die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen, – für die Einziehung und Beitreibung die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden. Rz. 1. a) b) c)
Körperschaftsstatus . . . . . . . . Körperschaftsrecht . . . . . . . . . Behördenbegriff . . . . . . . . . . . . Insolvenzverfahren. . . . . . . . .
1 3 7 9
2. Dienstherrenfähigkeit . . . . . . 10 a) Kammerbeamte . . . . . . . . . . . 10 b) Kammerangestellte . . . . . . . . 14 3. Haushaltsrecht, Doppik . . . . a) Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Finanzstatut. . . . . . . . . . . . . . . c) Wirtschaftsplan. . . . . . . . . . . . d) Wirtschaftssatzung . . . . . . . . e) Rechnungsprüfung . . . . . . . . .
16
17 22 22 34 39
4. Beiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 a) Entwicklung des Beitragsrechts in den Jahren 1999 bis 2008. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Rz. b) Rechtsnatur des IHKBeitrags. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Grundbeitrag. . . . . . . . . . . . . . . d) Umlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Zerlegungsanteil . . . . . . . . . . . f) Feststellung der Gewerbesteuerpflicht und Ermittlung der Gewerbeerträge . . . . . . . . . 5. Ausnahmen bei Grundbeitrag und Umlage . . . . . . . . . . . a) Beitragsbefreiung für Kleinunternehmen . . . . . . . . . . . . . . b) Beitragsbefreiung von Existenzgründern. . . . . . . . . . . . . . . c) Reduzierung der Befreiungsgrenzen durch Vollversammlungsbeschluss . . . . . . . . . . . . . d) Grundbeitragsermäßigung für Komplementär- und Tochtergesellschaften . . . . . . .
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43 48 58 67
70 74 74 76
76
80
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§3
Status, Beiträge und Gebühren
e) Umlagefreibetrag für natürliche Personen und Personengesellschaften . . . . . f) Handwerkliche Mischbetriebe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Apotheker . . . . . . . . . . . . . . . . h) Angehörige freier Berufe . . . . i) Landwirtschaft . . . . . . . . . . . .
Rz.
Rz.
82
a) Gebührentatbestände . . . . . . 123 b) Gebührenordnung . . . . . . . . . 125 c) Staatliche Gebührenregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130
85 97 100 106
6. Beitragsordnung . . . . . . . . . . . 110 7. a) b) c)
Sonderbeiträge. . . . . . . . . . . . . Voraussetzungen. . . . . . . . . . . Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonderbeitragsordnung . . . . .
9. Erhebung, Einziehung und Beitreibung . . . . . . . . . . . . . . . a) Erhebung . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Einziehung und Beitreibung c) Erlass, Niederschlagung, Stundung . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Verweisungen . . . . . . . . . . . . .
132 133 136 142 146
114 116 118 120
10. Verjährung von Kammerbeiträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148
8. Gebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . 122
11. Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . . 154
Literaturauswahl: Franz, Handbuch des Kammerrechts, 2005, 323; Jahn, GewArch 2004, 41; Jahn, GewArch 2005, 169, 221; Jahn, GewArch 2007, 353; Jahn, GewArch 2008, 137; Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 2005, 109; Stober, Industrie- und Handelskammern, 100; Tettinger, Kammerrecht, 104.
1. Körperschaftsstatus 1
Das Gesetz erklärt in § 3 Abs. 1 die Industrie- und Handelskammer ausdrücklich zu einer Körperschaft öffentlichen Rechts und folgt damit der traditionellen Auffassung (vgl. 2. Aufl., 148). Diese wurde vom Deutschen Bundestag am 2. 4. 1998 durch die Annahme eines Entschließungsantrags der Fraktionen CDU/CSU, SPD und F.D.P. (BT-Drs. 13/10297; Protokoll der 227. Sitzung, 13. Wahlperiode des Deutschen Bundestages, 20901) noch einmal bekräftigt: „Der Deutsche Bundestag hält Kammern in der Form öffentlich-rechtlicher Körperschaften mit Pflichtmitgliedschaft als Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft für weiterhin erforderlich und sachgerecht. Sowohl die Rechtsform als auch die daraus folgende gesetzliche Mitgliedschaft aller Kammerzugehörigen sind Konsequenz der den Kammern übertragenen hoheitlichen Tätigkeiten sowie der Aufgabe, das Gesamtinteresse der Wirtschaft im Kammerbezirk wahrzunehmen“. Die Bundesregie232
Jahn
§3
Körperschaftsstatus
rung hat nachfolgend in Anknüpfung an einen früheren Bericht (BT-Drs. 14/9175) auch im Jahr 2004 nochmals bekräftigt, dass sie die IHKs in der Form öffentlich-rechtlicher Körperschaften mit Pflichtmitgliedschaft als Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft nach wie vor für sachgerecht und erforderlich hält (BTDrs. 15/3265). Auch die deutschen Wirtschafts- und Berufskammern haben sich nachfolgend in einer „Charta der funktionalen Selbstverwaltung durch Wirtschafts- und Berufskammern“ zu den Prinzipien der funktionalen Selbstverwaltung – und damit auch zum Status der Körperschaft öffentlichen Rechts – als Gewähr für einen leistungsfähigen und bürgernahen Verfassungsstaat bekannt (Text der Charta unter www.kammerrecht.de). Die einzelne IHK erwirbt den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts mit ihrer Gründung, sei es durch Verwaltungsakt aufgrund eines Gesetzes oder unmittelbar kraft Gesetzes. Bei der Umbildung früherer privatrechtlicher Kammern wurde der Körperschaftsstatus durch Verleihung erworben (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 1; Tettinger, Kammerrecht, 104; ferner die Nachweise aus der älteren Literatur 6. Aufl., § 3 Rz. 2).
2
a) Körperschaftsrecht Damit ist der IHK im staatlichen Organisationsgefüge ein klar umrissener Platz zugewiesen, aus dem sich zahlreiche rechtliche Konsequenzen ergeben. Im Rahmen des Gesetzes finden die allgemeinen Grundsätze des Körperschaftsrechts Anwendung, wie sie in der Verwaltungslehre zum Organisationsrecht entwickelt (vgl. Huber, 182) und teilweise im Landesverwaltungsgesetz für das Land Schleswig-Holstein in der Fassung vom 3. 10. 1986 (GVBl. 209) kodifiziert worden sind; dort werden generell für alle Nichtgebietskörperschaften die Errichtung und Aufhebung, das Satzungsrecht und die Staatsaufsicht behandelt (§§ 37 bis 40, 50 bis 52, 65 bis 70). Ebenso gelten damit für die IHKs alle bundesund landesrechtlichen Vorschriften, die generell die Körperschaften öffentlichen Rechts einbeziehen. In der Regel wird dann von den „sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts“ gesprochen (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG des Bundes); verkürzt werden die IHKs oft auch als „landesunmittelbare Körperschaften“ bezeichnet, was jedoch den irrigen Eindruck einer Einordnung in die unmittelbare Jahn
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§3
Status, Beiträge und Gebühren
Staatsverwaltung und eines staatlichen Weisungsrechts erweckt. Bei landesrechtlichen Vorschriften bleibt jedoch stets der Vorrang des IHKG als Bundesrecht zu prüfen, was beispielsweise seinerzeit zum Wegfall der Fachaufsicht nach dem früheren Berliner Berufsbildungsgesetz (BVerwG DVBl. 1961, 449) oder auch zur Nichtanwendung eines Landesverkündungsgesetzes (OVG Koblenz GewArch 1989, 20) oder zur Nichtanwendbarkeit des staatlichen Haushaltsrechts auf die Rechnungsprüfung der IHKs in Bayern (VGH München GewArch 2008, 72, Revision unter BVerWG 6 C 2/08) geführt hat. Auch andere landesrechtliche Eingriffe in Autonomie, Organisation oder Aufgabenkreis der Kammern werden dadurch ausgeschlossen, dass Bundesrecht nach Art. 31 GG den Vorrang hat. 4
Wenn die Kammern in diesem Zusammenhang oft zur „mittelbaren Staatsverwaltung“ gerechnet werden, so wird dieser staatsrechtliche Begriff ihrem Charakter als Selbstverwaltungskörperschaften doch wenig gerecht. Er beruht auf dem rechtsstaatlichen Grundsatz der Einheit der Staatsgewalt, wonach Körperschaftsstatus und hoheitliche Befugnisse nur vom Staat übertragen werden können, verkennt aber, dass bei Selbstverwaltungskörperschaften – abgesehen von § 1 Abs. 4 – im Schwerpunkt keine Übertragung originär staatlicher Aufgaben stattfindet, sondern eine öffentlichrechtliche Anerkennung eigener Aufgaben; beispielsweise kann die Beratung gegenüber staatlichen Instanzen keine ursprüngliche und übertragungsfähige Staatsaufgabe sein. Darüber hinaus suggeriert der Begriff der mittelbaren Staatsverwaltung eine Einordnung in einen staatlichen Verwaltungsaufbau, der gerade bei Selbstverwaltungskörperschaften nicht gegeben ist; insbesondere gibt es bei ihnen keine Fachaufsicht mit Weisungsrechten, sondern nur eine Rechtsaufsicht (Stober, Industrie- und Handelskammern, 101; Tettinger, Kammerrecht, 129; Kluth, DÖV 2005, 368; Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 109).
5
In neuerer Zeit gab es vereinzelte Vorschläge, die IHKs statt in der Rechtsform öffentlich-rechtlicher Körperschaften auf privatrechtlicher Basis zu organisieren und sie mit hoheitlichen Aufgaben zu beleihen (so der Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 8. 11. 1996 – BT-Drs. 13/6063). Dem kann zwar nicht – wie bei den Gemeinden – eine verfassungsrechtliche Absicherung des Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 GG) entgegengehalten werden. Eine derartige Änderung der Rechtsform der IHKs würde 234
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Körperschaftsstatus
jedoch eine Schmälerung der den Mitgliedern der gegenwärtigen Industrie- und Handelskammern zugewiesenen demokratischen Partizipationsrechte bedeuten, was wiederum nur bei Beachtung des Willkürverbots und damit bei Vorliegen einer die Statusänderung tragenden Begründung zulässig wäre. Insoweit genießen die Kammern einen aus dem Demokratieprinzip in Verbindung mit dem Willkürverbot abgeleiteten relativen verfassungsrechtlichen Bestandsschutz (Kluth, Verfassungsfragen, 51), der bereits heute im Landesrecht (Art. 57 Abs. 1 Nds. Verf.; Art. 71 Abs. 1 BW Verf.) seinen Niederschlag gefunden hat (Kluth, Handbuch des Kammerrechts, 109, 114). Abgesehen davon würde die Übertragung der von den IHKs derzeit in Selbstverwaltung wahrgenommenen Aufgaben auf Institutionen mit privatrechtlicher Organisationsform im Wege der Beleihung einen Übergang von der bloßen Rechtsaufsicht auf die Fachaufsicht und dementsprechend detailliertere Vorgaben des Gesetzgebers erfordern. Eine derartige Entwicklung stände im Gegensatz zur weithin verlangten Deregulierung des Wirtschaftsverwaltungsrechts. Gornig weist zutreffend darauf hin, dass es den wirtschaftlichen Freiheitsrechten dient, wenn die Gewerbetreibenden eines Bezirks die Schwerpunkte der Kammerarbeit selbst bestimmen. Die Pflichtmitgliedschaft liege damit im Interesse einer Wirtschaftsform, die darauf abziele, den Unternehmen größtmögliche wirtschaftliche Freiheit zu garantieren, aber auch die soziale Komponente angemessen zu berücksichtigen (Gornig, WiVerw 1998, 157, 174).
6
b) Behördenbegriff Die IHK als öffentlich-rechtliche Körperschaft ist Träger öffentlicher Verwaltung und damit auch Behörde im Sinne des Verwaltungsrechts. Dies ergibt sich aus § 1 Abs. 4 der Verwaltungsverfahrensgesetze in Bund und Ländern und umfasst auch das schlichte Verwaltungshandeln (vgl. Tettinger, Kammerrecht, 209). Dabei kommt bei einer Nichtgebietskörperschaft – anders als in der kommunalen und staatlichen Verwaltung – der Körperschaft selbst die Behördeneigenschaft zu, nicht ihren jeweiligen Organen. Diese Organe sind keine organisatorisch selbständigen Stellen, welche ihre Beschlüsse selbst ausführen, sondern dienen le-
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Status, Beiträge und Gebühren
diglich der Willensbildung der IHK als Behörde (vgl. §§ 3 und 12 LVG Schleswig-Holstein). 8
Für Zusammenschlüsse von IHKs war bis zum Inkrafttreten des IHKGÄndG am 1. 1. 1999 (BGBl. 1998 I, 1887) weder im IHKG noch in den Ausführungsgesetzen der Länder eine öffentlichrechtliche Rechtsform vorgesehen, so dass sie nur als privatrechtliche Vereinigung gebildet werden konnten. Von den Kammervereinigungen in den Bundesländern sind einige eingetragene, die meisten jedoch nicht rechtsfähige Vereine. Der DIHK ist ein eingetragener Verein. Die Mitgliedschaft der IHKs in den Landesvereinigungen und im DIHK ist von kammerzugehörigen Unternehmen verschiedentlich angegriffen, aber von den Gerichten stets als rechtmäßig angesehen worden (BVerwG GewArch 1990, 398, 400; BVerfGE 74, 254; OVG Rheinland-Pfalz GewArch 1993, 289, 290; VG Frankfurt vom 17. 3. 2000 – 7 E 1044/97 (2); VG Düsseldorf vom 26. 9. 2007 – 20 K 4698/06; ebenso Tettinger, Kammerrecht, 229 unter Berufung auf § 65 WPO, wo der DIHK auch vom Gesetzgeber ausdrücklich genannt wird). Kammervereinigungen und DIHK nehmen im Rahmen ihrer Satzung für die Mitgliedskammern gemeinsame Aufgaben wahr, insbesondere den Erfahrungsaustausch, die Koordinierung und die Zusammenfassung der Meinungen in überregionalen Fragen, vor allem aber auch die zentrale Information und Beratung der angeschlossenen Mitgliedskammern (vgl. Möllering, Lexikon des Rechts der Wirtschaft, D 100, 1). Dabei haben diese privatrechtlichen Zusammenschlüsse den gleichen Aufgabenkreis wie die IHKs und sind auch daran gebunden. Hoheitliche Aufgaben können von den IHKs nicht auf sie übertragen werden; dies kann nur durch Gesetz oder Verordnung des Staates geschehen (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 der 27. DVO zum G 131 vom 10. 6. 1960, BGBl. I, 133). Seit Inkrafttreten der IHKGÄnderung durch das 4. VwVfÄndG (vom 11. 12. 2008, BGBl. I, 2418) am 18. 12. 2008 haben die IHKs jedoch auf der Basis des neuen § 10 die Möglichkeit, zur Erfüllung einzelner Aufgaben diese auf andere IHKs oder öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse zu übertragen (vgl. dazu näher die Kommentierung bei § 10 IHKG).
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§3
Dienstherrenfähigkeit
c) Insolvenzverfahren Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Insolvenzordnung ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht eines Landes untersteht, unzulässig, wenn das Landesrecht dies bestimmt. Für die IHKs ist dies in allen Ländern geschehen (Baden-Württemberg: Art. 1 § 45 des Gesetzes vom 28. 2. 1987 – GBl. 43; Bayern: Art. 25 AGGVG vom 23. 6. 1981 – GVBl. 188; Berlin: Gesetz vom 27. 3. 1990 – GVBl. 682; Brandenburg: § 6 des Gesetzes vom 13. 9. 1991 – GVBl. Nr. 28 vom 30. 9. 1991; Bremen: Art. 1 des Gesetzes vom 15. 12. 1987 – GBl. 293; Hamburg: Gesetz vom 25. 4. 1988 – GVBl. 49; Hessen: § 26 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vom 7. 3. 1984 – Sammelblatt 578; Mecklenburg-Vorpommern: § 5 des Gesetzes vom 18. 2. 1992 – GVBl. MV, 98; Niedersachsen: § 1 des Gesetzes vom 27. 3. 1987 – GVBl. 67; Nordrhein-Westfalen: Art. 6 Nr. 8 des Gesetzes vom 6. 10. 1987 – GVBl. Nr. 39; Rheinland-Pfalz: § 8a des Gesetzes vom 1. 7. 1987 – Sammelblatt Nr. 25/95 vom 19. 6. 1987; Saarland: § 37 des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes vom 27. 3. 1974 – ABl. 430; Sachsen: § 19 Abs. 1 SächsJG vom 24. 11. 2000 – SächsGVBl. 482; Sachsen-Anhalt: Gesetz vom 18. 12. 1992 – GVBl. LSA 130; Schleswig-Holstein: § 52 des Landesverwaltungsgesetzes i.d.F. vom 3. 10. 1986 – GVBl. 209; Thüringen: § 7 des Gesetzes vom 7. 12. 1993 – GVBl. 757). Dies ist auch verfassungsrechtlich zulässig (BVerfG vom 23. 3. 1983 – 2 BvL 13/79; BVerfG NJW 1994, 1465).
9
2. Dienstherrenfähigkeit a) Kammerbeamte Die IHK hat das Recht, Beamte zu ernennen (Dienstherrenfähigkeit – vgl. Tettinger, Kammerrecht, 122). Dieses Recht ergibt sich allerdings nicht unmittelbar aus dem Körperschaftsstatus, sondern bedarf einer besonderen Verleihung. Rechtsgrundlage ist § 121 Nr. 2 des Beamtenrechtsrahmengesetzes i.d.F. vom 27. 2. 1985 (BGBl. I, 463), der einheitlich und unmittelbar auch in den Ländern gilt. Danach steht die Dienstherrenfähigkeit denjenigen Körperschaften zu, die sie bei Inkrafttreten des Beamtenrechtsrahmengesetzes am 1. 9. 1957 bereits hatten oder die sie später durch Gesetz, Rechtsverordnung oder genehmigte Satzung erhalten. Soweit also IHKs in diesem Zeitpunkt bereits öffentlichJahn
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Status, Beiträge und Gebühren
rechtliche Körperschaften waren und die Dienstherrenfähigkeit hatten, verbleibt es dabei. Den IHKs, die nach 1945 privatrechtliche Vereinigungen waren und später gemäß § 9 des Gesetzes umgebildet worden sind, haben die Ausführungsgesetze der Länder die Dienstherrenfähigkeit verliehen (§ 5 Baden-Württemberg, Art. 4 Bayern, § 6 Berlin, § 11 Hamburg, § 7 Hessen). Zusätzlich ist in den aufsichtsbehördlich genehmigten Kammersatzungen überall die Dienstherrenfähigkeit verankert. 11
Die Dienstherrenfähigkeit verpflichtet die IHKs jedoch nicht dazu, Beamte zu ernennen. Art. 33 Abs. 4 GG sieht zwar vor, dass die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse als ständige Aufgabe „in der Regel“ Beamten zu übertragen ist. Das Übergewicht der schlichtverwaltenden Tätigkeit bei den Kammern rechtfertigt jedoch die vorgesehene Ausnahme, wie übrigens auch ein Vergleich mit der Praxis anderer Nichtgebietskörperschaften zeigt (vgl. BVerfGE 9, 284; OVG Münster ZBR 1971, 207; Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Anm. 33, 42).
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Wenn eine IHK Beamte ernennt, gilt dafür das Beamtenrecht des Landes, wobei die Sondervorschriften für Körperschaftsbeamte (früher auch mittelbare Staatsbeamte genannt) zu beachten sind. Die Besoldungsgrundlagen finden sich im Bundesbesoldungsgesetz, ergänzt im jeweiligen Landesbesoldungsgesetz; die Versorgung regelt sich nach dem Beamtenversorgungsgesetz.
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Die Versorgung der ehemaligen Kammermitarbeiter aus der Zeit vor 1945 richtet sich nach dem Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 GG fallenden Personen (G 131) i.d.F. vom 13. 10. 1965 – (BGBl. I, 1685). Für vertriebene Kammerbeamte und ihnen gleichgestellte Angestellte gilt die 27. DVO zum G 131 vom 10. 6. 1960 (BGBl. I, 333). Die Treuhänderaufgabe nimmt der DIHK wahr (vgl. im Übrigen 3. Aufl., 190–192). b) Kammerangestellte
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Auch die Tätigkeit als Angestellter einer IHK ist öffentlicher Dienst, was für die verschiedensten Rechtsgebiete von Bedeutung ist. Kammergeschäftsführer sind Amtsträger i.S. von § 11 Abs. 1 Nr. 2c StGB, weil sie Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfüllen (vgl. zum Ermessensbeamten BGH NJW 1960, 831; OLG Karlsruhe vom 11. 7. 1985 – 12 U 47/85 – für eine Sachbearbeite238
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Haushaltsrecht, Doppik
rin für Schuldnerverzeichnisse). Juristische Mitarbeiter können grundsätzlich nach § 7 Nr. 8 BRAO nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen werden, weil eine Kollision zwischen ihren Dienstpflichten und der Anwaltsaufgabe befürchtet wird (BGHZ 49, 295; 68, 59; BRAK-Mitt. 1994, 42, 43; BRAK-Mitt. 1996, 164). Kammermitarbeiter können keine ehrenamtlichen Beisitzer bei Verwaltungsgerichten sein, weil auch hier eine Kollisionsgefahr besteht (OVG Münster DÖV 1961, 910). Für frühere Beamte, die in den Kammerdienst getreten sind, finden auf ihre beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge die Ruhensvorschriften der §§ 53 und 55 des Beamtenversorgungsgesetzes Anwendung. Für Versorgungszusagen an Kammerangestellte gilt das Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. 12. 1974 (BGBl. I, 3610), soweit nicht im Einzelfall das IHK-Versorgungswerk, das Gegenstand der Versorgungszusage ist, günstiger ist. Soweit die IHK dabei auf beamtenrechtliche Grundsätze abstellt oder ihre Zusatzversorgung am öffentlichen Dienst orientiert, findet auf unverfallbare Versorgungsanwartschaften § 18 Abs. 1 Nr. 5 oder 6 Anwendung (Zusatz-Nachversicherung). Die Befreiung von der gesetzlichen Angestelltenversicherung und die Nachversicherungspflicht finden sich in den jeweiligen Vorschriften des SGB IV. Wegen weiterer Einzelheiten s. 6. Aufl., § 3 Rz. 14. In diesem Zusammenhang ist schließlich daran zu erinnern, dass für die IHKs das jeweilige Personalvertretungsgesetz des Landes gilt. Dienststellenleiter im Sinne der Personalvertretungsgesetze ist der Hauptgeschäftsführer.
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3. Haushaltsrecht, Doppik § 3 Abs. 2 des Gesetzes sah bis 31. 12. 2007 vor, dass die IHK einen 16 „Haushaltsplan“ nach kameralistischen Grundsätzen aufzustellen hat und dass die Mittel – soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind – durch Beiträge der Kammerzugehörigen aufzubringen sind. Diese Vorschrift bildete die Grundlage für das Haushaltsrecht und die Finanzwirtschaft der Kammer, ergänzt durch § 4 Nr. 3–5, § 11 Abs. 2 und 3 und § 12 Abs. 1 Nr. 7. Zu weiteren Einzelheiten und Konsequenzen der Kameralistik s. 6. Aufl., Rz. 16. Die Rechnungslegung der IHKs erfolgte bislang nach der allgemein für öffentlich-rechtliche Körperschaften üblichen KameraJahn
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Status, Beiträge und Gebühren
listik. Allerdings haben sich unter Federführung und Koordination des DIHK die IHKs bundesweit entschlossen, auf die kaufmännische Buchführung umzustellen, da diese für öffentlich-rechtliche Körperschaften, deren Mitglieder ausschließlich gewerbliche Unternehmen sind, zweckmäßiger und transparenter ist. Durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz (MEG II vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) wurde das Rechnungswesen der IHKs von der bisherigen Kameralistik mit Wirkung vom 1. 1. 2008 auf die Doppik umgestellt (Art. 30 Abs. 1 Satz 3 MEG II). Seit dem 1. 1. 2008 erfolgt demgemäß die Rechnungslegung der IHKs verbindlich nach den Grundsätzen der kaufmännischen Buchführung (Doppik), eine alternative Rechnungslegung nach den bisher üblichen kameralistischen Grundsätzen ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut also ab 2008 unzulässig. Im Zuge von Pilotprojekten hatten die IHKs schon im Vorfeld der gesetzlichen Änderung verstärkt von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihre Rechnungslegung nach den Grundsätzen kaufmännischer Buchführung vorzunehmen. Zielsetzung der Umstellung der IHKs auf die Doppik ist vor allem eine Erhöhung der Transparenz für ihre Mitglieder und eine Stärkung des Etatrechts der IHK-Vollversammlungen (vgl. BT-Drs. 16/4391, 64). Die IHK-zugehörigen Unternehmen wenden selbst kaufmännische Rechnungslegungsgrundsätze an, weshalb Unternehmern und Unternehmensvertretern das neue System besser vertraut ist. Mit der Umstellung auf die Doppik wird es dem für die Entscheidung über den Haushalt zuständigen Ehrenamt der IHK (Vollversammlung) erleichtert, die Wirtschaftsund Finanzplanung der IHK nachzuvollziehen und zu verabschieden. Die Unterschiede zwischen dem eigenen Unternehmen und der eigenen IHK werden in der Abbildung der finanziellen Abläufe geringer. Die damit erwartete steigende Zahlentransparenz soll schließlich auch die Akzeptanz der IHKs bei ihren Mitgliedsunternehmen steigern (BT-Drs. 16/4391, 65; Jahn, GewArch 2007, 353, 354). Die Umstellung von der Kameralistik auf die Doppik hat eine redaktionelle Anpassung des IHKG an die Begrifflichkeit der kaufmännischen Buchführung erforderlich gemacht. Da die im HGB geregelten Grundsätze der Doppik nicht deckungsgleich auf alle Geschäftsvorgänge einer IHK übertragen werden können, wird durch den im MEG II neu eingefügten § 3 Abs. 7a nur eine „sinngemäße“ Anwendung der Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung vorgeschrieben, die durch das 240
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Haushaltsrecht, Doppik
Satzungsrecht der Kammer unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts zu konkretisieren ist. Hiermit wird das sog. Finanzstatut (§ 3 Abs. 7a Satz 2) eingeführt, das die bisherige Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) ablöst. Das Finanzstatut ist durch die jeweilige IHK-Vollversammlung zu beschließen (§ 4 Satz 2 Nr. 8), von der nach Landesrecht zuständigen Aufsichtsbehörde rechtsaufsichtlich zu genehmigen (§ 11 Abs. 2) und öffentlich bekannt zu machen (§ 4 Satz 2 Nr. 7 i.V.m. dem jeweiligen Satzungsrecht der Kammer). Soweit hiernach (auch) die elektronische Verkündung von Satzungsrecht vorgesehen ist, hat diese nach dem durch das MEG II neu eingefügten § 4 Satz 4 ausschließlich im elektronischen Bundesanzeiger zu erfolgen. Ausgangspunkt der doppischen Buchführung ist die Eröffnungsbilanz, die von der Vollversammlung zu beschließen und anschließend öffentlich bekannt zu machen ist. Der Eröffnungsbilanz liegt eine Bestandsaufnahme (Inventur) und Bewertung des Kammervermögens und der Schulden zu Grunde. Die rechtlichen Grundlagen für die Erstellung der Eröffnungsbilanz nach kaufmännischen Grundsätzen (§§ 238 bis 256 HGB) bilden das von der IHK-Vollversammlung verabschiedete (§ 4 Satz 2 Nr. 8) und von der Aufsichtsbehörde genehmigte (§ 11 Abs. 2) Finanzstatut (§ 3 Abs. 7a). Die Aufstellung der Eröffnungsbilanz erfolgt nach den einschlägigen Vorschriften der §§ 238 ff. HGB, den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung, den Regeln des Finanzstatuts i.V.m. den Richtlinien zur Ausführung des Finanzstatuts sowie den Sondervorschriften zur Erstellung der Eröffnungsbilanz. Die Gliederung der Eröffnungsbilanz erfolgt nach einem in einer Anlage zum Finanzstatut vorgeschriebenen Gliederungsschema. Die Prüfung der Eröffnungsbilanz ist durch die zuständige Stelle (Rechnungsprüfungsstelle der IHKs oder Wirtschaftsprüfer) auf der Grundlage der landesrechtlichen Richtlinien für die Prüfung der Jahresrechnung der IHKs vorzunehmen. Die Aufstellung der Eröffnungsbilanz liegt in der Verantwortung des Präsidenten und des Hauptgeschäftsführers der IHK, der zugleich Beauftragter für die Wirtschaftsführung der IHK ist. Die prüfende Stelle erteilt bei beanstandungsfreier Prüfung der Eröffnungsbilanz einen entsprechenden Bestätigungsvermerk, der der nach Landesrecht zuständigen Aufsichtsbehörde zur Kenntnis gegeben wird. Die Aufsichtsbehörde hat lediglich bei Rechtsverstößen ein BeanstanJahn
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dungsrecht (§ 11 Abs. 1), jedoch keine fachaufsichtlichen Eingriffsbefugnisse. Mit Rücksicht auf die Finanzautonomie der IHK bedarf die Eröffnungsbilanz auch keiner Genehmigung der Aufsichtsbehörde. 16c
Mit der Umstellung der Rechnungslegung der IHKs nach den Grundsätzen kaufmännischer Buchführung (Doppik) sind auch redaktionelle Änderungen im IHKG erforderlich geworden. So ist das Wort „Haushaltsplan“ durch den Begriff „Wirtschaftsplan“ ersetzt worden (§ 3 Abs. 2 Sätze 1 und 2). Folgeänderungen betreffen die das Haushaltsrecht der IHKs betreffenden Vorschriften, in denen der Begriff „Haushaltssatzung“ durch „Wirtschaftssatzung“ bzw. das „Haushaltsjahr“ durch „Geschäftsjahr“ ersetzt worden ist (§ 3 Abs. 3 Satz 5; 4 Satz 2 Nr. 3 und 8). Durch Neufassung des § 12 Abs. 1 Nr. 7 sind die Landesgesetzgeber ermächtigt worden, ergänzende Vorschriften für die Prüfung der Jahresrechnung der IHKs zu erlassen. Von dieser Ermächtigung haben die Länder Gebrauch gemacht (z.B. in Bayern durch Änderung von Art. 3 AGIHKG durch Gesetz vom 27. 11. 2007, BayGVBl., 785).
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Nach § 12 Abs. 1 Nr. 7 i.d.F. bis 31. 12. 2007 waren die Grundsätze über die Rechnungslegung und die Prüfung der Jahresrechnung der Regelung durch den Landesgesetzgeber überlassen. Das Landesrecht sah vor, dass die Rechnungslegung der IHKs den Grundsätzen entsprechen muss, die für das staatliche Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen gelten. Dazu hatte sich die IHK mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde eine Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) zu geben. Dieses autonome Haushaltssatzungsrecht ist durch die Einführung der Doppik per 1. 1. 2008 nicht gänzlich obsolet geworden, sondern hat für Haushaltsjahre bis einschließlich 2007, auch wenn die Prüfung der jeweiligen Jahresrechnung erst nach dem 31. 12. 2007 erfolgt, noch Geltung. Etwas anderes gilt nur, wenn eine IHK bereits vor Einführung des neuen doppischen Rechnungswesens durch das MEG II mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde einen Vollversammlungsbeschluss zur Einführung einer Rechnungslegung nach kaufmännischen Grundsätzen gefasst hatte. Damit ist wie folgt zu differenzieren:
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a) Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) Ausgangspunkt ist § 11 Abs. 3, der das Beiträgegesetz vom 24. 3. 1934 (RGBl. I, 235) für den Bereich der Kammern außer Kraft setzt; dort war seinerzeit in § 6 die sinngemäße Anwendung der Reichshaushaltsordnung vorgeschrieben worden. Stattdessen beschränkte § 12 Abs. 1 Nr. 7 (i.d.F. bis 31. 12. 2007) die Bundesländer darauf, Grundsätze für die Rechnungslegung und die Prüfung der Jahresrechnung der Kammern zu erlassen. In den Ausführungsgesetzen der Bundesländer wurde deshalb nur noch für diesen Teilbereich von den Grundsätzen des staatlichen Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens (Art. 3 Bayern), den Grundsätzen der Reichshaushaltsordnung (§ 2 Hessen) oder einer sinngemäßen Anwendung der Reichshaushaltsordnung gesprochen. Im Übrigen wurde mehrfach auf die HKRO verwiesen, welche sich die IHKs selbst gaben und die teilweise der aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedurfte (Art. 3 Bayern; § 2 Rheinland-Pfalz; § 4 Saarland; § 2 Abs. 1 Berlin i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 21. 3. 1967 – GVBl. 512 sowie in den neuen Bundesländern). Im Ergebnis zeigten alle diese Vorschriften, dass damit nur ein Rahmen für das Haushaltsrecht der IHKs gesetzt, ihnen also die sachgerechte und zweckmäßige Durchführung im Einzelnen überlassen bleibt. Als Selbstverwaltungskörperschaften behalten sie den notwendigen Spielraum für eine ihren Verhältnissen entsprechende Anpassung des öffentlichen Haushaltsrechts. An die Stelle einer unmittelbaren oder sinngemäßen Anwendung der Haushaltsordnungen im Einzelfall trat also die von den IHKs erlassene HKRO.
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Diese Rechtslage hat sich auch durch das Haushaltsgrundsätzegesetz und die in seinem Rahmen ergangenen Landeshaushaltsordnungen nicht geändert (VGH München GewArch 2008, 72 unter Hinweis auf BVerwGE 98, 163, 174). § 1 schreibt zwar i.V.m. § 48 HGRG vor, dass die Landeshaushaltsordnungen auch auf die landesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts entsprechend anzuwenden sind; das würde für die Kammern praktisch die Wiedereinführung der durch § 11 Abs. 3 ausdrücklich außer Kraft gesetzten Regelungen des Beiträgegesetzes und der Kriegskontrollverordnung bedeuten. § 48 HGrG macht jedoch eine Ausnahme, soweit durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt ist. Die Landeshaushaltsordnungen wiederholen diesen Vorbehalt in ihrem § 105 Abs. 1. Für die IHKs er-
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gibt sich diese Ausnahme von den §§ 1–87 und 106–110 LHO aus den oben zitierten Vorschriften des IHKG, die gemäß Art. 31 GG ohnehin dem Landesrecht vorgehen, sowie zusätzlich aus den entsprechenden Ausführungsvorschriften der Landeskammergesetze, die übereinstimmend eine unmittelbare Anwendung des öffentlichen Haushaltsrechts ausschließen und lediglich eine Berücksichtigung seiner Grundsätze in einer eigenständigen Kammerregelung vorsehen. 19
Der DIHK hatte ein Muster für eine Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) erarbeitet, das von den IHKs mit geringfügigen Abweichungen übernommen und aufgrund ihrer Satzungsgewalt erlassen worden ist; es trat an die Stelle der §§ 1–87 der Landeshaushaltsordnung. Es gab dazu einen MusterHaushaltsplan, Muster-Verwaltungsvorschriften und Erläuterungen (Kauczor, Haushaltsrecht der Industrie- und Handelskammern, erläutert anhand der Muster-HKRO sowie der vorläufigen Muster-Verwaltungsvorschriften, Bonn 1985).
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Die HKRO ist ihrer Rechtsnatur nach Satzungsrecht, wenn sie von der Vollversammlung verabschiedet und verkündet wurde. Sie ist dann für die IHK als statutarisches Recht für Haushaltsjahre bis einschließlich 2007 sowie für die hierauf bezogene Prüfung der Jahresrechnung verbindlich und erfüllt die Voraussetzungen, die § 48 HGRG und § 105 Abs. 1 LHO an eine abweichende Regelung stellen. Verstöße gegen die HKRO rechtfertigen deshalb bei Rechtsverletzungen eine Beanstandung durch die Staatsaufsichtsbehörde nach § 11 Abs. 1. Aber auch, wenn die HKRO nur als Verwaltungsvorschrift vom Präsidium erlassen wurde, ist sie kammerintern verbindlich. Verstöße sind dann insoweit Rechtsverletzungen, als darin gleichzeitig die auch für die IHKs verbindlichen Grundsätze des öffentlichen Haushaltsrechts konkretisiert worden sind; bloße Zweckmäßigkeits- und Ordnungsvorschriften der HKRO haben diese Folgen nicht.
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Die HKRO lehnt sich in Terminologie und Grundsätzen weitgehend an das öffentliche Haushaltsrecht in Bund und Ländern an, ist jedoch auf die spezifischen Bedürfnisse der IHKs zugeschnitten und mit den Staatsaufsichtsbehörden abgestimmt oder, soweit das Landesrecht es vorsieht, von ihnen auch genehmigt und gilt für Haushaltsjahre bis einschließlich 2007 grundsätzlich fort. Zu den wichtigen Grundsätzen gehört es, dass der Entwurf 244
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für Haushaltsplan und Haushaltssatzung vor Beginn des Haushaltsjahres vorgelegt wird (Grundsatz der Vorherigkeit) und dass bis zu einer Verabschiedung nur Haushaltsmittel im Rahmen der Ausgabenansätze des abgelaufenen Haushaltsjahres geleistet werden dürfen. Einnahmen und Ausgaben sind in voller Höhe und getrennt voneinander zu veranschlagen, so dass Saldierungen unzulässig sind (Bruttoprinzip und Grundsatz der Vollständigkeit). Der Haushalt war in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen (Grundsatz des Haushaltsausgleichs). Im Übrigen muss hier auf die HKRO, die Vorläufigen Verwaltungsvorschriften und die Erläuterungen dazu sowie auf die Kommentare zum Haushaltsrecht verwiesen werden. b) Finanzstatut Mit Einführung der Rechnungslegung nach den Grundsätzen kaufmännischer Buchführung (Doppik) gilt für die IHKs verbindlich ab dem Wirtschaftsjahr 2008 das durch § 3 Abs. 7a neu eingeführte Finanzstatut, das ab diesem Zeitpunkt die bisherige HKRO ablöst. Den Rechtsrahmen hierfür schafft der neu eingefügte § 3 Abs. 7a; § 12 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. den entsprechenden Ländervorschriften. Die Länderregelungen in den Ausführungsgesetzen zum IHKG sehen zwar eine Rechnungslegung nach den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechtes vor, haben in ihren Ausführungsbestimmungen aber klar gestellt, dass den IHKs keine bestimmte Art von Buchführungssystem (insbesondere Kameralistik oder kaufmännische Buchführung) vorgeschrieben werden soll (siehe z.B. in Bayern Art. 3 AGIHKG i.d.F. des Gesetzes vom 27. 11. 2007, BayGVBl. 785 und dazu BayLT-Drs. 15/8211).
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Der DIHK hat ein Muster-Finanzstatut erarbeitet, das von den IHKs mit geringfügigen Abweichungen übernommen und aufgrund ihrer Satzungsgewalt (§ 4 Satz 2 Nr. 8) erlassen worden ist. Das Finanzstatut tritt damit ab dem Wirtschaftsjahr 2008 an die Stelle der bisherigen HKRO, die ihrerseits die §§ 1, 87 der Landeshaushaltsordnung ersetzte. Ergänzend dazu gibt es einen MusterWirtschaftsplan sowie Muster-Verwaltungsvorschriften bzw. Erläuterungen zum Finanzstatut.
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Das Finanzstatut ist seiner Rechtsnatur nach Satzungsrecht, es muss von der Vollversammlung verabschiedet (§ 4 Satz 2 Nr. 8) und im Veröffentlichungsorgan der IHK verkündet werden. Das
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Finanzstatut ist dann für die IHK als statutarisches Recht verbindlich und erfüllt die Voraussetzungen, die § 48 HGrG und § 105 Abs. 1 LHO an eine abweichende Regelung stellen. Vor der öffentlichen Bekanntmachung bedarf das von der Vollversammlung beschlossene Finanzstatut der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Aufsichtsbehörde (§ 11 Abs. 2). Verstöße der Kammer gegen das Finanzstatut rechtfertigen als Rechtsverletzungen eine Beanstandung durch die Aufsichtsbehörde nach § 11 Abs. 1. 21d
Das Finanzstatut lehnt sich in Terminologie und Grundsätzen an die kaufmännische Buchführung nach dem HGB an, berücksichtigt allerdings hierbei die spezifischen Geschäftsvorgänge einer IHK. In der Terminologie löst der „Wirtschaftsplan“ den bisherigen „Haushaltsplan“ ab, die „Wirtschaftssatzung“ die bisherige „Haushaltssatzung“ und das „Geschäftsjahr“ das bisherige „Haushaltsjahr“. Zu den wichtigsten Grundsätzen zählt, dass der Entwurf des Wirtschaftsplanes einschließlich Wirtschaftssatzung vor Beginn des Geschäftsjahres vorgelegt wird (Grundsatz der Vorherigkeit). Die Rechnungslegung erfolgt im Rahmen eines von der Vollversammlung zu beschließenden Nachtrags-Wirtschaftsplanes sowie einer Bilanz nach kaufmännischen Grundsätzen (§§ 238 bis 256 HGB). c) Wirtschaftsplan
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Der in § 3 Abs. 2 Satz 1 vorgeschriebene Wirtschaftsplan verpflichtet die IHK, alljährlich Erträge und Aufwendungen zu veranschlagen. Das Geschäftsjahr der IHKs ist inzwischen nach dem Vorbild von Bund, Ländern und Gemeinden überall auf das Kalenderjahr umgestellt worden.
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Für die formelle Gestaltung des Wirtschaftsplans enthält das Gesetz keine Vorschriften. Sie ergibt sich vielmehr aus dem Finanzstatut (früher HKRO), zu dem auch ein Muster-Wirtschaftsplan nebst Anlagen gehört. Der Wirtschaftsplan beinhaltet die Plan-, Gewinn- und Verlustrechnung mit der voraussichtlichen Summe der Erträge, der Aufwendungen und den Saldo der Rücklagenveränderung. Ferner beinhaltet der Wirtschaftsplan den Finanzplan mit der voraussichtlichen Summe der Investitionsein- und -auszahlungen, der Summe der Ein- und Auszahlungen aus Finanzierungstätigkeit sowie der Summe sämtlicher Ein- und Auszahlungen. Die Planung der Gewinn- und Verlustrechnung beschreibt 246
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die Summe der Betriebserträge, den Betriebsaufwand, das Betriebsergebnis, das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, den Jahresüberschuss bzw. Jahresfehlbetrag sowie schließlich hieraus resultierend den Bilanzgewinn bzw. Bilanzverlust. Bei den Erträgen im Wirtschaftsplan liegt das Schwergewicht bei den Kammerbeiträgen, deren Höhe alljährlich durch die Wirtschaftssatzung festgesetzt und deren Erhebung verfahrensrechtlich in der Beitragsordnung geregelt wird. Dazu kommen die Erträge aus Gebühren nach der Gebührenordnung (i.V.m. dem Gebührentarif), ggf. auch aus Sonderbeiträgen aufgrund einer Sonderbeitragsordnung. Schließlich sind neben den Erträgen aus Entgelten alle sonstigen betrieblichen Erträge aus der Nutzung des Kammervermögens anzusetzen. Dazu zählen insbesondere Mietund Pachteinnahmen, aber auch alle sonstigen privatrechtlichen Einnahmen, z.B. aus dem Verkauf von Vordrucken, der Herausgabe der Kammerzeitschrift und sonstigen Veröffentlichungen. Auf diese fiskalischen Erträge sowie die Gebührenerträge bezieht sich der Halbsatz: „soweit sie (sc. die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der IHK) nicht anderweitig gedeckt sind“. Die IHK muss also zunächst diese Erträge berücksichtigen, ehe sie den verbleibenden Bedarf in Form von Beiträgen deckt. Gleichzeitig wird die IHK dadurch angehalten, diesen Rahmen zunächst einmal auszuschöpfen. Beiträge der Kammerzugehörigen bilden also nach dem Willen des Gesetzgebers nur eine nachrangige Finanzierungsquelle. Eine rechtliche Verpflichtung der IHK, selbsterwirtschaftete Erträge aus Gebühren oder Entgelten zu erzielen, kann hieraus allerdings nicht abgeleitet werden.
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Auf der Aufwandsseite des Wirtschaftsplans geht es im Wesentlichen um Sach- und Personalkosten, die gemäß dem Muster-Wirtschaftsplan aufzugliedern sind, um den Materialaufwand sowie die Abschreibungen. Teil der Gewinnverwendung sind die Zuweisungen an die Liquiditätsrücklage und die Ausgleichsrücklage, die einen bestimmten Prozentsatz der fortdauernden Einnahmen nicht überschreiten sollen. Die (fakultative) Liquiditätsrücklage dient als Liquiditätsreserve, auf welche bei angespannter Kassenlage zur Vermeidung der Aufnahme von Kassenkrediten zurückgegriffen werden kann. Die (zwingende) Ausgleichsrücklage soll insbesondere konjunkturbedingte Schwankungen im Beitragsaufkommen auffangen und ist für eine kontinuierliche Finanzwirtschaft von besonderer Bedeutung. Daneben gibt es meist noch
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weitere zweckgebundene Rücklagen. Zur Rücklagenbildung ist die IHK nicht nur berechtigt, sondern im Interesse einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung sogar verpflichtet (VG Augsburg vom 2. 8. 2004 – 4 K 02.180). 26
Als Anlage gehören zum Wirtschaftsplan eine gesonderte Zusammenstellung der übernommenen Bürgschaften, Garantien oder sonstigen Gewährleistungen, die zu Aufwendungen in künftigen Geschäftsjahren führen können. Größere Baumaßnahmen, die 5 % des Betriebsaufwandes überschreiten, sind von der Vollversammlung gesondert zu beschließen; Grundlage hierfür ist eine gesonderte Investitions- und Finanzierungsübersicht. Für unselbständige Einrichtungen der IHK, die sich zu einem erheblichen Teil aus eigenen Erträgen oder zweckgebundenen Leistungen Dritter finanzieren, sind gesonderte Wirtschaftspläne zulässig. Die gesonderten Wirtschaftspläne sind dem Wirtschaftsplan der IHK beizufügen.
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Der Wirtschaftsplan ist nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen (§ 3 Abs. 2 Satz 2). Diese Grundsätze des öffentlichen Haushaltsrechts sind so selbstverständlich, dass es ihrer ausdrücklichen Erwähnung im Gesetz eigentlich nicht bedurft hätte. Der Wirtschaftsausschuss des Bundestages hat seinerzeit diesen Satz nur deshalb aufgenommen, um dem Eindruck entgegenzuwirken, dass die Aufhebung des Beiträgegesetzes und der Kriegskontroll-Verordnung durch § 11 Abs. 3 auch eine Freistellung von diesen Grundsätzen bedeuten könnte. Verfehlt ist es deshalb, wenn Bremer (93, 94) aus diesem selbstverständlichen Satz weitgehende Konsequenzen für Haushaltswesen und Finanzgebaren der Kammern ableiten will und praktisch damit wieder zur unmittelbaren und vollständigen Anwendung des jeweiligen öffentlichen Haushaltsrechts kommt.
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Es bleibt jedoch noch die Streitfrage, inwieweit die Staatsaufsichtsbehörde die Einhaltung dieser Grundsätze nachprüfen kann. Wenn Bremer (93, 94) über die Rechtsfigur des unbestimmten Rechtsbegriffs die Rechtsaufsicht auf das gesamte Haushaltswesen ausdehnen will, gerät er in Widerspruch zum Grundgedanken der Rechtsaufsicht, welche gerade die Selbstverwaltung und Selbstverantwortlichkeit der IHKs garantieren soll. Dem Selbst248
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Haushaltsrecht, Doppik
verwaltungsprinzip entspricht vielmehr ein vom Gesetzgeber übertragener Gestaltungsspielraum, in den die Rechtskontrolle nur bei Überschreitung der rechtlichen Grenzen oder Willkürentscheidungen eingreifen kann (§ 11 Rz. 5). Gerade wenn man davon ausgeht, dass die IHK im Rahmen ihres weitgespannten Aufgabenkreises selbst Schwerpunkt und Umfang der einzelnen Aktivitäten bestimmen kann, muss eine Rechtskontrolle über die damit verbundenen Aufwendungen und die dafür notwendigen Erträge sich auf die Prüfung beschränken, ob die zu finanzierenden Aufgaben zum gesetzlichen Wirkungskreis der IHKs gehören und ob bei der Finanzierung die allgemeinen Grundsätze einer wirtschaftlichen Haushaltsführung eingehalten sind. Es ist nicht möglich, auf dem Umweg über die Beanstandung von Beitragssätzen oder Aufwandsposten der IHK auch die Art ihrer Aufgabenerfüllung vorzuschreiben oder sie in Einzelfällen daran zu hindern. Auch wenn man § 3 Abs. 2 Satz 2 als einen Ansatzpunkt für die Rechtsaufsicht auffasst, muss stets das Selbstverwaltungsprinzip beachtet werden; die Staatsaufsichtsbehörde kann nur bei Überschreitung dieses Rahmens eingreifen (vgl. insbes. Fröhler, Staatsaufsicht, 43, 45, und 87, 88). Im Gemeinderecht finden sich vergleichbare Formeln, welche auch nicht als unbestimmte Rechtsbegriffe, sondern als Gestaltungsspielraum für die Selbstverwaltung verstanden werden (OVG Münster DÖV 1991, 611). Die Beschränkung der Rechtskontrolle im Haushaltswesen lässt sich auch aus § 11 Abs. 2 ableiten. Dort wird eine Genehmigungspflicht nur für Umlagesätze vorgeschrieben, die 0,8 % des Gewerbeertrags übersteigen. Auch hier kann die Staatsaufsichtsbehörde nicht Einzelheiten des Wirtschaftsplans (früher Haushaltsplan) kritisieren, sondern allenfalls nach Erörterung aller Gesichtspunkte die Genehmigung des vorgesehenen Umlagesatzes ablehnen. Es bleibt dann Sache der IHK, welche Änderungen des Wirtschaftsplans oder auch der Wirtschaftssatzung sie aufgrund eines zu reduzierenden Umlagesatzes vornimmt. Diese Bestimmung beweist, dass es sich bei der Rechtsaufsicht im Haushaltswesen nur um ein Teilgebiet der allgemeinen Rechtsaufsicht handelt und daraus nicht etwa wegen der in § 3 Abs. 2 Satz 2 erwähnten Grundsätze eine vorbeugende Finanzaufsicht entwickelt werden kann.
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Der Wirtschaftsplan ist von der Vollversammlung festzustellen (§ 4 Nr. 3). Aus der Kammersatzung ergibt sich, dass der Wirt-
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Status, Beiträge und Gebühren
schaftsplan vom Hauptgeschäftsführer (ggf. i.V.m. einer Etatkommission) vorbereitet und im Einvernehmen mit dem Präsidium eingebracht wird. 31
Unterschiedliche Auffassungen bestehen zur Frage der Öffentlichkeit des Wirtschaftsplanes. Eine Pflicht zur Veröffentlichung besteht – wie auch bei staatlichen oder kommunalen Haushalten – nicht (Kauczor, Haushaltsrecht, § 1 HKRO Anm. 6; vgl. auch BVerfGE 20, 53, 92). Anders als etwa im Kommunalrecht (vgl. etwa § 79 Abs. 6 GO NW) ergibt sich aus dem IHKG auch keine ausdrückliche Verpflichtung, den Wirtschaftsplan der Öffentlichkeit oder auch nur den Kammerzugehörigen zugänglich zu machen. Das IHKG schließt allerdings die Befugnis der Länder nicht aus, durch ein allgemeines Informationsfreiheitsgesetz – wie in NRW, s. IFG NRW v. 27. 11. 2001 – GVBl. 806 und dazu Grütters, GewArch 2003, 271 – Ansprüche auf Zugang zu amtlichen Informationen außerhalb konkreter Verwaltungsverfahren auch gegenüber IHKs einzuräumen (BVerwG GewArch 2007, 478; dazu ferner Rickert, WuV 2004, 153). Die in § 12 Abs. 1 Nr. 7 eröffnete Regelungszuständigkeit der Bundesländer betrifft nur die Grundsätze der Rechnungslegung und die Prüfung der Jahresrechnung. Dementsprechend umfasst die in den Landesausführungsgesetzen enthaltene Verweisung auf das staatliche Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen (vgl. etwa § 4 IHKG NW) nicht die Aufstellung und Ausführung des Wirtschaftsplans und damit auch nicht die Frage, ob dieser öffentlich zu machen ist. Teilweise wird eine dahin gehende Pflicht aber aus einem allgemeinen Haushaltsgrundsatz der Öffentlichkeit hergeleitet, der auch die Öffentlichkeit des Haushaltsplans umfasst (Wiesner, Finanzwirtschaft, 67). Selbstverständlich und notwendig sei zudem die Verabschiedung des Haushalts in öffentlicher Sitzung der Vollversammlung. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit könne nur hinsichtlich von Teilgebieten, etwa aus Gründen der Wahrung des Steuergeheimnisses, der Gefahr einer Verletzung von Persönlichkeitsrechten bzw. des Datenschutzes in Frage kommen (Kauczor, § 1 HKRO Anm. 6.3.).
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Der DIHK hat per Vollversammlungsbeschluss vom 22. 10. 1998 den IHKs empfohlen, den Haushaltsplan (jetzt: Wirtschaftsplan) unter Beachtung der o.g. Einschränkungen während des gesamten Haushaltsjahres zur Einsicht auszulegen und in zusammengefasster Form in der Kammerzeitschrift zu veröffentlichen. Dabei soll auf die Möglichkeit der Einsichtnahme hingewiesen werden. Eine 250
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Haushaltsrecht, Doppik
Verpflichtung der IHKs, den Kammerzugehörigen den Haushaltsplan auf Anforderung zu übersenden, besteht nicht. An dieser DIHK-Beschlusslage hat sich auch nach Einführung der Doppik bei den IHKs und Änderung des IHKG per 1. 1. 2008 nichts geändert. Der Wirtschaftsplan kann von den Kammerzugehörigen nicht angefochten werden. Er ist eine innerorganisatorische Norm, die weder Rechte noch Verbindlichkeiten Dritter begründet (vgl. § 3 Abs. 2 BHO und gleich lautend § 3 Abs. 2 Satz 2 Muster-Finanzstatut). Auch über eine Anfechtung des Beitragsbescheides ist eine gerichtliche Kontrolle des Wirtschaftsplanes grundsätzlich nicht zu erreichen.
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d) Wirtschaftssatzung Zum Wirtschaftsplan gehört alljährlich auch die Wirtschaftssatzung, deren wichtigster Teil die Festsetzung des Maßstabes für Beiträge und Sonderbeiträge ist (§ 4 Nr. 4) und deren Inhalt sich im Übrigen aus dem Musterfinanzstatut ergibt. Die Wirtschaftssatzung ist von der Vollversammlung zusammen mit dem Wirtschaftsplan zu verabschieden und zu veröffentlichen, weil sie die Beitragspflichten der Kammerzugehörigen konkretisiert; insoweit handelt es sich um Rechtsnormen (VGH Kassel vom 29. 5. 1969 – V OE 34/68; OVG Lüneburg GewArch 1999, 122 zur Zulässigkeit der Rückwirkung). Eine fehlerhafte Wirtschaftssatzung kann auch im gerichtlichen Verfahren bis zum Abschluss der mündlichen Verhandlung durch nachträglichen Beschluss der Vollversammlung geheilt werden (VG Münster vom 28. 6. 1999 – 3 K 1271/95). Die Wirtschaftssatzung mit der Festsetzung der Beiträge ist in dem von der Kammersatzung vorgesehenen Organ zu publizieren. Diesbezüglich kann gegen die Rechtmäßigkeit eines späteren Beitragsbescheides nicht eingewandt werden, die erforderliche Veröffentlichung des Satzungsrechts sei unwirksam gewesen, weil der Kammerzugehörige das amtliche Mitteilungsblatt der IHK nicht erhalten habe; insoweit zählt es zu den eigenen Obliegenheiten des Kammerzugehörigen, sich das entsprechende Publikationsorgan bei der IHK zu beschaffen oder es anzufordern (VG Magdeburg vom 17. 3. 2004 – 3 A 477/03). Bei der Veröffentlichung der Wirtschaftssatzung geht es um die Staffelungskriterien und die Höhe der Grundbeiträge, um den Umlagesatz und den für Jahn
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die Umlage maßgebenden Bemessungszeitraum sowie um die Erhebung von Vorauszahlungen; falls der Umlagesatz 0,8 % des Gewerbeertrags übersteigt, ist auch die aufsichtsbehördliche Genehmigung in der Veröffentlichung zu vermerken. Seit Inkrafttreten der Beitragsfreistellung für „Kleinstgewerbetreibende“ am 1. 1. 1999 kann die Wirtschaftssatzung auch Festlegungen über die Freistellungsgrenze enthalten. Soll – was möglich ist – von der Regelgrenze des § 3 Abs. 3 Satz 5 abgewichen werden, sind solche Festlegungen erforderlich. Sollen trotz Überschreiten des gesetzlichen Schwellenwerts beitragsbefreiter Kammerzugehöriger die Freistellungsgrenzen nicht abgesenkt werden, empfiehlt sich, die entsprechende Ermessensausübung der IHK-Vollversammlung in der Sitzungsniederschrift zu protokollieren. Eine Veröffentlichungspflicht besteht nur bei einer Absenkung der Ertragsgrenzen gemäß § 3 Abs. 3 Satz 5, weil sich in diesem Fall der Kreis der Beitragspflichtigen ändert. Schließlich sind in der Wirtschaftssatzung die Endsummen des Wirtschaftsplans für Erträge und Aufwendungen anzugeben. 35
Die IHK ist bei der Ausführung von Wirtschaftsplan und Wirtschaftssatzung an deren Ansätze gebunden. Sie muss ggf. einen Nachtragswirtschaftsplan vorlegen, wenn sich im Laufe des Geschäftsjahres – auch ohne Überschreitung des Gesamtansatzes – wesentliche Veränderungen in den Aufwandstiteln ergeben und für einen Ausgleich die gegenseitige Deckungsfähigkeit nicht mehr ausreicht. Bei Titelüberschreitungen und abweichender Verteilung genügt dagegen eine nachträgliche Genehmigung; sie wird in der Regel bei der Entgegennahme des Jahresabschlusses und der Entlastung erteilt.
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Wenn im Rahmen eines Nachtragswirtschaftsplans auch Beiträge erhöht werden müssen, bedarf es zusätzlich einer Änderung der Wirtschaftssatzung durch die Vollversammlung; die geänderte Wirtschaftssatzung ist erneut zu verkünden. Wenn dagegen lediglich Beiträge oder sonstige Erträge höher als veranschlagt eingehen, braucht der Überschuss des Jahresabschlusses im Rahmen der Ergebnisverwendung nur in den Wirtschaftsplan des nächsten Jahres übertragen zu werden, soweit das Finanzstatut das zulässt. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang noch, dass das doppische System im Grundsatz vom Gesamtdeckungsprinzip ausgeht. 252
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Beiträge
Schließlich bestimmt die Wirtschaftssatzung darüber, bis zu welcher Höhe Kredite aufgenommen und Verpflichtungen für künftige Investitionsausgaben eingegangen werden dürfen.
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Bei einem Beitragsprozess kann in begrenztem Umfang auch die Wirtschaftssatzung mit der Festsetzung der Beiträge verwaltungsgerichtlich nachgeprüft werden. Da es sich bei der Festsetzung der Beiträge um eine Selbstverwaltungsentscheidung der Vollversammlung handelt, genügt eine nachvollziehbare Abwägung der verschiedenen für die Kammerfinanzierung wichtigen Gesichtspunkte (VG Arnsberg GewArch 1996, 415; vgl. auch zum Kommunalrecht OVG Münster NVwZ 1988, 1156; 1990, 689; dazu auch die Nachweise 6. Aufl., § 3 Rz. 38).
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e) Rechnungsprüfung Wegen der Kontrolle des Haushaltswesens der IHKs wird auf die Ausführungen zur Rechnungsprüfung (§ 12 Abs. 1 Nr. 7) sowie zur Entlastung (§ 4 Nr. 5) verwiesen. Die IHKs unterliegen nicht der staatlichen Rechnungsprüfung nach der jeweiligen Landeshaushaltsordnung (VGH München GewArch 2008, 72).
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4. Beiträge a) Entwicklung des Beitragsrechts in den Jahren 1999 bis 2008 Die gesetzlichen Grundlagen des IHK-Beitrags haben seit Erscheinen der Vorauflage erhebliche Veränderungen erfahren (zur Entwicklung des Beitragsrechts von 1990 bis 1999 s. 6. Aufl., § 3 Rz. 40–42). Obwohl das IHKG mit dem Änderungsgesetz 1998 mit Wirkung vom 1. 1. 1999 (Gesetz vom 23. 7. 1998, BGBl. I, 1887, 3158; zu der Novelle ausführlich Jahn, GewArch 1998, 356) geändert worden war, ließ der politische Druck auf die Kammerorganisation auch in der Folgezeit nicht nach. Dies war erstaunlich, nachdem nach der IHKG-Novelle 1998 der Deutsche Bundestag in einer begleitenden Entschließung über die Notwendigkeit der Pflichtmitgliedschaft (BT-Drs. 13/10297) die Notwendigkeit der Pflichtmitgliedschaft bekräftigt hatte, die Bundesregierung in ihrem Bericht über die Beiträge, Aufgaben und die Effizienz der IHKs (BT-Drs. 14/9195) diese Sichtweise bestätigt hatte sowie das Bundesverfassungsgericht in seinem richtungsweisenden Beschluss Jahn
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vom 7. 12. 2001 (GewArch 2002, 98) die gesetzliche Pflichtmitgliedschaft abermals als verfassungsgemäß bestätigt hatte. Die erste Initiative zur (mittelbaren) Änderung des IHKG hatte die Bundesregierung bereits 2003 mit dem Kleinunternehmerförderungsgesetz (KFG vom 31. 7. 2003, BGBl. I, 1550) in Angriff genommen, das rückwirkend zum 1. 1. 2003 in Kraft trat. Ziel dieses Gesetzes war, unnötige bürokratische Belastungen für Unternehmen abzubauen und Maßnahmen zur Verbesserung der Finanzierungsbedingungen insbesondere kleiner und mittlerer Unternehmen einzuleiten. Hierzu wurden durch das KFG vereinfachte Gewinnermittlungsmöglichkeiten für Existenzgründer und Kleinunternehmer geschaffen sowie die Wertgrenzen für bestehende Beitragsbefreiungstatbestände bei den IHKs indirekt erhöht. Das KFG hätte insbesondere Änderungen der steuerrechtlich relevanten Umsatzgrenzen in der AO vorgesehen, auf die § 3 Abs. 3 IHKG bis dahin verwies. Geplant war eine Erhöhung – der für die Beitragsbefreiung in § 3 Abs. 3 Satz 3 maßgeblichen Ertragsobergrenze von 5200 Euro auf 7000 Euro, – der ebenfalls für die Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 3 Satz 4 heranzuziehenden Umsatzobergrenze von 52.000 Euro auf 70.000 Euro und – der nach § 3 Abs. 4 Satz 1 für die Beitragsveranlagung von Mischbetrieben maßgeblichen Mindestumsatzgrenze von 135.000 Euro auf 175.000 Euro. Die für das Beitragsrecht der IHKs maßgeblichen Änderungen durch das KFG wären allerdings erst für Veranlagungszeiträume ab 2004 zu beachten gewesen (Art. 7 KFG; § 19 EGAO). Die neuen Ertrags- und Umsatzgrenzen wären folglich erst ab 1. 1. 2004 im Beitragsrecht der Kammern zu berücksichtigen gewesen. Allerdings sind die entsprechenden Änderungen des KFG für Zwecke des IHK-Beitragsrechts obsolet geworden, da der Gesetzgeber zwischenzeitlich mit dem Dritten Gesetz zur Änderung der HWO und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften (sog. „Große Handwerksnovelle“ vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934) die entsprechenden Beitragsbefreiungsgrenzen von der AO abgekoppelt und unmittelbar im IHKG ab dem 1. 1. 2004 selbst geregelt hatte (siehe Jahn, GewArch 2004, 41, 44).
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Beiträge
Die nächsten größeren Änderungen im Beitragsrecht der IHKs ergaben sich mit Wirkung vom 1. 1. 2004 durch die oben erwähnte „Große Handwerksnovelle“ (vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934) und das sog. Kleinunternehmergesetz („Kleine Handwerksnovelle“ vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2933; zur Entstehungsgeschichte der beiden Gesetze siehe Jahn, GewArch 2004, 41; Schwannecke/ Heck, GewArch 2004, 129; Kormann/Hüpers, GewArch 2004, 353). Zielsetzung dieser beiden Gesetze war neben der Einschränkung des Meistervorbehalts und Aufgabe des Inhaberprinzips im Handwerksrecht insbesondere die Schaffung von Zugangserleichterungen für Existenzgründungen. Hierzu gab es neben umfangreichen Neuerungen bei der organisationsrechtlichen Zuordnung von Kleinunternehmern zur IHK bzw. Handwerkskammer (siehe dazu oben die Kommentierung bei § 2 Rz. 114; Jahn, GewArch 2004, 41) auch beitragsrechtliche Erleichterungen. Für das IHKBeitragsrecht ergaben sich folgende Änderungen ab 1. 1. 2004: Die allgemeine Beitragsbefreiungsgrenze für Kleinunternehmen (ohne Rücksicht auf deren Gründungszeitpunkt) wurde durch die Neufassung des § 3 Abs. 3 Satz 3 auf dem alten Niveau unmittelbar im IHKG geregelt. Seit 1. 1. 2004 sind Kammerzugehörige beitragsbefreit, die weder im Handels-, noch im Genossenschaftsregister eingetragen sind und deren Gewerbeertrag, hilfsweise Gewinn aus Gewerbebetrieb im jeweiligen Haushaltsjahr 5200 Euro nicht übersteigt. Völlig neu in das Gesetz eingefügt wurde eine Beitragsbefreiungsregelung für Existenzgründer. Natürliche Personen, die als Kammerzugehörige weder im Handelsregister noch im Genossenschaftsregister eingetragen sind, sind seit 1. 1. 2004 nach § 3 Abs. 3 Satz 4 bei der IHK zwei Jahre lang komplett vom Beitrag (also sowohl vom Grundbeitrag als auch von der Umlage) und zwei weitere Jahre nur von der Umlage befreit, soweit ihr Gewerbeertrag, hilfsweise Gewinn aus Gewerbebetrieb, 25.000 Euro im Jahr nicht übersteigt. Da der schon bislang für kammerzugehörige natürliche Personen und Personengesellschaften geltende Umlagefreibetrag auch nach der IHKG-Novelle 2004 erhalten blieb, sind seit 1. 1. 2004 Existenzgründer von der Umlage befreit, die zwischen 15.340 Euro und 25.000 Euro Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb erhoben wird. Die neu eingeführte Befreiungsregelung gilt aber nur für natürliche Personen und auch bei diesen nur dann, wenn sie in den letzten fünf Jahren vor ihrer Jahn
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Status, Beiträge und Gebühren
Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren. Mit dieser Einschränkung wollte der Gesetzgeber das Beitragsprivileg auf „echte“ Existenzgründer beschränken (näher Jahn, GewArch 2004, 41, 44). Außerdem hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass die Beitragsbefreiung nur für Existenzgründungen nach dem 31. 12. 2003 zum Zuge kommt (§ 13a Abs. 3). Schon nach dem früheren Recht konnte durch Vollversammlungsbeschluss (§ 3 Abs. 3 Satz 5) die Beitragsbefreiung zusätzlich von einer Umsatzobergrenze oder gar von einer niedrigeren Gewerbeertrags-/Gewinngrenze abhängig gemacht werden, wenn zu befürchten war, dass der Kreis der beitragsfreien IHK-Mitglieder (bezogen auf alle Kammerzugehörigen) mehr als ein Drittel beträgt. Dieses Korrektiv war schon früher in das Gesetz eingefügt worden, um eine Verletzung des Äquivalenzprinzips auszuschließen, also zu verhindern, dass zu viele Kammerzugehörige vom Beitrag freigestellt werden (siehe BVerwG GewArch 1990, 398). Die Grenze der beitragsfreien Kammerzugehörigen wurde per 1. 1. 2004 durch den neu gefassten § 3 Abs. 3 Satz 5 ausgeweitet. Soweit durch die Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 3 Sätze 3 und 4 die Zahl der Beitragspflichtigen voraussichtlich geringer als 55 % sein wird, also die Zahl der beitragsbefreiten Kammerzugehörigen über 45 % steigt, kann die Vollversammlung im Rahmen auszuübenden Ermessens eine oder beide Befreiungsgrenzen entsprechend absenken. Die Einbeziehung der früher üblichen zusätzlichen Umsatzgrenze als Korrektiv zur Begrenzung der beitragsbefreiten Kammerzugehörigen sieht das ab dem 1. 1. 2004 geltende Recht nicht mehr vor. Ob die Vollversammlung von der Absenkungsbefugnis Gebrauch macht, obliegt im Rahmen der anzustellenden Prognose ihrem Ermessen, das Teil ihres Budgetrechts ist (BTDrs. 15/2083, 50). Mit der IHKG-Novelle 2004 hat der Gesetzgeber auch in § 3 Abs. 4 Satz 1 die maßgebliche Umsatzgrenze von der AO abgekoppelt und eine Regelung unmittelbar im IHKG getroffen. Im Handelsregister eingetragene Betriebe, die ein Handwerk oder handwerksähnliches Gewerbe ausüben, sind seit 1. 1. 2004 bei der IHK nur noch beitragspflichtig, wenn der Umsatz im nichthand-
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Beiträge
werklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteil mehr als 130.000 Euro/Jahr beträgt. Schon unter dem früher geltenden Beitragsrecht waren Apothekeninhaber, Freiberufler und Angehörige der Land- und Forstwirtschaft beitragsrechtlich privilegiert. Hiermit wurde berücksichtigt, dass die genannten Personenkreise doppelt kammerzugehörig sind und in der Regel auch bei einer berufsständischen Kammer Beiträge entrichten müssen. Durch Neufassung des § 3 Abs. 4 Satz 3 wurde klargestellt, dass die entsprechende Beitragsprivilegierung in Einzelfällen, für die die gesetzliche Regelung von vornherein nicht gedacht war, nicht mehr greift. Durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz (MEG II vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) wurde das IHK-Beitragsrecht abermals geändert. Im Wesentlichen sind die Änderungen zum 1. 1. 2008 in Kraft getreten (siehe Jahn, GewArch 2007, 353). Die Änderungen des IHKG betrafen neben dem IHK-Beitragsrecht vor allem die redaktionell erforderliche Anpassung des Gesetzes an die Einführung einer neuen Rechnungslegung nach den Grundsätzen kaufmännischer Buchführung (Doppik, siehe dazu oben Rz. 16 ff.), Klarstellungen in Bezug auf die Kammerzugehörigkeit nach § 2 Abs. 1 u. 3, die Einfügung einer Rechtsgrundlage für Auslagenersatz (§ 3 Abs. 6 und 7), die Einfügung einer Satzungskompetenz für IHK-Veröffentlichungen (§ 4 Satz 2 Nr. 7; 4 Satz 4), Konkretisierungen im IHK-Wahlrecht (§ 5 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1) sowie umfangreiche Neuregelungen für den Bereich der Datenerhebung und Datenverarbeitung der IHKs (§ 9). Im IHK-Beitragsrecht wurde die bisherige Beitragsbefreiungsregelung für Nichtkaufleute mit geringem Gewinn konkretisiert. Mit der redaktionellen Klarstellung soll eine Gleichstellung inländischer und ausländischer Kapitalgesellschaften erreicht, insbesondere klargestellt werden, dass die Beitragsbefreiungsregelung auf (ausländische) Limiteds keine Anwendung findet (so schon VG Darmstadt GewArch 2007, 85). Eine entsprechende Folgeänderung betrifft die erfolgten Klarstellungen in § 3 Abs. 3 Satz 4. § 3 Abs. 3 Satz 4 berücksichtigt mit seinen redaktionellen Änderungen die Umstellung des Rechnungswesens der IHKs auf die Doppik und stellt klar, dass von dem Beitragsprivileg nur solche kammerzugehörigen Existenzgründer profitieren, die „natürliche Personen“ sind. Jahn
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Schon nach der bisher geltenden Regelung in § 3 Abs. 3 Satz 9 konnte Gewerbetreibenden, die einer IHK „mehrfach“ angehören, ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden. Diese Regelung ist – wörtlich genommen – ohne Sinn, da es den Fall einer echten Mehrfachmitgliedschaft desselben Kammerzugehörigen rechtlich nicht geben kann (Jahn, GewArch 1998, 356). Die ab 1. 1. 2008 geltende Neuregelung des § 3 Abs. 3 Satz 9 und 10 ist nunmehr unter Verzicht auf den Antrag als Ermessenstatbestand ausgestaltet. Es wird klargestellt, dass es den IHKs möglich sein soll, einen ermäßigten Grundbeitrag einzuräumen, wenn eine Muttergesellschaft und eine hundertprozentige Tochtergesellschaft jeweils mit ihrem Hauptsitz derselben IHK angehören. Ob die IHK hiervon Gebrauch macht, steht unter Satzungsvorbehalt, erfordert also einen Beschluss der jeweiligen IHK-Vollversammlung. b) Rechtsnatur des IHK-Beitrags 43
Die Beiträge zu den Industrie- und Handelskammern sind öffentliche Abgaben; sie gehören jedoch nicht zu den Steuern, sondern sind Beiträge im abgabenrechtlichen Sinne und müssen alle Voraussetzungen für Beiträge erfüllen (zur Rechtsnatur siehe Schöbener, Handbuch des Kammerrechts, Rz. 5).
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Der Oberbegriff der öffentlichen Abgabe kennzeichnet alle öffentlich-rechtlichen Geldleistungen, welche durch Gesetz auferlegt werden und die bei Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes an ein öffentlich-rechtliches Gemeinwesen zu entrichten sind. In diesem Rahmen unterscheidet man in herkömmlicher Weise zwischen Steuern, Beiträgen und Gebühren, welche der Deckung des notwendigen Haushaltsbedarfs dienen. Neuerdings kommen dazu als 4. Gruppe die Sonderabgaben, bei denen statt des finanzwirtschaftlichen Zwecks (Erzielung von Einnahmen) die wirtschaftspolitische Zielsetzung maßgebend ist (vgl. BVerfGE 55, 274; Axer, GewArch 1996, 453; ferner die Nachweise Vorauflage Rz. 44). Die Beiträge stehen dabei zwischen den Steuern, die keinerlei Entgeltcharakter haben, und den Gebühren, die Gegenleistung für eine besondere Verwaltungsleistung sind. Beiträge stellen nämlich keine Gegenleistung für besondere Leistungen dar, sondern dienen der allgemeinen Finanzierung der Tätigkeit einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft durch ihre Zugehörigen. Sie gelten die im Gesamtinteresse der Zugehörigen erbrachten Leistungen ab und wer258
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den wegen dieses generellen und abstrakten Entgeltcharakters auch als Vorzugslasten bezeichnet; der Vorteil für die Zahlungspflichtigen braucht also nur generell und sehr mittelbar zu sein (vgl. BVerwGE, 39, 100; 42, 210; GewArch 1990, 398; die Nachweise bei Jahn, GewArch 2005, 169, 221, 222) und kann sich bis zu einer Fiktion verflüchtigen. Dass die Kammerbeiträge diese Voraussetzungen einer Vorzugslast erfüllen, hat insbesondere Klein (DVBl. 1959, 315 mit ausführlichen Hinweisen auf Rechtsprechung und Schrifttum) gegen Vogel (DVBl. 1958, 491, der irrigerweise die Kammerbeiträge als Steuern qualifiziert) nachgewiesen (vgl. auch VGH Mannheim GewArch 1996, 482; DVBl. 1997, 659; Axer, GewArch 1996, 453). Wenn man innerhalb der Vorzugslasten noch differenzieren will, so gehören die Kammerbeiträge zu den Verbandslasten, die nach der Leistungsfähigkeit der Zugehörigen erhoben und nicht einmal abstrakt nach dem individuellen Vorteil berechnet werden (zur Verwendung der Begriffe Vorzugslast, Verbandslast, Mitgliedsabgabe vgl. Axer, GewArch 1996, 453). Deshalb kommt es bei der Verbandslast auch nicht darauf an, ob der Kammerzugehörige die generellen Vorteile seiner Zugehörigkeit tatsächlich in Anspruch nimmt (vgl. BVerwGE 25, 149; 42, 210; OVG Münster vom 23. 2. 2006 – 4 A 4451/03; OVG Koblenz GewArch 1997, 196, 198; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, 549) oder – wegen nachträglicher Feststellung seiner Gewerbesteuerpflicht und Kammerzugehörigkeit – überhaupt nicht in Anspruch nehmen konnte (OVG Lüneburg vom 27. 1. 1984 – 8 OVG A 4/83; für Handwerkskammern BVerwG GewArch 1977, 232; VGH Mannheim GewArch 1988, 165, 166; Jahn, GewArch 2005, 221, 222). Für die Wahrung des Äquivalenzprinzips genügt der allgemeine Nutzen, der sich für die Kammermitglieder aus der Wahrnehmung der Kammeraufgaben durch die IHK ergibt (OVG Münster vom 23. 2. 2006 – 4 A 4451/03; OVG Lüneburg GewArch 1996, 413; VG Oldenburg vom 14. 11. 2006 – 12 A 857/05). In diesem Sinne haben die Verwaltungsgerichte inzwischen auch mehrfach Einwendungen gegen Kammerbeiträge abgewiesen (vgl. die umfangreichen Rechtsprechungszitate bei Jahn, GewArch 2005, 211, 212).
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§ 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes beinhaltet die Grundvorschrift, wonach die notwendigen Haushaltsmittel, soweit sie nicht durch anderweitige Einnahmen gedeckt sind, durch Beiträge der Kammerzugehörigen aufzubringen sind; der Pflichtzugehörigkeit ent-
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spricht der Pflichtbeitrag. Abs. 3 und 4 regeln anschließend diesen Pflichtbeitrag näher und unterscheiden zwischen Grundbeiträgen und Umlage. Das Gesetz sieht dabei Abstufungen und Ausnahmen vor, um der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen Rechnung zu tragen. 47
Kammerbeiträge sind als Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG steuerlich abzugsfähig. c) Grundbeitrag
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Sinn des Grundbeitrags war es ursprünglich, neben der von der steuerlichen Leistungsfähigkeit abhängigen Umlage eine Finanzierungskomponente zu haben, die alle Kammerzugehörigen – oder zumindest die Vollkaufleute unter ihnen – im Sinne einer allgemeinen „Grundlast“ gleichmäßig traf (vgl. die 5. Aufl., S. 181). Ganz wurde dieses Prinzip jedoch auch früher nicht durchgehalten, was sich etwa darin äußerte, dass mehr als die Hälfte aller kammerzugehörigen Gewerbetreibenden keinen und etwa 20 % nur einen ermäßigten Grundbeitrag zahlten. Mit der Einbeziehung aller Kammerzugehörigen in die Beitragspflicht und der Ausklammerung des Gewerbekapitals aus der Bemessungsgrundlage für die Umlage durch die Beitragsnovelle vom 21. 12. 1992 ergab sich die Notwendigkeit einer stärkeren Differenzierung des Grundbeitrags (vgl. Begründung zum Gesetzentwurf, BT-Drs. 12/3320, 8). § 3 Abs. 3 Satz 2 IHKG in der Fassung des Gesetzes vom 21. 12. 1992 ließ daher eine Staffelung nach der Leistungskraft zu (siehe Jahn, GewArch 1993, 129). Die Staffelungsbefugnis bezieht sich aber nur auf den Grundbeitrag, denn für eine Staffelung der Umlage fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage (OVG Koblenz GewArch 2001, 344). An der Verfassungsmäßigkeit der Regelung über die Grundbeitragsstaffelung bestehen keine Bedenken (BVerwG GewArch 1999, 193).
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Über die Auslegung des Begriffes „Leistungskraft“ gab es in der Folgezeit allerdings in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen. Während in den meisten Entscheidungen die Wahl der Staffelungskriterien weitgehend in das Ermessen der jeweiligen IHK gestellt und dabei sowohl ein einheitlicher Grundbeitrag als auch ein nach den Kriterien „Handelsregistereintragung“ oder „Vollkaufmannseigenschaft“ gestaffelter Grundbeitrag als rechtmäßig akzeptiert wurde, legten einige Gerichte den Begriff „Leis260
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tungskraft“ im Wesentlichen als gleichbedeutend mit steuerlicher Leistungsfähigkeit aus und lehnten damit eine Staffelung nach der „Handelsregistereintragung“ oder „Vollkaufmannseigenschaft“ ab bzw. ließen die Staffelung nach der „Vollkaufmannseigenschaft“ nur in Verbindung mit Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb zu (s. die Rechtsprechungsnachweise 6. Aufl., Rz. 49, ferner Jahn, GewArch 1997, 177, 183; Jahn, GewArch 2005, 169, 223; Jahn, GewArch 2008, 137, 139). Dem hat der Gesetzgeber durch das IHKGÄndG vom 23. 7. 1998 (BGBl. I, 1887) abgeholfen, indem er in dem neugefassten § 3 Abs. 3 Satz 2 die „Leistungskraft“ nur als ein Staffelungskriterium nennt und daneben ausdrücklich Art und Umfang des Gewerbebetriebs erwähnt. Da es sich außerdem um eine bloß beispielhafte Aufzählung handelt („insbesondere“), ist auch die Heranziehung weiterer Kriterien (etwa Handelsregistereintrag, Beschäftigtenzahl, Umsatz) für die Beitragsstaffelung zulässig (vgl. die Begründung des Änderungsantrags von CDU/CSU, F.D.P. und SPD vom 10. 2. 1998, BT-Drs. 13/9975). Damit haben auch die so genannten „Großbetriebsstaffeln“, die sich in der Regel an Umsatz, Bilanzsumme oder Beschäftigtenzahl orientieren, eine sichere gesetzliche Grundlage erhalten. Auch der Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb bleibt weiterhin mögliches Staffelungskriterium. Im Normalfall ist dabei auf den ungekürzten Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb abzustellen, denn der Freibetrag des § 3 Abs. 3 Satz 7 gilt nur für die Umlage (Jahn, GewArch 1998, 356, 359). Kammerzugehörige, für die § 3 Abs. 4 Sätze 2 und 3 Anwendung finden (Apotheker, sonstige Freiberufler und Landwirte) werden nur mit den dort genannten Anteilen zum Grundbeitrag veranlagt. Der recht breite Gestaltungsspielraum der IHKs bei der Staffelung der Grundbeiträge ist ein typisches Kennzeichen einer Selbstverwaltungskörperschaft. Er entzieht sich daher weitgehend der gerichtlichen Überprüfung. Am eingehendsten sind diese Fragen bisher bei den Gemeinden untersucht worden, wenn die Festsetzung der gemeindlichen Hebesätze angefochten wurde (VGH München BayVBl. 1976, 341; OVG Münster NVwZ 1988, 1156; 1990, 689; dazu Müller, NVwZ 1990, 640; Beckmann, DVBl. 1990, 1193, 1198). In allen diesen Fällen wurden Normenkontrollklagen oder auch inzidente Überprüfungen der gemeindlichen Hebesätze wegen der gemeindlichen Finanzautonomie abgewiesen. Aber auch Jahn
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in Bezug auf die IHK-Beiträge haben die Gerichte dies in jüngerer Zeit wiederholt bestätigt. So ist etwa die Haushaltssatzung (Wirtschaftssatzung) nicht deshalb rechtswidrig, weil sie keinen speziellen Grundbeitrag für Mitglieder enthält, die keinen Gewinn erzielen (VG Regensburg GewArch 1995, 479). Gegen die Erhebung eines Grundbeitrags auch bei Verlust bestehen keine Bedenken (siehe die Nachweise bei Jahn, GewArch 2005, 169, 224 (Fn. 214)). Die Kammern sind ferner rechtlich nicht gehalten, ihr Beitragssystem dem Steuersystem entsprechend progressiv, wenigstens aber linear auszugestalten (OVG Koblenz GewArch 1997, 196, 198) oder beim Grundbeitrag überhaupt die individuelle Ertragssituation zu berücksichtigen (VG Leipzig GewArch 1997, 210). 51
Auch verlangt das Gleichheitsgebot nicht, dass jeder Besonderheit Rechnung getragen werden muss, sondern es lässt aus Gründen der Praktikabilität dem Grundsatz der Typengerechtigkeit entsprechende Pauschalierungen zu (OVG Magdeburg GewArch 1997, 154; OVG Münster vom 29. 4. 1998 – 4 A 2384/97; Jahn, GewArch 2005, 169, 223 [Fn. 205]). Deshalb besteht für die durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG v. 28. 10. 2008, BGBl. I, 2026) ab 1. 11. 2008 eingeführten „kleinen“ GmbH, der „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ kein Anspruch auf eine gesonderte (geringere) Grundbeitragsstaffel. Eine solche beitragsrechtliche Besserstellung einer im Handelsregister eingetragenen juristischen Person mit Haftungsbeschränkung der Gesellschafter wäre systemfremd und kammerrechtlich schwer begründbar. Auch eine Beitragsbefreiung kommt deshalb nicht in Betracht (siehe unten Rz. 74). Und schließlich ist ein Vergleich der Beiträge in verschiedenen IHK-Bezirken für die Frage einer Verletzung von Art. 3 Abs. 1 GG irrelevant. Die Festsetzung der Beiträge ist von der Mitgliederstruktur des Kammerbezirks abhängig und daher einer allgemeinen Regelung auf Gesetzesebene nicht zugänglich (VG Würzburg GewArch 1996, 482; vgl. auch Jahn, GewArch 1997, 177, 183; Jahn, GewArch 2005, 169, 223).
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Für das richtige Verhältnis von Grundbeiträgen und Umlage gibt es ebenfalls keine festen Richtgrößen – weder für ihren Anteil am Haushaltsvolumen noch für ihre absolute Höhe. Dazu ist die Struktur der Kammerbezirke zu unterschiedlich – von den gewerbesteuerlichen Änderungen und ihren beitragsrechtlichen Kon262
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sequenzen ganz abgesehen. Es ist vielmehr Aufgabe der Vollversammlung, bei der Festlegung von Grundbeitrag und Umlage entsprechend den bezirklichen Verhältnissen und Haushaltsnotwendigkeiten die verschiedenen Gesichtspunkte gegeneinander abzuwägen und einen Ausgleich zwischen der allgemeinen „Grundlast“ und der von der Leistungsfähigkeit abhängigen Umlage zu finden. Bei einer Erhöhung von Beiträgen wird es beispielsweise darauf ankommen, alle Gruppen von Beitragszahlern möglichst gleichmäßig mehr zu belasten. Eine größere Korrektur und damit eine Umschichtung im Aufkommen kann aber auch notwendig sein, wenn die Belastungen bisher zu einseitig verteilt waren. Wirtschaftssatzung oder die Beitragsordnung müssen klar festlegen, nach welchen Kriterien die Grundbeitragsstaffelung erfolgt. Da für den Grundbeitrag eine gesetzliche Regelung über die Ersatzbemessungsgrundlage fehlt, empfiehlt es sich für IHKs, die nach dem Gewerbeertrag/Gewinn aus Gewerbebetrieb staffeln, eine ausdrückliche Bestimmung, wie sie in § 3 Abs. 3 Satz 6 für die Umlage existiert, in die Wirtschaftssatzung oder Beitragsordnung aufzunehmen. Geschieht dies nicht, berührt dies allerdings die Wirksamkeit der Wirtschaftssatzung (Haushaltssatzung) nicht (OVG Frankfur/Oder vom 29. 7. 1999 – 2 B 17/99; so auch OVG Lüneburg vom 12. 11. 1998 – 8 L 4277/98; sowie bereits OVG Lüneburg GewArch 1997, 153). Nach anderer Auffassung des OVG Lüneburg (GewArch 1998, 160) soll aber die Haushaltssatzung (Wirtschaftssatzung) mangels Bestimmtheit nichtig sein. Diese Konsequenz wird indes sowohl von anderen Gerichten als auch in der rechtswissenschaftlichen Literatur (VGH Mannheim vom 17. 6. 1998 – 14 S 38/98; VG Karlsruhe vom 21. 4. 1998 – 1 K 2075/96; Jahn, GewArch 1998, 146) zu recht als zu harsch empfunden.
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Eine Beitragsstaffel „Gewerbeertrag/Gewinn aus Gewerbebetrieb bis … Euro“ schließt nach herrschender Meinung auch den Verlustfall mit ein (VG Karlsruhe vom 21. 4. 1998 – 1 K 2075/96; VG Düsseldorf vom 10. 11. 1998 – 3 K 6147/98; Jahn, DB 1997, 2456; a.A. Paul, DB 1997, 1436). Dennoch kann es sich empfehlen, in der Wirtschaftssatzung eine Formulierung zu verwenden, die den Verlust ausdrücklich aufführt und damit den Meinungsstreit gar nicht entstehen lässt.
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Der Grundbeitrag ist – ausgenommen in den Fällen der Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 3 Satz 3 und ggf. von Mischbetrieben – von allen Kammerzugehörigen zu zahlen, selbst wenn der Gewerbesteuermessbetrag auf Null Euro lautet oder für die Betriebsstätten im Kammerbezirk gemäß § 34 GewStG kein Zerlegungsanteil festgesetzt wird (VG Saarland vom 30. 5. 1989 – 5 K 138/89). Es kann sich dabei ergeben, dass der Grundbeitrag höher als die Umlage ist. Darin liegt kein Widerspruch, wenn man den Grundbeitrag entsprechend dem gesetzgeberischen Willen als eigenständiges Finanzierungsinstrument ansieht und seine Bedeutung für eine gerechte Beitragsverteilung betont. Dies gilt genauso, wenn ein Unternehmen in zahlreichen anderen Kammerbezirken auswärtige Betriebsstätten – wenn auch kleinster Art – unterhält und deshalb die Summe der von ihm gezahlten Grundbeiträge sogar wesentlich höher als die für das gesamte Unternehmen zu zahlende Umlage ist; der Hinweis auf zahlreiche auswärtige Betriebsstätten ist auch kein Erlassgrund (OVG Münster GewArch 1997, 296, 298; VG Gelsenkirchen GewArch 1984, 37). Zu begründen ist dies damit, dass die auswärtigen Betriebsstätten jeweils auch die Vorteile aus der Arbeit der dortigen IHK ziehen.
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Jeweils separat kammerzugehörig und beitragspflichtig sind auch die Mitglieder einer Organschaft wie Organträgerin (Muttergesellschaft) und Organgesellschaften (Tochtergesellschaften). Wenn beispielsweise eine auswärtige Muttergesellschaft im Kammerbezirk Betriebsstätten sowie eine Organgesellschaft unterhält, sind beide selbständig kammerzugehörig und müssen jeweils den vollen Grundbeitrag zahlen (VG München vom 31. 5. 1983 – M 4016 XVI 82). Auf der Grundlage des § 3 Abs. 3 Satz 9, der durch das IHKGÄndG vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2245) eingefügt wurde, ist allerdings den IHKs die Möglichkeit gegeben, in diesen Fällen im Rahmen ihres Ermessens einen ermäßigten Grundbeitrag einzuräumen (siehe dazu unten Rz. 80). Der Grundbeitrag ist andererseits von jedem Kammerzugehörigen nur einmal zu zahlen, selbst wenn er im Kammerbezirk mehrere Betriebsstätten unterhält.
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Der Grundbeitrag ist unteilbar, selbst wenn die Kammerzugehörigkeit nicht während des gesamten Haushaltsjahres bestanden hat (OVG Lüneburg GewArch 1996, 413, 414; Jahn, GewArch 2005, 169, 223). Die genehmigten Beitragsordnungen legen fest, dass er stets ungekürzt zu zahlen ist, und mit Beginn des Haushaltsjahres entsteht. Bei einer gewerblichen Tätigkeit von unter 264
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drei Monaten sehen die IHKs in ihren Beitragsordnungen allerdings die Möglichkeit vor, von einer Grundbeitragserhebung abzusehen. d) Umlage Kernstück des Beitragswesens und der Kammerfinanzen ist die Umlage, die, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt ist, auf der Basis des Gewerbeertrags nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls auf der Basis des nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb bemessen wird. Damit wird primär auf ein Gesamtsystem abgestellt, dessen Angelpunkt der Gewerbesteuermessbescheid als Grundlagenbescheid ist; daraus folgt wiederum, dass bei Änderungen dieses Grundlagenbescheids die IHKs in analoger Anwendung von § 175 Nr. 1 AO einen neuen Beitragsbescheid erlassen und es zu Nachveranlagungen oder auch Erstattungen kommen kann.
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Diese Anknüpfung der Umlage an den Gewerbeertrag des Kammerzugehörigen nach dem Gewerbesteuergesetz ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (VG Arnsberg vom 27. 11. 1996 – 13 K 33461/95). Sie dient vielmehr einer größeren Beitragsgerechtigkeit. Dies hatte das Bundesverwaltungsgericht bezogen auf den Gewerbesteuermessbetrag bereits in seinem Urteil vom 26. 6. 1990 (GewArch 1990, 398) festgestellt. Im gleichen Sinne hatten sich auch schon vorher andere Gerichte geäußert (VGH Kassel GewArch 1987, 395; vgl. dazu auch Mache, GewArch 1986, 122; Junge, GewArch 1986, 153; Junge, WUR 1991, 38).
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Der vom Finanzamt festgestellte Gewerbeertrag ist für die Kammer verbindlich und hat für sie kraft Gesetzes Tatbestandswirkung (BVerwG NVwZ 1983, 546; Jahn, GewArch 2005, 169, 176; Jahn, GewArch 2008, 137, 142). Die IHK kann nicht etwa stattdessen Umsatz, Beschäftigtenzahl oder andere Merkmale zur Bemessungsgrundlage für die Umlage machen. Die nur für die neuen Bundesländer geltende Sonderregelung des § 14 war auf den 31. 12. 1997 befristet und ist damit ausgelaufen (vgl. dazu noch VG Potsdam vom 3. 12. 1999 – 7 L 1308/98; VG Halle vom 11. 9. 2002 – 5 A 172/02 HAL). Aus der Verbindlichkeit des Gewerbeertrags ergibt sich darüber hinaus, dass die Vollversammlung für alle umlagepflichtigen Unternehmen nur einen einheitli-
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chen Hebesatz (Umlagesatz) festlegen darf. Sie darf weder eine Höchstgrenze für die Umlage bestimmen, noch den Umlagesatz nach Branchen, Betriebsgrößen oder anderen Merkmalen staffeln. Das Gewerbesteuergesetz berücksichtigt bereits die unterschiedlichen Ertragsverhältnisse, die sich damit entsprechend auf die Kammerumlage auswirken. Die IHK hat infolgedessen keine Möglichkeit einer individuellen Beitragsgestaltung (vgl. Bescheid des Bundeswirtschaftsministers an den DIHT vom 7. 8. 1958 – Z A 1-5028/58; Bremer, 96). Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem schon erwähnten Urteil vom 26. 6. 1990 (GewArch 1990, 398) jedoch eine Staffelung im Umlagesatz oder die Festlegung einer Höchstgrenze für möglich gehalten, wenn der Vorteil aus der Kammerzugehörigkeit nicht mehr entsprechend mit der Bemessungsgrundlage gewachsen sein sollte. Dies ist jedoch keine operationable Formel, so dass weder die IHK noch ein Verwaltungsgericht wissen können, wann diese Grenze überschritten wird. Grundsätzlich steigt auch mit der Leistungsfähigkeit eines Unternehmens der Vorteil, den es aus der Kammerzugehörigkeit zieht. 61
Der Gewerbeertrag (§ 11 GewStG) ist nach § 7 GewStG unter Berücksichtigung von § 10a GewStG zu ermitteln. Ausgangspunkt ist der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder des Körperschaftsteuergesetzes ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Dazu werden die in § 8 GewStG genannten Beträge hinzugerechnet. Es handelt sich im Einzelnen um Dauerschuldentgelte (§ 8 Nr. 1 GewStG), Renten und dauernde Lasten (§ 8 Nr. 2 GewStG, aufgehoben mWv EZ 2008 durch Gesetz vom 14. 8. 2007, BGBl. I, 1912), stille Gewinnanteile (§ 8 Nr. 3 GewStG, ebenfalls aufgehoben wie vor), KGaA-Gewinnanteile (§ 8 Nr. 4 GewStG), Miet- und Pachtzinsen für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (§ 8 Nr. 7 GewStG, ebenfalls aufgehoben wie vor), mitunternehmerische Verlustanteile (§ 8 Nr. 8 GewStG), Spenden (§ 8 Nr. 9 GewStG), ausschüttungsbedingte Gewinnminderungen (§ 8 Nr. 10 GewStG). Anschließend werden die in § 9 GewStG vorgesehenen Kürzungen bei betrieblichem Grundbesitz (§ 9 Nr. 1 GewStG), bei mitunternehmerischen Gewinnanteilen (§ 9 Nr. 2 GewStG), bei Schachtelbeteiligungen (§ 9 Nr. 2a GewStG), bei KGaA-Gewinnanteilen (§ 9 Nr. 2b GewStG), bei ausländischen Betriebsstätten (§ 9 Nr. 3 GewStG), bei Miet- und Pachtzinsen (§ 9 Nr. 4 GewStG, letztmals anzuwenden für EZ 2007, vgl. Gesetz vom 14. 8. 2007, BGBl. I, 1912), bei Spenden (§ 9 Nr. 5 266
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GewStG), bei ausländischen Schachtelbeteiligungen (§ 9 Nr. 7 GewStG) und bei befreiten Gewinnen aus Auslandsbeteiligungen (§ 9 Nr. 8 GewStG) vorgenommen. Und schließlich wird noch ein eventueller Verlustausgleich nach § 10a GewStG vorgenommen. Auch außerordentliche Gewerbeerträge, etwa Veräußerungsgewinne bei Unternehmensverkäufen gehören zur Bemessungsgrundlage und werden folglich auch bei der IHK-Umlage berücksichtigt (VG Arnsberg vom 18. 2. 2005 – 13 K 1540/04). Sämtliche vorgenannten Berechnungen erfolgen durch die Finanzbehörden. Die IHK ist also auch insoweit an deren Mitteilung, die Tatbestandswirkung hat, gebunden. Nicht berücksichtigt werden bei der Veranlagung zum IHK-Beitrag die in § 11 Abs. 1 GewStG genannten Freibeträge. Diese sind ausdrücklich nur für die Berechnung der Gewerbesteuer von Bedeutung, mindern jedoch nicht den Gewerbeertrag.
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Das Gesetz bestimmt nicht das Jahr, dessen Gewerbeertrag der Kammerumlage zugrunde zu legen ist. Eine zwingende Akzessorietät der Kammerumlage zur Gewerbesteuer, wie sie früher bestand, gibt es im IHKG nicht mehr. Es bleibt den IHKs vielmehr überlassen, in ihrer Wirtschaftssatzung das Bemessungsjahr festzulegen, nach dessen Gewerbeertrag die Umlage erhoben wird. Die Mehrzahl der IHKs ist deshalb zur „Gegenwartsveranlagung“ übergegangen, nachdem die Datenverarbeitung im Beitragswesen dieses Verfahren mit seinen Vorauszahlungen und Abrechnungen erleichtert. Eine vorläufige Veranlagung auf der Basis des letzten der IHK bekannten Gewerbeertrags ist zulässig (VG Würzburg GewArch 1995, 293; VG Arnsberg GewArch 1996, 336). Sie erfolgt durch Vorauszahlungsbescheid, wie er in Beitragsordnung und Wirtschaftssatzung vorgesehen ist. Der finanzamtliche Grundlagenbescheid bindet hierbei die IHK beim Vorauszahlungsbescheid. Der Kammerzugehörige kann deshalb nicht geltend machen, der Grundlagenbescheid des Finanzamts sei rechtswidrig; dieser Grundlagenbescheid ist vielmehr vor den Finanzbehörden bzw. -gerichten anzufechten (OVG Münster GewArch 2002, 33). Ein anderer Teil der IHKs verlegt jedoch das Bemessungsjahr zurück, in der Regel um drei Jahre; die Kammerumlage für 1999 wird dann beispielsweise nach dem Gewerbeertrag des Jahres 1996 erhoben. Diese Zurückverlegung hat den Vorteil, dass nach drei Jahren die Masse der Gewerbesteuerveranlagungen durchgeführt ist und für fast alle Kammerzugehörigen der Gewerbeertrag vor-
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liegt, so dass die Beitragsveranlagung sogleich endgültig erfolgen kann und es keiner Vorauszahlungen bedarf. Die Rechtsprechung hat in einer ganzen Reihe von Verfahren diese Zurückverlegung des Bemessungszeitraums anerkannt (s. die älteren Rechtsprechungsnachweise 6. Aufl., Rz. 63). 64
Die IHK kann andererseits ihre Umlage nicht endgültig nach den letzten vorliegenden Gewerbeerträgen berechnen, da es sich dann – je nach der Dauer des Veranlagungsverfahrens – um Erträge verschiedener Jahre handeln würde und der Grundsatz der steuerlichen Gleichbehandlung verletzt würde. Sie kann nur ein bestimmtes Kalenderjahr für alle Kammerzugehörigen als Bemessungsgrundlage für die Umlage wählen.
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Wenn die Wirtschaftssatzung die Gewerbeerträge eines zurückliegenden Kalenderjahres zur Grundlage der Umlage bestimmt, muss in der Wirtschaftssatzung selbst auch noch Vorsorge für die Umlageberechnung bei zwischenzeitlich errichteten Gewerbebetrieben und Betriebsstätten getroffen werden. In diesen Fällen erhebt die IHK ihre Umlage so lange nach dem ersten vorliegenden Gewerbeertrag, bis der Anschluss an das zurückliegende Bemessungsjahr erreicht ist. Die mehrfache Benutzung desselben Gewerbeertrags führt dabei zu keiner Mehrbelastung, weil umgekehrt bei Beendigung der Kammerzugehörigkeit eines umlagepflichtigen Unternehmens seine letzten Gewerbeerträge unbenutzt bleiben. Wenn z.B. ein Unternehmen mit dem 31. 12. 1998 seine Tätigkeit eingestellt hat und seine Kammerzugehörigkeit damit beendet ist, kann die IHK keinen Beitrag mehr für 1999 erheben und bei einer Zurückverlegung des Bemessungszeitraums um zwei Jahre die noch anfallenden Gewerbeerträge 1996, 1997 und 1998 nicht mehr nutzen. Praktische Bedeutung hat diese Frage insbesondere für auswärtige Bau- und Montagestellen, soweit sie als Betriebsstätten gelten und die Kammerzugehörigkeit begründen. Sie werden bei Zurückverlegung des Bemessungszeitraums mehrfach mit dem ersten Zerlegungsanteil zur Umlage herangezogen, während die letzten Zerlegungsanteile regelmäßig wegen Beendigung der Kammerzugehörigkeit entfallen. Gerade an diesem Beispiel erweist sich auch, dass die in der Haushaltssatzung (Wirtschaftssatzung) getroffene „Übergangsregelung“ für neuerrichtete oder vorübergehende Betriebsstätten der gleichmäßigen Beitragsbelastung aller Kammerzugehörigen dient; andernfalls wären nämlich Bau- und Montageunternehmen mit ihren auf die auswärtigen 268
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Betriebsstätten entfallenden Zerlegungsanteilen umlagefrei und brauchten nur den Grundbeitrag zu zahlen. Die Hilfsbemessungsgrundlage Gewinn aus Gewerbebetrieb findet dann Anwendung, wenn vom Finanzamt ein Gewerbesteuermessbetrag – in der Regel bei geringen Erträgen – nicht festgesetzt wird. Der aus dem EStG oder dem KStG abgeleitete Gewinn aus Gewerbebetrieb wird um Gewinne aus ausländischen Betriebsstätten, um Beteiligungserträge von anderen Unternehmen und um den nicht ausgeglichenen Gewerbeverlust aus Vorjahren (§ 10a GewStG) gekürzt, um eine dem Gewerbeertrag vergleichbare Bemessungsgrundlage zu erhalten. Regelungen dazu enthalten die Beitragsordnungen der IHKs. Da den IHKs die betreffenden Kürzungsbeträge in der Regel nicht bekannt sind, wird deren Nachweis durch den Beitragspflichtigen verlangt (§ 3 Abs. 3 Satz 8). Hat ein Einzelunternehmer mehrere Betriebe, die jeweils unter einer eigenen Steuernummer zur Gewerbesteuer veranlagt werden, wird für diesen Kammerzugehörigen kein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt. Daher ist auch in diesen Fällen auf den Gewinn aus Gewerbebetrieb nach dem Einkommensteuergesetz als Bemessungsgrundlage für die Beitragserhebung abzustellen.
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e) Zerlegungsanteil Die Verweisung auf den Gewerbeertrag in § 3 Abs. 3 Satz 6 schließt die Zerlegung ein, wenn ein Unternehmer Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden unterhält und deshalb jeder beteiligten Gemeinde vom Finanzamt gemäß den §§ 28–34 GewStG ein Zerlegungsanteil am Gewerbesteuermessbetrag des Unternehmens zugewiesen wird. Da nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes auch auswärtige Betriebsstätten die Kammerzugehörigkeit eines Unternehmens begründen, kann die IHK in solchen Fällen neben dem Grundbeitrag ihre Umlage nur auf der Grundlage der Zerlegungsanteile erheben, die auf die Gemeinden im Kammerbezirk entfallen. Ebenso wie die Gemeinden nur Gewerbesteuer für die in ihrem Gebiet befindlichen Betriebsstätten erhalten, berechnet sich die Kammerumlage nur nach den Zerlegungsanteilen für die Betriebsstätten im Kammerbezirk. In den Beitragsordnungen der IHKs wird für die Fälle, in denen eine Veranlagung nach dem Gewerbeertrag erfolgt, auf die gewerbesteuerliche Zerlegung verwiesen. Lediglich bei Veranlagung auf Jahn
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der Basis der Hilfsbemessungsgrundlage Gewinn aus Gewerbebetrieb wird ausdrücklich festgelegt, dass die Zerlegung nach dem Verhältnis der Lohnsummen vorgenommen werden muss. 68
In diesem Zusammenhang bedarf die Umlageberechnung bei Organgesellschaften besonderer Erwähnung. Sie bleiben selbständige Kammerzugehörige, werden aber gewerbesteuerlich gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG wie Betriebsstätten behandelt. Für den gesamten gewerbesteuerlichen Organkreis wird deshalb nur ein Gewerbesteuermessbetrag festgesetzt und dann auf die Betriebsstättengemeinden zerlegt. Soweit die Betriebsstätten in verschiedenen Gemeinden liegen, kann die Umlage an Hand des jeweiligen Zerlegungsanteils berechnet werden (VGH Mannheim GewArch 1985, 368). Es kommt aber auch vor, dass in einer einzigen Gemeinde sowohl Betriebsstätten des Organträgers als auch seiner Organgesellschaften vorhanden sind; für sie wird dann nur ein einheitlicher Zerlegungsanteil ausgewiesen. In solchen Fällen muss die IHK im Benehmen mit dem Organträger den Zerlegungsanteil nochmals aufteilen, um gesondert die Umlagen für die Betriebsstätten des Organträgers und der Organgesellschaft(en) festzulegen. In der Praxis verständigen sich zu recht Organträger und IHK dahin, dass die Organgesellschaft lediglich einen Beitragsbescheid über ihren Grundbeitrag erhält und dass dem Organträger ein zusammenfassender Umlagebescheid für sämtliche Betriebsstätten des Organkreises im Kammerbezirk zugestellt wird.
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Wenn eine bisher selbständige Gesellschaft zur Organgesellschaft wird, ändert sich an der Kammerzugehörigkeit nichts. Der Grundbeitrag wird, wie bisher, weiter von ihr erhoben. Ebenso wird die Umlage weiter von der Organgesellschaft eingezogen, wobei bei einer Zurückverlegung des Bemessungsjahres auch noch von den Gewerbeerträgen oder Zerlegungsanteilen aus der vororganschaftlichen Zeit auszugehen ist. Sobald der Anschluss an das zurückliegende Bemessungsjahr erreicht ist, wird der Zerlegungsanteil aufgrund des Organschaftsverhältnisses zugrunde gelegt. Wegen der Saldierung von Gewinnen und Verlusten im Organkreis ist der organschaftliche Zerlegungsanteil meist niedriger als der frühere Gewerbeertrag, so dass solche Unternehmensverbindungen in der Regel erhebliche Einnahmeausfälle für Gemeinden wie IHKs zur Folge haben. Die gleichen Konsequenzen ergeben sich im Übrigen auch bei der Beendigung eines Organschaftsverhältnisses, weil auch hier die selbständige Kammerzugehörigkeit unverändert 270
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bleibt (vgl. VGH Mannheim GewArch 1985, 368). Neben dem Grundbeitrag wird die Umlage so lange nach dem früheren Zerlegungsanteil aus der Zeit der Organschaft berechnet, bis ein eigener Zerlegungsanteil der selbständig gewordenen früheren Organgesellschaft vorliegt; hier ist allerdings in den oben erwähnten Fällen, in denen Betriebsstätten des früheren Organträgers und der nunmehr selbständig gewordenen Organgesellschaft in einer Gemeinde liegen, eine Aufteilung des gemeinsamen Zerlegungsanteils notwendig. Wenn schließlich eine Organgesellschaft innerhalb eines Haushaltsjahres ein Organschaftsverhältnis beendet und anschließend sofort ein neues Organschaftsverhältnis mit einem anderen Organträger begründet, sind die beiden Zerlegungsanteile zusammenzurechnen; meist handelt es sich dabei um Fälle, in denen sämtliche Anteile an einer Tochtergesellschaft an ein anderes Unternehmen verkauft werden. Anders als im Körperschaftssteuerrecht bedarf es für die gewerbesteuerliche Organschaft keines Organschaftsvertrages; die IHK braucht die gewerbesteuerlichen Voraussetzungen aber nicht nachzuprüfen, weil für sie die Entscheidung des Finanzamts bindend ist. f) Feststellung der Gewerbesteuerpflicht und Ermittlung der Gewerbeerträge Die IHK ist für die Feststellung der Kammerzugehörigkeit und vor allem für die Erhebung der Umlage auf die Mitteilung der vom Finanzamt festgestellten Gewerbeerträge und Zerlegungsanteile angewiesen. Die Finanzämter sind dazu berechtigt und verpflichtet. Dies ergibt sich aus § 31 Abs. 1 AO, wonach sie – unter Wahrung des Steuergeheimnisses im Übrigen – die für deren Arbeit notwendigen Besteuerungsunterlagen an Körperschaften öffentlichen Rechts weitergeben dürfen (OVG Koblenz vom 22. 1. 1997 – 11 A 12624/96; VG Neustadt/W. GewArch 1997, 23) und nun vor allem auch weiterzugeben haben. Die Heranziehung der gewerbesteuerlichen Grundlagen dient der Vereinfachung und Entlastung des IHK-Beitragsverfahrens und entspricht damit dem Anliegen, die finanzielle Inanspruchnahme der Mitglieder gering zu halten (VG Saarland GewArch 1996, 334); durch diese Datenweitergabe wird das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der IHK-Mitglieder nicht verletzt. In § 9 Abs. 2 ist ferner bestimmt, dass die Industrie- und Handelskammern und deren Gemeinschaftseinrichtungen, die öffentliche Stellen i.S. des § 2 Nr. 2 BDSG sind, zur Jahn
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Feststellung der Kammerzugehörigkeit und zur Festsetzung der Beiträge der Kammerzugehörigen Angaben zur Gewerbesteuerveranlagung im Sinne von § 2 Abs. 1 sowie die nach § 3 Abs. 3 erforderlichen Bemessungsgrundlagen bei den Finanzbehörden erheben. Die Vorschrift wurde durch das Gesetz zur Änderung von Gesetzen auf dem Gebiet der Wirtschaft vom 21. 12. 1992 (BGBl. I, 2133) in das IHKG eingeführt und durch das MEG II (vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) geändert. 71
Eine Pflicht der Finanzämter zur Mitteilung der Gewerbeerträge und Zerlegungsanteile kann ferner von den Bundesländern gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 5 in ihren Ausführungsgesetzen vorgeschrieben werden. Davon ist bislang abgesehen worden, weil bereits überall entsprechende Erlasse der Landesfinanzminister diese Frage regelten. Inzwischen ist das Verfahren durch die Einführung der automatischen Datenverarbeitung bei der Finanzverwaltung und den IHKs weiterentwickelt worden, wofür auch ein gemeinsamer Ausschuss zwischen der Finanzverwaltung und den Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern gebildet und eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen wurde, die laufend der weiteren Entwicklung im Steuerrecht, im Kammerrecht und in der Datenverarbeitung angepasst wird. Hilfsweise besteht für die Kammern die Möglichkeit, die für die Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen unmittelbar bei den Kammerzugehörigen zu erheben. Diese sind gem. § 3 Abs. 3 Satz 8 der IHK gegenüber zur Auskunft und Gewährung von Einsicht in die relevanten Geschäftsunterlagen verpflichtet. Die Einschränkung auf Fälle, in denen die Bemessungsgrundlagen nicht bereits nach § 9 erhoben sind, bedeutet nicht, dass die IHK vor Äußerung des Auskunftsverlangens zunächst versuchen muss, die notwendigen Daten über das Finanzamt zu bekommen. Sind ihr indessen vom Finanzamt bereits die entsprechenden Daten mitgeteilt worden, ist ein Auskunftsverlangen bzw. eine Einsichtnahme in Geschäftsunterlagen ausgeschlossen. Es bestände dafür auch kein Bedarf, denn die vom Finanzamt mitgeteilten Bemessungsgrundlagen sind für die IHKs verbindlich.
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Liegen Mitteilungen des Finanzamtes vor, die jedoch eine eindeutige Beitragsveranlagung nicht zulassen, bleiben die Befugnisse der IHK nach § 3 Abs. 3 Satz 8 bestehen. Sie muss dieses sogar tun, wenn sie den betreffenden Kammerzugehörigen zum Beitrag veranlagen will. Dies folgt aus dem sowohl im Steuerrecht (§ 88 272
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Ausnahmen bei Grundbeitrag und Umlage
AO) als auch im Beitragsrecht (§ 24 VwVfG) geltenden Grundsatz der Ermittlung von Amts wegen. Das Steuergeheimnis (§ 30 AO) ist auch von den IHKs zu wahren. Sie dürfen die mitgeteilten Besteuerungsunterlagen nur für Beitragszwecke verwenden und nicht Dritten offenbaren. Soweit die mit den Gewerbeerträgen oder Gewinnen aus Gewerbebetrieb sowie mit den Zerlegungsanteilen befassten Kammermitarbeiter ausnahmsweise nicht Amtsträger i.S.v. § 11 Abs. 2 Nr. 2c StGB sind, werden sie auf die Geheimhaltung aufgrund des Verpflichtungsgesetzes vom 2. 3. 1974 (BGBl. I, 547) besonders verpflichtet und stehen dann den Amtsträgern gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB gleich. Auch bei der Datenverarbeitung selbst sind entsprechende Sicherungen vorgesehen, um eine unbefugte Offenbarung oder auch nur Verwendung der mitgeteilten Besteuerungsunterlagen zu verhindern.
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5. Ausnahmen bei Grundbeitrag und Umlage a) Beitragsbefreiung für Kleinunternehmen Nicht im Handelsregister eingetragene natürliche Personen und Personengesellschaften mit einem Gewerbeertrag, hilfsweise Gewinn aus Gewerbebetrieb, von nicht mehr als 5200 Euro p.a. sind vom IHK-Beitrag freigestellt (zur früheren Regelung ab 1. 1. 1999 s. 6. Aufl., Rz. 74, 75). Nicht freigestellt – ohne Rücksicht auf den Ertrag – werden daher Kapitalgesellschaften, da für diese die Handelsregistereintragung Entstehensvoraussetzung ist. Gewerbetreibende, deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind zwar zur Eintragung in das Handelsregister verpflichtet, profitieren aber bis zur Eintragung ebenfalls von der Beitragsbefreiung (a.A. VG Stade vom 19. 9. 2005 – 5 A 18/04, das bei objektiver Eintragungspflicht bereits vor formaler Eintragung eine Beitragsbefreiung ausschließt). Gleiches gilt für Gewerbetreibende ohne vollkaufmännischen Geschäftsbetrieb, wenn sie von der neuen Eintragungsoption des § 2 HGB (Handelsrechtsreformgesetz vom 22. 6. 1998, BGBl. I, 1474) Gebrauch gemacht haben. Denn die Beitragsbefreiung stellt auf das formale Element der Eintragung im Handelsregister ab. Wer für die Eintragung optiert, kann nicht nur selektiv die Vorteile des Kaufmannsstandes genießen, sondern Jahn
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muss auch die Nachteile in Kauf nehmen (BVerwG NVwZ 2005, 700). Eine beitragsrechtliche Privilegierung scheidet auch für die neue „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ aus, die durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG v. 28. 10. 2008, BGBl. I, 2026) mit Wirkung vom 1. 11. 2008 eingeführt worden ist. Denn die UG ist eine im Handelsregister eingetragene juristische Person mit einer Haftungsbeschränkung für die Gesellschafter; eine beitragsrechtliche Besserstellung bedürfte jedoch einer Gesetzesänderung im IHKG. Aus dem gleichen Grund kommt auch eine spezielle Grundbeitragsstaffel für die UG nicht in Betracht (oben Rz. 51). Beitragsbefreit werden können trotz fehlender Handelsregistereintragung weder weiterhin Genossenschaften noch nun auch im Vereinsregister eingetragene Vereine, soweit sie überhaupt zur Gewerbesteuer veranlagt werden, da es sich um juristische Personen und nicht um Personengesellschaften handelt. 75
Die seit 1. 1. 1999 in § 3 Abs. 3 Satz 2 getroffene Freistellungsregelung sollte bereits durch das Kleinunternehmerförderungsgesetz (KFG vom 31. 7. 2003, BGBl. I, 1550) mit Wirkung vom 1. 1. 2003 mittelbar geändert werden. Denn das KFG sah Änderungen der steuerrechtlich relevanten Umsatzgrenzen in der AO vor, auf die § 3 Abs. 3 bislang dynamisch verwies. Geplant war eine Erhöhung der in § 3 Abs. 3 Satz 3 maßgeblichen Ertragsobergrenze von 5200 Euro auf 7000 Euro, ferner eine Anhebung der maßgeblichen Umsatzobergrenzen in § 3 Abs. 3 Satz 4. Da allerdings die Änderungen des KFG erst für Veranlagungszeiträume ab 1. 1. 2004 zu beachten gewesen wären (Art. 7 KFG, § 19 EGAO), sind die Änderungen des KFG für Zwecke des IHK-Beitragsrechtes obsolet geworden. Denn mit dem Dritten Gesetz zur Änderung der Handwerksordnung und anderer handwerksrechtlicher Vorschriften (vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934) hat der Gesetzgeber die maßgeblichen Beitragsbefreiungsgrenzen unmittelbar im IHKG selbst geregelt und auf eine Verweisung auf die AO verzichtet (vgl. Jahn, GewArch 2004, 41, 44). Die Beitragsbefreiungsregelung in § 3 Abs. 3 Satz 3 ist durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz (vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) abermals geändert worden (vgl. Jahn, GewArch 2007, 353, 355). Die bisherige Regelung, die an den „Kammerzugehörigen“ anknüpfte, war aus Sicht des Gesetzgebers hinsichtlich ausländischer Kapitalgesellschaften unklar gefasst, so dass eine gesetzli274
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che Klarstellung erforderlich war. Die Beitragsbefreiungsregelung bezieht sich nunmehr auf nicht in das Handelsregister eingetragene „natürliche Personen und Personengesellschaften“, um eine Gleichstellung inländischer und ausländischer Kapitalgesellschaften sicherzustellen (BT-Drs. 16/4391, 65). Die Rechtsprechung hatte zwar bereits entschieden, dass die Beitragsbefreiungsregelung insbesondere auf ausländische Limiteds keine Anwendung findet (VG Darmstadt GewArch 2007, 85); dennoch ist die jetzt erfolgte gesetzliche Klarstellung im Sinne der Rechtssicherheit zu begrüßen. b) Beitragsbefreiung von Existenzgründern Seit 1. 1. 2004 (Gesetz vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934) sind Existenzgründer, die als natürliche Personen weder im Handelsregister noch im Genossenschaftsregister eingetragen sind, nach § 3 Abs. 3 Satz 4 bei der IHK zwei Jahre lang komplett vom Beitrag, also sowohl vom Grundbeitrag als auch von der Umlage und zwei weitere Jahre nur von der Umlage befreit, soweit ihr Gewerbeertrag, hilfsweise Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro/Jahr nicht übersteigt. Diese Regelung ist durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz (vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) mit Wirkung vom 1. 1. 2008 redaktionell nochmals geändert worden, um klar zu stellen, dass von dem Beitragsprivileg nur solche kammerzugehörigen Existenzgründer profitieren, die natürliche Personen sind; außerdem berücksichtigt § 3 Abs. 3 Satz 4 in der ab 1. 1. 2008 geltenden Fassung die Umstellung der IHKs auf die Doppik („Geschäftsjahr“ statt „Haushaltsjahr“). Da der schon bislang für natürliche Personen und Personengesellschaften geltende Umlagefreibetrag erhalten geblieben ist (§ 3 Abs. 3 Satz 7), sind Existenzgründer von der Umlage beitragsbefreit, die zwischen 15.340 Euro und 25.000 Euro erhoben wird. Anders als beim Existenzgründer, der als Mitglied der Handwerkskammer bei dieser nur im Jahr der Gründung vollständig von Grund- und Zusatzbeitrag, danach zwei Jahre zur Hälfte von Grund- und Zusatzbeitrag und für das vierte Jahr nur vom Zusatzbeitrag befreit ist (§ 113 Abs. 3 Satz 5 HwO), kommt der IHK-zugehörige Existenzgründer in den Genuss vollständiger Grundbeitragsfreiheit für die ersten beiden Jahre. Mit dieser Differenzierung trägt der Gesetzgeber der unterschiedlichen Eingangshöhe der Grundbeiträge bei IHK und HWK Rechnung, berücksichJahn
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tigt also, dass wegen der niedrigeren Grundbeitragssätze der IHKs eine Halbierung des Grundbeitrags nicht effizient gewesen wäre (vgl. BT-Drs. 15/2083, 50). Die Befreiungsregelung des § 3 Abs. 3 Satz 4 gilt für den betroffenen Personenkreis nur dann, wenn die betroffenen Personen in den letzten fünf Jahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren. Mit dieser Einschränkung will der Gesetzgeber das Beitragsprivileg auf „echte“ Existenzgründer beschränken (vgl. BT-Drs. 15/2083, 35). Nicht begünstigt ist also zum Beispiel der langjährig tätige Ingenieur, der Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit erzielt hat und nunmehr eine gewerbliche Selbständigkeit als Gastwirt anstrebt. Außerdem ist durch die Übergangsvorschrift des § 13a Abs. 3 sichergestellt, dass die Beitragsbefreiung nur für Existenzgründungen nach dem 31. 12. 2003 gilt. Denn nur in diesem Fall ist überhaupt denkbar, das gesetzgeberische Ziel einer Stimulierung von Existenzgründungen zu erreichen. Nachdem schon nach den bisherigen Regelungen Kleinunternehmen unterhalb gewisser Ertrags-/Gewinngrenzen beitragsbefreit waren, ist zweifelhaft, ob die explizit auf Existenzgründer bezogene zusätzliche Befreiungsregelung tatsächlich einen zusätzlich spürbaren Gründungsanreiz schafft. c) Reduzierung der Befreiungsgrenzen durch Vollversammlungsbeschluss 76
Die Freistellungsgrenze kann von der IHK selbst herabgesetzt werden, wenn zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Haushaltssatzung aufgrund der dann vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass der Anteil der Beitragszahler auf weniger als 55 % aller Kammerzugehörigen schmilzt. Diese Regelung ist mit Rücksicht auf das bereits zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. 6. 1990 (GewArch 1990, 398) erfolgt. Sie soll verhindern, dass die Beitragslast der IHK auf zu wenigen Schultern ruht. Bis zum 31. 12. 2003 konnte die Beitragsbefreiung durch Vollversammlungsbeschluss nach § 3 Abs. 3 Satz 5 zusätzlich von einer Umsatzobergrenze oder von einer niedrigeren Gewerbeertrags-/ 276
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Gewinngrenze abhängig gemacht werden, wenn zu besorgen war, dass der Kreis der beitragsfreien IHK-Mitglieder bezogen auf alle Mitglieder mehr als ein Drittel beträgt; dieses Korrektiv war in das Gesetz eingefügt worden, um eine Verletzung des Äquivalenzprinzips auszuschließen (s. zur früheren Rechtslage 6. Aufl., Rz. 76). Durch die Änderungen des IHKG per 1. 1. 2004 (Gesetz vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934) wurde die Grenze der beitragsfreien Mitglieder in § 3 Abs. 3 Satz 5 angehoben. Soweit die Anzahl der beitragspflichtigen voraussichtlich geringer als 55 % sein wird, also die Zahl der beitragsbefreiten Unternehmen über 45 % steigt, kann die Vollversammlung der IHK die Beitragsbefreiungsgrenzen nach § 3 Abs. 3 Satz 3 und 4 entsprechend absenken. Anders als die frühere Regelung knüpft § 3 Abs. 3 Satz 5 seit 1. 1. 2004 nicht mehr an die zusätzliche Einführung einer Umsatzgrenze an, sondern nur noch einheitlich an Ertragsgrenzen. Dies bewirkt im Veranlagungsverfahren der IHKs eine erhebliche Vereinfachung, weil in der Vergangenheit die Beachtung etwaiger Umsatzgrenzen als Regulativ nur nach einer sehr verwaltungsaufwendigen Mitgliederbefragung möglich war. Das auslösende Kriterium für die Absenkung der Gewerbeertrags-/ Gewinngrenze stellt die Vollversammlung im Rahmen ihres Ermessens aufgrund eigener Einschätzung anhand der ihr zum Zeitpunkt der Beschlussfassung vorliegenden Bemessungsgrundlagen fest. In der Begründung zu der Vorschrift (in der bis 31. 12. 2003 geltenden Fassung) heißt es, dass die Herabsetzung nicht zu einem punktgenauen Ergebnis führen muss. Vielmehr komme es ausschließlich darauf an, welche Ausfälle aufgrund der zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Haushaltes der Vollversammlung vorliegenden Bemessungsgrundlagen vernünftigerweise „ex ante“ erwartet werden können. Sei später aufgrund der endgültigen Veranlagung für das Haushaltsjahr tatsächlich ein geringerer oder höherer Anteil als ein Drittel der Kammerzugehörigen beitragsbefreit, so habe dies auf den Bestand und die Rechtmäßigkeit der Freistellungsgrenze keinen Einfluss (BT-Drs. 13/9975, 4).
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Die Vollversammlung hat daher zunächst vor Verabschiedung des Haushaltes eine Prognose auf der Basis des dann vorhandenen Zahlenmaterials anzustellen. In der Praxis ist ein Quotient zu bilden, in dessen Nenner alle bei der IHK erfassten Kammerzugehörigen einschließlich der Mischbetriebe zu einem bestimmten Stichtag vor der Haushaltsvollversammlung aufzunehmen sind.
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Im Zähler sind die Kammerzugehörigen aufzuführen, die voraussichtlich vom Kammerbeitrag befreit sein werden. Dies sind zunächst einmal alle Mischbetriebe, die bisher schon zwar IHK-zugehörig, aber nicht beitragspflichtig sind. Ferner erscheinen im Zähler Gewerbetreibende, die nicht im Handelsregister eingetragen sind und deren Gewerbeertrag/Gewinn aus Gewerbebetrieb bekanntermaßen die jeweils gesetzte Grenze (Normalfall: 5200 Euro) nicht überschreitet. Nicht im Handelsregister eingetragene Gewerbetreibende, deren Ertrag/Gewinn unbekannt ist, sind grundsätzlich im gleichen Verhältnis wie diejenigen, deren Ertrag/ Gewinn bekannt ist, in solche mit fiktivem Ertrag/Gewinn unter 5200 Euro und solche mit fiktivem Ertrag/Gewinn über 5200 Euro aufzuteilen. Nur die ersteren sind in den Zähler des Prognosequotienten aufzunehmen. Schließlich sind im Zähler die nach Maßgabe des § 3 Abs. 3 Satz 4 beitragsbefreiten Existenzgründer zu berücksichtigen. Das vorstehend dargestellte Schema zur Ermittlung des Prognosequotienten ist nicht starr anzuwenden. Gibt es etwa Gründe für die Annahme, dass bei den Kleingewerbetreibenden ohne bekannten Ertrag/Gewinn der Anteil der nach § 3 Abs. 3 Satz 3 freizustellenden höher oder niedriger ist als bei denjenigen, deren Ertrag/Gewinn bekannt ist, so ist dies im Rahmen des Prognosequotienten zu berücksichtigen. 79
Ist der so ermittelte Quotient höher als 45 %, stellt sich für die Vollversammlung die Frage einer Absenkung der Grenze für den Gewerbeertrag/Gewinn aus Gewerbebetrieb. Es besteht grundsätzlich keine Pflicht, von den eingeräumten Möglichkeiten der Herabsetzung Gebrauch zu machen – etwa wenn das genannte beitragsfreie Drittel nur geringfügig überschritten würde. Die in das Ermessen der Vollversammlung gestellte Herabsetzungsmöglichkeit würde sich lediglich dann zu einer Verpflichtung verdichten, wenn der Anteil der aus der Beitragspflicht herausfallenden Kammerzugehörigen so hoch würde, dass eine Kollision mit den vom Bundesverwaltungsgericht in der zitierten Entscheidung (GewArch 1990, 398) aufgestellten Grundsätzen zu befürchten wäre (BT-Drs. 13/9975, 3). In der Praxis empfiehlt sich, die Ermessensausübung im Rahmen der Prognoseentscheidung der Vollversammlung bei der Beschlussfassung über die Wirtschaftssatzung entsprechend in der Sitzungsniederschrift zu dokumentieren. Ist später aufgrund der endgültigen Veranlagung für das Haushaltsjahr tatsächlich ein geringerer oder höherer Anteil als ein 278
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Drittel der Kammerzugehörigen beitragsbefreit, so hat dies auf den Bestand und die Rechtmäßigkeit der Freistellungsgrenze keinen Einfluss. Allerdings wird die Vollversammlung ein zu starkes Abweichen des Ist-Wertes vom Prognose-Soll bei der Prognose für die Folgejahre berücksichtigen müssen. d) Grundbeitragsermäßigung für Komplementär- und Tochtergesellschaften Seit 1999 konnte Gewerbetreibenden, die einer IHK „mehrfach angehören (zum Beispiel mit Tochtergesellschaften)“ ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden (§ 3 Abs. 3 Satz 8 in der bis 31. 12. 2003 geltenden Fassung). Diese sowohl vom Inhalt wie auch von der Formulierung her verunglückte so genannte „Mehrfachmitgliedschaftsregelung“ wurde sozusagen „in letzter Minute“ in das IHKGÄndG 1998 aufgenommen (BT-Drs. 13/10296). Die Bestimmung ist bei wörtlicher Auslegung unanwendbar, denn den Fall einer echten Mehrfachmitgliedschaft ein und desselben Gewerbetreibenden in ein und derselben IHK gibt es nicht (VG Darmstadt GewArch 2007, 85). Tochtergesellschaften sind selbständige Gewerbetreibende (vgl. auch VG München GewArch 1997, 195); Niederlassungen, Betriebsstätten und Verkaufsstellen werden hingegen als Teil des Unternehmens im Rahmen einer einzigen Kammerzugehörigkeit angesehen und innerhalb eines Kammerbezirks auch beitragsmäßig nur einmal belastet. Nach der Begründung des Änderungsantrags sollen vor allem mittelständische Unternehmen, die aus betrieblichen Gründen einzelne Unternehmensbereiche, die früher als Hauptabteilung geführt wurden, rechtlich ausgegliedert haben, begünstigt sein. De facto sind derartige Ausgliederungsstrukturen jedoch eher bei Großunternehmen anzutreffen, so dass es sehr schwer ist, die Fälle unter dem Gesichtspunkt der Beitragsgerechtigkeit richtig einzuordnen. Zudem hätte es der Regelung des § 3 Abs. 3 Satz 8 a.F. gar nicht bedurft, um die in der „Mehrfachmitgliedschaft“ liegenden Härten zu vermeiden. Durch die erweiterten Staffelungskriterien des § 3 Abs. 3 Satz 2 hätte die Grundbeitragsstaffelung auch die oben genannten besonderen Konstellationen berücksichtigen können. Und schließlich ist der Standort der den Grundbeitrag betreffenden Regelung am Ende von § 3 Abs. 3 unter dem Gesichtspunkt der Gesetzessystematik ausgesprochen ungewöhnlich (siehe auch Jahn, GewArch 1998, 356). Jahn
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In Konsequenz dieser Ausgangslage ist durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz (vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2245) § 3 Abs. 3 Satz 9 und 10 mit Wirkung vom 1. 1. 2008 abermals geändert worden. Die optionale Beitragsbefreiungsregelung bezieht sich neben Komplementärgesellschaften nunmehr auch auf Tochtergesellschaften, deren sämtliche Anteile von einer Muttergesellschaft mit Sitz im selben IHK-Bezirk gehalten werden. Nach der bis Ende 2007 geltenden Regelung des § 3 Abs. 3 Satz 8 (jetzt Satz 9, 10) waren die IHKs zur Grundbeitragsermäßigung nicht verpflichtet und hatten deshalb auch nur teilweise in ihren Beitragsordnungen bzw. Haushaltssatzungen davon Gebrauch gemacht, den Grundbeitrag auf Antrag zu reduzieren. Konsequenz war in der Kammerpraxis eine höchst unterschiedliche beitragsrechtliche Regelung der betroffenen Gewerbetreibenden. Deshalb hatte die nachfolgende Änderung die im ursprünglichen Gesetzentwurf (BT-Drs. 16/4391, 65) vorgesehene Klarstellung vor allem den Fall der GmbH & Co. KG und ähnlichen KG-Konstruktionen mit einer Kapitalgesellschaft als Komplementärin vor Augen. In jenen Fällen sollte die Kapitalgesellschaft „auf Antrag“ nur mit dem halben Grundbeitrag veranlagt werden. Diese Regelung ist aber im weiteren Gesetzgebungsverfahren durch die Beschlüsse des Neunten Ausschusses (BT-Drs. 16/5522, 13) nochmals modifiziert und unter Verzicht auf den Antrag als Ermessenstatbestand ausgestaltet worden. Die im Gesetzgebungsverfahren erfolgte Ergänzung soll klarstellen, dass es IHKs auch weiterhin möglich sein soll, einen ermäßigten Grundbeitrag einzuräumen, wenn eine Muttergesellschaft und eine hundertprozentige Tochtergesellschaft jeweils mit ihrem Hauptsitz derselben IHK angehören. Damit die IHKs die Gegebenheiten in ihrem Bezirk berücksichtigen können, werden sowohl die Regelung zu den Kapitalgesellschaften wie auch die zu den hundertprozentigen Tochtergesellschaften als Ermessensregelungen ausgestaltet, ein gesetzliches Antragserfordernis besteht also nicht mehr. Sowohl die Einführung einer Grundbeitragsermäßigung als auch ein Antragserfordernis stehen somit unter Satzungsvorbehalt, erfordern also einen Beschluss der jeweiligen IHK-Vollversammlung. Nach der Gesetzesbegründung (BTDrs. 16/5522, 41) sollen die Regelungen auch keinen abschließenden Charakter haben. Regelungen im IHK-Satzungsrecht, die Reduzierungen des Grundbeitrags aufgrund anderer Kriterien vornehmen, bleiben also zulässig. Nach Ansicht des Gesetzgebers soll dies von praktischer Relevanz vor allem für gemischt-gewerb280
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liche Unternehmen sein, die einer IHK und einer Handwerkskammer angehören und denen in einigen IHKs bereits gegenwärtig ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt wird. Ob diese Zielsetzung des Gesetzgebers allerdings vom Wortlaut der neuen Regelung in § 3 Abs. 3 Satz 9 getragen wird, erscheint zweifelhaft. Außerdem dürfte das vom Gesetzgeber selbst definierte Ziel einer bundesweit möglichst einheitlichen Handhabung der Beitragsregelung auf diesem Wege kaum erreicht werden (Jahn, GewArch 2007, 353, 355). Es bleibt abzuwarten, wie die Vollversammlungen der IHKs das 81 ihnen eingeräumte Ermessen gebrauchen werden. Eine Fallgruppe, die für die Anwendung eines ermäßigten Grundbeitrags in Betracht käme, bilden nach wie vor die GmbH & Co. KG und ähnliche KG-Konstruktionen mit einer juristischen Person als Komplementärin. Hier ist in der Vergangenheit die volle Grundbeitragsveranlagung der Komplementär-GmbH (VG Düsseldorf GewArch 1995, 482) und der KG kritisiert worden. Die Komplementär-GmbH und die KG sind zwar rechtlich zwei verschiedene Personen, bilden aber jedenfalls dann, wenn die GmbH ausschließlich die Komplementär-Funktion ausübt, wirtschaftlich eine Einheit (vgl. auch VG Leipzig vom 22. 3. 2007 – 5 K 687/04). Die GmbH & Co. KG wird im Wirtschaftsleben durchweg als eine Gesellschaftsform betrachtet, die selbständig neben der einfachen KG oder der GmbH steht. Die organisatorische Unterteilung ist lediglich auf der juristischen Ebene, nicht aber auf der Ebene der wirtschaftlichen Aktivität erkennbar. Die GmbH kann auch rechtlich nicht aus der KG herausgetrennt werden, ohne dass die Existenz der letzteren enden würde. Die Rechtsform der GmbH & Co. KG wird besonders von mittelständischen Gewerbetreibenden benutzt. e) Umlagefreibetrag für natürliche Personen und Personengesellschaften Der Umlagefreibetrag für natürliche Personen und Personengesellschaften (§ 3 Abs. 3 Satz 6) wurde zunächst in Höhe von 15.000 DM im Rahmen der Beitragsreform vom 21. 12. 1992 (BGBl. I, 2133) eingeführt. Damit sollten „die Nachteile gemildert werden, die diese Unternehmen bei der Ermittlung des Gewerbeertrags bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb gegenüber juristiJahn
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schen Personen haben“ (vgl. Begründung des Gesetzentwurfs, BTDrs. 12/3320, 8). Ein wesentlicher Nachteil besteht etwa darin, dass natürliche Personen und Personengesellschaften, anders als juristische Personen, bei der Ermittlung des Gewerbeertrags bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb kein Geschäftsführergehalt zum Abzug bringen können. Unter Hinweis auf diesen Umstand ist der ursprünglich eingeräumte Freibetrag mit Wirkung zum 1. 1. 1999 auf 30.000 DM (seit der Euro-Umstellung ab 2002: 15.340 Euro, vgl. Gesetz vom 10. 11. 2001, BGBl. I, 2992) erhöht worden (vgl. Begründung des Entwurfs zum IHKGÄndG BT-Drs. 13/9378). Diese Freibetragsregelung ist von der Rechtsprechung für verfassungsgemäß gehalten worden (VG Ansbach vom 4. 3. 2004 – 4 K 03.01483). 83
Es wäre jedoch eine verkürzte Sichtweise, den Freibetrag lediglich unter dem Aspekt eines Ausgleichs für die fehlende Abzugsmöglichkeit des Geschäftsführergehaltes zu betrachten (OVG Münster vom 22. 3. 1999 – 4 A 2669/96; VGH Mannheim vom 29. 4. 1999 – 14 S 190/99). Er stellt vielmehr den „Versuch einer annähernd gleichen Behandlung von Körperschaften und Personengesellschaften bzw. natürlichen Personen“ (vgl. Begründung zum IHKGÄndG, BT-Drs. 13/9378) – d.h. unter Berücksichtigung aller Vor- und Nachteile der genannten Rechtsformen – dar. Verfehlt wäre es insbesondere, in der Vorschrift des § 3 Abs. 3 Satz 6 einen exakt rechnerischen Ausgleich zu vermuten.
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Der Freibetrag wird nur für die Umlage gewährt, gilt also nicht für den Grundbeitrag, so dass bei der Beitragsberechnung von zwei unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen auszugehen ist (siehe Jahn, DB 1999, 253, 255). Da der Freibetrag für die natürliche Person bzw. für die Personengesellschaft insgesamt gewährt wird, ist er im Falle der Zugehörigkeit zu mehreren IHKs, z.B. über Betriebsstätten in verschiedenen Kammerbezirken, nur einmal vor der Zerlegung des Gewerbeertrags bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb abzuziehen. In den Fällen des § 3 Abs. 4 (Sonderregelungen für handwerkliche Mischbetriebe, Apotheken, Freiberufler und Landwirte) wird der Umlagefreibetrag ebenfalls nur einmal beim Gesamtertrag/Gesamtgewinn vor Ermittlung des auf den nichthandwerklichen und nichthandwerksähnlichen Betriebsteil entfallenden Anteils bzw. vor der gesetzlich vorgeschriebenen „Viertelung“ oder „Zehntelung“ berücksichtigt.
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f) Handwerkliche Mischbetriebe Die Beitragsregelung für handwerkliche Mischbetriebe (§ 3 Abs. 4 Satz 1) ist im Zusammenhang mit der Neuordnung der Zugehörigkeit gewerblicher Unternehmen zu den Industrie- und Handelskammern bzw. Handwerkskammern durch das Gesetz zur Änderung von Gesetzen auf dem Gebiet des Rechts der Wirtschaft vom 21. 12. 1992 (BGBl. I, 2133) zu sehen. Mit der Abschaffung der auf Artikel 3 des Gesetzes über die Kaufmannseigenschaft von Handwerkern (BGBl. 1953 I, 106) beruhenden Möglichkeit einer Doppelmitgliedschaft auf freiwilliger Basis und des entsprechenden Beitragstransfers HWK/IHK (vgl. dazu die 6. Aufl., Rz. 152 und 192) ergab sich die Notwendigkeit veränderter Bestimmungen über den Beitragsfluss.
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Sowohl in Bezug auf die Kammerzugehörigkeit wie auch in Bezug auf die Beitragspflicht wird nunmehr an das Vorliegen eines Mischbetriebs im Sinne des Vorhandenseins handwerklicher bzw. handwerksähnlicher sowie nichthandwerklicher und nichthandwerksähnlicher Betriebsteile angeknüpft. Ein handwerklicher oder handwerksähnlicher Betriebsteil kann nur vorliegen, wenn die betreffende natürliche oder juristische Person oder Personengesellschaft in der Handwerksrolle oder im Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe eingetragen ist. Ist das nicht der Fall, besteht uneingeschränkt IHK-Beitragspflicht. Daraus folgt etwa, dass eine nicht in der Handwerksrolle eingetragene Komplementär-GmbH einer ausschließlich handwerklich tätigen und dementsprechend in der Handwerksrolle eingetragenen Kommanditgesellschaft der IHK zugehörig ist und auch nur an diese Beiträge entrichten muss. Die Komplementär-GmbH gehört weder zu den von § 2 Abs. 3 erfassten, in die Handwerksnovelle oder das Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe aufzunehmenden Betriebe noch ist sie ein „Betriebsteil“ der KG i.S.d. § 2 Abs. 3 (VG Saarland GewArch 2001, 296).
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Für Kleinunternehmer, die „einfache“ handwerkliche Tätigkeiten ausführen (§§ 1 Abs. 2 Satz 2; 90 Abs. 3 HwO), für handwerkliche Hilfsbetriebe (§ 3 Abs. 3 HwO) oder Nebenbetriebe unterhalb der Unerheblichkeitsgrenze (§ 3 Abs. 2 HwO) besteht keine Pflicht zur Eintragung in die Handwerksrolle. In diesen Fällen kann also grundsätzlich von einer uneingeschränkten IHK-Zugehörigkeit (vgl. dazu § 2 Rz. 122 und 124) und Beitragspflicht ausgegangen
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werden. Falls jedoch trotz aus diesen Gründen nicht bestehender Handwerksrollenpflichtigkeit eine Eintragung in die Handwerksrolle erfolgt ist, bleibt es bis zum Zeitpunkt der Löschung bei der Mischbetriebsregelung, denn sowohl § 2 Abs. 3 als auch § 3 Abs. 4 Satz 1 knüpfen nicht an die Handwerksrollenpflichtigkeit, sondern an die Tatsache der Eintragung an. Problematisch ist die Beurteilung eines handwerklichen Unternehmens mit Betriebsstätten in mehreren IHK-Bezirken, wenn die Betriebsstätten in einem dieser Bezirke nicht in der Handwerksrolle eingetragen sind. In diesem Fall soll dennoch auch für den betreffenden IHK-Bezirk die Mischbetriebsregelung gelten. Das Unternehmen ist mit den dort belegenen Betriebsstätten zwar der IHK zugehörig, aber nur beitragspflichtig, wenn ansonsten die Kriterien des § 3 Abs. 4 Satz 1 erfüllt sind (VG Würzburg GewArch 1995, 296; kritisch dazu Jahn, GewArch 1995, 457, 464). 88
Bei Personen und Personengesellschaften, die ein handwerksähnliches Gewerbe betreiben, kommt es zunächst darauf an, ob sie in dem Verzeichnis der handwerksähnlichen Gewerbe – gemeint ist das Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe nach § 19 HwO – eingetragen sind. Ist dies nicht der Fall, sind sie uneingeschränkt IHK-zugehörig und beitragspflichtig. Liegt hingegen die Eintragung in dem Verzeichnis vor, richtet sich die IHK-Zugehörigkeit und die Beitragspflicht nach den Mischbetriebsregelungen der §§ 2 Abs. 3 und 3 Abs. 4 Satz 1. Das gilt selbst dann, wenn ein handwerksähnliches Gewerbe in Wirklichkeit nicht ausgeübt wird oder den Charakter eines Nebenbetriebes oder Hilfsbetriebes trägt. In jedem dieser Fälle hätte zwar eine Eintragung in das Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe zu unterbleiben (Musielak/Detterbeck, § 19 HwO Rz. 4). § 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 4 Satz 1 stellen jedoch wie beim Vollhandwerk auf die bloße Tatsache der Eintragung und nicht auf die Eintragungsfähigkeit ab.
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Liegt eine Eintragung in der Handwerksrolle oder im Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe vor, so gehört der Gewerbetreibende nur bei Vorhandensein eines nichthandwerklichen und nichthandwerksähnlichen Betriebsteils und nur mit diesem der IHK an. Nur die Gewerbeerträge bzw. Gewinne dieses Betriebsteils können als Bemessungsgrundlage für den IHK-Beitrag herangezogen werden. Der diesem Betriebsteil zuzurechnende, für die Beitragsveranlagung maßgebende Anteil an der Bemes284
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sungsgrundlage kann auf Basis einer Aufteilungsvereinbarung zwischen IHK und HWK aufgeteilt werden; rechtlich zu beanstanden ist dies nicht (VGH Mannheim GewArch 1999, 80). § 3 Abs. 4 Satz 1 schränkt die IHK-Beitragspflicht solcher Mischbetriebe jedoch weiter ein: Als zusätzliche Voraussetzung dafür, dass überhaupt ein IHK-Beitrag entrichtet werden muss, wird verlangt, dass der Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert und dass der maßgebliche Umsatz des nichthandwerklichen bzw. nichthandwerksähnlichen Betriebsteils den gesetzlichen Schwellenwert übersteigt. Das zuerst genannte Kriterium entspricht – positiv formuliert – der Definition des vollkaufmännischen Handelsgewerbes in § 1 Abs. 2 HGB in der Fassung des Handelsrechtsreformgesetzes vom 22. 6. 1998 (BGBl. I, 1474). Die Feststellung der Erfüllung dieses Kriteriums kann mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sein (vgl. Kögel, DB 1998, 1802). Hinsichtlich der Art des Gewerbebetriebes wird etwa auf die Notwendigkeit der Kreditaufnahme und Kreditgewährung oder einer doppelten Buchführung sowie auf die Beschäftigung von kaufmännisch vorgebildetem Personal abgestellt. Zur Bestimmung des Umfangs werden Umsatz, Beschäftigtenzahl, Betriebsvermögen, Kredithöhe, Zahl der Standorte und Unternehmensgegenstand herangezogen. In der Praxis wird durchweg an die Handelsregistereintragung angeknüpft. Dies ist auch nach Inkrafttreten des Handelsrechtsreformgesetzes am 1. 7. 1998 weiterhin möglich. Zwar können sich seitdem auch Personen und Personengesellschaften, deren Unternehmen einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert, in das Handelsregister eintragen lassen (§ 2 Satz 1 HGB). Sie können dann jedoch nicht mehr geltend machen, dass das unter der eingetragenen Firma betriebene Gewerbe kein Handelsgewerbe sei (§ 5 HGB). Damit werden sie in jeder Hinsicht als Kaufleute (früher Vollkaufleute) behandelt.
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Bei der Beurteilung der Kaufmannseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 4 Satz 1 IHKG i.V.m. § 1 Abs. 2 HGB ist auf das gesamte Unternehmen – und nicht nur auf den nichthandwerklichen bzw. nichthandwerksähnlichen Betriebsteil – abzustellen. Einzubeziehen sind sämtliche Betriebsstätten, auch wenn sie in einem anderen Kammerbezirk liegen.
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Das zweitgenannte Kriterium, der Umsatz des nichthandwerklichen oder nicht handwerksähnlichen Betriebsteils, ist mit Wirkung vom 1. 1. 2004 (Gesetz vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934) präziser gefasst worden. Der Gesetzgeber hat nunmehr die maßgebliche Umsatzgrenze von der Abgabenordnung abgekoppelt und eine Regelung unmittelbar im IHKG getroffen. Eine Beitragspflicht zur IHK besteht für die betroffenen Mischbetriebe nur, wenn der Umsatz im nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteil mehr als 130.000 Euro im Jahr beträgt. Hierbei sind alle relevanten Umsätze aller Betriebsstätten zu berücksichtigen. Auch nach der Neufassung des § 3 Abs. 4 Satz 1 ist die Regelung missverständlich formuliert. Das gilt einmal für die Verknüpfung von nichthandwerklich und nichthandwerksähnlich durch das Wort „oder“. Der relevante Umsatz ist vom Gesetz selbst nicht definiert. Für die IHK-Beitragspflicht zählen nur solche Umsätze, die weder einem handwerklichen noch einem handwerksähnlichen Betriebsteil zuzurechnen sind – vorausgesetzt, dass insoweit eine entsprechende Eintragung in der Handwerksrolle oder im Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe vorliegt (s.o.). Der Wert der verarbeiteten oder bearbeiteten Materialien ist dem handwerklichen bzw. handwerksähnlichen Betriebsteil zuzurechnen.
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Für die Frage, ob die maßgebliche Umsatzgrenze des nichthandwerklichen bzw. nichthandwerksähnlichen Betriebsteils überschritten ist, muss wiederum auf das gesamte Unternehmen also alle relevanten Umsätze aller Betriebsstätten abgestellt werden (VG Bremen vom 6. 8. 2006 – 2 K 1429/05). Die relevanten Umsätze sämtlicher Betriebsstätten – auch derjenigen außerhalb des IHK-Bezirks – sind in die Berechnung einzubeziehen. Der in der Handwerksrolle oder im Verzeichnis der Inhaber handwerksähnlicher Betriebe eingetragene Gewerbebetrieb, dessen nichthandwerklicher bzw. nichthandwerksähnlicher Umsatz die 130.000 Euro-Grenze nicht überschreitet, ist vom IHK-Beitrag befreit. Gleiches gilt – ohne Rücksicht auf die Umsatzgrenze – von dem kleingewerblich handwerklichen bzw. handwerksähnlichen Betrieb – selbst dann, wenn er von der am 1. 7. 1998 eingeführten Option der Eintragung im Handelsregister Gebrauch gemacht haben sollte.
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Die Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 1, die in erster Linie unter dem Gesichtspunkt der Vereinfachung erfolgte, entspricht nicht dem 286
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Gedanken der Beitragsgerechtigkeit. Die genannten Unternehmen erwerben, sofern sie nur über einen nichthandwerklichen bzw. nichthandwerksähnlichen Betriebsteil verfügen, alle Rechte eines IHK-Zugehörigen, müssen aber keinerlei IHK-Beiträge zahlen, auch wenn ihr aus nichthandwerklicher bzw. nichthandwerksähnlicher Tätigkeit resultierender Gewerbeertrag weit über dem liegt, bei dem ein nichthandwerklicher bzw. nichthandwerksähnlicher Gewerbetreibender bereits beitragspflichtig ist. Auch ist die vom Gesetzgeber gebrauchte Begründung, wonach die Mischbetriebe zumeist ausschließlich die Dienste der Handwerkskammer in Anspruch nehmen, eine Unterstellung, die nicht der Wirklichkeit entspricht (vgl. Jahn, GewArch 1993, 129, 133). Für die Beitragsveranlagung ist der auf den nichthandwerklichen bzw. nichthandwerksähnlichen Betriebsteil entfallende Gewerbeertrag zu ermitteln. Bei Betriebsstätten in mehreren IHK-Bezirken sind die Verhältnisse in dem einzelnen Bezirk maßgebend. Zu diesem Zweck kann der vom Finanzamt mitgeteilte Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb – bei Betriebsstätten in verschiedenen IHK-Bezirken der zerlegte Gewerbeertrag/Gewinn – entsprechend den auf die Betriebsteile entfallenden Umsätzen aufgeteilt werden. Dabei darf die IHK die Umsatzangaben des Unternehmens gegenüber der Handwerkskammer zugrunde legen (VG Arnsberg GewArch 1997, 152). Bei Mischbetrieben, in denen beim nichthandwerklichen bzw. nichthandwerksähnlichen Betriebsteil typischerweise geringere Umsatzrenditen anfallen als beim handwerklichen/handwerksähnlichen, sind ggf. Korrekturen erforderlich. In der Praxis findet eine Abstimmung zwischen den Industrie- und Handelskammern und den Handwerkskammern statt. Die danach auf den nichthandwerklichen bzw. nichthandwerksähnlichen Betriebsteil entfallenden Gewerbeerträge/Gewinne aus Gewerbebetrieb werden für die Veranlagung zur Umlage und – soweit bei der Grundbeitragsstaffelung auf Gewerbeertrag oder Gewinn abgestellt wird – auch für die Veranlagung zum Grundbeitrag herangezogen.
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Auch für Handwerkerkaufleute, die neben ihrem Handwerk eine nichthandwerkliche Tätigkeit ausüben, gilt § 2 Abs. 3. Die Übergangsvorschrift in § 13a Abs. 1 erfasst deshalb nur Handwerkerkaufleute, die ausschließlich ein Handwerk betreiben und vor dem 31. 12. 1993 der IHK freiwillig beigetreten sind. Sie bleiben kammerzugehörig, sind aber beitragsfrei.
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g) Apotheker 97
Apotheken sind Gewerbetriebe (BVerfGE 5, 25; 7, 377; NJW 1996, 3067; BVerwGE 4, 81 und 167; BFH, BStBl. 1956 III, 18 und 1961 III, 155) und damit kammerzugehörig (VG Koblenz GewArch 1992, 418; VG Würzburg GewArch 1995, 293; wegen der älteren Rechtsprechung s. 6. Aufl., Rz. 97). Da selbständige wie unselbständige Apotheker in den meisten Bundesländern aufgrund landesrechtlicher Vorschriften auch noch einer besonderen Berufsorganisation, den Apothekerkammern, angehören, hat der Bundestag in der 2. Lesung des Gesetzentwurfs zum IHKGÄndG 1998 (Protokoll der 167. Sitzung des Bundestags) es für zweckmäßig gehalten, die Auswirkungen einer doppelten Beitragspflicht bei den kammerzugehörigen Apotheken einzuschränken. Er folgte dabei dem § 59 des in Baden-Württemberg geltenden Gesetzes über die öffentliche Berufsvertretung der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Apotheker und Dentisten vom 7. 3. 1959 (GBl. Ba-Wü 163).
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Der Inhalt der zunächst in § 3 Abs. 3 enthaltenen Regelung wurde mehrfach geändert, zuletzt durch Artikel 1 Nr. 7 des IHKGÄndG vom 23. 7. 1998 (BGBl. I, 1887), per 1. 1. 2004 durch Gesetz vom 24. 12. 2003 (BGBl. I, 2934) präzisiert, um klarzustellen, dass die Beitragsprivilegierung in Fällen nicht greift, für die die gesetzliche Regelung von vornherein nicht gedacht war (Jahn, GewArch 2004, 41, 45). Nach der nunmehr in § 3 Abs. 4 Satz 2 niedergelegten Fassung werden Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages bzw. ihres Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Bei der Veranlagung zum Grundbeitrag kann die Regelung relevant werden, wenn die IHK ihre Grundbeiträge nach dem Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb staffelt. Durch § 3 Abs. 4 Satz 2 ist sie jedoch nicht verpflichtet, dies zu tun. Werden jedoch andere quantitative Kriterien – z.B. Umsatz, Beschäftigtenzahl – zur Grundbeitragsstaffelung verwendet, kommt ggf. eine analoge Anwendung der „Viertelung“ in Betracht. Für die Beitragsbefreiung nach § 3 Abs. 3 Satz 3 ist ebenfalls der geviertelte Gewerbeertrag maßgebend.
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Sinn der Apothekenregelung ist es, wegen der Mehrfachbelastung mit Beiträgen zu verschiedenen Kammern nur einen Teil des Ertrags in die Veranlagung des IHK-Beitrags einfließen zu lassen. Der Apothekeninhaber wird für Zwecke der Veranlagung so ge288
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stellt, als hätte er nur ein Viertel des tatsächlichen Gewerbeertrags bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb erwirtschaftet. Wegen der Berücksichtigung des Umlagefreibetrags sei auf Rz. 82 verwiesen. h) Angehörige freier Berufe Das IHKÄndG (BGBl. I, 1998, 1898) hat durch den neuen § 3 Abs. 4 Satz 3 die „Apothekerregelung“ in modifizierter Form auch auf andere freie Berufe erweitert; per 1. 1. 2004 wurde diese Regelung durch den Gesetzgeber nochmals präzisiert (Gesetz vom 24. 12. 2003, BGBl. I, 2934). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in jüngerer Zeit freiberufliche Tätigkeiten zunehmend in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft – insbesondere der GmbH – ausgeübt werden und damit über § 2 Abs. 1 IHKG i.V.m. § 2 Abs. 2 GewStG die IHK-Zugehörigkeit begründet wird. Da die Rechtsprechung die IHK-Zugehörigkeit inzwischen selbst dann bejaht, wenn die betreffende Kapitalgesellschaft in ihrer Satzung jegliche gewerbliche Tätigkeit ausdrücklich ausschließt (vgl. VG Leipzig GewArch 2007, 163; Jahn, GewArch 2004, 410; Drexler/König, GewArch 2004, 461), erschien es dem Gesetzgeber geboten, die durch die Doppelzugehörigkeit gegebene Belastung durch Beiträge an mehrere Kammerorganisationen zu mildern (vgl. BT-Drs. 13/9975, 6). Dies ist einseitig zu Lasten der Industrieund Handelskammern geschehen, deren für die Beitragserhebung zur Verfügung stehende Bemessungsgrundlage deutlich herabgesetzt wurde.
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Indem die Regelung an die doppelte oder mehrfache Kammerzugehörigkeit anknüpft, scheidet sie Fälle aus, in denen eine Person freiberuflich tätig ist und getrennt davon selbst ein Gewerbe ausübt oder an einer Kapitalgesellschaft beteiligt ist, bei der sich die Gewerbesteuerpflicht in vollem Umfang bereits aus § 2 Abs. 1 GewStG – und nicht erst aus § 2 Abs. 2 GewStG – ergibt. Die zuerst genannte Konstellation dürfte angesichts der berufsrechtlichen Beschränkungen, denen Freiberufler in der Regel unterliegen, eher selten vorkommen. Die zweite ist hingegen problemlos denkbar (Beispiel: Zwei Steuerberater sind als alleinige Gesellschafter an einer Südfrüchte Import-GmbH beteiligt. Die Geschäftsführung haben sie einer Person übertragen, die nicht dem Berufsstand angehört). Hier besteht die Zugehörigkeit zur Berufskammer nur bezüglich der freiberuflichen Tätigkeit, während die
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IHK-Zugehörigkeit auf den Gewerbebetrieb beschränkt ist (vgl. oben § 2 Rz. 103). 102
§ 3 Abs. 4 Satz 3 findet Anwendung einmal auf die Fälle, in denen ein Angehöriger eines freien Berufs neben seiner freiberuflichen Tätigkeit durch Berufsrecht zugelassene gewerbliche Leistungen erbringt und aus diesem Grunde gewerbesteuerpflichtig wird (Beispiele: Ein Steuerberater ist als Treuhänder tätig, ein Tierarzt verkauft ambulant Tierarzneien oder ein Architekt übernimmt die Bauleitung und Bauüberwachung). Der in der Praxis wichtigste Anwendungsfall ist die Kapitalgesellschaft (GmbH, AG, KGaA), die ausschließlich oder jedenfalls vorwiegend freiberuflich tätig ist – etwa die Wirtschaftsprüfungs AG, die Steuerberatungs GmbH, neuerdings auch die Rechtsanwalts GmbH sowie die Architekten GmbH oder die Ingenieur GmbH. Da bei der Architekten- bzw. Ingenieur GmbH – anders als etwa bei Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern – nicht die Kapitalgesellschaft, sondern nur die an ihr beteiligten Architekten bzw. Ingenieure als natürliche Personen der Berufskammer angehören, de facto aber eine der Doppel-Zugehörigkeit entsprechende finanzielle Belastung auftritt, hat der Gesetzgeber die „Freiberufler-Regelung“ auch für diesen Fall für anwendbar erklärt.
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Freiberufler, die keiner Berufskammer angehören (z.B. Journalisten, Bildberichterstatter) und deshalb dort auch keine Beiträge entrichten, kommen – wenn die Voraussetzungen für die IHK-Zugehörigkeit vorliegen – nicht in den Genuss der herabgesetzten Bemessungsgrundlage. Anders als die „Apotheker-Regelung“ (vgl. oben Rz. 97) verlangt § 3 Abs. 4 Satz 3 ausdrücklich eine Berufskammerzugehörigkeit. Gibt es für den betreffenden freien Beruf eine Berufskammer nur in einigen Bundesländern (z.B. für Ingenieure), so ist die Anwendung des § 3 Abs. 4 Satz 3 auch nur auf Industrie- und Handelskammern in diesen Bundesländern beschränkt (vgl. die Übersicht über die Berufskammern und deren Rechtsgrundlagen bei Tettinger, Kammerrecht, 259, ferner im Internet-Auftritt des Instituts für Kammerrecht, www.kammerrecht.de).
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Die Bemessungsgrundlage von nur einem Zehntel des Gewerbeertrags bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb begründet der Gesetzgeber damit, dass in den Fällen des § 3 Abs. 4 Satz 3 die freiberufliche Tätigkeit in der Regel deutlich überwiegt (vgl. den 290
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Gesetzeswortlaut „vorwiegend“ in § 3 Abs. 4 Satz 3). Er stellt dies ausdrücklich der Tätigkeit der Apotheker gegenüber, die durch den Verkauf fertiger Produkte einen erheblich höheren Anteil von Einkünften gewerblicher Art erwirtschaften (BT-Drs. 13/9975, 6). Diese Differenzierung ist nicht willkürlich und damit auch unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsgebots nach Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. dazu BVerwG GewArch 1990, 398) gerechtfertigt – jedenfalls, solange sichergestellt ist, dass die in § 3 Abs. 4 Satz 3 enthaltene Vergünstigung nicht auch in den Fällen gewährt wird, in denen die freiberufliche Tätigkeit hinter die Gewerbeausübung zurücktritt. Hierzu ist eine Regelung in den Beitragsordnungen bzw. Wirtschaftssatzungen der Industrie- und Handelskammern erforderlich. Wegen der Berücksichtigung des Umlagefreibetrags (§ 3 Abs. 3 Satz 6) sei auf Rz. 82 verwiesen. Für die Freistellungsregelung nach § 3 Abs. 3 Sätze 3 und 4 ist die ermäßigte Bemessungsgrundlage von einem Zehntel des Gewerbeertrags/Gewinns aus Gewerbebetrieb maßgebend. Allerdings dürfte dies wegen der regelmäßig vorliegenden Handelsregistereintragung kaum relevant werden.
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i) Landwirtschaft Die Vergünstigung für Kammerzugehörige, die auch einer Landwirtschaftskammer angehören, entspricht derjenigen, die Freiberuflern gewährt wird (siehe oben Rz. 100). Ein besonderes Problem stellt sich hier allerdings bei der Frage, wann ein IHK-zugehöriger Unternehmer auch einer Landwirtschaftskammer angehört. Landwirtschaftskammern gibt es nur in den Bundesländern Bremen (Gesetz vom 20. 3. 1956 – GBl. 13); Hamburg (Gesetz vom 4. 12. 1990 – GVBl., 240); Niedersachsen (Gesetz vom 10. 10. 1986 – GVBl., 325); Nordrhein-Westfalen (Gesetz über die Errichtung von Landwirtschaftskammern im Lande Nordrhein-Westfalen vom 11. 2. 1949 – GSNW, 706); Rheinland-Pfalz (Gesetz vom 28. 7. 1970 – GVBl., 309); Saarland (Gesetz vom 9. 7. 1956 – ABl., 1042 i.d.F. d. Bek. vom 22. 10. 1975 – ABl., 1150) und SchleswigHolstein (Gesetz i.d.F. d. B. vom 30. 3. 1992 – GVOBl., 211). In den einschlägigen gesetzlichen Vorschriften ist zwar von „Mitgliedern“ der Landwirtschaftskammer die Rede. Als solche werden jedoch diejenigen Personen bezeichnet, die dem gewählten parlamentarischen Gremium der Landwirtschaftskammer – entspreJahn
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chend der IHK-Vollversammlung – angehören (vgl. § 4 LwKG NW). Die Belastung, um deren Ausgleich es bei § 3 Abs. 4 Satz 3 geht, entsteht durch die Umlagepflicht, die wiederum an die Grundsteuerpflicht eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes (vgl. § 3 des Gesetzes über eine Umlage der Landwirtschaftskammern im Lande Nordrhein-Westfalen – Umlagegesetz – vom 17. 7. 1951 – GSNW, 715/SGVNW, 780) bzw. die Beschäftigtenzahl eines Binnenfischereibetriebes (§ 10 Umlagegesetz) anknüpft. 107
Für die Regelung des § 3 Abs. 4 Satz 3 kann es somit nicht darauf ankommen, ob ein der IHK zugehöriger Gewerbetreibender gleichzeitig auch (gewähltes) „Mitglied“ der Landwirtschaftskammer ist. Entscheidend ist vielmehr die Belastungsüberschneidung, die dadurch entsteht, dass ein Betrieb, welcher der IHK zugehörig ist, gleichzeitig als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (vgl. § 3 Umlagegesetz NW) zur Landwirtschaftskammerumlage verpflichtet ist. Das ist dann der Fall, wenn er über ein oder mehrere im IHK-Bezirk belegene Betriebsgrundstücke verfügt, die, losgelöst von ihrer Zugehörigkeit zu dem Gewerbebetrieb, einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft bilden würden (vgl. § 3 Umlagegesetz NW i.V.m. § 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Reform des Grundsteuerrechts vom 7. 8. 1973, BGBl. I, 965 und § 99 Abs. 1 Nr. 2 des Bewertungsgesetzes). Gleiches muss gelten, wenn der Gewerbebetrieb einen zur Landwirtschaftskammerumlage verpflichteten, im IHK-Bezirk belegenen Fischereibetrieb umfasst (vgl. § 9 und 10 Umlagegesetz NW). Die Festsetzung der Landwirtschaftskammerumlage der zuständigen Finanzbehörde (vgl. § 13 Umlagegesetz NW) ist insoweit für die Veranlagung zum IHK-Beitrag bindend. Damit scheidet etwa die Anwendung des § 3 Abs. 4 Satz 3 auch von vornherein bei allen Industrie- und Handelskammern in denjenigen Bundesländern aus, in denen es keine Landwirtschaftskammern gibt.
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Auch für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bzw. den Fischereibetrieb gilt, dass § 3 Abs. 4 Satz 3 nur dann Anwendung findet, wenn es sich um einen integrierten Bestandteil des der IHK zugehörigen Gewerbebetriebs handelt. Dieser Fall ist typischerweise gegeben, wenn ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft durch Zukauf die Grenze überschreitet, die zur Gewerbesteuerpflicht führt (vgl. dazu oben § 2 Rz. 101) oder als landund forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb im Handelsregister eingetragen ist (vgl. oben § 2 Rz. 105). Nicht erfasst sind hingegen die 292
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Fälle, in denen neben der Land- und Forstwirtschaft ein selbständiges gewerbliches Unternehmen, Land- und Forstwirtschaft also nicht „vorwiegend“ i.S.d. § 3 Abs. 4 Satz 3 betrieben wird (vgl. die Beispiele bei § 2 Rz. 110). Hier wird – soweit die Voraussetzungen für die IHK-Zugehörigkeit vorliegen – der betreffende gewerbliche Betrieb auf der Basis seines gesamten Gewerbeertrags bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb zum IHK-Beitrag veranlagt. § 3 Abs. 4 Satz 3 findet keine Anwendung bei Betrieben mit überwiegend gewerblicher Tätigkeit (z.B. bei Industrieunternehmen, die über Ausgleichsland verfügen, welches für die Landwirtschaftskammerumlage herangezogen wird). Diese Einschränkung muss aus den gleichen Erwägungen wie bei der „Freiberufler-Regelung“ (vgl. § 3 Rz. 104) gemacht werden.
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6. Beitragsordnung Das Gesetz regelt die Beitragspflicht der Kammerzugehörigen ab- 110 schließend, überlässt das Verfahren der Beitragserhebung dagegen der von der IHK zu erlassenden Beitragsordnung. Diese Beitragsordnung ist von der Vollversammlung zu beschließen (§ 4 Satz 2 Nr. 2), von der Staatsaufsichtsbehörde zu genehmigen (§ 11 Abs. 2) und ebenso wie andere Rechtsvorschriften der IHK ordnungsmäßig zu verkünden (siehe die Nachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137). Der Gestaltungsspielraum für die Beitragsordnung ist dabei gering, da sie im Wesentlichen nur allgemein anerkannte Grundsätze des Verwaltungsrechts und des Abgabenrechts für den Bereich der IHK kodifizieren kann. Insbesondere gilt für die Beitragserhebung der IHKs das Verwaltungsverfahrensgesetz des jeweiligen Landes, auch wenn es dafür kaum zugeschnitten ist. Im Wesentlichen enthält die Beitragsordnung deshalb nur eine deklaratorische Zusammenfassung dessen, was sich ohnehin aus dem Gesetz und seiner Auslegung ergibt. Soweit den IHKs Gestaltungsmöglichkeiten verbleiben – z.B. bei der Grundbeitragsstaffelung (§ 3 Abs. 3 Satz 2) und der Regelung für Tochter- und Komplementärgesellschaften (§ 3 Abs. 3 Satz 9 und 10), sind diese in der Beitragsordnung zu regeln. Zwingend vorgeschrieben ist eine Regelung von Erlass und Niederschlagung (§ 3 Abs. 7 Satz 2). Die Beitragsordnungen lehnen sich dabei durchweg an die entsprechenden Vorschriften § 227 und § 222 der Abgabenordnung an. Jahn
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Die Beitragsordnung verweist ihrerseits wieder auf die alljährliche Wirtschaftssatzung (§ 4 Satz 2 Nr. 3), welche die Höhe der Beiträge festsetzt. In den Beitragsbescheiden sind deshalb als Rechtsgrundlage jeweils das IHKG, die Beitragsordnung sowie die maßgebende Wirtschaftssatzung zu erwähnen. Erwähnt werden müssen ferner der zugrundegelegte Gewerbeertrag oder Zerlegungsanteil und das von der Vollversammlung festgesetzte Bemessungsjahr.
113
Sollte die Beitragsordnung aus formalen Gründen als Ganzes nichtig sein, etwa weil der Vollversammlungsbeschluss an Mängeln leidet, die Genehmigung der Staatsaufsichtsbehörde fehlt oder die Verkündung nicht erfolgt ist, so sind auch die darauf beruhenden Beitragsbescheide rechtswidrig (OVG Münster DÖV 1986, 887). Rechtskräftige Beitragsbescheide bleiben jedoch bestehen, weil sie bestandskräftig sind. Im Übrigen kann die IHK anstelle der nichtigen Beitragsordnung rückwirkend eine ordnungsmäßige Beitragsordnung verabschieden und auf dieser Grundlage die aufzuhebenden Beitragsbescheide durch neue ersetzen, soweit nicht die Verjährung eingetreten ist (weitergehend für rückwirkende Heilung BVerwG DVBl 1970, 835 und DVBl 1976, 942; OVG Lüneburg GewArch 1999, 22). Im Übrigen kann fehlerhaftes Satzungsrecht, das der Beitragserhebung zugrunde liegt, im gerichtlichen Verfahren bis zum Schluss der Verhandlung durch nachträglichen Beschluss der Vollversammlung geheilt werden (VG Münster vom 28. 6. 1999 – 3 K 1271/95).
7. Sonderbeiträge 114
§ 3 Abs. 5 sieht die Erhebung von Sonderbeiträgen vor, wenn Anlagen oder Einrichtungen der IHK einem bestimmten Kreis von Kammerzugehörigen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Vorbild ist das Rechtsinstitut der Vorausbelastung, das es bereits früher im Kammerrecht gab (z.B. § 30 des Preuß. IHKG; Art. 37 des Hess. IHKG) und das auch im Kommunalrecht bekannt ist (§ 53 Abs. 3 der Hess. Kreisordnung vom 25. 2. 1952 – GVBl. 37). Die Vorausbelastung soll sicherstellen, dass Sondermaßnahmen für einen Teil der Beitragspflichtigen nicht die Allgemeinheit belasten.
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Insbesondere im Handwerksbereich wird von dem Rechtsinstitut der Sonderbeiträge relativ häufig Gebrauch gemacht, wenn es sich 294
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Sonderbeiträge
um die Finanzierung überbetrieblicher Lehrwerkstätten und vergleichbarer Lehrgänge handelt (vgl. BVerwG GewArch 1998, 36; zur älteren Rechtsprechung siehe Voraufl. Rz. 115). Die in dieser Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über Sonderbeiträge lassen sich z.T. auch auf den Bereich der IHK übertragen; dabei ist jedoch zu beachten, dass die Handwerkskammern in solchen Fällen die Sonderumlage von allen Zugehörigen erheben und sich nicht – wie die IHKs – auf einzelne Gewerbezweige beschränken können. Auch für die Notarkammern ist die Zulässigkeit einer Sonderumlage bestätigt worden (BGH NJW 1997, 1239). a) Voraussetzungen Voraussetzung für Sonderbeiträge ist nach der ausdrücklichen Ver- 116 weisung des Gesetzes, dass die IHK eine Anlage oder Einrichtung im Sinne von § 1 Abs. 2 begründet, unterhält oder unterstützt. Damit ist von vornherein ausgeschlossen, dass allgemeine Kammeraufgaben gemäß § 1 Abs. 1 auf diese Weise gesondert finanziert werden. Aber auch wenn Anlagen und Einrichtungen der IHK gemäß § 1 Abs. 2 der Förderung der gesamten Bezirkswirtschaft dienen, sind die Mittel dafür durch die allgemeinen Beiträge aufzubringen. Sonderbeiträge kommen nur in Betracht, wenn die Anlage oder Einrichtung für einen bestimmten Gewerbezweig oder einen sonst genau abgrenzbaren Kreis von Kammerzugehörigen besondere Vorteile bringt. Das ist hauptsächlich der Fall, wenn ein Gewerbezweig, der für einen Kammerbezirk besondere Bedeutung hat, eine spezialisierte Technik aufweist und daher für ihn Fachschulen, Institute oder sonstige Fördereinrichtungen wünschenswert sind (z.B. Edelsteinschleiferei, Glasbläserei, Uhrenherstellung, Keramik, Webtechnik). Aber auch Gemeinschaftslehrwerkstätten können durch Sonderbeiträge finanziert werden, wenn sie auf bestimmte Ausbildungsberufe zugeschnitten sind und der Kreis der an dieser Ausbildung interessierten Unternehmen sich abstrakt und gleichzeitig zuverlässig gegenüber der Allgemeinheit der Kammerzugehörigen abgrenzen lässt. Es kommt dabei nicht auf eine Abgrenzung nach Gewerbezweigen an; jedes objektive und sachgerechte Abgrenzungsmerkmal reicht aus. Die IHK entscheidet im Rahmen ihrer Selbstverwaltung darüber, 117 ob sie eine solche Anlage oder Einrichtung begründen, unterhalten oder unterstützen will. Es genügt, dass die Maßnahmen objekJahn
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tiv geeignet sind, einem Teil der Kammerzugehörigen zu nutzen; auch ein mittelbarer Nutzen reicht aus. In diesem Sinne hat das VG Karlsruhe (Urteil vom 10. 10. 1967 – II 223/66) auch die Zulässigkeit von Sonderbeiträgen für die Unterhaltung eines Freizeitheimes für ausländische Arbeitnehmer bestätigt. Es kommt nicht darauf an, ob und inwieweit die Kammerzugehörigen später tatsächlich von den ihnen angebotenen und von ihnen auch finanzierten Möglichkeiten Gebrauch machen. Die Anlage oder Einrichtung braucht im Übrigen kein unselbständiger Teil der IHK zu sein, sondern kann auch mit anderen Trägern, beispielsweise in Form einer GmbH oder eines eingetragenen Vereins, geführt werden. Das Gesetz stellt in § 1 Abs. 2 wie in § 3 Abs. 5 dem Begründen und Unterhalten das Unterstützen gleich. b) Verfahren 118
Wenn die IHK eine solche Anlage oder Einrichtung durch Sonderbeiträge finanzieren will, hat sie den Beteiligten gemäß § 3 Abs. 5 Satz 2 vorher Gelegenheit zur Äußerung zu geben. „Beteiligte“ sind die Kammermitglieder, die von der zu finanzierenden Anlage oder Einrichtung besonders profitieren und deshalb zum Sonderbeitrag herangezogen werden sollen. Die Vollversammlung ist an die Stellungnahme der Beteiligten zwar nicht gebunden und beschließt über die Begründung, Unterhaltung und Unterstützung ebenso wie über die Erhebung von Sonderbeiträgen in eigener Verantwortung, wird sich aber in der Praxis kaum in Widerspruch zu dem Votum der in der Hauptsache Beteiligten setzen; rechtlich ist ihr Beschluss aber, sofern die Beteiligten gehört worden sind, nicht angreifbar. Ist die Anhörung nach § 3 Abs. 5 Satz 2 aber unterblieben, liegt ein Verfahrensfehler vor, der die Beschlussfassung über die Sonderbeitragssatzung rechtswidrig macht. Nachfolgend erlassene Sonderbeitragsbescheide bleiben jedoch wirksam und sind bei Unanfechtbarkeit vollstreckbar. Dieser Charakter der Anhörung ist vor allem dann wichtig, wenn einzelne Beteiligte oder Gruppen unter ihnen später ihre Auffassung ändern und beispielsweise wegen zu geringer Benutzung der Anlage oder Einrichtung oder wegen der finanziellen Lasten gern wieder darauf verzichten würden; auch hier entscheidet die Vollversammlung in eigener Verantwortung.
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Der Aufsichtsbehörde steht die Genehmigung der Sonderbeitragsordnung nach § 11 Abs. 2 zu. Sie kann aber nur die Einhaltung der geltenden Rechtsvorschriften prüfen und ihre Genehmigung nicht etwa deswegen versagen, weil sie die in Frage kommende Einrichtung nicht für notwendig oder zweckmäßig hält oder weil die Vollversammlung von der Stellungnahme der Beteiligten abgewichen ist. Etwas anderes würde nur gelten, wenn die Zwecke der Einrichtung mit den Kammeraufgaben nach § 1 nicht zu vereinbaren oder wenn die Einrichtung zur Wirtschaftsförderung absolut ungeeignet wäre; in diesem Fall liegt aber keine Fachaufsicht, sondern zulässige Rechtsaufsicht vor.
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c) Sonderbeitragsordnung Grundlage für die Erhebung von Sonderbeiträgen ist eine Sonderbeitragsordnung, die von der Vollversammlung zu beschließen, von der Staatsaufsichtsbehörde zu genehmigen und ordnungsgemäß zu verkünden ist. Sie muss die Anlagen oder Einrichtungen, für die Sonderbeiträge erhoben werden, genau bezeichnen und den Kreis der sonderbeitragspflichtigen Unternehmen klar abgrenzen. Die Bemessungsgrundlage für die Sonderbeiträge brauchen nicht die Gewerbeerträge zu sein. Da es sich um eine Vorzugslast handelt, kann beispielsweise die Lohnsumme, die Zahl der Arbeitnehmer oder auch der Umsatz ein zweckmäßiger Verteilungsmaßstab sein, um den Nutzen, den die einzelnen Unternehmen aus der Einrichtung ziehen können, richtig zu erfassen.
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Die Sonderbeitragsordnung kann mit Rücksicht auf das Regelungsermessen der Vollversammlung darüber hinaus Vorschriften über die Führung und Verwaltung der Anlagen und Einrichtungen enthalten, auch wenn das Gesetz darüber nichts sagt. § 30 Abs. 2 des früheren Preuß. IHKG sah beispielsweise die Bildung von Ausschüssen vor, die aus Mitgliedern der Vollversammlung und Vertretern der sonderbeitragspflichtigen Unternehmen zusammenzusetzen waren. Auch wenn heute die Verwaltung Angelegenheit der IHK ist, kann die Bildung derartiger Ausschüsse zweckmäßig sein; ihre Aufgabe kann aber stets nur in der Beratung von Vollversammlung und Präsidium bestehen.
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8. Gebühren 122
§ 3 Abs. 6 ermächtigt die IHKs, für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen oder Einrichtungen oder Verwaltungsleistungen Gebühren zu erheben. Damit ist eine klare Rechtsgrundlage geschaffen, die sich an das Vorbild von § 30a des Preuß. IHKG i.d.F. vom 29. 12. 1933 (GS 1934, 6) hält und deren Konkretisierung durch die Gebührenordnung erfolgt. Gebühren sind nach einer allgemein anerkannten Begriffsbestimmung öffentliche Abgaben, die kraft Rechtsvorschrift als Gegenleistung für eine besondere Inanspruchnahme oder Leistung der Verwaltung zu erbringen sind; deshalb ist zwischen Benutzungsgebühren und Verwaltungsgebühren zu unterscheiden (BVerfGE 50, 217, 226; 91, 207, 223; 93, 319, 345; BVerwGE 95, 188; OVG Münster GewArch 1997, 374). Für die Gebührenerhebung gilt das Kostendeckungsprinzip. a) Gebührentatbestände
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Das Gesetz verweist zunächst auf § 1 Abs. 2, welcher besondere Anlagen und Einrichtungen zur Förderung der Bezirkswirtschaft oder einzelner Gewerbegruppen vorsieht. Insbesondere wenn die Anlage oder Einrichtung der gesamten Bezirkswirtschaft zur Verfügung steht, können von den Benutzern Gebühren erhoben werden. Ebenso ist es aber auch zulässig, bei Anlagen oder Einrichtungen der Kammer für besondere Gewerbezweige in erster Linie Benutzungsgebühren vorzusehen und nur für die Grundfinanzierung Sonderbeiträge (§ 3 Abs. 5) zu erheben. Die Benutzungsgebühren spielen in der Praxis keine besondere Rolle mehr, weil sie ein öffentlich-rechtlich geregeltes Benutzungsverhältnis – wie etwa im Anstaltsrecht – voraussetzen und streng von einem privatrechtlichen Entgelt für sonstige Leistungen der Kammer zu unterscheiden sind. In diesen Fällen hat die IHK die Wahl, ob sie das Benutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich gestalten will, z.B. bei der Teilnahme an Lehrgängen, der Benutzung von Ausbildungs- und Lehrwerkstätten. In der Regel bevorzugen die Kammern die privatrechtliche Gestaltung und erheben für ihre Leistungen Entgelte, auch wenn manchmal noch irrigerweise von einer „Gebühr“ gesprochen wird.
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Praktische Bedeutung haben dagegen die Verwaltungsgebühren, die für „besondere Tätigkeiten“ erhoben werden. Damit sind 298
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Gebühren
Amtshandlungen und insbesondere Verwaltungsakte gemeint, die auf Antrag vorgenommen werden, im Interesse des Antragstellers liegen oder ihn begünstigen. Es kann sich dabei um Kammeraufgaben im eigenen wie im übertragenen Wirkungskreis handeln. Die Einordnung als freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe, als Pflichtaufgabe oder auch als Auftragsangelegenheit ist gebührenrechtlich ohne Belang. Beispiele für die Erhebung von Verwaltungsgebühren sind die Ausstellung von Ursprungszeugnissen, Bescheinigungen, die öffentliche Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen, Handelsmaklern und Versteigerern, Sach- und Fachkundeprüfungen (Einzelhandel, Güterkraftverkehr, Personenstraßenverkehr, Waffengesetz), die Unterrichtung und der Nachweis gemäß § 4 Gaststättengesetz, die Eintragung, Betreuung und Überwachung von Ausbildungsverhältnissen und die Abnahme von Prüfungen aller Art (soweit nicht das BBiG für den Auszubildenden Gebührenfreiheit vorsieht). b) Gebührenordnung Die Erhebung von Gebühren ist in der Gebührenordnung zu regeln, die von der Vollversammlung zu beschließen ist (§ 4 Satz 2 Nr. 2), der aufsichtsbehördlichen Genehmigung bedarf (§ 11 Abs. 2) und ordnungsgemäß verkündet werden muss.
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Die Gebührenordnungen der IHKs übernehmen in der Regel die Terminologie der Kostengesetze des Bundes und der Länder. In einem allgemeinen Teil werden die verfahrensrechtlichen Vorschriften (einschließlich Auslagenersatz, Herabsetzung, Erlass und Niederschlagung) geregelt. Für die Forderung von Auslagenersatz fehlte bislang in § 3 Abs. 6 und 7 eine eindeutige Rechtsgrundlage. Dies hat der Gesetzgeber nunmehr durch das Zweite Mittelstands-Entlastungsgesetz (vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246) nachgeholt. Obwohl die Frage bislang verwaltungsgerichtlich noch nicht entschieden werden musste, stellt der Gesetzgeber nunmehr in § 3 Abs. 6 und 7 klar, dass auch der „Ersatz von Auslagen“ von einer IHK gefordert werden kann. Dies ist im Sinne der Rechtssicherheit zu begrüßen. Auslagen werden insbesondere erhoben, wenn durch die Einschaltung Dritter Zusatzkosten entstehen; dies kann beispielsweise bei der Überprüfung von Sachverständigen durch ein fachkundiges Gremium oder bei der Einholung von Laboranalysen für eine Bescheinigung der Fall sein,
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aber auch bei einer Datenbankrecherche zur Beantwortung einer Anfrage. Auch die alleinige Erhebung von Auslagen ist zulässig, wenn die übrige Tätigkeit der Kammer gebührenfrei (aber gebührenfähig) ist. Ebenso werden Entstehung des Gebührenanspruchs, seine Fälligkeit, Mahnung und Beitreibung behandelt. Für die Gebühren werden feste Sätze oder auch Rahmensätze vorgesehen, wobei innerhalb des Rahmens der Verwaltungsaufwand und der wirtschaftliche Wert für den Gebührenschuldner den Ausschlag geben. 127
Der entscheidende Teil der Gebührenordnung ist der beigefügte Gebührentarif, welcher die Gebührenhöhe oder den Gebührenrahmen für die im Einzelnen genau bestimmten Verwaltungsleistungen festsetzt, ebenfalls von der Vollversammlung zu beschließen (§ 4 Satz 2 Nr. 2), rechtsaufsichtlich zu genehmigen (§ 11 Abs. 2) und zu verkünden ist. Insbesondere sind bei der Aufstellung des Gebührentarifs das Kostendeckungsprinzip und das Äquivalenzprinzip zu beachten, die aus rechtsstaatlichen Grundsätzen hergeleitet werden und nach überwiegender Meinung zum Wesen der Gebühr gehören (Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht I, 541 mit zahlreichen Hinweisen auf Rechtsprechung und Schrifttum; vgl. insbesondere EuGH ZIP 1998, 206 „Fantask“).
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Die Obergrenze für die Höhe jeder Gebühr bilden die Verwaltungskosten, wobei es allerdings nur einer Durchschnittsrechnung anhand der bisherigen Erfahrungen bedarf. Es kommt nicht darauf an, ob im Einzelfall der Verwaltungsaufwand geringer als die festgesetzte Gebühr ist, oder ob die Gebühreneinnahmen gelegentlich die Verwaltungskosten übersteigen (BVerwG NJW 1962, 1583). In diesem Rahmen gilt dann noch das Äquivalenzprinzip, wonach die Gebühr in einem angemessenen Verhältnis zum wirtschaftlichen Wert der Verwaltungsleistung stehen muss (VG München vom 16. 10. 1984 – N 909 XVI/84 – betrifft Bescheinigung nach § 6 Abs. 3 AEVO; zur Beachtung des Äquivalenzprinzips im IHK-Abgabenrecht siehe noch Jahn, GewArch 1997, 177, 182). Deshalb haben sich auch Rahmengebühren eingebürgert, innerhalb deren die Gebühr nach Verwaltungsaufwand und Bedeutung der Angelegenheit bemessen wird. Eine unbestimmte Gebühr, die erst im Einzelfall festgesetzt wird, ist unzulässig.
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Die IHK ist zur Erhebung von Gebühren verpflichtet, da § 3 Abs. 2 Satz 1 eine Finanzierung durch allgemeine Beiträge der Kammer300
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zugehörigen nur vorsieht, „soweit die Kosten nicht anderweitig gedeckt sind“. Insbesondere bei Leistungen, die in erster Linie individuellen Belangen dienen, wird sie der Gebühr – bzw. dem privatrechtlichen Entgelt – den Vorzug vor einer Solidarfinanzierung über den Beitrag einräumen (Kannengießer, WiVerw 1998, 182, 199). Es liegt jedoch im Ermessen der IHK, inwieweit sie bei der Gebührenerhebung die aufgezeigten Höchstgrenzen ausschöpfen will, was beispielsweise bei den Berufsbildungsgebühren regelmäßig nicht der Fall ist, oder ob sie aus verwaltungstechnischen Gründen auf einzelne Gebühren verzichtet, wenn die Gebührenhöhe zu gering ist und den mit einer Erhebung verbundenen Verwaltungsaufwand nicht lohnt. Insoweit hat die IHK als Selbstverwaltungskörperschaft Gestaltungsmöglichkeiten und kann die verschiedenen Gesichtspunkte gegeneinander abwägen, insbesondere, in welchem Umfang allgemeine Haushaltsmittel aus den Kammerbeiträgen für eine Aufgabe mit nicht ausreichendem Gebührenaufkommen eingesetzt werden sollen. Die IHK ist auch berechtigt, im Rahmen des Veranlagungsverfahrens für den Erlass eines Widerspruchsbescheides bei erfolglosem Widerspruch eine Widerspruchsbescheidsgebühr nach Maßgabe ihres Gebührentarifs zu erheben. Denn mit dem Widerspruch nimmt der Rechtsbehelfsführer eine besondere hoheitliche Tätigkeit der IHK in Anspruch (VG Sigmaringen vom 23. 7. 2003 – 4 K 270/02). Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, wenn eine IHK nach Maßgabe ihres Gebührentarifs bei Beitragsverzug des Beitragsschuldners eine oder mehrere Mahngebühren in unterschiedlicher Höhe erhebt. Dies ist im Hinblick auf den besonderen Verwaltungsaufwand der IHK gerechtfertigt, der durch Kontrolle unerledigter Beitragssachen entsteht (VG Freiburg vom 25. 9. 2002 – 5 K 1529/01).
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c) Staatliche Gebührenregelung Die Zuständigkeit für die Festsetzung von Gebühren liegt nach § 3 Abs. 6 grundsätzlich bei der IHK, wobei die Vollversammlung zu beschließen hat (§ 4 Satz 2 Nr. 2). Diese Vorschrift unterscheidet nicht zwischen den verschiedenen Kammeraufgaben. Deshalb ist die IHK nicht nur im Selbstverwaltungsbereich und bei den zur Selbstverwaltung übertragenen Aufgaben für die Festlegung der Gebühren in ihrem Gebührentarif zuständig, sondern grundJahn
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sätzlich auch bei der Übertragung von Auftragsangelegenheiten. Lediglich in diesen Fällen übertragener Aufgaben könnten durch Bundes- oder Landesrecht Gebühren zugunsten der IHK festgelegt werden. Wenn keine solche staatliche Gebührenregelung existiert, kann dies die IHK in ihrem Gebührentarif tun. 131
Das Verwaltungskostengesetz des Bundes vom 23. 6. 1970 (BGBl. I, 821) gilt nicht für die IHKs; sie sind durch § 1 Abs. 3 Nr. 7 ausdrücklich ausgenommen. Ebenso haben die Landeskostengesetze, früher oft Gebührengesetz genannt, fast durchweg darauf verzichtet, für die den IHKs übertragenen Aufgaben Gebühren festzulegen.
9. Erhebung, Einziehung und Beitreibung 132
§ 3 unterscheidet bei Beiträgen, Sonderbeiträgen und Gebühren mehrfach (vgl. § 3 Abs. 3 Satz 1, Abs. 5 Satz 1, Abs. 6, Abs. 7 Satz 1 und Abs. 8) zwischen Erhebung, Einziehung und Beitreibung und kennzeichnet damit verschiedene Verfahrensabschnitte. Die Terminologie ist dabei allerdings nicht der neueren Entwicklung angepasst, wie sie insbesondere in der AO 1977 kodifiziert ist. a) Erhebung
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Unter „Erhebung“ ist der verwaltungsinterne Vorgang zu verstehen, in dem die IHK Beiträge, Sonderbeiträge oder Gebühren festsetzt, und der im Steuerrecht als Steuerfestsetzung bezeichnet wird (vgl. §§ 155 ff. AO); er endet mit dem Beitragsbescheid, einschließlich späterer Änderungsbescheide. Die Erhebung der Beiträge setzt voraus, dass die IHK den abgabepflichtigen Tatbestand ermittelt, insbesondere von den Finanzämtern die Gewerbeerträge und Zerlegungsanteile bzw. von den Gewerbeämtern die gewerbepolizeilichen An- und Abmeldungen nach § 14 GewO erhält. Ggf. sind auch zusätzliche Rückfragen bei den betreffenden Unternehmen notwendig, um Kammerzugehörigkeit und Beitragspflicht zu klären, etwa bei Organgesellschaften oder bei Mischbetrieben. Insoweit ist die IHK auskunftsberechtigt (vgl. oben Rz. 3, 71).
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Bei der Erhebung der Beiträge ist die IHK an die Feststellungen des Finanzamts gebunden, soweit es sich um die Gewerbesteuerpflicht und den festgestellten Gewerbeertrag oder Zerlegungs302
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anteil handelt (OVG Münster GewArch 2002, 33; zur älteren Rechtsprechung siehe Voraufl. Rz. 134). Die IHK darf deshalb nicht für ihre Umlagezwecke den Gewerbeertrag bzw. den Zerlegungsanteil korrigieren und etwa rechtliche Einwände oder wirtschaftliche Bedenken gegen die zugrundeliegenden Vorschriften des Gewerbesteuerrechts berücksichtigen. Diese Fragen sind von den gewerbesteuerpflichtigen Unternehmen im finanzgerichtlichen Verfahren zu klären, notfalls auch durch eine Verfassungsbeschwerde (vgl. z.B. BVerfGE 13, 290, welche § 8 Nr. 5 GewStG für nichtig erklärte; anschließend aufgehoben durch Gesetz vom 30. 7. 1962 – BGBl. I, 563). Die IHK kann lediglich die Entscheidung über den Widerspruch – soweit nach Landesrecht nicht als Rechtsbehelf ausgeschlossen – gegen ihren Beitragsbescheid aussetzen, wenn parallel der Gewerbesteuermessbetrag oder seine Rechtsgrundlagen angefochten werden. Allenfalls ist ein Erlass oder auch Teilerlass möglich, wenn – unabhängig von der gewerbesteuerlichen Streitfrage – auch die Voraussetzungen für einen Erlass im Sinne von § 227 AO vorliegen. Ebenso wenig ist gegen einen Prozessvergleich oder auch einen Vergleichsvertrag im Sinne von § 55 VwVfG einzuwenden, wenn dessen Voraussetzungen – eine hinsichtlich des Sachverhaltes oder der Rechtslage bestehende Ungewissheit – vorliegen. Jede nachträgliche Verneinung der Gewerbesteuerpflicht, jede Änderung des Gewerbeertrags oder des Zerlegungsanteils wirken sich wegen der Akzessorietät rückwirkend und ohne Rücksicht auf die Unanfechtbarkeit eines Beitragsbescheides auch auf die Kammerbeiträge aus. Der Gewerbesteuermessbescheid ist ein Grundlagenbescheid, dessen Änderungen sich schon begrifflich in den Folgebescheiden (z.B. auch in dem Umlagebescheid der IHK) fortsetzen müssen und dort erst praktisch Bedeutung gewinnen. Dies entspricht dem Grundgedanken aus den §§ 175 Abs. 1 Nr. 1, 182 Abs. 1 und 184 AO sowie § 35b GewStG, die wegen der Bindung des Kammerbeitragsrechts an das Gewerbesteuer- und Abgabenrecht hier analog angewandt werden müssen (OVG Hamburg GewArch 1984, 351; siehe auch BFH DB 2004, 2351). Zu viel erhobene Kammerbeiträge werden infolgedessen erstattet, zu wenig erhobene Kammerbeiträge werden nachgefordert. Eine zeitliche Grenze für die Nachforderung von Kammerbeiträgen bildet lediglich die Verjährung.
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b) Einziehung und Beitreibung 136
An die Erhebung schließen sich die „Einziehung“ und die „Beitreibung“ an, welche den Anspruch der IHKs realisieren sollen; im Steuerrecht wird hier vom Erhebungsverfahren (§§ 218 ff. AO) und von der Vollstreckung (§§ 249 ff. AO) gesprochen. Insbesondere bei den Beitragsbescheiden sind die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes zu berücksichtigen, weil der Beitragsbescheid ein Verwaltungsakt ist und in einem Verwaltungsverfahren ergeht. Es bedarf jedoch keiner individuellen Unterzeichnung, insbesondere nicht im automatisierten Verfahren. Der Beitragsbescheid ist verschlossen zu versenden, wobei die Aufgabe zur Post genügt; im Zweifel hat die IHK allerdings den Zugang des Bescheides samt Zeitpunkt nachzuweisen (§ 41 Abs. 2 VwVfG).
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Gehen Beiträge und Gebühren nicht zum festgesetzten Zahlungstermin ein, und bleibt auch eine – in der Beitragsordnung zwingend vorgeschriebene – Mahnung ohne Erfolg, kann die IHK die rückständigen Beiträge oder Gebühren zwangsweise beitreiben. Für die Einziehung und Beitreibung verweist § 3 Abs. 5 Satz 1 auf die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften, also auf die Verfahrensvorschriften der Kommunalabgabengesetze; diese verweisen wiederum weitgehend auf die Abgabenordnung zurück (vgl. Gern, NVwZ 1995, 1145). Damit ist trotz aller landesrechtlichen Unterschiede im Einzelnen sichergestellt, dass die Kammerabgaben überall öffentliche Abgaben sind und wie Gemeindeabgaben eingezogen und beigetrieben werden können, ohne dass dazu ein vollstreckbarer Titel eines Gerichts erwirkt werden müsste. Im Übrigen sind die Vorschriften der Kommunalabgabengesetze nur „entsprechend“ anwendbar, so dass die IHK für die Einziehung und Beitreibung zuständig bleibt und sich nicht in jedem Fall der Amtshilfe der Gemeinden bedienen muss. Sie kann vielmehr selbst die Beitrags- und Gebührenbescheide versenden, bei Verspätung die Mahnschreiben herausgeben und die notwendigen Entscheidungen treffen.
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Vollstreckungsbehörden sind regelmäßig die Gemeinden, gelegentlich auch die Bezirksämter oder Kreisbehörden; dies wird ausdrücklich in den Landeskammergesetzen von Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und im Saarland vorge304
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schrieben. Im Übrigen ergibt sich aus den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder, ob die Kammern auch selbst Vollstreckungsbehörden einrichten dürfen. In der Praxis werden aber auch in diesen Fällen die Gemeinden im Wege der Amtshilfe um Beitreibung gebeten. Den Ländern wird in § 3 Abs. 8 Satz 2 vorbehalten, Verfahren und Zuständigkeit für die Einziehung und Beitreibung der Kammerabgaben abweichend zu regeln. Davon haben lediglich Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen Gebrauch gemacht. In Bayern bestimmt Art. 2 AGIHKG, dass die von der IHK über rückständige Abgaben aufgestellten Rückstandsverzeichnisse Vollstreckungstitel im Sinne von § 794 ZPO sind; die Beitreibung erfolgt dann durch den Gerichtsvollzieher. Daneben können aber auch die Gemeinden mit der Verwaltungsvollstreckung beauftragt werden; den bayerischen Gemeinden steht dabei übrigens nach Art. 26 und 27 BayVwZVG ebenfalls die Vollstreckung über den Gerichtsvollzieher offen. Ebenso können die IHKs in Baden-Württemberg zwischen dem zivilrechtlichen und dem öffentlichen Vollstreckungsweg wählen, seitdem das baden-württembergische Verwaltungsvollstreckungsgesetz vom 12. 3. 1974 (GVBl. 93) beide Möglichkeiten zur Verfügung stellt (§ 15 Abs. 1 und 2). Im Übrigen haben die meisten Länder in ihren Ausführungsgesetzen aufgrund der Ermächtigung in § 12 Abs. 1 Nr. 6 die Gemeinden zur Amtshilfe bei der Einziehung und Beitreibung verpflichtet und die Vergütung dafür geregelt. Die IHKs nehmen diese Amtshilfe bei der Einziehung allenfalls noch für die Kleingewerbetreibenden in Anspruch; nach Einführung der Datenverarbeitung veranlagen die meisten IHKs auch die Kleingewerbetreibenden selbst. Die Beitreibung erfolgt dagegen regelmäßig über die Gemeinden. Die IHK trägt die Beitreibungskosten, sofern sie nicht beim Vollstreckungsschuldner ebenfalls beigetrieben werden können. Da diese Beitreibungsgebühren, die vom Vollstreckungsschuldner ebenfalls zu entrichten sind, oft nicht die tatsächlichen Kosten decken, verlangen die Gemeinden gelegentlich von den Kammern eine zusätzliche Beitreibungsgebühr. Die Zulässigkeit einer solchen Beitreibungsgebühr ist umstritten.
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Für eine Zustellung der Beitrags- und Gebührenbescheide gelten die Verwaltungszustellungsgesetze der Länder, die ihrerseits wieder auf das Verwaltungszustellungsgesetz des Bundes vom 3. 7. 1952 (BGBl. I, 739 in der jeweiligen Fassung) verweisen. Eine
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formelle Zustellung ist jedoch nur ausnahmsweise notwendig, etwa bei Widerspruchsbescheiden (§ 73 Abs. 3 Satz 1 VwGO); sonst genügt die Aufgabe zur Post. Der Zugang von Beitragsbescheiden mittels einfachem Brief wird am dritten Tag nach Aufgabe zur Post vermutet, es sei denn, der Bescheid ist überhaupt nicht oder später zugegangen (§ 41 Abs. 2 VwVfG). Zu den Bestimmtheitserfordernissen (§ 37 Abs. 1 VwVfG) des Beitragsbescheides zählt auch, dass zweifelsfrei erkennbar sein muss, an wen sich der Beitragsbescheid richten soll. Der Adressat ergibt sich grundsätzlich aus dem Anschriftenfeld des Beitragsbescheides in Verbindung mit seinem Inhalt. Danach ist die Adressierung eines IHK-Beitragsbescheides an die Konzernmutter einer kammerzugehörigen Organgesellschaft unwirksam, wenn die Konzernmutter selbst ihren Sitz nicht im Bezirk der IHK hat, also selbst nicht kammerzugehörig ist (VG Lüneburg vom 13. 1. 1999 – 5 A 18/98). Einer wirksamen Bekanntgabe steht aber nicht entgegen, wenn der Kammerzugehörige sich zwischenzeitlich umbenannt hat, die IHK bei der Adressierung des Bescheids aber noch den alten Namen verwendet hat (VG Würzburg vom 18. 1. 2006 – W 6 K 05.1148). Ist Beitragsschuldnerin eine GmbH, kann der Bescheid ohne Weiteres an die Privatadresse des Geschäftsführers zugestellt werden, da dieser die GmbH vertritt (§ 35 Abs. 1 GmbHG) und die Zustellung an jedem Ort möglich ist, an dem der Geschäftsführer angetroffen wird (§ 73 Abs. 3 VwGO; §§ 170 Abs. 2, 177 ZPO; §§ 7 Abs. 2, 3 Abs. 3 VwZG, vgl. VG Magdeburg vom 17. 3. 2004 – 3 A 477/03). Ein Einzelunternehmer hat keinen Anspruch, dass der Beitragsbescheid unter Nennung des vollständigen Namens des Gewerbebetriebs bekannt gegeben wird; ausreichend ist, dass der Bescheid unter Angabe der Geschäftsadresse an den Inhaber des Gewerbebetriebes gesandt wird (VG Leipzig vom 29. 11. 1999 – 6 K 1910/99). Der Heranziehung zum IHK-Beitrag steht nicht entgegen, dass das kammerzugehörige Unternehmen bei Zustellung des Beitragsbescheides nicht mehr existierte. Ebenso wie gegen eine aufgelöste GbR noch Steuerbescheide ergehen können (BFH BStBl. II, 1997, 745), kann auch noch ein IHK-Beitragsbescheid erlassen werden. Entscheidend ist, dass der Kammerzugehörige in dem Veranlagungsjahr, das Gegenstand des Beitragsbescheides ist, rechtlich existierte und zur Gewerbesteuer veranlagt war (OVG Schleswig vom 17. 7. 2006 – 3 LA 62/06).
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Bei privatrechtlichen Entgelten ist die IHK dagegen auf die zivilprozessualen Möglichkeiten angewiesen, um ihre Ansprüche zu verwirklichen. Sie muss notfalls mit Mahnbescheid und Zivilklage sowie mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nach der ZPO vorgehen.
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c) Erlass, Niederschlagung, Stundung Gemäß § 3 Abs. 7 Satz 2 sind in der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung und der Gebührenordnung auch Erlass und Niederschlagung zu regeln.
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Erlass ist der ganze oder teilweise Verzicht auf einen Beitrags- oder Gebührenanspruch, wenn die Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre (vgl. § 227 Abs. 1 AO; zum früheren, vergleichbaren § 131 AO BFH NJW 1973, 1824; BVerwG BB 1976, 456). Es handelt sich also um eine Billigkeitsmaßnahme, über die nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden ist und bei der nicht zuletzt der Grundsatz einer gleichmäßigen Behandlung aller Kammerzugehörigen beachtet werden muss, so dass ein strenger Maßstab anzulegen ist (VG Freiburg vom 7. 11. 2003 – 7 K 152/01). Der Erlass setzt grundsätzlich einen Antrag bei der IHK voraus (VG Darmstadt GewArch 1995, 483). Infolgedessen kommt auch ein auf Beitragserlass gerichteter Antrag im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erst dann in Betracht, wenn ein entsprechender Erlassantrag von der jeweiligen IHK rechtsmittelfähig abgelehnt worden ist. Er kann immer nur mit den Umständen des Einzelfalles begründet werden und ist nicht dazu geeignet, Einwände gegen das Gewerbesteuerrecht zu berücksichtigen und indirekt den Gewerbeertrag oder Zerlegungsanteil zu korrigieren (VG Kassel vom 17. 9. 1998 – 4 E 1180/96 (2)). Als Tatbestandsvoraussetzung des Beitragserlasses knüpfen die IHK-Beitragsordnungen einheitlich an den unbestimmten Rechtsbegriff der „unbilligen Härte“ an, die eine „sachliche Härte“ oder eine „persönliche Härte“ sein kann (§ 227 AO). Nach der Rechtsprechung darf ein Erlass hierbei nur gewährt werden, wenn und soweit dies dazu dient, einem atypischen Sachverhalt Rechnung zu tragen, der aufgrund bestimmter tatsächlicher Umstände vom Regelbild deutlich abweicht, wobei der Kammerzugehörige die Erlassvoraussetzungen substantiiert vorzutragen und in geeigneter Weise (z.B. durch Vorlage von Steuerbescheiden) glaubhaft zu machen hat (OVG Koblenz GewArch
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2001, 344; ferner die Rechtsprechungsnachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137, 192). Beispielsweise ist das Vorhandensein vieler Betriebsstätten in zahlreichen Kammerbezirken allein noch kein Anlass für einen Erlass des Grundbeitrags für auswärtige Betriebsstätten (OVG Münster GewArch 1997, 296, 298 – bestätigt durch BVerwG GewArch 1999, 73). Ein Erlass wäre hingegen etwa dann geboten, wenn der Beitrag für den Kammerzugehörigen erdrosselnde Wirkung hätte, also die Beitragserhebung den Fortbestand des Betriebes konkret gefährden würde. Das ist aber in der Rechtsprechung bislang stets verneint worden (vgl. Jahn, GewArch 1997, 177, 184; Jahn, GewArch 2008, 137, 192 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Konsequenterweise kann deshalb allein aus dem Fehlen eines Ertrags oder Gewinns, von Umsätzen oder der Umstand bloßer Untätigkeit bzw. Ruhen der Geschäftstätigkeit oder der Verlusterzielung noch kein Anspruch auf Beitragserlass abgeleitet werden (VG Leipzig vom 28. 3. 2005 – 5 K 1717/01, VG Neustadt/Weinstraße vom 9. 2. 2006 – 4 K 1637/05 NW). Eine verwaltungsgerichtliche Nachprüfung kann sich nur darauf erstrecken, ob die IHK bei ihrer Billigkeitsentscheidung ihr Ermessen überschritten oder missbraucht hat, oder ob die vorgetragenen Billigkeitsgründe nicht geprüft worden sind (VG Darmstadt vom 23. 10. 1970 – III E 110/70). Die Rechtsfrage, ob ein Erlass zulässig oder geboten ist, ist nicht revisibel (BVerwG GewArch 1999, 73). 144
Die Niederschlagung ist im Gegensatz zum Erlass lediglich der (ganze oder teilweise) endgültige Verzicht auf die Beitreibung eines Beitrags- und Gebührenanspruchs (vgl. auch § 261 AO). Die Niederschlagung kann nur erfolgen, wenn feststeht, dass die Beitreibung keinen Erfolg haben wird oder wenn die Kosten der Einziehung und Beitreibung in einem Missverhältnis zur Beitragsoder Gebührenschuld stehen. Insoweit können sich die Kammern an die Kleinbetragsregelung halten, wie sie auch im Gewerbesteuerrecht gilt (vgl. § 34 GewStG).
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Die Beitragsordnung regelt schließlich die Stundung (vgl. § 222 AO). Stundung kommt in Betracht, wenn die sofortige Zahlung mit erheblichen Härten für den Beitragspflichtigen verbunden ist und der Beitragsanspruch durch die Stundung nicht gefährdet erscheint. Die Stundung unterbricht die Verjährung.
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Verjährung von Kammerbeiträgen
d) Verweisungen Die verschiedenartigen Verweisungen im Beitrags- und Gebührenrecht mit ihren Weiterverweisungen sind wenig übersichtlich. Auslegungsschwierigkeiten kann im Einzelfall insbesondere die Abgrenzung bereiten, inwieweit das IHKG, die Beitragsordnung und die Wirtschaftssatzung der IHK entweder durch das Verwaltungsverfahrensgesetz und das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Landes oder durch die Kommunalabgabengesetze mit ihren Weiterverweisungen auf die Abgabenordnung zu ergänzen sind. Dabei ist davon auszugehen, dass Erhebung, Einziehung und Beitreibung von Kammerbeiträgen und Gebühren zum Verwaltungsrecht gehören und deshalb in erster Linie das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes ergänzend anzuwenden ist. Die Anfechtung richtet sich auf jeden Fall nach der Verwaltungsgerichtsordnung.
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Nur soweit das IHKG für Einziehung, Beitreibung und Verjährung ausdrücklich auf die Kommunalabgabengesetze oder unmittelbar auf die Abgabenordnung verweist, können diese für das Beitragsverfahren zweckmäßigeren Vorschriften des Steuerrechts herangezogen werden. Dabei ist zu beachten, dass die Verweisungen des IHKG heute im Kommunalabgabenrecht wie in der Abgabenordnung auf moderne Bezeichnungen treffen. Deshalb wäre es vorzuziehen, wenn im IHKG nur noch einheitlich eine entsprechende Anwendung der Verfahrensvorschriften der Abgabenordnung vorgesehen würde. Die früheren Schwierigkeiten sind jedoch dadurch weitgehend abgeschwächt worden, dass inzwischen die Abgabenordnung 1977 sich in Terminologie und auch Einzelheiten an die Verwaltungsverfahrensgesetze anlehnt und sie teilweise sogar wörtlich übernimmt. In den meisten Fällen ergibt sich deshalb praktisch kein Unterschied mehr.
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10. Verjährung von Kammerbeiträgen § 3 Abs. 8 Satz 1 verweist – in Anlehnung an das frühere Kammerrecht (vgl. 2. Aufl., 171) – für die Verjährung von Beiträgen, Sonderbeiträgen und Gebühren auf die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern von Einkommen und Vermögen (dazu ausführlich Möllering/Schwenker, GewArch 2003, 98). Diese Verweisung ist durch den Beschluss des Bundes-
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Status, Beiträge und Gebühren
verfassungsgerichts vom 22. 6. 1995 (NJW 1995, 2615) zur teilweisen Verfassungswidrigkeit der Vermögenssteuer nicht berührt. 149
Die Abgabenordnung (AO 1977) vom 16. 3. 1976 (BGBl. I, 613) gilt für die Verjährung aller Beitrags- und Gebührenansprüche, die ab 1. 1. 1977 entstanden sind (Art. 97 § 10 Abs. 1 und § 14 Abs. 1 und 2 EGAO 1977 vom 14. 12. 1976 – BGBl. I, 3341). Danach ist zwischen der Festsetzungsverjährung (§§ 169–171 AO) und der Zahlungsverjährung (§§ 228–232) zu trennen. Durch die strikte Gesetzesverweisung kann die IHK in der IHK-Beitragsordnung keine abweichende Verjährungsregelung treffen (VG Würzburg vom 11. 10. 2000 – W 6 K 99.1498).
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Von praktischer Bedeutung für die IHKs ist lediglich die Festsetzungsverjährung für Beiträge. Die Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Beitragsanspruch entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO) und beträgt 4 Jahre (§ 169 Abs. 2 Nr. 2 AO). Nach Ablauf der Festsetzungsfrist ist eine Aufhebung oder Änderung des Beitragsbescheids nicht mehr zulässig, nicht einmal eine Berichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit. Lediglich eine Änderung des Gewerbesteuermessbetrags oder des Zerlegungsanteils kann noch nach Ablauf dieser Frist zu einer Änderung von Beitragsbescheiden führen (§ 184 AO).
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Eine Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist analog § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO erfordert eine durch Rechtsvorschrift oder behördliche Anordnung begründete Meldepflicht, die sich auf einen konkreten Abgabetatbestand und einen bestimmten Zeitraum bezieht. Nur eine allgemeine Pflicht des Kammerzugehörigen, Auskunft über die Grundlage der Beitragsfestsetzung zu geben (§ 3 Abs. 3 Satz 8), reicht deshalb für den Eintritt der Anlaufhemmung nicht (VG Halle vom 11. 9. 2002 – 5 A 172/02 HAL). Allerdings besteht regelmäßig eine Pflicht des Gewerbetreibenden, sein Gewerbe anzumelden. Über diese Gewerbeanmeldung gibt er der IHK zumindest auch Auskunft über seine Grundbeitragspflicht. Daher wirkt die Anlaufhemmung der Festsetzungsfrist analog § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO in den Fällen, in denen der Kammerzugehörige zur Gewerbeanmeldung verpflichtet, dieser Pflicht aber nicht nachgekommen ist. Der Ablauf der Festsetzungsfrist ist gehemmt, soweit der Gewerbesteuermessbetrag oder Zerlegungsanteil noch nicht vorliegt. Für das Ende der Festsetzungsfrist beim IHK-Beitrag findet § 171 Abs. 10 AO entsprechend Anwendung (VG Mannheim vom 310
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§3
Verjährung von Kammerbeiträgen
21. 3. 2002 – 14 S 2450/01; VGH Kassel vom 21. 7. 2000 – 8 ZU 1099/00; ferner die Rechtsprechungsnachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137, 191 f.). Somit endet die Festsetzungsfrist, soweit für die Festsetzung ein Feststellungsbescheid oder Grundlagenbescheid bindend ist, nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheides. Da für die IHK nach § 3 Abs. 3 der vom Finanzamt festgesetzte Gewerbesteuermessbetrag bindend ist, läuft deshalb analog § 171 Abs. 10 AO die Frist für die Festsetzung des IHK-Beitrags so lange, wie der Gewerbesteuermessbescheid noch verändert oder erlassen werden kann (VG Mannheim GewArch 2002, 480). Ein wiederholender Grundlagenbescheid wirkt sich allerdings nicht gem. § 171 Abs. 10 AO auf den Lauf der Festsetzungsfrist für den Folgebescheid aus (BFH vom 13. 12. 2000 – X R 42/96); wird also ein Gewerbesteuermessbescheid durch eine IHK nicht innerhalb der zweijährigen Frist des § 171 Abs. 10 AO ausgewertet, wird eine erneute Auswertungsmöglichkeit auch nicht dadurch geschaffen, dass der genannte Gewerbesteuermessbescheid nach Überprüfung unverändert wiederholt wird. Die Festsetzungsfrist für den Kammerbeitrag endet erst mit Ablauf von 2 Jahren nach Bekanntgabe des Gewerbesteuermessbetrags oder Zerlegungsanteils an den Kammerzugehörigen (§ 171 Abs. 10 AO). Entscheidend ist dabei der Zeitpunkt, in dem dem Steuerpflichtigen – nicht der IHK – der Gewerbesteuermessbetrag oder Zerlegungsanteil oder deren Änderungen zugehen. Ebenso ist der Ablauf der Festsetzungsfrist gehemmt, wenn die IHK selbst die Beitragsveranlagung wegen noch zu treffender Ermittlungen ausgesetzt oder nur einen vorläufigen Beitragsbescheid erlassen hat (§ 171 Abs. 8 AO). Die Festsetzungsfrist endet dann wiederum mit Ablauf eines Jahres, nachdem die Ungewissheiten beseitigt sind und die IHK davon Kenntnis erhalten hat (§ 171 Abs. 8 AO). In schwierigen Fällen können die IHKs also durch eine ausdrückliche Aussetzung der Beitragsveranlagung unter Hinweis auf die Gründe oder durch eine vorläufige Beitragsfestsetzung die Festsetzungsfristen verlängern, müssen jedoch um eine möglichst baldige Klärung und die endgültige Festsetzung innerhalb eines Jahres bemüht sein. Bei einer vorläufigen Beitragsfestsetzung (z.B. zum Grundbeitrag wegen fehlender Bemessungsgrundlage) endet die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres seit Kenntnis der IHK von der festgesetzten Bemessungsgrundlage. Im Übrigen ist es selbstverständlich, dass die Festsetzungsfrist nicht abläuft, bevor über Widersprüche und Jahn
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§3
Status, Beiträge und Gebühren
Klagen gegen den Beitragsbescheid entschieden ist (§ 171 Abs. 3 AO). 152
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts GewArch 1986, 310 ist durch den neuen § 171 Abs. 10 AO praktisch überholt. Das Gericht hatte darin entschieden, dass eine steuerliche Betriebsprüfung nach § 146 Abs. 3 AO a.F. (heute § 171 Abs. 4 AO) nur bei Steuerschulden zu einer Ablaufhemmung führt, nicht dagegen bei Kammerbeiträgen; eine entsprechende Anwendung für Kammerbeiträge sei ausgeschlossen, weil diese steuerlichen Maßnahmen (vgl. heute § 171 Abs. 4 bis 6 AO) nicht das Verhältnis zwischen IHK und Kammerzugehörigen berührten. In fast allen diesen Fällen einer steuerlichen Betriebsprüfung ergeht jedoch in der Regel ein Änderungsbescheid zum Gewerbesteuermessbescheid oder zum Zerlegungsanteil, worauf dann auch für die IHK § 171 Abs. 10 AO anzuwenden ist. Dieser Fall der Ablaufhemmung bei Grundlagenbescheiden führt deshalb auch bei den IHKs in Fällen einer steuerlichen Betriebsprüfung mittelbar zu einer Ablaufhemmung.
153
Die Zahlungsverjährung knüpft an den Beitrags- und Gebührenbescheid an und beträgt 5 Jahre (§ 228 AO). Die Verjährungsfrist beginnt hier mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Anspruch fällig geworden ist (§ 229 AO). Unterbrochen wird die Zahlungsverjährung nur noch durch Zahlungsaufschub, Stundung oder Vollstreckungsaufschub sowie durch alle Vollstreckungsmaßnahmen jeweils bis zum Ablauf dieser Maßnahmen oder Entscheidungen (§ 231 Abs. 2 AO). Die Unterbrechung der Zahlungsverjährung bewirkt jedoch, dass mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Unterbrechung geendet hat, eine neue Verjährungsfrist dafür zu laufen beginnt (§ 231 Abs. 3 AO). Da auch die Mahnung die Zahlungsverjährung unterbricht, dürfte diese in der Praxis eigentlich nicht relevant sein.
11. Rechtsschutz 154
Gegen die Verwaltungsakte (§ 35 Satz 1 VwVfG) der IHK im Beitrags- und Gebührenrecht sind der Widerspruch nach den §§ 68 VwGO (teilweise durch Landesrecht jedoch ausgeschlossen, z.B. seit 1. 7. 2007 in Bayern, BayGVBl. 2007, 390; zuvor bereits Sachsen-Anhalt und Niedersachsen, seit 2007 ebenfalls Nordrhein312
Jahn
§3
Rechtsschutz
Westfalen) und anschließend die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO gegeben. Verwaltungsakte sind dabei nicht nur Beitrags- und Gebührenbescheide, sondern auch Vorauszahlungsbescheide sowie Entscheidungen über Stundungs- und Erlassanträge. Die Entscheidung trifft auch im Widerspruchsverfahren die IHK selbst (§ 73 Abs. 1 Nr. 3 VwGO). Die Widerspruchsentscheidung ist zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen sowie förmlich zuzustellen. Wird die Widerspruchsfrist nicht eingehalten und entscheidet die IHK nicht erneut sachlich, ist eine Anfechtungsklage unzulässig. Etwas anderes gilt, wenn die beklagte IHK sich auf die Klage sachlich eingelassen und Abweisung beantragt hat, da in diesem Fall nicht erkennbar ist, was mit einem Vorverfahren noch hätte erreicht werden können (VG Berlin vom 12. 10. 1998 – VG A 486.98; Jahn, GewArch 2008, 137, 194). Statt einer Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid ist zur Klärung der Kammerzugehörigkeit auch eine Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO) statthaft (VGH München vom 23. 9. 1997 – 9 S 1744/96; VG Gießen vom 22. 4. 1997 – 8 E 23/95 (2); VG München vom 24. 3. 1998 – M 16 K 97.1064; OVG Hamburg vom 4. 3. 2005 – 1 Bf 481/03). Im Beitragsprozess ist es Angelegenheit des Klägers, behauptete Rechtsverstöße substantiiert vorzutragen. Allein die bloße Behauptung, eine Beitragsordnung sei als IHKSatzungsrecht nicht wirksam zustande gekommen und scheidet deshalb als Grundlage der Beitragserhebung aus, löst noch keine Amtsermittlungspflicht des Gerichts aus, weil dem Kläger zugemutet werden kann, sich durch Einsichtnahme in die entsprechenden Unterlagen selbst die erforderliche Kenntnis zu verschaffen (VG Augsburg vom 2. 8. 2004 – 4 K 02.180). Die Anfechtung des Beitragsbescheides hat keine aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Jedoch kann das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise auf Antrag wiederherstellen; der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig (vgl. § 80 Abs. 5 und 6 VwGO; OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. 11. 1990 – 8 M 12/90). Voraussetzung ist allerdings nach § 80 Abs. 4 VwGO, dass vorab ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung bei der IHK gestellt und von dieser abgelehnt worden ist. In der Erhebung des Widerspruchs ist ein solcher Antrag ebenso wenig zu sehen wie in einem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO zum Verwaltungsgericht (VG Berlin vom 13. 6. 1997 – VG 4 A 351.97). Da § 80 Abs. 6 VwGO eine nicht nachholbare Jahn
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§3
Status, Beiträge und Gebühren
Voraussetzung beinhaltet, kommt weder eine Heilung des Mangels durch sachliche Einlassung des Antragsgegners (IHK) im Eilverfahren noch eine Aussetzung zur Nachholung des Verfahrens nach § 80 Abs. 6 VwGO in Betracht. Einer vorherigen Ablehnungsentscheidung durch die IHK im Vorfeld eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO zum Verwaltungsgericht bedarf es nur dann nicht, wenn dem Kammerzugehörigen bereits die Vollstreckung konkret droht (§ 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 und 2 VwGO – vgl. VG Lüneburg vom 24. 10. 1996 – 5 B 44/96). Im Aussetzungsverfahren bei der IHK muss der Antragsteller ein „unbillige Härte“ i.S.d. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO darlegen. Eine „unbillige Härte“ i.S.d. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO ist nicht anzunehmen, wenn durch den Sofortvollzug nicht Nachteile entstehen, die über die eigentliche Zahlung hinaus gehen und die nicht oder nur schwer wieder gut zu machen sind; hierbei ist auch im IHK-Beitragsrecht ein strenger Maßstab anzulegen, weil der Gesetzgeber grundsätzlich entschieden hat, Abgaben- und Kostenbescheide zu Gunsten der öffentlichen Haushalte von Gesetzes wegen für sofort vollziehbar zu erklären (VG Meiningen vom 1. 6. 2006 – 2 E 134/06). Eine „unbillige Härte“ i.S.d. Gesetzes liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn die Höhe des erhobenen IHK-Grundbeitrages fast so groß ist wie der verbleibende Jahresüberschuss des Gewerbetreibenden (VG Gießen vom 5. 8. 1999 – 8 G 956/99). Auch die Anhängigkeit eines Verfassungsbeschwerdeverfahrens gegen die Pflichtmitgliedschaft (§ 2 Abs. 1) begründet im Sofortvollzugsverfahren noch keine „ernstlichen Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides, die die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes rechtfertigen (VG Augsburg vom 23. 3. 2000 – Au 4 S 00.97). 156
Eine Aussetzung der Beitreibung richtet sich nach § 80 Abs. 4 VwGO. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung erstreckt sich darauf, dass die IHK die geltenden Rechtsvorschriften (einschließlich ihres eigenen Satzungsrechts) eingehalten und, soweit es um Ermessensentscheidungen bei Stundung und Erlass geht, ihr Ermessen pflichtgemäß ausgeübt hat (vgl. zum Begriff der Rechtsverletzung Eyermann, VwGO, § 80 Anm. 66). Da die IHK kraft Gesetzes an die Entscheidung des Finanzamts über die Gewerbesteuerpflicht und an den festgesetzten Gewerbesteuermessbetrag oder Zerlegungsanteil gebunden ist, können darüber auch die Verwaltungsgerichte in einem Verwaltungsstreitverfahren wegen 314
Jahn
§4
Zuständigkeit der Vollversammlung
der Kammerbeiträge nicht mehr neu entscheiden. Deshalb geht es in der Praxis bei solchen Verwaltungsstreitverfahren meist darum, ob die Kammerzugehörigkeit gegeben ist, ob der Beitragsbescheid von zutreffenden Tatsachen ausgeht und ob das Verfahren ordnungsgemäß war. Eine solche Anfechtung des Beitragsbescheides kann nicht durch eine Feststellungsklage gegen die Beitragsordnung umgangen werden (VG Arnsberg vom 19. 4. 1985 – 5 K 268/84). Ebenso wenig berechtigt der Vorwurf gegenüber der IHK, dass sie etwa kammerfremde Zwecke verfolgt und dafür Kammermittel einsetzt, eine Beitragsverweigerung (OVG Koblenz GewArch 1997, 196, 199; VG Hamburg vom 9. 10. 2007 – 2 E 3338/07; VG Freiburg GewArch 2005, 478; ferner die Nachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137, 187); ein solcher Vorwurf kann nur durch eine Unterlassungsklage geklärt werden (siehe dazu Ennuschat/Tille, GewArch 2007, 24, Jahn, GewArch 2008, 137, 187).
4
Über die Angelegenheiten der Industrie- und Handelskammer beschließt, soweit nicht die Satzung etwas anderes bestimmt, die Vollversammlung. Der ausschließlichen Beschlussfassung durch die Vollversammlung unterliegen 1. die Satzung, 2. die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung, 3. die Feststellung des Wirtschaftsplans, 4. die Festsetzung des Maßstabes für die Beiträge und Sonderbeiträge, 5. die Erteilung der Entlastung, 6. die Übertragung von Aufgaben auf andere Industrie- und Handelskammern, die Übernahme dieser Aufgaben, die Bildung von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen und die Beteiligung hieran (§ 10) sowie die Beteiligung an Einrichtungen nach § 1 Abs. 3b, 7. die Art und Weise der öffentlichen Bekanntmachung und 8. die Satzung gem. § 3 Abs. 7a (Finanzstatut). § 79 des Berufsbildungsgesetzes bleibt unberührt. Soweit nach Satz 2 Nr. 7 die elektronische Verkündung von Satzungsrecht vorRickert
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Zuständigkeit der Vollversammlung
der Kammerbeiträge nicht mehr neu entscheiden. Deshalb geht es in der Praxis bei solchen Verwaltungsstreitverfahren meist darum, ob die Kammerzugehörigkeit gegeben ist, ob der Beitragsbescheid von zutreffenden Tatsachen ausgeht und ob das Verfahren ordnungsgemäß war. Eine solche Anfechtung des Beitragsbescheides kann nicht durch eine Feststellungsklage gegen die Beitragsordnung umgangen werden (VG Arnsberg vom 19. 4. 1985 – 5 K 268/84). Ebenso wenig berechtigt der Vorwurf gegenüber der IHK, dass sie etwa kammerfremde Zwecke verfolgt und dafür Kammermittel einsetzt, eine Beitragsverweigerung (OVG Koblenz GewArch 1997, 196, 199; VG Hamburg vom 9. 10. 2007 – 2 E 3338/07; VG Freiburg GewArch 2005, 478; ferner die Nachweise bei Jahn, GewArch 2008, 137, 187); ein solcher Vorwurf kann nur durch eine Unterlassungsklage geklärt werden (siehe dazu Ennuschat/Tille, GewArch 2007, 24, Jahn, GewArch 2008, 137, 187).
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Über die Angelegenheiten der Industrie- und Handelskammer beschließt, soweit nicht die Satzung etwas anderes bestimmt, die Vollversammlung. Der ausschließlichen Beschlussfassung durch die Vollversammlung unterliegen 1. die Satzung, 2. die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung, 3. die Feststellung des Wirtschaftsplans, 4. die Festsetzung des Maßstabes für die Beiträge und Sonderbeiträge, 5. die Erteilung der Entlastung, 6. die Übertragung von Aufgaben auf andere Industrie- und Handelskammern, die Übernahme dieser Aufgaben, die Bildung von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen und die Beteiligung hieran (§ 10) sowie die Beteiligung an Einrichtungen nach § 1 Abs. 3b, 7. die Art und Weise der öffentlichen Bekanntmachung und 8. die Satzung gem. § 3 Abs. 7a (Finanzstatut). § 79 des Berufsbildungsgesetzes bleibt unberührt. Soweit nach Satz 2 Nr. 7 die elektronische Verkündung von Satzungsrecht vorRickert
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Zuständigkeit der Vollversammlung
gesehen ist, hat diese im elektronischen Bundesanzeiger zu erfolgen.
1. Rechtliche Bedeutung der Vollversammlung . . . . . . . . . .
Rz.
Rz.
1
cc) Öffentlichkeit der Sitzungen . . . . . . . . . . . . . . 29 f) Wirtschaftsführung . . . . . . . . . 30
2. Zuständigkeitsabgrenzung . . 5 a) Vorbehaltsaufgaben der Vollversammlung . . . . . . . . . . 5 b) Gesetzliche Ausnahme . . . . . 8 c) Zuständigkeitsbeschränkung durch Satzung . . . . . . . . 11 3. Inhalt der Satzung der IHK . a) Name und Sitz der IHK . . . . . b) Zahl der Vollversammlungsmitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Zuständigkeitsregeln . . . . . . . d) Ausschüsse und Zweigstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . aa) Beschlussfähigkeit . . . . . bb) Beschlussfassung der Vollversammlung . . . . . .
14 15 17 18 20 23 24
4. Sonstiges Satzungsrecht . . . . . 31 5. Rechtliche Anforderungen an das Satzungsrecht. . . . . . . . a) Erlass von Satzungsrecht . . . . b) Verkündung von Satzungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Verkündungsorgan . . . . . . bb) Anforderungen an die IHK-Zeitschrift . . . . . . . . . cc) Elektronische Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . dd) Inhalt der Veröffentlichung . . . . . . . . . . . . . . . .
33 34 38 39 41 42a 43
6. Entlastung . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
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Literaturauswahl: Th. Groß, Jahrbuch des Kammerrechts 2003, 26; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung; Möllering, WiVerw 2001, 25; Rickert, WiVerw 2004, 153; Tettinger, Kammerrecht.
1. Rechtliche Bedeutung der Vollversammlung 1
Nach § 4 ist die Vollversammlung das demokratisch legitimierte höchste Entscheidungsgremium der IHK, deren Mindestaufgaben und -befugnisse sich aus dem Gesetz ergeben (BVerwG GewArch 2004, 331). Sie ist aufgrund der Wahl durch die Mitglieder legitimiert, als Vertreterin aller Mitgliedsunternehmen für die IHK zu entscheiden. Die Vollversammlung ist dabei in ihrer Zuständigkeit nicht auf Rechtsetzung und Organbestellung beschränkt, sondern kann auch Verwaltungsrichtlinien erlassen und Einzelentscheidungen treffen. Sie hat damit die Kompetenz, alle Vorgänge 316
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Rechtliche Bedeutung der Vollversammlung
an sich zuziehen, soweit nicht nach Gesetz oder Satzung andere Organe der IHK zuständig sind. Sie muss sich mit ihren Entscheidungen jedoch innerhalb des von § 1 vorgegebenen Rahmens halten; eine Aufgabendefinitionskompetenz hat sie nicht (BVerwG GewArch 2001, 161). Die wesentlichen Entscheidungen für die Arbeit der IHK müssen ihr auf jeden Fall vorbehalten bleiben (OVG Koblenz GewArch 1981, 336). Neben dem Satzungsrecht ist die Feststellung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft Kernaufgabe der Vollversammlung. Aufgrund der regionalspezifischen Zusammensetzung der Vollversammlung und der Wahl ihrer Mitglieder durch alle Kammerzugehörigen ist sie das am besten legitimierte Gremium, die dazu erforderliche Interessenabwägung in einem verfassten Verfahren vorzunehmen (Möllering, WiVerw 2001, 25, 40). Stellungnahmen und Aussagen der IHK müssen sich letztlich immer auf von der Vollversammlung beschlossene allgemeine Leitlinien – wie die Wahrung der Gewerbefreiheit – oder konkrete Positionen – beispielsweise zu lokalen Projekten oder aktuellen Gesetzesvorhaben – zurückführen lassen (siehe dazu § 1 Rz. 11).
1a
§ 4 legt darüber hinaus fest, dass das Satzungsrecht nur von der Vollversammlung beschlossen werden kann. Dies gilt nicht nur für die in § 4 Satz 2 Nr. 1 und 2 aufgeführten Statuten, sondern auch für das sonstige Satzungsrecht der IHK. Das Präsidium kann also das sonstige Satzungsrecht der IHK nur erlassen, wenn es durch die Satzung der IHK dazu ausdrücklich ermächtigt worden ist. Insgesamt stellt die Bestimmung damit den Selbstverwaltungscharakter der IHK und die autonome Satzungsgewalt klar (vgl. § 1 Rz. 226 und 236).
2
Im Übrigen kennt das Gesetz jedoch keine strenge Trennung in Legislative und Exekutive, auch wenn sich in der Praxis eine gewisse Gewaltenteilung zwischen den verschiedenen Organen der IHK herausgebildet hat und oft auch in der Satzung verankert ist. Bestimmte Zuständigkeiten sind der Vollversammlung sogar durch Gesetz vorbehalten, andererseits ist diese teilweise durch das Gesetz in ihrer Allgemeinzuständigkeit eingeschränkt oder kann sich in der Satzung selbst auf die wesentlichen Entscheidungen beschränken.
3
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§4 4
Zuständigkeit der Vollversammlung
In der Praxis der Vollversammlung nehmen deshalb die Regularien nur wenig Zeit in Anspruch und werden meist auf eine Sitzung im Jahr konzentriert. Kernpunkte der Sitzungen sind vielmehr wirtschaftspolitische Fragen, welche den IHK-Bezirk besonders berühren (Rz. 1a).
2. Zuständigkeitsabgrenzung a) Vorbehaltsaufgaben der Vollversammlung 5
Zu den wichtigsten Aufgaben der Vollversammlung gehört die Verabschiedung des Satzungsrechts, welches die innere Ordnung der IHK regelt. Dies sind die Satzung (§ 4 Satz 2 Nr. 1), die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung (§ 4 Satz 2 Nr. 2) sowie das Finanzstatut (§ 4 Satz 2 Nr. 8). Diese Statuten bedürfen der Genehmigung durch die Staatsaufsichtsbehörde nach § 11 Abs. 2. Weiterhin ist der Vollversammlung die jährliche Feststellung des Wirtschaftsplans sowie die Festsetzung der Beiträge und Sonderbeiträge vorbehalten (§ 4 Satz 2 Nr. 3 und 4). Nach der Regelung der inneren Verfassung der IHK kommt diesen Finanzbeschlüssen die größte Bedeutung zu, weil die Erfüllung der Kammeraufgaben einerseits von den Finanzmöglichkeiten abhängt und andererseits die Kammerzugehörigen durch ihre gewählten Vertreter selbst über die zu tragenden Lasten entscheiden müssen. In dieser Finanzhoheit zeigt sich wiederum deutlich der Selbstverwaltungscharakter der IHK, zumal auch die Entlastung, insbesondere für das Haushaltsgebaren, der Vollversammlung vorbehalten bleibt (§ 4 Satz 2 Nr. 5). Ebenfalls der Vollversammlung behält § 4 Nr. 6 die Entscheidung vor, wenn es um die Bildung von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen zwischen IHKs oder um die Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf andere IHKs geht (§ 10). Die Zuständigkeit der Vollversammlung wird hier zu Recht festgelegt, weil es sich um wesentliche Entscheidungen für den Zuständigkeitsbereich der IHK handelt und eine Übertragung von Aufgaben an andere IHKs oder an gemeinsame öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse oft auch weitreichende finanzielle Konsequenzen für den IHK-Haushalt hat. Aus diesem Grunde ist auch in § 11 Abs. 2 eine Genehmigung der Staatsaufsichtsbehörde vorgesehen. Schließlich entscheidet die Vollversammlung über die Art und Weise der öffentlichen Bekanntmachung (§ 4 Satz 2 Nr. 7). Damit kann die Vollversammlung beschließen, ob und in 318
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Zuständigkeitsabgrenzung
welchem Printmedium die IHK veröffentlicht oder ob die IHK im Internet veröffentlicht. Für das Satzungsrecht beschränkt § 4 Satz 4 allerdings eine elektronische Veröffentlichung auf den elektronischen Bundesanzeiger. Zu den Vorbehaltsaufgaben tritt schließlich die Organbestellung hinzu (Personalhoheit). Die Vollversammlung allein ist nach § 6 Abs. 1 für die Wahl des Präsidenten und des Präsidiums zuständig. Sie bestellt nach § 7 Abs. 1 den Hauptgeschäftsführer. Damit sind auch die entscheidenden Organbestellungen unmittelbar von der Vollversammlung demokratisch legitimiert, wie es dem Gedanken der Selbstverwaltung entspricht.
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Diese Übersicht der Vorbehaltsaufgaben der Vollversammlung fasst drei wesentliche Elemente der Selbstverwaltung zusammen, nämlich die Satzungsautonomie, die Finanzhoheit und die Personalhoheit. Die Rechtsaufsicht nach § 11 Abs. 1 und 2 bildet dazu das notwendige Korrektiv.
7
b) Gesetzliche Ausnahme Durch § 4 Satz 3 wird klargestellt, dass die im Bereich der Berufs- 8 ausbildung zu erlassenden Rechtsvorschriften der IHK gemäß § 79 BBiG vom Berufsbildungsausschuss als besonderem Organ der IHK und nicht von der Vollversammlung zu beschließen sind. Bei finanzwirksamen Beschlüssen ist jedoch gemäß § 79 Abs. 5 BBiG wiederum die Zustimmung der Vollversammlung erforderlich. Die Ausnahme in § 79 BBiG ergibt aber auch, dass die vom Berufsbildungsausschuss beschlossenen Rechtsvorschriften von der IHK erlassen und verkündet werden, dass es sich also beim Berufsbildungsausschuss um ein Organ der IHK handelt und er organisationsrechtlich voll eingebunden ist.
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Der Verweis in § 4 Satz 3 auf den § 79 BBiG schränkt im Übrigen jedoch nicht die Zuständigkeit der Vollversammlung nach § 1 Abs. 1 ein, das Gesamtinteresse der Bezirkswirtschaft auch im Bereich der Berufsbildungspolitik wahrzunehmen. Die Berufsbildungsausschüsse nach dem BBiG dienen der Durchführung des Berufsbildungsgesetzes, sind aber nicht für bildungspolitische Fragen zuständig; insoweit bedürfen bildungspolitische Äußerungen
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Zuständigkeit der Vollversammlung
der IHK nicht der vorherigen Unterrichtung und Anhörung nach § 79 Abs. 2 und 3 BBiG (vgl. § 8 Rz. 18). c) Zuständigkeitsbeschränkung durch Satzung 11
Abgesehen von dieser gesetzlich geregelten Zuständigkeitsverteilung kann die Vollversammlung sich in der Satzung selbst beschränken. Voraussetzung bleibt dabei, dass sie weiterhin die Richtlinien der Kammerarbeit bestimmt. Einzelne Aufgaben kann sie jedoch an Präsident, Präsidium oder Geschäftsführung übertragen, beispielsweise die Wahrnehmung der laufenden Geschäfte der IHK oder die Entscheidung in Eilfällen (OVG Lüneburg, Dt.HwBl. 1981, 234). In Ermangelung einer näheren gesetzlichen Ausgestaltung überantwortet das IHKG die innere Ordnung der IHK und damit auch die Aufgabenverteilung zwischen den einzelnen Organen der näheren Ausgestaltung durch die von der Vollversammlung beschlossene Satzung (BVerwG GewArch 2004, 331).
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Bei den oben erwähnten Vorbehaltsaufgaben der Vollversammlung ist es auch nicht möglich, sie durch Satzungsbestimmung an die Genehmigung eines anderen Organs der IHK zu binden. Dagegen kann die Satzung vorsehen, dass vor der Beschlussfassung der Vollversammlung andere Organe vorbereitend tätig werden und Vorschläge machen. Dies ist für die Vorbereitung des Wirtschaftsplans durch Geschäftsführung und Präsidium üblich; teilweise gibt es auch besondere Etatausschüsse für diesen Zweck. Die Entscheidung trifft jedoch die Vollversammlung, ohne an solche Vorarbeiten und Vorschläge gebunden zu sein.
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§ 77 Abs. 2 BBiG überträgt der IHK die Aufgabe, der zuständigen Landesbehörde die „Beauftragten der Arbeitgeber“ für den Berufsbildungsausschuss vorzuschlagen. Weder § 4 IHKG noch das BBiG hindern die Vollversammlung daran, diese Funktion dem Präsidium anzuvertrauen.
3. Inhalt der Satzung der IHK 14
Daher bildet die Satzung nach § 4 Satz 2 Nr. 1 die Grundlage für die innere Organisation der IHK und ist mit der kommunalen Hauptsatzung im Gemeinderecht zu vergleichen. Sie muss sich 320
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Inhalt der Satzung der IHK
im Rahmen des Gesetzes halten, hat jedoch im Übrigen einen weiten Spielraum. Folgende Einzelfragen sind dabei wichtig: a) Name und Sitz der IHK In der Satzung der IHK wird der IHK-Name festgelegt, soweit dies nicht bereits durch Landesgesetz oder Landesverordnung erfolgt ist. Bei den Gemeinden ist die Namensgebung ein staatlicher Organisationsakt (vgl. VGH München DVBl. 1981, 223). Neuerdings zeigt sich aber auch im Gemeinderecht, dass den Gemeinden ein Antragsrecht auf Namensänderung zugestanden wird oder dass sie sogar in ihrer Hauptsatzung (mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde) den Namen ändern dürfen. Soweit bei den IHKs Landesgesetze oder Landesverordnungen einen Namen der IHK festgelegt haben, ist dies oft nur deklaratorisch erfolgt und bedeutet nicht die Inanspruchnahme einer ausschließlichen Zuständigkeit; deshalb werden Namensänderungen in Form einer Satzungsänderung genehmigt. Die Landeskammergesetze in den neuen Bundesländern sehen sogar ausdrücklich vor, dass die IHKs mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde in ihrer Satzung den Namen und sogar den Sitz der IHK ändern können. Damit ist klargestellt, dass diese staatlichen Festlegungen nur deklaratorischen Charakter haben. Gleichzeitig erfolgte dann auch, soweit erforderlich, die Anpassung der staatlichen Verordnungen, in denen der Name der IHK aufgeführt war. In den meisten Fällen haben die Länder diese Frage von vornherein den Satzungen der IHKs überlassen.
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Der Sitz der IHK ist regelmäßig bereits durch Gesetz oder Rechtsverordnung festgelegt und kann von der IHK nur geändert werden, wenn das Landeskammergesetz dies ausdrücklich zulässt. Anderenfalls bedarf eine Sitzverlegung der IHK in eine andere Gemeinde des IHK-Bezirks einer vorherigen Änderung des Gesetzes oder der Rechtsverordnung. Ebenso ist die Umschreibung des IHK-Bezirks in der Satzung nur deklaratorisch (vgl. § 12 Rz. 8).
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b) Zahl der Vollversammlungsmitglieder Des Weiteren regelt die Satzung die Zahl der Vollversammlungsmitglieder, während sich die Einzelheiten des Wahlverfahrens aus der Wahlordnung ergeben. Ebenso muss die Satzung die Anzahl der Mitglieder des Präsidiums festsetzen (§ 6 Abs. 1) sowie ausRickert
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§4
Zuständigkeit der Vollversammlung
drücklich klären, dass und unter welchen Voraussetzungen auch nichtwählbare Personen in Ausschüsse berufen werden können (§ 8; für den Berufsbildungsausschuss gelten die Sondervorschriften der §§ 77 bis 80 BBiG). c) Zuständigkeitsregeln 18
Im Zusammenhang mit den Organen ist in der Satzung auch jede Ausnahme von der Zuständigkeit der Vollversammlung zu regeln (§ 4 Satz 1), insbesondere die Befugnisse von Präsident (vgl. § 7 Abs. 2 Satz 2), Präsidium und Geschäftsführung. Es muss ausdrücklich geklärt werden, welche Beschluss- und Mitwirkungskompetenzen beispielsweise dem Präsidium zukommen, etwa bei der Ernennung von Beamten oder der Zusage von Altersversorgung. Die Geschäftsführung unter der Leitung des Hauptgeschäftsführers (§ 7 Abs. 2) wird grundsätzlich mit der Wahrnehmung der laufenden Geschäfte beauftragt (vgl. auch OVG Lüneburg, Deutsches Handwerksblatt 1981, 234).
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In diesem Zusammenhang gehören dann in die Satzung auch Einzelheiten über die rechtsgeschäftliche Vertretung der IHK, die zwar grundsätzlich gemäß § 7 Abs. 2 durch Präsident und Hauptgeschäftsführer gemeinsam erfolgt, deren Vertretung im Verhinderungsfall sich aber nach den Satzungsvorschriften oder einer Geschäftsordnung richtet. Sonderregelungen finden sich in den Satzungen der IHKs meist auch für den Abschluss von Anstellungsverträgen, insbesondere mit dem Hauptgeschäftsführer und weiteren Geschäftsführern. Regelmäßig unterzeichnen Verträge mit dem Hauptgeschäftsführer nach der jeweiligen Satzung der Präsident und ein Vizepräsident, Verträge mit den Geschäftsführern der Präsident und der Hauptgeschäftsführer; für Anstellungsverträge mit den weiteren Mitarbeitern der IHK ist in der Regel der Hauptgeschäftsführer alleinvertretungsberechtigt, weil dies zur Wahrnehmung der laufenden Geschäfte gehört. Diese Zeichnungsregelung bedeutet zugleich eine klare Abstufung in der Mitwirkung des Ehrenamts in Personalangelegenheiten und sichert gleichzeitig, dass der Hauptgeschäftsführer seiner Verantwortung für die ordnungsgemäße Erfüllung der Kammeraufgaben auch in Personalfragen voll nachkommen kann.
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§4
Inhalt der Satzung der IHK
d) Ausschüsse und Zweigstellen In der Satzung der IHK werden meist auch die Bildung von fachlichen oder bezirklichen Ausschüssen sowie die Einrichtung von Außen- und Zweigstellen behandelt. Beispielsweise kann sich die Vollversammlung bei den Fachausschüssen nur die Errichtung der Ausschüsse vorbehalten. Mit dem Namen legt sie auch den Aufgabenkreis fest. Das Präsidium kann dann die Ausschussmitglieder berufen, bei einer entsprechenden Satzungsermächtigung gemäß § 8 auch nicht wählbare Personen. Die Ausschussmitglieder wiederum können dann den Ausschussvorsitzenden wählen. Ebenso ist durch die Satzung regelbar, dass die Vollversammlung den Ausschussvorsitzenden wählt und auch alle weiteren Ausschussmitglieder beruft. Regelmäßig gibt es für die konkrete Ausgestaltung längere Traditionen, die die regionalen Besonderheiten berücksichtigen.
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Daneben gibt es viele Flächenkammern, die neben den Fachausschüssen auch bezirkliche Ausschüsse auf Stadt- oder Kreisebene einrichten, um lokale Fragen noch ortsnäher durch die unmittelbar Betroffenen behandeln zu können. Die Aufgaben reichen von der Stadtentwicklung und Bauleitplänen, Gewerbeflächen und Verkehrsanbindungen bis hin zu den gemeindlichen Gewerbesteuerhebesätzen und zum Gemeindehaushalt. In lokalen Fragen haben diese bezirklichen Ausschüsse die größere Sachnähe und Ortskenntnis für sich, auch wenn sie stets – wie alle Ausschüsse der IHK, mit Ausnahme des Berufsbildungsausschusses – nur eine beratende Funktion haben. In Bayern gibt es aus der Tradition des früheren bayerischen Kammerrechts die Einrichtung der örtlichen Industrie- und Handelsgremien, die in jedem Stadt- und Landkreis des IHK-Bezirks eingerichtet werden und neben der Behandlung der lokalen Fragen weitere wichtige Funktionen im Aufbau der IHK haben. Die Mitglieder der Industrie- und Handelsgremien werden nämlich unmittelbar gewählt und entsenden wiederum aus ihrer Mitte im Wege der mittelbaren Wahl Mitglieder in die Vollversammlung, um dort das lokale Element und die wirtschaftlichen Schwerpunkte des IHK-Bezirks zu repräsentieren. Die Einzelheiten finden sich in den jeweiligen Wahlordnungen.
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Unabhängig von solchen bezirklichen Ausschüssen haben Flä- 22 chenkammern vielfach auch Zweigstellen und Außenstellen, die teilweise sogar in der Satzung verankert sind; ihre Aufhebung ist Rickert
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dann nur im Wege einer Satzungsänderung möglich und bedarf einer qualifizierten Mehrheit. In Baden-Württemberg hat die Neugliederungsverordnung bei der Zusammenlegung von IHK-Bezirken sogar oft mehrere Hauptgeschäftsstellen beibehalten, um die Verbindung mit dem kammerzugehörigen Unternehmen unverändert zu lassen und traditionellen persönlichen Bindungen Rechnung zu tragen. Genauso ist es aber auch ohne Satzungsermächtigung zulässig, Zweigstellen und Außenstellen der IHK zu bilden, sofern der Wirtschaftsplan der IHK die erforderlichen Mittel dafür vorsieht. In allen Fällen handelt es sich lediglich um verwaltungsmäßige Untergliederungen der IHK, um die verschiedenen wirtschaftlichen Schwerpunkte eines IHK-Bezirks noch ortsnäher zu betreuen. Die Zweigstellen und Außenstellen unterliegen naturgemäß der Weisung der Hauptgeschäftsstelle und des Hauptgeschäftsführers und geben ihre Äußerungen im Namen der IHK ab. e) Verfahrensfragen 23
Schließlich regelt die Satzung meist noch die Grundzüge des Verfahrens in der Vollversammlung, beschränkt sich aber auf die wichtigsten Probleme bei Beschlüssen und Wahlen. Teilweise wird auch auf eine Geschäftsordnung verwiesen, die von der Vollversammlung für ihr eigenes Verfahren sowie für Präsidium und Ausschüsse erlassen wird und eine autonome Regelung wie bei parlamentarischen Körperschaften ist. In der Regel kommen die Kammersatzungen aber mit relativ wenigen Verfahrensvorschriften aus, weil sich die IHKs nach dem inzwischen weitgehend gefestigten parlamentarischen Brauch richten. Besonders ausführlich ist die Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages, soweit sie sich in den §§ 19–53 mit den Plenarsitzungen befasst (vgl. auch Schmitz, Die vorrangige Abstimmung über den weitestgehenden Antrag, NVwZ 1992, 547; VG Würzburg GewArch 1993, 246 – Tagesordnungsantrag nur von Vollversammlungsmitgliedern). Gleichwohl kann die Vollversammlung einzelne Punkte ausdrücklich regeln und damit der gerichtlichen Überprüfung weitgehend entzogene Verfahrensregeln selbständig aufstellen (BVerwG GewArch 2004, 331). Dies bietet sich vor allem bei fehlender Vergleichbarkeit des parlamentarischen Verfahrens oder abweichenden Zuständigkeiten innerhalb der Organe an.
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Inhalt der Satzung der IHK
aa) Beschlussfähigkeit Zu den üblichen Verfahrensvorschriften gehört eine Regelung der Beschlussfähigkeit, selbst wenn dies nicht unbedingt notwendig ist. Der parlamentarischen Regel entspricht es dabei, dass die Beschlussfähigkeit die Hälfte der gesetzlichen Mitgliederzahl, bei der IHK also die Hälfte der Zahl der Vollversammlungsmitglieder, voraussetzt. Die Beschlussfähigkeit wird üblicherweise zu Beginn einer Sitzung festgestellt und bleibt erhalten, solange die Beschlussunfähigkeit nicht festgestellt wird. Streitig ist in der Rechtsprechung lediglich, ob diese Beschlussunfähigkeit vom Versammlungsleiter von Amts wegen oder nur auf Antrag eines Teilnehmers oder einer bestimmten Zahl von Mitgliedern festgestellt werden muss.
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Ein Antrag ist in der Regel vorgeschrieben, um Beweisschwierigkeiten für die Gültigkeit von Beschlüssen und Wahlen zu vermeiden. Aber auch ohne einen solchen Antrag ist der Versammlungsleiter bei offensichtlicher Unterschreitung der notwendigen Mitgliederzahl von sich aus zur Feststellung der Beschlussunfähigkeit verpflichtet (vgl. OVG Münster DÖV 1962, 710). Auf jeden Fall sind Beschlüsse und Wahlen, die vor der Feststellung der Beschlussunfähigkeit erfolgt sind, gültig. Das Verfahren zur Feststellung der Beschlussunfähigkeit und die entsprechende Verpflichtung des Versammlungsleiters sind eine ausreichende Sicherung gegen eine fingierte Beschlussfähigkeit.
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Für Fälle der Beschlussunfähigkeit kann die Satzung auch – entsprechend der Entwicklung im Vereinsrecht (BGH NJW-RR 1989, 376, 377; Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein, 16. Aufl. 1997, 156/157; Reichert, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 9. Aufl. 2002, Rz. 854–856) – vorsehen, dass mit der Einladung zu einer Vollversammlung auch eine Eventualeinladung zu einer weiteren Vollversammlung eine halbe oder eine Stunde später verbunden wird, wenn die zuerst einberufene Vollversammlung beschlussunfähig sein sollte. Gleichzeitig kann die Satzung für diese zweite, vorsorglich eingeladene Vollversammlung die Beschlussfähigkeit auf die Mehrheit der anwesenden Vollversammlungsmitglieder beschränken. Entscheidend ist, dass dies ausdrücklich in der Satzung vorgesehen ist und dass in der doppelten Einladung auf die Folgen für die Beschlussfähigkeit der eventuell eingeladenen Vollversammlung hingewiesen wird (BGH
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NJW 1962, 394; BGH NJW-RR 1989, 376, 377). Falls die Satzung solche Vorschriften nicht enthält, bleibt bei Feststellung der Beschlussunfähigkeit nur übrig, eine neue Vollversammlung einzuladen und dabei alle Vorschriften der Satzung für eine ordentliche Vollversammlung einzuhalten. bb) Beschlussfassung der Vollversammlung 27
Dagegen kann die Satzung keine schriftliche Abstimmung der Vollversammlung vorsehen, soweit es sich um die gesetzlichen Vorbehaltsaufgaben der Vollversammlung in den §§ 4, 6 Abs. 1 und 7 Abs. 1 handelt. Diese Beschlüsse und Wahlen sind so wichtig, dass auf eine Aussprache in der Vollversammlung mit Rede und Gegenrede nicht verzichtet werden kann. Wenn das Gesetz diese genannten Aufgaben der Vollversammlung zwingend vorbehält, geht es auch von dem Leitbild einer beratenden Vollversammlung aus. Lediglich für einfachere Beschlüsse könnte eine schriftliche Abstimmung in der Vollversammlung in der Satzung vorgesehen werden, soweit alle Vollversammlungsmitglieder schriftlich zustimmen; deswegen ist eine solche, ohnehin eingeschränkte Satzungsbestimmung wenig praktisch. Das Umlaufverfahren, bei dem ein Vorgang von einem zum anderen Mitglied zur Unterschrift weitergegeben wird, kommt für die Vollversammlung überhaupt nicht in Betracht, sondern nur für das Präsidium.
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Für Beschlüsse und Wahlen wird meist auch geregelt, welche Mehrheit erforderlich ist. Die Satzungen der IHKs gehen hier ebenso wie Parlamente von der einfachen Mehrheit (der abgegebenen Stimmen) aus, so dass Stimmenthaltungen nicht mitzählen. Zumindest für Änderungen der Satzung wird eine qualifizierte Mehrheit vorgesehen. Auch die Voraussetzungen für die offene und die geheime Abstimmung sind in der Satzung zu regeln. Bei Wahlen gilt bei mehreren Bewerbern in der Regel das Prinzip der relativen Mehrheit, bei dem nur ein einziger Wahlgang stattfindet und der Bewerber mit der höchsten Stimmzahl gewählt ist. Für die Wahl des Präsidenten und des Präsidiums kann eine qualifizierte Mehrheit vorgesehen werden. Häufig wird auch eine geheime Wahl von Präsident und Präsidium zwingend vorgeschrieben, während bei den übrigen Personenwahlen auf Antrag auch offen gewählt werden kann. Diese Stufung ist sinnvoll, da es teilweise zu unstreitigen Wahlen, beispielsweise bei der Benennung von 326
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Ausschussmitgliedern oder auch der Wahl von ehrenamtlichen Rechnungsprüfern, kommt, für die eine geheime Wahl zu unangemessenem Aufwand führt. Die Wahl des Präsidenten und der übrigen Präsidiumsmitglieder rechtfertigen aufgrund ihrer Bedeutung und Organstellung dagegen stets die Durchführung einer geheimen Wahl. cc) Öffentlichkeit der Sitzungen Die Satzung kann auch vorschreiben, dass die Vollversammlung über die Öffentlichkeit ihrer Sitzung entscheidet. Sie kann dann an Hand der konkreten Tagesordnung beurteilen, welche Punkte wegen der notwendigen Rücksicht auf Dritte vertraulich behandelt werden müssen. Überwiegend sehen die Satzungen der IHKs zumindest eine Mitgliederöffentlichkeit der Vollversammlung vor, die auf Antrag oder für bestimmte Fragen ausgeschlossen werden kann. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit ohne die Möglichkeit der Vollversammlung, einen davon abweichenden Beschluss zu fassen, ist dagegen nicht zulässig. Ohne eine Regelung zur Öffentlichkeit ist von der Mitgliederöffentlichkeit der Sitzungen auszugehen, die für bestimmte Tagesordnungspunkte (z.B. Personalangelegenheiten, Datenschutz) von der Vollversammlung aufgehoben werden kann oder sogar muss (Rickert, WiVerw 2004, 153, 157).
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f) Wirtschaftsführung Im Bereich der Wirtschaftsführung regelt die Satzung der IHK im Allgemeinen die Vorbereitung des Wirtschaftsplans durch Hauptgeschäftsführung und Präsidium, die ehrenamtliche Rechnungsprüfung durch von der Vollversammlung gewählte Rechnungsprüfer sowie die Vorlage des Jahresabschlusses samt Entlastung. Zur Entlastung des Präsidiums gibt es teilweise auch einen besonderen Haushaltsausschuss, der zusammen mit der Geschäftsführung den Wirtschaftsplan vorbereitet; ein Vizepräsident übernimmt dann meist die Funktion des Schatzmeisters. Für die Durchführung des Wirtschaftsplans als Teil der laufenden Geschäfte ist grundsätzlich der Hauptgeschäftsführer verantwortlich und bedarf deshalb auch einer eigenen Entlastung. Die Entlastung erfolgt durch die Vollversammlung, weshalb diese auch das Recht hat, alle dazu erforderlichen Unterlagen und Vorgänge einzusehen bzw. einsehen zu lassen. Dieses Recht steht jedoch der VollversammRickert
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lung als Organ zu, nicht dagegen dem einzelnen Organmitglied (BVerwG GewArch 2004, 331, 332; Rickert, GewArch 2004, 369).
4. Sonstiges Satzungsrecht 31
Neben der Satzung der IHK als Hauptsatzung sieht § 4 Satz 2 Nr. 2 noch die wichtigsten weiteren Ordnungen vor, die jeweils im Zusammenhang mit den gesetzlichen Bestimmungen im Einzelnen behandelt werden: – Wahlordnung § 5 Rz. 26 – Beitragsordnung § 3 Rz. 110 – Sonderbeitragsordnung § 3 Rz. 120 – Gebührenordnung § 3 Rz. 125 – Wirtschaftssatzung § 3 Rz. 34 – Finanzstatut § 3 Rz. 21a Mit der Umstellung von der Kameralistik auf die kaufmännische Buchführung gehört auch das Finanzstatut gemäß § 4 Satz 2 Nr. 8 zu den Vorbehaltsaufgaben der Vollversammlung. Während der Erlass der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung im Rahmen der Kameralistik auch einem anderen Organ übertragen werden konnte, soweit Landesrecht nicht etwas anderes vorsah, hat der Gesetzgeber für das Finanzstatut eine eigene Regelung zugunsten der Vollversammlung getroffen.
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Zu diesem im Gesetz bereits aufgezählten Satzungsrecht der IHKs können auch noch weitere Statuten gehören, welche die IHKs im Rahmen ihres eigenen und ihres übertragenen Wirkungskreises erlassen. Zu § 1 sind bereits zahlreiche Beispiele genannt, etwa die Sachverständigenordnungen, die Statuten für die Ausstellung von Ursprungszeugnissen und Bescheinigungen und die Prüfungsordnungen in der Berufsausbildung und der Fortbildung, aber auch Schlichtungsordnungen für Streitigkeiten bei Ausbildungsverhältnissen, für kaufmännische Streitigkeiten oder für Verbraucherschlichtungsstellen. Soweit nichtkammerzugehörige Dritte von solchen Satzungen erfasst werden sollen, muss sich die Zuständigkeit der IHK zur Regelung aus der Zuweisung dieser Aufgabe ergeben.
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Rechtliche Anforderungen an das Satzungsrecht
5. Rechtliche Anforderungen an das Satzungsrecht Das gesamte Satzungsrecht der IHKs steht nicht nur unter dem Vorbehalt, dass ihm Verfassung, Gesetze und Verordnungen als übergeordnete Rechtsquellen vorgehen und allenfalls deklaratorisch wiederholt werden können. Vielmehr muss das Satzungsrecht der IHK auch im Übrigen den rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechen. Bei Überschreitung des gesetzlichen Rahmens ist die betreffende Satzungsbestimmung nichtig (VerfG Potsdam DVBl 2000, 1440; OVG Münster GewArch 1992, 416; VGH Mannheim ZUR 2004, 358).
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a) Erlass von Satzungsrecht Beim Erlass von Satzungsrecht sind die für jeden Rechtsetzungsakt geltenden allgemeinen rechtstaatlichen Grundsätze zu beachten, aber auch manche gesetzestechnischen Zweckmäßigkeitsfragen zu berücksichtigen (vgl. Müller, Handbuch der Gesetzgebungstechnik, 2. Aufl. 1968; Schneider, Gesetzgebung, 3. Aufl. 2002; Ossenbühl, Eine Fehlerlehre für untergesetzliche Normen, NJW 1986, 2805; Maurer, Rechtsfragen kommunaler Satzungsgebung, DÖV 1993, 184).
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Zu den rechtstaatlichen Voraussetzungen gehört zunächst die rechtsatzmäßige Formulierung, wobei nach der Überschrift vor allem auch die Vollversammlung als das verabschiedende Organ angegeben sowie Tag und Ort der Verabschiedung aufgeführt sein müssen. Eine Angabe der Ermächtigungsgrundlage ist erforderlich (Schneider, Gesetzgebung, 3. Aufl. 2002, § 14 Rz. 478). Die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses und die eindeutige Feststellung des beschlossenen Wortlauts müssen sich aus der Ergebnisniederschrift der Vollversammlung ergeben, die wiederum von Präsident und Hauptgeschäftsführer mit Ort und Datum unterzeichnet werden (OVG Lüneburg DÖV 1962, 95). Der Wortlaut der schriftlichen Vorlage muss also der Ergebnisniederschrift als Anlage beigefügt werden. Die Änderungsanträge werden im Protokoll aufgeführt ebenso wie das Abstimmungsergebnis (VGH Kassel NJW 1994, 812; OVG Münster GewArch 1997, 239).
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Daneben bedarf es einer gesonderten Ausfertigung der beschlossenen Satzung, mit Ort und Datum von Präsident und Hauptgeschäftsführer unterzeichnet (BVerwGE 65, 283; 88, 204; Ziegler,
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Die Ausfertigung von Rechtsvorschriften, DVBl. 1997, 280; Starke, NVwZ 1995, 1186). Dies gilt auch für die vom Berufsbildungsausschuss nach § 58 Abs. 2 BBiG beschlossenen Prüfungsordnungen, die Satzungsrecht der IHK sind (VGH Mannheim NVwZ 1985, 206). Die gesonderte Ausfertigung ist insbesondere notwendig, weil in Genehmigungsfällen erst mit der späteren staatsaufsichtlichen Genehmigung der endgültige Wortlaut der zu verkündenden Satzung feststeht und auch bei der Verkündung die Genehmigung mitzuteilen ist (VGH München BayVBl. 1991, 23; NVwZ 1994, 88). Die Ausfertigung kann also nur bei nichtgenehmigungspflichtigen Satzungen sofort mit der Ergebnisniederschrift über die Vollversammlung, welche die Satzung beschlossen hat, verbunden werden. In Genehmigungsfällen liegt der Zeitpunkt der Ausfertigung auf jeden Fall nach der staatsaufsichtlichen Genehmigung. 37
Ausfertigung und erneute Verkündung können im Übrigen nachgeholt werden, wenn sich Mängel ergeben haben (VGH München, BayVBl. 1995, 242). Verwaltungsakte, die auf die mangels Ausfertigung und/oder Verkündung nichtige Satzung gestützt worden sind, bleiben wirksam, wenn der Mangel bis zur letzten mündlichen Verhandlung geheilt worden ist (BVerwGE 64, 218). b) Verkündung von Satzungsrecht
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Daran schließt sich die Verkündung der beschlossenen Satzung der IHK an. Ohne ordnungsmäßige Verkündung wird ein Rechtssatz nicht wirksam (Dohrn, Die Verkündung als Rechtswirksamkeitsvoraussetzung des Satzungsrechts am Beispiel der Handwerksinnung, GewArch 1972, 285). aa) Verkündungsorgan
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Aus diesem Grunde gehört auch in jede Satzung der IHK eine Bestimmung, welche das Verkündungsorgan festlegt und darüber hinaus – soweit die beschlossene Satzung den Zeitpunkt ihres Inkrafttretens nicht selbst bestimmt – einen bestimmten Zeitpunkt nach der Verkündung für das Inkrafttreten festlegt. Dieser Zwang zur satzungsrechtlichen Festlegung der Verkündungsform gilt für das Gemeinderecht wie das Kammerrecht. Das Bundesverwaltungsgericht (GewArch 1987, 375) hat entschieden, dass es nur 330
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noch für eine Übergangszeit Satzungen aufgrund einer nicht satzungsrechtlich festgelegten Verkündungsform toleriert. Der hessische Staatsgerichtshof (NVwZ 1989, 1153) hat darüber hinaus verfügt, dass im Interesse der Rechtssicherheit die Verkündung von Rechtsnormen in der Regel (Ausnahme: Karten; Bebauungspläne) in einem jedermann zugänglichen Druckwerk erfolgt. Auslage und Aushang in der Geschäftsstelle, verbunden mit einer Hinweisbekanntmachung, haben damit ihre frühere Bedeutung verloren. Aus diesem Grunde sehen heute fast alle IHK-Satzungen vor, dass die Verkündung von Satzungsrecht im Mitteilungsblatt der IHK zu erfolgen hat; sonst wird die verabschiedete Rechtsnorm nicht wirksam (VGH Kassel DB 1969, 2176; OVG Münster NJW 1962, 694). Eine solche Verkündung von statutarischem Recht im Mitteilungsblatt der IHK genügt aber auch, wie die Gerichte in zahlreichen vergleichbaren Fällen festgestellt haben (OVG Hamburg GewArch 1989, 381; VGH München DVBl. 1960, 438). Eine Verkündungsvorschrift für das Satzungsrecht im Mitteilungsblatt der IHK geht auch einem Landesverkündungsgesetz vor, wie es das OVG Koblenz in seinem Urteil vom 11. 10. 1988 (GewArch 1989, 20) im Verhältnis zum Landesverkündungsgesetz von RheinlandPfalz vom 3. 12. 1973 (GVBl. 375) entschieden hat. Im Rahmen der vom IHKG verliehenen Satzungsgewalt bestimmt die IHK auch selbst satzungsrechtlich über die Verkündung ihrer Rechtsvorschriften (OVG Koblenz GewArch 1989, 20).
40
bb) Anforderungen an die IHK-Zeitschrift Die satzungsrechtliche Bestimmung des Mitteilungsblatts zum 41 Verkündungsorgan hindert die IHK nicht daran, das Mitteilungsblatt zu einer IHK-Zeitschrift auszugestalten und darin für die Kammerzugehörigen wirtschaftliche Hinweise in Form von Aufsätzen und Kommentaren zu bringen. Eine solche Doppelfunktion des Verkündungsorgans ist beispielsweise vom Bundesverfassungsgericht sogar für die Wahlbekanntmachungen einer Gemeinde in einem Amtsblatt anerkannt worden (BVerfGE 79, 161, 166), vom OVG Münster für ein privates Anzeigenblatt mit einem gesonderten amtlichen Verkündungsteil (OVG Münster DÖV 1988, 647). Bei einer solchen Ausgestaltung des früheren Mitteilungsblattes zu einer modernen IHK-Zeitschrift ist es jedoch wichtig, Rickert
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zwischen einem amtlichen und einem nichtamtlichen Teil zu unterscheiden. Die Verkündungen müssen jedenfalls im amtlichen Teil des Blattes erfolgen, so dass selbst eine wörtliche Wiedergabe im redaktionellen Teil nicht genügt (VGH München DVBl. 1960, 438). Das Mitteilungsblatt muss schließlich ein Ausgabedatum tragen, weil dies z.B. für die Fristenberechnung im IHK-Vollversammlungswahlrecht oder das Inkrafttreten von Satzungsrecht notwendig ist. 42
Die Tatsache, dass das Mitteilungsblatt oder die IHK-Zeitschrift in der Satzung der IHK zum Verkündungsorgan bestimmt worden ist, hat nicht zur Folge, dass die IHK es allen Mitgliedern unentgeltlich zustellen müsste. Sie muss das Blatt allerdings allen Kammerzugehörigen zugänglich machen, darf also niemanden von der Bezugsmöglichkeit ausschließen. Wie sie den Preis des Blattes berechnet, ist in ihr pflichtgemäßes Ermessen gestellt. cc) Elektronische Veröffentlichung
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Mit der Einfügung von § 4 Satz 2 Nr. 7 ist nun auch eine elektronische Veröffentlichung möglich. Die Vollversammlung kann auch eine Veröffentlichung in einem anderen Medium als einem Printmedium beschließen. Damit ist ausdrücklich auch die Veröffentlichung im Internet zulässig. Für die Veröffentlichung von Satzungsrecht schränkt § 4 Satz 4 allerdings die Möglichkeit der elektronischen Veröffentlichung ein, insoweit ist ausschließlich der elektronische Bundesanzeiger zulässig. Für andere Veröffentlichungen, wie z.B. Bekanntmachungen im Rahmen der Wahlen zur Vollversammlung oder die Bekanntmachung der öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, gibt es diese Einschränkung nicht. Daher kann im Satzungsrecht der IHK insoweit eine Bekanntmachung im Internet, z.B. auf der Homepage der IHK, vorgesehen werden. Sieht die Satzung ausschließlich eine elektronische Bekanntmachung vor, kann zusätzlich auch in der IHK-Zeitschrift veröffentlicht werden (wie es umgekehrt ebenfalls möglich ist), rechtlich erheblich ist jedoch nur die elektronische Veröffentlichung. Eine Regelung in der Satzung, die eine parallele Bekanntmachung in Printform und in elektronischer Form vorsieht, ist dagegen nicht sinnvoll.
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dd) Inhalt der Veröffentlichung Soweit für Satzungsrecht die aufsichtsbehördliche Genehmigung vorgeschrieben ist (§ 11 Abs. 2 des Gesetzes, aber auch § 47 Abs. 1 BBiG), muss bei der Verkündung auch diese Genehmigung erkennbar sein (vgl. § 66 Abs. 1 Nr. 3 des Landesverwaltungsgesetzes für Schleswig-Holstein). Ein vollständiger Abdruck des Genehmigungsvermerks ist also bei der Verkündung nicht erforderlich. Vielmehr genügt es, wenn bei der Verkündung des Satzungsrechts anschließend an Wortlaut und Unterschriften auf die Genehmigung verwiesen wird, weil sie notwendige Voraussetzung für die Rechtsgültigkeit ist. Das OVG Münster hält es deshalb nicht für notwendig, dass das Aktenzeichen und die Unterschriften der Genehmigungsverfügung mitveröffentlicht werden (DVBl. 1968, 394). Der VGH München (BayVerwBl. 1969, 289) und das OVG Lüneburg (DVBl. 1969, 849) halten sogar die Mitveröffentlichung oder einen Hinweis auf die Genehmigungsverfügung für ganz entbehrlich, weil es sich dabei um keinen Rechtsetzungsakt und deshalb auch um keinen notwendigen Bestandteil des Rechtsetzungsverfahrens handelt.
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Formfehler bei der Verkündung können durch eine neue Bekanntmachung geheilt werden (OVG Münster DVBl. 1970, 430; VGH Kassel DB 1969, 2176). Wenn die verkündete Satzung aus rechtlichen Gründen – z.B. Überschreitung des Aufgabenkreises oder unklare Formulierung – nichtig sein sollte, bleibt der rückwirkende Erlass einer neuen fehlerfreien Satzung zulässig (VGH München BayVBl. 1985, 656; NVwZ 1995, 1242). Verwaltungsakte, die sich zwischenzeitlich auf die rechtlich fehlerhafte oder nicht wirksam verkündete Satzung gestützt hatten, bleiben bestandskräftig (OVG Münster DVBl. 1965, 950). Soweit solche Verwaltungsakte noch nicht bestandskräftig sind, kann der Mangel bis zur letzten mündlichen Verhandlung rückwirkend durch Erlass und Verkündung einer neuen Satzung geheilt werden (BVerwGE 64, 218); anderenfalls bedarf es einer Berichtigung des Verwaltungsakts (OVG Münster DÖV 1986, 887).
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6. Entlastung § 4 Satz 2 Nr. 5 erwähnt unter den Vorbehaltsaufgaben der Vollversammlung ausdrücklich noch die Entlastung. Mit der EntlasRickert
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Zuständigkeit der Vollversammlung
tung wird festgestellt, ob die Aufstellung und Vollziehung des Wirtschaftsplans den zugrunde liegenden Beschlüssen der Vollversammlung und ob die Wirtschaftsführung insgesamt den Regelungen des Finanzstatuts, den Grundsätzen des öffentlichen Haushaltsrechts und den übrigen für die IHK geltenden Rechtsvorschriften entsprochen hat. Die Entlastung erfasst die gesamte Rechnungslegung und Wirtschaftsführung der IHK, wozu der gesamte finanzielle Bereich einschließlich des Beitragswesens gehört. Die Entlastung eignet sich deshalb jedoch nicht dazu, die sonstige Amtsführung von Organen der IHK zu behandeln (Erichsen, Kommunalrecht des Landes Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl. 1997, 228/229). 46
Der Entlastung geht eine doppelte Prüfung des Jahresabschlusses voraus. Zunächst erfolgt die Prüfung des Jahresabschlusses durch die Rechnungsprüfungsstelle der Industrie- und Handelskammern (Bielefeld), die dazu gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 7 von den Ländern bestimmt worden ist und deren Prüfungsbericht der IHK wie der Rechtsaufsichtsbehörde zugeht (vgl. § 12 Rz. 26). Eine (zusätzliche) externe Rechnungsprüfung der Haushalts- und Wirtschaftsprüfung der IHK durch die Landesrechnungshöfe ist bundesgesetzlich bereits durch § 11 Abs. 3 ausgeschlossen (VGH München vom 5. 11. 2007 – 22 BV 06.1281). Zahlreiche IHKs haben zusätzlich in ihren Satzungen die hauptamtliche Prüfung durch die Rechnungsprüfungsstelle in Bielefeld vorgeschrieben. Dazu kommt überall nach den Satzungen der IHK eine ehrenamtliche Rechnungsprüfung, wofür die Vollversammlung mehrere Rechnungsprüfer aus ihrer Mitte zu wählen pflegt. Ihnen liegt auch der Prüfungsbericht der Rechnungsprüfungsstelle vor, so dass sie das Schwergewicht ihrer Prüfung mehr auf Zweckmäßigkeitsfragen richten können. Diese ehrenamtliche Prüfung lässt sich am besten mit der Eigenprüfung nach § 109 Abs. 2 LHO vergleichen, ohne dass diese Vorschrift unmittelbar Anwendung finden kann.
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Die Entlastung durch die Vollversammlung wird nach dem Bericht der ehrenamtlichen Rechnungsprüfer beantragt und hat bei ihrer Erteilung die rechtliche Bedeutung einer Quittung. Sie ist in der Regel nur ein Beweismittel für ordnungsgemäße Wirtschaftsführung, schließt aber den nachträglichen Nachweis von Unregelmäßigkeiten und entsprechende Rückgriffe nicht aus (BGH NJW 1989, 1151). Abschließend wirkt die Entlastung nur für Maßnah334
Rickert
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Wahl zur Vollversammlung
men, die bei ihrer Erteilung bekannt sind. Insbesondere kann die Entlastung bei außer- und überplanmäßigen Ausgaben, die ordnungsgemäß in der Rechnungslegung ausgewiesen sind, wie eine Nachbewilligung wirken. Über die Entlastung von Präsidium und Hauptgeschäftsführer wird in der Regel gemeinsam abgestimmt, kann jedoch auf entsprechendes Verlangen aus der Vollversammlung auch getrennt abgestimmt werden. Wird die Entlastung verweigert, können damit Regressansprüche wegen unrichtiger Wirtschaftsführung verbunden sein, bedürfen dann aber auch einer eigenen rechtlichen Begründung. Umgekehrt kann auch auf die Erteilung der Entlastung geklagt werden. Außerdem können sich aus der Verweigerung der Entlastung gegenüber Angestellten der IHK Rechte zur Kündigung aus wichtigem Grund ergeben, gegenüber Beamten die Einleitung eines Disziplinarverfahrens (Wallerath, Die öffentlichrechtliche Innenhaftung von Organwaltern, DVBl. 1971, 197; Hüttenbrink, Die öffentlich-rechtliche Haftung der ehrenamtlichen Organwalter gegenüber ihren Selbstverwaltungskörperschaften, DVBl. 1981, 989).
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§ 109 Abs. 3 LHO findet auf die IHKs keine Anwendung, da das IHKG in § 4 Satz 2 Nr. 5 und in § 11 Abs. 2 und 3 abweichende Regelungen i.S.v. § 105 Abs. 1 LHO trifft.
49
5
(1) Die Mitglieder der Vollversammlung werden von den Kammerzugehörigen gewählt.
(2) Wählbar sind natürliche Personen, die das Kammerwahlrecht auszuüben berechtigt sind, am Wahltag volljährig sind und entweder selbst Kammerzugehörige sind oder allein oder zusammen mit anderen zur gesetzlichen Vertretung einer kammerzugehörigen juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personenmehrheit befugt sind. Wählbar sind auch besonders bestellte Bevollmächtigte und in das Handelsregister eingetragene Prokuristen von Kammerzugehörigen. (3) Das Nähere über die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts, über die Durchführung der Wahl sowie über Dauer und vorzeitige Beendigung der Mitgliedschaft zur Vollversammlung Rickert
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men, die bei ihrer Erteilung bekannt sind. Insbesondere kann die Entlastung bei außer- und überplanmäßigen Ausgaben, die ordnungsgemäß in der Rechnungslegung ausgewiesen sind, wie eine Nachbewilligung wirken. Über die Entlastung von Präsidium und Hauptgeschäftsführer wird in der Regel gemeinsam abgestimmt, kann jedoch auf entsprechendes Verlangen aus der Vollversammlung auch getrennt abgestimmt werden. Wird die Entlastung verweigert, können damit Regressansprüche wegen unrichtiger Wirtschaftsführung verbunden sein, bedürfen dann aber auch einer eigenen rechtlichen Begründung. Umgekehrt kann auch auf die Erteilung der Entlastung geklagt werden. Außerdem können sich aus der Verweigerung der Entlastung gegenüber Angestellten der IHK Rechte zur Kündigung aus wichtigem Grund ergeben, gegenüber Beamten die Einleitung eines Disziplinarverfahrens (Wallerath, Die öffentlichrechtliche Innenhaftung von Organwaltern, DVBl. 1971, 197; Hüttenbrink, Die öffentlich-rechtliche Haftung der ehrenamtlichen Organwalter gegenüber ihren Selbstverwaltungskörperschaften, DVBl. 1981, 989).
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§ 109 Abs. 3 LHO findet auf die IHKs keine Anwendung, da das IHKG in § 4 Satz 2 Nr. 5 und in § 11 Abs. 2 und 3 abweichende Regelungen i.S.v. § 105 Abs. 1 LHO trifft.
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(1) Die Mitglieder der Vollversammlung werden von den Kammerzugehörigen gewählt.
(2) Wählbar sind natürliche Personen, die das Kammerwahlrecht auszuüben berechtigt sind, am Wahltag volljährig sind und entweder selbst Kammerzugehörige sind oder allein oder zusammen mit anderen zur gesetzlichen Vertretung einer kammerzugehörigen juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personenmehrheit befugt sind. Wählbar sind auch besonders bestellte Bevollmächtigte und in das Handelsregister eingetragene Prokuristen von Kammerzugehörigen. (3) Das Nähere über die Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts, über die Durchführung der Wahl sowie über Dauer und vorzeitige Beendigung der Mitgliedschaft zur Vollversammlung Rickert
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regelt die Wahlordnung. Sie muss Bestimmungen über die Aufteilung der Kammerzugehörigen in besondere Wahlgruppen sowie die Zahl der diesen zugeordneten Sitze in der Vollversammlung enthalten und dabei die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks sowie die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen berücksichtigen. Rz. 1. Bedeutung des Kammerwahlrechts . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Wahlrecht und Wählbarkeit. a) Wahlrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Ausübung des Wahlrechts bei Personenmehrheiten und juristischen Personen . . . bb) Ausübung des Wahlrechts durch Prokuristen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Ausübung des Wahlrechts durch einen Wahlbevollmächtigten . dd) Vorübergehendes Ruhen des Wahlrechts. . . . . . . . . b) Wählbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . aa) Altersvoraussetzungen . bb) Wählbarkeit von Prokuristen und besonders bestellten Bevollmächtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Verbot der Doppelvertretung . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beendigung der Mitgliedschaft in der Vollversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wahlordnung . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzlicher Rahmen für die Wahlordnung . . . . . . . . . . b) Wahlsystem . . . . . . . . . . . . . . . aa) Größe der Vollversammlung . . . . . . . . . . . . . bb) Amtszeit der Vollversammlung . . . . . . . . . . . . .
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Rz.
1 4 4
c)
6 7
d)
8 10 13 17
18 20
22 26 26 29 30 31
e) f)
g)
cc) Persönlichkeitswahl . . . . dd) Mittelbare Wahl . . . . . . . . Wahlgruppen. . . . . . . . . . . . . . . aa) Grundsätze für die Bildung von Wahlgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Einräumung von Mindestsitzen in den Wahlgruppen . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Gestaltungsspielraum bei der Sitzverteilung . . . Durchführung der Wahl . . . . . aa) Vorbereitung der Wahl . . bb) Wahlvorschläge. . . . . . . . . cc) Durchführung der Wahl . dd) Friedenswahl . . . . . . . . . . . Wahlergebnis . . . . . . . . . . . . . . Wahlprüfung . . . . . . . . . . . . . . . aa) Rechtsbehelfe im Laufe des Wahlverfahrens . . . . . bb) Interne Wahlprüfung . . . . Aufsichtsbehördliche Genehmigung der Wahlordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
35 37 44 44 51 54 57 58 63 71 73 75 78 79 80
84
4. Wahlanfechtung . . . . . . . . . . . . 86 a) Anfechtung des Wahlergebnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 b) Folgen der Ungültigerklärung einer Wahl . . . . . . . . . . . . 89 5. Ehrenamtliche Tätigkeit . . . . a) Mitgliedschaft in der Vollversammlung . . . . . . . . . . . . . . b) Schweigepflicht . . . . . . . . . . . . c) Interessenkollision . . . . . . . . .
92 92 94 95
§5
Bedeutung des Kammerwahlrechts
Literaturauswahl: Chr. Groß, Wahl zur Vollversammlung der IHK; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung; Kluth, Jahrbuch des Kammerrechts 2006, 139; Röger, Jahrbuch des Kammerrechts 2004, 179.
1. Bedeutung des Kammerwahlrechts § 5 regelt die Wahl der Vollversammlung. Abs. 1 betrifft das aktive Wahlrecht, Abs. 2 das passive Wahlrecht (Wählbarkeit). Abs. 3 verweist im Übrigen auf die von der Vollversammlung zu erlassende Wahlordnung und gibt dafür Rahmenvorschriften.
1
Die Wahl der Vollversammlung durch die Kammerzugehörigen ist das entscheidende Kriterium für eine Selbstverwaltungskörperschaft, weil sie damit der IHK und ihren Organen die Legitimation gibt, als Vertreter aller Mitgliedsunternehmen für die IHK zu entscheiden (siehe § 4 Rz. 1). Die Vollversammlung als oberstes Organ der IHK bestimmt nicht nur durch das Satzungsrecht und die Wahl von Präsident, Präsidium und Hauptgeschäftsführer die konkrete organisatorische Struktur der IHK, sondern gibt mit ihren Beratungen und Beschlüssen auch die Richtlinien für die Kammerarbeit vor. Sie realisiert die Autonomie der IHK, wie sie sich in Personalhoheit, Finanzhoheit und Satzungsgewalt zeigt.
2
Das Kammerwahlrecht unterscheidet sich dabei von den politischen Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden, wie sie Art. 38 Abs. 1 GG umreißt. Die Einzelheiten des Wahlverfahrens werden vielmehr der Wahlordnung überlassen, damit die IHK die wirtschaftlichen Verhältnisse ihres Bezirks ebenso wie unterschiedliche regionale Traditionen berücksichtigen kann; die Vollversammlung soll ein Spiegelbild der Bezirkswirtschaft sein. Deshalb findet eine gebündelte Gruppenwahl in den einzelnen Wirtschaftszweigen statt. Das Stimmgewicht, d.h. der Erfolgswert der einzelnen Wahlstimme, ist infolgedessen in den verschiedenen Wahlgruppen auch unterschiedlich und nur innerhalb der eigenen Wahlgruppe gleich. Auch eine mittelbare Wahl der Vollversammlung durch Wahlmänner ist zulässig, weil eine unmittelbare Wahl nicht vorgeschrieben ist. Wie bei anderen Selbstverwaltungskörperschaften ist das Wahlrecht der IHK der Kammeraufgabe angepasst (Tettinger, Kammerrecht 1997, 96 f.; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 459; Emde, Die demokratische Legitimation der funktionalen Selbstverwaltung, 1991; Oebbecke, Demokrati-
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Wahl zur Vollversammlung
sche Legitimation der funktionalen Selbstverwaltungen, VerwArch 1990, 349 f.).
2. Wahlrecht und Wählbarkeit a) Wahlrecht 4
Nur die Kammerzugehörigen sind berechtigt, die Mitglieder der VV zu wählen. Wenn auch das Gesetz das Wahlrecht der freiwilligen Kammerzugehörigen (§ 2 Abs. 5) nicht ausdrücklich erwähnt, so ergibt sich dies doch aus dem Begriff der Kammerzugehörigkeit; nach dem freiwilligen Beitritt stehen sie in jeder Hinsicht den anderen Kammerzugehörigen gleich.
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Andererseits ergibt sich aus § 5 Abs. 1, dass alle Kammerzugehörigen wahlberechtigt sind. Das Kammerwahlrecht geht deshalb nicht von der einzelnen natürlichen Person aus, sondern von dem kammerzugehörigen Unternehmen nach § 2. Es gilt das Prinzip der allgemeinen Wahl. Eine Wahlordnung, die einen Teil der Wähler vom Wahlrecht ausschließt, wäre also insoweit unwirksam. Die Wahlordnung kann allerdings die Ausübung des Wahlrechts im Einzelnen regeln (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 77). Hierzu gehören z.B. Bestimmungen über das Ruhen des Wahlrechts, nicht aber über die dauernde Entziehung desselben. aa) Ausübung des Wahlrechts bei Personenmehrheiten und juristischen Personen
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Bei Einzelunternehmen ist der Inhaber selbst wahlberechtigt und wählbar, bei Personenmehrheiten (OHG, KG, bürgerlich-rechtliche Gesellschaft, Erbengemeinschaft) und bei juristischen Personen ist jeder wahlberechtigt, der für sich allein oder gemeinschaftlich mit anderen zur gesetzlichen Vertretung des Unternehmens befugt ist. Das Wahlrecht kann naturgemäß für jedes Unternehmen nur einheitlich und auch nur einmal ausgeübt werden. Es ist Sache der Wahlordnung, dies sicherzustellen. Der Wahlvorstand kann bei einem mehrköpfigen Vertretungsgremium eine Vollmacht des Unternehmens für die Ausübung der Wahl verlangen.
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Wahlrecht und Wählbarkeit
bb) Ausübung des Wahlrechts durch Prokuristen Die Wahlordnungen der IHKs sehen darüber hinaus vor, dass das Wahlrecht eines Unternehmens auch durch einen im Handelsregister eingetragenen Prokuristen ausgeübt werden kann. Der Grund für diese Regelung liegt darin, dass Prokuristen nach § 5 Abs. 2 Satz 2 auch wählbar sind. Es wäre deshalb inkonsequent, den Prokuristen die Ausübung des aktiven Wahlrechts nicht zu geben, wenn sie gleichzeitig wählbar sind.
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cc) Ausübung des Wahlrechts durch einen Wahlbevollmächtigten Schließlich muss die Wahlordnung auch noch Vorsorge treffen, 8 wenn an der IHK-Wahl auswärtige Unternehmen teilnehmen, die im Kammerbezirk nur Zweigniederlassungen und Betriebsstätten haben. Selbstverständlich können diese auswärtigen Unternehmen an der IHK-Wahl durch ihre gesetzlichen Vertreter oder im Handelsregister eingetragene Prokuristen das Wahlrecht ausüben; bei der Briefwahl macht es keine Schwierigkeiten, das Wahlrecht auch vom auswärtigen Hauptsitz des Unternehmens aus wahrzunehmen. Um in solchen Fällen aber die Ausübung des Wahlrechts zu erleichtern, schreiben die Wahlordnungen der IHKs darüber hinaus vor, dass für Zweigniederlassungen und Betriebsstätten, deren Hauptsitz nicht im Kammerbezirk liegt und die nicht von einem gesetzlichen Vertreter oder einem im Handelsregister eingetragenen Prokuristen geleitet werden, das Wahlrecht auch durch einen Wahlbevollmächtigten ausgeübt werden kann. Er hat diese Berechtigung dem Wahlvorstand durch eine zu diesem Zweck ausgestellte Vollmacht des Unternehmens nachzuweisen. Bei auswärtigen Unternehmen ist es deshalb bei der schriftlichen Wahl zweckmäßig, zuerst das Unternehmen am Hauptsitz anzuschreiben, zugleich aber auch auf die Möglichkeit einer Wahlausübung durch einen örtlichen Wahlbevollmächtigten im Kammerbezirk hinzuweisen. Wenn sich dieses Verfahren eingespielt hat, kann künftig jeweils die im Kammerbezirk gelegene und die Kammerzugehörigkeit begründende Zweigniederlassung angeschrieben werden.
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dd) Vorübergehendes Ruhen des Wahlrechts 10
Die Wahlordnung hat aber auch zu regeln, unter welchen Voraussetzungen das Wahlrecht ruht und vorübergehend nicht ausgeübt werden kann. Die Wahlordnungen der IHKs sehen dabei vor, dass das Wahlrecht ruht, solange einem wahlberechtigten Kammerzugehörigen die Amtsfähigkeit, die Wählbarkeit, das Stimmrecht oder Grundrechte rechtskräftig aberkannt worden sind. Teilweise werden auch noch zwei Gruppen von Ruhensgründen, nämlich Insolvenzgründe und gewichtige Strafverfahren, aufgeführt, die jedoch nicht mehr unumstritten sind (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 137).
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Das Wahlrecht ist in der funktionalen Selbstverwaltung eines der wichtigsten Partizipationsrechte der Mitglieder und gehört daher zum Kernbestand der Mitgliedsrechte. Weder die Kammerzugehörigkeit noch die Beitragspflicht des Mitglieds werden durch Insolvenz des Unternehmens oder Strafbarkeit bzw. Haft des Unternehmers berührt (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 137). Daher ist im Gegenzug eine Aussetzung des Wahlrechts nur im Fall des Verlustes des Rechts, in öffentlichen Angelegenheiten zu wählen oder zu stimmen, angemessen. Dabei ist auch der zwischenzeitlich eingetretene Rechts- und Wertewandel zu berücksichtigen. Entgegen früherer Auffassung widerspricht die Teilnahme von aktiven wahlberechtigten Kammerzugehörigen auch bei Insolvenz oder Strafbarkeit bzw. Haft nicht dem Auftrag der IHK nach § 1 Abs. 1, für Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken. War nach der Konkursordnung die geordnete Abwicklung des insolventen Unternehmens zur Befriedigung der Gläubiger einziges gesetzliches Ziel, steht nach § 1 der Insolvenzordnung neben der Verwertung der Erhalt des Unternehmens als gleichberechtigtes Ziel des Verfahrens im Gesetz. Gleichzeitig spricht der Gesetzgeber nach der Befriedigung der Gläubiger auch die Entschuldung des redlichen Schuldners als Verfahrensziel an (§ 1 Satz 2 InsO). Die gesetzliche Neuregelung zeigt also, dass die Insolvenz nicht das Ende der wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners darstellen muss und eine Stigmatisierung nicht gewollt ist. Konsequenterweise ist durch Art. 76 Nr. 3 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung vom 5. 10. 1994 (BGBl. I, 2911) deshalb auch § 96 Abs. 2 Nr. 2 HWO, wonach solche Personen nicht wahlberechtigt waren, „die infolge gerichtlicher Anordnung in der Verfügung über ihr Vermögen beschränkt sind“, nicht etwa an die neue In340
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solvenzordnung angepasst (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 138), sondern mit folgender amtlicher Begründung ersatzlos gestrichen worden: „Allgemein verfolgt das neue Insolvenzrecht rein vermögensrechtliche Ziele; eine Beeinträchtigung der Ehre des Schuldners soll mit dem Verfahren nicht verbunden sein (…). Insgesamt erscheint es daher nicht angebracht, einem Mitglied der Handwerkskammer die Berechtigung zur Wahl mit der Begründung abzusprechen, dass er in der Verfügung über sein Vermögen beschränkt ist (§ 96 Abs. 2 Nr. 2 HWO). (…) Solange er Mitglied der HWK ist, kann ihm sein aktives Wahlrecht nur aus besonders schwerwiegenden Gründen genommen werden.“ Auch sollte das Ruhen so kurz wie nur irgend möglich gehalten werden, nämlich nur für die Zeit der wirklichen Verhinderung. Die Wahlordnung könnte beispielsweise bei Verlust von Amtsfähigkeit, Wählbarkeit, Stimmrecht oder gar Grundrechten die Tilgung im Strafregister als den maßgeblichen Zeitpunkt für das Wiederaufleben der Wahlberechtigung festlegen, jedoch erscheint eine Beschränkung auf den Zeitraum des Verlusts sachgerechter. In allen Fällen handelt es sich jedoch nur um ein vorübergehendes Ruhen des Wahlrechts, nicht aber seine Entziehung auf Dauer; eine solche Entziehung wäre unzulässig. Das Wahlrecht verbleibt immer beim Kammerzugehörigen. Zu unterscheiden ist jedoch zwischen dem Wahlrecht und seiner Ausübung. Liegt der Hinderungsgrund nur bei einem zur Ausübung des Wahlrechts Berechtigten vor, bleibt das Wahlrecht bestehen und ein anderer Berechtigter kann es ausüben. Ist der Kammerzugehörige selbst von einem Ruhensgrund betroffen, kann das Wahlrecht nicht ausgeübt werden. Auch im eröffneten Insolvenzverfahren verbleibt nicht nur das Wahlrecht, sondern auch die Ausübung beim Unternehmer bzw. dem gesetzlichen Vertreter und geht nicht auf den Insolvenzverwalter über, da weiterhin kammerzugehörig und beitragspflichtig das Mitglied bleibt.
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b) Wählbarkeit In die Vollversammlung ist nur wählbar, wer das Wahlrecht auszuüben berechtigt ist. Der Wortlaut von § 5 Abs. 2 Satz 1 zeigt damit den engen Zusammenhang zwischen Wahlrecht und Wählbarkeit, der für die Wahlordnung insoweit enge Grenzen setzt. Sie kann lediglich die Ausübung des Wahlrechts regeln und in schwerRickert
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wiegenden Fällen das vorübergehende Ruhen vorsehen, es aber nicht auf die Dauer entziehen. Nur in diesem begrenzten Umfang, in dem die Ausübung des Wahlrechts nach der Wahlordnung ruht, ist auch die Wählbarkeit vorübergehend eingeschränkt. Dem entspricht es, dass das Gesetz auch – anders als frühere Landeskammergesetze – keinen Ausschluss aus der Vollversammlung kennt. 14
Daraus ergibt sich, dass Mitglied der Vollversammlung nur sein kann, wer für ein kammerzugehöriges Unternehmen vertretungsberechtigt ist. Aus dem Geschäftsleben ausgeschiedene frühere Kaufleute können nicht mehr in die Vollversammlung gewählt werden, selbst wenn sie noch in Aufsichtsräten oder Beiräten kammerzugehöriger Unternehmen tätig sind und weiterhin einen wesentlichen Einfluss auf das Unternehmen ausüben.
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Das IHKG beschränkt die Wählbarkeit auch nicht auf Inländer, so dass bei Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen auch ausländische Staatsangehörige in die Vollversammlung gewählt werden können. Das Gesetz geht damit über die Art. 13 und 18 des Europäischen Niederlassungsabkommens vom 13. 12. 1955 hinaus (BGBl. 1959 II, 998 i.V.m. der Bekanntmachung vom 30. 7. 1965, BGBl. II, 1099), aber auch über die Niederlassungsrichtlinien der EG, welche für Angehörige der EG-Mitgliedstaaten lediglich das aktive Wahlrecht sichern und für die Wählbarkeit noch einen gewissen Vorbehalt machen (vgl. Art. 4 der EG-Richtlinie vom 15. 10. 1965). Damit scheidet von vornherein eine Diskriminierung i.S.v. Art. 12 Abs. 1 EGV (Amsterdamer Fassung) aus.
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Schließlich macht das Gesetz die Wählbarkeit auch nicht davon abhängig, dass der Bewerber eine Betriebsstätte des kammerzugehörigen Unternehmens im Kammerbezirk leitet. Die Betriebsstätte eines auswärtigen Unternehmens begründet zwar die Kammerzugehörigkeit; kammerzugehörig ist jedoch das Unternehmen selbst, so dass seine gesetzlichen Vertreter in allen Kammerbezirken wahlberechtigt und wählbar sind, in denen das Unternehmen Betriebsstätten unterhält. Erst recht kommt es nicht darauf an, ob ein Bewerber seinen Wohnsitz im Kammerbezirk hat. Eine enge unternehmerische wie auch persönliche Bindung an den Kammerbezirk ist zwar erwünscht und auch die Regel, weil die Wahl eines Bewerbers eines auswärtigen kammerzugehörigen Unternehmens in die Vollversammlung erfahrungsgemäß nur Erfolg hat, wenn der Bewerber eine ausreichende Bekanntheit in seiner Wahlgruppe 342
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und seinem Kammerbezirk vorweisen kann. Rechtlich bestehen jedoch keine Hindernisse dafür, dass sich auch das Vorstandsmitglied eines auswärtigen Unternehmens um die Mitgliedschaft in der Vollversammlung bewirbt. aa) Altersvoraussetzungen Das passive Wahlrecht war in § 5 Abs. 2 zunächst an die Vollendung des 25. Lebensjahres gebunden und damit dem preußischen Kammerrecht gefolgt. Nach Art. 9 des Gesetzes zur Neuregelung des Volljährigkeitsalters vom 31. 7. 1974 (BGBl. I, 1713), ist jedoch die Wählbarkeit nur noch von der Volljährigkeit, also von der Vollendung des 18. Lebensjahres abhängig. Damit ist zugleich geklärt, dass eine Rechtsgrundlage für die Einführung eines Höchstalters für die Wählbarkeit nicht gegeben ist.
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bb) Wählbarkeit von Prokuristen und besonders bestellten Bevollmächtigten Prokuristen kammerzugehöriger Unternehmen waren bereits nach früherem Landesrecht wahlberechtigt und wählbar; Wahlrecht und Wählbarkeit waren gesetzlich für Zweigniederlassungen und Betriebsstätten vorgesehen, konnten aber nach Kammerbeschluss oder Satzung auch ganz allgemein zugelassen werden (§ 5 Abs. 3 Pr. IHK-Ges.). Das Bundesgesetz hat diesen Grundsatz übernommen, aber nicht die sich aus § 7 Abs. 1 Satz 2 Pr. IHKGes. ergebende Beschränkung auf ¼ der Mitglieder der Vollversammlung; eine solche Beschränkung könnte jedoch nach § 5 Abs. 3 Satz 2 in der Wahlordnung vorgesehen werden.
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Die Wählbarkeit besonders bestellter Bevollmächtigter ist erst in die Ausschussvorlage eingefügt worden; diese Vorschrift sollte der Tatsache Rechnung tragen, dass es im Wirtschaftsleben maßgebende Persönlichkeiten gibt, die weder Vorstandsmitglieder einer juristischen Person noch Prokuristen sind; sie soll also die Wählbarkeit von Personen ermöglichen, die in leitender Stellung, etwa aufgrund einer Generalvollmacht tätig sind. Zwar sind solche Fälle nicht sehr zahlreich, jedoch handelt es sich meist um führende Persönlichkeiten, deren Mitarbeit für die IHK von besonderem Wert sein kann. Wenn auch das Gesetz nähere Voraussetzungen für einen „besonders bestellten Bevollmächtigten“ nicht
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definiert, so ist doch aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes deutlich, dass es sich nicht um die früher im Pr. IHK-Ges. (§ 5 Abs. 2 Nr. 2) zur Abgabe der Wahlstimme zugelassenen Wahlbevollmächtigten, sondern um Bevollmächtigte besonderer Art handelt (vgl. Bericht des Ausschusses für Wirtschaftspolitik vom 19. 5. 1956 zu Drucksache 2380, Ausführungen zu § 5 Abs. 2); entscheidend ist, dass sie unternehmerisch tätig sind und dass ihnen kraft ihrer Vollmacht die Ausübung von Unternehmerfunktionen für den vollmachtgebenden Betrieb übertragen ist. In der Praxis sind dies die Leiter der Filialen von Banken, Versicherungen, Kaufhäusern, beispielsweise aber auch der Chefredakteur einer Zeitung oder Zeitschrift ohne kaufmännische Befugnisse. Es kommt nicht darauf an, ob der Bevollmächtigte die gleichen oder größere Befugnis hat wie ein Prokurist. Dagegen sind ehemalige Unternehmer, auch wenn sie noch im Aufsichtsrat, im Beirat oder in der Gesellschafterversammlung den Vorsitz führen, nicht mehr wählbar, selbst wenn diese gesellschaftsrechtlichen Organe erheblichen unternehmerischen Einfluss haben; entscheidend ist die Vertretungsmacht für das kammerzugehörige Unternehmen. Die Vertretungsmacht ist für den Aufsichtsrat nach § 105 Abs. 1 AktG bereits gesetzlich ausgeschlossen, weshalb ein Aufsichtsrat nicht wählbar ist (Kluth/Sethe, Gutachten zur Wählbarkeit, 18; zu weit insoweit Groß, Wahl zur Vollversammlung, 74). Soweit für den Beirat oder ein anderes Gremium die Regelungen über den Aufsichtsrat der AG anwendbar sind, ist die Wählbarkeit der Mitglieder ebenfalls gesetzlich ausgeschlossen. In allen anderen Fällen müsste über die Gremiumszugehörigkeit hinaus eine gesonderte Vertretungsmacht mit Unternehmerfunktion für die Gesellschaft vorliegen. cc) Verbot der Doppelvertretung 20
Unabhängig davon, wer für das kammerzugehörige Unternehmen das aktive Wahlrecht satzungsmäßig auszuüben ermächtigt wird, bleibt grundsätzlich jeder vertretungsberechtigte Gesellschafter und jedes Vorstandsmitglied wählbar. Deshalb hatte § 7 Abs. 2 des preußischen IHK-Gesetzes vom 24. 2. 1870 ausdrücklich vorgeschrieben, dass für jedes Unternehmen nicht mehr als ein Vertreter in die Vollversammlung gewählt werden kann. Da das IHKG die Einzelheiten des Wahlrechts nicht mehr selbst regelt, sondern ausdrücklich der ergänzenden Bestimmung durch die Wahlord344
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nung der IHK zuweist, hielten es zahlreiche IHKs in Übereinstimmung mit ihren Aufsichtsbehörden für zulässig, die frühere preußische Regelung sinngemäß in ihrer Wahlordnung zu übernehmen, die beispielsweise bei mittelbaren Wahlen rechtzeitig Klarheit schafft. Dieser Auffassung hat das OVG Lüneburg (BB 1971, 412) für den Fall widersprochen, dass wählbare Angehörige eines Unternehmens noch einem anderen Unternehmen einer anderen Wahlgruppe angehören und einer von ihnen als Angehöriger der einen, ein anderer für das andere Unternehmen in einer anderen Wahlgruppe in die Vollversammlung gewählt wird. Nach Ansicht des Gerichts dürfe die Wahlordnung eine solche Einschränkung der Wählbarkeit nicht vorsehen, weil § 5 Abs. 3 nur zu einer Regelung der Ausübung des Wahlrechts ermächtige, nicht aber das Wahlrecht selbst und sein Korrelat die Wählbarkeit, umfasse. Soweit diese Begründung sich – über den richtig entschiedenen Einzelfall hinaus – generell gegen Einschränkungen der Wählbarkeit richtet, ist sie zumindest durch die klarstellende Gesetzesänderung mit dem Zweiten Mittelstandsentlastungsgesetz vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246) nicht mehr haltbar. Die in § 5 Abs. 3 enthaltene Ermächtigung der IHK zur Gestaltung der Wahlordnung umfasst nun ausdrücklich das aktive und das passive Wahlrecht und lässt daher auch wirksame Regelungen zum Verbot der Doppelvertretung zu. Vielmehr lässt sich im Kontext sogar ein Auftrag des Gesetzes für eine entsprechende Beschränkung der Wählbarkeit bei der Gestaltung der Wahlordnung herleiten, zumindest, wenn es sich um eine „echte“ Doppelvertretung handelt. Wenn die Einteilung in Wahlgruppen die Spiegelbildlichkeit der Vollversammlung sichern soll, dann müssen die zur Verfügung stehenden Vollversammlungssitze auch möglichst breit verteilt werden, auch in den einzelnen Wahlgruppen; eine Doppelvertretung würde diese Möglichkeiten jedenfalls einschränken. Insofern handelt es sich bei dem Verbot der Doppelvertretung in der Vollversammlung auch um eine kammerpolitisch bedeutsame Frage. Das Verbot der Doppelvertretung erstreckt sich dabei bereits auf die Kandidatur. So ist die Kandidatur von zwei Vertretern desselben Unternehmens unzulässig, da im Erfolgsfall nicht beide Kandidaten die Wahl annehmen könnten. Daher muss schon für die Kandidatur im Unternehmen die Entscheidung getroffen werden, welche Person kandidieren darf. Umgekehrt kann dieselbe Person Rickert
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nicht gleichzeitig für verschiedene Unternehmen, eventuell in verschiedenen Wahlgruppen, kandidieren. Auch hier muss bereits für die Kandidatur die Entscheidung getroffen werden, für welches Unternehmen kandidiert wird. In beiden Fällen ist regelmäßig eine Erhöhung der Wahlchancen beabsichtigt, jedoch nicht zulässig. 21
In Konzernen spielt das Problem der Doppelvertretung keine Rolle. Da Organgesellschaften (Organtöchter) kammerrechtlich nicht als Betriebsstätten gelten, sondern selbständig kammerzugehörig sind, steht den Vorstandsmitgliedern und Prokuristen solcher Gesellschaften das aktive und passive Wahlrecht zu, unabhängig davon, ob die Organträgerin (Organmutter) im gleichen oder in einem anderen Kammerbezirk ansässig ist. In einem Kammerbezirk, in dem neben der Hauptniederlassung einer Organgesellschaft auch Betriebsstätten der Organträgerin bestehen, ist es also möglich, dass beide Unternehmen ein Vollversammlungsmitglied stellen. c) Beendigung der Mitgliedschaft in der Vollversammlung
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Die Wahlordnung enthält aus Gründen der Vollständigkeit auch eine Vorschrift darüber, dass die Mitgliedschaft mit dem Ablauf der Amtszeit, mit der Amtsniederlegung oder vorher mit dem Tode des Vollversammlungsmitgliedes endet. Wichtig sind deshalb Bestimmungen darüber, wie zu verfahren ist, wenn die Voraussetzungen der Wählbarkeit eines Mitgliedes nachträglich entfallen sind. Da § 5 keine ausdrückliche Bestimmung über ein zwangsläufiges Ausscheiden aus der Vollversammlung bei nachträglichem Verlust der Wählbarkeit enthält, ist davon auszugehen, dass diese Frage in der Wahlordnung geregelt werden kann. Im Interesse der Rechtssicherheit liegt es, dass die Wahlordnung einen konstitutiven Beschluss der Vollversammlung verlangt, der formell die vorzeitige Beendigung des Mandats feststellt und damit das Verfahren des Nachrückens oder einer Ersatzwahl einleitet. Dieser Beschluss liegt dann jedoch nicht im Ermessen der Vollversammlung, sondern dient lediglich der Feststellung des genauen Zeitpunktes. Daher muss die Vollversammlung diesen Beschluss auf einen entsprechenden Antrag hin fassen. Bei Kenntnis vom anfänglichen Fehlen oder nachträglichen Wegfall der Wählbarkeit ist der Präsident verpflichtet, einen entsprechenden Beschluss in der 346
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Vollversammlung herbeizuführen. Der Betroffene kann gegen einen solchen Beschluss Widerspruch und Anfechtungsklage erheben. Genauso aber ist es möglich, dass die Wahlordnung auf einen solchen Beschluss der Vollversammlung verzichtet. Die Wählbarkeit und damit auch das Mandat in der Vollversammlung enden dann, wenn die Wählbarkeit entfällt. Wenn dann im Streitfall ein Beschluss der Vollversammlung darüber notwendig ist, hat er nur noch deklaratorische Bedeutung. Der Betroffene kann dann durch eine Feststellungsklage klären, ob er noch Mitglied der Vollversammlung ist.
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Entscheidend ist in beiden Fällen eine Bestimmung der Wahlordnung, nach der die Gültigkeit von Beschlüssen und Wahlen nicht berührt wird, wenn Mitglieder der Vollversammlung daran mitgewirkt haben, die nicht mehr wählbar waren.
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Ist die Zugehörigkeit der Bewerber zu einer bestimmten Wahlgruppe oder einem bestimmten Wahlbezirk weitere Voraussetzung der Wählbarkeit, so folgt daraus nicht, dass ein nachträglicher Wechsel des Vollversammlungsmitgliedes in ein Unternehmen einer anderen Wahlgruppe oder einem anderen Wahlbezirk die Wählbarkeit berührt. Für den Rest der Amtsperiode wäre dann zwar die Wahlgruppeneinteilung nur noch formal eingehalten. Es wird aber umgekehrt durch die Erhaltung des Mandats klargestellt, dass jedes Vollversammlungsmitglied nach seiner Wahl Vertreter aller Gewerbezweige, nicht aber nur eines Unternehmens, einer Wahlgruppe oder eines Wahlbezirks ist. Deshalb berühren der Wechsel in der unternehmerischen Position des Mitglieds sowie ein Wohnortwechsel seine Wählbarkeit nicht, sofern er überhaupt nur noch eine leitende Tätigkeit in einem kammerzugehörigen Unternehmen ausübt. Der Wechsel in der unternehmerischen Position braucht nicht nahtlos zu erfolgen, wenn die Wahlordnung einen konstitutiven Beschluss über den Verlust der Wählbarkeit vorsieht; im anderen Falle allerdings ist mit der Aufgabe der ursprünglichen unternehmerischen Position zunächst die Wählbarkeit entfallen und wird durch den späteren Eintritt als Geschäftsführer in ein anderes kammerzugehöriges Unternehmen nicht rückwirkend wieder hergestellt. Fehlt es bereits anfänglich an der Wahlgruppenzugehörigkeit, weil der persönlich wählbare Vertreter in der falschen Wahlgruppe kandidiert hat, entfällt da-
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durch die Wählbarkeit weder anfänglich noch nachträglich. Dies stellt einen Wahlfehler dar, der ausschließlich innerhalb der Anfechtungsfrist geltend gemacht werden kann. Ebenso wenig führt der Verlust der „Ehrbarkeit“ zu einem vorzeitigen Ende der Mitgliedschaft in der Vollversammlung (vgl. § 1 Rz. 55).
3. Wahlordnung a) Gesetzlicher Rahmen für die Wahlordnung 26
Während das frühere Landesrecht die Ausübung des Wahlrechts und die Durchführung der Wahl in Einzelvorschriften regelte, hat das IHKG hierfür nur einige Grundsätze aufgestellt, die Regelung im Übrigen aber der Wahlordnung überlassen. Die Wahlordnung ist damit neben der Satzung das wichtigste Statut der IHK.
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Für den sachlichen Inhalt der Wahlordnung gilt, wie für jedes statutarische Recht, die durch das Gesetz in § 5 gezogene Grenze. Die IHK darf also nicht mit den in der Wahlordnung getroffenen Regelungen den Ermächtigungsrahmen des Gesetzes überschreiten. So ist die Aufteilung der Kammerzugehörigen in Wahlgruppen zwingend, die Einteilung in Wahlbezirke steht dagegen im Regelungsermessen der Vollversammlung. Mit der gesetzlichen Klarstellung (siehe Rz. 20) umfasst der Ermächtigungsrahmen unzweifelhaft sowohl die Regelung des aktiven als auch des passiven Wahlrechts. Der Gesetzgeber wollte mit § 5 Abs. 3 der IHK eine Regelungsbefugnis zuweisen, die sich am weiten Ermächtigungsrahmen des preußischen Kammerrechts orientierte. Eine solche Flexibilität ist auch notwendig, wenn die Wahlordnung die Besonderheiten in Tradition und Struktur jedes Kammerbezirks widerspiegeln soll. Das zeigt sich nicht nur in der Bildung der Wahlgruppen und Wahlbezirke, sondern auch in Unterschieden beim Wahlverfahren. In der Folge können deshalb auch nur die gebräuchlichen Varianten behandelt werden, nicht aber alle theoretisch möglichen und auch rechtlich zulässigen Gestaltungsformen.
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Im Übrigen ist es selbstverständlich, dass die Wahlordnung auch im Rahmen des § 5 Abs. 3 den allgemeinen Wahlrechtsgrundsätzen entsprechen muss. Bei Vergleichen mit anderen Wahlordnungen ist jedoch der unpolitische Charakter der IHK-Wahl als gebün348
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delte Gruppenwahl zu beachten, die sich nur in der funktionalen Selbstverwaltung findet. b) Wahlsystem In der Wahlordnung ist eine Reihe von Grundsatzentscheidungen zum Wahlsystem zu treffen, die anschließend auch das Wahlverfahren in seiner konkreten Ausgestaltung beeinflussen.
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aa) Größe der Vollversammlung Die IHK legt in ihrer Wahlordnung zunächst einmal die Zahl der Vollversammlungsmitglieder fest. Die Mitgliederzahl richtet sich erfahrungsgemäß nach der Größe des Kammerbezirks und soll ein überschaubares, arbeitsfähiges Gremium sichern. Deshalb gibt es praktisch, wenn auch nicht rechtlich, eine Obergrenze für die Mitgliederzahl der Vollversammlung, was auf die Einteilung in Wahlgruppen und deren Zahl und Größe wiederum zurückwirkt.
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bb) Amtszeit der Vollversammlung Die nächste Entscheidung betrifft die Dauer der Amtszeit der Vollversammlung. Die Wahlordnung muss bestimmen, ob die Wahlen einheitlich für die gesamte Wahlperiode erfolgen oder ob ein Teil der Mitglieder turnusgemäß ausscheidet, so dass jeweils Ergänzungswahlen notwendig sind.
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Die Wahlordnungen der meisten IHKs sehen eine Amtsperiode von 4 Jahren vor, zu der auch einheitlich gewählt wird. Zulässig ist aber auch nach preußischem Vorbild das System der Ergänzungswahlen mit gestaffelten Amtsperioden. So kann die Wahlordnung z.B. bestimmen, dass die Amtsperiode zwar 6 Jahre beträgt, dass aber jeweils die Hälfte der Mitglieder nach 3 Jahren oder ein Drittel der Mitglieder nach 2 Jahren ausscheidet und durch Ergänzungswahlen ersetzt wird. Dieses ehemals preußische System hat zwar den Vorteil, die Kontinuität in der Arbeit der Vollversammlung wirksam zu sichern. Wegen der häufigen Ergänzungswahlen ist es heute kaum noch gebräuchlich. Bei einer einheitlichen IHK-Wahl für eine einheitliche Amtsperiode von 4 oder 5 Jahren hat es sich auch bewährt, in der Wahlordnung einen kalendermäßig festen Termin für den Beginn der Rickert
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Amtszeit vorzusehen und diese Amtszeit damit vom Zeitpunkt der IHK-Wahl und der Feststellung des Wahlergebnisses unabhängig zu machen. Am zweckmäßigsten ist es, die Amtszeit der neuen Vollversammlung am 1. 1. beginnen zu lassen. Die IHK-Wahl kann dann im zweiten Halbjahr des Vorjahres stattfinden. Die neugewählte Vollversammlung konstituiert sich dann nach dem 1. 1. Bei dieser Regelung können die gewählten Mitglieder der neuen Vollversammlung ab 1. 1. ihre Rechte wahrnehmen, jedoch nicht vorher; auch mittelbare Wahlen zur Vollversammlung können nicht vorgezogen werden, da sie eine konstituierende Sitzung der Vollversammlung voraussetzen und diese erst nach Beginn der Wahlperiode zulässig ist. 33
Die Amtszeit der Vollversammlung kann durch eine Änderung der Wahlordnung für die Zukunft verlängert oder auch verkürzt werden. Ebenso kann die IHK zu einem anderen Wahlsystem übergehen, beispielsweise von der früheren preußischen Turnuswahl mit Ergänzungswahlen (alle zwei oder drei Jahre) zu einer durchgehenden einheitlichen Wahlperiode von vier oder fünf Jahren. Bei einer solchen Änderung der Wahlordnung ist jedoch zu beachten, dass die Mandate der gewählten Vollversammlungsmitglieder unter keinen Umständen verkürzt werden dürfen und dass auch nur unter außergewöhnlichen Umständen eine Verlängerung der laufenden Wahlperiode der amtierenden Vollversammlung zulässig ist. Hier handelt es sich um eine verfassungsrechtlich bedeutsame Frage (vgl. hierzu Krüger, Verfassungsrechtliche Einschränkung von Wahlrechtsänderungen, NJW 1956, 246). Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach entschieden, dass dem Wahlberechtigten das Wahlrecht nicht auf einem in der Verfassung nicht vorgesehenem Wege entzogen oder verkürzt werden darf und dass die Hinausschiebung fälliger Wahlen eine solche Beeinträchtigung des Wahlrechts ist (BVerfGE 62, 1; 114, 121). Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat eine Verlängerung der laufenden Amtszeit der Kommunalvertretungen aus den gleichen Gründen wie das Bundesverfassungsgericht beanstandet, jedoch die Möglichkeit von Ausnahmen zugelassen (VerfGH 11, 1 = Bayerische Verwaltungsblätter 1978, 269, 276). Derartige Ausnahmen kommen dort in Frage, wo Zwangslagen und Übergangssituationen eine befristete Verlängerung von Amtszeiten erforderlich machen, so vor allem, wenn in absehbarer Zeit Reformen der Staatsund Verwaltungsorganisation anstehen, die kurzfristig zur Neu350
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wahl von Vertretungskörperschaften und Organen führen würden. Deshalb sind bei der Kreisreform in Baden-Württemberg die Amtszeiten der Kreistage durch Gesetz kurzfristig verlängert worden (Gesetz zur Vorbereitung der Kreisreform vom 8. 12. 1970, GBl. Ba.-Wü. 497; dazu StGH Ba.-Wü. DÖV 1975, 85), in Nordrhein-Westfalen aus Anlass der kommunalen Neugliederung die Wahlzeiten von Gemeinde- und Kreisvertretungen durch ein sog. Vorschaltgesetz (Gesetz zur vorübergehenden Neuregelung von Einzelfragen aus Anlass der kommunalen Neugliederung vom 16. 7. 1969, GVBl. NW 530; dazu VGH NW DVBl. 1971, 502). Im Bereich der Kammerorganisationen war die Verlängerung von Amtszeiten bei der Umbildung der Kammern aus Anlass des Inkrafttretens der Handwerksordnung und des IHKG zugelassen (§ 121 Abs. 1 Satz 3 HwO; § 10 Satz 2 IHKG). Schließlich wurde von dieser Ausnahmemöglichkeit auch bei der Neuordnung der Kammerbezirke Gebrauch gemacht. So wurde bei der Kammerbezirksreform in Baden-Württemberg gem. § 5 der Verordnung vom 14. 12. 1971 (GVBl. 513) eine Übergangsvollversammlung gebildet, deren Mandat erst mit der Wahl der ersten „neuen“ Vollversammlung endete. Eine ähnliche Lösung hat Nordrhein-Westfalen bei der Neugliederung der Kammerbezirke in § 3 Abs. 4 der Verordnung vom 1. 3. 1977 (GVBl. NW 95) getroffen. Schließlich ist hier der Zusammenschluss zur IHK Hannover–Hildesheim zu erwähnen, wo durch Beschlüsse der beiden dabei noch selbständigen Vollversammlungen eine ähnliche Verlängerung der Amtszeiten mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde herbeigeführt wurde. Alle solche Einzelmaßnahmen haben also die Erleichterung von Neuordnungen zum Ziel und widersprechen nicht dem Rechtsstaatsprinzip, wenn nachgewiesenermaßen eine besondere Zwangslage oder Übergangssituation vorliegt. Um welche Zeitdauer ggf. Amtszeiten von Organen der IHK zu verlängern sind, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu bestimmen. Je mehr eine Reform auf lange Geltungsdauer und weitgreifende Wirkungen abgestellt ist, desto länger wird auch eine Übergangslösung im Bereich der Kammern auszudehnen sein. Die Verlängerung der Wahlzeit und damit der Amtsperiode der amtierenden Vollversammlung kann, wenn sie nicht durch staatliche Rechtssetzung erfolgt wie bei den Neugliederungs-Verordnungen, durch die IHK selbst durch statutarischen Beschluss der Vollversammlung, am besten durch eine entsprechende Änderung der Wahlordnung geschehen, wofür die Genehmigung der Aufsichtsbehörde erforderlich ist. Rickert
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Während eine Verlängerung der Amtszeit also ausnahmsweise zulässig ist, ist eine Verkürzung der Wahlzeit amtierender Vollversammlungen – abgesehen von Ausnahmesituationen, in denen der Gesetz- oder Verordnungsgeber dies bestimmt – (vgl. OVG Koblenz GewArch 1952, 18) – nur mit Zustimmung aller Vollversammlungsmitglieder möglich. Sie müssen alle zum gleichen Zeitpunkt ihr Mandat niederlegen, damit eine Neuwahl zwingend erforderlich wird. Diese Notwendigkeit ergibt sich beispielsweise, wenn der Übergang von turnusmäßigen Ergänzungswahlen zu einer einheitlichen Wahlperiode beschlossen wird, weil sonst die Umstellung in den Mandaten zu schwierig und kompliziert wird und sich auch zu lange hinzieht. cc) Persönlichkeitswahl
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Schließlich ist für die unmittelbare Wahl der Vollversammlungsmitglieder vorzusehen, ob eine Persönlichkeitswahl oder ob Listenwahlen stattfinden. Beides ist zulässig, beeinflusst aber die Folgevorschriften und insbesondere das Wahlverfahren. In der Praxis haben sich alle IHKs für die Persönlichkeitswahl nach dem Prinzip der relativen Mehrheitswahl entschieden; die Bewerber mit den meisten Stimmen sind gewählt. Das entspricht am besten dem Charakter einer Selbstverwaltungskörperschaft und gibt den wahlberechtigten Kammerzugehörigen auch größeren Einfluss auf die Zusammensetzung der Vollversammlung; er kann die von ihm bevorzugten Bewerber aus einer Bewerberliste auswählen, in der sämtliche Wahlvorschläge alphabetisch zusammengefasst worden sind. Im Hochschulrecht ist diese Form der Persönlichkeitswahl sogar bindend (BVerwGE 102, 151).
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Diese Entscheidung der Wahlordnungen für die Persönlichkeitswahl beeinflusst wiederum die Form, in welcher Vollversammlungsmitglieder, die vorzeitig aus ihrem Amt ausscheiden, ersetzt werden. Bei der Persönlichkeitswahl tritt als Ersatzmann in die Vollversammlung derjenige Bewerber ein, der bei seiner Wahl in der gleichen Wahlgruppe (und ggf. auch im gleichen Wahlbezirk) nach dem ausscheidenden Mitglied die höchste Stimmenzahl erhalten hat. Bei gleich hohen Stimmzahlen entscheidet das Los, wie es die Wahlordnung vorsieht. Eine Ersatzwahl kommt bei der Persönlichkeitswahl nur in Frage, falls kein Ersatzmann mehr vorhanden ist. Für diese Ersatzwahl sehen die Wahlordnungen in 352
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der Regel eine mittelbare Wahl vor, wonach für die restliche Dauer der Wahlperiode die Vollversammlung im Wege der mittelbaren Wahl einen Ersatzmann hinzuwählt. Dieser Ersatzmann muss der Wahlgruppe und dem Wahlbezirk des ausgeschiedenen Vollversammlungsmitglieds angehören. Die Wahlordnung bestimmt auch, welche Zahl von Vollversammlungsmitgliedern den Vorschlag für einen solchen Ersatzmann einzubringen hat, wobei ein ausschließliches Vorschlagsrecht des Präsidiums dabei zu restriktiv wäre. Es handelt sich bei der Ersatzwahl um einen besonderen Fall der mittelbaren Wahl, bei der die verbleibenden Vollversammlungsmitglieder als Wahlmänner für den Ersatzmann fungieren. Genauso kann die Wahlordnung aber auch eine unmittelbare Wahl als Ersatzwahl vorsehen, die dann – insbesondere bei dem früheren preußischen Turnussystem für die Ergänzung der Vollversammlung – mit der nächsten Ergänzungswahl verbunden wird und sich nach den allgemeinen Vorschriften für die unmittelbare Wahl richtet. Auf beiden Wegen wird sichergestellt, dass die Wahlgruppeneinteilung der Vollversammlung und damit die Spiegelbildlichkeit der Vollversammlung zur Wirtschaft des Kammerbezirks erhalten bleiben. dd) Mittelbare Wahl Schließlich muss die Wahlordnung eine Entscheidung darüber treffen, ob die Wahl zur Vollversammlung ganz oder teilweise unmittelbar oder mittelbar durchgeführt wird.
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Das IHKG sieht in dem Wortlaut von § 5 Abs. 1 eine unmittelbare Wahl nicht zwingend vor. Daher war die Zulässigkeit einer Zuwahl oder einer mittelbaren Wahl umstritten, zumal das frühere Kammerrecht die Zuwahl ausdrücklich zuließ (vgl. 4. Aufl., 188). Das Bundesverwaltungsgericht hat durch Urteil vom 3. 9. 1963 (BVerwGE 16, 312) ein gemischtes System von unmittelbarer und mittelbarer Wahl in der Weise zugelassen, dass für eine in der Wahlordnung festgelegte Anzahl weiterer Vollversammlungsmitglieder die unmittelbar gewählten Mitglieder der Vollversammlung als Wahlmänner fungieren können. Eine solche Regelung könne durchaus sachgerecht sein, „um so die Ergänzung dieses Organs durch Vertreter solcher für das Bild des Kammerbezirks bedeutsamen Wirtschaftszweige zu ermöglichen, die über das Wahlgruppenverfahren keinen Sitz in der Vollversammlung errei-
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chen können“. Andererseits darf aber diese mittelbare Wahl nicht so ausgeweitet werden, dass die in § 5 Abs. 3 Satz 2 zum Ausdruck gekommene Verpflichtung, die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen zu berücksichtigen, in Frage gestellt wird. Als Obergrenze werden allgemein 20 % der Gesamtzahl der VVMitglieder angesehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Großteil der mittelbaren Wahlen Fälle betrifft, bei denen kein Nachrücker mehr vorhanden ist. 39
Zahlreiche IHKs haben inzwischen daraufhin in ihren Wahlordnungen vorgesehen, dass eine bestimmte Anzahl von Vollversammlungssitzen durch eine solche mittelbare Wahl besetzt werden kann. Meist wird dabei nur eine Höchstzahl für die mittelbar zu wählenden Vollversammlungsmitglieder angegeben, um der Vollversammlung (als Wahlmännergremium) die Möglichkeit zu geben, nach Bedarf davon Gebrauch zu machen und nicht alle Sitze dieser Art sofort zu besetzen. Daraus ergibt sich dann aber auch, dass die mittelbare Wahl nicht in der konstituierenden Sitzung einer neugewählten Vollversammlung erfolgen muss, sondern auch zu einem späteren Zeitpunkt im Laufe der Amtsperiode der Vollversammlung je nach Bedarf durchgeführt werden kann.
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Damit ist eine Rechtsgrundlage für die Fälle geschaffen, in denen die in Form der mittelbaren Wahl durchgeführte „Zuwahl“ sachliche Vorteile bietet. Es kann sich darum handeln, für den Kammerbezirk im besonderen Maße repräsentative Unternehmer für die Mitarbeit in der Vollversammlung zu gewinnen, aber auch darum, in der Vollversammlung die Vertretung kleiner, aber wichtiger Branchen zu sichern, die bei der Wahlgruppeneinteilung keine eigene Wahlgruppe erhalten haben und in ihrer größeren Wahlgruppe nicht zum Zuge kommen. Ebenso können auf diese Weise Gewichtsverschiebungen zwischen den Wahlgruppen ausgeglichen werden, die noch keine Änderung der Sitzverteilung in der Vollversammlung und damit eine Änderung der Wahlordnung rechtfertigen. Insgesamt kann also diese Form der mittelbaren Wahl dazu beitragen, die Spiegelbildlichkeit der Vollversammlung, wie sie § 5 Abs. 3 Satz 2 vorschreibt, weiter zu verfeinern und zu verbessern.
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Eine andere Form der mittelbaren Wahl findet sich bei den bayerischen Industrie- und Handelskammern. Die Vollversammlungen der bayerischen Industrie- und Handelskammern werden z.T. über 354
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die Industrie- und Handelsgremien, also mittelbar gewählt. Die bayerischen IHKs haben in ihren Statuten weitgehend die traditionelle Regionalinstanz der Industrie- und Handelsgremien beibehalten, deren Vorsitzender (und ggf. weitere Mitglieder) der Vollversammlung kraft Amtes angehören. Da jedes Mitglied der Gremialversammlung von den Kammerzugehörigen im Gremialbezirk unmittelbar gewählt wird und außerdem die Gremialmitglieder für die in die Vollversammlung zu entsendenden Vorsitzenden (und ggf. weitere Mitglieder) als Wahlmänner anzusehen sind, entspricht diese mittelbare Wahl ebenfalls den Voraussetzungen des § 5 IHKG. Wesentlich ist in allen Fällen der mittelbaren Wahl, dass die Mit- 42 glieder der Vollversammlung (in Bayern die Mitglieder der Industrie- und Handelsgremien), die als Wahlmänner die mittelbare Wahl ausüben, ein Mandat hierfür von ihren Wählern erhalten haben. Es steht also die „echte“ Zuwahl, d.h. eine Zuwahl, die die unmittelbar gewählten Vollversammlungsmitglieder vornehmen, ohne ein ausdrückliches Mandat als Wahlmänner von den Kammerzugehörigen erhalten zu haben, in Widerspruch zu § 5 Abs. 1. Eine Wahlordnung, die eine solche „echte“ Zuwahl ermöglicht, würde nicht die nach § 11 Abs. 2 erforderliche aufsichtsbehördliche Genehmigung erhalten. Es ist deshalb nicht möglich, im Laufe einer Amtsperiode die mittelbare Wahl einzuführen und auch sofort durchzuführen; zunächst muss – aufgrund der geänderten Wahlordnung – eine Neuwahl zur Vollversammlung erfolgen, weil erst die auf dieser neuen Grundlage gewählten Vollversammlungsmitglieder auch den Wählerauftrag als Wahlmänner für die mittelbare Wahl bekommen. Darin liegt der entscheidende rechtliche Unterschied zur „echten“ Zuwahl, wie sie früher Landeskammergesetze kannten. Gleichzeitig dürfen nur die unmittelbar gewählten Vollversammlungsmitglieder als Wahlmänner tätig werden (BVerwG GewArch 1964, 70). Die bis zu diesem Zeitpunkt bereits mittelbar gewählten Vollversammlungsmitglieder dürfen sich an der Zuwahl nicht beteiligen (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 87). Das fehlende Mandat als Wahlmann für die mittelbare Wahl ist der einzige Unterschied der mittelbar gewählten zu den unmittelbar gewählten Vollversammlungsmitgliedern. Die Gültigkeit einer solchen mittelbaren Wahl, sei es durch die unmittelbar gewählten Vollversammlungsmitglieder oder in Bayern die Gremialmitglieder als Wahlmänner, darf von keinen weiRickert
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teren Bedingungen abhängig gemacht werden. Beispielsweise ist es nicht zulässig, die mittelbare Wahl an die Zustimmung eines anderen Organs, etwa des Präsidiums, zu binden oder allein dem Präsidium ein Vorschlagsrecht zu geben. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass die gewählten Mitglieder der VV in ihrer Eigenschaft als Wahlmänner eine Persönlichkeit zuwählen, die bei einer vorher durchgeführten streitigen Wahl kein Mandat erhalten hat (OVG Münster GewArch 2003, 378 – unveröffentlichter Teil der Gründe S. 21; s. auch dazu Groß/Rickert, GewArch 2003, 359). In einer solchen Zuwahl läge, wenn nur die in § 5 Abs. 3 Satz 2 geforderte „Spiegelbildlichkeit“ für die Zusammensetzung der VV gewahrt bleibt, keine Verfälschung des Wählerwillens; jedenfalls ebenso wenig, wie wenn eine Persönlichkeit zugewählt wird, die von den Vorschlagsberechtigten für die streitige Wahl überhaupt nicht vorgeschlagen worden war (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 89; Groß/Rickert, GewArch 2003, 359). c) Wahlgruppen aa) Grundsätze für die Bildung von Wahlgruppen 44
§ 5 Abs. 3 Satz 2 schreibt zwingend vor, dass die Wahlordnung die Kammerzugehörigen in Wahlgruppen aufzuteilen hat, welche die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks sowie die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Gewerbegruppen berücksichtigen. Daraus ergibt sich wiederum, dass die in unmittelbarer Wahl zu besetzenden Vollversammlungssitze auf die gebildeten Wahlgruppen zu verteilen sind. Darüber hinaus ist auch eine Einteilung des Kammerbezirks in Wahlkreise und die Verteilung der Sitze auf diese zulässig. Diese Einteilung ist jedoch nur bei entsprechend großen Wahlgruppen möglich, da die regionale Komponente nicht als eigenständiges Verteilungskriterium, sondern nur als verfeinerndes Kriterium zur Umsetzung der gesetzlich angeordneten Berücksichtigung der wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks verwendet werden darf (BVerwG GewArch 2002, 432). Es findet also eine Gruppenwahl statt, bei der jede Wahlgruppe und jeder Wahlbezirk seine Bewerber für die vorgesehenen Vollversammlungssitze wählt. Der Sinn dieser Gruppenwahl liegt darin, die Vollversammlung zu einem Spiegelbild der tatsächlichen Wirtschaftsstruktur des Kammerbezirks zu ma356
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chen. Die bindende Anordnung des Gesetzes über die Aufteilung der Kammerzugehörigen in Wahlgruppen beschränkt daher auch das Wahlrecht auf die eigene Wahlgruppe. Eine Wahl der Kandidaten durch alle Kammerzugehörigen über die eigene Wahlgruppe hinaus ist somit unzulässig. Zulässig wäre aber eine Kandidatur in einer anderen Wahlgruppe, soweit die Wählbarkeit überhaupt vorliegt und die Wahlordnung dies zulässt. Wenn auch bei den Wahlen zur VV jeder Kammerzugehörige wahlberechtigt ist, so sind damit die Stimmen nicht ohne weiteres gleichwertig. Die VV soll nicht das rechnerische Ergebnis aus der Anzahl der abgegebenen Stimmen, sondern ein Spiegelbild der wirtschaftlichen Komponenten des Kammerbezirks darstellen und diesen Bezirk sowohl in seinen räumlichen Besonderheiten als auch in seinen spezifischen Wirtschaftskräften zum Ausdruck bringen (so auch OVG Münster GewArch 2003, 378). Würde die Stimme jedes Kammerzugehörigen in gleicher Weise gewertet, so könnte der Fall eintreten, dass Wirtschaftszweige, die zwar das Schwergewicht der Wirtschaft im Bezirk darstellen, aber zahlenmäßig nur schwach vertreten sind, in der IHK gar nicht zu Wort kommen. Das Gleiche könnte, und zwar gerade zu Lasten der kleinen Unternehmen, denen in ihrer Gesamtheit eine nicht unerhebliche wirtschaftliche Bedeutung zukommt, geschehen, wenn das Wahlrecht einheitlich, aber nach der Gewichtigkeit der Unternehmen ausgeübt würde. Deshalb hat sich auf der Grundlage der alten Landesvorschriften (§ 10 Pr. IHK-Ges., § 20 Bayer. IHKVO) die Praxis der IHKs dahin gebildet, die Wahl getrennt nach Wirtschaftsgruppen, ggf. noch unter bezirklicher Aufgliederung, durchzuführen. Die Angehörigen jeder Gruppe wählen also gemeinsam innerhalb der Gruppe die auf sie entfallenden Mitglieder. Es ist klar, dass bei einer solchen Gruppenwahl die Stimmen der wahlberechtigten Kammerzugehörigen nicht in allen Wahlgruppen das gleiche Gewicht haben, sondern nur innerhalb ihrer eigenen Wahlgruppe. In kleinen Wahlgruppen genügen wenige Stimmen, in großen Wahlgruppen bedarf es einer hohen Stimmenzahl, um gewählt zu werden.
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Darin liegt ein entscheidender Unterschied zu politischen Wahlen bei den Gebietskörperschaften, dagegen eine deutliche Parallele zu den Gruppenwahlen in zahlreichen anderen Bereichen. Während bei politischen Wahlen nach dem Prinzip der Verhältniswahl jede Wählerstimme den gleichen Zähl- und auch Erfolgswert ha-
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ben muss, genügt beim Mehrheitswahlrecht der gleiche Zählwert (BVerfGE 1, 208, 244; 16, 130, 139; 34, 81, 98; 47, 253, 277; ständige Rspr.). Erst recht führt die Gruppenwahl in unterschiedlich gewichteten Wahlgruppen zu einem unterschiedlichen Erfolgswert der Stimmen (BVerfGE 35, 79, 134; 39, 247, 254 zum Hochschulrecht). Solche Gruppenwahlen mit unterschiedlichem Erfolgswert der Stimmen sind aus dem Personalvertretungsgesetz (§§ 5 und 17 Abs. 3 BPersVG) und aus der Wirtschaftsprüferordnung für die Wahl zum Beirat der Wirtschaftsprüferkammer (§ 59 Abs. 3 WPO) sowie aus Landwirtschaftskammergesetzen (§ 6 LwKG HA; §§ 4, 5 LwKG NW) bekannt. Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht haben sich mehrfach damit befasst (BVerfGE 91, 367; BVerfG NVwZ 1997, 261; BVerwGE 5, 118, 120, 5, 263; 36, 174; 55, 17). 47
Dass nach dem Gesetz die wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks und die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der einzelnen Gewerbegruppen zu berücksichtigen sind, verpflichtet die Vollversammlung, sich in der Wahlordnung nicht schematisch an bestimmte Gesichtspunkte – wie etwa an die Anzahl der jeweiligen Betriebe oder auch die Summe ihrer IHK-Beiträge oder Gewerbeerträge – zu binden, sondern sie nach ihrer Bedeutung für die Wirtschaft des Kammerbezirks zu wägen. Auch Umsätze und Arbeitnehmerzahl können berücksichtigt werden, soweit darüber statistische Daten bis auf die Ebene des Kammerbezirks vorliegen sollten. Am besten hat sich eine Kombination mehrerer Maßstäbe bewährt, um das gesamtwirtschaftliche Gewicht der Gewerbegruppen zu ermitteln. Diese Maßstäbe und ihre Gewichtung müssen jedoch nicht in der Wahlordnung festgeschrieben werden, soweit die Wahlordnung selbst die Aufteilung der Sitze auf die Wahlgruppen und Wahlbezirke enthält (OVG Münster GewArch 2003, 378).
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Die „wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks“ erwarten Berücksichtigung insbesondere, wenn in Teilen des Kammerbezirks bestimmte Gewerbegruppen dominieren. Die „gesamtwirtschaftliche Bedeutung einzelner Gewerbegruppen“ kann es rechtfertigen, ihnen trotz geringer Anzahl eine relativ starke Vertretung für IHKs zu geben, in deren Bezirk ein Wirtschaftszweig ansässig ist, der für das ganze Bundesgebiet – etwa beim Inoder Export – eine führende Stellung hat. Es wird also die Vollversammlung einer IHK, die stark am Überseehandel beteiligt ist, 358
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ganz anders zusammengesetzt sein, als die VV einer binnendeutschen IHK, die einen räumlich großen Bezirk mit schwach entwickelter Industrie, dafür aber einen relativ starken Einzelhandelsanteil umfasst. Die Dienstleistungsunternehmen haben überall an Zahl und wirtschaftlicher Bedeutung zugenommen, so dass sie oft nicht nur in einer Wahlgruppe zusammengefasst, sondern teilweise sehr spezialisierte Wahlgruppen geschaffen wurden. Eine eigene Wahlgruppe für die nicht im Handelsregister eingetragenen Unternehmen ist unzulässig (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 73). Regelmäßig sind rund doppelt so viele Kammerzugehörige nicht in das Handelsregister eingetragen, wie eingetragen sind. In einigen Wahlgruppen stellen die nichteingetragenen Kammerzugehörigen teilweise sogar einen zumindest bedeutenden Teil der Wirtschaftskraft dar. Mit dem Handelsrechtsreformgesetz, das am 1. 7. 1998 in Kraft getreten ist, käme es zusätzlich auch aus Sicht der IHK zu zufälligen Ergebnissen, da nach § 2 HGB sich auch Kleingewerbetreibende in das Handelsregister eintragen lassen dürfen (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 73). Letztlich sind sie grundsätzlich auch beitragspflichtig und werden, soweit ihr Gewerbeertrag bzw. Gewinn aus Gewerbebetrieb nicht innerhalb der Beitragsbefreiungsgrenzen liegt, auch zum Beitrag herangezogen. Die Erfahrungen zeigen, dass selbst das Argument, mit dieser Wahlgruppe überhaupt erst die Vertretung der Kleingewerbetreibenden in der Vollversammlung zu gewährleisten, nicht greift, da bei der Zusammensetzung der Vollversammlungen auch ohne diese besondere Wahlgruppe die Kleingewerbetreibenden in ausreichender Anzahl vertreten sind.
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Die Abgrenzung der Wahlgruppen in der Wahlordnung bedient sich überall der Begriffe, die das Statistische Bundesamt für die Klassifikation der Wirtschaftszweige (Ausgabe 2008) benutzt. Diese Klassifikation berücksichtigt die Vorgaben der statistischen Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (NACE Rev. 2), die mit der Verordnung (EG) Nr. 1893/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. 12. 2006 (ABl. EG Nr. L 393 S. 1) veröffentlicht wurde. Die Zustimmung der Europäischen Kommission gemäß Artikel 4 Absatz 3 der o.g. Verordnung liegt vor. Die Kurzbezeichnungen der Wahlordnung für die einzelnen Wirtschaftsgruppen haben deshalb einen eindeutigen Inhalt und erlauben eine genaue Zuordnung der kammerzugehörigen Unternehmen.
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bb) Einräumung von Mindestsitzen in den Wahlgruppen 51
In der Praxis der IHKs hat sich aber auch gezeigt, dass die Bildung eigener Wahlgruppen nicht übertrieben werden darf. Die Wahlgruppen werden sonst zu klein, die Abgrenzung zwischen ihnen immer schwieriger und das Wahlverfahren insgesamt weniger übersichtlich. Am besten hat sich eine Aufteilung auf 8 bis 10 Wahlgruppen bewährt, wozu ohnehin bei Flächenkammern noch für die zahlenmäßig starken Wahlgruppen die Unterteilung in Wahlbezirke kommt. Das ergibt 25 bis 30 Wahlgruppen und Wahlbezirke, in denen getrennte Wahlvorschläge einzureichen und jeweils einige Bewerber zu wählen sind.
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In dem Bestreben, auch bei größeren Wahlgruppen ein Höchstmaß an Spiegelbildlichkeit der Vollversammlung zu erreichen, hat sich die Einräumung von Mindestsitzen innerhalb einer Wahlgruppe eingebürgert. Sie dient dem Schutz von zahlenmäßig kleinen Minderheiten, die ihrem wirtschaftlichen Gewicht nach aber für den Kammerbezirk wesentlich sind und deshalb wenigstens mit einem Sitz in der Vollversammlung vertreten sein sollen. Eine solche Bestimmung bei der Verteilung der Vollversammlungssitze hat für die Wahlvorschläge wie für die Feststellung des Wahlergebnisses Konsequenzen. Die Kandidatenliste als Summe aller Wahlvorschläge ist erst dann vollständig, wenn auch eine ausreichende Anzahl an Kandidaten der Minderheit enthalten ist. Anderenfalls muss der Wahlausschuss mittels Nachfrist zu weiteren Wahlvorschlägen, insbesondere mit Kandidaten der Minderheit, auffordern. Bei der Feststellung des Wahlergebnisses ist auf jeden Fall aus den Bewerbern der Minderheit derjenige gewählt, der die meisten Stimmen erhalten hat, mögen auch andere Bewerber dieser Wahlgruppe oder des Wahlbezirks höhere Stimmenzahlen erhalten haben. Sind in der Kandidatenliste nicht ausreichend Bewerber der Minderheit enthalten, bleiben die vorgesehenen Mindestsitze insoweit frei und können nur durch eine mittelbare oder unmittelbare Nachwahl besetzt werden.
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Insofern wirkt die Einräumung von Mindestsitzen wie die Bildung einer eigenen Wahlgruppe, auch wenn die Wahl dann von der gesamten Wahlgruppe durchgeführt wird. Vergleichbar ist etwa eine Personalratswahl, bei der eine gemeinsame Wahl stattfindet (§ 19 Abs. 2 und 5 BPersVG).
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cc) Gestaltungsspielraum bei der Sitzverteilung Das IHKG hat in der Überzeugung, dass für jede IHK die bezirklichen Gegebenheiten anders liegen, die Aufteilung der Vollversammlungssitze auf die Gewerbegruppen und die Teile des Kammerbezirks in das Ermessen der Vollversammlung bei der Beschlussfassung über die Wahlordnung gestellt. Es folgt damit der Tradition des preußischen IHK-Gesetzes (§ 10) genau so wie auch heute noch § 93 Abs. 2 der Handwerksordnung, wobei bei der Wahlgruppenzuordnung die Einteilung nach Wirtschaftsbereichen zwingend, das regionale Kriterium nur zwecks Verfeinerung zusätzlich eingeführt werden darf (BVerwG GewArch 2002, 432 – siehe auch Rz. 44). Die IHKs haben damit ein entscheidendes Instrument erhalten, um ihrer Grundaufgabe, die Ermittlung und Vertretung des Gesamtinteresses der gewerblichen Unternehmerschaft ihres Bezirks, sachgerecht Rechnung zu tragen.
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Es würde dem Sinn dieser Rahmenvorschrift widersprechen, wenn versucht würde, etwa für die Sitzverteilung in der Vollversammlung einheitliche Richtlinien oder Leitzahlen aufzustellen, etwa die Kriterien absolut festzulegen, nach denen Wahlgruppen und Wahlbezirke zu bilden sind, oder auch die Gewichtung dieser Kriterien zu bestimmen. Die endgültige Sitzverteilung ist trotz der zur Vorbereitung herangezogenen statistischen Daten keine Rechenaufgabe, sondern eine Gesamtwertung der Struktur des Kammerbezirks (BVerwGE 81, 12, 17: „Einschätzungsprärogative“). Schon der preußische Handelsminister hatte deshalb im Zusammenhang mit der Neufassung des § 10 des preußischen IHK-Gesetzes durch die Novelle von 1897, die wahlweise eine ähnliche Delegation enthielt, ausdrücklich abgelehnt, die den IHKs wegen der bezirklichen Besonderheiten zugewiesene Entscheidung über die Wahlordnung durch Erlass zu reglementieren (vgl. Lusensky, Handelskammergesetz, 118 und 222).
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Die Vollversammlung hat also bei der Verteilung der Sitze in der Wahlordnung und damit der Aufteilung in Wahlgruppen und Wahlbezirke einen Gestaltungsspielraum, der nach pflichtgemäßem Ermessen auszufüllen ist (OVG Münster GewArch 2003, 378; OVG Lüneburg GewArch 1992, 420; ausführlich VG München vom 15. 12. 1998 – M 16 K 97, 282; VG Braunschweig vom 23. 7. 1990 – 1 A 1008/90). Die Vollversammlung wird sich – in der Regel durch Vorschaltung eines besonderen Ausschusses zur
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Prüfung der Wahlordnung – geeignete Unterlagen aus den zugänglichen wirtschaftlichen Daten beschaffen, deren Wertung sie dann im Rahmen der gesetzlichen Vorgabe frei vornimmt. Natürlich darf sie sich nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen und hat die Sitzverteilung zu überprüfen, wenn sich die Struktur des Kammerbezirks nachhaltig ändert und eine Korrektur über die mittelbare Wahl nicht mehr möglich ist. Die Abstände, in denen die Sitzverteilung der Wahlordnung überprüft wird, hängen also von der Schnelligkeit des wirtschaftlichen Strukturwandels im einzelnen Kammerbezirk ab. Bei allen IHKs ist deshalb die Sitzverteilung in den vergangenen Jahrzehnten – oft mehrfach – geändert worden, ohne dass es dafür einer ausdrücklichen Bestimmung der Wahlordnung bedurfte. Aber auch die mehrfachen Änderungen im Gewerbesteuerrecht wie im Beitragsrecht der IHKs haben zu Verschiebungen in der Beitragslast geführt, die sich in der geänderten Sitzverteilung in der Vollversammlung widerspiegeln. Der Anteil der Industrie in den Vollversammlungen ist meist zurückgegangen; dafür sind neue Wahlgruppen für die Dienstleistungen eingerichtet worden. d) Durchführung der Wahl 57
Neben diesen spezifischen Entscheidungen über Wahlsystem, Wahlgruppen und Wahlbezirke regelt die Wahlordnung auch die technische Durchführung der Wahl. Vorbild sind dabei weniger die Wahlordnungen für die politischen Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden, sondern die Wahlen zu anderen Selbstverwaltungskörperschaften. Allgemeine Wahlrechtsgrundsätze sind zu beachten, soweit sie auch für Gruppenwahlen gelten. aa) Vorbereitung der Wahl
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Die Wahlordnung legt die Vorbereitung und Durchführung der Wahl in die Hand eines Wahlausschusses (oder auch eines Wahlbeauftragten), der von der Vollversammlung zu wählen ist. Es entspricht dem Charakter einer Selbstverwaltungskörperschaft, dass die Vollversammlung als oberstes Organ dabei in den Wahlausschuss ganz oder zumindest überwiegend auch aus ihrer Mitte Mitglieder wählt und damit durch ihre eigenen Vertrauensleute in dem für die Wahl verantwortlichen Gremium mehrheitlich vertreten ist. 362
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Regelmäßig bestimmen die Wahlordnungen der IHKs die Briefwahl als Art der Stimmabgabe, weil diese erfahrungsgemäß zu einer wesentlich höheren Wahlbeteiligung führt und damit die demokratische Legitimation der Vollversammlung als oberstem Organ der IHK stärkt. Soweit eine solche Regelung nicht bereits durch die Wahlordnung getroffen wird, entscheidet der Wahlausschuss zunächst, ob schriftlich oder durch persönliche Stimmabgabe gewählt werden soll. Bei der Briefwahl legt der Wahlausschuss die Fristen für die Abgabe der Stimmzettel fest, bei der persönlichen Stimmabgabe bestimmt er den Wahltag, die Stimmbezirke, die Wahllokale und Wahlzeiten; ebenso beruft er dann für jeden Stimmbezirk einen Wahlvorstand.
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Zunehmend wird parallel zur Briefwahl auch die elektronische Wahl in den IHKs eingeführt. Zulässig wäre auch eine ausschließlich elektronische Wahl, wenn gleichzeitig sichergestellt ist, dass alle kammerzugehörigen Unternehmen die Möglichkeit der Teilnahme an der elektronischen Wahl haben. Soweit die Wahlordnung für die elektronische Wahl nur einen Rahmen schafft, muss der Wahlausschuss auch die ergänzenden Regelungen beschließen. Bei der elektronischen Wahl ist auf die Sicherheitsanforderungen sowie die Wahrung des Wahlgeheimnisses besonderer Wert zu legen. Insoweit muss die elektronische Wahl an den Standards der Briefwahl gemessen werden, allerdings über diese auch nicht deutlich hinausgehen. Während noch vor wenigen Jahren der technische Aufwand für die Realisierung einer elektronischen Vollversammlungswahl unverhältnismäßig hoch war, sind derzeit bereits die wesentlichen Anforderungen mit verhältnismäßigem Aufwand realisierbar. Kernanforderungen sind dabei die Sicherheit des elektronischen Zugangs, die Trennung der Wählerdaten (wer gewählt hat) von den Stimmdaten (wie gewählt wurde) sowie der Ausschluss einer doppelten Stimmabgabe (sowohl elektronisch als auch per Brief). Die Erfahrungen aus den ersten elektronischen Wahlen zeigen, dass die Sicherheit nicht geringer als bei der Briefwahl ist.
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Weiterhin bestimmt der Wahlausschuss die Aufstellung und Auslegung der Wählerlisten, die aufgrund der der IHK vorliegenden Unterlagen die wahlberechtigten Kammerzugehörigen auf die verschiedenen Wahlgruppen, Wahlbezirke und Stimmbezirke verteilen. Er entscheidet über Anträge auf Aufnahme in die Wählerliste ebenso wie über Einsprüche gegen Eintragungen in die Wählerlis-
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te, wobei es meist um die Zuordnung zu der richtigen Wahlgruppe geht. Wahlberechtigt ist nur ein Unternehmen, das in die Wählerlisten eingetragen ist. 61
Schließlich veranlasst der Wahlausschuss die notwendigen Wahlbekanntmachungen, damit alle kammerzugehörigen Unternehmen über die IHK-Wahl und ihre Einzelheiten unterrichtet sind. Er macht nicht nur die Frist für die Abgabe der Stimmzettel oder – bei der persönlichen Stimmabgabe – den Wahltag bekannt, sondern auch die Auslegung der Wählerlisten und die Frist für Anträge und Einsprüche, die Frist und die Voraussetzungen für die Einreichung von Wahlvorschlägen und schließlich die Kandidatenlisten für die Wahl in den einzelnen Wahlgruppen und Wahlbezirken. Veröffentlichungsorgan für alle Wahlbekanntmachungen ist nach einer Bestimmung der Wahlordnung regelmäßig das Mitteilungsblatt der IHK, das alle Voraussetzungen eines Verkündungsorgans erfüllt. Mit der Ergänzung von § 4 Satz 2 Nr. 7 ist klargestellt, dass in der Wahlordnung auch eine andere Art und Weise der Bekanntmachung geregelt werden kann. Dabei ist insbesondere an die Bekanntmachungen im Rahmen der IHK-Wahl gedacht worden, die nun auch im Internet unter der Adresse der IHK erfolgen können, soweit die Wahlordnung dies vorsieht (siehe auch § 4 Rz. 42a).
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Diese Übersicht der Aufgaben des Wahlausschusses zeigt bereits, dass die Vorbereitung und Durchführung einer Wahl eines klaren Terminplanes bedarf, der die verschiedenen Fristen in der Wahlordnung und die danach vorgesehenen Wahlbekanntmachungen aufeinander abstimmt und mit den Erscheinungsdaten des Mitteilungsblattes der IHK für die Wahlbekanntmachungen in Einklang bringt. Soweit die Bekanntmachungen weiterhin in Printform erfolgen, ist bei der Planung der Rhythmus des Erscheinens zu beachten, insbesondere bei der Berücksichtigung eventueller Nachfristen. Bei einer elektronischen Bekanntmachung besteht insoweit eine größere Flexibilität. bb) Wahlvorschläge
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Die Wahlen erfolgen aufgrund von Wahlvorschlägen, welche die Wahlberechtigten jeweils getrennt für die Wahlgruppen und Wahlbezirke einreichen und die dann innerhalb einer Wahlgruppe und eines Wahlbezirks zu Kandidatenlisten zusammengefasst werden. 364
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Dabei ist in der Regel vorgesehen, dass nur Bewerber vorgeschlagen werden dürfen, welche der Wahlgruppe und dem Wahlbezirk angehören. Es ist aber auch zulässig, gruppenfremde Bewerber in den Wahlgruppen zuzulassen; das findet sich beispielsweise in § 18 Abs. 2 BPersVG. Außerdem regelt die Wahlordnung, wie viele Mitglieder der Wahlgruppe und des Wahlbezirks einen Wahlvorschlag zu unterzeichnen haben. Dieses Quorum kann sinnvoll sein, um die Ernsthaftigkeit von Wahlvorschlägen sicher zu stellen, insbesondere bei Einzelvorschlägen. Andererseits darf es jedoch nicht prohibitiv wirken, so dass es einer Obergrenze bedarf. Während das Quorum früher in einem Prozentsatz der Wahlberechtigten dieser Wahlgruppe und dieses Wahlbezirks mit einer festen Obergrenze wegen sehr großer Wahlgruppen und -bezirke festgelegt wurde, ist in jüngerer Zeit überwiegend eine feste Zahl mit einer prozentualen Obergrenze für sehr kleine Wahlgruppen und -bezirke vorgesehen. Teilweise wird auch auf das Quorum ganz verzichtet, um die formalen Hürden für Einzelbewerber noch weiter abzubauen. Die rechtliche Zulässigkeit von Quoren ist in der Rechtsprechung unbestritten, soweit die Obergrenze noch angemessen ist (vgl. etwa BVerfGE 6, 21, 27; 12, 10, 27; 12, 132, 134; 12, 135, 137; 60, 152, 167; 67, 369; 71, 81, 98; VGH Mannheim GewArch 1998, 65). Dabei bedeutet es allerdings keine Erschwerung, dass das Quorum höher liegt als die Zahl der vorzuschlagenden Bewerber; Vergleichsmaßstab ist vielmehr die Gesamtzahl der Betriebe einer Wahlgruppe (OVG Greifswald DVBl. 1995, 303 zu § 22 Abs. 3 KWG MV). Außerdem ist es zulässig, dass auch ein Bewerber seinen Wahlvorschlag unterzeichnen und damit das Quorum erfüllen kann. Der Wahlausschuss prüft nach Ablauf der Einreichungsfrist die vorliegenden Wahlvorschläge auf ihre Ordnungsmäßigkeit. Die Bewerber müssen in dieser Wahlgruppe und diesem Wahlbezirk wählbar sein und sich mit der Annahme des Mandats einverstanden erklärt haben. Ebenso müssen die notwendigen Unterschriften von wahlberechtigten Unternehmen der Wahlgruppe oder des Wahlbezirks vorhanden sein. Die Wahlordnung entscheidet auch darüber, ob ein Wahlberechtigter mehrere Wahlvorschläge unterzeichnen darf. Soweit die Wahlordnung dies nicht ausdrücklich regelt, ist davon auszugehen, dass eine mehrfache Unterstützung zugelassen ist. Bei der Einzelkandidatur ist dies schon erforderlich, um dem Unterzeichner eines Wahlvorschlags die MöglichRickert
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Wahl zur Vollversammlung
keit zu geben, durch weitere Unterstützungen auch die in der Wahlordnung geregelte Mindestanzahl von Wahlbewerbern in seiner Wahlgruppe und seinem Wahlbezirk sicherzustellen. Eine Beschränkung auf die Mindestanzahl ergibt sich daraus nicht. Im Falle einer Listenwahl wird ebenfalls das Element der Auswahl gestärkt, wenn der Wahlberechtigte weitere als den von ihm zunächst unterzeichneten Wahlvorschlag unterstützen kann. 65
Schließlich bestimmt die Wahlordnung auch, wie viel Bewerber auf einem Wahlvorschlag vorzuschlagen sind, wobei die Tendenz eindeutig zur Möglichkeit der Einzelvorschläge zeigt. Dies erleichtert die Kandidatur erheblich, da die Vorschlagslisten Einzelbewerbern kaum eine Chance auf eine zulässige Wahlbewerbung geben. Der Aufwand bei der Zusammenstellung von Wahlvorschlagslisten ist häufig nur von Unternehmergruppen oder Verbänden leistbar. Hinsichtlich der Anzahl der Bewerber auf einer Kandidatenliste als Summe aller Wahlvorschläge einer Wahlgruppe und eines Wahlbezirks ist jedoch die Festlegung einer Mindestzahl sinnvoll, um eine streitige Wahl sicherzustellen. Hier finden sich bei den IHKs zahlreiche Varianten. Teilweise muss mindestens ein Bewerber mehr vorgeschlagen werden, als in der Wahlgruppe und im Wahlbezirk zu wählen sind, teilweise ist die Zahl der übersteigenden Bewerber höher; in jedem Fall sichert diese Regelung eine streitige Wahl. Gehen nicht mehr Wahlvorschläge als zur Verfügung stehende Sitze in der Vollversammlung ein, findet sich regelmäßig die Regelung in der Wahlordnung, dass der Wahlausschuss eine Nachfrist zur Einreichung weiterer Wahlvorschläge zu setzen hat. Nur wenn auch in dieser Nachfrist die erforderliche Anzahl an Wahlbewerbern nicht erreicht wird, findet eine Wahl begrenzt auf die eingegangenen Wahlvorschläge statt. Dabei kann es theoretisch vorkommen, dass weniger Bewerber als Sitze in der Vollversammlung zur Wahl stehen oder ein Bewerber überhaupt nicht gewählt wird und dadurch ein Vollversammlungssitz unbesetzt bleibt. Möglich ist auch eine Regelung in der Wahlordnung, die bei Nichterreichen der Mindestanzahl von Bewerbern in einer Kandidatenliste die in dieser Wahl zu vergebenden Sitze soweit reduziert, dass eine streitige Wahl zwingend sichergestellt ist. In diesem Fall können die freibleibenden Vollversammlungssitze nur in einer Nachwahl besetzt werden.
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Zu den Aufgaben des Wahlausschusses gehört es auch, rechtzeitig für die Beseitigung von Mängeln in den eingereichten Wahlvor366
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§5
Wahlordnung
schlägen zu sorgen. Er kann den Unterzeichnern dafür auch eine Nachfrist geben, soweit die Wahlordnung dies vorsieht. Nach Ablauf der Vorschlagsfrist oder ihrer Verlängerung, weil nicht genügend Bewerber vorgeschlagen worden sind, sind jedoch materielle Mängel eines Wahlvorschlages nicht mehr heilbar, auch nicht in Form der Gewährung einer Nachfrist. Ist beispielsweise das notwendige Quorum an Unterzeichnern bei Ablauf der Vorschlagsfrist nicht erfüllt, so können keine weiteren Unterzeichner nachgeschoben werden. Enthält der Wahlvorschlag beispielsweise nicht die vorgesehene Zahl von Bewerbern, weil ein Bewerber als nicht wählbar ausgeschieden werden musste, kann nach Ablauf der Vorschlagsfrist kein Bewerber nachgeschoben werden. Der Wahlvorschlag ist in solchen Fällen vielmehr zurückzuweisen und nimmt an der Wahl nicht teil. Aus diesen Gründen ist es riskant, wenn Unterzeichner ihren Wahlvorschlag erst in letzter Minute einreichen. Für materielle Berichtigungen des Wahlvorschlags bleibt dann kein Raum mehr. Nach Prüfung all dieser Voraussetzungen entscheidet der Wahlausschuss über die Gültigkeit der eingereichten Wahlvorschläge und fasst die Bewerber aus den gültigen Wahlvorschlägen zu einer einzigen Kandidatenliste zusammen. Die Bewerber werden dabei in der Regel alphabetisch aufgeführt, so dass der Wahlvorschlag, auf dem sie vorgeschlagen worden sind, nicht mehr erkenntlich ist. Das entspricht dem Charakter einer Persönlichkeitswahl, bei dem alle gültig vorgeschlagenen Bewerber gleichwertig zur Wahl stehen.
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Unterschiedlich ist der Fall zu behandeln, wenn ein vorgeschlagener Bewerber später stirbt. Tritt der Todesfall vor Ablauf der Einreichungsfrist für die Wahlvorschläge ein, so kann ein bereits eingereichter Wahlvorschlag bis zu diesem Termin auch noch ergänzt werden. Tritt der Todesfall dagegen nach Ablauf der Einreichungsfrist für die Wahlvorschläge ein und wird dadurch die Mindestanzahl an Bewerbern auf der Kandidatenliste unterschritten, so muss der Wahlausschuss über die Festsetzung einer Nachfrist entscheiden. Stirbt ein Bewerber nach Feststellung oder sogar nach Bekanntmachung der Kandidatenliste, so bleibt die Kandidatenliste ohne Nachfrist gültig, der verstorbene Bewerber wird aber auf den Stimmzetteln nicht mehr aufgeführt. Auf diese Weise kann es dazu kommen, dass ein Vollversammlungssitz trotz zunächst ausreichender Wahlvorschläge nicht besetzt wird.
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Wenn in einer Wahlgruppe kein gültiger Wahlvorschlag eingegangen ist oder wenn die Zahl der gültig vorgeschlagenen Bewerber nicht die Zahl der Sitze erreicht, gibt der Wahlausschuss eine Nachfrist. Es können dann weitere Wahlvorschläge eingereicht werden. Andernfalls bleiben diese Sitze in der Vollversammlung unbesetzt (vgl. BVerwG PersV 1990, 536).
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Die Kandidatenlisten für die Wahlgruppen und Wahlbezirke werden im Übrigen vom Wahlausschuss in der dafür von der Wahlordnung bestimmten Art und Weise (siehe § 4 Rz. 42a), regelmäßig noch im Mitteilungsblatt der IHK, bekannt gegeben. Dabei ist es zulässig, mit Einvernehmen der Bewerber ein Foto beizufügen und die derzeitigen Aufgaben des Bewerbers in seinem Unternehmen genauer darzulegen, um ihn den Wählern vorzustellen; auf dem Stimmzettel erscheint nämlich später nur noch der Name. Wenn alle Bewerber in gleicher Weise vorgestellt werden, liegt darin auch keine Wahlwerbung, die das Wahlergebnis beeinflussen könnte. Eine unterschiedliche Darstellung stellt eine unzulässige Wahlbeeinflussung dar und kann zur Anfechtbarkeit führen. Daher ist eine standardisierte Darstellung den Bewerbern anzubieten. Soweit sie dann selbst hinter diesem Angebot zurückbleiben (weniger Angaben, geringere Bildqualität), ist eine solche Abweichung unbeachtlich, solange der Standard nicht unangemessen hoch war. Ebenso ist es unbedenklich, wenn Repräsentanten der IHK zur Teilnahme an der IHK-Wahl aufrufen und dabei nicht als Bewerber in Erscheinung treten. Dagegen ist es der IHK untersagt, Werbung für einzelne Bewerber oder eine Gruppe von ihnen zu betreiben. Besondere Zurückhaltung ist deshalb nach Veröffentlichung der Wahlvorschläge geboten. Daher bieten sich spätestens dann für Aufrufe zur Wahlbeteiligung insbesondere Ehrenpräsidenten oder Ehrenmitglieder der Vollversammlung sowie aktive, aber nicht mehr kandidierende Vollversammlungsmitglieder an. cc) Durchführung der Wahl
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Die Wahl selbst erfolgt durch Stimmzettel, welche für jede Wahlgruppe und jeden Wahlbezirk die Kandidatenliste sowie einen Hinweis auf die Anzahl der zu wählenden Bewerber enthalten. Der Wähler kennzeichnet die von ihm gewählten Bewerber dadurch, dass er deren Namen auf der Bewerberliste ankreuzt. Er
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darf höchstens so viele Bewerber ankreuzen, wie in der Wahlgruppe und im Wahlbezirk zu wählen sind. Zusätzlicher Vorkehrungen bedarf es bei der Briefwahl. Der Wähler erhält neben dem Stimmzettel und Umschlag auch noch einen „Wahlschein“, der seine Wahlberechtigung ausweist und von einem Wahlberechtigten des Unternehmens ordnungsgemäß unterzeichnet werden muss; der Wahlschein ist dann zusammen mit dem verschlossenen Wahlumschlag innerhalb der gesetzten Frist an die IHK zu übersenden. Erst nachdem die IHK die Wahlberechtigung geprüft hat, wird der verschlossene Wahlumschlag in die Urne für den betreffenden Wahlbezirk und die betreffende Wahlgruppe eingeworfen. Bei einer Briefwahl gibt es deshalb zwei Formen ungültiger Stimmabgaben: Stimmabgaben, die wegen mangelhafter Wahlscheine nicht berücksichtigt werden können, sowie Stimmzettel, die ungültig sind.
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Bei der elektronischen Wahl muss sichergestellt werden, dass der Wahlberechtigte – analog zum Wahlschein bei der Briefwahl – seine Wahlberechtigung nachweist. Hier gelten keine geringeren Anforderungen als bei der Briefwahl, wobei die Zusendung einer Kennung für das kammerzugehörige Unternehmen ausreichend ist. Weiterhin muss die mehrfache Stimmabgabe für ein Mitgliedsunternehmen ausgeschlossen sein. Wird bei einer parallelen Briefwahl und elektronischen Wahl für ein wahlberechtigtes Unternehmen sowohl ein Wahlumschlag abgeschickt als auch die elektronische Stimmabgabe vorgenommen, gilt die zuerst bei der IHK eingegangene Stimme als wirksam abgegeben, die weitere Stimme wird als unwirksam nicht berücksichtigt. Zur Kontrolle der Stimmabgabe muss auch bei der elektronischen Wahl nachgehalten werden, welche Unternehmen bereits gewählt haben. Um das Wahlgeheimnis jedoch zu wahren, müssen diese Informationen getrennt von den Stimmenergebnissen gespeichert werden.
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dd) Friedenswahl Zu einem Wahlgang kommt es immer dann, wenn mehr Bewerber vorgeschlagen sind, als zu wählen sind. Ein Wahlgang findet aber in der Regel nach den Wahlordnungen auch dann statt, wenn nur so viel Bewerber vorgeschlagen sind, wie gewählt werden müssen. Die Wahlpraxis der IHKs hat gezeigt, dass auch in diesem Falle die Bewerber, die von vornherein mit ihrer Wahl rechnen können, Rickert
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jeweils mit einer erheblichen Stimmzahl ihrer Wahlgruppe oder ihres Wahlbezirks gewählt werden. Dafür sorgt bereits das Quorum bei der Unterzeichnung der Wahlvorschläge, weil die Unterzeichner erfahrungsgemäß die von ihnen vorgeschlagenen Bewerber zu wählen pflegen. Darüber hinaus hat die Briefwahl insgesamt bei allen IHKs, die sie praktizieren, zu einer erheblichen Erhöhung der Wahlbeteiligung geführt. Bedenken, dass ein Bewerber allein mit seiner eigenen Stimme gewählt werden könnte, haben sich als theoretisch erwiesen. 74
Dagegen ist die bloße „Friedenswahl“ unzulässig, bei der nur so viele Bewerber vorgeschlagen werden, wie Sitze in der Vollversammlung für diese Wahlgruppe zu vergeben sind und die Bewerber ohne Wahlakt als gewählt gelten (zur Kommunalwahl BVerfGE 13, 1/17; zur Handwerkskammerwahl VG Freiburg GewArch 1995, 248; VGH Mannheim GewArch 1998, 65; zu § 5 Abs. 1 IHKG BVerwG GewArch 1980, 296; Groß, Wahl zur Vollversammlung, 66; anders zu § 46 Abs. 3 SGB IV BSGE 36, 242). Eine intransparente Absprache bei der Wahlvorbereitung kann die Wahlhandlung zur Legitimation von staatliche Befugnisse ausübenden Funktionsträgern nicht ersetzen (Th. Groß, Kammerverfassungsrecht in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts, 1. Aufl. 2005, 187, 201) und ist daher verfassungswidrig (Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 460; Th. Groß, Kollegialprinzip, 263). e) Wahlergebnis
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Nach Abschluss der Wahl stellt der Wahlausschuss das Wahlergebnis fest; eine öffentliche Stimmenauszählung ist – anders als im Kommunalwahlrecht (dazu OVG Koblenz DÖV 1991, 613) – im Gesetz nicht vorgesehen, gilt jedoch für die kammerzugehörigen Unternehmer gleichwohl. Die Wahlberechtigten haben einen Anspruch auf Anwesenheit bei der Stimmauszählung (Groß, Wahl zur Vollversammlung, 179; Rickert, WiVerw 2004, 153, 164). Der Wahlausschuss entscheidet bei der Briefwahl über die Ordnungsmäßigkeit der Wahlscheine und die Gültigkeit der Stimmzettel. Bei persönlicher Stimmabgabe sind die Wahlvorstände für die einzelnen Stimmbezirke für die Entscheidung über die Gültigkeit der Stimmzettel zuständig. Gewählt sind in den einzelnen Wahlgruppen und Wahlbezirken diejenigen Bewerber, welche die meisten 370
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Stimmen erhalten haben. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los, welches ein Mitglied des Wahlausschusses zieht. Wenn die Wahlordnung bei einem vorzeitigen Ausscheiden eines Vollversammlungsmitgliedes das Nachrücken eines Ersatzmannes vorsieht, fungieren die nicht gewählten Bewerber in der Reihenfolge ihrer Stimmzahlen als Ersatzmitglieder. Über den Wahlablauf und das Wahlergebnis fertigt bei der Briefwahl und der elektronischen Wahl der Wahlausschuss eine Niederschrift an, bei der persönlichen Abgabe der Wahlvorstand für jeden Stimmbezirk. Diese Niederschrift enthält alle Einzelheiten, welche für eine Überprüfung der Wahl notwendig sind. Sie wird zusammen mit den Stimmzetteln von der IHK aufbewahrt.
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Der Wahlausschuss gibt schließlich das Ergebnis der Wahl in der in der Wahlordnung festgelegten Art und Weise bekannt, was derzeit nach den aktuellen Wahlordnungen überwiegend im Mitteilungsblatt der IHK als Verkündungsorgan für alle Wahlbekanntmachungen erfolgt, teilweise aber auch von einigen Wahlordnungen in elektronischer Form vorgesehen wird (s. § 4 Rz. 42a). Es genügt dabei, wenn die gewählten Bewerber bekannt gemacht werden (vgl. auch § 100 Abs. 2 der Handwerksordnung). Eine Veröffentlichung der Einzelheiten für jede Wahlgruppe und jeden Wahlbezirk ist dagegen nicht mehr erforderlich, auch nicht über die jeweilige Zahl der Stimmberechtigten, der abgegebenen und gültigen Stimmen und die Ergebnisse der einzelnen Bewerber (VG Frankfurt/Main vom 23. 8. 2005 – 5 E 2812/04). Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf Bekanntmachungsvorschriften von Wahlordnungen zu Kommunalwahlen oder zur Bundestagswahl, da diese nicht anwendbar sind (VG Frankfurt/Main a.a.O.; allgemein zur Anwendbarkeit von Kommunalrecht auf die IHK BVerwG GewArch 2004, 331). Die in der Niederschrift des Wahlausschusses festgehaltenen Einzelheiten sind zwar nicht Gegenstand der Bekanntmachung, müssen jedoch auf Nachfrage den kammerzugehörigen Unternehmen mitgeteilt werden (Rickert, WiVerw 2004, 153, 172; so wohl auch OVG Münster GewArch 2003, 378 in der nichtveröffentlichten Kostenentscheidung). Zu diesem aus der Kammerzugehörigkeit abgeleiteten Auskunftsanspruch der Wahlberechtigten kann bei Bestehen eines Landesinformationsfreiheitsgesetzes (IFG) noch ein Jedermannsrecht auf Auskunft über die Wahlergebnisse hinzutreten (BVerwG Be-
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schluss vom 15. 10. 2007 – 7 B 9.07; OVG Münster GewArch 2007, 113). f) Wahlprüfung 78
Die Wahlordnung sieht darüber hinaus Rechtsbehelfe während des Wahlverfahrens sowie eine interne Wahlprüfung vor. aa) Rechtsbehelfe im Laufe des Wahlverfahrens
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Die Wahlordnung sieht eine Reihe von Entscheidungen des Wahlausschusses vor, die im Laufe eines Wahlverfahrens erfolgen. Der Wahlausschuss entscheidet über Anträge und Einsprüche zur Wählerliste sowie über die Zulassung oder Ablehnung eines Wahlvorschlags. Nach überwiegend vertretener Ansicht stellen diese Einzelentscheidungen im Laufe des Wahlverfahrens nicht selbständige Verwaltungsakte dar, sondern sind unselbständige Teile des Wahlverfahrens (VG Frankfurt/Main vom 23. 8. 2005 – 5 E 2812/04). Sie können dann nicht selbständig vor den Verwaltungsgerichten angefochten werden, sondern nur im Rahmen des Einspruchs gegen das Wahlergebnis oder einer späteren Klage vor den Verwaltungsgerichten. Dies entspricht der Handhabung bei den politischen Wahlen, insbesondere bei den Gemeindewahlen (VGH Hessen DVBl. 1967, 629). Vor allem aber wird diese Auslegung dem Charakter des Wahlverfahrens gerecht, weil sonst durch die Dauer von Widerspruchsverfahren und Verwaltungsstreitverfahren die weitere Durchführung der Wahl oder eines Teils von ihr gefährdet und jedenfalls wesentlich verzögert würde. Die Unanfechtbarkeit der hier behandelten Einzelentscheidungen des Wahlausschusses im Laufe des Wahlverfahrens nimmt den Antragstellern auch nicht den Rechtsschutz, weil sie diese Gründe nochmals bei ihrem Einspruch gegen das Wahlergebnis und später bei einer Klage vor den Verwaltungsgerichten anführen können und die ursprünglich beanstandeten Wahlmängel dann im Rahmen eines umfassenden Rechtsschutzes nochmals gerichtlich geprüft werden. Rechtsdogmatisch lässt sich diese Auffassung schließlich damit begründen, dass das Kammerwahlrecht zum Organisationsrecht gehört und nicht das Verwaltungshandeln – genauso wenig wie die Ausübung der Satzungsgewalt durch die IHK – betrifft.
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bb) Interne Wahlprüfung Schließlich sehen die Wahlordnungen als interne Selbstkontrolle 80 der IHK eine Wahlprüfung vor, über die der Wahlausschuss, oft aber auch sofort die Vollversammlung entscheidet. Es bürgert sich jedoch zunehmend ein, dass zunächst der Wahlausschuss über den Wahleinspruch entscheidet und erst über den Widerspruch dagegen die Vollversammlung. Das verhindert eine zweimalige Befassung der Vollversammlung und sichert eine nochmalige Überprüfung des Einspruchs durch ein anderes Gremium der IHK. Diese Zweistufigkeit ist jedoch nur möglich, soweit das Widerspruchsverfahren nicht durch Landesrecht ausgeschlossen ist (ausgeschlossen derzeit in Sachsen-Anhalt, Niedersachsen, Bayern und Nordrhein-Westfalen). Einspruchsberechtigt ist jeder wahlberechtigte Kammerzugehörige, der von einem fehlerhaften Wahlvorgang in seinem Recht, zu wählen oder gewählt zu werden, beeinträchtigt worden ist. Das gilt z.B. für einen Kammerzugehörigen, wenn er zu Unrecht nicht in die Wählerliste aufgenommen worden ist oder wenn ein von ihm unterzeichneter Wahlvorschlag zu Unrecht zurückgewiesen worden ist. Das gilt aber auch für einen Bewerber, dessen Bewerbung abgelehnt worden ist. Der Einspruch wird darüber hinaus jedem Wahlberechtigten zuzubilligen sein, der als Kammerzugehöriger ein rechtliches Interesse daran hat, dass die Wahl in allen ihren Phasen ordnungsgemäß unter Berücksichtigung aller bestehenden Vorschriften durchgeführt und nicht durch Wahlmängel beeinflusst worden ist. Durch die Wahlordnung kann jedoch das Einspruchsrecht und die Klagebefugnis auf die eigene Wahlgruppe beschränkt werden (OVG Münster GewArch 2003, 378, unveröffentlichter Teil der Urteilsgründe Seite 13). Darüber hinaus hängt es auch von den geltend gemachten Wahlmängeln ab, ob die gesamte IHK-Wahl überprüft werden muss oder nur die Wahl in der Wahlgruppe oder dem Wahlbezirk des Einsprechenden (vgl. § 100 Abs. 1 und § 101 der Handwerksordnung). Auf jeden Fall muss der Einspruch fristgerecht sein und konkrete Wahlmängel rügen (BVerfG DVBl. 1994, 41); eine generelle Nachprüfung der Wahl ist nicht erforderlich (BVerfGE 85, 148; BVerfG DVBl. 1994, 42). Es ist selbstverständlich, dass ein nichtgewählter Bewerber die von ihm erreichten Stimmzahlen auf seine Anfrage mitgeteilt erhält und dass ein Einspruchsführer, mag es sich um einen nicht gewählten Bewerber oder um einen Wähler handeln, Einsicht in Rickert
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die Protokolle des Wahlausschusses erhält, soweit er dies zur Begründung seines Einspruchs braucht. Darüber hinaus bestehen aber auch sowohl aus der Kammerzugehörigkeit als auch gegebenenfalls aus Landesinformationsfreiheitsgesetzen Ansprüche auf Information über die genauen Wahlergebnisse (s. Rz. 77). 82
Das zuständige Organ der IHK (Vollversammlung oder Wahlausschuss) prüft aufgrund des Einspruchs, ob tatsächlich ein Rechtsverstoß bei der Wahl vorgekommen ist und ob dieser Rechtsverstoß das Ergebnis der Wahl zu beeinflussen geeignet war. Ergibt sich, dass dies nicht der Fall ist oder dass auch ohne die beanstandeten Fehler ein anderes Wahlergebnis nicht hätte erzielt werden können, so ist der Rechtsbehelf des Einspruchs zurückzuweisen. Sofern dem Einspruch stattgegeben wird, ist eine – ggf. auf Wahlgruppe oder Wahlbezirk beschränkte – Neuwahl anzuordnen. Da nach inzwischen überwiegender Ansicht erstmals die Einspruchsentscheidung einen Verwaltungsakt darstellt, ist dagegen der Widerspruch gegeben (OVG Münster GewArch 2003, 378), soweit das Widerspruchsverfahren nicht durch Landesgesetz ausgeschlossen ist (siehe Rz. 80). Deshalb empfiehlt es sich bei bestehendem Widerspruchsverfahren, in der Wahlordnung die Entscheidung über den Einspruch dem Wahlausschuss, die Widerspruchsentscheidung der Vollversammlung zuzuweisen.
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Eine spezielle Streitfrage ergibt sich, wenn mit dem Einspruch die Ungültigkeit bestimmter Wahlvorschriften, deren Anwendung im vorliegenden Fall das Wahlergebnis hätte beeinflussen können, geltend gemacht wird. Wenn der Wahlausschuss für die Entscheidung über den Einspruch zuständig ist, wird man ihm nicht das Recht geben können, die Gültigkeit der von der Vollversammlung beschlossenen und von der Aufsichtsbehörde genehmigten Wahlordnung zu überprüfen. Ist dagegen die Vollversammlung selbst für die Entscheidung über den Wahleinspruch oder den Widerspruch zuständig, kann sie auch selbst die Konsequenzen aus ihren Beratungen ziehen, dem Einspruch stattgeben und gleichzeitig die Wahlordnung entsprechend ändern. g) Aufsichtsbehördliche Genehmigung der Wahlordnung
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Die Wahlordnung bedarf nach § 11 Abs. 2 der aufsichtsbehördlichen Genehmigung, um wirksam zu werden. Auch diese Genehmigung steht unter dem Grundsatz der Rechtsaufsicht. Sie kann 374
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Wahlanfechtung
also nur verweigert werden, wenn die Wahlordnung gegen das IHKG oder höherrangige gesetzliche Normen verstößt. Die Aufsichtsbehörde kann also nicht im Wege der Beanstandung eine andere Sitzverteilung fordern, weil sie etwa die wirtschaftlichen Besonderheiten oder die gesamtwirtschaftliche Bedeutung einzelner Wahlgruppen anders beurteilt als die Vollversammlung; die Aufsichtsbehörde würde sonst ihr Ermessen an die Stelle des Gestaltungsspielraums der hierzu berufenen Vollversammlung setzen. Die Aufsichtsbehörde kann von der IHK jedoch verlangen, dass sie ihr die Vorstellungen, aus denen die Sitzverteilung in der Wahlordnung hergeleitet ist, im Einzelnen darlegt. Dazu gehören dann auch etwaige statistische Unterlagen, von denen die Vollversammlung bei der Sitzverteilung ausgegangen ist. Ergibt sich daraus, dass keine sachfremden Erwägungen die Entschließung der Vollversammlung beeinflusst haben, kann die Aufsichtsbehörde eine andere Sitzverteilung nicht erzwingen. Die Rahmenvorschrift des § 5 Abs. 3 Satz 2 vertraut gerade der Vollversammlung die Entscheidung an, wie bei der Sitzverteilung zahlreiche widerstrebende, objektiv aber nicht messbare und von Fall zu Fall unterschiedlich zu bewertende Interessen auszugleichen sind. Es genügt also, dass die Vollversammlung eine vertretbare Lösung gefunden hat, auch wenn andere gleichwertige Sitzverteilungen möglich wären.
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4. Wahlanfechtung a) Anfechtung des Wahlergebnisses Da die Einzelentscheidungen des Wahlausschusses im Laufe des Wahlverfahrens nicht anfechtbar sind und die Wahlprüfung aufgrund eines Einspruchs nur eine interne Selbstkontrolle der IHK darstellt, steht den wahlberechtigten Kammerzugehörigen nach Entscheidung von Einspruch und Widerspruch die Klage vor den Verwaltungsgerichten zu. Der Charakter der Klage war lange Zeit in der Rechtsprechung umstritten (vgl. 5. Aufl. 1991, 252). Inzwischen hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass Einspruchs- und Widerspruchsentscheidungen Verwaltungsakte sind und es sich um eine Verpflichtungsklage handelt (OVG Münster GewArch 2003, 378; OVG Münster DVBl. 1981, 874, VGH Mannheim GewArch 1998, 65). Der Klageantrag geht deshalb nicht dahin, die UnRickert
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gültigkeit der Wahl festzustellen (Feststellungsklage) oder die Wahl sogar für ungültig zu erklären (Gestaltungsklage), sondern dahin, die Vollversammlung zur Ungültigkeitserklärung der Wahl zu verpflichten. In der Praxis hat sich dafür allerdings die Bezeichnung Wahlanfechtung erhalten, weil sie am treffendsten ist. 87
Eine solche Wahlanfechtung setzt voraus, dass bei der Wahl ein Rechtsverstoß erfolgt ist und dass dieser Rechtsverstoß geeignet war, das Wahlergebnis zu beeinflussen (vgl. dazu die ausdrückliche Regelung in § 103 Abs. 3 der Handwerksordnung). Ein Rechtsverstoß kann selbstverständlich auch darin liegen, dass Bestimmungen der Wahlordnung höherrangiges Recht verletzen und deshalb nichtig sind (vgl. VGH Mannheim NVwZ RR 1989, 36). Aber auch in einem solchen Fall ist es für eine Wahlanfechtung notwendig, dass diese nichtigen Bestimmungen angewendet worden sind und das Wahlergebnis beeinflusst haben konnten. Eine Wahlbeeinträchtigung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts wiederum nur gegeben, wenn der Rechtsverstoß die Sitzverteilung berühren konnte (BVerfGE 34, 203; 35, 302). Ausreichend ist die Möglichkeit einer Beeinflussung des Ergebnisses, die bei einem wesentlichen Wahlfehler anzunehmen ist (OVG Münster GewArch 2003, 378).
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Die gerichtliche Überprüfung beschränkt sich allerdings auf die im Wahleinspruch fristgerecht und substantiiert vorgetragenen Wahlmängel, soweit eine solche Präklusionswirkung in der Wahlordnung geregelt ist (OVG Münster GewArch 2003, 378). Ein Nachschieben von Einspruchsgründen ist bei Vorliegen einer wirksamen Präklusionsregelung nicht zulässig (BVerfGE 85, 148, 158; OVG Münster GewArch 2003, 378; OVG Koblenz DÖV 1992, 228, 229; VGH Mannheim DVBl. 1992, 437 und GewArch 1998, 65). b) Folgen der Ungültigerklärung einer Wahl
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Wenn eine IHK-Wahl für ungültig erklärt wird, hat – ggf. beschränkt auf eine Wahlgruppe oder einen Wahlbezirk – eine Neuwahl stattzufinden. Haben die Verwaltungsgerichte die Vollversammlung verpflichtet, eine IHK-Wahl für ungültig zu erklären, weil eine Bestimmung der Wahlordnung ungültig ist, hat die Vollversammlung zunächst die Wahlordnung entsprechend der ge-
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richtlichen Entscheidung zu ändern, bevor sie die Ungültigkeit der Wahl feststellt. Trotz der Ungültigkeit einer IHK-Wahl bleiben alle zwischenzeitlich gefassten Beschlüsse und sonstigen Maßnahmen der Vollversammlung wirksam (BVerwG GewArch 1999, 193; OVG Münster GewArch 2003, 378). Das Bundesverfassungsgericht hat in einer Reihe von Entscheidungen klargestellt, dass auch bei Ungültigerklärung einer Wahl im Interesse der Rechtssicherheit und wegen des notwendigen Vertrauensschutzes Dritter zwischenzeitliche Beschlüsse, Wahlen und sonstige Handlungen des ungültig gewählten Gremiums in ihrer rechtlichen Wirksamkeit unberührt bleiben (BVerfGE 1, 14, 38; 3, 41, 44). Dies gilt auch bei einer Wahl, die wegen verfassungswidriger Wahlvorschriften für ungültig erklärt wird (BVerfGE 34, 81/103); das ungültig gewählte Gremium ist sogar zur Änderung der Wahlordnung im Sinne der Entscheidung befugt. Praktisch wirkt damit die Ungültigkeitserklärung einer Wahl nur ex nunc (Heinrichs, Über die Rechtsfolgen fehlerhafter Wahlgesetze, NJW 1960, 1746; OVG Münster DÖV 1990, 1029).
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Selbst wenn also eine Wahlanfechtung erfolgreich sein sollte, 91 kann die Vollversammlung rechtswirksam den Präsidenten, die Vizepräsidenten sowie den Hauptgeschäftsführer wählen, aber auch Wirtschaftssatzung und Wirtschaftsplan beschließen und sonstige Maßnahmen vornehmen. Die IHK bleibt damit auch während eines solchen Rechtsstreits voll handlungsfähig (BVerwG GewArch 1999, 193; Staatsgerichtshof Bremen DVBl. 1994, 633; OVG Münster GewArch 2003, 378; VG Freiburg GewArch 1997, 423/VGH Mannheim GewArch 1998, 164). Mit der Ungültigkeitserklärung der Wahl durch die Vollversammlung tritt der Verlust des Mandats kraft Gesetzes ein, eine weitergehende Feststellung ist nicht erforderlich (OVG Münster OVGE MüLü 42, 162). Soweit die Ungültigkeit nur eine Wahlgruppe oder sogar nur einen Wahlbezirk betrifft, scheiden die betroffenen Mitglieder mit dieser Entscheidung aus der Vollversammlung aus. Wird dagegen die gesamte Wahl für ungültig erklärt, werden unterschiedliche Folgen vertreten. Teilweise wird von einer Korrektur- und Notkompetenz der alten Vollversammlung ausgegangen, die zur Vorbereitung und Durchführung der Neuwahl und zum Erlass unverzichtbarer und unverschiebbarer Beschlüsse berechtigt (Röger, in Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2004, 179, 197; Rickert
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in dieser Richtung wohl auch VG Düsseldorf vom 10. 2. 2004 – 3 K 9275/02 und 3 K 5238/03). Eine andere Auffassung geht vom Ende der Existenz des gewählten Gremiums aus (Frowein, AöR 99, 72, 108), wodurch in der Zeit zwischen der Ungültigerklärung der Wahl und der konstituierenden Sitzung der neuen Vollversammlung das Präsidium bei satzungsrechtlich geregelter Eilkompetenz die erforderlichen Entscheidungen treffen müsste, anderenfalls eine Handlungsunfähigkeit der IHK gegeben wäre. Schon aus diesem Grund ist der Korrektur- und Notkompetenz der ungültig gewählten Vollversammlung der Vorrang zu geben.
5. Ehrenamtliche Tätigkeit a) Mitgliedschaft in der Vollversammlung 92
Die Mitgliedschaft in der Vollversammlung ist eine ehrenamtliche Aufgabe. Die Mitglieder der Vollversammlung sind nicht Ehrenbeamte und stehen auch nicht im öffentlichen Dienst, aber in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Verhältnis zur IHK, wofür sich die Bezeichnung „Organwalter“ eingebürgert hat. Damit ist auch eine begriffliche Trennung von dem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis des Beamten und von dem Amtsträger im strafrechtlichen Sinne gesichert. Da das IHKG – anders als die Handwerksordnung in § 94 – keine gesetzlichen Bestimmungen kennt, welche zur Übernahme eines solchen Ehrenamtes verpflichten, ist davon auszugehen, dass das Ehrenamt freiwillig übernommen wird und auch jederzeit niedergelegt werden kann.
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Für eine ehrenamtliche Tätigkeit wird – wie schon der Begriff und seine Geschichte besagen – keine Vergütung geleistet. Die Satzungen der IHKs legen lediglich fest, ob und in welchem Umfang die Mitglieder der Vollversammlung und der Ausschüsse Anspruch auf Erstattung barer Auslagen haben, die ihnen bei der Erledigung einzelner Aufträge entstehen. Für die Mitwirkung in der Vollversammlung und in den Ausschüssen wird keine Entschädigung gezahlt, nicht einmal eine Aufwandsentschädigung und auch kein Verdienstausfall (Ausnahme: Berufsbildungsausschuss – § 77 Abs. 3 Satz 2 BBiG).
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§5
Ehrenamtliche Tätigkeit
b) Schweigepflicht In der Satzung der IHK wird den Mitgliedern der Vollversammlung und der Ausschüsse eine Schweigepflicht auferlegt für Vorgänge, die ausdrücklich als vertraulich bezeichnet werden oder die ihrer Natur nach vertraulich sind. Eine Sanktion bei einer Verletzung der Schweigepflicht fehlt jedoch. Die Vollversammlungsmitglieder sind nicht „Amtsträger“ im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB, weil sie eine körperschaftsinterne Aufgabe als Beschlussorgan erfüllen und Dritten gegenüber nicht als Träger öffentlicher Verwaltung in Erscheinung treten (BGH NJW 1983, 2509; Schröder, Zum Begriff des Amtsträgers, NJW 1984, 2510). Ihre Stellung ist eher der eines Parlamentariers vergleichbar, da sie nicht in interne Behördenstrukturen mit Weisungsrecht eingebunden sind, sondern in freier Ausübung ihres Mandats selbstbestimmt tätig werden (BGH NJW 2006, 2050, 2053; Trüg, BeckOK StGB § 11 Rn 28). Ebenso wenig fallen die Vollversammlungsmitglieder unter § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB, weil sie nicht „für den öffentlichen Dienst verpflichtet“ werden (Gesetz über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen i.d.F. von Art. 42 EG StGB; vgl. dazu Zechlin, BB 1982, 439). Damit entfallen die Voraussetzungen für alle einschlägigen Straftatbestände (§§ 133 Abs. 3, 201 Abs. 3, 203 Abs. 2, 4 und 5, 204, 331 Abs. 1, 332 Abs. 1 und 353b StGB). Schließlich hat auch die Vollversammlung keine Möglichkeit, durch Beschluss eine Entfernung eines Vollversammlungsmitgliedes, das gegen die Schweigepflicht verstoßen hat, zu beschließen. Insofern bleibt die Schweigepflicht eine lex imperfecta. Dagegen ist eine Schadensersatzpflicht nicht ausgeschlossen (BVerwG NVwZ 1996, 1103 – bei Aufgabenüberschreitung eines ASTA; vgl. auch § 43 Abs. 4 GO NW).
94
c) Interessenkollision Auch wenn das IHKG eine ausdrückliche Vorschrift nicht enthält und die Satzung keine Regelung dafür vorsehen sollte, gilt für die Vollversammlungsmitglieder der allgemein aus § 181 BGB übernommene, auch im öffentlichen Recht wirksame Grundsatz, dass bei Interessenkollisionen die Ausübung der mit einem Amt verbundenen Befugnisse nicht statthaft ist. Eingehend regelt diesen Ausschluss für das Verwaltungsverfahren § 20 der Verwaltungsverfahrensgesetze, insbesondere den Grad der Zusammengehörigkeit und Verwandtschaft. Diese Bestimmung kann analog auf die Rickert
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95
§6
Präsident, Präsidium
Vollversammlung und das Präsidium als Beschlussorgane angewandt werden. Das Kommunalrecht kann zwar nicht analog angewandt oder zur Auslegung des IHKG herangezogen (BVerwG GewArch 2004, 331), ihm können jedoch allgemein geltende Rechtsgedanken entnommen werden. Insoweit kann auf ähnliche Vorschriften verwiesen werden, die sich auch in den Gemeindeordnungen finden (vgl. Art. 49 GO Bayern). Ein Mitglied der Vollversammlung oder des Präsidiums kann deshalb bei einem Beschluss, der beispielsweise ihn selbst, sein Unternehmen oder seine eigenen Angehörigen unmittelbar betrifft, nicht mitwirken. Er ist also verhindert, an der Beschlussfassung teilzunehmen, wenn etwa ein Bau- oder Druckauftrag an seine Firma oder an ein von einem seiner Kinder betriebenes Unternehmen erteilt werden soll. Das gilt jedoch nicht für Wahlen und solche Beschlüsse, die mit jedem Kammerzugehörigen auch die Mitglieder der Vollversammlung treffen (z.B. Beschlussfassung über Grundbeiträge und Umlage).
6
(1) Die Vollversammlung wählt aus ihrer Mitte den Präsidenten (Präses) und die von der Satzung zu bestimmende Zahl von weiteren Mitgliedern des Präsidiums. (2) Der Präsident (Präses) ist der Vorsitzende des Präsidiums. Er beruft die Vollversammlung ein und führt in ihr den Vorsitz. Rz.
Rz.
1. Organe der IHK . . . . . . . . . . . .
1
2. Präsident. . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
a) Aufgaben des Präsidenten . . . 13 b) Aufgaben des Präsidiums . . . . 15
3. Präsidium . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 4. Aufgaben von Präsident und Präsidium . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
5. Verhältnis der IHK-Organe zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
1. Organe der IHK 1
Die Aufgaben der Industrie- und Handelskammern werden ebenso wie bei anderen öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltungskörperschaften – z.B. den Gemeinden – von den gesetzlich festgelegten 380
Rickert
§6
Präsident, Präsidium
Vollversammlung und das Präsidium als Beschlussorgane angewandt werden. Das Kommunalrecht kann zwar nicht analog angewandt oder zur Auslegung des IHKG herangezogen (BVerwG GewArch 2004, 331), ihm können jedoch allgemein geltende Rechtsgedanken entnommen werden. Insoweit kann auf ähnliche Vorschriften verwiesen werden, die sich auch in den Gemeindeordnungen finden (vgl. Art. 49 GO Bayern). Ein Mitglied der Vollversammlung oder des Präsidiums kann deshalb bei einem Beschluss, der beispielsweise ihn selbst, sein Unternehmen oder seine eigenen Angehörigen unmittelbar betrifft, nicht mitwirken. Er ist also verhindert, an der Beschlussfassung teilzunehmen, wenn etwa ein Bau- oder Druckauftrag an seine Firma oder an ein von einem seiner Kinder betriebenes Unternehmen erteilt werden soll. Das gilt jedoch nicht für Wahlen und solche Beschlüsse, die mit jedem Kammerzugehörigen auch die Mitglieder der Vollversammlung treffen (z.B. Beschlussfassung über Grundbeiträge und Umlage).
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(1) Die Vollversammlung wählt aus ihrer Mitte den Präsidenten (Präses) und die von der Satzung zu bestimmende Zahl von weiteren Mitgliedern des Präsidiums. (2) Der Präsident (Präses) ist der Vorsitzende des Präsidiums. Er beruft die Vollversammlung ein und führt in ihr den Vorsitz. Rz.
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1. Organe der IHK . . . . . . . . . . . .
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2. Präsident. . . . . . . . . . . . . . . . . .
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a) Aufgaben des Präsidenten . . . 13 b) Aufgaben des Präsidiums . . . . 15
3. Präsidium . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 4. Aufgaben von Präsident und Präsidium . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
5. Verhältnis der IHK-Organe zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
1. Organe der IHK 1
Die Aufgaben der Industrie- und Handelskammern werden ebenso wie bei anderen öffentlich-rechtlichen Selbstverwaltungskörperschaften – z.B. den Gemeinden – von den gesetzlich festgelegten 380
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§6
Organe der IHK
Organen wahrgenommen (Kluth/Goltz, GewArch 2003, 265). Jedes Organ handelt im Rahmen seiner im Gesetz oder in der Satzung festgelegten Zuständigkeit; es hat die Zuständigkeiten anderer Organe der IHK zu respektieren, um damit den organisationsrechtlichen Entscheidungen des Gesetz- bzw. Satzungsgebers Rechnung zu tragen und die übertragenen Verantwortlichkeiten nicht zu verwischen. Das Gesetz zählt die Organe der IHK nicht ausdrücklich auf, was aber auch nicht notwendig ist; die Organqualität ergibt sich aus den durch das Gesetz oder die Satzung zugewiesenen Wahrnehmungszuständigkeiten für die IHK (zum Organbegriff vgl. Erichsen, § 7 A 4). In diesem Sinne ist die Vollversammlung gem. § 4 das oberste Beschlussorgan der IHK; sie wählt außerdem den Präsidenten und die Mitglieder des Präsidiums (§ 6) und bestellt den Hauptgeschäftsführer (§ 7). Die Organstellung von Präsident und Hauptgeschäftsführer ergibt sich aus § 7 Abs. 2, der ihre rechtsgeschäftliche und gerichtliche Vertretungsmacht regelt; sie verschaffen der IHK Handlungsfähigkeit nach außen und sind damit für den Organbegriff typische sich aus dem Organisationsrecht ergebende Handlungssubjekte der IHK (Erichsen, § 7 A 4). Die Organeigenschaft des Präsidiums ergibt sich aus den Satzungen, die den Präsidien in der Regel die Zuständigkeit für alle Entscheidungen und Beschlüsse zuweisen, welche das Gesetz und die Satzungen nicht ausdrücklich den Vollversammlungen vorbehalten. Ebenso ist der Berufsbildungsausschuss nach §§ 77 ff. BBiG ein Organ der IHK, weil er gem. § 79 BBiG bestimmte Rechte erhalten hat, insbesondere die Zuständigkeit für den Erlass von statutarischem Recht auf dem Gebiet der Berufsbildung gem. § 79 Abs. 4 BBiG. Schließlich sind auch die Prüfungsausschüsse nach dem Berufsbildungsgesetz (§§ 39 ff., 56 und 62 BBiG) IHK-Organe, weil sie im Namen der IHK Entscheidungen treffen. Durch das Satzungsrecht der IHK könnten auch weitere Organe geschaffen werden, wobei nicht die Bezeichnung, sondern die übertragenen Aufgaben dafür maßgebend sind (Kluth/Goltz, GewArch 2003, 265, 266); das ist nur ausnahmsweise der Fall.
2
Das Vorhandensein mehrerer IHK-Organe mit unterschiedlichen Kompetenzen führt dazu, dass – ebenso wie im Kommunalverfassungsrecht – ein körperschaftsinterner Organstreit möglich ist (Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 61 Rz. 10 und § 78 Rz. 12; Erichsen, § 7 C; Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 6. Aufl. 2005
3
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§6
Präsident, Präsidium
§ 21; Hoppe, NJW 1980, 1017). Ein solcher Organstreit ist auch zwischen den Organen einer IHK möglich (OVG Münster GewArch 2003, 255; OVG Münster GewArch 1990, 136); beispielsweise könnte die Vollversammlung festgestellt wissen wollen, dass der Präsident oder Hauptgeschäftsführer seine Befugnisse überschritten habe oder der von der Vollversammlung gewählte Hauptgeschäftsführer könnte sich gegen seine Abberufung zur Wehr setzen wollen. Gleichfalls kann ein Organmitglied im Wege des Organstreitverfahrens eigene Rechte gegenüber einem Organ der IHK geltend machen; beispielsweise das Vollversammlungsmitglied gegen den Präsidenten auf Auskunft (OVG Münster GewArch 2003, 255 – im konkreten Fall jedoch mangels Anspruch im Ergebnis erfolglos, s. BVerwG GewArch 2004, 331) oder das Präsidiumsmitglied gegen die Vollversammlung zur Feststellung der Unwirksamkeit der eigenen Abwahl (VG Frankfurt am Main vom 15. 11. 2007 – 5 E 777/07). Keines der Organe der IHK ist Behörde im Sinne des Verwaltungsrechts, sondern die IHK selbst (vgl. § 3 Rz. 7).
2. Präsident 4
Der Präsident wird aus der Mitte der Vollversammlung gewählt. Er muss also Vollversammlungsmitglied sein und damit die Voraussetzungen erfüllen, die in Gesetz und WO für die Wahl zur Vollversammlung enthalten sind. Er muss wenigstens 18 Jahre alt sowie kammerzugehöriger Unternehmer oder gesetzlich für ein kammerzugehöriges Unternehmen vertretungsberechtigt sein. Ebenso kann ein Prokurist oder ein besonders bestellter Bevollmächtigter (vgl. § 5 Rz. 18/19) Präsident einer IHK werden. Schließlich sind auch die mittelbar gewählten Vollversammlungsmitglieder (vgl. § 5 Rz. 40) zu erwähnen, die mit demselben Recht wie die unmittelbar gewählten zum Präsidenten oder in das Präsidium gewählt werden können (vgl. § 5 Rz. 42).
5
Durch die Satzung könnte allerdings vorgeschrieben werden, dass zum Präsidenten (oder auch zum Mitglied des Präsidiums) nur gewählt werden kann, wer ein höheres Lebensalter als 18 Jahre hat, das nach § 5 Abs. 2 für das aktive und passive Wahlrecht vorgesehen ist. Die Satzung könnte auch die Wahl zum Präsidenten auf deutsche Staatsangehörige beschränken, ohne gegen die EG-Richtlinien zum Niederlassungsrecht oder das Europäische Niederlas382
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§6
Präsident
sungsabkommen zu verstoßen; in allen diesen Vorschriften werden nämlich Vorbehalte für die Wählbarkeit von Angehörigen anderer EG-Mitgliedstaaten gemacht, soweit das Amt – wie auch beim Präsidenten einer IHK – zur Ausübung öffentlicher Gewalt ermächtigt. Solche Einschränkungen der Wählbarkeit zum Präsidenten kommen jedoch in der Praxis nicht vor. Die Satzung kann auch vorsehen, dass ein Präsident nur einmal wieder gewählt werden kann, also insgesamt nur zwei Amtszeiten als Präsident amtieren darf. Ebenso könnte die Satzung ein Höchstalter für die Wahl zum Präsidenten vorschreiben, auch wenn der Präsident weiterhin der Vollversammlung angehört. Steht die Satzung einer Wiederwahl entgegen, so sind die Betreffenden nicht zum Präsidenten wählbar. Ihre Mitgliedschaft in der Vollversammlung bleibt unberührt.
6
Die Bestimmung, dass der Präsident aus der Mitte der Vollversammlung gewählt wird, hat auch rechtliche Konsequenzen für die Beendigung seines Amtes. Fallen die Voraussetzungen seiner Wählbarkeit zur Vollversammlung weg, so endet mit der Mitgliedschaft in der Vollversammlung auch sein Amt als Präsident vorzeitig. Ist der Eintritt dieser Folge für die Mitgliedschaft zur Vollversammlung an einen Beschluss der Vollversammlung gebunden, der diese Voraussetzungen feststellen muss, so gilt die Beendigung des Amtes wie des Mandats erst für den Zeitpunkt dieses Beschlusses. Die Satzung sieht jedoch in der Regel vor, dass Präsident und Präsidium bis zur Wahl ihrer Nachfolger im Amt bleiben; die IHK ist berechtigt, die Kontinuität ihrer Organe auf diese Weise zu sichern. Falls die IHK eine notwendige Neuwahl über Gebühr hinauszögern sollte, könnte die Rechtsaufsichtsbehörde eingreifen.
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Die im Gesetz gewählten Bezeichnungen „Präsident“ und „Präsidium“ dienen nur der Funktionsbestimmung. Sie bieten keine Vorschrift für die ausschließliche Anwendbarkeit dieser Bezeichnung. Durch die Satzung einer IHK könnten also Organe, welche die Funktionen von Präsident und Präsidium ausüben, anders bezeichnet werden (z.B. als Vorstand und Vorsitzender des Vorstandes). Durch den in der Ausschussvorlage eingefügten Klammerzusatz „Präses“ hat das Gesetz diese Möglichkeit angedeutet, ohne damit aber die rechtlich zulässigen Bezeichnungen auf Präsident und Präses zu beschränken.
8
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§6
Präsident, Präsidium
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Der Präsident ist nicht nur Organ der IHK, sondern auch Amtsträger i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 lit. c StGB, weil er – insbesondere bei der rechtsgeschäftlichen Vertretung der IHK, aber auch bei hoheitlichen Aufgaben – Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt.
10
Die in der Vollversammlung vorgenommenen Wahlen des Präsidenten und des Präsidiums sind als Maßnahme zwischen zwei Organen und Organteilen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts keine Verwaltungsakte i.S.v. § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), da sie nicht auf Außenwirkung gerichtet sind (Stelkens/Bonk/Sachs, Kommentar VwVfG, 6. Aufl. 2001, § 35 Rz. 119; Kopp/Schenke, Kommentar VwGO, 14. Aufl. 2005, Anh. § 42 Anm. 86). Daher können Wahl und Abwahl auch nicht mit der Anfechtungsklage angefochten werden, sondern nur im Wege des Organstreitverfahrens als Leistungsklage oder auch als Feststellungsklage (VG Frankfurt am Main vom 15. 11. 2007 – 5 E 777/07).
10a
Hinsichtlich der Abberufung gelten zunächst die Regelungen in der Satzung. Ist die Abwahl nicht in der Satzung geregelt, gibt es unterschiedliche Auffassungen, unter welchen Voraussetzungen sie vor Ablauf der Wahlperiode zulässig ist. Teilweise wird vertreten, dass es allgemeinen demokratischen Grundsätzen entspreche, gewählte Amtsinhaber grundsätzlich abberufen zu können, wenn sie die Unterstützung der Mehrheit des Gremiums verlieren, das ihre Amtsführung legitimiert (vgl. hierzu Groß, Kammerverfassungsrecht in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts, 1. Aufl. – 2005, 187, 194). Von der Rechtsprechung wird derzeit die vorzeitige Abwahl ohne Satzungsregelung grundsätzlich ausgeschlossen (VG Frankfurt am Main vom 15. 11. 2007 – 5 E 777/07) und nur aus wichtigem Grund eventuell zugelassen. In jedem Fall würde dies hohe Anforderungen voraussetzen. Differenzen zwischen Präsident und Präsidium oder zwischen Präsident und Vollversammlung allein sind ebenso wenig ausreichend wie fehlendes Vertrauen. Erst wenn die Arbeits- und Handlungsfähigkeit der IHK nicht mehr gegeben oder aus vergleichbarem Grund ein Verbleiben im Amt bis zum Ende der Wahlperiode nicht mehr zumutbar ist, geht die Rechtsprechung offensichtlich von der Zulässigkeit einer vorzeitigen Abwahl aus (VG Frankfurt am Main vom 15. 11. 2007 – 5 E 777/07).
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§6
Aufgaben von Präsident und Präsidium
3. Präsidium Für die Wählbarkeit in das Präsidium enthält das Gesetz keine be- 11 sonderen Vorschriften. Auch Präsidiumsmitglieder müssen aus der Mitte der Vollversammlung gewählt werden, also Vollversammlungsmitglieder sein. Die sachlichen und persönlichen Voraussetzungen, die für die Wahl zum Präsidenten und für die vorzeitige Beendigung dieses Amtes gelten, sind auch für die übrigen Mitglieder des Präsidiums maßgeblich. Die Satzung kann für die Verteilung der Präsidialsitze auf Wahlgruppen und Wahlbezirke Vorschriften enthalten. Sie kann auch die Möglichkeit einer Wiederwahl zum Präsidenten wie zum Präsidium beschränken. Auch hierin liegt eine mögliche Wahrnehmung von autonomen Gestaltungsrechten, wie sie dem Wesen der Selbstverwaltung entsprechen. Für die Abwahl von Präsidiumsmitgliedern gelten dieselben Voraussetzungen wie für den Präsidenten (s. Rz. 10a). Die Mitgliedschaft im Präsidium ist ebenso wie die Mitgliedschaft zur Vollversammlung ein Ehrenamt; die Inhaber dieses Ehrenamtes sind nicht Beamte. Hierzu sowie über die Verschwiegenheitspflicht, den Anspruch auf Ersatz von Auslagen sowie die Bewilligung einer Aufwandsentschädigung s. § 5 Rz. 93.
12
Die Mitglieder des Präsidiums sind – ebenso wie die Mitglieder der Vollversammlung – Organwalter (zum Begriff Erichsen, § 7 A 5 Fn. 271), jedoch keine Amtsträger i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB, weil sie nur körperschaftsinterne Aufgaben als Beschlussorgan wahrnehmen und nicht nach außen in Erscheinung treten (siehe § 5 Rz. 94).
4. Aufgaben von Präsident und Präsidium a) Aufgaben des Präsidenten Der Präsident ist der ehrenamtliche Repräsentant der IHK. Das Gesetz führt als Aufgabe des Präsidenten nur den Vorsitz in der Vollversammlung an, deren Mitglied er bleibt, sowie die Einberufung der Vollversammlung. Soweit nicht Satzung oder Geschäftsordnung dem Präsidenten in der Einberufung der Vollversammlung und deren Leitung Bindungen auferlegen (z.B. Antrag auf Einberufung seitens einer Minderheit, Einberufungsfristen, Erteilung oder Entziehung des Wortes etc.), übt der Präsident seine Rickert
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§6
Präsident, Präsidium
Funktion nach pflichtgemäßem Ermessen aus. Er hat die Arbeit der Vollversammlung sicherzustellen und die nach geltendem Recht erforderlichen Beschlüsse der Vollversammlung sowie eine demokratische Beratung dieser Materien zu gewährleisten. Handelt er seinen Verpflichtungen zuwider, so kann die Vollversammlung das durch entsprechende Beschlüsse rügen und – wenn der Präsident nicht entsprechend den Vorgaben der Vollversammlung handelt – ihn aus seinem Amt abwählen. Daneben kann auch die Aufsichtsbehörde ggf. für ein ordnungsgemäßes Funktionieren der IHK-Organe Sorge tragen. 14
Als weitere Aufgabe des Präsidenten ergibt sich aus § 7 Abs. 2, dass er – gemeinsam mit dem Hauptgeschäftsführer – die rechtsgeschäftliche und gerichtliche Vertretung der IHK wahrnimmt. Damit ist der Präsident auch an allen wesentlichen Einzelvorgängen beteiligt, soweit sie nicht gemäß der Satzung zu den laufenden Geschäften und damit zu den Aufgaben des Hauptgeschäftsführers gehören. Insbesondere sehen die Satzungen vor, dass der Präsident Dienstverträge bei der Einstellung von Geschäftsführern mitunterzeichnet, also auch an diesen wichtigen personalpolitischen Entscheidungen einer IHK mitwirkt. Die Arbeitgeberfunktion gegenüber den Mitarbeitern der IHK nimmt dagegen der Hauptgeschäftsführer wahr. Der Präsident ist auch nicht Vorgesetzter des Hauptgeschäftsführers. Im Übrigen wird die Satzung zu regeln haben, ob und welche anderen Aufgaben vom Präsidenten wahrzunehmen sind (z.B. den Vorsitz in bestimmten Ausschüssen). b) Aufgaben des Präsidiums
15
Das Präsidium ist ein Beschlussorgan, dessen Kompetenzen sich im Einzelnen aus der Satzung ergeben müssen. Die Kompetenzen kommen dabei dem Gesamtgremium unter der Leitung des Präsidenten zu, nicht jedoch seinen Einzelmitgliedern. Hauptaufgabe des Präsidiums ist die Unterstützung des Präsidenten, vor allem bei der Vorbereitung der Vollversammlungen und den dort zu beschließenden Statuten sowie den Richtlinien für die Kammerarbeit. Im Präsidium wird also die wichtigste sachliche Vorarbeit in allen Grundsatzfragen der IHK geleistet. Nach der Satzung wirkt das Präsidium insbesondere bei der Vorbereitung des alljährlichen Wirtschaftsplanes mit, hat aber auch über die Zusage von 386
Rickert
§6
Verhältnis der IHK-Organe zueinander
Altersversorgungen an Mitarbeiter der IHK zu entscheiden. In der Regel bereitet es auch den Vorschlag für die Bestellung eines neuen Hauptgeschäftsführers vor. Dem Präsidium kann in der Satzung der IHK auch – mit Ausnahme der in § 4 aufgeführten Fälle – der Erlass von Rechtsvorschriften übertragen werden, z.B. im Bereich des Sachverständigenwesens. Auch kann die Satzung eine Eilkompetenz des Präsidiums vorsehen, unter den bereits genannten Voraussetzungen Entscheidungen an Stelle der Vollversammlung zu treffen, die dann jedoch dieser mitgeteilt oder von dieser bestätigt werden müssen. Die Satzung hat hier einen relativ weiten Gestaltungsspielraum, inwieweit sie das Präsidium in die Grundsatzarbeit der IHK mit Mitwirkungs- und Entscheidungsrechten einschalten will. Die im Gesetz festgelegten Befugnisse anderer Organe dürfen jedoch nicht eingeschränkt werden.
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5. Verhältnis der IHK-Organe zueinander Jedes Organ der IHK nimmt die ihm durch Gesetz oder Satzung 17 zugewiesenen Aufgaben wahr, ohne dass zwischen ihnen ein Über- oder Unterordnungsverhältnis bestände oder dass es etwa ein Weisungsrecht gäbe. Schon der Organbegriff schließt ein Weisungsrecht gegenüber anderen Organen mit eigenem Wirkungskreis aus. Wohl können Vollversammlung und Präsidium im Rahmen ihrer Zuständigkeit Beschlüsse fassen, welche die Geschäftsführung zur Durchführung verpflichten. Aufgabe des Präsidenten (oder nach der Satzung auch des Präsidiums) ist es dann, die ordnungsmäßige Durchführung dieser Beschlüsse durch die Geschäftsführung zu überwachen. Zu diesem Zweck können Präsident oder Präsidium von der Geschäftsführung Auskunft über alle für ihre Beschlüsse notwendigen Vorgänge verlangen, soweit nicht spezielle Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitsvorschriften bestehen (z.B. § 30 AO oder bei Personalakten). Auf der anderen Seite hat der Hauptgeschäftsführer – ähnlich wie der Bürgermeister im Kommunalrecht (vgl. § 54 Abs. 2 GO NW) – die Pflicht, auf die Rechtmäßigkeit des Handelns der IHK zu achten; Beschlüsse der Vollversammlung oder des Präsidiums, die mit der Rechtsordnung oder dem Satzungsrecht, insbesondere mit dem Wirtschaftsplan und dem Finanzstatut, nicht vereinbar sind, hat er zu beanstanden (vgl. § 7 Rz. 3 f.). Das Verhältnis von VollverRickert
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§7
Hauptgeschäftsführer
sammlung, Präsidium und Hauptgeschäftsführer ist also auch durch eine Aufgaben- und Funktionsteilung und eine gegenseitige Kontrolle gekennzeichnet (vgl. dazu Erichsen, § 7 A 3). 18
Aus diesen Ausführungen ergibt sich auch, dass das Präsidium nicht etwa mit der Stellung eines Aufsichtsrats in einer Kapitalgesellschaft zu vergleichen ist; insbesondere hat das Präsidium keine allgemeine Überwachungsaufgabe. Entscheidend bleibt vielmehr die vertrauensvolle Zusammenarbeit der IHK-Organe als Voraussetzung für ein erfolgreiches Wirken der IHK.
19
Dem Grundsatz eines allgemeinen Verwaltungsprinzips entspricht es, dass Präsident und Präsidium nach Ablauf ihrer Amtszeit die Geschäfte bis zur Neuwahl weiter ausüben; das würde auch dann gelten, wenn eine entsprechende Regelung nicht ausdrücklich in Satzung oder Geschäftsordnung getroffen worden ist.
7
(1) Die Vollversammlung bestellt den Hauptgeschäftsführer.
(2) Präsident (Präses) und Hauptgeschäftsführer vertreten nach näherer Bestimmung der Satzung die Industrie- und Handelskammer rechtsgeschäftlich und gerichtlich. Rz.
Rz.
1. Rechtliche Stellung des Hauptgeschäftsführers . . . . .
1
3. Vertretung der Industrieund Handelskammer . . . . . . . 12
2. Bestellung des Hauptgeschäftsführers . . . . . . . . . . .
6
4. Geschäftsführer und Mitarbeiter der IHK . . . . . . . . . . . . 17
1. Rechtliche Stellung des Hauptgeschäftsführers 1
Der Hauptgeschäftsführer (HGF) wird vom IHKG nicht ausdrücklich als Organ der IHK bezeichnet. Für ihn ergibt sich die Organstellung aber aus seinen gesetzlichen Aufgaben, insbesondere aus § 7 Abs. 2 und seiner Bestellung durch die Vollversammlung. § 7 Abs. 2 weist dem Hauptgeschäftsführer die Aufgabe zu, die Geschäfte der IHK zu führen und die IHK zusammen mit dem Prä388
Rickert
§7
Hauptgeschäftsführer
sammlung, Präsidium und Hauptgeschäftsführer ist also auch durch eine Aufgaben- und Funktionsteilung und eine gegenseitige Kontrolle gekennzeichnet (vgl. dazu Erichsen, § 7 A 3). 18
Aus diesen Ausführungen ergibt sich auch, dass das Präsidium nicht etwa mit der Stellung eines Aufsichtsrats in einer Kapitalgesellschaft zu vergleichen ist; insbesondere hat das Präsidium keine allgemeine Überwachungsaufgabe. Entscheidend bleibt vielmehr die vertrauensvolle Zusammenarbeit der IHK-Organe als Voraussetzung für ein erfolgreiches Wirken der IHK.
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Dem Grundsatz eines allgemeinen Verwaltungsprinzips entspricht es, dass Präsident und Präsidium nach Ablauf ihrer Amtszeit die Geschäfte bis zur Neuwahl weiter ausüben; das würde auch dann gelten, wenn eine entsprechende Regelung nicht ausdrücklich in Satzung oder Geschäftsordnung getroffen worden ist.
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(1) Die Vollversammlung bestellt den Hauptgeschäftsführer.
(2) Präsident (Präses) und Hauptgeschäftsführer vertreten nach näherer Bestimmung der Satzung die Industrie- und Handelskammer rechtsgeschäftlich und gerichtlich. Rz.
Rz.
1. Rechtliche Stellung des Hauptgeschäftsführers . . . . .
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3. Vertretung der Industrieund Handelskammer . . . . . . . 12
2. Bestellung des Hauptgeschäftsführers . . . . . . . . . . .
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4. Geschäftsführer und Mitarbeiter der IHK . . . . . . . . . . . . 17
1. Rechtliche Stellung des Hauptgeschäftsführers 1
Der Hauptgeschäftsführer (HGF) wird vom IHKG nicht ausdrücklich als Organ der IHK bezeichnet. Für ihn ergibt sich die Organstellung aber aus seinen gesetzlichen Aufgaben, insbesondere aus § 7 Abs. 2 und seiner Bestellung durch die Vollversammlung. § 7 Abs. 2 weist dem Hauptgeschäftsführer die Aufgabe zu, die Geschäfte der IHK zu führen und die IHK zusammen mit dem Prä388
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§7
Rechtliche Stellung des Hauptgeschäftsführers
sidenten rechtsgeschäftlich und gerichtlich zu vertreten. Das Gesetz überträgt ihm damit bestimmte Wahrnehmungsfunktionen, was für die Organqualität typisch ist (Kluth/Goltz, GewArch 2003, 265, 266; vgl. § 6 Rz. 2). Der Hauptgeschäftsführer ist ein Organ der IHK mit eigenen Rechten und Pflichten, also mit einem eigenen gesetzlichen Wirkungskreis, und einer – wie Präsident und Präsidium – direkt von der Vollversammlung abgeleiteten Legitimation. Er führt – wie schon der Begriff sagt – die Geschäfte der IHK und ist für die ordnungsgemäße Erfüllung der Kammeraufgaben verantwortlich. Als Leiter der Geschäftsstelle der IHK ist er der Vorgesetzte der übrigen Mitarbeiter der IHK und Dienststellenleiter im Sinne des Personalvertretungsrechts. Ebenso ist er der Beauftragte für die Wirtschaftsprüfung (§ 18 Finanzstatut). Er bedarf einer eigenen Entlastung, insbesondere hinsichtlich seiner Wirtschaftsführung.
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Die Geschäftsführungsfunktion verpflichtet den Hauptgeschäftsführer, die Meinungsbildung und Entscheidung der anderen Organe der IHK vorzubereiten. Dabei ist er zur Darlegung wirtschaftlicher wie auch insbesondere rechtlicher Bedenken berechtigt und verpflichtet. Deshalb hat er auch kraft Amtes ein Teilnahmerecht an allen Sitzungen von Vollversammlung, Präsidium und Ausschüssen. Bei rechtlichen Bedenken kann er seine Mitwirkung verweigern, auch wenn – etwa im Falle der rechtsgeschäftlichen Vertretung – damit eine verbindliche Willenserklärung oder Äußerung der IHK unmöglich würde.
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Im Übrigen ist der Hauptgeschäftsführer als Organ der IHK an die Beschlüsse der Vollversammlung und des Präsidiums, soweit es Beschlussfunktionen hat, gebunden. Er hat sie ordnungsgemäß durchzuführen. Dies gilt für alle Grundsatzbeschlüsse der Vollversammlung und des Präsidiums über die Richtlinien zur Kammerarbeit, vor allem auch für die Durchführung des Wirtschaftsplanes. Der Hauptgeschäftsführer unterliegt der Kontrolle durch die Vollversammlung und – soweit satzungsrechtlich vorgesehen – des Präsidiums.
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Der Hauptgeschäftsführer ist nicht nur Organ der IHK, sondern auch Amtsträger i.S.v. § 11 Abs. 1 Nr. 2b StGB.
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Die Bezeichnung „Hauptgeschäftsführer“ ist eine Funktionsangabe und schließt – ebenso wie bei den Bezeichnungen Präsident Rickert
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§7
Hauptgeschäftsführer
oder Präses – die Wahl anderer Bezeichnungen nicht aus, etwa Erster Syndikus.
2. Bestellung des Hauptgeschäftsführers 6
Die Stellung des Hauptgeschäftsführers in der Industrie- und Handelskammer ist dadurch hervorgehoben, dass er sich auf ein Mandat der demokratisch gewählten Vollversammlung berufen kann. Gegenüber Präsident und Präsidium soll ihm Unabhängigkeit dadurch gegeben werden, dass er – genau wie diese selbst – die Grundlage seines Wirkens im Vertrauen der Vollversammlung findet. Präsident, Präsidium oder Vollversammlung sind weder Dienstvorgesetzte (ein beamtenrechtlicher Begriff) noch Vorgesetzte des Hauptgeschäftsführers, sondern jeweils andere Organe der IHK mit eigenen Kompetenzen. Der Hauptgeschäftsführer ist ihnen für die ordnungsgemäße Führung der Geschäfte der IHK und für die Durchführung ihrer Beschlüsse quasi-parlamentarisch verantwortlich, aber nicht weisungsgebunden.
7
Die Bestellung des Hauptgeschäftsführers durch die Vollversammlung ist ein Verwaltungsakt (OVG Lüneburg vom 20. 11. 2008 – 8 ME 51/08; VG Arnsberg vom 5. 1. 1978 – 1 K 744/77). Teilweise wird die Rechtsnatur der Berufung und Abberufung des Hauptgeschäftsführers als Verwaltungsakt in Zweifel gezogen, da die Entscheidung nicht auf Außenwirkung gerichtet sei (VG Lüneburg vom 23. 7. 2008 – 5 A 64/08, allerdings durch OVG Lüneburg in derselben Rechtssache anders entschieden). Da sich jedoch die Berufung oder Abberufung jedenfalls beim hauptamtlichen Hauptgeschäftsführer – anders als beim ehrenamtlichen Präsidenten oder Präsidiumsmitglied – auch direkt auf die Rechtsstellung der Person des Amtsinhabers auswirkt, ist sie zumindest insoweit auf Außenwirkung im Sinne von § 35 VwVfG gerichtet (OVG Lüneburg vom 20. 11. 2008 – 8 ME 51/08; Schöbener, GewArch 2008, 329; Schöbener in: Kluth, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2007). Die Bestellung erfolgt – im Gegensatz zur Wahl von Präsident und Präsidium – regelmäßig unbefristet. Auf dem Verwaltungsakt der Bestellung beruht das Organverhältnis des Hauptgeschäftsführers, gleichzeitig aber auch sein privat- oder dienstrechtliches Anstellungsverhältnis.
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Rickert
§7
Bestellung des Hauptgeschäftsführers
Als Konsequenz aus dem Bestellungserfordernis in § 7 Abs. 1 er- 8 gibt sich, dass auch nur die Vollversammlung den Hauptgeschäftsführer abberufen kann. Eine Abberufung kann allerdings nicht willkürlich erfolgen, sondern muss hinreichend, z.B. mit einer grundlegenden Erschütterung des Vertrauensverhältnisses, begründet werden (OVG Lüneburg vom 20. 11. 2008 – 8 ME 51/08; VG Lüneburg vom 23. 7. 2008 – 5 A 64/08). Hinsichtlich des Maßstabs für Gründe einer Abberufung ist der Rückgriff auf das Kommunalrecht nicht zulässig (BVerwG BVerwGE 120, 255 = GewArch 2004, 331), möglich ist jedoch die Anwendung des Rechtsgedankens aus vergleichbarem Bundesrecht, wie z.B. der Abberufung des Vorstandes einer Krankenkasse in § 35a SGB IV oder einer Bank in § 6 des Gesetzes über die Kreditanstalt für Wiederaufbau bzw. der Entlassung eines Mitglieds des Vorstandes der Bundesanstalt für Arbeit in § 382 SGB III (OVG Lüneburg vom 20. 11. 2008 – 8 ME 51/08). Soweit die Bestellung des Hauptgeschäftsführers ausnahmsweise satzungsgemäß befristet erfolgt, ist bei fehlender Abberufungsregelung in der Satzung mit der Rechtsprechung zur Unzulässigkeit der vorzeitigen Abwahl von Präsidiumsmitgliedern (VG Frankfurt am Main vom 15. 11. 2007 – 5 E 777/07) auch die vorzeitige Abberufung des Hauptgeschäftsführers nur mit wichtigem Grund zulässig (§ 6 Rz. 10a). Die Abberufung beendet die Organstellung des Hauptgeschäftsführers und unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Nachprüfung; für diesen Prozess ist das abberufene Organ klagebefugt (VGH Kassel DVBl. 1989, 934; VG Lüneburg vom 23. 7. 2008 – 5 A 64/08) und die Anfechtungsklage die richtige Klageart (OVG Lüneburg vom 20. 11. 2008 – 8 ME 51/08; VG Arnsberg vom 5. 1. 1978 – 1 K 744/77). Inwieweit die Abberufung sich auf die Rechte des Hauptgeschäftsführers aus seinem Dienst- und Versorgungsvertrag auswirkt, ist unter dienstvertragsrechtlichen Aspekten zu prüfen. Zuständig dafür sind die Zivilgerichte (BAG vom 22. 7. 1998 – 5 AS 30/98; LAG Nürnberg, vom 27. 11. 1974 – 3 Sa 313/74), da der Hauptgeschäftsführer als Organ der IHK gem. § 5 Abs. 1 Satz 3 ArbGG kein Arbeitnehmer ist und eine Vereinbarung der Zuständigkeit des Arbeitsgerichts nach § 2 Abs. 4 ArbGG nur mit juristischen Personen des Privatrechts, nicht mit Körperschaften des öffentlichen Rechts wie der IHK möglich ist. Jedenfalls ist die Abberufung durch die Vollversammlung Voraussetzung für eine Kündigung des privatrechtlichen Dienstvertrages. Vorher kann das Präsidium den Hauptgeschäftsführer nur suspendieren. Rickert
391
§7
Hauptgeschäftsführer
9
Ohne die Bestellung durch die Vollversammlung können einem Mitarbeiter der IHK die gesetzlichen Funktionen und die Stellung eines Hauptgeschäftsführers nicht eingeräumt werden. Ein Vertrag, durch den etwa Präsident und seitheriger Hauptgeschäftsführer einen neuen Hauptgeschäftsführer berufen, könnte zwar zivilrechtlich für die IHK verbindlich sein, da die Begründung von Anstellungsverhältnissen zum Aufgabenbereich von Präsident und Hauptgeschäftsführer gehört; er könnte auch Zahlungsund Beschäftigungsverpflichtungen auslösen. Ein solcher Vertrag würde jedoch in funktioneller Hinsicht die Bestellung durch die Vollversammlung nicht ersetzen. Im Allgemeinen wird eine Vereinbarung dieser Art zumindest stillschweigend als „vorbehaltlich der Bestellung durch die Vollversammlung“ abgeschlossen zu gelten haben und hinfällig sein, wenn die Bestellung nicht ausgesprochen wird.
10
Die weiteren Mitglieder der Geschäftsführung einschließlich des Vertreters des Hauptgeschäftsführers benötigen eine Bestellung durch die Vollversammlung nicht, auch wenn eine solche Voraussetzung satzungsrechtlich zulässig ist. Soweit nicht die Satzung die Einstellung dieser Mitarbeiter der IHK dem Präsidium oder dem Präsidenten zuweist, würde die Beschlussfassung hierüber von der allgemeinen Zuständigkeit der Vollversammlung gemäß § 4 gedeckt sein; die Vollversammlung ist jedoch nicht verpflichtet, diese Aufgaben selbst wahrzunehmen oder satzungsrechtlich zu delegieren. Ohne entsprechende Satzungsregelung entscheidet über die Geschäftsverteilung innerhalb der IHK der Hauptgeschäftsführer.
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Die Bestellung mehrerer Hauptgeschäftsführer, die neben- und miteinander tätig sind, sieht das Gesetz nicht vor. Es geht davon aus, dass – ähnlich einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband – die IHK eine monokratisch verfasste Geschäftsführung mit nur einem leitenden Organwalter hat (Kluth/Goltz, GewArch 2003, 265, 270). Andernfalls wäre eine eindeutige rechtsgeschäftliche Vertretung der IHK, wie sie in § 7 Abs. 2 geregelt ist, nicht gegeben.
392
Rickert
§7
Vertretung der Industrie- und Handelskammer
3. Vertretung der Industrie- und Handelskammer Die IHK wird gerichtlich und rechtsgeschäftlich durch Präsident und Hauptgeschäftsführer gemeinschaftlich vertreten, so dass grundsätzlich keiner von diesen allein tätig werden kann. Die Satzung kann aber „Näheres“ zur Vertretung bestimmen und damit anordnen, dass bestimmte Arten von Geschäften vom Präsidenten oder vom Hauptgeschäftsführer allein vorgenommen werden. Solche Erleichterungen sind für die Geschäfte der laufenden Verwaltung und für Geschäfte von finanziell geringfügiger Bedeutung, für die eine betragsmäßige Begrenzung festgesetzt werden kann, im Interesse einer reibungslosen Verwaltung üblich und auch notwendig.
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Die Satzung kann auch besondere Bestimmungen für die Vertretung der IHK beim Abschluss von Anstellungs- und Versorgungsverträgen oder bei der Berufung ins Beamtenverhältnis treffen. Bei der Erteilung von Versorgungszusagen und bei der Berufung ins Beamtenverhältnis ist in den Satzungen oft auch eine Mitwirkung des Präsidiums vorgesehen, weil solche Maßnahmen die IHK besonders langfristig binden. Umgekehrt ist der Hauptgeschäftsführer nach den Satzungen der IHKs in der Regel alleinvertretungsberechtigt, wenn es um die Anstellung oder Entlassung von Mitarbeitern unterhalb der Geschäftsführerebene geht.
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Bei Vorliegen einer Interessenkollision sind (entsprechend dem allgemeinen Grundsatz des § 181 BGB) die Mitglieder des Präsidiums und der Geschäftsführung verhindert, für die IHK rechtsgeschäftliche Erklärungen abzugeben oder entgegenzunehmen; die Satzung regelt die Vertretung im Falle solcher tatsächlichen oder rechtlichen Verhinderung, oft unter Verweis auf eine Geschäftsordnung.
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Wird die rechtsgeschäftliche Vertretung der IHK gegenüber ihrem Präsidenten oder gegenüber dem Hauptgeschäftsführer erforderlich (z.B. Abschluss eines Mietvertrages mit diesem), so handelt für den Präsidenten das zur Vertretung des Präsidenten berufene Mitglied des Präsidiums bzw. für den Hauptgeschäftsführer dessen allgemeiner Stellvertreter, da die rechtsgeschäftliche und gerichtliche Vertretung in § 7 Abs. 2 nicht an die Person, sondern an die Funktion gebunden sind und demgemäß bei Verhinderung des Amtsträgers durch den dann zur Wahrnehmung der Funktion Be-
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Rickert
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§7
Hauptgeschäftsführer
rechtigten wahrgenommen werden. Das gilt beispielsweise auch dann, wenn ein Anstellungsvertrag mit einem neuen Hauptgeschäftsführer abzuschließen ist und der bisherige Hauptgeschäftsführer dafür nicht zur Verfügung steht, soweit die Satzung für diesen Vertrag nicht bereits eine andere Vertretung regelt, beispielsweise durch den Präsidenten und ein weiteres Mitglied des Präsidiums. 16
§ 7 Abs. 2 regelt nur die Vertretung im gerichtlichen und rechtsgeschäftlichen Bereich. Das Gesetz enthält keine Vorschriften über die Vertretung der IHK bei der Erfüllung der ihr zugewiesenen oder übertragenen Aufgaben (VG Wiesbaden vom 28. 4. 1959 – III 2 195/58). Bei der Abgabe von Erklärungen im öffentlichrechtlichen Bereich (z.B. Gutachten gegenüber Gerichten oder Behörden, Stellungnahmen gegenüber gesetzgebenden Körperschaften oder Regierungsstellen) ebenso wie beim Erlass von Verwaltungsakten (z.B. Prüfungsentscheidungen, Bestellung von Sachverständigen) richtet sich die Vertretungsbefugnis für die IHK nach der Verwaltungsorganisation, die in der Satzung, Geschäftsordnung oder im Geschäftsverteilungsplan festgelegt ist oder auch auf einer Anordnung des Hauptgeschäftsführers beruhen kann. Die Zuständigkeiten im Finanzbereich sind im Finanzstatut – vgl. dazu § 3 Rz. 21a – und der Kassendienstanweisung festgelegt.
4. Geschäftsführer und Mitarbeiter der IHK 17
Die Satzung oder die Geschäftsordnung regelt, wer für die Begründung (und Beendigung) der Anstellungsverträge der Mitarbeiter der IHK zuständig ist, denen keine Organstellung zukommt. Häufiger als für Mitglieder der Vollversammlung wird für Mitarbeiter der IHK, je nach der Art ihrer Tätigkeit, die Geheimhaltungspflicht in Betracht kommen. Das kann besonders dann relevant werden, wenn der IHK Funktionen im Rahmen der Notstandsgesetzgebung übertragen werden, aber auch für die Wahrung des Steuergeheimnisses im Bereich des Beitrags bei der Verarbeitung der durch die Finanzverwaltung übermittelten Bemessungsgrundlagen. Insofern kann die förmliche Verpflichtung von Mitarbeitern der IHK im Rahmen des Verpflichtungsgesetzes als Voraussetzung für ihre Strafbarkeit, z.B. wegen Geheimnisverrats nach § 203 Abs. 2 Nr. 2 StGB i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 4 StGB Bedeutung erlangen. 394
Rickert
§8
Vorbemerkung
8
Werden bei den Industrie- und Handelskammern zur Durchführung anderer als der in § 79 des Berufsbildungsgesetzes genannten Aufgaben Ausschüsse gebildet, so kann die Satzung bestimmen, dass in diese Ausschüsse auch Personen berufen werden, die nach § 5 Abs. 2 nicht wählbar sind. Rz. 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . .
1
2. Ausschüsse der IHK. . . . . . . .
2
3. Berufsbildungsausschuss . . . a) Zusammensetzung des Berufsbildungsausschusses . b) Berufung der Mitglieder . . . . c) Abberufung . . . . . . . . . . . . . . . d) Ehrenamt . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Vorsitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Beschlussfähigkeit . . . . . . . . .
5 7 8 13 15 16 17
Rz. 4. Aufgaben des Berufsbildungsausschusses . . . . . . . . . . a) Beratende Mitwirkung . . . . . . b) Erlass von Rechtsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Beschlüsse mit finanziellen Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . d) Geschäftsordnung . . . . . . . . . .
18 18 24 26 27
5. Stellung des Berufsbildungsausschusses innerhalb der IHK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Literaturauswahl: Düring/Wohlgemuth, Berufsbildungs- und Prüfungsausschüsse, DB Beilage 28/86; Meyer, Regionale Kammergliederungen, GewArch 2006; Wölker, Berufsbildungsgesetz; Wurster, Berufsbildungsgesetz von A bis Z.
1. Vorbemerkung Die Neufassung des § 8 im Jahre 1969 beruht auf § 103 Nr. 3 des ersten Berufsbildungsgesetzes (BBiG v. 14. 8. 1969, BGBl. I, 1112). Mit dem Wegfall von Abs. 1–3 des alten § 8 ist auch der nach dieser Vorschrift als besonderer Ausschuss der IHK zu bildende Berufsbildungsausschuss fortgefallen und durch den Berufsbildungsausschuss des Berufsbildungsgesetzes ersetzt worden. Von § 8 hat nur der bisherige Abs. 4 Bestand; er behält seine Bedeutung für die übrigen bei der IHK bestehenden Ausschüsse. Das Berufsbildungsgesetz von 1969 hat im Jahr 2005 eine umfangreiche Modernisierung und Umstrukturierung erfahren. Es liegt nun in der Fassung vom 23. 3. 2005 (BGBl. I, 2407), zuletzt geändert durch Art. 9b des Zweiten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen WirtWurster 395
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§8
Ausschüsse
schaft (MEG II) vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246) vor. In seiner neuen Form ist es am 1. 4. 2005 in Kraft getreten. Im Zusammenhang mit der BBiG-Novelle von 2005 wurde durch Art. 4 Nr. 5 des BerBiRefG vom 23. 3. 2005 (BGBl. I, 931) der Verweis in § 8 auf den alten § 58 BBiG durch den Verweis auf den nunmehr korrekten § 79 BBiG ersetzt. Der Berufsbildungsausschuss der IHK ist heute in den §§ 77 bis 80 BBiG geregelt. Im Verhältnis zu den Vorschriften über den Berufsbildungsausschuss vor April 2005 haben die neuen Regelungen Änderungen der inhaltlichen Zuständigkeit wie auch des Verfahrens mit sich gebracht.
2. Ausschüsse der IHK 2
Bei der IHK werden in der Regel durch Satzung oder durch Beschluss der Vollversammlung zahlreiche Fachausschüsse gebildet. Es ist zur Stärkung der fachkundigen Ausrichtung seit jeher üblich, dass in solche Ausschüsse auch Mitglieder berufen werden, die der Vollversammlung nicht angehören und ihr rechtlich nicht angehören können; meist handelt es sich um leitende Angestellte kammerzugehöriger Unternehmen mit besonderen Kenntnissen auf einzelnen Fachgebieten, um Angehörige der freien Berufe oder um Vertreter der Kommunalverwaltungen (z.B. für das Gebiet des Verkehrs, der Außenwirtschaft oder der Stadtplanung). Das Gesetz eröffnet die Möglichkeit, durch Satzung zu bestimmen, dass solche Personen in Kammerausschüsse berufen werden können.
3
Neben diesen Fachausschüssen gibt es in den IHKs auch Regionalausschüsse. Die bayerischen IHKs kennen seit jeher die auf Kreisebene gewählten Industrie- und Handelsgremien, andere Kammern nach ihrer Satzung oder Beschlüssen der Vollversammlung Kreisausschüsse und Stadtausschüsse. Auch in solche Regionalausschüsse der IHK können, sofern die Satzung es vorsieht, Personen berufen werden, die nicht nach § 5 Abs. 2 wählbar sind. Eine solche Satzungsregelung ist jedoch nur zulässig, soweit diese Gremien nicht für die mittelbare Wahl von Vollversammlungsmitgliedern zuständig sind (s. § 5 Rz. 41). Aufgabe dieser Regionalausschüsse ist es, in örtlichen Angelegenheiten unmittelbar den Sachverstand der betroffenen kammerzugehörigen Unternehmen nutzbar zu machen und die Meinungsbildung auch in diesen lokalen Fragen auf eine breitere Grundlage zu stellen. Gleichzeitig dienen solche Regionalausschüsse – genauso wie Außenstellen oder 396
Wurster
§8
Berufsbildungsausschuss
Zweigstellen der IHK – der Verstärkung des Kontaktes mit den kammerzugehörigen Unternehmen. Fachausschüsse und Regionalausschüsse sind keine Organe der IHK, sondern werden nur beratend für Vollversammlung, Präsidium und Geschäftsführung tätig. Die Funktionen dieser Organe bleiben also unberührt; sie werden unterstützt, aber in ihrer selbständigen Entscheidung nicht beschnitten. Deshalb können Fachausschüsse wie Regionalausschüsse auch keine Maßnahmen nach außen treffen; die empfohlene Maßnahme trifft die IHK durch ihre Organe und gemäß ihrer gesetzlichen Vertretung. Auch Pressemeldungen und andere Formen der Publizität hängen von der Zustimmung der zuständigen Kammerorgane, in der Regel von Präsident oder Hauptgeschäftsführer, ab.
4
3. Berufsbildungsausschuss So wie von § 8 Abs. 4 a.F. der frühere Berufsbildungsausschuss ausgenommen war, nimmt auch § 8 n.F. den neuen Berufsbildungsausschuss von einer solchen Regelungsmöglichkeit durch die Kammersatzung aus. Für diesen Ausschuss gelten in erster Linie die §§ 77 bis 80 BBiG und subsidiär das Satzungsrecht der IHK (vgl. Herkert/Töltl, BBiG, § 77 Rz. 2; Düring/Wohlgemuth, Berufsbildungs- und Prüfungsausschüsse, DB Beilage 28/86).
5
Die IHK als zuständige Stelle nach § 71 Abs. 2 BBiG muss gemäß § 77 Abs. 1 BBiG einen Berufsbildungsausschuss errichten, was sofort nach Erlass des ersten Berufsbildungsgesetzes von 1969 bei allen IHKs erfolgt ist. Zusammensetzung, Aufgaben und Arbeitsweise werden durch das Berufsbildungsgesetz geregelt.
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a) Zusammensetzung des Berufsbildungsausschusses Rechtsgrundlage für den bei der IHK zu errichtenden Berufsbildungsausschuss ist § 77 BBiG. Während früher nach § 8 die IHK zu bestimmen hatte, wie viele Mitglieder dem Ausschuss angehörten, legt nun das BBiG fest, dass dem Ausschuss je sechs „Beauftragte der Arbeitgeber“, „Beauftragte der Arbeitnehmer“ und „Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen“ angehören, die Lehrkräfte grundsätzlich mit beratender Stimme (§ 77 Abs. 1 Satz 2 BBiG). Ausnahmsweise haben die Lehrkräfte nach § 79 Abs. 6 BBiG Wurster 397
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§8
Ausschüsse
Stimmrecht, wenn Beschlüsse zu Angelegenheiten der Berufsausbildungsvorbereitung und Berufsausbildung gefasst werden und diese sich unmittelbar auf die Organisation der schulischen Berufsbildung auswirken. Der Begriff „Beschlüsse“ ist hier untechnisch zu verstehen, darunter fallen etwa auch Anhörungsgegenstände wie z.B. die Verwaltungsgrundsätze über die Verkürzung der Ausbildungsdauer (vgl. Herkert/Töltl, BBiG, § 77 Rz. 39; Wurster, Berufsbildungsgesetz von A bis Z, 23). Nach § 77 Abs. 5 BBiG haben die Mitglieder Stellvertreter und Stellvertreterinnen, die bei Verhinderung der Mitglieder an deren Stelle treten. Die Stellvertreter und Stellvertreterinnen haben also keinen Anspruch auf Teilnahme an den Sitzungen des Ausschusses und müssen hierzu nicht geladen werden, wenn nicht der Fall der Vertretung gegeben ist. Ob sie als Gäste – ohne Anspruch auf die den Ausschussmitgliedern zustehende Entschädigung – eingeladen werden können, bleibt der Geschäftsordnung und den Beschlüssen des Ausschusses überlassen. Der DIHK und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) haben im November 2006 gemeinsam eine Muster-Geschäftsordnung zur Umsetzung in den Berufsbildungsausschüssen empfohlen (vgl. Rz. 27). Demnach sind die Stellvertreter und Stellvertreterinnen gleichzeitig mit den Mitgliedern über die Sitzungen des Ausschusses zu unterrichten und erhalten Tagesordnung und Sitzungsunterlagen zur Kenntnisnahme. Ein Mitglied, das verhindert ist, hat die IHK unverzüglich über seine Verhinderung zu informieren. Die IHK lädt dann eine Stellvertretung aus der jeweiligen Mitgliedergruppe zur Sitzung ein. Die regelmäßige Unterrichtung der Stellvertreter durch Übersendung der Protokolle ist üblich und in der o.g. Empfehlung vorgesehen. Es gibt nicht die Bindung einer Stellvertretung an ein bestimmtes Mitglied; vielmehr kann jeder Stellvertreter zur Vertretung jedes Mitglieds der Gruppe herangezogen werden. Damit ist die Möglichkeit gegeben, innerhalb der Gruppen einen Stellvertreter jeweils auch nach seinem besonderen sachlichen Interesse und Wissen einzusetzen. b) Berufung der Mitglieder 8
Nach § 77 Abs. 2 BBiG werden sämtliche Mitglieder des Berufsbildungsausschusses – ebenso wie gem. § 77 Abs. 5 BBiG deren Stellvertreter und Stellvertreterinnen – durch die nach Landesrecht zuständige Behörde berufen. Die Länder haben die Zuständigkeit 398
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Berufsbildungsausschuss
§8
nicht einheitlich geregelt. Überwiegend ist der Minister (Senator) für Wirtschaft zuständig. Die Berufung erfolgt für die „Beauftragten der Arbeitgeber“ auf Vorschlag der IHK, für die „Beauftragten der Arbeitnehmer“ auf Vorschlag der im Kammerbezirk bestehenden Gewerkschaften und selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozialoder berufspolitischer Zwecksetzung (§ 77 Abs. 2 BBiG).
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Auf die Tariffähigkeit einer Vereinigung von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung kommt es dabei nicht an; ebenso ist unerheblich, dass der Organisation hauptsächlich leitende Angestellte angehören (VGH Baden-Württemberg GewArch 1980, 312). Nicht vorschlagsberechtigt sind allerdings öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse von Arbeitnehmern, z.B. Arbeitnehmerkammern (OVG Bremen GewArch 1973, 42). Welchem Organ der IHK das Vorschlagsrecht hinsichtlich der Arbeitgebervertreter zusteht, ist im BBiG nicht geregelt. In der Regel enthalten die IHK-Satzungen eine Vorschrift, wonach das Präsidium für alle Beschlüsse zuständig ist, welche das Gesetz und die Satzung nicht ausdrücklich der Vollversammlung vorbehalten. Die Beauftragten der Arbeitgeber werden deshalb meist vom Präsidium vorgeschlagen.
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Die zuständige Landesbehörde hat nicht zu prüfen, ob die vorgeschlagenen Mitglieder, Stellvertreter und Stellvertreterinnen im Berufsbildungsausschuss persönlich oder fachlich geeignet i.S.v. §§ 29 und 30 BBiG sind oder ob sie die Eignung und Sachkunde i.S.v. § 40 Abs. 1 BBiG, wie sie für Prüfer gefordert wird, haben. Auch ohne solche detaillierten Vorschriften im Gesetz hat sich die Praxis bewährt, dass IHKs, Gewerkschaften und Arbeitnehmervereinigungen in der Berufsbildung erfahrenes Ausbildungsund Prüfungspersonal für den Berufsbildungsausschuss vorschlagen und damit dessen Sachkunde und auch dessen Übersicht über das Berufsbildungswesen im Bezirk sicherstellen. Die Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen werden von der zuständigen Schulverwaltungsbehörde vorgeschlagen und können dazu auch im Nebenamt verpflichtet werden.
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Die zuständige Landesbehörde ist gehalten, entsprechend den ihr vorgelegten Vorschlägen die Mitglieder und deren Stellvertreter bzw. Stellvertreterinnen zu berufen; die IHK muss aus den so be-
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§8
Ausschüsse
rufenen Mitgliedern den Ausschuss konstituieren. Die Berufung durch die zuständige Landesbehörde erfolgt auf vier Jahre (§ 77 Abs. 2 BBiG), was in der Regel mit der Amtszeit der Vollversammlung übereinstimmt und sich damit in das Gefüge einer Selbstverwaltungskörperschaft richtig einordnet. c) Abberufung 13
Die Abberufung von Mitgliedern, Stellvertretern und Stellvertreterinnen (§ 77 Abs. 4, 5 BBiG) erfolgt durch die für die Berufung zuständige Landesbehörde; das ergibt sich als Reflexrecht zu deren Berufung. Eine Abberufung ist nicht an einen Vorschlag der berechtigten Stellen gebunden; sie kann vielmehr auch auf Anregung der anderen Gruppen oder von Amts wegen erfolgen, ist aber – gegen den Willen des oder der Abzuberufenden – nur aus wichtigem Grund zulässig. Was als wichtiger Grund anzusehen ist, legt das Gesetz im Einzelnen nicht dar. Wichtige Gründe können im persönlichen Verhalten des Mitglieds liegen, wenn dieses z.B. ohne triftige Entschuldigung an den Ausschuss-Sitzungen regelmäßig nicht teilnimmt, oder auch in einer Veränderung der äußeren Verhältnisse, die den Vorschlag und die Berufung getragen haben, z.B. wenn das Mitglied aus dem Kammerbezirk verzieht. Da die Berufung des Mitglieds aufgrund eines Vorschlags erfolgt war, ist es folgerichtig, dass die vorschlagsberechtigte Stelle vor einer Abberufung gehört wird, aber auch das abzuberufende Mitglied selbst. Hält die zuständige Landesbehörde einen wichtigen Grund für gegeben, kann sie die Abberufung auch dann aussprechen, wenn die vorschlagsberechtigte Stelle oder der bzw. die Abzuberufende ihr bei der Anhörung nicht zustimmen. Die Abberufung ist jedenfalls ein anfechtbarer Verwaltungsakt, sowohl für die Abberufenen wie für die vorschlagsberechtigten Stellen.
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Für den Abberufenen hat die zuständige Landesbehörde eine Ersatzberufung vorzunehmen, und zwar für den Rest der Amtszeit. In der Regel wird die vorschlagsberechtigte Stelle als Nachfolger einen der bisherigen Stellvertreter vorschlagen. d) Ehrenamt
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§ 77 Abs. 3 BBiG hebt hervor, dass die Tätigkeit im Ausschuss für die Mitglieder (entsprechendes gilt gem. § 77 Abs. 5 BBiG für die 400
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Berufsbildungsausschuss
§8
Stellvertreter und Stellvertreterinnen) ehrenamtlich ist. Das Mandat im Berufsbildungsausschuss kann also von den Berufenen jederzeit niedergelegt werden. Für bare Auslagen und Zeitversäumnis hat die IHK eine angemessene Entschädigung zu gewähren (so für Rechtsanwaltskammer: BVerwG NJW 1978, 233 = EzB-VjA BBiG § 56 Nr. 1). Die Höhe dieser Entschädigung ist von der IHK festzusetzen. Aus der Tatsache, dass diese Festsetzung der Genehmigung durch die oberste Landesbehörde bedarf, ergibt sich, dass nicht die Festsetzung im Einzelfall gemeint ist, sondern die Festsetzung durch eine generelle Regelung. Die IHKs haben demgemäß Entschädigungsregeln zu erlassen, auf deren Grundlage sie – nach der Genehmigung durch die oberste Landesbehörde – die Entschädigung jeweils im Einzelfall errechnen. Welche Regelung als „angemessen“ gelten kann, bleibt der IHK überlassen; die Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde stellt sicher, dass eine Willkür in der Bemessung ausgeschlossen bleibt. Zuständig für die Festsetzung ist grundsätzlich die Vollversammlung der IHK, da es sich um eine rein organisationsrechtliche Angelegenheit handelt. Sie kann entsprechend der Satzung die Festlegung auch dem Präsidium oder dem Hauptgeschäftsführer überlassen. e) Vorsitz Nach § 77 Abs. 6 BBiG wählt der Berufsbildungsausschuss ein 16 Mitglied, das den Vorsitz führt sowie ein weiteres Mitglied, das den Vorsitz stellvertretend übernimmt. Sie sollen nicht derselben Mitgliedergruppe angehören. Da nach § 77 Abs. 1 BBiG die Lehrkräfte grundsätzlich nur beratende Stimme haben, sind sie bei dieser Wahl nicht stimmberechtigt. Sie sind auch nicht wählbar, da die Bezogenheit auf den Wahlakt für den Vorsitz und die Stellvertretung die Wählbarkeit auf die Stimmberechtigten begrenzt. Andernfalls ließe sich dann durch wechselnde Majoritäten erreichen, dass jeweils eine wahlberechtigte Gruppe vom Vorsitz ausgeschlossen ist, was dem Sinn und Inhalt von § 77 Abs. 6 Satz 2 BBiG widersprechen würde. Außerdem wäre das auf die wahlberechtigten Mitglieder bezogene Prinzip der Parität beeinträchtigt. (s. Bericht des Bundestags-Ausschusses für Arbeit, BTDrs. V/4260, 20: „In Übereinstimmung mit der Bildungskommission des Deutschen Bildungsrates hat sich der Ausschuss für eine beratende Mitwirkung der Lehrer entschieden, weil dadurch einerseits deren Sachverstand zur Geltung kommt, andererseits die Wurster 401
§8
Ausschüsse
für die außerschulische Berufsbildung in erster Linie Verantwortlichen paritätisch über die zu erlassenden Rechtsvorschriften entscheiden können.“); so auch Wölker, BBiG, 36; Gedeon/Hurlebaus, BBiG, § 77 Rz. 31; a.A. Töltl, der den Lehrkräften ein passives Wahlrecht zuerkennt, Herkert/Töltl, BBiG, § 77 Rz. 31. Im Verhältnis zum Berufsbildungsgesetz von 1969 hat das BBiG von 2005 zwar einige sprachliche Änderungen in § 77 BBiG gebracht. Laut Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/3980, § 77) entspricht der neue § 77 BBiG jedoch inhaltlich dem § 56 des alten Berufsbildungsgesetzes, sodass sich die sprachlichen Änderungen nicht auswirken. f) Beschlussfähigkeit 17
Der Berufsbildungsausschuss ist nach § 78 Abs. 1 BBiG beschlussfähig, wenn mehr als die Hälfte seiner stimmberechtigten Mitglieder anwesend ist. Er beschließt mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Die Vorschrift über die Beschlussfähigkeit setzt praktisch voraus, dass beide stimmberechtigten Gruppen in der Sitzung vertreten sind. Da die Lehrkräfte im Regelfall kein Stimmrecht haben, ist die Majorisierung einer Gruppe durch die andere nicht möglich. Ein Beschluss kommt also nicht zustande, wenn die Beauftragten der Arbeitgeber wie der Arbeitnehmer vollständig vertreten sind und jeweils geschlossen für und gegen eine Vorlage stimmen.
4. Aufgaben des Berufsbildungsausschusses a) Beratende Mitwirkung 18
Nach § 79 Abs. 1 BBiG ist der Berufsbildungsausschuss in allen wichtigen Angelegenheiten der beruflichen Bildung zu unterrichten und zu hören. Darin ist eine Verpflichtung der IHKs und ihrer Organe gegenüber dem Ausschuss begründet, die sich in einem Anspruch des Ausschusses auf Anhörung und Unterrichtung niederschlägt. Entgegen dem Wortlaut in Abs. 1, der von unterrichten „und“ hören spricht, besteht entweder ein Anspruch auf Unterrichtung oder ein Anspruch auf Anhörung. Dies ergibt sich aus dem Zusammenhang mit den Absätzen 2 und 3: Im Gegensatz zum alten Berufsbildungsgesetz von 1968, in dem der Begriff der wichtigen Angelegenheiten in § 58 Abs. 1 nicht weiter definiert 402
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Aufgaben des Berufsbildungsausschusses
§8
war, enthalten § 79 Abs. 2 und 3 BBiG heute einen Katalog der wichtigen Angelegenheiten. Wichtige Angelegenheiten, in denen der Berufsbildungsausschuss anzuhören ist, sind demnach beispielsweise der Erlass von Verwaltungsgrundsätzen über die Eignung von Ausbildungs- und Umschulungsstätten, für das Führen von schriftlichen Ausbildungsnachweisen, für die Verkürzung der Ausbildungsdauer, für die vorzeitige Zulassung zur Abschlussprüfung, für die Durchführung der Prüfungen, zur Durchführung von über- und außerbetrieblicher Ausbildung sowie Verwaltungsrichtlinien zur beruflichen Bildung. Von den wichtigen Angelegenheiten, in denen der Berufsbildungsausschuss zu unterrichten ist, seien beispielhaft die Zahl und Art der der zuständigen Stelle angezeigten Maßnahmen der Berufsausbildungsvorbereitung und beruflichen Umschulung sowie der eingetragenen Berufsausbildungsverhältnisse genannt. Die Aufzählung der wichtigen Angelegenheiten im Berufsbildungsgesetz ist nicht abschließend (vgl. „insbesondere“ in § 79 Abs. 2 und 3 BBiG). Die Anhörung des Ausschusses muss jeweils vor der Entscheidung der IHK über den Gegenstand erfolgen, die Unterrichtung kann auch nachträglich vorgenommen werden. Auch nach der BBiG-Reform ist offensichtlich, dass es sich bei den Anhörungs- und Unterrichtungsgegenständen grundsätzlich nicht um Angelegenheiten der laufenden Verwaltung oder um Einzelfälle handeln kann, es sei denn, dass ein solcher Fall ausnahmsweise von beispielhafter Bedeutung ist und zu einer allgemeinen Erörterung Anlass gibt. Der Ausschuss kann also nicht einzelne Verwaltungsvorgänge an sich ziehen, die interne Verwaltung der IHK regeln oder als Beschwerdeinstanz oder als Überwachungsorgan zu wirken versuchen. Zu den Angelegenheiten in diesem Sinne zählt auch nicht eine Meinungsbildung der Vollversammlung zu allgemeinen Bildungsfragen, etwa zur Verlängerung der Schulzeit, zum Verhältnis Schule/Berufsschule oder zu einer Berufsbildungsumlage. Der Berufsbildungsausschuss hat nicht die Aufgabe, die Meinungsbildung der Kammerorgane in Bildungsfragen, die das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft berühren, zu beeinflussen oder die Kammerorgane in dieser Hinsicht von ihm abhängig zu machen. Bei derartigen bildungspolitischen Äußerungen handeln die IHKs vielmehr im Rahmen des § 1 Abs. 1 IHKG, während der Berufsbildungsausschuss nur der Durchführung des BBiG dient.
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§8
Ausschüsse
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Wenn allerdings die IHK aufgrund ihrer internen Meinungsbildung eigene Maßnahmen in die Wege leiten wollte, z.B. die Errichtung einer eigenen Handelsschule plant, weil ihr die öffentlichen Schulen nicht ausreichend erscheinen, dann müsste dazu vorher der Berufsbildungsausschuss unterrichtet werden. Auch die Errichtung oder Schließung von Lehrwerkstätten der IHK gehört dazu. Dabei spielt es für die Pflicht zur Unterrichtung des Berufsbildungsausschusses keine Rolle, ob solche Handelsschulen oder Lehrwerkstätten in privatrechtlicher Form von der IHK errichtet und betrieben werden. Eine Anhörung des Ausschusses ist nach § 79 Abs. 3 Nr. 6 BBiG nicht erforderlich.
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Zu den Angelegenheiten der beruflichen Bildung gehören neben dem eigentlichen Ausbildungsbereich auch die Berufsausbildungsvorbereitung, die Fortbildung und die Umschulung, soweit sich die IHK dieser Bereiche annimmt. Äußert sich die Vollversammlung etwa dahin, dass Umschulungsmaßnahmen der Arbeitsverwaltung aus volkswirtschaftlichen Gründen erwünscht oder auch unerwünscht seien, so ist sie darin frei. Will sie aber beschließen, Umschulungsmaßnahmen selbst durchzuführen, so wäre das eine Angelegenheit, zu der der Berufsbildungsausschuss zu hören wäre (§§ 58 ff., 79 Abs. 2 BBiG). Selbstverständlich kann eine solche Anhörung zu Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen, welche die IHK plant, nur die Grundsatzfragen festlegen, aber nicht im Einzelnen auf Lehrgangsprogramme und Inhalte, auf Dozenten und deren Vergütung oder die Höhe der Lehrgangsentgelte eingehen; solche organisatorischen Durchführungsmaßnahmen gehören nicht mehr zu den wichtigen Angelegenheiten, sondern sind laufende Angelegenheiten der Geschäftsführung.
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Anhören bedeutet Konsultieren; die IHK kann sich also nicht damit begnügen, solche Angelegenheiten dem Ausschuss zu notifizieren; sie muss vielmehr seine Meinung hierzu einholen und sich mit ihr auseinander setzen. Bei der Unterrichtung genügt hingegen die Weitergabe der Informationen, die zum Verständnis des Sachverhalts notwendig sind (Herkert/Töltl, BBiG, § 79 Rz. 9–14; Braun/Mühlhausen/Munk/Stück, BBiG, § 58 Rz. 11–12; Leinemann/Taubert, BBiG, § 79 Rz. 14). Soweit der Ausschuss anzuhören oder zu unterrichten ist, kann er seine Meinung zwar in Form von Beschlüssen fassen; diese Beschlüsse haben jedoch rechtlich nur die Bedeutung einer Stellungnahme, Anregung oder Meinungsäußerung – sie ermangeln der rechtlichen Verbindlichkeit 404
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Aufgaben des Berufsbildungsausschusses
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gegenüber der IHK, obwohl die IHK sich vom Begriff der Konsultation her gehalten fühlen wird, einer übereinstimmenden Willensäußerung des Ausschusses Beachtung zu schenken. Rechtlich sind die zuständigen Kammerorgane jedoch in ihrer Entscheidung frei. Aus dieser Pflicht, den Ausschuss zu unterrichten und zu hören, folgt jedoch kein Auskunftsrecht des Einzelmitglieds, etwa zu den Fragen, wer als Prüfer in einen Ausschuss berufen ist und wie viele Ausschüsse für welchen Ausbildungsberuf bestehen (VG Karlsruhe EzB BBiG § 58 Nr. 7). Einzelne Mitglieder des Berufsbildungsausschusses können nicht das dem Ausschuss als Ganzes verliehene Unterrichtungs- bzw. Anhörungsrecht etwa im Rahmen einer Fortsetzungsfeststellungsklage geltend machen (BVerwG GewArch 2004, 331; VG Aachen EzB-VjA BBiG § 58 Nr. 14; siehe auch Rickert, GewArch 2004, 369). Nur der Gesamtausschuss kann mit Stimmenmehrheit die IHK um eine Auskunft bitten, wobei die IHK jedoch von sich aus noch zu prüfen hat, ob es sich tatsächlich um eine wichtige Angelegenheit der Berufsbildung im Sinne der Durchführung des Gesetzes handelt und ob nicht etwa datenschutzrechtliche oder andere Vorschriften einer sehr detailliert gewünschten Auskunft entgegenstehen. Hier ist besonders streng die Grenze zu beachten, die zwischen einer allgemeinen Auskunft, welche für eine Beschlussfassung des Ausschusses ausreicht, und einer Kontrolle der Einzelvorgänge zu ziehen ist.
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Neu seit der BBiG-Reform von 2005 ist § 79 Abs. 1 Satz 2 BBiG. 23 Demnach hat der Berufsbildungsausschuss im Rahmen seiner Aufgaben auf eine stetige Entwicklung der Qualität der beruflichen Bildung hinzuwirken. Von den Gewerkschaften werden auf der Grundlage dieser Norm zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität in Betrieben, Berufsschulen und den IHKs gefordert. Zum Teil wird die Qualitätsentwicklung selbst zur „wichtigen Angelegenheit“ erhoben (Laskies/Nehls, BBiG, § 79 Rz. 9; Wohlgemuth, BBiG, § 79 Rz. 2a, 2b). Die Gesetzessystematik wie auch die Gesetzesmaterialien sprechen jedoch gegen diese Auffassung. Die Qualitätsentwicklung ist vielmehr ein Thema, das die Arbeit an den „wichtigen Angelegenheiten“ ständig begleiten soll. Der Gesetzgeber wollte die Bedeutung der Qualitätssicherung und deren stetige Entwicklung für die Berufsbildung unterstreichen und darüber hinaus eine verbindliche Leitlinie für die Wahrnehmung der gesetzlichen Aufgaben (also das Formulieren von Meinungen im Rahmen von Anhörung und Unterrichtung in Wurster 405
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Ausschüsse
wichtigen Angelegenheiten) schaffen (vgl. BT-Drs. 15/4752, § 79; Gedeon/Hurlebaus, BBiG, § 79 Rz. 68). b) Erlass von Rechtsvorschriften 24
Eine Besonderheit gilt nach § 79 Abs. 4 BBiG für die von der IHK zu erlassenden Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der beruflichen Bildung. Über diese hat der Ausschuss in eigener Zuständigkeit zu beschließen; insoweit tritt er an Stelle der Vollversammlung als Beschlussorgan der IHK – es handelt sich hier also im Gegensatz zu den Beschlüssen im Rahmen von § 79 Abs. 2 und 3 BBiG um „echte“ Beschlüsse (vgl. Rz. 21 und Herkert/Töltl, BBiG, § 79 Rz. 39; Wurster, Berufsbildungsgesetz von A bis Z, 23). Diese Zuständigkeit ist jedoch ausdrücklich auf Rechtsvorschriften beschränkt; Rechtsvorschriften sind nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts Vorschriften mit Außenwirkung, d.h. mit bindender Wirkung für und gegen Dritte. Sie werden auch als Satzungen bezeichnet und stellen einen Ausfluss des Selbstverwaltungsrechts der IHK dar. Hierzu gehören insbesondere die Prüfungsordnungen nach den §§ 47, 56 Abs. 1 und 62 Abs. 3 BBiG wie auch die Fortbildungs- und Umschulungsprüfungsregelungen (§§ 54, 59 BBiG), soweit nicht bei Fortbildung und Umschulung der Verordnungsgeber von seinen Verordnungsbefugnissen Gebrauch gemacht hat (§§ 53, 58 BBiG). Dadurch unterscheiden sie sich von den sog. Verwaltungsvorschriften oder Verwaltungsrichtlinien, die nur interne Weisungen darstellen, nach denen die in der IHK Tätigen – zumeist in einem gewissen Ermessensrahmen – verwaltungsmäßig zu verfahren haben. Solche Verwaltungsrichtlinien können jedoch „wichtige Angelegenheiten“ i.S.v. § 79 Abs. 1 BBiG darstellen, sodass die Kammer gemäß § 79 Abs. 2 Nr. 1 BBiG ihretwegen den Ausschuss anzuhören, d.h. seine Meinung zu erfragen hat. Für Rechtsvorschriften nach § 9 BBiG bleibt praktisch kein Raum mehr, nachdem die Rechtsprechung entsprechende Versuche der IHKs, unbestimmte Rechtsbegriffe durch Satzung festzulegen oder den Auszubildenden die Führung eines Berichtsheftes oder die Benutzung eines bestimmten Vertragsformulars vorzuschreiben, unterbunden hat (vgl. OVG Rheinland-Pfalz GewArch 1974, 347). § 9 BBiG rechtfertigt deshalb heute nur noch Verwaltungsgrundsätze der IHKs, zu denen der Berufsbildungsausschuss in der Regel nach § 79 Abs. 2 Nr. 1 BBiG vorher zu hören ist. Pflichten Dritter 406
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können damit nicht begründet werden. Das VG Hamburg billigt der IHK allerdings über den Satzungserlass nach §§ 9, 79 Abs. 4 BBiG die Befugnis zur Abnahme freiwilliger Zusatzprüfungen zu, soweit diese streng von den Abschlussprüfungen in anerkannten Ausbildungsberufen getrennt werden, VG Hamburg EzB BBiG § 44 Nr. 7. Nicht der formellen Beschlussfassung durch den Berufsbildungsausschuss unterliegen auch Einzelentscheidungen der IHK, z.B. im Zulassungs- oder Prüfungsbereich. Hier bleibt die Zuständigkeit der IHK bzw. ihrer Prüfungsausschüsse unberührt. Soweit der Ausschuss Beschlüsse fasst, die über seine Zuständigkeit hinausgehen oder in anderer Weise gegen Recht oder Satzung verstoßen, kann die IHK durch ihren Präsidenten und Hauptgeschäftsführer bei dem Ausschuss ihre Bedenken anmelden. Bleibt hinsichtlich des (nach Ansicht der Kammer) unrechtmäßigen Beschlusses der Dissens erhalten, so könnte die IHK dessen Ausführung verweigern. Es bliebe dann dem Ausschuss oder den im Ausschuss vertretenen Gruppen belassen, bei der Aufsichtsbehörde geltend zu machen, dass sich die IHK damit ihrerseits unrechtmäßig verhalte. Falls die Aufsichtsbehörde dieser Ansicht beitritt und das Verhalten der IHK beanstandet, wäre gegen diese aufsichtsrechtliche Verfügung der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, sodass die IHK dann Verwaltungsklage erheben könnte. Verweigert die Aufsichtsbehörde ein Einschreiten aus Rechtsgründen, so wäre hiergegen eine Verpflichtungsklage nicht gegeben. Die Auseinandersetzung könnte aber auch in Form eines Organstreits ausgetragen werden (vgl. § 6 Rz. 3).
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c) Beschlüsse mit finanziellen Auswirkungen Soweit Beschlüsse des Ausschusses finanzielle Auswirkungen haben, bedürfen sie für ihre Wirksamkeit der Zustimmung der Vollversammlung als des für den Wirtschaftsplan zuständigen Organs der IHK (§ 79 Abs. 5 BBiG). Von der Beschlusszuständigkeit des Ausschusses bleibt die Finanzhoheit der IHK und die Zuständigkeit der Vollversammlung für den Wirtschaftsplan unberührt. Jede Mehrausgabe im laufenden Geschäftsjahr bedeutet eine Änderung des Wirtschaftsplanes und bedarf deshalb der Zustimmung der Vollversammlung. Aber auch Beschlüsse, die erst in der Folge zu nicht unwesentlichen Mehrausgaben führen, bedürfen von vornWurster 407
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herein der Zustimmung der Vollversammlung, damit deren künftige Entscheidungsfreiheit nicht eingeengt wird (§ 79 Abs. 5 Satz 2 BBiG). Der Vergleich findet dabei zwischen den bisherigen Wirtschaftsplanansätzen für den Bereich der Berufsbildung und den durch die Beschlüsse entstehenden Mehrausgaben statt. d) Geschäftsordnung 27
DIHK und DGB erarbeiten in der Regel gemeinsam eine Mustergeschäftsordnung für die Berufsbildungsausschüsse der IHKs. Dies ist zuletzt im November 2006 geschehen. Da sich jeder Ausschuss seine Geschäftsordnung selbst gibt, sind jedoch Abweichungen von der Empfehlung möglich. Der Ausschuss kann in der Geschäftsordnung die Bildung von Unterausschüssen vorsehen und bestimmen, dass ihnen nicht nur Mitglieder des Ausschusses angehören (§ 80 BBiG). Die Bezugnahme auf § 77 Abs. 2 BBiG hat zur Folge, dass auch die Mitglieder von Unterausschüssen von der nach Landesrecht für die Berufung der Ausschussmitglieder zuständigen Behörde, d.h. vom Minister (Senator) berufen werden müssen; aus der gleichen Vorschrift folgt, dass für die Arbeitnehmervertreter auch nicht der Berufsbildungsausschuss, sondern die in § 77 Abs. 2 BBiG angeführten Gewerkschaften und andere Vereinigungen vorschlagsberechtigt sind. Für die Abberufung gilt § 77 Abs. 3 BBiG. Da die Unterausschüsse bei diesem Verfahren praktisch recht unbeweglich wären, wird der Berufsbildungsausschuss es vielfach vorziehen, aus seinen eigenen Reihen Arbeitskreise zu bilden. Für die Mitglieder der Unterausschüsse ist – ebenso wie für die Ausschussmitglieder – eine Entschädigung für bare Auslagen und Zeitversäumnis zu zahlen. Die IHKs werden die Entschädigung für die Mitglieder der Unterausschüsse zweckmäßigerweise in den Entschädigungsregeln für den Ausschuss selbst mitregeln. Unterausschüsse können schon begrifflich nur der Vorbereitung der Beratung im gesamten Berufsbildungsausschuss dienen. Eine abschließende Stellungnahme oder der Beschluss von Rechtsvorschriften kann nicht an sie delegiert werden. Die Geschäftsordnung des Berufsbildungsausschusses kann im Übrigen auch nicht in die gesetzlichen und satzungsmäßigen Zuständigkeiten der Kammerorgane eingreifen. Deshalb können Präsident und Hauptgeschäftsführer kraft Gesetzes und Kammersatzung jederzeit auch an den Sitzungen des Berufsbildungsausschusses teilnehmen, zumal sie in erster Linie die Pflicht zur Un408
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Stellung des Berufsbildungsausschusses innerhalb der IHK
terrichtung und Anhörung haben und beispielsweise rechtliche Bedenken gegen vorgesehene Rechtsvorschriften oder Beschlüsse vorzutragen haben. Ebenso wenig kann sich der Berufsbildungsausschuss eine eigene Geschäftsführung oder ein eigenes Sekretariat zulegen, weil die Geschäftsführung von IHK-Ausschüssen in der Hand der IHK-Geschäftsführung liegt. Schließlich kann der Berufsbildungsausschuss auch keine eigene Öffentlichkeitsarbeit treiben, etwa Pressekonferenzen geben oder Pressemitteilungen herausgeben; dies ist nur mit Zustimmung von Präsident und Hauptgeschäftsführer möglich, denen dieses Recht der Vertretung der IHK nach außen zusteht (§ 7 Abs. 2).
5. Stellung des Berufsbildungsausschusses innerhalb der IHK Der Berufsbildungsausschuss ist ein Organ der IHK (vgl. § 6 Rz. 2) und nicht in seiner Stellung neben der IHK verselbständigt; dies ergibt sich eindeutig aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu der Nichtgeltung von § 77 Abs. 1 und 2 BBiG für die Kirchen (BVerfGE 72, 278 = EzB BBiG § 56 Nr. 4). Er wirkt mit seiner Arbeit innerhalb der IHK, d.h. wendet sich mit seinen Empfehlungen an die zur Beschlussfassung berufenen Organe der Kammer – Vollversammlung oder Präsidium – und begründet mit seinen Beschlüssen, soweit hierzu § 79 Abs. 4 BBiG eine Grundlage bietet, statutarisches Recht (Satzungsrecht der IHK). Der Ausschuss kann also kein Eigenleben außerhalb der IHK, etwa im Verkehr mit anderen Kammern oder deren Ausschüssen, oder mit Landes- und Bundesdienststellen entwickeln. Die geschäftliche Besorgung der Ausschussarbeit obliegt der IHK-Geschäftsführung; von der Sache her wird hierfür meist der für die berufliche Bildung zuständige Bereichsleiter oder ein von ihm Beauftragter in Betracht kommen. Der Hauptgeschäftsführer oder ein von ihm Beauftragter ist berechtigt, an den Sitzungen des Ausschusses teilzunehmen. Häufig ist ein solches Recht durch die Satzung für sämtliche IHK-Ausschüsse – damit also auch für den Berufsbildungsausschuss – ausdrücklich bestätigt; soweit die Satzung hierzu nichts enthält, ergibt sich ein solches Recht aber aus dem Sachzusammenhang, nämlich aus der Verpflichtung der IHK, den Ausschuss in wichtigen Angelegenheiten zu unterrichten bzw. anzuhören, da es dem Hauptgeschäftsführer als dem letztlich für die Kammerarbeit Verantwortlichen nicht genommen werden Wurster 409
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kann, diese Verpflichtungen der IHK gegenüber dem Ausschuss selbst wahrzunehmen.
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(1) Zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben dürfen die Industrie- und Handelskammern die Daten nach § 14 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 der Gewerbeordnung bei den Kammerzugehörigen erheben, soweit diese Daten ihnen nicht von der zuständigen Behörde übermittelt worden sind. Darüber hinaus dürfen sie Daten über angebotene Waren und Dienstleistungen sowie über die Betriebsgrößenklasse bei den Kammerzugehörigen erheben. Auskunftspflichtig sind die Inhaber oder diejenigen, die allein oder zusammen mit anderen zur gesetzlichen Vertretung einer kammerzugehörigen juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personenmehrheit befugt sind. Auskunftspflichtig sind auch besonders bestellte Bevollmächtigte und in das Handelsregister eingetragene Prokuristen von Kammerzugehörigen. (2) Die Industrie- und Handelskammern und ihre Gemeinschaftseinrichtungen, die öffentliche Stellen im Sinne des § 2 Abs. 2 des Bundesdatenschutzgesetzes sind, sind berechtigt, zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit und zur Festsetzung der Beiträge der Kammerzugehörigen Angaben zur Gewerbesteuerveranlagung, wie sie auch zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 erforderlich sind, sowie die nach § 3 Abs. 3 erforderlichen Bemessungsgrundlagen bei den Finanzbehörden zu erheben. (3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Daten dürfen von den Industrie- und Handelskammern und ihren Gemeinschaftseinrichtungen verwendet werden, soweit dies zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Andere als die in Satz 1 genannten Daten dürfen sie nur erheben und verwenden, soweit eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet. (3a) Die Industrie- und Handelskammern dürfen Name, Firma, Anschrift und Wirtschaftszweig ihrer Kammerzugehörigen sowie die übrigen in Absatz 1 genannten Daten an andere Industrie- und Handelskammern auf Ersuchen oder durch Abruf im automati-
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Datenschutz
kann, diese Verpflichtungen der IHK gegenüber dem Ausschuss selbst wahrzunehmen.
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(1) Zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben dürfen die Industrie- und Handelskammern die Daten nach § 14 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 der Gewerbeordnung bei den Kammerzugehörigen erheben, soweit diese Daten ihnen nicht von der zuständigen Behörde übermittelt worden sind. Darüber hinaus dürfen sie Daten über angebotene Waren und Dienstleistungen sowie über die Betriebsgrößenklasse bei den Kammerzugehörigen erheben. Auskunftspflichtig sind die Inhaber oder diejenigen, die allein oder zusammen mit anderen zur gesetzlichen Vertretung einer kammerzugehörigen juristischen Person, Handelsgesellschaft oder Personenmehrheit befugt sind. Auskunftspflichtig sind auch besonders bestellte Bevollmächtigte und in das Handelsregister eingetragene Prokuristen von Kammerzugehörigen. (2) Die Industrie- und Handelskammern und ihre Gemeinschaftseinrichtungen, die öffentliche Stellen im Sinne des § 2 Abs. 2 des Bundesdatenschutzgesetzes sind, sind berechtigt, zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit und zur Festsetzung der Beiträge der Kammerzugehörigen Angaben zur Gewerbesteuerveranlagung, wie sie auch zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit im Sinne von § 2 Abs. 1 erforderlich sind, sowie die nach § 3 Abs. 3 erforderlichen Bemessungsgrundlagen bei den Finanzbehörden zu erheben. (3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Daten dürfen von den Industrie- und Handelskammern und ihren Gemeinschaftseinrichtungen verwendet werden, soweit dies zur Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Andere als die in Satz 1 genannten Daten dürfen sie nur erheben und verwenden, soweit eine andere Rechtsvorschrift dies erlaubt oder anordnet. (3a) Die Industrie- und Handelskammern dürfen Name, Firma, Anschrift und Wirtschaftszweig ihrer Kammerzugehörigen sowie die übrigen in Absatz 1 genannten Daten an andere Industrie- und Handelskammern auf Ersuchen oder durch Abruf im automati-
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sierten Verfahren übermitteln, soweit dies für die Erfüllung der ihnen nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich ist. (4) Die Industrie- und Handelskammern dürfen Name, Firma, Anschrift und Wirtschaftszweig von Kammerzugehörigen zur Förderung von Geschäftsabschlüssen und zu anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Zwecken an nichtöffentliche Stellen übermitteln. Die übrigen in Absatz 1 genannten Daten dürfen zu den in Satz 1 genannten Zwecken an nichtöffentliche Stellen übermittelt werden, sofern der Kammerzugehörige nicht widersprochen hat. Auf die Möglichkeit, der Übermittlung der Daten an nichtöffentliche Stellen zu widersprechen, sind die Kammerzugehörigen vor der ersten Übermittlung schriftlich hinzuweisen. Daten über Zugehörige anderer Kammern hat die Industrie- und Handelskammer nach Übermittlung an die nichtöffentliche Stelle unverzüglich zu löschen, soweit sie nicht zur Erfüllung der ihr nach diesem Gesetz übertragenen Aufgaben erforderlich sind. An Bewerber für die Wahl zur Vollversammlung nach § 5 dürfen zum Zweck der Wahlwerbung die in Satz 1 genannten Daten über Wahlberechtigte aus ihrer jeweiligen Wahlgruppe übermittelt werden. Der Bewerber hat diese Daten nach der Durchführung der Wahl unverzüglich zu löschen. Dritte, an die Daten übermittelt werden, dürfen diese Daten nur für den Zweck verwenden, zu dessen Erfüllung sie ihnen übermittelt werden. (5) (aufgehoben) (6) Für das Verändern, Sperren oder Löschen der nach den Absätzen 1 und 2 erhobenen Daten sowie die Übermittlung der Daten nach Absatz 1 an öffentliche Stellen gelten die Datenschutzgesetze der Länder. Für die Übermittlung der Daten an andere Industrie- und Handelskammern durch Abruf im automatisierten Verfahren nach Absatz 3a gilt § 10 des Bundesdatenschutzgesetzes entsprechend. Rz. 1. Entstehungsgeschichte . . . . .
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2. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . .
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3. § 9 im Rahmen allgemeiner Datenschutzregelungen . . . . a) Allgemeiner Datenschutz . .
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Rz. b) § 9 als bereichsspezifische Sonderregelung für die IHKs .
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4. Datenerhebung (§ 9 Abs. 1) . . 9 a) Daten aus den Gewerbeanzeigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 b) Daten über Waren und Dienstleistungen . . . . . . . . . . . 13
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c) Auskunftspflicht . . . . . . . . . . 14 5. Erhebung von Beitragsbemessungsgrundlagen (§ 9 Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . 15 6. Nutzung der Daten durch die IHKs (§ 9 Abs. 3). . . . . . . . 17 7. Übermittlung von Daten an andere IHKs (§ 9 Abs. 3a) . . . 19 8. Übermittlung von Daten an nichtöffentliche Stellen (§ 9 Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . 20
Rz. a) Datenübermittlung . . . . . . . . b) Nichtöffentliche Stellen . . . . c) Zweckbindung der Übermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Umfang der Datenübermittlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . e) § 9 Abs. 4 – Wahlen . . . . . . . .
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9. Datenübermittlung an Behörden und andere öffentliche Stellen (§ 9 Abs. 6) . . . . 36 10. Informationsfreiheitsgesetze. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Literaturauswahl: Gola/Schomerus, Bundesdatenschutzgesetz [BDSG], 8. Aufl. 2005.
1. Entstehungsgeschichte 1
Die §§ 9 und 10 enthielten ursprünglich Vorschriften, welche der Rechtsvereinheitlichung bei der Umbildung der beim Inkrafttreten des IHKG bereits bestehenden Industrie- und Handelskammern unterschiedlicher Strukturen und Rechtsformen zu Industrie- und Handelskammern im Sinne dieses Gesetzes dienten. Diese Umbildung ist inzwischen überall abgeschlossen, so dass diese Vorschriften obsolet geworden sind.
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Durch das Gesetz zur Änderung von Gesetzen auf dem Gebiet des Rechts der Wirtschaft v. 21. 12. 1992 (BGBl. I, 2133) wurde der § 9 als bereichsspezifische Datenschutzregelung eingeführt. Die ursprünglich im Regierungsentwurf (BT-Drs. 605/92) auf die Erhebung der zur Beitragsfestsetzung erforderlichen Bemessungsgrundlagen beschränkte Vorschrift wurde im Gesetzgebungsverfahren auf andere Bereiche der Datenerhebung und -verarbeitung erweitert. Seine jetzige Fassung erhielt die Vorschrift durch das zweite Gesetzt zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246).
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§ 9 im Rahmen allgemeiner Datenschutzregelungen
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2. Vorbemerkung § 9 stellt eine datenschutzrechtliche Sonderregelung für die IHKs dar, durch welche die Anwendung der für sie geltenden allgemeinen Datenschutzvorschriften, insbesondere der zulässige Rahmen der Datenverarbeitung, bereichsspezifisch geregelt wird. Eine Kommentierung dieser Sonderregelung muss auf der Grundlage der allgemeinen Datenschutzregelungen in ihrer von der Rechtsprechung und Literatur geprägten Ausformung erfolgen, ohne dass jedoch diese Vorschriften selbst ausführlich dargestellt und kommentiert werden können. Es wird lediglich eine kurze, dem besseren Verständnis der Sonderregelung dienende Einführung in die Grundzüge des Datenschutzrechts gegeben; im Übrigen muss auf die einschlägige Literatur verwiesen werden.
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3. § 9 im Rahmen allgemeiner Datenschutzregelungen a) Allgemeiner Datenschutz aa) Die IHKs unterliegen als juristische Personen des öffentlichen Rechts, die der Aufsicht eines Landes unterstehen, den Datenschutzgesetzen dieses Landes (§ 2 Abs. 2 BDSG). Da das BDSG für öffentliche Stellen der Länder nur subsidiär gilt, nämlich nur insoweit, als der Datenschutz nicht durch Landesgesetz geregelt ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 BDSG), findet das BDSG auf die IHKs keine Anwendung, weil in allen Bundesländern Datenschutzgesetze bestehen (Gola/Schomerus, § 1 Rz. 19 – die im Folgenden zitierten §§ des BDSG stimmen zumeist inhaltlich mit den entsprechenden Regelungen in den Landesdatenschutzgesetzen [LDSG] im Wesentlichen überein).
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Die Datenschutzgesetze sind Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB (Gola/Schomerus, § 1 Rz. 4) und können bei Verstößen Schadenersatzansprüche begründen; außerdem gewähren die Gesetze selbst dem Betroffenen Schadenersatzansprüche, wenn öffentliche oder nichtöffentliche Stellen in unzulässiger Weise seine personenbezogenen Daten verarbeiten (vgl. §§ 7, 8 BDSG). Die Betroffenen haben einen Auskunftsanspruch gegenüber der speichernden Stelle (§ 19 BDSG) und können ggf. eine Berichtigung, Löschung und Sperrung unzulässigerweise gespeicherter personenbezogener Daten verlangen (§ 20 BDSG). Sie haben außerdem das Recht, sich an die Datenschutzbeauftragten zu wenden,
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welche die Einhaltung der Vorschriften durch die öffentlichen Stellen überwachen und dabei weitgehende Einsichts- und Vorlagerechte haben (§§ 21 ff. BDSG). Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben gegenüber öffentlichen Stellen ein Beanstandungsrecht; richtet sich eine Beanstandung an eine öffentlich-rechtliche Körperschaft oder Anstalt, so unterrichtet der Datenschutzbeauftragte auch die zuständige Aufsichtsbehörde (§ 25 Abs. 1 Ziff. 4 BDSG). 6
bb) Zweck datenschutzrechtlicher Regelungen ist der Schutz des Persönlichkeitsrechts, wie es in dem vom BVerfG (BVerfGE 65, 1) geprägten Begriff des „Rechts auf informationelle Selbstbestimmung“ seinen Ausdruck findet (Gola/Schomerus, § 1 Rz. 6). Die Datenschutzgesetze regeln alle Arten des „Umgangs“ mit personenbezogenen Daten unter Verwendung einer automatisierten Datei, d.h. das Erheben, Speichern, Verändern, Übermitteln, Sperren, Löschen und Nutzen von Daten (vgl. Gola/Schomerus, § 3 Rz. 23 ff.), wobei im öffentlichen Bereich unter bestimmten Umständen auch Akten einer automatisierten Datei gleichgestellt sind (§ 3 Abs. 2 Satz 2 BDSG).
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Schutzgegenstand des Datenschutzes sind nur „personenbezogene Daten“, die als Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse von natürlichen Personen (vgl. § 12 des Gesetzes über Statistik für Bundeszwecke; § 203 Abs. 2 StGB) definiert werden. Personenbezogen sind also nur die Daten, die sich auf eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person beziehen. Juristische Personen (z.B. Kapitalgesellschaften, eingetragene Vereine) und Personengesellschaften (z.B. OHG, KG, BGB-Gesellschaft) genießen nicht den Schutz der Datenschutzgesetze (OLG Karlsruhe DuD 1983, 229), wohl aber deren Mitglieder, soweit Angaben über die Gesellschaft auf sie „durchschlagen“, d.h. ein Bezug der Angaben zu einer bestimmten hinter der Gesellschaft stehenden natürlichen Person hergestellt werden kann (Gola/Schomerus, § 3 Rdn. 11). Personenbezogene Daten dürfen von öffentlichen Stellen nur genutzt werden, wenn eine Rechtsvorschrift dieses erlaubt oder anordnet oder soweit der Betroffene schriftlich eingewilligt hat; für die Einholung der Einwilligung und ihre Form enthalten die Datenschutzgesetze besondere Regelungen (vgl. § 4a BDSG).
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b) § 9 als bereichsspezifische Sonderregelung für die IHKs Die IHKs benötigen für die Erfüllung ihrer Aufgaben eine Vielzahl 8 von Daten, die ihnen zum Teil von anderen öffentlichen Stellen zugeleitet werden (z.B. von den Gewerbe-/Ordnungsämtern und den Finanzbehörden), zum Teil auch von den IHKs selbst erhoben werden. § 9 regelt die Zulässigkeit der Datenerhebung und der Datenverarbeitung speziell für die IHKs. Diese kammerspezifische Datenschutzregelung ist eine eigenständige Regelung und steht zu anderen datenschutzrechtlichen Regelungen im Verhältnis von Spezial- und Grundnorm: Soweit § 9 eine Regelung trifft, gilt diese vorrangig vor anderen Vorschriften; soweit weder in § 9 noch in anderen speziellen Vorschriften eine Regelung enthalten ist, gelten subsidiär die jeweiligen Landesdatenschutzgesetze.
4. Datenerhebung (§ 9 Abs. 1) a) Daten aus den Gewerbeanzeigen § 9 Abs. 1 Satz 1 gestattet den IHKs, zur Erfüllung der ihnen nach dem IHKG übertragenen Aufgaben die Daten nach § 14 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 GewO bei den Kammerzugehörigen zu erheben, soweit ihnen diese Daten nicht von der zuständigen Stelle, in diesem Fall also den Gewerbe-/Ordnungsämtern, übermittelt worden sind. Der Gesetzgeber will mit dieser Vorschrift zum Ausdruck bringen, dass die IHKs die Daten erheben können, welche die Gewerbe-/Ordnungsämter auch von sich aus nach § 14 Abs. 9 Satz 1 Ziff. 1 GewO den IHKs regelmäßig übermitteln dürfen. Die in Betracht kommenden Daten ergeben sich aus § 14 Abs. 4 GewO, insbesondere aus den der GewO als Anlage beigefügten Formularmustern für die Gewerbeanmeldung (Anlage 1), Gewerbeummeldung (Anlage 2) und Gewerbeabmeldung (Anlage 3). Alle Feldnummern dieser Formularmuster (mit Ausnahme des Unterschriftsfeldes) dürfen den IHKs übermittelt und von ihnen selbst erhoben werden. Es handelt sich im Einzelnen um Angaben über Name, Ort und Nummer der Handelsregistereintragung; Vor- und Zunamen des Gewerbetreibenden (Gesellschafters einer Personengesellschaft/Geschäftsführers einer juristischen Person); Geburtsdatum und -ort sowie Staatsangehörigkeit, Anschrift, Telefon- und Faxnummer des Gewerbetreibenden (Gesellschafters einer Personengesellschaft/Geschäftsführers einer juristischen Person); Vor- und Zunamen der vertretungsberechtigten PerKarstedt-Meierrieks
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son(en); Anschrift der jetzigen und früheren Betriebsstätte, Anschrift der Hauptniederlassung; Art der angemeldeten gewerblichen Tätigkeit und ihr Beginn; Art des angemeldeten Betriebes (Industrie, Handwerk, Handel, Sonstiges); voraussichtliche Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer; Gegenstand der Anmeldung (Hauptniederlassung, Zweigniederlassung, unselbständige Zweigstelle, Automatenaufstellung, Reisegewerbe); Neuerrichtung oder Übernahme der Betriebsstätte; ggf. Name des früheren Betriebsinhabers; Vorliegen einer Erlaubnis, einer Handwerkskarte, einer Aufenthaltsgenehmigung mit/ohne Beschränkung; Datum der Anmeldung. 10
Bezüglich dieser Daten haben die IHKs ein eigenes Datenerhebungsrecht, von dem sie allerdings nur insoweit Gebrauch machen dürfen, als die Daten ihnen nicht bereits durch die Gewerbeüberwachungsbehörden übermittelt worden sind.
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Die Daten dürfen nur zur Erfüllung der den IHKs nach dem IHKG übertragenen Aufgaben erhoben werden; die IHK-Aufgaben umfassen sowohl die originären Aufgaben nach § 1 Abs. 1 bis 3 (Vertretung des Gesamtinteresses der Wirtschaft, Förderung der gewerblichen Wirtschaft einschl. der Unterhaltung entsprechender Einrichtungen; Unterstützung von Behörden und Gerichten; Wahrung von Anstand und Sitte; Förderung und Durchführung der Berufsbildung; Ausstellung von Wirtschaftsbescheinigungen) als auch übertragene Aufgaben nach § 1 Abs. 4 (vgl. dazu die Ausführungen in § 1 Rz. 165). Die Übertragung weiterer Aufgaben hat zwar durch besondere Gesetze oder Rechtsverordnungen zu erfolgen; sie ist aber ausdrücklich durch § 1 Abs. 4 zugelassen und geregelt, so dass es sich auch bei diesen übertragenen Aufgaben um „nach diesem Gesetz übertragene Aufgaben“ handelt; das ergibt sich im Übrigen auch aus § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GewO, der ausdrücklich die Übermittlung der Daten auch zur Wahrnehmung der nach § 1 Abs. 4 übertragenen Aufgaben zulässt. Soweit allerdings die Daten aus § 14 Abs. 4 GewO zur Erfüllung dieser übertragenen Aufgaben nicht ausreichen, muss die Berechtigung zur Erhebung weiterer Daten in dem übertragenden Gesetz oder der übertragenden Rechtsverordnung geregelt werden.
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Der in Abs. 1 in Bezug genommene § 14 Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 GewO ist im Übrigen insofern missglückt, als er § 3 IHKG, der das Beitragswesen regelt, und § 5 IHKG, der sich mit den Wahlen zur 416
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Datenerhebung
Vollversammlung befasst, als Vorschriften aufführt, aus denen sich IHK-Aufgaben ergeben. Das ist jedoch nicht der Fall. Die IHK-Aufgaben – originäre und übertragene – ergeben sich nur aus § 1; bei der Beitragserhebung und der Durchführung von IHKWahlen handelt es sich um (notwendige) organisatorische Maßnahmen, die allenfalls mittelbar der Aufgabenwahrnehmung dienen. Die Bezugnahme auf diese Vorschriften ist jedoch dahin gehend zu interpretieren, dass die Daten auch insoweit übermittelt (und von den IHKs nach § 9 Abs. 1 erhoben) werden können, als sie für die Beitragserhebung und die Durchführung von Wahlen zur Vollversammlung erforderlich sind. b) Daten über Waren und Dienstleistungen Über die sich aus § 14 Abs. 4 GewO ergebenden Daten hinaus können die IHKs nach § 9 Abs. 1 Satz 2 Daten über die von ihren Kammerzugehörigen angebotenen Waren und Dienstleistungen sowie über die Betriebsgrößenklassen bei ihren Kammerzugehörigen erheben. Auch für diese Daten gilt die Einschränkung des Satzes 1, dass sie nur zur Erfüllung der den IHKs übertragenen Aufgaben erhoben werden dürfen. Diese Voraussetzung ist regelmäßig gegeben, weil die IHKs diese Daten zur Förderung der gewerblichen Wirtschaft, insbesondere zur Förderung von Geschäftsabschlüssen, und die Daten über die Betriebsgrößenklassen zusätzlich auch zur Beurteilung und Gewichtung von Meinungsäußerungen der Kammerzugehörigen bei der Abgabe von Stellungnahmen und für statistische Zwecke benötigen.
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c) Auskunftspflicht Soweit die IHKs die Daten nach Satz 1 oder 2 selbst erheben, sind nach Satz 3 und 4 der Inhaber und die aufgeführten Personen auskunftspflichtig. Inhaber sind die natürlichen Personen, die das Gewerbe betreiben, sei es als Kleingewerbetreibende, als Einzelkaufleute oder als Gesellschafter einer Personengesellschaft. Auskunftspflichtig sind nunmehr neben den gesetzlichen Vertretern juristischer Personen auch besonders Bevollmächtigte oder im Handelsregister eingetragene Prokuristen. Wenn die Bitte nach Erteilung einer Auskunft nicht erfüllt wird, kann das Auskunftsverlangen als Verwaltungsakt ausgestaltet werden, der notfalls nach
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den §§ 6 ff. des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes durchgesetzt werden kann.
5. Erhebung von Beitragsbemessungsgrundlagen (§ 9 Abs. 2) 15
Die IHKs sind sowohl für die Feststellung der Kammerzugehörigkeit, die von der Gewerbesteuerpflicht abhängt, vor allem aber für die Erhebung der Beiträge auf die Mitteilung der Gewerbeerträge, der Zerlegungsanteile – und soweit keine Gewerbesteuermessbeträge festgesetzt worden sind – auf die Mitteilung der Gewinne aus Gewerbebetrieb nach dem Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz angewiesen. Die Finanzbehörden sind dazu nach § 31 AO berechtigt und die Landesgesetzgeber können sie dazu nach § 12 Abs. 1 auch verpflichten. In der Praxis werden die Beitragsbemessungsdaten aufgrund entsprechender Erlasse der Landesfinanzminister und aufgrund entsprechender Rahmenvereinbarungen zwischen IHKs und Finanzverwaltungen der Länder überall unmittelbar an die Rechenzentren der IHKs übermittelt, die sie an die einzelnen IHKs weiterleiten (vgl. § 3 Rz. 71).
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§ 9 Abs. 2 regelt spiegelbildlich zum Recht bzw. zur Verpflichtung der Finanzbehörden, die Daten an die IHKs weiterzugeben, das Recht der IHKs, die Beitragsbemessungsdaten bei den Finanzbehörden zu erheben. Die Vorschrift stellt somit eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass die Daten bei den Betroffenen selbst zu erheben sind (vgl. Gola/Schomerus, § 13 Rz. 2). Daneben gibt § 3 Abs. 3 Satz 7 den IHKs bezüglich der Beitragsbemessungsgrundlagen subsidiär zu § 9 Abs. 2 ein eigenes Erhebungsrecht bei den ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden; dies ist vor allem für die Fälle erforderlich, in denen die Finanzbehörden Angaben über die Gewinne aus Gewerbebetrieb nach dem EStG für Firmeninhaber oder Gesellschafter nicht machen können (vgl. § 3 Rz. 71, 72). Die Klarstellung in § 9 Abs. 2, dass auch die Feststellung der Kammerzugehörigkeit eine Rechtfertigung für die Erhebung der Daten bei den Finanzbehörden ist, führt dazu, dass Daten der Finanzbehörden über gewerbesteuerliche Veranlagungen, denen keine Gewerbeanmeldung bei den IHKs entspricht, dennoch von den IHKs erhoben werden dürfen. Sie dürfen insofern zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit verwendet werden, als eine entsprechende 418
Karstedt-Meierrieks
§9
Übermittlung von Daten an andere IHKs
Anfrage beim Betroffenen zulässig ist, um zu klären, ob und welche gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird und ob sich daraus eine IHK-Zugehörigkeit mit einer eventuellen Beitragspflicht ergibt.
6. Nutzung der Daten durch die IHKs (§ 9 Abs. 3) Abs. 3 bezieht sich nur auf den in § 9 geregelten Teilbereich der Grunddaten der Kammerzugehörigen, also die in Abs. 1 geregelten Daten der Gewerbeanmeldungen nach § 14 Abs. 4 GewO und die in Abs. 2 geregelten Beitragsbemessungsgrundlagen. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung weiterer nicht in dieser Vorschrift genannten Daten, bleibt – wie sich aus Satz 2 ergibt – zulässig, soweit andere Rechtsvorschriften das zulassen. So folgt z.B. aus § 71 BBiG i.V.m. den jeweiligen Landesdatenschutzgesetzen die Zulässigkeit der Erhebung und Verarbeitung von Daten der Auszubildenden und der kammerzugehörigen Ausbildungsbetriebe durch die IHKs.
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Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Daten dürfen die IHKs für ihre Zwecke verwenden, soweit dieses zur Erfüllung der ihnen übertragenen Aufgaben erforderlich ist. Unabhängig davon können die IHKs nach Abs. 3 beispielsweise die gespeicherten Anschriften ihrer kammerzugehörigen Unternehmen einer bestimmten Branche verwenden, um ihre Auffassung zu bestimmten sie betreffenden Gesetzesvorhaben zu erfragen oder sie auf rechtliche oder tatsächliche Entwicklungen hinzuweisen, die für diesen Wirtschaftsbereich bedeutsam sind.
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7. Übermittlung von Daten an andere IHKs (§ 9 Abs. 3a) Die neue Vorschrift erweitert nicht die Zulässigkeit der Datenverarbeitung. Sie ermöglicht lediglich den automatisierten Abruf als technischen Vorgang der Datenübermittlung unter den IHKs neben der Einzelabfrage. Hierbei ist jedoch die Zweckbindung – Erfüllung der nach dem IHKG übertragenen Aufgaben – zu beachten. Hierunter fällt nicht nur die Übermittlung zur Klärung von Beitragsfragen, sondern auch, wie sich aus Abs. 4 ergibt, die Weiterleitung der Daten zur Förderung von Geschäftsabschlüssen bzw. andere dem Wirtschaftsverkehr dienende Zwecke. Für den automatisierten Abruf gelten als Rechtsgrundlage nicht die – un-
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§9
Datenschutz
terschiedlichen – Regelungen des LDSG, sondern einheitlich das BDSG (§ 9 Abs. 6).
8. Übermittlung von Daten an nichtöffentliche Stellen (§ 9 Abs. 4) a) Datenübermittlung 20
Abs. 4 regelt die Zulässigkeit und Voraussetzungen der Übermittlung von Daten durch die IHKs an nichtöffentliche Stellen. Übermittlung ist die Bekanntgabe gespeicherter oder durch Datenverarbeitung gewonnener Daten an Dritte entweder durch Weitergabe der Daten an den Empfänger oder durch Bereitstellung der Daten durch die speichernde Stelle und die Einsicht oder den Abruf durch den Empfänger (vgl. Gola/Schomerus, § 3 Rz. 10). Eine Übermittlung liegt auch vor, wenn personenbezogene Daten im Internet bereitgehalten und von dort abgerufen werden. Nach h.M. stellt sich auch die Veröffentlichung von Daten als Übermittlung dar (Gola/Schomerus, § 3 Rz. 33).
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Bei der Behandlung der Frage, welche Daten unter welchen Voraussetzungen übermittelt werden dürfen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nur personenbezogene Daten dem Datenschutz unterliegen. Die Weitergabe von Daten juristischer Personen und von Personengesellschaften unterliegt in der Regel keinen Beschränkungen (vgl. Rz. 7). Dasselbe gilt für die Weitergabe von Daten, welcher der Betroffene in der vorgeschriebenen Form zugestimmt hat. Es empfiehlt sich daher, dass die IHKs sich von ihren Zugehörigen die Einwilligung zur Übermittlung bestimmter Daten zu bestimmten Zwecken geben lassen. Schließlich darf die Kammer Daten übermitteln, wenn eine bereichsspezifische Vorschrift (in diesem Falle Abs. 4) das erlaubt oder darüber hinausgehend auch dann, wenn die für die jeweilige Kammer geltenden allgemeinen Vorschriften des LDSG das zulassen.
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Abs. 4 unterscheidet zwischen Daten, zu deren Weitergabe die IHKs in jedem Fall berechtigt sind, soweit dieses dem Wirtschaftsverkehr dient, und Daten, die zu diesem Zweck nur dann an nichtöffentliche Stellen weitergegeben werden dürfen, wenn der Kammerzugehörige nicht widerspricht.
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Übermittlung von Daten an nichtöffentliche Stellen
§9
Zu der ersteren Gruppe gehören der Name (bzw. bei Kaufleuten die Firma), die Anschrift und der Wirtschaftszweig des Kammerzugehörigen. Es handelt sich hierbei um Daten, die aus der Sicht des Betroffenen relativ „unsensibel“ sind, weil er sich mit ihnen zur Verwirklichung seines Geschäftszwecks ohnehin freiwillig in die Öffentlichkeit (z.B. bei der Werbung) begibt; andererseits ist die Weitergabemöglichkeit dieser Daten aus der Sicht der IHKs das Minimum dessen, was sie zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken (§ 1 Abs. 1), benötigen und was zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels des Abs. 4, Geschäftsabschlüsse zu fördern, notwendig ist. Bei realistischer Betrachtungsweise müsste zur effektiven Aufgabenwahrnehmung der „unproblematische“ Datenkatalog zumindest um die angebotenen Waren und Dienstleistungen sowie um die Telefon- und Fax-Nummern erweitert werden, weil in der Praxis die Kontaktaufnahme als Vorstufe eines Geschäftsabschlusses aufgrund der angebotenen Waren und Dienstleistungen per Telefon oder Telefax erfolgt und das Fehlen dieser Angaben das bezweckte Zustandekommen von Geschäftsabschlüssen behindert und erschwert. Die E-Mail-Adresse fällt hingegen nicht unter diese Daten.
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Abs. 4 ist als bereichsspezifische Vorschrift vorrangig nur hinsichtlich der in Abs. 1 genannten Daten (zu denen auch die Telefon- und Fax-Nummern gehören). Für die Übermittlung anderer Daten gelten gem. Abs. 3 Satz 2 die allgemeinen Vorschriften des LDSG. Nach den meisten LDSG ist die Übermittlung von Daten aus allgemein zugänglichen Quellen ohne Beschränkungen zulässig. Soweit Handelsregisterdaten im Bundesanzeiger (www.unternehmensregister.de) veröffentlicht worden sind (Datum der HREintragung, Name des Geschäftsführers), ist die Übermittlung dieser Daten nach Maßgabe des jeweils geltenden LDSG zulässig; allerdings kann fraglich sein, inwieweit diese Zulässigkeit durch die Verbindung mit anderen, ebenfalls zur Übermittlung freigegebenen Daten nach Abs. 1 beeinträchtigt wird.
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Ein Widerspruch des Kammerzugehörigen ist hingegen bei der Übermittlung von personenbezogenen Daten zu beachten, die in Abs. 1 genannt und nicht durch Abs. 4 Satz 1 vom Widerspruchsrecht ausgenommen sind, d.h. insbesondere bei Daten über angebotene Waren und Dienstleistungen, die Betriebsgrößenklassen,
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§9
Datenschutz
die Telefon- und Fax-Nummer und Ort und Nummer der HR-Eintragung. 26
Die Kammerzugehörigen sind vor der erstmaligen Übermittlung der Daten schriftlich auf die Möglichkeit des Widerspruchs hinzuweisen. Dieses geschieht in der Praxis zumeist in der Weise, dass der Hinweis bereits in dem ersten Schreiben, das ein neuer Kammerzugehöriger von seiner Kammer erhält, erfolgt. Für den Widerspruch selbst ist keine Form vorgeschrieben. Es genügt deshalb auch ein mündlicher/telefonischer Widerspruch, der von der Kammer zu vermerken und zu beachten ist. Dem Kammerzugehörigen sollte eine Frist von ca. zwei Monaten für die Geltendmachung seines Widerspruchs nach Aussendung des Begrüßungsschreibens eingeräumt werden, bevor seine Daten zum ersten Mal an Dritte übermittelt werden. b) Nichtöffentliche Stellen
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Nichtöffentliche Stellen sind alle Empfänger, die nicht gem. § 2 Abs. 1 bis 3 BDSG dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzuordnen sind. Es sind dies natürliche und juristische Personen und Personenvereinigungen des privaten Rechts, die keine hoheitlichen Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen (§ 2 Abs. 4 BDSG). Dagegen sind von IHKs getragene Vereinigungen auf Landesebene ungeachtet ihrer Rechtsform nach § 2 Abs. 2 BDSG öffentliche Stellen, soweit diese an der Erledigung einer öffentlichen Aufgabe teilnehmen (Gola/Schomerus, § 2 Rz. 6 ff.); das trifft etwa auf die Kammervereinigungen und Rechenzentren der IHKs auf Landesebene zu (Gola/Schomerus, § 2 Rz. 18). Das gilt aber auch für länderübergreifende Kammervereinigungen, wie den DIHK, die dem LDSG ihres Sitzortes unterliegen (vgl. dazu Gola/Schomerus, § 2 Rz. 15 ff.). c) Zweckbindung der Übermittlung
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aa) Die IHKs dürfen personenbezogene Daten nur übermitteln, wenn der Zweck die Weitergabe legitimiert. Der Grundsatz der Zweckbindung ergibt sich aus dem Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts (vgl. oben Rz. 6). Der Betroffene soll sich darauf verlassen können, dass seine personenbezogenen Daten nur zu dem Zweck verwendet werden, zu dem sie erhoben worden 422
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Übermittlung von Daten an nichtöffentliche Stellen
§9
sind. Für eine Verwendung zu anderen Zwecken – insbesondere für die Übermittlung an Dritte – bedarf es einer gesetzlichen Grundlage. Nach allgemeinem Datenschutzrecht ist eine Übermittlung alternativ nur zulässig, wenn sie entweder zur Aufgabenerfüllung der übermittelnden Stelle erforderlich ist oder wenn ein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen am Unterbleiben der Übermittlung nicht besteht. Die übermittelnde Stelle trägt die Verantwortung für die Zulässigkeit der Übermittlung und der Empfänger darf die Daten nur für den Zweck verwenden, zu dem sie ihm übermittelt wurden (vgl. dazu insgesamt Gola/Schomerus, § 16 Rz. 5 ff.). Der Abs. 4 konkretisiert diese allgemeine Datenschutzregelung 29 für den Bereich der IHKs, indem er die Übermittlung eines Teils des in Abs. 1 genannten Datenkranzes, nämlich Name (bei Kaufleuten Firma), Anschrift und Wirtschaftszweig, zur Förderung von Geschäftsabschlüssen und im Interesse des Wirtschaftsverkehrs generell gestatten, während die Zulässigkeit der Übermittlung aller anderen in Abs. 1 genannten Daten davon abhängig gemacht wird, dass der Betroffene der Übermittlung nicht widerspricht. Die IHKs handeln bei der Übermittlung von Daten ihrer kammerzugehörigen Unternehmen in Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken (§ 1 Abs. 1), der durch § 9 Abs. 4 für die Datenübermittlung in der Weise konkretisiert wird, dass die Datenübermittlung der Förderung von Geschäftsabschlüssen oder dem Wirtschaftsverkehr dienen muss. Dies gilt auch dann, wenn sich die Kammer für die Übermittlung einer privatrechtlichen Einrichtung oder Vereinigung bedient. Die IHKs können ihre Aufgaben im Rahmen ihrer Organisationsgewalt auch durch privatrechtliche Einrichtungen erfüllen, die sich allerdings in den Grenzen des gesetzlichen Kammerauftrags halten müssen und denselben Beschränkungen und Verpflichtungen unterliegen wie die IHKs selbst (vgl. dazu § 1 Rz. 59). Wie bei den allgemeinen Datenschutzregelungen entsprechend dem § 16 Abs. 1 Ziff. 1 BDSG kommt es, wenn eine öffentliche Stelle die Datenübermittlung im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags vornimmt, nicht darauf an, ob der (nicht-öffentliche) Empfänger Nutzen von oder Interesse an den Daten hat (Gola/Schomerus, § 16 Rz. 10). Das entbindet die IHKs allerdings nicht von ihrer Verantwortung, auf die Zulässigkeit der Übermittlung zu achten. Karstedt-Meierrieks
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§9
Datenschutz
Bei der Übermittlung der Daten an bestimmte Empfänger ist die Prüfung der Plausibilität des Zwecks der Übermittlung in der Regel möglich. Da eine Datenübermittlung jedoch auch in Form einer Veröffentlichung (die nach h.M. einer Übermittlung gleichsteht, vgl. Gola/Schomerus, § 3 Rz. 33) erfolgen kann, sind in diesem Fall den IHKs die Empfänger und ihre Interessen nicht bekannt. Da die Übermittlung der Daten jedoch in Erfüllung des gesetzlichen Auftrags der IHKs erfolgt, kommt es darauf nicht an (vgl. Gola/Schomerus, § 16 Rz. 5). Dasselbe muss auch gelten, wenn die Übermittlung im Rahmen einer sog. offenen Datenbank erfolgt, die einem unbeschränkten Empfängerkreis zu den gesetzlich zugelassenen Zwecken zugänglich ist. Das BDSG regelt zwar in § 10 die Voraussetzungen eines automatisierten Abrufverfahrens; ein solches Verfahren – und damit die Anwendbarkeit dieser Vorschrift – ist jedoch nicht gegeben, wenn Art und Umfang der zu übermittelnden Daten allein von der übermittelnden Stelle bestimmt werden (Gola/Schomerus, § 10 Rz. 4). § 10 Abs. 5 BDSG nimmt überdies die offenen Datenbanken, die nicht auf bestimmte Benutzergruppen beschränkt sind, ausdrücklich von der Regelung über den automatisierten Datenabruf aus. Eine besondere Zulassung zu Abrechnungszwecken unter Vergabe einer Benutzeridentifikation, wie z.B. bei Adressdatenbanken und Branchendatenbanken der IHKs, soll allerdings einer offenen Datenbank nicht entgegenstehen. 31
Entscheidend ist in diesen Fällen, dass die IHKs die Übermittlung bzw. die Bereitstellung der Daten im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags und der Zweckbindung vornehmen, wobei sie bei der Veröffentlichung bzw. Bereitstellung allerdings deutlich darauf hinweisen sollten, dass die Daten vom Empfänger nur zur Förderung von Geschäftsabschlüssen und des Wirtschaftsverkehrs genutzt werden dürfen. Die Veröffentlichung bzw. Bereitstellung der Daten zum Abruf ist wegen der Schnelligkeit und Einfachheit der Zugriffsmöglichkeit sowie der Aktualität der Daten der effektivste Weg zur Erreichung des vom Gesetzgeber angestrebten Zieles, Geschäftsabschlüsse und den Wirtschaftsverkehr zu fördern. Die in Abs. 4 aufgeführten Daten sind relativ „unsensibel“ und ihrer Art nach auf die Zweckbindung zugeschnitten und in aller Regel auch nur für diese Zwecke nutzbar. Schließlich liegt die Veröffentlichung bzw. Bereitstellung der Daten zum Abruf offensichtlich auch im Interesse der Betroffenen, so dass von ihrer mutmaß424
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Übermittlung von Daten an nichtöffentliche Stellen
§9
lichen Einwilligung ausgegangen werden kann; damit wären insoweit sogar die Voraussetzungen für eine Zweckänderung im Sinne des (hier allerdings wegen der Spezialvorschrift des Abs. 4 nicht anwendbaren) § 14 Abs. 2 Ziff. 3 BDSG gegeben. bb) Abs. 4 gestattet die Übermittlung bestimmter Daten der kammerzugehörigen Unternehmen zur Förderung von Geschäftsabschlüssen und zu anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Zwecken. Diese Zweckbestimmung ist sehr weit gefasst und stellt offensichtlich den Versuch dar, den Grundauftrag der IHKs aus § 1 Abs. 1 zu konkretisieren, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken. Bereits der Wortlaut („ … zu anderen …“) macht deutlich, dass das Kriterium der „dem Wirtschaftsverkehr dienenden Zwecke“ der übergeordnete und weiter gehende Begriff ist, zu dem die „Förderung von Geschäftsabschlüssen“ ein Unter- und Sonderfall ist. Dennoch steht in der Praxis die Übermittlung von Daten zur Förderung von Geschäftsabschlüssen eindeutig im Vordergrund. Sie liegt insbesondere vor, wenn IHKs auf Anfrage Daten an Unternehmen übermitteln, welche Bezugsquellen oder Abnehmer für ihre Erzeugnisse suchen. In diesen Bereich fallen aber auch von den IHKs herausgegebene Veröffentlichungen der in ihrem Bezirk ansässigen Unternehmen, aus denen sich die von diesen hergestellten Waren oder angebotenen Dienstleistungen ergeben. Die „Empfänger“ greifen auf diese veröffentlichten Daten zurück, um als Anbieter oder Nachfrager mit den für sie interessanten Unternehmen Kontakt aufzunehmen und Geschäftsverbindungen anzuknüpfen. Denselben Zweck erfüllen von den IHKs eingerichtete Branchendatenbanken, die als offene Datenbank nach § 10 Abs. 5 BDSG zulässig sind (Gola/Schomerus, § 10 Rz. 17). Dem Zweck der Förderung von Geschäftsabschlüssen dient schließlich auch die Weitergabe der Daten an Verlagsunternehmen, die diese in nach bestimmten Gesichtspunkten geordneten Nachschlagewerken zusammenfassen. Die Erwerber der Nachschlagewerke können aus ihnen für sie interessante Lieferund Bezugsmöglichkeiten schnell ermitteln.
32
Demgegenüber kommt die Übermittlung von Daten an private Stellen zu anderen dem Wirtschaftsverkehr dienenden Zwecken eher selten vor. Auch hier kann die Weitergabe der Daten an Verlagsunternehmen als Beispiel genannt werden, die auf diese Daten angewiesen sind, wenn ihr Geschäftsbetrieb darauf ausgerichtet ist, der Wirtschaft einschlägige Adressen oder Liefer- und Bezugs-
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§9
Datenschutz
möglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Ein weiteres Beispiel ist die Veröffentlichung von Daten kooperationswilliger Unternehmen, die auf diese Weise geeignete Kooperationspartner suchen. Die Förderung der Kooperation (soweit sie nicht bereits unter das Merkmal der Förderung von Geschäftsabschlüssen fällt) dient der Steigerung der Leistungsfähigkeit der Unternehmen und damit der Wirtschaftsförderung. In diesen Zusammenhang gehören auch Datenweitergaben zum Zwecke der Warnung vor unseriösen Unternehmen; der Förderauftrag der IHKs beinhaltet auch das Recht, kammerzugehörige Unternehmen vor Risiken und Schäden zu bewahren (vgl. § 1 Rz. 26). Gedeckt durch Abs. 4 ist auch die Weitergabe von Daten im Rahmen der Zuständigkeit zur Ausstellung von dem Wirtschaftsverkehr dienenden Urkunden und Bescheinigungen (vgl. § 1 Rz. 156). Dem Wirtschaftsverkehr dient schließlich auch die Weitergabe von Daten, die zur Einsicht und Weitergabe an Unternehmen in anderen EU-Staaten im Rahmen der Zusammenarbeit mit der EU-Kommission in Form der „Euro-Info-Center“ bestimmt sind. d) Umfang der Datenübermittlung 34
Neben den Daten der eigenen IHK-Mitglieder ist es nunmehr jeder IHK gestattet, auch Daten der Mitglieder anderer IHKs an nichtöffentliche Empfänger zu übermitteln. Hiermit soll anfragenden Unternehmen ermöglicht werden, über eine bestimmte Branche oder einen bestimmten Unternehmensgegenstand eine bundesweit umfassende Datenselektion zu erhalten. Dies dient einer schnellen Wirtschaftsförderung für Existenzgründer. Andererseits wird hierdurch auch den Unternehmen, deren Adressdaten angefragt werden, eine stärkere Verbreitung ihrer Angebote bei möglichst vielen potenzielle Kunden und Geschäftspartnern ermöglicht. Jedoch ist die weitergebende IHK verpflichtet, diese Daten nach der Übermittlung in ihrem Bereich unverzüglich zu löschen, wenn sie sie gespeichert hatte, es sei denn, die Daten werden noch zur Aufgabenerfüllung benötigt. Die Daten anderer IHK-Mitglieder darf die übermittelnde IHK im Rahmen des automatisierten Abrufs von den anderen IHKs erheben (§ 9 Abs. 6 Satz 2).
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Datenübermittlung an Behörden und andere öffentliche Stellen
§9
e) § 9 Abs. 4 – Wahlen § 9 Abs. 4 Satz 5 übernimmt die Regelung aus der Musterwahlordnung. Danach ist die IHK berechtigt, auf Anfrage eines Bewerbers ihm für die Wahl zur Vollversammlung die Grunddaten (Name, Firma, Anschrift und Wirtschaftszweig) der IHK-Mitglieder aus seiner Wahlgruppe zu übermitteln. Dem Bewerber soll die Möglichkeit gegeben werden, vor Ausübung des passiven Wahlrechts für sich zu werben. Das Übermittlungsmedium sollte daher geeignet sein, den Zweck zu erfüllen.
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Satz 6 erfordert den Hinweis an den Empfänger, dass er die Daten nach Durchführung der Wahl unverzüglich zu löschen hat. Satz 7 nimmt teilweise die Regelung des ehemaligen § 9 Abs. 5 auf. Danach ist der nichtöffentliche Empfänger der Daten verpflichtet, diese nur für den Zweck zu verwenden, für den er sie übermittelt erhalten hat. Die Regelung enthält keine Sanktionsmöglichkeiten für einen Missbrauch. Die IHK ist aber wohl verpflichtet, bei Feststellung eines Missbrauchs diesen zu beanstanden und eine erneute Datenanfrage entsprechend kritisch zu prüfen.
9. Datenübermittlung an Behörden und andere öffentliche Stellen (§ 9 Abs. 6) § 9 enthält für die Übermittlung von Daten innerhalb des öffentlichen Bereichs keine bereichsspezifischen Vorschriften, sondern verweist in Abs. 6 insoweit auf die Datenschutzgesetze der Länder. Nach den meisten LDSG dürfen personenbezogene Daten ohne Einwilligung des Betroffenen nur weitergegeben werden, wenn der Empfänger nachweist, dass er die Daten zu seiner rechtmäßigen Aufgabenerfüllung benötigt und die Daten in zumutbarer Weise nicht beim Betroffenen selbst erheben kann. Dieses wird regelmäßig dadurch geschehen, dass der um Übermittlung nachsuchende Empfänger die Rechtsgrundlage angibt. Die Kammer hat im Rahmen ihrer Verantwortung die Schlüssigkeit des Ersuchens zu prüfen. Dieses gilt auch für Amtshilfeersuchen gem. § 4 VwVfG. Obwohl danach der Empfänger selbst zu prüfen hat, welche Daten er benötigt, entbindet das die übermittelnde Kammer nicht von der Plausibilitätsprüfung.
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§ 10
Aufgabenübertragung und Zusammenschluss
Der Verweis in Satz 2 auf das BDSG soll für das Verfahren Rechtssicherheit schaffen. Die LDSG sehen unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen für die Zulässigkeit des automatisierten Abrufverfahrens vor. Der klarstellende Hinweis auf das BDSG schafft eine für alle IHKs in gleicher Weise geltende Rechtsgrundlage.
10. Informationsfreiheitsgesetze 37
Neben der datenschutzrechtlichen Auskunftspflicht gegenüber dem Betroffenen über die gesamten Daten, die die IHK über ihn gespeichert hat, treten in einigen Bundesländern Ansprüche nach den Informationsfreiheitsgesetzen (IFG; BVerwG vom 15. 10. 2007 – 7 B 9.07). Sie können von jedermann ohne Pflicht zum Nachweis eines berechtigten Interesses geltend gemacht werden. Allerdings findet dieser allgemeine Auskunftsanspruch seine Grenzen dort, wo entweder Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse durch Offenlegung berührt sind oder wo durch die Information Datenschutzrechte Dritter beeinträchtigt werden können.
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Aufgabenübertragung und öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss
(1) Industrie- und Handelskammern können Aufgaben, die ihnen auf Grund von Gesetz oder Rechtsverordnung obliegen, einvernehmlich einer anderen Industrie- und Handelskammer übertragen oder zur Erfüllung dieser Aufgaben untereinander öffentlichrechtliche Zusammenschlüsse bilden oder sich daran beteiligen. § 1 Abs. 3b bleibt unberührt. (2) Die Rechtsverhältnisse des öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses werden durch Satzung geregelt. Diese muss bestimmen, welche Aufgaben durch den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss wahrgenommen werden. Die Erstsatzung bedarf der Zustimmung der Vollversammlungen der beteiligten Industrie- und Handelskammern. Diese haben die Erstsatzung in der für ihre Bekanntmachungen vorgeschriebenen Form zu veröffentlichen. (3) Die Aufgabenübertragung auf Industrie- und Handelskammern oder auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse mit Sitz in einem anderen Bundesland sowie die Beteiligung an solchen Zu428
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§ 10
Aufgabenübertragung und Zusammenschluss
Der Verweis in Satz 2 auf das BDSG soll für das Verfahren Rechtssicherheit schaffen. Die LDSG sehen unterschiedliche rechtliche Voraussetzungen für die Zulässigkeit des automatisierten Abrufverfahrens vor. Der klarstellende Hinweis auf das BDSG schafft eine für alle IHKs in gleicher Weise geltende Rechtsgrundlage.
10. Informationsfreiheitsgesetze 37
Neben der datenschutzrechtlichen Auskunftspflicht gegenüber dem Betroffenen über die gesamten Daten, die die IHK über ihn gespeichert hat, treten in einigen Bundesländern Ansprüche nach den Informationsfreiheitsgesetzen (IFG; BVerwG vom 15. 10. 2007 – 7 B 9.07). Sie können von jedermann ohne Pflicht zum Nachweis eines berechtigten Interesses geltend gemacht werden. Allerdings findet dieser allgemeine Auskunftsanspruch seine Grenzen dort, wo entweder Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse durch Offenlegung berührt sind oder wo durch die Information Datenschutzrechte Dritter beeinträchtigt werden können.
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Aufgabenübertragung und öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss
(1) Industrie- und Handelskammern können Aufgaben, die ihnen auf Grund von Gesetz oder Rechtsverordnung obliegen, einvernehmlich einer anderen Industrie- und Handelskammer übertragen oder zur Erfüllung dieser Aufgaben untereinander öffentlichrechtliche Zusammenschlüsse bilden oder sich daran beteiligen. § 1 Abs. 3b bleibt unberührt. (2) Die Rechtsverhältnisse des öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses werden durch Satzung geregelt. Diese muss bestimmen, welche Aufgaben durch den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss wahrgenommen werden. Die Erstsatzung bedarf der Zustimmung der Vollversammlungen der beteiligten Industrie- und Handelskammern. Diese haben die Erstsatzung in der für ihre Bekanntmachungen vorgeschriebenen Form zu veröffentlichen. (3) Die Aufgabenübertragung auf Industrie- und Handelskammern oder auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse mit Sitz in einem anderen Bundesland sowie die Beteiligung an solchen Zu428
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§ 10
Vorbemerkung
sammenschlüssen ist zulässig, soweit nicht die für die beteiligten Kammern oder Zusammenschlüsse geltenden besonderen Rechtsvorschriften dies ausschließen oder beschränken. (4) Die Regelungen dieses Gesetzes in § 1 Abs. 3a, § 3 Abs. 2, 6, 7a und 8, § 4 Satz 1 und 2 Nr. 1 bis 5, 7 und 8 sowie in den §§ 6 und 7 sind auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse entsprechend anzuwenden. Rz.
Rz.
1. Vorbemerkung. . . . . . . . . . . . .
1
2. Aufgabenübertragung . . . . . .
5
3. Öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss . . . . . . . . .
7
5. Die für den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss geltenden Rechtsvorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
4. Verhältnis zu anderen Regelungen der Zusammenarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10
Literaturauswahl: Ammermann, WiVerw 1998, 201; Biernert, Kooperation von Industrie- und Handelskammern in Deutschland und Europa, 2006; Biernert, GewArch 2008, 417.
1. Vorbemerkung Die durch das 4. VwVfÄndG vom 11. 12. 2008 (BGBl. I, 2418) ein- 1 gefügte Vorschrift des § 10 ersetzt den gleichzeitig aufgehobenen § 1 Abs. 4a, der erst durch das IHKG-Änderungsgesetz im Jahre 1998 neu in das IHKG aufgenommen worden war (BGBl. I, 1887) und der den IHKs die Bildung öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse oder die vertragliche Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf andere IHKs erlauben sollte. Eine solche Ermächtigung ist bei hoheitlichen Aufgaben dringend notwendig. Es erweist sich nicht nur als zweckmäßig und kostensparend, die Kammerarbeit auf eine Stelle unter den Kammern zu konzentrieren, die sich auf ein bestimmtes Fachgebiet spezialisieren oder bei Massenvorgängen sinnvoll moderne Datentechnik anwenden kann. In einigen Spezialvorschriften im Gewerberecht und im Berufsbildungsgesetz wurde daher schon seit jeher die Möglichkeit geschaffen, gemeinsame Prüfungsausschüsse zu bilden oder Aufgaben ganz auf andeMöllering 429
§ 10
Aufgabenübertragung und Zusammenschluss
re IHKs zu übertragen (zuletzt § 32 Abs. 2 Umweltauditgesetz vom 4. 9. 2002, BGBl. I, 3490; § 2 und § 5b Abs. 3 BewachV vom 10. 7. 2003, BGBl. I, 1378; § 71 Abs. 9 Berufsbildungsgesetz vom 23. 3. 2005, BGBl. I, 931 zuletzt geändert durch Art. 9b Gesetz vom 7. 9. 2007, BGBl. I, 2246 sowie § 2 Abs. 3 und § 18a Versicherungsvermittlungsverordnung vom 15. 5. 2007, BGBl. I, 733). Unverzichtbar sind solche Kooperationsmöglichkeiten insbesondere dann, wenn – wie es heute zunehmend geschieht – die IHKs Aufgaben übertragen bekommen, die EU-Richtlinien entspringen, in denen die Einrichtung von zentralen Ansprechstellen oder Registern verlangt wird, die für den gesamten Mitgliedstaat zuständig sind, oder wenn die Aufgabe aus der Natur der Sache nur bundeseinheitlich erledigt werden kann. Das Umweltauditgesetz hat deshalb in § 32 Abs. 2 angeordnet, dass die Handwerkskammern und IHKs für die ihnen übertragene Registrierung geprüfter Betriebsstandorte und die daraus fließenden Informations- und Veröffentlichungspflichten eine „gemeinsame Stelle“ benennen, die diese Aufgaben bundesweit zentral wahrnimmt. Diese aufgrund von vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Kammern geschaffene „gemeinsame Stelle“ für das EMAS-Register – im konkreten Fall der DIHK – wurde Vorbild für weitere Konstruktionen gleicher Art beim Versicherungsvermittlerregister (§ 11a Abs. 1 GewO) und bei der Stelle zur Hinterlegung der Vollständigkeitserklärungen nach Anlage I zu § 6 VerpackV. Das trifft ebenfalls für das Register nach § 10 VerpackV n.F. zu (zur Bandbreite der Kooperationsmöglichkeiten vgl. Biernert, Kooperation von Industrieund Handelskammern in Deutschland und Europa; Bienert, GewArch 2008, 417; Karpen/Biernert, in: FS für Stober, 371). 2
Das alles ist aber nicht ausreichend. Als defizitär erwies sich auch schon kurz nach ihrem Inkrafttreten die generelle Kooperationsklausel des § 1 Abs. 4a. Das gilt beispielsweise für den Rechtsstatus des öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses. Zwar ist der öffentlich-rechtliche Zusammenschluss nicht ganz neu. Schon das frühere preußische Kammerrecht kannte etwa den „Zweckverband“ mehrerer IHKs (§ 2 Abs. 4 der Verordnung vom 1. 4. 1924 – GS 194; vgl. auch 4. Aufl., S. 248). Zweckverbände im kommunalen Bereich sind in den Landesgesetzen über die kommunale Zusammenarbeit geregelt; sie sind in der Rechtsform öffentlichrechtlicher Körperschaften organisiert. Da allerdings § 1 Abs. 4a selbst nichts über die Rechtsform des „öffentlichen-rechtlichen 430
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Vorbemerkung
§ 10
Zusammenschlusses“ aussagte, in der Terminologie auf den Begriff „Zweckverband“ verzichtete und auch nicht die typischen Gründungsformalitäten eines Zweckverbandes sowie dementsprechende Regeln für die interne Verfassung vorschrieb (vgl. §§ 9 ff. GkG NW), wurde er teilweise als für die Gründung eines Zweckverbands nicht ausreichend angesehen (vgl. Biernert, Kooperation, 51). Statt des „Zweckverbands“, bei dem es sich um eine öffentlich-rechtliche Körperschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit handelt, käme dann nur eine nicht rechtsfähige Arbeitsgemeinschaft nach öffentlichem Recht in Betracht. § 1 Abs. 4a erwies sich auch insofern als defizitär, als er keine Kooperationsmöglichkeiten bei hoheitlichen Aufgaben mit anderen Kammern vorsah. Das wäre aber gerade in Bezug auf die Handwerkskammern wegen der vielfach gleichgelagerten Aufgaben sehr sinnvoll. Unklar war auch, ob und inwieweit ganze Aufgabenblöcke oder Aufgaben interner Verwaltung übertragen werden konnten. Und schließlich wurde teilweise in Abrede gestellt, dass § 1 Abs. 4a eine Kooperation, welche die Grenzen der Bundesländer überschreitet, zulässt (vgl. auch die Begründung zu Art. 7 Nr. 4 des Regierungsentwurfs eines 4. VwVfÄndG, BT-Drs. 16/10493, S. 22). Dem kann zwar nicht zugestimmt werden, da durch die auch schon bei Vereinbarungen nach § 1 Abs. 4a erforderliche Genehmigung der Aufsichtsbehörden (§ 11 Abs. 2 bisheriger Fassung) die Interessen der beteiligten Länder vollständig gewahrt sind. Aber in der Praxis sind aus diesem Grunde verschiedene Kooperationsversuche von IHKs im Bereich hoheitlicher Aufgaben gescheitert.
3
Der Gesetzgeber musste also dringend nachbessern. Bei einem einwandfreien „Zweckverband“ würden zweifelhafte rechtliche Konstruktionen, wie sie der Gesetzgeber in § 32 Abs. 2 Umweltauditgesetz und § 11a Abs. 1 GewO gebraucht hat, überflüssig. Das Aufsichtsproblem ließe sich durch eine klare Kompetenzzuweisung bei Landesgrenzen überschreitenden Kooperationen entschärfen. Der neue § 10 schafft nun die Voraussetzungen für eine Kooperation auf einer sicheren rechtlichen Grundlage. Zwar enthält auch der neue Gesetzestext keine ausdrückliche Regelung zur Rechtsform des öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses. In der Begründung zum Art. 7 Nr. 4 des Regierungsentwurfs eines 4. VwVfÄndG heißt es jedoch: „soweit die Satzung dies zulässt, ist der öffentlich-rechtliche Zusammenschluss rechtsfähig und
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§ 10
Aufgabenübertragung und Zusammenschluss
kann Dienstherrenfähigkeit besitzen“. Durch Streichung des Wortes „einzelne“ ist klargestellt, dass auch Aufgabenblöcke (z.B. der Bereich Recht) übertragen werden können. Keine ausdrückliche Regelung wird bezüglich der Qualität der übertragbaren Aufgaben (nur Aufgaben mit Außenwirkung oder auch Aufgaben interner Verwaltung?) getroffen. Aus dem Umstand aber, dass die Bundesregierung in der Entwurfsbegründung die Anwendbarkeit der Kooperationsklausel auf Aufgaben interner Verwaltung als „teilweise in Zweifel gezogen“ bezeichnet, ihrerseits aber keinen Vorschlag zur Klarstellung unterbreitet, ist zu schließen, dass der Gesetzgeber selbst offenbar hinsichtlich der Qualität der übertragbaren Aufgaben keine grundsätzlichen Einschränkungen sieht. Die Zulässigkeit Ländergrenzen überschreitender Kooperation einschließlich der Bildung Ländergrenzen überschreitender öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse ergibt sich jetzt im Grundsatz eindeutig aus § 10 Abs. 4. Die Aufsicht ist in diesen Fällen in den ebenfalls neuen Abs. 2a und 2b von § 11 geregelt. Nicht allgemein geregelt hat der Gesetzgeber die Kooperation mit anderen Kammerorganisationen oder Institutionen. Lediglich für den Bereich der einheitlichen Stelle nach der Dienstleistungsrichtlinie wurde hierzu in § 1 Abs. 3b eine Ermächtigungsgrundlage für die Länder geschaffen.
2. Aufgabenübertragung 5
Im Einzelnen ist es nach § 10 Abs. 1 jetzt grundsätzlich möglich, jedwede Aufgabe von einer IHK auf eine andere zu übertragen. Grenzen können sich jedoch aus der Natur der Sache, insbesondere aus dem Wesen der Selbstverwaltung, ergeben. So müssen Kernfunktionen der IHK und ihrer Organe erhalten bleiben (Ammermann, WiVerw 1998, 201). Es wäre zum Beispiel nicht zulässig, die Entscheidung über den Wirtschaftsplan der Vollversammlung einer anderen IHK zu überlassen. Überhaupt ist zu bezweifeln, ob § 10 erlaubt, Organfunktionen auf eine andere IHK zu übertragen. Nicht ausgeschlossen ist hingegen die Wahrnehmung der Funktion des Hauptgeschäftsführers von mehreren IHKs durch ein und dieselbe Person. Dies ist kein Anwendungsfall des § 10 Abs. 1.
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Die Aufgabenübertragung erfolgt durch öffentlich-rechtlichen Vertrag. Das ergibt sich aus dem Wort „einvernehmlich“. Eine Be432
Möllering
Öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss
§ 10
schlussfassung der Vollversammlung nach § 4 Satz 2 Nr. 6 und die Genehmigung der Aufsichtsbehörde nach § 11 Abs. 2b ist nicht nur auf der Seite der übertragenden, sondern auch auf der Seite der übernehmenden IHK erforderlich. Dies war nach der alten „Kooperationsklausel“ teilweise bezweifelt worden, ist jetzt aber durch die Neufassung der vorstehend genannten Vorschriften eindeutig geklärt. Nicht geregelt ist die Frage der Veröffentlichung der Vereinbarungen zwischen den IHKs. Hier wird zu unterscheiden sein: Soweit in den Vereinbarungen Regelungen mit Außenwirkung getroffen werden – beispielsweise hinsichtlich der Zuständigkeit für bestimmte hoheitliche Aufgaben – sind diese als Satzungsrecht zu erlassen und nach Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde (dazu § 11 Abs. 2b) sowie Ausfertigung in der für Satzungsrecht vorgeschriebenen Form zu veröffentlichen. Keiner Veröffentlichung bedürfen hingegen diejenigen Teile der Vereinbarungen, die sich ausschließlich auf die Abwicklung der Aufgabenübertragung zwischen den beteiligten IHKs – beispielsweise auf den Kostenausgleich – beziehen.
3. Öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss § 10 Abs. 1 ermöglicht auch die Bildung öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse und die Beteiligung daran. Die Rechtsverhältnisse des öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses werden durch Satzung geregelt. Diese muss den Kreis der Aufgaben festlegen, die von dem öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss wahrgenommen werden sollen. Die Satzung kann ferner die Rechtsfähigkeit und Dienstherrenfähigkeit desselben vorsehen (vgl. die Begründung zu Art. 7 Nr. 4 des 4. VwVfÄndG – BT-Drs. 16/10493, S. 22). Im Umkehrschluss ist davon auszugehen, dass ein öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss auch als nicht rechtsfähige Arbeitsgemeinschaft gegründet werden kann. In jedem Falle bedarf die Erstsatzung der Zustimmung der Vollversammlungen aller IHKs, die den Zusammenschluss bilden. Für die Erstsatzung ist außerdem – nach Genehmigung und Ausfertigung – ausdrücklich die Veröffentlichung durch alle beteiligten IHKs vorgeschrieben.
7
Für die Beteiligung an einem bereits bestehenden öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss sowie für die Aufgabenübertragung auf einen solchen ist ebenfalls ein Beschluss der Vollversammlung der sich beteiligenden bzw. die Aufgaben übertragenden IHK erfor-
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Möllering 433
§ 10
Aufgabenübertragung und Zusammenschluss
derlich. Dieser Beschluss ist in den Teilen, die Außenwirkung haben, ebenfalls nach Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde und Ausfertigung als Satzungsrecht zu veröffentlichen. Das Gesetz schweigt darüber, ob es seitens des öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses eines Aktes der Zustimmung bedarf. Davon ist aber auszugehen. Zwar bezieht sich das Wort „einvernehmlich“ in § 10 Abs. 1 nur auf die Übertragung von Aufgaben zwischen IHKs. Es wäre jedoch widersinnig, wenn eine einzelne IHK ihre Aufgaben auf einen von anderen IHKs gebildeten öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss „abladen“ könnte, ohne sich mit diesem über die Konditionen der Aufgabenübertragung einigen zu müssen. Ein Argument für diese Auffassung ergibt sich auch aus § 11 Abs. 2b, wonach bei Aufgabenübertragung auf einen öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss mit Sitz in einem anderen Bundesland auch die für diesen Sitz zuständige Aufsichtsbehörde genehmigen muss. Der Übertragungsbeschluss der IHK könnte aber gar nicht der Genehmigung dieser Behörde unterliegen, da sie keine Aufsicht über landesfremde IHKs führen kann. 9
Die Übertragung von Aufgaben auf IHKs oder öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse in anderen Bundesländern und die Ländergrenzen überschreitende Beteiligung an solchen Zusammenschlüssen hat der Gesetzgeber in § 10 Abs. 3 zwar nunmehr ausdrücklich für zulässig erklärt, allerdings mit der Einschränkung, soweit nicht die für die beteiligten IHKs oder Zusammenschlüsse geltenden besonderen Rechtsvorschriften dies ausschließen oder beschränken. Unter Rechtsvorschriften sind Bundesund Landesgesetze und Verordnungen sowie das Satzungsrecht der IHKs und der Zusammenschlüsse selbst zu verstehen. Des Weiteren kämen – wenigstens vom Wortlaut her – auch europäische Vorschriften mit unmittelbarer Geltung in Betracht. Das wäre aber vom Gesetzeszweck her wenig überzeugend. Insgesamt scheinen zudem derzeit keine solchen Vorschriften zu existieren – nicht auf Bundes- oder Landesebene und auch nicht auf europäischer Ebene. Von praktischer Bedeutung ist hingegen die Beschränkung, die sich aus der Beteiligung der Aufsichtsbehörden ergibt (dazu § 11 Abs. 2a und 2b).
434
Möllering
Andere Regelungen der Zusammenarbeit
§ 10
4. Verhältnis zu anderen Regelungen der Zusammenarbeit Ein Rückgriff auf § 10 ist ausgeschlossen, wenn es eine spezialgesetzliche Regelung für die Übertragung von Aufgaben oder die Beteiligung an Zusammenschlüssen gibt. Eine solche Regelung ist die in § 1 Abs. 3b enthaltene Ermächtigung der Länder, den IHKs die Beteiligung an Einrichtungen zu ermöglichen, die die Aufgaben einer einheitlichen Stelle im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes wahrnehmen. § 10 Abs. 1 Satz 2 bestimmt ausdrücklich, dass diese Regelung durch die allgemeinen Vorschriften über die Aufgabenübertragung und den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss unberührt bleibt. Auch in § 4 Satz 2 Nr. 6 ist die Beteiligung an Einrichtungen nach § 1 Abs. 3b zusätzlich zu der allgemeinen Aufgabenübertragung und Bildung von öffentlichenrechtlichen Zusammenschlüssen erwähnt. Es ist daher davon auszugehen, dass eine solche Beteiligung zum Zwecke der einheitlichen Stelle ausschließlich durch Landesgesetz nach § 1 Abs. 3b geregelt werden kann. Dass gilt selbstverständlich für die Beteiligung an nicht nur von IHKs gebildeten einheitlichen Stellen. Es gilt aber auch auf Grund der Spezialität dann, wenn IHKs unter sich eine einheitliche Stelle bilden wollen. Das Landesgesetz hat dann auch die Modalitäten der Beteiligung zu regeln.
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Nicht jede Regelung der Zusammenarbeit zwischen IHKs kann als Spezialgesetz, welches die Anwendung von § 10 ausschließt, angesehen werden. So ließ etwa die Regelung des § 1 Abs. 3 VersVermV, wonach IHKs Vereinbarungen zur gemeinsamen Durchführung von Sachkundeprüfungen für Versicherungsvermittler schließen oder gemeinsame Prüfungsausschüsse errichten können, den bisherigen § 1 Abs. 4a ausdrücklich unberührt. Aber auch die Übertragung der örtlichen Zuständigkeit für das Registerverfahren und die Sachkundeprüfung nach § 18 VersVermV steht nicht im leeren Raum. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch in diesen Fällen das Verfahren der Übertragung, soweit es in diesen Vorschriften nicht geregelt ist, sich nach § 10, § 4 Satz 2 Nr. 6 und § 11 IHKG richtet. Das gilt auch für die entsprechenden Vorschriften der BewachV und des BBiG.
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§ 11
Staatsaufsicht
5. Die für den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss geltenden Rechtsvorschriften 12
§ 10 Abs. 4 bewirkt, dass für den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss kein eigenes gesetzliches Regelungsinstrumentarium geschaffen werden muss. Es gelten vielmehr die grundlegenden Organisationsvorschriften des IHKG, auf die einzeln verwiesen wird, entsprechend. So kann einem öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss die Aufgabe einer einheitlichen Stelle übertragen werden. Die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit des Zusammenschlusses werden durch die Beiträge der Mitgliedskammern oder Gebühren für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen oder Tätigkeiten aufgebracht. Das Rechnungswesen entspricht dem der IHKs. Der öffentlich-rechtliche Zusammenschluss hat eine Vollversammlung, welche über alle Angelegenheiten, die nicht durch Satzung anderen Organen zugewiesen sind, entscheidet. Sie hat die Budgethoheit, wählt den Präsidenten und gegebenenfalls ein Präsidium. Sie bestellt den Hauptgeschäftsführer. Präsident und Hauptgeschäftsführer vertreten nach näherer Bestimmung der Satzung den Zusammenschluss gemeinsam rechtsgeschäftlich und gerichtlich (vgl. auch Begründung zum Entwurf eines 4. VwVfÄndG (BT-Drs. 16/10493)). Dies gilt ungeachtet der Rechtsform, in der der öffentlich-rechtliche Zusammenschluss errichtet wird.
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(1) Die Industrie- und Handelskammern unterliegen der Aufsicht des Landes darüber, dass sie sich bei Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften (einschließlich der Satzung, der Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung) halten. Die Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss wird durch die Aufsichtsbehörde des Landes ausgeübt, in dem der Zusammenschluss seinen Sitz hat. § 1 Abs. 3a Satz 4 bleibt unberührt. (2) Die Beschlüsse der Vollversammlung über 1. die Satzung nach § 3 Abs. 7a Satz 2, 2. die Satzung nach § 4 Satz 2 Nr. 1, 3. die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung, 436
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§ 11
Staatsaufsicht
5. Die für den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss geltenden Rechtsvorschriften 12
§ 10 Abs. 4 bewirkt, dass für den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss kein eigenes gesetzliches Regelungsinstrumentarium geschaffen werden muss. Es gelten vielmehr die grundlegenden Organisationsvorschriften des IHKG, auf die einzeln verwiesen wird, entsprechend. So kann einem öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss die Aufgabe einer einheitlichen Stelle übertragen werden. Die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit des Zusammenschlusses werden durch die Beiträge der Mitgliedskammern oder Gebühren für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen oder Tätigkeiten aufgebracht. Das Rechnungswesen entspricht dem der IHKs. Der öffentlich-rechtliche Zusammenschluss hat eine Vollversammlung, welche über alle Angelegenheiten, die nicht durch Satzung anderen Organen zugewiesen sind, entscheidet. Sie hat die Budgethoheit, wählt den Präsidenten und gegebenenfalls ein Präsidium. Sie bestellt den Hauptgeschäftsführer. Präsident und Hauptgeschäftsführer vertreten nach näherer Bestimmung der Satzung den Zusammenschluss gemeinsam rechtsgeschäftlich und gerichtlich (vgl. auch Begründung zum Entwurf eines 4. VwVfÄndG (BT-Drs. 16/10493)). Dies gilt ungeachtet der Rechtsform, in der der öffentlich-rechtliche Zusammenschluss errichtet wird.
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(1) Die Industrie- und Handelskammern unterliegen der Aufsicht des Landes darüber, dass sie sich bei Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften (einschließlich der Satzung, der Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung) halten. Die Aufsicht über den öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss wird durch die Aufsichtsbehörde des Landes ausgeübt, in dem der Zusammenschluss seinen Sitz hat. § 1 Abs. 3a Satz 4 bleibt unberührt. (2) Die Beschlüsse der Vollversammlung über 1. die Satzung nach § 3 Abs. 7a Satz 2, 2. die Satzung nach § 4 Satz 2 Nr. 1, 3. die Wahl-, Beitrags-, Sonderbeitrags- und Gebührenordnung, 436
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§ 11
Staatsaufsicht
4. die Übertragung von Aufgaben an eine andere Industrie- und Handelskammer und die Übernahme dieser Aufgaben, 5. die Bildung öffentlich-rechtlicher Zusammenschlüsse oder die Beteiligung an solchen (§ 10) sowie 6. einen 0,8 vom Hundert der Bemessungsgrundlagen nach § 3 Abs. 3 Satz 6 übersteigenden Umlagesatz bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde des Landes. (2a) Die Satzung nach § 10 Abs. 2 sowie Änderungen der Satzung bedürfen der Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde des Landes, in dem der Zusammenschluss seinen Sitz hat, sowie durch die Aufsichtsbehörden der beteiligten Kammern. (2b) Die Aufgabenübertragung durch eine Industrie- und Handelskammer auf andere Industrie- und Handelskammern oder auf öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse mit Sitz in einem anderen Bundesland sowie die Beteiligung an solchen Zusammenschlüssen bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörden der übertragenden und der übernehmenden Kammer; im Falle der Übertragung auf einen öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss ist zusätzlich die Genehmigung der für diesen zuständigen Aufsichtsbehörde erforderlich. (3) Rechtsvorschriften, die diesem Gesetz widersprechen, werden aufgehoben; Abschnitt I des Gesetzes zur Erhaltung und Hebung der Kaufkraft vom 24. März 1934 (Reichsgesetzbl. I S. 235) und die Verordnung über die Rechnungslegung und Rechnungsprüfung während des Krieges vom 5. Juli 1940 (Reichsgesetzbl. II S. 139) finden auf die Industrie- und Handelskammern keine Anwendung.
1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . 2. a) b) c)
Rz.
Rz.
1
d) Verhältnis zum Individualschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 e) Keine Staatsaufsicht in zivilrechtlichen Angelegenheiten 23 f) Anfechtung von Aufsichtsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . 25
Allgemeine Rechtsaufsicht . 4 Sachlicher Umfang. . . . . . . . . 5 Aufsichtsmittel. . . . . . . . . . . . 12 Grundsatz der Verhältnismäßigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
Möllering 437
§ 11
Staatsaufsicht Rz.
g) Aufsicht über öffentlichrechtliche Zusammenschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . 25a 3. Vorbeugende Rechtsaufsicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Genehmigungstatbestände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anfechtung der Ablehnung . c) Vorbeugende Rechtsaufsicht bei Ländergrenzen überschreitenden Aufgabenübertragungen oder öffentlichrechtlichen Zusammenschlüssen . . . . . . . . . . . . . . . .
26 27 32
Rz. 4. Aufsicht in Finanzfragen . . . . a) Grenzen der Finanzaufsicht . b) Anwendungsfälle der Finanzaufsicht . . . . . . . . . . . . . c) Finanzaufsicht und Wirtschaftsplan . . . . . . . . . . . . . . . .
35 35 37 40
5. Aufgehobene Vorschriften . . . 42 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . 42 b) Beiträgegesetz . . . . . . . . . . . . . . 46
34a
Literaturauswahl: Heusch, Staatliche Aufsicht in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts, Kapitel M; Kluth, Verfassungs- und kammerrechtliche Anforderungen an die Ausgestaltung der staatlichen Aufsicht, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2005, 181; Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 270; Kluth, Verfassungs- und europarechtliche Anforderungen, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2007, 122; Möllering, Übertragung von Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung auf die Industrieund Handelskammern, WiVerw 2006, 261, 282; Möstl, Grundsätze und aktuelle Rechtsfragen der Staatsaufsicht über Kammern, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2006, 33; Rieger, Die Besonderheiten des Haushaltsrechts der Industrie- und Handelskammern und deren Bedeutung für die Rechnungslegung und die Rechnungshofskontrolle, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2005, 112.
1. Vorbemerkung 1
Die Staatsaufsicht ist einerseits das notwendige und selbstverständliche Korrelat der Körperschaftsrechte, der Pflichtzugehörigkeit und der Beitragshoheit. Aus dem Prinzip der Selbstverwaltung ergibt sich andererseits, dass die Staatsaufsicht die Selbständigkeit der Körperschaft und die selbstverantwortliche Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht in Frage stellen darf.
2
Kennzeichnend für Selbstverwaltungskörperschaften jeder Art (Gemeinden wie Kammern und sonstige Nichtgebietskörperschaften) ist deshalb, dass die Staatsaufsicht auf eine Rechtsaufsicht be438
Möllering
Vorbemerkung
§ 11
schränkt ist; dieses Rechtsinstitut verwirklicht gleichermaßen Freiheit und Bindung. Die Rechtsaufsicht kann in besonders wichtigen Fällen vorbeugend ausgestaltet werden, damit die Staatsaufsichtsbehörden in einem Genehmigungsverfahren bereits vorher die Rechtmäßigkeit von Beschlüssen und Maßnahmen prüfen können; die Genehmigungstatbestände sind dann im Gesetz einzeln aufgeführt. Im Übrigen greift die allgemeine Rechtsaufsicht nachträglich ein, wenn Rechtsverletzungen vorkommen. Auch das IHKG kennt in § 11 nur eine solche Rechtsaufsicht. Von der Rechtsaufsicht ist die Fachaufsicht zu unterscheiden (im Kommunalrecht Sonderaufsicht genannt). Sie findet bei Auftragsangelegenheiten Anwendung, die es allerdings bislang im Bereich der IHKs nicht gibt. Widersprüchlich ist insoweit § 1 Abs. 2 GewRZustV RP vom 30. 1. 2001 (GVBl. 2001, 43) i.d.F. der Ersten Landesverordnung zur Änderung der GewRZustVO vom 19. 12. 2006 (GVBl. 2006, 450), wonach die Zuständigkeit der IHKs zur Entgegennahme der Gewerbeanmeldungen ausdrücklich als „Auftragsangelegenheit“ bezeichnet, die Aufsicht aber nur in Bezug auf die zuständige Aufsichtsbehörde geregelt wird. Mehr wäre auch wegen § 11 Abs. 1 Satz 1 IHKG nicht möglich. Für den Bund und die Länder hat auch bei der Übertragung von Aufgaben nach § 1 Abs. 4 stets das Prinzip der Selbstverwaltung im Vordergrund gestanden (vgl. auch § 1 Rz. 170 und 230). Eine Fachaufsicht würde dem mit einer solchen Übertragung verfolgten Zweck eindeutig zuwiderlaufen. Wie das Bundesverfassungsgericht überzeugend ausgeführt hat, besteht der grundlegende Vorteil der Übertragung von Aufgaben der Wirtschaftsverwaltung auf die IHKs in der Nutzung des Sachverstands der Unternehmer (GewArch 2002, 111; Kluth, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2005, 181, 188). Dieses Vorteils würde sich der übertragende Staat begeben, wenn er den Sachverstand seiner eigenen Amtswalter über denjenigen der IHK setzte – was ja bei einer Fachaufsicht der Fall wäre (Möllering, WiVerw 2006, 261, 283; Möstl, Jahrbuch des Kammerund Berufsrechts 2006, 33, 35). Außerdem gleicht die partizipatorisch-personelle Legitimation – die Rückführung der persönlichen Legitimation der für die IHK Handelnden unmittelbar oder mittelbar auf die Wahl durch die Mitglieder der IHK – das Defizit hinsichtlich der personellen Legitimation im engeren Sinne – nämlich der Rückführung der Legitimation des Amtswalters auf das Staatsvolk – aus (Stober, GewArch 2001, 393, 397; Kluth, JahrMöllering 439
3
§ 11
Staatsaufsicht
buch des Kammer- und Berufsrechts 2005, 181, 199; vgl. auch BVerfGE 107, 59 zum Wasserverband). Das gilt jedenfalls solange, wie die nach § 1 Abs. 4 übertragenen Aufgaben IHK-Mitglieder als Adressaten haben oder jedenfalls andere Personen nur am Rande betroffen sind. Ist das nicht der Fall, muss man sich in aller Regel auch schon fragen, ob es sich überhaupt um eine Aufgabe handelt, die zur Übertragung in die Selbstverwaltung der Wirtschaft geeignet ist. Es wird daher allgemein angenommen, dass die Qualifikation einer Aufgabe als vom Staat übertragen keineswegs automatisch Fachaufsicht bedeutet. Selbst wenn in diesen Fällen Fachaufsicht nicht generell abgelehnt wird, so wird sie doch überwiegend von einer ausdrücklichen Ermächtigung abhängig gemacht (Heusch in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts, 510; zweifelnd Möstl, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2006, 33, 40). Im Bereich der IHKs gibt es dafür kein Beispiel, wohl hingegen in anderen Kammerorganisationen (vgl. die Regelungen über die Abschlussprüferaufsichtskommission APAK in § 66a WPO und § 124b HwO). Durch § 11 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 12 Abs. 1 Nr. 4 ist zudem sicher gestellt, dass auch die Länder nicht von sich aus Fachaufsicht – etwa im Rahmen von Landesgesetzen, die Aufgaben nach § 1 Abs. 4 übertragen – einführen können. Denn § 12 Abs. 1 Nr. 4 gestattet den Ländern nur, Vorschriften zu erlassen „über die Aufsichtsmittel, welche erforderlich sind, um die Ausübung der Befugnisse nach § 11 Abs. 1 und 2 zu ermöglichen“.
2. Allgemeine Rechtsaufsicht 4
Aus der Grundvorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 ergibt sich, dass die Staatsaufsicht über die IHKs Rechtsaufsicht und nicht Fachaufsicht ist. Die Aufsichtsbehörde kann also nicht in den Gestaltungsspielraum und das Ermessen der Kammerorgane eingreifen, weder durch vorherige Anweisungen, noch durch nachträgliche Beanstandungen. Die Staatsaufsicht hat vielmehr darüber zu wachen, dass sich die IHKs bei der Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften halten. So spricht schon Köster (Die Staatsaufsicht über die preußischen Industrieund Handelskammern, Berlin 1933, 81) von der Staatsaufsicht als bloßer Rechtskontrolle. Auch Bremer (Kammerrecht der Wirtschaft, 144) geht zwar von diesem Grundsatz aus, rechnet zum Begriff der Rechtsordnung aber auch „Verwaltungsprinzipien“ 440
Möllering
Allgemeine Rechtsaufsicht
§ 11
und verwischt damit den grundlegenden Unterschied zwischen Rechts- und Ermessenskontrolle. a) Sachlicher Umfang Die allgemeine Rechtsaufsicht nach § 11 Abs. 1 Satz 1 ist als „repressive Aufsicht“ ausgestaltet. Sie bezieht sich auf die Einhaltung aller Rechtsvorschriften, welche für die Tätigkeit der Kammern gelten. Das sind nicht nur das IHKG und die Landesausführungsgesetze dazu, sondern auch alle sonstigen öffentlichrechtlichen Vorschriften des Bundes und der Länder, die für die IHKs als öffentlich-rechtliche Körperschaften gelten. Genauso gehören dazu aber die Rechtsvorschriften, welche sich die IHK selbst gibt (autonomes Recht). Dabei handelt es sich zum einen um die organisationsrechtlichen Grundlagen wie etwa die Satzung, Wahlordnung, Beitragsordnung und Wirtschaftssatzung, etwaige Sonderbeitragsordnungen und die Gebührenordnung und zum anderen um sonstiges Satzungsrecht wie z.B. die Sachverständigenordnung, das Statut für die Ausstellung von Ursprungszeugnissen und Bescheinigungen sowie die Prüfungsordnungen für Sachkundeprüfungen und für Prüfungen im Berufsbildungsbereich. Die IHK ist als Selbstverwaltungskörperschaft in der Gestaltung dieser Rechtsvorschriften weitgehend frei, muss aber selbstverständlich höherrangiges Recht (Verfassung, Gesetze und Verordnungen) beachten; hier könnte die Aufsichtsbehörde bei unzulässigen Kammervorschriften eingreifen. Vor allem aber muss sich die IHK an die von ihr selbst gesetzten Rechtsvorschriften auch korrekt halten. Damit ist der Kreis der Rechtsvorschriften abschließend umrissen, der Grundlage für die allgemeine (repressive) Rechtsaufsicht ist.
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Trotzdem hat sich die Rechtsaufsicht in ihrem sachlichen Umfang erweitert, weil immer mehr Rechtsvorschriften im Bereich der Berufsbildung und der übertragenen Aufgaben nach § 1 Abs. 4 ergehen. Ein Grund dafür mag nicht nur der Trend zu einer perfektionistischen und möglichst umfassenden Regelung sein, sondern auch die Tatsache, dass die IHK in manchen Fällen dabei für Nichtkammerzugehörige zuständig ist oder dass es sich um wesentliche, vom Gesetzgeber selbst zu treffende Entscheidungen handelt. Das Fachärzte-Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 33, 125) scheint hier nachzuwirken. Ein Beispiel für die
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§ 11
Staatsaufsicht
sehr weitgehenden staatlichen Vorgaben ist die Versicherungsvermittlungsverordnung vom 15. 5. 2007 (BGBl. I, 733), die nicht nur in ihrem § 1 äußerst detaillierte Vorgaben für den Inhalt der Sachkundeprüfung macht, sondern darüber hinaus die Besetzung des Aufgabenauswahlausschusses in einem höchst komplizierten Verfahren regelt. Ursprünglich sollten sogar noch die Dauer der schriftlichen Prüfung und die Nutzung des Computers vorgeschrieben werden. Das Ergebnis ist eine allmähliche Einengung des Selbstverwaltungsspielraums, insbesondere der eigenen Satzungsgewalt. Bei diesen Selbstverwaltungspflichtaufgaben, die so detailliert durch Gesetze oder Verordnungen bereits vorgeregelt sind, bleibt den IHKs oft nur noch die eigenständige Durchführung. Sie sind dabei zwar nicht an Verwaltungsvorschriften gebunden und können keine Weisungen im Einzelfall erhalten. Teilweise werden jedoch auch in diesem Bereich von den Behörden und den IHKs gemeinsam Verwaltungsgrundsätze ausgearbeitet, die beide Seiten einheitlich anwenden (z.B. bei Unterrichtungs- oder Anerkennungsverfahren). 7
Der Rechtsaufsicht unterliegen nicht nur Beschlüsse der Vollversammlung, sondern auch sonstige Maßnahmen der IHK und ihrer Organe (z.B. Präsidium oder Hauptgeschäftsführer). Die Rechtsaufsicht kann also nicht nur bei Statuten eingreifen, wenn diese mit übergeordnetem Recht nicht in Einklang stehen. Sie kann auch einzelne Durchführungsmaßnahmen und Einzelvorgänge aufgreifen, wobei allerdings der Vorrang des individuellen Rechtsschutzes zu beachten ist.
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Die Rechtsaufsicht erstreckt sich auch auf ein Unterlassen, wenn Kammerorgane zu handeln verpflichtet sind. Wird z.B. in der Wahlordnung die Beendigung der Mitgliedschaft in der Vollversammlung wegen Wegfalls der Wählbarkeit an einen konstitutiven Beschluss der Vollversammlung gebunden, so kann die Aufsichtsbehörde ein zu langes Hinausschieben dieser Entscheidung beanstanden.
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Besondere Abgrenzungsschwierigkeiten zwischen Rechtsaufsicht und Ermessenskontrolle bestehen in den Fällen, in denen das IHKG der Kammer und ihren Organen nur einen allgemeinen Rahmen setzt. Auch hier ist jedoch daran festzuhalten, dass beim Erlass von autonomem Recht nur eine Überschreitung des der IHK eingeräumten Gestaltungsspielraums einen Rechtsverstoß 442
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Allgemeine Rechtsaufsicht
§ 11
darstellen kann und dass bei Einzelentscheidungen und sonstigen Maßnahmen der IHK eine sachgerechte Ausübung ihres Ermessens nicht beanstandet werden darf. Im Wesentlichen deckt sich die Rechtsaufsicht also mit der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (§ 114 VwGO). Als Beispiel für Fälle, in denen das Ermessen der IHK entscheidet und die Rechtsaufsicht sich auf Ermessensmissbräuche beschränkt, ist auf § 3 Abs. 2 Satz 2 zu verweisen, der von den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung spricht und damit den IHKs einen finanziellen Gestaltungsspielraum eröffnet. Entsprechendes gilt für die Einteilung in Wahlgruppen und Wahlbezirke, welche die Wahlordnung nach § 5 Abs. 3 Satz 2 zu treffen hat. In den Landesausführungsgesetzen geht es um die Formel, wie die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts für den Bereich der Rechnungslegung und Rechnungsprüfung sinngemäß anzuwenden sind (vgl. § 3 Rz. 17 und zu § 12 Abs. 1 Nr. 7). Rechtsprechung liegt im Kammerbereich im Wesentlichen für die Rechtsaufsicht der Handwerkskammern über die Handwerksinnungen vor (BVerwG GewArch 1972, 333; OVG Koblenz GewArch 1967, 209; OVG Münster OVGE 19, 67; VG Hannover GewArch 1970, 36); daneben für einige Berufskammern (BVerwG vom 17. 12. 1981 – 5 C 56/79; LSG Essen vom 12. 12. 1978 – L 1 Ha 27/28; OVG Münster vom 6. 6. 1980 – 15 A 1810/78).
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Für den Bereich der Wahrnehmung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft kommt eine Rechtsaufsicht praktisch kaum in Betracht, weil sie sich im Wesentlichen auf den sachlichen Inhalt eines Kammervotums erstrecken würde; es ist ja gerade Aufgabe der IHK, zu amtlichen Auffassungen kritisch Stellung zu nehmen und auch neue Vorschläge zu unterbreiten. Hier kann nur geprüft werden, ob das Verfahren bei der Meinungsbildung korrekt war (Eyermann, GewArch 1992, 209; Möstl, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2006, 37) oder das Votum den Aufgabenkreis der IHK überschreitet (vgl. § 1 Rz. 231 f.; dazu Möllering in: Festschrift für Stober, 391, 397). Ein Aufruf zu gesetzeswidrigem Verhalten ist selbstverständlich unzulässig und kann von der Aufsichtsbehörde untersagt werden.
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b) Aufsichtsmittel 12
Die Aufsichtsmittel sind im Gesetz nicht im Einzelnen aufgeführt, sondern landesrechtlicher Regelung überlassen (§ 12 Abs. 1 Nr. 4). Auch die Landesausführungsgesetze beschränken sich dabei fast alle auf eine Zuweisung der Zuständigkeit an den Landeswirtschaftsminister (Wirtschaftssenator) und erwähnen lediglich die Auflösung der Vollversammlung als äußerstes Aufsichtsmittel. Detaillierter ist das ThürAG IHKG, das in § 2 Abs. 2 und 3 die Aufsichtsmittel aufzählt. Eine solche Aufzählung ist jedoch nicht notwendig, weil sich hier aus dem allgemeinen Verwaltungsrecht seit langem eine Skala der Aufsichtsmittel entwickelt hat und allgemein anerkannt ist (vgl. zum Ganzen Heusch in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts 495, 522; Möstl, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2006, 33, 42).
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Die Aufsichtsbehörde hat zunächst ein Unterrichtungsrecht. Sie kann also Berichte anfordern, sie kann Aufklärung (ggf. durch Aktenvorlage, Anhörung von Kammerorganen und Einsicht in Unterlagen) sowie Gehör vor den Organen der IHK verlangen. Dieses Unterrichtungsrecht der Aufsichtsbehörde ist auf den Zweck der Rechtsaufsicht beschränkt, kann also nur in Anspruch genommen werden, wenn hinreichend Anlass zu der Vermutung besteht, dass ein Rechtsverstoß vorgekommen ist (Reuß, DVBl. 1957, 474).
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Als nächstes Aufsichtsmittel ist die Beanstandung zu erwähnen, die, soweit sie sich gegen ein beabsichtigtes Verhalten richtet, grundsätzlich aufschiebende Wirkung hat. Die IHK kann sich mit Rechtsmitteln gegen eine solche Beanstandung wehren und darf erst nach rechtskräftiger Klärung die beabsichtigte Maßnahme durchführen. Oft wird der Begriff der Beanstandung aber auch im weiteren Sinne gebraucht, wenn es sich um bereits durchgeführte Maßnahmen handelt und der IHK zunächst Gelegenheit gegeben werden soll, von sich aus eine Rechtswidrigkeit zu beseitigen.
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Die nächste Stufe sind die aufsichtsbehördliche Anordnung und das Recht zur Aufhebung von Beschlüssen. Letzteres ist nur zulässig, wenn die IHK rechtlich und tatsächlich zur Aufhebung in der Lage ist (Heusch in Kluth (Hrsg.), Jahrbuch des Kammerrechts, 524). Mit der aufsichtsbehördlichen Anordnung und der Aufhebung von Beschlüssen greift die Aufsichtsbehörde bereits unmittelbar in die Entscheidungen der IHK ein. Wenn die Aufsichts444
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Allgemeine Rechtsaufsicht
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behörde zuvor eine Beanstandung ausgesprochen hat, kann sie erst nach deren Erfolglosigkeit weitere Aufsichtsmaßnahmen ergreifen (OVG Münster DVBl. 1992, 986). Schließlich sind als äußerste Mittel und unter dementsprechend strengen Voraussetzungen (BVerwG GewArch 1972, 333; OVG Münster GewArch 1964 S. 63) die Ersatzvornahme (darunter auch die Zwangsetatisierung – vgl. Junge, GewArch 1958, 221) und die Bestellung eines Beauftragten sowie die Auflösung von Kammerorganen zu erwähnen. Die Landeskammergesetze erwähnen stets nur die Auflösung der Vollversammlung als ultima ratio bei wiederholten Verstößen. Dagegen sind die Androhung und Verhängung eines Zwangsgeldes weder gegen die IHK, noch gegen ihre Organe oder Mitarbeiter zulässig (vgl. Fröhler, Die Staatsaufsicht über die Handwerkskammern, 58).
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c) Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Aus den Grundsätzen des allgemeinen Verwaltungsrechts ergibt sich, dass die Mittel der Staatsaufsicht in einem angemessenen Verhältnis zum jeweiligen Aufsichtszweck stehen müssen. Ihre Auswahl und ihre Anwendung dürfen nicht weitergehen, als zur Erreichung des Aufsichtszwecks erforderlich ist. Es ist also „so viel Staat wie nötig“, aber auch „so wenig Staat wie möglich“ einzusetzen. Auch verlangt das Grundgesetz zwar grundsätzlich, nicht jedoch ausnahms- und lückenlos die Einrichtung einer Staatsaufsicht gegenüber den Trägern funktionaler Selbstverwaltung (Kluth, Funktionale Selbstverwaltung, 274). Entscheidend ist, dass insgesamt ein ausreichendes Legitimationsniveau erreicht wird. Das kann bei Kammeraufgaben mit starkem Eingriffspotenzial und Auswirkungen auf Nichtmitglieder anders zu beurteilen sein als bei schlichtem Verwaltungshandeln im Mitgliederbereich (vgl. Möstl, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2006, 39).
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Da die allgemeine Staatsaufsicht nach § 11 Abs. 1 Rechtskontrolle ist, entspricht es dem Sinn des Gesetzes, wenn sie sich darauf beschränkt, einzelnen bekannt gewordenen Fällen nachzugehen, diese aufzuklären und erforderlichenfalls für Abhilfe zu sorgen. Sie darf dagegen nicht als prophylaktische Aufgabe aufgefasst werden – etwa durch Teilnahme an den Sitzungen der Vollversammlung. Es würde dem Wesen der Selbstverwaltung widersprechen,
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§ 11
Staatsaufsicht
wenn die Staatsaufsicht sich berufen fühlte, ohne konkreten Anlass allgemein und vorbeugend die Tätigkeit der Selbstverwaltungsorgane zu überwachen. Ebenso wenig hat die Aufsichtsbehörde das Recht, Kassenrevisionen vorzunehmen (vgl. Reuß, Die Organisation der Wirtschaft, 126). Aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber die Selbstverwaltung anerkannt hat, ergibt sich auch, dass er grundsätzlich das Zutrauen zu einem selbstverantwortlichen, gesetzmäßigen und korrekten Verhalten der Selbstverwaltungsorgane hat. 19
Das Gesetz räumt dadurch, dass es die Aufsichtsmittel nicht einzeln aufzählt und gegeneinander abgrenzt, der Aufsichtsbehörde eine weite Skala möglicher Interventionen ein. Umso wichtiger ist es, dass sie in ihrer Anwendung jeweils dem konkret in Frage stehenden Zweck entspricht. Eine Maßnahme, die in dem einen Fall angemessen und zulässig ist, kann bei anderer Sachlage eine Überschreitung des Ermessens darstellen und würde damit unzulässig sein. Dieser Grundsatz der Adäquanz ist besonders bei generellen, vorbeugend gedachten Anordnungen zu beachten. So kann z.B. im Zusammenhang mit einer Beschwerde über einen Verstoß gegen rechtliche Bestimmungen im Einzelfall ohne weiteres eine ausführliche Stellungnahme der IHK und, falls diese nicht ausreicht, die Vorlage der Akten gefordert werden. Es könnte in einem solchen Fall sogar zulässig sein, dass die Aufsichtsbehörde die Vorgänge der IHK durch einen Beauftragten überprüft und innerhalb der Kammer Feststellungen trifft. Dagegen wäre es als unzulässig anzusehen, wenn die Aufsichtsbehörde diesen Anlass ausnutzen würde, sich in allen gleich gelagerten Fällen Bericht erstatten zu lassen oder sogar ohne konkreten Anlass die künftige Vorlage von Kopien des Schriftwechsels oder von Protokollen zu verlangen. Hier würde sie gegenüber dem Aufsichtszweck den Rahmen der Aufsicht überspannen und damit ihr Ermessen bei der verhältnismäßigen Anwendung der ihr zustehenden Aufsichtsmittel missbrauchen.
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Wegen dieses Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit beim Einsatz der Aufsichtsmittel ist die Frage, ob die Staatsaufsicht an das Opportunitäts- oder das Legalitätsprinzip gebunden ist, ein mehr theoretisches Problem. Bereits aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich, dass sie die Aufsichtsmittel je nach Bedeutung des Falles und Verhalten der Kammer in der aufgezählten
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Möllering
Allgemeine Rechtsaufsicht
§ 11
Reihenfolge einsetzen kann, um einen Rechtsverstoß aufzuklären und der Beschwerde abzuhelfen. d) Verhältnis zum Individualschutz Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ergibt sich schließlich, dass der Individualschutz Vorrang hat und die Anrufung der Staatsaufsichtsbehörde kein Ersatz für mögliche oder gar versäumte Rechtsmittel ist. Die Rechtsaufsicht kann deshalb nicht eingreifen, wenn bei einer angeblichen Rechtsverletzung Rechtsmittel wie Widerspruch und Anfechtungsklage nach der VwGO zur Verfügung stehen. Ebenso wenig kann sie sich einschalten, wenn im Wahlrecht beispielsweise die Wahlordnung ein Einspruchsrecht gibt. In solchen Fällen kann die Staatsaufsichtsbehörde nicht in schwebende Verfahren eingreifen, da letztlich die Entscheidung den Verwaltungsgerichten obliegt. Sie kann aber auch nicht die endgültige Entscheidung in diesen Verfahren überflüssig machen, indem sie in der zugrundeliegenden Sachfrage im Aufsichtswege schon vorher eine Entscheidung trifft. Erst recht kann sie auf diese Weise nicht versäumte Rechtsmittel eines Betroffenen ersetzen, was gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit verstieße, aus dem sich Rechtsmittelfristen und Unanfechtbarkeit herleiten (vgl. auch Schnapp, DVBl. 1971, 480; kritisch dazu Reuss, WiVerw 1981, 151). Aus diesem Grunde ist auch im Körperschaftsrecht anerkannt, dass es keinen Rechtsanspruch Dritter auf ein Einschreiten der Staatsaufsichtsbehörde gibt und ein solches Einschreiten insbesondere nicht durch Klage erzwungen werden kann.
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Die Rechtsaufsicht wird sich deshalb auf diejenigen Rechtsfälle 22 konzentrieren, in denen kein individueller Rechtsschutz zur Verfügung steht und die allgemeiner Art sind. Dabei handelt es sich insbesondere um die Rechtmäßigkeit von Statuten, soweit sie nicht ohnehin der Genehmigungspflicht nach § 11 Abs. 2 unterliegen. Selbstverständlich kann sich die Aufsichtsbehörde auch einschalten, wenn die IHK im Anschluss an eine rechtskräftige verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht für gleich gelagerte Fälle die entsprechenden Konsequenzen zieht. Als Beispiel wäre daran zu denken, dass ein Verwaltungsgericht eine bestimmte Vorschrift eines solchen Statuts für rechtswidrig hält und die Aufsichtsbehörde diese Auffassung auch teilt. Nicht jedes rechtskräfMöllering 447
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Staatsaufsicht
tige Urteil eignet sich allerdings zu einer Verallgemeinerung. Solange die Auffassung der IHK in streitigen Rechtsfragen vertretbar ist, besteht für die Aufsichtsbehörde kein Anlass zum Einschreiten im Rahmen der Rechtsaufsicht. e) Keine Staatsaufsicht in zivilrechtlichen Angelegenheiten 23
Eine weitere Schlussfolgerung aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem Vorrang des Individualschutzes liegt darin, dass sich die Staatsaufsicht nicht auf zivilrechtliche Fragen der Kammer erstreckt. Diese Begrenzung der Staatsaufsicht auf Verstöße gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften ist im Gemeinderecht für die Kommunalaufsicht teilweise sogar kodifiziert.
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Für zivilrechtliche Auseinandersetzungen der IHK ist der Individualrechtsschutz in vollem Umfang gesichert, mag es sich um Zivilrecht oder Arbeitsrecht handeln. Die Aufsichtsbehörde kann also beispielsweise nicht eingreifen, wenn es zu arbeitsrechtlichen Streitigkeiten mit Kammermitarbeitern kommt oder wenn Fragen des UWG entschieden werden müssen. Es kann allerdings sein, dass im Zusammenhang mit zivilrechtlichen Streitfragen auch öffentlich-rechtliche Verpflichtungen der IHK, insbesondere aus ihrem Organisationsrecht oder dem Haushaltsrecht, berührt werden und insoweit eine mögliche öffentlich-rechtliche Rechtsverletzung aufzuklären ist. In diesem beschränkten Rahmen, bei dem es in erster Linie um die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen der IHK geht, kann die Aufsichtsbehörde auch bei zivilrechtlichen Fragen einschreiten. f) Anfechtung von Aufsichtsmaßnahmen
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Aufsichtsmaßnahmen sind grundsätzlich Verwaltungsakte und können von der betroffenen Kammer mit Widerspruch und Klage nach der VwGO angefochten werden; der Rechtsnatur nach handelt es sich hier um Anfechtungsklagen (§ 42 Abs. 1 VwGO). Der Begriff des anfechtbaren Verwaltungsaktes ist dabei sehr weit zu ziehen (OVG Münster GewArch 1981, 375; VG Minden DVBl. 1972, 801), auch wenn nicht jedes Schreiben und jeder Hinweis der Aufsichtsbehörde darunter fällt. Ein formelles Auskunftsverlangen ist aber bereits als Aufsichtsmaßnahme i.S.v. § 11 Abs. 1 Satz 1 anzusprechen und als Verwaltungsakt zu qualifizieren. 448
Möllering
§ 11
Vorbeugende Rechtsaufsicht
g) Aufsicht über öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse § 1 Abs. 1 Sätze 2 und 3 wurden durch das 4. VwVfÄndG eingeführt. Zur Zeit der Geltung des § 1 Abs. 4a wurden öffentlichrechtliche Zusammenschlüsse von IHKs aus mehreren Bundesländern teilweise als nicht zulässig angesehen, weil es keine Regelung der Aufsichtszuständigkeit für solche Zusammenschlüsse gab. § 11 Abs. 1 Satz 2 regelt nunmehr, dass die Zuständigkeit immer bei der Aufsichtsbehörde des Landes liegt, in dem der Zusammenschluss seinen Sitz hat. Eine Ausnahme davon bestimmt allerdings § 11 Abs. 2a, nach dem die Erstsatzung des Zusammenschlusses und alle späteren Satzungsänderungen auch von den Aufsichtsbehörden der beteiligten IHKs genehmigt werden müssen. § 11 Abs. 1 Satz 3 stellt klar, dass die Länder in Bezug auf die Einheitlichen Stellen die Aufsicht anders als in § 11 Abs. 1 Satz 2 regeln können.
25a
3. Vorbeugende Rechtsaufsicht Bei Beschlüssen der Vollversammlung, die für die Existenz und Arbeit der Kammer von besonderer Bedeutung sind, ist mit der Genehmigungspflicht eine gesteigerte Mitwirkung des Staates vorgesehen. Das gilt nicht in dem Sinn, dass die Aufsichtsbehörde sachlich über die in § 11 Abs. 1 gezogenen Grenzen der Rechtskontrolle hinaus eingreifen dürfte, sondern dahin, dass die Beschlüsse der Kammer bis zur Erteilung der aufsichtsbehördlichen Genehmigung schwebend unwirksam sind und bei einer endgültigen Versagung der Genehmigung nicht wirksam werden. Zutreffend wird deshalb von einer vorbeugenden (präventiven) Rechtsaufsicht gesprochen.
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a) Genehmigungstatbestände Die Genehmigungstatbestände werden in § 11 Abs. 2 im Einzelnen aufgeführt. Es handelt sich vor allem um die grundlegenden organisationsrechtlichen Statuten, nämlich Satzung, Wahlordnung, Finanzstatut („Satzung nach § 3 Abs. 7a Satz 2“ seit dem 1. 1. 2008; die frühere HKRO war nur in einigen Ländern genehmigungspflichtig), Beitrags- und Sonderbeitragsordnung sowie Gebührenordnung. Dazu kommt dann noch eine Genehmigungspflicht für Umlagesätze, die 0,8 % der Bemessungsgrundlagen Möllering 449
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Staatsaufsicht
übersteigen, sowie für Beschlüsse nach § 10, die hoheitliche Aufgaben auf andere Kammern übertragen oder die Bildung von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen der Kammern betreffen. § 11 Abs. 2 Nr. 4 stellt jetzt auch klar, dass nicht nur der Vollversammlungsbeschluss über die Übertragung, sondern auch über die Übernahme von Aufgaben der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. Das ist schon deswegen geboten, weil sich durch die Übernahme von Aufgaben in aller Regel weitergehende Verpflichtungen der IHK ergeben als durch die Übertragung. Bei Ländergrenzen überschreitenden Aufgabenübertragungen ist zudem fortan die Aufsichtsbehörde der übernehmenden IHK nach der Übernahme auch für die Rechtsaufsicht in Bezug auf die übernommenen Aufgaben zuständig. 28
Bereits aus dieser Aufzählung ergibt sich, dass weder der Wirtschaftsplan noch die Grundbeiträge und ihre Staffelung einer Genehmigung bedürfen. Dies hat bereits das Bundesverwaltungsgericht (BVerwGE 55, 1) klargestellt. Ebenso sind Umlagesätze erst genehmigungspflichtig, wenn sie 0,8 % der Bemessungsgrundlagen (Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb) übersteigen; unterhalb dieses Wertes sind sie genehmigungsfrei. Die eindeutige Regelung des IHKG lässt insoweit keine Parallelen zur Handwerkskammer (OVG Münster GewArch 1973, 15) oder zu den Kammern der freien Berufe zu (BVerwG vom 18. 9. 1973 – I C 73/67).
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Schließlich finden sich noch Genehmigungspflichten im Berufsbildungsgesetz. Nach § 47 Abs. 1 BBiG bedürfen die Prüfungsordnungen, welche die IHK im Rahmen ihrer Zuständigkeit für die Berufsausbildung erlässt, der Genehmigung der zuständigen obersten Landesbehörde. Zu dieser Genehmigungspflicht für Prüfungsordnungen kommt die Genehmigungspflicht für die Entschädigungsregelung hinzu, welche die IHK für die Mitglieder der Prüfungsausschüsse und die Mitglieder des Berufsbildungsausschusses festzusetzen hat (§§ 40 Abs. 4 Satz 2 und 77 Abs. 3 Satz 2 BBiG). Auch sämtliche Genehmigungspflichten nach dem Berufsbildungsgesetz sind ein Teil der vorbeugenden Rechtsaufsicht und können nur bei Rechtsverstößen zu einer Ablehnung der Genehmigung führen.
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Vorbeugende Rechtsaufsicht
§ 11
Die Genehmigung erfolgt in all diesen Fällen durch einen Bescheid der Aufsichtsbehörde, auf den die IHK einen Rechtsanspruch hat (vgl. zum Handwerksrecht: Kormann, GewArch 1996, 41 und 393). Dabei ist es möglich, von der Genehmigung eine einzelne rechtswidrige Vorschrift auszunehmen. Sie wird dann nicht wirksam und kann auch nicht verkündet werden. Diese Möglichkeit einer Einschränkung der Genehmigung besteht allerdings nur, wenn der im Übrigen genehmigte Wortlaut noch eine schlüssige und in sich verständliche Regelung bringt. Betrifft die Beanstandung dagegen den Kern des vorgelegten Beschlusses oder eine zur Durchführung und zum Verständnis notwendige Einzelvorschrift, so bleibt nur eine Ablehnung des gesamten Beschlusses durch Versagung der Genehmigung möglich. Dies kann auch in der Form geschehen, dass die Genehmigung unter der Maßgabe erteilt wird, dass die beanstandeten Vorschriften in einem bestimmten Sinne geändert werden. Wenn die IHK der Maßgabe im Aufsichtsbescheid durch erneuten Beschluss beitritt, ist die Genehmigung erteilt; der Beschluss braucht nicht erneut vorgelegt zu werden (OVG Münster DÖV 1966, 280). Wenn sie sich dem Aufsichtsbescheid jedoch nicht anschließt, ist die Genehmigung abgelehnt. Die IHK ist dann frei, in welcher Form sie mit erneuten Beschlüssen die Angelegenheit weiterverfolgen will.
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Auf keinen Fall können Genehmigungen mit Auflagen oder Bedingungen verbunden werden. Solche Auflagen und Bedingungen ständen im Widerspruch zum Wesen einer Rechtsnorm, wie insbesondere in der Rechtsprechung zur Genehmigung kommunaler Satzungen mehrfach festgestellt worden ist (vgl. Barocka, DVBl. 1963, 765). Ebenso wenig sind eine auflösende Bedingung für die Genehmigung (OVG Koblenz NVwZ 1995, 1227) oder der Widerruf einer erteilten Genehmigung (BVerwG GewArch 1992, 302) zulässig. Bei einer Änderung der Rechtslage muss die Aufsichtsbehörde die IHK zu einer Anpassung ihres statutarischen Rechts anhalten.
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b) Anfechtung der Ablehnung Wenn die Aufsichtsbehörde die Genehmigung ganz oder teilweise ablehnt, steht der IHK dagegen der verwaltungsrechtliche Rechtsschutz zu. Sie kann Widerspruch einlegen und anschließend eine Verpflichtungsklage vor den Verwaltungsgerichten erheben Möllering 451
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Staatsaufsicht
(Heusch in: Kluth (Hrsg.), Handbuch des Kammerrechts 495, 527; Masson/Menger, VerwArch 1964, 76). 33
Die Rechtsnatur der aufsichtsbehördlichen Genehmigung war durch eine Entscheidung des VGH München (BB 1960, 1181) streitig geworden, wobei es um einen Vergleichsfall aus dem Handwerksrecht ging. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedoch in zwei Entscheidungen (BVerwGE 16, 83 und 312) klargestellt, dass die aufsichtsbehördliche Genehmigung rechtlich nicht als Mitwirkung am Zustandekommen eines Rechtsetzungsaktes zu werten ist, sondern dass die Genehmigung wie deren Ablehnung gegenüber der Kammer ein Verwaltungsakt ist; die Ablehnung stellt ein der Aufsichtsbehörde in den Grenzen der Rechtsaufsicht zustehendes Veto dar. Nur diese Auffassung sichert die Satzungsgewalt der Kammer und ihre eigenständige Rechtsetzung und entspricht den Vorschriften des IHKG. Rechtsetzungsakte kommen durch Beschluss der IHK zustande; das Rechtsetzungsverfahren ist damit abgeschlossen. Zur Wirksamkeit bedarf es nur noch der Genehmigung, deren Ablehnung nur mit Rechtsverstößen begründet werden kann (vgl. auch Menger, VerwArch 1961, 410; Küchenhoff, JuS 1965, 52).
34
Damit entspricht die Rechtslage im Kammerrecht derjenigen des kommunalen Bereichs, wo die Rechtsprechung seit jeher eine Verpflichtungsklage gegen die Ablehnung von Genehmigungen zulässt (vgl. Masson, BayVerwBl. 1960, 369 und die dort angegebenen Entscheidungen, sowie 1964, 283; Kormann, GewArch 1996, 41). c) Vorbeugende Rechtsaufsicht bei Ländergrenzen überschreitenden Aufgabenübertragungen oder öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen
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Die durch das 4. VwVfÄndG vom 11. 12. 2008 (BGBl. I, 2418) neu in § 11 eingefügten Absätze 2a und 2b regeln die Rechtsaufsicht bei Ländergrenzen überschreitenden Aufgabenübertragungen sowie bei öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen, an denen IHKs aus mehreren Bundesländern beteiligt sind.
34b
In § 11 Abs. 2a wird bestimmt, dass der Erstsatzung eines öffentlich-rechtlichen Zusammenschlusses sowohl die Aufsichtsbehörde am Sitz des Zusammenschlusses als auch die Aufsichts452
Möllering
Aufsicht in Finanzfragen
§ 11
behörden der beteiligten IHKs zustimmen müssen. Das ist nachvollziehbar, denn sowohl die beteiligten IHKs als auch der Zusammenschluss selbst gehen möglicherweise weitreichende Verpflichtungen ein. Schwer nachvollziehbar ist hingegen die Regelung, wonach auch bei Satzungsänderungen des Zusammenschlusses wieder die Aufsichtsbehörden aller beteiligten IHKs genehmigen müssen. Es ist zwar richtig, dass auch eine Satzungsänderung des Zusammenschlusses gegebenenfalls in Bezug auf die beteiligten IHKs aufsichtsrelevant sein kann. Aber hier hätte man sicher darauf vertrauen können, dass die Aufsicht am Ort des Zusammenschlusses ausreichend ist. Jedenfalls kann sich die nach dem 4. VwVfÄndG vorgesehene Zustimmung aller Aufsichtsbehörden bald als bürokratisches Monstrum erweisen. Demgegenüber ist ohne weiteres einleuchtend, dass nach § 11 Abs. 2b bei Ländergrenzen überschreitenden Aufgabenübertragungen sowohl die Aufsichtsbehörde der übertragenden IHK den Übertragungsbeschluss von deren Vollversammlung als auch diejenige der übernehmenden IHK den Übernahmebeschluss von deren Vollversammlung genehmigen muss. Denn die Aufsichtsbehörde der übertragenden Kammer begibt sich praktisch der Aufsicht in puncto der übertragenen Aufgabe und die Aufsichtsbehörde der übernehmenden IHK bekommt zusätzliche Aufsichtsverpflichtungen. Das Gleiche gilt natürlich, wenn die Aufgabe Ländergrenzen überschreitend auf einen öffentlich-rechtlichen Zusammenschluss übertragen wird. Denn auch hier bekommt die Aufsichtsbehörde des Zusammenschlusses zusätzliche Aufsichtsverpflichtungen.
34c
4. Aufsicht in Finanzfragen a) Grenzen der Finanzaufsicht Von besonderer Bedeutung sind die staatlichen Aufsichtsrechte in Finanzfragen. Sie begründen nach dem IHKG keine eigenständige Finanzaufsicht, sondern sind nur ein Sonderfall der allgemeinen Rechtskontrolle.
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Die IHK hat im Zusammenhang mit der Pflichtzugehörigkeit die Beitragshoheit erhalten. Gleichwohl hat das Gesetz von einer Einschränkung der selbstverantwortlichen Finanzhoheit abgesehen, insbesondere keine Genehmigung des Wirtschaftsplans oder der
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Staatsaufsicht
Beiträge vorgeschrieben. Vielmehr erklärt § 11 Abs. 3 die Vorschriften des Beiträgegesetzes und der Kriegskontrollverordnung ausdrücklich für die IHKs für nicht anwendbar. Dabei ist mit Recht davon ausgegangen worden, dass sich die IHK ohne Inanspruchnahme staatlicher Zuschüsse, und zwar im Wesentlichen aus den Beiträgen der Kammerzugehörigen, finanziert und dass die demokratisch gewählten Vertreter der Beitragspflichtigen, mittelbar also diese selbst, durch die Beschlussfassung über Wirtschaftsplan und Wirtschaftssatzung die Entscheidung über ihre Beitragsbelastung selbst in der Hand haben. b) Anwendungsfälle der Finanzaufsicht 37
Deshalb beschränkt sich § 11 Abs. 2 darauf, die Genehmigungspflicht für eine Umlage vorzuschreiben, die 0,8 % der Bemessungsgrundlagen (Gewebeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb) übersteigt. Damit ist ausreichend sichergestellt, dass die bei einer Überschreitung dieser Grenze eintretende Belastung der Gewerbetreibenden nicht ohne staatliche Kontrolle möglich ist. Auch die Entscheidung über die Genehmigung für Umlagesätze, welche 0,8 % der Bemessungsgrundlagen (Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb) übersteigen, muss sich im Rahmen einer Rechtsaufsicht halten. Die Aufsichtsbehörde kann infolge dessen nur prüfen, ob die Aufgaben, deren Finanzierung im Wirtschaftsplan vorgesehen ist, im Rahmen der Kammeraufgaben nach § 1 liegen; sie kann deshalb nicht die Aufnahme freiwilliger Selbstverwaltungsaufgaben oder die Höhe der dafür eingesetzten Finanzmittel beanstanden. Es ist gerade der Sinn der Selbstverwaltung, dass die Vollversammlung die Entscheidungen über die konkrete Kammerarbeit trifft und dabei auch Prioritäten setzen kann. Darüber hinaus hat die Aufsichtsbehörde zu prüfen, ob bei der Finanzierung dieser gesetzlichen Aufgaben die Grenzen der wirtschaftlichen und sparsamen Finanzgebarung gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 nicht offensichtlich überschritten sind. Auch insoweit handelt es sich um die Prüfung der Rechtsfrage, ob ein Ermessensmissbrauch oder eine Ermessensüberschreitung vorliegt. Die Versagung der Genehmigung kann infolgedessen nur mit Rechtsgründen begründet werden und darf keinen neuen Umlagesatz festsetzen, sondern muss es der IHK überlassen, im Rahmen einer erneuten Beratung des Wirtschaftsplans und der Wirtschaftssat-
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Aufsicht in Finanzfragen
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zung aus den Versagungsgründen der Aufsichtsbehörden die Konsequenzen zu ziehen. § 11 Abs. 2 unterwirft auch Sonderbeitragsordnungen der Genehmigungspflicht, enthält aber keine zusätzliche Genehmigungspflicht für Sonderbeiträge. Das ist schon deshalb entbehrlich, weil die Sonderbeitragsordnung in der Regel bereits Maßstäbe für eine eigenständige Beitragsregelung bringt, die sich an dem Vorteil für die jeweils begünstigten Unternehmen orientiert und den allgemeinen Grundsätzen des Beitragsrechts (insbesondere dem Äquivalenzprinzip) entspricht. Die meist alljährlich festzusetzende Höhe des Sonderbeitrags bleibt dann genehmigungsfrei.
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Auch die Herabsetzung der Beitragsfreistellungsgrenze nach § 3 Abs. 3 Satz 5 ist nicht genehmigungspflichtig. Hier kann die Aufsichtsbehörde aber nach § 11 Abs. 1 die IHK um Auskunft ersuchen, aufgrund welcher Zahlen und Annahmen sie zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Zahl der Beitragspflichtigen auf weniger als 55 % der Kammerzugehörigen sinkt und wie sich die niedrigeren Freistellungsgrenzen voraussichtlich finanziell auswirken werden. Eingreifen kann die Aufsichtsbehörde nach den allgemeinen Grundsätzen aber nur dann, wenn diese Berechnungen nicht den gesetzlichen Vorgaben entsprechen. Da es sich um eine Prognoseentscheidung über die künftige Beitragsentwicklung handelt, darf die Aufsichtsbehörde – ebenso wenig wie später Verwaltungsgerichte – eine vertretbare Prognose der IHK beanstanden.
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c) Finanzaufsicht und Wirtschaftsplan Das Gesetz enthält keine Vorschrift über eine generelle Verpflichtung zur Vorlage der Wirtschaftspläne. Eine Vorlage kann deshalb von der Aufsichtsbehörde nur verlangt werden, wenn sie im Rahmen ihrer Rechtsaufsicht einen konkreten Anlass dazu hat. Hierfür kommen insbesondere § 3 Abs. 2 und § 11 Abs. 2 in Betracht. Da in § 3 Abs. 2 eine sparsame und wirtschaftliche Finanzgebarung und die pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen vorgeschrieben sind, könnte eine Verletzung dieser Gesichtspunkte ein Einschreiten der Aufsichtsbehörde nach § 11 Abs. 1 rechtfertigen; Voraussetzung wäre allerdings, dass die IHK bei der Wirtschaftsplanung ihren Ermessensrahmen offensichtlich missbraucht. Ebenso rechtfertigt die Genehmigung Möllering 455
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Staatsaufsicht
eines höheren Umlagesatzes nach § 11 Abs. 2 die Vorlage des Wirtschaftsplans, damit sich die Aufsichtsbehörde einen Überblick über Einnahmen und Ausgaben und deren Schwerpunkte verschaffen kann. 41
Abgesehen von diesen beiden – bisher theoretisch gebliebenen – Ausnahmefällen, erhält die Aufsichtsbehörde den Wirtschaftsplan erst zusammen mit der Jahresrechnung und dem Bericht der Rechnungsprüfungsstelle (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 7). Insofern ist die gesamte Rechtsaufsicht in Finanzfragen im Kern eine nachträgliche Rechtskontrolle, wie dies auch § 11 Abs. 1 entspricht.
5. Aufgehobene Vorschriften a) Allgemeines 42
Es bedarf an sich keiner ausdrücklichen Erwähnung, dass das IHKG alle widersprechenden Vorschriften des Kammerrechts aufgehoben hat. Deshalb muss für die nach 1945, aber vor dem IHKG erlassenen Landeskammergesetze jeweils im Einzelnen geprüft werden, inwieweit die Bestimmungen noch gültig sind. Das betrifft das schleswig-holsteinische Gesetz vom 23. 2. 1954 (GVBl. 41) und das Hamburger Gesetz vom 27. 2. 1956 (GVBl. 184). Das badische IHKG vom 17. 10. 1951 (GVBl. 184) ist ausdrücklich bei Erlass des baden-württembergischen IHKG aufgehoben worden (vgl. Anhang Nr. 2 – § 10 Abs. 2 Nr. 3).
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Da die praktische Anwendung eines Gesetzes erleichtert wird, wenn die aufgehobenen oder nicht mehr anzuwendenden Vorschriften einzeln aufgeführt sind, ist eine solche Aufzählung vielfach in Gesetzen enthalten (vgl. §§ 125–127 HwO). Das IHKG ist gleichwohl dieser Gesetzestechnik nicht gefolgt, weil die bis zu seinem Inkrafttreten geltenden Vorschriften überwiegend landesrechtlicher Art waren und zu einem Großteil erst nach Ergänzung des Bundesgesetzes durch neue Landesvorschriften unanwendbar wurden; die bis dahin weiter geltenden Vorschriften konnten also nicht generell mit Inkrafttreten aufgehoben werden. Jedoch zählen die Ausführungsgesetze der Länder vielfach die außer Kraft tretenden Vorschriften ausdrücklich auf und haben damit diese Lücke des Bundesgesetzes zum richtigen Zeitpunkt ausgefüllt.
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Aufgehobene Vorschriften
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Über die Frage, ob die reichsrechtlichen Vorschriften, welche die IHKs betreffen – z.B. VO vom 20. 8. 1934 (RGBl. I, 790) und das IHK-Beiträgegesetz vom 25. 3. 1939 (RGBl. I, 649) – bereits durch die Gauwirtschaftskammergesetzgebung aufgehoben worden sind, besteht ebenso wenig eine einheitliche Meinung wie über die hiermit untrennbar verknüpfte Frage der Weitergeltung des früheren Landeskammerrechts (vgl. BVerwG DVBl. 1961, 593 = DÖV 1961, 703 = BB 1961, 582, jeweils mit Anmerkungen; Droste, BB 1961, 1013). Auf jeden Fall sind diese Vorschriften spätestens mit Erlass des IHKG außer Kraft getreten.
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Die besatzungsrechtlichen Anordnungen, die für das Kammerwesen von Bedeutung waren, sind, da sie sämtlich nicht in den amtlichen Verkündungsblättern veröffentlicht wurden, mit § 3 des Ersten Gesetzes zur Aufhebung des Besatzungsrechts vom 30. 5. 1956 (BGBl. I, 437) aufgehoben worden.
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b) Beiträgegesetz Ausdrücklich angeführt als nicht mehr anwendbar (§ 11 Abs. 3) sind Abschnitt 1 des Beiträgegesetzes vom 24. 3. 1934 (RGBl. I, 235) und die Kriegskontrollverordnung vom 5. 7. 1940 (RGBl. II, 139). Beide Vorschriften konnten nicht formell aufgehoben werden, weil sie damals in anderen Bereichen noch galten. Es diente der Klarstellung, dass sie für den Bereich der IHKs keine Anwendung mehr finden können, nachdem die Rechts- und Finanzaufsicht durch das Bundesgesetz einen neuen Inhalt erhalten hat.
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Der in Abschn. 1 des Beiträgegesetzes enthaltene Grundsatz sparsamer Wirtschafts- und Haushaltsführung ist in § 3 Abs. 2 Satz 2 aufgenommen worden. Die Grundsätze der Rechnungslegung und die Prüfung der Jahresabschlusses bleiben nach § 12 Abs. 1 Nr. 7 landesrechtlicher Regelung vorbehalten.
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Aus der ausdrücklichen Nichtanwendbarkeit des Beiträgegesetzes und der Kriegskontrollverordnung sowie der eigenständigen Regelung im IHKG und in den Landesausführungsgesetzen folgt auch, dass die nunmehr aufgrund des Haushaltsgrundsätzegesetzes in den Landeshaushaltsordnungen vorgesehenen Bestimmungen nicht unmittelbar auf die IHKs anwendbar sind und auch nicht entsprechend angewandt werden können. Insbesondere gilt dies für die §§ 1–87 LHO, welche durch das Finanzstatut ersetzt
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§ 12
Landesrechtliche Ergänzungsvorschriften
werden, aber auch für die §§ 106–110 LHO, denen das IHKG als Bundesrecht und die auf dieser Grundlage erlassenen Kammerstatuten vorgehen (vgl. § 3 Rz. 18). Insbesondere wird aus § 11 Abs. 3 abgeleitet, dass – anders als bei den Handwerkskammern (BVerwG GewArch 1995, 377) – eine Prüfung der IHKs durch die Landesrechnungshöfe ausgeschlossen ist (VGH München GewArch 2008, 72 n.rkr. – Az. des BVerwG: 6 C 2/08; ebenso im Ergebnis Rieger, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2005, 112, 134).
12
(1) Durch Landesrecht können ergänzende Vorschriften erlassen werden über
1. die Errichtung und Auflösung von Industrie- und Handelskammern sowie von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen, 2. die Änderung der Bezirke bestehender Industrie- und Handelskammern, 3. die für die Ausübung der Befugnisse des § 11 Abs. 1 und 2 zuständigen Behörden, 4. die Aufsichtsmittel, welche erforderlich sind, um die Ausübung der Befugnisse gemäß § 11 Abs. 1 und 2 zu ermöglichen, 5. die Verpflichtung der Steuerveranlagungsbehörden zur Mitteilung der für die Festsetzung der Beiträge erforderlichen Unterlagen an die Industrie- und Handelskammern, 6. die Verpflichtung der Behörden zur Amtshilfe bei Einziehung und Beitreibung von Abgaben (§ 3 Abs. 8), 7. die Prüfung des Jahresabschlusses der Industrie- und Handelskammern, 8. die Befugnis der Industrie- und Handelskammern zur Führung eines Dienstsiegels, 9. Zuständigkeit und Verfahren für die Bestellung von Ausschussmitgliedern gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2. (2) Vor der Entscheidung über Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 sind die Kammerzugehörigen gemäß § 2 Abs. 1 zu hören.
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Landesrechtliche Ergänzungsvorschriften
werden, aber auch für die §§ 106–110 LHO, denen das IHKG als Bundesrecht und die auf dieser Grundlage erlassenen Kammerstatuten vorgehen (vgl. § 3 Rz. 18). Insbesondere wird aus § 11 Abs. 3 abgeleitet, dass – anders als bei den Handwerkskammern (BVerwG GewArch 1995, 377) – eine Prüfung der IHKs durch die Landesrechnungshöfe ausgeschlossen ist (VGH München GewArch 2008, 72 n.rkr. – Az. des BVerwG: 6 C 2/08; ebenso im Ergebnis Rieger, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts 2005, 112, 134).
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(1) Durch Landesrecht können ergänzende Vorschriften erlassen werden über
1. die Errichtung und Auflösung von Industrie- und Handelskammern sowie von öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüssen, 2. die Änderung der Bezirke bestehender Industrie- und Handelskammern, 3. die für die Ausübung der Befugnisse des § 11 Abs. 1 und 2 zuständigen Behörden, 4. die Aufsichtsmittel, welche erforderlich sind, um die Ausübung der Befugnisse gemäß § 11 Abs. 1 und 2 zu ermöglichen, 5. die Verpflichtung der Steuerveranlagungsbehörden zur Mitteilung der für die Festsetzung der Beiträge erforderlichen Unterlagen an die Industrie- und Handelskammern, 6. die Verpflichtung der Behörden zur Amtshilfe bei Einziehung und Beitreibung von Abgaben (§ 3 Abs. 8), 7. die Prüfung des Jahresabschlusses der Industrie- und Handelskammern, 8. die Befugnis der Industrie- und Handelskammern zur Führung eines Dienstsiegels, 9. Zuständigkeit und Verfahren für die Bestellung von Ausschussmitgliedern gemäß § 8 Abs. 2 Satz 2. (2) Vor der Entscheidung über Maßnahmen nach Absatz 1 Nr. 1 und 2 sind die Kammerzugehörigen gemäß § 2 Abs. 1 zu hören.
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Zuweisung von Aufgaben Rz. 1. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . .
1
2. Zuweisung von Aufgaben. . .
2
3. Einzelvorschriften . . . . . . . . .
4
4. Ergänzungsfähiger Bereich . . 5 a) Zu Nrn. 1 und 2 . . . . . . . . . . . 6 b) Zu Nr. 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Rz. c) d) e) f) g) h)
Zu Nr. 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu Nr. 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu Nr. 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu Nr. 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu Nr. 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zu Nr. 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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1. Vorbemerkung Das Bundesgesetz hat sich auf die Festlegung der Vorschriften beschränkt, die für eine einheitliche Rechts- und Aufgabenstellung der IHKs wesentlich sind. Die Ausführung dieser Vorschriften ist weitgehend der Satzung und der Wahlordnung zugewiesen worden, um der im Bereich der IHKs zu beobachtenden Vielgestaltigkeit und dem Grundsatz der Selbstverwaltung Rechnung zu tragen. Daher bedarf das Gesetz nur verhältnismäßig geringfügiger landesrechtlicher Ergänzung, die in erster Linie dort notwendig bleibt, wo der Staat als Aufsichtsbehörde angesprochen ist. Landesrechtliche Ergänzungsvorschriften zum Bundesgesetz können wegen der präklusiven Wirkung des § 12 nur ergehen, soweit das Gesetz ausdrückliche Ermächtigungsgrundlagen enthält.
1
2. Zuweisung von Aufgaben Den Ländern ist durch § 1 Abs. 4 die Möglichkeit gegeben, den Aufgabenbereich der IHKs zu erweitern. Die Vorschrift wendet sich insoweit besonders an den Landesgesetzgeber, obwohl § 1 Abs. 4 die Übertragungsmöglichkeit durch Gesetz oder Rechtsverordnung schlechthin normiert. Hätte das Gesetz lediglich die Übertragung weiterer Aufgaben durch den Bund, und auch nur in Gesetzesform, im Auge gehabt, hätte es des § 1 Abs. 4 nicht bedurft, da der Bundesgesetzgeber jederzeit eine entsprechende Regelung treffen könnte. Auch soweit die Ermächtigungsgrundlage für die Übertragung von Kammeraufgaben bereits in anderen rechtlichen Vorschriften enthalten ist (z.B. § 36 GewO), kann die Konkretisierung der Ermächtigung im Rahmen der landesrechtlichen Ergänzungsvorschriften zum Bundeskammergesetz erfol-
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§ 12
Landesrechtliche Ergänzungsvorschriften
gen. Das ist allenthalben geschehen (z.B. NRW § 6, Baden-Württemberg § 7, Bayern Art. 7; Texte: Anhang Nrn. 1, 2 und 3). 3
Im Übrigen haben das IHKG und die Enumeration in § 12 eine Sperrwirkung (Art. 31 GG) für den Landesgesetzgeber zur Folge. Diese Sperrwirkung reicht so weit, wie das IHKG das Organisationsrecht der Kammern regelt. Insbesondere können daher in den durch § 12 Abs. 1 genannten Fällen die Länder nicht diesen Rahmen überschreiten. Ebenso wenig kann der Landesgesetzgeber aus sonstigen Gründen in die bundesrechtlich geregelte Organisation, Struktur und den Aufgabenkreis der Kammern eingreifen. Das ist gelegentlich streitig, wenn der Landesgesetzgeber Vorschriften für die allgemeine staatliche oder kommunale Verwaltung generell auch auf Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts ausdehnt und damit die IHKs einzubeziehen scheint, etwa bei Landesverkündungsgesetzen (ablehnend OVG Koblenz GewArch 1989, 20), den Personalvertretungsgesetzen und den Informationsfreiheitsgesetzen (zustimmend BVerwG GewArch 2007, 478; Röger, Jahrbuch des Kammerrechts 2002, 65, 110; a.A. Grütters, GewArch 2002, 270, 272; Rickert, WiVerw 2004, 153) der Länder. Nach den Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts kommt es darauf an, ob es sich um Regelungen des Verwaltungsverfahrens i.S.v. Art. 84 Abs. 1 GG (dann Sperrwirkung des § 12 IHKG) oder um materiellrechtliche Regelungen handelt. Im letztgenannten Fall ist Art. 72 Abs. 1 GG einschlägig, der für die Länder insoweit Spielraum für eigene Vorschriften lässt, als das einschlägige Gebiet noch nicht abschließend durch den Bund geregelt ist. Für das Datenschutzrecht ist in § 9 eine bereichsspezifische Regelung ergangen, welche den Datenschutzgesetzen von Bund und Ländern vorgeht.
3. Einzelvorschriften 4
Für den Organisationsbereich der IHKs enthält das Gesetz nur in § 3 Abs. 8 eine ausdrückliche Verweisung auf das Landesrecht. Indirekte Verweisungen auf das Landesrecht finden sich noch in § 3 Abs. 4 Satz 3 und 4, weil für die Apothekergesetze, die Landwirtschaftskammergesetze und für die Kammern einiger freier Berufe die Länder zuständig sind. Daneben ist eine Ergänzung des Bundesgesetzes durch Landesrecht auf die in § 12 Abs. 1 angeführten Gebiete beschränkt. Jedoch enthält § 12 keine i.S.v. Art. 80 GG 460
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ausreichende Ermächtigungsgrundlage für Verordnungen der Länder. Die landesrechtliche Regelung ist in allen Ländern vielmehr durch Gesetz erfolgt, das erst die notwendigen Verordnungsermächtigungen bringt (vgl. Anhang Nrn. 1–16).
4. Ergänzungsfähiger Bereich § 12 Abs. 1 führt unter den Nrn. 1–9 die einzelnen der Ergänzung des Bundesgesetzes zugänglichen oder bedürftigen Gebiete auf. Es handelt sich vorwiegend um Normen über Organisations- und Zuständigkeitsfragen.
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a) Zu Nrn. 1 und 2 • Gegenstand der Ergänzungsnormen Da die IHKs Körperschaften des Landesrechts sind, gehören die mit der Errichtung und bezirklichen Abgrenzung der einzelnen IHKs zusammenhängenden Fragen in den Bereich der Organisationsgewalt der Länder. Die Ermächtigung zur Errichtung neuer IHKs ist angesichts des Umstandes, dass die Bezirke der existierenden IHKs das gesamte Bundesgebiet abdecken, ohne große praktische Relevanz. Allerdings wäre es auch als Errichtung anzusehen, wenn aus dem Bezirk einer bestehenden IHK ein Teil herausgelöst und für diesen eine selbständige, neue IHK gebildet würde. Hier läge gleichzeitig eine Änderung der bezirklichen Grenzen einer bestehenden IHK (§ 12 Abs. 1 Nr. 2) vor. Eine größere praktische Relevanz hat der Fall, dass zwei bestehende IHKs zu einer neuen IHK zusammengelegt werden. Hier fällt die Auflösung dieser Kammern mit der Errichtung einer neuen IHK (entsprechend den Vorschriften zu Nr. 1) zusammen; insofern bedurfte die Zusammenlegung keiner gesonderten Erwähnung im Gesetz.
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Bei der Errichtung der Kammern im vorigen Jahrhundert wurde je- 7 weils im staatlichen Errichtungsakt oder auch in einem Landesgesetz der Bezirk jeder einzelnen Kammer festgelegt. Bei der Wiedererrichtung oder Neukonstituierung der IHKs nach dem letzten Kriege wurde der Kammerbezirk dagegen regelmäßig in der Satzung der Kammer aufgeführt und erhielt mit deren Genehmigung auch eine landesrechtliche Grundlage.
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Landesrechtliche Ergänzungsvorschriften
7a
Die durch das 4. VwVfÄndG eingeführte Erweiterung des § 12 Abs. 1 Nr. 1 stellt klar, dass der Landesgesetzgeber auch in Bezug auf die öffentlich-rechtlichen Zusammenschlüsse ergänzende Vorschriften zum IHKG erlassen kann.
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Aus § 12 Abs. 1 Nr. 2 geht hervor, dass der Erlass von Vorschriften über die Änderung der Kammerbezirke Sache der Länder ist. Die hierzu ergangenen Landesvorschriften (z.B. NRW § 1, Bayern Art. 8; Texte s.u. Anhang) gehen übereinstimmend dahin, dass die Änderung von Kammerbezirken durch staatliche Rechtsetzung (durch Gesetz, RVO oder Organisationsakt mit rechtsetzender Wirkung) zu erfolgen hat; sie ist in keinem Falle der Regelung der IHK durch Satzung überlassen. Auch die Genehmigung einer solchen Satzung würde die notwendige staatliche Rechtsetzung nicht erübrigen. Soweit eine Kammersatzung in ihrer Beschreibung des Kammerbezirks auf staatliche oder kommunale Verwaltungsbezirke abstellt (z.B. „der Kammerbezirk umfasst die Kreise X, Y und Z“) hat eine Änderung dieser Verwaltungsbezirke nicht auch die gleichzeitige Änderung des Kammerbezirks automatisch zur Folge. Wenn also dem Kreise X Teile eines anderen Kreises zugewiesen werden, die zu einer anderen IHK gehören, so bedürfte eine entsprechende Änderung der Kammerbezirke eines besonderen kammerrelevanten Aktes staatlicher Rechtssetzung in der hierfür vorgesehenen Form. Daher kann auch eine übereinstimmende Auffassung zweier IHKs über die An- bzw. Ausgliederung von Gebietsteilen nicht über Satzungsbeschluss oder über die Interpretation von Gebietsbeschreibungen in der Satzung realisiert werden; es ist vielmehr stets eine staatliche Rechtsetzung erforderlich. Demgemäß ist auch die Zusammenführung der beiden IHKs Hannover und Hildesheim zwar durch (genehmigte) Satzungsbeschlüsse vorbereitet, aber erst durch den nachfolgenden staatlichen Errichtungsbeschluss und dessen Verkündung verwirklicht worden. Ohne staatliche Rechtsetzung wäre es nicht möglich, dass die Kammerzugehörigkeit für die Kaufleute bestimmter Gebietsteile mit ihren Folgen hinsichtlich der Beitragspflicht und des Wahlrechts Änderungen erfährt. So wie die öffentlich-rechtlichen Rechte und Pflichten für die Kammerzugehörigen des Kammerbezirks X bei Errichtung dieser Kammer nur durch den Gesetz- oder VO-Geber hatten begründet werden können, kann eine Änderung dieses „besonderen Gewaltverhältnisses“ durch Zuordnung zur IHK Y nur durch den Gesetz- oder VO462
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§ 12
Geber erfolgen. Diesem ist in den Landesgesetzen demgemäß auch die Auflösung und Neubildung von IHKs und die Änderung von Kammerbezirken zugewiesen. Dabei ist festzuhalten, dass der Begriff der Auflösung einer IHK in § 12 Abs. 1 Nr. 1 nichts mit der Auflösung der Vollversammlung als einer Maßnahme der Staatsaufsicht zu tun hat, sondern dass es sich hierbei um eine den Bezirk der Kammer betreffende Organisationsmaßnahme handelt. Seit Erlass des IHKG und der Landesausführungsgesetze dazu, hat es inzwischen umfangreiche Änderungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 und 2 IHKG gegeben. In Baden-Württemberg und NordrheinWestfalen ist es zu einer grundlegenden Neugliederung der Kammerbezirke gekommen, bei der auch IHKs aufgelöst wurden. In Niedersachsen sind die IHKs Hannover und Hildesheim, in Hessen die IHKs Gießen und Friedberg sowie Dillenburg und Wetzlar aufgrund eigener Initiative zusammengeschlossen worden. Aber auch sonst sind die Kammerbezirke fast durchweg der kommunalen Gebietsreform und den neuen Regierungsbezirken angeglichen worden, um Überschneidungen zu verhindern. Für diese „Deckungsgleichheit“ spricht, dass die IHKs aufgrund ihrer regionalen Aufgaben besonders eng mit den Städten und Landkreisen ihres Kammerbezirks und dem zuständigen Regierungspräsidenten zusammenarbeiten müssen. Es dient deshalb der Verwaltungsvereinfachung, wenn diese Zusammenarbeit konzentriert wird. Außerdem hat sich in der Praxis hat sich gezeigt, dass die neuen Verwaltungsgrenzen weitgehend auf regionale Wirtschaftsräume Rücksicht genommen haben. Das Prinzip der „Deckungsgleichheit“ ist deshalb heute nicht mehr umstritten; es findet sich beispielsweise in § 90 Abs. 3 HwO und in den Landesausführungsgesetzen zum IHKG in den neuen Bundesländern.
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Bei der Neugliederung von Kammerbezirken ist es naturgemäß häufiger zu verwaltungsgerichtlichen Auseinandersetzungen gekommen. Klagen einzelner Kammerzugehöriger sind allerdings nicht zulässig. Klagt dagegen die betroffene IHK selbst, ist eingehend geprüft worden, ob die Neugliederungsverordnung des Landes sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung gehalten hat und überzeugend begründet war (OVG Münster GewArch 1981, 375; OVG Lüneburg vom 13. 6. 1988 – 8 A 40/86; OVG SachsenAnhalt GewArch 1996, 70 und 1997, 342; zum Handwerksbereich: BVerwG NVwZ 1993, 675; OVG Münster GewArch 1975, 194; VG Halle GewArch 1996, 75).
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Zwei aufgelöste IHKs in NRW haben schließlich das Land wegen ihrer Auflösung verklagt, weil diese nicht einer besseren Durchführung der Kammeraufgaben diene, sondern eher das Gegenteil bewirke. Beide Klagen sind – nach Abweisung in erster Instanz – vom OVG Münster als unzulässig zurückgewiesen worden, weil das Klagebegehren sachlich ein Normenkontrollverfahren zum Inhalt habe, das – mangels Ausfüllung des § 47 VwGO – in NRW nicht zugelassen sei (OVG Münster vom 21. 5. 1981 – 15 A 1846/79 und 15 A 2030/79). • Inhalt der Ergänzungsnormen
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Die Länder – außer Hamburg und Schleswig-Holstein – haben durch ihre Ausführungsgesetze (vgl. Anhang) geregelt, auf welchem Wege die in § 12 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 vorgesehenen Maßnahmen zu erfolgen haben, welche Stelle für die Änderungsmaßnahmen zuständig ist und was gegebenenfalls für die Abwicklung und für die Übergangszeit zu gelten hat (z.B. NRW § 1, BadenWürttemberg § 1, Hessen § 1; Texte: Anhang Nrn. 10, 1 und 7). Eine Anhörung der Kammerzugehörigen hätte gem. Abs. 1 Nrn. 1 und 2 landesrechtlich eingeführt werden können, wenn sie nicht bereits durch den in der 2. Lesung des Entwurfs vom Bundestag neu eingestellten § 12 Abs. 2 bundesrechtlich vorgeschrieben worden wäre. Nachdem das Bundesgesetz diese Ergänzung erfahren hat, kann das Landesrecht – das ist durch die Ermächtigung gem. § 12 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 gedeckt – nur noch die nähere Ausgestaltung der Anhörung regeln.
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Es genügt dabei nicht, die Organe der beteiligten IHKs zu hören; denn Abs. 2 ordnet ausdrücklich an, dass die Kammerzugehörigen selbst – das sind die in § 2 Abs. 1 angeführten Gewerbetreibenden unter Berücksichtigung der in § 2 Absätze 2 bis 5 enthaltenen Ausnahmen – zu hören sind. Es sind nicht sämtliche Kammerzugehörigen in dem von einer Änderung betroffenen Kammerbezirk zu hören, sondern nur diejenigen, die unmittelbar von der Änderung selbst berührt werden. Will also der Gesetz- oder Verordnungsgeber einen Landkreis von der IHK A zur IHK B geben, so sind die in diesem Landkreis mit ihren Betriebsstätten ansässigen Gewerbetreibenden anzuhören, nicht aber die übrigen zur IHK A gehörigen oder die zur IHK B gehörigen Gewerbetreibenden. Der Sinn von § 12 Abs. 2 geht dahin, dass durch das Anhörungsverfahren die unmittelbar Betroffenen über das Vorhaben un464
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§ 12
terrichtet werden und sich dazu in ihrer Sicht äußern können. Auch wenn der ganze Kammerbezirk von der Veränderung, etwa durch Auflösung, betroffen ist, bedarf es einer Anhörung der Kammerzugehörigen. Zwar werden die Gewerbetreibenden des Kammerbezirks in ihrer Gesamtheit durch die Vollversammlung repräsentiert; deren Votum könnte aber die in § 12 Abs. 2 vorgeschriebene Anhörung nicht ersetzen, wenn es auch der Vollversammlung unbenommen bleibt, sich mit einem eigenen Votum zum Wort zu melden. Im Sinne von § 12 Abs. 2 bedeutet „hören“, dass dem in Frage kommenden Personenkreis Gelegenheit zu geben ist, zur Errichtung, Auflösung oder Neuabgrenzung Stellung zu nehmen und dabei zustimmende oder kritische Ansichten zu begründen. Nicht erforderlich ist eine Einzelanhörung oder eine besondere Abstimmung unter den Kammerzugehörigen; das würde über den Begriff des „Hörens“ hinausgehen. Es muss aber wenigstens gefordert werden, dass das konkrete Vorhaben in hinreichender Form (etwa durch Veröffentlichung in staatlichen oder geeigneten bezirklichen, oder, wenn es sich um die Umgliederung kleinerer Gebietsteile handelt, sogar örtlichen Verkündungsblättern) öffentlich bekannt gemacht wird. Dabei muss eine ausreichende Frist gesetzt werden, die jedem der betroffenen Kammerzugehörigen die Möglichkeit bietet, sich gegenüber der zuständigen Stelle zu äußern, die allerdings nicht gehalten ist, den bei ihr eingehenden Äußerungen zu folgen.
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• Erweiterung der Ergänzungsnormen § 12 Abs. 2 ist eine Mindestverpflichtung; landesrechtlich könnten darüber hinaus in Ergänzung zu Abs. 1 Nrn. 1 und 2 noch weitere Verfahrensvorschriften ergehen; so könnte zusätzlich die Anhörung der Vollversammlung der beteiligten Kammern vorgeschrieben oder in bestimmten Fällen für deren Votum eine bestimmte Mehrheit vorgesehen und weiterhin angeordnet werden, dass Änderungen nur auf Antrag und nur erfolgen dürfen, wenn die beteiligten Kammern mit bestimmter Mehrheit zugestimmt haben. Von dieser Möglichkeit haben die Länder nicht Gebrauch gemacht. In Nordrhein-Westfalen ist aber vor der Änderung von Kammerbezirken die Anhörung des Wirtschaftsausschusses des Landtages vorgesehen. In den meisten Ländern genügt für die Änderung von Kammerbezirken eine Rechtsverordnung (z.B. NRW Möllering 465
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§ 1, Baden-Württemberg § 1, Hessen § 1; Texte: Anhang Nrn. 10, 1, 7); in Bremen ist ein Landesgesetz notwendig (§ 1 Abs. 1; Text: Anhang Nr. 5). In Rheinland-Pfalz sind ohne Änderung des Landesgesetzes die Kammerbezirke durch eine Bekanntmachung der Landesregierung geändert worden. Die Landesregierung hat diese Befugnis im Rahmen ihrer Organisationsgewalt in Anspruch genommen (Anhang Nr. 11). In Niedersachsen übt das „Landesministerium“ die Befugnisse nach § 1 Abs. 1 IHKG NS durch einen formellen „Beschluss“ aus, der im NdsMBl. veröffentlicht wird. 16
Im früheren preußischen Kammerrecht war darüber hinaus für die Kammern die Möglichkeit gegeben, mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde zur gemeinsamen und ausschließlichen Erfüllung bestimmter Aufgaben einen Zweckverband zu bilden (§ 2 Abs. 4 der VO vom 1. 4. 1924 – GS 194; vgl. dazu 4. Aufl., S. 248). Das IHKG-Änderungsgesetz 1998 hatte mit § 1 Abs. 4a (nunmehr § 10) den Kammern wieder den Weg geöffnet, öffentlich-rechtliche Zusammenschlüsse zu bilden oder hoheitliche Aufgaben auf andere Kammern zu übertragen. Die Effizienz der Kammerarbeit kann durch eine solche Konzentration bei bestimmten hoheitlichen Aufgaben gesteigert werden. Ebenso kann die unterschiedliche Leistungskraft der Kammerbezirke auf diese Weise ausgeglichen werden. Insofern handelt es sich um eine Alternative zu einer Neugliederung der Kammerbezirke. Deshalb finden sich bereits im Gewerberecht und im Berufsbildungsgesetz Sondervorschriften, welche den IHKs durch öffentlich-rechtlichen Vertrag die Möglichkeit gemeinsamer Prüfungsausschüsse erlauben. Diese gesetzlichen Vorschriften sind bei hoheitlichen Aufgaben notwendig, während im schlicht verwaltenden Bereich eine privatrechtliche Form der Kammerzusammenarbeit seit langem üblich und auch zulässig ist (meist in der Rechtsform eines Vereins oder einer GmbH). Den vorstehend beschriebenen Notwendigkeiten entsprechend plant der Bundesgesetzgeber eine Erweiterung der derzeitigen Kooperationsklausel, die neben der Landesgrenzen überschreitenden Kooperation auch die Kooperation Zweckverbandsform vorsieht. • Besondere landesrechtliche Vorschriften
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Außer dem in § 12 Abs. 2 vorgesehenen Anhörungsrecht gibt es keine bundesrechtliche Vorschrift für ein Veränderungen des der466
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zeitigen Besitzstandes betreffendes Verfahren. Es ist den Ländern überlassen, darüber zu befinden, ob und inwieweit sie eine Veränderung der Bezirkseinteilung für erforderlich und zweckmäßig halten, um finanziell leistungsfähigere und damit unabhängigere oder in der Bezirksabgrenzung funktionsfähigere IHKs zu schaffen. Zumeist ist die Neuabgrenzung davon abhängig gemacht, dass sie zur besseren Durchführung der Kammeraufgaben „geboten“ (so NRW § 1, Bayern Art. 8, Hessen § 1) oder „zweckmäßig“ (Baden-Württemberg § 1) sei. In Rheinland-Pfalz, wo schon die Landesverfassung vom 18. 5. 1947 (Art. 69) angeordnet hatte, dass die Bezirke der Kammern grundsätzlich mit den Regierungsbezirken übereinstimmen sollten, sind in § 1 des IHKG die Bezirke der Kammern ausdrücklich aufgeführt; Änderungen sind fortgeschrieben worden. Dieser Grundsatz der Landesverfassung bleibt für die Landesregierung bei Abgrenzungsmaßnahmen maßgeblich, da der Bund in dieser Hinsicht im Bundesgesetz von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht und damit die Landesverfassung – anders als hinsichtlich des ebenfalls in Art. 69 Verf. Rh.-Pf. enthaltenen Grundsatzes der Mitbestimmung – durch das Bundesgesetz nicht präkludiert wird. Das Bundesgesetz hat auf derartige Vorschriften verzichtet, um die Organisationsgewalt der Länder in einem Bereich, in dem die Interessen von Land zu Land und von Bezirk zu Bezirk verschieden liegen, nicht einzuengen. Die Frage, ob eine Änderung „geboten“ oder „zweckmäßig“ sei, 18 kann kontrovers interpretiert werden. Die Rechtsprechung hat schon für die in den Bundesländern durchgeführte Gemeinde- und Kreisgebietsreform bestätigt, dass dem Staat bei der Neuabgrenzung ein weiter Ermessensrahmen zusteht. Dabei bietet Art. 28 GG (ähnlich entsprechenden Vorschriften der Landesverfassungen) nur eine institutionelle Garantie, nicht aber einen Bestandsschutz im Einzelnen. Nur in relativ wenigen Fällen, wo die Neuordnung sinnwidrig und damit ermessensmissbräuchlich war, sind Änderungen im Gemeindebereich als rechtswidrig aufgehoben worden. Auch für den Kammerbereich gelten diese Grundsätze, wobei zu bemerken ist, dass hier nicht einmal eine institutionelle Garantie verfassungsrechtlich gegeben ist. Die Rechtsprechung ist daher im Wesentlichen den für den kommunalen Bereich herausgestellten Prinzipien gefolgt.
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b) Zu Nr. 3 19
Nach Art. 83 GG führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheiten aus. Nach Art. 84 Abs. 1 GG regeln sie in diesem Rahmen grundsätzlich auch die Einrichtung der Behörden und Verwaltungsverfahren. Auch die Bestimmung der für die Genehmigungen nach dem Berufsbildungsgesetz zuständigen „obersten Landesbehörden“ ist Sache der Länder. Diese sind darin frei, ob sie für solche Genehmigungen die nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 bestimmte Aufsichtsbehörde, oder ein anderes Ressort als zuständig bestimmen. Entsprechendes gilt für die Behörde, welche nach § 11a Abs. 1 Satz 4 GewO mit der Aufsicht über die IHKs betreffend die Führung des Versicherungsvermittlerregisters beauftragt wird. c) Zu Nr. 4
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Während Nr. 3 lediglich die Festlegung der zuständigen Behörden betrifft, bietet Nr. 4 die Möglichkeit, die Aufsichtsmittel, die zur Durchführung der Staatsaufsicht gem. § 11 Absätze 1 und 2 erforderlich sind, landesrechtlich zu regeln. Danach könnten alle im Bereich der Verwaltung bekannten Aufsichtsmittel (Aufklärung, Berichtspflicht, Beanstandung, Entsendung eines Beauftragten, Zwangsetatisierung und Auflösung der Organe) einzeln eingeführt werden. Das ist (mit Ausnahme von Thüringen in § 2 AGIHKGThür.) nicht erfolgt. Soweit sich die Kammergesetzte der Länder in ihren AGIHKGs darauf beschränken, die Auflösung der Vollversammlung anzuführen (Nordrhein-Westfalen § 2 Abs. 2, Niedersachsen § 2 Abs. 2, Rheinland-Pfalz § 1 Abs. 2, Saarland § 2 Abs. 2; Texte: Anhang Nrn. 9–12), wird durch die Anführung des stärksten Aufsichtsmittels die Skala der verwaltungsmäßig schwächeren Mittel mitumfasst (so schon die Begründung des sog. Berlepsch’schen Entwurfs zum IHK-Gesetz vom 19. 8. 1897; vgl. Lusensky, a.a.O., 208). In anderen Landesgesetzen ist ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Auflösung der Vollversammlung als äußerstes Aufsichtsmittel nur dann anzuwenden ist, wenn andere Mittel nicht ausreichen (Baden-Württemberg § 2 Abs. 2, Bayern Art. 1 Abs. 2, Berlin § 1 Abs. 2, Hessen § 2 Abs. 2; Texte: Anhang Nrn. 1–3, 7). § 12 Abs. 1 Nr. 4 ermächtigt die Länder nicht dazu, die Fachaufsicht einzuführen.
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d) Zu Nr. 5 Da die IHKs nach § 3 Abs. 3 ihre Umlage auf der Grundlage der Gewerbeerträge bzw. der Gewinne aus einem Gewerbebetrieb erheben, ergibt sich zwingend, dass sie diese Bemessungsgrundlagen und Zerlegungsanteile von den Finanzämtern erhalten müssen. § 31 AO ermächtigt die Finanzbehörden, diese Daten an Körperschaften des öffentlichen Rechts, damit also auch an die IHKs, zum Zwecke der Festsetzung der Kammerbeiträge mitzuteilen. In den Ländern bestanden darüber Erlasse, die inzwischen durch eine umfangreiche und regelmäßig überarbeitete Rahmenvereinbarung der Finanzverwaltung mit Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammern ersetzt worden sind. Rechtsverordnungen waren dazu nicht erforderlich. Auch die Landeskammergesetze sehen von einer ausdrücklichen Regelung ab, weil als Rechtsgrundlage § 31 AO ausreicht.
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§ 9 Abs. 2 hat jedoch im Rahmen des Datenschutzes ausdrücklich auch das korrespondierende Recht der IHKs und ihrer Rechenzentren festgelegt, von den Finanzbehörden die für die Beitragsveranlagung notwendigen Daten anzufordern. Die Vorschrift wurde durch Art. 7 Nr. 5 des Gesetzes vom 7. 9. 2007 (BGBl. I, 2246) dahingehend konkretisiert, dass nunmehr auch die zur Feststellung der Kammerzugehörigkeit erforderlichen Angaben über die Gewerbesteuerveranlagung bei den Finanzbehörden abgerufen werden können.
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e) Zu Nr. 6 § 3 Abs. 8 Satz 1 enthält nur eine Verweisung auf die materiellen und verfahrensrechtlichen Normen des Gemeindeabgaberechts, belässt den IHKs aber ihre Zuständigkeit bei der Erhebung, Einziehung und Beitreibung der Kammerbeiträge. Deshalb bedarf es einer landesrechtlichen Vorschrift, um die Gemeinden zu verpflichten, die Einziehung und Beitreibung von Kammerbeiträgen zu übernehmen. Die Landesausführungsgesetze haben in Verfolg dieses Landesvorbehalts davon teilweise Gebrauch gemacht und jeweils auch die Kostenfrage mitgeregelt. Dabei zeigen sich erhebliche Unterschiede. In Nordrhein-Westfalen und Hessen sind die Gemeinden und Gemeindeverbände verpflichtet, die Beiträge gegen eine Pauschalvergütung von 5 % der zu erhebenden Beiträge einzuziehen und beizutreiben. In Niedersachsen, im Saarland soMöllering 469
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wie in Hamburg sind die Gemeinden ebenfalls dazu verpflichtet, wobei statt einer Pauschalvergütung die Erstattung der Kosten vorgesehen ist. Auch ohne eine gesetzliche Regelung im Landeskammergesetz ergibt sich jedoch für die meisten Kammern die Möglichkeit, die Vollstreckung von Beitrags- und Gebührenbescheiden über die Gemeinden im Wege der Amtshilfe zu erwirken. In Bayern und Baden-Württemberg ist dabei den Gemeinden alternativ auch die Möglichkeit eröffnet, Rückstandsverzeichnisse (auch der IHKs) durch den Gerichtsvollzieher im zivilrechtlichen Vollstreckungsverfahren zu verwirklichen. In diesen beiden Ländern können aber auch die IHKs selbst den Gerichtsvollzieher beauftragen. 24
Sofern die Gemeinden zur Einziehung und Beitreibung verpflichtet sind, steht es der IHK frei, sich zu entscheiden, in welchen Fällen sie Einziehungs- oder Beitreibungsaufträge erteilen will. Sie ist nicht verpflichtet, die gesamte Einziehung oder auch nur die gesamte Beitreibung durch die Gemeinden vornehmen zu lassen. f) Zu Nr. 7
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Den Ländern ist vorbehalten, Grundsätze über die Prüfung der Jahresabschlüsse der IHKs aufzustellen. Mit Wirkung zum 1. 1. 2008 finden auf die Rechnungslegung der IHKs die Grundsätze der doppelten Buchführung Anwendung, die im Handelsgesetzbuch geregelt sind. Der Hinweis auf die Regelungsbefugnis der Länder in Bezug auf die Rechnungslegung wurde daher gestrichen. Die Regelungsbefugnis in Bezug auf die Prüfung der Jahresabschlüsse bleibt erhalten.
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Für die Prüfung der Jahresabschlüsse der IHKs ist in fast allen Ländern (Ausnahme Niedersachsen) ausschließlich die Rechnungsprüfungsstelle des DIHK zuständig (vgl. zur Entwicklung der Rechnungsprüfung im Kammerwesen 2. Aufl., 247; Bremer, 239; Dascher/Kauczor, Das Prüfungswesen der Industrie- und Handelskammern, Bielefeld 1986). Die Rechtslage unterscheidet sich damit grundsätzlich von der bei den Handwerkskammern (vgl. BVerwG E 99, 185; GewArch 1995, 377; VGH München GewArch 1992, 388; Eyermann, GewArch 1992, 209/216; 1994, 441; Kopp, WiVerw 1994, 20; Knöpfle, Die Zuständigkeit der Rechnungshöfe für die Prüfung der Körperschaften öffentlichen Rechts, 1988; Rie470
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ger, Jahrbuch des Kammer- und Berufsrechts, 2005, 112; Stober, Zur Rechnungsprüfung von Kammern, 1989). Die meisten Landesausführungsgesetze (mit Ausnahme von Bre- 27 men, Hamburg, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz) legen fest, dass die Aufsichtsbehörde die für die „Rechnungsprüfung“ der IHKs zuständige Stelle bestimmt. In den neuen Bundesländern findet sich die Bestimmung der Rechnungsprüfungsstelle sogar in einem Landesausführungsgesetz (vgl. § 4 Abs. 2 AGIHKG-MV), sonst in einer Durchführungsverordnung. Die Länder (mit Ausnahme von Bremen) haben die vom DIHK errichtete Rechnungsprüfungsstelle in Bielefeld mit dieser Aufgabe betraut, also auch Hamburg, Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz. In NordrheinWestfalen und den neuen Bundesländern ist dies durch Gesetz oder Rechtsverordnung erfolgt, in den anderen Ländern durch Erlasse. Darin liegt die in § 48 HGRG vorgesehene und in § 111 der Landeshaushaltsordnungen aufrechterhaltene Ausnahme von der sonst gegebenen Prüfungszuständigkeit des Landesrechnungshofs. Die Ausnahme der IHKs von der Prüfungszuständigkeit des Landesrechnungshofs ergibt sich landesrechtlich unterschiedlich, entweder aus § 111 Abs. 1 LHO (durch Rechtsvorschrift), aus § 111 Abs. 2 Satz 1 LHO (neu erteilte Ausnahmen) oder aus § 111 Abs. 2 Satz 2 LHO (aufrechterhaltene alte Ausnahmen); für die Ausnahmen nach § 111 Abs. 2 Satz 1 wie 2 LHO reicht ein Organisationserlass aus. Dabei zeigt die Entstehungsgeschichte und -zeit, dass die Landeskammergesetze ausschließlich die Rechnungsprüfung im Sinne des heutigen § 111 LHO meinen, nicht etwa die Eigenprüfung des § 109 Abs. 2 LHO; diese Eigenprüfung findet durch die ehrenamtlichen Rechnungsprüfer der Vollversammlung statt und ist in der Kammersatzung vorgesehen (vgl. zur Terminologie Reger, Bemerkungen zur Finanzkontrolle, VerwArch 1975, 195 und 319; Karehnke, DÖH 1974, 27; a.M. Stackmann, DVBl. 1996, 414). Die Länder haben deshalb durchweg ihre Organisationserlasse, mit denen sie die Rechnungsprüfungsstelle beauftragten, nach Erlass der neuen LHO bestätigt; in den Ausführungsgesetzen der neuen Bundesländer (mit Ausnahme von Thüringen) ist die Freistellung von einer Prüfung durch den Landesrechnungshof sogar ausdrücklich festgehalten. In Bayern hat der VGH München die Freistellung der IHKs von der Prüfung durch den Landesrechnungshof bestätigt (GewArch 2008, 72 n. rkr. – Az. des BVerwG 6 C 2/08).
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Damit ist die Rechnungsprüfung bei den IHKs einem eigenen Organ der Kammerorganisation anvertraut, dessen Rechtsstellung der eines Rechnungshofs angeglichen ist. Die Rechnungsprüfungsstelle ist zwar juristisch ein unselbständiger Teil des DIHK, wobei ihr jedoch ein Sonderstatut völlige Unabhängigkeit garantiert. Diese Unabhängigkeit besteht zunächst einmal darin, dass die Rechnungsprüfungsstelle keinerlei Weisungen des DIHK, der Kammervereinigungen und der Kammern unterworfen und lediglich an das Sonderstatut und die Prüfungsrichtlinien gebunden ist. Neben diese sachliche Unabhängigkeit tritt die persönliche Unabhängigkeit des Prüfungspersonals, dessen Einstellung und Kündigung dem durch das Sonderstatut eingesetzten Aufsichtsrat für die Rechnungsprüfungsstelle obliegt und an zusätzliche Voraussetzungen geknüpft ist. Schließlich hat die Rechnungsprüfungsstelle einen eigenen Sonderhaushalt, der unmittelbar von ihren Organen der Vollversammlung des DIHK zur Beschlussfassung vorgelegt wird. Damit ist für die Rechnungsprüfungsstelle sachlich, personell und finanziell ein ähnlicher Status wie für Rechnungshöfe gesichert.
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Die Rechnungsprüfungsstelle ist aber auch gegenüber den Aufsichtsbehörden unabhängig und kann nicht etwa als weisungsgebundenes Hilfsorgan bei der Wahrnehmung der Staatsaufsicht verstanden werden. Der Einfluss der Aufsichtsbehörden beschränkt sich vielmehr auf den Erlass von Prüfungsrichtlinien, die gemäß § 6 Abs. 3 des Sonderstatuts an die Stelle der von der Vollversammlung des DIHK zunächst erlassenen Prüfungsrichtlinien getreten sind oder sie modifizieren. Diese Abänderungen betreffen nach dem Vorbild der nordrhein-westfälischen Prüfungsrichtlinien vor allem eine Prüfung der Ausgaben daraufhin, dass sie aus Ansätzen des Wirtschaftsplans erfolgt sind, die „in Wahrung der Kammeraufgaben“ liegen; im Übrigen sind die von der Vollversammlung beschlossenen Ansätze des Wirtschaftsplans der Kritik der Rechnungsprüfungsstelle und auch der Aufsichtsbehörde entzogen.
30
Die Rechnungsprüfungsstelle ist seit Februar 2008 freiwilliges Mitglied der Wirtschaftsprüferkammer. Die Rechtsgrundlage dafür ist § 59 Abs. 2 WPO, der die Möglichkeit einer solchen freiwilligen Mitgliedschaft für überörtliche Prüfungseinrichtungen öffentlich-rechtlicher Körperschaften ermöglicht. Dementsprechend dürfen bei ihr auch Wirtschaftsprüfer tätig sein (§ 43a 472
Möllering
Ergänzungsfähiger Bereich
§ 12
Abs. 1 WPO). Die Rechnungsprüfungsstelle hat sich in ihrem Sonderstatut zur Beachtung der berufsrechtlichen Vorschriften und zur Teilnahme an der Qualitätskontrolle verpflichtet. Die Prüfungsberichte der Rechnungsprüfungsstelle sind die Grund- 31 lage für die ehrenamtlichen Rechnungsprüfer der Vollversammlung wie für die Aufsichtsbehörden. Sie sind deshalb gemäß § 9 Sonderstatut zeitgleich in je einer Ausfertigung an den Präsidenten und den Hauptgeschäftsführer und in einer weiteren Ausfertigung an die Aufsichtsbehörde zu senden. Die Aufsichtsbehörde kann jedoch nur eingreifen, soweit sie aufgrund der ermittelten Tatsachen einen Rechtsverstoß oder einen Ermessensmissbrauch der IHK bei der Wirtschaftsführung feststellt. Der Gestaltungsspielraum der Vollversammlung bleibt deshalb von der Prüfung unberührt; in diesem Bereich kann es weder von der Rechnungsprüfungsstelle noch der Aufsichtsbehörde Beanstandungen geben (so selbst für die Prüfung der Handwerkskammern durch die Rechnungshöfe Knöpfle, Zuständigkeit der Rechnungshöfe, Thesen E 4 und F 2; Stober/Kluth, Rechnungsprüfung in Kammern). Im Übrigen ist es Aufgabe der ehrenamtlichen Rechnungsprüfer, Zweckmäßigkeitsfragen in ihrem Prüfungsbericht an die Vollversammlung aufzugreifen und damit zur Entscheidung zu bringen; diese ehrenamtliche Rechnungsprüfung ist die Grundlage der Entlastung durch die Vollversammlung. Ähnlich wie im Gemeinderecht könnte man deshalb bei den IHKs zwischen der Aufsichtsprüfung und der Eigenprüfung (vgl. auch § 109 Nr. 2 LHO) unterscheiden, die verschiedene Zwecke verfolgen und beide den Prüfungsbericht der Rechnungsprüfungsstelle zum Ausgang haben. Wenn die IHK in ihrer Satzung regelt, dass der Bericht der Rechnungsprüfungsstelle nur den ehrenamtlichen Rechnungsprüfern zugänglich zu machen ist, dann haben die anderen Vollversammlungsmitglieder kein Einsichtsrecht (BVerwG GewArch 2004, 331 gegen OVG Münster vom 12. 6. 2003 – 8 A 4282/02). g) Zu Nr. 8 Vielfach bestehen in den Ländern Vorschriften über die Führung 32 des großen, kleinen oder abgewandelten Dienstsiegels durch öffentlich-rechtliche Körperschaften. In diesen Fällen bedarf es neuer landesrechtlicher Normen für die IHKs nicht. Soweit eine Regelung noch notwendig ist oder abweichend erfolgen soll, bietet § 12 Möllering 473
§ 12
Landesrechtliche Ergänzungsvorschriften
Abs. 1 Nr. 8 hierfür die Möglichkeit (vgl. z.B. Bayern Art. 5; Berlin § 6 Abs. 2; Bremen § 5 Abs. 1; NRW VO vom 16. 5. 1956 – GVBl. 144, wo in § 5 Abs. 3 den Kammern die Berechtigung zum kleinen Landessiegel anvertraut wird; Texte: Anhang Nrn. 1, 3 und 5). h) Zu Nr. 9 33
Die Vorschrift ist zwar durch das Berufsbildungsgesetz nicht ausdrücklich aufgehoben; sie ist aber, soweit sie sich ausdrücklich auf die Berufung der Mitglieder für den gem. § 8 IHKG zu bildenden Ausschuss bezieht, obsolet geworden. Da § 77 BBiG unmittelbar festlegt, dass die Mitglieder des Berufsbildungsausschusses von der nach Landesrecht zuständigen Behörde „berufen“ werden, bedarf es keiner besonderen bundesrechtlichen Norm mehr, welche die Länder zum Erlass ergänzender Vorschriften über die Zuständigkeit ermächtigt. Die Zuständigkeitsregelung ist vielmehr bereits gem. § 77 BBiG Landessache. Fraglich sein könnte, ob § 12 Abs. 1 Nr. 9 auch weiterhin Bedeutung hat hinsichtlich des Verfahrens für die Bestellung von Ausschussmitgliedern. Das ist nicht anzunehmen, da sich das § 12 Abs. 1 Nr. 9 auch insoweit ausdrücklich auf § 8 Abs. 2 Satz 2 bezieht und diese Vorschrift hinfällig geworden ist. Die Länder sind also in der Gestaltung des Verfahrens für die Berufung der Mitglieder des neuen Ausschusses frei. Hinfällig geworden sind insofern auch die sich auf § 12 Abs. 1 Nr. 9 beziehenden Normen der Landes-Ausführungsgesetze (z.B. NRW § 5; Baden-Württemberg § 7; Bayern Art. 7). Soweit Arbeitnehmerkammern bestehen, könnte diesen die Bestellung der Arbeitnehmervertreter übertragen werden. Von dieser Möglichkeit wird nirgends Gebrauch gemacht.
34
Erforderlich sind landesrechtliche Vorschriften (oder Ermächtigungsnormen) darüber, welche Stelle die vorschlagsberechtigten Organisationen im Einzelfall festlegt, wie die zur Verfügung stehenden Ausschusssitze auf diese Organisationen verteilt werden und wie das Vorschlagsverfahren gestaltet wird. Es ist dabei den Ländern überlassen zu bestimmen, ob eine mehrfache Anzahl der in Frage stehenden Mitglieder vorgeschlagen werden muss, wie Vertreter oder Ersatzleute – falls die Satzung der IHK für die Ausschüsse der IHK solche vorsieht – zu benennen sind und wie Widerruf oder Zurücknahme der Bestellung erfolgen (s. im Einzelnen die Landesvorschriften, z.B. Niedersachsen § 5 Abs. 2 und 3; NRW 474
Möllering
Übergangsvorschriften
§ 13a
§ 5 Abs. 2; Hessen § 5 Abs. 2; Bayern Art. 6 Abs. 2 und 3; Texte: Anhang Nrn. 9, 10, 7, 2).
13
Die Handelskammern Bremen und Hamburg sind berechtigt, ihre bisherige Bezeichnung weiterzuführen.
Die Kammern in Bremen und Hamburg führen nach alter Tradition die Bezeichnung „Handelskammer“. Sie sollen diese besondere Überlieferung in ihrer Bezeichnung beibehalten können, wenn sie es wünschen. Sie haben diesen Wunsch durch Festlegung ihrer Bezeichnung in der Satzung zum Ausdruck gebracht.
1
13a
(1) Kammerzugehörige, die am 31. Dezember 1993 nach § 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 3 Satz 2 in der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung einer Industrie- und Handelskammer angehörten, können nach Maßgabe dieser Vorschriften weiterhin der Industrie- und Handelskammer angehören. (2) Wenn das der Beitragserhebung zugrundeliegende Bemessungsjahr vor dem 1. Januar 1994 liegt, werden die Beiträge auf der Grundlage der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung dieses Gesetzes erhoben. (3) Die Beitragsbefreiung in § 3 Abs. 3 Satz 4 ist nur auf Kammerzugehörige anzuwenden, deren Gewerbeanzeige nach dem 31. Dezember 2003 erfolgt. Es handelt sich um Übergangsvorschriften der IHKG-Novelle 1992, die inzwischen weitgehend obsolet geworden sind. Abs. 1 bezieht sich auf die frühere Sonderstellung der Handwerkerkaufleute, für welche die Handwerkskammer früher einen Beitrag an die Industrie- und Handelskammer zahlte und die der Industrie- und Handelskammer freiwillig beitreten konnten. Sie bleiben beitragsfreie IHK-Mitglieder, obwohl sie ausschließlich ein Handwerk betreiben. Für alle Handwerkerkaufleute, die Mischbetriebe mit einem nichthandwerklichen Betriebsteil sind, Möllering 475
1
Übergangsvorschriften
§ 13a
§ 5 Abs. 2; Hessen § 5 Abs. 2; Bayern Art. 6 Abs. 2 und 3; Texte: Anhang Nrn. 9, 10, 7, 2).
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Die Handelskammern Bremen und Hamburg sind berechtigt, ihre bisherige Bezeichnung weiterzuführen.
Die Kammern in Bremen und Hamburg führen nach alter Tradition die Bezeichnung „Handelskammer“. Sie sollen diese besondere Überlieferung in ihrer Bezeichnung beibehalten können, wenn sie es wünschen. Sie haben diesen Wunsch durch Festlegung ihrer Bezeichnung in der Satzung zum Ausdruck gebracht.
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13a
(1) Kammerzugehörige, die am 31. Dezember 1993 nach § 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 3 Satz 2 in der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung einer Industrie- und Handelskammer angehörten, können nach Maßgabe dieser Vorschriften weiterhin der Industrie- und Handelskammer angehören. (2) Wenn das der Beitragserhebung zugrundeliegende Bemessungsjahr vor dem 1. Januar 1994 liegt, werden die Beiträge auf der Grundlage der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung dieses Gesetzes erhoben. (3) Die Beitragsbefreiung in § 3 Abs. 3 Satz 4 ist nur auf Kammerzugehörige anzuwenden, deren Gewerbeanzeige nach dem 31. Dezember 2003 erfolgt. Es handelt sich um Übergangsvorschriften der IHKG-Novelle 1992, die inzwischen weitgehend obsolet geworden sind. Abs. 1 bezieht sich auf die frühere Sonderstellung der Handwerkerkaufleute, für welche die Handwerkskammer früher einen Beitrag an die Industrie- und Handelskammer zahlte und die der Industrie- und Handelskammer freiwillig beitreten konnten. Sie bleiben beitragsfreie IHK-Mitglieder, obwohl sie ausschließlich ein Handwerk betreiben. Für alle Handwerkerkaufleute, die Mischbetriebe mit einem nichthandwerklichen Betriebsteil sind, Möllering 475
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Übergangsvorschriften
§ 13a
§ 5 Abs. 2; Hessen § 5 Abs. 2; Bayern Art. 6 Abs. 2 und 3; Texte: Anhang Nrn. 9, 10, 7, 2).
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Die Handelskammern Bremen und Hamburg sind berechtigt, ihre bisherige Bezeichnung weiterzuführen.
Die Kammern in Bremen und Hamburg führen nach alter Tradition die Bezeichnung „Handelskammer“. Sie sollen diese besondere Überlieferung in ihrer Bezeichnung beibehalten können, wenn sie es wünschen. Sie haben diesen Wunsch durch Festlegung ihrer Bezeichnung in der Satzung zum Ausdruck gebracht.
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13a
(1) Kammerzugehörige, die am 31. Dezember 1993 nach § 2 Abs. 3 und § 3 Abs. 3 Satz 2 in der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung einer Industrie- und Handelskammer angehörten, können nach Maßgabe dieser Vorschriften weiterhin der Industrie- und Handelskammer angehören. (2) Wenn das der Beitragserhebung zugrundeliegende Bemessungsjahr vor dem 1. Januar 1994 liegt, werden die Beiträge auf der Grundlage der am 31. Dezember 1993 geltenden Fassung dieses Gesetzes erhoben. (3) Die Beitragsbefreiung in § 3 Abs. 3 Satz 4 ist nur auf Kammerzugehörige anzuwenden, deren Gewerbeanzeige nach dem 31. Dezember 2003 erfolgt. Es handelt sich um Übergangsvorschriften der IHKG-Novelle 1992, die inzwischen weitgehend obsolet geworden sind. Abs. 1 bezieht sich auf die frühere Sonderstellung der Handwerkerkaufleute, für welche die Handwerkskammer früher einen Beitrag an die Industrie- und Handelskammer zahlte und die der Industrie- und Handelskammer freiwillig beitreten konnten. Sie bleiben beitragsfreie IHK-Mitglieder, obwohl sie ausschließlich ein Handwerk betreiben. Für alle Handwerkerkaufleute, die Mischbetriebe mit einem nichthandwerklichen Betriebsteil sind, Möllering 475
1
§ 14
Übergangsvorschriften
gilt dagegen § 2 Abs. 3 n.F., wonach allein ein nichthandwerklicher Betriebsteil die IHK-Zugehörigkeit begründet. Da die meisten Handwerkerkaufleute Mischbetriebe sind, ist die Vorschrift heute praktisch bedeutungslos. Es gibt kaum Handwerkerkaufleute, die ausschließlich ein Handwerk betreiben und seinerzeit freiwillig der IHK beigetreten sind. 2
Abs. 2 regelt die Einführung des neuen Beitragsrechts ab 1. 1. 1994 für den Fall, dass die Kammer in ihrer Haushaltssatzung für die Umlage einen zurückliegenden Bemessungszeitraum festgesetzt hatte. Dann galt auch das bisherige Recht für die Beitragserhebung, wonach es bei der Umlage allein auf den Gewerbesteuermessbetrag ankam. Eine rückwirkende Ermittlung von Gewerbeerträgen oder Gewinnen aus Gewerbebetrieb sollte vermieden werden. Genauso wenig sollte ein Zwang ausgeübt werden, dass die Kammern am 1. 1. 1994 überall zur „Gegenwartsveranlagung“ übergehen. Durch Zeitablauf ist diese Übergangsvorschrift inzwischen obsolet geworden.
3
Von Interesse bleibt Abs. 2 allein dadurch, dass darin die früher umstrittene, von den Verwaltungsgerichten jedoch anerkannte Zurückverlegung des Bemessungszeitraumes für die Umlage gesetzlich anerkannt wird.
14
Bis zum 31. Dezember 1997 können die Beiträge der Kammerzugehörigen von den Industrie- und Handelskammern in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet im Anschluss an die in Anlage I Kapitel V Sachgebiet B Abschnitt III Nr. 4 des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 in Verbindung mit Artikel 1 des Gesetzes vom 23. September 1990 (BGBl. 1990 II S. 885, 1000) angegebene Frist abweichend von § 3 Abs. 3 und 4 festgesetzt werden. Die Beitragsordnung und der Beitragsmaßstab bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. 1
Auch diese Übergangsvorschrift für die IHKs in den neuen Bundesländern ist inzwischen durch Zeitablauf obsolet geworden. Sie hatten die Möglichkeit, in einer Übergangszeit bis zum 31. 12. 1997 ihre Beiträge nach anderen Maßstäben als nach § 3 Abs. 3 und 4 a.F. festzusetzen, da Gewerbesteuermessbeträge noch 476
Möllering
Inkrafttreten
§ 15
nicht zur Verfügung standen. In der Regel haben sie den Umsatz als Kriterium für die Umlage gewählt, gelegentlich aber auch die Arbeitnehmerzahlen (vgl. im Übrigen 5. Aufl. § 3 Rz. 7–33). Ab 1. 1. 1998 erheben sie ihre Beiträge nach dem gleichen Recht wie die IHKs in den alten Bundesländern.
15
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Das Bundesgesetz ist mit Datum vom 18. 12. 1956 im Bundesgesetzblatt Nr. 52 vom 21. 12. 1956 verkündet worden, also am 22. 12. 1956 in Kraft getreten.
1
Auch in Berlin ist das Gesetz mit dem 22. 12. 1956 in Kraft getreten, wie sich aus der Berlin-Klausel in § 14 a.F. ergab. Die Umbildung der Berliner IHK ist mit dem 1. 1. 1958 erfolgt.
2
Im Saarland ist das Bundesgesetz zum 1. 1. 1960 in Kraft getreten, wie sich aus § 3 Ziff. III, 12 des Gesetzes zur Einführung von Bundesrecht im Saarland vom 30. 6. 1959 (BGBl. I, 313) ergibt. Das bis zu diesem Zeitpunkt für die dortige IHK geltende saarländische Gesetz Nr. 531 vom 9. 7. 1956 (ABl. 1040) nebst Wahlordnung vom 31. 7. 1956 (ABl. 1071) stimmte mit dem Bundesgesetz sachlich nicht völlig überein, so dass es mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes auf dieses abgestellt werden musste. Das ist durch das Gesetz Nr. 707 über die Industrie- und Handelskammern des Saarlandes vom 29. 3. 1960 (ABl. 261) geschehen. Das alte saarländische Kammergesetz trat mit Wirkung vom 1. 5. 1960 außer Kraft.
3
In den neuen Bundesländern ist das Bundesgesetz aufgrund des Einigungsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 31. 8. 1990 und der Vereinbarungen vom 18. 9. 1990 und vom 23. 9. 1990 (BGBl. II, 885/1000) am 3. 10. 1990 in Kraft getreten (vgl. dazu 5. Aufl. S. 3–5, S. 19/20, S. 195–199).
4
Die IHK-Novelle vom 23. 7. 1998 (BGBl. I, 1887) ist nach ihrem Art. 2 am 1. 1. 1999 in Kraft getreten. Eine Berichtigung vom
5
Möllering 477
Inkrafttreten
§ 15
nicht zur Verfügung standen. In der Regel haben sie den Umsatz als Kriterium für die Umlage gewählt, gelegentlich aber auch die Arbeitnehmerzahlen (vgl. im Übrigen 5. Aufl. § 3 Rz. 7–33). Ab 1. 1. 1998 erheben sie ihre Beiträge nach dem gleichen Recht wie die IHKs in den alten Bundesländern.
15
Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
Das Bundesgesetz ist mit Datum vom 18. 12. 1956 im Bundesgesetzblatt Nr. 52 vom 21. 12. 1956 verkündet worden, also am 22. 12. 1956 in Kraft getreten.
1
Auch in Berlin ist das Gesetz mit dem 22. 12. 1956 in Kraft getreten, wie sich aus der Berlin-Klausel in § 14 a.F. ergab. Die Umbildung der Berliner IHK ist mit dem 1. 1. 1958 erfolgt.
2
Im Saarland ist das Bundesgesetz zum 1. 1. 1960 in Kraft getreten, wie sich aus § 3 Ziff. III, 12 des Gesetzes zur Einführung von Bundesrecht im Saarland vom 30. 6. 1959 (BGBl. I, 313) ergibt. Das bis zu diesem Zeitpunkt für die dortige IHK geltende saarländische Gesetz Nr. 531 vom 9. 7. 1956 (ABl. 1040) nebst Wahlordnung vom 31. 7. 1956 (ABl. 1071) stimmte mit dem Bundesgesetz sachlich nicht völlig überein, so dass es mit Inkrafttreten des Bundesgesetzes auf dieses abgestellt werden musste. Das ist durch das Gesetz Nr. 707 über die Industrie- und Handelskammern des Saarlandes vom 29. 3. 1960 (ABl. 261) geschehen. Das alte saarländische Kammergesetz trat mit Wirkung vom 1. 5. 1960 außer Kraft.
3
In den neuen Bundesländern ist das Bundesgesetz aufgrund des Einigungsvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 31. 8. 1990 und der Vereinbarungen vom 18. 9. 1990 und vom 23. 9. 1990 (BGBl. II, 885/1000) am 3. 10. 1990 in Kraft getreten (vgl. dazu 5. Aufl. S. 3–5, S. 19/20, S. 195–199).
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Die IHK-Novelle vom 23. 7. 1998 (BGBl. I, 1887) ist nach ihrem Art. 2 am 1. 1. 1999 in Kraft getreten. Eine Berichtigung vom
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Möllering 477
§ 15
Inkrafttreten
1. 10. 1998 (BGBl. I, 3158) hat geklärt, dass die Beitragsregelung von diesem Zeitpunkt ab gilt. Lediglich die Streichung des Wortes „einheitlicher“ (Gewerbesteuermessbetrag) in § 3 Abs. 3 Satz 3 a.F. (jetzt § 3 Abs. 3 Satz 5 n.F.) ist rückwirkend zum 1. 1. 1998 angeordnet worden, weil seitdem keine Gewerbekapitalsteuer mehr erhoben wird und sich der Gewerbesteuermessbetrag nur noch aus dem Gewerbeertrag errechnet.
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Möllering
Anhang: Landesrechtliche Vorschriften
1. Baden-Württemberg Gesetz über die Industrie- und Handelskammern in BadenWürttemberg vom 27. Januar 1958 Der Landtag hat zur Ergänzung und Ausführung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) am 22. Januar 1958 das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird: §1 (1) Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Industrie- und Handelskammern zu errichten oder aufzulösen oder ihre Bezirke zu ändern, wenn es im Interesse einer wirtschaftlichen Finanzgebarung oder zur besseren Durchführung der in § 1 des Bundesgesetzes genannten Aufgaben zweckmäßig erscheint. (2) Werden Bezirke der Industrie- und Handelskammern geändert, so muss eine Vermögensauseinandersetzung erfolgen; können sich die beteiligten Kammern hierüber nicht einigen, so entscheidet das Wirtschaftsministerium. §2 (1) Die Aufsicht über die Industrie- und Handelskammern (§ 11 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes) führt das Wirtschaftsministerium (Aufsichtsbehörde). (2) Die Aufsichtsbehörde kann, falls andere Aufsichtsmittel nicht ausreichen, die Vollversammlung auflösen; wenn sich die Industrie- und Handelskammer trotz zweimaliger Aufforderung bei Ausübung ihrer Tätigkeit nicht im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften hält. Innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Auflösung ist eine Neuwahl vorzunehmen. Das bisherige Präsidium führt seine Geschäfte bis zum Amtsantritt eines neuen Präsidiums weiter und bereitet die Neuwahl der Vollversammlung vor; die Aufsichtsbehörde kann jedoch
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Anhang 1
Landesrechtliche Vorschriften
einen Beauftragten einsetzen, der die Befugnisse der Vollversammlung, des Präsidiums oder beider Organe ausübt. §3 Die Industrie- und Handelskammern erheben die Beiträge, Sonderbeiträge und Gebühren selbst. §4 (1) Für die Rechnungslegung der Industrie- und Handelskammern sind die Vorschriften der Reichshaushaltsordnung sinngemäß anzuwenden. (2) Die Aufsichtsbehörde bestimmt, welche Stelle die Jahresrechnung prüft. §5 Die Industrie- und Handelskammern sind berechtigt, Beamte zu ernennen. §6 (1) Zuständig für die Bestellung der in die Ausschüsse für Berufsausbildung (§ 8 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes) zu entsendenden Arbeitnehmervertreter sowie für deren Abberufung ist das Wirtschaftsministerium. (2) Die Arbeitnehmervertreter sind aus Vorschlagslisten zu berufen, die von den im Bezirk der Industrie- und Handelskammer bestehenden Gewerkschaften und selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung beim Wirtschaftsministerium eingereicht werden. Die Ausschusssitze sind in angemessenem Verhältnis unter billiger Berücksichtigung der Minderheiten zu verteilen. Für die Bestellung ist die Reihenfolge in jeder Vorschlagsliste maßgebend. §7 Die Industrie- und Handelskammern sind berechtigt, im Rahmen des § 36 der Gewerbeordnung sowie der hierzu ergangenen Vorschriften Sachverständige zu bestellen und zu vereidigen. 480
Anhang 2
Bayern
§8 Das Wirtschaftsministerium wird ermächtigt, für Kammerzugehörige, deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 3 Abs. 4 Satz 1 des Bundesgesetzes), durch Rechtsverordnung Höchstbeiträge festzusetzen. Hierbei ist auf die steuerliche Leistungsfähigkeit der übrigen Kammerzugehörigen Rücksicht zunehmen. §9 (1) Das Wirtschaftsministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem fachlich zuständigen Ministerium durch Rechtsverordnung den Industrie- und Handelskammern nach deren Anhörung Aufgaben zu übertragen, die im Zusammenhang mit ihren übrigen Aufgaben stehen. Die Übertragung kann auch auf einzelne Industrie- und Handelskammern für die Bezirke der anderen Industrie- und Handelskammern erfolgen. (2) Das Wirtschaftsministerium erlässt die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften. § 10 (1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. (2) (Änderungsanweisungen)
2. Bayern Gesetz zur Ergänzung und Ausführung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (AGIHKG) Art. 1 (1) Zuständig für die Aufsicht über die Industrie- und Handelskammern (§ 11 Abs. 1 und 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern 1) vom 18. Dezember 1956, BGBl. I S. 920) ist das Staatsministerium für 481
Anhang 2
Landesrechtliche Vorschriften
Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie (Aufsichtsbehörde). (2) Die Aufsichtsbehörde kann nach fruchtloser Anwendung anderer Aufsichtsmittel die Vollversammlung auflösen, wenn sich die Industrie- und Handelskammer bei Ausübung ihrer Tätigkeit nicht im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften hält. Innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Auflösung ist eine Neuwahl vorzunehmen. Das bisherige Präsidium führt seine Geschäfte bis zum Amtsantritt eines neuen Präsidiums weiter und bereitet die Neuwahl der Vollversammlung vor; die Aufsichtsbehörde kann jedoch einen Beauftragten einsetzen, der die Befugnisse der Vollversammlung, des Präsidiums oder beider Organe ausübt. Art. 2 (aufgehoben) Art. 3 (1) Für die Rechnungslegung der Industrie- und Handelskammern sind die Vorschriften der Bayerischen Haushaltsordnung sinngemäß anzuwenden. Zur Durchführung der Rechnungslegung geben sich die Industrie- und Handelskammern Richtlinien für die Prüfung der Jahresrechnung. Diese bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. (2) Die Aufsichtsbehörde bestimmt, welche Stelle die Jahresrechnung prüft. Art. 4 Die Industrie- und Handelskammer ist berechtigt, Beamte zu ernennen. Art. 5 Die Industrie- und Handelskammer ist befugt, ein Dienstsiegel mit dem kleinen Staatswappen zu führen.
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Anhang 2
Bayern
Art. 6 (1) Zuständig für die Berufung der Beauftragten der Arbeitnehmer im Berufsbildungsausschuss (§ 77 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes – BBiG) ist die Aufsichtsbehörde. (2) Die Beauftragten der Arbeitnehmer sind aus Listen zu berufen, die von den vorschlagsberechtigten Organisationen (§ 77 Abs. 2 BBiG) bei der Aufsichtsbehörde eingereicht werden. Liegen mehrere Vorschlagslisten vor, so sind die Sitze unter billiger Berücksichtigung der Minderheiten auf die vorschlagsberechtigten Organisationen anteilmäßig zu verteilen. Die Bestellung ist in der Reihenfolge jeder Vorschlagsliste vorzunehmen. (3) Entfällt bei einem Ausschussmitglied eine Voraussetzung für seine Bestellung oder stellt sich nachträglich heraus, dass sie nicht vorgelegen hat, so ist es als Mitglied abzuberufen. Art. 7 (1) Die Industrie- und Handelskammern haben die Aufgabe, natürliche Personen als Sachverständige nach § 36 der Gewerbeordnung und den hierzu ergangenen Vorschriften öffentlich zu bestellen und zu vereidigen. (2) Die Industrie- und Handelskammern sind ermächtigt, für Sachverständige nach Abs. 1 durch Satzung die in § 36 Abs. 3 der Gewerbeordnung genannten Vorschriften zu erlassen, soweit nicht die Staatsregierung von der Ermächtigung nach § 36 Abs. 3 der Gewerbeordnung Gebrauch gemacht hat. Art. 8 Die Staatsregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Industrie- und Handelskammern zu errichten, aufzulösen oder ihre Bezirke zu ändern, wenn dies zur besseren Durchführung der in § 1 des Bundesgesetzes 1) genannten Aufgaben geboten erscheint. Die Auflösung hat im Weg der Vereinigung mit einer anderen Industrie- und Handelskammer zu erfolgen; diese ist Rechtsnachfolgerin der aufgelösten Kammer. Werden Kammerbezirke geändert, so muss eine Vermögensauseinandersetzung stattfinden; können sich die beteiligten Kammern hierüber nicht einigen, so entscheidet die Aufsichtsbehörde. 483
Anhang 2
Landesrechtliche Vorschriften
Art. 9 Die Aufsichtsbehörde wird ermächtigt, im Einvernehmen mit den fachlich zuständigen Staatsministerien durch Rechtsverordnung den Industrie- und Handelskammern nach deren Anhörung weitere Aufgaben zu übertragen. Art. 10 (1) Dieses Gesetz tritt am 1. April 1958 in Kraft 6). (2) Es gelten folgende Übergangsvorschriften: 1. Anträge auf Bestellung als Sachverständiger, die vor dem Außerkrafttreten des Sachverständigengesetzes bei der zuständigen Regierung eingegangen sind, werden von dieser nach dem bisherigen Recht verbeschieden. 2. Für die Aufsicht über Sachverständige, die auf Grund des Sachverständigengesetzes öffentlich bestellt und beeidigt worden sind, sowie für Rücknahme und Widerruf einer solchen Bestellung ist die Industrie- und Handelskammer zuständig, in deren Bezirk der Sachverständige seine Hauptniederlassung hat. 3. Die nach Art. 7 Abs. 2 dieses Gesetzes erlassene Satzung gilt auch für Sachverständige, die auf Grund des Sachverständigengesetzes öffentlich bestellt und beeidigt worden sind, mit Ausnahme der Bestimmungen über das Erlöschen der Bestellung. In der Satzung nach Art. 7 Abs. 2 dieses Gesetzes können die Industrie- und Handelskammern ein vereinfachtes Verfahren zur Bestellung von solchen Sachverständigen regeln, die für das betroffene Sachgebiet bereits von einer Regierung öffentlich bestellt und beeidigt wurden. 4. Die öffentliche Bestellung eines von einer Regierung bestellten Sachverständigen erlischt, wenn a) der Sachverständige auf die Bestellung verzichtet oder seine Hauptniederlassung oder seinen Hauptwohnsitz aus dem Gebiet des Freistaates Bayern verlegt; b) die Industrie- und Handelskammer die öffentliche Bestellung zurücknimmt oder widerruft.
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Anhang 3
Berlin
3. Berlin Berliner Landesgesetz über die Industrie- und Handelskammer zu Berlin vom 17. Oktober 1957 (GVBl. S. 1636) in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. März 1967 (GVBl. S. 5129), zuletzt geändert am 22. Juni 1983 (GVBl. S. 933). §1 (1) Zuständig für die Ausübung der Aufsicht über die Industrieund Handelskammer (§ 11 Abs. 1 und 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 – BGBl. I S. 920/GVBl. 1957 S. 69 – Bundesgesetz) ist das für den Geschäftsbereich Wirtschaft zuständige Mitglied des Senats (Aufsichtsbehörde). (2) Die Aufsichtsbehörde kann, falls andere Aufsichtsmittel nicht ausreichen, die Vollversammlung auflösen, wenn sich die Industrie- und Handelskammer trotz wiederholter Aufforderung nicht im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften hält. Innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit des Auflösungsbescheides ist eine Neuwahl vorzunehmen. Das bisherige Präsidium führt seine Geschäfte bis zum Amtsantritt des neuen Präsidiums weiter und bereitet die Neuwahl der Vollversammlung vor. Die Aufsichtsbehörde kann einen Beauftragten einsetzen, der die Befugnisse der Vollversammlung, des Präsidiums oder beider Organe ausübt. §2 (1) Die Rechnungslegung der Industrie- und Handelskammer hat den Grundsätzen zu entsprechen, die für das Haushaltswesen des Landes Berlin gelten. Die Industrie- und Handelskammer gibt sich eine Rechnungslegungsordnung, die der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. (2) Die Aufsichtsbehörde bestimmt, welche Stelle die Rechnungslegung prüft.
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Anhang 3
Landesrechtliche Vorschriften
§3 (1) Zuständig für die Bestellung der in den Ausschuss für Berufsausbildung zu entsendenden Arbeitnehmervertreter (§ 8 Abs. 2 Satz 2 des Bundesgesetzes) ist das für den Geschäftsbereich Arbeit zuständige Mitglied des Senats. (2) Die Arbeitnehmervertreter sind nach Vorschlagslisten zu bestellen, die von den im Bezirk der Industrie- und Handelskammer bestehenden unabhängigen Gewerkschaften und selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- und berufspolitischer Zwecksetzung bei dem für die Bestellung zuständigen Mitglied des Senats eingereicht werden. Die Ausschusssitze sind in angemessenem Verhältnis unter billiger Berücksichtigung der Minderheiten zu verteilen. Für die Bestellung ist die Reihenfolge in jeder Vorschlagsliste maßgebend. (3) Das für die Bestellung zuständige Mitglied des Senats kann bei Vorliegen eines wichtigen Grundes aus eigener Entschließung oder auf Antrag der vorschlagsberechtigten Organisation die Bestellung widerrufen. §4 Die Industrie- und Handelskammer zu Berlin ist zuständig für 1. die Abnahme von Sachkenntnisprüfungen für den Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln nach § 50 Abs. 2 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz) vom 24. August 1976 (BGBI. I S. 2445/GVBI. S. 1896), 2. die nach dem Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) erforderliche Ausstellung von Bescheinigungen über die erfolgreiche Teilnahme von Fahrzeugführern an Schulungslehrgängen, die Bestätigung über die erfolgreiche Teilnahme an Fortbildungslehrgängen sowie die Anerkennung derartiger Lehrgänge. §5 Der Senat wird ermächtigt, für Kammerzugehörige, deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert, durch Rechtsverordnung Höchstbeiträge festzusetzen (§ 3 Abs. 4 des Bundesgesetzes). Hierbei sind die wirtschaftlichen Belange dieser gewerbetrei486
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Brandenburg
benden und die steuerliche Leistungsfähigkeit der übrigen Kammerzugehörigen (§ 2 des Bundesgesetzes) zu berücksichtigen. §6 (1) Die Industrie- und Handelskammer ist berechtigt, Beamtenverhältnisse zu begründen. (2) Sie ist zur Führung eines Dienstsiegels befugt. §7 (1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft. (2) Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes werden alle entgegenstehenden oder inhaltsgleichen Rechtsvorschriften aufgehoben. Insbesondere werden folgende Vorschriften, soweit sie nicht bereits außer Kraft getreten sind, aufgehoben: Das Gesetz über die Handelskammern vom 24. Februar 1870/ 19. August 1897 (GS 1870 S. 134 und GS 1897 S. 343), die Verordnung zur Änderung des Gesetzes über die Handelskammern vom 1. April 1924 (GS S. 194), das Gesetz vom 28. Dezember 1933 zur Abänderung des Gesetzes über die Industrie- und Handelskammern vom 24. Februar 1870/ 19. August 1897 in der Fassung des Gesetzes über die Industrieund Handelskammern vom 1. April 1924 (GS 1934 S. 6).
4. Brandenburg Gesetz zur Ergänzung des Rechts der Industrie- und Handelskammern im Land Brandenburg (AGIHKG) vom 13. September 1991 Der Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen: §1 (1) Industrie- und Handelskammern bestehen in Cottbus, Frankfurt (Oder) und Potsdam. 487
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(2) Neue Industrie- und Handelskammern werden durch Gesetz errichtet. (3) Bestehende Industrie- und Handelskammern können durch Rechtsverordnung des für Wirtschaft zuständigen Ministeriums zusammengeschlossen werden, wenn dies zur besseren Durchführung der Kammeraufgaben geboten ist. Der Zusammenschluss erfolgt entweder durch Neubildung einer Industrie- und Handelskammer oder dadurch, dass eine oder mehrere Industrie- und Handelskammern von einer anderen Industrie- und Handelskammer aufgenommen werden. Die neu gebildete oder die aufnehmende Industrie- und Handelskammer ist Rechtsnachfolgerin der an der Neubildung beteiligten oder der aufgenommenen Industrie- und Handelskammer. (4) Die Bezirke der bestehenden Industrie- und Handelskammern werden durch Rechtsverordnung des für Wirtschaft zuständigen Ministeriums festgelegt. Sie können durch Rechtsverordnung geändert werden, wenn dies zur besseren Durchführung der Kammeraufgaben oder zur Wahrung der Deckungsgleichheit mit den Grenzen der kommunalen Gebietskörperschaften geboten ist. Zwischen den beteiligten Industrie- und Handelskammern soll eine Vermögensauseinandersetzung stattfinden; im Streitfall entscheidet das für Wirtschaft zuständige Ministerium. (5) In den Rechtsverordnungen nach den Absätzen 3 und 4 sind die erforderlichen Übergangsregelungen, insbesondere zur vorläufigen Weitergeltung des Satzungsrechts, über die Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidiums und der Geschäftsführung sowie über die Wahl der Vollversammlung zu treffen. (6) Das Recht der Industrie- und Handelskammern, Sitz und Namen mit Genehmigung des die Aufsicht über die Industrie- und Handelskammer führenden Ministeriums in der Satzung abweichend von § 1 Abs. 1 festzulegen, bleibt unberührt. §2 (1) Die Aufsicht über die Industrie- und Handelskammern führt das für Wirtschaft zuständige Ministerium (Aufsichtsbehörde). (2) Die Aufsichtsbehörde kann, falls andere Aufsichtsmittel nicht ausreichen, die Vollversammlung auflösen, wenn sich die Industrie- und Handelskammer trotz zweimaliger Aufforderung nicht 488
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Brandenburg
im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften hält. Innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Auflösung ist eine Neuwahl vorzunehmen. Das bisherige Präsidium führt die Geschäfte bis zum Amtsantritt des neuen Präsidiums fort und bereitet die Neuwahl der Vollversammlung vor. Die Aufsichtsbehörde kann einen Beauftragten einsetzen, der die Befugnisse der Vollversammlung, des Präsidiums oder beider ausübt. §3 Die Finanzämter sind verpflichtet, der Industrie- und Handelskammer auf Anforderung die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Besteuerungsgrundlagen mitzuteilen. Diese trägt die anfallenden Verwaltungskosten. §4 (1) Die Industrie- und Handelskammern ziehen ihre Beiträge, Sonderbeiträge und Gebühren selbst ein. (2) Die kreisfreien Städte und die Landkreise sind Vollstreckungsbehörden für die Beitreibung rückständiger Beiträge, Sonderbeiträge und Gebühren. Uneinbringliche Beitreibungskosten (Gebühren, Auslagen und Kostenbeiträge) sind von der auftraggebenden Industrie- und Handelskammer zu zahlen. §5 (1) Auf die Rechnungslegung der Industrie- und Handelskammern sind sinngemäß die Grundsätze anzuwenden, die für das staatliche Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen gelten. Die Industrie- und Handelskammern geben sich eine Haushalts-, Kassenund Rechnungslegungsordnung, die der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. (2) Die Aufsichtsbehörde bestimmt durch Rechtsverordnung die Rechnungsprüfungsstelle. (3) Die Haushalts- und Wirtschaftsprüfung der Industrie- und Handelskammern unterliegt nicht der allgemeinen Prüfung durch den Landesrechnungshof.
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§6 Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Industrie- und Handelskammer findet nicht statt. §7 Die Industrie- und Handelskammern sind berechtigt, im Rahmen des § 36 der Gewerbeordnung und der hierzu ergangenen Vorschriften Sachverständige zu bestellen und zu vereidigen. §8 Die Industrie- und Handelskammern sind berechtigt, ein Dienstsiegel zu führen. Die Vorschriften über die Führung des Landessiegels bleiben unberührt. §9 (Inkrafttreten)
5. Bremen Gesetz über die Industrie- und Handelskammern im Lande Bremen vom 6. Mai 1958, zuletzt geändert am 2. November 1999 Der Senat verkündet das nachstehende von der Bürgerschaft zur Ergänzung und Ausführung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechtes der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 (BGBI. I S. 920) – Bundesgesetz – beschlossene Gesetz: §1 (1) Als Industrie- und Handelskammern im Sinne des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1956 bestehen im Lande Bremen die Handelskammer Bremen und die Industrie- und Handelskammer Bremerhaven. Sie haben Dienstherrnfähigkeit. 490
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Bremen
(2) Die Aufsicht führt der Senator für Wirtschaft, und Häfen, soweit die Industrie- und Handelskammern Angelegenheiten der Berufsbildung wahrnehmen, führt die Aufsicht der Senator für Bildung und Wissenschaft (Aufsichtsbehörden). §2 Die Industrie- und Handelskammern haben Richtlinien für die Aufstellung ihres Haushaltes und die Prüfung der Jahresrechnung festzulegen. Diese Richtlinien sind unter sinngemäßer Beachtung der Grundsätze der Reichshaushaltsordnung aufzustellen. Sie bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. §3 (1) Für den bei den Industrie- und Handelskammern gemäß § 8 Abs. 2 des Bundesgesetzes zu bildenden Berufsausbildungsausschuss werden die Arbeitnehmervertreter durch die Aufsichtsbehörde entsandt und abberufen. (2) Die Arbeitnehmervertreter sind aus Vorschlagslisten zu berufen, die von den im Bezirk der Industrie- und Handelskammer bestehenden Gewerkschaften und selbstständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung bei der Aufsichtsbehörde eingereicht werden. Aus der Vorschlagsliste sollen Name, Vorname, Geburtsdatum, Beruf, Arbeitsstätte und Anschrift der vorgeschlagenen Personen ersichtlich sein. Die Listen sollen von den zur Vertretung der Organisationen berechtigten Personen unterzeichnet sein. (3) Die Ausschusssitze sind in angemessenem Verhältnis unter billiger Berücksichtigung der Minderheiten auf die vorschlagsberechtigten Organisationen zu verteilen. Die Hälfte der satzungsmäßigen Anzahl der Arbeitnehmervertreter sollen Vertreter der Angestellten im Sinne des § 3 Abs. 4 des Gesetzes über die Arbeitnehmerkammern vom 3. Juli 1956 (Brem.Ges.-BI. S. 79) sein. Für die Bestellung ist die Reihenfolge in jeder Vorschlagsliste maßgebend. (4) Entfällt bei einem Ausschussmitglied eine Voraussetzung für die Bestellung oder stellt sich nachträglich heraus, dass sie nicht vorgelegen hat, so ist es als Mitglied abzuberufen.
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Landesrechtliche Vorschriften
§4 Der Senator für Wirtschaft, und Häfen wird ermächtigt, zur Wahrung der wirtschaftlichen Belange von Kammerzugehörigen, deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen nach kaufmännischen Grundsätzen geleiteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 3 Abs. 4 Satz 1, Bundesgesetz), durch Rechtsverordnung Höchstbeiträge festzusetzen. §5 (1) Die Industrie- und Handelskammern führen das kleine bremische Siegel mit dem mittleren bremischen Wappen. Sie sind berechtigt, die bisher von ihnen verwendeten Siegel weiterzuführen. (2) Die Industrie- und Handelskammern sind vor Erlass landesrechtlicher Vorschriften über Angelegenheiten, die ihr Aufgabengebiet betreffen, zu hören. (3) Sie können die ihnen zur Durchführung ihrer Aufgaben angemessen erscheinenden Maßnahmen bei der Aufsichtsbehörde beantragen. Sie sind außerdem berechtigt, dem Senat unaufgefordert gutachtlich zu berichten. §6 (aufgehoben) §7 (1) Die Handelskammer Bremen ist Rechtsnachfolgerin des Collegium Seniorum gemäß § 20 des Gesetzes die Handelskammer betreffend, vom 2. April 1849 (Brem.Ges.-BI. S. 118) und des Vergleiches zwischen Senat und Bürgerschaft einerseits und dem Collegium Seniorum andererseits vom 28. Februar 1849 (Verhandlungen zwischen dem Senat und der Bürgerschaft 1849 S. 180 ff.). (2) Soweit den Bediensteten der Handelskammer Bremen gegenüber durch § 13 Abs. 4 des Gesetzes über die Handelskammer Bremen die Gewährleistung der Ansprüche auf Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung übernommen worden ist, bleiben diese Rechte erhalten. Die Verpflichtung zur Zahlung des Ruhegehaltes und der Hinterbliebenenversorgung hat die Handelskammer. 492
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Hamburg
§8 (Aufhebungsvorschrift) §9 Das Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
6. Hamburg Gesetz über die vorläufige Regelung der Rechtsverhältnisse der Handelskammer Hamburg vom 27. Februar 1956 Artikel I Bis zu einer endgültigen Regelung gelten für die Rechtsverhältnisse der Handelskammer Hamburg folgende Bestimmungen: §1 Die Handelskammer Hamburg ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ihr Bezirk umfasst das Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg. Sie führt ein Dienstsiegel mit dem hamburgischen Wappen. §2 (aufgehoben) §3 (1) Der Handelskammer obliegt es insbesondere: 1. den Gerichten Gutachten zu erstatten, 2. die Behörden durch Vorschläge, Berichte und Gutachten zu beraten, 3. die unmittelbare Aufsicht über die Börse nach Maßgabe der Hamburgischen Börsenordnung zu führen,
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4. Sachverständige nach Maßgabe der Gesetze öffentlich zu bestellen und zu vereidigen, 5. die berufliche Ausbildung und den Nachwuchs zu fördern, eine Lehrlingsrolle zu führen, Prüfungsausschüsse einzurichten sowie Prüfungen abzunehmen, 6. Ursprungszeugnisse und andere dem Handelsverkehr dienende Bescheinigungen auszustellen, 7. die Sachkenntnisprüfung für den Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln nach dem Arzneimittelrecht abzunehmen, 8. die Aufgaben der zuständigen Behörde hinsichtlich der besonderen Anforderungen an Führer von Tankfahrzeugen nach dem Europäischen Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) wahrzunehmen. (2) Die Handelskammer kann Schiedsgerichte einrichten. (3) Die Handelskammer ist Träger der Hamburger Börse. (4) Zur Erfüllung der in Absatz 1 Ziffer 6 vorgesehenen Aufgaben kann die Handelskammer Versicherungen an Eides statt entgegennehmen. §4 (aufgehoben) §5 Organe der Handelskammer sind: 1. das Plenum (die Vollversammlung), 2. das Präsidium. §6 Die Mitglieder des Plenums werden von den Kammerzugehörigen in gleicher, allgemeiner, unmittelbarer und geheimer Gruppenwahl auf die Dauer von sechs Jahren aus ihrem Kreise nach Maßgabe einer Wahlordnung gewählt. Durch die Wahlordnung ist si-
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Hamburg
cherzustellen, dass die Kammerzugehörigen aus den Bezirken Bergedorf und Harburg im Plenum vertreten sind. §7 (1) Das Präsidium besteht aus dem Präses und den Vizepräsides. Das Plenum wählt sie aus seiner Mitte. (2) Der Präses ist Vorsitzender des Plenums und des Präsidiums. §8 (1) Durch Satzung ist zu regeln: 1. die Zusammensetzung des Plenums und des Präsidiums, 2. die Einberufung und Beschlussfähigkeit dieser Organe, 3. die Verteilung der Aufgaben zwischen Plenum und Präsidium, 4. die Zuwahl von weiteren Plenarmitgliedern durch das Plenum bis zur Höhe von einem Viertel der unmittelbar gewählten Plenarmitglieder, 5. die Bildung von Ausschüssen und Arbeitskreisen. (2) Im Übrigen wird die Arbeitsweise der Handelskammer durch eine vom Plenum zu erlassende Geschäftsordnung bestimmt. §9 (1) Das Plenum bestellt einen Hauptgeschäftsführer. (2) Dem Hauptgeschäftsführer obliegt die Führung der Kammergeschäfte nach Maßgabe der Geschäftsordnung (§ 8 Absatz 2). § 10 (aufgehoben) § 11 Die Handelskammer besitzt Dienstherrenfähigkeit. Soweit Beamte ernannt werden, entsteht dadurch kein unmittelbares Landesbeamtenverhältnis.
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§ 12 (1) Die Handelskammer ist befugt, zur Erfüllung ihrer Aufgaben von den Kammerzugehörigen auf Grund einer Satzung Beiträge zu erheben. (2) Die Beiträge werden in Form eines Grundbeitrages und einer Umlage erhoben. Kammerzugehörige, die unter § 4 Absatz 1 Ziffer 5 fallen, sind von der Umlage befreit. Vom Beitrag sind ferner diejenigen Kammerzugehörigen befreit, die auf Grund der Gemeinnützigkeitsverordnung vom 24. Dezember 1953 (Bundesgesetzblatt I Seite 1592) steuerbegünstigt sind sowie die als gemeinnützig anerkannten Wohnungs- und Siedlungsunternehmen. (3) Der Umlage werden die einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge zugrunde gelegt. (4) Die Höhe des Grundbeitrages und der Umlage wird jährlich durch Satzung festgelegt. (5) (aufgehoben) § 13 (aufgehoben) § 14 Die Börsenordnung (§ 3 Absatz 1 Ziffer 3), die Wahlordnung (§ 6) sowie die sonstigen Satzungen werden vom Plenum der Handelskammer beschlossen. Sie bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde und sind von der Handelskammer im „Amtlichen Anzeiger“ zu verkünden. § 15 (1) Die Handelskammer unterliegt der Staatsaufsicht. Die Staatsaufsicht erstreckt sich darauf, dass Gesetz und Satzung beachtet werden. Die Aufsicht wird vom Senat oder der von ihm bestimmten Behörde (Aufsichtsbehörde) ausgeübt. Soweit die Handelskammer staatliche Aufgaben als Auftragsangelegenheit wahrnimmt, hat die Aufsichtsbehörde ein Weisungsrecht. (2) (aufgehoben)
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Hamburg
(3) Der Aufsichtbehörde ist zur Kenntnis zu bringen: a) die Jahresrechnung und die jährliche Vermögensaufstellung (§ 13), b) die Einrichtung von Prüfungsausschüssen (§ 3 Absatz 1 Ziffer 5). (4) Die Handelskammer unterrichtet die zuständigen Behörden über Angelegenheiten von grundsätzlicher oder weittragender Bedeutung. Artikel II (aufgehoben)
Artikel III 1. Die Wahlordnung der Handelskammer vom 23. April/21. Mai 1954 (Amtlicher Anzeiger Seite 463) ist vor der nächsten Neuwahl durch eine neue Wahlordnung zu ersetzen. Der Zeitpunkt der Neuwahl bestimmt sich nach dem bisher geltenden Recht. 2. Die Hamburgische Börsenordnung vom 2. Januar 1951 in der Fassung vom 1. Dezember 1953 (Amtlicher Anzeiger 1951 Seite 59, 1953 Seite 1261) gilt als auf Grund dieses Gesetzes erlassen.
Artikel IV (Aufhebungsvorschrift)
Artikel V Die Gauwirtschaftskammer ist aufgelöst. Für ihre Verbindlichkeiten haften die Handelskammer Hamburg und die Handwerkskammer Hamburg nach Maßgabe des jeweils übernommenen Aufgabenbereichs und beschränkt auf den Wert des jeweils übernommenen Vermögens.
Artikel VI Das Gesetz tritt am 1. April 1956 in Kraft. 497
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7. Hessen Hessisches Ausführungsgesetz zum Bundesgesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 6. November 1957 §1 Die Landesregierung kann durch Rechtsverordnung Industrieund Handelskammern errichten oder auflösen oder ihre Bezirke ändern, wenn dies zur besseren Durchführung der in § 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 920) genannten Aufgaben geboten ist. Werden Bezirksgrenzen geändert, so muss eine Vermögensauseinandersetzung erfolgen; einigen sich die beteiligten Kammern hierüber nicht, so entscheidet die Aufsichtsbehörde. §2 (1) Die Aufsicht des Staates über die Industrie- und Handelskammern (§ 11 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes) übt der für die Wirtschaft zuständige Minister oder die von ihm bestimmte Behörde aus. (2) Die Aufsichtsbehörde kann, falls andere Aufsichtsmittel nicht ausreichen, die Vollversammlung auflösen, wenn sich die Industrie- und Handelskammer trotz wiederholter Aufforderung nicht im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften hält. Innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Auflösung ist eine Neuwahl vorzunehmen. Das bisherige Präsidium führt seine Geschäfte bis zum Amtsantritt des neuen Präsidiums weiter und bereitet die Neuwahl der Vollversammlung vor; die Aufsichtsbehörde kann einen Beauftragten einsetzen, der die Befugnisse der Vollversammlung, des Präsidiums oder beider ausübt. §3 Die Gemeinden, für Gemeinden ohne Vollziehungsbeamten die Landkreise, sind auf Ersuchen der Industrie- und Handelskammer verpflichtet, Beiträge, Sonderbeiträge und Gebühren (§ 3 Abs. 8 498
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Hessen
Satz 1 des Bundesgesetzes) gegen eine Vergütung von fünf vom Hundert der zu erhebenden Beträge einzuziehen oder beizutreiben. Uneinbringliche Beitreibungskosten (Gebühren und Auslagen) sind von der auftraggebenden Industrie- und Handelskammer zu zahlen. §4 (1) Für die Rechnungslegung der Industrie- und Handelskammern sind die Vorschriften der Reichshaushaltsordnung sinngemäß anzuwenden. (2) Die Aufsichtsbehörde stellt die Grundsätze für die Prüfung der Jahresrechnung auf; sie bestimmt die Rechnungsprüfungsstelle. §5 (1) Zuständig für die Bestellung der in die Ausschüsse für Berufsausbildung zu entsendenden Arbeitnehmervertreter (§ 8 Abs. 2 Satz 2 des Bundesgesetzes) ist die Aufsichtsbehörde. (2) Die Arbeitnehmervertreter sind aus Vorschlagslisten zu berufen, die von den im Bezirk der Industrie- und Handelskammer bestehenden Gewerkschaften und selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung bei der Aufsichtsbehörde eingereicht werden. Die Ausschusssitze sind in angemessenem Verhältnis unter billiger Berücksichtigung der Minderheiten zu verteilen. Für die Bestellung ist die Reihenfolge in jeder Vorschlagsliste maßgebend. (3) Entfällt bei einem Ausschussmitglied eine Voraussetzung für seine Bestellung oder stellt sich nachträglich heraus, dass sie nicht vorgelegen hat, so ist es abzuberufen. §6 (1) Die Industrie- und Handelskammern sind befugt, Personen der in § 35 der Gewerbeordnung und den hierzu ergangenen Vorschriften bezeichneten Art sowie solche freiberuflich tätigen Personen, deren Tätigkeit in das Gebiet der Industrie, des Handels, des Immobilienwesens, des Bank- und Börsenwesens, des Versicherungswesens, der Energiewirtschaft oder des Verkehrswesens fällt, als Sachverständige öffentlich zu bestellen und zu beeidigen. 499
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(2) Zu den Sachverständigen im Sinne des Abs. 1 zählen auch freiberuflich tätige Dolmetscher und Übersetzer, deren Tätigkeit eines der angeführten Sachgebiete betrifft. §7 Die Industrie- und Handelskammern besitzen das Recht, Beamte zu haben. §8 Der für die Wirtschaft zuständige Minister wird ermächtigt, zur Wahrung der wirtschaftlichen Belange von Kammerzugehörigen, deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 3 Abs. 4 Satz 1 des Bundesgesetzes), durch Rechtsverordnung Höchstbeiträge festzusetzen. Hierbei ist auf die Leistungsfähigkeit der übrigen Kammerzugehörigen Rücksicht zu nehmen. §9 Die diesem Gesetz entgegenstehenden Vorschriften werden aufgehoben. … § 10 Der für die Wirtschaft zuständige Minister erlässt die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften. § 11 Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
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Mecklenburg-Vorpommern
8. Mecklenburg-Vorpommern Gesetz über die Industrie- und Handelskammern für das Land Mecklenburg-Vorpommern (IHKG) vom 18. Februar 1992 Der Landtag hat zur Ergänzung und Ausführung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920), zuletzt geändert durch das Gesetz vom 14. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3341), folgendes Gesetz beschlossen: §1 (1) Die in Schwerin, Rostock und Neubrandenburg bereits errichteten Industrie- und Handelskammern bestehen als Industrie- und Handelskammern im Sinne des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 fort. (2) Das Recht der Industrie- und Handelskammern, Sitz und Namen mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde in der Satzung abweichend von Absatz 1 festzulegen, bleibt unberührt. (3) Der Wirtschaftsminister wird ermächtigt, nach Anhörung der Industrie- und Handelskammern durch Rechtsverordnung Industrie- und Handelskammern zu errichten oder aufzulösen oder ihre Bezirke zu ändern, wenn dies zur besseren Durchführung der Kammeraufgaben oder zur Wahrung der Deckungsgleichheit mit den Grenzen der kommunalen Gebietskörperschaften geboten ist. Werden Bezirksgrenzen geändert, so soll zwischen den beteiligten Industrie- und Handelskammern eine Vermögensauseinandersetzung erfolgen. Im Streitfall entscheidet der Wirtschaftsminister. (4) In den Rechtsverordnungen nach Absatz 3 sind die erforderlichen Übergangsregelungen, insbesondere zur vorläufigen Weitergeltung des Satzungsrechtes, über die Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidiums und der Geschäftsführung sowie über die Wahl der Vollversammlung zu treffen. §2 (1) Die Aufsicht über die Industrie- und Handelskammern (§ 11 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes) führt der Wirtschaftsminister 501
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Landesrechtliche Vorschriften
(Aufsichtsbehörde). Sie erstreckt sich auch auf die Aufgaben, welche die Industrie- und Handelskammern als zuständige Stelle im Sinne des § 75 Berufsbildungsgesetz wahrnehmen. (2) Die Aufsichtsbehörde kann, falls andere Aufsichtsmittel nicht ausreichen, die Vollversammlung auflösen, wenn sich die Industrie- und Handelskammern trotz zweimaliger Aufforderung nicht im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften hält. Innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Auflösung ist eine Neuwahl vorzunehmen. Das bisherige Präsidium führt die Geschäfte bis zum Amtsantritt des neuen Präsidiums fort und bereitet die Neuwahl der Vollversammlung vor. Die Aufsichtsbehörde kann einen Beauftragten einsetzen, der die Befugnisse der Vollversammlung, des Präsidiums oder beider ausübt. §3 (1) Die Industrie- und Handelskammern erheben Beiträge, Sonderbeiträge und Gebühren (§ 3 des Bundesgesetzes) und ziehen diese selbst ein. (2) Die Industrie- und Handelskammern sind berechtigt, die für die Beitragsfestsetzung erforderlichen Daten bei den Finanzämtern zu erheben, zu ermitteln und zu verarbeiten. (3) Die Gemeinden sind Vollstreckungsbehörden für die Beitreibung rückständiger Beiträge, Sonderbeiträge und Gebühren. Die dadurch entstehenden Kosten sind zu erstatten. Uneinbringliche Beitreibungskosten (Gebühren und Auslagen) sind von der auftraggebenden Industrie- und Handelskammer zu zahlen. §4 (1) Für die Rechnungslegung der Industrie- und Handelskammern sind die §§ 106 bis 110 der Landeshaushaltsordnung anzuwenden. Die §§ 1–87 der Landeshaushaltsordnung gelten entsprechend. Die Industrie- und Handelskammern geben sich auf dieser Grundlage eine Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung. (2) Die Rechnungsprüfungsstelle ist die vom Deutschen Industrieund Handelstag e.V. errichtete Rechnungsprüfungsstelle für Industrie- und Handelskammern in Bielefeld. 502
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Mecklenburg-Vorpommern
(3) Die Haushalts- und Wirtschaftsprüfung der Industrie- und Handelskammern unterliegt nicht den Prüfungen durch den Landesrechnungshof. §5 Ein Konkursverfahren über das Vermögen der Industrie- und Handelskammern findet nicht statt. §6 Die Industrie- und Handelskammern sind berechtigt, im Rahmen des § 36 der Gewerbeordnung sowie den hierzu ergangenen Vorschriften Sachverständige öffentlich zu bestellen und zu vereidigen, soweit ihnen die Zuständigkeit hierfür durch Rechtsverordnungen der Landesregierung übertragen wurde. §7 Der Wirtschaftsminister wird ermächtigt, zur Wahrung der wirtschaftlichen Belange von Kammerzugehörigen, deren Gewerbebetriebe nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert, Höchstbeiträge unter Beachtung der Leistungsfähigkeit der übrigen Kammerzugehörigen festzusetzen. §8 Die Industrie- und Handelskammern sind berechtigt, als Körperschaft des öffentlichen Rechts ein Dienstsiegel zu führen. Die Vorschriften über die Führung des Landessiegels bleiben unberührt. §9 Der Wirtschaftsminister wird ermächtigt, im Einvernehmen mit den fachlich zuständigen Ministerien durch Rechtsverordnung den Industrie- und Handelskammern nach deren Anhörung Aufgaben zu übertragen, die im Zusammenhang mit ihren übrigen Aufgaben stehen.
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Landesrechtliche Vorschriften
§ 10 Der Wirtschaftsminister erlässt die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften. § 11 Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
9. Niedersachsen Niedersächsisches Ausführungsgesetz zum Bundesgesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 20. Dezember 1957 §1 Errichtung, Auflösung, Änderung der Bezirksabgrenzung (1) Industrie- und Handelskammern im Sinne des § 1 des Bundesgesetzes vom 18. Dezember 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 920) werden vom Landesministerium errichtet oder aufgelöst. Das Gleiche gilt für die Änderung der Bezirke der Industrie- und Handelskammern. Bei der Abgrenzung sollen die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit und die Eigenart der Bezirke, die steuerliche Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen und das Streben nach Kostenersparnis maßgebend sein. (2) Werden Bezirke der Industrie- und Handelskammern geändert, so muss eine Vermögensauseinandersetzung erfolgen; können sich die beteiligten Kammern hierüber nicht einigen, so entscheidet die für die Aufsicht zuständige oberste Landesbehörde (Aufsichtsbehörde). §2 Besondere Maßnahmen der Staatsaufsicht Die Aufsichtsbehörde kann die Vollversammlung auflösen, wenn sich die Industrie- und Handelskammer trotz wiederholter Aufforderung nicht im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften hält. Innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Unanfechtbar504
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Niedersachsen
keit der Auflösung ist eine Neuwahl vorzunehmen. Das bisherige Präsidium führt seine Geschäfte bis zum Amtsantritt des neuen Präsidiums weiter und bereitet die Neuwahl der Vollversammlung vor; die Aufsichtsbehörde kann einen Beauftragten einsetzen, der die Befugnisse der Vollversammlung, des Präsidiums oder beider Organe ausübt. §3 Beitreibung der Abgaben Beiträge, Sonderbeiträge und Gebühren der Industrie- und Handelskammern werden von den Gemeinden, soweit sie Vollstreckungsbehörden sind, im Übrigen von den Landkreisen nach den für Gemeinde- und Kreisabgaben geltenden Vorschriften beigetrieben. §4 Rechnungslegung und -prüfung (1) Für die Rechnungslegung der Industrie- und Handelskammern sind die Vorschriften der Reichshaushaltsordnung sinngemäß anzuwenden. (2) Die Aufsichtsbehörde kann Grundsätze für die Prüfung der Jahresrechnung aufstellen. Sie bestimmt, welche Stelle die Jahresrechnung prüft; auch kann sie eine Prüfung durch den Landesrechnungshof mit dessen Einverständnis veranlassen. §5 Bestellung von Arbeitnehmervertretern (1) Zuständig für die Bestellung der in die Ausschüsse für Berufsausbildung zu entsendenden Arbeitnehmervertreter (§ 8 Abs. 2 Satz 2 des Bundesgesetzes) ist die Aufsichtsbehörde. (2) Die Arbeitnehmervertreter sind aus Vorschlagslisten zu berufen, die von den im Bezirk der Industrie- und Handelskammer bestehenden Gewerkschaften und selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung bei der Aufsichtsbehörde eingereicht werden. Die Ausschusssitze sind in angemessenem Verhältnis unter billiger Berücksichtigung
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Landesrechtliche Vorschriften
der Minderheiten zu verteilen. Für die Bestellung ist die Reihenfolge in jeder Vorschlagsliste maßgebend. (3) Entfällt bei einem Ausschussmitglied eine Voraussetzung für seine Bestellung oder stellt sich nachträglich heraus, dass sie nicht vorgelegen hat, so ist es abzuberufen. §6 Sachverständige Die Industrie- und Handelskammern sind im Rahmen ihrer Aufgaben befugt, gemäß § 36 der Reichsgewerbeordnung und den hierzu ergangenen Vorschriften Sachverständige zu bestellen und zu vereidigen. §7 Höchstbeiträge Die Aufsichtsbehörde kann für Kammerzugehörige, deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert, Höchstbeiträge festsetzen (§ 3 Abs. 4 des Bundesgesetzes). Hierbei sind die wirtschaftlichen Belange dieser Gewerbetreibenden und die steuerliche Leistungsfähigkeit der anderen Kammerzugehörigen (§ 2 des Bundesgesetzes) zu berücksichtigen. §8 Inkrafttreten, Aufhebung von Rechtsvorschriften (1) Dieses Gesetz tritt vierzehn Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
10. Nordrhein-Westfalen Gesetz über die Industrie- und Handelskammern im Lande Nordrhein-Westfalen (IHKG) vom 23. Juli 1957 Der Landtag hat zur Ergänzung und Ausführung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskam506
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Nordrhein-Westfalen
mern vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird: §1 Der Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie wird ermächtigt, nach Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie des Landtags durch Rechtsverordnung Industrie- und Handelskammern zu errichten oder aufzulösen oder ihre Bezirke zu ändern, wenn dies zur besseren Durchführung der Kammeraufgaben geboten ist. Werden Bezirksgrenzen geändert, so muss eine Vermögensauseinandersetzung erfolgen; können sich die beteiligten Kammern hierüber nicht einigen, so entscheidet der Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie. §2 (1) Zuständig für die Aufsicht über die Industrie- und Handelskammern (§ 11 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes) ist der Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie (Aufsichtsbehörde). (2) Hält sich eine Industrie- und Handelskammer trotz zweimaliger Aufforderung bei Ausübung ihrer Tätigkeit nicht im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften, so kann ihre Vollversammlung von der Aufsichtsbehörde aufgelöst werden. Innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Auflösung ist eine Neuwahl vorzunehmen. Das bisherige Präsidium hat seine Geschäfte bis zum Amtsantritt eines neuen Präsidiums weiterzuführen und die Neuwahl der Vollversammlung vorzubereiten; die Aufsichtsbehörde kann einen Beauftragten einsetzen, der die Befugnisse der Vollversammlung, des Präsidiums oder beider Organe ausübt. §3 (1) Die Gemeinden sind verpflichtet, auf Ersuchen der Industrieund Handelskammer Beiträge, Sonderbeiträge und Gebühren (§ 3 Abs. 8 Satz 1 des Bundesgesetzes) gegen eine Vergütung von fünf vom Hundert der zu erhebenden Beträge einzuziehen. (2) Die Gemeinden sind Vollstreckungsbehörden für die Beitreibung rückständiger Beiträge, Sonderbeiträge und Gebühren. 507
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§4 (1) Für die Rechnungslegung der Industrie- und Handelskammer sind die Vorschriften der Landeshaushaltsordnung sinngemäß anzuwenden. (2) Die Aufsichtsbehörde stellt die Grundsätze für die Prüfung der Jahresrechnung auf; sie bestimmt durch Rechtsverordnung die Rechnungsprüfungsstelle. §5 (1) Zuständig für die Bestellung der in die Ausschüsse für Berufsausbildung (§ 8 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes) zu entsendenden Arbeitnehmervertreter sowie für deren Abberufung ist der Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie. (2) Die Arbeitnehmervertreter sind aus Vorschlagslisten zu berufen, die von den im Bezirk der Industrie- und Handelskammer bestehenden Gewerkschaften und selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung beim Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie eingereicht werden. Die Ausschusssitze sind in angemessenem Verhältnis unter billiger Berücksichtigung der Minderheiten zu verteilen. Für die Bestellung ist die Reihenfolge in jeder Vorschlagsliste maßgebend. §6 (1) Die Industrie- und Handelskammer ist befugt, im Rahmen des § 36 der Gewerbeordnung sowie der hierzu ergangenen Vorschriften Sachverständige zu bestellen und zu vereidigen. (2) Artikel 13 des Ausführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch vom 20. September 1899 (PrGS. NW. S. 105, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 1984 – GV. NRW. S. 806 –) gilt auch im Gebiet des ehemaligen Landes Lippe. §7 Der Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie wird ermächtigt, zur Wahrung der wirtschaftlichen Belange von Kammerzugehörigen, deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb 508
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nicht erfordert (§ 3 Abs. 4 Satz 1 des Bundesgesetzes), nach Anhörung des Ausschusses für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie des Landtags durch Rechtsverordnung Höchstbeiträge festzusetzen; hierbei ist auf die Leistungsfähigkeit der übrigen Kammerzugehörigen Rücksicht zu nehmen. §8 Der Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie erlässt die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungsvorschriften. §9 Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. Es tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2008 außer Kraft.
11. Rheinland-Pfalz Landesgesetz zur Ergänzung und Ausführung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 24. Februar 1958 §1 (1) Die Aufsicht über 1. die Industrie- und Handelskammer zu Koblenz (für das Gebiet der Landkreise Ahrweiler, Altenkirchen – Westerwald –, Bad Kreuznach, Birkenfeld, Cochem-Zell, Mayen-Koblenz, Neuwied, Rhein-Hunsrück-Kreis, Rhein-Lahn-Kreis und Westerwaldkreis sowie der kreisfreien Stadt Koblenz), 2. die Industrie- und Handelskammer für die Pfalz (für das Gebiet der Landkreise Bad Dürkheim, Donnersbergkreis, Germersheim, Kaiserslautern, Kusel, Ludwigshafen, Südliche Weinstraße und Südwestpfalz sowie der kreisfreien Städte Frankenthal – Pfalz –, Kaiserslautern, Landau in der Pfalz, Ludwigshafen am Rhein, Neustadt an der Weinstraße, Pirmasens, Speyer und Zweibrücken), 509
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3. die Industrie- und Handelskammer Trier (für das Gebiet der Landkreise Bernkastel-Wittlich, BitburgPrüm, Daun und Trier-Saarburg sowie der kreisfreien Stadt Trier) und 4. die Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen (für das Gebiet der Landkreise Alzey-Worms und Mainz-Bingen sowie der kreisfreien Städte Mainz und Worms) (§ 11 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes) führt das für die Wirtschaft zuständige Ministerium (Aufsichtsbehörde). (2) Die Aufsichtsbehörde kann die Vollversammlung auflösen, wenn sich die Industrie- und Handelskammer trotz wiederholter Aufforderung bei Ausübung ihrer Tätigkeit nicht im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften hält. Innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Auflösung ist eine Neuwahl vorzunehmen. Das bisherige Präsidium führt seine Geschäfte bis zum Amtsantritt eines neuen Präsidiums weiter und bereitet die Neuwahl der Vollversammlung vor; die Aufsichtsbehörde kann auch einen Beauftragten einsetzen, der die Befugnisse der Vollversammlung, des Präsidiums oder beider Organe ausübt. §2 Für die Rechnungslegung der Industrie- und Handelskammern sind die Vorschriften der Reichshaushaltsordnung sinngemäß anzuwenden. Die Industrie- und Handelskammern geben sich hierzu eine Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung, die der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. §3 Zuständig für die Bestellung der Arbeitnehmervertreter in den Berufsausbildungsausschüssen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 des Bundesgesetzes) ist die Aufsichtsbehörde. §4 (1) Die Arbeitnehmervertreter sind aus Listen zu berufen, die von den vorschlagsberechtigten Organisationen (§ 8 Abs. 2 Satz 2 des Bundesgesetzes) bei der Aufsichtsbehörde eingereicht werden. 510
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Aus der Vorschlagsliste sollen Name, Vorname, Geburtsdatum, Beruf, Arbeitsstätte und Anschrift der vorgeschlagenen Personen ersichtlich sein. Die Listen sollen ferner Angaben über die Mitgliederzahl der Organisation, getrennt nach kaufmännischen und gewerblichen Berufen, enthalten und von den zur Vertretung berechtigten Personen unterzeichnet sein. Erstmals vorschlagende Organisationen sollen einen Abdruck ihrer Satzung beifügen. (2) Liegen mehrere Vorschlagslisten vor, so sind die Sitze unter billiger Berücksichtigung der Minderheiten auf die vorschlagsberechtigten Organisationen anteilmäßig zu verteilen. (3) Die Bestellung ist in der Reihenfolge jeder Vorschlagsliste vorzunehmen. (4) Entfällt bei einem Ausschussmitglied eine Voraussetzung für seine Bestellung oder stellt sich nachträglich heraus, dass sie nicht vorgelegen hat, so ist es als Mitglied abzuberufen. §5 (aufgehoben) §6 Der Minister für Wirtschaft und Verkehr wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung für Kammerzugehörige, deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 3 Abs. 4 Satz 1 des Bundesgesetzes), Höchstbeiträge festzusetzen. §7 (1) Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft. (2) (Aufhebungsbestimmung)
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12. Saarland Gesetz Nr. 707 über die Industrie- und Handelskammer des Saarlandes vom 29. März 1960 zuletzt geändert durch das Gesetz vom 15. Februar 2006 (Amtsbl. S. 474, 530) §1 Als Industrie- und Handelskammer im Sinne des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 920) besteht für das Saarland die Industrie- und Handelskammer des Saarlandes mit Sitz in Saarbrücken. §2 (1) Aufsichtsbehörde über die Industrie- und Handelskammer (§ 11 Abs. 1 und 2 des Bundesgesetzes) ist das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit. (2) Die Aufsichtsbehörde kann, falls andere Aufsichtsmittel nicht ausreichen, die Vollversammlung auflösen, wenn sich die Industrie- und Handelskammer trotz wiederholter Aufforderung nicht im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften hält. Innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Auflösung ist eine Neuwahl vorzunehmen. Das bisherige Präsidium führt seine Geschäfte bis zum Amtsantritt des neuen Präsidiums weiter und bereitet die Neuwahl der Vollversammlung vor. Die Aufsichtsbehörde kann einen Beauftragten einsetzen, der die Befugnisse der Vollversammlung, des Präsidiums oder beider Organe ausübt. §3 Die Industrie- und Handelskammer erhebt Beiträge, Sonderbeiträge und Gebühren. §4 (1) Für die Rechnungslegung der Industrie- und Handelskammer sind die Grundsätze der Haushaltsordnung sinngemäß anzuwen512
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den. Die Industrie- und Handelskammer gibt sich hierzu eine Haushalts- und Kassenordnung (Rechnungslegungsordnung), die der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. (2) Die Aufsichtsbehörde bestimmt, welche Stelle die Jahresrechnung prüft. §5 (1) Zuständig für die Bestellung und Abberufung der Arbeitnehmervertreter in den Ausschüssen für Berufsausbildung ist die Aufsichtsbehörde. (2) Die Arbeitnehmervertreter sind aus Vorschlagslisten zu berufen, die von den vorschlagsberechtigten Organisationen bei der Aufsichtsbehörde eingereicht werden. Die Ausschusssitze sind in angemessenem Verhältnis unter billiger Berücksichtigung der Minderheiten zu verteilen. (3) Für die Bestellung ist die Reihenfolge in jeder Vorschlagsliste maßgebend. (4) Entfällt bei einem Ausschussmitglied die Voraussetzung für seine Bestellung oder stellt sich nachträglich heraus, dass sie nicht vorgelegen hat, so ist es abzuberufen. §6 Die Industrie- und Handelskammer ist befugt, im Rahmen des § 36 der Gewerbeordnung sowie der hierzu ergangenen Vorschriften Sachverständige zu bestellen und zu vereidigen. §7 Die Aufsichtsbehörde wird ermächtigt, zur Wahrung der wirtschaftlichen Belange von Kammerzugehörigen, deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (§ 3 Abs. 4 Satz 1 des Bundesgesetzes), durch Rechtsverordnung Höchstbeiträge festzusetzen. Hierbei ist auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der übrigen Kammerzugehörigen (§ 2 des Bundesgesetzes) Rücksicht zu nehmen.
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§8 Die Industrie- und Handelskammer ist berechtigt, ein Dienstsiegel zu führen. §9 Dieses Gesetz tritt am 1. Mai 1960 in Kraft.
13. Sachsen Gesetz zur Ausführung und Ergänzung des Rechts der Industrie- und Handelskammern im Freistaat Sachsen (SächsIHKG) vom 18. November 1991 Der Sächsische Landtag hat am 25. Oktober 1991 das folgende Gesetz beschlossen: §1 Errichtung; Auflösung; Änderung der Bezirke (1) Das Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Industrie- und Handelskammern zu errichten und aufzulösen, wenn dies zur besseren Durchführung der in § 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920), das zuletzt durch Gesetz vom 23. Juli 1998 (BGBl. I S. 1887, 3158) geändert worden ist, genannten Aufgaben geboten erscheint. (2) Bestehende Industrie- und Handelskammern können durch Rechtsverordnung des Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit zusammengeschlossen werden, wenn dies zur besseren Durchführung der Kammeraufgaben geboten ist. Der Zusammenschluss erfolgt entweder durch Neubildung einer Industrie und Handelskammer oder dadurch, dass eine oder mehrere Industrieund Handelskammern von einer anderen Industrie- und Handelskammer aufgenommen werden. Die neugebildete oder die aufnehmende Industrie- und Handelskammer ist Rechtsnachfolgerin der
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an der Neubildung beteiligten oder der aufgenommenen Industrieund Handelskammer. (3) Die Bezirke bestehender Industrie- und Handelskammern können durch Rechtsverordnung des Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit geändert werden, wenn dies zur besseren Durchführung der Kammeraufgaben oder zur Wahrung der Deckungsgleichheit mit den Grenzen der kommunalen Gebietskörperschaften geboten ist. Zwischen den beteiligten Industrie und Handelskammern soll eine Vermögensauseinandersetzung stattfinden; im Streitfall entscheidet das Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit. (4) In den Rechtsverordnungen nach den Absätzen 2 und 3 sind die erforderlichen Übergangsregelungen, insbesondere zur vorläufigen Weitergeltung des Satzungsrechts, über die Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidiums und der Geschäftsführung sowie über die Wahl der Vollversammlung zu treffen. §2 Rechtsaufsicht (1) Die Rechtsaufsicht über die Industrie- und Handelskammern führt das Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit. § 111 Abs. 1 und 3 sowie die §§ 113 bis 116 der Gemeindeordnung für den Freistaat Sachsen (SächsGemO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Juni 1999 (SächsGVBl. S. 345), die zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 28. Juni 2001 (SächsGVBl. S. 426, 427) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, gelten entsprechend. (2) Die Aufsichtsbehörde kann, falls andere Aufsichtsmittel nicht ausreichen, die Vollversammlung auflösen, wenn sich die Industrie- und Handelskammer trotz zweimaliger Aufforderung nicht im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften hält. Innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Auflösung ist eine Neuwahl vorzunehmen. Das bisherige Präsidium führt die Geschäfte bis zum Amtsantritt des neuen Präsidiums fort und bereitet die Neuwahl der Vollversammlung vor. Die Aufsichtsbehörde kann einen Beauftragten einsetzen, der die Befugnisse der Vollversammlung, des Präsidiums oder beider ausübt. (3) Der Präsident, der Vizepräsident sowie alle Mitarbeiter dürfen für die Industrie- und Handelskammer nur tätig werden, wenn sie 515
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sich auf der Grundlage des Einigungsvertrages vom 31. August 1990 und der dazu geltenden Ausführungsbestimmungen nach Anlage I, Kapitel II, Sachgebiet B, Abschnitt II, Ziffer 2 Einigungsvertrag der Überprüfung einer Mitarbeit beim früheren Ministerium für Staatssicherheit/Amt für Nationale Sicherheit bei der zuständigen Stelle unterziehen und bei ihnen keine Gründe nach Anlage l, Kap. XIX, Sachgebiet A, Abschnitt III, Nr. 1, Absatz 5 zum Einigungsvertrag vorliegen. §3 Beiträge und Gebühren (1) Die Industrie- und Handelskammern ziehen ihre Beiträge, Sonderbeiträge und Gebühren selbst ein. (2) Die Industrie- und Handelskammern sind berechtigt, die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Besteuerungsgrundlagen bei der Finanzverwaltung zu erheben. (3) Die von der Industrie- und Handelskammer über rückständige Abgaben aufgestellten Rückstandsverzeichnisse sind Vollstreckungstitel im Sinn des § 794 der Zivilprozessordnung. §4 Rechnungslegung (1) Auf die Rechnungslegung der Industrie- und Handelskammern sind sinngemäß die Grundsätze anzuwenden, die für das staatliche Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen gelten. Die Industrie- und Handelskammern geben sich eine Haushalts-, Kassenund Rechnungslegungsordnung, die der Aufsichtsbehörde vorab anzuzeigen ist. (2) Die Aufsichtsbehörde bestimmt die Rechnungsprüfungsstelle. (3) Die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Industrie- und Handelskammern unterliegt nicht der allgemeinen Prüfung durch den Landesrechnungshof.
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§5 Dienstsiegel Die Industrie- und Handelskammern sind berechtigt, ein Dienstsiegel mit dem Staatswappen zu führen. Die Vorschriften über die Führung des Landessiegels bleiben unberührt. §6 (aufgehoben) §7 Sachverständige; Handelsmakler (1) Die Industrie- und Handelskammern sind berechtigt, im Rahmen des § 36 der Gewerbeordnung und der hierzu ergangenen Vorschriften Sachverständige öffentlich zu bestellen und zu vereidigen. (2) Die Industrie- und Handelskammern sind weiter berechtigt, Personen der in den §§ 385, 450 Abs. 2, § 1221 und § 1235 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sowie in den §§ 373, 376, 379, 388 und 389 des Handelsgesetzbuches bezeichneten Art als Handelsmakler zu vereidigen und öffentlich zu ermächtigen. §8 (aufgehoben) §9 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft. Das vorstehende Gesetz wird hiermit ausgefertigt und ist zu verkünden.
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14. Sachsen-Anhalt Gesetz über die Industrie- und Handelskammern in SachsenAnhalt (AGIHKG) vom 10. Juni 1991 Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird: §1 Sitz und Bezirk der Kammern (1) Die in Halle und Magdeburg bereits errichteten Industrie- und Handelskammern bestehen als Industrie- und Handelskammern im Sinne des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern vom 18. Dezember 1956 (Bundesgesetzbl. I S. 920), zuletzt geändert durch Artikel 95 Nr. 5 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung vom 14. Dezember 1976 (Bundesgesetzbl. I S. 3341), fort. (2) Die Kammerbezirke können durch Verordnung des Ministeriums für Wirtschaft, Technologie und Verkehr neu geregelt werden, wenn dies zur Wahrung der Deckungsgleichheit mit den Grenzen der kommunalen Gebietskörperschaften oder sonst auf Grund eines kammerbezogenen Belangs geboten ist. Zwischen den beteiligten Industrie- und Handelskammern soll eine Vermögensauseinandersetzung stattfinden; im Streitfall entscheidet das Ministerium für Wirtschaft, Technologie und Verkehr. §2 Rechtsaufsicht (1) Die Rechtsaufsicht über die Industrie- und Handelskammern führt das für Wirtschaft zuständige Ministerium (Aufsichtsbehörde). (2) Die Aufsichtsbehörde kann, falls andere Aufsichtsmittel nicht ausreichen, die Vollversammlung auflösen, wenn sich die Industrie- und Handelskammer trotz zweimaliger Aufforderung nicht im Rahmen der für sie geltenden Rechtsvorschriften hält. Innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Auflösung ist eine Neuwahl vorzunehmen. Das bisherige Präsidium führt die Geschäfte bis zum Amtsantritt des neuen Präsidi518
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ums fort und bereitet die Neuwahl der Vollversammlung vor. Die Aufsichtsbehörde kann einen Beauftragten einsetzen, der die Befugnisse der Vollversammlung, des Präsidiums oder beider ausübt. §3 Abgabenerhebung (1) Die Industrie- und Handelskammern erheben die Beiträge, Sonderbeiträge und Gebühren selbst. (2) Die Finanzämter sind verpflichtet, der Industrie- und Handelskammer auf Anforderung die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Besteuerungsgrundlagen mitzuteilen. (3) Die für die Beitreibung der Kommunalabgaben zuständigen Stellen sind Vollstreckungsbehörden für die Beitreibung rückständiger Beiträge, Sonderbeiträge und Gebühren. Im Übrigen gilt das Verwaltungsvollstreckungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. §4 Rechnungslegung (1) Auf die Rechnungslegung der Industrie- und Handelskammern sind sinngemäß die Grundsätze anzuwenden, die für das staatliche Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen gelten. Die Industrie- und Handelskammern geben sich eine Haushalts-, Kassenund Rechnungslegungsordnung, die der Genehmigung der Aufsichtsbehörde bedarf. (2) Die Aufsichtsbehörde bestimmt durch Rechtsverordnung die Rechnungsprüfungsstelle. (3) Die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Industrie- und Handelskammern unterliegt nicht der allgemeinen Prüfung durch den Landesrechnungshof. §5 Ausschluss des Konkursverfahrens (aufgehoben)
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§6 Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen Die Industrie- und Handelskammern sind berechtigt, im Rahmen des § 36 der Gewerbeordnung und der hierzu ergangenen Vorschriften Sachverständige zu bestellen und zu vereidigen. §7 Dienstsiegel Die Industrie- und Handelskammern sind berechtigt, ein Dienstsiegel zu führen. Die Vorschriften über die Führung des Landessiegels bleiben unberührt. §8 Höchstbeiträge (aufgehoben) §9 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.
15. Schleswig-Holstein Gesetz über die Industrie- und Handelskammern vom 24. Februar 1870, i.d.F.d.B. v. 31. Dezember 1971 Bestimmung und Errichtung der Industrieund Handelskammern §1 Die Industrie- und Handelskammern haben die Bestimmung, die Gesamtinteressen der Handel- und Gewerbetreibenden ihres Bezirkes wahrzunehmen, insbesondere die Behörden in der Förderung des Handels und der Gewerbe durch tatsächliche Mitteilungen, Anträge und Erstattung von Gutachten zu unterstützen.
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§2 (1) Die Errichtung einer Industrie- und Handelskammer unterliegt der Genehmigung des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr. (2) Bei Erteilung dieser Genehmigung wird, wenn die Errichtung für einen über mehrere Orte sich erstreckenden Bezirk erfolgt, über den Sitz der Industrie und Handelskammer Bestimmung getroffen. (3) Die Abgrenzung der Bezirke der Industrie- und Handelskammern sowie die Auflösung und die Zusammenlegung bestehender Kammern erfolgt nach Anhörung der beteiligten Kammern durch Anordnung des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr. Hierbei sollen die wirtschaftliche Zusammengehörigkeit und die Eigenart des Bezirkes, die steuerliche Leistungsfähigkeit der beitragspflichtigen Firmen und das notwendige Streben nach Kostenersparnis Berücksichtigung finden. (4) Benachbarte Industrie- und Handelskammern können mit Genehmigung des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr zur gemeinsamen und ausschließlichen Erfüllung bestimmter Aufgaben einen Zweckverband bilden. Das Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr kann die Bildung eines solchen Zweckverbandes anordnen, wenn mindestens die Hälfte der beteiligten Kammern zustimmt und wenn die zustimmenden Kammern mehr als die Hälfte der Gesamtzahl der eingetragenen Firmen sämtlicher beteiligten Kammern umfassen. Der Zweckverband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes. Über die Aufgaben des Zweckverbandes, seine Organe und ihre Besetzung sowie über die Deckung seiner Kosten trifft eine Satzung Bestimmung, die der Genehmigung des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr unterliegt. Solange eine Kammer einem Zweckverband angehört, darf sie ohne ihre Zustimmung nicht aufgelöst, anderweitig abgegrenzt oder mit einer anderen Kammer zusammengelegt werden. Der Zweckverband muss aufgelöst werden, wenn es mindestens die Hälfte der beteiligten Kammern verlangt oder wenn die es verlangenden Kammern mehr als die Hälfte der eingetragenen Firmen sämtlicher beteiligten Kammern umfassen.
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§§ 3 bis 22 (entfallen)
Kostenaufwand § 23 (1) Die Industrie- und Handelskammer … ordnet ihr Kassen- und Rechnungswesen selbständig. (2) Sie nimmt die von ihr für erforderlich erachteten Arbeitskräfte an, setzt die Vergütungen für dieselben fest und beschafft die nötigen Räumlichkeiten. § 24 (1) Die Mitglieder versehen ihre Geschäfte unentgeltlich. Nur die durch Erledigung einzelner Aufträge erwachsenden baren Auslagen werden ihnen erstattet. (2) Die Industrie- und Handelskammer kann beschließen, ihren Mitgliedern eine den baren Auslagen für die Teilnahme an den Sitzungen entsprechende Entschädigung zu gewähren. § 25 bis 28 (entfallen) § 29 (1) u. (2) entfällt (3) Einsprüche, welche sich gegen den dem Industrie- und Handelskammerbeitrag zugrundeliegenden Satz der staatlich veranlagten Gewerbesteuer richten, sind unzulässig. §§ 30 bis 30a (entfallen)
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§ 31 (1) Nach Abschluss des Rechnungsjahrs hat der Vorsitzende über alle Einnahmen und Ausgaben für das abgeschlossene Rechnungsjahr Rechnung zu legen (Haushaltsrechnung). Die Haushaltsrechnung ist durch einen Rechnungsprüfungsausschuss vorzuprüfen. (3) Auf die … Rechnungslegung, die Rechnungsprüfung und die Entlastung finden die Vorschriften der Landeshaushaltsordnung Anwendung. §§ 31a bis 32 (entfallen) § 33 (1) Die Industrie- und Handelskammern können die Öffentlichkeit ihrer Sitzungen beschließen. (2) Ausgenommen von der öffentlichen Beratung sind diejenigen Gegenstände, welche in einzelnen Fällen den Industrie- und Handelskammern als für die Öffentlichkeit nicht geeignet von den Behörden bezeichnet oder von ihnen selbst als zur öffentlichen Beratung nicht geeignet befunden werden. § 34 (1) Die Beschlüsse der Industrie- und Handelskammern werden … durch Stimmenmehrheit gefasst. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden … Um einen gültigen Beschluss zu fassen, ist die Ladung aller Mitglieder unter Mitteilung der Beratungsgegenstände und die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder erforderlich. (2) Über jede Beratung ist ein Protokoll aufzunehmen. §§ 35 bis 37 (entfallen)
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Geschäftskreis § 38 (entfallen) § 39 (1) Alljährlich bis spätestens Ende Juni haben die Industrie- und Handelskammern über die Lage und den Gang des Handels während des vorhergegangenen Jahres an das Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr zu berichten und den Bericht im Druck zu vervielfältigen. (2) Außerdem sind sie verpflichtet, durch die öffentlichen Blätter oder in sonst geeigneter Weise den Handel- und Gewerbetreibenden ihres Bezirks fortlaufende Mitteilungen aus den Beratungsprotokollen zu machen sowie summarisch von ihren Einnahmen und Ausgaben Kenntnis zugeben. § 40 Für die öffentliche Ermächtigung der Handelsmakler nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch und dem Handelsgesetzbuch ist die Industrie- und Handelskammer zuständig. Sie hat den Handelsmakler zur gewissenhaften Erfüllung seiner Aufgaben zu verpflichten. § 41 Börsen und andere für den Handelsverkehr bestehende öffentliche Anstalten können unter die Aufsicht der Industrie- und Handelskammer gestellt werden. § 42 (1) Die Industrie- und Handelskammer ist befugt, Dispacheure und solche Gewerbetreibende der in § 36 der Gewerbeordnung bezeichneten Art, deren Tätigkeit in das Gebiet des Handels fällt, öffentlich anzustellen und zu beeidigen. Auf Auktionatoren findet diese Bestimmung keine Anwendung …
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Schleswig-Holstein
Beaufsichtigung, Auflösung § 43 (1) Die Industrie- und Handelskammer unterliegt der Aufsicht des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr. (2) Auf Antrag desselben kann eine Industrie- und Handelskammer durch Beschluss der Landesregierung aufgelöst werden. Es sind sodann Neuwahlen anzuordnen, die innerhalb dreier Monate vom Tage der Auflösung an erfolgen müssen. Kommen Neuwahlen innerhalb dieser Frist nicht zustande, so kann das Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr ihre Hinausschiebung genehmigen. (3) Über die Geschäftsführung und Vermögensverwaltung der Industrie- und Handelskammer während der Zwischenzeit trifft das Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr die erforderlichen Anordnungen. Er kann in diesem Falle insbesondere Bestimmungen über die Einsetzung eines Vorstandes, die Ernennung des Vorsitzenden und die Beiordnung eines Beirats treffen. Auch kann er dem Vorsitzenden oder dem Vorstande das Recht verleihen, verbindliche Beschlüsse im Sinne des § 34 zu fassen.
Übergangs- und Schlussbestimmungen §§ 44 bis 46 (entfallen) § 47 Mit der Ausführung dieses Gesetzes ist das Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr beauftragt.
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16. Thüringen Thüringer Ausführungsgesetz zum Gesetz zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (ThürAGIHKG) vom 7. Dezember 1993 Der Thüringer Landtag hat das folgende Gesetz beschlossen: §1 Kammern und Kammerbezirke (1) In Thüringen bestehen die drei Industrie- und Handelskammern Ostthüringen zu Gera, Südthüringen und Erfurt. Die Kammerbezirke ergeben sich vorbehaltlich einer Rechtsverordnung im Sinne des Absatzes 2 aus den genehmigten Satzungen der Industrie- und Handelskammern. (2) Der Minister für Wirtschaft und Verkehr wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung im Einvernehmen mit dem Innenminister nach Anhörung der betroffenen Industrie- und Handelskammern die Einteilung der Kammerbezirke oder die Zuordnung von kommunalen Gebietskörperschaften zu den Kammerbezirken zu ändern, wenn infolge einer Funktional- oder Strukturreform der Verwaltung oder einer kommunalen Gebietsreform Änderungen notwendig werden oder dies zur besseren Durchführung der Kammeraufgaben geboten ist. (3) Erfolgt eine Änderung im Sinne des Absatzes 2, so findet zwischen den beteiligten Industrie- und Handelskammern eine Vermögensauseinandersetzung statt. Soweit die Kammern sich nicht einigen, entscheidet nach deren Anhörung das Ministerium für Wirtschaft und Verkehr. §2 Aufsicht und Aufsichtsmittel (1) Die Aufsicht über die Industrie- und Handelskammern führt das Ministerium für Wirtschaft und Verkehr (Aufsichtsbehörde). (2) Aufsichtsmittel sind insbesondere: 1. das Verlangen einer Unterrichtung, 2. die Beanstandung von Beschlüssen der Vollversammlung,
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Thüringen
3. die Anordnungen zur Aufhebung beanstandeter Beschlüsse, zur Rückgängigmachung getroffener Maßnahmen sowie zur Veranlassung und Ausführung des zur Wiederherstellung eines rechtmäßigen Zustandes Erforderlichen, 4. die Aufhebung von Beschlüssen und die Ersatzvornahme, 5. die Auflösung der Vollversammlung sowie die Bestellung eines Beauftragten unter den in den Absätzen 3 und 4 genannten Voraussetzungen. (3) Sind die in Absatz 2 unter den Nummern 1 bis 4 genannten Aufsichtsmittel erfolglos angewandt worden, so kann die Aufsichtsbehörde die Vollversammlung auflösen. Innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung über die Auflösung ist eine Neuwahl vorzunehmen. Das bisherige Präsidium führt die Geschäfte bis zum Amtsantritt eines neuen Präsidiums weiter und bereitet die Neuwahl der Vollversammlung vor. (4) Erweist sich die Auflösung und Neuwahl der Vollversammlung als ungeeignet, um weiteren Rechtsverstößen einer Industrie- und Handelskammer vorzubeugen, so kann die Aufsichtsbehörde einen Beauftragten einsetzen, der die Aufgaben der Vollversammlung oder des Präsidiums oder beider Organe wahrnimmt. Der Beauftragte nimmt die Aufgaben der Vollversammlung längstens bis zur regelmäßigen Neuwahl der nächsten Vollversammlung und die Aufgaben des Präsidiums längstens bis zum Amtsantritt des neuen Präsidiums wahr. §3 Amtshilfe der Finanzbehörden Die Finanzbehörden sind verpflichtet, den Industrie- und Handelskammern auf deren Anforderung die zur Festsetzung der Beiträge oder Sonderbeiträge erforderlichen Besteuerungsgrundlagen mitzuteilen. §4 Selbsterhebungsgrundsatz und Zwangsvollstreckung rückständiger Geldforderungen (1) Die Industrie- und Handelskammern erheben die Beiträge, Sonderbeiträge und Gebühren selbst. 527
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(2) Für die Vollstreckung von Beitragsbescheiden, Sonderbeitragsbescheiden und Gebührenbescheiden (Leistungsbescheiden) der Industrie- und Handelskammern sind die für die Vollstreckung von Geldforderungen der Gemeinden nach dem Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung bestimmten Stellen zuständig. Uneinbringliche Beitreibungskosten (Gebühren, Auslagen und Unkostenbeiträge) sind von den auftraggebenden Industrie- und Handelskammern zu zahlen. §5 Rechnungslegung Auf die Rechnungslegung der Industrie- und Handelskammern sind die für das staatliche Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen geltenden Grundsätze sinngemäß anzuwenden. Die Kammern geben sich eine Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung, die der Genehmigung der Aufsichtsbehörde im Einvernehmen mit dem Finanzministerium bedarf. §6 Rechnungsprüfung Der Minister für Wirtschaft und Verkehr regelt durch Rechtsverordnung, welche Stelle die Jahresrechnung prüft. § 111 der Thüringer Landeshaushaltsordnung bleibt unberührt. §7 Insolvenzunfähigkeit Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Industrie- und Handelskammer findet nicht statt. §8 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
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Literaturverzeichnis
Die Veröffentlichungen zur Kammergeschichte (5. Aufl., S. 380–385) werden nicht mehr fortgeführt, weil dieses Gebiet durch mehrere DIHT-Bibliographien vollständig erschlossen ist. Verweisungen auf Kommentare finden sich im Text. Die folgende Aufstellung enthält deshalb nur Monographien und Aufsätze, die für Spezialfragen von Interesse sind oder die im Text nur mit Namen und Fundstelle bezeichnet werden.
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Stichwortverzeichnis Die fetten Zahlen verweisen auf die Paragraphen; die mageren Zahlen auf die Randziffern.
Aberkennung des Wahlrechts 1 55; 5 11 Altersvoraussetzung für die Wählbarkeit zur VV 5 17 – für die Wählbarkeit zum Präsidium 6 4 ff. Amtshaftung der IHKs 1 250 Amtshilfe durch die IHKs 1 251 Amtsträger – Hauptgeschäftsführer 7 5 – Kammermitarbeiter 7 17 – Präsident 6 9 Amtszeit der Vollversammlung 5 31 Anerkennung von ausländischen Kammern 1 268 Anhörung der IHK 1 15, 28 – der Kammerzugehörigen 12 13 Anlagen und Einrichtungen der IHK 1 58 ff. Apotheker: Kammerzugehörigkeit, Beitragspflicht 3 97 ff. Arbeitnehmerkammer Einf. 17 Arbeitsgemeinschaften, Kammerzugehörigkeit 2 29 Arbeitsstelle für betriebliche Berufsausbildung 1 72 Arzneimittelgesetz 1 178 Aufgabenbereich der IHK, Erweiterung durch Landesrecht 1 165; 12 2 Aufgabenkreis – eigener, übertragener 1 226 ff.
Aufgabenübertragung 10 1 ff. Auflösung der IHK 12 6 ff. Auflösung der Vollversammlung als Aufsichtsmittel 11 16 Aufsichtsbehörde 12 19 Aufsichtsmittel 11 12 Auftragsangelegenheiten 1 228 Ausbilder, persönliche und fachliche Eignung 1 88 Ausbildungsberater 1 132 Ausbildungsdauer 1 95 ff. Ausbildungsordnung 1 83 Ausbildungsstätte, Eignung 1 91 Ausbildungsvergütung 1 86 Ausbildungsverhältnisse, Verzeichnis 1 82 Ausbildungsvertrag, Prüfung des Inhalts durch die IHK 1 83 Ausfertigung von Satzungsrecht 4 36 Auskünfte der IHK an Gerichte und Staatsanwaltschaft 1 42, 253 ff. – gegenüber Finanzbehörden 1 254 – über Sozialpolitik und Arbeitsrecht 1 265 – Weitergabe an Dritte 1 46, 253 Ausländische Unternehmen, Kammerzugehörigkeit 2 30 Auslagen 3 126 549
Stichwortverzeichnis
Auslandshandelskammern Einf. 20 Auslieferungslager, Betriebsstätte 2 89 Aussagegenehmigung für Mitarbeiter der Kammer 1 47, 257 Ausschüsse der IHK – Berufsbildungsausschüsse 8 5 ff. – Fachausschüsse 8 2 – Regionalausschüsse 8 3 Ausschussmitglieder, Benennung durch die IHK 1 48 Automaten, Betriebsstätte 2 88 Automatisierter Abruf 9 19 Baden-Württemberg, landesrechtliche Vorschriften S. 479 ff. Baustellen, Betriebsstätte 2 86 Bayern, landesrechtliche Vorschriften S. 481 ff. Industrie- und Handelsgremien 4 21; 5 41 Beauftragte der Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Berufsbildungsausschuss 8 5 ff. Beförderung gefährlicher Güter 1 186 Beglaubigungen durch die IHK 1 163 Behördenbegriff 1 241; 3 7 Beiträge 3 40 – Befreiung von Existenzgründern 3 75a – Befreiung von Kleinunternehmen 3 74 – Beitreibung 3 136 550
– – – – – – –
Daten 9 16 Einziehung 3 136 Erhebung 3 133 Erlass 3 142 Niederschlagung 3 142 Rechtsnatur 3 43 Reduzierung der Befreiungsgrenzen 3 76 ff. – Stundung 3 145 – Verjährung 3 148 Beitragsordnung 3 110 Beitragswesen der Kammern 3 43 Bekanntmachung des Satzungsrechts 4 38 Bemessungszeitraum der Umlage 3 63 Benennung von Ausschussmitgliedern durch die IHK 1 48 Benutzungsgebühr 3 123 Beratungstätigkeit der IHK 1 23, 24 Bergbau, Kammerzugehörigkeit 2 85 Berichte der IHK 1 13 Berlin, landesrechtliche Vorschriften S. 485 ff. Beteiligung an Gesellschaften 1 66 Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse 1 252 Betriebsrentengesetz 3 14 Betriebsstätte 2 71 ff., 80 ff., 128 Berufsausbildung, Überwachung und Förderung 1 130 Berufsbildung 1 69 ff. Berufsbildungsausschuss 8 5 – Abberufung 8 13 – Aufgaben 8 18
Stichwortverzeichnis
– Berufung 8 8 – Beschlussfähigkeit 8 17 – Ehrenamtliche Tätigkeit 8 15 – Geschäftsordnung 8 27 – Stellung innerhalb der Kammer 8 28 – Vorsitz 8 16 – Zusammensetzung 8 7 Berufsbildungsförderungsgesetz 1 80 Berufsbildungsgesetz, Genehmigungspflichten 1 72; 11 5, 32 Berufskraftfahrer 1 182 Bescheinigungen für den Wirtschaftsverkehr 1 150 ff. Beschlagnahme von Akten der Kammer durch die Staatsanwaltschaft 1 256 Beschlussfähigkeit der Vollversammlung 4 24 ff. Beschlusstätigkeit der Vollversammlung 4 23 Besoldungsrecht der IHKs 3 12 Betriebsspaltung und Kammerzugehörigkeit 2 49 Betriebsstätte 2 71 ff. Bevollmächtigte, besonders bestellte 5 18 Bewachungsgewerbe 1 184 Bezirk der IHK als regionaler Ausgangspunkt ihrer Tätigkeit 1 4 Bezirksausschüsse 4 21 Bildungsbericht der Bundesregierung 1 74 Binnenschiffer, Betriebsstätte 2 87
Börsenaufsicht 1 197 Brandenburg, landesrechtliche Vorschriften S. 487 ff. Bremen, landesrechtliche Vorschriften S. 490 ff. Bundesinstitut für Berufsbildung 1 72 Bundeswirtschafts- und Sozialrat Einf. 17 Chambre de Commerce Einf. 1 Datenerhebungsrecht 9 9 – Auskunftspflicht 9 14 Datennutzung 9 17 Daten, personenbezogene 9 7, 20 Datenschutz 9 3 Datenübermittlung – an andere IHKs 9 19, 34 – an nicht-öffentliche Stellen 9 20, 27 – ohne Widerspruchsmöglichkeit 9 22, 23 – mit Widerspruchsmöglichkeit 9 25 – an öffentliche Stellen 9 36 – zu Wahlzwecken 9 35 – Zweckbindung 9 28 Deckungsgleichheit der Grenzen von Verwaltungsbezirk und Kammerbezirk 12 9 Delegiertenbüros Einf. 21 Demoskopische Ermittlungen 1 33, 40 Dienstherrenfähigkeit der IHKs 3 10 Dienstsiegel der IHKs 12 31 DIHT Einf. 19
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Stichwortverzeichnis
Doppelzugehörigkeit 2 10; 3 100 Doppik 3 16 ff. EGV 2 7 „Ehrbarer Kaufmann“ in Hamburg als Träger eines Ehrengerichts 1 56 Ehrenamt, Mitgliedschaft in der Vollversammlung 5 92 – Tätigkeit im Berufsbildungsausschuss als 8 15 Ehrengerichtsbarkeit, Zulässigkeit, Verfahren 1 55 Eidesstattliche Versicherungen 1 155 Eigenbetriebe der öffentlichen Hand, Kammerzugehörigkeit 2 139 Eignung des Ausbildenden und der Ausbildungsstelle 1 91 Einheitliche Stelle 1 164a ff. Einigungsstelle für Wettbewerbsstreitigkeiten 1 172 Einrichtungen der IHK 1 58 ff. Einspruch gegen Beschlüsse des Berufsbildungsausschusses 8 24 Einstellung des Unternehmens und Kammerzugehörigkeit 2 54 Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln 1 177 Einzelkaufleute, Kammerzugehörigkeit 2 21 Empfehlungen 1 26 Entlastung 4 45 Entschädigung für die Tätigkeit im Prüfungs- und Berufsbildungsausschuss 1 108 552
Erbengemeinschaften, Kammerzugehörigkeit 2 29 Erlass, Beitrag 3 142 Ermessenskontrolle, Abgrenzung von Rechtsaufsicht 11 9 Errichtung einer IHK 12 6 Ersatzvornahme als Aufsichtsmittel 11 16 EU-Recht, Pflichtzugehörigkeit 2 7 Eurochambres Einf. 23 Europäische Menschenrechtskonvention 2 9 EWIV 2 31 Fachaufsicht 1 164 f., 170, 228; 11 3 Fachausschüsse der IHKs 4 20; 8 2 Feststellungsklage gegen das Wahlergebnis 5 75 Finanzämter – Bedeutung der Gewerbesteuerveranlagung 2 41; 3 70 – Übermittlung von Daten 9 15 Finanzaufsicht 11 40 Finanzhoheit 4 7 Finanzstatut 3 21a ff. Firmenrecht 1 35 Förderung der gewerblichen Wirtschaft 1 18 Förderungsmaßnahmen als Selbstverwaltungsaufgabe 1 142 Förderungs- und Fortbildungslehrgänge, Entgelte 1 147 Fortbildungsmaßnahmen 1 142 Fortbildungsprüfung 1 135
Stichwortverzeichnis
Freibetrag für Einzelgewerbetreibende und Personengesellschaften 3 82 Freie Berufe 2 59, 92 ff.; 3 100 Freie Berufe, Grenzen der Kammerzugehörigkeit 2 92 ff. Freiheitsstrafe, Verlust des Wahlrechts 5 10 Freiwilliger Beitritt zur IHK 2 145 „Friedenswahl“ 5 73 G 131 3 13 Gärtnereien, Kammerzugehörigkeit 2 104 Gaststättengesetz, Unterrichtung 1 183 Gastwirtschaft, kein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb 2 110 Gebühren 3 122 – im Rahmen der Berufsbildung 1 145 – Erhebung, Einziehung, Beitreibung 3 132 – Erlass 3 142 Gebührenordnung, Gebührentarif 3 125 ff. Gebührenregelung bei übertragenen Aufgaben 3 130 Gefahrgutbeauftragte 1 187 Gefahrgutfahrer 1 186 Gegenwartsveranlagung 3 63 Gemeinnützige Unternehmen, keine Kammerzugehörigkeit 2 47 Gemeinschaftslehrwerkstatt 1 142 Genehmigung der Wahlordnung durch die Aufsichtsbehörde 5 84
– Rechtslage bei Ablehnung 11 35 Genehmigungspflicht, Rechtsnatur und Rechtswirkung 11 36 Genehmigungstatbestände 11 27, 32 Genossenschaften, gewerbliche, Kammerzugehörigkeit 2 24 – landwirtschaftliche, Ausnahme von der Kammerzugehörigkeit 2 129 ff. Gesamtinteresse 1 6 Geschäfte, laufende 4 11; 7 12 Geschäftsführer 7 17 Gesellschaften bürgerlichen Rechts, Kammerzugehörigkeit 2 29 Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Kammerzugehörigkeit 2 64 GmbH & Co., Kammerzugehörigkeit 2 65 Gesetzesgeschichte Einf. 15 Gewerbeanzeige 1 197a Gewerbebegriff, steuerlicher 2 59, 63 Gewerbeertrag als Grundlage der Umlage 3 58 ff. – Mitteilung an die IHKs 3 70 ff. Gewerbesteuerpflicht als Merkmal der Kammerzugehörigkeit 2 35 – Objektive Gewerbesteuerpflicht 2 36 f. – Organgesellschaften 2 40 – Tatbestandswirkung 2 41 – Zeitpunkt, maßgebender 2 44 553
Stichwortverzeichnis
Gewerbetreibender 2 16 Gewerbliche Niederlassung 2 76 Gewerbliche Wirtschaft 1 5 Gewerkschaften (-Vorschlagsrechte) 1 102; 8 9 Gewinnabsicht 2 63 Gewinn aus Gewerbebetrieb 3 66 Grundbeitrag 3 48 – Ermäßigung für Komplementär- und Tochtergesellschaften 3 80 Grundrecht auf allgemeine Handlungsfreiheit 2 3 – der Vereinigungsfreiheit 2 3 Gutachten der IHK 1 27 ff. Güterkraftverkehr, Sachkundeprüfung 1 180a Hamburg, landesrechtliche Vorschriften S. 493 ff. Handelsbrauch, Feststellung durch die IHK 1 33, 41 Handelsgesellschaften, Kammerzugehörigkeit 2 98 Handelsgremien Industrie- und – in Bayern 4 21; 5 41; 8 3 Handelsmakler, öffentliche Ermächtigung durch die IHK 1 188 Handelsregistereintragung für Kammerzugehörigkeit unerheblich 2 32 Handelsrichter 1 50 Handelsvertreter, Betriebsstätte 2 78 Handwerker, Grenzen der Kammerzugehörigkeit 2 114, 121 Handwerkerkaufleute 2 115 554
Handwerksähnliche Betriebe 2 114 ff., 118 ff. Handwerkliche, zulassungsfreie und zulassungsfreie handwerksähnliche Betriebe 2 118 Handwerksordnung 2 117 Hauptgeschäftsführer 7 1 ff. – Abberufung 7 8 – Amtsträger 7 5 – Aufgaben 7 2 – Bestellung 7 6 – mehrere Hauptgeschäftsführer 7 11 – Organstellung 7 1 – rechtliche Stellung 7 1 Haushaltsgrundsätzegesetz, Bedeutung für das Kammerrecht 3 18 Haushaltsjahr 3 22 Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung 3 17 Haushaltsordnungen des Bundes und der Länder 3 16 Haushaltsplan der IHK, Inhalt 3 22 – nicht genehmigungs- und vorlagepflichtig 11 43 – Zuständigkeit 4 5 Haushaltsrecht 3 16 Haushaltsrecht der IHKs 3 16 Haushaltssatzung 3 34 Hebesatz siehe Umlage Hessen, landesrechtliche Vorschriften S. 498 ff. HKRO 3 17 Hoheitsaufgaben 1 233 Idealverein, Kammerzugehörigkeit 2 69
Stichwortverzeichnis
Individualschutz nicht Aufgabe der Staatsaufsicht 11 21 Industrie- und Handelsgremien in Bayern 4 21; 5 41; 8 3 Industrie- und Handelskammer, Auflösung 12 6, 11 – Bezeichnung 4 15 – Errichtung und bezirkliche Abgrenzung 12 6 – Namensrecht 1 267 – Rechtsnatur 3 1 Informationsfreiheitsgesetze 9 37 Informationspflicht 1 20 Insolvenzausschluss für IHK 39 Interessenkollision als Ausschließungsgrund für die Mitwirkung an Beschlüssen 5 95 Jahresabschluss, Prüfung 12 25 Jugendarbeitsschutzgesetz 1 73, 92 Juristische Personen, Kammerzugehörigkeit 2 24 – Wahlrecht und Wählbarkeit 5 4, 13 Kalenderjahr als Haushaltsperiode 3 22 Kammerangestellte 3 14 Kammerbeamte 3 10 Kammerbezirk, Änderung durch staatlichen Hoheitsakt 12 8 – Rechtsmittel gegen Änderung 12 10 Kammergeschichte Einf. 1 ff. Kammergutachten 1 27
Kammervereinigungen 1 16 Kammerzeitschriften 1 20 Kammerzugehörigkeit, Beginn und Ende 2 53 – Begriff 2 1 – bei Gewerbesteuerpflicht kraft Rechtsform 2 57 – bei Wechsel der Rechtsform 2 16 – Voraussetzungen 2 13, 14 Kaufkraft, Gesetz zur Erhaltung und Hebung der 11 49 Kleinstgewerbetreibende, Beitragspflicht, Beitragsfreiheit 3 74 – Einbeziehung in die Kammerzugehörigkeit 2 32 Koalitionsfreiheit siehe Grundrecht und Vereinigungsfreiheit 2 3 Kommunalabgabengesetze 3 137 Kommunale Zweckverbände 2 142 Kommunalunternehmen 2 139 Körperschaftsrecht 3 1 Kooptation 5 38 Korruptionsbekämpfung 1 57 Krankenanstalten, Kammerzugehörigkeit 2 95 Kreditgenossenschaften, Ausnahme von Kammerzugehörigkeit 2 130 Kreditkassen 2 133 Landesrechtliche Ergänzungen des IHKG 12 2 Landesverfassung, Pflichtzugehörigkeit 2 6
555
Stichwortverzeichnis
Land- und Forstwirtschaft 2 100; 3 106 Landwirtschaftliche Nebenbetriebe, Kammerzugehörigkeit 2 105 Lehrer, Mitwirkung im Berufsbildungsausschuss 8 7, 16 – Mitwirkung in Prüfungsausschüssen 1 105, 102 Lehrgänge 142 Leistungskraft, Staffelkriterium 3 49 Lohndrescher, Kammerzugehörigkeit 2 111 Mandat, kein allgemein-politisches Mandat 1 232 Mecklenburg-Vorpommern, landesrechtliche Vorschriften S. 501 ff. Meinungsbildung 1 11 Merkblatt zur Feststellung von Handelsbräuchen 1 41 Minderhandwerk 2 119 Mischbetriebe handwerklicher und nichthandwerklicher Art 2 122; 3 85 Mitbestimmung, überbetriebliche Einf. 17 Mitglied der Vollversammlung, Ehrenamt, Schweigepflicht 5 94 Mitteilungsblatt der IHK als Verkündungsorgan 4 40 Mitteilung der Gewerbeerträge 3 70 ff. Mittelbare Wahl 5 37 ff. Nachbewilligung von Ausgaben 3 35 Nachtragshaushalt 3 35 556
Namensrecht der IHK 1 267 Nebenbetriebe der Landwirtschaft, Kammerzugehörigkeit 2 105 – handwerkliche, Kammerzugehörigkeit 2 123, 127 Neue Bundesländer Einf. 6 Neugliederung von Kammerbezirken 12 9 Nichtrechtsfähige Personenmehrheiten, Kammerzugehörigkeit 2 29 Niederlassungsfreiheit, Kammerbescheinigung 1 159 Niedersachsen, landesrechtliche Vorschriften S. 504 ff. Nordrhein-Westfalen, landesrechtliche Vorschriften S. 506 ff. Normenkontrollverfahren 1 236 Nullveranlagung, Freistellungsbescheid 2 37 Öffentliche Aufgaben 2 3 Öffentlichkeit – Haushaltsplan 3 31 – Vollversammlung 4 29 Öffentlich-rechtlicher Zusammenschluss 10 7; 11 25a, 34a Organe 6 2 – Begriff 6 1 – Behördeneigenschaft 6 3 – Organstreitigkeiten 6 3 – Verhältnis zueinander 6 17 Organe der IHK 6 1 ff. Organgesellschaften, Kammerzugehörigkeit 2 40; 3 56 – Umlageberechnung 3 68 Organstreit 1 248; 6 3
Stichwortverzeichnis
Organwalter 6 12 Partnerschaftsgesellschaft 2 23, 96 Personalhoheit 4 6 Personalvertretungsgesetze 3 15 Personenhandelsgesellschaften 2 22 Personenmehrheiten, Kammerzugehörigkeit 2 29 – Wahlrecht und Wählbarkeit 55 Pflanzenzuchtbetriebe, Kammerzugehörigkeit 2 104 Pflichtmitgliedschaft, Kammerzugehörigkeit kraft gesetzlicher Vorschrift 2 3 Pflicht- und Selbstverwaltungsaufgaben 1 226 Präsident 6 4 – Altersgrenzen 6 6 – Amtsträger 6 9 – Aufgaben 6 13 – Organ 6 9 – Staatsangehörigkeit 6 5 – Voraussetzungen der Wählbarkeit 6 4 – Wahl 6 4 – Wahlanfechtung 6 10 – Wegfall der Wählbarkeit 6 7 – Wiederwahl 6 6 Präsidium – kein Amtsträger 6 12 – Aufgaben 6 15 – Organ 6 12 – Wahl 6 11 Prokuristen, Wählbarkeit 5 18 Prüfung der Haushaltsgebarung und der Jahresrechnung 12 25
Prüfungen bei Fortbildung und Umschulung 1 135 Prüfungsausschüsse – nach dem Berufsbildungsgesetz 1 102 ff. – freiverkäufliche Arzneimittel 1 178 – Güterkraftverkehr 1 180 – Personenstraßenverkehr 1 181 – Waffengesetz 1 179 Prüfungsentscheidung, Anfechtung 1 119 Prüfungsgebühr 1 145 Prüfungsordnung 1 118 Prüfungsstelle siehe Rechnungsprüfungsstelle Rechtsgeschäftliche Vertretung der IHK 6 14; 7 12 Rechnungslegung und Rechnungsprüfung 3 39; 12 25 Rechnungsprüfer der Vollversammlung 4 30, 46 Rechnungsprüfungsrichtlinien der Aufsichtsbehörde 12 29 Rechnungsprüfungsstelle 12 26 Rechtsaufsicht 3 28; 11 2 Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Wahlorgane, gegen die Wahlen 5 78, 86 Rechtspflege und Kammertätigkeit 1 28 Rechtsschutz bei Streit um die Kammerzugehörigkeit und Beitragspflicht 2 147 – gegen Verwaltungsakte der IHKs 1 241; 3 154 Regionalprinzip 1 4
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Stichwortverzeichnis
Rheinland-Pfalz, landesrechtliche Vorschriften S. 509 ff. Rückständeverzeichnis, Vollstreckungstitel 3 139 Ruhen des Betriebes 2 54 Saarland, landesrechtliche Vorschriften S. 512 ff. Sachkundeprüfungen 1 177 ff. Sachsen, landesrechtliche Vorschriften S. 514 ff. Sachsen-Anhalt, landesrechtliche Vorschriften S. 518 ff. Sachverständige 1 198 – Bestellung und Beeidigung durch die IHK 1 198, 203 – Bestellungsvoraussetzungen 1 210 – Ermittlungen der IHK über Eignung 1 212 – Schutz der Bezeichnung 1 207 – Widerruf der Bestellung 1 218 Sachverständigenordnungen 1 212 Sägewerke als landwirtschaftlicher Nebenbetrieb 2 105 Sanatorien, Kammerzugehörigkeit 2 95 Satzung, Rechtsnatur, Inhalt 4 14 ff. Satzungsgewalt der IHKs 1 236 Satzungsrecht der IHKs, Geltungsbereich, Voraussetzungen 1 237 – Nachprüfung im Rechtsmittelverfahren 1 238 Schausteller, Betriebsstätte 2 79 558
Schiedsgerichte als Einrichtungen der IHKs 1 67 Schleswig-Holstein, Allg. Landesverwaltungsgesetz S. 520 ff. Schlichtungsstellen 1 68 – zwischen Ausbildenden und Auszubildenden 1 266 Schlichtverwaltende Tätigkeit der IHKs 1 245 Schuldnerverzeichnis 1 22 Schweigepflicht der Mitglieder der Vollversammlung 5 94 Selbstverwaltung, Begriff 1 226; 3 3, 4 Selbstverwaltungsangelegenheiten, eigener und übertragener Wirkungskreis 1 170, 226, 227 Selbstverwaltungsaufgaben in der Berufsbildung 1 77 Selbstverwaltungskörperschaften, Verhältnis zum Staat 3 3, 4 Sonderbeiträge, Rechtsnatur, Voraussetzungen, Verfahren 3 114 Sonderbeitragsordnung 3 120 Sozialpolitische Interessen, keine Zuständigkeit der IHKs 1 262 Sparkassen, Kammerzugehörigkeit 2 26 Sperrwirkung des IHKG 1 166 Spitzenorganisationen 1 16 Spruchstelle für Ehrenangelegenheiten 1 56 Staatsaufsicht 11 1 Staatsbanken, Kammerzugehörigkeit 2 26 Staatshaftung 1 250
Stichwortverzeichnis
Steuergeheimnis 1 254; 3 70, 73 Stille Gesellschaft 2 51 Tankstelle 2 89 Tankzugfahrer 1 186 Tarifvertragsrecht, keine Kammeraufgabe 1 263 Thüringen, landesrechtliche Vorschriften S. 526 ff. Tierhaltung, Tierzucht, Kammerzugehörigkeit 2 113 Übertragung weiterer Aufgaben 1 165 Umlage, Umlagesatz 3 58 – Freibetrag 3 82 Umsatzgrenze für Beitragspflicht 3 76 Umschulung als Teil der Berufsbildung 1 137 Umwandlung, Auswirkungen auf die Kammerzugehörigkeit 2 18 Umweltaudit 1 194 Unterlassen als Gegenstand der Rechtsaufsicht 11 8 Unterlassungsklage wegen Aufgabenüberschreitung 1 233 Unterrichtung, Gaststättengesetz 1 183 Untersagung des Einstellens und Ausbildens 1 92 Ursprungszeugnisse, Begriff, Rechtsgrundlage, Musterstatut, Verfahren 1 150 ff. Verbandslast 3 45 Verbandskompetenz 1 229
Vereine, Kammerzugehörigkeit 2 62 Verhältnismäßigkeit der Aufsichtsmittel 11 17 Verjährung von Kammerbeiträgen 3 148 Verkaufsstelle 2 79 Verkehrsdurchsetzung von Warenzeichen 1 41 Verkehrssitte, Feststellung durch die IHK 1 32 Verkündung des Satzungsrechts der IHK 4 38 Verlängerung der Amtszeit der Vollversammlung 5 33 Verpachtete Unternehmen, Kammerzugehörigkeit 2 48 Verpackungsverordnung 1 195 Verpflichtungsgesetz 5 94; 3 73 Verschwiegenheitspflicht 5 94 Versicherungsunternehmen, Betriebsstätte 2 90 Versicherungsvereine a.G., Kammerzugehörigkeit 2 67 Versicherungsvermittler, Register 1 190 Versicherungsvertreter, Betriebsstätte 2 90 Versorgung 3 12, 13 Versteigerer, Bestellung durch die IHKs 1 189 Vertraulichkeit von Kammerunterlagen 1 251 Vertraulichkeit von Unterlagen 1 215, 253 ff. Vertretung, rechtsgeschäftliche der IHK 6 14; 7 12 Verwaltungsakte 1 241 Verwaltungsgebühren 3 124
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Stichwortverzeichnis
Verwaltungskostengesetze 3 126, 131 Verwaltungsverfahrensgesetze 1 239; 3 146 Verwaltungsvollstreckungsgesetze 3 138 Verwaltungszustellungsgesetze 3 140 Verweigerung der Einsicht in die Akten der IHK 1 252 Verzeichnis der Ausbildungsverhältnisse 1 82 ff. Vollversammlung als Beschlussorgan 4 2 – Amtszeit, Verlängerung 5 31 ff. – Auflösung als Aufsichtsmittel 11 16 – Ende der Mitgliedschaft 5 22 – Wählbarkeit 5 13 – Wahl 5 71 – Zuständigkeit 4 5 ff. Vorausbelastung, Vorbild der Sonderbeiträge 3 114 Waffengesetz, Fachkundeprüfung 1 179 Wahlanfechtung 5 86 Wahlausschuss, Wahlleiter, Kommissar 5 58 Wählbarkeit zum Präsidium 6 11 – zur Vollversammlung 5 13 ff. Wahl zur Vollversammlung, mittelbare 5 37 – Vorbereitung, Durchführung, Feststellung des Ergebnisses 5 58 ff.
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Wahlberechtigung, Verlust 5 10 ff. Wahlgruppen 5 44 Wahlordnung, rechtliche Bedeutung, Inhalt 5 26 ff. – Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde 5 84 Wahlrecht 5 4 ff. Wahlsystem: Persönlichkeitswahl 5 35 – Ersatzwahl, Ergänzungswahl 5 36 Wahlverfahren, Rechtsmittel 5 79, 80 Wahlvorschläge 5 63 Wahrung von Sitte und Anstand als Kammeraufgabe 1 52 ff. Warnungen 1 26 Weisungsrecht gegenüber der IHK 11 3 „Wichtige Angelegenheit“ der beruflichen Bildung 8 18 Widerspruch, Rechtsmittel gegen Wahlen 5 86 ff. Wirtschaftsausschuss des Landtages NRW 12 15 Wirtschaftsplan 3 22 Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, Kammerzugehörigkeit 2 98 Wirtschaftssatzung 3 34 Zentralgenossenschaften, Grenzen der Kammerzugehörigkeit 2 136 Zerlegungsanteile des Gewerbesteuermessbetrages 2 42; 3 67
Stichwortverzeichnis
Zukauf, Kammerzugehörigkeit der Landwirte bei steuerschädlichem 2 101 Zulassung zur Abschlussprüfung 1 112 Zusammenschlüsse von Genossenschaften 2 136 Zuständige Stelle im Berufsbildungsgesetz 1 76 Zuständigkeit der Vollversammlung, Einschränkungen 4 8, 11
Zuwahl zur Vollversammlung 5 37 Zwangsgeld, kein zulässiges Aufsichtsmittel 11 16 Zwangsmitgliedschaft siehe Pflichtmitgliedschaft Zweckbindungen von Haushaltseinnahmen 3 34 Zweckverbände – der Kommunen 2 142 – der IHKs 1 222; 10 2 ff. Zweigniederlassung 2 77 Zwischenprüfung 1 126 ff.
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