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German Pages 1304 [1390] Year 2022
Nedden/Herzberg/Kopetzki ICC-SchO/DIS-SchO Praxiskommentar zu den Schiedsgerichtsordnungen
ICC-SchO DIS-SchO Praxiskommentar zu den Schiedsgerichtsordnungen herausgegeben von
Rechtsanwalt
Jan Heiner Nedden, M.M. HANEFELD Rechtsanwälte, Hamburg Rechtsanwalt, Solicitor (England and Wales)
Axel Benjamin Herzberg, LL.M. BODENHEIMER, Berlin Rechtsanwalt
Ulrich Kopetzki Wien
2. Auflage
2022
Bearbeiter Niuscha Bassiri Rechtsanwältin, Hanotiau & van den Berg, Brüssel
Dr. Rouven F. Bodenheimer, M.A. Rechtsanwalt, BODENHEIMER, Köln
Dr. Simon Manner Rechtsanwalt, Manner Spangenberg, Hamburg
Jan Heiner Nedden, M.M. Rechtsanwalt, HANEFELD Rechtsanwälte, Hamburg
Dr. David Quinke, LL.M. Dr. Heiko Alexander Haller Rechtsanwalt, Baker McKenzie, Düsseldorf
Dr. Paul Hauser, LL.M. Rechtsanwalt, Clifford Chance, Frankfurt a.M.
Axel Benjamin Herzberg, LL.M.
Rechtsanwalt, Gleiss Lutz, Düsseldorf
Dr. Judith Sawang, LL.M. Rechtsanwältin, Ashurst, Frankfurt a.M.
Dr. Alexander Schilling, LL.M. Rechtsanwalt, Attorney-at-Law (New York), Siemens Healthineers, Erlangen
Rechtsanwalt, Solicitor (England and Wales) BODENHEIMER, Berlin
Dr. Nils Schmidt-Ahrendts
Ulrich Kopetzki
Dr. Friederike Strack, LL.M.
Rechtsanwalt, Wien
Syndikusrechtsanwältin, TÜV Rheinland AG, Köln
Meike von Levetzow
Dr. Philipp K. Wagner, LL.M.
Rechtsanwältin, Noerr, Berlin
Rechtsanwalt, Attorney-at-Law (New York), WAGNER Arbitration, Berlin
Rechtsanwalt, HANEFELD Rechtsanwälte, Hamburg
Zitierempfehlung: Bearbeiter in Nedden/Herzberg/Kopetzki, ICC-SchO/DIS-SchO, 2. Aufl., Art. … ICC-SchO Rz. … Die ICC-SchO ist abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der © International Chamber of Commerce (ICC). Der hier wiedergegebene Text ist zum Zeitpunkt des Drucks im Juli 2022 gültig. Etwaige Änderungen der ICC-SchO sowie weitere Informationen über die Streitbeilegungsdienste der ICC finden Sie auf der Website https://iccwbo.org/dispute-resolutionservices. Der Text ist auch verfügbar unter http://library.iccwbo.org (ICC Digital Library). Die ICC-SchO ist in verschiedene Sprachen übersetzt worden. Sollten sich im Vergleich mit der deutschen Version Unterschiede ergeben, gilt die englische Originalfassung als allein verbindlich. Die DIS-SchO ist abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS). Der hier wiedergegebene Text ist zum Zeitpunkt des Drucks im Juli 2022 gültig. Die DIS-SchO ist in deutscher und englischer Sprache abgefasst. Der Wortlaut in beiden Sprachen ist gleichermaßen verbindlich. Darüber hinaus wurde die DIS-SchO in verschiedene Sprachen übersetzt.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Verlag Dr. Otto Schmidt KG Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln Tel. 02 21/9 37 38-01, Fax 02 21/9 37 38-943 [email protected] www.otto-schmidt.de ISBN 978-3-504-47119-4 ©2022 by Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Köln Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das verwendete Papier ist aus chlorfrei gebleichten Rohstoffen hergestellt, holz- und säurefrei, alterungsbeständig und umweltfreundlich. Einbandgestaltung: Lichtenford, Mettmann Satz: Schäper, Bonn Druck und Verarbeitung: Beltz Grafische Betriebe GmbH, Bad Langensalza Printed in Germany
Vorwort zur 2. Auflage Der vorliegende Praxiskommentar zu den Schiedsgerichtsordnungen der Internationalen Handelskammer (ICC) und der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) wurde von schiedserfahrenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten und Unternehmensjuristinnen und -juristen verfasst. Die Herausgeber sind als vormalige Angehörige des Sekretariats des ICC-Schiedsgerichtshofs zudem mit der institutionellen Perspektive auf die internationale Schiedsverfahrenspraxis besonders vertraut. Zudem waren diverse Autoren in verschiedenen Gremien an der Reform der DIS-Schiedsgerichtsordnung beteiligt. Der Kommentar ist den Bedürfnissen der Praxis verpflichtet. Fundstellennachweise wurden daher auf ein Mindestmaß reduziert und die Darstellung von Streitständen stark konzentriert. Andererseits hält die Kommentierung einer jeden Norm neben einer Darstellung des Verhältnisses zu den schiedsverfahrensrechtlichen Vorschriften des X. Buchs der deutschen ZPO und einem Vergleich mit den in Verfahren vor staatlichen Gerichten geltenden Bestimmungen Empfehlungen und Hinweise – auch zu etwaigen Kostenfolgen – bereit, und Handlungsalternativen und -szenarien werden aufgezeigt. Zudem sind Schriftsatzmuster zu verschiedenen Themenbereichen zu finden. Sowohl für die DIS-SchO als auch für die ICC-SchO wird auf die Änderungen eingegangen, die die jüngsten Reformen dieser Regelwerke mit sich gebracht haben. Für die ICC-SchO werden dabei sowohl die Änderungen der ICC-SchO 2017 als auch die jüngsten Änderungen der ICC-SchO 2021, die mit dem 1.1.2021 in Kraft getreten sind, dargestellt. Für die DIS-SchO werden die Änderungen berücksichtigt, die mit der jüngsten Reform der DIS-SchO 2018 einhergegangen sind. Herrn Rechtsanwalt Paul Hauser, Mitglied des Redaktionsausschusses im Zuge der Reformkommission der DIS-SchO 2018, sind wir für die Durchsicht der Kommentierungen zur DIS-SchO zu Dank verpflichtet. Trotz der vorgenannten Durchsicht geben die Kommentierungen zur DIS-SchO allein die persönliche Meinung der Autoren wider und sind für die DIS unverbindlich. Kritik und Anregungen nehmen wir gern per E-Mail entgegen. Für die editorischen Schlussarbeiten am Manuskript sind die Herausgeber zu Dank verpflichtet: Frau Univ.-Ass. Mag. Hannah Grandits (Universität Wien), Herrn ref. iur. Yannis Graeve, Frau Jil Schneider, Frau ref. iur. Juliane Willert und Herrn ref. iur Bent Simon (HANEFELD), Herrn ref. iur. Ioannis Georgiadis, Frau stud. iur. Julija Keselj, B.A., Frau ref. iur. Alexandra Lampe, Frau stud. iur. Eva Potzy, Frau ref. iur. Marlene Wette, Frau stud. iur. Lara Ali, Frau stud. iur. Anita Alimova, Herrn stud. iur. Jesper Fisch, Frau stud. iur. Geneviève Reed und Frau stud. iur. Nadine Yassin (BODENHEIMER). Hamburg/Berlin/Wien, im Mai 2022 Jan Heiner Nedden ([email protected]) Axel Benjamin Herzberg, LL.M. ([email protected]) Ulrich Kopetzki ([email protected]) VII
Vorwort
Im Einzelnen haben bearbeitet: Bassiri Bassiri/Herzberg Bassiri/Kopetzki Bodenheimer Haller Haller/Strack Hauser Hauser/Sawang Hauser/Manner Herzberg Herzberg/Nedden Kopetzki Kopetzki/Herzberg Kopetzki/Nedden von Levetzow Manner Manner/Hauser Nedden Nedden/Herzberg Nedden/Herzberg/ Kopetzki Nedden/Manner Quinke Sawang/Hauser Schilling Schmidt-Ahrendts Strack/Haller Wagner Wagner/Herzberg
VIII
Art. 30 DIS-SchO Art. 28 ICC-SchO Art. 6 ICC-SchO Art. 18 ICC-SchO, Art. 22, Anlage 6 DIS-SchO Art. 19, 22, 41 ICC-SchO, Art. 21, 45 DIS-SchO Art. 25–27 ICC-SchO, Art. 14 DIS-SchO Vorbemerkungen DIS-SchO, Art. 1–4, 6, Musterklauseln, Anlage 1 DIS-SchO Art. 13, 20 DIS-SchO Art. 35–36 Anlage 2 DIS-SchO Vor Art. 11–15, Art. 23–24, 36, 40, 42, Anhang IV, Standardklauseln ICC-SchO, Art. 27, 43, Anlage 3 DIS-SchO Art. 1, 2, Anhänge I–II ICC-SchO Art. 16, 39 ICC-SchO Art. 29, Anhang V ICC-SchO Art. 11, Art. 30, Anhang VI ICC-SchO Art. 20 ICC-SchO, Art. 23, 42, 44, Anlage 4 DIS-SchO Art. 37–41 DIS-SchO Art. 32–34 DIS-SchO Art. 14, 15 ICC-SchO, Art. 9, 15, 16 DIS-SchO Art. 37, 38, Anhang III ICC-SchO Einleitung, Vorbemerkungen ICC-SchO Art. 31–35 ICC-SchO Art. 25 DIS-SchO Art. 10–12 DIS-SchO Art. 3–5, 17 ICC-SchO, Art. 5, 7 DIS-SchO Vor Art. 7, Art. 7–10, Art. 21 ICC-SchO, Art. 8, 17–19, 24 DIS-SchO Art. 26, 28, 29, 31 DIS-SchO Anlage 5 DIS-SchO Art. 12, 13 ICC-SchO
Vorwort
Über die Herausgeber: Jan Heiner Nedden war sieben Jahre lang im Sekretariat des Internationalen Schiedsgerichtshofs der ICC in Paris tätig und dort für die Betreuung und das Verfahrensmanagement von über 1000 Schiedsverfahren zuständig. Er ist heute als Parteivertreter und Schiedsrichter in Verfahren nach verschiedenen institutionellen Schiedsordnungen sowie in Ad-Hoc-Verfahren aktiv und tritt als parteibenannter Experte zum deutschen Recht in Verfahren vor ausländischen Gerichten auf. Als berufenes Mitglied der ICC Commission on Arbitration and ADR sowie des International Dispute Resolution Committees des Danish Arbitration Institutes wirkt er an der Überarbeitung von Regelwerken mit. Axel Benjamin Herzberg begann seine juristische Laufbahn im Sekretariat des Internationalen Schiedsgerichtshofs der ICC in Paris, gefolgt von einer Tätigkeit als Prozessanwalt in einer internationalen Großkanzlei. Heute betreut er als Gründungspartner von BODENHEIMER nationale und internationale Streitverfahren vor staatlichen Gerichten und vor Schiedsgerichten, wobei Parteivertreter- und schiedsgerichtliche Mandate einander ergänzen. Zudem berät er Unternehmen und Institutionen zu grenzüberschreitenden Sachverhalten und Fragestellungen auf dem Gebiet des Wirtschaftsrechts. Herr Herzberg ist ebenfalls berufenes Mitglied der ICC Commission on Arbitration and ADR. Herr Herzberg ist in Deutschland als Rechtsanwalt und Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht zugelassen. Er ist Mitglied des Fachanwaltsausschusses für Internationales Wirtschaftsrecht der Rechtsanwaltskammer Berlin. Außerdem ist Herr Herzberg auch als Solicitor in England und Wales zugelassen. Ulrich Kopetzki war im Sekretariat des Internationalen Schiedsgerichtshofs der ICC in Paris sowohl im deutschsprachigen als auch im osteuropäischen Verfahrensmanagementteam tätig, wo er über 500 Schiedsverfahren betreut hat. Heute ist er als Parteivertreter und Schiedsrichter in internationalen Schiedsverfahren aktiv. Herr Kopetzki befasst sich darüber hinaus auch mit anderen Formen der alternativen Streitbeilegung. So war er Visiting Scholar am Dispute Resolution Research Center der Kellogg School of Management (Illinois, USA) und unterrichtet Verhandlungsführung und Mediation an verschiedenen Universitäten. Herr Kopetzki ist als Rechtsanwalt in Österreich zugelassen.
IX
Wegweiser Seite
Kommentierte/abgedruckte Regelwerke ICC-SchO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ICC-SchO Anhang I: Satzung des Internationalen Schiedsgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ICC-SchO Anhang II: Geschäftsordnung des Internationalen Schiedsgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ICC-SchO Anhang III: Kosten und Honorare für Schiedsverfahren ICC-SchO Anhang IV: Verfahrensmanagementtechniken . . . . . ICC-SchO Anhang V: Eilschiedsrichterverfahrensordnung . . . . ICC-SchO Anhang VI: Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ICC Standardklauseln/Formulierungsvorschläge . . . . . . . . . .
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12
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14 634 380 500
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539 710
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715 727 1118
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1017 1231
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1249 1303 1225
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171
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425
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DIS-SchO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . DIS-SchO Anlage 1: Geschäftsordnung . . . . . . . . . . . . . . . DIS-SchO Anlage 2: Kostenordnung . . . . . . . . . . . . . . . . DIS-SchO Anlage 3: Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . DIS-SchO Anlage 4: Beschleunigtes Verfahren . . . . . . . . . . . DIS-SchO Anlage 5: Ergänzende Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . DIS-SchO Anlage 6: Konfliktmanagementordnung . . . . . . . . DIS-Musterschiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . DIS-Richtlinien für die Erstattung von Auslagen der Schiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Praxishilfen Muster: Klageantwort und Widerklage (Art. 5 ICC-SchO) kombiniert mit einem Antrag auf Einbeziehung einer zusätzlichen Partei (Art. 7 ICC-SchO) (deutsch/englisch) . . . . . Muster: Antrag auf Verfahrensverbindung (Art. 10 ICC-SchO) (deutsch/englisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster: Gemeinsamer Vorschlag für einen Zeitplan und Verfahrensregeln (Art. 25 ICC-SchO) (deutsch/englisch) . . Muster: Schriftliche Zeugenaussage (Art. 25 ICC-SchO) (deutsch/englisch) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XI
Wegweiser Seite
Muster: Redfern Schedule (Art. 25 ICC-SchO) (deutsch/englisch) . Muster: Berichtigungsantrag (Art. 36 ICC-SchO) (deutsch/englisch) Muster: Stellungnahme zu einem Berichtigungsantrag (Art. 36 ICC-SchO) (deutsch/englisch) . . . . . . . . . . . . . . Musterschiedsklausel DIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Muster: Antrag auf Erlass einer einstweiligen schiedsgerichtlichen Maßnahme (Art. 25 DIS-SchO) (deutsch/englisch) . . . . Checkliste: Inhalt der Klageschrift (Art. 4 ICC-SchO) . . . Checkliste: Inhalt der Klageantwort (Art. 5 ICC-SchO) . . Checkliste: Inhalt der Klage (Art. 5 DIS-SchO) . . . . . . . Checkliste: Inhalt der Klageerwiderung (Art. 7 DIS-SchO)
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Schaubild: Fristberechnung (Art. 3 ICC-SchO) . . . . . . . Schaubild: Zeitliche Abfolge der Stellungnahmen (Art. 5 ICC-SchO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild: Mehrparteien- und Mehrvertragsfälle (Art. 6 ICC-SchO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild: Ablauf des Berichtigungs-/Auslegungsverfahrens (Art. 36 ICC-SchO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schaubild: Zeitliche Abfolge der Stellungnahmen (Art. 7 DIS-SchO) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
XII
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439 629 631 1225 1007
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73 90 778 800
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51
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91
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Inhaltsübersicht Seite
Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . Wegweiser . . . . . . . . . . . . . Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . Allgemeines Schrifttumsverzeichnis
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Einleitung
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VII XI XIX XXV
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Teil 1 Kommentierung der ICC-SchO Vorbemerkungen zur ICC-SchO
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Einführende Bestimmungen . . . . . . . . . . . Artikel Artikel Artikel Artikel Artikel Artikel
1 2 3 4 5 6
Internationaler Schiedsgerichtshof . . . . . . . . . Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schriftliche Zustellungen und Mitteilungen; Fristen Schiedsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klageantwort; Widerklage . . . . . . . . . . . . . . Wirkung der Schiedsvereinbarung . . . . . . . . .
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Mehrere Parteien, mehrere Verträge, Verbindung von Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkungen zu den Art. 7 ff. . . . . . . . . . . Artikel 7 Einbeziehung zusätzlicher Parteien . . . Artikel 8 Ansprüche zwischen mehreren Parteien Artikel 9 Mehrere Verträge . . . . . . . . . . . . Artikel 10 Verbindung von Schiedsverfahren . . .
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Das Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . Vorbemerkungen zu Art. 11–15 . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 11 Allgemeine Bestimmungen . . . . . . . . . . . . Artikel 12 Bildung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . Artikel 13 Ernennung und Bestätigung von Schiedsrichtern
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12 30 37 52 74 92
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204
204 210 251 265 XIII
Inhaltsübersicht
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Seite
Artikel 14 Ablehnung von Schiedsrichtern . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 15 Ersetzung von Schiedsrichtern . . . . . . . . . . . . . . . . Das Verfahren vor dem Schiedsgericht . . . . . . . . Artikel 16 Übergabe der Schiedsverfahrensakten an das Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 17 Parteivertretung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 18 Ort des Schiedsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 19 Verfahrensbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 20 Verfahrenssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 21 Bei der Sachentscheidung anwendbare Rechtsregeln . . . Artikel 22 Ablauf des Schiedsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 23 Schiedsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 24 Verfahrensmanagementkonferenz und Verfahrenskalender Artikel 25 Ermittlung des Sachverhalts . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 26 Mündliche Verhandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 27 Schließung des Verfahrens, Zeitpunkt der Vorlage des Entwurfs von Schiedssprüchen . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 28 Sicherungsmaßnahmen und vorläufige Maßnahmen . . . Artikel 29 Eilschiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 30 Beschleunigtes Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Schiedssprüche . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 31 Artikel 32 Artikel 33 Artikel 34 Artikel 35
Frist zum Erlass des Endschiedsspruchs . . . . . . . . . . Schiedsspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien . . . Prüfung des Schiedsspruchs durch den Schiedsgerichtshof Zustellung, Hinterlegung und Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 36 Berichtigung und Auslegung des Schiedsspruchs; zusätzlicher Schiedsspruch; Zurückverweisung des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kosten
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. . . . . . . . . . . . . . . . .
Artikel 37 Vorschuss für die Kosten des Verfahrens . . . . . . . . . . Artikel 38 Entscheidung über die Kosten des Verfahrens . . . . . . . . XIV
278 291 304
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304 311 316 325 331 338 354 364 379 390 454 471 475 499 538 562
562 570 581 590 600 612 633
633 652
Inhaltsübersicht Seite
Verschiedenes . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 39 Abgeänderte Fristen . . . . . . . . . . . . . . Artikel 40 Verlust des Rügerechts . . . . . . . . . . . . Artikel 41 Haftungsbeschränkung . . . . . . . . . . . . Artikel 42 Allgemeine Bestimmung . . . . . . . . . . . Artikel 43 Anwendbares Recht und Streitbeilegung . . . ICC-Standardklauseln/Formulierungsvorschläge (Auszug)
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Teil 2 Kommentierung der DIS-SchO Vorbemerkungen zu den Art. 1 ff. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Allgemeine Vorschriften . . . . . . . . . . . . Artikel Artikel Artikel Artikel
1 2 3 4
Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . Funktion der DIS . . . . . . . . . . . . . Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . Übermittlung von Schriftstücken, Fristen
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Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage und Verfahrensverbindung . . . . . . . . . . . . . Artikel 5 Schiedsklage, Übermittlung an den Schiedsbeklagten, Bearbeitungsgebühren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 6 Beginn des Schiedsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 7 Mitteilung durch den Schiedsbeklagten, Klageerwiderung und Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 8 Verbindung mehrerer Schiedsverfahren . . . . . . . . .
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Das Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . Artikel 9 Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Schiedsrichter, Offenlegungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 10 Anzahl der Schiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 11 Einzelschiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 12 Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern . . . . . . . . . Artikel 13 Bestellung der Schiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . .
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688
688 695 699 704 707 710
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715 718
718 727 741 745 763
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763 779 784 802 809
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809 824 838 853 870 XV
Inhaltsübersicht
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Seite
Artikel 14 Verfahrensleitung durch das Schiedsgericht . . . . . . . . . Artikel 15 Ablehnung eines Schiedsrichters . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 16 Vorzeitige Beendigung des Schiedsrichteramtes . . . . . . . Mehrvertragsverfahrens, Mehrparteienverfahren und Einbeziehung zusätzlicher Parteien . . . . . . . . Artikel 17 Artikel 18 Artikel 19 Artikel 20
Mehrvertragsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mehrparteienverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einbeziehung zusätzlicher Parteien . . . . . . . . . . . . Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern in Mehrparteienverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Das Verfahren vor dem Schiedsgericht . . . . . . . . Artikel 21 Artikel 22 Artikel 23 Artikel 24 Artikel 25 Artikel 26 Artikel 27 Artikel 28
Verfahrensregeln . . . . . . . . . . . . . . Schiedsort . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verfahrenssprache . . . . . . . . . . . . . . In der Sache anwendbares Recht . . . . . . Einstweiliger Rechtsschutz . . . . . . . . . Förderung einvernehmlicher Streitbeilegung Effiziente Verfahrensführung . . . . . . . . Feststellung des Sachverhalts, Bestellung von Sachverständigen durch das Schiedsgericht Artikel 29 Mündliche Verhandlung . . . . . . . . . . Artikel 30 Säumnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 31 Schlussverfügung . . . . . . . . . . . . . .
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Die Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 32 Artikel 33 Artikel 34 Artikel 35
Kosten des Schiedsverfahrens . . . . . . . . . . . . Kostenentscheidungen des Schiedsgerichts . . . . Honorare und Auslagen der Schiedsrichter . . . . Sicherheit für Honorare und Auslagen der Schiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 36 Berechnungsgrundlage . . . . . . . . . . . . . . .
XVI
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883 891 898
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908
908 914 919 927 941
941 956 963 969 984 1009 1016 1027 1067 1088 1099 1104
1104 1112 1117 1129 1136
Inhaltsübersicht Seite
Die Beendigung des Schiedsverfahrens durch Schiedsspruch oder auf sonstige Weise . . . . . . . . Artikel 37 Artikel 38 Artikel 39 Artikel 40 Artikel 41 Artikel 42
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Frist für den Schiedsspruch . . . . . . . . . . . . . . Wirkung des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . . Inhalt, Form und Übermittlung des Schiedsspruchs . Berichtigung des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut . . . . . . Beendigung des Schiedsverfahrens auf sonstige Weise Sonstige Bestimmungen
Artikel 43 Verlust des Rügerechts . . . Artikel 44 Vertraulichkeit . . . . . . . . Artikel 45 Haftungsbegrenzung . . . . Musterklausel für Schiedsverfahren 2018
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Teil 3 Kommentierung der Anlage 4 der DIS-SchO – Beschleunigtes Verfahren (DIS-BV) Artikel Artikel Artikel Artikel Artikel
1 2 3 4 5
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Teil 4 Kommentierung der Anlage 5 der DIS-SchO – Ergänzende Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten (DIS-ERGeS) (gültig ab 1.3.2018) Artikel 1 Anwendungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 2 Einbeziehung Betroffener . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 3 Übermittlung der Schiedsklage und Aufforderung zum Beitritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 4 Beitritt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 5 Fortlaufende Unterrichtung Betroffener . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . . .
1143
1143 1147 1152 1163 1171 1181 1206
1206 1209 1221 1225
1231 1238 1240 1243 1246
__ __ _
1249 1253 1259 1264 1270 XVII
Inhaltsübersicht Seite
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Artikel 1–10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1313
Artikel 6 Erweiterung oder Änderung des Streitgegenstandes, Klagerücknahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 7 Einzelschiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 8 Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern . . . . . . . . . . Artikel 9 Zuständigkeitskonzentration bei Parallelverfahren . . . . Artikel 10 Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Artikel 11 Wirkungserstreckung des Schiedsspruchs . . . . . . . . . Artikel 12 Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Musterklausel für den Gesellschaftsvertrag für Schiedsverfahren nach den Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten . . .
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Teil 5 Kommentierung der Anlage 6 der DIS-SchO – Konfliktmanagementordnung (DIS-KMO)
XVIII
1273 1276 1280 1284 1288 1289 1292 1294
1303
Abkürzungsverzeichnis a.A. AAA a.a.O. ABl. Abs. ADR a.E. a.F. AGB AGG AktG AnwBl. ArbGG Art. ASA ASA Bulletin Aufl. AVAG
andere Ansicht American Arbitration Association am angegebenen Ort Amtsblatt der Europäischen Union Absatz, Absätze Alternative Dispute Resolution am Ende alte Fassung Allgemeine Geschäftsbedingungen Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz Aktiengesetz Anwaltsblatt Arbeitsgerichtsgesetz Artikel Association Suisse de l’Arbitrage Bulletin der Association Suisse de l’Arbitrage Auflage Gesetz zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Abkommen der Europäischen Union auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen (Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz)
BayObLG BB BDSG BeckRS BGB BGBl. BGH BGHZ BIT/BITs BORA BRAO BR-Drucks./ BT-Drucks. Buchst. BVerfG BVerfGE
Bayerisches Oberstes Landesgericht Betriebs-Berater Bundesdatenschutzgesetz Beck-Rechtsprechung Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Bilateral Investment Treaty/Treaties Berufsordnung für Rechtsanwälte Bundesrechtsanwaltsordnung Bundesrats-Drucksache/Bundestags-Drucksache
CAFTA CHF
Central America Free Trade Agreement Schweizer Franken
Buchstabe Bundesverfassungsgericht Entscheidungen der amtlichen Sammlung des BVerfG
XIX
Abkürzungsverzeichnis
CIArb Protocol CIETAC CISG CPR DIAC DIS DIS-AVO DIS-ERBV DIS-ERGeS DIS-GO DIS-KMO DIS-MedO DIS-SchGO DIS-SchlO DIS-SportSchO DRI DRiG DSGVO
e.g. EGBGB EGGVG EGZPO EMRK EnWZ EuGH EuGVVO
EUInsVO EUR XX
Chartered Institute of Arbitrators Protocol for the Use of PartyAppointed Expert Witnesses in International Arbitration (2007) China International Economic and Trade Arbitration Commission Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den Internationalen Warenkauf vom 11.4.1980 (BGBl. 1989 II, S. 588) International Institute for Conflict Prevention & Resolution Dubai International Arbitration Centre Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. DIS-Verfahrensordnung für Adjudikation DIS Ergänzende Regeln für beschleunigte Verfahren DIS Ergänzende Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten DIS-Gutachtensordnung DIS-Konfliktmanagementordnung DIS-Mediationsordnung DIS-Schiedsgutachtensordnung DIS-Schlichtungsordnung DIS-Sport-Schiedsgerichtsordnung Dispute Resolution International Deutsches Richtergesetz Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 v. 4.5.2016) exempli gratia Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 2010 II, S. 1198) Zeitschrift für das gesamte Recht der Energiewirtschaft Europäischer Gerichtshof Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 v. 20.12.2012) Verordnung (EU) Nr. 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (ABl. L 141 v. 5.6.2015) Euro
Abkürzungsverzeichnis
EuRAG
EuZW
Gesetz über die Tätigkeit europäischer Rechtsanwälte in Deutschland Europäisches Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961 (BGBl. 1964 II, S. 426) Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.4.2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (ABl. L 143 v. 30.4.2004, ber. ABl. L 50 v. 23.2.2008) Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (Zustellung von Schriftstücken) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/ 2000 des Rates (ABl. L 324 v. 10.12.2007) Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
FIDIC Fn. frz. FS
Fédération Internationale des Ingénieurs Conseils Fußnote französisch, französische, französisches Festschrift
GG GKG Gleichbehandlungsrahmen-RL
Grundgesetz für die Bunderepublik Deutschland Gerichtskostengesetz Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303 v. 2.12.2000) Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung Gerichtsverfassungsgesetz Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht (Zeitschrift)
EuÜ EuVTVO
EuZVO
GmbH GmbHG GVG GWB GWR Halbs. HGB HKIAC h.L. h.M. Hrsg. HZÜ
Halbsatz Handelsgesetzbuch Hong Kong International Arbitration Centre herrschende Lehre herrschende Meinung Herausgeber Haager Übereinkommen über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- und Handelssachen (BGBl. 1977 II, S. 1452)
IBA IBA-Guidelines
International Bar Association IBA Guidelines on Conflicts of Interest in International Arbitration (2014) XXI
Abkürzungsverzeichnis
IBA-Rules ICC ICCA ICC Court Bulletin ICDR ICSID IHR
IBA Rules on the Taking of Evidence in International Arbitration (2020) International Chamber of Commerce International Council for Commercial Arbitration ICC International Court of Arbitration Bulletin
International Centre for Dispute Resolution International Centre for Settlement of Investment Disputes Internationales Handelsrecht – Zeitschrift für das Recht des internationalen Warenkaufs und Warenvertriebs InvStreitÜbkG Gesetz zu dem Übereinkommen vom 18. März 1965 zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts IPRG Bundesgesetz über das Internationale Privatecht ISO International Organization for Standardization IWRZ Zeitschrift für Internationales Wirtschaftsrecht jM JuS JVEG
Juris Monatszeitschrift Juristische Schulung (Zeitschrift) Gesetz über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz)
KG KMO KonsG KSzW
Kammergericht Konfliktmanagementordnung Gesetz über die Konsularbeamten, ihre Aufgaben und Befugnisse Kölner Schrift zum Wirtschaftsrecht
LCIA LG lit. Ltd LugÜ
London Court of International Arbitration Landgericht, Landgerichte litera Limited Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivilund Handelssachen (ABl. L 339 v. 21.12.2007) (Lugano-Übereinkommen)
MDR m.E. Mio.
Monatsschrift für Deutsches Recht meines Erachtens Millionen
XXII
Abkürzungsverzeichnis
MMVO
ModG MüKo m.w.N. NJOZ NJW NJW-RR
Verordnung (EU) Nr. 596/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über Marktmissbrauch (Marktmissbrauchsverordnung) und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinien 2003/124/EG, 2003/125/EG und 2004/72/ EG (ABl. L 173 v. 12.6.2014) Modellgesetz Münchener Kommentar mit weiteren Nachweisen
No. Nr. NZFam NZG NZI
Neue Juristische Online-Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungsreport Zivilrecht Number Nummer Neue Zeitschrift für Familienrecht Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Insolvenz- und Sanierungsrecht
o.a. o.Ä. o.g. OLG
oben angeführt oder Ähnliches oben genannt Oberlandesgericht, Oberlandesgerichte
PICC
UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts (2016) Prague-Rules Rules on the Efficient Conduct of Proceedings in International Arbitration (2018) Publizitäts-RL Richtlinie 2009/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaatenden Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 des Vertrags im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten (ABl. L 258 v. 1.10.2009)
RGZ RIW RL Rom I-VO
Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Recht der internationalen Wirtschaft Richtlinie Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. L 177 v. 4.7.2008)
XXIII
Abkürzungsverzeichnis
Rom II-VO
Rz.
Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht (Rom II) (ABl. L 199 v. 31.7.2007) Randziffer
S. SCAI SCC SchiedsVZ SchO SIAC sog. StGB str. st. Rspr.
Seite Swiss Chambers’ Arbitration Institution Stockholm Chamber of Commerce Zeitschrift für Schiedsverfahren Schiedsgerichtsordnung Singapore International Arbitration Centre sogenannte, sogenannter, sogenanntes Strafgesetzbuch streitig ständige Rechtsprechung
Tz.
Teilziffer (bestimmte Absatzzahl im Urteil)
UAbs. u.g. UNCITRAL UNCITRALModG UNÜ USD UWG
Unterabsatz unten genannt United Nations Commission on International Trade Law UNCITRAL-Modellgesetz für die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit (1985/2006) New Yorker UN-Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 (BGBl. 1961 II, S. 121) US-Dollar Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
v Var. VIAC VO Vol.
versus Variante, Varianten Vienna International Arbitral Centre Verordnung Volume
WIPO WpHG
World Intellectual Property Organization Wertpapierhandelsgesetz
ZBB Ziff. ZIP ZPO z.T. ZVglRWiss ZZP
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zivilprozessordnung zum Teil Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft Zeitschrift für Zivilprozess
XXIV
Allgemeines Schrifttumsverzeichnis Anders/Gehle (vormals Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Anders/Gehle), ZPO, Kommentar, 80. Aufl. 2022 Arroyo (Hrsg.), Arbitration in Switzerland. The Practitioner’s Guide, 2. Aufl. 2018 Bandel, Einstweiliger Rechtsschutz im Schiedsverfahren, 2000 van den Berg (Hrsg.), Arbitration Advocacy in Changing Times, 2011 van den Berg (Hrsg.), Improving the Efficiency of Arbitration Agreements and Awards. 40 Years of Application of the New York Convention, 1999 Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG, FamGKG, JVEG, 5. Aufl. 2021 Bischoff, Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Schiedsrichtern nach deutschem und englischem Recht. Unter Berücksichtigung der IBA-Guidelines on Conflicts of Interest in International Arbitration, 2012 Blackaby/Partasides/Redfern/Hunter, Redfern and Hunter on International Arbitration, 6. Aufl. 2015 Blanke/Landolt, EU and US Antitrust Arbitration, 2011 Böckstiegel (Hrsg.), Beweiserhebung in internationalen Schiedsverfahren, 2001 Böckstiegel/Berger/Bredow (Hrsg.), Die Beteiligung Dritter an Schiedsverfahren, 2005 Böckstiegel/Berger/Bredow (Hrsg.), The Taking of Evidence in International Commercial Arbitration, 2010 Böckstiegel/Kröll/Nacimiento (Hrsg.), Arbitration in Germany. The Model Law in Practice, 2. Aufl. 2014 Boog, Die Durchsetzung einstweiliger Massnahmen in internationalen Schiedsverfahren. Aus schweizerischer Sicht, mit rechtsvergleichenden Aspekten, 2011 Born, International Commercial Arbitration, 3. Aufl. 2020 Bredow/Bühler, Das Schiedsgericht in der Praxis, 4. Aufl. 2017 Buchwitz, Schiedsverfahrensrecht, 2019 Bühler/Webster, Handbook of ICC Arbitration, 5. Aufl. 2021 Chartered Institute of Arbitrators, Guideline 1 Interviews for Prospective Arbitrators, 2016 (abrufbar auf: https://www.ciarb.org/media/4185/guideline-1-in terviews-for-prospective-arbitrators-2015.pdf) Chartered Institute of Arbitrators, Guideline 9 Party Non-Participation, 2016 (abrufbar auf: https://www.ciarb.org/media/4204/guideline-9-party-non-par ticipation-2015.pdf) Chartered Institute of Arbitrators, Guideline 12 Drafting Arbitral Awards Part III – Costs, 2016 (abrufbar auf: https://www.ciarb.org/media/4210/guideline12-drafting-arbitral-awards-part-iii-costs-2016.pdf) Derains/Schwartz, A Guide to the ICC Rules of Arbitration, 2. Aufl. 2005 XXV
Allgemeines Schrifttumsverzeichnis
Dezalay/Garth, Dealing in Virtue. International Commercial Arbitration and the Construction of a Transnational Legal Order, 1996 Eberl (Hrsg.), Beweis im Schiedsverfahren, 2015 Flecke-Giammarco/Boog/Elsing/Heckel/Meier (Hrsg.), The DIS Arbitration Rules. An Article-by-Article Commentary, 2020 Frenz, Auswahl und Bestellung von Schiedsrichtern durch Dritte, 1980 Froitzheim, Die Ablehnung von Schiedsrichtern wegen Befangenheit in der Internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 2016 Fry/Greenberg/Mazza, The Secretariat’s Guide to ICC Arbitration. A Practical Commentary on the 2012 ICC Rules of Arbitration from the Secretariat of the ICC International Court of Arbitration, 2012 Gal, Die Haftung des Schiedsrichters in der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit, 2009 Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Loseblattsammlung, 64. Aufl. 2022 Gerbay, The Functions of Arbitral Institutions, 2016 Giessen, Der Pre-Arbitral-Referee und der Emergency Arbitrator in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 2012 Giovannini/Mourre (Hrsg.), Written Evidence and Discovery in International Arbitration, 2009 von Goeler, Third-Party Funding in International Arbitration and Its Impact on Procedure, 2016 Greger/Unberath/Steffek, Recht der alternativen Konfliktlösung, 2. Aufl. 2016 Grierson/van Hooft, Arbitrating under the 2012 ICC Rules. An Introductory User’s Guide, 2012 Hanotiau, Complex Arbitrations: Multi-party, Multi-contract & Multi-issue, 2. Aufl. 2020 Häublein/Hoffmann-Theinert (Hrsg.), BeckOK HGB, 36. Edition (Stand: 15.4. 2022) Holtzmann/Neuhaus, A Guide to the UNCITRAL Model Law on International Commercial Arbitration. Legislative History and Commentary, 1995 Horn, Der Emergency Arbitrator und die ZPO, 2019 Horst, Das Spannungsverhältnis zwischen Schiedsrichter und Parteivertreter in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 2017 Huerta-Goldmann/Romanetti/Stirnimann (Hrsg.), WTO Litigation, Investment Arbitration, and Commercial Arbitration, 2013 International Bar Association, Commentary on the revised text of the 2020 IBA Rules on the Taking of Evidence in International Arbitration (abrufbar auf: https://www.ibanet.org/MediaHandler?id=4F797338-693E-47C7-A92A-15097 90ECC9D) XXVI
Allgemeines Schrifttumsverzeichnis
Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch. Kommentar, 18. Aufl. 2021 Kahlert, Vertraulichkeit im Schiedsverfahren, 2015 Kläsener (Hrsg.), The Guide to M&A Arbitration, 3. Aufl. 2020 Kreindler/Schäfer/Wolff, Schiedsgerichtsbarkeit. Kompendium für die Praxis, 2006 Krüger/Rauscher (Hrsg.), Münchener Kommentar zur Zivilprozessordnung, Band 3: §§ 946–1120 ZPO, 6. Aufl. 2022 Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl. 2008 Leitzen, Die Anordnung vorläufiger oder sichernder Maßnahmen durch Schiedsgerichte nach § 1041 ZPO, 2002 Lionnet/Lionnet, Handbuch der internationalen und nationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 3. Aufl. 2005 Lörcher/Lörcher, Das Schiedsverfahren – national/international – nach deutschem Recht, 2. Aufl. 2001 Löwisch/Olzen/Gursky, Staudinger BGB, Buch 2: Recht der Schuldverhältnisse. §§ 362–396 (Erfüllung, Hinterlegung, Aufrechnung), Neubearbeitung 2022 Lew/Mistelis/Kröll, Comparative International Commercial Arbitration, 2003 Mayer/Kroiß (Hrsg.), RVG mit Streitwertkommentar und Tabellen. Handkommentar, 8. Aufl. 2021 Meier, The Guide to M&A Arbitration, 3. Aufl. 2018 Müller/Besson/Rigozzi (Hrsg.), New Developments in International Commercial Arbitration 2020, 2020 Musielak/Voit, Zivilprozessordnung. Kommentar, 19. Aufl. 2022 Newman/Hill (Hrsg.), The Leading Arbitrators’ Guide to International Arbitration, 3. Aufl. 2014 Oppermann, Internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit und Verjährung, 2009 Piltz (Hrsg.), Münchener Anwaltshandbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2017 Prütting/Gehrlein (Hrsg.), ZPO. Kommentar, 13. Aufl. 2021 Raeschke-Kessler/Berger, Recht und Praxis des Schiedsverfahrens, 4. Aufl. 2012 Reymond/Bucher, Schweizer Beiträge zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 1984 Risse, Wirtschaftsmediation, 2003 Ritz, Die Geheimhaltung im Schiedsverfahren nach schweizerischem Recht, 2007 Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 18. Aufl. 2018 Säcker/Rixecker/Oetker/Limperg (Hrsg.), Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Band 1: §§ 1–240, 9. Auflage 2021; Band 7: §§ 705–853 BGB, 8. Aufl. 2020 XXVII
Allgemeines Schrifttumsverzeichnis
Saenger (Hrsg.), ZPO. Handkommentar, 9. Aufl. 2021 Saenger/Eberl/Eberl (Hrsg.), Schiedsverfahren. Kommentierung der §§ 1025– 1066 ZPO, 2019 Salger/Trittmann (Hrsg.), Internationale Schiedsverfahren. Praxishandbuch, 2019 Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit. Kommentar, 3. Aufl. 2018 Schütze, Institutional Arbitration. Article-by-Article Commentary, 1. Aufl. 2013 Schütze/Thümmel, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 7. Aufl. 2021 Schütze/Tscherning/Wais, Handbuch des Schiedsverfahrens. Praxis der deutschen und internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, 2. Aufl. 2010 Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit. Kommentar, 7. Aufl. 2005 Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozessordnung, Band 10: §§ 1025-1066, 23. Aufl. 2014 Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsverfahren durch deutsche Gerichte, 2009 Vorwerk/Wolf (Hrsg.), BeckOK.ZPO, 44. Edition (Stand: 1.3.2022) Wagner, Prozessverträge, 1998 Weigand/Baumann (Hrsg.), Practitioner’s Handbook on International Arbitration, 3. Aufl. 2019 von Westphalen (Hrsg.), Deutsches Recht im Wettbewerb – 20 Jahre transnationaler Dialog, 2009 Wieczorek/Schütze, ZPO. Kommentar, Band 11: §§ 919–1066, 4. Aufl. 2014 Wissenschaftlicher Gesprächskreis Schiedsrecht München (Hrsg.), Taktik und einstweiliger Rechtsschutz im deutschen Schiedsverfahren, 2008 Wolff (Hrsg.), New York Convention on the Recognition and Enforcement of Foreign Arbitral Awards of 10 June 1958. Article-by-Article Commentary, 2. Aufl. 2019 Zimmermann, Parteivereinbarungen über die Qualifikation von Schiedsrichtern, 2016 Zöller, ZPO. Kommentar, 34. Aufl. 2022
XXVIII
Einleitung A. Rahmenbedingungen und Charakteristika der Schiedsgerichtsbarkeit Ein Schiedsverfahren ist – ebenso wie ein Zivilprozess vor einem staatlichen Ge- 1 richt – ein – (verhältnismäßig) formalisierter Mechanismus zur – verbindlichen Beilegung von Streitigkeiten – durch einen oder mehrere neutrale Dritte, der oder die – auf der Grundlage abstrakt-genereller Regeln zu einer – Entscheidung gelangt bzw. gelangen, die zur Zwangsvollstreckung geeignet ist. Wie diese Aufzählung charakteristischer Merkmale der Schiedsgerichtsbarkeit zeigt, haben Schiedsverfahren mit Verfahren vor staatlichen (Zivil-)Gerichten vieles gemein. Im Unterschied zur staatlichen Zivilgerichtsbarkeit beruht die Legitimation von Schiedsgerichten allerdings – jedenfalls in der nationalen und internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit – regelmäßig nicht auf einem hoheitlichen Akt des staatlichen Gewaltmonopolisten, sondern auf einer privatautonomen Vereinbarung der Parteien, der Schiedsvereinbarung. Die spezifisch (schieds-)verfahrensrechtliche Ausprägung der Privatautonomie, die Parteiautonomie, deren Ausfluss neben der Schiedsvereinbarung auch weitere verfahrensrechtliche Vereinbarungen der Parteien sein können, ist daher nach allgemeiner Auffassung wesentliche Säule des nationalen wie des internationalen Schiedsverfahrensrechts. Sie ist in Deutschland verfassungsrechtlich durch Art. 2 Abs. 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit) geschützt (Steiner, SchiedsVZ 2013, 15 [16] m.w.N.). Einfachgesetzlich wird sie durch das X. Buch der ZPO (§§ 1025 ff. ZPO), völkervertragsrechtlich insbesondere durch Art. II des New Yorker UN-Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6. 1958 (UNÜ) sowie durch Art. IV Abs. 1 des Genfer Europäischen Übereinkommens über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21.4.1961 (EuÜ) gewährleistet. Daneben existieren bilaterale Verträge zur Schiedsgerichtsbarkeit mit verschiedenen Staaten (s. Geimer/Schütze, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, Bd. V Buchst. C). Aufgrund der Parteiautonomie können die Parteien nicht etwa nur die staatliche 2 Gerichtsbarkeit abwählen und an ihrer Stelle die Streitentscheidung durch ein Schiedsgericht vereinbaren. Sie können zugleich so gut wie alle wesentlichen Modalitäten des Schiedsverfahrens vereinbaren – vom Ort des Schiedsverfahrens über die Verfahrenssprache bis hin zum Auswahlmechanismus und den Qualifikationsmerkmalen für die Schiedsrichter. Die entsprechenden Vereinbarungen können die Parteien entweder vor oder aber auch erst nach Entstehen der Streitigkeit treffen. Nedden/Herzberg/Kopetzki
|
1
Einl. | Einleitung 3 Kommt es zum Schiedsverfahren und werden – nach welchem Mechanismus
auch immer – Schiedsrichter bestellt, so werden diese auf der Grundlage eines mit den Parteien – ggf. auch konkludent – geschlossenen Vertrags, des Schiedsrichtervertrags, tätig. Zwar tritt der Schiedsrichter an die Stelle der staatlichen Justiz und seine Entscheidungen können die Grundlage von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bilden. Gleichwohl ist seine Tätigkeit – jedenfalls in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit – ausschließlich privatrechtlich zu qualifizieren. Insbesondere sind Schiedsrichter keine Beliehenen. Sie üben auch kein „privates Amt“ aus, wie dies etwa nach deutschem Recht Insolvenzverwalter, Testamentsvollstrecker, Vormünder usw. tun. Die rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien und dem Schiedsrichter bewegen sich daher ausschließlich in den Bahnen des Privatrechts. In Fällen mit Auslandsbezug wird regelmäßig das Recht des Schiedsorts auf den Schiedsrichtervertrag Anwendung finden. Nach deutschem Recht wird der Schiedsrichtervertrag von der h.M. als Vertrag sui generis qualifiziert (nicht etwa als Dienstvertrag). Streit mit dem Schiedsrichter ist vor den staatlichen Gerichten auszutragen.
4 In verfahrensrechtlicher Hinsicht hat der Schiedsrichter das zwingende Verfah-
rensrecht am Schiedsort sowie etwaige Parteivereinbarungen anzuwenden. Rechtsordnungsübergreifend kommt dabei dem Anspruch auf rechtliches Gehör („due process“, „principe du contradictoire“) – ebenso wie in der staatlichen Justiz – herausragende Bedeutung zu. So sind dem Schiedsrichter Überraschungsentscheidungen ebenso verwehrt wie ein Abschneiden von Vortrag oder Beweisführung („auditur et altera pars“). Das Verfahren muss fair sein. Es muss ferner effektiv sein, was dem in Deutschland verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf effektive Justizgewährleistung (Art. 20 Abs. 3 GG) entspricht. Hierher gehört insbesondere, dass die Schiedsrichter alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen, um in angemessener Zeit zu einer vollstreckungssicheren Entscheidung zu gelangen.
5 Wegen des in der Sache anwendbaren Rechts s. die Kommentierungen zu
Art. 21 ICC-SchO, § 24 DIS-SchO.
6 Die Schiedsgerichtsbarkeit tritt an die Stelle der staatlichen Gerichtsbarkeit.
Wird daher entgegen einer Schiedsvereinbarung ein staatliches Gericht angerufen, kann die Gegenpartei die Schiedseinrede erheben (§ 1032 Abs. 1 ZPO; vgl. auch Art. II Abs. 3 UNÜ, Art. V EuÜ). Gleichwohl sehen die staatlichen Schiedsverfahrensrechte – auch das X. Buch der ZPO – vor, dass die staatlichen Gerichte in bestimmten Situationen trotz Bestehens einer Schiedsvereinbarung tätig werden können. So kann Eilrechtsschutz jederzeit auch beim staatlichen Gericht beansprucht werden; auch die Schiedsverfahrensordnungen von ICC und DIS betonen dies (Art. 28 Abs. 2 ICC-SchO, Art. 29 Abs. 7 ICC-SchO, § 25 Abs. 3 DIS-SchO), weil andernfalls u.U. nicht immer ein effektiver Rechtsschutz gewährleistet wäre. Ferner können staatliche Gerichte in manchen Fällen unterstützende Funktionen übernehmen, etwa bei der Erhebung bestimmter Beweise (§ 1050 ZPO). In den meisten anderen Fällen, in denen die ZPO den staatlichen Gerichten Unterstützungsfunktionen einräumt, enthalten die Schiedsver-
2
| Nedden/Herzberg/Kopetzki
Einleitung | Einl.
fahrensordnungen von ICC und DIS indes speziellere Regelungen zugunsten der Institutionen. Der Rückgriff auf die staatliche Justiz ist daher in diesen Fällen in ICC- und DIS-Schiedsverfahren meist entbehrlich. Eine zentrale Rolle spielt die staatliche Justiz indes, wenn die unterlegene Partei sich weigert, den ergangenen Schiedsspruch zu befolgen und entweder dessen Aufhebung beantragt oder einem Vollstreckbarerklärungsantrag entgegentritt. Für beide Verfahren sind ausschließlich staatliche Gerichte zuständig; wegen der Einzelheiten vgl. §§ 1059 ff. ZPO, Art. V UNÜ, Art. IX EuÜ. Die Schiedsgerichtsbarkeit ist abzugrenzen von anderen alternativen Streitbeile- 7 gungsmechanismen wie der Mediation, der Adjudikation, dem Schiedsgutachtenverfahren usw. Diese haben keine vollstreckbare Streitentscheidung zum Ziel, sondern sollen entweder lediglich eine vertraglich verbindliche (aber nicht vollstreckbare) Entscheidung herbeiführen oder die Parteien auf verschiedenen Wegen in die Lage versetzen, den Streit einvernehmlich beizulegen. Dies ist nicht Aufgabe des Schiedsverfahrens, das endgültige und vollstreckbare Entscheidungen zum Ziel hat. Es gibt außerdem – anders als im staatlichen Verfahren – keine ungeschriebene Pflicht des Schiedsgerichts, auf eine gütliche Einigung hinzuwirken; eine entsprechende Pflicht müssen die Parteien also rechtsgeschäftlich begründen. Eine solche Vereinbarung treffen die Parteien mit der Wahl der DIS-SchO (§ 26 DIS-SchO), nicht aber mit der Wahl der ICC-SchO (aber s. Anhang IV Buchst. b, h ICC-SchO; näher Art. 24 ICC-SchO Rz. 27). Anders als staatliche Zivilverfahren sind Schiedsverfahren nicht öffentlich. Das 8 bedeutet aber nicht, dass sie stets vertraulich wären. Wünschen die Parteien die Vertraulichkeit des Verfahrens, müssen sie dies besonders vereinbaren. Die Vereinbarung der DIS-SchO beinhaltet eine solche Abrede (§ 44 DIS-SchO), nicht dagegen die der ICC-SchO (s. aber Art. 22 Abs. 3 ICC-SchO). In der Praxis werden Schiedsverfahren – und deren Inhalt – aber naturgemäß weniger öffentlich bekannt als staatliche Zivilverfahren.
B. Rahmenbedingungen und Charakteristika institutioneller Schiedsverfahren Schiedsverfahren können auf zweierlei Weise geführt werden: Mit der Unter- 9 stützung einer Schiedsinstitution („institutionelle“ oder „institutionell administrierte“ Verfahren) oder ohne die Unterstützung einer solchen Institution („Ad-Hoc“-Verfahren). Verfahren nach der ICC-SchO und nach der DIS-SchO sind stets administrierte Verfahren; Schiedsinstitution ist die ICC bzw. die DIS. Institutionelle Verfahren bieten gegenüber Ad-Hoc-Verfahren eine Vielzahl von signifikanten Vorteilen, denen nur wenige, in den meisten Fällen wohl nicht entscheidend ins Gewicht fallende Nachteile gegenüberstehen. Für institutionelle Verfahren spricht, dass eine Vielzahl administrativer 10 Schritte im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren – etwa, je nach gewählter Schiedsordnung die Zustellung der Klage, das Nachhalten von Fristen im AnNedden/Herzberg/Kopetzki
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Einl. | Einleitung fangsstadium des Verfahrens, die Konstituierung des Schiedsgerichts, die Festsetzung, Anforderung und Vereinnahmung von Kostenvorschüssen sowie die Überwachung der Arbeit der Schiedsrichter – ohne die Mitwirkung einer neutralen und routinierten Institution kaum gleich schnell und effizient von den Beteiligten allein geleistet werden kann. Insbesondere wenn sich eine der Parteien nicht oder nicht konstruktiv an dem Verfahren beteiligt, ist in Ad-Hoc-Verfahren mit monatelangem Stillstand zu rechnen; bisweilen müssen staatliche Gerichte intervenieren, um überhaupt ein funktionierendes Schiedsgericht zu konstituieren. Neben klassisch-administrativen Leistungen übernehmen Schiedsinstitutionen in unterschiedlichem Umfang auch Aufgaben im Bereich Qualitätsmanagement; dies gilt besonders für die ICC (vgl. u.a. Art. 3 Abs. 1 letzter Satz, Art. 34, Art. 39 ICC-SchO sowie Art. 1 Abs. 1 Anhang I, Art. 6 Anhang II zur ICC-SchO). 11 Gegen institutionelle Verfahren kann sprechen, dass somit zusätzlich zu den
Honoraren und Auslagen der Schiedsrichter ein weiterer Kostenblock entsteht (Verwaltungsgebühr der Institution). In aller Regel werden diese Mehrkosten aber durch das mit ihnen erkaufte Mehr an Verfahrenseffizienz und Kostenkontrolle, das die Institution bietet, wieder aufgefangen.
12 Manche Schiedsinstitutionen bieten solchen Parteien, die eigentlich ein Ad-
Hoc-Verfahren erstreben, zugleich aber punktuelle Interventionen der Schiedsinstitutionen – z.B. bei der Bestellung der Schiedsrichter – wünschen, besondere Regelwerke an (z.B. „Rules of ICC as Appointing Authority in UNCITRAL or other Ad Hoc Arbitration Proceedings“ vom 1.1.2018, http://www.iccwbo.org). Die DIS hat die – eigentlich für internationale Ad-Hoc-Verfahren entwickelten – UNCITRAL Arbitration Rules für die Administrierung solcher Verfahren durch die DIS adaptiert („UNCITRAL Arbitration Rules Administered by the DIS“ vom 1.5.2012). Beide Regelwerke spielen in der Praxis bisher nur eine untergeordnete Rolle und werden in diesem Werk daher nicht behandelt.
13 Zwischen den Parteien und der Schiedsinstitution kommen vertragliche Bezie-
hungen zustande, die (schon nach allgemeinen kollisionsrechtlichen Grundsätzen; siehe für die ICC ausdrücklich Art. 43 ICC-SchO) regelmäßig dem Recht am Tätigkeitsort der Institution unterfallen. Auch bei einem institutionell administrierten Verfahren kommt der Schiedsrichtervertrag zwischen Parteien und Schiedsgericht zustande. Die ICC-SchO sieht hierfür grundsätzlich das Instrument des Schiedsauftrags („Terms of Reference“) vor, der zu Beginn des Verfahrens zwischen Parteien und Schiedsgericht abzuschließen ist (Art. 23 ICC-SchO); doch ändert sich an der Vertragslage auch dann nichts, wenn der Schiedsauftrag im Einzelfall entbehrlich ist oder zulässigerweise abbedungen wird.
14 Die Verfahrensordnungen der Schiedsinstitutionen sind private Regelwerke,
die nur durch Parteivereinbarung rechtsgeschäftliche Geltung erlangen können. Ihnen gehen die zwingenden Vorschriften am Ort des Schiedsverfahrens vor.
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C. Schiedsgerichtliche Beilegung von Investitionsstreitigkeiten Für Streitigkeiten zwischen Investoren und Staaten kann durch völkerrecht- 15 lichen Vertrag die Zuständigkeit eines Investitionsschiedsgerichts vereinbart sein. Entsprechende Regelungen finden sich in einer Vielzahl sog. bilateraler Investitionsschutzverträge („bilateral investment treaties“, BIT; eine Übersicht über solche Verträge findet sich bspw. auf der Webseite des UNCTAD Investment Policy Hub unter https://investmentpolicy.unctad.org/international-invest ment-agreements). Neben BITs können Investitionsschiedsvereinbarungen auch in regionalen oder sektoriellen Freihandelsabkommen (z.B. CAFTA, Energy Charter Treaty) enthalten sein. Investitionsschiedsverfahren weisen gegenüber regulären Handelsschiedsverfah- 16 ren etliche Besonderheiten auf, da in der Regel nicht auf der Grundlage eines nationalen Rechts, sondern aufgrund völkervertraglicher bzw. völkergewohnheitsrechtlicher Rechtssätze Fragen zu entscheiden sind, die sich nach deutschem Verständnis eher dem öffentlichen Recht als dem Privatrecht zuordnen lassen. Die Rechtsentwicklung der vergangenen Jahrzehnte hat gezeigt, dass Schiedsinstitutionen wie die ICC, die im Bereich der internationalen Handelsschiedsgerichtsbarkeit eine überragende Rolle spielt, im Investitionsschiedsbereich nur in seltenen Fällen als zuständig vereinbart werden; das der Weltbank-Gruppe angehörende, durch Übereinkommen vom 18.3.1965 begründete Internationale Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) in Washington, D.C., wird wegen seiner intergouvernementalen Aufhängung vielfach bevorzugt. Für die Vollstreckbarerklärung von ICSID-Schiedssprüchen in Deutschland gelten Erleichterungen gemäß Art. 2 InvStreitÜbkG. Insbesondere die ICC ist für Investitionsschutzstreitigkeiten offen und verwaltet regelmäßig eine – wenngleich verhältnismäßig geringe – Anzahl an Investitionsschiedsverfahren.
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Teil 1 Kommentierung der ICC-SchO* Vorbemerkungen zur ICC-SchO A. Entwicklung Literatur: Bühler, Die 2021 ICC-Schiedsgerichtsordnung: Zwischen Beständigkeit und Wandel, SchiedsVZ 2021, 230 ff.; Kopetzki, Die neue ICC Schiedsgerichtsordnung 2021, ecolex 2021, 169 ff.; Lenz/Aupetit, Relaunch der ICC-SchO: Wettlauf der ICC-SchO mit der DIS-SchO?, IWRZ 2021, 119 ff.; Pörnbacher/Kurtenbach, Die Reform der ICCSchiedsordnung 2021, BB 2021, 458 ff.
Die 1919 von Kaufleuten aus verschiedenen Staaten im Zuge des Wiederaufbaus 1 nach dem Ersten Weltkrieg („merchants for peace“) gegründete Internationale Handelskammer (International Chamber of Commerce – ICC) unterhält seit 1923 einen „Internationalen Schiedsgerichtshof“, der sich seither der Administration von (vornehmlich internationalen) Wirtschaftsschiedsverfahren annimmt. Damit ist die ICC eine der ältesten Schiedsinstitutionen der Welt. Die SchO der ICC ist seit ihrer Einführung immer wieder der zwischenzeitlichen 2 Entwicklung angepasst worden, zuletzt 1998, 2012, 2017 und 2021. Die letztgenannten Reformen von 2017 und 2021 brachten aber keinen Paradigmenwechsel, sondern lediglich behutsame – wenn auch teils sehr bedeutende – Änderungen einzelner Aspekte. Diese werden in den Kommentierungen der betroffenen Artikel jeweils im Abschnitt „Änderungshistorie“ vorgestellt. Erwähnung verdienen insb. die folgenden, seit dem Erscheinen der 1. Auflage eingeführten Neuerungen von ICC-SchO und ICC-Praxis: – Der effizienteren Bewältigung kleinerer Streitfälle (seit 2021 gilt insoweit eine Streitwertgrenze von 3 Mio. USD) dient die Einführung eines beschleunigten Verfahrens (Art. 30 i.V.m. Anhang VI) ohne Schiedsauftrag, mit strafferem Verfahrenskalender sowie der Möglichkeit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung und geringeren Kosten. – Die ICC verschreibt sich einer Erhöhung der Transparenz auf zahlreichen Ebenen des Verfahrens. Hierzu dienen die Veröffentlichung der Namen von * International Chamber of Commerce (ICC). Die ICC-SchO ist abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der ICC, deren folgender Hinweis gerne wiedergeben wird: Der in diesem Kommentar veröffentlichte Text entspricht der Version v. 1.1.2021. Für etwaige zwischenzeitliche Abänderungen des Texts der ICC-SchO sowie die rechtlich verbindliche Version in englischer Sprache s. auch http://www.iccarbitration.org. Die offiziellen Texte der ICC-SchO sind darüber hinaus abrufbar unter http://www.iccdrl.com. Die ICC-SchO ist in viele verschiedene Sprachen übersetzt worden. Sollten sich im Vergleich mit der deutschen Version Unterschiede ergeben, gilt die englische Originalfassung als allein verbindlich.
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Vor Art. 1 ICC-SchO | Vorbemerkungen Schiedsrichtern und externen, anwaltlichen Parteivertretern in ICC-Schiedsverfahren auf der Webseite der ICC sowie die Möglichkeit, Begründungen für ICC-Entscheidungen zu erhalten (Art. 5 Anhang II) und neue Offenlegungspflichten bzgl. Prozessfinanzierung und Änderungen in der Parteivertretung (Art. 17 Abs. 1). – Umstellung auf elektronische Kommunikation und Ermöglichung von Hearings per Video-/Telefonkonferenz; die Einreichung von Klagen und Klageantworten in Papierform bleibt möglich (und zum sicheren Nachweis der Zustellung regelmäßig auch ratsam). Für sonstige Verfahrenskommunikation ist keine Einreichung in Papierform mehr vorgesehen, es kann daher auf E-Mail zurückgegriffen werden. Die im Zuge der COVID-19-Pandemie aufgetretene Frage, ob Schiedsgerichte gegen den Willen der Parteien Hearings (d.h. mündliche Verhandlungen) – ggf. aussschließlich – im Wege der Ton-/Bildübertragung durchführen dürfen, kann für ab dem 1.1.2021 eingeleitete (Art. 4 Abs. 2) Verfahren aufgrund einer Änderung des Art. 26 Abs. 1 nunmehr eindeutig bejaht werden.
B. Charakteristische Merkmale 3 Die ICC zeichnet sich im Verhältnis zu anderen Schiedsinstitutionen durch eine
hohe Interventions- und Kontrolldichte und damit durch ein hochprofessionelles Qualitätsmanagement aus. So kann die ICC offensichtlich unzulässige Schiedsklagen abweisen, bevor ein Schiedsgericht konstituiert wird (Art. 6 Abs. 3–7). Bei Fehlen einer abweichenden Parteivereinbarung wählt die ICC die Vorsitzenden von Dreierschiedsgerichten aus (Art. 12 Abs. 5; andere Institutionen wie die DIS überlassen dies den parteibenannten Schiedsrichtern). Generell stellt die ICC-SchO hohe Anforderungen nicht nur an die Unabhängigkeit und an die Unparteilichkeit von ICC-Schiedsrichtern. Sie überwacht auch die tatsächliche Einhaltung dieser Vorgaben verhältnismäßig streng. Die zügige, effiziente und sachgerechte Erledigung der Streitsachen durch die Schiedsrichter wird durch eine Vielzahl ICC-typischer oder doch ICC-typisch ausgeprägter „Verfahrensfiguren“ wie den Schiedsauftrag (Art. 23), die seit 2012 verbindliche Verfahrensmanagementkonferenz und den Verfahrenskalender (Art. 24), aber auch durch entsprechende Feinsteuerungsmöglichkeiten der ICC bei der Festsetzung der Schiedsrichterhonorare (Art. 2 Abs. 2 Anhang III) forciert. Besonders hervorzuheben ist schließlich das einzigartige Prüfungs- und Genehmigungsverfahren (Art. 34), das Schiedsspruchentwürfe von ICC-Schiedsgerichten ICC-intern durchlaufen müssen, bevor sie finalisiert werden. Hier profitieren ICC-Schiedsrichter – und nicht zuletzt die Parteien – von dem gewaltigen Fundus an Wissen und Praxiserfahrungen der im Sekretariat des Gerichtshofs tätigen Juristen sowie der aus einer großen Zahl von Jurisdiktionen und Sprachregionen stammenden Mitglieder des Gerichtshofs.
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Vorbemerkungen | Vor Art. 1 ICC-SchO
C. Persönlicher und räumlicher Anwendungsbereich der ICC-SchO Der persönliche Anwendungsbereich der ICC-SchO ist auf Rechtssubjekte be- 4 schränkt, die – als Unterzeichner, Rechtsnachfolger oder auf andere Weise (s. im Einzelnen Art. 6 Rz. 6, 124 ff.) – an eine ICC-Schiedsvereinbarung gebunden sind. Räumliche Beschränkungen kennt die ICC-SchO dagegen nicht; sie kann weltweit Anwendung finden und insb. auch ohne Einschränkungen auf Verfahren, die keinen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen (s. Art. 6 Rz. 139 ff.).
D. Sachlicher Anwendungsbereich der ICC-SchO Sachlich ist der Anwendungsbereich der ICC-SchO nicht mehr wie vor In- 5 krafttreten der ICC-SchO 2012 auf „business disputes“ beschränkt (s. Art. 6 Rz. 139 ff.). Damit können also auch Investitions- und sonstige nicht „klassische“ Handelsschiedsverfahren von der ICC administriert werden. In jedem Einzelfall ist indes erforderlich, dass die Ansprüche von einer ICC-Schiedsvereinbarung erfasst sind (ausführlich Art. 6 Rz. 21 ff.). Die ICC ist ein privatrechtlicher Verein nach frz. Recht (s. Art. 1 Rz. 6), der 6 grds. keinem Kontrahierungszwang unterliegt. In Einzelfällen – etwa, wenn der Verdacht besteht, dass mit dem Schiedsverfahren deliktische Zwecke (z.B. Geldwäsche) verfolgt werden –, kann die ICC daher die Durchführung des Schiedsverfahrens ablehnen. Auch wenn gegen eine Partei internationale Sanktionen verhängt wurden, kann die ICC von der Verwaltung des Schiedsverfahrens Abstand nehmen.
E. Zeitlicher Anwendungsbereich der ICC-SchO Art. 6 Abs. 1 bestimmt, dass die ICC-SchO in der bei Verfahrenseinleitung 7 (i.S.v. Art. 4 Abs. 2) geltenden Fassung anzuwenden ist, es sei denn, die Parteien haben die Anwendbarkeit der zum Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung gültigen SchO vereinbart. Entsprechende Regelungen waren auch schon in den früheren Fassungen der ICC-SchO enthalten. Eine Ausnahme von dieser Regel enthalten Art. 29 Abs. 6 Buchst. a und 30 Abs. 3 Buchst. a, wonach die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren (Art. 29 i.V.m. Anhang V) sowie zum beschleunigten Verfahren (Art. 30 i.V.m. Anhang VI) nur dann Anwendung finden, wenn die Schiedsvereinbarung nach dem Inkrafttreten der jeweiligen Regelungen geschlossen wurde. Haben die Parteien – was nicht ratsam ist – ausdrücklich eine bestimmte zeitliche Fassung der ICC-SchO gewählt, gilt hinsichtlich der Kostentabellen gleichwohl stets die jeweils aktuelle Fassung (Art. 3 Abs. 1 Anhang III).
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Vor Art. 1 ICC-SchO | Vorbemerkungen F. Gegenstand der ICC-SchO 8 Gegenstand der ICC-SchO ist das Schiedsverfahren. Die ICC-SchO enthält so-
mit verfahrensrechtliche, teils aber auch materiell-rechtliche Pflichten der Verfahrensbeteiligten. Die Regelungen sind, was das Schiedsverfahren vor dem Schiedsgericht angeht, überwiegend weder abschließend noch zwingend. So stand die Wahrung der Maximen Parteiautonomie und Flexibilität durch möglichst geringe Regelungsdichte in Bezug auf die eigentliche Verfahrensdurchführung auch im Fokus der letzten Überarbeitungen der ICC-SchO, obgleich durch das Merkblatt des Sekretariats (dazu näher Rz. 12) die geringe Regelungsdichte z.T. faktisch konterkariert wird. Die Ergänzung der ICC-SchO durch dispositives nationales Verfahrensrecht kommt daher ebenso in Betracht wie ihre Komplementierung oder Abbedingung durch Parteivereinbarung und/oder verfahrensleitende Verfügungen des Schiedsgerichts. In den Kommentierungen zu den einzelnen Artikeln wird auf diese Fragen in den jeweiligen Abschnitten „Verhältnis zum X. Buch der ZPO“ und „Abweichende Parteivereinbarungen“ eingegangen.
9 Sanktionen für Verletzungen der ICC-SchO sind in dieser nur rudimentär ge-
regelt (z.B. Art. 38 Abs. 5). Das gilt auch für Rechtsbehelfsmöglichkeiten (z.B. Art. 6 Abs. 6, Art. 28 Abs. 2). Auch insoweit bleibt in vielen Fällen das jeweils anwendbare Recht maßgeblich.
10 Von den typischen Verfahrensstadien und -konstellationen behandelt die
ICC-SchO alle wesentlichen mindestens kursorisch mit Ausnahme der nur fragmentarisch hinsichtlich der Kostenfolge in Art. 38 Abs. 6 geregelten Klagerücknahme. Auch Einzelheiten zur Sachverhaltsermittlung, insb. zu Dokumentenvorlagephasen („document production“), sind – um Parteien und Schiedsgericht zu ermöglichen, insoweit die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen – nicht detailliert geregelt (s. Art. 25 Rz. 38 ff.).
G. Anwendung und Auslegung der ICC-SchO 11 Bei Anwendung und Auslegung der ICC-SchO muss – ebenso wie bei völker-
rechtlichen Verträgen und zwischen- bzw. überstaatlichen rechtsgestaltenden Akten – berücksichtigt werden, dass es sich um eine rechtsordnungsübergreifende Regelung handelt, so dass der Inhalt von unbestimmten Rechtsbegriffen nicht aus der Perspektive einer (nationalen) Rechtsordnung bzw. einer Rechtsfamilie zu ermitteln, sondern vielmehr autonom zu bestimmen ist (vgl. Art. 2 Rz. 12). Dabei ist auch zu bedenken, dass nur die englische Sprachfassung der ICC-SchO von der ICC als maßgeblich anerkannt wird. Die anderen Sprachfassungen – insb. auch die deutsche Fassung – sind lediglich „inoffizieller“ Natur.
12 Die Auslegung und Handhabung der ICC-SchO durch die ICC kann dem
„Merkblatt für die Parteien und das Schiedsgericht über die Durchführung des Schiedsverfahrens nach der ICC-Schiedsgerichtsordnung“ („Note to Parties and 10
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Vorbemerkungen | Vor Art. 1 ICC-SchO
Arbitral Tribunals on the Conduct of the Arbitration under the ICC Rules of Arbitration“) entnommen werden, das von allen Beteiligten stets konsultiert werden sollte. Da dieses sehr umfangreich ist und sich der Inhalt des Merkblatts relativ häufig ändert (insb. auch durch Einschübe), wird das Merkblatt in den nachfolgenden Artikelkommentierungen nicht durchweg zitiert. Sein Inhalt wurde aber stets berücksichtigt. Dort, wo auf das Merkblatt verwiesen wird, wird es in seiner Fassung v. 1.1.2021 zitiert („Merkblatt des Sekretariats v. 1.1. 2021“).
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Art. 1 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen
Einführende Bestimmungen Artikel 1 Internationaler Schiedsgerichtshof (1) Der Internationale Schiedsgerichtshof (der „Gerichtshof“) der Internationalen Handelskammer („ICC“) ist die selbständige Institution der Schiedsgerichtsbarkeit der ICC. Die Satzung des Gerichtshofs ist im Anhang I abgedruckt. (2) Der Gerichtshof entscheidet die Streitfälle nicht selbst. Er verwaltet die Entscheidung von Streitfällen durch Schiedsgerichte im Einklang mit der Schiedsgerichtsordnung der ICC (die „Schiedsgerichtsordnung“). Der Gerichtshof ist die einzige Institution, die zur Verwaltung von Schiedsverfahren nach der Schiedsgerichtsordnung, einschließlich der Prüfung und Genehmigung von danach ergangenen Schiedssprüchen, befugt ist. Er gibt sich eine Geschäftsordnung, die im Anhang II abgedruckt ist (die „Geschäftsordnung“). (3) Der Präsident des Gerichtshofs (der „Präsident“) kann für den Gerichtshof dringende Entscheidungen treffen, muss jedoch den Gerichtshof in einer der nächsten Sitzungen von den getroffenen Entscheidungen unterrichten. Auf Ersuchen des Präsidenten, in dessen Abwesenheit oder wenn der Präsident aus anderen Gründen nicht in der Lage ist zu handeln, ist einer der Vizepräsidenten in gleicher Weise ermächtigt. (4) Der Gerichtshof kann gemäß seiner Geschäftsordnung einem oder mehreren Ausschüssen, die aus seinen Mitgliedern gebildet werden, die Befugnis übertragen, bestimmte Entscheidungen zu treffen; er muss jedoch über die getroffenen Entscheidungen in einer der nächsten Sitzungen unterrichtet werden. (5) Der Gerichtshof wird in seiner Arbeit vom Sekretariat des Gerichtshofs (das „Sekretariat“) unterstützt, welches unter der Leitung seines Generalsekretärs (der „Generalsekretär“) steht. Anhang I – Satzung des Internationalen Schiedsgerichtshofs Artikel 1: Aufgabe (1) Der Internationale Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer (der „Gerichtshof“) hat die Aufgabe, für die Anwendung der Schiedsgerichtsordnung der ICC zu sorgen. Er verfügt über alle zu diesem Zweck erforderlichen Kompetenzen. (2) Als eigenständige Institution erfüllt er diese Aufgabe in vollständiger Unabhängigkeit von der ICC und ihren Organen. (3) Seine Mitglieder sind von den ICC-Nationalkomitees und ICC-Gruppen unabhängig. Artikel 2: Zusammensetzung des Gerichtshofs Der Gerichtshof besteht aus einem Präsidenten, mehreren Vizepräsidenten sowie Mitgliedern und deren Vertretern (diese gemeinsam bezeichnet als „Mitglieder“). Er wird in seiner Arbeit durch sein Sekretariat (das „Sekretariat des Gerichtshofs“) unterstützt.
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Internationaler Schiedsgerichtshof | Art. 1 ICC-SchO Artikel 3: Ernennung (1) Der Präsident wird durch den World Council der ICC auf Empfehlung des Executive Board der ICC gewählt. Die Empfehlung des Executive Board der ICC ergeht auf der Grundlage des Vorschlags eines unabhängigen Auswahlgremiums, dem renommierte Schiedspraktiker angehören. (2) Auf Vorschlag des Präsidenten ernennt der World Council der ICC die Vizepräsidenten des Gerichtshofs aus dem Kreis der Mitglieder des Gerichtshofs oder anderweitig. Der Präsident und die Vizepräsidenten des Gerichtshofs bilden das Präsidium des Gerichtshofs. (3) Die Mitglieder des Gerichtshofs werden vom World Council der ICC auf Vorschlag der ICC-Nationalkomitees oder ICC-Gruppen ernannt, und zwar jeweils ein Mitglied je Nationalkomitee bzw. Gruppe. Auf Vorschlag des Präsidenten des Gerichtshofs kann der World Council der ICC Vertreter ernennen. (4) Auf Vorschlag des Präsidenten kann der World Council der ICC Mitglieder und Vertreter in Ländern und Gebieten ernennen, a) in denen weder ein ICC-Nationalkomitee noch eine ICC-Gruppe besteht; oder b) in denen das ICC-Nationalkomitee oder die ICC-Gruppe suspendiert ist. (5) Die Amtszeit aller Mitglieder – womit für die Zwecke dieses Absatzes auch der Präsident und die Vizepräsidenten gemeint sind – beträgt drei Jahre und kann einmal um eine weitere Amtszeit verlängert werden. Wenn ein Mitglied seine Funktion nicht länger ausüben kann, ernennt der World Council für die verbleibende Dauer der Amtszeit einen Nachfolger. (6) Kein Mitglied des Gerichtshofs übt sein Amt für mehr als zwei vollständige aufeinanderfolgende Amtszeiten aus, es sei denn, der World Council beschließt auf Empfehlung des Executive Board und auf Vorschlag des Präsidenten etwas anderes, insbesondere wenn ein Mitglied des Gerichtshofs für die Wahl zum Vizepräsidenten vorgeschlagen wird. Artikel 4: Ausschüsse (1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in den Artikeln 5(1), 6 und 7 dieses Anhangs führt der Gerichtshof seine Arbeit in Ausschüssen bestehend aus jeweils drei Mitgliedern durch. (2) Ausschüsse bestehen aus einem Präsidenten und zwei weiteren Mitgliedern. Artikel 5: Sonderausschüsse (1) Der Gerichtshof kann seine Arbeit in Sonderausschüssen durchführen, a) um über Angelegenheiten gemäß den Artikeln 14 und 15(2) der Schiedsgerichtsordnung zu entscheiden; b) um Entwürfe von Schiedssprüchen bei Vorliegen von dissenting opinions zu prüfen; c) um Entwürfe von Schiedssprüchen zu prüfen, falls mindestens eine Partei ein Staat ist oder als staatliche Einheit angesehen werden kann; d) um über Angelegenheiten zu entscheiden, die an einen Sonderausschuss von einem Ausschuss überwiesen wurden, der zu keiner Entscheidung gelangt ist oder es bevorzugt hat, nach Unterbreitung sämtlicher ihm geeignet erscheinender Vorschläge keine Entscheidung zu treffen; oder e) auf Ersuchen des Präsidenten. (2) Sonderausschüsse bestehen aus einem Präsidenten und zumindest sechs weiteren Mitgliedern.
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Art. 1 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen Artikel 6: Ein-Personen-Ausschüsse Der Gerichtshof kann Entwürfe von Schiedssprüchen nach den Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren in Ausschüssen mit nur einem Mitglied prüfen. Artikel 7: Vollversammlung des Gerichtshofs (1) Der Gerichtshof tagt im Rahmen seiner jährlichen Arbeitssitzung (working session) als Vollversammlung. Der Gerichtshof tritt auch als Vollversammlung zusammen, wenn er vom Präsidenten so einberufen wird. (2) Die Vollversammlung des Gerichtshofs kann alle Entscheidungen gemäß den Artikeln 4(1), 5(1) und 6 dieses Anhangs treffen. (3) Die Vollversammlung besteht aus dem Präsidenten, den Vizepräsidenten und sämtlichen Mitgliedern des Gerichtshofs, die ihre Teilnahme zugesagt haben und anwesend sind. Artikel 8: Vertraulichkeit Die Arbeit des Gerichtshofs ist vertraulich; die Vertraulichkeit ist von allen Personen zu wahren, die in irgendeiner Eigenschaft daran beteiligt sind. Der Gerichtshof bestimmt die Regeln für die Teilnahme an den Sitzungen des Gerichtshofs und seiner Ausschüsse und für die Berechtigung zum Zugang zu den Unterlagen, die mit der Arbeit des Gerichtshofs und seines Sekretariats in Zusammenhang stehen. Artikel 9: Änderung der Schiedsgerichtsordnung Jeder Vorschlag des Gerichtshofs zur Änderung der Schiedsgerichtsordnung wird der Kommission für Schiedsgerichtsbarkeit und ADR vorgelegt, bevor er dem Executive Board zur Genehmigung unterbreitet wird; der Gerichtshof kann jedoch den Entwicklungen der Informationstechnologie Rechnung tragen, indem er Vorschläge zur Änderung oder Ergänzung der Bestimmungen des Artikels 3 der Schiedsgerichtsordnung oder jedweder hiermit in Zusammenhang stehenden Bestimmungen macht, ohne diese zuvor der Kommission vorzulegen. Artikel 10 Die Entscheidungen des Gerichtshofs gelten als in Paris, Frankreich, getroffen.
Anhang II – Geschäftsordnung des Internationalen Schiedsgerichtshofs Artikel 1: Vertraulicher Charakter der Arbeit des Gerichtshofs (1) Mitglieder des Gerichtshofs im Sinne dieses Anhangs sind auch der Präsident und die Vizepräsidenten des Gerichtshofs. (2) An den Sitzungen des Gerichtshofs können nur seine Mitglieder und das Sekretariat teilnehmen. (3) In Ausnahmefällen kann der Präsident des Gerichtshofs andere Personen einladen, an den Sitzungen teilzunehmen. Diese müssen die Vertraulichkeit der Tätigkeit des Gerichtshofs wahren. (4) Die Unterlagen, die dem Gerichtshof vorgelegt oder von ihm oder dem Sekretariat im Laufe des Verfahrens erstellt werden, dürfen nur den Mitgliedern des Gerichtshofs, dem Sekretariat sowie denjenigen Personen zur Verfügung gestellt werden, denen der Präsident die Teilnahme an den Sitzungen gestattet hat.
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Internationaler Schiedsgerichtshof | Art. 1 ICC-SchO (5) Der Präsident oder der Generalsekretär des Gerichtshofs kann Personen, die wissenschaftlich arbeiten, gestatten, Schiedssprüche und andere Unterlagen allgemeinen Interesses einzusehen, mit Ausnahme von Schriftsätzen, Aufzeichnungen, Erklärungen und sonstigen Unterlagen, die von den Parteien während des Schiedsverfahrens eingereicht worden sind. (6) Diese Genehmigung ist davon abhängig, dass sich der Begünstigte verpflichtet, den vertraulichen Charakter der zur Einsicht vorgelegten Unterlagen zu wahren und darauf basierende Texte nicht zu veröffentlichen, ohne sie dem Generalsekretär des Gerichtshofs zuvor zur Genehmigung vorzulegen. (7) In jedem Schiedsverfahren nach dieser Schiedsgerichtsordnung bewahrt das Sekretariat in den Archiven des Gerichtshofs alle Schiedssprüche, Schiedsaufträge und Entscheidungen des Gerichtshofs sowie Kopien des wesentlichen Schriftverkehrs des Sekretariats auf. (8) Alle von den Parteien oder den Schiedsrichtern eingereichten Unterlagen, Mitteilungen und Schreiben können vernichtet werden, wenn nicht eine Partei oder ein Schiedsrichter schriftlich innerhalb einer vom Sekretariat gesetzten Frist die Rückgabe dieser Unterlagen verlangt. Alle durch die Rückgabe verursachten Kosten sind von der jeweiligen Partei oder dem jeweiligen Schiedsrichter zu tragen. Artikel 2: Teilnahme der Mitglieder des Gerichtshofs an ICC-Schiedsverfahren (1) Der Präsident und die Mitglieder des Sekretariats des Gerichtshofs dürfen weder als Schiedsrichter noch als Parteivertreter in ICC-Schiedsverfahren tätig werden. (2) Der Gerichtshof ernennt weder Vizepräsidenten noch Mitglieder des Gerichtshofs als Schiedsrichter. Sie können jedoch vorbehaltlich ihrer Bestätigung von einer oder mehreren Parteien oder aufgrund eines anderen seitens der Parteien vereinbarten Verfahrens als Schiedsrichter benannt werden. (3) Wenn der Präsident, ein Vizepräsident oder ein Mitglied des Gerichtshofs oder seines Sekretariats in irgendeiner Weise ein persönliches Interesse an einem vor dem Gerichtshof anhängigen Verfahren hat, muss er den Generalsekretär sofort darüber unterrichten, sobald er Kenntnis davon erlangt hat. (4) Die betroffene Person darf bei der Sitzung des Gerichtshofs, bei der die Angelegenheit erörtert wird, nicht anwesend sein und darf bei Erörterungen oder Entscheidungen des Gerichtshofs nicht mitwirken. (5) Die betroffene Person erhält keine Informationen oder Unterlagen, die dieses Verfahren betreffen. Artikel 3: Beziehungen zwischen den Mitgliedern des Gerichtshofs und den ICC-Nationalkomitees oder Gruppen (1) Die Mitglieder des Gerichtshofs sind unabhängig von den ICC-Nationalkomitees oder Gruppen, die sie zur Ernennung durch den World Council der ICC vorgeschlagen haben. (2) Sie müssen außerdem gegenüber ihren Nationalkomitees und Gruppen Vertraulichkeit über alle Informationen wahren, die einzelne Schiedsverfahren betreffen und die sie aufgrund ihrer Stellung als Mitglied des Gerichtshofs erhalten haben, sofern sie nicht vom Präsidenten, von einem von diesem ermächtigten Vizepräsidenten oder von dem Generalsekretär des Gerichtshofs gebeten werden, bestimmte Informationen an ihr Nationalkomitee oder ihre Gruppe weiterzuleiten.
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Art. 1 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen Artikel 4: Bildung, Beschlussfähigkeit und Entscheidungsfindung (1) Die Mitglieder der Ausschüsse, der Sonderausschüsse und der Ein-Personen-Ausschüsse werden vom Präsidenten aus dem Kreis der Vizepräsidenten oder der übrigen Mitglieder des Gerichtshofs ernannt. In Abwesenheit des Präsidenten oder bei dessen sonstiger Verhinderung werden sie auf Antrag des Generalsekretärs oder des stellvertretenden Generalsekretärs des Gerichtshofs von einem Vizepräsidenten ernannt. (2) Ausschüsse und Sonderausschüsse tagen, wenn sie von ihrem Präsidenten einberufen werden. (3) Der Präsident des Gerichtshofs führt den Vorsitz im Ausschuss, im Sonderausschuss und in der Vollversammlung. Ein Vizepräsident des Gerichtshofs kann als Präsident eines Ausschusses, eines Sonderausschusses oder der Vollversammlung (i) auf Ersuchen des Präsidenten oder (ii) in Abwesenheit des Präsidenten oder bei dessen sonstiger Verhinderung auf Antrag des Generalsekretärs oder des stellvertretenden Generalsekretärs des Gerichtshofs tätig werden. In Ausnahmefällen kann ein anderes Mitglied des Gerichtshofs nach demselben Verfahren als Präsident eines Ausschusses oder Sonderausschusses tätig werden. (4) Der Präsident des Gerichtshofs, ein Vizepräsident oder ein beliebiges Mitglied des Gerichtshofs kann in dem aus nur einem Mitglied bestehenden Ausschuss tätig werden und diesen abhalten. (5) Entscheidungen über die Bildung von Ausschüssen, Sonderausschüssen und Ein-Personen Ausschüssen werden dem Gerichtshof in einer der nächsten Sitzungen mitgeteilt. (6) Beratungen sind wirksam: a) Im Ausschuss, wenn mindestens zwei Mitglieder anwesend sind. b) Im Sonderausschuss und in der Vollversammlung, wenn mindestens sechs Mitglieder und der Präsident oder der designierte Vizepräsident anwesend sind. (7) Entscheidungen in Ausschüssen werden einstimmig getroffen. Wenn ein Ausschuss keine einstimmige Entscheidung treffen kann oder es bevorzugt, keine Entscheidung zu treffen, überträgt er die entsprechende Angelegenheit an einen Sonderausschuss und macht die ihm geeignet erscheinenden Vorschläge. (8) Beschlüsse in Sonderausschüssen und in der Vollversammlung werden mit einfacher Mehrheit gefasst, wobei bei Stimmengleichheit die Stimme des Präsidenten bzw. des Vizepräsidenten entscheidend ist. Artikel 5: Mitteilung der Gründe für Entscheidungen (1) Auf Antrag einer Partei teilt das Gericht die Gründe für Entscheidungen gemäß den Artikeln 6(4), 10, 12(8), 12(9), 14 und 15(2) mit. (2) Jeder Antrag auf Mitteilung von Gründen muss vor dem Ergehen jener Entscheidung gestellt werden, für die eine Begründung beantragt wird. Bei Entscheidungen nach Artikel 15(2) hat eine Partei ihren Antrag an den Gerichtshof zu richten, wenn sie nach Artikel 15(3) zur Stellungnahme aufgefordert wird. (3) In Ausnahmefällen kann der Gerichtshof beschließen, die Gründe für die oben genannten Entscheidungen nicht mitzuteilen. Artikel 6: Sekretariat des Gerichtshofs (1) In Abwesenheit des Generalsekretärs oder sonst auf dessen Ermächtigung hin ist der Stellvertretende Generalsekretär und/oder der General Counsel ermächtigt, gemäß den Be-
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Internationaler Schiedsgerichtshof | Art. 1 ICC-SchO stimmungen in den Artikeln 6(3), 13(2), 35(2) und 37(1) der Schiedsgerichtsordnung sowie Artikel 1(6) des Anhangs III Fälle an den Gerichtshof zu verweisen, Schiedsrichter zu bestätigen, Kopien von Schiedssprüchen zu beglaubigen, einen vorläufigen Kostenvorschuss anzufordern und die Ratenzahlung von Kostenvorschüssen zu gestatten sowie die in Artikel 37(6) vorgesehene Maßnahme zu ergreifen. (2) Mit Zustimmung des Gerichtshofs kann das Sekretariat Merkblätter und andere zur Information der Parteien oder Schiedsrichter bestimmte oder für den ordnungsgemäßen Ablauf der Schiedsverfahren notwendige Materialien herausgeben. (3) Büros des Sekretariats können außerhalb der Verwaltungszentrale der ICC eröffnet werden. Das Sekretariat hält eine Liste aller vom Generalsekretär benannten Büros vor. Schiedsklagen können beim Sekretariat an seinem Sitz oder bei einem seiner Büros eingereicht werden, und die Aufgaben des Sekretariats gemäß der Schiedsgerichtsordnung können von seinem Sitz oder einem seiner Büros aus entsprechend den Anweisungen des Generalsekretärs, des Stellvertretenden Generalsekretärs oder des General Counsel ausgeübt werden. Artikel 7: Prüfung von Schiedssprüchen Bei der Prüfung der Entwürfe von Schiedssprüchen gemäß Artikel 34 der Schiedsgerichtsordnung berücksichtigt der Gerichtshof, soweit möglich, die am Schiedsort bestehenden zwingenden rechtlichen Anforderungen.
Introductory Provisions Article 1: International Court of Arbitration (1) The International Court of Arbitration (the “Court”) of the International Chamber of Commerce (“ICC”) is the independent arbitration body of ICC. The statutes of the Court are set forth in Appendix I. (2) The Court does not itself resolve disputes. It administers the resolution of disputes by arbitral tribunals, in accordance with the Rules of Arbitration of the ICC (the “Rules”). The Court is the only body authorized to administer arbitrations under the Rules, including the scrutiny and approval of awards rendered in accordance with the Rules. It draws up its own internal rules, which are set forth in Appendix II (the “Internal Rules”). (3) The President of the Court (the “President”) shall have the power to take urgent decisions on behalf of the Court, provided that any such decision is reported to the Court at one of its next sessions. At the President’s request, in the President’s absence or otherwise where the President is unable to act, one of the Vice-Presidents shall have the same power. (4) As provided for in the Internal Rules, the Court may delegate to one or more committees composed of its members the power to take certain decisions, provided that any such decision is reported to the Court at one of its next sessions. (5) The Court is assisted in its work by the Secretariat of the Court (the “Secretariat”) under the direction of its Secretary General (the “Secretary General”).
Appendix I – Statutes Of The International Court Of Arbitration Article 1: Function (1) The function of the International Court of Arbitration of the International Chamber of Commerce (the “Court”) is to ensure the application of the Rules of Arbitration of ICC, and it has all the necessary powers for that purpose.
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Art. 1 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen (2) As an autonomous body, it carries out these functions in complete independence from ICC and its organs. (3) Its members are independent from the ICC National Committees and Groups. Article 2: Composition of the Court The Court shall consist of a President, Vice-Presidents, and members and alternate members (collectively designated as members). In its work it is assisted by its Secretariat (Secretariat of the Court). Article 3: Appointment (1) The President is elected by the ICC World Council upon the recommendation of the Executive Board of the ICC based on the proposal of an independent selection committee which includes highly distinguished arbitration practitioners. (2) On the proposal of the President, the ICC World Council appoints the Vice-Presidents of the Court from among the members of the Court or otherwise. The President and the Vice-Presidents of the Court form the Bureau of the Court. (3) The members of the Court are appointed by the ICC World Council on the proposal of National Committees or Groups, one member for each National Committee or Group. On the proposal of the President the World Council may appoint alternate members. (4) On the proposal of the President, the ICC World Council may appoint members and alternate members in countries and territories: a) where there is no National Committee or Group; or b) where the National Committee or Group is suspended. (5) The term of office of all members, including, for the purposes of this paragraph, the President and Vice-Presidents, is three years and may be renewed once. If a member is no longer in a position to exercise the member’s functions, a successor is appointed by the World Council for the remainder of the term. (6) No Court member shall serve for more than two full consecutive terms, unless the World Council decides otherwise upon the recommendation of the Executive Board further to the proposal of the President, in particular where a Court member is proposed for election as Vice-President. Article 4: Committees (1) Save as provided in Articles 5(1), 6 and 7 of this Appendix, the Court conducts its work in Committees of three members. (2) The members of the Committees consist of a president and two other members. Article 5: Special Committees (1) The Court may conduct its work in Special Committees: a) to decide on matters under Articles 14 and 15(2) of the Rules; b) to scrutinise draft awards in the presence of dissenting opinions; c) to scrutinise draft awards in cases where one or more of the parties is a state or may be considered to be a state entity;
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Internationaler Schiedsgerichtshof | Art. 1 ICC-SchO d) to decide on matters transferred to a Special Committee by a Committee which did not reach a decision or deemed it preferable to abstain, having made any suggestions it deemed appropriate; or e) upon request of the President. (2) The members of the Special Committee consist of a president and at least six other members. Article 6: Single-member Committees The Court may scrutinize draft awards under the Expedited Procedure Provisions in Single-member Committees. Article 7: Plenary of the Court (1) The Court meets in plenary during its annual working session. It also meets in plenary whenever so convened by the President. (2) The plenary of the Court may take any decision under Articles 4(1), 5(1) and 6 of this Appendix. (3) The members of the plenary consist of the President, the Vice-Presidents and all Court members who have accepted to attend and are in attendance. Article 8: Confidentiality The work of the Court is of a confidential nature which must be respected by everyone who participates in that work in whatever capacity. The Court lays down the rules regarding the persons who can attend the meetings of the Court and its Committees and who are entitled to have access to materials related to the work of the Court and its Secretariat. Article 9: Modification of the Rules of Arbitration Any proposal of the Court for a modification of the Rules is laid before the Commission on Arbitration and ADR before submission to the Executive Board of the ICC for approval, provided, however, that the Court, in order to take account of developments in information technology, may propose to modify or supplement the provisions of Article 3 of the Rules or any related provisions in the Rules without laying any such proposal before the Commission. Article 10 The decisions of the Court shall be deemed to be made at Paris, France.
Appendix II – Internal Rules Of The International Court Of Arbitration Article 1: Confidential Character of the Work of the International Court of Arbitration (1) For the purposes of this Appendix, members of the Court include the President and Vice-Presidents of the Court. (2) The sessions of the Court are open only to its members and to the Secretariat. (3) However, in exceptional circumstances, the President of the Court may invite other persons to attend. Such persons must respect the confidential nature of the work of the Court.
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Art. 1 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen (4) The documents submitted to the Court, or drawn up by it or the Secretariat in the course of the Court’s proceedings, are communicated only to the members of the Court and to the Secretariat and to persons authorized by the President to attend Court sessions. (5) The President or the Secretary General of the Court may authorize researchers undertaking work of an academic nature to acquaint themselves with awards and other documents of general interest, with the exception of memoranda, notes, statements and documents remitted by the parties within the framework of arbitration proceedings. (6) Such authorization shall not be given unless the beneficiary has undertaken to respect the confidential character of the documents made available and to refrain from publishing anything based upon information contained therein without having previously submitted the text for approval to the Secretary General of the Court. (7) The Secretariat will in each case submitted to arbitration under the Rules retain in the archives of the Court all awards, Terms of Reference and decisions of the Court, as well as copies of the pertinent correspondence of the Secretariat. (8) Any documents, communications or correspondence submitted by the parties or the arbitrators may be destroyed unless a party or an arbitrator requests in writing within a period fixed by the Secretariat the return of such documents, communications or correspondence. All related costs and expenses for the return of those documents shall be paid by such party or arbitrator. Article 2: Participation of Members of the International Court of Arbitration in ICC Arbitration (1) The President and the members of the Secretariat of the Court may not act as arbitrators or as counsel in cases submitted to ICC arbitration. (2) The Court shall not appoint Vice-Presidents or members of the Court as arbitrators. They may, however, be proposed for such duties by one or more of the parties, or pursuant to any other procedure agreed upon by the parties, subject to confirmation. (3) When the President, a Vice-President or a member of the Court or of the Secretariat is involved in any capacity whatsoever in proceedings pending before the Court, such person must inform the Secretary General of the Court upon becoming aware of such involvement. (4) Such person must be absent from the Court session whenever the matter is considered by the Court and shall not participate in the discussions or in the decisions of the Court. (5) Such person will not receive any material documentation or information pertaining to such proceedings. Article 3: Relations between the Members of the Court and the ICC National Committees and Groups (1) By virtue of their capacity, the members of the Court are independent of the ICC National Committees and Groups which proposed them for appointment by the ICC World Council. (2) Furthermore, they must regard as confidential, vis-à-vis the said National Committees and Groups, any information concerning individual cases with which they have become acquainted in their capacity as members of the Court, except when they have been requested by the President of the Court, by a Vice-President of the Court authorized by the President of the Court, or by the Court’s Secretary General to communicate specific information to their respective National Committees or Groups.
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Internationaler Schiedsgerichtshof | Art. 1 ICC-SchO Article 4: Constitution, Quorum and Decision-Making (1) The members of Committees, Special Committees and Single-member Committees are appointed by the President from among the Vice-Presidents or the other members of the Court. In the President’s absence or otherwise where the President is unable to act, they are appointed by a Vice-President at the request of the Secretary General or the Deputy Secretary General of the Court. (2) Committees and Special Committees meet whenever convened by their president. (3) The President of the Court acts as the president of the Committee, the Special Committee and the plenary. A Vice-President of the Court may act as president of a Committee, Special Committee or the plenary (i) at the request of the President or (ii) in the President’s absence or otherwise where the President is unable to act, at the request of the Secretary General or the Deputy Secretary General of the Court. In exceptional circumstances, another member of the Court may act as president of a Committee or Special Committee following the same procedure. (4) The President of the Court, a Vice-President and any Court member may act in, and convene, the Single-member Committee. (5) Decisions on the constitution of Committees, Special Committees and Single-member Committees are reported to the Court at one of its next sessions. (6) Deliberations shall be valid: a) At the Committee, when at least two members are present. b) At the Special Committee and plenary, when at least six members, and the President or designated Vice-President, are present. (7) Decisions at Committees are taken unanimously. When a Committee cannot reach a unanimous decision or deems it preferable to abstain, it transfers the case to a Special Committee, making any suggestions it deems appropriate. (8) Decisions at Special Committees and the plenary are taken by majority, the President or Vice-President, as the case may be, having a casting vote in the event of a tie. Article 5: Communication of Reasons of Decisions (1) Upon request of any party, the Court will communicate the reasons for Articles 6(4), 10, 12(8), 12(9), 14 and 15(2). (2) Any request for the communications of reasons must be made in advance of the decision in respect of which reasons are sought. For decisions pursuant to Article 15(2), a party shall address its request to the Court when invited to comment pursuant to Article 15(3). (3) In exceptional circumstances, the Court may decide not to communicate the reasons for any of the above decisions. Article 6: Court Secretariat (1) In the Secretary General’s absence or otherwise at the Secretary General’s request, the Deputy Secretary General and/or the General Counsel shall have the authority to refer matters to the Court, confirm arbitrators, certify true copies of awards request the payment of a provisional advance and authorize the payment of advances in instalments, respectively provided for in Articles 6(3), 13(2), 35(2) and 37(1) of the Rules and Article 1 (6) of Appendix III, as well as to take the measure provided for in Article 37(6).
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Art. 1 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen (2) The Secretariat may, with the approval of the Court, issue notes and other documents for the information of the parties and the arbitrators, or as necessary for the proper conduct of the arbitral proceedings. (3) Offices of the Secretariat may be established outside the headquarters of the ICC. The Secretariat shall keep a list of offices designated by the Secretary General. Requests for Arbitration may be submitted to the Secretariat at any of its offices, and the Secretariat’s functions under the Rules may be carried out from any of its offices, as instructed by the Secretary General, Deputy Secretary General or General Counsel. Article 7: Scrutiny of Arbitral Awards When the Court scrutinizes draft awards in accordance with Article 34 of the Rules, it considers, to the extent practicable, the requirements of mandatory law at the place of the arbitration. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1, 2, 4, 5; Anhang I, II Allgemeiner institutioneller Rahmen für ICC-Schiedsverfahren. → Rz. 1–16; Abs. 3 Eilkompetenz des Präsidenten des Gerichtshofs. → Rz. 18 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Änderungshistorie . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleich mit den in staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Wesentliche Eigenschaften des Gerichtshofs (Art. 1 Abs. 1, 2, Art. 1 Abs. 1 Anhang I) . . . . . . I. „Von der Internationalen Handelskammer eingerichtet“ (Art. 1 Abs. 1 Satz 1); Verweis auf die Satzung (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Anhang I) . . . . . . . II. Selbständigkeit des Gerichtshofs (Art. 1 Abs. 1 Satz 1); Geschäftsordnungsautonomie (Art. 1 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. Anhang II) . . . . . . . . . . . . . . . III. „Institution der Schiedsgerichtsbarkeit“ (Art. 1 Abs. 1 Satz 1) . . IV. Keine Entscheidung der Streitfälle durch den Gerichtshof (Art. 1 Abs. 2 Satz 1) . . . . . . . . .
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V. „Verwaltung“ der Entscheidung von Streitfällen im Einklang mit der ICC-SchO (Art. 1 Abs. 2 Satz 2, Art. 1 Abs. 2 Anhang I) . . VI. Ausschließliche Befugnis des Gerichtshofs zur Administrierung von Schiedsverfahren nach der ICC-SchO (Art. 1 Abs. 2 Satz 3) . F. Regelungen zur Arbeitsweise des Gerichtshofs (Art. 1 Abs. 3, 4, Art. 4–8 Anhang I, Art. 1, 4, 6–7 Anhang II) . . . . . . . . . . . . I. Eilkompetenz des Präsidenten (Art. 1 Abs. 3 ICC-SchO) . . . . . II. Ausschüsse und Vollversammlung des Gerichtshofs (Art. 4–7 Anhang I, Art. 4 Anhang II) . . . III. Vertraulichkeit (Art. 8 Anhang I; Art. 1 Abs. 1–6 Anhang II) . . . . IV. Rücksichtnahme auf zwingendes Recht am Schiedsort (Art. 7 Anhang II) . . . . . . . . . . . . . . . G. Sekretariat, Generalsekretär (Art. 1 Abs. 5, Art. 6 Anhang II) . . . . . . . . . .
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Literatur: Chea Nicholls/Bloch, ICC Hybrid Arbitrations Here to Stay: Singapore Court’s Treatment of the ICC Rules Revisions in Articles 1(2) and 6(2), Journal of International Arbitration, Vol. 31 Issue 3 (2014), S. 393 ff.; Esteban, Hybrid (Institutional) Arbitration
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Internationaler Schiedsgerichtshof | Art. 1 ICC-SchO Clauses: Party Autonomy Gone Wild, Arbitration International, Vol. 36 Issue 4 (2020), S. 475 ff.; Kirby, Insigma Technology Co. Ltd v. Alstom Technology Ltd: SIAC Can Administer Cases under the ICC Rules?!?, Arbitration International, Vol. 25 Issue 3 (2009), S. 319 ff.; Kirby, The ICC Court: A Behind-the-Scenes Look, ICC Court Bulletin, Vol. 16 No. 2 (2005), S. 427 ff.; Smit, An Inside View of the ICC Court, Arbitration International, Vol. 10 Issue 1 (1994), S. 53 ff.
A. Normzweck Art. 1 enthält einige elementare Regelungen über den Internationalen Schieds- 1 gerichtshof der Internationalen Handelskammer (hier, dem deutschen Sprachgebrauch des Sekretariats folgend, kurz „Gerichtshof“) und damit über den institutionellen Rahmen für ICC-Schiedsverfahren. Die Bestimmungen werden inhaltlich durch die detaillierteren Anhänge I und II ergänzt.
B. Änderungshistorie Durch die Revisionen von 2017 und 2021 wurden neben rein redaktionellen Än- 2 derungen in Art. 1 verschiedene Maßnahmen ergriffen, um im Lichte erhöhter Fallzahlen die Arbeitsfähigkeit des Gerichtshofes beizubehalten und die Rechtssicherheit der Arbeitsweise von Gerichtshof und Sekretariat weiter zu erhöhen. Insbesondere sind insoweit zu nennen die neuen, detaillierten und differenzierten Regelungen zu Ausschüssen (Art. 4 Anhang I), Sonderausschüssen (Art. 5 Anhang I), Ein-Personen-Ausschüssen (Art. 6 Anhang I) sowie zur Bildung, Beschlussfähigkeit und Entscheidungsfindung (Art. 4 Anhang II), die z.T. die bisherige Praxis kodifizieren (etwa, wenn nun auch die SchO dem faktischen Regel-Ausnahme-Verhältnis zwischen Ausschuss- und Plenarsitzungen des Gerichtshofs Rechnung trägt), z.T. aber – insb. im Bereich der Sonderausschüsse – auch Neues beinhalten. Der Erhöhung der Transparenz und der wahrgenommenen Legitimation der 3 Verfahrensadministration durch den Gerichtshof dient die nun in die ICCSchO aufgenommene, bereits seit 2015 vom Gerichtshof praktizierte Möglichkeit, Entscheidungen des Gerichtshofs auf Parteiantrag mit Begründungen zu versehen (Art. 5 Anhang II).
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Da das X. Buch der ZPO zwischen institutionellen und Ad-hoc-Schiedsverfahren 4 nicht unterscheidet und insb. keine besonderen Regelungen für institutionelle Schiedsverfahren bereithält, bestehen keine Überschneidungen des X. Buchs der ZPO mit Art. 1 ICC-SchO/Anhang I und II. Die Regelungen existieren selbständig nebeneinander. Herzberg/Nedden
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Art. 1 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen D. Vergleich mit den in staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 5 Der in Art. 1, Anhang I und II festgelegte Rahmen für die Tätigkeit von Ge-
richtshof und Sekretariat ist ganz auf die institutionelle Administration von Schiedsverfahren durch eine ständige Institution zugeschnitten, wobei in der Sache selbst stets dezentrale, jeweils fallweise konstituierte Schiedsgerichte entscheiden. In der staatlichen Justiz sind dagegen die zur Rechtsprechung berufenen Organe ständig und fallunabhängig bestellt (vgl. nur Art. 92, 101 Abs. 1 Satz 1 GG). Soweit in Zusammenhang mit ihrer rechtsprechenden Tätigkeit auch Verwaltungsaufgaben zu erledigen sind („Rechtsprechungsverwaltung“), regeln §§ 21a ff., 153 GVG, 23 ff. EGGVG einzelne generelle Aspekte; die Prozessordnungen (z.B. § 168 Abs. 1 Satz 1 ZPO) enthalten Näheres zu den einzelnen Aufgaben und Befugnissen insb. der Geschäftsstelle. Ein Vergleich des Art. 1 ICC-SchO mit diesen Vorschriften wäre wegen der Verschiedenheit der Erkenntnisgegenstände allenfalls sehr eingeschränkt möglich und jedenfalls ohne unmittelbaren praktischen Erkenntnisgewinn.
E. Wesentliche Eigenschaften des Gerichtshofs (Art. 1 Abs. 1, 2, Art. 1 Abs. 1 Anhang I) I. „Von der Internationalen Handelskammer eingerichtet“ (Art. 1 Abs. 1 Satz 1); Verweis auf die Satzung (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. Anhang I) 6 Art. 1 Abs. 1 Satz 1 stellt klar, dass der Gerichtshof eine Einrichtung der Inter-
nationalen Handelskammer (ICC) ist, die ihrerseits als Idealverein französischen Rechts („association sous la loi de 1901“) organisiert ist. Ihr amtlicher Name lautet „Chambre de Commerce Internationale (ICC)“. Der Gerichtshof selbst ist nicht- (auch nicht teil-)rechtsfähiges (Kollegial-)Organ der ICC. Seine Zusammensetzung und Arbeitsweise regelt die von Art. 1 Abs. 1 Satz 2 in Bezug genommene, in Anhang I abgedruckte Satzung. Von einer näheren Erläuterung der Vorschriften zur Zusammensetzung des Gerichtshofs (Art. 2, 3 Anhang I) wird nachfolgend mangels praktischer Relevanz der Bestimmungen in ICC-Schiedsverfahren abgesehen.
II. Selbständigkeit des Gerichtshofs (Art. 1 Abs. 1 Satz 1); Geschäftsordnungsautonomie (Art. 1 Abs. 2 Satz 4 i.V.m. Anhang II) 7 Der Gerichtshof ist selbständig (Art. 1 Abs. 1 Satz 1). Art. 1 Abs. 2 Anhang I
konkretisiert die Selbständigkeit des Gerichtshofs dahingehend, dass dieser „als eigenständige Institution […] in vollständiger Unabhängigkeit von der ICC und ihren Organen“ tätig wird. Der so zutreffend umschriebene Gehalt der Selbstän-
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digkeitsgarantie beschränkt sich gegenständlich auf die Administration von Schiedsverfahren im konkret-individuellen Einzelfall sowie auf die Geschäftsordnungsautonomie (Art. 1 Abs. 2 Satz 4), von der der Gerichtshof mit Anhang II, der die Geschäftsordnung des Gerichtshofs beinhaltet, Gebrauch macht. Gebunden ist der Gerichtshof insoweit einzig an die ICC-SchO; Aufträge oder Weisungen anderer Organe oder Funktionsträger der ICC nehmen seine Mitglieder nicht entgegen (auch nicht von Nationalkomitees oder Gruppen, Art. 1 Abs. 3 Anhang I). Zur Vermeidung von Interessenkonflikten dürfen weder der Präsident* des Gerichtshofs noch Angehörige des Sekretariats als Schiedsrichter oder als Parteivertreter in ICC-Schiedsverfahren tätig werden (Art. 2 Abs. 1 Anhang II); Vizepräsidenten des Gerichtshofs und sonstige Mitglieder des Gerichtshofs können als Parteivertreter oder als benannte, nicht aber als vom Gerichtshof ernannte Schiedsrichter tätig werden (Art. 2 Abs. 2 Anhang II; s. auch Art. 11 Rz. 25 ff. sowie Art. 2 Abs. 3–5 Anhang II zur Verfahrensweise bei potenziellen Interessenkonflikten im Gerichtshof und im Sekretariat). Der Gerichtshof genießt keine weitergehende (z.B. Budget- oder Personal-)Autonomie innerhalb der ICC. Er ist auch nicht rechtsfähig (s. Rz. 6).
III. „Institution der Schiedsgerichtsbarkeit“ (Art. 1 Abs. 1 Satz 1) Der Gerichtshof ist Institution der Schiedsgerichtsbarkeit (Art. 1 Abs. 1 Satz 1). 8 Diese funktionale Charakterisierung des Gerichtshofs greift den international verbreiteten klassifikatorischen Begriff der „Schiedsinstitution“ auf und grenzt den Gerichtshof damit für die Zwecke der ICC-SchO doppelt ab: Einerseits von Streitfälle in der Sache entscheidenden Schiedsgerichten (zu dieser Abgrenzung auch Art. 1 Abs. 2), andererseits von Stellen, die nur punktuell in Ad-hoc-Schiedsverfahren eingreifen, bspw. als ernennende oder benennende Stelle („appointing authority“, „designating authority“) gemäß Art. 6 der UNCITRAL-SchO. Soweit der Gerichtshof im Einzelfall in einem Ad-hoc-Verfahren als ernennende Stelle („appointing authority“) tätig wird, richtet sich das Verfahren vor dem Gerichtshof nicht nach der ICC-SchO, sondern nach den (nicht ins Deutsche übersetzten und hier nicht kommentierten) „Rules of ICC as Appointing Authority in UNCITRAL or Other Ad Hoc Arbitration Proceedings“ v. 1.1.2018 (englischer Text auf http://www.iccwbo.org).
IV. Keine Entscheidung der Streitfälle durch den Gerichtshof (Art. 1 Abs. 2 Satz 1) Der Gerichtshof entscheidet die Streitfälle nicht selbst (Art. 1 Abs. 2 Satz 1). 9 Hierzu sind die Schiedsgerichte berufen (Art. 1 Abs. 2 Satz 2). * Seit 2021 hat der Gerichtshof erstmals in seiner Geschichte eine Präsidentin. Wie auch bei den übrigen in diesem Werk verwendeten Bezeichnungen schließt die männliche Form die weibliche mit ein.
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Art. 1 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen V. „Verwaltung“ der Entscheidung von Streitfällen im Einklang mit der ICC-SchO (Art. 1 Abs. 2 Satz 2, Art. 1 Abs. 2 Anhang I) 10 Der Gerichtshof „verwaltet“ die Entscheidung von Streitfällen (treffender die
englische Fassung: „administers the resolution of disputes“). Der Gerichtshof ist also kein Schiedsgericht.
11 Einzelbefugnisse des Gerichtshofs betreffen die Auswahl der Schiedsrichter
(insb. Art. 12 Abs. 2 Sätze 1 und 4, Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 Satz 3, Abs. 5, 8, Art. 13 Abs. 4), die Entscheidung über Ablehnungsanträge (Art. 14 Abs. 3), die Ersetzung von Schiedsrichtern (Art. 15 Abs. 1, 2), die Festlegung des Schiedsorts (Art. 18), die Überwachung der zeitgerechten Erstellung des Schiedsauftrags (Art. 23 Abs. 2 Satz 3), von Schiedssprüchen (Art. 30 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2) und Entscheidungen nach Art. 36 (Art. 36 Abs. 2 Satz 3), die Genehmigung nicht von allen Parteien unterzeichneter Schiedsaufträge (Art. 23 Abs. 3), die Prüfung von Schiedsspruchentwürfen (Art. 34) sowie von Entwürfen von Entscheidungen gemäß Art. 36 (Art. 36 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Art. 34), eine Vielzahl von Entscheidungen im Zusammenhang mit den Verfahrenskosten (Art. 37, 38 Abs. 2, 6) sowie die Flexibilisierung bestimmter Fristen (Art. 39 Abs. 2). Der Gerichtshof hat darüber hinaus gemäß dem generalklauselartigen Art. 1 Abs. 2 Anhang I auch alle (weiteren) zum Zweck der sachgerechten Anwendung der ICCSchO erforderlichen Befugnisse (ähnlich weit für den besonderen Fall der Zurückverweisung einer Sache durch ein staatliches Gericht Art. 36 Abs. 4 Satz 2).
12 Entscheidungen des Gerichtshofs. Sie werden ausnahmslos vom Sekretariat
(Art. 1 Abs. 5) vorbereitet und vom Gerichtshof in seltenen Fällen im Plenum („Vollversammlung“, Art. 7 Anhang I) oder in Sonderausschüssen (Art. 5 Anhang I), zumeist in Ausschusssitzungen gemäß Art. 1 Abs. 4 i.V.m. Art. 4–6 Anhang I und in dringenden Fällen im Verfahren nach Art. 1 Abs. 3 getroffen. Das Sekretariat unterrichtet die Verfahrensbeteiligten von den Entscheidungen des Gerichtshofs. Da der Gerichtshof kein Schiedsgericht ist, sind die Entscheidungen des Gerichtshofs keine Schiedssprüche. Traditionell wurden Entscheidungen des Gerichtshofs nicht begründet. Ein Begründungsverbot ergab sich aus der ICC-SchO allerdings lediglich aus Art. 11 Abs. 4 für Entscheidungen zur personellen Zusammensetzung des Schiedsgerichts. Ab 2015 ermöglichte der Gerichtshof den Parteien außerhalb des Anwendungsbereichs dieses speziellen Begründungsverbots Anträge auf begründete Entscheidungen ohne ausdrückliche Grundlage in der ICC-SchO; hierbei bedurfte es eines Antrags aller Parteien. Art. 5 Anhang II enthält nunmehr eine globale Ermächtigung des Gerichtshofs, auf Antrag ggf. auch nur einer Partei die Gründe für Entscheidungen mitzuteilen. Ein Anspruch hierauf besteht aber nicht (Art. 5 Abs. 3 Anhang II). In der Praxis begründet der Gerichtshof regelmäßig auf (rechtzeitigen, Art. 5 Abs. 2 Anhang II!) Antrag einer Partei Entscheidungen nach den Art. 6 Abs. 4, 10, 12 Abs. 8, 9, 14 und 15 Abs. 2.
13 Da die Entscheidungen des Gerichtshofs rein administrativer Natur sind, sind
sie der Rechtskraft nicht fähig und können auch nicht selbstständig angefochten 26
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werden. Möglich ist aber eine formlose Anregung auf Wiedererwägung („reconsideration“), der allerdings in der Praxis nur zu einer neuen Sachprüfung führt, wenn neue, entscheidungserhebliche Elemente vorgetragen werden. Die neu in Art. 10 Anhang I getroffene Regelung, wonach die Entscheidungen 14 des Gerichtshofs als in Paris getroffen gelten, soll sicherstellen, dass staatliche Vorschriften, die die Tätigkeit von Schiedsinstitutionen regulieren und beaufsichtigen wollen, auf Entscheidungen der ICC auch dann nicht anwendbar sind, wenn Mitglieder des Gerichtshofs sich während der Beratung und Abstimmung außerhalb Frankreichs befunden haben. Die Regelung zielt dabei insb. auf Rechtsordnungen mit insoweit regulierungsintensiver und/oder unklarer Rechtslage ab, z.B. Festlandchina; inwieweit sie insoweit effektvoll sein kann, bleibt abzuwarten. Im Einklang mit der ICC-SchO verwaltet der Gerichtshof die Schiedsverfahren 15 (Art. 1 Abs. 2 Satz 2). Das bedeutet, dass die Anwendung der Vorschriften der ICC-SchO nicht zur Disposition des Gerichtshofs steht, er vielmehr selbst an die ICC-SchO gebunden ist.
VI. Ausschließliche Befugnis des Gerichtshofs zur Administration von Schiedsverfahren nach der ICC-SchO (Art. 1 Abs. 2 Satz 3) Art. 1 Abs. 2 Satz 3 bestimmt, dass einzig der Gerichtshof zur Verwaltung von 16 Schiedsverfahren nach der ICC-SchO – ausdrücklich einschließlich der Prüfung und Genehmigung von danach ergangenen Schiedssprüchen – befugt ist. Die Regelung geht darauf zurück, dass in der Vergangenheit so genannte „hybride Schiedsklauseln“ aufgetaucht sind, so in Insigma Technology Co Ltd v Alstom Technology Ltd [2009] SGCA 24: „arbitration before the Singapore International Arbitration Centre in accordance with the Rules of Arbitration of the International Chamber of Commerce“ (näher Kirby, Arbitration International, Vol. 25 Issue 3 (2009), 319 [320]). Zudem haben andere Schiedsinstitutionen teilweise Verfahren, deren Grundlage eine ICC-Schiedsvereinbarung bildete, administriert oder damit geworben, dass sie ebenfalls Verfahren nach der ICC-SchO administrieren. Dies geschah ohne die Zustimmung und teils gegen den Protest der ICC. Die Neuregelung zielte darauf ab, hier Klarheit zu schaffen. Allerdings sind die faktischen und rechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten der ICC insoweit begrenzt, und die Neuregelung bildet wohl eher Wunschdenken als eine regelbare Realität ab (vgl. Singapore High Court, HKL Group Co. Ltd. v. Rizq International Holdings Pte. Ltd. (No. 1), [2013] SGHCR 5; (No. 2), [2013] SGHCR 8; Svea Hovrätt [Berufungsgericht Stockholm], Urt. v. 23.1.2015, Fall Nr. T 2454-14, https://www.italaw.com/sites/default/files/case-documents/ italaw7716_2.pdf).
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Art. 1 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen F. Regelungen zur Arbeitsweise des Gerichtshofs (Art. 1 Abs. 3, 4, Art. 4–8 Anhang I, Art. 1, 4, 6–7 Anhang II) 17 Art. 1 Abs. 3 und 4 beinhalten einige besonders bedeutsame Regelungen zur Ar-
beitsweise des Gerichtshofs. Detailliertere Bestimmungen enthalten die Anhänge I und II, und zwar insb. Art. 4–8 Anhang I und Art. 1, 4, 6–7 Anhang II.
I. Eilkompetenz des Präsidenten (Art. 1 Abs. 3 ICC-SchO) 18 Dringende Entscheidungen, die dem Gerichtshof obliegen, kann für ihn sein
Präsident (zu diesem Art. 2, 3 Abs. 1 Anhang I) bzw. bei dessen Abwesenheit, im Falle einer besonderen Ermächtigung oder bei Handlungsunfähigkeit des Präsidenten jeder der Vizepräsidenten (Art. 2 Anhang I) des Gerichtshofs treffen. Die Eilkompetenz erfasst grds. alle möglichen Arten von Entscheidungen des Gerichtshofs. Ob eine Entscheidung dringend ist, entscheidet der Präsident bzw. der Vizepräsident; die Entscheidung wird durch das Sekretariat vorbereitet. Da die Entscheidung „für den Gerichtshof“ getroffen wird, gilt sie als Entscheidung des Gerichtshofs; dass nach Art. 1 Abs. 3 verfahren wurde, wird weder den Parteien noch den Schiedsrichtern oder Nationalkomitees mitgeteilt. Vom Inhalt der im Wege der Eilkompetenz getroffenen Entscheidungen ist der Gerichtshof in einer seiner nächsten Sitzungen zu unterrichten (Art. 1 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2).
II. Ausschüsse und Vollversammlung des Gerichtshofs (Art. 4–7 Anhang I, Art. 4 Anhang II) 19 Nach Art. 1 Abs. 4 i.V.m. Art. 4 Anhang I gebildete Dreierausschüsse („commit-
tees“, „comités restreints“) tagen mehrfach wöchentlich, inzwischen routinemäßig auch per Telefon- oder Videokonferenz, und erledigen einen erheblichen Anteil des Geschäftsanfalls beim Gerichtshof. Die Prüfung von Entwürfen von Schiedssprüchen nach den Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren kann auch in einem Ein-Personen-Ausschuss erfolgen (Art. 6 Anhang I). Für Angelegenheiten, die ihrer Bedeutung wegen (vgl. die Aufzählung der Fallgestaltungen in Art. 5 Abs. 1 Buchst. a bis e Anhang I) dagegen einem größeren Entscheiderkreis als dem Dreiergremium unterbreitet werden sollen, besteht nun die Möglichkeit, Sonderausschüsse mit mindestens sieben Mitgliedern einzurichten (Art. 5 Abs. 2 Anhang I). Lediglich wenn die ganz besondere Schwierigkeit oder Bedeutung einer anstehenden Entscheidung es erfordert, wird eine Angelegenheit daher noch in der Vollversammlung zu entscheiden sein. Die Vollversammlung muss in einer ihrer nächsten Sitzungen über die in Ausschüssen getroffenen Entscheidungen unterrichtet werden (Art. 1 Abs. 4 Halbs. 2). Nähere Bestimmungen über Bildung, Beschlussfähigkeit und Arbeitsweise der Ausschüsse trifft Art. 4 Anhang II. 28
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Internationaler Schiedsgerichtshof | Art. 1 ICC-SchO
III. Vertraulichkeit (Art. 8 Anhang I; Art. 1 Abs. 1–6 Anhang II) Die Tätigkeit des Gerichtshofs ist vertraulicher Natur (Art. 8 Anhang I). Art. 1 20 Anhang II konkretisiert diesen Grundsatz. So bestimmt Art. 1 Abs. 2, 4 Anhang II, dass lediglich die Mitglieder des Gerichtshofs und des Sekretariats an den Sitzungen des Gerichtshofs teilnehmen können, und dass auch der Zugang zu den „Unterlagen“, die dem Gerichtshof vorgelegt oder von ihm oder im Laufe des Verfahrens erstellt werden, nur den Mitgliedern des Gerichtshofs sowie des Sekretariats gewährt wird. Ausnahmen hiervon enthalten Art. 1 Abs. 3, 5, 6 Anhang II (z.B. für Forscher, die ihrerseits eine Verschwiegenheitserklärung unterzeichnen müssen). Art. 6 Anhang I, Art. 1 Anhang II regeln nicht, ob und ggf. welche Verpflichtungen die Parteien haben, das Verfahren oder darin ausgetauschte Informationen geheim zu halten (dazu Art. 22 Rz. 16 ff.).
IV. Rücksichtnahme auf zwingendes Recht am Schiedsort (Art. 7 Anhang II) Art. 7 Anhang II verpflichtet den Gerichtshof, im Rahmen der Genehmigungs- 21 prüfung (Art. 34) soweit möglich die zwingenden Vorschriften am Schiedsort zu beachten. Dieses Erfordernis folgt bereits aus Art. 42; Art. 6 Anhang II stellt lediglich eine Konkretisierung jener, allgemeiner gehaltenen Verpflichtung dar, auf einen vollstreckbaren Schiedsspruch hinzuwirken.
G. Sekretariat, Generalsekretär (Art. 1 Abs. 5, Art. 6 Anhang II) Art. 1 Abs. 5 Satz 1 beinhaltet eine Aufgabenbeschreibung für das Sekretariat: 22 Es „unterstützt“ den Gerichtshof „in seiner Arbeit“. An seiner Spitze steht gemäß Art. 1 Abs. 5 Satz 2 der Generalsekretär. Art. 6 Anhang II enthält weitere Regelungen einzelner Aspekte der Tätigkeit des Sekretariats sowie des Generalsekretärs. Das Sekretariat ist das ständige Verwaltungsorgan des Gerichtshofs. Es unter- 23 hält derzeit Büros mit Case Management Teams in Paris, Hong Kong, New York, Sao Paulo und Singapur (vgl. Art. 5 Abs. 3 Anhang II). Innerhalb des Sekretariats ist jede Schiedssache einem der mehreren Case Management Teams des Sekretariats zugewiesen. Die Case Management Teams haben verschiedene sprachlichgeographische Schwerpunkte. Während der Gerichtshof – mit Ausnahme seines Präsidenten – ausschließlich aus nebenamtlich tätigen Schiedsrechtlern besteht, ist das Sekretariat mit hauptamtlichen Juristen besetzt. Geführt wird jedes Case Management Team von einem Referenten („counsel“), dem mehrere Stellvertretende Referenten („deputy counsel“) sowie Assistenten nachgeordnet sind. Die Zuordnung einer Schiedssache zu einem der Case Management Teams ist Sache des Generalsekretärs, die Parteien haben hierauf keinen Einfluss. Zwei „managing counsel“ koordinieren die Arbeit der Case Management Teams. Herzberg/Nedden
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Art. 2 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen 24 Aufgaben und Befugnisse des Sekretariats. Das Sekretariat stellt die institutio-
nelle Begleitung des Schiedsverfahrens in jeder Verfahrensphase sicher. Vor der Konstituierung des Schiedsgerichts hat das Sekretariat die alleinige Verfahrensmanagementfunktion. Es ist in dieser Phase der zentrale Knotenpunkt, an dem Informationen und Kommunikation der Parteien, der (potenziellen) Schiedsrichter, der Nationalkomitees, des Gerichtshofs und des Generalsekretärs zusammenlaufen, verarbeitet und weitergeleitet werden. Über Fristsetzungen und -verlängerungen in der Anfangsphase des Schiedsverfahrens entscheidet das Sekretariat in eigener Zuständigkeit (Art. 4 Abs. 4, 5 Abs. 2). Auch nach der Konstituierung des Schiedsgerichts bleibt das Sekretariat in sämtliche Kommunikationsvorgänge eingebunden. Zwar werden die meisten Managementfunktionen dann vom Schiedsgericht wahrgenommen. Doch beobachtet das Sekretariat insb. die Einhaltung des durch die ICC-SchO vorgegebenen zeitlichen Rahmens für die Durchführung des Schiedsverfahrens sowie die Entwicklung der Verfahrenskosten. Es steht zudem Parteien und Schiedsrichtern als Ansprechpartner bei Fragen zum Schiedsverfahren zur Verfügung. Unabhängig vom Verfahrensstadium bereitet das Sekretariat sämtliche Entscheidungen des Gerichtshofs – also insb. auch zur Genehmigung von Schiedssprüchen (Art. 34) – sowie des Generalsekretärs inhaltlich vor. Referenten bzw. Stellvertretende Referenten des Sekretariats können an allen Sitzungen des Gerichtshofs teilnehmen und haben dort Rederecht.
25 Generalsekretär. Er leitet das Sekretariat. Bestimmte Befugnisse sind ihm zur
grds. höchstpersönlichen (s. aber Art. 6 Abs. 1 Anhang II) Wahrnehmung zugewiesen: Zuständigkeitsprüfung prima facie (Art. 6 Abs. 3), Bestätigung von Schiedsrichtern unter bestimmten Voraussetzungen (Art. 13 Abs. 2), Setzung einer letzten Frist zur Zahlung überfälliger Kostenvorschüsse (Art. 37 Abs. 6). Auch diese Entscheidungen werden aber durch das zuständige Case Management Team des Sekretariats vorbereitet.
26 Aktenführung nach Verfahrensbeendigung. Art. 1 Abs. 7, 8 Anhang II behan-
deln die Aufbewahrung (Archivierung) von verfahrensbezogenem Schriftgut nach Abschluss des Schiedsverfahrens. Gemäß Art. 1 Abs. 7 Anhang II muss das Sekretariat lediglich Schiedssprüche, Schiedsaufträge und die Korrespondenz des Sekretariats archivieren. Dokumente, deren Urheber die Parteien oder das Schiedsgericht sind, kann das Sekretariat zerstören, wenn es den Parteien zuvor Gelegenheit zur Rücknahme gegen Kostenerstattung gegeben hat.
Artikel 2 Definitionen In dieser Schiedsgerichtsordnung bezieht sich (i) „Schiedsgericht“ auf einen oder mehrere Schiedsrichter/innen; (ii) „Kläger“ auf eine(n) oder mehrere Kläger/innen; „Beklagter“ auf eine(n) oder mehrere Beklagte(n); und „zusätzliche Partei“ auf eine oder mehrere zusätzliche Partei(en); 30
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Definitionen | Art. 2 ICC-SchO
(iii) „Partei“ oder „Parteien“ auf Kläger, Beklagte oder zusätzliche Parteien; (iv) „Anspruch“ oder „Ansprüche“ auf jedweden Anspruch einer Partei gegen irgendeine andere Partei; (v) „Schiedsspruch“ unter anderem auf Zwischen-, Teil-, End- oder zusätzliche Schiedssprüche. Article 2: Definitions In the Rules: (i) “arbitral tribunal” includes one or more arbitrators; (ii) “claimant” includes one or more claimants, “respondent” includes one or more respondents, and “additional party” includes one or more additional parties; (iii) “party” or “parties” include claimants, respondents or additional parties; (iv) “claim” or “claims” include any claim by any party against any other party; (v) “award” includes, inter alia, an interim, partial, final, or additional award. Regelungsschwerpunkte: Diese Vorschrift definiert einige zentrale Begriffe der ICCSchO. Um Missverständnissen vorzubeugen, sollten die hier genannten Definitionen bei Eingaben an das Sekretariat und in Schriftsätzen zu Grunde gelegt werden. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Änderungshistorie . . . . . . . . . C. Die Begriffsbestimmungen im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . I. Schiedsgericht (Art. 2 (i)) . . . . . 1. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 2. Vergleich mit den in staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 3. Inhalt der Begriffsbestimmung . II. Kläger, Beklagter, zusätzliche Partei; Partei, Parteien (Art. 2 (ii), (iii)) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhältnis zum X. Buch der ZPO
__ __ _ __ __ 1 2 3 3 3 4 5 7 7
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2. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 3. Inhalt der Begriffsbestimmungen III. „Anspruch“ oder „Ansprüche“ (Art. 2 (iii)) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 2. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 3. Inhalt der Begriffsbestimmung . IV. „Schiedsspruch“ (Art. 2 (v)) . . . 1. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 2. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 3. Inhalt der Begriffsbestimmung .
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12 12 14 15 17 17 18 19
A. Normzweck Die Vorschrift enthält Legaldefinitionen einiger zentraler Begriffe der ICC-SchO 1 und trägt so zur Kohärenz des Regelwerks bei.
B. Änderungshistorie Mit der Revision 2021 wurde in Art. 2 Buchst. V der „zusätzliche Schiedsspruch“ 2 (vgl. Art. 36) als weiterer Phänotyp des „Schiedsspruchs“ angefügt. Im Übrigen ist die Vorschrift unverändert. Herzberg/Nedden
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Art. 2 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen C. Die Begriffsbestimmungen im Einzelnen I. Schiedsgericht (Art. 2 (i)) 1. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 3 Die ZPO enthält keine Definition des Begriffs Schiedsgericht, verwendet diesen
aber bedeutungsgleich mit Art. 2 (i).
2. Vergleich mit den in staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4 Im staatlichen Verfahren kommt einer exakten Bestimmung des Inhalts des Be-
griffs „Gericht“ Relevanz insb. bei der wechselseitigen Abgrenzung der Staatsfunktionen Judikative und Exekutive zu, mit Konsequenzen vor allem für Fragen der Weisungsgebundenheit sowie der Rechtswegeröffnung. Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich insb. im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit, bei Justizverwaltungsakten und soweit innerhalb der Verwaltung besondere, gerichtsähnliche Spruchgremien (z.B. Vergabekammern, Widerspruchsausschüsse) eingerichtet sind. Für die Bestimmung des Begriffs „Schiedsgericht“ lässt sich ein Erkenntnisgewinn folglich nicht erzielen.
3. Inhalt der Begriffsbestimmung 5 Art. 2 (i) definiert „Schiedsgericht“ als „einen oder mehrere Schiedsrichter/in-
nen“. Hintergrund der Vorschrift ist, dass in der ICC-SchO der Ausdruck „Schiedsgericht“ im Allgemeinen ohne Differenzierung nach der Zahl der Schiedsrichter anzuwenden ist, so dass „Schiedsgericht“ i.S.d. ICC-SchO auch der Einzelschiedsrichter ist. Die Vorschrift ist allerdings unglücklich formuliert, weil sie ihrem Wortlaut nach auch die Subsumtion eines oder zweier Schiedsrichter eines Dreierschiedsgerichts unter den Begriff Schiedsgericht erlaubt. Weder ein einzelnes Mitglied noch zwei Mitglieder eines Dreierschiedsgerichts sind aber Schiedsgericht i.S.d. ICC-SchO, es sei denn, es handelt sich ausnahmsweise um ein Rumpfschiedsgericht gemäß Art. 15 Abs. 5. Theoretisch denkbar, aber praktisch höchst selten, ist eine Einigung der Parteien auf eine von 1 oder 3 abweichende Schiedsrichterzahl.
6 Art. 2 (i) bezieht sich ausschließlich auf Schiedsgerichte, die nach der ICC-SchO
konstituiert werden sollen bzw. konstituiert wurden. Bei einer mehrdeutig formulierten Streitbeilegungsvereinbarung kann die Frage auftreten, ob die Parteien ein Schiedsgericht einsetzen oder einen anderen Streitbeilegungsmechanismus (z.B. Mediation, verbindliches Schiedsgutachten o.Ä.) vereinbaren wollten. Für die Beantwortung dieser Frage gibt Art. 2 (i) nichts her.
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Definitionen | Art. 2 ICC-SchO
II. Kläger, Beklagter, zusätzliche Partei; Partei, Parteien (Art. 2 (ii), (iii)) 1. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die ZPO enthält keine Definition der hier definierten Begriffe, verwendet diese 7 aber – soweit sie ihr bekannt sind – bedeutungsgleich mit Art. 2 (ii), (iii). 2. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Das staatliche Verfahren enthält keine entsprechenden Begriffsbestimmungen. 8 Für die Begriffe „Kläger“ und „Beklagter“ bestehen in der Sache keine Bedeutungsunterschiede zum staatlichen Verfahren. Der Begriff der „zusätzlichen Partei“ ist dem staatlichen Verfahren nicht bekannt, so dass sich insoweit ein Vergleich erübrigt. 3. Inhalt der Begriffsbestimmungen Kläger, Beklagter. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verwendet die ICC- 9 SchO die Begriffe meist im Singular. Art. 2 (ii) stellt klar, dass bei mehreren Klägern bzw. mehreren Beklagten stets auch die jeweils anderen Kläger bzw. Beklagten gemeint sind. Damit ist aber nicht gemeint, dass die gemäß der ICCSchO „dem Kläger“ bzw. „dem Beklagten“ zustehenden Rechte im Falle einer subjektiven Klagehäufung auf Aktiv- oder Passivseite stets nur jeweils von allen Klägern oder von allen Beklagten in ihrer Gesamtheit geltend gemacht werden können. Selbstverständlich kann bspw. von mehreren Beklagten auch nur einer eine Widerklage (Art. 5 Abs. 5) erheben; von mehreren Klägern (oder Beklagten) können beliebig viele einen Antrag auf Einbeziehung zusätzlicher Parteien (Art. 7) oder auf Ablehnung eines Schiedsrichters (Art. 14) stellen. Lediglich für den Bereich der Schiedsrichterbenennung enthalten Art. 12 Abs. 6–8 Sondervorschriften, die eine gemeinschaftliche Rechtewahrnehmung vorschreiben. Auch in ICC-Schiedsverfahren bestimmt sich die Eigenschaft als Kläger bzw. Beklagter nach der formalen Parteirolle. Einwendungen, etwa gegen die Rechts- oder subjektive Schiedsfähigkeit einer Partei, hindern nicht die Stellung als Kläger oder Beklagter. Dem steht nicht entgegen, dass in Einzelfällen während des Verfahrens eine Umkehrung der materiellen Parteirollen eintreten kann, bspw. wenn der Kläger seine Klage insgesamt (d.h. auch hinsichtlich der Kosten) zurücknimmt, der Beklagte seine Widerklage aber aufrechterhält; die formalen Parteirollen bleiben hiervon unberührt. Zusätzliche Partei. Auch hinsichtlich der „zusätzlichen Parteien“ bringt Art. 2 10 (ii) keine eigenständige Definition (diese muss vielmehr aus Art. 7 Abs. 1 herausgelesen werden, s. daher die dortige Kommentierung). Die Vorschrift beschränkt sich vielmehr darauf festzustellen, dass „zusätzliche Partei“ i.S.d. ICCSchO jede „zusätzliche Partei“ i.S.d. Art. 7 Abs. 1 ist. Ein Zwang zur stets gemeinschaftlichen Rechteausübung ist damit aber ebenso wenig verbunden wie bei Klägern und Beklagten, s. Rz. 9. Herzberg/Nedden
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Art. 2 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen 11 Partei, Parteien. Art. 2 (iii) stellt klar, dass „Partei“ i.S.d. ICC-SchO jeder Klä-
ger, jeder Beklagter und auch jede „zusätzliche Partei“ i.S.d. Art. 7 Abs. 1 ist.
III. „Anspruch“ oder „Ansprüche“ (Art. 2 (iii)) 1. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 12 Mit dem X. Buch der ZPO besteht weitgehende Konvergenz. Die ZPO rekurriert
insb. im Kontext der Schiedsfähigkeit (§ 1030 Abs. 1 ZPO) auf den Begriff des „Anspruchs“. Ihm liegt, auch wenn in der Sache ausländisches Recht anwendbar ist, der materiell-rechtliche Anspruchsbegriff des § 194 Abs. 1 BGB zugrunde. Der Begriff des Anspruchs gemäß der ICC-SchO ist dagegen autonom auszulegen (zum Erfordernis einer autonomen Auslegung der ICC-SchO s. Vor Art. 1 Rz. 11). Nach Maßgabe von Schiedsvereinbarung, Hauptvertrag und anwendbarem Sachrecht können auch solche subjektiven Rechte (z.B. auf schiedsrichterliche Feststellung oder Gestaltung eines Rechtsverhältnisses) „Anspruch“ i.S.d. ICC-SchO sein, die aus deutscher Sicht lediglich als prozessuale Rechtsbehelfe ausgestaltet sind oder deren Einordnung – wie etwa bei den „Rechtsbehelfen“ des UN-Kaufrechts – jedenfalls im Einzelfall zweifelhaft sein kann. Der Begriff „Anspruch“ i.S.d. ICC-SchO ist im Zweifel weit auszulegen und entspricht eher dem Anspruch im prozessualen Sinn (Streitgegenstand bzw. „Angelegenheit, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung“ ist i.S.v. § 1032 Abs. 1 ZPO) als einer materiell-rechtlichen Forderungsbeziehung; Voraussetzung ist insb. nicht, dass der behauptete Anspruch tatsächlich besteht.
13 Art. 2 (iii) lässt sich zudem entnehmen, dass über Ansprüche auch zwischen „im
selben Lager stehenden“ Parteien untereinander ohne Verfahrensabtrennung verhandelt und entschieden werden kann (sog. „cross claims“; noch deutlicher Art. 8 Abs. 1). Die ZPO sieht eine derartige Verfahrensweise zwar nicht ausdrücklich vor, steht ihr aber auch keineswegs entgegen. 2. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
14 Das staatliche Verfahren kennt keine „cross claims“. Es hält stattdessen das – je-
denfalls im ICC-Schiedsverfahren nicht zu Gebote stehende – Institut der Streitverkündung bereit, um die Verjährung zu unterbrechen und um die „Früchte“ des Hauptprozesses über die Nebeninterventionswirkung der §§ 74, 68 ZPO für einen Zweitprozess zu sichern. 3. Inhalt der Begriffsbestimmung
15 Die ICC-SchO benutzt den Ausdruck „Anspruch“ in verschiedenen Zusammen-
hängen, so insb. in Art. 6 Abs. 3, 4, 7 und 9, Art. 10 Satz 1 Buchst. a, b, Art. 23 Abs. 1 Buchst. c, Abs. 4, Art. 29 Abs. 4, Art. 37 Abs. 6. Gemeint ist jedes zum Gegenstand des Schiedsverfahrens gemachte subjektive Recht, das Gegenstand eines bestimmten Antrags sein kann. Nicht stets erforderlich ist, dass es sich um
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Definitionen | Art. 2 ICC-SchO
einen Anspruch i.S.d. § 194 Abs. 1 BGB handelt (s. Rz. 12), so dass ein auf unterschiedliche materielle Anspruchsgrundlagen gestützter Antrag einen identischen Anspruch i.S.d. ICC-SchO zum Gegenstand haben kann, während umgekehrt ein und derselbe Antrag, zu dessen Rechtfertigung nach Art eines Haupt-/Hilfsverhältnisses unterschiedliche Lebenssachverhalte vorgetragen werden, tatsächlich mehrere Ansprüche i.S.d. ICC-SchO darstellen kann. Rechtsfragen können aber auch den entscheidungserheblichen Lebenssachverhalt ihrerseits maßgeblich prägen, so dass vom Nebeneinander mehrerer materiell-rechtlicher Anspruchsgrundlagen bei scheinbar identischem Sachverhalt nicht unbesehen auf die Existenz nur eines einzelnen Anspruchs geschlossen werden sollte. Insbesondere in immaterialgüterrechtlichen Streitigkeiten, in denen der Streitgegenstandsbegriff regelmäßig auch für die hier zuweilen streitanfällige Frage der Schiedsfähigkeit von Bedeutung ist, bedarf es einer differenzierten Herangehensweise unter Berücksichtigung – nicht notwendigerweise undifferenzierter Übernahme – der von der (ihrerseits nicht friktionsfreien) Rechtsprechung der staatlichen Gerichte entwickelten Maßstäbe (für eine Überblicksdarstellung insoweit s. Schmitt-Gaedke, Streitgegenstand und Antragsfassung im gewerblichen Rechtsschutz, GRUR-Prax 2020, S. 357 ff.). Klargestellt wird durch Art. 2 Buchst. iv auch, dass „im selben Lager“ stehende 16 Parteien (z.B. mehrere Kläger oder mehrere Beklagte) untereinander Ansprüche in ein- und demselben Verfahren anhängig machen können, in dem die „Hauptansprüche“ verhandelt und entschieden werden (s. Rz. 13 sowie ausführlich Art. 8).
IV. „Schiedsspruch“ (Art. 2 (v)) 1. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die ZPO bezeichnet lediglich verfahrensbeendende Entscheidungen als Schieds- 17 spruch (Endschiedssprüche, §§ 1054, 1056 Abs. 1 ZPO, und Schiedssprüche mit vereinbartem Wortlaut, § 1053 ZPO). Die Zulässigkeit von Teilschiedssprüchen in entsprechender Anwendung von § 301 ZPO ist gleichwohl anerkannt (Schütze/Thümmel, § 13 Rz. 32 m.w.N.). Für Entscheidungen zur Zuständigkeit sieht der dispositive § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO dagegen einen „Zwischenentscheid“ vor; für einstweilige Maßnahmen einen Beschluss (§ 1041 Abs. 1, 3 ZPO). Zwischenentscheidungen des Schiedsgerichts zur Zuständigkeit können in der ICCSchiedsgerichtsbarkeit ausschließlich im Wege eines Schiedsspruchs (in der ICC-Praxis: Zwischen- oder Teilschiedsspruch) ergehen. Dieser Schiedsspruch tritt an die Stelle des „Zwischenentscheides“ i.S.d. § 1040 Abs. 3 ZPO. Andernfalls würde das Genehmigungsverfahren (Art. 33) umgangen, das bezweckt, sämtliche schiedsgerichtliche Entscheidungen, die den Streitgegenstand ganz oder teilweise abschließend erledigen, einer Vorab-Kontrolle durch den Gerichtshof zu unterwerfen. Auch würde sonst ein Weniger an internationaler Vollstreckungssicherheit erreicht, da EuÜ und UNÜ lediglich auf Schiedssprüche, nicht aber auf sonstige Entscheidungen von Schiedsgerichten anwendbar Herzberg/Nedden
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Art. 2 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen sind. Dagegen steht die Form, in der über einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Maßnahme entschieden wird, im Ermessen des Schiedsgerichts (Art. 28 Abs. 1 Satz 3). 2. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 18 Das staatliche Verfahren kennt eine Vielzahl von Urteilsformen (vgl. §§ 300–307
ZPO). Anerkenntnis- und Versäumnisentscheidungen sind in Schiedsverfahren rechtlich nicht möglich, Vorbehaltsschiedssprüche kommen in der Praxis kaum vor. Für Grund-, Zwischen- und Teilurteile gibt es dagegen im (ICC-)Schiedsverfahren passende Entsprechungen (meist unterschiedslos als „Zwischenschiedsspruch“, im Englischen teils als „interim award“, teils als „partial award“ bezeichnet – häufig insb., wenn abgetrennt über Zuständigkeit, Haftung dem Grunde nach und Haftung der Höhe nach entschieden werden soll – „jurisdiction“, „liability“, „quantum“). Im einstweiligen Rechtsschutz ergeht vor staatlichen Gerichten ein (Verfügungs-, Arrest-)Urteil nur, wenn mündlich verhandelt wurde; ob im ICC-Schiedsverfahren die Form des Schiedsspruchs oder jene der verfahrensleitenden Verfügung gewählt wird, steht im Ermessen des Schiedsgerichts (Art. 28 Abs. 1 Satz 3). Während im Schiedsverfahren ein Vergleich in einen Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien (Art. 34, s. auch § 1053 ZPO) münden kann, stellt das staatliche Gericht das Zustandekommen eines Prozessvergleichs lediglich im Protokoll (§ 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) oder durch Beschluss (§ 278 Abs. 6 ZPO) fest. 3. Inhalt der Begriffsbestimmung
19 Die Vorschrift regelt ihrem Wortlaut nach lediglich, dass Schiedsspruch i.S.d.
ICC-SchO neben dem Endschiedsspruch „unter anderem“ auch jeder etwaige Zwischenschiedsspruch (z.B. zur Zuständigkeit oder zur Haftung dem Grunde nach) sowie jeder etwaige Teilschiedsspruch (z.B. über einen von mehreren schiedshängig gemachten Ansprüchen) und ferner nunmehr auch jeder „zusätzliche Schiedsspruch“ (Art. 36 Abs. 3) ist. Diese Beispiele sind nicht erschöpfend; auch der Schiedsspruch, der eine Entscheidung über beantragte Sicherungsoder vorläufige Maßnahmen nach Art. 28 Abs. 1 Satz 3 beinhaltet, oder der Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien (Art. 33) sind Schiedssprüche i.S.d. ICC-SchO. Zweck der Vorschrift ist einerseits die Sicherung der hohen Qualität aller den Streit zwischen den Parteien auch nur teilweise erledigenden Entscheidungen des Schiedsgerichts durch die zwingende Anwendung des Prüfungs- und Genehmigungsverfahrens (Art. 34). Zudem wird durch die Wahl der Handlungsform Schiedsspruch die Anwendung von UNÜ und EuÜ im Falle einer Auslandsanerkennung bzw. -vollstreckung sichergestellt. Dies erhöht die Vollstreckungssicherheit für die Parteien. Keine Schiedssprüche sind die Entscheidungen – gleich welchen Inhalts –, die ein Eilschiedsrichter im Verfahren nach Art. 29 trifft.
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Schriftliche Zustellungen und Mitteilungen; Fristen | Art. 3 ICC-SchO
Artikel 3 Schriftliche Zustellungen und Mitteilungen; Fristen (1) Vorbehaltlich der Regelungen in den Artikeln 4(4)(b) und 5(3) müssen alle Schriftsätze und schriftlichen Mitteilungen, die eine Partei einreicht, sowie alle beigefügten Dokumente jeder Partei, jedem Schiedsrichter und dem Sekretariat übersandt werden. Das Sekretariat erhält alle schriftlichen Zustellungen und Mitteilungen des Schiedsgerichts an die Parteien in Kopie. (2) Alle Zustellungen und Mitteilungen des Sekretariats und des Schiedsgerichts sind an die letzte bekannte Adresse der Partei oder ihres Vertreters, für die sie bestimmt sind, zu richten, so wie diese von dem Empfänger oder gegebenenfalls einer anderen Partei mitgeteilt worden ist. Zustellungen und Mitteilungen können erfolgen gegen Empfangsbescheinigung, durch eingeschriebenen Brief, Kurierdienst, E-Mail oder jede andere Form der Telekommunikation, bei der ein Sendebericht erstellt wird. (3) Zustellungen und Mitteilungen gelten als an dem Tag erfolgt, an dem sie durch die Partei oder ihren Vertreter empfangen wurden oder an dem bei Übersendung in Übereinstimmung mit Artikel 3(2) von ihrem Empfang auszugehen ist. (4) Fristen in dieser Schiedsgerichtsordnung beginnen an dem Tag zu laufen, der dem Tag folgt, an dem eine Zustellung oder Mitteilung gemäß Artikel 3(3) als erfolgt gilt. Handelt es sich bei diesem Tag in dem Land der Zustellung um einen offiziellen Feiertag oder Ruhetag, so beginnt die Frist erst am darauf folgenden Arbeitstag zu laufen. Im Übrigen werden offizielle Feiertage und Ruhetage in die Berechnung der Fristen einbezogen. Ist der letzte Tag der betreffenden Frist im Land der Zustellung ein offizieller Feiertag oder Ruhetag, dann läuft die Frist erst am Ende des darauf folgenden Arbeitstags ab. Article 3: Written Notifications or Communications; Time Limits (1) Save as otherwise provided in Articles 4(4)(b) and 5(3), all pleadings and other written communications submitted by any party, as well as all documents annexed thereto, shall be sent to each party, each arbitrator, and the Secretariat. Any notification or communication from the arbitral tribunal to the parties shall also be sent in copy to the Secretariat. (2) All notifications or communications from the Secretariat and the arbitral tribunal shall be made to the last address of the party or its representative for whom the same are intended, as notified either by the party in question or by the other party. Such notification or communication may be made by delivery against receipt, registered post, courier, email, or any other means of telecommunication that provides a record of the sending thereof. (3) A notification or communication shall be deemed to have been made on the day it was received by the party itself or by its representative, or would have been received if made in accordance with Article 3(2). (4) Periods of time specified in or fixed under the Rules shall start to run on the day following the date a notification or communication is deemed to have been made in accordance with Article 3(3). When the day next following such date is an official holiday, or a non-business day in the country where the notification or communication is deemed to
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Art. 3 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen have been made, the period of time shall commence on the first following business day. Official holidays and non-business days are included in the calculation of the period of time. If the last day of the relevant period of time granted is an official holiday or a nonbusiness day in the country where the notification or communication is deemed to have been made, the period of time shall expire at the end of the first following business day. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 Jede Kommunikation muss an alle Parteien, alle Schiedsrichter und das Sekretariat gesandt werden. → Rz. 21–28; Abs. 2 Mitteilungen sind an die letzte bekannte Adresse mit einem Sendebericht zu senden. → Rz. 29–35; Abs. 3 bestimmt den Zugangszeitpunkt für Mitteilungen und enthält eine Zugangsfiktion für korrekt adressierte Schriftstücke. → Rz. 44–53; Abs. 4 regelt die Fristberechnung. → Rz. 54–64 Kostenaspekte: Abs. 2 Die Parteien sollten auf eine möglichst zeit- und kosteneffiziente Regelung im Schiedsauftrag hinwirken. Dabei sollte insb. von der Möglichkeit einer elektronischen Kommunikation Gebrauch gemacht werden. → Rz. 36–41 Veröffentlichungen des Sekretariats: ICC Guidance Note on Possible Measures Aimed at Mitigating the Effects of the COVID-19 Pandemic v. 9.4.2020. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Modalitäten der Kommunikation (Abs. 1–2) . . . . . . . . . . . . I. Änderungshistorie . . . . . . . . . . II. Verhältnis zum X. Buch der ZPO III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften IV. Anwendungsbereich . . . . . . . . . V. Direkte Übermittlung an alle Beteiligten (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . 1. Mitteilungen der Parteien (Abs. 1 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mitteilungen des Schiedsgerichts (Abs. 1 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . VI. Adressen (Abs. 2 Satz 1) . . . . . .
_ __ _ __ _ _ __ 1
VII. Kommunikationsmittel (Abs. 2 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5 5 7
C. Datum des Zugangs und Zugangsfiktion (Abs. 3) . . . . . . . . I. Verhältnis zu § 1028 Abs. 1 ZPO II. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften III. Erklärungsdatum bei Zugang (Abs. 3 Var. 1) . . . . . . . . . . . . . IV. Zugangsfiktion (Abs. 3 Var. 2) . .
8 11 21 21 27 29
D. Fristberechnung (Abs. 4) . . . . . I. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften II. Fristberechnung . . . . . . . . . . . .
_ __ _ __ _ __ 36 42 42 43
44 47 54 54 55
Literatur: Haller, The Without Prejudice Privilege, SchiedsVZ 2011, 313 ff.; Sachs/Pröstler, Kapitel 28: Time Limits in International Arbitral Proceedings, in Shaughnessy/Tung, The Powers and Duties of an Arbitrator: Liber Amicorum Pierre A. Karrer, Kluwer Law International (2017), S. 279.
A. Normzweck 1 Art. 3 regelt die Grundzüge der Verfahrenskommunikation, um ICC-Schieds-
verfahren ein einheitliches Prozedere zu verleihen. Hierbei beschränkt sich Art. 3 auf die wichtigsten Regeln, die unabhängig vom Schiedsort und dem jeweiligen Schiedsverfahrensrecht Bestand haben müssen.
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Schriftliche Zustellungen und Mitteilungen; Fristen | Art. 3 ICC-SchO
In der Phase vor Fertigstellung des Schiedsauftrags (Art. 23 Abs. 1) kommt 2 den Grundsätzen der Verfahrenskommunikation besondere Bedeutung zu. In dieser Phase hat das Schiedsgericht noch keine eigenen Regeln zur Verfahrenskommunikation aufgestellt. Später steht es im Ermessen des Schiedsgerichts, die Regeln des Art. 3 zu konkretisieren oder zu ergänzen. Art. 3 Abs. 1 und 2 regeln, wie die Kommunikation zwischen den Schiedspartei- 3 en, dem Sekretariat und dem Schiedsgericht zu erfolgen hat, d.h., an welche Adresse und mit welchem Kommunikationsmedium Mitteilungen zu versenden sind. Ziel der Vorschrift ist es sicherzustellen, dass alle Beteiligten zur gleichen Zeit von wesentlichen Verfahrensereignissen Kenntnis erhalten. Auch ist das Sekretariat stets in die Verfahrenskommunikation einzubeziehen. Letzteres ist vor der Konstituierung des Schiedsgerichts offensichtlich erforderlich, muss aber auch danach erfolgen, da das Sekretariat zur Erfüllung seiner Aufgaben auf eine vollständige Kenntnis aller Schriftsätze, Mitteilungen und Verfügungen der Parteien und des Schiedsgerichts angewiesen ist, insbesondere zur sachgerechten Vorbereitung der Entscheidungen des Gerichtshofs etwa im Rahmen der Schiedsspruchgenehmigung und der Kostenfestsetzung. Die Regelung der Abs. 3 und 4 zum Zeitpunkt, zu dem eine Mitteilung als zu- 4 gestellt gilt, sowie zur Berechnung von Fristen ist notwendig, da sich die verschiedenen Rechtsordnungen in diesen Punkten mitunter erheblich unterscheiden. Art. 3 Abs. 3 und 4 geben hierbei den Schiedsparteien von Anfang an eine einheitliche Regelung vor. Des Weiteren kommt der Zugangsfiktion in Art. 3 Abs. 3 in der Praxis maßgebliche Bedeutung zu, weil sie es ermöglicht, das Schiedsverfahren auch ohne Nachweis des tatsächlichen Zugangs einer Mitteilung fortzusetzen (aus Perspektive der ICC-SchO; vgl. dazu Rz. 47 ff.).
B. Modalitäten der Kommunikation (Abs. 1–2) I. Änderungshistorie Mit der ICC-SchO 2021 erfuhr Abs. 1 eine textlich unscheinbare, aber für die 5 Praxis gewichtige Überarbeitung: die frühere ICC-SchO ging grds. von einer Kommunikation in Papierform aus und regelte daher, in wie vielen Exemplaren die Schiedsklage, die Klageantwort und sonstige Kommunikation einzureichen war. Die ICC-SchO 2021 sieht nunmehr eine Kommunikation per E-Mail vor (insb. von Schiedsklage und Klageantwort) und legt diese als Regelfall zugrunde. Damit geht einher, dass es keine allgemeine Regelung zur Anzahl der Abschriften mehr gibt (außer wenn Schiedskläger oder Beklagter auf einer Zustellung von Schiedsklage oder Klageantwort in Papierform bestehen). Eine weitere Neuerung ist die Klarstellung, dass sämtliche Kommunikation von 6 einer Partei (mit Ausnahme einer etwaigen physischen Kopie einer Schiedsklage und Klageantwort) i.d.R. direkt an alle anderen Verfahrensbeteiligten und das Sekretariat gesandt werden soll. Abs. 1 a.F. sah implizit vor, dass eine ausreichende Schilling
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Art. 3 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen Anzahl an Exemplaren beim Sekretariat einzureichen sei, das diese dann an alle Verfahrensbeteiligten weiterleitet. Dies wurde jedoch auch bereits vor der Reform nicht so gehandhabt; die direkte Kommunikation zwischen allen Verfahrensbeteiligten war auch schon unter den früheren Fassungen der ICC-SchO die Regel.
II. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 7 Das X. Buch der ZPO enthält keine Bestimmungen darüber, wie die Kommuni-
kation zwischen den Parteien erfolgen muss oder wie Schriftstücke versandt werden müssen.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 8 Anzahl der Abschriften. Nach § 253 Abs. 5 Satz 1, § 133 Abs. 1 ZPO sollen die
Parteien Schriftsätze inklusive ihrer Anlagen in der Anzahl von Abschriften einreichen, die für die Zustellung erforderlich ist, falls die Schriftsätze nicht als elektronische Dokumente i.S.d. § 130a ZPO übermittelt wurden (letzteres ist seit dem 1.1. 2022 in Anwaltsprozessen allerdings grds. erforderlich: § 130d ZPO in der seit dem 1.1.2022 geltenden Fassung). Eine ausdrückliche Pflicht des Gerichts, alle Parteien von der Kommunikation mit einer Partei zu informieren, gibt es nicht. Lediglich das Gebot rechtlichen Gehörs kann eine entsprechende Pflicht begründen.
9 Adressen. Das Gericht stellt die Schiedsklage dem Beklagten grds. an der vom
Kläger genannten Adresse zu. Diese muss der Kläger zwingend in der Klageschrift angeben (die Bezeichnung der Parteien im Rahmen von § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO verlangt eine Angabe der Anschrift).
10 Kommunikationsmittel. Im Anwaltsprozess besteht Schriftzwang (vgl. § 129
Abs. 1 ZPO); d.h., Erklärungen können nur in Form eines Schriftsatzes gemacht werden. Das gilt grds. auch für Parteiprozesse vor anderen Gerichten als Amtsgerichten (für Ausnahmen s. § 129 Abs. 2 ZPO). Vor Amtsgerichten können Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, nicht nur schriftlich bei Gericht eingereicht, sondern auch mündlich zu Protokoll der Geschäftsstelle angebracht werden (§ 496 ZPO). Diese Regeln betreffen sämtliche Schriftsätze, die Sachanträge enthalten (§ 270 ZPO). Dabei ist neben der physischen Übermittlung auch ein elektronischer Versand möglich, sofern die Voraussetzungen des § 130a ZPO (elektronisches Dokument, zugelassener Übermittlungsweg) gegeben sind. Damit ist die gesetzliche Regelung strenger als die der ICC-SchO, da sie die einfache E-Mail-Korrespondenz nicht erlaubt.
IV. Anwendungsbereich 11 Art. 3 Abs. 1 gilt für die schriftliche Verfahrenskommunikation, also für
schriftliche Kommunikation, die von den Parteien formell in das Verfahren ein-
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geführt werden soll, z.B. Schriftsätze, Anträge, Anlagen, Zeugenaussagen, Gutachten etc. Allerdings werden von Art. 3 Abs. 1 auch organisatorische und administrative Kommunikation sowie andere Mitteilungen, die für die Sache weniger bedeutsam sind, erfasst (z.B. Austausch zur Terminfindung einer Telefonkonferenz oder eines Hearings, die Auswahl von Protokollführern für die mündliche Verhandlung, die Übersendung von Korrekturen zum Protokoll der mündlichen Verhandlung); lediglich bloße Empfangsbestätigungen fallen nicht darunter. Die Regelung des Art. 3 Abs. 1 steht unter dem ausdrücklichen Vorbehalt der 12 Regelungen in den Art. 4 Abs. 4 Buchst. b und Art. 5 Abs. 3. Wenn der Kläger eine Zustellung der Schiedsklage in Papierform (s. Art. 4 Abs. 4 Buchst. b) oder der Beklagte eine entsprechende Zustellung der Klageantwort (s. Art. 5 Abs. 3) wünscht, haben sie demgemäß eine entsprechende Anzahl an Exemplaren beim Sekretariat einzureichen. Dasselbe gilt für die Einreichung eines Antrags auf Einbeziehung einer zusätzlichen Partei bzw. einer Antwort auf diesen (Art. 7). Zudem ist es möglich, dass das Schiedsgericht anordnet, dass Kommunikation entweder ganz oder teilweise (auch) in Papierform übermittelt werden muss. Derartige Verfügungen kommen allerdings immer seltener vor. Empfehlung: Im Schiedsauftrag oder der ersten verfahrensleitenden Verfügung sollte geregelt werden, in welcher Form Mitteilungen ergehen sollen. Selbst wenn eine Partei oder das Schiedsgericht auf der Papierform besteht, empfiehlt es sich zu bestimmen, dass eine Weiterleitung an das Sekretariat ausschließlich als elektronische Kopie per E-Mail zu erfolgen hat.
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Falls die Schiedsklage vorab per E-Mail und im Nachgang dazu in Papierform 14 an das Sekretariat gesandt werden, wird das Verfahren bereits durch den Erhalt der E-Mail eingeleitet. Der Eingang der E-Mail beim Sekretariat bestimmt also das Datum des Beginns des Schiedsverfahrens (vgl. Art. 4 Abs. 2). Als Folge des Art. 3 Abs. 1 ist sämtliche Korrespondenz zwischen den Parteien 15 und dem Schiedsgericht immer auch an das Sekretariat zu richten. In gleicher Weise sollte sämtliche Korrespondenz zwischen den Parteien und dem Sekretariat immer in Kopie an die Schiedsrichter gehen, sobald die Schiedsrichter bestätigt sind (auf die vollständige Konstituierung des Schiedsgerichts muss hierfür nicht gewartet werden). Art. 3 Abs. 1 regelt nicht die Kommunikation des Sekretariats, gleichgültig, ob 16 mit dem Schiedsgericht oder mit den Parteien. Gleichwohl setzt das Sekretariat bei seiner Kommunikation üblicherweise alle Beteiligten in Kopie (außer ggf. bei bestimmter interner Korrespondenz mit dem Schiedsgericht, z.B. im Zusammenhang mit dem Kosten des Schiedsverfahrens). Das Sekretariat kommunizierte bereits vor der Reform üblicherweise per E-Mail. Falls sich allerdings eine Partei nicht am Verfahren beteiligt, wählt das Sekretariat i.d.R. eine Versendungsart, die den Nachweis des Zugangs erlaubt (z.B. Kurierdienste). Auf die Kommunikation einer Partei an das Sekretariat findet Art. 3 Abs. 1 durchaus Anwendung (wovon lediglich bestimmte administrative Angelegenheiten ausgenommen sein können, die nicht in das Verfahren eingeführt werden sollen, z.B. die Frage, ob der Kostenvorschuss eingegangen ist). Schilling
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Art. 3 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen 17 Empfehlung: Die Parteien sollten sich von Art. 3 Abs. 1 nicht abhalten lassen, Fragen mit
dem Sekretariat telefonisch zu klären. Das Sekretariat beantwortet ohne Weiteres Fragen zur Anwendung der ICC-SchO. Bei Unklarheiten oder Zweifeln ist daher auch eine telefonische Rücksprache in Betracht zu ziehen. Natürlich steht das Sekretariat nur in den Grenzen der Unparteilichkeit zur Verfügung und lässt sich nicht zur Sache ein; falls eine Frage diese Grenzen überschreitet, weist das Sekretariat darauf hin und lässt die betreffende Frage unbeantwortet.
18 Ebenfalls von der ICC-SchO nicht geregelt wird die Kommunikation außerhalb
des Schiedsverfahrens. In diesem Rahmen können Parteien in beliebiger Form kommunizieren, ohne das Schiedsgericht, das Sekretariat oder ggf. weitere Parteien einzubeziehen. Das gilt insb. für die Abstimmung zur Schiedsrichterbenennung oder Vergleichsverhandlungen. Ferner müssen auch Dokumente, die im Rahmen einer schiedsgerichtlich angeordneten Document Production-Entscheidung ausgetauscht werden, nach allgemeinem Verständnis nicht dem Schiedsgericht oder dem Sekretariat übermittelt werden.
19 Vorsicht: Dass die direkte Kommunikation zwischen den Parteien nicht dem
Schiedsgericht zugeleitet werden muss, bedeutet nicht, dass sie dem Schiedsgericht verborgen bleibt. Grundsätzlich steht es einer Schiedspartei frei, das Schiedsgericht ohne Vorankündigung in eine laufende Kommunikation einzubeziehen oder die Kommunikation in einem späteren Stadium in das Verfahren einzuführen (außer nationales Recht bzw. Standesrecht klassifiziert derartige Kommunikation als vertraulich und steht damit einer Einführung in das Verfahren entgegen). Aus diesem Grund sollte die Vertraulichkeit stets ausdrücklich vereinbart und in dem betreffenden Dokument festgehalten werden. Üblicherweise wird hierbei die Formulierung „without prejudice“ verwendet (s. dazu Haller, SchiedsVZ 2011, 313). Selbst dann ist von Formulierungen abzuraten, die bei Kenntnisnahme durch das Schiedsgericht zu Problemen führen könnten.
20 Abs. 2 und 3 gelten nach allgemeiner Ansicht nur für die Kommunikation des
Schiedsgerichts und des Sekretariats. Für die Kommunikation der Parteien ist eine entsprechende Regelung üblicherweise im Schiedsauftrag oder der ersten prozessleitenden Verfügung enthalten. Allerdings können die Parteien und das Schiedsgericht bereits davor eine Regelung zur Kommunikation der Parteien treffen.
V. Direkte Übermittlung an alle Beteiligten (Abs. 1) 1. Mitteilungen der Parteien (Abs. 1 Satz 1) 21 Alle Schriftsätze und schriftlichen Mitteilungen, die eine Partei einreicht, sowie
alle beigefügten Dokumente müssen jeder Partei, jedem Schiedsrichter und dem Sekretariat übersandt werden. Sofern eine Partei elektronisch kommuniziert, müssen daher schlicht alle anderen Parteien, alle Schiedsrichter und das Sekretariat in die Empfängerliste aufgenommen werden. Falls eine Partei mehrere Parteivertreter benannt hat, sollten die elektronische Kommunikation an alle Parteivertreter gerichtet werden. 42
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Schriftliche Zustellungen und Mitteilungen; Fristen | Art. 3 ICC-SchO
Falls der Kläger die Übermittlung der Schiedsklage mit Empfangsbekenntnis, 22 eingeschriebener Sendung oder Kurier wünscht (Art. 4 Abs. 4 Buchst. b), muss er diese in einer ausreichenden Anzahl von Abschriften beim Sekretariat einreichen. Gleiches gilt für den Beklagten in Bezug auf die Klageantwort (Art. 5 Abs. 3) sowie für einen etwaigen Antrag auf Einbeziehung zusätzlicher Parteien sowie für die Antwort auf diesen (Art. 7). In diesen Fällen bestimmt sich die Anzahl der einzureichenden Ausfertigungen nach der Anzahl der weiteren Parteien bzw. Verfahrensbevollmächtigten plus Anzahl der Schiedsrichter plus Sekretariat. Wenn die Anzahl der Schiedsrichter nicht durch die Schiedsklausel festgelegt ist und die Schiedsparteien (noch) keine Einigung darüber erzielt haben, wird das Sekretariat i.d.R. zunächst den Angaben des Klägers zu der von ihm gewünschten Zahl der Schiedsrichter folgen. Als Partei i.S.d. Vorschrift gilt jeder, den der spätere Schiedsspruch binden soll; 23 darunter fallen z.B. auch alle Parteien, die auf Grundlage der Art. 7, 8 und 10 an dem Schiedsverfahren beteiligt wurden. Erfolgt diese Beteiligung erst zu einem späteren Zeitpunkt, müssen diese Parteien die bis dahin ausgetauschte Verfahrenskommunikation nachträglich erhalten. Empfehlung: Auch wenn das Sekretariat stets eine Kopie sämtlicher Verfahrenskommunikation erhält, sollten die Parteien nicht erwarten, dass dem Sekretariat jedes Detail der Schriftsätze präsent ist. Das Sekretariat konzentriert sich i.d.R. darauf, die Einhaltung von verfahrensrechtlichen Anforderungen zu überwachen und einen Überblick über das Verfahren zu behalten. Auf etwaige Besonderheiten sollte das Sekretariat deshalb ausdrücklich aufmerksam gemacht werden.
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Falls eine Partei die Übermittlung der Schiedsklage oder der Klageantwort mit 25 Empfangsbekenntnis, eingeschriebener Sendung oder Kurier verlangt, aber nicht die erforderliche Anzahl an Kopien einreicht, muss sie noch keinen unmittelbaren Nachteil befürchten. I.d.R. wird das Sekretariat auf das Versäumnis hinweisen und zur Nachsendung weiterer Kopien auffordern. Im Fall der Schiedsklage kann das Sekretariat in Abstimmung mit dem Kläger mit der Zustellung an den Beklagten warten, bis ihm alle erforderlichen Ausfertigungen vorliegen (Art. 4 Abs. 5, s. Art. 4 Rz. 75 ff.). Selbst wenn eine Übermittlung in Papierform erfolgt, empfiehlt die ICC, die 26 Schiedsklage, die Klageantwort, Widerklagen und Anträge auf Einbeziehung sowie Antworten auf Anträge auf Einbeziehung in elektronischer Form per E-Mail an das Sekretariat zu übermitteln. Alle sonstigen schriftlichen Unterlagen sollten dem Sekretariat ausschließlich per E-Mail übermittelt werden, auch in Fällen, in denen das Schiedsgericht zusätzliche Ausdrucke anfordert (s. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 18). 2. Mitteilungen des Schiedsgerichts (Abs. 1 Satz 2) Art. 3 Abs. 1 Satz 2 richtet sich an das Schiedsgericht. Anders als bei Satz 1 27 sind Mitteilungen des Schiedsgerichts an die Parteien immer Verfahrenskommunikation und müssen daher in jedem Fall auch dem Sekretariat zugeleitet Schilling
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Art. 3 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen werden. Dass die schiedsgerichtlichen Mitteilungen auch immer an jede Schiedspartei ergehen müssen, ist zwar nicht ausdrücklich erwähnt, folgt aber aus dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs. Letzteres ist auch im Hinblick auf § 1047 Abs. 3 ZPO notwendig. 28 Art. 3 Abs. 1 Satz 2 verpflichtet das Schiedsgericht nur, das Sekretariat in die
Kommunikation mit den Parteien einzubinden. Es besteht allerdings keine grds. Pflicht des Schiedsgerichts, die Parteien über die Kommunikation mit dem Sekretariat zu informieren; vielmehr steht es dem Schiedsgericht im Rahmen einer pflichtgemäßen Abwägung frei, bestimmte Themen mit dem Sekretariat zu diskutieren ohne die Parteien dabei in Kopie zu setzen (z.B. den Streitwert). Art. 3 Abs. 1 Satz 2 ist ferner nicht anwendbar auf die Korrespondenz des Schiedsgerichts mit Dritten (z.B. vom Schiedsgericht beauftragten Sachverständigen) und die interne Korrespondenz des Schiedsgerichts. Soweit die interne Korrespondenz vertraulich ist (z.B. die Beratungen des Schiedsgerichts) ist es sogar verboten, das Sekretariat oder die Parteien einzubeziehen.
VI. Adressen (Abs. 2 Satz 1) 29 Art. 3 Abs. 2 Satz 1 bestimmt, dass sämtliche Zustellungen und Mitteilungen an
die Adresse geschickt werden, die der Empfänger selbst oder die Gegenpartei zuletzt angegeben hat. Dabei handelt es sich nicht um eine hoheitliche, sondern um eine private Zustellung, so dass die §§ 166 ff. ZPO, die VO (EG) Nr. 1393/ 2007 (EuZustVO) oder das HZÜ keine Anwendung finden. Aus demselben Grund kann die ICC Schriftstücke in allen Ländern zustellen, ohne die dortigen staatlichen Stellen einzuschalten.
30 Obwohl der Wortlaut für den Fall gleichzeitiger divergierender Angaben keine
Priorisierung vornimmt, werden die Angaben, die eine Partei zu ihrer eigenen Adresse macht, i.d.R. Vorrang haben. Bei aufeinanderfolgenden, divergierenden Angaben gilt die zuletzt von einer Partei genannte Adresse, es sei denn, die andere Partei hat (etwa durch wiederholtes Vorbringen) ausreichend klar zum Ausdruck gebracht, dass sie eine Zustellung an eine andere Adresse möchte; in diesem Fall wird trotzdem auch an die Adresse zugestellt, die die Gegenpartei angibt, weil diese letztlich das Vollstreckungsrisiko trägt. Wieder anders können die Dinge indes liegen, wenn eine Partei eine Zustelladresse angibt, die sich für eine tatsächliche Zustellung nicht eignet oder an die aus rechtlichen Gründen nicht zugestellt werden kann.
31 Empfehlung: Bei Parteien aus der Europäischen Union wird die Adresse relativ leicht
über das Handelsregister oder ein entsprechendes Register zu ermitteln sein (derartige Register sind nach der RL 2009/101/EG [Publizitäts-RL] in allen Mitgliedstaaten zu führen).
32 Die Verantwortung für die Ermittlung der richtigen Adresse liegt allein bei den
Parteien; das Sekretariat oder das Schiedsgericht ermitteln diese nicht eigenständig, auch nicht, falls Unstimmigkeiten auftreten sollten. Praktische Auswirkungen hat diese Verantwortung meist nur für eine Klagepartei (d.h. den eigentli44
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Schriftliche Zustellungen und Mitteilungen; Fristen | Art. 3 ICC-SchO
chen Kläger oder jede andere Partei, die gegenüber einer anderen Partei im Verfahren Ansprüche geltend macht), da nur sie die Adresse einer Partei angeben muss, die sich noch nicht in dem Verfahren geäußert hat. Selbst dann ist die Nennung einer falschen Adresse der anderen Partei(en) nur problematisch, wenn sich die betreffende Partei nicht auf das Schiedsverfahren einlässt. Erhält das Sekretariat die Klageschrift zurück, weil diese an der vom Kläger an- 33 gegebenen Adresse nicht zugestellt werden konnte, oder erweist sich eine EMail-Adresse als falsch, fordert das Sekretariat den Kläger auf, eine weitere Adresse anzugeben. Der Kläger kann dann entsprechende Nachforschungen anstellen und die korrekte Post- oder E-Mail-Adresse (bzw. ggf. auch eine Faxnummer) nachreichen oder, falls der Beklagte unauffindbar ist, die Schiedsklage bzw. die gegen diese Partei gerichteten Ansprüche zurückzunehmen. Der Kläger hat ferner die Möglichkeit, das Schiedsverfahren auf eigenes Risiko gegen den unauffindbaren Beklagten fortzusetzen. Hierbei trägt der Kläger jedoch das Risiko, dass ein späterer Schiedsspruch trotz der in Art. 3 Abs. 3 enthaltenen Zugangsfiktion mangels ordnungsgemäßer Zustellung nicht vollstreckbar ist. Dieses Risiko stellt sich grds. auch immer dann, wenn eine Zustellung lediglich an eine E-MailAdresse erfolgt, sofern der Empfänger keine Lesebestätigung schickt. Das Sekretariat beschränkt sich bei der Weiterleitung von Schriftstücken auf die 34 üblichen Kommunikationswege (Post, Kurierdienst, Fax, E-Mail, etc.). Das Sekretariat ist nicht verpflichtet, Schriftstücke auf eigene Initiative bei Gericht zu hinterlegen oder über eine Zustellung über spezialisierte Dienstleister zu erwirken. Das Sekretariat kann allenfalls auf Wunsch des Klägers Schriftstücke an ein Gericht senden, ist aber nicht dafür verantwortlich, ob eine derartige Übersendung nach nationalem Recht als wirksame Ersatzzustellung gilt. Vorsicht: Bei Angabe einer falschen Adresse riskiert der Kläger die Aufhebbarkeit bzw. Undurchsetzbarkeit des späteren Schiedsspruches. Wenn der Beklagte nicht ordnungsgemäß über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert wurde, kann ein Schiedsspruch, der in einem Verfahren ohne Beteiligung des Beklagten ergangen ist, nach Art. V Abs. 1 Buchst. b UNÜ aufgehoben werden.
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VII. Kommunikationsmittel (Abs. 2 Satz 2) Art. 3 Abs. 2 Satz 2 lässt grds. alle Kommunikationsmittel zu, die die Versen- 36 dung nachweisbar bestätigen. Neben den aufgezählten Medien (E-Mail, Kommunikation gegen Empfangsbescheinigung, eingeschriebener Brief und Kurierdienst) gehören dazu weiterhin das Telefax und das Telex, die nur deshalb nicht mehr erwähnt werden, weil der Geschäftsverkehr mittlerweile weit überwiegend auf andere Kommunikationsmittel zurückgreift. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 regelt nur die grds. Zulässigkeit eines Kommunikationsmit- 37 tels. Das bedeutet jedoch nicht, dass in einem konkreten Verfahren stets die freie Wahl gegeben ist. Üblicherweise konkretisieren Parteien und Schiedsgericht im Schiedsauftrag (Art. 23 Abs. 1 Buchst. b) oder nur das Schiedsgericht in einer Schilling
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Art. 3 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen späteren verfahrensleitenden Verfügung, wie die Verfahrenskommunikation ablaufen soll, insb., wie Schriftsätze eingereicht werden müssen. Dabei ist häufig die Regelung anzutreffen, dass Schriftsätze am letzten Tag der betreffenden Frist per E-Mail und ggf. am nächsten Werktag per Post versandt werden müssen. 38 Empfehlung: In der Praxis ist es gelegentlich unklar, ob ein Schriftsatz rechtzeitig ein-
gereicht wurde, wenn der Schriftsatz ohne Anlagen fristgerecht per E-Mail, aber erst später in Papierform und mit Anlagen versandt wurde. Deswegen sollte dieser Fall im Schiedsauftrag oder der ersten verfahrensleitenden Verfügung bedacht werden und geregelt werden, ob für die Fristwahrung eine bestimmte Form und die Übersendung der Anlagen erforderlich sind.
39 Empfehlung: Obwohl Art. 3 Abs. 2 Satz 2 nur die Kommunikation des Sekretariats und
des Schiedsgerichts regelt, sollte sich insb. der Kläger grds. auch den Empfang von verfahrensrelevanten Schriftsätzen bestätigen lassen und den entsprechenden Nachweis aufbewahren (falls sich der Beklagte am Schiedsverfahren aktiv beteiligt, reicht hierfür eine Antwort-E-Mail; anderenfalls sollten die Schriftsätze mittels eingeschriebenem Brief oder Kurierdienst übermittelt werden). Falls sich eine Partei nicht am Schiedsverfahren beteiligt, sollte auch das Schiedsgericht nicht nur die Versendung, sondern auch den Zugang dokumentieren und Empfangsbestätigungen aufbewahren. Denn Art. V Abs. 1 Buchst. b UNÜ verlangt, dass eine Partei von dem Schiedsverfahren ordnungsgemäß in Kenntnis gesetzt worden ist, wozu auch der Zugang von allen verfahrensrelevanten Schriftstücken gehört. Aus Gründen der Praktikabilität sollte man von Empfangsbestätigungen für rein organisatorische Kommunikation absehen. Eine entsprechende Ausnahme sollte auch im Schiedsauftrag oder in der ersten verfahrensleitenden Verfügung berücksichtigt werden.
40 Empfehlung: Es sollte in jedem Fall auch überprüft werden, ob die Rechtsordnung am Ort des Schiedsverfahrens und die Rechtsordnungen, in denen der spätere Schiedsspruch vollstreckt werden soll, besondere Benachrichtigungs- oder Zugangserfordernisse aufstellen.
41 Die Parteien können – in der Schiedsvereinbarung oder durch eine spätere
Übereinkunft, etwa im Schiedsauftrag (Art. 23) – eine bestimmte Form für die Kommunikation vereinbaren.
C. Datum des Zugangs und Zugangsfiktion (Abs. 3) I. Verhältnis zu § 1028 Abs. 1 ZPO 42 Das X. Buch der ZPO sieht in § 1028 Abs. 1 ZPO ebenfalls eine Zugangsfiktion
vor. Diese Vorschrift verlangt allerdings, dass die aktuelle Adresse des Adressaten bzw. der Aufenthalt einer für ihn empfangsberechtigten Person unbekannt ist. Dies setzt nach der Gesetzesbegründung die Ergebnislosigkeit zumutbarer Recherchen voraus (auch wenn § 1028 Abs. 1 ZPO auf Art. 3 des UNCITRALModG zurückgeht, bestehen gewisse Parallelen zur Nachforschungspflicht bei der öffentlichen Zustellung, § 185 ZPO). Demgegenüber kann der Kläger nach Art. 3 Abs. 3 ICC-SchO ohne weiteres von der letzten bekannten Adresse ausgehen. Darüber hinaus verlangt § 1028 Abs. 1 ZPO eine Übersendungsart, die nicht nur die Absendung, sondern auch den Zugang belegt. Allerdings ist § 1028 46
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Schriftliche Zustellungen und Mitteilungen; Fristen | Art. 3 ICC-SchO
ZPO bereits nach dem Gesetzeswortlaut abdingbar und tritt daher hinter die Regelung der ICC-SchO.
II. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Nach § 270 Satz 2 ZPO sind alle Schriftsätze mit Sachanträgen zuzustellen. Die 43 Zustellung verlangt definitionsgemäß die Bekanntgabe eines Dokuments an ihren Adressaten, § 166 Abs. 1 ZPO. Diese Bekanntgabe kann durch tatsächliche Kenntnisnahme des Adressaten bzw. dessen Vertreter (§ 170 ff. ZPO), durch Hinterlassen im Briefkasten oder bei der Geschäftsstelle des Amtsgerichts (§ 180 f. ZPO) oder durch öffentliche Zustellung (§ 185 ff. ZPO) erfolgen. Sofern beide Parteien von Anwälten vertreten werden, erfolgt die Zustellung in der Praxis vielfach von Anwalt zu Anwalt (§ 195 ZPO).
III. Erklärungsdatum bei Zugang (Abs. 3 Var. 1) Art. 3 Abs. 3 Var. 1 kommt zur Anwendung, wenn der Empfang unstrittig ist oder 44 nachgewiesen werden kann. Die Regelung stellt klar, dass eine Benachrichtigung oder Kommunikation spätestens zu dem Zeitpunkt als erfolgt gilt, zu dem sie dem Empfänger tatsächlich zugeht (auch wenn sie an eine falsche Adresse geschickt wurde und dem Empfänger über Umwege weitergeleitet wurde). Damit kann es bei mehreren Parteien zu unterschiedlichen Erklärungszeitpunkten kommen. Art. 3 Abs. 3 Var. 1 findet auch Anwendung, wenn eine Mitteilung nur per E- 45 Mail empfangen wurde, obwohl sie etwa gemäß einer Verfügung des Schiedsgerichts der Papierform bedarf. In diesem Fall liegt für die ICC-SchO eine Zustellung vor, so dass das Verfahren fortgesetzt werden kann. Allerdings kann es sein, dass das für die Vollstreckung relevante Recht eine (nachweisbare) Zustellung in Papierform verlangt, so dass der Kläger in diesen Konstellationen das Risiko trägt, ein Urteil nicht vollstrecken zu können. In der Praxis stellt sich dieses Problem insb., wenn sich der Beklagte nicht am Verfahren beteiligt und die Schiedsklage an ihn nicht in Papierform zugestellt werden kann. Obwohl der Wortlaut des Art. 3 Abs. 3 eine Zustellung an die Partei oder ihren 46 Vertreter zulässt, wird ersteres nur vorkommen, wenn die Schiedspartei keinen Prozessvertreter hat, insb. wenn der Beklagte erstmals über das Schiedsverfahren informiert wird (etwa durch Übersendung der Schiedsklage, die grds. an die Partei selbst zugestellt wird, weil zu diesem Zeitpunkt eine Legitimation des Parteivertreters für das betreffende Verfahren noch nicht vorliegt). Anderenfalls wird eine Mitteilung nach ständiger Praxis des Sekretariats grds. dem Prozessvertreter zugestellt; eine Partei kann allerdings auch um eine zusätzliche direkte Zustellung (z.B. an den zuständigen Unternehmensjuristen) bitten. Außerdem sind auch Zustellungen an etwaige andere Zustellungsbevollmächtigte von Art. 3 Schilling
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Art. 3 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen Abs. 3 umfasst (vgl. Rz. 52). Spätestens im Schiedsauftrag (Art. 23 Abs. 1 Buchst. b) wird die Zustellungsadresse i.d.R. festgeschrieben.
IV. Zugangsfiktion (Abs. 3 Var. 2) 47 Art. 3 Abs. 3 Var. 2, die Fiktion des Zugangsdatums, kommt zur Anwendung,
(i) wenn das tatsächliche Zugangsdatum der Sendung an die letzte bekannte Adresse unbekannt oder umstritten ist oder (ii) wenn der tatsächliche Zugang nicht möglich war, etwa weil der Empfänger unbekannt verzogen ist, eine E-MailAdresse nicht aktiv ist oder der Empfänger die Annahme verweigert hat. Die Fiktion setzt stets voraus, dass die betreffende Mitteilung vom Sekretariat oder Schiedsgericht in Übereinstimmung mit Art. 3 Abs. 2 versandt wurde, dass also das Schreiben an die letzte bekannte Adresse des Empfängers, so wie diese von dem Empfänger oder ggf. der anderen Partei mitgeteilt wurde, mit einem Kommunikationsmittel, das die Versendung bestätigt, geschickt wurde.
48 Art. 3 Abs. 3 Var. 2 erfasst auch die Fälle, in denen die Schiedsklage dem Beklag-
ten überhaupt nicht zugegangen ist. Von vornherein werden hier allerdings solche Fälle auszunehmen sein, bei denen die erklärende Partei von einer fehlgeschlagenen Übersendung weiß und den tatsächlichen Zugang leicht herbeiführen kann. In diesem Fall wäre die Berufung auf die Zugangsfiktion missbräuchlich. Des Weiteren ist bei der Zugangsfiktion im Falle eines überhaupt nicht zugegangenen Dokuments problematisch, dass der Zugang jedes Schriftsatzes eine Voraussetzung für die Anerkennung und Vollstreckbarerklärung nach dem UNÜ ist. Nach Art. V Abs. 1 Buchst. b UNÜ muss der Beklagte ordnungsgemäß von dem Schiedsverfahren in Kenntnis gesetzt worden sein und in der Lage sein, sich ausreichend zu verteidigen, was die Kenntnis von Schriftsätzen voraussetzt. Werden diese Rechte nicht gewahrt, kann sich der Kläger bei der Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung nicht auf das UNÜ berufen. Anders liegen die Fälle, in denen der Beklagte den Zugang aktiv verhindert oder die Annahme verweigert hat.
49 Vorsicht: Der Kläger kann sich nicht in jedem Fall auf die Zugangsfiktion ver-
lassen. Manche Rechtsordnungen lassen eine entsprechende Regelung nicht zu. Wenn die aktuelle Adresse des Beklagten nicht ermittelt werden kann oder sich der Beklagte nicht am Schiedsverfahren beteiligt, sollte folglich die Zulässigkeit der Zugangsfiktion nach dem Recht am Ort des Schiedsverfahrens und nach dem Recht des Vollstreckungsstaates geprüft werden. Im deutschen Recht kann der Verweis auf die ICC-SchO und damit die ICC-SchO selbst AGB darstellen. Damit kann die Zugangsfiktion dem § 307 Abs. 1 und 2 BGB widersprechen (insb. unter Berücksichtigung des unmittelbar für Verbraucher geltenden § 308 Nr. 6 BGB). Eine Regelungsidentität mit § 1028 ZPO ist gerade nicht gegeben (s. Rz. 42), so dass sich der Kläger nicht auf § 307 Abs. 3 BGB verlassen kann. Wird das deutsche Recht jedoch abgewählt, kommen die AGB-rechtlichen Regeln nicht zur Anwendung, da § 308 Nr. 6 BGB nicht vom deutschen ordre public erfasst wird bzw. es sich hierbei um keine Eingriffsnorm handelt.
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Wenn Art. 3 Abs. 3 Var. 2 zur Anwendung kommt, gilt die Zustellung und Mit- 50 teilung an dem Tag erfolgt, an dem bei Übersendung nach Art. 3 Abs. 2 von ihrem Empfang auszugehen ist. Das Zugangsdatum hängt also von dem gewählten Kommunikationsmittel ab. Bei einer Versendung per Post muss i.d.R. mit einigen Tagen gerechnet werden. Bei einem Kurierdienst ist das Datum relevant, an dem der Kurierdienst erstmals vor Ort die Zustellung versucht hat. Empfehlung: Hier tut der Kläger gut daran, etwaige Zustellungsversuche zu dokumentieren und sich vom Kurierdienst die Gründe der Nichtannahme bzw. des erfolglosen Zustellungsversuchs schriftlich mitteilen zu lassen.
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Empfehlung: Zur Vermeidung der Unsicherheit, an wen unter welcher Adresse die Schiedsklage gesendet werden soll, können die Parteien in der Schiedsvereinbarung einen permanenten Zustellungsbevollmächtigten ernennen. In internationalen Verträgen mit Parteien aus den USA und China sind derartige Bevollmächtigungen für Zustellungseinrichtungen durchaus üblich. Falls die Anschrift des Beklagten bekannt ist, sollte der Kläger in derartigen Fällen in Erwägung ziehen, vorsichtshalber zusätzlich an die tatsächliche Andresse zustellen zu lassen.
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Ein Kläger, der auf die Zustellfiktion zurückgreifen muss, sollte eine zusätzliche 53 „Ersatzzustellung“ erwägen, d.h. die Zustellung der Schiedsklage über selbst beauftragte Dritte oder die Hinterlegung bei einem Gericht. Dies ist zwar keine Zustellung i.S.d. ICC-SchO, allerdings ist diese nicht notwendig, falls die Zustellfiktion greift. Im Hinblick auf die spätere Vollstreckung kann es jedoch sein, dass die dann anzuwendende Rechtsordnung zwar die Zustellfiktion nicht anerkennt, wohl aber die Ersatzzustellung.
D. Fristberechnung (Abs. 4) I. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Richterliche Fristen beginnen mit der Zustellung des Dokuments, in dem sie fest- 54 gesetzt sind, zu laufen (§ 221 ZPO). Im Übrigen sind die entsprechenden Vorschriften des BGB für die Fristberechnung anzuwenden (§ 222 Abs. 1 ZPO, §§ 186 ff. BGB). Dabei verlängert sich eine Frist kraft Gesetzes nur, wenn das Fristende anderenfalls auf einen Sonn- oder Feiertag fallen würde (§ 222 Abs. 2 ZPO).
II. Fristberechnung Die Berechnung von Fristen ist für das Schiedsgericht genauso wie für die 55 Schiedsparteien und das Sekretariat relevant. Das Schiedsgericht hat die Fristen für die Erstellung des Schiedsauftrages (Art. 23 Abs. 2) und für den Schiedsspruch (Art. 31 Abs. 1) zu beachten. Die Parteien haben zunächst die 30-tägige Frist zur Einreichung der Klageantwort (Art. 5 Abs. 1) und zur Erwiderung auf eine eventuelle Widerklage (Art. 5 Abs. 6) zu beachten. Weitere Fristen können Schilling
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Art. 3 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen vom Sekretariat gesetzt werden und sich aus verfahrensleitenden Verfügungen und/oder dem Verfahrenskalender (Art. 24) ergeben. Die Berechnungsmethodik nach Art. 3 Abs. 4 ist also auf alle Fristen im Schiedsverfahren anzuwenden (auch wenn die deutsche Übersetzung der ICC-SchO nur Fristen „in dieser Schiedsgerichtsordnung“ erwähnt; die bindende englische Fassung spricht eindeutiger von „periods of time specified in or fixed under the Rules“). 56 Nach Art. 3 Abs. 3 Satz 1 beginnen Fristen am Tag nach dem Tag, an dem die
entsprechende Mitteilung erfolgt ist, zu laufen. Insoweit gleicht die ICC-SchO der ZPO bzw. dem BGB, die den Tag der Zustellung bei der Fristberechnung nicht berücksichtigen. Anders als die ZPO und das BGB bestimmt die ICC-SchO allerdings, dass sich der Fristbeginn auf den nächsten Werktag verschiebt, falls er anderenfalls auf einen Feier- oder Ruhetag fallen würde (Art. 3 Abs. 3 Satz 2).
57 Auch das Fristende verschiebt sich auf den nächsten Werktag – insoweit wieder
in Übereinstimmung mit der ZPO und dem BGB –, wenn es anderenfalls auf einen Feier- oder Ruhetag fallen würde (Art. 3 Abs. 3 Satz 4).
58 Empfehlung: Zur Sicherheit können die Parteien die Fristen und vor allem deren Ende
beim Sekretariat erfragen. Zumindest in Zweifelsfällen sollte sich eine Partei derart vergewissern, denn in der Praxis kommt es durchaus vor, dass eine Partei und das Sekretariat unterschiedliche Fristenden notieren, etwa weil ein falsches Zustellungsdatum zu Grunde gelegt wurde.
59 Für die Ermittlung der Feier- oder Ruhetage ist auf das Land des Empfängers
abzustellen. Das folgt jedoch nicht aus der Formulierung der deutschen Übersetzung der ICC-SchO – diese ist zwar in diesem Sinne eindeutig, aber nicht bindend. Die maßgebliche englische Fassung stellt auf das Land ab, „where the notification or communication is deemed to have been made“. In der Zusammenschau mit Abs. 3, der für den Erklärungszeitpunkt auf den Zugang beim Empfänger abstellt, ergibt sich für Abs. 4, dass auch hier die Umstände im Land des Verfahrensbeteiligten, für den die Frist gesetzt ist, entscheidend sind. Hierdurch ist es möglich, dass dieselbe Frist für mehrere Parteien in verschiedenen Ländern zu unterschiedlichen Zeitpunkten beginnt bzw. abläuft. Im Falle divergierender Zeitzonen bietet es sich aber an, einheitlich auf die Zeitzone des Schiedsorts abzustellen, soweit dieser bereits feststeht (s. Art. 18 Rz. 13 ff.).
60 Die Bestimmung der Feier- und Ruhetage muss sich grds. aus einer bindenden
staatlichen Rechtsordnung oder aus einer von dieser besonders gebilligten, allgemeinen gesellschaftlichen (etwa religiösen) Observanz ergeben; dass an einem bestimmten Tag faktisch vielfach nicht gearbeitet wird (etwa im Rheinland zu Karneval), genügt nicht.
61 Empfehlung: Als grobe Faustregel gilt: In den meisten Ländern der Europäischen Union,
den USA und manchen Ländern Asiens sind Samstag und Sonntag Ruhetage. In SaudiArabien und den Golfstaaten gilt der Freitag als Ruhetag. In manchen muslimischen Staaten ist dagegen der Donnerstag Ruhetag.
62 In Deutschland gelten – anders als nach der ZPO – der Samstag und der Sonn-
tag als Ruhetage. Als Feiertag sind in allen Bundesländern übereinstimmend der 50
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Schriftliche Zustellungen und Mitteilungen; Fristen | Art. 3 ICC-SchO
Neujahrstag (1. Januar), der Karfreitag, der Ostermontag, Christi Himmelfahrt, Tag der Arbeit (1. Mai), der Pfingstmontag sowie der erste und zweite Weihnachtstag (25., 26. Dezember) anerkannt. Zusätzlich gibt es in den jeweiligen Bundesländern folgende Feiertage: Baden-Württemberg: Heilige Drei Könige (6. Januar), Fronleichnam, Allerheiligen (1. November); Bayern: Heilige Drei Könige (6. Januar), Fronleichnam, Allerheiligen, teilweise Mariä Himmelfahrt (15. August); Berlin: Internationaler Frauentag (8. März); Brandenburg: Reformationstag (31. Oktober); Hessen: Fronleichnam; Mecklenburg-Vorpommern: Reformationstag (31. Oktober); Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz: Fronleichnam, Allerheiligen (1. November); Saarland: Fronleichnam, Mariä Himmelfahrt (15. August), Allerheiligen (1. November); Sachsen: Buß- und Bettag, Reformationstag (31. Oktober), teilweise Fronleichnam; Sachsen-Anhalt: Heilige Drei Könige (6. Januar), Reformationstag (31. Oktober); Thüringen: Reformationstag (31. Oktober), Weltkindertag (20. September), teilweise Fronleichnam. Anhang 1: Schaubild zur beispielhaften Fristberechnung
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Beispiel 1: Empfänger in Deutschland Erhalt der Schiedsklage: 22.3.2019 Frist zur Einreichung der Klageantwort nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1: 30 Tage
April
März
Beginn der Frist nach Verschiebung
Fristbeginn grds. am Folgetag, jedoch verschiebt sich der Fristbeginn auf den nächsten Werktag nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2
Erhalt der Klageschrift
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Ende der Frist
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Art. 4 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen 64 Beispiel 2: Empfänger in Deutschland Erhalt der Schiedsklage: 21.3.2019 Frist zur Einreichung der Klageantwort nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1: 30 Tage
April 2019
März
Erhalt der Klageschrift
Fristbeginn am Folgetag (keine Verschiebung, da der Freitag ein Werktag ist)
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Das Fristende verschiebt sich um einen weiteren Tag nach Art. 3 Abs. 4 Satz 4, da Ostermontag in Deutschland ein gesetzlicher Feiertag ist
Ende der Frist
30. Tag nach Fristbeginn, jedoch verschiebt sich das Fristende nach Art. 3 Abs. 4 Satz 4, da der 20. März ein Samstag ist
Artikel 4 Schiedsklage (1) Wenn eine Partei das Schiedsverfahren nach dieser Schiedsgerichtsordnung einleiten will, so hat sie ihre Schiedsklage (die „Klage“) beim Sekretariat, in einem beliebigen der in der Geschäftsordnung angegebenen Büros, einzureichen. Das Sekretariat unterrichtet den Kläger und den Beklagten über den Eingang und den Tag des Eingangs der Klage. (2) Der Tag, an dem die Klage beim Sekretariat eingeht, gilt in jeder Hinsicht als Zeitpunkt des Beginns des Schiedsverfahrens. (3) Die Klage muss folgende Angaben enthalten: a) vollständigen Namen, Rechtsform, Adresse und sonstige Kontaktdaten jeder Partei; 52
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Schiedsklage | Art. 4 ICC-SchO
b) vollständigen Namen, Adresse und sonstige Kontaktdaten der Vertreter des Klägers im Schiedsverfahren; c) Darstellung der anspruchsbegründenden Tatsachen und Umstände sowie der Anspruchsgrundlage, auf die die Ansprüche gestützt werden; d) die Anträge, unter Angabe der Höhe der bezifferten Ansprüche, und, soweit möglich, eine Schätzung des Geldwerts sonstiger Ansprüche; e) einschlägige Vereinbarungen zwischen den Parteien, insbesondere die Schiedsvereinbarung(en); f) bei Ansprüchen aus mehr als einer Schiedsvereinbarung: Angabe der Schiedsvereinbarung, auf deren Grundlage der jeweilige Anspruch geltend gemacht wird; g) alle sachdienlichen Angaben und Anmerkungen oder Vorschläge zur Anzahl der Schiedsrichter und ihrer Wahl gemäß den Bestimmungen der Artikel 12 und 13 sowie die gemäß diesen Bestimmungen gegebenenfalls erforderliche Benennung eines Schiedsrichters; h) alle sachdienlichen Angaben und Anmerkungen oder Vorschläge zum Schiedsort, zu den anwendbaren Rechtsregeln und zur Verfahrenssprache. Der Kläger kann mit der Klage weitere Dokumente oder Informationen einreichen, soweit er es für geboten hält oder soweit diese zu einer effizienten Streitbeilegung beitragen können. (4) Bei Einreichung der Klage hat der Kläger a) die Registrierungsgebühr zu zahlen, die sich aus dem am Eingangstag der Klage gültigen Anhang III („Kosten und Honorare für Schiedsverfahren“) ergibt, und b) in den Fällen, in denen der Kläger die Übermittlung der Klage gegen Empfangsbestätigung, per Einschreiben oder Kurier erbittet, eine ausreichende Anzahl an Exemplaren der Klage für jede weitere Partei, jeden Schiedsrichter und das Sekretariat einzureichen. Sollte der Kläger einer dieser Verpflichtungen nicht nachkommen, kann das Sekretariat ihm eine Frist setzen, nach deren fruchtlosem Ablauf das Verfahren endet, unbeschadet des Rechts des Klägers, dieselben Ansprüche in einer neuen Klage zu einem späteren Zeitpunkt geltend zu machen. (5) Sobald das Sekretariat eine ausreichende Anzahl von Exemplaren und die Registrierungsgebühr erhalten hat, übersendet es dem Beklagten ein Exemplar der Klage und der ihr beigefügten Dokumente zur Beantwortung. Article 4: Request for Arbitration (1) A party wishing to have recourse to arbitration under the Rules shall submit its Request for Arbitration (the “Request”) to the Secretariat at any of the offices specified in the Internal Rules. The Secretariat shall notify the claimant and respondent of the receipt of the Request and the date of such receipt. (2) The date on which the Request is received by the Secretariat shall, for all purposes, be deemed to be the date of the commencement of the arbitration.
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Art. 4 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen (3) The Request shall contain the following information: a) the name in full, description, address and other contact details of each of the parties; b) the name in full, address and other contact details of any person(s) representing the claimant in the arbitration; c) a description of the nature and circumstances of the dispute giving rise to the claims and of the basis upon which the claims are made; d) a statement of the relief sought, together with the amounts of any quantified claims and, to the extent possible, an estimate of the monetary value of any other claims; e) any relevant agreements and, in particular, the arbitration agreement(s); f) where claims are made under more than one arbitration agreement, an indication of the arbitration agreement under which each claim is made; g) all relevant particulars and any observations or proposals concerning the number of arbitrators and their choice in accordance with the provisions of Articles 12 and 13, and any nomination of an arbitrator required thereby; and h) all relevant particulars and any observations or proposals as to the place of the arbitration, the applicable rules of law and the language of the arbitration. The claimant may submit such other documents or information with the Request as it considers appropriate or as may contribute to the efficient resolution of the dispute. (4) Together with the Request, the claimant shall: a) make payment of the filing fee required by Appendix III (“Arbitration Costs and Fees”) in force on the date the Request is submitted; and b) submit a sufficient number of copies of the Request for each other party, each arbitrator and the Secretariat where the claimant requests transmission of the Request by delivery against receipt, registered post or courier. In the event that the claimant fails to comply with either of these requirements, the Secretariat may fix a time limit within which the claimant must comply, failing which the file shall be closed without prejudice to the claimant’s right to submit the same claims at a later date in another Request. (5) The Secretariat shall transmit a copy of the Request and the documents annexed thereto to the respondent for its Answer to the Request once the Secretariat has sufficient copies of the Request and the required filing fee. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 regelt die Einreichung der Schiedsklage. → Rz. 57–66; Abs. 2 Das Schiedsverfahren beginnt mit der Einreichung der Schiedsklage. → Rz. 67; Abs. 3–4 regelt den notwendigen und den zweckmäßigen Inhalt der Schiedsklage. → Rz. 11–56; Abs. 5 regelt die Übermittlung an den Beklagten. → Rz. 75–85 Kostenaspekte: Abs. 3 Der Kläger kann die Klage auf die Mindestangaben beschränken und dadurch das Schiedsverfahren kostengünstig in Gang setzen. → Rz. 24–26; Abs. 3 Gibt der Kläger glaubhaft den Geldwert seiner Anträge an, wird der vorläufige Vorschuss danach ermittelt. Fehlt eine entsprechende Angabe oder ist sie nicht glaubhaft, schätzt der Generalsekretär den Geldwert selbst. → Rz. 31; Abs. 3 Der Kläger sollte Punkte, die in der Schiedsklausel nicht geregelt sind, von sich aus in der Schiedsklage proaktiv adressieren, um Nachfragen durch die ICC oder andere Verzögerungen zu vermeiden. → Rz. 49; Abs. 4 Die Registrierungsgebühr wird in keinem Fall erstattet. → Rz. 55
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A. I. II. III. IV. V. VI. 1. 2. 3. 4.
Die Schiedsklage (Abs. 3, 4) . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Änderungshistorie . . . . . . . . . . Verhältnis zu den §§ 1044, 1046 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . Vor Einreichung der Schiedsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Notwendiger Inhalt der Klageschrift (Abs. 3) . . . . . . . . . Vollständige Bezeichnung der Parteien und des eigenen Prozessvertreters (Abs. 3 Buchst. a und b) Sachverhalt und Rechtsgrund (Abs. 3 Buchst. c) . . . . . . . . . . . Antrag (Abs. 3 Buchst. d) . . . . . Schiedsvereinbarung und sonstige Vereinbarungen (Abs. 3 Buchst. e und f) . . . . . . .
__ _ _ _ _ _ _ __ _ 1 1 4 6 8 9
11 18
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Schiedsklage | Art. 4 ICC-SchO
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5. Angaben zum Schiedsverfahren (Abs. 3 Buchst. g und h) . . . . . . 6. Keine weiteren Vorgaben durch die ICC-SchO . . . . . . . . . . . . . VII. Zusätzliche Anforderungen (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
40 48 52
B. I. II. III.
Schiedshängigkeit (Abs. 1, 2) . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zu § 1044 ZPO . . . . . Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften IV. Einreichung der Klageschrift . . . V. Zeitpunkt der Schiedshängigkeit VI. Wirkung der Schiedshängigkeit .
57 57 58 59 61 67 68
C. Zusendung der Klageschrift (Abs. 1, 5) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften III. Mitteilung an die Schiedsparteien
75 75 78 80
A. Die Schiedsklage (Abs. 3, 4) Veröffentlichungen des Sekretariats: Merkblatt für die Parteien und das Schiedsgericht betreffend ICC-Compliance vom 29.9.2017 Literatur: Bühler/von Schlabrendorff, 10 Jahre ICC-SchiedsO 1998, SchiedsVZ 2009, 26 ff.; Marenkow, Die neue ICC-SchiedsO, SchiedsVZ 2012, 33 ff.; Schroeter, Der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gemäß § 1032 Absatz 2 ZPO, SchiedsVZ 2004, 288 ff.; Sessler/Voser, Die revidierte ICC-SchiedsO, SchiedsVZ 2012, 120 ff.; Wilke, Verfahrenseinleitung und Verjährungshemmung in AAA-, DIS- und ICC-Schiedsverfahren, RIW 2007, 189 ff.
I. Normzweck Mit der Schiedsklage wird das Schiedsverfahren eingeleitet. Dabei ist der Begriff 1 „Schiedsklage“ für den deutschen Juristen möglicherweise irreführend. Entsprechend dem in der englischen Fassung verwendeten Begriff „Request for Arbitration“ handelt es sich bei dem betreffenden Schriftsatz eher um einen Antrag auf Einleitung des Schiedsverfahrens, als um eine durchgehend substantiierte Klageschrift nach deutschem Verständnis. Vom Kläger wird nur verlangt, Angaben zu machen, die eine Bezeichnung des Verfahrensgegenstandes ermöglichen; das ist z.B. im Hinblick auf die Verjährung einer bestimmten Forderung oder die Einrede entgegenstehender Schiedshängigkeit relevant. Die Schiedsklage nach Art. 4 muss jedoch (anders als im deutschen Zivilverfahren) dem Beklagten Schilling
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Art. 4 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen noch nicht die Möglichkeit einräumen, zu dem Schiedsklagevorwurf ausführlich Stellung zu nehmen – gleichwohl kann der Kläger die Schiedsklage auch umfangreicher ausgestalten. Tendenziell reichen immer mehr Kläger eine ausführliche Schiedsklage ein, die der Klageschrift im deutschen Zivilverfahren vergleichbar ist. In jedem Fall hat der Kläger nach der Einleitung des Schiedsverfahrens und der Konstituierung des Schiedsgerichts Gelegenheit, seine Position in weiteren, ausführlicheren Schriftsätzen darzulegen. 2 Die Kombination aus einer Schiedsklageschrift und einem darauffolgenden Klä-
gerschriftsatz führt zwingend zu Redundanzen, insb. wenn sich der Kläger für eine ausführliche Schiedsklage entscheidet. Dennoch hat sie sich in der Praxis als gangbarer Kompromiss erwiesen: Einerseits sollte ein Schiedsverfahren möglichst einfach einzuleiten sein, so dass es möglichst bald auf das streitauslösende Ereignis folgen kann; zudem muss die Einleitung des Schiedsverfahrens auch binnen kürzester Zeit möglich sein, um eine eventuell drohende Verjährung zu verhindern. Andererseits erhält der Beklagte die Möglichkeit, sich frühzeitig auf das Schiedsverfahren vorzubereiten.
3 Die Anforderungen an die Klageschrift in Art. 4 Abs. 3 Buchst. c bis f und Abs. 4
gelten nicht nur für die das Schiedsverfahren in Gang setzende Schiedsklage. Eine Schiedspartei muss diese Voraussetzungen auch dann erfüllen, wenn sie eine zusätzliche Partei in das Schiedsverfahren einbeziehen möchte (s. Art. 7 Abs. 2 Buchst. c). Gleiches gilt mit Ausnahme der Zahlung der Registrierungsgebühr (Art. 4 Abs. 4 Buchst. b) auch, wenn neben dem Kläger eine weitere Schiedspartei Ansprüche gegen eine andere Schiedspartei (in einem Verfahren mit mehreren Parteien) geltend macht (s. Art. 8 Abs. 2, 3).
II. Änderungshistorie 4 Art. 4 Abs. 4 hat mit der ICC-SchO 2021 eine geringfügige Änderung erfahren,
deren Notwendigkeit sich aus der Reform des Art. 3 ergeben hat. Da nun Art. 3 nicht mehr verlangt, physische Exemplare von Schriftsätzen und schriftlichen Mitteilungen einzureichen, wurde auch in Art. 4 Abs. 4 der Verweis auf die gemäß Art. 3 erforderliche Anzahl an Exemplaren der Schiedsklage gestrichen.
5 Gleichzeitig wurde in Art. 4 Abs. 4 eine ausdrückliche Ausnahme für den Fall
geschaffen, dass der Kläger die Übermittlung der Schiedsklage gegen Empfangsbestätigung, per Einschreiben oder Kurier erbittet. In diesem Fall hat er eine ausreichende Anzahl an Exemplaren der Schiedsklage für jede weitere Partei, jeden Schiedsrichter und das Sekretariat einzureichen.
III. Verhältnis zu den §§ 1044, 1046 ZPO 6 Nach § 1044 Satz 2 ZPO muss eine Schiedsklage lediglich die Parteien bezeich-
nen, den Streitgegenstand angeben und einen Hinweis auf die Schiedsverein-
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Schiedsklage | Art. 4 ICC-SchO
barung enthalten. Diese gesetzlichen Minimalanforderungen werden von Art. 4 übertroffen. Genauere Angaben verlangt dagegen § 1046 ZPO. Allerdings betrifft diese Vor- 7 schrift nicht die verfahrenseinleitende Schiedsklage nach Art. 4, sondern den ersten Klägerschriftsatz. § 1046 ZPO knüpft nämlich an § 1044 ZPO an und geht davon aus, dass das Schiedsgericht bereits konstituiert ist und dem Kläger eine Frist zur Substantiierung seines Anspruchs setzen kann. Beides ist zum Zeitpunkt der Klageeinreichung nach Art. 4 noch nicht der Fall.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Die ZPO verlangt für die Rechtshängigkeit die Zustellung einer relativ ausführ- 8 lichen Klageschrift (§§ 253, 261 ZPO).
V. Vor Einreichung der Schiedsklage Im ICC-Schiedsverfahren werden die Parteirollen nach dem Eingang der 9 Schiedsklage vergeben. Die Partei, deren Schiedsklage dem Sekretariat zugeht, ist Kläger, die darin als beklagte Partei genannte Partei Beklagter, unabhängig davon, wer etwa auf Leistung und wer nur auf Feststellung des Nichtbestehens einer Leistungspflicht klagt. Vor diesem Hintergrund bevorzugen es manche Parteien, der anderen Partei zuvorzukommen, um die Rolle des Klägers einzunehmen. Das hatte früher den Vorteil, dass eine Partei als Kläger noch weitere Parteien als Beklagte dem Schiedsverfahren hinzufügen konnte, während der Beklagte diese Möglichkeit nur sehr eingeschränkt hatte. Mittlerweile sind die Rechte beider Parteien jedoch gleich, so dass sich kein objektiver Grund für eine Bevorzugung der Klägerstellung mehr findet. Vor der Einreichung der Schiedsklage sollte sich der Kläger vergewissern, dass 10 die Schiedsklausel keine vorgeschalteten Handlungen verlangt. So sehen Schiedsklauseln teilweise vor, dass die Parteien zunächst auf alternative Methoden der Streitbeilegung zurückgreifen, etwa ein Schlichtungs- oder Mediationsverfahren. In diesem Fall sollte der Kläger nicht nur darauf achten, dass ein entsprechendes Verfahren durchgeführt wurde, sondern dass er den ordnungsgemäßen Abschluss dieses Verfahrens auch belegen kann. Der entsprechende Nachweis sollte bereits mit der Schiedsklage eingereicht werden.
VI. Notwendiger Inhalt der Klageschrift (Abs. 3) Die erste Frage, die sich dem Kläger bei der Formulierung der Schiedsklage 11 stellt, ist, welche Sprache er verwenden soll (vgl. dazu auch Art. 20 Rz. 1 ff., 18). Schilling
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Art. 4 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen Die Verfahrenssprache wird erst in einem späteren Stadium durch das Schiedsgericht bestimmt, falls diese nicht bereits vereinbart ist und die Parteien auch nicht zu einer nachträglichen Einigung finden (Art. 20). Wenn sich eine bestimmte Verfahrenssprache bereits aus der Schiedsklausel oder dem übrigen Vertrag ergibt, muss sich der Kläger an diese Festlegung halten. Ist die Schiedsklage in einer anderen Sprache eingereicht, wird das Sekretariat auf die vertragliche Sprachregelung hinweisen und den Beklagten zur Stellungnahme auffordern. Beruft sich dieser dann auf eine Verletzung der Schiedsvereinbarung, wird das Schiedsgericht nach seiner Konstituierung die Sprachregelung der Schiedsklausel durchsetzen. 12 Wenn die Schiedsvereinbarung die Verfahrenssprache nicht bestimmt und die
Schiedsparteien sich nicht auf eine Sprache einigen können, bleibt die Verfahrenssprache bis zu einer Entscheidung des Schiedsgerichts unbestimmt. In diesem Fall ist dem Kläger zu empfehlen, die Schiedsklage in der Sprache zu fassen, die er für sachgerecht hält. I.d.R. wird dies die Sprache sein, in der der Vertrag abgefasst ist, hilfsweise die Sprache, in der die Vertragsverhandlungen oder nachvertragliche Korrespondenz stattfanden.
13 Falls das Schiedsgericht eine andere Sprache festlegt als der Kläger für die
Schiedsklage wählte, hat dies auf die Wirkung der Schiedsklage gemäß der ICCSchO keinen Einfluss. Sie setzt das Schiedsverfahren i.S.d. Art. 4 Abs. 2 trotz „falscher“ Sprache in Gang. Auch die Frist für die Einreichung der Klageantwort bleibt hiervon unberührt. Der Kläger muss lediglich damit rechnen, dass er eine Übersetzung der Schiedsklage in die Verfahrenssprache nachreichen muss und dass dem Beklagten zusätzliche Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird.
14 Für den Fall, dass die Angaben, die zur Benachrichtigung des Beklagten notwen-
dig sind, nicht oder fehlerhaft gegeben werden, kann das Sekretariat eine Frist zur Korrektur oder Berichtigung setzen. Falls andere Informationen fehlen oder fehlerhaft sind, wird das Sekretariat die Schiedsklage dennoch an den Beklagten zustellen und den Kläger zur Ergänzung bzw. Berichtigung auffordern, wenn es den Kläger über die Benachrichtigung des Beklagten informiert. Dies gilt lediglich in Extremfällen nicht, etwa wenn die Parteien, der Streitgegenstand oder die Anträge nicht identifizierbar sind.
15 Der Kläger kann die Schiedsklage im weiteren Verlauf des Schiedsverfahrens än-
dern bzw. ergänzen. Dabei kann er nicht nur dem bereits gemachten Vortrag weitere Details hinzufügen, sondern er kann ohne Weiteres auch völlig neuen Sachvortrag einführen und (innerhalb der Grenzen des Art. 23 Abs. 4) seine Anträge ändern. Bei wesentlichen Änderungen der Schiedsklage kann das Sekretariat die Frist des Beklagten zur Einreichung der Klageantwort (s. Art. 5 Abs. 1) allerdings erneut in Gang setzen, soweit die Frist noch nicht abgelaufen und die Klageantwort noch nicht eingereicht ist (in letzterem Fall kann der Beklagte unaufgefordert einen weiteren Schriftsatz einreichen oder bis zur Case Management Conference warten und dort das weitere Vorgehen diskutieren). Die bloße Änderung der Schiedsklage im laufenden Verfahren führt somit nicht zur Einleitung eines neuen Schiedsverfahrens. 58
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Schiedsklage | Art. 4 ICC-SchO
Für Änderungen der Klage ist stets Voraussetzung, dass sich der Kläger in den 16 Grenzen einer Schiedsvereinbarung mit dem Beklagten bewegt; insb. neu geltend gemachte Ansprüche müssen unter eine solche Schiedsvereinbarung fallen. Ist dies nicht der Fall, hat das Schiedsgericht diesbezüglich über seine Zuständigkeit zu entscheiden; auch eine Prima-facie-Prüfung des Gerichtshofs gemäß Art. 6 Abs. 4 kommt in Betracht. Dem Kläger stehen diese Änderungsmöglichkeiten bis zur Unterschrift bzw. Genehmigung des Schiedsauftrags zu. Danach bedarf er für neues Vorbringen und/oder Anträge, die zwar unter eine Schiedsvereinbarung, aber nicht unter den Schiedsauftrag fallen, der Zustimmung des Schiedsgerichts (s. Art. 23 Abs. 4). Falls der Kläger die Schiedsklage dahingehend ändern möchte, dass sie sich ge- 17 gen zusätzliche Beklagte richtet, handelt es sich um mehr als eine bloße Ergänzung. Denn grds. können zusätzliche Verfahrensparteien nur durch Anträge auf Einbeziehung einer zusätzlichen Partei nach Art. 7 in das Verfahren miteinbezogen werden. Art. 7 ist auch die einzige Möglichkeit des Klägers, einen solchen Fehler bei der Wahl des Beklagten zu korrigieren, wenn er in der Schiedsklage versehentlich einen zusätzlichen Beklagten nicht angeführt hat. Dagegen kommt Art. 7 nicht zur Anwendung, wenn lediglich die Parteibezeichnung berichtigt werden soll (s. Rz. 20) oder wenn ein Parteiwechsel von Gesetzes wegen stattfindet (z.B., wenn während des Schiedsverfahrens ein Insolvenzverwalter an die Stelle einer Partei tritt oder wenn es aufgrund einer Gesamtrechtsnachfolge zu einem Parteiwechsel kommt). 1. Vollständige Bezeichnung der Parteien und des eigenen Prozessvertreters (Abs. 3 Buchst. a und b) Der Kläger muss für alle Parteien den vollständigen Namen, die Rechtsform, die 18 Adresse und andere Kontaktdaten angeben. Bei juristischen Personen sollten die Organmitglieder benannt werden. Diese Angaben sollten mit größtmöglicher Sorgfalt gemacht werden. Die korrekte Bezeichnung der Parteien ist wichtig, da die Einbeziehung neuer Parteien (zumindest nach der Ernennung bzw. Bestätigung eines Schiedsrichters) die Zustimmung aller Schiedsparteien (Art. 7 Abs. 1) bzw. die Genehmigung des Schiedsgerichts (Art. 7 Abs. 5) erfordert. Die korrekte Bezeichnung und die richtigen Kontaktdaten des Beklagten sind für den zügigen Fortgang des Schiedsverfahrens und möglicherweise sogar die Durchsetzbarkeit des Schiedsspruchs relevant, falls Schriftsätze wegen falscher Parteibezeichnung bzw. falscher Kontaktdaten nicht zugestellt werden (nach Art. V Buchst. b UNÜ kann die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs nämlich versagt werden, wenn eine Partei ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel nicht hat geltend machen können, etwa weil sie nicht ordnungsgemäß über das schiedsrichterliche Verfahren in Kenntnis gesetzt wurde). Zu Einzelaspekten der korrekten Parteibezeichnung s. auch Art. 23 Rz. 10. Empfehlung: Der Kläger sollte sich auch vergewissern, dass alle Parteien Rechtspersönlichkeit haben. Insb. kommt es bei Joint Ventures vor, dass diese klagen oder verklagt werden, obwohl es lediglich ein Zusammenschluss ohne Rechtspersönlichkeit ist. In die-
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Art. 4 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen sem Fall kann nicht das Joint Venture Kläger oder Beklagter sein, sondern es müssen die Unternehmen, die sich zum Joint Venture zusammengeschlossen haben, als mehrere Kläger oder mehrere Beklagte auftreten (vorausgesetzt diese Unternehmen haben Rechtspersönlichkeit). Ein ähnliches Problem stellt sich bisweilen bei staatlichen Einrichtungen; hier sollte genau geprüft werden, ob das betreffende Ministerium, die betreffende Abteilung oder der dahinterstehende Staat Partei des Schiedsverfahrens sein soll.
20 Änderung der Parteibezeichnung. Hat der Kläger eine Partei falsch bezeichnet,
ist eine Änderung dieser Bezeichnung möglich, solange es sich um dieselbe Partei handelt, die ursprünglich bezeichnet wurde. Vor der Bildung des Schiedsgerichts entscheidet das Sekretariat über unstrittige Änderungen der Parteibezeichnung; danach oder wenn die Angelegenheit zwischen den Parteien strittig ist, entscheidet das Schiedsgericht darüber. Eine Änderung der Parteien (und nicht bloß der Parteibezeichnung) kann der Kläger allerdings i.d.R. nur über Art. 7 erwirken, insb. wenn eine zusätzliche Partei einbezogen werden soll und nicht ausnahmsweise ein Parteiwechsel möglich ist (s. Rz. 17). Eine Änderung der Parteibezeichnung und ein ausnahmsweise möglicher Parteiwechsel spiegeln sich im Rubrum wider, das jeder Brief des Sekretariats enthält.
21 Der Kläger muss auch (Adress-)Angaben zu seinem Prozessvertreter machen
(Abs. 3 Buchst. b), dem ab diesem Zeitpunkt der Schriftverkehr zugesandt wird. Als Prozessvertreter kommen etwa auch Unternehmensjuristen in Betracht, da die ICC-SchO keinen Anwaltszwang kennt (auch wenn dies in der Praxis nur selten vorkommt).
22 Empfehlung: Bei Parteien, deren Name/Firma ursprünglich nicht mit lateinischen Buch-
staben geschrieben wird, empfiehlt es sich, neben der ISO-Transkription des Namens ins lateinische Alphabet auch die Originalform des Namens anzugeben. Auf diese Weise werden eventuelle Schwierigkeiten bei der Anerkennung und/oder Vollstreckbarerklärung des Anspruchs in dem Herkunftsland der betreffenden Partei vermieden. Empfehlenswert kann es sein, bei juristischen Personen etwaige Registrierungsnummern mit anzugeben.
23 Der Umfang der Beschreibung der Parteien steht im Ermessen des Klägers. Üb-
licherweise werden das Geschäftsfeld und die Bedeutung der Parteien in den betreffenden Märkten beschrieben. Ferner sollten Angaben zu Anteilseignern und kontrollausübenden Unternehmen sowie zu Unternehmen, die mit der betreffenden Partei verbunden sind, gemacht werden. Dadurch wird Kandidaten für Schiedsrichterämter die Konfliktprüfung erleichtert.
2. Sachverhalt und Rechtsgrund (Abs. 3 Buchst. c) 24 Der Kläger (damit ist in diesem Unterabschnitt auch jede Schiedspartei gemeint,
die Ansprüche gegen eine andere Schiedspartei oder eine zusätzliche Partei geltend macht, s. Art. 7 Abs. 2 Buchst. c und Art. 8 Abs. 2, 3) muss alle tatsächlichen Umstände vortragen, auf die er seine Klage stützt. Dazu muss er den Sachverhalt darlegen, der die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage erfüllt und zu dem geltend gemachten Anspruch berechtigt. Allerdings reicht ein kursorischer Vortrag; eine Substantiierung wie im deutschen Verfahren ist nicht erforderlich, wenn auch wünschenswert. Der Vortrag muss es dem Schiedsgericht 60
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Schiedsklage | Art. 4 ICC-SchO
lediglich ermöglichen, den Streitgegenstand präzise zu bestimmen. Das ist nicht nur für die rechtlichen Wirkungen der Schiedsklageeinreichung relevant, sondern auch für die spätere Abfassung des Schiedsauftrages. Ob ein Kläger sich für eine summarische oder eine ausführliche Schiedsklage 25 entscheidet, hängt von verschiedenen strategischen Erwägungen ab. Häufig wird eine weniger detaillierte Schiedsklage gewählt, wenn es hauptsächlich darum geht, die Schiedsklage möglichst schnell zu erheben (etwa wegen drohender Verjährung oder um Vergleichsverhandlungen zu forcieren). Gleiches gilt, wenn der Kläger (noch) an der Substantiierung der Schadenssumme arbeiten muss. Zudem hat eine schlanke Schiedsklage den Vorteil, dass sich der Kläger noch nicht auf eine Argumentationsstrategie festlegt und abwarten kann, wie sich der Beklagte verteidigt. Falls sich der Kläger für eine summarische Schiedsklage entscheidet, muss er 26 trotzdem darauf achten, dass er – wenn auch nur kursorisch – alle Sachverhaltsaspekte vorträgt, die für die Schlüssigkeit des von ihm geltend gemachten Anspruchs nötig sind. Anderenfalls riskiert er eine „beschleunigte Feststellung offensichtlich unbegründeter Ansprüche“ (s. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1. 2021, Rz. 109 ff.). Falls die Schiedsklage unzureichend ist und das Schiedsgericht dem Antrag auf das Verfahren der beschleunigten Feststellung stattgibt, könnte das Schiedsgericht weniger oder kürzere Schriftsatzrunden festsetzen, so dass es für den Kläger schwieriger wird, seine Position ausführlich darzustellen. Für eine ausführliche Schiedsklage spricht vor allem der psychologische Vor- 27 teil, den Schiedsrichtern als erster den Sachverhalt im Lichte des eigenen Anspruchs näher bringen zu können. Der Kläger macht so deutlich, dass er bereit ist, das Schiedsverfahren zügig voranzutreiben. Zudem kann er durch eine entsprechende Darstellung Einfluss auf verfahrensleitende Entscheidungen des Gerichtshofs, wie etwa die Festlegung der Anzahl der Schiedsrichter, nehmen. Des Weiteren wird der Beklagte unter Druck gesetzt, eine ähnlich ausführliche Klageantwort einzureichen, was für diesen schon aus Zeitgründen schwierig sein wird. Der Kläger sollte eine ausführlichere Schiedsklage insb. auch dann erwägen, wenn die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren Anwendung finden können, weil ihm in einem derartigen Verfahren weniger Schriftsätze zur Verfügung stehen, um seine Position detailliert darzulegen. Neben den tatsächlichen Angaben verlangt die ICC-SchO auch rechtliche Aus- 28 führungen vom Kläger (das wird durch die Einfügung des Begriffs „Anspruchsgrundlage“ bzw. „basis upon which the claims are made“ zum Ausdruck gebracht). Auf diese Weise soll möglichst frühzeitig Klarheit über die wesentlichen Streitpunkte des Verfahrens geschaffen werden. So ist es dem Gerichtshof möglich, die streitentscheidenden Fragestellungen insb. bei der Schiedsrichterauswahl zu berücksichtigen. Freilich kann für den rechtlichen Teil der Schiedsklage nicht grds. anderes gelten als für die Sachverhaltsdarstellung, nämlich dass summarische Ausführungen den Mindestanforderungen genügen. Wichtig ist auch hier, eine Anspruchsgrundlage zu definieren und darzulegen, dass sämtSchilling
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Art. 4 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen liche Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind und dadurch die mit dem Anspruch begehrte Rechtsfolge ausgelöst wurde. 3. Antrag (Abs. 3 Buchst. d) 29 Der Schiedsantrag sollte wie der vollstreckbare Tenor eines Schiedsspruchs for-
muliert werden, so dass er ggf. in diesen übernommen werden kann.
30 Die präzise Fassung der Anträge ist wichtig, weil sie regelmäßig die Grundlage
für die Ausgestaltung des Schiedsauftrags sind. Ist dieser unterzeichnet, kann der Kläger (damit ist in diesem Unterabschnitt auch jede Schiedspartei gemeint, die Ansprüche gegen eine andere Schiedspartei oder eine zusätzliche Partei geltend macht, s. Art. 7 Abs. 2 Buchst. c und Art. 8 Abs. 2, 3) nur noch Ansprüche geltend machen, die vom Schiedsauftrag abgedeckt werden. Darüberhinausgehende Ansprüche darf der Kläger nur noch mit der ausdrücklichen Zustimmung des Schiedsgerichts geltend machen, auch wenn die neuen Ansprüche unter die Schiedsvereinbarung fallen.
31 Zusätzlich müssen die Parteien auch den Geldwert der einzelnen Sachanträge
angeben, sofern die Anträge nicht ohnehin auf Zahlung einer Geldsumme lauten (also bspw. bei Feststellunganträgen, Leistungsklagen die auf die Vornahme einer Handlung gerichtet sind, oder bei Rechtsgestaltungsklagen); sonstige Anträge, etwa hinsichtlich der Zuständigkeit, der Zinsen oder der Kosten bedürfen keiner Streitwertangabe. Für die genannten nicht auf Zahlung gerichteten Sachansprüche ist der Kläger verpflichtet, den Geldwert soweit und so genau wie möglich zu schätzen. Tut er das nicht bereits in der Schiedsklage, wird ihn das Sekretariat auffordern, den Geldwert binnen einer kurzen Frist zu beziffern. Die Benennung des Streitwerts ist relevant für die Ermittlung des vorläufigen Vorschusses auf die Verfahrensgebühren sowie im Hinblick auf die Wertgrenze für die Anwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren. Falls der Kläger keine Angaben zum Streitwert macht bzw. machen kann, schätzt der Generalsekretär für diese Zwecke den Streitwert. Die am Schiedsort geltenden zivilverfahrensrechtlichen Vorschriften zur Bestimmung des Streitwerts in staatlichen Verfahren sind nicht anwendbar.
32 Der Kläger sollte den Geldwert in der Währung beziffern, in der die Ansprüche
entstehen. Bei Zahlungsansprüchen stellt sich diese Frage ohnehin nicht, da diese nicht gesondert zu bewerten sind und ihr Wert schlicht dem Betrag in der Währung entspricht, in dem die Zahlung verlangt wird. Ansonsten dürfte bei vertraglichen Ansprüchen die Währung anzuwenden sein, die für Zahlungen im Vertrag bestimmt ist. Der Kläger muss also insb. nicht den Geldwert in USD angeben, auch wenn die ICC den Streitwert und die Kosten des Verfahrens schlussendlich in USD berechnet. Das Sekretariat nimmt eine entsprechende Umrechnung eigenständig vor (zum Umrechnungskurs am Datum des Verfahrensbeginns, d.h. am Datum, an dem die Schiedsklage beim Sekretariat einging, vgl. Art. 4 Abs. 2).
33 Empfehlung: Wegen der streitwertabhängigen Bearbeitungs- und Schiedsrichtergebühren kann der Kläger, ähnlich wie im deutschen Zivilverfahren, eine Teilklage erwägen. Dabei
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Schiedsklage | Art. 4 ICC-SchO sollte der Kläger in der Schiedsklage hervorheben, dass er nur einen Teil seiner Forderung einklagt. Zudem sollte er sich in der Schiedsklage vorbehalten, den Rest seines Anspruchs in demselben Schiedsverfahren geltend zu machen. Gleichwohl ist es dem Gerichtshof bei der Festlegung des Kostenvorschusses für eine Teilklage unbenommen, sich an einem höheren Wert als dem Teilklagewert zu orientieren, zumindest wenn sich die Rechtskraft nach dem anwendbaren Recht auf die restliche Forderung erstreckt und nicht die Möglichkeit divergierender Entscheidungen entsteht.
4. Schiedsvereinbarung und sonstige Vereinbarungen (Abs. 3 Buchst. e und f) Der Kläger (damit ist in diesem Unterabschnitt auch jede Schiedspartei gemeint, 34 die Ansprüche gegen eine andere Schiedspartei oder eine zusätzliche Partei geltend macht, s. Art. 7 Abs. 2 Buchst. c und Art. 8 Abs. 2, 3) muss alle Verträge, die für das Schiedsverfahren relevant sind, bereits mit der Schiedsklage vorlegen. Das gilt insb. für alle Verträge, die Modalitäten des Schiedsverfahrens regeln, also die Schiedsvereinbarung selbst und, falls dies außerhalb der Schiedsvereinbarung geregelt ist, Bestimmungen zum Schiedsort, zur Sprache des Schiedsverfahrens, zum anwendbaren Recht usw. Ferner muss der Kläger alle Verträge vorlegen, auf die er seine Ansprüche stützt. Allerdings ist diese Regelung nicht wörtlich zu verstehen. Der Kläger muss nicht 35 alle Verträge in voller Länge vorlegen. Insb. muss der Kläger nicht – zumindest nicht in diesem Verfahrensstadium – Beweismittel vorlegen, die für ihn ungünstig sind. Eine derartige Verpflichtung kennt die ICC-SchO nicht. Im Ergebnis verpflichtet Art. 4 Abs. 3 Buchst. e den Kläger nur dazu, den eigenen Vortrag bereits in der Schiedsklage zu belegen, wenn er sich auf einen bestimmten Vertrag bezieht. Eine schriftliche Schiedsvereinbarung ist allerdings keine Voraussetzung für die 36 Einleitung eines Schiedsverfahrens: Auch mündliche Schiedsvereinbarungen können u.U. wirksam sein (abhängig vom anwendbaren Recht), auch wenn diese in der Praxis die Ausnahme sind (s. Art. 6 Rz. 111). In diesem Fall muss der Schiedskläger lediglich zum Inhalt der mündlichen Vereinbarung vortragen. Die ICC würde sogar auch dann eine Schiedsklage zustellen, wenn keine Schiedsvereinbarung existieren sollte. Dann wird das Einreichen der Schiedsklage als Angebot zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung verstanden, das der Beklagte annehmen kann, indem er sich rügelos auf das Verfahren einlässt. Art. 4 Abs. 3 Buchst. f berücksichtigt den Fall, dass der Kläger verschiedene An- 37 sprüche aus jeweils unterschiedlichen Verträgen mit jeweils unterschiedlicher Schiedsklausel geltend macht. Diese Möglichkeit hat der Kläger nach Art. 9. Vom Wortlaut ebenso erfasst wird der Fall, dass die Schiedsparteien bzgl. eines Anspruchs mehrere Verträge mit jeweils einer Schiedsklausel eingegangen sind. In jedweder Konstellation muss der Kläger für jeden Anspruch erklären, auf welche Schiedsklausel er sich stützt. Falls die Ansprüche aus mehreren Verträgen entstehen, die alle eine Schiedsvereinbarung enthalten, muss der Kläger also nicht nur zu jedem Anspruch angeben, aus welchem Vertrag sich der Anspruch materiellSchilling
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Art. 4 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen rechtlich ergeben soll, sondern auch aufgrund welcher Schiedsklausel in welchem Vertrag er den jeweiligen Anspruch geltend macht. Dafür reicht es i.d.R. nicht, einfach pauschal alle in Frage kommenden Schiedsklauseln zu zitieren; der Kläger sollte zu jedem Anspruch auf eine Schiedsvereinbarung in einem Vertrag verweisen. Dabei kann der Kläger seine Ansprüche auch hilfsweise (für den Fall, dass das Schiedsgericht entscheiden sollte, dass es aufgrund der primär genannten Schiedsvereinbarung unzuständig ist) auf eine andere Schiedsvereinbarung stützen. Hier sollte der Kläger genau prüfen und vortragen, weil es sein kann, dass sich Fehler später – insb. nach Bildung des Schiedsgerichts – nicht mehr heilen lassen. Das kann etwa der Fall sein, wenn sich der Kläger ausschließlich auf eine von mehreren möglichen Schiedsklauseln gestützt hat und das Schiedsgericht anschließend zum Ergebnis kommt, dass es aufgrund dieser Schiedsklausel unzuständig ist (etwa weil diese nicht wirksam zu Stande gekommen ist). Auch wenn das Schiedsgericht der Auffassung wäre, dass es aufgrund einer anderen Schiedsklausel über den Anspruch entscheiden könnte, besteht die Gefahr, dass das Verfahren mit einem Unzuständigkeitsurteil beendet werden muss, wenn sich der Kläger nicht zumindest hilfsweise auf die andere Schiedsklausel gestützt hat. 38 Empfehlung: Falls Zweifel an der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung bestehen, sollte
der Kläger gut abwägen, wie er damit in der Schiedsklage umgeht. Falls er dies nicht erwähnt und der Beklagte ebenfalls nicht auf diesen Umstand eingeht, kann sie dadurch geheilt werden, dass sich der Beklagte auf das Schiedsverfahren einlässt (spätestens mit dem Schiedsauftrag). Falls der Beklagte Einwände gegen die Schiedsvereinbarung erhebt und der Generalsekretär die Angelegenheit an den Gerichtshof verweist, trifft der Gerichtshof nach Art. 6 Abs. 4 eine Entscheidung über den Fortgang des Verfahrens, wobei der Kläger nochmals Gelegenheit erhält, ausführlich zur Schiedsvereinbarung vorzutragen.
39 Empfehlung: Falls Zweifel an der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung bestehen und es
das Verhältnis zwischen den Parteien zulässt, könnte der Kläger auch versuchen, mit dem Beklagten eine neue Schiedsvereinbarung zu schließen, die Rechtssicherheit schafft.
5. Angaben zum Schiedsverfahren (Abs. 3 Buchst. g und h) 40 Der Kläger muss ferner Angaben zur Ausgestaltung des Verfahrens machen. Im
Hinblick auf das Schiedsgericht bedeutet das zunächst eine Stellungnahme zur Anzahl der Schiedsrichter, d.h., ob ein Einzelschiedsrichter oder ein Dreierschiedsgericht zum Einsatz kommen soll (Art. 12 Abs. 1). Dies hängt in erster Linie von der Schiedsvereinbarung ab. Enthält diese keine Angaben zur Anzahl der Schiedsrichter, muss der Kläger erklären, ob er mit der Standardoption eines Einzelschiedsrichters einverstanden ist oder ob er ein Dreierschiedsgericht präferiert. In letzterem Fall sollte der Kläger besondere Gründe anführen, die ein Dreierschiedsgericht rechtfertigen (s. Art. 12 Rz. 6 ff.).
41 Empfehlung: Falls die Schiedsklausel ein Dreierschiedsgericht vorsieht, der Streitwert
aber relativ gering ist, sollte der Kläger erwägen, sich mit dem Beklagten abweichend von der Schiedsklausel auf einen Einzelschiedsrichter zu einigen, um Kosten zu sparen (sofern es das Verhältnis zwischen den Parteien zulässt). In Fällen, in denen die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren zur Anwendung kommen, kann der Gerichtshof auch
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Schiedsklage | Art. 4 ICC-SchO ohne eine derartige nachträgliche Parteivereinbarung einen Einzelschiedsrichter ernennen (s. Art. 30 Rz. 44 f.).
Wird das Verfahren vor einem Dreierschiedsgericht geführt oder dies vom Klä- 42 ger gewünscht, muss der Kläger bereits in der Schiedsklage einen Schiedsrichter benennen. Nimmt der Kläger diese Möglichkeit nicht wahr – etwa, weil der Kläger dem Beklagten angesichts des niedrigen Streitwerts oder aus anderen Gründen vorschlagen möchte, die Anzahl der Schiedsrichter auf eins zu reduzieren (näher Art. 12 Rz. 9 ff.), riskiert er eine Ernennung durch den Gerichtshof (Art. 12 Abs. 4). Üblicherweise wird er davor allerdings noch einmal kontaktiert und zur Benennung eines Schiedsrichters aufgefordert. Ist ein Einzelschiedsrichter vereinbart oder strebt der Kläger eine entsprechende Vereinbarung an, empfiehlt es sich nicht, bereits in der Schiedsklage einen personellen Vorschlag zu machen; besser ist es, zunächst die abstrakte Einigung auf die Entscheidung der Streitsache durch einen Einzelschiedsrichter herbeizuführen, um kein unnötiges Misstrauen zu erregen. Empfehlung: Bei einem Dreierschiedsgericht wird der Vorsitzende mangels anderslautender vertraglicher Regelung durch den Gerichtshof ernannt (Art. 12 Abs. 5). Falls die Schiedsvereinbarung hiervon nicht abweicht, die Parteien aber eine andere Regelung wünschen, kann der Kläger mit dem Beklagten eine derartige Regelung treffen. Üblich ist hierbei, dass sich die beiden Mitschiedsrichter auf den Vorsitzenden einigen.
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Ferner ist der Kläger aufgefordert, zum anwendbaren Recht Stellung zu neh- 44 men. In erster Linie ist er verpflichtet, Rechtswahlvereinbarungen vorzulegen oder andere Umstände zu schildern, aus denen sich das anwendbare Recht ergibt. Freilich kann sich der Kläger hier auf ein Minimum beschränken, da die Frage des anwendbaren Rechts, sofern nicht vertraglich geregelt, in einem späteren Verfahrensstadium vom Schiedsgericht im Rahmen der Entscheidung nach Art. 21 Abs. 1 ohnehin genauer beleuchtet wird. Dennoch ist dem Kläger hier eine ausführliche Darstellung zu empfehlen. Erstens hat der Kläger, ähnlich wie bei der Sachverhaltsdarstellung, die Möglichkeit, als erster auf das Sekretariat bzw. den Gerichtshof und später das Schiedsgericht Einfluss zu nehmen. Zweitens hat das anwendbare Recht Einfluss auf die Schiedsrichterauswahl durch den Gerichtshof (etwa, wenn ein Parteischiedsrichter für eine nicht am Verfahren teilnehmende Partei bestimmt werden muss oder wenn der Gerichtshof den Einzelschiedsrichter oder Vorsitzenden ernennt). Die ICC-SchO verlangt vom Kläger ferner, zur Frage der Verfahrenssprache 45 Stellung zu nehmen. Diese Frage stellt sich dem Kläger bereits in einem früheren Zeitpunkt, nämlich bei der Formulierung der Schiedsklage. Es gelten daher die obigen Ausführungen (s. Rz. 11 f.). Ferner muss der Kläger auch zum Schiedsort Stellung nehmen. Die Wahl des 46 Schiedsorts hat u.U. einen weit reichenden Einfluss auf das Verfahren. Zum einen wird sich das Schiedsgericht bei der Verfahrensführung an dem dort geltenden Prozessrecht orientieren. Zum anderen bestimmt das Recht des Staates des Schiedsorts die Befugnisse der staatlichen Gerichte, in das Schiedsverfahren einzugreifen und letztlich den Schiedsspruch aufzuheben. Schließlich erhöht sich Schilling
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Art. 4 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen mit der Wahl eines bestimmten Schiedsortes auch die Wahrscheinlichkeit, dass dort ansässige Schiedsrichter bestellt werden. Wenn weder die Schiedsklausel einen Schiedsort festschreibt, noch die Parteien sich auf einen Schiedsort einigen können, wird er vom Gerichtshof bestimmt (Art. 18). Für eine derartige Entscheidung fordert der Gerichtshof die Parteien i.d.R. nicht zu einer gesonderten Stellungnahme auf, weshalb die Vorschläge der Parteien von Anfang an mit einer guten Begründung versehen werden sollten. 47 Empfehlung: Falls die Schiedsvereinbarung nicht den Schiedsort festlegt, sollten die Par-
teien ihren Vortrag aus prozesstaktischen Gründen gut überlegen. Wenn eine Schiedspartei frühzeitig einen Schiedsort vorschlägt, werden dadurch möglicherweise Einwände der anderen Schiedspartei provoziert. Können sich die Schiedsparteien dann nicht auf einen Schiedsort einigen, obliegt es dem Gerichtshof, den Schiedsort zu bestimmen, vgl. Art. 18 Rz. 17 ff.
6. Keine weiteren Vorgaben durch die ICC-SchO 48 Über die genannten Angaben hinaus sind keine weiteren Informationen erforder-
lich. Es steht dem Kläger jedoch frei, umfassend zur Sach- und Rechtslage vorzutragen und seine Ausführungen mit Rechtsprechungsverweisen und Beweisangeboten zu untermauern. Diese Möglichkeit erwähnt Art. 4 Abs. 3 ausdrücklich a.E.
49 Empfehlung: Tatsächlich sollte der Kläger aus Effizienz- und Zweckmäßigkeitserwägun-
gen zumindest solche Dokumente mit der Schiedsklage einreichen, die dem Schiedsgericht das Verständnis erleichtern. Generell dürfte es im Interesse des Klägers liegen, in der Schiedsklausel nicht geregelte Punkte von sich aus in der Schiedsklage anzusprechen und entsprechende Vorschläge zu machen. Auch im Übrigen ist es der Zeit- und Kostenersparnis dienlich, möglichst proaktiv und umfassend vorzutragen, um Unklarheiten und daraus resultierenden Nachfragen seitens der ICC oder des Schiedsgerichts vorzubeugen.
50 Empfehlung: Wenn die Anwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren
in Betracht kommt, sollte der Kläger auch hierzu Stellung nehmen. Falls der Streitwert unterhalb des in Art. 1 Abs. 3 Anhang VI genannten Grenzwerts liegt und die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren deshalb voraussichtlich Anwendung finden würden, kann der Kläger – zusätzlich zu einem etwaigen Antrag, der Gerichtshof möge ihre Unanwendbarkeit bestimmen (s. Art. 30 Rz. 33 ff.) – dem Beklagten vorschlagen, deren Anwendung abzuwählen. Umgekehrt kann der Kläger, der eine Anwendung dieser Bestimmungen wünscht, obwohl die Wertgrenze des Art. 1 Abs. 3 Anhang IV überschritten ist, auch hierzu eine Vereinbarung mit dem Beklagten vorschlagen.
51 Die ICC-SchO gibt keine Vorgaben zum Aufbau, zur Form oder zum Stil der
Schiedsklage. Diese Freiheit sollte der Kläger jedoch nicht dazu nutzen, die ihm aus dem nationalen Recht bekannten Schemata heranzuziehen, sondern dazu, die Schiedsklage zweckmäßig auf die klare Darstellung des Falls und die rechtlichen Besonderheiten auszurichten.
VII. Zusätzliche Anforderungen (Abs. 4) 52 Der Kläger muss die Registrierungsgebühr („filing fee“) in voller Höhe an die
ICC zahlen. Die Höhe der Gebühr (bei Drucklegung: 5.000 USD) ergibt sich aus 66
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Schiedsklage | Art. 4 ICC-SchO
Anhang III in der bei Einreichung aktuellen Fassung (Anhang III wird in regelmäßigen Abständen und häufiger als die ICC-SchO aktualisiert). Allerdings kann das Sekretariat die Registrierungsgebühr (und alle anderen Beträge, die nach der SchO vorgesehen sind) u.U. auch in EUR verlangen (s. Merkblatt für die Parteien und das Schiedsgericht betreffend ICC-Compliance). Entsprechende Zahlungen an die ICC können per Überweisung oder per Scheck getätigt werden; Bargeld wird vom Sekretariat dagegen nicht akzeptiert. Falls der Kläger die Registrierungsgebühr nicht bei Klageeinreichung zahlt, for- 53 dert ihn das Sekretariat unter Fristsetzung dazu auf. In diesem Zusammenhang gilt die Zahlung als vorgenommen, wenn der entsprechende Betrag auf dem Konto der ICC gutgeschrieben wird oder wenn das Sekretariat den Scheck erhält. Folglich muss der Kläger die jeweiligen Übermittlungszeiten berücksichtigen. Wenn er der Aufforderung des Sekretariats sowie einer etwaigen erneuten Fristsetzung nicht fristgemäß nachkommt, wird das Verfahren administrativ geschlossen. Allerdings wird die Schiedshängigkeit nicht rückwirkend beseitigt; vielmehr gilt das Schiedsverfahren als beendet. Der Kläger kann danach ohne weiteres erneut Schiedsklage einreichen. Empfehlung: Die Registrierungsgebühr muss grds. direkt vom Kläger überwiesen werden, nicht von dessen Anwalt oder einem Dritten. Falls der Kläger hiervon abweichen möchte, sollte er in der Schiedsklage oder einem Begleitschreiben zur Schiedsklage erklären, dass sein Prozessvertreter oder ein Dritter berechtigt ist, Zahlungen für ihn vorzunehmen. Zudem sollte der Kläger die Beziehung zwischen ihm und dem Dritten erläutern.
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Auch wenn der Kläger nur einen Teil der Registrierungsgebühr zahlt und den 55 Rest trotz Aufforderung durch das Sekretariat nicht nachreicht, wird das Schiedsverfahren administrativ beendet. Der bereits eingezahlte Betrag wird dann nicht mehr zurückerstattet; bei einer neuen Schiedsklage muss der Kläger die Registrierungsgebühr erneut in voller Höhe leisten. Grds. erlaubt die ICC-SchO eine elektronische Kommunikation; seit der Reform 56 2021 gilt dies auch für die Schiedsklage. Die Schiedsklage ist daher grds. elektronisch (d.h. per E-Mail) einzureichen. Der Kläger hat allerdings auch das Recht, eine Übermittlung seiner Schiedsklage mit Empfangsbekenntnis, eingeschriebener Sendung oder Kurier und damit in Papierform zu wählen (Gleiches gilt für jede Schiedspartei, die Ansprüche gegen eine andere Schiedspartei oder eine zusätzliche Partei geltend macht, s. Art. 7 Abs. 2 Buchst. c und Art. 8 Abs. 2, 3). In diesem Fall hat der Kläger die Schiedsklage außerdem in der nach Art. 4 Abs. 4 Buchst. b erforderlichen Anzahl von Exemplaren einzureichen. Kommt der Kläger dieser Anforderung nicht nach, wird ihn das Sekretariat zunächst auf dieses Versäumnis hinweisen und, falls er die nötigen Exemplare der Schiedsklage auch nach mehrfacher Aufforderung nicht nachreicht, das Verfahren schließen. Kommt eine Partei, die einen Antrag auf Einbeziehung einer zusätzlichen Partei stellt, dieser Anforderung nicht nach, wird der Antrag auf Einbeziehung der zusätzlichen Partei nicht zugestellt und das Verfahren wird ohne Einbeziehung der zusätzlichen Partei fortgeführt. Schilling
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Art. 4 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen B. Schiedshängigkeit (Abs. 1, 2) I. Normzweck 57 Art. 4 Abs. 1 und 2 regeln, wie der Kläger das Schiedsverfahren einzuleiten hat
und legen den Zeitpunkt fest, ab dem das Verfahren als schiedshängig gilt. Diese Regelungen sind im Hinblick auf die materiell-rechtlichen, insb. verjährungshemmenden Wirkungen der Schiedsklage erforderlich. Ferner knüpfen auch verschiedene verfahrensinterne Fristen an den Beginn des Verfahrens an.
II. Verhältnis zu § 1044 ZPO 58 Nach § 1044 Satz 1 ZPO beginnt das schiedsgerichtliche Verfahren, wenn der
Beklagte den Antrag auf Einleitung des Schiedsverfahrens empfängt. Diese Vorschrift ist jedoch wie das gesamte X. Buch der ZPO auf ein Ad-hoc-Verfahren ausgelegt. Zudem kommt sie nur zur Anwendung, falls die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Die Wahl der ICC-SchO ist eine abweichende Vereinbarung in diesem Sinne, so dass sie der gesetzlichen Regelung vorgeht.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 59 Das Pendant der Schiedshängigkeit im staatlichen Verfahren ist die Rechtshän-
gigkeit. Beide Zustände zeichnen sich insb. dadurch aus, dass die Verjährung eines Anspruchs gehemmt wird und eine weitere Klage bzw. Schiedsklage mit demselben Streitgegenstand unzulässig ist. Im staatlichen Verfahren setzt die Rechtshängigkeit die Zustellung der Klageschrift voraus (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO).
60 In ihren Voraussetzungen ähnelt die Schiedshängigkeit der Anhängigkeit im Zi-
vilprozess. Allerdings ist der ICC-SchO die Anhängigkeit fremd. Da die materiell-rechtlichen und prozessualen Folgen bereits mit Eingang der Schiedsklage beim Sekretariat eintreten, bleibt für ein Pendant zur Anhängigkeit kein Raum.
IV. Einreichung der Klageschrift 61 Für die Schiedshängigkeit muss der Kläger die Schiedsklage bei einem Büro des
Sekretariats einreichen. Der Schiedskläger kann die Schiedsklage nicht nur beim Hauptbüro des Sekretariats in Paris, Frankreich einreichen, sondern auch bei weiteren Büros der ICC, sofern diese vom Generalsekretär auf Grundlage des Art. 5 Abs. 3 Anhang II eingerichtet werden. Derzeit sind neben dem Hauptbüro in Paris Büros in Honkong, New York, Sao Paulo, Singapur und Abu Dhabi benannt. Nach dem Beginn eines Schiedsverfahrens können Schrift-
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Schiedsklage | Art. 4 ICC-SchO
sätze allerdings fristwahrend nur noch in dem Büro eingereicht werden, das das Verfahren administriert. Vorsicht: Die Liste der vom Generalsekretär benannten Büros kann beim Sekretariat erfragt werden. Sie darf jedoch nicht mit der Auflistung der Büros auf der Webseite der ICC (www.iccwbo.org) verwechselt werden. Dort werden auch Büros aufgelistet, die lediglich Repräsentanzen der ICC sind; in diesen Büros kann jedoch i.d.R., wenn nicht im Einzelfall etwas anderes angegeben ist, keine Schiedsklage eingereicht werden. Gleiches gilt für die Büros der jeweiligen ICC-Nationalkomitees; dort können Schiedsklagen jedenfalls nicht eingereicht werden. Die Versendung einer Klageschrift an diese Büros setzt also kein Schiedsverfahren in Gang.
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Die Art der Übersendung steht dem Kläger grds. frei. In Betracht kommt, wie 63 oben erwähnt, insb. eine Übersendung per E-Mail sowie eine etwaige zusätzliche Übermittlung von physischen Exemplaren, wenn der Kläger eine Zustellung per Kurierdienst, etc. wünscht (Abs. 4 Buchst. b). Das Sekretariat bestätigt den Empfang der Schiedsklage i.d.R. binnen eines Werktages. Falls der Kläger innerhalb mehrerer Werktage keine derartige Bestätigung erhalten hat, sollte er das Sekretariat kontaktieren. Die Schiedsklage wird im Regelfall von einem anwaltlichen Verfahrensbevoll- 64 mächtigten des Klägers eingereicht. Genauso kann sie aber auch vom Kläger selbst oder einem Prozessvertreter eingereicht werden. In keinem dieser Fälle ist es erforderlich, die Vertretungsmacht durch eine Urkunde zu belegen. Erst im späteren Verlauf kann der Verfahrensbevollmächtigte oder Prozessvertreter dazu aufgefordert werden (Art. 17). Nachdem die Schiedsklage beim Sekretariat eingetroffen ist, bestätigt das Sekre- 65 tariat gegenüber dem Kläger den Erhalt der Schiedsklage und teilt ihm die Fallnummer sowie das Verfahrensmanagementteam mit, dem das Verfahren zugeteilt wurde. Dem Kläger steht es frei, gleichzeitig mit der Einreichung beim Sekretariat auch 66 dem Beklagten ein Exemplar der Schiedsklage zuzusenden. Der Kläger kann dadurch aber nicht den Zeitpunkt der Schiedshängigkeit beeinflussen. In der Regel ist dem Kläger deshalb davon abzuraten, dem Beklagten ein Exemplar der Schiedsklage zu senden. Der Beklagte könnte aufgrund der Vorwarnung versuchen, die Zustellung durch das Sekretariat zu verhindern. In jedem Fall gibt der Kläger dem Beklagten mehr Zeit für die Erstellung der Klageantwort, da die entsprechende Frist erst mit Zustellung durch das Sekretariat zu laufen beginnt.
V. Zeitpunkt der Schiedshängigkeit Die Schiedsklage wird in dem Moment schiedshängig, in dem sie dem Sekreta- 67 riat zugeht, auch wenn dies nur per E-Mail geschieht und ohne dass die Registrierungsgebühr bezahlt ist. Das gilt unabhängig von dem Zeitpunkt, zu dem die Schiedsklage dem Beklagten zugestellt wird. Auch wenn der Kläger die Registrierungsgebühr erst später zahlt oder eine ggf. erforderliche Anzahl an Abschriften Schilling
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Art. 4 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen nachreichen muss, hat das keinen Einfluss auf den Zeitpunkt der Schiedshängigkeit. Falls der Zeitpunkt der Schiedshängigkeit umstritten ist, entscheidet das Schiedsgericht, wann die Sache schiedshängig geworden ist (s. auch Rz. 76).
VI. Wirkung der Schiedshängigkeit 68 Die Schiedshängigkeit hat dieselben materiell-rechtlichen Wirkungen wie die
Rechtshängigkeit. Die Schiedshängigkeit der Schiedsklage hemmt die Verjährung im deutschen Recht nach § 204 Nr. 11 BGB, vorausgesetzt der Kläger reicht eine ausreichende Klage ein und zahlt die Registrierungsgebühr bzw. bessert eventuelle Mängel innerhalb der vom Sekretariat gesetzten Frist nach. Auch besondere Ausschlussfristen wie in §§ 561 Abs. 2, 864 BGB werden durch die Einreichung der Schiedsklage gehemmt.
69 Wenn die Schiedsklage nicht ordnungsgemäß ist, muss bzgl. der Verjährungs-
hemmung zwischen einer unwirksamen und einer mangelhaften Schiedsklage differenziert werden: Sind die Parteien oder der Klagegegenstand nicht identifizierbar, ist die Schiedsklage unwirksam; liegt der Schiedsort in Deutschland, ergibt sich dies aus § 1044 Satz 2 ZPO, der die Bezeichnung der Parteien, die Angabe des Streitgegenstandes sowie einen Hinweis auf die Schiedsvereinbarung verlangt. Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, ist die Schiedsklage unwirksam und hemmt nicht die Verjährung. Wenn der Kläger seine Schiedsklage nachbessert, tritt die Hemmungswirkung i.d.R. ex nunc ein. Wenn dagegen eine Schiedsklage nur mangelhaft ist (z.B., weil die Registrierungsgebühr nicht gezahlt wird, die Klage – noch – unschlüssig ist oder keine Angaben zur Schiedsvereinbarung gemacht werden) oder das Schiedsgericht unzuständig ist, wird die Verjährung nach h.M. gehemmt.
70 Vorsicht: In internationalen Verfahren ist vor einer vorschnellen Anwendung der deutschen Verjährungsregeln zu warnen, selbst wenn deutsches materielles Recht Anwendung findet. In Common-Law-Jurisdiktionen kann die Verjährung als eine Frage des Prozessrechts zu qualifizieren sein.
71 Wie im staatlichen Verfahren entsteht auch ein Anspruch auf Prozesszinsen
nach § 291 BGB. Somit ist eine Forderung ab dem Zeitpunkt der Klageeinreichung zu verzinsen, obwohl der Beklagte dann noch gar keine Kenntnis von der Schiedsklage hat. Freilich kommen die Prozesszinsen i.d.R. nicht zum Tragen, da Zinsen oftmals ab einem früheren Zeitpunkt, nämlich ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit (vgl. § 353 HGB) oder ab dem den Verzug begründenden Umstand eingeklagt werden.
72 Im Übrigen verändert sich durch die Einreichung der Schiedsklage der Haf-
tungsmaßstab bei Herausgabeansprüchen (§§ 292, 818 Abs. 4, 987, 989, 991, 994 Abs. 2, 996 BGB).
73 Dagegen treten nicht alle prozessualen Wirkungen der Rechtshängigkeit auto-
matisch bei Schiedshängigkeit ein. Insb. begründet die Schiedshängigkeit nicht 70
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Schiedsklage | Art. 4 ICC-SchO
den Ne-bis-in-idem-Einwand, der für staatliche Verfahren in § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO normiert ist. Falls die staatlichen Gerichte in der Hauptsache nach der Erhebung der Schiedsklage angerufen wurden, kann sich eine Partei grds. nur auf das vom Schiedsverfahren unabhängige Vorhandensein einer Schiedsklausel berufen (vgl. § 1032 Abs. 1 ZPO). Im Rahmen eines vor einem deutschen Gericht bewirkten Arrests oder einer 74 einstweiligen Verfügung wird durch die Einreichung der Schiedsklage die Frist des § 926 Abs. 1 ZPO gewahrt.
C. Zusendung der Klageschrift (Abs. 1, 5) I. Normzweck Die Benachrichtigung des Beklagten ist notwendig, um ihn über das Schiedsver- 75 fahren und die damit verbundenen Konsequenzen (Verjährungshemmung etc., s. Rz. 68) in Kenntnis zu setzen. Erfolgt die Benachrichtigung nicht oder nicht ordnungsgemäß, kann das Gebot rechtlichen Gehörs verletzt sein. Zudem soll der Beklagte möglichst frühzeitig über die Einleitung des Schiedsver- 76 fahrens informiert werden, weil die Wirkungen der Schiedshängigkeit i.d.R. bereits mit Zugang der Schiedsklage beim Sekretariat eintreten (z.B. Verjährungshemmung) und der Beklagte darüber nicht lange in Unkenntnis bleiben darf. Letztlich entscheidet natürlich das Schiedsgericht, ob bzw. wann die Wirkung der Schiedshängigkeit eingetreten ist. Falls keine besonderen Umstände vorliegen (etwa eine vom Kläger zu verantwortende Verzögerung des Zugangs beim Beklagten), dürfte das Schiedsgericht aufgrund des Wortlauts des Abs. 1 auf den Zeitpunkt des Eingangs der Schiedsklage beim Sekretariat abstellen (s. auch Rz. 67). Die Vorschriften zur Benachrichtigung des Beklagten gelten entsprechend, falls 77 eine Schiedspartei eine zusätzliche Partei in das Schiedsverfahren einbeziehen möchte (s. Art. 7 Abs. 2 Buchst. c) oder Ansprüche gegen eine andere Schiedspartei (in einem Verfahren mit mehreren Parteien) geltend macht (s. Art. 8 Abs. 2, 3).
II. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im gerichtlichen Verfahren ist es erforderlich, dass der Kläger die Anschrift des 78 Beklagten nennt (die Bezeichnung der Parteien im Rahmen von § 253 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erfordert eine Angabe der Anschrift), damit die Klageschrift und sonstige Schriftsätze mit Sachanträgen dem Beklagen zugestellt werden können (§§ 270, 271 ZPO). Die Klageschrift ist nach § 271 Abs. 1 ZPO unverzüglich zuzustellen. Allerdings 79 wird das Gericht die Klage – von den gesetzlich geregelten Ausnahmefällen abgesehen – nur zustellen, nachdem der Kläger den Gebührenvorschuss eingezahlt Schilling
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Art. 4 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen (§ 12 Abs. 1 GKG) und die erforderliche Anzahl an Abschriften (§ 253 Abs. 5 ZPO) eingereicht hat. Das Gericht verbindet mit der Zustellung der Klageschrift die Aufforderung an den Beklagten, einen Rechtsanwalt zu bestellen, wenn er sich zu verteidigen beabsichtigt (§ 271 Abs. 2 ZPO). Zudem wird das Gericht im Falle eines frühen ersten Termins eine Terminsladung verbunden mit den Hinweisen nach § 274 Abs. 2 ZPO oder im Falle eines schriftlichen Vorverfahrens eine Aufforderung zur Klageerwiderung aussprechen.
III. Mitteilung an die Schiedsparteien 80 Gemäß Art. 4 Abs. 4 sendet das Sekretariat die Klageschrift an den Beklagten.
Allerdings muss der Kläger zuvor die Registrierungsgebühr des Sekretariats voll gezahlt und, sofern er eine Übermittlung in Papierform wählt, die erforderliche Anzahl von Exemplaren der Schiedsklage eingereicht sowie u.U. etwaige weitere vom Sekretariat i.S.v. Art. 4 Abs. 3 nachgeforderten Angaben gemacht haben. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, weist das Sekretariat den Kläger darauf hin. Wenn der Kläger dem entsprechenden Mangel nicht in der dafür gesetzten Frist abhilft, kann das Sekretariat das Verfahren administrativ beenden.
81 Empfehlung: Falls die Schiedsklage an Dritte zugestellt werden soll, z.B. die Muttergesell-
schaft des Beklagten, kann das Sekretariat dies nur tun, wenn der Kläger eine entsprechende Anweisung gibt oder der Beklagte darum bittet. In letzterem Fall wird die Muttergesellschaft ähnlich wie ein Parteivertreter behandelt.
82 Wenn die Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 4 erfüllt sind, sendet das Sekretariat
die Schiedsklage an den Beklagten. Hierdurch wird der Beklagte regelmäßig erstmals über die Einleitung des Schiedsverfahrens informiert.
83 Empfehlung: In der Praxis versuchen Kläger bisweilen, die Versendung der Klageschrift
an den Beklagten hinauszuzögern, z.B. indem sie die Registrierungsgebühr absichtlich nicht sofort zahlen; dann ist die Schiedsklage zwar schiedshängig, der Beklagte hat jedoch möglicherweise noch keine Kenntnis davon. Von derartigen Versuchen ist jedoch abzuraten, weil es das Sekretariat nicht toleriert, wenn der Kläger die Registrierungsgebühr längere Zeit nicht zahlt. Vielmehr schließt das Sekretariat nach einigen erfolglosen Zahlungsaufforderungen das Verfahren.
84 Empfehlung: Falls eine Partei den Verdacht hat, dass gegen sie eine Schiedsklage ein-
gereicht wurde (und damit die Wirkungen der Schiedshängigkeit eingetreten sind), ihr diese aber offenbar bisher nicht zugestellt wurde, kann diese Partei beim Sekretariat nachfragen. Dadurch kann sie auch das Risiko minimieren, dass die Schiedsklage möglicherweise an eine falsche Adresse zugestellt wurde und das Verfahren gegen sie ohne ihre Beteiligung fortgesetzt wird. Falls die Partei über ihren Prozessvertreter nachfragen lässt, muss dieser eine entsprechende Vollmacht vorlegen.
85 Neben der Weiterleitung der Klageschrift unterrichtet das Sekretariat die Schieds-
parteien nach Art. 4 Abs. 1 Satz 2 über den Tag des Eingangs der Schiedsklage. Zudem informiert das Sekretariat den Beklagten über das weitere Vorgehen, insb. darüber, welche Handlungen von dem Beklagten erwartet werden. Zunächst teilt das Sekretariat dem Beklagten mit, dass er Gelegenheit zur Einreichung einer 72
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Schiedsklage | Art. 4 ICC-SchO
Klageantwort binnen 30 Tagen ab Empfang hat (Art. 5 Abs. 1). Ferner wird der Beklagte aufgefordert, verfahrensrelevante Angaben zu machen (z.B. zur Anzahl der Schiedsrichter, vgl. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Buchst. e). 86 Anhang 1: Checkliste für den Inhalt der Schiedsklage Rubrum □ Bezeichnung aller Parteien: Name, Rechtsform, ggf. Registrierungsnummer, Kontaktdaten, Vertretungsverhältnisse □ Bezeichnung des eigenen Prozessvertreters: Name, Kontaktdaten
Anträge Sachantrag Ggf. Zinsantrag Kostenantrag
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Sachverhalt □ Beschreibung der Parteien: Geschäftsfeld, Historie, Bedeutung □ Anspruchsbegründende Tatsachen □ Darstellung und Vorlage der Schiedsvereinbarung sowie des gesamten Vertrages, der sie beinhaltet □ Darstellung der Vereinbarung zum anwendbaren Recht □ Vorlage sonstiger Vereinbarungen zwischen den Parteien, auf die sich der Kläger beruft □ Darstellung und ggf. Vorlage weiterer Dokumente oder Informationen, die für das Verständnis der Streitigkeit sachdienlich und hilfreich sind Rechtliche Ausführungen □ Darstellung der Anspruchsgrundlage □ Ausführungen zum anwendbaren Recht, falls andere Meinung des Beklagten erwartet □ Bei mehreren Schiedsvereinbarungen: Bezeichnung und Vorlage der Vereinbarungen, auf die sich der Kläger beruft, sowie Darstellung, welche Ansprüche auf Grundlage welcher Schiedsvereinbarung geltend gemacht werden. Angaben zum Schiedsverfahren Angabe des Streitwerts Angaben und Stellungnahme zur Anzahl der Schiedsrichter Falls Dreierschiedsgericht: Benennung des eigenen parteibenannten Schiedsrichters □ Ggf. Vorschlag zum Benennungsprozedere des Vorsitzenden □ Stellungnahme zum Schiedsort
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Art. 5 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen
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Stellungnahme zum anwendbaren Recht Stellungnahme zur Verfahrenssprache Ggf. Stellungnahme zur Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren
Sonstiges Einreichung beim Sekretariat Zahlung der Registrierungsgebühr Falls der Kläger eine Übermittlung in Papierform wählt: Einreichung in der erforderlichen Anzahl von Exemplaren
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Artikel 5 Klageantwort; Widerklage (1) Binnen einer Frist von 30 Tagen ab Empfang der vom Sekretariat übersandten Klage hat der Beklagte eine Klageantwort (die „Antwort“) einzureichen, welche folgende Angaben enthalten muss: a) seinen vollständigen Namen, seine Rechtsform, Adresse und sonstige Kontaktdaten; b) vollständigen Namen, Adressen und sonstige Kontaktdaten der Vertreter des Beklagten im Schiedsverfahren; c) seine Stellungnahme zur Darstellung der anspruchsbegründenden Tatsachen und Umstände sowie zur Anspruchsgrundlage, auf die die Klageansprüche gestützt werden; d) seine Stellungnahme zu den Klageanträgen; e) Anmerkungen oder Vorschläge zur Anzahl der Schiedsrichter und ihrer Wahl im Hinblick auf die Vorschläge des Klägers und gemäß den Bestimmungen der Artikel 12 und 13 sowie die gemäß diesen Bestimmungen gegebenenfalls erforderliche Benennung eines Schiedsrichters; f) Anmerkungen oder Vorschläge zum Schiedsort, zu den anwendbaren Rechtsregeln und zur Verfahrenssprache. Der Beklagte kann mit der Antwort weitere Dokumente oder Informationen einreichen, soweit er es für geboten hält oder soweit diese zu einer effizienten Streitbeilegung beitragen können. (2) Das Sekretariat kann die Frist des Beklagten zur Einreichung seiner Antwort verlängern, wenn der Antrag auf Fristverlängerung alle Anmerkungen oder Vorschläge des Beklagten zur Anzahl und Wahl der Schiedsrichter und gegebenenfalls die gemäß den Artikeln 12 und 13 erforderliche Benennung eines Schiedsrichters enthält. Unterlässt der Beklagte dies, führt der Gerichtshof das Schiedsverfahren gemäß der Schiedsgerichtsordnung fort. (3) In den Fällen, in denen der Beklagte die Übermittlung der Antwort gegen Empfangsbestätigung, per Einschreiben oder per Kurier erbittet, ist die Ant74
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Klageantwort; Widerklage | Art. 5 ICC-SchO
wort in einer ausreichenden Anzahl von Exemplaren für jede andere Partei, jeden Schiedsrichter und das Sekretariat einzureichen. (4) Das Sekretariat übermittelt allen anderen Parteien jeweils ein Exemplar der Antwort und der ihr beigefügten Dokumente. (5) Will der Beklagte Widerklage erheben, so hat er diese zusammen mit der Antwort einzureichen. Sie enthält: a) Darstellung der anspruchsbegründenden Tatsachen und Umstände sowie der Anspruchsgrundlage, auf die die Widerklageansprüche gestützt werden; b) die Widerklageanträge, unter Angabe der Höhe der bezifferten Ansprüche, und, soweit möglich, eine Schätzung des Geldwerts sonstiger Ansprüche; c) einschlägige Vereinbarungen zwischen den Parteien, insbesondere die Schiedsvereinbarung(en); d) bei Widerklagen aus mehr als einer Schiedsvereinbarung: Angabe der Schiedsvereinbarung, auf deren Grundlage der jeweilige Widerklageanspruch geltend gemacht wird; Der Beklagte kann mit der Widerklage weitere Dokumente oder Informationen einreichen, soweit er dies für geboten hält oder soweit diese zu einer effizienten Streitbeilegung beitragen können. (6) Der Kläger hat binnen einer Frist von 30 Tagen ab Empfang der vom Sekretariat übersandten Widerklage diese zu beantworten. Vor Übergabe der Schiedsverfahrensakten an das Schiedsgericht kann das Sekretariat dem Kläger die Frist für die Beantwortung der Widerklage verlängern. Article 5: Answer to the Request; Counterclaims (1) Within 30 days from the day following the date of receipt of the Request from the Secretariat, the respondent shall submit an Answer (the “Answer”) which shall contain the following information: a) its name in full, description, address and other contact details; b) the name in full, address and other contact details of any person(s) representing the respondent in the arbitration; c) its comments as to the nature and circumstances of the dispute giving rise to the claims and the basis upon which the claims are made; d) its response to the relief sought; e) any observations or proposals concerning the number of arbitrators and their choice in light of the claimant’s proposals and in accordance with the provisions of Articles 12 and 13, and any nomination of an arbitrator required thereby; and f) any observations or proposals as to the place of the arbitration, the applicable rules of law and the language of the arbitration. The respondent may submit such other documents or information with the Answer as it considers appropriate or as may contribute to the efficient resolution of the dispute. (2) The Secretariat may grant the respondent an extension of the time for submitting the Answer, provided the application for such an extension contains the respondent’s observations or proposals concerning the number of arbitrators and their choice and, where re-
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Art. 5 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen quired by Articles 12 and 13, the nomination of an arbitrator. If the respondent fails to do so, the Court shall proceed in accordance with the Rules. (3) The Answer shall be submitted in a sufficient number of copies for each other party, each arbitrator and the Secretariat where the respondent requests transmission thereof by delivery against receipt, registered post or courier. (4) The Secretariat shall communicate the Answer and the documents annexed thereto to all other parties. (5) Any counterclaims made by the respondent shall be submitted with the Answer and shall provide: a) a description of the nature and circumstances of the dispute giving rise to the counterclaims and of the basis upon which the counterclaims are made; b) a statement of the relief sought together with the amounts of any quantified counterclaims and, to the extent possible, an estimate of the monetary value of any other counterclaims; c) any relevant agreements and, in particular, the arbitration agreement(s); and d) where counterclaims are made under more than one arbitration agreement, an indication of the arbitration agreement under which each counterclaim is made. The respondent may submit such other documents or information with the counterclaims as it considers appropriate or as may contribute to the efficient resolution of the dispute. (6) The claimant shall submit a reply to any counterclaim within 30 days from receipt of the counterclaims communicated by the Secretariat. Prior to the transmission of the file to the arbitral tribunal, the Secretariat may grant the claimant an extension of time for submitting the reply. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 regelt die Frist und den notwendigen Inhalt der Klageantwort. → Rz. 18–31; Abs. 2 regelt die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Frist zur Einreichung der Klageantwort. → Rz. 32–34; Abs. 3–4 bestimmt die Anzahl der Exemplare und der Adressaten der Klageantwort. → Rz. 32, 37–38; Abs. 5 regelt den Zeitpunkt und den notwendigen Inhalt einer Widerklage. → Rz. 39–49; Abs. 6 regelt die Antwort auf die Widerklage. → Rz. 50 Kostenaspekte: Abs. 5 Sofern taktische Erwägungen nicht dagegen sprechen, sollte der Beklagte so frühzeitig wie möglich ankündigen (u.U. noch vor seiner ersten Stellungnahme zur Sache), dass er eine Widerklage zu erheben beabsichtigt, damit dies im Verfahrenskalender berücksichtigt werden kann. So können unnötiger Aufwand und Kosten erspart werden. → Rz. 39. A. Klageantwort (Abs. 1 bis 4) . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu §§ 1046 Abs. 1, 1040 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften IV. Vorbringen bei Unzuständigkeit des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . 1. Zeitpunkt der Geltendmachung der Unzuständigkeit . . . . . . . . .
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2. Vortrag bei Zuständigkeitsrügen . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Notwendiger Inhalt der Klageantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vollständige Bezeichnung der Partei und des eigenen Prozessbevollmächtigten (Abs. 1 Buchst. a und b) . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme zur Schiedsklage (Abs. 1 Buchst. c und d) . . . . .
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Klageantwort; Widerklage | Art. 5 ICC-SchO 3. Angaben zum Schiedsverfahren (Abs. 1 Buchst. e und f) . . . . . . . VI. Einreichung der Klageantwort (Abs. 1, 2) . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Übermittlung der Klageantwort (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. I. II. III.
Widerklage (Abs. 5, 6) . . . . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zu § 1046 Abs. 3 ZPO Vergleich mit den in staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften IV. Inhalt und Einreichung der Widerklage . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zulässigkeit der Widerklage . . . VI. Drittwiderklage . . . . . . . . . . . .
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42 44 47
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VII. Antwort auf die Widerklage . . . VIII. Mögliche Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Widerklage . IX. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
51 52 53 53
C. Aufrechnung . . . . . . . . . . . . . . I. Verhältnis zu § 1046 Abs. 3 ZPO II. Vergleich mit den in staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften III. Anwendbares Recht . . . . . . . . . IV. Notwendigkeit einer Schiedsvereinbarung für die Gegenforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Prozessuale Behandlung . . . . . . VI. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Klageantwort (Abs. 1 bis 4) I. Normzweck In der Klageantwort nimmt der Beklagte i.d.R. zu prozessualen Punkten und zur 1 Sache Stellung. Dabei geben Art. 5 Abs. 1 bis 3 den zwingenden Inhalt dieser Antwort vor. Die Stellungnahme des Beklagten muss allerdings nicht in einem einzigen Schriftsatz geschehen. Häufig macht der Beklagte zunächst nur die notwendigen Angaben zum Schiedsverfahren, damit das Sekretariat, der Gerichtshof und das Schiedsgericht den weiteren Ablauf planen können und beantragt gleichzeitig eine Fristverlängerung für die Einreichung der Klageantwort. Die Vorschriften zur Klageantwort finden entsprechende Anwendung, wenn 2 eine Schiedspartei eine zusätzliche Partei in das Schiedsverfahren einbeziehen möchte (s. Art. 7 Abs. 2 Buchst. c) oder wenn sie Ansprüche gegen eine andere Schiedspartei (in einem Verfahren mit mehreren Parteien) geltend macht (s. Art. 8 Abs. 2, 3).
II. Verhältnis zu §§ 1046 Abs. 1, 1040 Abs. 2 ZPO Abgesehen von dem selbstverständlichen Recht, zur Schiedsklage Stellung zu neh- 3 men (§ 1046 Abs. 1), enthält die ZPO keine besonderen Bestimmungen zur Klageantwort. Insb. stellt sie keine Mindestanforderungen für deren Inhalt auf. Allerdings hat der Beklagte nach § 1040 Abs. 2 ZPO die Obliegenheit, die Un- 4 zuständigkeit des Schiedsgerichts spätestens mit der Klageantwort vorzubringen. Nimmt er diese Obliegenheit nicht wahr, riskiert er eine Präklusion seiner Einwände. Durch § 1040 Abs. 2 ZPO werden entsprechende Ausführungen praktisch zu einem zwingenden Inhalt der Klageantwort, wenn der Schiedsort in Deutschland liegt, obwohl sie nicht von der ICC-SchO ausdrücklich gefordert werden. Schilling
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Art. 5 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 5 Nach § 277 Abs. 1 ZPO hat der Beklagte alle Verteidigungsmittel vorzubringen,
die er bei sorgfältiger Prozessführung vorbringen kann. Anderenfalls riskiert er eine Präklusion nach § 296 ZPO. Die Frist für die schriftsätzliche Stellungnahme beträgt im Falle eines schriftlichen Vorverfahrens vier Wochen ab Klagezustellung (§ 276 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO), im Falle eines frühen ersten Termins mindestens zwei Wochen, falls das Gericht überhaupt eine Frist setzt (§§ 277 Abs. 3, 275 Abs. 1 ZPO).
IV. Vorbringen bei Unzuständigkeit des Schiedsgerichts 6 Wenn das Schiedsgericht unzuständig oder die Schiedsklage aus anderen Grün-
den unzulässig ist (zu den Voraussetzungen insb. für die Zuständigkeit s. Art. 6 Rz. 50 ff.), stellt sich dem Beklagten zunächst die Frage, ob er auf die Schiedsklage überhaupt antworten soll (im Folgenden steht die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts stellvertretend für sämtliche Unzulässigkeitsgründe). Denn auch wenn er gänzlich passiv bleibt, verwirkt er nicht das Recht nach Art. V Abs. 1 UNÜ, den ohne seine Beteiligung erlassenen Schiedsspruch vor staatlichen Gerichten anzufechten, sofern ein entsprechender Anfechtungsgrund vorliegt. Allerdings könnten einzelne Rechtsordnungen verlangen, dass ein Beklagter, der grds. am Schiedsverfahren teilnimmt, sich bereits während des Schiedsverfahrens auf die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts beruft (nach deutschem Recht droht dem völlig passiven Beklagten keine Präklusion, da § 1040 Abs. 2 ZPO nicht den Fall völliger Passivität betrifft).
7 Wenn der Beklagte sich überhaupt nicht auf das Schiedsverfahren einlässt, ver-
gibt er allerdings die Möglichkeit, dass das Sekretariat bzw. der Gerichtshof (Art. 6 Abs. 3, 4) und später das Schiedsgericht seine Argumente gegen die Zulässigkeit des Schiedsverfahrens berücksichtigen.
8 Empfehlung: Wenn der Beklagte von der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts oder anderen Unzulässigkeitsgründen ausgeht, kann er – unabhängig von der Frage, ob er sich an dem Schiedsverfahren beteiligt – erwägen, eine Klage vor den staatlichen Gerichten einzureichen (etwa auf Feststellung des Nichtbestehens einer Schiedsvereinbarung, auf Nichtbestehen des Klageanspruchs oder, wie es insb. im angloamerikanischen Rechtskreis möglich ist, auf Unterlassung der Einleitung eines Schiedsverfahrens).
1. Zeitpunkt der Geltendmachung der Unzuständigkeit 9 Die ICC-SchO bestimmt nicht ausdrücklich, dass der Beklagte zur Zuständigkeit
eines nach der ICC-SchO zu bildenden Schiedsgerichts oder zur Schiedsfähigkeit des geltend gemachten Anspruchs Stellung nehmen muss. Falls sich der Beklagte am Verfahren beteiligt, sollte er seine Einwände dennoch so früh wie möglich geltend machen, spätestens mit der Klageantwort. Anderenfalls droht 78
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Klageantwort; Widerklage | Art. 5 ICC-SchO
ihm nämlich eine Präklusion solcher Rügen, deren Geltendmachung ihm nach dem gewählten Recht überlassen sind; dazu gehören etwa das Fehlen bzw. die mangelnde Reichweite einer Schiedsvereinbarung (s. Art. V des EuÜ). Demgegenüber können Rügen der Zuständigkeit, über die der Beklagte nicht disponieren kann, nicht präkludiert werden (z.B. die mangelnde Schiedsfähigkeit einer Rechtsmaterie). Eine Rüge, deren Geltendmachung disponibel ist und die bereits in der Klageantwort hätte vorgebracht werden können, ist nur bei einer ausreichenden Entschuldigung beachtlich; anderenfalls ist der Beklagte präkludiert. Diese Präklusion gilt nicht nur für das Schiedsverfahren, sondern auch für das Aufhebungs- und Vollstreckungsverfahren. Wenn der Schiedsort in Deutschland liegt, droht dem Beklagten, der sich auf 10 das Schiedsverfahren einlässt, eine Präklusion in dem oben beschriebenen Rahmen nach § 1040 Abs. 2 ZPO. Um eine Präklusion zu vermeiden, muss er die entsprechende Rüge erheben; es wird teilweise vertreten, dass der Beklagte zusätzlich einen Zwischenentscheid nach § 1040 Abs. 3 ZPO herbeiführen und diesen innerhalb eines Monats vor den ordentlichen Gerichten anfechten muss. Für Rügen eines Formmangels droht dem Beklagten zudem eine Präklusion nach § 1031 Abs. 6 ZPO. Falls der Beklagte Einwände gegen die Zuständigkeit geltend macht, entscheidet 11 grds. das Schiedsgericht darüber. Allerdings kann der Generalsekretär die Angelegenheit auch an den Gerichtshof verweisen (Art. 6 Abs. 3), der dann aufgrund einer Prima-facie-Beurteilung entscheidet, ob und in welchem Ausmaß das Schiedsverfahren fortgesetzt wird (Art. 6 Abs. 4). Vor diesem Hintergrund kann es vorteilhaft sein, Einwände gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts auch deswegen so früh wie möglich (und daher ggf. bereits vor dem Einbringen der Klageantwort, insb. wenn für diese eine Fristverlängerung gewährt wurde) geltend zu machen, damit der Generalsekretär die Angelegenheit noch vor der Bildung des Schiedsgerichts an den Gerichtshof verweisen kann und dieser die Einwände dann ggf. bei seiner Entscheidung über die Fortsetzung des Schiedsverfahrens nach Art. 6 Abs. 4 prüfen kann, bevor Kosten für die Bildung des Schiedsgerichts entstanden sind. Empfehlung: Falls der Beklagte Zuständigkeitsrügen in seiner Klageantwort erhebt, sollte dieser in Erwägung ziehen klarzustellen, ob er eine Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs gemäß Art. 6 Abs. 4 überhaupt wünscht. Denn bei schwierigen Zuständigkeitsfragen kann es vorhersehbar sein, dass der Prima-facie-Test positiv ausgeht (hierfür muss der Gerichtshof aufgrund des ersten Anscheins nur davon überzeugt sein, dass eine ICC-Schiedsvereinbarung bestehen könnte); in diesen Fällen ist es effizienter, die Entscheidung des Gerichtshofs auszulassen und die Sache (später) vom Schiedsgericht entscheiden zu lassen.
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Im Übrigen ist auch § 1032 Abs. 2 ZPO zu beachten. Eine Schiedspartei kann 13 danach bis zur Konstituierung des Schiedsgerichts vor einem staatlichen Gericht auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Schiedsverfahrens klagen. Wartet eine Partei bis zu einem späteren Zeitpunkt mit ihren Einwänden gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, kann sie diese nur noch vor dem Schiedsgericht geltend machen. Schilling
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Art. 5 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen 2. Vortrag bei Zuständigkeitsrügen 14 Sofern der Beklagte die Rüge der Unzuständigkeit rechtzeitig erhebt, dürfte er sich
in Deutschland hilfsweise auch zur Sache einlassen können, ohne im späteren Verfahren oder in einem eventuellen Aufhebungsverfahren präkludiert zu sein; in anderen Rechtsordnungen kann allerdings bereits die hilfsweise Einlassung zur Sache zu einer Präklusion der Zuständigkeitsrüge führen. In jedem Fall ist jedoch darauf zu achten, dass die Rüge spezifisch die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts betrifft. Rügen, die sich auf andere Mängel beziehen, wie etwa die mangelnde Passivlegitimation, können die Präklusion der Rüge der Unzuständigkeit nicht verhindern (OLG Koblenz v. 17.3.2011 – 2 Sch 11/10, NJOZ 2011, 1241).
15 Empfehlung: Falls der Beklagte die Zuständigkeit rügen möchte, sollte er genau spezifizie-
ren, warum das Schiedsgericht unzuständig ist (z.B. mangelnde Schiedsvereinbarung, existierende Schiedsvereinbarung erfasst nicht die geltend gemachten Ansprüche, mangelnde Schiedsfähigkeit, etc.). Dabei muss er sich nicht auf einen spezifischen Einwand beschränken; er kann bzw. sollte alle Zuständigkeitseinwendungen ausführen, die er (auch hilfsweise) geltend machen will und plausibel begründen kann. Anderenfalls riskiert er, dass das Schiedsgericht nur einen Aspekt betrachtet (z.B. Vorliegen einer Schiedsvereinbarung) und die Zuständigkeit bejaht, obwohl der Beklagte hilfsweise (auch) einen anderen Aspekt geltend machen wollte (z.B. Reichweite der Schiedsklausel).
16 Dem Beklagten kann die Rüge der Unzuständigkeit allerdings von vornherein
nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt sein, nämlich dann, wenn er sich vorprozessual auf die Schiedsvereinbarung berufen und dadurch die Schiedsklage veranlasst hat (BGH v. 2.4.1987 – III ZR 76/86, NJW-RR 1987, 1194). Gleiches gilt, wenn der Beklagte in einem Verfahren vor einem staatlichen Gericht selbst die Schiedseinrede geltend gemacht hat (BGH v. 30.4.2009 – III ZB 91/07, NJW-RR 2009, 1582).
17 Vorsicht: Wenn der Beklagte die Verlängerung der Frist für das Einreichen der Klageant-
wort beantragen will, verlangt Art. 5 Abs. 2 zwingend Angaben zur Konstituierung des Schiedsgerichts (Vortrag zur Anzahl der Schiedsrichter und [bei einem Dreierschiedsgericht] Benennung des eigenen Parteischiedsrichters). In manchen Rechtsordnungen stellen diese Angaben jedoch bereits eine rügelose Einlassung dar (nicht in Deutschland, § 1040 Abs. 2 Satz 2 ZPO). In einer derartigen Rechtsordnung sollte der Beklagte, wenn eine Fristverlängerung unumgänglich ist, die nach Art. 5 Abs. 2 geforderten Angaben nur hilfsweise für den Fall machen, dass seine Zuständigkeitsrüge nicht erfolgreich ist.
V. Notwendiger Inhalt der Klageantwort 18 Im Wesentlichen sind die Bestimmungen für die Klageantwort identisch mit de-
nen für die Schiedsklage (Art. 4 Abs. 3, s. Art. 4 Rz. 11 ff.). Ebenso wie dem Kläger wird dem Beklagten die Ausgestaltung seiner Stellungnahme größtenteils überlassen; es gibt keine Vorschriften zur Form oder zum Aufbau. Auch steht es dem Beklagten frei, die Klageantwort über das erforderliche Maß hinaus zu substantiieren und mit Beweismitteln zu versehen. Letzteres wird allerdings üblicherweise erst in späteren Schriftsätzen getan. 80
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Klageantwort; Widerklage | Art. 5 ICC-SchO
1. Vollständige Bezeichnung der Partei und des eigenen Prozessbevollmächtigten (Abs. 1 Buchst. a und b) Der Beklagte muss Angaben (Name, Rechtsform, Kontaktdaten) zu sich selbst 19 und seinem Prozessbevollmächtigten machen. Dabei sollte klargestellt werden, an welche Adresse zukünftige Zustellungen erfolgen sollen; wenn der Beklagte keine natürliche Person ist, sollten eine Kontaktperson und deren Daten genannt werden. Durch die Verpflichtung zur Nennung der eigenen Kontaktdaten kann sich der Beklagte später nur schwerlich darauf berufen, dass ihm wegen der Zustellung an eine falsche Adresse das rechtliche Gehör versagt wurde. Für den Beklagten ist es daher ratsam, die Angaben des Klägers sorgfältig zu prüfen und ggf. zu korrigieren. 2. Stellungnahme zur Schiedsklage (Abs. 1 Buchst. c und d) Die Klageantwort muss in jedem Fall einen Gegenantrag beinhalten (zu Anträ- 20 gen im Rahmen einer Widerklage s. Rz. 42). Zudem ist zu empfehlen, einen Antrag auf Kostenerstattung zu stellen. Zwar soll nach Art. 38 Abs. 4 jede endgültige Entscheidung auch eine Entscheidung über die Kosten beinhalten, allerdings kann es in internationalen Verfahren vorkommen, dass das Schiedsgericht ohne einen entsprechenden Antrag keine Kostenerstattung zuspricht. Im Hinblick auf den Detaillierungsgrad unterliegt der Beklagte keinem strenge- 21 ren Maßstab als der Kläger im Rahmen der Schiedsklage. Folglich muss der Beklagte nicht Einzelheiten vortragen oder Beweis für sein Verteidigungsvorbringen anbieten. Er sollte jedoch auf die Behauptungen des Klägers eingehen, d.h. diese bestätigen oder bestreiten, und die Rechtsausführungen in der Klage kommentieren. 3. Angaben zum Schiedsverfahren (Abs. 1 Buchst. e und f) Der Beklagte muss sich zunächst zur Anzahl der Schiedsrichter äußern, sofern 22 diese nicht bereits in der Schiedsvereinbarung festgelegt ist. In der Schiedsklage sollte sich der Kläger bereits für einen Einzelschiedsrichter oder ein Dreierschiedsgericht entschieden haben. Dieser Ansicht kann der Beklagte nun beipflichten oder entgegentreten. Wenn die Schiedsvereinbarung die Anzahl der Schiedsrichter nicht vorgibt und die Parteien keine Einigkeit darüber erzielen, trifft der Gerichtshof diese Entscheidung nach Art. 12. Wenn die Schiedsvereinbarung die Anzahl der Schiedsrichter festlegt und lediglich der Beklagte einem davon abweichenden Vorschlag des Klägers nicht zustimmt, führt dies zu keiner Entscheidung des Gerichtshofs nach Art. 12; die Anzahl der Schiedsrichter richtet sich dann nach der Schiedsvereinbarung. Nach dem Wortlaut der ICC-SchO bestimmt sich die Anzahl der Schiedsrichter 23 vorrangig nach der Schiedsvereinbarung. Nur wenn diese dazu schweigt, sind die Parteien berufen, zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Tatsächlich ist das Verhältnis jedoch umgekehrt: die Parteien können sich stets auf eine Änderung Schilling
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Art. 5 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen der Schiedsvereinbarung oder des Verfahrens einigen. In diesem Fall können sie auch die Vorgaben der Schiedsvereinbarung zur Schiedsrichteranzahl nachträglich modifizieren. Nur wenn sie nicht zu einer Einigung im Schiedsverfahren finden, ist auf die Schiedsvereinbarung zurückzugreifen oder, falls diese schweigt, die Entscheidung des Gerichtshofs herbeizuführen. 24 Haben die Parteien die Entscheidung durch einen Einzelschiedsrichter vereinbart
und hat der Kläger bereits in seiner Schiedsklage einen personellen Vorschlag gemacht (obwohl Letzteres nicht üblich ist; s. Art. 4 Rz. 42 ff.), muss der Beklagte hierzu Stellung nehmen. Falls er den Vorschlag ablehnt, kann er einen Gegenvorschlag unterbreiten oder direkt die Ernennung durch den Gerichtshof beantragen. Wenn sich die Parteien nicht binnen 30 Tagen oder in einer vom Sekretariat gewährten Fristverlängerung auf einen Schiedsrichter einigen können, übernimmt der Gerichtshof die Auswahl (Art. 12 Abs. 3, s. Art. 12 Rz. 16 f.).
25 Empfehlung: Es empfiehlt sich, Verhandlungen über die konkrete personelle Besetzung des Schiedsgerichts in informellen Konsultationen der Parteivertreter zu führen.
26 Haben sich die Schiedsparteien dagegen für ein Dreierschiedsgericht entschieden,
muss der Beklagte einen Parteischiedsrichter benennen. Der Beklagte hat hierfür eine Frist von 30 Tagen. Falls er innerhalb dieser Frist keinen Schiedsrichter benennt, wird der Parteischiedsrichter vom Gerichtshof bestimmt (Art. 12 Abs. 4).
27 Die Obliegenheit des Beklagten zur Schiedsrichterbenennung besteht grds. un-
abhängig davon, ob der Kläger bereits zuvor einen Schiedsrichter benannt hat. Wenn der Kläger jedoch noch keinen Schiedsrichter benannt hat und der Beklagte dies in Folge vorerst auch nicht fristgerecht tut, kann der Gerichtshof allerdings die Schiedsrichterbenennung des Klägers abwarten (bzw. zunächst ggf. einen Schiedsrichter für den Kläger ernennen) und dann dem Beklagten erneut eine Gelegenheit geben, einen Schiedsrichter zu benennen, bevor der Gerichtshof einen Schiedsrichter für ihn ernennt. In Ausnahmefällen kann allerdings auch ein anderes Vorgehen zwingend geboten sein, etwa wenn die Schiedsvereinbarung festlegt, dass der Beklagte innerhalb einer bestimmten Frist einen Schiedsrichter zu benennen hat.
28 Empfehlung: Falls der Kläger seiner Obliegenheit zur Schiedsrichterbenennung nicht nachgekommen ist und der Beklagte seinen Mitschiedsrichter erst benennen möchte, sobald die Benennung des Klägers vorliegt, sollte der Beklagte in der Klageantwort oder in seinem Fristverlängerungsantrag auf Einreichung der Klageantwort darauf eingehen und beantragen, dass ihm eine neue Frist gesetzt wird, sobald der Kläger einen Schiedsrichter nominiert hat (bzw. der Gerichtshof für den Kläger einen Schiedsrichter ernannt hat). Vorsichtshalber sollte der Beklagte in so einem Fall auch erwägen, einen Schiedsrichter fristgerecht hilfsweise zu benennen. Dazu auch Art. 12 Abs. 4, s. Art. 12 Rz. 24 ff.
29 Die Benennung eines Schiedsrichters ist für den Beklagten problematisch, wenn
nicht klar ist, ob das Schiedsgericht aus einem Einzelschiedsrichter oder einem Dreierschiedsgericht besteht. Diese Situation kann eintreten, wenn – in Abwesenheit einer Regelung in der Schiedsvereinbarung – der Kläger ein Dreierschiedsgericht verlangt und der Beklagte einen Einzelschiedsrichter wünscht. 82
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Klageantwort; Widerklage | Art. 5 ICC-SchO Empfehlung: In diesen Fällen ist dem Beklagten zu empfehlen, das Sekretariat auf die Situation hinzuweisen und zunächst um eine Festlegung der Schiedsrichteranzahl zu bitten.
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Ferner muss der Beklagte zum Schiedsort, zum anwendbaren Recht und zur 31 Verfahrenssprache Stellung nehmen. Hierfür unterliegt er denselben Regelungen wie der Kläger (Art. 4 Abs. 3 Buchst. h, s. Art. 4 Rz. 11 ff.).
VI. Einreichung der Klageantwort (Abs. 1, 2) Der Beklagte muss die Klageantwort innerhalb von 30 Tagen dem Sekretariat 32 übersenden; vorzugsweise sollte er die Klageantwort an das zuständige Case Management Team (Art. 1 Rz. 23) adressieren, welches das Sekretariat in einem Begleitschreiben zur Schiedsklage genannt hat. Gleiches gilt für eine gemäß Art. 7 einbezogene zusätzliche Partei (Art. 7 Abs. 4) und den Gegner eines Anspruchs, der von einer anderen Schiedspartei als dem Kläger geltend gemacht wird (Art. 8 Abs. 3). Die Frist berechnet sich nach Art. 3 Abs. 3. Fristauslösendes Ereignis ist der Zugang der vom Sekretariat übermittelten Schiedsklage. Das Sekretariat legt hierbei üblicherweise das Datum der Zugangsbestätigung des Postoder Kurierdienstes zugrunde, bei einem elektronischen Versand das Datum der E-Mail. Falls der Beklagte Zweifel hinsichtlich des genauen Zugangsdatums hat, sollte er das Sekretariat kontaktieren. Der Beklagte kann die Klageantwort auch rein elektronisch übersenden. Falls 33 sich der Beklagte dennoch für eine Übermittlung in Papierform entscheidet, muss die Klageantwort in der in Art. 3 Abs. 1 genannten Anzahl von Exemplaren einreichen. Das bedeutet, dass er jeweils ein Exemplar für jede Partei des Schiedsverfahrens, für das Sekretariat und für jeden Schiedsrichter zur Verfügung stellen muss. Der Beklagte kann die Klageantwort in elektronischer Form bzw. in ausreichender Anzahl an Exemplaren ans Sekretariat senden oder jeweils direkt an den Kläger und die Schiedsrichter (falls diese schon bestätigt oder vom Gerichtshof ernannt wurden). Falls sich der Beklagte für Letzteres entscheidet, sollte er dies dem Sekretariat mitteilen. In beiden Fällen ist aber – wie überhaupt für alle Verfahrenskommunikationen – eine Kopie an das Sekretariat zu senden. Der Beklagte kann eine Fristverlängerung beantragen. Hierfür sollte er angeben, 34 welche weitere Frist er benötigt und warum diese Fristverlängerung notwendig ist. Übliche Gründe für eine Fristverlängerung sind bspw., dass der Umfang oder die Komplexität der Klage zusätzliche Zeit erfordern. Das Sekretariat gewährt die erste Fristverlängerung allerdings automatisch, sogar wenn diese nicht begründet ist. I.d.R. gewährt das Sekretariat eine Fristverlängerung von 30 Tagen. Längere 35 Fristverlängerungen sind in der Praxis höchst unüblich und werden selbst bei entsprechender Begründung i.d.R. nur dann erteilt, wenn die Gegenseite damit einverstanden ist. Nach Art. 5 Abs. 2 ist für jede Fristverlängerung erforderlich, dass (i) der Fristverlängerungsantrag innerhalb der ursprünglichen 30-Tages-Frist gestellt wird und (ii) dass der Beklagte in dieser ersten 30-Tages-Frist alle Angaben zur Konstituierung des Schiedsgerichts gemacht hat. Letzteres beSchilling
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Art. 5 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen deutet eine Stellungnahme zur Anzahl der Schiedsrichter sowie zu deren Auswahl (im Falle eines Einzelschiedsrichters bedeutet dies ggf. eine Stellungnahme zum Vorschlag des Klägers, im Falle eines Dreierschiedsgerichts bedeutet dies die Benennung eines Parteischiedsrichters). Auf diese Weise wird das Schiedsverfahren trotz der Fristverlängerung nicht aufgehalten, da die entsprechende Zeit zur Konstituierung des Schiedsgerichts genutzt wird. Ausführungen zum Schiedsort müssen dagegen nicht zwingend im Fristverlängerungsantrag gemacht werden. Falls der Schiedsort nicht bestimmt ist, können sich solche Ausführungen dennoch empfehlen, weil der Schiedsort Einfluss auf eine etwaige Auswahl des Schiedsrichters bzw. der Schiedsrichter durch den Gerichtshof haben kann. 36 Versäumt der Beklagte die 30-Tägige Frist, droht ihm grds. keine Präklusion;
das Sekretariat leitet die Klageantwort stets an das Schiedsgericht weiter, sobald es konstituiert ist (dort kann der Kläger dann vorbringen, dass die Klageantwort verspätet und deshalb präkludiert ist; ein derartiger Antrag hat i.d.R. jedoch keinen Erfolg). Der Beklagte kann zudem auch später ohne Einschränkungen Sachverhalt und Beweisangebote vortragen. Das gilt allerdings nicht zwingend für Zuständigkeitsrügen: Wenn der Beklagte sich dazu entschließt, am Schiedsverfahren teilzunehmen, kann er die Zuständigkeitsrüge in manchen Rechtsordnungen nur am Anfang des Schiedsverfahrens erheben (für das deutsche Recht s. § 1040 Abs. 2 ZPO, wonach eine Zuständigkeitsrüge in einer verspätet eingebrachten Klageantwort zu keiner Präklusion führen würde; s. auch Rz. 4 und Rz. 6). Zudem kann das Vorbringen des Beklagten zur Konstituierung des Schiedsgerichts, zum Schiedsort und zur Verfahrenssprache durch den Fortgang des Schiedsverfahrens überholt werden. Bei Nichteinreichung der Klageantwort kann Art. 6 Abs. 3 zum Tragen kommen.
37 Sobald das Sekretariat die Klageantwort erhält, wird es diese jeder anderen Par-
tei des Schiedsverfahrens zuleiten (Art. 5 Abs. 4), sofern dies noch nicht direkt durch den Beklagten geschehen ist. Diese Weiterleitung hängt von keinen Voraussetzungen ab. Wenn der Beklagte eine Übermittlung eines physischen Exemplars der Klageantwort wünscht, muss er jedoch die dafür erforderliche Anzahl an Exemplaren übermitteln.
VII. Übermittlung der Klageantwort (Abs. 4) 38 Bei einer elektronischen Übermittlung, wovon die ICC-SchO als Regelfall aus-
geht, prüft das Sekretariat, ob alle Parteien und alle Schiedsrichter Empfänger der Kommunikation sind. Ist dies der Fall, bestätigt das Sekretariat lediglich deren Erhalt, eine Weiterleitung durch das Sekretariat findet dann i.d.R. nicht statt. Wenn der Beklagte eine Übermittlung in Papierform wählt, muss er die Klageantwort in der entsprechenden Anzahl an Exemplaren an das Sekretariat senden. Dieses bestätigt dann den Empfang und leitet die Klageantwort an alle anderen Parteien des Verfahrens weiter. Wenn der Beklagte die Klageantwort jedoch direkt an den Kläger und ggf. den/die Schiedsrichter sendet, ist die Übermittlung durch das Sekretariat hinfällig. 84
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Klageantwort; Widerklage | Art. 5 ICC-SchO
B. Widerklage (Abs. 5, 6) I. Normzweck Die Vorschriften zur Widerklage beabsichtigen in erster Linie eine Verfahrens- 39 konzentration. Die Schiedsparteien sollen möglichst früh im Schiedsverfahren Angaben zur Art und zum Umfang des Verfahrensinhalts machen. Sie müssen spätestens bei Fertigstellung des Schiedsauftrags vorliegen.
II. Verhältnis zu § 1046 Abs. 3 ZPO § 1046 Abs. 3 ZPO verweist auf die allgemeinen Vorschriften für die Klage und 40 Klagebeantwortung in § 1046 Abs. 1 und 2 ZPO. Die dort beschriebenen Anforderungen werden von den weitergehenden Anforderungen der ICC-SchO zur Klage und Klageantwort überlagert (s. Rz. 3). Gleiches gilt für die Widerklage.
III. Vergleich mit den in staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Nach § 33 Abs. 1 ZPO kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der damit 41 geltend gemachte Anspruch mit dem Klageanspruch oder einem gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmittel in Zusammenhang steht. Dabei ist ein rechtlicher Zusammenhang erforderlich; ein bloß tatsächlicher oder wirtschaftlicher genügt nicht. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt und ergibt sich auch sonst keine Zuständigkeit des Gerichts für die Widerklage, erlässt das Gericht einen Hinweisbeschluss und gibt den Parteien die Gelegenheit, eine Verweisung zu beantragen. Macht keine Partei davon Gebrauch, wird die Widerklage nach § 281 ZPO als unzulässig abgewiesen.
IV. Inhalt und Einreichung der Widerklage Die Vorschriften zum Inhalt der Widerklage sind identisch mit denen zur 42 Schiedsklage (Art. 4 Abs. 3), selbstverständlich bis auf die schiedsverfahrensbezogenen Angaben, die der Widerkläger ohnehin schon im Rahmen seiner Klageantwort machen muss. Im Allgemeinen gilt auch hier, dass der Widerkläger nur eine summarische Zusammenfassung der anspruchsbegründenden Umstände mit einem Antrag geben muss. Dazu muss er Verträge, auf die er sich beruft, vorlegen und zur Schiedsvereinbarung Stellung nehmen. Im Übrigen gelten die obigen Ausführungen (s. Art. 4 Rz. 11 ff.). Aus Art. 23 Abs. 4 folgt im Umkehrschluss, dass – entgegen dem nicht ganz eindeutigen Wortlaut von Art. 5 Abs. 5 – eine Widerklage nicht zwingend binnen der Frist zur Klageantwort erhoben werden muss, sondern bis zur Unterzeichnung bzw. Genehmigung des Schiedsauftrags ohne Weiteres möglich bleibt. Wenn die Bestimmungen zum Schilling
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Art. 5 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen beschleunigten Verfahren anwendbar sind, bleibt eine Widerklage nur bis zur Bildung des Schiedsgerichts ohne Weiteres möglich (Art. 3 Abs. 2 Anhang VI). 43 Empfehlung: Falls die Widerklage Aspekte aufweist, die die Auswahl eines Schiedsrichters
beeinflussen können, sollte der Beklagte diese Angaben bereits mit dem Antrag auf Fristverlängerung (oder, falls er keine Fristverlängerung beantragt und die Widerklage dennoch nicht bereits in der Klageantwort erhebt, in der Klageantwort) machen; macht er sie später, können die Schiedsrichter bereits ernannt sein. Insb. können Angaben über die voraussichtliche Höhe der Widerklage sinnvoll sein, wenn dieser den Wert der Klage (ggf. deutlich) übersteigt. Wenn der Beklagte den Gerichtshof darüber informiert, kann er verhindern, dass der Gerichtshof vor Erhebung der Widerklage einen Einzelschiedsrichter (ggf. auch einen Vorsitzenden) ernennt, der dem schlussendlichen Streitwert nicht „gewachsen“ ist.
V. Zulässigkeit der Widerklage 44 Das Schiedsgericht entscheidet über die Zulässigkeit der Widerklage. Bei einer
Widerklageerhebung ist bei entsprechenden Einwendungen auch eine vorläufige Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs nach Art. 6 Abs. 4 über die Zuständigkeit hinsichtlich der Widerklage möglich. Dabei überprüft das Schiedsgericht bzw. der Gerichtshof i.d.R. nur die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Schiedsklage. Darüber hinaus stellt die ICC-SchO keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für Widerklagen auf. Ein rechtlicher Zusammenhang wie nach § 33 Abs. 1 ZPO wird nicht gefordert.
45 Als wesentliche Zulässigkeitsvoraussetzung muss das Schiedsgericht die Kom-
petenz haben, über die Widerklageforderung zu entscheiden. Dazu ist in erster Linie erforderlich, dass auch die Widerklageforderung unter eine Schiedsvereinbarung fällt, an die alle Parteien gebunden sind; dabei muss es sich nicht um denselben Vertrag und nicht einmal um dieselbe Schiedsvereinbarung handeln, auf den bzw. die sich die Hauptschiedsklage stützt. Wenn die Widerklage nicht auf dieselbe Schiedsvereinbarung wie die Hauptschiedsklage gestützt wird, ist insb. Art. 9 i.V.m. Art. 6 Abs. 3–4 einschlägig. Sind die entsprechenden Voraussetzungen nicht erfüllt, muss sich das Schiedsgericht hinsichtlich der Widerklage für unzuständig erklären bzw. diese als unzulässig zurückweisen.
46 Ferner muss die Schiedsvereinbarung, der die Widerklageforderung unterfällt,
mit der Schiedsvereinbarung der Hauptklageforderung vereinbar sein (s. hierzu Art. 6 Rz. 173, 177 ff.).
VI. Drittwiderklage 47 Die Drittwiderklage bietet den Vorteil, dass widersprüchliche Entscheidungen
vermieden werden. Zudem profitiert der Beklagte bei einem einheitlichen Verfahren von den degressiven Kosten- bzw. Honorartabellen für die Institution bzw. die Schiedsrichter. 86
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Klageantwort; Widerklage | Art. 5 ICC-SchO
Die ICC-SchO behandelt die Voraussetzungen der Drittwiderklage in Art. 7 48 (s. hierzu Art. 7 Rz. 8 ff.). Einen besonderen Fall der Drittwiderklage stellen sog. cross claims dar. Diese 49 Verfahrenskonstellation liegt vor, wenn ein Beklagter eine Klage gegen einen Mitbeklagten erhebt. Die ICC-SchO behandelt derartige Fälle unter Art. 8 (s. hierzu Art. 8 Rz. 4 ff.).
VII. Antwort auf die Widerklage Der Kläger hat 30 Tage Zeit, um auf die Widerklage zu antworten. Wenn der 50 Beklagte in der Klageantwort lediglich mit eigenen Forderungen Aufrechnung erklärt (ohne diese Forderungen gleichzeitig als Widerklage geltend zu machen) löst dies – mangels Vorliegen einer Widerklage – keine Notwendigkeit zur Antwort auf die Widerklage aus. Die Berechnung der 30-tägigen Frist richtet sich nach Art. 3 Abs. 4. Das Sekretariat kann die Frist für die Antwort auf die Widerklage verlängern, vorausgesetzt, die Akten sind noch nicht an das Schiedsgericht übermittelt worden. In aller Regel wird das Sekretariat die Frist auf Antrag um bis zu 30 Tage verlängern; eine längere Fristverlängerung kommt nur mit Zustimmung des Widerklägers in Betracht. Falls das Schiedsgericht bereits im Besitz der Akten ist, muss dieses um eine Fristverlängerung ersucht werden. Die Nichtbeachtung der Frist hat i.d.R. keine Konsequenzen. Eine Präklusion kommt vor der Konstituierung des Schiedsgerichts nicht in Betracht.
VIII. Mögliche Einwendungen gegen die Zulässigkeit der Widerklage Die ICC-SchO stellt keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für die 51 Widerklage auf. Ein rechtlicher Zusammenhang wie nach § 33 Abs. 1 ZPO wird nicht gefordert. Es ist nicht einmal eine Voraussetzung der Widerklage, dass die mit der Hauptschiedsklage geltend gemachten Ansprüche noch verfahrensgegenständlich sind, weil der Schiedskläger und Schiedsbeklagte insofern gleich behandelt werden. Es ist also durchaus möglich, dass ein Kläger seine Ansprüche wirksam zurückzieht und nur noch die Wiederklage im Schiedsverfahren aufrechterhalten wird.
IX. Kosten Eine Registrierungsgebühr fällt für die Widerklage nicht an. Sehr wohl fällt hin- 52 gegen eine Registrierungsgebühr für eine Drittwiderklage in Form eines Antrags auf Einbeziehung einer zusätzlichen Partei gemäß Art. 7 an. Siehe im Übrigen Art. 7 Rz. 16, 22, Art. 37 Rz. 9 und 26 ff. Schilling
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Art. 5 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen C. Aufrechnung I. Verhältnis zu § 1046 Abs. 3 ZPO 53 Die ICC-SchO sieht keine besondere Regelung für die Aufrechnung vor (abge-
sehen von der Kostenregelung in Art. 37 Abs. 7, wonach eine Aufrechnung bei der Berechnung des Kostenvorschusses wie ein eigenständiger Anspruch behandelt wird, soweit sie die Prüfung zusätzlicher Fragen durch das Schiedsgericht erforderlich machen könnte). Daher gilt § 1046 Abs. 3 ZPO. Diese Norm regelt nach ihrem Wortlaut die Widerklage, erfasst allerdings auch die Aufrechnung. Denn das UNCITRAL-ModG, das § 1046 Abs. 3 ZPO zugrunde liegt, verwendet an dieser Stelle den Begriff „counterclaim“, der sowohl die Widerklage als auch die Aufrechnung erfasst. Auch wenn der ZPO-Gesetzestext diesen Umstand nicht berücksichtigt, ist allgemein anerkannt, dass § 1046 Abs. 3 ZPO auch auf die Aufrechnung Anwendung findet.
II. Vergleich mit den in staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 54 Die Aufrechnung besitzt eine Doppelnatur, sie ist materiell-rechtliche Erklä-
rung und Prozesshandlung zugleich. Als Prozesshandlung gilt sie als Verteidigungsmittel i.S.d. §§ 146, 277, 296 und 530 ZPO. Will der Beklagte die Aufrechnung mit der Klageforderung im Prozess erklären, muss er die Anforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO entsprechend erfüllen.
55 Da es sich nicht um eine (Wider-)Klage, sondern nur ein Verteidigungsmittel
handelt, kann das für die Klage zuständige Gericht über die Aufrechnung rechtskräftig entscheiden, auch wenn es nicht sachlich oder örtlich zuständig ist. Gleiches gilt wohl auch für die internationale Zuständigkeit (str.). Wenn für die Gegenforderung allerdings eine Schiedsvereinbarung besteht, dürfen staatliche Gerichte nach allgemeiner Auffassung nicht über die Aufrechnung entscheiden (BGH v. 29.7.2009 – III ZB 48/09, NJOZ 2010, 2383, st. Rspr. seit BGH v. 22.11.1962 – VII ZR 264/61, BGHZ 38, 254 = NJW 1963, 243). Als Verteidigungsmittel kann die Aufrechnung auch wegen Verspätung zurückgewiesen werden.
III. Anwendbares Recht 56 Die Aufrechnung beurteilt sich u.U. nach verschiedenen Rechtsordnungen. Für
die Frage, ob die betreffende Forderung besteht, ist auf das Recht abzustellen, das nach den Regeln des internationalen Privatrechts Anwendung findet (meist das Recht des Entstehungsortes). Für die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Aufrechnung ist dagegen auf das Recht abzustellen, dem die Hauptforderung unterliegt (Art. 17 Rom-I-VO). Ist deutsches Recht insofern anwendbar, müssen also die Voraussetzungen der §§ 387 ff. BGB erfüllt sein. Zum jeweils anwendbaren Recht s. Art. 21 Rz. 12 ff. 88
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Klageantwort; Widerklage | Art. 5 ICC-SchO
Ob die Aufrechnung verfahrensrechtlich zulässig ist, bestimmt sich dagegen nach 57 dem anzuwendenden Verfahrensrecht, meist also nach dem Recht des Schiedsortes.
IV. Notwendigkeit einer Schiedsvereinbarung für die Gegenforderung Nach deutschem Recht muss grds. unabhängig von den eventuellen weiteren Vo- 58 raussetzungen der prozessualen Zulässigkeit der Aufrechnung für die Gegenforderung, mit der aufgerechnet wird, eine mit der für die Hauptforderung geltenden Schiedsvereinbarung kompatible Schiedsvereinbarung gelten (s. Art. 6 Rz. 177 ff.). Anderenfalls ist die Aufrechnung ausgeschlossen. Verschiedentlich wird auch ohne entsprechende Schiedsvereinbarung von der 59 Zulässigkeit der Aufrechnung ausgegangen, solange die andere Partei der Aufrechnung nicht widerspricht. Der Mangel an Widerspruch wird in diesem Fall als stillschweigender Abschluss einer Schiedsvereinbarung oder als eine rügelose Einlassung gewertet. Spätestens mit der Rüge des Klägers hat das Schiedsgericht jedoch keine Befugnis mehr, über die Gegenforderung oder die Aufrechnung zu entscheiden, wenn eine entsprechende Schiedsabrede fehlt. Zudem steht das Fehlen einer Schiedsabrede der Aufrechnung nur entgegen, so- 60 lange die Gegenforderung noch str. ist. Ist sie dagegen entweder unstreitig oder schon rechtskräftig festgestellt, kann das Schiedsgericht über die Aufrechnung entscheiden (BGH v. 29.7.2010 – III ZB 48/09, SchiedsVZ 2010, 275; s. auch KG v. 1.11.2006 – 26 U 28/06, SchiedsVZ 2008, 94). Empfehlung: Wenn der Beklagte die Aufrechnung mangels entsprechender Schiedsabrede nicht in dem Schiedsverfahren geltend machen kann, bleibt ihm in Anlehnung an § 767 Abs. 2 ZPO immer noch die Möglichkeit, die Aufrechnung im staatlichen Verfahren der Vollstreckbarerklärung zu erklären. Das ist dem Beklagten allerdings verwehrt, wenn die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung ihrerseits einer Schiedsvereinbarung unterfällt. Ausnahmsweise ist die Aufrechnung im staatlichen Verfahren der Vollstreckbarerklärung trotz Schiedsvereinbarung für die Gegenforderung möglich, wenn diese unstreitig oder dazu ein Schiedsspruch bereits ergangen ist (einer Vollstreckbarerklärung dieses Schiedsspruches über die Gegenforderung bedarf es zur Aufrechnung nicht). Allerdings kann mit einer Forderung trotz eines dazu ergangenen Schiedsspruchs nicht im staatlichen Verfahren aufgerechnet werden, wenn diese Forderung nach dem Schiedsspruch abgetreten wurde und die Wirksamkeit der Abtretung im Streit steht; in diesem Fall obliegt es dem Schiedsgericht, zunächst über die Wirksamkeit der Abtretung zu entscheiden.
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V. Prozessuale Behandlung Eine Aufrechnung sollte grds. mit der Klageantwort erklärt werden. Aus Art. 23 62 Abs. 4 folgt aber, dass die Einreichung auch in einem gesonderten Schriftsatz zumindest bis zur Unterzeichnung bzw. Genehmigung des Schiedsauftrags möglich bleibt. Darüber hinaus kann fraglich sein, ob ein Schiedsgericht AufrechSchilling
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Art. 5 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen nungseinreden, die erst nach Erstellung des Schiedsauftrags erhoben werden, stets prüfen muss. Je nach anwendbarem Recht und voraussichtlichem Vollstreckungsort könnte es sein, dass diese als materiell-rechtlicher Schuldtilgungseinwand jedenfalls geprüft werden sollten, damit sich der Beklagte danach nicht erfolgreich auf eine Verletzung seines rechtlichen Gehörs stützen kann.
VI. Kosten 63 Zu den Kosten s. Rz. 52 sowie Art. 37 Rz. 38. 64 Anhang 1:
Checkliste für den Inhalt der Klageantwort Rubrum □ Kontrolle der Bezeichnung und Adressen □ Bezeichnung des eigenen Prozessvertreters: Name, Kontaktdaten Anträge □ Sachantrag (regelmäßig Klageabweisung) □ Kostenantrag Ggf. Rüge der mangelnden Kompetenz des Schiedsgerichts □ Stellungnahme zur klägerischen Darstellung der Schiedsvereinbarung inklusive rechtlicher Ausführungen □ Ausdrückliche Rüge bzw. Hinweis, dass weiterer Vortrag nur hilfsweise gemacht wird Vortrag zum Sachverhalt □ Beschreibung der Parteien: Geschäftsfeld, Historie, Bedeutung □ Korrektur/Schilderung des Sachverhalts □ Vorlage noch nicht ins Verfahren eingeführter Vereinbarungen zwischen den Parteien Rechtliche Ausführungen □ Stellungnahme zum anwendbaren Recht □ Stellungnahme zur Anspruchsgrundlage Angaben zum Schiedsverfahren □ Stellungnahme zum Streitwert □ Stellungnahme zum Schiedsort und zur Verfahrenssprache □ Stellungnahme zur Anzahl der Schiedsrichter □ Falls Dreierschiedsgericht: Benennung des eigenen Parteischiedsrichters □ Ggf. und wenn noch nicht geschehen, Stellungnahme zum Benennungsprozedere des Vorsitzenden 90
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Klageantwort; Widerklage | Art. 5 ICC-SchO
□
Ggf. Stellungnahme zur Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren
Widerklage □ Sachantrag □ Ggf. Zinsantrag □ Anspruchsbegründende Tatsachen □ Darstellung der Schiedsvereinbarung, unter die die Widerklage fällt Sonstiges □ Einreichung beim Sekretariat sowie direkte Zustellung an Kläger und schon bestätigte Schiedsrichter Einreichung in der erforderlichen Anzahl von Exemplaren □ Anhang 2: Schaubild zur zeitlichen Abfolge der Stellungnahmen
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Einreichung der Klageschrift
Bei Vorauss. des Art. 4 Abs. 5 (ausreichende Anzahl an Exemplaren und Zahlung der Registrierungsgebühr)
Sekretariat: Zustellung der Klageschrift an den Beklagten 30 Tage Ggf. Fristverlängerung
30 Tage
Beklagter: Angaben zum Verfahren (insbes. Konstituierung des Schiedsgerichts) Beklagter: Einreichung der Klageantwort Ggf. Einreichung der Widerklage
Kläger: Antwort auf die Widerklage
30 Tage Ggf. Fristverlängerung
Hinweis: Ein Mustertext (deutsch/englisch) für eine Klageantwort mit Widerklage und Einbeziehungsantrag ist bei Art. 7 Rz. 53 ff. abgedruckt.
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen
Artikel 6 Wirkung der Schiedsvereinbarung (1) Mit der Vereinbarung, das Schiedsverfahren gemäß der Schiedsgerichtsordnung durchzuführen, vereinbaren die Parteien ihre Unterwerfung unter die bei Beginn des Schiedsverfahrens gültige Schiedsgerichtsordnung, es sei denn, sie haben die Anwendbarkeit der zum Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung gültigen Schiedsgerichtsordnung vereinbart. (2) Mit der Vereinbarung eines Schiedsverfahrens gemäß der Schiedsgerichtsordnung haben die Parteien anerkannt, dass das Schiedsverfahren vom Gerichtshof verwaltet wird. (3) Wenn eine Partei, gegen die Ansprüche geltend gemacht wurden, keine Antwort einreicht, oder wenn eine Partei eine oder mehrere Einwendungen in Bezug auf Bestehen, Gültigkeit oder Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung oder in Bezug auf die Frage geltend macht, ob alle in dem Schiedsverfahren geltend gemachten Ansprüche gemeinsam in einem einzigen Schiedsverfahren entschieden werden können, so wird das Schiedsverfahren fortgesetzt und die Frage der Zuständigkeit oder die Frage, ob alle erhobenen Ansprüche gemeinsam in diesem Schiedsverfahren entschieden werden können, unmittelbar von dem Schiedsgericht entschieden, es sei denn, der Generalsekretär verweist die Angelegenheit zur Entscheidung gemäß Artikel 6(4) an den Gerichtshof. (4) In allen nach Artikel 6(3) an den Gerichtshof verwiesenen Fällen hat der Gerichtshof zu entscheiden, ob und in welchem Ausmaß das Schiedsverfahren fortgesetzt wird. Das Schiedsverfahren wird fortgesetzt, sofern und soweit der Gerichtshof aufgrund des ersten Anscheins überzeugt ist, dass eine ICC-Schiedsvereinbarung bestehen könnte. Insbesondere: (i) wenn mehr als zwei Parteien an dem Schiedsverfahren beteiligt sind, so wird das Schiedsverfahren zwischen denjenigen Parteien und gemäß Artikel 7(1) einbezogenen zusätzlichen Parteien fortgeführt, von denen der Gerichtshof aufgrund des ersten Anscheins überzeugt ist, dass eine für sie verbindliche ICC-Schiedsvereinbarung bestehen könnte; und (ii) wenn Ansprüche gemäß Artikel 9 auf mehr als eine Schiedsvereinbarung gestützt werden, so wird das Schiedsverfahren hinsichtlich der Ansprüche fortgesetzt, bezüglich derer der Gerichtshof aufgrund des ersten Anscheins überzeugt ist, (a) dass die Schiedsvereinbarungen, auf die die Ansprüche gestützt werden, miteinander vereinbar sein könnten und, (b) dass alle Parteien des Schiedsverfahrens vereinbart haben könnten, dass die Ansprüche gemeinsam im Rahmen eines einzigen Schiedsverfahrens entschieden werden können. Die Entscheidung des Gerichtshofs gemäß Artikel 6(4) lässt die Entscheidung über die Zulässigkeit und Begründetheit der Anträge der Parteien unberührt. (5) In allen vom Gerichtshof nach Artikel 6(4) entschiedenen Angelegenheiten, entscheidet das Schiedsgericht anschließend selbst über seine Zuständigkeit, mit Ausnahme der Fälle, in denen der Gerichtshof hinsichtlich einzelner 92
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
Parteien oder Ansprüche entschieden hat, dass das Schiedsverfahren nicht fortgesetzt werden kann. (6) Wenn die Parteien von der Entscheidung des Gerichtshofs gemäß Artikel 6(4) unterrichtet werden, dass das Schiedsverfahren bezüglich einiger oder aller Parteien nicht stattfinden kann, behält jede Partei das Recht, ein zuständiges Gericht hinsichtlich der Frage anzurufen, ob und bezüglich welcher Parteien eine verbindliche Schiedsvereinbarung besteht. (7) Wenn der Gerichtshof gemäß Artikel 6(4) entschieden hat, dass das Schiedsverfahren hinsichtlich bestimmter Ansprüche nicht stattfinden kann, hindert eine solche Entscheidung die Parteien nicht daran, dieselben Ansprüche zu einem späteren Zeitpunkt in anderen Verfahren geltend zu machen. (8) Weigert sich oder unterlässt es eine Partei, am Schiedsverfahren oder einem Teil desselben teilzunehmen, ist dieses trotz ihrer Weigerung oder Unterlassung fortzusetzen. (9) Vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung hat die Behauptung, der Vertrag sei nichtig oder bestehe nicht, nicht die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts zur Folge, sofern dieses die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung feststellt. Das Schiedsgericht bleibt auch dann befugt, über die Rechtsbeziehungen der Parteien und ihre Anträge und Ansprüche zu entscheiden, wenn der Vertrag im Übrigen nicht bestehen oder unwirksam sein sollte. Article 6: Effect of the Arbitration Agreement (1) Where the parties have agreed to submit to arbitration under the Rules, they shall be deemed to have submitted ipso facto to the Rules in effect on the date of commencement of the arbitration, unless they have agreed to submit to the Rules in effect on the date of their arbitration agreement. (2) By agreeing to arbitration under the Rules, the parties have accepted that the arbitration shall be administered by the Court. (3) If any party against which a claim has been made does not submit an Answer, or if any party raises one or more pleas concerning the existence, validity or scope of the arbitration agreement or concerning whether all of the claims made in the arbitration may be determined together in a single arbitration, the arbitration shall proceed and any question of jurisdiction or of whether the claims may be determined together in that arbitration shall be decided directly by the arbitral tribunal, unless the Secretary General refers the matter to the Court for its decision pursuant to Article 6(4). (4) In all cases referred to the Court under Article 6(3), the Court shall decide whether and to what extent the arbitration shall proceed. The arbitration shall proceed if and to the extent that the Court is prima facie satisfied that an arbitration agreement under the Rules may exist. In particular: (i) where there are more than two parties to the arbitration, the arbitration shall proceed between those of the parties, including any additional parties joined pursuant to Article 7(1), with respect to which the Court is prima facie satisfied that an arbitration agreement under the Rules that binds them all may exist; and (ii) where claims pursuant to Article 9 are made under more than one arbitration agreement, the arbitration shall proceed as to those claims with respect to which the Court
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen is prima facie satisfied (a) that the arbitration agreements under which those claims are made may be compatible, and (b) that all parties to the arbitration may have agreed that those claims can be determined together in a single arbitration. The Court’s decision pursuant to Article 6(4) is without prejudice to the admissibility or merits of any party’s plea or pleas. (5) In all matters decided by the Court under Article 6(4), any decision as to the jurisdiction of the arbitral tribunal, except as to parties or claims with respect to which the Court decides that the arbitration cannot proceed, shall then be taken by the arbitral tribunal itself. (6) Where the parties are notified of the Court’s decision pursuant to Article 6(4) that the arbitration cannot proceed in respect of some or all of them, any party retains the right to ask any court having jurisdiction whether or not, and in respect of which of them, there is a binding arbitration agreement. (7) Where the Court has decided pursuant to Article 6(4) that the arbitration cannot proceed in respect of any of the claims, such decision shall not prevent a party from reintroducing the same claim at a later date in other proceedings. (8) If any of the parties refuses or fails to take part in the arbitration or any stage thereof, the arbitration shall proceed notwithstanding such refusal or failure. (9) Unless otherwise agreed, the arbitral tribunal shall not cease to have jurisdiction by reason of any allegation that the contract is non-existent or null and void, provided that the arbitral tribunal upholds the validity of the arbitration agreement. The arbitral tribunal shall continue to have jurisdiction to determine the parties’ respective rights and to decide their claims and pleas even though the contract itself may be non-existent or null and void. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 Unterwerfung unter die ICC-SchO. Maßgeblicher Zeitpunkt ist Beginn des Schiedsverfahrens. Ausnahme: Zeitpunkt des Abschlusses vereinbart. → Rz. 1–16; Abs. 2 Anerkennung der Verwaltung des Verfahrens durch den Gerichtshof. → Rz. 17–26; Abs. 3 Keine Antwort oder Einwendungen gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts. Grundsatz: Schiedsgericht entscheidet selbst (Kompetenz-Kompetenz). Ausnahme: Generalsekretär verweist zunächst an Gerichtshof. → Rz. 27–82; Abs. 4 Rechtsfolgen der Verweisung nach Abs. 3: Entscheidung des Gerichtshofs aufgrund des ersten Anscheins. → Rz. 83–214; Abs. 5 Bei Fortsetzung des Schiedsverfahrens anschließende Entscheidung durch das Schiedsgericht. → Rz. 215–228; Abs. 6–7 Vorbehalt des Rechts, zuständiges Gericht anzurufen oder anderes Schiedsverfahren einzuleiten. → Rz. 229–239; Abs. 8 Fortsetzung des Schiedsverfahrens trotz Säumnis. → Rz. 240– 258; Abs. 9 Eigen- und Selbständigkeit der Schiedsvereinbarung (Grundsatz der „separability“). → Rz. 259–268 Kostenaspekte: Zuständigkeitseinwendungen können zu Mehrkosten und Verzögerungen führen. Scheidet eine Partei bereits aufgrund einer negativen Entscheidung des Gerichtshofs aufgrund des ersten Anscheins gemäß Abs. 4 aus, kann sie im Schiedsverfahren keine Kostenerstattung geltend machen, → Rz. 238–239. A. Unterwerfung unter die ICC-SchO 2021 (Abs. 1) . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . .
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__ _ 1 1 2
III. Tatbestandsvoraussetzung . . . . IV. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . B. Anerkennung der Verwaltung des Schiedsverfahrens durch den Gerichtshof (Abs. 2) . . . . .
__ _ 3 6
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . III. Tatbestandsvoraussetzung . . . . IV. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . 1. Anerkennung des Gerichtshofs als Verwaltungsorgan . . . . . . . . 2. Verwaltung durch den Gerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Nichteinreichung der Antwort oder Geltendmachung von Einwendungen (Abs. 3) . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Änderungshistorie . . . . . . . . . III. Verhältnis zu §§ 1040 und 1048 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . V. Tatbestandsvoraussetzungen . . 1. Anspruchserhebung . . . . . . . . . 2. Nichteinreichung der Antwort (Var. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Einwendungen in Bezug auf Bestehen, Gültigkeit oder Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung (Var. 2) . . . . . . . . 4. Einwendungen in Bezug auf die Frage, ob alle geltend gemachten Ansprüche zusammen in einem Schiedsverfahren entschieden werden können (Var. 3) . . . . . . VI. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundsatz: Fortsetzung des Schiedsverfahrens und unmittelbare Entscheidung durch das Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . 2. Ausnahme: Verweisung durch den Generalsekretär an den Gerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . D. Entscheidung des Gerichtshofs aufgrund des ersten Anscheins (Abs. 4–7) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Änderungshistorie . . . . . . . . .
_ __ _ _ _ __ _ _ __ _ _ _ 17 19 20 21 22 25
27 27 31 32 39 41 41 42
50
__ _ _ __ _ 60 68
74 79
83 83 86
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III. Verhältnis zu § 1040 ZPO . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . V. Entscheidung des Gerichtshofs (Abs. 4 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeine Tatbestandsvoraussetzung: Prima-facie-Test (Abs. 4 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Vereinbarung eines Schiedsverfahrens gemäß der ICC-SchO . . . . . . . . . . . . . . b) Form und Sprache der Schiedsvereinbarung . . . . . . c) Zustandekommen der Schiedsvereinbarung . . . . . . d) Parteien der Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . e) Objektive Reichweite der Schiedsvereinbarung . . . . . . f) Objektive Schiedsfähigkeit . . g) „Multi-Tier“-Streitbeilegungsklauseln . . . . . . . . . . . . . . . h) Res iudicata/Lis pendens . . . . 2. Besondere Tatbestandsvoraussetzungen bei Mehrparteienverfahren (Abs. 4 Satz 3 (i)) . . . . 3. Besondere Tatbestandsvoraussetzungen bei mehreren Schiedsvereinbarungen (Abs. 4 Satz 3 (ii)) a) Stützen von Ansprüchen auf mehr als eine Schiedsvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . b) Schiedsvereinbarungen, auf die die Ansprüche gestützt werden, könnten miteinander vereinbar sein (Abs. 4 Satz 3 (ii) Buchst. a) . . . . . . . . . . . . c) Mögliche Vereinbarung, dass die Ansprüche gemeinsam im Rahmen eines einzigen Schiedsverfahrens entschieden werden können (Abs. 4 Satz 3 (ii) Buchst. b) . . . . . . . . . . . 4. Besondere Tatbestandsmerkmale bei Mehrparteienfällen und mehreren Schiedsvereinbarungen (Abs. 4 Satz 3 (i) und (ii)) . . . . .
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88 89 90 95
100 111 116 124 139 145 159 162 168 173
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191
204
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen 5. Rechtsfolgen bei positiver Primafacie-Entscheidung des Gerichtshofs (Abs. 4, 5) . . . . . . . . . . . . . a) Fortsetzung des Schiedsverfahrens (Abs. 4) . . . . . . . . b) Entscheidung über Zulässigkeit und Begründetheit bleibt unberührt (Abs. 4 Satz 4) . . . c) Anschließende Entscheidung des Schiedsgerichts bei positiver Entscheidung des Gerichtshofs (Abs. 5) . . . . . . 6. Rechtsfolgen bei negativer Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs (Abs. 4, 5, 6, 7) . . . a) Keine Fortsetzung des Schiedsverfahrens (Abs. 4, 5) . b) Vorbehalt des Rechts der Parteien, das zuständige Gericht anzurufen (Abs. 6) . . . . . . . . c) Geltendmachung von Ansprüchen zu einem späteren Zeitpunkt in anderen Verfahren (Abs. 7) . . . . . . . . 7. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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208 208 214
215 222 222 229
235 238
E. Weigerung oder Unterlassung, am Schiedsverfahren teilzunehmen (Abs. 8) . . . . . . . . . 240
I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu § 1048 ZPO . . . III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . IV. Tatbestandsvoraussetzungen . 1. Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Weigerung oder Unterlassung, am Schiedsverfahren oder einem Teil davon teilzunehmen V. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . F. Gültigkeit der Schiedsvereinbarung trotz Behauptung der Nichtigkeit und des Nichtbestehens des Vertrages (Abs. 9) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu § 1040 Abs. 1 und 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . IV. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . V. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . .
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. 240 . 241 . 243 . 244 . 244 . 247 . 254
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. . 259 . . 259 . . 262 . . 263 . . 264 . . 267
G. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . 269
Literatur: Abolafia, Implied Choice of the Law Applicable to the Arbitration Agreement: The Effect on Non-Signatories in International Arbitration, ASA Bulletin, Vol. 37 Issue 1, S. 64 ff.; Bälz, Prozessführungsverbote durch Schiedsgerichte?, SchiedsVZ 2021, 204 ff.; Benglia, Inaccurate Reference to the ICC, ICC Court Bulletin, Vol. 7 No. 2 (1996), S. 11 ff.; Bühler/von Schlabrendorff, 10 Jahre ICC-Schiedsordnung 1998. Ein Blick zurück, zwei Blicke nach vorne …, SchiedsVZ 2009, 26 ff.; Busse, Die Bindung Dritter an Schiedsvereinbarungen, SchiedsVZ 2005, 118 ff.; Dimolitsa, Issues Concerning the Existence, Validity and Effectiveness of the Arbitration Agreement, ICC, Vol. 7 No. 2 (1996), S. 14 ff.; Frank, Where to go: the floating arbitration agreement, Arbitration International, Vol. 35 Issue 2 (2019), S. 171 ff.; Freyer, Practical Considerations in Drafting Dispute Resolution Provisions in International Commercial Contracts: A US Perspective, Journal of International Arbitration, Vol. 15 Issue 4 (1998), S. 7 ff.; Greenberg/Feris/Albanesi, Consolidation, Joinder, Cross-Claims, Multiparty and Multicontract Arbitrations: Recent ICC-Experience, Dossier of the ICC Institute of World Business Law: Multiparty Arbitration (2010), S. 161 ff.; Greenberg/Mange, Institutional and Ad Hoc Perspectives on the Temporal Conflict of Arbitral Rules, Journal of International Arbitration, Vol. 27 Issue 2 (2010), S. 199 ff.; Karaşahin, Contractual Time Limits to Commence Arbitration, Journal of International Arbitration, Vol. 37 Issue 2 (2020), S. 209 ff.; Kröll, Die schiedsrechtliche Rechtsprechung 2016 und 2017, SchiedsVZ 2018, 61 ff.; Kröll, Eskalationsklauseln im internationalen Wirtschaftsverkehr – Instrument effektiven Konfliktmanagements oder zahnloser
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO Tiger mit Konfliktpotential?, ZvglRWiss 2015, 545 ff.; Quinke, Säumnis in Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2013, 129 ff.; Schroeter, Der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO, SchiedsVZ 2004, 288 ff.; Sessler/Voser, Die revidierte ICC-Schiedsgerichtsordnung – Schwerpunkte, SchiedsVZ 2012, 120 ff.; Voser, Overview of the Most Important Changes in the Revised ICC Arbitration Rules, ASA Bulletin, Vol. 29 Issue 4 (2011), S. 783 ff.
A. Unterwerfung unter die ICC-SchO 2021 (Abs. 1) I. Normzweck Art. 6 Abs. 1 dient der Festlegung des zeitlichen Anwendungsbereichs der ICC- 1 SchO 2021. Auf alle Schiedsverfahren, die nach dem 1.1.2021 begonnen wurden, findet die ICC-SchO 2021 Anwendung, es sei denn, die Parteien haben die Anwendung der zum Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung gültigen Fassung der ICC-SchO ausdrücklich vereinbart. Daraus folgt, dass der Gerichtshof in der Lage ist, Schiedsverfahren auch unter den vorherigen Fassungen der ICC-SchO zu verwalten.
II. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Die Vorschrift des Art. 6 Abs. 1 kann mit dem allgemeingültigen Rechtsgrund- 2 satz verglichen werden, dass Änderungen des Prozessgesetzes ex nunc wirken (BVerfG v. 7.7.1992 – 2 BvR 1631/90, NJW 1993, 1123, 1124; BVerwG v. 25.2. 2005 – 6 PB 9.04, NJW 2005, 1449). Ferner liegt ein Vergleich mit § 33 Abs. 1 EGZPO nahe, der vorsieht, dass die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen, die vor dem Inkrafttreten des neuen Schiedsverfahrensrechts v. 22.12.1997 am 1.1.1999 geschlossen worden sind, sich nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Recht beurteilen.
III. Tatbestandsvoraussetzung Zur Festlegung des zeitlichen Anwendungsbereichs der ICC-SchO ist eine 3 Schiedsvereinbarung erforderlich, ein Schiedsverfahren nach der ICC-SchO durchzuführen. Die Schiedsvereinbarung kann die Form einer selbstständigen Vereinbarung 4 („Schiedsabrede“) oder einer Klausel in einem (Haupt-)Vertrag („Schiedsklausel“) annehmen. Die von der ICC formulierte Standardklausel hat den häufigeren Fall der Schiedsvereinbarung als Teil eines Vertrages vor Augen. Wenngleich nur eine wirksam abgeschlossene Schiedsvereinbarung den Tat- 5 bestand des Art. 6 Abs. 1 erfüllt, werden Einwendungen in Bezug auf Bestehen Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen und Gültigkeit der Schiedsvereinbarung nicht unter Art. 6 Abs. 1, sondern unter Art. 6 Abs. 3 bzw. Abs. 4 geprüft.
IV. Rechtsfolgen 6 Vereinbarung der Unterwerfung. Die Schiedsvereinbarung, ein Schiedsverfah-
ren gemäß der ICC-SchO durchzuführen, enthält die Vereinbarung der Parteien, sich der ICC-SchO zu unterwerfen. Art. 6 Abs. 1 regelt durch eine Grundsatz-/Ausnahmeregelung, welche Fassung der ICC-SchO auf das von den Parteien vereinbarte Schiedsverfahren Anwendung finden soll.
7 Grundsatz: Anwendung der bei Beginn des Schiedsverfahrens gültigen ICC-SchO. Art. 6
Abs. 1 enthält den Grundsatz, dass die bei Beginn des Schiedsverfahrens gültige ICC-SchO Anwendung findet (aber s. Art. 29 Abs. 6 Buchst. a und Art. 30 Abs. 3 Buchst. a für Ausnahmen im Zusammenhang mit den Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren und zum beschleunigten Verfahren). Der Beginn des Schiedsverfahrens ist in Art. 4 Abs. 2 als der Tag definiert, an dem die Klage beim Sekretariat eingeht. Enthält die Schiedsvereinbarung keine Bezugnahme auf eine bestimmte Fassung der ICC-SchO, findet damit die bei Beginn des Schiedsverfahrens gültige ICC-SchO Anwendung. Gleiches gilt, wenn die Schiedsvereinbarung die geläufige Formulierung enthält, dass alle Streitigkeiten „nach der jeweils gültigen SchO der Internationalen Handelskammer (ICC)“ endgültig zu entscheiden sind.
8 Ausnahme: Anwendung der zum Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung
gültigen ICC-SchO. Gemäß Art. 6 Abs. 1 a.E. findet auf Schiedsverfahren, die nach dem 1.1.2021 begonnen wurden, ausnahmsweise nicht die ICC-SchO 2021 Anwendung, wenn die Parteien vereinbart haben, dass die zum Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung (d.h. zu einem Zeitpunkt vor dem 1.1.2021) gültige ICC-SchO Anwendung finden soll. Liegt der Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung zwischen dem 1.1. 2012 und dem 31.12.2020 und haben die Parteien ausdrücklich die Anwendung der zum Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung gültigen ICC-SchO vereinbart, so findet gemäß Art. 6 Abs. 1 a.E. die ICC-SchO 2012 bzw. 2017 Anwendung.
9 Vereinbarung einer bereits außer Kraft getretenen Fassung der ICC-SchO. In
der ICC-SchO ist nicht explizit geregelt, ob die Parteien die Anwendung einer Fassung der ICC-SchO vereinbaren können, die bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung nicht mehr gültig war. Das Sekretariat kann in derartigen Fällen zu Beginn des Schiedsverfahrens versuchen, eine Einigung der Parteien über die Anwendung der aktuell gültigen Fassung der ICC-SchO herbeizuführen. Kommt es zu keiner entsprechenden Einigung, wird der Gerichtshof i.d.R. die in der Schiedsvereinbarung getroffene Regelung respektieren und die vereinbarte alte Fassung der ICC-SchO anwenden. Allerdings hat im Anschluss ggf. das Schiedsgericht zu entscheiden, ob die Parteien wirksam die Anwendung der vor dem Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung gültigen ICC-SchO vereinbaren konnten, obwohl dies in der Grundsatz-Ausnahme-Konstellation des Art. 6 Abs. 1 nicht vorgesehen ist. Meist wird nichts dagegensprechen, in solchen Situationen von einer wirksamen abweichenden Parteivereinbarung auszugehen.
10 Empfehlung: Ratsam ist es, von der dynamischen Verweisung des Art. 6 Abs. 1 nicht ab-
zuweichen. Insbesondere sollten die Parteien in der Schiedsvereinbarung nicht auf eine
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO bereits veraltete Fassung der ICC-SchO Bezug nehmen. Haben die Parteien die Anwendung einer anderen als der jeweils aktuellen Fassung der ICC-SchO vereinbart oder ist aus anderen Gründen unklar, welche Fassung der ICC-SchO anwendbar ist, steht es den Parteien frei, sich auch nachträglich – etwa im Schiedsauftrag – auf die Anwendung der neuesten Fassung der ICC-SchO zu einigen. Grundsätzlich ist die Anwendung der jeweils aktuellen Fassung vorzuziehen, da diese unter Berücksichtigung der „best practice“ im internationalen Schiedsverfahrensrecht entwickelt worden ist (Greenberg/Mange, Journal of International Arbitration, Vol. 27 Issue 2 [2010], 199, 209).
Mitteilung des Sekretariats über die anwendbare Fassung der ICC-SchO. Das 11 Sekretariat teilt den Parteien zu Beginn des Verfahrens mit, nach welcher Fassung der ICC-SchO das Verfahren geführt wird. Diese Beurteilung nimmt das Sekretariat alleine aufgrund der vom Kläger in der Schiedsklage gemachten Angaben vor. Das Sekretariat bezieht sich dabei auf die Schiedsvereinbarung(en), auf die der Kläger seine Ansprüche stützt. Bei der Mitteilung des Sekretariats handelt es sich lediglich um einen administrativen Akt und nicht um eine endgültige Entscheidung der Frage, welche ICC-SchO anwendbar ist. Die anwendbare Fassung der ICC-SchO kann sich daher nachträglich noch ändern, insb. (i) aufgrund einer Vereinbarung der Parteien (Rz. 12), (ii) aufgrund einer Entscheidung des Schiedsgerichts (Rz. 13) und (iii) in seltenen Fällen auch in Folge einer Zuständigkeitsentscheidung des Schiedsgerichts bzw. der Prima-facie-Prüfung des Gerichtshofs gemäß Art. 6 Abs. 4 (Rz. 14). Nachträgliche Parteivereinbarung. Den Parteien steht es grds. frei, während 12 des laufenden Schiedsverfahrens die Anwendbarkeit einer anderen – insb. der neuesten – Fassung der ICC-SchO zu vereinbaren. Meist wird dies zu Beginn des Verfahrens und somit vor der Bildung des Schiedsgerichts geschehen, aber auch nach Bildung des Schiedsgerichts ist dies grds. möglich. Wenn das Schiedsgericht bereits konstituiert ist, ist es allerdings ratsam, eine derartige Vereinbarung nur in Absprache mit dem Schiedsgericht zu treffen. Im Zweifelsfall: Entscheidung des Schiedsgerichts. Nicht immer ist die Frage, 13 welche Fassung der ICC-SchO anwendbar ist, alleine aufgrund der in der Schiedsklage gemachten Angaben eindeutig zu beantworten. Zu Unklarheiten oder Streitigkeiten kann es etwa dann kommen, wenn (i) die Parteien in der Schiedsvereinbarung die Anwendung einer zu jenem Zeitpunkt bereits außer Kraft getretenen Fassung der ICC-SchO vereinbart haben (s. Rz. 9), (ii) der Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien umstritten ist (s. Art. 29 Rz. 24) oder (iii) die Parteien ihre Ansprüche auf mehrere Schiedsvereinbarungen stützen, die jeweils zur Anwendung unterschiedlicher Fassungen der ICC-SchO führen würden (vgl. Rz. 178). Wenn sich die Parteien in derartigen Fällen nicht auf die Anwendbarkeit einer bestimmten Fassung der ICC-SchO einigen, entscheidet das Schiedsgericht darüber, welche Fassung der ICC-SchO anwendbar ist (Mobil Oil Indonesia v. Asamera Oil, 329 N.Y.S. 2nd 614, 616 [1977] bzgl. ICC Case No. 2671 im Hinblick auf die Anwendung der ICC-SchO 1955 und 1975). Bis zu einer solchen Entscheidung des Schiedsgerichts werden das Sekretariat und der Gerichtshof die ICC-SchO in jener Fassung anwenden, die das Sekretariat den Parteien zunächst mitgeteilt hat. Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen 14 Zuständigkeitsentscheidung und Prima-facie-Prüfung. In bestimmten Kon-
stellationen könnten auch Zuständigkeitsentscheidungen des Schiedsgerichts oder eine Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs gemäß Art. 6 Abs. 4 nachträglich eine Auswirkung auf die anwendbare ICC-SchO haben. Dazu kann es dann kommen, wenn Ansprüche im Verfahren auf mehrere Schiedsvereinbarungen gestützt werden, die jeweils zur Anwendung unterschiedlicher Fassungen der ICC-SchO führen würden. Insbesondere könnte es sein, dass Ansprüche auf mehrere Schiedsvereinbarungen gleichzeitig gestützt werden und diese miteinander kompatibel sind, obwohl sie auf unterschiedliche Fassungen der ICCSchO verweisen (s. Rz. 178) oder dass Ansprüche hilfsweise auf mehrere solche Schiedsvereinbarungen gestützt werden. Wenn in derartigen Fällen das Schiedsgericht oder der Gerichtshof entscheidet, dass das Verfahren nur hinsichtlich der aufgrund einer der Schiedsvereinbarungen geltend gemachten Ansprüche fortgesetzt wird (s. dazu auch Rz. 224), könnte dies zu einer Änderung der anwendbaren Fassung der ICC-SchO führen.
15 Folgen der Änderung der anwendbaren ICC-SchO. Sollte sich die anwendbare
Fassung der ICC-SchO während des Verfahrens ändern, bleiben die bisher unter der anderen Fassung getroffenen Entscheidungen des Sekretariats bzw. des Gerichtshofs in den meisten Fällen gültig und müssen nicht wiederholt werden. Dies gilt insb. dann, wenn die Änderung aufgrund einer Einigung der Parteien erfolgt und nicht strittig ist, ob die bisherigen unter der alten Fassung ergangenen Verfahrensschritte (insb. etwaige Entscheidungen des Sekretariats oder des Gerichtshofs) wirksam waren. Wenn dies zwischen den Parteien jedoch strittig ist und das Schiedsgericht entscheidet, dass eine andere Fassung der ICC-SchO anwendbar ist als ursprünglich vom Sekretariat und vom Gerichtshof angenommen, könnte dies dazu führen, dass diese früheren Entscheidungen als wirkungslos anzusehen sind bzw. dass bestimmte Verfahrensschritte gemäß der tatsächlich anwendbaren Fassung der ICC-SchO zu wiederholen sind, um zu gewährleisten, dass das Verfahren im Einklang mit der Parteivereinbarung durchgeführt wurde. Ob dies notwendig ist kann auch davon abhängen, inwiefern sich die beiden fraglichen Fassungen der ICC-SchO voneinander unterscheiden.
16 Gültige Kostentabelle anwendbar. Unabhängig davon, welche ICC-SchO An-
wendung findet, gilt hinsichtlich der anzuwendenden Kostentabelle nach Art. 3 Abs. 1 Anhang III jeweils die bei Klageeingang gültige Kostentabelle. Darüber ist auch keine abweichende Parteivereinbarung möglich.
B. Anerkennung der Verwaltung des Schiedsverfahrens durch den Gerichtshof (Abs. 2) I. Normzweck 17 Art. 6 Abs. 2 stellt klar, dass die Wahl der ICC-SchO die Verwaltung des ICC-
Schiedsverfahrens durch Institutionen und Organe außerhalb der ICC ausschließt (vgl. auch Art. 1 Abs. 2 Satz 2).
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
Gleichzeitig beinhaltet der Abschluss einer ICC-Schiedsvereinbarung die aus- 18 schließliche Anerkennung des Gerichtshofs als Verwaltungsorgan. Art. 6 Abs. 2 sichert daher die Anerkennung und Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen durch Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Gerichtshofs.
II. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Eine vergleichbare Vorschrift ist in staatlichen Verfahren nicht gegeben.
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III. Tatbestandsvoraussetzung Die Anerkennung des Gerichtshofs als Verwaltungsorgan des Schiedsverfahrens 20 setzt gemäß Art. 6 Abs. 2 voraus, dass sich die Parteien auf eine ICC-Schiedsvereinbarung geeinigt haben (s. Rz. 3 ff.).
IV. Rechtsfolgen Haben die Parteien eine wirksame ICC-Schiedsvereinbarung geschlossen, bewirkt 21 dies gemäß Art. 6 Abs. 2 automatisch, dass sie anerkennen, dass das Schiedsverfahren der Verwaltung des Gerichtshofs untersteht. Gemäß Art. 1 Abs. 2 entscheidet der Gerichtshof die Streitfälle in einem ICC-Schiedsverfahren nicht selbst. 1. Anerkennung des Gerichtshofs als Verwaltungsorgan Die Anerkennung des Gerichtshofs als Verwaltungsorgan des Schiedsverfahrens 22 bedarf weder einer gesonderten Vereinbarung noch einer besonderen Handlung der Parteien. Vielmehr ist sie als Rechtsfolge des Abschlusses einer wirksamen ICC-Schiedsvereinbarung dieser inhärent. Sie kann im Rahmen eines ICC-Schiedsverfahrens nicht abgedungen werden. Ist in der Schiedsvereinbarung die Anerkennung des Gerichtshofs als Verwal- 23 tungsorgan des Schiedsverfahrens ausdrücklich ausgeschlossen, so ist der Parteiwille u.U. dahingehend auszulegen, dass die Parteien keine wirksame ICCSchiedsvereinbarung getroffen haben. Auch wenn in solchen Fällen keine ICCSchiedsvereinbarung zu Stande gekommen sein sollte, folgt daraus nicht notwendig, dass die Schiedsvereinbarung an sich unwirksam ist. Auch wenn dies unpraktisch und mit erheblichen rechtlichen Risiken verbunden ist, könnten Parteien möglicherweise etwa wirksam vereinbaren, dass eine andere Schiedsinstitution das Verfahren gemäß der ICC-SchO verwalten soll (Svea Court of Appeal, Government of the Russian Federation v. I.M. Badprim S.R.L, 23.1.2015, Case No. T 2454-14; Singapore High Court, HKL Group Co Ltd v. Rizq International Holdings Pte Ltd [2013] SGHC 5 [29]; Freyer, Journal of International ArBassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen bitration, Vol. 15 Issue 4 (1998), 7; Singapore Court of Appeal, Insigma Technology Co. Ltd. V. Alstom Technology Ltd. [2009] SGCA 24). Ein solches Verfahren wäre allerdings kein ICC-Schiedsverfahren. Wenn fundamentale Elemente des ICC-Schiedsverfahrens oder Kompetenzen des Gerichtshofs ausgeschlossen oder modifiziert werden (Tribunal de Grande Instance de Paris v. 22.1.2010, Samsung Electronics Co Ltd v Mr. Jaffe, administrateur-liquidateur de la société Qimonda AG, Revue de l’arbitrage, Vol. 2010 Issue 3 [2010], 571, 573–574), kann sich der Gerichtshof weigern, das Verfahren im Einklang mit den abweichenden Bestimmungen in der Schiedsvereinbarung zu verwalten. In solchen Fällen kann kein ICC-Schiedsverfahren durchgeführt werden. 24 Bei Streitigkeiten der Parteien hinsichtlich der Anerkennung des Gerichtshofs
als Verwaltungsorgan des ICC-Schiedsverfahrens ist auf den Parteiwillen zum Zeitpunkt des Abschlusses der ICC-Schiedsvereinbarung abzustellen. Können Irrtum und/oder Täuschung ausgeschlossen werden und haben die Parteien die Durchführung eines ICC-Schiedsverfahrens vereinbart, entfaltet Art. 6 Abs. 2 seine Wirkung: mit dem Abschluss der ICC-Schiedsvereinbarung „haben die Parteien anerkannt, dass das Schiedsverfahren vom Gerichtshof verwaltet wird“.
2. Verwaltung durch den Gerichtshof 25 Die Verwaltung von ICC-Schiedsverfahren durch den Gerichtshof ist aus-
schließlich. Soweit die Parteien die Anwendung der ICC-SchO vereinbart haben, beinhaltet dies zwingend die Verwaltung des Schiedsverfahrens durch den Gerichtshof (vgl. auch Art. 1 Abs. 2).
26 Zu den Verwaltungsaufgaben und dem Aufbau des Gerichtshofs s. Art. 1 Rz. 6 ff.,
Anhänge I und II. Zur Funktion der ICC als ernennende Stelle in UNCITRAL und anderen Ad-hoc-Schiedsverfahren s. Art. 1 Rz. 8. Zur Möglichkeit, andere Personen oder Institutionen als den Gerichtshof als ernennende Stelle für die Auswahl der Schiedsrichter zu bestimmen, s. Art. 13 Rz. 32 ff.
C. Nichteinreichung der Antwort oder Geltendmachung von Einwendungen (Abs. 3) I. Normzweck 27 Während Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 die Wirkungen einer Schiedsvereinbarung
unter der ICC-SchO behandeln und den wirksamen Abschluss einer ICCSchiedsvereinbarung voraussetzen, regeln Art. 6 Abs. 3–7 insb. die Folgen von Situationen, die den wirksamen Abschluss einer ICC-Schiedsvereinbarung und somit die Zuständigkeit des Schiedsgerichts in Frage stellen. Dabei steht der Grundsatz der Verfahrenseffizienz im Vordergrund.
28 Art. 6 Abs. 3 regelt die Rechtsfolgen für drei Situationen, die eine Prüfung der
Zuständigkeit des Schiedsgerichts erforderlich machen: (1) Nichteinreichung
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
der Antwort (Rz. 42 ff.), (2) Geltendmachung einer oder mehrerer Einwendungen in Bezug auf Bestehen, Gültigkeit oder Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung (Rz. 50 ff.) und (3) Geltendmachung einer oder mehrerer Einwendungen in Bezug auf die Frage, ob alle in dem Schiedsverfahren geltend gemachten Ansprüche zusammen in einem einzigen Schiedsverfahren entschieden werden können (Rz. 60 ff.). Für alle drei Fälle sieht Art. 6 Abs. 3 vor, dass der Ablauf des Schiedsverfahrens nicht etwa durch die Anrufung staatlicher Gerichte verzögert und/oder unterbrochen wird. Vielmehr werden solche Zuständigkeitsfragen zeit- und kostensparend grds. gemäß Art. 6 Abs. 3 vom Schiedsgericht – und ausnahmsweise gemäß Art. 6 Abs. 4 vom Gerichtshof vorab im Rahmen einer Prima-facie-Prüfung – entschieden. Dass das Schiedsgericht über seine eigene Zuständigkeit selbst entscheidet, ent- 29 spricht dem allgemein anerkannten Grundsatz der Kompetenz-Kompetenz. Dieser Grundsatz ist nicht nur in allen gängigen internationalen Konventionen verankert, sondern ist auch Bestandteil von allen modernen nationalen Schiedsrechten. In Deutschland findet sich dieser Grundsatz in § 1040 Abs. 1 ZPO. Der in Art. 6 Abs. 3 enthaltene Grundsatz der Kompetenz-Kompetenz des 30 Schiedsgerichts erkennt gleichzeitig die begrenzte Verwaltungsfunktion des Gerichtshofs an. Gleichzeitig ist das Prinzip der Kompetenz-Kompetenz in ICCSchiedsverfahren einer gewissen Einschränkung unterworfen, da der Gerichtshof gemäß Art. 6 Abs. 4 in offenkundigen Fällen im Rahmen einer Prima-faciePrüfung entscheiden kann, dass das Schiedsverfahren nicht (oder nur eingeschränkt) fortzusetzen ist.
II. Änderungshistorie Art. 6 Abs. 3 hat mit der ICC-SchO 2017 eine redaktionelle Änderung erfahren. 31 Nach dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 3 der ICC-SchO 2012 konnten Einwendungen im Sinne dieser Bestimmung nur von einer Partei erhoben werden, gegen die Ansprüche geltend gemacht wurden („Wenn eine Partei, gegen die Ansprüche geltend gemacht wurden, keine Antwort einreicht, oder wenn sie eine oder mehrere Einwendungen […] erhebt“). Dies hätte im Falle der Einbeziehung zusätzlicher Parteien gemäß Art. 7 durch den Beklagten streng genommen zur Folge gehabt, dass der Kläger – sofern gegen diesen im Verfahren keine Ansprüche geltend gemacht wurden – keine Einwendungen i.S.d. Art. 6 Abs. 3 gegen die Einbeziehung dieser zusätzlichen Partei erheben hätte können. Außerdem wäre es dadurch einer zusätzlichen Partei, die ausnahmsweise in das Verfahren einbezogen wurde, ohne dass gegen sie Ansprüche geltend gemacht wurden (s. Art. 7 Rz. 21), nicht möglich gewesen, Einwendungen i.S.d. Art. 6 Abs. 3 zu erheben. In der Praxis hat der Gerichtshof Einwendungen unter Art. 6 Abs. 3 ICC-SchO 2012 jedoch auch in diesen Fällen zugelassen. Der Wortlaut des Art. 6 Abs. 3 wurde mit der ICC-SchO 2017 entsprechend angepasst („Wenn eine Partei, gegen die Ansprüche geltend gemacht wurden, keine Antwort einreicht, oder wenn eine Partei eine oder mehrere Einwendungen […] erhebt“). Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen Durch diese Änderung ist klargestellt, dass Einwendungen gemäß Art. 6 Abs. 3 von jeder Partei erhoben werden dürfen, unabhängig davon, ob gegen sie Ansprüche geltend gemacht wurden. Mit der ICC-SchO 2021 hat Art. 6 Abs. 3 keine weiteren Änderungen erfahren.
III. Verhältnis zu §§ 1040 und 1048 ZPO 32 § 1040 ZPO Abs. 1 Satz 1 ZPO stimmt mit dem im Art. 6 Abs. 3 verankerten
Grundsatz der Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts überein (s. Rz. 29).
33 Hinsichtlich der Geltendmachung von Einwendungen gegen die Zuständigkeit
des Schiedsgerichts engt § 1040 Abs. 2 ZPO Art. 6 Abs. 3 mit einer Fristsetzung dahingehend ein, dass Unzuständigkeitsrügen spätestens mit der Klagebeantwortung vorzubringen sind. Dies wird i.d.R. zwar ohnehin der Fall sein. Fraglich ist jedoch, welche Auswirkungen die verspätete Unzulässigkeitsrüge gemäß § 1040 Abs. 2 ZPO auf nach Art. 6 Abs. 3 geltend gemachte Einwendungen hat. Art. 6 Abs. 3 sieht keinen bestimmten Zeitpunkt für die Erhebung der Einwendungen gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts vor. In der Praxis werden das Sekretariat und ggf. der Gerichtshof Einwendungen gemäß Art. 6 Abs. 3 auch dann berücksichtigen, wenn sie gemäß § 1040 Abs. 2 ZPO verspätet sein sollten. Wenn eine Partei vorbringt, dass die entsprechend dieser Bestimmung verspätete Unzuständigkeitsrüge somit ausgeschlossen ist, wird der Gerichtshof die Entscheidung darüber dem Schiedsgericht überlassen. Dieses hat im Zuge seiner Prüfung zu beachten, dass ein Entschuldigungsgrund vorliegen könnte, wenn das Sekretariat ausnahmsweise abweichende Fristen für die Einwendungen gemäß Art. 6 Abs. 3 gesetzt haben sollte und die Einwendungen nach Art. 6 Abs. 3 daher nicht gemäß § 1040 Abs. 2 ZPO mit der Klagebeantwortung, sondern später gemäß der Fristsetzung des Sekretariats vorgebracht wurden. Andernfalls hat die verspätete Zuständigkeitsrüge zur Folge, dass die Partei im Schiedsgerichtsverfahren sowie im Aufhebungs- und Vollstreckungsverfahren damit präkludiert ist (BGH v. 27.3.2003 – III ZB 83/02, WM 2003, 2433).
34 Empfehlung: Bei Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland ist es jedenfalls empfehlenswert, die Einwendungen gemäß Art. 6 Abs. 3 spätestens mit der Klageantwort vorzubringen, um eine etwaige Präklusion zu vermeiden.
35 Auch im Hinblick auf die Rüge, das Schiedsgericht überschreite seine Befugnisse
gemäß § 1040 Abs. 2 ZPO, findet sich in Art. 6 Abs. 3 keine zeitliche Einschränkung. Die vorstehenden Ausführungen zur verspäteten Rüge sind auch hier zu berücksichtigen (s. Rz. 33).
36 Eine weitere Diskrepanz zwischen Art. 6 Abs. 3 und § 1040 ZPO findet sich in
der Vorgabe des § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO, wonach das Schiedsgericht i.d.R. in der Form eines nicht anfechtbaren „Zwischenentscheids“ entscheidet, wenn es sich für zuständig erklärt. Nach der ICC-SchO hat eine Zuständigkeitsentscheidung hingegen immer in Form eines Schiedsspruchs zu ergehen. Da § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO nicht zwingend ist und abgedungen werden kann, können 104
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Schiedsgerichte bei Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland über ihre Zuständigkeit während des Verfahrens in Form eines Teil- oder Zwischenschiedsspruchs entscheiden. Empfehlung: In internationalen Schiedsverfahren ist es wegen der Folgen für die Anerkennung und Vollstreckung generell empfehlenswert, eine Entscheidung zur Zuständigkeit in der Form eines (endgültigen) Teil- bzw. Endschiedsspruchs („partial award“ oder „final award“) zu beantragen, nicht in Form eines Zwischenschiedsspruchs („interim award“; vgl. hierzu Art. 2 Rz. 19).
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Hinsichtlich der Nichteinreichung der Antwort durch den Beklagten deckt sich 38 § 1048 Abs. 2 ZPO mit den Rechtsfolgen des Art. 6 Abs. 3 dahingehend, dass das Schiedsverfahren fortgesetzt wird (vgl. hierzu Rz. 74 ff.).
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Zuständigkeitsrügen im Verfahren vor den staatlichen Gerichten sind in § 282 39 Abs. 3 ZPO geregelt. § 282 Abs. 3 ZPO gilt jedoch nicht für Einreden der Schiedsvereinbarung (BGH v. 10.5.2001 – III ZR 262/00, BGHZ 147, 394 = NJW 2001, 2176). Hierfür gilt als Sonderregelung § 1032 Abs. 1 ZPO. Die Nichteinreichung der Klageerwiderung ist vor staatlichen Gerichten in § 331 40 ZPO geregelt.
V. Tatbestandsvoraussetzungen 1. Anspruchserhebung Grundvoraussetzung für Art. 6 Abs. 3 Var. 1 ist, dass „Ansprüche“ gegen eine 41 Partei geltend gemacht werden. Zum Begriff des Anspruchs s. Art. 2 Rz. 15. Für Art. 6 Abs. 3 Var. 2 und Var. 3 ist dies hingegen keine Voraussetzung: Einwendungen in Bezug auf Bestehen, Gültigkeit oder Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung sowie in Bezug auf die Frage, ob alle in dem Schiedsverfahren geltend gemachten Ansprüche gemeinsam in einem einzigen Schiedsverfahren entschieden werden können, können von allen Parteien des Schiedsverfahrens erhoben werden, auch wenn keine Ansprüche gegen sie geltend gemacht werden. Es kann daher insb. auch der Kläger Einwendungen in Bezug auf eine gemäß Art. 7 einbezogene zusätzliche Partei erheben. 2. Nichteinreichung der Antwort (Var. 1) Art. 6 Abs. 3 behandelt als erste Variante der Infragestellung der Zuständigkeit 42 des Schiedsgerichts den Fall, dass eine oder mehrere Parteien, gegen die Ansprüche erhoben wurden, keine Antwort einreicht bzw. einreichen. Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen 43 Hinsichtlich der Klageantwort ist zunächst zu bemerken, dass der Beklagte nur
dann ein physisches Exemplar der Schiedsklage erhält, wenn der Kläger dies ausdrücklich wünscht (Art. 4 Abs. 4 Buchst. b und Abs. 5). Meist wird daher lediglich eine elektronische Fassung der Schiedsklage per E-Mail oder Fax zugestellt. Allerdings stellt das Sekretariat auf Wunsch des Klägers auch ein physisches Exemplar der Schiedsklage mittels Kurierdienst zu. Daher kann i.d.R. ausgeschlossen werden, dass der Grund für die Nichteinreichung der Klageantwort darin liegt, dass der Beklagte die Schiedsklage nicht erhalten hat oder von dieser sonst keine Kenntnis erlangt hat. Vielmehr beruht die Nichteinreichung einer Klageantwort häufig in der bewussten Entscheidung, keine Klageantwort einzureichen. Diese Entscheidung liegt oft in der Auffassung begründet, dass keine wirksame ICC-Schiedsvereinbarung existiere. Statt ausdrücklich gegen die Zuständigkeit zu protestieren, stellt sich der Beklagte sozusagen stumm. Oft nehmen nicht am Verfahren teilnehmende Beklagte fälschlicherweise an, dass die Teilnahme am Schiedsverfahren mit der Zustimmung zur Zuständigkeit des Schiedsgerichts gleichzusetzen ist. Dies ist jedoch nicht der Fall. In Deutschland stellt § 1040 Abs. 2 Satz 2 ZPO fest, dass die Rüge zur Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass eine Partei an dem Schiedsverfahren teilnimmt. Umgekehrt bestimmt Art. 6 Abs. 8, dass bei Weigerung oder Unterlassung einer Partei, am Schiedsverfahren oder einem Teil desselben teilzunehmen, dieses trotzdem fortzusetzen ist (s. Rz. 240 ff.). § 1048 Abs. 2 ZPO ist ähnlich gefasst, wobei dieser ausdrücklich klarstellt, dass das Schiedsgericht die Säumnis des Beklagten nicht als Zugeständnis der Behauptungen des Klägers zu behandeln hat (s. Rz. 241 f.).
44 Auch kann Art. 6 Abs. 3 Var. 1 den Fall erfassen, dass mehrere Kläger bzw.
mehrere Beklagte untereinander in einem multipolaren Verfahren Ansprüche geltend machen, sog. „cross-claims“ (s. Art. 8 Rz. 4 ff.) und dass in Bezug auf diese keine Antwort eingereicht wird. Darüber hinaus ist Art. 6 Abs. 3 Var. 1 auch dann anwendbar, wenn eine nach Art. 7 hinzugezogene zusätzliche Partei keine Antwort einreicht. Wenn der Kläger jedoch eine gegen ihn gerichtete Widerklage des Beklagten nicht beantwortet, ist Art. 6 Abs. 3 Var. 1 nicht anzuwenden, da es sich bei der Beantwortung der Widerklage gemäß Art. 5 Abs. 6 um keine „Antwort“ i.S.d. Art. 5 Abs. 1 handelt.
45 Art. 6 Abs. 3 Var. 1 greift auch dann, wenn die Partei, gegen die Ansprüche gel-
tend gemacht wurden, trotz Nichteinreichung einer Antwort zum Ausdruck bringt, dass sie am Schiedsverfahren teilnehmen wird. Maßgeblich ist grds. die Nichteinreichung der Antwort. Anderes kann jedoch gelten, wenn eine Partei zwar keine Antwort einreicht, aber ausdrücklich klarstellt, dass sie keine Einwendungen gemäß Art. 6 Abs. 3 Var. 2 oder Var. 3 erhebt.
46 Wird in Mehrparteienfällen (sog. „Multi-Party“-Fälle) die Klageantwort von ei-
nem Beklagten eingereicht, jedoch nicht von einem anderen Beklagten, wird Art. 6 Abs. 3 Var. 1 lediglich auf jenen Beklagten angewandt, der keine Antwort eingebracht hat. Haben mehrere Beklagten keine Antwort eingereicht, wird Art. 6 Abs. 3 Var. 1 auf jeden Beklagten einzeln angewandt. 106
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Wann eine Antwort als nicht eingereicht gilt, bemisst sich für den Fall der 47 Nichteinreichung der Klageantwort grds. nach der in Art. 5 Abs. 1 erwähnten Frist von 30 Tagen ab dem folgenden Tag nach Empfang der vom Sekretariat übersandten Klage an den Beklagten. Maßgeblich ist der fristgerechte Eingang der Klageantwort beim Sekretariat per E-Mail. Auch wenn der Beklagte zusätzlich die Übermittlung von Originalen an den Kläger und das Schiedsgericht verlangt (Art. 5 Abs. 3), ist ein früherer Eingang einer elektronischen Kopie fristwahrend. Das Sekretariat kann die Frist für die Einreichung der Klageantwort verlängern (s. Art. 5 Abs. 2). Wird die Klageantwort fristgemäß eingereicht, enthält sie aber eines oder meh- 48 rere in Art. 5 Abs. 1 aufgeführten Merkmale nicht, ist Art. 6 Abs. 3 Var. 1 i.d.R. nicht anwendbar. Ebenso liegt kein Fall des Art. 6 Abs. 3 Var. 1 vor, wenn die Klageantwort lediglich verspätet eingereicht wurde. Empfehlung: Parteivertreter von Beklagten sollten nicht zögern, im Vorfeld beim Sekretariat nachzufragen, wann nach dessen Aufzeichnungen die Schiedsklage dem Beklagten zugestellt wurde und wann daher die Klageantwort fällig ist. Gelegentlich kommt es vor, dass Parteivertreter und Sekretariat unterschiedliche Informationen darüber vorliegen haben, wann die Schiedsklage dem Beklagten zugestellt wurde. Dadurch kann der Beklagte ein verspätetes Einreichen der Antwort verhindern.
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3. Einwendungen in Bezug auf Bestehen, Gültigkeit oder Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung (Var. 2) Art. 6 Abs. 3 behandelt als zweite Variante der Infragestellung der Zuständigkeit 50 des Schiedsgerichts den Fall, dass eine Partei Einwendungen in Bezug auf Bestehen, Gültigkeit oder Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung geltend macht. Meist werden solche Einwendungen vom Beklagten erhoben; gelegentlich auch von einer gemäß Art. 7 einbezogenen zusätzlichen Partei oder vom Kläger gegen eine solche zusätzliche Partei oder gegen eine Widerklage des Beklagten. In Mehrparteienfällen kann es vorkommen, dass lediglich einer der Beklagten 51 Einwendungen gemäß Art. 6 Abs. 3 erhebt. Dies hat keine Spaltung des Verfahrens zur Folge. Vielmehr wird Art. 6 Abs. 3 nur auf jene Partei angewendet, die entsprechende Einwendungen erhoben hat. Erheben mehrere Beklagte Einwendungen, wird Art. 6 Abs. 3 auf jeden Beklagten einzeln angewandt. Anders als bei der Nichteinreichung der Klageantwort kann der Beklagte im 52 Rahmen seiner Einwendungen explizit Behauptungen vorbringen, statt durch Schweigen lediglich implizit die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zu bestreiten. Der Beklagte muss seine Zuständigkeitsrüge mit Belegen untermauern, will er sichergehen, dass sie erfolgversprechend ist. Ist über die Einwendungen vom Schiedsgericht zu entscheiden, können die Parteien die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht im Anschluss an dessen Konstituierung beantragen (vgl. Art. 26). Der Generalsekretär und der Gerichtshof entscheiden über Zuständigkeitsrügen gemäß Art. 6 Abs. 3 hingegen immer nur nach Aktenlage und aufgrund des ersten Anscheins. Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen 53 Einwendungen gegen das Bestehen, die Gültigkeit oder den Anwendungsbereich
der Schiedsvereinbarungen, die die Parteien lediglich vorprozessual gegenüber einander geltend gemacht haben, sind für die Anwendung des Art. 6 Abs. 3 grds. irrelevant. Wenn sich der Beklagte am Schiedsverfahren nicht beteiligt und der Kläger im Schiedsverfahren Korrespondenz des Beklagten vorlegt, aus der sich entsprechende Einwendungen ergeben, können diese jedoch im Zuge der Anwendung von Art. 6 Abs. 3 Var. 1 berücksichtigt werden.
54 Form. Die Einwendungen sind schriftlich einzureichen, wobei eine Einreichung
per E-Mail die Regel ist.
55 Adressat. Meist werden die Parteien Einwendungen vor der Bildung des
Schiedsgerichts erheben. Die Einwendungen können entweder an das (künftige) Schiedsgericht oder an das Sekretariat adressiert sein. Dies wird in der Praxis oftmals davon abhängig gemacht, ob die Parteien eine Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs wünschen oder ob sie möchten, dass direkt das Schiedsgericht über ihre Einwendungen entscheidet. Üblicherweise erheben Beklagte Einwendungen in der Klageantwort und adressieren diese an das Schiedsgericht, von dem sie eine negative Zuständigkeitsentscheidung beantragen. Auch in solchen Fällen wird der Generalsekretär allerdings regelmäßig prüfen, ob er die Angelegenheit an den Gerichtshof für eine Prima-facie-Prüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 verweisen soll.
56 Empfehlung: Wenn der Beklagte Zuständigkeitseinwendungen als Teil seiner Antwort er-
hebt und in dieser eine negative Zuständigkeitsentscheidung durch das Schiedsgericht beantragt, empfiehlt es sich, bspw. im Begleitschreiben an das Sekretariat klarzustellen, ob der Beklagte zusätzlich eine vorgelagerte Prüfung der Einwendungen durch den Gerichtshof gemäß Art. 6 Abs. 4 wünscht. Wenn keine ausschließliche Entscheidung durch das Schiedsgericht gewünscht ist, wird der Generalsekretär i.d.R. gemäß Art. 6 Abs. 3 prüfen, ob er die Angelegenheit an den Gerichtshof für eine Entscheidung gemäß Art. 6 Abs. 4 verweist. Wenn der Beklagte hingegen eine ausschließliche Prüfung durch das Schiedsgericht und somit keine eigenständige Prüfung durch den Gerichtshof wünscht (etwa aus verfahrensökonomischen Gründen, weil eine Verneinung der Zuständigkeit durch den Gerichtshof im Zuge der Prima-facie-Prüfung aussichtslos scheint), ist es empfehlenswert, dies ausdrücklich klarzustellen. Der Generalsekretär wird den Fall dann regelmäßig nicht an den Gerichtshof verweisen (s. Rz. 71).
57 Nach Bildung des Schiedsgerichts sind Einwendungen i.S.v. Art. 6 Abs. 3 grds.
an das Schiedsgericht zu adressieren. Wenn Einwendungen nach Bildung des Schiedsgerichts erhoben werden und ausschließlich an dieses gerichtet sind, wird der Generalsekretär nicht über eine Verweisung der Angelegenheit an den Gerichtshof entscheiden. Jedoch können Parteien auch nach Bildung des Schiedsgerichts Einwendungen gemäß Art. 6 Abs. 3 an das Sekretariat richten und beantragen, dass der Generalsekretär diese für eine Entscheidung gemäß Art. 6 Abs. 4 an den Gerichtshof verweist. Ausnahmsweise kann der Generalsekretär auch noch zu diesem Zeitpunkt Einwendungen an den Gerichtshof verweisen, der dann eine etwaige Entscheidung nach Art. 6. Abs. 4 auch dann treffen kann, wenn das Schiedsgericht bereits gebildet ist. 108
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
Inhalt. Einwendungen in Bezug auf Bestehen, Gültigkeit oder Anwendungs- 58 bereich der Schiedsvereinbarung gemäß Art. 6 Abs. 3 sind vielfältig. Sie beinhalten z.B. Einwendungen bzgl. der Form und Sprache der Schiedsvereinbarung, des Zustandekommens der Schiedsvereinbarung, des Fehlens von Merkmalen einer ICC-Schiedsvereinbarung, der Nichteinhaltung von vorangeschalteten Streitschlichtungsmechanismen im Rahmen einer sog. „MultiTier“-Streitbeilegungsklausel, der mangelnden objektiven Schiedsfähigkeit des Streitgegenstands, der mangelnden subjektiven Schiedsfähigkeit einer Partei, der eingeschränkten (subjektiven oder objektiven) Reichweite der Schiedsvereinbarung oder Lis-Alibi-Pendens- und Res-Judicata-Wirkung. Mit diesen Einwendungen hat sich der Gerichtshof oder das Schiedsgericht auseinanderzusetzen, je nachdem ob der Generalsekretär die Angelegenheit gemäß Art. 6 Abs. 3 für eine Entscheidung an den Gerichtshof verweist und je nachdem ob der Gerichtshof gemäß Art. 6 Abs. 4 entscheidet, dass das Verfahren fortzusetzen ist. Die gemäß Art. 6 Abs. 3 möglichen Einwendungen werden unten gemeinsam mit der entsprechenden Praxis des Gerichtshofs näher dargestellt (s. Rz. 99 ff.). Oft wird bei der Beurteilung von Einwendungen gemäß Art. 6 Abs. 3 das auf 59 die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht eine Rolle spielen. Bei diesem ist zwischen drei Statuten zu unterscheiden: (1) das auf die Form der Schiedsvereinbarung anwendbare Recht, (2) das auf das Zustandekommen und auf die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung anwendbare Recht und (3) das Recht, nach dem sich die prozessualen Wirkungen der Schiedsvereinbarung richten. Die Bestimmung des auf das Zustandekommen und auf die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung anwendbaren Schiedsvereinbarungsstatuts ist nicht unproblematisch. Bei entsprechender Auslegung des Parteiwillens kann u.U. angenommen werden, dass das auf den Hauptvertrag anwendbare Recht auch auf die Schiedsvereinbarung anwendbar ist (OLG München v. 23.6.2017 – 34 SchH 3/16; Kröll, SchiedsVZ 2018, 61, 63). Mangels – ggf. konkludenter – Parteivereinbarung wird jedenfalls aus deutscher Sicht und nach Maßgabe von Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ regelmäßig auf das Recht am Schiedsort abzustellen sein (BGH v. 26.11.2020 – I ZR 245/19, SchiedsVZ 2021, 97; BGH v. 7.6.2016 – KZR 6/15, NJW 2016, 2266, 2273, Tz. 68; für England und Wales s. UK Supreme Court, Enka Insaat Ve Sanayi AS (Respondent) v OOO Insurance Company Chubb (Appellant) [2020] UKSC 38). – Hiervon zu trennen ist die gesondert anzuknüpfende Frage der Schiedsfähigkeit, deren Fehlen das wirksame Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung ebenfalls hindern kann (dazu Rz. 145 ff.). 4. Einwendungen in Bezug auf die Frage, ob alle geltend gemachten Ansprüche zusammen in einem Schiedsverfahren entschieden werden können (Var. 3) Inhalt. Art. 6 Abs. 3 Var. 3 betrifft Einwendungen einer Partei in Bezug auf die 60 Frage, ob alle in dem Schiedsverfahren geltend gemachten Ansprüche zusammen in einem einzigen Schiedsverfahren entschieden werden können. Ist diese Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen Frage zu verneinen, kann dies dazu führen, dass das Schiedsgericht unzuständig ist oder dass einige der Ansprüche unzulässig sind. 61 Art. 6 Abs. 3 Var. 3 steht im Zusammenhang mit Art. 9. Dieser sieht vor, dass
vorbehaltlich der Bestimmungen der Art. 6 Abs. 3–7 und Art. 23 Abs. 4 Ansprüche, die sich aus oder im Zusammenhang mit mehr als einem Vertrag ergeben, in einem einzigen Schiedsverfahren geltend gemacht werden können. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Ansprüche aufgrund einer oder mehrerer der ICCSchO unterliegenden Schiedsvereinbarungen geltend gemacht werden (s. Art. 6 Abs. 4 und Art. 9).
62 Einwendungen nach Art. 6 Abs. 3 Var. 3 betreffen grds. die Geltendmachung
von Ansprüchen aufgrund mehrerer Schiedsvereinbarungen. In so einem Fall kann eine Partei nach Art. 6 Abs. 3 Var. 3 einwenden, dass diese Ansprüche nicht in einem einzigen Schiedsverfahren entschieden werden können. Dem liegt die Überlegung zu Grunde, dass Parteien durch den Abschluss einer Schiedsvereinbarung für Streitigkeiten aus einem bestimmten Vertrag nicht automatisch damit einverstanden sind, dass diese Streitigkeiten auch gemeinsam mit anderen Streitigkeiten aufgrund einer anderen Schiedsvereinbarung gemeinsam im selben Verfahren entschieden werden können. Diese Problematik kann sich sowohl in Zwei- als auch in Mehrparteienverfahren stellen. Zweiparteienfälle können etwa betroffen sein, wenn im Zuge einer längeren Geschäftsbeziehung zwischen einem Lieferanten und einem Kunden mehrere Kaufverträge abgeschlossen wurden, die jeweils eine Schiedsvereinbarung beinhalten. In Mehrparteienfällen kann es bspw. vorkommen, dass der Kläger sowohl Ansprüche gegen eine Muttergesellschaft unter einem Rahmenvertrag als auch Ansprüche gegen Tochtergesellschaften unter individuellen Dienst- oder Zuliefererverträgen geltend macht, die alle eine Schiedsvereinbarung beinhalten. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Art. 6 Abs. 3 Var. 3 ist in derartigen Fällen stets, dass sich der Kläger auch tatsächlich auf mehrere dieser Schiedsvereinbarungen stützt.
63 Werden Ansprüche aus mehreren Verträgen auf lediglich eine einzige Schieds-
vereinbarung gestützt, greift Art. 6 Abs. 3 Var. 3 grds. nicht – in so einem Fall sind Einwendungen betreffend die Frage, ob Ansprüche aus allen Verträgen im selben Verfahren geltend gemacht werden können, als Einwände gegen die objektive Reichweite bzw. den Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung (Var. 2) zu formulieren. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn unter einem Rahmenvertrag, der die Schiedsvereinbarung enthält, mehrere Kaufverträge abgeschlossen wurden. Unklar kann die Abgrenzung zwischen Var. 2 und Var. 3 mitunter sein, wenn ein Vertrag auf eine Schiedsvereinbarung verweist, die in einem anderen Vertrag enthalten ist. Wenn diese unverändert auch für Streitigkeiten aus jenem Vertrag gelten soll, könnte dies so ausgelegt werden, dass lediglich eine einzige Schiedsvereinbarung existiert.
64 Empfehlung: Wenn der Kläger Ansprüche aus oder im Zusammenhang mit mehreren
Verträgen geltend macht und der Beklagte dagegen Einwendungen gemäß Art. 6 Abs. 3 erhebt, ist es empfehlenswert, genau zwischen Var. 2. und Var. 3 zu differenzieren. Insbesondere sollte genau geprüft werden, ob die Ansprüche lediglich aufgrund einer ein-
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO zigen Schiedsvereinbarung in einem der Verträge (Var. 2) oder aufgrund von mehreren Schiedsvereinbarungen in verschiedenen Verträgen (Var. 3) geltend gemacht wurden. Abhängig davon wird entweder die Reichweite der Schiedsvereinbarung (Rz. 50 ff.) oder die Vereinbarkeit der Ansprüche in einem Schiedsverfahren (Rz. 60 ff.) zu analysieren sein.
Wenn Ansprüche in Mehrparteienverfahren auf eine einzige Schiedsverein- 65 barung gestützt werden, wird meist nicht strittig sein, ob alle Ansprüche gemeinsam in einem Schiedsverfahren entschieden werden können. Da in einem solchen Fall alle Parteien an dieselbe Schiedsvereinbarung gebunden sind, wird es – wenn es nicht ausnahmsweise Anhaltspunkte für einen abweichenden Parteiwillen geben sollte – i.d.R. keinen Zweifel daran geben können, dass auch alle auf diese Schiedsvereinbarung gestützten Ansprüche zwischen diesen Parteien gemeinsam in einem Schiedsverfahren entschieden werden können. Derartige Fälle werden daher nur in Ausnahmefällen von Einwendungen nach Art. 6 Abs. 3 Var. 3 erfasst sein. Sofern sich eine Partei eines Mehrparteienverfahrens nicht an die Schiedsvereinbarung gebunden erachtet, hat sie diese Einwendungen nach Art. 6 Abs. 3 Var. 2 geltend zu machen. Ob Einwendungen betreffend die Frage, ob über alle Ansprüche gemeinsam im 66 selben Schiedsverfahren entschieden werden kann, als Zuständigkeitsrüge oder als sonstiger Unzulässigkeitseinwand zu qualifizieren sind, richtet sich nach dem jeweils anwendbaren Recht. Zum Vergleich zwischen der Nichteinreichung der Klageantwort und der Zu- 67 ständigkeitsrüge sowie zum Zeitpunkt, zur Form und zum Adressaten der Einwendung s. Rz. 42–56.
VI. Rechtsfolgen Liegt eine der Varianten des Art. 6 Abs. 3 vor, ist die Rechtsfolge, dass grds. das 68 Schiedsverfahren fortgesetzt wird und das Schiedsgericht über seine Zuständigkeit bzw. über die Frage, ob über alle Ansprüche gemeinsam im selben Schiedsverfahren entschieden werden kann, entscheidet. Ausnahmsweise verweist der Generalsekretär die Angelegenheit zur Entscheidung an den Gerichtshof. Ablauf. Praktisch bedeutet dies, dass das Verfahrensmanagementteam den Ge- 69 neralsekretär über die Nichteinreichung der Antwort bzw. über die erhobenen Einwendungen unterrichtet. Der Generalsekretär entscheidet daraufhin, ob die Angelegenheit an den Gerichtshof verwiesen werden soll. Zunächst keine Möglichkeit zur Stellungnahme. Den Parteien wird vor der Ent- 70 scheidung des Generalsekretärs meist keine gesonderte Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt. Dies gilt insb. dann, wenn die Positionen der Parteien hinreichend klar sind und der Generalsekretär auf Grundlage des bisherigen Vorbringens der Parteien eine fundierte Entscheidung gemäß Art. 6 Abs. 3 treffen kann. In Ausnahmefällen kann das Sekretariat bei unklarem oder unvollständigem Vorbringen aus verfahrensökonomischen Gründen auch vor der Entscheidung des Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen Generalsekretärs Stellungnahmen von den Parteien einladen. Im Regelfall erhalten die Parteien allerdings erst und nur dann Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn der Generalsekretär den Fall an den Gerichtshof verwiesen hat. 71 Keine Wahlmöglichkeit der Parteien, ob der Gerichtshof befasst wird. Eine
mögliche Bitte seitens der Parteien, der Gerichtshof möge vorab mit der Sache befasst werden bzw. gerade nicht befasst werden, bindet den Generalsekretär nicht. Wenn die Partei, die die Zuständigkeitsrüge erhebt, bittet, dass die Angelegenheit direkt und ausschließlich vom Schiedsgericht entschieden werden soll, wird der Generalsekretär den Fall allerdings regelmäßig nicht an den Gerichtshof verweisen. Eine Ausnahme hiervon können Fälle darstellen, in denen die Schiedsvereinbarungen nicht miteinander vereinbar sind und die Parteien keine nachträgliche Vereinbarung treffen, mit der diese Unvereinbarkeit aufgelöst wird.
72 Im Regelfall wird der Generalsekretär Einwendungen gemäß Art. 6 Abs. 3 nur
vor der Bildung des Schiedsgerichts an den Gerichtshof verweisen, da Parteien nach Bildung des Schiedsgerichts Einwendungen üblicherweise direkt an das Schiedsgericht richten werden (s. Rz. 57). Wenn Parteien allerdings nach Bildung des Schiedsgerichts Einwendungen gemäß Art. 6 Abs. 3 erheben und ausdrücklich eine Entscheidung des Gerichtshofs gemäß Art. 6 Abs. 4 wünschen, kann der Generalsekretär auch nach Bildung des Schiedsgerichts Einwendungen an den Gerichtshof verweisen.
73 Zeitkomponente. Bei Verweisung an den Gerichtshof entscheidet dieser zügig
über die Angelegenheit. Wird das Schiedsgericht tätig, hängt es von den Umständen des Einzelfalles ab, wie schnell eine Entscheidung über die Rüge getroffen wird (einfacher oder zweifacher Schriftsatzaustausch, Anberaumung einer mündlichen Verhandlung, Entscheidung in Form eines Schiedsspruchs zur Zuständigkeit und/oder Zulässigkeit oder eines Schiedsspruchs zur Hauptsache).
1. Grundsatz: Fortsetzung des Schiedsverfahrens und unmittelbare Entscheidung durch das Schiedsgericht 74 Der Grundsatz, dass das Schiedsverfahren fortgesetzt wird und das Schieds-
gericht unmittelbar über die in Art. 6 Abs. 3 Var. 1–3 behandelten Angelegenheiten entscheidet, entspricht dem Grundsatz der Kompetenz-Kompetenz.
75 Durch die unmittelbare Entscheidung durch das Schiedsgericht wird die Effi-
zienz des Schiedsverfahrens in zeitlicher und finanzieller Hinsicht gefördert.
76 Die Fortsetzung des Schiedsverfahrens hat zur Folge, dass es in jeglicher pro-
zessualen und verwaltungstechnischen Hinsicht seinen Lauf nimmt. Ist das Schiedsgericht noch nicht gebildet, wird dieses gemäß der ICC-SchO ohne Zögern konstituiert.
77 Auch bei Nichteinreichung der Antwort wird gemäß Art. 6 Abs. 3 das Verfahren
fortgesetzt. Dies geht direkt aus Art. 6 Abs. 3 hervor und ist explizit in Art. 6 Abs. 8 festgehalten. 112
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
Die Entscheidung des Schiedsgerichts gemäß Art. 6 Abs. 3 kann sowohl in ei- 78 nem Teil- bzw. Zwischenschiedsspruch als auch im Endschiedsspruch ergehen. Hierbei sind prozessökonomische sowie vollstreckungsrechtliche Gesichtspunkte abzuwägen. In jedem Fall sind alle Parteien sowohl zur Sache als auch zur Form der Entscheidung anzuhören. Eine negative Zuständigkeitsentscheidung, mit der das Schiedsverfahren beendet wird, hat naturgemäß stets in Form eines Endschiedsspruchs zu ergehen. 2. Ausnahme: Verweisung durch den Generalsekretär an den Gerichtshof Ausnahmsweise verweist der Generalsekretär die in Art. 6 Abs. 3 geregelten An- 79 gelegenheiten an den Gerichtshof. Die Rechtsfolgen einer solchen Verweisung sind in Art. 6 Abs. 4–7 festgehalten (vgl. auch das Schaubild zu Art. 6 Abs. 3–7, s. Art. 6 Rz. 277). Es steht im Ermessen des Generalsekretärs zu entscheiden, welche Fälle dem 80 Schiedsgericht direkt zur Entscheidung weitergeleitet und welche Fälle vorab an den Gerichtshof verwiesen werden sollen. Aus Art. 6 Abs. 3 geht nicht hervor, unter welchen Voraussetzungen und Umständen der Generalsekretär die Angelegenheit zur Entscheidung an den Gerichtshof verweist. Die Praxis des Generalsekretärs wird unten jeweils gemeinsam mit der entsprechenden Praxis des Gerichtshofs fallgruppenspezifisch näher dargestellt (Rz. 99 ff.). Ganz generell wird der Generalsekretär bei seiner Entscheidung berücksichtigen, dass das Schiedsgericht – anders als der Gerichtshof – in der Lage ist, Beweise zu erheben und zu würdigen sowie eine detaillierte rechtliche Beurteilung des Sachverhalts unter dem jeweils anwendbaren Recht vorzunehmen. Dies ist in den Fällen bedeutsam, in denen eine weitreichende rechtliche und tatsächliche Würdigung der Einwendungen erforderlich ist. Bei Verweis an den Gerichtshof bleiben alle weiteren wesentlichen vom Sekreta- 81 riat oder Gerichtshof zu setzenden Verfahrensschritte solange aus, bis der Gerichtshof über die Rüge gemäß Art. 6 Abs. 3 im Rahmen der Prima-facie-Prüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 (positiv oder negativ) entschieden hat. Aus Effizienzgründen kann das Sekretariat allerdings bereits Stellungnahmen der Parteien zu anderen offenen Themen (wie etwa zur Bildung des Schiedsgerichts) einladen, damit der Gerichtshof im Falle einer positiven Entscheidung gemäß Art. 6 Abs. 4 möglichst rasch die erforderlichen Schritte zur Bildung des Schiedsgerichts setzen kann. Reconsideration. Die Entscheidung des Generalsekretärs ist i.d.R. endgültig 82 und die ICC-SchO sieht keine Möglichkeit vor, dass der Generalsekretär eine gemäß Art. 6 Abs. 3 getroffene Entscheidung revidiert. In Ausnahmefällen kann der Generalsekretär auf Antrag einer Partei seine Entscheidung jedoch überprüfen und ggf. abändern (sog. „reconsideration“). Dies kommt insb. dann in Frage, wenn er entschieden hat, die Angelegenheit nicht an den Gerichtshof zu verweisen und eine Partei anschließend wesentliche neue und zuvor nicht berücksichtigte Umstände aufzeigt, die eine Verweisung der Angelegenheit an den Gerichtshof rechtfertigen würden. Wenn der Generalsekretär hingegen entschieden Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen hat, die Angelegenheit an den Gerichtshof zu verweisen, kommt eine Abänderung dieser Entscheidung in der Praxis aus Gründen der Verfahrenseffizienz üblicherweise nicht in Betracht: Sollte eine Partei neue Umstände vorbringen, die für eine Verweisung der Angelegenheit an das Schiedsgericht sprechen, können diese einfach vom Gerichtshof im Rahmen seiner Prima-facie-Prüfung berücksichtigt werden.
D. Entscheidung des Gerichtshofs aufgrund des ersten Anscheins (Abs. 4–7) I. Normzweck 83 Art. 6 Abs. 4–7 dienen der Verfahrenseffizienz und bilden die Grundlage für die
Vorgehensweise bzw. für den Prüfungsmaßstab des Gerichtshofs im Hinblick auf die an ihn gemäß Art. 6 Abs. 3 verwiesenen Angelegenheiten (vgl. auch das Schaubild zu Art. 6 Abs. 3–7, s. Art. 6 Rz. 277). Durch den Prima-facie-Test und die Entscheidung des Gerichtshofs werden in einem frühen Stadium Fälle ausgeschieden, die nach Ansicht des Gerichtshofs bereits auf den ersten Blick offenkundig nicht vor ein ICC-Schiedsgericht gehören. Eine positive Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs lässt die Zuständigkeitsprüfung des Schiedsgerichts unberührt (s. Rz. 215 ff.). Demgegenüber hat eine negative Entscheidung des Gerichtshofs über die ihm zugewiesene Angelegenheit, z.B. hinsichtlich der Nichtfortsetzung des Schiedsverfahrens gegenüber einer Partei, (schieds)gerichtlichen Charakter (Gerbay, Kapitel V.02[D], S. 196) und bindet das Schiedsgericht.
84 Art. 6 Abs. 4–7 behandeln sowohl die Fälle eines Schiedsverfahrens zwischen
zwei Parteien als auch solche im Mehrparteienverhältnis sowie Fälle, in denen Ansprüche auf mehrere Schiedsvereinbarungen gestützt werden. Dabei werden unterschiedliche Anforderungen an die Entscheidungsfindung des Gerichtshofs gestellt. Die allgemeinen Tatbestandsvoraussetzungen sind in Art. 6 Abs. 4 Satz 2 festgehalten: der Gerichtshof muss aufgrund des ersten Anscheins – prima facie – überzeugt sein, dass eine ICC-Schiedsvereinbarung vorliegen könnte. Darüber hinaus bestimmen Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) und (ii) besondere Tatbestandsvoraussetzungen für jene Situationen, in denen mehrere Parteien involviert sind bzw. in denen Ansprüche auf mehrere Schiedsvereinbarungen gestützt werden.
85 Die Rechtsfolgen beschränken sich nicht auf die Entscheidung der Frage, ob bzw.
bzgl. welcher Ansprüche oder welcher Parteien das Schiedsverfahren fortgesetzt wird (Art. 6 Abs. 4 Satz 2: „ob und in welchem Ausmaß das Schiedsverfahren fortgesetzt wird“). Die Abs. 5–7 des Art. 6 beinhalten weitere Rechtsfolgen, die auf die Entscheidung des Gerichtshofs aufbauen: im Falle einer Entscheidung des Gerichtshofs, das Schiedsverfahren fortzusetzen, die anschließende Befugnis des Schiedsgerichts, selbst über seine Zuständigkeit zu entscheiden (Art. 6 Abs. 5); umgekehrt, im Falle einer Entscheidung des Gerichtshofs, das Schiedsverfahren bzgl. einer Partei oder bestimmter Ansprüche nicht fortzusetzen, die Verweh114
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rung der Befugnis des Schiedsgerichts, sich diesbezüglich für zuständig zu erklären; im Falle einer Entscheidung des Gerichtshofs, dass das Schiedsverfahren bzgl. einiger oder aller Parteien nicht stattfinden kann, das Recht der Parteien, ein zuständiges (regelmäßig staatliches) Gericht hinsichtlich der Frage anzurufen, ob und bzgl. welcher Partei eine verbindliche Schiedsvereinbarung besteht (Art. 6 Abs. 6); hinsichtlich eines Mehrvertragsfalles nach Art. 9, falls der Gerichtshof entschieden hat, dass bzgl. bestimmter Ansprüche das Schiedsverfahren nicht stattfinden kann, die Geltendmachung derselben Ansprüche zu einem späteren Zeitpunkt in anderen Verfahren durch die Parteien (Art. 6 Abs. 7).
II. Änderungshistorie Art. 6 Abs. 4 hat mit der ICC-SchO 2021 eine geringfügige Änderung im Zu- 86 sammenhang mit der Einbeziehung zusätzlicher Parteien erfahren. Art. 6 Abs. 3 (i) a.F. lautete wie folgt: „[W]enn mehr als zwei Parteien an dem Schiedsverfahren beteiligt sind, so wird das Schiedsverfahren zwischen denjenigen Parteien und gemäß Art. 7 einbezogenen zusätzlichen Parteien fortgeführt, von denen der Gerichtshof aufgrund des ersten Anscheins überzeugt ist, dass eine für sie verbindliche ICC-Schiedsvereinbarung bestehen könnte.“ Im Zuge der Reform wurde der generelle Verweis auf Art. 7 durch einen speziellen Verweis auf Art. 7 Abs. 1 ersetzt. Diese Änderung ist vor dem Hintergrund der Reform des Art. 7 zu lesen. Bisher konnten zusätzliche Parteien nur bis zur Ernennung oder Bestätigung eines Schiedsrichters einbezogen werden, es sei denn, alle Parteien waren auch mit einer nachträglichen Einbeziehung einverstanden (Art. 7 Abs. 1). Mit der ICC-SchO 2021 wurde ein neuer Art. 7 Abs. 5 eingeführt, demgemäß es nunmehr möglich ist, zusätzliche Parteien auch ohne das Einverständnis aller Parteien nach Ernennung oder Bestätigung eines Schiedsrichters einzubeziehen, wobei über die Zulässigkeit einer solchen Einbeziehung das Schiedsgericht entscheidet. Vor diesem Hintergrund wurde Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) dahingehend angepasst, dass er lediglich solche zusätzlichen Parteien umfasst, die gemäß Art. 7 Abs. 1 – und somit vor der Ernennung oder Bestätigung eines Schiedsrichters oder mit Einverständnis aller Parteien – einbezogen wurden. Aus dieser Änderung scheint zu folgen, dass Art. 6 Abs. 4 nicht auf solche zu- 87 sätzlichen Parteien angewendet werden kann, die erst nach Ernennung oder Bestätigung eines Schiedsrichters gemäß Art. 7 Abs. 5 miteinbezogen wurden (s. Rz. 169). Hierin liegt ein gewisser Wertungswiderspruch, denn der Gerichtshof kann üblicherweise auch dann über Einwendungen gemäß Art. 6 Abs. 3 entscheiden, wenn bereits ein Schiedsrichter ernannt oder bestätigt wurde. In Ausnahmefällen kann der Generalsekretär sogar solche Einwendungen, die eine Partei erst nach vollständiger Bildung des Schiedsgerichts erhebt, für eine Entscheidung gemäß Art. 6 Abs. 4 an den Gerichtshof verweisen (s. Rz. 57). Es ist nicht ersichtlich, warum dies ausgerechnet für zusätzliche Parteien, die nach Ernennung oder Bestätigung eines Schiedsrichters einbezogen wurden, nicht gelten soll. Höchstens für den Fall, dass das Schiedsgericht bereits vollständig gebilBassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen det ist, mag es sinnvoll sein, auf die Möglichkeit einer Prima-facie-Prüfung in Bezug auf die zusätzliche Partei durch den Gerichtshof zu verzichten. In diesem Fall kann nämlich das bereits gebildete Schiedsgericht im Zuge seine Entscheidung über den Antrag auf Einbeziehung gemäß Art. 7 Abs. 5 unter anderem berücksichtigen, ob es in Bezug auf die zusätzliche Partei überhaupt prima facie zuständig ist. Es muss daher in Fällen seiner offenkundigen Unzuständigkeit ohnehin keine förmliche Unzuständigkeitsentscheidung treffen, weshalb durch eine vorgelagerte Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs keine nennenswerten Effizienzgewinne zu erwarten wären.
III. Verhältnis zu § 1040 ZPO 88 Während Art. 6 Abs. 3 mit dem in § 1040 Abs. 1 ZPO verankerten Grundgedan-
ken, dass das Schiedsgericht die Befugnis hat, über die eigene Zuständigkeit zu entscheiden, vergleichbar ist, fehlt es im X. Buch an einer Vorschrift, die diese Befugnis (vorläufig und aufgrund des ersten Anscheins) auf eine Schiedsinstitution ausdehnt. Im Rahmen der Parteiautonomie und der Schiedsvereinbarung gemäß § 1029 ZPO steht es den Parteien natürlich frei, sich zur Durchführung ihres Schiedsverfahrens einer institutionellen Schiedsgerichtsordnung zu unterwerfen. Damit steht die Entscheidungsbefugnis des Gerichtshofs auch nicht im Widerspruch zur ZPO.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 89 In staatlichen Verfahren existiert keine vergleichbare Vorschrift.
V. Entscheidung des Gerichtshofs (Abs. 4 Satz 1) 90 Art. 6 Abs. 4 Satz 1 verpflichtet den Gerichtshof, in allen an ihn nach Art. 6
Abs. 3 verwiesenen Fällen zu entscheiden, ob das Schiedsverfahren fortzusetzen ist und wenn ja, in welchem Ausmaß.
91 Für die Entscheidung des Gerichtshofs „ob und in welchem Ausmaß das Schieds-
verfahren fortgesetzt wird“, prüft der Gerichtshof jede Partei und jeden Anspruch individuell. Die Entscheidung des Gerichtshofs kann beinhalten, dass das Schiedsverfahren nicht mit allen – ursprünglichen oder später einbezogenen – Parteien fortzusetzen ist oder dass bestimmte Ansprüche von der Fortsetzung des Schiedsverfahrens ausgeschlossen sind. Letzteres kann Fälle betreffen, in denen (i) Ansprüche, die auf eine einzige Schiedsvereinbarung gestützt werden, nicht von der objektiven Reichweite dieser Schiedsvereinbarung umfasst sind, oder in denen (ii) Ansprüche, die auf mehrere Schiedsvereinbarungen gestützt werden, nicht gemeinsam in einem Verfahren entschieden werden können. 116
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Wenn der Generalsekretär eine Angelegenheit an den Gerichtshof verwiesen 92 hat, wird das Sekretariat die Parteien zur Stellungnahme auffordern. Empfehlung: Bei Vorliegen mehrerer Schiedsvereinbarungen sollten die Parteien spätestens im Falle einer Entscheidung des Gerichtshofs gemäß Art. 6 Abs. 4 unmissverständlich klarstellen, welche Ansprüche sie auf welche Schiedsvereinbarungen stützen. Oft ergibt sich dies aus dem Zusammenhang des einzelnen Anspruchs, der sich aus dem einen oder anderen Vertrag ergibt, in dem die jeweilige Schiedsvereinbarung enthalten ist. Allerdings können bei einer entsprechend weiten Formulierung einer Schiedsvereinbarung auch Ansprüche aus anderen Verträgen von der objektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung umfasst sein. Mitunter kann es vor diesem Hintergrund sinnvoll sein, seine Ansprüche hilfsweise auch auf eine andere in Frage kommende Schiedsvereinbarung zu stützen.
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Begründung der Entscheidung des Gerichtshofs. Der Gerichtshof kann seine 94 Entscheidung gemäß Art. 6 Abs. 4 auf Antrag einer Partei auch begründen (Art. 5 Abs. 1 Anhang II). Eine solche Begründung der Entscheidung muss beantragt werden, bevor der Gerichtshof die Entscheidung trifft (Art. 5 Abs. 2 Anhang II). Der geeignete Zeitpunkt dafür ist der Moment, in dem die Parteien eingeladen werden, zur bevorstehenden Entscheidung des Gerichtshofs Stellung zu nehmen. Der Gerichtshof kann nach eigenem Ermessen entscheiden, ob er den Parteien eine Begründung für seine Entscheidung mitteilt (Art. 5 Abs. 3 Anhang II). In der Praxis kommt der Gerichtshof einem entsprechenden Antrag nach. 1. Allgemeine Tatbestandsvoraussetzung: Prima-facie-Test (Abs. 4 Satz 2) Die Entscheidung des Gerichtshofs, das Schiedsverfahren fortzusetzen, setzt in 95 jedem Fall die Überzeugung des Gerichtshofs aufgrund des ersten Anscheins voraus, dass eine ICC-Schiedsvereinbarung (s. dazu Rz. 100 ff.) vorliegen könnte. Zu den besonderen Tatbestandsvoraussetzungen in Mehrvertrags- und Mehrparteienszenarien s. Rz. 168 ff. Aufgrund des ersten Anscheins. Die Anforderungen, die an eine Überzeugung 96 aufgrund des ersten Anscheins (Prima-facie-Test) zu stellen sind, sind in Art. 6 Abs. 4 nicht beschrieben. Aus der Formulierung, dass der Gerichtshof lediglich dem ersten Anschein nach überzeugt sein muss, dass eine Schiedsvereinbarung vorliegen könnte, ergibt sich jedoch, dass bereits ein sehr geringes Maß an Überzeugung ausreicht. Der Gerichtshof wendet diesen Prüfungsmaßstab in der Praxis überaus großzügig an. Der Gerichtshof entscheidet, ein Schiedsverfahren fortzusetzen, wenn es aufgrund des ersten Anscheins hinreichend möglich erscheint, dass eine ICC-Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien existieren könnte. Der Prima-facie-Test des Gerichtshofs erfolgt unter eher summarischen Ge- 97 sichtspunkten. Der Gerichtshof kann keine mündliche Verhandlung anordnen und es ist auch nicht Aufgabe des Gerichtshofs, anstelle des Schiedsgerichts ausführliche Schriftsätze unter detaillierter Berücksichtigung des jeweils anwendbaren Rechts zu würdigen. Ist eine solche detaillierte Prüfung erforderlich, wird Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen es Aufgabe des Schiedsgerichts sein, seine Zuständigkeit gemäß nationalem Recht und ggf. nach eingehender Beweisaufnahme zu beurteilen. Der Gerichtshof wird daher insb. dann entscheiden, dass aufgrund des ersten Anscheins eine ICCSchiedsvereinbarung existieren könnte, wenn er es für möglich hält, dass ein Schiedsgericht in weiterer Folge nach einer detaillierten rechtlichen Prüfung und Beweisaufnahme seine Zuständigkeit bejahen könnte. 98 Empfehlung: Die Beurteilung, ob aufgrund des ersten Anscheins eine ICC-Schiedsverein-
barung bestehen könnte, nimmt der Gerichtshof ausschließlich aufgrund der bislang im Verfahren vorgebrachten Argumente und vorgelegten Unterlagen vor. Dabei geht es nicht darum, ob es denkmöglich wäre, dass das Schiedsgericht seine Zuständigkeit bejaht, wenn die Parteien bislang neue und unberücksichtigte Umstände vortragen. Vielmehr kommt es darauf an, ob das Schiedsgericht seine Zuständigkeit auf Grundlage des bisherigen Parteivorbringens bejahen könnte. Wenn der Generalsekretär die Angelegenheit an den Gerichtshof verweist, sollten die Parteien daher möglichst umfassend zur Sache Stellung nehmen und vor allem alle Dokumente vorlegen, die aufgrund des ersten Anscheins eine Bindung von etwaigen Nicht-Unterzeichnern an die Schiedsvereinbarung bewirken könnten (s. Rz. 126 ff.). Versäumt es eine Partei umfassend vorzutragen und entscheidet der Gerichtshof in Folge dessen, das Verfahren nicht fortzusetzen, kann ein derartiges Versäumnis nur mehr u.U. durch einen Antrag auf Überprüfung und Abänderung der Entscheidung des Gerichtshofs (sog. „reconsideration“) geheilt werden (s. Rz. 213).
99 Im Folgenden wird fallgruppenspezifisch anhand der gemäß Art. 6 Abs. 3 mög-
lichen Einwendungen die entsprechende Praxis des Gerichtshofs bei einer etwaigen Prüfung gemäß Art. 6 Abs. 4 dargestellt. Auf die Praxis des Generalsekretärs, ob die entsprechenden Einwendungen überhaupt an den Gerichtshof verwiesen werden, wird in diesem Zusammenhang ebenfalls eingegangen. Die im Zusammenhang mit den einzelnen Einwendungen genannten rechtlichen Erwägungen können nach Maßgabe des jeweils anwendbaren Rechts ggf. auch für Schiedsgerichte bei der Beurteilung ihrer Zuständigkeit eine Rolle spielen.
a) Vereinbarung eines Schiedsverfahrens gemäß der ICC-SchO 100 Einwendungen in Bezug auf die Frage, ob ein Schiedsverfahren gemäß der ICC-
SchO vereinbart wurde, bedürfen stets im Einzelfall einer Analyse des Wortlauts der entsprechenden Schiedsvereinbarung. Die Parteien müssen ein Schiedsverfahren gemäß der ICC-SchO und somit deren Anwendung vereinbart haben. Ein expliziter Verweis auf die Anwendung der ICC-SchO ist höchst empfehlenswert. Allerdings kann sich auch ohne einen solchen ausdrücklichen Verweis durch Auslegung ergeben, dass eine ICC-Schiedsvereinbarung getroffen wurde.
101 Bei der Prüfung, ob ein Schiedsverfahren gemäß der ICC-SchO vereinbart wur-
de, sind im Falle mehrdeutiger Klauseln insb. folgende Kriterien zu berücksichtigen: Zunächst ist zu prüfen, ob die Schiedsvereinbarung eine Bezugnahme auf die ICC-SchO, den internationalen Schiedsgerichtshof der ICC oder die ICC selbst enthält. Verweise auf einen „internationalen Schiedsgerichtshof“, ein „internationales Schiedsgericht“ oder eine „Handelskammer“ können dabei erste Anhaltspunkte für einen entsprechenden Parteiwillen bieten. Darüber hinaus ist 118
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zu berücksichtigen, ob eine andere Schiedsinstitution existiert, auf die die Parteien möglicherweise verweisen wollten. Ist dies der Fall, wird das ein Indiz gegen eine Einigung auf die ICC-SchO sein. Auch die Herkunft der Parteien kann eine Rolle spielen. Im Zweifelsfall kann angenommen werden, dass Parteien bei grenzüberschreitenden Vertragsverhältnissen ihre Streitigkeiten einer internationalen Schiedsinstitution unterwerfen wollen, die sich an einem neutralen Ort befindet. Verweist die Schiedsvereinbarung auf eine an einem bestimmten Ort nicht exis- 102 tierende Schiedsinstitution (z.B. „International Arbitration Court of Geneva“), könnte diese Unklarheit möglicherweise so aufgelöst werden, dass der genannte Ort lediglich den Schiedsort bezeichnen sollte (ICC Award in Case No. 5983 [1989], ASA Bulletin, Vol. 11 No. 4 [1993], 507; ICC Award in Case No. 5294 [1988], ICC Arbitral Awards 1986–1990, S. 180; OLG Dresden v. 5.12.1994 – 2 U 1010/94, ASA Bulletin, Vol. 13 No. 2 [1995], 247). Wenn hingegen der Schiedsort zusätzlich ausdrücklich vereinbart ist, ist eine derartige Interpretation nicht mehr möglich, was gegen die Annahme einer wirksamen ICC-Schiedsvereinbarung sprechen könnte. Zweifelsfälle können auch dann vorliegen, wenn ein Vertrag zwar eindeutig eine 103 ICC-Schiedsvereinbarung enthält, wenn derselbe Vertrag – oder andere mit ihm zusammenhängende Verträge – aber gleichzeitig auch eine zweite nicht kompatible Schiedsvereinbarung enthält, die etwa auf eine andere (existierende) Schiedsinstitution verweist oder ein Ad-hoc-Schiedsverfahren vorsieht. In so einem Fall wird u.a. zu beurteilen sein, ob eine der beiden Schiedsvereinbarungen der anderen vorgeht oder ob die Vereinbarung u.U. so auszulegen ist, dass den Parteien ein Wahlrecht zusteht, auf welche Schiedsvereinbarung sie ihre Ansprüche stützen wollen. Ein ähnliches Problem kann auftreten, wenn die Parteien sowohl eine Schiedsvereinbarung mit Bezug auf die ICC-SchO schließen als auch auf die Streitbeilegung durch die staatlichen Gerichte verweisen. Ist in einem solchen Fall nicht eindeutig festzustellen, dass der Parteiwille auf die ausschließliche Zuständigkeit der staatlichen Gerichte gerichtet war, wird i.d.R. anzunehmen sein, dass die Parteien ein Schiedsverfahren gemäß der ICC-SchO vereinbart haben. Wenn die Schiedsvereinbarung bestimmt, dass eine andere (existierende) 104 Schiedsinstitution das Schiedsverfahren gemäß der ICC-SchO verwalten soll oder dass ein Ad-hoc-Schiedsverfahren nach der ICC-SchO durchgeführt werden soll, wird nicht zuletzt angesichts der Bestimmung des Art. 1 Abs. 2 eine ICC-Schiedsvereinbarung bejaht werden können. Im Einzelfall kann eine Auslegung des Parteiwillens aber auch das Gegenteil ergeben. Ein Schiedsverfahren, das von einer anderen Schiedsinstitution vermeintlich nach den Bestimmungen der ICC-SchO verwaltet oder das in einem Ad-hoc-Verfahren vermeintlich nach den Bestimmungen der ICC-SchO durchgeführt werden soll, ist kein ICCSchiedsverfahren. Wenn sich die Parteien lediglich darauf geeignet haben, dass der Gerichtshof für 105 die Ernennung der Schiedsrichter zuständig sein soll („appointing authority“), Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen liegt für sich genommen noch keine Vereinbarung vor, ein Schiedsverfahren gemäß der ICC-SchO zu führen. 106 Von einer Schiedsvereinbarung abzugrenzen sind Mediationsvereinbarungen,
Schiedsgutachtervereinbarungen (OLG München v. 23.12.2015 – 34 SchH 10/ 15, NJW 2016, 1964), Vereinbarungen über ein Dispute Adjudication Board, Dispute Board oder Dispute Avoidance and Adjudication Board sowie Vereinbarungen über Schiedskommissionen und Vereinbarungen über vorgeschaltete Schlichtungsverfahren.
107 Praxis des Gerichtshofs. Ob ein Schiedsverfahren gemäß der ICC-SchO verein-
bart wurde, wird vom Gerichtshof vor allem dann zu prüfen sein, wenn die Schiedsvereinbarung keine Bezugnahme auf die ICC-SchO, den internationalen Schiedsgerichtshof der ICC oder die ICC selbst enthält. Ist ein entsprechender Verweis in der Schiedsvereinbarung enthalten, wird der Generalsekretär die Angelegenheit üblicherweise erst gar nicht an den Gerichtshof verweisen. Grundsätzlich ist eine Tendenz zugunsten der Annahme des Gerichtshofs zu beobachten, dass prima facie eine Vereinbarung der ICC-SchO vorliegen könnte. Der Gerichtshof hat in der Vergangenheit im Zuge des Prima-facie-Tests positive Entscheidungen gemäß Art. 6. Abs. 4 auch in Fällen getroffen, in denen die Schiedsvereinbarung nicht eindeutig auf die ICC-SchO verwiesen hat (z.B. „Chamber of Commerce in Paris“, „Arbitration Commission of the Chamber of Commerce and Industry of Paris“, „Arbitration Court of the French Chamber of Commerce, Paris“, „arbitration in Paris in the chamber of arbitration“, „Geneva Court of International Arbitration“, Derains/Schwartz, S. 89–90; Benglia, ICC Court Bulletin, Vol. 7 No. 2 [1996], 11).
108 Liegen mehrere widersprüchliche Schiedsvereinbarungen vor oder haben die
Parteien neben einer Schiedsvereinbarung auch eine Gerichtsstandvereinbarung getroffen, werden diesbezügliche Unklarheiten i.d.R. vom Schiedsgericht zu entscheiden sein.
109 Wenn die Schiedsvereinbarung bestimmt, dass eine andere existierende
Schiedsgerichtsinstitution das Schiedsverfahren gemäß der ICC-SchO durchzuführen hat und wenn eine Partei auf Grundlage dieser Schiedsvereinbarung Schiedsklage bei der ICC einbringt, wird der Gerichtshof das Schiedsverfahren verwalten. Etwaige Zuständigkeitseinwendungen der Parteien werden vom Schiedsgericht zu entscheiden sein. So wurden in der Vergangenheit ICCSchiedsverfahren geführt, in denen die Schiedsvereinbarung sowohl die Anwendung der ICC-SchO als auch die Verwaltung des Schiedsverfahrens durch eine andere Schiedsgerichtsinstitution vorgesehen haben. Dasselbe gilt, wenn die Schiedsvereinbarung ein Ad-hoc-Schiedsverfahren unter Anwendung der ICCSchO vorsieht.
110 Fehlt hingegen nicht nur jeglicher Hinweis auf die ICC-SchO, den internationa-
len Schiedsgerichtshof der ICC oder die ICC selbst, sondern liegen auch sonst keine Elemente vor, die eine Absicht der Parteien nahelegen könnten, ein ICCSchiedsverfahren zu führen, wird bereits im Zuge des Prima-facie-Tests des Ge120
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
richtshofs eine Einigung der Parteien auf ein Schiedsverfahren gemäß der ICCSchO regelmäßig zu verneinen sein. b) Form und Sprache der Schiedsvereinbarung Formerfordernisse. Die ICC-SchO enthält kein Schriftformerfordernis für die 111 Schiedsvereinbarung. In ICC-Schiedsverfahren ist zwar ein schriftlicher Nachweis der Schiedsvereinbarung gefordert, dies gilt allerdings nur, sofern diese in Schriftform geschlossen wurde (vgl. Art. 4 Abs. 3 Buchst. e, s. Art. 4 Rz. 34 ff.). In jedem Fall gilt nach Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ das Schriftformerfordernis für die Schiedsvereinbarung (beachte aber die Meistbegünstigungsklausel in Art. VII Abs. 1 UNÜ). Dementsprechend sehen auch die meisten nationalen Schiedsrechte vor, dass die Schiedsvereinbarung der schriftlichen Form bedarf. In Deutschland ist dies in § 1031 ZPO festgelegt. Dabei ist das Schriftformerfordernis auch eingehalten, wenn bei mehreren Ausfertigungen desselben Dokuments jede Partei auf der jeweils für sie bestimmten Ausfertigung unterschreibt (BGH v. 11.5.2017 – I ZB 75/16, NJW 2017, 3723; OLG Hamburg v. 27.6.2016 – 6 Sch 6/16). Allein auf Handelsbrauch beruhend kann, aufgrund des Schriftformerfordernisses in § 1031 ZPO, in Deutschland nicht von einer Schiedsvereinbarung ausgegangen werden (BGH v. 6.4.2017 – I ZB 69/16, SchiedsVZ 2017, 323; OLG Hamburg v. 16.6.2016 – 6 Sch 6/14). Wegen der im Zusammenhang mit Schiedsklauseln in gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen zu beachtenden Besonderheiten s. Vor §§ 1 ff. DIS-ERGES Rz. 38. Heilung. Das Nichteinhalten des Schriftformerfordernisses nach nationalem 112 Recht sowie Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ kann in ICC-Schiedsverfahren mit der Unterzeichnung des Schiedsauftrags gemäß Art. 23 Abs. 2 ICC-SchO nachgeholt werden. In Deutschland wird gemäß § 1031 Abs. 6 ZPO der Mangel der Form durch die Einlassung auf die schiedsgerichtliche Verhandlung zur Hauptsache geheilt. Die rügelose Einlassung zur Hauptsache bewirkt, dass bloße Formmängel rückwirkend geheilt werden. Bei einer Vereinbarung per E-Mail ist das Schriftformerfordernis gemäß Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ eingehalten. Auch genügt für ICC-Schiedsverfahren grds. die in AGB enthaltene Schieds- 113 vereinbarung dem Art. 6 Abs. 1. In Deutschland sind die besonderen Vorschriften zu AGB, insb. die Inhaltskontrolle gemäß §§ 305 ff. BGB, zu beachten. Dabei gilt grds., dass Schiedsvereinbarungen, die in AGB enthalten sind, nicht per se als Überraschungsklauseln und daher als unwirksam beurteilt werden können. Dies gilt insb. dann, wenn es sich bei den Parteien um Kaufleute i.S.d. §§ 1 ff. HGB handelt (BGH v. 26.6.1986 – III ZR 200/85, Juris; OLG Hamburg v. 24.1. 2003 – 11 Sch 06/01, SchiedsVZ 2003, 284, 288; OLG München v. 23.6.2017 – 34 SchH 3/16, Kröll, SchiedsVZ 2018, 61, 68). Hinsichtlich der Sprache der Schiedsvereinbarung ist es im kaufmännischen 114 Verkehr unerheblich, wenn diese nicht in Deutsch, sondern in der Vertragssprache abgefasst ist und kein ausdrücklicher Hinweis auf sie erfolgt ist (OLG München v. 23.6.2017 – 34 SchH 3/16, Kröll, SchiedsVZ 2018, 61, 68). Ferner kann Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen die Schiedsvereinbarung nicht erfolgreich aufgrund der fehlenden Sprachkenntnisse angefochten werden. Ist bei Abgabe der Erklärung zur Schiedsvereinbarung das Bewusstsein vorhanden, der Sprache in der die Schiedsvereinbarung verfasst ist nicht mächtig zu sein und daher deren Inhalt nicht zu kennen, liegt kein Irrtum hinsichtlich des Inhalts der Erklärung, d.h. der Schiedsvereinbarung, vor (BGH v. 11.5.2017 – I ZB 75/16, NJW 2017, 3723). 115 Praxis des Gerichtshofs. Im Regelfall wird sich der Gerichtshof nicht mit Ein-
wendungen, die sich auf Form und Sprache der Schiedsvereinbarung beziehen, zu befassen haben, da der Generalsekretär solche Einwendungen erst gar nicht an den Gerichtshof verweist. Nur wenn ausnahmsweise gar kein schriftlicher Nachweis einer angeblich wirksam geschlossenen Schiedsvereinbarung vorliegen sollte (etwa weil der Kläger lediglich das Vorliegen einer mündlichen Schiedsvereinbarung behauptet oder weil der Kläger das Dokument, das die schriftliche Schiedsvereinbarung enthält, nicht vorlegen kann) wird der Generalsekretär die Angelegenheit an den Gerichtshof verweisen. Ein entsprechendes Vorbringen des Klägers könnte in so einem Fall dazu führen, dass der Gerichtshof trotz fehlenden Nachweises einer schriftlichen Schiedsvereinbarung aufgrund des ersten Anscheins überzeugt ist, dass eine für die Parteien verbindliche ICC-Schiedsvereinbarung bestehen könnte. Dies kann insb. dann der Fall sein, wenn der Kläger substantiiert darlegt, dass der wirksame Abschluss einer mündlichen Schiedsvereinbarung nach dem anwendbaren Recht möglich wäre. Ähnliches wird gelten, wenn behauptet wird, dass der Beklagte im Besitz der einzigen Kopie der Schiedsvereinbarung ist. Da der Gerichtshof als Verwaltungseinrichtung weder detaillierte rechtliche Analysen unter dem jeweils anwendbaren Recht durchführt, noch einer Partei die Herausgabe von Dokumenten aufträgt, werden derartige Einwendungen i.d.R. vom Schiedsgericht zu entscheiden sein. c) Zustandekommen der Schiedsvereinbarung
116 In Bezug auf das Zustandekommen der Schiedsvereinbarung sind grds. die all-
gemeinen Vorschriften zum Zustandekommen von Verträgen maßgeblich; in Deutschland die §§ 145 ff. BGB. Grundvoraussetzung sind übereinstimmende Willenserklärungen der Parteien, d.h. ein Angebot auf Abschluss der Schiedsvereinbarung und dessen Annahme. Darüber hinaus können etwa Willensmängel wie Dissens oder Irrtum dazu führen, dass die Schiedsvereinbarung nicht wirksam zu Stande gekommen ist.
117 Ein besonderer Fall liegt vor, wenn strittig ist, welche von mehreren in Frage
kommenden Schiedsvereinbarungen vereinbart wurde. Dieses Problem kann insb. dann auftreten, wenn im Zuge von Vertragsverhandlungen unterschiedliche Versionen der Schiedsklausel ausgetauscht wurden. Eine ähnliche Situation liegt vor, wenn eine Partei einwendet, dass eine Schiedsvereinbarung zwar zunächst wirksam zustande gekommen ist, dass die Parteien diese danach aber einvernehmlich wieder aufgelöst haben, bspw. durch Abschluss einer die ursprüngliche Schiedsvereinbarung ersetzenden, inhaltlich abweichenden Schiedsvereinbarung (s. dazu Rz. 122). 122
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO Empfehlung: Wenn verschiedene möglicherweise wirksame Schiedsvereinbarungen vorliegen, sollte der Kläger in Erwägung ziehen, seine Ansprüche von Anfang an hilfsweise auch auf alle anderen in Frage kommenden Schiedsvereinbarungen zu stützen. Dies ist jedenfalls dann möglich, wenn alle Schiedsvereinbarungen miteinander kompatibel sind (s. Rz. 177 ff.). Falls das Schiedsgericht nämlich später entscheidet, dass eine andere als die vom Kläger behauptete Schiedsvereinbarung wirksam ist, könnten dadurch eventuell auch Streitigkeiten über die Frage vermieden werden, ob das Schiedsgericht seine Zuständigkeit auch aufgrund dieser anderen Schiedsvereinbarung bejahen kann.
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Darüber hinaus können Schiedsvereinbarungen aus sonstigen Gründen nicht 119 wirksam zu Stande gekommen sein, etwa wegen Formmängeln (s. Rz. 111), weil der Streitgegenstand nicht schiedsfähig ist (s. Rz. 145 ff.) oder weil der Unterzeichner zum Abschluss der Schiedsvereinbarung nicht ausreichend bevollmächtigt gewesen ist (vgl. Rz. 126). Praxis des Gerichtshofs. Sofern eine schriftliche Schiedsvereinbarung vorliegt, 120 die im Namen aller Parteien (oder im Namen ihrer Rechtsvorgänger) unterzeichnet wurde, wird der Generalsekretär Einwendungen in Bezug auf das wirksame Zustandekommen dieser Schiedsvereinbarung meist nicht an den Gerichtshof verweisen. Wurde die Schiedsvereinbarung für eine Partei von einem Vertreter unterzeichnet und ist strittig, ob dieser zum Abschluss der Schiedsvereinbarung nach dem jeweils anwendbaren Recht ausreichend bevollmächtigt gewesen ist, wird auch darüber direkt das Schiedsgericht zu entscheiden haben. Ist die Schiedsvereinbarung in einem nicht unterzeichneten Vertragsentwurf 121 enthalten und ist strittig, ob die Parteien diesen Vertrag je abgeschlossen haben, wird der Gerichtshof prüfen, ob es im maßgeblichen Zeitraum Dokumente (etwa Korrespondenz) gibt, die darauf hinweisen, dass die Parteien den Vertrag oder zumindest die darin enthaltene Schiedsklausel wirksam vereinbart haben könnten. Wenn verschiedene Vertragsentwürfe unterschiedliche Schiedsvereinbarungen enthalten und zwischen den Parteien strittig ist, welche Version der Schiedsvereinbarung vereinbart wurde, wird der Gerichtshof diese Prüfung in Bezug auf jene Schiedsvereinbarung vornehmen, auf die der Kläger bzw. ein etwaiger Widerkläger seine Ansprüche stützt. Wenn eine Partei vorbringt, dass die Schiedsvereinbarung nachträglich wieder 122 einvernehmlich aufgelöst wurde und zur Untermauerung dieser Behauptung auch entsprechende Dokumente vorlegen kann, ist zu unterscheiden: Wenn die Frage, ob die Parteien die Schiedsvereinbarung wirksam aufgelöst haben, eine detaillierte rechtliche Analyse der Umstände des Einzelfalls erforderlich macht, wird der Prima-facie-Test des Gerichtshofs positiv ausgehen und die Angelegenheit daher vom Schiedsgericht zu entscheiden sein. In völlig offenkundigen Fällen, in denen die Parteien etwa in einer nachträglichen Zusatzvereinbarung ausdrücklich die ursprünglich abgeschlossene Schiedsvereinbarung aufgelöst haben und in denen die Wirksamkeit dieser Zusatzvereinbarung zwischen den Parteien unstrittig ist, könnte der Gerichtshof hingegen auch zum Ergebnis kommen, dass das Schiedsverfahren nicht fortgesetzt werden soll. Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen 123 Behauptet eine Partei lediglich die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung in
Folge der Beendigung oder Kündigung des Vertrages, in dem sich die Schiedsvereinbarung befindet, wird der Generalsekretär die Angelegenheit nicht an den Gerichtshof verweisen, womit über eine solche Einwendung stets direkt das Schiedsgericht zu entscheiden haben wird. Dies beruht auf dem allgemeingültigen Grundsatz der „separability“, der ausdrücklich in Art. 6 Abs. 9 festgehalten ist (s. Rz. 259 ff.). d) Parteien der Schiedsvereinbarung
124 Subjektive Schiedsfähigkeit. Die Parteien einer Schiedsvereinbarung müssen
subjektiv schiedsfähig sein. Die subjektive Schiedsfähigkeit bestimmt sich nach dem Personalstatut der jeweiligen Parteien der Schiedsvereinbarung.
125 Empfehlung: Besonderes Augenmerk ist auf die subjektive Schiedsfähigkeit der Parteien
in Fällen zu richten, in denen sich mehrere Unternehmen zu einem Konsortium verbinden. Wenn dieses nach dem anwendbaren Recht keine Rechtspersönlichkeit besitzt, sollte die Schiedsvereinbarung mit jedem einzelnen Mitglied des Konsortiums abgeschlossen werden (wenngleich Fälle denkbar sind, in denen eine von einem Dritten mit dem Konsortialführer abgeschlossene Schiedsvereinbarung auch die übrigen Konsorten verpflichtet; s. Rz. 130). Entsprechende Sorgfalt ist dann auch bei der Bezeichnung der Parteien in der Schiedsklage geboten: Wenn das Konsortium keine Rechtspersönlichkeit besitzt, müssen dessen einzelne Mitglieder als getrennte Kläger oder Beklagte angeführt werden und das Schiedsverfahren wird dadurch zum Mehrparteienverfahren. Zwar ist denkbar, dass eine diesbezügliche anfängliche Ungenauigkeit im Laufe des Verfahrens durch eine Berichtigung der Parteibezeichnung geheilt werden kann, dies ist allerdings in der ICCSchO nicht ausdrücklich vorgesehen und liegt daher im Ermessen des Schiedsgerichts bzw. vor dessen Bildung im Ermessen des Sekretariats.
126 Bindung von Nicht-Unterzeichnern. Hauptsächlich bindet die Schiedsverein-
barung nach Art. 6 Abs. 1 die Parteien, die die Schiedsvereinbarung unterzeichnet haben. Bei Vollmachtserteilung kann diese u.U. den Abschluss einer Schiedsvereinbarung decken. Zur Bestimmung des Vollmachtstatuts siehe BGH v. 11.5.2017 – I ZB 63/16, BeckRS 2017, 126042 sowie jetzt auch Art. 8 EGBGB.
127 Unter Umständen kann die Schiedsvereinbarung allerdings auch auf Parteien aus-
gedehnt werden, die die Schiedsvereinbarung nicht unterzeichnet haben und die daher dem ersten Anschein nach nicht an diese gebunden sind. Beispiele für die Ausdehnung von Schiedsvereinbarungen auf Nicht-Unterzeichner finden sich im Bereich der Handelsvertretung, des Vertrags zugunsten Dritter (§ 328 BGB), der Abtretung (§ 398 BGB, BGH v. 2.10.1997 – III ZR 2/96, NJW 1998, 371), der Übertragung und der Schuldübernahme (§§ 414 ff. BGB). Bei der Frage der Erbfolge (§ 1922 BGB) ist zu beachten, dass der Erblasser nicht durch eine einseitige testamentarische Anordnung bei fehlender Zustimmung des Pflichtteilsberechtigten Fragen des Pflichtteilsanspruchs grds. durch das Schiedsgericht entscheiden lassen kann (BGH v. 16.3.2017 – I ZB 49/16, SchiedsVZ 2018, 37; BGH v. 16.3. 2017 – I ZB 50/16, SchiedsVZ 2018, 42, wobei der BGH allerdings auf die fehlende objektive Schiedsfähigkeit abstellt anstatt auf die fehlende Schiedsbindung). In der Insolvenzverwaltung kann eine Ausdehnung der Schiedsvereinbarung auf den 124
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
Insolvenzverwalter stattfinden (BGH v. 29.6.2017 – I ZB 60/16, SchiedsVZ 2018, 127 mit Anmerkungen von Buntenbroich/Kaul; BGH v. 3.5.2000 – XII ZR 42/98, NJW 2000, 2346), wobei der Insolvenzverwalter im Rahmen der Ausübung seines Widerspruchsrechts nicht an die Schiedsvereinbarung gebunden ist (BGH v. 20.11.2003 – III ZB 24/03, ZInsO 2004, 88). Vorsicht geboten ist bei der Ausdehnung der Schiedsvereinbarung in einem Hauptvertrag auf einen Subunternehmer. Eine solche könnte höchstens dann in Frage kommen, wenn der Subunternehmer spezifische Handlungen vornimmt (etwa im Zusammenhang mit der Verhandlung oder Durchführung des Hauptvertrags), die darauf hindeuten könnten, dass er der Schiedsvereinbarung im Hauptvertrag stillschweigend zugestimmt hat. Aber auch dann bedeutet dies noch nicht notwendig, dass er auch tatsächlich die Schiedsvereinbarung im Hauptvertrag akzeptiert hat (vgl. Schweizerisches Bundesgericht v. 13.11.2020 – 4A_124/2020). Die Schiedsvereinbarung kann ferner auf Parteien Anwendung finden, die durch 128 eine Unternehmensübernahme oder durch andere Formen der Rechtsnachfolge alle vertraglichen Verpflichtungen, die das Unternehmen vor der Übernahme eingegangen ist, übertragen bekommen haben. Schiedsvereinbarungen, die im Zuge solcher Verpflichtungen getroffen worden sind, entfalten u.U. somit ihre Wirkung auch gegenüber dem neuen Unternehmen. Ob gleichzeitig die Bindungswirkung der Schiedsvereinbarung an das alte Unternehmen bestehen bleibt, wird dann zu bejahen sein, wenn die von den Parteien beabsichtigte Wirkung, zumindest in Bezug auf Ansprüche, die der Übernahme vorausgehen, als tendenziell weit aufzufassen ist (BGH v. 1.8.2002 – III ZB 66/01, NJW-RR 2002, 1462). In jedem Fall ist zwischen einer Unternehmensübernahme und einer Vertragsübertragung zu unterscheiden, da die Bindung an die Schiedsvereinbarung bei einer Vertragsübernahme u.U. von der Einwilligung der anderen Partei abhängt. Außerdem gibt es Rechtskreise, in denen auch auf eine dritte Partei durch- 129 gegriffen und diese von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung erfasst werden kann, wenn sie etwa aufgrund der beim Abschluss der Schiedsvereinbarung bestehenden (wirtschaftlichen) Interessenlage als „faktische“ Vertragspartei angesehen werden kann, obwohl sie den Vertrag selbst nicht unterzeichnet hat. Das kann etwa bei konzernverbundenen Gesellschaften der Fall sein, wenn diese in die Begründung, Durchführung oder Beendigung des Vertrags eingebunden sind (sog. „group of companies doctrine“). So kann z.B. die Muttergesellschaft des Unternehmens, das eine Schiedsvereinbarung eingegangen ist, den Vertrag im Wissen aller Vertragsparteien erfüllen und damit selbst von der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung umfasst werden. Darüber hinaus könnte ein Durchgriff auf eine dritte Partei u.U. in Frage kommen, wenn sich diese etwa in betrügerischer oder rechtsmissbräuchlicher Absicht eines Strohmannes bedient hat („veil piercing“ oder „alter ego doctrine“). Um eine solche Ausdehnung der Schiedsvereinbarung bejahen zu können, sind durch die Rechtsprechung entwickelte strenge Voraussetzungen zu erfüllen, die von dem jeweiligen Einzelfall abhängen (Cour d’appel de Paris v. 7.5.2009, La Société Suba France c/La Société Pujol et autres; Cour de cassation Civ. 1ère v. Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen 25.6.1991, Compagnie tunisienne de Navigation Cotunav c/Société Comptoir Commercial André; vgl. Busse, SchiedsVZ 2005, 118, 120 Fn. 10 m.w.N.; für Deutschland vgl. OLG Braunschweig v. 31.10.2012 – 2 U 59/11; OLG Koblenz v. 31.3.2022 – 2 Sch 3/20). In Deutschland ist das auf die Frage der Ausdehnung der Schiedsvereinbarung auf Dritte maßgebliche Recht fallspezifisch entweder das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht oder – als Schutz vor Fremdbestimmung – das Recht, das auch ansonsten für das Verhältnis des Dritten zu den Vertragsparteien maßgeblich ist (BGH v. 8.5.2014 – III ZR 371/12, SchiedsVZ 2014, 151 = GRUR-RR 2014, 320 = MDR 2014, 980). 130 Auch sind Rechtsverhältnisse denkbar, in denen sich mehrere Unternehmen zu
einem Konsortium verbinden und ein Unternehmen nach Außen die Konsortialführung übernimmt. Unter Umständen kann ein zwischen der Konsortialführung und einem dritten Unternehmen abgeschlossener Vertrag alle Konsorten verpflichten. Falls der Vertrag mit dem dritten Unternehmen eine Schiedsvereinbarung enthält, könnte durch Auslegung die Bindung aller Konsorten an die Schiedsvereinbarung bejaht werden.
131 Bindung von natürlichen Personen. Nicht jeder, der eine Schiedsvereinbarung
unterzeichnet, ist auch an diese gebunden. Mit besonderer Sorgfalt ist zu prüfen, ob natürliche Personen an eine von ihnen unterzeichnete Schiedsvereinbarung gebunden sind. Hat eine natürliche Person nicht im eigenen Namen, sondern für einen Dritten unterzeichnet (etwa weil sie das vertretungsbefugte Organ einer juristischen Person ist), ist i.d.R. nur der Vertretene, nicht jedoch der Vertreter an die Schiedsvereinbarung gebunden. Ausnahmsweise könnte jedoch – je nach anwendbarem Recht – auch in solchen Fällen eine Bindung der natürlichen Person an die Schiedsvereinbarung bejaht werden (vgl. Rz. 127 ff.). Argumente für eine Bindung der natürlichen Person an die Schiedsvereinbarung könnten sein, dass die natürliche Person einen kontrollierenden Einfluss auf den Dritten hat, Adressat von Pflichten im Vertrag ist oder den Vertrag erfüllt hat. Ist das nicht der Fall oder hat eine natürliche Person den Vertrag nur kenntnisnehmend gegengezeichnet, wird dies gegen eine Bindung an die Schiedsvereinbarung sprechen.
132 Zur Frage, inwieweit mehrere Parteien durch mehrere Schiedsvereinbarungen in
verschiedenen Verträgen in ein ICC-Schiedsverfahren eingebunden werden können, s. Rz. 204 ff.
133 Praxis des Gerichtshofs. Einwendungen betreffend die subjektive Schiedsfähig-
keit der Parteien wird der Generalsekretär regelmäßig nicht an den Gerichtshof verweisen. Sie werden daher meist direkt vom Schiedsgericht zu entscheiden sein.
134 Einwendungen betreffend die Bindung von Nicht-Unterzeichnern werden vom
Generalsekretär dann nicht an den Gerichtshof verwiesen und daher direkt vom Schiedsgericht zu entscheiden sein, wenn der Kläger entsprechende Dokumente vorlegt, die belegen, dass der Nicht-Unterzeichner in die Verhandlung, die Erfüllung oder die Beendigung des Vertrages involviert gewesen ist oder dass der Nicht-Unterzeichner die Partei, die die Schiedsvereinbarung unterzeichnet hat, vertrat oder anderweitig in ihrem Namen auftrat. 126
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO Empfehlung: Um glaubhaft zu machen, dass Dritte, die die Schiedsvereinbarung nicht unterzeichnet haben, dennoch an diese gebunden sind, sollten Parteien jedenfalls etwaige zeitgenössische Dokumente vorlegen, die die Involvierung des Dritten z.B. in die Vertragsverhandlungen oder die Vertragserfüllung belegen. Dies gilt sowohl für eine entsprechende Prüfung durch das Schiedsgericht als auch für den Prima-facie-Test durch den Gerichtshof. In dem Zusammenhang ist zu beachten, dass der Gerichtshof seine diesbezügliche Entscheidung nur nach Aktenlage trifft und daher keine Zeugen hört.
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Handelt es sich bei dem Nicht-Unterzeichner um einen Rechtsnachfolger der 136 Partei, die die Schiedsvereinbarung unterzeichnet hat, wird ein entsprechendes substantiiertes Vorbringen des Klägers i.d.R. dazu führen, dass die Angelegenheit direkt vom Schiedsgericht zu entscheiden ist. Ähnliches gilt, wenn eine Partei, die die Schiedsvereinbarung unterzeichnet hat, argumentiert, dass sie aufgrund einer Rechtsnachfolge nicht mehr an diese gebunden ist (etwa, weil im Zuge einer Vertragsübernahme sämtliche Rechte und Pflichten aus dem Vertrag – inklusive der Schiedsvereinbarung – auf einen Rechtsnachfolger übergegangen sind). Auch in solchen Fällen wird das Schiedsgericht über die Einwendungen zu entscheiden haben. Wenn der Kläger substantiiert vorbringt, dass auf den Nicht-Unterzeichner aus 137 im jeweils anwendbaren Recht wurzelnden Gründen durchgegriffen werden kann (wie bspw. der „group of companies doctrine“ oder der Erfüllung der Vertragspflichten ausschließlich durch einen Subunternehmer des Generalunternehmers, der bei allen Vertragsverhandlungen aktiv mitgewirkt hat), kann auch dies dazu führen, dass der Gerichtshof prima facie von Bestehen einer für die Parteien verbindlichen ICC-Schiedsvereinbarung überzeugt ist. Nur weil eine Partei des Schiedsverfahrens die Schiedsvereinbarung unterzeich- 138 net hat, folgt daraus noch nicht automatisch, dass der Gerichtshof aufgrund des ersten Anscheins überzeugt ist, dass eine für diese Partei verbindliche ICCSchiedsvereinbarung bestehen könnte. Dies betrifft insb. Fälle, in denen eine natürliche Person die Schiedsvereinbarung als Vertreter für einen Dritten unterzeichnet hat (s. Rz. 131). e) Objektive Reichweite der Schiedsvereinbarung Inhalt der Schiedsvereinbarung. Es ist den Parteien überlassen, die Schiedsver- 139 einbarung inhaltlich frei zu gestalten. Jedenfalls muss sich – evtl. durch Auslegung – ergeben, dass es bei Abschluss der Schiedsvereinbarung Parteiwille war, den Streitgegenstand der endgültigen Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen. Bei der Auslegung der objektiven Reichweite bzw. des sachlichen Anwendungs- 140 bereichs der Schiedsvereinbarung ist der Grundsatz einer möglichst weiten, schiedsfreundlichen Auslegung zu beachten, der berücksichtigt, dass die Parteien all ihre Streitigkeiten der Zuständigkeit des Schiedsgerichts unterwerfen wollen. Dies gilt umso mehr, wenn die Schiedsklausel – wie üblich – auch alle Streitigkeiten „im Zusammenhang mit dem Vertrag“ erfasst (BGH v. 25.10.2016 – X ZR 27/15, SchiedsVZ 2017, 144, 146, Tz. 17). Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen 141 Hinsichtlich der Auslegung mehrerer in einem Vertrag enthaltenen Schiedsklau-
seln sind ebenfalls die gängigen Auslegungsregeln anzuwenden, nicht jedoch der allgemeine Grundsatz einer möglichst weiten schiedsfreundlichen Auslegung. Denn in einem solchen Fall geht es nicht um die Auslegung der Schiedsklauseln selbst, sondern um das Verhältnis mehrerer Schiedsklauseln zueinander (OLG Frankfurt/M. v. 10.12.2015 – 26 SchH 4/15).
142 Zu den Standardklauseln und Formulierungsvorschlägen s. nach Art. 43. 143 Praxis des Gerichtshofs. Zu Einwendungen in Bezug auf die objektive Reich-
weite der Schiedsvereinbarung kommt es in der Praxis vor allem dann, wenn sich die im Schiedsverfahren geltend gemachten Ansprüche nicht aus demselben Vertrag ergeben, der auch die Schiedsvereinbarung enthält. Wenn der Kläger darlegen kann, dass der Vertrag, der die Schiedsvereinbarung enthält und der Vertrag, aus dem sich die Ansprüche ergeben, im Zusammenhang mit derselben wirtschaftlichen Transaktion abgeschlossen wurden, wird die Angelegenheit regelmäßig direkt vom Schiedsgericht zu entscheiden sein. In Fällen, in denen die fraglichen Verträge nicht Teil derselben wirtschaftlichen Transaktion sind, wird vom Gerichtshof zu prüfen sein, ob aufgrund des ersten Anscheins eine ICCSchiedsvereinbarung bestehen könnte, die die geltend gemachten Ansprüche umfasst. Diese Prüfung wird in solchen Fällen regelmäßig negativ ausgehen. Allerdings prüft der Gerichtshof immer im Einzelfall den Wortlaut der Schiedsvereinbarung sowie die Beziehung der entsprechenden Verträge zueinander.
144 Schließlich können Einwendungen betreffend die objektive Reichweite der
Schiedsvereinbarung auch dann erhoben werden, wenn keine unmittelbaren vertraglichen Ansprüche aus dem Vertrag, sondern bereicherungsrechtliche Ansprüche oder deliktische Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit dem Vertrag geltend gemacht werden. Solche Einwendungen werden i.d.R. nicht an den Gerichtshof verwiesen und daher stets direkt vom Schiedsgericht zu entscheiden sein. f) Objektive Schiedsfähigkeit
145 Der Streitgegenstand muss schiedsfähig sein. 146 Herleitung. Das Erfordernis der Schiedsfähigkeit ergibt sich aus Art. II Abs. 1 und
Art. V Abs. 2 Buchst. a UNÜ, sowie in Deutschland aus § 1061 ZPO i.V.m. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a ZPO. Danach kann die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen versagt werden, wenn der Gegenstand des Rechtsstreits nach dem Recht des Staates, in dem die Anerkennung und Vollstreckung beantragt wird, nicht schiedsfähig ist. Da die nationalen Rechtsordnungen diesbezüglich eher uneinheitlich sind, kann kein universeller Grundsatz zur Schiedsfähigkeit bzw. der objektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung festgelegt werden.
147 §§ 1030, 1032 ZPO. In Deutschland ist die Schiedsfähigkeit in §§ 1030, 1032
ZPO geregelt. Wird gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO eine positive oder negative Feststellungsklage erhoben mit dem Ziel, das schiedsrichterliche Verfahren für zu128
| Bassiri/Kopetzki
Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
lässig oder unzulässig erklären zu lassen, so beurteilt das Gericht die Schiedsfähigkeit nach § 1030 ZPO. Vermögensrechtliche Ansprüche. § 1030 Abs. 1 ZPO sieht vor, dass jeder ver- 148 mögensrechtliche Anspruch Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein kann. § 1030 Abs. 1 ZPO ist weit auszulegen. Er umfasst Feststellungs-, Gestaltungsund Unterlassungsklagen, soweit sie mit vermögensrechtlichen Ansprüchen in Verbindung stehen. Neben vertraglichen Ansprüchen werden auch quasivertragliche, dingliche, deliktische und bereicherungsrechtliche Ansprüche erfasst. Nicht vermögensrechtliche Ansprüche können Gegenstand der Schiedsverein- 149 barung sein, soweit die Parteien berechtigt sind, über den Gegenstand des Streits einen Vergleich zu schließen. Eingeschränkte Schiedsfähigkeit. In Deutschland findet die Schiedsfähigkeit 150 ihre Grenzen in § 1030 Abs. 2 ZPO. Danach sind bestimmte Wohnraummietsachen nicht schiedsfähig. Gemäß § 1030 Abs. 3 ZPO bleiben gesetzliche Vorschriften außerhalb des X. Buchs der ZPO unberührt, nach denen die Schiedsfähigkeit von Streitigkeiten ganz oder teilweise eingeschränkt ist. So gibt es Einschränkungen bzgl. Streitigkeiten hinsichtlich Wertpapierdienstleistungen, Wertpapiernebendienstleistungen und Finanztermingeschäften in § 37h WpHG. Geistiges Eigentum. Die Schiedsfähigkeit von Streitigkeiten, die geistiges Eigen- 151 tum zum Gegenstand haben, wird kontrovers behandelt. Nach Unionsrecht werden Streitigkeiten bzgl. der Eintragung und Gültigkeit von Patenten, Mustern, Modellen, Marken und ähnlichen Rechten traditionell als nicht schiedsfähig erachtet. Hierfür haben, soweit nicht Gerichte der Europäischen Union zuständig sind, die nationalen Gerichte der EU-Mitgliedstaaten die ausschließliche Zuständigkeit, in deren Hoheitsgebiet die Hinterlegung oder Registrierung beantragt oder vorgenommen ist (Art. 24 Abs. 4 EuGVVO; BGH v. 25.1.1983 – X ZR 47/ 82, BGHZ 86, 330 = NJW 1984, 2943 = BB 1984, 561). Im Rahmen eines Schiedsverfahrens bzgl. der Nichtigerklärung eines Patents kann jedoch beantragt werden, dass der Schiedsspruch festhält, dass er lediglich die Parteien des Schiedsverfahrens bindet und keine Erga-Omnes-Wirkung hat. Abgesehen von diesen Kerngebieten des geistigen Eigentums werden diesbezügliche Streitigkeiten in der EU und der Schweiz als grds. schiedsfähig erachtet (Cour d’appel de Paris, Deko v. Dingler et Meva, Revue de l’arbitrage 1994, S. 515; Interim Award in ICC Case No. 6097, ICC Court Bulletin, Vol. 4 No. 2 (1993), S. 76 ff.). Streitigkeiten zu Beschlussmängeln in Gesellschaften werden grds. als schieds- 152 fähig behandelt (s. im Einzelnen Vor §§ 1 ff. DIS-ERGES). Wettbewerbsrecht. Streitigkeiten, die deutsches, europäisches oder US-amerika- 153 nisches Wettbewerbsrecht zum Inhalt haben, sind schiedsfähig (EuGH v. 1.6. 1999 – C-126/97 Eco Swiss China Time Ltd v Benetton International NV; Mitsubishi Motors Corp. v Soler Chrysler-Plymouth, Inc., 723 F.2d 155, 162 [1st Cir. 1983]). In Deutschland sind wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten nach der Streichung des § 91 GWB a.F. schiedsfähig; ebenso z.B. in Australien (ComanBassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen date Marine Corp v Pan Australia Shipping Pty Ltd [2006], 157 FCR 45) und Neuseeland (Attorney General of New Zealand v Mobil Oil [1989] 2 NZLR 64d). 154 Insolvente Unternehmen. Zu den Besonderheiten bei Forderungen gegen insol-
vente Unternehmen s. Art. 38 Rz. 57 zum ausländischen Recht; Art. 42 DISSchO Rz. 80 ff., bzw. 85 ff. zum deutschen Recht.
155 Arbeitsrechtliche Streitigkeiten sind in ihrer Schiedsfähigkeit grds. auf solche be-
schränkt, auf die §§ 101 ff. ArbGG Bezug nehmen. Darüber hinaus ist z.B. für Bühnenschauspieler (BAG v. 31.5.2000 – 7 AZR 909/98, BeckRS 2000, 30785156), Geistliche (BVerfG v. 18.9.1998 – 2 BvR 1476/94, NJW 1999, 349; BGH v. 11.2. 2000 – V ZR 271/99, NJW 2000, 1555, 1556) und intergouvernementale Organisationen und Einrichtungen (BVerwG v. 29.10.1992 – 2 C 2.90, NJW 1993, 1409 f.) anerkannt, dass arbeitsrechtliche Streitigkeiten schiedsgerichtlich beigelegt werden können.
156 Familienrechtliche Streitigkeiten und Streitigkeiten über den Nachlass. Famili-
enrechtliche Streitigkeiten und Streitigkeiten über den Nachlass sind grds. schiedsfähig, soweit vermögensrechtliche Ansprüche zu Grunde liegen (z.B. Aufteilung des Nachlasses). Eine Schiedsklausel kann auch gemäß § 1066 ZPO in einem Testament enthalten sein (OLG Karlsruhe v. 28.7.2009 – 11 Wx 94/07, NJW 2010, 688), allerdings beschränkt sich die Testierfreiheit des Erblassers auf Ansprüche, auf die er Einfluss nehmen kann. Streitigkeiten zum Pflichtteilsanspruch, die ihre Grundlage im zwingenden Pflichtteilsrecht haben, gehören nicht dazu (BGH v. 16.3.2017 – I ZB 50/16, NJW 2017, 2115; vgl. auch Rz. 127). Nicht schiedsfähig sind allerdings familienrechtliche Streitigkeiten und Streitigkeiten die eine eingetragene Lebenspartnerschaft oder den Status einer Person betreffen.
157 Teilunwirksamkeit. Beinhaltet die Schiedsvereinbarung Merkmale, die im Hin-
blick auf die Schiedsfähigkeit unterschiedliche Wirkungen haben, so kann in Betracht gezogen werden, den nicht schiedsfähigen Teil der Schiedsvereinbarung als unwirksam zu behandeln, während der schiedsfähige Teil aufrechterhalten bleibt.
158 Praxis des Gerichtshofs. Einwendungen in Bezug auf die Frage, ob der Streit-
gegenstand objektiv schiedsfähig ist, wird der Generalsekretär i.d.R. nicht an den Gerichtshof verweisen. Sie werden daher üblicherweise direkt vom Schiedsgericht zu entscheiden sein. g) „Multi-Tier“-Streitbeilegungsklauseln
159 Die Parteien können vereinbaren, dass im Falle von Streitigkeiten nicht unmit-
telbar ein Schiedsgericht angerufen werden soll, sondern dass zunächst andere vorgelagerte Schritte zur einvernehmlichen Lösung der Streitigkeit unternommen werden müssen. So können die Parteien etwa vereinbaren, dass sie Vergleichsverhandlungen oder ein Mediationsverfahren anstrengen müssen, ehe sie ihre Ansprüche in einem Schiedsverfahren geltend machen dürfen.
160 Die Folge der Nichteinhaltung dieser vorgelagerten Streitbeilegungsschritte rich-
tet sich nach der konkreten Formulierung der entsprechenden Klausel und nach 130
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
dem auf diese Frage jeweils anwendbaren Recht. Die Folge der Nichteinhaltung kann etwa darin liegen, dass die Forderung vorübergehend nicht klagbar ist und die Schiedsklage als nicht bzw. derzeit nicht zulässig abzuweisen ist (vgl. etwa BGH v. 29.10.2008 – XII ZR 165/06, NJW-RR 2009, 637). Bei einem entsprechenden Antrag einer der Parteien wird auch eine Aussetzung des Verfahrens in Frage kommen, bis der entsprechende Schritt nachgeholt wurde (s. dazu Kröll, ZVglRWiss 2015, 545 ff.). Praxis des Gerichtshofs. Einwendungen in Bezug auf die Frage, ob die Parteien 161 den in einer „Multi-Tier“-Streitbeilegungsklausel vorgesehenen Konfliktlösungsmechanismus eingehalten haben, wird der Generalsekretär i.d.R. nicht an den Gerichtshof verweisen. Die Entscheidung über derartige Einwendungen obliegt daher direkt dem Schiedsgericht. h) Res iudicata/Lis pendens Wenn über den Streitgegenstand bereits rechtskräftig entschieden wurde oder 162 wenn darüber bereits ein Verfahren anhängig ist (sei es in einem anderen Schiedsverfahren oder in einem staatlichen Gerichtsverfahren), kann der Beklagte entsprechende Einwendungen erheben. Streitigkeiten im Zusammenhang mit res iudicata ergeben sich in der Praxis vor 163 allem dann, wenn in einem anderen Schiedsverfahren bereits rechtskräftig über gewisse Umstände entschieden wurde, die im gegenwärtigen Schiedsverfahren eine Vorfrage für die Entscheidung über die darin geltend gemachten Ansprüche darstellen. Darüber hinaus kann sich die Frage der rechtskräftig entschiedenen Sache in Fällen stellen, in denen eine Partei vorbringt, dass über dieselben Ansprüche bereits in einem anderen Schiedsverfahren entschieden wurde. In diesem Zusammenhang kann etwa insb. umstritten sein, ob eine etwaige Zurück- bzw. Abweisung der Ansprüche durch ein Schiedsgericht vorbehaltlich des Rechts erfolgt ist, dass der Kläger diese Ansprüche in einem anderen Schiedsverfahren erneut geltend machen kann. Die res iudicata-Wirkung eines Schiedsspruchs kann einerseits ihre Grundlage in 164 einer nationalen Rechtsordnung haben, andererseits ist sie auch vertraglichen Ursprungs, da gemäß Art. 35 Abs. 6 „[j]eder Schiedsspruch für die Parteien verbindlich“ ist. Das auf die Frage der res iudicata-Wirkung eines Schiedsspruchs anwendbare Recht muss vom Schiedsgericht gemäß Art. 19 bzw. ggf. Art. 21 bestimmt werden. In Frage kommen neben dem auf die Hauptsache anwendbaren Recht etwa das Recht am Ort des Schiedsverfahrens (sei es das Recht am Ort des früheren oder des späteren Schiedsverfahrens), aber auch gemeinsame Prinzipien der jeweiligen Rechtsordnungen im Falle unterschiedlicher Schiedsorte. Zu beachten ist allerdings, dass nationale Rechtsordnungen die Rechtskraftwirkung von Schiedssprüchen meist nicht im Detail regeln. Insbesondere in internationalen Streitigkeiten kann es deshalb für das Schiedsgericht auch angemessen sein, die Frage der Rechtskraftwirkung von Schiedssprüchen unter Anwendung transnationaler Prinzipien zu beurteilen (vgl. etwa die ILA Recommendations on Lis Pendens and Res JudiBassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen cata and Arbitration). Oft wird entscheidend sein, ob in beiden Verfahren Identität der Parteien, der Ansprüche, sowie des Klagegrunds („cause of action“) gegeben ist. 165 In Deutschland ist § 1055 ZPO zu beachten, der dem Schiedsspruch unter den
Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils zuschreibt. Damit bemisst sich die formelle Rechtskraft eines in Deutschland erlassenen Schiedsspruchs gemäß § 1055 ZPO nach § 705 ZPO. Die materielle Rechtskraft richtet sich nach § 322 ZPO. Hinsichtlich der objektiven Grenzen der materiellen Rechtskraft des Schiedsspruchs gilt dieselbe Regel wie im staatlichen Zivilprozess. Der Streitgegenstand, den die Rechtskraftwirkung erfasst, wird daher „durch den Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Anspruchsgrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet“ bestimmt (BGH v. 13.1.2009 – XI ZR 66/08, NJW-RR 2009, 790, Tz. 16 = SchiedsVZ 2009, 122, 124, Tz 16; s. auch BGH v. 11.10.2018 – I ZB 9/18, NJW-RR 2019, 762 = SchiedsVZ 2019, 150). Ein Schiedsspruch, der die Rechtskraft einer vorhergehenden Entscheidung falsch würdigt, ist – zumindest, wenn diese falsche Würdigung nicht zweifelhaft ist – wegen eines Verstoßes gegen den ordre public aufzuheben (BGH v. 11.10.2018 – I ZB 9/18, NJW-RR 2019, 762 = SchiedsVZ 2019, 150).
166 Darüber hinaus können sich Fragen der res iudicata bzw. lis pendens-Wirkung
von staatlichen Urteilen bzw. Verfahren stellen, wenn etwa vor einem staatlichen Gericht eine Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung anhängig ist oder wenn ein solches über eine derartige Klage bereits rechtskräftig entschieden hat. Dabei gilt grds., dass eine vor einem staatlichen Gericht eingebrachte Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung die Einleitung und die Fortsetzung eines Schiedsverfahrens nicht hindert. Fraglich ist, ob ein Schiedsgericht an eine Entscheidung des staatlichen Gerichts über die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung gebunden ist (für die Bindung des Schiedsgerichts an ein Urteil, mit dem die Unwirksamkeit einer Schiedsvereinbarung festgestellt wurde: BGH v. 18.6.2014 – III ZB 89/13, NJW 2014, 3655 = SchiedsVZ 2014, 254; s. dazu auch Schroeter, SchiedsVZ 2004, 288, 296).
167 Praxis des Gerichtshofs. Einwendungen in Bezug auf die Frage, ob über den
Streitgegenstand bereits rechtskräftig entschieden wurde oder ob dieser bereits anhängig ist, wird der Generalsekretär i.d.R. nicht an den Gerichtshof verweisen. Dasselbe gilt für Einwendungen betreffend die gleichzeitige Erhebung einer Unzulässigkeitsrüge vor den staatlichen Gerichten. Die Entscheidung über derartige Einwendungen obliegt daher üblicherweise direkt dem Schiedsgericht. 2. Besondere Tatbestandsvoraussetzungen bei Mehrparteienverfahren (Abs. 4 Satz 3 (i))
168 Beteiligung von mehr als zwei Parteien. Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) regelt die Pri-
ma-facie-Entscheidung des Gerichtshofs bzgl. des Bestehens einer ICC-Schiedsvereinbarung in Fällen der Beteiligung mehrerer Parteien an einem Schiedsverfahren. Der Wortlaut des Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) ist weit und neutral gefasst. Da132
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
mit sollen alle Konstellationen von Mehrparteienfällen aufgefangen werden, in denen mehrere Kläger und Beklagte Ansprüche untereinander geltend machen. Bei Einbeziehung einer zusätzlichen Partei ist Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) i.V.m. Art. 7 Abs. 1 zu lesen (s. Art. 7). Zeitpunkt. Die Frage, auf welchen Zeitpunkt des Verfahrens hinsichtlich des Vor- 169 liegens eines Mehrparteienverfahrens abgestellt wird, ist in Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) nicht ausdrücklich geregelt. Aus dem Verweis auf Art. 7 Abs. 1 kann abgeleitet werden, dass das Mehrparteienverfahren entweder von Beginn an oder erst nachträglich aufgrund von nach Art. 7 Abs. 1 einbezogenen zusätzlichen Parteien bestehen kann (s. Art. 7 Rz. 7 ff.). Gemäß Art. 7 Abs. 1 können zusätzliche Parteien nur bis zur Ernennung oder Bestätigung eines Schiedsrichters einbezogen werden, sofern nicht alle Parteien auch mit einer späteren Einbeziehung einverstanden sind. Nach der Ernennung oder Bestätigung eines Schiedsrichters kann eine Einbeziehung bei fehlendem Einverständnis einer Partei nur mehr gemäß Art. 7 Abs. 5 erfolgen, der ausdrücklich bestimmt, dass über eine solche Einbeziehung das Schiedsgericht zu entscheiden hat (s. Art. 7 Rz. 33). Aus dem Umstand, dass Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) nur auf Art. 7 Abs. 1 verweist, ist wohl zu schließen, dass die Wirksamkeit der Einbeziehung zusätzlicher Parteien gemäß Art. 7 Abs. 5 nicht vom Gerichtshof gemäß Art. 6 Abs. 4 überprüft werden kann, sondern dass über diese ausschließlich das Schiedsgericht entscheiden darf (vgl. Rz. 86 f.). Überzeugung aufgrund des ersten Anscheins, dass eine verbindliche ICC- 170 Schiedsvereinbarung bestehen könnte. Sind mehr als zwei Parteien an dem Schiedsverfahren beteiligt, ist für die Entscheidung des Gerichtshofs das Schiedsverfahren fortzuführen, erforderlich, dass er aufgrund des ersten Anscheins davon überzeugt ist, dass eine gerade für alle beteiligten Parteien „verbindliche ICC-Schiedsvereinbarung“ bestehen könnte (aber vgl. Rz. 204 ff. für Mehrvertrags- und Mehrparteienschiedsverfahren). Praxis des Gerichtshofs. Die Anforderung an die Prima-facie-Überzeugung des 171 Gerichtshofs in Mehrparteienfällen ist identisch mit der erforderlichen Überzeugung des Gerichtshofs in Zweiparteienverfahren (s. Rz. 95 ff.). Geprüft wird, ob alle am Verfahren beteiligten Parteien an ein und dieselbe Schiedsvereinbarung gebunden sein könnten. Der Gerichtshof wird dies für jede Partei individuell prüfen. Da es gemäß Art. 6 Abs. 1 nicht erforderlich ist, dass die Schiedsvereinbarung un- 172 terzeichnet werden muss, wird der Gerichtshof auch im Rahmen der Prima-facieEntscheidung nach Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) alle vorgetragenen Behauptungen zur Drittbeteiligung, auch bzgl. Nicht-Unterzeichner, in Betracht ziehen (s. Rz. 126 ff.). 3. Besondere Tatbestandsvoraussetzungen bei mehreren Schiedsvereinbarungen (Abs. 4 Satz 3 (ii)) a) Stützen von Ansprüchen auf mehr als eine Schiedsvereinbarung Liegt ein Fall gemäß Art. 9 vor und werden Ansprüche in einem Schiedsverfah- 173 ren auf mehr als eine Schiedsvereinbarung gestützt, muss der Gerichtshof gemäß Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (ii) eine doppelte Entscheidung aufgrund des ersten Anscheins fällen. Zum einen setzt Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (ii) Buchst. a voraus, dass der Gerichtshof aufgrund des ersten Anscheins überzeugt ist, dass die Schiedsvereinbarungen, auf die die Ansprüche gestützt werden, miteinander vereinbar sein könnten. Zum anderen erfordert Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (ii) Buchst. b, dass der Gerichtshof aufgrund des ersten Anscheins davon überzeugt ist, dass alle Parteien des Schiedsverfahrens vereinbart haben könnten, dass die Ansprüche gemeinsam im Rahmen eines einzigen Schiedsverfahrens entschieden werden könnten. Buchst. a und b müssen kumulativ vorliegen. 174 Art. 9 erfasst lediglich Verträge, die materiell-rechtliche Pflichten und Rechte
der Parteien begründen. Er stellt es den Parteien ausdrücklich frei, Ansprüche aus mehreren Verträgen auf nur eine einzige oder auf mehrere Schiedsvereinbarungen zu stützen (s. Art. 9 Rz. 4 ff.). Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (ii) gilt nicht für alle Mehrvertragsfälle des Art. 9, sondern lediglich für die Fälle, in denen sich die Parteien auch auf mehrere Schiedsvereinbarungen stützen, die in verschiedenen Verträgen enthalten sind. Nicht anwendbar ist Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (ii) demgegenüber in Fällen, in denen eine Partei mehrere Ansprüche unter verschiedenen Verträgen geltend macht, diese jedoch nur auf eine einzige Schiedsvereinbarung stützt.
175 Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (ii) ist immer dann heranzuziehen, wenn Ansprüche auf
mehr als eine Schiedsvereinbarung gestützt werden, egal ob es sich um ein Zweioder Mehrparteienverfahren handelt.
176 Praxis des Gerichtshofs. Einwendungen in Bezug auf die Frage, ob alle geltend
gemachten Ansprüche zusammen in einem Schiedsverfahren entschieden werden können, werden i.d.R. dann vom Gerichtshof zu prüfen sein, wenn die Schiedsvereinbarungen möglicherweise nicht kompatibel sind oder wenn nicht klar ist, ob die entsprechenden Verträge als Teil derselben wirtschaftlichen Transaktion abgeschlossen wurden. Im Zuge seiner Prüfung wird der Gerichtshof die im Folgenden näher dargestellten Kriterien berücksichtigen.
b) Schiedsvereinbarungen, auf die die Ansprüche gestützt werden, könnten miteinander vereinbar sein (Abs. 4 Satz 3 (ii) Buchst. a) 177 Zunächst prüft der Gerichtshof im Zuge des Prima-facie-Tests, ob die Schieds-
vereinbarungen miteinander vereinbar sein könnten. Von einer Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen ist jedenfalls auszugehen, wenn die Schiedsvereinbarungen identischen Wortlauts sind. Ist der Wortlaut nicht identisch, so sind die einzelnen Elemente der Schiedsvereinbarungen auf ihre Vereinbarkeit hin zu untersuchen.
178 Grundvoraussetzung ist, dass die Schiedsvereinbarungen die Anwendung der
ICC-SchO vorsehen. Nicht kompatibel sind daher Schiedsvereinbarungen, die auf verschiedene institutionelle Schiedsgerichtsordnungen verweisen oder ein Ad-hoc-Verfahren vorsehen. Die Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen kann zweifelhaft sein, wenn diese zur Anwendbarkeit unterschiedlicher Fassun134
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
gen der ICC-SchO führen würden. In solchen Fällen ist zu differenzieren: Sind die Unterschiede zwischen den jeweiligen Fassungen grundlegend (wie etwa zwischen der ICC-SchO 1998 und der ICC-SchO 2012), sind die Schiedsvereinbarungen nicht miteinander vereinbar. Sind die Unterschiede geringfügig (wie etwa zwischen der ICC-SchO 2017 und der ICC-SchO 2021), könnte eine Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen bejaht werden. In weiterer Folge sind bei der Prüfung, ob die Schiedsvereinbarungen miteinan- 179 der vereinbar sein könnten, die folgenden Aspekte zu berücksichtigen: (1) die Schiedsorte, (2) die Anzahl der Schiedsrichter, (3) die Regelungen zur Bildung des Schiedsgerichts, (4) erforderliche Merkmale oder Qualifikationen der Schiedsrichter, (5) die Verfahrenssprache, (6) das anwendbare materielle Recht (vgl. Art. 9 Rz. 19 ff.), (7) die Eskalationsstufen von Multi-Tier-Streitbeilegungsklauseln, (8) die Fristen, (9) die Regelungen zur Kostenverteilung und (10) die besonderen Befugnisse des Schiedsgerichts. Schiedsvereinbarungen, die verschiedene Schiedsorte vorsehen, sind nicht mit- 180 einander kompatibel; ein Schiedsverfahren kann nicht parallel zwei Schiedsorte haben. Dies gilt wohl auch für verschiedene Schiedsorte im selben Land. Ein solcher Widerspruch könnte nur durch eine nachträgliche Parteivereinbarung geheilt werden, mit der sich die Parteien auf einen einzigen Schiedsort einigen. Anders verhält es sich, wenn eine Schiedsvereinbarung den Schiedsort angibt, während eine andere Schiedsvereinbarung diesbezüglich schweigt. Dann könnte der Gerichtshof gemäß Art. 18 Abs. 1 den Schiedsort bestimmen und damit die Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen bewirken. In Bezug auf die Anzahl der Schiedsrichter gilt Entsprechendes wie zum Schieds- 181 ort. Der Gerichtshof kann gemäß Art. 12 Abs. 2 die Anzahl der Schiedsrichter bestimmen, falls eine Schiedsvereinbarung die Anzahl der Schiedsrichter vorgibt und die andere Schiedsvereinbarung dazu schweigt. Falls die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren anwendbar sind, könnten auch Schiedsvereinbarungen miteinander kompatibel sein, die eine unterschiedliche Anzahl an Schiedsrichtern vorsehen, da der Gerichtshof diesen Widerspruch durch die Ernennung eines Einzelschiedsrichters gemäß Art. 2 Abs. 1 Anhang VI heilen könnte. Unterschiede hinsichtlich der Regeln zur Bildung des Schiedsgerichts führen 182 i.d.R. zur Unvereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen. Dies betrifft bspw. Fälle, in denen eine der Schiedsvereinbarungen bestimmt, dass der Vorsitzende von den Mitschiedsrichtern benannt werden soll und die andere Schiedsvereinbarung keine besonderen Regeln zur Bildung des Schiedsgerichts vorsieht (womit der Vorsitzende gemäß Art 12. Abs. 5 durch den Gerichtshof zu ernennen wäre). Eine solche Unvereinbarkeit könnte aber dadurch geheilt werden, dass sich die Parteien im Schiedsverfahren auf eine einheitliche Methode für die Bildung des Schiedsgerichts einigen. Eine spezielle Form der Unvereinbarkeit liegt auch dann vor, wenn (i) eine Schiedsvereinbarung ausdrücklich einer der Vertragsparteien das Recht zuspricht, einen Schiedsrichter zu benennen und (ii) diese Vertragspartei nun (etwa, weil die Klägerin auch Ansprüche gegen andere Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen Beklagte geltend macht und diese auf eine andere Schiedsvereinbarung stützt) gemeinsam mit den anderen Beklagten einen Schiedsrichter benennen müsste. In einem solchen Fall könnte diese Partei entgegen einer ausdrücklichen Bestimmung in der Schiedsvereinbarung ihren Schiedsrichter nicht mehr alleine benennen. Eine derartige Unvereinbarkeit könnte aber dadurch geheilt werden, dass sich die Beklagten schlussendlich auf die Benennung eines Schiedsrichters einigen. 183 Haben die Parteien besondere Merkmale oder Qualifikationen vereinbart, die
die Schiedsrichter erfüllen müssen (oder nicht erfüllen dürfen), führt dies i.d.R. nur dann zu einer Unvereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen, wenn die vereinbarten Qualifikationen und Merkmale einander ausschließen.
184 Verschiedene Verfahrenssprachen sollten nicht zu einer Inkompatibilität der
Schiedsvereinbarungen führen, da ein Verfahren bspw. parallel in Deutsch und Englisch geführt werden kann.
185 Ebenso wenig werden i.d.R. Diskrepanzen im Hinblick auf das anwendbare ma-
terielle Recht dazu führen, dass die Schiedsvereinbarungen miteinander unvereinbar sind. Hier kann, ohne eine der entsprechenden Vereinbarungen in der Schiedsklausel zu umgehen, das Verfahren unter Anwendung z.B. deutschen und belgischen Rechts beurteilt werden. Dies betrifft insb. Fälle, in denen einzelne Ansprüche, die jeweils auf verschiedene Schiedsvereinbarungen gestützt sind, unter einem jeweils anderen Recht zu beurteilen sind.
186 Im Falle von Diskrepanzen im Zusammenhang mit mehrstufigen Streitbeile-
gungsklauseln sind die Schiedsvereinbarungen regelmäßig miteinander vereinbar. Derartige Diskrepanzen werden darüber hinaus oftmals dahingehend aufgelöst werden können, dass für die einzelnen aufgrund der entsprechenden Schiedsvereinbarung geltend gemachten Ansprüche zu prüfen sein wird, ob für diese die vereinbarten Eskalationsschritte eingehalten wurden.
187 Sehen die Schiedsvereinbarungen unterschiedliche Fristen vor, wird dies i.d.R.
nicht dazu führen, dass die Schiedsvereinbarungen miteinander unvereinbar sind. Haben die Parteien vereinbart, eine unter der ICC-SchO vorgesehene Frist zu verkürzen, wird dies schon allein deshalb keine Unvereinbarkeit begründen, weil der Gerichtshof verkürzte Fristen gemäß Art. 39 Abs. 2 verlängern kann.
188 Unterschiedliche Regelungen zur Kostenverteilung stehen einer Vereinbarkeit
der Schiedsvereinbarungen i.d.R. nicht entgegen. Dies ist auch insofern sachgerecht, als das Schiedsgericht bei seiner Kostenentscheidung danach unterscheiden kann, im Zusammenhang mit welchen Ansprüchen die Aufwendungen der Parteien für ihre Vertretung entstanden sind. In Bezug auf die Honorare und Auslagen der Schiedsrichter sowie auf die Verwaltungskosten der ICC ist eine solche Unterscheidung schwieriger. Allerdings ist auch in Bezug auf diese eine entsprechende Differenzierung nach Anspruch denkbar, da sich zumindest die Honorare der Schiedsrichter und die Verwaltungskosten der ICC nach dem Streitwert bestimmen und das Schiedsgericht insofern beurteilen kann, welcher Anteil dieser Kosten auf welchen Anspruch entfällt. 136
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
Treffen die Schiedsvereinbarungen unterschiedliche Regelungen zu besonderen 189 Befugnissen des Schiedsgerichts, wird auch dies einer Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen i.d.R. nicht entgegenstehen, zumal das Schiedsgericht seine Befugnisse in Bezug auf verschiedene Ansprüche auch unterschiedlich ausüben kann. Heilung. Anfängliche Unvereinbarkeiten zwischen den Schiedsvereinbarungen 190 können im Laufe des Schiedsverfahrens durch die Parteien auch geheilt werden. Dies kann sowohl explizit geschehen (etwa indem sich die Parteien nachträglich auf die Anzahl der Schiedsrichter oder den Schiedsort einigen) oder implizit durch das Verhalten der Parteien (etwa indem ein Beklagter gemeinsam mit den anderen Beklagten einen Schiedsrichter ernennt, obwohl er gemäß einer der Schiedsvereinbarungen das Recht hatte, alleine einen Schiedsrichter zu ernennen; s. Rz. 182). Nicht zuletzt kann auch der Gerichtshof durch seine Entscheidungen in bestimmten Fällen Unvereinbarkeiten heilen (etwa indem er den Schiedsort oder die Anzahl der Schiedsrichter festlegt, sofern eine der Schiedsvereinbarungen dazu schweigt; s. Rz. 180 f.). c) Mögliche Vereinbarung, dass die Ansprüche gemeinsam im Rahmen eines einzigen Schiedsverfahrens entschieden werden können (Abs. 4 Satz 3 (ii) Buchst. b) Im Rahmen des Prima-facie-Tests nach Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (ii) Buchst. b beur- 191 teilt der Gerichtshof alle objektiv relevanten Umstände im Hinblick darauf, ob die Parteien vereinbart haben könnten, dass die geltend gemachten Ansprüche in einem einzigen Schiedsverfahren entschieden werden können. Zum Begriff des Anspruchs vgl. Art. 2 Rz. 15. Das Vorliegen einer solchen Vereinbarung setzt die Ermittlung des gemein- 192 samen Parteiwillens voraus. Dieser kann explizit zum Ausdruck gebracht worden sein oder aus den Umständen abgeleitet werden. Bei der Prüfung des Vorliegens der Vereinbarung nach Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (ii) 193 Buchst. b ist auf den Zeitpunkt des Abschlusses der ICC-Schiedsvereinbarungen abzustellen. Das Vorliegen einer solchen Vereinbarung ist für jede Partei einzeln zu prüfen („alle Parteien des Schiedsverfahrens“). Es muss daher geprüft werden, ob jede einzelne Partei des Schiedsverfahrens bei Abschluss ihrer jeweiligen Schiedsvereinbarung damit einverstanden gewesen sein könnte, dass etwaige Ansprüche aufgrund dieser Schiedsvereinbarung zusammen mit jenen Ansprüchen, die jetzt im Schiedsverfahren aufgrund einer anderen Schiedsvereinbarung geltend gemacht werden, im Rahmen eines einzigen Schiedsverfahrens entschieden werden können. Nur in seltenen Fällen wird es dafür eine ausdrückliche Parteivereinbarung ge- 194 ben. In allen anderen Fällen ist für die Feststellung, dass eine Vereinbarung bestehen könnte, wonach alle Ansprüche gemeinsam in einem einzigen Schiedsverfahren entschieden werden sollen, ein besonderer Zusammenhang zwischen Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen den Ansprüchen erforderlich, den die Parteien bei Abschluss der Schiedsvereinbarungen vorhersehen konnten. Die Umstände im Zusammenhang mit dem Abschluss der verschiedenen Schiedsvereinbarungen müssen so gestaltet gewesen sein, dass die Parteien nicht überrascht sein sollten, wenn über Ansprüche aufgrund all dieser Schiedsvereinbarungen im selben Schiedsverfahren entschieden wird. Die Auswirkungen eines solchen besonderen Zusammenhangs werden mitunter auch dazu führen, dass es aufgrund der engen Verbindung zwischen den Ansprüchen und der Abhängigkeit voneinander große Schwierigkeiten bereiten würde, diese in separaten Schiedsverfahren zu entscheiden. 195 Dieselbe wirtschaftliche Transaktion. Der erforderliche besondere Zusammen-
hang wird insb. dann bejaht werden können, wenn es sich bei den streitgegenständlichen Geschäften um ein- und dieselbe wirtschaftliche Transaktion handelt. Hinweise auf das Vorliegen derselben wirtschaftlichen Transaktion finden sich in der Beziehung der Verträge zueinander, der Zweckbestimmung der Verträge, der Identität der Vertragsparteien und dem Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse. Nehmen die Verträge ausdrücklich aufeinander Bezug, wird auch dies ein starkes Indiz dafür sein, dass sie im Zuge derselben wirtschaftlichen Transaktion abgeschlossen wurden.
196 Horizontale oder vertikale Vertragsbeziehung. Dieselbe wirtschaftliche Trans-
aktion wird i.d.R. nur dann vorliegen, wenn die Verträge in einem horizontalen und nicht in einem vertikalen Verhältnis zueinander stehen, d.h. wenn die Verträge ähnliche Beziehungen zwischen Vertragspartnern schaffen und nicht eine Vertragskette bilden. Die erforderliche horizontale Beziehung ist z.B. dann gegeben, wenn die gleichen Parteien in mehreren Vertriebsverträgen für das gleiche Produkt ICC-Schiedsvereinbarungen geschlossen haben. Anders ist der Fall gelagert, wenn die Parteien sog. „Back-to-Back“-Verträge geschlossen haben. Ebenso wenig wird im Anlagenbau in der Beziehung zwischen Auftraggeber, Generalunternehmer und Subunternehmer davon auszugehen sein, dass der erforderliche besondere Zusammenhang gegeben ist.
197 „Back-to-Back“-Verträge. Die gleiche wirtschaftliche Transaktion fehlt auf-
grund einer vertikalen Vertragsstruktur wie oben erwähnt grds. dann, wenn sog. „Back-to-Back“-Verträge zwischen verschiedenen Parteien geschlossen worden sind, auch wenn sie das gleiche Produkt zum Inhalt haben, z.B. ein Zuliefervertrag zwischen A und B und ein Vertriebsvertrag zwischen B und C bzgl. des gleichen Produkts. Liegt keine vertragliche Vereinbarung dahingehend vor, dass Ansprüche des C bzgl. des Vertriebes eines Produktes durch B direkt auf A durchgreifen, wird C im Zweifel nur gegen B vorgehen können; anders jedoch, wenn A das gleiche Produkt sowohl an B, als auch an C liefert, B und C der gleichen Unternehmensgruppe angehören und in beiden Verträgen identische AGB einbezogen sind, inklusive identischer ICC-Schiedsvereinbarungen. Liegen keine weiteren relevanten Umstände vor, würde der Gerichtshof in so einem Fall wohl entscheiden, dass die Parteien prima facie in einem solchen Fall vereinbart haben könnten, dass die Ansprüche gemeinsam in einem Schiedsverfahren entschieden werden können. 138
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
Dienst- und Werkverträge. Ähnlich sind Dienst- und Werkverträge z.B. im An- 198 lagenbau zu behandeln. Wenn der Auftraggeber gegen den Generalunternehmer vorgeht und sich dieser wiederum am Subunternehmer schadlos halten möchte, wird eine Einbeziehung des Subunternehmers als zusätzliche Partei gemäß Art. 7 bei entsprechenden Einwendungen (entweder des Auftraggebers oder des Subunternehmers) jedenfalls auch an der fehlenden Voraussetzung des Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (ii) scheitern (vgl. auch Rz. 173 ff.). Wenn nicht im Einzelfall besondere Anhaltspunkte eine andere Beurteilung erforderlich machen, wird i.d.R. nicht davon auszugehen sein, dass der Auftraggeber, der Generalunternehmer und der Subunternehmer beim Abschluss ihrer jeweiligen Schiedsvereinbarungen damit einverstanden gewesen sind, dass Ansprüche aus diesen Schiedsvereinbarungen zusammen in einem einzigen Schiedsverfahren entschieden werden können. Ein anderes Problem liegt vor, wenn der Auftraggeber sowohl gegen den General- als auch gegen den Subunternehmer vorgehen will. In einem solchen Fall fehlt es an einer Schiedsvereinbarung im Verhältnis zwischen dem Auftraggeber und dem Subunternehmer, weshalb dies auch keine Problematik des Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (ii), sondern eine Frage der subjektiven Reichweite der Schiedsvereinbarung zwischen Auftraggeber und Generalunternehmer ist (vgl. auch Rz. 127). Anders – nämlich horizontal – ist der Fall gelagert, wenn zwischen dem Auf- 199 traggeber und dem Generalunternehmer zwei verschiede Verträge geschlossen wurden, die verschiedene Teile einer Anlage zum Gegenstand haben und kompatible ICC-Schiedsvereinbarungen beinhalten. In einem solchen Fall wird der Gerichtshof wahrscheinlich prima facie entscheiden, dass die Parteien vereinbart haben könnten, dass die Ansprüche gemeinsam in einem Schiedsverfahren entschieden werden können. Der Gerichtshof wird dagegen das Vorliegen einer solchen Vereinbarung prima facie verneinen, wenn die Ansprüche zwar auf Verträge zwischen den gleichen Parteien gestützt sind, die dem ähnlichen Zweck dienen und ähnliche Vorschriften inkl. der ICC-Schiedsvereinbarung haben, sich aber nicht auf das gleiche Bauprojekt beziehen (z.B. Bau von stahlproduzierenden Anlagen in verschiedenen Städten in Nordafrika) (Greenberg/Feris/Albanesi, Dossier of the ICC Institute of World Business Law: Multiparty Arbitration (2010), 161, 170). Mutter-/Tochtergesellschaft. Bei Verträgen zwischen Muttergesellschaft und 200 Tochtergesellschaft kann es vorkommen, dass die Tochtergesellschaft z.B. einen Zuliefervertrag schließt und die Muttergesellschaft in einem separaten Vertrag als Bürge einsteht. Dieselbe wirtschaftliche Transaktion wird jedenfalls dann zu bejahen sein, wenn die Bürgschaft im Zuliefervertrag vorgesehen ist. Liegen kompatible ICC-Schiedsvereinbarungen vor und sind beide Verträge zeitnah geschlossen worden, wird der Gerichtshof prima facie zugunsten einer Vereinbarung i.S.v. Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (ii) entscheiden. Identität der Parteien der Schiedsvereinbarungen. Die Identität der Parteien 201 der Schiedsvereinbarungen mag für die Bejahung des besonderen Zusammenhangs ein Hinweis sein, ist für sich genommen aber noch nicht ausschlaggebend. Sie ist weder eine notwendige noch eine hinreichende Voraussetzung dafür, dass Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen ein entsprechendes Einverständnis der Parteien vorliegen könnte. Nur weil alle Parteien alle Schiedsvereinbarungen unterzeichnet haben, ist noch nicht automatisch davon auszugehen, dass alle Parteien vereinbart haben könnten, dass die Ansprüche aus diesen Verträgen auch gemeinsam in einem Schiedsverfahren entschieden werden können. Umgekehrt führt eine fehlende Identität der Parteien der Schiedsvereinbarungen nicht automatisch dazu, dass die Ansprüche in getrennten Schiedsverfahren entschieden werden müssen. 202 Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse. Der Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse spielt
insofern eine Rolle, als der erforderliche besondere Zusammenhang umso eher bejaht werden kann, je kürzer der Zeitraum ist, innerhalb dessen die Verträge geschlossen wurden.
203 Wortlaut der Schiedsvereinbarungen. Auch der Wortlaut der Schiedsverein-
barungen sollte bei der Prüfung berücksichtigt werden. Wenn die Schiedsvereinbarungen etwa einen identischen Wortlaut aufweisen, könnte dies ein Indiz für einen entsprechenden Parteiwillen sein, dass Ansprüche aufgrund dieser Schiedsvereinbarungen in einem Verfahren entscheiden werden können. Wenn die Schiedsvereinbarungen hingegen unterschiedliche Regelungen vorsehen (auch wenn diese nicht zur Unvereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen führen), könnte dies gegen einen entsprechenden Parteiwillen sprechen. 4. Besondere Tatbestandsmerkmale bei Mehrparteienfällen und mehreren Schiedsvereinbarungen (Abs. 4 Satz 3 (i) und (ii))
204 In den Fällen, in denen Ansprüche auf mehrere Schiedsvereinbarungen gestützt
werden, sind oftmals mehrere Parteien involviert (Parteien gehören zu einer Unternehmensgruppe, General- und Subunternehmer, Muttergesellschaft und Tochtergesellschaften). Der Gerichtshof hat dann die Aufgabe, den Prima-facieTest gemäß Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) und (ii) durchzuführen. In solchen Fällen wird der Gerichtshof zwar beide Vorschriften in Betracht ziehen, jedoch nur eine Prima-facie-Gesamtentscheidung fällen.
205 Gemäß der Praxis des Gerichtshofs müssen in Mehrparteienfällen, in denen An-
sprüche auf mehrere Schiedsvereinbarungen gestützt werden, die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) und (ii) grds. kumulativ erfüllt sein. Dementsprechend muss es der Gerichtshof prima facie für möglich halten, dass alle Parteien an zumindest eine der Schiedsvereinbarungen gebunden sein könnten und dass sie vereinbart haben könnten, dass alle Ansprüche zusammen in einem einzigen Schiedsverfahren entschieden werden können.
206 Es gibt allerdings Ausnahmefälle, in denen eine kumulative Erfüllung dieser bei-
den Voraussetzungen nicht erforderlich ist. Grundvoraussetzung für jeden Mehrvertrags- und Mehrparteienfall ist ein entsprechendes Einverständnis der Parteien, dass Ansprüche aus diesen Verträgen gemeinsam mit allen Parteien in einem einzigen Schiedsverfahren entschieden werden können. Dementsprechend ist es stets notwendig, dass die Voraussetzung des Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (ii) 140
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
erfüllt ist, d.h. dass alle Parteien einverstanden gewesen sein könnten, alle Ansprüche in einem Verfahren zu behandeln. Demgegenüber muss die Voraussetzung des Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) nicht immer zusätzlich erfüllt sein. Maßgeblich ist, dass alle Parteien vereinbart haben könnten, miteinander ein Schiedsverfahren zu führen. Ein entsprechender Parteiwille kann ausnahmsweise auch vorliegen, ohne dass es eine Schiedsvereinbarung gibt, an die alle Parteien gebunden sein könnten. Dies kann z.B. dann der Fall sein, wenn zwar nicht alle Parteien an eine Schiedsvereinbarung gebunden sind, sie jedoch auf Kläger- oder Beklagtenseite zu derselben Unternehmensgruppe gehören. Ein typischer Fall liegt vor, wenn der Rahmenvertrag mit einer Muttergesellschaft geschlossen wurde und die Ausführungsverträge mit Tochtergesellschaften (Greenberg/Feris/Albanesi, Dossier of the ICC Institute of World Business Law: Multiparty Arbitration (2010), 161, 168). In solchen Konstellationen sollte die Prima-facie-Gesamtentscheidung positiv ausgehen, ohne dass die Voraussetzung des Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) erfüllt ist. Mitunter wird in solchen Konstellationen die Voraussetzung des Art. 6 Abs. 4 207 Satz 3 (i) allerdings ohnehin erfüllt sein. Wenn die entsprechenden Parteien auch an der Verhandlung und Ausführung derjenigen Verträge beteiligt gewesen sind, die sie nicht unterzeichnet haben, könnten sie auch als Nicht-Unterzeichner aufgrund des ersten Anscheins an die Schiedsvereinbarung gebunden sein (s. Rz. 129). Schlussendlich könnte vielleicht sogar in der Vereinbarung aller Parteien, gemeinsam ein Schiedsverfahren zu führen, für sich genommen eine eigene (Meta-)Schiedsvereinbarung erblickt werden, womit ebenfalls die Voraussetzung des Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) erfüllt wäre. Auf eine solche Schiedsvereinbarung sollte der Kläger seine Ansprüche allerdings auch ausdrücklich stützen. 5. Rechtsfolgen bei positiver Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs (Abs. 4, 5) a) Fortsetzung des Schiedsverfahrens (Abs. 4) Liegen die allgemeinen und erforderlichenfalls auch die besonderen Tatbestands- 208 voraussetzungen des Art. 6 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 (i) und (ii) vor, so werden eine Reihe von Rechtsfolgen gemäß Art. 6 Abs. 4–7 ausgelöst. Die erste Rechtsfolge ist die Fortsetzung des Schiedsverfahrens. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der Fortsetzung im Hinblick auf die Parteien (Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i)) und der Fortsetzung im Hinblick auf die Ansprüche (Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (ii)). Fortsetzung bzgl. Parteien. Nach Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) entscheidet der Ge- 209 richtshof prima facie, zwischen welchen Parteien das Schiedsverfahren fortgesetzt werden soll. Das ergibt sich aus dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i), der ausdrücklich erwähnt, dass „das Schiedsverfahren zwischen denjenigen Parteien und gemäß Art. 7(1) beigezogenen zusätzlichen Parteien fortgeführt“ wird, „von denen der Gerichtshof aufgrund des ersten Anscheins überzeugt ist, dass eine für sie verbindliche Schiedsvereinbarung bestehen könnte.“ Demnach Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen kann der Gerichtshof prima facie entscheiden, dass einer oder mehreren Parteien die Fortführung des Schiedsverfahrens versagt ist, weil die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) in Bezug auf diese nicht erfüllt sind, während das Schiedsverfahren mit den übrigen Parteien fortgesetzt werden kann. 210 Fortsetzung bzgl. Ansprüchen. Im Hinblick auf Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (ii) ent-
scheidet der Gerichtshof prima facie über die Fortsetzung des Schiedsverfahrens bzgl. der einzelnen geltend gemachten Ansprüche. Dabei muss er nicht in Bezug auf alle Ansprüche zur selben Entscheidung gelangen. Der Gerichtshof kann daher prima facie entscheiden, dass das Schiedsverfahren nur hinsichtlich einiger der geltend gemachten Ansprüche fortzusetzen ist.
211 Häufig stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, in Bezug auf welche
mehrerer möglichen Ansprüche das Schiedsverfahren fortgesetzt werden soll (etwa, wenn eine Unvereinbarkeit zwischen den Schiedsvereinbarungen besteht und das Schiedsverfahren hinsichtlich solcher Ansprüche fortgesetzt werden kann, die auf einer der beiden Schiedsvereinbarungen beruhen – aber nicht hinsichtlich aller Ansprüche zusammen). In solchen Fällen kann der Gerichtshof entscheiden, dass der Fall nicht auf Grundlage aller Schiedsvereinbarungen weitergeführt werden kann und dass der Kläger wählen kann, auf Grundlage welcher der Schiedsvereinbarungen er das Schiedsverfahren fortsetzen möchte. Eine entsprechende Stellungnahme kann auch bereits das Sekretariat im Vorfeld der Entscheidung des Gerichtshofs einladen. Wenn sich dann der Kläger für eine der Schiedsvereinbarungen entscheidet, wird das Schiedsverfahren hinsichtlich jener Ansprüche fortgesetzt, die auf diese Schiedsvereinbarung gestützt werden (vgl. Rz. 224). Theoretisch könnte der Gerichtshof aber auch beschließen, dass das Schiedsverfahren überhaupt nicht fortzusetzen ist (anstatt einzelne Ansprüche des Klägers herauszulösen).
212 Keine Spaltung des Verfahrens. Wenn der Gerichtshof entschieden hat, dass
das Verfahren lediglich hinsichtlich einzelner Ansprüche fortzusetzen ist, hat dies allerdings jedenfalls keine Spaltung des Verfahrens zu Folge. Das Schiedsverfahren ist in Bezug auf diese Ansprüche endgültig beendet und eine Partei müsste ein neues Schiedsverfahren einleiten, wenn sie die entsprechenden Ansprüche erneut geltend machen möchte.
213 Reconsideration. Falls eine Partei mit der positiven Entscheidung des Gerichts-
hofs nicht einverstanden ist, kann sie zwar grds. beantragen, dass der Gerichtshof das Prima-facie-Verfahren wiederaufgreift und seine Entscheidung, dass das Schiedsverfahren fortgesetzt werden soll, überprüft und ggf. abändert (sog. „reconsideration“). Eine solche Überprüfung der Entscheidung des Gerichtshofs ist allerdings in der ICC-SchO nicht vorgesehen und es besteht kein Anspruch auf ein derartiges Vorgehen. Jedenfalls wäre dafür erforderlich, dass neue, zuvor nicht bekannte und berücksichtigte Tatsachen vorgetragen werden können. Wenngleich in der Praxis der ICC Überprüfungen von negativen Prima-facieEntscheidungen des Gerichtshofs vereinzelt vorkommen (s. Rz. 226), sind Überprüfungen von positiven Prima-facie-Entscheidungen äußerst unwahrschein142
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
lich, da das Schiedsverfahren fortgesetzt wird und die Parteien daher ohnehin eine Entscheidung des Schiedsgerichts verlangen können. b) Entscheidung über Zulässigkeit und Begründetheit bleibt unberührt (Abs. 4 Satz 4) Zur Entscheidung über Zulässigkeit und Begründetheit der Ansprüche bleibt 214 das Schiedsgericht berufen. Dies gilt nicht für Ansprüche sowie für Parteien, die aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs gemäß Art. 6 Abs. 4 nicht länger zum Verfahren gehören (s. Rz. 222 f.). c) Anschließende Entscheidung des Schiedsgerichts bei positiver Entscheidung des Gerichtshofs (Abs. 5) Das Schiedsgericht hat die Kompetenz-Kompetenz. Entscheidet der Gerichts- 215 hof gemäß Art. 6 Abs. 4, dass das Schiedsverfahren fortgesetzt werden kann, so entscheidet anschließend das Schiedsgericht selbst abschließend über seine Zuständigkeit. Jedoch beschneidet Art. 6 Abs. 5 die Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts dahingehend, dass dieses insoweit nicht befugt ist, (positiv) über seine Zuständigkeit zu entscheiden, als der Gerichtshof gemäß Art. 6 Abs. 4 entschieden hat, dass das Schiedsverfahren nicht fortgesetzt wird. In dieser Hinsicht ist die Entscheidung des Gerichtshofs endgültig. Die Erwähnung des Wortes „anschließend“ in Art. 6 Abs. 5 gibt keinen Hinweis 216 darauf, zu welchem Zeitpunkt die Zuständigkeitsprüfung stattfinden soll. Jedenfalls bedeutet es, dass das Schiedsgericht im Anschluss an die Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs über seine Zuständigkeit entscheidet – entweder vorgeschaltet oder zusammen mit der Entscheidung zur Begründetheit der Ansprüche. Die Wahl des Zeitpunkts der Entscheidung über die Zuständigkeit bemisst sich nach den prozessualen Verfahrensbestimmungen und dem Verfahrensablauf gemäß Art. 19 und Art. 22. Werden Zuständigkeitsrügen erhoben, können mitunter Kosten und Zeit gespart werden, wenn das Schiedsgericht die Entscheidung zur Zuständigkeit im Wege eines Teil- bzw. Zwischenschiedsspruchs vorzieht. Bei Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland ist überdies § 1040 ZPO Abs. 3 Satz 1 zu beachten, wonach das Schiedsgericht über Zuständigkeitsrügen „in der Regel“ durch einen Zwischenentscheid zu entscheiden hat. Dies ist jedoch nicht zwingend und eine Entscheidung im Endschiedsspruch ist z.B. dann zu bevorzugen, wenn die Fragen der Zuständigkeit zu sehr mit Fragen der Begründetheit verwoben sind, so dass sie nicht separat behandelt und entschieden werden können (vgl. auch Rz. 36 f.). Empfehlung: Je nach Fallkonstellation kann es sich aus Zeit- und Kostengründen daher empfehlen, eine Vorabentscheidung über die Zuständigkeit durch das Schiedsgericht zu beantragen.
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Form. Die Form der Entscheidung des Schiedsgerichts ist nicht in Art. 6 Abs. 5 218 vorgegeben. Wenn das Schiedsgericht entscheidet, dass es (überhaupt) nicht zuBassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen ständig ist, wird ein Endschiedsspruch erlassen. Kommt das Schiedsgericht zu der Entscheidung, dass es gegenüber allen oder immerhin gegenüber einigen Parteien und bzgl. bestimmter Ansprüche zuständig ist, so wird es regelmäßig einen Teil- bzw. Zwischenschiedsspruch über seine Zuständigkeit erlassen. Allerdings kann sich das Schiedsgericht auch eine positive Zuständigkeitsentscheidung für den Endschiedsspruch vorbehalten. 219 Inhalt. Hinsichtlich des Inhalts der Entscheidung des Schiedsgerichts ist zu be-
rücksichtigen, dass bei Wegfall der anfänglichen Zuständigkeitsrüge der Schiedsspruch ausdrücklich erwähnen sollte, dass trotz einer Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs nach Art. 6 Abs. 4 die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht weiter bestritten wurde.
220 Haben alle Parteien den Schiedsauftrag unterzeichnet, kann das Schiedsgericht
seine Zuständigkeit auch auf diesen stützen (s. Art. 23 Rz. 5). Dies gilt aber nicht, wenn eine Partei den Schiedsauftrag ausdrücklich unter dem Vorbehalt ihrer Zuständigkeitsrügen unterzeichnet hat. Ein unzuständiges Schiedsgericht ist nicht gehindert, zu Gunsten des mit seinen Zuständigkeitseinwendungen erfolgreichen Beklagten eine Kostenentscheidung zu treffen (BGH, Beschl. v. 6.6. 2002 – III ZB 44/01, SchiedsVZ 2003, 39). Sofern eine Auslegung des Schiedsauftrags nicht ausnahmsweise anderes ergibt, wird ein unzuständiges Schiedsgericht hingegen keine Kostenentscheidung zu Lasten des mit seinen Zuständigkeitseinwendungen erfolgreichen Beklagten treffen können.
221 Schließlich sollte das Schiedsgericht beachten, dass Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (i) und
(ii) nur an den Gerichtshof adressiert sind und nicht vom Schiedsgericht anzuwenden sind. Allerdings wird das Schiedsgericht im Zuge seiner Zuständigkeitsprüfung nach dem jeweils anwendbaren Recht u.U. ähnliche Erwägungen anzustellen haben. 6. Rechtsfolgen bei negativer Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs (Abs. 4, 5, 6, 7) a) Keine Fortsetzung des Schiedsverfahrens (Abs. 4, 5)
222 Kommt der Gerichtshof zum Ergebnis, dass die allgemeinen und erforderlichen-
falls auch die besonderen Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 6 Abs. 4 Satz 2 und Satz 3 (i) und (ii) nicht vorliegen, so wird das Schiedsverfahren entweder ganz oder teilweise administrativ beendet. Ein eigener Beendigungsbeschluss des – regelmäßig ja auch noch gar nicht konstituierten – Schiedsgerichts gemäß § 1056 Abs. 1 ZPO ist nicht erforderlich.
223 Keine Fortsetzung bzgl. Parteien. Kommt der Gerichtshof in seiner Prima-
facie-Entscheidung zu dem Ergebnis, dass das Verfahren gegen eine Partei nicht fortzuführen ist, so ist diese Entscheidung grds. endgültig (beachte aber Art. 6 Abs. 6). Die Partei ist daher nicht mehr Partei des Schiedsverfahrens. In Zweiparteienverfahren endet somit das Schiedsverfahren insgesamt und der Gerichtshof setzt die Kosten des Verfahrens gemäß Art. 38 Abs. 6 fest. In Mehrpar-
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
teienverfahren kommt es zu keiner Kostenentscheidung hinsichtlich der ausgeschiedenen Partei (vgl. auch Rz. 239) und das Schiedsverfahren wird in Bezug auf die verbleibenden Parteien fortgesetzt. Keine Fortsetzung bzgl. Ansprüchen. Kommt der Gerichtshof in seiner Prima- 224 facie-Entscheidung zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung der Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 6 Abs. 4 Satz 3 (ii) bestimmte Ansprüche von der Fortsetzung des Schiedsverfahrens ausgenommen werden sollen, sind diese aus dem Verfahren ausgeschlossen und daher nicht länger Teil des Verfahrens (vgl. Rz. 210 f.). Keine Entscheidungsbefugnis des Schiedsgerichts. Wenn der Gerichtshof An- 225 sprüche oder Parteien von der Fortsetzung des Schiedsverfahrens ausgeschlossen hat, darf auch das Schiedsgericht in dieser Hinsicht nicht mehr (positiv) über seine Zuständigkeit entscheiden (s. Art. 6 Abs. 5). Meist wird keine eigene Entscheidung des Schiedsgerichts in dieser Hinsicht notwendig sein. Wenn allerdings eine Partei die entsprechenden Ansprüche erneut in das Schiedsverfahren einbringen möchte, könnte es dennoch sinnvoll sein, eine eigene Unzuständigkeits- bzw. Unzulässigkeitsentscheidung in Bezug auf diese Ansprüche zu treffen, um eine Entscheidung ultra petita zu vermeiden (vgl. auch Art. 23 Abs. 4). Wenn eine Partei neue, zuvor nicht bekannte und berücksichtigte Tatsachen vorträgt, die eine Zuständigkeit des Schiedsgerichts hinsichtlich ausgeschiedener Ansprüche begründen könnten, darf hierüber nicht direkt das Schiedsgericht entscheiden. Die Partei muss in einem solchen Fall – wenn sie nicht ein neues Schiedsverfahren anstrengen möchte – zunächst eine Überprüfung der Entscheidung beim Gerichtshof beantragen (s. Rz. 226). Wenn demgegenüber zuvor nicht bekannte und berücksichtigte Tatsachen zu Tage treten, die eine Zuständigkeit des Schiedsgerichts hinsichtlich einer zuvor ausgeschiedenen Partei begründen, sind zwei Lösungen denkbar: Erstens könnte eine im Schiedsverfahren verbleibende Partei einen Antrag auf Einbeziehung der zuvor ausgeschiedenen Partei gemäß Art. 7 Abs. 5 stellen, über diesen dann direkt das Schiedsgericht zu entscheiden hat. Zweitens könnte jede Partei (auch die zuvor ausgeschiedene Partei) einen Antrag auf Überprüfung der Entscheidung beim Gerichtshof beantragen. Ein Antrag auf Überprüfung der Entscheidung beim Gerichtshof hätten den Vorteil, dass für diesen nicht erneut die Zahlung einer Registrierungsgebühr fällig wird (vgl. Art. 7 Abs. 3). Außerdem setzt die wirksame Einbeziehung einer zusätzlichen Partei gemäß Art. 7 Abs. 5 deren Zustimmung zur Konstituierung des Schiedsgerichts und zum Schiedsauftrag voraus, da sie an der Bildung des Schiedsgerichts nicht beteiligt gewesen ist (vgl. zu dieser Problematik auch Rz. 227). Reconsideration. Falls eine Partei mit der negativen Entscheidung des Gerichts- 226 hofs nicht einverstanden ist, kann sie grds. beantragen, dass der Gerichtshof das Prima-facie-Verfahren wiederaufgreift und seine Entscheidung, dass das Schiedsverfahren nicht fortgesetzt werden soll, überprüft und ggf. abändert (sog. „reconsideration“; s. Rz. 213). Dafür ist es jedenfalls notwendig, dass eine Partei neue, zuvor nicht bekannte und berücksichtigte Tatsachen vortragen kann. In Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen der Praxis des Gerichtshofs sind Überprüfungen von negativen Prima-facie-Entscheidungen vereinzelt vorgekommen, wenn bspw. eine Partei nachträglich Dokumente vorlegen konnte, die belegt haben, dass ein Nicht-Unterzeichner in die Verhandlung oder Durchführung des Vertrags involviert gewesen ist. 227 Die Überprüfung einer negativen Prima-facie-Entscheidung kann zu Schwierig-
keiten führen, wenn das Verfahren nicht insgesamt eingestellt wurde, sondern lediglich einzelne Parteien aus dem Verfahren ausgeschlossen wurden. Wenn zwischen dem Ausscheiden der Partei und einer etwaigen Überprüfung der Prima-facie-Entscheidung durch den Gerichtshof bereits Schritte zur Konstituierung des Schiedsgerichts gesetzt wurden, kann eine Wiedereinbeziehung der Partei in das Verfahren problematisch sein. Die zwischenzeitlich ausgeschiedene Partei wäre dann nämlich möglicherweise nicht in gleicher Weise wie alle anderen Parteien an der Bildung des Schiedsgerichts beteiligt gewesen. Ein offenkundig problematisches Beispiel betrifft Fälle, in denen die verbleibenden Parteien zwischenzeitlich bereits gemeinsam einen Schiedsrichter benannt haben und dieser bestätigt wurde. Aber auch eine bloße Entscheidung des Gerichtshofs zur Anzahl der Schiedsrichter, zu der die zwischenzeitlich ausgeschiedene Partei nicht Stellung nehmen konnte, kann kritisch sein. Bzgl. der Folgen solcher Schritte zur Konstituierung des Schiedsgerichts ist zu differenzieren: Sofern in der Zwischenzeit keine Entscheidungen getroffen wurden, sondern diese lediglich vorbereitet wurden (und dazu etwa Stellungnahmen der Parteien eingeladen wurden), ist es ausreichend, die ausgeschiedene Partei vor den entsprechenden Entscheidungen zu diesen zu hören. Wurden in der Zwischenzeit bereits Entscheidungen zur Bildung des Schiedsgerichts getroffen, könnte der Gerichtshof entscheiden, diese unter Einbeziehung der ausgeschiedenen Partei zu wiederholen. Eine solche Vorgangsweise wäre allerdings nicht immer notwendig. Maßgeblich ist, dass die betreffende Partei im konkreten Einzelfall in gleicher Weise wie alle anderen Parteien die Möglichkeit hatte, an der Bildung des Schiedsgerichts mitzuwirken. Dafür kann es ggf. ausreichen, dass sie vor ihrem zwischenzeitlichen Ausscheiden die Gelegenheit hatte, sich zu allen relevanten Entscheidungen zu äußern. Unter dieser Voraussetzung kann der Gerichtshof auch nach Konstituierung des Schiedsgerichts die Wiedereinbeziehung von Parteien in das Verfahren zulassen, ohne die zur Konstituierung des Schiedsgerichts unternommenen Schritte zu wiederholen.
228 Empfehlung: Wenn eine von einer negativen Art. 6 Abs. 4-Entscheidung betroffene Partei (also i.d.R. ein Kläger, der möchte, dass ein Beklagter wieder in das Verfahren einbezogen wird) beabsichtigt, eine Überprüfung dieser Entscheidung durch den Gerichtshof zu beantragen, sollte sie diesen Antrag möglichst rasch einbringen. Darüber hinaus könnte die Partei den Gerichtshof auch bereits unmittelbar nach Erhalt der negativen Primafacie-Entscheidung über ihre Absicht, einen entsprechenden Antrag einzubringen, informieren. Wenn sie ihr Vorbringen entsprechend substantiiert, könnte dies den Gerichtshof dazu bewegen, mit weiteren Schritten zur Bildung des Schiedsgerichts vorerst zuzuwarten. Dies wiederum würde die Erfolgsaussichten des Antrags erhöhen (vgl. dazu auch Rz. 234).
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
b) Vorbehalt des Rechts der Parteien, das zuständige Gericht anzurufen (Abs. 6) Im Falle einer negativen Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs nach Art. 6 229 Abs. 4 steht es den Parteien gemäß Art. 6 Abs. 6 frei, sich an das zuständige staatliche Gericht zu wenden und dieses damit zu beauftragen zu entscheiden, ob und zwischen welchen Parteien eine wirksame Schiedsvereinbarung besteht. In Deutschland ist in diesem Zusammenhang § 1032 Abs. 2 ZPO in Betracht zu 230 ziehen, wonach jede Partei die positive Feststellung beantragen kann, dass das ICC-Schiedsverfahren zulässig ist und eine wirksame ICC-Schiedsvereinbarung besteht. Diese Möglichkeit besteht gemäß § 1025 Abs. 2 ZPO selbst dann, wenn der Schiedsort im Ausland liegt. Der zeitliche Rahmen ist auf die Zeit vor der Konstituierung des Schiedsgerichts beschränkt. Ein entsprechender Antrag ist daher möglich, bis das letzte Mitglied des Schiedsgerichts bestätigt oder ernannt wurde. Danach ist ein entsprechender Antrag nicht mehr zulässig; auch dann nicht, wenn das Schiedsgericht über seine Zuständigkeit nicht wie von § 1042 Abs. 3 Satz 1 ZPO vorgesehen in einem Zwischenentscheid entscheidet. Da die Fälle des Art. 6 Abs. 4 in der Praxis fast immer in die Zeit vor der Konstituierung des Schiedsgerichts fallen, wird die zeitliche Begrenzung in § 1032 Abs. 2 ZPO grds. keine Schwierigkeiten bereiten. § 1032 Abs. 3 ZPO stellt klar, dass ein staatliches Verfahren das Schiedsverfah- 231 ren nicht hindert. Dieses kann daher begonnen, fortgeführt und inklusive Schiedsspruch vollständig beendet werden. Es liegt im Ermessen des Schiedsgerichts, ob es das Schiedsverfahren aussetzt oder fortführt. Bei seiner Entscheidung sollte das Schiedsgericht das Interesse an einem zügigen Fortgang des Verfahrens sowie die Erfolgsaussichten des staatlichen Verfahrens berücksichtigen. Generell sollte das Schiedsgericht das Verfahren nicht vorschnell aussetzen, da die bloße Anhängigkeit des staatlichen Verfahrens gerade keine Verzögerung des Schiedsverfahrens zur Folge haben soll (Schroeter, SchiedsVZ 2004, 288). Insbesondere ist das staatliche Gericht im Anwendungsbereich des EuÜ sogar seinerseits zur Aussetzung des Verfahrens nach § 1032 Abs. 2 ZPO verpflichtet, sofern kein „wichtiger Grund“ vorliegt (Art. VI Abs. 3 EuÜ; zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf Verfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO siehe OLG München, Beschl. v. 24.11.2016 – 34 SchH 5/16, BeckRS 2016, 20281). Die Fortsetzung des Schiedsverfahrens steht freilich unter dem Risiko, dass ein staatliches Gericht das Schiedsverfahren letztlich für unzulässig erklärt, womit ein zwischenzeitlich erlassener Schiedsspruch nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, Buchst. c, Nr. 2 Buchst. a oder Buchst. b ZPO aufgehoben werden könnte. Wenn das Gericht vor der Zuständigkeitsentscheidung des Schiedsgerichts ge- 232 mäß § 1032 Abs. 2 ZPO entscheiden sollte, dass das Schiedsverfahren unzulässig ist und damit das Schiedsgericht unzuständig, ist das Schiedsgericht an die Entscheidung des staatlichen Gerichts nicht gebunden. Zwar kann ein Schiedsspruch, in dem das Schiedsgericht entgegen einer Entscheidung des staatlichen Gerichts seine Zuständigkeit bejaht, in Deutschland aufgehoben bzw. nicht vollstreckt werden. Schon allein aus diesem Grund sollte das Schiedsgericht die EntBassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen scheidung des staatlichen Gerichts i.d.R. respektieren. Zwingend ist dies allerdings nicht. Wenn der Schiedsort nicht in Deutschland liegt oder wenn der Schiedsspruch am voraussichtlichen Vollstreckungsort selbst dann vollstreckt werden könnte, wenn er in Deutschland aufgehoben wurde, kann eine Bejahung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts ausnahmsweise gerechtfertigt sein. Dem steht auch die Verpflichtung des Schiedsgerichts nicht entgegen, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs sicherzustellen (s. Art. 42 Rz. 7 ff.). 233 Wenn das Gericht gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO entscheiden sollte, dass das Schieds-
verfahren – entgegen einer negativen Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs – zulässig ist, sind die prozessualen Folgen fraglich. Wenn eine Partei aufgrund dieser Entscheidung eine „Reconsideration“ der Entscheidung des Gerichtshofs beantragen sollte (s. Rz. 226), wird dieser wohl grds. bereit sein, seine Entscheidung abzuändern und die Beurteilung der Frage, welche Auswirkungen die Entscheidung des Gerichts gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO hat, dem Schiedsgericht zu überlassen. Dem könnte allerdings der Umstand entgegenstehen, dass nicht alle Parteien gleichermaßen an der zwischenzeitlich erfolgten Konstituierung des Schiedsgerichts beteiligt waren (s. Rz. 227).
234 Empfehlung: Wird gemäß der Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs das Schiedsver-
fahren lediglich bzgl. einiger Parteien fortgesetzt, empfiehlt es sich, einen etwaigen Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO hinsichtlich der ausgeschlossenen Parteien unverzüglich nach der Unterrichtung der Entscheidung des Gerichtshofs einzureichen. Damit wird der Konstituierung des Schiedsgerichts, die sonst alsbald erfolgen würde, zuvorgekommen. Allerdings wird i.d.R. ungeachtet eines solchen Antrags das Schiedsverfahren fortgesetzt und somit auch das Schiedsgericht konstituiert werden. Da es für den Gerichtshof nicht absehbar ist, wie lange eine entsprechende Entscheidung des staatlichen Gerichts dauern würde, wird er mit der Konstituierung des Schiedsgerichts üblicherweise nicht zuwarten. Eine förmliche Unterbrechung des Schiedsverfahrens kommt in diesem Verfahrensstadium überdies nur dann in Betracht, wenn alle Parteien dem zustimmen. Um die Chancen zu erhöhen, dass einer etwaigen Wiedereinbeziehung der entsprechenden Partei später nicht der Umstand entgegensteht, dass nicht alle Parteien gleichermaßen an der Konstituierung des Schiedsgerichts beteiligt waren, könnte eine Partei beim Gerichtshof vor seiner Prima-facie-Entscheidung anregen, die Partei – soweit in den Umständen möglich – in die Bildung des Schiedsgerichts miteinzubeziehen und ihr etwa die Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen.
c) Geltendmachung von Ansprüchen zu einem späteren Zeitpunkt in anderen Verfahren (Abs. 7) 235 Gemäß Art. 6 Abs. 7 bleibt es den Parteien unbenommen, dieselben Ansprüche,
die der Gerichtshof aufgrund seiner Entscheidung nach Art. 6 Abs. 4 in einem anhängigen Schiedsverfahren nicht hat gelten lassen, zu einem späteren Zeitpunkt in anderen Verfahren vorzubringen.
236 Art. 6 Abs. 7 beschränkt sich im Wortlaut nicht auf „Schiedsverfahren“, sondern
gebraucht den weiter gefassten Wortlaut „andere Verfahren“. Demnach kann in Betracht gezogen werden, dass Art. 6 Abs. 7 auch auf staatliche Verfahren verweist. Eine Verfolgung der Ansprüche in einem staatlichen Verfahren kommt 148
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
etwa dann in Betracht, wenn als Folge der negativen Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs die Schiedsvereinbarung als undurchführbar i.S.d. § 1032 Abs. 1 ZPO gelten muss. Dies wird allerdings nicht automatisch der Fall sein. Sofern eine Partei neue, zuvor nicht bekannte und berücksichtigte Tatsachen vortragen und somit eine Überprüfung und Abänderung der Entscheidung des Gerichtshofs beantragen könnte (s. Rz. 226), wird noch nicht von einer Undurchführbarkeit der Schiedsvereinbarung auszugehen sein. Da in einem anderen (Schieds-)Verfahren Ansprüche geltend gemacht werden, 237 die nicht Inhalt des (ggf. noch anhängigen) ersten Schiedsverfahrens geworden sind, wird es grds. keine Bedenken hinsichtlich der Lis-Alibi-Pendens-Wirkung des anhängigen Schiedsverfahrens oder der res-iudicata-Wirkung des Schiedsspruchs geben. Auch bindet eine negative Prima-facie-Entscheidung den Gerichtshof in einem erneuten Schiedsverfahren nicht; allerdings wird der Gerichtshof denselben Sachverhalt wohl nur dann unterschiedlich beurteilen, wenn eine Partei neue Umstände vorbringen kann, die der Gerichtshof bei seiner ersten Entscheidung nicht berücksichtigt hat (vgl. auch Rz. 226). 7. Kosten Im Falle einer zur Beendigung des Verfahrens führenden negativen Prima-facie- 238 Entscheidung setzt der Gerichtshof die Verwaltungskosten fest (Art. 38 Abs. 6). Wenn lediglich einzelne Ansprüche oder Parteien aus dem Verfahren ausscheiden, kann wegen eines nun reduzierten Streitwerts eine Reduzierung des (vorläufigen) Kostenvorschusses in Betracht kommen. Eine Partei, die mit Erfolg ihre vollständige „Entfernung“ aus dem Schiedsver- 239 fahren mangels Prima-facie-Zuständigkeit betreibt, hat keinen prozessualen Kostenerstattungsanspruch und muss einen etwaigen materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch vor den staatlichen Gerichten einklagen.
E. Weigerung oder Unterlassung, am Schiedsverfahren teilzunehmen (Abs. 8) I. Normzweck Art. 6 Abs. 8 stellt klar, dass das Unterlassen einer Partei, am Schiedsverfahren 240 teilzunehmen, keine Verzögerung der Durchführung des Schiedsverfahrens zur Folge hat. Das Schiedsverfahren ist dennoch fortzusetzen.
II. Verhältnis zu § 1048 ZPO In Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland behandelt § 1048 ZPO ausführlich 241 die Säumnis der Parteien. Da Art. 6 Abs. 8 weit gefasst ist, umfasst er alle in § 1048 ZPO geregelten Fälle. Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen 242 Auch auf der Rechtsfolgenseite sind Art. 6 Abs. 8 und § 1048 ZPO ähnlich ge-
staltet. Das Schiedsverfahren wird auch bei Säumnis der Parteien fortgesetzt. Insbesondere wird der Schiedsspruch „nach den vorliegenden Erkenntnissen erlassen“ (§ 1048 Abs. 3 ZPO).
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 243 Anders als in staatlichen Verfahren, wonach bei Säumnis der Parteien gemäß
§§ 330, 331 ZPO Versäumnisurteile gegen den Kläger und den Beklagten ergehen können, muss das Schiedsgericht über die geltend gemachten Ansprüche nach Beweislage entscheiden. Das Schiedsgericht kann daher nicht die Behauptungen der teilnehmenden Partei als zugestanden ansehen. Die Entscheidungsgrundlage ist damit ähnlich der Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 251a ZPO, wobei diese aber nur zulässig ist, wenn der Beklagte wenigstens einmal zur Sache verhandelt hat.
IV. Tatbestandsvoraussetzungen 1. Parteien 244 Art. 6 Abs. 8 schließt die Unterlassung und Weigerung beider Parteien ein. In
der Praxis ist der Fall der Weigerung oder Unterlassung, an einem Schiedsverfahren teilzunehmen, am häufigsten auf der Beklagtenseite festzustellen.
245 Hinsichtlich der Unterlassung und Weigerung des Beklagten, an dem Schieds-
verfahren teilzunehmen, sind die besonderen Fälle einer nicht (mehr) existierenden oder insolventen Partei zu beachten. Bei einer nicht (mehr) existierenden Partei kann nach Parteivortrag und unter Würdigung aller Umstände das Verfahren zur Beendigung führen, wenn das Schiedsgericht davon überzeugt ist, dass kein Schiedsverfahren gegen eine nicht (mehr) existierende Partei geführt werden kann. Die formale Parteirolle kann aber – wie im staatlichen Verfahren – hiervon unberührt bleiben. Im Falle einer insolventen Partei ist nach dem anwendbaren Recht zu beurteilen, ob Ansprüche gegen eine insolvente Partei im Schiedsverfahren geltend gemacht werden können. Siehe zum Ganzen Art. 38 Rz. 57.
246 Der Wortlaut des Art. 6 Abs. 8 ist weit gefasst, um alle Konstellationen der
Säumnis behandeln zu können. Weigert sich der Kläger, am Schiedsverfahren teilzunehmen, muss davon ausgegangen werden, dass der Kläger die in der Schiedsklage geltend gemachten Ansprüche gegen den Beklagten in diesem Schiedsverfahren nicht mehr verfolgen will. In der Regel wird der Beklagte eine Verfahrensbeendigung beantragen, es sei denn, er hat eine Widerklage erhoben oder einen Kostenanspruch geltend gemacht. Verlangt der Beklagte diesbezüglich eine Entscheidung vom Schiedsgericht und ist bis dato der Kläger seiner Zahlungsverpflichtung zum Kostenvorschuss nicht nachgekommen, wird der 150
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
Beklagte den Kostenvorschuss tragen müssen (Art. 37 Abs. 5 Satz 2); ein etwaiger materiell-rechtlicher Ersatzanspruch bleibt unberührt. Werden fällige Kostenvorschüsse nicht geleistet, gilt Art. 37 Abs. 6. 2. Weigerung oder Unterlassung, am Schiedsverfahren oder einem Teil davon teilzunehmen Die Weigerung oder Unterlassung, an dem Schiedsverfahren oder einem Teil 247 davon teilzunehmen, kann verschiedene Formen annehmen. Weigerung ist eine aktive Handlung. Unterlassung ist eine Inaktivität, wenn nach der ICC-SchO oder den sonst anwendbaren Verfahrensvorschriften, wie z.B. dem Schiedsauftrag, dem Verfahrenskalender, einer Anordnung des Schiedsgerichts oder der lex loci arbitri ein Tätigwerden erforderlich oder geboten wäre. In der Praxis verschwimmen die Unterschiede. Sie sind letztendlich nicht maßgeblich, da es auf der Rechtsfolgenseite keine Differenzierung gibt. Schweigen ist die gängigste Art einer Weigerung oder Unterlassung. Darüber 248 hinaus ist die Nichtzahlung des Kostenvorschusses durch die säumige Partei als Weigerung oder Unterlassung zu verstehen. Auch kann eine Partei explizit ihre Weigerung, sich am Schiedsverfahren zu beteiligen, in einem Schreiben ausdrücken. Die Weigerung oder Unterlassung kann sowohl das gesamte Schiedsverfahren 249 als auch Teile des Schiedsverfahrens betreffen. Im Bereich der Beweismittel kann sich eine Partei z.B. weigern, Dokumente nach Anordnung des Schiedsgerichts an die gegnerische Partei auszuhändigen. Auch kann die Weigerung, an dem Schiedsverfahren teilzunehmen, darin liegen, keine benannten Zeugen zur mündlichen Zeugenvernehmung bereitzustellen. Die Nichteinreichung eines Schriftsatzes stellt ebenfalls eine Weigerung oder Unterlassung dar. Fristversäumnis. Die Weigerung oder Unterlassung, am Schiedsverfahren teil- 250 zunehmen, kann nur dann festgestellt werden, wenn ein bestimmtes Verhalten der säumigen Partei erwartet oder angeordnet wird, jedoch unterbleibt. Demnach ist ein Fristversäumnis erforderlich. Die Frist kann vom Sekretariat gesetzt worden sein (etwa für die Zahlung des Kostenvorschusses), sich aus der ICCSchO ergeben (etwa für die Einreichung der Klageantwort), durch die Parteien selbst gesondert vereinbart oder durch das Schiedsgericht angeordnet worden sein. Dabei ist eine Fristverlängerung in Betracht zu ziehen. Wegen des Grundsatzes der Gewährung des rechtlichen Gehörs und den damit zusammenhängenden Auswirkungen auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen ist insb. das Schiedsgericht gehalten, Fristen angemessen zu setzen. Gleichbehandlung aller Parteien. Alle Parteien sind in dem Schiedsverfahren 251 gleich zu behandeln, auch die säumige Partei. Das Schiedsgericht (und zu Beginn des Verfahrens das Sekretariat) muss alle Parteien gleichzeitig über jegliche Anordnungen, Entscheidungen und andere Verfahrensschritte, gleich ob administrativer, prozessualer oder substantieller Art, benachrichtigen. Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen 252 Empfehlung: Es bietet sich an, Mitteilungen in einer Art und Weise zu versenden, die die Zustellung beweisen (Kurierservice, Einschreiben, Lesebestätigungen bei E-Mails).
253 Nachholen der verweigerten oder unterlassenen Handlung. Die Partei, die
sich vormals geweigert hat oder es unterlassen hat, sich am Schiedsverfahren oder an Teilen desselben zu beteiligen, kann jederzeit am Schiedsverfahren teilnehmen. Sie hat jedoch weder ein Recht darauf, etwaige ihr vorher bekannt gegebene Fristen, die abgelaufen sind, im Nachhinein verlängert zu erhalten, noch darauf, dass prozessuale Schritte wiederholt werden.
V. Rechtsfolgen 254 Auf der Rechtsfolgenseite stellt Art. 6 Abs. 8 klar, dass das Schiedsverfahren
fortzusetzen ist. Art. 6 Abs. 8 räumt dem Schiedsgericht (sowie dem Sekretariat) in dieser Hinsicht kein Ermessen ein.
255 Die Fortsetzung des Schiedsverfahrens ist in der ICC-SchO in speziellen Nor-
men bzgl. einzelner Verfahrensschritte gesondert geregelt. Im Hinblick auf die Bildung des Schiedsgerichts sehen Art. 12 Abs. 2 und 4 vor, dass der Gerichtshof die Befugnis hat, einen Schiedsrichter für eine Partei zu ernennen, wenn die Partei dies unterlässt. Weigert sich eine Partei, den Schiedsauftrag zu unterzeichnen, so wird gemäß Art. 23 Abs. 3 der Schiedsauftrag dem Gerichtshof zur Genehmigung vorgelegt. Unterlässt es eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung, ohne ausreichende Entschuldigung an der anberaumten mündlichen Verhandlung teilzunehmen, ist das Schiedsgericht gemäß Art. 26 Abs. 2 befugt, die mündliche Verhandlung durchzuführen.
256 Bei Nichtzahlung des Kostenvorschusses kann der Generalsekretär gemäß
Art. 37 Abs. 6 das Schiedsgericht (nach Rücksprache mit diesem) anweisen, seine Arbeit auszusetzen und eine Frist von mindestens 15 Tagen zu setzen. Läuft diese Frist fruchtlos ab, gelten die betroffenen Ansprüche als zurückgenommen. Dieselben Ansprüche können jedoch zu einem späteren Zeitpunkt in einem anderen Verfahren geltend gemacht werden. Anderes gilt jedoch, wenn die betroffene Partei fristgerecht einen Antrag auf Entscheidung durch den Gerichtshof stellt.
257 Die Fortsetzung des Schiedsverfahrens hat zur Folge, dass alle Verfahrens-
schritte einzuhalten sind: Schriftsätze sind einzureichen, Beweismittel sind vorzulegen, eine mündliche Verhandlung mit Zeugenvernehmung – falls angeordnet – ist durchzuführen. Darüber hinaus hat das Schiedsgericht einen Schiedsspruch zu erlassen. Üblicherweise klärt das Schiedsgericht die Parteien über die prozessualen Rechtsfolgen der Säumnis auf. Zum Inhalt des zu erlassenden Schiedsspruchs sollte sich das Schiedsgericht grds. nicht äußern (s. auch Art. 34 Rz. 8 f.; a.A. Quinke, SchiedsVZ 2013, 129, 133). Dies steht allerdings einem möglichen Hinweis des Schiedsgerichts, dass die Parteien zu einem entscheidungserheblichen Aspekt nach Auffassung des Schiedsgerichts noch nicht ausreichend vorgetragen haben, nicht entgegen. 152
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
Der Schiedsspruch ergeht auf Grundlage der Akten, die dem Schiedsgericht 258 vorgelegt worden sind, sowie auf Grundlage einer etwaigen Beweisaufnahme. Behauptungen sind nicht als zugestanden anzusehen; es gilt keine Geständnisfiktion. Die Beweislast verbleibt bei der Partei, die Ansprüche geltend macht. Nur wenn das Schiedsgericht von der Richtigkeit einer Behauptung aufgrund der Beweislage überzeugt ist, kann es der Klage stattgeben. Aus diesem Grund kann es auch geboten sein, dass das Schiedsgericht die vom Kläger als Beweis angebotenen Zeugen hört und sich von deren Glaubwürdigkeit überzeugt. Da Zuständigkeitsrügen in einem Fall der Säumnis i.d.R. nicht erhoben werden, da der Beklagte nicht teilnimmt, obliegt es dem Schiedsgericht, eine gründliche Prüfung der eigenen Zuständigkeit durchzuführen und sich der ihm zustehenden Kompetenz-Kompetenz zu bedienen.
F. Gültigkeit der Schiedsvereinbarung trotz Behauptung der Nichtigkeit und des Nichtbestehens des Vertrages (Abs. 9) Literatur: S. vor Rz. 1.
I. Normzweck Art. 6 Abs. 9 hat den im internationalen Schiedsverfahrensrecht allgemeingülti- 259 gen Grundsatz der „separability“ zum Inhalt. Demnach ist die Schiedsvereinbarung eine vom Hauptvertrag unabhängige Vereinbarung, die eigenständig besteht. Die Anerkennung des Grundsatzes der „separability“ hat zur Folge, dass die Annahme, der Vertrag sei nichtig oder bestehe nicht, nicht ipso iure dazu führt, dass die Schiedsvereinbarung unwirksam und – demzufolge – das Schiedsgericht unzuständig ist. Vielmehr sind die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung und die Zuständigkeit des Schiedsgerichts unabhängig vom Bestehen des Vertrages zu beurteilen. Damit steht Art. 6 Abs. 9 im Zusammenhang mit dem in Art. 6 Abs. 5 geregelten Grundsatz der Kompetenz-Kompetenz. Das bedeutet, dass grds. auch bei Nichtigkeit, Kündigung oder Auflösung des 260 Vertrages die in einem solchen Vertrag enthaltene Schiedsklausel bzw. auf einen Vertrag anwendbare Schiedsvereinbarung bestehen bleibt. Das Prinzip der „separability“ hat mehrere Konsequenzen zur Folge: (1) eine Schiedsvereinbarung kann trotz des Nichtbestehens, der Unwirksamkeit oder der Rechtswidrigkeit des Hauptvertrages wirksam sein, (2) der Hauptvertrag kann trotz des Nichtbestehens, der Unwirksamkeit, der Rechtswidrigkeit oder der Kündigung einer mit diesem verknüpften Schiedsvereinbarung wirksam sein, (3) auf den Hauptvertrag und auf die Schiedsvereinbarung kann jeweils ein anderes Recht anwendbar sein (s. Rz. 59) und (4) der Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung kann weiter sein als der des Hauptvertrages; er kann insb. auch auf andere Verträge und/oder außervertragliche Anspruchsgrundlagen ausgedehnt werden. Bassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen 261 Dabei ist zu beachten, dass der Grundsatz der „separability“ die Folgen einer
Fehleridentität zwischen der Schiedsvereinbarung und dem Hauptvertrag nicht ausschließt. Unter Umständen kann die Schiedsvereinbarung unter den gleichen Mängeln leiden wie der Hauptvertrag, so etwa bei einem Mangel der Willenserklärung, den Hauptvertrag und die Schiedsvereinbarung zu schließen.
II. Verhältnis zu § 1040 Abs. 1 und 2 ZPO 262 Der in Art. 6 Abs. 9 enthaltene Grundsatz der „separability“ ist in § 1040 Abs. 1
Satz 2 ZPO geregelt. Damit ist nach § 1040 Abs. 1 Satz 2 ZPO die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung nicht von der Wirksamkeit des Hauptvertrages abhängig. Dies gilt auch dann, wenn gemäß § 1029 Abs. 2 ZPO die Schiedsvereinbarung in Form einer selbständigen Vereinbarung als Schiedsabrede oder in Form einer Schiedsklausel in einem Vertrag geschlossen wird.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 263 Im staatlichen Verfahren kann Art. 6 Abs. 9 mit der Unabhängigkeit des Haupt-
vertrages von der darin enthaltenen Gerichtsstandsvereinbarung gemäß § 38 ZPO verglichen werden. Vorausgesetzt, dass über die Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung gemäß § 38 ZPO nicht gestritten wird, ist sie unabhängig von der Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts. Haben die Parteien eine Gerichtsstandsvereinbarung zur internationalen Zuständigkeit eines Gerichts getroffen, geht Art. 25 EuGVVO dem § 38 ZPO vor. Hierbei gilt ebenfalls der Grundsatz, dass eine Behauptung, der gesamte die Gerichtsstandsvereinbarung enthaltende Vertrag sei unwirksam, die ausschließliche Zuständigkeit des prorogierten Gerichts unberührt lässt (EuGH v. 3.7.1997 – C-269/95, Francesco Benincasa v Dentalkit Srl, EWS 1997, 20).
IV. Tatbestand 264 Behauptung, der Vertrag sei nichtig oder bestehe nicht (Art. 6 Abs. 9 Satz 1).
Eine Behauptung i.S.d. Art. 6 Abs. 9 Satz 1 ist eine Behauptung, der Vertrag sei nichtig oder bestehe nicht. Dabei können sämtliche Nichtigkeitsgründe behauptet werden. In Betracht kommen etwa Täuschung, Irrtum, mangelnde Schiedsfähigkeit oder die mangelnde Legitimation einer Partei, den Vertrag einzugehen. Die Behauptung des Nichtbestehens des Vertrages kann auf verschiedenen Umständen basieren, wie etwa mangelnder Vertragsschluss, Kündigung, Anfechtung, Aufhebung oder Auflösung durch Zeitablauf.
265 Empfehlung: Wird die Nichtigkeit oder das Nichtbestehen des Vertrages in Form einer
Zuständigkeitsrüge behauptet (in Deutschland: § 1040 Abs. 2 ZPO), ist es empfehlenswert, über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts ggf. vorab zu entscheiden.
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| Bassiri/Kopetzki
Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
Nichtbestehen oder Unwirksamkeit des Vertrages im Übrigen (Art. 6 Abs. 9 266 Satz 2). Spiegelbildlich kann aufgrund sämtlicher Gründe der Vertrag nicht bestehen oder unwirksam sein. Die Entscheidung über das Nichtbestehen oder die Unwirksamkeit des Vertrages liegt beim Schiedsgericht.
V. Rechtsfolgen Zuständigkeit des Schiedsgerichts, sofern dieses die Gültigkeit der Schieds- 267 vereinbarung feststellt (Satz 1). Erhebt eine Partei die Behauptung, der Vertrag sei nichtig oder bestehe nicht, bleibt das Schiedsgericht aufgrund der Eigen- und Selbständigkeit der Schiedsvereinbarung zuständig, sofern es die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung festgestellt hat. Das Schiedsgericht hat dabei das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht in Betracht zu ziehen (s. Rz. 59). Befugnis des Schiedsgerichts, bei Nichtbestehen oder Unwirksamkeit des 268 Vertrages über Rechtsbeziehungen und Anträge der Parteien zu entscheiden (Satz 2). Die Befugnis des Schiedsgerichts, über die Rechtsbeziehungen der Parteien und ihre Anträge zu entscheiden, auch wenn der Vertrag im Übrigen nicht bestehen oder unwirksam sein sollte, ist die logische Folge aus Art. 6 Abs. 9 Satz 1 (siehe auch OLG München v. 12.2.2008 – 34 SchH 6/07, Tz. 24, abrufbar auf https://openjur.de/u/466522.html). Das Schiedsgericht entscheidet über alle Streitigkeiten, die sich aus oder im Zusammenhang des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages ergeben. Solche Streitigkeiten können u.U. über das Bestehen oder die Wirksamkeit des Vertrages hinausgehen.
G. Abweichende Parteivereinbarungen Abweichende Parteivereinbarungen von Art. 6 Abs. 1–9 sind nur bedingt mög- 269 lich. Art. 6 Abs. 1 steht insofern zur Parteidisposition, als die Parteien zum Zeitpunkt 270 des Abschlusses der Schiedsvereinbarung auch die Anwendbarkeit einer zu diesem Zeitpunkt bereits außer Kraft getretenen Fassung der ICC-SchO vereinbaren können. Auch wenn eine derartige Vereinbarung meistens nicht sinnvoll sein wird, wird in der Praxis ein dahingehender Parteiwille i.d.R. berücksichtigt (s. Rz. 9 f.). Art. 6 Abs. 2 steht in einem ICC-Schiedsverfahren nicht zur Parteidisposition. Die 271 Bestimmung ist das Fundament für die Befugnis des Gerichtshofs, die ihm unter der ICC-SchO zugewiesenen Entscheidungen zu treffen. Die Anerkennung, dass das Schiedsverfahren der Verwaltung des Gerichtshofs untersteht, ist Gewähr dafür, dass das Schiedsverfahren seinen geordneten Gang geht. Schließen die Parteien die Verwaltung des Schiedsverfahrens durch den Gerichtshof gänzlich aus, handelt es sich um kein ICC-Schiedsverfahren. Schließen die Parteien die VerwalBassiri/Kopetzki
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Art. 6 ICC-SchO | Einführende Bestimmungen tung des Schiedsverfahrens durch den Gerichtshof teilweise aus, kann sich der Gerichtshof weigern, das Schiedsverfahren zu verwalten (s. Rz. 22 ff.). 272 Art. 6 Abs. 3–4 könnten theoretisch insofern abbedungen werden, als einer Eini-
gung der Parteien, dass über alle Einwendungen gemäß Art. 6 Abs. 3 entweder stets direkt das Schiedsgericht (ohne vorherigem Prima-facie-Test durch den Gerichtshof) oder der Gerichtshof (ohne vorherige Prüfung durch den Generalsekretär) zu entscheiden hat, wohl nichts entgegensteht. Wenn das Bestehen einer solchen Einigung allerdings umstritten ist (etwa weil es Teil der Schiedsvereinbarung ist, deren Bestehen zwischen den Parteien umstritten ist), kann eine Prima-facie-Prüfung des Gerichtshof gemäß Art. 6 Abs. 4 dadurch nicht ausgeschlossen werden.
273 In Bezug auf Art. 6 Abs. 5 könnten die Parteien theoretisch vereinbaren, dass die
Entscheidung des Gerichtshofs gemäß Art. 6 Abs. 4 für das Schiedsgericht nicht bindend ist. Dies wird allerdings nur dann in Frage kommen, wenn der Gerichtshof entschieden hat, das Schiedsverfahren lediglich hinsichtlich einzelner Parteien oder Ansprüche nicht fortzusetzen. Hat der Gerichtshof entschieden, dass das Schiedsverfahren gänzlich eingestellt werden soll, wird kein Schiedsgericht gebildet.
274 Art. 6 Abs. 6 und 7 geben Raum für abweichende Parteivereinbarungen, die je-
doch die Rechte der Parteien einschränken würden. Daher ist davon auszugehen, dass es diesbezüglich selten zu abweichenden Parteivereinbarungen kommen wird.
275 Hinsichtlich des Art. 6 Abs. 8 sind abweichende Parteivereinbarungen im Rah-
men der Rechtsfolgen der Weigerung und Unterlassung einer Partei, an dem Schiedsverfahren teilzunehmen, denkbar. Dies ist auch in § 1048 Abs. 4 Satz 2 ZPO vorgesehen, wird in der Praxis aber selten vorkommen.
276 Die Möglichkeit, abweichende Parteivereinbarungen zu Art. 6 Abs. 9 zu schlie-
ßen, ist ausdrücklich in diesem vorgesehen („vorbehaltlich anderweitiger Vereinbarung“). Die Parteien könnten also etwa vereinbaren, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für den Fall auszuschließen, dass eine Partei Behauptungen über die Nichtigkeit oder des Nichtbestehens des Vertrages erhebt. Eine derartige abweichende Vereinbarung wird allerdings freilich nicht sinnvoll sein.
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Wirkung der Schiedsvereinbarung | Art. 6 ICC-SchO
Anhang 1: Schaubild für Mehrparteien- und Mehrvertragsfälle
277
Nichteinreichung der Antwort/Zuständigkeitsrüge (Abs. 3)
Grundsatz: Schiedsgericht entscheidet (Abs. 3)
Sekretariat lädt die Stellungnahmen der die Ansprüche geltend machenden Partei in Bezug auf die Zuständigkeitsrüge oder das Ausbleiben der Anwort ein. I.d.R. 7–10 Tagesfrist.
Ausnahme: Generalsekretär verweist an Gerichtshof (Abs. 3)
Überzeugung des Gerichtshofs, dass eine ICC Schiedsvereinbarung aufgrund des ersten Anscheins bestehen könnte (Abs. 4)
Mehrparteienfall: Verbindliche Schiedsvereinbarung könnte zwischen den Parteien bestehen (Abs. 4(i))
Mehrvertragsfall: (a) Schiedsvereinbarungen könnten miteinander vereinbar sein; und (b) Vereinbarung aller Parteien, dass Ansprüche gemeinsam in einem Verfahren entschieden werden können (Abs. 4(ii))
Ja. RF: Verfahren wird fortgesetzt, ggf. nur bzgl. einiger Parteien (Abs. 3)
Ja. RF: Verfahren wird fortgesetzt, ggf. nur bzgl. bestimmter Ansprüche
Nein, Verfahren kann nicht bzgl. einiger oder aller Parteien stattfinden. RF: zuständiges Gericht kann angerufen werden (Abs. 6)
Nein, kann nicht bzgl. bestimmter Ansprüche stattfinden. RF: Ansprüche können zu einem späteren Zeitpunkt in anderen Verfahren geltend gemacht werden (Abs. 7)
Schiedsgericht entscheidet anschließend selbst über seine Zuständigkeit (Abs. 5)
Bassiri/Kopetzki
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Vor Art. 7 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf.
Mehrere Parteien, mehrere Verträge, Verbindung von Schiedsverfahren Vorbemerkungen zu den Art. 7 ff. 1 Nachdem die ICC-SchO 2012 die Regelungen in Art. 7–10 zu Mehrparteien,
Mehrverträgen und Verbindung von Schiedsverfahren fast gänzlich neu geregelt hatte, beschränkt sich die ICC-SchO 2021 auf wenige, aber (zumindest potenziell) sehr praxisrelevante Änderungen.
2 Zu nennen ist hierbei zum einen die Erweiterung der Möglichkeit zur Einbezie-
hung einer zusätzlichen Partei nach der Bestätigung oder Ernennung eines oder mehrerer Schiedsrichter. Diese setzte bis dato die Zustimmung aller Parteien voraus. Der neue Art. 7 Abs. 5 sieht eine Ermessensentscheidung des Schiedsgerichts vor, die jedoch voraussetzt, dass die zusätzliche Partei die Zusammensetzung des Schiedsgerichts und ggf. den Schiedsauftrag akzeptiert.
3 Die andere Änderung betrifft die Verbindung von Schiedsverfahren nach Art. 10
Satz 1 Buchst. b. Sie ermöglicht nunmehr eine Verbindung auch dort, wo die Ansprüche denselben Schiedsvereinbarungen (und nicht nur ein- und derselben Schiedsvereinbarung) unterliegen. Bisher setzte dies nach Art. 10 Satz 1 Buchst. c vor allem voraus, dass die Schiedsverfahren zwischen denselben Parteien anhängig waren und derselben Rechtsbeziehung entstammten. Insbesondere die erste Voraussetzung lag häufig nicht vor.
4 Die mit diesen Änderungen verbundene praxisfreundliche Liberalisierung ist zu
begrüßen.
Artikel 7 Einbeziehung zusätzlicher Parteien (1) Eine Partei, die die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei zum Schiedsverfahren bewirken möchte, hat ihre Schiedsklage gegen die zusätzliche Partei (den „Antrag auf Einbeziehung“) beim Sekretariat einzureichen. Der Tag, an dem der Antrag auf Einbeziehung beim Sekretariat eingeht, gilt in jeder Hinsicht als Zeitpunkt des Beginns des Schiedsverfahrens gegen die zusätzliche Partei. Für eine solche Einbeziehung gelten die Bestimmungen der Artikel 6(3)–6(7) und 9. Nach Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters können zusätzliche Parteien nur mit dem Einvernehmen sämtlicher Parteien einschließlich der zusätzlichen Partei oder gemäß der Regelung in Artikel 7 (5) einbezogen werden. Das Sekretariat kann eine Frist für die Einreichung des Antrags auf Einbeziehung setzen. (2) Der Antrag auf Einbeziehung soll folgende Angaben enthalten: a) das Aktenzeichen des laufenden Schiedsverfahrens; b) vollständige Namen, Rechtsform, Adressen und sonstige Kontaktdaten der Parteien, einschließlich der zusätzlichen Partei; und 158
| Schmidt-Ahrendts
Einbeziehung zusätzlicher Parteien | Art. 7 ICC-SchO
c) die gemäß Artikel 4(3) c), d), e) und f) erforderlichen Angaben. Die Partei, die den Antrag auf Einbeziehung stellt, kann in Verbindung damit weitere Dokumente oder Informationen einreichen, soweit sie es für geboten hält oder soweit diese zu einer effizienten Streitbeilegung beitragen können. (3) Die Bestimmungen der Artikel 4(4) und 4(5) gelten für den Antrag auf Einbeziehung entsprechend. (4) Für die Einreichung der Antwort der zusätzlichen Partei gelten die Bestimmungen der Artikel 5(1)–5(4) entsprechend. Die zusätzliche Partei kann ihrerseits Ansprüche gegen jedwede andere Partei des Schiedsverfahrens gemäß den Bestimmungen von Artikel 8 geltend machen. (5) Jeder nach Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters gestellte Antrag auf Einbeziehung wird vom Schiedsgericht nach dessen Bildung entschieden und steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung der zusätzlichen Partei zur Bildung des Schiedsgerichts und, soweit vorliegend, zum Schiedsauftrag. Bei der Entscheidung über einen solchen Antrag auf Einbeziehung hat das Schiedsgericht alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, die die Zuständigkeit des Schiedsgerichts prima facie für die zusätzliche Partei, den Zeitpunkt des Antrags auf Einbeziehung, mögliche Interessenkonflikte sowie die Auswirkungen der Einbeziehung auf das Schiedsverfahren umfassen können. Die Entscheidung, eine zusätzliche Partei einzubeziehen, erfolgt unabhängig von der Entscheidung des Schiedsgerichts über seine Zuständigkeit hinsichtlich dieser Partei. Article 7: Joinder of Additional Parties (1) A party wishing to join an additional party to the arbitration shall submit its request for arbitration against the additional party (the “Request for Joinder”) to the Secretariat. The date on which the Request for Joinder is received by the Secretariat shall, for all purposes, be deemed to be the date of the commencement of arbitration against the additional party. Any such joinder shall be subject to the provisions of Articles 6(3)–6(7) and 9. Unless all parties, including the additional party, otherwise agree, or as provided for in Article 7(5), no additional party may be joined after the confirmation or appointment of any arbitrator, unless all parties, including the additional party, otherwise agree. The Secretariat may fix a time limit for the submission of a Request for Joinder. (2) The Request for Joinder shall contain the following information: a) the case reference of the existing arbitration; b) the name in full, description, address and other contact details of each of the parties, including the additional party; and c) the information specified in Article 4(3), subparagraphs c), d), e) and f). The party filing the Request for Joinder may submit therewith such other documents or information as it considers appropriate or as may contribute to the efficient resolution of the dispute. (3) The provisions of Articles 4(4) and 4(5) shall apply, mutatis mutandis, to the Request for Joinder. (4) The additional party shall submit an Answer in accordance, mutatis mutandis, with the provisions of Articles 5(1)–5(4). The additional party may make claims against any other party in accordance with the provisions of Article 8.
Schmidt-Ahrendts
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Art. 7 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. (5) Any Request for Joinder made after the confirmation or appointment of any arbitrator shall be decided by the arbitral tribunal once constituted and shall be subject to the additional party accepting the constitution of the arbitral tribunal and agreeing to the Terms of Reference, where applicable. In deciding on such a Request for Joinder, the arbitral tribunal shall take into account all relevant circumstances, which may include whether the arbitral tribunal has prima facie jurisdiction over the additional party, the timing of the Request for Joinder, possible conflicts of interests and the impact of the joinder on the arbitral procedure. Any decision to join an additional party is without prejudice to the arbitral tribunal’s decision as to its jurisdiction with respect to that party. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1–3 regeln die formellen und materiellen Voraussetzungen. → Rz. 7–24. Abs. 4 regelt die Rechtsfolgen einer Einbeziehung einer zusätzlichen Partei. → Rz. 25–32 Abs. 5 regelt die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei nach Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters. → Rz. 33–44 Kostenaspekte: Abs. 1–4 Die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei setzt die Zahlung der Registrierungsgebühr voraus und führt i.d.R. zur Erhöhung der Verfahrenskosten und somit auch zur Anpassung des Kostenvorschusses gemäß Art. 37 Abs. 4. Gleichwohl wird die Einbeziehung i.d.R. finanziell günstiger sein als die Einleitung eines separaten Schiedsverfahrens. → Rz. 48 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Änderungshistorie . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Antrag auf Einbeziehung vor Ernennung oder Bestätigung eines Schiedsrichters (Abs. 1 und Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Antragsteller . . . . . . . . . . . . . . 2. Antragsgegner . . . . . . . . . . . . . 3. Zustimmungsbedürftigkeit/Frist für Antragstellung . . . . . . . . . . 4. Verfahrensbeginn . . . . . . . . . . . 5. Antragsinhalt . . . . . . . . . . . . . . II. Zustellung durch das Sekretariat (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Antwort der zusätzlichen Partei (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. 30-Tage-Frist/Mitwirkung bei Besetzung des Schiedsgerichts . .
__ _ __ 1
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2. Form und Inhalt der Antwort . . 3. Ausbleiben einer Antwort/Einwendungen der zusätzlichen Partei/Mehrere Verträge/Einwendungen anderer Parteien . . . 4. Eigene Ansprüche der zusätzlichen Partei . . . . . . . . . . . . . . 5. Spätere Überprüfung durch das Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . IV. Antrag auf Einbeziehung nach Ernennung oder Bestätigung eines Schiedsrichters (Abs. 5) . . 1. Entscheidung durch das Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entscheidungskriterien . . . . . . . 3. Geltung der Regelungen in Abs. 1 bis Abs. 4 . . . . . . . . . . . . V. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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__ _ __ _ _ _ _ 8 8 10 12 16 17
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29 31 32 33 33 36 43 45 48 52
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Literatur: Benedict, Mehrvertragsverfahren, Mehrparteienverfahren, Einbeziehung Dritter und Verbindung von Verfahren, SchiedsVZ 2018, 306 ff.; Choi, Joinder in international
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Einbeziehung zusätzlicher Parteien | Art. 7 ICC-SchO commercial arbitration, Arbitration International, Vol. 35 Issue 1 (2019), S. 29 ff.; Darwazeh/Zeman, Joint Nominations in Multiparty Arbitration: The Exercise of the ICC Court’s Discretionary Power to Appoint the Entire Arbitral Tribunal Post-Dutco, ICC Court Bulletin, Vol. 23 Nr. 1 (2012), S. 29 ff.; Elsing, Streitverkündung und Einbeziehung Dritter (Joinder) in der internationalen Schiedspraxis, in FS Wegen (2015), S. 615 ff.; Gharibian/Pieper, Parteienmehrheit in Schiedsverfahren – Zulässigkeit, Vorteile der Konsolidierung und Herausforderungen bei Mehrparteienkonflikten, BB 2018, 387 ff.; Greenberg/Feris/Albanesi, Consolidation, Joinder, Cross-Claims, Multiparty and Multicontract Arbitrations: Recent ICC Experience, Dossier of the ICC Institute of World Business Law: Multiparty Arbitration (2010), S. 161 ff.; von Schlabrendorff, Joinder and Consolidation in International Arbitration: A Comparison of Institutional Approaches, in: Liber Amicorum Dolf Weber (2016), S. 429 ff.; Welser, Mehrparteienschiedsverfahren aus praktischer Sicht, in FS Elsing (2015), S. 651 ff.; Whitesell/Silva-Romero, Multiparty and Multicontract Arbitration: Recent ICC Experience, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2003, Complex Arbitrations, S. 7 ff.
A. Normzweck Art. 7 dient primär der Verfahrenseffizienz. Die Einbeziehung einer zusätzlichen 1 Partei in ein laufendes Schiedsverfahren führt, verglichen mit der Anstrengung eines separaten Verfahrens, i.d.R. zu Zeit- und Kostenersparnissen. Die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei fördert zudem eine einheitliche Rechtsfindung, da sie der Gefahr vorbeugt, dass mehrere Schiedsgerichte über dieselben bzw. ähnliche und verknüpfte Sach- und Rechtsfragen unterschiedlich befinden. Schließlich dient die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei der Chancengleichheit, da dank ihr nicht nur der Kläger, sondern weitere Parteien mitbestimmen, welche Parteien und welche Ansprüche den Gegenstand des Schiedsverfahrens bilden sollen.
B. Änderungshistorie Neu eingefügt wurde mit der ICC-SchO 2021 Abs. 5. Dieser ermöglicht die Ein- 2 beziehung einer zusätzlichen Partei nach Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters nun auch dort, wo nicht alle Parteien zustimmen und überträgt die Entscheidung über die Einbeziehung allein dem Schiedsgericht.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die Vorschriften des X. Buchs der ZPO haben für Art. 7 keine praktische Bedeu- 3 tung. Sie enthalten keine Regelungen zur Einbeziehung zusätzlicher Parteien in ein Schiedsverfahren.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Art. 7 entspricht keinem prozessualen Gestaltungsmittel in deutschen Gerichts- 4 verfahren. Schmidt-Ahrendts
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Art. 7 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. 5 Unterschied zu §§ 64 ff. ZPO. Art. 7 entspricht nicht den in §§ 64 ff. ZPO ge-
regelten Gestaltungsmitteln der Hauptintervention, der Nebenintervention oder der Streitverkündung. Der Hauptunterschied besteht darin, dass die zusätzliche Partei i.S.v. Art. 7 selbst Partei des Schiedsverfahrens wird; gegen sie wird ein Anspruch erhoben und ihr steht es frei, selbst Ansprüche gegen jede andere Partei geltend zu machen. Hauptintervenient, Nebenintervenient und Streitverkündeter werden hingegen gerade nicht zur Partei des anhängigen staatlichen Verfahrens. Sie können weder verurteilt werden, noch können sie – mit Ausnahme des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs (§ 101 ZPO) – eigene Ansprüche erheben.
6 Unterschied zu §§ 59 ff. ZPO. Art. 7 entspricht auch nicht den Regelungen in
§§ 59 ff. ZPO zur Streitgenossenschaft bzw. den Prozessfiguren des Parteiwechsels oder der Parteierweiterung. Von der anfänglichen Streitgenossenschaft unterscheidet sich Art. 7 bereits dadurch, dass die zusätzliche Partei nicht von vornherein am Rechtsstreit teilnimmt. Art. 7 sieht auch keinen Parteiwechsel vor; die bisherigen Parteien bleiben Parteien des Schiedsverfahrens (wobei es den Parteien dann freisteht, das Ausscheiden einer der Parteien im Anschluss zu vereinbaren). Am ehesten ähnelt Art. 7 noch der Figur der gewillkürten Parteierweiterung. Jedoch tritt die zusätzliche Partei nicht zwingend auf Seiten des Klägers oder des Beklagten in das Schiedsverfahren ein. Vielmehr eröffnet Art. 7 Abs. 4 Satz 2 i.V.m. Art. 8 die Möglichkeit zu einem echten „multipolaren“ Verfahren. Ein solches Verfahren kennt die ZPO nicht.
E. Einzelerläuterungen 7 Eine Einbeziehung einer zusätzlichen Partei erfolgt nur auf Antrag. Dieser kann
nunmehr sowohl vor (Abs. 1) als auch nach (Abs. 5) der Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters gestellt werden. Für Anträge nach Abs. 1 und Abs. 5 geltend teilweise dieselben und teilweise unterschiedliche Regeln. Letzteres wird im Folgenden jeweils kenntlich gemacht.
I. Antrag auf Einbeziehung vor Ernennung oder Bestätigung eines Schiedsrichters (Abs. 1 und Abs. 2) 1. Antragsteller 8 Antragsberechtigte. Einen Antrag auf Einbeziehung einer zusätzlichen Partei
kann jede am Verfahren beteiligte Partei stellen. Bei mehreren Klägern oder mehreren Beklagten ist jeder Kläger bzw. jeder Beklagte für sich berechtigt, einen Antrag zu stellen. Der Antrag kann jedoch auch durch die Parteien gemeinsam erfolgen. Auch eine Partei, die zuvor selbst in das Verfahren einbezogen wurde, ist berechtigt, einen Antrag auf Einbeziehung gemäß Art. 7 zu stellen.
9 Keine Antragsberechtigung. Nicht antragsberechtigt ist die zusätzliche Partei
in Bezug auf sich selbst (kein Interventionsrecht); sie kann nur ggf. die Einbezie162
| Schmidt-Ahrendts
Einbeziehung zusätzlicher Parteien | Art. 7 ICC-SchO
hung einer weiteren zusätzlichen Partei beantragen. Auch der Gerichtshof und das Schiedsgericht können nicht von sich aus (sua sponte) eine zusätzliche Partei in ein laufendes ICC-Schiedsverfahren miteinbeziehen. 2. Antragsgegner Der Antrag auf Einbeziehung richtet sich gegen die zusätzliche Partei (und nicht 10 gegen die übrigen Verfahrensparteien). Er kann auch gegen mehrere zusätzliche Parteien gerichtet sein. Adressat. Einzureichen ist der Antrag auf Einbeziehung (wie die Schiedsklage) 11 beim Sekretariat. Der Antrag ist nicht an die zusätzliche Partei oder das Schiedsgericht zu adressieren. Dies gilt auch für Anträge nach Abs. 5. 3. Zustimmungsbedürftigkeit/Frist für Antragstellung Keine Zustimmungsbedürftigkeit. Im Falle eines Antrags nach Abs. 1 (d.h. vor 12 der Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters) wird die zusätzliche Partei in das Verfahren einbezogen, ohne dass es auf ihre Zustimmung bzw. die Zustimmung der übrigen Parteien ankäme. Bei Anträgen nach Abs. 5 (d.h. nach der Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters), kommt es hingegen zumindest potenziell auf diese Zustimmungen an. Fristsetzung durch Sekretariat. Gemäß Abs. 1 Satz 5 kann das Sekretariat den 13 Parteien eine Frist für die Einreichung eines Antrags auf Einbeziehung setzen. Hiervon macht das Sekretariat regelmäßig Gebrauch. Empfehlung: Im Idealfall sollten Parteien einen Antrag auf Einbeziehung mit Einreichung ihres ersten Schriftsatzes stellen. Darüber hinaus kann es opportun sein, das Sekretariat bereits über die Absicht, einen solchen Antrag zu stellen, zu informieren, damit das Sekretariat diesen Umstand bereits bei der Vorbereitung der Bildung des Schiedsgerichts berücksichtigen kann.
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Der Ablauf einer Frist gemäß Abs. 1 Satz 5 führt nicht zur Unzulässigkeit eines 15 späteren Antrags auf Einbeziehung. Auch Abs. 5 findet erst nach der Bestätigung bzw. Ernennung eines Schiedsrichters und nicht schon mit Fristablauf nach Abs. 1 Satz 5 Anwendung. Jedoch wird das Sekretariat nach Fristablauf i.d.R. mit der Bildung des Schiedsgerichts fortfahren, weshalb es im Interesse der Parteien liegt, Anträge auf Einbeziehung fristgerecht zu stellen. 4. Verfahrensbeginn Das Verfahren gegen die zusätzliche Partei beginnt gemäß Abs. 1 Satz 2 mit Ein- 16 gang des Antrags auf Einbeziehung beim Sekretariat und nicht erst mit Zustellung an die zusätzliche Partei. Dies gilt auch dann, wenn zwischen dem Antragseingang und seiner Zustellung längere Zeit vergeht und zwar auch dann, wenn dies der Antragssteller zu verantworten hat, z.B., weil er die Registrierungsgebühr nicht bezahlt hatte. Diese Regelung geht weit über die Zustellungsfiktion Schmidt-Ahrendts
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Art. 7 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. des § 167 ZPO hinaus. Der Beginn des Verfahrens ist insb. für die Fragen der Verjährungshemmung (vgl. u.a. § 204 Nr. 11 BGB) oder des Zinsbeginns (vgl. u.a. § 291 BGB) von Bedeutung. 5. Antragsinhalt 17 Die Angaben, die ein Antrag auf Einbeziehung gemäß Abs. 2 und 3 enthalten
muss, entsprechen im Wesentlichen den Anforderungen an die Schiedsklage gemäß Art. 4 Abs. 3 und 4.
18 Form. Der Antrag kann sowohl mit anderen materiellen oder prozessualen An-
trägen verbunden werden, als auch in einem separaten Schriftsatz eingereicht werden (indes gelten auch hier die Anforderungen des Art. 3 Abs. 1). Unzutreffend bezeichnete Anträge (z.B. „ergänzte Schiedsklage“) hat das Sekretariat nach Rückfrage als Antrag auf Einbeziehung gewertet.
19 Aktenzeichen. Gemäß Abs. 2 Buchst. a muss der Antrag das Aktenzeichen des
Schiedsverfahrens angeben, in das die zusätzliche Partei einbezogen werden soll.
20 Kontaktdaten. Gemäß Abs. 2 Buchst. b muss der Antrag den vollständigen Na-
men, die Rechtsform, die Adressen und die sonstigen Kontaktdaten der zusätzlichen Partei(en) angeben.
21 Weitere Vorgaben. Die weiteren Vorgaben für den Antrag auf Einbeziehung
einer zusätzlichen Partei sind Abs. 2 Buchst. c i.V.m. Art. 4 Abs. 3 Buchst. c–f zu entnehmen. Hiernach muss auch der Antrag auf Einbeziehung (wie die Schiedsklage) die anspruchsbegründenden Tatsachen und Umstände, die Anspruchsgrundlage, die relevanten Anträge, soweit möglich Angaben zum Streitwert sowie die Bezeichnung der maßgeblichen Schiedsvereinbarung enthalten. Für die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei reicht es somit grds. nicht aus, dass sich der Antragsteller die Geltendmachung eines Anspruchs bzw. Antrags gegen die zusätzliche Partei lediglich für ein späteres weiteres Schiedsverfahren vorbehält, z.B. für den Fall, dass er zuvor selbst durch das Schiedsgericht verurteilt werden sollte. Vielmehr müssen konkrete Ansprüche und Anträge, und seien es Feststellungs- bzw. Freistellungsansprüche, gegen die zusätzliche Partei geltend gemacht werden. Hingegen sollte es m.E. dem Antragsteller möglich sein, den Anspruch gegen die zusätzliche Partei nur hilfsweise geltend zu machen, d.h. unter eine (prozessuale) Bedingung zu stellen, z.B. unter die Bedingung, dass der Antragsteller selbst gegenüber einer anderen Partei haftet. Entscheidend ist, dass der Antragsteller beabsichtigt, den hilfsweise gestellten Antrag bei Eintritt der Bedingung noch im laufenden Schiedsverfahren zu verfolgen. Obwohl diese Angaben in Art. 7 als „erforderlich“ bezeichnet werden, wird das Sekretariat (ebenso wie bei der Schiedsklage) nur sehr oberflächlich prüfen, ob der Antrag auf Einbeziehung diese Angaben enthält. Mitunter wird das Sekretariat auch solche Anträge auf Einbeziehung einer zusätzlichen Partei als zulässig behandeln, in der kein Anspruch gegen die zusätzliche Partei geltend gemacht wird. 164
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Einbeziehung zusätzlicher Parteien | Art. 7 ICC-SchO
Exemplare und Einreichungsgebühr. Gemäß Abs. 3 i.V.m. Art. 4 Abs. 4 Satz 1 22 Buchst. a und b muss der Antragsteller den Antrag in der gemäß Art. 3 Abs. 1 vorgeschriebenen Anzahl von Exemplaren einreichen (dies allerdings nur sofern er die Übermittlung des Antrags gegen Empfangsbestätigung, per Einschreiben oder Kurier erbittet, ansonsten genügt eine elektronische Übermittlung) sowie zeitgleich bzw. unmittelbar danach die Registrierungsgebühr i.H.v. 5.000 USD gemäß Anhang III begleichen. Erst danach wird das Sekretariat den Antrag an die zusätzliche Partei zustellen.
II. Zustellung durch das Sekretariat (Abs. 3) Vollständiger Antrag. Sind die Voraussetzungen des Abs. 2 erfüllt, stellt das Se- 23 kretariat den Antrag der zusätzlichen Partei umgehend zu. Ohne dass Art. 7 dies ausdrücklich vorsieht, wird das Sekretariat den Antrag auch den übrigen bisherigen Verfahrensparteien zustellen und diese einladen, zur Fassung des Rubrums Stellung zu nehmen, aus der hervorgehen soll, ob die zusätzliche Partei dem Lager einer der bisherigen Parteien angehört oder es sich um ein multipolares Verfahren handelt. Darüber hinaus wird das Sekretariat die übrigen Parteien zumindest im Fall eines Antrags nach Abs. 1 (d.h. vor der Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters) nur auf die Möglichkeit hinweisen, Einwendungen gemäß Art. 6 Abs. 3 zu erheben. Bei Anträgen nach Abs. 5 mag es künftig opportun sein, die übrigen Parteien umfassender zur Stellungnahme einzuladen. Sollte das Sekretariat dies nicht tun, sollte das Schiedsgericht dies später umgehend nachholen. Unvollständiger Antrag. Entspricht der Antrag auf Einbeziehung hingegen 24 nicht den Voraussetzungen, fehlt es z.B. bereits ganz offensichtlich an der Geltendmachung eines bestimmten konkreten bzw. zumindest bedingten Anspruchs und behandelt das Sekretariat den Antrag nicht ausnahmsweise dennoch als zulässig oder hat der Antragsteller die erforderliche Gebühr nicht bezahlt, so kann das Sekretariat dem Antragsteller gemäß Abs. 3 i.V.m. Art. 4 Abs. 4 Satz 2 eine Nachfrist setzen, um diese Versäumnisse nachzuholen. Bei fruchtlosem Ablauf dieser Frist endet gemäß Art. 7 Abs. 3 i.V.m. Art. 4 Abs. 4 Satz 2 das Verfahren in Bezug auf die mit dem Antrag auf Einbeziehung gestellten Ansprüche. Dem Antragsteller steht es jedoch frei, seinen Antrag zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu stellen. Der Antrag wird somit so behandelt, als sei er nie gestellt worden (vgl. Art. 37 Abs. 6).
III. Antwort der zusätzlichen Partei (Abs. 4) 1. 30-Tage-Frist/Mitwirkung bei Besetzung des Schiedsgerichts Mit Zustellung des Antrags an die zusätzliche Partei fordert das Sekretariat diese 25 auf, gemäß Abs. 4 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 innerhalb von 30 Tagen zu den Ansprüchen des Antragstellers Stellung zu nehmen. Diese Frist kann auf Antrag der zusätzlichen Partei durch das Sekretariat gemäß Art. 5 Abs. 2 verlängert werden. Schmidt-Ahrendts
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Art. 7 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. Hierüber entscheidet es nach freiem Ermessen (vgl. Art. 5 Rz. 35 f.) und wird dabei regelmäßig nicht über eine Frist von 30 Tagen hinausgehen. 26 Angaben zum Schiedsgericht. Mindestvoraussetzung für eine Fristverlängerung
ist jedoch gemäß Abs. 4 i.V.m. Art. 5 Abs. 2, dass der Antrag der zusätzlichen Partei auf Fristverlängerung im Fall von Abs. 1 die vollständigen Anmerkungen und Vorschläge des Antragsgegners zur Anzahl und Wahl der Schiedsrichter enthält bzw. im Fall von Abs. 5 die Mitteilung des Einverständnisses bzw. Nichteinverständnisses mit der Konstituierung des Schiedsgerichts sowie – soweit dieser bereits erlassen wurde – mit dem Schiedsauftrag.
27 Mitwirkung bei der Besetzung des Schiedsgerichts. Sollte die zusätzliche Partei
beabsichtigen, gemäß Art. 12 Abs. 7 zusammen mit dem (oder den) Kläger(n) bzw. mit dem (oder den) Beklagten gemeinsam einen Schiedsrichter zu benennen, muss diese Benennung innerhalb der 30-Tage-Frist des Art. 5 Abs. 1 erfolgen. Hierfür bekommt die zusätzliche Partei zwar keine Kopie der Schiedsklage, Klageantwort oder Widerklage übermittelt, aber das Sekretariat informiert sie über die jeweiligen Positionen der anderen Parteien betreffend Bildung des Schiedsgerichts (insb. zu Anzahl und Auswahl der Schiedsrichter). Auch im Falle eines Antrags nach Abs. 5 kommt zumindest eine teilweise Mitwirkung bei der Besetzung des Schiedsgerichts in Betracht (hierzu gleich unter IV.). 2. Form und Inhalt der Antwort
28 Form und Inhalt der Antwort der zusätzlichen Partei müssen gemäß Abs. 4 Satz 1
i.V.m. Art. 5 Abs. 1 und 3 den gleichen Vorgaben entsprechen, wie die Antwort eines Beklagten in einem Zwei-Parteien-Verfahren. Sie ist gemäß Art. 5 Abs. 3 elektronisch bzw. – so eine Zustellung der Antwort gegen Empfangsbestätigung, per Einschreiben oder Kurier gewünscht wird – in der erforderlichen Anzahl an Exemplaren für alle Verfahrensbeteiligte beim Sekretariat einzureichen. Im Übrigen steht es auch hier den Parteien frei, ihre Antwort separat oder i.V.m. etwaigen anderen prozessualen oder materiellen Anträgen zu verfassen. 3. Ausbleiben einer Antwort/Einwendungen der zusätzlichen Partei/Mehrere Verträge/Einwendungen anderer Parteien
29 Reicht die zusätzliche Partei keine Antwort ein, erhebt sie Einwendungen in Be-
zug auf Bestehen, Gültigkeit oder Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung, macht sie geltend, dass über die gegen sie erhobenen Ansprüche in einem gesonderten Verfahren entschieden werden sollte, oder würden im Fall der Einbeziehung der zusätzlichen Partei mehrere Ansprüche auf Basis mehrerer materieller Verträge oder Schiedsvereinbarungen geltend gemacht werden, finden im Falle eines Antrags nach Abs. 1 (d.h. vor Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters) gemäß Abs. 1 Satz 3 die Vorschriften der Art. 6 Abs. 3–7 und Art. 9 Anwendung. Im Falle eines Antrags nach Abs. 5 (d.h. nach Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters) gilt dies hingegen nicht, da die Entscheidung 166
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Einbeziehung zusätzlicher Parteien | Art. 7 ICC-SchO
hierüber dann allein beim Schiedsgericht liegt (hierzu gleich auch unter IV.). Dies stellt nun auch Art. 6 Abs. 4 (i) klar, der anstatt auf Art. 7 im Ganzen nur noch eingeschränkt auf Art. 7 Abs. 1 Bezug nimmt. Ferner mag ein Antrag nach Art. 7 auch dazu führen, dass eine andere Verfah- 30 renspartei entsprechende Einwendungen in Bezug auf die zusätzliche Partei erhebt. Dies reflektiert nun auch der Wortlaut von Art. 6 Abs. 3 ausdrücklich. Auch hier gilt, dass je nachdem, ob der Antrag auf Einbeziehung vor (Abs. 1) oder nach (Abs. 5) Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters erfolgte, zunächst der Generalsekretär und ggf. der Gerichtshof prima facie nach Art. 6 Abs. 4 oder direkt nur das Schiedsgericht nach Art. 7 Abs. 5 über die Einwendung entscheidet. 4. Eigene Ansprüche der zusätzlichen Partei Die zusätzliche Partei kann gemäß Abs. 4 Satz 2 selbst Ansprüche gegen jede der 31 bisher am Verfahren beteiligten Parteien erheben. Die Geltendmachung richtet sich dann nach Art. 8 bzw., sollte die Geltendmachung dazu führen, dass mehrere Ansprüche auf Basis mehrerer materieller Verträge oder Schiedsvereinbarungen Gegenstand des Verfahrens werden würden, nach Art. 9. Ferner kann die zusätzliche Partei ihrerseits einen Antrag auf Einbeziehung einer weiteren zusätzlichen Partei gemäß Art. 7 stellen. 5. Spätere Überprüfung durch das Schiedsgericht Im Falle eines Antrags auf Einbeziehung nach Abs. 1 wird das Schiedsgericht 32 nur in Ausnahmefällen die Wirksamkeit der Einbeziehung per se prüfen. In den allermeisten Fällen wird es nur prüfen, ob es zur Entscheidung über die durch die Parteien geltend gemachten Ansprüche einschließlich der Ansprüche, die gegen oder durch die zusätzliche Partei erhoben werden, zuständig ist und diese begründet sind. Hierbei ist es an eine etwaige vorherige (bejahende) Prima-facieEntscheidung des Gerichtshofs nach Art. 6 Abs. 4 nicht gebunden.
IV. Antrag auf Einbeziehung nach Ernennung oder Bestätigung eines Schiedsrichters (Abs. 5) 1. Entscheidung durch das Schiedsgericht Abs. 5 weist die Entscheidung über den Antrag auf Einbeziehung einer zusätzli- 33 chen Partei nach Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters ausschließlich dem Schiedsgericht zu. Weder das Sekretariat noch der Gerichtshof wirken an dieser Entscheidung mit. 34 Insb. trifft der Gerichtshof auch dort keine Prima-facie-Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, wo die einzubeziehende Partei diese in Frage stellt bzw. sich nicht am Schiedsverfahren beteiligt. Dies ist anders als bei AnträSchmidt-Ahrendts
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Art. 7 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. gen nach Abs. 1. Dies stellt nun auch Art. 6 Abs. 4 (i) klar, der nur auf Art. 7 Abs. 1, nicht aber auf Art. 7 Abs. 5 Bezug nimmt. 35 Eine Entscheidung des Schiedsgerichts ist vor allem auch dann erforderlich, wenn
die einzubeziehende Partei bzw. eine andere Partei der Einbeziehung aus irgendeinem anderen Grund bzw. auch ohne Angaben von Gründen widerspricht. Der Wortlaut von Abs. 5 legt darüber hinaus nahe, dass anders als im Falle eines Antrags auf Einbeziehung nach Abs. 1 im Falle von Abs. 5 stets eine Entscheidung des Schiedsgerichts erforderlich ist, d.h. auch dort, wo sich alle Parteien mit der Einbeziehung einverstanden erklären. Im letzteren Fall wird das Schiedsgericht die Einbeziehung aber wohl nur in absoluten Ausnahmefällen ablehnen. 2. Entscheidungskriterien
36 Zwingende Voraussetzungen. Eine Einbeziehung nach Abs. 5 kommt prinzi-
piell nur in Betracht, wenn die zusätzliche Partei nicht nur ihrer Einbeziehung zustimmt, sondern auch die bis dahin erfolgte (teilweise) Konstituierung des Schiedsgerichts akzeptiert und, sofern er bereits erlassen wurde, dem Schiedsauftrag zustimmt. Nicht ausdrücklich in Abs. 5 geregelt aber m.E. ebenfalls zulässig wäre aber, dass die zusätzliche Partei sich mit den bisherigen Parteien und dem Schiedsgericht, soweit konstituiert, auf eine Anpassung des Schiedsauftrags oder auch eine andere Konstituierung des Schiedsgerichts verständigt. Es wäre unbillig und unsinnig, die sich in der Sache insoweit einigen Parteien stattdessen auf die Beendigung des Schiedsverfahrens und die Einleitung eines neuen Schiedsverfahrens zu verweisen.
37 Teilweise Konstituierung. Offener erscheint, ob die zusätzliche Partei im Falle
einer nur teilweisen Konstituierung in die weitere Konstituierung miteinzubinden ist, z.B. in die Suche einer oder eines Vorsitzenden des Schiedsgerichts. M.E. ist auch diese Frage zu bejahen und m.E. auch dann, wenn eine Partei der Einbeziehung widersprochen hat und die Chance besteht, dass die zusätzliche Partei schlussendlich nicht Partei des Schiedsverfahrens bleibt. M.E. wird sie auch im Fall des Antrags nach Abs. 5 bereits mit dem Antrag Partei und nicht erst durch eine Entscheidung des Schiedsgerichts über den Antrag. Die Ablehnung des Antrags führt höchstens dazu, dass sie diesen Status wieder verliert.
38 Weitere Kriterien. Abs. 5 nennt als weitere Kriterien, die das Schiedsgericht bei
seiner Entscheidung über die Einbeziehung zugrunde legen mag: die Frage, ob es zumindest prima facie für die Entscheidung über die Ansprüche gegen die zusätzliche Partei zuständig ist, den Zeitpunkt des Antrags und die mögliche Auswirkung der Einbeziehung auf das weitere Verfahren sowie mögliche Interessenkonflikte. Abs. 5 stellt klar, dass diese Kriterien weder zwingend zu berücksichtigen, noch abschließend sind, sondern das Schiedsgericht alle relevanten Umstände zu berücksichtigen hat.
39 Einverständnis der anderen Parteien. Aufgrund der Ergänzung von Art. 7 um
Abs. 5 und des Verweises in Abs. 1 auf Abs. 5 erfordert eine Einbeziehung einer 168
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Einbeziehung zusätzlicher Parteien | Art. 7 ICC-SchO
zusätzlichen Partei nach Bestätigung bzw. Ernennung eines Schiedsrichters nur den Antrag einer Partei und die Zustimmung der zusätzlichen Partei, nicht aber mehr zwingend das Einverständnis der weiteren bisherigen Verfahrensparteien. Gleichwohl wird das Vorliegen dieses Einverständnis ein zentrales Kriterium für die Entscheidung des Schiedsgerichts sein. Fehlt es an diesem Einverständnis wird es wohl vor allem darauf ankommen, ob Effizienzaspekte dies ‚ausgleichen‘. Stimmen alle Parteien der Einbeziehung zu, wird das Schiedsgericht diese wohl nur in Ausnahmefällen ablehnen. Zeitpunkt und Verfahrenseinfluss. Die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei 40 nach der Bestätigung bzw. Ernennung eines Schiedsrichters kann, ebenso wie eine frühere Einbeziehung, der Verfahrenseffizienz dienen und, zumindest verglichen mit der Anstrengung eines separaten Verfahrens zu Zeit- und Kostenersparnissen für alle Beteiligten führen. Sie kann zudem eine einheitliche Rechtsfindung fördern. Ebenso ist es jedoch denkbar, dass sie aus einem (bzw. einem weiteren) effizient führbaren Verfahren, ein überkomplexes, langsames und kostenträchtiges Verfahren macht. Ob die Einbeziehung mit einem Effizienzgewinn oder einem Effizienzverlust verbunden ist, wird jedes Schiedsgericht anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilen bzw. eher prognostizieren müssen, wobei sich jede schematische Betrachtung verbietet. Selbst die denkbare Grundregel, je früher der Antrag, desto wahrscheinlicher ein größerer Effizienzgewinn bzw. geringerer Effizienzverlust, wird nicht immer stimmen. Der Wortlaut von Abs. 5 ist hier jedenfalls passend offen formuliert. Interessenskonflikte. Ein Grund dafür, dass die Einbeziehung einer zusätzli- 41 chen Partei bis dato nur sehr eingeschränkt nach der Bestätigung bzw. Ernennung eines Schiedsrichters möglich war, war, dass hiermit oftmals neue bzw. vertiefte Interessenskonflikte verbunden sind, z.B. falls der bereits bestätigte Schiedsrichter in einem (unzulässigen oder zumindest kritischen) Näheverhältnis zur zusätzlichen Partei oder ihrer Prozessbevollmächtigten steht. Je komplexer die Auflösung erscheint, desto schwerer wird sich das Schiedsgericht tun, die Einbeziehung zu gewähren. Wird diese trotz des Interessenskonflikts von allen Parteien gewünscht, mag in bestimmten Fällen eine Ersetzung eines Schiedsrichters nach Art. 15 in Betracht kommen. Zuständigkeit des Schiedsgerichts. Ein weiteres Kriterium bei der Entschei- 42 dung über den Antrag auf Einbeziehung einer zusätzlichen Partei nach der Bestätigung bzw. Ernennung eines Schiedsrichters kann sein, ob das Schiedsgericht zuständig ist. Diese Frage stellt sich dort, wo mindestens eine Partei der Einbeziehung widerspricht. Zwar wird das Schiedsgericht durch die notwendige Zustimmung der antragenden und der zusätzlichen Partei in diesem Verhältnis zuständig sein. Es mag sich aber die Frage stellen, ob auch ein Konsens der Parteien besteht, dass über alle Ansprüche aus mehreren Rechtsverhältnissen in einem Schiedsverfahren entschieden werden kann. Auch über diese Frage entscheidet – obwohl hier auch Art. 9 einschlägig ist, der anders als Abs. 5 einen Vorbehalt zugunsten von Art. 6 Abs. 4 vorsieht – nur das Schiedsgericht und zwar ohne eine vorherige Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs. Schmidt-Ahrendts
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Art. 7 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. 3. Geltung der Regelungen in Abs. 1 bis Abs. 4 43 Abs. 1 Sätze 1 und 2 finden auch im Rahmen von Abs. 5 Anwendung, so dass
auch hier der Antrag auf Einbeziehung an das Sekretariat zu richten ist und auch hier der Eingang des Antrags den Verfahrensbeginn markiert. Abs. 1 Sätze 3–5 gelten hingegen nicht im Rahmen von Abs. 5.
44 Abs. 2–4 finden auch im Rahmen von Abs. 5 umfassend Anwendung.
V. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle 45 Die Beachtung der Vorgaben des Art. 7 durch die Parteien, den Gerichtshof und
das Schiedsgericht unterliegt insofern der Kontrolle staatlicher Gerichte, als diese in einem potenziellen Aufhebungs- oder Vollstreckungsverfahren auf Rüge einer Partei hin überprüfen werden, ob der Ablauf des Schiedsverfahrens dem Willen der Parteien entsprach (vgl. für Verfahren mit Schieds- bzw. Vollstreckungsort in Deutschland § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO bzw. Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ).
46 Durch die Vereinbarung der Geltung der ICC-SchO wird diese inklusive der Re-
gelung in Art. 7 sowie der hierin in Bezug genommenen Regelungen in Art. 4–6, 8 und 9 zum Inhalt des gemeinsamen Parteiwillens. Jeder Verstoß gegen diese Regelungen führt somit potenziell zur Aufhebbarkeit oder Nichtvollstreckbarkeit des Schiedsspruchs.
47 In der Praxis wird es eher nicht um die Wirksamkeit der Einbeziehung per se
gehen. Dafür lässt auch Abs. 5 dem Schiedsgericht zu viel Freiraum. Stattdessen werden staatliche Gerichte vor allem zu prüfen haben, ob alle Ansprüche einschließlich der gegen oder durch die zusätzliche Partei geltend gemachten Ansprüche, durch eine das Schiedsgericht berechtigende Schiedsvereinbarung gedeckt waren (vgl. für Verfahren mit Schieds- bzw. Vollstreckungsort in Deutschland § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c ZPO bzw. Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ).
VI. Kosten 48 Streitwerterhöhung. Die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei gemäß Art. 7
beinhaltet notwendigerweise die Erweiterung des Verfahrensgegenstandes um zusätzliche Ansprüche und führt somit zumindest in aller Regel zu einer Erhöhung des Streitwerts.
49 ICC-Verwaltungskosten und Schiedsrichterhonorare. Die Erhöhung des
Streitwerts durch die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei führt sowohl zu einer Erhöhung der ICC-Verwaltungskosten (bis hin zum Maximalbetrag von 150.000 USD) als auch der Honorare des Schiedsgerichts (vgl. Anhang III).
50 Kostenvorschuss. Die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei führt folgerichtig
auch zu einer Anpassung des globalen Kostenvorschusses durch den Gerichts170
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Einbeziehung zusätzlicher Parteien | Art. 7 ICC-SchO
hof. Auf Antrag kann dieser zudem für die gegen die zusätzliche Partei oder durch die zusätzliche Partei geltend gemachten Ansprüche einen selbständigen Kostenvorschuss festsetzen (Art. 37 Abs. 4). Parteikosten. Die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei führt ferner auch zu 51 einer Erhöhung der Parteikosten. Die Erhöhung beruht neben den Parteikosten der zusätzlichen Partei regelmäßig auch auf den erhöhten Kosten der bis dato am Verfahren beteiligten Parteien. Zwar orientieren letztere sich oftmals nicht unmittelbar am Streitwert, sondern am zeitlichen Aufwand, jedoch ist die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei fast immer auch mit einem erheblichen Zuwachs an Komplexität und Zeitintensivität des Schiedsverfahrens verbunden.
F. Abweichende Parteivereinbarungen Die Regelungen in Art. 7 sind wohl nur teilweise zwingend. So sind Anträge auf 52 Einbeziehung zwar zwingend an das Sekretariat zu richten. Zudem müssen sie auch den Vorgaben in Art. 7 Abs. 2 und 3 bzgl. Form und Mindestinhalt entsprechen. Gleiches gilt für die Vorgaben in Art. 7 Abs. 4 i.V.m. Art. 5 Abs. 1–4 bzgl. Form und Mindestinhalt von Antworten der zusätzlichen Partei. Ferner wäre jede Vereinbarung der zunächst am Verfahren beteiligten Parteien, die das Recht der zusätzlichen Partei nach Abs. 4 Satz 2 Ansprüche gegen jedwede andere Partei zu erheben beschränkt, unwirksam. Hingegen können die Parteien von den Vorgaben des Sekretariats abweichende Fristen vereinbaren. Ebenso erscheint es denkbar, dass die zunächst am Verfahren beteiligten Parteien, die spätere Einbeziehung einer zusätzlichen Partei vor Beginn oder im Zuge des Schiedsverfahrens beschränken oder ausschließen. Anhang 1: Muster (deutsch)1 für eine Klageantwort und Widerklage (Art. 5) 53 kombiniert mit einem Antrag auf Einbeziehung einer zusätzlichen Partei (Art. 7) Das nachfolgende Muster basiert auf folgender Konstellation: die A-GmbH schließt mit der B-GmbH und der C-GmbH einen Konsortialvertrag. Dieser enthält u.a. eine ICC-Schiedsklausel. Die A-GmbH leitet ein Verfahren gegen die B-GmbH ein und nimmt diese auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung ihrer Konsortialpflichten in Anspruch. Die B-GmbH ist der Ansicht, dass die Klage der A-GmbH unbegründet ist und vielmehr ihr sowohl gegen die AGmbH als auch gegen die C-GmbH Zahlungsansprüche zustehen. Eine Klageantwort und Widerklage der B-GmbH gegen die A-GmbH kombiniert mit einem Antrag auf Einbeziehung der C-GmbH könnte wie folgt aussehen:
1 Englische Fassung unter Rz. 55.
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Art. 7 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. 54 Per Kurier und E-Mail:
An das Sekretariat des Internationalen Schiedsgerichtshofs der ICC 33–43 avenue du Président Wilson 75116 Paris ICC-Schiedsverfahren Nr. 26456/YZ A-GmbH ./. B-GmbH: Klageantwort, Widerklage und Antrag auf Einbeziehung Im ICC-Schiedsverfahren Nr. 26456/YZ zwischen der A-GmbH, [Vollständige Kontaktdaten] –A vertreten durch [Name + Kontaktdaten der Rechtsvertretung von A] und der B-GmbH, [Vollständige Kontaktdaten] – B. vertreten durch [Name + Kontaktdaten der Rechtsvertretung von B] beantragen wir namens und in Vollmacht der B-GmbH: 1. die C-GmbH [Vollständige Kontaktdaten und Vertretungsverhältnisse] als zusätzliche Partei gemäß Art. 7 der SchO in das Schiedsverfahren einzubeziehen; 2. die Klage der A-GmbH gegen die B-GmbH abzuweisen; 3. die B-GmbH und die C-GmbH als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die B-GmbH EUR […] zu zahlen; 4. die A-GmbH und die C-GmbH als Gesamtschuldner zu verpflichten, der B-GmbH sämtliche dieser im Zuge des Verfahrens entstandenen Kosten zu ersetzen. A. Antrag auf Einbeziehung der C Die C-GmbH (C) ist als zusätzliche Partei in das Schiedsverfahren zwischen A und B einzubeziehen. Der vorliegende Schriftsatz erfüllt die Voraussetzungen des Art. 7 SchO. Ein Scheck über die Einreichungsgebühr i.H.v. 5.000 USD ist diesem Schreiben beigefügt. B. Schiedsvereinbarung Die unter Ziff. D näher beschriebenen Ansprüche von B gegen C unterliegen in vollem Umfang der in § […] des am 1.1.2012 zwischen A, B und C geschlossenen Konsortialvertrages niedergelegten Schiedsvereinbarung, die wie folgt lautet: „[Vollständiger Wortlaut der Schiedsvereinbarung]“. C. Kein Anspruch von A gegen B Der mit der Schiedsklage geltend gemachte Schadensersatzanspruch von A gegen B besteht nicht. 172
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Einbeziehung zusätzlicher Parteien | Art. 7 ICC-SchO
I. Sachverhalt […]. II. Recht […]. D. Anspruch von B gegen A und C A und C haften gegenüber der B als Gesamtschuldner auf Zahlung i.H.v. EUR […]. I. Sachverhalt […]. II. Recht […]. E. Besetzung des Schiedsgerichts Die Schiedsvereinbarung in § […] des Konsortialvertrages sieht die Entscheidung durch ein Dreierschiedsgericht vor. A hat in ihrer Schiedsklage Prof. X als Mitschiedsrichter gemäß Art. 12 Abs. 4 der SchO benannt. Das Sekretariat hat B mit Schreiben vom […] aufgefordert, mit Einreichung ihrer Antwort […] ebenfalls einen Mitschiedsrichter gemäß Art. 12 Abs. 4 der SchO zu benennen. Unter Berücksichtigung von Art. 12 Abs. 7 der SchO werden wir versuchen, im Anschluss an die Zustellung des vorliegenden Schriftsatzes an A und C mit A und C eine Einigung über die Besetzung des Schiedsgerichts einschließlich des Vorsitzenden zu erzielen und den Gerichtshof bis zum […] über die Ergebnisse dieser Bemühungen informieren. Bis dahin bitten wir den Gerichtshof, von einer Bestellung von Prof. X als Mitschiedsrichter bzw. einer Ersatzbestellung eines Mitschiedsrichters für B (vgl. Art. 12 Abs. 4 der SchO) Abstand zu nehmen. (Unterschrift) Rechtsanwalt Kopie A-GmbH Anhang 2: Muster (englisch)1 für eine Klageantwort und Widerklage (Art. 5) 55 kombiniert mit einem Antrag auf Einbeziehung einer zusätzlichen Partei (Art. 7) Muster Englische Fassung By courier and email: Secretariat of the ICC International Court of Arbitration 33–43 avenue du Président Wilson 75116 Paris 1 Deutsche Fassung unter Rz. 53 f.
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Art. 7 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. ICC Arbitration No. 26456/YZ A-Ltd ./. B-Ltd Answer, Counterclaim and Request for Joinder In the ICC arbitration No. 26456/YZ between A-Ltd, [contact details] –A represented by [name and contact details of A’s counsel] and B-Ltd., [contact details] – B. represented by [name and contact details of B’s counsel], we request for and on behalf of B-Ltd: 1. To join C-Ltd [contact details and statutory agents] as an additional party to this arbitration in accordance with Art. 7 of the Rules. 2. To dismiss A-Ltd.’s requests in their entirety. 3. To order C-Ltd and A-Ltd as joint and several debtors to pay to B-Ltd the amount of […]. 4. To order C-Ltd and A-Ltd as joint and several debtors to reimburse B-Ltd for all of its costs incurred in connection with these proceedings. A. Request for Joinder of C C-Ltd (C) shall be joined as an additional party to these proceedings. This request is submitted in accordance with the formal and substantive requirements set forth by Art. 7 of the Rules. A cheque covering the registration fee of US$ 5,000 is enclosed with this brief. B. Arbitration Clause B’s claims against C, which are further specified in section D, are covered by the arbitration clause stipulated in § […] of the consortium agreement concluded by A, B and C. “[Insert wording of the arbitration clause]”. C. A does not have a claim against B The claims for damages asserted by A in its request for arbitration are without merits. I. Facts […]. II. Law […].
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Ansprüche zwischen mehreren Parteien | Art. 8 ICC-SchO
D. B’s claim against A and C A and C are jointly and severally liable to B for the sum of EUR […]. I. Facts […]. II. Law […]. E. Constitution of the Arbitral Tribunal The arbitration clause in § […] of the consortium agreement provides that the dispute shall be resolved by three arbitrators. In its Request for Arbitration, A has nominated Prof. X as co-arbitrator in accordance with Art. 12(4) of the Rules. In its letter of […], the Secretariat has requested B to also nominate an arbitrator in accordance with Art. 12(4) of the Rules when submitting its Answer to A’s Request for Arbitration. Taking into account Art. 12(7) of the Rules, we will attempt to reach an agreement with A and C as to the constitution of the Arbitral Tribunal, including its president, as soon as possible once this request will have been received by A and C. We will inform the Court of the results of our efforts at the latest by […]. For the time being, we ask the Court to kindly refrain from confirming or appointing Prof. X as co-arbitrator and/or from appointing any co-arbitrator on behalf of B (see Art. 12(4) ICC-Rules). Yours sincerely, (Signature) Attorney at Law cc A-Ltd
Artikel 8 Ansprüche zwischen mehreren Parteien (1) In einem Schiedsverfahren mit mehreren Parteien kann jede Partei gegen jede andere Partei Ansprüche geltend machen, vorbehaltlich der Artikel 6 (3)–6(7) und 9 und mit der Maßgabe, dass, gemäß Artikel 23(4), nachdem der Schiedsauftrag unterschrieben oder vom Gerichtshof genehmigt worden ist, keine neuen Ansprüche ohne Zulassung durch das Schiedsgericht erhoben werden dürfen. (2) Jede Partei, die gemäß Artikel 8(1) Ansprüche geltend macht, hat die nach Artikel 4(3) c), d), e) und f) erforderlichen Angaben zu machen. (3) Bevor das Sekretariat die Schiedsverfahrensakten gemäß Artikel 16 an das Schiedsgericht übergibt, sind die Bestimmungen der Artikel 4(4) b), 4(5), 5(1) – ausgenommen a), b), e) und f) –, 5(2), 5(3) und 5(4) auf jeden geltend gemachten Anspruch entsprechend anzuwenden. Danach entscheiSchmidt-Ahrendts
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Art. 8 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. det das Schiedsgericht über das Verfahren für die Geltendmachung von Ansprüchen. Article 8: Claims Between Multiple Parties (1) In an arbitration with multiple parties, claims may be made by any party against any other party, subject to the provisions of Articles 6(3)-6(7) and 9 and provided that no new claims may be made after the Terms of Reference are signed or approved by the Court without the authorization of the arbitral tribunal pursuant to Article 23(4). (2) Any party making a claim pursuant to Article 8(1) shall provide the information specified in Article 4(3) subparagraphs c), d), e) and f). (3) Before the Secretariat transmits the file to the arbitral tribunal in accordance with Article 16, the following provisions shall apply, mutatis mutandis, to any claim made: Article 4 (4) subparagraph b); Article 4(5); Article 5(1) except for subparagraphs a), b), e) and f); Article 5(2); Article 5(3) and Article 5(4). Thereafter, the arbitral tribunal shall determine the procedure for making a claim. Regelungsschwerpunkte: Diese Bestimmung regelt die Geltendmachung von Ansprüchen in Verfahren zwischen drei oder mehreren Parteien. Kostenaspekte: Die Geltendmachung zusätzlicher Ansprüche gemäß Art. 8 führt naturgemäß zu einer Erhöhung der Verfahrenskosten. Die Gesamtkosten werden i.d.R. jedoch unter jenen Kosten liegen, die entstanden wären, wenn die betroffenen Ansprüche in separaten Verfahren erhoben worden wären. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . D. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . II. Vorbehalt zugunsten von Art. 6 Abs. 3–7, 9 und Art. 23 Abs. 4 (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Verfahrenseinleitung (Abs. 2) . IV. Verfahrensgang (Abs. 3) . . . . . 1. Vor Übergabe der Verfahrensakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Nach Übergabe der Verfahrensakte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . VI. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
E. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Benedict, Mehrvertragsverfahren, Mehrparteienverfahren, Einbeziehung Dritter und Verbindung von Verfahren, SchiedsVZ 2018, 306 ff.; Gharibian/Pieper, Parteienmehrheit in Schiedsverfahren – Zulässigkeit, Vorteile der Konsolidierung und Herausforderungen bei Mehrparteienkonflikten, BB 2018, 387 ff.; Greenberg/Feris/Albanesi, Consolidation, Joinder, Cross-Claims, Multiparty and Multicontract Arbitrations: Recent ICC Experience, Dossier of the ICC Institute of World Business Law: Multiparty Arbitration, 2010, S. 161 ff.; Welser, Mehrparteienschiedsverfahren aus praktischer Sicht, in FS Elsing (2015), S. 651 ff.; Whitesell/Silva-Romero, Multiparty and Multicontract Arbitration: Recent ICC Experience, ICC Court of Arbitration Bulletin, Special Supplement 2003, Complex Arbitrations, S. 7 ff.
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| Schmidt-Ahrendts
Ansprüche zwischen mehreren Parteien | Art. 8 ICC-SchO
A. Normzweck Art. 8 ergänzt die Regelungen in Art. 7 und Art. 10 und dient primär der Ver- 1 fahrenseffizienz. Die Regelung ermöglicht es den Parteien eines ICC-Schiedsverfahrens, sämtliche zwischen ihnen etwaig bestehenden Ansprüche in einem einzigen Verfahren geltend zu machen. Dies führt zu Zeit- und Kostenersparnissen. Ferner beugt Art. 8 der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen vor. Schließlich dient Art. 8 der Chancengleichheit. Die Regelung gewährleistet, dass nicht nur der Kläger, sondern alle Parteien, auch etwaige später in ein Verfahren einbezogene Parteien (Art. 7) bzw. Parteien aus einem verbundenen Verfahren (Art. 10), frei wählen können, welche Ansprüche sie gegen welche Partei im Zuge des Schiedsverfahrens erheben möchten.
B. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die Vorschriften des X. Buchs der ZPO haben für die Anwendung von Art. 8 2 keine praktische Bedeutung. Sie enthalten keine gesonderten Vorschriften für die Geltendmachung von Ansprüchen zwischen mehreren Parteien.
C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Eine mit Art. 8 vergleichbare Regelung enthalten die für staatliche Gerichtsverfah- 3 ren geltenden Vorschriften der ZPO nicht. Insb. ist es nach der ZPO nicht möglich, dass mehrere Kläger bzw. mehrere Beklagte untereinander Ansprüche (im Folgenden: „Cross-Claims“) geltend machen. Auch die durch Art. 8 i.V.m. Art. 7 eröffnete Möglichkeit zu einem multipolaren Verfahren sieht die ZPO nicht vor (zum Vergleich der Möglichkeiten der Einbeziehung Dritter im Schiedsverfahren sowie im staatlichen Gerichtsverfahren gemäß §§ 59 ff., §§ 64 ff. ZPO vgl. Art. 7 Rz. 1 ff.).
D. Einzelerläuterungen I. Anwendungsbereich Schiedsverfahren mit mehreren Parteien. Art. 8 betrifft nur Schiedsverfahren, 4 an denen mehr als zwei Parteien beteiligt sind. Die Geltendmachung von Ansprüchen in Zwei-Parteien-Verfahren ist in Art. 4 und 5 abschließend geregelt. Jede Partei gegen jede andere Partei. Jede Partei kann frei entscheiden, welchen 5 Anspruch sie gegen welche andere am Verfahren beteiligte Partei erheben möchte. Dieses Recht besteht unabhängig davon, ob die betroffene Partei im Zeitpunkt der Geltendmachung Kläger oder Beklagter ist. Es besteht ferner unabhängig davon, ob die betroffene Partei von Anfang an Partei des Schiedsverfahrens war oder Schmidt-Ahrendts
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Art. 8 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. erst später in das Schiedsverfahren als zusätzliche Partei (Art. 7) oder durch Verfahrensverbindung (Art. 10) einbezogen wurde. 6 Ergänzungsfunktion. Art. 8 ist jedoch nicht auf sämtliche im Rahmen eines
Mehrparteienverfahrens erhobene Ansprüche anwendbar. Vielmehr ergänzt Art. 8 nur die Regelungen in Art. 4, 5, 7 und 10.
7 Nicht erfasste Ansprüche. Erheben eine oder mehrere Parteien zusammen Klage
gegen eine oder mehrere Beklagte, unterliegt die Klage Art. 4 und die Antwort hierauf Art. 5. Erheben eine oder mehrere Beklagte Widerklage gegen einen oder mehrere Kläger, findet allein Art. 5 Abs. 5 und 6 Anwendung. Erheben eine oder mehrere Parteien (Kläger oder Beklagte) Ansprüche gegen eine bis dato nicht am Verfahren beteiligte, zusätzliche Partei, ist primär Art. 7 anwendbar.
8 Erfasste Ansprüche. Art. 8 erfasst daher insb. Cross-Claims zwischen Klägern
und/oder Beklagten. Ferner erfasst Art. 8 die Ansprüche einer gemäß Art. 7 in ein laufendes Verfahren einbezogenen Partei gegen eine oder mehrere der zuvor am Verfahren beteiligten Parteien (Art. 7 Abs. 4). Ebenso erfasst Art. 8 die Ansprüche gegen eine gemäß Art. 7 in ein laufendes Verfahren einbezogene Partei, die zusätzlich zu den gemäß Art. 7 gegen diese Partei schon erhobenen Ansprüchen nach ihrer Einbeziehung gegen sie geltend gemacht werden.
II. Vorbehalt zugunsten von Art. 6 Abs. 3–7, 9 und Art. 23 Abs. 4 (Abs. 1) 9 Art. 8 Abs. 1 stellt klar, dass auch die unter diese Norm fallenden Ansprüche
den Regelungen in Art. 6 Abs. 3–7 und 9 unterliegen. Über Einwendungen des jeweiligen Anspruchsgegners in Bezug auf die Existenz, Gültigkeit oder Reichweite der Schiedsvereinbarung oder in Bezug auf die Geltendmachung mehrerer Ansprüche auf Basis mehrerer materieller Verträge und/oder Schiedsvereinbarungen entscheidet i.d.R. allein das Schiedsgericht. Nur ausnahmsweise kommt es auf Verweis durch den Generalsekretär vorab zu einer Prima-faciePrüfung des Gerichtshofs (vgl. hierzu Art. 6 Rz. 80).
10 Der Verweis in Art. 8 Abs. 1 auf Art. 23 Abs. 4 stellt klar, dass es den Parteien
nur bis zur Unterzeichnung des Schiedsauftrags durch die Parteien und das Schiedsgericht bzw. bis zu seiner Genehmigung durch den Gerichtshof freisteht, neue Ansprüche gegen andere Parteien zu erheben. Nach diesem Zeitpunkt können Ansprüche nur noch mit Zustimmung des Schiedsgerichts gemäß Art. 23 Abs. 4 in das Verfahren eingeführt werden (vgl. hierzu Art. 23 Rz. 34 ff.).
III. Verfahrenseinleitung (Abs. 2) 11 Die Erhebung von Ansprüchen zwischen mehreren Parteien folgt gemäß Art. 8
Abs. 2 im Wesentlichen den Regeln für die Erhebung von Ansprüchen im Rahmen einer Klage bzw. einer Widerklage. 178
| Schmidt-Ahrendts
Ansprüche zwischen mehreren Parteien | Art. 8 ICC-SchO
Vollständiger erster Schriftsatz. Auch im Fall der Erhebung von Ansprüchen 12 gemäß Art. 8 sind die Parteien gehalten, bereits im ersten Schriftsatz vollständig zu den aus ihrer Sicht anspruchsbegründenden Tatsachen und Rechtsgrundlagen vorzutragen (Art. 4 Abs. 3 Buchst. c), konkrete Anträge zu stellen und, soweit möglich, den Streitwert zu beziffern (Art. 4 Abs. 3 Buchst. d) sowie die maßgeblichen Schiedsvereinbarungen zu bezeichnen (Art. 4 Abs. 3 Buchst. e und f). Antrag ans Sekretariat. Der Schriftsatz, mit dem eine Partei Ansprüche i.S.v. 13 Art. 8 Abs. 1 erhebt, ist bis zur Übergabe der Verfahrensakte an das Schiedsgericht (Art. 16) gemäß Art. 4 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3 und Art. 7 Abs. 1 analog beim Sekretariat einzureichen. Nach Übergabe der Verfahrensakte ist der Antrag an das Schiedsgericht zu richten.
IV. Verfahrensgang (Abs. 3) Art. 8 Abs. 3 differenziert im Hinblick auf die Ausgestaltung des Verfahrens für 14 Ansprüche gemäß Art. 8 Abs. 1 einerseits zwischen solchen Ansprüchen, die vor Übergabe der Schiedsverfahrensakte an das Schiedsgericht (Art. 16) erhoben wurden und andererseits solchen Ansprüchen, die hiernach geltend gemacht wurden. 1. Vor Übergabe der Verfahrensakte Vor Übergabe der Verfahrensakte (Art. 16) finden Art. 4 Abs. 4 Buchst. a und 15 Abs. 5 sowie Art. 5 Abs. 1 Buchst. c und d und Abs. 2–4 entsprechende Anwendung. Das Verfahren ähnelt dem Verfahren bei Erhebung einer Klage. Der Anspruchsteller muss seinen einleitenden Schriftsatz samt Anlagen beim Se- 16 kretariat einreichen, wobei eine elektronische Übermittlung genügt. Wünscht der Anspruchsteller darüber hinaus eine Übermittlung gegen Empfangsbestätigung, per Einschreiben oder per Kurier, muss er seinen Schriftsatz in einer ausreichenden Anzahl von Exemplaren einbringen (vgl. Art. 4 Abs. 4 i.V.m. Art. 3 Abs. 1). Art. 8 Abs. 3 verweist jedoch nicht auf Art. 4 Abs. 4, so dass – anders als im Falle der Erhebung einer Klage (Art. 4) oder der Einbeziehung einer neuen Partei (Art. 7) – keine weitere Einreichungsgebühr anfällt. Das Sekretariat stellt den Schriftsatz nebst Anlagen dann an alle Verfahrensparteien (und nicht etwa nur dem jeweiligen Anspruchsgegner) zu und fordert den Anspruchsgegner auf, hierzu Stellung zu nehmen (Art. 4 Abs. 5). Die Frist zur Stellungnahme beträgt 30 Tage und kann unter bestimmten Umständen verlängert werden (Art. 5 Abs. 1 und 2). Der Anspruchsgegner ist gehalten, zum Sach- und Rechtsvortrag des Anspruch- 17 stellers sowie zu dessen Anträgen Stellung zu nehmen (Art. 5 Abs. 1 Buchst. c und d). Hingegen muss er nicht erneut Angaben zu Namen und Anschrift etc. von Partei- oder Parteivertretern, der Besetzung des Schiedsgerichts, dem Schiedsort, dem anwendbaren Recht oder der Verfahrenssprache machen (Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, b, e und f). Auch diese Stellungnahme ist nur dann in ausreichender Anzahl von Exemplaren (in Papierform) beim Sekretariat einzureichen, Schmidt-Ahrendts
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Art. 8 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. wenn er eine Übermittlung gegen Empfangsbestätigung, per Einschreiben oder per Kurier wünscht (Art. 5 Abs. 3). Das Sekretariat stellt die Stellungnahme dann erneut an alle Verfahrensparteien zu (Art. 5 Abs. 4). Den übrigen Parteien werden die vorerwähnten Schriftsätze lediglich zur Kenntnis gebracht. 18 Sollte der Anspruchsgegner sich durch die Geltendmachung weiterer Ansprüche
gegen ihn veranlasst sehen, seinerseits weitere Ansprüche geltend zu machen, richten sich diese bei Erhebung gegen den Anspruchsteller oder eine andere bereits am Verfahren beteiligte Partei ebenfalls nach Art. 8, bei Geltendmachung gegen eine bis dato am Verfahren nicht beteiligte Partei nach Art. 7. 2. Nach Übergabe der Verfahrensakte
19 Entscheidungskompetenz des Schiedsgerichts. Nach Übergabe der Verfahrens-
akte an das Schiedsgericht entscheidet dieses gemäß Art. 8 Abs. 3 Satz 2 allein über das Verfahren für die Geltendmachung von Ansprüchen i.S.v. Art. 8 Abs. 1, d.h. in welcher Form und Frist welche Partei hierzu wann weiter Stellung zu nehmen hat.
20 Ermessen. Art. 8 verzichtet bewusst darauf, dem Schiedsgericht nähere Vorgaben
zur Ausgestaltung des Verfahrens zu machen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass sich das Schiedsgericht bei seiner Entscheidung über die Zulässigkeit weiterer Ansprüche bzgl. Form und Inhalt ebenfalls an Art. 8 Abs. 2 und 3 orientieren wird. Hierbei wird es regelmäßig den Stand des Verfahrens und die mit der Zulassung weiterer Ansprüche verbundenen Implikationen berücksichtigen. Sofern das Schiedsgericht den Parteien noch nicht mitgeteilt hat, welche materiellen und formalen Anforderungen es an die Einbringung zusätzlicher Ansprüche nach Art. 8 stellt, sollten die Parteien das Schiedsgericht rechtzeitig um einen diesbezüglichen Hinweis bitten. Für den Zeitraum nach Unterzeichnung bzw. Genehmigung des Schiedsauftrags ist Art. 23 Abs. 4 zu berücksichtigen.
V. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle 21 Die Beachtung der Vorgaben des Art. 8 durch die Parteien, den Gerichtshof und
das Schiedsgericht unterliegt insofern der Kontrolle staatlicher Gerichte, als diese in einem potenziellen Aufhebungs- oder Vollstreckungsverfahren auf Rüge einer Partei hin überprüfen werden, ob der Ablauf des Schiedsverfahrens dem Willen der Parteien entsprach (vgl. für Verfahren mit Schieds- bzw. Vollstreckungsort in Deutschland § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO bzw. Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ).
22 Durch die Vereinbarung der Geltung der ICC-SchO wird diese inklusive der Re-
gelung in Art. 8 sowie der hierin in Bezug genommenen Regelungen in Art. 4, 5, 6, 9 und 23 zum Inhalt des gemeinsamen Parteiwillens. Jeder Verstoß gegen diese Regelungen führt somit potenziell zur Aufhebbarkeit bzw. Nichtvollstreckbarkeit des Schiedsspruchs. 180
| Schmidt-Ahrendts
Mehrere Verträge | Art. 9 ICC-SchO
Ferner können staatliche Gerichte auf Rüge hin überprüfen, ob alle Ansprüche, 23 über die das Schiedsgericht entschieden hat, durch eine das Schiedsgericht berechtigende Schiedsvereinbarung gedeckt waren (vgl. für Verfahren mit Schiedsbzw. Vollstreckungsort in Deutschland § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c ZPO bzw. Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ).
VI. Kosten Streitwerterhöhung. Die erfolgreiche, ggf. durch den Gerichtshof bzw. das 24 Schiedsgericht zugelassene Geltendmachung zusätzlicher Ansprüche gemäß Art. 8 führt regelmäßig zu einer Erhöhung des Streitwerts. ICC-Verwaltungskosten und Schiedsrichterhonorare. Die Erhöhung des Streit- 25 werts wiederum führt zum einen zu einer Erhöhung der ICC-Verwaltungskosten (bis maximal zur Kappungsgrenze von 150.000 USD) und der Honorare des Schiedsgerichts, da diese sich am Streitwert orientieren (vgl. Anhang III). Kostenvorschuss. Folge ist, dass der Gerichtshof den globalen Kostenvorschuss 26 gemäß Art. 37 anpassen wird. Auf Antrag kann der Gerichtshof zudem für die im Rahmen von Art. 8 geltend gemachten Ansprüche jeweils einen selbständigen Kostenvorschuss festsetzen (Art. 37 Abs. 4) (s. Art. 37 Rz. 28 m.w.N.). Parteikosten. Die Geltendmachung weiterer Ansprüche gemäß Art. 8 führt fer- 27 ner regelmäßig auch zu einer Erhöhung der Parteikosten. Zwar orientieren diese sich oftmals nicht unmittelbar am Streitwert, sondern eher am zeitlichen Aufwand von Parteien und Parteivertretern, jedoch erhöht sich auch dieser typischerweise mit jedem neuen Anspruch.
E. Abweichende Parteivereinbarungen Art. 8 ist insofern dispositiv, als die Parteien vereinbaren können, dass sie nicht 28 gegen jede andere Partei Ansprüche erheben können. Eine solche Vereinbarung ist in der Praxis jedoch äußerst selten. Fraglich erscheint hingegen, ob die Parteien Art. 8 dahin modifizieren könnten, dass sie von den formalen Vorgaben in Art. 4, 5, 6 und 23, auf die Art. 8 verweist, abweichen. Auch eine solche Vereinbarung erscheint jedoch nicht empfehlenswert.
Artikel 9 Mehrere Verträge Vorbehaltlich der Bestimmungen der Artikel 6(3)–6(7) und 23(4) können Ansprüche, die sich aus oder im Zusammenhang mit mehr als einem Vertrag ergeben, in einem einzigen Schiedsverfahren geltend gemacht werden; dies gilt unabhängig davon, ob diese Ansprüche aufgrund einer oder mehrerer Schmidt-Ahrendts
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Art. 9 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. der Schiedsgerichtsordnung unterliegenden Schiedsvereinbarungen geltend gemacht werden. Article 9: Multiple Contracts Subject to the provisions of Articles 6(3)-6(7) and 23(4), claims arising out of or in connection with more than one contract may be made in a single arbitration, irrespective of whether such claims are made under one or more than one arbitration agreement under the Rules. Regelungsschwerpunkte: Diese Bestimmung regelt die Voraussetzungen der Geltendmachung von Ansprüchen, die auf mehreren materiellen Verträgen und/oder mehreren Schiedsvereinbarungen basieren, in einem einzigen Verfahren. Kostenaspekte: Die Geltendmachung von Ansprüchen, die auf mehreren materiellen Verträgen und/oder Schiedsvereinbarungen basieren, ist per se nicht mit zusätzlichen Kosten verbunden. → Rz. 28 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . D. I. II. III. 1.
Einzelerläuterungen . . . . . . . . Mehrere Verträge . . . . . . . . . . Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . Weitere Voraussetzungen . . . . Eine Schiedsvereinbarung und/ oder keine Einwendungen bei Beteiligung aller Parteien . . . . . 2. Im Falle erhobener Einwendungen und mehrerer Schiedsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3. IV. V. VI.
a) Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen . . . . . . . . . . b) Identität der Parteien und Zusammenhang der Verträge c) Entscheidung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitpunkt der Geltendmachung der Ansprüche . . . . . . . . . . . . . Form der Entscheidung des Gerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle . . . . . . . Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
E. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Benedict, Mehrvertragsverfahren, Mehrparteienverfahren, Einbeziehung Dritter und Verbindung von Verfahren, SchiedsVZ 2018, 306 ff.; Gharibian/Pieper, Parteienmehrheit in Schiedsverfahren – Zulässigkeit, Vorteile der Konsolidierung und Herausforderungen bei Mehrparteienkonflikten, BB 2018, 387 ff.; Greenberg/Feris/Albanesi, Consolidation, Joinder, Cross-Claims, Multiparty and Multicontract Arbitrations: Recent ICC Experience, Dossier of the ICC Institute of World Business Law: Multiparty Arbitration, 2010, S. 161 ff.; Smith, Comparative Analysis of Joinder and Consolidation Provisions Under Leading Arbitral Rules, Journal of International Arbitration, Vol. 35 Issue 2 (2018), S. 173 ff.; Welser, Mehrparteienschiedsverfahren aus praktischer Sicht, in FS Elsing (2015), S. 651 ff.; Whitesell/Silva-Romero, Multiparty and Multicontract Arbitration: Recent ICC Experience, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2003, Complex Arbitrations, S. 7 ff.
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Mehrere Verträge | Art. 9 ICC-SchO
A. Normzweck Art. 9 dient primär der Verfahrenseffizienz. Die Vorschrift ermöglicht es den 1 Parteien unter bestimmten Voraussetzungen, ihren Rechtsstreit auch dann in einem einzigen Verfahren beizulegen, wenn er nicht auf einem, sondern auf mehreren materiellen Verträgen und/oder Schiedsvereinbarungen beruht. Art. 9 eröffnet somit die Möglichkeit von Zeit- und Kostenersparnissen. Art. 9 findet sowohl in Verfahren mit zwei Parteien als auch in Verfahren mit drei und mehr Parteien Anwendung. Art. 9 normiert hierbei die maßgeblichen Voraussetzungen nur indirekt, nämlich durch einen Vorbehalt in Bezug auf Art. 6 Abs. 3 bis Abs. 7 sowie Art. 23 Abs. 4.
B. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die Vorschriften des X. Buchs der ZPO haben für die Anwendung von Art. 9 2 keine praktische Bedeutung. Die Geltendmachung von Ansprüchen aus mehreren Verträgen ist dort nicht geregelt.
C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Die Geltendmachung von Ansprüchen auf Grundlage mehrerer Verträge vor 3 deutschen staatlichen Gerichten ist in § 260 ZPO geregelt. Die Vorschrift findet im Rahmen eines ICC-Schiedsverfahrens weder unmittelbare noch analoge Anwendung. Sowohl § 260 ZPO als auch Art. 9 sind offen formuliert und dürften in vielen Fällen zu gleichen Ergebnissen führen.
D. Einzelerläuterungen Art. 9 eröffnet jeder Partei die Möglichkeit, Ansprüche, die sich aus oder im Zu- 4 sammenhang mit mehreren Verträgen ergeben, in einem einzigen Schiedsverfahren geltend zu machen, und zwar auch dann, wenn diese Ansprüche auf mehrere Schiedsvereinbarungen gestützt werden. Die Vorschrift findet sowohl in Verfahren mit zwei Parteien als auch in Verfahren mit drei und mehr Parteien Anwendung, und zwar unabhängig davon, ob die Ansprüche auf Basis mehrerer Verträge im Wege der Klage (Art. 4), der Widerklage (Art. 5), des Antrags auf Einbeziehung einer weiteren Partei (Art. 7) oder gemäß Art. 8 in das Verfahren eingeführt werden. Zentral für die Anwendung von Art. 9 ist, dass die Parteien spezifizieren, welchen Anspruch sie auf Basis welchen Vertrags bzw. welcher Schiedsvereinbarung erheben.
Schmidt-Ahrendts
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Art. 9 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. I. Mehrere Verträge 5 Art. 9 setzt das Vorliegen von zumindest zwei Verträgen voraus. Verträge i.S.v.
Art. 9 sind nur Vereinbarungen, die materielle Pflichten und Rechte der Parteien begründen. Schieds- bzw. Rechtswahlvereinbarungen sind hingegen keine Verträge i.S.d. Vorschrift. So findet Art. 9 nicht etwa bereits dann Anwendung, wenn der dem Verfahren zugrundeliegende materielle Vertrag und die Schiedsvereinbarung in unterschiedlichen Dokumenten niedergelegt sind.
II. Ansprüche 6 Art. 9 erfasst sowohl den (seltenen) Fall, dass derselbe Anspruch auf mehrere
Verträge gestützt wird, als auch den in der Praxis häufiger vorkommenden Fall, dass eine Partei mehrere Ansprüche geltend macht, die sich aus oder im Zusammenhang mit mehreren Verträgen ergeben. Die Formulierung „aus oder im Zusammenhang“ trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich bei den Ansprüchen nicht zwingend um vertragliche Ansprüche handeln muss, sondern auch außervertragliche – etwa quasivertragliche, deliktische, dingliche oder bereicherungsrechtliche – Ansprüche von Art. 9 erfasst sind, sofern diese in Zusammenhang mit mehreren Verträgen stehen.
III. Weitere Voraussetzungen 7 Wortlaut des Art. 9. Ausweislich des Wortlauts von Art. 9 selbst ist die Geltend-
machung von Ansprüchen auf Basis mehrerer Verträge an keine weiteren besonderen Voraussetzungen gebunden. Insb. setzt Art. 9 selbst nicht voraus, dass die jeweiligen Vertragsparteien identisch sind, die Verträge in irgendeinem Zusammenhang stehen oder, sollten die Ansprüche auf Grundlage mehrerer Schiedsvereinbarungen geltend gemacht werden, diese miteinander vereinbar sein müssten.
8 Vorbehalt zugunsten von Art. 6 Abs. 3–7. Art. 9 stellt die Möglichkeit zur Gel-
tendmachung von Ansprüchen auf Basis mehrerer Verträge jedoch ausdrücklich unter den Vorbehalt von Art. 6 Abs. 3–7. Diese Normen beinhalten die eigentlichen Klippen, welche die ICC-SchO für die Geltendmachung von Ansprüchen auf Basis mehrerer Verträge, insb. auf Basis mehrerer Schiedsvereinbarungen, bereithält.
9 Hierbei ist für die Frage, ob die Geltendmachung von mehreren Ansprüchen ge-
mäß Art. 9 an weitere Voraussetzungen geknüpft ist, zwischen zwei Grundkonstellationen zu unterscheiden. In der ersten Konstellation werden alle Ansprüche entweder auf ein und dieselbe Schiedsvereinbarung gestützt oder es beteiligen sich alle Parteien am Verfahren und keine Partei erhebt Einwendungen gegen die gemeinsame Behandlung aller Ansprüche (hierzu Rz. 10 f.). In der zweiten Konstellation werden die Ansprüche auf mehrere Schiedsvereinbarungen gestützt und mindestens eine Partei erhebt entweder Einwendungen gegen 184
| Schmidt-Ahrendts
Mehrere Verträge | Art. 9 ICC-SchO
die gemeinsame Behandlung aller Ansprüche oder beteiligt sich gar nicht am Verfahren (hierzu Rz. 12 ff.). 1. Eine Schiedsvereinbarung und/oder keine Einwendungen bei Beteiligung aller Parteien Eine Schiedsvereinbarung. Werden Ansprüche zwar auf mehrere materielle 10 Verträge, aber nur auf ein- und dieselbe Schiedsvereinbarung gestützt, dann können diese alle in ein- und demselben Schiedsverfahren geltend gemacht werden, ohne dass dies an weitere Voraussetzungen, wie z.B. einen Zusammenhang der materiellen Verträge gebunden wäre. Keine Einwendungen bei Beteiligung aller Parteien. Das gleiche gilt für den 11 Fall, dass die Ansprüche zwar auf mehrere Schiedsvereinbarungen gestützt werden, sich aber alle Parteien am Verfahren beteiligen und keine Partei Einwendungen gegen die gemeinsame Behandlung aller Ansprüche erhebt. 2. Im Falle erhobener Einwendungen und mehrerer Schiedsvereinbarungen Werden die geltend gemachten Ansprüche hingegen nicht nur auf mehrere ma- 12 terielle Verträge, sondern auch auf mehrere Schiedsvereinbarungen gestützt, und erhebt zumindest eine Partei Einwendungen gegen die Abhandlung aller Ansprüche in einem Verfahren oder beteiligt sich eine beklagte Partei gar nicht am Schiedsverfahren, so ist aufgrund des Vorbehalts in Art. 9 auch Art. 6 Abs. 3–7 und die hierin normierten Voraussetzungen zu berücksichtigen. a) Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen Art. 6 Abs. 4 (ii) (a). Verweist der Generalsekretär auf den Einwand einer der 13 Parteien bzw. weil sich eine beklagte Partei nicht am Verfahren beteiligt die Angelegenheit an den Gerichtshof, so wird dieser gemäß Art. 6 Abs. 4 (ii) (a) zunächst prüfen, ob er prima facie davon überzeugt ist, dass „die Schiedsvereinbarungen, auf die die Ansprüche gestützt werden, miteinander vereinbar sein könnten“. Vereinbarung derselben ICC-SchO. Grundvoraussetzung hierfür ist, dass alle 14 Schiedsvereinbarungen die Geltung derselben ICC-SchO vorsehen (vgl. Art. 6 Rz. 178). Unvereinbarkeit. Eine Unvereinbarkeit dürfte gleichwohl aber u.a. dann beste- 15 hen, wenn die Schiedsvereinbarungen unterschiedliche (i) Schiedsorte oder (ii) eine unterschiedliche Anzahl von Schiedsrichtern bzw. andere unterschiedliche Regelungen zur Bestellung des Schiedsgerichts vorsehen (vgl. Art. 6 Rz. 179 ff.). b) Identität der Parteien und Zusammenhang der Verträge Art. 6 Abs. 4 (ii) (b). Sollte der Gerichtshof zum Schluss kommen, dass prima 16 facie die maßgeblichen Schiedsvereinbarungen miteinander vereinbar sind, wird Schmidt-Ahrendts
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Art. 9 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. er gemäß Art. 6 Abs. 4 (ii) (b) weiter prüfen, ob „alle Parteien des Schiedsverfahrens vereinbart haben könnten, dass die Ansprüche gemeinsam im Rahmen eines einzigen Schiedsverfahrens entschieden werden können“. Zu dieser Voraussetzung und den Kriterien die der Gerichtshof bei seiner Prüfung dieser Voraussetzung regelmäßig anwendet s. Art. 6 Rz. 191 ff. c) Entscheidung des Schiedsgerichts 17 Ist der Gerichtshof prima facie überzeugt, dass die Schiedsvereinbarungen mit-
einander kompatibel sind und die vorgenannte Parteivereinbarung vorliegen könnte, so wird das Verfahren fortgesetzt.
18 Sollte eine der Parteien gleichwohl ihre Einwendung gegen die Zulässigkeit der
Geltendmachung von Ansprüchen auf Basis mehrerer Verträge nach Art. 9 aufrechterhalten bzw. sich weiterhin gar nicht am Verfahren beteiligen, wird auch das Schiedsgericht selbst über die Zulässigkeit der geltend gemachten Ansprüche entscheiden, ohne hierbei an die – nur prima facie getroffene – Entscheidung des Gerichtshofs gebunden zu sein (Art. 6 Abs. 5).
19 Entscheidungskriterien für das Schiedsgericht. Der ICC-SchO ist nicht zu ent-
nehmen, welche Kriterien ein ICC-Schiedsgericht seiner diesbezüglichen Entscheidung zugrunde legen wird. Die in Art. 6 Abs. 4 (ii) genannten Kriterien für die Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs gelten nämlich keineswegs auch zwangsläufig für die Entscheidung des Schiedsgerichts. Letzteres ist vor allem an die Vorgaben des Rechts am Schiedsort bzw. des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren nationalen Rechts gebunden. Dieses wird, da die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts in wohl allen Rechtsordnungen fast immer u.a. von einer entsprechenden Parteivereinbarung gedeckt sein wird, eine „Einigung“ voraussetzen, gemäß der alle Ansprüche in einem Schiedsverfahren geltend gemacht werden können.
20 Berücksichtigung des nationalen Rechts. Nur, wenn die Anforderungen des an-
wendbaren nationalen Rechts gewahrt sind, ist sichergestellt, dass in einem potentiellen Aufhebungs- oder Vollstreckungsverfahren nach Erlass eines Schiedsspruchs der Schiedsspruch nicht wegen einer Unzuständigkeit des Schiedsgerichts bzw. einem Verstoß gegen das nationale Schiedsverfahrensrecht aufgehoben bzw. nicht vollstreckt wird.
21 Vgl. zum diesbezüglichen Prüfungsmaßstab im Aufhebungs- und Vollstreckungs-
verfahren bei deutschem Schiedsort § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c ZPO, Art. V Abs. 1 Buchst. c UNÜ.
22 Empfehlung: Parteien, welche die Geltendmachung von Ansprüchen aus mehreren Verträgen gestützt auf mehrere Schiedsvereinbarungen in einem einzigen Schiedsverfahren erwägen, sollten sich daher nicht nur mit den vom Gerichtshof in seiner bisherigen Praxis festgelegten Kriterien, sondern vor allem auch an den Vorgaben des jeweils anwendbaren nationalen Rechts orientieren bzw. prüfen, ob sich die Ansprüche nicht doch nur auf eine Schiedsvereinbarung stützen lassen.
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| Schmidt-Ahrendts
Mehrere Verträge | Art. 9 ICC-SchO
3. Zeitpunkt der Geltendmachung der Ansprüche Die Parteien können auch die unter Art. 9 fallenden Ansprüche auf Basis meh- 23 rerer Verträge nur bis zur Unterzeichnung des Schiedsauftrags durch die Parteien und das Schiedsgericht bzw. bis zur Genehmigung des Schiedsauftrags durch den Schiedsgerichtshof frei geltend machen. Nach diesem Zeitpunkt können Ansprüche nur noch mit Zustimmung des Schiedsgerichts in das Verfahren eingeführt werden (Art. 23 Abs. 4).
IV. Form der Entscheidung des Gerichtshofs Der Gerichtshof entscheidet über die Zulässigkeit der Geltendmachung mehre- 24 rer Ansprüche nur im Fall der Erhebung einer Einwendung durch eine Partei bzw. der Nichtbeteiligung einer Partei und der Verweisung durch den Generalsekretär, und dann im Wege eines Prima-facie-Beschlusses gemäß Art. 6 Abs. 4. Eine negative Entscheidung des Gerichtshofs unterliegt nicht der Überprüfung durch das Schiedsgericht, sondern nur der des staatlichen Gerichts, Art. 6 Abs. 6. Eine positive Entscheidung des Gerichtshofs steht hingegen zur Disposition des Schiedsgerichts und entfaltet keinerlei Bindungswirkung (Art. 6 Abs. 5).
V. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle Die Beachtung der Vorgaben des Art. 9 durch die Parteien, den Gerichtshof 25 und/oder das Schiedsgericht unterliegt insofern der Kontrolle staatlicher Gerichte, als diese in einem potenziellen Aufhebungs- oder Vollstreckungsverfahren auf Rüge einer Partei hin überprüfen werden, ob der Ablauf des Schiedsverfahrens dem Willen der Parteien entsprach (vgl. für Verfahren mit Schiedsbzw. Vollstreckungsort in Deutschland § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO bzw. Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ). Durch die Vereinbarung der Geltung der ICC-SchO wird diese inklusive der Re- 26 gelung in Art. 9 sowie der hierin in Bezug genommenen Regelungen der Art. 6 und 23 zum Gegenstand des gemeinsamen Parteiwillens. Jeder Verstoß gegen diese Regelungen führt somit potenziell zur Aufhebbarkeit bzw. Nichtvollstreckbarkeit des Schiedsspruchs. Ferner können staatliche Gerichte auf Rüge hin überprüfen, ob alle Ansprüche, 27 über die das Schiedsgericht entschieden hat, durch eine das Schiedsgericht berechtigende Schiedsvereinbarung gedeckt waren (vgl. für Verfahren mit Schiedsbzw. Vollstreckungsort in Deutschland § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c ZPO bzw. Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ).
VI. Kosten Die Geltendmachung von Ansprüchen, die auf mehreren materiellen Verträgen 28 und/oder Schiedsvereinbarungen basieren, in nur einem Verfahren ist i.d.R. mit Schmidt-Ahrendts
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Art. 10 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. geringeren Kosten verbunden als die Geltendmachung in mehreren parallelen Verfahren.
E. Abweichende Parteivereinbarungen 29 Art. 9 ist dispositiv. Insb. steht es den Parteien frei, zu vereinbaren, dass Ansprü-
che, die sich aus oder im Zusammenhang mit mehreren Verträgen ergeben, nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen in einem einzigen Verfahren geltend gemacht werden können. Eine solche Vereinbarung kann vor oder im Zuge des Verfahrens getroffen werden. Zur Frage, ob die Parteien von Art. 6 Abs. 3 bis 6 und Art. 23 Abs. 4 abweichen können, vgl. Art. 6 Rz. 272; Art. 23 Rz. 42 f.
Artikel 10 Verbindung von Schiedsverfahren Auf Antrag einer Partei kann der Gerichtshof zwei oder mehrere der Schiedsgerichtsordnung unterliegende Schiedsverfahren in einem einzigen Schiedsverfahren verbinden, sofern a) die Parteien die Verbindung vereinbart haben; oder b) alle Ansprüche in den Schiedsverfahren aufgrund derselben Schiedsvereinbarung oder denselben Schiedsvereinbarungen geltend gemacht werden; oder c) die Ansprüche in den Schiedsverfahren nicht aufgrund derselben Schiedsvereinbarung oder denselben Schiedsvereinbarungen geltend gemacht werden, aber die Schiedsverfahren zwischen denselben Parteien anhängig sind, die Streitigkeiten in den Schiedsverfahren sich im Zusammenhang mit derselben Rechtsbeziehung ergeben und der Gerichtshof die Schiedsvereinbarungen für miteinander vereinbar hält. Der Gerichtshof kann bei der Entscheidung über die Verbindung alle Umstände berücksichtigen, die er für bedeutsam hält, so auch, ob ein oder mehrere Schiedsrichter in mehr als einem der Schiedsverfahren bestätigt oder ernannt worden sind und, wenn dies so ist, ob die selben oder verschiedene Personen bestätigt oder ernannt worden sind. Wenn Schiedsverfahren verbunden werden, werden sie in dem zuerst eingeleiteten Schiedsverfahren verbunden, es sei denn, alle Parteien vereinbaren etwas anderes. Article 10: Consolidation of Arbitrations The Court may, at the request of a party, consolidate two or more arbitrations pending under the Rules into a single arbitration, where: a) the parties have agreed to consolidation; or b) all of the claims in the arbitrations are made under the same arbitration agreement or agreements; or
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| Schmidt-Ahrendts
Verbindung von Schiedsverfahren | Art. 10 ICC-SchO c) the claims in the arbitrations are not made under the same arbitration agreement or agreements, but the arbitrations are between the same parties, the disputes in the arbitrations arise in connection with the same legal relationship, and the Court finds the arbitration agreements to be compatible. In deciding whether to consolidate, the Court may take into account any circumstances it considers to be relevant, including whether one or more arbitrators have been confirmed or appointed in more than one of the arbitrations and, if so, whether the same or different persons have been confirmed or appointed. When arbitrations are consolidated, they shall be consolidated into the arbitration that commenced first, unless otherwise agreed by all parties. Regelungsschwerpunkte: Diese Bestimmung ermöglicht es dem Gerichtshof, auch bei diesbezüglicher Uneinigkeit der Parteien, mehrere Verfahren zu einem einzigen zu verbinden. Die Vorschrift sieht hierfür bestimmte Voraussetzungen vor, die zu einer besseren Vorhersehbarkeit der Entscheidung des Gerichtshofs für die Parteien beitragen und somit der Rechtssicherheit dienen. Die endgültige Entscheidung über die Verfahrensverbindung liegt im Ermessen des Gerichtshofs; dieses Ermessen wird weder durch das jeweils zuständige Schiedsgericht noch durch staatliche Gerichte überprüft. Kostenaspekte: Die Verbindung von mehreren Verfahren führt i.d.R. zu einer Senkung der für die Durchführung aller Verfahren anfallenden Gesamtkosten. Die 5.000 USD Einleitungsgebühr für das nicht fortgeführte Verfahren werden jedoch weder erstattet, noch auf die Kostenpflichten der Parteien im fortgeführten Verfahren angerechnet. → Rz. 43 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Änderungshistorie . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. I. 1. 2. 3. II.
Einzelerläuterungen . . . . . . . . Grundvoraussetzungen (Satz 1) . Antrag einer Partei . . . . . . . . . . Gerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . ICC-Schiedsverfahren . . . . . . . . Fallkonstellationen (Satz 1 Buchst. a–c) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Einverständnis aller Parteien . . . 2. Identität der Schiedsvereinbarung bzw. Schiedsvereinbarungen . . . 3. Sonstige Fälle . . . . . . . . . . . . . .
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4 5 6 6 7 8 9 9
11 14
III. Entscheidungskriterien für die Ermessensausübung des Gerichtshofs . . . . . . . . . . . . . 1. Besetzung der Schiedsgerichte . 2. Sonstige Ermessenserwägungen 3. Grundgebot der restriktiven Anwendung . . . . . . . . . . . . . . IV. Verbindung auf die zuerst anhängige Sache . . . . . . . . . . . V. Auswirkung auf die Parteistellung . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Form und Bindungswirkung der Entscheidung . . . . . . . . . . VII. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . VIII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
__ _ _ _ _ _ __ _ 23 25 29 32 33 37 38 39 43 47
Literatur: Benedict, Mehrvertragsverfahren, Mehrparteienverfahren, Einbeziehung Dritter und Verbindung von Verfahren, SchiedsVZ 2018, 306 ff.; Bond, Dépeçage or Consolidation of the disputes resulting from connected agreements: The role of the arbitrator, Dossier of the ICC Institute of World Business Law: Multiparty Arbitration (2010), S. 35 ff.;
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Art. 10 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. Derains, The Limits of the Arbitration Agreement in Contracts Involving More Than Two Parties, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2003, Complex Arbitrations, S. 25 ff.; Gaillard, The Consolidation of Arbitral Proceedings and Court Proceedings, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2003, Complex Arbitrations, S. 35 ff.; Gharibian/Pieper, Parteienmehrheit in Schiedsverfahren – Zulässigkeit, Vorteile der Konsolidierung und Herausforderungen bei Mehrparteienkonflikten, BB 2018, 387 ff.; Greenberg/Feris/Albanesi, Consolidation, Joinder, Cross-Claims, Multiparty and Multicontract Arbitrations: Recent ICC Experience, Dossier of the ICC Institute of World Business Law: Multiparty Arbitration, 2010, S. 161 ff.; von Schlabrendorff, Joinder and Consolidation in International Arbitration: A Comparison of Institutional Approaches, in: Liber Amicorum Dolf Weber (2016), S. 429 ff.; Welser, Mehrparteienschiedsverfahren aus praktischer Sicht, in FS Elsing (2015), S. 651 ff.; Whitesell/Silva-Romero, Multiparty and Multicontract Arbitration: Recent ICC Experience, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2003, Complex Arbitrations, S. 7 ff.
A. Normzweck 1 Art. 10 dient primär der Verfahrenseffizienz. Die Verbindung mehrerer Ver-
fahren zu einem einzelnen führt i.d.R. zu Zeit- und Kostenersparnissen im Vergleich zur getrennten Fortführung der Verfahren. Zudem fördert Art. 10 eine einheitliche Rechtsfindung. Die Verbindung mehrerer Verfahren vermeidet die Gefahr, dass mehrere Schiedsgerichte über dieselben bzw. ähnlich gelagerte oder miteinander verbundene Sach- und Rechtsfragen unterschiedlich befinden. Ferner dient Art. 10 dem Rechtsfrieden. So kann eine Verfahrensverbindung dazu führen, dass eine einvernehmliche Gesamtlösung anstatt mehrerer Einzellösungen erzielt wird. Schließlich führt Art. 10 durch die Normierung detaillierter Voraussetzungen zu einem Gewinn an Rechtssicherheit und fördert hierdurch zumindest mittelbar auch die spätere Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs.
B. Änderungshistorie 2 Art. 10 Satz 1 Buchst. b und Buchst. c bestimmt nunmehr, dass der Gerichtshof
auch dann Schiedsverfahren nach Art. 10 Satz 1 Buchst. b verbinden kann, wenn die Ansprüche nicht aufgrund einer einzigen („derselben“) Schiedsvereinbarung geltend gemacht werden, sondern auf denselben (mehreren) Schiedsvereinbarungen beruhen.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 3 Das deutsche nationale Schiedsverfahrensrecht regelt die Verfahrensverbindung
nicht. Die Vorschriften des X. Buchs der ZPO haben bei Verfahren mit Schiedsort in Deutschland nur insofern Bedeutung, als die Anwendung von Art. 10 weder zu einer Ungleichbehandlung der Parteien noch zu einer Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör führen darf (vgl. § 1042 Abs. 1 ZPO). 190
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Verbindung von Schiedsverfahren | Art. 10 ICC-SchO
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Die Verbindung mehrerer Verfahren vor deutschen staatlichen Gerichten ist in 4 § 147 ZPO geregelt. § 147 ZPO findet in Schiedsverfahren weder unmittelbare noch analoge Anwendung. Obwohl beide Normen unterschiedlich formuliert sind, enthalten sie doch ähnliche Wertungen und dürften in vielen Fällen zu gleichen Ergebnissen führen. Freilich ist es im Rahmen von § 147 ZPO das Gericht selbst, das von sich aus – wenn auch häufig auf Anregung der Parteien – Verfahren verbindet, während im Rahmen von Art. 10 der Gerichtshof nur auf Antrag mindestens einer Partei tätig werden kann.
E. Einzelerläuterungen Art. 10 unterscheidet zwischen drei Konstellationen, in denen eine Verfahrens- 5 verbindung in Betracht kommt (Satz 1 Buchst. a–c): dort, wo die Parteien dies vereinbart haben; dort, wo alle Ansprüche derselben oder denselben Schiedsvereinbarung(en) unterliegen; oder dort, wo dieselben Parteien Ansprüche aus derselben Rechtbeziehung erheben und die Schiedsvereinbarungen miteinander kompatibel sind. Darüber hinaus sieht Art. 10 weitere Voraussetzungen (Satz 1) bzw. Entscheidungskriterien (vgl. Satz 2) vor, die der Gerichtshof hierbei jeweils berücksichtigen wird. Eine Verfahrensverbindung kann hierbei auch noch nach Unterzeichnung des Schiedsauftrags erfolgen.
I. Grundvoraussetzungen (Satz 1) 1. Antrag einer Partei Eine Verfahrensverbindung gemäß Art. 10 setzt stets den „Antrag einer Partei“ 6 voraus. Der Gerichtshof wird weder aus eigener Initiative noch auf Antrag des Schiedsgerichts hin tätig. 2. Gerichtshof Die Verfahrensverbindung erfolgt durch den Gerichtshof. Weder die Parteien 7 noch das Schiedsgericht haben die Möglichkeit, ohne Mitwirkung des Gerichtshofs Verfahren zu verbinden. 3. ICC-Schiedsverfahren Verbunden werden können „mehrere der Schiedsgerichtsordnung unterliegen- 8 de Schiedsverfahren“. Art. 10 begrenzt somit nicht die Anzahl der potenziell zu verbindenden Verfahren. Verbunden werden können jedoch nur ICCSchiedsverfahren. Art. 10 ermöglicht nicht die Verbindung eines oder mehrerer Schmidt-Ahrendts
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Art. 10 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. ICC-Schiedsverfahren mit einem Ad-hoc- oder einem anderen institutionellen Schiedsverfahren bzw. mit einem staatlichen Gerichtsverfahren (hierzu Gaillard, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2003, Complex Arbitrations, 35 ff.). Die Verbindung von Verfahren nach unterschiedlichen ICC-SchO kommt grds. in Betracht, sofern es keine grundlegenden Unterschiede zwischen den jeweils anwendbaren Fassungen der ICC-SchO gibt (aber vgl. Art. 6 Rz. 178).
II. Fallkonstellationen (Satz 1 Buchst. a–c) 1. Einverständnis aller Parteien 9 Eine Verfahrensverbindung findet gemäß Art. 10 Satz 1 Buchst. a dann statt,
wenn alle am Verfahren beteiligten Parteien die „Verbindung vereinbart haben“. Diese Vereinbarung kann auch bereits vor dem Beginn eines Schiedsverfahrens oder aller betroffenen Schiedsverfahren getroffen worden sein.
10 Zwar setzt Art. 10 Satz 1 Buchst. a seinem Wortlaut nach keine ausdrückliche
schriftliche Vereinbarung der Parteien voraus, jedoch wird der Gerichtshof nur im Falle einer solchen Vereinbarung vom Vorliegen des Einverständnisses aller Parteien überzeugt sein. Das bloße Schweigen einer Partei, z.B. das Unterlassen eines Widerspruchs gegen den Antrag auf Verfahrensverbindung durch eine andere Partei, reicht für die Annahme einer zustimmenden Willensäußerung nicht aus. Die Einigung der Parteien darf hierbei nicht unter einen (nicht erfüllten Vorbehalt), wie z.B. einer bestimmten künftigen Verfahrensführung des Schiedsgerichts gestellt sein, sondern es muss feststehen, dass die Parteien zu allen Punkten, die für sie einigungsrelevant sind, eine Einigung getroffen haben. 2. Identität der Schiedsvereinbarung bzw. Schiedsvereinbarungen
11 Eine Verfahrensverbindung kommt gemäß Art. 10 Satz 1 Buchst. b ferner dann
in Betracht, wenn alle Ansprüche, die in den zu verbindenden Verfahren erhoben wurden, sei es in der Schiedsklage oder in einer Widerklage bzw. einem Antrag auf Einbeziehung einer zusätzlichen Partei, aufgrund „derselben Schiedsvereinbarung“ bzw. „denselben Schiedsvereinbarungen“ geltend gemacht werden. Dies ist nicht der Fall, wenn die Ansprüche in den Verfahren mehreren verschiedenen, wenn auch wortgleichen Schiedsvereinbarungen unterliegen. Hieran ändert auch der seit dem 1.1.2021 geltende neue Wortlaut von Art. 10 Satz 1 Buchst. b nichts. Dieser bestimmt nunmehr lediglich, dass Art. 10 Satz 1 Buchst. b auch dann greift, wenn in den betroffenen Verfahren die Ansprüche jeweils (!) nicht aufgrund einer einzigen („derselben“) Schiedsvereinbarung geltend gemacht werden, sondern jeweils (!) auf mehreren („denselben“) Schiedsvereinbarungen beruhen. Die Neufassung greift somit z.B. dort, wo sowohl in Schiedsverfahren A als auch in Schiedsverfahren B die Ansprüche aufgrund der Schiedsvereinbarung I und II erhoben werden. Sie greift nicht dort ein, wo in Schiedsverfahren A die Ansprüche auf der Schiedsvereinbarung I und in Schiedsverfahren B die Ansprüche auf der wortgleichen Schiedsvereinbarung II 192
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Verbindung von Schiedsverfahren | Art. 10 ICC-SchO
erhoben werden. Ferner fehlt es auch weiterhin dort an „derselben Schiedsvereinbarung“ bzw. „denselben Schiedsvereinbarungen“, wo voneinander inhaltlich verschiedene Verträge auf ein- und dasselbe, die Schiedsklausel enthaltendes Dokument (z.B. AGB) verweisen. Auch hier liegen in rechtlicher Hinsicht und auch i.S.v. Art. 10 mehrere Schiedsvereinbarungen vor. Unschädlich war und ist jedoch, dass Ansprüche aus unterschiedlichen materiellen Vereinbarungen auf ein- und dieselbe Schiedsvereinbarung gestützt werden. Art. 10 Satz 1 Buchst. b setzt weder das Einverständnis aller Parteien noch die 12 Identität der Parteien voraus (vgl. im Gegensatz hierzu Buchst. a und c). Anknüpfungspunkt ist vielmehr die Bindung der Parteien an dieselbe(n) ICCSchiedsvereinbarung(en) und der hierdurch zum Ausdruck kommende Wille der Parteien, ihre Streitigkeiten zumindest potenziell in demselben ICC-Verfahren beizulegen. Hierbei unterscheidet Buchst. b nicht danach, ob die Parteien die Schiedsvereinbarung unterzeichnet haben oder aus anderen Gründen an diese gebunden sind. Insb. der Verzicht auf die Voraussetzung, dass an allen zur Verbindung stehen- 13 den Verfahren dieselben Parteien beteiligt sein müssen, sorgt für einen weiten Anwendungsbereichs der Verfahrensverbindung gemäß Art. 10. 3. Sonstige Fälle Eine Verfahrensverbindung kommt gemäß Art. 10 Satz 1 Buchst. c auch dort in 14 Betracht, wo die Ansprüche auf mehrere und zwar nicht dieselben Schiedsvereinbarungen gestützt werden und die Parteien sich nicht über die Verfahrensverbindung geeinigt haben. Folgende drei Voraussetzungen müssen dann kumulativ gegeben sein: Identität der Parteien, Identität der Rechtsbeziehungen und Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen. Identität der Parteien. Art. 10 Satz 1 Buchst. c setzt erstens voraus, dass die zu 15 verbindenden Verfahren zwischen „denselben Parteien“ anhängig sind. Nicht ausreichend ist eine wie eng auch immer geartete Verbindung zwischen 16 den Parteien der zu verbindenden Verfahren, sei es durch die Zugehörigkeit zum selben Konzern, durch eine Personenidentität auf der Führungsebene oder einen bloßen „Gleichlauf“ unternehmerischer Interessen. Insb. sind die Grundsätze zur Bindung von Dritten an nicht durch diese unterzeichnete Schiedsvereinbarungen aus seiner Prima-facie-Prüfung nach Art. 6 Abs. 4 nicht auf diese Frage zu übertragen (vgl. Greenberg/Feris/Albanesi, Dossier of the ICC Institute of World Business Law: Multiparty Arbitration [2010], S. 161 ff.). Bloße Abweichungen in der Parteibezeichnung, wie z.B. die Verwendung der Firma einer Partei in einem Verfahren und den Namen derselben Partei im anderen Verfahren, sind unschädlich. Entscheidend ist die rechtliche Identität der Parteien. Art. 10 Satz 1 Buchst. c setzt auch nicht voraus, dass die Parteien in den zu ver- 17 bindenden Verfahren die gleiche Rolle einnehmen. So ist unschädlich, dass eine Partei in einem Verfahren Kläger, im anderen Verfahren jedoch Beklagter bzw. Schmidt-Ahrendts
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Art. 10 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. zusätzliche Partei ist; gerade in diesen Fällen bietet die Verfahrensverbindung ein effektives Mittel zur Straffung des Rechtstreits. 18 Identität der Rechtsbeziehungen. Zweitens setzt Art. 10 Satz 1 Buchst. c vo-
raus, dass die Streitigkeiten in den zu verbindenden Verfahren sich „aus oder im Zusammenhang mit denselben Rechtsbeziehungen“ ergeben.
19 Dies ist u.a. dort der Fall, wo die geltend gemachten Ansprüche zwar mehreren
materiellen Verträgen entstammen, diese jedoch miteinander verbunden sind. Diese Verbindung kann sich sowohl aus dem Wortlaut der Verträge, als auch aus ihrem Gegenstand und Zweck ergeben. Ausreichend ist, dass die betroffenen Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden, wobei dieses Kriterium i.d.R. flexibel und großzügig gehandhabt wird (vgl. Whitesell/Silva-Romero, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2003, Complex Arbitrations, 7 [7 ff.]).
20 Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen. Drittens setzt Art. 10 Satz 1 Buchst. c
voraus, dass die „Schiedsvereinbarungen“, welche den in den zu verbindenden Verfahren geltend gemachten Ansprüchen zugrunde liegen, „miteinander vereinbar“ sind.
21 Welche Schiedsvereinbarungen miteinander vereinbar sind und welche nicht, ist
dem Wortlaut von Art. 10 nicht zu entnehmen.
22 Eine Unvereinbarkeit dürfte etwa dann bestehen, wenn die Schiedsvereinbarun-
gen unterschiedliche (i) Schiedsorte oder (ii) eine unterschiedliche Anzahl von Schiedsrichtern bzw. andere ungleiche Regelungen zur Bestellung des Schiedsgerichts vorsehen (vgl. Art. 6 Rz. 179 ff.). Anders gelagert ist der Fall, dass eine Schiedsvereinbarung gar keine Angaben zu diesen Aspekten enthält, da hier der Gerichtshof ggf. noch die Möglichkeit hat, selbst die Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen herzustellen. Im Einzelfall zu beurteilen ist auch die Konstellation, dass die Schiedsvereinbarungen unterschiedliche Vorgaben für die Durchführung des Schiedsverfahrens, z.B. unterschiedliche Fristen für den Erlass des Schiedsspruchs oder die Form der Beweisaufnahme, vorsehen.
III. Entscheidungskriterien für die Ermessensausübung des Gerichtshofs 23 In jeder der vorstehend beschriebenen drei Konstellationen gemäß Art. 10 Satz 1
Buchst. a–c steht die Verfahrensverbindung grds. im Ermessen des Gerichtshofs. In Ausübung seines Ermessens ist der Gerichtshof berechtigt, „alle Umstände“ zu berücksichtigen, die er „für bedeutsam hält“. Maßgeblich ist somit die subjektive Beurteilung des Gerichtshofs.
24 Im Fall des allseitigen Einverständnisses der Parteien (Art. 10 Satz Abs. 1
Buchst. a) wird der Gerichtshof die betroffenen Verfahren jedoch stets verbinden.
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Verbindung von Schiedsverfahren | Art. 10 ICC-SchO
1. Besetzung der Schiedsgerichte Art. 10 selbst erwähnt exemplarisch nur einen für die Ermessensentscheidung 25 „bedeutsamen Umstand“, nämlich die Besetzung der Schiedsgerichte. So kann der Gerichtshof u.a. berücksichtigen, „ob ein oder mehrere Schiedsrichter in mehr als einem der Schiedsverfahren bestätigt oder ernannt worden sind und, wenn dies so ist, ob dieselben oder verschiedene Personen bestätigt oder ernannt worden sind“. Im Regelungswortlaut nicht durchgesetzt hat sich somit die Ansicht, dass Par- 26 teien die Verbindung mehrerer Verfahren durch die Benennung unterschiedlicher Schiedsrichter verhindern könnten. Berücksichtigen wird der Gerichtshof dies jedoch schon. In den Fällen, in denen der Gerichtshof bereits mehrere nicht identische Schieds- 27 richter bestätigt oder ernannt hat und die Parteien sich nicht über die Verfahrensverbindung einschließlich der Besetzung des Schiedsgerichts geeinigt haben, wird der Gerichtshof wohl nur ausnahmsweise eine Verfahrensverbindung vornehmen. So regelt Art. 10 nämlich nicht, welche Folge die Verfahrensverbindung in diesem 28 Fall für die bereits bestellten Schiedsrichter hat. I.d.R. wird der Schiedsrichter des Verfahrens, das nicht fortgeführt wird, wohl freiwillig sein Mandat niederlegen. Dort, wo dies ausnahmsweise nicht der Fall sein sollte, ist die Rechtslage jedoch weniger klar. Denkbar erscheint, den Parteien ein Recht einzuräumen, gemeinsam die Ersetzung des oder der Schiedsrichter durch den Gerichtshof zu beantragen (vgl. Art. 15 Abs. 1). Dort, wo sich die Parteien jedoch nicht hierauf einigen können, erscheint es sachgerecht, dem Gerichtshof eine Ersetzungsbefugnis gemäß Art. 15 Abs. 2 (direkt oder analog) einzuräumen. 2. Sonstige Ermessenserwägungen Anwendbares Sachrecht. Neben dem Inhalt der Schiedsvereinbarungen berück- 29 sichtigt der Gerichtshof in seiner Praxis auch das anwendbare Sachrecht. Der bloße Umstand, dass die Verfahren unterschiedlichen Sachrechten unterliegen, ist für sich genommen allerdings meist noch kein Grund, von einer Verbindung der Verfahren abzusehen. Die Anwendung unterschiedlicher Sachrechte im Rahmen eines einzigen Schiedsverfahrens kommt durchaus vor und bereitet dem Schiedsgericht meist keine besonderen Schwierigkeiten. Verfahrensstadium. Der Wortlaut des Art. 10 eröffnet eine Verfahrensverbin- 30 dung in jedem Verfahrensstadium. Insofern ist die Regelung offener als jene zur Einbeziehung von Dritten in Art. 7, die nur möglich ist, solange kein Schiedsrichter ernannt oder bestätigt wurde. Auch im Rahmen von Art. 10 gilt jedoch der Grundsatz, dass, je länger ein Verfahren bereits andauert, der Gerichtshof umso sorgfältiger prüfen wird, ob die Voraussetzungen einer Verfahrensverbindung vorliegen und diese in Ansehung der Einzelumstände sinnvoll ist. Die Verbindung von Verfahren nach vollständiger Konstituierung des oder der 31 Schiedsgerichte und/oder der Unterzeichnung des Schiedsauftrags wird daher die Ausnahme bleiben. Die Verbindung von Verfahren, in denen bereits maßSchmidt-Ahrendts
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Art. 10 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. gebliche prozessuale Entscheidungen getroffen wurden, mehrere Schriftsatzrunden erfolgten oder gar eine mündliche Verhandlung stattfand, wird auch aus Effizienz- und Kostengründen oftmals nicht sinnvoll sein. Hier ist davon auszugehen, dass der Gerichtshof auch bei Vorliegen der in Art. 10 Satz 1 und 2 niedergelegten übrigen Voraussetzungen sein Ermessen nach Art. 10 Satz 3 i.d.R. dahingehend ausüben wird, dass er von der Verbindung der Verfahren absieht. Eine feste Regel, wann Verfahren nicht mehr verbunden werden können bzw. sollten, gibt es aber nicht. So sind selbst nach einem Teilschiedsspruch Verfahren noch verbunden worden. 3. Grundgebot der restriktiven Anwendung 32 Auch in Zukunft wird der Gerichtshof stets sehr genau prüfen, ob die Voraus-
setzungen des Art. 10 vorliegen und die jeweiligen Umstände des Einzelfalls eine Verfahrensverbindung rechtfertigen. Bei verbleibenden Zweifeln wird der Gerichtshof tendenziell von einer Verbindung absehen, da die Verbindung mehrerer Verfahren einen nicht unerheblichen Eingriff in die Verfahrensgestaltung durch die Parteien darstellt, auch wenn sie auf Antrag einer Partei erfolgt. Ferner wird im Zeitpunkt der Verbindung durch den Gerichtshof oft nicht feststehen, wie sich die Verfahrensverbindung auf das Verfahren auswirkt.
IV. Verbindung auf die zuerst anhängige Sache 33 Gemäß Art. 10 Satz 3 ist der Schiedsgerichtshof gehalten, in den Fällen, in denen
er sich für eine Verbindung von zwei oder mehreren Verfahren entscheidet, diese „in [richtig wohl: ‚auf‘] das zuerst eingeleitete Verfahren zu verbinden“. Eine Verbindung auf ein anderes Verfahren kommt nur dann in Betracht, wenn „alle Parteien“ dies „vereinbaren“.
34 Die Frage, welches Verfahren im Fall einer Verfahrensverbindung fortgesetzt wird
(„führendes Verfahren“) und welche Verfahren beendet werden („verbundene Verfahren“), ist nicht unwichtig. Sie ist insb. dann von Bedeutung, wenn in einem oder mehreren Verfahren das Schiedsgericht bereits ganz oder z.T. konstituiert ist, ohne dass in allen Fällen die gleichen Personen als Schiedsrichter ausgewählt worden sind. Die Entscheidung für die Fortsetzung eines bestimmten Verfahrens beinhaltet dann zugleich die Entscheidung für bzw. gegen ein bestimmtes Schiedsgericht. Ferner spielt die Frage, welches Verfahren fortgesetzt wird, dort eine Rolle, wo sich die zu verbindenden Verfahren in unterschiedlichen Verfahrensstadien befinden. Insofern überrascht die Beschränkung des Ermessens des Gerichtshofs auf die Wahl des Verfahrens, das als erstes begonnen wurde.
35 Empfehlung: Sollte es aus der Sicht einer Partei sinnvoller erscheinen, ein anderes Verfahren fortzusetzen, als dasjenige, das zuerst begonnen wurde, ist der Partei daher dringend zu raten, sich zeitnah zumindest hierüber mit der bzw. den anderen Partei(en) abzustimmen. Dies gilt insb. auch für die Partei, die sich zunächst gegen eine Verfahrensverbindung ausgesprochen hat.
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Verbindung von Schiedsverfahren | Art. 10 ICC-SchO
Die administrative Umsetzung der Verfahrensverbindung erfolgt dadurch, dass 36 das Sekretariat das Aktenzeichen der führenden Sache modifiziert, indem es dieses um einen Klammerzusatz ergänzt, der die beendete (verbundene) Sache ihrem seinerzeitigen Aktenzeichen nach kennzeichnet.
V. Auswirkung auf die Parteistellung Art. 10 regelt nicht ausdrücklich, ob es bei einer Verbindung mehrerer Verfah- 37 ren auf das erste Verfahren bei der ursprünglichen Parteistellung bleibt. Das Sekretariat wird hierfür einen Vorschlag machen und im Streitfall entscheidet das Schiedsgericht.
VI. Form und Bindungswirkung der Entscheidung Der Gerichtshof entscheidet durch Beschluss, den das Sekretariat im Anschluss 38 den Parteien mitteilt. Hierbei handelt es sich anders als in den Fällen der Art. 7–9 und im Unterschied zur Rechtslage unter der ICC-SchO 1998 nicht um eine (bloße) Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs gemäß Art. 6 Abs. 4, sondern um eine die Parteien und die betroffenen Schiedsgerichte bindende und endgültige Entscheidung. Die Parteien haben keine Möglichkeit, die Entscheidung des Gerichtshofs per se anzugreifen. Sie könnten lediglich zu einem späteren Zeitpunkt einen erneuten Antrag stellen, der aber wohl nur bei einer geänderten Sachlage die Chance hätte, anders beschieden zu werden. Auch ist keines der betroffenen Schiedsgerichte berechtigt, die Entscheidung des Gerichtshofs anzugreifen, wobei das oder die Schiedsgerichte natürlich frei bleiben, das oder die Schiedsverfahren im Rahmen ihres Ermessens so zu strukturieren, dass dies de facto in einem gewissen Gegensatz zur Entscheidung des Gerichtshofs stehen könnte. So verpflichtet z.B. eine Verfahrensverbindung nicht das Schiedsgericht über alle Ansprüche parallel Beweis zu erheben bzw. hierzu nur einen Schiedsspruch zu erlassen.
VII. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle Ein Beschluss, mit dem der Gerichtshof mehrere Verfahren verbindet bzw. einen 39 Antrag auf Verbindung ablehnt, ist per se nicht angreifbar. Er kann jedoch insofern mittelbar im Rahmen eines etwaigen Aufhebungs- oder 40 Vollstreckungsverfahrens angegriffen werden, als die zuständigen staatlichen Gerichte auf Rüge einer Partei hin prüfen werden, ob der Ablauf des Schiedsverfahrens dem Willen der Parteien entsprach (vgl. für Verfahren mit Schiedsbzw. Vollstreckungsort in Deutschland § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO bzw. Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ). Durch die Vereinbarung der Geltung der ICC-SchO wird diese inklusive der Re- 41 gelung in Art. 10 zum Inhalt des gemeinsamen Parteiwillens. Jeder Verstoß geSchmidt-Ahrendts
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Art. 10 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. gen diese Regelungen führt somit potenziell zur Aufhebbarkeit bzw. Nichtvollstreckbarkeit des Schiedsspruchs. 42 Ferner können staatliche Gerichte auf Rüge hin überprüfen, ob alle Ansprüche,
über die das Schiedsgericht entschieden hat, durch eine das Schiedsgericht berechtigende Schiedsvereinbarung gedeckt waren (vgl. für Verfahren mit Schiedsbzw. Vollstreckungsort in Deutschland § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c ZPO bzw. Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ).
VIII. Kosten 43 Art. 37 und 38 enthalten keine gesonderte Regelung für die Festsetzung der Kos-
ten bzw. des Kostenvorschusses im Fall der Verfahrensverbindung. Art. 37 Abs. 4 regelt explizit nur den Fall der Einbeziehung zusätzlicher Parteien (Art. 7) bzw. der Geltendmachung von Ansprüchen zwischen mehreren Parteien. Die Ablehnung einer Verfahrensverbindung hat keinen direkten Einfluss auf die Kosten, die Verbindung mehrerer Verfahren hingegen sehr wohl.
44 Für das fortgeführte, führende Verfahren wird der Gerichtshof einen neuen
Kostenvorschuss festsetzen, der alle nunmehr in diesem Verfahren erhobenen Ansprüche berücksichtigt. Wird das Verfahren unter Beteiligung mehrerer Parteien fortgesetzt und erheben diese untereinander Ansprüche, findet Art. 37 Abs. 4 Anwendung, d.h. der Gerichtshof kann bestimmen, ob er einen globalen oder – dies allerdings nur auf entsprechenden Antrag – mehrere separate Kostenvorschüsse festsetzt (näher Art. 37 Rz. 28 ff.). In beiden Fällen gilt es dann u.U., die Anteile der Parteien an diesen Vorschüssen festzulegen.
45 Bereits festgesetzte Kostenvorschüsse in den nicht fortgeführten Verfahren wer-
den durch die Schließung des Verfahrens aufgehoben, etwaig geleistete Kostenvorschüsse werden – unter Verrechnung mit den durch das fortgesetzte Verfahren entstandenen und ggf. festgesetzten Kosten – an die Parteien ausgekehrt. Die Registrierungsgebühr i.H.v. 5.000 USD ist jedoch nicht erstattungsfähig.
46 Die Verbindung mehrerer Verfahren wird tendenziell dazu führen, dass die Ge-
samtkosten für jede einzelne der beteiligten Parteien sinken. Zum einen verursacht ein Verfahren mit mehreren Beteiligten in aller Regel weniger Kosten als mehrere Verfahren mit jeweils diversen Parteien. Zudem verlaufen in ICC-Verfahren wie auch in staatlichen Verfahren die Kosten degressiv mit steigendem Streitwert. Eine Kappung des Streitwerts bei 30 Mio. EUR gibt es anders als in staatlichen Verfahren zwar nicht, jedoch sind die Verwaltungsgebühren, die einen Teil des Kostenvorschusses ausmachen, bei 150.000 USD gedeckelt.
F. Abweichende Parteivereinbarungen 47 Eine von Art. 10 abweichende Parteivereinbarung ist zwar grds. denkbar, kommt
jedoch in der Praxis kaum vor. Der Gerichtshof hat es in einem Fall gebilligt, dass
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Verbindung von Schiedsverfahren | Art. 10 ICC-SchO
die Parteien in der Schiedsvereinbarung die Zuständigkeit zur Verbindung exklusiv dem Schiedsgericht übertragen hatten und daher von einer Art. 10 Entscheidung Abstand genommen. Dort, wo die Parteien sich über von Art. 10 abweichende Voraussetzungen und Rechtsfolgen der Verfahrensverbindung einigen werden, bieten ihnen Satz 1 Buchst. a bzw. Satz 3 genügend Spielraum, diese Einigung im Rahmen von Art. 10 umzusetzen. Für eine von Art. 10 abweichende Regelung besteht daher kein Bedürfnis. Anhang 1: Muster (deutsch)1 für Antrag auf Verfahrensverbindung Per Kurier und E-Mail: An das Sekretariat des Internationalen Schiedsgerichtshofs der ICC 33–43 avenue du Président Wilson 75116 Paris ICC-Schiedsverfahren Nr. 26451/ABC A-GmbH ./. B-GmbH und ICC-Schiedsverfahren Nr. 26456/ABC B-GmbH ./. A-GmbH Antrag auf Verfahrensverbindung Im ICC-Schiedsverfahren Nr. 26451/ABC zwischen der A-GmbH, [Vollständige Kontaktdaten] – „A“ vertreten durch [Name + Kontaktdaten der Rechtsvertretung von A] und der B-GmbH, [Vollständige Kontaktdaten] – „B“ vertreten durch [Name + Kontaktdaten der Rechtsvertretung von B] sowie im ICC-Schiedsverfahren Nr. 26456/ABC zwischen der B-GmbH, [Vollständige Kontaktdaten] – „B“ vertreten durch [Name + Kontaktdaten der Rechtsvertretung von B] und der A-GmbH, [Vollständige Kontaktdaten] – „A“ vertreten durch [Name + Kontaktdaten der Rechtsvertretung von A] beantragen wir namens und in Vollmacht der A-GmbH:
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1 Englische Fassung unter Rz. 49.
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Art. 10 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. die ICC-Schiedsverfahren Nr. 26451/ABC und Nr. 26456/ABC gemäß Art. 10 Satz 1 Buchst. c SchO miteinander zu verbinden. Die Voraussetzungen des Art. 10 Satz 1 Buchst. c der SchO liegen vor (hierzu A). Die bis dato erfolgten Schiedsrichterbestellungen im Schiedsverfahren Nr. 26451 stehen einer Verbindung nicht entgegen (hierzu B). Schließlich ist eine Verfahrensverbindung auch aus Gründen der Verfahrenseffizienz und zur Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen geboten (hierzu C). A. Die Voraussetzungen des Art. 10 Satz 1 Buchst. c der SchO Zwar unterliegen die in den Schiedsverfahren Nr. 26451 und Nr. 26456 geltend gemachten Ansprüche streng genommen nicht ein- und derselben bzw. denselben Schiedsvereinbarungen im Sinne von Art. 10 Satz 1 Buchst. b der SchO, jedoch sind dieselben Parteien an beiden Verfahren beteiligt (hierzu I), die Ansprüche entspringen derselben rechtlichen Beziehung (hierzu II), und die Schiedsvereinbarungen sind miteinander vereinbar (hierzu III). I. Identität der Parteien A und B sind an beiden Schiedsverfahren beteiligt. Weitere Parteien sind nicht an diesen Verfahren beteiligt. Dass A im Schiedsverfahren Nr. 26451 und B im Schiedsverfahren Nr. 26456 Kläger ist, steht der Anwendung von Art. 10 Satz 1 Buchst. c der SchO nicht entgegen. II. Identität der Rechtsbeziehung Die von A bzw. B im Rahmen der Schiedsverfahren Nr. 26451 und Nr. 26456 geltend gemachten Ansprüche ergeben sich aus folgenden Verträgen […]. Diese Verträge bilden aus folgenden Gründen eine „wirtschaftliche Einheit“ und somit ein und dieselbe Rechtsbeziehung im Sinne der SchO. III. Schiedsvereinbarung Die im Rahmen des Schiedsverfahrens Nr. 26451 geltend gemachten Ansprüche beruhen auf folgender Schiedsvereinbarung: „[Vollständiger Wortlaut der 1. Schiedsvereinbarung]“. Die im Rahmen des Schiedsverfahrens Nr. 26456 geltend gemachten Ansprüche beruhen auf folgender wortgleicher Schiedsvereinbarung: „[Vollständiger Wortlaut der 2. Schiedsvereinbarung]“. B. Besetzung des Schiedsgerichts Im Schiedsverfahren Nr. 26451 hat der Gerichtshof am […] Prof. X auf Benennung von A und Dr. Y als Mitschiedsrichter auf Benennung von B gemäß Art. 12 Abs. 4 der SchO bestätigt. Im Schiedsverfahren Nr. 26456 hat B Herrn Z als Mitschiedsrichter gemäß Art. 12 Abs. 4 der SchO benannt. Mit Schreiben vom […] hat das Sekretariat A aufgefordert, mit Einreichung ihrer Antwort einen Mitschiedsrichter gemäß Art. 12 Abs. 4 der SchO zu benennen.
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Verbindung von Schiedsverfahren | Art. 10 ICC-SchO
Die Benennung eines anderen Schiedsrichters durch B als im Schiedsverfahren Nr. 26451 dient, ebenso wie die Einleitung des Schiedsverfahrens Nr. 26456 insgesamt, allein dazu, sich der absehbaren Entscheidung des Schiedsgerichts im Schiedsverfahren Nr. 26451 zu entziehen. Sie steht einer Integration des Schiedsverfahrens Nr. 26456 in das Schiedsverfahrens Nr. 26451 nicht entgegen. C. Effizienz und Vermeidung widersprechender Entscheidungen [Ausführungen dazu, warum eine Verfahrensverbindung im vorliegenden Verfahren zeit- und kosteneffizienter wäre und der Vermeidung widersprechender Entscheidungen dienen würde]. (Unterschrift) Rechtsanwalt Kopie A-GmbH und B-GmbH Anhang 2: Muster (englisch)1 für Antrag auf Verfahrensverbindung By courier and email: To the Secretariat of the International Court of Arbitration of the ICC 33–43 avenue du Président Wilson 75116 Paris ICC-Case No. 26451/ABC A-Ltd ./. B-Ltd and ICC-Case No. 26456/ABC B-Ltd ./. A-Ltd Request for Consolidation In the ICC-Case No. 26451/ABC between A-Ltd, [Contact Detail] – “A” represented by [Name + Contact Details of A’s legal representatives] and B-Ltd, [Contact Detail] – “B” represented by [Name + Contact Details of B’s legal representatives] as well as In the ICC-Case No. 26456/ABC between
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1 Deutsche Fassung unter Rz. 48.
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Art. 10 ICC-SchO | Mehrere Parteien/Verträge, Verbindung v. Schiedsverf. B-Ltd, [Contact Detail] – “B” represented by [Name + Contact Details of B’s legal representatives] and A-Ltd, [Contact Detail] – “A” represented by [Name + Contact Details of A’s legal representatives] we request for and on behalf of A-Ltd: the consolidation of ICC-Case No. 26451/ABC and No. 26456/ABC in accordance with Art. 10 subparagraph 1 lit. c) of the ICC Rules of Arbitration (“ICC Rules”). The request meets with the requirements set forth by Art. 10 subparagraph 1 lit. c) of the ICC Rules (A). The two cases can be consolidated despite the confirmation of the party-nominated arbitrators in case No. 26451 (B). A consolidation of the above-identified cases is warranted to promote procedural efficiency and to avoid the risk of conflicting decisions (C). A. The requirements of Art. 10 subparagraph 1 lit. c) of the ICC Rules While the claims submitted in the proceedings No. 26451 and No. 26456 are, strictly speaking, not covered by the same arbitration agreement or arbitration agreements in terms of Art. 10 subparagraph 1 lit. b) of the ICC Rules, the arbitrations are between the same parties (I), the dispute in the arbitration arises in connection with the same legal relationship (II), and the arbitration agreements are compatible (III). I. Identity of the Parties A and B are party to both arbitrations. No other entity is party to these arbitrations. The fact that A acts as Claimant in case No. 26451 and B acts as Claimant in case No. 26456 does not exclude the applicability of Art. 10 subparagraph 1 lit. c) of the ICC Rules. II. Identity of the Legal Relationship The claims raised by A and B in the arbitrations No. 26451 and No. 26456 are arising out of the following agreements concluded between A and B […]. For the following reasons such agreements are part of the “same economic transaction” and thus, one and the same legal relationship. III. Arbitration Agreement The claims submitted in case No. 26451 are based on the following arbitration agreement: “[Insert the Arbitration Agreement No. 1]”. The claims submitted in case No. 26456 are based on the following arbitration agreement of the same wording: 202
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Verbindung von Schiedsverfahren | Art. 10 ICC-SchO
“[Insert the Arbitration Agreement No. 2]”. B. Constitution of the Arbitral Tribunal In Case No. 26451 the Court, on […], has confirmed Prof. X as arbitrator nominated by A and Dr. Y as arbitrator nominated by B in accordance with Art. 12 subparagraph 4 of the ICC Rules. In Case No. 26456 B has nominated Mr. Z as arbitrator in accordance with Art. 12 subparagraph 4 of the ICC Rules. By letter of […], the Secretariat has invited A to nominate an arbitrator when submitting its Answer in accordance with Art. 12 subparagraph 4 of the ICC Rules. The nomination of two different arbitrators by B solely aims at avoiding the consequences of the decision likely to be taken by the arbitral tribunal in case No. 26451. Such act should not prevent the Court from consolidating Case No. 26456 into Case No. 26451. C. Efficiency and Avoidance of conflicting decisions [Insert an argument as to why a consolidation of the arbitrations in question would, under the given circumstances, be more time- and cost-efficient and avoid the risk of conflicting decisions]. (Signature) cc A-Ltd and B-Ltd
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Vor Art. 11–15 ICC-SchO | Das Schiedsgericht
Das Schiedsgericht Vorbemerkungen zu Art. 11–15 A. Regelungsgegenstand und Systematik der Art. 11–15 1 Die Art. 11–15 regeln die personelle Besetzung des Schiedsgerichts. Diese ist
insb. für die Vollstreckbarkeit aller zu ergehenden Schiedssprüche von zentraler Bedeutung, da ein von einem nicht ordnungsgemäß besetzten Schiedsgericht erlassener Schiedsspruch aufgehoben werden kann bzw. einer Vollstreckbarerklärung nicht zugänglich ist (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO, Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ).
2 Art. 11 Abs. 1–3, 7 enthalten allgemeine Anforderungen an Schiedsrichter und
Schiedsrichterkandidaten, insb. mit Blick auf die Schlüsselkriterien Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Verfügbarkeit. Art. 11 Abs. 4 und 5 bringen einige fragmentarische Regelungen des rechtlichen Rahmens der Ausübung des Schiedsrichteramtes und der hierauf bezogenen Entscheidungen des Gerichtshofs. Art. 12 beinhaltet Regelungen über die Anzahl der Schiedsrichter und über deren Auswahl durch die Parteien und den Gerichtshof bzw. über die Mitwirkung von Gerichtshof, Generalsekretär und Nationalkomitees an der Bestellung des Schiedsgerichts. Soweit die letztgenannten Organe der ICC an der Bildung des Schiedsgerichts mitwirken, konkretisiert Art. 13 die Anforderungen an Ablauforganisation und Entscheidungsinhalt. Die Art. 14 und 15 enthalten Regelungen zum Umgang mit außergewöhnlichen, die Schiedsrichter betreffenden Verfahrenssituationen (Ablehnung und Ersetzung von bereits amtierenden Schiedsrichtern sowie Behandlung hierauf gerichteter Anträge).
B. Grundgedanken der Regelungen 3 Die Art. 11–15 basieren auf dem Grundgedanken, dass die Parteien Herren des
Verfahrens sind (Parteiautonomie) und daher auf die personelle Besetzung des Schiedsgerichts, d.h. auf die Auswahl der Schiedsrichter nach Anzahl und Personen, größtmöglichen Einfluss haben sollen (Art. 11 Abs. 6, 12 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1, Abs. 3, Abs. 4, Abs. 6, 7). Gleichzeitig müssen Vorkehrungen für den Fall getroffen werden, dass die Parteien von den ihnen insoweit eingeräumten Befugnissen nicht, nicht umfassend oder nicht – wo erforderlich – gemeinsam Gebrauch machen. In jedem Fall ist es zur Gewährleistung eines fairen und effizienten Verfahrens notwendig, dass die Institution ICC in das Auswahlverfahren eingebunden ist. Selbst wenn in weitestmöglichem Umfang parteiautonome Entscheidungen getroffen werden, bedarf es zur Amtseinführung eines jeden Schiedsrichters und damit zur Konstituierung des Schiedsgerichts als Ganzen ausnahmslos institutioneller Akte (Bestätigung oder Ernennung). 204
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Vorbemerkungen | Vor Art. 11–15 ICC-SchO
C. Terminologie Benennung („nomination“) ist die Nominierung einer Person für ein Schieds- 4 richteramt durch eine oder mehrere Parteien oder – sofern sie hierzu von den Parteien besonders ermächtigt wurden – durch bereits benannte Mitschiedsrichter oder dritte Personen oder Institutionen. Der oder die Benannte bedarf der Bestätigung („confirmation“) durch den Generalsekretär oder den Gerichtshof der ICC. Erst mit erfolgter Bestätigung hat der Benannte das Schiedsrichteramt inne. Als Vorschlag („proposal“) wird die Empfehlung eines Schiedsrichterkandidaten 5 durch ein Nationalkomitee oder eine „Gruppe“ (dazu Art. 13 Rz. 33 ff.) der ICC bezeichnet. Adressat des Vorschlags ist der Gerichtshof (nicht die Parteien oder etwa bereits benannte, ernannte oder bestätigte Mitschiedsrichter). Vorschläge werden nur für zu ernennende Schiedsrichter eingeholt; benannte Schiedsrichter werden bestätigt, nicht ernannt. Ausnahmsweise können auch das Sekretariat oder der Gerichtshof den Parteien auf deren Wunsch Vorschläge für eine (gemeinsame) Benennung von Schiedsrichtern unterbreiten. Diese Möglichkeit ist in der ICC-SchO allerdings nicht ausdrücklich vorgesehen. Ernennung („appointment“) ist die Bestimmung eines Schiedsrichters durch den 6 Gerichtshof, wenn der Kandidat nicht von einer Partei oder von hierzu ermächtigten Mitschiedsrichtern oder dritten Personen oder Institutionen benannt wurde, sondern von einem Nationalkomitee der ICC vorgeschlagen oder vom Gerichtshof ausnahmsweise gemäß Art. 12 Abs. 8, Art. 13 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 oder Art. 15 Abs. 4 direkt ernannt wurde. Darüber hinaus wird in der Praxis – wenngleich der Begriff in diesem Zusammenhang in der ICC-SchO nicht so verwendet wird – auch die Auswahl eines Schiedsrichters durch eine von den Parteien ermächtigte dritte Person oder Institution („appointing authority“) als „Ernennung“ bezeichnet. Eine solche Ernennung durch einen Dritten steht jedoch immer vorbehaltlich der Bestätigung der Ernennung durch den Gerichtshof.
D. Zuständigkeiten Sekretariat. Das Sekretariat holt von benannten, vorgeschlagenen sowie von für 7 eine direkte Ernennung in Betracht gezogenen Kandidaten Erklärungen gemäß Art. 11 Abs. 2 ein. Es bereitet sämtliche Entscheidungen des Gerichtshofs und des Generalsekretärs vor und teilt sie Parteien, Schiedsrichter(-kandidaten) und – wo erforderlich – Nationalkomitees oder „Gruppen“ (s. Art. 13 Rz. 33 ff.) mit. Das Sekretariat entscheidet auch, ob mit einer Bestätigungsentscheidung der Gerichtshof oder der Generalsekretär befasst wird. Wenn eine Partei gegen die Bestätigung eines Schiedsrichters substantiierte Einwendungen erhebt, wird das Sekretariat die Entscheidung stets dem Gerichtshof vorlegen. Gerichtshof. Der Gerichtshof ist – teilweise konkurrierend mit dem Generalse- 8 kretär – zuständig für sämtliche Bestätigungs- und Ernennungsentscheidungen. Herzberg
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Vor Art. 11–15 ICC-SchO | Das Schiedsgericht Soweit der Generalsekretär bestätigt, nimmt der Gerichtshof diese Entscheidungen zur Kenntnis. Er entscheidet auch über die Anzahl der Schiedsrichter, soweit diese nicht durch die Parteien festgelegt wurde. Der Gerichtshof entscheidet ferner, ob, und wenn ja welches Nationalkomitee um einen Vorschlag für einen Schiedsrichterkandidaten gebeten wird; ausnahmsweise bittet das Sekretariat im Falle einer ausbleibenden Benennung eines Mitschiedsrichters eines Dreierschiedsgerichts durch eine Partei das Nationalkomitee des Sitzlandes dieser Partei unmittelbar um einen Vorschlag. Der Gerichtshof trifft auch alle Entscheidungen im Zusammenhang mit Ablehnungsanträgen (Art. 14) sowie im Ersetzungsverfahren (Art. 15). 9 Generalsekretär. Der Generalsekretär kann gemäß Art. 13 Abs. 2 in konkurrie-
render Zuständigkeit zum Gerichtshof solche Personen als Schiedsrichter bestätigen, die von den Parteien oder „gemäß deren besonderer Vereinbarung“ (d.h. bspw. durch die Mitschiedsrichter, wenn diese hierzu von den Parteien, etwa in der Schiedsvereinbarung, ermächtigt wurden) benannt wurden. Voraussetzung ist, dass der Kandidat eine uneingeschränkte Unparteilichkeits- und Unabhängigkeitserklärung abgegeben hat oder dass auf eine eingeschränkte Erklärung hin keine Partei Einwendungen erhoben hat. Ist der Generalsekretär der Auffassung, dass die Bestätigung zu versagen wäre, hat er die Angelegenheit dem Gerichtshof vorzulegen (Art. 13 Abs. 2 Satz 2); er kann so auch bei bloßen Zweifeln verfahren. Sämtliche Befugnisse des Generalsekretärs können auch vom Stellvertretenden Generalsekretär sowie vom General Counsel wahrgenommen werden (Art. 6 Abs. 1 Anhang II). Für Ernennungen von Kandidaten, die ein Nationalkomitee (s. Art. 13 Rz. 33 f.) vorgeschlagen hat oder die für eine direkte Ernennung (Art. 13 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 ICC-SchO) in Betracht kommen, fehlt dem Generalsekretär die Zuständigkeit; insoweit ist der Gerichtshof alleinzuständig.
10 Nationalkomitee/Gruppe. Das Nationalkomitee bzw. die Gruppe (zu den Be-
grifflichkeiten Art. 13 Rz. 33 ff.) macht dem Gerichtshof auf dessen Anfrage Vorschläge für zu ernennende Schiedsrichter (Art. 13 Abs. 3).
E. Verwaltungssekretäre, Technische Sekretäre Literatur: Dinkela, Reining in the Secretary: The Need to Codify the Role of the Arbitral Secretary, SchiedsVZ 2019, S. 70 ff.; Fischer/Peter, The Consequences of a Tribunal Secretary’s Breach of Duties – the Games of Thrones Edition, ASA Bulletin Vol. 37 Issue 2 (2019), S. 358 ff.; Jensen, Aligning Arbitrator Assistance with the Parties’ Legitimate Expectations: Proposal of a “Traffic Light Scale of Permissible Tribunal Secretary Tasks”, ASA Bulletin Vol. 38 Issue 2 (2020), S. 375 ff.; Maynard, Laying the fourth arbitrator to rest: re-evaluating the regulation of arbitral secretaries, Arbitration International, Vol. 34 Issue 2 (2018), S. 173 ff.; Menz, The fourth arbitrator? Die Rolle des Administrative Secretary im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2015, 210 ff.; Menz/George, How Much Assistance Is Permissible? A Note on the Swiss Supreme Court’s Decision on Arbitral Secretaries and Consultants, Journal of International Arbitration, Vol. 33 Issue 3 (2016), S. 311 ff.; Nedden/Büstgens, Die Beratung des Schiedsgerichts – Konfliktpotential und Lösungswege,
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Vorbemerkungen | Vor Art. 11–15 ICC-SchO SchiedsVZ 2015, 169 ff.; Reiser/Hüttmann, A Daring Idea – Introducing a Technical Secretary to International Arbitration, SchiedsVZ 2020, 213 ff.; Stürner, Hilfspersonen im Schiedsverfahren nach deutschem Recht, SchiedsVZ 2013, 322 ff.
In der Praxis der (ICC-)Schiedsgerichtsbarkeit spielt der Einsatz von Verwaltungs- 11 sekretären („administrative secretaries“; z.T. auch als „Sekretär des Schiedsgerichts“ bezeichnet) eine bedeutende Rolle, jedenfalls in größeren Verfahren. Gleichwohl enthält die ICC-SchO keine Regelungen über das Amt des Verwaltungssekretärs, die Voraussetzungen für seine Ausübung und die damit verbundenen Befugnisse und Pflichten. Als rechtliche Grundlage für den Einsatz von Verwaltungssekretären in ICC-Schiedsverfahren wurde noch in der Vorauflage ausschließlich die Parteiautonomie bzw. – hinsichtlich der Schiedsrichter und des Schiedsgerichts – die Privatautonomie der Verfahrensbeteiligten angesehen. Hieran kann mit Blick auf die zwischenzeitlich verbreitete Praxis der ICC, auch im Falle sich nicht beteiligender Beklagter die Ernennung eines Verwaltungssekretärs zuzulassen, obwohl in einem solchen Fall von einer stillschweigenden Zustimmung des sich nicht Einlassenden nicht ausgegangen werden kann, nicht festgehalten werden. Die Ernennung von Verwaltungssekretären ist vielmehr dem breiten Verfahrensleitungsermessen des Schiedsgerichts (Art. 25 Abs. 1) zuzuordnen. Darüber hinaus existieren in manchen Rechtsordnungen schiedsverfahrensrechtliche Rechtssätze über die Zulässigkeit der Ernennung von Verwaltungssekretären (z.B. Art. 365 der schweizerischen ZPO, der allerdings unmittelbar nur für Schiedsverfahren mit Schiedsort in der Schweiz und ohne Auslandsbezug gilt; doch ist die Vorschrift entsprechend auch für internationale Schiedsverfahren mit Schiedsort in der Schweiz anwendbar, Schweizerisches Bundesgericht v. 21.5.2015, 4A_709/2014, abrufbar unter http://www.bger.ch). Aufgabenkreis. Typische Aufgaben von Verwaltungssekretären betreffen die 12 Organisation von Telefonkonferenzen oder mündlichen Schiedsverhandlungen, die Einforderung und Abrechnung von Honorar-, Auslagen- und Umsatzsteuervorschüssen gegenüber der ICC und den Parteien sowie die Assistenz im Zusammenhang mit der Führung verfahrensbezogener Korrespondenz (einschließlich des Fertigens von Entwürfen, bspw. von verfahrensleitenden Verfügungen, Schiedsaufträgen und sonstigen Schreiben, sowie des Versendens und der Bestätigung des Erhalts von Dokumenten). Darüber hinaus kann der Verwaltungssekretär vom Schiedsgericht auch für vorbereitende rechtliche Recherchen eingesetzt werden. Nicht vom Aufgabenkreis des Verwaltungssekretärs erfasst sind Tätigkeiten, die zum Kernbereich der schiedsrichterlichen Streitentscheidungstätigkeit gehören. Es ist daher grds. Sache des Schiedsgerichts, nicht des Verwaltungssekretärs, den die Sachentscheidungsgründe und den Tenor beinhaltenden Schiedsspruchentwurf zu fertigen und diesen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens (Art. 33) mit der ICC abzustimmen. Unbedenklich ist aber nach nun verbreiteter Auffassung (so auch das Merkblatt 13 des Sekretariats vom 1.1.2021) der Entwurf der Abschnitte zu Tatbestand und Verfahrensgeschichte (vgl. auch Schweizerisches Bundesgericht v. 21.5.2015, 4A_709/2014, abrufbar unter http://www.bger.ch). Letztlich wird auch gegen die Herzberg
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Vor Art. 11–15 ICC-SchO | Das Schiedsgericht Erstellung eines Entwurfs zu den Entscheidungsgründen dann nichts einzuwenden sein, wenn hierbei lediglich die dem den Entwurf beim Verwaltungssekretär beauftragenden Schiedsrichter bereits klar vor Augen stehenden und dem Verwaltungssekretär extemporierend oder im Wege bspw. einer Skizze mitgeteilten Inhalte gleichsam mit gebundener Marschroute zu Papier und dadurch letztlich nurmehr in Form gebracht werden. Auch dürfte es dem Schiedsgericht im Hinblick auf die gewandelten Anschauungen nicht mehr verwehrt sein, die Parteien oder gar die ICC bei unmittelbar an das Schiedsgericht gerichteten Anfragen, z.B. zum Sachstand, auf einen etwa eingesetzten Verwaltungssekretär zu verweisen (a.A. Voraufl. Rz. 12). Die Höchstpersönlichkeit des Schiedsrichteramts wird durch die Einsetzung eines Verwaltungssekretärs bei Beachtung der vorstehenden Maßgaben nicht in Frage gestellt. Auch gegen eine Protokollführung des Verwaltungssekretärs bei Beratungen des Schiedsgerichts ist nichts einzuwenden. 14 Rechtsstellung, Bestellung. Der Verwaltungssekretär ist kein Mitglied des
Schiedsgerichts. Er ist vielmehr – ähnlich einem vom Schiedsgericht eingesetzten Sachverständigen – Gehilfe des Schiedsgerichts. Es versteht sich von selbst, dass an die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Verwaltungssekretären dieselben Anforderungen zu stellen sind, wie an die der Schiedsrichter. Da die ICC-SchO den Einsatz von Verwaltungssekretären nicht ausdrücklich vorsieht, wurde in der Vorauflage die Auffassung vertreten, die Einsetzung eines Verwaltungssekretärs – jedenfalls, wenn dieser nach außen hin in Erscheinung treten soll – bedürfe grds. der (ggf. auch stillschweigenden) Zustimmung der Parteien. Hieran wird nicht festgehalten, weil die zwischenzeitliche Verbreitung von Verwaltungssekretären jedenfalls in Verfahren, die nicht ganz unbedeutend sind, zu einem diesbezüglichen Wandel der Anschauungen geführt hat. So akzeptiert die ICC auch die Bestellung von Verwaltungssekretären, wenn eine Partei sich nicht am Verfahren beteiligt und somit auch nicht stillschweigend zugestimmt haben kann, oben Rz. 11. Eine Zustimmung – wo möglich – einzuholen, empfiehlt sich in jedem Fall, da so etwaige Konfliktlagen – etwa im Zusammenhang mit einer früheren Tätigkeit des Kandidaten – offengelegt werden können bzw. im Falle ausbleibenden Widerspruchs der Konflikt später nicht mehr ohne weiteres gerügt werden kann. Ein formelles Bestellungsverfahren existiert nicht. Die ICC ist der Auffassung, dass die Bestellung eines Verwaltungssekretärs unzulässig ist, wenn eine Partei – aus welchen Gründen auch immer – hiergegen binnen der vom Schiedsgericht gesetzten Frist ausdrücklich Widerspruch eingelegt hat. Die Richtigkeit dieser Auffassung darf mangels einer diesbezüglichen Regelung in der ICC-SchO jedenfalls für Verfahren an Schiedsorten bezweifelt werden, nach denen – wie in der Schweiz – die Rechtsordnung die Bestellung von Verwaltungssekretären dem Schiedsgericht ausdrücklich zubilligt.
15 Je nach der Gestaltung des Einzelfalls und dem anwendbaren Recht ergeben sich
rechtliche Beziehungen des Verwaltungssekretärs mit den anderen Verfahrensbeteiligten, insb. den Mitgliedern des Schiedsgerichts. Da der Verwaltungssekretär allerdings meist ein Mitarbeiter des Vorsitzenden ist oder dessen Sozietät angehört, wird die Tätigkeit als Verwaltungssekretär in vielen Fällen in Erfüllung 208
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Vorbemerkungen | Vor Art. 11–15 ICC-SchO
des der Beschäftigung des Verwaltungssekretärs im Übrigen zugrunde liegenden Rechtsverhältnisses erfolgen. In diesem Falle entstehen regelmäßig jedenfalls unter der Geltung deutschen Rechts keine weiteren vertraglichen Beziehungen. Unabhängig von der Vertragslage wird der Verwaltungssekretär vom Haftungsausschluss des Art. 40 erfasst. Vergütung. Die ICC akzeptiert mit Blick auf Art. 2 Abs. 4 Satz 2 Anhang III 16 keine Abreden zwischen dem Schiedsgericht und den Parteien, wonach die Parteien für einen Verwaltungssekretär eine separate Vergütung schulden. Sofern der Verwaltungssekretär für seine Tätigkeit eine Vergütung beanspruchen kann, müssen die Schiedsrichter diese aus ihren Honoraren tragen. Dagegen können Auslagen des Verwaltungssekretärs als solche des Schiedsgerichts abgerechnet werden. Hierzu bedarf es aufgrund einer geänderten Praxis der ICC keiner Zustimmung der Parteien mehr, doch ist zu beachten, dass keine Per-diem-Auslagenpauschalen (Tagegelder), wie sie den Schiedsrichtern zustehen (dazu Art. 38 Rz. 25), geltend gemacht werden können. Technische Sekretäre. An der Schnittstelle zwischen Verwaltungssekretär und 17 vom Schiedsgericht ernanntem Sachverständigen steht der technische Sekretär („arbitrator consultant“). Hierbei handelt es sich um einen nicht juristischen Mitarbeiter des Schiedsgerichts mit besonderer technischer Expertise, oft einen Ingenieur. Anders als ein Sachverständiger erstellt der technische Sekretär aber kein Gutachten. Seine Äußerungen sollen auch sonst nicht zum Gegenstand von Beweiserhebungen werden. Seine Aufgabe liegt in der Aufbereitung des Parteivortrags sowie der von den Parteien vorgelegten Beweismittel zu technisch komplexen Sachverhaltselementen für die Mitglieder des Schiedsgerichts, bspw. bei der diesbezüglichen Vorbereitung der mündlichen Verhandlung oder dem Entwurf des Schiedsspruchs (insoweit mit den unter Rz. 12, 13 erwähnten Kautelen). Derartige Rollenprofile begegnen auch in der staatlichen Justiz, teils dort als feste Mitarbeiter der Gerichte (z.B. so genannte „Gerichtsprüfer“ an Finanzgerichten). § 144 Abs. 1 Satz 1 ZPO ermöglicht ferner inzwischen auch staatlichen Zivilgerichten, Sachverständige zu anderen Zwecken als der Erstellung von Gutachten „hinzuzuziehen“. Anders als ein Verwaltungssekretär wird das Schiedsgericht sich mit einem tech- 18 nischen Sekretär möglicherweise im Rahmen der Beratungen des Schiedsgerichts zu den tatsächlichen Elementen des Falls inhaltlich austauschen und hierbei auf die besondere Expertise des technischen Sekretärs zurückgreifen. Aus diesem Grund – sachinhaltliche Einbeziehung eines Nichtschiedsrichters in die Entscheidungsfindung des Schiedsgerichts sowie die unmittelbaren, diesbezüglichen Vorbereitungshandlungen, diesbezügliche inhaltliche Beratung des Schiedsgerichts und nicht bloße Assistenz – dürfte bei technischen Sekretären, soweit ihr Aufgabenkreis nicht ausdrücklich besonders begrenzt wird, regelmäßig die ausdrückliche Zustimmung aller Parteien erforderlich sein, da es mit dem Gehörsanspruch der Parteien und der Parteimaxime andernfalls unvereinbar ist, dass das Schiedsgericht sich Erkenntnisse über den Streitgegenstand aus einer Quelle verschafft, auf die die Parteien nicht zugreifen können (Nedden/ Herzberg
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht Büstgens, SchiedsVZ 2015, 169 [176 f.]; Stürner, SchiedsVZ 2013, 322; a.A. Reiser/Hüttmann, SchiedsVZ 2020, 213).
Artikel 11 Allgemeine Bestimmungen (1) Jeder Schiedsrichter muss unparteiisch und von den Parteien des Schiedsverfahrens unabhängig sein und bleiben. (2) Jede Person, die als Schiedsrichter vorgeschlagen wird, muss vor ihrer Ernennung oder Bestätigung eine Erklärung über die Annahme des Amtes, Verfügbarkeit, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit unterzeichnen. Der künftige Schiedsrichter muss dem Sekretariat schriftlich alle Tatsachen und Umstände offenlegen, die geeignet sein könnten, bei den Parteien Zweifel an seiner Unabhängigkeit entstehen zu lassen, sowie sämtliche Umstände, die nicht unerhebliche Zweifel an der Unparteilichkeit des Schiedsrichters aufwerfen könnten. Das Sekretariat leitet diese Information schriftlich an die Parteien weiter und setzt ihnen eine Frist zur Stellungnahme. (3) Ein Schiedsrichter muss dem Sekretariat und den Parteien unverzüglich alle derartigen in Artikel 11(2) genannten und die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Schiedsrichters betreffenden Tatsachen und Umstände offenlegen, sobald diese im Laufe des Schiedsverfahrens auftreten. (4) Die Entscheidungen des Gerichtshofs betreffend Ernennung, Bestätigung, Ablehnung oder Ersetzung eines Schiedsrichters sind endgültig. (5) Mit der Annahme der Tätigkeit als Schiedsrichter verpflichten sich diese, ihre Aufgaben gemäß der Schiedsgerichtsordnung zu erfüllen. (6) Soweit die Parteien nichts anderes bestimmt haben, wird das Schiedsgericht gemäß den Bestimmungen der Artikel 12 und 13 gebildet. (7) Zur Unterstützung von künftigen Schiedsrichtern und Schiedsrichtern bei der Befolgung ihrer Pflichten gemäß Artikel 11(2) und 11(3) muss jede Partei das Sekretariat, das Schiedsgericht und die anderen Parteien unverzüglich über das Bestehen und die Identität jeder Person unterrichten, die keine Partei ist und eine Vereinbarung zur Finanzierung der Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen abgeschlossen hat, gemäß welcher diese Person ein wirtschaftliches Interesse am Ergebnis des Schiedsverfahrens hat. Article 11: General Provisions (1) Every arbitrator must be and remain impartial and independent of the parties involved in the arbitration. (2) Before appointment or confirmation, a prospective arbitrator shall sign a statement of acceptance, availability, impartiality and independence. The prospective arbitrator shall disclose in writing to the Secretariat any facts or circumstances which might be of such a nature as to call into question the arbitrator’s independence in the eyes of the parties, as well as any circumstances that could give rise to reasonable doubts as to the arbitrator’s
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Allgemeine Bestimmungen | Art. 11 ICC-SchO impartiality. The Secretariat shall provide such information to the parties in writing and fix a time limit for any comments from them. (3) An arbitrator shall immediately disclose in writing to the Secretariat and to the parties any facts or circumstances of a similar nature to those referred to in Article 11(2) concerning the arbitrator’s impartiality or independence which may arise during the arbitration. (4) The decisions of the Court as to the appointment, confirmation, challenge or replacement of an arbitrator shall be final. (5) By accepting to serve, arbitrators undertake to carry out their responsibilities in accordance with the Rules. (6) Insofar as the parties have not provided otherwise, the arbitral tribunal shall be constituted in accordance with the provisions of Articles 12 and 13. (7) In order to assist prospective arbitrators and arbitrators in complying with their duties under Articles 11(2) and 11(3), each party must promptly inform the Secretariat, the arbitral tribunal and the other parties, of the existence and identity of any non-party which has entered into an arrangement for the funding of claims or defences and under which it has an economic interest in the outcome of the arbitration. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1–3 Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Verfügbarkeit des Schiedsrichters, Informationspflichten. → Rz. 1–62; Abs. 4 Endgültigkeit von Ernennung, Bestätigung, Ablehnung oder Ersetzung. → Rz. 63–72; Abs. 5 Pflichten des Schiedsrichters. → Rz. 73–79; Abs. 6 Bildung des Schiedsgerichts, Vorrang der Parteivereinbarung. → Rz. 80–95; Abs. 7 Offenlegungspflicht der Parteien betreffen das Bestehen und die Identität von Prozessfinanzierern. → Rz. 96–118. Kostenaspekte: Abs. 5–6 Keine Kostenabsprachen mit den Parteien. → Rz. 78 A. Unparteilichkeit und Unabhängigkeit, Grundregel (Abs. 1) . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu § 1036 Abs. 1 ZPO III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften IV. Einzelerläuterungen . . . . . . . . . 1. Unparteilichkeit und Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Fortdauernde Pflicht zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Keine Dispositionsbefugnis der Parteien; Präklusion . . . . . . . . . B. Von Schiedsrichterkandidaten und Schiedsrichtern abzugebende Erklärungen (Abs. 2–3) . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu § 1036 Abs. 1 ZPO III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
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IV. Erklärungen vor Ernennung oder Bestätigung (Abs. 2) . . . . . . . . . V. Erklärungen nach Ernennung oder Bestätigung (Abs. 3) . . . . . C. Endgültigkeit der Entscheidungen des Gerichtshofs (Abs. 4) . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Änderungshistorie . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu §§ 1035, 1037, 1038 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Tatbestand und Rechtsfolgen . . . D. Pflichten des Schiedsrichters (Abs. 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu § 1038 ZPO . . . . . III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften IV. Tatbestandsvoraussetzungen . . .
Nedden/Kopetzki
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| 211
Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht V. Rechtsfolgen: Ausstrahlung auf Schiedsrichtervertrag . . . . . . . . E. Bildung des Schiedsgerichts: Allgemeine Bestimmungen (Abs. 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu § 1035 Abs. 1 ZPO III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vorrang der Parteienvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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F. Offenlegung von Prozessfinanzierern (Abs. 7) . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Änderungshistorie . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Tatbestandsvoraussetzungen . . . VI. Rechtsfolgen: Offenlegungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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G. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . 116
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80 80 82
96 96 98 99
100 101 109
A. Unparteilichkeit und Unabhängigkeit, Grundregel (Abs. 1) Literatur: Armbrüster, Der parteibenannte Schiedsrichter zwischen Unparteilichkeitsgebot und Parteierwartungen, in: Paal/Poelzig/Fehrenbacher, FS für Werner F. Ebke (2021), 43 ff.; Armbrüster/Wächter, Ablehnung von Schiedsrichtern wegen Befangenheit im Verfahren, SchiedsVZ 2017, 213 ff.; Baudenbacher, The Independence and Impartiality of Arbitrators: Towards General Standard, in FS Wegen (2015), S. 575 ff.; Bao, One Shot Players and Arbitrator Selection: A Fair Shot or a Shot in the Dark?; in: Shaughnessy/Tung (Hrsg.), The Powers and Duties of an Arbitrator: Liber Amicorum Pierre A. Karrer (2017), S. 9 ff.; EfferUhe, Schiedsrichterliche Unabhängigkeit bei wissenschaftlichen Äußerungen, SchiedsVZ 2018, 75 ff.; Bühler/von Schlabrendorff, 10 Jahre ICC-Schiedsordnung 1998. Ein Blick zurück, zwei Blicke nach vorne, SchiedsVZ 2009, S. 26 ff.; Cárdenas/Rivkin, A Growing Challenge for Ethics in International Arbitration, in: Liber Amicorum Robert Briner (2005), S. 191 ff.; Carlevaris/Digon, Arbitrator Challenges under the ICC Rules and Practice, ICC Dispute Resolution Bulletin, Issue 1 (2016), S. 23 ff.; de Witt Wijnen, Two Anecdotes about Robert Briner; and Some Thoughts on Conflicts of Interest in the Light of Transparency and Predictability, in: Liber Amicorum Robert Briner (2005), S. 933 ff.; de Witt Wijnen, The IBA Guidelines on Conflicts of Interest in International Arbitration Three Years On, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2007, Independence of Arbitrators, (2008), S. 107 ff.; Dimolitsa, The Arbitrator and The Litigants (Some Exceptional Clashes), in: Dossier of the ICC Institute of World Business Law: Is Arbitration Only As Good as the Arbitrator? Status, Powers and Role of the Arbitrator (2011), S. 69 ff.; El-Kosheri/Youssef, The Independence of International Arbitrators: An Arbitrator’s Perspective, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2007, Independence of Arbitrators (2008), S. 43 ff.; Elsing, Schiedsrichterliche Unabhängigkeit – Vorurteile und Wirklichkeit, SchiedsVZ 2019, 16 ff.; Epstein, Arbitrator Independence and Bias: The View of a Corporate In-House Counsel, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2007, Independence of Arbitrators (2008), S. 55 ff.; Froitzheim, Die Kanzleimitgliedschaft und die Ablehnung von Schiedsrichtern in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2017, 172 ff.; Froitzheim, Schiedsrichterliche Befangenheit durch Äußerungen zu Rechtsfragen – Eine Antwort auf Effer-Uhe, SchiedsVZ 2019, 10 ff.; Fry/Greenberg, The Arbitral Tribunal: Applications of Articles 7–12 of the ICC Rules in Recent Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 2 (2009), S. 12 ff.; Greenberg/Feris, Appendix: References to the IBA Guidelines on Conflicts of Interest in International Arbitration when Deciding on Arbitrator Independence in ICC Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 2 (2009), S. 33 ff.; Grigera Naón, The Powers of the ICC International Court of Arbitration
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Allgemeine Bestimmungen | Art. 11 ICC-SchO vis-à-vis Parties and Arbitrators, ICC Court Bulletin, Special Supplement 1999; Arbitration in the Next Decade: Proceedings of the International Court of Arbitration’s 75th Anniversary Conference (1999), S. 55 ff.; Hascher, A Comparison between the Independence of State Justice and the Independence of Arbitration, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2007, Independence of Arbitrators (2008), S. 77 ff.; Herzberg, Selecting ICC Arbitrators: What’s New Under the Revised Rules, Mealey’s International Arbitration Report (2012), S. 1 ff.; Hilgard, Zur Ablehnung eines Richters im Schiedsverfahren, BB 2015, 456 ff.; ICC Arbitration Commission, Final Report on the Status of the Arbitrator, ICC Court Bulletin, Vol. 7 No. 1 (1996), S. 27 ff.; Kärcher, Die Aufhebung von Schiedssprüchen wegen der Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen, SchiedsVZ 2017, 277 ff.; Koh, Think Quality Not Quantity: Repeat Appointments and Arbitrator Challenges, Journal of International Arbitration, Vol. 34 Issue 4 (2017), S. 711 ff.; Mankowski, Die Ablehnung von Schiedsrichtern, SchiedsVZ 2004, 304 ff.; Pérez, Conflicts of interests of arbitrators in international law firms, Arbitration International, Vol. 34 Issue 1 (2018), S. 105 ff.; Raeschke-Kessler, The Contribution of International Arbitration to Transnational Procedural Law, in: Liber Amicorum Robert Briner (2005), S. 647 ff.; Sievi, Pre-Appointment Communications with Prospective Arbitrators – Limits, Disclosure and Documentation, SchiedsVZ 2021, 1 ff.; Raeschke-Kessler, The Arbitrator Nominated by an Insolvency Receiver or Liquidator and Conflicts of Interest, ASA Bulletin, Vol. 34 Issue 4 (2016), S. 866 ff.; Schütze, Die Verletzung der Offenbarungspflicht im Schiedsverfahren, in FS Elsing (2015), S. 525 ff.; Terré, Independence and Arbitrators, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2007, Independence of Arbitrators (2008), S. 101 ff.; van den Berg, New York Convention of 1958: Refusals of Enforcement, ICC Court Bullentin, Vol. 18 No. 2 (2008), S. 15 ff.; Whitesell, Independence in ICC Arbitration: ICC Court Practice concerning the Appointment, Confirmation, Challenge and Replacement of Arbitrators, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2007, Independence of Arbitrators (2008), S. 7 ff.; Wilske, Arbitration Guerillas at the Gate – Preserving the Civility of Arbitral Proceedings when the Going Gets (Extremely) Tough, Austrian Yearbook on International Arbitration (2011), S. 315 ff.
I. Normzweck Art. 11 Abs. 1 enthält das Neutralitätsgebot mit dem Erfordernis der Unpartei- 1 lichkeit und Unabhängigkeit jedes Schiedsrichters. Für Einzelschiedsrichter, Vorsitzende und Mitschiedsrichter gelten diesbezüglich dieselben Maßstäbe. Die ICC-SchO legt die Kriterien für die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit nicht ausdrücklich fest, so dass die Auslegung dieser Begriffe im Einzelfall dem Gerichtshof überlassen ist. Verstöße gegen das Erfordernis der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit kön- 2 nen dazu führen, dass ein Schiedsspruch u.U. nicht vollstreckbar ist, sofern anzunehmen ist, dass sich das Fehlen der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat (Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ).
II. Verhältnis zu § 1036 Abs. 1 ZPO Neben Art. 11 Abs. 1 hat § 1036 Abs. 1 ZPO, wonach eine Person, der ein 3 Schiedsrichteramt angetragen wird, alle Umstände offen zu legen hat, die ZweiNedden/Kopetzki
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht fel an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wecken können, keine eigenständige Bedeutung.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4 Der für das staatliche Verfahren maßgebliche Maßstab für die Unabhängigkeit
und Unparteilichkeit ergibt sich aus Art. 97 Abs. 1 GG, nachrangig aus dem einfachen Prozessrecht (insb. §§ 41, 42 ZPO). Diese Regelungen gelten für Schiedsrichter nicht, da diese nicht Richter i.S.d. Art. 97 Abs. 1 GG sind. Ihre wesentlichen Inhalte sind jedoch Ausfluss des materiell auch in der Schiedsgerichtsbarkeit zu gewährleistenden Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 Satz 1 GG).
IV. Einzelerläuterungen 1. Unparteilichkeit und Unabhängigkeit 5 Begriffsbestimmung und Abgrenzung. Die Begriffe Unparteilichkeit und Un-
abhängigkeit werden häufig und auch in der ICC-SchO verwendet, ohne sie definitorisch voneinander abzugrenzen. Der Begriff der Unabhängigkeit hat einen objektiven Charakter. Auch wenn der Wortlaut des Abs. 1 nur die Unabhängigkeit des Schiedsrichters von den Parteien fordert, muss der Schiedsrichter auch von den Parteivertretern und u.U. auch von den anderen Schiedsrichtern unabhängig sein. Die notwendige Unabhängigkeit kann etwa dann fehlen, wenn sich ein Schiedsrichter in einem wirtschaftlichen oder sonstigen Abhängigkeitsverhältnis zu einer Partei oder einem Parteivertreter befindet oder wenn sonstige direkte oder indirekte Verbindungen zu einer Partei oder einem Parteivertreter bestehen. Der Begriff der Unparteilichkeit stellt demgegenüber auf die subjektive Geisteshaltung des Schiedsrichters und auf dessen Gleichbehandlung der Parteien ab. Ein Schiedsrichter könnte daher trotz fehlender Unabhängigkeit unparteilich sein. Allerdings wird eine fehlende Unabhängigkeit regelmäßig auch eine fehlende Unparteilichkeit indizieren und das Vertrauen der Parteien in das Schiedsverfahren untergraben.
6 Objektiver Beurteilungsmaßstab. Wenngleich das Vertrauen der Parteien in
die Integrität des Schiedsverfahrens bei der Beurteilung der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit eines Schiedsrichters zu berücksichtigen sein wird, ist der Beurteilungsmaßstab bei der Prüfung der Unparteilichkeit und der Unabhängigkeit der Schiedsrichter grds. ein objektiver. Zwar haben Schiedsrichter in Bezug auf Umstände, die Zweifel an ihrer Unabhängigkeit entstehen lassen könnten, eine weitergehende und auf den subjektiven Parteihorizont abstellende Offenlegungspflicht (s. Rz. 49). Daraus folgt aber noch nicht, dass auch bei der Prüfung ihrer Unabhängigkeit selbst die subjektive Sicht der Parteien maßgeblich ist. Obwohl die Prüfung der Unabhängigkeit der Schiedsrichter also grds. einem objektiven Maßstab folgt, wird der Gerichtshof dabei regelmäßig berücksichtigen, wie 214
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Allgemeine Bestimmungen | Art. 11 ICC-SchO
sich die Situation aus Sicht der Parteien darstellt. In Zweifelsfällen kann die subjektive Sicht der Parteien ausschlaggebend für die Entscheidung des Gerichtshofs über eine Bestätigung oder Ablehnung eines Schiedsrichters wegen mangelnder Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit sein. So könnte der Gerichtshof bspw. bei der Beurteilung der Unabhängigkeit von Schiedsrichtern, die in denselben Barristers Chambers wie ein Parteivertreter oder ein anderer Schiedsrichter tätig sind, berücksichtigen, inwieweit die Parteien mit diesem System vertraut sind. Kriterien zur Bestimmung der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit. Die 7 ICC-SchO enthält keine Auflistung von Umständen, die die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit eines Schiedsrichters ausschließen oder diesbezüglich Zweifel wecken. Sie überlässt es insoweit der Praxis des Gerichtshofs, die Kriterien hierfür selbst zu entwickeln. Es sind zahlreiche Situationen denkbar, in denen die Unparteilichkeit oder Un- 8 abhängigkeit eines Schiedsrichters in Frage gestellt oder gänzlich fehlen kann (vgl. Rz. 10 ff.). Dazu zählen etwa Beziehungen zwischen dem Schiedsrichter oder seiner Kanzlei und den Parteien oder deren Vertretern. Diese Beziehungen können beruflicher, persönlicher oder rein finanzieller Natur sein. Berufliche Tätigkeiten für eine der Parteien können ebenso problematisch sein wie wiederholte Benennungen als Schiedsrichter durch deren Parteivertreter, persönliche Beziehungen zu den Parteien oder deren Parteivertretern oder eine finanzielle Beteiligung an einer der Parteien. Außerdem kann es problematisch sein, wenn der Schiedsrichter früher in dieselbe oder eine mit dem Schiedsverfahren zusammenhängende Rechtssache involviert gewesen ist. Darüber hinaus können in seltenen Fällen auch Verbindungen eines Schiedsrichters mit einem anderen Schiedsrichter Zweifel an der Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit eines Schiedsrichters aufkommen lassen. Einige dieser Konstellationen werden im Folgenden näher dargestellt. Einen ersten Anhaltspunkt können die IBA Guidelines on Conflicts of Interest 9 in International Arbitration bieten (IBA-Guidelines). Diese haben allerdings keinen verbindlichen Charakter (Whitesell, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2007, Independence of Arbitrators (2008), 7 [35]) und werden in der Praxis vom Gerichtshof, der grds. eine Einzelfallbetrachtung vornimmt und sich bei der Beurteilung des Einzelfalls an seiner eigenen Praxis orientiert, auch höchstens ergänzend berücksichtigt. Die IBA-Guidelines enthalten eine nichtabschließende Auflistung von möglichen Interessenkonflikten des Schiedsrichters, von denen einige so schwer wiegen, dass sie auch bei Offenlegung durch den Schiedsrichter der Dispositionsfreiheit der Parteien entzogen sind (sog. „Nonwaivable Red List“). Andere wiegen schwer (sog. „Waivable Red List“) oder werfen ernsthafte Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters auf (sog. „Orange List“) und sind daher offenzulegen, können aber durch entsprechende Verzichtserklärung der Parteien (im Falle der Waivable Red List) bzw. durch das Nichterheben von Einwänden nach Offenlegung (im Falle der Orange List) überwunden werden. Schließlich sind beispielhaft SituaNedden/Kopetzki
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht tionen aufgelistet, die als unproblematisch betrachtet werden und daher vom Schiedsrichter auch nicht offengelegt werden müssen (sog. „Green List“). Am Schieds- oder Vollstreckungsort Deutschland sind die in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe zu beachten, die sich häufig an den für staatliche Richter geltenden Grundsätzen orientieren. Aus dem Einzelfall können sich jedoch weitere Umstände ergeben, die zu berücksichtigen sind. 10 Verbindungen zu Parteien und deren Vertretern. Verbindungen zwischen
Schiedsrichtern und den Parteien (oder mit diesen verbundenen Unternehmen) sowie deren Vertretern können die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Schiedsrichter beeinträchtigen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn der Schiedsrichter oder seine Kanzlei eine Partei des Schiedsverfahrens oder ein mit ihr verbundenes Unternehmen vertreten oder beraten oder gegen diese auftreten. Ebenfalls problematisch können Fälle sein, in denen der Schiedsrichter in einem anderen Verfahren als Schiedsrichter tätig ist, in das auch eine Partei des Schiedsverfahrens oder ein mit ihr verbundenes Unternehmen involviert ist. Auch wenn der Schiedsrichter oder seine Kanzlei als Parteivertreter in einem anderen Verfahren tätig sind, in das auch einer der Parteivertreter im gegenwärtigen Schiedsverfahren involviert ist, kann dies die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters beeinträchtigen. Darüber hinaus müssen auch andere Nahebeziehungen zu einer Partei berücksichtigt werden, wie z.B. eine Anstellung des Schiedsrichters bei einer Partei oder einem mit ihr verbundenen Unternehmen oder irgendeine andere Tätigkeit für diese. Auch sonstige Nahebeziehungen zu einem Parteivertreter oder zu dessen Kanzlei sind zu berücksichtigen. Einerseits fallen darunter berufliche Nahebeziehungen, wie bspw. eine ehemalige Tätigkeit des Schiedsrichters für die Kanzlei des Parteivertreters oder wiederholte Schiedsrichterbenennungen durch den Parteivertreter oder seine Kanzlei. Andererseits fallen darunter auch persönliche Nahebeziehungen, wie bspw. die Tätigkeit eines nahen Angehörigen des Schiedsrichters in der Kanzlei eines Parteivertreters.
11 Vergangene Verbindungen. Auch Verbindungen, die in der Vergangenheit lie-
gen, können die Unabhängigkeit eines Schiedsrichters in Zweifel ziehen. Die IBA-Guidelines mögen bei der Beurteilung, ob die Verbindung lange genug zurückliegt, als erster Anhaltspunkt dienen, sind aber nicht verbindlich und daher nicht maßgeblich. Grundsätzlich gilt, dass die Verbindungen umso problematischer sind, je aktueller sie sind.
12 Einzelbeispiele, in denen der Gerichtshof die Unabhängigkeit von Schieds-
richtern wegen Verbindungen zu den Parteien oder den Parteivertretern verneint hat: Anwaltliche Tätigkeit eines Schiedsrichters vor Einleitung des Schiedsverfahrens für eine der Parteien in derselben Angelegenheit (Whitesell, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2007, Independence of Arbitrators (2008), 7 [27], Case 1, 3); Mandatierung der Kanzlei eines Schiedsrichters durch eine Partei in einer Transaktionsangelegenheit trotz Abschirmung des Schiedsrichters durch eine „chinesische Mauer“ (Whitesell, a.a.O., 7 [27], Case 2); Mandatierung der Kanzlei eines Schiedsrichters durch einen Dritten zum Zwecke 216
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Allgemeine Bestimmungen | Art. 11 ICC-SchO
der Beratung bei der Übernahme einer Partei des Schiedsverfahrens, einschließlich dort durchzuführender Due Diligence nach Einleitung des Schiedsverfahrens unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ein Tochterunternehmen des Dritten direkter Wettbewerber der zu übernehmenden Partei ist (Whitesell, a.a.O., 7 [28], Case 4); nicht offengelegtes Kooperationsverhältnis zwischen der Kanzlei eines Schiedsrichters und der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft einer Partei (Whitesell, a.a.O., 7 [28], Case 5); Mandatierung des ausländischen Büros der Kanzlei eines Schiedsrichters durch einen Dritten in einem nicht mit dem Schiedsverfahren zusammenhängenden Rechtsstreit mit der Muttergesellschaft einer der Parteien des Schiedsverfahrens (Whitesell, a.a.O., 7 [28], Case 6); nicht offengelegte regelmäßige Zusammenarbeit eines Schiedsrichters mit einem Parteivertreter, der erst zu einem späteren Zeitpunkt in das Verfahren einsteigt (Whitesell, a.a.O., 7 [28], Case 7; Dimolitsa, Dossier of the ICC Institute of World Business Law: Is Arbitration Only As Good as the Arbitrator? Status, Powers and Role of the Arbitrator [2011], 69); nicht offengelegte regelmäßige gutachterliche Tätigkeit eines Schiedsrichters (Hochschulprofessor) für die Kanzlei eines Parteivertreters im Schiedsverfahren bei gleichzeitiger Nennung dieses Schiedsrichters auf der Homepage der Kanzlei dieses Parteivertreters (Whitesell, a.a.O., 7 [28], Case 8); anwaltliche Tätigkeit eines Schiedsrichters in mehreren anderen gegen die Schiedsbeklagte gerichteten Verfahren für die dort jeweils klägerische Partei, die im selben Geschäftsfeld wie die Schiedsklägerin tätig ist (Whitesell, a.a.O., 7 [29], Case 10); nicht offengelegte Zugehörigkeit eines Schiedsrichters zum Rechtsausschuss einer Schiedspartei (Staat) (Whitesell, a.a.O., 7 [29], Case 11); enge persönliche Beziehungen zwischen Schiedsrichtern und Parteivertretern; ehemalige Tätigkeit als Geschäftsführer für eine der Parteien; Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender für ein Joint Venture, an dem eine der Parteien beteiligt war und in dessen Verwaltungsrat Vertreter dieser Partei saßen; Tätigkeit als Mitglied eines internen Aufsichtsorgans einer der Parteien; gutachterliche Tätigkeit eines Schiedsrichters vor Einleitung des Schiedsverfahrens für eine der Parteien in einer mit der gegenständlichen Streitigkeit zusammenhängenden Rechtsfrage. Einzelbeispiele, in denen der Gerichtshof die Unabhängigkeit von Schieds- 13 richtern wegen Verbindungen zu den Parteien oder den Parteivertretern bejaht hat: Kontakt zwischen Mitschiedsrichter und Beklagtenvertreter im Rahmen eines Seminars ohne inhaltlichen Austausch und ohne Beteiligung des Schiedsrichters an der Organisation oder Bewerbung des Seminars (Whitesell, a.a.O., 7 [29], Case 1); Vorsitzender hat im selben Land wie der Kläger (eingetragen/ansässig) gelebt und gearbeitet, wurde zwei Jahre dort ausgebildet und hat dann neun bis zehn Jahre in verschiedenen internationalen Anwaltskanzleien in der gleichen Region gearbeitet, aber nicht dieselbe Nationalität wie Kläger (Whitesell, a.a.O., 7 [30], Case 2); Austausch eines Mitschiedsrichters mit Parteivertreter über mögliche Benennung des Vorsitzenden ohne inhaltlichen Austausch zur Sache (Whitesell, a.a.O., 7 [30], Case 3); Mitschiedsrichter ist Doktorvater eines am Verfahren nicht beteiligten Anwaltes aus der Kanzlei, die den Beklagten vertritt (Whitesell, a.a.O., 7 [30], Case 4); Offenlegung des Vorsitzenden nach Nedden/Kopetzki
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht Annahme seines Amtes, dass ein Partner aus seiner Kanzlei eine Partei in einem Nicht-ICC-Verfahren vertreten hat, in welchem der jetzige Klägervertreter Vorsitzender war, ohne dass die Verfahren in einem Zusammenhang stehen (Whitesell, a.a.O., 7 [30], Case 5); fünf Jahre zurückliegende Vertretung einer Partei durch die Kanzlei eines Mitschiedsrichters in einem Nicht-ICC-Verfahren gegen ein Subunternehmen des Klägers über einen Zeitraum von zwei Jahren, in welches dieser Schiedsrichter nach eigenen Angaben nicht einbezogen und von dem er keine Kenntnis gehabt hat (Whitesell, a.a.O., 7 [30], Case 6); öffentlich bekannte Position eines Mitschiedsrichters als Stadtrat und Fraktionschef einer politischen, an der Regierung beteiligten Partei in einer Stadt, in welcher der Beklagte Büros unterhält und den Ruf eines wichtigen Arbeitgebers hat, ohne dass eine Beziehung zwischen der politischen Partei des Schiedsrichters und dem Beklagten besteht (Whitesell, a.a.O., 7 [30], Case 7); Veröffentlichungen des Vorsitzenden, in denen er einerseits seine politische Meinung zu einem Land äußert, aus dem der Gesellschafter der Klägerin kommt, sich andererseits positiv über das Land des Beklagten (Staat) äußert, ohne dass die Veröffentlichungen im Zusammenhang mit dem Streitgegenstand stehen (Whitesell, a.a.O., 7 [30], Case 9); Benennung desselben Schiedsrichters durch den Beklagten in zwei unterschiedlichen, aber inhaltlich zusammenhängenden Fällen mit unterschiedlichen Klägern, jedoch keine Bestätigung dieses Schiedsrichters in dem anderen Verfahren (Whitesell, a.a.O., 7 [30], Case 10); nicht offengelegte Tätigkeit des Vorsitzenden als Vorsitzender in einem anderen Verfahren, in dem einer der jetzigen Mitschiedsrichter Parteivertreter ist (Whitesell, a.a.O., 7 [30], Case 11); vier Jahre zurückliegende und weniger als zwei Jahre andauernde Zusammenarbeit mit einem Parteivertreter in unterschiedlichen Niederlassungen derselben Kanzlei; Aktienbesitz eines Mitschiedsrichters i.H.v. 0,001% der Anteile einer börsengelisteten Partei des Schiedsverfahrens, wobei diese Aktien nicht von ihm, sondern eigenständig von seinem Portfoliomanager gekauft worden waren und er sie verkaufte, sobald er von dem Umstand Kenntnis erlangt hatte. 14 Beziehungen zur nicht ernennenden Partei. Meistens sind Verbindungen zwi-
schen einem Schiedsrichter und einer Partei problematisch, weil diese dem Anschein nach eine Befangenheit des Schiedsrichters zu Gunsten der Partei befürchten lassen, zu der ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Mitunter kann es aber vorkommen, dass die Partei, zu deren Gunsten sich eine etwaige Befangenheit dem Anschein nach eigentlich auswirken müsste, Einwendungen gegen einen solchen von der anderen Seite (oder von den Mitschiedsrichtern) ernannten Schiedsrichter erhebt. In derartigen Fällen ist die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters grds. nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen, wie in allen anderen Fällen. So haben beide Parteien ein Recht auf unparteiliche und unabhängige Schiedsrichter, auch wenn sich die fehlende Unparteilichkeit und Unabhängigkeit vermeintlich zu ihren Gunsten auswirken sollte. Darüber hinaus könnte auch zu befürchten sein, dass ein Schiedsrichter seine fehlende Unabhängigkeit – und sei es nur unbewusst – dadurch zu kompensieren sucht, dass er der Partei, zu der ein Abhängigkeitsverhältnis besteht, besonders kritisch begegnet. Nicht zuletzt wird durch eine derartige Gleichbehand218
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Allgemeine Bestimmungen | Art. 11 ICC-SchO
lung aller Schiedsrichter auch die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs sichergestellt, der durch die Beteiligung eines nicht unabhängigen Schiedsrichters angreifbar würde. Beziehungen zu anderen mittelbar am Schiedsverfahren Beteiligten. Schieds- 15 richter müssen nicht nur von den Parteien und mit diesen verbundenen Unternehmen unabhängig sein, sondern auch von anderen Beteiligten, die ein Interesse am Ausgang des Verfahrens haben könnten. Hierbei kann es sich bspw. um Dritte handeln, die in die dem Schiedsverfahren zu Grunde liegende Streitigkeit involviert waren oder die sich abhängig vom Ausgang des Verfahrens mit Regressansprüchen konfrontiert sehen könnten. Eine lediglich entfernte Verbindung zu einem Dritten oder eine Verbindung zu einem Dritten, der kein Interesse am Ausgang des Verfahrens hat, wird die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit eines Schiedsrichters nicht beeinträchtigen. Unter bestimmten Umständen könnten aber bspw. auch enge Verbindungen zu einem Gläubiger einer der Parteien die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters in Zweifel ziehen. Hierfür werden aber besonders enge Beziehungen zum Gläubiger erforderlich sein – eine anwaltliche Tätigkeit für oder gegen diesen in einer unzusammenhängenden Tätigkeit wird i.d.R. nicht ausreichen. Ein spezielles Interesse am Ausgang des Verfahrens haben Prozessfinanzierer, 16 die das Schiedsverfahren finanzieren und abhängig vom Ausgang des Schiedsverfahrens entlohnt werden. Die Unabhängigkeit des Schiedsrichters kann infrage gestellt werden, wenn eine Partei von einem Prozessfinanzierer unterstützt wird, zu dem der Schiedsrichter oder seine Kanzlei Verbindungen haben. Voraussetzung dafür, dass sich diese Problematik in einem Schiedsverfahren stellt, ist freilich, dass der Schiedsrichter Kenntnis davon erlangt, dass das Schiedsverfahren für eine Seite von einer dritten Partei finanziert wird. Daher sieht Art. 11 Abs. 7 vor, dass eine Partei einen derartigen Umstand offenlegen muss (s. Rz. 96 ff.). In der Praxis sind Fälle, in denen der Gerichtshof über die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit von Schiedsrichtern aufgrund ihrer Verbindungen zu Prozessfinanzierern entscheiden muss, sehr selten. Im ersten entsprechenden Fall, den der Gerichtshof im Jahr 2013 zu entscheiden hatte, hat der Gerichtshof der Ablehnung nicht stattgegeben, da der Prozessfinanzier im konkreten Fall die Partei lediglich beim Versuch, Vergleichsverhandlungen zu initiieren, unterstützt hat, ohne jedoch später das Schiedsverfahren zu finanzieren (Carlevaris/Digón, Arbitrator Challenges under the ICC Rules and Practice, ICC Dispute Resolution Bulletin, Issue 1 (2016), 23 [34–36]). Beziehungen zu anderen Schiedsrichtern. In seltenen Fällen können auch Be- 17 ziehungen eines Schiedsrichters zu einem anderen Schiedsrichter seine Unparteilichkeit in Zweifel ziehen. Derartige Beziehungen könnten insb. dann problematisch sein, wenn ein Mitschiedsrichter enge Verbindungen zum Vorsitzenden hat. Wenn zwei Schiedsrichter auch in anderen Verfahren gemeinsam als Schiedsrichter tätig sind, reicht dies hingegen i.d.R. nicht aus, um deren Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Problematisch können Beziehungen zwischen Schiedsrichtern allerdings sein, wenn zu befürchten steht, dass durch die enge Nedden/Kopetzki
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht Zusammenarbeit der beiden Schiedsrichter diese den Fall ohne Beisein des dritten Schiedsrichters diskutieren könnten oder wenn der Vorsitzende in einem Abhängigkeitsverhältnis zum Mitschiedsrichter steht. Wenn etwa während des laufenden Verfahrens einer der Mitschiedsrichter in die Kanzlei des Vorsitzenden eintritt, könnte dies einen Grund für eine erfolgreiche Ablehnung des Schiedsrichters darstellen. 18 Zeugen oder Sachverständige. Auch wenn Schiedsrichter oder deren Kanzleien
Verbindungen zu im Schiedsverfahren auftretenden Zeugen oder Sachverständigen haben, kann dies ein Grund sein, die Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit des Schiedsrichters in Zweifel zu ziehen. Dies wird insb. der Fall sein, wenn die Zeugen oder Sachverständigen ein Interesse am Ausgang des Verfahrens haben oder wenn eine enge berufliche oder persönliche Beziehung zwischen dem Schiedsrichter oder seiner Kanzlei und dem Zeugen oder Sachverständigen besteht. So kann es etwa problematisch sein, wenn ein Schiedsrichter oder seine Kanzlei den von einer Partei im Schiedsverfahren bestellten Sachverständigen in einem anderen – auch unzusammenhängenden – Schiedsverfahren, in das der Schiedsrichter persönlich involviert ist, ebenfalls als Sachverständigen bestellt hat. Ebenso wäre es problematisch, wenn der Schiedsrichter oder seine Kanzlei sehr enge Verbindungen zu einem Wirtschaftsprüfungsunternehmen aufweist, das im gegenständlichen Verfahren als Sachverständiger für eine Partei auftritt, das für dieselbe Partei bereits vor Verfahrensbeginn als Wirtschaftsprüfer tätig war und das im Zuge dieser Tätigkeit möglicherweise auch in Angelegenheiten involviert gewesen ist, die einen Bezug zur gegenwärtigen Streitigkeit haben.
19 Involvierung in dieselbe Streitigkeit. Wenn sich der Schiedsrichter oder seine
Kanzlei bereits mit der konkreten Streitigkeit, die dem Schiedsverfahren zu Grunde liegt, befasst haben, kann dies auch die Unparteilichkeit des Schiedsrichters infrage stellen. Dies kann bspw. dann der Fall sein, wenn der Schiedsrichter oder seine Kanzlei für eine der Parteien ein Rechtsgutachten über die Streitigkeit verfasst haben oder wenn der Schiedsrichter oder seine Kanzlei von einer der Parteien des Schiedsverfahrens als Parteivertreter für diese Streitigkeit angefragt wurden und sich im Zuge dessen inhaltlich mit der Streitigkeit auseinandergesetzt haben. Eine bloße Teilnahme der Kanzlei des Schiedsrichters an einem „beauty contest“ für den gegenständlichen Fall wird für sich genommen noch nicht ausreichen, wenn der Schiedsrichter darin nicht persönlich involviert war und die Kanzlei darin lediglich ihre Erfahrung und Expertise in ähnlichen Rechtssachen dargestellt hat. Anders kann der Fall gelagert sein, wenn der Schiedsrichter persönlich eine aktive Rolle im „beauty contest“ übernommen hat, wenn die Partei der Kanzlei des Schiedsrichters im Zuge dessen vertrauliche Informationen über den Fall übermittelt hat und wenn die Kanzlei die Partei bereits – über eine erste Einschätzung des Falls hinausgehend – inhaltlich zur Fallstrategie beraten hat.
20 Involvierung in zusammenhängende Rechtssachen. Ebenfalls kann es proble-
matisch sein, wenn der Schiedsrichter oder seine Kanzlei in eine mit dem gegenständlichen Schiedsverfahren zusammenhängende Rechtssache involviert gewe220
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Allgemeine Bestimmungen | Art. 11 ICC-SchO
sen ist – sei es als Parteivertreter, Sachverständiger oder ggf. auch als Verwaltungssekretär oder Schiedsrichter. Dies inkludiert sowohl streitige Verfahren vor staatlichen Gerichten oder Schiedsgerichten als auch nicht-streitige Angelegenheiten, wenn diese im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren stehen. So kann es die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit eines Schiedsrichters beeinträchtigen, wenn dieser oder seine Kanzlei in zusammenhängenden Schiedsverfahren (die zumindest eine der Parteien involvierten und die bspw. auf denselben Verträgen beruhten oder im Zusammenhang mit derselben wirtschaftlichen Transkation standen) als Parteivertreter oder Sachverständige tätig waren. Tätigkeit als Schiedsrichter in zusammenhängenden Schiedsverfahren. Eine 21 besondere Problematik stellt sich in der Praxis, wenn es mehrere zusammenhängende Schiedsverfahren gibt, in denen zumindest teilweise dieselben Schiedsrichter tätig sind oder sein sollen. Wenn sachlich miteinander zusammenhängende Streitigkeiten in mehreren Schiedsverfahren behandelt werden, kann es sinnvoll erscheinen, in allen Verfahren dieselben Schiedsrichter zu benennen. Dies reduziert das Risiko einander widersprechender Entscheidungen und erhöht die Effizienz, da die Schiedsrichter bereits mit dem Sachverhalt und den rechtlichen Themen vertraut sind. Allerdings entstehen dadurch auch Risiken, nämlich insb. (i) dass die Schiedsrichter sich in den anderen Verfahren bereits eine Meinung zum Sachverhalt oder dessen rechtlicher Würdigung gebildet haben und insofern im gegenwärtigen Schiedsverfahren nicht mehr unbefangen sind und (ii) dass, wenn nicht alle Schiedsrichter dieselben sind, die Informationen innerhalb des Schiedsgerichts ungleich verteilt sind und einzelne Schiedsrichter Informationen aus den anderen Verfahren auch in ihre Beurteilung der Streitigkeit im gegenwärtigen Schiedsverfahren miteinfließen lassen können. Wenn die Parteien, Parteienvertreter und Schiedsrichter in allen zusammenhängenden Verfahren dieselben sind, besteht keine Gefahr der ungleichen Informationsverteilung, hatten doch alle stets gleichen Zugang zu allen Informationen. Diese Gefahr ist auch dann gering, wenn zwar nicht die Schiedsrichter, aber immerhin die Parteien und Parteivertreter in allen Verfahren dieselben sind, so dass eine zunächst ungleiche Informationsverteilung innerhalb des Schiedsgerichts dadurch ausgeglichen werden kann, dass die Parteien die entsprechenden Informationen aus den Parallelverfahren in das gegenständliche Schiedsverfahren einbringen. Die Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit wird i.d.R. nicht beeinträchtigt sein, 22 wenn ein Schiedsrichter in einem anderen Verfahren als Schiedsrichter tätig war, das lediglich einen ähnlichen Sachverhalt betraf und wenn die Beurteilung des Sachverhalts in diesem Verfahren nicht die Beurteilung im gegenwärtigen Verfahren determiniert (aber s. Rz. 24). Selbst in Fällen, in denen sowohl die Parteien als auch die Verträge, auf die die Ansprüche gestützt sind, dieselben sind, kann die Unparteilichkeit des Schiedsrichters gewahrt sein, sofern bloß die geltend gemachten Ansprüche selbst ausreichend unterschiedlich sind. Sollte in zwei Verfahren der Streitgegenstand identisch sein, ist eine Involvierung desselben Schiedsrichters in beiden Verfahren schon allein deshalb unproblematisch, Nedden/Kopetzki
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht weil nicht zwei Mal über dieselbe Sache geurteilt werden kann und daher ohnehin lediglich in einem Verfahren über den Anspruch zu entscheiden sein wird. 23 Wissenschaftliche Äußerungen. Wissenschaftliche Äußerungen zu rechtlichen
Fragen, die auch im Schiedsverfahren eine Rolle spielen, werden i.d.R. nicht geeignet sein, die Unparteilichkeit eines Schiedsrichters in Zweifel zu ziehen. Anders liegen die Dinge möglicherweise, wenn die Rechtsfragen nur in ganz wenigen Fällen oder gar nur in einem einzigen Fall überhaupt relevant werden können (bspw. „Einzelfall“-Gesetzgebung, etwa aus Anlass der Privatisierung oder Verstaatlichung eines Unternehmens). Außerdem kann es die Unparteilichkeit eines Schiedsrichters beeinträchtigen, wenn dieser sich nicht nur zu rechtlichen Fragen geäußert hat, sondern wenn er auch bereits den konkreten Sachverhalt bzw. den konkreten Vertrag, auf dem auch die im Schiedsverfahren geltend gemachten Ansprüche beruhen, beurteilt hat. Auch wenn die wissenschaftlichen Äußerungen sehr polemisch und unsachlich formuliert sind, kann dies die Unparteilichkeit des Schiedsrichters in Frage stellen.
24 Vorbefassung als Parteivertreter oder Schiedsrichter mit ähnlichen Themen.
In der Regel wird es die Unparteilichkeit eines Schiedsrichters nicht beeinträchtigen, wenn er als Parteivertreter oder Schiedsrichter zu Sachverhalten oder Rechtsfragen Stellung bezogen hat, die Ähnlichkeiten mit den im Schiedsverfahren relevanten Sachverhalten oder Rechtsfragen haben, sofern diese Verfahren andere Parteien betrafen und mit dem aktuellen Schiedsverfahren (bis auf die Ähnlichkeit der Sachverhalte oder Rechtsfragen) in keinem Zusammenhang stehen. Allerdings kann es die Unparteilichkeit beeinträchtigen, wenn zumindest eine der Parteien dieselbe, der Sachverhalt sehr ähnlich und die zu beurteilenden rechtlichen Fragen weitgehend identisch sind. Außerdem kann die Unparteilichkeit in Zweifel gezogen werden, wenn der Schiedsrichter oder seine Kanzlei in der Vergangenheit nicht lediglich zu einem ähnlichen, sondern zum selben Sachverhalt Stellung bezogen haben (etwa weil die Kanzlei des Schiedsrichters Geschädigte in außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen mit dem Beklagten vertreten hat, wobei diese Schäden aus dem demselben schädigenden Ereignis behaupteten, das auch die Grundlage für die klägerischen Ansprüche im Schiedsverfahren bildet).
25 Verbindungen zur ICC und zum Gerichtshof. Etwaige Verbindungen zur ICC
und zum Gerichtshof beeinträchtigen die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters nicht. In der Praxis kommt es regelmäßig vor, dass Mitglieder des Gerichtshofs von Parteien oder Mitschiedsrichtern in ICC-Schiedsverfahren als Schiedsrichter ernannt werden. Wenn das der Fall ist, werden sie von den internen Beratungen des Gerichtshofs diese Streitigkeit betreffend ausgeschlossen (s. Art. 2 Anhang II). Der Gerichtshof bejahte in diesem Zusammenhang etwa die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit eines Schiedsrichters in einem Fall, in dem dieser nicht offengelegt hat, dass er in einer Kanzlei zusammen mit einem Mitglied des Gerichtshofs arbeitet (Whitesell, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2007, Independence of Arbitrators (2008), 7 [30], Case 11).
26 Nationalität des Schiedsrichters. Die Nationalität des Schiedsrichters wird
i.d.R. kein Grund sein, seine Unparteilichkeit und Unabhängigkeit in Frage zu
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stellen. Die Nationalität von Schiedsrichtern wird Entscheidungen des Gerichtshofs regelmäßig lediglich in zwei Situationen beeinflussen: Erstens bei der Ernennung eines Einzelschiedsrichters oder Vorsitzenden durch den Gerichtshof, der gemäß Art. 13 Abs. 5 eine andere Nationalität als die der Parteien haben muss. Zweitens bei der Ernennung eines Mitschiedsrichters für eine Partei. Wenn der Gerichtshof einen Mitschiedsrichter für eine Partei ernennt, wird dieser üblicherweise einen Schiedsrichter derselben Nationalität wie die Partei ernennen. Die Unparteilichkeit des Schiedsrichters wird allerdings nicht durch etwaige negative oder positive Beziehungen beeinträchtigt, die sein Herkunftsstaat mit einer der Parteien oder deren Sitz- oder Herkunftsstaat haben mag. So wird etwa der Umstand, dass der Schiedsrichter Staatsangehöriger eines Staates ist, der Sanktionen gegen den Sitz- oder Herkunftsstaat einer anderen Partei erlassen hat oder sich mit diesem sogar im Kriegszustand befindet, seine Unparteilichkeit nicht beeinträchtigen. Dasselbe gilt auch, wenn sein Staat direkt gegen die andere Partei Sanktionen erlassen haben sollte. Auch eine besonders positive Beziehung oder eine geographische oder kulturelle Nähe zwischen zwei Staaten ist für sich genommen nicht geeignet, die Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit eines Schiedsrichters in Zweifel zu ziehen. Fehlende Offenlegungen. Gemäß der Praxis des Gerichtshofs beeinträchtigen 27 fehlende, unvollständige oder vage Offenlegungen für sich genommen die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit eines Schiedsrichters nicht. Der Gerichtshof berücksichtigt jedoch den Umstand einer fehlenden Offenlegung bei seiner Prüfung der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit, und dies kann in Zweifelsfällen den Ausschlag dafür geben, dass der Gerichtshof den Schiedsrichter nicht bestätigt oder dass er einer gegen ihn gerichteten Ablehnung stattgibt (Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 26; vgl. auch OLG Frankfurt am Main v. 10.1.2008 – 26 Sch 21/07, NJW 2008, 1325, 1326). Ähnliches gilt, wenn die Offenlegung nur vage ist und der Schiedsrichter diese auch auf etwaige Nachfragen der Parteien nicht präzisiert. In solchen Fällen ist es den Parteien und dem Gerichtshof aufgrund der unklaren Informationslage mitunter nicht möglich, die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Schiedsrichters abschließend zu beurteilen. Wenn unklar ist, ob und inwiefern aus Sicht des Schiedsrichters bestimmte Umstände vorliegen, die die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters beeinträchtigen könnten, und wenn der Schiedsrichter diese Unklarheiten nicht durch eine vollständige und klare Offenlegung ausräumt, kann auch dies den Ausschlag dafür geben, dass der Gerichtshof den Schiedsrichter nicht bestätigt oder einer gegen ihn gerichteten Ablehnung stattgibt. In einem solchen Fall wird es jedoch zunächst aus praktischen Gründen geboten sein, dass die den Schiedsrichter ablehnende oder seiner Bestätigung widersprechende Partei diesen zunächst um entsprechende Konkretisierungen oder Klarstellungen bittet. Nur wenn die bereits offengelegten vagen und unvollständigen Informationen für sich genommen bereits eine Ablehnung bzw. eine Nichtbestätigung des Schiedsrichters rechtfertigen bzw. wenn der Schiedsrichter sich auch auf Nachfrage weigert, diese zu konkretisieren, werden Einwendungen gegen seine Bestätigung oder eine Ablehnung erfolgreich sein. Nedden/Kopetzki
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht 28 Rolle des Schiedsrichters innerhalb der Kanzlei. Der Gerichtshof setzt bei der
Prüfung der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit eine Verbindung der Kanzlei eines Schiedsrichters i.d.R. mit einer Verbindung des Schiedsrichters selbst gleich. Verbindungen der Kanzlei werden dem Schiedsrichter dabei unabhängig davon zugerechnet, welche Rolle der Schiedsrichter innerhalb der Kanzlei einnimmt und inwiefern der Schiedsrichter am wirtschaftlichen Erfolg der Kanzlei beteiligt ist oder von diesem abhängt. Insbesondere müssen daher auch Schiedsrichter, die als Of Counsel für eine Kanzlei tätig sind, damit rechnen, dass Verbindungen ihrer Kanzlei ihre eigene Unabhängigkeit beeinträchtigen können. Auch wenn der Gerichtshof Schiedsrichter und ihre Kanzleien insofern grds. als eine Einheit betrachtet, kann die Problematik einer bestimmten Verbindung der Kanzlei dadurch weiter verschärft werden, dass der Schiedsrichter in dieser Angelegenheit sogar persönlich für die Kanzlei tätig geworden ist.
29 Ein Schiedsrichter, der in einer Großkanzlei tätig ist, wird häufig mit der Situa-
tion konfrontiert sein, dass andere Berufsträger derselben Kanzlei in einer mit der Streitsache nicht zusammenhängenden Angelegenheit für oder gegen eine der Streitparteien tätig sind. Bei der Prüfung der Unabhängigkeit des Schiedsrichters wird der Gerichtshof derartige Verbindungen anderer Berufsträger i.d.R. dem Schiedsrichter selbst zurechnen. Dies ist auch dann der Fall, wenn es sich um eine Verbindung eines Berufsträgers in einer ausländischen Niederlassung der Kanzlei handelt, ganz gleich ob diese Niederlassung organisatorisch und wirtschaftlich von der Niederlassung, in der der Schiedsrichter tätig ist, getrennt ist. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang lediglich, ob die beiden Niederlassungen nach Außen unter einer gemeinsamen Marke auftreten und insofern der Anschein geweckt wird, dass es sich um dieselbe Kanzlei handelt.
30 Staaten. Besondere Probleme im Zusammenhang mit der Unparteilichkeit und
Unabhängigkeit von Schiedsrichtern können dort entstehen, wo Staaten oder im Staatseigentum stehende Unternehmen Partei eines Schiedsverfahrens sind. Es stellt sich dabei vor allem die grundlegende Frage, ob die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Schiedsrichtern durch Verbindungen zu einem Staat genauso beeinträchtigt wird, wie durch Verbindungen zu einer nicht-staatlichen Partei. Der Gerichtshof nimmt hier stets eine Einzelfallbetrachtung vor, in der vor allem das faktische Ausmaß der Abhängigkeit des Schiedsrichters von der konkreten Verfahrenspartei berücksichtigt wird. Allgemein kann gesagt werden, dass der Gerichtshof bei Verbindungen zu einem Staat tendenziell toleranter ist, als bei Verbindungen zu einer nichtstaatlichen Partei. So würde der Gerichtshof etwa i.d.R. Schiedsrichter bestätigen, die als Richter in staatlichen Gerichten oder als Professoren in öffentlichen Universitäten tätig sind und die von einer staatlichen Partei des Staates benannt wurden, für den sie arbeiten. Dabei ist allerdings im Einzelfall das Maß der Unabhängigkeit, das die Schiedsrichter in ihrer Funktion als Richter oder Professor innerhalb des Staates im Allgemeinen und von der konkreten Verfahrenspartei im Besonderen genießen, zu berücksichtigen. Hingegen werden die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit regelmäßig beeinträchtigt sein, wenn der Schiedsrichter Beamter oder Angestellter 224
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des Staates ist, ohne innerhalb des Staates einen gewissen unabhängigen Status zu genießen. Wenn Schiedsrichter etwa in Ministerien (sei es als Minister oder in anderer Funktion) oder in staatlichen Unternehmen des sie ernennenden Staates tätig sind, wird die erforderliche Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Schiedsrichter i.d.R. nicht gegeben sein. In manchen Staaten mag es aufgrund ihrer politischen Verfassung allerdings unmöglich sein, Schiedsrichter zu finden, die keine offizielle Funktion im Staat haben und nicht von diesem abhängig sind. In derartigen Fällen – insb. bei Investitionsschutzverfahren – wird der Gerichtshof daher Schiedsrichter u.U. auch dann bestätigen, wenn sie keine unabhängige Position innerhalb des sie benennenden Staates innehaben. Mangel an geeigneten unabhängigen und unparteilichen Kandidaten. Grund- 31 sätzlich müssen alle Schiedsrichter in ICC-Schiedsverfahren immer dieselben Unparteilichkeits- und Unabhängigkeitsmaßstäbe erfüllen. Dies kann manchmal in der Praxis zu Problemen führen, wenn die Parteien keine Schiedsrichter ausfindig machen können, die sowohl das erforderliche Profil für den Fall aufweisen, als auch die Kriterien für ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit erfüllen. Dieses kann bspw. dann der Fall sein, wenn Staaten oder staatliche Unternehmen aus einem bestimmten Staat regelmäßig in Gerichts- oder Schiedsverfahren involviert sind und daher sämtliche Schiedsrechtspraktiker dieses Staates bereits Verbindungen zu diesem Staat und den entsprechenden Unternehmen aufweisen (sei es als Schiedsrichter oder als Parteivertreter in Verfahren für oder gegen den Staat). Der Gerichtshof setzt auch in solchen Fällen im Falle von Einwendungen i.d.R. keine geringeren Maßstäbe an die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Schiedsrichter. Eine Partei hat gemäß der ICC-SchO kein Recht auf einen von ihr benannten Schiedsrichter ihrer Nationalität, und es kann in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit auch von einem Staat oder einem staatlichen Unternehmen erwartet werden, dass diese nötigenfalls einen Schiedsrichter mit anderer Staatsangehörigkeit benennen. In derartigen Fällen wird die Partei meist auch gut beraten sein, dies zu tun. Wenn nämlich der Gerichtshof für sie einen Schiedsrichter ernennt, dann wird er i.d.R. – und jedenfalls wenn eine Partei dies verlangt – einen unparteilichen und unabhängigen Schiedsrichter ihrer Nationalität wählen (s. Art. 13 Rz. 5 f., 17 ff.). Sollten alle Kandidaten mit entsprechender schiedsrechtlicher Erfahrung aufgrund von Konflikten ausscheiden und ist die Partei nicht mit einem Schiedsrichter einer anderen Nationalität einverstanden, muss der Gerichtshof dann womöglich auf fachlich weniger geeignete Kandidaten zurückgreifen. Ein ähnliches Problem kann auftreten, wenn es in einem bestimmten Industrie- 32 sektor nur wenige Spezialisten gibt, die daher vielfältige Verbindungen zu den ebenso in diesem Bereich spezialisierten Unternehmen und Parteivertretern haben. Der Gerichtshof setzt auch in solchen Fällen im Falle von Einwendungen grds. keine geringeren Maßstäbe an die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Schiedsrichter. Allerdings kann der Umstand, dass der Schiedsrichter einer von nur wenigen Experten in dem Gebiet ist, ein Indiz dafür sein, dass Verbindungen zu Unternehmen und Parteivertretern in diesem Gebiet kein Zeichen Nedden/Kopetzki
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht für eine Abhängigkeit von dieser Partei, sondern lediglich eine Folge seiner seltenen Expertise sind. Dies wird insb. dann der Fall sein, wenn der Schiedsrichter auf unterschiedlichen Seiten für und gegen die beteiligten Parteien aufgetreten ist. 33 Parteiisches Verhalten des Schiedsrichters. Nicht zuletzt kann freilich ein par-
teiliches Verhalten des Schiedsrichters während des Schiedsverfahrens Anlass geben, seine Unparteilichkeit in Zweifel zu ziehen. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn sich ein Schiedsrichter abschätzig oder ausnahmsweise auch besonders positiv über eine Partei oder deren Parteivertreter oder über deren Land oder Kultur äußert, wenn ein Schiedsrichter verfrühte Aussagen über den Ausgang des Verfahrens macht, wenn er seine Vertraulichkeitsverpflichtungen verletzt oder „ex parte“ mit einer Partei kommuniziert. Ebenso kann es ein Zeichen von Parteilichkeit sein, wenn zwei Schiedsrichter den dritten Schiedsrichter von den Beratungen ausschließen oder wenn ein Schiedsrichter sich weigert, an der Schiedsverhandlung teilzunehmen, weil eine Partei im Schiedsverfahren angeblich ungerecht behandelt wurde. Bejaht hat der Gerichtshof in der Praxis etwa die Unparteilichkeit eines Schiedsrichters, der während des Schiedsverfahrens anmerkte, der Umstand, dass eine Partei ihren Anteil des Kostenvorschusses nicht zahlte, sei ein Zeichen ihrer fehlenden Ernsthaftigkeit, und sie möge die Zahlung vornehmen. Verneint hat der Gerichtshof hingegen die Unparteilichkeit eines Schiedsrichters, der sich in der Stellungnahme zu seiner Ablehnung abschätzig gegenüber den Parteivertretern der ablehnenden Partei geäußert und diesen mit einer Strafanzeige und disziplinarrechtlicher Verfolgung gedroht hat.
34 Empfehlung: Manchmal bitten die Parteien das Schiedsgericht während des Schiedsverfahrens, eine vorläufige Einschätzung des Falls abzugeben oder die Parteien anderweitig in Vergleichsverhandlungen zu unterstützen. Es gibt keine Bestimmung in der ICC-SchO, die dem entgegenstehen würde. Allerdings sollte das Schiedsgericht zuvor jedenfalls eine protokollierte oder schriftliche Zustimmung der Parteien einholen, dass diese darauf verzichten, die Schiedsrichter wegen ihrer geäußerten vorläufigen Einschätzung oder wegen ihrer Involvierung in die Vergleichsverhandlungen abzulehnen. Der Gerichtshof ist an eine derartige Verzichtserklärung zwar nicht gebunden, wird diese aber bei seiner Beurteilung einer dennoch eingebrachten Ablehnung berücksichtigen. Wenn klar ist, dass die Parteien mit der vorläufigen Einschätzung des Falls durch das Schiedsgericht bzw. mit dessen anderweitiger Involvierung in Vergleichsverhandlungen einverstanden waren, wird ein Ablehnungsantrag auf dieser Grundlage zwar zulässig, aber i.d.R. nicht erfolgreich sein.
35 Unrichtige Entscheidungen und unangemessene Verfahrensführung. Tat-
sächlich oder vermeintlich unrichtige Entscheidungen sind i.d.R. kein Indiz dafür, dass es dem Schiedsrichter an der erforderlichen Unparteilichkeit fehlt. Dies gilt sowohl für materiell-rechtliche als auch für verfahrensrechtliche Entscheidungen. Der Gerichtshof legt hier einen sehr strengen Maßstab an. So werden Ablehnungen, die auf Entscheidungen des Schiedsgerichts im Zusammenhang mit der Verfahrensführung gestützt sind, nur dann eine Aussicht auf Erfolg haben, wenn diese Entscheidungen offensichtlich unangemessen und geeignet sind, das Recht der Parteien auf ein faires Verfahren zu beeinträchtigen. Dies 226
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gilt allgemein für die Verfahrensführung des Schiedsgerichts, das insofern einen weiten Ermessensspielraum besitzt. Wenn ein Schiedsgericht etwa neue Beweise, die eine Partei nach dem dafür vorgesehenen Stichtag einbringen möchte, zulässt oder eben nicht zulässt, wird dies seine Unparteilichkeit meist nicht beeinträchtigen. Die Aufforderung des Schiedsgerichts an die Parteien, zu gewissen Sachverhaltselementen oder rechtlichen Themen zusätzliches Vorbringen zu erstatten, wird ebenfalls kein Zeichen von Unparteilichkeit sein, auch wenn dies aus dem Blickwinkel der Beweislastverteilung einer Seite zum Vorteil gereichen könnte. Ebenso werden Ablehnungen, die ausschließlich darauf gestützt sind, dass ein Schiedsrichter in der mündlichen Verhandlung Suggestivfragen oder andere Fragen zum vermeintlichen Vorteil einer der Parteien gestellt hat, regelmäßig nicht erfolgreich sein. Auch kann ein Schiedsrichter in der Begründung seiner Entscheidungen – sei es in verfahrensleitenden Entscheidungen oder in Schiedssprüchen – die Positionen und Argumente der Parteien mitunter hart kritisieren, ohne dass dies für sich genommen als ein Zeichen fehlender Unparteilichkeit zu sehen sein wird. 2. Fortdauernde Pflicht zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit Fortdauernde Pflicht. Art. 11 Abs. 1 stellt klar, dass jeder Schiedsrichter unpar- 36 teiisch und abhängig „sein und bleiben“ muss und dass sich die Pflicht zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit somit über die Dauer des gesamten Verfahrens erstreckt. Der Schiedsrichter muss also nicht nur im Zeitpunkt seines Antritts des Schiedsrichteramtes unabhängig und unparteilich sein, sondern dies auch während des gesamten Schiedsverfahrens bleiben. Eine Konsequenz dieser Pflicht ist, dass der Schiedsrichter etwaige neu hervortretende oder neu entdeckte Umstände, die seine Unparteilichkeit und Unabhängigkeit in Zweifel ziehen könnten, auch während des Schiedsverfahrens offenzulegen hat (Art. 11 Abs. 3, s. Rz. 60 ff.).
V. Keine Dispositionsbefugnis der Parteien; Präklusion Keine Abdingbarkeit, Möglichkeit des Verzichts. Unparteilichkeit und Un- 37 abhängigkeit der Schiedsrichter stehen nicht zur Disposition der Parteien. Die Parteien können das Recht auf einen unparteilichen und unabhängigen Schiedsrichter daher nicht in der Schiedsvereinbarung einschränken (s. auch Rz. 116). Zwar kann eine Partei jederzeit darauf verzichten, sich auf Umstände zu berufen, die Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit eines Schiedsrichters wecken. Dies schließt aber nicht aus, dass der Gerichtshof diesen Umstand von sich aus aufgreift und zur Wahrung der Integrität des Verfahrens den Schiedsrichter von Amts wegen nicht bestätigt oder diesen ersetzt. Umgekehrt steht es den Parteien frei, in der Schiedsvereinbarung oder nachträglich bestimmte Kriterien für die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters zu vereinbaren, die dieser erfüllen muss. So können die Parteien etwa vereinbaren, dass der Schiedsrichter eine bestimmte Nationalität besitzen muss Nedden/Kopetzki
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht (oder eine bestimmte Nationalität nicht besitzen darf) oder dass der Schiedsrichter oder seine Kanzlei innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht für oder gegen eine der Parteien oder andere Beteiligte tätig gewesen sein dürfen. 38 Vorausverzichtserklärungen. Ein in der Praxis regelmäßig vorkommender Ver-
such, die Pflicht des Schiedsrichters zur fortdauernden Unabhängigkeit und Unparteilichkeit einzuschränken, liegt in der Abgabe so genannter Vorausverzichtserklärungen („advance waivers“). Diese kommen in unterschiedlicher Gestalt vor. In der radikalsten Variante beinhalten diese eine Erklärung, dass der Kandidat nicht dazu verpflichtet sei, mögliche künftige Interessenskonflikte, die sich etwa aus der künftigen Tätigkeit seiner Kanzlei für oder gegen die Parteien des Schiedsverfahrens (oder mit diesen verbundenen Unternehmen) ergeben könnten, offenzulegen (s. Rz. 10). Andere Formulierungen suchen indes nicht ausdrücklich die Offenlegungspflicht einzuschränken, beinhalten jedoch die Erklärung, dass andere Anwälte in der Kanzlei des Kandidaten weiterhin Mandate für oder gegen die Parteien des Schiedsverfahrens (oder mit diesen verbundenen Unternehmen) annehmen können und dass die Parteien darauf verzichten, den Schiedsrichter wegen derartiger Interessenskonflikte abzulehnen. Meist sind solche Erklärungen mit der Versicherung verbunden, dass der Schiedsrichter nicht persönlich in solche Mandate seiner Kanzlei involviert sein wird. Manchmal sind derartige Vorausverzichtserklärungen lediglich als einseitige Erklärung des Kandidaten formuliert, manchmal als Aufforderung an die Parteien, dieser Erklärung zuzustimmen. Je nach konkreter Formulierung kann die Abgabe einer Vorausverzichtserklärung auch so zu verstehen sein, dass der Kandidat das Schiedsrichteramt nur unter der Bedingung antritt, dass die Parteien seiner Erklärung zustimmen.
39 Wenn eine der Parteien auf Grundlage einer derartigen Vorausverzichtserklä-
rung Einwendungen gegen die Bestätigung eines Kandidaten erhebt, wird der Gerichtshof den Kandidaten regelmäßig nicht bestätigen. Doch auch wenn keine der Parteien Einwendungen erhebt oder wenn diese der Vorausverzichtserklärung sogar zustimmen, wird der Generalsekretär die Sache mitunter an den Gerichtshof verweisen, der dann stets den Einzelfall prüfen und die Kandidaten ggf. nicht bestätigen wird. Dies kann insb. dann der Fall sein, wenn Kandidaten versuchen, ihre Offenlegungspflicht einzuschränken und zu befürchten ist, dass sie etwaige künftige Interessenskonflikte nicht offenlegen werden. Wenn ein Kandidat trotz einer Vorausverzichtserklärung als Schiedsrichter bestätigt wird, ist der Gerichtshof jedenfalls nicht an diese Erklärung gebunden. Auch wenn die Parteien einer Vorausverzichtserklärung ausdrücklich zustimmen, schränkt dies nicht die Offenlegungspflichten des Schiedsrichters während des Schiedsverfahrens sowie seine Pflicht ein, während des gesamten Schiedsverfahrens unparteilich und unabhängig zu bleiben. Parteien können einen Schiedsrichter im Laufe des Verfahrens daher auch dann aufgrund neu hervorgekommener Interessenskonflikte ablehnen, wenn sie einer entsprechenden Vorausverzichtserklärung zugestimmt haben. Die endgültige Entscheidung darüber, wer Schiedsrichter in einem ICC-Schiedsverfahren sein und bleiben darf, liegt stets beim Gerichtshof. 228
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Dieser wird über eine Ablehnung eines Schiedsrichters daher auch dann inhaltlich entscheiden, wenn die ablehnende Partei zuvor verzichtet hat, den Schiedsrichter aufgrund der nun geltend gemachten Umstände abzulehnen. Vorausverzichtserklärungen im weiteren Sinne. Von den oben dargestellten 40 Vorausverzichtserklärungen im engeren Sinne sind solche Erklärungen zu unterscheiden, mit denen der Schiedsrichter weder seine Pflicht zur Unparteilichkeit und Unabhängigkeit noch seine Offenlegungspflicht einzuschränken sucht, sondern lediglich mitteilt, dass seine Kanzlei weiterhin für oder gegen die Parteien (oder mit diesen verbundenen Unternehmen) tätig werden könnte (Vorausverzichtserklärungen im weiteren Sinne). Von den zuvor behandelten Vorausverzichtserklärungen im engeren Sinne unterscheiden sich diese dadurch, dass der Schiedsrichter akzeptiert, dass er derartige Verbindungen dann offenlegen müsste und die Parteien ihn auf dieser Grundlage ablehnen könnten. Wenn die Parteien keine Einwendungen deswegen erheben und wenn keine anderen Gründe der Bestätigung des Kandidaten entgegenstehen, wird der Generalsekretär oder der Gerichtshof Kandidaten, die eine solche Erklärung abgegeben haben, i.d.R. bestätigen. Präklusion. Versäumt es eine Partei, sich zum maßgeblichen Zeitpunkt (dazu 41 Art. 14 Abs. 2) auf die fehlende Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit eines Schiedsrichters zu berufen, ist es ihr nach dem Grundgedanken der Präklusion verwehrt, sich später darauf zu berufen, insb. im Rahmen eines Aufhebungsoder Vollstreckbarerklärungsverfahrens.
B. Von Schiedsrichterkandidaten und Schiedsrichtern abzugebende Erklärungen (Abs. 2–3) Literatur: S. Literatur zu Abs. 1; Hauser-Morel, The New International Chamber of Commerce Statement of Acceptance, Availability and Independence for Arbitrators, Arbitration e-Review Issue 2 (2010), S. 24 ff.
I. Normzweck Erklärung über Unparteilichkeit und Unabhängigkeit. Jeder Schiedsrichter 42 ist verpflichtet, sowohl als Kandidat vor seiner Ernennung oder Bestätigung (Art. 11 Abs. 2) als auch zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens (Art. 11 Abs. 3) sämtliche Umstände offenzulegen, die bei den Parteien Zweifel an seiner Unabhängigkeit entstehen lassen könnten oder die nicht unerhebliche Zweifel an seiner Unparteilichkeit aufwerfen könnten. In jedem Fall sollte der Schiedsrichter auch Umstände offenlegen, die ggf. nicht objektiv zu seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit führen, die aber geeignet sein können, eine derartige Besorgnis zu begründen. Durch die Erfüllung dieser Informationspflichten werden Parteien und der Gerichtshof in die Lage versetzt, die ihnen gemäß Art. 11–15 Nedden/Kopetzki
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht zukommenden Befugnisse im Zusammenhang mit der personellen Besetzung des Schiedsgerichts sachgerecht auszuüben. 43 Darüber hinaus muss die Erklärung nach Art. 11 Abs. 2 auch die Annahme des
Schiedsrichteramts und Angaben zur Verfügbarkeit des Schiedsrichters enthalten. Damit wird sichergestellt, dass das Verfahren jedenfalls seitens des Schiedsrichters zügig und innerhalb des durch die ICC-SchO vorgesehenen Zeitplans durchgeführt werden kann. Außerdem muss sich der Schiedsrichter im Zuge der Unterzeichnung der Annahmeerklärung auch damit einverstanden erklären, dass sein Name als Schiedsrichter in diesem Schiedsverfahren sowie ggf. in diesem Schiedsverfahren erlassene Schiedssprüche oder verfahrensleitende Verfügungen veröffentlicht werden (s. Art. 32 Rz. 19 ff.).
II. Verhältnis zu § 1036 Abs. 1 ZPO 44 Neben Art. 11 Abs. 2 und 3 ICC-SchO hat § 1036 Abs. 1 ZPO keine eigenstän-
dige Bedeutung.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 45 Ein Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften ist hier
nicht sinnvoll. Der staatliche Richter ist entweder gesetzlicher Richter oder etwa wegen gesetzlich normierter Ausschlussgründe (etwa §§ 41 ff. ZPO) an der Amtsausübung verhindert.
IV. Erklärungen vor Ernennung oder Bestätigung (Abs. 2) 46 Allgemeines. Die Erklärung über die Annahme, Verfügbarkeit, Unparteilichkeit
und Unabhängigkeit vor Ernennung oder Bestätigung (zu den Begriffen s. Vor Art. 11 Rz. 1 ff.) des Schiedsrichters müssen alle Personen abgeben, die als Schiedsrichter in ICC-Schiedsverfahren tätig werden sollen (d.h. vom Generalsekretär oder vom Gerichtshof bestätigt oder von letzterem ernannt werden sollen). Die Erklärung muss vor der Entscheidung über die Bestätigung bzw. Ernennung vorliegen, da sie die Grundlage dieser Entscheidung bildet.
47 Form der Erklärung. Die Erklärung erfolgt mittels eines Formulars, das das Se-
kretariat dem Schiedsrichterkandidaten eigens zu diesem Zweck übersendet.
48 Inhalt der Annahmeerklärung. Mit der Annahmeerklärung, die rechtsgeschäft-
lichen Charakter hat (Art. 11 Abs. 5), erklärt der Schiedsrichter, das Schiedsrichteramt – so es ihm übertragen wird – anzunehmen und auszuüben. Außerdem erklärt sich der Kandidat damit einverstanden, dass (i) sein Name, (ii) seine Staatsbürgerschaft, (iii) seine Rolle innerhalb des Schiedsgerichts, (iv) die Art 230
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seiner Bestellung sowie (v) der Umstand, ob das Schiedsverfahren geschlossen oder geöffnet ist, im Falle seiner Bestätigung oder Bestellung ggf. auf der Website der ICC veröffentlicht wird. Nicht zuletzt erklärt sich der Schiedsrichter auch damit einverstanden, dass etwaige von ihm erlassene Schiedssprüche oder verfahrensleitende Verfügungen veröffentlicht werden können. Zur Veröffentlichung von Informationen über das Schiedsverfahren sowie von verfahrensleitenden Verfügungen und Schiedssprüchen s. Art. 32 Rz. 19 ff. Inhalt der Erklärung über Unparteilichkeit und Unabhängigkeit. Hinsichtlich 49 der Erklärung über die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit hat der Kandidat in dem Formular alle Umstände offenzulegen, die geeignet sein könnten, bei den Parteien Zweifel an seiner Unabhängigkeit entstehen zu lassen, sowie sämtliche Umstände, die nicht unerhebliche Zweifel an der Unparteilichkeit des Schiedsrichters aufwerfen könnten (vgl. Rz. 10 ff. für eine Darstellung von Umständen, die derartige Zweifel aufwerfen könnten und die der Schiedsrichter bei seiner Offenlegung daher berücksichtigen sollte). Bei der Erklärung betreffend die Unabhängigkeit hat der Kandidat also auf die mögliche subjektive Sicht der Parteien abzustellen, womit bereits der mögliche Anschein der fehlenden Unabhängigkeit aus Sicht der Parteien ausreicht, um eine Offenlegungspflicht zu begründen. Bei der Offenlegung von Umständen, die die Unparteilichkeit des Kandidaten in Zweifel ziehen, gilt ein strengerer und objektiver Maßstab. Hier müssen nur solche Umstände offengelegt werden, die (aus objektiver Sicht) nicht unerhebliche Zweifel an der Unparteilichkeit des Schiedsrichters aufwerfen könnten. Diese weitreichenden und teilweise auf den subjektiven Parteienhorizont abstellenden Maßstäbe betreffen zunächst jedoch nur die Offenlegungspflichten eines Schiedsrichters, nicht hingegen den Beurteilungsmaßstab des Gerichtshofs im Fall von Widersprüchen einer Partei gegen die Bestätigung des Schiedsrichters oder im Falle der Ablehnung eines Schiedsrichters (vgl. Rz. 6). Darüber hinaus enthält das Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021 eine nicht ver- 50 bindliche Auflistung von Umständen, die Kandidaten bei der Beurteilung, welche Umstände sie offenlegen wollen, berücksichtigen sollten (Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 27). Wenn sich ein Kandidat nicht sicher ist, ob ein bestimmter Umstand offengelegt werden sollte, sollte er sich im Zweifel für die Offenlegung entscheiden. Empfehlung: Das Sekretariat übermittelt dem Kandidaten eine Fallübersicht, die eine Auflistung der Parteien, der Parteivertreter und anderer mittelbar am Schiedsverfahren Beteiligter enthält. Diese Liste anderer mittelbar am Schiedsverfahren Beteiligter kann dem Kandidaten als erster Anhaltspunkt dafür dienen, Beteiligte zu identifizieren, die ein Interesse am Ausgang des Verfahrens haben könnten. Allerdings kennt der Kandidat die genaue Rolle dieser anderen Beteiligten im Schiedsverfahren i.d.R. nicht und sollte daher nicht zögern, das Sekretariat zu kontaktieren und nachzufragen, welche Rolle die jeweiligen Beteiligten im Verfahren spielen. Davon kann er dann abhängig machen, ob er etwaige Verbindungen zu diesen Beteiligten bei seiner Offenlegung berücksichtigen möchte. Manchmal wird auch das Sekretariat nicht in der Lage sein, die Rolle und Bedeutung der anderen Beteiligten und ihr etwaiges Interesse am Ausgang des Verfahrens zu beurteilen. In diesem Fall sollte sich der Kandidat für die Offenlegung etwaiger Verbindungen zu diesen Beteiligten entscheiden.
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht 52 Großkanzleien und Rolle des Schiedsrichters innerhalb der Kanzlei. Bei der
Beurteilung, welche Umstände der Kandidat offenlegt, sollte er jedenfalls berücksichtigen, dass auch Verbindungen seiner Kanzlei geeignet sein können, Zweifel an seiner Unparteilichkeit und Unabhängigkeit entstehen zu lassen, selbst wenn der Kandidat in diese nicht persönlich involviert war. Das gilt insb. auch für Mandate von Berufsträgern in ausländischen Büros der Kanzlei und zwar unabhängig davon, ob diese ausländischen Niederlassungen rechtlich und organisatorisch eigenständig sind und ob Einkünfte aus diesen Mandaten mit der Niederlassung, in der der Schiedsrichter tätig ist, geteilt werden. Maßgeblich ist in diesem Zusammenhang ausschließlich, inwiefern die Kanzlei nach außen gemeinsam unter einer Marke auftritt. Es kommt auch nicht darauf an, welche Funktion der Schiedsrichter innerhalb der Kanzlei innehat. Egal ob dieser als Gesellschafter, Angestellter, auf Werkvertragsbasis oder auf anderer Grundlage als Of Counsel für eine Kanzlei tätig ist – jedenfalls dann, wenn er nach außen hin (bspw. auf der Website der Kanzlei) als Mitarbeiter in Erscheinung tritt, muss er Verbindungen der Kanzlei bei seiner Offenlegung berücksichtigen (s. Rz. 28 f.).
53 Pflicht zur angemessenen Nachforschung. Nicht zuletzt folgt aus der Offenle-
gungspflicht des Kandidaten, dass dieser angemessene Nachforschungen darüber anzustellen hat, ob offenlegungspflichtige Umstände vorliegen. Dies kann die Pflicht zu Nachforschungen in seinen eigenen Unterlagen, in denen seiner Kanzlei und ggf. auch in anderen öffentlich verfügbaren Quellen beinhalten.
54 Inhalt der Erklärung über die Verfügbarkeit. Der Kandidat hat auch zu seiner
Verfügbarkeit konkrete Angaben zu machen, insb. dazu, wie viele weitere Verfahren er parallel als Schiedsrichter oder Parteivertreter führt. Einige Schiedsrichter sind so überlastet, dass die Verfahren darunter leiden. Der Gerichtshof kann davon Abstand nehmen, Schiedsrichter zu bestätigen oder zu ernennen, deren Verfügbarkeit stark eingeschränkt ist. Dies kann in seltenen Fällen auch vorkommen, wenn keiner der Parteien auf dieser Grundlage Einwendungen gegen die Bestätigung eines Schiedsrichters erhebt.
55 Weitere Angaben. Darüber hinaus werden u.a. die bisherige schiedsverfahrens-
rechtliche Expertise des Kandidaten sowie seine rechtlichen Tätigkeitsschwerpunkte abgefragt.
56 Verfahren nach Eingang der Erklärungen beim Sekretariat. Bei zu bestätigen-
den Schiedsrichtern wird die Erklärung den Parteien durch das Sekretariat weitergeleitet, bevor der Generalsekretär oder Gerichtshof (s. Art. 13 Abs. 1, 2) entscheiden. Wenn der Kandidat eine eingeschränkte Erklärung seiner Unparteilichkeit und Unabhängigkeit abgegeben hat, wird das Sekretariat den Parteien ausdrücklich Gelegenheit zur Stellungnahme einräumen. Erhebt eine Partei Einwendungen gegen die Bestätigung, gibt das Sekretariat der bzw. den Gegenpartei (en) sowie dem Kandidaten Gelegenheit, zu den Einwendungen Stellung zu nehmen. Auch kann eine Partei den Kandidaten zu einer Klarstellung oder Ergänzung seiner Erklärungen auffordern. Das Sekretariat wird derartige Bitten der Parteien um Klarstellung oder Ergänzung an den Kandidaten weiterleiten und 232
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Allgemeine Bestimmungen | Art. 11 ICC-SchO
ihm die Gelegenheit zur Stellungnahme einräumen. Gelegentlich wird auch das Sekretariat von sich aus den Schiedsrichter um eine konkrete Ergänzung seiner Erklärung bitten, wenn es z.B. von sich aus Kenntnis von einem Umstand haben sollte, den der Schiedsrichter nicht offengelegt hat (wie etwa eine Involvierung des Schiedsrichters in einem zusammenhängenden ICC-Schiedsverfahren). Wenn ein Kandidat eine eingeschränkte Erklärung seiner Unparteilichkeit und Unabhängigkeit abgegeben hat und eine Partei Einwendungen gegen seine Bestellung erhebt, entscheidet stets der Gerichtshof über seine Bestätigung (Art. 13 Abs. 1, 2). Werden keine Einwendungen erhoben oder werden Einwendungen erhoben, obwohl der Kandidat eine uneingeschränkte Erklärung über seine Unparteilichkeit und Unabhängig abgegeben hat, kann die Bestätigung entweder durch den Generalsekretär (Art. 13 Abs. 2) oder durch den Gerichtshof (Art. 13 Abs. 1) erfolgen. In der Praxis wird bei Vorliegen von Einwendungen jedoch immer der Gerichtshof über die Bestätigung entscheiden, es sei denn, die Einwendungen sind evident unbegründet. Liegen keine Einwendungen vor, wird aus Gründen der Verfahrensökonomie i.d.R. der Generalsekretär über die Bestätigung entscheiden. Wenn allerdings bei zwei parteiernannten Mitschiedsrichtern lediglich gegen einen Kandidaten Einwendungen vorliegen, wird der Gerichtshof i.d.R. aus Gründen der Verfahrensökonomie gemeinsam über die Bestätigung beider Mitschiedsrichter entscheiden. Bei Kandidaten, die nicht von einer Partei benannt sind, sondern die vom Ge- 57 richtshof über den Vorschlag eines Nationalkomitees gemäß Art. 13. Abs. 3 oder im Rahmen der Direkternennung gemäß Art. 13 Abs. 4 ernannt werden sollen, wird das Sekretariat die Erklärung i.d.R. erst dann an die Parteien übermitteln, wenn der Gerichtshof den Schiedsrichter bereits ernannt hat. Meist wird der Gerichtshof nämlich einen Schiedsrichter ernennen, bei dem keine Umstände vorliegen, die geeignet sein könnten, seine Unparteilichkeit und Unabhängigkeit in Zweifel zu ziehen und dessen Erklärung daher keine Offenlegung enthält. In solchen Fällen erfahren die Parteien i.d.R. nicht, welche Schiedsrichter der Gerichtshof für eine Ernennung in Betracht zieht. Sie erhalten die Erklärung des Schiedsrichters erst, wenn der Gerichtshof den betreffenden Schiedsrichter bereits ernannt hat. In solchen Fällen können die Parteien also im Vorfeld keine Einwendungen gegen den Schiedsrichter erheben und müssen etwaige Bedenken betreffend die Unabhängigkeit, Unparteilichkeit oder Verfügbarkeit des Schiedsrichters im Zuge einer Ablehnung gemäß Art. 14 geltend machen. Gelegentlich wird der Gerichtshof auch Kandidaten für eine Ernennung in Betracht ziehen, die eine geringfügige Offenlegung gemacht haben („de minimis“-Offenlegung), sofern der Gerichtshof davon ausgeht, dass die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters dadurch nicht ernsthaft gefährdet ist. In seltenen Fällen wird der Gerichtshof auch Kandidaten mit schwerwiegenderen Offenlegungen für eine Ernennung in Betracht ziehen, wenn er keine anderen geeigneten Kandidaten findet. In allen Fällen, in denen der Gerichtshof in Erwägung zieht, einen Kandidaten mit Offenlegungen als Schiedsrichter zu ernennen, wird das Sekretariat die Erklärung des Kandidaten bereits vor seiner Ernennung an die Parteien schicken und diesen die Möglichkeit zur StellungNedden/Kopetzki
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht nahme einräumen. Wenn die Parteien keine Einwendungen gegen die Ernennung des Schiedsrichters wegen dessen Unabhängigkeit und Unparteilichkeit erheben, wird der Gerichtshof den Schiedsrichter in Folge ernennen. Zwar können Parteien in solchen Fällen auch aus anderen Gründen Einwendungen gegen die Ernennung des Schiedsrichters erheben – etwa auf Grundlage dessen Erfahrung, Qualifikationen oder Verfügbarkeit. Allerdings wird der Gerichtshof i.d.R. bereits nur solche Kandidaten für eine Ernennung in Erwägung gezogen haben, die aus seiner Sicht über ausreichende Erfahrung, Qualifikation und Verfügbarkeit verfügen, weshalb Einwendungen auf dieser Grundlage meist nicht erfolgreich sein werden. 58 Empfehlung: Einwendungen gegen die Ernennung oder Bestätigung eines Schiedsrichters
sollten nicht vorschnell erhoben werden. Wird der benannte Schiedsrichter trotz erhobener Einwendungen der Gegenpartei bestätigt, kann dies zu einer Belastung des Klimas zwischen dieser Partei und dem Schiedsrichter während des Verfahrens führen. Daher sollten die Erfolgsaussichten etwaiger Einwendungen gründlich geprüft werden. Dies gilt insb. für Einwendungen auf der Grundlage sog. „de minimis“-Offenlegungen. Bei Erklärungen dieser Art sind Einwendungen grds. kontraproduktiv und sollten unterbleiben. Dagegen kann dieselbe Tatsache, wenn sie nicht offengelegt wurde und erstmals von der Einwendung erhebenden Parteien vorgebracht wird, je nach den Umständen des Einzelfalls durchaus zu Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit führen. Zwar reicht der bloße Umstand der fehlenden Offenlegung alleine nicht aus, um die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Kandidaten in Frage zu stellen – in Zweifelsfällen kann dies jedoch den Ausschlag dafür geben, dass der Gerichtshof den Kandidaten nicht bestätigt.
59 Auch Tatsachen, die bereits vor der Bestätigung bekannt waren, können zum Ge-
genstand einer Ablehnung gemäß Art. 14 gemacht werden. Das gilt insb. auch für solche Tatsachen, die der Kandidat selbst im Vorfeld seiner Bestätigung offengelegt hat und die bereits Gegenstand von Einwendungen gegen dessen Bestätigung waren. Gemäß Art. 14 Abs. 2 müssen derartige Ablehnungen innerhalb von 30 Tagen nach der Mitteilung über die Bestätigung des Schiedsrichters erfolgten. Die Erfolgsaussichten eines derartigen Vorgehens sind jedoch i.d.R. äußerst gering, da sich der Gerichtshof bereits im Zuge der Entscheidung über die Bestätigung des Schiedsrichters mit den Bedenken der Partei auseinandergesetzt hat. Es wird sich daher empfehlen, von derartigen Ablehnungen Abstand zu nehmen.
V. Erklärungen nach Ernennung oder Bestätigung (Abs. 3) 60 Art. 11 Abs. 3 betrifft die Offenlegung von Tatsachen oder Umständen i.S.v.
Abs. 2, die erst nach Antritt des Schiedsrichteramts und somit im Laufe des Schiedsverfahrens auftreten oder bekannt werden, wie z.B. in Fällen einseitiger Kommunikation zwischen einem Schiedsrichter und einer Partei zu bestimmten Verfahrensfragen ohne das Einverständnis der anderen Partei, bei Mandatierung der Kanzlei eines Schiedsrichters durch eine Partei in einer Transaktionsangelegenheit trotz Abschirmung des Schiedsrichters durch eine „chinesische Mauer“ (Whitesell, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2007, Independence of Arbitrators (2008), 7, [27], Case 2) oder bei regelmäßiger Zusammenarbeit eines 234
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Allgemeine Bestimmungen | Art. 11 ICC-SchO
Schiedsrichters mit einem Parteivertreter, der erst zu einem späteren Zeitpunkt in das Verfahren einsteigt (Whitesell, a.a.O., 7 [27], Case 7). Jede Partei des Schiedsverfahrens hat dann im Hinblick auf den entsprechenden Zeitpunkt und die sich daran anknüpfenden Zeit- und Kostenfragen zu entscheiden, ob sie sich auf eine etwaige fehlende Unabhängigkeit und Unparteilichkeit eines Schiedsrichters noch beruft oder aus Gründen der Effizienz der Verfahrensgestaltung das Verfahren fortsetzt. Keine Einschränkung durch Vorausverzichtserklärungen. Wie oben darge- 61 stellt, kann die während des gesamten Verfahrens andauernde Offenlegungspflicht des Schiedsrichters nicht dadurch eingeschränkt werden, dass dieser zu Beginn des Verfahrens eine sog. Vorausverzichtserklärung („advance waiver“) abgibt (s. Rz. 38 ff.). Fortdauernde Pflicht zur Prüfung von Interessenskonflikten. Als implizite 62 Folge der fortdauernden Offenlegungspflicht sind Schiedsrichter auch dazu verpflichtet, in angemessenen Abständen zu überprüfen, ob neue Umstände aufgetreten sind, die sie den Parteien offenlegen müssen. Dies ist insb. für in Großkanzleien tätige Schiedsrichter relevant, da auch eine entsprechende Tätigkeit eines Anwalts in einer anderen Niederlassung der Kanzlei eine Offenlegungspflicht des Schiedsrichters auslösen kann (vgl. Rz. 28 f. und Rz. 52).
C. Endgültigkeit der Entscheidungen des Gerichtshofs (Abs. 4) Literatur: Fry/Greenberg, The Arbitral Tribunal: Applications of Articles 7–12 of the ICC Rules in Recent Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 2 No. 2 (2009), S. 12 ff.; Whitesell, Independence in ICC Arbitration: ICC Court Practice concerning the Appointment, Confirmation, Challenge and Replacement of Arbitrators, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2007, Independence of Arbitrators (2008), S. 7 ff.
I. Normzweck Über die Frage, inwieweit ein Schiedsrichter aus Gründen der Unabhängigkeit 63 oder der Unparteilichkeit nicht ernannt oder bestätigt werden kann bzw. abgelehnt oder ersetzt werden muss, entscheidet allein der Gerichtshof, wogegen jedenfalls innerhalb des ICC-Schiedsverfahrens kein ordentliches Rechtsmittel zugelassen ist. Allerdings können die Parteien u.U. nach den am Schiedsort geltenden Vorschriften ein staatliches Gericht anrufen (s. Rz. 66 f.).
II. Änderungshistorie Die Bestimmung, wonach die Gründe für die Entscheidungen des Gerichtshofs 64 betreffend Ernennung, Bestätigung, Ablehnung oder Ersetzung eines Schiedsrichters nicht bekannt gegeben werden, wurde bereits mit der ICC-SchO 2017 Nedden/Kopetzki
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht gestrichen. Unter bestimmten Voraussetzungen gibt der Gerichtshof nun Gründe für diese Entscheidungen bekannt (Art. 5 Anhang II). Diese Änderung war Ausdruck der Bemühungen der ICC, die Transparenz in ICC-Schiedsverfahren zu erhöhen.
III. Verhältnis zu §§ 1035, 1037, 1038 ZPO 65 Die Endgültigkeit der Ernennungs- und Bestätigungsentscheidungen des Ge-
richtshofs – im Sinne eines Ausschlusses der Anfechtung vor den staatlichen Gerichten – steht insoweit im Einklang mit den Regelungen des X. Buchs der ZPO, als § 1035 Abs. 4 ZPO ein Eingreifen des staatlichen Gerichts in den Fällen, in denen die Parteien „ein Verfahren für die Bestellung vereinbart“ haben, ausschließt. Eine solche Einigung stellt die Vereinbarung der ICC-SchO dar. Parteien können betreffend die Bestellung der Schiedsrichter ein Gericht anrufen, wenn „ein Dritter“ – hier die ICC bzw. der Gerichtshof – eine „ihm nach diesem Verfahren übertragene Aufgabe nicht erfüllt“. Wegen der Regelungen der ICCSchO kann diese Voraussetzung – solange die ICC und ihre Organe funktionsfähig sind – nicht eintreten, so dass Art. 11 Abs. 4 für den deutschen Rechtsraum nicht durch Regelungen der ZPO eingeschränkt oder ergänzt wird.
66 Für Entscheidungen nach Art. 14, 15 gilt Art. 11 Abs. 4 im Falle eines deut-
schen Schiedsorts allerdings nur eingeschränkt. Die §§ 1037 Abs. 3, 1038 Abs. 1 ZPO sehen für die der Sache nach in Art. 14, 15 geregelten Tatbestände nämlich vor, dass Rechtsschutz vor den staatlichen Gerichten eröffnet wird, wenn eine Partei mit dem Ergebnis eines Ablehnungs- bzw. Ersetzungsverfahrens nicht einverstanden ist. Aus dem Fehlen der ausdrücklichen Anordnung der Dispositivität dieser Rechtsschutzeröffnungen (vgl. dagegen §§ 1035 Abs. 1, 1037 Abs. 1, 1039 Abs. 2 ZPO) folgt, dass die Entscheidungen des Gerichtshofs im Bereich der Art. 14, 15 bei einem deutschen Schiedsort zur Überprüfung des OLG gestellt werden können (§ 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
67 Art. 11 Abs. 4 hindert ferner nicht per se die Berufung auf „Besetzungsrügen“ in
Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 68 Im staatlichen Verfahren finden die Vorschriften über Ablehnungsgesuche von
Richtern Anwendung (§§ 44 ff. ZPO). Im Gegensatz zu Art. 11 Abs. 4 im ICCSchiedsverfahren und § 1065 Abs. 1 ZPO ist im staatlichen Verfahren das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegen Beschlüsse, die ein Ablehnungsgesuch für unbegründet erklären, eröffnet (§ 46 Abs. 2 ZPO).
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Allgemeine Bestimmungen | Art. 11 ICC-SchO
V. Tatbestand und Rechtsfolgen Die Entscheidung muss vom Gerichtshof getroffen worden sein. Des Weiteren 69 muss sie die Ernennung (Art. 12 Abs. 2 bis 5 und 8 sowie Art. 13 Abs. 1, 3 und 5), Bestätigung (Art. 12 Abs. 5 und 6, Art. 13 Abs. 1 und 2), Ablehnung (Art. 14) oder Ersetzung eines Schiedsrichters (Art. 15) betreffen. Entscheidungen des Gerichtshofs über die Ernennung, Bestätigung, Ablehnung 70 und Ersetzung von Schiedsrichtern sind insb. insofern endgültig, als der Gerichtshof solche Entscheidungen nicht zurücknimmt und die Parteien dagegen unter der ICC-SchO kein Rechtsmittel erheben können. Allerdings sind Entscheidungen über die Ernennung und Bestätigung von Schiedsrichtern insofern nicht endgültig, als ein einmal gemäß Art. 12, 13 bestätigter oder ernannter Schiedsrichter weiterhin gemäß Art. 14 abgelehnt oder gemäß Art. 15 ersetzt werden kann. Auch eine Partei, die bereits erfolglos Einwendungen gegen die Bestätigung eines Schiedsrichters erhoben hat, kann später grds. auf Grundlage derselben bereits geltend gemachten Umstände den bestätigten Schiedsrichter ablehnen (s. Rz. 59). Hat der Gerichtshof einmal über die Ablehnung oder Ersetzung eines Schieds- 71 richters mit der Folge entschieden, dass der Schiedsrichter im Amt bleibt, so ist diese Entscheidung insofern endgültig, als sich eine Partei bei einer erneuten Ablehnung oder einem erneuten Antrag auf Ersetzung auf neue Gründe stützen muss, die der Gerichtshof bisher nicht berücksichtigt hat. Hat der Gerichtshof einer Ablehnung stattgegeben oder einen Schiedsrichter von Amts wegen ersetzt, wird er denselben Schiedsrichter im selben Schiedsverfahren auch nicht wieder als Schiedsrichter bestätigen oder ernennen. Wenn eine der Parteien vor der Entscheidung des Gerichtshofs betreffend die 72 Ablehnung oder Ersetzung eines Schiedsrichters beantragt, dass der Gerichtshof Gründe für seine Entscheidung bekannt gibt, wird er dies i.d.R. tun. Die Bekanntgabe von Gründen steht allerdings im Ermessen des Gerichtshofs, er darf sie auch verweigern (Art. 5 Anhang II). Die Bekanntgabe von Gründen ist für sich genommen kostenlos, allerdings kann der Gerichtshof diesen Aufwand bei der Festsetzung der ICC-Verwaltungskosten bei vorzeitiger Beendigung des Verfahrens (Art. 38 Abs. 6) sowie in Ausnahmefällen auch in anderen Fällen bei einer Festsetzung der Verwaltungskosten gemäß Art. 2 Abs. 5 Anhang III kostenerhöhend berücksichtigen.
D. Pflichten des Schiedsrichters (Abs. 5) Literatur: Böckstiegel, Case Management by Arbitrators: Experiences and Suggestions, in Liber Amicorum Robert Briner (2005), S. 115 ff.; Bühler/von Schlabrendorff, 10 Jahre ICCSchiedsordnung 1998. Ein Blick zurück, zwei Blicke nach vorne, SchiedsVZ 2009, S. 26 ff.; Cárdenas/Rivkin, A Growing Challenge for Ethics in International Arbitration, in: Liber Amicorum Robert Briner (2005), S. 191 ff.; Darwazeh, Is Efficiency an Arbitrator’s Duty or Simply a Character Trait?, in Shaughnessy/Tung (Hrsg.), The Powers and Duties of an Arbitrator: Liber Amicorum Pierre A. Karrer (2017), S. 57 ff.; de Witt Wijnen, Two
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht Anecdotes about Robert Briner; and Some Thoughts on Conflicts of Interest in the Light of Transparency and Predictability, in Liber Amicorum Robert Briner (2005), S. 933 ff.; Dimolitsa, The Arbitrator and The Litigants (Some Exceptional Clashes), in Dossier of the ICC Institute of World Business Law: Is Arbitration Only As Good as the Arbitrator? Status, Powers and Role of the Arbitrator (2011), S. 69 ff.; Fry/Greenberg, The Arbitral Tribunal: Applications of Articles 7–12 of the ICC Rules in Recent Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 2 (2009), S. 12 ff.; Greenberg/Feris, Appendix: References to the IBA Guidelines on Conflicts of Interest in International Arbitration when Deciding on Arbitrator Independence in ICC Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 2 (2009), S. 33 ff.; Horvath, The Angelic Arbitrator Versus The Rogue Arbitrator: What Should an Arbitrator Strive to Be?, in: Shaughnessy/Tung (Hrsg.), The Powers and Duties of an Arbitrator: Liber Amicorum Pierre A. Karrer (2017), S. 143 ff.; Leaver, Reciprocal duties of Institutions and Arbitrators, in: Dossier of the ICC Institute of World Business Law: Players’ interaction in International Arbitration (2012), S. 105 ff.; van den Berg, New York Convention of 1958: Refusals of Enforcement, ICC Court Bulletin, Vol. 18 No. 2 (2008), S. 15 ff.; Whitesell, Independence in ICC Arbitration: ICC Court Practice concerning the Appointment, Confirmation, Challenge and Replacement of Arbitrators, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2007, Independence of Arbitrators (2008), S. 7 ff.
I. Normzweck 73 Mit Art. 11 Abs. 5 wird ein fragmentarischer rechtlicher Rahmen für die
Schiedsrichtertätigkeit gesetzt und festgelegt, dass die ICC-SchO auch für den Schiedsrichter mit der Annahme seiner Tätigkeit bindend wird und er seine Tätigkeit an den Erfordernissen der ICC-SchO auszurichten hat.
74 Mit der Annahme der Tätigkeit kommt zudem zwischen jeder Partei und jedem
Schiedsrichter ein Schiedsrichtervertrag zustande, der in Deutschland einem Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter gleichkommt, dessen wesentliche Konditionen jedoch die ICC-SchO vorgibt. Schiedsrichter dürfen von diesem Vertrag nicht einseitig zurücktreten (s. Art. 15 Abs. 1).
II. Verhältnis zu § 1038 ZPO 75 Eine Art. 11 Abs. 5 gleichlautende Vorschrift enthält das X. Buch der ZPO nicht.
Einzig § 1038 ZPO regelt, dass im Falle der Untätigkeit oder Unmöglichkeit der Aufgabenerfüllung das Amt des Schiedsrichters enden kann. Die Regelung hat jedoch keine eigenständige Bedeutung neben der ICC-SchO.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 76 Während im staatlichen Verfahren der Richter in einem öffentlich-rechtlichen
Dienstverhältnis steht, ist das Amt des Schiedsrichters insb. im Verhältnis zu den Parteien rein privatrechtlicher Natur.
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Allgemeine Bestimmungen | Art. 11 ICC-SchO
IV. Tatbestandsvoraussetzungen Die Verpflichtung des Schiedsrichters, seine Aufgaben gemäß der ICC-SchO zu 77 erfüllen, beginnt tatbestandlich mit der Annahme der Tätigkeit. Damit ist die Erklärung über die Annahme des Amtes i.S.v. Art. 11 Abs. 2 gemeint, wobei die schiedsrichterliche Tätigkeit des Schiedsrichters erst nach der Ernennung bzw. Bestätigung durch den Gerichtshof oder Generalsekretär beginnt.
V. Rechtsfolgen: Ausstrahlung auf Schiedsrichtervertrag Die Pflicht des Schiedsrichters, seine Aufgaben gemäß der ICC-SchO zu erfüllen, 78 erstreckt sich auf die Beachtung der Grundsätze und Verfahrensmaximen der ICC-SchO sowie darauf, den von der ICC-SchO vorgegebenen Zeitplan einzuhalten, d.h. auf die rechtzeitige Abfassung des Schiedsauftrags (Art. 23) bzw. in beschleunigten Verfahren auf die rechtzeitige Durchführung der Verfahrensmanagementkonferenz (Art. 3 Abs. 3 Anhang VI) zu achten und das Verfahren anschließend so zu führen, dass er innerhalb der nach Art. 31 bzw. Art. 4 Abs. 1 Anhang VI gesetzten Frist einen Schiedsspruch erlassen kann. Darüber hinaus unterwirft sich der Schiedsrichter der Kostenregelung in der ICC-SchO und darf mit den Parteien keine davon abweichende Vereinbarung treffen. Dies ergibt sich aus Art. 2 Abs. 4 Anhang III, wonach die Honorare und Auslagen des Schiedsrichters ausschließlich durch den Gerichtshof gemäß der ICC-SchO festgelegt werden und davon abweichende Honorarabsprachen zwischen den Parteien und dem Schiedsrichter ausdrücklich als Verstoß gegen die ICC-SchO gewertet werden. Zur Unzulässigkeit besonderer Honorarvereinbarungen im Zusammenhang mit der Einbindung von Verwaltungssekretären s. Vor Art. 11 Rz. 16. Situationen und Rechtsfolgen der Nichtbeachtung der schiedsrichterlichen Pflichten werden von Art. 14 und 15 erfasst (s. Art. 14 Rz. 14 ff. und Art. 15 Rz. 17 ff.). Darüber hinaus wird der Gerichtshof die Effizienz der Verfahrensführung bei der Festsetzung des Schiedsrichterhonorars berücksichtigen (s. Art. 38 Rz. 15). Es besteht die Möglichkeit, vorbehaltlich der Regelungen der ICC-SchO weitere 79 Pflichten des Schiedsrichters vertraglich festzulegen. In der Praxis werden alle weiteren Einzelheiten, die den Ablauf des Schiedsverfahrens und damit die schiedsrichterliche Tätigkeit betreffen, nahezu abschließend im Schiedsauftrag (Art. 23) festgelegt, der insoweit den Schiedsrichtervertrag konkretisiert.
E. Bildung des Schiedsgerichts: Allgemeine Bestimmungen (Abs. 6) Literatur: Blessing, The Arbitral Process. Part III: The Procedure Before the Arbitral Tribunal, ICC Court Bulletin, Vol. 3 No. 2 (1992), S. 18 ff.; Fry/Greenberg, The Arbitral Tribunal: Applications of Articles 7–12 of the ICC Rules in Recent Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 2 (2009), S. 12 ff.; Imhoos, The ICC Arbitral Process – Part I: Constituting the Arbitral Tribunal, ICC Court Bulletin, Vol. 2 No. 2 (1991), S. 3 ff.
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht I. Normzweck 80 Art. 11 Abs. 6 eröffnet den Parteien die ausdrückliche Möglichkeit, die Modali-
täten der Bildung des Schiedsgerichts rechtsgeschäftlich zu vereinbaren und insoweit von den Regelungen der ICC-SchO abzuweichen. In der Praxis wird etwa regelmäßig vorgesehen, dass der Vorsitzende des Schiedsgerichts gemeinsam von den Parteien oder den beiden Mitschiedsrichtern benannt wird. Auch die diesbezüglichen in der ICC-SchO genannten Fristen können von den Parteien abgeändert werden (s. aber Art. 39).
81 Dies heißt jedoch nicht, dass die Parteien sämtliche die Bildung des Schieds-
gerichts betreffende Regelungen der ICC-SchO abbedingen können. Insbesondere die Bestätigung durch den Gerichtshof oder den Generalsekretär ist unabdingbar, weil die damit verbundene Überprüfung eines Mindeststandards hinsichtlich der Unabhängigkeit, Unparteilichkeit und Verfügbarkeit von Schiedsrichtern als Qualitätsmerkmal von ICC-Schiedsverfahren nicht zur Disposition der Parteien steht. Auch die Kriterien der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit sind wesentliche Grundsätze nicht nur der ICC-SchO, sondern regelmäßig auch der im Übrigen beteiligten Rechtsordnungen, etwa derjenigen am Schiedsort, so dass auf deren Einhaltung nicht verzichtet werden kann. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut und der Systematik von Abs. 6, der ausdrücklich auf die Bestimmungen in Art. 12 und 13 Bezug nimmt, nicht jedoch auf Art. 11 Abs. 1 bis 5.
II. Verhältnis zu § 1035 Abs. 1 ZPO 82 Auch im nationalen Schiedsverfahrensrecht wird durch § 1035 Abs. 1 ZPO zum
Ausdruck gebracht, dass es den Parteien freisteht, das Verfahren zur Bestellung des Schiedsrichters oder der Schiedsrichter zu vereinbaren. Eine derartige Vereinbarung liegt insoweit bereits in der Wahl der ICC-SchO durch die Parteien, da diese ein besonderes Verfahren zur Bestellung von Schiedsrichtern vorsieht.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 83 Ein Vergleich ist hier nicht möglich, da es an entsprechenden Regelungen im
staatlichen Verfahren fehlt. Die Möglichkeit der Bildung des Schiedsgerichts durch die Parteien ist gerade eines der entscheidendsten Argumente für die Schiedsgerichtsbarkeit im Gegensatz zum staatlichen Verfahren. Einfluss auf die Qualifikation oder Zusammensetzung des Gerichts lässt sich dort lediglich insoweit nehmen, als eine Streitigkeit vor eine Spezialkammer gebracht werden kann oder aber beim LG durch die Zivilkammer anstelle eines Einzelrichters entschieden wird, weil etwa die Parteien dies übereinstimmend beantragen (§ 348 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 ZPO). 240
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Allgemeine Bestimmungen | Art. 11 ICC-SchO
IV. Vorrang der Parteienvereinbarung Art. 11 Abs. 6 bestimmt, dass die Bestimmungen zur Konstituierung des 84 Schiedsgerichts in Art. 12 und 13 nur insoweit Anwendung finden, als die Parteien nichts anderes bestimmt haben. Darüber hinaus können die Parteien die Anzahl der Schiedsrichter festlegen 85 (vgl. Art. 12 Abs. 2), dass also eine Streitigkeit etwa durch ein Dreierschiedsgericht oder einen Einzelschiedsrichter entschieden werden soll. Zudem können sie abweichende Fristen und Benennungskompetenzen vorsehen, so etwa die gemeinsame Benennung des Vorsitzenden durch die Parteien oder die Mitschiedsrichter (vgl. Art. 12 Abs. 5) sowie die Auswahl des Einzelschiedsrichters oder des Vorsitzenden durch einen Dritten („appointing authority“) oder auf Grundlage eines Listenverfahrens. Der Kreativität der Parteien sind dabei kaum Grenzen gesetzt. Zu beachten ist allerdings, dass die grds. Kompetenz zur Verwaltung des Schiedsverfahrens stets bei der ICC verbleibt (Art. 6 Abs. 2) und der Gerichtshof immer die Letztverantwortung für die Ernennung oder Bestätigung von Schiedsrichtern trägt. Im Zuge der Wahrnehmung dieser Letztverantwortung wird der Gerichtshof etwa sicherstellen, dass die Schiedsrichter unparteilich und unabhängig sowie verfügbar sind und dass die Parteien gleichen Einfluss auf die Bildung des Schiedsgerichts nehmen konnten (vgl. Art. 12 Abs. 9). Auswahl des Vorsitzenden durch die Mitschiedsrichter. Oft vereinbaren die 86 Parteien in Abweichung von Art. 12 Abs. 5 in der Schiedsvereinbarung oder nachträglich, dass der Vorsitzende des Schiedsgerichts gemeinsam von den Mitschiedsrichtern ausgewählt werden soll. Wenn dies der Fall ist, wird das Sekretariat die Mitschiedsrichter nach deren Bestätigung durch den Generalsekretär oder den Gerichtshof auffordern, innerhalb einer Frist von 30 Tagen gemeinsam den Vorsitzenden zu benennen (vgl. Art. 12 Abs. 5). Die Parteien können sich auch auf eine davon abweichende Frist einigen. Die Parteien können auch klarstellen, dass sich die Mitschiedsrichter bei der Wahl des Vorsitzenden mit der sie benennenden Partei abstimmen dürfen. Selbstverständlich können die Parteien auch vereinbaren, dass der Vorsitzende direkt von den Parteien selbst gemeinsam benannt werden soll. Empfehlung: Wenn die Parteien in der Schiedsvereinbarung bestimmen, dass der Vorsitzende gemeinsam durch die Mitschiedsrichter ernannt werden soll, ist es ratsam, die Formulierung sorgfältig zu wählen und die Möglichkeit zu bedenken, dass einer der beiden Mitschiedsrichter letztlich vom Gerichtshof gemäß Art. 12 Abs. 4 für eine Partei ernannt werden könnte (z.B. wenn sich der Beklagte nicht am Verfahren beteiligt). Die Parteien sollten eine Formulierung wählen, aus der klar hervorgeht, ob auch in einer derartigen Situation der Vorsitzende durch die beiden Mitschiedsrichter ernannt werden soll. Formulierungen wie „der Vorsitzende wird von den beiden parteiernannten Schiedsrichtern ernannt“ oder „jede Partei ernennt einen Schiedsrichter und diese beiden Schiedsrichter ernennen gemeinsam den Vorsitzenden“ könnten nahelegen, dass die Parteien die Wahl des Vorsitzenden nur dann in die Hände der Mitschiedsrichter legen wollten, wenn tatsächlich beide Mitschiedsrichter von den Parteien ernannt worden sind. Wenn die Parteien
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht dies wünschen, ist es allerdings ratsam, dies ausdrücklich klarzustellen. Die neutrale Formulierung, dass „die beiden Mitschiedsrichter“ gemeinsam den Vorsitzenden ernennen sollen, wird hingegen darauf hindeuten, dass der Vorsitzende in jedem Fall von den Mitschiedsrichtern ernannt werden soll, unabhängig davon, ob dieser von der Partei ernannt wurde. Ungeachtet der gewählten Formulierung sollten die Parteien in derartigen Fällen im Zuge der Bildung des Schiedsgerichts zur Interpretation der Parteivereinbarung Stellung nehmen und entsprechend ihrer Auslegung der Bestimmung beantragen, dass der Vorsitzende entweder vom Gerichtshof benannt oder gemeinsam von den Mitschiedsrichtern ernannt wird.
88 Auswahl durch einen Dritten. Die Parteien können auch vereinbaren, dass der
Einzelschiedsrichter oder der Vorsitzende weder von den Parteien noch vom Gerichtshof, sondern von einem Dritten ausgewählt werden soll („appointing authority“). Dieser Dritte kann eine Person innerhalb oder außerhalb der ICC bzw. des Gerichtshofs sein. Auch in diesem Fall hat der Gerichtshof das letzte Wort über die Bestellung und Ernennung von Schiedsrichtern, weshalb eine etwaige Benennung durch einen Dritten stets noch vom Gerichtshof bestätigt werden muss. Wenn der Dritte nicht existiert oder sich weigert, die von den Parteien gewünschte Benennung eines Vorsitzenden oder Einzelschiedsrichters vorzunehmen, wird der Gerichtshof den Schiedsrichter ernennen (s. Art. 12 Abs. 4).
89 Empfehlung: Wenn die Parteien vereinbaren, dass ein Schiedsrichter von einem Dritten
bestellt werden soll, sollten sie unbedingt sicherstellen, dass dieser Dritte existiert, richtig bezeichnet ist und dass er auch willens ist, eine derartige Bestellung vorzunehmen. So ist bspw. bei der Bestimmung von Personen innerhalb der ICC deren genaue Funktionsbezeichnung zu beachten. Der Präsident des Gerichtshofs („President of the Court“) ist etwa vom Vorsitzenden der ICC („Chair of the ICC“) zu unterscheiden und beide können als „appointing authority“ tätig werden. Generell ist es ratsam, die Auswahl von Schiedsrichtern wie von der ICC-SchO vorgesehen in den Händen der Parteien, der Mitschiedsrichter oder des Gerichtshofs zu belassen und nur in Einzelfällen und aus besonderen Gründen einen Dritten als „appointing authority“ vorzusehen.
90 Listenverfahren. Die Parteien können sich überdies auf ein Listenverfahren ei-
nigen, demzufolge z.B. jede Partei, das Sekretariat oder der Gerichtshof eine bestimmte Anzahl an Schiedsrichtern vorschlägt und die Parteien mittels Streichungen ungewünschter Kandidaten und Reihung der verbleibenden Kandidaten einen Schiedsrichter auswählen. Das Sekretariat und der Gerichtshof werden dabei im Rahmen des Möglichen die ihnen zugedachten Aufgaben erfüllen. Die Parteien können hierbei auch kreative Lösungen vorsehen. So hat in der Vergangenheit etwa der Präsident des Gerichtshofs in Anbetracht eines Gleichstands zwischen zwei Kandidaten am Ende des Listenverfahrens mittels Münzwurfs entschieden, welcher der beiden gleichgereihten Kandidaten vom Gerichtshof ernannt werden soll.
91 Abweichende Fristen. Die Parteien können auch abweichende Fristen für die
Schiedsrichterbenennungen vorsehen. Wenn eine Partei einen Schiedsrichter nach Ablauf dieser gesondert vereinbarten Frist nominiert und eine andere Partei auf dieser Grundlage Einwendungen gegen die Bestätigung dieses Schieds242
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Allgemeine Bestimmungen | Art. 11 ICC-SchO
richters erhebt, wird der Gerichtshof den Kandidaten i.d.R. nicht bestätigen und stattdessen einen Schiedsrichter für die entsprechende Partei ernennen (Art. 12 Abs. 4). In dieser Situation stellt sich die Frage, ob der Gerichtshof eine derart verspätete Benennung eines Schiedsrichters dadurch „heilen“ könnte, dass er denselben Kandidaten, der verspätetet benannt wurde, nun selbst ernennt. Auch wenn die ICC-SchO dem nicht entgegenstehen würde, wird der Gerichtshof dies i.d.R. nicht tun und einen anderen Schiedsrichter auswählen. Wenn die Frage, ob der Schiedsrichter rechtzeitig oder verspätet benannt wurde, strittig ist und dies nur durch Auslegung der insofern nicht eindeutigen Schiedsvereinbarung ermittelt werden kann, wird der Gerichtshof hingegen i.d.R. dazu neigen, den Kandidaten zu bestätigen. Ebenso wird der Gerichtshof Kandidaten i.d.R. bestätigen, wenn diese lediglich nach Ablauf der dafür von der ICC-SchO vorgesehenen Frist benannt wurden, ohne dass die Parteien gesondert eine entsprechende Frist vereinbart haben (vgl. Art. 12 Rz. 30). Anzahl der Schiedsrichter. Nicht zuletzt ist es auch denkbar, dass die Parteien 92 von der in Art. 12 Abs. 1 vorgesehen Anzahl an Schiedsrichtern abweichen und übereinkommen, dass die Streitigkeit von einer anderen Anzahl als einem oder drei Schiedsrichtern entschieden werden soll (z.B. von fünf Schiedsrichtern). Derartige Vereinbarungen sind in der Praxis äußerst selten. Die Parteien sollten in derartigen Fällen darauf achten, dass sie ein wirksames Verfahren für die Auswahl der Schiedsrichter vorsehen. Die Parteien müssen sich dabei auch nicht notwendig auf eine ungerade Anzahl an Schiedsrichtern einigen, solange ein Mechanismus vorgesehen ist, der eine etwaige Stimmengleichheit bei Abstimmungen des Schiedsgerichts auflöst. So könnten die Parteien etwa vereinbaren, dass es bei einer geraden Anzahl an Schiedsrichtern einen Vorsitzenden gibt, der bei Stimmengleichheit das Recht hat, eine Entscheidung herbeizuführen. Sonstige alternative Parteivereinbarungen. Andere Fälle alternativer Parteiver- 93 einbarungen, denen der Gerichtshof in der Praxis folgen könnte, beinhalten etwa (i) die nachträgliche Vereinbarung der Parteien, der Gerichtshof möge einen von mehreren von den Parteien in Betracht gezogenen Kandidaten als Vorsitzenden ernennen, (ii) die nachträgliche Vereinbarung der Parteien, der Gerichtshof möge mittels Münzwurfs entscheiden, welcher von zwei von den Parteien in Betracht gezogenen Kandidaten als Vorsitzender ernannt wird und (iii) die Bestimmung in der Schiedsvereinbarung, dass, falls der Beklagte nicht fristgerecht einen Mitschiedsrichter nominiert, die Streitigkeit alleine durch den vom Kläger ursprünglich als Mitschiedsrichter benannten Kandidaten als Einzelschiedsrichter entschieden wird. Der Gerichtshof wird in seinen Entscheidungen betreffend die Bildung des 94 Schiedsgerichts stets berücksichtigen, ob alle Parteien gleichermaßen die Möglichkeit hatten, bei der Bildung des Schiedsgerichts mitzuwirken. In manchen Rechtsordnungen zählt die Möglichkeit aller Parteien, gleichermaßen auf die Bildung des Schiedsgerichts Einfluss zu nehmen, sogar zum ordre public. Maßgeblich bei allen alternativen Parteivereinbarungen betreffend die Bildung des Nedden/Kopetzki
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht Schiedsgerichts ist daher, dass alle Parteien die gleiche Möglichkeit haben, die Bildung des Schiedsgerichts zu beeinflussen. Zu Problemen kann es diesbezüglich in der Praxis etwa in Mehrparteienverfahren kommen, wenn in der Schiedsvereinbarung ein Verfahren zur Auswahl der Schiedsrichter vorgesehen ist, gemäß dem nicht alle späteren Parteien des Schiedsverfahrens gleichermaßen in die Auswahl der Schiedsrichter involviert sind. Ob der Gerichtshof in derartigen Fällen der alternativen Parteivereinbarung folgt oder nach Art. 12 Abs. 8 bzw. Art. 12 Abs. 9 alle Schiedsrichter ernennt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Der alternativen Parteivereinbarung kann mitunter dann gefolgt werden, wenn die Partei, der in der Schiedsvereinbarung keine gleichen Mitwirkungsrechte eingeräumt sind, einer der beiden Seiten des Schiedsverfahrens zugeordnet werden kann (und es sich somit aufgrund gleichgelagerter Interessen um kein multipolares Schiedsverfahren handelt) und wenn diese Partei keine Einwendungen gegen den von „ihrer“ Seite benannten Schiedsrichter erhebt (s. Art. 12 Rz. 34 ff.). In der Praxis war der Gerichtshof z.B. mit dem Fall konfrontiert, dass die Schiedsvereinbarung in einem Anteilskaufvertrag vorsah, dass der Käufer und der Verkäufer jeweils einen Schiedsrichter zu benennen hatten. Der Bürge, der ebenfalls Vertragspartei und später als zweiter Beklagter Partei des Schiedsverfahrens war, wurde nicht erwähnt. Nachdem die Beklagten keine widerstreitenden Interessen hatten und der Bürge der Benennung des Schiedsrichters durch den ersten Beklagten auch nicht widersprochen hat, ist der Gerichtshof der alternativen Parteivereinbarung gefolgt und hat den vom ersten Beklagten ernannten Kandidaten als Mitschiedsrichter bestätigt. 95 Einigung auf Qualifikationen des Schiedsrichters. Auch wenn die Parteien
keine abweichende Parteivereinbarung zur Bildung des Schiedsgerichts getroffen haben und die Auswahl des Schiedsrichters beim Gerichtshof liegt (s. Art. 13 Abs. 3 und Abs. 4), ist es den Parteien immer noch möglich, Einfluss auf die Bildung des Schiedsgerichts zu nehmen, indem sie sich auf bestimmte Eigenschaften und Qualifikationen des Schiedsrichters einigen. Derartige Eigenschaften und Qualifikationen sollten mit Bedacht gewählt werden, um sicherzustellen, dass der Gerichtshof in angemessener Zeit geeignete Kandidaten finden kann. So können sich die Parteien etwa darauf einigen, dass der Schiedsrichter eine bestimmte Staatsangehörigkeit besitzen muss oder dass er bereits Erfahrung als Schiedsrichter in ICC-Schiedsverfahren gesammelt haben muss. Abzuraten ist hingegen von schwierig zu erfüllenden Kriterien wie eine außergewöhnliche Kombination aus Sprachkenntnissen und Berufserfahrungen oder Kenntnis bestimmter Rechtsordnungen.
F. Offenlegung von Prozessfinanzierern (Abs. 7) Literatur: Barrington, Third-Party Funding and the International Arbitrator, in: Shaughnessy/Tung (Hrsg.), The Powers and Duties of an Arbitrator: Liber Amicorum Pierre A. Karrer (2017), S. 15 ff.; Bogart, Overview of arbitration finance, in: ICC Institute of World Business Law, Third-party Funding in International Arbitration (2013), S. 50 ff.;
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Allgemeine Bestimmungen | Art. 11 ICC-SchO Darwazeh/Leleu, Disclosure and Security for Costs or How to address Imbalances Created by Third-Party Funding, Journal of International Arbitration, Vol. 33, Issue 2 (2016), S. 125 ff.; Frignati, Ethical Implications of third-party funding in international arbitration, Arbitration International (2016), Vol. 32, No 3, S. 505 ff.; Kantor, Risk management tools for respondents - here be dragons, in: ICC Institute of World Business Law, Third-party Funding in International Arbitration (2013), S. 57 ff.; Kaplan, Third-party funding in international arbitration: Issues for counsel, in: ICC Institute of World Business Law, Thirdparty Funding in International Arbitration (2013), S. 70 ff.; Lévy/Bonnan, Third-party funding: Disclosure, joinder and impact on arbitral proceedings, in: ICC Institute of World Business Law, Third-party Funding in International Arbitration (2013), S. 78 ff.; Osmanoglu, Third-Party Funding in International Commercial Arbitration and Arbitrator Conflict of Interest, Journal of International Arbitration, Vol. 32, Issue 3 (2015), S. 325 ff.; Scherer, Third-party funding in international arbitration: Towards mandatory disclosure of funding agreements?, in: ICC Institute of World Business Law, Third-party Funding in International Arbitration (2013), S. 95 ff.
I. Normzweck In den letzten Jahren haben Prozessfinanzierer in der Schiedsgerichtsbarkeit 96 stets an Bedeutung gewonnen. Damit ist auch die Frage etwaiger daraus resultierender Interessenskonflikte vermehrt in den Fokus gerückt. Immerhin könnten Schiedsrichter wirtschaftliche oder sonstige Verbindungen zu einem Prozessfinanzierer haben, die die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Schiedsrichter in Zweifel ziehen könnten (s. Rz. 16). Problematisch ist insb., dass angehende Schiedsrichter oft nicht wissen, ob eine 97 Partei in einem Schiedsverfahren von einem Prozessfinanzierer unterstützt wird, weshalb sie etwaige Verbindungen zu diesem nicht offenlegen können. Art. 11 Abs. 7 soll sicherstellen, dass Schiedsrichter ihren Offenlegungspflichten gemäß Abs. 2 und 3 nachkommen können, indem die Parteien u.a. dazu verpflichtet werden, eine etwaige Involvierung von Prozessfinanzierern offenzulegen. Der Wortlaut von Abs. 7 ist jedoch weit gefasst und nicht auf Prozessfinanzierer beschränkt. Erforderlich ist ganz generell die Bekanntgabe des Bestehens und der Identität einer jeden Person, die keine Partei ist und die eine Vereinbarung zur Finanzierung der Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen abgeschlossen hat, gemäß welcher diese Person ein wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Schiedsverfahrens hat.
II. Änderungshistorie Abs. 7 wurde mit der ICC-SchO 2021 neu eingeführt und soll die Transparenz 98 in ICC-Schiedsverfahren stärken. Zuvor gab es keine Verpflichtung, das Bestehen einer Vereinbarung mit einem Prozessfinanzierer offenzulegen. Wenngleich das Schiedsgericht eine solche Offenlegung im Einzelfall anordnen konnte, geschah dies in der Praxis äußerst selten. Nedden/Kopetzki
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 99 Das X. Buch der ZPO enthält keine vergleichbare Vorschrift, die den Parteien
bestimmte Informationspflichten auferlegen würden, damit der Schiedsrichter seiner Offenlegungspflicht nachkommen kann.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 100 Ein Vergleich ist hier nicht möglich, da es an entsprechenden Regelungen im
staatlichen Verfahren fehlt.
V. Tatbestandsvoraussetzungen 101 Person, die keine Partei des Schiedsverfahrens ist. Voraussetzung der Offenle-
gungspflicht des Abs. 7 ist zunächst das Bestehen einer Person (dies umfasst sowohl natürliche als auch juristische Personen), die eine Vereinbarung zur Finanzierung der Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen abgeschlossen hat (s. dazu Rz. 102) und die selbst keine Partei des Schiedsverfahrens ist. Diese Einschränkung ist einleuchtend, denn wenn diese Person bereits selbst Partei des Schiedsverfahrens wäre, wäre ihr Bestehen und ihre Identität für das Schiedsgericht offenkundig und es müsste etwaige Verbindungen zu dieser ohnehin im Zuge seiner Offenlegungspflichten gemäß Abs. 2 und 3 berücksichtigen. Ausschlaggebend ist der formelle Parteibegriff des Art. 2 (zum Begriff der „Partei“ s. Art. 2 Rz. 11), weshalb es nicht darauf ankommt, ob der Dritte ein sonstiges faktisches oder rechtliches Naheverhältnis zu einer Partei des Verfahrens oder zur verfahrensgegenständlichen Streitigkeit hat. Daher können etwa auch konzernverbundene Unternehmen, Gesellschafter oder Haftpflichtversicherer ggf. vom Anwendungsbereich des Abs. 7 erfasst sein, sofern sie nicht auch zufällig gleichzeitig Partei des Verfahrens sind.
102 Vereinbarung zur Finanzierung der Geltendmachung oder Abwehr von An-
sprüchen. Der Dritte muss eine Vereinbarung zur Finanzierung der Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen abgeschlossen haben. Darunter fällt jede Form der Vereinbarung, aufgrund derer der Dritte direkt oder indirekt die Finanzierung der Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen für eine der Parteien übernimmt. Unbeachtlich ist, ob der Dritte die Finanzierungsvereinbarung direkt mit einer Partei des Verfahrens abgeschlossen hat und ob die Partei aus dieser Vereinbarung unmittelbar berechtigt ist. Somit sind auch entsprechende Vereinbarungen, die ein Dritter etwa mit der Muttergesellschaft der Partei getroffen hat, vom Anwendungsbereich des Abs. 7 umfasst. Es kommt auch nicht darauf an, ob der Dritte direkt Zahlungen an bzw. für die Partei tätigt oder ob die Zahlungen zunächst etwa an die Muttergesellschaft fließen, die in Folge ihrerseits in ihrem eigenen Namen die Prozesskosten bezahlt. Unbeacht246
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Allgemeine Bestimmungen | Art. 11 ICC-SchO
lich ist außerdem, ob die Übernahme der Kosten im Voraus erfolgt (und die Kosten des Verfahrens somit angesichts eines zunächst ungewissen Verfahrensausgangs vorgestreckt werden) oder ob die Kosten ggf. im Nachhinein übernommen werden (wenn klar ist, in welchem Ausmaß die Partei die Kosten des Verfahrens endgültig zu tragen hat). Wirtschaftliches Interesse am Ergebnis des Verfahrens aufgrund der Finan- 103 zierungsvereinbarung. Voraussetzung für die Offenlegungspflicht gemäß Abs. 7 ist außerdem, dass der Dritte aufgrund der Finanzierungsvereinbarung ein wirtschaftliches Interesse am Ergebnis des Verfahrens hat. Der Abschluss der Finanzierungsvereinbarung muss Ursache für das wirtschaftliche Interesse des Dritten am Ausgang des Verfahrens sein. Dies ist insb. dann der Fall, wenn der Dritte aufgrund der Finanzierungsvereinbarung einen Anspruch auf einen Prozentsatz des im Verfahren erstrittenen Betrages hat. Wenn demgegenüber der Dritte zwar ein wirtschaftliches Interesse am Ergebnis des Verfahrens hat, dieses aber unabhängig von der Finanzierungsvereinbarung besteht, begründet dies keine Offenlegungspflicht gemäß Abs. 7. Somit begründen etwa schlichte Vereinbarungen über Gesellschafterzuschüsse oder -darlehen bzw. Kapitalerhöhungen, durch die die Partei mit den nötigen Finanzmitteln für das Schiedsverfahren ausgestattet werden soll, üblicherweise noch keine Offenlegungspflicht. In solchen Fällen resultiert das wirtschaftliche Interesse am Ergebnis des Verfahrens i.d.R. unmittelbar aus der Gesellschafterstellung, nicht aus der Vereinbarung über die Mittelzuführung. Auch wenn eine Partei etwa bei ihrer Hausbank einen Kredit für den Zweck der Finanzierung des Schiedsverfahrens aufnimmt, hat die Bank zwar womöglich ein wirtschaftliches Interesse am Ergebnis des Verfahrens (z.B. wenn dieses die wirtschaftliche Lage ihres langjährigen Geschäftspartners wesentlich verschlechtern könnte), dieses Interesse resultiert allerdings üblicherweise nicht aus der Finanzierungsvereinbarung. Insbesondere wird das Vorliegen eines wirtschaftlichen Interesses am Ausgang des Verfahrens aufgrund einer solchen Finanzierungsvereinbarung dann zu verneinen sein, wenn ein ausreichend großer Haftungsfonds vorhanden oder die Finanzierung entsprechend besichert ist, weshalb die Forderung voraussichtlich unabhängig vom Ergebnis des Verfahrens befriedigt werden kann. Es begründet somit nicht schlechthin jede Finanzierungsvereinbarung mit einem Dritten, der ein wirtschaftliches Interesse am Ergebnis des Verfahrens hat, die Offenlegungspflicht gemäß Abs. 7. Gewerbliche Prozessfinanzierer. Der klassische Fall, den Abs. 7 vor Augen hat 104 und der entsprechende Offenlegungspflichten auslöst, ist das Bestehen einer Finanzierungsvereinbarung mit einem gewerblichen Prozessfinanzierer. Mit einer solchen Vereinbarung, die meist von der klagenden Partei abgeschlossen wird, verpflichtet sich ein gewerblicher Prozessfinanzierer zur Übernahme der Verfahrenskosten und erhält im Gegenzug einen Prozentsatz des im Verfahren erstrittenen Betrages. Doch auch andere Vereinbarungen können als Vereinbarung zur Finanzierung der Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen qualifiziert werden und dazu führen, dass ein Dritter ein wirtschaftliches Interesse am Nedden/Kopetzki
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht Ergebnis des Verfahrens hat. Einige dieser Vereinbarungen werden im Folgenden näher dargestellt. 105 Rechtsschutzversicherungen. Rechtsschutzversicherungen versichern das Ri-
siko eines Rechtsstreits und tragen im Verlustfall die Kosten der versicherten Partei sowie ggf. die Kosten der Gegenpartei. Sie haben somit ein wirtschaftliches Interesse am Ergebnis des Verfahrens, dessen Grundlage der mit der versicherten Partei abgeschlossene Versicherungsvertrag ist. Auch Rechtsschutzversicherungen fallen daher unter den Anwendungsbereich des Abs. 7.
106 Haftpflichtversicherungen. Auch Haftpflichtversicherungen können vom An-
wendungsbereich des Abs. 7 umfasst sein. Im Gegensatz zu Prozessfinanzierern, die i.d.R. die klagende Partei unterstützen und deren Ansprüche finanzieren, sind Haftpflichtversicherungen meist der Sphäre des Beklagten zuzuordnen, den sie im Falle einer Verurteilung schadlos halten müssen. Auch ein Haftpflichtversicherer ist eine dritte Person i.S.d. Abs. 7, sofern er nicht ausnahmsweise selbst als Kläger oder Beklagte auftritt (a.A. von Goeler, S. 54 f., demgemäß Haftpflichtversicherungen nicht als Dritte zu qualifizieren seien, weil sie üblicherweise den Parteivertreter der versicherten Partei auch mit der Wahrnehmung ihrer Interessen mandatieren würden). Sofern die Haftpflichtversicherung auch die Pflicht umfasst, dem versicherten Beklagten die Kosten seiner Verteidigung zu ersetzen, kann es sich bei einer Haftpflichtversicherung um einen prozessfinanzierenden Dritten i.S.d. Abs. 7 handeln.
107 Erfolgshonorarvereinbarungen. Dem Wortlaut nach wären auch erfolgs-
basierte Honorarvereinbarungen mit Parteivertretern, demgemäß diese den Wert ihrer eigenen Arbeitsleistung in den Fall investieren und im Gegenzug am Ausgang des Schiedsverfahrens partizipieren, vom Anwendungsbereich des Abs. 7 umfasst. Wird der Fall verloren, erhält der Parteivertreter kein oder nur ein reduziertes Honorar; wird der Fall gewonnen, erhält er einen Prozentsatz des erstrittenen Betrages oder ein erhöhtes Honorar. Nichtsdestotrotz begründen derartige erfolgsbasierte Honorarvereinbarungen i.d.R. keine Offenlegungspflicht gemäß Abs. 7, denn die Parteivertreter sind bereits aktenkundig und etwaige Verbindungen zu diesen müssen daher von Schiedsrichtern im Zuge der Erfüllung ihrer Offenlegungspflichten gemäß Abs. 2 und Abs. 3 ohnehin bereits berücksichtigt werden. Zwar darf nicht übersehen werden, dass erfolgsbasierte Honorarvereinbarungen zur Folge haben, dass Parteivertreter ein spezielles wirtschaftliches Interesse am Obsiegen der von ihnen vertreten Partei haben, das über das übliche Interesse, das ein Parteivertreter am Obsiegen „seiner“ Partei hat, hinausgeht. Dies könnte u.U. auch weitergehende Offenlegungspflichten von Schiedsrichtern begründen, die über die üblichen Offenlegungspflichten im Zusammenhang mit Parteivertretern hinausgehen. In Fällen, in denen der Parteivertreter ein besonders großes wirtschaftliches Interesse am Obsiegen hat (etwa weil sein möglicher Gewinn sehr hoch ist oder weil er im Verlustfall überhaupt kein Honorar erhalten würde), könnte dies für eine (freiwillige) Offenlegung einer entsprechenden Vereinbarung bereits zu Beginn des Schiedsverfahrens sprechen, um nicht den Bestand und die Vollstreckbarkeit des Schieds248
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Allgemeine Bestimmungen | Art. 11 ICC-SchO
spruchs wegen fehlender Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit des Schiedsgerichts zu gefährden. Da aber gemäß Abs. 7 der Inhalt der Finanzierungsvereinbarung ohnehin nicht offengelegt werden muss (s. Rz. 108) und ein Schiedsrichter das Ausmaß des wirtschaftlichen Interesses des Parteivertreters am Ausgang des Schiedsverfahrens daher ohnehin nicht beurteilen kann, ist eine Offenlegungspflicht von Erfolgshonorarvereinbarungen gemäß Abs. 7 zu verneinen. Inhalt der Finanzierungsvereinbarung. Nicht erforderlich ist es, den Inhalt der 108 Finanzierungsvereinbarung oder gar die Finanzierungsvereinbarung selbst offenzulegen. Der Inhalt der Finanzierungsvereinbarung könnte allerdings später im Verfahren im Zusammenhang mit der Kostenentscheidung eine Rolle spielen, sofern die Partei versucht, auch die Kosten ihres Prozessfinanzierers als Kosten des Schiedsverfahrens gelten zu machen (s. dazu Art. 38 Rz. 38).
VI. Rechtsfolgen: Offenlegungspflicht Offenlegungspflicht der Parteien. Wenn eine entsprechende Finanzierungsver- 109 einbarung mit einem Dritten vorliegt, muss jede Partei unverzüglich das Sekretariat, das Schiedsgericht (soweit dieses bereits gebildet wurde) und die anderen Parteien über diesen Umstand informieren. Der Wortlaut des Abs. 7 ist dabei weit gefasst und verpflichtet jede Partei des Schiedsverfahrens zur Offenlegung, unabhängig davon, ob die Vereinbarung von ihr selbst mit dem Dritten abgeschlossen wurde und auch unabhängig davon, ob sie zu ihren Gunsten abgeschlossen wurde. Faktische Voraussetzung ist freilich, dass eine Partei von einer solchen Vereinbarung Kenntnis hat. Die Offenlegungspflicht trifft ausschließlich die Parteien des Verfahrens; insb. trifft sie nicht den Dritten, der die Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen hat. Zeitpunkt der Offenlegung. Die Offenlegung hat unverzüglich zu erfolgen, d.h. 110 sobald eine Partei vom Bestehen und der Identität eines Dritten, der eine entsprechende Vereinbarung zur Finanzierung der Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen abgeschlossen hat, Kenntnis erlangt. Wenn eine Vereinbarung mit einem Prozessfinanzierer über die Finanzierung der Ansprüche des Klägers besteht, hat der Kläger diesen Umstand daher in der Schiedsklage offenzulegen. Wenn eine solche Vereinbarung zu Gunsten des Beklagten getroffen wurde, hat dieser den Umstand spätestens mit Abschluss dieser Vereinbarung, jedoch frühestens mit seiner Klageantwort bzw. einem etwaigen Antrag auf Fristverlängerung für das Einreichen der Klageantwort offenzulegen. Hat der Beklagte eine Rechts- oder Haftpflichtversicherung abgeschlossen, muss der Beklagte das Bestehen und die Identität des Versicherers jedenfalls dann offenlegen, sobald dieser die Übernahme der Deckung akzeptiert. Sollte die Übernahme der Deckung strittig sein, sollte die Offenlegung dennoch vorsichtshalber bereits frühzeitig erfolgen, ohne diesbezüglich den Ausgang eines Rechtsstreits abzuwarten. Vertraulichkeit der Finanzierungsvereinbarung. Angesichts der Offenlegungs- 111 pflicht in Abs. 7 sollte darauf geachtet werden, dass die FinanzierungsvereinNedden/Kopetzki
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Art. 11 ICC-SchO | Das Schiedsgericht barung keine Vertraulichkeitsbestimmung enthält, die der Partei die Offenlegung des Prozessfinanzierers untersagen würde. Eine derartige Vertraulichkeitsverpflichtung gegenüber dem Dritten würde die Offenlegungspflicht einer Partei gemäß Abs. 7 nicht beschränken. 112 Keine spezifische Offenlegungspflicht des Schiedsrichters. Abs. 7 normiert le-
diglich die Offenlegungspflicht der Parteien und begründet keine spezifische Offenlegungspflicht für Schiedsrichter. Die Offenlegungspflicht der Schiedsrichter richtet sich auch in Bezug auf etwaige Dritte, die eine Vereinbarung zur Finanzierung der Geltendmachung oder Abwehr von Ansprüchen abgeschlossen haben, ausschließlich nach Abs. 2 und Abs. 3. Es liegt also an den Schiedsrichtern zu beurteilen, ob eine Offenlegung der Parteien gemäß Abs. 7 eine Offenlegungspflicht des Schiedsgerichts gemäß Abs. 2 oder Abs. 3 begründet. Von Seiten der Schiedsrichter offenzulegende Umstände könnten bspw. eine finanzielle Beteiligung an dem Dritten, eine Zusammenarbeit mit einem etwaigen Prozessfinanzier als Parteivertreter, die wiederholte Benennung als Schiedsrichter in Verfahren mit Involvierung des Prozessfinanziers oder die Existenz von anderen (etwa freundschaftlichen oder verwandtschaftlichen) Beziehungen zum Dritten betreffen.
113 Sonstige prozessualen Folgen der Offenlegung. Die bloße Offenlegung, dass
eine Finanzierungsvereinbarung mit einem Dritten zu Gunsten einer Partei besteht, sollte für sich genommen – abgesehen von einer etwaigen dadurch begründeten Offenlegungspflicht der Schiedsrichter – keine besonderen prozessualen Folgen haben. So stellt etwa der bloße Umstand, dass eine Partei durch einen Prozessfinanzierer unterstützt wird, keinen Ablehnungsgrund für einen Schiedsrichter dar (selbst wenn man davon ausgehen mag, dass Prozessfinanzier die Fälle für gewöhnlich gründlich prüfen und nur erfolgsversprechende Ansprüche unterstützen, womit eine gewisse Prädisposition des Schiedsrichters zu Gunsten dieser Partei unterstellt werden könnte). Außerdem wird die bloße Existenz einer Finanzierungsvereinbarung für sich genommen noch kein Grund für die Stattgabe eines Antrags auf Prozesskostensicherheit sein, zumal es auch für ausreichend liquide Unternehmen mitunter wirtschaftlich sinnvoll sein kann, eine Finanzierungsvereinbarung zu schließen.
114 Allerdings kann die Involvierung eines Prozessfinanzierers sehr wohl andere
Auswirkungen auf das Verfahren haben. So könnte etwa im Zusammenhang mit Anträgen auf Dokumentenvorlage umstritten sein, inwieweit Dokumente, die zwischen dem Prozessfinanzierer und der Partei ausgetauscht wurden, von einer etwaigen Vorlagepflicht umfasst sind (s. dazu von Goeler, S. 163 ff.). Außerdem könnten sich Probleme im Zusammenhang mit der Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens ergeben. So könnte etwa umstritten sein, ob der Prozessfinanzierer bei einer mündlichen Verhandlung anwesend sein darf (s. von Goeler, S. 325 ff.). Nicht zuletzt kann im Zusammenhang mit der Kostenentscheidung des Schiedsgerichts die Frage auftreten, ob Kosten der Prozessfinanzierer als Kosten des Schiedsverfahrens erstattungsfähig sind (s. dazu Art. 38 Rz. 38).
115 Konsequenzen einer fehlenden Offenlegung. Die ICC-SchO sieht keine Kon-
sequenzen für eine Missachtung der Offenlegungspflicht gemäß Abs. 7 vor. 250
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Bildung des Schiedsgerichts | Art. 12 ICC-SchO
Wenn eine Partei das Bestehen und die Identität eines Dritten, der eine entsprechende Finanzierungsvereinbarung abgeschlossen hat, nicht offenlegt, könnte dies allerdings den Bestand und die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs gefährden. Diese Gefahr besteht insb. dann, wenn sich später herausstellt, dass ein Schiedsrichter Verbindungen zu diesem Dritten hat und deswegen seine Unparteilichkeit und Unabhängigkeit in Zweifel gezogen werden kann. Darüber hinaus könnte eine unterlassene oder verspätete Offenlegung Kostenfolgen haben, wenn deshalb ein Schiedsrichter zurücktritt oder erfolgreich abgelehnt wird und ersetzt werden muss. Die dadurch verursachten Mehrkosten und Verfahrensverzögerungen können vom Schiedsgericht im Zuge seiner Kostenentscheidung berücksichtigt werden.
G. Abweichende Parteivereinbarungen Mit Ausnahme von Abs. 6 eröffnet Art. 11 keine ausdrückliche Möglichkeit für 116 abweichende Parteivereinbarungen, soweit dies zum Ausschluss der Abs. 1 bis 5 führt. Insbesondere ist das Erfordernis des Abs. 1, dass jeder Schiedsrichter unparteiisch und von den Parteien unabhängig sein muss, ein zentraler Bestandteil von ICC-Schiedsverfahren, der im Vorhinein nicht wirksam abbedungen werden kann. Allerdings kann die Verpflichtung der Schiedsrichter gemäß Abs. 1 durch die 117 Parteien im Vorhinein dahingehend präzisiert werden, dass bestimmte Umstände jedenfalls die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit eines Schiedsrichters ausschließen. So können die Parteien etwa vereinbaren, dass bestimmte in den IBA-Guidelines erfasste Situationen keinesfalls vorliegen dürfen. Umgekehrt können die Parteien nicht wirksam vereinbaren, dass ausschließlich von diesen Guidelines erfasste Umstände die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Schiedsrichter in Zweifel ziehen können. Der Gerichtshof wendet bei seiner Entscheidung, ob er Schiedsrichter wegen fehlender Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit bestätigt oder einem gegen sie gerichteten Ablehnungsantrag stattgibt, seine eigenen Maßstäbe an. Die Parteien können zwar wirksam strengere, nicht jedoch lockerere Maßstäbe vereinbaren. In Zweifelsfällen kann aber eine entsprechende Vereinbarung der Parteien den Ausschlag geben, dass der Gerichtshof die Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit eines Schiedsrichters gewahrt sieht. Schließlich dürfen freilich über Art. 11 Abs. 5 hinausgehende Verpflichtungen 118 vereinbart werden. Dies ist auch regelmäßig der Fall und wird etwa im Rahmen des Schiedsauftrags festgehalten.
Artikel 12 Bildung des Schiedsgerichts Anzahl der Schiedsrichter (1) Alle Streitigkeiten werden durch einen Einzelschiedsrichter oder durch drei Schiedsrichter entschieden. Nedden/Kopetzki und Wagner/Herzberg
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Art. 12 ICC-SchO | Das Schiedsgericht (2) Haben die Parteien die Anzahl der Schiedsrichter nicht vereinbart, ernennt der Gerichtshof einen Einzelschiedsrichter, sofern er nicht angesichts der Bedeutung der Streitigkeit die Ernennung von drei Schiedsrichtern für gerechtfertigt hält. In diesem Falle benennt der Kläger einen Schiedsrichter binnen 15 Tagen ab Zustellung der Entscheidung des Gerichtshofs. Der Beklagte benennt einen Schiedsrichter binnen 15 Tagen ab Zustellung der vom Kläger vorgenommenen Benennung. Unterlässt es eine Partei, einen Schiedsrichter zu benennen, so wird dieser vom Gerichtshof ernannt. Einzelschiedsrichter (3) Sind die Parteien übereingekommen, dass die Streitigkeit durch einen Einzelschiedsrichter entschieden werden soll, können sie den Einzelschiedsrichter gemeinsam zur Bestätigung benennen. Einigen sich die Parteien nicht binnen 30 Tagen ab Empfang der Klage durch die andere Partei oder die anderen Parteien oder innerhalb einer dafür vom Sekretariat gewährten Fristverlängerung, so wird der Einzelschiedsrichter durch den Gerichtshof ernannt. Drei Schiedsrichter (4) Sind die Parteien übereingekommen, dass die Streitigkeit durch drei Schiedsrichter entschieden werden soll, benennt jede Partei – der Kläger in der Klage und der Beklagte in der Antwort – einen Schiedsrichter zur Bestätigung. Unterlässt es eine Partei, einen Schiedsrichter zu benennen, so wird er vom Gerichtshof ernannt. (5) Ist ein Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern zu bilden, wird der dritte Schiedsrichter, der den Vorsitz im Schiedsgericht führt, durch den Gerichtshof ernannt, es sei denn, die Parteien haben ein anderes Benennungsverfahren vorgesehen; in letzterem Falle bedarf seine Benennung der Bestätigung gemäß Artikel 13. Führt dieses Verfahren nicht innerhalb von 30 Tagen nach Bestätigung oder Ernennung der Mitschiedsrichter oder innerhalb einer anderen von den Parteien vereinbarten oder dem Gerichtshof gesetzten Frist zu einer Benennung, wird der dritte Schiedsrichter durch den Gerichtshof ernannt. (6) Mehrere Kläger oder mehrere Beklagte haben im Falle der Bildung eines Schiedsgerichts mit drei Schiedsrichtern jeweils gemeinsam einen Schiedsrichter zur Bestätigung nach Artikel 13 zu benennen. (7) Soweit eine zusätzliche Partei einbezogen wurde (Artikel 7(1)) und ein Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern zu bilden ist, kann diese zusätzliche Partei gemeinsam mit dem (oder den) Kläger(n) oder gemeinsam mit dem (oder den) Beklagte(n) vorbehaltlich der Regelung des Artikel 7(5) einen Schiedsrichter zur Bestätigung nach Artikel 13 benennen. (8) Erfolgt keine gemeinsame Benennung gemäß Artikel 12(6) oder 12(7), und können sich die Parteien nicht auf ein Verfahren zur Benennung von Schiedsrichtern einigen, so kann der Gerichtshof alle Schiedsrichter ernennen und soll einen von ihnen als Vorsitzenden bestimmen. Bei der Ernennung zum Schiedsrichter kann der Gerichtshof jede ihm geeignet erschei252
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nende Person auswählen, wobei er gemäß Artikel 13 vorgehen kann, wenn er dies für sachdienlich hält. (9) Unbeschadet der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung zur Methode der Bildung des Schiedsgerichts ist der Gerichtshof in Ausnahmefällen berechtigt, jedes Mitglied des Schiedsgerichts zu ernennen, um ein erhebliches Risiko einer Ungleichbehandlung oder Unbilligkeit, das sich auf die Wirksamkeit des Schiedsspruchs auswirken könnte, zu vermeiden. Article 12: Constitution of the Arbitral Tribunal Number of Arbitrators (1) The disputes shall be decided by a sole arbitrator or by three arbitrators. (2) Where the parties have not agreed upon the number of arbitrators, the Court shall appoint a sole arbitrator, save where it appears to the Court that the dispute is such as to warrant the appointment of three arbitrators. In such case, the claimant shall nominate an arbitrator within a period of 15 days from the receipt of the notification of the decision of the Court, and the respondent shall nominate an arbitrator within a period of 15 days from the receipt of the notification of the nomination made by the claimant. If a party fails to nominate an arbitrator, the appointment shall be made by the Court. Sole Arbitrator (3) Where the parties have agreed that the dispute shall be resolved by a sole arbitrator, they may, by agreement, nominate the sole arbitrator for confirmation. If the parties fail to nominate a sole arbitrator within 30 days from the date when the claimant’s Request for Arbitration has been received by the other party, or within such additional time as may be allowed by the Secretariat, the sole arbitrator shall be appointed by the Court. Three Arbitrators (4) Where the parties have agreed that the dispute shall be resolved by three arbitrators, each party shall nominate in the Request and the Answer, respectively, one arbitrator for confirmation. If a party fails to nominate an arbitrator, the appointment shall be made by the Court. (5) Where the dispute is to be referred to three arbitrators, the third arbitrator, who will act as president of the arbitral tribunal, shall be appointed by the Court, unless the parties have agreed upon another procedure for such appointment, in which case the nomination will be subject to confirmation pursuant to Article 13. Should such procedure not result in a nomination within 30 days from the confirmation or appointment of the co-arbitrators or any other time limit agreed by the parties or fixed by the Court, the third arbitrator shall be appointed by the Court. (6) Where there are multiple claimants or multiple respondents, and where the dispute is to be referred to three arbitrators, the multiple claimants, jointly, and the multiple respondents, jointly, shall nominate an arbitrator for confirmation pursuant to Article 13. (7) Where an additional party has been joined (Article 7(1)), and where the dispute is to be referred to three arbitrators, the additional party may, jointly with the claimant(s) or with the respondent(s), nominate an arbitrator for confirmation pursuant to Article 13 and subject to Article 7(5). (8) In the absence of a joint nomination pursuant to Articles 12(6) or 12(7) and where all parties are unable to agree to a method for the constitution of the arbitral tribunal, the Court may appoint each member of the arbitral tribunal and shall designate one of them
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Art. 12 ICC-SchO | Das Schiedsgericht to act as president. In such cases, the Court shall be at liberty to choose any person it regards as suitable to act as arbitrator, applying Article 13 when it considers this appropriate. (9) Notwithstanding any agreement by the parties on the method of constitution of the arbitral tribunal, in exceptional circumstances the Court may appoint each member of the arbitral tribunal to avoid a significant risk of unequal treatment and unfairness that may affect the validity of the award. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1–2 Entscheidungskompetenz des Gerichtshofs hinsichtlich Anzahl der Schiedsrichter bei fehlender Parteivereinbarung. → Rz. 1–8; Abs. 3 regelt die Bildung des Schiedsgerichts mit einem Einzelschiedsrichter. → Rz. 9–17; Abs. 4–6 regeln die Bildung eines Dreierschiedsgerichts im Zweiparteienverfahren. → Rz. 24–33; Abs. 6–8 regeln die Bildung eines Dreierschiedsgerichts im Mehrparteienverfahren. → Rz. 34–38; Abs. 9 ermöglicht es dem Gerichtshof alle Mitglieder des Schiedsgerichts zu ernennen, wenn dies zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung oder Unbilligkeit, die sich auf die Wirksamkeit des Schiedsspruchs auswirken könnte, notwendig ist. → Rz. 39 Kostenaspekte: Kosten des Schiedsverfahrens von Anzahl der Schiedsrichter abhängig. → Rz. 8 A. Anzahl der Schiedsrichter (Abs. 1 und 2 Satz 1) . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Änderungshistorie . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu § 1034 Abs. 1 ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Grundregel (Abs. 1) . . . . . . . . . VI. Bildung des Schiedsgerichts mangels Parteivereinbarung (Abs. 2 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . VII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Einzelschiedsrichter bei entsprechender Parteivereinbarung (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Änderungshistorie . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu § 1035 Abs. 3 Satz 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Benennung durch die Parteien . . VI. Ernennung durch den Gerichtshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Drei Schiedsrichter (Abs. 2 Satz 2–4, Abs. 4–8) . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . .
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9 9 10 11 12 13 16 18 18
II. Änderungshistorie . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu § 1035 Abs. 3 Satz 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Bildung des Schiedsgerichts in Zweiparteienschiedsverfahren (Abs. 2 Satz 2–4, Abs. 4 und 5) . 1. Die parteibenannten Schiedsrichter (Abs. 2 Satz 2–4, Abs. 4) . 2. Der Vorsitzende (Abs. 5) . . . . . VI. Bildung des Schiedsgerichts in Mehrparteienschiedsverfahren (Abs. 6 bis 8) . . . . . . . . . . . . . . 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . 2. Mehrheit von Klägern oder Beklagten (Abs. 6) . . . . . . . . . . 3. Einbeziehung einer weiteren Partei (Abs. 7) . . . . . . . . . . . . . 4. Ernennung durch den Gerichtshof (Abs. 8) . . . . . . . . . . . . . . . D. Ausweichklausel (Abs. 9) . . . . . E. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
_ _ _ _ __ __ _ _ __ _ 21 22 23 24
24 31 34 34 35 36 37 39 40
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A. Anzahl der Schiedsrichter (Abs. 1 und 2 Satz 1) Literatur: Fry/Greenberg, The Arbitral Tribunal: Applications of Articles 7–12 of the ICC Rules in Recent Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 2 (2009), S. 12 ff.; Herzberg, Selecting ICC Arbitrators: What’s New Under the Revised Rules?, Mealey’s International Arbitration Report (2012), S. 1 ff.; Imhoos, The ICC Arbitral Process – Part I: Constituting the Arbitral Tribunal, ICC Court Bulletin, Vol. 2 No. 2 (1991), S. 3 ff.; Mourre, Are Unilateral Appointments Defensible? On Jan Paulsson’s Moral Hazard in International Arbitration, in: Liber Amicorum Eric Bergsten (2011), S. 380 ff.; Paulsson, Moral Hazard in International Dispute Resolution, ICSID Review – Foreign Investment Law Journal, Vol. 25 Issue 2 (2010); S. 339 ff.
I. Normzweck Art. 12 Abs. 1 und 2 enthalten Regelungen betreffend die Anzahl der Schieds- 1 richter in einem ICC-Schiedsverfahren. So legt Art. 12 Abs. 1 fest, dass alle Streitigkeiten durch einen Einzelschiedsrichter oder durch drei Schiedsrichter entschieden werden. Eine andere Anzahl von Schiedsrichtern kennt die ICC-SchO nicht. Sie lässt sich zwar vereinbaren (Art. 11 Abs. 6), ist aber aus Kosten- und Praktikabilitätsgründen nicht empfehlenswert. Sofern die Parteien die Anzahl der Schiedsrichter nicht vereinbart haben, ernennt der Gerichtshof i.d.R. nach Art. 12 Abs. 2 einen Einzelschiedsrichter. Nur wenn die Bedeutung der Streitigkeit es rechtfertigt, wird die Angelegenheit einem Dreierschiedsgericht übertragen. Die Regelung in Art. 12 Abs. 2 ist insoweit eine flexible Regelung. Sie überlässt es der ICC insb. mit Blick auf die Höhe des Streitwerts, einen Einzelschiedsrichter zu benennen, so dass die Kosten erheblich reduziert und im Übrigen auch das Verfahren zur Schiedsrichterbenennung vereinfacht werden. Deshalb empfiehlt die ICC in ihrer Standardschiedsklausel auch regelmäßig nicht, die Anzahl der Schiedsrichter im Vorfeld festzulegen.
II. Änderungshistorie Bei den zurückliegenden Reformen von 2017 und 2021 wurden keine Änderun- 2 gen am Wortlaut von Art. 12 Abs. 1, 2 vorgenommen. Erwähnenswert ist allerdings die sich aus Art. 2 Abs. 1 Anhang VI ergebende Einschränkung der Parteiautonomie im Hinblick auf die Zahl der Schiedsrichter im beschleunigten Verfahren (dazu Art. 30 Rz. 41 ff.).
III. Verhältnis zu § 1034 Abs. 1 ZPO § 1034 Abs. 1 ZPO bestimmt, dass die Anzahl der Schiedsrichter drei ist, sofern 3 keine anderweitige Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen wurde. Diese Regelung wird durch Art. 12 Abs. 1 und 2 abbedungen. Wagner/Herzberg
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Art. 12 ICC-SchO | Das Schiedsgericht IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4 Im staatlichen Verfahren ist die Anzahl der Richter von Instanz zu Instanz und
in Abhängigkeit von Spruchkörper und Art der Angelegenheit unterschiedlich. Insoweit wird auf die entsprechenden Bestimmungen im GVG sowie §§ 348 ff. ZPO verwiesen.
V. Grundregel (Abs. 1) 5 Als Grundregel werden ICC-Schiedsverfahren durch Einzelschiedsrichter oder
Dreierschiedsgerichte geführt, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben (Art. 11 Abs. 6). Dies gilt unabhängig davon, wie viele Kläger oder Beklagte an dem Schiedsverfahren teilnehmen. Zur ausnahmsweisen Möglichkeit, dass ein zunächst als Dreierschiedsgericht gebildetes Schiedsgericht das Schiedsverfahren nach dem Ausscheiden eines Mitglieds in geringerer Besetzung fortführt, s. Art. 15 Abs. 5 und hierzu Art. 15 Rz. 39 ff.
VI. Bildung des Schiedsgerichts mangels Parteivereinbarung (Abs. 2 Satz 1) 6 Art. 12 Abs. 2 Satz 1 gibt vor, dass mangels anderweitiger Parteivereinbarung
Streitsachen grds. einem Einzelschiedsrichter zu übertragen sind, es sei denn, der Gerichtshof hält ein Dreierschiedsgericht für gerechtfertigt. Grund für die Regelung ist, dass Dreierschiedsgerichte die Kosten des Schiedsverfahrens nahezu verdreifachen und regelmäßig mit Dreierschiedsgerichten auch eine längere Verfahrensdauer verbunden ist. Die Einsetzung eines Dreierschiedsgerichts kann dennoch geboten sein, insb. im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung des Falles oder aber wenn der Sachverhalt ungewöhnlich komplex ist, z.B. wenn verschiedene Rechtsordnungen berührt sind oder eine besonders umfangreiche Beweisaufnahme zu erwarten ist. Ohne dass fixe Wertgrenzen existieren, entspricht es derzeit der Praxis des Gerichtshofs, bei Streitwerten von unter 10 Mio. USD regelmäßig einen Einzelschiedsrichter und bei solchen über 30 Mio. USD regelmäßig ein Dreierschiedsgericht einzusetzen. Auch in Verfahren mit Streitwerten unter 10 Mio. USD kann aber ein Dreierschiedsgericht in Betracht kommen, etwa in überdurchschnittlich komplexen Verfahren, solchen mit Staatenbeteiligung und/oder in Verfahren, in denen verschiedene Rechtsordnungen oder kulturelle Hintergründe eine Rolle spielen. Ein Dreierschiedsgericht kann ferner dann angezeigt sein, wenn ein enger Zusammenhang zu einer bereits anhängigen Schiedssache besteht, in der älteren Sache bereits ein Dreierschiedsgericht konstituiert ist und es denkbar erscheint, dass in der neuen Sache dieselben Schiedsrichter bestätigt bzw. ernannt werden sollen wie in der bereits anhängigen Sache oder dass die beiden Sachen gemäß Art. 10 verbunden werden könnten (zum Ganzen Herzberg, Mealey’s International Arbitration Report (2012), 1 [2]). 256
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Eine Parteivereinbarung kann auch noch nach Beginn des Schiedsverfahrens 7 getroffen werden. Wird zugleich Zuständigkeitsrüge erhoben, begibt sich die Beklagtenpartei mit einer Einigung auf die Zahl der Schiedsrichter keiner verfahrensrechtlichen Rechtsposition.
VII. Kosten Die Kosten für einen Einzelschiedsrichter oder ein Dreierschiedsgericht weichen 8 erheblich voneinander ab. Näheres ergibt sich aus der Kostentabelle in Anhang III, die in Abhängigkeit vom Streitwert nicht verbindliche Unter- und Obergrenzen für die Schiedsrichterhonorare festlegt. Ein praktisches Hilfsmittel ist der Gebührenrechner auf der Internetseite des Gerichtshofs (https:// iccwbo.org/dispute-resolution-services/arbitration/costs-and-payments/cost-calcu lator/), der zwar keine verbindliche Aussage über die zu erwartenden Kosten trifft, aber zumindest Anhaltspunkte dafür bietet, welche Kosten auf die Parteien zukommen können, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Auslagen des Schiedsgerichts sowie die Umsatzsteuer nicht berücksichtigt sind. Über die tatsächliche Höhe der Kosten entscheidet jedoch der Gerichtshof nach Abschluss des Verfahrens (ausführlich dazu Art. 38 Rz. 1 ff.).
B. Einzelschiedsrichter bei entsprechender Parteivereinbarung (Abs. 3) Literatur: Fry/Greenberg, The Arbitral Tribunal: Applications of Articles 7–12 of the ICC Rules in Recent Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 2 (2009), S. 12 ff.; Imhoos, The ICC Arbitral Process – Part I: Constituting the Arbitral Tribunal, ICC Court Bulletin, Vol. 2 No. 2 (1991), S. 3 ff.
I. Normzweck Art. 12 Abs. 3 räumt den Parteien im Falle der grds. Einigung, dass das Schieds- 9 gericht aus einem Einzelschiedsrichter bestehen soll, die Möglichkeit ein, den Einzelschiedsrichter gemeinsam zu benennen, der im Anschluss durch den Generalsekretär nach Art. 13 Abs. 2 oder auch durch den Gerichtshof bestätigt wird. Sofern die Parteien sich jedoch nicht auf die Person des Einzelschiedsrichters verständigen können, was häufig der Fall ist, wird der Einzelschiedsrichter durch den Gerichtshof ernannt.
II. Änderungshistorie Bei den zurückliegenden Reformen von 2017 und 2021 wurden in Abs. 3 ledig- 10 lich redaktionelle Änderungen vorgenommen. Wagner/Herzberg
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Art. 12 ICC-SchO | Das Schiedsgericht III. Verhältnis zu § 1035 Abs. 3 Satz 1 ZPO 11 § 1035 Abs. 3 Satz 1 ZPO bestimmt, dass auf Antrag einer Partei das nach
§ 1062 Abs. 1 Nr. 1 zuständige OLG den Einzelschiedsrichter bestellt, falls sich die Parteien auf die Person des Einzelschiedsrichters nicht verständigen können. Die Regelung wird freilich durch Art. 12 Abs. 3 abbedungen.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 12 Im staatlichen Verfahren ist die Anzahl der Richter von Instanz zu Instanz und
in Abhängigkeit von Spruchkörper und Art der Angelegenheit unterschiedlich. Insoweit wird auf die entsprechenden Bestimmungen im GVG sowie §§ 348 ff. ZPO verwiesen.
V. Benennung durch die Parteien 13 Die Parteien können sich auf einen Einzelschiedsrichter verständigen und diesen
gemeinsam benennen; der Benannte bedarf nach Einholung der Erklärungen gemäß Art. 11 Abs. 2 durch das Sekretariat (dazu Art. 11 Rz. 46–59) der Bestätigung durch den Generalsekretär bzw. durch den Gerichtshof. Können die Parteien sich nicht auf eine Person einigen, ernennt der Gerichtshof den Einzelschiedsrichter nach Maßgabe des Art. 13 Abs. 1, 3–5. Für die gemeinsame Benennung haben die Parteien 30 Tage ab Empfang der Klage durch die andere Partei oder die anderen Parteien oder eine vom Sekretariat ggf. gewährte längere Frist (Art. 12 Abs. 3 Satz 2). Eine solche Fristverlängerung wird vom Sekretariat in der Praxis auf einvernehmlichen Antrag der Parteien gewährt. Im beschleunigten Verfahren gilt nicht die 30-Tages-Frist des Art. 12 Abs. 3 Satz 2, sondern eine kürzere, vom Sekretariat im Einzelfall zu bestimmende Frist (Art. 2 Abs. 2 Anhang VI).
14 Es kann insb. dann, wenn eine Schiedspartei unerfahren ist, von Vorteil sein
und sich aus taktischen Gründen anbieten, die Ernennung dem Gerichtshof zu überlassen, um nicht im Vorfeld im gemeinsamen Bemühen um eine einvernehmliche Benennung geeignete Kandidaten zu „verbrennen“, die der Gerichtshof dann nicht mehr ernennen kann, sofern er von ihrer Identität unterrichtet wurde. Insbesondere bei geringem Streitwert ist regelmäßig davon auszugehen, dass der Gerichtshof eine junge Kandidatin oder einen jungen Kandidaten am oder in der Nähe des Schiedsorts ernennt, nicht zuletzt, um keine zusätzlichen Kosten entstehen zu lassen. In der Praxis wird zur Vorbereitung gemeinsamer Benennungen häufig mit – meist nur informell konsentierten – Listenverfahren gearbeitet, d.h. jede Partei übermittelt der anderen Partei eine Liste mit einer bestimmten Anzahl an Vorschlägen in der Reihenfolge ihrer Präferenz. Jede Partei streicht sodann von der Liste der anderen Partei einen oder zwei Namen („Ve258
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to“) und bringt die übrigen Namen in eine Rangfolge. Sodann werden die Rangfolgen verglichen und der Kandidat mit dem besten Ergebnis wird gemeinsam benannt. Zu Recht begegnet einem eine subsumtionsfähige Ausgestaltung eines solchen Listensystems in Schiedsvereinbarungen oder nachgelagerten Prozessvereinbarungen nur selten, weil auch bei diesem System ein „Patt“ vorkommen und die Verfügbarkeit und Konfliktfreiheit der Kandidaten in diesem Stadium kaum je bereits endgültig feststehen kann. Letztlich ist ein ausgeklügeltes System nichts wert, wenn es dazu führt, dass man zur Mitwirkung an der Bestellung einer Person gezwungen wird, die man lieber nicht hätte. In solchen Fällen ist es besser, weiter gemeinsam nach einem Konsenskandidaten zu suchen oder dem Gerichtshof die Bestellung zu überlassen, wobei auch das Sekretariat unterstützen kann (dazu Rz. 15 a.E.). Ungeachtet der Tatsache, dass die Parteien sich u.U. in der Schiedsvereinbarung 15 auf ein Dreierschiedsgericht verständigt haben, kann es sich anbieten, eine Einigung dahingehend zu suchen, dass man sich nachträglich auf einen Einzelschiedsrichter verständigt, insb. um Kosten zu sparen. Dies geschieht häufig und wird den Parteien regelmäßig auch vom Sekretariat selbst vorgeschlagen. Wenn die Parteien sich nicht auf eine konkrete Person einigen können, ist oft dennoch eine Einigung auf bestimmte Kriterien (bspw. Staatsangehörigkeit – auch als Negativkriterium –, Erfahrungen in einer bestimmten Rechtsordnung, einem bestimmten Rechtsgebiet oder einer bestimmten Branche) möglich. Solche gemeinsamen Vorgaben der Parteien beachtet der Gerichtshof. Auch können die Parteien das Sekretariat darum bitten, ihnen Personen vorzuschlagen, die gegebenenfalls für eine gemeinsame Benennung in Betracht kommen. Dabei können die Parteien insb. auch das Sekretariat bitten, eine Liste zu erstellen, die dann jede der Parteien mit einem Ranking versieht, so dass letztlich der Kandidat mit der höchsten gemeinsamen Präferenz bestellt wird. Diese Dienstleistungen des Sekretariats können zu zusätzlichen Verwaltungskosten führen (Art. 2 Abs. 5 Satz 2 Anhang III), was in der Praxis jedoch selten der Fall ist.
VI. Ernennung durch den Gerichtshof Die Auswahl eines geeigneten Einzelschiedsrichterkandidaten im Falle der Er- 16 nennung durch den Gerichtshof erfolgt nach Maßgabe von Art. 13 (im Einzelnen s. Art. 13 Rz. 1 ff., 28 ff.), d.h. zunächst unter Berücksichtigung der Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes und der sonstigen Beziehungen des Schiedsrichterkandidaten zu den Ländern, deren Staatsangehörigkeit die Parteien haben (Art. 13 Abs. 1), weil der Einzelschiedsrichter grds. eine andere Staatsangehörigkeit als die Parteien besitzen muss (Art. 13 Abs. 5). Des Weiteren ist die Verfügbarkeit des Kandidaten und seine Kenntnis der ICC-SchO maßgeblich (Art. 13 Abs. 1). Zu berücksichtigen ist darüber hinaus das Vorschlagsrecht des vom Gerichtshof für geeignet gehaltenen ICC-Nationalkomitees oder der für geeignet gehaltenen ICC-Gruppe (Art. 13 Abs. 3). Parteivereinbarungen, etwa zur Qualifikation, Erfahrung oder Staatsangehörigkeit des Kandidaten sind ebenfalls zu beachten. Wagner/Herzberg
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Art. 12 ICC-SchO | Das Schiedsgericht 17 Ablauf des Ernennungsverfahrens. Nach Auswahl eines geeigneten Kandidaten
(Art. 13 Rz. 5 ff.) erfolgt dessen Ernennung nach Maßgabe von Art. 11 Abs. 2 (s. Art. 11 Rz. 46–59).
C. Drei Schiedsrichter (Abs. 2 Satz 2–4, Abs. 4–8) Literatur: Elsing, Schiedsrichterliche Unabhängigkeit – Vorurteile und Wirklichkeit, SchiedsVZ 2019, S. 16 ff.; Fry/Greenberg, The Arbitral Tribunal: Applications of Articles 7–12 of the ICC Rules in Recent Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 2 (2009), S. 12 ff.; Herzberg, Selecting ICC Arbitrators: What’s New Under the Revised Rules?, Mealey’s International Arbitration Report (2012), S. 1 ff.; Imhoos, The ICC Arbitral Process – Part I: Constituting the Arbitral Tribunal, ICC Court Bulletin, Vol. 2 No. 2 (1991), S. 3 ff.; Leikin/ Treichl, Pick Your President: Why and How Parties Should Seek to Agree on a Presiding Arbitrator, Arbitration International, Vol. 37 Issue 1, S. 121 ff.; Menon, Adjudicator, Advocate, or Something in Between? Coming to Terms with the Role of the Party-appointed Arbitrator, Journal of International Arbitration, Vol. 34 Issue 3 (2017), S. 347 ff.; Miles, Practical Issues for Appointment of Arbitrators, Journal of International Arbitration, Vol. 20 Issue 3 (2003), S. 219 ff.; Schwing, Don’t Rage Against the Machine: Why AI May Be the Cure for the “Moral Hazard” of Party Appointments, Arbitration International, Vol. 36 Issue 4 (2020), S. 491 ff.
I. Normzweck 18 Art. 12 Abs. 4 bis 8 regeln den Fall, in dem die Streitigkeit entweder aufgrund
Parteivereinbarung (Art. 12 Abs. 4) oder aufgrund der Entscheidung des Gerichtshofs (Art. 12 Abs. 2) durch drei Schiedsrichter entschieden werden soll.
19 Während jede Partei nach Art. 12 Abs. 2 bzw. Abs. 4 einen Schiedsrichter zur Be-
stätigung durch den Gerichtshof benennen kann, der bei Untätigkeit der Partei durch den Gerichtshof ernannt wird, wird der Vorsitzende des Dreierschiedsgerichts grds. nach Art. 12 Abs. 5 durch den Gerichtshof ernannt, sofern nicht die Parteien ein anderes Benennungsverfahren, etwa durch die parteibenannten Mitschiedsrichter, vorsehen.
20 Die Art. 12 Abs. 6 bis 8 gelten in Fällen von Mehrparteienschiedsverfahren.
Art. 12 Abs. 6 regelt den Fall, dass mehrere Kläger oder mehrere Beklagte Parteien eines Schiedsverfahrens sind. Art. 12 Abs. 7 betrifft den Fall, dass eine zusätzliche Partei in die Streitigkeit einbezogen wird (Art. 7). Von besonderer Bedeutung ist Art. 12 Abs. 8, wonach in dem Fall, dass entweder die klägerische Seite und/oder die beklagte Seite sich nicht – ggf. unter Einbeziehung einer zusätzlichen Partei i.S.d. Art. 7 – jeweils auf einen Schiedsrichter zur Benennung verständigen können, der Gerichtshof das gesamte Schiedsgericht ernennt. Das bedeutet, dass bereits erfolgte Benennungen durch eine oder mehrere Parteien wieder hinfällig werden.
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II. Änderungshistorie Die zurückliegenden Reformen von 2017 und 2021 haben lediglich redaktionelle 21 Änderungen in Abs. 7 gebracht.
III. Verhältnis zu § 1035 Abs. 3 Satz 2 ZPO Im nationalen Schiedsverfahrensrecht gilt im Zweiparteienschiedsverfahren 22 nichts anderes als nach Art. 12 Abs. 4 und 5 mit Ausnahme der Tatsache, dass hier – sofern der Schiedsort in Deutschland liegt – anstelle des Gerichtshofs das jeweils zuständige OLG handelt. Für Mehrparteienschiedsverfahren hält das X. Buch der ZPO indes keine Art. 12 Abs. 6 bis 8 vergleichbare Regelung bereit. Hier scheint es jedoch inzwischen allgemeine Meinung jedenfalls in Deutschland zu sein, sinngemäß zu verfahren und ein Dreierschiedsgericht vollständig durch das Gericht besetzen zu lassen, wenn sich mehrere Kläger und/oder mehrere Beklagte nicht auf „ihren“ Schiedsrichter verständigen. Indes hat § 1035 Abs. 3 Satz 2 ZPO neben Art. 12 Abs. 4 bis 8 keine eigenständige Bedeutung.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im staatlichen Verfahren ist die Anzahl der Richter von Instanz zu Instanz und 23 in Abhängigkeit von Spruchkörper und Art der Angelegenheit unterschiedlich. Insoweit wird auf die entsprechenden Bestimmungen im GVG sowie §§ 348 ff. ZPO verwiesen.
V. Bildung des Schiedsgerichts in Zweiparteienschiedsverfahren (Abs. 2 Satz 2–4, Abs. 4 und 5) 1. Die parteibenannten Schiedsrichter (Abs. 2 Satz 2–4, Abs. 4) Benennung durch die Parteien. Im Falle eines vom Gerichtshof mangels Partei- 24 vereinbarung bestimmten oder von den Parteien vereinbarten Dreierschiedsgerichts benennt jede Partei „ihren“ Schiedsrichter. Damit hat jede Partei Gelegenheit, Einfluss auf die Bildung des Schiedsgerichts zu nehmen und darauf hinzuwirken, dass sie im Verfahren gehört wird. Freilich ist der parteibenannte Mitschiedsrichter kein Interessenvertreter der ihn benennenden Partei, da er, wie die übrigen Schiedsrichter auch, dem Gebot der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit nach Art. 11 Abs. 1 folgen muss. Daher ist es auch zu vermeiden, dass eine Partei den von ihr benannten Schiedsrichter bereits ausführlich über den Fall instruiert oder in sonstiger nicht nur unerheblicher Weise Kontakt mit ihm aufnimmt, was der erfahrene Schiedsrichter ohnehin nicht zulassen wird. Wagner/Herzberg
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Art. 12 ICC-SchO | Das Schiedsgericht 25 Sinnvollerweise berücksichtigt die benennende Partei – neben der selbstverständ-
lichen Anforderung der Konfliktfreiheit (dazu Art. 11 Rz. 5 ff.) – insb. die zeitliche Verfügbarkeit (dazu Art. 11 Rz. 54), die Kenntnisse des Kandidaten in der anwendbaren Rechtsordnung sowie Branchen- und sonstige Spezialerfahrung. Vor allem ist der benennenden Partei anzuraten, einen Kandidaten mit (ggf. internationaler) Schiedserfahrung und sehr guten Kenntnissen der Verfahrenssprache zu wählen. Der oder die Benannte sollte die internationale Schiedspraxis hinreichend gut kennen. Die in Deutschland noch immer verbreitete Vorstellung, dass Schiedsrichtermandate erst im vorgerückten Alter in Betracht kommen, hat mit der internationalen Realität allerdings nichts mehr zu tun. Gerade kleinere Verfahren werden von jüngeren Kollegen, die sich erst noch einen Namen machen wollen, vielfach vorbildlich geführt. Den Parteien ist auch insb. davon abzuraten, Hochschullehrer (sofern sie nicht über extensive Schiedserfahrung verfügen) oder Richter an staatlichen Gerichten zu benennen. Mit den Besonderheiten internationaler Schiedsverfahren können diese naturgemäß nicht im gleichen Maße vertraut sein wie ein ggf. von der Gegenseite benannter Schiedspraktiker. Meist steht ihnen auch keine professionelle Büroinfrastruktur für die Verfahrensführung zur Verfügung.
26 Benennung durch den Schiedskläger. Die schiedsklägerische Partei benennt ih-
ren Schiedsrichter regelmäßig bereits mit der Schiedsklage, zumal Art. 4 Abs. 3 Buchst. g vorsieht, dass die Schiedsklage die Benennung des Schiedsrichters enthalten muss; zu Ausnahmen s. Art. 4 Rz. 42 und unten Rz. 30. Wenn die Anzahl der Schiedsrichter zunächst durch den Gerichtshof bestimmt werden musste, benennt der Kläger einen Schiedsrichter binnen 15 Tagen ab Zustellung der Entscheidung des Gerichtshofs (Art. 12 Abs. 2 Satz 2).
27 Benennung durch den Schiedsbeklagten. Die schiedsbeklagte Partei hat ihre
Benennung grds. in der Klageantwort bzw. Widerklage vorzubringen, zumal auch dies nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. e vorgesehen ist; zu Ausnahmen s. Art. 5 Rz. 27 f. In der Praxis erfolgt die Benennung regelmäßig in einem Antrag auf Verlängerung der Frist für die Klageantwort (Art. 5 Abs. 2 Satz 1). Wenn die Anzahl der Schiedsrichter zunächst durch den Gerichtshof bestimmt werden musste, benennt der Beklagte einen Schiedsrichter binnen 15 Tagen ab Zustellung der vom Kläger vorgenommenen Benennung (s. Rz. 26; Art. 12 Abs. 2 Satz 3).
28 Zustellung i.S.v. Art. 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 bedeutet die schriftliche Zustellung
in der in Art. 3 Abs. 2 genannten Weise. Damit ist keine Bezugnahme auf nationale Zustellungsvorschriften für staatliche Verfahren, etwa in Deutschland §§ 166 ff. ZPO, verbunden.
29 Verfahren nach erfolgter Benennung. Das Sekretariat holt von den Benannten
die Erklärungen gemäß Art. 11 Abs. 2 ein (s. Art. 11 Rz. 46–59). Anschließend bedarf es noch der – regelmäßig simultan erfolgenden – Bestätigung der Benannten durch den Gerichtshof oder durch den Generalsekretär (Art. 12 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2, Art. 13 Abs. 2 Satz 1). 262
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Bildung des Schiedsgerichts | Art. 12 ICC-SchO
Ernennung durch den Gerichtshof. Benennen die Parteien innerhalb der ihnen 30 hierfür gesetzten Frist keinen Schiedsrichter, ernennt der Gerichtshof diesen (Art. 12 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 4 Satz 2, Art. 13 Abs. 1, 3–5). In der Praxis wird jede Benennung berücksichtigt, die den Gerichtshof erreicht, bevor dieser selbst einen Schiedsrichter für die säumige Partei ernennt. Haben die Parteien allerdings eine Frist ausdrücklich – also nicht nur durch Bezugnahme auf die ICCSchO – in ihrer Schiedsvereinbarung geregelt, leitet der Gerichtshof hieraus eine strikte Fristbindung ab und akzeptiert keine verspäteten Benennungen. Da der Gerichtshof zur Verlängerung jedenfalls solcher Fristen berechtigt ist, die die Parteien im Verhältnis zur ICC-SchO verkürzt haben (Art. 39 Abs. 2) und im Hinblick auf Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ ist diese Praxis nicht frei von Bedenken. 2. Der Vorsitzende (Abs. 5) Von den Parteien vereinbartes Benennungsverfahren. Der Vorsitzende wird 31 vom Gerichtshof ernannt, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Häufig enthalten Schiedsklauseln aber Regelungen dahingehend, dass die beiden parteibenannten Mitschiedsrichter, gelegentlich auch die Parteien selbst, den Vorsitzenden benennen. Im Falle eines vereinbarten Benennungsverfahrens bedarf es der Bestätigung des Benannten durch den Gerichtshof oder durch den Generalsekretär (Art. 12 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2, Art. 13 Abs. 2 Satz 1) nach vorheriger Einholung der Erklärungen gemäß Art. 11 Abs. 2 (s. Art. 11 Rz. 46–59). Die Parteien können sich selbstverständlich auch noch erst nach Verfahrensbeginn darauf einigen, dass die parteibenannten Schiedsrichter (und nicht die ICC) den Vorsitzenden zu bestimmen haben. Ernennung durch den Gerichtshof. Die Ernennung des Vorsitzenden durch 32 den Gerichtshof findet nicht nur dann statt, wenn die Parteien kein Benennungsverfahren vereinbart haben, sondern auch, wenn dieses Verfahren nicht innerhalb der in Art. 12 Abs. 5 Satz 2 vorgesehenen Fristen (30 Tagen nach Bestätigung zur einvernehmlichen Benennung des Vorsitzenden führt. Zu den Kriterien für die Auswahl des Vorsitzenden s. Art. 13 Rz. 17–20.
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VI. Bildung des Schiedsgerichts in Mehrparteienschiedsverfahren (Abs. 6 bis 8) 1. Normzweck Die Regelungen sollen sicherstellen, dass bei Mehrparteienverfahren sämtliche 34 Parteien gleichen Einfluss auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichts haben. Auslöser war die so genannte Dutco-Entscheidung der frz. Cour de Cassation (BKMI und Siemens v Dutco, Revue de l’Arbitrage 1992, S. 470 ff.), in der die beiden Schiedsbeklagten sich nur gezwungenermaßen auf einen Schiedsrichter einigten, während die Schiedsklägerin ihr freies Wahlrecht zur Benennung „ihres“ Wagner/Herzberg
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Art. 12 ICC-SchO | Das Schiedsgericht Schiedsrichters ausüben konnte. Die Cour de Cassation hob den Schiedsspruch des auf dieser Basis konstituierten Schiedsgerichts mit der Begründung auf, diese Zusammensetzung des Schiedsgerichts verletze den Grundsatz der Gleichheit der Parteien im Verfahren, weshalb sie nicht ordnungsgemäß gewesen sei. 2. Mehrheit von Klägern oder Beklagten (Abs. 6) 35 Nach Art. 12 Abs. 6 müssen sich mehrere Kläger und mehrere Beklagte grds. je-
weils auf einen, für ihre Seite zu benennenden Schiedsrichter verständigen. Die ICC-SchO sieht nicht vor, dass jede klagende und/oder beklagte Partei einen Schiedsrichter benennen kann. 3. Einbeziehung einer weiteren Partei (Abs. 7)
36 Die Möglichkeit der Einbeziehung einer weiteren Partei ist in Art. 7 geregelt
(s. Art. 7 Rz. 1 ff.). Die bereits vor der Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters zusätzlich einbezogene Partei kann (und muss) nach Art. 12 Abs. 7 entweder gemeinsam mit der Kläger- oder mit der Beklagtenseite einen Schiedsrichter benennen. Geht der Einbeziehungsantrag erst nach der Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters ein, gilt Art. 7 Abs. 5. Daraus folgt, dass eine gemeinsame Benennung nun nicht mehr möglich ist (regelmäßig folgt dies schon daraus, dass die Mitschiedsrichter in der Praxis gleichzeitig bestätigt bzw. ernannt werden). Es ist dann Zulässigkeitsvoraussetzung für den – vom Schiedsgericht, sobald es vollständig gebildet ist zu beurteilenden – Einbeziehungsantrag, dass die einzubeziehende Partei mit der personellen Zusammensetzung des ohne ihre Mitwirkung konstituierten Schiedsgerichts einverstanden ist (Art. 7 Abs. 5).
4. Ernennung durch den Gerichtshof (Abs. 8) 37 Scheitert eine gemeinsame Benennung in den Fällen der Abs. 6 und 7 und kön-
nen sich die Parteien auch nicht auf ein sonstiges Verfahren zur Benennung von Schiedsrichtern einigen, kann der Gerichtshof alle Schiedsrichter ernennen und soll einen von ihnen als Vorsitzenden bestimmen (Art. 12 Abs. 8 Satz 1).
38 Der Gerichtshof kann bei der Ernennung zum Schiedsrichter jede ihm geeignet
erscheinende Person auswählen und kann insoweit, muss aber nicht auf das in Art. 13 Abs. 3 vorgesehene Vorschlagsverfahren zurückgreifen. Bei der Ernennung zum Schiedsrichter kann der Gerichtshof jede ihm geeignet erscheinende Person auswählen, wobei er gemäß Art. 13 vorgehen kann, wenn er dies für sachdienlich hält. Das bedeutet, dass der Gerichtshof insoweit nicht an die Vorgaben in Art. 13, auf die noch einzugehen sein wird, gebunden ist, also insb. eine Ernennung auch ohne vorherigen Vorschlag eines Nationalkomitees oder einer Gruppe vornehmen kann.
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Ernennung und Bestätigung von Schiedsrichtern | Art. 13 ICC-SchO
D. Ausweichklausel (Abs. 9) Die mit der Reform 2021 eingefügte Ausweichklausel in Abs. 9 erlaubt es dem Ge- 39 richtshof, in – nicht auf die Mehrparteienszenarien der Abs. 6–8 beschränkten – Sonderfällen, in denen der Gleichbehandlungsgrundsatz und die Billigkeit dies gebieten, von jeglichen Parteivereinbarungen sowie vom sonst in den Art. 12, 13 vorgesehenen Prozedere abzuweichen und alle Mitglieder des Schiedsgerichts direkt (ggf. also auch ohne Involvierung von Nationalkomitees oder Gruppen) zu ernennen. Diese Ausnahmeregelung ist eng zu handhaben. Beabsichtigter Anwendungsbereich sind u.a. Klauseln, die einer Partei das alleinige Benennungsrecht einräumen oder einer Partei das Benennungsrecht entziehen, insb., wenn möglich erscheint, dass eine solche Klausel mit der lex loci arbitri konfligiert.
E. Abweichende Parteivereinbarungen Abweichende Parteivereinbarungen über die Bildung des Schiedsgerichts sind 40 zulässig, jedoch nur soweit dabei die Gleichbehandlung aller Parteien hergestellt ist (vgl. Art. 11 Rz. 80 f.). Dies betrifft insb. die Festlegung der Anzahl der Schiedsrichter, die Benennung des Einzelschiedsrichters bzw. der jeweiligen parteibenannten Schiedsrichter sowie die Benennung des Vorsitzenden des Schiedsgerichts. Bisweilen binden die Parteien auch externe Institutionen als „designating authority“ oder als „appointing authority“ in das Auswahlverfahren für den Vorsitzenden ein. Dadurch wird das Verfahren erheblich verzögert. Nur in Ausnahmefällen – etwa in Investitionsschiedsverfahren – kann die Einbindung einer im Übrigen gänzlich verfahrensfremden Institution (bspw. des Generalsekretärs des Ständigen Internationalen Schiedshofs in Den Haag) zu erwägen sein (Herzberg, Mealey’s International Arbitration Report (2012), 1 [5]). Unter keinen Umständen zur Disposition der Parteien steht die Entscheidungs- 41 befugnis des Gerichtshofs, benannte Kandidaten zum Zwecke der förmlichen Konstituierung des Schiedsgerichts zu bestätigen. Zu Einschränkungen der Parteiautonomie im Rahmen des beschleunigten Verfahrens s. Art. 30 Rz. 62.
Artikel 13 Ernennung und Bestätigung von Schiedsrichtern (1) Bei der Ernennung oder Bestätigung der Schiedsrichter berücksichtigt der Gerichtshof die Staatsangehörigkeit, den Wohnsitz und sonstige Beziehungen der betreffenden Person zu den Ländern, deren Staatsangehörigkeit die Parteien oder die anderen Schiedsrichter haben, sowie die Verfügbarkeit und Fähigkeit der betreffenden Person, das Schiedsverfahren in Übereinstimmung mit der Schiedsgerichtsordnung durchzuführen. Das gilt auch, wenn Schiedsrichter vom Generalsekretär gemäß Artikel 13(2) bestätigt werden. Wagner/Herzberg
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Art. 13 ICC-SchO | Das Schiedsgericht (2) Der Generalsekretär kann Personen als Mitschiedsrichter, Einzelschiedsrichter und Vorsitzende von Schiedsgerichten bestätigen, die von den Parteien oder gemäß deren besonderer Vereinbarung benannt wurden, wenn diese eine uneingeschränkte Erklärung ihrer Unparteilichkeit und Unabhängigkeit abgegeben haben oder eine eingeschränkte Erklärung über ihre Unparteilichkeit und Unabhängigkeit keinen Anlass zu Einwendungen gegeben hat. Der Gerichtshof ist in einer der nächsten Sitzungen von der Bestätigung zu unterrichten. Die Angelegenheit ist dem Gerichtshof vorzulegen, wenn der Generalsekretär der Ansicht ist, dass ein Mitschiedsrichter, Einzelschiedsrichter oder Vorsitzender nicht bestätigt werden sollte. (3) Hat der Gerichtshof einen Schiedsrichter zu ernennen, erfolgt dies auf Vorschlag eines von diesem für geeignet gehaltenen ICC-Nationalkomitees oder einer für geeignet gehaltenen ICC-Gruppe. Nimmt der Gerichtshof den Vorschlag nicht an, oder macht das Nationalkomitee oder die Gruppe binnen der vom Gerichtshof gesetzten Frist keinen Vorschlag, so kann er sein an dieses Nationalkomitee oder diese Gruppe gerichtetes Gesuch wiederholen oder ein anderes geeignetes Nationalkomitee oder eine andere geeignete Gruppe um einen Vorschlag ersuchen, oder direkt eine von ihm für geeignet gehaltene Person ernennen. (4) Der Gerichtshof kann ferner direkt eine von ihm für geeignet gehaltene Person als Schiedsrichter ernennen, wenn a) eine oder mehrere der Parteien ein Staat ist oder als staatliche Institution betrachtet werden kann; b) der Gerichtshof es für sinnvoll hält, einen Schiedsrichter aus einem Land oder Gebiet zu ernennen, in dem kein Nationalkomitee oder keine Gruppe besteht; oder c) der Präsident dem Gerichtshof bescheinigt, dass Umstände vorliegen, die nach seiner Meinung eine Direkternennung notwendig und sachdienlich machen. (5) Wenn der Gerichtshof den Einzelschiedsrichter oder den Vorsitzenden des Schiedsgerichts zu ernennen hat, muss dieser Einzelschiedsrichter oder Vorsitzende des Schiedsgerichts eine andere Staatsangehörigkeit besitzen als die Parteien. Wenn die Umstände dies als sinnvoll erscheinen lassen und keine der Parteien innerhalb einer vom Sekretariat gesetzten Frist Einwendungen erhebt, kann jedoch ein Einzelschiedsrichter oder Vorsitzender des Schiedsgerichts mit einer Staatsangehörigkeit ausgewählt werden, die dieselbe ist wie die einer der Parteien. (6) Wenn die dem Schiedsverfahren zugrunde liegende Schiedsvereinbarung einem internationalen Abkommen oder Staatsvertrag entstammt, darf vorbehaltlich einer entgegenstehenden Vereinbarung der Parteien kein Schiedsrichter die gleiche Staatsangehörigkeit wie eine der Parteien besitzen.
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Ernennung und Bestätigung von Schiedsrichtern | Art. 13 ICC-SchO Article 13: Appointment and Confirmation of the Arbitrators (1) In confirming or appointing arbitrators, the Court shall consider the prospective arbitrator’s nationality, residence and other relationships with the countries of which the parties or the other arbitrators are nationals and the prospective arbitrator’s availability and ability to conduct the arbitration in accordance with the Rules. The same shall apply where the Secretary General confirms arbitrators pursuant to Article 13(2). (2) The Secretary General may confirm as co-arbitrators, sole arbitrators and presidents of arbitral tribunals persons nominated by the parties or pursuant to their particular agreements, provided that the statement they have submitted contains no qualification regarding impartiality or independence or that a qualified statement regarding impartiality or independence has not given rise to objections. Such confirmation shall be reported to the Court at one of its next sessions. If the Secretary General considers that a co-arbitrator, sole arbitrator or president of an arbitral tribunal should not be confirmed, the matter shall be submitted to the Court. (3) Where the Court is to appoint an arbitrator, it shall make the appointment upon proposal of a National Committee or Group of the ICC that it considers to be appropriate. If the Court does not accept the proposal made, or if the National Committee or Group fails to make the proposal requested within the time limit fixed by the Court, the Court may repeat its request, request a proposal from another National Committee or Group that it considers to be appropriate, or appoint directly any person whom it regards as suitable. (4) The Court may also appoint directly to act as arbitrator any person whom it regards as suitable where: a) one or more of the parties is a state or may be considered to be a state entity; b) the Court considers that it would be appropriate to appoint an arbitrator from a country or territory where there is no National Committee or Group; or c) the President certifies to the Court that circumstances exist which, in the President’s opinion, make a direct appointment necessary and appropriate. (5) Where the Court is to appoint the sole arbitrator or the president of the arbitral tribunal, such sole arbitrator or president of the arbitral tribunal shall be of a nationality other than those of the parties. However, in suitable circumstances and provided that none of the parties objects within the time limit fixed by the Secretariat, the sole arbitrator or the president of the arbitral tribunal may be chosen from a country of which any of the parties is a national. (6) Whenever the arbitration agreement upon which the arbitration is based arises from a treaty, and unless the parties agree otherwise, no arbitrator shall have the same nationality of any party to the arbitration. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1, 5, 6: Berücksichtigung individueller Merkmale von Schiedsrichterkandidaten bei Auswahlentscheidungen durch Gerichtshof und Generalsekretär. → Rz. 1–22; Abs. 2 regelt die Bestätigung von Schiedsrichtern durch den Generalsekretär. → Rz. 23–27; Abs. 3 reguläres Ernennungsverfahren unter Einbeziehung von Nationalkomitee bzw. Gruppe. → Rz. 32–37; Abs. 4 direkte Ernennungen. → Rz. 38
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Art. 13 ICC-SchO | Das Schiedsgericht
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A. Anforderungen an Schiedsrich1 ter (Abs. 1, 5, 6) . . . . . . . . . . . 1 I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Änderungshistorie . . . . . . . . . . 2 3 III. Verhältnis zu § 1035 Abs. 5 ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4 V. Allgemeine Anforderungen 5 (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Besondere Anforderungen an Einzelschiedsrichter und Vorsitzende (Abs. 5) . . . . . . . . . . . 17 VII. Investor-Staat- und sonstige völkerrechtliche Schiedsverfahren (Abs. 6) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 B. Bestätigung von Schiedsrichtern durch den Generalsekretär (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Verhältnis zu § 1035 ZPO . . . . . 24
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften IV. Tatbestandsvoraussetzungen . . . V. Rechtsfolge; Ablauforganisation . C. Ernennung von Schiedsrichtern durch den Gerichtshof (Abs. 3 und 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu § 1035 ZPO . . . . . III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften IV. Anwendungsbereich . . . . . . . . . V. Ernennung auf Vorschlag eines ICC-Nationalkomitees oder einer ICC-Gruppe (Abs. 3 Satz 1) . . . . VI. Direkte Ernennung durch den Gerichtshof (Abs. 3 Satz 2 Var. 2, Abs. 4) . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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28 28 29 30 31 32 38 39
A. Anforderungen an Schiedsrichter (Abs. 1, 5, 6) Literatur: Bonnan, On the Nationality and Multi-Nationality of the Arbitrator: Old and New Issues of Formal Neutrality, ASA Bulletin Vol. 38 Issue 3 (2020), S. 637 ff. Fry/Greenberg, The Arbitral Tribunal: Applications of Articles 7–12 of the ICC Rules in Recent Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 2 (2009), S. 12 ff.; Greenwood/Baker, Getting a Better Balance on International Arbitration Tribunals, Arbitration International, Vol. 28 Issue 4 (2012), S. 653 ff.; Greenwood, Tipping the balance – diversity and inclusion in international arbitration, Arbitration International Vol. 33 Issue 1 (2017), S. 99 ff.; Herzberg, Selecting ICC Arbitrators: What’s New Under the Revised Rules?, Mealey’s International Arbitration Report (2012), S. 1 ff.; Imhoos, The ICC Arbitral Process – Part I: Constituting the Arbitral Tribunal, ICC Court Bulletin, Vol. 2 No. 2 (1991), S. 3 ff.; Koepp, Staatliche Diskriminierungsverbote bei der Auswahl von Schiedsrichtern, SchiedsVZ 2011, 306 ff.; Wittinghofer/Neukirchner, Verbietet das AGG die Auswahl von Schiedsrichtern aufgrund ihrer Nationalität?, RIW 2011, 527 ff.
I. Normzweck 1 Soweit Schiedsrichter bestimmte Anforderungen erfüllen müssen, sind diese – vor-
behaltlich möglicher Parteivereinbarungen – in Art. 13 Abs. 1 und 5 geregelt. Danach sind Kriterien, welche die ICC bei der Ernennung oder Bestätigung von Schiedsrichtern regelmäßig berücksichtigt, die Staatsangehörigkeit und der Wohnsitz der Schiedsrichter, insb. soweit es sich um den Einzelschiedsrichter oder den Vorsitzenden des Schiedsgerichts handelt. Denn für letztere ist nach 268
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Ernennung und Bestätigung von Schiedsrichtern | Art. 13 ICC-SchO
Art. 13 Abs. 5 vorgesehen, dass diese eine andere Staatsangehörigkeit als die Parteien haben müssen. Ausnahmen sind unter besonderen Umständen möglich. Darüber hinaus spielen die Verfügbarkeit und die Kenntnis und Erfahrung des Kandidaten im Umgang mit der ICC-SchO eine Rolle.
II. Änderungshistorie Mit der Reform 2021 wurde in Abs. 5 klargestellt, dass die Regelung, wonach 2 Vorsitzende und Einzelschiedsrichter Angehörige „neutraler“ Staaten sein müssen, nur anwendbar ist, wenn diese vom Gerichtshof ernannt werden, d.h. also nicht bei der Bestätigung von Schiedsrichtern, die gemeinschaftlich von den Parteien oder Mitschiedsrichtern benannt wurden. Dies entspricht der bisherigen Praxis des Gerichtshofs und bringt somit keine substanzielle Änderung mit sich. Der neu eingeführte Abs. 6 erzwingt dagegen in Investor-Staat-Schiedsverfahren nunmehr ein unter Staatsangehörigkeitsgesichtspunkten komplett neutrales Schiedsgericht. Ansonsten hat Art. 13 keine wesentlichen Änderungen erfahren.
III. Verhältnis zu § 1035 Abs. 5 ZPO § 1035 Abs. 5 ZPO enthält keine wesentliche Abweichung von der Regelung in 3 der ICC-SchO. Die dispositive Regelung in § 1035 Abs. 5 ZPO stellt jedoch zusätzlich auf besondere weitere Voraussetzungen ab, die von den Parteien vereinbart worden sein können. Dies ist freilich auch im Rahmen eines ICC-Verfahrens möglich (Art. 11 Abs. 6), muss sich jedoch aus der Schiedsvereinbarung oder etwaigen nachträglichen Vereinbarungen der Parteien ergeben. Insbesondere ist es – wenn die Parteien dies nicht anders vereinbaren – keine Voraussetzung für das Schiedsrichteramt, dass der Schiedsrichter einen juristischen Abschluss oder überhaupt eine juristische Ausbildung hat.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Das Richteramt i.S.d. DRiG setzt voraus, dass die Person Volljurist i.S.v. § 5 4 Abs. 1 DRiG ist. Nur in besonderen Fällen sind Laienrichter vorgesehen, etwa in der Arbeitsgerichtsbarkeit oder in den Kammern für Handelssachen der Landgerichte.
V. Allgemeine Anforderungen (Abs. 1) Der Gerichtshof (Art. 13 Abs. 1 Satz 1) und der Generalsekretär (Art. 13 Abs. 1 5 Satz 2) werden durch Abs. 1 dazu angehalten, bei der Schiedsrichterauswahl die Wagner/Herzberg
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Art. 13 ICC-SchO | Das Schiedsgericht Staatsangehörigkeit, den Wohnsitz und sonstige Beziehungen des Kandidaten im Lichte derjenigen Länder zu berücksichtigen, deren Staatsangehörigkeit die Parteien oder die anderen Schiedsrichter haben. Zudem soll die Verfügbarkeit und Fähigkeit der betreffenden Person, das Schiedsverfahren in Übereinstimmung mit der ICC-SchO zu führen, Berücksichtigung finden. Art. 13 Abs. 1 differenziert seinem Wortlaut nach nicht zwischen Ernennungs- oder Bestätigungsverfahren, ist jedoch in der Praxis vor allem bei Ernennungen relevant. Selbstverständlich berücksichtigt der Gerichtshof auch besondere Vereinbarungen der Parteien über das erforderliche Profil von Schiedsrichtern. Wenn eine Partei einen Schiedsrichter benennt und unklar ist, ob der Kandidat die vereinbarten Voraussetzungen erfüllt, wird das Sekretariat der anderen Seite diesbezüglich Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Widerspricht sie nicht, kann er grundsätzlich – insb., wenn die angehörte Partei sich im Übrigen ordnungsgemäß am Verfahren beteiligt – bestätigt werden. 6 Die Staatsangehörigkeit einer natürlichen Person bereitet keine Schwierigkei-
ten. Besitzt eine natürliche Person mehrere Staatsangehörigkeiten, sind alle zu berücksichtigen; frühere, inzwischen nicht mehr bestehende Staatsangehörigkeiten können als „sonstige Beziehungen“ von Bedeutung sein. Von den Fällen des Abs. 6 abgesehen stellt es kein Problem dar, dass ein parteibenannter Schiedsrichter dieselbe Staatsangehörigkeit wie eine der Parteien hat. Doch kann in so einem Fall die Gegenpartei erzwingen, dass als Vorsitzender ein Angehöriger eines anderen Staates bestellt wird, sofern die Auswahl des Vorsitzenden beim Gerichtshof (und nicht etwa bei den Mitschiedsrichtern) liegt (Abs. 5).
7 Bei Gesellschaften bestimmt sich die Staatsangehörigkeit in der Praxis des Ge-
richtshofs regelmäßig nach dem Sitzstaat. Ist dieser nicht mit dem Gründungsstaat identisch, kann der Gründungsstaat als „sonstige Beziehung“ zu berücksichtigen sein. Hinzu kommen ggf. weitere, einzelfallbezogene Erwägungen.
8 Dem Staatenbegriff können auch völkerrechtlich nicht oder nur vereinzelt an-
erkannte, stabilisierte de facto-Regimes unterfallen (z.B. Türkische Republik Nordzypern, Chinesisch-Taipei).
9 Der Wohnsitz ist nur für natürliche Personen relevant. Er bezeichnet den Staat
des gewöhnlichen Aufenthalts.
10 Sonstige Beziehungen können neben einer früheren, inzwischen nicht mehr be-
stehenden Staatsangehörigkeit (s. Rz. 6) auch in langjährigen Aufenthalten oder sonstigen besonderen Bindungen eines Kandidaten an einen Staat liegen.
11 Auch die Fähigkeit des Kandidaten, das Schiedsverfahren in Übereinstimmung
mit der ICC-SchO zu führen, ist zu berücksichtigen. Maßgeblich sind insoweit die Kenntnisse und Erfahrungen des Kandidaten insb. (i) in Schiedsverfahren, vor allem ICC-Schiedsverfahren im Allgemeinen, (ii) in der oder den als in der Sache anwendbar behauptete(n) Rechtsordnung(en), (iii) auf dem oder den einschlägige(n) Rechtsgebiet(en) ggf. auch i.V.m. einer besonderen Branchenexpertise sowie (iv) seine Kenntnisse der vereinbarten oder – sofern die Schiedsver270
| Wagner/Herzberg
Ernennung und Bestätigung von Schiedsrichtern | Art. 13 ICC-SchO
einbarung diesbezüglich nichts vorsieht – noch zu bestimmenden Verfahrenssprache. Mangelnde Kenntnis des anwendbaren Rechts bzw. in den maßgeblichen Rechtsgebieten ist kein Grund, einen parteibenannten Kandidaten nicht zu bestätigen. Auch einer Ernennung steht sie nicht schlechthin entgegen, allerdings wird der Gerichtshof stets versuchen, einen geeigneten Kandidaten zu finden, der im anwendbaren Recht und den einschlägigen Rechtsgebieten erfahren ist. Mangelnde Kenntnis der Verfahrenssprache – nicht der Sprache des anwendbaren Sachrechts – wird regelmäßig einer Bestellung auch parteibenannter Schiedsrichter entgegenstehen, es sei denn, es findet sich kein fachlich geeigneter Kandidat, der der Sprache mächtig ist. Mangelnde Kenntnis der Sprache des anwendbaren Rechts ist unproblematisch, weil hierzu die Parteien vortragen werden, und zwar in der Verfahrenssprache. Mangelnde Erfahrung als Schiedsrichter oder als Jurist sind keine Bestellungshindernisse, doch wird der Gerichtshof nur Juristen mit Schiedserfahrung ernennen. Zur Verfügbarkeit s. Art. 11 Rz. 54. Wenn ein Kandidat in den ersten ein bis 12 zwei Monaten nach der Konstituierung des Schiedsgerichts keine Zeit hat, kann dies gegen eine Bestätigung sprechen und wird jedenfalls eine Ernennung hindern. Auch im Übrigen kann eine eingeschränkte Verfügbarkeit hinderlich sein. Die Parteien erhalten die Erklärung zur Verfügbarkeit parteibenannter Schiedsrichter vor deren Bestätigung zur Stellungnahme und können ggf. diesbezügliche Bedenken beim Sekretariat geltend machen. Die maßgeblichen Tatsachen ermittelt das Sekretariat im Wege der Einholung 13 der Erklärungen gemäß Art. 11 Abs. 2 sowie der hierzu eingeholten Stellungnahmen der Parteien. Über die genannten Gesichtspunkte hinaus spielen auch andere Aspekte eine 14 Rolle, insb. der Schiedsort. Eine enge Beziehung des Kandidaten zu letzterem ist regelmäßig insb. bei der Ernennung von Vorsitzenden, aber auch von Einzelschiedsrichtern wünschenswert, weil das dort geltende Verfahrensrecht auf das Schiedsverfahren Anwendung findet und auch für die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs von erheblicher Bedeutung ist. Auch können die Reisekosten des Schiedsgerichts insoweit minimiert werden, da in vielen Fällen mündliche Verhandlungen oder Zusammenkünfte am Ort des Schiedsverfahrens stattfinden. Gesteigerte Bedeutung kommt in der Praxis des Gerichtshofes inzwischen 15 auch den Gesichtspunkten der Geschlechtergerechtigkeit, Diversität und Inklusion zu (vgl. die Initiative Equal Representation in Arbitration Pledge, http://www.arbitrationpledge.com/, der sich die ICC angeschlossen hat, sowie die von der ICC Commission on Arbitration and ADR neu ins Leben gerufene Task Force on Disability Inclusion and International Arbitration). Auf Rechtsfolgenseite ordnet die Vorschrift lediglich an, dass die genannten 16 Aspekte zu „berücksichtigen“ sind. Damit verbleiben Gerichtshof und Generalsekretär hinreichende Flexibilität, um Besonderheiten des Einzelfalls angemessen Rechnung zu tragen. Wagner/Herzberg
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Art. 13 ICC-SchO | Das Schiedsgericht VI. Besondere Anforderungen an Einzelschiedsrichter und Vorsitzende (Abs. 5) 17 Art. 13 Abs. 5 Satz 1 sieht vor, dass der Einzelschiedsrichter oder – bei einem
Dreierschiedsgericht – der Vorsitzende eine andere Staatsangehörigkeit (zum Begriff s. Rz. 6–8) besitzen muss als die Parteien. Dies gilt aber nur dann, wenn eine Ernennung durch den Gerichtshof erfolgt, d.h. also insb. nicht, wenn es sich um einen von den Parteien gemeinsam benannten Einzelschiedsrichter oder um einen von den Mitschiedsrichtern eines Dreierschiedsgerichts gemeinsam benannten Vorsitzenden handelt.
18 Das Erfordernis der von der Staatsangehörigkeit der Parteien abweichenden
Staatsangehörigkeit des Einzelschiedsrichters und des Vorsitzenden ist mit dem Argument in die Diskussion geraten, dies stelle eine verbotene Diskriminierung im Sinne anwendbarer Antidiskriminierungsgesetze dar (hierzu Näheres bei Koepp, SchiedsVZ 2011, 306 ff.; Wittinghofer/Neukirchner, RIW 2011, 527). Dies ist jedoch schon deshalb nicht der Fall, weil der Schiedsrichter zu den Parteien nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Ein solches ist aber regelmäßig Anwendungsvoraussetzung der einschlägigen Regelung der die Gleichbehandlungsrahmen-RL 2000/78/EG umsetzenden nationalen Antidiskriminierungsgesetze der Mitgliedstaaten der Europäischen Union (etwa § 6 AGG; in diesem Sinne auch der UK Supreme Court, Jivraj v Hashwani [2011] UKSC 40).
19 Über Art. 13 Abs. 5 Satz 1 hinaus wird in der Praxis in internationalen Schieds-
verfahren, in denen die Parteien Mitschiedsrichter unterschiedlicher Nationalität benannt haben, regelmäßig ein Vorsitzender aus einem Drittstaat ernannt. Wenn hingegen die Mitschiedsrichter beide dieselbe Nationalität haben, dann spricht das dafür, auch einen Vorsitzenden dieser Nationalität zu ernennen.
20 Art. 13 Abs. 5 Satz 2 erlaubt dem Gerichtshof eine Abweichung, wenn die Um-
stände dies sinnvoll erscheinen lassen und keine Partei innerhalb einer vom Gerichtshof gesetzten Frist Einwendungen erhebt. Von dieser Regelung wird insb. dann Gebrauch gemacht, wenn die Parteien ihren Sitz in demselben Staat haben, das Recht dieses Staates Anwendung finden soll, der Schiedsort dort belegen ist und das Schiedsverfahren in der dort gebräuchlichen Sprache durchgeführt werden soll, keine der Parteien von einer ausländischen Gesellschaft beherrscht wird und es auch sonst keinen Grund gibt, einen Schiedsrichter anderer Staatsangehörigkeit zu ernennen. Eines diesbezüglichen Antrags bedarf es dann nicht notwendigerweise, das Sekretariat kann auch von sich aus eine diesbezügliche Anregung unterbreiten und eine Schweigefrist setzen, nach deren Ablauf nach Art. 13 Abs. 5 Satz 2 verfahren werden kann.
VII. Investor-Staat- und sonstige völkerrechtliche Schiedsverfahren (Abs. 6) 21 „Entstammt“ die Schiedsvereinbarung, auf die die Klage sich stützt, einem völker-
rechtlichen Vertrag, müssen gemäß Abs. 6 sämtliche Schiedsrichter Staatsange-
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Ernennung und Bestätigung von Schiedsrichtern | Art. 13 ICC-SchO
hörige eines „neutralen“ Staates sein. Soweit der nicht verbindliche deutsche Wortlaut von einem „internationalem Abkommen oder Staatsvertrag“ spricht, entfernt er sich unnötig vom eindeutigen, englischen „treaty“, womit Verträge zwischen Völkerrechtssubjekten über völkerrechtliche Fragen gemeint sind, also insb. bilaterale oder multilateral-sektorale Investitionsschutzabkommen. Privatrechtliche Verträge sind auch dann keine „treaties“, wenn auf ihnen auf beiden Seiten Staaten oder staatliche Unternehmen beteiligt sind (so genannte „state contracts“). Maßgeblich ist der Regelungsstandort der Schiedsvereinbarung und nicht der materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlagen (das ist relevant bei so genannten „umbrella“-Klauseln in bilateralen Investitionsschutzabkommen [BITs], durch die auch bei Verletzungen privatrechtlicher Verträge durch Staatsunternehmen des Zielstaates der Investition ein Investor-Staat-Streitbelegungsverfahren [ISDS-Verfahren] auf völkerrechtlicher Grundlage ermöglicht wird). Bei den vertragschließenden Parteien muss es sich nicht um Staaten handeln; es kommen auch intergouvernementale oder supranationale Organisationen sowie sonstige Völkerrechtssubjekte (Heiliger Stuhl, Internationales Komitee vom Roten Kreuz) in Betracht. Erst recht müssen die Verfahrensparteien keine Staaten sein. Regelmäßig wird es sich bei der Klägerseite um einen privaten Investor handeln. Ratio der erzwungenen staatsangehörigkeitsbezogenen Neutralität des gesamten 22 Schiedsgerichts in den Fällen des Abs. 6 ist die erfahrungsgemäß hohe, potenzielle Politisierung des Streitgegenstandes sowie die Tatsache, dass in diesen Verfahren schwierig zu beurteilende Fragen des öffentlichen Wohls im Investitionszielstaat sowie der Rechtmäßigkeit von Behördenhandeln zu prüfen sein können. Das Risiko einer nicht mehr ganz unbefangenen Herangehensweise, jedenfalls jenes einer politischen Aufladung des Streits, ist dadurch höher als in Handelsschiedsverfahren. Die Investor-Staat-Schiedsgerichtsbarkeit verfolgt seit jeher das Ziel der Depolitisierung investitionsrechtlicher Streitverfahren. Hierzu leitet ein Schiedsgericht ausschließlich aus Drittstaatsangehörigen einen mindestens symbolischen Betrag.
B. Bestätigung von Schiedsrichtern durch den Generalsekretär (Abs. 2) Literatur: Fry/Greenberg, The Arbitral Tribunal: Applications of Articles 7–12 of the ICC Rules in Recent Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 2 (2009), S. 12 ff.; Herzberg, Selecting ICC Arbitrators: What’s New Under the Revised Rules?, Mealey’s International Arbitration Report (2012), S. 1 ff.; Imhoos, The ICC Arbitral Process – Part I: Constituting the Arbitral Tribunal, ICC Court Bulletin, Vol. 2 No. 2 (1991), S. 3 ff.
I. Normzweck Art. 13 Abs. 2 eröffnet dem Generalsekretär – insoweit konkurrierend zum Ge- 23 richtshof (Vor Art. 11 Rz. 8) – die Befugnis, unter bestimmten Voraussetzungen Wagner/Herzberg
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Art. 13 ICC-SchO | Das Schiedsgericht parteibenannte oder gemäß besonderer Parteivereinbarung von Dritten – etwa Mitschiedsrichtern oder sonstigen Institutionen – benannte Kandidaten zu bestätigen (zur Bestätigung s. Vor Art. 11 Rz. 9). Die Vorschrift dient der Verfahrensbeschleunigung und zugleich der Entlastung des Gerichtshofs. Sie ermöglicht dem Generalsekretär allerdings nur positive Bestätigungsentscheidungen.
II. Verhältnis zu § 1035 ZPO 24 Art. 13 Abs. 2 ist eine Spezialregelung der ICC-SchO, die keine Parallele im na-
tionalen Schiedsverfahrensrecht findet. Wenn dort die Parteien einen Schiedsrichter bestellt haben, gilt dies als verbindlich, eine Bestätigung ist nicht vorgesehen (vgl. § 1035 Abs. 2 ZPO). Dies ist im ICC-Schiedsverfahren anders. Art. 13 Abs. 2 geht insoweit vor.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 25 Im staatlichen Verfahren wird der Richter i.S.d. DRiG unter den dort genannten
Voraussetzungen ernannt. Die Zuordnung eines konkreten Verfahrens zu einem Richter erfolgt durch Anwendung eines (notwendig abstrakt-generell ausgestalteten) Geschäftsverteilungsplans.
IV. Tatbestandsvoraussetzungen 26 Das Tätigwerden des Generalsekretärs setzt voraus, dass der Kandidat eine nicht
qualifizierte (d.h. eingeschränkte) Erklärung gemäß Art. 11 Abs. 2 (dazu Art. 11 Rz. 56 ff.) abgegeben hat oder dass eine qualifizierte Erklärung keinen Anlass zu Einwendungen gegeben hat. Gemeint sind Einwendungen einer der Parteien; ob diese inhaltlich stichhaltig sind oder nicht, ist unerheblich. Darüber hinaus wird der Kandidat im Rahmen seiner Annahmeerklärung aufgefordert, seine Verfügbarkeit anzuzeigen, um zu gewährleisten, dass das Verfahren in dem grds. durch die ICC-SchO vorgegebenen Zeitrahmen durchgeführt werden kann.
V. Rechtsfolge; Ablauforganisation 27 Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor, liegt es im Ermessen des Sekreta-
riats, ob die Angelegenheit dem Generalsekretär oder dem Gerichtshof vorgelegt wird. Anstelle des Generalsekretärs können gemäß Art. 6 Abs. 1 Anhang II auch dessen Stellvertreter sowie der General Counsel tätig werden (vgl. bereits vor Art. 11 Rz. 9). Der Generalsekretär kann nur positiv bestätigen; hält er eine ablehnende Entscheidung für geboten, legt er die Angelegenheit dem Gerichtshof vor (Art. 13 Abs. 2 Satz 2). 274
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Ernennung und Bestätigung von Schiedsrichtern | Art. 13 ICC-SchO
C. Ernennung von Schiedsrichtern durch den Gerichtshof (Abs. 3 und 4) Literatur: Fry/Greenberg, The Arbitral Tribunal: Applications of Articles 7–12 of the ICC Rules in Recent Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 2 (2009), S. 12 ff.; Herzberg, Selecting ICC Arbitrators: What’s New Under the Revised Rules?, Mealey’s International Arbitration Report (2012), S. 1 ff.; Imhoos, The ICC Arbitral Process – Part I: Constituting the Arbitral Tribunal, ICC Court Bulletin, Vol. 2 No. 2 (1991), S. 3 ff.
I. Normzweck Art. 13 Abs. 3 und 4 regeln das Verfahren der Ernennung von Schiedsrichtern 28 durch den Gerichtshof (vgl. auch Vor Art. 11 Rz. 6). Das Ernennungsverfahren gilt für Einzelschiedsrichter und Vorsitzende, die nicht von den Parteien oder von hierzu von den Parteien Ermächtigten ausgewählt wurden und die daher nicht dem Bestätigungsverfahren unterfallen. Es gilt ferner auch für Mitschiedsrichter, wenn eine Partei ihr Benennungsrecht nicht wahrgenommen hat oder keinen bestätigungsfähigen Vorschlag gemacht hat. Für das Ernennungsverfahren, das ausschließlich der Gerichtshof betreibt (keine konkurrierende Zuständigkeit des Generalsekretärs wie im Bestätigungsverfahren), wird nach Maßgabe des Art. 13 Abs. 3 i.d.R. auf das Nationalkomiteesystem der ICC zurückgegriffen (Ausnahmen regelt Art. 13 Abs. 4). So wird sichergestellt, dass lokale institutionelle Sach- und Milieukenntnis in die Schiedsrichterauswahl einfließt.
II. Verhältnis zu § 1035 ZPO Art. 13 Abs. 3 und 4 ersetzen die insoweit dispositiven Regelungen in § 1035 29 Abs. 3 bis 5 ZPO, wonach das zuständige Gericht über die Bildung des Schiedsgerichts entscheidet, wenn die Parteien ihrer Vereinbarung über die Bestellung der Schiedsrichter nicht nachkommen.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Entsprechende Vorschriften im staatlichen Verfahren existieren nicht.
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IV. Anwendungsbereich Die Vorschrift gilt nur für Ernennungsverfahren, d.h. insb. für (i) die Auswahl 31 eines Einzelschiedsrichters, wenn die Parteien sich nicht auf eine Person einigen konnten; (ii) die Auswahl des Vorsitzenden eines Dreierschiedsgerichts, wenn die Parteien keinen anderen Auswahlmechanismus (bspw. gemeinsame Benennung durch die parteibenannten Mitschiedsrichter) vereinbart haben; (iii) die Wagner/Herzberg
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Art. 13 ICC-SchO | Das Schiedsgericht Auswahl eines Parteischiedsrichters an Stelle einer Partei, die keinen oder keinen bestätigungsfähigen Vorschlag gemacht hat (Fall des Art. 12 Abs. 4 Satz 2). Haben die Parteien oder von ihnen hierzu ermächtigte Dritte eine Auswahl getroffen, findet nicht das Ernennungs-, sondern das Bestätigungsverfahren Anwendung (Vor Art. 11 Rz. 4 f., 9).
V. Ernennung auf Vorschlag eines ICC-Nationalkomitees oder einer ICC-Gruppe (Abs. 3 Satz 1) 32 Der Gerichtshof lädt regelmäßig durch das Sekretariat zunächst ein von ihm für
geeignet gehaltenes ICC-Nationalkomitee (in Ausnahmefällen auch mehrere Nationalkomitees) ein, einen die Staatsangehörigkeit des jeweiligen Nationalkomitees besitzenden Kandidaten für das Schiedsrichteramt vorzuschlagen. Hierzu übermittelt das Sekretariat dem Nationalkomitee einen Kriterien- und Qualifikationskatalog, den der Kandidat idealerweise erfüllen sollte. Zu den Kriterien, die den Gerichtshof bei der Entscheidung leiten, welche(s) Nationalkomitee(s) er einlädt, vgl. Rz. 5 ff.
33 Ein ICC-Nationalkomitee ist eine ständige nationale Dachorganisation, in der
typischerweise lokale Industrie- und Handelskammern, Unternehmen und sonstige Wirtschaftsakteure wie bspw. Verbände vertreten sind. In abhängigen und bestimmten anderen Territorien (z.B. Hong Kong) unterhält die ICC „Gruppen“, die gemäß Art. 13 Abs. 3 für die Zwecke der Schiedsrichterauswahl den Nationalkomitees gleichgestellt sind; nachfolgend wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur der Ausdruck Nationalkomitee gebraucht; er schließt auch Gruppen ein. In einigen Staaten werden die schiedsverfahrensbezogenen Befugnisse der ICC-Nationalkomitees durch nationale Schiedsinstitutionen wahrgenommen (so bis 2011 in Deutschland durch die DIS, seitdem aber ICC Germany e.V.). Ein entsprechendes Arrangement besteht noch in Belgien, wo die nationale Schiedsinstitution CEPANI – und nicht ICC Belgien – die Befugnisse des Nationalkomitees wahrnimmt.
34 Zusammen mit der Einladung, einen Kandidaten vorzuschlagen, erhält das je-
weilige Nationalkomitee vom Sekretariat einige Basisinformationen über den Fall sowie über wünschenswerte Eigenschaften des vorzuschlagenden Schiedsrichters. Die Kommunikation zwischen dem Sekretariat und dem Nationalkomitee hat ICC-internen Charakter. Weder die Parteien noch etwaige bereits amtierende oder künftige Schiedsrichter noch die Kandidaten erhalten Abschriften dieser Korrespondenz.
35 Aufgabe des Nationalkomitees ist es, einen geeigneten Kandidaten zu identifizie-
ren und – i.d.R. nach vorheriger informeller Abstimmung mit dem Sekretariat – diesen dem Gerichtshof formell vorzuschlagen. Im Vorfeld holt das Sekretariat über das Nationalkomitee die Erklärungen gemäß Art. 11 Abs. 2 ein, wobei die Erklärungen grds. unqualifiziert sein müssen (Art. 11 Rz. 56 ff.). In Ausnahmefällen kommen aber auch Kandidaten mit einer qualifizierten Erklärung für eine 276
| Wagner/Herzberg
Ernennung und Bestätigung von Schiedsrichtern | Art. 13 ICC-SchO
Ernennung in Betracht, allerdings werden dann die Parteien zuvor zur Stellungnahme eingeladen. Weder Nationalkomitees noch das Sekretariat oder der Gerichtshof führen – 36 offiziell oder inoffiziell – „Schiedsrichterlisten“, auf denen man stehen muss, um vorgeschlagen bzw. ernannt zu werden. Aufgabe der Nationalkomitees ist es, den Markt für schiedsrichterliche Dienstleistungen in ihrem geographischen Gebiet permanent zu beobachten, um so jeden Kandidaten vorschlagen zu können, der die für die Durchführung eines Schiedsverfahrens erforderliche Eignung und Befähigung aufweist (Herzberg, Mealey’s International Arbitration Report (2012), 1 [4]). Hierzu haben Interessierte aus Deutschland oder mit Dienstort in Deutschland die Möglichkeit, Angaben zu ihren Qualifikationen und Erfahrungen unter https://www.icc-schiedsrichter.de zu hinterlegen. Der Gerichtshof ist an Vorschläge der Nationalkomitees nicht gebunden, so dass 37 er entweder nach nicht passendem oder unterlassenem Vorschlag ein anderes Nationalkomitee oder eine andere Gruppe um einen Vorschlag ersuchen oder direkt eine von ihm für geeignet gehaltene Person ernennen kann (Art. 13 Abs. 3 Satz 2).
VI. Direkte Ernennung durch den Gerichtshof (Abs. 3 Satz 2 Var. 2, Abs. 4) Die Möglichkeiten der direkten Ernennung durch den Gerichtshof, die neben 38 Art. 12 Abs. 8, Art. 13 Abs. 3 Satz 2 und Art. 15 Abs. 4 vor allem Art. 13 Abs. 4 eröffnet, tragen dem Umstand Rechnung, dass in bestimmten Fällen der Weg über die Nationalkomitees oder Gruppen nicht sachgerecht oder zu langwierig ist. So kann (nicht justitiables Entscheidungsermessen) der Gerichtshof direkte Ernennungen insb. vornehmen bei Beteiligung eines Staates oder einer staatlichen Institution am Schiedsverfahren (Buchst. a; der Begriff der „staatlichen Institution“ ist weit auszulegen und schließt auch erwerbswirtschaftliche Unternehmungen mit staatlicher Beteiligung ein). Auch bei Fehlen eines Nationalkomitees bzw. einer Gruppe in dem vom Gerichtshof ins Auge gefassten geographischen Gebiet (Buchst. b) oder in besonderen Fällen, in denen der Präsident des Gerichtshofs die Notwendigkeit und Sachdienlichkeit einer Direkternennung bescheinigt (Buchst. c), kommt eine direkte Ernennung in Betracht. Die Auffangregelung in Buchst. c wird restriktiv gehandhabt. Sie kommt bspw. in Fällen zum Tragen, in denen ein Nationalkomitee zwar de jure besteht, de facto aber nicht oder nur stark eingeschränkt arbeitsfähig ist, bspw. als Folge bewaffneter Konflikte oder von Naturkatastrophen (Herzberg, Mealey’s International Arbitration Report (2012), 1 [4]).
D. Abweichende Parteivereinbarungen Abweichende Parteivereinbarungen sind zulässig, vgl. Art. 11 Abs. 6. Von der 39 Ernennungs- und Bestätigungskompetenz des Gerichtshofs kann jedoch nicht abgewichen werden. Wagner/Herzberg
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Art. 14 ICC-SchO | Das Schiedsgericht
Artikel 14 Ablehnung von Schiedsrichtern (1) Der Antrag auf Ablehnung eines Schiedsrichters, sei er auf die Behauptung fehlender Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit oder auf andere Gründe gestützt, ist schriftlich beim Sekretariat einzureichen. Darin sind die Tatsachen und Umstände darzulegen, auf die sich der Antrag stützt. (2) Ein Antrag auf Ablehnung ist nur zulässig, wenn die Partei ihn binnen 30 Tagen ab Mitteilung über die Ernennung oder Bestätigung des Schiedsrichters durch den Gerichtshof stellt, oder binnen 30 Tagen nach dem Zeitpunkt, zu dem die beantragende Partei von den Tatsachen und Umständen Kenntnis erhalten hat, auf die sich der Antrag stützt, sofern dieser Zeitpunkt später als diese Mitteilung liegt. (3) Der Gerichtshof entscheidet über die Zulässigkeit und, wenn diese gegeben ist, gleichzeitig über die Begründetheit eines Ablehnungsantrags, nachdem das Sekretariat dem betreffenden Schiedsrichter, der oder den anderen Partei(en) und den anderen Mitgliedern des Schiedsgerichts Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme binnen angemessener Frist gegeben hat. Diese Stellungnahmen sind den Parteien und den Schiedsrichtern zu übermitteln. Article 14: Challenge of Arbitrators (1) A challenge of an arbitrator, whether for an alleged lack of impartiality or independence, or otherwise, shall be made by the submission to the Secretariat of a written statement specifying the facts and circumstances on which the challenge is based. (2) For a challenge to be admissible, it must be submitted by a party either within 30 days from receipt by that party of the notification of the appointment or confirmation of the arbitrator, or within 30 days from the date when the party making the challenge was informed of the facts and circumstances on which the challenge is based if such date is subsequent to the receipt of such notification. (3) The Court shall decide on the admissibility and, at the same time, if necessary, on the merits of a challenge after the Secretariat has afforded an opportunity for the arbitrator concerned, the other party or parties and any other members of the arbitral tribunal to comment in writing within a suitable period of time. Such comments shall be communicated to the parties and to the arbitrators. Regelungsschwerpunkte: Ein Ablehnungsantrag kommt nur nach Bestätigung oder Ernennung eines Schiedsrichters in Betracht, nicht aber, wenn dieser lediglich benannt oder vorgeschlagen, also noch nicht in seiner Funktion durch den Gerichtshof oder Generalsekretär bestätigt bzw. ernannt worden ist. Abs. 1 regelt die mit dem Antrag geltend zu machenden materiellen Ablehnungsgründe sowie die Form des Antrags → Rz. 14–21 und Rz. 23–25; Abs. 2 benennt die Zulässigkeitsvoraussetzungen für einen derartigen Antrag. → Rz. 26 ff.; Abs. 3 regelt die Vorschrift die weiteren Schritte im Ablehnungsverfahren. → Rz. 30 ff. Kostenaspekte: Ablehnungsanträge, die offensichtlich aus taktischen Motiven gestellt werden und keine Aussicht auf Erfolg haben, sind für den Antragsteller meist mit vermeidbaren zusätzlichen Kosten verbunden, da zum einen der Gerichtshof den Kostenvorschuss in diesem Zusammenhang anpassen kann und zum anderen das Schiedsgericht
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Ablehnung von Schiedsrichtern | Art. 14 ICC-SchO entscheiden kann, ein diesbezügliches Verhalten bei seiner Kostenentscheidung zu berücksichtigen. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Verhältnis zu §§ 1036, 1037 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . D. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Neuerung im Hinblick auf die Mitteilung von Entscheidungsgründen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Ablehnungsgründe (Abs. 1 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . III. Antrag (Abs. 1 Satz 1 und 2) . . . IV. Antragsfrist (Abs. 2) . . . . . . . . . V. Stellungnahme der Parteien und des Schiedsgerichts (Abs. 3) . . . . VI. Entscheidung durch den Gerichtshof (Abs. 3 Satz 1) . . . . VII. Dauer und Kosten . . . . . . . . . . E. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Armbrüster, Der parteibenannte Schiedsrichter zwischen Unparteilichkeitsgebot und Parteierwartungen, in FS Ebke (2021), S. 43 ff.; Armbrüster/Wächter, Ablehnung von Schiedsrichtern wegen Befangenheit im Verfahren, SchiedsVZ 2017, 213 ff.; Carlevaris/Digón, Arbitrator Challenges under the ICC Rules and Practice, ICC Dispute Resolution Bulletin, Issue 1 (2016), S. 23 ff.; Froitzheim, Die Kanzleimitgliedschaft und die Ablehnung von Schiedsrichtern in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2017, 172 ff.; Fry/Greenberg, The Arbitral Tribunal: Applications of Articles 7–12 of the ICC Rules in Recent Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 2 (2009), S. 12 ff.; Greenberg/ Feris, Appendix: References to the IBA Guidelines on Conflicts of Interest in International Arbitration when Deciding on Arbitrator Independence in ICC Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 2 (2009), S. 33 ff.; Hilgard, Zur Ablehnung eines Richters im Schiedsverfahren, BB 2015, 456 ff.; Kärcher, Die Aufhebung von Schiedssprüchen wegen der Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen, SchiedsVZ 2017, 277 ff.; Leijten/Kuscher, What Makes Challenges Challenging?, in: International Arbitration Under Review: Essays in Honour of John Beechey (2015), S. 265 ff.; Pé, „If in Doubt, Disclose?“: Arbitrator Conflicts, Challenges and Repercussions, Indian Journal of Arbitration Law, Vol. IX Issue 1, S. 170 ff.; Pfister, Who Decides Arbitrator Challenges? – A Comparative Analysis of Institutional Approaches, SchiedsVZ 2017, 164 ff.; Schmidt-Ahrendts/Schneider, „Gut Ding will Weile haben“ – Die Feinjustierungen des BGH zu den Folgen der Verletzung von Offenlegungspflichten im Aufhebungs- und Vollstreckungsverfahren, SchiedsVZ 2020, 35 ff.; Whitesell, Independence in ICC Arbitration: ICC Court Practice concerning the Appointment, Confirmation, Challenge and Replacement of Arbitrators, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2007, Independence of Arbitrators, S. 7 ff.
A. Normzweck Bei der Ablehnung eines Schiedsrichters handelt es sich um ein förmliches Ver- 1 fahren, um Mängel in der Besetzung des Schiedsgerichts geltend zu machen. Art. 14 bietet Parteien die Möglichkeit, Schiedsrichter ihres Amtes entheben zu lassen, wenn der Gerichtshof bei Prüfung eines entsprechenden Antrags zu der Überzeugung gelangt, dass der betreffende Schiedsrichter die nötige UnabhänNedden
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Art. 14 ICC-SchO | Das Schiedsgericht gigkeit oder Unparteilichkeit vermissen lässt. Auch „andere Gründe“ kommen für eine Ablehnung in Betracht. Nicht anwendbar ist Art. 14 auf etwaige Ablehnungsanträge gegen Sachverständige, Verwaltungssekretäre des Schiedsgerichts, Mitglieder des Gerichtshofs bzw. Angehörige seines Sekretariats oder gar Parteivertreter. Bei Verfahren mit Schiedsort in Deutschland gilt insoweit jedoch die Besonderheit, dass aufgrund zwingender Vorgaben des X. Buchs der ZPO auch vom Schiedsgericht ernannte Sachverständige unparteilich und unabhängig sein sowie Offenlegungspflichten erfüllen müssen (vgl. dazu näher unter Rz. 8). Werden diese Vorgaben nicht beachtet, droht eine Ablehnung der Vollstreckbarerklärung bzw. Aufhebung eines aus dem Verfahren hervorgegangenen Schiedsspruchs. Auch wenn die Norm einen Ablehnungsantrag gegen Parteivertreter nicht erfasst, sollten die Parteien die Möglichkeit des Ausschlusses von Parteivertretern aus dem Verfahren im Rahmen ihres Prozessverhaltens nicht gänzlich vernachlässigen. So sind die Parteien angehalten, von einer im laufenden Verfahren erfolgenden Ergänzung der anwaltlichen Vertretung, aufgrund derer die Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit eines Schiedsrichters in Zweifel gezogen wird, abzusehen (Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 13). In Fällen, in denen eine Ergänzung der anwaltlichen Vertretung dennoch erfolgt ist, kann durchaus der Ausschluss des nachträglich hinzugetretenen Parteivertreters durch das Schiedsgericht an Stelle einer Ablehnung des Schiedsrichters in Betracht kommen (Art. 17 Abs. 2; vgl. auch Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 14 f.; so geschehen in Hrvatska Elektroprivreda, d.d. v The Republic of Slovenia, ICSID Case No. ARB/05/24, Tribunal’s Ruling regarding the participation of David Mildon QC in further stages of the proceedings, 6 May 2008). Die IBA Guidelines on Party Representation in International Arbitration (2013) befassen sich gleichfalls in den Guidelines 5 und 6 mit dieser Situation und sehen dort auch explizit die Handlungsoption für das Schiedsgericht vor, einen später benannten Parteivertreter auszuschließen. 2 Das Verfahren nach Art. 14 ist zu unterscheiden von Einwendungen gegen
Schiedsrichter, die von einer Partei lediglich benannt sind, die der Gerichtshof im Rahmen der Direkternennung gemäß Art. 13 Abs. 4 den Parteien vorschlägt oder die dem Gerichtshof durch ein Nationalkomitee gemäß Art. 13 Abs. 3 vorgeschlagen werden, aber noch nicht durch den Gerichtshof oder den Generalsekretär bestätigt bzw. ernannt worden sind. Einwendungen können somit vor Ernennung bzw. Bestätigung geltend gemacht werden (vgl. Art. 11 Abs. 2 Satz 3, 13 Abs. 2 Satz 1 a.E.), ein Ablehnungsantrag nach Art. 14 ist dagegen zu stellen, sobald ein Schiedsrichter tatsächlich bestellt ist. Indes wird bei Kandidaten, die vom Gerichtshof direkt bzw. über den Vorschlag eines Nationalkomitees ernannt werden sollen, das Sekretariat die Erklärung über die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit nur in Ausnahmefällen vor der Ernennung an die Parteien übermitteln (vgl. hierzu die Kommentierung zu Art. 11 Rz. 57). Ein Ablehnungsantrag, der auf dieselben Gründe rekurriert wie etwaige Einwendungen, die dieselbe Partei bereits gegen die Bestätigung oder Ernennung erhoben hat, wird in der Praxis selten erfolgreich sein. Zwar ist ein solcher Ablehnungsantrag weiterhin zulässig, da die Partei durch die vorherigen Einwendungen nicht auf 280
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Ablehnung von Schiedsrichtern | Art. 14 ICC-SchO
ihr Ablehnungsantragsrecht verzichtet; allerdings dürfte der Gerichtshof diese Gründe bereits bei der Entscheidung, den betreffenden Schiedsrichter zu bestätigen oder zu ernennen, berücksichtigt haben. Erst später bekannt werdende und über die ursprünglichen Ablehnungsgründe hinausgehende Umstände, die eine Ablehnung nach Art. 14 begründen könnten, sind innerhalb der in Art. 14 Abs. 2 genannten Frist in einem Ablehnungsantrag geltend zu machen (vgl. Rz. 26). Die Möglichkeit der Ablehnung von Schiedsrichtern dient dazu, ein faires 3 Schiedsverfahren sicherzustellen und bereits während des laufenden Verfahrens den Bestand und die Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen zu sichern. Denn bei fehlerhafter Besetzung eines Schiedsgerichts können Schiedssprüche im Einzelfall gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d, Nr. 2 Buchst. b ZPO aufzuheben bzw. kann ihnen gemäß Art. V Abs. 1 Buchst. d. und/oder Abs. 2 Buchst. b UNÜ die Vollstreckung zu versagen sein. Bleibt das Ablehnungsverfahren gemäß Art. 14 erfolglos, kann die ablehnende 4 Partei bei Verfahren mit Schiedsort in Deutschland die Entscheidung eines staatlichen Gerichtes über die Ablehnung beantragen. Den Fortgang des Schiedsverfahrens hindert dies indes nicht. Dem in der Praxis gelegentlich vorkommenden Missbrauch des Ablehnungsver- 5 fahrens kann die ICC dadurch begegnen, dass sie offenkundig missbräuchliche Anträge besonders schnell bescheidet, diese also nicht notwendigerweise den monatlichen Sitzungen der Sonderausschüsse (denen Ablehnungsanträge üblicherweise vorgelegt werden; s. Rz. 33), sondern einer der wöchentlichen Komiteesitzungen vorlegt. Schiedsgerichte sehen insb. bei offensichtlich missbräuchlichen bzw. voraussichtlich erfolglosen Ablehnungsanträgen meist davon ab, das Verfahren zu unterbrechen. Der Gerichtshof kann bei wiederholten, offensichtlich missbräuchlichen Ablehnungsanträgen den Kostenvorschuss erhöhen. Das Schiedsgericht wiederum kann das entsprechende Verhalten einer Partei bei seiner Kostenentscheidung berücksichtigen (vgl. Art. 38 Abs. 5).
B. Verhältnis zu §§ 1036, 1037 ZPO Das nicht zwingende Ablehnungsverfahren gemäß § 1037 Abs. 2 ZPO wird 6 durch die Wahl der ICC-SchO zulässigerweise abbedungen. Anders als im Verfahren nach § 1037 Abs. 2 ZPO entscheidet nach der ICC-SchO nicht das Schiedsgericht selbst über einen Ablehnungsantrag, sondern der Gerichtshof (Art. 14 Abs. 3). Parallel zu Art. 14 gilt hingegen § 1037 Abs. 3 ZPO. Hiernach kann bei erfolg- 7 losem Ablehnungsgesuch die Entscheidung eines staatlichen Gerichts herbeigeführt werden. Zu beachten ist, dass vor einem staatlichen Gericht ausschließlich die Ablehnungsgründe gemäß § 1036 Abs. 2 ZPO zu berücksichtigen sind. Diese decken sich nur teilweise mit den in Art. 14 genannten Ablehnungsgründen. So kann gemäß § 1036 Abs. 2 Satz 1 ZPO ein Schiedsrichter lediglich abgelehnt werden, wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner UnNedden
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Art. 14 ICC-SchO | Das Schiedsgericht parteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen oder wenn er die zwischen den Parteien vereinbarten Voraussetzungen oder Qualifikationen nicht erfüllt. Diese Ablehnungsgründe sind im Ablehnungsverfahren nach § 1037 Abs. 3 ZPO zwingend. 8 Anders als die ICC-SchO es vorsieht, müssen sich in Schiedsverfahren mit deut-
schem Schiedsort auch von Schiedsgerichten ernannte Sachverständige an den Kriterien von § 1036 Abs. 1 ZPO messen lassen und potenzielle Ablehnungsgründe offenlegen. Der entsprechende Verweis in § 1049 Abs. 3 ZPO ist zwingendes Recht. Bei fehlender Offenlegung aller Umstände, die Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Sachverständigen wecken können, ist der Schiedsspruch aufzuheben, wenn anzunehmen ist, dass der Verfahrensverstoß Auswirkungen auf den Schiedsspruch hatte (vgl. BGH v. 2.5.2017 – I ZB 1/ 16, NJW 2018, 70, 74 ff., Tz. 41, 45 ff.; Rechtsprechungsänderung; hierzu auch Schmidt-Ahrendts/Schneider, SchiedsVZ 2020, 35, 36 f.).
C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 9 Die Ablehnungsgründe gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1 decken sich teilweise mit
den Ablehnungsgründen gemäß §§ 41, 42 ZPO. Art. 14 Abs. 1 geht jedoch über die Ablehnungsgründe in §§ 41, 42 ZPO hinaus. Denn die ICC-SchO fasst die möglichen Ablehnungsgründe weit, indem sie neben der fehlenden Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit auch nicht näher beschriebene „andere Gründe“ im Rahmen der Stellung eines Ablehnungsantrags zulässt. Dass § 42 Abs. 2 ZPO die Möglichkeit der Ablehnung eines Richters anders als die ICC-SchO lediglich an ein Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit knüpft, erklärt sich indes aus der bereits statusbedingten Unabhängigkeit staatlicher Richter (Art. 97 GG).
10 Die Anforderungen an den Ablehnungsantrag gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und
2 decken sich ebenfalls nur teilweise mit denen gemäß § 44 ZPO.
11 Eine Art. 14 Abs. 2 vergleichbare Frist für die Geltendmachung von Ableh-
nungsgründen ist in der ZPO nicht geregelt. Verzögerungen wird dort vielmehr durch die Präklusionsvorschrift des § 43 ZPO entgegengewirkt.
12 Art. 14 Abs. 3 findet ebenfalls nur teilweise ein Pendant in der ZPO. So ist die
Entscheidung über das Ablehnungsgesuch in §§ 45 und 46 ZPO geregelt. Hier ist nicht ausdrücklich vorgesehen, dass den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme geboten wird. Zur Gewährung rechtlichen Gehörs wird dies jedoch i.d.R. geboten sein. Im Gegensatz zur Regelung für Kollegialgerichte in § 45 Abs. 1 ZPO verlagert die ICC-SchO die Entscheidung über den Ablehnungsantrag zudem stets auf eine Instanz außerhalb des Schiedsgerichts, indem sie hierfür die Zuständigkeit des Gerichtshofs begründet.
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Ablehnung von Schiedsrichtern | Art. 14 ICC-SchO
D. Einzelerläuterungen I. Neuerung im Hinblick auf die Mitteilung von Entscheidungsgründen Im Oktober 2015 änderte der ICC-Gerichtshof seine bis dahin stringent ver- 13 folgte Praxis, Gründe für die getroffenen Ablehnungsentscheidungen nicht zu kommunizieren. In Anpassung an die neue Praxis wurde zunächst in der ICCSchO 2017 der in Art. 11 Abs. 4 ICC-SchO 2012 noch enthaltene Halbsatz gestrichen, wonach die Gründe für die Entscheidung des Gerichtshofes über einen Ablehnungsantrag nicht bekanntgegeben werden. Mit Art. 5 Anhang II wurde die Mitteilung der Entscheidungsgründe im Ablehnungsverfahren nunmehr ausdrücklich geregelt. Die Mitteilung ist abhängig von einem dahingehenden Parteiersuchen. Für Schiedsverfahren nach der ICC-SchO 2017 sowie ICCSchO 2021 genügt insoweit das Ersuchen einer Partei. Für Schiedsverfahren, die sich nach einer vor Inkrafttreten der ICC-SchO 2017 geltenden Schiedsordnung der ICC richten, ist ein Ersuchen aller am Verfahren beteiligten Parteien erforderlich. Die Parteien müssen dabei jeweils beachten, dass ein Begehren zur Mitteilung von Entscheidungsgründen zeitlich vor der Entscheidung über den Ablehnungsantrag, dessen Begründung sie wünschen, eingereicht werden muss (vgl. zum Ganzen Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 46–49). Für weitere Einzelheiten zur Mitteilung von Entscheidungsgründen, vgl. Rz. 36 ff.
II. Ablehnungsgründe (Abs. 1 Satz 1) Fehlende Unparteilichkeit. Das Vorliegen dieses Ablehnungsgrundes bemisst 14 sich nach Art. 11 Abs. 1 Var. 1 (Art. 11 Rz. 5) und kann in der Praxis vielfältiger Natur sein. Eine fehlende Unparteilichkeit kann bereits zu Verfahrensbeginn vorliegen oder auch erst im Laufe des Verfahrens eintreten. In diesem Zusammenhang ist die Pflicht des Schiedsrichters zur Offenlegung nachträglich auftretender Umstände zu berücksichtigen (Art. 11 Abs. 3), wobei diese in der Praxis vor allem in Bezug auf die schiedsrichterliche Unabhängigkeit Relevanz entfaltet. Das bloße Unterlassen der Befolgung der nachträglichen Offenlegungspflicht begründet für sich genommen nach regelmäßiger Praxis des Gerichtshofs keinen Ablehnungsgrund. Indes kann die fehlende Offenlegung in Zweifelsfällen einen für eine positive Ablehnungsentscheidung ausschlaggebenden Umstand darstellen. Als Zeichen mangelnder Unparteilichkeit kommen u.a. in Betracht ein deutlich 15 einseitiges (Frage-)Verhalten des Schiedsrichters in der mündlichen Verhandlung mit dem Ziel, den Vortrag nur einer Partei zu erschüttern, das unausgewogene Eintreten für die (Rechts-)Argumentation einer Partei, das unerbetene Äußern einer Ansicht über den voraussichtlichen Verfahrensausgang, zumal ohne bzw. vor internen Beratungen des Schiedsgerichts, wie auch abstrakte nachteilige Bewertungen durch den Schiedsrichter, die nur auf eine Partei gerichtet sind Nedden
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Art. 14 ICC-SchO | Das Schiedsgericht oder so verstanden werden können. Indes reicht nicht jegliches fehlerhafte und einseitig zu Gunsten einer Partei ausfallende Verhalten im Verfahren zur Begründung von Zweifeln an der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit aus. Vielmehr bedarf es erheblichen und je nach Lage des Falles auch gehäuften Fehlverhaltens, das den Anschein von Willkür erweckt (vgl. für weitere Praxisbeispiele Art. 11 Rz. 8 sowie die Literatur vor Art. 11 Rz. 1). 16 Fehlende Unabhängigkeit. Das Vorliegen dieses Ablehnungsgrundes bemisst
sich nach Art. 11 Abs. 1 Var. 2 (Art. 11 Rz. 5). Eine fehlende Unabhängigkeit kann bereits zu Verfahrensbeginn vorliegen oder auch erst im Laufe des Verfahrens eintreten. Zur Offenlegungspflicht nachträglich auftretender Umstände gilt das unter Rz. 14 f. Gesagte entsprechend. Voraberklärungen oder Verzichterklärungen in Zusammenhang mit möglichen Interessenkonflikten, die sich aus künftigen Tatsachen oder Umständen ergeben könnten (sog. „advance declaration“ bzw. „advance waiver“), entbinden den Schiedsrichter nicht von seinen Offenlegungspflichten für nachträglich hinzutretende Umstände (Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 30; vgl. hierzu auch Art. 11 Rz. 38).
17 Eine fehlende Unabhängigkeit kann u.a. dadurch begründet sein, dass eine di-
rekte oder indirekte Verbindung oder Abhängigkeit des Schiedsrichters von einer Partei (oder bspw. auch ihrer Mutter- oder Tochtergesellschaft), einem Parteivertreter oder einem anderen Schiedsrichter in finanzieller, beruflicher, familiärer oder sonstiger Weise besteht. Auch das (vormalige) Eingebundensein eines Schiedsrichters in ein mit dem gegenwärtigen Fall in Zusammenhang stehendes Verfahren oder ein sonstiger relevanter Bezug zum Streitfall kann die schiedsrichterliche Unabhängigkeit zweifelhaft erscheinen lassen. Gleiches gilt für wiederholte Benennungen eines Schiedsrichters durch dieselbe Partei oder denselben Parteivertreter (vgl. für weitere Praxisbeispiele Art. 11 Rz. 8 sowie die Literatur vor Rz. 1).
18 Kategorisierung der in ICC-Verfahren vorgebrachten Umstände für fehlende
Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit. In der Praxis lassen sich die Ablehnungsgründe, die in Schiedsverfahren nach der ICC-SchO im Hinblick auf eine fehlende Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit eines Schiedsrichters am häufigsten geltend gemacht werden, in vier Kategorien einteilen. Die vorgebrachten Ablehnungsgründe betreffen erstens die Beziehung eines Schiedsrichters zu einer am Schiedsverfahren beteiligten Person oder Gesellschaft; zweitens die Beziehung eines Schiedsrichters zu einer Person oder einer Gesellschaft, die nicht direkt am Schiedsverfahren beteiligt ist, aber in Verbindung zu diesem steht bzw. einen Bezug zu diesem hat; drittens Rechtsansichten, die ein Schiedsrichter in Veröffentlichungen oder anderen Schiedsverfahren – sei es als Parteivertreter oder Schiedsrichter – geäußert hat; oder viertens behauptetes Fehlverhalten des Schiedsrichters während des laufenden Schiedsverfahrens. Diese Ablehnungskategorien kommen im Einzelfall auch kumulativ zum Tragen. Der Kern des ihnen zugrunde liegenden Vorwurfs betrifft regelmäßig finanzielle Verbindungen, den Zugang zu Informationen oder eine Voreingenommenheit des Schiedsrichters im konkreten Rechtsstreit. 284
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Ablehnung von Schiedsrichtern | Art. 14 ICC-SchO
Veränderungen im Hinblick auf spezifische Ablehnungsgründe in der ICC- 19 Praxis. In den letzten Jahren wurden in der ICC-Praxis vermehrt neue Fallkonstellationen im Ablehnungsverfahren wegen fehlender Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit relevant, die vornehmlich die Beziehungen eines Schiedsrichters zu einer Person oder einer Gesellschaft, die am Verfahren beteiligt ist oder einen Bezug zu diesem hat, betrafen. Dabei handelte es sich insb. um die Verfahrensbeteiligung von Mitgliedern derselben „barrister chamber“ (vergleichbar mit der in Deutschland bekannten Bürogemeinschaft); Verbindungen zu Sachverständigen; Voraberklärungen oder Verzichterklärungen in Zusammenhang mit möglichen Interessenkonflikten, die sich aus künftigen Tatsachen oder Umständen ergeben könnten („advance declaration“ bzw. „advance waiver“); Verbindungen zu Prozessfinanzierern (vgl. zu den hierzu vom Gerichtshof entschiedenen Fallkonstellationen sowie den bei den jeweiligen Entscheidungen berücksichtigten Einzelfallumständen Carlevaris/Digón, Arbitrator Challenges under the ICC Rules and Practice, ICC Dispute Resolution Bulletin, Issue 1 (2016), 23 [33 ff.]). Hinsichtlich der im Ablehnungsverfahren wegen fehlender Unparteilichkeit oder 20 Unabhängigkeit vergleichsweise häufig vorgebrachten Verbindungen der Kanzlei eines Schiedsrichters zu einer Partei hat der Gerichtshof insb. Faktoren wie das Ausmaß der Verbindung, den Umstand, ob die Verbindung beendet ist oder noch andauert, den vermutlichen Einfluss der Kanzlei und die Reichweite des daraus für den Schiedsrichter womöglich resultierenden Informationszugangs, sowie den Umfang der finanziellen Verbindungen zwischen Kanzlei und Partei berücksichtigt. Erfolgreiche diesbezügliche Ablehnungsanträge in der ICC-Praxis betrafen die im Verfahrensverlauf erfolgte Anstellung eines ehemaligen Parteivertreters in der Kanzlei eines Schiedsrichters; die anwaltliche Vertretung der nicht ablehnenden Partei durch die neue Kanzlei eines Schiedsrichters in zwei laufenden Prozessen; sowie die fünfmalige Nominierung eines Schiedsrichters durch den anwaltlichen Vertreter einer Partei innerhalb eines Zeitraums von zwölf Jahren. Erfolglose Ablehnungsanträge in der ICC-Praxis betrafen in diesem Zusammenhang das einige Zeit zurück liegende und vollständig abgeschlossene Tätigwerden der Kanzlei des Schiedsrichters für eine Partei in einem begrenzten Umfang; das Auftreten der Kanzlei des Schiedsrichters in einem Verfahren, in dem die Gegenseite von einem Parteivertreter des laufenden Schiedsverfahrens vertreten wurde, wobei das Verfahren in keinem sachlichen Bezug zu dem Schiedsverfahren stand; sowie das Tätigwerden der am Verfahren beteiligten Schiedsrichter in verwandten Verfahren, das jedoch nicht zu einem asymmetrischen Informationszugang für die Schiedsrichter führte (vgl. zum Ganzen Art. 11 Rz. 5 ff.). Andere Gründe. Bei diesem Ablehnungsgrund handelt es sich um eine Auffang- 21 bestimmung. Er kann u.a. durch schwerwiegend prozessinadäquates Verhalten eines Schiedsrichters gegeben sein oder wenn sich herausstellt, dass ein Schiedsrichter etwaige von den Parteien in der Schiedsvereinbarung oder anderweitig vereinbarte Voraussetzungen (bspw. nachgewiesene Expertise und dokumentierte Erfahrung in einem bestimmten Rechtsgebiet) nicht erfüllt oder Qualifikationen vermissen lässt (bspw. Englisch fließend in Wort und Schrift zu beherrNedden
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Art. 14 ICC-SchO | Das Schiedsgericht schen) (vgl. für Praxisbeispiele die Literatur vor Rz. 1). Eine zu starke (Arbeits-) Belastung des Schiedsrichters aufgrund anderer Verfahren, erhebliche prozessuale Ineffizienzen, signifikante Verspätungen sowie auch in Bezug auf seine Verfügbarkeit zu Beginn des Verfahrens gemachte falsche Angaben können im Einzelfall einen Grund entweder zur Ablehnung nach Art. 14 oder zur Ersetzung nach Art. 15 Abs. 2 darstellen (vgl. auch Art. 15 Rz. 16). 22 Das Vorliegen aller in Rz. 14–21 genannten Ablehnungsgründe bemisst sich grds.
nach objektiven Maßstäben und damit nicht nach der subjektiven Wahrnehmung der Parteien, auf die Art. 11 Abs. 2 rekurriert. Allerdings wird der Gerichtshof regelmäßig berücksichtigen, wie sich Umstände im Einzelfall aus der subjektiven Perspektive der Parteien darstellen (vgl. hierzu Art. 11 Rz. 6, 49). In der Praxis sind Ablehnungen vorwiegend auf das Fehlen von Unparteilichkeit und Unabhängigkeit gestützt worden. Andere Gründe, wie z.B. behauptetes prozessinadäquates Verhalten, werden zwar häufig von Parteien als Ablehnungsgrund vorgetragen, so u.a. das Nichtgewähren einer weiteren Schriftsatzrunde oder einer Zeugeneinvernahme oder auch die Ablehnung einer Protokollberichtigung. Der Gerichtshof übt insoweit jedoch große Zurückhaltung. Dies gilt umso mehr, wenn sich das Verfahren bereits in einem fortgeschrittenen Stadium befindet oder sich der Verdacht eines rein taktischen Manövers einer Partei, die das Verfahren zu verlieren glaubt, aufdrängt. Beschränkt sich der Ablehnungsantrag darauf, Ausführungen einer vor Benennung bzw. Bestellung eines Schiedsrichters geäußerten Einwendung zu wiederholen, hat dies i.d.R. wenig Aussicht auf Erfolg.
III. Antrag (Abs. 1 Satz 1 und 2) 23 Der Antrag ist schriftlich beim Sekretariat einzureichen. Vor Antragstellung
kann es für die eine Ablehnung in Betracht ziehende Partei u.U. ratsam sein, zur Vervollständigung ihres Vortrags sowie zur Bewertung der Erfolgsaussichten des Ablehnungsantrags weitere Informationen zu den Umständen des behaupteten Ablehnungsgrundes direkt beim betreffenden Schiedsrichter (mit Kopie an alle Verfahrensbeteiligten) zu erbitten oder das Sekretariat zu ersuchen, den Schiedsrichter zu einer entsprechenden Stellungnahme aufzufordern.
24 Empfehlung: Ein Ablehnungsantrag sollte aufgrund seiner möglichen Auswirkungen auf das Verfahren insgesamt sowie die professionelle Integrität des betreffenden Schiedsrichters in keinem Fall leichtfertig oder voreilig gestellt werden.
25 Die Tatsachen und Umstände, auf die sich der Antrag stützt, sind darzulegen.
Eine weitergehende Begründung ist nicht vorgeschrieben. In der Praxis ist eine solche jedoch sehr zu empfehlen. Denn der Gerichtshof trifft seine Entscheidung allein auf der Grundlage des schriftlichen Parteivortrags und wird von sich aus nicht um ergänzenden oder erläuternden Parteivortrag bitten. Es liegt somit im Interesse der antragstellenden Partei, ihren Ablehnungsantrag umfassend, nachvollziehbar und mit belegten Behauptungen, die im Idealfall durch Anlagen zum Schriftsatz dokumentiert werden, zu formulieren. Die beantragende Partei muss 286
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Ablehnung von Schiedsrichtern | Art. 14 ICC-SchO
auch bedenken, dass sie regelmäßig keine Möglichkeit hat, auf Stellungnahmen der anderen Verfahrensbeteiligten zum Ablehnungsantrag zu replizieren. Die ICC-SchO sieht ausdrücklich keine weiteren Stellungnahmen der antragstellenden Partei auf das Vorbringen der anderen Verfahrensbeteiligten vor. In Ausnahmefällen kann das Sekretariat auf einen entsprechenden Antrag der Partei dieser eine weitere Eingabe gestatten, wenngleich diese dann meist innerhalb einer knapp bemessenen Frist zu erfolgen hat (vgl. Rz. 31).
IV. Antragsfrist (Abs. 2) Die Antragsfrist beträgt 30 Tage. Innerhalb dieser Zeit muss der Ablehnungs- 26 antrag beim Sekretariat eingereicht werden. Fristbeginn ist die Mitteilung über die Ernennung oder Bestätigung des 27 Schiedsrichters durch den Gerichtshof oder den Generalsekretär (Art. 14 Abs. 2 Var. 1). Hat die beantragende Partei zum Zeitpunkt dieser Mitteilung noch keine Kenntnis von den Tatsachen und Umständen erhalten, auf die sich der Antrag stützt, so ist stattdessen auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung im laufenden Verfahren abzustellen (Art. 14 Abs. 2 Var. 2). Sofern sich der Ablehnungsantrag auf Informationen stützt, die öffentlich zugänglich sind, wird der Gerichtshof diese nicht ohne weiteres als den Parteien bekannt ansehen. Die Parteien trifft keine Pflicht, selbstständig Tatsachen und Umstände zu recherchieren, die die Ablehnung eines Schiedsrichters begründen könnten; vielmehr dürfen sie grds. auf die Vollständigkeit der Offenlegungen durch den Schiedsrichter vertrauen. In seltenen Fällen kann allerdings die Tatsache, dass eine Information für jedermann öffentlich zugänglich ist, vom Gerichtshof als Indiz dafür gewertet werden, dass diese Information den Parteien zu einem früheren Zeitpunkt bereits bekannt war. Sofern der Schiedsrichter bestimmte Tatsachen und Umstände offengelegt, eine Partei die Offenlegung jedoch zunächst nicht (hinreichend) zur Kenntnis genommen hat, ist für den Fristbeginn dagegen der Zeitpunkt der Offenlegung maßgeblich. In der Praxis kann es im Einzelfall schwierig sein, den Zeitpunkt nachzuweisen, 28 zu dem eine Partei Kenntnis von den Tatsachen und Umständen erhalten hat, auf die sich ihr Ablehnungsantrag stützt. In der Regel folgt der Gerichtshof insoweit dem Vortrag der ablehnenden Partei, wobei diese bewusst vage Formulierungen zum Kenntniszeitpunkt vermeiden sollte. Es liegt also im Interesse der beantragenden Partei, in ihrem Ablehnungsantrag deutlich zu machen, dass die 30-Tage-Frist von ihr gewahrt worden ist. Bestehen hinsichtlich des Zeitpunkts der Kenntniserlangung Zweifel und betrifft sie einen Umstand, der trotz dahingehender Verpflichtung eines Schiedsrichters nicht offengelegt wurde, kann der Gerichtshof geneigt sein, zu Gunsten der ablehnenden Partei eine Kenntniserlangung innerhalb der Antragsfrist anzunehmen. Die Möglichkeit, einen Ablehnungsantrag zu stellen, endet, wenn der Schiedsrich- 29 ter functus officio ist. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn das Sekretariat den Nedden
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Art. 14 ICC-SchO | Das Schiedsgericht Parteien den Endschiedsspruch zugestellt hat. Mit diesem Zeitpunkt hat der Schiedsrichter seine Aufgabe erfüllt. In Ausnahmefällen kann auch nach diesem Zeitpunkt ein Ablehnungsantrag noch zulässig sein (vgl. hierzu näher unter Rz. 39).
V. Stellungnahme der Parteien und des Schiedsgerichts (Abs. 3) 30 Schriftliche Stellungnahme. Das Sekretariat gewährt dem betreffenden Schieds-
richter, der oder den anderen Partei(en) und den anderen Mitgliedern des Schiedsgerichts Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme. Sofern alle Parteien die Ablehnung eines Schiedsrichters befürworten, wird der Gerichtshof von einer Entscheidung über den Ablehnungsantrag nach Art. 14 Abs. 3 absehen und diesen stattdessen als Antrag aller Parteien auf Ersetzung des Schiedsrichters nach Art. 15 Abs. 1 behandeln (vgl. Art. 15 Rz. 1 ff.). Ebenso ist es denkbar, dass der betroffene Schiedsrichter als Reaktion auf den Ablehnungsantrag seinen Rücktritt anbietet. In diesem Fall hat der Gerichtshof (zunächst) über die Annahme des Rücktrittsgesuchs nach Art. 15 Abs. 1 zu befinden (vgl. Art. 15 Rz. 13). Grundsätzlich ist dem betroffenen Schiedsrichter zu empfehlen, auf das Ablehnungsgesuch, wenn überhaupt, möglichst neutral und sachlich zu erwidern; andernfalls besteht das Risiko, dass seine Reaktion zur Grundlage weiterer Ablehnungsanträge wird.
31 Angemessene Frist. Die Stellungnahme hat binnen angemessener Frist zu erfol-
gen. In der Regel wird insoweit eine Frist von 10 Tagen gewährt.
32 Übermittlung an die Parteien und die Schiedsrichter. Die eingereichten Stel-
lungnahmen werden, sofern dies noch nicht erkennbar anderweitig erfolgt ist, den Parteien und den Schiedsrichtern durch das Sekretariat übermittelt. Dies dient der Transparenz. Eine Gelegenheit zur Erwiderung der beantragenden Partei auf die schriftlichen Stellungnahmen ist nicht ausdrücklich vorgesehen und entspricht auch nicht der regelmäßigen Praxis. Im Einzelfall kann dies jedoch zur Gewährung rechtlichen Gehörs geboten sein (vgl. bereits Rz. 12). Im Regelfall wird das Sekretariat jedoch von dem Gewähren mehrfacher Möglichkeit zur Stellungnahme absehen, um die Bescheidung des Ablehnungsantrags nicht unnötig zu verzögern. Indes berücksichtigt der Gerichtshof bei seiner Entscheidung alle Stellungnahmen der Parteien, d.h. auch ergänzende Stellungnahmen, die das Sekretariat ohne entsprechende Aufforderung vor der Übermittlung der eingereichten Stellungnahmen an und der Entscheidung durch den Gerichtshof erhält. Die Stellungnahmen der Parteien werden dem Gerichtshof regelmäßig vollständig vorgelegt.
VI. Entscheidung durch den Gerichtshof (Abs. 3 Satz 1) 33 Die Entscheidung wird i.d.R. im Rahmen der monatlich stattfindenden Sitzun-
gen der Sonderausschüsse gefällt (Art. 5 Abs. 1 Buchst. a Anhang I). Bei evident missbräuchlichen Ablehnungsanträgen wird die Entscheidung zur Verfahrens288
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Ablehnung von Schiedsrichtern | Art. 14 ICC-SchO
beschleunigung teilweise auch in den wöchentlich stattfindenden Komiteesitzungen gefällt, in denen allerdings ein Mitglied des Gerichtshofs einen zusätzlichen Bericht zur Sache samt Entscheidungsvorschlag erstellt. Für beide Gremien verfasst auch das Sekretariat einen separaten Bericht. Die Entscheidung des Gerichtshofs wird den Verfahrensbeteiligten schriftlich mitgeteilt. Wird sie ausnahmsweise in einer Komiteesitzung getroffen, erfordert sie eine einstimmige Entscheidung der Komiteemitglieder. Grundlage der Entscheidung sind die schriftlichen Ausführungen der Parteien 34 und Schiedsrichter, die dem Gerichtshof vom Sekretariat vorgelegt werden. Es gibt keine mündliche Verhandlung, und es werden auch keine Zeugen gehört. Einen einheitlichen Entscheidungsstandard gibt es nicht, vielmehr wird jeder Ablehnungsantrag einer objektiven Einzelfallprüfung unter Würdigung sämtlicher Umstände unterzogen. Hierbei berücksichtigt der Gerichtshof vornehmlich seine eigene Praxis, die teilweise im Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021 ausdrücklich Niederschlag gefunden hat (Merkblatt des Sekretariats Rz. 22–36, insb. Rz. 24–27). Die IBA-Guidelines werden vom Gerichtshof zur Bewertung des Sachverhalts u.U. ergänzend als Orientierungshilfe konsultiert. Sie sind für den Gerichtshof aber weder bindend, noch ist es zwingend oder in allen Fällen geboten, dass ein Ablehnungsantrag hierauf rekurriert. Gleichwohl zeigt die Praxis, dass die IBA-Guidelines zur Bewertung des Einzelfalls hilfreich sein können. Entsprechend sollte im Ablehnungsantrag zwar primär auf das Merkblatt des Sekretariats bzw. etwaige veröffentlichte Präzedenzfälle aus der ICC-Praxis oder aus staatlichen Gerichtsurteilen am Schiedsort oder am voraussichtlichen Vollstreckungsort rekurriert werden; zusätzlich ist jedoch eine Bezugnahme auf die IBA-Guidelines und die darin enthaltenen Fallkonstellationen meist ratsam. In der Praxis findet eine intensive Diskussion, Begutachtung sowie Einzelfall- 35 betrachtung der Ablehnungsanträge durch die Mitglieder des Gerichts und des Sekretariats, allesamt erfahrene Schiedsrechtspraktiker, statt. Die Hürden für eine Stattgabe des Ablehnungsantrags sind keinesfalls niedrig, zumal schon im Rahmen der Ernennung und Bestätigung von Schiedsrichtern durch den Gerichtshof bzw. den Generalsekretär bei Einwendungen oder Zweifeln an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Kandidaten eine intensive Prüfung vorgenommen wird. Dies spiegelt sich auch in der geringen Zahl von erfolgreichen Ablehnungsanträgen wider. Besondere Vorsicht zeigt der Gerichtshof hinsichtlich der Stattgabe von Ablehnungsanträgen, die sich auf das Verhalten von Schiedsrichtern bei Ermessensentscheidungen im Verfahren stützen. Auch im Hinblick auf den für einen Ablehnungsantrag gewählten Zeitpunkt im Schiedsverfahren ist der Gerichtshof sensibilisiert. Da die Zahl der stattgegebenen Ablehnungsanträge äußerst gering ist, sollte ein entsprechender Antrag gut überlegt und begründet werden. Zudem sollten die darin aufgestellten Behauptungen belegbar sein und entsprechend belegt werden. Wandel der ICC-Praxis bzgl. der Mitteilung von Entscheidungsgründen. 36 Nach der neuen ICC-Praxis, die nunmehr in Art. 5 Anhang II ausdrücklich ihren Niederschlag gefunden hat, sind die Entscheidungsgründe den Parteien mitNedden
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Art. 14 ICC-SchO | Das Schiedsgericht zuteilen, sofern dies von einer Partei – bzw. bei Anwendung einer vor Inkrafttreten der ICC-SchO 2017 geltenden Schiedsordnung von allen beteiligten Parteien – vor der Entscheidung des Gerichtshofs beantragt wird. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände kann der Gerichthof von der Mitteilung der Entscheidungsgründe absehen (Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 47). Die Anfrage muss keinen besonderen Formerfordernissen genügen. Der Wunsch der Mitteilung von Gründen kann auch Teil einer vor der Entscheidung des Gerichtshofs getroffenen Vereinbarung der Parteien oder gar schon in der Schiedsabrede enthalten sein. Hintergrund dieses Praxiswandels ist zum einen ein angestrebter Transparenzzuwachs betreffend die Entscheidungen des Gerichtshofs, zum anderen die Etablierung einheitlicher Standards, um konsistente und vorhersehbare Entscheidungen zu gewährleisten. 37 Entspricht die Mitteilung von Entscheidungsgründen nicht einem vor der Ent-
scheidung des Gerichtshofs geäußerten Parteiwunsch bzw. wurde ein solcher Wunsch bei Anwendung einer vor Inkrafttreten der ICC-SchO 2017 geltenden Schiedsordnung nicht von allen Parteien geäußert, werden die Gründe entsprechend der bisherigen ICC-Praxis nicht kommuniziert.
38 Mitteilung der Antragsablehnung wegen fehlender Zulässigkeit. Eine weitere
Neuerung in der Praxis der ICC zeigt sich im Hinblick auf die Mitteilung des Gerichtshofs an die Parteien, ob der Ablehnungsantrag wegen fehlender Zulässigkeit oder fehlender Begründetheit abgewiesen wurde. Danach teilt der Gerichtshof den Parteien nunmehr mit, wenn der Antrag schon für unzulässig erachtet wurde. Anders als die Mitteilung konkreter Entscheidungsgründe erfolgt diese Mitteilung unabhängig vom Einverständnis der Parteien. Diese Neuerung orientiert sich an der im Wortlaut von Art. 14 Abs. 3 Satz 1 klar zum Ausdruck kommenden Trennung der Entscheidungsebenen in Zulässigkeit und Begründetheit eines Ablehnungsantrags. Sie soll auch der missbräuchlichen Stellung von unzulässigen Ablehnungsanträgen zur Herbeiführung von Verfahrensverzögerungen entgegenwirken.
39 Gründe für die Unzulässigkeit eines Ablehnungsantrags. Die zwei Haupt-
gründe für eine Abweisung des Antrags durch den Gerichtshof als unzulässig sind der Ablauf der in Art. 14 Abs. 2 genannten Frist im Zeitpunkt der Antragstellung sowie die Antragstellung nach Zustellung des Endschiedsspruchs an die Parteien. Die Unzulässigkeit in der zuletzt genannten Konstellation ergibt sich aus dem Umstand, dass der Schiedsrichter zu diesem Zeitpunkt regelmäßig seine Aufgabe vollständig erfüllt hat und bereits functus officio ist. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn neben dem Ablehnungsantrag auch ein Antrag auf Berichtigung oder Auslegung des Schiedsspruchs gemäß Art. 36 Abs. 2 gestellt wird bzw. die Frist für einen solchen Antrag noch nicht abgelaufen ist. In diesem Fall wird das Verfahren mit dieser begrenzten Zielsetzung wieder aufgenommen und die Arbeit der Schiedsrichter zu diesem Zweck fortgesetzt. Der Gerichtshof hat bislang nur in seltenen Situationen einen Ablehnungsantrag nach Zustellung des Endschiedsspruchs für zulässig erachtet. Indes spricht vieles dafür, einen Ablehnungsantrag parallel dazu auch dann als zulässig zu erachten, 290
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Ersetzung von Schiedsrichtern | Art. 15 ICC-SchO
wenn er zu einem Zeitpunkt gestellt wird, in dem das Schiedsgericht seine Arbeit zum Zwecke der Berichtigung des Schiedsspruchs gemäß Art. 36 Abs. 1 von sich aus wieder aufgenommen hat. Denn auch in diesem Fall wird das Verfahren mit begrenzter Zielsetzung weitergeführt, und der Schiedsrichter ist daher noch bzw. wieder im Amt. Die Entscheidung des Gerichtshofs ist endgültig (Art. 11 Abs. 4 Satz 1). Der Ge- 40 richtshof kann somit nicht um Überprüfung seiner Entscheidung angerufen werden. Indes kann die Darlegung neuer Umstände gegenüber dem Gerichtshof dazu führen, dass dieser seine Entscheidung überdenkt (zu weiteren Einzelheiten, vgl. Art. 11 Rz. 63). Ist ein Ablehnungsantrag erfolgreich, so kommt es zu einer Ersetzung des be- 41 treffenden Schiedsrichters durch den Gerichtshof (Art. 15 Abs. 1; vgl. Rz. 30). Die Ersetzung muss nicht gesondert beantragt werden.
VII. Dauer und Kosten Dauer. Ablehnungsverfahren dauern i.d.R. zwischen drei und sieben Wochen. 42 Es liegt im Ermessen des Schiedsgerichts, das Verfahren während dieses Zeitraums zu unterbrechen. Kosten. Kommt es infolge eines Ablehnungsantrages zu einer Ersetzung, kön- 43 nen zusätzliche Kosten in Form von Schiedsrichterhonoraren entstehen. Auch können durch die mit einem Ablehnungsantrag verbundenen Schriftsätze höhere Parteivertretungskosten anfallen. Ist ein Ablehnungsantrag erfolglos, muss die beantragende Partei damit rechnen, dass ihr die im Zusammenhang mit dem Ablehnungsantrag entstandenen zusätzlichen Kosten im Endschiedsspruch auferlegt werden. Darüber hinaus gehende negative Kostenfolgen können einer Partei bei einem missbräuchlichen Ablehnungsantrag drohen (vgl. dazu oben Rz. 5).
E. Abweichende Parteivereinbarungen Von den Kernvorgaben des Art. 14 kann grds. nicht aufgrund von Parteiverein- 44 barungen abgewichen werden.
Artikel 15 Ersetzung von Schiedsrichtern (1) Im Falle seines Ablebens, nach Annahme seines Rücktritts durch den Gerichtshof, bei Stattgabe eines Ablehnungsantrags durch den Gerichtshof oder nach Annahme eines Antrags aller Parteien durch den Gerichtshof wird ein Schiedsrichter ersetzt. Nedden
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Art. 15 ICC-SchO | Das Schiedsgericht (2) Der Gerichtshof kann außerdem von sich aus einen Schiedsrichter ersetzen, wenn er feststellt, dass dieser Schiedsrichter de iure oder de facto gehindert ist, seinen Pflichten nachzukommen oder seine Pflichten nicht gemäß der Schiedsgerichtsordnung oder binnen der gesetzten Fristen erfüllt. (3) Wenn der Gerichtshof aufgrund einer ihm bekannt gewordenen Information erwägt, nach Artikel 15(2) vorzugehen, entscheidet er, nachdem dem betreffenden Schiedsrichter, den Parteien und den anderen Mitgliedern des Schiedsgerichts Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme binnen angemessener Frist gegeben worden ist. Diese Stellungnahmen sind den Parteien und den Schiedsrichtern zu übermitteln. (4) Wenn ein Schiedsrichter zu ersetzen ist, steht es im Ermessen des Gerichtshofs, ob dem ursprünglichen Ernennungsverfahren zu folgen ist. Das neu besetzte Schiedsgericht bestimmt, ob und in welchem Umfang vorausgegangene Verfahrensabschnitte vor ihm wiederholt werden sollen, nachdem es zuvor die Parteien um Stellungnahme hierzu gebeten hat. (5) Nachdem das Schiedsgericht das Verfahren geschlossen hat, kann der Gerichtshof, wenn er dies für angemessen hält, anstatt einen verstorbenen oder gemäß Artikel 15(1) oder 15(2) entfernten Schiedsrichter zu ersetzen, entscheiden, dass die verbleibenden Schiedsrichter das Schiedsverfahren fortsetzen. Bei dieser Entscheidung berücksichtigt der Gerichtshof die Meinungen der verbleibenden Schiedsrichter und der Parteien hierzu sowie etwaige anderen Aspekte, die er unter den gegebenen Umständen für relevant erachtet. Article 15: Replacement of Arbitrators (1) An arbitrator shall be replaced upon death, upon acceptance by the Court of the arbitrator’s resignation, upon acceptance by the Court of a challenge, or upon acceptance by the Court of a request of all the parties. (2) An arbitrator shall also be replaced on the Court’s own initiative when it decides that the arbitrator is prevented de jure or de facto from fulfilling the arbitrator’s functions, or that the arbitrator is not fulfilling those functions in accordance with the Rules or within the prescribed time limits. (3) When, on the basis of information that has come to its attention, the Court considers applying Article 15(2), it shall decide on the matter after the arbitrator concerned, the parties and any other members of the arbitral tribunal have had an opportunity to comment in writing within a suitable period of time. Such comments shall be communicated to the parties and to the arbitrators. (4) When an arbitrator is to be replaced, the Court has discretion to decide whether or not to follow the original nominating process. Once reconstituted, and after having invited the parties to comment, the arbitral tribunal shall determine if and to what extent prior proceedings shall be repeated before the reconstituted arbitral tribunal. (5) Subsequent to the closing of the proceedings, instead of replacing an arbitrator who has died or been removed by the Court pursuant to Articles 15(1) or 15(2), the Court may decide, when it considers it appropriate, that the remaining arbitrators shall continue the arbitration. In making such determination, the Court shall take into account the views of the remaining arbitrators and of the parties and such other matters that it considers appropriate in the circumstances.
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Ersetzung von Schiedsrichtern | Art. 15 ICC-SchO Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 und Abs. 2 regeln die Voraussetzungen, unter denen ein Schiedsrichter ersetzt werden kann. Ein Schiedsrichter kann – insb. aufgrund entsprechenden übereinstimmenden Parteiwunsches, als Konsequenz der Stattgabe eines Ablehnungsantrags, auf Initiative des Gerichtshofs sowie auf eigenen Wunsch – zu ersetzen sein. In jedem Fall bedarf die Ersetzung einer Entscheidung durch den Gerichtshof. → Rz. 13 ff. Abs. 3 regelt das Ersetzungsverfahren auf Initiative des Gerichtshofs. Dieses ist zweistufig und besteht in einem ersten Schritt aus der förmlichen Einleitung des Ersetzungsverfahrens mit entsprechender Möglichkeit der Verfahrensbeteiligten, sich zu einer möglichen Ersetzung zu äußern. In einem zweiten Schritt entscheidet der Gerichtshof dann über die tatsächliche Ersetzung des Schiedsrichters. → Rz. 26 ff. Nach der Entfernung eines Schiedsrichters aus seinem Amt in Folge einer Ersetzungsentscheidung stellt sich die Frage nach der Neubesetzung der nunmehr offenen Schiedsrichterposition. Abs. 4 regelt insoweit die Modalitäten der Neubestellung sowie die Wiederholung vorausgegangener Verfahrensschritte. → Rz. 33 ff.; Abs. 5 sieht abweichend von der nach Abs. 1 und Abs. 2 regelmäßig vorgesehenen Neubestellung eines Schiedsrichters als Ersatz für einen verstorbenen oder entfernten Schiedsrichter die Möglichkeit vor, das Schiedsverfahren nur mit den verbleibenden Schiedsrichtern fortzusetzen, sofern das Schiedsgericht das Verfahren bereits geschlossen hat. → Rz. 39 ff. Kostenaspekte: Die Ersetzung eines Schiedsrichters ist meist mit zusätzlichen Kosten verbunden. Sie kann das Verfahren sowohl verlangsamen als auch eine Möglichkeit sein, dieses zu beschleunigen. A. Ersetzung eines Schiedsrichters (Abs. 1–3; Ersetzungsgründe) . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu § 1038 ZPO . . . . . III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften IV. Einzelerläuterungen . . . . . . . . . 1. Ersetzung bei Ableben, bei Stattgabe eines Ablehnungsgesuchs und nach Annahme durch den Gerichtshof (Abs. 1) . . . . . . . . . 2. Ersetzung auf Initiative des Gerichtshofes (Abs. 2–3) . . . . . . . . 3. Honorar des zu ersetzenden Schiedsrichters . . . . . . . . . . . . .
__ _ __ 16
B. Neubestellung und Rumpfschiedsgericht (Abs. 4, 5) . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu §§ 1039, 1052 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften IV. Einzelerläuterungen (Abs. 4–5) . 1. Modalitäten der Neubestellung (Abs. 4 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . 2. Wiederholung vorausgegangener Verfahrensschritte (Abs. 4 Satz 2) 3. Rumpfschiedsgericht (Abs. 5) . .
24
C. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 5
7 12
_ _ _ 12
__ _ __ _ __ _ 26 26 27 30 33 33
35 39 44
Literatur: Altenkirch, Die Beendigung des Schiedsrichtervertrags durch den Schiedsrichter, SchiedsVZ 2014, 113 ff.; Carlevaris/Digón, Arbitrator Challenges under the ICC Rules and Practice, ICC Dispute Resolution Bulletin, Issue 1 (2016), S. 23 ff.; Fry/Greenberg, The Arbitral Tribunal: Applications of Articles 7–12 of the ICC Rules in Recent Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 2 (2009), S. 12 ff.; Whitesell, Independence in ICC Arbitration: ICC Court Practice concerning the Appointment, Confirmation, Challenge and Replacement of Arbitrators, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2007, Independence of Arbitrators, S. 7 ff.
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Art. 15 ICC-SchO | Das Schiedsgericht A. Ersetzung eines Schiedsrichters (Abs. 1–3; Ersetzungsgründe) I. Normzweck 1 Die Notwendigkeit, einen Schiedsrichter aus seinem Amt zu entfernen, kann
verschiedener Natur sein. Zudem können Umstände im Verlaufe des Verfahrens eintreten, in denen ein Schiedsrichter von sich aus um Rücktritt ersucht. Gründe, die eine Ersetzung möglich machen, regelt Art. 15 ebenso wie das Prozedere, dem eine freiwillige wie unfreiwillige Ersetzung zu folgen hat. Darüber hinaus befasst sich die Norm mit den aus einem erfolgreichen Ablehnungsantrag nach Art. 14 resultierenden Konsequenzen. Nicht zuletzt ist Sinn und Zweck der in Art. 15 enthaltenen Regelungen wiederum, die Zeit- und Effizienzverluste in besonderen Prozesssituationen zu minimieren. Zudem trägt die Norm zum Bestand und zur Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen bei.
2 Art. 15 Abs. 1 regelt die Ersetzungstatbestände, die nicht auf eine Initiative des
Gerichtshofes zurückgehen. Die hier geregelten Ersetzungsgründe bedürfen – soweit sie nicht im Ableben des Schiedsrichters oder in einem erfolgreichen Ablehnungsantrag nach Art. 14 liegen – gleichwohl einer ihr Vorliegen feststellenden Entscheidung durch den Gerichtshof.
3 Art. 15 Abs. 2–3 regeln die Ersetzung von Schiedsrichtern, die auf die Initiative
des Gerichtshofes zurückgeht, wobei Abs. 2 die Ersetzungsgründe regelt und Abs. 3 das anzuwendende zweistufige Verfahren beschreibt. Der Gerichtshof trifft seine Ersetzungsentscheidung danach erst, wenn sowohl dem betroffenen als auch den anderen am Verfahren beteiligten Schiedsrichtern sowie den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist.
4 Nach der neuen ICC-Praxis, die nunmehr in Art. 5 Anhang II ausdrücklich ih-
ren Niederschlag gefunden hat, können die Gründe für die Einleitung eines Ersetzungsverfahrens und die anschließende Entscheidung zur Ersetzung eines Schiedsrichters gemäß Art. 15 Abs. 2 mitgeteilt werden (Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 46–49). Für die diesbezüglich bestehenden Voraussetzungen und weitere Einzelheiten vgl. Rz. 23.
II. Verhältnis zu § 1038 ZPO 5 Art. 15 Abs. 1 und Abs. 2 entsprechen teilweise den in § 1038 Abs. 1 Satz 1 ZPO
geregelten Gründen für die Beendigung des Schiedsrichteramtes. Gemäß § 1038 Abs. 1 Satz 1 ZPO endet das Schiedsrichteramt, wenn der Schiedsrichter zurücktritt oder wenn die Parteien die Beendigung des Amtes vereinbaren. Voraussetzung ist dabei stets, dass der Schiedsrichter rechtlich oder tatsächlich außerstande ist, seine Aufgaben zu erfüllen, oder er aus anderen Gründen seinen Aufgaben nicht in angemessener Frist nachkommt. Art. 15 Abs. 1 und 2 sind zulässigerweise strenger als § 1038 Abs. 1 Satz 1 ZPO. 294
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Gemäß § 1038 Abs. 1 Satz 2 ZPO kann jede Partei bei Gericht eine Entscheidung 6 über die Beendigung des Schiedsrichteramtes beantragen, wenn der Schiedsrichter nicht von seinem Amt zurücktritt oder sich die Parteien über dessen Beendigung nicht einigen können. Allerdings dürfte § 1038 ZPO insgesamt unter Parteivorbehalt stehen (BT-Drucks. 13/5274, S. 42). Entsprechend mag durch die Wahl der ICC-SchO mit Art. 15 eine abschließende anderweitige Parteivereinbarung vorliegen, die einen Rückgriff auf das staatliche Verfahren nach § 1038 Abs. 1 Satz 2 ZPO parallel zu den in Art. 15 vorgesehenen Optionen ausschließt.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Anders als in Art. 15 Abs. 1 Var. 1 ist in der ZPO das Ableben eines Richters 7 nicht ausdrücklich als Ersetzungsgrund geregelt. Aus dem gemäß § 21e GVG erlassenen Geschäftsverteilungsplan ergibt sich jedoch, welcher Richter an die Stelle eines verstorbenen Richters tritt. Die in Art. 15 Abs. 1 Var. 2 geregelte Ersetzung eines Richters nach Annahme 8 eines Rücktritts deckt sich teilweise mit der in § 48 Var. 1 ZPO geregelten Selbstablehnung. Der in Art. 15 Abs. 1 Var. 3 geregelten Ersetzung eines Schiedsrichters bei Statt- 9 gabe eines Ablehnungsantrags entspricht im staatlichen Verfahren der Ausschluss eines abgelehnten Richters gemäß §§ 45, 46 ZPO. Der in Art. 15 Abs. 2–3 geregelten Ersetzung auf Initiative des Gerichtshofes 10 entspricht im staatlichen Verfahren die in § 48 Var. 2 ZPO geregelte Prüfung von Amts wegen, ob ein gesetzlicher Ausschließungsgrund vorliegt. Die Vorschriften sind im Einzelnen unterschiedlich ausgestaltet.
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IV. Einzelerläuterungen 1. Ersetzung bei Ableben, bei Stattgabe eines Ablehnungsgesuchs und nach Annahme durch den Gerichtshof (Abs. 1) Ableben. Das Schiedsrichteramt endet mit dem Tod des Schiedsrichters. Grund 12 hierfür ist der Umstand, dass es sich bei dem Schiedsrichteramt um ein höchstpersönliches Amt handelt. Annahme eines Rücktrittsgesuchs. Schiedsrichtern steht es nicht frei, über die 13 Beendigung ihres Amtes autonom zu entscheiden. Eine Rücktrittserklärung bedarf vielmehr, synchron zur Einbindung des Gerichtshofs oder Generalsekretärs im Rahmen der Bestätigung bzw. Ernennung, der Annahme durch den Gerichtshof. Dies dient der Verhinderung prozessinadäquater Rücktritte sowie der Sicherung der Kontrollfunktion des Gerichtshofs. So sind vom Gerichtshof etwa Rücktrittsgesuche abgelehnt worden, die offensichtlich allein durch Nedden
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Art. 15 ICC-SchO | Das Schiedsgericht den Druck oder die Zermürbungstaktiken einer Partei bzw. der Parteien motiviert waren oder sich als (übereilte) Reaktion auf einen aller Voraussicht nach eigentlich erfolglosen Ablehnungsantrag darstellten. Zu den legitimen Rücktrittsgründen zählen gesundheitliche und persönliche Gründe, die Ernennung zum Richter, Minister oder in sonstige hohe Staatsämter, mit denen eine weitere Schiedsrichtertätigkeit nicht vereinbar wäre, oder ein in seinem zeitlichen Ausmaß nicht absehbarer Stillstand des Schiedsverfahrens. Auch Fälle, in denen eine der Parteien aufgrund des Schiedsverfahrens gegen den Schiedsrichter mittels einstweiliger Verfügung („injunction“) vorgeht, können einen Rücktritt des Schiedsrichters legitimieren. Rücktrittsgesuche, die erfolgen, um möglichen Interessenskonflikten zuvorzukommen, weil die Kanzlei, der der betreffende Schiedsrichter angehört, ein entsprechendes (neues) Mandat erhält, dürften ebenfalls regelmäßig vom Gerichtshof angenommen werden; allerdings wird der Gerichtshof diese Motivation des Rücktrittsgesuchs bei der Festlegung des Honorars regelmäßig berücksichtigen. Gleiches gilt für Situationen, in denen ein Schiedsrichter einem mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreichen Ablehnungsantrag durch seinen Rücktritt zuvorkommt. In allen Konstellationen wird der Gerichtshof zudem berücksichtigen, wie weit das Schiedsverfahren bereits fortgeschritten ist, d.h. insb., wie viel zusätzlichen Aufwand eine Ersetzung verursachen würde. So wird er bspw. einen schwach motivierten Rücktritt in einem frühen Verfahrensstadium eher akzeptieren als in einem späten Verfahrensstadium. 14 Stattgabe eines Ablehnungsantrages. Die Ablehnung von Schiedsrichtern ist in
Art. 14 geregelt. Wird einem Ablehnungsantrag stattgegeben, so führt dies i.d.R. zur Ersetzung des Schiedsrichters. Hier ist Art. 15 also unmittelbare (Rechts-) Folge der Stattgabe eines Ablehnungsantrags, und die Ersetzung muss nicht gesondert beantragt werden. Wird einem Ablehnungsantrag stattgegeben, nachdem das Schiedsgericht das Verfahren geschlossen hat, kann der Gerichtshof ggf. nach Art. 15 Abs. 5 von der Ersetzung absehen.
15 Annahme eines Antrags aller Parteien. Ein Antrag aller Parteien auf Ersetzung
eines Schiedsrichters bedarf ebenfalls der Annahme durch den Gerichtshof. Der Gerichtshof wird sich jedoch nur in Ausnahmefällen über den gemeinsam geäußerten Parteiwillen hinwegsetzen. In der Praxis kommen Anträge aller Parteien ohnehin nur selten vor, und der administrative Akt der Annahme durch den Gerichtshof beugt u.a. der Situation vor, dass ein Schiedsrichter den diesbezüglichen gemeinsamen Antrag der Parteien schlichtweg ignoriert. 2. Ersetzung auf Initiative des Gerichtshofes (Abs. 2–3)
16 Von sich aus kann der Gerichtshof unter den Voraussetzungen von Art. 15 Abs. 2
und 3 einen Schiedsrichter ersetzen. Dem Tätigwerden des Gerichtshofes kann eine Anregung seitens der Parteien vorausgehen oder auch ein entsprechender Hinweis aus dem Schiedsgericht. Das Fristerfordernis gemäß Art. 14 Abs. 2 soll auf diese Weise indes nicht umgangen werden. Sofern der betreffende Umstand auch Gegenstand eines Ablehnungsantrages sein könnte – bspw. bei fehlender
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Ersetzung von Schiedsrichtern | Art. 15 ICC-SchO
Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit eines Schiedsrichters, auf die eine Partei lediglich hinweist, weil sie eine Konfrontation mit dem Schiedsrichter im Ablehnungsverfahren scheut – übt der Gerichtshof daher besondere Zurückhaltung. In Einzelfällen hat der Gerichtshof aber nach Zurückweisung eines Ablehnungsantrags ein Ersetzungsverfahren eingeleitet, weil er Anhaltspunkte für Umstände oder Tatsachen gefunden hat, die eine fehlende Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des betroffenen Schiedsrichters oder „andere Gründe“ unter anderen als den im Ablehnungsantrag geltend gemachten Gesichtspunkten nahelegten. Grundsätzlich wird der Gerichtshof jedoch nur tätig, wenn übergeordnete Gesichtspunkte, wie z.B. das Interesse an der Wahrung der Integrität des Schiedsverfahrens, eine Intervention des Gerichtshofes nötig erscheinen lassen. So wird eine Partei einen Schiedsrichter regelmäßig nicht erfolgreich unter Bezugnahme auf Art. 14 Abs. 1 mit der Begründung ablehnen, dieser habe hinsichtlich seiner Verfügbarkeit falsche Angaben gemacht oder stünde nicht im nötigen zeitlichen Maße für das fragliche Verfahren zur Verfügung. Allerdings sind Konstellationen denkbar, in denen eine oder mehrere Parteien das Sekretariat bzw. den Gerichtshof auf stark eingeschränkte tatsächliche Verfügbarkeiten, prozessuale Ineffizienzen oder signifikante Verspätungen eines Schiedsrichters aufmerksam machen und der Gerichtshof dadurch veranlasst wird, von sich aus im Rahmen des Art. 15 Abs. 2 tätig zu werden. Alternativ erscheint es auch möglich, dass die Parteien solche Umstände zum Anlass nehmen, um einen Antrag auf Ablehnung des Schiedsrichters nach Art. 14 zu stellen. De-Facto-Hinderung, den Pflichten als Schiedsrichter nachzukommen. Ein 17 Schiedsrichter ist de facto daran gehindert, seinen Pflichten nachzukommen, wenn er aus tatsächlichen Gründen, denen auf absehbare Zeit durch den Schiedsrichter (oder ausnahmsweise auch durch die Parteien) nicht abgeholfen werden kann, außerstande oder nicht willens ist, seine Aufgaben zu erfüllen. Exemplarisch hierfür sind eine lang andauernde Krankheit, u.U. aber auch eine Sabbatical-Abwesenheit, und die Unmöglichkeit, physisch an einer Verhandlung teilzunehmen, weil Reisefähigkeit nicht gegeben ist. Ebenso in Betracht kommt eine Situation, in der sich die Parteien nachträglich auf eine Verfahrenssprache einigen (oder ein Schiedsgericht dies mehrheitlich entscheidet), derer der betreffende Schiedsrichter nicht mächtig ist. De-Jure-Hinderung, den Pflichten als Schiedsrichter nachzukommen. Ein 18 Schiedsrichter ist de jure daran gehindert, seinen Pflichten nachzukommen, wenn er aus rechtlichen Gründen, denen auf absehbare Zeit durch den Schiedsrichter (oder ausnahmsweise auch durch die Parteien) nicht abgeholfen werden kann, außerstande ist, seine Aufgaben zu erfüllen. Dies kann gegeben sein, wenn in Bezug auf das Schiedsverfahren eine sog. „anti-suit injunction“ vorliegt, an die sich der Schiedsrichter gebunden fühlt und entsprechend von der Fortführung des Schiedsverfahrens absieht. Entscheidend sind insoweit die anwendbaren rechtlichen Rahmenbedingungen im betreffenden Land. So kann bei Verfahren mit Schiedsort in Deutschland das Fehlen einer Nebentätigkeitsgenehmigung für einen Richter (§ 40 DRiG) ein rechtliches Hindernis für die Ausübung des Schiedsrichteramtes darstellen. Nedden
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Art. 15 ICC-SchO | Das Schiedsgericht 19 Keine Erfüllung der Pflichten gemäß der SchO oder binnen der gesetzten
Fristen. Die mangelnde Erfüllung von Pflichten gemäß der SchO stellt einen breiten Tatbestand dar. Er ist damit spiegelbildlich zu den vielfältigen Pflichten, zu deren Beachtung sich ein Schiedsrichter, der sich zur Ausübung des Amtes gemäß der ICC-SchO bereit erklärt hat, verpflichtet. Zwar überschneidet sich diese Tatbestandsvariante mit den oben erwähnten Varianten. Insbesondere sind hierunter jedoch mangelnde Reaktivität innerhalb angemessener Zeiträume, eine kontinuierlich nicht gegebene zeitliche Verfügbarkeit, z.B. für eine mündliche Verhandlung, oder das Ignorieren der Vorgabe, zeitgerecht einen Schiedsauftrag zu erstellen oder eine Verfahrensmanagementkonferenz abzuhalten, zu subsumieren, sofern in derartigen Konstellationen das Verfahren durch die Ersetzung des Schiedsrichters voraussichtlich insgesamt beschleunigt werden kann. Nicht zuletzt gibt die breite Formulierung dem Gerichtshof die Möglichkeit, Druck auf Schiedsrichter auszuüben, die aus den unterschiedlichsten, nicht mit den Vorgaben oder dem Geiste der ICC-SchO zu vereinbarenden Motiven oder Verhaltensweisen den effizienten und sicheren, d.h. aufhebungsfesten, Verfahrensverlauf behindern oder unmöglich machen. Schließlich dürfte unter diese Tatbestandsvariante auch der seltene Fall zu subsumieren sein, in dem eine Verfahrensverbindung gemäß Art. 10 stattfindet und ein Schiedsrichter nicht von sich aus ein Rücktrittsgesuch einreicht, obgleich das ihn betreffende Verfahren in ein anderes Verfahren, dessen Schiedsgericht er nicht angehört, verbunden wird (vgl. auch Art. 7 Rz. 1).
20 Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme. Das Verfahren nach Art. 15 Abs. 2
ist ein zweistufiges Verfahren. In einem ersten Schritt beschließt der Gerichtshof lediglich, ein Ersetzungsverfahren einzuleiten und gibt dem betreffenden Schiedsrichter, den Parteien und den anderen Mitgliedern des Schiedsgerichts sodann Gelegenheit, schriftlich zur Einleitung des Ersetzungsverfahrens Stellung zu nehmen. Nach Erhalt der Stellungnahmen oder fruchtlosem Ablauf der gesetzten Frist entscheidet der Gerichtshof dann in einem zweiten Schritt unter Berücksichtigung der Stellungnahmen, ob der betreffende Schiedsrichter tatsächlich zu ersetzen ist. Da beide Entscheidungen von nicht unerheblicher Tragweite für den betreffenden Schiedsrichter, die Parteien – zumal die ihn benennende(n) Partei(en) – sowie den Verfahrensverlauf sind, wird gewöhnlich mindestens eine der Entscheidungen des zweistufigen Verfahrens in einem der Sonderausschüsse des Gerichtshofs gefällt. Dabei wird die Ersetzungsentscheidung selbst regelmäßig in einem Sonderausschuss getroffen, während über die Einleitung des Verfahrens auch in einer Komiteesitzung entschieden werden kann.
21 Angemessene Frist. Die Stellungnahme hat binnen angemessener Frist zu erfol-
gen. I.d.R. wird insoweit vom Sekretariat eine Frist von 10 Tagen gewährt.
22 Übermittlung an die Parteien und die Schiedsrichter. Die eingereichten Stel-
lungnahmen werden, sofern dies noch nicht erkennbar anderweitig erfolgt ist, den Parteien und den Schiedsrichtern durch das Sekretariat übermittelt. Dies dient der Transparenz. Eine Gelegenheit zur Erwiderung auf die schriftlichen Stellungnahmen ist nicht ausdrücklich vorgesehen und wird vom Sekretariat 298
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Ersetzung von Schiedsrichtern | Art. 15 ICC-SchO
auch nicht angestrebt. Die Verfahrensschritte des Ersetzungsverfahrens gemäß Art. 15 Abs. 3 weisen insoweit starke Ähnlichkeiten zum Verfahren nach Art. 14 Abs. 3 im Rahmen der Ablehnung eines Schiedsrichters auf (vgl. Art. 14 Rz. 30 ff.). Mitteilung von Entscheidungsgründen. Mit Inkrafttreten der ICC-SchO 2017 23 entfiel der in Art. 11 Abs. 4 ICC-SchO 2012 noch enthaltene Halbsatz, wonach die Gründe für die Entscheidung des Gerichtshofes, einen Schiedsrichter zu ersetzen, nicht bekanntgegeben werden. Nach neuer ICC-Praxis ist die Mitteilung von Entscheidungsgründen im Hinblick auf beide Entscheidungen im Ersetzungsverfahren nach Art. 15 Abs. 2 möglich. Diese Praxis ist nunmehr in Art. 5 Anhang II auch ausdrücklich geregelt. Zum einen können die Gründe für die Entscheidung des Gerichtshofs, ein Ersetzungsverfahren einzuleiten, mitgeteilt werden. Zum anderen kann der Gerichtshof die Gründe für eine anschließend erfolgende tatsächliche Ersetzung eines Schiedsrichters offenlegen. Die zulässige Mitteilung der Entscheidungsgründe ist in beiden Fällen abhängig von einem dahingehenden Parteiersuchen. Für Schiedsverfahren nach der ICC-SchO 2017 sowie ICC-SchO 2021 genügt insoweit das Ersuchen einer Partei. Für Schiedsverfahren, die sich nach einer vor Inkrafttreten der ICCSchO 2017 geltenden Schiedsordnung der ICC richten, ist ein Ersuchen aller am Verfahren beteiligten Parteien erforderlich. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände kann der Gerichthof von der Mitteilung der Entscheidungsgründe absehen (Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 47). Die Parteien müssen dabei jeweils beachten, dass ein Ersuchen zur Mitteilung von Entscheidungsgründen nach Art. 5 Abs. 2 Anhang II innerhalb der Frist einzureichen ist, die der Gerichtshof den Parteien sowie den Schiedsrichtern gemäß Art. 15 Abs. 2 Satz 1 zur Stellungnahme bzgl. der Einleitung eines Ersetzungsverfahrens setzt. Insofern besteht keine Differenz zwischen dem Zeitpunkt, zu dem ein Ersuchen zur Mitteilung von Entscheidungsgründen hinsichtlich der Einleitung des Verfahrens und hinsichtlich der tatsächlichen Ersetzungsentscheidung geltend zu machen ist (vgl. zum Ganzen Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 46–49). Das Ersuchen muss keinen besonderen Formerfordernissen genügen. 3. Honorar des zu ersetzenden Schiedsrichters Art. 15 regelt nicht, welche Auswirkungen die Ersetzung eines Schiedsrichters 24 auf dessen Honoraranspruch hat. Damit kommt die allgemeine Bestimmung in Art. 38 Abs. 2 i.V.m. Art. 2 Anhang III (Kosten und Honorare für Schiedsverfahren) zur Anwendung. Hiernach setzt der Gerichtshof das Honorar nach seinem Ermessen fest (im Einzelnen Art. 38 Rz. 1). Bei der Ausübung seines Ermessens berücksichtigt der Gerichtshof, ob die Erset- 25 zung ihre Ursache in beeinflussbaren Umständen (wie z.B. der Stattgabe eines Ablehnungsantrags aufgrund einer fehlenden Offenlegung seitens des Schiedsrichters oder dessen Nichtbeachtung der in der ICC-SchO vorgesehenen Fristen) hatte oder ob sie durch äußere Umstände (wie z.B. Krankheit) bedingt war. Weitere Anhaltspunkte für die Bestimmung des Honorars sind das VerfahrensNedden
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Art. 15 ICC-SchO | Das Schiedsgericht stadium, der vom betreffenden Schiedsrichter bereits geleistete und der vom neuen Schiedsrichter voraussichtlich zu leistende Aufwand (vgl. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 188). Mit Blick auf letzteren spielt es u.a. eine Rolle, in welchem Umfang die Wiederholung von Verfahrensschritten durch den neuen Schiedsrichter geboten sein wird. Der Gerichtshof berücksichtigt bei der Festlegung des Honorars regelmäßig auch das Ausmaß an Sorgfalt und Transparenz, mit dem der betreffende Schiedsrichter den Parteien und dem Sekretariat die Hinderungsgründe kommuniziert hat. Auch die Parteiinteressen, zu deren finanziellem Nachteil sich eine Ersetzung möglichst nicht auswirken soll, werden in Betracht gezogen. Dementsprechend führt die Ersetzung eines Schiedsrichters nicht notwendigerweise zu einer Erhöhung des Kostenvorschusses, um das Honorar des ausscheidenden sowie das des neuen Schiedsrichters zu decken. Oft wird jedoch eine Erhöhung nötig sein, um angemessene Honorare gewähren zu können. Dies gilt insb. dann, wenn sich der neue Schiedsrichter umfangreich einarbeiten muss und wichtige Verfahrensschritte ausstehend sind oder wiederholt werden müssen.
B. Neubestellung und Rumpfschiedsgericht (Abs. 4, 5) I. Normzweck 26 Art. 15 Abs. 4–5 regeln die Folgen der Ersetzung und räumen dem Gerichtshof Er-
messen und Flexibilität dahingehend ein, wie die Neubesetzung gestaltet wird. So kann das ursprüngliche Ernennungsverfahren ebenso wieder zum Zuge kommen, wie ein gänzlich anderes Verfahren. Der Gerichtshof kann unter bestimmten Voraussetzungen sogar beschließen, dass ein Schiedsrichter gar nicht durch einen neuen Kollegen ersetzt wird. Damit wird dem Gerichtshof ein Instrument zur Verfügung gestellt, um insb. missbräuchlichem Verhalten entgegen treten zu können.
II. Verhältnis zu §§ 1039, 1052 Abs. 2 ZPO 27 Gemäß § 1039 Abs. 1 Satz 2 ZPO erfolgt die Bestellung eines Ersatzschiedsrich-
ters stets nach den Regeln, die auf die Bestellung des zu ersetzenden Schiedsrichters anzuwenden waren. Art. 15 Abs. 4 stellt die Modalitäten der Bestellung des neuen Schiedsrichters demgegenüber in das Ermessen des Gerichtshofs. Hierbei handelt es sich um eine gemäß § 1039 Abs. 2 ZPO zulässige Abweichung von § 1039 Abs. 1 Satz 2 ZPO.
28 Art. 15 Abs. 5 weist gewisse Ähnlichkeit mit § 1052 Abs. 2 ZPO auf. Hiernach
kann ein Schiedsgericht, wenn sich ein Schiedsrichter unberechtigt weigert, an der Abstimmung teilzunehmen, ohne diesen Schiedsrichter entscheiden. § 1052 Abs. 2 ZPO wird entsprechend angewendet, wenn ein Schiedsrichter nicht nur die Teilnahme an einer Abstimmung, sondern die Teilnahme an den abschließenden Beratungen verweigert. 300
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Ersetzung von Schiedsrichtern | Art. 15 ICC-SchO
Ungeachtet dieser Parallelen bestehen im Einzelnen Unterschiede zwischen der 29 Ausgestaltung von Art. 15 Abs. 5 ICC-SchO und § 1052 Abs. 2 ZPO.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im staatlichen Verfahren gibt es kein Äquivalent zu Art. 15 Abs. 4 Satz 1. Viel- 30 mehr gilt dort der Grundsatz des gesetzlichen Richters gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. In Konkretisierung dieses Grundsatzes wird vom Präsidium des jeweiligen Gerichtes ein Geschäftsverteilungsplan erlassen, dem die Verteilung der richterlichen Aufgaben zu entnehmen ist, § 21e GVG. Hiernach lässt sich auch der jeweilige Ersatzrichter bestimmen. Art. 15 Abs. 4 Satz 2 findet in § 47 Abs. 2 Satz 2 ZPO insoweit eine Parallele, als 31 beide Vorschriften die Wiederholung von Verfahrensschritten im Falle eines erfolgreichen Ablehnungsgesuchs vorsehen. Im Übrigen unterscheiden sich die Regelungen jedoch in vielerlei Hinsicht. Insb. ist im staatlichen Verfahren die Wiederholung von Verfahrensschritten zwingend, während Art. 15 Abs. 4 Satz 2 einen Ermessensspielraum für die diesbezügliche Entscheidung des Schiedsgerichts vorsieht. Zu Art. 15 Abs. 5 existiert in staatlichen Verfahren kein Pendant.
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IV. Einzelerläuterungen (Abs. 4–5) 1. Modalitäten der Neubestellung (Abs. 4 Satz 1) Ermessen des Gerichtshofes. Es liegt im Ermessen des Gerichtshofs, ob dem ur- 33 sprünglichen Benennungsverfahren zu folgen ist. In der Praxis ist dies häufig der Fall, da auf diese Weise die Parteiautonomie gewahrt wird. Hat etwa ursprünglich der Kläger einen Schiedsrichter benannt, der dann ersetzt wird, so darf er auch den Ersatzschiedsrichter benennen. In der Praxis kann das Sekretariat bei den Parteien zudem regelmäßig eine Stellungnahme erbitten, ob dem ursprünglichen Ernennungsverfahren gefolgt werden soll. In einigen Fällen ist es indes nicht angemessen, dem ursprünglichen Ernen- 34 nungsverfahren zu folgen, so bspw. wenn die Anwendung des ursprünglichen Ernennungsverfahrens aller Voraussicht nach zu keiner Benennung führen wird, etwa weil das bisherige Verhalten der Parteien Anlass zur Befürchtung gibt, dass sie das Verfahren durch die Weigerung, einen Ersatzschiedsrichter zu benennen, verzögern oder behindern werden. Hier gibt die Norm dem Gerichtshof, der stets ein zeitsparendes und verfahrensökonomisches Vorgehen anstreben wird, Handlungsspielraum, direkt einen ihm geeignet erscheinenden neuen Schiedsrichter zu installieren.
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Art. 15 ICC-SchO | Das Schiedsgericht 2. Wiederholung vorausgegangener Verfahrensschritte (Abs. 4 Satz 2) 35 Das neu besetzte Schiedsgericht hat nach Neukonstituierung des Schieds-
gerichts und der Einholung von Stellungnahmen der Parteien zu entscheiden, ob und in welchem Umfang vorausgegangene Verfahrensschritte wiederholt werden sollen. Der Begriff „Verfahrensschritte“ wird weit ausgelegt und umfasst nicht etwa lediglich mündliche Verhandlungen.
36 Für die Parteien bindende Verfahrensschritte wie der Schiedsauftrag oder
rechtskräftige Teilschiedssprüche werden nicht wiederholt. Ob ein Verfahrensschritt bindend ist, bemisst sich dabei nach dem Recht des Schiedsortes.
37 Im Übrigen liegt die Entscheidung über die Wiederholung von Verfahrensschrit-
ten im Ermessen des Schiedsgerichts. Dabei berücksichtigt es Umstände wie die Zustimmung der Parteien und des neuen Schiedsrichters, das Verfahren ohne Wiederholung bestimmter Verfahrensschritte fortzusetzen, den Verfahrensstand sowie die Kosten und Dauer, die mit der Wiederholung von Verfahrensschritten einhergehen. In Einklang mit diesen Grundsätzen ist die schiedsgerichtliche Beratung eines Schiedsspruches meist zu wiederholen. Die Wiederholung einer mündlichen Verhandlung kann demgegenüber entbehrlich sein, wenn ein ausführliches Protokoll der bereits stattgefundenen Verhandlung vorliegt und der neue Schiedsrichter keine Wiederholung verlangt. Andererseits kann es nötig sein, eine Beweisaufnahme zu wiederholen, sodass sich der neu hinzugekommene Schiedsrichter – zumal wenn es sich um den Vorsitzenden des Schiedsgerichts handelt – ein eigenes Bild von der Zeugeneinvernahme machen und die Glaubwürdigkeit des Zeugen sowie die Glaubhaftigkeit seiner Aussage bewerten kann.
38 In Abhängigkeit vom Verfahrensstadium und dem verbleibenden Aufwand wird
der Gerichtshof sodann den Kostenvorschuss überprüfen und ggf. anheben.
3. Rumpfschiedsgericht (Abs. 5) 39 Art. 15 Abs. 5 regelt die Fortsetzung des Verfahrens durch ein Rumpfschieds-
gericht („truncated tribunal“). Es handelt sich um eine Ausnahme von der in Art. 15 Abs. 4 regelhaft vorgesehenen Bestellung eines Ersatzschiedsrichters. Sie kommt allein im Stadium nach Schließen des Verfahrens (vgl. Art. 27) zum Tragen, also im Beratungszeitraum, und beruht auf verfahrensökonomischen Erwägungen. Da die Entfernung von Schiedsrichtern nach Art. 15 Abs. 1 bzw. Abs. 2 in einem derart späten Verfahrensstadium selten vorkommt, wird in der Praxis von der Vorschrift nur selten Gebrauch gemacht. Wenn eine solche Konstellation allerdings auftritt, wendet der Gerichtshof Art. 15 Abs. 4 ohne besondere Zurückhaltung an.
40 Das Schließen des Verfahrens ist Voraussetzung für die Anwendung von Abs. 5.
Dieser Zeitpunkt bemisst sich nach Art. 27 Buchst. a. Das Schiedsgericht wird das Verfahren dann schließen, wenn es die Sache für entscheidungsreif erachtet und bereit ist, seine Beratungen zu beginnen. Nur wenn eine Ersetzung nach diesem Zeitpunkt in Rede steht, besteht die in Art. 15 Abs. 5 vorgesehene Option. Die Re302
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Ersetzung von Schiedsrichtern | Art. 15 ICC-SchO
gelung des Art. 15 Abs. 5 kann auf die Situation, dass das Verfahren nur hinsichtlich eines Teilaspekts (bspw. hinsichtlich der Entscheidung über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts) geschlossen worden ist, sinngemäß angewendet werden. Das Ableben oder die Entfernung eines Schiedsrichters gemäß Art. 15 Abs. 1 41 oder Abs. 2 ist weitere Voraussetzung für die Bildung eines Rumpfschiedsgerichts. Es genügt nicht, dass ein Schiedsrichter lediglich untätig ist oder sich weigert, am Schiedsverfahren teilzunehmen. Die Meinung der verbleibenden Schiedsrichter und Parteien sowie etwaige an- 42 dere relevante Aspekte sind vom Gerichtshof abzufragen und bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen. Anders als im Rahmen von Art. 14 Abs. 3 und Art. 15 Abs. 3 ist insoweit nicht vorgesehen, dass die Parteien ausdrücklich zur schriftlichen Stellungnahme aufgefordert werden und diese Stellungnahmen anschließend zirkuliert werden. In der Praxis wird dies jedoch regelmäßig so gehandhabt. Ermessen. Die Entscheidung über die Fortsetzung des Schiedsverfahrens durch 43 die verbleibenden Schiedsrichter liegt im Ermessen des Gerichtshofs. Er berücksichtigt dabei die Meinungen der verbleibenden Schiedsrichter, der Parteien sowie etwaige andere Aspekte, die er ggf. für relevant erachtet. Wesentliche Kriterien für die Entscheidung des Gerichtshofs sind dabei neben dem Inhalt der eingeholten Stellungnahmen die Komplexität des Verfahrens, die Art und Weise, in der die verbliebenen Schiedsrichter zusammenarbeiten, sowie die Frage, ob das Unterlassen einer Neubestellung ein Ungleichgewicht zwischen den Parteien herbeiführt. Der Gerichtshof berücksichtigt auch, ob die Beratungen im Schiedsgericht bereits abgeschlossen waren bzw. ihm bereits der Entwurf eines Schiedsspruchs vorlegt wurde. Entscheidungsrelevant können zudem die Zusatzkosten sein, die mit einer Neubestellung verbunden sind. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich die verbliebenen Schiedsrichter auf den Inhalt des Schiedsspruchs einigen können und daher keine Pattsituation entsteht, dürfte in die Wertung einfließen. Sofern der Entwurf eines Schiedsspruchs bereits existiert, kann sodann relevant werden, ob dieser einstimmig beschlossen wurde oder es Sondervoten gab. Das Risiko einer Pattsituation besteht allerdings nur in den Fällen, in denen allein die Beisitzer im Schiedsgericht verbleiben. Andernfalls kann im Fall von Meinungsverschiedenheiten der Präsident des Schiedsgerichts allein entscheiden (Art. 32 Abs. 1). Schließlich ist das am Schiedsort geltende Recht zu beachten, um die Vollstreckbarkeit eines aus dem Verfahren hervorgehenden Schiedsspruchs zu sichern. Das Recht des Schiedsortes kann bspw. ein aus nur zwei Schiedsrichtern bestehendes Schiedsgericht als nicht ausreichend ansehen oder es als ungenügend erachten, wenn ein Schiedsgericht, nachdem der Vorsitzende verstorben ist, mangels Neubestellung sein Urteil ohne Vorsitzenden fällt.
C. Abweichende Parteivereinbarungen Von den Kernvorgaben des Art. 15 kann grds. nicht aufgrund von Parteiverein- 44 barungen abgewichen werden. Nedden
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Art. 16 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht
Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Artikel 16 Übergabe der Schiedsverfahrensakten an das Schiedsgericht Das Sekretariat übergibt die Schiedsverfahrensakten dem Schiedsgericht, sobald dieses gebildet ist und der vom Sekretariat zu diesem Zeitpunkt angeforderte Kostenvorschuss bezahlt worden ist. Article 16: Transmission of the File to the Arbitral Tribunal The Secretariat shall transmit the file to the arbitral tribunal as soon as it has been constituted, provided the advance on costs requested by the Secretariat at this stage has been paid. Regelungsschwerpunkte: Diese Vorschrift legt die Voraussetzungen fest, die erfüllt sein müssen, bevor das Sekretariat dem Schiedsgericht die Schiedsverfahrensakten übergibt: Die Bildung des Schiedsgerichts muss abgeschlossen sein und die Parteien müssen den zu diesem Zeitpunkt angeforderten Kostenvorschuss gezahlt haben. → Rz. 6–12 Kostenaspekte: Den Parteien entstehen keine unmittelbaren Kosten. → Rz. 28
__ _ __ _ _
A. I. II. III.
Übergabe der Verfahrensakten 1 1 Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zum X. Buch der ZPO 4 Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 5 6 IV. Voraussetzungen . . . . . . . . . . . 1. Voraussetzung: Bildung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . 7 2. Voraussetzung: Zahlung des Kostenvorschusses . . . . . . . . . . . . . 10
V. Übergabe der Akten durch das Sekretariat . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Übergabe der Akte an das Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . 2. Übergabe der Akte als Ausgangspunkt für die Arbeit des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
_ _ __ _ 13 13 22 28 29
A. Übergabe der Verfahrensakten I. Normzweck 1 Art. 16 bestimmt, wann das Schiedsgericht die Schiedsverfahrensakte erhält und
sich damit erstmals inhaltlich mit der Sache auseinandersetzen kann.
2 Gemäß Art. 4 Abs. 2 ICC-SchO beginnt das Schiedsverfahren an dem Tag, an
dem die Schiedsklage beim Sekretariat eingeht. Zwischen diesem Zeitpunkt und der Bildung des Schiedsgerichts können jedoch einige Wochen oder auch Monate vergehen. Während dieser Zeit sind das Sekretariat und der Gerichtshof dafür verantwortlich, alle prozessualen Schritte zu setzen, die für den Fortgang des Verfahrens erforderlich sind. Mit der Bildung des Schiedsgerichts und der Übertragung der Schiedsverfahrensakten an dieses geht die Verantwortung für die Verfahrensführung auf das Schiedsgericht über. 304
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Übergabe der Verfahrensakten an das Schiedsgericht | Art. 16 ICC-SchO
Indem das Sekretariat die Akte dem Schiedsgericht erst dann übergibt, wenn der 3 vom Sekretariat zu diesem Zeitpunkt angeforderte Kostenvorschuss bezahlt worden ist, wird auch sichergestellt, dass das Schiedsgericht erst dann zu arbeiten beginnt, wenn die nötigen finanziellen Mittel vorhanden sind, um das Schiedsgericht für seine Arbeit zu entlohnen.
II. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Das X. Buch der ZPO geht von einem Ad-hoc-Schiedsverfahren aus und regelt 4 daher nicht im Detail, wann das Schiedsgericht die Verfahrensakte erhält. In einem Ad-hoc-Schiedsverfahren erhält das Schiedsgericht alle relevanten Unterlagen direkt von den Parteien und es gibt vor Bildung des Schiedsgerichts keine von einem Dritten (wie dem Sekretariat) verwaltete Schiedsverfahrensakte.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Beim staatlichen Verfahren existiert eine mit dem Sekretariat vergleichbare In- 5 stitution nicht. Vielmehr reichen die Parteien ihre verfahrenseinleitenden Schriftsätze beim zuständigen staatlichen Gericht ein.
IV. Voraussetzungen Art. 16 legt zwei Voraussetzungen fest, die erfüllt sein müssen, bevor das Sekre- 6 tariat die Akte dem Schiedsgericht übermittelt. Damit legt Art. 16 zugleich den Zeitpunkt fest, ab dem das Schiedsgericht beginnen kann, sich inhaltlich mit dem Fall auseinanderzusetzen: (1) Das Schiedsgericht muss gebildet worden sein. (2) Der vom Sekretariat zu diesem Zeitpunkt angeforderte Kostenvorschuss – i.d.R. der vorläufige Kostenvorschuss i.S.v. Art. 37 Abs. 1 – muss bezahlt worden sein. 1. Voraussetzung: Bildung des Schiedsgerichts Gemäß Art. 16 erhalten alle Schiedsrichter die Akte gleichzeitig sobald das 7 Schiedsgericht insgesamt konstituiert ist, d.h. sobald alle Schiedsrichter ernannt oder bestätigt sind. Im Falle eines Dreierschiedsgerichts bekommen die Mitschiedsrichter eine Kopie der Akte daher erst dann übermittelt, wenn auch der Vorsitzende bestätigt oder ernannt wurde (s. aber Rz. 9). Empfehlung: Die Parteien sollten vor der vollständigen Bildung des Schiedsgerichts ihre Korrespondenz ausschließlich an das Sekretariat und an die bereits bestätigten oder vom Gerichtshof ernannten Schiedsrichter (sowie an die andere Partei) richten. Schiedsrichter,
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Art. 16 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht die lediglich benannt wurden und vom Gerichtshof oder Generalsekretär noch nicht bestätigt worden sind, sollten noch keine Schriftsätze oder sonstige Korrespondenz erhalten. Unter besonderen Umständen könnte ein solches Verhalten sogar geeignet sein, die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters in Frage zu stellen (z.B. wenn eine ex-parte-Kommunikation stattfand).
9 In der Praxis vereinbaren die Parteien häufig, dass in einem Dreierschieds-
gericht die Mitschiedsrichter gemeinsam den Vorsitzenden des Schiedsgerichts benennen sollen. Für die Mitschiedsrichter wird es dann regelmäßig hilfreich sein, die Schiedsklage und die Klageantwort zu kennen, um einen geeigneten Kandidaten zu identifizieren. Sobald beide Mitschiedsrichter bestätigt oder ernannt wurden, fordert das Sekretariat diese auf, gemeinsam den Vorsitzenden zu ernennen und übermittelt ihnen gleichzeitig vorab die Schiedsklage und – soweit bereits eingereicht – die Klageantwort. Dabei handelt es sich jedoch nicht um die Übermittlung der Akte i.S.v. Art. 16. 2. Voraussetzung: Zahlung des Kostenvorschusses
10 Die Akte wird dem Schiedsgericht erst dann übermittelt, wenn der vom Sekreta-
riat in diesem Zeitpunkt angeforderte Kostenvorschuss gezahlt wurde. Dabei wird es sich i.d.R. um den vorläufigen Kostenvorschuss i.S.v. Art. 37 Abs. 1 handeln, den das Sekretariat üblicherweise nach Erhalt der Schiedsklage vom Kläger anfordert. Dieser vorläufige Kostenvorschuss soll die erwarteten Verfahrenskosten bis zum Abschluss des Schiedsauftrages abdecken (Art. 37 Abs. 1).
11 Um dem Sekretariat diesbezüglich Flexibilität zu gewähren, stellt Art. 16 nicht
auf den vorläufigen Kostenvorschuss i.S.v. Art. 37 Abs. 1 ab, sondern auf den „vom Sekretariat zu diesem Zeitpunkt angeforderten Kostenvorschuss“. Dieser muss nicht notwendig identisch mit dem vorläufigen Kostenvorschuss sein. So könnte es etwa in Ausnahmefällen vorkommen, dass das Sekretariat entweder keinen vorläufigen Kostenvorschuss oder bereits den gesamten Kostenvorschuss angefordert hat. Letzteres könnte etwa ausnahmsweise in sog. „Fast-Track“-Fällen vorkommen, wenn also die Schiedsvereinbarung besonders kurze, von der ICC-SchO abweichende Fristen vorsieht. Allerdings handelt es sich bei dem im Zeitpunkt der Übermittlung der Akte an das Schiedsgericht angeforderten Kostenvorschuss in nahezu allen Fällen um den vorläufigen Kostenvorschuss i.S.v. Art. 37 Abs. 1. Eine Übermittlung der Akte an das Schiedsgericht vor Zahlung des vorläufigen Kostenvorschusses wäre im Übrigen auch unabhängig von Art. 16 in der Praxis schon allein deshalb unmöglich, weil der Generalsekretär und der Gerichtshof üblicherweise erst dann Entscheidungen (wie etwa betreffend die Bestätigung oder Ernennung von Schiedsrichtern) treffen, wenn der vorläufige Kostenvorschuss vollständig bezahlt wurde.
12 Zu beachten ist, dass der Gerichtshof regelmäßig bereits vor der Bildung des
Schiedsgerichts auch den vollständigen Kostenvorschuss i.S.v. Art. 37 Abs. 2 festsetzt. Diesen wird das Sekretariat aber erst gleichzeitig mit der Übergabe der Akte an das Schiedsgericht einfordern und den Parteien zu diesem Zweck ent306
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Übergabe der Verfahrensakten an das Schiedsgericht | Art. 16 ICC-SchO
sprechende Zahlungsaufforderungen übermitteln. Die Zahlung eines ggf. bereits gemäß Art. 37 Abs. 2 festgelegten vollständigen Kostenvorschusses ist daher i.d.R. keine Voraussetzung für die Übertragung der Akte an das Schiedsgericht.
V. Übergabe der Akten durch das Sekretariat 1. Übergabe der Akte an das Schiedsgericht Sobald die beiden genannten Erfordernisse erfüllt sind, übergibt das Sekretariat 13 die Verfahrensakte an das Schiedsgericht („saisine“). Die Übergabe erfolgt i.d.R. zeitgleich mit der Benachrichtigung der Parteien und der Schiedsrichter über die vollständige Bildung des Schiedsgerichts. Das Sekretariat übermittelt jedem Schiedsrichter i.d.R eine elektronische Kopie 14 der Akte. Die Akte enthält zu diesem Zeitpunkt vor allem die bereits ausgetauschte Korres- 15 pondenz zwischen Parteien und Sekretariat (insb. die zuvor erwähnten Schriftsätze) sowie die Korrespondenz etwaiger bereits bestätigter oder ernannter Schiedsrichter mit dem Sekretariat. Allerdings übermittelt das Sekretariat dem Schiedsgericht nicht jede Korrespondenz der Parteien mit dem Sekretariat. Korrespondenz über administrative Details, wie etwa Nachfragen über den Erhalt der Registrierungsgebühr oder über den Zeitpunkt der Zustellung der Schiedsklage, wird das Sekretariat oft nicht übermitteln. Darüber hinaus wird es auch etwaige Korrespondenz mit oder in Bezug auf andere – schlussendlich nicht als Schiedsrichter bestätigte oder ernannte – Kandidaten (wie etwa z.B. die Einwendungen der Parteien gegen ihre Bestätigung sowie die Stellungnahmen der Schiedsrichter zu diesen Einwendungen) regelmäßig nicht an das Schiedsgericht übermitteln. Auch Korrespondenz mit den Nationalkomitees, mit denen das Sekretariat im Zusammenhang mit der Auswahl der Schiedsrichter korrespondiert, wird nicht dem Schiedsgericht übergeben. Interne Dokumente des Gerichtshofs, insb. die Entscheidungsvorlagen des Sekretariats für Entscheidungen des Gerichtshofs, sind in der Verfahrensakte des Schiedsgerichts ebenfalls nicht enthalten. Sollte der Gerichtshof jedoch Gründe für eine bestimmte Entscheidung bekannt gegeben haben, sind diese als Teil der Korrespondenz mit den Parteien in der Akte enthalten. Empfehlung: Wenn die Parteien möchten, dass gewisse Korrespondenz zwischen dem Sekretariat und ihnen nicht an das Schiedsgericht übermittelt wird, können sie das Sekretariat kontaktieren. Dies kann etwa Korrespondenz betreffend das gewünschte Profil des Schiedsrichters betreffen, wenn letztlich ein Schiedsrichter mit einem anderen Hintergrund bestellt wurde, oder Korrespondenz im Zuge eines Listenverfahrens, in dem die Parteien eine Liste möglicher Schiedsrichter nach einem bestimmten vereinbarten Verfahren gereiht haben.
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Sollte der Übermittlung der Akte an das Schiedsgericht ein Eilschiedsrichter- 17 verfahren vorangegangen sein, übermittelt das Sekretariat dem Schiedsgericht regelmäßig auch die vollständige Akte des Eilschiedsrichterverfahrens, jedenfalls aber die Entscheidung des Eilschiedsrichters. Kopetzki
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Art. 16 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 18 Schlussendlich fügt das Sekretariat noch weitere Unterlagen für das Schieds-
gericht bei. So erhält dieses eine Übersicht über die finanziellen Aspekte des Schiedsverfahrens („Financial Table“), aus der sich insb. der vom Sekretariat berechnete Streitwert, die auf Grundlage dieses Streitwerts anwendbaren Kostentabellen, der bis dato festgesetzte Kostenvorschuss sowie die von den Parteien angeforderten und eingegangenen Zahlungen ergeben. Darüber hinaus erhalten die Schiedsrichter eine aktualisierte Fassung der Fallübersicht („Case Information“), die sie bereits vor ihrer Ernennung oder Bestätigung erhalten haben und auf deren Grundlage sie ihre Erklärung über die Annahme des Amtes, Verfügbarkeit, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit abgegeben haben. Dieses Informationsblatt enthält Informationen über das Verfahren, wie Kontaktinformationen der Beteiligten, Angaben zur Sprache des Verfahrens, zum Schiedsorts, sowie zu etwaigen Schieds- und Rechtswahlklauseln. Die in diesen Unterlagen enthaltenen Informationen haben lediglich informativen Charakter und sind für das Schiedsgericht nicht bindend. Insbesondere ist das Schiedsgericht nicht an den vom Sekretariat berechneten Streitwert gebunden (s. dazu Art. 37 Rz. 12). Zuletzt übermittelt das Sekretariat dem Schiedsgericht auch das Merkblatt für die Parteien und das Schiedsgericht über die Durchführung des Schiedsverfahrens, das Informationen über die Praxis des Sekretariats und des Gerichtshofs zur Durchführung des Schiedsverfahrens enthält.
19 Wenn das Schiedsgericht vermutet, dass die übermittelte Akte unvollständig ist
und dass relevante Korrespondenz oder Unterlagen fehlen, sollte es sich an das Sekretariat wenden. Der für das Sekretariat bei der Berechnung der entsprechenden Fristen maßgebliche Zeitpunkt (insb. für die Berechnung der Fristen für die Erstellung des Schiedsauftrags bzw. – in beschleunigten Verfahren – für die Durchführung der Verfahrensmanagementkonferenz) ist allerdings i.d.R. der Tag, an dem die Parteien und das Schiedsgericht über die Übermittlung der Akte informiert wurden und an dem das Schiedsgericht die – wenngleich unvollständige – elektronische Kopie der Akte erhalten hat. Dies hat aber keine Auswirkungen auf den weiteren Verlauf des Schiedsverfahrens, zumal der Gerichtshof die entsprechenden Fristen in einem solchen Fall verlängern wird.
20 Das Sekretariat weist die Parteien darauf hin, dass es die Akte dem Schieds-
gericht übergeben hat und dass nach Übergabe der Akte an das Schiedsgericht jegliche Kommunikation direkt mit dem Schiedsgericht und der anderen Partei bzw. den anderen Parteien stattfinden soll. Das Sekretariat hat gleichwohl weiterhin eine Kopie sämtlicher Korrespondenz zu erhalten, damit es das Schiedsverfahren effektiv verwalten und überwachen kann. Auch wenn die Parteien und das Schiedsgericht physische Exemplare austauschen sollten, ist es ausreichend, dem Sekretariat elektronische Kopien sämtlicher Korrespondenz (auch von Schriftsätzen und Anlagen) zu übermitteln.
21 Die Parteien erhalten lediglich das oben erwähnte Informationsblatt, die Über-
sicht über die finanziellen Aspekte des Schiedsverfahrens sowie eine Auflistung der an das Schiedsgericht übermittelten Korrespondenz. Auf Grundlage dieser Auflistung können die Parteien überprüfen, ob das Sekretariat dem Schieds308
| Kopetzki
Übergabe der Verfahrensakten an das Schiedsgericht | Art. 16 ICC-SchO
gericht alle relevante Korrespondenz weitergeleitet hat. Eine Kopie der an den Mitschiedsrichter übermittelten Verfahrensakte erhalten die Parteien nicht, da sie diese ohnehin bereits besitzen sollten. Sollte eine Partei eine Übermittlung der elektronischen Verfahrensakte wünschen, kann sie dies beim Sekretariat beantragen. 2. Übergabe der Akte als Ausgangspunkt für die Arbeit des Schiedsgerichts Sobald das Schiedsgericht die Akte erhalten hat, kann und muss es die inhalt- 22 liche Arbeit aufnehmen. Wenn die Verfahrenssprache zum Zeitpunkt der Übertragung der Akte an das Schiedsgericht noch nicht bestimmt sein sollte, sollte das Schiedsgericht diese in einem vorgelagerten Schritt nach Anhörung der Parteien mittels prozessleitender Verfügung bestimmen (Art. 20). Ansonsten hat es gemäß der ICC-SchO zunächst die folgenden Schritte vorzunehmen: (1) Das Schiedsgericht muss innerhalb von 30 Tagen den Schiedsauftrag formulieren und mit den Parteien abstimmen (Art. 23), sofern es sich nicht um ein beschleunigtes Verfahren handelt; vgl. Art. 3 Abs. 1 Anhang VI; (2) das Schiedsgericht soll anlässlich der Formulierung des Schiedsauftrags oder sobald wie möglich danach eine Verfahrensmanagementkonferenz abhalten, die dazu dient, mit den Parteien das weitere Verfahren abzustimmen und dieses möglichst effizient zu gestalten (Art. 24 Abs. 1); und (3) das Schiedsgericht muss den Verfahrenskalender erstellen (Art. 24 Abs. 2). Wenn die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren anwendbar sind, 23 entfällt die Verpflichtung zur Erstellung des Schiedsauftrags und die Verfahrensmanagementkonferenz ist innerhalb von 15 Tagen nach Übergabe der Akte abzuhalten. Bis zum Zeitpunkt der Übergabe der Akte an das Schiedsgericht wird das Sekretariat den Parteien bereits mitgeteilt haben, ob die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren Anwendung finden (s. Art. 30 Rz. 25 f.). Mit Übergabe der Akte an das Schiedsgericht beginnt auch dessen Verpflich- 24 tung, das Verfahren so zügig und kosteneffizient wie möglich zu führen (Art. 22 Abs. 1). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass das Schiedsgericht gemäß Art. 25 Abs. 1 angehalten ist, so schnell wie möglich den Sachverhalt festzustellen. Oft wird das Schiedsgericht die Erstellung des Schiedsauftrags abwarten, bevor es weitere Schriftsätze von den Parteien zur Hauptsache einlädt oder mündliche Verhandlungen anberaumt. In bestimmten Fällen kann es jedoch aus Effizienzgründen geboten sein, bereits vor Erstellung des Schiedsauftrags mit der Feststellung des Sachverhalts fortzufahren. Dies könnte insb. dann der Fall sein, wenn sich eine Partei nicht am Schiedsverfahren beteiligt und der Schiedsauftrag daher dem Gerichtshof zur Genehmigung vorgelegt werden muss. Doch auch in solchen Fällen kann es mitunter sinnvoll sein, zunächst die Genehmigung des Schiedsauftrags abzuwarten und die sich bisher nicht beteiligende Partei dann erneut einzuladen, sich am Schiedsverfahren zu beteiligen und an der Erstellung des Verfahrenskalenders mitzuwirken. Kopetzki
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Art. 16 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 25 Sobald die Akte an das Schiedsgericht übergeben wurde, kann dieses auch einst-
weilige Verfügungen i.S.d. Art. 28 erlassen. Dafür ist es jedenfalls nicht notwendig, dass das Schiedsgericht die Erstellung des Schiedsauftrages abwartet. Vor Übermittlung der Akte an das Schiedsgericht kann eine Partei einstweiligen Rechtsschutz nur über staatliche Gerichte oder über die Einleitung eines Eilschiedsrichterverfahrens (Art. 29) erlangen.
26 Mit Übergabe der Akte an das Schiedsgericht ist dieses für die Verfahrensfüh-
rung verantwortlich und die Rolle des Sekretariats beschränkt sich fortan hauptsächlich auf seine Aufsichts- und Überwachungsfunktion. Es ändert sich dadurch auch für die meisten Angelegenheiten der direkte Ansprechpartner für die Parteien. Mit Ausnahme der Angelegenheiten, für die gemäß der ICC-SchO das Sekretariat und der Gerichtshof verantwortlich sind (wie z.B. die Einforderung und etwaige Anpassung der Kostenvorschüsse oder Entscheidungen über die Ablehnung oder den Ersatz von Schiedsrichtern), sollten sich die Parteien von nun an direkt an das Schiedsgericht wenden.
27 Schlussendlich stellt die Übermittlung der Akte durch das Sekretariat auch den
Zeitpunkt dar, zu dem die Schiedsrichter erstmals auch auf Grundlage der von den Parteien eingebrachten Schriftsätze und Dokumente beurteilen können, ob Tatsachen oder Umstände vorliegen, die geeignet sein könnten, bei den Parteien Zweifel an ihrer Unabhängigkeit oder Unparteilichkeit aufzuwerfen. Zuvor konnten Schiedsrichter dies lediglich auf Grundlage der vom Sekretariat übermittelten Fallübersicht beurteilen. Diese Fallübersicht (und insb. die darin vom Sekretariat identifizierten sonstigen beteiligten Parteien) schränkt allerdings nicht die Offenlegungspflicht der Schiedsrichter ein. Insbesondere sind diese gemäß Art. 11 Abs. 3 auch während des Schiedsverfahrens verpflichtet, entsprechende offenlegungswürdige Umstände den Parteien und dem Sekretariat unverzüglich mitzuteilen. Sobald das Schiedsgericht die Akte erhält, sollte es diese daher unverzüglich auch dahingehend prüfen, ob sie zusätzliche Informationen enthält, die nachträgliche Offenlegungen erforderlich machen könnten.
B. Kosten 28 Den Parteien entstehen durch die Übergabe der Akte an das Schiedsgericht un-
mittelbar keine Kosten. Allerdings wird das Sekretariat die Bildung des Schiedsgerichts und die damit zusammenhängende Übergabe der Akte zum Anlass nehmen, die Zahlung des Kostenvorschusses i.S.v. Art. 37 Abs. 2 anzufordern, wenn dieser zu dem Zeitpunkt bereits festgesetzt ist. Außerdem wird der Gerichtshof im Falle einer Zurücknahme der Ansprüche durch die Parteien (etwa aufgrund eines erzielten Vergleichs) dem Schiedsgericht nach Übergabe der Akte üblicherweise für ein bereits erfolgtes Aktenstudium ein Honorar zusprechen, auch wenn es ansonsten noch keine Arbeit verrichtet hat. Demgegenüber wird der Gerichtshof in einem Fall der vorzeitigen Verfahrensbeendigung vor Übergabe der Akte den Schiedsrichtern – insb. den Mitschiedsrichtern für den Aufwand 310
| Kopetzki
Parteivertretung | Art. 17 ICC-SchO
im Zusammenhang mit der Auswahl des Vorsitzenden – wenn überhaupt nur ein symbolisches Honorar zusprechen.
C. Abweichende Parteivereinbarung Parteien können von dieser Bestimmung insofern nicht abweichen, als sie das 29 Sekretariat nicht wirksam dazu verpflichten können, die Akte dem Schiedsgericht zu einem anderen Zeitpunkt zu übergeben. Allerdings würde das Sekretariat abweichende Parteivereinbarungen wohl in engen Grenzen berücksichtigen. Derartige abweichende Parteivereinbarungen werden allerdings i.d.R. nicht sinnvoll sein.
Artikel 17 Parteivertretung (1) Jede Partei muss das Sekretariat, das Schiedsgericht und die anderen Parteien unverzüglich über jegliche Änderungen in ihrer Vertretung unterrichten. (2) Nach seiner Bildung und Gewährung einer angemessenen Frist für eine schriftliche Stellungnahme durch die Parteien ist das Schiedsgericht berechtigt, alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um einen Interessenkonflikt eines Schiedsrichters, der sich aus einer Änderung in der Parteivertretung ergibt, zu vermeiden, einschließlich des vollständigen oder teilweisen Ausschlusses neuer Parteivertreter von der Teilnahme am Schiedsverfahren. (3) Das Schiedsgericht oder das Sekretariat kann zu jedem beliebigen Zeitpunkt nach Beginn des Schiedsverfahrens einen Nachweis der Vollmacht von jedem Parteivertreter verlangen. Article 17: Party Representation (1) Each party must promptly inform the Secretariat, the arbitral tribunal and the other parties of any changes in its representation. (2) The arbitral tribunal may, once constituted and after it has afforded an opportunity to the parties to comment in writing within a suitable period of time, take any measure necessary to avoid a conflict of interest of an arbitrator arising from a change in party representation, including the exclusion of new party representatives from participating in whole or in part in the arbitral proceedings. (3) At any time after the commencement of the arbitration, the arbitral tribunal or the Secretariat may require proof of the authority of any party representatives. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 erlegt den Parteien auf, Änderungen der Parteivertretung sofort mitzuteilen. → Rz. 2–6; Abs. 2 räumt dem Schiedsgericht weitreichende Befugnisse ein, um das Zustandekommen eines Interessenkonflikts nach der Konstituierung des Schiedsgerichts durch eine Änderung in der Parteivertretung zu vermeiden. → Rz. 7–15; Abs. 3 gibt dem Schiedsgericht und dem Sekretariat die Befugnis, von einem Prozessvertreter einen Nachweis seiner Vollmacht zu verlangen. → Rz. 16–24
Kopetzki und Schilling
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Art. 17 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht A. Änderungshistorie . . . . . . . . . B. Informationspflichten (Abs. 1) I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . III. Informationspflicht der Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Befugnisse des Schiedsgerichts (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Voraussetzungen der Befugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ausübung der Befugnisse des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . D. Nachweis der Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . II. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . III. Nachweis der Vertretungsbefugnis . . . . . . . . . . . . . .
... ... ... ...
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8
A. Änderungshistorie 1 Art. 17 hat mit der ICC-SchO 2021 eine wesentliche Erweiterung erfahren.
Die frühere ICC-SchO sah an dieser Stelle nur die Regelung des aktuellen Abs. 3 vor. Diese blieb textlich unverändert. Die aktuellen Abs. 1 und 2 waren zuvor weder in Art. 17 noch an anderer Stelle der ICC-SchO ausdrücklich enthalten.
B. Informationspflichten (Abs. 1) I. Normzweck 2 Abs. 1 versucht sicherzustellen, dass alle Verfahrensbeteiligten stets auf dem ak-
tuellen Stand bzgl. der Verfahrensvertretung der Parteien sind. Dies ist schon aus praktischen Gründen wichtig, weil die Verfahrenskommunikation, insb. die Übermittlung von Schriftsätzen und Anordnungen über die Parteivertreter erfolgt. Daneben soll(en) die andere(n) Partei(en) und das Schiedsgericht im Hinblick auf Abs. 2 so früh wie möglich die Gelegenheit erhalten zu untersuchen, ob durch den Wechsel ein Interessenkonflikt entsteht.
II. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 3 Die ZPO statuiert keine vergleichbare positive Pflicht der Parteien, eine Änderung
der Parteivertretung umgehend anzuzeigen. Allerdings wird die betreffende Partei durch § 87 Abs. 2 ZPO dazu angehalten. Diese Regelung bestimmt, dass das Erlöschen der Vollmacht des bisherigen Prozessvertreters gegenüber dem Gegner erst dann Wirksamkeit erlangt, wenn sie dem Gegner angezeigt wurde.
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| Schilling
Parteivertretung | Art. 17 ICC-SchO
III. Informationspflicht der Parteien Ändert eine Partei ihre Prozessvertretung, muss sie alle Verfahrensbeteiligten, 4 d.h. das Sekretariat, das Schiedsgericht und alle anderen Parteien, davon sofort in Kenntnis setzen. Diese Regelung kodifiziert die bisher gelebte Praxis. Abs. 1 erfasst nicht nur einen Wechsel des Parteivertreters, sondern sämtliche 5 Änderungen der Parteivertretung, insb. Erweiterungen. Eine solche Erweiterung kann in dem Hinzutreten eines weiteren Prozessvertreters der Kanzlei des bisherigen Prozessvertreters bestehen wie in der Mandatierung einer weiteren Kanzlei. Der Wortlaut von Abs. 1 erfasst nur Änderungen der Parteivertretung, d.h. Än- 6 derungen bzgl. der Anwälte bzw. Kanzlei, die zur Vertretung der betreffenden Partei benannt wurde. Dazu gehören nicht Anwälte, die lediglich für die Verfahrensbearbeitung mandatiert wurden und die Prozessvertreter unterstützen. Im Hinblick auf Abs. 2 gebietet es der Sinn und Zweck der Regelung jedoch, alle Anwälte zu erfassen, die gegenüber dem Schiedsgericht in Erscheinung treten, wenn auch nur indirekt oder untergeordnet, weil auch daraus ein Interessenkonflikt entstehen kann.
C. Befugnisse des Schiedsgerichts (Abs. 2) I. Normzweck Abs. 2 gewährt dem Schiedsgericht weitreichende Befugnisse, einschließlich den 7 Ausschluss des betreffenden Parteivertreters, um einen Interessenkonflikt zu vermeiden. Damit zeigt sich die ICC-SchO wehrhaft gegenüber Versuchen einer Partei, einen ungewünschten Schiedsrichter durch das nachträgliche Kreieren eines Interessenkonflikts aus dem Schiedsgericht zu entfernen oder das Verfahren zu torpedieren.
II. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Bei einem Interessenkonflikt kennt die ZPO nur den Mechanismus, den betref- 8 fenden Richter auszuschließen. Bei Vorliegen der Ausschlussgründe des § 41 ZPO ist der Ausschluss zwingend. Ansonsten bedarf es der objektiven Besorgnis der Befangenheit (§ 42 Abs. 2 ZPO). Die ZPO sieht jedoch nicht die Möglichkeit vor, die Wahl der Parteivertretung zu beschränken, um einen Interessenkonflikt zu vermeiden.
Schilling
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Art. 17 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht III. Voraussetzungen der Befugnisse 9 Dem Schiedsgericht kommen weitreichende Befugnisse bei einer Änderung der
Prozessvertretung zu. Hierunter fällt nicht nur ein Wechsel des Parteivertreters, sondern sämtliche Änderungen der Parteivertretung, insb. Erweiterungen. Eine solche Erweiterung kann in dem Hinzutreten eines weiteren Prozessvertreters der Kanzlei des bisherigen Prozessvertreters bestehen genauso wie in der Mandatierung einer weiteren Kanzlei.
10 Wie bei Abs. 1 erfasst der Wortlaut von Abs. 2 nur Änderungen der Parteiver-
tretung, d.h. Änderungen bzgl. der Anwälte bzw. der Kanzlei, die zur Vertretung der betreffenden Partei benannt wurde. Dazu gehören nicht Anwälte, die lediglich für die Verfahrensbearbeitung mandatiert wurden und die Prozessvertreter unterstützen. Der Sinn und Zweck der Regelung verlangt jedoch, alle Anwälte zu erfassen, die gegenüber dem Schiedsgericht in Erscheinung treten, wenn auch nur indirekt oder untergeordnet, weil auch daraus ein Interessenkonflikt entstehen kann.
11 Als weitere Voraussetzung muss das Schiedsgericht konstituiert sein. Nur nach
der Konstituierung drohen negative Konsequenzen für das Verfahren, die ausreichend gewichtig sind, die Verfahrensrechte der Parteien einzuschränken. Dementsprechend reicht es nicht aus, wenn die Änderung der Parteivertretung nur zu einem Interessenkonflikt mit einem benannten Schiedsrichter führt bevor das Schiedsgericht konstituiert ist.
12 Durch die Änderung der Parteivertretung muss ein Interessenkonflikt hervor-
gerufen werden. Zur Frage, welche Umstände einen Interessenkonflikt begründen können, s. Art. 11 Rz. 8 ff.
IV. Ausübung der Befugnisse des Schiedsgerichts 13 Sind die Voraussetzungen des Abs. 2 erfüllt, hat das Schiedsgericht weitreichende
Befugnisse, um einen Interessenkonflikt zu vermeiden. So kann das Schiedsgericht den neuen Prozessvertreter ablehnen oder aus Teilen des Schiedsverfahrens ausschließen. Eine derartige Ablehnung bzw. ein derartiger Ausschluss dürfte nur in besonderen Fällen in Betracht kommen, weil das Recht auf Wahl des eigenen Prozessvertreters ein fundamentales Verfahrensrecht ist (so geschehen in Hrvatska Elektroprivreda, d.d. v The Republic of Slovenia, ICSID Case No. ARB/05/24, Tribunal’s Ruling regarding the participation of David Mildon QC in further stages of the proceedings, 6 May 2008).
14 Der Ausübung der Befugnisse nach Abs. 2 muss das Schiedsgericht eine Abwä-
gung zugrunde legen. Auf der einen Seite muss das Schiedsgericht die Auswirkungen eines Interessenkonflikts, der durch eine Änderung der Parteivertretung hervorgerufen wird, erwägen. Grds. dürfte hier gelten, dass das Schiedsgericht einen Prozessvertreter eher ablehnt, je komplizierter und kostenaufwändiger es wäre, den betreffenden Schiedsrichter zu ersetzen. Hierbei spielt i.d.R. eine wichtige
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| Schilling
Parteivertretung | Art. 17 ICC-SchO
Rolle, in welchem Verfahrensstadium die Änderung der Prozessvertretung beantragt wird: kurz nach der Konstituierung des Schiedsgerichts führt die Änderung der Prozessvertretung i.d.R. zu einer überschaubaren Verzögerung und Mehrkosten, so dass eine Änderung der Parteivertretung nur ausnahmsweise abgelehnt werden dürfte und einer besonderen Begründung bedarf. Demgegenüber dürfte eine Ablehnung wahrscheinlicher werden, je weiter das Schiedsverfahren vorangeschritten ist und je aufwändiger eine Wiederholung des bisherigen Verfahrens wäre. Auf der anderen Seite der Abwägung muss das Schiedsgericht berücksichtigen, 15 welche Begründung die betreffende Partei für die Änderung ihrer Parteivertretung geltend macht und welche Folgen eine Ablehnung der Änderung für die Partei hätte. Während es eine Reihe von legitimen Gründen gibt (z.B. Wechsel des bearbeitenden Anwalts zu einer anderen Kanzlei, unerwartet hohe Anwaltskosten, mangelhafte Rechtsberatung), verdienen prozesstaktische Motivationen keinen Schutz.
D. Nachweis der Vertretungsbefugnis I. Normzweck Das Sekretariat und das Schiedsgericht vertrauen grds. darauf, dass derjenige, 16 der sich in einem Schiedsverfahren schriftlich als Prozessvertreter ausweist, auch tatsächlich von der betreffenden Partei bevollmächtigt wurde (ohne Bezug zu einem bestimmten Schiedsverfahren oder vor der ersten schriftlichen Anzeige in einem Schiedsverfahren verlangt das Sekretariat einen schriftlichen Vollmachtsnachweis, bevor es z.B. telefonisch Auskunft erteilt). Wenn sich jedoch später herausstellt, dass die Prozessvollmacht fehlte oder unwirksam war, sind grds. alle darauf aufbauenden Prozesshandlungen unwirksam. Deshalb entspricht es dem Interesse an einem reibungslosen Verfahrensablauf und letztlich auch dem Interesse des Prozessgegners an der Verfahrenssicherheit, dass das Schiedsgericht einen Nachweis der Prozessvollmacht fordern kann.
II. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Grds. hat der nichtanwaltliche Prozessvertreter seine Vollmacht nach § 80 ZPO 17 schriftlich zu den Gerichtsakten zu geben. Nur ausnahmsweise, etwa im Mahnverfahren, bedarf es keines Nachweises der Vollmacht; es genügt, wenn der Parteivertreter seine ordnungsgemäße Bevollmächtigung versichert, § 703 ZPO. Der Nachweis muss durch Vorlage der schriftlichen Originalurkunde, ggf. in be- 18 glaubigter Form, erbracht werden. Alternativ genügt auch die Erklärung der Bevollmächtigung durch die vertretene Partei zu Protokoll des Gerichts oder der Geschäftsstelle. Schilling
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Art. 18 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 19 Falls ein Rechtsanwalt als Bevollmächtigter auftritt, wird die Vollmacht i.d.R. nur
bei einer Rüge durch den Prozessgegner geprüft, § 88 Abs. 1 ZPO. Ohne eine derartige Rüge wird das Gericht nur in besonderen Fällen, etwa wenn eine Partei die Vollmacht ihres eigenen Vertreters bemängelt, von Amts wegen tätig. Im Parteiprozess erfolgt die Prüfung dagegen immer von Amts wegen, § 88 Abs. 1 ZPO.
III. Nachweis der Vertretungsbefugnis 20 Das Schiedsgericht bzw. das Sekretariat bestimmen nach pflichtgemäßem Er-
messen, ob und ggf. in welcher Form der Parteivertreter seine Bevollmächtigung nachzuweisen hat. Konkrete Zweifel an der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung müssen nicht bestehen, wenngleich das Sekretariat in der Praxis einen Nachweis nur verlangt, wenn die Vertretungsbefugnis zweifelhaft erscheint.
21 Art. 17 betrifft Verfahrensbevollmächtigte sowie andere Parteivertreter. So kann
das Schiedsgericht bspw. einen Nachweis der Vertretungsbefugnis von Geschäftsführern, Prokuristen u.a. Handlungsbevollmächtigten einer Partei verlangen. Je nachdem können die Nachweise bspw. in einer Vollmachtsurkunde, einer Satzung oder einem Handelsregisterauszug bestehen.
22 Empfehlung: Wenn das Sekretariat bzw. das Schiedsgericht den Nachweis nicht spezifi-
ziert, reicht i.d.R. die Übersendung als elektronische Kopie aus. Falls das Sekretariat die Vollmachtsurkunde im Original wünscht, fragt es explizit danach.
23 Falls die Vertretungsbefugnis bestritten wird, entscheidet das Schiedsgericht auf
Grundlage der vorgelegten Nachweise, ob die betreffende Partei ordnungsgemäß vertreten ist. Die ICC-SchO konkretisiert nicht, welches Recht für die Beurteilung dieser Frage heranzuziehen ist. Deswegen greift das Schiedsgericht auf das Recht am Ort des Schiedsverfahrens zurück.
24 Über die Bevollmächtigung hinaus bedarf es keines weiteren Nachweises für
Prozessvertreter. Die ICC-SchO verlangt weder eine Anwaltszulassung noch eine sonstige besondere Befähigung für Prozessvertreter. Somit kann jeder als Prozessvertreter auftreten. Es gelten lediglich die allgemeinen Einschränkungen, die den meisten Rechtsordnungen gemein sind, nämlich, dass der Prozessvertreter geschäfts- und prozessfähig sein muss.
Artikel 18 Ort des Schiedsverfahrens (1) Der Gerichtshof bestimmt den Ort des Schiedsverfahrens, falls die Parteien darüber keine Vereinbarung getroffen haben. (2) Das Schiedsgericht kann nach Anhörung der Parteien mündliche Verhandlungen und Zusammenkünfte an jedem ihm geeignet erscheinenden Ort abhalten, es sei denn, die Parteien haben etwas anderes vereinbart. (3) Das Schiedsgericht kann an jedem ihm geeignet erscheinenden Ort beraten. 316
| Schilling und Bodenheimer
Ort des Schiedsverfahrens | Art. 18 ICC-SchO Article 18: Place of the Arbitration (1) The place of the arbitration shall be fixed by the Court, unless agreed upon by the parties. (2) The arbitral tribunal may, after consulting the parties, conduct hearings and meetings at any location it considers appropriate, unless otherwise agreed by the parties. (3) The arbitral tribunal may deliberate at any location it considers appropriate. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 Grundsatz der freien Vereinbarkeit des Schiedsorts durch die Parteien; subsidiär erfolgt Festlegung durch den Gerichtshof. → Rz. 1–22; Abs. 2–3 Tagungsort kann vom Schiedsort abweichen. → Rz. 23–25. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Verhältnis zu § 1043 ZPO . . . . . C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften D. Bedeutung des Schiedsorts . . . . E. Parteivereinbarung . . . . . . . . . .
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F. Bestimmung durch den Gerichtshof (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . 17 G. Abweichender Tagungsort (Abs. 2 und Abs. 3) . . . . . . . . . . H. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Berger, „Sitz des Schiedsgerichts“ oder „Sitz des Schiedsverfahrens“?, RIW 1993, 8 ff.; Flecke-Giammarco/Keller, Die Auswirkung der Wahl des Schiedsorts auf den Fortgang des Schiedsverfahrens in der Insolvenz, NZI 2012, 529 ff.; Hamann/Lennarz, Sieben Regeln für eine schnelle, einfache und gute Schiedsklausel, BB 2007, 1009 ff.; Jarvin, The Place of Arbitration – A Review of the ICC Court’s Guiding Principles and Practice when Fixing the Place of Arbitration, ICC Court Bulletin, Vol. 7 No. 2 (1996), S. 54 ff.; Kaufmann-Kohler, Le lieu de l’arbitrage à l’aune de la mondialisation: réflexions à propos de deux formes récentes d’arbitrage, Revue de l’Arbitrage 1998, S. 517 ff.; Nacimiento, Konfliktlösung nach allgemeinen Schiedsordnungen, insbesondere ICC (International Chamber of Commerce), AAA (American Arbitration Association) und DIS (Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit), ZUM 2004, 785 ff.; Ostendorf, Wirksame Wahl ausländischen Rechts auch bei fehlendem Auslandsbezug im Fall einer Schiedsvereinbarung und ausländischem Schiedsort?, SchiedsVZ 2010, 234 ff.; Risse/Frohloff, Schadensersatzansprüche nach einstweiligen Verfügungen in Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2011, 239 ff.; Schulz/ Niedermaier, Unwirksame Schiedsklausel in Franchiseverträgen durch Wahl des Tagungsortes im Ausland? – Besprechung von drei OLG-Entscheidungen in Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren, SchiedsVZ 2009, 196 ff.; Schütze, Die Bedeutung des effektiven Schiedsortes im internationalen Schiedsverfahren, in FS von Hoffmann (2011), S. 1077 ff.; Schütze, Praxisbezogene Anmerkungen, SchiedsVZ 2003, 179 ff.; Schmidt-Ahrendts/de Jong, The „Right“ Place of Arbitration: How Germany Might Profit from Brexit, SchiedsVZ 2018, 281 ff.; Wegen/Wilske, Die anwendbare Zeitzone für Fristen in internationalen Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2003, 124 ff.; Wolff, Die deutsche Justiz im Wettbewerb der Schiedsstandorte: eine Erhebung zur Spruchpraxis der Gerichte, SchiedsVZ 2021, 328 ff.
A. Normzweck Der Schiedsort kann von den Parteien frei vereinbart werden. Die Bedeutung 1 der Wahl des Schiedsortes liegt insb. in der rechtlichen Verankerung des Bodenheimer
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Art. 18 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Schiedsverfahrens in einer nationalen Schiedsrechtsordnung, also der Lokalisierung des Schiedsverfahrens in einem rechtlichen Sinn („Legaldomizil“). Eher zweitrangig ist demgegenüber seine tatsächliche Bedeutung als physischer Ort des Zusammentreffens des Schiedsgerichts für Beratungen oder der Parteien und des Schiedsgerichts für mündliche Verhandlungen u.a. Zusammenkünfte, denn Abs. 2 und Abs. 3 erlauben für einzelne Verfahrenshandlungen ohnehin ad hoc die Wahl eines vom Schiedsort abweichenden Tagungsortes. Mit der Wahl des Schiedsortes können die Parteien mittelbar drei wichtige rechtlich relevante Parameter beeinflussen: Aus dem Schiedsort folgt das Verfahrensstatut (lex arbitri), die inländische bzw. ausländische Natur des Schiedsspruchs sowie die örtliche Zuständigkeit des staatlichen Gerichts. 2 Treffen die Parteien keine Wahl, bestimmt subsidiär der Gerichtshof den Schied-
sort. Aufgrund der grds. rechtlichen Bedeutung des Schiedsortes ist es für den Gerichtshof zweckmäßig, diese Festlegung in einem möglichst frühen Verfahrensstadium vorzunehmen. Dem dient es, dass Angaben oder Vorschläge zum Schiedsort nach Art. 4 Abs. 3 Buchst. h bereits verpflichtender Teil der Schiedsklage sind.
3 Eine Auswertung aller 2020 bei der ICC eingeleiteten Verfahren zeigt, dass die
Schiedsorte die globale Ausnahmestellung der Institution reflektieren: Zwar sind noch immer über die Hälfte der Schiedsorte in Europa (53,5%). Unter den TopTen Schiedsorten finden sich jedoch nur noch vier aus Europa: Neben Paris, London, Genf und Zürich sind nun auch New York, Singapur, Hongkong, São Paolo und erstmals auch Doha und Dubai vertreten.
B. Verhältnis zu § 1043 ZPO 4 Der Regelungsgehalt des Art. 18 entspricht weitgehend demjenigen des § 1043
ZPO. Ein Unterschied besteht darin, dass nach Art. 18 Abs. 1 der Schiedsort bei fehlender Parteivereinbarung nicht durch das Schiedsgericht, sondern den Gerichtshof bestimmt wird. Für einen vom Schiedsort abweichenden Tagungsort trifft Art. 18 in Abs. 2 und 3 im Gegensatz zu § 1043 ZPO eine differenzierte Regelung, die zwischen mündlichen Verhandlungen und Zusammenkünften einerseits und Beratungen andererseits unterscheidet. Damit weicht die Regelung von der gesetzlichen Ausgestaltung wie in § 1043 Abs. 2 ZPO ab, die umfassend alle Verfahrenshandlungen darunter fasst. Die in Art. 18 Abs. 2 und 3 vorgenommene Unterscheidung ist zweckmäßig, denn die Parteien haben kein schutzwürdiges Interesse hinsichtlich der Frage, wo sich die Mitglieder des Schiedsgerichts zur Beratung treffen. Eine Grenze ergibt sich allenfalls aus der Erstattungsfähigkeit von Kosten, sofern die Wahl eines Tagungsortes im Einzelfall nicht erforderlich und sachgerecht erscheint.
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Ort des Schiedsverfahrens | Art. 18 ICC-SchO
C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Die prozessrechtliche Zulässigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung richtet sich 5 jeweils nach der lex fori, also vor deutschen Gerichten nach den europarechtlich harmonisierten bzw. deutschen Vorgaben des Prozessrechts. Danach ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nur nach Maßgabe des Art. 25 EuGVVO, §§ 38, 40 ZPO zulässig. Treffen die Parteien keine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung, ergibt sich die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte nach den gesetzlichen Vorschriften über die internationale und örtliche Zuständigkeit, darunter insb. die EuGVVO und §§ 12 ff. ZPO.
D. Bedeutung des Schiedsorts Aus dem Schiedsort ergibt sich die rechtliche Zuordnung eines Schiedsverfah- 6 rens zu einer bestimmten nationalen Rechtsordnung. Darin liegt die immense Bedeutung des Schiedsorts für das Schiedsverfahren. Aus ihm folgt zunächst das anwendbare nationale Schiedsverfahrensrecht. Dies ist im deutschen Recht in § 1025 Abs. 1 ZPO angeordnet und entspricht einem international gängigen Grundsatz. Hingegen sind Regelungen des deutschen Rechts bei einem ausländischen bzw. noch nicht bestimmten Schiedsort nur ganz punktuell anwendbar, vgl. etwa § 1025 Abs. 2, Abs. 4 ZPO bzw. § 1025 Abs. 2, Abs. 3 ZPO. Außerdem ergibt sich aus der Wahl des Schiedsorts auch lediglich die Anwend- 7 barkeit des jeweiligen Schiedsverfahrensrechts (in Deutschland sind das die §§ 1025–1066 ZPO). Andere verfahrensrechtliche Bestimmungen der ZPO, wie sie für Verfahren vor staatlichen Gerichten am Schiedsort gelten, sind in Schiedsverfahren weder direkt noch analog anwendbar. Der Schiedsort spielt zudem auch bei der Bestimmung des auf die Schiedsver- 8 einbarung anwendbaren Rechts eine Rolle (vgl. dazu Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ und dazu BGH v. 26.11.2020 – I ZR 245/19, SchiedsVZ 2021, 97). Das auf die Schiedsvereinbarung anzuwendende Recht ist von dem Recht, das auf den Hauptvertrag Anwendung findet, abzugrenzen. Fehlt es an einer diesbezüglichen ausdrücklichen Vereinbarung, ist eine konkludente Vereinbarung durch Auslegung zu ermitteln. Neben der Rechtswahl im Hauptvertrag kann dabei auch die Wahl des Schiedsorts als Anhaltspunkt dienen. Der Schiedsort bestimmt ferner die internationale und örtliche Zuständigkeit 9 staatlicher Gerichte (vgl. § 1026 Abs. 1 ZPO). Relevant ist dies insb. für unterstützende und flankierende Maßnahmen im Rahmen des Schiedsverfahrens, darunter die Bestellung und Ablehnung eines Schiedsrichters sowie die Beendigung eines Schiedsrichteramtes (§ 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), Maßnahmen der Beweisaufnahme (§ 1062 Abs. 4 ZPO) und des einstweiligen Rechtsschutzes (§ 1062 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) sowie ferner Entscheidungen über die Aufhebung und Vollstreckbarkeitserklärung von Schiedssprüchen (§ 1062 Abs. 1 Nr. 4 Bodenheimer
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Art. 18 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht ZPO). Da sich die diesbezüglichen Verfahren im internationalen Vergleich mitunter deutlich unterscheiden, kommt der Entscheidung über die gerichtliche Zuständigkeit wesentliche praktische Bedeutung zu. Schließlich wird der Schiedsort relevant im Fall der Insolvenz einer Partei im Laufe des Schiedsverfahrens (vgl. Flecke-Giammarco/Keller, NZI 2012, 529 ff.). 10 Daneben ist der Schiedsort für die internationale Anerkennung und Voll-
streckbarkeit des Schiedsspruchs von Bedeutung. Nach dem Schiedsort richtet sich die Qualifikation als in- oder ausländischer Schiedsspruch (vgl. etwa §§ 1060, 1061 ZPO). So ist ein Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO nur bei inländischen Schiedssprüchen statthaft. Im Falle eines ausländischen Schiedsortes richtet sich die Anfechtbarkeit einschließlich des Verfahrens und der zulässigen Anfechtungsgründe nach dortigem Recht.
11 Für die Auswahl des Vorsitzenden des Schiedsgerichts bzw. des Einzel-
schiedsrichters bietet sich vor dem Hintergrund der Verzahnung mit den örtlichen Verfahrensvorschriften eine Person mit hinreichender Erfahrung in der Jurisdiktion des Schiedsortes an, obgleich die Komplexität für einen international erfahrenen Schiedsrechter auch in für ihn fremden Jurisdiktionen überschaubar sein dürfte. Bei der Vielzahl von Kriterien im Rahmen der Auswahl eines Vorsitzenden dürfte dieser Aspekt jedenfalls nicht als entscheidend bewertet werden.
12 Neben der territorialen Verankerung gibt der Schiedsort dem Verfahren zwi-
schen Parteien aus verschiedenen Zeitzonen üblicherweise auch die Zeitzone vor, die für Fristen maßgeblich ist (Wegen/Wilske, SchiedsVZ 2003, 124 [125]). Eine abweichende Vereinbarung hierüber ist ohne Weiteres möglich.
E. Parteivereinbarung 13 Da die Vereinbarung des Schiedsorts kein zwingender Bestandteil der Schieds-
vereinbarung ist, gelten für sie keine Formerfordernisse. Sie ist grds. auch konkludent möglich (§§ 133, 157 BGB, vgl. KG v. 17.11.2017 – 13 Sch 6/17, NJOZ 2019, 877), solange sie hinreichend eindeutig formuliert ist. In der Praxis kommen konkludente Vereinbarungen jedoch nicht zum Tragen. So könnte man zwar die Angabe „ICC in Paris“ als hinreichend deutlich auf den gewünschten Schiedsort Paris verweisend ansehen. Entgegen in der Literatur vertretener Auffassungen würde der Gerichtshof in der Praxis eine solche Formulierung jedoch nicht als hinreichend eindeutig erachten. Er würde vielmehr die Parteien um Stellungnahme ersuchen. Bestätigen die Parteien, dass Paris der Schiedsort sein sollte, handelt es sich nicht mehr um eine konkludente, sondern um eine ausdrückliche Vereinbarung. Ergibt die Stellungnahme der Parteien keine Übereinstimmung, setzt der Gerichtshof den Schiedsort gemäß Abs. 1 fest. Der Schiedsort würde aber im Ergebnis auf Paris festgelegt werden, wenn keine Hinweise auf einen entgegenstehenden Willen der Parteien vorliegen (s. Rz. 18). Praktisch ratsam ist es, dass sich die Parteien über den Schiedsort möglichst bereits in der Schiedsvereinbarung einigen. Dabei steht es ihnen frei, die Frage innerhalb der 320
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Ort des Schiedsverfahrens | Art. 18 ICC-SchO
Schiedsvereinbarung selbst oder in einer separaten Vereinbarung zu behandeln. Ebenso können sie den Schiedsort erst zu einem späteren Zeitpunkt oder auch noch während des Verfahrens vereinbaren. Für den Schiedskläger ist wichtig, dass Angaben oder Vorschläge zum Schieds- 14 ort nach Art. 4 Abs. 3 Buchst. h zum verpflichtenden Bestandteil einer Schiedsklage zählen. Dies erfordert keine detaillierten Informationen; hinreichend ist etwa, wenn der Kläger auf das Bestehen oder Nichtbestehen einer Parteiabrede hinweist oder einen bestimmten Ort aus seiner Sicht oder anhand objektiver Kriterien als besonders geeignet darstellt. Hauptziel der Regelung ist es, eine Auseinandersetzung mit der Frage des Schiedsortes bereits mit Verfahrenseinleitung herbeizuführen. Überdies wird der Gerichtshof anhand der Angaben befähigt, für den Fall einer fehlenden Parteivereinbarung eine sachgerechte Festlegung zu treffen. Fehlen die geforderten Angaben, so wird das Sekretariat dem Kläger eine Frist zur Ergänzung setzen. Auch eine nachträgliche Änderung eines zunächst vereinbarten oder vom Ge- 15 richtshof bestimmten Schiedsorts durch Parteiabrede ist möglich (a.A. MüKo/ Münch, § 1043 ZPO Rz. 15; Prütting in Prütting/Gehrlein, § 1043 ZPO Rz. 2 a.E.). Damit wird der für den Schiedsort leitende Gesichtspunkt der Privatautonomie insb. in aufwändigen Verfahren, in denen sich neue Sachlagen ergeben können, konsequent zur Geltung gebracht. Den Schiedsrichtern ist wohl ein Rücktrittsrecht zuzugestehen, sollte die Änderung zur Anwendung einer Rechtsordnung führen, mit der die Schiedsrichter nicht vertraut sind oder aus der andere Nachteile für die Schiedsrichter entstehen können, wie etwa eine nicht abdingbare persönliche Haftung oder die Gefahr strafrechtlicher Sanktionen. Viele tatsächliche Herausforderungen werden über einen abweichenden Tagungsort nach Abs. 2 bzw. einen anderen Beratungsort nach Abs. 3 abgefedert werden. Aus Parteiensicht sollten die genannten Auswirkungen der Ortswahl für die 16 rechtliche Verankerung des Schiedsverfahrens maßgebliche Entscheidungskriterien bilden. Hinzu kommen die Qualität und Unabhängigkeit der lokalen Justiz und die Verfügbarkeit versierter lokaler Rechtsanwälte. Auch die Schiedsfreundlichkeit der lokalen Justiz kann eine Rolle bei der Wahl des Schiedsorts spielen. Hingegen sind praktische Erwägungen wie die gute Erreichbarkeit des Schiedsorts (Infrastruktur, Einreisebestimmungen, s. zu weiteren Aspekten Lachmann, Rz. 395 ff.) nur in dem Maße erheblich, in dem die Parteien nicht von der Möglichkeit Gebrauch machen, das Legaldomizil vom Tagungsort zu trennen. Diese Trennung erfolgte im Zuge der COVID-19-Pandemie aufgrund divergierender pandemiebedingter Beschränkungen zunehmend, insgesamt in der Praxis aber noch viel zu selten. Dabei können wirtschaftlich und rechtlich optimierte Lösungen erzielt werden, wenn man die Auswahl von Legaldomizil und logistischem Tagungsort voneinander getrennt überprüft und im Bedarfsfall unterschiedlich vereinbart. Üblich ist jedenfalls die Wahl eines neutralen Schiedsortes zwischen den Parteien, um spezifische Heimvorteile einer Partei zu verhindern. Bodenheimer
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Art. 18 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht F. Bestimmung durch den Gerichtshof (Abs. 1) 17 Haben die Parteien keinen Schiedsort vereinbart, obliegt dessen Bestimmung
dem Gerichtshof. Der Gerichtshof wird diese Entscheidung stets zu Beginn des Schiedsverfahrens und vor der Bildung des Schiedsgerichts treffen. In seiner Entscheidung hat der Gerichtshof die Umstände des Einzelfalls und die Interessen der Parteien zu berücksichtigen. Theoretisch können auch die Interessen der weiteren am Verfahren beteiligten Personen in die Entscheidung einbezogen werden. Entsprechend kann der Gerichtshof auch die Belange der Schiedsrichter berücksichtigen. In der Praxis geschieht dies jedoch regelmäßig nicht, da der Schiedsort i.d.R. festgelegt wird, bevor die Schiedsrichter ernannt werden. Den Parteien ist Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Dem Gerichtshof kommt für die Entscheidung weites Ermessen zu, dessen Grenze erst bei Willkür erreicht ist (Risse/Frohloff, SchiedsVZ 2011, 239 [240]). Zugleich muss der Eindruck der Parteilichkeit und eines Näheverhältnisses zu einer Partei vermieden werden. Um Zweifel an der Neutralität des Schiedsorts zu vermeiden, wird i.d.R. ein Schiedsort bestimmt, zu dem keine der Parteien eine besondere Beziehung aufweist. Dies wird umso wichtiger, wenn die Parteien explizit gegensätzliche Präferenzen hinsichtlich des Schiedsortes haben. Wurde ein bei objektiver Betrachtung neutraler Ort von einer Partei vorgeschlagen, disqualifiziert dies den Ort nicht. Allerdings ist eine sorgsame Prüfung des Vorschlags erforderlich. Ein wichtiges Kriterium kann ein modernes Schiedsrecht und eine insgesamt positive Einstellung der staatlichen Gerichte eines Landes zur Schiedsgerichtsbarkeit sein. Weitere Kriterien bilden insb. Beweisnähe, Kostenvorteile, Sicherheit, Infrastruktur und Zugänglichkeit des Schiedsorts sowie die Entfernung für die Parteien und Zeugen (so zur DIS-SchO: Schütze, SchiedsVZ 2003, 179). Diese Kriterien scheinen mit Blick auf die Gesamtabwägung durch den Gerichtshof hier sinnvolle ergänzende Aspekte zu sein. Sie tragen dem Umstand Rechnung, dass die mündliche Verhandlung im Regelfall – trotz des Konzepts der Trennung zwischen Legaldomizil und dem logistischen Tagungsort – am Ort des Schiedsverfahrens stattfindet. Erforderlich ist schließlich, dass nach dem Schiedsort die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs in den in Betracht kommenden Vollstreckungsstaaten gewährleistet ist. Nach Art. 7 Anhang II berücksichtigt der Gerichtshof die am Schiedsort bestehenden, zwingenden rechtlichen Anforderungen bei der Prüfung der Entwürfe von Schiedssprüchen.
18 Die Entscheidungskompetenz des Gerichthofs nach Abs. 1 ist fraglich, wenn
zwischen den Parteien streitig ist, ob eine Vereinbarung zum Schiedsort getroffen wurde. In der Praxis legt der Gerichtshof jedoch auch in solchen Fällen regelmäßig den Schiedsort fest. Verweist eine Schiedsvereinbarung etwa wie im oben erwähnten Beispiel auf die „ICC in Paris“, legt der Gerichtshof im Regelfall Paris als Schiedsort fest, wenn zumindest eine Seite behauptet, dass es sich bei dem Verweis auf Paris um eine Vereinbarung hinsichtlich des Schiedsorts handelt. Der Gerichtshof verfährt ebenso, wenn vereinbart wurde, dass das Schiedsverfahren an einem bestimmten Ort durchgeführt werden muss. 322
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Ort des Schiedsverfahrens | Art. 18 ICC-SchO
Der Gerichtshof bestimmt in der Praxis über den Wortlaut des Abs. 1 hinaus so- 19 gar dann den Schiedsort, wenn zwischen den Parteien unstreitig ist, dass eine Vereinbarung zum Schiedsort besteht, der Inhalt jedoch streitig ist. In diesen Fällen bedarf die entsprechende Klausel der Auslegung. Beispielsweise kann eine Vereinbarung dahingehend geschlossen worden sein, dass der Schiedsort sich danach richtet, welche Partei Ansprüche erhebt. Wenn nun beide Parteien Ansprüche geltend machen (als Kläger und Widerkläger oder beide Parteien treten als Kläger auf), ist die Vereinbarung auszulegen. Ebenso bedarf eine Vereinbarung zum Schiedsort einer tiefergehenden Interpretation, wenn der Erfüllungsort als Schiedsort bestimmt wurde und die Auffassungen der Parteien über den Erfüllungsort divergieren. Die ICC-Schiedsordnung regelt diesen Fall nicht, in der Praxis geht der Gerichtshof jedoch wie folgt vor: Ist eine Lesart der Vereinbarung offenkundig richtig, entscheidet der Gerichtshof selbst. Ist dies nicht der Fall, weil die Interpretation der Vereinbarung bspw. eine Beweisaufnahme erforderlich machen würde, überlässt der Gerichtshof die Entscheidung dem Schiedsgericht. Von seiner früheren Praxis, in Zweifelsfällen den Schiedsort zunächst proviso- 20 risch festzulegen, ist der Gerichtshof mittlerweile abgegangen. Es kommt also zu keiner provisorischen Festlegung des Schiedsorts. Unter engen Voraussetzungen wäre es überdies denkbar, dass der Gerichtshof trotz einer unzweifelhaft bestehenden Parteiabrede einen abweichenden Schiedsort bestimmt, um dem mutmaßlichen Parteiwillen angesichts geänderter Umstände – etwa einer zunehmend parteiischen Justiz am ursprünglich vereinbarten Schiedsort – Rechnung zu tragen (Reiner/Petkuté/Kern in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Art. 18 ICC-SchO Rz. 6 ff.). Im Regelfall ist in diesen Fällen zu erwarten, dass es dem ursprünglichen Parteiwillen entspricht, bei solcherart geänderten Umständen einen anderen Schiedsort zu wählen. In Schiedsverfahren nach der ICC-Schiedsordnung wird der Schiedsort immer 21 festgesetzt, wenn keine diesbezügliche Vereinbarung gegeben ist. Mithin findet der Grundsatz, dass der effektive Ort des Schiedsverfahrens den Schiedsort bestimmt, wenn er weder vereinbart noch bestimmt wurde, in Verfahren nach der ICC-Schiedsordnung keine Anwendung. Der Schiedsort ist vom Schiedsgericht im Schiedsspruch zweifelsfrei zu benennen. 22 Der Schiedsort sollte auch bei jeder Verfahrensverfügung dokumentiert werden; auch hier kommt es nicht etwa auf den physischen Aufenthaltsort des Schiedsrichters an: Nicht hinreichend sind Ortsangaben der einzelnen Schiedsrichter.
G. Abweichender Tagungsort (Abs. 2 und Abs. 3) Von dem mit konkreten Rechtsfolgen verbundenen Schiedsort (Abs. 1) ist der 23 rein tatsächliche Tagungsort zu unterscheiden. Nach Abs. 2 kann das Schiedsgericht an jedem ihm geeignet erscheinenden Ort im In- und Ausland mündliche Verhandlungen und Zusammenkünfte vornehmen, sofern keine abweichende Parteivereinbarung vorliegt. Aufgrund des Regelungszwecks sind unter Bodenheimer
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Art. 18 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht „Zusammenkünften“ umfassend alle Verfahrenshandlungen zu verstehen, deren Durchführung an einem anderen Ort zur effizienten Verfahrensführung beitragen kann. Dazu gehört u.a. die Vernehmung von Zeugen, Sachverständigen oder der Parteien, die Besichtigung von Sachen oder die Einsichtnahme in Schriftstücke. Abs. 3 ergänzt explizit die Beratung unter den Mitgliedern des Schiedsgerichts. Über einen abweichenden Tagungsort wird die nötige Flexibilität für die Durchführung des Schiedsverfahrens gewährleistet. Leitend für die Auswahl eines abweichenden Tagungsortes haben daher Erwägungen der Zweckmäßigkeit und der Kostenersparnis zu sein. Auch ein am Tagungsort erlassener Schiedsspruch gilt als am Schiedsort erlassen (Art. 32 Abs. 3). 24 Auch in Bezug auf den Tagungsort ist grds. eine Parteivereinbarung möglich.
Dies kann sich anbieten, wenn die Parteien absichern wollen, dass sie von praktischen und logistischen Vorzügen eines bestimmten Tagungsortes profitieren. Allerdings ist eine solche Vereinbarung selten zweckmäßig, da mit ihr gerade die von Art. 18 Abs. 2 und 3 gewährten Freiheiten des Schiedsgerichts entfallen, den Tagungsort gesondert für einzelne Verfahrenshandlungen zu bestimmen und dabei den Interessen der Beteiligten Rechnung zu tragen. In rechtlicher Hinsicht ist zu beachten, dass eine Schiedsklausel mit einem ausländischen Tagungsort im Rahmen der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB oder § 138 BGB für unwirksam befunden werden kann, wenn der Tagungsort für eine Partei grob interessenswidrig ist und ihr die Rechtewahrnehmung unangemessen erschwert (OLG Bremen v. 30.10.2008 – 2 Sch 2/08, NJOZ 2009, 1188; OLG Dresden v. 7.12.2007 – 11 Sch 8/07, IHR 2008, 119; dazu Schulz/Niedermaier, SchiedsVZ 2009, 196 ff.).
25 Art. 18 Abs. 2 und 3 kann schließlich der allgemeine Gedanke einer möglichen
Loslösung der Verhandlung und Beratung vom rechtlichen Ort des Schiedsverfahrens aus pragmatischen Gründen entnommen werden. Angesichts zunehmender Digitalisierung der Verfahrenspraxis kann Art. 18 Abs. 2 und 3 insofern als ergänzendes Argument dafür herangezogen werden, dass der Einsatz von Telefon- und Videokonferenzen sowie Cloud-gestützten Kommunikationsplattformen in weitem Maße zulässig, mitunter gar erwünscht ist. Dafür spricht, dass Abs. 2 und 3 die Wahl des Orts der Verhandlung bzw. der Beratung einer Zweckmäßigkeitsprüfung des Schiedsgerichts unterwirft und ein virtuelles Zusammentreffen in vielen Fällen geeignet und zweckmäßig erscheinen mag. Die ICC-SchO 2021 stellt nun auch ausdrücklich klar, dass das Schiedsgericht nach Anhörung der Parteien und unter Berücksichtigung des Sachverhalts und der relevanten Umstände entscheiden kann, dass die mündliche Verhandlung ortsunabhängig per Video- oder Telefonkonferenz oder mit sonstigen angemessenen Kommunikationsmitteln durchgeführt wird (Art. 26 Abs. 1).
H. Abweichende Parteivereinbarungen 26 Eine von Art. 18 abweichende Parteivereinbarung ist aufgrund des Grundsat-
zes der Parteiautonomie weitgehend möglich. So könnten Parteien etwa die
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Verfahrensbestimmungen | Art. 19 ICC-SchO
Bestimmung des Schiedsortes in Abweichung von der Zuweisung an den Gerichtshof in Abs. 1 auch explizit dem Schiedsgericht überantworten. Außerdem könnten sie von Abs. 3 abweichen und etwa vereinbaren, dass etwaige mündliche Verhandlungen in Anwesenheit der Parteien zwingend am Schiedsort stattfinden müssen. Derartige abweichende Parteivereinbarungen werden jedoch i.d.R. nicht zweckmäßig sein.
Artikel 19 Verfahrensbestimmungen Auf das Verfahren vor dem Schiedsgericht ist die Schiedsgerichtsordnung anzuwenden und soweit diese keine Regeln enthält, sind diejenigen Regeln anzuwenden, die von den Parteien oder, falls diese es unterlassen, vom Schiedsgericht festgelegt werden, unabhängig davon, ob damit auf eine auf das Schiedsverfahren anzuwendende nationale Prozessordnung Bezug genommen wird oder nicht. Article 19: Rules Governing the Proceedings The proceedings before the arbitral tribunal shall be governed by the Rules and, where the Rules are silent, by any rules which the parties or, failing them, the arbitral tribunal may settle on, whether or not reference is thereby made to the rules of procedure of a national law to be applied to the arbitration. Regelungsschwerpunkte: Diese Vorschrift bestimmt das anzuwendende Prozessrecht, also diejenigen Regelungen, nach denen das Schiedsgericht das Verfahren führen muss. Die Bestimmung legt zugleich die Normhierarchie fest, d.h. welche Verfahrensregeln vorrangig Anwendung finden. → Rz. 5 ff., Rz. 9 ff. Kostenaspekte: Art. 19 hat keine unmittelbare Kostenfolge für die Parteien. → Rz. 20 A. I. II. III.
Anwendbares Verfahrensrecht . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zu §§ 1042, 1052 ZPO Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
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IV. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . . B. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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20 21
A. Anwendbares Verfahrensrecht Literatur: Blessing, The Arbitral Process. Part III: The Procedure before the Arbitral Tribunal, ICC Court Bulletin, Vol. 18 No. 1 (2007) S. 23 ff. (Chapter A 5); Commandeur/Gößling, The determination of mandatory rules of law in International Arbitration – An Attempt to set out criteria, SchiedsVZ 2014, 12 ff.; Elsing, Procedural efficiency in International Arbitration: Choosing the Best of Both Legal Worlds, SchiedsVZ 2011, 114 ff.; Hanefeld/Hombeck, International arbitration between standardization and flexibility – Predictability and flexibility seen from a client’s perspective, SchiedsVZ 2015, 20 ff.; Jemielniak/Pfisterer, Iura Novit Arbiter revisited: towards a harmonized approach?, Uni-
Bodenheimer und Haller
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Art. 19 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht form Law Review, Vol. 20 No. 1 (2015), S. 56 ff.; Meier/McGough, Do Lawyers Always Have to Have the Last Word? Iura Novit Curia and the Right to be Heard in International Arbitration: An Analysis in View of Recent Swiss Case Law, ASA Bulletin, Vol. 32 Issue 3 (2014), S. 490 ff.; Pfeiffer, Gewillkürte Prozessstandschaft im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2017, 135 ff.; Pickrahn, The Road to Predictability in International Arbitration, SchiedsVZ 2016, 173 ff.; Schmidt-Ahrendts/Höttler, Anwendbares Recht bei Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland, SchiedsVZ 2011, 267 ff.; Schütze, Die Ermessensgrenzen des Schiedsgerichts bei der Bestimmung der Beweisregeln, SchiedsVZ 2006, 1 ff.; Wagner/Bülau, Procedural Orders by Arbitral Tribunals: In the Stays of Party Agreements?, SchiedsVZ 2013, 6 ff.; Waincymer, International Arbitration and the Duty to Know the Law, Journal of International Arbitration Vol. 28 Issue 3 (2011), S. 201 ff.; Wegen/Wilske, Die anwendbare Zeitzone für Fristen in internationalen Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2003, 124 ff.; ICC Court Bulletin, Special Supplement (Procedural Decisions) (2014).
I. Normzweck 1 Art. 19 bestimmt das anzuwendende Prozessrecht, also diejenigen Regelungen,
nach denen das Schiedsgericht das Verfahren führen muss. Die entsprechende Regelung zum materiellen Recht des Schiedsverfahrens findet sich in Art. 21.
II. Verhältnis zu §§ 1042, 1052 ZPO 2 § 1042 Abs. 3 ZPO gestattet es den Parteien, die anwendbaren Verfahrens-
bestimmungen selbst zu regeln. Haben die Parteien in ihrer Schiedsklausel vereinbart, dass die ICC-SchO angewendet werden soll, haben sie damit die ihnen in § 1042 Abs. 3 ZPO zugestandene Parteiautonomie ausgeübt.
3 § 1052 Abs. 3 ZPO regelt, dass über einzelne Verfahrensfragen der vorsitzende
Schiedsrichter allein entscheiden kann, wenn die Parteien oder die anderen Mitglieder des Schiedsgerichts ihn dazu ermächtigt haben. Die Vorschrift enthält damit eine Regelung, welche gegenüber Art. 19 nur deklaratorische Wirkung besitzt. Die Parteien sind bei der Bestimmung der Verfahrensregularien weitgehend frei und können demnach auch dem Vorsitzenden des Schiedsgerichts gegenüber dem ganzen Spruchkörper weitergehende Befugnisse einräumen.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4 Das staatliche Recht hält ausführliche Verfahrensregelungen bereit. Die Parteien
sind an die Verfahrensvorschriften der anwendbaren gesetzlichen Prozessordnung gebunden. Die Parteien können das Verfahren gerade nicht frei bestimmen. Sie können lediglich die geregelten Verfahrensrechte ausüben und auf diese Weise das Verfahren beeinflussen. 326
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Verfahrensbestimmungen | Art. 19 ICC-SchO
IV. Einzelerläuterung Art. 19 regelt, wie das Schiedsgericht die anzuwendenden Verfahrensvorschrif- 5 ten bestimmen muss: Zunächst muss das Schiedsgericht die Bestimmungen der ICC-SchO anwenden. Nur wenn die ICC-SchO keine Regelungen vorsieht oder abweichende Regelungen der Parteien zulässig sind, muss und darf das Schiedsgericht auf sonstige Vereinbarungen der Parteien zurückgreifen. Soweit es dann noch an Verfahrensregeln fehlt, bestimmt das Schiedsgericht selbst die Verfahrensregeln nach eigenem Ermessen. Art. 19 stellt im letzten Teil der Vorschrift klar, dass bei der Bestimmung der anwendbaren Verfahrensregeln nicht auf eine auf das Schiedsverfahren anzuwendende nationale Prozessordnung Bezug genommen werden muss. Das heißt u.a.: Auch in einem „deutschen“ Schiedsverfahren (etwa mit deutschen Parteien, deutschem Sitz etc.) sind die für staatliche Gerichtsverfahren geltenden Bestimmungen der ZPO unanwendbar. Art. 19 gewährt den Parteien eine recht große Autonomie, eigene Verfahrens- 6 vorschriften festzulegen. Zugleich bestimmt Art. 19 aber die Grenzen der Parteiautonomie. Art. 19 legt zunächst fest, dass Parteivereinbarungen nur berücksichtigt werden 7 dürfen, wenn sie sich im Rahmen der ICC-SchO bewegen. Unproblematisch ist, wenn die Parteien die ICC-SchO für ihr Schiedsverfahren konkretisieren und ergänzende Verfahrensregeln treffen. Auch schließt Art. 19 abweichende Bestimmungen nicht völlig aus. Die Parteien können jedoch nicht die ICCSchO und zugleich ein völlig eigenständiges Verfahrensrecht vereinbaren. Dann liegt jedenfalls kein ICC-Schiedsverfahren mehr vor, d.h. die ICC würde ein solches Verfahren nicht administrieren (vgl. auch Art. 6 Rz. 17 ff.). Allerdings legt die ICC-SchO nur die wesentlichen Verfahrensbestimmungen fest und gestattet den Parteien sehr weitgehend, das Verfahren in den Einzelheiten an die konkreten Bedürfnisse anzupassen. Solche ergänzenden Regelungen sind zulässig. In der Praxis kommt daher den Parteivereinbarungen und vor allem den verfahrensleitenden Verfügungen des Schiedsgerichts erhebliche Bedeutung zu. Die Parteien können Grundmaximen des Verfahrens nicht abbedingen. Fun- 8 damentale Verfahrensprinzipien wie das Gebot der Gleichbehandlung oder das Recht auf rechtliches Gehör sind unabdingbar (vgl. Art. 22 Abs. 4). Aus Art. 19 folgt die Normhierarchie der anzuwendenden Verfahrensregelun- 9 gen (vgl. BT-Drucks. 13/5274, S. 46 f.): (1) zwingende gesetzliche Regelungen; (2) ICC-SchO; (3) sonstige Parteivereinbarung; (4) Verfahrensregeln aufgrund richterlichen Ermessens (im Rahmen einer sog. „verfahrensleitenden Verfügung“). Art. 19 bestimmt, dass die zwingenden gesetzlichen Verfahrensregeln am Sitz 10 des Schiedsgerichts Vorrang haben. Dies drückt eine Selbstverständlichkeit aus. Art. 19 bezieht sich dabei lediglich auf das Schiedsverfahrensrecht am Sitz des Schiedsgerichts. Die für staatliche Gerichtsverfahren geltenden Regeln finden auch durch den Verweis in Art. 19 keine Anwendung auf ein Schiedsverfahren, da die Parteien diese Regeln gerade abbedungen haben (s. Art. 19 a. E.). Art. 19 Haller
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Art. 19 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht ordnet aber auch nicht an, dass dispositives Gesetzesrecht subsidiär gelten soll, sondern stellt subsidiär nur auf Parteivereinbarungen und Anordnungen des Schiedsgerichts ab. In ICC-Verfahren gilt das dispositive, staatliche Schiedsverfahrensrecht daher nicht ipso iure. Das Schiedsgericht mag freilich entsprechende Regelungen treffen, ist daran jedoch nicht gebunden. 11 Bei Schiedsverfahren mit einem Schiedsort in Deutschland ist daher das X. Buch
der ZPO heranzuziehen, welches in weiten Teilen dispositiv ist, d.h. die Parteien können von den Vorschriften abweichen. Die übrigen Vorschriften der ZPO sind nicht – auch nicht analog – anwendbar. Die Systematik der ZPO ist eindeutig. Für eine analoge Anwendung der ersten neun Bücher der ZPO ist zudem kein Raum, weil sie spezifisch auf das deutsche staatliche Verfahren zugeschnitten sind. Gerade in internationalen Schiedsverfahren passen die Vorschriften für das deutsche staatliche Gerichtsverfahren nicht.
12 Dem zwingenden staatlichen Schiedsverfahrensrecht nachrangig finden die Par-
teivereinbarungen zur Ausgestaltung des Verfahrens Anwendung. Haben die Parteien ein Schiedsverfahren nach der ICC-SchO vereinbart, gilt zunächst die ICCSchO, es sei denn, die Parteien sind davon in zulässiger Weise abgewichen oder haben – etwa im Schiedsauftrag – Ergänzendes vereinbart (s. Rz. 7). Den Parteien kommt bei der Bestimmung der anzuwendenden Verfahrensregeln weitgehende Autonomie zu. So können die Parteien vereinbaren, welche Schriftsatzfristen gelten, in welcher Sprache Beweismittel vorgelegt werden dürfen, wie mit Fristversäumnissen umzugehen ist etc. Die Parteien können aber auch ergänzend auf bereits existierende Regelwerke verweisen, wie z.B. die IBA-Rules. Verstößt das Schiedsgericht gegen eine Vereinbarung der Parteien zum Ablauf des Verfahrens und kann sich dieser Verfahrensverstoß auf den Schiedsspruch ausgewirkt haben, so ist der Schiedsspruch nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO aufzuheben (vgl. OLG Frankfurt am Main v. 17.2.2011 – 26 Sch 13/10, SchiedsVZ 2013, 49).
13 Im Übrigen hat das Schiedsgericht ein breites Ermessen, nach welchen Regeln es
das Verfahren führt. Jedenfalls in größeren Schiedsverfahren legen Schiedsgerichte ergänzende Verfahrensregeln meist in einer ausführlichen verfahrensleitenden Verfügung zu Beginn des Verfahrens fest („specific/supplemental procedural rules“). Diese verfahrensspezifischen Regeln ergänzen die ICC-SchO. In den ergänzenden Verfahrensregeln regelt das Schiedsgericht u.a. Aspekte wie die Zustellung von Schriftsätzen und Fristen, den Umgang mit Schriftsatzanlagen und nicht in der Verfahrenssprache verfassten Dokumenten, den Zeugenbeweis oder auch den Ablauf der mündlichen Verhandlung. Die Parteien haben so mehr Klarheit, an welche Regeln sie sich halten müssen und wie das Verfahren ablaufen wird. Das Schiedsgericht sollte sich jedoch vorbehalten, die Verfahrensregeln im Laufe des Verfahrens wieder zu ändern. Zwar kann das Schiedsgericht grds. auch ohne einen solchen Vorbehalt die Verfahrensregeln ändern. Mit einem solchen Zusatz ist aber klargestellt, dass die Parteien im Laufe des Verfahrens mit Änderungen rechnen müssen. Solche können sinnvoll und notwendig sein, wenn sich während des Verfahrens die Umstände ändern und zusätzliche ergänzende Regeln benötigt werden.
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Verfahrensbestimmungen | Art. 19 ICC-SchO
Die Parteien können die fundamentalen Verfahrensgrundsätze nicht ex ante 14 abbedingen. Zu diesen Grundsätzen gehören vor allem das Gebot der Gleichbehandlung und der Anspruch auf rechtliches Gehör. Die Parteien können auf diese Rechte im Vorfeld nicht vollständig verzichten, weil damit ein unabsehbarer Verzicht auf Rechtsschutz verbunden wäre. Ein Verzicht ist nur im konkreten Fall (i.d.R. ex post) möglich. Die Parteien haben es jedoch in der Hand, die Verfahrensgrundsätze individuell auszugestalten. Dabei sollten die Parteien allerdings zurückhaltend sein. Eine selbstgestrickte Verfahrensordnung hat den Charme der Individualität. Sie birgt jedoch die Gefahr, dass die Parteien Wichtiges ungeregelt lassen oder unklare Regelungen vereinbaren. Häufig sind lange und damit teure prozessuale Diskussionen die Folge. Zudem hängt vieles maßgeblich davon ab, welche Schiedsrichter im konkreten Fall über den Rechtsstreit entscheiden werden. Und insoweit haben die Parteien erheblichen Einfluss. Verstößt das Schiedsgericht gegen elementare Verfahrensgrundsätze, stellt dies 15 einen Aufhebungsgrund nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b und Buchst. d ZPO bzw. einen Grund für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO dar. Das Schiedsgericht kann prozessuale Entscheidungen in jedem Stadium des Ver- 16 fahrens von sich aus treffen. Die Parteien können eine solche Entscheidung auch selbst beantragen. Das Schiedsgericht ist insoweit an frühere verfahrensleitende Verfügungen nicht gebunden. Liegt jedoch eine wirksame Parteivereinbarung zum Verfahren vor, muss das Schiedsgericht diese respektieren. Daher verzichten Schiedsgerichte meist darauf, ausführliche Verfahrensregeln in den Schiedsauftrag aufzunehmen. Da dieser von den Parteien unterschrieben wird, liegt eine Parteivereinbarung vor, die das Schiedsgericht bindet und von der das Schiedsgericht nur abweichen kann, wenn alle Parteien zustimmen. Schiedsgerichte legen daher die ausführlichen Verfahrensregeln i.d.R. in einer verfahrensleitenden Verfügung – nach Anhörung der Parteien – fest. Es ist den Parteien jedoch unbenommen, einen – ggf. noch lückenhaften – Entwurf des Schiedsgerichts zu ergänzen. In der Praxis hat es sich jedenfalls in größeren Verfahren durchgesetzt, dass das 17 Schiedsgericht zu Verfahrensbeginn nach Rücksprache mit den Parteien in Ausübung seines Ermessens eine ausführliche verfahrensleitende Verfügung erlässt, in der das Schiedsgericht den Verfahrenskalender festlegt und spezielle Verfahrensregeln zur praktischen Durchführung des Verfahrens aufstellt. Die ICC-SchO regelt nicht, wie eine verfahrensrechtliche Entscheidung des 18 Schiedsgerichts aussehen muss. In der Praxis ergehen verfahrensrechtliche Entscheidungen des Schiedsgerichts meist in Form einer förmlichen verfahrensleitenden Verfügung, die der Vorsitzende des Schiedsgerichts für das Schiedsgericht unterzeichnet, wenn er von den anderen beiden Schiedsrichtern dazu ermächtigt wurde. Häufig werden – weniger wichtige – verfahrensrechtliche Punkte auch in der sonstigen schriftlichen Korrespondenz zwischen Schiedsgericht und den Parteien geregelt (formlose E-Mail, Brief). Rechtlich wirksam sind auch mündliche verfahrensrechtliche Anordnungen des Schiedsgerichts. Haller
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Art. 19 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Diese sind nicht einmal selten: So regelt ein Schiedsgericht gerade in mündlichen Verhandlungen viele verfahrensrechtliche Fragen durch mündliche Entscheidungen. Oder das Schiedsgericht entscheidet eine verfahrensrechtliche Frage in einer Telefonkonferenz. 19 Empfehlung: Um Rechtsklarheit sicherzustellen, sollte das Schiedsgericht allerdings solche mündlichen Verfügungen nochmals schriftlich niederlegen, wenn die Entscheidung nicht ohnehin – wie in der mündlichen Verhandlung – protokolliert wird.
B. Kosten 20 Art. 19 hat keine unmittelbare Kostenfolge für die Parteien. Die Parteien sollten
bei der Ausgestaltung des Verfahrens jedoch darauf achten, das Verfahren nicht unnötig kompliziert und damit teuer zu machen. Während die ICC-SchO in zeitlicher und finanzieller Hinsicht auf eine effiziente Verfahrensführung Wert legt, geht dieser Vorteil rasch verloren, wenn die Parteien komplexe eigene Zusatzbestimmungen vereinbaren.
C. Abweichende Parteivereinbarung 21 Art. 19 räumt den Parteien die Möglichkeit ein, die auf das Verfahren anwend-
baren Regeln zu bestimmen. Allerdings schränkt die Norm die Parteiautonomie insoweit ein, als die Parteien solche Vereinbarungen nur innerhalb des durch die ICC-SchO gezogenen Rahmens treffen können. Sehen Parteivereinbarungen etwas Anderes vor, macht dies die Parteivereinbarung nicht unwirksam, aber es liegt ggf. kein ICC-Schiedsverfahren mehr vor und die ICC wird sich weigern, das Verfahren zu administrieren (vgl. Art. 6 Rz. 17 ff.).
22 Nachdem der erste Schiedsrichter ernannt bzw. bestätigt ist, können die Parteien
die Verfahrensbestimmungen nicht mehr ohne weiteres einseitig verändern. Sie haben mit jedem Schiedsrichter einen Vertrag geschlossen, ein bestimmtes Schiedsverfahren nach bestimmten (d.h. im Vorfeld bekannten) Regeln zu führen (Einleitung Rz. 3, Art. 11 Rz. 73 ff.). Die Parteien können daher das Verfahrensrecht ohne Zustimmung des Schiedsgerichts nur dann noch verändern, wenn diese Änderung die Schiedsrichter nicht berührt und nicht über das hinausgeht, was die Schiedsrichter erwarten durften, als sie das Schiedsrichteramt angenommen haben. Faktisch verbleibt den Parteien damit freilich ein erheblicher Spielraum bei der Ausgestaltung des Verfahrens.
23 Umgekehrt müssen das Schiedsgericht und die Parteien darauf achten, dass be-
stehende Verfahrensregeln auch eingehalten werden. Häufig erlassen Schiedsgerichte verfahrensleitende Verfügungen „im Einvernehmen mit den Parteien“. Solche Formulierungen sind gefährlich, weil sie eine Parteivereinbarung suggerieren: Liegt nämlich eine Parteivereinbarung vor, die durch die verfahrensleitende Verfügung lediglich dokumentiert wird, sind Schiedsgericht und Parteien 330
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Verfahrenssprache | Art. 20 ICC-SchO
daran gebunden. Ohne Zustimmung aller Beteiligten darf das Schiedsgericht dann nicht mehr davon abweichen (vgl. OLG Frankfurt/M. v. 17.2.2011 – 26 Sch 13/10, SchiedsVZ 2013, 49; der BGH hat die Rechtsbeschwerde gegen diesen Beschluss als unzulässig verworfen, BGH v. 2.10.2012 – III ZB 8/11). Das Schiedsgericht sollte klarstellen, dass es die verfahrensleitende Verfügung „nach Anhörung der Parteien“ erlässt. Dabei sollte das Schiedsgericht mit entsprechenden Formulierungen nicht versuchen, das tatsächliche Geschehen zu verändern. Aber es sollte eben keine Einigung dokumentieren, die es so nicht gab. Um Unklarheiten zu verhindern, sollte das Schiedsgericht von vornherein klarstellen, dass es um eine Anhörung geht, nicht um eine Vereinbarung mit den Parteien.
Artikel 20 Verfahrenssprache Fehlt eine Parteivereinbarung, bestimmt das Schiedsgericht die Verfahrenssprache(n) unter Berücksichtigung aller Umstände, einschließlich der Sprache des Vertrags. Article 20: Language of the Arbitration In the absence of an agreement by the parties, the arbitral tribunal shall determine the language or languages of the arbitration, due regard being given to all relevant circumstances, including the language of the contract. Regelungsschwerpunkte: Freie Wählbarkeit der Verfahrenssprache durch die Parteien. → Rz. 11. Bei fehlender Parteivereinbarung Bestimmung durch das Schiedsgericht. → Rz. 15 Kostenaspekte: Kosten für Übersetzungen und Dolmetscher sind als Kosten des Schiedsverfahrens erstattungsfähig. → Rz. 21. Die Vereinbarung mehrerer Verfahrenssprachen kann zu einer nicht unerheblichen Kostensteigerung für Übersetzungen und Dolmetscher führen. → Rz. 13 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Verhältnis zu § 1045 ZPO . . . . . C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften D. Reichweite der Verfahrenssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Parteivereinbarung . . . . . . . . . .
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F. Bestimmung durch das Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Angaben zur Verfahrenssprache zu Beginn des Verfahrens . . . . . H. Rechtsfolgen bei Missachtung der Verfahrenssprache . . . . . . . I. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
_ _ __ 15 18 19 21
Literatur: Castineira/Petsche, La langue de l’arbitrage: réflexions sur le choix des arbitres et l’efficacité procedural, ICC International Court of Arbitration Bulletin, Vol. 17 (2006), No. 1, 34 ff.; Jäger/Zavodsky, Verfahrenssprache im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2019, 175 ff.; Karrer, Gibt es bei (internationalen) Schiedsverfahren eine besondere Streitkultur?, IWRZ 2015, 9 ff.; Trittmann, Englischsprachige Schiedsverfahren in Deutschland – Realität, AnwBl. 2012, 35 ff.; Ulmer, Language, Truth, and Arbitral Accuracy, Journal of International Arbitration Vol. 28 Issue 4 (2011), S. 295 ff.
Haller und von Levetzow
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Art. 20 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht A. Normzweck 1 Art. 20 regelt zunächst den Grundsatz, dass die Parteien die Verfahrenssprache
durch Vereinbarung frei wählen können. Diese Gestaltungsfreiheit der Parteien ist wesentlicher Vorteil gegenüber staatlichen Verfahren, die grds. nur in der jeweiligen Amtssprache geführt werden können (Rz. 6), und von besonderer Bedeutung in internationalen Schiedsverfahren mit Beteiligten aus unterschiedlichen Sprachräumen. Für den Fall, dass die Parteien weder in der Schiedsvereinbarung noch im Nachhinein eine entsprechende Wahl getroffen haben, muss das Schiedsgericht die Verfahrenssprache bestimmen.
2 Die Verfahrenssprache gilt für alle verfahrensbezogenen Handlungen der Par-
teien und des Schiedsgerichts, soweit nicht etwas anderes vorgesehen ist. Nimmt das Schiedsgericht in einer anderen als der vereinbarten Verfahrenssprache Prozesshandlungen vor, kann darin ein Aufhebungsgrund nach § 1059 Abs. 2, Nr. 1 Buchst. d ZPO liegen, wenn dieser Verfahrensfehler rechtzeitig gerügt wurde (vgl. Art. 40). Art. 20 trägt damit zur Rechtssicherheit bei, vor allem im Hinblick auf die Vollstreckbarkeit eines Schiedsspruchs. So wurde etwa bei Anwendung der vereinbarten Verfahrenssprache ein ordre public-Verstoß verneint, selbst wenn eine Verfahrenspartei die Sprache nicht beherrscht (BayObLG v. 9.11. 2004 – 4 Sch 17/04, http://www.disarb.org).
3 Dennoch sind durchaus Ausnahmen von der Verfahrenssprache möglich, wie
etwa die Zulassung von schriftlichen Beweismitteln in der Originalsprache, z.B. bei umfangreichen technischen Dokumenten oder Rechnungen, deren Übersetzung sehr aufwändig wäre. Soweit solche Dokumente vor Entstehung des Streits von der anderen Partei offenkundig verstanden oder gar ausgestellt wurden, kann das Schiedsgericht zu der Entscheidung kommen, dass die Dokumente im Original vorgelegt werden können und nur insoweit übersetzt werden müssen, als ihr Inhalt umstritten ist.
4 Die offiziellen Sprachen des Gerichtshofes sind Englisch und Französisch.
Gleichwohl können sich Parteien in jeder Verfahrenssprache an den Gerichtshof wenden. Das Sekretariat korrespondiert neben Englisch und Französisch auch in Deutsch und Spanisch.
B. Verhältnis zu § 1045 ZPO 5 Der Wortlaut von Art 20 weicht durch seine stark gestraffte Formulierung
sprachlich von § 1045 ZPO ab. Der Regelungsgehalt der beiden Normen ist jedoch im Wesentlichen gleich. Im Gegensatz zu § 1045 ZPO hebt Art. 20 lediglich in seinem letzten Halbsatz ausdrücklich hervor, dass zu den vom Schiedsgericht zu berücksichtigen Umständen auch die Frage des Vertrages gehört. Soweit eine ausdrückliche Regelung zu schriftlichen Beweismitteln, wie sie in § 1045 Abs. 2 ZPO vorgesehen ist, in Art. 20 fehlt, gelten die gleichen Grundsätze auch in ICC-Schiedsverfahren. 332
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Verfahrenssprache | Art. 20 ICC-SchO
C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im Verfahren vor deutschen staatlichen Gerichten ist gemäß § 184 GVG die Ge- 6 richtssprache deutsch. Anders als im Schiedsverfahren ist diese Anordnung grds. zwingend und unterliegt nicht der Disposition der Parteien oder des Gerichts. Soweit Beteiligte der deutschen Sprache nicht mächtig sind, ordnet § 185 Abs. 1 GVG die Hinzuziehung eines Dolmetschers an. Abweichend hiervon kann nach § 185 Abs. 2 GVG im Einzelfall auch in einer fremden Sprache mündlich verhandelt werden, wenn alle beteiligten Personen der fremden Sprache mächtig sind. Hingegen sind sämtliche Schriftsätze, Entscheidungen des Gerichts und das Protokoll in deutscher Sprache abzufassen. Deutsch ist auch Verfahrenssprache in einem Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahren vor deutschen Gerichten. Auf der Grundlage von § 185 Abs. 2 GVG bieten einige Landgerichte, z.B. 7 Frankfurt am Main, Berlin, Bonn, Hamburg, Stuttgart und Mannheim die Möglichkeit an, vor eigens eingerichteten Kammern für internationale Handelssachen mündliche Verhandlungen in englischer Sprache durchzuführen. Solche Bestrebungen, die Verhandlung in englischer Sprache zuzulassen, werden teilweise für unzulässig erachtet, weil es den Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 GVG) verletze, wenn Zuhörer der mündlichen Verhandlung nicht mehr folgen können. Zu beachten ist, dass es auch in diesen Verfahren bei dem Grundsatz bleibt, dass Schriftsätze, Entscheidungen des Gerichts und das Protokoll in deutscher Sprache abzufassen sind. Für eine vollständige Durchführung eines Rechtsstreits in englischer Sprache 8 vor deutschen Gerichten bedarf es einer Änderung von § 184 GVG. Einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Einrichtung von Kammern für internationale Handelssachen bei den Landgerichten, in denen Rechtstreitigkeiten vollumfänglich in englischer Sprache geführt werden können, hat der Bundesrat dem Bundestag mehrfach vorgelegt (zuletzt BR-Drs. 219/21; BT-Drs. 19/30745). Die Entwürfe sind mit dem Ablauf der 19. Legislaturperiode der Diskontinuität anheim gefallen.
D. Reichweite der Verfahrenssprache Die von den Parteien vereinbarte oder vom Schiedsgericht bestimmte Verfah- 9 renssprache ist grds. für alle Verfahrenshandlungen der Parteien und des Schiedsgerichts im Schiedsverfahren maßgeblich. Ausgenommen sind damit materiellrechtliche Willenserklärungen, die nicht zugleich prozessuale Erklärungen sind (wie es etwa die Prozessaufrechnung ist), sowie die außergerichtliche Kommunikation der Parteien untereinander (etwa zur Herbeiführung eines außergerichtlichen Vergleichs), die interne Beratung des Schiedsgerichts und Schriftsätze in staatlichen Verfahren mit Bezug zu einem Schiedsverfahren wie dem Vollstrevon Levetzow
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Art. 20 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht ckungserklärungs- oder Aufrechnungsverfahren. Schlussendlich ist auch das Sekretariat nicht an die Verfahrenssprache gebunden und kann mit den Parteien und dem Schiedsgericht auch in anderen Sprachen korrespondieren. 10 Ergibt sich aus einer Vereinbarung oder Bestimmung der Verfahrenssprache
nichts anderes, ist auch die Beweisaufnahme in der festgelegten Verfahrenssprache durchzuführen. Zeugen müssen nicht in der Verfahrenssprache aussagen, wenn sie dieser nicht in ausreichender Weise mächtig sind. Das Schiedsgericht kann in diesem Fall einen Dolmetscher hinzuziehen. Die dadurch entstehenden Dolmetscherkosten sollten bei der Wahl der Verfahrenssprache berücksichtigt werden. Schriftliche Beweismittel, die in einer anderen Sprache als der Verfahrenssprache verfasst sind, können grds. im Original vorgelegt werden, weil es bei ihnen maßgeblich auf ihre Authentizität und Originalität ankommt. Allerdings kann das Schiedsgericht gemäß Art. 19 anordnen, dass sie mit einer Übersetzung in der Verfahrenssprache vorzulegen sind. Außerdem kann es ggf. selbst eine Übersetzung veranlassen. Eine Verpflichtung des Schiedsgerichts hierzu besteht jedoch nicht, insb. wenn es in der Lage ist, das schriftliche Beweismittel ohne Übersetzung zu verstehen. Wegen des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs kann es jedoch erforderlich sein, dass für eine oder mehrere Parteien Übersetzungen von schriftlichen Beweismitteln vorgelegt werden. Soweit Streit zwischen den Parteien darüber entsteht, ob Originaldokumente in die Verfahrenssprache zu übersetzen sind, steht die Entscheidung im Ermessen des Schiedsgerichtes. Soweit die andere Partei solche Dokumente vor Entstehung des Streits offenkundig verstanden hat oder sie gar von der anderen Partei stammen, kann das Schiedsgericht zu der Entscheidung kommen, dass die Dokumente nur insoweit übersetzt werden müssen, als ihr Inhalt umstritten ist (s. Rz. 3). Um derartige Auseinandersetzungen im Schiedsverfahren zu vermeiden, bietet sich eine Regelung in der Schiedsklausel oder zu Beginn des Schiedsverfahrens an, dass Originaldokumente keiner Übersetzung in die Verfahrenssprache bedürfen.
E. Parteivereinbarung 11 Art. 20 eröffnet den Parteien die freie Wahl der Verfahrenssprache durch Verein-
barung. Form und Zeitpunkt der Vereinbarung sind offen. Die Parteien können die Vereinbarung mündlich oder schriftlich, bereits in der Schiedsvereinbarung, erst später vor Beginn des Schiedsverfahrens oder auch noch währenddessen treffen. Regelmäßig ist es zweckmäßig, eine Wahl bereits in der Schiedsvereinbarung zu treffen. So können die Parteien sicherstellen, dass sowohl die von ihnen ausgewählten Verfahrensbevollmächtigten als auch die von ihnen benannten Schiedsrichter die Verfahrenssprache beherrschen. Gleichzeitig wird eine Auseinandersetzung über die anzuwendende Sprache zu Beginn des Verfahrens vermieden und so die zügige Durchführung des Verfahrens erleichtert. Soweit sich die Parteien erst im Nachhinein auf eine Verfahrenssprache einigen können oder eine von der Schiedsklausel abweichende Verfahrenssprache vereinbaren wollen, ist zu bedenken, dass bereits ernannte oder bestätige Schiedsrichter, falls sie nicht
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Verfahrenssprache | Art. 20 ICC-SchO
über ausreichende Kenntnisse der neu gewählten Sprache verfügen, von ihrem Schiedsrichteramt zurücktreten und den Schiedsrichtervertrag kündigen können. Um zu vermeiden, dass das Schiedsgericht infolge der Wahl einer neuen Verfahrenssprache während des laufenden Schiedsverfahrens ganz oder teilweise neu konstituiert werden muss, empfiehlt es sich daher, vor einer solchen Wahl sicherzustellen, dass das Schiedsgericht mit der abweichenden Wahl einverstanden ist. Grundsätzlich bestehen keine Beschränkungen bei der Wahl der Verfahrens- 12 sprache. So sind die Parteien etwa frei darin, die Vertragssprache, die Sprache ihrer bisherigen Kommunikation, ihre Muttersprache oder die Amtssprache am Schiedsort zu vereinbaren. Der Wortlaut des Art. 20 erlaubt den Parteien auch mehrere Verfahrenssprachen zu wählen, die sich auch nur auf einzelne Teile oder Aspekte des Verfahrens beziehen können. Bei der Wahl der Verfahrenssprache haben die Parteien i.d.R. auch prozesstak- 13 tische Überlegungen sowie ein effizientes und kostengünstiges Verfahren im Sinn. Die Verfahrenssprache beeinflusst insb. die Wahl der Verfahrensbevollmächtigten und der in Betracht kommenden Schiedsrichter. Auch die Frage, ob Übersetzungen für schriftliche Beweismittel oder Dolmetscher erforderlich sind und ob die Parteien in der Lage sind, ohne Übersetzer dem Verfahren zu folgen, hängt von der Wahl der Verfahrenssprache ab. Sollen mehrere Sprachen als generelle Verfahrenssprachen vereinbart werden, ist vorab genau zu prüfen, wie sich dies auf die Kosten und Dauer des Schiedsverfahrens auswirkt. So ist zu beachten, dass die Mitglieder des Schiedsgerichts alle Verfahrenssprachen zumindest verstehen und idealerweise auch sprechen können müssen. Eine exotische Sprachkombination kann es unmöglich machen oder jedenfalls erheblich erschweren und verteuern, geeignete Schiedsrichter für das Verfahren zu finden. Dadurch kann sich die Konstituierung des Schiedsgerichtes sowie auch das weitere Verfahren verzögern. Sofern mehrere Verfahrenssprachen festgelegt werden, ist es daher ratsam, genau zu regeln, für welche Verfahrenshandlungen die verschiedenen Sprachen jeweils im Einzelnen gelten (Schriftsätze der Parteien, mündliche und schriftliche Äußerungen des Gerichts, den Schiedsspruch, Beweismittel und Beweisaufnahme, mündliche Verhandlung). So lassen sich Missverständnisse und Unklarheiten über das Verhältnis der Verfahrenssprachen zueinander (alternativ/kumulativ) vermeiden. Im Einzelfall kann es z.B. sinnvoll sein, nur für die Vorlage schriftlicher Beweismittel oder anderer schriftlicher Unterlagen eine andere Sprache als die Verfahrenssprache zu vereinbaren, um unnötige Übersetzungen zu vermeiden und so das Schiedsverfahren effizient und kostengünstig zu gestalten. In taktischer Hinsicht kann es auch hilfreich sein, wenn Zeugen (auch ohne Dolmetscher) in ihrer Muttersprache aussagen können. Im Regelfall sollten die Schiedsrichter die Verfahrenssprache beherrschen. In 14 Ausnahmefällen kann es indes unvermeidlich sein, einen Schiedsrichter zu ernennen, der die Verfahrenssprache nicht beherrscht. Das kann insb. dann vorkommen, wenn die Parteien sich auf ihre „exotische“ Heimatsprache geeinigt haben (die nur in diesem Land gesprochen wird) und sich dann eine Partei dagegen ausspricht, dass der Schiedsrichter die Staatsangehörigkeit dieses Landes von Levetzow
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Art. 20 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht besitzen darf (vgl. Art. 13 Abs. 5). So kann in seltenen Fällen die Situation entstehen, dass der Gerichtshof einen Schiedsrichter ernennen muss, der die Verfahrenssprache nicht beherrscht. Grundsätzlich kann sich das Schiedsgericht in einer solchen Situation mit Übersetzungen und Dolmetschern behelfen, was insb. dann vertretbar sein wird, wenn die Parteien damit einverstanden sind oder wenn zumindest eine der Parteien (meist der Schiedskläger) die Kosten für Übersetzer/Dolmetscher vorerst verauslagt. Dies betrifft auch die Übersetzung des Schiedsspruchs, der in der Verfahrenssprache ergehen muss. Da diese Aspekte durchaus heikel sind, können in solchen Konstellationen legitime Bedenken entstehen, etwa wenn der Schiedsrichter die Übersetzung des Schiedsspruches in keiner Weise überprüfen kann, weil er die Verfahrenssprache nicht beherrscht. Vor diesem Hintergrund ernennt und bestätigt der Gerichtshof i.d.R. nur Schiedsrichter, welche die Verfahrenssprache beherrschen, wenn dem keine derartigen besonderen Gründe entgegenstehen. Ist das Schiedsverfahren nach der Vereinbarung der Parteien zweisprachig zu führen, besteht der Gerichtshof bei der Bestätigung von Schiedsrichtern hingegen i.d.R. nicht darauf, dass jeder Schiedsrichter beide Verfahrenssprachen beherrscht.
F. Bestimmung durch das Schiedsgericht 15 Fehlt eine Vereinbarung der Verfahrenssprache in der Schiedsvereinbarung und
kommt eine spätere Vereinbarung zwischen den Parteien nicht zustande, muss das Schiedsgericht die Verfahrenssprache bestimmen. Das Schiedsgericht kann auch mehrere Verfahrenssprachen bestimmen (s. Rz. 12, 13).
16 Für die Bestimmung der Verfahrenssprache durch das Schiedsgericht sieht
Art. 20 keine besondere Form vor. Auch enthält Art. 20 keine besonderen Verfahrensvoraussetzungen für die Bestimmung der Verfahrenssprache durch das Schiedsgericht. Das Schiedsgericht hat jedoch bei der Bestimmung den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, der Gleichbehandlung und des fairen Verfahrens zu berücksichtigen. Daher sollte das Schiedsgericht über die Verfahrenssprache in der ersten Verfahrensverfügung entscheiden (noch bevor es sich der Erstellung des Schiedsauftrags, der spezifischen Verfahrensregeln und des Verfahrenskalenders zuwendet) und die Parteien zu Stellungnahmen zur Verfahrenssprache einladen, bevor es über die Verfahrenssprache entscheidet. Da vor der Bestimmung die Verfahrenssprache noch nicht klar ist, sollte das Schiedsgericht mit den Parteien vorsorglich regelmäßig zwei- oder mehrsprachig korrespondieren und zwar in den jeweils in Frage kommenden Verfahrenssprachen bzw. in Sprachen, die beide Parteien verstehen.
17 Als Anhaltspunkte für die Bestimmung der Verfahrenssprache durch das Schieds-
gericht nennt Art. 20 alle Umstände, einschließlich der Sprache des Vertrags. Zu den berücksichtigenswerten Umständen gehört neben der Vertragssprache insb. die Sprache, in der die Parteien verhandelt und außergerichtlich kommuniziert haben (von Schlabrendorff in Salger/Trittmann, § 2 Rz. 166). Als weitere Aspekte können die Mutter- bzw. Landessprachen der Parteien und die Amtssprache am 336
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Verfahrenssprache | Art. 20 ICC-SchO
Schiedsort herangezogen werden. Die Grundsätze des fairen Verfahrens und des rechtlichen Gehörs sind nicht schon dann verletzt, wenn eine Partei der Verhandlung nur mit einem Dolmetscher folgen kann. Der Anspruch auf ein faires Verfahren und auf Gewährung rechtlichen Gehörs reicht regelmäßig nicht so weit, dass er das Schiedsgericht verpflichten würde, jeder Partei die Möglichkeit zur Verhandlung in ihrer Muttersprache bzw. einer anderen Sprache, welche die Partei beherrscht, einzuräumen. Das Gleiche gilt auch für die Einreichung von Schriftsätzen. Die Parteien müssen nötigenfalls die Kosten einer Übersetzung auf sich nehmen.
G. Angaben zur Verfahrenssprache zu Beginn des Verfahrens Die Schiedsklage und weitere Schriftsätze müssen ggf. in der dafür vereinbarten 18 Verfahrenssprache abgefasst werden und Angaben zur Verfahrenssprache enthalten (Art. 4.3 h). Fehlt es bei Verfahrenseinleitung noch an einer Vereinbarung, muss der Schiedskläger entscheiden, in welcher Sprache er die Schiedsklage verfasst. Empfehlenswert ist in dieser Situation meist, eine sachgerechte Sprache zu wählen, etwa die Sprache der Vorkorrespondenz oder des Vertrags, aus dem sich die Schiedsklausel ergibt, und diese Wahl zu begründen. Diese Wahl wird i.d.R. dem Vorschlag gemäß Art. 4.3 h entsprechen oder vom Schiedsgericht als ein solcher Vorschlag gewertet. Setzt das Schiedsgericht anschließend eine andere Verfahrenssprache fest, wird es regelmäßig anordnen, dass die bisher eingebrachten Schriftsätze erneut in der Verfahrenssprache eingereicht werden müssen.
H. Rechtsfolgen bei Missachtung der Verfahrenssprache Verfahrenshandlungen einer Partei in einer anderen Sprache als der vereinbarten 19 oder bestimmten Verfahrenssprache kann das Schiedsgericht (zunächst) unberücksichtigt lassen. Es ist umstritten, ob das Schiedsgericht der Partei eine Frist setzen sollte für die Beibringung der Verfahrenshandlung in der Verfahrenssprache und, soweit die Verfahrenshandlung fristgebunden war, für etwaiges Vorbringen zu den Gründen für eine Säumnis (MüKo/Münch, § 1045 ZPO Rz. 15). Die Parteien sollten sich daher nicht auf eine solche Möglichkeit zur Stellungnahme verlassen, sondern sich in jedem Fall an die vereinbarte oder bestimmte Verfahrenssprache halten. Dies kann streitentscheidend sein, etwa wenn die Schiedsklage zur Verjährungshemmung eingereicht wurde. Über die Konsequenzen der Einreichung der Schiedsklage in der falschen Sprache entscheidet das Schiedsgericht nach Anhörung der anderen Partei auf der Basis des anwendbaren Rechts. Nimmt das Schiedsgericht Verfahrenshandlungen in einer anderen Sprache als 20 der Verfahrenssprache vor, kann hierin ein Aufhebungsgrund nach § 1059 Abs. 2 Ziff. 1 Buchst. d ZPO liegen. Gemäß § 1027 ZPO i.V.m. Art. 40 ist hierfür eine Rüge unverzüglich nach Kenntnis des Mangels erforderlich, da anderenfalls von Levetzow
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Art. 21 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht ein Verlust des Rügerechts eintritt (str., s. Jäger/Zavodsky, SchiedsVZ 2019, 175 [180]).
I. Kosten 21 Kosten für vom Schiedsgericht angeordnete Übersetzungen und Dolmetscher gel-
ten als Teil der Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens, soweit nicht andere Regelungen getroffen worden sind. Auch Kosten für von den Parteien veranlasste Übersetzungen in die Verfahrenssprache sind regelmäßig erstattungsfähig. Auch in den Ausnahmefällen, in denen der Schiedsrichter die Verfahrenssprache nicht beherrscht, kommt es in der Praxis regelmäßig vor, dass Übersetzungen in die Sprache, die der Schiedsrichter versteht, zu den Verfahrenskosten gezählt werden, obwohl es sich dabei nicht um Übersetzungen in die Verfahrenssprache handelt. Diese sind jedoch für die Durchführung des Verfahrens notwendig.
22 Kosten für Übersetzungen in andere Sprachen als die Verfahrenssprache muss
die jeweilige Partei i.d.R. selbst tragen.
Artikel 21 Bei der Sachentscheidung anwendbare Rechtsregeln (1) Die Parteien können die Rechtsregeln, die das Schiedsgericht bei der Entscheidung in der Sache über die Streitigkeit anwenden soll, frei vereinbaren. Fehlt eine solche Vereinbarung, so wendet das Schiedsgericht diejenigen Rechtsregeln an, die es für geeignet erachtet. (2) Das Schiedsgericht berücksichtigt die Bestimmungen des zwischen den Parteien etwaig bestehenden Vertrages und etwaiger einschlägiger Handelsbräuche. (3) Das Schiedsgericht entscheidet nur dann als amiable compositeur oder ex aequo et bono, wenn die Parteien es dazu ermächtigt haben. Article 21: Applicable Rules of Law (1) The parties shall be free to agree upon the rules of law to be applied by the arbitral tribunal to the merits of the dispute. In the absence of any such agreement, the arbitral tribunal shall apply the rules of law which it determines to be appropriate. (2) The arbitral tribunal shall take account of the provisions of the contract, if any, between the parties and of any relevant trade usages. (3) The arbitral tribunal shall assume the powers of an amiable compositeur or decide ex aequo et bono only if the parties have agreed to give it such powers. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1–3 ICC-Schiedsgerichte fällen ebenso wie staatliche Gerichte grds. eine Rechtsentscheidung, bei der sie primär die Rechtsregeln anwenden, die die Parteien gewählt haben. Fehlt es an einer Rechtswahl, bestimmen ICC-Schiedsgerichte
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| von Levetzow und Schmidt-Ahrendts
Bei der Sachentscheidung anwendbare Rechtsregeln | Art. 21 ICC-SchO das anwendbare Recht nach allgemein anerkannten objektiven Kriterien. Nach Billigkeit entscheiden sie nur in seltenen Fällen und nur auf den ausdrücklichen Wunsch der Parteien hin. Kostenaspekte: Abs. 1–3 Eine klare Regelung der anwendbaren Rechtsregeln durch die Parteien dient der Rechtsicherheit und vermeidet unnötige Kosten. → Rz. 70 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Verhältnis zu § 1051 ZPO . . . . C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . D. Einzelerläuterungen . . . . . . I. Anwendbares Sachrecht . . . . 1. Subjektive Anknüpfung (Abs. 1 Satz 1) – Inhalt der Parteiautonomie . . . . . . . . . . 2. Rechtswahl (Abs. 1 Satz 1) – Grenzen der Parteiautonomie 3. Fehlen einer Rechtswahl (Abs. 1 Satz 2) . . . . . . . . . . .
.. .. .. .. ..
__ ___ _ _ _ 1 5
7
12 12 12 25
4. Vertragsbestimmungen und Handelsbräuche (Abs. 2) . . . . 5. Entscheidung nach Billigkeit (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . II. Form der Entscheidung über das anwendbare Sachrecht . . . III. Ermittlung des Inhalts des anwendbaren Sachrechts . . . . IV. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . V. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . .
.. .. .. .. .. ..
E. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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_ _ _ _ __ _ 40 47 54 61 66 70 73
Literatur: Audit, Choice of the Applicable Law by the Parties, Dossier of the ICC Institute of World Business Law (2014), S. 10 ff.; Babić, Rome I Regulation: binding authority for arbitral tribunals in the European Union?, Journal of Private International Law, Vol. 13 No. 1 (2017), S. 71 ff.; Bernardini, International Arbitration and A-National Rules of Law, ICC Court Bulletin, Vol. 15 No. 2 (2004), S. 58 ff.; Czernich, Die Rom I-VO als Grundlage für die Anwendung von Eingriffsnormen durch Schiedsgerichte, RIW 2016, 701 ff.; Commandeur/Gößling, The determination of mandatory rules of law in International Arbitration – An attempt to set out criteria, SchiedsVZ 2014, 12 ff.; Derains, Choice of Law applicable to the Contract and International Arbitration, ICC Court Bulletin, Vol. 6 No. 2 (1995), S. 10 ff.; De Ly/Friedman/Radicati di Brozolo, Introduction to the International Law Association International Commercial Arbitration Committee’s Report and Recommendations on “Ascertaining the Contents of the Applicable Law in International Commercial Arbitration”, Arbitration International, Vol. 26 Issue 2 (2010), S. 191 f.; De Ly/ Friedman/Radicati di Brozolo, International Law Association International Commercial Arbitration Committee’s Report and Recommendations on „Ascertaining the Contents of the Applicable Law in International Commercial Arbitration” Report for the Biennial Conference in Rio de Janeiro, August 2008. Filip De Ly, Chairman. Mark W. Friedman and Luca G. Radicati di Brozolo, Rapporteurs, Arbitration International, Vol. 26 Issue 2 (2010), S. 193 ff.; Elsing, Die ex officio Anwendung drittstaatlicher Eingriffsnormen, in FS Mailänder (2006), S. 87 ff.; Hilgard/Bruder, Unauthorised Amiable Compositeur?, Dispute Resolution International, Vol. 8 No. 1 (2014), S. 51 ff.; Jolivet, La jurisprudence arbitrale de la CCI et la lex mercatoria, Gazette du Palais (2001), S. 563; Junker, Deutsche Schiedsgerichte und Internationales Privatrecht, in FS Sandrock (2000), S. 443 ff.; Kiffer, Amiable Composition and ICC-Arbitration, ICC-Court Bulletin, Vol. 18 No. 1 (2007), S. 51 ff.; Klasen, Inhalt und Reichweite der Kollisionsnorm in § 1051 Abs. 1 und 2 ZPO, KSzW 2013, 181 ff.; Knuts, Jura Novit Curia and the Right to Be Heard – An Analysis of Recent Case
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Art. 21 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Law, Arbitration International, Vol. 28 No 4 (2012), S. 669 ff.; Kondring, § 1051 Abs. 1 ZPO und die Abwahl einfach zwingenden Rechts bei Binnensachverhalten, ZIP 2017, 706 ff.; Lörcher/Bauerschmidt, Gilt der Grundsatz iura novit curia in internationalen Schiedsverfahren?, in FS Elsing (2015), S. 317 f.; Mankowski, § 1051 ZPO und die europäischen IPR-Verordnungen, in FS Schütze (2015), S. 369 ff.; Mankowski, Rom I-VO und Schiedsverfahren, RIW 2011, 30 ff.; Mankowski, Schiedsgerichte und die Rom I-VO, RIW 2018, 1 ff.; Marrella, The New (Rome I) European Regulation on the Law Applicable to Contractual Obligations: What has Changed?, ICC Court Bulletin, Vol. 19 No. 1 (2008), S. 87 ff.; McGuire, Grenzen der Rechtswahlfreiheit im Schiedsverfahrensrecht? Über das Verhältnis zwischen der Rom-I-VO und § 1051 ZPO, SchiedsVZ 2011, 257 ff.; Mourre, Application of the Vienna International Sales Convention in Arbitration, ICC Court Bulletin, Vol. 17 No. 1 (2006), S. 43 ff.; Nueber, Nochmals: Schiedsgerichtsbarkeit ist vom Anwendungsbereich der Rom I-VO nicht erfasst, SchiedsVZ 2014, 186 ff.; Pauker, Substance and procedure in international arbitration, Arbitration International, Vol. 36 Issue 1 (2020), S. 3 ff.; Ostendorf, Wirksame Wahl ausländischen Rechts auch bei fehlendem Auslandsbezug im Fall einer Schiedsgerichtsvereinbarung und ausländischem Schiedsort?, SchiedsVZ 2010, 234 ff.; Pfeiffer, Die Abwahl des deutschen AGB-Rechts in Inlandsfällen bei Vereinbarung eines Schiedsverfahrens, NJW 2012, 1169 f.; Pörnbacher/Baur, Rechtswahl und ihre Grenzen in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, in FS Schütze (2015), S. 431 ff.; Risse/Höfling, Schadensschätzung durch Schiedsgerichte, SchiedsVZ 2020, 73 ff.; Schack, Sonderkollisionsrecht für private Schiedsgerichte?, in FS Elsing (2015), S. 511 ff.; Schilf, Römische IPR-Verordnungen – kein Korsett für internationale Schiedsgerichte, RIW 2013, 678 ff.; Schmidt-Ahrendts/Höttler, Anwendbares Recht bei Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland, SchiedsVZ 2011, 267 ff.; Solomon, Das vom Schiedsgericht in der Sache anzuwendende Recht nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts, RIW 1997, 981 ff.; Stauder, Die Billigkeitsentscheidung in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit – Rechtliche und tatsächliche Probleme des § 1051 Abs. 3 ZPO, SchiedsVZ 2014, 287 ff.; Truong, The Law Applicable to the Merits in International Distribution Contracts: An Analysis of ICC Arbitral Awards, ICC Court Bulletin, Vol. 12 No. 1 (2001), S. 37 ff.; Trittmann, Das Zusammenspiel von Prozessrecht und materiellem Recht im internationalen Schiedsverfahren, in Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Main (Hrsg.), 100 Jahre Rechtswissenschaft in Frankfurt, 2014, S. 605 ff.; Valdini, Gesetzesreform durch die Hintertür? Die Abwahl zwingenden Rechts durch Schiedsabreden bei Inlandssachverhalten, ZIP 2017, 7 ff.; Weber/Martinez, Good Faith in International Arbitration: Comparative Approaches in ICC Awards, ICC Dispute Resolution Bulletin, No. 2 (2020), S. 112 ff.; Wegen/Asbrand, Nichtstaatliches Recht als Gegenstand einer Rechtswahlklausel?, RIW 2016, 557 ff.; Wolff, Empfiehlt sich eine Reform des deutschen Schiedsverfahrensrechts?, SchiedsVZ 2016, 293 ff.
A. Normzweck 1 Art. 21 ist eine Kollisionsregel. Sie bestimmt, nach welchem Sachrecht der
Rechtsstreit der Parteien durch das Schiedsgericht zu entscheiden ist. Adressat der Vorschrift ist somit primär das Schiedsgericht. Die Vorschrift richtet sich jedoch auch an die Parteien, da sie bestimmt, an welchen Normen ihr Verhalten im Streitfall gemessen werden wird.
2 Trotz aller Bemühungen der Rechtsvereinheitlichung durch völkerrechtliche
Verträge, supranationales Recht (insb. EU-Recht), Einheitsrecht (wie z.B. das 340
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Bei der Sachentscheidung anwendbare Rechtsregeln | Art. 21 ICC-SchO
UN-Kaufrecht) oder transnationale Rechtsgrundsätze (wie z.B. die PICC) unterscheiden sich nationale Sachrechte nach wie vor in vielerlei Hinsicht. Die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts durch das Schiedsgericht ist daher oft mitentscheidend für den Ausgang eines ICC-Schiedsverfahrens. Art. 21 enthält in drei Absätzen vier zentrale Regelungen. Abs. 1 Satz 1 ermög- 3 licht es den Parteien, selbst zu bestimmen, nach welchem Sachrecht ihr Rechtsstreit entschieden werden soll. Art. 21 Abs. 1 Satz 2 regelt, welches Sachrecht das Schiedsgericht anzuwenden hat, sollten die Parteien keine (wirksame) Rechtswahl getroffen haben. Art. 21 Abs. 3 regelt die Voraussetzung einer Billigkeitsentscheidung durch das Schiedsgericht. In jedem der genannten Fälle berücksichtigt das Schiedsgericht die Bestimmungen des zwischen den Parteien etwaig bestehenden Vertrages und etwaiger einschlägiger Handelsbräuche (Abs. 2). Art. 21 dient der Vorhersehbarkeit der jeweiligen Entscheidung eines Schieds- 4 gerichts und somit der Rechtsicherheit. Abs. 1 und Abs. 3 stärken hierbei in besonderem Maße die Privatautonomie der Parteien. Art. 21 ermöglicht es den Parteien schließlich auch, sich gezielt auf einen etwaigen Rechtstreit vorzubereiten bzw. diesem vorzubeugen. Die Regelung dient somit auch der Vermeidung unnötiger Kosten. Diese entstehen nicht zuletzt dann, wenn sich die Parteien aufgrund einer unklaren Regelung gezwungen sehen, im Schiedsverfahren zu verschiedenen möglicherweise anwendbaren Sachrechten vorzutragen bzw. wenn ein Schiedsgericht über die oft komplexe Frage des anwendbaren Sachrechts entscheiden muss.
B. Verhältnis zu § 1051 ZPO Die Parallelnorm des deutschen nationalen Schiedsverfahrensrechts zu Art. 21 5 ist § 1051 ZPO (zur Frage, ob Schiedsgerichte mit Sitz in Deutschland daneben die VO [EG] Nr. 593/2008 [„Rom I-VO“] und die VO [EG] Nr. 864/2007 [„Rom II-VO“] anzuwenden haben, s. Rz. 7 ff.). § 1051 ZPO hat für die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts im Rahmen eines ICC-Schiedsverfahrens jedoch keine praktische Bedeutung. Hierbei kann offen bleiben, ob § 1051 ZPO dispositives oder (teilweise) zwin- 6 gendes Recht darstellt. Im ersten Fall wäre § 1051 ZPO vollständig durch Art. 21 als der spezielleren Vorschrift verdrängt (vgl. § 1043 Abs. 3 Alt. 2 ZPO). Im zweiten Fall bliebe § 1051 ZPO zwar grds. anwendbar, ein ICC-Schiedsgericht würde das anwendbare Sachrecht jedoch letztlich gleichwohl allein auf Basis von Art. 21 bestimmen, da § 1051 Abs. 1 Satz 1 ZPO einen Rechtsanwendungsbefehl für die von den Parteien gewählten Rechtsvorschriften enthält. Dieser bezieht sich auch auf von den Parteien gewählte kollisions- und nicht nur sachrechtliche Rechtsvorschriften. Als kollisionsrechtliche Rechtsvorschrift wäre Art. 21 daher gemäß § 1051 Abs. 1 ZPO bei Wahl der ICC-SchO allein maßgeblich für die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts. Schmidt-Ahrendts
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Art. 21 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 7 Ein staatlicher Richter bestimmt das anwendbare Sachrecht stets auf Basis seines
eigenen nationalen Kollisionsrechts; der deutsche Richter auf Basis von Art. 3 ff. EGBGB sowie der Rom I-VO bzw. der Rom II-VO, zusammen: Rom-Verordnungen (vgl. zum Anwendungsbereich, Marrella, ICC Court Bulletin, Vol. 19 No. 1 [2008], 87 [89]).
8 Die Kollisionsregeln des EGBGB bzw. der Rom-Verordnungen stimmen nur im
Ansatz mit jenen des Art. 21 überein. So findet sowohl gemäß Art. 21 als auch gemäß den Kollisionsregeln des EGBGB bzw. der Rom-Verordnungen primär das von den Parteien gewählte Sachrecht Anwendung. Fehlt es hingegen an einer wirksamen Rechtswahl, stellt Art. 21 die Auswahl des anwendbaren Rechts weitestgehend in das Ermessen des Schiedsgerichts, während das EGBGB und die Rom-Verordnungen für diesen Fall eine Vielzahl von sehr detaillierten Einzelregelungen mit Aus- und Rückausnahmen vorsehen. Zudem setzen das EGBGB und die Rom-Verordnungen der Freiheit der Parteien zur Rechtswahl Grenzen, u.a. für den Fall des fehlenden Auslandsbezugs und im Hinblick auf bestimmte schutzwürdige Personengruppen, die Art. 21 so nicht vorsieht. Schließlich ermöglicht Art. 21 es dem Schiedsgericht, auch anationale Rechtsregeln anzuwenden; diese Möglichkeit sehen zumindest nach h.M. die Rom-Verordnungen nicht vor (vgl. zum Vergleich von § 1051 ZPO und Rom I-VO Mankowski, in FS Schütze (2015), 369 [377 ff.]; McGuire, SchiedsVZ 2011, 257 [264]; Schilf, RIW 2013, 678 m.w.N.).
9 Ob und inwiefern ein ICC- oder ein anderes institutionelles oder ad-hoc Schieds-
gericht in Verfahren mit Schiedsort in Deutschland neben § 1051 ZPO sowie der jeweiligen Regelung zum anwendbaren Recht in der einschlägigen Schiedsordnung, hier Art. 21, auch die Kollisionsregeln des EGBGB bzw. der Rom-Verordnungen beachten muss, sollte oder kann, ist nicht zuletzt mangels einer höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dieser Frage nach wie vor umstritten (vgl. zum Meinungsstreit Schmidt-Ahrendts/Höttler, SchiedsVZ 2011, 267 m.w.N.).
10 Die besseren Argumente sprechen dafür, dass Schiedsgerichte mit Sitz in
Deutschland nicht an die Kollisionsregeln des EGBGB bzw. der Rom-Verordnungen, sondern allein an § 1051 ZPO (ggf. konkretisiert durch Art. 21) gebunden sind: Erstens hat der Gesetzgeber mit § 1051 ZPO eine speziellere Norm geschaffen, die (i) keinen Vorbehalt bzgl. weiterer Kollisionsregeln vorsieht, (ii) systematisch im Normenkomplex zum Schiedsverfahrensrecht in §§ 1025 ff. ZPO und eben nicht im EGBGB angesiedelt ist und (iii) von den Regeln des EGBGB bzw. der Rom-Verordnungen abweicht. Zweitens wurde ausweislich der Materialien zur Erstellung der Rom-Verordnungen von den Verordnungsgebern nicht beabsichtigt, dass diese auch Schiedsgerichte mit Schiedsort in den Mitgliedsstaaten binden solle. Die Geltung der Rom-Verordnungen in Schiedsverfahren wurde gerade nicht erörtert und auch die Erwägungsgründe 12 und 37 sprechen nur von „Gericht(e) eines Mitgliedstaates“ und der EuGH hat (in anderen Zu342
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Bei der Sachentscheidung anwendbare Rechtsregeln | Art. 21 ICC-SchO
sammenhängen) mehrfach klargestellt, dass Schiedsgerichte nicht hierunter fallen (u.a. EuGH v. 23.3.1982 – C-102/81 Nordsee Deutsche Hochseefischerei GmbH v Reederei Mond Hochseefischerei Nordstern AG & Co. KG und Reederei Friedrich Busse Hochseefischerei Nordstern AG & Co. KG, NJW 1982, 1207 und EuGH v. 27.1.2005 – C-125/04 Guy Denuit, Betty Gordenier v Transorient – Mosaïque Voyages et Culture SA, EuZW 2005, 319). Drittens besteht auch kein Bedürfnis für eine Anwendung der Rom-Verordnungen in Schiedsverfahren. Die weiteren für die Maßgeblichkeit der Rom-Verordnungen ins Feld geführten Argumente der Förderung einer einheitlichen Entscheidungspraxis sowie der Stärkung von Eingriffsnormen und des Verbraucherschutzes überzeugen im Ergebnis nicht und die hiermit beabsichtigten rechtspolitischen Ziele können auch durch eine (freiwillige) Berücksichtigung der jeweiligen Kollisionsregen durch Schiedsgerichte erreicht werden (vgl. Mankowski, in FS Schütze (2015), 369; McGuire, SchiedsVZ 2011, 257 [264] m.w.N.; s. zum Ganzen auch Schilf, RIW 2013, 678). Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein ICC-Schiedsgericht nach der 11 hier vertretenen Auffassung nicht verpflichtet ist, die für staatliche Gerichte geltenden Kollisionsregeln des EGBGB und der Rom-Verordnungen vorrangig vor Art. 21 anzuwenden bzw. bei der Auslegung von Art. 21 zu berücksichtigen. Ein ICC-Schiedsgericht ist jedoch sehr wohl berechtigt, sich dort, wo der Wortlaut des Art. 21 ihm Ermessen einräumt, z.B. bei der Bestimmung der Rechtsregeln, die es gemäß Art. 21 Abs. 2 für geeignet erachtet, an staatlichen Kollisionsregeln und insb. an den Regeln der Rom-Verordnungen zu orientieren.
D. Einzelerläuterungen I. Anwendbares Sachrecht 1. Subjektive Anknüpfung (Abs. 1 Satz 1) – Inhalt der Parteiautonomie Art. 21 Abs. 1 Satz 1 berechtigt die Parteien, „frei“ zu „vereinbaren“, nach wel- 12 chen „Rechtsregeln“ das Schiedsgericht ihren Rechtsstreit entscheiden soll. Die Norm ist Ausfluss des Prinzips der Privatautonomie. Zeitpunkt. Eine Rechtswahl kann sowohl für künftige als auch für bereits ent- 13 standene Rechtsstreite getroffen werden. Ferner können die Parteien ihre Wahl jederzeit annullieren oder abändern. Die Vornahme, Annullierung oder Abänderung der Rechtswahl kann auch noch während eines laufenden Schiedsverfahrens erfolgen, sofern sich alle beteiligten Parteien einverstanden erklären. Eine frühe Rechtswahl bringt den Vorteil mit sich, dass die Parteien ihr Verhalten von Beginn an den durch das gewählte Recht vorgegebenen Regeln und Maßstäben anpassen und dadurch der Konfliktentstehung entgegenwirken können. Zudem wird auch die Auswahl des oder der geeigneten Schiedsrichter dadurch erleichtert, dass das anwendbare Sachrecht bereits bei Beginn des Schiedsverfahrens feststeht. Schmidt-Ahrendts
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Art. 21 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 14 Form. Ein Formzwang besteht nicht; auch insofern sind die Parteien somit
„frei“. Eine Rechtswahl kann ausdrücklich, konkludent oder stillschweigend erfolgen. Der Inhalt der Rechtswahl der Parteien ist durch Auslegung und unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls durch das Schiedsgericht zu ermitteln.
15 Schiedsort und Rechtswahl. Die Wahl eines bestimmten Schiedsorts kann,
muss aber kein Indiz für die Anwendbarkeit des dortigen Sachrechts sein (so aber Schiedsgericht Hamburger Freundschaftliche Arbitrage v. 29.12.1998 – RKS E5a Nr. 19, RIW 1999, 394).
16 Eine konkludente Rechtswahl kann auch dadurch erfolgen, dass beide Parteien
übereinstimmend zu einem eigentlich nicht anwendbaren Sachrecht vortragen. Voraussetzung ist, dass diesem Vortrag der Wille der Parteien zu entnehmen ist, sich (ausschließlich) dem in Bezug genommenen Sachrecht zu unterwerfen (vgl. ICC Case 8453 [1995] – Wahl des französischen internen Rechts und Ausschluss des UN-Kaufrechts durch ausschließlichen Rechtsvortrag beider Parteien zum internen Recht – zustimmend Mourre, ICC Court Bulletin, Vol. 17 No. 1 [2006], 43 ff.). In der Praxis ist es jedoch möglich, dass der Gerichtshof die jeweiligen Schiedsgerichte darum ersucht, die Parteien hierauf hinzuweisen, sollten diese erkennbar die Anwendbarkeit eines bestimmten Sachrechts übersehen haben.
17 Wirksamkeit. Die Wirksamkeit einer Rechtswahl ist – gemäß einem zumindest
in Europa allgemein anerkannten Prinzip (vgl. u.a. Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO) – an dem Recht zu messen, das Anwendung fände, wenn die Rechtswahl wirksam wäre. Die für Schiedsverfahren mit Bezug zum deutschen Recht wohl am häufigsten diskutierte Frage ist, ob Parteien die Geltung deutschen Rechts zwar vereinbaren, hierbei aber die Geltung der Regelungen zu AGBs in §§ 305 ff. BGB (einschließlich der im internationalen Vergleich sehr stark in die Parteiautonomie eingreifenden Rechtsprechung des BGH) ausschließen können. Dies wird von der überwiegenden Ansicht in der Literatur mit sehr unterschiedlichen Begründungsansätzen bejaht (vgl. m.w.N. Kondring, ZIP 2017, 706 ff.).
18 Trennbarkeit. Eine Rechtswahl ist nicht abhängig von der Wirksamkeit der
Schiedsvereinbarung. Es handelt sich um einen eigenständigen Vertrag. Dies gilt auch dann, wenn die Rechtswahlvereinbarung in der gleichen Vertragsklausel enthalten ist wie die Schiedsvereinbarung („doctrine of separability“, vgl. Art. 6 Abs. 9 und dazu Art. 6 Rz. 259 ff.).
19 Rechtsregeln. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 ermächtigt die Parteien nicht nur, eine be-
stimmte staatliche Gesamtrechtsordnung zu wählen. Vielmehr können sie auch (i) verschiedene Gesamtrechtsordnungen, (ii) bestimmte Einzelnormen aus einer oder mehreren Gesamtrechtsordnungen, (iii) ein Einheitsrecht (z.B. das UN-Kaufrecht), (iv) internationale Staatsverträge oder sog. anationale Regeln wie etwa die PICC wählen. Insbesondere im letzten Fall ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob und inwieweit die Parteien die Geltung nationalen staatlichen Rechts völlig ausschließen wollten. Unter den Begriff der „Rechtsregel“ fallen insb. auch völkerrechtliche Regeln und Prinzipien. Trotz der weitreichen344
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Bei der Sachentscheidung anwendbare Rechtsregeln | Art. 21 ICC-SchO
den Freiheit, die der Begriff der „Rechtsregel“ den Parteien eröffnet, darf nicht verkannt werden, dass sich die Parteien in den ganz überwiegenden Fällen auf die Anwendbarkeit eines bestimmten nationalen Rechts einigen. Sachnormverweisung. Die Wahl der Rechtsverordnung eines bestimmten Staa- 20 tes ist im Zweifel als unmittelbare Verweisung auf das Sachrecht dieses Staates, nicht auf sein Kollisionsrecht zu verstehen. Negative Rechtswahl. Denkbar ist auch, dass die Parteien keine bestimmten 21 Rechtsregeln wählen, da man sich hierauf nicht einigen kann, jedoch andere Rechtsregeln ausschließen, z.B. das UN-Kaufrecht. Auch an diese negative Wahl ist das Schiedsgericht bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts gebunden. Reichweite der Rechtswahl. Die Reichweite einer Rechtswahl richtet sich nach 22 dem Willen der Parteien. In den meisten Fällen unterwerfen die Parteien nur den zwischen ihnen geschlossenen Vertrag bzw. die unmittelbar aus diesem Vertrag erwachsenden Ansprüche ausdrücklich einem bestimmten Sachrecht. Daher ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob auch etwaige weitere quasi- 23 vertragliche, dingliche, deliktische oder bereicherungsrechtliche Ansprüche der Parteien von dieser Rechtswahl erfasst sind. Ebenso gilt es ggf. durch Auslegung zu ermitteln, ob etwaige „Vorfragen“, von denen das Bestehen des jeweiligen vertraglichen Anspruchs abhängt, auch anhand des von den Parteien gewählten Rechts zu beantworten sind. Denkbare Vorfragen sind z.B. Fragen aus dem Bereich des Gesellschafts-, Bilanz- oder Steuerrechts oder des öffentlichen Rechts. Lässt sich der Wille der Parteien schließlich auch nicht im Wege der Auslegung 24 ermitteln, so ist der jeweilige Anspruch bzw. die zu klärende Vorfrage im Zweifel nicht von der Rechtswahl erfasst. In diesem Fall muss ein ICC-Schiedsgericht das anwendbare Recht gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 2 bestimmen. Ebenso ist es denkbar, dass unterschiedliche Ansprüche unterschiedlichen Rechtswahlklauseln und somit unterschiedlichen materiellen Rechten unterliegen. 2. Rechtswahl (Abs. 1 Satz 1) – Grenzen der Parteiautonomie Freie Rechtswahl. Die ICC-SchO enthält keine Regelung, welche die Freiheit 25 der Parteien, ein bestimmtes Sach- oder Kollisionsrecht zu wählen, begrenzt. Die im EGBGB, in den Rom-Verordnungen sowie in anderen nationalen oder internationalen Kollisionsregeln normierten Grenzen der Rechtswahlfreiheit finden nach der hier vertretenen Ansicht gerade keine Anwendung. Vor diesem Hintergrund können die Parteien u.a. Rechtsregeln wählen, die in 26 keinerlei Verbindung zu einer der Parteien oder dem Gegenstand des Rechtsstreits stehen. Ferner können die Parteien auch anationale Rechtsregeln wählen. In der Mehrzahl der ICC-Schiedsverfahren unterwerfen die Parteien ihren Vertrag jedoch dem Sachrecht eines bestimmten Staates (vgl. bereits Rz. 19). Eingriffsnormen. Nicht abschließend geklärt ist, inwieweit die Privatautonomie 27 der Parteien durch sog. Eingriffsnormen beschränkt wird. Dies sind Normen, Schmidt-Ahrendts
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Art. 21 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht die unabhängig davon, welches Recht im Übrigen auf den Rechtsstreit anwendbar ist, Anwendung beanspruchen. Sie schützen meist gesamtwirtschaftliche oder sozialpolitische Interessen. Das in der schiedsgerichtlichen Praxis relevanteste Beispiel sind Normen des nationalen bzw. europäischen Kartellrechts. Weitere Eingriffsnormen finden sich in den nationalen Kapitalmarktrechten, Devisenrechten, in den Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen, dem Steuerrecht sowie in einschlägigen Naturschutzbestimmungen. 28 Einigkeit besteht darin, dass ein Schiedsgericht Ermessen hat, ob und welche
Eingriffsnormen es anwendet. Mindestvoraussetzung ist, dass der Tatbestand der Eingriffsnorm erfüllt ist. Welche Kriterien im Übrigen maßgeblich sind, ist ebenso umstritten wie die Frage, ob das Schiedsgericht von sich aus oder nur auf Antrag einer der Parteien Eingriffsnormen anwenden kann oder muss (näher hierzu Elsing, in FS Mailänder, 87).
29 Im Rahmen dieser Diskussion wird zur Bestimmung der Anwendbarkeit von
Eingriffsnormen u.a. darauf abgestellt, ob (i) die Norm Teil der durch die Parteien gewählten Rechtsordnung ist, (ii) ob sie dem sog. transnationalen ordre public zuzuordnen ist oder (iii) ob die Nichtbeachtung dieser Norm (möglicherweise) zur Aufhebung oder zur fehlenden Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs führen könnte (näher hierzu Elsing, in FS Mailänder, 87).
30 Aus Art. 42 ist ein ICC-Schiedsgericht auch bei der Bestimmung des anwend-
baren Rechts angehalten, soweit möglich die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs zu sichern. Die Anwendung oder Nichtanwendung bestimmter Rechtsregeln sollte daher jedenfalls nicht zu einem Ergebnis führen, das dem am Schiedsort bzw. am (voraussichtlichen) Vollstreckungsort geltenden ordre public widerspricht.
31 Im Übrigen sollte das Schiedsgericht im Einzelfall prüfen, ob (i) die jeweilige
Eingriffsnorm eng genug mit dem Streitgegenstand verbunden ist, (ii) sie generell schützenswerte Interessen verfolgt und (iii) ihre Anwendung in concreto zu interessensgerechten Ergebnissen führt. Im Rahmen dieser Prüfung wird sich ein Schiedsgericht ggf. auch mit der Frage beschäftigen müssen, ob es eine Eingriffsnorm, die es grds. für anwendbar erachtet, nur auf Einwand der Parteien oder von sich aus anwenden kann, soll oder darf. 3. Fehlen einer Rechtswahl (Abs. 1 Satz 2)
32 Fehlt es an einer Rechtswahl der Parteien, wendet das Schiedsgericht gemäß
Art. 21 Abs. 1 Satz 2 diejenigen „Rechtsregeln“ an, die es „für geeignet erachtet“.
33 Vorrang der Parteivereinbarung. Art. 21 Abs. 1 Satz 2 richtet sich an das
Schiedsgericht und findet nur Anwendung, wenn die Parteien keine wirksame Rechtswahl getroffen haben.
34 Rechtsregeln. Wie die Parteien ist auch das Schiedsgericht nicht auf die Anwen-
dung einer bestimmten staatlichen Gesamtrechtsordnung beschränkt, sondern 346
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Bei der Sachentscheidung anwendbare Rechtsregeln | Art. 21 ICC-SchO
kann auch nicht-staatliche Rechtsregeln anwenden. Insofern weicht Art. 21 Abs. 1 Satz 2 in zulässiger Art und Weise (vgl. hierzu Rz. 8) von der (nicht zwingenden) Formulierung des § 1051 Abs. 2 ZPO ab und gewährt dem Schiedsgericht einen weitergehenden Gestaltungsspielraum. Das Schiedsgericht kann daher u.a. auch Einheitsrechte wie das UN-Kaufrecht, inter- bzw. supranationales Recht wie die Rom I-VO oder anationale Regeln wie die PICC anwenden. „Erachtet“. Art. 21 Abs. 1 Satz 2 sieht einen weitreichenden Entscheidungsspiel- 35 raum des Schiedsgerichts vor: So ist bereits der Begriff „geeignet“ selbst sehr offen. Darüber hinaus ist das Schiedsgericht nicht gezwungen, die objektiv geeignetsten Rechtsregeln anzuwenden, sondern die, welche es selbst subjektiv für geeignet „erachtet“. Diese Ermessensentscheidung des Schiedsgerichts unterliegt nur einer sehr beschränkten Kontrolle durch staatliche Gerichte im Aufhebungs- und Vollstreckungsstadium. Geeignet. Art. 21 Abs. 1 Satz 2 lässt völlig offen, anhand welcher Kriterien das 36 Schiedsgericht die in seinen Augen „geeigneten“ Rechtsregeln ermittelt. Eine umfassende Darstellung aller Kriterien ist bereits aus Platzgründen hier nicht möglich. Häufig dürfte sich für Schiedsgerichte in der Praxis jedoch das Recht als geeignet darstellen, zu dem der Gegenstand des Verfahrens die engsten Verbindungen hat. Dies ist jedoch nicht zwingend. Methodisch ist grds. zwischen zwei verschiedenen Ansätzen der Sachrechtsermittlung zu unterscheiden: Voie Indirecte/Geschriebene Kollisionsnormen. Zum einen kann ein ICC- 37 Schiedsgericht das anwendbare Sachrecht durch den Rückgriff auf geschriebene Kollisionsregeln bestimmen. Bei der Auswahl dieser geschriebenen Kollisionsregeln ist das Schiedsgericht frei. Es wählt die Norm, die es für geeignet erachtet. Insbesondere ist das Schiedsgericht anders als staatliche Gerichte nicht auf die Kollisionsregeln des Schiedsorts beschränkt. Vielmehr kann es auch die Kollisionsrechte beider Parteien oder die Kollisionsregeln eines vom Schiedsgericht für geeignet befundenen internationalen Abkommens heranziehen. Voie Directe/Ungeschriebene Kollisionsnormen. Die Freiheit, die Art. 21 Abs. 1 38 Satz 2 einem ICC-Schiedsgericht gewährt, geht jedoch weiter. So ist dieses auch berechtigt, unmittelbar das von ihm für geeignet befundene Sachrecht zu bestimmen. Die Bezeichnung voie directe ist jedoch insofern missverständlich, als ein ICC-Schiedsgericht auch in diesem Fall gehalten ist, seine Entscheidung zu begründen und die von ihm herangezogenen Kriterien für die Bestimmung des von ihm für „geeignet“ erachteten Sachrechts offenzulegen (für Schiedsverfahren in Deutschland: § 1054 Abs. 2 ZPO). Die Bestimmung des Sachrechts erfolgt hier somit in Wirklichkeit ebenfalls auf Basis einer – wenn auch ungeschriebenen bzw. vom Schiedsgericht selbst entwickelten – Kollisionsregel. Relevanz der Rom-Verordnungen. An die Kollisionsregeln der Rom I- und 39 Rom II-VO ist ein ICC-Schiedsgericht auch dann nicht gebunden, wenn der Schiedsort in einem EU-Mitgliedstaat liegt (oben Rz. 7 ff.). Gleichwohl ist es zu begrüßen, wenn sich ICC-Schiedsgerichte, was häufig, aber nicht immer der Fall ist, an diesen Regeln orientieren. Erstens entsprechen sie einem internationalen Schmidt-Ahrendts
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Art. 21 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Konsens auf europäischer Ebene. Zweitens wird so ein Gleichlauf mit der Entscheidung vergleichbarer Fälle durch staatliche Gerichte gesichert. Drittens verringert sich das Risiko eines Verstoßes gegen den ordre public und damit das Vollstreckbarkeitsrisiko für den Schiedsspruch. 4. Vertragsbestimmungen und Handelsbräuche (Abs. 2) 40 Gemäß Art. 21 Abs. 2 berücksichtigt das Schiedsgericht bei seiner Entscheidung
die Bestimmungen des zwischen den Parteien etwaig bestehenden Vertrags und etwaig einschlägiger Handelsbräuche.
41 Anwendungsbereich. Ein Vertrag und Handelsbräuche sind sowohl im Fall der
Rechtswahl bzw. der objektiven Anknüpfung (Abs. 1) als auch zumindest im Ausgangspunkt bei der Entscheidung des Schiedsgerichts nach Billigkeit (Abs. 3) zu berücksichtigen. Die Streichung des in Art. 17 ICC-SchO 1998 enthaltenen klarstellenden Zusatzes „in jedem Fall“ ändert hieran nichts.
42 Investitionsschutzverfahren. Art. 21 Abs. 2 enthält anders als die Vorgänger-
regelung des Art. 17 ICC-SchO 1998 den klarstellenden Zusatz, dass das Schiedsgericht einen zwischen den Parteien bestehenden Vertrag und einschlägige Handelsbräuche nur insofern zu berücksichtigen hat, als diese überhaupt vorhanden sind („Bestimmungen des […] etwaig bestehenden Vertrages und etwaiger einschlägiger Handelsbräuche.“). Hierdurch sollte deutlich werden, dass die Regelung in Art. 21 auch auf die Beilegung von Investitionsschutzstreitigkeiten ausgelegt ist, in denen die Ansprüche oft gerade nicht auf zwischen den Vertragsparteien bestehenden Verträgen beruhen und es an anerkannten und einschlägigen Handelsbräuchen fehlt.
43 Grenzen. Durch den Begriff „berücksichtigen“ wird klargestellt, dass ein Vertrag
und Handelsbräuche dort keine Anwendung finden, wo ihrer Anwendung zwingende gesetzliche Vorschriften oder abweichende Vereinbarungen der Parteien entgegenstehen. Verträge sind hierbei vorrangig vor Handelsbräuchen zu berücksichtigen.
44 Bedeutung. Praktische Bedeutung hat Art. 21 Abs. 2 insb. im Fall einer Billig-
keitsentscheidung i.S.v. Art. 21 Abs. 3. Dass Schiedsgerichte im Fall einer reinen „Rechtsentscheidung“ gemäß Art. 21 Abs. 1 gehalten sind, Vertragsbestimmungen und einschlägige Handelsbräuche zu berücksichtigen, ist eine Selbstverständlichkeit und wird sich nahezu stets bereits aus dem gemäß Art. 21 Abs. 1 anwendbaren Sachrecht ergeben (vgl. bspw. § 346 HGB oder Art. 9 UN-Kaufrecht).
45 Vertrag. Zu berücksichtigen sind, wie Art. 21 Abs. 2 nunmehr ausdrücklich
klarstellt, nur „Bestimmungen des zwischen den Parteien etwaig bestehenden Vertrages“ und nicht mit bzw. zwischen Dritten bestehende Vereinbarungen; auch dies ist eine Selbstverständlichkeit. Die Pflicht zur Berücksichtigung von Vertragsbestimmungen ist Ausfluss des Grundsatzes pacta sunt servanda. Sie verdeutlicht, dass der Wortlaut eines Vertrages stets Ausgangspunkt der Ent348
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Bei der Sachentscheidung anwendbare Rechtsregeln | Art. 21 ICC-SchO
scheidungsfindung eines Schiedsgerichts sein sollte, da er den Willen der Parteien indiziert. Art. 21 Abs. 2 und die hierin vorgegebene Fokussierung auf den Vertragsinhalt beschränkt ein ICC-Schiedsgericht jedoch nicht in der Anwendung des jeweiligen materiellen Rechts. Insbesondere finden auch in einem ICC-Schiedsverfahren, das deutschem materiellen Recht unterliegt, die Institute der ergänzenden Vertragsauslegung, des Wegfalls der Geschäftsgrundlage sowie von Treu und Glauben Anwendung. Einschlägige Handelsbräuche. Art. 21 Abs. 2 erfasst zum einen Bräuche, deren 46 Geltung die Parteien vereinbart oder die sich zwischen den Parteien herausgebildet haben. Zum anderen erfasst Art. 21 Abs. 2 einschlägige Bräuche des Handelszweigs, in dem die Parteien tätig sind. 5. Entscheidung nach Billigkeit (Abs. 3) In der Regel treffen ICC-Schiedsgerichte eine Entscheidung auf der Grundlage 47 der Subsumtion des Sachverhalts unter eine oder mehrere Rechtsnormen. Gemäß Art. 21 Abs. 3 entscheiden sie nur dann als amiable compositeur bzw. ex aequo et bono, wenn die Parteien sie dazu ermächtigt haben. Sinn und Zweck. Art. 21 Abs. 3 soll es ICC-Schiedsgerichten ermöglichen, in be- 48 sonders gelagerten Fällen eine Sachentscheidung zu treffen, ohne an die Zwänge der durch den Gesetzgeber bzw. die Rechtsprechung entwickelten und im Übrigen anwendbaren Rechtsregeln gebunden zu sein. Eine Billigkeitsentscheidung zeichnet sich dadurch aus, dass das Schiedsgericht sich nicht durch rechtliche Maßstäbe leiten lässt (BGH v. 10.3.2016 – I ZB 99/14, NJW-RR 2016, 892 [895], Tz. 27), sondern gänzlich Abstand von Erwägungen zum positiven Recht nimmt (OLG Bremen v. 10.10.2014 – 2 Sch 2/14, BeckRS 2014, 21290, Tz. 40). Amiable compositeur/ex aequo et bono. Im Unterschied zu Art. 17 ICC-SchO 49 1998 verwendet Art. 21 Abs. 3 nunmehr nur noch die fremdsprachigen Begriffe amiable compositeur und ex aequo et bono und nicht mehr den Begriff des „billigen Ermessens“. Am Inhalt der Vorschrift ändert dies nichts. Hinter beiden Begriffen verbirgt sich ein rechtliches Konzept, das in den jeweiligen Rechtsordnungen eine unterschiedliche Entwicklung genommen und somit heute einen unterschiedlichen Inhalt hat. In der Praxis wird die Vorschrift eher selten angewandt. Die zentrale Bedeutung der Norm liegt darin, dass sie ein ICC-Schiedsgericht 50 prozessual berechtigt, nach Billigkeit zu entscheiden, wenn es hierzu ausdrücklich durch die Parteien ermächtigt worden ist. Wie weit diese Freiheit des Schiedsgerichts reicht, ist hingegen eine materielle Frage und daher der jeweiligen Absprache der Parteien bzw. dem gemäß Abs. 1 anwendbaren Sachrecht zu entnehmen. Dies gilt auch für die Frage, ob und inwieweit das Schiedsgericht bei seiner Entscheidung nach Billigkeit an die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien und/oder einschlägige Handelsbräuche gebunden ist bzw. sie zu berücksichtigen hat. Dies ist stets im Einzelfall und anhand der konkreten Parteivereinbarung sorgfältig zu prüfen. Schmidt-Ahrendts
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Art. 21 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 51 Eine Schätzung des Schadens durch ein Schiedsgericht ist hingegen nicht schon
deshalb eine (unzulässige) Billigkeitsentscheidung, weil die Voraussetzungen des dafür herangezogenen § 287 ZPO (der ohnehin auch in Schiedsverfahren mit Schiedsort in Deutschland als Vorschrift außerhalb der §§ 1025 ff. ZPO weder direkt noch analog anzuwenden ist, sondern allenfalls seinem Rechtsgedanken nach) nicht erfüllt sind (vgl. hierzu OLG München v. 14.3.2011 – 34 Sch 8/10, SchiedsVZ 2011, 159). Wird eine Schadensschätzung nach Würdigung aller Umstände durch das Schiedsgericht nach freier Überzeugung und auf der Basis des § 287 ZPO vorgenommen, so handelt es sich vielmehr um eine zulässige Form der Tatsachenermittlung und nicht um eine Billigkeitsentscheidung. Ob die gegebene Tatsachengrundlage einem staatlichen Gericht für die Anwendung von § 287 ZPO hätte genügen dürfen, ist nicht von Belang, da im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs nicht überprüft werden kann, ob die herangezogenen Grundlagen ausreichen und das Ergebnis materiell richtig ist. Demgegenüber ist eine unzulässige Billigkeitsentscheidung anzunehmen, wenn das Schiedsgericht den zu ersetzenden Schaden gerade nicht auf der Grundlage von Tatsachen ermittelt (BGH v. 16.12.2015 – I ZB 109/14, BeckRS 2016, 2020, Tz. 30).
52 Ausdrückliche Ermächtigung. Voraussetzung einer Entscheidung ex aequo et
bono ist u.a., dass die Parteien das Schiedsgericht hierzu ausdrücklich, d.h. klar und unmissverständlich, ermächtigt haben. Eine konkludente oder stillschweigende Ermächtigung reicht nicht aus. Die Ermächtigung muss nicht der für die Wirksamkeit der jeweiligen Schiedsvereinbarung vorgesehenen Form entsprechen; auch eine mündliche Ermächtigung, die z.B. im Zuge der mündlichen Verhandlung ins Protokoll aufgenommen wurde, ist ausreichend. Eine schriftliche Ermächtigung ist jedoch allein unter Beweisgesichtspunkten allemal vorzugswürdig. Auch der Gerichtshof muss im Zuge des Genehmigungsverfahrens des Entwurfs des Schiedsspruches gemäß Art. 34 die Ermächtigung nachvollziehen können. Die Ermächtigung kann jedoch in den Grenzen des Art. 27 noch erteilt bzw. nachgeholt werden.
53 Grenzen. Grenzen für die Zulässigkeit bestimmter Billigkeitsentscheidungen kön-
nen sich insb. aus (materiell-rechtlichen) Eingriffsnormen ergeben.
II. Form der Entscheidung über das anwendbare Sachrecht 54 Die ICC-SchO stellt es dem Schiedsgericht nur zu einem gewissen Maße frei,
wann und wie es das anwendbare Sachrecht bestimmt.
55 Liegt die Anwendbarkeit eines bestimmten Sachrechts auf der Hand und wird sie
von den Parteien nicht bestritten, z.B. im Falle einer eindeutigen Rechtswahl, wird ein Schiedsgericht keine eigenständige Entscheidung über das anzuwendende Recht treffen (die Feststellung im Schiedsauftrag ist keine Entscheidung in diesem Sinne). Vielmehr wird es im Endschiedsspruch schlicht die Anwendung dieses Sachrechts feststellen. Der Schiedsgerichtshof achtet im Zuge des Geneh350
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migungsverfahrens gemäß Art. 34 darauf, dass der Schiedsspruch zumindest kurz zur Frage des anwendbaren Sachrechts Stellung nimmt bzw. dieses bezeichnet. Aber auch in Fällen, in denen die Frage des anwendbaren Sachrechts unklar und 56 zwischen den Parteien umstritten ist, steht es dem Schiedsgericht frei, wie oben beschrieben zu verfahren. Vorzugsweise sollte sich ein Schiedsgericht in diesem Fall jedoch bereits vor Erlass des Endschiedsspruchs zur Frage des anwendbaren Sachrechts äußern. Eine solche vorgezogene Entscheidung ermöglicht es den Parteien, ihren Sach- und Rechtsvortrag frühzeitig dem maßgeblichen Sachrecht anzupassen. Dies erspart Zeit und nicht selten sehr erhebliche Kosten. Andernfalls wären die Parteien ggf. gezwungen, alternativ zu verschiedenen Rechten vorzutragen. Eine vorgezogene Entscheidung zum anwendbaren Sachrecht kann ein Schieds- 57 gericht streng genommen nur durch den Erlass eines Teilschiedsspruchs treffen. Denn die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts ist Teil der materiellen Entscheidung. Es handelt sich insb. nicht um eine bloße Verfahrensfrage. Ein Teilschiedsspruch unterliegt zwingend der Genehmigung des Gerichtshofs gemäß Art. 34. Der Erlass eines Teilschiedsspruchs und seine Genehmigung durch den Gerichts- 58 hof können dazu führen, dass zwischen der eigentlichen Entscheidung durch das Schiedsgericht und ihrer Mitteilung an die Parteien gewisse Zeit vergeht. Manche ICC-Schiedsgerichte versuchen, diesen vermeintlichen Zeitverlust zu vermeiden, indem sie das anwendbare Sachrecht per Prozessverfügung bestimmen bzw. ihre Entscheidung den Parteien per E-Mail, Brief oder mündlich mitteilen. Der Erlass einer Prozessverfügung oder eine informelle Mitteilung an die Par- 59 teien ist unbedenklich, sofern das Schiedsgericht die Parteien lediglich über eine vorläufige, nicht verbindliche Einschätzung seitens des Schiedsgerichts informiert. Zur Frage des ob und des Zeitpunkts einer solchen Entscheidung sollte das Schiedsgericht die Parteien vorher konsultieren, u.a., um einer Befangenheitsrüge vorzubeugen. Formuliert das Schiedsgericht hingegen eine abschließende und verbindliche Entscheidung, sind Prozessverfügungen oder informelle Mitteilungen der falsche Weg. In diesem Fall ist ein Teilschiedsspruch vorzuziehen auch wenn dies mit einem prozessualen Mehraufwand verbunden ist. Wählt das Schiedsgericht gleichwohl den Weg der bloßen Verfügung, besteht zu- 60 mindest ein Risiko, dass ein nationales Gericht hierin einen Verfahrensfehler erblicken könnte. Um dem vorzubeugen, wird der Gerichtshof darauf achten, dass das Schiedsgericht seine vermeintlich vorgezogene, verbindliche Entscheidung in seinem Endschiedsspruch noch einmal bestätigt. In jedem Fall muss ein Schiedsgericht seine Entscheidung jedoch sorgfältig und nachvollziehbar begründen.
III. Ermittlung des Inhalts des anwendbaren Sachrechts Regelungslücke. Art. 21 regelt nur, welches Recht anwendbar ist. Art. 21 regelt 61 nicht, wie ein ICC-Schiedsgericht den Inhalt des für anwendbar befundenen Schmidt-Ahrendts
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Art. 21 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Rechts feststellt. Zu dieser praktisch durchaus bedeutsamen Frage enthält die ICC-SchO überhaupt keine Regelung. Grund dieser Lücke ist, dass die diesbezüglichen Regelungen für staatliche Gerichte so erheblich von Rechtsordnung zu Rechtsordnung divergieren, dass sich bis dato auch im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit keine universal akzeptierte Regelung gebildet hat und die Entscheidung hierüber dem jeweiligen Schiedsgericht überlassen bleiben sollte. 62 Keine Geltung von iura novit curia. Ob und inwieweit die in Verfahren vor
deutschen staatlichen Gerichten geltende Regel, der zufolge das Gericht das Gesetz kennt (iura novit curia) und die Parteien nur Tatsachen vortragen müssen, die das Gericht dann dem passenden rechtlichen Anspruch zuordnet (da mihi facta, dabo tibi ius) sowie die in § 293 ZPO normierte Ausnahmen hierzu für sog. „fremdes Recht“ auch in Schiedsverfahren gilt, ist sehr umstritten. Das Schiedsgericht sollte es vor diesem Hintergrund tunlichst vermeiden, einen Rechtsstreit unter Anwendung einer Rechtsregel zu entscheiden, welche die Parteien erkennbar übersehen haben bzw. zu der sie nicht vorgetragen haben und auf die das Schiedsgericht die Parteien nicht hingewiesen hat. Andernfalls besteht die Gefahr der Aufhebung des Schiedsspruches wegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs durch eine „Überraschungsentscheidung“.
63 Ermessen. Aufgrund der Regelungslücke liegt die Art der Ermittlung des Inhalts
des anwendbaren Rechts in ICC-Schiedsverfahren vielmehr im freien Ermessen des jeweiligen ICC-Schiedsgerichts. Dieses bestimmt, (i) welche Detailkenntnis des anwendbaren Rechts seine Entscheidung erfordert und (ii) wie es sich diese Kenntnis verschafft (durch eigene Recherche, auf Basis des Parteivortrags, durch Parteigutachter oder durch einen vom Schiedsgericht ernannten Sachverständigen).
64 ILA-Report. Eine sehr ausführliche und instruktive Analyse der Problematik
der Bestimmung des Inhalts des anwendbaren Rechts in Schiedsverfahren findet sich in einem „Report“ der International Law Association. Dieser schließt mit 15 sog. „Recommendations“ (vgl. De Ly/Friedman/Radicati di Brozolo, Arbitration International, Vol. 26 Issue 2 [2010], 193 [218 ff.]). Zwar sind diese Empfehlungen in keiner Form bindend, eignen sich jedoch gerade für internationale ICC-Schiedsverfahren als Referenzwert.
65 Empfehlung: Aufgrund des Fehlens einer expliziten Regelung und des hieraus resultieren-
den Ermessens des Schiedsgerichts sollten Parteien eines ICC-Schiedsverfahrens möglichst ausführlich zum (für sie günstigen) Inhalt des anwendbaren Rechts vortragen. Dies gilt insb. in internationalen Verfahren und ganz besonders in solchen, in denen das anwendbare Recht nicht das Recht ist, in dem (alle) Mitglieder des Schiedsgerichts ausgebildet wurden. Der Vortrag zum Inhalt des anwendbaren Rechts sollte durch die Vorlage der entsprechenden Normen sowie der einschlägigen Gerichtsentscheidungen und Literaturnachweise gestützt werden. In bestimmten Fällen mag es zudem zweckmäßig sein, Rechtsvortrag durch die Vorlage eines Parteigutachtens zu unterfüttern. Zudem sollten die Parteien darauf hinwirken, dass das Schiedsgericht sie rechtzeitig über eine über den Vortrag beider Parteien hinausgehende Rechtsansicht des Schiedsgerichts informiert und den Parteien die Möglichkeit einräumt, hierzu Stellung zu nehmen.
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IV. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle Entscheidungen des Schiedsgerichts gemäß Art. 21 sind, unabhängig davon, ob 66 sie in Form eines Teil- oder Endschiedsspruchs getroffen werden, nur in sehr beschränktem Umfang gerichtlich überprüfbar. Eine falsche Entscheidung des Schiedsgerichts berechtigt für sich betrachtet weder 67 zur Aufhebung noch hindert sie die Vollstreckung (Verbot der révision au fond). Nur dort, wo die Anwendung des falschen bzw. die Nichtanwendung des richtigen Sachrechts zu einem Ergebnis führt, das gegen den maßgeblichen ordre public verstößt, droht die Aufhebung oder Nichtvollstreckung des Schiedsspruchs. Gekoppelt mit dem ohnehin sehr weiten Entscheidungsspielraum, den Art. 21 68 Abs. 1 und 2 einem ICC-Schiedsgericht gewährt, führt dies dazu, dass die Aufhebung bzw. Nichtvollstreckung eines Schiedsspruchs so gut wie nie auf einer Verletzung von Art. 21 beruhen dürfte. Anderes gilt für einen Verstoß gegen Art. 21 Abs. 3. Entscheidet ein Schieds- 69 gericht ohne ausdrückliche Ermächtigung nach Billigkeit, ist der Schiedsspruch aufzuheben (vgl. hierzu OLG Bremen v. 10.10.2014 – 2 Sch 1/14, BeckRS 2016, 8804; OLG München, v. 14.3.2011 – 34 Sch 8/10, SchiedsVZ 2011, 159 sowie OLG München v. 22.6.2005 – 34 Sch 10/05, SchiedsVZ 2005, 308). Der umgekehrte Fall, dass das Schiedsgericht trotz Ermächtigung nicht nach Billigkeit entscheidet, rechtfertigt keine Aufhebung, da eine Rechtsentscheidung nicht per se unbillig ist.
V. Kosten Eine Entscheidung des Schiedsgerichts gemäß Art. 21 löst per se keine zusätzli- 70 chen Kosten aus. Zusätzliche Kosten entstehen aber insb. dann, wenn die Parteien sich über die 71 Frage des anwendbaren Rechts streiten, umfangreich hierzu vortragen, Sachverständigengutachten einreichen oder eine vorgezogene Entscheidung, insb. einen Teilschiedsspruch, beantragen. Auch hier liegt es jedoch im Ermessen des Schiedsgerichts, ob es über die Verteilung der hierdurch entstehenden zusätzlichen Kosten bereits vor oder erst mit Erlass des Schiedsspruchs (separat oder als Teil einer Gesamtentscheidung) entscheiden möchte. Das Schiedsgericht sollte die Parteien einladen, hierzu Stellung zu nehmen, ist 72 aber nicht an ihr Votum gebunden.
E. Abweichende Parteivereinbarungen Art. 21 ist dispositiv. Von Art. 21 abweichende Parteivereinbarungen sind in 73 der Praxis jedoch äußerst selten. Dies liegt daran, dass Art. 21 Abs. 1 Satz 1 es Schmidt-Ahrendts
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Art. 22 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht den Parteien bereits ermöglicht, eine Rechtswahl zu treffen. Für eine Abweichung von der Regelung des Art. 21 als solcher besteht daher kein Bedürfnis.
Artikel 22 Ablauf des Schiedsverfahrens (1) Das Schiedsgericht und die Parteien wirken mit allen Mitteln darauf hin, dass das Schiedsverfahren unter Berücksichtigung der Komplexität und des Streitwerts zügig und kosteneffizient geführt wird. (2) Um eine effiziente Verfahrensführung sicherzustellen, hat das Schiedsgericht nach Anhörung der Parteien alle Verfahrensmaßnahmen zu ergreifen, die es für geeignet hält, sofern diese nicht einer Vereinbarung der Parteien widersprechen. Dabei kann es sich um eine oder mehrere der im Anhang IV beschriebenen Verfahrensmanagementtechniken handeln. (3) Auf Antrag einer Partei kann das Schiedsgericht Verfügungen zur Wahrung der Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens oder von anderen in Verbindung mit dem Schiedsverfahren stehenden Angelegenheiten erlassen und kann Maßnahmen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen und vertraulichen Informationen ergreifen. (4) In jeder Situation handelt das Schiedsgericht fair und unparteiisch und stellt sicher, dass jede Partei ausreichend Gelegenheit erhält, zur Sache vorzutragen. (5) Die Parteien verpflichten sich, alle vom Schiedsgericht erlassenen Verfügungen und Beschlüsse zu befolgen. Article 22: Conduct of the Arbitration (1) The arbitral tribunal and the parties shall make every effort to conduct the arbitration in an expeditious and cost-effective manner, having regard to the complexity and value of the dispute. (2) In order to ensure effective case management, after consulting the parties, the arbitral tribunal, shall adopt such procedural measures as it considers appropriate, provided that they are not contrary to any agreement of the parties. Such measures may include one or more of the case management techniques described in Appendix IV. (3) Upon the request of any party, the arbitral tribunal may make orders concerning the confidentiality of the arbitration proceedings or of any other matters in connection with the arbitration and may take measures for protecting trade secrets and confidential information. (4) In all cases, the arbitral tribunal shall act fairly and impartially and ensure that each party has a reasonable opportunity to present its case. (5) The parties undertake to comply with any order made by the arbitral tribunal. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1–2 legen fest, dass das Schiedsgericht und die Parteien das Schiedsverfahren zügig und kosteneffizient führen müssen. Das Schiedsgericht wird ermächtigt, alle hierfür notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. → Rz. 11 ff.; Abs. 3 stellt
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Ablauf des Schiedsverfahrens | Art. 22 ICC-SchO klar, dass das Schiedsgericht Verfügungen treffen kann, um die Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens zu wahren oder um Geschäftsgeheimnisse und sonstige vertrauliche Informationen zu schützen. → Rz. 16 ff.; Abs. 4 betont, dass das Schiedsgericht fair und unparteiisch handeln muss. Zudem betont Abs. 4, dass den Parteien rechtliches Gehör zu gewähren ist. → Rz. 20 ff.; Abs. 5 stellt klar, dass die Parteien alle vom Schiedsgericht erlassenen Verfügungen befolgen müssen. → Rz. 27 ff. Kostenaspekte: Besondere Kosten entstehen den Parteien hier nicht. Allerdings dient das Effizienzgebot des Art. 22 Abs. 1 dazu, die Kosten des Schiedsverfahrens zu reduzieren, und kann im Rahmen der Kostenentscheidung nach Art. 38 Abs. 5 berücksichtigt werden. → Rz. 30. A. I. II. III. IV.
Ablauf des Schiedsverfahrens . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Änderungshistorie . . . . . . . . . . Verhältnis zu § 1042 ZPO . . . . . Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
B. Maßnahmen zur Förderung der Prozessökonomie (Abs. 1–2) C. Maßnahmen zum Schutz der Vertraulichkeit (Abs. 3) . . . . . .
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D. Neutralität des Schiedsgerichts und Anspruch auf rechtliches Gehör (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . E. Bindungswirkung von schiedsrichterlichen Verfügungen und Beschlüssen (Abs. 5) . . . . . . . . F. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Ablauf des Schiedsverfahrens I. Normzweck Die Regelung stellt allgemeine Grundsätze für die Durchführung des Schiedsver- 1 fahrens auf. Insb. soll die Norm sicherstellen, dass das Verfahren nach Konstituierung des Schiedsgerichts schnell und effizient durchgeführt wird (Abs. 1 und 2), erforderlichenfalls die Vertraulichkeit über den Gegenstand des Verfahrens von den Parteien gewahrt wird (Abs. 3), das Gericht zu jeder Zeit das Gebot der Gleichbehandlung und den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör achtet (Abs. 4) und dass die Parteien die schiedsgerichtlichen Entscheidungen befolgen (Abs. 5). Die ICC-SchO legt großen Wert darauf, dass Schiedsverfahren zügig durch- 2 geführt werden und dass es jedenfalls seitens des Schiedsgerichts zu keinen Verzögerungen kommt.
II. Änderungshistorie Mit der ICC-SchO 2021 hat Art. 22 Abs. 2 eine geringfügige Änderung erfahren. 3 Zuvor sah diese Bestimmung vor, dass das Schiedsgericht zwecks Sicherstellung einer effizienten Verfahrensführung nach Anhörung der Parteien alle ihm geeignet scheinenden Verfahrensmaßnahmen ergreifen kann, sofern diese nicht einer Haller
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Art. 22 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Vereinbarung der Parteien widersprechen. Es handelte sich somit dem Wortlaut nach um eine Kann-Bestimmung. Der neue Art. 22 Abs. 2 schreibt nun vor, dass das Schiedsgericht entsprechende Maßnahmen zu ergreifen hat. Außerdem wurde die Klarstellung hinzugefügt, dass es sich bei derartigen Maßnahmen um eine oder mehrere der im Anhang IV beschriebenen Verfahrensmanagementtechniken handeln kann. 4 Mit dieser Anpassung gehen keine substanziellen Änderungen einher. Bereits
nach der alten Fassung war es gemäß Art. 22 Abs. 1 die Pflicht des Schiedsgerichts, mit allen Mitteln darauf hinzuwirken, dass das Schiedsverfahren unter Berücksichtigung der Komplexität und des Streitwerts zügig und kosteneffizient geführt wird. Dazu gehört auch, entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung einer effizienten Verfahrensführung zu ergreifen. Die Änderung unterstreicht aber die Pflicht des Schiedsgerichts zur effizienten Verfahrensführung und ist als ausdrückliche Ermutigung zu verstehen, ggf. eine oder mehrere der im Anhang IV beschriebenen Verfahrensmanagementtechniken umzusetzen.
5 Es liegt also weiterhin im Ermessen des Schiedsgerichts, ob es eine oder mehrere
der im Anhang IV beschriebenen Verfahrensmanagementtechniken umsetzt. Dies gilt insbesondere auch für die Förderung von Vergleichsversuchen. Zwar sieht Anhang IV Buchst. b und Buchst. h vor, dass das Schiedsgericht die Parteien zur vergleichsweisen Beilegung der Streitigkeit ermutigen kann. Dies liegt jedoch auch unter der ICC-SchO 2021 im Ermessen des Schiedsgerichts. Anders als unter der DIS-SchO (s. Art. 26 DIS-SchO) ist dieses unter der ICC-SchO also nicht dazu verpflichtet, eine einvernehmliche Beilegung der Streitigkeit oder einzelner Streitpunkte zu fördern.
III. Verhältnis zu § 1042 ZPO 6 Art. 22 Abs. 1 und Abs. 2 stellen eine Konkretisierung des nicht abdingbaren
§ 1042 ZPO dar, indem sie das Schiedsgericht anhalten, das Schiedsverfahren effizient zu führen.
7 Das Schiedsgericht muss dabei aber stets die grundlegenden Verfahrensrechte
der Parteien wahren, also insb. Gleichbehandlungsrechte und das Recht auf rechtliches Gehör. Art. 22 Abs. 4 stellt in diesem Zusammenhang auch eine Konkretisierung der Regelung in § 1042 Abs. 1 ZPO dar, mit der das Schiedsgericht angehalten wird, die Parteien gleich zu behandeln und jeder Partei das rechtliche Gehör zu gewähren.
8 Das X. Buch der ZPO enthält keine Regelungen zur Vertraulichkeit des Schieds-
verfahrens und steht der diesbezüglichen Bestimmung des Art. 22 Abs. 3 auch nicht entgegen.
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Ablauf des Schiedsverfahrens | Art. 22 ICC-SchO
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Auch im staatlichen Verfahren hat das Gericht eine Prozessförderungspflicht. So 9 kann das Gericht nach § 296 ZPO z.B. verspätetes Vorbringen zurückweisen. Die ZPO hält zudem Bestimmungen bereit, die es dem Gericht ermöglichen, das Verfahren effizient zu führen und den Rechtsstreit rasch zu entscheiden, möglichst nach nur einer mündlichen Verhandlung (vgl. § 272 f. ZPO). Die ZPO sieht daher verschiedene Möglichkeiten vor, das Verfahren an den jeweiligen Rechtsstreit anzupassen (rein schriftliches Verfahren, früher erster Termin, schriftliches Vorverfahren etc.). Das rechtliche Gehör wird durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet, die Gleich- 10 behandlung der Parteien durch Art. 3 GG gewährleistet (vgl. auch Art. 6 EMRK). Diese grundlegenden Rechte werden durch die ZPO näher ausgestaltet.
B. Maßnahmen zur Förderung der Prozessökonomie (Abs. 1–2) Literatur: Benedetteli, To Bifurcate or Not To Bifurcate? That is the (Ambiguous) Question, Arbitration International, Vol. 29 Issue 3 (2013), S. 493 ff.; Berger, The Need for Speed in International Arbitration, Journal of International Arbitration, Vol. 25 Issue 25 (2008),S. 595 ff.; Blessing, The Arbitral Process. Part III: The Procedure Before the Arbitral Tribunal, ICC Court Bulletin, Vol. 3 No. 2 (1992), S. 18 ff.; Commission Report: Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration, ICC Court Bulletin, Vol. 18 No. 1 (2007), S. 23 ff.; Elsing, Procedural Efficiency in International Arbitration: Choosing the Best of Both Legal Worlds, SchiedsVZ 2011, 114 ff.; Gerstenmaier, The „German Advantage“ – Myth or Model?, SchiedsVZ 2010, 21 ff.; Greenwood, Does Bifurcation Really Promote Efficiency?, Journal of International Arbitration, Vol. 28 Issue 2 (2011), S. 105 ff.; Greenwood, Revisiting Bifurcation and Efficiency in International Arbitration Proceedings, Journal of International Arbitration, Vol. 36 Issue 4 (2019), S. 421 ff.; Groseli, Stay of arbitration proceedings – Some examples from arbitral practice, ASA Bulletin, Vol. 36 Issue 3, S. 560 ff.; Hanefeld/Hombeck, International arbitration between standardization and flexibility – Predictability and flexibility seen from a client’s perspective, SchiedsVZ 2015, 20 ff.; Hochstrasser, Controlling Efficient Conduct and Quality of the Proceedings, ASA Special Series No. 40 (2013), S. 109 ff.; Hofmann, Prozessökonomie – Rechtsstaatsprinzip und Verfahrensgrundsatz der ZPO, ZZP 2013, 83 ff.; International Chamber of Commerce (ICC), Information Technology in International Arbitration, ICC Commission Report, 2nd ed. (2017); Kremer/Weimann, Die Aufhebbarkeit von Schiedssprüchen, insbesondere Zwischen- oder Teilschiedssprüchen über den Anspruchsgrund – Widerspruch zu Prinzipien der Prozessökonomie?, SchiedsVZ 2007, 238 ff.; Leimbacher, Efficiency under the new ICC Rules of Arbitration of 2012: A first glimpse at the new practice, ASA Bulletin, Vol. 31 Issue 2 (2013), S. 298 ff.; Meier, Pre-hearing Conferences as a Means of Improving the Effectiveness of Arbitration, SchiedsVZ 2009, 152 ff.; Risse, Ten Drastic Proposals for Saving Time and Costs in Arbitral Proceedings, Arbitration International, Vol. 29 Issue 3 (2013), S. 453 ff.; Schläpfer/Paralika, Striking the Right Balance: The Roles of Arbitral Institutions, Parties and Tribunals in Achieving Efficiency in International Arbitration, BCDR International Arbitration Review, Vol. 2 Issue 2 (2015), S. 329 ff.; Semler, Schnelligkeit und
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Art. 22 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Wirtschaftlichkeit in Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2009, 149 ff.; Tallerico/Behrendt, The Use Of Bifurcation and Direct Testimony Witness Statements in International Commercial Arbitration Proceedings, Journal of International Arbitration, Vol. 20 (2003), S. 295 ff.
11 Auch nach Konstituierung des Schiedsgerichts sollen die Verfahren zügig und
im Hinblick auf die Verfahrenskosten effizient ablaufen. Art. 22 Abs. 1 hält das Schiedsgericht und die Parteien zu einer zügigen und kosteneffizienten Durchführung des Verfahrens „mit allen Mitteln“ an und betont damit die Relevanz dieser Verpflichtung für das Schiedsgericht. Das Schiedsgericht muss dabei die Komplexität des Rechtsstreits und den Streitwert berücksichtigen. So muss es bei einem für die Parteien bedeutsamem Verfahren den Sachverhalt u.U. intensiver aufklären, als bei einem einfach gelagerten Verfahren mit geringem Streitwert. Das Schiedsgericht soll dabei auch den Willen der Parteien berücksichtigen, um deren Rechtsstreit es geht. Wünschen sich die Parteien z.B. übereinstimmend lange Schriftsatzfristen, sollte das Schiedsgericht das nicht von vornherein unterbinden. Zugleich soll das Schiedsgericht aber die Parteien dazu anleiten, wie das Verfahren effizienter geführt werden könnte. Stets kommt es dabei auf die Gesamtumstände an. Art. 38 Abs. 5 gibt dem Schiedsgericht die Möglichkeit, bei der Entscheidung über die Kosten des Verfahrens das Verhalten der Parteien im Hinblick auf das Ausmaß, in dem jede Partei das Verfahren in einer zügigen und kosteneffizienten Weise betrieben hat, zu berücksichtigen.
12 Auch die ICC achtet darauf, dass Schiedsgerichte die Verfahren zügig führen. So
überwacht das Sekretariat den Fortschritt des Falls und überwacht Fristen sowie die Einhaltung des Art. 27. Das Sekretariat informiert den Gerichtshof vor jeder Verlängerung der Frist für den Erlass des Endschiedsspruchs über den aktuellen Status und die Gründe für die Verzögerung. Die ICC behält sich ausdrücklich vor, eine ineffiziente Verfahrensführung dadurch zu sanktionieren, dass der Gerichtshof diese bei der Festsetzung der Honorare der Schiedsrichter berücksichtigt (Art. 2 Abs. 2 Anhang III). In besonders schweren Fällen der ineffizienten Verfahrensführung kann der Gerichtshof Schiedsrichter auch ersetzen.
13 Um Schiedsverfahren effizient zu gestalten, hat die ICC eine Broschüre heraus-
gegeben, die Vorschläge enthält, wie Verfahren effizienter geführt werden können („Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration“). Zudem sieht auch die ICC-SchO unmittelbar konkrete Maßnahmen vor, um das Verfahren effizient zu gestalten. Hierzu zählen vor allem der Schiedsauftrag gemäß Art. 23, die Verfahrensmanagementkonferenz gemäß Art. 24 sowie die in Anhang IV beschriebenen Verfahrensmanagementtechniken.
14 Art. 22 Abs. 2 stellt eine Konkretisierung der Regelung des Art. 19 dar. Die
Norm hält das Schiedsgericht zur Gewährleistung eines effektiven Verfahrens dazu an, in jeder Phase des Verfahrens nach der Anhörung der Parteien entsprechende prozessuale Maßnahmen zu ergreifen, sofern diese nicht einer Vereinbarung der Parteien widersprechen (vgl. Art. 19). Er stellt auch klar, dass es sich bei diesen Maßnahmen um eine oder mehrere der im Anhang IV beschriebenen Verfahrensmanagementtechniken handeln kann. 358
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Ablauf des Schiedsverfahrens | Art. 22 ICC-SchO
In der Praxis taucht häufiger die Frage auf, ob und wie lange ein Schiedsgericht 15 das Verfahren aussetzen darf. Eine Aussetzung des Verfahrens bietet sich an, wenn eine andere (schieds-) gerichtliche Entscheidung vorgreiflich ist oder weil das Schiedsgericht den Ausgang eines Strafverfahrens abwarten möchte. In einer solchen Konstellation kann eine Aussetzung angebracht sein. Art. 22 Abs. 2 steht einer begründeten Aussetzung nicht entgegen.
C. Maßnahmen zum Schutz der Vertraulichkeit (Abs. 3) Literatur: Burianski/Reindl, Truth or Dare? The Conflict Between E-discovery in International Arbitration and German Data Protection Rules, SchiedsVZ 2010, 187 ff.; Clifford/ Scogings, Which law determines the confidentiality of commercial arbitration?, Arbitration International, Vol. 35 Issue 4 (2019), S. 391 ff.; Derains, Evidence and Confidentiality, ICC International Court of Arbitration Bulletin, Special Supplement 2009, Confidentiality in Arbitration: Commentaries on Rules, Statutes, Case Law and Practice, S. 57 ff.; Foden/ Repousis, Giving away home field advantage: the misguided attack on confidentiality in international commercial arbitration, Arbitration International, Vol. 35 Issue 4 (2019), S. 401 ff.; Haller, Protection of Business Secrets by Way of Protective Orders, SchiedsVZ 2013, 135 ff.; Kläsener/Dolgorukow, Die Überarbeitung der IBA-Regeln zur Beweisaufnahme in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2010, 302 ff.; Nacimiento, Abschied von der Vertraulichkeit im Schiedsverfahren?, Beilage zu BB 2001 Heft 31, 7 ff.; Oldenstam/von Pachelbel, Confidentiality and Arbitration – a few reflections and practical notes, SchiedsVZ 2006, 31 ff.; Paulsson/Rawding, The Trouble with Confidentiality, ICC International Court of Arbitration Bulletin, Vol. 5 No. 1 (1994), S. 48 ff.; Perkins, Protective Orders in International Arbitration, ASA Bulletin, Vol. 33 Issue 2 (2015), S. 274 ff.; Wittinghofer, Emmott v. Michael Wilson & Partners Ltd: Der englische Court of Appeal meint es ernst mit der Vertraulichkeit im Schiedsverfahren – oder nicht?, SchiedsVZ 2009, 156 ff.
Art. 22 Abs. 3 Var. 1 regelt die Möglichkeit des Schiedsgerichts – insb. auf An- 16 trag der Parteien –, Maßnahmen zum Schutz der Vertraulichkeit zu treffen. Art. 22 Abs. 3 Var. 2 stellt klar, dass derartige Verfügungen zum Zwecke des Schutzes der Vertraulichkeit nicht nur im Hinblick auf das Verfahren, sondern auch in Bezug auf „andere in Verbindung mit dem Schiedsverfahren stehenden Angelegenheiten erlassen“ werden können. Stellt eine Partei einen Antrag auf Erlass einer Verfügung i.S.d. Vorschrift, bspw. 17 wenn eine Partei Informationen über das Schiedsverfahren an die Presse weiterleitet, dann steht die Entscheidung, dem Antrag zu folgen und eine Verfügung zu erlassen, im Ermessen des Gerichts. Schiedsgerichte erlassen in einem solchen Fall meist sog. „Protective Orders“ (Schutzverfügungen), in welchen sie regeln, was in welchem Umfang der Vertraulichkeit unterliegt. Das Schiedsgericht kann hier verschiedene Maßnahmen ergreifen (vgl. Haller, SchiedsVZ 2013, 135 ff.): (1) Das Schiedsgericht kann anordnen, dass die Parteien die Existenz und Inhalt des Schiedsverfahrens geheim halten müssen und insb. darüber nicht mit der Presse sprechen dürfen. Haller
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Art. 22 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht (2) Das Schiedsgericht kann anordnen, dass bestimmte Unterlagen nur für das anhängige Schiedsverfahren verwendet werden dürfen. (3) Das Schiedsgericht kann anordnen, dass bestimmte Unterlagen nur von den Anwälten eingesehen werden dürfen. (4) Häufig sind auch Anordnungen, wonach Unterlagen nur einem sog. Discovery Agent vorgelegt werden (vgl. Art. 54 WIPO Arbitration Rules und Kläsener/Dolgorukow, SchiedsVZ 2010, 302 [307]; a.A. Ritz, § 27 I). Die IBA-Rules schlagen dieses Verfahren auch ausdrücklich vor (vgl. Art. 3 Abs. 8 der IBA-Rules). (5) Das Schiedsgericht kann anordnen, dass bestimmte Unterlagen nur geschwärzt vorgelegt werden dürfen. (6) Das Schiedsgericht darf jedoch nicht anordnen, dass nur das Schiedsgericht, nicht jedoch die andere Partei Unterlagen (vollständig) einsehen darf („In-Camera“-Verfahren). Dann hätte das Schiedsgericht gegenüber einer Partei einen Wissensvorsprung, d.h., die eine Partei wäre gehindert, Informationen zu kommentieren, die dem Schiedsgericht vorliegen. Dies widerspräche dem Recht auf rechtliches Gehör, wonach jede Partei alle Aspekte des Verfahrens kennen muss und kommentieren darf. 18 Die Möglichkeit, eine solche etwaige schiedsgerichtliche Anordnung unmittel-
bar zu vollstrecken oder ein Zwangsgeld zu verhängen, ist in aller Regel nicht gegeben, da sie meist als bloße verfahrensleitende Verfügung erlassen wird. Hält sich jedoch eine Partei nicht an diese Verfügung, verletzt sie zugleich Art. 22 Abs. 5 und damit die Schiedsvereinbarung und kann auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden. Ein Rechtsstreit über diese Ansprüche steht im Zusammenhang mit dem der Schiedsvereinbarung unterfallenden Rechtsverhältnis und unterfällt damit seinerseits der Schiedsvereinbarung. Im Eilrechtsschutz können aber auch staatliche Gerichte in Anspruch genommen werden (Art. 28 Abs. 2) mit dem Ziel, eine zwangs- bzw. ordnungsmittelbewehrte Unterlassungsverfügung zu erlangen.
19 Über diese Vorschrift hinaus findet sich in der ICC-SchO keine generelle Regelung
zur Vertraulichkeit des Verfahrens (anders Art. 9 der ICC-Mediations-Regeln). Es steht den Parteien freilich frei, eine entsprechende Regelung in die Schiedsklausel aufzunehmen. Vielfach vereinbaren Parteien allerdings keine generelle Vertraulichkeitsklausel. Z.B. kann eine Partei die Verpflichtung treffen, gerade über den Ausgang eines Schiedsverfahrens z.B. im Rahmen einer Gesellschafterversammlung oder im Rahmen von Ad-hoc-Publizitätspflichten zu berichten.
D. Neutralität des Schiedsgerichts und Anspruch auf rechtliches Gehör (Abs. 4) Literatur: Berger/Jensen, Due Process Paranoia and the procedural Judgment Rule, Arbitration International, Vol. 32 Issue 3 (2016), S. 415 ff.; Häberlein, Wie befangen darf ein
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Ablauf des Schiedsverfahrens | Art. 22 ICC-SchO Schiedsrichter sein?, Beilage zu BB 2003 Heft 47, 7 ff.; Pickrahn, The Road to Predictability in International Arbitration, SchiedsVZ 2016, 173 ff.; Raeschke-Kessler, Die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des Schiedsrichters – ein transnationales Rechtsproblem?, ASA Bulletin, Vol. 26 Issue 1 (2008), S. 3 ff.; Wilhelmi, Die Verletzung rechtlichen Gehörs im Schiedsgerichtsverfahren – Zugleich Besprechung von BGH Beschl. v. 18.7.2019 – I ZB 90/18, SchiedsVZ 2020, 30 ff.
Art. 22 Abs. 4 greift einen fundamentalen Grundsatz eines jeden rechtsstaatli- 20 chen Verfahrens auf: Das Schiedsgericht hat ein faires Verfahren zu gewährleisten und insb. unparteiisch zu handeln (s. dazu Art. 11 Abs. 1). Die Norm statuiert keine Pflicht der absoluten Gleichbehandlung der Parteien. Vielmehr erlaubt der Grundsatz des fairen Verfahrens auch ausgewogene Ungleichbehandlungen, wenn sie auf nachvollziehbaren Gründen basieren. Das Schiedsgericht darf einer Partei, die eine mündliche Ergänzung eines Vertrages zu beweisen versucht, mehr Raum für Zeugen einräumen als der Partei, welche sich für den abschließenden Charakter eines Vertrages auf die schriftliche Vertragsurkunde beruft. Das Schiedsgericht muss nicht zwingend identische Schriftsatzfristen einräumen, sondern darf auf die Umstände des Einzelfalles Rücksicht nehmen (Umfang des Sachvortrags, Berücksichtigung von Ferien-/ Abwesenheitszeiten, Fristverlängerungen). Reicht eine Partei einen Schriftsatz verspätet ein, kann dies zu einer Ungleichbehandlung führen, so dass das Schiedsgericht ggf. für Kompensation sorgen muss. Das Recht auf Gleichbehandlung und das Recht auf rechtliches Gehör erfordern, dass grds. beide Parteien gleichermaßen Zugang zu verfahrensrelevanten Informationen haben, bei mündlichen Verhandlungen gleichermaßen anwesend sein können etc. Das Schiedsgericht darf daher keine Informationen von einer Partei erhalten, die die andere Partei nicht erhält. Das Schiedsgericht muss jeder Partei ausreichend Gelegenheit einräumen, zur 21 Sache vorzutragen (Recht auf rechtliches Gehör). Dies setzt zunächst voraus, dass alle Parteien des Schiedsverfahrens von dem Schiedsverfahren in Kenntnis gesetzt werden. Weigert eine Partei sich, an dem Schiedsverfahren teilzunehmen, muss das Schiedsgericht sicherstellen, dass die Partei dennoch über das Schiedsverfahren informiert ist und bleibt (etwa durch Zusendung von Schriftsätzen, Verfügungen, etc. per Kurier mit Zustellbestätigung). Die nicht teilnehmende Partei muss nicht nur über den Verfahrensbeginn informiert werden, sondern muss fortlaufend dieselben Informationen erhalten wie die anderen Parteien, d.h. die Gelegenheit haben, sich auch im weiteren Verfahrensverlauf äußern zu können. Nimmt eine Partei an einer mündlichen Verhandlung nicht teil, kann diese aber dennoch durchgeführt werden, auch wenn die fehlende Partei dann die dort mündlich besprochenen Argumente oder die Beweisaufnahme nicht unmittelbar (allenfalls durch das Protokoll) wahrnehmen kann. Das Schiedsgericht muss die mündliche Verhandlung aber in dem Rahmen halten, den es zuvor angekündigt hat (z.B. in der den Parteien übermittelten Agenda für die mündliche Verhandlung). Aus dem Recht auf rechtliches Gehör folgt, dass das Schiedsgericht keine rechtlichen oder tatsächlichen Argumente seiner Entscheidung als maßgeblich zugrunde legen darf, die die Parteien vorher noch Haller
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Art. 22 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht nicht selbst angesprochen haben (Verbot der Überraschungsentscheidung), sondern muss den Parteien die Gelegenheit zur Stellungnahme geben. 22 Das Recht auf rechtliches Gehör gilt nicht unbegrenzt, d.h. die Parteien dürfen
nicht unendlich viel und lange vortragen. Vielmehr kann das Schiedsgericht hier Grenzen einziehen. Hier ist wichtig, dass die Parteien diese Grenze frühzeitig kennen und sich darauf einstellen können. Die Parteien müssen wissen, dass sie z.B. nach einer bestimmten Frist nichts Neues mehr vortragen dürfen und dass ein Schriftsatz zurückgewiesen werden wird, wenn sie sich an diese Begrenzung nicht halten. Auch kann das Schiedsgericht die Zahl der Schriftsätze, die Reihenfolge der abzuarbeitenden Themen etc. festlegen, ohne gegen das Recht auf rechtliches Gehör zu verstoßen. Das Schiedsgericht darf jedoch neuen Vortrag nicht deswegen ablehnen, weil es das Thema bereits für ausreichend erwiesen erachtet, weil es dann gerade nicht mehr die Argumente der Partei anhört, sondern das Ergebnis vorwegnimmt. Das Schiedsgericht darf demgegenüber Sachvortrag ausklammern, auf den es aus rechtlichen Gründen nicht ankommen kann.
23 Problematisch sind großvolumige Schiedsverfahren, bei denen große Anwalts-
teams abertausende Seiten Schriftsatz und abertausende Anlagen einreichen. Hier wird das Schiedsgericht an Grenzen stoßen und schlicht nicht mehr alles selbst wahrnehmen können – egal wie viel Zeit und Mühe es investiert. Das Schiedsgericht kann aber das Verfahren in handhabbare Abschnitte unterteilen oder kann den Parteien aufgeben, Sach- und Rechtsargumente in einer vorgegebenen Art und Weise zusammengefasst vorzutragen. Dadurch wird freilich das Recht auf rechtliches Gehör eingeschränkt. Solche Maßnahmen sind jedoch zulässig, weil sie gerade dazu dienen, dass das Schiedsgericht wieder in die Lage versetzt wird, den Parteivortrag wahrzunehmen und zu verarbeiten. Es dient damit insgesamt betrachtet dem Recht auf rechtliches Gehör. Solche Fälle sind zugegebenermaßen jedoch selten.
24 In einstweiligen Rechtsschutzmaßnahmen kann das Schiedsgericht zunächst
eine Maßnahme (vorläufig) anordnen und erst anschließend rechtliches Gehör gewähren. Das ist allerdings nur zulässig, wenn entweder eine Stellungnahme aufgrund der Eilbedürftigkeit nicht zu erlangen war oder weil eine solche den Sinn der Maßnahme konterkariert hätte.
25 Ausfluss des Rechts auf rechtliches Gehör ist, dass das Schiedsgericht im
Schiedsspruch auf die wesentlichen Argumente der Parteien eingehen muss.
26 Das Schiedsgericht trifft außerdem als Ausfluss des Anspruchs der Parteien auf
rechtliches Gehör die Verpflichtung, den Parteien ausreichend Gelegenheit zu geben, zur Sache vorzutragen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Parteivortrag völlig unbeschränkt zuzulassen ist. Vielmehr ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm („ausreichend“) eine Beschränkung auf ein vernünftiges Maß. Regelmäßig wird das Schiedsgericht den Parteien bereits im Wege einer verfahrensleitenden Verfügung Vorgaben dazu gemacht haben, welche Fristen für ihren Sachvortrag einzuhalten sind und wie viel Zeit ihnen im Rahmen der mündlichen Verhandlung für die Darstellung ihres Vorbringens zur Verfügung steht. 362
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Ablauf des Schiedsverfahrens | Art. 22 ICC-SchO
Ein solches Vorgehen des Gerichts bewegt sich auch unter Beachtung des Art. 22 Abs. 4 im Rahmen des Zulässigen. Führt eine Partei einen neuen Anspruch oder neue Tatsachen außerhalb des vorgesehenen Verfahrenskalenders in das Verfahren ein, muss zunächst das Schiedsgericht entscheiden, ob es diese zulässt. Häufig lassen Schiedsgerichte neuen Vortrag einfach zu, um sich bloß nicht des Vorwurfs auszusetzen, rechtliches Gehör nicht gewährt zu haben (häufig als „due process paranoia“ bezeichnet). Insoweit läuft das Schiedsgericht Gefahr, zu übersehen, dass es damit zugleich Rechte der anderen Partei einschränkt, etwa das Recht der Parteien auf eine zügige Entscheidung. Das Schiedsgericht wird i.d.R. neuen Vortrag zurückweisen dürfen, wenn es die Parteien zuvor auf eine solche Konsequenz hingewiesen hat (vgl. die Präklusionswirkung von Fristen). Lässt das Schiedsgericht neuen Vortrag zu, muss die andere Partei Gelegenheit haben, sich dazu äußern zu können. Vgl. im Übrigen Art. 23 Abs. 4.
E. Bindungswirkung von schiedsrichterlichen Verfügungen und Beschlüssen (Abs. 5) Art. 22 Abs. 5 stellt die generelle Verpflichtung der Parteien auf, die Verfügun- 27 gen und Beschlüsse des Schiedsgerichts unverzüglich zu befolgen. Diese Pflicht folgt auch unmittelbar aus der Schiedsvereinbarung der Parteien. Mit der Schiedsvereinbarung unterwerfen sich die Parteien gerade – im Rahmen der Verfahrensregeln – den Anordnungen des Schiedsgerichts und müssen diese daher befolgen. Verletzt eine Partei eine Verfügung des Schiedsgerichts, kann die andere Partei 28 die Rechtsfolgen einer solchen Verletzung (z.B. einen Schadensersatzanspruch) grds. noch im anhängigen Schiedsverfahren geltend machen (in den Grenzen des Art. 23 Abs. 4). Ist dies nicht mehr möglich (weil z.B. das Verfahren schon zu weit fortgeschritten ist), kann die Partei ein neues Schiedsverfahren einleiten. Eine Streitigkeit über die Verletzung der Schiedsvereinbarung ist von der Schiedsvereinbarung umfasst. Die Verpflichtung bezieht sich lediglich auf die verfahrensleitenden Entschei- 29 dungen des Schiedsgerichts. Die Verbindlichkeit eines verfahrensabschließenden Schiedsspruchs regelt hingegen Art. 35 Abs. 6.
F. Kosten Besondere Kosten entstehen den Parteien durch Art. 22 nicht. Im Gegenteil: Das 30 Effizienzgebot des Art. 22 Abs. 1 dient gerade dazu, die Kosten des Schiedsverfahrens zu reduzieren. Verhalten sich die Parteien allerdings im Widerspruch zu diesem Gebot, kann dies nach Art. 38 Abs. 5, der diesbezüglich zu berücksichtigen ist, negative Kostenfolgen haben (Art. 38 Rz. 42 ff.).
Haller
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Art. 23 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht G. Abweichende Parteivereinbarung 31 Die Parteien sind grds. frei, Einzelheiten zum Ablauf des Schiedsverfahrens selbst
zu regeln, selbst wenn sich das Verfahren dadurch objektiv verzögern mag. Gerade wenn es sich um ein für die Parteien bedeutendes Verfahren handelt und/oder wenn große Konzerne involviert sind, benötigen die Parteien etwas Zeit, um den Verfahrensstoff aufzuarbeiten und intern abzustimmen. Vorab können die Parteien nicht auf ihre grundlegenden Verfahrensrechte verzichten, wie auf das Recht auf rechtliches Gehör und das Recht auf Gleichbehandlung (vgl. Art. 22 Abs. 4).
Artikel 23 Schiedsauftrag (1) Sobald das Schiedsgericht vom Sekretariat die Schiedsverfahrensakten erhalten hat, formuliert es aufgrund der Aktenlage oder in Gegenwart der Parteien unter Berücksichtigung ihres aktuellen Vorbringens den Schiedsauftrag. Dieser enthält folgende Angaben: a) vollständigen Namen, Rechtsform, Adresse und sonstige Kontaktdaten jeder der Parteien und der Vertreter der Parteien im Schiedsverfahren; b) Adressen, an die alle Zustellungen und Mitteilungen im Verlauf des Schiedsverfahrens erfolgen können; c) zusammenfassende Darlegung des Vorbringens der Parteien und ihre Anträge unter Angabe der Höhe der bezifferten Ansprüche, und, soweit möglich, eine Schätzung des Geldwerts sonstiger Ansprüche; d) eine Liste der zu entscheidenden Streitfragen, es sei denn, das Schiedsgericht hält dies nicht für angemessen; e) vollständige Namen, Adressen und sonstige Kontaktdaten der Schiedsrichter; f) Ort des Schiedsverfahrens; und g) Einzelheiten hinsichtlich der anzuwendenden Verfahrensbestimmungen und, sofern dies zutrifft, einen Hinweis auf die Ermächtigung des Schiedsgerichts, als amiable compositeur oder ex aequo et bono zu entscheiden. (2) Der Schiedsauftrag ist von den Parteien und dem Schiedsgericht zu unterschreiben. Innerhalb von 30 Tagen nach Übergabe der Schiedsverfahrensakten übersendet das Schiedsgericht den von ihm und den Parteien unterschriebenen Schiedsauftrag dem Gerichtshof. Der Gerichtshof kann diese Frist auf begründeten Antrag des Schiedsgerichts oder von sich aus verlängern, falls er dies für notwendig erachtet. (3) Weigert sich eine der Parteien, bei der Formulierung des Schiedsauftrags mitzuwirken oder ihn zu unterschreiben, so wird dieser dem Gerichtshof zur Genehmigung vorgelegt. Sobald der Schiedsauftrag gemäß Artikel 23(2) unterschrieben oder vom Gerichtshof genehmigt worden ist, wird das Schiedsverfahren fortgesetzt. 364
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Schiedsauftrag | Art. 23 ICC-SchO
(4) Nachdem der Schiedsauftrag von den Parteien unterschrieben oder durch den Gerichtshof genehmigt worden ist, kann eine Partei neue Ansprüche nur geltend machen, soweit diese sich in den Grenzen des Schiedsauftrags halten oder das Schiedsgericht diese zugelassen hat. Das Schiedsgericht berücksichtigt dabei die Art der neuen Ansprüche, den Stand des Schiedsverfahrens und andere maßgebliche Umstände. Article 23: Terms of Reference (1) As soon as it has received the file from the Secretariat, the arbitral tribunal shall draw up, on the basis of documents or in the presence of the parties and in the light of their most recent submissions, a document defining its Terms of Reference. This document shall include the following particulars: a) the names in full, description, address and other contact details of each of the parties and of any person(s) representing a party in the arbitration; b) the addresses to which notifications and communications arising in the course of the arbitration may be made; c) a summary of the parties’ respective claims and of the relief sought by each party, together with the amounts of any quantified claims and, to the extent possible, an estimate of the monetary value of any other claims; d) unless the arbitral tribunal considers it inappropriate, a list of issues to be determined; e) the names in full, address and other contact details of each of the arbitrators; f) the place of the arbitration; and g) particulars of the applicable procedural rules and, if such is the case, reference to the power conferred upon the arbitral tribunal to act as amiable compositeur or to decide ex aequo et bono. (2) The Terms of Reference shall be signed by the parties and the arbitral tribunal. Within 30 days from the date on which the file has been transmitted to it, the arbitral tribunal shall transmit to the Court the Terms of Reference signed by it and by the parties. The Court may extend this time limit pursuant to a reasoned request from the arbitral tribunal or on its own initiative if it decides it is necessary to do so. (3) If any of the parties refuses to take part in the drawing up of the Terms of Reference or to sign the same, they shall be submitted to the Court for approval. When the Terms of Reference have been signed in accordance with Article 23(2) or approved by the Court, the arbitration shall proceed. (4) After the Terms of Reference have been signed or approved by the Court, no party shall make new claims which fall outside the limits of the Terms of Reference unless it has been authorized to do so by the arbitral tribunal, which shall consider the nature of such new claims, the stage of the arbitration and other relevant circumstances. Regelungsschwerpunkte: Die Vorschrift beschreibt den Inhalt des Schiedsauftrags und das Verfahren, nach dem er erstellt wird. Im beschleunigten Verfahren kommt sie nicht zur Anwendung (Art. 3 Abs. 1 Anhang VI). Abs. 1–2 Der Schiedsauftrag ist eine kollaborativ (→ Rz. 1 ff., 25) von den Verfahrensbeteiligten zu entwickelnde Verfahrensvereinbarung, die den Streitgegenstand fixiert und u.a. zur Effizienzsteigerung und Qualitätssicherung in der ICC-Schiedsgerichtsbarkeit beiträgt (→ Rz. 2 ff.); Abs. 3 Satz 1 Beteiligt sich eine Partei nicht an der Erstellung
Herzberg
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Art. 23 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht des Schiedsauftrags, bedarf dieser der Genehmigung des Gerichtshofs (→ Rz. 29 ff.); Abs. 4 Nach Unterzeichnung bzw. Genehmigung des Schiedsauftrags steht die Zulassung neuer Ansprüche, die sich nicht in den Grenzen des Schiedsauftrags halten, im Ermessen des Schiedsgerichts (→ Rz. 34 ff.). Kostenaspekte: Parteien und Schiedsgericht können in den Schiedsauftrag verfahrenskostenrechtliche Regelungen aller Art aufnehmen, z.B. solche, die Art. 38 Abs. 5 konkretisieren oder erweitern. Auch disziplinierende Maßnahmen zur Gewährleistung einer kosteneffizienten Verfahrensdurchführung und diesbezügliche Kriterien können Gegenstand des Schiedsauftrags ein (→ Rz. 22). A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Änderungshistorie . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Inhalt des Schiedsauftrags (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Katalog des Abs. 1 Satz 2 . . . . . . II. Weitere Inhalte . . . . . . . . . . . . F. Verfahrensfragen und Mitwirkungspflicht (Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 3) . . . . . . . . . . . I. Erarbeitung des Schiedsauftrags (Abs. 1 Satz 1) . . . . . . . . . . . . .
__ _ _ ___ 1 6 7
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II. Frist, Unterzeichnung und Übersendung an den Gerichtshof (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 III. Verfahrensweise bei Nichtmitwirkung einer Partei (Abs. 3 Satz 1) 29 IV. Fortgang des Verfahrens (Abs. 3 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 G. Prozessuale Präklusion (Abs. 4) I. „Neuheit“ von Ansprüchen (Abs. 4 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . II. „Grenzen des Schiedsauftrags“ (Abs. 4 Satz 1 Var. 1) . . . . . . . . III. Zulassung durch das Schiedsgericht (Abs. 1 Satz 1 Var. 2 i.V.m. Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . H. Abweichende Parteivereinbarungen; nachträgliche Änderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34 35 37 39
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Literatur: Goldsmith, How to draft Terms of Reference, Arbitration International Vol. 3 Issue 4 (1987), S. 278 ff.; Greenberg/Secomb, Terms of Reference and Negative Jurisdictional Decisions: A lesson from Australia, Arbitration International Vol. 18 Issue 2 (2002), S. 125 ff.; Greineder, The Limitations of Soft Law Instruments and Good Practice Protocols in International Commercial Arbitration, ASA Bulletin, Vol 36 Issue 4 (2018), S. 907 ff.; Greineder/Medvedskaya, Beyond High Hopes and Dark Fears: towards a Deflationary View of Soft Law in International Arbitration, ASA Bulletin, Vol. 38 Issue 2 (2020), S. 414 ff.; Karrer, Pros and Cons of Terms of Reference and Specific Procedural Agreements in Arbitration Clauses: Storm in to Calm the Sea, in: ICCA Congress Series No. 7 (1994), 73; Lazareff, Terms of Reference, ICC Court Bulletin, Vol. 17 No. 1 (2006), S. 21 ff.; Lazareff/Schäfer, The 1992 Practical Guide on Terms of Reference Revisited, ICC Court Bulletin, Vol. 10 No. 2 (1999), S. 14 ff.; Nicklisch, Terms of Reference, RIW 1988, 673 ff.; Reiner, Terms of Reference: The Function of the International Court of Arbitration and Application of Article 16, ICC Court Bulletin, Vol. 7 No. 2 (1996), S. 59 ff.; Sanders, The Terms of Reference in ICC Arbitration, in FS Briner, 2005, S. 693 ff.; Sandrock, Die „Terms of Reference“ und die Grenzen ihrer Präklusionswirkung – Ein Rechtsinstitut der Verfahrensordnung des Schiedsgerichtshofs der Internationalen Handelskammer in Paris und seine Geheimnisse, RIW 1987, 649 ff.; Schäfer, Terms of Reference in the Past and at
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Schiedsauftrag | Art. 23 ICC-SchO Present, ICC Court Bulletin, Vol. 3 No. 1 (1992), S. 8 ff.; Schwartz, ‚New Claims‘ in ICC Arbitration: Navigating Article 19 of the ICC Rules, ICC Court Bulletin, Vol. 17 No. 2 (2006), S. 55 ff.; Wagner/Bülau, Procedural Orders by Arbitral Tribunals: In the Stays of Party Agreements?, SchiedsVZ 2013, 6 ff.; Webster, Terms of Reference and French Annulment Proceedings, Journal of International Arbitration, Vol. 20 Issue 6 (2003), S. 561 ff.
A. Normzweck Die – gemäß Art. 3 Abs. 1 Anhang VI im beschleunigten Verfahren nicht an- 1 wendbare – Vorschrift regelt den Inhalt sowie das Verfahren zur Erstellung des Schiedsauftrags („terms of reference“, „acte de mission“). Dieses dem ICCSchiedsverfahren eigene Institut ist ein von den Verfahrensbeteiligten idealiter gemeinsam (kollaborativ) zu entwickelndes Dokument, das die prozessualen und ggf. auch die materiellen Rechtsverhältnisse zwischen den Parteien untereinander sowie mit dem Schiedsgericht (aus-)gestaltet. Die abstrakt-generellen Regelungen der SchO ergänzt der Schiedsauftrag um einen konkret-individuellen Rahmen für das jeweilige Schiedsverfahren. Seiner Entstehungsgeschichte nach ist er rechtsgeschäftlichen Ursprungs (Rz. 4), seine heutigen Funktionen gehen jedoch über die bloße Konkretisierung der Schiedsvereinbarung bzw. der Schiedsrichterverträge weit hinaus. 2 Art. 23 verleiht dem Schiedsauftrag einen multifunktionalen Rahmen. Er (i) fixiert den Streitgenstand – die spätere Geltendmachung von Ansprüchen, die sich nicht „in den Grenzen des Schiedsauftrags“ halten, ist eingeschränkt (Art. 23 Abs. 4 Satz 1 Var. 2) (Kristallisierungs- bzw. Präklusionsfunktion des Schiedsauftrags); (ii) erleichtert dem Schiedsgericht die Erstellung eines dem Parteivorbringen gerecht werdenden Schiedsspruchentwurfs und dem Gerichtshof die Prüfung dieses Entwurfs ganz erheblich, erhöht dadurch die Qualität von ICC-Schiedssprüchen und beugt so zugleich der Gefahr von Schiedsspruchaufhebungen bzw. von Negativentscheiden in Vollstreckbarerklärungsverfahren vor (Qualitätssicherungsfunktion des Schiedsauftrags); (iii) erleichtert dem Gerichtshof und dem Sekretariat durch Angaben auch zu ggf. bisher noch unbezifferten (Teil-)Streitwerten das Verfahrensmanagement hinsichtlich der finanziellen Aspekte des Schiedsverfahrens (Kostenüberwachungsfunktion des Schiedsauftrags).
Die vorgenannten Funktionen des Schiedsauftrags erfüllt dieser regelmäßig auch 3 dann, wenn ihn nicht alle Parteien unterzeichnet haben, d.h. also auch dann, wenn er durch den Gerichtshof genehmigt wurde (Art. 23 Abs. 3 Satz 1; dazu Rz. 29 ff.). Nur bei Unterzeichnung durch alle Parteien ermöglicht der Schiedsauftrag zudem 4 (i) durch die Aufnahme neuer bzw. die Klarstellung bestehender verfahrensbezogener Vereinbarungen eine die Besonderheiten des Einzelfalls berückHerzberg
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Art. 23 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht sichtigende, effiziente und zugleich hinreichend flexible Verfahrensführung unter Beseitigung zuvor etwa bestehender Unsicherheiten (z.B. zu Fragen des anwendbaren Rechts, der Einschlägigkeit welcher von möglicherweise mehreren Schiedsvereinbarungen, der Stellung gestaffelt gestellter Anträge in ein Haupt-/Hilfsverhältnis usw.), stellt dann also in gegenständlicher Hinsicht das Pendant zu dem die zeitlichen Aspekte der Verfahrensgestaltung behandelnden Verfahrenskalender (Art. 24 Abs. 2) dar (Verfahrensmanagementfunktion des Schiedsauftrags); (ii) durch die Aufnahme einer Vielzahl von Bestimmungen zu im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren auftretenden Einzelfragen und Konkretisierungen auch des materiell-rechtlichen, d.h. (schiedsrichter-)vertraglichen Rechtsverhältnisses zwischen Parteien und Schiedsrichtern (rechtsgeschäftliche Funktion des Schiedsauftrags); diese Funktion stand früher beim Schiedsauftrag im Vordergrund, wurde jedoch in den letzten Jahrzehnten zunehmend durch die vorgenannten prozessualen Aspekte in den Hintergrund gedrängt. In keinem Fall bildet der Schiedsauftrag die originäre rechtsgeschäftliche Basis für das Tätigwerden der Schiedsrichter. Schiedsrichterverträge (dazu Einleitung Rz. 3) kommen bereits mit der Ernennung bzw. Bestätigung eines Schiedsrichters zustande, durch die die ICC namens der Parteien das in Art. 11 Abs. 2 als „Annahmeerklärung“ bezeichnete Angebot des Kandidaten annimmt (Art. 11 Abs. 5; vgl. Art. 11 Rz. 74). 5 In der Unterzeichnung des Schiedsauftrags kann eine Unterwerfung unter die
Zuständigkeit des Schiedsgerichts oder – je nach anwendbarem Verfahrensrecht – eine rügelose Einlassung liegen. Andererseits ist es ohne weiteres zulässig und stellt insb. keinen Fall widersprüchlichen Verhaltens dar, den Schiedsauftrag unter ausdrücklichem Vorbehalt bzw. unter ausdrücklicher Aufrechterhaltung der Zuständigkeitsrüge zu unterzeichnen. In diesem Fall geht die entsprechende Einwendung nicht verloren.
B. Änderungshistorie 6 Seit der Reform 2017 ist die Erstellung eines Schiedsauftrags nicht mehr in je-
dem ICC-Schiedsverfahren nötig. Wenn die mit der ICC-SchO 2017 eingeführten Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren anwendbar sind, muss kein Schiedsauftrag erstellt werden (Art. 3 Abs. 1 Anhang VI). Die Frist für die Übermittlung des unterzeichneten Schiedsauftrags wurde zugleich von zwei Monaten auf 30 Tage verkürzt.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 7 Die ZPO sieht die Erstellung eines Schiedsauftrags nicht vor, steht der – in der
Einigung auf die ICC-SchO enthaltenen – Vereinbarung eines entsprechenden Verfahrens aber auch nicht entgegen. Art. 23 Abs. 4 geht, soweit er Widerklagen 368
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Schiedsauftrag | Art. 23 ICC-SchO
erfasst, § 1046 Abs. 3, 2 ZPO vor, der abweichende Parteivereinbarungen ausdrücklich zulässt.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im Verfahren vor staatlichen Gerichten existieren keine zum Schiedsauftrag 8 funktionsäquivalenten Rechtsinstitute. Der Regelungsgegenstand von Art. 23 Abs. 4 entspricht dem des § 263 ZPO (näher Rz. 34).
E. Inhalt des Schiedsauftrags (Abs. 1) Zum Inhalt des Schiedsauftrags enthält Art. 23 Abs. 1 Satz 1 die selbstverständli- 9 che Maßgabe, dass dieser „unter Berücksichtigung des aktuellen Vorbringens der Parteien“ zu entwerfen ist. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 enthält einen Katalog derjenigen Elemente, die der Schiedsauftrag mindestens enthalten muss (Rz. 10 ff.). Parteien und Schiedsgericht können den Schiedsauftrag um weitere, fakultative Elemente ergänzen (Rz. 21 ff.).
I. Katalog des Abs. 1 Satz 2 Angaben zu den Parteien (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a). Die vollständigen 10 Namen der Parteien sind anzugeben. Das kann bei einer nicht in ein (Handels-) Register eingetragenen Gesellschaft auch die Namhaftmachung der einzelnen Gesellschafter erforderlich machen (etwa bei einer nicht werbend und daher nicht unter eigener Bezeichnung aufgetretenen „ARGE“ oder einem Konsortium). Auch kann Gelegenheit bestehen, etwaige Falschbezeichnungen in der Schiedsklage einvernehmlich glattzuziehen, wobei eine Erweiterung um weitere Parteien nur nach Maßgabe von Art. 7 möglich ist. Sind natürliche Personen am Rechtsstreit beteiligt, kann bereits zu diesem Zeitpunkt die nähere Identifikation durch Geburtsdatum, Geburtsort und Staatsangehörigkeit angezeigt sein. Wenn eine insolvent (gewordene) Partei am Schiedsverfahren beteiligt ist, kann nach dem anwendbaren Recht ein Parteiwechsel eingetreten sein (Art. 38 Rz. 57). Soweit Art. 23 Abs. 1 Satz 2 Buchst. a anordnet, dass Angaben zu den Vertretern der Parteien im Schiedsverfahren zu machen sind, meint das bei anwaltlich vertretenen Parteien deren Prozessbevollmächtigte. Es empfiehlt sich aber, in jedem Fall auch Angaben zu den organschaftlichen bzw. gesetzlichen Vertretungsberechtigten der Parteien aufzunehmen. Siehe zum Ganzen auch Art. 4 Rz. 18 ff. Adressen für Zustellungen (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b). Die Vorschrift ist 11 im Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 2 zu sehen; vgl. Art. 3 Rz. 29 ff. Herzberg
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Art. 23 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 12 Zusammenfassende Darlegung des Vorbringens und Schätzung des Geld-
werts sonstiger Ansprüche (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c). Der Kern des tatsächlichen Vortrags der Parteien muss sich – schon wegen Art. 23 Abs. 4 – aus dem Schiedsauftrag ergeben, wobei dieser den Vortrag nicht vollumfänglich wiedergeben muss; auch werden die in diesem Zusammenhang zu berücksichtigenden Parteieingaben nur in seltenen Fällen über die Schiedsklage und -antwort hinausgehen. Zur konkreten Form der Aufbereitung existieren keine zwingenden Maßgaben. Die Trennung nach unstreitigem und streitigem Sachverhalt bietet sich an, wobei allerdings in diesem frühen Verfahrensstadium eine Aufteilung des streitigen Sachverhalts auf die Parteien unter Beweislastgesichtspunkten – wie im deutschen Zivilurteil üblich – nicht in Betracht kommt. Redundanzen im Bereich der Wiedergabe des streitigen Vortrags sind daher hinzunehmen. Rechtlicher Vortrag der Parteien ist jedenfalls insoweit aufzunehmen, als er die „Art der Ansprüche“ (Art. 23 Abs. 4 Satz 2) und deren Grundlage (Art. 4 Abs. 1 Buchst. c) zum Gegenstand hat. Auch Einreden und sonstige Gegenrechte (Aufrechnung, Zurückbehaltungsrecht, Verjährung usw.) sind mitaufzunehmen. Die (Sach-)Anträge der Parteien sind im Wortlaut wiederzugeben. Wegen der Angaben zum Streitwert vgl. Art. 4 Rz. 31 ff.; die Aktualisierung dieser Angaben im Schiedsauftrag ermöglicht es dem Sekretariat, zu überprüfen, ob die festgesetzten Vorschüsse (noch) ausreichen und ggf. rechtzeitig eine Erhöhung einzuleiten. An die bisherigen, streitwertbezogenen Annahmen von Sekretariat, Generalsekretär und Gerichtshof sind Parteien und Schiedsgericht nicht gebunden. Umgekehrt werden Sekretariat, Generalsekretär und Gerichtshof nach Unterzeichnung oder Genehmigung des Schiedsspruchs grds. den dort angegebenen Streitwert zu Grunde legen, wobei eine förmliche Bindung auch insoweit schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil Umgehungen des Art. 2 Abs. 4 Anhang III dann nicht vorgebeugt werden könnte. Die Nennung eines Streitwertes im Schiedsauftrag bedeutet nicht, dass sich dieser während des Verfahrens nicht nach oben oder unten ändern kann. Kommt es insoweit zu keiner Einigung, sind Schiedsgericht, Sekretariat, Generalsekretär und Gerichtshof im Rahmen ihrer Zuständigkeiten zur eigenständigen Weiterentwicklung des Streitwertes berechtigt.
13 Liste zu entscheidender Streitfragen (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d). Eine sol-
che Liste kann sowohl tatsächliche als auch rechtliche Streitfragen beinhalten. Für das Schiedsgericht kann sie bei der Erstellung des Verfahrenskalenders und auch später noch – bspw. bei der Zeitplanung für eine mündliche Verhandlung – von Vorteil sein. Den Parteien kann sie helfen, ihr Vorbringen zu strukturieren. Jedenfalls die in der Liste angesprochenen Fragen werden die Parteien in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung zu adressieren haben. Ihre Bedeutung sollte aber auch nicht überschätzt werden. Insbesondere im Rahmen des Art. 23 Abs. 4 hat die „Liste“ nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 Buchst. d regelmäßig allenfalls indizielle Bedeutung, zumal sie in der Praxis fast stets ausdrücklich als nicht erschöpfend gekennzeichnet wird. Nach freiem, nicht nachprüfbarem Ermessen kann das Schiedsgericht von der Aufnahme der Liste in den Schiedsauftrag absehen, wenn es diese „nicht für angemessen“ hält. So wird vielfach von der Erstellung der Liste abgesehen, wenn eine Partei sich an dem 370
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Schiedsauftrag | Art. 23 ICC-SchO
Schiedsverfahren nicht beteiligt oder wenn das Vorbringen der Parteien noch nicht konkret genug ist. Auch kann ein Absehen von der Erstellung der Liste angezeigt sein, wenn es in der Natur des Streitgegenstands liegt, dass dieser sich noch ändert, etwa, weil absehbar ist, dass (Teil-)Erledigung eintreten könnte, dass Ansprüche erst im späteren Verlauf des Schiedsverfahrens quantifiziert werden können oder dass die maßgeblichen tatsächlichen Vorgänge aus anderen Gründen noch nicht abgeschlossen sind („facta pendentia“, „facta futura“, insb. in Investitionsschiedsverfahren, aber auch in komplexen Gewährleistungsprozessen mit mehrgliedrigen Lieferketten und sich mit erheblicher zeitlicher Verzögerung manifestierenden [Weiterfresser-]Schäden). Vollständige Namen, Adressen und sonstige Kontaktdaten der Schiedsrichter 14 (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 Buchst. e). Entsprechende Angaben sollten auch zum zuständigen Referenten des Sekretariats (Art. 1 Rz. 23 f.) sowie zu einem etwa bestellten Verwaltungssekretär (Vor Art. 11 Rz. 11 ff.) nicht fehlen. Ort des Schiedsverfahrens (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 Buchst. f). Vgl. Art. 18.
15
Einzelheiten zu Verfahrensbestimmungen und Hinweis nach Art. 23 Abs. 1 16 Satz 2 Buchst. g. Die anzuwendenden Verfahrensbestimmungen können sich aus der Schiedsvereinbarung oder dem am Schiedsort anwendbaren Schiedsverfahrensrecht ergeben. Sie können aber auch im Schiedsauftrag erstmals neu rechtsgeschäftlich begründet werden. Letzteres setzt voraus, dass alle Parteien den Schiedsauftrag unterzeichnen; ist dies nicht der Fall, muss der Schiedsauftrag gemäß Art. 23 Abs. 3 vom Gerichtshof genehmigt werden. In diesem Fall darf er keine neuen (verfahrensrechtlichen oder sonstigen) Vereinbarungen der Parteien enthalten (s. Rz. 22). Für einseitige verfahrensrechtliche Verfügungen des Schiedsgerichts, zu de- 17 nen dieses im Rahmen seiner Sachleitungsbefugnis gemäß Art. 22 Abs. 2 befugt ist, ist der Schiedsauftrag nicht der richtige Ort. Kann nicht mit allen Parteien eine Einigung über den Inhalt verfahrensrechtlicher Regelungen erzielt werden, müssen die entsprechenden Regelungsgegenstände in unilaterale prozessleitende Verfügungen des Schiedsgerichts ausgelagert werden. Zweck des Schiedsauftrags ist es nicht, eine Art „Gegenzeichnungsverfahren“ für prozessuale Anordnungen des Schiedsgerichts einzuführen. Der Schiedsauftrag kann aber auf einseitige, verfahrensrechtliche Verfügungen des Schiedsgerichts, insb. die regelmäßig detaillierten Vorschriften zum Verfahrensablauf beinhaltende Verfahrensleitende Verfügung Nr. 1 des Schiedsgerichts (dazu Art. 19 Rz. 13), verweisen. In der Praxis ist vielfach die Tendenz zu beobachten, dass selbst solche Regelungen, über die die Parteien Einigung erzielt haben, ihren Weg nicht in den Schiedsauftrag, sondern in die erste verfahrensleitende Verfügung finden, damit das Schiedsgericht von diesen Regelungen ggf. auch ohne Zustimmung der Parteien wieder abweichen kann (Art. 19 Rz. 16 ff., 23). Oft arbeiten Schiedsaufträge mit kaskadenartigen Regelungen, mit denen die 18 Rangfolge von Verfahrensvorschriften verschiedener Provenienz (z.T. im Hinblick auf deren zwingenden Charakter rein deklaratorisch) festgelegt wird (etwa 1. die Herzberg
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Art. 23 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht zwingenden Verfahrensvorschriften am Schiedsort, 2. die Verfahrensvorschriften der ICC-SchO, von denen Parteien und Schiedsgericht nicht abweichen können, 3. die Regelungen des Schiedsauftrags, 4. die prozessleitenden Verfügungen des Schiedsgerichts, 4. die Verfahrensvorschriften der ICC-SchO, von denen Parteien und Schiedsgericht abweichen können, 5. die nicht zwingenden Verfahrensvorschriften am Schiedsort). Ganz frei von Tücken sind diese Kaskaden aber nicht, da die Auslegung von Regelungen des Schiedsauftrags und von verfahrensleitenden Verfügungen sich regelmäßig an nachgeordneten Instrumenten wie der ICC-SchO oder dem nicht zwingenden Recht am Schiedsort zu orientieren haben wird. 19 In jedem Fall sollten verfahrensrechtliche Regelungen – gleich, ob sie in den
Schiedsauftragsentwurf oder in den Entwurf einer prozessleitenden Verfügung Eingang finden – auf die besonderen Verhältnisse des Einzelfalls zugeschnitten sein. Kleinere Schiedsverfahren mit moderaten Streitwerten sollten nicht mit komplizierten und kostenträchtigen Regelungen überfrachtet werden, wie sie für Großverfahren entwickelt wurden. Diese Wertung liegt auch der Herausnahme beschleunigter Verfahren aus dem Schiedsauftragsverfahren (Art. 3 Abs. 1 Anhang VI) zu Grunde. Ohnehin kann, wie bspw. die COVID-19-Pandemie gezeigt hat, selbst in größeren Verfahren nicht jede mögliche Entwicklung durch extrem kasuistische Verfahrensregelungen antizipiert werden; situativen Reaktionen im Rahmen der Sachleitungsbefugnis (Art. 22 Abs. 2) des Schiedsgerichts wird stets eine hohe Bedeutung zukommen.
20 Wegen der Bezugnahme auf besondere Ermächtigungen gemäß Art. 21 Abs. 3
(ex aequo et bono, amiable compositeur) s. Art. 21 Rz. 47 ff.
II. Weitere Inhalte 21 Obschon formal nur fakultativ erwartet die ICC faktisch, dass der Schiedsauftrag
auch noch eine Reihe weiterer Elemente enthält. Hierzu zählt insb. ein Abriss der Prozessgeschichte, aus dem sich ergeben: das Datum der Verfahrenseinleitung (Art. 4 Abs. 2) sowie – jeweils unter Nennung des jeweiligen Datums – Angaben zu Vorschussfestsetzungen und entsprechenden Zahlungseingängen, zu einem etwaigen Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 4, zur Einbeziehung zusätzlicher Parteien (Art. 7) oder zur Konsolidierung von Verfahren (Art. 10) und nicht zuletzt zu allen auf die Konstituierung des Schiedsgerichtes gerichteten Akten (Art. 11 ff.). Des Weiteren werden üblicherweise die Schiedsvereinbarung sowie etwaige Vereinbarungen zum anwendbaren Sachrecht, auf die sich die (wider-)klagende Partei stützt, in den Schiedsauftrag aufgenommen. Bestehen seitens einer anderen Partei Vorbehalte gegen die Wirksamkeit oder Anwendbarkeit der entsprechenden Vereinbarung, können diese selbstverständlich ebenfalls Eingang finden.
22 Neue verfahrensrechtliche Vereinbarungen der Parteien untereinander sowie
mit dem Schiedsgericht sind im Schiedsauftrag nur möglich, wenn alle Parteien den Schiedsauftrag unterzeichnen. Hierher gehören bspw. jede Änderung 372
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Schiedsauftrag | Art. 23 ICC-SchO
oder Ergänzung der Schiedsvereinbarung, etwa mit Blick auf die Verfahrenssprache oder den Schiedsort; jede Bestätigung, dass die Schiedsrichter in Übereinstimmung mit der Parteivereinbarung und/oder der ICC-SchO bestellt wurden oder sonst das Verfahren ordnungsgemäß geführt wurde; jeder verbindliche Verzicht auf prozessuale Rügen (der Besetzung, der Zuständigkeit etc.); jede Einigung auf das anwendbare Sachrecht; jede Einigung oder jeder Verzicht auf die Durchführung bestimmter Beweisermittlungen oder -erhebungen (bspw. discovery) oder auf ergänzend – und sei es auch nur als „soft law“ ohne bindende Wirkung – heranzuziehende Regelwerke wie etwa die IBA-Rules; Regelungen zu Sachverständigen und Hearings; Ermächtigung des Vorsitzenden, verfahrensleitende Verfügungen im Namen des (Dreier-)Schiedsgerichts allein zu unterschreiben. Auch für Regelungen und Angaben (bspw. zu Umsatzsteueridentifikationsnummern der Parteien) zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Schiedsrichterhonoraren und -auslagen sowie von ICC-Verwaltungskosten, zur Frage, ob das Verfahren vertraulich geführt werden soll und zur DSGVO ist der Schiedsauftrag der richtige Regelungsstandort nur, wenn alle Parteien einverstanden sind. Zudem kann (nur!) im Schiedsauftrag eine etwaige, dem Schiedsgericht von den Parteien erteilte, ausdrückliche Ermächtigung zur Förderung einer vergleichsweisen Streitbeilegung enthalten sein; einer solchen ausdrücklichen Ermächtigung bedarf es – anders als im staatlichen Verfahren – im ICCSchiedsverfahren auch mit deutschem Schiedsort, vgl. Buchst. h (ii) Anhang IV sowie Art. 22 Rz. 5. Schließlich sind (nur!) im Schiedsauftrag auch sonstige verfahrenskostenrechtliche Regelungen möglich, etwa solche, die Art. 38 Abs. 5 konkretisieren oder erweitern, oder disziplinierende Maßnahmen zur Gewährleistung einer kosteneffizienten Verfahrensdurchführung und diesbezügliche Kriterien. Richtiger Regelungsstandort für all diese Materien ist im Falle der Nichtbeteiligung einer Partei nicht der Schiedsauftrag, sondern – sofern einseitige Regelung durch das Schiedsgericht dem Gegenstand nach überhaupt möglich ist – die unilaterale verfahrensleitende Verfügung Nr. 1 des Schiedsgerichts, das den Parteien freilich regelmäßig vorab rechtliches Gehör zu den beabsichtigten Maßgaben gewähren wird. Dadurch wird eine verfahrensleitende Verfügung indes nicht ihrerseits zur Parteivereinbarung (a.A. für ein Ad-hocVerfahren ohne Schiedsauftrag OLG Frankfurt am Main v. 17.2.2011 – 26 Sch 13/10, SchiedsVZ 2013, 49; wie hier Wagner/Bülau, SchiedsVZ 2013, 6).
F. Verfahrensfragen und Mitwirkungspflicht (Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 3) I. Erarbeitung des Schiedsauftrags (Abs. 1 Satz 1) Die Formulierung des Schiedsauftrags ist Sache des Schiedsgerichts (Art. 23 23 Abs. 1 Satz 1), und zwar sobald es die Akten vom Sekretariat erhalten hat. Konkret bedeutet dies, dass das Schiedsgericht unmittelbar nach Erhalt der Akten (Art. 16) einen ersten Entwurf des Schiedsauftrags zu erstellen hat (s. zum SonHerzberg
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Art. 23 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht derfall einer fehlenden Sprachregelung aber Art. 20 Rz. 1 ff.), der den Parteien im Normalfall innerhalb der ersten zwei Wochen (zweckmäßigerweise per EMail) zuzuleiten ist. Der Entwurf wird dabei in der Praxis nach Aktenlage erstellt; die nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 ebenfalls zulässige Formulierung „in Gegenwart der Parteien“ begegnet faktisch nicht mehr. Vor Zusendung des ersten Schiedsauftragsentwurfs an die Parteien stimmen etliche Schiedsrichter diesen informell mit dem Sekretariat ab. Vorgeschrieben ist dies nicht, doch hat es sich bewährt, dass das Sekretariat Anregungen zur Optimierung des Entwurfs gibt. Da es dies auch tut, wenn es erst zeitgleich mit den Parteien vom Entwurf Kenntnis erlangt, werden durch eine vorgängige Befassung des Sekretariats Effizienzverluste vermieden. Diese „Schleife“ vollzieht sich außerhalb der Wahrnehmung der Parteien. In jedem Fall ist ein Entwurf zu erstellen, der auf den Einzelfall maßgeschneidert ist (Rz. 19). 24 Flexible Handhabung durch das Schiedsgericht. Häufig wird das Schiedsgericht
die Zusendung des Schiedsauftragsentwurfs mit der Zusendung der Entwürfe der Verfahrensleitenden Verfügung Nr. 1 sowie des Verfahrenskalenders (Art. 24 Abs. 2) verbinden und zur Besprechung aller drei Entwürfe die obligatorische Verfahrensmanagementkonferenz (Art. 24 Abs. 1) ansetzen; zwingend ist diese Reihenfolge allerdings nicht. Insbesondere hinsichtlich des Verfahrenskalenders bietet sich zunächst ein Austausch im Wege der Verfahrensmanagementkonferenz an, da hier etliche Variablen bestehen. Zunehmend geben Schiedsgerichte auch den Parteien auf, den Verfahrenskalender gemeinsam zu erarbeiten.
25 Die Erarbeitung des Schiedsauftrags ist im Idealfall ein kollaborativer Prozess
aller Verfahrensbeteiligten. Rechtlich sind die Parteien durch Art. 23 Abs. 1 verpflichtet, an inhaltlich richtigen Schiedsaufträgen mitzuwirken. Es ist daher nichts dagegen zu erinnern, wenn das Schiedsgericht auf eine eigenständige Zusammenfassung des Inhalts des Parteivortrags gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c (zunächst) verzichtet und es den Parteien überlässt, ihren eigenen Vortrag zusammenzufassen. Umgekehrt ist es aber auch nicht zu beanstanden, sondern im Gegenteil begrüßenswert, wenn das Schiedsgericht sich – was zunehmend zu beobachten ist – selbst die Mühe macht, den Parteivortrag zu gewichten und zusammenzufassen. Beteiligt sich eine der Parteien nicht an der Erstellung des Schiedsauftrags, bleibt dem Schiedsgericht ohnehin nichts anderes übrig.
II. Frist, Unterzeichnung und Übersendung an den Gerichtshof (Abs. 2) 26 Binnen eines Monats nach Aktenübergabe (Art. 16) ist der Schiedsauftrag von
allen Parteien und dem Schiedsgericht zu unterschreiben und an den Gerichtshof (d.h. in der Praxis: an das Sekretariat) zu übersenden (Art. 23 Abs. 2 Satz 1). Die Unterzeichnung eines keine neuen Parteivereinbarungen beinhaltenden, ordnungsgemäßen Schiedsauftrages ist Vertragspflicht der Parteien aus der Schiedsvereinbarung. 374
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Schiedsauftrag | Art. 23 ICC-SchO
Haben alle Parteien den Schiedsauftrag unterzeichnet, setzt das Datum (bzw., 27 wenn für jede Unterschrift ein Datum vorgesehen ist, das der letzten Unterschrift) die Sechs-Monats-Frist für den Erlass des Schiedsspruchs in Gang (Art. 31 Abs. 1 Satz 2). Der Schiedsauftrag bedarf in diesem Fall nicht der Genehmigung des Gerichtshofs, sondern wird diesem lediglich zur Kenntnis gebracht. Der Einzelschiedsrichter oder der Vorsitzende zirkuliert hierzu eine physische Ausfertigung des Schiedsauftrags für den Gerichtshof sowie weitere Ausfertigungen für die Parteien bzw. ihre Bevollmächtigten und für die Mitschiedsrichter. Die Ausfertigungen müssen handschriftlich unterzeichnet und dem Gerichtshof muss mindestens eine Ausfertigung übersandt werden, die die handschriftlichen Unterschriften im Original beinhaltet. Eine Erstellung oder verbindliche Übermittlung per Telefax, E-Mail o.Ä. ist nicht vorgesehen, doch kann das Schiedsgericht dem Sekretariat Scans der Hardcopies vorab per E-Mail übersenden. Ebenso wenig ist es vorgesehen, dass die Mitschiedsrichter den Vorsitzenden dazu ermächtigen, für sie die Unterschrift zu leisten. Anerkanntermaßen zulässig ist es indes, dass die Parteivertreter dem Einzelschiedsrichter bzw. die Parteivertreter und Mitschiedsrichter dem Vorsitzenden lediglich die Unterschriftenseiten übersenden und ihm die physische Verbindung dieser Unterschriftenseiten mit dem von ihm auszudruckenden Text des Schiedsauftrags, auf den sich die Verfahrensbeteiligten zuvor geeinigt haben, überlassen. Durch einen derartigen Verzicht auf Zirkulierung im engeren Sinn zu Gunsten einer sternförmigen Schiedsauftragsfinalisierung kann – insb. bei Mehrparteienverfahren – ein u.U. nicht unerheblicher Zeitgewinn realisiert werden. Auf „begründeten Antrag“ des Schiedsgerichts oder ex officio kann der Gerichts- 28 hof Verlängerungen der 30-Tages-Frist für die Erstellung des Schiedsauftrags beschließen (Art. 23 Abs. 2 Satz 3). Nach dem Wortlaut der Vorschrift hat der Gerichtshof hierbei Ermessen. In der Praxis verlängert der Gerichtshof routinemäßig auch ohne Antrag die Frist um jeweils einen oder zwei Monate, bis der Schiedsauftrag erstellt ist, weil andernfalls die Vollstreckbarkeit eines späteren Schiedsspruchs gefährdet ist (nicht allerdings in Deutschland: BGH v. 14.4.1988 – III ZR 12/87, BGHZ 104, 178 = IPRax 1989, 228 [230]; OLG Karlsruhe v. 4.1.2012 – 9 Sch 02/09, SchiedsVZ 2012, 101). Zieht sich die Finalisierung des Schiedsauftrags hin, lässt sich der Gerichtshof vom Sekretariat über die Gründe hierfür Bericht erstatten und wirkt, soweit möglich und den Umständen nach angemessen, über das Sekretariat informell auf eine Beschleunigung der Abläufe hin. Verzögerungen, die in die Sphäre des Schiedsgerichts fallen, kann der Gerichtshof insb. mit einer Absenkung der Schiedsrichterhonorare begegnen (Art. 38 Rz. 15 ff.). Verzögerungstaktiken der Parteien kann das Schiedsgericht bei seiner Kostenentscheidung gemäß Art. 38 Abs. 5 berücksichtigen (Art. 38 Rz. 43 ff.).
III. Verfahrensweise bei Nichtmitwirkung einer Partei (Abs. 3 Satz 1) Weigert sich eine der Parteien, bei der Formulierung des Schiedsauftrags mit- 29 zuwirken oder diesen zu unterschreiben, ist der Schiedsauftrag dem Gerichtshof Herzberg
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Art. 23 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht zur Genehmigung vorzulegen (Art. 23 Abs. 3 Satz 1). Durch dieses Genehmigungsverfahren wird gewährleistet, dass der Schiedsauftrag keine Regelungen beinhaltet, die solchen Interessen der sich nicht beteiligenden Partei zuwiderlaufen, die trotz ihrer Nichtbeteiligung schutzwürdig sind, oder dieser Formulierungen enthält, die eine Einigung der Parteien suggerieren. Insbesondere wird so sichergestellt, dass den in Rz. 22 genannten Maßgaben genügt wird. Dies wirkt sich nicht zuletzt positiv auf die Vollstreckungssicherheit aus. 30 Das Verfahren für die Genehmigung nicht allseitig unterzeichneter Schiedsauf-
träge ähnelt dem Verfahren für die Genehmigung von Schiedssprüchen gemäß Art. 34; s. daher auch die dortige Kommentierung. Selbst wenn die sich nicht beteiligende Partei seit Einleitung des Schiedsverfahrens gänzlich passiv geblieben ist, muss ihr das Schiedsgericht zur beweissicheren Wahrung des rechtlichen Gehörs und des Anspruchs auf prozessuale Gleichbehandlung durch Kurier unterschriftsreif vorbereitete Ausfertigungen des Schiedsauftragsentwurfs zusenden und eine kurze Frist zur Unterschrift und Rücksendung setzen. Erst wenn diese Frist fruchtlos verstrichen ist, kann das Genehmigungsverfahren in Gang gesetzt werden. In dessen Zug erhält die säumige Partei dann sogar nochmals vom Sekretariat den Schiedsauftrag mit der letzten, fristgebundenen Aufforderung zur Unterschrift übersandt.
31 Auch wenn der Gerichtshof im Genehmigungsverfahren gemäß Art. 23 Abs. 3
gleichsam als Sachwalter der sich nicht beteiligenden Partei tätig wird, ersetzt die Genehmigung das Einverständnis der Partei lediglich in prozessualer Hinsicht. Eine Stellvertretung im Willen findet nicht statt (vgl. auch oben Rz. 22).
32 Muss nach Art. 23 Abs. 3 verfahren werden, beginnt die Sechs-Monats-Frist des
Art. 30 Abs. 1 Satz 2 für den Erlass des Schiedsspruchs erst mit der Genehmigung des Schiedsauftrags durch den Gerichtshof.
IV. Fortgang des Verfahrens (Abs. 3 Satz 2) 33 Art. 23 Abs. 3 Satz 2 bringt einen Hinweis darauf, dass das Schiedsverfahren
fortgesetzt wird, sobald das Verfahren der Erstellung des Schiedsauftrags abgeschlossen ist, d.h. sobald der Schiedsauftrag von allen Parteien und Schiedsrichtern unterschrieben ist (nicht erst, wenn er dem Gerichtshof notifiziert wird) bzw. sobald der Gerichtshof ihn genehmigt. Selbstverständlich „ruht“ das Schiedsverfahren aber auch zuvor nicht; über Anträge im Eilrechtsschutz (Art. 28) kann das Schiedsgericht bspw. selbstverständlich entscheiden und auch sonstige verfahrensfördernde Schritte wie etwa prozessleitende Verfügungen treffen oder den Verfahrenskalender beschließen, der indes auch bei einer sich aktuell nicht beteiligenden Partei grds. noch deren Beteiligung zu einem späteren Zeitpunkt und daher bspw. diesbezügliche Schriftsatzfristen vorsehen sollte. 376
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Schiedsauftrag | Art. 23 ICC-SchO
G. Prozessuale Präklusion (Abs. 4) Nach Unterzeichnung bzw. Genehmigung des Schiedsauftrags ist die Geltend- 34 machung neuer Ansprüche grds. daran gebunden, dass diese sich entweder in den Grenzen des Schiedsauftrags halten (Art. 23 Abs. 4 Satz 1 Var. 1) oder vom Schiedsgericht zugelassen werden (Art. 23 Abs. 4 Satz 1 Var. 2 i.V.m. Satz 2). Die Regelung dient der Verfahrenseffizienz; sie soll verhindern, dass die Parteien aus dem Streitgegenstand ein „moving target“ machen.
I. „Neuheit“ von Ansprüchen (Abs. 4 Satz 1) Zum Begriff des Anspruchs s. Art. 2 Rz. 15 f. Ein Anspruch ist dann neu i.S.d. 35 Art. 23 Abs. 4 Satz 1, wenn er nicht bereits im Schiedsauftrag geltend gemacht wurde. Dabei genügt einerseits jede Abweichung zwischen der Form des Antrags im Schiedsauftrag und einer späteren, modifizierten Fassung. „Neu“ i.S.d. Art. 23 Abs. 4 Satz 1 ist mithin insb. auch ein bisher unquantifizierter, nunmehr bezifferter Anspruch (dieser wird sich allerdings regelmäßig innerhalb der Grenzen des Schiedsauftrags bewegen und damit zulässig sein; s. Rz. 37 f.). „Neu“ ist ein Anspruch aber auch, wenn der Antrag der äußeren Form nach unverändert bleibt, zu seiner Begründung aber (ggf. zusätzlich) ein anderer Lebenssachverhalt vorgetragen wird (wobei die Abgrenzung im Einzelfall schwierig sein kann, weil die bloße Vertiefung des Vortrags zum schon bisher antragsgegenständlichen Lebenssachverhalt jedenfalls für die Zwecke des Art. 23 Abs. 4 Satz 1 unschädlich ist). Die Auswechselung bzw. Ergänzung einer materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage bei gleichbleibendem Lebenssachverhalt und Begehr führt grds. nicht zu einem „neuen“ Anspruch, es sei denn, die neue rechtliche Würdigung gibt dem Vortrag ein gänzlich anderes Gepräge und macht insb. abweichende tatsächliche Feststellungen erforderlich. Siehe zum Ganzen Art. 2 Rz. 15. Angriffs- und Verteidigungsmittel wie bspw. Einreden, Ausübung von Gestal- 36 tungsrechten usw. sind für sich genommen grds. keine „Ansprüche“ (wohl aber eine Aufrechnung; Art. 5 Rz. 53 ff.). Daher gilt für sie Art. 23 Abs. 4 ebenso wenig wie für Rechtsausführungen (Final Award in ICC Case No. 7047, 2 ASA Bulletin 1995, S. 301 ff.). Tatsächlicher Vortrag, durch den rechtzeitig eingeführte Ansprüche unterfüttert werden sollen, kann aber ebenso wie – je nach den Usancen am Schiedsort – auch rechtlicher Vortrag aus anderen Gründen als verspätet zurückzuweisen sein, insb. wegen Nichteinhaltung des Verfahrenskalenders gemäß Art. 24 Abs. 2 oder von sonstigen prozessleitenden Verfügungen.
II. „Grenzen des Schiedsauftrags“ (Abs. 4 Satz 1 Var. 1) Ein Anspruch bewegt sich jedenfalls dann in den Grenzen des Schiedsauftrags, 37 wenn der zu Grunde liegende Lebenssachverhalt im Schiedsauftrag vollständig reflektiert ist und auch das entsprechende Begehren im Schiedsauftrag beHerzberg
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Art. 23 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht reits angelegt ist. Werden bspw. periodisch wiederkehrende Leistungen geschuldet, handelt es sich bei einer „Aktualisierung“ der Anträge dann um Ansprüche „in den Grenzen des Schiedsauftrags“, wenn die Klage nach Eintritt neuer Fälligkeitstermine entsprechend erweitert wird und dies im Schiedsauftrag auch bereits angekündigt war. Auch Schadensposten, die bereits unquantifiziert durch Feststellungsanträge erfasst waren und später erst beziffert werden können, bewegen sich noch in den Grenzen des Schiedsauftrags. 38 Dass sich ein Anspruch noch „in den Grenzen des Schiedsauftrags“ bewegt, be-
deutet indes nicht, dass er zu jedem beliebigen, fortgeschrittenen Zeitpunkt in das Schiedsverfahren eingeführt werden kann. Die Regelungen des Verfahrenskalenders (Art. 24 Abs. 2), etwaige prozessleitende Verfügungen sowie materiell-rechtliche Grundlagen für zeitablaufbedingte Einwendungen, etwa die Verjährungseinrede, sind in jedem Fall zu beachten.
III. Zulassung durch das Schiedsgericht (Abs. 1 Satz 1 Var. 2 i.V.m. Satz 2) 39 Neue Ansprüche, die nicht bereits nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 zugelas-
sen sind, bedürfen der Zulassung durch das Schiedsgericht, das bei seiner Entscheidung die Art der neuen Ansprüche, den Stand des Schiedsverfahrens u.a. maßgebliche Ansprüche berücksichtigt. Die Voraussetzungen ähneln jenen der Sachdienlichkeit bei Klageänderungen im staatlichen Verfahren (§ 263 ZPO).
40 Will eine Partei neue Ansprüche einführen, die nicht bereits nach Art. 23 Abs. 4
Var. 1 zulässig sind, ist es ratsam, zugleich diejenigen Gesichtspunkte so substantiiert wie möglich vorzutragen und ggf. auch Beweis hierzu anzutreten, die für eine Zulassung der neuen Ansprüche im Ermessenswege sprechen. Zentrales Kriterium für die Ausübung des schiedsgerichtlichen Ermessens sind die Gebote der Beschleunigung und der Kosteneffizienz (Art. 22 Abs. 1). Ist bspw. eine Verfahrensverzögerung nach Lage der Dinge nicht zu befürchten, ist dies ein sehr starkes Indiz dafür, die neuen Ansprüche zuzulassen. Dagegen sprechen geringfügige Verfahrensverzögerungen nicht stets gegen eine Zulassung neuer Ansprüche, wenn so ein zweites Schiedsverfahren zwischen den Parteien vermieden werden kann. Allerdings müssen hier stets besonders gründlich alle Umstände des Einzelfalls bedacht werden; regelmäßig wird die bloße Drohung einer Partei mit einem zweiten Schiedsverfahren dann nicht zu einer signifikanten Verzögerung des ersten Schiedsverfahrens führen können, wenn dieses hinsichtlich des ursprünglichen Streitgegenstands kurz vor der Spruchreife steht. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann zudem auch zu berücksichtigen sein, ob die Partei bisher ohne eigenes Verschulden gehindert war, die neuen Ansprüche geltend zu machen. Insbesondere, wenn die andere Partei die Hinderungsgründe gesetzt hat, kann dies eine Zulassung der neuen Ansprüche rechtfertigen. 378
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Verfahrensmanagementkonferenz und Verfahrenskalender | Art. 24 ICC-SchO
Die Entscheidung des Schiedsgerichts kann entweder in Form einer prozesslei- 41 tenden Verfügung bzw. eines Beschlusses ergehen oder aber bis zum Schiedsspruch zurückgestellt werden. Sie ist dann im Schiedsspruch zu begründen.
H. Abweichende Parteivereinbarungen; nachträgliche Änderungen Von Art. 23 kann durch Parteivereinbarung in engem Rahmen und in Rück- 42 sprache mit dem Sekretariat abgewichen werden, was indes nur selten vorkommt. Vergleichen sich bspw. die Parteien kurz vor oder kurz nach der Konstituierung des Schiedsgerichts und wünschen sie einen Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien (Art. 32), kann Art. 23 abbedungen werden. Nachträgliche Änderungen des Schiedsauftrags sind möglich, kommen aber 43 ebenfalls nur selten vor. Selbst nach einer Ersetzung von Schiedsrichtern entspricht es nicht der Praxis, dass ein neu bestellter Schiedsrichter dem Schiedsauftrag förmlich zustimmt.
Artikel 24 Verfahrensmanagementkonferenz und Verfahrenskalender (1) Anlässlich der Formulierung des Schiedsauftrags oder so früh als möglich danach beruft das Schiedsgericht eine Verfahrensmanagementkonferenz ein, um die Parteien zu möglichen Verfahrensmaßnahmen nach Artikel 22(2) anzuhören. (2) Während dieser Konferenz oder so bald wie möglich danach erstellt das Schiedsgericht den Verfahrenskalender, dem es für die effiziente Führung des Schiedsverfahrens zu folgen gedenkt. Der Verfahrenskalender und diesbezügliche Änderungen werden dem Gerichtshof und den Parteien übermittelt. (3) Um die stetige Effizienz der Verfahrensführung zu gewährleisten, kann das Schiedsgericht nach Anhörung der Parteien im Wege einer weiteren Verfahrensmanagementkonferenz oder in sonstiger Weise weitere Verfahrensmaßnahmen ergreifen oder den Verfahrenskalender abändern. (4) Verfahrensmanagementkonferenzen können als Treffen in Person, per Videokonferenz, Telefon oder unter Nutzung ähnlicher Kommunikationsmittel geführt werden. Haben die Parteien keine Vereinbarung getroffen, entscheidet das Schiedsgericht, in welcher Form die Konferenz durchgeführt wird. Das Schiedsgericht kann die Parteien auffordern, vor einer Verfahrensmanagementkonferenz Vorschläge zum Verfahrensmanagement einzureichen, und es kann bei jeder Verfahrensmanagementkonferenz die persönliche Teilnahme der Parteien oder ihrer internen Vertreter verlangen. Herzberg
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Art. 24 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Anhang IV – Verfahrensmanagementtechniken Nachfolgend werden Beispiele für Verfahrensmanagementtechniken, die vom Schiedsgericht und den Parteien zur Zeit- und Kostenkontrolle eingesetzt werden können, dargestellt. Ein angemessenes Zeit- und Kostenmanagement ist für jedes Verfahren bedeutsam. Bei wenig komplexen Fällen mit geringem Streitwert ist ein angemessenes Verhältnis zwischen Zeit- und Kostenaufwand und Verfahrensgegenstand von besonderer Bedeutung. a) Zweiteilung des Verfahrens oder Erlass eines oder mehrerer Teilschiedssprüche zu Fragen von zentraler Bedeutung, was häufig zu einer deutlichen Effizienzsteigerung führen kann. b) Feststellung, welche Fragen durch Absprachen zwischen den Parteien oder deren Sachverständigen entschieden werden können. c) Feststellung, welche Fragen ohne mündliche Beweisführung oder rechtliche Erörterung bei der mündlichen Verhandlung allein aufgrund der Aktenlage entschieden werden können. d) Vorlage von Dokumenten beim Urkundenbeweis: (i) Aufforderung an die Parteien, Dokumente bereits zusammen mit den zugehörigen Schriftsätzen vorzulegen; (ii) sofern aus Zeit- und Kostengründen angemessen, ggf. Verzicht auf Anträge auf Vorlage von Dokumenten; (iii) sofern Anträge auf Vorlage von Dokumenten angemessen erscheinen, Begrenzung solcher Anträge auf Dokumente oder Kategorien von Dokumenten, die für den Ausgang des Falles relevant und wesentlich sind; (iv) Festsetzung angemessener Fristen für die Vorlage von Dokumenten; (v) Verwendung einer Liste zur Vorlage von Dokumenten zur Vereinfachung der Entscheidung von Fragen in Bezug auf die Vorlage von Dokumenten. e) Begrenzung von Länge und Inhalt von Schriftsätzen und schriftlicher und mündlicher Beweisführung (bei Tatsachenzeugen und Sachverständigen), um Wiederholungen zu vermeiden und eine Konzentration auf die zentralen Fragen zu ermöglichen. f) Einsatz von Telefon- oder Videokonferenzen für Verhandlungen zu Verfahrensfragen und andere Verhandlungen, bei denen eine persönliche Anwesenheit nicht erforderlich ist; Einsatz von Informationstechnologie, die eine Online-Kommunikation zwischen den Parteien, dem Schiedsgericht und dem Sekretariat des Gerichtshofs ermöglicht. g) Organisation einer ersten Besprechung mit dem Schiedsgericht vor der mündlichen Verhandlung, bei welcher die Vorbereitungen für die Verhandlung diskutiert und abgesprochen werden können und das Schiedsgericht gegenüber den Parteien die Fragen bezeichnen kann, die seiner Einschätzung nach Schwerpunkt der mündlichen Verhandlung sein sollten. h) Vergleichsweise Beilegung von Streitigkeiten: 380
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Verfahrensmanagementkonferenz und Verfahrenskalender | Art. 24 ICC-SchO
(i) Ermutigung der Parteien, die Beilegung der Streitigkeit ganz oder teilweise im Vergleichswege zu versuchen, entweder durch Verhandlungen oder durch eine beliebige Form gütlicher Streitbeilegung, wie beispielsweise Mediation nach den ICC-Mediations-Regeln. (ii) Bei entsprechender Vereinbarung zwischen den Parteien und dem Schiedsgericht kann das Schiedsgericht Schritte unternehmen, um eine Beilegung der Streitigkeit im Vergleichswege zu erleichtern, soweit mit allen Mitteln darauf hingewirkt wird, dass die Vollstreckbarkeit eines späteren Schiedsspruchs gesichert ist. Weitere Techniken sind in der ICC-Publikation mit dem Titel „Controlling Time and Costs in Arbitration“ (Zeit- und Kostenkontrolle im Schiedsverfahren) beschrieben. Article 24: Case Management Conference and Procedural Timetable (1) When drawing up the Terms of Reference or as soon as possible thereafter, the arbitral tribunal shall hold a case management conference to consult the parties on procedural measures that may be adopted pursuant to Article 22(2). (2) During such conference, or as soon as possible thereafter, the arbitral tribunal shall establish the procedural timetable that it intends to follow for the efficient conduct of the arbitration. The procedural timetable and any modifications thereto shall be communicated to the Court and the parties. (3) To ensure continued effective case management, the arbitral tribunal, after consulting the parties by means of a further case management conference or otherwise, may adopt further procedural measures or modify the procedural timetable. (4) Case management conferences may be conducted through a meeting in person, by video conference, telephone or similar means of communication. In the absence of an agreement of the parties, the arbitral tribunal shall determine the means by which the conference will be conducted. The arbitral tribunal may request the parties to submit case management proposals in advance of a case management conference and may request the attendance at any case management conference of the parties in person or through an internal representative. Appendix IV – Case Management Techniques The following are examples of case management techniques that can be used by the arbitral tribunal and the parties for controlling time and cost. Appropriate control of time and cost is important in all cases. In cases of low complexity and low value, it is particularly important to ensure that time and costs are proportionate to what is at stake in the dispute. a) Bifurcating the proceedings or rendering one or more partial awards on key issues, when doing so may genuinely be expected to result in a more efficient resolution of the case. b) Identifying issues that can be resolved by agreement between the parties or their experts. c) Identifying issues to be decided solely on the basis of documents rather than through oral evidence or legal argument at a hearing. d) Production of documentary evidence:
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Art. 24 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht (i) requiring the parties to produce with their submissions the documents on which they rely; (ii) avoiding requests for document production when appropriate in order to control time and cost; (iii) in those cases where requests for document production are considered appropriate, limiting such requests to documents or categories of documents that are relevant and material to the outcome of the case; (iv) establishing reasonable time limits for the production of documents; (v) using a schedule of document production to facilitate the resolution of issues in relation to the production of documents. e) Limiting the length and scope of written submissions and written and oral witness evidence (both fact witnesses and experts) so as to avoid repetition and maintain a focus on key issues. f) Using telephone or video conferencing for procedural and other hearings where attendance in person is not essential and use of IT that enables online communication among the parties, the arbitral tribunal and the Secretariat of the Court. g) Organizing a pre-hearing conference with the arbitral tribunal at which arrangements for a hearing can be discussed and agreed and the arbitral tribunal can indicate to the parties issues on which it would like the parties to focus at the hearing. h) Settlement of disputes: (i) encouraging the parties to consider settlement of all or part of the dispute either by negotiation or through any form of amicable dispute resolution methods such as, for example, mediation under the ICC Mediation Rules; (ii) where agreed between the parties and the arbitral tribunal, the arbitral tribunal may take steps to facilitate settlement of the dispute, provided that every effort is made to ensure that any subsequent award is enforceable at law. Additional techniques are described in the ICC publication entitled “Controlling Time and Costs in Arbitration”. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1, 4 Verfahrensmanagementkonferenzen zu Verfahrensbeginn dienen der Verfahrenseffizienz und -transparenz. Sie betonen zugleich die Parteiautonomie als zentrale Maxime des ICC-Schiedsverfahrens. Insbesondere kann die Teilnahme der Parteien (und nicht nur deren Verfahrensbevollmächtigten) ratsam sein, damit die tatsächliche Interessenlage der Parteien ausreichend Berücksichtigung findet (→ Rz. 9 ff.). Abs. 2 Der Verfahrenskalender soll im Interesse der Beschleunigung und Effizienzsteigerung von ICC-Schiedsverfahren sicherstellen, dass der Ablauf eines Schiedsverfahrens (insb. Schriftsatzrunden und entsprechende Fristen sowie Termine für eine mündliche Verhandlung usw.) bereits zu einem frühen Zeitpunkt feststeht (→ Rz. 15 ff.). Abs. 3 ermöglicht Anpassungen im weiteren Verlauf des Verfahrens (→ Rz. 18a ff.). Anhang IV enthält einen „Werkzeugkasten“ an Verfahrensmanagementtechniken, die vom Schiedsgericht und den Parteien zur Zeit- und Kostenkontrolle eingesetzt werden können (→ Rz. 19 ff.). Kostenaspekte. Anhang IV Satz 2: Die Verfahrensmanagementkonferenz und der Verfahrenskalender sind zentrale Instrumente zur Verfahrenskostenkontrolle. Sie sollten daher in jedem Verfahren unter diesem Gesichtspunkt gezielt eingesetzt werden (→ Rz. 2 f.). Anhang IV Satz 3: Besonders in weniger komplexen Fällen mit kleineren Streitwerten ist darauf zu achten, dass die gewählten Verfahrensmanagementtechniken nicht außer Verhältnis zum Streitwert stehen (→ Rz. 19 ff.).
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Verfahrensmanagementkonferenz und Verfahrenskalender | Art. 24 ICC-SchO A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Änderungshistorie . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften E. Verfahrensmanagementkonferenz (Art. 24 Abs. 1, 4) . . . . . . . . . . . F. Verfahrenskalender (Art. 24 Abs. 2, 4) . . . . . . . . . . . . . . . . .
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G. Befugnis zum Ergreifen weiterer Maßnahmen und zur Abänderung des Verfahrenskalenders nach Anhörung der Parteien (Art. 24 Abs. 3) . . . . . . . . . . . . 18a
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H. Verfahrensmanagementtechniken (Anhang IV) . . . . . . . . . . . . . . 19 I. Abweichende Parteivereinbarungen; nachträgliche Änderungen .
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Literatur: Andersen/Ryssdal/Lindskog, Achieving Efficiency in International Arbitration: Some Strategic Suggestions for Arbitral Tribunals in ICC Proceedings, ICC Court Bulletin, Vol. 22 No. 2 (2011), S. 5 ff.; Böckstiegel, Case Management by Arbitrators: Experiences and Suggestions, in FS Briner (2005), S. 127 ff.; Hierro, Reducing Time and Costs in ICC International Arbitration. Excess Time and Costs of Arbitration: An Incurable Disease?, in Revista del Club Español del Arbitraje 2012, S. 37 ff.; ICC Commission on Arbitration and ADR Task Force on Reducing Time and Costs in Arbitration, Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration (2. Aufl. 2012); Kaplan, Winter of Discontent, Journal of International Arbitration, Vol. 34 Issue 3 (2017), S. 373 ff.; Leimbacher, Efficiency under the new ICC Rules of Arbitration of 2012; first glimpse at the new practice, ASA Bulletin, Vol. 31 Issue 2 (2013), S. 298 ff.; Ongenae/Piers, Procedural Formalities in Arbitration: Towards a Technologically Neutral Legal Framework, Journal of International Arbitration, Vol. 38 Issue 1 (2021), S. 27 ff.; Patocchi/Frey-Brentano, The Provisional Timetable in International Arbitration, in FS Briner (2005), S. 575 ff.; Weiss/Klisch/Profaizer, Techniques and Tradeoffs for Incorporating Cost- and Time-Saving Measures into International Arbitration Agreements, Journal of International Arbitration, Vol. 34 Issue 2 (2017), S. 257 ff.
A. Normzweck Art. 24 hat zwei Regelungsgegenstände: 1 – Zum einen bestimmt Art. 24 Abs. 2, dass zu Verfahrensbeginn ein Verfahrenskalender aufzustellen ist, damit die Parteien, das Schiedsgericht sowie der Gerichtshof und sein Sekretariat von Anfang an absehen können, wie das Verfahren strukturiert sein wird und welche Fristen und Termine gelten. – Zum anderen ist mit der Reform in 2012 in Art. 24 Abs. 1 (mit Konkretisierungen in Abs. 4 und Anhang IV) die vielfach in der Praxis schon vorher durchgeführte Verfahrensmanagementkonferenz als neues, obligatorisches Instrument der ICC-Schiedsgerichtsbarkeit eingeführt worden. Verfahrensmanagementkonferenzen sind auch in beschleunigten Verfahren obligatorisch; die für sie geltende Frist ist in solchen Verfahren sogar von den sonst üblichen 30 Tage ab Aktenübergabe auf 15 Tage reduziert (Art. 3 Abs. 3 Anhang VI). Verfahrenskalender und Verfahrensmanagementkonferenz bilden gemeinsam 2 mit Schiedsauftrag und erster prozessleitender Verfügung des Schiedsgerichts jeHerzberg
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Art. 24 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht nes, für die ICC-Schiedsgerichtsbarkeit typische, vielseitige Instrumentarium, das dem Schiedsgericht und den Parteien die antizipierende Strukturierung und Steuerung ihres Schiedsverfahrens ermöglicht. 3 Die Regelungen zur Verfahrensmanagementkonferenz und zum Verfahrens-
kalender tragen zunächst der Tatsache Rechnung, dass die Führung eines Schiedsverfahrens nach heutigem Verständnis nicht lediglich private Rechtsprechungstätigkeit, sondern zugleich eine Projektmanagementaufgabe darstellt. Die Verfahrensmanagementkonferenz ist vergleichbar mit einem „Kick-OffMeeting“, der Verfahrenskalender mit dem – in aller Regel anlässlich dieses „Kick-Off-Meetings“ besprochenen – Projektplan. Struktur und Planung helfen, Kosten zu sparen, Redundanzen zu vermeiden und die Verfahrensdauer signifikant zu senken, ohne notwendigerweise Abstriche bei der Qualität machen zu müssen. Insbesondere in der gemeinsamen Vorbesprechung der Verfahrensstrukturierung (Art. 22 Abs. 1, 25, 26) und des Zeitplans (Art. 24 Abs. 2) mit den Parteien und ggfs. sogar ihren internen Vertretern (Art. 24 Abs. 4 Satz 2) liegt ein wesentlicher Vorteil gegenüber der staatlichen Gerichtsbarkeit. Insoweit ist neben dem Effizienzgewinn auch die erhöhte Transparenz hervorzuheben. In einem ICC-Schiedsverfahren wird nicht „verfügt“: „Weitere verfahrensfördende Schritte nach Fristablauf von Amts wegen“, und auch nicht nach vielen Schriftsatzrunden irgendwann einmal kryptisch ein „Termin zur Verkündung einer Entscheidung“ anberaumt. Stattdessen steht – zumindest pro Verfahrensphase, falls es davon mehrere gibt – von Anfang an fest, wer bis wann wozu vorzutragen hat, wann Termine liegen und wie es nach diesen Terminen weitergeht. Dieses Mehr an Transparenz erleichtert nebenbei auch dem Gerichtshof und seinem Sekretariat die administrative Betreuung des Verfahrens, da Meilensteine, die, etwa für die Überprüfung der Angemessenheit der Vorschüsse und/oder für die Genehmigungsprüfung (Art. 33) relevant sind, bereits zu einem frühen Zeitpunkt feststehen. Dadurch können die ICC-internen Abläufe optimiert und auch so wieder Zeitgewinne realisiert werden. Andererseits muss sich auch das Schiedsgericht an dem von ihm mitgetragenen Verfahrenskalender festhalten lassen.
4 Wenn auch der Verfahrenskalender – anders als der Schiedsauftrag – nicht grds.
der förmlichen Zustimmung der Parteien bedarf, wird der vom Schiedsgericht erstellte Entwurf des Verfahrenskalenders doch in der Praxis ganz regelmäßig anlässlich der Verfahrensmanagementkonferenz und gemeinsam mit den Entwürfen des Schiedsauftrags und der ersten prozessleitenden Verfügung erörtert. Die Verfahrensautonomie der Parteien, die diese erstmals mit der Schiedsvereinbarung betätigt haben, wird daher durch die Verfahrensmanagementkonferenz und den Verfahrenskalender gleichsam aktualisiert. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs erfordert es, dass das Schiedsgericht sich mit Stellungnahmen und Anträgen der Parteien zu Fragen der Verfahrensgestaltung auseinandersetzt. Gewichtigen, insb. übereinstimmend vorgebrachten Wünschen der Parteien zur Strukturierung des Schiedsverfahrens wird sich das Schiedsgericht kaum je verschließen können.
5 Anhang IV bekräftigt zunächst ausdrücklich die Bedeutung eines „angemesse-
nen Zeit- und Kostenmanagements“ in allen Verfahren (Satz 2 Anhang IV) und
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Verfahrensmanagementkonferenz und Verfahrenskalender | Art. 24 ICC-SchO
insb. ein angemessenes Verhältnis zwischen Zeit- und Kostenaufwand einerseits und Verfahrensgegenstand andererseits in wenig komplexen Verfahren mit geringem Streitwert (Satz 3 Anhang IV). Anschließend bringt Anhang IV einige Beispiele für Verfahrensmanagementtechniken, die das Schiedsgericht und die Parteien in Erwägung ziehen können. Weder ist der Katalog abschließend noch sind Parteien oder Schiedsgericht verpflichtet, ihn zu beachten. Gleichwohl bietet er insb. bei Diskussionen über die Verfahrensgestaltung, etwa im Zuge der Erstellung des Schiedsauftrags, oft geeignete Ansatzpunkte für Lösungen, die von allen Verfahrensbeteiligten mitgetragen werden.
B. Änderungshistorie Abgesehen von redaktionellen Änderungen ist auf die Einführung einer ver- 6 kürzten Frist für die Abhaltung der Verfahrensmanagementkonferenzen in beschleunigten Verfahren durch die Reform 2017 hinzuweisen (Art. 3 Abs. 3 Anhang VI). In Buchst. h (ii) Anhang IV ist aus dem bloßen möglichen Hinweis an die Parteien, über einen Vergleich nachzudenken, eine diesbezügliche „Ermutigung“ geworden.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die ZPO sieht die Abhaltung einer Verfahrensmanagementkonferenz oder die 7 Erstellung eines Verfahrenskalenders nicht vor, steht der – in der Einigung auf die ICC-SchO enthaltenen – Vereinbarung eines entsprechenden Verfahrens aber auch nicht entgegen. Die Regelungen der ICC-SchO gehen den dispositiven Bestimmungen der §§ 1046, 1047 ZPO vor. Die beispielhaft erwähnten Regelungstechniken des Anhangs IV stehen mit den von der ZPO gewährleisteten Grundsätzen der Parteiautonomie sowie der Befugnis des Schiedsgerichts zur Verfahrensleitung nicht im Widerspruch.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im Verfahren vor staatlichen Gerichten existieren grds. keine funktionsäquivalen- 8 ten Rechtsinstitute. Im Vergleich zu Buchst. h (ii) Anhang IV, der eine Involvierung des Schiedsgerichts von Vergleichsbemühungen von der diesbezüglichen Zustimmung der Parteien abhängig macht, geht § 278 ZPO deutlich weiter.
E. Verfahrensmanagementkonferenz (Art. 24 Abs. 1, 4) Obligatorischer Gegenstand: Prozessuale Maßnahmen (Art. 24 Abs. 1 i.V.m. 9 Art. 22 Abs. 2, Anhang IV). Die Verfahrensmanagementkonferenz dient gemäß Herzberg
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Art. 24 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Art. 24 Abs. 1 Satz 1 a.E. dazu, die Parteien zu solchen prozessualen Maßnahmen anzuhören, die das Schiedsgericht gemäß Art. 22 Abs. 2 zu treffen erwägt. Diese Maßnahmen werden regelmäßig in der ersten prozessleitenden Verfügung des Schiedsgerichts angeordnet. Beispiele für Verfahrensmanagementtechniken, wie sie Gegenstand einer Verfahrensmanagementkonferenz sein können, finden sich in Anhang IV, worauf Art. 24 Abs. 1 Satz 2 hinweist (näher zu Anhang IV s. Rz. 19 ff.). 10 Mögliche weitere Inhalte. Regelmäßig wird anlässlich der ersten Verfahrens-
managementkonferenz auch der Entwurf des Verfahrenskalenders besprochen (Art. 24 Abs. 2 Satz 1; s. Rz. 15 ff.). In der Praxis wird bei derselben Gelegenheit meist auch der Entwurf des Schiedsauftrags (Art. 23) besprochen. Ferner kann es sich anbieten, die Parteien im Rahmen der ersten Verfahrensmanagementkonferenz darauf hinzuweisen, dass Verfahrensverzögerungen durch eine der Parteien im Rahmen der Ermessensentscheidung des Schiedsgerichts über die Kosten des Schiedsverfahrens (Art. 37 Abs. 5) berücksichtigt werden können. Denn die tatsächliche Dauer eines Schiedsverfahrens hängt regelmäßig nicht nur vom Verhalten der Schiedsrichter, sondern auch von dem der Parteien bzw. ihrer jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten ab. Eine Hinweispflicht besteht indes nicht; nach Art. 37 Abs. 5 kann auch verfahren werden, wenn ein entsprechender Hinweis nicht erteilt wurde.
11 Verfahren, Einzelheiten. In der Praxis zirkuliert das Schiedsgericht rasch nach
Aktenübergabe (Art. 16) per E-Mail Entwürfe des Schiedsauftrags, der ersten prozessleitenden Verfügung und des Verfahrenskalenders, verbunden mit der Konkretisierung eines Termins oder auch mehrerer möglicher zur Wahl gestellter Termine für eine erste Verfahrensmanagementkonferenz per Telefonoder Videokonferenz (Art. 24 Abs. 4 Satz 1). Verfahrensmanagementkonferenzen bei gleichzeitiger physischer Anwesenheit der Beteiligten sind wegen des damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwands selten. Gleichwohl ist das Schiedsgericht an entsprechende Vereinbarungen der Parteien gebunden (Art. 24 Abs. 4 Satz 2). Zur Vorbereitung der Verfahrensmanagementkonferenz kann das Schiedsgericht die Parteien auffordern, Vorschläge zu machen (Art. 24 Abs. 4 Satz 3 Var. 1) bzw. zu Vorschlägen des Schiedsgerichts Stellung zu nehmen; jedenfalls konkludent liegt eine solche Aufforderung in der Übersendung der Entwürfe der ersten prozessleitenden Verfügung, des Schiedsauftrags und des Verfahrenskalenders mit der Bitte um Stellungnahme.
12 Teilnehmerkreis (Art. 24 Abs. 4 Satz 2). Das Schiedsgericht kann anordnen,
dass eine Naturalpartei in eigener Person an der Verfahrensmanagementkonferenz teilnimmt (Art. 24 Abs. 4 Satz 2). Ist eine nichtnatürliche Person Prozesspartei, kann die Teilnahme eines internen Vertreters verlangt werden. Durch diese Maßnahme wird eine weitere Effizienzsteigerung bezweckt. Insbesondere hinsichtlich der Zeitplanung entfallen zeitraubende Abstimmungen zwischen anwaltlichen Vertretern und ihren Mandanten, wenn letztere an der Verfahrensmanagementkonferenz selbst beteiligt werden. Sanktionen für den Fall, dass eine Partei einer Anordnung gemäß Art. 24 Abs. 4 Satz 2 nicht Folge leistet, 386
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Verfahrensmanagementkonferenz und Verfahrenskalender | Art. 24 ICC-SchO
sieht die ICC-SchO indes nicht vor (beachte aber Art. 37 Abs. 5). Auch, wenn sich eine Partei nicht am Schiedsverfahren beteiligt, ist eine Verfahrensmanagementkonferenz gleichwohl durchzuführen. Protokoll. Es ist üblich und sinnvoll, dass das Schiedsgericht ein Ergebnisproto- 13 koll jeder Verfahrensmanagementkonferenz mit den Parteien teilt – zunächst als Entwurf im Word-Format und nach Eingang von Stellungnahmen und ggf. deren Berücksichtigung als finales Dokument. Weitere Verfahrensmanagementkonferenz (Art. 24 Abs. 3). Aus Art. 24 Abs. 3 14 (dazu unter Rz. 18a) ergibt sich, dass die Abhaltung weiterer Verfahrensmanagementkonferenzen möglich ist, was bspw. sinnvoll sein kann nach Erlass eines Teilschiedsspruchs oder nach einem Wechsel in der Besetzung des Schiedsgerichts.
F. Verfahrenskalender (Art. 24 Abs. 2, 4) Inhalt. Der Verfahrenskalender enthält alle wesentlichen Zwischenschritte bis 15 zum Endschiedsspruch oder doch wenigstens bis zur Spruchreife hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstands, wenn eine entsprechende Aufteilung des Verfahrens in verschiedene Phasen (Bifurkation, Trifurkation) vereinbart oder verfügt ist. Typischerweise enthält der Verfahrenskalender Fristen für Schriftsätze bzw. Schriftsatzrunden, für die Einreichung von Zeugenaussagen oder sonstigen Beweismitteln oder für Dokumentenanforderungen (soweit solche vereinbart oder verfügt sind). Die Fristen sollten durch Nennung der entsprechenden kalendarischen Daten fixiert werden (und nicht etwa durch Zeiträume, die jeweils auf den vorausgehenden Verfahrensschritt Bezug nehmen), weil es sich um einen echten Kalender, nicht lediglich um einen Ablaufplan handeln soll. Ein Beispiel für einen gemeinsamen Vorschlag der Parteien für (u.a.) den Verfahrenskalender findet sich unter Art. 25 Rz. 121 f. Waren Schiedsklage und Klageantwort kurz und knapp (vgl. Art. 4 Rz. 1 ff.), 16 wird das Schiedsgericht zunächst dem Kläger Gelegenheit zu einem ausführlicheren Schriftsatz („statement of claim“) geben, auf den dann der Beklagte zu erwidern hat („statement of defense“). Es folgt meist noch eine weitere Schriftsatzrunde. Die Fristen werden hier mitunter von Anfang an etwas großzügiger bemessen als im staatlichen Verfahren, dafür sind dann aber Verlängerungsanträge auch weniger üblich. Der Termin oder die Termine für mündliche Verhandlungen werden ebenfalls 17 bereits jetzt blockiert; meinen alle Beteiligten, mit einem Tag auskommen zu können, sollte gleichwohl sicherheitshalber auch noch der Folgetag freigehalten werden, da nie absehbar ist, wie die Dinge sich entwickeln, und gerade in internationalen Verfahren, soll die Verhandlung jedenfalls teilweise physisch stattfinden, auch Verzögerungen bei der Anreise einkalkuliert werden müssen. Die Detailplanung des Hearings erfolgt erst zu einem späteren Zeitpunkt, da erst dann insb. die Zahl der Zeugen feststehen wird. Hierzu dient eine so genannte prehearing conference (vgl. Buchst. g Anhang IV). Um späteren Streit zu vermeiHerzberg
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Art. 24 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht den, können auch jetzt schon die Fristen für etwaige schriftsätzliche Stellungnahmen zum Geschehen in der mündlichen Verhandlung („post hearing briefs“) und/oder zu Kostenschriftsätzen fixiert werden. 18 Verfahren. Der Verfahrenskalender bedarf nicht der Zustimmung der Parteien,
wird aber mit diesen – regelmäßig anlässlich der Verfahrensmanagementkonferenz – erörtert (Art. 24 Abs. 2 Satz 1). Nach Erstellung ist der Verfahrenskalender dem Gerichtshof zu übersenden (Art. 24 Abs. 2 Satz 2), wobei aber auch dieser keine Zustimmung erteilen muss, sondern den Verfahrenskalender lediglich zur Kenntnis nimmt. In der Praxis wird der Verfahrenskalender dem Gerichtshof meist gemeinsam mit dem Schiedsauftrag oder kurz danach übersandt.
G. Befugnis zum Ergreifen weiterer Maßnahmen und zur Abänderung des Verfahrenskalenders nach Anhörung der Parteien (Art. 24 Abs. 3) 18a Art. 24 Abs. 3 stellt klar, dass das Schiedsgericht nach Anhörung der Parteien
weitere prozessuale Maßnahmen ergreifen und auch den Verfahrenskalender noch abändern kann. Dadurch wird sichergestellt, dass dynamische Veränderungen während des Schiedsverfahrens in der Verfahrensstruktur sowie im Verfahrenskalender als „Projektplan“ des Schiedsverfahrens sachgerecht reflektiert werden können. Die Anhörung der Parteien dient der Verfahrenstransparenz, der Verwirklichung der Parteiautonomie und der Durchsetzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
H. Verfahrensmanagementtechniken (Anhang IV) 19 Der nicht abschließende Katalog möglicher Verfahrensmanagementtechniken
(VMT) in Anhang IV soll den Parteien und dem Schiedsgericht Anregungen für eine möglichst effiziente Verfahrensgestaltung geben. Nicht jede VMT passt für jedes Verfahren; stets ist auf das Verhältnis zwischen Kosten- und Zeitaufwand einerseits sowie Verfahrensgegenstand und -komplexität andererseits zu achten (Sätze 2 und 3 Anhang IV). Weder die Parteien noch das Schiedsgericht sind an Anhang IV gebunden. Die Parteien können insb. nicht allein aus Anhang IV einen Anspruch auf eine bestimmte Verfahrensweise ableiten.
20 Bifurkation usw. (Buchst. a Anhang IV). 21 Absprachen (Buchst. b Anhang IV) betreffen in der Praxis meist nicht tatsäch-
liche oder materiell-rechtliche Fragen, sondern Einzelheiten der Verfahrensgestaltung (bspw. Zeitaufteilung in der mündlichen Verhandlung).
22 Entscheidung nach Lage der Akten (Buchst. c Anhang IV; „sentence sur pièces“;
vgl. auch Art. 25 Rz. 97 ff.), d.h. ohne mündliche Verhandlung, wird insb. für
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Verfahrensmanagementkonferenz und Verfahrenskalender | Art. 24 ICC-SchO
quantitativ nicht besonders gewichtige Teilstreitgegenstände ins Gewicht fallen. Auch wenn lediglich Rechtsfragen in Streit stehen, kann die Prozessökonomie eine solche Verfahrensweise gebieten. Aber auch offensichtlich unzulässige und offensichtlich unbegründete Ansprüche oder Einwendungen können einen sinnvollen Anwendungsbereich darstellen. Siehe dazu auch Vor Art. 1 Rz. 3, Art. 25 Rz. 112. Dokumentenvorlage und verbundene Fragen (Buchst. d Anhang IV). Siehe 23 Art. 25 Rz. 38 ff., 44, 72. Begrenzung von Länge und Inhalt von Schriftsätzen und Beweisführung 24 (Buchst. e Anhang IV) ist mit Blick auf den Anspruch auf rechtliches Gehör kritisch zu sehen. Da auf diesen nicht „blindlings“ verzichtet werden kann, muss es sich bei einer entsprechenden Parteivereinbarung um eine im besten Sinne „informed decision“ handeln. Unilaterale Maßnahmen des Schiedsgerichts auf diesem Gebiet werden, um die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs nicht zu gefährden, nur in begründeten Ausnahmefällen (z.B. evident missbräuchliches Prozessverhalten einer Partei) in Betracht kommen. Telefon-, Videokonferenzen, Online-Kommunikation (Buchst. f Anhang IV) 25 unterstreicht, dass Telefon- und Videokonferenzen vielfach eine gleichwertige Alternative zu In-Situ-Verhandlungen sein können. Der Halbs. 2 (Informationstechnologie zur Online-Kommunikation) meint nicht nur E-Mail, sondern auch ggf. künftige proprietäre Software-Lösungen der ICC. Pre-Hearing-Conference (Buchst. g Anhang IV). Sie ist eine besondere Form 26 der Verfahrensmanagementkonferenz und dient der Feinabstimmung zwischen Parteien und Schiedsgericht kurz vor der mündlichen Verhandlung. In der PreHearing-Conference können insb. letzte logistische Details zum Ablauf der Verhandlung (z.B. genauer Tagesablauf, Präsentationstechnik, Break-Out-Rooms, Verpflegung) festgezurrt werden. Es bietet sich an, die Pre-Hearing-Conference telefonisch ein bis einige Wochen vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung abzuhalten. Vergleichsweise Beilegung von Streitigkeiten (Buchst. h Anhang IV). Die Rege- 27 lung erlaubt es dem Schiedsgericht, die Parteien zur gütlichen Streitbeilegung zu ermutigen und bei entsprechender Parteivereinbarung auch selbst Vergleichsvorschläge zu machen, entsprechende Verhandlungen zu moderieren usw. Die Regelung ist vor allem insofern von Bedeutung, als es nach z.T. noch in CommonLaw-Rechtsordnungen verbreiteter Auffassung nicht zum Mandat des Schiedsgerichts gehört, eine gütliche Beilegung der Streitsache zu betreiben. Insbesondere das deutsche Verständnis ist hier ein grundlegend anderes. Buchst. h (i) Anhang IV stellt klar, was aus deutscher Sicht selbstverständlich ist, nämlich, dass der bloße (ermutigende) Hinweis auf die Möglichkeit zur vergleichsweisen Beilegung keine Überschreitung der Befugnisse des Schiedsgerichts darstellt und/oder Anlass zur Stellung eines Befangenheitsantrags gibt. Die ICC-SchO geht jedoch nicht so weit, dem Schiedsgericht ohne entsprechende, ausdrückliche Vereinbarung mit den Parteien zu gestatten, Vergleichsvorschläge zu machen Herzberg
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht oder sonst Vergleichsverhandlungen durchzuführen, Buchst. h (ii) Anhang IV. Eine ausdrückliche Zustimmung der Parteien im Hinblick auf eine Mitwirkung des Schiedsrichters an Vergleichsbemühungen wird auch in den IBA-Guidelines empfohlen (General Standard 4 Buchst. d). Das Schiedsgericht ist auch bei entsprechender Parteivereinbarung nicht verpflichtet, auf einen Vergleichsschluss hinzuwirken, da Buchst. h (ii) Anhang IV eine Kann-Vorschrift ist, die zudem noch eine Vereinbarung zwischen den Parteien und dem Schiedsgericht fordert. Zur Sicherung der Vollstreckbarkeit ist das Schiedsgericht (Buchst. h) (ii) a.E. Anhang IV) aus Art. 42 ohnehin verpflichtet; Buchst. h (ii) a.E. Anhang IV kommt demgegenüber keine weitergehende Bedeutung zu.
I. Abweichende Parteivereinbarungen; nachträgliche Änderungen 28 Von Art. 24 kann durch Vereinbarung mit ausdrücklicher Zustimmung aller
Parteien in engem Rahmen und in Rücksprache mit dem Sekretariat abgewichen werden, was indes nur selten vorkommt. Vergleichen sich bspw. die Parteien kurz vor oder kurz nach der Konstituierung des Schiedsgerichts und wünschen sie einen Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien (Art. 33), wird regelmäßig Art. 24 abbedungen.
Artikel 25 Ermittlung des Sachverhalts (1) Das Schiedsgericht stellt den Sachverhalt in möglichst kurzer Zeit mit allen geeigneten Mitteln fest. (2) Das Schiedsgericht kann Zeugen, von Parteien ernannte Sachverständige oder jede andere Person in Gegenwart der Parteien oder, wenn diese ordnungsgemäß geladen worden sind, auch in deren Abwesenheit hören. (3) Das Schiedsgericht kann nach Anhörung der Parteien einen oder mehrere Sachverständige ernennen, ihren Auftrag bestimmen und ihre Gutachten entgegennehmen. Auf Antrag einer Partei ist den Parteien Gelegenheit zu geben, in einer mündlichen Verhandlung Fragen an jeden Sachverständigen zu stellen. (4) In jedem Stadium des Schiedsverfahrens kann das Schiedsgericht jede der Parteien auffordern, zusätzliche Beweise beizubringen. (5) Das Schiedsgericht kann den Fall allein aufgrund der Aktenlage entscheiden, es sei denn, eine Partei beantragt eine mündliche Verhandlung. Article 25: Establishing the Facts of the Case (1) The arbitral tribunal shall proceed within as short a time as possible to establish the facts of the case by all appropriate means. (2) The arbitral tribunal may decide to hear witnesses, experts appointed by the parties or any other person, in the presence of the parties, or in their absence provided they have been duly summoned.
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Ermittlung des Sachverhalts | Art. 25 ICC-SchO (3) The arbitral tribunal, after consulting the parties, may appoint one or more experts, define their terms of reference and receive their reports. At the request of a party, the parties shall be given the opportunity to question at a hearing any such expert. (4) At any time during the proceedings, the arbitral tribunal may summon any party to provide additional evidence. (5) The arbitral tribunal may decide the case solely on the documents submitted by the parties unless any of the parties requests a hearing. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 Weites Ermessen des Schiedsgerichts zur Bestimmung des Verfahrens zur Sachverhaltsermittlung. Verpflichtung des Schiedsgerichts, das Verfahren zügig voranzutreiben. → Rz. 8; Abs. 1, 3–5 Keine detaillierte Regelung zum Beweisverfahren. Dokumentenvorlage möglich. Sachverständigenbeweis durch vom Schiedsgericht ernannten Sachverständigen nach Anhörung der Parteien oder durch parteiernannte Sachverständige. → Rz. 24–114 Kostenaspekte: Abs. 1–6 Die Kosten variieren je nach Ausgestaltung des Beweisverfahrens stark. Besonders kostenintensiv sind Zwischenverfahren über Anträge auf Dokumentenvorlage. Im Übrigen entscheiden die Parteien, in welcher Höhe sie in die Sachverhaltsermittlung investieren (d.h. für Sachverständige etc. aufwenden). → Rz. 115–117 A. Sachverhaltsermittlung (Abs. 1–5) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Änderungshistorie . . . . . . . . . III. Verhältnis zu § 1042 Abs. 4 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . V. Sachverhaltsermittlung und Ermessen des Schiedsgerichts . . . 1. Das Schiedsgericht als „case manager“? . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Civil Law versus Common Law . 3. Korruption und Geldwäsche im Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . 4. Festlegung der Verfahrensregeln 5. Beweislast und Beweismaß . . . . B. Beweismittel und deren Behandlung im Schiedsverfahren . . . . I. Zeugen (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu § 1042 Abs. 4 ZPO 3. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4. Der Zeugenbeweis im Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
__ _ _ _ _ __ __ _ __ __ _ _ 1 1 3 6 7 8
8 10 17 19 23 24 24 24 26 27
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II. Urkunden/Anordnung der Dokumentenvorlage (Abs. 4) . . . . 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu § 1042 Abs. 4 ZPO 3. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4. Der Urkundsbeweis im Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Herausgabepflicht von Dokumenten . . . . . . . . . . . . b) Voraussetzungen der Dokumentenherausgabe . . . . . . . . c) E-Discovery . . . . . . . . . . . . . d) Einwendungen gegen die Dokumentenherausgabe . . . . 5. Vorlage sonstiger Beweismittel . III. Sachverständige (Abs. 2 und 3) 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zu § 1049 ZPO . . . . . 3. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4. Der Sachverständigenbeweis im Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . C. Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung nach Aktenlage (Abs. 5) . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . .
Haller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht II. Verhältnis zu § 1047 ZPO . . . . III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . IV. Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung oder nach Aktenlage . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Vorrang einer etwaigen Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . .
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101 102 107 107
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2. Mündliche Verhandlung zwingend bei Antrag durch eine Partei . . . . . . . . . . . . . . . . 111 3. Im Übrigen: Ermessen des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . 113 D. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 E. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
A. Sachverhaltsermittlung (Abs. 1–5) Literatur: Albanesi/Jolivet, Dealing with Corruption in Arbitration: A Review of ICC Experience, ICC Bulletin, Special Supplement 2013, S. 27 ff.; Bertke/Schröder, Grenzen der Zeugenvorbereitung im staatlichen Zivilprozess und im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2014, 80 ff.; Bietz, On the State and Efficiency of International Arbitration – Could the German “Relevance Method” be useful or not?, SchiedsVZ 2014, 121 ff.; Decisions on ICC Arbitration Procedure, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2010; Demeyere, The Search for the “Truth”: Rendering Evidence under Common Law and Civil Law, SchiedsVZ 2003, 247 ff.; Hauser, 5. Freshfields Arbitration Lecture (German Edition): „Die Ermittlung des Sachverhalts durch das Schiedsgericht, Fluch oder Segen?“, SchiedsVZ 2017, 141 ff.; Hunter, Arbitration in Germany – A Common Law Perspective, SchiedsVZ 2003, 155 ff.; Kläsener/Dolgorukow, Die Überarbeitung der IBA-Regeln zur Beweisaufnahme in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2010, 302 ff.; Nettlau/O’Dell/Hackstein, An Examination of the 2020 Revision of the IBA Rules of Evidence, SchiedsVZ 2021, 315 ff.; Peter, Witness Conferencing, Arbitration International, Vol. 18, Issue 1 (2002), S. 47 ff.; Roney, “Effective Witness Preparation for International Commercial Arbitration”, Journal of International Arbitration, Vol. 20 Issue 5 (2003), S. 429 ff.; Sachs, Use of documents and document discovery: “Fishing expeditions” versus transparency and burden of proof, SchiedsVZ 2003, 193 ff.; Scherer, Beweisfragen bei Korruptionsfällen vor internationalen Schiedsgerichten, ASA Bulletin, Vol. 19, Issue 4 (2001), S. 684 ff.; Schlosser, Verfahrensrechtliche und berufsrechtliche Zulässigkeit der Zeugenvorbereitung, SchiedsVZ 2004, 225 ff.; Schütze, Die Ermessensgrenzen des Schiedsgerichts bei der Bestimmung der Beweisregeln, SchiedsVZ 2006, 1 ff.; Trittmann/Kasolowsky, Taking Evidence in Arbitration Proceedings between Common Law and Civil Law Traditions – The Development of a European Hybrid Standard of Arbitration Proceedings, University of New South Wales Law Journal, Vol. 31 Issue 1 (2008), S. 330 ff.; Trittmann/Mekat, Standard of Proof in international commercial arbitration, b-arbitra 2014, S. 351; Trittmann, Einschränkung der Ermittlung des Sachverhalts und der Beweiswürdigung des Schiedsgerichts durch Parteivereinbarung gem. § 1042 Abs. 3 ZPO?, in: Ebke/Olzen/Sandrock/Elsing (Hrsg.), FS Siegfried H. Elsing zum 65. Geburtstag (2015), S. 571; Trittmann, The interplay between procedural and substantive law in international arbitration, SchiedsVZ 2016, 7 ff.; Trittmann, Die „Wahrheit“ im internationalen Schiedsverfahren, IWRZ 2016, 255 ff.; Ullrich, Außergerichtliche Kontakte zwischen Anwalt und Zeugen im Zivilprozess, NJW 2014, 1341 ff.; Voser, Harmonization by Promulgating Rules of Best International Practice in International Arbitration SchiedsVZ 2005, 113 ff.; Wirth, Ihr Zeuge, Herr Rechtsanwalt! Weshalb Civil-Law Schiedsrichter Common-Law-Verfahrensrecht anwenden, SchiedsVZ 2003, 9 ff.; Wirth/Hoffmann-Nowotny, Rechtshilfe dt. Gerichte zugunsten ausländischer Schiedsgerichte bei Beweisaufnahme, SchiedsVZ 2005, 66 ff.; Wirth/Rouvinez/Knoll, The Search
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Ermittlung des Sachverhalts | Art. 25 ICC-SchO for „truth“ in arbitration: Is finding the truth what dispute resolution is about?, ASA Special Series No. 35 (2011), S. 63 ff.
I. Normzweck Art. 25 verdeutlicht, dass die Art und Weise der Sachverhaltsermittlung im Er- 1 messen des Schiedsgerichts liegt. Eine Ermittlungspflicht obliegt dem ICCSchiedsgericht damit nicht. Parteien und Schiedsgericht wird ein weiter Spielraum eingeräumt, das Beweisverfahren den Bedürfnissen des jeweiligen Verfahrens entsprechend zuzuschneiden und zeit- und kosteneffizient zu gestalten. Aus Art. 19 Abs. 1 sowie Art. 22 Abs. 2 folgt jedoch, dass das Schiedsgericht sein 2 Ermessen nur ausüben kann, soweit die Parteien keine abweichende Vereinbarung getroffen haben.
II. Änderungshistorie Mit der Reform 2021 wurde die Bestimmung des Art. 25 Abs. 2 a.F. gestrichen, 3 wonach das Schiedsgericht „nach Prüfung der Schriftsätze und der Dokumente, auf die diese Bezug genommen haben“, auf Antrag der Parteien oder von sich aus mit den Parteien eine mündliche Verhandlung durchzuführen hatte. Der maßgebliche englische Originalwortlaut der Bestimmung sah vor, dass das Schiedsgericht die Parteien auf Antrag einer der Parteien persönlich zu hören hatte („hear the parties together in person if any of them so requests“). Diese Formulierung führte insb. im Zuge der COVID-19-Pandemie zu einiger 4 Unsicherheit, da fraglich war, ob ein Schiedsgericht auch gegen den Willen einer der Parteien ausschließlich eine „virtuelle“ Verhandlung, d.h. eine Verhandlung per Video oder Telefonkonferenz, durchführen durfte. Zwar veröffentlichte die ICC die „ICC Guidance Note on Possible Measures Aimed at Mitigating the Effects of the COVID-19 Pandemic“, in der sie die Auffassung vertrat, dass Art. 25 Abs. 2 a.F. der Durchführung einer virtuellen Verhandlung auf Anordnung des Schiedsgerichts nicht entgegenstand. Angesichts des Wortlauts des englischsprachigen Originals der ICC-SchO blieb jedoch eine gewisse Unsicherheit bestehen. Diese Unsicherheit wurde nun mit der Reform zur ICC-SchO 2021 durch Strei- 5 chung des Art. 25 Abs. 2 a.F. beseitigt. Diese Bestimmung geht nun in dem ebenfalls reformierten Art. 26 Abs. 1 auf. Dieser besagt zwar auch, dass eine Verhandlung auf Antrag einer Partei stattfindet, allerdings stellt er klar, dass das Schiedsgericht auch die Durchführung einer „virtuellen“ mündlichen Verhandlung anordnen kann (s. dazu Art. 26 Rz. 1, 4, 15).
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht III. Verhältnis zu § 1042 Abs. 4 ZPO 6 Auch § 1042 Abs. 4 ZPO überlässt die Entscheidung über die Art und Weise der
Sachverhaltsermittlung dem Schiedsgericht. Die Vorschrift enthält keine Regelung zur Ermittlungspflicht des Schiedsgerichts. Das schiedsrichterliche Ermessen besteht im Rahmen einer zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung sowie im Rahmen der zwingenden schiedsverfahrensrechtlichen Vorgaben des X. Buches der ZPO. Diese zwingenden Vorgaben sind in § 1042 Abs. 1 und 2 ZPO enthalten: Gleichbehandlung der Parteien, rechtliches Gehör, kein Ausschluss eines Rechtsanwalts (für ICC-Schiedsverfahren sind die Verfahrensgrundsätze der Gleichbehandlung der Parteien und des rechtlichen Gehörs in Art. 22 Abs. 4 niedergelegt, s. hierzu Art. 22 ICC-SchO Rz. 20 ff.; aber s. auch Art. 17 Abs. 2 für die Möglichkeit, neu hinzugetretene Parteivertreter vom Schiedsverfahren auszuschließen).
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 7 Anders als im staatlichen Verfahren ist das Schiedsgericht an zivilprozessual
vorgesehene Beweismittel und Grundsätze der Beweiserhebung und -würdigung nicht gebunden. Die Art und Weise der Beweisaufnahme unterliegt der Parteiautonomie und dem Ermessen des Schiedsgerichts.
V. Sachverhaltsermittlung und Ermessen des Schiedsgerichts 1. Das Schiedsgericht als „case manager“? 8 Eingeschränkter Untersuchungsgrundsatz als Option für das Schiedsgericht.
Der Wortlaut des Art. 25 Abs. 1 suggeriert, dass das Schiedsgericht gemäß dem kontinentaleuropäischen Verständnis eines Richters den Sachverhalt auf Basis des eingeschränkten Untersuchungsgrundsatzes führen und sich als aktiver „case manager“ in das Verfahren einbringen soll. Dem Schiedsgericht wird jedoch ein weites Ermessen über die Art und Weise der Verfahrensführung eingeräumt, und es gibt keine Bevorzugung eines bestimmten Beweisverfahrens (Hascher, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2010, 7). In der Praxis obliegt es in erster Linie den Parteien, die erforderlichen Beweismittel zu finden und anzubieten. Ob ein Schiedsgericht darüber hinaus weitere Angaben zum Sachverhalt und Beweisangebote anfordert, liegt in seinem Ermessen und hängt überwiegend vom rechtskulturellen Hintergrund der Schiedsrichter ab. Das Schiedsgericht muss jedoch beachten, dass eine Sachverhaltsermittlung in „möglichst kurzer Zeit“ erfolgen soll.
9 In der Praxis wird das Schiedsgericht selten ohne Antrag einer Partei oder vor-
herige Anhörung der Parteien den Sachverhalt ermitteln. Die Parteien sind dafür verantwortlich, den Sachverhalt dem Schiedsgericht vorzutragen und Beweis 394
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Ermittlung des Sachverhalts | Art. 25 ICC-SchO
anzubieten. Eine Beweisaufnahme ohne Anhörung der Parteien wäre mit Blick auf die Garantie rechtlichen Gehörs ohnehin unzulässig. 2. Civil Law versus Common Law Die Ausgestaltung des Verfahrens im Einzelnen unterliegt der Disposition der 10 Parteien (Böckstiegel, in Böckstiegel, S. 1 [3]). Sie kann sich an Verfahrensgrundsätzen aus dem richterbestimmten Civil Law, d.h. den kontinentaleuropäischen Rechtssystemen, oder dem parteibestimmten Common Law, d.h. den anglo-amerikanischen Rechtssystemen, orientieren. Ein ICC-Schiedsgericht wird sich bei der Verfahrensgestaltung nur selten an rein nationalen Verfahrensregeln orientieren. Jedoch hängt es häufig von der rechtskulturellen Prägung der am Schiedsverfahren Beteiligten ab, welche Verfahrensgrundsätze in einem Schiedsverfahren zur Anwendung kommen. Bereits mit der Auswahl der Schiedsrichter können die Parteien daher beeinflussen, wie das Schiedsverfahren später geführt wird. Tendenz zu Common Law in internationalen Schiedsverfahren. Unabhängig 11 von der Herkunft der Beteiligten des Schiedsverfahrens besteht in internationalen Schiedsverfahren die Tendenz, für die Ausgestaltung des Beweisverfahrens aus dem Common Law stammende Elemente anzuwenden. Auch wenn diese Elemente regelmäßig nicht unverändert, sondern an das internationale Umfeld angepasst in das Schiedsverfahren übernommen werden, ist aus deutscher (oder kontinentaleuropäischer) Sicht häufig von einer Tendenz zur Anwendung des Common Law in internationalen Schiedsverfahren die Rede, wenn auch in abgemilderter Form. Ursprung dieser Tendenz ist zum einen die Tatsache, dass Parteien unterschiedlicher Herkunft, die sich in einem Schiedsverfahren gegenüberstehen, Grundsätze aus den ihnen bekannten Rechtsordnungen kombinieren. Zum anderen wird als vorrangige Aufgabe eines Schiedsgerichts, dessen (endgültige) Entscheidungsbefugnis auf einem Auftrag der Parteien basiert, die „volle Wahrheitsfindung“ betrachtet, welche auch im Vordergrund des Common Law steht, während im Fokus des Civil Law die Streiterledigung steht. Als Kompromiss für Verfahren zwischen Common-Law- und Civil-Law-Par- 12 teien sind die IBA-Rules entworfen worden, die seit vielen Jahren in internationalen Schiedsverfahren herangezogen werden. Dies gilt auch für ICC-Schiedsverfahren (Hascher, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2010, 10; die IBA Rules sind zuletzt im Jahr 2020 revidiert worden, hierzu Nettlau/O’Dell/Hackstein, SchiedsVZ 2021, 315 ff.; eine aktualisierte Version des Kommentars der IBA hierzu ist im Januar 2021 erschienen (IBA Rules Commentary 2021). In den vergangenen Jahren wurden die IBA-Rules teilweise als zu Common- 13 Law-geprägt kritisiert, was schließlich zur Schaffung der Rules on the Efficient Conduct of Proceedings in International Arbitration führte. Die sog. „PragueRules“ wurden im Dezember 2018 als Gegenentwurf zu den IBA-Rules verabschiedet, der stärker durch das kontinental-europäische Rechtssystem geprägt ist. Vor allem im Hinblick auf „Document Production“ ist ein Unterschied erHaller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht kennbar. Unter den Prague-Rules sollen anders als unter den IBA-Rules nur vereinzelte Dokumente betroffen sein und das Schiedsgericht ist ausdrücklich angehalten, eine zeit- und kostenaufwendige Document Production möglichst zu vermeiden. Außerdem soll das Schiedsgericht unter den Prague-Rules eine proaktivere Rolle einnehmen. Ob sich die Prague-Rules in der Praxis durchsetzen können und tatsächlich als Alternative zu den IBA-Rules genutzt werden, wird sich mit der Zeit zeigen. Derzeit erfolgt jedenfalls noch – auch ohne ausdrückliche Vereinbarung der Parteien oder einer ausdrücklichen Entscheidung des Schiedsgerichts mit zunehmender Tendenz eine Orientierung an den IBA-Rules als Leitlinie. Parteien und Schiedsrichter sollten einerseits gleich zu Beginn des Verfahrens prüfen, welche der Regeln für das jeweilige Schiedsverfahren passender sind. Andererseits darf man die Bedeutung der neuen Regeln nicht überschätzen: Es ist wesentlich wichtiger, mit welchen Schiedsrichtern das Schiedsgericht besetzt ist und welche Rahmenbedingungen das Schiedsverfahren hat. So wird es eine weitreichendere Document Production geben, wenn das Schiedsverfahren seinen Sitz in London hat und allein Schiedsrichter mit common lawHintergrund tätig sind, als in einem Verfahren mit Sitz in Deutschland und ausschließlich deutschen Schiedsrichtern. 14 Flexibilität. Die dem Schiedsverfahren eigene Flexibilität wird durch die IBA-
Rules beibehalten und unterstützt, denn sie betonen in ihrer Präambel, dass das Schiedsgericht und die Parteien die IBA-Rules ganz oder teilweise zur Regelung eines Schiedsverfahrens übernehmen können, sie abändern oder als Richtlinien für ihre eigene Verfahrensregelung verwenden können. Die Beweisaufnahme kann dadurch auf die Bedürfnisse des jeweiligen Einzelfalls zugeschnitten werden (Kläsener/Dolgorukow, SchiedsVZ 2010, 302 [310]).
15 Auch wenn die Parteien die Anwendung der IBA-Rules vereinbart haben, kön-
nen sie noch weitere Regelungen zu einzelnen Verfahrensfragen treffen. So können die Parteien etwa vereinbaren, bestimmte Beweismittel, z.B. den Sachverständigenbeweis, auszuschließen. Zudem müssen Fristen für die einzelnen Verfahrensschritte festgelegt werden. Dies können die Parteien entweder dem Schiedsgericht überlassen oder – ggf. gemeinsam mit dem Schiedsgericht – hierzu eine Vereinbarung treffen. Das Schiedsgericht regelt die Verfahrensschritte im Verfahrenskalender (Art. 24 Abs. 2).
16 Eine Orientierungshilfe für verfahrensrechtliche Vereinbarungen zwischen den
Parteien bieten auch die UNCITRAL Notes on Organizing Arbitral Proceedings. Schiedsgerichte werden diese Regeln aber anders als die IBA-Rules nur heranziehen, wenn die Parteien sie ausdrücklich vereinbart haben. 3. Korruption und Geldwäsche im Schiedsverfahren
17 Immer wieder werden Schiedsgerichte zu korruptiven und Geldwäschezwecken
missbraucht. In solchen Fällen haben mitunter beide Parteien ein Interesse daran, dass bestimmte Themen gar nicht vor dem Schiedsgericht diskutiert werden, etwa weil sich Beteiligte auf beiden Seiten wegen Korruption strafbar ge396
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Ermittlung des Sachverhalts | Art. 25 ICC-SchO
macht haben oder weil sie das Schiedsgericht nutzen, um durch eine vorab abgestimmte Verfahrensführung Geld zu waschen. Grundsätzlich zulässig ist es zwar, wenn die Parteien dem Schiedsgericht ge- 18 meinsam vorgeben, einen bestimmten Themenkreis oder bestimmte Rechtsfragen auszuklammern. Das Schiedsgericht muss jedoch bei begründeten Anhaltspunkten prüfen, ob ein Verstoß gegen den internationalen ordre public oder den ordre public am Schiedsort vorliegt. Das ist der Fall bei Korruption oder Geldwäsche (vgl. Albanesi/Jolivet, ICC Bulletin, Special Supplement 2013, 27). Das Schiedsgericht muss dann die Anhaltspunkte prüfen, wobei sich kein einheitlicher Standard dafür herausgebildet hat, welches Beweismaß das Schiedsgericht zugrunde zu legen hat. Berücksichtigen muss das Schiedsgericht in jedem Fall das anwendbare Recht: Was im Land eines Schiedsrichters illegal ist, muss nicht automatisch ebenfalls illegal sein im Land, in dem der Sachverhalt des Schiedsverfahrens spielt. Liegt danach kein illegales Verhalten vor, ist der internationale ordre public zu prüfen. 4. Festlegung der Verfahrensregeln Zeitpunkt. Die Klärung, wie das Beweisverfahren durchzuführen ist, erfolgt zu 19 einem frühen Zeitpunkt im Verfahren (Art. 23, 24). Die im Schiedsverfahren anzuwendenden detaillierteren Verfahrensregeln können von den Parteien vereinbart und dem Schiedsgericht vorgelegt werden (in einem Gemeinsamen Vorschlag zum Verfahrenskalender und den Verfahrensregeln/Joint Proposal for a Procedural Timetable and Rules, Muster Rz. 121 f.). Eine Vereinbarung der Parteien vor Konstituierung des Schiedsgerichts, etwa gemeinsam mit der Schiedsvereinbarung oder bei Auftreten der Streitigkeit, ist möglich, kommt in der Praxis jedoch kaum vor. Die Vereinbarung der Parteien über die Verfahrensregeln ist für das Schiedsgericht grds. bindend. Es ist jedoch denkbar, dass dem Schiedsrichter ein Rücktrittsrecht zusteht (Schütze, SchiedsVZ 2006, 1 [3]; Fry/ Greenberg/Mazza, Rz. 3-718) (Art. 15 Rz. 13). Entscheidung des Schiedsgerichts. Haben die Parteien keine Vereinbarung ge- 20 troffen, hat das Schiedsgericht über die Regeln der Beweisaufnahme zu entscheiden. Die Ermittlung eines mutmaßlichen Parteiwillens wird hier regelmäßig kein gangbarer Weg sein. Denn auch wenn eine Tendenz zu verzeichnen ist, Elemente aus Common-Law- und Civil-Law-Rechtssystemen unabhängig von der Herkunft der Beteiligten zu kombinieren, kann hier noch nicht von einer allgemeinen Praxis ausgegangen werden. Schon gar nicht kann jedoch von Herkunft der Beteiligten und Schiedsort eindeutig auf die Vereinbarung bestimmter Verfahrensregeln geschlossen werden. Die genannten Kriterien können daher nicht eindeutig zu einer Schlussfolgerung auf den mutmaßlichen Parteiwillen führen. In der Regel wird der Vorschlag der Parteien oder die Entscheidung des Schiedsgerichts in der ersten Verfahrensverfügung (Procedural Order 1) des Schiedsgerichts festgehalten. Hierin werden etwa Form, Inhalt und Anzahl der Schriftsätze sowie Schriftsatzfristen geregelt, die Ausgestaltung des BeweisverHaller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht fahrens, insb., welche Beweismittel zulässig sind und wie dieser zugelassene Beweis zu erheben ist, das Datum und die Organisation der mündlichen Verhandlung und die Befugnisse des Vorsitzenden. 21 Ablauf des Verfahrens. Das Schiedsverfahren ist i.d.R. – im Falle einer Bi- oder
Trifurkation jeweils gesondert für jeden Verfahrensabschnitt – in ein Behauptungs- und ein Beweisverfahren unterteilt. Zunächst haben die Parteien den Sachverhalt substantiiert darzulegen, die Beweismittel für ihre Behauptungen zu nennen und den Schriftsätzen beizulegen und ihre Anträge rechtlich zu begründen. Dies erfolgt im Regelfall in zwei Schriftsatzrunden (Klage/Statement of Claim, Klageerwiderung/Statement of Defence, Replik/Statement of Reply, Duplik/Statement of Rejoinder; je nachdem, wie detailliert der das Schiedsverfahren einleitende Schriftsatz bereits ist, wird dieser als Klage betrachtet; die inhaltliche Ausgestaltung der Schiedsklage hängt sowohl vom kulturellen Hintergrund der klagenden Partei als auch von taktischen Erwägungen ab; s. hierzu Art. 4). Denkbar ist auch ein simultaner Austausch von Schriftsätzen. Das Schiedsgericht bespricht mit den Parteien den genauen Ablauf während der Verfahrensmanagementkonferenz (s. Art. 24). Im Anschluss hieran wird Beweis erhoben (zu den Beweismitteln im Einzelnen s. Rz. 24 ff.). Dies erfolgt im Regelfall in einer mündlichen Verhandlung (Art. 25 Abs. 5, 6; Art. 26). Nach der Beweisaufnahme haben die Parteien die Möglichkeit, abschließend Stellung zu nehmen. Dies kann entweder in mündlicher Form (Schlussplädoyer/closing statements) und/oder in schriftsätzlicher Form (post-hearing briefs) erfolgen (Art. 26). Die Parteien müssen jedoch möglichst frühzeitig alle Tatsachen und Argumente vortragen, von denen sie Kenntnis haben. Der Beklagte kann z.B. nicht abwarten, bis er den letzten Schriftsatz einreichen darf und erst dann vollumfänglich vortragen und Beweismittel vorlegen.
22 Grenzen der Kompetenz des Schiedsgerichts und Unterstützung durch staat-
liche Gerichte. Das Schiedsgericht ist nicht befugt, Zwang gegenüber Zeugen oder Sachverständigen auszuüben, eine Dokumentenvorlage durch Dritte anzuordnen bzw. Behörden oder Amtspersonen um Mitteilung einer Urkunde zu ersuchen oder einen Eid abzunehmen. Hält das Schiedsgericht die Durchführung einer der genannten Handlungen für erforderlich, kann es die Unterstützung staatlicher Gerichte nach § 1050 ZPO beantragen; möglich ist auch ein Antrag durch eine Partei mit Zustimmung des Schiedsgerichts. In letzterem Fall muss das Schiedsgericht auch dem Inhalt des Antrags zustimmen. Für Unterstützungshandlungen staatlicher Gerichte bei der Beweisaufnahme und sonstigen richterlichen Handlungen sind die Amtsgerichte zuständig (§ 1062 Abs. 4 ZPO). Das Amtsgericht ist an das geltende deutsche Prozessrecht gebunden und kann daher lediglich solche Maßnahmen anordnen oder durchführen, die in der ZPO vorgesehen sind (Entscheidungen des staatlichen Gerichts über den Antrag auf gerichtliche Unterstützung können (nur) im Wege der sofortigen Beschwerde, insbesondere nach § 567 ZPO, angefochten werden; hierzu BGH v. 20.2.2020 – I ZB 45/19, SchiedsVZ 2021, 43).
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Ermittlung des Sachverhalts | Art. 25 ICC-SchO
5. Beweislast und Beweismaß Die Schiedsordnung gibt dem Schiedsgericht nicht vor, wie die Beweislast ver- 23 teilt ist und welches Beweismaß das Schiedsgericht zugrunde legen muss. Häufig ziehen Schiedsgerichte das in der Sache anwendbare Recht auch für Beweislast und Beweismaßfragen heran. Diese Fragen spielen eine wichtige Rolle für die Durchsetzung des Rechts und sind daher mit dem anwendbaren materiellen Recht unmittelbar verknüpft.
B. Beweismittel und deren Behandlung im Schiedsverfahren I. Zeugen (Abs. 2) Literatur: Wie oben unter A., zusätzlich: von Bernuth/Reischl, Sequestration of Witnesses – Zur Anwesenheit von Zeugen während der Schiedsverhandlung, SchiedsVZ 2017, S. 20 ff.; Harbst, Die (Un-)verlässlichkeit der Zeugenerinnerung, SchiedsVZ 2021, S. 49 ff.; ICC Commission on Arbitration and ADR, The Accuracy of Fact Witness Memory in International Arbitration (2020); Oetiker, Witnesses before the International Arbitral Tribunal, ASA Bulletin, Vol. 25 Issue 2 (2007), S. 253 ff.; Risse/Baumann, The permissible scope of witness testimony in arbitral hearings – five proposed rules, Arbitration International, Vol. 37 Issue 1 (2021), S. 21 ff. Schlosser, Verfahrensrechtliche und berufsrechtliche Zulässigkeit der Zeugenvorbereitung, SchiedsVZ 2004, S. 225 ff.; Schürmann, Plädieren durch die Hintertür – Pleading through the back door, ASA Bulletin, Vol. 24 Issue 3 (2006), S. 433 ff.; Segesser, Witness Preparation in International Commercial Arbitration, ASA Bulletin, Vol. 20 Issue 2 (2002), S. 222 ff.; Shore, Three Evidentiary Problems in International Arbitration: Producing the Adverse Document, Listening to the Document that does not Speak for Itself, and Seeing the Witness through her Written Statement, SchiedsVZ 2004, S. 76 ff.
1. Normzweck Zeugen werden in Art. 25 als Beweismittel genannt, Regelungen zur Durchfüh- 24 rung des Zeugenbeweises werden jedoch nicht getroffen. Die Gestaltung der Beweisaufnahme ist auch hier Parteiautonomie und Ermessen des Schiedsgerichts überlassen. Die Formulierung „Das Schiedsgericht kann Zeugen, […] oder jede andere Person […] hören“ beugt möglichen Schwierigkeiten aufgrund von nationalen Prozessordnungen, die zwischen der Vernehmung von Zeugen und Parteien unterscheiden, vor. Im Schiedsverfahren kann anders als nach der deutschen ZPO die Partei (deren 25 Vorstand oder Geschäftsführer) selbst als Zeuge auftreten. Zeugen sollten zwar grds. nicht vor ihrer Zeugenaussage an der Verhandlung teilnehmen, weil sie ihre Zeugenaussage gerade unvoreingenommen vom bisherigen Verhandlungsverlauf machen sollen. Wenn die Partei selbst oder wenn ein gesetzlicher Vertreter einer Partei als Zeugen aussagt, besteht häufig ein legitimes Interesse oder u.U. sogar die Notwendigkeit, dass diese an der gesamten mündlichen Verhandlung teilnehmen. Die Anwesenheit eines Zeugen schon vor seiner Vernehmung kann z.B. erforderlich werden, wenn die Partei selbst oder das einzige Organ der Haller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Partei als Zeuge auftritt. Denn sonst würde das Anwesenheitsrecht der Partei und damit deren Recht auf rechtliches Gehör verletzt (generell zur Anwesenheit von Zeugen während der Verhandlung von Bernuth/Reischl, SchiedsVZ 2017, 20). Der Zeuge darf der Verhandlung beiwohnen, jedoch muss das Schiedsgericht bei der Bewertung seiner Zeugenaussage berücksichtigen, dass er den bisherigen Verhandlungsverlauf aus eigener Anschauung kennt. Um hier eine Beeinflussung des Zeugen möglichst gering zu halten, sollte das Schiedsgericht den Zeugen möglichst zu Beginn des Verfahrens vernehmen. 2. Verhältnis zu § 1042 Abs. 4 ZPO 26 Die ZPO nimmt anders als Art. 25 keinen ausdrücklichen Bezug auf den Zeu-
genbeweis, sondern bestimmt in § 1042 Abs. 4 Satz 2 ZPO lediglich, dass das Schiedsgericht berechtigt ist, im Rahmen seines durch zwingende Vorschriften und mögliche Parteivereinbarung beschränkten Ermessens über die Zulässigkeit einer Beweiserhebung zu entscheiden, diese durchzuführen und das Ergebnis frei zu würdigen. 3. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
27 Das staatliche Gericht darf den Zeugenbeweis nicht ohne Beweisantrag einer
Partei erheben. Gibt es ein Beweisangebot und hält das Gericht die Aussage des Zeugen für entscheidungserheblich, wird der Zeuge nach den Regeln der § 377 ff. ZPO vom Gericht geladen.
28 Für den Zeugen gilt grds. eine Erscheinens-, Aussage- und Eidespflicht. Eine Be-
eidigung erfolgt, wenn das Gericht dies für erforderlich erachtet und die Parteien auf die Beeidigung nicht verzichten (§ 391 ZPO). Die Vernehmung erfolgt in erster Linie durch den Richter. Im Anschluss erhalten die Parteien Gelegenheit, Fragen an den Zeugen zu richten.
29 Im Schiedsverfahren ist der Zeuge zur Aussage vor dem Schiedsgericht nicht
verpflichtet, sodass auch keine Zeugnisverweigerungsrechte zur Anwendung kommen. Das Schiedsgericht ordnet i.d.R. an, dass die Partei, die sich auf einen Zeugen beruft, dafür sorgt, dass der Zeuge erscheint. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Schiedsgericht das Nichterscheinen eines Zeugen negativ würdigen oder seine schriftliche Zeugenerklärung unberücksichtigt lassen (Art. 4 Abs. 7 IBA-Rules), etwa wenn der Zeuge ein Angestellter der Partei ist, die sich auf seine Aussage beruft, und diese nicht in der Lage ist, ihn zur Kooperation zu bewegen. Hierdurch wird allerdings das Recht auf rechtliches Gehör eingeschränkt (vgl. Art. 22 Abs. 4). Daher kann eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein, wenn die Partei alles ihr Mögliche und Zumutbare getan hat, den Zeugen zu einem Erscheinen in der mündlichen Verhandlung zu bewegen. Das Schiedsgericht muss bei der Beweiswürdigung berücksichtigen, dass weder das Schiedsgericht noch die andere Partei die Möglichkeit hatten, den Zeugen zu befragen (und z.B. die Glaubwürdigkeit des Zeugen durch cross-examination zu 400
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testen). Da das Schiedsgericht keinen Eid abnehmen darf, entfällt auch eine Belehrung über die Folgen eines Meineides bzw. einer Falschaussage. Allenfalls kommt ein Hinweis auf eine mögliche Strafbarkeit u.a. wegen Betruges aufgrund einer falschen Aussage in Betracht. Erfolgt dennoch eine Beeidigung, kann der Schiedsspruch aufgehoben werden, wenn er auf der Beeidigung beruht, d.h. wenn der Beeidigung ein besonderer Beweiswert zukam (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO). Sollte ein Zeuge nicht kooperieren oder das Schiedsgericht der Auffassung sein, 30 dass eine Aussage unter Eid erforderlich ist, kommt ein Antrag auf gerichtliche Unterstützung nach § 1050 ZPO in Betracht (s. auch Art. 4 Abs. 9 IBA-Rules). Um eine Verzögerung des Rechtstreits zu vermeiden, wird das Schiedsgericht zusätzlich häufig eine Frist für die Antragstellung durch die Partei setzen, wenn es den Antrag nicht selber stellt (die Durchführung des Verfahrens vor dem staatlichen Gericht kann das Schiedsgericht natürlich nicht beeinflussen). § 1050 ZPO sieht nicht vor, dass das staatliche Gericht lediglich den Zeugen unter Zwangsandrohung anhält, vor dem Schiedsgericht zu erscheinen, sondern dass die Beweisaufnahme insgesamt vor dem staatlichen Gericht durchgeführt wird. Neben dem staatlichen Richter können jedoch auch das Schiedsgericht und die Parteien den Zeugen befragen (§ 1050 Abs. 3 ZPO). Die Beweiswürdigung wird wieder vom Schiedsgericht vorgenommen. Da im Schiedsverfahren der Grundsatz gilt, dass die Parteien die von ihnen be- 31 nannten Zeugen selbst beibringen, besteht die Gefahr einer Verletzung des rechtlichen Gehörs einer Partei, deren Zeuge nicht erschienen ist, erst dann, wenn sie ihre Verfahrenspflicht, den Zeugen zu stellen, mit einer ausreichenden Entschuldigung nicht erfüllen konnte und das Schiedsgericht dennoch (grundlos) von einem Antrag nach § 1050 ZPO absieht. 4. Der Zeugenbeweis im Schiedsverfahren Die Art und Weise der Beweiserhebung durch Zeugenbeweis unterliegt der Par- 32 teiautonomie. Auch hier ist die Ausgestaltung im Einzelnen im Common Law und im Civil Law unterschiedlich. Ist das Verfahren stark kontinentaleuropäisch ausgeprägt, wird in den Schriftsätzen Zeugenbeweis für bestimmte behauptete Tatsachen angeboten, und die genannten Zeugen werden – sofern ihre Aussage entscheidungserheblich ist – in der mündlichen Verhandlung vernommen. Im Common Law wird die Zeugenvernehmung durch das Einreichen schriftlicher Zeugenaussagen (written witness statements) vorbereitet. Dies ist auch in internationalen Schiedsverfahren üblich. Grundsätzlich ist ein Schiedsgericht nicht verpflichtet, alle von den Parteien benannten Zeugen zu hören (OLG München v. 14.11.2011 – 34 Sch 10/11, SchiedsVZ 2012, 43). Standardmäßig enthält eine schriftliche Zeugenaussage Angaben zur Person, zu 33 ihrem Verhältnis zu den Parteien, ihre Aussage zur Sache, eine Wahrheitsbekundung, Angaben, in welcher Sprache der Zeuge bereit ist auszusagen, sowie die Unterschrift (Art. 4 Abs. 5 IBA-Rules; für ein Beispiel s. Rz. 123). Haller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 34 Entscheidung im Einzelfall. Natürlich sollte auch die Frage, ob mit schriftlichen
Zeugenaussagen gearbeitet werden soll, für jedes Schiedsverfahren neu gestellt und erwogen werden, ob dies im jeweiligen Verfahren sinnvoll erscheint. Wenn bspw. nur wenige Zeugen genannt werden und ihre Beweisthemen begrenzt sind, sind schriftliche Zeugenaussagen nicht erforderlich. Jedenfalls sollte der Zeugenbeweis insgesamt einheitlich geführt werden. Die ICC hat mit einer Task Force untersucht, inwiefern die bisherigen Praktiken in internationalen Schiedsverfahren die Zeugenerinnerung beeinflusst oder verändern und in einem Bericht einige Vorschläge unterbreitet, wie die „Kontamination“ des Zeugenbeweises verhindert werden kann (hierzu auch Harbst, SchiedsVZ 2021, 49 ff.).
35 Zeitpunkt der Einreichung schriftlicher Zeugenaussagen. Möglich ist die Ein-
reichung schriftlicher Zeugenaussagen gemeinsam mit den Schriftsätzen oder die gleichzeitige Einreichung durch beide Parteien nach Austausch der Schriftsätze. Die Einreichung der Aussagen mit den Schriftsätzen führt zu einer Beschleunigung des Verfahrens, da kein weiterer separater Verfahrensschritt mehr erforderlich wird und die Parteien bereits in ihren Schriftsätzen zu den Zeugenaussagen Stellung nehmen können. In diesem Fall müssen die Parteien das Recht haben, weitere Zeugenaussagen in Erwiderung (supplementary/rebuttal witness statements) auf die Aussagen der Zeugen der anderen Partei einzureichen. Die revidierten IBA Rules enthalten auch hilfreiche Anpassungen zur Möglichkeit der Einreichung von revidierten oder zusätzlichen schriftlichen Zeugenaussagen (Nettlau/O’Dell/Hackstein, SchiedsVZ 2021, 315, 318). Werden die Aussagen gleichzeitig nach der Schriftsatzphase ausgetauscht, können die Parteien regelmäßig auch auf die jeweiligen Zeugenaussagen der anderen Partei mit ergänzenden Zeugenaussagen erwidern. In jedem Fall haben sie Gelegenheit, nach Abschluss der Beweisaufnahme deren Ergebnis zu würdigen.
36 Kontakte zwischen Parteien und Zeugen im Sinne einer ausführlichen Vorberei-
tung („coaching“) auf eine Zeugenaussage sind in den meisten Civil-Law-Systemen nicht üblich. Explizite Regelungen einschließlich der Festlegung disziplinarrechtlicher Folgen für Parteivertreter sind jedoch kaum zu finden. Das Schiedsverfahrensrecht orientiert sich auch in dieser Frage am Common Law, wo die Vorbereitung von Zeugen üblich ist und teilweise in sehr weitem Umfang als zulässig betrachtet wird und lässt die Vorbereitung von Zeugen durch Parteivertreter zu. Dieser Grundsatz hat auch Eingang in die IBA-Rules gefunden (Art. 4 Abs. 3 IBA-Rules). Die Vorbereitung von Zeugen schließt die Hilfe beim Erstellen einer schriftlichen Zeugenaussage ein und erlangt insb. vor Durchführung der mündlichen Verhandlung Bedeutung (Art. 26). Die Vorbereitung des Zeugen darf natürlich nicht zur unzulässigen Beeinflussung werden. Eine Bezahlung des Zeugen ist nicht per se unzulässig. Der Zeuge ist nicht verpflichtet, im Schiedsverfahren auszusagen, und er wird für seine Aussage grds. nicht entschädigt. Gleichzeitig ist eine Aussage in einem Schiedsverfahren für einen Zeugen mit teilweise erheblichem Zeitaufwand verbunden, der ihm in Höhe des (anteiligen) normalen Arbeitseinkommens honoriert werden darf.
37 Zum Nichterscheinen eines Zeugen s. Rz. 29 sowie Art. 26 Rz. 33 ff. 402
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II. Urkunden/Anordnung der Dokumentenvorlage (Abs. 4) Literatur: Wie oben unter A., zusätzlich: Burianski/Reindl, Truth or Dare? The Conflict Between E-discovery in International Arbitration and German Data Protection Rules, SchiedsVZ 2010, S. 187 ff.; Document Production in International Arbitration, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2006; Faulhaber/Beimel, The Best of Both Worlds? The Power of 28 U.S.C. § 1782 in International Commercial Arbitration, SchiedsVZ 2022, 1 ff.; Fritz/Prantl/Leinwather/Hofer, Datenschutz in internationalen Schiedsverfahren – Ein Überblick, SchiedsVZ 2019, S. 301 ff.; Haller, The Without Prejudice Privilege, SchiedsVZ 2011, S. 313 ff.; Hamann/Bulka, How to Make Arbitration Efficient: Practice Examples, SchiedsVZ 2022, 27 ff.; Heitzmann, Confidentiality and Privileges in Cross-Border Legal Practice: The Need for a Global Standard? ASA Bulletin, Vol. 26 Issue 2 (2008), S. 205 ff.; Hilgard, Electronic Discovery im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2008, S. 122 ff.; Kaufmann-Kohler/Bärtsch, Discovery in international arbitration: How much is too much?, SchiedsVZ 2004, S. 13 ff.; King/Bossmann, Rethinking Discovery in International Arbitration: Beyond the Common Law/Civil Law Divide, ICC Court Bulletin, Vol. 12 No. 1 (2001), S. 24 ff.; Kneisel/Lecking, Verteidigungsstrategien gegen die Anordnung der Document Production, SchiedsVZ 2013, S. 150 ff.; Konrad, Der Schutz der Vertrauenssphäre zwischen Rechtsanwalt und Mandant im Zivilprozess, NJW 2004, S. 710 ff.; Meier, The Production of Electronically Stored Information in International Commercial Arbitration, SchiedsVZ 2008, S. 179 ff.; Redeker, Der Syndikusanwalt als Rechtsanwalt, NJW 2004, S. 889 ff.; Report of the ICC Commission on Arbitration and ADR, Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration (2007); Sachs, Use of documents and document discovery: „Fishing expeditions“ versus transparency and burden of proof, SchiedsVZ 2003, S. 193 ff.; Schaner/Scarborough, Obtaining Discovery in the USA for Use in German Legal Proceedings. A Powerful Tool: 28 U.S.C. § 1728, AnwBl. 2012, S. 320 ff.; Shore, Three Evidentiary Problems in International Arbitration: Producing the Adverse Document, Listening to the Document that does not Speak for Itself, and Seeing the Witness through her Written Statement, SchiedsVZ 2004, S. 76 ff.; Sindler/Wüstemann, Privilege across borders in arbitration: multi-jurisdictional nightmare or a storm in a teacup?, ASA Bulletin, Vol. 23 Issue 4 (2005), S. 610 ff.
1. Normzweck Das Schiedsgericht kann auf Basis des Art. 25 Abs. 5 die Vorlage von Dokumen- 38 ten und anderen Beweismitteln anordnen. 2. Verhältnis zu § 1042 Abs. 4 ZPO Das X. Buch der ZPO enthält keine Regelung zum Urkundsbeweis. Damit ist ein 39 Dokumentenvorlageverfahren nicht ausgeschlossen, sondern die Bestimmung von Beweismitteln und Beweisverfahren dem Willen der Parteien bzw. dem Ermessen des Schiedsgerichts überlassen (§ 1042 Abs. 4 ZPO). Art. 25 ist insofern etwas detaillierter, als es einzelne Beweismittel nennt und die Befugnis des Schiedsgerichts ausdrücklich vorsieht, Parteien zur Vorlage weiterer Beweise aufzufordern. Spezifische Vorgaben zum Beweisverfahren vor dem Schiedsgericht sind jedoch weder in der ZPO noch in der ICC-SchO enthalten. Haller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 3. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 40 Anordnung der Urkundenvorlegung nach § 142 ZPO. Das staatliche Gericht
kann von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei die Vorlage von Urkunden durch eine Partei oder einen Dritten anordnen, wenn sich eine der Parteien auf sie bezogen hat. In der Praxis wird von dieser Vorschrift selten Gebrauch gemacht. Wenn sie zur Anwendung kommt, betrifft die Vorlageanordnung nur eine kleine Anzahl von Dokumenten oder ein einzelnes Dokument. Aufgrund des Ausforschungsverbots darf eine Anordnung nicht zum bloßen Zweck der Informationsgewinnung ergehen, sondern nur dann, wenn ein schlüssiger, auf konkrete Tatsachen bezogener Vortrag der Partei vorliegt (BGH v. 26.6.2007 – XI ZR 277/05, NJW 2007, 2989 [2992]) und die zu beschaffende Urkunde möglichst genau bezeichnet wird. Unzulässig sind hiernach auch Beweisanträge, die es bezwecken, die zur Konkretisierung des Prozessvortrags benötigten Tatsachen erst in Erfahrung zu bringen oder globale Verweise auf sämtliche bei einer Partei oder ihrem Prozessbevollmächtigten befindlichen Unterlagen.
41 Eine Vorlegungspflicht nach § 142 ZPO ist unabhängig von Beweislast oder ei-
nem materiellen Herausgabeanspruch, und ein Verstoß hat eine freie richterliche Würdigung nach §§ 286, 427 Satz 2 ZPO zur Folge. Wenn etwa das Anwaltsgeheimnis oder sonstige Geheimhaltungsinteressen betroffen sind, können Unterlagen zurückgehalten werden (s. hierzu Rz. 53 ff.).
42 Anordnung gegenüber Dritten. Auch hier kann gemäß § 1050 ZPO die Unter-
stützung staatlicher Gerichte beantragt werden. Da der Schiedsort jedoch häufig als neutraler Ort gewählt wird, zu dem die Parteien – und mit ihnen in Verbindung stehende Dritte – keine Beziehung haben, erlangt dieser Rechtsbehelf überwiegend in ausländischen Schiedsverfahren Bedeutung. Parteien am Schiedsort Deutschland müssen in vielen Fällen auf nationale Regelungen in dritten Ländern zurückgreifen (z.B. die Vorschrift 28 U.S.C. § 1782, die U.S.-amerikanische Gerichte ermächtigt, eine discovery zur Unterstützung von ausländischen und internationalen Verfahren anzuordnen, Faulhaber/Beimel, SchiedsVZ 2022, 1 ff.). 4. Der Urkundsbeweis im Schiedsverfahren a) Herausgabepflicht von Dokumenten
43 Anordnung der Dokumentenvorlage im Civil und Common Law. Im Civil
Law stellt die Herausgabe von Dokumenten durch die Gegenpartei eine Ausnahme dar, da die Partei ihren Vortrag grds. mit Dokumenten zu beweisen hat, die in ihrem Besitz sind. Dafür spielt die Beweislastverteilung eine größere Rolle. Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Dokumentenvorlage sind eng. Die antragstellende Partei muss das vorzulegende Dokument genau bezeichnen, und sein Inhalt muss für die Entscheidung relevant sein. Im Common Law hingegen erhalten die Parteien – vor Beginn des eigentlichen Verfahrens im Sinne eines Austauschs begründeter Schriftsätze, daher „Pre-Trial-Discovery-Verfah-
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ren“ – Zugang zu allen Unterlagen der Gegenpartei, die mit dem Verfahrensgegenstand in Zusammenhang stehen (könnten), und können hierin nach Dokumenten suchen, die zur Beweisführung für ihren Fall geeignet sind. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von „fishing expeditions“. Dokumentenvorlage in internationalen Schiedsverfahren. In der internationa- 44 len Schiedspraxis ist inzwischen unabhängig von der Herkunft der Beteiligten die Regel, dass die Dokumentenvorlage Bestandteil des Schiedsverfahrens ist. Eine Discovery im Common-Law-Sinne ist im Rahmen der ICC-SchO möglich, jedoch kommt dies kaum vor. Mit Blick auf eine mögliche längere Verfahrensdauer und höhere Kosten bei Anwendung eines Dokumentenvorlageverfahrens enthält Anhang IV Vorschläge, wie einer Ausuferung des Verfahrens begegnet werden kann. Art. 25 Abs. 5 beinhaltet die Möglichkeit einer Vorlageanordnung aus Sicht des Schiedsgerichts. Eine Befugnis der Parteien, eine solche Vorlageanordnung beim Schiedsgericht zu beantragen, sieht die ICC-SchO nicht ausdrücklich vor. Dass eine dahingehende Vereinbarung auch in Schiedsverfahren nach der ICC-SchO zulässig ist, ergibt sich jedoch bereits aus Anhang IV, der ausdrücklich von Anträgen auf Vorlage von Dokumenten spricht (Buchst. d (ii) Anhang IV, hierzu auch Art. 24 Rz. 1 ff., 23). Üblich ist die Anordnung eines Verfahrens zur Dokumentenvorlage dergestalt, dass die Parteien zunächst versuchen, ohne Einbindung des Schiedsgerichts die Herausgabe von Dokumenten auf freiwilliger Basis durchzuführen, und erst hiernach die Anordnung einer Vorlage durch das Schiedsgericht beantragen, wenn die Gegenpartei eine freiwillige Herausgabe verweigert. Selbstverständlich kann das Schiedsgericht auch von Amts wegen eine Vorlage anordnen; in der Praxis geschieht dies jedoch seltener. Die Modalitäten des Herausgabeverfahrens können von den Parteien im Einzel- 45 fall vereinbart oder vom Schiedsgericht vorgegeben werden (für eine klare Regelung durch Parteien oder Schiedsgericht zur Steigerung der Verfahrenseffizienz Hamann/Bulka, SchiedsVZ 2022, 27, 30), oder es wird vereinbart, dass ein bestehendes Regelwerk herangezogen wird. Die in den IBA-Rules enthaltene Regelung zur Dokumentenherausgabe ist eine Annäherung der Rechtssysteme aneinander. Art. 3 IBA-Rules regelt die Beantragung der Anordnung einer Dokumentenvorlage durch das Schiedsgericht (zu den jüngst erfolgten Anpassungen Nettlau/O’Dell/Hackstein, SchiedsVZ 2021, 315, 317). Ein vorangestelltes freiwilliges Dokumentenherausgabeverfahren zwischen den Parteien sehen die IBARules nicht vor. Allerdings kann das Schiedsgericht die Parteien auffordern, sich untereinander zu einigen, wenn von einer Partei Einwendungen gegen ein Herausgabeverlangen erhoben werden (Art. 3 Abs. 6 IBA-Rules). Für den Fall, dass einem Herausgabeantrag stattgegeben wird, regeln die IBA-Rules zur Förderung der Effizienz der Beweisaufnahme zudem, dass die Dokumente zunächst lediglich an die andere Partei und nicht auch an das Schiedsgericht herauszugeben sind (Art. 3 Abs. 4 IBA-Rules; IBA-Rules Commentary, 9), wenn das Schiedsgericht keine anderweitige Anordnung trifft.
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht b) Voraussetzungen der Dokumentenherausgabe 46 Durch die in Art. 3 Abs. 3 IBA-Rules genannten Voraussetzungen soll „fishing
expeditions“ ein Riegel vorgeschoben werden (IBA-Rules Commentary, S. 9 f.). Es kann sowohl die Herausgabe einzelner konkret benannter Dokumente als auch von eng umschriebenen Kategorien von Dokumenten, von deren Existenz man vernünftigerweise ausgehen kann, verlangt werden. Die Umschreibung des einzelnen Dokuments oder der Kategorie von Dokumenten wird üblicherweise Angaben zum (vermuteten) Urheber und/oder Empfänger enthalten, zum (vermuteten) Erstellungsdatum sowie dem (vermuteten) Inhalt. Gegenstand eines Antrags auf Herausgabe einer Kategorie von Dokumenten könnten etwa Vorstandsprotokolle sein, in denen der Verhandlungsführer einer Partei seinem Vorstand über Vertragsverhandlungen betreffend einen bestimmten umstrittenen Punkt berichtet hat (IBA-Rules Commentary, S. 10). Dass unter den IBARules nicht nur die Herausgabe einzelner Dokumente, sondern auch ganzer Kategorien von Dokumenten möglich ist, wurde von den Verfassern der PragueRules (s. Rz. 13) als zu Common-Law-geprägt angesehen. Die Prague-Rules sehen daher nur die Herausgabe von „specific documents“ vor (Art. 4.5 PragueRules).
47 Zusammenhang zwischen Vortrag und Unterlagen. Der Antragsteller muss
darlegen, welche Behauptungen er mit den herausverlangten Dokumenten beweisen möchte. Die Vorlage kann zur Stützung der eigenen Behauptungen des Antragstellers oder zur Widerlegung der Behauptungen des Gegners dienen. Der Zweck muss für das Schiedsgericht bei Antragstellung erkennbar sein.
48 Die herausverlangten Dokumente müssen für den Fall relevant und wesentlich
für dessen Entscheidung sein. Relevant ist ein Dokument, wenn es wahrscheinlich eine Tatsache beweist, aus der rechtliche Schlussfolgerungen gezogen werden können. Wesentlich ist ein Dokument, wenn es für eine umfassende Untersuchung der rechtlichen Fragen durch das Schiedsgericht erforderlich ist. In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass der Antrag Ausführungen hierzu zwingend enthalten muss, da er sonst aus formellen Gründen zurückgewiesen werden kann. Dass Relevanz und Entscheidungserheblichkeit tatsächlich vorliegen, ist insofern irrelevant (Art. 3 Abs. 5 i.V.m. Art. 3 Abs. 3 IBA-Rules). Die Unterlagen müssen zudem Beweisstücke sein, ohne die der Antragsteller seiner Beweislast nicht nachkommen könnte (Derains, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2006, 87).
49 Die den Antrag stellende Partei muss ferner darlegen, dass sie nicht im Besitz
der Dokumente ist und warum sie davon ausgeht, dass die Gegenpartei die Dokumente verschaffen kann (Art. 3 Abs. 3 Buchst. c IBA-Rules: „possession, custody or control“). Hier stellt sich häufig die Frage, ob eine Dokumentenvorlage angeordnet werden kann, wenn nicht die andere Partei direkt, sondern ein anderes Unternehmen desselben Konzerns in Besitz der Unterlagen ist. Dies kann bspw. dann erfolgen, wenn die Partei das andere Unternehmen beherrscht oder wenn die Schiedsvereinbarung den gesamten Konzern einbezieht, weil die Do406
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kumente dann unter der Kontrolle der Partei sind (ICC Award 4131, Yearbook Commercial Arbitration 1984, S. 131 ff., Rz. 136 f.). Auch der Fall, dass ein Dokument zwar nicht mehr in den Akten einer Partei vorhanden ist, jedoch elektronische Archive oder Back-Ups bestehen, ist von den IBA-Regeln erfasst. Legt die antragstellende Partei dar, dass es für sie einen unverhältnismäßigen Aufwand darstellen würde („unreasonably burdensome“), das Dokument vorzulegen, kann eine Vorlage durch die andere Partei angeordnet werden, wenn dies für sie weniger aufwändig ist. Der Zeitpunkt des Antrags richtet sich nach der Frist, die das Schiedsgericht für 50 ein Vorgabeverlangen gesetzt hat oder die die Parteien in ihrer Vereinbarung in ihrem Prozesskalender festgelegt haben. Das Dokumentenvorlageverfahren sollte nicht zu früh, aber auch nicht zu spät erfolgen. Es bietet sich an, Herausgabeanträge nach der ersten und vor der zweiten Schriftsatzrunde zuzulassen. c) E-Discovery Die grundlegenden Veränderungen der Informations- und Kommunikations- 51 technologie haben zu einer elektronischen Speicherung von immer mehr Informationen und einer Verlagerung der Korrespondenz auf den E-Mail-Verkehr auch im geschäftlichen Bereich geführt. Solche elektronisch gespeicherten Informationen schließen auch Metadaten (meta data) und Protokolldateien (log files) ein, die Auskunft darüber geben, wer ein Dokument erstellt hat und wann es geändert wurde bzw. wer zu welchem Zeitpunkt auf eine Datei zugegriffen hat. Für Parteien problematisch kann die schiere Menge der elektronisch gespeicherten Daten wie auch die Tatsache sein, dass man im Allgemeinen beim Austausch elektronischer Daten weniger Sorgfalt walten lässt, als im Schriftverkehr mit „hard copies“. Elektronische Daten können jedoch wertvolle Beweise darstellen, von denen viele Parteien Gebrauch machen wollen. Auch in internationalen Schiedsverfahren gewinnt daher die Herausgabe elektronisch gespeicherter Daten, d.h. die e-discovery, an Bedeutung. Die ICC Commission on Arbitration and ADR hat im Jahr 2011 einen Bericht veröffentlicht, der den Parteien und den Schiedsgerichten den Umgang mit elektronischen Dokumenten sowie deren Herausgabe erleichtern soll („Techniques for Managing Electronic Document Production When it is Permitted or Required in International Arbitration“). Heute setzen die Parteien häufig spezielle Software ein, um die E-Discovery effektiv durchzuführen. Eine Regelung zur E-Discovery ist auch in Art. 3 IBA-Rules enthalten, wobei die 52 IBA-Rules dadurch keine Entscheidung über die umstrittene Frage der Zulässigkeit der E-Discovery (Finizio, in Böckstiegel/Berger/Bredow, The Taking of Evidence in International Commercial Arbitration, S. 57 [59] m.w.N.) treffen möchten (IBA-Rules Commentary, S. 10 f.). Unter den Prague-Rules wird das Schiedsgericht hingegen ausdrücklich dazu aufgefordert, E-Discovery möglichst nicht zuzulassen (Art. 4.2 Prague-Rules). Eine Regelung hierüber sollte möglichst zu Beginn des Schiedsverfahrens getroffen werden. Der Antragsteller kann Haller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht elektronische Dokumente durch Dateinamen, Suchbegriffe oder Personen spezifizieren. Das Schiedsgericht kann eine solche Spezifizierung auch anordnen. d) Einwendungen gegen die Dokumentenherausgabe 53 Art. 25 stellt nicht nur die Art und Weise der Beweiserhebung in das Ermessen
des Schiedsgerichts, sondern auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen sich eine Partei der Erhebung eines Beweises bzw. insb. der Vorlage bestimmter Dokumente widersetzen darf. Hierzu enthält Art. 9 Abs. 2 IBA-Rules einen Katalog von Einwendungen, die eine Partei gegen die Erhebung von Beweisen im Allgemeinen – und damit auch gegen eine verlangte Herausgabe von Dokumenten – vorbringen kann. An diesem Katalog kann sich ein Schiedsgericht orientieren. Es wird mögliche Einwendungen jedoch regelmäßig nicht von sich aus berücksichtigen, sondern nur, wenn die betroffene Partei eine entsprechende Einwendung erhoben hat. Hierunter fallen insb. der Herausgabe entgegenstehende rechtliche Vorschriften oder beweisrechtliche Privilegien („legal impediment or privilege“), Vertraulichkeitsgründe („commercial or technical confidentiality“, „political or institutional sensitivity“), der Einwand, dass die Herausgabe eine unverhältnismäßige Belastung für die Partei darstellen würde, sowie zwingende Erwägungen der Prozessökonomie, Fairness oder Gleichheit der Parteien. In den IBA-Rules nicht geregelt ist die Einwendung, dass das herausverlangte Dokument nicht existiert. Art. 9 Abs. 2 Buchst. d IBA-Rules betrifft nur den Verlust oder die Zerstörung von Dokumenten. Erst recht kann eine Partei aber solche Dokumente nicht herausgeben, welche noch nie existiert haben. Um negative Konsequenzen zu vermeiden (etwa eine nachteilige Beweiswürdigung gemäß Art. 9 Abs. 6 IBA-Rules), muss die Partei darlegen, dass das Dokument nie existiert hat. Meist begnügen sich Schiedsgerichte mit der ausdrücklichen (plausiblen) Versicherung der Partei. Hat das Schiedsgericht Zweifel – etwa, weil die andere Partei plausibel darlegen kann, dass das Dokument existiert haben muss – ist die Partei gehalten, Beweis für die Nichtexistenz des Dokuments zu erbringen.
54 „Privileges“. Art. 9 Abs. 4 IBA-Rules nennt Beispiele einzelner allgemein an-
erkannter beweisrechtlicher Privilegien, die zu einer Einwendung gegen die Vorlage bestimmter Dokumente berechtigen können. Hierzu gehören die Vertraulichkeit von Materialien zum Zwecke der rechtlichen Beratung, sensibler Informationen sowie von Vergleichsverhandlungen („without prejudice privilege“ oder „settlement privilege“; Haller, SchiedsVZ 2011, 313), beruflichen Zeugnisverweigerungsrechte (von Ärzten, Journalisten, Buchprüfern), oder dem Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen.
55 Anwaltsgeheimnis und Attorney-Client-Privilege. Wenn auch der Grundsatz
der Vertraulichkeit der Korrespondenz zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten allgemein anerkannt ist, sind doch die Ausgestaltung und der Umfang eines daraus abgeleiteten Beweisverweigerungsrechts unterschiedlich.
56 Im Civil Law werden aus der berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht des
Anwalts Beweiserhebungs- und -verwertungsverbote abgeleitet, auf die sich der 408
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Anwalt berufen kann (Anwaltsgeheimnis). Die Geheimhaltungspflicht des Rechtsanwalts erstreckt sich auf alles, „was dem Anwalt in Ausübung seines Berufs bekanntgeworden ist“ (§ 43a BRAO und § 2 BORA). Das Attorney-Client-Privilege des Common Law ist als Recht des Mandanten 57 ausgestaltet, das vom Rechtsanwalt geschützt werden muss. Es umfasst Korrespondenz zwischen Anwalt und Mandant sowie vom Anwalt zum Zwecke der rechtlichen Beratung erstellte Unterlagen, manchmal auch Korrespondenz des Anwalts mit Dritten (z.B. Sachverständigen). Ein wichtiger Unterschied zwischen Common und Civil Law besteht hinsicht- 58 lich der Beurteilung von Syndikusanwälten und ihrer Kommunikation innerhalb ihres Unternehmens. Der interne Bericht eines Syndikusanwalts an seine Geschäftsführung ist nach Common-Law-Grundsätzen vor der Anordnung einer Dokumentenherausgabe geschützt, wohingegen der Syndikusanwalt in Civil-Law-Jurisdiktionen regelmäßig nicht vom Anwaltsgeheimnis erfasst ist (Demeyere, SchiedsVZ 2003, 247 [250] m.w.N.). In Deutschland gilt das Anwaltsgeheimnis für Syndikusanwälte nur dann, wenn sie als unabhängiges Organ der Rechtspflege, typisch anwaltlich und nicht weisungsgebunden tätig werden. Dies ist nach der Rechtsprechung nur dann der Fall, wenn er Mandate für vom Unternehmer unabhängige Dritte bearbeitet hat und nicht für seinen Arbeitgeber tätig war (BGH v. 18.6.2001 – AnwZ(B) 41/00, NJW 2001, 3130 ff.). Ähnlich macht der EuGH den Umfang des Vertraulichkeitsschutzes von zwei 59 Voraussetzungen abhängig: Der Schriftwechsel mit dem Rechtsanwalt muss mit der Ausübung des „Rechts des Mandanten auf Verteidigung“ in Zusammenhang stehen, und es muss sich um einen Schriftwechsel handeln, der von „unabhängigen Rechtsanwälten“ ausgeht. Die erforderliche Unabhängigkeit setze „das Fehlen jedes Beschäftigungsverhältnisses“ voraus (EuGH v. 14.9.2010 – C550/07 P Akzo Nobel Chemicals Ltd und Akros Chemicals Ltd v Europäische Kommission). Work-Product-Doctrine. Dieser Grundsatz stammt aus dem US-amerika- 60 nischen Recht und besagt, dass Unterlagen, die in Erwartung eines streitigen Verfahrens, also auch eines Schiedsverfahrens, erstellt wurden (egal, von wem), von der Gegenseite nicht herausverlangt werden können. Damit geht die WorkProduct-Doctrine weiter als das Attorney-Client-Privilege. Jedoch kann die antragstellende Partei darlegen, dass die gesuchten Tatsachen nur durch die Vorlage von den erfassten Unterlagen erlangt werden könne und dass diese Tatsachen unerlässlich sind, um den Anspruch zu substantiieren. Die Doktrin stellt damit kein beweisrechtliches Privileg im eigentlichen Sinne dar. Dennoch ist davon auszugehen, dass ein internationales Schiedsgericht die Anwendung dieses Grundsatzes zumindest in Betracht ziehen wird. Without-Prejudice-Privilege. Dieses Prinzip, nach dem der Inhalt von Ver- 61 gleichsverhandlungen in einem späteren Verfahren unverwertbar ist, ist insb. im anglo-amerikanischen Recht verankert, in anderen Rechtssystemen jedoch weitgehend unbekannt (Heitzmann, ASA Bulletin, Vol. 26 No. 2 [2008], 205 [212]). Haller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Im internationalen Schiedsverfahrensrecht ist der Grundsatz anerkannt (s. auch Art. 9 Abs. 4 Buchst. b IBA-Rules). Von diesem Privileg sind Aussagen erfasst, die gemacht wurden, um eine einvernehmliche Lösung voranzutreiben, nicht jedoch jede während Vergleichsverhandlungen gemachte Äußerung, oder Beweise, die währenddessen präsentiert wurden (Haller, SchiedsVZ 2011, 313 [316 f.]). Manche institutionelle Mediations- und Schlichtungsregeln sehen die Vereinbarung eines „Non-Disclosure-Agreement“ vor, so z.B. Art. 9 der ICCMediationsregel. Das Privileg ist nicht anwendbar, wenn der Abschluss oder der Inhalt eines Vergleichs streitig ist (Haller, SchiedsVZ 2011, 313 [318]). 62 Fairness und Gleichheit der Parteien. Beweisprivilegien müssen unter Berück-
sichtigung der Fairness und Gleichheit der Parteien angewendet werden. Wenn z.B. in einem Verfahren zwischen einer amerikanischen und einer deutschen Partei der interne Bericht eines Syndikusanwalts vom amerikanischen AttorneyClient-Privilege erfasst wäre, nicht jedoch vom deutschen Anwaltsgeheimnis, dürften die Parteien nicht ungleich behandelt werden.
63 Auf Privilegien anwendbares Recht. Haben die Parteien keine Vereinbarung ge-
troffen, entscheidet das Schiedsgericht, welches Recht auf die Frage nach Bestehen und Umfang beweisrechtlicher Privilegien anwendbar ist. Meist stellt sich diese Frage im Hinblick auf das Anwaltsgeheimnis oder „Attorney-Client Privilege“ (s. Rz. 55 ff.). In Betracht kommt hier z.B. das auf das Schiedsverfahren und/ oder die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht, das anwendbare materielle Recht, das Recht des Ortes, an dem der betreffende Rechtsanwalt zugelassen ist oder des Sitzes der Partei, die sich auf das Privileg beruft. Dies führt jedoch zu Problemen, wenn die Partei Teil eines international agierenden Konzerns ist und mehrere Konzerngesellschaften in unterschiedlichen Ländern involviert sind oder wenn eine Partei sich in einem internationalen Sachverhalt von Rechtsanwälten aus verschiedenen Jurisdiktionen beraten lässt. Denkbar ist auch die Anwendung des Rechts, das am meisten (oder am wenigsten) Schutz bietet.
64 Nach den IBA-Rules soll das Schiedsgericht bei seiner Entscheidung die Vorstel-
lungen der Parteien bzw. der Parteivertreter im Zeitpunkt der Entstehung des Privilegs berücksichtigen (Art. 9 Abs. 4 Buchst. c IBA-Rules), die sich laut IBARules Commentary (S. 28) regelmäßig an den Regelungen ihrer Heimatrechtsordnungen zu Inhalt und Umfang der Privilegien orientieren. Wie oben beschrieben, ergeben sich mitunter erhebliche Unterschiede.
65 Bei der Beurteilung der Beweiserhebungsverbote im Rahmen internationaler
Schiedsverfahren, deren Merkmal es ist, flexibel zu sein und unterschiedliche Rechtssysteme miteinander in Einklang zu bringen, sollte nicht verstärktes Augenmerk auf die Heimatrechtsordnungen der Parteien gelegt werden. Ein Schiedsgericht sollte sich von transnationalen Grundsätzen leiten lassen und nicht nationale Regeln anwenden (Heitzmann, ASA Bulletin, Vol. 26 No. 2 [2008], 205 [217]). So hat auch ein Schiedsgericht des Permanent Court of Arbitration die Korrespondenz einer Bank mit ihrem Syndikus als geschützt anerkannt, ohne auf Regelungen nationalen Rechts einzugehen (Tribunal Regar410
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ding the Bank for International Settlements, Procedural Order No. 6, UN Reports of International Arbitral Awards, Volume XXIII, S. 169 ff.). Es ist auch fraglich, ob die Erwartungen von Parteien einer Schiedsvereinbarung tatsächlich auf ihrem Heimatrecht basieren, denn die Vereinbarung eines Schiedsverfahrens zielt ja gerade auf eine gewisse Loslösung von nationalen Rechtssystemen, insb. denen der Parteien, ab. Das Abstellen auf an ihrem Heimatrecht orientierten Erwartungen einer Partei wird auch nicht der Ausgestaltung eines internationalen Schiedsverfahrens gerecht, das in vielen Fällen umfangreiche Dokumentenherausgabeverfahren erlaubt, während dies in nationalen Verfahren nicht zulässig ist oder zumindest nicht in gleichem Umfang praktiziert wird. In einem internationalen Schiedsverfahren mit einem eigens für internationale Schiedsverfahren kreierten Beweisverfahren sollte auch ein eigenes System von beweisrechtlichen Privilegien zur Anwendung kommen. Im Rahmen hiervon ist die Korrespondenz einer Partei mit ihrem Anwalt einschließlich des Syndikusanwalts des Unternehmens, die eine rechtliche Beratung der Partei zum Gegenstand hat, zum Zwecke der Rechtsverteidigung erstellte Unterlagen und Korrespondenz sowie der Inhalt von Vergleichsverhandlungen als Bestandteil des „legal privilege or impediment“ zu schützen. Das Gleichgewicht zwischen dem Interesse einer Partei, sich auf ein solches Privileg berufen zu können, und der anderen Partei, ihren Vortrag beweisen zu können, kann durch ins Ermessen des Schiedsgerichts gestellte Ausnahmeregelungen gewahrt werden (ähnlich Cohen in Giovannini/Mourre, S. 440). Erfreulich wäre die Festlegung von Standardregeln über beweisrechtliche Privi- 66 legien in den IBA-Rules gewesen. Anwendung der Privilegien im Einzelfall. Häufig ist streitig, ob die Beweise, 67 deren Vorlage unter Bezugnahme auf ein Beweisverwertungsverbot verweigert wird, tatsächlich von solch einem Verbot geschützt sind. Die Vorlage der Beweise unter Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung wird häufig den Zweck des Beweisverwertungsverbots aushöhlen. Möglich ist die Vorlage geschwärzter Dokumente, jedoch auch dann kann es zu Streitigkeiten über die Zulässigkeit solcher Schwärzungen bzw. ihres Umfangs kommen. Eine Inspektion nur durch das Schiedsgericht (private inspection) ist problematisch, da das Schiedsgericht dadurch Kenntnis vom gesamten Inhalt der Dokumente erhält und der Schutz der Interessen der Partei, die sich auf das Privileg beruft, nicht umfassend gewährleistet ist. Zudem kann die unwissende Partei ihre Position zu einem Aspekt nicht darlegen, den das Schiedsgericht kennt. Vorzuziehen ist es daher, die Inspektion durch einen neutralen Berater vornehmen zu lassen (Kaufmann-Kohler/Bärtsch, SchiedsVZ 2004, 13 [20]). Discovery-Agent. Um einerseits die Vertraulichkeit von Dokumenten zu wah- 68 ren und andererseits relevante Informationen für die Sachverhaltsaufklärung zu nutzen, kann das Schiedsgericht einen sog. „Discovery-Agent“ einsetzen (Art. 3 Abs. 8 IBA-Rules). Dann erhält nur der Discovery-Agent Zugang zu dem vertraulichen Dokument, analysiert dieses und beantwortet daraufhin die Fragestellung des Schiedsgerichts. Dieses Vorgehen ist z.B. sinnvoll, wenn es darum geht, ob die als vertraulich eingestuften Informationen tatsächlich BetriebsgeheimHaller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht nisse darstellen (und daher nicht vorgelegt werden müssen). Auch kann ein Discovery-Agent (z.B. ein Wirtschaftsprüfer) eingesetzt werden, um unternehmensinterne, vertrauliche Zahlen zu analysieren und zu ermitteln, ob diese im Ergebnis einen bestimmten Grenzwert überschreiten. Auf Discovery-Agents wird insb auch in Streitigkeiten über gewerbliche Schutzrechte zurückgegriffen (Kläsener/ Dolgorukow, SchiedsVZ 2010, 302 [307]). Maßnahmen des Schiedsgerichts zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen und vertraulichen Informationen sieht auch die ICC-SchO vor (s. Art. 22 Abs. 3). 69 Verzicht. Eine Partei kann sich nicht auf beweisrechtliche Privilegien berufen,
wenn sie darauf verzichtet hat. Ein solcher Verzicht kann durch einverständliche Verwendung, die frühere Offenlegung oder Benutzung eines Dokuments, einer Erklärung, mündliche Kommunikation oder einen darin enthaltenen Rat oder sonstige Umstände erfolgen (Art. 9 Abs. 4 Buchst. d IBA-Rules).
70 Datenschutz. Die Herausgabe von (elektronischen) Dokumenten steht in einem
Spannungsverhältnis zu Datenschutzvorschriften, da die unzulässige Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit darstellen kann (Burianski/Reindl, SchiedsVZ 2010, 187 [196]; Fritz/Prantl/Leinwather/Hofer, SchiedsVZ 2019, 301). Am 25.5.2018 ist die VO (EU) Nr. 2016/ 679 (DSGVO) in Kraft getreten, die in allen EU-Mitgliedsstaaten unmittelbare Anwendung findet. Die DSGVO hat Vorrang gegenüber nationalen Regelungen. Nationale Regelungen, in Deutschland das BDSG, gelangen nur zur Anwendung, soweit die DSGVO keine Regelung oder eine Öffnungsklausel enthält. Es werden sich daher ähnliche Probleme in allen EU-Mitgliedstaaten stellen. Ausdrückliche Regelungen, wie in der Praxis mit dieser Problematik umzugehen ist, gibt es nicht. Allerdings beinhaltet das Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021 einen Abschnitt zum Schutz personenbezogener Daten (Abschnitt E., Rz. 115 ff.). Darin erkennt die ICC ausdrücklich die Maßgeblichkeit der DSGVO an. Die ICC wertet eine Teilnahme an ICC-Schiedsverfahren für sämtliche Beteiligte (Parteien, Parteivertreter, Zeugen, Sachverständige) als Zustimmung dafür, dass verfahrenserforderliche Daten erhoben, verarbeitet, ermittelt und archiviert werden dürfen. Zu einem geeigneten Zeitpunkt im Schiedsverfahren wird die ICC die Beteiligten daran und an die Geltung der DSGVO erinnern. Das Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021 sieht zudem vor, dass die Parteien ihre Vertreter, Zeugen und parteibenannten Sachverständigen darüber informieren sollen, dass ihre Daten von der ICC erhoben, verarbeitet, ermittelt und archiviert werden. Die Parteien sollen sicherstellen, dass dies akzeptiert und die Vorschriften der DSGVO eingehalten werden. Ein Schiedsgericht sollte zu Beginn des Verfahrens in einer prozessleitenden Verfügung sicherstellen, dass nur solche Beweismittel zur Akte gereicht werden, die datenschutzrechtskonform erworben wurden und für die Zwecke des Schiedsverfahrens verwendet werden dürfen. Ferner kann davon ausgegangen werden, dass datenschutzrechtliche Vorgaben im Rahmen des Art. 9 Abs. 2 Buchst. b IBA-Rules als „legal impediment“ Berücksichtigung finden können. Auch die anzustellenden Fairnesserwägungen führen zu dem Ergebnis, dass ein Schiedsgericht Datenschutzrecht respektieren muss, da sonst 412
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die Partei vor der Wahl stünde, gegen zwingendes Recht zu verstoßen oder die nachteiligen Konsequenzen einer Verweigerung der Dokumentenvorlage auf sich zu nehmen (Burianski/Reindl, SchiedsVZ 2010, 187 [190, 196 f.]). Allerdings kann Datenschutzbedenken in vielen Fällen durch die Schwärzung personenbezogener Daten begegnet werden. Dokumentenmanagement. Im Hinblick auf mögliche zukünftige Streitigkeiten 71 und Einwendungen für die Herausgabe von Dokumenten sollten Parteien in jedem Fall für eine sorgfältige Dokumentenverwaltung sorgen (mit besonderem Hinweis auf document retention plans Hilgard, SchiedsVZ 2008, 122 [124]; Burianski/Reindl, SchiedsVZ 2010, 187 [198 f.]). Redfern-Schedule. Um das Dokumentenvorlageverfahren übersichtlich und ef- 72 fizient zu gestalten, bietet sich die Anwendung des sog. Redfern-Schedule an (Rz. 125 f.); dies ist z.B. auch empfohlen in Punkt d (v) Anhang IV, der auf dem Bericht der ICC Commission on Arbitration and ADR mit dem Titel „Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration“ basiert. Hierin werden der Antrag auf die Dokumentenvorlage und dessen Begründung, die Einwendungen des Gegners sowie die Entscheidung des Schiedsgerichts tabellarisch dargestellt. Insbesondere im Zusammenhang mit ausdrücklich geregelten Voraussetzungen für die Dokumentenvorlage bzw. Einwendungen hiergegen stellt der Redfern-Schedule ein nützliches Mittel dar, um das Verfahren vor zu aggressiven Dokumentenherausgabeverlangen zu schützen. Ist ein Redfern-Schedule vereinbart, sollten alle schriftlichen Ausführungen hierin enthalten sein. Von einem begleitenden Schriftsatz sollte abgesehen werden, was Anträge und Einwendungen betrifft. Allgemeine Diskussionen passen jedoch nicht in dieses Format (z.B. eine geführte Diskussion über den Umgang mit vertraulichen Dokumenten). Herausgabe an das Schiedsgericht nur bei Anordnung. Die herausverlangten 73 Dokumente sind i.d.R. zunächst lediglich an die antragstellende Partei herauszugeben, wenn das Schiedsgericht nichts anderes bestimmt. Hierdurch wird vermieden, dass das Schiedsgericht Unterlagen liest, auf die sich eine Partei letztlich doch nicht berufen wird. Einer Vorlageanordnung sollte gemäß Art. 22 Abs. 5, nach der die Parteien sich 74 verpflichten, alle Verfügungen und Beschlüsse des Schiedsgerichts zu befolgen, entsprochen werden (s. hierzu Art. 22 Rz. 27 ff.). Erfolgt dies nicht, sieht die ICC-SchO nicht ausdrücklich Konsequenzen vor. Nach Art. 9 Abs. 6 IBA-Rules kann das Schiedsgericht aus der Unterlassung der Vorlage eines Dokuments schließen, dass sein Inhalt den Interessen der Partei entgegensteht. Dies ist auch in Verfahren nach der ICC-SchO möglich (Fry/Greenberg/Mazza, Rz. 3-982). Solche negativen Rückschlüsse dürfen nicht gezogen werden, wenn das Dokument im Besitz eines Dritten ist (Raeschke-Kessler in Böckstiegel, S. 41 [59]). Zusätzlich oder alternativ kann das Schiedsgericht Beweislastregeln umkehren und das Verhalten der Partei in der Kostenentscheidung sanktionieren (Burianski/ Reindl, SchiedsVZ 2010, 187 [190]; Art. 9 Abs. 8 IBA-Rules). Haller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 75 Entscheidung im Einzelfall notwendig. Die Parteien sollten bei Abschluss der
Schiedsvereinbarung, spätestens jedoch bei Beginn des Schiedsverfahrens erwägen, ob eine Bezugnahme auf die IBA-Rules oder eine anderweitige Vereinbarung von Regelungen zur Dokumentenvorlage getroffen werden sollte. Wenn streitentscheidende Frage eine Rechtsfrage ist, etwa die Auslegung einer Vertragsvorschrift, mag eine Beschränkung des Vorlageverfahrens auf Dokumente in Bezug auf Verhandlungen der betreffenden Vertragsvorschrift oder der Ausschluss des Vorlageverfahrens insgesamt sinnvoll sein. Der Ausschluss bietet sich auch an, wenn der Streitwert verhältnismäßig gering ist. Wenn eine Partei aus Gründen, die sie nicht zu vertreten hat, keinen Zugang zu Dokumenten hat, die für den Beweis ihrer Behauptungen erforderlich sind, ist im Gegenteil die Durchführung eines Vorlageverfahrens angezeigt (King/Bosman, ICC Court Bulletin, Vol. 12 No. 1 [2001], 30 f.).
76 Empfehlung: Vorsicht beim Erstellen interner Dokumente ist insb. während kritischer Zeiträume angezeigt, da bei Abschluss einer Schiedsvereinbarung mit der Durchführung eines Dokumentenvorlageverfahrens gerechnet werden muss (Sachs, SchiedsVZ 2003, 193 [198]).
5. Vorlage sonstiger Beweismittel 77 Das Schiedsgericht kann auf Basis des Art. 25 Abs. 5 nicht nur Dokumente, son-
dern auch andere Beweismittel herausverlangen. In der Praxis betreffen solche Anordnungen aber meist Dokumente.
III. Sachverständige (Abs. 2 und 3) Veröffentlichungen der ICC: ICC Commission on Arbitration and ADR, Issues for Arbitrators to Consider Regarding Experts, ICC Dispute Resolution Bulletin, No. 2 (2021), S. 61 ff.; ICC Commission on Arbitration and ADR, Issues for Experts Acting Under the ICC Expert Rules or the ICC Rules of Arbitration, ICC Dispute Resolution Bulletin, No. 2 (2021), S. 79 ff. Literatur: Wie oben unter A., zusätzlich: Acker/Konopka, Schiedsgutachten in Bau- und Anlagenbauvertrag: Grenzen und Möglichkeiten, SchiedsVZ 2003, S. 256 ff.; Burianski/ Lang, “Challenges” to Party-Appointed Experts, SchiedsVZ 2017, S. 269 ff.; Gramlich, Widersprüchliche Parteisachverständige: Pflicht zur Bestellung eines schiedsgerichtlichen Sachverständigen?, SchiedsVZ 2018, S. 233 ff.; Helm/Bonke/Wienfort, Offenlegungspflichten in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit: Zu den Grenzen und Gefahren von Privileges in der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und parteiernanntem Sachverständigen, SchiedsVZ 2018, S. 325 ff.; Issues for Experts Acting under the ICC Rules for Expertise or the ICC Rules of Arbitration, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 1 (2009), S. 23 ff.; Kärcher, Die Aufhebung von Schiedssprüchen wegen der Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen, SchiedsVZ 2017, S. 277 ff.; Lotz, Der Sachverständige im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2011, S. 203 ff.; Nardin, Is there a Future for Tribunal-Appointed Experts?, ASA Bulletin, Vol. 37 Issue 1 (2019), S. 48 ff.; Schmidt-Ahrendts/Schneider, „Gut Ding will Weile haben“ – Die Feinjustierungen des BGH zu den Folgen der Verletzung von Offenlegungspflichten im Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfah-
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Ermittlung des Sachverhalts | Art. 25 ICC-SchO ren, SchiedsVZ 2020, S. 35 ff.; Spühler/Gehri, Die Zulassung von Experten zur Urteilsberatung: Neue Wege für Schiedsverfahren? ASA Bulletin, Vol. 21 Issue 1 (2003), S. 16 ff.
1. Normzweck In Art. 25 Abs. 2 und 3 erkennt die ICC-SchO die Möglichkeit des Sachverstän- 78 digenbeweises sowohl durch parteiernannte Sachverständige als auch durch einen vom Schiedsgericht ernannten Sachverständigen an. Letzteres erfolgt nur nach Anhörung der Parteien. Das rechtliche Gehör der Parteien wird dann gewahrt, indem sie zur Befragung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung berechtigt sind. 2. Verhältnis zu § 1049 ZPO Die ZPO geht im Grundsatz davon aus, dass der Sachverständigenbeweis durch 79 einen vom Schiedsgericht ernannten Sachverständigen erhoben wird, sieht jedoch auch vor, dass Parteien eigene Sachverständige zu den streitigen Fragen aussagen lassen können. Insgesamt gehen auch hier Parteivereinbarungen vor. Abweichend von der ICC-SchO sieht § 1049 Abs. 3 ZPO vor, dass der vom 80 Schiedsgericht bestellte Sachverständige abgelehnt werden kann. 3. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften In der ZPO ist nur der vom Gericht bestellte Sachverständige vorgesehen (§ 404 81 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ein Parteigutachten ist im staatlichen Gerichtsverfahren substantiierter Parteivortrag, der nur mit Zustimmung der Parteien als Sachverständigenbeweis verwertet werden kann (BGH v. 11.5.1993 – VI ZR 243/92, NJW 1993, 2382). Anders als im Zivilprozess (§ 407 ZPO) ist der Sachverständige im Schiedsver- 82 fahren zur Erstattung eines Gutachtens oder zum Erscheinen vor dem Schiedsgericht nicht verpflichtet, und das Schiedsgericht ist nicht ermächtigt, Zwangsgelder oder sonstige Ordnungsmaßnahmen zu verhängen. Der Sachverständige kann vom Schiedsgericht auch nicht beeidet werden. Erfolgt dennoch eine Beeidigung, kann der Schiedsspruch aufgehoben werden, wenn er auf der Beeidigung beruht, d.h. wenn der Beeidigung ein besonderer Beweiswert zukam. Es ist jedoch ein Antrag nach § 1050 ZPO möglich, um eine Vorladung des Sachverständigen vor das staatliche Gericht zum Zwecke der Befragung oder eine Beeidigung zu erwirken (Schlosser in Stein/Jonas, § 1049 ZPO Rz. 9). Die Regelung des § 1050 ZPO für Zeugen ist entsprechend anwendbar (Schütze in Böckstiegel, S. 31 [37]). 4. Der Sachverständigenbeweis im Schiedsverfahren Der Sachverständigenbeweis im Schiedsverfahren ist zunächst vom Schiedsgut- 83 achten zu unterscheiden. Ein Schiedsgutachten (§ 319 BGB) ist darauf beschränkt, Tatsachen festzustellen oder einzelne Elemente für eine von einer anHaller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht deren Stelle zu treffende Entscheidung zu klären und dient der kurzfristigen, verbindlichen Feststellung von Tatsachen durch unparteiische Dritte (OLG Hamm v. 30.3.1998 – 8 U 144/97, NZG 1999, 1099; Acker/Konopka, SchiedsVZ 2003, 256). Ein Schiedsgutachten kann damit durchaus Eingang in ein Schiedsverfahren finden, wird dann jedoch i.d.R. vor Einleitung des Schiedsverfahrens erstellt worden sein. 84 Insbesondere in internationalen Schiedsverfahren sind Parteigutachten üblich.
Anders als im staatlichen Verfahren handelt es sich hierbei nicht nur um substantiierten Parteivortrag (Lotz, SchiedsVZ 2011, 203). Ein parteiernannter Sachverständiger gilt als von Natur aus parteinah und kann nicht abgelehnt werden (Lotz, SchiedsVZ 2011, 203). Die IBA-Rules sehen jedoch vor, dass er Auskunft über seine Unabhängigkeit von den Parteivertretern erteilen muss bzw. eine Erklärung über seine Unabhängigkeit abzugeben hat (Art. 5 Abs. 2 Buchst. c IBA-Rules). Damit soll verdeutlicht werden, dass auch der parteiernannte Sachverständige zur Objektivität verpflichtet ist (Kläsener/Dolgorukow, SchiedsVZ 2010, 302 [309]).
85 Eine schiedsgerichtliche Ernennung eines Sachverständigen liegt im Ermessen
des Schiedsgerichts, erfolgt in der internationalen Schiedspraxis jedoch selten. Diese Regel gilt auch für Schiedsverfahren nach der ICC-SchO, obwohl der Wortlaut von Art. 25 beide Möglichkeiten vorsieht. Ein vom Schiedsgericht ernannter Sachverständiger gilt als unabhängig. Er kann bei Verdacht der Befangenheit oder Ungeeignetheit abgelehnt werden. Dies folgt nicht direkt aus dem Wortlaut von Art. 25, für Schiedsverfahren in Deutschland aber aus § 1049 ZPO. Auch bei Schiedsorten, deren Schiedsrecht eine solche Ablehnung nicht vorsieht, fordern ICC-Schiedsgerichte einen durch das Schiedsgericht ernannten Sachverständigen jedoch regelmäßig auf, eine Unabhängigkeitserklärung analog Art. 11 Abs. 1–3 abzugeben. Im Falle eines Ablehnungsverfahrens gemäß § 1049 ZPO ist die Entscheidung des Schiedsgerichts über die Ablehnung des Sachverständigen endgültig und bindend. Eine Entscheidung durch ein staatliches Gericht erfolgt nicht, da § 1049 Abs. 3 ZPO nicht auf § 1037 Abs. 3 ZPO verweist. Hat es ein Sachverständiger versäumt, Umstände offenzulegen, die seine Befangenheit begründen könnten, kann das gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen (BGH v. 2.5.2017 – I ZB 1/16, NJW 2018, 70 [75], Änderung bisheriger BGH-Rechtsprechung; hierzu ausführlich Kärcher, SchiedsVZ 2017, 277 und Schmidt-Ahrendts/Schneider, SchiedsVZ 2020, 35). Rechte und Pflichten eines Sachverständigen, der nach der ICC-SchO oder den ICC-Regeln für Gutachterverfahren tätig wird, sind von einer Arbeitsgruppe der ICC Commission on Arbitration zusammengefasst worden (Issues for Experts Acting Under the ICC Rules for Expertise or the ICC Rules of Arbitration, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 1 [2009], 23 ff.).
86 Das Schiedsgericht wird die Parteien vor seiner Entscheidung, einen Sachver-
ständigen zu benennen, sowie zur Festlegung der Beweisfragen anhören. Die Parteien sind zur Mitwirkung verpflichtet und haben dem Sachverständigen auf Anordnung des Schiedsgerichts Zugang zu den für die Erstellung des Gutach416
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tens erforderlichen Dokumenten oder Anschauungsobjekten zu verschaffen sowie dem Sachverständigen Auskunft zu erteilen. Kommt eine Partei ihren Mitwirkungspflichten nicht nach, wird dies vom Schiedsgericht nach Beweislastregeln gewürdigt (Lotz, SchiedsVZ 2011, 203 [207]). Lehnt das Schiedsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens ab, obwohl die zu beweisenden Tatsachen entscheidungserheblich sind, stellt dies keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar (vgl. BGH v. 6.12.1965 – VII ZR 149/63, NJW 1966, 549; OLG München v. 14.11.2011 – 34 Sch 10/11, SchiedsVZ 2012, 43). Dies erscheint bedenklich, sofern das Schiedsgericht über keine eigene Sachkunde verfügt (hierzu auch Lotz, SchiedsVZ 2011, 203 [206] mit Verweis auf BVerfG v. 23.11.1977 – 1 BvR 481/77, BVerfGE 46, 315; BVerfG v. 15.1.1991 – 1 BvR 1635/ 19, NJW 1992, 678; BVerfG v. 20.4.1982 – 1 BvR 1242/81, BVerfGE 60, 247; BVerfG v. 20.4.1982 – 1 BvR 1429/81, BVerfGE 60, 250) und keine Parteigutachten eingereicht worden sind, aus denen das Schiedsgericht sich Sachkunde verschaffen könnte. Liegen Parteigutachten vor, muss das Schiedsgericht nicht selbst noch ein weiteres Gutachten einholen (OLG München v. 14.11.2011 – 34 Sch 10/11, SchiedsVZ 2012, 43). Insgesamt unterliegt das „Ob“ und „Wie“ eines Sachverständigenbeweises der 87 Parteiautonomie. Das Schiedsgericht ist nicht befugt, den Parteien die Vorlage von Parteigutachten aufzuerlegen, sondern es legt lediglich diesbezügliche Fristen fest (IBA-Rules Commentary, S. 20). Die Hinzuziehung des Sachverständigen bei der Urteilsberatung ist abzuleh- 88 nen (befürwortend zur Vermeidung von Verständnisfehlern bei technischen Fragen Spühler/Gehri, ASA Bulletin, Vol. 21 Issue 1 [2003], 16 [24]; nach BGH zulässig, soweit sich die Aufgabe des Sachverständigen auf eine abstrakte Darstellung beschränkt und die Entscheidungsfindung als höchstpersönliche Leistung beim Schiedsgericht verbleibt, BGH v. 18.1.1990 – III ZR 269/88, BGHZ 110, 104 [107 ff.]; BGH v. 19.12.1968 – VII ZR 83/66, VII ZR 84/66, BGHZ 51, 255 [261]; kritisch im Hinblick auf die Wahrung des rechtlichen Gehörs). Verständnisprobleme hat das Schiedsgericht während der mündlichen Verhandlung auszuräumen. Zur Abgrenzung von Sachverständigen und technischen Sekretären des Schiedsgerichts siehe Vor Art. 11 Rz. 17 f. Zur Optimierung der Beweiserhebung durch Gutachten parteiernannter 89 Sachverständiger sind verschiedene Vorschläge gemacht und Regelwerke entworfen worden, wie etwa Verhaltenskodizes (codes of conduct), Zusammenkünfte vor der mündlichen Verhandlung (pre-hearing meetings), oder das expert conferencing (Art. 26 Rz. 44). Das vom Chartered Institute of Arbitrators 2007 herausgegebene Protocol for 90 the Use of Party-Appointed Expert Witnesses in International Arbitration (CIArb Protocol) bspw. ergänzt die IBA-Rules um Richtlinien für durchzuführende Tests und Analysen, den Inhalt eines Sachverständigengutachtens (mehr Transparenz), die Unabhängigkeit eines Sachverständigen und zum Vertraulichkeitsschutz. Ein Treffen der parteiernannten Sachverständigen vor Erstellen der Haller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Gutachten soll zu einer Einigung in möglichst vielen Punkten führen, sodass nur die wirklich streitigen Punkte in den Sachverständigengutachten behandelt werden. 91 Mit dem Ausgleich von Nachteilen bei schiedsgerichtsernannten Sachverstän-
digen befasst sich das Protocol on Expert Teaming („Sachs Protocol“). Es zielt auf eine Kombination der Vorteile von parteiernannten und schiedsgerichtsernannten Sachverständigen und sieht vor, dass das Schiedsgericht jede Partei eine Liste möglicher Sachverständiger vorlegen lässt. Zu diesen Listen wird dann wechselseitig von den Parteien Stellung genommen, woraufhin das Schiedsgericht jeweils einen Sachverständigen von jeder Liste ernennt. Dieses „ExpertTeam“ erstellt ein vorläufiges gemeinsames Gutachten, zu dem Schiedsgericht und Parteien Stellung nehmen können, bevor das endgültige gemeinsame Gutachten erstellt wird. Punkte, in Bezug auf die sich das Expert-Team nicht einigen kann, sollten identifiziert werden, um den Parteien zu ermöglichen, hierzu gesondert (wenn nötig auch mit Hilfe eines weiteren Sachverständigengutachtens) Stellung zu nehmen (Sachs/Schmidt-Ahrendts in van den Berg, Arbitration Advocacy in Changing Times, S. 135 [144 f.]). Auf Antrag einer Partei oder Beschluss des Schiedsgerichts hat das Expert-Team in der mündlichen Verhandlung anwesend zu sein und Fragen vom Schiedsgericht, den Parteien oder parteiernannten Sachverständigen zu beantworten. Das Institut des Expert-Teaming greift die in Rz. 89 genannten Vorschläge für die Beweisaufnahme im Wege von Parteigutachten auf, bietet jedoch den zusätzlichen Vorteil, dass die Sachverständigen des Expert-Teams zwar von den Parteien vorgeschlagen, jedoch vom Schiedsgericht ernannt werden und damit als unabhängige Sachverständige gelten und den Ablehnungsgründen nach § 1049 Abs. 3 ZPO unterliegen. Die Kosten tragen die Parteien gemeinschaftlich, bzw. die endgültige Kostentragung unterliegt der Kostenentscheidung des Schiedsgerichts am Ende des Schiedsverfahrens. Damit wird die Gefahr reduziert, dass sich ein Sachverständiger finanziell oder moralisch einer Partei verpflichtet fühlt.
92 Form. Ein Sachverständigengutachten kann nach Art. 25 Abs. 3 schriftlich oder
mündlich erfolgen. Letzteres wird in der Praxis jedoch selten vorkommen. Die Regel ist, dass ein schriftliches Gutachten erstellt wird, zu dem der Sachverständige dann in der mündlichen Verhandlung befragt wird. Zum Ablauf der mündlichen Verhandlung, insb. unterschiedlicher Vernehmungsmethoden von Sachverständigen, s. Art. 26. Beweisthema können Sach- oder Rechtsfragen sein (Art. 21 Rz. 62).
93 Die Auswahl von Sachverständigen fällt Parteien zumindest im Hinblick auf
Sachfragen meist leichter als dem Schiedsgericht, da sie über die nötigen Branchenkenntnisse verfügen. Das Schiedsgericht und die Parteien können Vorschläge für Sachverständige auch beim ICC International Centre for Expertise einholen. Ansonsten kann auf Sachverständigenlisten zurückgegriffen werden, die etwa bei den Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, dem Institut für Sachverständigenwesen und internationalen Schiedsinstitutionen geführt werden. Wichtige Kriterien sind zeitliche Verfügbarkeit, Kompetenz und Erfahrung, Sprachkenntnisse sowie Unabhängigkeit. 418
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Ein Schiedsrichter kann nicht gleichzeitig Sachverständiger sein, denn er kann 94 nicht gleichzeitig Beweismittel sein und eine Beweiswürdigung vornehmen (Lachmann, Rz. 1533, anders OLG Hamm v. 26.4.2001 – 24 U 117/00, OLGR Hamm 2001, 299, das zwar entschied, dass einem Schiedsrichter kein weiteres Sachverständigenhonorar zusteht, sein Tätigwerden als Sachverständiger jedoch nicht in Frage stellte). Ist ein Schiedsrichter jedoch selbst sachverständig, kann das Schiedsgericht darauf verzichten, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Zur Haftung von Sachverständigen s. Art. 41 Rz. 18.
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Das selbständige Beweisverfahren ist trotz Vorliegens einer Schiedsverein- 96 barung zulässig, solange das Schiedsgericht noch nicht konstituiert oder nicht schnell konstituierbar ist (OLG Frankfurt am Main v. 5.5.1993 – 19 W 8/93, juris; OLG Koblenz v. 15.7.1998 – 5 W 464/98, BeckRS 1998, 07103). Auch in anderen Fällen mag besondere Eile geboten und die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens nach § 1033 ZPO zulässig sein. Wie ein hieraus resultierendes Gutachten im Schiedsverfahren zu behandeln und zu qualifizieren ist, ist unklar. Es wird eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über den durch das Schiedsgericht ernannten Sachverständigen vorgeschlagen (Raeschke-Kessler, in Böckstiegel, S. 41 [73]).
C. Durchführung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung nach Aktenlage (Abs. 5) Literatur: Blessing, The Arbitral Process. Part III: The Procedure before the Arbitral Tribunal, ICC Court Bulletin, Vol. 3 No. 2 (1992), S. 18 ff. (Chapter C); Gielen/Wahnschaffe, Die virtuelle Verhandlung im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2020, S. 257 ff.; ICC Arbitration Commission, Report on Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration, 21.11.2012, Document Number: 861 E; Meier, Pre-hearing Conferences as a Means of Improving the Effectiveness of Arbitration, SchiedsVZ 2009, S. 152 ff.; Rees, Is It Time for Users to Take More Risks in Arbitration?, SchiedsVZ 2016, S. 57 ff.; Wiebecke, The Procedure leading up to the Hearing: Memorials and written statements of witnesses and experts – Summary of the typical elements and procedural steps prior to the hearing under civil law practice, SchiedsVZ 2011, S. 123 ff.
I. Normzweck Mündliche Verhandlung als wichtiger Bestandteil eines effizienten Schieds- 97 verfahrens. Ein Schiedsverfahren lässt sich nur effizient durchführen, wenn die Verfahrensordnung schriftliche und mündliche Verfahrensschritte miteinander kombiniert und so die Vorteile beider Komponenten nutzt. Die mündlichen Verfahrensschritte beruhen auf der Überlegung, dass sich im Gespräch vieles besser und schneller klären lässt als in einem rein schriftlichen Verfahren. Insbesondere kann das Schiedsgericht Unklarheiten unmittelbar adressieren und aufklären. Dies funktioniert indes nur, wenn die Parteien den Streitgegenstand Haller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht für die mündliche Verhandlung in Schriftsätzen aufbereitet haben und wenn die Beteiligten sich dementsprechend auf die mündliche Verhandlung vorbereiten konnten. 98 Art. 25 Abs. 5 regelt, wann das Schiedsgericht eine mündliche Verhandlung
durchführen muss. Die Bestimmung enthält zwar keine detaillierte Regelung der mündlichen Verhandlung selbst, betont aber, dass eine mündliche Verhandlung stattfinden muss, wenn eine Partei dies beantragt. Beantragt keine der Parteien eine mündliche Verhandlung, darf das Schiedsgericht auf eine mündliche Verhandlung verzichten und den Fall allein aufgrund der Aktenlage entscheiden (Art. 25 Abs. 5). Diese Regelung wird ergänzt durch die Bestimmung in Art. 26 Abs. 1, der besagt, dass eine mündliche Verhandlung auf Antrag einer Partei stattfindet und dass – falls keine Partei einen solchen Antrag stellt – das Schiedsgericht aus eigenem Antrieb entscheiden kann, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.
99 Art. 25 Abs. 5 kommt nur geringe praktische Relevanz zu, weil die mündliche
Verhandlung in nationalen wie internationalen Schiedsverfahren die absolute Regel darstellt, so dass das „Ob“ einer mündlichen Verhandlung i.d.R. zwischen Schiedsgericht und den Parteien gar nicht diskutiert wird (vgl. Blackaby/Partasides/Redfern/Hunter, Rz. 6.155 ff.).
100 So findet in der weit überwiegenden Zahl aller Schiedsverfahren nach ein oder
zwei Schriftsatzrunden jedenfalls eine mündliche Verhandlung statt. Bedeutung hat die Vorschrift aber insoweit, als sie in besonderen Fällen – etwa dann, wenn die Beklagte sich am Schiedsverfahren gar nicht beteiligt – die Anberaumung eines Termins entbehrlich machen kann. Beteiligt sich die Beklagte nicht am Schiedsverfahren, darf das Schiedsgericht das Vorbringen des Klägers allerdings nicht einfach als wahr unterstellen, sondern muss den Sachverhalt aufklären und sich davon überzeugen, dass die Behauptungen des Klägers richtig sind. Das mag dazu führen, dass das Schiedsgericht auch ohne Antrag einer Partei eine mündliche Verhandlung anberaumt, um sich der Glaubwürdigkeit der Zeugen zu vergewissern.
II. Verhältnis zu § 1047 ZPO 101 Art. 25 entspricht der Regelung in § 1047 ZPO.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 102 Im deutschen Gerichtsverfahren stellt das Mündlichkeitsprinzip einen wichtigen
Grundsatz dar. § 128 ZPO legt fest, dass das Gericht grds. eine mündliche Verhandlung durchführen muss. Die mündliche Verhandlung ist die Gelegenheit, bei der wesentliche Prozesshandlungen vorgenommen werden. Das deutsche
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Recht geht davon aus, dass nur das zum relevanten Prozessstoff wird, was die Parteien in der mündlichen Verhandlung vorgetragen haben. Das Gericht darf auf eine mündliche Verhandlung zugunsten eines schriftlichen Verfahrens nur in Sonderkonstellationen verzichten, z.B. wenn die Parteien dem zugestimmt haben (§ 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO) oder bei geringem Streitwert (§ 495a ZPO). Faktisch kommt zwar auch im deutschen Zivilprozess den schriftlichen Verfah- 103 rensabschnitten eine ganz erhebliche Bedeutung zu. Meist verweisen die Parteien in der mündlichen Verhandlung bloß auf die ausgetauschten Schriftsätze und die dort angekündigten Anträge. Dies ist auch ausdrücklich zulässig, vgl. § 137 Abs. 3 ZPO. Anders im Schiedsverfahren: Dort werden schriftliche und mündliche Äuße- 104 rungen der Parteien ipso iure Gegenstand des Verfahrens, d.h. die Parteien müssen in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich auf ihre Schriftsätze Bezug nehmen, um sie zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Nach § 169 GVG sind Verhandlungen vor dem erkennenden staatlichen Gericht 105 grds. öffentlich. In Schiedsverfahren verhandelt das Schiedsgericht jedoch nichtöffentlich. Das Gesetz legt den Ort der mündlichen Verhandlung eindeutig fest. Er richtet 106 sich nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (§ 12 ff. ZPO). In der Regel hält das örtlich zuständige Gericht die mündliche Verhandlung in „seinem“ Gerichtsgebäude ab. Allerdings kann das Gericht auch außerhalb des Gerichtsgebäudes mündlich verhandeln. Dies kommt insb. dann in Betracht, wenn das Gericht vor Ort Beweis erhebt, z.B. durch Inaugenscheinnahme eines Grundstücks.
IV. Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung oder nach Aktenlage 1. Vorrang einer etwaigen Parteivereinbarung Bindung des Schiedsgerichts an Parteivereinbarung. Haben die Parteien verein- 107 bart, dass eine mündliche Verhandlung abgehalten werden muss, ist das Schiedsgericht an diese Vereinbarung gebunden. Die Parteien können eine solche Vereinbarung bereits in der Schiedsklausel treffen, aber auch erst nachträglich (z.B. im Schiedsauftrag). Haben die Parteien eine mündliche Verhandlung obligatorisch vorgesehen, so muss eine mündliche Verhandlung in jedem Fall stattfinden. Dies gilt selbst dann, wenn offensichtlich ist, dass eine der Parteien nicht bereit ist, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Dies folgt daraus, dass die Parteien grds. frei sind, die Verfahrensregeln selbst zu bestimmen. Das Schiedsgericht darf dann nicht ohne weiteres von den vereinbarten Verfahrensregeln abweichen, will es die spätere Aufhebung des Schiedsspruchs nicht riskieren (vgl. Art. V Abs. 1 Buchst. a Var. 2 UNÜ und § 1059 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 ZPO). Haben die Parteien vereinbart, dass das Schiedsverfahren nur schriftlich geführt 108 werden soll, darf das Schiedsgericht grds. keine mündliche Verhandlung anordHaller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht nen. Auch dies folgt aus der Parteiautonomie: Die Parteien können auch auf eine mündliche Verhandlung verzichten. Allerdings mag dadurch im Einzelfall das rechtliche Gehör der Parteien oder einer Partei im Einzelfall beschränkt sein. Das Schiedsgericht muss prüfen, ob eine solche Beschränkung vorliegt, z.B. weil eine Partei ein besonderes berechtigtes Interesse gerade an einer mündlichen Verhandlung hat (z.B. für eine Inaugenscheinnahme). Dann muss das Schiedsgericht eine mündliche Verhandlung entgegen der Parteivereinbarung anordnen. Die Parteien können zwar grds. auf ihr Recht auf rechtliches Gehör verzichten. Allerdings ist ein Verzicht ex ante unzulässig, weil er einem Verzicht auf Rechtsschutzgewährung gleichkommen kann. Die Parteien können daher erst nach Entstehung der Streitigkeit auf ihr Recht auf rechtliches Gehör verzichten. Eine davon abweichende Parteivereinbarung ist unwirksam, so dass sie das Schiedsgericht nicht binden kann (vgl. Sachs/Lörcher in Böckstiegel/Kröll/ Nacimiento, § 1047 ZPO Rz. 4). 109 Muss nach der Parteivereinbarung eine mündliche Verhandlung stattfinden, ge-
nügt es nicht immer, dass das Schiedsgericht im Laufe des Verfahrens eine einzige mündliche Verhandlung abhält. Maßgeblich ist, dass das Schiedsgericht nach der (letzten) mündlichen Verhandlung abschließend den Fall entscheidet und nicht z.B. im Anschluss hieran noch weiteren Beweis erhebt.
110 Nachträgliche Änderung. Die Parteien können nachträglich vereinbaren, dass
– entgegen der ursprünglich getroffenen Vereinbarung – keine mündliche Verhandlung stattfinden soll. Im nachträglichen Verzicht auf eine mündliche Verhandlung liegt aber eine Änderung der Schiedsvereinbarung (vgl. Lachmann, Rz. 918). Der BGH geht davon aus, dass Vereinbarungen über das vom Schiedsgericht anzuwendende Verfahren nach Abschluss eines wirksamen Schiedsvertrages zwar nicht der Schriftform des § 1027 ZPO Abs. 1 ZPO bedürfen (BGH v. 19.5.1994 – III ZR 130/93, NJW 1994, 2155 [2155]). Es genügt dafür aber regelmäßig nicht, wenn nur die Prozessbevollmächtigten der Parteien auf eine mündliche Verhandlung verzichten (vgl. Lachmann, Rz. 918). Die normale Verfahrensvollmacht bezieht sich i.d.R. nur auf Handlungen, die im Rahmen des vereinbarten Verfahrens erfolgen, jedoch nicht auch auf eine Änderung der Schiedsvereinbarung (offen gelassen von BGH v. 19.5.1994 – III ZR 130/93, NJW 1994, 2155 [2155 f.]). Im Übrigen gelten die für den Abschluss der Schiedsvereinbarung anwendbaren Vorschriften. 2. Mündliche Verhandlung zwingend bei Antrag durch eine Partei
111 Haben die Parteien keine Aussage zur Durchführung einer mündlichen Ver-
handlung getroffen, muss das Schiedsgericht prüfen, ob eine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat. Ist dies der Fall, muss das Schiedsgericht die mündliche Verhandlung durchführen. Dies bedeutet aber auch, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht verpflichtend ist, sondern dass die Parteien darauf verzichten können. Führt das Gericht entgegen dem Antrag einer Partei keine mündliche Verhandlung durch, so be422
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gründet dies einen für eine Aufhebung des Schiedsspruchs relevanten Verfahrensverstoß (Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ), wenn die betroffene Partei den Verstoß unverzüglich nach Kenntniserlangung gerügt hat (OLG Naumburg v. 21.2. 2002 – 10 Sch 8/01, NJW-RR 2003, 71 [72]). Muss das Schiedsgericht eine mündliche Verhandlung durchführen, muss diese 112 alle aus Sicht des Schiedsgerichts entscheidungserheblichen Themen behandeln. Es genügt daher nicht, nur eine frühe mündliche Verhandlung abzuhalten, obwohl danach noch relevanter Sachvortrag erfolgt einschließlich Zeugen- und Sachverständigenbeweisen. Die Pflicht, eine mündliche Verhandlung abzuhalten, dient dazu, dass das Schiedsgericht sich ein unmittelbares und umfassendes Bild machen kann. Dem genügt es nicht, wenn nur über einen Teil des Streitstoffes mündlich verhandelt wird. Dahinter steht die Überlegung, dass das Schiedsgericht einen viel besseren Eindruck aus dem unmittelbaren Austausch mit Parteien, Zeugen und Sachverständigen bekommt als aus einem rein dokumentenbasierten Verfahren. Das bedeutet jedoch nicht, dass jede Partei zu einem beliebigen Thema eine mündliche Verhandlung verlangen darf. In der Regel steht dem schon der Verfahrenskalender entgegen. Aber auch darf das Schiedsgericht Themen aus Rechtsgründen als irrelevant einstufen, so dass eine mündliche Verhandlung sich erübrigt. Eine „Streichung“ offensichtlich unbegründeter Ansprüche hingegen wird jedoch zu weit gehen, solange hierzu keine ausdrückliche Ermächtigung in den anwendbaren Schiedsregeln enthalten ist (Rees, SchiedsVZ 2016, 57 [59]). 3. Im Übrigen: Ermessen des Schiedsgerichts Haben die Parteien weder die Durchführung einer mündlichen Verhandlung 113 vereinbart noch einseitig beantragt, so steht es im Ermessen des Schiedsgerichts, ob es eine mündliche Verhandlung durchführt. Das Schiedsgericht ist dabei weitgehend in seiner Entscheidung frei, ob es eine mündliche Verhandlung durchführt oder nicht. Es kann eine mündliche Verhandlung auch auf bestimmte Punkte beschränken und im Übrigen das Verfahren schriftlich durchführen. Das Schiedsgericht verletzt das Recht der Parteien auf rechtliches Gehör nur dann, wenn es keine mündliche Verhandlung durchführt und wenn die Parteien auch nicht die Gelegenheit hatten, sich im Verfahren schriftlich zur Sache zu äußern (OLG Naumburg v. 21.2.2002 – 10 Sch 8/01, NJW-RR 2003, 71 [72]). In der Praxis führen Schiedsgerichte allerdings in aller Regel eine mündliche 114 Verhandlung durch. Auch wollen die Parteien selbst meist ihren „day in court“. In kleineren Rechtsstreitigkeiten oder wenn es nur um die Entscheidung einer Rechtsfrage geht, mag es sinnvoll sein, auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten. In diesen Fällen wird das Schiedsgericht aber meist das „Ob“ mit den Parteien absprechen. Auch wird eine Partei kein Interesse daran haben, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, wenn abzusehen ist, dass die andere Partei an der Verhandlung gar nicht teilnehmen wird.
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht D. Kosten 115 Die Kosten des Beweisverfahrens hängen von dessen Ausgestaltung ab. Ins-
besondere ein extensives Dokumentenvorlageverfahren kann zu sehr hohen Kosten führen. Die Parteien sollten daher sorgfältig überlegen, ob ein solches Verfahren im Einzelfall sinnvoll ist. Die Verwendung schriftlicher Zeugenaussagen ist in vielen Fällen sinnvoll und kann zu einer Reduzierung der Kosten durch erhöhte Effizienz der Verfahren führen.
116 Kosten der einzelnen Beweismittel. Die Kosten eines Zeugen (Reisekosten,
Verdienstausfall) werden i.d.R. zunächst von der Partei getragen, die den Zeugen benennt. In der Kostenentscheidung des Schiedsgerichts können diese Kosten ganz oder teilweise der unterlegenen Partei auferlegt werden. Auch die Kosten eines Dokumentenvorlageverfahrens trägt jede Partei zunächst selbst. Die Vergütung von Sachverständigen erfolgt durch Vereinbarung. Das JVEG ist nicht anwendbar. Parteigutachten zahlt jede Partei zunächst selbst. Für das Honorar eines durch das Schiedsgericht ernannten Sachverständigen fordert das Schiedsgericht i.d.R. einen Vorschuss der zu erwartenden Kosten von beiden Parteien oder der beweisbelasteten Partei an. Der Sachverständige wird auch im Falle einer Bestellung durch das Schiedsgericht durch einen (Werk-)Vertrag mit den Parteien zur Gutachtertätigkeit verpflichtet (so die h.M.; Lotz, SchiedsVZ 2011, 203 m.w.N.). Die endgültige Kostentragung wird in der Kostenentscheidung bei Beendigung des Schiedsverfahrens geregelt (Art. 38).
117 Kostensanktion. Art. 9 Abs. 8 IBA-Rules sieht vor, dass das Schiedsgericht das
treuwidrige Verhalten einer Partei durch eine Kostenentscheidung sanktionieren kann. Dem Schiedsgericht steht bei der Kostenentscheidung ohnehin ein weites Ermessen zur Verfügung (Art. 38 Abs. 5). Art. 9 Abs. 8 IBA-Rules verleiht einer Kostensanktion jedoch eine erhöhte Legitimation (Kläsener/Dolgorukow, SchiedsVZ 2010, 302 [304]), sodass Schiedsgerichte in Zukunft vielleicht verstärkt auf diese Möglichkeit zurückgreifen.
E. Abweichende Parteivereinbarung 118 Die Ausgestaltung des Verfahrens unterliegt der Parteiautonomie. Grenzen der
Parteiautonomie werden durch das Erfordernis ausreichenden rechtlichen Gehörs und die Gleichbehandlung der Parteien gesetzt. Eine Vereinbarung der Parteien ist für das Schiedsgericht bindend. Parteien können auch zu einem späteren Zeitpunkt während des Schiedsverfahrens (formlose) Vereinbarungen zur Durchführung des Verfahrens treffen, die für das Schiedsgericht bindend sind (BGH v. 26.9.1985 – III ZR 16/84, NJW 1986, 1436). Unter Umständen kann ein Schiedsrichter aber sein Amt niederlegen, wenn er mit der anderweitigen Vereinbarung nicht rechnen musste (Schütze, SchiedsVZ 2006, 1 [3]; Lotz, SchiedsVZ 2011, 203 [204]). Das Bestimmungsrecht der Parteien endet auch, wenn eine Vereinbarung mit dem Schiedsgericht getroffen wurde, wie dies z.B. im Schiedsauftrag nach der ICC-SchO der Fall ist (Art. 23). Wird eine Verein424
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barung der Parteien in einer Verfahrensverfügung des Schiedsgerichts festgehalten, wird i.d.R. auch davon auszugehen sein, dass eine Vereinbarung zwischen Parteien und Schiedsgericht getroffen wurde und die Regeln feststehen (Sachs, SchiedsVZ 2003, 193 [196]). Rechtsanwälte dürfen als Bevollmächtigte grds. nicht ausgeschlossen werden 119 (§ 1042 Abs. 2 ZPO). Es können aber bestimmte Vereinbarungen in Bezug auf die Person des Bevollmächtigten und Kostenerstattung getroffen werden. Seit der Reform zur ICC-SchO 2021 hat das Schiedsgericht das ausdrückliche Recht, neu hinzugekommene Parteivertreter auszuschließen (s. Art. 17 Rz. 13). Auch unter früheren Fassungen der ICC-SchO vereinbarten Parteien bisweilen im Schiedsauftrag, dass die Parteien neue Parteivertreter vom Schiedsgericht zulassen lassen müssen. Diese Regelungen sollen verhindern, dass eine Partei durch die Hinzuziehung eines neuen Parteivertreters einen Konflikt eines Schiedsrichters schafft und diesen dadurch aus dem Schiedsgericht entfernen kann. Das Schiedsgericht wird die Zulassung jedoch nur in solchen begründeten Fällen versagen dürfen. Derartige Regelungen sind zulässig, weil sie sicherstellen, dass eine Partei nicht das Verfahren stören und das fundamentale Recht der anderen Parteien, den Schiedsrichter frei wählen zu dürfen, einschränkt. Das Recht des Schiedsgerichts, einen Sachverständigen zu bestellen, kann durch 120 Parteivereinbarung ausgeschlossen werden. Bieten auch die Parteien keinen Beweis durch eigene Sachverständige an und ist das Schiedsgericht der Auffassung, dass eine Frage nicht ausreichend geklärt ist, ergeht eine Entscheidung aufgrund der Beweislastverteilung (Lachmann, Rz. 1537). Ein Rücktrittsrecht des Schiedsrichters besteht nicht, da die Parteiautonomie den Parteien erlaubt, Einschränkungen der Beweisaufnahme zu vereinbaren und das Schiedsgericht verpflichtet ist, das Schiedsverfahren gemäß Vereinbarung der Parteien durchzuführen (Lotz, SchiedsVZ 2011, 203 [206]; a.A. Voit, in Musielak/Voit, § 1049 ZPO Rz. 2). Anhang 1a: Muster Gemeinsamer Vorschlag für einen Verfahrenskalender 121 und Verfahrensregeln1 [Kläger] ./. [Beklagte] [ICC Schiedsverfahren, … ] Gemeinsamer Vorschlag für Verfahrensregeln [Verfahrensverfügung Nr. 1] 1. Ablauf des Verfahrens/Vorläufige Verfahrenskalender 1.1 Der Ablauf des Verfahrens ist häufig wie folgt:2 Datum Partei Kläger
Beschreibung
Abkürzung
Der Antrag auf Durchführung eines Schieds- Antrag verfahrens, eingereicht am __.
1 Englische Version s. Rz. 122. 2 Vgl. auch https://iccwbo.org/publication/model-of-icc-procedural-timetable/.
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Datum Partei
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Beschreibung
Abkürzung
Beklagter
Antwort, ggf. mit Erklärungen von Zeugen Antwort und Sachverständigen, und ggf. Widerklage, ggf. mit Erklärungen von Zeugen und Sachverständigen.
Kläger
Klageschrift mit umfassendem Vortrag und Beweisantritt
Beklagter
Klageerwiderung mit umfassendem Vortrag Klageerwiderung und Beweisantritt; Ggf. Widerklagebegründung mit umfassendem Vortrag und Beweisantritt
Kläger/ Beklagter
Jede Partei kann die Anordnung der Vorlage von Dokumenten durch das Schiedsgericht beantragen.
Kläger/ Beklagter
Erwiderung auf den Antrag auf Dokumentenvorlage.
Schiedsgericht
Entscheidung über den Antrag auf Dokumentenvorlage.
Kläger/ Beklagter
Vorlage von Dokumenten wie durch das Schiedsgericht angeordnet.
Kläger
Replik, ggf. mit Erklärungen von Zeugen und Sachverständigen, und ggf. Widerklageerwiderung, ggf. mit Erklärungen von Zeugen und Sachverständigen.
Replik
Beklagter
Duplik, ggf. mit Erklärungen von Zeugen und Sachverständigen, und ggf. Replik auf die Widerklage, ggf. mit Erklärungen von Zeugen und Sachverständigen.
Duplik
Kläger
Ggf. Duplik auf die Widerklage und ggf. ergänzende Zeugenaussagen.
Widerklageduplik
Kläger und Beklagter
Mitteilung der zu vernehmenden Zeugen und Sachverständigen sowie Mitteilung, welche Zeugen und Sachverständigen einen Dolmetscher benötigen.
Kläger und Beklagter
Fristende für die Einreichung neuer Beweise (soweit diese früher hätten eingereicht werden können).
Alle
Telefonkonferenz zur Organisation der mündlichen Verhandlung
Alle
Mündliche Verhandlung ([ ] Tage, zusätzlich [einen] Tag als Reserve).
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Klage
Ermittlung des Sachverhalts | Art. 25 ICC-SchO
1.2 Das Schiedsgericht darf auf Antrag einer Partei oder eigenständig, vor und nach dem Ablauf eines Zeitlimits, Fristverlängerung nur in Ausnahmefällen gewähren. Die Parteien können untereinander Fristverlängerungen auf Grundlage der gegenseitigen Rücksichtnahme vereinbaren, solange sie den Zeitplan nicht wesentlich beeinflussen. 1.3 Sollte eine Partei einen nicht nachgelassenen Schriftsatz einreichen, beantragt die andere Partei beim Schiedsgericht, Stellung nehmen zu dürfen, bevor sie ggf. eine Erwiderung einreicht. 2. Allgemeine Bestimmungen über Beweise 2.1 Fragen der Beweiserhebung unterliegen den entsprechenden Bestimmungen der ICC-SchO. 2.2 Die IBA Rules on the Taking of Evidence in International Arbitration (die „IBA-Rules“) sollen als Richtlinie herangezogen werden. [alternativ:] Zusätzlich zur ICC-SchO wird vereinbart, dass das Schiedsverfahren nach den IBA Rules on the Taking of Evidence in International Arbitration (die „IBA-Rules“) in der zum Zeitpunkt [dieser Vereinbarung/des Beginns des Schiedsverfahrens] gültigen Fassung geführt werden soll. 3. Schriftsätze und Urkundsbeweis 3.1 Die Absätze aller Schriftsätze sollen fortlaufend nummeriert sein. Die Schriftsätze sollen ein Inhaltsverzeichnis enthalten. 3.2 Mitteilungen können ausschließlich durch E-Mail ohne die Notwendigkeit einer Bestätigung durch Postzustellung vorgenommen werden. Die Schriftsätze werden durch E-Mail und in Papierform durch Postzustellung eingereicht. 3.3 Der Eingangstag der elektronischen Kopie einer schriftlichen Mitteilung oder eines Schriftsatzes beim Vorsitzenden des Schiedsgerichts soll für alle Zwecke als Zugangszeitpunkt der Mitteilung oder des Schriftsatzes gelten. 3.4 Den Schriftsätzen sollen die Urkunden und rechtlichen Ausführungen beigefügt werden, auf die sich die jeweilige Partei beruft. 3.5 Für jeden ihrer Schriftsätze sollen die Parteien deutlich angeben, auf welche Beweise sie sich stützen: Urkundsbeweis, Sachverständigengutachten und Zeugenerklärungen etc. (mit Hinweis auf Seite und Absatz). 4. Urkundsbeweis 4.1 Den Schriftsätzen werden die Urkundenbeweise und die Zeugenaussagen beigefügt, auf die sich die jeweilige Partei stützt, einschließlich der rechtlichen Fundstellen. In der mündlichen Verhandlung dürfen keine neuen Dokumente einschließlich rechtlicher Fundstellen vorgelegt werden, es sei denn die Parteien haben dies vereinbart oder das Schiedsgericht lässt es in einem Ausnahmefall zu. 4.2 Die Beweise sollen durch eine einheitliche und fortlaufende Nummerierung bestimmbar sein. Diese beginnt für den Kläger mit K-1 und für den Haller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Beklagten mit B-1. Die Beweise sollen mit einer Beweisliste eingereicht werden, die die Nummerierung der Beweise, ihr Datum und eine kurze Beschreibung enthält. 4.3 Alle eingereichten Dokumente gelten als vollständig und echt, einschließlich als Kopie eingereichter Dokumente, es sei denn, eine Partei bestreitet ihre Authentizität oder Vollständigkeit. 4.4 Die Parteien können einen Antrag auf Dokumentenvorlage nach der ersten Schriftsatzrunde einreichen, wie in § 1.1 vorgesehen. Diese Anträge sollen in Form eines „Redfern Schedule“ eingereicht werden. 4.5 [Bei seiner Entscheidung wird sich das Schiedsgericht von Art. 3 und 9 der 2020 IBA-Rules leiten lassen.] Vor seiner Entscheidung kann das Schiedsgericht auf Antrag einer Partei eine Ermessensentscheidung treffen, ob eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden soll. 4.6 Aufgrund der Anordnung des Schiedsgerichts herausgegebene Dokumente werden nur dann Bestandteil des Verfahrens, wenn sie durch eine Partei als Beweis eingereicht werden. 4.7 Wenn im Anschluss an die oben erwähnten Dokumentenvorlageanträge weitere Dokumente von einer Partei benötigt werden, ist dies zunächst beim Schiedsgericht zu beantragen. Wenn das Schiedsgericht dem Antrag stattgibt, wird das unter § 4.4 und 4.5 beschriebene Verfahren durchgeführt. 4.8 Der Gebrauch von Anschauungsmaterialien (wie z.B. Schaubilder, Präsentationen etc.) ist in der mündlichen Verhandlung erlaubt, soweit in diesen keine neuen Beweise enthalten sind. Solche Materialien sind der anderen Partei und allen Mitgliedern des Schiedsgerichts gleichzeitig zu übergeben. Kopien von vorgeschlagenen Anschauungsmaterialien werden zwischen den Parteien spätestens drei Tage vor dem ersten Tag der mündlichen Verhandlung ausgetauscht. 5. Zeugen und Sachverständige 5.1 Wenn eine Partei sich auf Zeugen oder Sachverständige berufen möchte, sind schriftliche Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten zusammen mit der Klageerwiderung und der Replik bis zum in § 1.1 genannten Zeitpunkt einzureichen. [Oder gegebenenfalls abweichende Vereinbarung zum Sachverständigenbeweis.] 5.2 Zeugenaussagen und Sachverständigengutachten in Erwiderung auf die oben genannten Aussagen (einschließlich Aussagen oder Gutachten von Personen, die noch nicht als Zeugen benannt wurden), werden bis zum in § 1.1 genannten Zeitpunkt eingereicht. 5.3 Jede Person kann als Zeuge aussagen, einschließlich einer Partei, ihrer Führungskräfte, ihrer Angestellten oder Vertreter. 5.4 Jeder Zeuge, dessen Aussage wie oben beschrieben eingereicht wurde, soll für eine Vernehmung in der mündlichen Verhandlung zur Verfügung stehen. Jede Partei ist berechtigt, Zeugen in der mündlichen Ver428
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5.8
handlung ins Kreuzverhör zu nehmen, indem sie dies wie in § 1.1 vorgesehen mitteilt. Wenn ein Zeuge aus begründetem Anlass an der Teilnahme an der mündlichen Verhandlung verhindert ist, wird das Schiedsgericht die Parteien hierzu anhören und unter Berücksichtigung der relevanten Umstände einschließlich der berechtigten Interessen der Parteien, entscheiden, welches Gewicht – wenn überhaupt – der Aussage der Partei beigemessen werden sollte. Die Bestimmungen dieses Abschnitts 5 gelten auch für Sachverständige mit dem Zusatz, dass jedem Sachverständigengutachten alle Unterlagen, auf die sich das Gutachten stützt, beizufügen sind oder auf sie zu verweisen ist, wenn sie bereits zuvor vorgelegt wurden. Zeugen dürfen während der Vernehmung von anderen Zeugen nicht anwesend sein, es sei denn, die Parteien dies vereinbart haben. Jedoch gilt diese Regel nicht für die Vertreter der Parteien [nicht mehr als zwei pro Partei, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben] und für Zeugen, die bereits ausgesagt haben. Sachverständige können jederzeit bei der Verhandlung anwesend sein. Die Zeugenvernehmung soll wie folgt erfolgen: a) Die schriftliche Aussage eines Zeugen soll grundsätzlich den Zeugenoder Sachverständigenbeweis ausmachen und daher anstelle der Vernehmung durch die Partei, die den Zeugen benannt hat, stehen. Jedoch kann jeder Zeuge kurz in einer Vernehmung (direct examination) über neue Tatsachen oder Entwicklungen befragt werden, welche sich seit der Anfertigung der schriftlichen Zeugenaussage ergeben haben. Diese Befragung soll nicht länger als fünf Minuten dauern. b) Die gegnerische Partei nimmt dann den Zeugen ins Kreuzverhör (cross examination), woraufhin eine erneute Vernehmung durch die Partei, die den Zeugen benannt hat, erfolgt (re-direct examination). Die cross examination soll auf den Inhalt der schriftlichen Zeugenaussagen, der in den Akten befindlichen Dokumente und/oder von mündlichen Aussagen der Zeugen der anderen Partei sowie auf Fragen, welche die Glaubwürdigkeit des Zeugen betreffen, begrenzt werden. c) Die re-direct examination ist auf Tatsachen begrenzt, die sich in der cross examination neu ergeben haben. d) Das Schiedsgericht kann ausnahmsweise während der direct examination, cross examination und re-direct examination Fragen stellen, jedoch vorzugsweise erst dann, wenn der jeweilige Rechtsanwalt seine Befragung beendet hat. Es soll sicherstellen, dass jede Partei die Möglichkeit hat, den Zeugen nochmals zu den Fragen des Schiedsgerichts zu vernehmen. e) Das Schiedsgericht soll zu jeder Zeit die vollständige Kontrolle über das Verfahren der Zeugenvernehmung haben, einschließlich der Haller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Möglichkeit, das Recht einer Partei, einen Zeugen zu befragen, von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei zu begrenzen oder zu verweigern, wenn das Schiedsgericht davon ausgeht, dass die Befragung oder der Beweis aller Wahrscheinlichkeit nach nicht sachdienlich ist. 5.9 Die Reihenfolge, in der die Zeugen aufgerufen werden, wird vom Schiedsgericht nach Rücksprache mit den Parteien während der in § 1.1 erwähnten Telefonkonferenz zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung festgelegt, wobei jedenfalls die in § 7.2 vorgesehene allgemeine Reihenfolge der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen zu berücksichtigen ist. 6. Vom Schiedsgericht benannter Sachverständiger Grundsätzlich soll das Gericht keinen Sachverständigen benennen, es sei denn es ist der Auffassung, dass dies notwendig ist, um eine oder mehrere Fragen, die sich im Laufe des Verfahrens ergeben haben, aufzuklären. In jedem Fall soll das Schiedsgericht vor der Bestellung eines Sachverständigen Rücksprache mit den Parteien zu der Frage halten, ob dies tatsächlich erforderlich ist, und wenn dies der Fall ist, zu dem Gegenstand seines oder ihres Auftrags. 7. Mündliche Verhandlung 7.1 Die mündliche Verhandlung soll in […] zu dem in § 1.1 genannten Zeitpunkt stattfinden. 7.2 Die mündliche Verhandlung soll wie folgt ablaufen: a) Eröffnungsplädoyer des Klägers; b) Eröffnungsplädoyer des Beklagten; c) Vernehmung der Zeugen des Klägers; d) Vernehmung der Zeugen des Beklagten; e) Vernehmung der Sachverständigen des Klägers; f) Vernehmung der Sachverständigen des Beklagten; g) Schlussplädoyer des Klägers; h) Schlussplädoyer des Beklagten. 7.3 Die mündliche Verhandlung wird von Protokollführern protokolliert, deren Kosten von jeder Partei zu gleichen Teilen vorgestreckt werden, unbeschadet der Entscheidung des Schiedsgerichts darüber, welche Partei diese Kosten letztlich in welchem Ausmaß zu tragen hat. Die Beauftragung der Protokollführer wird von den Parteien selbst vorgenommen. 8. Schriftsätze nach der mündlichen Verhandlung (Post-Hearing Briefs) Ob die Parteien Post-Hearing Briefs zum Inhalt der mündlichen Verhandlung und Erwiderungen hierzu einreichen, wird durch das Schiedsgericht nach Rücksprache mit den Parteien zu einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens entschieden. 430
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Ermittlung des Sachverhalts | Art. 25 ICC-SchO
9. Einreichung der Kostenschriftsätze Wann und in welcher Form die Parteien Kostenschriftsätze einreichen, wird durch das Schiedsgericht nach Rücksprache mit den Parteien in einem späteren Verfahrensstadium entschieden. 10. Schiedsspruch Das Schiedsgericht wird sich bemühen einen Schiedsspruch sowie eine Entscheidung über die Kosten an oder vor einem noch zu bestimmenden Datum gemäß dem vorläufigen Verfahrenskalender in § 1.1 zu erlassen. 11. Übersetzungen 11.1 Rechtliche Texte (Vorschriften, Entscheidungen und akademische Schriften) sowie andere Dokumente in einer Sprache, die nicht die Verfahrenssprache ist, sollen mit einer Übersetzung in die Verfahrenssprache eingereicht werden, auf Kosten der Partei, die das Dokument eingereicht hat, ohne Einfluss auf eine Entscheidung des Schiedsgerichts über die endgültige Kostentragung. Nur die erheblichen Teile von Dokumenten und rechtlichen Texten müssen übersetzt werden. 11.2 Informelle Übersetzungen von rechtlichen Texten und Dokumenten sind ausreichend. Jede Übersetzung soll als richtig gelten, soweit nicht eine Partei ihre Richtigkeit bestreitet. Falls die Übersetzung eines Rechtstextes oder anderen Dokuments von der Gegenpartei in Frage gestellt wird, kann sie eine eigene Übersetzung vorlegen. Sollten die Parteien sich nicht auf eine gemeinsame Übersetzung einigen, so entscheidet das Schiedsgericht. Anhang 1b: Muster Joint Proposal by the Parties on Timetable and Proce- 122 dural Rules1 [Claimant] ./. [Respondent] [ICC Arbitration, Case no.] Joint Proposal by the Parties on Timetable and Procedural Rules 1. Sequence of the Proceedings/Provisional Timetable 1.1 The sequence and timing of the proceedings shall be the following: Date Party/Tribunal Description Claimant
Abbreviation
Request for arbitration.
Request
Respondent
Answer to the Request for Arbitration
Answer
Claimant
Full Statement of Claim with Witness Statements if necessary (experts and witnesses of fact).
SoC
1 Deutsche Version s. Rz. 121.
Haller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Date Party/Tribunal Description
Abbreviation
Respondent
Full Statement of Defence with WitSoD ness Statements if necessary (experts and witnesses of fact) and possibly Counterclaim with Witness Statements if necessary (experts and witnesses of fact).
Claimant/ Respondent
Either or both Parties may request an order for production of documents from the Tribunal.
Claimant/ Respondent
Comments on the Request for production of documents.
Tribunal
Decision on the Parties’ requests for production of documents.
Claimant/ Respondent
Production of documents as ordered by the Tribunal.
Claimant
Statement of Reply, with Fact Witness Statements and Expert Reports if necessary and Statement of Defence to the Counter Claim if necessary and Witness Statements if necessary.
Respondent
Statement of Rejoinder with Fact Wit- Rejoinder ness Statements and Expert Reports if or SoRj necessary and Reply regarding the Counter Claim if necessary and Rebuttal Witness Statements if necessary.
Claimant
Rejoinder to the Counter Claim if necessary and Rebuttal Fact Witness Statements and Expert Reports if necessary.
Claimant and Respondent
Notifications of fact and expert witnesses to be examined and notification of fact and expert witnesses requiring interpretation.
Claimant and Respondent
Cut-off date for Submission of New Evidence (that could not have been submitted earlier).
All
Pre-hearing telephone conference
All
Hearing ([ ] days plus one day as a reserve).
Reply or SoRy
Counter Claim Rejoinder
1.2 The Arbitral Tribunal may, upon the application of a Party or on its own motion, and before or after the expiry of a time limit, grant extensions of 432
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time, in exceptional cases only. The Parties may also agree between themselves short extensions of time, on the basis of mutual courtesy, as long as they do not materially affect the timetable and the Arbitral Tribunal is informed. 2. Evidence in General 2.1 Matters of evidence are governed by the relevant provisions of the ICC Rules. 2.2 The 2020 IBA Rules on the Taking of Evidence in International Arbitration (the “IBA Rules”) shall be used as a guideline. [Alternatively:] “In addition to the ICC Rules, the parties agree that the arbitration shall be conducted according to the IBA Rules on the Taking of Evidence in International Arbitration (the ‘IBA Rules’) as current on the date of [this agreement/the commencement of the arbitration].” 3. Written Submissions and documentary evidence 3.1 The paragraphs of all written submissions shall be numbered consecutively and the submissions shall include a table of contents. 3.2 Notifications can be made via email only, without the need of a confirmation copy by courier. Written submissions will be filed via email and as a hard copy by courier. 3.3 The date of receipt of the electronic copy of a written notification or submission by the President of the Arbitral Tribunal shall, for all purposes, be deemed to be the date of receipt of a notification or submission. 3.4 The written submissions shall be accompanied by the documents and legal authorities relied upon by the relevant Party. 3.5 For each of their submissions, the Parties shall clearly indicate the evidence they invoke in support thereto: documentary evidence, expert reports and witness statements, etc. (with indication of the page and paragraphs). 4. Documentary Evidence 4.1 The written submissions shall be accompanied by the documentary evidence and the testimonial evidence relied upon by the relevant Party, including the legal authorities relied upon by it. No new document, including legal evidence, may be presented at the hearing unless agreed by the Parties or authorized by the Tribunal, in exceptional circumstances. 4.2 Evidence shall be identified by a uniform and consecutive numbering, for Claimant starting with C-1, and for Respondent starting R-1. It shall be submitted with a list of exhibits, setting forth the exhibit number, its date and a brief description of the exhibit. 4.3 All documentary evidence submitted to the Arbitral Tribunal shall be deemed to be true and complete, including evidence submitted in the form of copies, unless a Party disputes its authenticity or completeness. Haller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 4.4 The Parties may request documents from each other after the first round of submissions, as foreseen in § 1.1. These requests shall be submitted in the form of a “Redfern Schedule”. 4.5 [For its decision, the Arbitral Tribunal will be guided by Articles 3 and 9 of the 2020 IBA Rules.] Before taking the decision, the Arbitral Tribunal may exercise its discretion, at the request of a Party, to hear oral submissions. 4.6 Documents disclosed on the basis of the Tribunal’s order shall become part of the proceedings only if they are submitted as evidence by a party. 4.7 If subsequent to the requests for production of documents referred to above, additional documents are needed by a Party, leave should first be requested from the Tribunal. If leave is granted, the procedure detailed above in § 4.5 and 4.6 shall apply. 4.8 The use of demonstrative exhibits (such as charts, presentations etc.) is allowed at the witness hearing, provided that no new evidence is contained therein. A hard copy of any such exhibit shall simultaneously be provided by the Party submitting such exhibit to the other Parties and to each member of the Arbitral Tribunal. The Parties shall exchange copies of proposed demonstrative exhibits no later than three business days before the first day of the Hearing. 5. Evidence of Witnesses 5.1 If a Party wishes to rely on fact witnesses, or expert witnesses, it shall submit written witness statements and expert reports together with the Statement of Reply and Statement of Rejoinder, respectively, on or before the dates set out in § 1.1 above. [Possibly different agreement on expert evidence.] 5.2 Witness statements and expert reports in rebuttal to the aforementioned statements (including statements or reports from persons not previously named as witnesses) shall be submitted on or before the dates mentioned in § 1.1 above. 5.3 Any person may present evidence as a witness, including a Party, a Party’s officer, employee or other representative. 5.4 Each witness whose witness statement has been submitted as aforesaid shall be available for examination at the Hearing. Each Party is entitled to cross-examine witnesses at the Hearing by notification as specified above in § 1.1. 5.5 If a witness should not be able to attend the Hearing for a valid reason, the Arbitral Tribunal shall hear the Parties on this issue and decide after taking into account all relevant circumstances, including the Parties’ legitimate interests, what weight should be given to the testimony of said witness, if any. 5.6 The provisions of this Section 5 also apply to expert witnesses with the addition that any expert witness report shall attach, or make reference to if previously exhibited, all documents upon which the report relies. 434
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Ermittlung des Sachverhalts | Art. 25 ICC-SchO
5.7 Witnesses of fact may not be present in the hearing room during the examination of other witnesses of fact, unless the Parties agree otherwise. However, this rule does not apply to Parties’ representatives (no more than two on each side, unless the Parties agree otherwise) or to witnesses of fact who have already given their testimony, who have the right to remain in the room at all times. Experts, if any, may be present in the hearing room at any time. 5.8 The procedure for examining witnesses at the Hearing shall be the following: a) The witness statement of each witness shall in principle constitute the evidence-in-chief of each factual or expert witness, and, thus, stand in lieu of the examination by the Party producing the witness. However, each witness may first be briefly examined in direct examination on new facts or developments, if any, which have taken place since the filing of his/her last witness statement. Such examination should not exceed five minutes. b) The opposing Party shall then proceed to cross-examine the witness, followed by a re-examination by the Party producing the witness. The scope of the cross-examination shall be limited to the content of the witness statements, documents that have been produced (including those by order of the Arbitral Tribunal) and/or oral evidence of the other Party’s witnesses, and any issue regarding the credibility of the witness. c) Re-examination shall be limited to matters that have arisen in crossexamination. d) The Arbitral Tribunal shall have the right to exceptionally interject questions during examination-in-chief, cross-examination and reexamination, but preferably after each Counsel has completed their respective cross-examination and re-examination. It shall ensure that each Party has the opportunity to re-examine a witness with respect to questions raised by the Arbitral Tribunal. e) The Arbitral Tribunal shall also at all times have complete control over the procedure in relation to a witness giving oral evidence, including the right to limit or deny, on its own motion or at the request of a party, the right of a party to examine a witness in examinationin-chief, cross-examination or reexamination if it appears to the Arbitral Tribunal that such examination or evidence is unlikely to serve any further relevant purpose. 5.9 The order in which the witnesses will be called shall be determined by the Arbitral Tribunal after consultation with the Parties during the Pre-Hearing Conference mentioned in § 1.1 above, at all times applying the general order of hearing witnesses and experts provided in § 7.2 below. Haller/Strack
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 6. Arbitral Tribunal Appointed Expert 6.1 In principle, the Arbitral Tribunal shall not appoint an expert, unless it appears to it that such an expert is necessary to resolve one or more of the issues that are identified in the course of the proceedings. In any event, the Arbitral Tribunal shall consult the Parties beforehand as to whether such an expert is indeed required and if so, on his or her terms of reference. 7. Hearing 7.1 The Hearing shall take place in […] on the dates mentioned in § 1.1 above. 7.2 The Hearing shall proceed as follows: a) Opening Statement by Claimant; b) Opening Statement by Respondent; c) Examination of Claimant’s fact witnesses; d) Examination of Respondent’s fact witnesses; e) Examination of Claimant’s experts; f) Examination of Respondent’s experts; g) Closing Statement by Claimant; h) Closing Statement by Respondent. 7.3 The Hearing shall be transcribed by court reporters, the costs of which are to be advanced by each Party in equal shares, without prejudice to the decision of the Arbitral Tribunal as to which Party shall ultimately bear these costs and to which extent. The hiring of court reporters will be done by the Parties themselves. 8. Post-Hearing Briefs Whether the Parties will submit Post-Hearing Briefs concerning the written and oral witness testimony and Reply Post-Hearing Memorials will be determined by the Arbitral Tribunal after consultation with the Parties at a later stage during the proceedings. 9. Cost Submissions When and in which form the Parties will file Cost Submissions will be determined by the Arbitral Tribunal after consultation with the Parties at a later stage during the proceedings. 10. Award The Arbitral Tribunal will endeavor to render an Award together with a decision on costs, on or before a date to be determined in accordance with the provisional timetable in § 1.1 above. 11. Translations 11.1 Legal texts (statutes, case law and scholarly writings) and other documents in a language other than the language of the proceedings shall 436
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be accompanied by a translation in the language of the proceedings at the cost of the submitting Party, without prejudice to the decision of the Arbitral Tribunal as to which Party shall ultimately bear those costs. For documents and legal texts, only the relevant parts have to be translated. 11.2 Informal translations of legal texts and documents shall suffice. Each translation shall be deemed to be correct unless a Party disputes its correctness. If the translation of legal texts or other documents is contested by the other Party, the contesting Party may provide its own translation. If the parties fail to agree on a joint translation, the issue shall be resolved by the Tribunal. 123 Anhang 2a: Muster Schriftliche Zeugenaussage1 Zeugenaussage von [Name] Ich, [Name], geboren am [Datum], wohnhaft in [Adresse], gebe die folgende Erklärung ab: Ich mache diese Zeugenaussage im Rahmen eines Schiedsverfahrens zwischen [Name] gegen [Name] (ICC Schiedsverfahren, Fall Nr. […]). I. Beruflicher Hintergrund 1. Meine im Rahmen dieser Stellungnahme gemachten Ausführungen gründen auf den Erkenntnissen, die ich in meiner Zeit als [Angestellter] der/von […] gewonnen habe. Insbesondere war ich [Beschreibung der gegenwärtigen und früheren Beziehungen zu der Partei]. 2. [Beschreibung des Lebenslaufs, der Qualifikationen, der Ausbildung und der Berufserfahrung, soweit für das Verfahren oder den Inhalt der Aussage relevant.] 3. Wie bereits aus meiner obigen Erklärung hervorgeht, war ich [Beschreibung der beruflichen Position], als die [streitgegenständlichen Verträge/ Vereinbarungen] [verhandelt] [abgeschlossen und unterschrieben] wurden. II. [Tatsachen, zu denen der Zeuge aussagt] 1. [Vollständige und detailgetreue Darstellung der Tatsachen, zu denen der Zeuge aussagt, sowie die Quelle der Informationen; vorzugsweise in chronologischer Reihenfolge oder nach Themen untergliedert; Urkunden, auf welche der Zeuge Bezug nimmt, sind beizufügen.] 1 Englische Version s. Rz. 124.
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Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 2. Die hierin geschilderten Tatsachen entsprechen nach meinem besten Wissen der Wahrheit. Ich bin grundsätzlich bereit, diese Aussage im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu bestätigen. [Ort, Datum] [Name/Unterschrift]
124 Anhang 2b: Muster Written Witness Statement1
Witness Statement of [name] I, [name], born on [date], resident at the following address, [address], testify as follows: I make this Witness Statement in an arbitration brought by [name] against [name] (ICC Arbitration, Arbitration Case No. […]). I. Professional background 1. The statements made by me in this Witness Statement are based on the knowledge gained during my time as an employee of […]. In particular, I was [description of present and past relationship with party]. 2. [description of background, qualifications, training and experience if relevant to the dispute or the contents of the statement] 3. As indicated from my statement above, I was [description of position] when [disputed agreement(s)] was (were) concluded and signed. II. [Facts the witness is testifying on] 1. [full and detailed description of the facts and source of the information; documents on which the witness relies are to be provided] 2. I have been assisted by counsel in the preparation of this Witness Statement. To the best of my knowledge, everything stated herein is true. This Witness Statement has been prepared in English as its original language.
1 Deutsche Version s. Rz. 123.
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I am generally prepared to give evidence in English at the evidentiary hearing and understand that a German/English translator will be available if needed. [place, date] [name/signature]
Anhang 3a: Muster Redfern Schedule (deutsch)1 REDFERN SCHEDULE Schiedsverfahren [Az.]: [Antragsgegnerin] ./. [Antragstellerin]
125
1 Englische Version s. Rz. 126.
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Spezifische Beschreibung der herauszugebenden Dokumente oder Dokumentenkategorien
[Beschreibung des Dokuments, sodass es identifiziert werden kann, oder ausreichend detaillierte Beschreibung einer engen und bestimmten Kategorie von Dokumenten, von deren Existenz vernünftigerweise ausgegangen werden kann; Beschreibungen, die beginnen mit „alle Protokolle/ Schreiben/etc.“ gelten regelmäßig als zu weit]
Nr.
1.
440
1. Wesentlichkeit: [Beschreibung, warum das Dokument wahrscheinlich eine Tatsache beweisen kann, aus der rechtliche Schlussfolgerungen gezogen werden können und warum es erforderlich ist, um eine vollständige Betrachtung der rechtlichen Fragen durch das Schiedsgericht zu ermöglichen] 2. Dokumentenbesitz: Die zur Herausgabe beantragten […] sind nicht im Besitz der [Antragstellerin]. [Ausführungen, dass die Dokumente nicht im Besitz der antragstellenden Partei sind oder Angabe der Gründe, warum es unverhältnismäßig für sie wäre, die Dokumente selbst vorzulegen] Die [Antragstellerin] weiß, dass die [Dokumente] im Besitz der [Antragsgegnerin] sind/es ist sehr wahrscheinlich, dass die [Dokumente]
Begründung der Aktenherausgabeanträge durch die [Antragstellerin] Die [Antragsgegnerin] beantragt, den „1. Herausgabeantrag“ der [Antragstellerin] aus folgenden Gründen abzuweisen: 1. Die [Antragsgegnerin] ist nicht im Besitz der beantragten Dokumente Die von der [Antragstellerinn] angeforderten Dokumente sind nicht identifizierbar, zumindest nicht für die [Antragsgegnerin]. Es bleibt unklar, um welche Dokumente es sich genau handelt. 2. Der 2. Herausgabeantrag ist zu breit und auf Ausforschung der [Antragsgegnerin] ausgerichtet Gemäß Art. 3 Abs. 3 Buchst. a der IBA-Regeln zur Beweisaufnahme muss der Antrag auf Vorlegung von Dokumenten Folgendes enthalten: (i) eine Beschreibung jedes vorzulegenden Dokuments, die dessen Identifizierung ermöglicht, oder (ii) eine ausreichend detaillierte Beschreibung (mit Inhaltsangabe) einer eng umschriebenen Kategorie von vorzulegenden Dokumenten, für deren Existenz hinreichende Anhaltspunkte bestehen. Soweit die [Antragstellerin] mit dem „1. Herausgabeantrag“ alle Unterlagen betreffend die […] erfassen will, genügt dieses Begehren den oben erwähnten Anforderungen an die Spezifizierung eines Antrages auf Vorlegung von Dokumenten nicht. Entgegen der Behauptung der [Antragstellerin] ist dieser Antrag zu allgemein formuliert und zu ausschweifend. Er ist ganz offensichtlich auf eine Ausforschung der [Antragsgegnerin] ausgerichtet und soll erst eine substantiierte Begründung des Standpunkts der [Antragstellerin] ermöglichen. Solche Begehren sind unzulässig. Es ist daher den Parteien nicht erlaubt, Dokumente herauszuverlangen, welche möglicherweise gar nicht existieren und erst eine Begründung der Klage (bzw. hier der Klageantwort) ermöglichen sollen. Das in den
Begründung von Einwänden durch die [Antragsgegnerin]
Entscheidung des Schiedsgerichts
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Spezifische Beschreibung der herauszugebenden Dokumente oder Dokumentenkategorien Begründung von Einwänden durch die [Antragsgegnerin]
IBA-Rules enthaltene Erfordernis der Bestimmtheit stimmt mit dem überein, was in den meisten Schiedsverfahren als „best practice“ angenommen wird. Das ICC Bulletin’s 2006 Special Supplement on Document Production in International Arbitration erklärt zum Beispiel (Hamilton, in: Document Production in International Arbitrations, ICC Bulletin 2006 Special Supplement, S. 71): “The document requests … are not intended … to be used by party to seek documents which may or may not exist, and also may or may not ultimately prove relevant, all in order to weave a claim. The purpose of such document requests, rather, is to obtain documents to prove specific factual allegations previously made by a party in its pleadings.” Die Anforderungen an die Spezifizierung der Herausgabebegehren werden in der Lehre weiter wie folgt beschrieben (vgl. Hanotiau, Document Production in International Arbitrations: A Tentative Definition of “Best Practices”, ICC Bulletin 2006 Special Supplement: Document Production in International Arbitration, S. 117): “[S]weeping requests asking for ‘all documents relating to’ or ‘all minutes of the board’ over a long period of time will not usually satisfy the criterion of specificity. The specificity requirement serves a number of purposes: it prevents ‘fishing expeditions’, helps to ensure the relevance of the documents sought, an saves a party from having to engage in a burdensome an costly exercise that a first blush does not appear indispensable.” Der Antrag der [Antragstellerin] stellen genau Anträge solcher Art dar und erfüllen das Erfordernis der Bestimmtheit nicht. Mit anderen Worten – der Antrag stellt eine unzulässige „fishing expedition“ dar und ist abzuweisen. 3. Die [Antragstellerin] legt nicht dar, inwieweit die Dokumente relevant für den Fall und wesentlich für seine Entscheidung sind Gemäß Art. 3 Abs. 3 Buchst. b der IBA-Regeln zur Beweisaufnahme in
Begründung der Aktenherausgabeanträge durch die [Antragstellerin]
im Besitz der [Antragsgegnerin] sind, da [Erläuterung, warum die Partei davon ausgeht, dass sich die Dokumente im Besitz, Gewahrsam oder Verfügungsmacht der gegnerischen Partei befinden]
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Nr.
Spezifische Beschreibung der herauszugebenden Dokumente oder Dokumentenkategorien
Begründung der Aktenherausgabeanträge durch die [Antragstellerin]
442 der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit vom 17. Dezember 2020 („IBA Regeln zur Beweisaufnahme“) ist die [Antragstellerin] verpflichtet darzulegen, in welcher Weise die Dokumente relevant für den Fall und wesentlich für seine Entscheidung sind. Die [Antragstellerin] ist dabei verpflichtet, detailliert aufzuzeigen, welche ihrer einzelnen Tatsachenbehauptungen sie mit welchen angeforderten Dokumenten zu beweisen beabsichtigt. Der Grundsatz, dass die beantragende Partei genau darlegen muss, für welche ihrer Tatsachenbehauptungen die angeforderten Dokumente relevant sind, wurde in der Literatur u.a. wie folgt beschrieben (vgl. Hanotiau, Document Production in International Arbitrations: A Tentative Definition of ‘Best Practices’, ICC Bulletin 2006 Special Supplement: Document Production in International Arbitration, S. 116): “[I]t is suggested that the parties link their requests to the factual allegations in the submissions they have filed or to factual allegations they intend making in their upcoming submissions. In other words, the requesting party should be invited to make clear with reasonable particularity what facts or allegation(s) each document or category of documents sought is intended to establish.” Der Grundsatz wurde weiterhin wie folgt kommentiert (Derains, Document Production in International Arbitration: Towards Greater Efficiency in Document Production before Arbitral Tribunals-A Continental Viewpoint, ICC Bulletin 2006 Special Supplement: Document Production in International Arbitration, S. 87): “Hence, a document production request that fails to clearly indicate the allegations the documents are supposed to prove and to explain that proof cannot be otherwise discharged should not be granted.”
Begründung von Einwänden durch die [Antragsgegnerin]
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Spezifische Beschreibung der herauszugebenden Dokumente oder Dokumentenkategorien
Begründung der Aktenherausgabeanträge durch die [Antragstellerin] Mit ihrem Vorlegungsantrag kommt die [Antragstellerin] der oben beschriebenen Pflicht nicht nach. Vielmehr versucht sie, ihren Herausgabeantrag mit der Behauptung zu begründen, die angeforderten Dokumente beträfen die angebliche […], also ein außerordentlich breites und äußerst vage beschriebenes Thema. Die [Antragstellerin] erklärt dabei nicht, inwieweit die angeforderten Dokumente für den Beweis welcher ihrer konkreten und entscheidungserheblichen Behauptungen im Zusammenhang mit diesem Thema relevant sind. Deshalb fehlt auch eine Art. 3 Abs. 3 Buchst. b der IBA-Regeln zur Beweisaufnahme genügende Darlegung, wieso die angeforderten Dokumente für die Entscheidung des Rechtsstreits wesentlich sind. Die äußerst vage gehaltenen Ausführungen der [Antragstellerin] unterstreichen, dass die Antragstellerin nach Informationen „fischt“, was von vorneherein nicht zulässig ist. Als Folge der Nichterfüllung der Pflicht, aufzuzeigen, welche der Tatsachenbehauptungen genau mit den angeforderten Dokumenten bewiesen werden sollen, wird in der Lehre Folgendes postuliert (Derains, Document Production in International Arbitration: Towards Greater Efficiency in Document Production before Arbitral TribunalsA Continental Viewpoint, ICC Bulletin 2006 Special Supplement: Document Production in International Arbitration, S. 87): “Hence, a document production request that fails to clearly indicate the allegations the documents are supposed to prove and to explain that proof cannot be otherwise discharged should not be granted.” Da die [Antragstellerin] den Herausgabeantrag nicht auf ihre konkret bezeichneten Tatsachenbehauptungen bezogen hat, ist der Herausgabeantrag abzuweisen.
Begründung von Einwänden durch die [Antragsgegnerin]
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Nr.
Spezifische Beschreibung der herauszugebenden Dokumente oder Dokumentenkategorien
Begründung der Aktenherausgabeanträge durch die [Antragstellerin]
444 4. Die zur Herausgabe beantragten Dokumente sind weder relevant für den Fall noch wesentlich für seine Entscheidung [Ausführungen, warum die angeforderten Dokumente weder relevant noch wesentlich sind] 5. Die angeforderten Dokumente sind durch rechtliche Hindernisse und Verweigerungsrechte geschützt Gemäß Art. 9 Abs. 2 Buchst. b der IBA-Regeln zur Beweisaufnahme hat das Schiedsgericht beim Vorhandensein rechtlicher Hindernisse oder Verweigerungsrechte („privileges“), die sich aus den Rechtsnormen oder berufsrechtlichen und standesrechtlichen Regeln ergeben, Dokumente als Beweismittel auszuschließen. [Ausführungen, warum die Dokumente aufgrund rechtlicher Hindernisse (z.B. Datenschutzrecht) oder Privilegien (z.B. Anwaltsgeheimnis, settlement privilege) geschützt sind)] 6. Der Grundsatz des fairen Verfahrens und der Gleichbehandlung verbietet die Herausgabe der Dokumente Gemäß Art. 9 Abs. 2 Buchst. g der IBA-Regeln zur Beweisaufnahme hat das Schiedsgericht Dokumente als Beweismittel auszuschließen, wenn durch deren Herausgabe die Grundsätze des fairen Verfahrens oder der Gleichbehandlung der Parteien verletzt wären. [Ausführungen, warum der Antrag dem Grundsatz eines fairen Verfahrens und der Gleichbehandlung der Parteien widerspricht] 7. Die Herausgabe hätte einen unverhältnismäßigen Aufwand zur Folge Der [Antragsgegnerin] ist es zu diesem Zeitpunkt noch nicht gelungen, die angeforderten Dokumente überhaupt (vollständig) zu identifizieren. Es ist der [Antragsgegnerin] nicht zumutbar, auf Geratewohl nach Dokumenten zu suchen, die nicht spezifiziert sind. Jeder in diesem
Begründung von Einwänden durch die [Antragsgegnerin]
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Nr.
Spezifische Beschreibung der herauszugebenden Dokumente oder Dokumentenkategorien
Begründung der Aktenherausgabeanträge durch die [Antragstellerin] Zusammenhang betriebene Aufwand wäre unverhältnismäßig, zumal die [Antragstellerin] nicht darlegt, welche Beweiskraft den angeforderten Dokumenten für den vorliegenden Streitfall überhaupt zukommen soll. Der Grundsatz, dass ein Antrag auf Dokumentenvorlage keine unverhältnismäßige Belastung darstellen darf, wurde wie folgt zum Ausdruck gebracht (Hamilton, Document Production in ICC Arbitration, ICC Bulletin 2006 Special Supplement: Document Production in International Arbitration, S. 73): “Production of the documents should not impose an undue burden on the party required to produce them. […] The efforts required of the producing party in assembling necessary documents should therefore be proportionate to the evidentiary value of the documents” Da ein Beweiswert der verlangten Dokumente aus dem Herausgabeantrag nicht zu erkennen ist, ist er gemäß Art. 9 Abs. 2 Buchst. c der IBA-Regeln zur Beweisaufnahme abzuweisen. 8. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verbietet die Herausgabe der beantragten Dokumente Gemäß Art. 9 Abs. 2 Buchst. g der IBA-Regeln zur Beweisaufnahme hat das Schiedsgericht Dokumente als Beweismittel auszuschließen, wenn durch deren Edition der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt wäre. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist das Interesse der ersuchenden Partei unter anderem gegen das Interesse der Gegenpartei daran, dass die angeforderten Dokumente nicht ediert werden, abzuwägen. Wie oben dargelegt, wäre die [Antragsgegnerin] unverhältnismäßig belastet, wenn sie die angeforderten Dokumente herausgeben müsste. Es ist zudem davon auszugehen, dass viele der angeforderten Dokumente im vorliegenden Verfahren von vornherein keinerlei Beweiskraft haben können. Bei anderen Dokumenten wiederum ist es
Begründung von Einwänden durch die [Antragsgegnerin]
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| 445
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2.
Nr.
Spezifische Beschreibung der herauszugebenden Dokumente oder Dokumentenkategorien
Begründung der Aktenherausgabeanträge durch die [Antragstellerin] es nicht möglich zu entscheiden, ob sie Beweiskraft haben, weil die Antragstellerin nicht darlegt, inwieweit diese Dokumente relevant für den Fall und wesentlich für seine Entscheidung sind. Im Ergebnis ist damit die Waagschale der [Antragstellerin] leer und eine Anordnung der Herausgabe der angeforderten Dokumente würde dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zuwiderlaufen. Auch wenn die [Antragstellerin] darlegen würde – was sie nicht tut –, inwieweit die angeforderten Dokumente relevant für den Fall und wesentlich für seine Entscheidung sind, liefe die Anordnung der Herausgabe der angeforderten Dokumente dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zuwider, weil der Herausgabeantrag zu breit ist.
Begründung von Einwänden durch die [Antragsgegnerin]
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Anhang 3b: Muster Redfern Schedule (englisch)1 REDFERN SCHEDULE Arbitration [file no.]: [Claimant] ./. [Respondent]
126
1 Deutsche Version s. Rz. 125.
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448
1.
[description of document sufficient to identify it or description in sufficient detail of a narrow and specific requested category of documents that are reasonably believed to exist; descriptions starting with “all minutes of meetings/letters/etc.” are generally considered too broad]
No. Documents or categories of documents requested
1. Relevance to the case and materiality to its outcome: [description why the document is likely to prove a fact from which legal conclusions are drawn and why it is needed to allow complete consideration of the legal issues presented to the tribunal] 2. Possession of Documents: The requested [description of documents] are not in the possession of [requesting party]. [statement that the documents are not in the custody or control of the requesting party or statement of the reasons why it would be unreasonably burdensome for the requesting party to produce the documents] The [requesting party] knows that the [description of documents] are in the possession of [counterparty]/it is highly likely
[Counter party] objects to [requesting party]’s request for the production of these documents on the grounds set out below. 1. [counter party] is not in possession of the requested documents The documents requested by the [requesting party] are not identifiable, at least not for the [counter party]. It remains unclear which documents are referred to. 2. [requesting party] has failed to provide narrow and specified requests Under Article 3.3(a)(i) and (ii) of the IBA Rules, a request for the production of documents shall contain a description of each requested document sufficient to identify it, or a description in sufficient detail of a narrow and specific category of documents that are reasonably believed to exist. With respect to the [categories of documents] requested, [requesting party]’s request is so excessive and broad that it fails to comply with these requirements. Contrary to [requesting party’s] allegations, the request is formulated too generally and too broad. It is obviously aimed at a fishing expedition and is meant to enable a substantiated reasoning of [requesting party’s] arguments. Such requests are inadmissible. It is thus not allowed to request documents that possibly do not exist and are to enable the reasoning of a submission. The requirement of specificity set out in the IBA Rules accords with what is accepted as best practice in most arbitrations. The ICC Bulletin’s 2006 Special Supplement on Document Production in International Arbitration, for example, explains as follows (Hamilton, in: Document Production in International Arbitrations, ICC Bulletin 2006 Special Supplement, p. 71): “The document requests … are not intended … to be used by party to seek documents which may or may not exist, and also may or may not
[counter party]’s objections to the request [requesting party]’s reasoning and justification for the requests
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No. Documents or categories of documents requested
that the [description of documents] are in the possession of [counterparty] because [statement of the reasons why the requesting party assumes the documents are in the possession, custody or control of another party]
ultimately prove relevant, all in order to weave a claim. The purpose of such document requests, rather, is to obtain documents to prove specific factual allegations previously made by a party in its pleadings.” The requirements for specification are further described as follows (Hanotiau, Document Production in International Arbitrations: A Tentative Definition of ‘Best Practices’, ICC Bulletin 2006 Special Supplement: Document Production in International Arbitration, p. 117): “[S]weeping requests asking for ‘all documents relating to’ or ‘all minutes of the board’ over a long period of time will not usually satisfy the criterion of specificity. The specificity requirement serves a number of purposes: it prevents ‘fishing expeditions’, helps to ensure the relevance of the documents sought, and saves a party from having to engage in a burdensome and costly exercise that at first blush does not appear indispensable.” [requesting party]’s requests are precisely of the kind that do not satisfy the criterion of specificity. In other words, the request is a “fishing expedition” and should be denied. 3. [requesting party] has failed to provide statements as to how the requested documents are relevant to the case and material to its outcome Pursuant to [Article 3.3(b) of the 2020 IBA Rules on the Taking of Evidence in International Commercial Arbitration (the “IBA Rules”)], [requesting party] is obliged to explain in which way it considers each of the requested documents or categories of documents to be relevant to the case and material to its outcome. [requesting party] is thus required to state which of its specific factual allegations it intends to prove with the requested document.The principle that the requesting party must describe to which of its factual allegations the requested documents are relevant has, for example, been
[counter party]’s objections to the request [requesting party]’s reasoning and justification for the requests
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No. Documents or categories of documents requested
450 described as follows (Hanotiau, Document Production in International Arbitrations: A Tentative Definition of ‘Best Practices’, ICC Bulletin 2006 Special Supplement: Document Production in International Arbitration, p. 116): “[I]t is suggested that the parties link their requests to the factual allegations in the submissions they have filed or to factual allegations they intend making in their upcoming submissions. In other words, the requesting party should be invited to make clear with reasonable particularity what facts or allegation(s) each document or category of documents sought is intended to establish.” The principle has also been commented on as follows (Derains, Document Production in International Arbitration: Towards Greater Efficiency in Document Production before Arbitral Tribunals-A Continental Viewpoint, ICC Bulletin 2006 Special Supplement: Document Production in International Arbitration, p 87): “Hence, a document production request that fails to clearly indicate the allegations the documents are supposed to prove and to explain that proof cannot be otherwise discharged should not be granted.” [requesting party] fails to meet the above described requirements. Instead, [requesting party] seeks to justify its requests by arguing that the requested documents relate to a [broad and extremely vague] issue [to be adapted to request] but without explaining, as it must, (i) the precise evidentiary relevance it believes the documents will have in proving [requesting party]’s allegations with respect to such issue and (ii) the precise materiality of that issue to the outcome of the case. The consequence of not meeting the obligation to show which of the allegations are meant to be proven with the requested documents are described as follows (Derains, Document Production in International Arbitration: Towards Greater Efficiency in Document Production
[counter party]’s objections to the request [requesting party]’s reasoning and justification for the requests
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| Haller/Strack
No. Documents or categories of documents requested
before Arbitral Tribunals-A Continental Viewpoint, ICC Bulletin 2006 Special Supplement: Document Production in International Arbitration, p. 87): “Hence, a document production request that fails to clearly indicate the allegations the documents are supposed to prove and to explain that proof cannot be otherwise discharged should not be granted.” As the [requesting party] has failed to relate each individual request to its own substantive allegations, the request must be dismissed. 4. [requesting party] has requested documents that are not relevant to the case or material to its outcome [statements why requested documents are neither relevant nor material] 5. [requesting party] has requested documents protected by [legal impediment] [privilege] Under Article 9.2(b) of the IBA Rules, an arbitral tribunal shall exclude from production any document in relation to which there is legal impediment or privilege under the applicable legal or ethical rules.[statement why documents are protected by legal impediment (e.g. data protection law) or privilege (e.g. attorney-client privilege, settlement privilege)] 6. [requesting party]’s request should be denied due to considerations of fairness and equality of the parties Under Article 9.2(g) of the IBA Rules, considerations of fairness or equality of the parties is a ground for denying a request for production of documents.[statement why production of the requested documents would be unfair or violate the principle of equality of the parties] 7. The production of the requested documents would place an unreasonable burden on [counter party] [counter party] has not at this stage been able to fully investigate to what extent the requested documents exist and, if so, whether they
[counter party]’s objections to the request [requesting party]’s reasoning and justification for the requests
Decision by the Arbitral Tribunal
Ermittlung des Sachverhalts | Art. 25 ICC-SchO
Haller/Strack
| 451
No. Documents or categories of documents requested
452 would be possible and appropriate to produce. Given the broad scope and lack of specificity of [requesting party]’s request, such an exercise would likely take months and would indeed be unduly burdensome. Even in the event that the documents would have some evidentiary value, [requesting party]’s request would clearly place an unreasonable burden on [counter party] as the producing party. In the current situation, however, where [requesting party] has failed to explain what evidentiary value (if any) the requested documents may have, a search for the production of the requested documents would be particularly burdensome. The principle that a request for production of documents must not be unduly burdensome has, for example, been expressed as follows (Hamilton, Document Production in ICC Arbitration, ICC Bulletin 2006 Special Supplement: Document Production in International Arbitration, p. 73): “Production of the documents should not impose an undue burden on the party required to produce them. […] The efforts required of the producing party in assembling necessary documents should therefore be proportionate to the evidentiary value of the documents.” As the request does not specify any evidentiary value of the requested documents, it should be denied for this reason pursuant to Article 9.2 (c) of the IBA Rules. 8. [requesting party]’s request should be denied for reasons of proportionality Under the IBA Rules, Article 9.2(g), considerations of proportionality may be relevant to deny a request for production of documents. Pursuant to the principle of proportionality, the requesting party’s interest to obtain the documents should amongst other things be balanced against the other party’s legitimate interest in not having to
[counter party]’s objections to the request [requesting party]’s reasoning and justification for the requests
Decision by the Arbitral Tribunal
Art. 25 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht
| Haller/Strack
No. Documents or categories of documents requested
produce them. As described above, it is obvious that [counter party] would be under a significant burden if it were to produce the documents requested by [requesting party]. At the same time, many of the requested documents simply cannot have any value whatsoever as evidence. For the rest of the documents, it is not possible to establish the evidentiary value (if any) simply because [requesting party] has failed to state how the documents requested are relevant to the case and material to its outcome. As a result, [requesting party]’s corresponding scale pan is essentially empty and any proportionality assessment can only fall out to the benefit of [counter party]. Further, even in the event that [requesting party] would have provided statements as to how the documents requested would be relevant to the case and material to its outcome, the requests for production of documents are so broad that many of them would still be disproportionately burdensome to comply with.
[counter party]’s objections to the request [requesting party]’s reasoning and justification for the requests
Decision by the Arbitral Tribunal
Ermittlung des Sachverhalts | Art. 25 ICC-SchO
Haller/Strack
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Art. 26 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht
Artikel 26 Mündliche Verhandlungen (1) Eine mündliche Verhandlung findet auf Antrag einer Partei statt. Falls keine Partei einen solchen Antrag stellt, kann das Schiedsgericht aus eigenem Antrieb entscheiden, eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Findet eine mündliche Verhandlung statt, so fordert das Schiedsgericht die Parteien rechtzeitig auf, an dem von ihm festgesetzten Tag und Ort zu erscheinen. Das Schiedsgericht kann nach Anhörung der Parteien und unter Berücksichtigung des Sachverhalts und der relevanten Umstände entscheiden, dass die mündliche Verhandlung im Wege der persönlichen Anwesenheit oder ortsunabhängig per Video oder Telefonkonferenz oder mit sonstigen angemessenen Kommunikationsmitteln durchgeführt wird. (2) Bleibt eine Partei trotz ordnungsgemäßer Ladung ohne ausreichende Entschuldigung aus, so ist das Schiedsgericht befugt, die mündliche Verhandlung durchzuführen. (3) Das Schiedsgericht bestimmt den Ablauf der mündlichen Verhandlung, in der alle Parteien anwesend sein dürfen. Ohne Zustimmung des Schiedsgerichts und der Parteien sind an dem Verfahren nicht Beteiligte nicht zuzulassen. (4) Die Parteien können persönlich erscheinen oder sich durch ordnungsgemäß bevollmächtigte Beauftragte vertreten lassen. Zusätzlich können sie von Beratern begleitet sein. Article 26: Hearings (1) A hearing shall be held if any of the parties so requests or, failing such a request, if the arbitral tribunal on its own motion decides to hear the parties. When a hearing is to be held, the arbitral tribunal, giving reasonable notice, shall summon the parties to appear before it on the day and at the place fixed by it. The arbitral tribunal may decide, after consulting the parties, and on the basis of the relevant facts and circumstances of the case, that any hearing will be conducted by physical attendance or remotely by videoconference, telephone or other appropriate means of communication. (2) If any of the parties, although duly summoned, fails to appear without valid excuse, the arbitral tribunal shall have the power to proceed with the hearing. (3) The arbitral tribunal shall be in full charge of the hearings, at which all the parties shall be entitled to be present. Save with the approval of the arbitral tribunal and the parties, persons not involved in the proceedings shall not be admitted. (4) The parties may appear in person or through duly authorized representatives. In addition, they may be assisted by advisers. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1–2 Die Vorschriften regeln, wann und wo eine mündliche Verhandlung stattfinden muss. → Rz. 12 ff. Zugleich adressieren sie den Fall, dass eine ordnungsgemäß geladene Partei der mündlichen Verhandlung fernbleibt. In diesem Fall darf das Schiedsgericht die Verhandlung dennoch durchführen. → Rz. 48 ff. Abs. 3–4 Die Vorschriften regeln den Ablauf der mündlichen Verhandlung. Danach hat das Schiedsgericht großes Ermessen, wie es die mündliche Verhandlung gestaltet. Die Vorschriften stellen zudem klar, dass (nur) die Parteien, ihre Bevollmächtigten sowie ihre Berater in der mündlichen Verhandlung anwesend sein dürfen. → Rz. 17 ff. und Rz. 51 ff.
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| Haller/Strack
Mündliche Verhandlungen | Art. 26 ICC-SchO Kostenaspekte: Für die mündliche Verhandlung fallen Kosten an, insb. für die Räumlichkeiten und die „Court Reporter“ sowie ggf. für Übersetzer. Zudem fallen Reisekosten für Schiedsrichter und die Parteien selbst an. Hier gilt der Grundsatz, dass zunächst jede Partei die eigenen Kosten trägt, z.B. Kosten für Zeugen, Sachverständige, Reisekosten. Die sonstigen Kosten tragen die Parteien anteilig; mit Ausnahme der Auslagen des Schiedsgerichts sind die sonstigen Kosten regelmäßig nicht bereits im vom Sekretariat vereinnahmten Kostenvorschuss enthalten. Im Schiedsspruch wird das Schiedsgericht die endgültige Kostenverteilung festlegen. → Rz. 59 f. A. I. II. III.
Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Änderungshistorie . . . . . . . . . . Verhältnis zu §§ 1047 Abs. 2, 1048 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Durchführung einer mündlichen Verhandlung (Abs. 1) . . . C. Ablauf der mündlichen Verhandlung (Abs. 3) . . . . . . . . . . I. Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . . II. Strukturierung der mündlichen Verhandlung . . . . . . . . . . . . . .
__ _ _ _ _ __ _ 1 1 3 5 7
12 17 17
III. Eröffnungsplädoyer („Opening Statement“) . . . . . . . . . . . . . . IV. Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Sachverständige . . . . . . . . . . . VI. „Closing Statements“ und „Post-Hearing Briefs“ . . . . . . .
. . . .
D. Säumnis einer Partei (Abs. 2) . E. Nichtöffentlichkeit der Verhandlung (Abs. 3, 4) . . . . . F. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
__ _ __ __ _ 29 32 42 46 48 51 59 61
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A. Allgemeines I. Normzweck Die Norm legt lediglich wenige allgemeine Prinzipien für die Durchführung 1 einer mündlichen Verhandlung fest. Die ICC-SchO regelt nicht jedes Detail einer mündlichen Verhandlung, sondern will dem Schiedsgericht größtmöglichen Spielraum erhalten. Die ICC-SchO schreibt noch nicht einmal vor, dass eine mündliche Verhandlung zwingend stattfinden muss und stellt nunmehr auch klar, dass auf Anordnung des Schiedsgerichts auch eine rein virtuelle Verhandlung stattfinden kann (vgl. Art. 25 Rz. 5). Die mündliche Verhandlung stellt in nationalen wie internationalen Schiedsverfah- 2 ren die Regel dar, so dass das „Ob“ einer mündlichen Verhandlung i.d.R. zwischen Schiedsgericht und den Parteien gar nicht diskutiert wird (Risse, in Böckstiegel/ Kröll/Nacimiento, § 28 Rz. 2; Blackaby/Partasides/Redfern/Hunter, Rz. 6.155 ff.). So findet in der weit überwiegenden Zahl aller Schiedsverfahren nach ein oder zwei Schriftsatzrunden jedenfalls eine mündliche Verhandlung statt. Ein Schiedsverfahren lässt sich nämlich nur effizient durchführen, wenn die Verfahrensordnung schriftliche und mündliche Verfahrensschritte miteinander kombiniert und so die Vorteile beider Komponenten nutzt. Die mündlichen Verfahrensschritte beruhen Haller/Strack
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Art. 26 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht auf der Überlegung, dass sich im Gespräch vieles besser und schneller klären lässt als in einem rein schriftlichen Verfahren. Insbesondere kann das Schiedsgericht Unklarheiten unmittelbar adressieren und aufklären. Dies funktioniert indes nur, wenn die Parteien den Streitgegenstand für die mündliche Verhandlung in Schriftsätzen aufbereitet haben und wenn die Beteiligten sich dementsprechend auf die mündliche Verhandlung vorbereiten konnten.
II. Änderungshistorie 3 Mit der ICC-SchO 2021 wurde Art. 26 Abs. 1 überarbeitet. Einerseits findet sich
in dieser Bestimmung nun die zuvor in Art. 25 Abs. 2 a.F. enthaltene Regelung, dass eine mündliche Verhandlung auf Antrag einer Partei stattfindet oder, falls keine Partei einen solchen Antrag stellt, dass eine mündliche Verhandlung auch auf Initiative des Schiedsgerichts abgehalten werden kann. Dies entspricht auch der Regelung des Art. 25 Abs. 5, wonach das Schiedsgericht den Fall allein aufgrund der Aktenlage entscheiden kann, es sei denn, eine Partei beantragt eine mündliche Verhandlung. Aus dieser Änderung des Art. 26 Abs. 1 ist somit keine Neuerung gegenüber den früheren Fassungen der ICC-SchO verbunden.
4 Andererseits stellt Art. 26 Abs. 1 nun klar, dass das Schiedsgericht nach Anhö-
rung der Parteien und unter Berücksichtigung des Sachverhalts und der relevanten Umstände entscheiden kann, dass die mündliche Verhandlung im Wege der persönlichen Anwesenheit oder ortsunabhängig per Video oder Telefonkonferenz oder mit sonstigen angemessenen Kommunikationsmitteln durchgeführt wird (s. Rz. 1). Damit wurde die zuvor bestehende Unsicherheit beseitigt, ob ein Schiedsgericht auch dann die Durchführung einer „virtuellen“ Verhandlung anordnen durfte, wenn eine Partei die Durchführung einer „physischen“ mündlichen Verhandlung beantragte (s. dazu Art. 25 Rz. 3 ff.).
III. Verhältnis zu §§ 1047 Abs. 2, 1048 ZPO 5 Art. 26 Abs. 1 deckt sich mit § 1047 Abs. 2 ZPO, der ebenfalls das Schiedsgericht
verpflichtet, die Parteien über den Termin der mündlichen Verhandlung bzw. einer Beweisaufnahme in Kenntnis zu setzen.
6 Die Regelung des Art. 26 Abs. 2 findet ihre Entsprechung in § 1048 ZPO, wel-
cher dem Schiedsgericht ebenfalls die Befugnis einräumt, auch in Abwesenheit einer der Parteien die mündliche Verhandlung durchzuführen, ohne dass die Behauptungen der anwesenden Partei als zugestanden gelten.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 7 Während im Schiedsverfahren eine mündliche Verhandlung nicht unbedingt
stattfinden muss, ist eine solche im staatlichen Gerichtsverfahren i.d.R. zwin456
| Haller/Strack
Mündliche Verhandlungen | Art. 26 ICC-SchO
gend. Wird (wie fast immer) im Schiedsverfahren mündlich verhandelt, findet meist nur eine, umfassende mündliche Verhandlung statt, in der alle Themen – ggf. über mehrere Tage – abgearbeitet werden. Die ZPO legt den Ort der mündlichen Verhandlung eindeutig fest. Er richtet 8 sich nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (§ 12 ff. ZPO). I.d.R. hält das örtlich zuständige Gericht die mündliche Verhandlung in „seinem“ Gerichtsgebäude ab. Allerdings kann das Gericht auch außerhalb des Gerichtsgebäudes mündlich verhandeln. Dies kommt insb. dann in Betracht, wenn das Gericht vor Ort Beweis erhebt, z.B. durch Inaugenscheinnahme eines Grundstücks. Schiedsgerichte unterliegen keinen solchen Einschränkungen. Anders als in §§ 330 ff. ZPO ergeben sich im schiedsgerichtlichen Verfahren aus 9 der Säumnis nicht zwangsläufig negative Konsequenzen für die ausbleibende Partei. Insbesondere ist ein Versäumnisurteil in der ICC-Schiedsordnung nicht möglich. Staatliche Verfahren sind gemäß § 169 GVG, anders als Schiedsverfahren, grds. 10 für die Öffentlichkeit zugänglich. Mit Ausnahme der Verfahren vor den Amtsgerichten müssen sich die Parteien 11 im staatlichen Verfahren vor Gericht durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen (§ 78 ZPO). Im Schiedsverfahren gibt es keinen solchen Anwaltszwang. Es ist daher zulässig, dass z.B. ein Unternehmensvertreter das Schiedsverfahren ohne externen Rechtsanwalt führt. In der Praxis kommt dies aber nur selten vor.
B. Durchführung einer mündlichen Verhandlung (Abs. 1) Literatur: Blessing, The Arbitral Process. Part III: The Procedure before the Arbitral Tribunal, ICC Court Bulletin, Vol. 3 No. 2 (1992), S. 18 ff. (Chapter C); Born/Day/Virjee, Remote Hearings (2020 Survey): A Spectrum of Preferences, Journal of International Arbitration, Vol. 38 Issue 3 (2021), S. 291 ff.; Bühler, Die 2021 ICC-Schiedsgerichtsordnung: Zwischen Beständigkeit und Wandel, SchiedsVZ 2021, 230; Gielen/Wahnschaffe, Die virtuelle Verhandlung im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2020, 257 ff.; ICC Arbitration Commission, Report on Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration, 21.11.2012, Document Number: 861 E; Meier, Pre-hearing Conferences as a Means of Improving the Effectiveness of Arbitration, SchiedsVZ 2009, 152 ff.; Rees, Is It Time for Users to Take More Risks in Arbitration?, SchiedsVZ 2016, 57 ff.; Nettlau/O’Dell/Hackstein, An Examination of the 2020 Revision of the IBA Rules of Evidence, SchiedsVZ 2021, 315 ff.; Scherer, Remote Hearings in International Arbitration: An Analytical Framework, Journal of International Arbitration, Vol. 37 Issue 4 (2020), S. 407 ff.; Wiebecke, The Procedure leading up to the Hearing: Memorials and written statements of witnesses and experts – Summary of the typical elements and procedural steps prior to the hearing under civil law practice, SchiedsVZ 2011, 123 ff.
Organisation durch das Schiedsgericht. Das Schiedsgericht, nicht die Parteien, 12 legt die Zeit und den Ort für die mündliche Verhandlung fest. Jedoch hat das Schiedsgericht den Termin für die mündliche Verhandlung „rechtzeitig“ den Haller/Strack
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Art. 26 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Parteien mitzuteilen, so dass diesen ausreichend Gelegenheit bleibt, sich auf die Verhandlung einzustellen. Art. 26 Abs. 1 stellt allerdings keine Frist auf, die das Schiedsgericht bei der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung einzuhalten hat. Insofern kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an, welche Anforderungen an das Kriterium der Rechtzeitigkeit zu stellen sind. Regelmäßig wird die zu gewährende Frist bei komplizierten Fällen und weiten Entfernungen des Schiedsortes zu den Parteien länger sein müssen als bei einfach gelagerten Fällen, bei denen die Parteien ihren Sitz in der Nähe des Schiedsortes führen. In jedem Fall müssen die Parteien genügend Zeit haben, um sich auf die mündliche Verhandlung angemessen vorbereiten zu können. 13 In der Praxis wird das Schiedsgericht versuchen, den Termin im Einvernehmen
mit den Parteien festzulegen. Erfahrene Schiedsrichter stimmen möglichst frühzeitig mit den Parteien den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ab, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten (Parteien, Zeugen, Schiedsrichter) verfügbar sind. Nur wenn eine der Parteien das Verfahren zu verzögern versucht oder wenn sich die Parteien nicht auf einen Termin einigen können, wird das Schiedsgericht auch gegen den Willen einer Partei einen Termin festlegen, denn es muss auch seine Verpflichtung beachten, das Verfahren zügig und effizient zu führen (Art. 22; Fry/Greenberg/Mazza, Rz. 3-990). Dennoch dauert die mündliche Verhandlung im Schiedsverfahren häufig deutlich länger als im staatlichen Prozess. Die mündliche Verhandlung findet i.d.R. geblockt statt und nicht über mehrere verschiedenen Termine verstreut. Es kommt durchaus vor, dass für eine mündliche Verhandlung mit Beweisaufnahme mehrere Tage benötigt werden.
14 Das Schiedsgericht darf grds. den Ort für die mündliche Verhandlung frei wäh-
len (Art. 18 Abs. 2, 3). Die Befugnis des Schiedsgerichts, den Ort der mündlichen Verhandlung frei zu wählen, wird durch Art. 18 allerdings eingeschränkt. Die Parteien als Herren des Verfahrens haben das Recht, den Ort für die mündliche Verhandlung selbst zu bestimmen. Haben die Parteien keine Regelung getroffen, kann das Schiedsgericht jeden „ihm geeignet erscheinenden Ort“ nach Anhörung der Parteien als Ort bestimmen, an dem die mündliche Verhandlung stattfindet. In der Praxis einigen sich die Verfahrensbeteiligten meist auf einen Ort, der für alle Beteiligten am praktischsten ist. Dabei spielen Überlegungen zu den Reisewegen, der Infrastruktur am Verhandlungsort u.Ä. eine Rolle. Häufig findet die mündliche Verhandlung in einem Hotel oder Konferenzzentrum statt. Deutlich günstiger ist es, wenn eine der beteiligten Anwaltskanzleien (häufig die des vorsitzenden Schiedsrichters) entsprechende Räume zur Verfügung stellen kann. Die ICC stellt in Paris mit dem ICC Hearing Centre ebenfalls sehr gut ausgestattete Räumlichkeiten zur Verfügung.
15 Es ist auch grds. zulässig, dass eine mündliche Verhandlung ganz oder teilweise
(„hybrid“) per Video- oder Telefonkonferenz oder mit sonstigen angemessenen Kommunikationsmitteln geführt wird. Die ICC-SchO lässt solche sog. virtuellen mündlichen Verhandlungen nunmehr ausdrücklich zu. Das Schiedsgericht kann eine solche sogar einseitig anordnen. Ein Verzicht auf eine physische mündliche Verhandlung kann etwa dann sinnvoll sein, wenn in der Verhandlung nur 458
| Haller/Strack
Mündliche Verhandlungen | Art. 26 ICC-SchO
zur Rechtslage vorgetragen und keine Beweise aufgenommen werden sollen oder wenn der Aufwand für eine mündliche Verhandlung in keiner Relation mehr zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung stünde (ausführlich zur Durchführung mündlicher Verhandlungen per Videokonferenz Gielen/Wahnschaffe, SchiedsVZ 2020, 257; s. Bühler, SchiedsVZ 2021, 230, 233 f.). Zwar muss das Schiedsgericht i.d.R. die mündliche Verhandlung nicht am Schied- 16 sort führen (vgl. Art. 18 Abs. 1). Können sich die Parteien jedoch nicht auf einen Ort für die mündliche Verhandlung einigen, muss das Schiedsgericht den Verhandlungsort einseitig festlegen. Meist läuft dies dann auf den Ort des Schiedsverfahrens hinaus, zwingend ist dies jedoch keinesfalls (Art. 18 Rz. 16). Zu prüfen ist stets, ob nach den anwendbaren staatlichen Vorschriften zu Schiedsverfahren zumindest eine mündliche Verhandlung am Sitz des Schiedsgerichts durchgeführt werden muss.
C. Ablauf der mündlichen Verhandlung (Abs. 3) Literatur: Wie vor Rz. 10, zusätzlich: ICC Commission on Arbitration and ADR, Report on Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration, 2012; Schlosser, Befugnisse und Pflichten des Schiedsgerichtsobmanns, SchiedsVZ 2003, 1 ff.; Schlosser, Verfahrensrechtliche und berufsrechtliche Zulässigkeit der Zeugenvorbereitung, SchiedsVZ 2004, 225 ff.; Schürmann, Plädieren durch die Hintertür – Pleading through the back door, ASA Bulletin, Vol. 24 Issue 3 (2006), S. 433 ff.; Stumpe, Participation of Amici Curiae in Investment Treaty Arbitration, SchiedsVZ 2008, 125 ff.; Stürner, Das Protokoll im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2018, 299 ff.; von Bernuth/Reischl, Sequestration of Witnesses – Zur Anwesenheit von Zeugen während der Schiedsverhandlung, SchiedsVZ 2017, 20 ff.
I. Vorbereitung Organisatorisches. Dem Vorsitzenden kommt die Aufgabe zu, die mündliche 17 Verhandlung in organisatorischer Hinsicht vorzubereiten. Er muss sich um die Bereitstellung von Räumlichkeiten für die Verhandlung kümmern (einschließlich der sog. „break-out rooms“ für die Parteien, in welche diese sich zur Beratung zurückziehen können). Der Vorsitzende organisiert zudem, wenn die Parteien dies wünschen, einen Protokollführer (Court Reporter). In der Praxis delegiert das Schiedsgericht dies i.d.R. an die Parteien. Insbesondere durch einen Court Reporter können erhebliche Kosten entstehen, 18 die vom Kostenvorschuss, den die ICC vereinnahmt hat, grds. nicht abgedeckt sind. In Schiedsverfahren mit einem kleineren Streitwert kann es sich daher empfehlen, auf die Hinzuziehung eines Court Reporters zu verzichten. Als Alternative zum Court Reporter kommt der Einsatz eines Aufnahmegeräts durch das Schiedsgericht oder der völlige Verzicht auf ein Wortprotokoll und stattdessen eine Protokollierung wesentlicher Erklärungen und Vorgänge in Anlehnung an §§ 159 ff. ZPO in Betracht. Üblicherweise sind die Parteien hingegen selbst Haller/Strack
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Art. 26 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht dafür verantwortlich, für Übersetzer zu sorgen, wenn die Parteien oder ihre Zeugen bzw. Sachverständigen die Verfahrenssprache nicht sprechen. Das Schiedsgericht sollte auch möglichst frühzeitig die geplante Tagesordnung für die mündliche Verhandlung festlegen. Die Parteien und Zeugen sollten möglichst früh den Ablauf der Verhandlung kennen, um sich entsprechend vorbereiten zu können. – Bei der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung kann sich der Vorsitzende der Dienste eines ggf. bestellten Sekretärs des Schiedsgerichts bedienen (dazu Vor Art. 11 Rz. 11 ff.). 19 Es versteht sich von selbst, dass die Parteien rechtzeitig über Termin und Ort
der mündlichen Verhandlung informiert werden müssen. Die Parteien müssen sich ausreichend auf die mündliche Verhandlung vorbereiten können. Daher müssen sie wissen, was Gegenstand der Verhandlung sein wird, und sie müssen Zugang zu den verfahrensgegenständlichen Unterlagen haben. Reicht eine Partei unmittelbar vor einer mündlichen Verhandlung neuen Vortrag oder neue Beweismittel ein, so können diese nicht ohne weiteres Gegenstand der mündlichen Verhandlung sein, weil die andere Partei die Möglichkeit haben muss, sich mit solchen Beweismitteln auseinanderzusetzen. Häufig sehen Schiedsrichter ein „cut-off date“ vor, nach dem kein neuer Sachvortrag und keine neuen Beweismittel mehr eingeführt werden dürfen.
20 Diese organisatorischen Fragen klärt das Schiedsgericht meist mit den Parteien
in einer Telefonkonferenz („Pre-Hearing Conference Call“). Anschließend fasst das Schiedsgericht die Vereinbarung in einer Verfahrensleitenden Verfügung zusammen und entscheidet diejenigen Punkte, über welche die Parteien keine Einigung erzielt haben.
21 Vor allem wenn es sich um ein komplexes Verfahren handelt, ordnen Schieds-
gerichte sog. „Pre-Hearing Briefs“ an. In diesen Schriftsätzen sollen die Parteien den bisherigen Sach- und Streitstand für das Schiedsgericht zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung kurz zusammenfassen. Viele Schiedsgerichte fordern die Parteien in solchen Verfahren auch auf, eine gemeinsame chronologische Liste mit Anlagen und der dramatis personae vorzulegen und/oder die wichtigsten Anlagen zusammenzustellen und in einem „Common Hearing Bundle“ vorzulegen.
22 Protokoll. In Schiedsverfahren wird wie im staatlichen Verfahren über die
mündliche Verhandlung meist ein Protokoll aufgenommen (vgl. Rz. 17). Dies ist auch wichtig, damit die Parteien in ihren „Post-Hearing Briefs“ die Beweisaufnahme im Detail würdigen können. Dies erleichtert dem Schiedsgericht wiederum die Entscheidung des Rechtsstreits. Zugleich kann das Protokoll in einem Aufhebungsverfahren von Bedeutung sein. Häufig wird vor allem in „deutschen“ Schiedsverfahren nur ein abgekürztes Protokoll geführt. Der Vorsitzende des Schiedsgerichts diktiert eine Zusammenfassung der jeweiligen Zeugenaussage oder der Aussage der Parteien und lässt sich diese von den Parteien bestätigen (Lachmann, Rz. 817; Sachs/Lörcher in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento, § 1047 ZPO Rz. 8). Vor allem in kleineren Verfahren wird dies häufig so praktiziert. Eines Court Reporters bedarf es dann nicht (vgl. Rz. 18). 460
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Mündliche Verhandlungen | Art. 26 ICC-SchO
Im Ausland stößt die Praxis zusammenfassender Protokolle auf Kritik, so dass 23 das Schiedsgericht ein solches Vorgehen jedenfalls vermeiden sollte, wenn das Verfahren einen entsprechenden internationalen Bezug aufweist und sich ein zusammenfassendes Protokoll als problematisch erweisen könnte. Auch ist das zusammenfassende Protokoll durch den Vorsitzenden häufig ungenau und gibt die Zeugenaussage naturgemäß nicht exakt wieder. Es ist daher vorzuziehen, ein Wortprotokoll anfertigen zu lassen. Hierfür gibt es spezielle Dienstleister. Arbeiten die Parteien nur mit einem Protokollführer („Court Reporter“), erhalten sie das Wortprotokoll spätestens einige Tage nach der mündlichen Verhandlung. Viele Dienstleister bieten auch an, dass die Parteien an jedem Verhandlungstag (abends) das Wortprotokoll erhalten. Die Parteien können dann die nächsten Verhandlungstage oder das Schlussplädoyer bereits mit dem Protokoll vorbereiten. Zudem bieten „Court Reporter“ sog. „Live Notes“ an: Die Parteien sehen dann auf einem Laptop „live“ das mitgeschriebene Protokoll und können mithilfe des Laptops gleich wichtige Aussagen markieren oder kommentieren. „Live Notes“ helfen auch, wenn man kurzfristig verifizieren möchte, ob ein Zeuge nun eine bestimmte Aussage gemacht hat oder nicht. Solche Protokolle sind aber deutlich aufwändiger und teurer, erfordern sie doch mindestens zwei abwechselnd tätige Protokollführer und entsprechende technische Ausstattung.
II. Strukturierung der mündlichen Verhandlung Das Schiedsgericht hat ein weites Ermessen, wie es die mündliche Verhandlung 24 durchführt. In internationalen Schiedsverfahren werden meist die kontinentaleuropäische („Civil Law“) und die anglo-amerikanische („Common Law“) Rechtstradition kombiniert, und es wird ein Mittelweg zwischen beiden Systemen gesucht. Die IBA-Rules zeigen deutlich, wie im Schiedsverfahrensbereich die Regeln beider Systeme kombiniert werden (vgl. Art. 25 Rz. 12 ff.; zu der 2020 revidierten Version der IBA Rules s. etwa Nettlau/O’Dell/Hackstein, SchiedsVZ 2021, 315 ff.). Im Vergleich dazu weisen die 2018 verabschiedeten Prague-Rules hingegen eine stärkere Anlehnung an das kontinentaleuropäische System auf. Maßgeblich ist häufig, welchen Hintergrund die Schiedsrichter haben. Ein 25 deutscher Rechtsanwalt wird das Verfahren anders führen als ein englischer Barrister. Vor allem in anglo-amerikanisch geprägten Verfahren nimmt das Schiedsgericht eine eher passive Rolle ein. Im Wesentlichen führen die Anwälte das Verfahren und bestimmen, welche Punkte relevant sind und damit Gegenstand des Verfahrens werden. Im deutschen Rechtsraum kommt dem Schiedsrichter eine aktivere Rolle zu. Er muss anhand der sog. Relationstechnik bestimmen, ob der Klägervortrag schlüssig und der Beklagtenvortrag erheblich ist. Nur wenn der Kläger bzw. der Beklagte Tatsachen vorträgt, die das jeweilige Rechtsbegehren stützen, kommt es auf diese Tatsachen an. Zudem wird der Schiedsrichter nur über solche Tatsachen Beweis erheben, die zwischen den Parteien str. und für seine Entscheidung ergebnisrelevant sind. Das Schiedsverfahren kann also u.U. dadurch effektiv geführt werden, dass das Schiedsgericht in Haller/Strack
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Art. 26 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht einem frühen Stadium eine mündliche Verhandlung abhält, in der das Schiedsgericht – mit den Parteien – Relevantes und Irrelevantes voneinander trennt. Das Schiedsgericht kann dabei, soweit die Parteien dem zustimmen, bereits seine vorläufige Rechtsauffassung äußern und so die Parteien darauf hinweisen, welche Punkte überhaupt noch relevant sind. Das Schiedsgericht sollte dabei berücksichtigen, aus welchen Rechtskreisen die Parteien kommen. Während es in Deutschland anerkannt ist, dass (Schieds-) Gerichte ihre vorläufige Auffassung offen darlegen, gibt es eine solche Tradition in anderen Ländern nicht. Äußert das Schiedsgericht ohne Zustimmung der Parteien oder sogar ganz ungefragt seine vorläufige Auffassung, könnte es damit die Parteien vor den Kopf stoßen. Da das Rechtsempfinden der Parteien je nach Herkunft unterschiedlich sein kann und die ICC-SchO keine Bestimmung wie etwa den Art. 26 DIS-SchO kennt, der das Schiedsgericht anhält, auf eine vergleichsweise Lösung der Streitigkeit hinzuwirken (das Schiedsgericht soll die Parteien nach Anhang IV(h)(i) lediglich auffordern, über einen Vergleich nachzudenken), wird das Schiedsgericht seine vorläufige Rechtsauffassung i.d.R. nicht ohne Aufforderung oder Zustimmung der Parteien äußern. Die Parteien können dann entscheiden, ob sie zusätzlich Zeit und Geld darauf verwenden, den als irrelevant eingestuften Punkt weiter aufzuklären. Zudem kann das Schiedsgericht aussortieren, welche Beweismittel (insb. Zeugen und Sachverständige) relevant sind und welcher Beweis daher erhoben werden muss. Eine solche frühe mündliche Verhandlung kann im weiteren Verfahrensverlauf viel Zeit und Geld sparen, wird aber nur selten durchgeführt. Insbesondere sind Schiedsrichter mitunter nicht dazu geneigt, ihre (vorläufige) Rechtsauffassung mit den Parteien zu erörtern, da eine derartige – im deutschen staatlichen Verfahren übliche und obligatorische – Verfahrensweise zu (regelmäßig unbegründeten) Befangenheitsanträgen Anlass geben kann. 26 Häufig spielt in tatsächlicher Hinsicht auch eine Rolle, aus welchen Ländern die
Parteien kommen und wo der Schiedsort liegt. Ein Verfahren zwischen zwei deutschen Unternehmen mit Schiedsort München und bei Anwendung deutschen Rechts wird sich eher dem kontinentaleuropäischen System annähern als ein internationales Verfahren mit Schiedsort Genf und Parteien aus verschiedenen Ländern.
27 Die Schiedsrichter sind gehalten, das Verfahren effektiv zu führen. Die ICC
Commission on Arbitration and ADR hat in dem Bericht „Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration“ Empfehlungen zusammengestellt, wie Schiedsgerichte Verfahren effektiver führen können. Daher arbeiten die Schiedsrichter häufig alle Fragen und Beweismittel in einer mündlichen Verhandlung ab. In manchen Fällen kann es sich anbieten, bestimmte vorgelagerte Fragen vorab zu entscheiden (etwa zur Zulässigkeit oder zum Haftungsgrund, sog. „Bifurcation“). Schiedsgericht und Parteien müssen sich im Einzelfall gut überlegen, ob sie dadurch den Gesamtaufwand tatsächlich reduzieren. Der mündlichen Verhandlung schließt sich dann nur noch eine Schriftsatzrunde an, in der die Parteien zur mündlichen Verhandlung, insb. zur Beweisaufnahme, Stellung nehmen. Es kommt aber durchaus vor, dass das Schiedsgericht bzw. die Parteien 462
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Mündliche Verhandlungen | Art. 26 ICC-SchO
auf einen solchen „Post-Hearing Brief“ ganz verzichten. Oder die Parteien drängen auf zwei Runden „Post-Hearing Briefs“, damit jede Seite auf ggf. neue Argumente der anderen Seite nochmals erwidern kann. Bei der Gestaltung der mündlichen Verhandlung muss das Schiedsgericht den 28 Parteien gleichermaßen die Möglichkeit geben, ihren Fall zu präsentieren (Grundsatz der Gleichbehandlung und Recht auf rechtliches Gehör). Schiedsgerichte verwenden in längeren mündlichen Verhandlungen manchmal eine Schachuhr, um zu ermitteln, wie viel Zeit jede Seite für sich in Anspruch genommen hat. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Parteien immer exakt dieselbe Zeit zur Verfügung haben müssen. Einerseits muss das Schiedsgericht berücksichtigen, wie viele Zeugen eine Partei aufgeboten hat. Hat eine Partei viele Zeugen, die andere nur wenige, kann nicht beiden Parteien zwingend dieselbe Zeit für die Zeugenbefragung zur Verfügung stehen. Umgekehrt muss das Schiedsgericht unterschiedliche Prozessstrategien berücksichtigen: Wenn eine Partei wenig Zeit für die Zeugenbefragung benötigt, mag sie die Zeit auf andere Elemente der mündlichen Verhandlung verwenden. Der Gleichheitssatz verlangt lediglich, dass Gleiches gleich behandelt wird und schließt nicht von vornherein jede Verschiedenbehandlung aus. Im Vorfeld der Verhandlung legt das Schiedsgericht nach Anhörung der Parteien fest, wie viel Zeit jeder Seite für Plädoyers, Zeugenbefragungen etc. jeweils zur Verfügung steht.
III. Eröffnungsplädoyer („Opening Statement“) Im Schiedsverfahren haben die Parteien eine deutlich aktivere Rolle als im deut- 29 schen staatlichen Prozess. Häufig beginnt die mündliche Verhandlung daher mit einem ausführlichen Eröffnungsplädoyer („Opening Statement“). Im Eröffnungsplädoyer haben die Parteien die Möglichkeit, dem Schiedsgericht ihre Position nochmals darzulegen. Der Nutzen eines solchen Plädoyers wird unterschiedlich beurteilt. Meist wird behauptet, dass die Schiedsrichter ohnehin vorbereitet seien und die Akte im Detail kennen. Es sei daher unnötig, zusätzlich zu den Schriftsätzen noch eine mündliche Zusammenfassung zu bekommen. In der Praxis erweist sich dies jedoch leider als Idealvorstellung. Selten sind alle drei Schiedsrichter wirklich so gut vorbereitet, dass ein Eröffnungsplädoyer seinen Sinn verliert. Aber auch wenn die Schiedsrichter die Akte kennen, ist es sinnvoll, wenn die Parteien zu Verfahrensbeginn ihre zentralen Argumente nochmals zusammenfassen. Das Verfahren läuft zu diesem Zeitpunkt bereits seit einiger Zeit, so dass sich manche Punkte erledigt haben mögen u.a. in den Vordergrund getreten sind. Vor allem in umfangreichen Verfahren bietet sich an, das Schiedsgericht im Eröffnungsplädoyer durch die wichtigen Anlagen zu führen (insb. wenn die Parteien kein „Common Hearing Bundle“ vorgelegt haben, vgl. Rz. 21), z.B. indem ein „Opening Bundle“ vorbereitet wird, welches die wichtigsten Anlagen aus der Akte enthält. So erleichtern die Parteien dem Schiedsgericht die Arbeit und fokussieren den Rechtsstreit auf die relevanten Punkte. Auch dies dient dem effektiven Ablauf der mündlichen Verhandlung. Die Parteien können Haller/Strack
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Art. 26 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht sich im Eröffnungsplädoyer auch visueller Hilfsmittel bedienen, welche den Streitgegenstand verdeutlichen. Es ist meist viel anschaulicher, mit Bildern oder 3D-Modellen zu arbeiten, als nur mit dem gesprochenen Wort. Immer häufiger nutzen die Parteien spezielle Software zur visuellen Unterstützung. 30 Nur selten führen die Schiedsrichter zu Beginn des Verfahrens in den Sach- und
Streitstand ein und erläutern ihre – vorläufige – Rechtsauffassung. Schon eher, allerdings auch dann meist nur nach Aufforderung durch die Parteien, bietet das Schiedsgericht am Ende der mündlichen Verhandlung an, einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten und dabei die vorläufige Rechtsauffassung des Schiedsgerichts darzustellen. Die Verfasser der Prague-Rules möchten diesen Umstand ändern. Sie sehen ausdrücklich vor, dass das Schiedsgericht bereits in der Case-Management-Conference auf seine vorläufige Rechtsauffassung hinweisen kann und dass ein solcher Hinweis des Schiedsgerichts keinen Befangenheitsgrund darstellt (Art. 2.4 Buchst. e Prague-Rules). Probleme können jedoch u.U. im Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren entstehen. Die Schiedsrichter müssen berücksichtigen, dass nach manchen Rechtstraditionen (z.B. in Schweden) ein Gericht sich unter keinen Umständen zur vorläufigen Rechtseinschätzung oder zu einem Vergleichsvorschlag äußern darf, will es den Eindruck der Befangenheit vermeiden. Die ICC-SchO sieht überdies lediglich eine Aufforderung durch das Schiedsgericht an die Parteien, über einen Vergleich nachzudenken, vor (Anhang IV(h)(i)).
31 Es kann der Effizienz des Verfahrens dienen, wenn ein Schiedsgericht sich be-
reits in einem frühen Stadium zur Rechtslage äußert: Das Schiedsgericht kann den Parteien so helfen, sich auf die entscheidungserheblichen Punkte zu konzentrieren. Die Parteien können dann entscheiden, ob sie einen Gesichtspunkt aufgeben, weil das Schiedsgericht dem Argument ohnehin nicht folgen wird, oder ob sie gerade weitere Argumente zu diesem Gesichtspunkt vortragen, um das Schiedsgericht dennoch zu überzeugen. Zwar Standard in internationalen Verfahren, aber nicht immer sinnvoll ist es, wenn das Schiedsgericht einfach alle angebotenen Zeugen hört und erst danach aussortiert, welche Aussagen relevant sind und welche nicht. Deutlich effektiver ist es, wenn das Schiedsgericht sich bereits vor der mündlichen Verhandlung ein Bild von der Rechtslage macht und nur die Zeugen hört, deren Aussagen für die Entscheidung rechtlich relevant sind. Verlangt eine Partei dennoch eine Zeugenbefragung (häufig: „cross examination“), wird das Schiedsgericht sich dem i.d.R. nicht verschließen.
IV. Zeugen Literatur: Mekat, Cross Examination: Das Kreuzverhör in der deutschen Schiedsverfahrenspraxis, SchiedsVZ 2017, S. 119 ff.
32 Im Zentrum der mündlichen Verhandlung steht in aller Regel die Beweisauf-
nahme durch Befragung von Zeugen und Sachverständigen (vgl. Art. 25 Rz. 25 zur Vernehmung von Parteivertretern/Organen als Zeugen). 464
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Meist folgen Schiedsgerichte dabei einem vom anglo-amerikanischen System 33 geprägten Muster (vgl. auch Art. 8 der IBA-Rules, Art. 25 Rz. 32 ff.). Das bedeutet: Die Partei, welche den Zeugen benannt hat, hat im Laufe des Verfahrens eine 34 schriftliche Aussage des Zeugen eingereicht. Meist wird diese nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Zeugen vom Anwalt geschrieben. Die Verantwortung für die Richtigkeit der Aussage bleibt natürlich beim Zeugen (ausführlicher Art. 25 Rz. 32 ff.). Die andere Partei hat sodann das Recht, den Zeugen in der mündlichen Verhandlung zu befragen. Tut sie dies nicht, bleibt die schriftliche Aussage des Zeugen bestehen; ein Zugeständnis in der Sache oder die Anerkenntnis, dass der Inhalt der Zeugenaussage wahr ist, ist damit aber nicht verbunden. Das Schiedsgericht fragt die Parteien rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung, welche der von der jeweiligen Gegenpartei benannten Zeugen zur mündlichen Verhandlung erscheinen sollen. Eine schriftliche Zeugenaussage ist unbeachtlich, wenn der Zeuge in der mündlichen Verhandlung nicht erscheint, obwohl die Gegenpartei seine Vernehmung gewünscht hat. Die andere Partei hätte sonst keine Möglichkeit, den Zeugen ins Kreuzverhör zu nehmen und die schriftliche Aussage des Zeugen auf Glaubhaftigkeit und den Zeugen auf seine Glaubwürdigkeit zu prüfen. Auch Art. 4 Abs. 7 der IBA-Rules sieht vor, dass eine schriftliche Zeugenaussage eines Zeugen, der nicht erscheint, nicht beachtet wird. Das Schiedsgericht hat umgekehrt keine Pflicht, den nicht erscheinenden Zeugen – ggf. unter Zuhilfenahme staatlicher Gerichte – zur Aussage zu zwingen. Die den Zeugen benennende Partei hat grds. nicht das Recht, den Zeugen in 35 den Zeugenstand zu rufen, weil sie ja bereits die schriftliche Zeugenaussage eingereicht hat und darüber ohnehin nicht hinausgehen dürfte. Häufig sind Schiedsgerichte hier jedoch großzügig. „Direct Examination“ und „Cross Examination“. Die Partei, die den Zeugen 36 benannt hat, hat zunächst das Recht, dem Zeugen in der sog. „Direct Examination“ Fragen zu stellen. Die Partei sollte dabei offene Fragen formulieren, also Fragen, die der Zeuge nicht nur mit „ja“ oder „nein“ beantworten kann. Diese Fragerunde muss sich auf den Inhalt der schriftlichen Zeugenaussage beschränken, darf also nicht neue Themen in den Zeugenbeweis stellen. Dies führt dazu, dass der Zeuge in der „Direct Examination“ letztlich seine schriftliche Zeugenaussage wiederholt. Dennoch ist eine solche „Direct Examination“ sinnvoll, weil sie in die vom Zeugen angesprochenen Themen einführt und weil der Zeuge auf diese Weise Zeit hat, sich an das ihm ungewohnte Umfeld einer mündlichen Verhandlung zu gewöhnen. Der „Direct Examination“ folgt die sog. „Cross Examination“ (das Kreuzverhör) 37 durch den Anwalt der Gegenseite. Er darf hier geschlossene Fragen stellen (leading questions), die der Zeuge nur mit „ja“ oder „nein“ beantworten kann. Nicht zulässig sind manipulative Fragen, bei denen dem Zeugen oder Sachverständigen Worte praktisch schon in den Mund gelegt werden, so dass er fast keine andere Wahl hat als genau das zu antworten, was der Fragende im Sinn hat. Das sind Fragen wie z.B. „Betrügen Sie immer noch Ihren Arbeitgeber?“ Haller/Strack
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Art. 26 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Egal wie der Zeuge die Frage beantwortet, würde er zugeben, einen Betrug begangen zu haben oder noch zu begehen. 38 Der Anwalt ist gut beraten, nur geschlossene Fragen zu stellen. Er verfolgt mit
seiner Befragung schließlich das Ziel, dass der „gegnerische“ Zeuge entweder den Sachvortrag der anderen Partei bestätigt oder dass er sich in Widersprüche verwickelt und unglaubwürdig wird. Dies gelingt dem Anwalt nur, wenn er den Zeugen mit geschlossenen Fragen kontrolliert: Entweder gibt der Zeuge die gewünschte Antwort, oder der Anwalt muss in der Lage sein, die Antwort des Zeugen – z.B. durch ein Dokument – zu widerlegen. Der Zeuge soll gerade kein Forum bekommen, in dem er einen zutage tretenden Widerspruch erklären kann. Deshalb wird der Anwalt den Zeugen nicht nach Schlussfolgerungen fragen, sondern diese (erst) im Schlussplädoyer oder im „Post-Hearing Brief“ darlegen.
39 Der „Cross Examination“ folgt die „Re-direct Examination“. Der Anwalt, der den
Zeugen benannt hat, darf versuchen, mit offenen Fragen den „Schaden“ der „Cross Examination“ zu reparieren. Diese Fragerunde dient dazu, Missverständnisse klarzustellen oder eine verkürzte Aussage des Zeugen zu ergänzen. Die sich anschließende „Re-cross Examination“ ist auf die Themen der „Re-direct Examination“ beschränkt. Je nach dem Verlauf der Befragung verzichten die Parteien aber auch durchaus auf die „Re-direct“ oder „Re-cross Examination“. Gibt es keine „Re-direct Examination“, entfällt zwingend auch die „Re-cross Examination“, weil sich diese stets nur auf die „Re-direct Examination“ beziehen darf.
40 Das Schiedsgericht hat zu jeder Zeit das Recht, dem Zeugen Fragen zu stellen. 41 Hat das Schiedsverfahren einen engen Bezug zum deutschen Rechtsraum (oder
einer anderen kontinentaleuropäischen Rechtsordnung), verfahren Schiedsgerichte gerade in kleineren Verfahren häufig nach dem System der deutschen ZPO: Danach bestimmt das Schiedsgericht, welche Zeugen für die Entscheidung relevant sind und daher gehört werden sollen. Zunächst befragt das Schiedsgericht dann den Zeugen, bevor die Parteien die Gelegenheit haben, eigene Fragen zu stellen. Alternativ kommt auch in Betracht, den Zeugen zunächst im Zusammenhang schildern zu lassen, welche Wahrnehmungen er zu dem ihm bekannten Gegenstand des Verfahrens (oder enger: zum Beweisthema) gemacht hat. Ein solches kontinentaleuropäische Vorgehen entspricht den Prague-Rules. Deren Anwendung soll u.a. zu schnelleren Schiedsverfahren durch eine Reduzierung der Zeugenanzahl führen. Das Schiedsgericht kann sich daher dazu entschließen, einen Zeugen selbst dann nicht zur mündlichen Verhandlung zu laden, wenn eine der Parteien eine schriftliche Zeugenaussage des Betroffenen eingereicht hat (Art. 5.3 Prague-Rules). Sollte jedoch die andere Partei darauf bestehen, dass der Zeuge der mündlichen Verhandlung beiwohnt, sehen auch die Prague-Rules vor, dass das Schiedsgericht diesem Wunsch i.d.R. entsprechen soll. Nur wenn gute Gründe bestehen, soll es anders entscheiden können (Art. 5.7 Prague-Rules). In der Praxis wird dies kaum der Fall sein. Bei der Zeugenbefragung soll das Schiedsgericht eine stärkere Rolle einnehmen (Art. 5.9 Prague-Rules). 466
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V. Sachverständige In der mündlichen Verhandlung treten häufig Sachverständige auf, um insb. bei 42 technischen Themen dem Schiedsgericht das erforderliche Wissen zu vermitteln, aber auch, um Rechtsfragen zu klären. In der Regel ist es auch hier Sache der Parteien, einen Sachverständigen zu be- 43 auftragen und ein Sachverständigengutachten vorzulegen (zum Sachverständigenbeweis Art. 25 Rz. 78 ff.). Die andere Partei hat dann das Recht, den Sachverständigen zu befragen. Dabei verläuft die Befragung nach demselben System wie bei der Zeugeneinvernahme: Direct Examination – Cross Examination – Re-direct Examination – Re-cross Examination. Auch hier hat das Schiedsgericht das Recht, dem Sachverständigen weitere Fragen zu stellen. Beim sog. „Expert Conferencing“ werden die Sachverständigen für einen be- 44 stimmten Themenkomplex gemeinsam vernommen. Das Schiedsgericht und später die Parteien stellen ihre Fragen an alle Sachverständigen gemeinsam. Dies hilft dem Schiedsgericht, die Materie zu verstehen. Die Sachverständigen können die unproblematischen Punkte bestätigen und gemeinsam erläutern. Sehr rasch wird klar, wo die Sachverständigen sich uneinig sind und was die Argumente für die eine oder andere Position sind. Das Schiedsgericht kann so viel leichter Nachfragen stellen, als wenn es die Sachverständigen nur nacheinander und getrennt voneinander anhört. Das Schiedsgericht muss sich vor der Beweisaufnahme daher überlegen, wie es Sachverständige vernehmen möchte. Das Schiedsgericht hat aber auch das Recht, selbst einen – gerichtlichen – Sach- 45 verständigen zu ernennen (Art. 25 Rz. 78 ff.).
VI. „Closing Statements“ und „Post-Hearing Briefs“ Häufig schließt die mündliche Verhandlung mit einem Schlussplädoyer („Clo- 46 sing Statement“). In diesem haben die Parteien die Gelegenheit, die mündliche Verhandlung, insb. das Ergebnis der Beweisaufnahme, zusammenzufassen. Einer formalisierten Wiederholung der bereits schriftlich gestellten Anträge für das Protokoll – wie im staatlichen Verfahren – bedarf es nicht. Schlussplädoyers sind dann hilfreich, wenn das Schiedsgericht sich nach der 47 mündlichen Verhandlung unmittelbar zu einer ersten Beratung zurückzieht. Dann hilft das Schlussplädoyer dem Schiedsgericht, die wichtigen Punkte der mündlichen Verhandlung beurteilen zu können. In den anderen Fällen wird das Schiedsgericht eher die nach der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze heranziehen; ein Schlussplädoyer hat dann nur einen geringen Zusatzwert, weil das Schiedsgericht einen Schriftsatz einfacher verarbeiten kann. Hier hängt vieles von den Vorlieben des Schiedsgerichts ab.
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Art. 26 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht D. Säumnis einer Partei (Abs. 2) 48 Art. 26 Abs. 2 gibt dem Schiedsgericht das Recht, die mündliche Verhandlung
auch in Abwesenheit einer Partei durchzuführen, sofern diese ordnungsgemäß geladen wurde und ohne ausreichende Entschuldigung der Verhandlung fernbleibt. Damit verletzt das Schiedsgericht das rechtliche Gehör der fernbleibenden Partei nicht. Nimmt eine Partei freiwillig an einer mündlichen Verhandlung nicht teil, liegt darin – insoweit – ein Verzicht der Partei auf ihren Anspruch auf rechtliches Gehör.
49 Nicht geregelt ist, welches die Kriterien für eine „ausreichende Entschuldi-
gung“ einer Partei sind. Insofern steht es im Ermessen des Schiedsgerichts, welche Entschuldigungsgründe es anerkennt. Maßgeblich ist dabei, inwieweit das Nichterscheinen einer Partei als Verzicht auf das rechtliche Gehör der nichterschienenen Partei verstanden werden muss. Zudem kann das rechtliche Gehör auch ohne Verzicht eingeschränkt werden: Das Schiedsgericht muss das Verfahren zügig führen, um den Justizgewährleistungsanspruch der Parteien zu erfüllen. Unsachgemäße Verzögerungen durch eine Partei muss das Schiedsgericht nicht hinnehmen, weil dadurch der Rechtsschutz der anderen Partei eingeschränkt würde. Allerdings wird das Schiedsgericht hier umsichtig agieren müssen, weil eine Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör zur Anfechtbarkeit des Schiedsspruchs führt. Für den Fall, dass ein Verschieben der mündlichen Verhandlung aufgrund Verhinderung einer Partei zu zusätzlichen Kosten führt, kann das Schiedsgericht die Tragung solcher Kosten der Partei auferlegen, die die Terminverlegung verursacht hat.
50 Verhandelt das Schiedsgericht in Abwesenheit einer der Parteien, besteht für die
erschienene Partei keine Möglichkeit, mit Hilfe einer Geständnisfiktion ein Versäumnisurteil zu erlangen. Die ICC-SchO kennt keine dem Versäumnisurteil der ZPO entsprechenden Vorschriften. Insbesondere ist der Kläger bei der Säumnis des Beklagten weiterhin verpflichtet, Beweis zu erbringen für die von ihm behaupteten entscheidungserheblichen Tatsachen. Das Schiedsgericht hat daher auch in Abwesenheit einer der Parteien den Sachverhalt zu ermitteln. Dabei muss das Gericht jedoch nicht jedem denkbaren Vorbringen der abwesenden Partei nachgehen und sich somit gleichermaßen zum „Anwalt“ der säumigen Partei machen.
E. Nichtöffentlichkeit der Verhandlung (Abs. 3, 4) 51 Nichtöffentlichkeit der mündlichen Verhandlung. Ein Grundsatz des schieds-
gerichtlichen Verfahrens ist die Nichtöffentlichkeit. Gemäß Art. 26 Abs. 3 sind ohne Zustimmung des Schiedsgerichts und der Parteien Dritte, die nicht Verfahrensbeteiligte sind, nicht zur mündlichen Verhandlung zuzulassen. Allerdings sind Mitarbeiter einer Konzerngesellschaft keine „Dritte“ in diesem Sinne. Sie handeln vielmehr als Vertreter der Partei und dürfen als solche an der Verhandlung teilnehmen. Häufig ist in der Praxis formal eine Tochtergesell-
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schaft Partei des Verfahrens, jedoch wird das Verfahren für die Tochtergesellschaft von der Konzernrechtsabteilung der Muttergesellschaft geführt. Es ist daher selbstverständlich, dass hier Mitarbeiter der Konzerngesellschaft die Partei in der Verhandlung vertreten dürfen. Zur mündlichen Verhandlung sind – eine Selbstverständlichkeit in rechtsstaatli- 52 chen Verfahren – die Parteien und deren Berater zuzulassen. Es besteht zwar kein Anwaltszwang, jedoch steht es den Parteien frei, sich durch Bevollmächtigte vertreten zu lassen. In der Praxis ist es freilich üblich, dass die Parteien sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen. Die Parteien haben ein Anwesenheitsrecht bei allen Verfahrensabschnitten. Sie 53 dürfen an allen mündlichen Verhandlungen teilnehmen, ob eine Beweisaufnahme stattfindet oder nicht. Ordnet das Schiedsgericht eine separate Beweisaufnahme an, z.B. zur Inaugenscheinnahme einer streitgegenständlichen Sache, dürfen die Parteien auch an dieser – inhaltlich beschränkten – mündlichen Verhandlung teilnehmen. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass den Parteien rechtliches Gehör zu gewähren ist. Sie müssen daher alles kennen, was zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wird, und sich dazu äußern dürfen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Parteien verlangt, dass stets beiden Parteien ein Anwesenheits- und Äußerungsrecht eingeräumt wird. Stört eine Partei den ordnungsgemäßen Ablauf der Verhandlung, kann sie aus- 54 nahmsweise ausgeschlossen werden. Das Schiedsgericht hat zwar keine hoheitlichen Ordnungsbefugnisse. Über das Hausrecht kann der Vorsitzende des Schiedsgerichts jedoch häufig entsprechende Befugnisse ausüben. Die Parteien dürfen sich jederzeit von einem Rechtsanwalt vertreten lassen und 55 diesen frei wählen. Dieses Recht der Parteien folgt aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör. Um in dem Verfahren effektiv auftreten zu können, benötigen die Parteien sachverständige rechtliche Beratung. In manchen Fällen kollidiert dieses Recht allerdings mit der ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens. Das ist z.B. der Fall, wenn die Partei im Laufe des Verfahrens einen neuen oder weiteren Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten bestellt, der derart enge Beziehungen zu einem Schiedsrichter hat, dass die Unabhängigkeit des Schiedsrichters zweifelhaft ist. Es stellt sich die Frage, ob das Schiedsgericht den Rechtsanwalt vom Verfahren ausschließen darf. Die Lösung kann nicht darin liegen, dass der konfligierte Schiedsrichter sein Amt niederlegen muss. So hätte es die eine Partei in der Hand, den von der anderen Partei benannten Schiedsrichter aus dem Schiedsgericht zu entfernen. Das Schiedsgericht muss daher die Kollision beider Rechtspositionen abwägen (Recht auf freie Wahl des Rechtsanwalts vs. Recht auf ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens). Das Schiedsgericht muss dabei berücksichtigen, dass die Integrität des Verfahrens gewahrt wird und die Effizienz des Verfahrens und Fairness gewährleistet sein müssen. Zudem muss das Schiedsgericht den Missbrauch des Rechts, einen Rechtsbeistand frei wählen zu dürfen, verhindern (vgl. den Fall Hrvatska Elektroprivreda v The Republic of Slovenia, ICSID Case No. ARB/05/24, im Bereich der Investitionsschiedsgerichtsbarkeit). Haller/Strack
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Art. 26 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 56 Art. 26 Abs. 3 erhält vor allem bei der Frage praktische Relevanz, ob Zeugen au-
ßerhalb ihrer eigenen Vernehmung, insb. bei der Einvernahme anderer Zeugen, bei der Verhandlung anwesend sein dürfen. Dabei gelten die folgenden Erwägungen: Zeugen sollten grds. nicht vor ihrer Zeugenaussage an der Verhandlung teilnehmen. Sie sollen ihre Zeugenaussage gerade unvoreingenommen vom bisherigen Verhandlungsverlauf machen. Ein Zeuge könnte sonst seine Aussage an die Aussagen der anderen Zeugen anpassen. Unproblematisch ist es, wenn der Zeuge nach seiner Vernehmung an der mündlichen Verhandlung teilnimmt. Das Schiedsgericht hat hier aber einen breiten Ermessensspielraum. Gerade wenn gesetzliche Vertreter einer Partei oder Führungskräfte als Zeugen aussagen, besteht häufig ein legitimes Interesse oder u.U. sogar die Notwendigkeit, dass diese an der gesamten mündlichen Verhandlung teilnehmen. Die Anwesenheit eines Zeugen schon vor seiner Vernehmung kann z.B. erforderlich werden, wenn das einzige Organ der Partei als Zeuge auftritt. Denn sonst würde das Anwesenheitsrecht der Partei verletzt (generell zur Anwesenheit von Zeugen während der Verhandlung von Bernuth/Reischl, SchiedsVZ 2017, 20). Umgekehrt ist das Risiko bisweilen gering, dass Zeugen gerade durch die mündliche Verhandlung besonders in ihrem Aussageverhalten beeinflusst werden, etwa weil die Zeugen ohnehin in den Rechtsstreit eingebunden sind und die Argumentationslinien bereits kennen. Das Schiedsgericht muss bei der Bewertung der Aussage berücksichtigen, dass der Zeuge der Verhandlung beigewohnt hat. Zeugen haben das Recht, einen Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen und diesen in die Verhandlung mitzubringen.
57 Sachverständige wohnen i.d.R. der gesamten mündlichen Verhandlung bei, je-
denfalls soweit ihre Themenbereiche betroffen sind. Das ist grds. sinnvoll, weil der Sachverständige so ein noch umfassenderes Bild vom Sachverhalt bekommt. Schiedsgerichte lassen Sachverständige daher häufig zu.
58 ICC-Schiedsverfahren sind zwar nicht öffentlich, jedoch nur selten tatsächlich
vertraulich. Die Vertraulichkeit des Verfahrens folgt nicht automatisch aus der Schiedsvereinbarung. Nach Art. 22 Abs. 3 kann das Schiedsgericht jedoch entsprechende Anordnungen treffen, um die Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens sicherzustellen (vgl. Art. 22 Rz. 16 ff.).
F. Kosten 59 Für die mündliche Verhandlung fallen Kosten an, insb. für die Räumlichkeiten.
Hier gilt der Grundsatz, dass zunächst jede Partei die eigenen Kosten trägt, z.B. Kosten für Zeugen, Sachverständige, Reisekosten. Diese Kosten sind von dem vom Sekretariat angeforderten Vorschuss nicht umfasst. Die Schiedsrichter begleichen ihre eigenen Kosten (Reisekosten etc.) aus dem zu Verfahrensbeginn angeforderten Vorschuss. Kosten, die für beide Parteien gleichermaßen anfallen, wie die Kosten für den Gerichtsreporter, für die Räumlichkeiten etc., tragen beide Parteien zunächst jeweils zur Hälfte und sind von dem vom Sekretariat angeforderten Vorschuss grds. ebenfalls nicht erfasst. 470
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Schließung des Verfahrens, Vorlage von Schiedssprüchen | Art. 27 ICC-SchO
Das Schiedsgericht wird gemeinsam mit der Hauptsache oder in einem separa- 60 ten Kostenschiedsspruch am Ende des Verfahrens über die endgültige Kostenverteilung entscheiden.
G. Abweichende Parteivereinbarung Die Parteien können das Verfahren grds. frei gestalten. Die Parteien können 61 auch auf eine mündliche Verhandlung verzichten und ein rein schriftliches Verfahren vereinbaren. Allerdings können Sie auf zentrale verfahrensrechtliche Gewährleistungen (Justizgewährungsanspruch, rechtliches Gehör) nicht von vornherein verzichten. Im Einzelfall muss das Schiedsgericht diesen Gewährleistungen Vorrang vor der Parteivereinbarung gewähren. Zudem können die Parteien das Verfahren nicht beliebig verändern, nachdem 62 die Schiedsrichter bestellt sind. Die Schiedsrichter nehmen das Schiedsrichteramt in Kenntnis einer konkret vereinbarten Verfahrensordnung an, so dass die Parteien diese ohne Zustimmung der Schiedsrichter nicht beliebig verändern können. Dies gilt allerdings nicht für unwesentliche Anpassungen im Laufe des Verfahrens. Vereinbaren die Parteien dennoch eine wesentliche Änderung der Verfahrensvorschriften, so sind solche Änderungen zulässig. Allerdings kann der Schiedsrichter dann zum Rücktritt vom Amt des Schiedsrichters berechtigt sein. Auch können die Parteien nach Art. 15 beantragen, dass ein Schiedsrichter des Amtes enthoben wird. Daher können die Parteien einvernehmlich gewünschte Verfahrensänderungen im Ergebnis durchsetzen. Zu einer solchen Situation wird es in der Praxis selten kommen.
Artikel 27 Schließung des Verfahrens, Zeitpunkt der Vorlage des Entwurfs von Schiedssprüchen Sobald als möglich nach der letzten mündlichen Verhandlung über die in einem Schiedsspruch zu entscheidenden Angelegenheiten oder nach der Einreichung der letzten bewilligten Schriftsätze betreffend solche Angelegenheiten, wobei jeweils der spätere der beiden vorstehend genannten Zeitpunkte maßgeblich ist, a) erklärt das Schiedsgericht das Verfahren hinsichtlich der in dem Schiedsspruch zu entscheidenden Angelegenheiten für geschlossen; und b) informiert das Schiedsgericht das Sekretariat und die Parteien über den Zeitpunkt, zu dem es beabsichtigt, seinen Entwurf des Schiedsspruchs dem Gerichtshof zur Genehmigung gemäß Artikel 34 vorzulegen. Nachdem das Verfahren geschlossen ist, können hinsichtlich der in dem Schiedsspruch zu entscheidenden Angelegenheiten keine weiteren SchriftHaller/Strack
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Art. 27 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht sätze eingereicht, Erklärungen abgegeben oder Beweise erbracht werden, es sei denn, das Schiedsgericht genehmigt oder ordnet dies an. Article 27: Closing of the Proceedings and Date for Submission of Draft Awards As soon as possible after the last hearing concerning matters to be decided in an award or the filing of the last authorized submissions concerning such matters, whichever is later, the arbitral tribunal shall: a) declare the proceedings closed with respect to the matters to be decided in the award; and b) inform the Secretariat and the parties of the date by which it expects to submit its draft award to the Court for approval pursuant to Article 34. After the proceedings are closed, no further submission or argument may be made, or evidence produced, with respect to the matters to be decided in the award, unless requested or authorized by the arbitral tribunal. Regelungsschwerpunkte: Die Vorschrift regelt, wann das Schiedsgericht das Verfahren für geschlossen erklärt und das Sekretariat darüber informiert, wann es den Entwurf des Schiedsspruchs dem Gerichtshof zur Genehmigung vorlegt. → Rz. 4. Zudem stellt die Vorschrift klar, dass die Parteien grds. keine weiteren Schriftsätze mehr einreichen dürfen, nachdem das Schiedsgericht das Verfahren für geschlossen erklärt hat. → Rz. 5. A. I. II. III.
Schließung des Verfahrens . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zum X. Buch der ZPO Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
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IV. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . . B. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Schließung des Verfahrens Literatur: Blessing, The Arbitral Process. Part III: The Procedure before the Arbitral Tribunal, ICC Court Bulletin, Vol. 3 No. 2 (1992), S. 18 ff. (Chapter G, 13); Taylor/Baruti, Reopening the case after the hearing – to what extent and under what circumstances should it be allowed? in: ASA Special Series No. 29 (2007), The Resolution of the Dispute – From the Hearing to the Award.
I. Normzweck 1 Die Norm soll verhindern, dass sich das Schiedsverfahren noch unbegrenzt
weiter hinzieht, nachdem bereits alle Parteien ausreichend Gelegenheit hatten, schriftlich und mündlich zur Sache vorzutragen sowie Beweis zu führen. Mit der Vorschrift soll das allgemeine Ziel der zügigen Verfahrensdurchführung verwirklicht werden, und es soll dem Schiedsgericht ermöglicht werden, den Schiedsspruch zu beraten und abzufassen, ohne fortwährend neuen Parteivortrag berücksichtigen zu müssen. Art. 27 gilt für jegliche Art von Schiedssprüchen, mithin nicht nur in Bezug auf den Endschiedsspruch. Die Norm hat zudem eine wichtige Funktion im Zusammenhang mit den möglichen Auswir-
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Schließung des Verfahrens, Vorlage von Schiedssprüchen | Art. 27 ICC-SchO
kungen des Ausscheidens eines Schiedsrichters (vgl. Art. 15 Abs. 5; Art. 15 Rz. 39 f.).
II. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Eine dem Art. 27 vergleichbare Regelung existiert im X. Buch der ZPO nicht.
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III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Auch im staatlichen Verfahren können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel 3 gemäß § 296a ZPO nach Schluss der mündlichen Verhandlung nicht mehr vorgebracht werden. Auch das staatliche Verfahrensrecht versucht, unnötige Verzögerungen des Verfahrens zu vermeiden.
IV. Einzelerläuterung Art. 27 enthält zwei Pflichten des Schiedsgerichts: Das Schiedsgericht muss ge- 4 mäß Art. 27 Satz 1 sobald als möglich nach Abschluss der letzten mündlichen Verhandlung bzw. nach Einreichung der letzten bewilligten Schriftsätze das Verfahren für geschlossen erklären (Buchst. a). Es muss zudem dem Sekretariat und den Parteien mitteilen, wann es beabsichtigt, seinen Schiedsspruch dem Gerichtshof zur Prüfung gemäß Art. 34 vorzulegen (Buchst. b). Grundsätzlich erwartet der Gerichtshof, dass ein Einzelschiedsrichter nach zwei, ein Dreierschiedsgericht nach drei Monaten nach der letzten mündlichen Verhandlung oder dem letzten Schriftsatz zur Sache den Schiedsspruch dem Gerichtshof zur Prüfung vorlegt. Art. 27 findet auf alle Arten von Schiedssprüchen Anwendung, also auch auf Zwischen- oder Teilschiedssprüche sowie Schiedssprüche mit vereinbartem Wortlaut. Nachdem das Schiedsgericht das Verfahren für geschlossen erklärt hat, können 5 alle weiteren eingereichten Schriftsätze durch das Schiedsgericht zurückgewiesen werden. Ergänzende Erklärungen oder Beweisangebote der Parteien sind nur gestattet, wenn das Schiedsgericht diese genehmigt oder ausdrücklich angeordnet hat. Die Regelung dient daher dazu, es dem Schiedsgericht zu ermöglichen, verspätet eingereichte Schriftsätze zurückweisen zu können, ohne Gefahr zu laufen, das rechtliche Gehör der Parteien zu verletzen. Art. 27 beschreibt dabei eine äußerste Grenze und verbietet es dem Schiedsgericht nicht, auch schon zuvor aus besonderen Gründen einen verspäteten Schriftsatz zurückzuweisen. Allerdings ist das nur unter engen Voraussetzungen möglich, weil das Schiedsgericht den Parteien rechtliches Gehör gewähren muss. Das Schiedsgericht kann daher einen Schriftsatz grds. nur dann zurückweisen, wenn es den Parteien eine Ausschlussfrist gesetzt und die Zurückweisung bei Fristsetzung angedroht hatte. Haller/Strack
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Art. 27 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Umgekehrt ist es grds. im Vollstreckbarerklärungs- und Aufhebungsverfahren nicht überprüfbar, ob das Schiedsgericht verspätetes Vorbringen zu Unrecht zugelassen hat (OLG Frankfurt am Main v. 25.3.2021 – 26 Sch 18/20, SchiedsVZ 2022, 40 ff.). 6 Umgekehrt ist das Schiedsgericht berechtigt, das Verfahren wieder zu eröffnen,
wenn es nach Schluss des Verfahrens im Rahmen der Entscheidungsfindung erkennt, dass weitere Aspekte entscheidungserheblich sind, welche von keiner der Parteien im Verfahren ausreichend beleuchtet wurden. So kann es vorkommen, dass der Gerichtshof im Rahmen des Genehmigungsverfahrens auf Unzulänglichkeiten, z.B. bei der Beweisaufnahme, hinweist und dass diese nur durch ein Wiedereröffnen des Verfahrens behoben werden können.
7 Auf Antrag einer Partei wird das Schiedsgericht das Verfahren freilich nur dann
wieder eröffnen, wenn die Partei darlegen kann, dass die ergänzenden Informationen für die Entscheidung des Streits wesentlich sind und dass ein früheres Vorbringen nicht möglich gewesen ist (vgl. Derains/Schwartz, S. 293).
8 Die Parteien haben zwar ein berechtigtes Interesse an einer zügigen Entschei-
dung des Rechtsstreits nach der Durchführung der letzten mündlichen Verhandlung. Allerdings stellt der vom Schiedsgericht festzulegende Zeitpunkt, wann es seine Entscheidung dem Gerichtshof vorzulegen plant, keine verbindliche Frist dar, aufgrund derer die Parteien Rechte ableiten können. Die Frist dient vielmehr der Information der Parteien, des Sekretariats und des Gerichtshofs sowie der Selbstdisziplinierung des Schiedsgerichts. Abgesehen von etwaigen Kostenfolgen (s. Rz. 11) bleibt es für das Verfahren grds. auch folgenlos, wenn das Schiedsgericht – aus welchen Gründen auch immer – den Schiedsspruch zu einem späteren als dem angekündigten Zeitpunkt beim Sekretariat einreicht. Im Gegensatz dazu ergibt sich aus Art. 31 Abs. 1 eine zumindest im Grundsatz verbindliche Frist zur Entscheidung des Rechtsstreits.
9 Abzugrenzen ist das Schließen des Verfahrens von einem vor dem Hearing lie-
genden Cut-Off Date für neue Beweismittel. Ein solches ist häufig im Verfahrenskalender ausdrücklich vorgesehen. Damit wird jedoch nicht das Erkenntnisverfahren abgeschlossen, sondern es soll zur Sicherung eines effektiven Verfahrens nur verhindert werden, dass nach diesem Datum eine Partei noch neue Tatsachen ins Verfahren einführt, die dann die andere Partei adressieren muss, was u.U. massive zeitliche Auswirkung auf das weitere Verfahren hat.
10 Da jeder Schiedsspruch dem Gerichtshof zur Genehmigung vorzulegen ist, gilt
die Vorschrift auch für Teil-Schiedssprüche, die über Vorfragen entscheiden und dient damit der Schließung eines jeden Verfahrensabschnitts.
B. Kosten 11 Die ICC berücksichtigt bei der endgültigen Festlegung des Schiedsrichterhono-
rars u.a., inwieweit das Schiedsgericht das Verfahren zügig geführt hat. So
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Sicherungsmaßnahmen und vorläufige Maßnahmen | Art. 28 ICC-SchO
kann es insb. dann zu einer Reduzierung der Schiedsrichterhonorare durch den Gerichtshof führen, wenn ein Einzelschiedsrichter erst nach mehr als zwei, ein Dreierschiedsgericht erst nach mehr als drei Monaten nach der letzten mündlichen Verhandlung oder dem letzten Schriftsatz zur Sache den Schiedsspruch dem Gerichtshof zur Prüfung vorlegen (vgl. Art. 2 Abs. 2 Anhang III).
C. Abweichende Parteivereinbarung Abweichende Parteivereinbarungen sind hier unzulässig. Art. 27 regelt das Ver- 12 hältnis zur ICC und zum Schiedsgericht, das die Parteien nicht einseitig selbst bestimmen können, und dient dazu, ein Schiedsverfahren geordnet abschließen zu können. Allerdings mag es Konstellationen geben, in denen das Schiedsgericht Schriftsätze, Erklärungen und/oder Beweise auch dann noch berücksichtigen muss, wenn sie in das Verfahren eingeführt werden, nachdem es geschlossen wurde. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn beide Parteien das übereinstimmend beantragen.
Artikel 28 Sicherungsmaßnahmen und vorläufige Maßnahmen (1) Soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben, kann das Schiedsgericht, sobald ihm die Schiedsverfahrensakten übermittelt worden sind, auf Antrag einer Partei ihm angemessen erscheinende Sicherungsmaßnahmen oder vorläufige Maßnahmen anordnen. Das Schiedsgericht kann die Anordnung solcher Maßnahmen von der Stellung angemessener Sicherheiten durch die antragstellende Partei abhängig machen. Solche Anordnungen ergehen nach Ermessen des Schiedsgerichts in Form eines begründeten Beschlusses oder eines Schiedsspruchs. (2) Vor Übergabe der Schiedsverfahrensakten an das Schiedsgericht und in geeigneten Fällen auch nach diesem Zeitpunkt können die Parteien bei jedem zuständigen Justizorgan Sicherungsmaßnahmen und vorläufige Maßnahmen beantragen. Der Antrag einer Partei bei einem zuständigen Justizorgan auf Anordnung solcher Maßnahmen oder auf Vollziehung solcher vom Schiedsgericht angeordneter Maßnahmen stellt keinen Verstoß gegen oder keinen Verzicht auf die Schiedsvereinbarung dar und lässt die dem Schiedsgericht zustehenden Befugnisse unberührt. Ein solcher Antrag sowie alle durch das Justizorgan angeordneten Maßnahmen sind unverzüglich dem Sekretariat mitzuteilen. Das Sekretariat unterrichtet das Schiedsgericht. Article 28: Conservatory and Interim Measures (1) Unless the parties have otherwise agreed, as soon as the file has been transmitted to it, the arbitral tribunal may, at the request of a party, order any interim or conservatory measure it deems appropriate. The arbitral tribunal may make the granting of any such mea-
Haller/Strack und Bassiri/Herzberg
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Art. 28 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht sure subject to appropriate security being furnished by the requesting party. Any such measure shall take the form of an order, giving reasons, or of an award, as the arbitral tribunal considers appropriate. (2) Before the file is transmitted to the arbitral tribunal, and in appropriate circumstances even thereafter, the parties may apply to any competent judicial authority for interim or conservatory measures. The application of a party to a judicial authority for such measures or for the implementation of any such measures ordered by an arbitral tribunal shall not be deemed to be an infringement or a waiver of the arbitration agreement and shall not affect the relevant powers reserved to the arbitral tribunal. Any such application and any measures taken by the judicial authority must be notified without delay to the Secretariat. The Secretariat shall inform the arbitral tribunal thereof. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 Grundsatz: Einstweiliger Rechtsschutz durch das Schiedsgericht, sobald dieses konstituiert ist. → Rz. 2, 19–20. Abs. 1 Schiedsgericht hat Entscheidungs- und Auswahlermessen. → Rz. 61; Abs. 2 Jederzeitiger Antrag auf gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutz durch Parteien möglich. → Rz. 2, 84–93 Kostenaspekte: Abs. 1–2 In der Regel ist der gerichtliche einstweilige Rechtsschutz zeitund kosteneffizienter. → Rz. 12 ff., 80 f. A. Anordnung von Sicherungsund vorläufigen Maßnahmen durch das Schiedsgericht (Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu § 1041 ZPO . . . . III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . IV. Voraussetzungen . . . . . . . . . . 1. Konstituierung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Auf Antrag einer Partei . . . . . . 3. Angemessenheit der Maßnahme 4. Form der Entscheidung . . . . . . 5. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . V. Vollziehung/Vollstreckung der Anordnung . . . . . . . . . . . . . . VI. Gefährdungshaftung . . . . . . . . VII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
__ _ __ __ __ _ __ _ 1 1 7
11 19 20 21 33 43 47 73 77 80
1. Kosten der Anordnung . . . . . . 2. Kosten der Vollziehungszulassung . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Abweichende Parteivereinbarung von Abs. 1 . . . . . . . . . B. Einstweiliger Rechtsschutz vor „zuständigen Justizorganen“ (Abs. 2) . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu §§ 1033, 1041 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . IV. Tatbestandsvoraussetzungen V. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . VI. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Abweichende Parteivereinbarung von Abs. 2 . . . . . . .
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. . . .
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_ _ _ __ _ __ __ _ 80 81 82
84 84 87 88 89 94 97 98
Literatur: Bernardini, The Powers of the Arbitrator, in: Conservatory and Provisional Measures in International Arbitration (ICC-Publication, 1993), S. 21 ff.; Bond, The Nature of Conservatory and Provisional Measures, in: Conservatory and Provisional Measures in International Arbitration (ICC-Publication 1993), S. 8 ff.; Conrad/Gussone, Einstweiliger Rechtsschutz in energierechtlichen Schiedsverfahren, EnWZ 2013, 304; Donavan, Powers of the Arbitrator to Issue Procedural Orders, Including Interim Measures of Protection, and the Obligation of the Parties to Abide by such Orders, ICC Court Bulletin, Vol. 10
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Sicherungsmaßnahmen und vorläufige Maßnahmen | Art. 28 ICC-SchO No. 1 (1999), S. 57 ff.; Gaier, Ex-parte-Eilmaßnahmen des Schiedsgerichts und das Prozessgrundrecht der Waffengleichheit – Zugleich Besprechung von BVerfG Beschl. v. 3.6. 2020 – 1 BvR 1246/20, SchiedsVZ 2021, 7 ff.; Hobeck/Weyhreter, Anordnung von vorläufigen oder sichernden Maßnahmen durch Schiedsgerichte in ex-parte-Verfahren, SchiedsVZ 2005, 238 ff.; Goumas, Anmerkung zu BayObLG, 1. Zivilsenat, Beschluss vom 18.8.2020 – 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 317; Herzberg/Eller, Germany, Place of Enforcement? Die Sicherungsanordnung zur Vollstreckung aus Schiedssprüchen gemäß § 1063 Abs. 3 ZPO, SchiedsVZ 2018, 336 ff.; Landbrecht, Staatlicher Eilrechtsschutz am deutschen Schiedsort und grenzüberschreitende Vollstreckung, SchiedsVZ 2013, 241 ff.; Lew, Commentary on Interim and Conservatory Measures in ICC Arbitration Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 11 No. 1 (2000), S. 23 ff., S. 34; Petrochilos, Interim Measures under the Revised UNCITRAL Arbitration Rules, ASA Bulletin Vol. 28 Issue 4 (2010), S. 878 ff.; Risse/ Frohloff, Schadensersatzansprüche nach einstweiligen Verfügungen in Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2011, 239 ff.; Sanchez, Applying the Model Law’s Standard for Interim Measures in International Arbitration, Journal of International Arbitration Vol. 37 Issue 1 (2020), 49 ff.; Schwartz, The Practices and Experience of the ICC Court, in: Conservatory and Provisional Measures in International Arbitration (ICC-Publication, 1993), S. 45 ff. Siehe zudem die Nachweise bei Art. 25 DIS-SchO.
A. Anordnung von Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen durch das Schiedsgericht (Abs. 1) I. Normzweck Anordnungsbefugnis des Schiedsgerichts. Art. 28 Abs. 1 stellt klar, dass das 1 Schiedsgericht, vorbehaltlich abweichender Parteivereinbarungen, die Befugnis zur Anordnung von Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen hat. Die Anordnungsbefugnis des Schiedsgerichts ist ab Übermittlung der Verfah- 2 rensakten an das Schiedsgericht (Art. 16) gegeben. Diese geht i.d.R. einher mit der Bekanntgabe der Konstituierung des Schiedsgerichts (s. Art. 16 Rz. 13). Gleichzeitig bleibt die Anordnungsbefugnis der zuständigen Justizorgane vor Übermittlung der Verfahrensakten an das Schiedsgericht, und in geeigneten Fällen auch nach diesem Zeitpunkt (Art. 28 Abs. 2), unberührt. Art. 28 ist demnach darauf bedacht, weder dem Schiedsgericht die ausschließliche Zuständigkeit zur Anordnung von Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen zu erteilen, noch diese Zuständigkeit zugunsten der staatlichen Gerichte auszuschließen. Die Parteien haben somit ein Wahlrecht, ob sie das Schiedsgericht oder die zuständigen Justizorgane in Anspruch nehmen wollen. Dies steht im Einklang mit dem im deutschen Recht verankerten Wahlrecht gemäß § 1033 ZPO. Im Ausland ist dieses Wahlrecht nicht immer gegeben. So ist die Befugnis zur 3 Anordnung von Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen in manchen Staaten ausschließlich den zuständigen Justizorganen vorbehalten, so etwa in der Volksrepublik China (§§ 28, 68 Schiedsgerichtsrecht der Volksrepublik China; § 258 Zivilprozessordnung der Volksrepublik China; Chinesischer Oberster Gerichtshof, Hemofarm DD v Jinan Yongning Pharm. Co. [2-008] Minsi Tazi 11), Italien Bassiri/Herzberg
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Art. 28 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht (§ 818 Codice di Procedura Civile mit Ausnahme von gewissen gesellschaftsrechtlichen Fragen; doch soll die Vorschrift nach im Schrifttum vertretener Auffassung auf institutionell administrierte Schiedsverfahren generell keine Anwendung finden: Biavati, Spunti Critici sui Poteri Cautelari degli Arbitrati, Rivista dell’Arbitrato 2013, S. 329 ff.); Thailand (§ 16 Thailändisches Schiedsverfahrensrecht) und Ägypten (Art. 24 des Gesetzes über die Zivil- und Handelsschiedsgerichtsbarkeit erlaubt vorläufige Entscheidungen nur, wenn die Parteien das Schiedsgericht hierzu ausdrücklich ermächtigt haben; ob die Einigung auf die ICC-SchO mit deren Art. 28 Abs. 1 hierzu ausreicht, ist unklar). Umgekehrt sperren manche Staaten den Zugang zu ihren staatlichen Gerichten auch in Eilsachen, sobald ein Schiedsgericht konstituiert ist, bspw. Frankreich (Art. 1449 Abs. 1, 1468 Nouveau Code de Procédure Civile, auch zu Ausnahmen). 4 Ein nicht konstituiertes Schiedsgericht kann auch noch keine (Eil-)Maßnahmen
treffen. Erwägt eine Partei, vor der Konstituierung des Schiedsgerichts einen Antrag auf Erlass von Sicherungs- oder vorläufigen Maßnahmen zu stellen, kommt außer der Inanspruchnahme der staatlichen Gerichte (Art. 28 Abs. 2) vor allem das in der ICC-SchO 2012 eingeführte Eilschiedsrichterverfahren nach Art. 29 in Betracht.
5 Ob, und wenn ja, in welcher Form und mit welchem Inhalt das Schiedsgericht
Sicherungs- und/oder vorläufige Maßnahmen trifft, liegt nach Art. 28 in seinem Ermessen, wobei etwaige Vorgaben der lex loci arbitri zu beachten sind. Art. 28 sieht von der Formulierung von Voraussetzungen oder Maßgaben zur Ausübung des Ermessens bewusst ab. Dem Schiedsgericht steht auch frei, ob die Anordnung in Form eines begründeten Beschlusses oder eines Schiedsspruchs ergeht. Die gewählte Handlungsform hat Folgen für die Vollstreckbarkeit der Anordnung, die nach nationalem Recht, ggf. i.V.m. völkerrechtlichen Verträgen wie dem UNÜ, zu beurteilen sind.
6 Abzugrenzen sind Anträge nach Art. 28 Abs. 1
– vom Eilschiedsrichterverfahren des Art. 29. Letzteres steht zur Verfügung, solange das Schiedsgericht noch nicht konstituiert ist; s. Rz. 4 sowie die Kommentierung zu Art. 29; – von kostenbezogenen (Zwischen-)Entscheidungen aller Art des Schiedsgerichts nach Art. 38 Abs. 3; – von Entscheidungen über die Zahlung des Kostenvorschusses oder über die Erstattung eines für die andere Seite vorgestreckten Kostenvorschusses (vgl. Art. 37 Abs. 5), die auch ohne Eilbedürftigkeit ergehen können; als Argument könnte angeführt werden, dass derartige Entscheidungen nicht vorläufiger Natur seien, da es sich bei der Verpflichtung zur hälftigen Zahlung des Kostenvorschusses um eine selbstständige vertragliche Verpflichtung handele, über die endgültig entschieden werde; – von Teilschiedssprüchen, über die für einen bestimmten bzw. (und sei es nachträglich) bestimmbaren Zeitraum einen Streitgegenstand (also insb. eine sich auf den jeweiligen Zeitraum beziehende Verhaltenspflicht) endgültig 478
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Sicherungsmaßnahmen und vorläufige Maßnahmen | Art. 28 ICC-SchO
verfügen. Dies kann bspw. die vertraglich vereinbarte Pflicht zur vorläufigen Umsetzung der Entscheidung eines Disputes Adjudication Boards betreffen, aber auch die Pflicht zur hälftigen Zahlung des Kostenvorschusses gemäß Art. 37 Abs. 2. Weder müssen, um einen Teilschiedsspruch zu diesem Streitgegenstand zu erlassen, die besonderen Voraussetzungen des Art. 28 vorliegen, noch handelt es sich um eine Vorwegnahme der Hauptsache. Vielmehr wird über die Hauptsache – richtig verstanden als das beanspruchbare Verhalten im betreffenden Zeitraum – abschließend entschieden. Die Verweigerung einer Sachentscheidung mit der Begründung, diese könne nur vorläufig sein, und die einer vorläufigen Entscheidung nach Art. 28 mit der Begründung, diese würde die Hauptsache vorwegnehmen, ist jedenfalls rechtsschutzverweigernd und daher inakzeptabel (vgl. auch BGH v. 19.9.2019 – I ZB4/19, SchiedsVZ 2020, 50 = NJW-RR 2020, 147, wonach der Art. 28 ICC-SchO flankierende § 1033 ZPO nicht auf lediglich materiell sichernden Charakter aufweisende Klageverfahren, im Streitfall nach § 648a BGB a.F., anwendbar ist); – von Anordnungen des Schiedsgerichts zur Vertraulichkeit (diese fallen unter Art. 22 Abs. 3); und – von Anordnungen des Schiedsgerichts zur Dokumentenherausgabe und zu sonstigen Einzelheiten des Verfahrens (für diese gilt Art. 25).
II. Verhältnis zu § 1041 ZPO Die Anordnungsbefugnis des Schiedsgerichts in Art. 28 Abs. 1 steht im Einklang 7 mit § 1041 ZPO, auch wenn einige Besonderheiten zu beachten sind. Der in § 1041 Abs. 1 Satz 1 ZPO erwähnte Streitgegenstandsbezug fehlt im 8 Wortlaut des Art. 28 Abs. 1. In der Praxis ist jedoch auch im Rahmen des Art. 28 Abs. 1 grds. ein Bezug zum Streitgegenstand erforderlich (s. Rz. 56 f.). Sicherheitsleistung nur durch die antragstellende Partei. Anders als § 1041 9 Abs. 1 Satz 2 ZPO (und Art. 25.1 Satz 3 DIS-SchO) sieht Art. 28 Abs. 1 eine Sicherheitsleistung nur durch die antragstellende Partei vor, nicht durch beide Parteien. Die dem Gericht eingeräumte Möglichkeit zur Anordnung einer Abwendungsbefugnis, die dem Antragsgegner gestattet, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden (§ 711 ZPO), wird in einem Schiedsverfahren zwar regelmäßig keine unmittelbare Relevanz haben. Dem steht aber insb. nicht entgegen, dass Inhalt der vorläufigen Maßnahme selbst – ggf. auch im Rahmen mehrerer, ggf. abgestufter Maßnahmen – die Hinterlegung von Geld oder anderen Vermögensgegenständen sein kann. Ferner sieht Art. 28 Abs. 1 keine Gefährdungshaftung i.S.d. § 1041 Abs. 4 ZPO 10 vor, jedoch eine etwaige Zahlung auf die Stellung angemessener Sicherheiten durch die antragstellende Partei, die nach Ermessen des Schiedsgerichts ergeht (s. Rz. 30, 67). Entscheidet sich das Schiedsgericht für die Stellung einer angemessenen Sicherheit durch den Antragsteller, so wird hierdurch aber gerade die Erfüllung des durch die ICC-SchO nicht abbedungenen – allerdings die erBassiri/Herzberg
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Art. 28 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht folgte Vollziehung voraussetzenden – Anspruchs aus § 1041 Abs. 4 ZPO abgesichert.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 11 Zunächst ist festzustellen, dass das Wahlrecht zwischen dem schiedsgericht-
lichen und dem gerichtlichen Rechtsschutz grds. (s. aber Rz. 3 zu Besonderheiten an einzelnen Schiedsorten) nicht ausschließlich ist. Die Parteien können nach Bekanntgabe der Konstituierung des Schiedsgerichts und Übermittlung der Verfahrensakten an das Schiedsgericht Anträge auf Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen gleichzeitig vor dem Schiedsgericht und den zuständigen Justizorganen stellen. Dies geht aus Art. 28 Abs. 2 und in Deutschland aus § 1041 Abs. 2 Satz 1 ZPO hervor. Ein Vorrang des gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzes ist in Deutschland allerdings dann gegeben, wenn im Verfahren der Vollziehungszulassung der schiedsgerichtlichen Anordnung zum einstweiligen Rechtsschutz bereits eine entsprechende Maßnahme bei einem deutschen Gericht beantragt worden ist (§ 1041 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
12 Ob eine Partei den Antrag auf Sicherungs- oder vorläufige Maßnahmen beim
Schiedsgericht oder bei den zuständigen Justizorganen einreicht, hängt vom Einzelfall ab. Oft sind dabei strategisch-taktische Überlegungen anzustrengen, einschließlich zur Vollstreckbarkeit der etwaigen Maßnahmen. Neben der Zeitund Kostenkomponente sind auch das nationale Schiedsrecht sowie das Vertrauen, das der Antragsteller in das Schiedsgericht bzw. die zuständigen Justizorgane hat, in Betracht zu ziehen. Zudem kann eine Antragstellung beim Schiedsgericht oder beim staatlichen Gericht von vornherein aufgrund des geltenden Rechts ausgeschlossen sein (s. Rz. 3). Ebenso muss im Einzelfall in Erwägung gezogen werden, ob nach Einschätzung des Antragstellers die Gegenpartei eher den Anordnungen des Schiedsgerichts oder der zuständigen Justizorgane Folge leisten wird.
13 Wenn die einstweilige Maßnahme in Deutschland vollstreckt werden muss, fällt
die Wahl zwischen dem schiedsgerichtlichen und dem gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutz regelmäßig zugunsten des gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzes aus. Dafür sprechen mehrere Gründe.
14 Erstens: Anders als von Art. 28 Abs. 1 vorausgesetzt, bedarf es im gerichtlichen
Verfahren in Deutschland nicht der Erhebung der Klage, da der gerichtliche einstweilige Rechtsschutz als selbständiges Verfahren neben dem Hauptsacheverfahren steht. Demgegenüber muss nach Art. 28 Abs. 1 die Schiedsklage gemäß Art. 4 bereits eingereicht und das Schiedsgericht gemäß Art. 12 konstituiert worden sein. Anderes gilt nur nach Art. 29 im Eilschiedsrichterverfahren i.V.m. Anhang V. Demnach kann ein Antrag auf Eilmaßnahmen unabhängig davon gestellt werden, ob die Schiedsklage bereits eingereicht worden ist oder nicht (Art. 29 Abs. 1 Satz 2). Allerdings ist das Eilschiedsrichterverfahren mit erhebli-
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Sicherungsmaßnahmen und vorläufige Maßnahmen | Art. 28 ICC-SchO
chen Kosten verbunden, ermöglicht regelmäßig (zu Ausnahmen Art. 29 Rz. 89) keine ex parte-Anordnungen, und vor allem ist noch unklar, ob eilschiedsrichterliche Anordnungen in Deutschland überhaupt der Zwangsvollstreckung zugänglich sind (Art. 29 Rz. 89). Überdies muss die Klageerhebung zwingend der Antragstellung im Eilschiedsrichterverfahren nachfolgen (Art. 1 Abs. 6 Anhang VI); im staatlichen Verfahren besteht hierzu keine verfahrensrechtliche Veranlassung, soweit der Gegner nicht einen in der Praxis seltenen Antrag auf Anordnung der Klageerhebung gemäß § 926 Abs. 1 ZPO gestellt hat. Zweitens: Während es im gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutz auf Antrag 15 zu ex parte-Anordnungen (d.h. Beschlussverfügungen ohne vorhergehende Anhörung des Antragsgegners) kommen kann, allerdings auch insoweit nur unter engen Voraussetzungen, die den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzen (BVerfG v. 30.9.2018 – 1 BvR 1783/17, NJW 2018, 3631), ergehen im Schiedsverfahren – ebenso wie im Eilschiedsrichterverfahren – einstweilige Maßnahmen grds. nicht ex parte, da sie als Verletzung des rechtlichen Gehörs angesehen werden (Gaier, SchiedsVZ 2021, 7 [12]; s. Rz. 59). Drittens: Wenn vorhersehbar ist, dass die Gegenpartei eine Zuständigkeitsrüge 16 gegenüber dem Schiedsgericht erheben wird. Durch die Anrufung der staatlichen Gerichte wird (zumindest temporär) eine Verkomplizierung im Rahmen der schiedsgerichtlichen Anordnung von Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen hinsichtlich der Zuständigkeit des Schiedsgerichts eventuell vermieden. Viertens: Die Vollstreckung einstweiliger Verfügungen staatlicher Gerichte in 17 Deutschland gestaltet sich bedeutend einfacher als jene schiedsgerichtlicher Eilentscheidungen. Einstweilige Verfügungen bedürfen keiner Vollstreckungsklausel und können sogar ohne vorherige Zustellung an die Gegenpartei vollstreckt werden (§§ 936, 929 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 ZPO). Eine vorläufige Maßnahme eines Schiedsgerichts mit deutschem Schiedsort bedarf dagegen zunächst der „Vollziehungszulassung“ (§ 1041 Abs. 2 ZPO). § 1063 Abs. 3 ZPO erlaubt zwar die einstweilige Anordnung der vorläufigen Zulassung einer vorläufigen, schiedsgerichtlichen Maßnahme zur Vollstreckung, doch sind mit dem Verfahren in der Praxis verschiedene Unsicherheiten verbunden, die zu Verzögerungen und hierdurch zu Rechtsnachteilen führen können (ausführlich Herzberg/Eller, SchiedsVZ 2018, 336). Vorläufige Maßnahmen eines Schiedsgerichts mit ausländischem Schiedsort sind in Deutschland nach richtiger Auffassung zwar jedenfalls dann der Vollstreckbarerklärung zugänglich, wenn es sich um Schiedssprüche handelt, was für die Zwecke des Vollstreckbarerklärungsrechts sogar für Eilschiedsrichterentscheidungen zu bejahen sein kann. Doch ist dies keinesfalls unumstritten, und es wird sogar vertreten, nicht einmal dem – zu weiteren Verzögerungen führenden – Genehmigungsverfahren nach Art. 34 unterworfen gewesene ausländische Schiedssprüche, mit denen vorläufige bzw. einstweilige Maßnahmen getroffen werden, seien in Deutschland der Vollstreckbarerklärung zugänglich, weil auf sie wegen ihres vorläufigen Charakters das UNÜ nicht anwendbar sei und § 1061 ZPO eine weiter gehende Vollstreckungsmöglichkeit nicht schaffe (Voit in Musielak/Voit, § 1061 ZPO Rz. 3 m.w.N.). Bassiri/Herzberg
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Art. 28 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 18 Das schiedsgerichtliche Verfahren zur Anordnung von Sicherungs- und vorläu-
figen Maßnahmen und nicht das gerichtliche Verfahren ist in Deutschland zu bevorzugen, soweit in Erwägung gezogen wird, Maßnahmen zu beantragen, die nicht durch den in der ZPO vorgesehenen numerus clausus des einstweiligen Rechtsschutzes beschränkt sind (Art. 25 Abs. 1 DIS-SchO Rz. 11, 33). Ferner sieht Art. 28 Abs. 1 kein Widerspruchsverfahren wie nach §§ 936, 924 ZPO vor (s. Art. 25 Abs. 1 DIS-SchO Rz. 10). Dass Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen möglicherweise in mehreren Staaten vollzogen werden sollen, spricht nicht notwendigerweise für eine schiedsgerichtliche Anordnung, da jedenfalls in der EU die Abschaffung des Exequaturverfahrens auch in Eilsachen insoweit zeitund kostengünstige Möglichkeiten eröffnen kann, wenn die Maßnahmen vom Hauptsachegericht i.S.d. Art. 2 Buchst. a Abs. 2 sowie Art. 42 Abs. 2 EuGVVO getroffen wurden. Bei Eilentscheidungen staatlicher Gerichte, denen aufgrund der Schiedsvereinbarung die Hauptsachezuständigkeit fehlt, ist insoweit auf den Schiedsort abzustellen (vgl. für die sich im Rahmen des § 943 ZPO parallel stellende Frage im selben Sinne wie hier OLG Hamburg v. 6.5.1996 – 6 W 32/96, NJW 1997, 749; LG Regensburg v. 3.8.2004 – 1 HK O 1181/04 (1), BeckRS 2014, 12605; a.A. Huber in Musielak/Voit § 943 ZPO Rz. 2).
IV. Voraussetzungen 19 Der einstweilige Rechtsschutz durch das Schiedsgericht erfordert (a) die Konsti-
tuierung des Schiedsgerichts (s. Rz. 2, 4, 20), (b) einen begründeten Antrag (s. Rz. 21–32), und (c) die Angemessenheit der beantragten Maßnahme (s. Rz. 33 ff.). Art. 28 ICC-SchO beinhaltet keine Maßstäbe, aus denen sich ergäbe, wann ein solcher Antrag angemessen und damit begründet ist. Nach den Maßstäben des deutschen Verfahrensrechts müssen die die Begründetheit des Antrags und insb. die Angemessenheit der ihm zu Grunde liegenden Tatsachen substantiiert vorgetragen und glaubhaft gemacht werden. In internationalen Schiedsverfahren deckt sich diese Voraussetzung regelmäßig mit dem Erfordernis, dass der Antragstellervortrag und die von ihm vorgelegten Dokumente oder sonstigen Gegenstände die Maßnahme prima facie als angemessen erscheinen lassen. 1. Konstituierung des Schiedsgerichts
20 Während die Übermittlung der Schiedsverfahrensakten an das Schiedsgericht als
erster Zeitpunkt, ab dem das Schiedsgericht die Anordnungsbefugnis erlangt hat, im Wortlaut von Art. 28 Abs. 1 Erwähnung findet („sobald ihm die Schiedsverfahrensakten übermittelt worden sind“), ist Sinn und Zweck der Vorschrift, dass mit Bekanntgabe der Konstituierung des Schiedsgerichts, dieses die Anordnungsbefugnis erhält (zur regelmäßigen Verknüpfung von Konstituierung und Aktenübergabe s. Art. 16 Rz. 7). Die Bekanntgabe der Konstituierung des Schiedsgerichts und Übermittlung der Verfahrensakten findet (normalerweise) per elektronischer Mitteilung zeitgleich statt. Eine eventuell unvollständige Übermittlung der Verfahrensakten schließt die Anordnungsbefugnis des Schiedsgerichts nicht aus.
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Sicherungsmaßnahmen und vorläufige Maßnahmen | Art. 28 ICC-SchO
2. Auf Antrag einer Partei Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen sind nur auf Antrag einer Partei an- 21 zuordnen. Ausgeschlossen ist damit die Befugnis des Schiedsgerichts, sua sponte solche Maßnahmen anzuordnen, es sei denn, die Parteien haben etwas anderes vereinbart. Form und Inhalt. Der Antrag auf Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen be- 22 darf keiner besonderen Form. Er kann wie jeder andere prozessuale Antrag gestellt werden. Dabei sind die eventuell im Schiedsverfahren vereinbarten oder erlassenen besonderen Verfahrensregeln zu berücksichtigen (vgl. Art. 19). Der Antrag sollte so konkret wie möglich gefasst werden, damit die Entschei- 23 dungsfindung für das Schiedsgericht erleichtert wird. Dabei ist es nicht erforderlich, dass die inhaltlichen Vorgaben des Art. 4 Abs. 3 zur Schiedsklage eingehalten werden. Es besteht auch die Möglichkeit zu beantragen, das Schiedsgericht möge bereits vor der Entscheidung über den Antrag anordnen, der Antragsgegner solle bis zur Entscheidung über den Antrag vorläufig nichts unternehmen, was die Wirksamkeit der beantragten Maßnahme gefährden würde (im deutschen staatlichen Verfahren als „Hängebeschluss“ oder „Zwischenverfügung“ bezeichnet). Empfehlung: Es empfiehlt sich, die Vorgaben in Art. 4 Abs. 3 als „Checkliste“ für die inhaltlichen Erfordernisse des Antrags zu nutzen.
24
Adressat des Antrags ist das Schiedsgericht.
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Sprache des Antrags. Der Antrag auf Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen 26 ist in der Verfahrenssprache zu stellen. Empfehlung: Ist die Verfahrenssprache zum Zeitpunkt des Antrags noch nicht bestimmt (z.B., weil sich die Parteien nicht auf die Verfahrenssprache einigen konnten und das Schiedsgericht diese noch nicht bestimmt hat), ist zu empfehlen, den Antrag in der Vertragssprache und/oder in der Sprache zu stellen, in der die Kommunikation zwischen den Parteien in der Vergangenheit stattgefunden hat. Will der Antragsteller in einem solchen Fall erwirken, dass die Anordnung in einem Land, in der eine andere Sprache als die Verfahrenssprache herrscht, vollzogen wird, so ist dies ggf. bereits im Antrag zu erörtern, um damit das Schiedsgericht dahingehend zu bewegen, die Anordnung (auch) in der Landessprache des Vollziehungsverfahrens zu erlassen.
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Nachweis der Schiedsvereinbarung. Der Antrag auf Sicherungs- und vorläufige 28 Maßnahmen sollte den Nachweis der Schiedsvereinbarung beinhalten, die die Zuständigkeit des Schiedsgerichts begründet bzw. auf die der Antrag gestützt wird (BayObLG v. 18.8.2020 – 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 315 [316]). Damit wird auch das etwaige Vollziehungsverfahren vor Gericht erleichtert. Empfehlung: Sollte vorhersehbar sein, dass die Gegenpartei die Zuständigkeit des Schiedsgerichts in Frage stellen wird, ist es empfehlenswert, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts bereits im Antrag näher zu erörtern.
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Stellung angemessener Sicherheiten durch die antragstellende Partei. Art. 28 30 Abs. 1 Satz 2 sieht vor, dass das Schiedsgericht die Anordnung auf SicherungsBassiri/Herzberg
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Art. 28 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht und vorläufige Maßnahmen von der Stellung angemessener Sicherheiten durch die antragstellende Partei abhängig machen kann. Die angemessene Sicherheit dient dem Zweck, dass der Gegenpartei eine finanzielle Kompensierung zur Verfügung steht, wenn das Schiedsgericht im Hauptsacheverfahren feststellt, dass seine Anordnung auf Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen nicht hätte ergehen sollen. Daher bietet es sich im Einzelfall an, die Stellung einer angemessenen Sicherheit bereits im Antrag in Aussicht zu stellen. Hier sind taktischstrategische Erwägungen in Betracht zu ziehen. Zum einen kann so bekräftigt werden, dass dem Antragsteller die beantragte Maßnahme von Bedeutung ist. Zum anderen kann damit u.U. die Höhe und Art der Sicherheit beeinflusst werden. Auch wird der Zeitaufwand des mit einer solchen Entscheidung konfrontierten Schiedsgerichts gemindert. In Betracht kommt insb. die Hinterlegung einer Kaution auf einem Treuhandkonto. S. auch Rz. 67. 31 Ein Antrag auf Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen ist nicht erfolgreich, so-
weit das anwendbare Schiedsverfahrensrecht keine Anordnungsbefugnis des Schiedsgerichts vorsieht (s. Rz. 3 f.), da sich das Schiedsgericht i.d.R. dem anwendbaren Verfahrensrecht fügt. Soweit das anwendbare Recht den Ausschluss der Anordnungsbefugnis des Schiedsgerichts nicht als zwingendes Recht ansieht, kann die Einigung der Parteien auf die ICC-SchO allerdings die Anordnungsbefugnis des Schiedsgerichts gemäß Art. 28 Abs. 1 begründen.
32 Empfehlung: Andernfalls kann in Erwägung gezogen werden, einen Antrag auf eine Empfehlung des Schiedsgerichts dahingehend zu stellen, dass das Schiedsgericht dem staatlichen Gericht (dringend) empfiehlt, bestimmte Maßnahmen zu treffen.
3. Angemessenheit der Maßnahme 33 Anwendbares Recht. Der Antrag auf Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen
muss das anwendbare Recht hinsichtlich der Anordnungsbefugnis des Schiedsgerichts berücksichtigen. In der Regel richtet sich das anwendbare Recht, mit dem die beantragte Maßnahme im Einklang stehen muss, nach dem Schiedsverfahrensrecht am Sitz des Schiedsverfahrens. Daher sollte der Antragsteller im Rahmen der Darlegung der Angemessenheit der beantragten Maßnahme auf das am Schiedsort geltende Schiedsverfahrensrecht Bezug nehmen. In Deutschland ist damit auf § 1041 ZPO zu verweisen.
34 Anforderungen an die Angemessenheit. Art. 28 Abs. 1 knüpft keine bestimm-
ten Anforderungen an die Angemessenheit der Maßnahme. Auch § 1041 ZPO ist in dieser Hinsicht nicht ergiebig, da er sich lediglich auf die Erforderlichkeit der Maßnahme bezieht. Eine hilfreiche Auflistung zur staatlichen Kontrolle einer schiedsrichterlichen Sicherungs- und vorläufigen Maßnahme findet sich in BayObLG v. 18.8.2020 – 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 315 [316].
35 Falls die Parteien keine vertraglichen Voraussetzungen vereinbart haben, emp-
fiehlt es sich, die Angemessenheit einer Sicherungs- und vorläufigen Maßnahme auf den im internationalen Schiedsverfahren geltenden Erfordernissen bzw. „best practices“ aufzubauen. Empfehlenswert ist hierbei die Heranziehung des 484
| Bassiri/Herzberg
Sicherungsmaßnahmen und vorläufige Maßnahmen | Art. 28 ICC-SchO
Art. 17 A des 2006 UNCITRAL-ModG. Dementsprechend fordern die meisten internationalen Schiedsgerichte, dass (a) der Antragsteller andernfalls einen erheblichen oder irreparablen Nachteil erleiden würde (s. Rz. 40), (b) keine Vorwegnahme der Hauptsache gegeben ist (s. Rz. 41), und (c) Eilbedürftigkeit vorliegt (s. Rz. 42). Einige Schiedsgerichte fordern darüber hinaus, dass der Antragsteller unter Zugrundelegung der von ihm dargelegten Tatsachenbehauptungen mit dem von ihm geltend gemachten Anspruch im Schiedsverfahren prima facie obsiegen würde (sog. Hauptsacheprognose) (s. Art. 25 DIS-SchO Rz. 18 ff.). Auch ziehen internationale Schiedsgerichte bei ihrer Entscheidung über die beantragte Maßnahme den relativen Nachteil in Betracht, den alle Parteien erleiden würden, wenn die beantragte Maßnahme angeordnet werden würde oder nicht. Für Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland sowie deutsch geprägte Verfahren 36 empfiehlt es sich, sich an den im einstweiligen Rechtsschutz nach deutschem Recht geltenden Voraussetzungen zu orientieren. Dies bedeutet, dass zwischen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zu unterscheiden ist. Zu den Anforderungen an den Anordnungsanspruch und -grund wird auf die Ausführungen zu Art. 25 DIS-SchO verwiesen (vgl. auch BayObLG v. 18.8.2020 – 1 Sch 93/ 20 SchiedsVZ 2020, 315 [316], Art. 25 DIS-SchO Rz. 18 ff.). Anscheinsbeweis. Der Antragsteller muss prima facie darlegen, dass die Anfor- 37 derungen, die für die beantragte Maßnahme erheblich sind, erfüllt sind. Dies bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens der Anforderungen gegeben sein muss. Für Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland heißt dies, dass der Antragsteller den Anordnungsanspruch und -grund glaubhaft machen muss (§§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO, s. auch Art. 25 DIS-SchO Rz. 19). Für die Glaubhaftmachung stehen dem Antragsteller hierzu alle ordentlichen 38 Beweismittel zur Verfügung. Demnach sind dem Antrag vollumfängliche Beweismittel beizulegen, inklusive Urkunden und schriftliche Zeugenaussagen. Das Schiedsgericht entscheidet nach seinem Ermessen über die Zulässigkeit und Erheblichkeit der Beweise (Art. 25 und § 1042 Abs. 4 Satz 2 ZPO). Ausgenommen ist allerdings die Glaubhaftmachung durch Versicherung an Eides statt. Das Schiedsgericht ist diesbezüglich keine zur Entgegenahme befugte Stelle (OLG Saarbrücken v. 27.2.2007 – 4 Sch 1/07, SchiedsVZ 2007, 323 [327]; Art. 25 DIS-SchO Rz. 19). Doch kann schriftlichen Zeugenaussagen in Schiedsverfahren auch ohne die Versicherung ihrer Richtigkeit an Eides Statt Glaubhaftmachungswert zuzumessen sein. Auch kommt in Betracht, eine eidesstattliche Versicherung gemäß § 38 BeurkG durch einen Notar beurkunden zu lassen, im Ausland durch einen deutschen Konsularbeamten mit Befähigung zum Richteramt oder mit besonderer konsularischer Ermächtigung (§ 10 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, Abs. 3, § 19 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 24 Abs. 1 Satz 1 KonsG). Ferner sollte der Antragsteller den zugrundeliegenden Vertrag bei der Antrags- 39 formulierung nicht außer Betracht lassen. Vertraglich verankerte Wettbewerbsverbote sowie Vertraulichkeits- und Verschwiegenheitsgebote könnten den Bassiri/Herzberg
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Art. 28 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Antrag auf diesbezügliche Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen beschränken oder erweitern und sollten sich daher im Wortlaut des Antrags widerspiegeln. 40 Die Voraussetzung, dass der Antragsteller andernfalls einen irreparablen Nach-
teil erleiden würde, beinhaltet, dass prima facie ein Nachteil wahrscheinlich ist, der nicht durch einen Geld- (z.B. Schadensersatzanspruch) zugunsten des Antragstellers durch einen Schiedsspruch angemessen ausgeglichen werden könnte. Der Begriff des drohenden, irreparablen Nachteils ist weit zu verstehen und insb. nicht im Sinne eines engen, haftungsrechtlichen Schadensbegriffs des anwendbaren Sachrechts (englisch: „irreparable harm“, nicht etwa „loss“ oder „damage“). Der drohende Nachteil beschränkt sich nicht auf einen reinen Vermögensschaden und kann z.B. auch einen Reputationsverlust oder die Abwerbung von Kunden durch einen Wettbewerber darstellen. Ein Geldanspruch kann auch dann zum Nachteilsausgleich unzureichend sein, wenn zu befürchten steht, dass das Vermögen des Antragsgegners zur Befriedigung des Anspruchs nicht ausreicht oder im Zeitpunkt der faktischen und rechtlichen Durchsetzbarkeit des Anspruchs nicht ausreichen wird. Zu berücksichtigen sein kann insoweit auch das in der Vergangenheit liegende Verhalten des Antragsgegners, wenn es auf eine Verschleierung oder Verschleuderung von Vermögenswerten, bei juristischen Personen auch auf eine Verschleierung der geschäftlichen Verhältnisse (z.B. durch Falschangaben zu geschäftlichen Anschriften oder Vertretungsverhältnissen, Handelsregistereintragungen oder steuerlichen Verhältnissen), auf ein nicht rechtstreues Verhalten (z.B. unterbliebene Veröffentlichung von Jahresabschlüssen, Unterlassen erforderlicher Anmeldungen zum Handelsregister) oder auf das Vorliegen von Insolvenzgründen hindeuten kann.
41 Für die Voraussetzung, dass prima facie die einstweilige Maßnahme keine Vor-
wegnahme der Hauptsache zum Inhalt hat, ist maßgeblich, dass die Anordnung auf einer provisorischen Entscheidungsfindung durch das Schiedsgericht beruht. Daher darf das Schiedsgericht nicht Gefahr laufen, mit seiner Anordnung über die Hauptsache zu entscheiden. Allerdings sind im deutschen Zivilprozessrecht (enge) Ausnahmen zu diesem Grundsatz unter dem Gesichtspunkt der Güterabwägung anerkannt, die auch in Schiedsverfahren mit einem deutschen Schiedsort in Betracht kommen können, insb., wenn nur so eine existenzielle Gefährdung für die Antragstellerseite werden kann.
42 Die Eilbedürftigkeit ist eine Voraussetzung, die grds. prima facie vorliegen
muss, um der Besonderheit der Sicherungs- und vorläufigen Maßnahme in zeitlicher Hinsicht gerecht zu werden. Andernfalls hätte der Antragsteller mit dem Antrag bis zur Hauptsacheverhandlung und der endgültigen Entscheidung warten können. Die Eilbedürftigkeit kann nach den – bei deutschen Schiedsorten auch in Schiedsverfahren zu berücksichtigenden – Maßstäben des deutschen Rechts auch dann verloren gegangen sein, wenn der Antragsteller trotz Kenntnis der den Antrag begründenden Tatsachen unangemessen lange gewartet hat, bevor er den Antrag gestellt hat (so genannte Selbstwiderlegung der Dringlichkeit). Ist das Schiedsgericht noch nicht konstituiert, sollte daher ggf. das Eilschiedsrichterverfahren (Art. 29) oder auch der einstweilige Rechtsschutz vor staatli486
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Sicherungsmaßnahmen und vorläufige Maßnahmen | Art. 28 ICC-SchO
chen Gerichten (§ 1033 ZPO) in Anspruch genommen werden. Im deutschen Recht wird für einzelne Fallgruppen gesetzlich und/oder von der Rechtsprechung das Erfordernis der Eilbedürftigkeit aufgehoben oder durch Aufstellung von Fiktionen oder Vermutungen relativiert (z.B. §§ 917 Abs. 2 Sätze 1 und 2, 862, 858 BGB, § 12 Abs. 1 UWG). Diese Wertungen sind durch Schiedsgerichte zu berücksichtigen, da Art. 28 Abs. 1 ICC-SchO insoweit offen ist. Ist bspw. die Vollstreckung eines Schiedsspruchs dort, wo der Gegner Vermögen hat, nicht gewährleistet (weil dort das UNÜ nicht gilt oder angewandt wird), kann dies für die Eilbedürftigkeit möglicherweise bereits genügen. Dasselbe gilt, wenn letztlich auf ein Schiff oder Luftfahrzeug zugegriffen werden soll, weil hier die Gefährdung des Vollstreckungszugriffs sachtypisch ist. Auch kommen je nach den Verhältnissen am Schiedsort einstweilige Anordnungen unter möglicherweise gegenüber dem Vorstehenden erheblich gelockerten Voraussetzungen an die Eilbedürftigkeit in Betracht. 4. Form der Entscheidung Begründeter Beschluss oder Schiedsspruch. Da es gemäß Art. 28 Abs. 1 Satz 3 43 im Ermessen des Schiedsgerichts steht, die beantragte Sicherungs- oder vorläufige Maßnahme als begründeten Beschluss oder als Schiedsspruch zu erlassen, sollte der Antragsteller die gewünschte Form der Anordnung unter Berücksichtigung des nationalen Schiedsrechts in seinen Antrag aufnehmen. Auch Überlegungen zur Zeit- und Kosteneffizienz sowie zur Vollstreckungssicherheit sollten in dieser Hinsicht in Betracht gezogen werden. Die Anordnung in Form eines Schiedsspruchs kann die Kosten des Verfahrens erhöhen. Hinzu kommt die Überlegung, dass eine Anordnung von Sicherungs- und vor- 44 läufigen Maßnahmen in Form eines Schiedsspruchs eine Genehmigung desselben durch den Gerichtshof gemäß Art. 34 erfordert. Ferner wird damit der Weg frei für Berichtigungs- und Auslegungsanträge der Parteien und Berichtigungen durch das Schiedsgericht (Art. 36 Abs. 1). Die obligatorische Schiedsspruchsgenehmigung sowie eventuelle Folgeverfahren können zu Verzögerungen in einem eventuellen Vollziehungsverfahren führen, wenn nach dem anwendbaren Recht nicht nur der Schiedsspruch, sondern auch ein Addendum zum Schiedsspruch zur Vollziehung abgewartet werden muss. Eine wie auch immer geartete zeitliche Verzögerung läuft dem Zweck der Sicherungs- und vorläufigen Maßnahme jedenfalls zuwider. In der Praxis ergehen Anordnungen im schiedsgerichtlichen Eilrechtsschutz 45 meist in der Form von Beschlüssen, die in der Mehrheit der Fälle von den Parteien befolgt werden. Dies spiegelt die Verpflichtung der Parteien aus Art. 22 Abs. 5 wider, alle vom Schiedsgericht erlassenen Verfügungen und Beschlüsse zu befolgen. Handelt es sich um eine Anordnung in Form eines Schiedsspruches, so ergibt sich die Verpflichtung der Parteien, den Schiedsspruch unverzüglich zu erfüllen, aus Art. 35 Abs. 6. Hinsichtlich der Vollstreckungssicherheit sind völkerrechtliche Verträge wie UNÜ und EuÜ sowie die nationalen Schiedsrechte zu beachten (s. Rz. 73). Bassiri/Herzberg
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Art. 28 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 46 Gleichzeitiger gerichtlicher Rechtsschutz. In Deutschland kann gleichzeitiger
gerichtlicher Rechtsschutz grds. gewährt werden (s. Rz. 2), es sei denn, es fehlt am Rechtsschutzbedürfnis. Dieses ist gemäß § 1041 Abs. 2 Satz 1 ZPO dann nicht (mehr) gegeben, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über einen Antrag auf Vollziehungszulassung der schiedsgerichtlichen Anordnung eine entsprechende einstweilige Maßnahme bereits bei einem deutschen Gericht beantragt worden ist (BayObLG v. 18.8.2020 – 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 315 [316], s. Rz. 11). Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Vollziehungszulassung bei Gericht. Dies bedeutet, dass parallel zu einer schiedsrichterlichen Anordnung von Sicherungs- oder vorläufigen Maßnahmen, ein gerichtlicher Beschluss auf einstweiligen Rechtsschutz ergehen kann. Lediglich die Vollziehung aus beiden Anordnungen ist nicht gestattet. 5. Rechtsfolgen
47 Soweit die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 gegeben sind, kann das Schieds-
gericht „auf Antrag einer Partei ihm angemessen erscheinende Sicherungsmaßnahmen oder vorläufige Maßnahmen anordnen.“ Ferner kann das Schiedsgericht „die Anordnung solcher Maßnahmen von der Stellung angemessener Sicherheiten durch die antragstellende Partei abhängig machen.“ Auch steht es im Ermessen des Schiedsgerichts, solche Anordnungen „in Form eines begründeten Beschlusses oder eines Schiedsspruchs“ ergehen zu lassen.
48 Damit sind die folgenden vier Elemente auf der Rechtsfolgenseite relevant: (a)
die Anordnungsbefugnis des Schiedsgerichts, (b) das Ermessen des Schiedsgerichts hinsichtlich der Anordnung der spezifischen vorläufigen Maßnahme, (c) die Stellung angemessener Sicherheit durch die antragstellende Partei und (d) das Ermessen des Schiedsgerichts hinsichtlich der Form der Anordnung.
49 Die Anordnungsbefugnis des Schiedsgerichts ist grds. weit gefasst. Es sind aller-
dings einige Punkte zu beachten.
50 Grenzen der Anordnungsbefugnis. Die Anordnungsbefugnis des Schieds-
gerichts ist in den Fällen nicht gegeben, in denen die Parteien eine solche ausgeschlossen haben (s. Rz. 82 f.).
51 Ferner kann das anwendbare Schiedsverfahrensrecht die Anordnungsbefugnis
des Schiedsgerichts begrenzen oder gänzlich ausschließen (s. Rz. 3). Die Parteien sollten bereits bei der Abfassung von Schiedsvereinbarung und Hauptvertrag die möglicherweise unerwünschte Reichweite so genannter „sole remedy“ bzw. „exclusive remedy“-Klauseln angelsächsischer Prägung erkennen und bedenken, da diese Klauseln möglicherweise auch jeden „injunctive relief“ – d.h. auch die Verfügbarkeit von Eilrechtsschutz nach Art. 28 – ausschließen können. Im aktionenrechtlich geprägten common law wird keine strikte Grenze zwischen materiellem Anspruch und prozessualer Antragsart gezogen. Dasselbe gilt für Klauseln, durch die „equitable remedies“ ausgeschlossen werden sollen; hierzu zählen nach klassischem angelsächsischen Verständnis neben sämtlichen Primäransprüchen auf Erfüllung auch Nebenansprüche auf Unterlassung sowie die 488
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Sicherungsmaßnahmen und vorläufige Maßnahmen | Art. 28 ICC-SchO
Verfügbarkeit einstweiligen Rechtsschutzes. Je nach Ausgestaltung der Schiedsklausel und des Rechts am Forumort kann in solchen Fällen dann möglicherweise nur bzw. wenigstens noch Eilrechtsschutz vor den staatlichen Gerichten in Betracht kommen (s. z.B. Pennsylvania Superior Court, Trustees of the University of Pennsylvania v Aetna Inc., No 3023 EDA 2012). Wie sich aus dem Wortlaut des Art. 28 Abs. 1 ergibt, ist in zeitlicher Hinsicht 52 die Anordnungsbefugnis dahingehend eingeschränkt, dass das Schiedsgericht bereits konstituiert und die Schiedsverfahrensakten dem Schiedsgericht übermittelt worden sein müssen (s. Rz. 2, 4, 20). Ferner wird mit Erlass des Endschiedsspruchs das Schiedsgericht functus officio; seine Anordnungsbefugnis endet (OLG Frankfurt am Main v. 31.7.2013 – 26 SchH 4/13, juris). Keine Anordnungsbefugnis gegenüber Dritten. Eine weitere Begrenzung der 53 Anordnungsbefugnis des Schiedsgerichts besteht im Verhältnis zu Dritten. So hat das Schiedsgericht nicht die Befugnis, Maßnahmen anzuordnen, die gegen Dritte gerichtet sind. Lediglich die Parteien des anhängigen Schiedsverfahrens können von der vom Schiedsgericht angeordneten Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen betroffen sein. Damit ist eine Pfändung nicht möglich. Das gilt auch für die Pfändungen so genannter drittschuldnerloser Rechte (vgl. § 857 Abs. 2 ZPO), weil auch diese erga omnes wirken und im Rechtsverkehr von Dritten – so etwa bei gewerblichen Schutzrechten den Patent- und Markenämtern – zu beachten sind. Für eine Bindung Dritter an Entscheidungen des Schiedsgerichts fehlt es aber an einer rechtlichen Grundlage, diese kann erst durch die Vollziehungszulassung (§ 1041 ZPO) erreicht werden. Erlassen kann das Schiedsgericht allerdings einen dinglichen Arrestbefehl i.S.d. § 917 ZPO, weil dieser lediglich die Grundlage für auf seiner Grundlage ergangene Pfändungsanordnungen ist. Letztere können dann – unbeschadet der Möglichkeit des Gläubigers, Vorpfändungen gemäß § 845 ZPO auszubringen – ausschließlich vom staatlichen Gericht ausgesprochen werden. Nach richtiger Auffassung sind hierfür analog § 930 Abs. 1 Satz 3 ZPO die mit der Vollziehungszulassung befassten Gerichte örtlich, sachlich und funktional zuständig (Herzberg/Eller, SchiedsVZ 2018, 336 m.w.N.). Eine schiedsgerichtliche Anordnung kann jedoch bewirken, dass eine dritte 54 Partei unmittelbar betroffen ist. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn das Schiedsgericht auf Antrag einer Partei die Erhaltung des Status quo der vertraglichen Verhältnisse zwischen den Parteien anordnet und damit dem Antragsgegner unterbindet, ein vertragliches Verhältnis mit einer dritten Partei einzugehen. Auch ist die Befugnis des Schiedsgerichts dahingehend begrenzt, dass es seine 55 eigenen Beschlüsse und Schiedssprüche nicht vollstrecken kann. Die Vollstreckung eines Anordnungsbeschlusses und eines Anordnungsschiedsspruchs ist den nationalen Gerichten (Saarländisches OLG v. 27.2.2007 – 4 Sch 1/07, SchiedsVZ 2007, 323; OLG Frankfurt/M v. 31.7.2013 – 26 SchH 4/13, juris; BayObLG v. 18.8.2020 – 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 315) bzw. sonstigen Vollstreckungsorganen vorbehalten (s. Rz. 73). Bassiri/Herzberg
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Art. 28 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 56 Streitgegenstandsbezug. Art. 28 fordert nicht explizit, dass die Maßnahme ei-
nen Streitgegenstandsbezug aufweisen muss. Dies ist aber selbstverständlich (BayObLG v. 18.8.2020 – 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 315). Zu beachten ist allerdings, dass das Schiedsgericht im Rahmen seiner Anordnungsbefugnis auch sichernde und vorläufige Maßnahmen anordnen darf, auf die kein klagbarer Hauptsacheanspruch besteht, wenn hierdurch gerade die Sicherung des Hauptsacheanspruchs bewirkt wird. So kann die Übergabe einer Sache oder einer Kopie eines Datenbestandes oder die Einräumung eines Serverzugangs an einen vom Schiedsgericht oder vom Antragsteller bestimmten Treuhänder, Sequester oder Gutachter zur Sicherung eines wegen des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache als solchen im einstweiligen Verfahren nicht titulierbaren Erfüllungsanspruchs oder zur Vorbereitung der Bezifferung von Schadensersatzansprüchen angeordnet werden. Aus einer Gesamtanalogie zu den §§ 938 Abs. 1, 1041 Abs. 2 Satz 2 ZPO folgt ferner, dass eine strikte Bindung des Schiedsgerichts an den Wortlaut des Antrags nicht zu fordern ist. Zweckentsprechende Maßnahmen können auch angeordnet werden, wenn sie redaktionell oder inhaltlich abweichend beantragt wurden.
57 Ist der Schiedsauftrag bereits unterschrieben, kann sich die Befugnis des
Schiedsgerichts grds. nur auf Maßnahmen beziehen, die zur Sicherung von im Schiedsauftrag reflektierten Ansprüchen dienen. Dies ergibt sich aus Art. 23 Abs. 4; doch kann das Schiedsgericht (inzident) neue Ansprüche zulassen. Ist der Schiedsauftrag noch nicht unterzeichnet, wird sich die Befugnis des Schiedsgerichts nach den in der Schiedsklage (s. Art. 4), in der Klageantwort und ggf. in der Widerklage (s. jeweils Art. 5) dargestellten anspruchsbegründeten Tatsachen und Umständen sowie den Anspruchsgrundlagen, auf die die Ansprüche gestützt werden, richten. Auch ist es möglich, den Streitgegenstand in dem Antrag auf Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen zu erweitern.
58 Anhörung des Antragsgegners. In aller Regel wird dem Antragsgegner die
Möglichkeit gegeben, Stellung zu nehmen, auch wenn die Fristen regelmäßig recht kurz sind. Dem folgt oft eine Duplik des Antragstellers und eine Replik des Antragsgegners. Selten kommt es vor, dass die schiedsrichterliche Anordnung von Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen ohne Anhörung des Antragsgegners erlassen wird, d.h. eine sog. ex parte-Anordnung erfolgt, doch kommen so genannte Hängeverfügungen in Betracht; vgl. Rz. 23.
59 Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nach der ICC-SchO gibt es grds.
keinen Raum und auch nur selten ein echtes Bedürfnis für eine reine ex parteAnordnung. Bei Eilmaßnahmen nach Art. 29 sind diese unstreitig ausgeschlossen. Eine ex parte-Anordnung kann vom konstituierten Schiedsgericht dennoch ausnahmsweise erlassen werden, wenn eine vorherige Anhörung des Antragsgegners dem Zwecke der Sicherungs- oder vorläufigen Maßnahme entgegenlaufen würde. In der Praxis ist insb. in Fällen des Erhalts des Status quo eine ex parte-Anordnung erlassen worden, deren Bestand und Wirkung von der nach der Anordnung eingereichten Antwort des Antragsgegners bedingt war (Gaier, SchiedsVZ 2021, 7 [12]). Auch kann die Verletzung des rechtlichen Gehörs des 490
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Sicherungsmaßnahmen und vorläufige Maßnahmen | Art. 28 ICC-SchO
Antragsgegners dann vermieden werden, wenn eine vorherige Abmahnung zum identischen Antrag auf Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen durch den Antragsteller erfolgt, der Antragsteller etwaige Stellungnahmen des Antragsgegners zur Abmahnung seinem Antrag hinzufügt und sich der Antrag auf Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen unverzüglich nach der Abmahnung und evtl. Stellungnahme durch den Antragsgegner anschließt. Diese besondere Voraussetzung hat zumindest das BVerfG beim staatlichen einstweiligen Rechtsschutz als grds. erforderlich erachtet (BVerfG v. 30.9.2018 – 1 BvR 1783/17, NJW 2018, 3631). Grundsätzlich sollte daher auch bei Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland oder bei Anträgen, die in Deutschland vollzogen werden sollen, entsprechend verfahren werden (Gaier, SchiedsVZ 2021, 7 [9–12]). In der staatlichen Justiz waren und sind ex parte-Maßnahmen vor allem in Fällen verbreitet, in denen noch kein Hauptsacheverfahren eingeleitet ist, weil dann insb. die Zustellung (gerade ins Ausland) unangemessen lange Zeit in Anspruch nehmen kann. Bei bereits zeitlich vor dem Eilrechtsschutzantrag eingeleitetem Hauptsacheverfahren deckt die Prozessvollmacht auch des Hauptsachebevollmächtigten der Passivpartei ebenfalls das einstweilige Rechtsschutzverfahren zum selben Streitgegenstand ab (§ 82 ZPO), so dass bereits ein Anwalt existiert, der im Zweifel auch schon eingearbeitet ist. Auch ein staatliches Gericht würde bei dieser Lage der Dinge im Zweifel eine kurze Stellungnahmefrist gewähren. Mündliche Verhandlung. Das Schiedsgericht kann auf Antrag der Parteien 60 oder sua sponte entscheiden, eine mündliche Verhandlung abzuhalten; die Entscheidung unterfällt dem Ermessensspielraum des Schiedsgerichts (unter Berücksichtigung prozessrechtlicher Grundsätze, insb. der Verfahrensgerechtigkeit) und stellt kein zwangsläufiges Recht dar. In der Regel wird die mündliche Verhandlung wegen des dringenden Charakters durch eine Telefon- oder Videokonferenz ersetzt (Art. 26 Abs. 1 a.E.). Ermessen des Schiedsgerichts. Das Schiedsgericht kann nach seinem Ermessen 61 die ihm „angemessen erscheinenden“ Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen auf Antrag einer Partei anordnen. Dabei ist der Ermessensspielraum weit gefasst. Er ist jedoch dann überschritten, wenn das Schiedsgericht unangemessenerweise eine Sicherungs- oder vorläufige Maßnahme anordnet, die eine endgültige Wirkung hat. Offensichtliche Ermessensfehler zur Bestimmung der Geeignetheit und Erforderlichkeit der schiedsgerichtlichen Sicherungs- und vorläufigen Maßnahme können zur Nichtvollziehbarkeit der Maßnahme führen (BayObLG v. 18.8.2020, SchiedsVZ 2020, 315 [317]). Die Unterscheidung zwischen Sicherungsmaßnahmen und vorläufigen Maß- 62 nahmen ist nicht immer klar. Grundsätzlich versteht man unter Sicherungsmaßnahmen diejenigen Maßnahmen, die potenzielle Ansprüche sichern, aber nicht endgültig über diese entscheiden. Vorläufige Maßnahmen befassen sich mit der vorläufigen Entscheidung über potenzielle Ansprüche. Beiden Maßnahmen ist gleich, dass sie nur maximal bis zur Hauptsacheentscheidung Wirkung entfalten. Fällt eine Entscheidung in der Hauptsache, verlieren Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen ihre Wirkung; sie werden gegenstandslos bzw. erledigt. Bassiri/Herzberg
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Art. 28 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Zur weiteren Unterscheidung zwischen Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen s. Art. 25.1 DIS-SchO Rz. 34 ff. 63 Natur der beantragten Maßnahme. Die Natur der Sicherungs- oder vorläu-
figen Maßnahme kann vielseitig sein. So kann der Antragsteller jede Maßnahme beantragen, die dazu dient, den Nachteil, den er erleiden würde, sollte er die endgültige Entscheidung der Streitigkeit abwarten, zumindest vorübergehend auszugleichen. Typisches Beispiel eines solchen Nachteils ist der Verlust von Vermögen, das gesichert werden kann, indem bspw. eine Zahlung auf ein Treuhandkonto durch ein sog. „Pre-Award-Attachment“, „Freezing-Order“ oder eine „Mareva-Injunction“ bzw. ein dinglicher Arrest angeordnet wird. An die Gewährung solcher Maßnahmen sind aufgrund der Folgen hohe Anforderungen zu stellen. In diesem Zusammenhang oft beantragte Ex-Parte-Anordnungen sind aufgrund des Risikos der Nichtvollziehbarkeit, da u.U. auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs basierend, zu vermeiden (s. Rz. 59). Regelmäßig ordnet das Schiedsgericht auf Antrag vorläufig an, dass eine von der Insolvenz bedrohte Partei Sicherheit für die Kosten des Schiedsverfahrens stellt, doch bedarf es hierzu nicht unbedingt des Rückgriffs auf Art. 28 Abs. 1; die diesbezügliche Befugnis des Schiedsgerichts könnte stattdessen aus Art. 38 Abs. 3 hergeleitet werden. Zu Sicherungsmaßnahmen bei missbräuchlicher Anforderung von Kreditsicherungsmitteln s. Art. 25 DIS-SchO Rz. 36. Die Androhung von Ordnungsmitteln ist nach deutschem Verständnis bereits Vollstreckungsmaßnahme. Zu ihr ist das Schiedsgericht daher nicht berechtigt. Dagegen kann das Schiedsgericht berechtigt sein, eine „astreinte“ französischen oder belgischen Rechts anzudrohen, da diese als Beugemittel anders als die deutschen Ordnungsmittel nicht dem Justizfiskus, sondern dem Gläubiger selbst zu Gute kommen.
64 Ferner kommt die Erhaltung des Status quo als einstweilige Maßnahme in Be-
tracht, wenn bspw. die Gefährdung von Geschäftsbeziehungen, einer Gesellschafterstellung oder die Verletzung immaterialgüterrechtlicher Rechtspositionen im Raum steht. Dann kann eine angemessene Sicherungs- oder vorläufige Maßnahme bezwecken, dass vertragliche Verpflichtungen, Vertraulichkeits- und Geheimhaltungsmaßnahmen sowie Wettbewerbsverbote eingehalten werden. Auch kann eine Sicherungs- oder vorläufige Maßnahme die Lagerung oder Übergabe von Eigentum und Dokumenten an eine dritte Person zur Sicherung von Beweismitteln zum Gegenstand haben. Bei verderblichen Gütern kann mit Hilfe einer einstweiligen Maßnahme der Erhalt oder der Verkauf dieser Güter angeordnet werden. Für weitere Fallgruppen s. Art. 25 DIS-SchO Rz. 33 ff.
65 In prozessualer Hinsicht sind sog. Anti-Suit-Injunctions zu beachten, die im
Rahmen schiedsgerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzes darauf zielen, die Führung von Verfahren vor staatlichen Gerichten zu unterbinden.
66 Für den Fall, dass sich die Umstände, auf die sich die Anordnung von Siche-
rungs- und vorläufigen Maßnahmen beziehen, maßgeblich ändern könnten, kann das Schiedsgericht von den Parteien verlangen, dass sie dieses über solche
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Sicherungsmaßnahmen und vorläufige Maßnahmen | Art. 28 ICC-SchO
Umstände umgehend informieren. Dies kann zur Folge haben, dass die Anordnung abgeändert oder gar aufgehoben werden muss. Stellung angemessener Sicherheiten durch die antragstellende Partei. Das 67 Schiedsgericht hat Ermessensspielraum, ob es die Anordnung zum einstweiligen Rechtsschutz von der Stellung angemessener Sicherheiten durch die antragstellende Partei abhängig macht (Art. 28 Abs. 1 Satz 2). Was als angemessen erscheint, hängt vom Einzelfall ab. Dabei ist der Nachteil, den der Antragsgegner erleiden würde, sollte die Anordnung erlassen werden, als Maßstab zu nehmen. Die Anordnung der Stellung angemessener Sicherheit kann auf Antrag des Antragsgegners oder sua sponte vom Schiedsgericht ergehen. Form der Anordnung. Es liegt im Ermessen des Schiedsgerichts, ob es die Si- 68 cherungs- und vorläufige Maßnahme in der Form eines begründeten Beschlusses oder eines Schiedsspruchs erlässt (Art. 28 Abs. 1 Satz 3). Ein Anordnungsschiedsspruch würde, wegen der vorläufigen Natur des Schiedsspruches, als Zwischenschiedsspruch ergehen. In der Praxis ergeht überwiegend ein Anordnungsbeschluss. Beantragt eine Partei die Anordnung in Form eines Schiedsspruchs, so sollte das Schiedsgericht dem Antrag entsprechen. Dabei sollte berücksichtigt werden, ob ein Anordnungsschiedsspruch nach nationalem Recht vollstreckt werden kann. Demgegenüber ist zu beachten, dass auch eine Anordnung in Form eines Beschlusses nicht aus sich heraus direkt vollstreckt werden kann (Erforderlichkeit der Vollziehungszulassung in Deutschland gemäß § 1042 Abs. 2 Satz 1 ZPO; näher hierzu s. Rz. 73). Ergeht die Anordnung von Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen in Form 69 eines Beschlusses, so erfordert Art. 28 Abs. 1 Satz 3, dass eine Beschlussbegründung vorliegt. In besonders dringenden Fällen kann es angebracht sein, den Beschluss unbegründet zu erlassen und die Begründung nachzuschieben. Kollegialentscheidung. Die Anordnung von Sicherungs- und vorläufigen Maß- 70 nahmen hat vom Schiedsgericht als Kollegialentscheidung zu ergehen. Bei Erlass eines Anordnungsbeschlusses durch das Schiedsgericht reicht die Unterschrift des Vorsitzenden, wenn in den speziellen Verfahrensregeln, im Schiedsauftrag oder anderswo festgelegt ist, dass der Vorsitzende nach kollegialer Entscheidungsfindung die Beschlüsse des Schiedsgerichts alleine ausfertigt. Fehlt es an einer Einigung zwischen den Schiedsrichtern, ergeht eine Mehrheitsentscheidung. Wird die Anordnung in der Form eines Schiedsspruchs erlassen, so gelten die Vorschriften des Art. 32 Abs. 1. Dies bedeutet, dass der Schiedsspruch mit Stimmenmehrheit gefällt wird. Falls die Stimmenmehrheit nicht zustande kommt, so entscheidet der Vorsitzende allein (s. Art. 32). Rechtsbehelfe gegen die Anordnung von Sicherungs- und vorläufigen Maß- 71 nahmen in Form von begründeten Beschlüssen sind nicht ausdrücklich vorgesehen. Die Parteien können aber einen Änderungs- oder Aufhebungsantrag an das Schiedsgericht stellen, wenn sie das Schiedsgericht über Umstände benachrichtigen, die die faktischen und/oder rechtlichen Grundlagen der Anordnung wegfallen lassen (s. Rz. 66). Die Möglichkeit eines dementsprechenden Bassiri/Herzberg
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Art. 28 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Antrags kann bereits im Beschluss aufgenommen werden. Ferner ist es mittlerweile nicht unüblich, einen Antrag auf „reconsideration“, d.h. Nochmalsbescheidung, zu stellen, mit dem Zweck das Schiedsgericht ein weiteres Mal von der eigenen Position zu überzeugen. 72 Bei einer Anordnung in Form eines Schiedsspruchs kann die belastete Partei in
Deutschland ein gerichtliches Aufhebungsverfahren gemäß § 1059 ZPO einleiten. In anderen Staaten ist ein solches Aufhebungsverfahren nicht immer möglich, da nicht überall Anordnungsschiedssprüche als vollstreckbar oder aufhebbar erklärt werden.
V. Vollziehung/Vollstreckung der Anordnung 73 Hinsichtlich der Vollziehung einer schiedsrichterlichen Anordnung von Si-
cherungs- und vorläufigen Maßnahmen in Form eines begründeten Beschlusses eines Schiedsgerichtes mit Schiedsort in Deutschland wird auf die Ausführungen zu Art. 25 DIS-SchO Rz. 44 f. verwiesen, die auf § 1041 Abs. 2 ZPO näher eingehen. Hier sei nur erwähnt, dass gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 3 ZPO das in der Schiedsvereinbarung bezeichnete OLG, hilfsweise das am Schiedsort gelegene OLG, zuständig ist. Das OLG entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen über die Vollziehungszulassung.
74 Wie auch im deutschen Recht, sehen andere nationale Rechte bei der Vollzie-
hung bzw. Vollstreckung einer schiedsrichterlichen Anordnung von Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen das Einschreiten der Gerichte vor (z.B. Argentinien: § 753 des Nationalen Zivil- und Wirtschaftsprozessbuches, England, Wales und Nordirland: § 42 Abs. 1 des englischen Arbitration Act 1996, Griechenland: § 17 Abs. 2 des Gesetzes 2735/1999, Indonesien: § 32 des indonesischen Schiedsverfahrensrechts, Korea: § 18-7 Abs. 1 des koreanischen Schiedsverfahrensrechts, Niederlande: § 1051 Abs. 3 der niederländischen Zivilprozessordnung, Schweiz: § 183 Abs. 2 IPRG, Österreich: § 593 der österreichischen Zivilprozessordnung).
75 Die Vollziehung von einstweiligen Anordnungen von Schiedsgerichten mit
ausländischem Schiedsort in Deutschland wird kontrovers behandelt, da § 1041 Abs. 2 ZPO nicht in der Auflistung der Vorschriften enthalten ist, die in § 1025 Abs. 2 ZPO als auf ausländische Schiedsverfahren anwendbar erklärt werden. Die h.M. bejaht die Vollziehung von ausländischen einstweiligen Anordnungen (vgl. Bandel, S. 112). Gemäß § 1062 Abs. 2 ZPO ist das OLG zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich Vermögen des Antragsgegners oder der von der Maßnahme betroffene Gegenstand befindet, hilfsweise das KG in Berlin.
76 Hinsichtlich der Vollstreckung/Vollziehung inländischer einstweiliger Anord-
nungen im Ausland gibt es keine befriedigende Lösung. Die Anwendung der EuGVVO und des Luganer Übereinkommens auf schiedsgerichtliche Anordnungen in Form von konvertierten Gerichtsanordnungen wird allgemein abge-
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Sicherungsmaßnahmen und vorläufige Maßnahmen | Art. 28 ICC-SchO
lehnt (Hobeck/Weyhreter, SchiedsVZ 2005, 238 [240 f.]). Auch ist die Vollstreckung von Anordnungsbeschlüssen im Ausland nicht über das UNÜ möglich, da das UNÜ nur auf Schiedssprüche Anwendung findet; dieser Gesichtspunkt kann dafürsprechen, eine einstweilige Anordnung in der Form eines Schiedsspruchs ergehen zu lassen. In der Regel muss auf die nationalen ausländischen Schiedsrechte zurückgegriffen werden.
VI. Gefährdungshaftung Art. 28 Abs. 1 sieht eine nach § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO vorgegebene Gefähr- 77 dungshaftung nicht vor; s. Rz. 10 und Art. 25 Abs. 1 DIS-SchO Rz. 46. Für den Antragsgegner bietet es sich bei Schiedsverfahren mit Sitz außerhalb 78 Deutschlands an, in der Antragserwiderung die Gefährdungshaftung zum Gegenstand eines Gegenantrags zu machen, mit dem Ziel, den Antragsteller zu verpflichten, dem Antragsgegner jeglichen Schaden zu ersetzen, den dieser durch die Maßnahme erlitten hat, falls das Schiedsgericht später entscheidet, dass die Anordnung unter den gegebenen Umständen nicht hätte ergehen sollen. Empfehlung: Jedenfalls sollte hilfsweise beantragt werden, dass Sicherheitsleistung i.S.v. Art. 28 Abs. 1 angeordnet wird.
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VII. Kosten 1. Kosten der Anordnung Spezifische Kosten für die Anordnung von Sicherungs- und vorläufige Maß- 80 nahmen fallen nach der ICC-SchO nicht an. Der Mehraufwand des Schiedsgerichts, über den Antrag zum Erlass von Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen zu entscheiden, wird sich möglicherweise im erhöhten Honorar der Schiedsrichter widerspiegeln. Auch ist es nicht unüblich, dass das Schiedsgericht nach der Entscheidung über den Anordnungsantrag den Gerichtshof um einen Vorschuss des Honorars bittet, um den im Rahmen der Entscheidung über den Antrag angefallenen Aufwand abzugelten. 2. Kosten der Vollziehungszulassung Zu den Kosten der in Deutschland gegebenen Vollziehungszulassung nach der 81 ZPO s. Art. 25 DIS-SchO Rz. 50 f.
VIII. Abweichende Parteivereinbarung von Abs. 1 Art. 28 Abs. 1 stellt im Wortlaut fest, dass die Anordnungsbefugnis des Schieds- 82 gerichts nur dann gegeben ist, „soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben.“ Demnach kann per Parteivereinbarung die Anordnungsbefugnis des Bassiri/Herzberg
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Art. 28 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Schiedsgerichts gänzlich oder partiell ausgeschlossen werden. Beispiele für Parteivereinbarungen sind die Beschränkung der Anordnungsbefugnis auf bestimmte Sicherungs- oder vorläufige Maßnahmen, die Bedingung, Maßnahmen nur dann anzuordnen, wenn angemessene Sicherheit geleistet wird, oder die Erweiterung der Anordnungsbefugnis auf Sua-Sponte- und Ex-Parte-Anordnungen. 83 Eine solche Parteivereinbarung kann jederzeit vor und während des Schieds-
verfahrens getroffen werden. Sie ist formlos. Zu diesbezüglichen Risiken s. Rz. 11 ff.
B. Einstweiliger Rechtsschutz vor „zuständigen Justizorganen“ (Abs. 2) I. Normzweck 84 Art. 28 Abs. 2 enthält die ausdrückliche Befugnis der Parteien, sich an die zu-
ständigen Justizorgane zu wenden, um Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen zu beantragen. Ferner steht es den Parteien gemäß Art. 28 Abs. 2 zu, die Vollziehung von vom Schiedsgericht angeordneten Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen vor den zuständigen Justizorganen zu beantragen. Art. 28 Abs. 2 trägt der Tatsache Rechnung, dass staatliche Gerichte oftmals zügiger einstweiligen Rechtsschutz gewähren können, der i.d.R. sofort vollziehbar ist.
85 Darüber hinaus stellt Art. 28 Abs. 2 klar, dass die Ausübung des Wahlrechts zu-
gunsten der zuständigen Justizorgane keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung und der Anordnungsbefugnis des Schiedsgerichts hat. Die konkurrierende Befugnis der staatlichen Gerichte ist als Ausnahme vom Grundsatz der ausschließlichen Zuständigkeit des Schiedsgerichts bei Vorliegen einer wirksamen Schiedsvereinbarung anzusehen. In Deutschland ist diese Ausnahme in §§ 1033, 1041 Abs. 2 Satz 1 ZPO vorgesehen.
86 Mit der Befugnis der Parteien, sich an die zuständigen Justizorgane zu wenden,
wird damit der Maßnahmenkatalog dahingehend erweitert, dass auch Beschlagnahmungen und Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen bzgl. Dritter vorgenommen werden können, die dem Schiedsgericht vorenthalten sind (z.B. Arrestpfändungen und Ordnungshaft).
II. Verhältnis zu §§ 1033, 1041 ZPO 87 Art. 28 Abs. 2 entspricht inhaltlich den §§ 1033, 1041 ZPO, die die originäre
Befugnis der staatlichen Gerichte zur Anordnung von Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen neben der des Schiedsgerichts vorsehen.
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Sicherungsmaßnahmen und vorläufige Maßnahmen | Art. 28 ICC-SchO
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Ein im staatlichen Verfahrensrecht funktional äquivalenter Rechtssatz ist, dass 88 Gerichtsstandsvereinbarungen die Anrufung anderer als der prorogierten Gerichte zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes im Einzelfall nicht ausschließen.
IV. Tatbestandsvoraussetzungen Zeitpunkt. Gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 können die Parteien vor Übergabe der 89 Schiedsverfahrensakten an das Schiedsgericht, und in geeigneten Fällen auch nach Übergabe, einen Antrag auf Sicherungs- oder vorläufige Maßnahmen an die zuständigen Justizorgane stellen. Daraus ergibt sich, dass die Parteien die staatlichen Gerichte nach Art. 28 Abs. 2 auch dann anrufen können, wenn das Schiedsgericht bereits gebildet ist. Ist das Schiedsgericht noch nicht konstituiert, stehen neben den staatlichen Gerichten die Vorschriften zum Eilschiedsrichter gemäß Art. 29 i.V.m. Anhang V zur Verfügung. Nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 kann eine Partei „in geeigneten Fällen“ auch nach 90 Konstituierung des Schiedsgerichts und Übergabe der Schiedsverfahrensakten an das Schiedsgericht einen Antrag auf Sicherungs- oder vorläufige Maßnahmen an die zuständigen Justizorgane stellen. Eine Definition von „geeigneten Fällen“ enthält Art. 28 Abs. 2 nicht. Ebenfalls fehlt es an einer Bestimmung, wer darüber entscheidet, ob ein „geeigneter Fall“ vorliegt. Aus dem uneingeschränkten Wahlrecht des Antragstellers (s. Rz. 2, 3, 11 f.) folgt, dass der Antragsteller bestimmen kann, ob ein „geeigneter Fall“ i.S.d. Art. 28 Abs. 2 vorliegt. „Geeignete Fälle“ liegen dann vor, wenn eine Partei eine Maßnahme benötigt, die das Schiedsgericht nicht oder nicht zügig erlassen kann, wie z.B. Maßnahmen, die Dritte binden, Beschlagnahmungen, die den zuständigen Justizorganen vorbehalten sind, Ex-Parte-Anordnungen, oder Anordnungen, die einfach und schnell von den zuständigen Justizorganen erlassen und vollzogen werden können. Diese Maßnahmen können sich auch auf die Sicherstellung der Kosten des Schiedsverfahrens, auf die Erhaltung und Zugänglichmachung von Beweismitteln und auf sonstige „innerprozessuale“ Fragen beziehen, sie sind also nicht auf die Sicherung von Hauptsacheansprüchen beschränkt. Auch kann ein „geeigneter Fall“ dann vorliegen, wenn das Schiedsgericht nicht in der Lage ist zu handeln, etwa wenn ein Ersetzungsverfahren eines Schiedsrichters nach Art. 15 eingeleitet worden ist und zeitlich mit dem einstweiligen Rechtsschutzbegehren einer Partei kollidiert. Nach Erlass der Eilmaßnahme durch das staatliche Gericht ist es dem Antragsgegner belassen, gegen die vom staatlichen Gericht erlassene Maßnahme gerichtlich vorzugehen. Dem Schiedsgericht steht i.d.R. keine Befugnis zu, gegen eine staatlich erlassene Eilmaßnahme vorzugehen, auch wenn es der Ansicht ist, dass ein „geeigneter Fall“ i.S.d. Art. 28 Abs. 2 nicht vorliegt. Bassiri/Herzberg
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Art. 28 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 91 Antrag auf Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen. Gemäß Art. 28 Abs. 2
Satz 1 können die Parteien einen Antrag auf Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen bei jedem zuständigen Justizorgan stellen. Die zuständigen Justizorgane werden nur auf Antrag der Parteien tätig.
92 Antrag auf Vollziehung vom Schiedsgericht angeordneter Sicherungs- und
vorläufiger Maßnahmen. Aus Art. 28 Abs. 2 Satz 2 geht hervor, dass die Parteien die Hilfe der zuständigen Justizorgane auch dann in Anspruch nehmen können, wenn das Schiedsgericht bereits Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen angeordnet hat. Dies ist freilich nur möglich, wenn eine Vollziehung diesbezüglich in den nationalen Rechten vorgesehen ist (s. Rz. 73).
93 Die Zuständigkeit der jeweiligen Gerichte ist den am jeweiligen Verfahrensort
geltenden Vorschriften zu entnehmen. Wegen der Problematik einer Anknüpfung eilrechtsschutzrechtlicher Vorschriften, insb. § 943 ZPO, an das „Gericht der Hauptsache“ s. Rz. 18. In Arrestsachen ist daneben § 919 Var. 2 ZPO zu beachten, wonach – streitwertunabhängig – das Amtsgericht (!) am Ort der belegenen Sache angegangen werden kann.
V. Rechtsfolgen 94 Kein Verstoß gegen oder kein Verzicht auf die Schiedsvereinbarung. Art. 28
Abs. 2 Satz 2 stellt ausdrücklich fest, dass weder ein Antrag auf Anordnung von Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen an die zuständigen Justizorgane, noch ein Antrag auf Vollziehung von vom Schiedsgericht angeordneten Maßnahmen einen Verstoß gegen oder einen Verzicht auf die Schiedsvereinbarung darstellt. Damit wird der Vorrang der Parteiautonomie gewahrt, demgemäß das Schiedsgericht zuständig ist, soweit die Parteien eine wirksame Schiedsvereinbarung getroffen haben. Die staatlichen Gerichte dienen lediglich der Hilfestellung zur Durchführung des Schiedsverfahrens.
95 Unverzügliche Mitteilung an das Sekretariat und Unterrichtung des Schieds-
gerichts. Nach Art. 28 Abs. 2 Satz 3 ist ein an die zuständigen Justizorgane gerichteter Antrag auf Anordnung von Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen sowie auf Vollziehung der vom Schiedsgericht angeordneten Maßnahme unverzüglich dem Sekretariat mitzuteilen. Die unverzügliche Inkenntnissetzung des Sekretariats ist demnach ohne schuldhaftes Zögern durchzuführen. Kommen die Parteien dieser Verpflichtung nicht nach, sieht Art. 28 Abs. 2 keine Sanktionen vor. Die Nichtmitteilung oder nicht unverzügliche Mitteilung hat keine weiteren Auswirkungen. Daher ist es nachvollziehbar, wenn der erfolgreiche Antragsteller eine vom staatlichen Gericht erlassene Ex-Parte-Maßnahme aufgrund der Vereitelung des Zwecks (Überraschungseffekt) nicht an das Sekretariat mitteilt.
96 Die Mitteilung an das Sekretariat dient der ordnungsgemäßen Verwaltung des
Schiedsverfahrens. Das Sekretariat unterrichtet gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 4 das Schiedsgericht über die Mitteilung der Parteien. Eine solche Unterrichtung kann auch durch die Parteien direkt an das Schiedsgericht erfolgen. Die Unterrich498
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO
tung ist erforderlich und angebracht, da mit der Einschaltung der staatlichen Justizorgane neben dem Schiedsgericht ein weiteres Forum zur Entscheidungsfindung – wenn auch nur partiell – in das Schiedsverfahren hinzutritt. Die Entscheidung der zuständigen Justizorgane über den jeweiligen Antrag kann das Schiedsverfahren u.U. beeinflussen. Außerdem soll das Schiedsgericht Kenntnis von ggf. erfolglos gebliebenen, ex parte-Eilrechtsschutzverfahren nehmen können.
VI. Kosten Die Kosten von Anträgen auf Sicherungs- und vorläufige Maßnahmen sowie der 97 Vollziehung von vom Schiedsgericht angeordneten Sicherungs- und vorläufigen Maßnahmen richten sich nach den gesetzlichen Gerichts- und Anwaltsgebühren des jeweiligen Staates, in dem sich die zuständigen Justizorgane befinden.
VII. Abweichende Parteivereinbarung von Abs. 2 Im Gegensatz zu Art. 28 Abs. 1 sieht Abs. 2 seinem Wortlaut nach nicht vor, 98 dass die Parteien eine abweichende Vereinbarung bzgl. des gerichtlichen Rechtsschutzes vereinbaren können. Dies ist jedoch nicht dahingehend auszulegen, dass es den Parteien verwehrt ist zu vereinbaren, Anträge an die zuständigen Justizorgane auszuschließen. Vielmehr bestimmt sich die Wirksamkeit einer von Art. 28 Abs. 2 abweichenden Parteivereinbarung nach den jeweiligen nationalen Rechten. So sieht section 44 Abs. 1 des englischen Arbitration Act 1996 z.B. vor, dass die konkurrierende Anordnungsbefugnis der englischen Gerichte gegeben ist, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben. In Deutschland ist umstritten, ob die Parteien wirksam den Zugang zu staatlichen Gerichten im Eilrechtsschutz ausschließen können (so LG München I v. 23.6.2016, 1 HK O 8126/16, BeckRS 2016, 21343, wobei es sich hier um ein sportschiedsrechtliches Verfahren handelte; a.A. MüKo/Münch, § 1033 ZPO Rz. 17 f.).
Artikel 29 Eilschiedsrichter (1) Wenn eine Partei dringende Sicherungsmaßnahmen oder vorläufige Maßnahmen benötigt, die nicht bis zur Bildung eines Schiedsgerichts warten können („Eilmaßnahmen“), kann sie einen entsprechenden Antrag gemäß der Eilschiedsrichterverfahrensordnung im Anhang V stellen. Ein derartiger Antrag ist nur zulässig, wenn er vor Übergabe der Schiedsverfahrensakten an das Schiedsgericht gemäß Artikel 16 beim Sekretariat eingeht, und unabhängig davon, ob der Antragsteller seine Schiedsklage bereits eingereicht hat oder nicht. (2) Die Entscheidung des Eilschiedsrichters ergeht in Form eines Beschlusses. Die Parteien verpflichten sich zur Einhaltung jedweder Beschlüsse, die der Eilschiedsrichter erlässt. Bassiri/Herzberg und Kopetzki/Herzberg
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht (3) Der Beschluss des Eilschiedsrichters bindet das Schiedsgericht nicht in Bezug auf irgendeine im Beschluss entschiedene Frage, Angelegenheit oder Streitigkeit. Das Schiedsgericht kann Beschlüsse des Eilschiedsrichters, einschließlich von Änderungen hierzu, ändern, in ihrer Wirkung beenden oder aufheben. (4) Das Schiedsgericht entscheidet über Anträge oder Ansprüche der Parteien, die sich auf das Eilschiedsrichterverfahren beziehen, einschließlich der Neuverteilung der Kosten dieses Verfahrens und jedweder Ansprüche, die sich aus oder in Zusammenhang mit der Einhaltung oder Nichteinhaltung von Eilbeschlüssen ergeben. (5) Artikel 29(1)–29(4) und die im Anhang V abgedruckte Eilschiedsrichterverfahrensordnung (gemeinsam die „Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren“) finden nur Anwendung auf Parteien, die die dem Eilantrag zugrundeliegende ICC-Schiedsvereinbarung unterzeichnet haben, oder auf deren Rechtsnachfolger. (6) Die Bestimmungen für Eilschiedsrichter finden keine Anwendung, wenn: a) die ICC-Schiedsvereinbarung vor dem 1. Januar 2012 abgeschlossen wurde; b) die Parteien die Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren vereinbart haben; oder wenn c) die Schiedsvereinbarung, auf der die Anwendung basiert, einem internationalen Abkommen oder Staatsvertrag entstammt. (7) Zweck der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren ist es nicht, Parteien die Möglichkeit zu nehmen, jederzeit vor Antragstellung auf Erlass entsprechender Maßnahmen nach dieser Schiedsgerichtsordnung – und, sofern dies den Umständen nach geboten ist, auch danach – bei einem zuständigen Justizorgan dringende Sicherungsmaßnahmen oder vorläufige Maßnahmen zu beantragen. Ein Antrag auf Erlass entsprechender Maßnahmen bei einem zuständigen Justizorgan gilt nicht als Verletzung der Schiedsvereinbarung und nicht als Verzicht auf die Schiedsvereinbarung. Ein solcher Antrag und von dem zuständigen Justizorgan getroffene Maßnahmen müssen dem Sekretariat unverzüglich mitgeteilt werden. Anhang V zur ICC-SchO – Eilschiedsrichterverfahrensordnung Artikel 1: Antrag auf Anordnung von Eilmaßnahmen (1) Wenn eine Partei einen Eilschiedsrichter gemäß Artikel 29 der ICC-Schiedsgerichtsordnung (die „Schiedsgerichtsordnung“) anrufen will, so hat sie ihren Antrag auf Anordnung von Eilmaßnahmen (der „Antrag“) beim Sekretariat, in einem beliebigen der in der Geschäftsordnung des Gerichtshofs im Anhang II zur Schiedsgerichtsordnung angegebenen Büros, einzureichen. (2) Der Antrag muss in einer solchen Anzahl von Exemplaren eingereicht werden, dass jede Partei, der Eilschiedsrichter und das Sekretariat je ein Exemplar erhalten, wenn die Partei, die den Antrag einreicht, dessen Übermittlung gegen Empfangsbestätigung, per Einschreiben oder Kurier beantragt.
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO (3) Der Antrag enthält die folgenden Angaben: a) vollständigen Namen, Rechtsform, Adresse und sonstige Kontaktdaten jeder der Parteien; b) vollständigen Namen, Adressen und sonstige Kontaktdaten der Vertreter des Antragstellers; c) Darstellung der antragsbegründenden Umstände sowie der zugrundeliegenden Streitigkeit, die Gegenstand des Schiedsverfahrens sind oder werden sollen; d) Darlegung der beantragten Eilmaßnahmen; e) die Gründe, warum der Antragsteller dringende vorläufige Maßnahmen oder Sicherungsmaßnahmen benötigt, die nicht bis zur Bildung eines Schiedsgerichts warten können; f) einschlägige Vereinbarungen zwischen den Parteien, insbesondere die Schiedsvereinbarung; g) Vereinbarungen zum Schiedsort, zu den anwendbaren Rechtsregeln oder zur Verfahrenssprache; h) Nachweis der Zahlung des gemäß Artikel 7(1) dieses Anhangs zu zahlenden Betrags; und i) soweit vorliegend, die von einer der Parteien des Eilschiedsrichterverfahren vor Antragstellung beim Sekretariat eingereichte Schiedsklage und sonstiges Vorbringen in Zusammenhang mit der zugrundeliegenden Streitigkeit. Dem Antrag können weitere Dokumente oder Informationen beigefügt werden, soweit der Antragsteller es für geboten hält oder soweit diese zu einer effizienten Prüfung des Antrags beitragen können. (4) Der Antrag ist in der Sprache des Schiedsverfahrens zu fassen, sofern diese zwischen den Parteien vereinbart ist; oder, falls die Parteien keine derartige Vereinbarung getroffen haben, in der Sprache der Schiedsvereinbarung. (5) Sofern und soweit der Präsident des Gerichtshofs (der „Präsident“) aufgrund der in dem Antrag mitgeteilten Informationen zu dem Ergebnis kommt, dass im Hinblick auf Artikel 29(5) und Artikel 29(6) der Schiedsgerichtsordnung die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren Anwendung finden, übermittelt das Sekretariat dem Antragsgegner ein Exemplar des Antrags mit allen ihm beigefügten Dokumenten. Sofern und soweit der Präsident zu einem anderen Ergebnis kommt, unterrichtet das Sekretariat die Parteien, dass kein Eilschiedsrichterverfahren im Hinblick auf einige oder sämtliche Parteien stattfindet und übermittelt ihnen ein Exemplar des Antrags zu Informationszwecken. (6) Der Präsident beendet das Eilschiedsrichterverfahren, sofern innerhalb von 10 Tagen nach Eingang des Antrags beim Sekretariat keine Schiedsklage beim Sekretariat eingegangen ist; es sei denn, der Eilschiedsrichter bestimmt, dass eine längere Frist erforderlich sei. Artikel 2: Ernennung des Eilschiedsrichters; Übergabe der Schiedsverfahrensakten (1) Die Ernennung eines Eilschiedsrichters durch den Präsidenten erfolgt so schnell wie möglich, normalerweise innerhalb von zwei Tagen nach Eingang des Antrags beim Sekretariat. (2) Ein Eilschiedsrichter wird nicht ernannt, nachdem die Schiedsverfahrensakten gemäß Artikel 16 der Schiedsgerichtsordnung an das Schiedsgericht übergeben worden sind. Ein zuvor bereits ernannter Eilschiedsrichter bleibt für die Dauer des in Artikel 6(4) dieses Anhangs vorgesehenen Zeitraums zur Entscheidung befugt.
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht (3) Nach Ernennung des Eilschiedsrichters unterrichtet das Sekretariat die Parteien und übergibt die Akten dem Eilschiedsrichter. Danach erfolgen alle schriftlichen Mitteilungen der Parteien unmittelbar an den Eilschiedsrichter; weitere Exemplare gehen an jede andere Partei und das Sekretariat. Das Sekretariat erhält auch Kopien aller schriftlicher Mitteilungen des Eilschiedsrichters an die Parteien. (4) Jeder Eilschiedsrichter muss unparteiisch und von den an der Streitigkeit beteiligten Parteien unabhängig sein und bleiben. (5) Jede Person, die als Eilschiedsrichter vorgeschlagen wird, muss vor ihrer Ernennung eine Erklärung über die Annahme des Amtes, Verfügbarkeit, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit unterzeichnen. Die Parteien erhalten vom Sekretariat jeweils eine Kopie dieser Erklärung. (6) Ein Eilschiedsrichter kann nicht als Schiedsrichter in einem Schiedsverfahren über die Streitigkeit tätig werden, die den Anlass für den Antrag auf Anordnung von Eilmaßnahmen bildet. Artikel 3: Ablehnung von Schiedsrichtern im Eilverfahren (1) Ein Antrag auf Ablehnung eines Eilschiedsrichters muss innerhalb von drei Tagen erfolgen, nachdem die Partei, die den Antrag auf Ablehnung stellt, von der Ernennung benachrichtigt wurde oder, falls sie erst nach der Benachrichtigung von der Ernennung Kenntnis von den Tatsachen und Umständen erhalten hat, innerhalb von drei Tagen nach Kenntniserlangung. (2) Der Antrag wird vom Gerichtshof entschieden, nachdem das Sekretariat dem betroffenen Eilschiedsrichter und der oder den anderen Parteien Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme binnen angemessener Frist gegeben hat. Artikel 4: Ort des Eilschiedsrichterverfahrens (1) Sofern die Parteien den Ort des Schiedsverfahrens vereinbart haben, ist dieser der Ort des Eilschiedsrichterverfahrens. Falls die Parteien keine Vereinbarung dazu getroffen haben, bestimmt der Präsident den Ort des Eilschiedsrichterverfahrens; die Bestimmung des Ortes des Schiedsverfahrens gemäß Artikel 18(1) der Schiedsgerichtsordnung bleibt davon unberührt. (2) Verhandlungen vor dem Einzelschiedsrichter können an einem vom Eilschiedsrichter für geeignet gehaltenen Ort als Treffen in Person, per Videokonferenz, Telefon oder mit ähnlichen Kommunikationsmitteln geführt werden. Artikel 5: Verfahren (1) Der Eilschiedsrichter erstellt so schnell wie möglich, normalerweise innerhalb von zwei Tagen nach Übergabe der Akten gemäß Artikel 2(3) dieses Anhangs an ihn, einen Verfahrenskalender für das Eilverfahren. (2) Der Eilschiedsrichter führt das Verfahren in der Art und Weise und unter Berücksichtigung der Dringlichkeit des Antrags so, wie er es für sachdienlich hält. In jedem Fall handelt der Eilschiedsrichter fair und unparteiisch und stellt sicher, dass jede Partei ausreichend Gelegenheit erhält, zur Sache vorzutragen. Artikel 6: Beschluss (1) Gemäß Artikel 29(2) der Schiedsgerichtsordnung ergeht die Entscheidung des Eilschiedsrichters in Form eines Beschlusses (der „Beschluss“).
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO (2) In dem Beschluss bestimmt der Eilschiedsrichter, ob der Antrag gemäß Artikel 29(1) der Schiedsgerichtsordnung zulässig ist und ob der Eilschiedsrichter zur Anordnung von Eilmaßnahmen zuständig ist. (3) Der Beschluss ergeht schriftlich unter Angabe der Gründe sowie mit Datum und Unterschrift des Eilschiedsrichters. (4) Der Beschluss ergeht spätestens 15 Tage nach Übergabe der Akten gemäß Artikel 2(3) dieses Anhangs an den Eilschiedsrichter. Der Präsident kann diese Frist auf begründeten Antrag des Eilschiedsrichters oder von sich aus verlängern, falls er dies für notwendig erachtet. (5) Innerhalb der gemäß Artikel 6(4) dieses Anhangs ermittelten Frist stellt der Eilschiedsrichter den Beschluss den Parteien, mit Kopie an das Sekretariat, in einer der nach Artikel 3(2) der Schiedsgerichtsordnung zulässigen Formen der Mitteilung zu, die nach Einschätzung des Eilschiedsrichters unverzüglichen Empfang gewährleistet. (6) Der Beschluss verliert seine Verbindlichkeit für die Parteien mit a) Einstellung des Eilschiedsrichterverfahren durch den Präsidenten gemäß Artikel 1(6) dieses Anhangs; b) Stattgabe eines Ablehnungsantrags gegen den Eilschiedsrichter durch den Gerichtshof gemäß Artikel 3 dieses Anhangs; c) Erlass des Endschiedsspruchs durch das Schiedsgericht, sofern nicht vom Schiedsgericht ausdrücklich anders entschieden; oder mit d) Rücknahme der gesamten Klage oder Beendigung des Schiedsverfahrens vor Erlass eines Endschiedsspruchs. (7) Der Eilschiedsrichter kann den Beschluss von der Erfüllung von seiner Auffassung nach geeigneten Bedingungen, beispielsweise der Stellung einer angemessenen Sicherheit, abhängig machen. (8) Auf begründeten Antrag einer Partei vor Übergabe der Schiedsverfahrensakten an das Schiedsgericht gemäß Artikel 16 der Schiedsgerichtsordnung kann der Eilschiedsrichter den Beschluss ändern, in seiner Wirkung beenden oder aufheben. Artikel 7: Kosten des Eilschiedsrichterverfahrens (1) Der Antragsteller hat einen Betrag in Höhe von US$ 40.000 zu entrichten, der sich aus US$ 10.000 für die ICC-Verwaltungskosten und US$ 30.000 für Honorar und Auslagen des Eilschiedsrichters zusammensetzt. Unbeschadet der Bestimmungen in Artikel 1(5) dieses Anhangs wird der Antrag erst zugestellt, wenn die Zahlung von US$ 40.000 beim Sekretariat eingeht. (2) In jedem Stadium des Eilschiedsrichterverfahrens kann der Präsident entscheiden, das Honorar des Eilschiedsrichters oder die ICC-Verwaltungskosten zu erhöhen, unter anderem im Hinblick auf Eigenschaften des Falles und der Art und Weise der Arbeit des Eilschiedsrichters, des Gerichtshofs, des Präsidenten und des Sekretariats. Wenn die Partei, die den Antrag eingereicht hat, die erhöhten Kosten nicht innerhalb der vom Sekretariat bestimmten Frist zahlt, gilt der Antrag als zurückgezogen. (3) Der Eilschiedsrichter setzt in seinem Beschluss die Kosten des Eilschiedsrichterverfahrens fest und entscheidet, welche der Parteien die Kosten zu tragen hat oder in welchem Verhältnis sie verteilt werden sollen. (4) Zu den Kosten des Eilschiedsrichterverfahrens gehören die ICC-Verwaltungskosten, Honorar und Auslagen des Eilschiedsrichters und die angemessenen, bei den Parteien für das Eilschiedsrichterverfahrens angefallenen Rechtsverfolgungs- und sonstigen Kosten.
Kopetzki/Herzberg
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht (5) Falls das Eilschiedsrichterverfahren gemäß Artikel 1(5) dieses Anhangs nicht stattfindet oder falls es aus anderen Gründen vor Beschlussfassung beendet wird, setzt der Präsident fest, welcher Betrag gegebenenfalls an den Antragsteller zurückzuerstatten ist. Ein Betrag von US$ 5.000 für ICC-Verwaltungskosten wird in jedem Fall einbehalten. Artikel 8: Allgemeine Bestimmungen (1) Der Präsident kann alle verfahrensrechtlichen Fragen zum Eilschiedsrichterverfahren, die in diesem Anhang nicht ausdrücklich geregelt sind, nach eigenem Ermessen entscheiden. (2) In Abwesenheit des Präsidenten oder sonst auf dessen Ermächtigung hin kann einer der Vizepräsidenten des Gerichtshofs Entscheidungen für den Präsidenten treffen. (3) In allen Angelegenheiten betreffend das Eilschiedsrichterverfahren, die nicht ausdrücklich in diesem Anhang geregelt sind, handeln der Gerichtshof, der Präsident und der Eilschiedsrichter nach Sinn und Zweck der Schiedsgerichtsordnung und dieses Anhangs. Article 29: Emergency Arbitrator (1) A party that needs urgent interim or conservatory measures that cannot await the constitution of an arbitral tribunal (“Emergency Measures”) may make an application for such measures pursuant to the Emergency Arbitrator Rules in Appendix V. Any such application shall be accepted only if it is received by the Secretariat prior to the transmission of the file to the arbitral tribunal pursuant to Article 16 and irrespective of whether the party making the application has already submitted its Request for Arbitration. (2) The emergency arbitrator’s decision shall take the form of an order. The parties undertake to comply with any order made by the emergency arbitrator. (3) The emergency arbitrator’s order shall not bind the arbitral tribunal with respect to any question, issue or dispute determined in the order. The arbitral tribunal may modify, terminate or annul the order or any modification thereto made by the emergency arbitrator. (4) The arbitral tribunal shall decide upon any party’s requests or claims related to the emergency arbitrator proceedings, including the reallocation of the costs of such proceedings and any claims arising out of or in connection with the compliance or non-compliance with the order. (5) Articles 29(1)-29(4) and the Emergency Arbitrator Rules set forth in Appendix V (collectively the “Emergency Arbitrator Provisions”) shall apply only to parties that are either signatories of the arbitration agreement under the Rules that is relied upon for the application or successors to such signatories. (6) The Emergency Arbitrator Provisions shall not apply if: a) the arbitration agreement under the Rules was concluded before 1 January 2012; b) the parties have agreed to opt out of the Emergency Arbitrator Provisions; or c) the arbitration agreement upon which the application is based arises from a treaty. (7) The Emergency Arbitrator Provisions are not intended to prevent any party from seeking urgent interim or conservatory measures from a competent judicial authority at any time prior to making an application for such measures, and in appropriate circumstances even thereafter, pursuant to the Rules. Any application for such measures from a competent judicial authority shall not be deemed to be an infringement or a waiver of the arbitration agreement. Any such application and any measures taken by the judicial authority must be notified without delay to the Secretariat.
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO
Appendix V – Emergency Arbitrator Rules Article 1: Application for Emergency Measures (1) A party wishing to have recourse to an emergency arbitrator pursuant to Article 29 of the Rules of Arbitration of the ICC (the “Rules”) shall submit its Application for Emergency Measures (the “Application”) to the Secretariat at any of the offices specified in the Internal Rules of the Court in Appendix II to the Rules. (2) The Application shall be supplied in a number of copies sufficient to provide one copy for each party, plus one for the emergency arbitrator, and one for the Secretariat where the party submitting the Application requests transmission thereof by delivery against receipt, registered post or courier. (3) The Application shall contain the following information: a) the name in full, description, address and other contact details of each of the parties; b) the name in full, address and other contact details of any person(s) representing the applicant; c) a description of the circumstances giving rise to the Application and of the underlying dispute referred or to be referred to arbitration; d) a statement of the Emergency Measures sought; e) the reasons why the applicant needs urgent interim or conservatory measures that cannot await the constitution of an arbitral tribunal; f) any relevant agreements and, in particular, the arbitration agreement; g) any agreement as to the place of the arbitration, the applicable rules of law or the language of the arbitration; h) proof of payment of the amount referred to in Article 7(1) of this Appendix; and i) any Request for Arbitration and any other submissions in connection with the underlying dispute, which have been filed with the Secretariat by any of the parties to the emergency arbitrator proceedings prior to the making of the Application. The Application may contain such other documents or information as the applicant considers appropriate or as may contribute to the efficient examination of the Application. (4) The Application shall be drawn up in the language of the arbitration if agreed upon by the parties or, in the absence of any such agreement, in the language of the arbitration agreement. (5) If and to the extent that the President of the Court (the “President”) considers, on the basis of the information contained in the Application, that the Emergency Arbitrator Provisions apply with reference to Article 29(5) and Article 29(6) of the Rules, the Secretariat shall transmit a copy of the Application and the documents annexed thereto to the responding party. If and to the extent that the President considers otherwise, the Secretariat shall inform the parties that the emergency arbitrator proceedings shall not take place with respect to some or all of the parties and shall transmit a copy of the Application to them for information. (6) The President shall terminate the emergency arbitrator proceedings if a Request for Arbitration has not been received by the Secretariat from the applicant within 10 days of the Secretariat’s receipt of the Application, unless the emergency arbitrator determines that a longer period of time is necessary.
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Article 2: Appointment of the Emergency Arbitrator; Transmission of the File (1) The President shall appoint an emergency arbitrator within as short a time as possible, normally within two days from the Secretariat’s receipt of the Application. (2) No emergency arbitrator shall be appointed after the file has been transmitted to the arbitral tribunal pursuant to Article 16 of the Rules. An emergency arbitrator appointed prior thereto shall retain the power to make an order within the time limit permitted by Article 6(4) of this Appendix. (3) Once the emergency arbitrator has been appointed, the Secretariat shall so notify the parties and shall transmit the file to the emergency arbitrator. Thereafter, all written communications from the parties shall be submitted directly to the emergency arbitrator with a copy to each other party and the Secretariat. A copy of any written communications from the emergency arbitrator to the parties shall be submitted to the Secretariat. (4) Every emergency arbitrator shall be and remain impartial and independent of the parties involved in the dispute. (5) Before being appointed, a prospective emergency arbitrator shall sign a statement of acceptance, availability, impartiality and independence. The Secretariat shall provide a copy of such statement to the parties. (6) An emergency arbitrator shall not act as an arbitrator in any arbitration relating to the dispute that gave rise to the Application. Article 3: Challenge of an Emergency Arbitrator (1) A challenge against the emergency arbitrator must be made within three days from receipt by the party making the challenge of the notification of the appointment or from the date when that party was informed of the facts and circumstances on which the challenge is based if such date is subsequent to the receipt of such notification. (2) The challenge shall be decided by the Court after the Secretariat has afforded an opportunity for the emergency arbitrator and the other party or parties to provide comments in writing within a suitable period of time. Article 4: Place of the Emergency Arbitrator Proceedings (1) If the parties have agreed upon the place of the arbitration, such place shall be the place of the emergency arbitrator proceedings. In the absence of such agreement, the President shall fix the place of the emergency arbitrator proceedings, without prejudice to the determination of the place of the arbitration pursuant to Article 18(1) of the Rules. (2) Any meetings with the emergency arbitrator may be conducted through a meeting in person at any location the emergency arbitrator considers appropriate or by video conference, telephone or similar means of communication. Article 5: Proceedings (1) The emergency arbitrator shall establish a procedural timetable for the emergency arbitrator proceedings within as short a time as possible, normally within two days from the transmission of the file to the emergency arbitrator pursuant to Article 2(3) of this Appendix. (2) The emergency arbitrator shall conduct the proceedings in the manner which the emergency arbitrator considers to be appropriate, taking into account the nature and the urgency of the Application. In all cases, the emergency arbitrator shall act fairly and impartially and ensure that each party has a reasonable opportunity to present its case.
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO Article 6: Order (1) Pursuant to Article 29(2) of the Rules, the emergency arbitrator’s decision shall take the form of an order (the “Order”). (2) In the Order, the emergency arbitrator shall determine whether the Application is admissible pursuant to Article 29(1) of the Rules and whether the emergency arbitrator has jurisdiction to order Emergency Measures. (3) The Order shall be made in writing and shall state the reasons upon which it is based. It shall be dated and signed by the emergency arbitrator. (4) The Order shall be made no later than 15 days from the date on which the file was transmitted to the emergency arbitrator pursuant to Article 2(3) of this Appendix. The President may extend the time limit pursuant to a reasoned request from the emergency arbitrator or on the President’s own initiative if the President decides it is necessary to do so. (5) Within the time limit established pursuant to Article 6(4) of this Appendix, the emergency arbitrator shall send the Order to the parties, with a copy to the Secretariat, by any of the means of communication permitted by Article 3(2) of the Rules that the emergency arbitrator considers will ensure prompt receipt. (6) The Order shall cease to be binding on the parties upon: a) the President’s termination of the emergency arbitrator proceedings pursuant to Article 1(6) of this Appendix; b) the acceptance by the Court of a challenge against the emergency arbitrator pursuant to Article 3 of this Appendix; c) the arbitral tribunal’s final award, unless the arbitral tribunal expressly decides otherwise; or d) the withdrawal of all claims or the termination of the arbitration before the rendering of a final award. (7) The emergency arbitrator may make the Order subject to such conditions as the emergency arbitrator thinks fit, including requiring the provision of appropriate security. (8) Upon a reasoned request by a party made prior to the transmission of the file to the arbitral tribunal pursuant to Article 16 of the Rules, the emergency arbitrator may modify, terminate or annul the Order. Article 7: Costs of the Emergency Arbitrator Proceedings (1) The applicant must pay an amount of US$ 40,000, consisting of US$ 10,000 for ICC administrative expenses and US$ 30,000 for the emergency arbitrator’s fees and expenses. Notwithstanding Article 1(5) of this Appendix, the Application shall not be notified until the payment of US$ 40,000 is received by the Secretariat. (2) The President may, at any time during the emergency arbitrator proceedings, decide to increase the emergency arbitrator’s fees or the ICC administrative expenses taking into account, inter alia, the nature of the case and the nature and amount of work performed by the emergency arbitrator, the Court, the President and the Secretariat. If the party which submitted the Application fails to pay the increased costs within the time limit fixed by the Secretariat, the Application shall be considered as withdrawn. (3) The emergency arbitrator’s Order shall fix the costs of the emergency arbitrator proceedings and decide which of the parties shall bear them or in what proportion they shall be borne by the parties.
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht (4) The costs of the emergency arbitrator proceedings include the ICC administrative expenses, the emergency arbitrator’s fees and expenses and the reasonable legal and other costs incurred by the parties for the emergency arbitrator proceedings. (5) In the event that the emergency arbitrator proceedings do not take place pursuant to Article 1(5) of this Appendix or are otherwise terminated prior to the making of an Order, the President shall determine the amount to be reimbursed to the applicant, if any. An amount of US$ 5,000 for ICC administrative expenses is non-refundable in all cases. Article 8: General Rule (1) The President shall have the power to decide, at the President’s discretion, all matters relating to the administration of the emergency arbitrator proceedings not expressly provided for in this Appendix. (2) In the President’s absence or otherwise at the President’s request, any of the Vice-Presidents of the Court shall have the power to take decisions on behalf of the President. (3) In all matters concerning emergency arbitrator proceedings not expressly provided for in this Appendix, the Court, the President and the emergency arbitrator shall act in the spirit of the Rules and this Appendix. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 regelt die Zulässigkeit des Eilschiedsrichterverfahrens. Diese setzt vor allem voraus, dass (i) das Schiedsgericht noch nicht konstituiert ist und die Schiedsverfahrensakten noch nicht an das Schiedsgericht übergeben wurden und (ii) die beantragten Eilmaßnahmen nicht bis zur Bildung eines Schiedsgerichts warten können. Für Einzelheiten verweist Art. 29 Abs. 1 auf Anhang V, in welchem die detaillierten Verfahrensregeln zu finden sind. → Rz. 40 ff., Rz. 77 ff.; Abs. 2–4 bestimmen, dass der Eilschiedsrichter seine Entscheidungen in Form eines Beschlusses erlässt. Es wird klargestellt, dass diese Entscheidung zwar für die Parteien verbindlich ist, dass das Schiedsgericht später allerdings nicht an diese (vorläufige) Entscheidung gebunden ist. Das Schiedsgericht entscheidet über diese Fragen (einschließlich der Kosten) eigenständig. → Rz. 91 ff. Abs. 5–6 regeln, wann die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren überhaupt Anwendung finden und ein Eilschiedsrichterverfahren daher in Betracht kommt. Voraussetzung ist jedenfalls, dass (i) die Parteien (oder ihre Rechtsvorgänger) die dem Eilantrag zugrundeliegende Schiedsvereinbarung unterzeichnet haben, (ii) die Schiedsvereinbarung nach Wirksamwerden der ICC-SchO 2012 geschlossen wurde, (iii) die Parteien das Eilschiedsrichterverfahren nicht ausgeschlossen haben und (iv) die Schiedsvereinbarung nicht einem internationalen Abkommen oder Staatsvertrag entstammt. → Rz. 19 ff.; Anhang V regelt Einzelheiten zum Ablauf des Eilschiedsrichterverfahrens und enthält die nähere Ausgestaltung der Voraussetzungen. → Rz. 29 ff., Rz. 52 ff. Kostenaspekte: Der Antragsteller muss einen Betrag i.H.v. 40.000 USD entrichten (d.h. 10.000 USD für die ICC-Verwaltungskosten sowie 30.000 USD für Honorar und Auslagen des Eilschiedsrichters). → Rz. 101 ff. A. I. II. III.
Eilschiedsrichter . . . . . . . . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Änderungshistorie . . . . . . . . . . Verhältnis zu §§ 1033, 1041, 1062 Abs. 1 Nr. 3 ZPO . . . . . . . . . . .
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IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 13 B. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Regelungsüberblick . . . . . . . . .
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO II. Anwendung der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren (Art. 29 Abs. 5 und Abs. 6) . . . . III. Antrag auf Anordnung von Eilmaßnahmen (Art. 29 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1–4 Anhang V) . . . . 1. Form und Inhalt des Antrags (Art. 1 Abs. 2–4 Anhang V) . . . . 2. Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags (Art. 29 Abs. 1; vgl. Art. 28 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . IV. Entscheidung des Präsidenten zur Anwendung der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren (Art. 1 Abs. 5 Anhang V) . . . . . V. Ernennung des Eilschiedsrichters (Art. 2 Anhang V) . . . . . . . . . . VI. Ablehnung von Schiedsrichtern (Art. 3 Anhang V) . . . . . . . . . . VII. Ort des Eilschiedsrichterverfahrens (Art. 4 Anhang V) . . . . . . .
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VIII. Verfahren vor dem Eilschiedsrichter (Art. 5 Anhang V) . . . . . IX. Entscheidung des Eilschiedsrichters (Art. 29 Abs. 1–4, Art. 6 Anhang V) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Form, Frist und Zustellung der Entscheidung (Abs. 2 Satz 1, Art. 6 Anhang V) . . . . . . . . . . . 2. Inhalt und Struktur der Entscheidung (Art. 29 Abs. 1, Art. 6 Anhang V) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Wirkung, Abänderung und Aufhebung der Entscheidung (Art. 29 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3–4, Art. 6 Anhang V) . . . . . . . . . . .
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C. Vollziehung/Vollstreckung der Entscheidung . . . . . . . . . . . . .
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62 66
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D. Kosten (Art. 7 Anhang V) . . . . 101 E. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108
Veröffentlichungen der ICC: ICC Commission Report: Emergency Arbitrator Proceedings (2019). Literatur: Alnaber, Emergency Arbitration: Mere Innovation or Vast Improvement, Arbitration International, Vol. 35 Issue 4 (2019), S. 441 ff.; Beisteiner, The Award and the Courts, To Be or Not to Be an Arbitrator – On the Nature of Emergency Arbitration, Austrian Yearbook on International Arbitration (2020), S. 289 ff.; Berger, Die Rechtsstellung des Pre-Arbitral-Referees, SchiedsVZ 2006, 176 ff.; Besson, Anti-Suit Injunctions by ICC Emergency Arbitrators, in: International Arbitration under Review – Essays in Honour of John Beechey (2015), S. 69 ff.; Carlevaris/Feris, Running in the ICC Emergency Arbitrator Rules: The First Ten Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 25 No.1 (2014), S. 25 ff.; Castineira, The Emergency Arbitrator in the 2012 ICC Rules of Arbitration, in: Les Cahiers de l’Arbitrage, The Paris Journal of International Arbitration 2012, S. 65 ff.; Cavalieros/Kim, Emergency Arbitrators Versus the Courts: From Concurrent Jurisdiction to Practical Considerations, Journal of International Arbitration, Vol. 35 Issue 3 (2018), S. 275 ff.; Gaillard/ Pinsolle, The ICC-Pre-Arbitral-Referee: First Practical Experiences, Arbitration International, Vol. 20 Issue 1 (2004), S. 1 ff.; Gerstenmaier, Die Vollziehbarkeit von Entscheidungen des Eilschiedsrichters, in FS Elsing (2015), S. 153 ff.; Ghaffari/Walters, The Emergency Arbitrator: The Dawn of a New Age?, Arbitration International 2014, Vol. 30 Issue 1, S. 153 ff.; Goller, The 2012 ICC Rules of Arbitration – An Accelerated Procedure and Substantial Changes, Journal of International Arbitration, Vol. 29 Issue 3 (2012), S. 323 ff.; Hauser, Schiedsverfahren, Eilrechtsschutz, ICC-Schiedsgerichtsordnung, RIW 2013, 364 ff.; Horn, Der Eilschiedsrichter im institutionellen Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2016, 22 ff.; ICC Commission on Arbitration and ADR, Report of the ICC Commission on Arbitration and ADR Task Force on Emergency Arbitrator (’EA‘) Proceedings (2019); Jones, Emergency Arbitrators and Interim Relief in International Commercial Arbitration, in: International Arbitration under Review – Essays in Honour of John Beechey (2015),
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht S. 203 ff.; Kröll, Der Eilschiedsrichter als Mittel, um die missbräuchliche Inanspruchnahme von Bankgarantien zu verhindern?, ZBB 2016, 271 ff.; Landbrecht, Staatlicher Eilrechtsschutz am deutschen Schiedsort und grenzüberschreitende Vollstreckung, SchiedsVZ 2013, 241 ff.; Marenkov, DIS-Herbsttagung „Die neue ICC-Schiedsgerichtsordnung“, SchiedsVZ 2012, 33 ff.; Mayer/Romero, Le nouveau règlement d’arbitrage de la Chambre de commerce internationale (CCI), Revue de l’Arbitrage 2011, S. 897 ff.; Santens/Kudrna, The State of Play of Enforcement of Emergency Arbitrator Decisions, Journal of International Arbitration, Vol. 34 Issue 1 (2017), S. 1 ff.; de los Santos Lago/Bonnín, Emergency Proceedings Under the New ICC Rules, Spain Arbitration Review 2012, S. 5 ff.; Sessler/Voser, Die Revidierte ICC-Schiedsgerichtsordnung – Schwerpunkte, SchiedsVZ 2012, 120 ff.; Voser, Overview of the Most Important Changes in the Revised ICC Arbitration Rules, ASA Bulletin, Vol. 20 Issue 3 (2011), S. 783 ff.; Voser/Boog, ICC Emergency Arbitrator Proceedings: An Overview, ICC Court Bulletin, Special Supplement 2011, Interim, Conservatory and Emergency Measures, S. 81 ff.; Zekoll/Giessen: Das ex parte-Eilverfahren und das Exequaturverfahren für schiedsgerichtliche Eilmaßnahmen im UNCITRAL Model Law – Anspruch und Wirklichkeit einer Reform, SchiedsVZ 2010, 137 ff.
A. Eilschiedsrichter I. Normzweck 1 Zwischen Einleitung des Schiedsverfahrens und Konstituierung des Schieds-
gerichts kann viel Zeit vergehen. Es gibt jedoch häufig Situationen, in denen eine Partei sehr kurzfristig Rechtsschutz benötigt, um einen Zustand vorläufig zu sichern oder zu regeln oder um irreparable Nachteile abzuwenden.
2 Die rechtsschutzsuchende Partei kann nach Einreichung der Schiedsklage und
Konstituierung des Schiedsgerichts dieses um einstweiligen Rechtsschutz gemäß Art. 28 Abs. 1 ersuchen. Eine Entscheidung des Schiedsgerichts kann allerdings in sehr dringenden Fällen u.U. zu spät kommen, da es mitunter mehrere Monate dauern kann, bis das Schiedsgericht gebildet ist.
3 Art. 29 schließt die zeitliche Lücke im schiedsgerichtlichen einstweiligen Rechts-
schutzsystem: Wenn eine Partei dringende Sicherungsmaßnahmen oder vorläufige Maßnahmen benötigt, die nicht bis zur Bildung eines Schiedsgerichts warten können (sog. „Eilmaßnahmen“), kann sie einen entsprechenden Antrag gemäß der Eilschiedsrichterverfahrensordnung im Anhang V stellen. Die Parteien erhalten damit auch im Schiedsverfahren effektiven einstweiligen Rechtsschutz. Sie müssen nicht mehr die Konstituierung des Schiedsgerichts abwarten, sondern können jederzeit – sei es vor Einleitung des Hauptsacheschiedsverfahrens oder danach – einen Eilschiedsrichter anrufen, der dann kurzfristig eingesetzt wird und rasch über die beantragten Eilmaßnahmen entscheiden kann.
4 Die rechtsschutzsuchende Partei kann freilich auch die staatlichen Gerichte um
einstweiligen Rechtsschutz ersuchen. Die Schiedsvereinbarung und die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren stehen einem gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht entgegen. Dies ist sowohl in Art. 28 Abs. 2 und 29 Abs. 7 als auch in § 1033 ZPO verankert und gilt für die meisten Juris510
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diktionen weltweit (zu Einschränkungen in manchen Rechtsordnungen für den Zeitraum ab Konstituierung des Schiedsgerichts s. Art. 28 Rz. 3).
II. Änderungshistorie Mit der ICC-SchO 2021 wurde Art. 29 Abs. 6 geändert, der gewisse Ausschluss- 5 kriterien für die Anwendbarkeit der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren vorsieht. Insbesondere sah Art. 29 Abs. 6 Buchst. c a.F. vor, dass die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren keine Anwendung finden, wenn die Parteien ein anderes, dem Schiedsverfahren vorgeschaltetes Verfahren vereinbart haben, in dessen Rahmen Sicherungsmaßnahmen, vorläufige Maßnahmen oder vergleichbare Maßnahmen angeordnet werden können. Die hinter dieser Bestimmung stehende Überlegung war, dass in solchen Fällen keine Lücke im schiedsverfahrensrechtlichen Rechtsschutzsystem besteht, weil sich die Parteien auf ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren geeinigt haben, welches bis zur Konstituierung des Schiedsgerichts eingreift. Diese Bestimmung hatte u.a. die mögliche Vereinbarung eines ICC-Pre-Arbi- 6 tral-Referee-Verfahrens vor Augen, im Zuge dessen der Pre-Arbitral Referee ebenfalls Eilmaßnahmen anordnen konnte (Art. 28 Rz. 1). Dieses Verfahren wird allerdings heute kaum mehr verwendet und auch vergleichbare Verfahren haben sich nicht etabliert, weshalb dieser Ausnahmetatbestand nur selten erfüllt war. Demgegenüber führte die Bestimmung ungewollt zu Unsicherheiten im Zusammenhang mit Bauprojekten, die auf Grundlage der Musterverträge der „Fédération Internationale des Ingénieurs Conseils“ (FIDIC) durchgeführt werden. Diese Musterverträge sehen als Teil eines mehrstufigen Streitbeilegungsmechanismus vor, dass Streitigkeiten zunächst von einem „Dispute Avoidance/Adjudication Board“ (DAABs) vorläufig entschieden werden. Der frühere Art. 29 Abs. 6 Buchst. c konnte so interpretiert werden, dass auch die Vereinbarung derartiger DAABs bzw. sonstiger Dispute Adjudication Boards die Anwendbarkeit der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren ausschließen (vgl. Boog, Arbitration in Switzerland (2019), 2388 f.; Voser, ASA Bulletin, Vol. 20 Issue 3 (2011), 783 [814 f.]). Damit war die Anwendung der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren in zahlreichen Bauprojekten unsicher. Vor diesem Hintergrund wurde der frühere Art. 29 Abs. 6 Buchst. c gestrichen. Neu eingeführt wurde an Stelle des früheren Art. 29 Abs. 6 Buchst. c die Rege- 7 lung, dass die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren dann keine Anwendung finden, wenn die Schiedsvereinbarung, auf der der Antrag auf Eilmaßnahmen beruht, einem internationalen Abkommen oder Staatsvertrag entstammt. Damit wird klargestellt, dass Eilschiedsrichterverfahren in Investitionsschutzverfahren, in denen die Zuständigkeit eines Schiedsgerichts aus einem völkerrechtlichen Vertrag resultiert, keine Anwendung finden. Diese Regelung hat nur klarstellende Wirkung, da in derartigen Fällen das bereits unter der alten Fassung der ICC-SchO bestehende Erfordernis, dass die ICC-Schiedsvereinbarung von allen Kopetzki/Herzberg
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Parteien (bzw. ihren Rechtsvorgängern) unterzeichnet sein muss (s. Rz. 20), i.d.R. nicht gegeben sein wird. 8 Zuletzt wurden auch die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren im Hin-
blick auf eine elektronische Verfahrensführung modernisiert. Nunmehr ist das Einreichen von physischen Kopien des Antrags ebenso wie bei der Schiedsklage nur mehr dann erforderlich, wenn der Antragsteller möchte, dass der Gegenseite ein physisches Exemplar des Antrags gegen Empfangsbestätigung, per Einschreiben oder Kurier übermittelt wird.
III. Verhältnis zu §§ 1033, 1041, 1062 Abs. 1 Nr. 3 ZPO 9 Vor Konstituierung des Schiedsgerichts besteht eine parallele Zuständigkeit zwi-
schen staatlichen Gerichten und dem Eilschiedsrichter. Die Parteien haben ein Wahlrecht, ob sie beim staatlichen Gericht gemäß §§ 916 ff. ZPO (wegen § 1033 ZPO) oder beim Eilschiedsrichter gemäß Art. 29 einen Antrag stellen. Art. 29 Abs. 7 stellt dies klar.
10 Nach Konstituierung des Schiedsgerichts und der Übermittlung der Verfahrens-
akten an dieses führen bei einem Schiedsort in Deutschland Art. 28 und § 1041 ZPO zu einer parallelen Zuständigkeit von staatlichem Gericht und Schiedsgericht (vgl. Art. 28 Rz. 2 f., auch zur abweichenden Rechtslage bspw. in Frankreich).
11 Zur Frage, ob § 1033 ZPO abbedungen werden kann, s. Art. 28 Rz. 98. 12 Die ZPO sieht selbst kein Eilschiedsrichterverfahren vor, steht der Vereinbarung
eines solchen aber auch nicht entgegen. § 1041 ZPO spricht darüber hinaus „Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes“ an, die ein Schiedsgericht anordnen kann (§ 1041 Abs. 1 ZPO) und die von einem staatlichen Gericht vollzogen werden können (§ 1041 Abs. 2 ZPO). Nicht geklärt ist, ob ein Eilschiedsrichter als Schiedsgericht i.S.d. § 1041 ZPO zu qualifizieren ist und ob diese Regelung sowie der auf sie Bezug nehmende § 1062 Abs. 1 Nr. 3 ZPO daher auch die von Eilschiedsrichtern angeordneten einstweiligen Rechtsschutzmaßnahmen umfassen (s. Rz. 99 f.).
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 13 Das staatliche einstweilige Rechtsschutzverfahren und das Eilschiedsrichterver-
fahren nach der ICC-SchO haben gemeinsam, dass es zum Zeitpunkt der Antragstellung einer Klageerhebung nicht bedarf (Art. 29 Abs. 1 Satz 2 a.E.). Allerdings muss diese im Eilschiedsrichterverfahren innerhalb von 10 Tagen nach Antragstellung erfolgen (Art. 1 Abs. 6 Anhang V). Im Übrigen unterscheidet sich der gerichtliche einstweilige Rechtsschutz erheblich vom Eilschiedsrichterverfahren.
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So entscheidet das staatliche Gericht im einstweiligen Rechtsschutzverfahren 14 durch Beschluss oder nach mündlicher Verhandlung durch Urteil, während die Entscheidung des Eilschiedsrichters nur in der Form eines Beschlusses ergehen kann (Art. 29 Abs. 2 Satz 1, Art. 6 Anhang V). Ferner sind im gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutz ex-parte-Anordnungen grds. möglich, wohingegen im Eilschiedsrichterverfahren der Antragsgegner immer gehört werden muss (zu „doppelt vorläufigen“, ohne vorherige Anhörung getroffenen Anordnungen des Eilschiedsrichters innerhalb des Verfahrens s. aber Rz. 69). Auch sind die Entscheidungen des staatlichen Gerichts im einstweiligen Rechtsschutzverfahren jedenfalls im Erlassstaat meist ohne weitere Formalitäten vollstreckbar (vgl. für Deutschland § 929 Abs. 1 ZPO: Entbehrlichkeit der Vollstreckungsklausel). Dagegen ist es fraglich, ob auch ein Beschluss des Eilschiedsrichters vollstreckbar ist (s. Rz. 99 f.). Auch sehen die Bestimmungen der ICC-SchO zum Eilschiedsrichterverfahren 15 weder ein Widerspruchsverfahren (dazu Art. 25 DIS-SchO Rz. 10) noch eine Gefährdungshaftung (dazu Art. 25 DIS-SchO Rz. 46) wie nach der ZPO vor. Geht man allerdings von der Anwendbarkeit des § 1041 ZPO auf eilschiedsrichterliche Maßnahmen – jedenfalls bei deutschem Ort des Eilschiedsrichterverfahrens – aus, wird insoweit auch der gesetzliche Gefährdungshaftungstatbestand des § 1041 Abs. 4 ZPO zur Anwendung zu kommen haben.
B. Einzelerläuterungen I. Regelungsüberblick Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren. In Art. 29 werden keine Ein- 16 zelheiten zum Eilschiedsrichterverfahren geregelt, sondern lediglich der grobe Rahmen festgelegt, namentlich wann die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren Anwendung finden (Abs. 5 und 6), wann ein Antrag auf Anordnung von dringenden Sicherungsmaßnahmen oder sonstigen vorläufigen Maßnahmen gemäß der Eilschiedsrichterverfahrensordnung zulässig ist (Abs. 1) und in welcher Form der Eilschiedsrichter zu entscheiden hat (Abs. 2). Art. 29 regelt auch das Verhältnis zwischen dem Eilschiedsrichterverfahren und dem eigentlichen Schiedsverfahren, dem Hauptsacheschiedsverfahren (Abs. 3 und 4). Schließlich stellt Art. 29 klar, dass die Parteien trotz der Anwendung der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren dringende Sicherungsmaßnahmen oder vorläufige Maßnahmen vor staatlichen Gerichten beantragen können (Abs. 7). Die Details zum Eilschiedsrichterverfahren ergeben sich aus Anhang V, der die 17 Eilschiedsrichterverfahrensordnung enthält. Art. 29 und Anhang V müssen daher zusammen gelesen werden; sie bilden einheitlich die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren (vgl. Art. 29 Abs. 5). Verhältnis zu den sonstigen Bestimmungen der ICC-SchO. Die Bestimmun- 18 gen zum Eilschiedsrichterverfahren sind eine eigenständige Verfahrensordnung, Kopetzki/Herzberg
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht die sonstigen Bestimmungen der ICC-SchO finden im Eilschiedsrichterverfahren (anders als bei den Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren; s. Art. 1 Abs. 1 Anhang VI) keine direkte Anwendung. Soweit Anhang V keine Regelungen enthält, können nach Art. 8 Abs. 3 Anhang V der Gerichtshof, der Präsident und der Eilschiedsrichter alle verfahrensrechtlichen Fragen nach eigenem Ermessen entscheiden. Dabei müssen sie nach „Sinn und Zweck“ der ICC-SchO sowie des Anhangs V handeln. Diese der Lückenfüllung dienende Regelung wurde Art. 42 Satz 1 nachgebildet; s. daher wegen der Einzelheiten Art. 42 Rz. 6 ff. Da die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren im Anhang V verhältnismäßig knapp gehalten sind, eröffnet diese Bestimmung insb. die Möglichkeit, sonstige Bestimmungen der ICC-SchO im Bedarfsfall sinngemäß anzuwenden. Darüber hinaus findet etwa Art. 41, der die Haftungsbeschränkung von Schiedsrichtern regelt, kraft ausdrücklicher Anordnung auch auf Eilschiedsrichter direkte Anwendung.
II. Anwendung der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren (Art. 29 Abs. 5 und Abs. 6) 19 Automatische Anwendung. Die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren
sind grds. automatisch anwendbar, sofern die in Art. 29 Abs. 5 festgelegten Voraussetzungen erfüllt sind (Unterzeichnung der Schiedsvereinbarung durch die Parteien oder ihre Rechtsvorgänger; s. Rz. 20–21) und sofern kein in Art. 29 Abs. 6 vorgesehener Ausschlussgrund gegeben ist (s. Rz. 22–26). Anders als etwa bei dem in der Praxis kaum verbreiteten ICC-Pre-Arbitral-Referee-Verfahren bedarf es daher keiner besonderen Vereinbarung der Parteien, um einstweiligen Rechtschutz außerhalb der Gerichte im vorgeschalteten Verfahren zum Schiedsverfahren zu beantragen.
20 Unterzeichnete Schiedsvereinbarung. Nach Art. 29 Abs. 5 finden die Bestim-
mungen zum Eilschiedsrichterverfahren nur auf jene Parteien Anwendung, die die dem Eilantrag zugrundeliegende ICC-Schiedsvereinbarung unterzeichnet haben, sowie auf deren Rechtsnachfolger. Der Begriff der Rechtsnachfolge schließt Einzel- und Gesamtrechtsnachfolgetatbestände ein, also etwa Abtretung, Verschmelzung usw.; richtigerweise ist auch der Vertrags- oder Schuldbeitritt hierunter zu fassen, nicht aber die bloße akzessorische Mithaftung, bspw. als Sicherungsgeber, aus einem eigenständigen Rechtsverhältnis.
21 Für die Anwendbarkeit der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren ist es
daher insb. nicht ausreichend, dass die Schiedsvereinbarung u.U. auf Nicht-Unterzeichner ausgedehnt werden könnte (vgl. Art. 6 Rz. 126 ff.).
22 Ausschluss der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren. Gemäß Art. 29
Abs. 6 können die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren in dreierlei Hinsicht ausgeschlossen sein.
23 Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung. Die Bestimmungen zum
Eilschiedsrichterverfahren sind nicht anwendbar, wenn die Schiedsvereinbarung 514
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO
vor dem 1.1.2012 und somit vor dem Inkrafttreten der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren geschlossen wurde (Art. 29 Abs. 6 Buchst. a). Diese Regelung ist eine Ausnahme zu Art. 6 Abs. 1, der im Grundsatz vorsieht, dass sich die Parteien der zu Beginn des Schiedsverfahrens gültigen ICC-SchO unterwerfen (s. Art. 6 Rz. 1 ff.). Mitunter kann der Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung un- 24 klar sein. Zweifel können etwa auftreten, wenn der Vertrag, der die Schiedsvereinbarung enthält, vor dem 1.1.2012 abgeschlossen wurde und danach abgeändert wurde oder wenn ein nach dem 1.1.2012 abgeschlossener Vertrag auf eine vor dem 1.1.2012 abgeschlossene Schiedsvereinbarung verweist und Streitigkeiten aus dem Vertrag dieser Schiedsvereinbarung unterwirft. Kein Zweifelsfall liegt hingegen vor, wenn etwa ein nach dem 1.1.2012 abgeschlossener Vertrag auf ein vor dem 1.1.2012 verfasstes Dokument (etwa AGB) verweist, das eine Schiedsklausel enthält, oder wenn er lediglich einzelne Bestimmungen einer vor dem 1.1.2012 abgeschlossenen Schiedsvereinbarung durch einen Verweis einbindet. Abdingbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren („Opt- 25 out“). Ferner steht es den Parteien frei, die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren abzuwählen („Opt-Out“). Die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren sind daher nicht anwendbar, wenn die Parteien ihre Anwendung ausgeschlossen haben (Art. 29 Abs. 6 Buchst. b). Ein derartiger Ausschluss hat ausdrücklich zu geschehen. Hierfür hat die ICC eine Standardformulierung vorgeschlagen, die einer ICC-Schiedsvereinbarung zugefügt werden kann: „Die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren finden keine Anwendung.“ Internationales Abkommen oder Staatsvertrag. Schließlich finden die Bestim- 26 mungen zum Eilschiedsrichterverfahren auch dann keine Anwendung, wenn die Schiedsvereinbarung, auf die der Antrag auf Anordnung von dringenden Sicherungsmaßnahmen oder sonstigen vorläufigen Maßnahmen gestützt ist, einem internationalen Abkommen oder Staatsvertrag entstammt (Art. 29 Abs. 6 Buchst. c). Somit sind die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren in auf völkerrechtlichen Verträgen beruhenden Investitionsschutzverfahren nicht anwendbar. Folge des Nichtvorliegens der Voraussetzungen. Folge des Nichtvorliegens 27 der Voraussetzung des Art. 29 Abs. 5 bzw. des Vorliegens eines Ausschlussgrunds gemäß Art. 29 Abs. 6 ist die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts (vgl. Rz. 41). Parteivereinbarung („Opt-in“). Schließlich können sich die Parteien auch ein- 28 vernehmlich auf die Anwendung der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren einigen, selbst wenn die oben dargelegten Voraussetzungen nicht erfüllt sind („Opt-in“). Auch wenn dies die ICC-SchO nicht ausdrücklich regelt, ist dies eine Folge des Prinzips der Parteiautonomie. Kopetzki/Herzberg
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht III. Antrag auf Anordnung von Eilmaßnahmen (Art. 29 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1–4 Anhang V) 29 Das Eilschiedsrichterverfahren wird mit einem Antrag auf Anordnung von drin-
genden Sicherungsmaßnahmen oder sonstigen vorläufigen Maßnahmen („Eilmaßnahmen“) eingeleitet.
30 Zeitpunkt der Antragstellung. Meistens geht der Antrag auf Eilmaßnahmen ei-
ner Schiedsklage voraus, er kann jedoch auch nach Erhebung einer Schiedsklage eingebracht werden.
31 Antragsteller. In den allermeisten Fällen wird der Antrag auf Anordnung von
Eilmaßnahmen vom Kläger des Hauptsacheschiedsverfahrens gestellt werden, allerdings kann auch der Beklagte einen entsprechenden Antrag einbringen (vgl. auch Rz. 47). 1. Form und Inhalt des Antrags (Art. 1 Abs. 2–4 Anhang V)
32 Adressat und Form der Übermittlung. Der Antrag ist beim Sekretariat in ei-
nem beliebigen der in der Geschäftsordnung des Gerichtshofs im Anhang II zur ICC-SchO (vgl. Art. 1 Rz. 23) angegebenen Büros einzureichen (Art. 1 Abs. 1 Anhang V).
33 Es empfiehlt sich, den Antrag auf Eilmaßnahmen jedenfalls elektronisch ein-
zureichen. Das Sekretariat hat hierfür eine eigene E-Mail-Adresse eingerichtet (derzeit: [email protected]). Der Erhalt einer elektronischen Kopie des Antrags ist für die Einleitung des Eilschiedsrichterverfahrens ausreichend.
34 Physische Kopien des Antrags müssen nur dann eingereicht werden, wenn der
Antragssteller möchte, dass eine Kopie des Antrags gegen Empfangsbestätigung, per Einschreiben oder Kurier an die Gegenseite übermittelt wird. In dem Fall hat die antragstellende Partei den Antrag gemäß Art. 1 Abs. 2 Anhang V in einer solchen Anzahl von Exemplaren einreichen, dass jede Partei, der Eilschiedsrichter und das Sekretariat je ein Exemplar erhalten.
35 Etwaige physische Kopien des Antrags sind ausschließlich an das Sekretariat zu
übermitteln. Darüber hinaus spricht nichts dagegen, eine elektronische Kopie des Antrags direkt an die Gegenpartei bzw. – soweit bekannt – ihren Vertreter zu senden. Zu bedenken ist allerdings, dass diese dadurch vorab von der Einleitung des Eilschiedsrichterverfahrens informiert wird und dadurch Zeit für die Vorbereitung gewinnt. Wenn zum Zeitpunkt der Antragsstellung bereits ein Schiedsverfahren eingeleitet wurde, sollte der Antrag zusätzlich direkt an das zuständige Verfahrensmanagementteam gesendet werden.
36 Empfehlung: Der Eingang eines Antrags auf Anordnung von Eilmaßnahmen löst im Se-
kretariat eine Reihe von arbeitsintensiven und zeitkritischen Abläufen aus. Um eine möglichst effiziente Einleitung des Eilschiedsrichterverfahrens zu gewährleisten, sollte der Antragsteller bereits im Vorfeld das Sekretariat kontaktieren und den bevorstehenden Antrag auf Anordnung von Eilmaßnahmen ankündigen. Dies ermöglicht es dem Sekretariat, sich
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO intern entsprechend zu organisieren und Vorbereitungen zu treffen, wie etwa bereits mit der Suche nach einem geeigneten Eilschiedsrichter zu beginnen. Wenn schon ein Schiedsverfahren eingeleitet wurde, sollte der Antragsteller diesbezüglich direkt mit dem zuständigen Verfahrensmanagementteam Kontakt aufnehmen. Wenn noch kein Schiedsverfahren eingeleitet wurde, kann der Antragsteller entweder direkt das Verfahrensmanagementteam, dem das Schiedsverfahren vermutlich zugeteilt werden wird, oder das Management des Sekretariats kontaktieren. Der Antragsteller kann den bevorstehenden Antrag auch mittels E-Mail an die vom Sekretariat eigens für Eilschiedsrichterverfahren eingerichtete E-Mail-Adresse ([email protected]) ankündigen.
Inhalt. Gemäß Art. 1 Abs. 3 Anhang V muss der Antrag zumindest die folgen- 37 den Angaben enthalten: (1) Der Antragsteller muss den vollständigen Namen, Rechtsform, Adresse und sonstige Kontaktdaten jeder der Parteien nennen. Lässt sich der Antragsteller im Verfahren vertreten, muss er auch den vollständigen Namen, Adresse und sonstige Kontaktdaten der Vertreter des Antragstellers nennen. (2) Der Antragsteller muss die antragsbegründenden Umstände darstellen. Zudem muss er den Sachverhalt der Streitigkeit darlegen, die Gegenstand des Schiedsverfahrens ist oder sein soll. Es genügt daher nicht, nur den Streitgegenstand für die Eilmaßnahmen zu beschreiben, es muss auch auf den Streitgegenstand der Hauptsache eingegangen werden. (3) Der Antragsteller muss die beantragten Eilmaßnahmen darlegen. (4) Der Antragsteller muss zudem darlegen, warum er die beantragten Eilmaßnahmen benötigt und warum diese nicht bis zur Bildung eines Schiedsgerichts warten können. Da es eine Zulässigkeitsvoraussetzung für den Antrag auf Eilmaßnahmen ist, dass die beantragten Eilmaßnahmen nicht bis zur Bildung eines Schiedsgerichts warten können, legt der Antragsteller damit auch dar, weshalb der Antrag aus seiner Sicht zulässig ist. Der Antragsteller sollte seinen Antrag möglichst umfassend begründen, da er im Eilschiedsrichterverfahren (anders als in regulären ICC-Schiedsverfahren, s. Art. 4 Rz. 1 ff.) nicht damit rechnen kann, nach seinem verfahrenseinleitenden Schriftsatz seine Position noch einmal ausführlicher in einem zweiten Schriftsatz darlegen zu können. (5) Vorzulegen hat der Antragsteller zudem die einschlägigen Vereinbarungen zwischen den Parteien, insb. die Schiedsvereinbarung, auf die der Antragsteller seinen Antrag auf Eilmaßnahmen stützt. (6) Darüber hinaus hat der Antragsteller etwaige Vereinbarungen zum Schiedsort, zu den anwendbaren Rechtsregeln und zur Verfahrenssprache vorzulegen. (7) Der Antragsteller muss nachweisen, dass er den gemäß Art. 7 Abs. 1 Anhang V zu zahlenden Betrag gezahlt hat. Diesen Nachweis wird er üblicherweise durch Vorlage einer entsprechenden Überweisungsbestätigung erbringen. Außerdem kann der entsprechende Betrag auch mittels Schecks bezahlt werden, dessen Übersendung dann den entsprechenden Zahlungsnachweis ersetzt. Barzahlungen nimmt die ICC hingegen keine an. Ungeachtet der VorKopetzki/Herzberg
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht lage einer entsprechenden Zahlungsbestätigung werden das Sekretariat und der Gerichtshof das Eilschiedsrichterverfahren allerdings erst dann in Gang setzen, wenn die Zahlung tatsächlich bei der ICC eingegangen ist. (8) Wenn bereits eine Schiedsklage eingebracht wurde, hat der Antragsteller seinem Antrag auch eine Kopie der Schiedsklage sowie eine Kopie von etwaigem sonstigen Vorbringen im Zusammenhang mit der zugrundeliegenden Streitigkeit (d.h. insb. eine etwaige Klageantwort und sonstiges Vorbringen zur Sache; nicht jedoch alle Verfahrenskorrespondenz schlechthin) anzufügen. Diese Verpflichtung gilt unabhängig davon, von welcher Partei des Schiedsverfahrens der Antrag auf Eilmaßnahmen eingebracht wird. 38 Art. 1 Abs. 3 Satz 2 Anhang V enthält die Empfehlung, dass es sich anbietet,
über die Mindestinformationen hinaus weitere Informationen und Dokumente beizufügen, die eine effiziente Prüfung des Antrags ermöglichen. Insbesondere sollte der Antrag all jene Unterlagen enthalten, die erforderlich sind, um die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren zu prüfen (wie etwa Dokumente, die ggf. belegen, dass es sich bei den Parteien des Eilschiedsrichterverfahrens um Rechtsnachfolger der Unterzeichner der Schiedsvereinbarung handelt).
39 Sprache. Nach Art. 1 Abs. 4 Anhang V ist der Antrag in der Sprache des
Schiedsverfahrens abzufassen. Ist die Sprache des Schiedsverfahrens nicht vereinbart, ist der Antrag in der Sprache zu stellen, in der die Schiedsvereinbarung abgefasst ist (Art. 1 Abs. 5 Anhang V). Ist die Schiedsvereinbarung in mehr als einer Sprache abgefasst (etwa, weil sie Teil eines zweisprachigen Vertrags ist, in dem beide Sprachfassungen gleichranging sind), kann sich der Antragsteller aussuchen, in welcher Sprache er den Antrag verfasst. Haben die Parteien keine Einigung über die Verfahrenssprache getroffen, folgt diese nicht ohne weiteres aus der Sprache des Antrags. Sieht die Schiedsvereinbarung keine Verfahrenssprache vor und einigen sich die Parteien nicht nachträglich auf die Sprache des Eilschiedsrichterverfahrens, so hat der Eilschiedsrichter eine Entscheidung über die Verfahrenssprache zu treffen (vgl. dazu Art. 20 Rz. 15 ff.). 2. Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags (Art. 29 Abs. 1; vgl. Art. 28 Abs. 1)
40 Voraussetzungen für einen Antrag auf Eilmaßnahmen. Für einen Antrag auf
Eilmaßnahmen nach Art. 29 i.V.m. Anhang V müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst ist es wie oben dargelegt erforderlich, dass die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren überhaupt Anwendung finden (Art. 29 Abs. 5–6; s. Rz. 19 ff.). Ist dies der Fall, müssen die weiteren Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1 erfüllt sein. Insbesondere ist es notwendig, dass die beantragten Eilmaßnahmen nicht bis zur Bildung des Schiedsgerichts warten können (Art. 29 Abs. 1 Satz 1; s. Rz. 42 ff.). Darüber hinaus ist es erforderlich, dass die Akten noch nicht an das Schiedsgericht übergeben wurden (Art. 29 Abs. 1 Satz 2; s. Rz. 45). Nur wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, hat der Eil518
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO
schiedsrichter über die Begründetheit des Antrags zu entscheiden (vgl. Art. 28 Abs. 1; s. Rz. 49 f.). Schließlich ist auch zu beachten, dass der Antragssteller innerhalb von 10 Tagen nach Eingang des Antrags eine Schiedsklage einreichen muss (Art. 1 Abs. 6 Anhang V; s. Rz. 46). Rechtsnatur dieser Voraussetzungen. Die Rechtsnatur dieser Voraussetzungen 41 bzw. die Folgen ihres Nichtvorliegens sind in den Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren nicht ausdrücklich geregelt. Dass die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren überhaupt Anwendung finden (Art. 29 Abs. 5– 6), ist als Voraussetzung für die Zuständigkeit des Eilschiedsrichters zu verstehen. Finden die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren keine Anwendung, ist der Eilschiedsrichter ebenso unzuständig wie es ein Schiedsrichter in einem regulären ICC-Schiedsverfahren wäre, wenn die Parteien keine ICCSchiedsvereinbarung getroffen haben (vgl. Rz. 78 ff.). Die Voraussetzung, dass die beantragten Eilmaßnahmen nicht bis zur Bildung des Schiedsgerichts warten können (Art. 29 Abs. 1 Satz 1), ist hingegen als Voraussetzung für die Zulässigkeit der beantragten Eilmaßnahmen zu werten (vgl. Rz. 85; vgl. auch Art. 6 Abs. 2 Anhang V 1. Fall). Dies gilt auch für die Voraussetzung, dass die Akten noch nicht an das Schiedsgericht übergeben wurden (Art. 29 Abs. 1 Satz 2; vgl. Rz. 45 ff.; Rz. 81). Die Regelung, dass der Antragsteller innerhalb von 10 Tagen nach Einlangen des Antrags eine Schiedsklage einreichen muss, ist demgegenüber keine Voraussetzung für die Zulässigkeit des Eilschiedsrichterverfahrens, allerdings beendet der Präsident das Eilschiedsrichterverfahren, wenn diese Voraussetzung nicht erfüllt wird (Art. 1 Abs. 6 Anhang V). Wird das Eilschiedsrichterverfahren durch einen derartigen Beschluss des Präsidenten beendet, wird der Eilschiedsrichter functus officio und verliert damit seine Zuständigkeit über die beantragten Eilmaßnahmen zu entscheiden (vgl. Rz. 46). Qualifizierte Dringlichkeit. Art. 29 Abs. 1 nennt eine einzige Voraussetzung für 42 die Befugnis des Eilschiedsrichters, Eilmaßnahmen anzuordnen: die beantragten Eilmaßnahmen müssen derart dringlich sein, dass sie nicht bis zur Bildung des Schiedsgerichts warten können (Art. 29 Abs. 1 Satz 1). Im Vergleich zu Art. 28 Abs. 1 ist in Art. 29 Abs. 1 die Eilbedürftigkeit ausdrückliche Voraussetzung. Damit soll die Ausnahmestellung der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren als vorgeschaltetes Verfahren zum Schiedsverfahren hervorgehoben werden. Beurteilungsmaßstab. Bei der Beurteilung, ob die erforderliche Dringlichkeit 43 vorliegt, sind zwei Fragen maßgeblich. Erstens: Wann könnte ein zu konstituierendes Schiedsgericht frühestens einstweiligen Rechtsschutz gewähren? Zweitens: Wäre die gegenständlich beantragte Eilmaßnahme hinfällig, wenn der Antragsteller die Konstituierung des Schiedsgerichts abwarten würde? In Bezug auf die erste Frage wird unter Berücksichtigung der vereinbarten Anzahl der Schiedsrichter und sonstiger im Einzelfall maßgeblicher Umstände abzuschätzen sein, wann das Schiedsgericht konstituiert werden könnte und wie viel Zeit es in Folge für die Anordnung von Eilmaßnahmen benötigen würde. In Bezug auf die zweite Frage wird zu prüfen sein, ob zu dem Zeitpunkt, zu dem das Schiedsgericht die Eilmaßnahmen treffen könnte, diese noch geeignet wären, den beKopetzki/Herzberg
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht haupteten drohenden Schaden abzuwenden. Nicht dringlichkeitsschädlich ist es, dass der Antragsteller auch einstweiligen Rechtsschutz vor den staatlichen Gerichten erlangen könnte. 44 Glaubhaftmachungslast und -maß in Bezug auf die qualifizierte Dringlich-
keit. Der Antragsteller trägt die Glaubhaftmachungslast dafür, dass die beantragten Sicherheitsmaßnahmen derart dringlich sind, dass sie nicht bis zur Bildung des Schiedsgerichts warten können. In Bezug auf den Beleg dieser qualifizierten (!) Dringlichkeit werden keine überspannten Anforderungen an das Beweismaß zu stellen sein. Zwar wird der Antragsteller Glaubhaftmachungsmittel für seine diesbezüglichen Behauptungen anbieten müssen, ein Vollbeweis ist aber nicht zu verlangen. Dies folgt u.a. daraus, dass der Eilschiedsrichter nur sehr beschränkte Möglichkeiten hat, die vorliegenden Glaubhaftmachungsmittel (seien es schriftliche Zeugenaussagen oder urkundliches Beweismaterial) zu prüfen.
45 Noch keine Übergabe der Akten an das Schiedsgericht. Art. 29 Abs. 1 Satz 2
stellt klar, dass neben der Voraussetzung, dass das Schiedsgericht noch nicht konstituiert ist, ein Antrag auf Einleitung eines Eilschiedsrichterverfahrens nur zulässig ist, wenn der Antrag beim Sekretariat eingeht, bevor die Schiedsverfahrensakten an das Schiedsgericht übergeben wurden (vgl. Art. 16). Ob dieses Erfordernis erfüllt ist, prüft das Sekretariat im Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Eilmaßnahmen. Wurde die Verfahrensakte dem Schiedsgericht zu dem Zeitpunkt bereits übergeben, wird das Sekretariat bzw. der Präsident kein Eilschiedsrichterverfahren in Gang setzen. Nicht erforderlich ist, dass der Antragsteller (oder die Gegenpartei) im Zeitpunkt der Antragstellung bereits eine Schiedsklage eingereicht hat (Art. 29 Abs. 1 Satz 2 a.E). Sobald die Akten dem Schiedsgericht übergeben wurden, sind etwaige Anträge auf Sicherungsmaßnahmen oder vorläufige Maßnahmen direkt an das Schiedsgericht zu richten, das diese dann gemäß Art. 28 Abs. 1 anordnen kann. Im unwahrscheinlichen Fall, dass das Schiedsgericht nach Eingang eines Antrags auf Eilmaßnahmen vor der Ernennung des Eilschiedsrichters gebildet werden kann, bleibt der Antrag zwar zulässig, aber der Gerichtshof wird wohl mit der Bildung des Schiedsgerichts und der Übergabe der Akten an das Schiedsgericht fortfahren und daher keinen Eilschiedsrichter ernennen (vgl. Art. 2 Abs. 2 Anhang V).
46 Einreichung der Schiedsklage innerhalb von 10 Tagen. Gemäß Art. 1 Abs. 6
Anhang V beendet der Präsident des Gerichtshofs das Eilschiedsrichterverfahren, sofern der Antragsteller nicht innerhalb von 10 Tagen, nachdem sein Antrag auf Eilmaßnahmen beim Sekretariat eingegangen ist, Schiedsklage beim Sekretariat einreicht. Mit einer derartigen Entscheidung des Präsidenten wird der Eilschiedsrichter functus officio. Die Frist zur Einreichung der Schiedsklage kann vom Eilschiedsrichter allerdings verlängert werden (s. Rz. 48), weshalb der Präsident den Eilschiedsrichter konsultiert, bevor er auf dieser Grundlage das Eilschiedsrichterverfahren beendet.
47 Wenn der Antragsteller die Schiedsklage bereits vor seinem Antrag auf Eilmaß-
nahmen eingebracht hat, ist es selbstverständlich nicht erforderlich, dass er in520
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO
nerhalb von 10 Tagen eine neue Schiedsklage einbringt. Wenn hingegen die Schiedsklage zuvor vom Antragsgegner eingebracht wurde und der Antragsteller seinen Antrag auf Eilmaßnahmen im Rahmen dieses Schiedsverfahrens, in dem er Beklagter ist, stellt, findet die Bestimmung grds. schon Anwendung. Allerdings ist in so einem Fall vom Antragsteller nicht zu fordern, dass er eine getrennte Schiedsklage einbringt, die ein neues (Hauptsache-)Schiedsverfahren einleitet. Vielmehr genügt es in so einem Fall, dass der Beklagte innerhalb von 10 Tagen nach Eingang seines Antrags eine entsprechende Widerklage einbringt (s. Art. 5; s. auch Carlevaris/Feris, Running in the ICC Emergency Arbitrator Rules: The First Ten Cases, ICC Court Bulletin, Vol. 25 No. 1 (2014), 25 [31]). Zu einer Beendigung des Eilschiedsrichterverfahrens durch den Präsidenten des Gerichtshofs kommt es nicht, wenn im Eilschiedsrichterverfahren der Eilschiedsrichter die Frist zur Einreichung der Schiedsklage verlängert hat. Verlängerung der Frist durch den Eilschiedsrichter. Der Eilschiedsrichter 48 kann die Frist zur Einreichung der Schiedsklage gemäß Art. 1 Abs. 6 Anhang V verlängern. In der Regel wird er dies nur auf Antrag einer Partei tun. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass der Eilschiedsrichter die Frist von sich aus verlängert. Die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren enthalten keine Vorgaben zur Form einer etwaigen Fristverlängerung. Der Eilschiedsrichter kann die Frist daher auch formlos verlängern, sollte aber jedenfalls zuvor Stellungnahmen der Parteien dazu einladen. Von seiner Befugnis zur Fristverlängerung sollte der Eilschiedsrichter zwar grds. zurückhaltend Gebrauch machen. Auch wenn eine Schiedsklage sehr kurz gefasst sein kann, kann es angesichts des knappen Zeitrahmens des Eilschiedsrichterverfahrens und der damit einhergehenden hohen Arbeitsintensität für die Parteivertreter aber ggf. gerechtfertigt sein, die Frist um einige Tage zu verlängern. In den meisten Fällen wird der Antragsteller die Schiedsklage allerdings einbringen, bevor der Eilschiedsrichter seinen Beschluss erlassen hat. Eine längere Fristverlängerung könnte hingegen geboten sein, wenn die Parteien im Zuge einer mehrstufigen Schiedsvereinbarung einen verpflichtenden vorgelagerten Vergleichsversuch oder eine Cooling-offPeriode vereinbart haben, die eine fristgerechte Einbringung der Schiedsklage nicht erlaubt. In solchen Fällen sollte der Eilschiedsrichter allerdings bedenken, dass eine vom ihm erlassene Maßnahme erst entsprechend später von einem Schiedsgericht überprüft und abgeändert oder aufgehoben werden kann. Der Eilschiedsrichter könnte diesen Umstand bei seiner Entscheidung berücksichtigen, ob und ggf. in welchem Umfang er den beantragten Eilrechtsschutz gewährt. Keine ausdrücklichen Regelungen zur Begründetheit. Die Bestimmungen zum 49 Eilschiedsrichterverfahren sehen keinen bestimmten Maßstab für die Begründetheit des Antrags vor. Der Prüfungsmaßstab ist daher derselbe wie der für Schiedsgerichte, die über einen Antrag auf Sicherungsmaßnahmen oder vorläufige Maßnahmen zu entscheiden haben (vgl. Reiner/Petukté/Kern, ICC-Schiedsgerichtsordnung, S. 165; s. daher Art. 28 Rz. 19, 21–32 für Einzelheiten). Gelegentlich qualifizieren Eilschiedsrichter allerdings auch die Voraussetzung des Art. 29 Abs. 1, dass die beantragten Eilmaßnahmen nicht bis zur Bildung des Kopetzki/Herzberg
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Schiedsgerichts warten können, als Voraussetzung für die Begründetheit des Antrags. Für Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland sowie deutsch geprägte Verfahren könnten auch die im deutschen Recht geltenden Voraussetzungen zum einstweiligen Rechtsschutz berücksichtigt werden, die allerdings im Eilschiedsrichterverfahren nicht unmittelbar anwendbar sind (s. Art. 28 Rz. 11 ff.). 50 In der Praxis prüfen Eilschiedsrichter mitunter, ob (i) dem Antragsteller vor Fäl-
lung einer endgültigen Entscheidung in der Hauptsache die Gefahr eines irreparablen oder zumindest nicht leicht wieder gutzumachenden Schadens erwächst (sog. „periculum in mora“), (ii) der Antragsteller prima facie eine Aussicht auf Erfolg in der Hauptsache hat (sog. „fumus boni iuris“), (iii) sie mit der Anordnung der Eilmaßnahmen die Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen würden und ob (iv) der drohende Schaden, der durch die Eilmaßnahme verhindern werden soll, den durch die Eilmaßnahme verursachten Nachteil überwiegt.
51 Ersuchen staatlicher Gerichte um Eilrechtsschutz gestattet. Wie oben er-
wähnt, regelt Art. 29 Abs. 7, dass die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren es nicht ausschließen, dass eine Partei bei einem staatlichen Gericht Sicherungsmaßnahmen oder vorläufige Maßnahmen beantragt. Dies gilt grds. selbst dann, wenn bereits ein Eilschiedsrichterverfahren eingeleitet wurde (vgl. auch Art. 28 Abs. 2). Der Antragsteller muss nach Art. 29 Abs. 7 Satz 2 allerdings den Antrag auf Erlass entsprechender Maßnahmen und die von dem zuständigen Justizorgan getroffenen Maßnahmen dem Sekretariat unverzüglich mitteilen (vgl. auch Art. 28 Abs. 2 Satz 3). Wenn dem Antragsteller der gewünschte Eilrechtsschutz bereits von einem staatlichen Gericht gewährt wurde, steht dies der Einleitung oder Fortsetzung des Eilschiedsrichterverfahrens grds. nicht entgegen. Das Sekretariat wird dessen ungeachtet den Eilschiedsrichter ernennen und diesem den Eilantrag und etwaige vom Gericht getroffenen Maßnahmen übermitteln. Dieser wird in Folge nach dem jeweils anwendbaren Recht zu prüfen haben, welche Auswirkungen diese auf das Eilschiedsrichterverfahren haben. Nach deutschem Recht ist ein Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz an ein Schiedsgericht auch dann zulässig, wenn eine entsprechende Maßnahme bereits vor dem staatlichen Gericht beantragt wurde. Zwar darf in einem solchen Fall gemäß § 1041 Abs. 2 ZPO die Entscheidung des Schiedsgerichts durch das staatliche Gericht nicht für vollziehbar erklärt werden, allerdings könnte ein derartiges Vorgehen dennoch sinnvoll sein, wenn etwa eine Vollstreckung der Maßnahme im Ausland oder eine freiwillige Befolgung der Anordnung des Eilschiedsrichters durch die Parteien in Betracht kommt.
IV. Entscheidung des Präsidenten zur Anwendung der Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren (Art. 1 Abs. 5 Anhang V) 52 Entscheidung des Präsidenten. Gemäß Art. 1 Abs. 5 Anhang V prüft der Prä-
sident des Gerichtshofs aufgrund der im Antrag mitgeteilten Informationen, ob 522
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO
die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren gemäß Art. 29 Abs. 5 und Abs. 6 Anwendung finden. Der Präsident prüft daher, ob alle Parteien bzw. deren Rechtsvorgänger die dem Eilantrag zugrunde liegende ICC-Schiedsvereinbarung unterzeichnet haben (Abs. 5) und ob einer der Ausschlussgründe für die Anwendbarkeit der Bestimmungen vorliegt (Abs. 6). Positive Entscheidung. Kommt der Präsident des Gerichtshofs zu dem Ergeb- 53 nis, dass die Voraussetzungen für ein Eilschiedsrichterverfahren vorliegen, übermittelt das Sekretariat den Antrag (nebst Anlagen) an die Gegenpartei(en) (Art. 1 Abs. 5 Satz 1 Anhang V). Voraussetzung für die Übermittlung des Antrags an die Gegenpartei(en) ist allerdings stets der Eingang der Zahlung der ICC-Verwaltungsgebühren und des Honorars und der Auslagen des Eilschiedsrichters i.H.v. 40.000 USD durch den Antragsteller (Art. 7 Abs. 1 Anhang V). Negative Entscheidung. Kommt der Präsident des Gerichtshofs zu dem Ergeb- 54 nis, dass die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren im Hinblick auf einige oder alle Parteien keine Anwendung finden, informiert das Sekretariat alle Parteien darüber, dass hinsichtlich dieser Parteien kein Eilschiedsrichterverfahren stattfindet. Die Gegenpartei erhält dann zu Informationszwecken ein Exemplar des Antrags (Art. 1 Abs. 5 Satz 2 Anhang V). Wenn die Voraussetzungen nur für einzelne von mehreren Gegenparteien nicht erfüllt sind, scheiden nur diese aus dem Verfahren aus und das Eilschiedsrichterverfahren findet unter Beteiligung der übrigen Parteien statt. Wird das Eilschiedsrichterverfahren aufgrund einer negativen Entscheidung des Präsidenten insgesamt beendet, setzt der Präsident fest, welcher Betrag ggf. an den Antragsteller zurückzuerstatten ist. Ein Betrag von 5.000 USD für ICC-Verwaltungskosten wird in jedem Fall einbehalten (Art. 7 Abs. 5 Anhang V; s. Rz. 105).
V. Ernennung des Eilschiedsrichters (Art. 2 Anhang V) Ernennung des Eilschiedsrichters. Nach Art. 2 Abs. 1 Anhang V wird der Eil- 55 schiedsrichter vom Präsidenten des Gerichtshofs ernannt, der diese Ernennung so schnell wie möglich vorzunehmen hat. In Eilschiedsrichterverfahren erfolgt die Ernennung des Eilschiedsrichters daher nicht durch einen Ausschuss des Gerichtshofs und auch nicht auf Vorschlag eines ICC-Nationalkomitees. Auch die Parteien werden nicht eingeladen, zur Auswahl des Eilschiedsrichters Stellung zu nehmen oder diesen gar gemeinsam zu benennen. Das Sekretariat wird sofort nach Eingang des Antrags damit beginnen, geeignete Kandidaten zu identifizieren und diese einladen, entsprechende Annahme-, Verfügbarkeits-, Unparteilichkeits- und Unabhängigkeitserklärungen abzugeben (Art. 2 Abs. 5 Anhang V). Die Ernennung durch den Präsidenten erfolgt dann meist binnen zwei Tagen nach Eingang des Antrags beim Sekretariat, oft sogar bereits innerhalb von 24 Stunden. Gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 2 Anhang V verliert der ernannte Eilschiedsrichter 56 seine Zuständigkeit nicht dadurch, dass die Akte an das Schiedsgericht übersenKopetzki/Herzberg
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht det wird (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 Anhang V). Sollte das Schiedsgericht gebildet werden, bevor der Eilschiedsrichter seine Entscheidung getroffen hat, sind beide gleichzeitig für die Anordnung von Eilmaßnahmen zuständig. Sofern der Antragsteller die entsprechenden Eilmaßnahmen auch beim Schiedsgericht beantragt, kann daher auch dieses die einstweiligen Maßnahmen anordnen. Im Regelfall wird der Eilschiedsrichter, der sich bereits mit dem Antrag befasst hat, schneller als das Schiedsgericht über die Eilmaßnahmen entscheiden können. Wenn die Dringlichkeit der beantragten Eilmaßnahmen dies erfordert, sollte daher er über den Antrag auf Eilmaßnahmen entscheiden. Allerdings sollte er sich über die Vorgehensweise mit dem Schiedsgericht abstimmen, schon alleine um einander möglicherweise widersprechende zeitgleiche Entscheidungen zu vermeiden. Im unwahrscheinlichen Fall, dass das Schiedsgericht nach Eingang eines Antrags auf Eilmaßnahmen vor der Ernennung des Eilschiedsrichters gebildet werden kann, wird der Gerichtshof wohl mit der Bildung des Schiedsgerichts und der Übergabe der Akten an das Schiedsgericht fortfahren und daher keinen Eilschiedsrichter ernennen (vgl. Art. 2 Abs. 2 Anhang V). 57 Qualifikation und Staatsangehörigkeit des Eilschiedsrichters. Der Präsident
wird als Eilschiedsrichter üblicherweise einen Kandidaten ernennen, der bereits in regulären ICC-Schiedsverfahren als Einzelschiedsrichter oder Vorsitzender tätig gewesen ist. Bei der Auswahl des Eilschiedsrichters wird er dabei wie üblich auf dessen Eignung für den konkreten Fall achten und dabei etwa die Natur der Streitigkeit, das anwendbare Recht, den Ort des Eilschiedsrichterverfahrens, die Verfahrenssprache sowie die Staatsangehörigkeit der Parteien berücksichtigen. Da Art. 13 Abs. 5 im Eilschiedsrichterverfahren keine Anwendung findet (vgl. Rz. 18), könnte der Präsident auch einen Eilschiedsrichter ernennen, der die Staatsangehörigkeit einer der Parteien hat. Dies wird er allerdings üblicherweise im Hinblick auf Art. 8 Abs. 3 Anhang V, wonach der Präsident nach „Sinn und Zweck“ der ICC-SchO sowie des Anhangs V zu handeln hat, vermeiden, zumal die Parteien vor der Ernennung des Eilschiedsrichters nicht zur Stellungnahme eingeladen werden (vgl. Art. 13 Rz. 13 f.). In der Praxis käme die Ernennung eines Eilschiedsrichters, dessen Nationalität dieselbe ist wie die einer der Parteien, höchstens dann in Betracht, wenn beide Parteien dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen oder wenn aufgrund besonderer Umstände (etwa der vereinbarten Verfahrenssprache) nur ein Eilschiedsrichter dieser Staatsangehörigkeit in Frage kommt.
58 Unparteilichkeit, Unabhängigkeit und Verfügbarkeit des Eilschiedsrichters.
Art. 2 Abs. 4 Anhang V enthält die allgemeine Vorgabe, dass der Eilschiedsrichter unparteiisch und von den an der Streitigkeit beteiligten Parteien unabhängig sein und bleiben muss. Der diesbezügliche Standard ist derselbe wie in regulären ICC-Schiedsverfahren (vgl. Art. 11 Rz. 5 ff.). Vor seiner Ernennung hat der Eilschiedsrichter gegenüber dem Sekretariat in seiner Annahme-, Verfügbarkeits-, Unparteilichkeits- und Unabhängigkeitserklärung alle Tatsachen oder Umstände offenzulegen, die seine Unabhängigkeit in den Augen der Parteien in Frage stellen könnten oder nicht unerhebliche Zweifel an seiner Unparteilichkeit aufwer524
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO
fen könnten. Darüber hinaus hat der Eilschiedsrichter in seiner Erklärung auch entsprechende Angaben zu seiner Verfügbarkeit zu machen. Da der Eilschiedsrichter seine Entscheidung spätestens innerhalb von 15 Tagen nach Übergabe der Akten treffen muss, achtet der Gerichtshof besonders auf die Verfügbarkeit des Kandidaten im fraglichen Zeitraum. Unterrichtung der Parteien. Art. 2 Abs. 3 Anhang V bestimmt, dass nachdem 59 der Eilschiedsrichter ernannt wurde, das Sekretariat die Parteien unterrichtet und die Akten dem Eilschiedsrichter übergibt. Das Sekretariat übermittelt den Parteien bei dieser Gelegenheit auch eine Kopie der Annahme-, Verfügbarkeits-, Unparteilichkeits- und Unabhängigkeitserklärung des Eilschiedsrichters. Ab diesem Zeitpunkt erfolgt die Korrespondenz ausschließlich über den Eilschiedsrichter, wobei – wie üblich – die anderen Parteien und das Sekretariat Kopien jeglicher Korrespondenz erhalten. Ausschluss des Eilschiedsrichters als Schiedsrichter im Schiedsverfahren. Nach 60 Art. 2 Abs. 6 Anhang V kann ein Eilschiedsrichter nicht als Schiedsrichter in einem Schiedsverfahren über die Streitigkeit tätig werden, die den Anlass für den Antrag auf Anordnung von Eilmaßnahmen bildet. Der Eilschiedsrichter kann also nicht im späteren Hauptsacheschiedsverfahren als Schiedsrichter agieren. Empfehlung: Um die Situation zu vermeiden, dass die Parteiautonomie zur Ernennung des Schiedsrichters eingeschränkt wird, weil dieselbe Person bereits als Eilschiedsrichter agiert, könnte die Partei im Antrag auf Eilmaßnahmen klarstellen, dass sie später im Schiedsverfahren eine bestimmte Person als Schiedsrichter zu benennen beabsichtigt. Der Präsident des Gerichtshofs wird diese Person dann kaum als Eilschiedsrichter ernennen. Die antragstellende Partei kann auch den zu benennenden Schiedsrichter vorab informieren, so dass dieser das Amt als Eilschiedsrichter nicht annimmt. Mitunter wird der Nachteil, dass die Partei diesen Schiedsrichter dann später nicht mehr als Mitschiedsrichter benennen kann, allerdings ohnehin dadurch aufgewogen, dass dieser von ihr gewünschte Schiedsrichter als Eilschiedsrichter über ihren Antrag auf Eilmaßnahmen entscheidet.
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VI. Ablehnung von Schiedsrichtern (Art. 3 Anhang V) Ablehnungsantrag innerhalb von drei Tagen. Art. 3 Anhang V regelt die Ab- 62 lehnung von Schiedsrichtern im Eilverfahren und kennzeichnet sich vor allem durch besonders kurze Fristen aus um Verzögerungen im Eilschiedsrichterverfahren zu vermeiden. So muss der Antrag auf Ablehnung eines Eilschiedsrichters innerhalb von drei Tagen erfolgen, nachdem die Partei, die den Ablehnungsantrag stellt, von der Ernennung benachrichtigt wurde bzw. nachdem sie von Tatsachen und Umständen Kenntnis erlangt hat, welche die Ablehnung rechtfertigen sollen (Art. 3 Abs. 1 Anhang V; vgl. auch Art. 14). Entscheidung des Gerichtshofs. Über den Antrag entscheidet der Gerichtshof, 63 nachdem das Sekretariat dem betroffenen Eilschiedsrichter und der anderen Partei Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben hat. Die ICC-SchO sieht keine bestimmte Frist zur Stellungnahme vor, sondern spricht von „anKopetzki/Herzberg
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht gemessener“ Frist. Allerdings wird diese Frist mit Blick auf die Eilbedürftigkeit i.d.R. kurz bemessen (Art. 3 Abs. 2 Anhang V). Wenngleich Art. 3 Anhang V vorsieht, dass der Gerichtshof über einen Ablehnungsantrag zu entscheiden hat (im Gegensatz zur Ernennung des Eilschiedsrichters, die gemäß Art. 2 Abs. 1 Anhang V direkt durch den Präsidenten erfolgt), trifft diese Entscheidung in der Praxis regelmäßig auch der Präsident gemäß Art. 1 Abs. 3 Anhang V. 64 Auswirkungen auf das Verfahren. Wie auch in regulären ICC-Schiedsverfah-
ren führt die Ablehnung des Eilschiedsrichters zu keiner Unterbrechung des Verfahrens. Wenngleich der Eilschiedsrichter auch entscheiden könnte, den Verfahrenskalender in Folge einer Ablehnung entsprechend abzuändern, wird es meist aufgrund des knappen Zeitrahmens für das Eilschiedsrichterverfahren geboten sein, dieses ohne Verzögerungen fortzusetzen. Dies kann auch bedeuten, dass der Eilschiedsrichter den Beschluss erlässt, bevor der Gerichtshof über den Ablehnungsantrag entschieden hat. In diesem Zusammenhang sieht Art. 6 Abs. 6 Buchst. b Anhang V vor, dass der Beschluss seine Verbindlichkeit für die Parteien verliert, wenn der Gerichtshof einem Ablehnungsantrag gemäß Art. 3 Anhang V stattgegeben hat. Diese Bestimmung ist wichtig, da im Eilschiedsrichterverfahren keine Prüfung und Genehmigung des Beschlusses durch den Gerichtshof (wie nach Art. 34) vorgesehen ist, womit ein befangener Eilschiedsrichter eine verbindliche Entscheidung treffen könnte.
65 Ersetzung des Eilschiedsrichters. Wenn der Gerichtshof den Ablehnungsantrag
annimmt, wird der Präsident einen neuen Eilschiedsrichter ernennen. Wenngleich die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren keine Regelung zur Ersetzung des Eilschiedsrichters vorsehen, könnte der Präsident gemäß der Generalklausel des Art. 8 Abs. 1 Anhang V den Eilschiedsrichter auch auf eigene Initiative oder auf Antrag aller Parteien ersetzen (vgl. Art. 15 Abs. 2).
VII. Ort des Eilschiedsrichterverfahrens (Art. 4 Anhang V) 66 Vereinbarter Schiedsort gilt als Ort des Eilschiedsrichterverfahrens. Art. 4
Abs. 1 Anhang V beinhaltet den Grundsatz, dass der Ort des Eilschiedsrichterverfahrens dem von den Parteien vereinbarten Schiedsort entspricht. Außerdem ist es möglich, einen vom (regulären) Ort des Schiedsverfahrens abweichenden Ort des Eilschiedsrichterverfahrens zu vereinbaren.
67 Entscheidung des Präsidenten bei fehlender Vereinbarung. Haben die Par-
teien keine Vereinbarung zum Ort des Schiedsverfahrens (oder des Eilschiedsrichterverfahrens) getroffen, bestimmt gemäß Art. 4 Abs. 2 Anhang V der Präsident des Gerichtshofs – oder der ermächtigte Vizepräsident – den Ort des Eilschiedsrichterverfahrens. Aufgrund ausdrücklicher Anordnung ist Grundlage für diese Entscheidung Art. 18 Abs. 1, der somit auch im Eilschiedsrichterverfahren Anwendung findet. Eine Entscheidung über den Ort des Eilschiedsrichterverfahrens wird der Präsident i.d.R. zu Beginn des Verfahrens treffen, noch bevor der Antrag auf Eilmaßnahmen an den Antragsgegner übermittelt wurde, 526
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO
und daher ohne die Parteien dazu zur Stellungnahme einzuladen. Bei seiner Entscheidung wird der Präsident dieselben Kriterien berücksichtigen, die der Gerichtshof üblicherweise bei seiner Entscheidung gemäß Art. 18 Abs. 1 berücksichtigt (Art. 18 Rz. 17). Insbesondere wird er auch berücksichtigen, wie Eilschiedsrichterverfahren am potenziellen Ort des Eilschiedsrichterverfahrens rechtlich qualifiziert werden. Eine etwaige Entscheidung des Präsidenten über den Ort des Eilschiedsrichterverfahrens lässt die Bestimmung des Ortes des Schiedsverfahrens nach Art. 18 Abs. 1 unberührt (vgl. Art. 18 Abs. 1 Rz. 1 ff.). Bei der Entscheidung des Präsidenten handelt es sich um eine rein rechtliche Anknüpfung, die bestimmt, welches staatliche Schiedsverfahrensrecht Anwendung findet. Art. 4 Abs. 2 Anhang V stellt daher klar, dass der Eilschiedsrichter an jedem für geeignet gehaltenen Ort eine Verhandlung durchführen oder per Videokonferenz oder Telefon verhandeln kann (vgl. Art. 18 Abs. 2). Das auf das Eilschiedsrichterverfahren anwendbare Schiedsverfahrensrecht kann etwa für die Frage eine Rolle spielen, ob der Eilschiedsrichter nach einem erfolglosen Ablehnungsantrag noch einmal vor einem staatlichen Gericht abgelehnt werden kann oder ob vor einem staatlichen Gericht einstweilige Verfügungen (injunctions) gegen das Eilschiedsrichterverfahren erwirkt werden können.
VIII. Verfahren vor dem Eilschiedsrichter (Art. 5 Anhang V) Erstellung des Verfahrenskalenders. Aufgrund der Eilbedürftigkeit des Eil- 68 schiedsrichterverfahrens muss der Eilschiedsrichter so schnell wie möglich einen Verfahrenskalender erstellen – i.d.R. innerhalb von zwei Tagen nach Übergabe der Akten. Dies ist in Art. 5 Abs. 1 Anhang V vorgeschrieben. Anders als in regulären ICC-Schiedsverfahren beinhalten die Akten des Eilschiedsrichterverfahrens, die dem Eilschiedsrichter mit seiner Ernennung übermittelt werden, i.d.R. noch keine Äußerung des Antragsgegners. Der Eilschiedsrichter wird daher üblicherweise den Antragsgegner zur Stellungnahme auffordern und eine Verfahrensmanagementkonferenz, weitere Schriftsatzrunden und eine mündliche Verhandlung anordnen. Diese kann auch im Wege einer Telefon- oder Videokonferenz stattfinden. Aufgrund des knappen Zeitrahmens für das Eilschiedsrichterverfahren wird es meist empfehlenswert sein, dass der Eilschiedsrichter einen vorläufigen Verfahrenskalender unmittelbar nach Erhalt der Verfahrensakte erlässt. Sachdienliche Verfahrensführung. Der Eilschiedsrichter hat im Übrigen weites 69 Ermessen bei der Gestaltung des Verfahrens. Er soll nach Art. 5 Abs. 2 Anhang V das Verfahren „sachdienlich“ führen und vor allem die Dringlichkeit des Antrags berücksichtigen. Da es sich beim Eilschiedsrichterverfahren um kein exparte Verfahren handelt, muss der Eilschiedsrichter dabei jeder Partei grds. ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme geben. Dies steht allerdings der ohne Anhörung getroffenen, „doppelt vorläufigen“ Anordnung rein konservativer Maßnahmen für die Dauer des Eilschiedsrichterverfahrens nicht entgegen (so genannte „Zwischenverfügungen“ oder „Hängebeschlüsse“). Der knappe ZeitKopetzki/Herzberg
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht rahmen für das Eilschiedsrichterverfahren wird i.d.R. eine sehr proaktive Verfahrensführung durch den Eilschiedsrichter erfordern. Der Eilschiedsrichter sollte daher auch in Erwägung ziehen, den Parteien genaue Vorgaben dazu zu machen, zu welchen Themen sie in ihren Schriftsätzen jedenfalls vortragen sollen. Darüber hinaus kann es auch sinnvoll sein, die Länge und den Inhalt der Schriftsätze und der schriftlichen Glaubhaftmachungsmittel (etwa bei schriftlichen Zeugenaussagen) zu begrenzen. Bei der Festsetzung der entsprechenden Fristen kann der Eilschiedsrichter neben der Dringlichkeit des Antrags auch die Komplexität der Streitigkeit, den Umfang des Antrags sowie die Vorbereitungszeit, die der Antragsteller für seinen Antrag hatte, berücksichtigen. Auch Fristen von wenigen Stunden (etwa zur Stellungnahme zu gewissen prozessualen Themen) sind in Eilschiedsrichterverfahren keine Seltenheit. Da die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren keine gegenteilige Vorschrift beinhalten, ist es dem Eilschiedsrichter auch erlaubt, den Fall selbst dann allein aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, wenn eine Partei eine mündliche Verhandlung beantragt. Im Einzelfall wird dabei allerdings sicherzugehen sein, dass dadurch das rechtliche Gehör der Parteien nicht verletzt wird. 70 Handeln nach Sinn und Zweck der ICC-SchO. Wie oben erwähnt, haben der
Gerichtshof, der Präsident und der Eilschiedsrichter gemäß Art. 8 Abs. 3 Anhang V in allen Fragen, die nicht Ausdrücklich in Anhang V geregelt sind, nach „Sinn und Zweck“ der ICC-SchO sowie des Anhangs V zu handeln. Auf dieser Grundlage kann der Eilschiedsrichter etwa auch im Eilschiedsrichterverfahren einen Nachweis der Vollmacht von jedem Parteivertreter verlangen (vgl. Art. 17), die Verfahrenssprache bestimmen (vgl. Art. 20), Verfügungen zur Wahrung der Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens erlassen (vgl. Art. 22 Abs. 3), eine Verfahrensmanagementkonferenz abhalten (vgl. Art. 24 Abs. 1), neue Anträge auf Eilmaßnahmen, die nach seiner Ernennung gestellt werden, nicht zulassen (vgl. Art. 23 Abs. 4 und Art. 3 Abs. 2 Anhang VI), einen Beschluss aufgrund Einvernehmens der Parteien erlassen (vgl. Art. 33) sowie weites Ermessen bei seiner Entscheidung über die Verteilung der Kosten walten lassen (vgl. Art. 38 Abs. 5). Nicht zuletzt kann sich das Schiedsgericht bei seiner etwaigen Entscheidung, trotz eines Antrags einer Partei keine mündliche Verhandlung durchzuführen, auch auf diese Bestimmung stützen (vgl. Art. 3 Abs. 5 Anhang VI).
IX. Entscheidung des Eilschiedsrichters (Art. 29 Abs. 1–4, Art. 6 Anhang V) 1. Form, Frist und Zustellung der Entscheidung (Abs. 2 Satz 1, Art. 6 Anhang V) 71 Form. Gemäß Art. 29 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 Anhang V entscheidet der Eil-
schiedsrichter in Form eines Beschlusses. Der Eilschiedsrichter muss den Beschluss schriftlich erlassen und mit Gründen, Datum und mit seiner Unterschrift versehen (Art. 6 Abs. 3 Anhang V). Bei der Abfassung seines Beschlusses
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO
sollte der Eilschiedsrichter auch die vom Sekretariat veröffentlichte „Checkliste für Beschlüsse des ICC-Eilschiedsrichters“ berücksichtigen. Der Beschluss des Eilschiedsrichters ist in der Systematik der ICC-SchO einer entsprechenden Entscheidung von Schiedsgerichten über einstweiligen Rechtsschutz gemäß Art. 28 gleichzuhalten. Allerdings kann der Eilschiedsrichter – anders als ein Schiedsgericht gemäß Art. 28 – nicht in Form eines Schiedsspruchs entscheiden. Entscheidungsfrist. Der Eilschiedsrichter muss den Beschluss spätestens 72 15 Tage nach Übergabe der Akten an ihn erlassen. Dies sieht Art. 6 Abs. 4 Anhang V vor. Der Einzelschiedsrichter stellt innerhalb dieser Frist den Parteien den Beschluss zu (s. Rz. 75). Der Präsident des Gerichtshofs kann diese Frist auf begründeten Antrag des Eilschiedsrichters hin oder von sich aus verlängern. Dies geschieht nur selten und der Präsident würde die Frist i.d.R. auch höchstens um wenige Tage verlängern. Keine Überprüfung des Beschlusses durch den Gerichtshof. Im Gegensatz zu 73 Schiedssprüchen muss der Beschluss des Eilschiedsrichters nicht vom Gerichtshof überprüft werden. Nichtsdestotrotz sollte der Eilschiedsrichter rechtzeitig vor Ablauf der Frist zum Erlass des Beschlusses einen Entwurf an das Sekretariat übermitteln. Das Sekretariat wird den Entwurf einer informellen Prüfung unterziehen. Empfehlung: Eine frühzeitige Abstimmung mit dem zuständigen Verfahrensmanagementteam über den Zeitpunkt der Übermittlung des Entwurfs ist anzuraten, um zu gewährleisten, dass die informelle Prüfung des Sekretariats so rasch wie möglich vonstattengehen kann. Idealerweise sollte der Eilschiedsrichter die Anmerkungen des Sekretariats innerhalb von 24 Stunden erhalten.
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Zustellung der Entscheidung. Anders als beim Erlass eines Schiedsspruchs durch 75 ein Schiedsgericht wird der Beschluss des Eilschiedsrichters den Parteien nicht durch das Sekretariat zugestellt. Der Eilschiedsrichter stellt den Parteien den Beschluss gemäß Art. 6 Abs. 5 Anhang V (mit Kopie an das Sekretariat) direkt zu. Dabei sollte er eine Form der Übermittlung wählen, die gemäß Art. 3 Abs. 2 erlaubt ist und die den möglichst raschen Erhalt der Entscheidung gewährleistet. Üblicherweise wird sich hierfür eine Übermittlung per E-Mail anbieten. Der Eilschiedsrichter sollte sich dazu im Voraus mit den Parteien abstimmen und diesen ggf. zusätzlich ein physisches Exemplar des Beschlusses übermitteln. Beendigung des Verfahrens vor Beschlussfassung. Das Eilschiedsrichterver- 76 fahren kann auch enden, bevor der Eilschiedsrichter einen Beschluss über den Antrag fasst. Dazu kann es vor allem dann kommen, wenn (i) das Eilschiedsrichterverfahren aufgrund einer negativen Entscheidung des Präsidenten gemäß Art. 1(5) Anhang V nicht stattfindet, (ii) das Eilschiedsrichterverfahren aufgrund einer Beendigungsentscheidung des Präsidenten gemäß Art. 1 Abs. 6 Anhang V vorzeitig beendet wird, weil nicht rechtzeitig nach Eingang des Antrags beim Sekretariat eine Schiedsklage eingegangen ist oder (iii) der Antragsteller seinen Antrag zurücknimmt bzw. diese gemäß Art. 7 Abs. 2 Anhang V als zurückgenommen gelten. In den letzten beiden Fällen kann es ggf. dennoch notwendig sein, einen Beschluss über die Verteilung der Kosten des EilschiedsrichKopetzki/Herzberg
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht terverfahrens zu erlassen (s. Rz. 102). Der Erlass eines eigenen Einstellungsbeschlusses („termination order“) ist i.d.R. nicht erforderlich, ein solcher wäre darüber hinaus auch kein „Beschluss“ i.S.d Art. 6 Anhang V. 2. Inhalt und Struktur der Entscheidung (Art. 29 Abs. 1, Art. 6 Anhang V) 77 Inhalt und Struktur der Entscheidung. Im Beschluss muss der Eilschiedsrichter
darlegen, ob der Eilschiedsrichter zur Anordnung von Eilmaßnahmen zuständig ist (Art. 6 Abs. 2 Anhang V 2. Fall; Rz. 78 ff.) und ob der Antrag gemäß Art. 29 Abs. 1 zulässig ist (Art. 6 Abs. 2 Anhang V 1. Fall; Rz. 42 ff.; Rz. 85). Ist dies der Fall, hat er darüber zu entscheiden, ob der Antrag begründet ist (Rz. 49 f.; Rz. 86).
78 Zuständigkeit des Eilschiedsrichters. In einem ersten Schritt sollte der Eil-
schiedsrichter daher seine Zuständigkeit prüfen. Wenn es diesbezüglich Einwendungen gegeben hat oder der Antragsgegner sich nicht am Eilschiedsrichterverfahren beteiligt hat, sollte er im Tenor ausdrücklich über seine Zuständigkeit entscheiden; andernfalls genügt es, seine Zuständigkeit im Rahmen der Begründung des Schiedsspruchs zu thematisieren und die Voraussetzungen für diese entweder kursorisch zu prüfen oder lediglich festzustellen, dass seine Zuständigkeit von den Parteien nicht bestritten wurde.
79 Im Zuge der Zuständigkeitsprüfung wird zunächst die Beurteilung erforderlich
sein, ob die Parteien an eine wirksame ICC-Schiedsvereinbarung gebunden sind, die den Antrag auf Eilmaßnahmen umfasst (s. Art. 6 Rz. 7) und ob der Eilschiedsrichter nach dem Recht am Ort des Eilschiedsrichterverfahrens zur Anordnung von Eilmaßnahmen berechtigt ist (s. Rz. 12).
80 Außerdem hat der Eilschiedsrichter zur Beurteilung seiner Zuständigkeit zu prü-
fen, ob (i) die Parteien (oder ihre Rechtsvorgänger) die dem Eilantrag zugrundeliegende ICC-Schiedsvereinbarung unterzeichnet haben (Art. 29 Abs. 5; s. Rz. 20) und (ii) keines der Ausschlusskriterien des Art. 29 Abs. 6 vorliegt (Rz. 22 ff.). Ist die Voraussetzung des Art. 29 Abs. 5 nicht erfüllt oder liegt ein Ausschlussgrund gemäß Art. 29 Abs. 6 vor, sind die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren nicht anwendbar und der Eilschiedsrichter daher unzuständig. Bei seiner diesbezüglichen Prüfung ist der Eilschiedsrichter nicht an eine positive Entscheidung des Präsidenten gemäß Art. 1 Abs. 5 Anhang V gebunden (s. Rz. 52 ff.); er hat die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit der Bestimmungen des Eilschiedsrichterverfahrens gemäß Art. 29 Abs. 5–6 daher selbstständig zu prüfen und kann auch zu einem anderen Ergebnis als der Präsident gelangen.
81 Eine gesonderte Prüfung der Voraussetzung, dass die Akten zum Zeitpunkt des
Eingangs des Antrags noch nicht an das Schiedsgericht übergeben wurden (Art. 29 Abs. 1 Satz 2; s. Rz. 45) wird – außer in sehr unwahrscheinlichen Zweifelsfällen (s. Art. 16 Rz. 19) – nicht notwendig sein. Hierbei handelt es sich um eine administrative Voraussetzung, die vom Sekretariat überprüft wird. Dieses wird die Akten dem Eilschiedsrichter nur dann übermitteln, wenn das Schiedsgericht noch nicht gebildet wurde. 530
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO
Schlussendlich wird der Eilschiedsrichter bei seiner Zuständigkeitsprüfung noch 82 zu beachten haben, dass er mit einer etwaigen Entscheidung des Präsidenten, das Schiedsverfahren zu beenden (Art. 1 Abs. 6 Anhang V; s. Rz. 46), functus officio wäre. Glaubhaftmachungslast und -maß in Bezug auf die Zuständigkeit. Die Glaub- 83 haftmachungslast für die zuständigkeitsbegründenden Tatsachen liegt beim Antragsteller. Angesichts der begrenzten Möglichkeit zur umfassenden Beweisaufnahme im Eilschiedsrichterverfahren genügt es, dass der Eilschiedsrichter prima facie zur Überzeugung gelangt, dass seine Zuständigkeit gegeben ist (s. auch Art. 28 Rz. 29). Mehrstufige Schiedsvereinbarung. Wenn die Parteien eine mehrstufige 84 Schiedsvereinbarung abgeschlossen haben und einen dem Schiedsverfahren zwingend vorgelagerten Schlichtungsversuch vereinbart haben, könnte fraglich sein, ob die Nichterfüllung der vorgesehenen Streitbeilegungsschritte der Einleitung eines Eilschiedsrichterverfahrens bzw. der Zuständigkeit des Eilschiedsrichters entgegensteht. Dieselbe Frage kann sich bei vereinbarten Cooling-offPerioden stellen. In der Regel wird dies wohl nicht der Fall sein, allerdings ist im Einzelfall der Wortlaut der Vereinbarung und der Parteiwille zu prüfen. Zulässigkeit des Antrags. Wenn der Eilschiedsrichter positiv über seine Zustän- 85 digkeit entschieden hat, hat er in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die Anforderungen für eine Eilmaßnahme gemäß Art. 29 Abs. 1 erfüllt sind und diese daher zulässig ist (s. Rz. 42 ff.). Wenn der Eilschiedsrichter zum Ergebnis kommt, dass die erforderliche qualifizierte Dringlichkeit nicht gegeben ist, hat er den Antrag als unzulässig zurückzuweisen. Eine Prüfung der Begründetheit des Antrags ist dann nicht geboten. Mitunter mag es allerdings bei der Prüfung der Voraussetzung des Art. 29 Abs. 1 auch zu Überschneidungen mit der Prüfung der Begründetheit des Antrags kommen. Begründetheit des Antrags. Hat der Eilschiedsrichter entschieden, dass der An- 86 trag zulässig ist, hat er schließlich zu prüfen, ob der Antrag auf Anordnung von Eilmaßnahmen begründet ist. Die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren sehen hierfür keinen bestimmten Maßstab vor (s. Rz. 49 f.). Zur Beurteilung der Frage, ob die beantragten Sicherungsmaßnahmen oder vorläufigen Maßnahmen zuzusprechen sind, sollte sich der Eilschiedsrichter an den Prinzipien orientieren, die für den Erlass einstweiliger Maßnahmen durch Schiedsgerichte gemäß Art. 28 gelten (s. Art. 28 Rz. 19 ff.). Mitunter mag es wie oben erwähnt bei der Prüfung der Begründetheit zu inhaltlichen Überschneidungen mit der Prüfung der qualifizierten Dringlichkeit gemäß Art. 29 Abs. 1 und damit der Zulässigkeit des Antrags kommen. Mögliche Eilmaßnahmen. Art. 29 und Anhang V bestimmen nicht ausdrück- 87 lich, welche Eilmaßnahmen der Eilschiedsrichter anordnen kann. Art. 29 Abs. 1 sieht lediglich vor, dass der Antragsteller „dringende Sicherungsmaßnahmen oder vorläufige Maßnahmen“ beantragen kann. Da die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren diesbezüglich keine Einschränkungen vorsehen, kann Kopetzki/Herzberg
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht der Eilschiedsrichter ebenso wie das Schiedsgericht unter Art. 28 Abs. 1 grds. alle ihm angemessen erscheinenden Sicherungsmaßnahmen oder vorläufige Maßnahmen anordnen. Dabei ist er auch nicht durch einen etwaigen numerus clausus von möglichen Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes in staatlichen Verfahren am Ort des Eilschiedsrichterverfahrens beschränkt. Er kann daher auch Maßnahmen anordnen, die staatliche Gerichte am Ort des Eilschiedsrichterverfahrens ggf. nicht erlassen bzw. vollstrecken könnten. Zwar kann das Schiedsverfahrensrecht am Ort des Eilschiedsrichterverfahrens diesbezügliche Einschränkungen vorsehen. In einem Eilschiedsrichterverfahren mit Sitz in Deutschland ist dies jedoch nicht der Fall. 88 Bedingte Anordnung. Art. 6 Abs. 7 Anhang V gibt dem Eilschiedsrichter die
Befugnis, seine Anordnung im Beschluss davon abhängig zu machen, dass eine Partei bestimmte Bedingungen erfüllen muss (wie z.B. die Stellung von angemessenen Sicherheiten oder die Einhaltung bestimmter Fristen, innerhalb derer der Antragsteller gewisse Verpflichtungen erfüllen muss). Indem er seine Anordnung von der Stellung von Sicherheiten abhängig macht, kann der Eilschiedsrichter etwa dem Risiko begegnen, dass sich die angeordneten Eilmaßnahmen schlussendlich als nicht gerechtfertigt erweisen und dem Antragsgegner dadurch ein Schaden entsteht. Für den Ersatz dieses möglichen Schadens könnte der Eilschiedsrichter die Leistung einer Sicherheit anordnen.
89 Adressat der Entscheidung. Aufgrund der vertraglichen Natur des Eilschieds-
richterverfahrens können Eilmaßnahmen nur an Parteien des Eilschiedsrichterverfahrens gerichtet sein, die von der Zuständigkeit des Eilschiedsrichters erfasst sind. So können Eilschiedsrichter mit ihrer Entscheidung keine Dritte, die nicht Partei des Eilschiedsrichterverfahrens waren oder die nicht an die dem Eilantrag zugrundeliegende Schiedsvereinbarung gebunden sind, verpflichten. Daher kann etwa der Eilschiedsrichter nicht wirksam einer Bank verbieten, eine Bankgarantie auszuzahlen, wenn diese nicht ausnahmsweise Partei des Eilschiedsrichterverfahrens gewesen sein sollte (doch kann selbstverständlich dem Garantiebegünstigten, wenn er Vertragspartner des Antragstellers ist, verboten werden, die Bankgarantie gegenüber der Bank geltend zu machen). Allerdings spricht – abgesehen von etwaigen Vertraulichkeitserwägungen – grds. nichts dagegen, etwaige von der Entscheidung betroffene Dritte über diese zu informieren.
90 Kostenentscheidung. Der Eilschiedsrichter setzt in seinem Beschluss die Kosten
des Eilschiedsrichterverfahrens fest und entscheidet, welche Partei(en) die Kosten zu tragen hat/haben oder in welchem Verhältnis sie verteilt werden sollen (Art. 7 Abs. 3 Anhang V; s. Rz. 102 ff.). 3. Wirkung, Abänderung und Aufhebung der Entscheidung (Art. 29 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3–4, Art. 6 Anhang V)
91 Wirkung der Entscheidung gegenüber Parteien. Nach Art. 29 Abs. 2 Satz 2
sind die Parteien ausdrücklich verpflichtet, den Beschluss einzuhalten. Die Verpflichtung zur Einhaltung der Entscheidung des Eilschiedsrichters ist aber nicht 532
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO
rein vertraglicher Natur (wie etwa die Verpflichtung zur Einhaltung einer Entscheidung eines „Dispute Adjudication Boards“), sondern – je nach maßgeblichem Recht – u.U. auch eine schiedsrichterliche Entscheidung (vgl. Rz. 99 f.). Verstoßen die Parteien gegen den Beschluss des Eilschiedsrichters, verstoßen sie zugleich gegen ihre Schiedsvereinbarung und machen sich (wie auch bei einem etwaigen Verstoß gegen Entscheidungen eines „Dispute Adjudication Boards“) schadensersatzpflichtig. Das geht auch aus Art. 29 Abs. 4 hervor, der klärt, dass die Parteien Ansprüche, die sich aus der Einhaltung oder der Nichteinhaltung des Beschlusses des Eilschiedsrichters ergeben, im Schiedsverfahren geltend machen können. Die Parteien müssen daher wegen solcher Ansprüche kein separates Schiedsverfahren einleiten. Inwieweit Ansprüche bestehen, lässt die ICCSchO hingegen offen. Der Beschluss verliert seine Verbindlichkeit für die Parteien nach Art. 6 Abs. 6 92 Anhang V, wenn (i) das Eilschiedsrichterverfahren durch den Präsidenten gemäß Art. 1 Abs. 6 Anhang V eingestellt wird (s. Rz. 46), wenn (ii) einem Ablehnungsantrag gegen den Eilschiedsrichter durch den Gerichtshof stattgegeben wird (s. Rz. 62 ff.), wenn (iii) das Schiedsgericht den Endschiedsspruch erlassen hat (es sei denn, das Schiedsgericht bestimmt ausdrücklich anderes) oder wenn (iv) die gesamte Klage zurückgenommen wurde oder das Schiedsverfahren vor Erlass eines Endschiedsspruchs beendet wurde. Zeitliche Wirkung, Änderung und Aufhebung. Bis zur Übergabe der Schieds- 93 verfahrensakten an das Schiedsgericht nach Art. 16 kann der Eilschiedsrichter auf begründeten Antrag einer Partei seinen Beschluss gemäß Art. 6 Abs. 8 Anhang V ändern, in seiner Wirkung beenden oder aufheben. Dies gilt auch dann, wenn die Frist von 15 Tagen für den Erlass eines Beschlusses gemäß Art. 6 Abs. 4 Anhang V ausgelaufen und vom Präsidenten nicht verlängert wurde. Der Eilschiedsrichter ist also nicht automatisch mit Ablauf dieser Frist, sondern erst mit der Übergabe der Schiedsverfahrensakten an das Schiedsgericht functus officio. Anschließend geht die Kompetenz zur Abänderung oder Aufhebung des Beschlusses auf das Schiedsgericht über. Der Eilschiedsrichter kann von seiner Befugnis zur Änderung oder Aufhebung 94 seines Beschlusses auf Antrag einer Partei etwa dann Gebrauch machen, wenn zwischenzeitlich die Voraussetzungen für die Zulässigkeit oder Begründetheit des Antrags weggefallen sind. In diesem Fall kann der Eilschiedsrichter eine zuvor angeordnete Eilmaßnahme entsprechend abändern oder aufheben. Umgekehrt kann der Eilschiedsrichter auch eine zuvor zurück- bzw. abgewiesene Eilmaßnahme noch nachträglich anordnen, wenn zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Beschlussfassung die dafür notwendigen Voraussetzungen noch nicht gegeben waren und sich die Umstände seitdem entsprechend geändert haben. Die Möglichkeit des Eilschiedsrichters, seinen Beschluss zu ändern, in seiner 95 Wirkung zu beenden oder aufzuheben, geht über die Befugnisse hinaus, die ein Schiedsgericht in Bezug auf einen von ihm erlassenen (Teil- bzw. End-)Schiedsspruch hat. Diesen kann ein Schiedsgericht nur in den engen Grenzen des Kopetzki/Herzberg
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Art. 36 ergänzen bzw. abändern, nämlich in Fällen von Schreib-, Rechen- oder ähnlichen Fehlern, bei Anträgen auf Auslegung des Schiedsspruchs oder wenn das Schiedsgericht nicht über alle geltend gemachten Ansprüche entschieden hat. Diese nur scheinbar unterschiedliche Behandlung ist dem Umstand geschuldet, dass der Eilschiedsrichter nur eine vorläufige Entscheidung trifft. Eine solche vorläufige Entscheidung, die ein Schiedsgericht ebenfalls in Form eines Beschlusses bzw. einer Verfügung oder in Form eines Zwischenschiedsspruchs treffen würde, könnte auch das wieder abändern oder aufheben (vgl. Art. 28 Rz. 66). 96 In Fällen von Schreib-, Rechen- oder ähnlichen Fehlern sowie bei Anträgen
auf Auslegung des Beschlusses oder wenn der Eilschiedsrichter nicht über alle beantragten Eilmaßnahmen entschieden hat, kommt eine Korrektur der Entscheidung bzw. ein Nachtrag zum Beschluss unter sinngemäßer Anwendung von Art. 36 in Betracht (vgl. Art. 8 Abs. 3 Anhang V; s. Rz. 18). Eine solche ist auch nach Übergabe der Schiedsverfahrensakten an das Schiedsgericht möglich. Alternativ können etwaige Korrekturen oder Ergänzungen auch schlicht auf Grundlage von Art. 6 Abs. 8 Anhang V erfolgen; dies würde allerdings voraussetzen, dass eine Partei dies beantragt und dass die Akten noch nicht an das Schiedsgericht übergeben wurden.
97 Grundsätzlich keine Anfechtung der Entscheidung. Die ICC-SchO sieht grds.
keine Möglichkeit zur Anfechtung des Beschlusses des Eilschiedsrichters vor. Gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 verpflichten sich die Parteien zur Einhaltung jedweder Beschlüsse, die der Eilschiedsrichter erlässt. Allerdings kann der Eilschiedsrichter auf begründeten Antrag einer Partei den Beschluss wie oben beschrieben gemäß Art. 6 Abs. 8 Anhang V abändern, in seiner Wirkung beenden oder aufheben. Nach Übergabe der Akten an das Schiedsgericht geht diese Befugnis auf das Schiedsgericht über (Rz. 98). Darüber hinaus kann u.U. das nationale Recht am Ort des Eilschiedsrichterverfahrens Möglichkeiten einer Abänderung oder Aufhebung des Beschlusses vorsehen.
98 Wirkung der Entscheidung gegenüber dem Schiedsgericht. Die ICC-SchO
stellt in Art. 29 Abs. 3 klar, dass das Schiedsgericht durch den Beschluss nicht gebunden wird. Das Schiedsgericht kann die Entscheidung des Eilschiedsrichters jederzeit abändern, in ihrer Wirkung beenden oder aufheben. Art. 29 Abs. 3 ist weit gefasst. Daraus ergibt sich etwa, dass das Schiedsgericht solche Änderungen von sich aus oder auf Antrag vornehmen kann und dass es die Wirkungen des Beschlusses sowohl einschränken als auch ausweiten kann. Das Schiedsgericht kann die Änderungen grds. entweder in Form einer Verfügung bzw. eines Beschlusses oder im Rahmen eines Zwischen-, Teil- oder auch des Endschiedsspruchs vornehmen. Darüber hinaus wäre es auch denkbar, dass das Schiedsgericht den Beschluss des Eilschiedsrichters auf Antrag einer Partei im Ergebnis dadurch vorläufig bestätigt, dass es eine eigene Sicherungsmaßnahme oder vorläufige Maßnahme gemäß Art. 28 mit identischem Inhalt anordnet bzw. verfügt, dass die Parteien die vom Eilschiedsrichter angeordnete Eilmaßnahme umzusetzen haben. Dadurch könnte das Schiedsgericht abhängig vom beabsichtigten 534
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO
Vollstreckungsort für eine vereinfachte Vollstreckung der Eilmaßnahme sorgen (s. Rz. 99 f.).
C. Vollziehung/Vollstreckung der Entscheidung Gemäß §§ 1025 Abs. 1, 1041 ZPO kann ein Schiedsgericht mit Schiedsort in 99 Deutschland einstweilige Rechtsschutzmaßnahmen anordnen, die von einem staatlichen Gericht vollzogen werden können. Fraglich ist, ob ein Eilschiedsrichter als Schiedsgericht i.S.d. § 1041 ZPO zu qualifizieren ist und ob daher auch einstweilige Rechtsschutzmaßnahmen, die von einem Eilschiedsrichter angeordnet werden, von einem staatlichen Gericht vollzogen werden können. Sowohl der Parteiwille als auch die Konzeption des Eilschiedsrichters sprechen dafür, auch einen Eilschiedsrichter als Schiedsgericht i.S.d. § 1041 ZPO zu qualifizieren (str.; s. Horn, Der Eilschiedsrichter im institutionellen Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2016, 22 [24 ff.]; Gerstenmaier, Die Vollziehbarkeit von Entscheidungen des Eilschiedsrichters, in FS Elsing, (2015), 153, [159 ff.]; a.A. für Österreich Beisteiner, Austrian Yearbook on International Arbitration [2020], 289). Siehe für Details daher die Ausführungen zur Vollziehung/Vollstreckung der Anordnungen gemäß Art. 28 Abs. 1 (vgl. Art. 28 Rz. 73 ff.) und Art. 25 DIS-SchO entsprechend (vgl. Art. 25 DIS-SchO Rz. 44 f.), soweit diese in Form einer Verfügung bzw. eines Beschlusses ergangen sind. Empfehlung: Parteien sollten vor Einleitung eines Eilschiedsrichterverfahrens prüfen, ob Beschlüsse des Eilschiedsrichters am voraussichtlichen Vollstreckungsort vollstreckbar sind. Gegebenenfalls kann es sinnvoll sein, gleichzeitig auch einstweiligen Rechtsschutz vor staatlichen Gerichten zu suchen.
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D. Kosten (Art. 7 Anhang V) Kosten des Eilschiedsrichterverfahrens. Art. 7 Anhang V regelt die Kosten des 101 Eilschiedsrichterverfahrens. Zu den Kosten des Eilschiedsrichterverfahrens gehören die ICC-Verwaltungskosten, Honorar und Auslagen des Eilschiedsrichters und die angemessenen, bei den Parteien für das Eilschiedsrichterverfahren angefallenen Rechtsverfolgungs- und sonstigen Kosten (Art. 7 Abs. 4 Anhang V). Diese Regelung ist spiegelbildlich zur Regelung der Kosten des Schiedsverfahrens in regulären ICC-Schiedsverfahrens (Art. 38 Abs. 1). Anders als in regulären ICC-Schiedsverfahren werden die ICC-Verwaltungskosten und das Honorar und die Auslagen des Eilschiedsrichters jedoch nicht im Einzelfall anhand von Kostentabellen und abhängig vom Streitwert festgesetzt. Gemäß Art. 7 Abs. 1 Anhang V hat der Antragsteller pauschal einen Betrag i.H.v. 40.000 USD zu entrichten (10.000 USD für die ICC-Verwaltungskosten sowie 30.000 USD für Honorar und Auslagen des Eilschiedsrichters). Daraus ergibt sich, dass die ICC-Verwaltungskosten sowie das Honorar und Auslagen des Eilschiedsrichters allgemein mit 10.000 USD für die ICC-Verwaltungskosten sowie mit 30.000 USD für Honorar und Auslagen des Eilschiedsrichters bestimmt sind. Kopetzki/Herzberg
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Art. 29 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 102 Festsetzung der Kosten des Eilschiedsrichterverfahrens. Gemäß Art. 7 Abs. 3
Anhang V setzt der Eilschiedsrichter in seinem Beschluss die Kosten des Eilschiedsrichterverfahrens fest. Dies entspricht der Regelung des Art. 38 Abs. 4, wonach das Schiedsgericht im Endschiedsspruch die Kosten des Verfahrens festsetzt. Art. 7 Anhang V ist allerdings insofern unglücklich formuliert, als er keine dem Art. 38 Abs. 1 entsprechende Regelung kennt, aus der sich klar ergeben würde, wer auf welcher Grundlage die Höhe der ICC-Verwaltungskosten und das Honorar und die Auslagen des Eilschiedsrichters bestimmt. Ebenso wie in regulären ICC-Schiedsverfahren gilt jedoch in Eilschiedsrichterverfahren der Grundsatz, dass die ICC die Kontrolle über ihre Verwaltungskosten und über das Honorar und die Auslagen des Eilschiedsrichters hat (vgl. Art. 2 Abs. 4 Anhang III). Art. 7 Abs. 3 ist also nicht so zu verstehen, dass der Eilschiedsrichter die Höhe der ICC-Verwaltungskosten sowie sein eigenes Honorar und Auslagen bestimmen könnte. Vielmehr gibt er mit der „Festsetzung“ dieser Bestandteile der Verfahrenskosten in seinem Beschluss lediglich wieder, was bereits an anderer Stelle im Anhang V geregelt oder vom Präsidenten entschieden wurde.
103 Grundsatz: Pauschalierte Kosten gemäß Art. 7 Abs. 1 Anhang V. In den aller-
meisten Fällen werden die ICC-Verwaltungskosten 10.000 USD und das Honorar und die Auslagen des Eilschiedsrichters 30.000 USD betragen. Dies ist der sich aus Art. 7 Abs. 1 Anhang V ergebende Standardfall; diese Bestimmung ist die Grundlage der Festsetzung der Höhe dieser Kostenbestandteile durch den Eilschiedsrichter in seinem Beschluss und erfüllt somit die Funktion der Entscheidung des Gerichtshofs über die Kosten des Schiedsverfahrens gemäß Art. 38. Der Eilschiedsrichter hat dann lediglich unter Verweis auf diese Bestimmung diese Kosten als Kosten des Eilschiedsrichterverfahrens „festzusetzen“. Der Fall kann jedoch anders gelagert sein, wenn ausnahmsweise der Präsident höhere oder niedrigere Kosten festsetzt.
104 Erste Ausnahme: Erhöhung der ICC-Verwaltungskosten oder des Honorars
des Eilschiedsrichters. Gemäß Art. 7 Abs. 2 Anhang V kann der Präsident des Gerichtshofs in jedem Stadium des Verfahrens entscheiden, das Honorar des Eilschiedsrichters oder die ICC-Verwaltungskosten zu erhöhen, u.a. mit Blick auf die Eigenschaften des Falles und der Art und Weise der Arbeit des Eilschiedsrichters, des Gerichtshofs, des Präsidenten und des Sekretariats. Auch wenn dies vom Wortlaut nicht ausdrücklich erfasst ist, kann der Präsident auf dieser Grundlage auch die Auslagen des Schiedsrichters erhöhen. Die antragstellende Partei muss die erhöhten Kosten binnen einer vom Sekretariat gesetzten Frist zahlen. Versäumt sie die Frist, gilt der Antrag auf Einleitung des Eilschiedsrichterverfahrens als zurückgezogen. Durch eine solche Entscheidung des Präsidenten setzt er das Honorar und die Auslagen des Eilschiedsrichters bzw. die ICC-Verwaltungskosten in Abweichung von Art. 7 Abs. 1 Anhang V fest. Der Eilschiedsrichter hat eine solche Kostenfestsetzung in seinem Beschluss wiederzugeben.
105 Zweite Ausnahme: Reduzierung der ICC-Verwaltungskosten oder des Hono-
rars des Eilschiedsrichters. Weniger klar ist geregelt, wie und unter welchen 536
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Eilschiedsrichter | Art. 29 ICC-SchO
Voraussetzungen der Präsident die ICC-Verwaltungskosten sowie das Honorar und die Auslagen des Einzelschiedsrichters reduzieren kann. So bestimmt Art. 7 Abs. 5 Anhang V für den Fall, dass das Eilschiedsrichterverfahren gemäß Art. 1 Abs. 5 Anhang V nicht stattfindet oder es aus anderen Gründen vor Beschlussfassung beendet wird, der Präsident festsetzt, welcher Betrag ggf. an den Antragsteller zurückzuerstatten ist. In jedem Fall soll demgemäß ein Betrag von 5.000 USD für ICC-Verwaltungskosten einbehalten werden. „Aus anderen Gründen“ kann das Verfahren vor Beschlussfassung etwa beendet werden, wenn der Antragsteller seinen Antrag zurückzieht und keine Partei eine Entscheidung über die Verteilung der Kosten verlangt. Auch wenn diese Bestimmung nur davon spricht, dass der Präsident darüber entscheiden soll, welcher Betrag an den Antragsteller zurückzuerstatten ist, so entscheidet der Präsident auf dieser Grundlage primär über die Höhe der ICC-Verwaltungskosten (die auch mehr als 5.000 USD betragen können) sowie über die Höhe des Honorars und der Auslagen des Eilschiedsrichters. Daraus ergibt sich dann indirekt die Höhe des an die Parteien zurückzuerstattenden Betrags. Der Eilschiedsrichter hat eine solche Kostenfestsetzung in seinem Beschluss wiederzugeben. Art. 7 Abs. 5 Anhang V regelt allerdings nur Fälle, in denen der Präsident eine 106 negative Entscheidung gemäß Art. 1 Abs. 5 Anhang V trifft oder das Verfahren aus anderen Gründen vor Beschlussfassung beendet wird. Es sind aber über diese beiden Szenarien hinaus Fälle denkbar, in denen es nicht sachgerecht schiene, die ICC-Verwaltungskosten und das Honorar des Eilschiedsrichters in voller Höhe zu gewähren. Dies wäre vor allem dann der Fall, wenn der Antragsteller seinen Antrag zurückgezogen hat und der Eilschiedsrichter (etwa auf Antrag des Beklagten) aber dennoch über die Verteilung der Kosten des Eilschiedsrichterverfahrens zu entscheiden hat und alleine dafür einen Beschluss erlässt (s. Rz. 107). Auch in solchen Fällen kann der Präsident die ICC-Verwaltungskosten und das Honorar des Eilschiedsrichters analog zu Art. 7 Abs. 5 Anhang V niedriger festsetzen. Keinesfalls hingegen obliegt es in so einem Fall dem Eilschiedsrichter, auf Grundlage von Art. 7 Abs. 3 über die ICC-Verwaltungskosten oder über sein eigenes Honorar zu entscheiden (vgl. Art. 2 Abs. 4 Anhang III). Verteilung der Kosten des Eilschiedsrichterverfahrens. Zusätzlich zur Festset- 107 zung der Kosten des Eilschiedsrichterverfahrens entscheidet der Eilschiedsrichter gemäß Art. 7 Abs. 3 Anhang V auch über die Verteilung dieser Kosten. Die gemäß Art. 29 Abs. 1 erforderliche Eilbedürftigkeit ist keine Voraussetzung für die Entscheidung über die Verteilung der Kosten. Der Eilschiedsrichter trifft die Kostenentscheidung in seinem Beschluss. Sie muss selbst dann in Form eines Beschlusses ergehen, wenn der Antragssteller seinen Antrag auf Eilmaßnahmen zurückgezogen hat und lediglich eine Entscheidung über die Verteilung der Kosten verlangt wird. Die Entscheidung über die Verteilung der Kosten kann daher mitunter auch den einzigen Gegenstand seines Beschlusses bilden. Wenn keine Partei eine Kostenentscheidung beantragt hat, muss der Eilschiedsrichter nicht aufgrund von Art. 7 Abs. 3 Anhang V von sich aus über die Kostenverteilung entscheiden. Wurde eine Entscheidung über die Verteilung der Kosten beKopetzki/Herzberg
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Art. 30 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht antragt, hat der Eilschiedsrichter hingegen über die Verteilung der Kosten zu entscheiden und darf diese Entscheidung nicht dem Schiedsgericht überlassen; dieses kann die Entscheidung des Eilschiedsrichters über die Verteilung der Kosten allerdings anschließend abändern und die Kosten des Eilschiedsrichterverfahrens neu verteilen (Art. 29 Abs. 4).
E. Abweichende Parteivereinbarung 108 Nach Art. 29 Abs. 6 Buchst. b können die Parteien vereinbaren, dass das Eil-
schiedsrichterverfahren nicht statthaft ist (s. Rz. 25).
109 Wenngleich es dafür in der Praxis i.d.R. keine Notwendigkeit geben wird, kön-
nen die Parteien auch die einzelnen Regelungen des Eilschiedsrichterverfahrens in engen Grenzen abändern. So könnten Parteien theoretisch etwa den Eilschiedsrichter entgegen der Bestimmung des Art. 2 Abs. 1 Anhang V auch gemeinsam benennen. Außerdem können sich die Parteien darauf einigen, dass der Einzelschiedsrichter entgegen der Bestimmung des Art. 2 Abs. 6 Anhang V auch als Einzelschiedsrichter oder Vorsitzender im nachfolgenden Schiedsverfahren tätig werden darf. In so einem Fall wäre die Unparteilichkeit des Schiedsrichters, der seinen eigenen als Eilschiedsrichter erlassenen Beschluss überprüfen kann, nicht stärker gefährdet als die eines Schiedsgerichts, das seine Anordnung von Sicherungsmaßnahmen oder vorläufigen Maßnahmen gemäß Art. 28 überprüft.
110 Nicht zuletzt können die Parteien auch die Fristen abändern, innerhalb derer ge-
mäß Art. 1 Abs. 6 Anhang V nach Eingang des Antrags auf Eilmaßnahmen beim Sekretariat die Schiedsklage beim Sekretariat eingehen muss und innerhalb derer der Eilschiedsrichter gemäß Art. 1 Abs. 6 Anhang V den Beschluss zu erlassen hat.
Artikel 30 Beschleunigtes Verfahren (1) Mit der Vereinbarung, das Schiedsverfahren gemäß der Schiedsgerichtsordnung durchzuführen, vereinbaren die Parteien, dass dieser Artikel 30 und die in Anhang VI abgedruckte Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren (gemeinsam die „Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren“) allen abweichenden Bestimmungen der Schiedsvereinbarung vorgehen sollen. (2) Die in Anhang VI abgedruckte Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren findet Anwendung, wenn: a) der Streitwert im Zeitpunkt der Mitteilung gemäß Artikel 1(3) des Anhangs VI den in Artikel 1(2) des Anhangs VI genannten Grenzwert nicht übersteigt; oder b) die Parteien dies vereinbaren. 538
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Beschleunigtes Verfahren | Art. 30 ICC-SchO
(3) Die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren finden keine Anwendung, wenn: a) die ICC-Schiedsvereinbarung vor dem Datum des Wirksamwerdens der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren abgeschlossen wurde; b) die Parteien die Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren vereinbart haben; oder c) der Gerichtshof auf Antrag einer Partei vor der Bildung des Schiedsgerichts oder von sich aus feststellt, dass die Anwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren unter den gegebenen Umständen nicht sachdienlich ist. Anhang VI – Verfahrensordnung zum Beschleunigten Verfahren Artikel 1: Anwendung der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren (1) Soweit Artikel 30 der ICC-Schiedsgerichtsordnung („Schiedsgerichtsordnung“) und dieser Anhang VI keine abweichenden Bestimmungen enthalten, ist die Schiedsgerichtsordnung auf ein unter der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren durchgeführtes Schiedsverfahren anzuwenden. (2) Der in Artikel 30(2) a) der Schiedsgerichtsordnung erwähnte Grenzwert beträgt: a) US$ 2.000.000, wenn die Schiedsvereinbarung gemäß der Schiedsgerichtsordnung am oder nach dem 1. März 2017 und vor dem 1. Januar 2021 abgeschlossen wurde; oder b) US$ 3.000.000, wenn die Schiedsvereinbarung gemäß der Schiedsgerichtsordnung am oder nach dem 1. Januar 2021 abgeschlossen wurde. (3) Unter Vorbehalt von Artikel 30(3) der Schiedsgerichtsordnung teilt das Sekretariat den Parteien nach Eingang der Klageantwort gemäß Artikel 5 der Schiedsgerichtsordnung oder nach Ablauf der Frist zur Einreichung derselben oder zu jedem maßgeblichen späteren Zeitpunkt mit, dass die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren im betreffenden Fall Anwendung finden. (4) Der Gerichtshof kann jederzeit während des Schiedsverfahrens von sich aus oder auf Antrag einer Partei und nach Anhörung des Schiedsgerichts und der Parteien entscheiden, dass die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren im betreffenden Fall keine Anwendung mehr finden sollen. In diesem Fall bleibt das Schiedsgericht im Amt, es sei denn der Gerichtshof hält es für sachdienlich, dieses zu ersetzen oder seine Zusammensetzung zu ändern. Artikel 2: Bildung des Schiedsgerichts (1) Der Gerichtshof kann ungeachtet einer gegenteiligen Bestimmung in der Schiedsvereinbarung einen Einzelschiedsrichter ernennen. (2) Die Parteien können den Einzelschiedsrichter binnen einer vom Sekretariat anzusetzenden Frist benennen. Mangels einer solchen Benennung wird der Einzelschiedsrichter in möglichst kurzer Zeit durch den Gerichtshof ernannt. Artikel 3: Verfahren (1) Artikel 23 der Schiedsgerichtsordnung findet keine Anwendung auf ein unter der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren durchgeführtes Schiedsverfahren.
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Art. 30 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht (2) Nachdem das Schiedsgericht gebildet worden ist, kann eine Partei neue Ansprüche nur geltend machen, soweit das Schiedsgericht diese zugelassen hat. Das Schiedsgericht berücksichtigt dabei die Art der neuen Ansprüche, den Stand des Schiedsverfahrens, die Kostenfolgen und andere maßgebliche Umstände. (3) Die gemäß Artikel 24 der Schiedsgerichtsordnung einberufene Verfahrensmanagementkonferenz findet spätestens 15 Tage nach Übergabe der Akten an das Schiedsgericht statt. Der Gerichtshof kann diese Frist auf begründeten Antrag des Schiedsgerichts oder von sich aus verlängern, falls er dies für notwendig erachtet. (4) Das Schiedsgericht kann nach eigenem Ermessen alle Verfahrensmaßnahmen ergreifen, die es für angemessen hält. Insbesondere kann das Schiedsgericht nach Anhörung der Parteien entscheiden, Anträge auf Vorlage von Dokumenten nicht zuzulassen oder die Anzahl, die Länge und den Inhalt der Schriftsätze und der schriftlichen Beweisführung (bei Tatsachenzeugen und Sachverständigen) zu begrenzen. (5) Das Schiedsgericht kann nach Anhörung der Parteien den Fall allein aufgrund der Aktenlage, ohne mündliche Verhandlung und ohne Befragung von Zeugen oder Sachverständigen, entscheiden. Artikel 4: Schiedsspruch (1) Das Schiedsgericht muss seinen Schiedsspruch binnen sechs Monaten nach der Verfahrensmanagementkonferenz erlassen. Der Gerichtshof kann die Frist gemäß Artikel 31 (2) der Schiedsgerichtsordnung verlängern. (2) Das Honorar des Schiedsgerichts wird gemäß den in Anhang III abgedruckten Tabellen für die Berechnung der Verwaltungskosten und des Schiedsrichterhonorars im beschleunigten Verfahren festgesetzt. Artikel 5: Allgemeine Bestimmung In allen Angelegenheiten betreffend das beschleunigte Verfahren, die nicht ausdrücklich in diesem Anhang geregelt sind, handeln der Gerichtshof und das Schiedsgericht nach Sinn und Zweck der Schiedsgerichtsordnung und dieses Anhangs. Article 30: Expedited Procedure (1) By agreeing to arbitration under the Rules, the parties agree that this Article 30 and the Expedited Procedure Rules set forth in Appendix VI (collectively the “Expedited Procedure Provisions”) shall take precedence over any contrary terms of the arbitration agreement. (2) The Expedited Procedure Rules set forth in Appendix VI shall apply if: a) the amount in dispute does not exceed the limit set out in Article 1(2) of Appendix VI at the time of the communication referred to in Article 1(3) of that Appendix; or b) the parties so agree. (3) The Expedited Procedure Provisions shall not apply if: a) the arbitration agreement under the Rules was concluded before the date on which the Expedited Procedure Provisions came into force; b) the parties have agreed to opt out of the Expedited Procedure Provisions; or c) the Court, upon the request of a party before the constitution of the arbitral tribunal or on its own motion, determines that it is inappropriate in the circumstances to apply the Expedited Procedure Provisions.
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Beschleunigtes Verfahren | Art. 30 ICC-SchO
Appendix VI – Expedited Procedure Rules Article 1: Application of the Expedited Procedure Rules (1) Insofar as Article 30 of the Rules of Arbitration of the ICC (the “Rules”) and this Appendix VI do not provide otherwise, the Rules shall apply to an arbitration under the Expedited Procedure Rules. (2) The amount referred to in Article 30(2), subparagraph a) of the Rules is: a) US$ 2,000,000 if the arbitration agreement under the Rules was concluded on or after 1 March 2017 and before 1 January 2021 or b) US$ 3,000,000 if the arbitration agreement under the Rules was concluded on or after 1 January 2021. (3) Upon receipt of the Answer to the Request pursuant to Article 5 of the Rules, or upon expiry of the time limit for the Answer or at any relevant time thereafter and subject to Article 30(3) of the Rules, the Secretariat will inform the parties that the Expedited Procedure Provisions shall apply in the case. (4) The Court may, at any time during the arbitral proceedings, on its own motion or upon the request of a party, and after consultation with the arbitral tribunal and the parties, decide that the Expedited Procedure Provisions shall no longer apply to the case. In such case, unless the Court considers that it is appropriate to replace and/or reconstitute the arbitral tribunal, the arbitral tribunal shall remain in place. Article 2: Constitution of the Arbitral Tribunal (1) The Court may, notwithstanding any contrary provision of the arbitration agreement, appoint a sole arbitrator. (2) The parties may nominate the sole arbitrator within a time limit to be fixed by the Secretariat. In the absence of such nomination, the sole arbitrator shall be appointed by the Court within as short a time as possible. Article 3: Proceedings (1) Article 23 of the Rules shall not apply to an arbitration under the Expedited Procedure Rules. (2) After the arbitral tribunal has been constituted, no party shall make new claims, unless it has been authorized to do so by the arbitral tribunal, which shall consider the nature of such new claims, the stage of the arbitration, any cost implications and any other relevant circumstances. (3) The case management conference convened pursuant to Article 24 of the Rules shall take place no later than 15 days after the date on which the file was transmitted to the arbitral tribunal. The Court may extend this time limit pursuant to a reasoned request from the arbitral tribunal or on its own initiative if it decides it is necessary to do so. (4) The arbitral tribunal shall have discretion to adopt such procedural measures as it considers appropriate. In particular, the arbitral tribunal may, after consultation with the parties, decide not to allow requests for document production or to limit the number, length and scope of written submissions and written witness evidence (both fact witnesses and experts). (5) The arbitral tribunal may, after consulting the parties, decide the dispute solely on the basis of the documents submitted by the parties, with no hearing and no examination of witnesses or experts.
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Art. 30 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Article 4: Award (1) The time limit within which the arbitral tribunal must render its final award is six months from the date of the case management conference. The Court may extend the time limit pursuant to Article 31(2) of the Rules. (2) The fees of the arbitral tribunal shall be fixed according to the scales of administrative expenses and arbitrator’s fees for the expedited procedure set out in Appendix III. Article 5: General Rule In all matters concerning the expedited procedure not expressly provided for in this Appendix, the Court and the arbitral tribunal shall act in the spirit of the Rules and this Appendix. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 bestimmt den Vorrang der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren gegenüber allen abweichenden Bestimmungen in der Schiedsvereinbarung. Diese Bestimmung gewinnt vor allem im Zusammenhang mit Art. 2 Abs. 1 Anhang VI an Bedeutung, wonach der Gerichtshof entgegen einer anderslautenden Bestimmung in der Schiedsvereinbarung einen Einzelschiedsrichter ernennen kann. → Rz. 15 ff. Abs. 2–3 regeln die Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren und sind nach einem Regel-Ausnahme-Verhältnis aufgebaut. Voraussetzung für eine Anwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren ist zunächst entweder, dass der Streitwert den in Art. 1 Abs. 2 Anhang VI genannten Grenzwert nicht überschreitet oder dass die Parteien die Anwendung der Bestimmungen vereinbart haben. → Rz. 18 ff. Keine Anwendung finden die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren, wenn die ICC-Schiedsvereinbarung vor dem Datum des Wirksamwerdens der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren abgeschlossen wurden, wenn die Parteien die Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren vereinbart haben oder wenn der Gerichtshof auf Antrag einer Partei vor der Bildung des Schiedsgerichts oder von sich aus feststellt, dass die Anwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren unter den gegebenen Umständen nicht sachdienlich ist. → Rz. 30 ff. Anhang VI enthält die Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren und regelt die Einzelheiten zum Ablauf eines beschleunigten Verfahrens. Die Verfahrensordnung weicht von den regulären Bestimmungen der ICC-SchO in vier wesentlichen Punkten ab. Erstens kann der Gerichtshof entgegen einer anderslautenden Bestimmung in der Schiedsvereinbarung einen Einzelschiedsrichter ernennen. → Rz. 41 ff. Zweitens entfällt die Notwendigkeit für die Erstellung des Schiedsauftrags. → Rz. 49. Drittens kann das Schiedsgericht Fälle ohne mündliche Verhandlung nach Aktenlage entscheiden, auch wenn eine Partei eine mündliche Verhandlung beantragt. → Rz. 53. Viertens gelten andere Kostentabellen, die geringere Schiedsrichterhonorare vorsehen. → Rz. 59. Kostenaspekte: In einem beschleunigten Verfahren gelten gemäß Anhang III eigene Kostentabellen, die ein gegenüber den für reguläre ICC-Schiedsverfahren geltenden Kostentabellen ein um 20% reduziertes Schiedsrichterhonorar vorsehen. Die ICC-Verwaltungskosten sind dieselben wie in regulären ICC-Schiedsverfahren. → Rz. 59. A. I. II. III.
Beschleunigtes Verfahren . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Änderungshistorie . . . . . . . . . . Verhältnis zum X. Buch der ZPO
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IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften B. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Regelungsüberblick . . . . . . . . .
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Beschleunigtes Verfahren | Art. 30 ICC-SchO II. Vorrang der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren (Art. 30 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . III. Anwendbarkeit der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren (Art. 30 Abs. 2–3, Art. 1 Anhang VI) . . . . . . . . . . 1. Anwendbarkeit der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren (Art. 30 Abs. 2, Art. 1 Anhang VI) . . . . . . . . . . . . . . . 2. Ausschluss der Anwendbarkeit der Bestimmungen zum be-
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schleunigten Verfahren (Art. 30 Abs. 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nachträglicher Ausschluss der Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren (Art. 1 Abs. 4 Anhang VI) . . IV. Bildung des Schiedsgerichts (Art. 2 Anhang VI) . . . . . . . . . . V. Das beschleunigte Verfahren (Art. 3, 4 Anhang VI) . . . . . . . . C. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Bühler/Heinzmann, The 2017 ICC Expedited Rules: From Softball to Hardball?, Journal of International Arbitration, Vol. 34 Issue 2 (2017), S. 121 ff.; Decker, Das neue beschleunigte Verfahren der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2019, 75 ff.; Feris, The 2017 ICC Rules of Arbitration and the New ICC Expedited Procedure Provisions, ICC Dispute Resolution Bulletin 2017/1, S. 63 ff.; International Chamber of Commerce, 2019 ICC Dispute Resolution Statistics, in ICC Dispute Resolution Bulletin 2020 No 2, S. 15 ff.; International Chamber of Commerce, 2020 ICC Dispute Resolution Statistics; Mourre, ICC Dispute Resolution Bulletin No. 1 (2016), S. 3 ff.; Petsche-Demmel/Cermak, Das neue Eilverfahren der ICC-SchO, ecolex 2017, S. 414 ff.; Schäfer/Kopetzki, Die neue ICC Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren, ecolex 2017, 410 ff.; Schütt, Fast-Track Arbitration: Das neue beschleunigte Verfahren der ICC, SchiedsVZ 2017, 81 ff.; Seraglini/Baeten, Expedited Rules and the Possibility of Immediate Measures once a Tribunal is Constituted, in Dossier of the ICC Institute of World Business Law, Expedited Procedures in International Arbitration, S. 34 ff.; Stretz, Das beschleunigte Verfahren unter Geltung der neuen ICC-Schiedsgerichtsordnung, GWR 2017, S. 89 ff.
A. Beschleunigtes Verfahren I. Normzweck Die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren sollen ein rascheres und kos- 1 tengünstigeres Verfahren zur Lösung von kleineren Streitigkeiten ermöglichen. Angesichts einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von ca. zwei Jahren für ICC-Schiedsverfahren tragen sie dem Bedürfnis der Nutzer nach einer beschleunigten Erledigung von einfacheren Fällen Rechnung. Bereits vor Inkrafttreten der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren 2 konnten Parteien, die sich ein beschleunigtes Verfahren wünschten, individuell verkürzte Fristen vereinbaren. Derartige Vereinbarungen über eine maßgeschneiderte „fast track arbitration“ kamen in der Praxis allerdings äußerst selten vor. Überdies gehen derartige Vereinbarungen mit einigen Risiken einher, insbesondere, wenn sie im Vorhinein in der Schiedsvereinbarung getroffen werKopetzki/Nedden
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Art. 30 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht den und sich die Streitigkeit schlussendlich als wirtschaftlich bedeutsamer oder komplexer darstellt als ursprünglich angenommen (vgl. Art. 39 Rz. 2, 7). 3 Dieser Problematik begegnen die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren
dadurch, dass ihre Anwendbarkeit grds. vom Streitwert abhängig ist. Darüber hinaus ist die endgültige Entscheidung über ihre Anwendbarkeit stets dem Gerichtshof vorbehalten. Sollte dieser zum Ergebnis kommen, dass die Anwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren unter den gegebenen Umständen (etwa angesichts der Komplexität des Falls trotz eines geringen Streitwerts) nicht sachdienlich ist, kann er jederzeit entscheiden, dass die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren im betreffenden Fall keine Anwendung finden sollen (s. Rz. 33 ff.).
4 Die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren führen den Gedanken der
Zeit- und Kosteneffizienz, der bereits gemäß Art. 22 Abs. 1 ein zentrales Prinzip der ICC-SchO darstellt, konsequent fort, indem sie dem Schiedsgericht weitergehende Freiheiten in der Verfahrensführung gewähren und indem sie ein reduziertes Schiedsrichterhonorar vorsehen. Dadurch ergeben sich i.d.R. weitere Zeit- und Kostenersparnisse für die Parteien. Außerdem kann der Gerichtshof in beschleunigten Verfahren entgegen einer anderslautenden Bestimmung in der Schiedsvereinbarung einen Einzelschiedsrichter ernennen, was die Kosten für die Honorare und Auslagen des Schiedsgerichts ggf. zusätzlich reduziert.
5 Ungeachtet dieser technischen Besonderheiten des beschleunigten Verfahrens,
die im Folgenden näher dargestellt werden, liegt ein wesentlicher Unterschied zu regulären ICC-Schiedsverfahren in der subjektiven Erwartungshaltung der Verfahrensbeteiligten im Hinblick auf die erforderliche Effizienz und Dauer des Verfahrens. Wenn die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren anwendbar sind, erwarten üblicherweise alle Beteiligten, dass der Schiedsspruch auch tatsächlich – wie von den Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren vorgesehen – innerhalb von sechs Monaten erlassen wird. Gegebenenfalls wirken auch das Sekretariat und der Gerichtshof intensiv auf die Parteien und das Schiedsgericht ein, um sicherzustellen, dass der Schiedsspruch innerhalb dieser Regelfrist erlassen wird. Hierin liegt ein erheblicher Unterschied zu regulären ICC-Schiedsverfahren, in denen zwar ebenfalls eine Frist von sechs Monaten für den Erlass des Schiedsspruchs vorgesehen ist, in denen eine Überschreitung dieser Frist aber die allgemein akzeptierte Regel darstellt (s. Art. 31 Rz. 2, 9 ff.).
II. Änderungshistorie 6 Die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren wurden mit der ICC-SchO
2017 eingeführt und stellten die wesentliche Neuerung dieser Reform der ICCSchO dar. Nachdem sich das beschleunigte Verfahren in der Praxis bewährte und sich viele Nutzer eine häufigere Anwendung von beschleunigten Verfahren wünschten, wurden mit der Reform zur ICC-SchO 2021 die Schwellenwerte für die automatische Anwendbarkeit der Verfahrensordnung zum beschleunigten 544
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Beschleunigtes Verfahren | Art. 30 ICC-SchO
Verfahren von 2 Mio. USD auf 3 Mio. USD erhöht. Dieser Schritt war allerdings nicht unumstritten, da für viele Parteien Streitigkeiten in dieser Höhe von beträchtlicher wirtschaftlicher Bedeutung sind. Zwar können Parteien jederzeit – sowohl in der Schiedsvereinbarung als auch nachträglich – die Anwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren ausschließen und auch andere Schwellenwerte vereinbaren; allerdings ist davon auszugehen, dass Parteien diese Überlegungen in der Praxis selten im Vorhinein anstellen werden und dass eine Einigung auf die Abbedingung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren nach Entstehen der Streitigkeit oftmals nicht mehr möglich sein wird. Da über ein Drittel aller ICC-Schiedsverfahren einen Streitwert von weniger als 7 3 Mio. USD aufweist (International Chamber of Commerce, 2020 ICC Dispute Resolution Statistics, 17), spielen beschleunigte Verfahren in der Praxis der ICC-Schiedsgerichtsbarkeit eine große Rolle.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Das X. Buch der ZPO sieht keine besonderen Bestimmungen für ein beschleunig- 8 tes Verfahren vor. Das Gesetz steht der – in der Einigung auf die ICC-SchO enthaltenen – Vereinbarung eines entsprechenden Verfahrens auch nicht entgegen. Dies gilt auch für die Regelung, dass die Bestimmungen zum beschleunigten 9 Verfahren allen abweichenden Bestimmungen der Schiedsvereinbarung vorgehen sollen (Art. 30 Abs. 1). Das ist deshalb von Bedeutung, da eine zentrale Regelung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren vorsieht, dass der Gerichtshof entgegen einer anderslautenden Bestimmung in der Schiedsvereinbarung einen Einzelschiedsrichter ernennen kann (Art. 2 Abs. 1 Anhang VI; s. Rz. 44 ff.). Diese Befugnis des Gerichtshofs ist zwar weitgehend. Allerdings beruht sie auf einer Vereinbarung der Parteien, weshalb sie im Einklang mit den Bestimmungen des X. Buches der ZPO steht (vgl. auch Rz. 16, Rz. 44 und Rz. 62). Gemäß § 1034 Abs. 1 Satz 2 ZPO besteht das Schiedsgericht zwar grds. aus drei Schiedsrichtern, allerdings nur insoweit, als die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Bei Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren stellt Art. 30 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Anhang VI eine solche andere Vereinbarung der Parteien dar. Das bedeutet, dass der Gerichtshof bei Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren in einem Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland auch dann einen Einzelschiedsrichter ernennen kann, wenn die Parteien in der Schiedsvereinbarung ein Dreierschiedsgericht vorgesehen haben (kritisch insoweit Decker, SchiedsVZ 2019, 75 [76], Fn. 18 und Schütt, SchiedsVZ 2017, 81 [84 f.]). Durch die Einigung auf die ICC-SchO haben die Parteien bei Anwendbarkeit 10 der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren schließlich auch vereinbart, dass das Schiedsgericht nach Aktenlage entscheiden darf und dass eine mündliche Verhandlung selbst dann nicht stattfinden muss, wenn eine Partei dies beantragt (Art. 3 Abs. 5 Anhang VI). Dies steht im Einklang mit § 1047 ZPO, woKopetzki/Nedden
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Art. 30 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht nach das Schiedsgericht auf Antrag einer Partei eine mündliche Verhandlung nur dann durchzuführen hat, wenn die Parteien die mündliche Verhandlung nicht ausgeschlossen haben. Allerdings muss das Schiedsgericht in so einem Fall prüfen, ob im Einzelfall durch eine Entscheidung nach Aktenlage das rechtliche Gehör der Parteien ausreichend gewährt werden kann (s. Rz. 53).
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 11 In staatlichen Verfahren gibt es keine besonderen Bestimmungen für ein be-
schleunigtes Verfahren. Insbesondere gibt es keine bestimmte Frist, innerhalb derer das Urteil zu ergehen hat, und das Gericht muss aufgrund des Mündlichkeitsprinzips im Regelfall eine mündliche Verhandlung durchführen; zu den Ausnahmen vgl. insb. § 128 Abs. 2 bis Abs. 4 ZPO sowie § 495a Satz 1 ZPO.
B. Einzelerläuterungen I. Regelungsüberblick 12 Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren. Art. 30 enthält keine Einzel-
heiten zum beschleunigten Verfahren, sondern legt lediglich den groben Rahmen fest. Er regelt, wann Art. 30 und Anhang VI (gemeinsam „die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren“) Anwendung finden und setzt fest, dass die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren allen abweichenden Bestimmungen der Schiedsvereinbarung vorgehen. Soweit Anhang VI keine Regelungen enthält, haben der Gerichtshof und das Schiedsgericht gemäß Art. 5 Anhang VI nach „Sinn und Zweck“ der SchO sowie des Anhangs VI zu handeln. Diese der Lückenfüllung dienende Regelung wurde Art. 42 Satz 1 nachgebildet; s. daher wegen der Einzelheiten Art. 42 Rz. 4 ff.
13 Die detaillierten Regelungen zum beschleunigten Verfahren finden sich in Anhang
VI, der die eigentliche Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren enthält. Art. 30 und Anhang VI müssen daher zusammengelesen werden; sie bilden einheitlich die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren (vgl. Art. 30 Abs. 1).
14 Anwendbarkeit der SchO. Art. 1 Abs. 1 Anhang VI stellt indes klar, dass die
ICC-SchO auch auf ein unter der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren durchgeführtes Schiedsverfahren anzuwenden ist, soweit Art. 30 und Anhang VI keine abweichenden Bestimmungen enthalten. Die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren sind somit keine eigenständige vollständige Verfahrensordnung (wie etwa die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren; vgl. Art. 29 Rz. 18), sondern ergänzen die ICC-SchO und ändern diese lediglich in einzelnen Aspekten ab.
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II. Vorrang der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren (Art. 30 Abs. 1) Vorrang der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren. Art. 30 Abs. 1 15 bestimmt, dass die Parteien mit der Vereinbarung, das Schiedsverfahren gemäß der ICC-SchO durchzuführen, vereinbaren, dass Art. 30 und die in Anhang VI abgedruckte Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren allen abweichenden Bestimmungen der Schiedsvereinbarung vorgehen sollen. Diese Bestimmung erlangt insb. i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Anhang VI Bedeutung, wonach der Gerichtshof auch entgegen einer anderslautenden Bestimmung in der Schiedsvereinbarung einen Einzelschiedsrichter ernennen kann (s. Rz. 44 ff.). Darüber hinaus kann die Bestimmung i.V.m. Art. 4 Abs. 4–5 Anhang VI wirksam werden, wonach das Schiedsgericht Anträge auf Vorlage von Dokumenten nicht zulassen oder die Anzahl, die Länge und den Inhalt der Schriftsätze und der schriftlichen Beweisführung (bei Tatsachenzeugen und Sachverständigen) begrenzen kann (Art. 4 Abs. 4 Anhang VI) sowie den Fall allein aufgrund der Aktenlage, ohne mündliche Verhandlung, entscheiden kann (Art. 4 Abs. 5 Anhang VI). Das Schiedsgericht kann also auch in Abweichung einer gegenteiligen Bestimmung in der Schiedsvereinbarung etwa Anträge auf Vorlage von Dokumenten nicht zulassen oder die Anzahl der Schriftsätze begrenzen sowie den Fall ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden (s. Rz. 52 f.). Keine Verletzung der Schiedsvereinbarung. Dadurch, dass sich die Parteien auf 16 die Anwendung der ICC-SchO einigen, vereinbaren sie auch die Wirkung des Art. 30 Abs. 1 (s. allerdings Art. 30 Abs. 3 Buchst. b für die Möglichkeit, die Nichtanwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren zu vereinbaren). Im Einklang mit dieser Parteivereinbarung können der Gerichtshof und das Schiedsgericht bei Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren auch von gegenteiligen Bestimmungen in der Schiedsvereinbarung abweichen, ohne dass dies eine Verletzung der Schiedsvereinbarung darstellen würde. Im Einzelfall kann allerdings zu prüfen sein, ob die Parteien ausnahmsweise von bestimmten Regelungen der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren abweichen wollten (s. Rz. 62). Außerdem sollte das Schiedsgericht das Recht am Sitz des Schiedsverfahrens oder – soweit bekannt – am voraussichtlichen Vollstreckungsort berücksichtigen und prüfen, ob ein auf Art. 30 Abs. 1 gestütztes Abweichen von Bestimmungen in der Schiedsvereinbarung die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs gefährden würde.
III. Anwendbarkeit der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren (Art. 30 Abs. 2–3, Art. 1 Anhang VI) Regelungsüberblick. Art. 30 Abs. 2 bestimmt, wann die Verfahrensordnung 17 zum beschleunigten Verfahren grds. Anwendung findet (Rz. 18 ff.). Von dieser Grundregel sieht Art. 30 Abs. 3 gewisse Ausnahmen vor, indem es die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren (d.h. Art. 30 und Anhang VI) unter beKopetzki/Nedden
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Art. 30 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht stimmten Voraussetzungen für insgesamt unanwendbar erklärt (Rz. 30 ff.). Darüber hinaus räumt Art. 1 Abs. 2 Anhang VI dem Gerichtshof die Möglichkeit ein, nachträglich zu entscheiden, dass die Anwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren keine Anwendung mehr finden sollen (Rz. 37 f.). 1. Anwendbarkeit der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren (Art. 30 Abs. 2, Art. 1 Anhang VI) 18 Anwendbarkeit der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren. Ge-
mäß Art. 30 Abs. 2 ist die Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren in zwei Fällen anwendbar, nämlich (i) wenn der Streitwert gewisse Schwellenwerte nicht überschreitet (Art. 30 Abs. 2 Buchst. a; Rz. 19 ff.) oder (ii) bei Vorliegen einer entsprechenden Parteivereinbarung („Opt-In“) (Art. 30 Abs. 2 Buchst. b; Rz. 29).
19 Streitwert. Die Anwendbarkeit der Verfahrensordnung zum beschleunigten
Verfahren ist grds. vom Streitwert abhängig (Art. 30 Abs. 2 Buchst. a i.V.m. Art. 1 Abs. 2 Anhang VI). Der entsprechende Schwellenwert richtet sich danach, ob die Schiedsvereinbarung vor oder nach dem 1.1.2021 abgeschlossen wurde. Die Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren findet Anwendung, wenn der Streitwert im Zeitpunkt der Mitteilung gemäß Art. 1 Abs. 3 Anhang VI (s. Rz. 25) 2 Mio. USD (sofern die Schiedsvereinbarung am oder nach dem 1.3.2017 und vor dem 1.1.2021 abgeschlossen wurde) bzw. 3 Mio. USD (sofern die Schiedsvereinbarung am oder nach dem 1.1.2021 abgeschlossen wurde) nicht übersteigt. Wurde die Schiedsvereinbarung hingegen vor dem 1.3.2017 abgeschlossen, finden die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren insgesamt keine Anwendung (s. Rz. 31).
20 Berechnung des Streitwerts. Angesichts des Umstandes, dass der Streitwert
maßgeblich für die automatische Anwendung der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren ist, gewinnt die genaue Berechnungsweise des Streitwerts an praktischer Bedeutung. Die ICC-SchO schweigt allerdings zur Frage, wie der Streitwert zu berechnen ist und wer diesen zu berechnen hat. Im Zusammenhang mit den Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren ist es zunächst das Sekretariat, das den Streitwert im Zuge der Prüfung, ob die Verfahrensordnung anwendbar sein soll, bestimmt. Außerdem kann der Streitwert bei einer etwaigen Entscheidung des Gerichtshofs, ob die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren Anwendung finden sollen (Art. 30 Abs. 3 Buchst. c) bzw. weiterhin Anwendung finden sollen (Art. 1 Abs. 4 Anhang VI), eine Rolle spielen (s. Rz. 36 und 39). Schließlich legt der Gerichtshof seine Beurteilung des Streitwerts auch den Entscheidungen über die Festsetzung der Kostenvorschüsse sowie über die Festsetzung der Kosten des Verfahrens zugrunde. In all diesen Fällen stellt der Streitwert aber lediglich eine Vorfrage für eine Entscheidung des Sekretariats oder des Gerichtshofs dar. Derartige Beurteilungen des Streitwerts durch den Gerichtshof oder das Sekretariat binden nie das Schiedsgericht und sollten von diesem bei der Entscheidung der Streitigkeit nicht beachtet werden. 548
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Auf Geld gerichtete Ansprüche. Für die Berechnung des Streitwerts berück- 21 sichtigt das Sekretariat bzw. der Gerichtshof zunächst die Höhe sämtlicher bezifferten Ansprüche, d.h. jener Ansprüche, die auf Geld gerichtet sind. Dies beinhaltet die mit der Klage und einer etwaigen Widerklage oder sog. „cross claims“ geltend gemachten bezifferten Ansprüche. Darüber hinaus erhöhen auch etwaige Aufrechnungseinreden den Streitwert, soweit sie die Prüfung zusätzlicher Fragen durch das Schiedsgericht erforderlich machen könnten (vgl. Art. 37 Abs. 7). Demgegenüber bleiben Ansprüche, die auf Zinsen und Kosten gerichtet sind, i.d.R. unberücksichtigt. Davon kann im begründeten Einzelfall abgewichen werden, wenn es sich dabei ausnahmsweise um einen zentralen Aspekt des Streitgegenstandes handeln sollte, etwa weil nur Zinsen aus einem Vertrag oder die Kosten eines anderen Verfahrens eingeklagt werden. Bindung an die Bezifferung der Parteien. Das Sekretariat und der Gerichtshof 22 sind an die Höhe der von den Parteien geltend gemachten bezifferten Ansprüche gebunden. Eine Partei kann daher die Anwendung der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren verhindern, indem sie zu Beginn des Verfahrens bezifferte Ansprüche geltend macht, mit denen insgesamt ein Streitwert i.H.v. 2 Mio. USD bzw. 3 Mio. USD überschritten wird. Auch ein etwaiger berechtigter Einwand des Gegners, dass diese Ansprüche mutwillig überhöht oder nicht ausreichend substantiiert sind, ändert daran nichts. Das Schiedsgericht kann ein derartiges Vorgehen allerdings später bei seiner Entscheidung über die Verteilung der Kosten des Schiedsverfahrens gemäß Art. 38 Abs. 4 berücksichtigen. Nicht auf Geld gerichtete Ansprüche. Darüber hinaus berücksichtigt das Sekre- 23 tariat bzw. der Gerichtshof auch etwaige unbezifferte, d.h. nicht auf Geld gerichtete Ansprüche, wie z.B. Feststellungsansprüche oder sonstige Leistungsansprüche, die nicht auf Zahlung gerichtet sind. Wenn diese nicht auf Geld gerichteten Ansprüche keinen selbstständigen Wert haben bzw. die Komplexität der Streitigkeit nur unwesentlich erhöhen (etwa, weil damit lediglich die Feststellung des Bestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt wird, das vom Schiedsgericht ohnehin als Vorfrage zu beurteilen ist), wirken diese nicht streitwerterhöhend. Wenn der Wert der nicht auf Geld gerichteten Ansprüche geschätzt werden kann (vgl. Rz. 24), dann erhöhen sie in diesem Ausmaß den Streitwert. Wenn der Wert der nicht auf Geld gerichteten Ansprüche hingegen nicht geschätzt werden kann und wenn diese die Komplexität der Streitigkeit wesentlich erhöhen, so wird der Streitwert als teilweise unbestimmt betrachtet. In so einem Fall werden das Sekretariat bzw. der Gerichtshof i.d.R. gegen die Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren entscheiden (s. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 131 ff.; vgl. Rz. 25 und Rz. 28). Keine Bindung an die Bewertung der Parteien. Bei der Bewertung solcher 24 nicht auf Geld gerichteten Ansprüche berücksichtigen das Sekretariat bzw. der Gerichtshof die Bewertungen der Parteien, sind an diese aber nicht gebunden. Das Sekretariat bzw. der Gerichtshof nehmen daher – sofern dies aufgrund der zur Verfügung stehenden Informationen möglich ist – eine eigene Bewertung Kopetzki/Nedden
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Art. 30 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht der Ansprüche vor. Dabei sind sie auch nicht an die Regeln gebunden, die zur Berechnung des Streitwerts vor staatlichen Gerichten gelten. 25 Mitteilung des Sekretariats. Gemäß Art. 1 Abs. 3 Anhang VI teilt das Sekreta-
riat den Parteien unter Vorbehalt von Art. 30 Abs. 3 nach Eingang der Klageantwort oder nach Ablauf der Frist zur Einreichung derselben gemäß Art. 5 oder zu jedem maßgeblichen späteren Zeitpunkt mit, dass die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren im betreffenden Fall Anwendung finden. Diese Bestimmung ist gemeinsam mit Art. 30 Abs. 2 Buchst. a zu lesen, demgemäß Anhang VI Anwendung findet, wenn der Streitwert im Zeitpunkt der Mitteilung des Sekretariats gemäß Art. 1 Abs. 3 Anhang VI den oben beschriebenen Grenzwert nicht übersteigt. Voraussetzung für die automatische Anwendung der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren gemäß Art. 30 Abs. 2 Buchst. a ist somit nicht lediglich ein unter dem Grenzwert liegender Streitwert, sondern auch die Mitteilung des Sekretariats gemäß Art. 1 Abs. 3 Anhang VI. Diese ist daher konstitutiv für die Anwendbarkeit der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren. Wenn sich die Parteien hingegen gemäß Art. 30 Abs. 2 Buchst. b auf die Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren einigen, hat die entsprechende Mitteilung des Sekretariats lediglich eine klarstellende Funktion.
26 Zeitpunkt der Mitteilung. Das Sekretariat macht die Mitteilung, sobald es beur-
teilen kann, dass der Streitwert unter dem Grenzwert liegt. Es muss daher i.d.R. jedenfalls die Klageantwort abwarten, um zu prüfen, ob der Beklagte eine Widerklage einbringt oder eine Aufrechnungseinrede erhebt. Darüber hinaus kann das Sekretariat mit der Mitteilung auch bis „zu jedem maßgeblichen späteren Zeitpunkt“ warten. Damit sind etwa Fälle abgedeckt, in denen eine Partei einen Antrag auf Einbeziehung zusätzlicher Parteien stellt, die ihrerseits in ihrer Antwort wiederum neue – den Streitwert erhöhende – Ansprüche geltend machen könnten.
27 Verzögerungen bei der Bestimmung des Streitwerts. Es sind verschiedene Sze-
narien denkbar, in denen die endgültige Bestimmung des Streitwerts über einen längeren Zeitraum hinweg nicht möglich ist. Zu solchen Verzögerungen kann es vor allem dann kommen, wenn zusätzliche Parteien einbezogen werden oder wenn aus anderen Gründen anzunehmen ist, dass die Parteien noch zusätzliche Ansprüche geltend machen wollen, die sich nicht bereits aus der Schiedsklage und der Klageantwort ergeben. Wenn der Streitwert bereits auf Grundlage der in der Schiedsklage und in der Klageantwort geltend gemachten Ansprüche den Grenzwert von 2 Mio. USD bzw. 3 Mio. USD übersteigt, ist klar, dass die Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren nicht automatisch Anwendung finden wird. Wenn der Streitwert hingegen zunächst unter dem Grenzwert liegt und dieser lediglich als Folge der Einbeziehung zusätzlicher Parteien (und von diesen ggf. geltend gemachten Ansprüchen) überschritten werden könnte, bestünde das Risiko einer Verfahrensverzögerung, wenn das Sekretariat immer so lange mit der Bildung des Schiedsgerichts abwarten würde, bis der Streitwert feststeht. In derartigen Situationen kann der Gerichtshof daher gemäß Art. 30 550
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Beschleunigtes Verfahren | Art. 30 ICC-SchO
Abs. 3 Buchst. c entscheiden, dass die Anwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren unter den gegebenen Umständen nicht sachdienlich ist. Einwendungen gegen die Beurteilung des Sekretariats. Da die Mitteilung des 28 Sekretariats darüber, ob die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren Anwendung finden, für die automatische Anwendung der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren konstitutiv ist, kommt dem Sekretariat in diesem Zusammenhang eine verhältnismäßig große Entscheidungsmacht zu. Diese wird vor allem dann schlagend, wenn zwischen den Parteien der Streitwert oder das Datum des Abschlusses der Schiedsvereinbarung und damit die Anwendbarkeit der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren umstritten ist. Zwar bestimmen die ICC-SchO und Anhang VI ausdrücklich, dass der Gerichtshof – auch nach einer entsprechenden Mitteilung des Sekretariats – entscheiden kann, dass die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren nicht (mehr) Anwendung finden sollen (Art. 30 Abs. 3 Buchst. c bzw. Art. 1 Abs. 4 Anhang VI). Im Gegensatz dazu sehen die Regeln aber keine ausdrückliche Möglichkeit vor, gegen eine negative Entscheidung bzw. eine fehlende Mitteilung des Sekretariats vorzugehen, d.h. eine Entscheidung des Gerichtshofs darüber herbeizuführen, dass die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren Anwendung finden sollen. Nichtsdestotrotz können Parteien gegen eine Nichtanwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren Einspruch erheben, woraufhin der Gerichtshof über die Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren entscheidet, nachdem er den Parteien eine Möglichkeit zur Stellungnahme einräumt (s. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 135). In der Praxis wird das Sekretariat in Fällen, in denen die automatische Anwendbarkeit der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren gemäß Art. 30 Abs. 2 Buchst. a zweifelhaft und zwischen den Parteien umstritten ist, zunächst davon absehen, eine Mitteilung gemäß Art. 1 Abs. 3 Anhang VI zu machen und diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen. Parteivereinbarung („Opt-in“). Die Parteien können außerdem nach Art. 30 29 Abs. 2 Buchst. b vereinbaren, dass die Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren für ihr Verfahren anwendbar sein soll. Die Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren ist dann unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen, d.h. unabhängig vom Streitwert und vom Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung (s. Rz. 31), anwendbar. So können die Parteien etwa bereits in der Schiedsvereinbarung bestimmen, dass die Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren jedenfalls Anwendung finden soll. Außerdem können sie in der Schiedsvereinbarung auch einen anderen als den in Art. 1 Abs. 2 Anhang VI genannten Grenzwert festlegen und damit einen niedrigeren oder auch höheren Streitwert vorsehen, bis zu dem die Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren automatisch anzuwenden ist. Auch während des laufenden Schiedsverfahrens – und sogar nach Bildung des Schiedsgerichts – können die Parteien die Anwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren vereinbaren. Wenn das Schiedsgericht bereits gebildet ist, sollten die Parteien dies allerdings nur mit Einverständnis des Schiedsgerichts tun, da eine Kopetzki/Nedden
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Art. 30 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht solche nachträgliche Einigung Auswirkungen auf die Entlohnung des Schiedsgerichts und auf den Zeitplan des Schiedsverfahrens hat. Zwar könnte auch ohne ein solches Einverständnis ein Opt-In wirksam vereinbart werden, allerdings wird dem Schiedsrichter dann ggf. ein Rücktrittsrecht gemäß Art. 15 Abs. 1 zustehen (vgl. Art. 39 Rz. 18). Von der Möglichkeit des Opt-Ins bleibt außerdem jedenfalls die Befugnis des Gerichtshofs unberührt, gemäß Art. 30 Abs. 3 Buchst. c bzw. Art. 1 Abs. 4 Anhang VI zu entscheiden, dass die Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren auf das Schiedsverfahren keine Anwendung (mehr) finden soll (s. Rz. 30 ff. und Rz. 37 ff.). 2. Ausschluss der Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren (Art. 30 Abs. 3) 30 Ausschluss der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren. Gemäß Art. 30
Abs. 3 kann die Anwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren – und somit auch die Anwendung der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren in Anhang VI – in dreierlei Hinsicht ausgeschlossen sein.
31 Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung. Nach Art. 30 Abs. 3
Buchst. a sind die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren nicht anwendbar, wenn die Schiedsvereinbarung vor dem 1.3.2017 geschlossen wurde. Diese Vorschrift ist eine Ausnahme zu Art. 6 Abs. 1, der im Grundsatz vorsieht, dass sich die Parteien der zu Beginn des Schiedsverfahrens gültigen ICC-SchO unterwerfen (s. Art. 6 Rz. 7 ff.). Eine nachträgliche Einigung auf die Anwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren gemäß Art. 30 Abs. 2 Buchst. b bleibt aber jedenfalls möglich, auch wenn die Schiedsvereinbarung vor diesem Stichtag abgeschlossen wurde. Mitunter kann unklar und zwischen den Parteien umstritten sein, wann die Schiedsvereinbarung abgeschlossen wurde; s. Art. 29 Rz. 24 für eine Darstellung entsprechender Fallgruppen.
32 Abdingbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren („Opt-out“).
Ferner steht es den Parteien gemäß Art. 30 Abs. 3 Buchst. b frei, die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren abzuwählen („Opt-Out“). Dies können die Parteien entweder vor oder nach Einleitung des Schiedsverfahrens vereinbaren. Für einen Ausschluss der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren in der Schiedsvereinbarung hat die ICC eine Standardformulierung vorgeschlagen, die einer regulären ICC-Schiedsvereinbarung angefügt werden kann: „Die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren finden keine Anwendung.“
33 Entscheidung des Gerichtshofs. Nicht zuletzt kann gemäß Art. 30 Abs. 3
Buchst. c auch der Gerichtshof „auf Antrag einer Partei vor der Bildung des Schiedsgerichts oder von sich aus“ feststellen, dass „die Anwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren unter den gegebenen Umständen nicht sachdienlich ist“.
34 Auf Antrag einer Partei vor Bildung des Schiedsgerichts oder auf eigene Ini-
tiative. Der Gerichtshof kann eine solche Entscheidung entweder auf Antrag ei-
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ner Partei oder auf eigene Initiative treffen. Ein entsprechender Antrag einer Partei muss vor Bildung des Schiedsgerichts erfolgen; nach Bildung des Schiedsgerichts müsste eine Partei einen Antrag gemäß Art. 1 Abs. 4 Anhang VI stellen (s. Rz. 37 f.). Von sich aus kann der Gerichtshof die Entscheidung hingegen grds. in jedem Stadium des Schiedsverfahrens treffen. Entscheidung über die Anwendbarkeit der Bestimmungen zu Beginn des 35 Verfahrens. Die Bestimmung des Art. 30 Abs. 3 Buchst. c dient primär dazu, in solchen Fällen über die Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren zu entscheiden, in denen die Bestimmungen (noch) nicht anwendbar sind und in denen ihre Anwendbarkeit zu Beginn des Verfahrens, d.h. vor Konstituierung des Schiedsgerichts, fraglich ist. Meist wird dies Fälle betreffen, in denen eine Partei beantragt, dass die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren ausnahmsweise keine Anwendung finden sollen, obwohl der Streitwert den entsprechenden Grenzwert nicht übersteigt und obwohl kein sonstiger Ausschlussgrund gemäß Art. 30 Abs. 3 Buchst. a oder b vorliegt. Ermessensentscheidung des Gerichtshofs. Der Gerichtshof kann nach eigenem 36 Ermessen entscheiden, ob er die Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren unter den gegebenen Umständen für sachdienlich hält. Dabei wird er insb. die Komplexität der Streitigkeit und die voraussichtliche Verfahrensdauer berücksichtigen. Wenn der Sachverhalt oder die zu entscheidenden Rechtsfragen besonders komplex sind oder eine umfangreiche Beweisaufnahme zu erwarten ist, kann dies gegen eine Anwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren sprechen. Auch prozessuale Schwierigkeiten können gegen ein beschleunigtes Verfahren sprechen, wie etwa komplexe Mehrvertrags- oder Mehrparteienkonstellationen mit Zuständigkeitseinwendungen, oder wenn mehrere zusammenhängende Verfahren parallel geführt werden. Darüber hinaus könnte auch eine besondere wirtschaftliche Bedeutung der Streitigkeit dafür sprechen, vom beschleunigten Verfahren abzuweichen. Ein hoher Streitwert ist jedoch für sich genommen für den Gerichtshof noch kein Grund, die Anwendung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren auszuschließen. So wurde bereits aufgrund einer Parteivereinbarung ein Mehrparteienverfahren mit einem Streitwert i.H.v. mehr als 100 Mio. USD als beschleunigtes Verfahren geführt, in dem der Schiedsspruch entsprechend dem Verfahrenskalender innerhalb von neun Monaten nach der Verfahrensmanagementkonferenz erlassen wurde (International Chamber of Commerce, 2019 ICC Dispute Resolution Statistics, in ICC Dispute Resolution Bulletin 2020 Nr. 2, 15 [23]). 3. Nachträglicher Ausschluss der Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren (Art. 1 Abs. 4 Anhang VI) Nachträglicher Ausschluss der Bestimmungen zum beschleunigten Verfah- 37 ren. Schließlich kann gemäß Art. 1 Abs. 4 Anhang VI der Gerichtshof „jederzeit während des Schiedsverfahrens von sich aus oder auf Antrag einer Partei und nach Anhörung des Schiedsgerichts und der Parteien entscheiden, dass die BeKopetzki/Nedden
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Art. 30 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht stimmungen zum beschleunigten Verfahren im betreffenden Fall keine Anwendung mehr finden sollen“. 38 Voraussetzung: Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren sind anwend-
bar. Die Anwendung dieser Bestimmung setzt voraus, dass die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren bereits anwendbar sind (weil z.B. der Streitwert unter den Schwellenwerten liegt und eine entsprechende Mitteilung des Sekretariats an die Parteien erfolgt ist oder weil die Parteien die Anwendbarkeit der Bestimmungen vereinbart haben; s. Rz. 18 ff.). In der Regel wird eine solche Entscheidung des Gerichtshofs daher dann in Betracht kommen, wenn das Schiedsgericht bereits konstituiert ist.
39 Ermessensentscheidung des Gerichtshofs. Der Gerichtshof entscheidet nach ei-
genem Ermessen, ob die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren unter den gegebenen Umständen weiterhin Anwendung finden sollen (vgl. Rz. 36). Dies kann etwa dann nicht geboten sein, wenn sich im Laufe des Verfahrens die Komplexität der Streitigkeit bzw. der Streitwert erhöht (etwa, weil das Schiedsgericht neue Ansprüche zugelassen hat; vgl. Rz. 50) oder wenn ein Verfahrenskalender erlassen wird, der eine weit über die sechsmonatige Regelfrist hinausgehende Verfahrensdauer vorsieht.
40 Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichts. Wenn der Ge-
richtshof entscheidet, dass die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren im betreffenden Fall keine Anwendung mehr finden sollen, bleibt das Schiedsgericht im Amt, es sei denn, der Gerichtshof hält es für sachdienlich, dieses zu ersetzen oder seine Zusammensetzung zu ändern (Art. 1 Abs. 4 Anhang VI). Dies könnte vor allem dann geboten sein, wenn die Schiedsvereinbarung ein Dreierschiedsgericht vorgesehen hat und der Gerichtshof in Ansehung der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren einen Einzelschiedsrichter ernannt hat (Art. 2 Abs. 1 Anhang VI). In so einem Fall kann es abhängig von der ursprünglichen Regelung in der Schiedsvereinbarung sachgerecht sein, durch zusätzliche Ernennung bzw. Bestätigung von zwei Mitschiedsrichtern ein Dreierschiedsgericht zu konstituieren oder das Schiedsgericht insgesamt zu ersetzen.
IV. Bildung des Schiedsgerichts (Art. 2 Anhang VI) 41 Grundsatz: Einzelschiedsrichter. Die Verfahrensordnung zum beschleunigten
Verfahren hat vor Augen, dass Streitigkeiten von einem Einzelschiedsrichter entschieden werden sollen. So ist in Art. 2 Anhang VI nur die Ernennung bzw. Benennung eines Einzelschiedsrichters ausdrücklich erwähnt. Diese Grundsatzentscheidung für einen Einzelschiedsrichter steht im Einklang mit dem Grundgedanken von Art. 12 Abs. 2, wonach der Gerichtshof einen Einzelschiedsrichter ernennt, wenn die Parteien die Anzahl der Schiedsrichter nicht vereinbart haben, sofern er nicht angesichts der Bedeutung der Streitigkeit die Ernennung von drei Schiedsrichtern für gerechtfertigt hält. Darüber hinaus sprechen besonders in beschleunigten Verfahren mehrere Gründe für die Ernennung eines 554
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Einzelschiedsrichters. So ist die Bildung des Schiedsgerichts bei einem Einzelschiedsrichter i.d.R. rascher möglich, da nur ein einziger geeigneter und verfügbarer Kandidat gefunden werden muss. Zudem ist es für einen Einzelschiedsrichter leichter, einen Schiedsspruch innerhalb der Regelfrist von sechs Monaten zu erlassen, da kein Terminkoordinierungs- und sonstiger Abstimmungsaufwand innerhalb des Schiedsgerichts entsteht. Zu guter Letzt sprechen auch Kostengründe dafür, die Streitigkeit von einem Einzelschiedsrichter entscheiden zu lassen, da nur für einen Schiedsrichter Honorare und Auslagen anfallen. In den allermeisten Fällen wird in beschleunigten Verfahren daher ein Einzelschiedsrichter über die Streitigkeit entscheiden. Ausnahme: Dreierschiedsgericht. Die Bestimmungen zum beschleunigten Ver- 42 fahren weichen allerdings nicht von der in Art. 12 Abs. 1 festgelegten Grundregel ab, dass Streitigkeiten von einem Einzelschiedsrichter oder von einem Dreierschiedsgericht entschieden werden können. Auch wenn die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren selbst nur auf die Ernennung bzw. Benennung eines Einzelschiedsrichters Bezug nehmen, können auch in beschleunigten Verfahren Dreierschiedsgerichte gebildet werden. Vor allem wenn die Schiedsvereinbarung drei Schiedsrichter vorsieht, kann der Gerichtshof auch in beschleunigten Verfahren mit der Bildung eines Dreierschiedsgerichts fortfahren (s. Rz. 45). Aber auch der Bildung eines Dreierschiedsgerichts aufgrund nachträglicher Einigung der Parteien während des Schiedsverfahrens stehen die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren grds. nicht entgegen. Der Gerichtshof kann eine solche Einigung der Parteien allerdings bei einer etwaigen Entscheidung gemäß Art. 30 Abs. 3 Buchst. c und bei seiner dabei vorgenommenen Prüfung berücksichtigen, ob die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren im betreffenden Fall nicht anwendbar sein sollen. Einzelschiedsrichter ohne gegenteilige Bestimmung in der Schiedsverein- 43 barung. Wenn die Schiedsvereinbarung die Anzahl der Schiedsrichter nicht bestimmt oder einen Einzelschiedsrichter vorsieht, wird das Sekretariat die Parteien auffordern, gemeinsam einen Einzelschiedsrichter zu benennen. In Ermangelung einer gemeinsamen Benennung durch die Parteien wird der Gerichtshof gemäß Art. 2 Abs. 2 Anhang VI den Einzelschiedsrichter ernennen. Eine ausdrückliche Entscheidung über die Anzahl der Schiedsrichter ist in so einem Fall nicht notwendig. Einzelschiedsrichter trotz gegenteiliger Bestimmung in der Schiedsverein- 44 barung. Der Gerichtshof kann gemäß Art. 2 Abs. 1 Anhang VI auch dann einen Einzelschiedsrichter ernennen, wenn in der Schiedsvereinbarung die Bildung eines Dreierschiedsgerichts vorgesehen ist. Er kann dies entweder auf Antrag einer der Parteien oder auf eigene Initiative tun. Eine Verletzung der Schiedsvereinbarung wird darin i.d.R. nicht zu erblicken sein, da sich die Parteien mit der Einigung auf die ICC-SchO bei Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren auch auf die Bestimmung des Art. 2 Abs. 1 Anhang VI und deren Vorrang gegenüber den Bestimmungen in der Schiedsvereinbarung geeinigt haben (s. Rz. 9). Anderes gilt aber, wenn die Parteien ausnahmsweise Kopetzki/Nedden
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Art. 30 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht gerade von Art. 2 Abs. 1 Anhang VI und einer sonstigen Regelung der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren abweichen wollten, indem sie etwa ausdrücklich die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens mit einem Dreierschiedsgericht vereinbaren (Schütt, SchiedsVZ 2017, 81 [82]; Buchwitz, S. 153). In so einem Fall darf der Gerichtshof keinen Einzelschiedsrichter ernennen. Auch wenn die Parteien die Schiedsvereinbarung nachträglich in Ansehung der konkreten Streitigkeit und daher in Kenntnis des niedrigen Streitwerts abgeschlossen haben, wird der Gerichtshof wohl nicht in Abweichung von einer gegenteiligen Bestimmung einen Einzelschiedsrichter ernennen dürfen. 45 Ermessensentscheidung des Gerichtshofs. Bei der Bestimmung des Art. 2 Abs. 1
Anhang VI handelt es sich um eine Kann-Bestimmung. Der Gerichtshof ist also nicht dazu verpflichtet, in beschleunigten Verfahren einen Einzelschiedsrichter zu ernennen. Außerdem wird er sein diesbezügliches Ermessen auch nicht automatisch zu Gunsten der Ernennung eines Einzelschiedsrichters ausüben. Vielmehr nimmt der Gerichtshof stets eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls vor, in deren Zuge er neben dem Streitwert und der Komplexität der Streitigkeit vor allem prüfen wird, ob als Folge dieser Entscheidung der Schiedsspruch am Schiedsort aufgehoben werden könnte und ob die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs am voraussichtlichen Vollstreckungsort gefährdet sein könnte.
46 Empfehlung: Sollte zwischen den Parteien strittig sein, ob der Gerichtshof in Abweichung von einer Bestimmung in der Schiedsvereinbarung einen Einzelschiedsrichter ernennen soll, sollten sie prüfen, ob der Schiedsspruch deswegen am Ort des Schiedsverfahrens aufgehoben werden könnte oder ob deswegen seine Vollstreckung am voraussichtlichen Vollstreckungsort gefährdet sein könnte. Sollte dies der Fall sein, wäre das ein Grund für den Gerichtshof, keinen Einzelschiedsrichter zu ernennen. Auch wenn der Gerichtshof diese Frage stets von sich aus prüfen wird, sollten die Parteien vorsichtshalber dazu vortragen. Insb. der voraussichtliche Vollstreckungsort ist für den Gerichtshof nicht immer ersichtlich, weshalb es sinnvoll sein kann, den Gerichtshof ggf. auf diesen hinzuweisen (vgl. insoweit Decker, SchiedsVZ 2019, 75 [76], Fn. 18; Schütt, SchiedsVZ 2017, 81 [84 f.]).
47 Abweichende Bestimmung in Schiedsvereinbarung. Nach dem Wortlaut des
Art. 2 Abs. 1 Anhang VI kann sich der Gerichtshof lediglich über eine gegenteilige Bestimmung in der Schiedsvereinbarung hinwegsetzen, nicht jedoch über gegenteilige Parteivereinbarungen schlechthin. So bindet etwa eine während des Schiedsverfahrens erzielte nachträgliche Einigung der Parteien den Gerichtshof auch in beschleunigten Verfahren (s. Rz. 62).
48 Benennung des Einzelschiedsrichters. Die Parteien können den Einzelschieds-
richter wie oben erwähnt binnen einer vom Sekretariat anzusetzenden Frist gemeinsam benennen (Art. 2 Abs. 2 Anhang VI). Mangels einer solchen Benennung wird der Einzelschiedsrichter in möglichst kurzer Zeit durch den Gerichtshof ernannt. Dies gilt sowohl dann, wenn die Schiedsvereinbarung keine Bestimmung zur Anzahl der Schiedsrichter enthält oder einen Einzelschiedsrichter vorsieht, als auch dann, wenn der Gerichtshof entgegen einer Bestimmung in der Schiedsvereinbarung entschieden hat, die Sache einem Einzelschiedsrichter zuzuweisen.
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Beschleunigtes Verfahren | Art. 30 ICC-SchO
V. Das beschleunigte Verfahren (Art. 3, 4 Anhang VI) Keine Pflicht zur Erstellung eines Schiedsauftrags. Auf ein unter der Verfah- 49 rensordnung zum beschleunigten Verfahren durchgeführtes Schiedsverfahren findet Art. 23, der die Erstellung des Schiedsauftrags regelt, keine Anwendung (Art. 3 Abs. 1 Anhang VI). In beschleunigten Verfahren ist die Erstellung eines Schiedsauftrags somit nicht vorgeschrieben. Das Schiedsgericht und die Parteien können freilich dennoch einen Schiedsauftrag erstellen. Aufgrund der Vorteile eines von allen Parteien unterzeichneten Schiedsauftrages (s. Art. 23 Rz. 4, 22) kann es mitunter sinnvoll sein, einen solchen auch in einem beschleunigten Verfahren zu erstellen. Dies kann insb. dann der Fall sein, wenn mit dem Schiedsauftrag Mängel der Schiedsvereinbarung geheilt werden können. Außerdem kann die Erstellung eines Schiedsauftrags zweckmäßig sein, wenn damit Klarheit etwa über das anwendbare Recht oder über den Streitgegenstand – wenn sich dieser nicht bereits eindeutig aus den bisher eingereichten Schriftsätzen ergeben sollte – geschaffen werden kann. Neue Ansprüche nur bis zur Bildung des Schiedsgerichts. In regulären ICC- 50 Schiedsverfahren stellt die Unterzeichnung bzw. Genehmigung des Schiedsauftrags gemäß Art. 23 Abs. 4 gleichzeitig die zeitliche Grenze dar, bis zu der die Parteien ohne Erlaubnis des Schiedsgerichts neue Ansprüche geltend machen können. In beschleunigten Verfahren erfüllt die Bildung des Schiedsgerichts diese Funktion (Art. 3 Abs. 2 Anhang VI). Nachdem das Schiedsgericht gebildet worden ist, kann eine Partei neue Ansprüche also nur geltend machen, soweit das Schiedsgericht diese zugelassen hat. Ebenso wie bei Art. 23 Abs. 4 hat das Schiedsgericht dabei die Art der neuen Ansprüche, den Stand des Schiedsverfahrens, die Kostenfolgen u.a. maßgebliche Umstände zu berücksichtigen (s. für Details Art. 23 Rz. 35 ff.). Wenn sich die Parteien und das Schiedsgericht freiwillig zur Erstellung eines Schiedsauftrags entschließen und eine Partei darin neue Ansprüche geltend macht, so wird spätestens in der Unterzeichnung des Schiedsauftrags durch das Schiedsgericht eine entsprechende Genehmigung zu erblicken sein. Frist für die Verfahrensmanagementkonferenz. Die gemäß Art. 24 abzuhal- 51 tende Verfahrensmanagementkonferenz hat spätestens 15 Tage nach Übergabe der Akten an das Schiedsgericht stattzufinden (Art. 3 Abs. 3 Anhang VI). Der Gerichtshof kann diese Frist auf begründeten Antrag des Schiedsgerichts oder von sich aus verlängern, falls er dies für notwendig erachtet. Zumindest für die erstmalige Verlängerung dieser Frist ist in der Praxis kein Antrag des Schiedsgerichts erforderlich, und der Gerichtshof wird diese ggf. von sich aus verlängern. Wenn das Schiedsgericht bereits einen Termin für die Abhaltung der Verfahrensmanagementkonferenz festgelegt hat, wird der Gerichtshof die Frist i.d.R. bis zu diesem Termin verlängern, andernfalls um 15 Tage. Verfahrensführung durch das Schiedsgericht. Die Verfahrensordnung zum 52 beschleunigten Verfahren räumt dem Schiedsgericht ausdrücklich ein besonders weites Ermessen in der Verfahrensführung ein. Sie bestimmt, dass das Schiedsgericht nach eigenem Ermessen alle Verfahrensmaßnahmen ergreifen Kopetzki/Nedden
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Art. 30 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht kann, die es für angemessen hält, und insbesondere nach Anhörung der Parteien entscheiden kann, Anträge auf Vorlage von Dokumenten nicht zuzulassen oder die Anzahl, die Länge und den Inhalt der Schriftsätze und der schriftlichen Beweisführung (bei Tatsachenzeugen und Sachverständigen) zu begrenzen (Art. 3 Abs. 4 Anhang VI). Hierbei handelt es sich allerdings um eine bloße Klarstellung, denn das weite Ermessen des Schiedsgerichts in der Verfahrensführung und die Ergreifung der erwähnten Maßnahmen sind bereits von den weiten Befugnissen des Schiedsgerichts gemäß Art. 22 Abs. 2 umfasst (s. Art. 22 Rz. 3 ff., 11 ff.). Besondere Bedeutung könnte diese Bestimmung allerdings erlangen, wenn die Parteien dazu Regelungen in der Schiedsvereinbarung getroffen haben sollten (etwa durch Verweis auf die IBA-Rules). In einem solchen Fall erlaubt Art. 30 Abs. 1 i.V.m Art. 3 Abs. 4 Anhang VI dem Schiedsgericht, von dieser Vereinbarung abzuweichen. 53 Entscheidung aufgrund der Aktenlage. Eine wesentliche Besonderheit der Ver-
fahrensordnung zum beschleunigten Verfahren liegt darin, dass das Schiedsgericht nach Anhörung der Parteien den Fall allein aufgrund der Aktenlage, ohne mündliche Verhandlung und ohne Befragung von Zeugen oder Sachverständigen entscheiden kann (Art. 3 Abs. 5 Anhang VI). Dies stellt eine Erweiterung der Befugnisse des Schiedsgerichts gegenüber regulären ICC-Schiedsverfahren dar, in denen das Schiedsgericht eine mündliche Verhandlung durchzuführen hat, wenn eine Partei dies beantragt (Art. 25 Abs. 6). Allerdings muss das Schiedsgericht in beschleunigten Verfahren stets im Einzelfall prüfen, ob durch eine Entscheidung nach Aktenlage das rechtliche Gehör der Parteien ausreichend gewährt werden kann. So könnten Parteien ein besonderes berechtigtes Interesse an der Durchführung einer mündlichen Verhandlung haben (etwa für eine Inaugenscheinnahme). Außerdem kann das Schiedsgericht von sich aus eine mündliche Verhandlung aus Gründen der Beweiswürdigung für erforderlich halten und daher von der Möglichkeit, den Fall aufgrund der Aktenlage zu entscheiden, keinen Gebrauch machen. Wenn eine mündliche Verhandlung stattfindet, kann diese schließlich ebenso wie in einem regulären ICC-Schiedsverfahren per Videokonferenz, Telefon oder unter Nutzung sonstiger angemessener Kommunikationsmittel durchgeführt werden (vgl. Art. 26 Abs. 1).
54 Empfehlung: Es ist nicht Sinn und Zweck der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren, ein Verfahren mit demselben Umfang eines regulären ICC-Schiedsverfahrens lediglich in reduzierter Zeit zu führen. Das Schiedsgericht sollte daher nicht davor zurückschrecken, von seinem weiten Ermessensspielraum bei der Verfahrensgestaltung Gebrauch zu machen und – soweit dies im Einzelfall angemessen ist – etwa nur eine einzige Schriftsatzrunde und keine Post-Hearing-Briefs vorsehen. Außerdem sollte es generell eine proaktive Rolle spielen und nicht etwa zögern, den Parteien konkrete Vorgaben darüber zu machen, zu welchen Themen sie in ihren Schriftsätzen vortragen sollen oder auch nur solche Zeugen hören, deren Aussagen es für entscheidungsrelevant hält.
55 Regelfrist für den Erlass des Schiedsspruchs. Das Schiedsgericht muss seinen
Schiedsspruch binnen sechs Monaten nach der Verfahrensmanagementkonferenz erlassen (Art. 4 Abs. 1 Anhang VI). Da in beschleunigten Verfahren kein Schiedsauftrag vorgesehen ist, ist der Beginn des Fristenlaufs ein anderer als in 558
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Beschleunigtes Verfahren | Art. 30 ICC-SchO
regulären ICC-Schiedsverfahren. Die Frist für den Erlass des Schiedsspruchs ist mit sechs Monaten jedoch dieselbe wie in regulären ICC-Schiedsverfahren (vgl. Art. 31 Abs. 1). Hinsichtlich der Dauer des Schiedsverfahrens besteht daher dem Wortlaut nach (vom Beginn des Fristenlaufs abgesehen) kein Unterschied zwischen regulären und beschleunigten ICC-Schiedsverfahren. Der entscheidende Unterschied liegt darin, wie diese Fristen in der Praxis gelebt werden und wie ihre Einhaltung vom Sekretariat und Gerichtshof überwacht wird. Wie oben erwähnt, ist es in regulären ICC-Schiedsverfahren üblich und weithin 56 akzeptiert, dass das Schiedsverfahren länger als sechs Monate ab Erstellung des Schiedsauftrags dauert. Das Sekretariat wird bei der Erstellung des Verfahrenskalenders nur in Ausnahmefällen intervenieren, und der Gerichtshof wird auf Grundlage des vom Schiedsgericht erlassenen Verfahrenskalenders i.d.R. schlicht eine andere Frist bestimmen bzw. die Frist verlängern (s. Art. 31 Rz. 9 ff.). Demgegenüber überwacht das Sekretariat bei Verfahren, die nach den Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren durchgeführt werden, die Erstellung des Verfahrenskalenders genau, und es wird das Schiedsgericht und die Parteien zu einer straffen Verfahrensführung anhalten. Der Gerichtshof kann auch in beschleunigten Verfahren die Frist gemäß Art. 31 Abs. 2 verlängern (Art. 4 Abs. 1 Anhang VI). Er wird dies jedoch viel zurückhaltender und nur nach eingehender Prüfung der Umstände des Einzelfalls tun. Das Schiedsgericht sollte in beschleunigten Verfahren daher nicht von einer Fristverlängerung ausgehen und bereits im Zuge der Erstellung des Verfahrenskalenders sicherstellen, dass es den Schiedsspruch fristgerecht erlassen kann. Dabei sollte es ausreichend Zeit für die Prüfung des Schiedsspruchs durch den Gerichtshof, dessen Fertigstellung und Unterzeichnung durch das Schiedsgericht sowie dessen Zustellung an die Parteien einplanen (wofür i.d.R. mindestens 3–4 Wochen veranschlagt werden sollten). Wenn das Sekretariat Zweifel daran hat, ob der Verfahrenskalender dem Anspruch eines effizienten Verfahrens gemäß den Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren genügt, wird es das Schiedsgericht und die Parteien darauf hinweisen und ggf. den Gerichtshof einladen, gemäß Art. 1 Abs. 4 Anhang VI zu prüfen, ob die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren im betreffenden Fall keine Anwendung mehr finden sollen. Anforderungen an den Schiedsspruch. An den Schiedsspruch sind im be- 57 schleunigten Verfahren keine anderen Anforderungen zu stellen als an Schiedssprüche, die in regulären ICC-Schiedsverfahren erlassen werden. Zu beachten ist zwar der Hinweis des Merkblatts des Sekretariats v. 1.1.2021, wonach Schiedsgerichte die Abschnitte zum Sachverhalt und den verfahrensbezogenen Teil des Schiedsspruchs auf den für das Verständnis des Schiedsspruchs notwendigen Umfang beschränken und die Begründung des Schiedsspruchs so knapp wie möglich angeben können (s. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 151). Dies trifft jedoch auch auf Schiedssprüche zu, die unter regulären ICC-Schiedsverfahren erlassen werden, denn auch diese müssen nicht unnötig ausführlich sein. Dieser Hinweis ist daher lediglich als Ermutigung für Schiedsgerichte zu verstehen, jedenfalls in beschleunigten Verfahren keine unnötig ausufernden Kopetzki/Nedden
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Art. 30 ICC-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Schiedssprüche zu erlassen. Bei der Erstellung der Verfahrensgeschichte können sich Schiedsgerichte an der vom Sekretariat veröffentlichten „Checkliste für Schiedssprüche der ICC“ orientieren; auch diese ist in beschleunigten und regulären Verfahren dieselbe. 58 Prüfung des Schiedsspruchs. Auch in beschleunigten Verfahren müssen Schieds-
sprüche vom Gerichtshof gemäß Art. 34 geprüft und genehmigt werden. In beschleunigten Verfahren wird der Gerichtshof den Schiedsspruch i.d.R. innerhalb von zwei bis drei Wochen überprüfen (s. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 169). Während Schiedssprüche in regulären ICC-Schiedsverfahren üblicherweise von einem aus drei Mitgliedern bestehenden Ausschuss des Gerichtshofs oder einem Sonderausschuss des Gerichtshofs überprüft werden, können Schiedssprüche in beschleunigten Verfahren auch von lediglich einem einzigen Mitglied des Gerichtshofs geprüft werden (Art. 4 Abs. 6 Anhang II). Der Maßstab des Gerichtshofs bei der Überprüfung der Schiedssprüche gemäß Art. 34 ist in beschleunigten Verfahren grds. derselbe wie in regulären ICC-Schiedsverfahren. Allerdings wird der Gerichtshof dabei berücksichtigen, dass Schiedssprüche gerade in beschleunigten Verfahren kurz gehalten sein können (s. Rz. 57).
C. Kosten 59 Geringere Schiedsrichterhonorare. Für die Kosten im beschleunigten Verfah-
ren gelten eigene Kostentabellen, nämlich die in Anhang III abgedruckten Tabellen für die Berechnung der Verwaltungskosten und des Schiedsrichterhonorars im beschleunigten Verfahren. Der Gerichtshof setzt wie in regulären Verfahren am Ende des Verfahrens die Kosten des beschleunigten Verfahrens gemäß Art. 38 aufgrund dieser Kostentabellen fest. Diese sehen im Vergleich zu den Kostentabellen für reguläre Verfahren um 20% geringere Honorare für das Schiedsgericht vor (s. auch Art. 4 Abs. 2 Anhang VI). Die vorgesehenen ICCVerwaltungskosten sind indes dieselben.
60 Parteivertretungskosten. Die Kosten der Parteien für ihre eigene Vertretung im
Schiedsverfahren können durch die reduzierte Verfahrensdauer ebenfalls geringer ausfallen. Dies muss aber keineswegs immer der Fall sein, insb. wenn im beschleunigten Verfahren lediglich innerhalb kürzerer Fristen derselbe Aufwand wie in einem regulären Schiedsverfahren betrieben wird (vgl. Rz. 54).
D. Abweichende Parteivereinbarung 61 Nach Art. 30 Abs. 3 Buchst. b können die Parteien vereinbaren, dass die Bestim-
mungen zum beschleunigten Verfahren keine Anwendung finden sollen (Rz. 32). Außerdem können die Parteien vereinbaren, dass die Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren jedenfalls – unabhängig vom Streitwert – anwendbar sein soll. Ebenfalls ist es möglich, von dem in Art. 1 Abs. 2 Anhang VI genannten Grenzwert abzuweichen und einen höheren oder niedrigeren
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Beschleunigtes Verfahren | Art. 30 ICC-SchO
Grenzwert für die Anwendbarkeit der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren zu vereinbaren (Rz. 29). Sind die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren anwendbar, sind Partei- 62 vereinbarungen, mit denen Parteien von einzelnen Bestimmungen in der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren abweichen wollen, enge Grenzen gesetzt. Denkbar ist etwa, dass Parteien abweichende Vereinbarungen zu der Frage treffen wollen, ob (i) der Gerichtshof entgegen anderslautender Bestimmungen in der Schiedsvereinbarung einen Einzelschiedsrichter ernennen kann (Rz. 44 ff.), ob (ii) eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden muss (Rz. 53) oder ob (iii) Anträge auf Vorlage von Dokumenten möglich sein sollen bzw. ob das Schiedsgericht Anzahl, Länge und Inhalt der Schriftsätze beschränken darf (Rz. 52). Da Art. 30 Abs. 1 bestimmt, dass die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren allen abweichenden Bestimmungen der Schiedsvereinbarung vorgehen sollen, sind derartige abweichende Parteivereinbarungen jedenfalls dann wirksam, wenn sie nachträglich und damit außerhalb der Schiedsvereinbarung (etwa während des laufenden Verfahrens) erzielt werden (s. Rz. 47). Aber auch in der Schiedsvereinbarung selbst werden derartige abweichende Vereinbarungen wohl wirksam getroffen werden können, sofern klargestellt ist, dass die Parteien diese Vereinbarung gerade in Ansehung der Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren treffen. Doch auch wenn die Parteien dergestalt zunächst wirksam von einzelnen Be- 63 stimmungen in der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren abweichen können, so riskieren sie stets, dass der Gerichtshof etwaige den Verfahrensaufwand erhöhende Parteivereinbarungen zum Anlass nehmen könnte, gemäß Art. 30 Abs. 3 Buchst. c bzw. gemäß Art. 1 Abs. 4 Anhang VI zu entscheiden, dass die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren keine Anwendung (mehr) finden sollen (Rz. 33 ff.).
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Art. 31 ICC-SchO | Schiedssprüche
Schiedssprüche Artikel 31 Frist zum Erlass des Endschiedsspruchs (1) Das Schiedsgericht muss seinen Endschiedsspruch binnen sechs Monaten erlassen. Diese Frist beginnt mit dem Tag der letzten Unterschrift des Schiedsgerichts oder der Parteien unter den Schiedsauftrag oder, im Falle der Anwendung des Artikel 23(3), mit der Zustellung der Genehmigung des Schiedsauftrags an das Schiedsgericht zu laufen. Der Gerichtshof kann auf Grundlage des gemäß Artikel 24(2) erstellten Verfahrenskalenders eine andere Frist bestimmen. (2) Der Gerichtshof kann die Frist auf begründeten Antrag des Schiedsgerichts oder von sich aus verlängern, falls er dies für notwendig erachtet. Article 31: Time Limit for the Final Award (1) The time limit within which the arbitral tribunal must render its final award is six months. Such time limit shall start to run from the date of the last signature by the arbitral tribunal or by the parties of the Terms of Reference or, in the case of application of Article 23(3), the date of the notification to the arbitral tribunal by the Secretariat of the approval of the Terms of Reference by the Court. The Court may fix a different time limit based upon the procedural timetable established pursuant to Article 24(2). (2) The Court may extend the time limit pursuant to a reasoned request from the arbitral tribunal or on its own initiative if it decides it is necessary to do so. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 normiert den Zeitrahmen, der dem Schiedsgericht zum Erlass eines Endschiedsspruchs im Schiedsverfahren nach der ICC-SchO zusteht. Die Regelfrist von sechs Monaten für den Erlass des Endschiedsspruchs stellt eher einen Orientierungssatz als einen tatsächlich gelebten Zeitrahmen für die Durchführung des Verfahrens dar. Die Norm gibt dem Gerichtshof jedoch die Möglichkeit, wenn auch in Grenzen, auf die Verfahrenseffizienz Einfluss zu nehmen. → Rz. 13. Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 räumen dem Gerichtshof die Möglichkeit ein, eine andere Frist festzusetzen bzw. die Regelfrist zu verlängern. → Rz. 9 und 12. Kostenaspekte: Eine lange Verfahrensdauer ist meist mit höheren Kosten verbunden. Zur Vermeidung von Kosten sollten daher alle Verfahrensbeteiligten darauf hinwirken, dass die im Verfahrenskalender festgelegten Fristen, an denen sich der Gerichtshof bei Abänderung der Regelfrist orientiert, eingehalten werden. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Verhältnis zum X. Buch der ZPO C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . D. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Berechnung der Regelfrist (Abs. 1 Satz 1 und 2) . . . . . . . . .
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II. Abweichung von der Regelfrist (Abs. 1 Satz 3) . . . . . . . . . . . . . III. Verlängerung der Frist (Abs. 2) . IV. Rechtsfolgen bei Verfahrensverzögerungen durch das Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . E. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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Frist zum Erlass des Endschiedsspruchs | Art. 31 ICC-SchO Literatur: Andersen/Ryssdal/Lindskog, Achieving Efficiency in International Arbitration: Some Strategic Suggestions for Arbitral Tribunals in ICC Proceedings, ICC Court Bulletin, Vol. 22 No. 2 (2011), S. 5 ff.; Böckstiegel, Case Management by Arbitrators: Experiences and Suggestions, in Liber Amicorum Robert Briner (2005), S. 115 ff.; Cremades, ICC Commission on Arbitration and ADR, Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration, ICC Court Bulletin, Vol. 18 No. 1 (2007), S. 23 ff.; Hamann/Bulka, How to Make Arbitration Efficient: Practice Examples, SchiedsVZ 2022, S. 27 ff.
A. Normzweck Art. 31 bezweckt, dass das Schiedsgericht in einem überschaubaren Zeitraum 1 den Rechtsstreit durch Erlass eines Endschiedsspruchs beendet. Die Vorschrift sieht hierfür eine Regelfrist von sechs Monaten (Art. 31 Abs. 1 Satz 1) vor, die mit der letzten Unterschrift unter dem Schiedsauftrag oder Genehmigung desselben durch den Gerichtshof und Zustellung durch das Sekretariat zu laufen beginnt (Art. 31 Abs. 1 Satz 2). Art. 31 ist im Kontext mit zahlreichen weiteren Fristenregelungen in der ICC-SchO zu lesen (vgl. Art. 23 Abs. 2 für den Schiedsauftrag; Art. 24 Abs. 1 für die Verfahrensmanagementkonferenz; Art. 24 Abs. 2 für den Verfahrenskalender sowie Art. 27 für das Schließen des Verfahrens). Sämtliche Fristenregelungen der ICC-SchO zielen darauf ab, dass das Schiedsgericht das Verfahren so zügig und zweckmäßig führt und entscheidet, wie ihm dies unter Anwendung von Verfahrensmanagementtechniken (vgl. Anhang IV zur ICC-SchO) sowie unter Ausschaltung aller vermeidbaren Verzögerungen möglich ist. Die Einhaltung der nach Art. 31 bestimmten bzw. verlängerten Frist ist zudem Voraussetzung für den Erlass eines der Vollstreckbarerklärung zugänglichen Schiedsspruchs. Als zusätzlicher Anreiz für eine effiziente Verfahrensführung durch die Schiedsrichter besteht für den Gerichtshof die Möglichkeit, das Schiedsrichterhonorar bei zügiger Verfahrensführung über den ansonsten festgelegten Betrag hinaus zu erhöhen. Umgekehrt kann er dieses aber bei zu langer Verfahrensdauer und ineffizienter Verfahrensführung auch reduzieren. Nur die wenigsten ICC-Verfahren, die mit einem Endschiedsspruch enden, wer- 2 den tatsächlich innerhalb der Regelfrist von sechs Monaten abgeschlossen. Art. 31 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 enthalten daher flexible Regelungen, mit denen die Frist für den Erlass des Endschiedsspruchs an die tatsächliche Dauer des Verfahrens angepasst werden kann. Die Dauer eines Schiedsverfahrens hängt regelmäßig nicht nur vom Fallmanagement des Schiedsgerichts, sondern insb. auch von der Komplexität des Falles sowie vom Verhalten der Parteien bzw. ihrer jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten ab (Rz. 8 ff.). Auf den Erlass eines Endschiedsspruchs im beschleunigten Verfahren nach 3 Art. 30 ist die Fristenregelung des Art. 31 nicht unmittelbar anwendbar. Insoweit existiert in Art. 4 Abs. 1 Anhang VI eine Sonderregelung, wonach das Schiedsgericht seinen Schiedsspruch innerhalb einer Regelfrist von sechs Monaten nach der Verfahrensmanagementkonferenz erlassen muss und unter Verweis auf Art. 31 Abs. 2 ebenfalls die Möglichkeit der Fristverlängerung besteht. Nedden/Manner
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Art. 31 ICC-SchO | Schiedssprüche B. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 4 Die Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO haben für die Anwendung von Art. 31
keine praktische Bedeutung. Zur Relevanz der Einhaltung der Vorschriften im Vollstreckungsstadium s. Rz. 1 a.E.
C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 5 Eine mit Art. 31 vergleichbare Regelung enthalten die Vorschriften der ZPO
nicht. Durch den in staatlichen Verfahren zu beachtenden Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung (Konzentrationsmaxime), der in zahlreichen Vorschriften zum Ausdruck kommt (vgl. die in §§ 139, 272, 273, 282, 296, 358a ZPO normierten Prozessförderungspflichten), sind jedoch auch die staatlichen Gerichte gehalten, das Verfahren effizient zu führen. Die §§ 198 ff. GVG eröffnen besondere Rechtsschutzmöglichkeiten bei überlangen Gerichtsverfahren. Eine entsprechende Regelung existiert in der ICC-SchO nicht. Allerdings kann bei einer überlangen Verfahrensdauer aufgrund ineffizienter Verfahrensführung des Schiedsgerichts eine Ablehnung oder Ersetzung des Schiedsrichters gemäß Art. 14 und 15 (vgl. Art. 14 Rz. 21 bzw. Art. 15 Rz. 16) in Betracht kommen.
D. Einzelerläuterungen I. Berechnung der Regelfrist (Abs. 1 Satz 1 und 2) 6 Beginn der Frist. Die in Art. 31 Abs. 1 Satz 1 normierte sechsmonatige Regel-
frist für den Erlass des Endschiedsspruchs beginnt grds. mit dem Tag der letzten Unterschrift des Schiedsgerichts oder der Parteien unter den Schiedsauftrag (Art. 31 Abs. 1 Satz 2 Var. 1). Wenn sich eine der Parteien geweigert hat, bei der Formulierung des Schiedsauftrags mitzuwirken bzw. den Schiedsauftrag zu unterschreiben (Art. 23 Abs. 3), beginnt die Frist hingegen erst mit Zustellung der vom Gerichtshof erteilten Genehmigung des Schiedsauftrags an das Schiedsgericht zu laufen (Art. 31 Abs. 1 Satz 2 Var. 2). Das Sekretariat informiert das Schiedsgericht und die Parteien über den Beginn der Frist in dem Schreiben, in dem es den Erhalt des unterzeichneten Schiedsauftrags bestätigt oder in dem es die Entscheidung des Gerichtshofs betreffend die Genehmigung des Schiedsauftrags übermittelt.
7 Innerhalb der Frist vorzunehmende Verfahrenshandlungen. Für die Einhal-
tung der Regelfrist reicht die Vorlage des Entwurfs des Endschiedsspruchs bzw. Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens der Parteien zur Prüfung und Genehmigung durch den Gerichtshof (Art. 34) noch nicht aus. Vielmehr umfasst die Frist auch die Genehmigung durch den Gerichtshof und die Zustellung des sodann erlassenen und unterzeichneten Schiedsspruchs an die Parteien (Art. 35). 564
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Frist zum Erlass des Endschiedsspruchs | Art. 31 ICC-SchO
Verfahrensmanagement. Im Rahmen der stets zu beachtenden Grundsätze der 8 Gleichbehandlung und des rechtlichen Gehörs (Art. 22 Abs. 4, vgl. auch § 1042 Abs. 1 ZPO) kann das Schiedsgericht auf zahlreiche Möglichkeiten zurückgreifen, um das Verfahren proaktiv und damit zeit- und kosteneffizient zu führen. Beispiele für Verfahrensmanagementtechniken finden sich im Anhang IV zur ICC-SchO sowie in den von der ICC Commission on Arbitration and ADR herausgegebenen „Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration“ (Techniken zur Zeit- und Kostenkontrolle im Schiedsverfahren). Diese Verfahrensmanagementtechniken können selbstverständlich auch von den Parteien entweder schon im Rahmen der Schiedsvereinbarung vertraglich implementiert oder zu einem späteren Zeitpunkt vereinbart werden.
II. Abweichung von der Regelfrist (Abs. 1 Satz 3) Ermessen. Der Gerichtshof kann nach seinem freien Ermessen von der sechs- 9 monatigen Regelfrist abweichen und (auch schon zu Beginn des Verfahrens) eine andere (längere) Frist für den Erlass des Endschiedsspruchs bestimmen, wenn sich aus dem Verfahrenskalender (Art. 24 Abs. 2) ergibt, dass die Regelfrist von sechs Monaten von vornherein nicht eingehalten werden kann. Diese Abweichung stellt in der Praxis eher den Regelfall als die Ausnahme dar. Das Sekretariat prüft nach Erlass des Verfahrenskalenders, ob eine Verlängerung der sechsmonatigen Regelfrist notwendig ist. Regelmäßig wird es daraufhin sofort dem Gerichtshof vorschlagen, eine entsprechend längere Frist zu bestimmen. Der Gerichtshof kann allerdings auch erst zu einem späteren Zeitpunkt – jedenfalls aber innerhalb der Regelfrist – eine abweichende Frist gemäß Abs. 1 Satz 3 festsetzen. Berechnung. Bei der Berechnung der (von der Regelfrist abweichenden) Frist 10 orientiert sich der Gerichtshof an dem Zeitpunkt der im Verfahrenskalender vorgesehenen letzten mündlichen Verhandlung bzw. an der letzten schriftlichen Eingabe zu materiell-rechtlichen Fragestellungen, sofern diese der letzten mündlichen Verhandlung nachgelagert ist. Der Gerichtshof erwartet i.d.R. von Dreierschiedsgerichten, dass sie den Entwurf des Schiedsspruchs innerhalb von drei Monaten nach diesem Zeitpunkt erreichen und von einem Einzelschiedsrichter, dass er den Entwurf des Schiedsspruchs innerhalb von zwei Monaten nach diesem Zeitpunkt einreicht (Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 126, 153). In aller Regel wird sich der Gerichtshof, wenn er – auf Vorschlag des Sekretariats – die Frist für den Erlass des Endschiedsspruchs festsetzt, an diesen Zeiträumen orientieren. Wenn der Verfahrenskalender bereits ein Datum vorsieht, an dem das Schiedsgericht den Entwurf des Schiedsspruchs an das Sekretariat übermittelt, wird der Gerichtshof i.d.R. auch dieses Datum berücksichtigen. Aufgrund der Festlegung eines konkreten Datums für den Ablauf der Frist spielt das Datum des Schiedsauftrags bei der Berechnung der Frist somit, anders als bei der Berechnung der sechsmonatigen Regelfrist (Art. 31 Abs. 1 Satz 2), keine Rolle. Die Frist kann, je nach Ausgestaltung des Verfahrenskalenders, u.U. weit über Nedden/Manner
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Art. 31 ICC-SchO | Schiedssprüche einem Jahr in der Zukunft liegen. Lassen sich dem Verfahrenskalender dagegen keine konkreten Anhaltspunkte für den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. letzten schriftlichen Eingabe entnehmen, wird das Sekretariat dem Gerichtshof in Absprache mit dem Schiedsgericht eine Fristsetzung empfehlen, die es dem Gerichtshof erlaubt, die Angelegenheit in einem überschaubaren Zeitraum zur erneuten Prüfung der Frist vorgelegt zu bekommen. Dasselbe gilt, wenn das Verfahren zweigeteilt wurde und zunächst entweder nur der Verfahrenskalender für die erste Phase des Verfahrens feststeht oder noch gar nicht feststeht, ob eine zweite Verfahrensphase stattfinden wird (etwa das Schiedsgericht zunächst über die Zuständigkeit oder über die Haftung dem Grunde nach zu entscheiden hat). In diesen Fällen wird sich der Gerichtshof i.d.R. zunächst am Ende der ersten Verfahrensphase orientieren und erst danach ggf. die Frist verlängern. Hinsichtlich des Fristendes ist jedenfalls zu beachten, dass nach der Vorlage des Entwurfs des Schiedsspruchs durch das Schiedsgericht dieser dem Gerichtshof noch zur Prüfung und Genehmigung vorgelegt (Art. 34), die Endfassung vom Schiedsgericht unterschrieben und schließlich den Parteien durch das Sekretariat zugestellt werden muss (Art. 35 Abs. 1); all dies muss die Frist zum Erlass des Endschiedsspruchs mitumfassen. Der Gerichtshof wird daher oft bereits bei der ersten Festsetzung einer abweichenden Frist die erwartete Dauer für die Genehmigung des Endschiedsspruchs und für die Zustellung des Schiedsspruchs an die Parteien berücksichtigen.
III. Verlängerung der Frist (Abs. 2) 11 Voraussetzungen. Eine Verlängerung der Regelfrist oder der nach Art. 31 Abs. 1
Satz 3 bestimmten abweichenden Frist kommt zum einen in Betracht, wenn das Schiedsgericht einen begründeten Antrag an den Gerichtshof gestellt hat. Zum anderen kann der Gerichtshof auch aus eigener Initiative die Frist verlängern, wenn er dies für notwendig erachtet. Dies stellt den Regelfall dar, ein gesonderter Antrag des Schiedsgerichts ist in der Praxis nicht erforderlich. Notwendig ist eine Fristverlängerung immer dann, wenn sich aus der Übermittlung eines geänderten Verfahrenskalenders (Art. 24 Abs. 2 Satz 2), der Mitteilung über den Zeitpunkt, zu dem das Schiedsgericht seinen Entwurf des Schiedsspruchs zur Genehmigung vorzulegen beabsichtigt (Art. 27 Buchst. b) oder der Nachfrage des Sekretariats beim Schiedsgericht ergibt, dass mit dem Erlass des Endschiedsspruchs (einschließlich dessen Prüfung und Genehmigung durch den Gerichtshof, vgl. Rz. 10) nicht binnen der vorgesehenen Frist gerechnet werden kann. Auch wenn sich die Genehmigung des Endschiedsspruchs durch den Gerichtshof, dessen Unterzeichnung durch das Schiedsgericht oder dessen Zustellung an die Parteien verzögert, kann eine Verlängerung der Frist erforderlich sein.
12 In der Praxis kontrolliert das zuständige Verfahrensmanagementteam die Frist
für den Erlass des Schiedsspruchs und lädt ggf. den Gerichtshof ein, diese zu verlängern. Zu diesem Zweck übermittelt es dem Präsidenten (bzw. in seiner Abwesenheit oder Befangenheit einem Vize-Präsidenten) des Gerichtshofs ein566
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Frist zum Erlass des Endschiedsspruchs | Art. 31 ICC-SchO
mal pro Monat eine Liste mit vorgeschlagenen Fristverlängerungen und einer Zusammenfassung der Verfahrenshistorie sowie einer Beschreibung des aktuellen Stands des Verfahrens, inklusive etwaiger Gründe für eine Verfahrensverzögerung. Nach dessen Durchsicht und etwaigen internen Abstimmungen wird die Liste der vorgeschlagenen Verlängerungen der nächsten regulären Sitzung des Gerichtshofs vorgelegt, mit dem Hinweis, dass die einzelnen Verlängerungen bereits vom Präsidenten überprüft und abgesegnet wurden. In den regulären Sitzungen des Gerichtshofs werden die einzelnen Fristverlängerungen und die Gründe dafür daher regelmäßig nicht mehr im Detail diskutiert. Berechnung. In aller Regel verlängert der Gerichtshof die Frist zurückhaltend. 13 Insbesondere dann, wenn schon mehrfach Fristverlängerungen nötig waren oder wenn lediglich der Endschiedsspruch aussteht, wird der Gerichtshof die Frist nur um wenige Monate, in seltenen Fällen auch nur um wenige Wochen verlängern, um so einen gewissen Druck auf das Schiedsgericht auszuüben und ein möglichst zeitnahes Verfahrensende durch Erlass des Endschiedsspruchs zu erreichen. Die Entscheidung über die Fristverlängerung ergeht grds. ohne vorherige Anhörung der Parteien und bedarf keiner Begründung. Über die Fristverlängerungen werden das Schiedsgericht und die Parteien rechtzeitig durch das Sekretariat informiert.
IV. Rechtsfolgen bei Verfahrensverzögerungen durch das Schiedsgericht Berücksichtigung bei der Honorarfestsetzung. Das Sekretariat und der Ge- 14 richtshof schenken einer zügigen Verfahrensführung größte Beachtung. Wird der Entwurf des Endschiedsspruchs bei einer von der Regelfrist abweichenden Fristenregelung (Art. 31 Abs. 1 Satz 3) später als zwei Monate (Einzelschiedsrichter) bzw. drei Monate (Dreierschiedsgericht) nach der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der letzten schriftlichen Eingabe zu materiell-rechtlichen Fragestellungen eingereicht, kann der Gerichtshof die Honorare der Schiedsrichter herabsetzen. Dabei orientiert er sich an folgenden Schritten: Wird der Entwurf eines Endschiedsspruchs bis zu sieben Monate nach dem vorgenannten Zeitpunkt eingereicht, wird eine Honorarkürzung von 5 bis 10% vorgenommen; liegt der Einreichungszeitpunkt bis zu zehn Monate nach dem vorgenannten Zeitpunkt, wird das Honorar um 10 bis 20% gekürzt; bei einer Verspätung von über zehn Monaten droht eine Honorarkürzung von 20% oder mehr. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Gerichtshof die Verspätung Umständen zuschreibt, die außerhalb der Kontrolle der Schiedsrichter liegen, oder wenn anderweitige besondere Umstände gegeben sind (Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 155). Der Gerichtshof geht bei der Beurteilung, ob eine vom Schiedsgericht zu vertre- 15 tende Verfahrensverzögerung vorliegt, nicht streng mechanisch vor, sondern berücksichtigt immer die Umstände des Einzelfalls. Insbesondere folgt aus dem Umstand, dass der Gerichtshof eine bestimmte Frist gemäß Abs. 1 Satz 3 festNedden/Manner
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Art. 31 ICC-SchO | Schiedssprüche gesetzt hat, nicht automatisch, dass ein Erlass des Schiedsspruchs innerhalb der festgesetzten Zeit jedenfalls zeitgerecht ist. Ausgangspunkt für die Beurteilung des Gerichtshofs ist in einem ersten Schritt stets, welcher Schriftsatz die letzte relevante Eingabe zu materiell-rechtlichen Fragestellungen darstellt. In der Regel werden dies die Schriftsätze im Anschluss an die mündliche Verhandlung (PostHearing Briefs) sein. Ausgenommen sind Kostenschriftsätze (es sei denn, Gegenstand des Verfahrens bzw. des fraglichen Verfahrensabschnitts ist ausschließlich die Entscheidung über die Kosten). Das Schiedsgericht kann die zwei- bzw. dreimonatige Frist zur Einreichung des Entwurfs des Schiedsspruchs nicht einfach dadurch umgehen, dass es die Parteien nach dem letzten vorgesehenen Schriftsatz noch um gesonderte Stellungnahmen zu abgegrenzten materiell-rechtlichen Aspekten der Streitigkeit auffordert. Ob der Gerichtshof derartige Stellungnahmen als letzte relevante Eingabe zu materiell-rechtlichen Fragestellungen wertet, wird vor allem von ihrem Umfang und von seiner Einschätzung darüber abhängen, ob es sich dabei um eine vermeidbare Verfahrensverzögerung handelt. 16 Wenn das Schiedsgericht den Entwurf des Schiedsspruchs deswegen später als
zwei bzw. drei Monate nach der letzten mündlichen Verhandlung bzw. der letzten schriftlichen Eingabe zu materiell-rechtlichen Fragestellungen einreicht, weil die mündliche Verhandlung kurzfristig ersatzlos abgesagt wurde oder eine Partei den letzten laut Verfahrenskalender vorgesehenen Schriftsatz nicht einbringt, wird dies i.d.R. nicht als Verspätung gewertet werden. Etwas anderes könnte allerdings gelten, wenn sich eine Partei nicht am Schiedsverfahren beteiligt und von Vornherein absehbar war, dass sie den letzten vorgesehenen Schriftsatz nicht einreichen würde (weil etwa die Mitteilungen an diese Partei nicht zugestellt werden konnten und diese daher möglicherweise gar keine Kenntnis von der entsprechenden Schriftsatzfrist hatte). Ebenso kann die Verspätung außerhalb der Kontrolle des Schiedsgerichts liegen, wenn die Parteien im Laufe des Verfahrens die im Verfahrenskalender vorgesehenen Fristen einvernehmlich dergestalt verlängern, dass die mündliche Verhandlung bzw. der letzte Schriftsatz zu materiell-rechtlichen Fragestellungen und damit der Zeitraum für die Beratungen des Schiedsgerichts und für die Arbeit am Schiedsspruch an einen Zeitpunkt fällt, zu dem das Schiedsgericht aufgrund anderweitiger Verpflichtungen nicht die nötige Zeit aufwenden kann, um den Entwurf des Schiedsspruchs rechtzeitig fertigzustellen. In einem solchen Fall sollte das Schiedsgericht die Parteien allerdings im Vorfeld auf diese aus der Fristverlängerung resultierenden Folgen hinweisen, damit diese eine fundierte Entscheidung treffen können. Außerdem kann es bei besonders komplexen Streitigkeiten gerechtfertigt sein, länger als zwei bzw. drei Monate für den Entwurf des Schiedsspruchs zu benötigen. Nicht zuletzt kann eine geringfügige Verspätung in Ausnahmefällen auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie die Folge eines Versuchs der Mehrheit des Schiedsgerichts ist, mit dem dritten Schiedsrichter ein Einvernehmen über den Schiedsspruch herzustellen und somit ein Sondervotum zu vermeiden. Schiedsgerichte sollten nicht zögern, sich über derartige Umstände und ihren Einfluss auf den Zeitpunkt der Einreichung des Schiedsspruchentwurfs möglichst frühzeitig mit dem Sekretariat abzustimmen. Außerdem sollte das Schiedsgericht nach dem 568
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Frist zum Erlass des Endschiedsspruchs | Art. 31 ICC-SchO
letzten im Verfahrenskalender vorgesehenen Verfahrensschritt auch die Parteien über den Zeitpunkt informieren, zu dem es beabsichtigt, dem Gerichtshof einen Entwurf des Schiedsspruchs vorzulegen. Sollte es in weiterer Folge dabei zu Verzögerungen kommen, sollte das Schiedsgericht die Parteien darüber sowie über die Gründe dafür – sofern diese nicht das Beratungsgeheimnis verletzten – informieren (s. dazu die Kommentierung zu Art. 32 Rz. 7). Eine Verzögerung beim Erlass des Schiedsspruchs von einem Jahr nach der mündlichen Verhandlung begründet im Übrigen keinen Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public (vgl. OLG Frankfurt am Main v. 17.5.2021 – 26 Sch 1/21). Da der Gerichtshof die Schiedsrichterhonorare i.d.R. gleichzeitig mit der Geneh- 17 migung des Schiedsspruchs festsetzt, liegt das Hauptaugenmerk des Gerichtshofs bei der Beurteilung der Frage, ob es zu Verfahrensverzögerungen gekommen ist, meist auf dem Zeitraum vor der Genehmigung des Schiedsspruchs. Auch wenn ein Schiedsspruch mehrmals nicht genehmigt wird und diese Verzögerung dem Schiedsgericht zuzuschreiben ist, kann der Gerichtshof dies bei der Festsetzung der Honorare anlässlich der schlussendlichen Genehmigung des Schiedsspruchs berücksichtigen. Allerdings legt der Gerichtshof auch großen Wert auf die zügige Fertigstellung des Schiedsspruchs nach erfolgter Genehmigung durch den Gerichtshof. In diesem Verfahrensstadium kommt es meist aufgrund des überschaubaren Aufwands zu keinen nennenswerten Verzögerungen. Je nach Umfang der Anmerkungen des Gerichtshofs übermitteln Schiedsgerichte eine unterzeichnete und finalisierte Fassung des Schiedsspruchs, der die Anmerkungen des Gerichtshofs berücksichtigt, üblicherweise innerhalb von 1–3 Wochen an das Sekretariat. Sollte es in diesem Verfahrensstadium zu Verzögerungen kommen, kann der Gerichtshof jedoch seine bereits getroffene Kostenentscheidung revidieren und die Schiedsrichterhonorare herabsetzen. Bei der Beurteilung der Frage, ob das Schiedsgericht aus von diesem zu vertre- 18 tenden Gründen den Entwurf des Schiedsspruchs verspätet einreicht, betrachtet der Gerichtshof das Schiedsgericht i.d.R. als Einheit, so dass sich bei Dreierschiedsgerichten jeder Schiedsrichter etwaige Verspätungen und Versäumnisse der Mitschiedsrichter zurechnen lassen muss. So ist es die Aufgabe jedes einzelnen Schiedsrichters (gleich ob als Mitschiedsrichter oder als Vorsitzender), die anderen Mitglieder des Schiedsgerichts zu einer zeitnahen Mitwirkung anzuhalten. Wenn sich diese nicht im erwünschten oder erforderlichen Ausmaß an den Beratungen bzw. am Entwurf des Schiedsspruchs beteiligen, wirkt sich dies bei der Honorarfestsetzung i.d.R. auf alle Schiedsrichter gleichermaßen aus. Etwas anderes kann ausnahmsweise dann gelten, wenn die nicht säumigen Schiedsrichter gegenüber dem Gerichtshof im Detail darlegen, welche angemessenen Schritte sie konkret unternommen haben, um eine rechtzeitige Fertigstellung des Schiedsspruchs zu gewährleisten. Ersetzung von Schiedsrichtern. Die Möglichkeiten der Parteien, sich gegen 19 eine Verfahrensverzögerung durch einen oder mehrere Schiedsrichter zur Wehr zu setzen, sind beschränkt. Tritt der betroffene Schiedsrichter nicht aus freien Stücken zurück oder können sich die Parteien nicht auf die Beendigung seines Nedden/Manner
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Art. 32 ICC-SchO | Schiedssprüche Amtes verständigen (Art. 15 Abs. 1, wobei hierfür auch eine Annahme eines entsprechenden Antrags aller Parteien durch den Gerichtshof erforderlich ist), so kann der Gerichtshof von sich aus einen Schiedsrichter nur dann ersetzen, wenn er feststellt, dass dieser Schiedsrichter seine Pflichten nicht gemäß der ICCSchO oder binnen der gesetzten Fristen erfüllt hat (Art. 15 Abs. 2). Der bloße Umstand, dass die hohe Arbeitsbelastung eines Schiedsrichters zu einer Verzögerung des Schiedsverfahrens führt, dürfte insoweit jedoch nicht ausreichend sein. Allerdings kann ein Schiedsgericht auch ohne den betroffenen Schiedsrichter entscheiden und den Schiedsspruch mit Stimmenmehrheit fällen, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben (Art. 32 Abs. 1).
E. Abweichende Parteivereinbarungen 20 Den Parteien steht es gemäß Art. 39 Abs. 1 Satz 1 frei, eine längere oder eine kür-
zere Frist als die sechsmonatige Regelfrist des Art. 31 Abs. 1 Satz 1 zu vereinbaren (zur Vereinbarung einer kürzeren Frist vgl. jedoch Art. 39 Abs. 2, der dem Gerichtshof auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Fristverlängerung einräumt, s. Art. 39 Rz. 14 ff.). Bei der Honorarfestsetzung ist der Gerichtshof an eine derartige abweichende Parteivereinbarung allerdings nicht gebunden. Das gilt insb. dann, wenn die Parteien vereinbart haben, dass das Schiedsgericht den Entwurf des Schiedsspruchs erst später als innerhalb der üblichen zwei bzw. drei Monaten nach der mündlichen Verhandlung oder dem letzten materiell-rechtlichen Schriftsatz vorlegen kann. Der Gerichtshof wird die Umstände, unter denen derartige Vereinbarungen abgeschlossen wurden, stets im Einzelfall prüfen. Es soll hierdurch verhindert werden, dass das Schiedsgericht im Laufe des Verfahrens (bspw. in der mündlichen Verhandlung) den Parteien eine derartige Einigung aus nicht sachgerechten Gründen „aufdrängt“, etwa um sich höhere Honorare auch im Falle einer nach üblichen Maßstäben verspäteten Vorlage des Entwurfs des Schiedsspruchs zu sichern.
Artikel 32 Schiedsspruch (1) Der Schiedsspruch wird mit Stimmenmehrheit gefällt, wenn das Schiedsgericht aus mehr als einem Schiedsrichter besteht. Kommt diese nicht zustande, so entscheidet der Vorsitzende allein. (2) Der Schiedsspruch ist zu begründen. (3) Der Schiedsspruch gilt als am Ort des Schiedsverfahrens und zum angegebenen Datum erlassen. Article 32: Making of the Award (1) When the arbitral tribunal is composed of more than one arbitrator, an award is made by a majority decision. If there is no majority, the award shall be made by the president of the arbitral tribunal alone.
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Schiedsspruch | Art. 32 ICC-SchO (2) The award shall state the reasons upon which it is based. (3) The award shall be deemed to be made at the place of the arbitration and on the date stated therein. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 Kommt in einem Dreierschiedsgericht weder eine einstimmige Entscheidung noch eine Mehrheitsentscheidung zustande, ist der Vorsitzende des Schiedsgerichts befugt, allein zu entscheiden. → Rz. 6 ff.; Abs. 2 Schiedssprüche sind zu begründen. → Rz. 12 ff.; Abs. 3 dient der Rechtssicherheit hinsichtlich der Frage, an welchem Schiedsort und an welchem Tag ein Schiedsspruch erlassen wird. → Rz. 14. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Verhältnis zu §§ 1052, 1054 ZPO C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . D. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Anwendungsbereich von Art. 32 II. Entscheidungsfindung innerhalb des Schiedsgerichts (Abs. 1) . . . .
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III. Begründungserfordernis (Abs. 2) IV. Datum und Ort des Schiedsspruchs (Abs. 3) . . . . . . . . . . . . V. Sonstige Formalien des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Veröffentlichung des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Armbrüster, Der parteibenannte Schiedsrichter zwischen Unparteilichkeitsgebot und Parteierwartungen, in FS Ebke (2021), 43 (48 ff.); Bartels, Geheimnisverrat des Dissenters im schiedsrichterlichen Verfahren?, SchiedsVZ 2014, 133 ff.; Escher, Die Dissenting Opinion im deutschen Handelsschiedsverfahren – Fear of the Unknown, SchiedsVZ 2018, 219 ff.; Groh/Gigga, „Agree to disagree“ – Die Zulässigkeit von (vereinbarten) Sondervoten im deutschen Schiedsverfahrensrecht, NZG 2020, 1251 ff.; Hochstrasser/Sunaric, Dissenting Opinion – Weder Ärgernis noch Torheit, SchiedsVZ 2021, 35 ff.; ICC Commission on International Arbitration, Decisions on Costs in International Arbitration, ICC Dispute Resolution Bulletin, Issue 2 (2015); S. 13 ff.; ICC Commission on Arbitration and ADR, Final Report on Interim and Partial Awards, ICC Court Bulletin Vol. 1 No. 2 (1990), S. 26 ff.; Lloyd et al., Drafting Awards in ICC Arbitrations, ICC Court Bulletin, Vol. 16 No. 2 (2005), S. 19 ff.; Mayer, Must Justice be a Goal for the Arbitrator?, Arbitration International, Vol. 37 Issue 2, S. 503 ff.; Menz, The fourth arbitrator? Die Rolle des Administrative Secretary im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2015, 210 ff.; Nedden/Büstgens, Die Beratung des Schiedsgerichts – Konfliktpotential und Lösungswege, SchiedsVZ 2015, 169 ff.; Sessler/Ruß, Dissenting Opinion – Aufhebungsgrund oder bloßes Ärgernis?, SchiedsVZ 2020, 201 ff.; Schroeder/Asschenfeldt, Zur (Un-)Zulässigkeit einer Dissenting Opinion in Schiedssprüchen nach deutschem Schiedsverfahrensrecht, ZIP 2020, 1847 ff.; Wilske, Abweichende Meinung zur dissenting opinion in internationalen Schiedsverfahren, in FS Schütze (2014), S. 729 ff.; Wimalasena, The Publication of Arbitral Awards as a Contribution to Legal Development – A Plea for more Transparency, ASA Bulletin, Vol. 37 Issue 2 (2019), S. 279 ff.
A. Normzweck Die Regelung verfolgt verschiedene Zwecke. Abs. 1 zielt darauf ab, dass das 1 Schiedsgericht einen Schiedsspruch auch dann erlassen kann, wenn keine EinNedden/Manner
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Art. 32 ICC-SchO | Schiedssprüche stimmigkeit oder Stimmenmehrheit zustande kommt (Rz. 6 ff.). Das Begründungserfordernis in Abs. 2 bezweckt, dass die Parteien die Entscheidung im Tenor des Schiedsspruchs nachvollziehen können (Rz. 12 ff.). Schließlich dient Art. 32 Abs. 3 der Rechtssicherheit hinsichtlich der Frage, an welchem Schiedsort und Tag ein Schiedsspruch erlassen wird (Rz. 14). Ein Schiedsspruch, der den Anforderungen von Art. 32 nicht genügt, wird vom Gerichtshof nicht genehmigt (Art. 34). Bei der Abfassung des Schiedsspruchs sollten die Schiedsrichter berücksichtigen, dass Schiedssprüche, die ab dem 1.1.2019 ergangen sind bzw. ergehen, unter bestimmten Voraussetzungen veröffentlicht werden können (s. zu dieser Neuerung näher unter Rz. 19 ff.).
B. Verhältnis zu §§ 1052, 1054 ZPO 2 Art. 32 Abs. 1 regelt die Entscheidungsfindung innerhalb eines Dreierschieds-
gerichts abschließend. Für die nicht zwingende Regelung in § 1052 Abs. 1 ZPO, wonach in Schiedsgerichten mit mehreren Mitgliedern stets mit Mehrheit der Stimmen aller Mitglieder zu entscheiden ist, bleibt daher kein Raum. Bei der Entscheidung durch ein Rumpfschiedsgericht (Art. 15 Abs. 5) findet die zwingende Regelung in § 1052 Abs. 2 ZPO Anwendung. Art. 32 Abs. 3 entspricht der nicht zwingenden Regelung in § 1054 Abs. 3 ZPO.
C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 3 Die für staatliche Verfahren geltenden Regelungen der ZPO enthalten im Ver-
gleich zu Art. 32 deutlich detailliertere Regelungen hinsichtlich der Entscheidungsfindung innerhalb eines kollegialen Spruchkörpers (§ 196 GVG) sowie hinsichtlich der Form und des Inhalts von Urteilen (§§ 313–317 ZPO). Ungeachtet dessen erinnern Aufbau, Form und Inhalt eines Endschiedsspruchs nicht selten an ein Endurteil eines staatlichen Gerichts. Schiedsrichter in einem ICC-Schiedsverfahren sind jedoch beim Verfassen von Schiedssprüchen an keinen bestimmten Aufbau oder Stil gebunden. So ist eine strikte Trennung des (unstreitigen bzw. streitigen) Tatbestands und der Entscheidungsgründe zwar oft wünschenswert, aber nicht zwingend.
D. Einzelerläuterungen I. Anwendungsbereich von Art. 32 4 Art. 32 findet auf alle Arten von Schiedssprüchen (u.a. End-, Teil- oder Zwi-
schenschiedsspruch, vgl. Art. 2 (v) und dazu Art. 2 Rz. 19) Anwendung. Die Abgrenzung zwischen einem Endschiedsspruch und einem Teilschiedsspruch hat nach ganz herrschender Auffassung nicht nach der vom Schiedsgericht gewähl572
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Schiedsspruch | Art. 32 ICC-SchO
ten Bezeichnung, sondern danach zu erfolgen, ob es sich um eine endgültige Entscheidung über den Rechtsstreit (Endschiedsspruch einschließlich des die eigene Zuständigkeit verneinenden sog. „Prozessschiedsspruchs“) oder nur über Teile hiervon handelt (Teilschiedsspruch). Unter die Vorschrift fallen auch Schiedssprüche aufgrund Einvernehmens der 5 Parteien (Art. 33), Zwischenentscheidungen des Schiedsgerichts zum anwendbaren Recht oder zum Anspruchsgrund (sog. „Zwischenschiedsspruch“) sowie (zumindest in entsprechender Anwendung) die eigene Zuständigkeit bejahende Zwischenentscheide i.S.v. § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Keine Schiedssprüche i.S.v. Art. 32 stellen hingegen verfahrensleitende Verfügungen („procedural orders“) des Schiedsgerichts dar. Allerdings sind auch für verfahrensleitende Verfügungen die Bestimmungen des Art. 32 Abs. 1 analog anzuwenden – auch jene können daher von einer Mehrheit des Schiedsgerichts bzw. ggf. vom Vorsitzenden alleine erlassen werden. Überdies sollte das Schiedsgericht grds. auch verfahrensleitende Verfügungen begründen.
II. Entscheidungsfindung innerhalb des Schiedsgerichts (Abs. 1) Grundsatz. Art. 32 Abs. 1 löst das Problem unterschiedlicher tatsächlicher oder 6 rechtlicher Würdigung bei der Entscheidungsfindung des Schiedsgerichts mit mehr als einem Schiedsrichter dahingehend, dass die (absolute) Mehrheit der Stimmen entscheidet (Satz 1). Liegt eine Pattsituation vor, d.h. kann eine Stimmenmehrheit nicht erreicht werden, was bspw. bei unterschiedlichen Auffassungen über die Höhe einer Forderung der Fall sein kann, ist der Schiedsgerichtsvorsitzende befugt, allein eine Entscheidung zu fällen (Satz 2), d.h. er muss sich nicht dem Votum eines seiner Mitschiedsrichter anschließen. Beratung. Bevor durch ein aus mehreren Schiedsrichtern bestehendes Schieds- 7 gericht ein Schiedsspruch erlassen werden kann, ist eine diesbezügliche Beratung des Schiedsgerichts erforderlich. Sie dient der Verständigung und der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Fall, ist aber angesichts der Möglichkeit einer Entscheidung mit Stimmenmehrheit nicht auf eine Einigung der Schiedsrichter auf eine (einstimmig ergehende) Entscheidung angelegt. Zeitlich kann die Beratung nicht nur am Verfahrensende abgehalten werden; auch Zwischenberatungen während des Verfahrens sind möglich und üblich und insb. im direkten Anschluss an eine mündliche Verhandlung sinnvoll. Das Schiedsgericht ist aber in der Festlegung des Beratungszeitpunktes ebenso frei, wie in der Bestimmung von Form und Ort der Beratung. Auch eine Beratung mittels Telefon oder Videokonferenz ist möglich. In der Praxis empfiehlt es sich, diese Beratungsmodalitäten – mit ausreichendem zeitlichen Vorlauf – vor der (ersten) mündlichen Verhandlung mit den Mitschiedsrichtern zu besprechen. Ist eine Einigung unter den Schiedsrichtern nicht möglich, entscheidet der Vorsitzende über die Ausgestaltung der Beratung. Trotz fehlender dahingehender Regelung ist allgemein anerkannt, dass auch für die Beratung im Schiedsverfahren das Beratungsgeheimnis gilt. Es verpflichtet zu Stillschweigen im Hinblick auf Inhalt und Ablauf Nedden/Manner
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Art. 32 ICC-SchO | Schiedssprüche der Beratung sowie die Abstimmung. Das Beratungsgeheimnis verbietet indes nicht die Anwesenheit von Hilfspersonen, denen sich das Schiedsgericht im Rahmen seiner Beratung bedient. Dies betrifft insb. Sekretäre des Schiedsgerichts (zur Anwesenheit Sachverständiger oder sogar der Parteien bei der Beratung des Schiedsgerichts, vgl. Nedden/Büstgens, SchiedsVZ 2015, 169 [176 f.]). 8 Sondervotum. Bisweilen kommt es vor, dass ein Schiedsrichter bei einer nicht
einstimmig getroffenen Entscheidung seine von der Stimmenmehrheit abweichende Auffassung in einem Sondervotum (sog. „dissenting opinion“ oder – wenn der Mehrheit zwar im Ergebnis, aber nicht in der Begründung gefolgt wird – „concurring opinion“) erläutern möchte. Die Zulässigkeit der Abgabe von Sondervoten ist in der Schiedsgerichtsbarkeit zwar teilweise umstritten, wird durch den Gerichtshof indes ausdrücklich anerkannt. Sofern ein Schiedsrichter nicht innerhalb des eigentlichen Schiedsspruchs Ausführungen zu seiner abweichenden Meinung macht oder im Schiedsspruch lediglich vermerkt wird, dass einzelne Begründungsstränge oder Entscheidungen nicht einstimmig erfolgt sind, besteht das Sondervotum regelmäßig aus einem eigenständigen Dokument. Dieses ist nicht Bestandteil des Schiedsspruchs und somit auch nicht Gegenstand von Genehmigungs- (Art. 34), Berichtigungs- bzw. Auslegungs(Art. 36) sowie Aufhebungs- bzw. Vollstreckbarerklärungsverfahren (§§ 1059 ff. ZPO; UNÜ). Sein Inhalt kann den Parteien jedoch bei der Identifizierung von Aufhebungs- bzw. Vollstreckbarerklärungsversagungsgründen dienen. Das Sondervotum wird dem Gerichtshof im Rahmen der Prüfung des Urteilsentwurfs gemäß Art. 34 zur Kenntnis gebracht (ohne dass das Sondervotum als solches gemäß Art. 34 geprüft würde) und den Parteien regelmäßig zusammen mit dem Schiedsspruch übersandt, sofern dies nicht gegen zwingendes Recht am Schiedsort verstößt oder berechtigte Einwände des Verfassers des Sondervotums oder der übrigen Mitglieder des Schiedsgerichts bestehen. Keinesfalls sollte ein Schiedsrichter sein Sondervotum eigenständig den Parteien übersenden. Nach der Praxis des Gerichtshofs ist ein Sondervotum auch ohne Zustimmung der Parteien und der übrigen Schiedsrichter zulässig. Die Gegenauffassung, die z.T. im Schrifttum zum deutschen Schiedsverfahrensrecht vertreten wird, verweist auf das auch im Schiedsverfahren entsprechend geltende Beratungsgeheimnis (§ 43 DRiG), das durch das Sondervotum verletzt werde. Damit führe die Beifügung eines Sondervotums jedenfalls als von den Parteien zu rügender Verfahrensmangel nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO, wenn nicht als von Amts wegen zu berücksichtigender Verstoß gegen die öffentliche Ordnung nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO, zur Aufhebung des Schiedsspruchs (vgl. insb. OLG Frankfurt am Main v. 16.1.2020 – 26 Sch 14/18, BeckRS 2020, 4606, Tz. 206, welches, obiter dictum, Sondervoten zumindest in inländischen Schiedsverfahren aufgrund eines Verstoßes gegen den verfahrensrechtlichen ordre public interne als unzulässig erachtet). Insgesamt dürfte dieser Auffassung, auch im Lichte des Beschlusses des OLG Frankfurt am Main, allerdings nicht zuzustimmen sein. So kann bereits die Geltung des Beratungsgeheimnisses, sofern sie aus einer umfassenden analogen Anwendung des § 43 DRiG hergeleitet wird, mit Blick auf Schiedsverfahren in Zweifel gezogen werden. Jeden574
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Schiedsspruch | Art. 32 ICC-SchO
falls fällt es schwer, in einem Sondervotum ohne weiteres einen Verfahrensmangel oder gar einen ordre public-Verstoß, d.h. einen Verstoß gegen die „wesentlichen Grundsätze des deutschen Rechts“, zu erblicken. Denn ein Sondervotum kann seinem Inhalt nach auch so gehalten werden, dass das Beratungsgeheimnis gewahrt bleibt. Die bloße Tatsache und deren Offenlegung, dass ein Schiedsrichter anderer Auffassung ist als die übrigen Schiedsrichter, stellt noch keine Verletzung des Beratungsgeheimnisses dar. Anders ist dies nur, wenn das Sondervotum sich nicht nur auf inhaltlicher Ebene mit den aufgeworfenen Sach- und Rechtsfragen auseinanderzusetzen, sondern darüber hinaus Einblicke in den Ablauf der Beratung gewährt. Der Gerichtshof wirkt dieser Gefahr jedoch dadurch entgegen, dass er angefertigte Sondervoten dahingehend kritisch überprüft und ihre Zustellung an die Parteien im Zuge der Zustellung des Schiedsspruchs ggf. unter den Vorbehalt stellt, dass der abweichende Schiedsrichter eventuelle Bezugnahmen auf den Beratungsinhalt zuvor entfernt. Soll schon der Abgabe eines Sondervotums vorgebeugt werden, empfiehlt sich im Schiedsspruch die explizite sprachliche Kenntlichmachung der Entscheidung oder bestimmter Teile davon als mehrheitliche und nicht einstimmige. Üblicherweise wird in diesem Zusammenhang nicht offengelegt, welcher Schiedsrichter mit der entsprechenden Entscheidung nicht einverstanden war. Insbesondere der Schiedspraxis in Deutschland ist dieses Vorgehen angesichts des Beschlusses des OLG Frankfurt am Main bis auf Weiteres, d.h. bis zur Stellungnahme durch andere OLG bzw. den BGH, zu empfehlen. Nach der Entscheidung des Gerichtshofs über die Genehmigung eines nicht ein- 9 stimmig getroffenen Schiedsspruchs ist der überstimmte Schiedsrichter, soweit möglich, in die Beratungen des Schiedsgerichts betreffend die Einarbeitung der Anmerkungen des Gerichtshofs miteinzubeziehen. Im Zuge dieser Umsetzung der Anmerkungen des Gerichtshofs kann der ursprünglich überstimmte Schiedsrichter seine Einwände selbstverständlich auch wieder zurückziehen. Dies kann insb. dann der Fall sein, wenn die Mehrheit des Schiedsgerichts in Folge einer Anmerkung des Gerichtshofs nunmehr im Schiedsspruch stärker auf die Einwände des überstimmten Schiedsrichters eingeht. In einem solchen Fall kann sich der ursprünglich überstimmte Schiedsrichter bspw. entweder vollständig der Mehrheit anschließen oder auch nur sein in einem eigenständigen Dokument zum Ausdruck gebrachtes Sondervotum zurückziehen. In der Regel sollte auch ein Schiedsrichter, der ein Sondervotum abgibt, den Schiedsspruch unterzeichnen. Dies ist insb. dann der Fall, wenn sich bereits aus dem Schiedsspruch ergibt, dass bestimmte Entscheidungen oder Begründungsstränge nicht einstimmig getroffen wurden. Wenn dies der Fall ist, kann auch der betreffende Schiedsrichter den Schiedsspruch vorbehaltslos unterzeichnen. Wenn sich dies aus dem Schiedsspruch nicht ergibt, kann der Schiedsrichter den Schiedsspruch dennoch unter Vorbehalt (den er bspw. in einem separaten Sondervotum näher ausgeführt) unterzeichnen und dadurch bestätigen, dass er an der Entscheidungsfindung mitgewirkt hat. Wenn sich ein Schiedsrichter weigert, den Schiedsspruch zu unterzeichnen, sollte der Grund dafür im Schiedsspruch vermerkt werden (s. auch Rz. 15). Nedden/Manner
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Art. 32 ICC-SchO | Schiedssprüche 10 Wenngleich ein Sondervotum üblicherweise lediglich im Zusammenhang mit
Schiedssprüchen abgegeben wird, ist es auch möglich, dass Schiedsrichter ihre abweichende Auffassung zu einer prozessleitenden Verfügung mittels Sondervotums zum Ausdruck bringen. Da das Sekretariat nur Schiedssprüche, nicht jedoch prozessleitende Verfügungen an die Parteien zustellt, liegt es in einem derartigen Fall am Schiedsgericht selbst, das Sondervotum den Parteien zu übermitteln. Da der Gerichtshof prozessleitende Verfügungen nicht überprüft und genehmigt, muss auch das Sondervotum dem Gerichtshof nicht vorab zur Kenntnis gebracht werden. Es empfiehlt sich jedoch in einem derartigen Fall dennoch, das Sekretariat vorab miteinzubeziehen. Um die Abgabe eines Sondervotums zu vermeiden, kann es auch bei prozessleitenden Verfügungen ratsam sein, die abweichende Meinung in der Begründung darzustellen oder zumindest zu vermerken, dass die Entscheidung nicht einstimmig erfolgt ist.
11 Verweigerung der Teilnahme an der Abstimmung. Art. 32 Abs. 1 behandelt
nicht die Situation, dass ein Schiedsrichter die Teilnahme an einer Abstimmung über eine Entscheidung, etwa durch Nichterscheinen, Nichtabstimmung oder Stimmenthaltung, verweigert. Nach ganz überwiegender Auffassung ist in diesem Fall eine Entscheidung durch die übrigen Schiedsrichter bei Verfahren mit Schiedsort in Deutschland dann zulässig, wenn (i) der verweigernde Schiedsrichter Gelegenheit hatte, an der Abstimmung teilzunehmen (nur dann kann er die Teilnahme i.S.v. § 1052 Abs. 2 Satz 1 ZPO verweigern), mithin hieran nicht aus nachvollziehbaren Gründen (z.B. Krankheit, Terminkollision) gehindert war, und (ii) den Parteien die Absicht, ohne den verweigernden Schiedsrichter über den Schiedsspruch abzustimmen, vorher mitgeteilt wurde (§ 1052 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Auf diese Weise wird das Recht der Parteien auf rechtliches Gehör gewahrt. Den Parteien steht es indes frei, rechtzeitig auf eine Mitwirkung des sich weigernden Schiedsrichters bzw. auf eine Ersetzung des Schiedsrichters hinzuwirken (Art. 15 Abs. 1). Gelingt dies nicht, besteht bei einem Dreier-Schiedsgericht die Gefahr einer Pattsituation, wenn sich die beiden abstimmenden Schiedsrichter nicht auf eine gemeinsame Entscheidung einigen können. Die ICC-SchO sieht indes für derartige Fälle in Art. 32 Abs. 1 Satz 2 einen Lösungsmechanismus vor. Danach entscheidet der Vorsitzende in einem solchen Fall allein.
III. Begründungserfordernis (Abs. 2) 12 Art. 32 Abs. 2 schreibt vor, dass der Schiedsspruch zu begründen ist. Dies gilt
auch dann, wenn die Parteien das Schiedsgericht ausnahmsweise dazu ermächtigt haben sollten, die Sache als amiable compositeur bzw. ex aequo et bono zu entscheiden. Mit welcher Tiefe ein Schiedsspruch (und insb. ein Endschiedsspruch) zu begründen ist, geht aus der Vorschrift nicht hervor, wird aber im Rahmen der Prüfung durch den Gerichtshof gemäß Art. 34 fallspezifisch konkretisiert. Eine Begründung sollte jedoch zumindest zur Nachvollziehbarkeit und Erläuterung einer jeden Entscheidung im Tenor des Schiedsspruchs führen und sich idealiter auch so mit den wesentlichen Argumenten der Parteien aus576
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Schiedsspruch | Art. 32 ICC-SchO
einandersetzen, dass insb. für die unterlegene Partei nachvollziehbar ist, warum sie mit ihrem Tatsachen- und Rechtsvortrag nicht durchgedrungen ist. Dies ist auch ratsam, um in einem eventuellen späteren Aufhebungsverfahren dem Vorwurf vorzubeugen, das Schiedsgericht habe wesentliches Vorbringen einer Partei unberücksichtigt gelassen und daher ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Aus demselben Grund ist vor Erlass des Schiedsspruchs sicherzustellen, dass die getroffene Entscheidung nicht als für die Parteien überraschend angesehen werden kann, weil sie bspw. ohne entsprechenden vorherigen Hinweis auf eine selten vertretene Rechtsansicht oder auf von den Parteien in ihrem Vortrag nicht in Bezug genommene Rechtsprechung, Rechtsnormen oder Rechtsprinzipien gestützt wird. Die Entscheidungsgründe können zudem einen entscheidenden Einfluss auf die Beantwortung der Frage haben, ob der Schiedsspruch eine oder mehrere mit der Zwangsvollstreckung durchsetzbare Ansprüche ausweist. Ist dies nicht der Fall, d.h. ist ein Tenor auch unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe zu unbestimmt oder widersprüchlich, ist der Schiedsspruch mangels vollstreckungsfähigen Inhalts für die Zwangsvollstreckung ungeeignet. Vorfragen, die bereits Gegenstand von prozessleitenden Verfügungen waren. 13 Gelegentlich kommt es vor, dass Schiedsgerichte aus Gründen der Verfahrensökonomie bestimmte für die Entscheidung erhebliche Vorfragen bereits in einem frühen Verfahrensstadium entscheiden wollen. Mitunter geschieht dies nicht zuletzt aus Effizienzgründen in Form einer prozessleitenden Verfügung. Zwar müssen alle Entscheidungen, mit welchen die Streitigkeit zwischen den Parteien auch nur teilweise endgültig entschieden werden soll, in Form eines Schiedsspruchs ergehen – dem steht aber nicht entgegen, dass das Schiedsgericht bestimmte für die Entscheidung erhebliche Vorfragen bereits frühzeitig zum Gegenstand einer prozessleitenden Verfügung macht. In einem solchen Fall sollte es allerdings klarstellen, dass die endgültige Entscheidung über diese Frage einem Schiedsspruch vorbehalten bleibt, und es sollte diese Entscheidung im Schiedsspruch dann auch endgültig treffen und erneut begründen. Wenn sich das Schiedsgericht bereits in einer prozessleitenden Verfügung etwa mit der Frage des anwendbaren Rechts auseinandergesetzt hat, sollte es die Wahl des anwendbaren Rechts also auch im Schiedsspruch begründen, um dem Anspruch Genüge zu tun, dass der Schiedsspruch begründet sein muss.
IV. Datum und Ort des Schiedsspruchs (Abs. 3) Die Regelung in Abs. 3, wonach der Schiedsspruch als am Ort des Schiedsver- 14 fahrens und zum angegebenen Datum als erlassen gilt, trägt dem Umstand Rechnung, dass sich ein Schiedsgericht an jedem ihm geeignet erscheinenden Ort beraten kann (Art. 18 Abs. 3) und Schiedssprüche von den Schiedsrichtern in aller Regel nicht gleichzeitig, sondern nacheinander und an unterschiedlichen Tagen und Orten (durch Zirkulieren des Schiedsspruchs) unterschrieben werden. Die in Art. 32 Abs. 3 enthaltene Fiktion dient somit der Rechtssicherheit. Sie legt fest, ob es sich um einen in- oder ausländischen Schiedsspruch handelt Nedden/Manner
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Art. 32 ICC-SchO | Schiedssprüche (vgl. § 1025 ZPO), welches Gericht für die Überprüfung desselben innerhalb welcher Frist anzurufen ist (§§ 1059 Abs. 3, 1062 ZPO) und nach welchen Vorschriften diese Überprüfung zu erfolgen hat (vgl. §§ 1059–1061 ZPO). Bei der Angabe des Datums haben die Schiedsrichter darauf zu achten, dass dieses nicht vor dem Datum der Genehmigung des Schiedsspruchs durch den Gerichtshof (Art. 34) liegt und dem Datum entspricht, an dem der letzte Schiedsrichter den Schiedsspruch unterzeichnet (vgl. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 197). Die Datierung und Übersendung an das Sekretariat sowie die anschließende Zustellung an die Parteien hat möglichst ohne Zeitverlust zu erfolgen.
V. Sonstige Formalien des Schiedsspruchs 15 Schriftform und Unterschrift. Das Erfordernis, einen Schiedsspruch schriftlich
abzufassen und zu unterzeichnen, ergibt sich – wenn auch nicht ausdrücklich – aus den Vorschriften in Art. 32 Abs. 3 sowie Art. 34. Letzterer sieht die Vorlage des Entwurfs eines Schiedsspruchs an den Gerichtshof vor „Unterzeichnung“ des betreffenden Schiedsspruchs vor. Auch die vom Sekretariat veröffentlichte Checkliste für Schiedssprüche der ICC, die Schiedsrichtern eine Richtschnur bei der Anfertigung eines Schiedsspruchs bieten soll, fragt explizit das Vorliegen der Unterschriften ab. Sie enthält auch weitere wichtige Anhaltspunkte für die Entwurfsanfertigung. Indes stellt sie keine offizielle Vorgabe des Gerichtshofs dar und sollte nicht als solche missverstanden werden (vgl. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 172). Für den Fall, dass ein Schiedsrichter die Unterschrift verweigert, besteht kein Wirksamkeitshindernis für den Schiedsspruch. Es genügen die Unterschriften der Mitschiedsrichter unter Angabe des Grundes für das Fehlen der Unterschrift des verweigernden Schiedsrichters.
16 Weitere Bestandteile des Schiedsspruchs. Art. 32 sieht – abgesehen von der
grds. erforderlichen Begründung eines Schiedsspruchs sowie der Angabe von Schiedsort und Datum – keine zwingenden Bestandteile für den Schiedsspruch vor. Das Datum des Schiedsspruchs muss dabei an bzw. nach jenem Datum liegen, an dem der Gerichtshof den Schiedsspruch genehmigt hat. Es wird dabei jenes Datum herangezogen, an dem der letzte Schiedsrichter den Schiedsspruch unterzeichnet hat (vgl. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 197). Im Falle eines Dreierschiedsgerichts ist eine detaillierte Angabe dazu, an welchem Datum welcher Schiedsrichter den Schiedsspruch unterschrieben hat, nicht erforderlich. Die Checkliste für Schiedssprüche der ICC empfiehlt darüber hinaus die Aufnahme einer Art Rubrum zur Identifikation der beteiligten Parteien und Schiedsrichter sowie einer Prozessgeschichte des Schiedsverfahrens. Die Aufnahme dieser Bestandteile ist auch übliche Praxis. Weitere zu empfehlende Bestandteile sind der Tenor, auf dessen Grundlage eine Vollstreckung der Entscheidung erfolgt (vgl. bereits Rz. 12) sowie der Sachverhalt einschließlich der Parteianträge. Durch die Wiedergabe des Sachverhalts wird der Streitstoff, der der Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht zugrunde liegt, verdeutlicht und damit der Ausgangspunkt für die Festlegung der objektiven Entscheidungsreich578
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Schiedsspruch | Art. 32 ICC-SchO
weite klargestellt. Diese ist letztlich maßgeblich für die Bestimmung der materiellen Rechtskraftwirkung des Schiedsspruchs. Wenn die Parteien damit einverstanden sind, müssen die Schiedsrichter nicht alle 17 auf derselben Seite unterschreiben, weshalb es im Falle eines Dreierschiedsgerichts bei Vorliegen einer entsprechenden Parteivereinbarung nicht unbedingt notwendig ist, ein und dieselbe Unterschriftenseite innerhalb des Schiedsgerichts zirkulieren zu lassen. Um Zeit zu sparen, können etwa die Mitschiedsrichter eine Kopie der Unterschriftenseite in erforderlicher Anzahl unterschreiben und dem Vorsitzenden übersenden, der diese dann zusammenfügt (vgl. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 199). Nach Absprache mit dem zuständigen Verfahrensmanagementteam im Sekretariat ist es mitunter auch möglich, dass die Mitschiedsrichter die von ihnen unterzeichneten Unterschriftenseiten direkt an das Sekretariat senden, das diese dann zusammenfügt. Schlussendlich ist es bei einer entsprechenden Einigung der Parteien auch möglich, dass die Unterschriftenseiten lediglich elektronisch an das Sekretariat übermittelt werden – vorausgesetzt, dass dem keine rechtlichen Hindernisse am Ort des Schiedsverfahrens entgegenstehen. Grundsätzlich können die Mitschiedsrichter aus Effizienzgründen die Unterschriftenseite auch bereits vor der endgültigen Finalisierung des Schiedsspruchs (etwa parallel zum Prüfungs- und Genehmigungsverfahren durch den Gerichtshof) unterzeichnen und an den Vorsitzenden senden. Dabei sollten sie jedoch bedenken, dass sich durch etwaige Änderungen am Schiedsspruch in Folge der Anmerkungen des Gerichtshofs noch die Formatierung und Seitenanzahl des Schiedsspruchs ändern können, weshalb es in solchem Fall empfehlenswert ist, dass die Unterschriftenseite ansonsten keinen Inhalt hat und auch nicht mit einer Seitenzahl versehen ist. Außerdem ist in einem derartigen Fall zu beachten, dass die einzelnen Unterschriften nicht gesondert datiert werden sollten, sondern dass die Unterschriftenseite lediglich ein Datum enthält, nämlich das der letzten Unterschrift, welche jedenfalls erst nach der Genehmigung des Schiedsspruchs durch den Gerichtshof zu erfolgen hat. Nicht zuletzt sollten sich die Schiedsrichter vergewissern, wie viele Kopien des Schiedsspruchs und somit der Unterschriftenseite benötigt werden. Im Zweifelsfall empfiehlt sich auch hier eine kurze Rückfrage beim Sekretariat, um unnötige Verzögerungen zu vermeiden. Empfehlung: Das Schiedsgericht sollte ggf. bereits im Schiedsauftrag eine Einigung der Parteien darüber herbeiführen, ob die Schiedsrichter den Schiedsspruch auch auf getrennten Unterschriftenseiten unterschreiben können und ob eine elektronische Kopie der Unterschrift ausreichend ist. Außerdem könnte bei der Gelegenheit für den Fall, dass eine Partei von Anwälten aus mehreren Kanzleien oder aus mehreren Niederlassungen einer Kanzlei vertreten wird, klargestellt werden, an wen eine physische Kopie des Schiedsspruchs zugestellt werden soll.
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VI. Veröffentlichung des Schiedsspruchs Als wesentliche Neuerung hat die ICC mit dem Merkblatt des Sekretariats v. 19 1.1.2019 (dort Rz. 40–46) die Veröffentlichung von Schiedssprüchen einNedden/Manner
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Art. 32 ICC-SchO | Schiedssprüche geführt, die ab diesem Zeitpunkt ergangen sind bzw. ergehen werden. Mit dem Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021 (dort Rz. 56–64) hat die ICC ihre Veröffentlichungspraxis präzisiert sowie ausdrücklich auf die Veröffentlichung von verfahrensleitenden Verfügungen ausgeweitet. Dies soll der Zugänglichmachung von Informationen zu ICC-Schiedsverfahren dienen und die Verfahrenstransparenz erhöhen. Schiedsrichter in ICC-Schiedsverfahren sollten sich dieser Neuerungen bei der Anfertigung ihrer Schiedssprüche bewusst sein. Das Sekretariat teilt den Parteien sowie den Schiedsrichtern während des Schiedsverfahrens und mit der Zustellung des Endschiedsspruchs mit, dass eine vollumfängliche Veröffentlichung sämtlicher im Verfahren ergangener Schiedssprüche, verfahrensleitender Verfügungen sowie etwaiger Sondervoten („ICC awards and related documents“) in ihrer Gesamtheit, d.h. einschließlich der Namen der Parteien und Schiedsrichter, frühestens 2 Jahre nach dem Datum der Zustellung erfolgen kann. Die Parteien können einen davon abweichenden Zeitraum vereinbaren. Vor der Veröffentlichung sendet das Sekretariat die Dokumente, deren Veröffentlichung geplant ist, den Parteien bzw. ihren Vertreter zur Kenntnisnahme, und zwar an die im Schiedsspruch genannten bzw. dem Sekretariat nachträglich mitgeteilten Kontaktdaten. Die Parteien können der Veröffentlichung außerdem widersprechen oder eine teilweise bzw. vollständige Anonymisierung oder Pseudonymisierung verlangen. In diesem Fall wird von der Veröffentlichung abgesehen bzw. eine Anonymisierung oder Pseudonymisierung vorgenommen. Dafür genügt es, dass nur eine Partei der Veröffentlichung widerspricht bzw. eine Anonymisierung oder Pseudonymisierung verlangt – eine diesbezügliche Einigung der Parteien ist nicht erforderlich. Auch kann eine natürliche bzw. juristische Person dem Sekretariat jederzeit mitteilen, dass sie grds. keine Veröffentlichung von Schiedssprüchen und dazugehörigen Dokumenten, die sie als Partei betreffen, wünscht. Für den Fall, dass eine Anonymisierung oder Pseudonymisierung zu erfolgen hat, obliegt es den Parteien, sich entweder auf eine redigierte Fassung zu einigen oder der durch die ICC redigierten Fassung zustimmen. Im letzteren Fall, obgleich die ICC um eine möglichst umfassende Anonymisierung oder Pseudonymisierung bemüht ist, vermag sie nicht auszuschließen, dass eine Identifizierung der Parteien aufgrund öffentlich verfügbarer Daten oder aufgrund der Kombination unterschiedlicher Informationsquellen dennoch möglich ist. 20 Eine Ausnahme von der grds. vorgesehenen Veröffentlichung von Schieds-
sprüchen besteht für den Fall einer Vertraulichkeitsvereinbarung zwischen den Parteien, einer Anordnung bzw. ausdrücklicher rechtlicher Bestimmungen am Schiedsort, die jeweils bestimmte Aspekte des Schiedsverfahrens oder des Schiedsspruchs abdecken. Hier bedarf es für die Veröffentlichung einer ausdrücklichen Zustimmung aller Parteien. Darüber hinaus liegt es im Ermessen des Sekretariats, einzelne Schiedssprüche bzw. einzelne dazugehörige Dokumente von der Veröffentlichung auszunehmen. Die Parteien bzw. ihre Vertreter sind allerdings aufgerufen, Gesetze und rechtliche Bestimmungen, die einer Veröffentlichung entgegenstehen könnten, zu prüfen und ggf. das Sekretariat zu informieren. 580
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Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien | Art. 33 ICC-SchO
Die Schiedsrichter haben keinen Einfluss auf die Veröffentlichung eines Schieds- 21 spruchs. Sie werden indes bereits frühzeitig auf die Veröffentlichungsmöglichkeit hingewiesen und müssen sich bei Annahme des Amtes mit dieser einverstanden erklären. Das Formblatt für die „Annahme-, Verfügbarkeits-, Unparteilichkeitsund Unabhängigkeitserklärung des/der ICC-Schiedsrichters/in“ enthält zu diesem Zweck in der Erklärung zur „Annahme“ im letzten Satz den expliziten Hinweis, dass der Schiedsrichter mit der Annahme des Amtes auch die mögliche Veröffentlichung der unter seiner Mitwirkung ergehenden Schiedssprüche (und Verfahrensverfügungen) akzeptiert.
E. Abweichende Parteivereinbarungen Abweichungen von Abs. 1. Bei Verfahren mit Schiedsort in Deutschland kön- 22 nen die Parteien im Umkehrschluss aus § 1052 Abs. 1 ZPO die Alleinentscheidungskompetenz des Vorsitzenden abbedingen. In diesem Fall muss sich der Vorsitzende dem Votum eines seiner Mitschiedsrichter anschließen, will er eine Pattsituation, etwa bei Uneinigkeit über die Höhe einer Forderung, vermeiden. Die Parteien können auch vereinbaren, dass jede Entscheidung des Schiedsgerichts einstimmig zu erfolgen hat. Hiervon ist jedoch angesichts des damit verbundenen Risikos einer Handlungsunfähigkeit des Schiedsgerichts abzuraten. Abweichung von Abs. 2. Die Parteien können bei Verfahren mit Schiedsort in 23 Deutschland ferner vereinbaren, dass das Schiedsgericht einen Schiedsspruch auch ohne Begründung erlassen kann (vgl. § 1054 Abs. 2 ZPO). Mit Blick auf die Akzeptanz einer solchen Vereinbarung durch den Gerichtshof, die eine Abweichung von der SchO darstellt, ist es ratsam, die diesbezügliche Einigung der Parteien schriftlich niederzulegen und diese dem Sekretariat zur Kenntnis zu bringen.
Artikel 33 Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien Einigen sich die Parteien in der Sache einvernehmlich, nachdem dem Schiedsgericht gemäß Artikel 16 die Schiedsverfahrensakten übergeben worden sind, so ergeht ein Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien, wenn die Parteien dies beantragen und das Schiedsgericht dem zustimmt. Article 33: Award by Consent If the parties reach a settlement after the file has been transmitted to the arbitral tribunal in accordance with Article 16, the settlement shall be recorded in the form of an award made by consent of the parties, if so requested by the parties and if the arbitral tribunal agrees to do so. Regelungsschwerpunkte: Die Parteien können ab dem Zeitpunkt der Übergabe der Verfahrensakten an das Schiedsgericht den Erlass eines Schiedsspruchs auf der Grundlage
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Art. 33 ICC-SchO | Schiedssprüche einer zwischen ihnen erzielten Einigung beantragen. Der Erlass eines derartigen Schiedsspruchs steht unter dem Vorbehalt der Zustimmung durch das Schiedsgericht. Die Beantragung eines Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens der Parteien ist insb. dann zu erwägen, wenn der Vergleich einen oder mehrere mit der Zwangsvollstreckung prinzipiell durchsetzbare Ansprüche beinhaltet. → Rz. 3; Der Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien ist ein vollwertiger Schiedsspruch. → Rz. 19 Kostenaspekte: Zur Vermeidung unnötigen Arbeitsaufwands und damit verbundener Kosten sollten die Parteien das Schiedsgericht und das Sekretariat unverzüglich über einen etwaigen Vergleichsabschluss informieren. Ferner sollten die Parteien auch auf klare Formulierungen in ihrem Vergleich achten, um Rückfragen des Schiedsgerichts beim Verfassen des Schiedsspruchs oder des Gerichtshofs im Rahmen der Prüfung des Schiedsspruchs nach Art. 34 zu vermeiden → Rz. 22. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Verhältnis zu § 1053 Abs. 1 Satz 2 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . D. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Voraussetzungen für den Erlass eines Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens der Parteien . . .
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1. Übergabe der Schiedsverfahrensakte an das Schiedsgericht . . . . . 2. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Antrag aller Parteien . . . . . . . . . 4. Zustimmung des Schiedsgerichts II. Form, Inhalt und Wirkungen des Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens der Parteien . . . III. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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Veröffentlichungen des Sekretariats: „Checkliste für Schiedssprüche der ICC“. Literatur: ICC Commission on International Arbitration, Decisions on Costs in International Arbitration, ICC Dispute Resolution Bulletin, Issue 2 (2015), S. 13 ff.; Lloyd et al., Drafting Awards in ICC Arbitrations, ICC Court Bulletin, Vol. 16 No. 2 (2005), S. 19 ff., Thümmel, Der Vergleich als Herausforderung für Schiedsgerichte, in Schütze (Hrsg.), Festschrift für Reinhold Geimer, 2017, S. 745 ff.
A. Normzweck 1 Art. 33 benennt die Voraussetzungen, unter denen auch bei einer vergleichswei-
sen Beilegung des Rechtsstreits ein Schiedsspruch in Form eines sog. „Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens der Parteien“ ergehen kann. Erst der (noch für vollstreckbar zu erklärende) Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien und nicht bereits der zwischen den Parteien geschlossene Vergleich stellt einen tauglichen Vollstreckungstitel dar. Etwas anderes gilt nur für den Fall eines Anwaltsvergleichs nach § 796a ZPO; der diesen für vollstreckbar erklärende Beschluss durch ein staatliches Gericht ist selbst taugliche Grundlage der Zwangsvollstreckung, sodass es eines Schiedsspruchs nicht bedarf.
2 Parteien und Schiedsrichter sollten berücksichtigen, dass Schiedssprüche auf-
grund Einvernehmens der Parteien, die ab dem 1.1.2019 ergangen sind bzw. 582
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Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien | Art. 33 ICC-SchO
ergehen werden, ebenso wie sonstige Schiedssprüche der Veröffentlichung durch das Sekretariat unterliegen (s. zu dieser Neuerung Art. 32 Rz. 1, 19 ff.; vgl. zu den Voraussetzungen für die Veröffentlichung auch das Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 56–64).
B. Verhältnis zu § 1053 Abs. 1 Satz 2 ZPO Art. 33 entspricht weitgehend § 1053 Abs. 1 Satz 2 ZPO, wonach ein Schieds- 3 gericht auf Antrag der Parteien den Vergleich in der Form eines sog. „Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut“ festzuhalten hat, sofern der Inhalt des Vergleichs nicht gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) verstößt. Zum einen ist die in § 1053 Abs. 1 Satz 2 ZPO verwendete Bezeichnung als Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut nicht zwingend. Zum anderen wird das Schiedsgericht im Rahmen von Art. 33 seine Zustimmung zum Erlass des Schiedsspruchs nur erteilen, wenn der Schiedsspruch mit dem ordre public vereinbar ist (Rz. 18).
C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Anders als bei einem Prozessvergleich im staatlichen Verfahren beendet ein 4 zwischen den Parteien geschlossener Vergleich das Schiedsverfahren nicht ipso iure. Vielmehr endet das Schiedsverfahren bei Abschluss eines Vergleichs entweder – s. im Einzelnen Art. 38 Rz. 53 ff. – mit einer vollständigen Klagerücknahme (Art. 38 Abs. 6) bzw. einer Vereinbarung über die Beendigung des Verfahrens, auf deren Grundlage das Schiedsgericht einen Beendigungsbeschluss („termination order“) erlassen kann (aber nicht muss), oder aber mit Erlass eines Endschiedsspruchs in Form des Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens der Parteien. Nur der Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien stellt – nach seiner Vollstreckbarerklärung durch ein staatliches Gericht – einen tauglichen Vollstreckungstitel dar (§ 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO), nicht aber der bloße Vergleich (Sonderkonstellation: Der Beschluss eines staatlichen Gerichts, der einen Anwaltsvergleich gemäß § 796a ZPO für vollstreckbar erklärt, ist ebenfalls tauglicher Vollstreckungstitel; s. dazu Rz. 1). In staatlichen Verfahren hat der Prozessvergleich eine Doppelwirkung. Mate- 5 riell-rechtlich stellt er einen Vertrag dar, durch den der Rechtsstreit im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (vgl. § 779 Abs. 1 BGB). Gleichzeitig stellt er eine auf Prozessbeendigung gerichtete Prozesshandlung und einen Vollstreckungstitel (vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) dar. Im Schiedsverfahren hingegen hat der Vergleichsvertrag zunächst nur eine materiell-rechtliche Wirkung (s. dazu auch Rz. 21). Ein zwischen den Parteien geschlossener außergerichtlicher Vergleich beendet 6 das staatliche Verfahren noch nicht. In diesem Fall müssen die Parteien entweder die Hauptsache für erledigt erklären (mit der Kostenfolge des § 91a ZPO) Nedden/Manner
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Art. 33 ICC-SchO | Schiedssprüche oder im Vergleich vereinbaren, dass der Kläger seine Klage zurücknimmt (mit der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
D. Einzelerläuterungen I. Voraussetzungen für den Erlass eines Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens der Parteien 7 Art. 33 benennt vier Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit ein Schieds-
spruch aufgrund Einvernehmens der Parteien ergehen kann.
1. Übergabe der Schiedsverfahrensakte an das Schiedsgericht 8 Vergleich nach Übergabe der Schiedsverfahrensakte. Erforderlich ist zunächst,
dass das Schiedsgericht vom Sekretariat die Schiedsverfahrensakte erhalten hat. Erst dann geht die Verfahrensleitungskompetenz auf das Schiedsgericht über. Gemäß Art. 16 erfolgt die Übergabe der Akte an das Schiedsgericht erst dann, wenn dieses vollständig konstituiert ist und der vom Sekretariat zu diesem Zeitpunkt angeforderte Kostenvorschuss vollständig beglichen wurde. Vergleichen sich die Parteien noch vor Unterzeichnung bzw. Genehmigung des Schiedsauftrags (Art. 23), steht dies nach der Praxis des Gerichtshofs einem unmittelbaren Erlass eines Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens nicht entgegen, sofern die Parteien schriftlich gegenüber dem Schiedsgericht und dem Sekretariat auf die Notwendigkeit des Schiedsauftrags verzichten.
9 Vergleich nach Erlass eines (Teil-)Schiedsspruchs. Die Parteien können auch im
weiteren Verlauf des Schiedsverfahrens einen Vergleich schließen und sich darauf einigen, dass das Schiedsgericht auf dieser Grundlage einen Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens erlassen möge. Dies gilt insb. auch dann, wenn das Schiedsgericht über Teile des Streits bereits in einem Teilschiedsspruch entschieden hat. Auch wenn das Schiedsgericht den Endschiedsspruch bereits dem Gerichtshof zur Überprüfung vorgelegt hat und wenn dieser den Endschiedsspruch bereits genehmigt hat, ist ein Vergleich und ein anschließender Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens über die im Endschiedsspruch zu bescheidenden Ansprüche möglich. Das Schiedsgericht wird dann den genehmigten Entwurf des Schiedsspruchs nicht unterzeichnen und das Sekretariat diesen nicht an die Parteien zustellen. In Ausnahmefällen ist es auch denkbar, dass sich Parteien nach Erlass und Zustellung eines Schiedsspruchs darauf einigen, dass dieser zwischen ihnen keine Wirkung mehr haben soll und dass das Schiedsgericht auf Grundlage ihres Vergleichs über dieselbe Angelegenheit einen Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens erlassen soll. Sobald das Schiedsgericht allerdings functus officio ist, kann es keinen Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens mehr erlassen; die Parteien müssten dann zu diesem Zweck ein neues Schiedsverfahren anstrengen.
10 Vergleich schon vor Übergabe der Schiedsverfahrensakte an das Schiedsgericht.
Wenn die Parteien nach Einleitung des Schiedsverfahrens, aber vor vollständiger 584
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Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien | Art. 33 ICC-SchO
Bildung des Schiedsgerichts einen Vergleich schließen, werden sie in aller Regel die Beendigung des Verfahrens beantragen und der Gerichtshof nur noch die ICC-Verwaltungskosten und ggf. das Honorar und die Auslagen der bereits ernannten oder bestätigten Schiedsrichter festsetzen (vgl. Art. 38 Abs. 6 Satz 1). Wenn der Vergleich ausnahmsweise keine Vereinbarung über die Verteilung der Verfahrenskosten oder andere kostenrelevante Fragen enthält, kann außerdem jede Partei beim Gerichtshof beantragen, dass die Konstituierung des Schiedsgerichts fortgesetzt wird, damit das Schiedsgericht ausschließlich über die Kosten entscheiden kann (vgl. Art. 38 Abs. 6 Satz 2 und 3). Diese Kostenentscheidung erfolgt dann in einem Kostenschiedsspruch. Darüber hinaus kommt entgegen des Wortlauts des Abs. 1 der Erlass eines Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens der Parteien auch dann in Betracht, wenn der Vergleich bereits vor Übergabe der Schiedsverfahrensakte an das Schiedsgericht geschlossen wurde. Insbesondere, wenn sich die Parteien nach Einleitung des Schiedsverfahrens auf den Vergleich geeinigt haben, steht es ihnen frei, das Verfahren fortzusetzen und die Bildung des Schiedsgerichts nur für den Zweck eines Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens zu beantragen. Fraglich ist, ob ein Schiedsverfahren ausschließlich für den Zweck des Erlasses eines Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens eingeleitet werden kann, nachdem die Parteien bereits einen Vergleich geschlossen haben. Dagegen könnte sprechen, dass gemäß Art. 1 Abs. 2 der Gerichtshof die Entscheidung von „Streitfällen“ durch Schiedsgerichte verwaltet und nach Abschluss eines Vergleichs kein „Streitfall“ mehr existiert. Letztlich wird diese Möglichkeit allerdings zu bejahen sein. Jedenfalls dann, wenn die Parteien behaupten, dass eine Streitigkeit vorliegt (etwa, weil der Vergleich unter der aufschiebenden Bedingung abgeschlossen wurde, dass ein Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens mit seinem Inhalt ergeht), wird es möglich sein, auch nach Vergleichsabschluss ein Schiedsverfahren einzuleiten, um einen Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens zu erlangen. 2. Vergleich Umfang des Vergleichs. Art. 33 setzt weiter voraus, dass sich die Parteien in der 11 Sache einvernehmlich geeinigt haben. Das Schiedsgericht muss hierbei prüfen, ob die Parteien einen Vergleich über den gesamten Streitgegenstand oder nur über einen Teil des Streitgegenstands geschlossen haben. Betrifft der Vergleich nur einen Teil des Rechtsstreits, was z.B. bei einer fehlenden Einigung über die Kostenverteilung der Fall sein kann, darf der Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien auch nur insoweit ergehen und stellt insofern einen Teilschiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien dar; hinsichtlich der Kosten hat das Schiedsgericht dann einen Endschiedsspruch zu erlassen. Regelt der Vergleich der Parteien auch Punkte, die nicht Teil des beim Schiedsgericht anhängigen Rechtsstreits sind, wird die Kompetenz des Schiedsgerichts zum Erlass des Schiedsspruchs auch über diesen Teil durch den Antrag der Parteien begründet. Dies kann zu einer Streitwerterhöhung und damit zu einer Erhöhung der Schiedsrichterhonorare sowie der ICC-Verwaltungskosten führen. Nedden/Manner
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Art. 33 ICC-SchO | Schiedssprüche 12 Vertraulichkeit des Vergleichs. Den Parteien steht es frei zu vereinbaren, dass
ihr Vergleich vertraulich ist. Allerdings sollten sie dann bestimmen, dass das Sekretariat, der Gerichtshof sowie das Schiedsgericht von dieser Vertraulichkeit ausgenommen sind, da diese bei Erlass eines Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens stets eine Kopie des Vergleichs erhalten müssen, der Grundlage dieses Schiedsspruchs sein soll. Insbesondere muss es dem Schiedsgericht und dem Gerichtshof möglich sein, unter Berücksichtigung des abgeschlossenen Vergleichs zu prüfen, ob der Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens gegen den ordre public verstoßen könnte (s. dazu näher Rz. 3 und 18). Außerdem folgt aus dem Wortlaut von Art. 33 in der maßgeblichen englischen Fassung, dass der Vergleich im Schiedsspruch festgehalten werden soll („the settlement shall be recorded in the form of an award“), woraus sich ergibt, dass ein Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens, der den Vergleich nicht beinhaltet (sondern bspw. lediglich auf die Existenz einer Vergleichsvereinbarung verweist), nicht vorgesehen ist. Wenn in Ausnahmefällen die Parteien nicht wünschen, dass das Sekretariat, der Gerichtshof und das Schiedsgericht Kenntnis von einer bestimmten (vollständigen) Fassung der Vergleichsvereinbarung erlangen, können sie in Erwägung ziehen, eine zweite (um etwaige besonders sensible Informationen reduzierte) Vergleichsvereinbarung zu schließen, die dem Sekretariat, dem Gerichtshof und dem Schiedsgericht vorgelegt werden kann. Diese kann dann die ausschließliche Grundlage für den Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens darstellen und parallel zur vollständigen und vertraulichen Fassung der Vergleichsvereinbarung existieren. Außerdem ist es in Ausnahmefällen auch möglich, den Vergleich lediglich dem Schiedsgericht vorzulegen, das diesen prüfen und gegenüber dem Gerichtshof bestätigen kann, dass dem Erlass des Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens keine zwingenden rechtlichen Gründe entgegenstehen. In derartigen Fällen empfiehlt sich eine frühzeitige Abstimmung mit dem Sekretariat, um Verzögerungen im Prüfungsverfahren gemäß Art. 34 zu vermeiden.
13 Schließlich kann das Schiedsgericht auch dann einen Schiedsspruch aufgrund
Einvernehmens erlassen, wenn es keine vollständige Kenntnis vom Vergleich hat, sofern der Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens nur aufgrund von bestimmten – und dem Schiedsgericht vorliegenden – Teilen des Vergleichs ergehen soll. Dies kann insb. dann der Fall sein, wenn die Parteien in einem Vergleich vereinbaren, dass alle Ansprüche wechselseitig aufgehoben sind und sie ansonsten lediglich eine Vereinbarung zur Kostentragung treffen. Wenn die Parteien daraufhin in einer gemeinsamen Mitteilung das Schiedsgericht vom Vergleichsabschluss, der Rücknahme ihrer Ansprüche und über den Inhalt ihrer Einigung über die Kostentragung unterrichten, kann das Schiedsgericht auf Grundlage dieser Mitteilung einen Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens über die Kostentragung erlassen. In diesem Schiedsspruch kann das Schiedsgericht dann zunächst (ähnlich wie in einer „termination order“ bzw. eines Beendigungsbeschlusses) auf Grundlage der gemeinsamen Mitteilung der Parteien von dem Umstand Kenntnis nehmen, dass die Parteien ihre Ansprüche wechselseitig zurückgezogen haben, und anschließend eine der Einigung der Parteien 586
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Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien | Art. 33 ICC-SchO
entsprechende Entscheidung zur Kostentragung treffen. Den vollständigen Vergleich braucht das Schiedsgericht dafür nicht zu kennen. Vergleich unter Widerrufsvorbehalt. Schließen die Parteien einen Vergleich 14 unter Widerrufsvorbehalt (d.h. unter der aufschiebenden Bedingung des nicht erfolgten Widerrufs innerhalb einer bestimmten Frist), darf das Schiedsgericht den Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erlassen. Rolle des Schiedsgerichts bei der vergleichsweisen Streitbeilegung. Das 15 Schiedsgericht darf die Parteien auf die Möglichkeit hinweisen, den Streit durch Vergleichsschluss beizulegen. Im Übrigen sind die Befugnisse des Schiedsgerichts zur Mitwirkung an einem Vergleichsschluss stark eingeschränkt; eine Mitwirkung setzt eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Parteien und dem Schiedsgericht voraus, s. dazu näher Art. 24 Rz. 27 sowie Anhang IV, Buchst. H und Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 93. 3. Antrag aller Parteien Das Schiedsgericht darf einen Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Par- 16 teien nur erlassen, wenn alle Parteien dies beantragen. Vergleichen sich die Parteien in Abwesenheit des Schiedsgerichts, wird dieser Antrag entweder im Vergleichstext enthalten sein oder die Parteien bevollmächtigen sich wechselseitig, einen solchen Antrag beim Schiedsgericht zu stellen; im Regelfall wird das Schiedsgericht oder das Sekretariat aber gleichwohl noch schriftlich die Bestätigung der anderen Partei einholen. Einigen sich die Parteien im Rahmen einer mündlichen Verhandlung und damit in Anwesenheit des Schiedsgerichts, wird dieser Antrag protokolliert oder im Vergleichstext selbst aufgenommen. Die Beantragung eines Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens der Parteien ist 17 insb. dann sinnvoll, wenn der Vergleich eine oder mehrere mit der Zwangsvollstreckung prinzipiell durchsetzbare Ansprüche ausweist, da der Forderungsinhaber bei Nichterfüllung des Vergleichs durch die andere Partei (z.B. nach fruchtlosem Verstreichen der im Vergleich vereinbarten Zahlungsfrist) aus dem Schiedsspruch (nach dessen Vollstreckbarerklärung durch ein staatliches Gericht) die Zwangsvollstreckung betreiben kann. Allerdings sollten die Parteien bedenken, dass der Erlass eines Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens Kostenfolgen haben kann (s. dazu Rz. 22 sowie Art. 38 Rz. 63). 4. Zustimmung des Schiedsgerichts Schließlich bedarf der Erlass eines Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens der 18 Parteien der Zustimmung des Schiedsgerichts. Grundsätzlich steht dem Schiedsgericht dabei ein Zustimmungsermessen zu. Das Schiedsgericht darf zur Sicherstellung der Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs seine Zustimmung jedoch nur erteilen, wenn der Inhalt des Schiedsspruchs nicht gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) verstößt (§ 1053 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Der Schiedsspruch Nedden/Manner
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Art. 33 ICC-SchO | Schiedssprüche darf daher jedenfalls nicht zu einem Ergebnis führen, das dem am Schiedsort bzw. am (voraussichtlichen) Vollstreckungsort geltenden ordre public widerspricht. Insoweit ist das Zustimmungsermessen eingeschränkt (zum ordre public interne bei der Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b) ZPO, BGH v. 28.1.2014 – III ZB 40/13, SchiedsVZ 2014, 98 [98 f.], Tz. 7 ff.; zu dem im Vergleich zum ordre public interne weniger strengen Prüfungsmaßstab des ordre public international im Rahmen der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche, BGH v. 6.10.2016 – I ZB 13/15, SchiedsVZ 2018, 54 ff.). Im Übrigen darf das Schiedsgericht seine Zustimmung grds. nicht davon abhängig machen, ob es den Inhalt des Vergleichs als richtig oder angemessen ansieht; anderes dürfte bspw. gelten, wenn das Schiedsgericht den berechtigten Eindruck hat, dass das Schiedsverfahren bzw. der Vergleich rechtswidrigen Zwecken wie der Geldwäsche dient. Um beurteilen zu können, ob dem Erlass des Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens etwaige zwingenden rechtlichen Gründe entgegenstehen, wird das Schiedsgericht regelmäßig den zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleich prüfen müssen, der daher dem Schiedsgericht vorzulegen ist.
II. Form, Inhalt und Wirkungen des Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens der Parteien 19 Der Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien ist ein vollwertiger
Schiedsspruch. Er muss daher, wie jeder andere Schiedsspruch auch, den Anforderungen des Art. 32 genügen. Die Begründung (Art. 32 Abs. 2) wird sich dabei regelmäßig auf die Ausführungen beschränken, dass und mit welchem Inhalt (als wörtliches Zitat des Vergleichstenors oder durch Beifügung des Vergleichstexts als Anlage zum Schiedsspruch) die Parteien den Rechtsstreit vergleichsweise beigelegt haben. Hinzu kommen die entsprechenden Anträge der Parteien sowie die Zustimmung des Schiedsgerichts, diesen Vergleich in einem Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien festzuhalten. Im Tenor des Schiedsspruchs wird regelmäßig die Verpflichtung der Parteien ausgesprochen, ihre jeweiligen Pflichten aus dem zwischen ihnen geschlossenen Vergleich zu erfüllen, wozu auch das Tragen etwaiger Vertretungskosten gehört. Zu diesem Zweck kann das Schiedsgericht entweder die entsprechenden Verpflichtungen aus dem geschlossenen Vergleich wiederholen oder pauschal auf den als Anhang angefügten oder in der Begründung wörtlich wiedergegebenen Vergleichstext verweisen und die Verpflichtung aussprechen, die daraus ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen. Zusätzlich werden im Tenor die vom Gerichtshof festgesetzten Kosten (Honorar und Auslagen der Schiedsrichter sowie die ICC-Verwaltungskosten) entsprechend der Vereinbarung der Parteien über die Kostenverteilung ausgeurteilt (Art. 37 Abs. 4). Darüber hinaus darf der Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien keine eigenen Entscheidungen des Schiedsgerichts beinhalten, auch nicht über solche Punkte, über welche die Parteien sich bewusst oder unbewusst nicht verglichen haben. Diese sind erforderlichenfalls 588
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Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien | Art. 33 ICC-SchO
durch einen separaten Kosten- bzw. Endschiedsspruch zu entscheiden. Sofern aus dem Vergleich eindeutig folgt, dass damit alle Ansprüche wechselseitig aufgehoben sind, kann das Schiedsgericht eine entsprechende Auffangklausel aufnehmen, wonach im Einklang mit der Vereinbarung der Parteien alle anderen (nicht bereits ausdrücklich im Tenor erwähnten) Anspruchsbegehren abgewiesen sind. Sollte der Vergleich der Parteien nach Auffassung des Schiedsgerichts nicht den gesamten Streitgegenstand umfassen (insb. wenn etwaige Kostenfragen nicht vom Vergleich umfasst sind), sollte das Schiedsgericht dies gegenüber den Parteien thematisieren, um Klarheit darüber zu schaffen, ob das Verfahren mit dem Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens enden soll oder ob über die offenen Streitpunkte noch ein Endschiedsspruch des Schiedsgerichts erforderlich ist. Der Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien unterliegt ebenfalls 20 der Prüfung durch den Gerichtshof (Art. 34). Dabei überprüft der Gerichtshof insb., ob der Schiedsspruch den Vergleich der Parteien richtig wiedergibt und ob zwingende rechtliche Gründe dem Erlass des Schiedsspruchs entgegenstehen könnten. Damit der Gerichtshof den Schiedsspruch vor diesem Hintergrund prüfen und genehmigen kann, müssen die Parteien dem Gerichtshof eine Kopie des abgeschlossenen Vergleichs übermitteln. Dem Schiedsgericht bleibt es unbenommen, den Parteien vor der Übersendung an den Gerichtshof einen Entwurf des Schiedsspruchs vorzulegen, um sicherzustellen, dass der von den Parteien geschlossene Vergleich im Schiedsspruch richtig „umgesetzt“ wurde. Außerdem können auch die Parteien dem Schiedsgericht einen Entwurf des Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens übermitteln. Diesen sollte das Schiedsgericht aber jedenfalls kritisch auf die erforderliche Form und Inhalt prüfen, bevor es diesen dem Gerichtshof zur Genehmigung vorlegt. Nach Genehmigung durch den Gerichtshof, Unterzeichnung durch das Schiedsgericht (die Parteien haben den Schiedsspruch nicht zu unterzeichnen) und Zustellung durch das Sekretariat (Art. 35 Abs. 1) ist der Schiedsspruch für die Parteien verbindlich (Art. 35 Abs. 6 Satz 1) und steht nach dessen Vollstreckbarerklärung einem rechtskräftigen gerichtlichen Urteil gleich (§§ 1055, 794 Abs. 1 Nr. 4a ZPO). Auch im Vollstreckbarerklärungs- und Aufhebungsverfahren wird der Schieds- 21 spruch aufgrund Einvernehmens der Parteien wie jeder andere Schiedsspruch behandelt. Es können daher dieselben Einwände vorgebracht werden wie sonst im Vollstreckbarerklärungs- oder Aufhebungsverfahren. Allerdings ist der Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien von dem diesem zugrunde liegenden materiell-rechtlichen Vergleichsvertrag zu trennen, d.h. die Aufhebung des Schiedsspruchs führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit des Vergleichs. Umgekehrt bleibt der Schiedsspruch verbindlich, auch wenn sich der Vergleich als unwirksam herausstellt und keine Aufhebungsgründe vorliegen.
III. Kosten Endet ein Schiedsverfahren aus Anlass eines Vergleichs, wird der Gerichtshof 22 bei der Festsetzung des Honorars und der Auslagen der Schiedsrichter sowie der Nedden/Manner
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Art. 34 ICC-SchO | Schiedssprüche ICC-Verwaltungskosten berücksichtigen, welcher Aufwand bis dato für das Schiedsgericht und den Gerichtshof angefallen ist. Insofern kann der Erlass eines Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens der Parteien die Höhe der vom Gerichtshof festzusetzenden Kosten beeinflussen. Regelmäßig wird die vergleichsweise Beilegung des Rechtsstreits zu einer Rückzahlung eines Teils des von den Parteien geleisteten Kostenvorschusses führen. Wegen der Einzelheiten s. die Kommentierung zu Art. 38.
E. Abweichende Parteivereinbarungen 23 Vereinbarungen der Parteien, wonach bereits mit dem Abschluss des materiell-
rechtlichen Vergleichsvertrags das Verfahren automatisch endet oder der Vergleich einen tauglichen Vollstreckungstitel darstellt, sind unwirksam. Denkbar sind jedoch Vereinbarungen zur Rolle des Schiedsgerichts bei möglichen Vergleichsgesprächen.
Artikel 34 Prüfung des Schiedsspruchs durch den Schiedsgerichtshof Vor der Unterzeichnung eines Schiedsspruchs legt das Schiedsgericht seinen Entwurf dem Gerichtshof vor. Dieser kann Änderungen in der Form vorschreiben. Unter Wahrung der Entscheidungsfreiheit des Schiedsgerichts kann der Gerichtshof dieses auf Punkte hinweisen, die den sachlichen Inhalt des Schiedsspruchs betreffen. Kein Schiedsspruch kann ergehen, ohne dass er vom Gerichtshof in der Form genehmigt worden ist. Article 34: Scrutiny of the Award by the Court Before signing any award, the arbitral tribunal shall submit it in draft form to the Court. The Court may lay down modifications as to the form of the award and, without affecting the arbitral tribunal’s liberty of decision, may also draw its attention to points of substance. No award shall be rendered by the arbitral tribunal until it has been approved by the Court as to its form. Regelungsschwerpunkte: Die Prüfung sowie die zwingende Genehmigung von ICCSchiedssprüchen durch den Gerichtshof vor Zustellung an die Parteien stellen Kernelemente von ICC-Schiedsverfahren dar, von denen nicht durch Parteivereinbarung abgewichen werden kann. → Rz. 29 Kostenaspekte: Entgegen verschiedentlich geäußerter Auffassung führt die Prüfung von Schiedssprüchen i.d.R. nicht zu einer Verzögerung des Verfahrens, sondern trägt maßgeblich dazu bei, dass ICC-Schiedssprüche in den meisten Fällen weltweit problemlos vollstreckt werden können. Schon dieser Mehrwert rechtfertigt die im Vergleich mit Verwaltungsgebühren anderer Schiedsinstitutionen u.U. höheren ICC-Verwaltungskosten. → Rz. 26
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Prüfung des Schiedsspruchs durch den Schiedsgerichtshof | Art. 34 ICC-SchO A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Verhältnis zum X. Buch der ZPO C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . D. I. II. 1.
Einzelerläuterungen . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . Umfang der Prüfung . . . . . . . . Änderungsvorgaben hinsichtlich der Form (Satz 2) . . . . . . . . . . .
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4 5 5 6 7
2. Hinweise zum sachlichen Inhalt des Schiedsspruchs (Satz 3) . . . 3. Häufige Fehlerquellen im Schiedsspruch . . . . . . . . . . . . III. Ablauf der Prüfung . . . . . . . . . IV. Entscheidung des Gerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . .
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E. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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10 15 21 26 29
Veröffentlichungen des Sekretariats: „Checkliste für Schiedssprüche der ICC“. Literatur: Flecke-Giammarco, The ICC Scrutiny Process and Enhanced Enforceability of Arbitral Awards, Journal of Arbitration Studies, Vol. 24 No. 3 (2014), S. 47 ff.; Knuts, Jura Novit Curia and the Right to Be Heard – An Analysis of Recent Case Law, Arbitration International, Vol. 28 Issue 4 (2012), S. 669 ff.; Lloyd et al., Drafting Awards in ICC Arbitrations, ICC Court Bulletin, Vol. 16 No. 2 (2005), S. 19 ff.; Schmidt, Der Schiedsspruch, SchiedsVZ 2013, 32 ff.; Wilske/Raynal, Scrutiny of the Award – Is It Really Helpful?; Arbitration Journal of the Arbitration Association of the R.O.C., Vol. 111 (January 2021), S. 36 ff.
A. Normzweck Das in Art. 34 normierte Erfordernis einer Vorabprüfung der Entwürfe von 1 Schiedssprüchen durch den Gerichtshof stellt eine, wenn nicht die zentrale Besonderheit von ICC-Schiedsverfahren dar. Die Prüfung dient in erster Linie der Qualitätskontrolle und damit der Sicherstellung der Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs (vgl. auch die allgemeine Bestimmung in Art. 42 a.E.) und ist für die Parteien von großem Nutzen. Der Gerichtshof berücksichtigt bei der Prüfung der Entwürfe von Schiedssprüchen, soweit möglich, die am Schiedsort bestehenden zwingenden rechtlichen Anforderungen (vgl. Art. 7 Anhang II). Der Gerichtshof achtet aber insb. auch auf Qualität und Verständlichkeit des Schiedsspruchs. Regelmäßig kann durch dieses Qualitätsmanagement ein Berichtigungs- und Auslegungsverfahren (Art. 36 Abs. 1–3) vermieden werden. Zudem soll durch die Prüfung die Akzeptanz des Schiedsspruchs von Seiten aller Parteien sichergestellt werden, um Aufhebungsverfahren vorzubeugen und die Chance zu erhöhen, dass die im Schiedsspruch getroffenen Regelungen freiwillig und ohne Rückgriff auf staatliche Zwangsvollstreckungsinstrumente befolgt werden. Der Gerichtshof kann im Rahmen seiner Prüfung dabei auf die Expertise seiner derzeit 178 Mitglieder aus gegenwärtig 118 Staaten weltweit sowie auf die geschulten Juristen in seinem Sekretariat zurückgreifen. Die vom Sekretariat veröffentlichte „Checkliste für Schiedssprüche der ICC“, 2 die zuletzt im Zuge der Änderungen der ICC-SchO im Jahr 2017 angepasst wurde, soll als Leitlinie beim Erstellen von Schiedssprüchen dienen und damit die Arbeit des Schiedsgerichts (und auch des Gerichtshofs sowie des Sekretariats) Nedden/Manner
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Art. 34 ICC-SchO | Schiedssprüche erleichtern. Der Gerichtshof weist aber explizit darauf hin, dass diese Checkliste keine vollständige Aufzählung darstellt und für die Schiedsrichter nicht verbindlich ist. Sie regelt auch nicht sämtliche Punkte, auf die der Gerichtshof gemäß Art. 34 hinweisen kann (vgl. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 172). Für das Schiedsgericht empfiehlt es sich jedoch, die Anforderungen der Checkliste beim Entwurf eines Schiedsspruchs genau zu beachten, da das Sekretariat deren Einhaltung in der Praxis strikt prüft.
B. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 3 Die Vorschriften des X. Buchs der ZPO haben für die Anwendung von Art. 34
keine praktische Bedeutung.
C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4 Eine mit Art. 34 vergleichbare Prüfung des Urteils eines staatlichen Gerichts vor
dessen Verkündung findet nicht statt. Anders als in Schiedsverfahren, in denen als Rechtsbehelf nur das Aufhebungsverfahren (vgl. § 1059 ZPO) in Betracht kommt, stehen in staatlichen Verfahren jedoch zahlreiche Rechtsbehelfe gegen bereits erlassene erstinstanzliche Entscheidungen zur Verfügung. Die zivilprozessualen Rechtsbehelfe sind dabei entweder auf die Fortsetzung des bisherigen Verfahrens (Berufung, Revision, Urteils- und Tatbestandsberichtigung, Urteilsergänzung, Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs) oder auf den Beginn eines neuen Verfahrens (Abänderungs-, Vollstreckungsabwehr- und Drittwiderspruchsklage) gerichtet. Funktional werden mit dem Verfahren nach Art. 34 für die ICCSchiedsgerichtsbarkeit wesentliche Ziele des staatlichen Rechtsmittelrechts erreicht, insb. das Ziel der Verfahrenskontrolle. Dagegen bezweckt das Verfahren nach Art. 34 nicht, die Einheitlichkeit der Rechtsprechung von ICC-Schiedsgerichten sicherzustellen.
D. Einzelerläuterungen I. Anwendungsbereich 5 Die Verpflichtung des Schiedsgerichts, vor Unterzeichnung eines Schieds-
spruchs dem Gerichtshof einen Entwurf vorzulegen (Satz 1), findet auf alle Arten von Schiedssprüchen (u.a. End-, Teil- oder Zwischenschiedsspruch, vgl. Art. 2 (v) und dazu Art. 2 Rz. 19) Anwendung (vgl. Art. 32 Rz. 4 f.). Dies gilt unabhängig davon, ob der betreffende Schiedsspruch vom Schiedsgericht ausdrücklich auch als solcher bezeichnet wird (zur Abgrenzung von Schiedssprüchen zu anderen Entscheidungsformen, vgl. Schmidt, SchiedsVZ 2013, 32). Unter die Vorschrift fallen auch Schiedssprüche aufgrund Einvernehmens der 592
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Prüfung des Schiedsspruchs durch den Schiedsgerichtshof | Art. 34 ICC-SchO
Parteien nach Art. 33, Zwischenentscheidungen des Schiedsgerichts zum anwendbaren Recht oder zum Anspruchsgrund (sog. „Zwischenschiedsspruch“) sowie (zumindest in entsprechender Anwendung) die eigene Zuständigkeit bejahende sog. „Zwischenentscheide“ i.S.v. § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO (vgl. Art. 32 Rz. 5). Gemäß Art. 36 Abs. 3 findet Art. 34 auf Addenda und Entscheidungen, die ein Schiedsgericht in Folge eines Berichtigungs- oder Auslegungsantrags gemäß Art. 36 Abs. 2 entworfen hat, entsprechende Anwendung. Ein Schiedsspruch kann vom Schiedsgericht erst dann erlassen werden, wenn er vom Gerichtshof genehmigt wurde. Nicht anwendbar ist Art. 34 hingegen auf verfahrensleitende Verfügungen sowie auf den Beschluss eines Eilschiedsrichters (s. dazu die Kommentierung zu Art. 29 Rz. 64).
II. Umfang der Prüfung Die Prüfung von Schiedssprüchen umfasst nach Art. 34 die Form und den sach- 6 lichen Inhalt des Schiedsspruchs (zum Ablauf der Prüfung vgl. Rz. 15 ff.). Hiervon zu unterscheiden ist die von Schiedsgerichten bisweilen erbetene, informelle Vorabprüfung des Schiedsspruchentwurfs durch das Sekretariat („pre-scrutiny“), die über eine summarische Prüfung nicht hinausgeht. 1. Änderungsvorgaben hinsichtlich der Form (Satz 2) Hinsichtlich der Form kann der Gerichtshof dem Schiedsgericht Änderungen ver- 7 bindlich vorschreiben (Art. 34 Satz 3). Unter den Begriff der Form werden gemeinhin Aspekte wie Schreib- und Rechenfehler sowie die Einhaltung der Grenzen des Schiedsauftrags (Art. 23 Abs. 4) gefasst. Ferner zählen hierzu die in der „Checklist für Schiedssprüche der ICC“ (vgl. Rz. 2) genannten Anforderungen an die Form des Schiedsspruchs. Danach hat ein Schiedsspruch u.a. folgende Punkte zu enthalten: Erwähnung der vollständigen ICC-Fallnummer auf dem Deckblatt des Schiedsspruchs, Bezeichnung des Schiedsspruchs als Zwischen-, Teil- oder Endschiedsspruch bzw. als Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien und Angabe der jeweils geltenden Fassung der ICC-SchO; vollständige und korrekte Namen und Adressen der Parteien, der Parteivertreter und der Schiedsrichter; Wiedergabe des gesamten Wortlauts der Schieds- und Rechtswahlvereinbarung(en); Zusammenfassung des Verfahrensverlaufs nebst Angaben zu ggf. erfolgten Entscheidungen des Gerichtshofs zu Art. 6 Abs. 4, Schiedsort und Anzahl der Schiedsrichter, Beschreibung der Bildung des Schiedsgerichts, Angabe des Datums des Schließens des Verfahrens gemäß Art. 27 Abs. 1 sowie der letzten Fristverlängerung für den Erlass des Endschiedsspruchs sowie eine Tenorierung, die alle Entscheidungen aus den Entscheidungsgründen widerspiegelt (vgl. hierzu auch Rz. 13). 2. Hinweise zum sachlichen Inhalt des Schiedsspruchs (Satz 3) Im Hinblick auf den sachlichen Inhalt des Schiedsspruchs darf der Gerichtshof 8 lediglich unverbindliche Hinweise erteilen (Art. 34 Satz 2). Die EntscheidungsNedden/Manner
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Art. 34 ICC-SchO | Schiedssprüche freiheit des Schiedsgerichts wird durch diese nicht berührt. Zum sachlichen Inhalt des Schiedsspruchs zählen insb. die Begründung und der Tenor des Schiedsspruchs. Das besondere Augenmerk des Gerichtshofs richtet sich dabei auf die Beachtung der zwischen den Parteien geschlossenen vertraglichen Abreden, des anwendbaren Rechts und der Anträge der Parteien, auf die Beweiswürdigung, die Zins- und Kostenentscheidungen und die Wahrung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs (vgl. Rz. 14) sowie der am Schiedsort bestehenden zwingenden rechtlichen Anforderungen (vgl. Art. 7 Anhang II). 9 In der Praxis werden trotz der Unverbindlichkeit von Hinweisen betreffend den
sachlichen Inhalt diese Hinweise zumeist vom Schiedsgericht umgesetzt. Sollte das Schiedsgericht den Hinweisen nicht folgen wollen und diese im Lichte seiner Fallkenntnis nicht nachvollziehen können, wird durch einen meist mündlichen Austausch mit dem Sekretariat in den meisten Fällen ein sowohl das Schiedsgericht als auch den Gerichtshof zufriedenstellender Umgang mit der inhaltlichen Anregung des Gerichtshofs gefunden. Es empfiehlt sich insoweit, dass das Schiedsgericht proaktiv auf das Sekretariat zugeht.
3. Häufige Fehlerquellen im Schiedsspruch 10 Zahlen. In zahlreichen Fällen sind mathematische Berechnungen fehlerhaft und
somit nach den Vorgaben des Gerichtshofs vom Schiedsgericht zu korrigieren. Es kommt auch häufig vor, dass Geldbeträge entweder uneinheitlich beziffert werden oder „Zahlendreher“ enthalten. Das Schiedsgericht sollte jedoch nicht erwarten, dass der Gerichtshof jede im Schiedsspruch enthaltene Berechnung im Detail nachprüft und sollte daher selbst besonderes Augenmerk auf die Richtigkeit seiner mathematischen Berechnungen legen.
11 Zinsen. Das besondere Augenmerk des Gerichtshofs richtet sich darauf, dass die
Zinsanträge berücksichtigt werden und das Schiedsgericht nach dem anwendbaren Sach- bzw. Schiedsverfahrensrecht überhaupt befugt ist, Zinsen zuzusprechen. Ferner achtet der Gerichtshof darauf, dass Beginn und Ende des Zinslaufs (jeweils mit Begründung), der anwendbare Zinssatz sowie die Zinsart (einfache Zinsen oder Zinseszinsen) angegeben werden und ein variabler Zinssatz (z.B. fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz) nicht in einen statischen Zinssatz umgewandelt wird.
12 Kosten. Der Gerichtshof prüft, ob der Schiedsspruch eine ggf. bestehende Kos-
tenvereinbarung in der Schiedsvereinbarung, den jeweiligen Parteivortrag und die bisherigen Kostenvorschusszahlungen hinreichend berücksichtigt. Ferner achtet der Gerichtshof darauf, dass die Begründung der Kostenentscheidung von Art. 38 gedeckt ist und ggf. auf die nach Art. 38 Abs. 1 erforderliche Angemessenheit der Parteikosten eingeht. Eine besonders häufige Fehlerquelle liegt in der Praxis darin, dass das Schiedsgericht nicht ausreichend präzise zwischen den Honoraren und Auslagen des Schiedsrichters einerseits und den Verwaltungskosten der ICC andererseits (die zusammen die Kosten des Verfahrens bilden) differenziert (s. dazu die Kommentierung zu Art. 38 Rz. 10). 594
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Prüfung des Schiedsspruchs durch den Schiedsgerichtshof | Art. 34 ICC-SchO
Tenorierung. Der Gerichtshof achtet darauf, dass der Entscheidungstenor keine 13 eigenständige Begründung und i.d.R. auch keinen Verweis auf die Begründung des Schiedsspruchs enthält. Ferner muss der Tenor sämtliche Entscheidungen in der Begründung des Schiedsspruchs widerspiegeln. Der Schiedsspruch darf nicht über das Beantragte hinausgehen (ne ultra/extra petita). Bleibt der Schiedsspruch insoweit, als einer Partei etwas zugesprochen wird, hinter dem Beantragten zurück (infra petita), ist im Tenor auszusprechen, dass die Klage (bzw. Widerklage) im Übrigen abgewiesen wird. Ferner empfiehlt es sich regelmäßig, im Tenor vorsorglich aufzunehmen, dass alle weiteren Anträge abgewiesen werden, um einen Schiedsspruch infra petita zu vermeiden (zu infra petita „vergessenen“ Ansprüchen, s. die Kommentierung zu Art. 36 Rz. 39 ff.). Enthält der Schiedsspruch nur eine Entscheidung über einen Teil des Rechtsstreits oder der geltend gemachten Forderungen (Teilschiedsspruch), ist dies im Tenor und ggf. auch bereits in der Bezeichnung des Schiedsspruchs („Teilschiedsspruch“ bzw. „partial award“) klarzustellen. Das Schiedsgericht sollte in einem solchen Fall im Tenor aussprechen, dass die Entscheidung über alle weiteren Ansprüche einem oder mehreren nachfolgenden Schiedssprüchen vorbehalten ist. Rechtliches Gehör. Hierzu zählt insb., dass das Schiedsgericht keine Über- 14 raschungsentscheidung erlassen darf. Nach der Praxis des Gerichtshofs darf die Begründung des Schiedsspruchs grds. nicht im Kern auf ein rechtliches Argument gestützt werden, zu dem die Parteien entweder nicht gehört wurden oder nicht vorgetragen haben. So gilt bspw. der im deutschen Rechtskreis anerkannte Grundsatz iura novit curia nicht automatisch auch in internationalen Schiedsverfahren (vgl. statt aller Knuts, Arbitration International, Vol. 28 Issue 4 [2012], 669). Ferner gebietet der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, dass eine sich am Verfahren nicht beteiligende Partei über das Verfahren und insb. den Sach- und Rechtsvortrag der anderen Partei fortlaufend zu unterrichten ist und ihr sämtliche schriftliche Kommunikation zugesandt wird. Dies ist im Schiedsspruch entsprechend zu vermerken. Hat sich eine Partei nicht am Schiedsverfahren beteiligt, so sollte es das Schiedsgericht vermeiden, Feststellungen damit zu begründen, dass ein entsprechender Vortrag der anderen Partei unbestritten geblieben ist. Hält der Gerichtshof in einem konkreten Fall die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch das Schiedsgericht für möglich, wird er in seinen Kommentaren zum Entwurf des Schiedsspruchs das Schiedsgericht oft vorsichtshalber bitten, das Verfahren wiederzueröffnen und den Parteien eine entsprechende Möglichkeit zur Stellungnahme zu gewähren. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass die spätere Vollstreckung des Schiedsspruchs nicht an einer Gehörsverletzung scheitert.
III. Ablauf der Prüfung Das Prüfverfahren ist dreistufig, wobei die ersten beiden Prüfungsschritte 15 durch das Sekretariat vorgenommen werden und nur der letzte Prüfungsschritt dem Gerichtshof selbst obliegt. Diese Koppelung mehrerer Prüfungsschritte geNedden/Manner
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Art. 34 ICC-SchO | Schiedssprüche währleistet die kritische Untersuchung des Schiedsspruchs durch mehrere erfahrene Schiedsrechtspraktiker, wobei deren Zahl sich um ein Vielfaches erhöhen kann, wenn ein Sonderausschuss des Gerichtshofs mit der Prüfung des Schiedsspruchs befasst wird (vgl. dazu Rz. 18). Das auf diese Weise etablierte Mehraugenprinzip soll eine möglichst umfassende Erfassung sämtlicher Unzulänglichkeiten des Entwurfstexts gewährleisten. 16 Das Schiedsgericht übersendet den Entwurf des Schiedsspruchs zunächst – übli-
cherweise per E-Mail – an das Sekretariat, das die eigentliche Prüfung durch den Gerichtshof maßgeblich vorbereitet (vgl. Art. 2 Satz 2 Anhang I). Die Parteien sind am Genehmigungsverfahren nicht beteiligt. Ihnen werden weder der Entwurf bzw. die Entwürfe des Schiedsgerichts noch etwaige Entwurfsanmerkungen des Gerichtshofs mitgeteilt. Allerdings informiert das Sekretariat die Parteien jeweils, sobald es einen Entwurf des Schiedsspruchs erhalten hat und sobald der Gerichtshof diesen genehmigt hat. Nach diesem Zeitpunkt kann es jedoch mitunter noch mehrere Wochen dauern, bis das Schiedsgericht die Anmerkungen des Gerichtshofs berücksichtigt, den Schiedsspruch unterzeichnet sowie die erforderliche Anzahl an Ausfertigungen dem Sekretariat übermittelt hat und anschließend das Sekretariat den unterzeichneten Schiedsspruch den Parteien zustellt. Wenn der Schiedsspruch vom Gerichtshof nicht genehmigt wurde, wird den Parteien regelmäßig mitgeteilt, dass der Schiedsspruch vom Gerichtshof geprüft wurde und dass dieser entschieden hat, den Schiedsspruch in einer der nächsten Sitzungen erneut zu prüfen.
17 Innerhalb des Sekretariats erfolgt die Prüfung auf mehreren Ebenen. Der für das
Verfahren zuständige Referent im Sekretariat unterzieht den Entwurf einer ersten Prüfung (sog. „first-level review“), um die Ergebnisse seiner Prüfung zusammen mit einem Entscheidungsvorschlag in einem Beschlussentwurf („agenda“) schriftlich festzuhalten. Ist der Entwurf des Schiedsspruchs in deutscher, italienischer, spanischer oder portugiesischer Sprache verfasst, wird der Entwurf im Rahmen einer gesonderten Sitzung des Gerichtshofs, bestehend aus drei Mitgliedern des Gerichtshofs, die in der Sprache des Entwurfstexts das Sprachniveau von Muttersprachlern oder ein vergleichbares Sprachniveau aufweisen, geprüft. Dadurch wird eine Übersetzung des Entwurfes mit den damit zwangsläufig verbundenen Übersetzungsschwierigkeiten sowie zeitlichen Verzögerungen vermieden. Ist der Schiedsspruch weder in einer der vorgenannten Sprachen noch in englischer oder frz. Sprache abgefasst, wird er hingegen auf Kosten der ICC parallel ins Englische übersetzt. Der Generalsekretär, sein Stellvertreter oder der Managing Counsel nimmt dann die Zweitprüfung des Schiedsspruchs vor und ergänzt den Beschlussentwurf oder ändert ihn ggf. ab (sog. „second-level review“).
18 In einem dritten Schritt wird der Gerichtshof mit dem Entwurf des Schieds-
spruchs befasst. Auf der Grundlage des innerhalb des Sekretariats abgestimmten Beschlussentwurfs nimmt der Gerichtshof eine eigene Prüfung des Entwurfs des Schiedsspruchs durch einen Ausschuss, einen Sonderausschuss oder einen EinPersonen-Ausschuss vor. Auch eine Prüfung in der jährlich stattfindenden Vollversammlung des Gerichtshofs ist aber möglich. Das wöchentlich tagende Ko596
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Prüfung des Schiedsspruchs durch den Schiedsgerichtshof | Art. 34 ICC-SchO
mitee besteht aus drei Mitgliedern. Der üblicherweise nur monatlich tagende Sonderausschuss, an dem regelmäßig alle Mitglieder teilnehmen können, besteht aus mindestens sieben Mitgliedern, gewöhnlich sind es 15 bis 30 Mitglieder. Auch an der üblicherweise jährlich stattfindenden Vollversammlung können alle Mitglieder teilnehmen. Die Prüfung durch einen Sonderausschuss erfolgt insb. bei Entwürfen von Schiedssprüchen (i) zu Angelegenheiten, die einen Staat oder staatliche Institutionen betreffen, (ii) zu Angelegenheiten, bei denen der Ausschuss keine einstimmige Entscheidung erzielt oder die es anderweitig an den Sonderausschuss verwiesen hat, oder (iii) in Fällen, in denen keine einstimmige Entscheidung des Schiedsgerichts vorliegt, es also ggf. ein Sondervotum gibt. Existiert ein Sondervotum, so wird dieses vom Gerichtshof nicht nach Art. 34 überprüft; jedoch kann der Gerichtshof dem Schiedsgericht nach Lektüre des Sondervotums ggf. aufgeben, sich mit überzeugenden Argumenten des abweichenden Schiedsrichters auseinanderzusetzen, um so letztlich die Überzeugungskraft des Schiedsspruchs zu stärken. Ein Ein-Personen-Ausschuss kann mit der Prüfung eines Schiedsspruchentwurfs, auf den die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren Anwendung finden, betraut werden (s. zum Ganzen Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 164; Art. 1 Abs. 4 ICC-SchO i.V.m. Art. 4, 5, 6, 7 Anhang I). Prüfung bei Dringlichkeit. In besonders dringenden Fällen kann eine Prüfung 19 und Genehmigung des Schiedsspruchs ausnahmsweise auch durch den Präsidenten des Gerichtshofs (unter bestimmten Voraussetzungen auch durch den Vizepräsidenten des Gerichtshofs) allein vorgenommen werden, wenn es sich um eine zeitkritische Prüfung und damit um eine „dringende Entscheidung“ i.S.v. Art. 1 Abs. 3 handelt. Dies kommt in der Praxis indes nur selten vor. In den meisten dringenden Fällen kann eine zeitgerechte Genehmigung des Schiedsspruchs auch durch ein eigens dafür zusammengesetztes Komitee des Gerichtshofs erfolgen. Zeitrahmen. Die Prüfung durch das Sekretariat dauert i.d.R. drei bis vier Wo- 20 chen, gerechnet ab dem Zeitpunkt des Eingangs des Entwurfstexts. Ist bei der anschließenden Prüfung durch den Gerichtshof ein Sonderausschuss mit dem Entwurf des Schiedsspruchs befasst, hängt der Zeitbedarf für die weitere Prüfung von der zeitlichen Nähe der Entwurfsübermittlung zum monatlichen Sitzungstermin der Sonderausschüsse ab, der i.d.R. auf den letzten Donnerstag im Monat fällt. Dadurch kann die Prüfung durch einen Sonderausschuss bis zu fünf oder sechs Wochen in Anspruch nehmen. In derartigen Fällen kann es zur Vermeidung von Verzögerungen empfehlenswert sein, dass das Schiedsgericht frühzeitig beim Sekretariat nachfragt, bis wann der Entwurf des Schiedsspruchs beim Sekretariat eingehen muss, damit der Schiedsspruch noch zum nächsten Sitzungstermin einem Sonderausschuss des Gerichtshofs vorgelegt werden kann. Für die Prüfung eines Schiedsspruchentwurfs im beschleunigten Verfahren gilt ein davon abweichender Zeitrahmen (s. zum Ganzen Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 168 f.).
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Art. 34 ICC-SchO | Schiedssprüche IV. Entscheidung des Gerichtshofs 21 Der Gerichtshof kann den Entwurf des Schiedsspruchs genehmigen, unter Vor-
behalt genehmigen oder die Genehmigung ablehnen und an das Schiedsgericht zurückverweisen. In jedem Fall erfolgt die sich anschließende Kommunikation mit dem Schiedsgericht durch das Sekretariat.
22 Vorbehaltlose Genehmigung. Bei Erteilung einer vorbehaltlosen Genehmigung
kann der Schiedsspruch unmittelbar ergehen. Entsprechend wird das Schiedsgericht um unverzügliche Ausfertigung, Datierung, Unterzeichnung und Übersendung einer ausreichenden Anzahl von Originalen oder ggf. einer elektronischen Fassung des Schiedsspruchs an das Sekretariat gebeten, damit dieses den Schiedsspruch an die Parteien zustellen kann (Art. 35 Abs. 1). Eine vorbehaltlose Genehmigung wird nur in den wenigsten Fällen erteilt. Nach der Statistik der ICC für das Jahr 2020 wurden nur 4 von 564 geprüften Entwürfe vorbehaltlos genehmigt (2020 ICC Dispute Resolution Statistics).
23 Genehmigung unter Vorbehalt. Die überwiegende Mehrzahl der Schiedssprü-
che wird vom Gerichtshof nur unter Vorbehalt der Umsetzung der Änderungen genehmigt. Die Änderungen können sich hierbei neben den zwingend umzusetzenden Formvorgaben auch auf materiell-rechtliche Punkte beziehen, auf die der Gerichtshof nur (unverbindlich) hinweisen darf. Eine Unterscheidung zwischen formellen und materiell-rechtlichen Punkten ist in der Praxis aber oft kaum möglich und die Grenzen sind weitgehend fließend. Zudem kommen die Schiedsgerichte in der ganz überwiegenden Anzahl der Fälle den entsprechenden Hinweisen nach. Das Sekretariat übersendet dem Schiedsgericht ein Schreiben mit einer Aufzählung von Änderungsvorschlägen sowie ggf. ein Markup seines Entwurfstexts mit orthografischen oder typographischen Hinweisen. Im Falle einer Genehmigung des Schiedsspruchs unter Vorbehalt wird in aller Regel auch das Sekretariat (und nicht der Gerichtshof) die Umsetzung der vom Gerichtshof vorgegebenen Änderungen in dem überarbeiteten Entwurf des Schiedsspruchs überprüfen. Ist das Sekretariat überzeugt, dass die Anmerkungen i.S.d. Gerichtshofs beachtet und umgesetzt wurden, wird es das Schiedsgericht – wie im Falle einer vorbehaltlosen Genehmigung – um unverzügliche Ausfertigung, Datierung, Unterzeichnung und Übersendung einer ausreichenden Anzahl von Originalen oder ggf. einer elektronischen Fassung des Schiedsspruchs bitten. Ist das Sekretariat nicht überzeugt, dass das Schiedsgericht die Anmerkungen des Gerichtshofs ausreichend gewürdigt und umgesetzt hat, kann es den Schiedsspruch erneut dem Gerichtshof zur Genehmigung vorlegen.
24 Ablehnung der Genehmigung. Diese wird ausführlich begründet und erfolgt
nur bei gravierenden Mängeln des Schiedsspruchs, d.h. wenn aus Sicht des Gerichtshofs der Schiedsspruch bzw. Teile hiervon vollständig überarbeitet werden müssen oder aufgrund der zu Bedenken gegebenen Punkte sich das Ergebnis des Schiedsspruchs ändern könnte. Nach der Statistik der ICC für das Jahr 2020 war dies bei 47 von insgesamt 564 geprüften Schiedssprüchen der Fall (2020 ICC Dispute Resolution Statistics). Die Ablehnung der Genehmigung des Schieds598
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Prüfung des Schiedsspruchs durch den Schiedsgerichtshof | Art. 34 ICC-SchO
spruchs führt dazu, dass dieser dem Gerichtshof erneut zur Prüfung vorgelegt werden muss. Die Wiedervorlage des Schiedsspruchentwurfs ist nur dann Erfolg versprechend, wenn das Schiedsgericht in dem überarbeiteten Entwurf des Schiedsspruchs die Anmerkungen des Gerichtshofs hinreichend berücksichtigt hat. In aller Regel wird das Sekretariat nach erfolgter Nichtgenehmigung und vor Wiedervorlage mit dem Schiedsgericht in Kontakt treten und dieses bei der Umsetzung und ggf. beim Verständnis der Änderungswünsche unterstützen. Die Entscheidungsfreiheit des Schiedsgerichts bleibt hiervon jedoch unberührt. Empfehlung: Wenn ein Schiedsgericht die Entscheidung des Gerichtshofs mit Anmerkungen zu seinem Entwurf des Schiedsspruchs erhält und diesem einige der Anmerkungen unklar sein sollten, sollte das Schiedsgericht nicht zögern, Kontakt mit dem zuständigen Referenten aufzunehmen, bevor es dem Sekretariat einen überarbeiteten Entwurf des Schiedsspruchs übermittelt. Dies gilt insb. dann, wenn der Schiedsspruch vom Gerichtshof zunächst nicht genehmigt worden sein sollte. Im persönlichen Austausch mit dem Referenten lassen sich etwaige Unklarheiten oft am effizientesten klären.
25
V. Kosten Die umfangreiche Prüfung des Schiedsspruchs durch den Gerichtshof erklärt, 26 warum die ICC-Verwaltungskosten im Vergleich mit Verwaltungsgebühren anderer Schiedsinstitutionen verhältnismäßig hoch sind. In der Regel wird sich das Qualitätsmanagement des Gerichtshofs aber auszahlen und zu einer Aufhebungsfestigkeit und Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs führen. Schon dieser Mehrwert rechtfertigt die Höhe der ICC-Verwaltungskosten. Die Prüfung des Schiedsspruchs wird regelmäßig erst dann eingeleitet, wenn die 27 Parteien sämtliche Verfahrenskostenvorschüsse beglichen haben. Um eine Verzögerung des Prüfungsverfahrens zu vermeiden, liegt es daher im eigenen Interesse der Parteien, auf die rechtzeitige Zahlung der entsprechenden Vorschüsse zu achten. Sollten die Verfahrenskostenvorschüsse nicht vollständig bezahlt sein, ist aber anzunehmen, dass der bisher von den Parteien als Vorschuss bezahlte Betrag dennoch ausreichen wird, um die schlussendlich vom Gerichtshof festgesetzten Kosten des Verfahrens zu decken (z.B. weil das Verfahren nach einem Vergleich über die Hauptsache frühzeitig durch einen Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien oder durch einen Kostenschiedsspruch in Form eines Endschiedsspruchs endet), wird der Gerichtshof mitunter dennoch mit der Prüfung des Schiedsspruchs fortfahren. Wenn der Gerichtshof dies nicht tut, können die Parteien auch eine Herabsetzung des Kostenvorschusses beantragen. Auf diese Weise müssen sie lediglich eine etwaige Differenz zum derart herabgesetzten Kostenvorschuss begleichen, damit der Gerichtshof die Prüfung des Schiedsspruchs fortsetzt. Verzögert sich die Prüfung durch den Gerichtshof aufgrund von Umständen, 28 die nicht der Parteisphäre entstammen und liegen diese Umstände nicht außerhalb der Kontrolle des Gerichtshofs, kann der Gerichtshof die zu zahlenden ICC-Verwaltungskosten um bis zu 20% reduzieren (vgl. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 170). Nedden/Manner
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Art. 35 ICC-SchO | Schiedssprüche E. Abweichende Parteivereinbarungen 29 Die Prüfung des Entwurfs des Schiedsspruchs ist zwingend. Die Parteien können
Kernvorschriften der ICC-SchO nicht vertraglich ausschließen. Sehen sie dennoch einen entsprechenden Ausschluss der Prüfung in der Schiedsklausel vor, stellt dies ein Verfahrenshindernis für ein Schiedsverfahren nach der ICC-SchO dar (vgl. Entscheidung des Tribunal de Grande Instance de Paris v. 22.1.2010, Samsung Electronics Co Ltd. v Mr. Jaffe, administrateur-liquidateur de la société Qimonda AG– 10/50604, Revue de l’arbitrage 2010 No. 2 [2010], 379 [379 f.]).
Artikel 35 Zustellung, Hinterlegung und Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs (1) Nach Erlass des Schiedsspruchs stellt das Sekretariat den Parteien ein vom Schiedsgericht unterzeichnetes Exemplar zu, jedoch erst nachdem sämtliche Kosten des Schiedsverfahrens an die ICC durch die Parteien oder eine von ihnen bezahlt worden sind. (2) Der Generalsekretär erteilt auf Antrag den Parteien und nur ihnen jederzeit von ihm beglaubigte Abschriften. (3) Mit der Zustellung gemäß Artikel 35(1) verzichten die Parteien auf jede andere Form der Zustellung oder eine Hinterlegung des Schiedsspruchs durch das Schiedsgericht. (4) Eine Ausfertigung von jedem gemäß dieser Schiedsgerichtsordnung erlassenen Schiedsspruch wird im Sekretariat hinterlegt. (5) Das Schiedsgericht und das Sekretariat unterstützen die Parteien bei der Erfüllung aller weiteren erforderlichen Formalitäten. (6) Jeder Schiedsspruch ist für die Parteien verbindlich. Durch Inanspruchnahme der Schiedsgerichtsbarkeit gemäß der Schiedsgerichtsordnung verpflichten sich die Parteien, jeden Schiedsspruch unverzüglich zu erfüllen; soweit rechtlich zulässig, gilt diese Inanspruchnahme als Verzicht der Parteien auf ihr Recht zur Geltendmachung jedweder Rechtsbehelfe. Article 35: Notification, Deposit and Enforceability of the Award (1) Once an award has been made, the Secretariat shall notify to the parties the text signed by the arbitral tribunal, provided always that the costs of the arbitration have been fully paid to the ICC by the parties or by one of them. (2) Additional copies certified true by the Secretary General shall be made available on request and at any time to the parties, but to no one else. (3) By virtue of the notification made in accordance with Article 35(1), the parties waive any other form of notification or deposit on the part of the arbitral tribunal. (4) An original of each award made in accordance with the Rules shall be deposited with the Secretariat.
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Zustellung, Hinterlegung, Vollstreckbarkeit | Art. 35 ICC-SchO (5) The arbitral tribunal and the Secretariat shall assist the parties in complying with whatever further formalities may be necessary. (6) Every award shall be binding on the parties. By submitting the dispute to arbitration under the Rules, the parties undertake to carry out any award without delay and shall be deemed to have waived their right to any form of recourse insofar as such waiver can validly be made. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1–3 regeln die Zustellung des Schiedsspruchs an die Parteien und die Erteilung beglaubigter Abschriften. → Rz. 9–14, 15–16; Abs. 4–5 regeln die Hinterlegung des Schiedsspruchs im Sekretariat des Gerichtshofs sowie ggf. erforderliche Unterstützungshandlungen des Schiedsgerichts und des Sekretariats bei der Erfüllung weiterer Formalitäten des Schiedsspruchs. → Rz. 16 f.; Abs. 6 regelt die verbindliche Wirkung des Schiedsspruchs für die Parteien. Das Nichtbefolgen eines Schiedsspruchs kann mit hohen Folgekosten, u.a. im Vollstreckbarerklärungs- sowie im Zwangsvollstreckungsverfahren verbunden sein. → Rz. 26 ff. Abweichungen von den Vorgaben des Art. 35 durch Parteivereinbarung sind nur in engen Grenzen möglich und sollten stets unter Einschaltung des Sekretariats vereinbart werden. → Rz. 35. A. Zustellung und Hinterlegung des Schiedsspruchs . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu § 1054 Abs. 1 ZPO III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften IV. Anwendungsbereich von Abs. 1 bis 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zustellung des Schiedsspruchs (Abs. 1 und 3) . . . . . . . . . . . . . 1. Zustellungsvoraussetzungen . . . 2. Zustellungsmodalitäten . . . . . . . 3. Wirkungen der Zustellung . . . . VI. Erteilung beglaubigter Abschriften (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . VII. Hinterlegung des Schiedsspruchs (Abs. 4) . . . . . . . . . . . . VIII. Unterstützung bei weiteren Formalitäten (Abs. 5) . . . . . . . .
__ _ _ _ __ __ _ _ _ 1 1 2 3 5
6 6 9 12 15 16 17
B. Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs (Abs. 6) . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu § 1055 ZPO . . . . . III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften IV. Anwendungsbereich von Art. 35 Abs. 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Zwangsweise Durchsetzung des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . . 1. Aufhebungsverfahren . . . . . . . . 2. Einwendungen im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Grundzüge der Zwangsvollstreckung aus dem für vollstreckbar erklärten Schiedsspruch . . . . C. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
__ _ _ _ __ _ _ _ 18 18 19 20 23 24 28 31 34 35
A. Zustellung und Hinterlegung des Schiedsspruchs I. Normzweck Die Bestimmungen in Art. 35 Abs. 1–5 regeln das Verfahren der Zustellung und 1 Hinterlegung eines Schiedsspruchs. Die Zustellung (Abs. 1 und 3) bezweckt die Bekanntgabe des Schiedsspruchs an die Parteien und damit die Möglichkeit zur Nedden/Manner
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Art. 35 ICC-SchO | Schiedssprüche Kenntnisnahme vom Inhalt der schiedsrichterlichen Entscheidung. Sie erfolgt immer durch das Sekretariat, nie durch das Schiedsgericht selbst. Die Hinterlegung einer Ausfertigung des Schiedsspruchs beim Sekretariat (Abs. 4) ersetzt nicht die Zustellung des Schiedsspruchs, sondern dient der Archivierung, insb. zum Zwecke der späteren Veröffentlichung des Schiedsspruchs (s. dazu Art. 32 Rz. 19 ff. und Art. 33 Rz. 2) sowie zur zukünftigen Erteilung beglaubigter Abschriften des Schiedsspruchs nach Art. 35 Abs. 2 (vgl. Rz. 15).
II. Verhältnis zu § 1054 Abs. 1 ZPO 2 § 1054 Abs. 4 ZPO bestimmt, dass jeder Partei ein von den Schiedsrichtern un-
terschriebener Schiedsspruch zu übermitteln ist. Diese Regelung wird durch Art. 35 ICC-SchO zulässigerweise konkretisiert. Zu dem in Art. 35 Abs. 1 implizierten Erfordernis einer Unterzeichnung des Schiedsspruchs enthält das deutsche Schiedsverfahrensrecht auch in § 1054 Abs. 1 ZPO eine Parallelvorschrift. Diese hat im Rahmen eines ICC-Schiedsverfahrens mit Ausnahme von § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO jedoch praktisch keine Bedeutung. Gemäß § 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO genügen in Schiedsverfahren mit mehr als einem Schiedsrichter die Unterschriften der Mehrheit aller Mitglieder des Schiedsgerichts, sofern der Grund für eine fehlende Unterschrift angegeben wird. Diese Vorschrift gilt bei deutschem Schiedsort auch für Verfahren nach der ICC-SchO.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 3 In staatlichen Verfahren stellt die Zustellung die förmliche Bekanntgabe eines
Schriftstückes (nicht notwendigerweise eines Urteils) dar. Wie im ICC-Schiedsverfahren bezweckt die Zustellung zum einen, dem Betroffenen in angemessener Weise die Möglichkeit zu verschaffen, vom Inhalt dieses Schriftstückes Kenntnis zu nehmen, und zum andern, dem Zustellenden den Nachweis dieser Kenntnisnahmemöglichkeit zu verschaffen.
4 In der Regel erfolgt die Zustellung in staatlichen Verfahren von Amts wegen. Zu-
stellungen im Inland folgen den Regelungen der §§ 166 ff. ZPO. Zustellungen in das EU-Ausland richten sich nach der VO (EG) Nr. 1393/2007 (EuZustVO) und sonstige Auslandszustellungen in seinem Anwendungsbereich nach dem HZÜ.
IV. Anwendungsbereich von Abs. 1 bis 5 5 Art. 35 Abs. 1–5 gilt für alle Arten von Schiedssprüchen (u.a. End-, Teil- oder
Zwischenschiedsspruch, vgl. Art. 2 (v), einschließlich Schiedssprüchen aufgrund Einvernehmens der Parteien nach Art. 33 sowie (zumindest in entsprechender Anwendung) die eigene Zuständigkeit bejahende sog. „Zwischenentscheide“
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Zustellung, Hinterlegung, Vollstreckbarkeit | Art. 35 ICC-SchO
i.S.v. § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO (str.). Keine Anwendung finden Art. 35 Abs. 1–5 hingegen auf verfahrensleitende Verfügungen.
V. Zustellung des Schiedsspruchs (Abs. 1 und 3) 1. Zustellungsvoraussetzungen Zustellungsgegenstand. Gemäß Art. 35 Abs. 1 werden physische Exemplare oder 6 elektronische Fassungen von Schiedssprüchen, sowie von Nachträgen und Entscheidungen i.S.d Art. 36 zugestellt (vgl. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 197, 200). Mit der Zustellung teilt das Sekretariat den Parteien sowie den Schiedsrichtern darüber hinaus mit, dass der zugestellte Schiedsspruch sowie jeder andere Schiedsspruch und jedes Sondervotum aus dem Verfahren frühestens zwei Jahre nach dem Datum der Zustellung in vollem Umfang veröffentlicht werden kann. Jede Partei kann vor der Veröffentlichung indes eine teilweise oder vollständige Anonymisierung oder Pseudonymisierung verlangen bzw. die Veröffentlichung durch einen Einspruch verhindern (s. dazu bereits Art. 32 Rz. 20 ff. sowie Art. 33 Rz. 2; vgl. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 56 ff.). Genehmigung und Unterzeichnung. Eine Zustellung des Schiedsspruchs kann 7 erst erfolgen, wenn er zuvor vom Gerichtshof nach Art. 34 genehmigt und vom Schiedsgericht unterzeichnet worden ist (Art. 35 Abs. 1). Grundsätzlich ist der Schiedsspruch von allen Mitgliedern des Schiedsgerichts zu unterzeichnen. Unterschrieben werden muss persönlich und eigenhändig; eine Unterschrift durch einen Vertreter (sei es im eigenen Namen oder mit dem Namen des vertretenen Schiedsrichters) genügt nicht (vgl. zuletzt OLG München v. 25.2.2013 – 34 Sch 12/12, SchiedsVZ 2013, 230). Besteht das Schiedsgericht aus mehr als einem Schiedsrichter, genügen ausnahmsweise die Unterschriften der Mehrheit der Mitglieder des Schiedsgerichts, sofern der Grund für eine fehlende Unterschrift angegeben wird (§ 1054 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Außerdem müssen die Schiedsrichter – ein entsprechendes Einverständnis der Parteien vorausgesetzt – nicht notwendig auch auf derselben Seite unterschreiben, sondern können dies auch auf getrennten Unterschriftenseiten tun (vgl. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 199). Vollständige Zahlung der Kosten des Schiedsverfahrens an die ICC. Eine Zu- 8 stellung erfolgt ferner erst dann, wenn die Parteien oder eine der Parteien die vom Gerichtshof endgültig festgesetzten Verfahrenskosten (vgl. Art. 38 Rz. 26) vollständig bezahlt haben (Art. 35 Abs. 1). Die Regelung bezieht sich auf die Honorare und Auslagen der Schiedsrichter sowie die ICC-Verwaltungskosten, nicht jedoch auf andere Kosten, die im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren anfallen können und Dritten geschuldet sind (z.B. Kosten im Zusammenhang mit einer mündlichen Verhandlung). Ob auch die vom Gerichtshof festgesetzten Kostenvorschüsse in voller Höhe bezahlt wurden, ist unerheblich, solange nur die schlussendlich festgesetzten Verfahrenskosten gedeckt sind. Allerdings wird sich der Gerichtshof regelmäßig erst dann mit der Überprüfung des Schiedsspruchs befassen, wenn die Kostenvorschüsse und damit die zu erNedden/Manner
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Art. 35 ICC-SchO | Schiedssprüche warteten Verfahrenskosten vollständig beglichen sind. Wenn die erwarteten Verfahrenskosten ausnahmsweise niedriger liegen sollten als die festgesetzten Kostenvorschüsse, können die Parteien zur Vermeidung von Verzögerungen im Vorfeld auch eine Herabsetzung der Kostenvorschüsse beantragen (s. dazu auch Art. 34 Rz. 27). Ferner bezieht sich die Regelung auch nicht auf Vorschusszahlungen in Bezug auf Mehrwertsteuern oder andere Steuern oder Abgaben, die ggf. auf die Schiedsrichterhonorare und -auslagen (Art. 2 Abs. 13 Anhang III) bzw. die ICC-Verwaltungskosten (Art. 2 Abs. 14 Anhang III) anfallen können. In aller Regel sind die entsprechenden Kostenvorschüsse jedoch zum Zeitpunkt der Genehmigung des Entwurfs des Schiedsspruchs durch den Gerichtshof bereits von den Parteien bezahlt. Gelegentlich kann es auch vorkommen, dass der Gerichtshof mit der Überprüfung des Schiedsspruchs fortfährt, obwohl die Kostenvorschüsse nicht vollständig beglichen wurden. Das wird insb. dann der Fall sein, wenn er davon ausgeht, dass die bereits erhaltenen Vorschusszahlungen ausreichen könnten, um die festzusetzenden Kosten des Schiedsverfahrens zu decken. In einem derartigen Fall kann das Gerichtshof dann entweder direkt die Verfahrenskosten festsetzen oder zunächst den Kostenvorschuss betragsmäßig reduzieren (Art. 37 Abs. 5). Dies kommt etwa in Fällen in Betracht, in denen der Kostenvorschuss noch nicht vollständig gezahlt wurde, die Parteien sich in der Sache aber einvernehmlich geeinigt haben und einen Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien (Art. 33) beantragen, oder wenn die Parteien einen Vergleich geschlossen und darin lediglich keine Kostenregelung getroffen haben, sodass das Schiedsgericht nur noch einen Kostenschiedsspruch (in der Form eines Endschiedsspruchs) zu erlassen hat. 2. Zustellungsmodalitäten 9 Zustellender. Art. 35 Abs. 1 schreibt zwingend vor, dass die Zustellung des
Schiedsspruchs durch das Sekretariat (und niemals durch das Schiedsgericht) zu erfolgen hat.
10 Zustellungsempfänger. Die Zustellung des Schiedsspruchs erfolgt an die letzte
bekannte Adresse der jeweiligen Partei oder ihres Vertreters, so wie diese von dem Empfänger oder ggf. der anderen Partei mitgeteilt worden ist (Art. 3 Abs. 2 Satz 1). Da die Parteien in den meisten Fällen anwaltlich vertreten sind, erfolgt die Zustellung in aller Regel an die im Schiedsspruch bezeichneten Verfahrensbevollmächtigten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die jeweilige Partei dem Sekretariat rechtzeitig einen anderen Zustellungsempfänger mitgeteilt hat. Werden mehrere Parteien (z.B. auf Beklagtenseite) gemeinschaftlich von einem Verfahrensbevollmächtigten vertreten, wird das Sekretariat diesem nur eine Ausfertigung des Schiedsspruchs zustellen, sofern diese Parteien nicht rechtzeitig den Wunsch geäußert haben, dass jede von ihnen eine Ausfertigung des Schiedsspruchs erhält. Umgekehrt wird das Sekretariat für eine Partei i.d.R. mehrere Ausfertigungen des Schiedsspruchs zustellen, wenn diese von mehreren Verfahrensbevollmächtigten aus verschiedenen Kanzleien vertreten wird. 604
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Zustellung, Hinterlegung, Vollstreckbarkeit | Art. 35 ICC-SchO
Zeitpunkt und Art der Zustellung. Das Sekretariat wird die Zustellung des 11 Schiedsspruchs an beide Parteien gleichzeitig, d.h. am selben Tag und meist mit derselben Zustellungsart veranlassen. Sofern sich die Parteien nicht auf eine elektronische Zustellung geeinigt haben (vgl. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 198 f.), erfolgt die Zustellung in aller Regel durch einen Kurierdienst (vgl. auch Art. 3 Abs. 2 Satz 2). Die Zustellung gilt als an dem Tag erfolgt, an dem der Schiedsspruch durch die jeweilige Partei oder ihren Vertreter tatsächlich empfangen wurde, oder an dem bei Übersendung des Schiedsspruchs gemäß Art. 3 Abs. 2 von seinem Empfang auszugehen ist (Art. 3 Abs. 3). Da die Dauer der Übersendung des Schiedsspruchs vom Bestimmungsort abhängt, kann der Zeitpunkt der Zustellung variieren, d.h. der Schiedsspruch kann einer Partei einen oder sogar mehrere Tage früher als der anderen Partei bekanntgegeben werden. Um dies zu vermeiden, drängten die Parteien früher bisweilen auf eine Simultanzustellung, etwa durch persönliche und gleichzeitige Übergabe des Schiedsspruchs an die Verfahrensbevollmächtigten der jeweiligen Partei. Dies ist bei Vorliegen einer diesbezüglichen Parteivereinbarung möglich. Die Notwendigkeit für derartige Parteivereinbarungen betreffend eine Simultanzustellung ist mittlerweile allerdings nur mehr selten gegeben, da das Sekretariat seit einiger Zeit den Parteien – auch ohne Vereinbarung über eine elektronische Zustellung – ein Belegexemplar des unterzeichneten Originals des Schiedsspruchs, etwaiger Nachträge, Sondervoten und Entscheidungen als PDF-Dokument auch per E-Mail übermittelt. Die Äußerung eines dahingehenden Parteiwunsches ist anders als bisher nicht mehr erforderlich. Der Zugang des elektronisch übermittelten Schiedsspruchs ist für den Beginn von Fristen nach der ICC-SchO – bspw. die Frist für den Antrag auf Berichtigung gemäß Art. 36 Abs. 2 – ohne Belang (s. näher zu den Fristen Rz. 13), kann jedoch bspw. Fristen für Aufhebungsanträge nach dem nationalen Recht am Schiedsort auslösen. Für Fristen nach der SchO ist dagegen auf den Tag der Zustellung des physischen Dokuments abzustellen (vgl. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 198). Bei Vorliegen einer entsprechenden Parteivereinbarung ist es überdies möglich, dass das Sekretariat den Parteien den Schiedsspruch erst nach gewissen Mitteilungsfristen oder nach bzw. zu bestimmten Uhrzeiten (etwa nach Börsenschluss) übermittelt. 3. Wirkungen der Zustellung Verzicht auf andere Formen der Zustellung. Art. 35 Abs. 3 stellt klar, dass die 12 Parteien mit der Zustellung nach Art. 35 Abs. 1 auf jede andere Form der Zustellung oder eine Hinterlegung des Schiedsspruchs durch das Schiedsgericht verzichten, d.h. mit der Vereinbarung der ICC-Schiedsgerichtsbarkeit, soweit zulässig, die in nationalen Schiedsverfahrensrechten ggf. bestehenden Zustellungs- oder Hinterlegungserfordernisse abbedungen haben. Die ICC Commission on Arbitration hat hierzu einen Länderbericht veröffentlicht, der einen Überblick über die in den jeweiligen nationalen Schiedsverfahrensrechten geltenden Besonderheiten nebst etwaiger zwingender Vorschriften gibt (vgl. Nedden/Manner
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Art. 35 ICC-SchO | Schiedssprüche ICC Commission on Arbitration, Guide to National Rules of Procedure for Recognition and Enforcement of New York Convention Awards, abrufbar unter https://library.iccwbo.org/dr-enforcementguide.htm). 13 Beginn von „Rechtsmittel“-Fristen. Mit Zustellung des Schiedsspruchs be-
ginnt die Frist des Art. 36 Abs. 2 für die Beantragung eines Berichtigungs- oder Auslegungsverfahrens zu laufen. Der Zeitpunkt der Zustellung des Schiedsspruchs kann ferner für die Berechnung etwaiger Fristen für die Geltendmachung von Aufhebungsgründen im Rahmen eines Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahrens (vgl. §§ 1059 Abs. 3, 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO) maßgeblich sein.
14 Abschluss des Schiedsverfahrens. Im Falle eines Endschiedsspruchs dokumen-
tiert die Zustellung zugleich den förmlichen Abschluss des Schiedsverfahrens und damit das Ende der schiedsrichterlichen Entscheidungskompetenz (mit Ausnahme der Befugnis des Schiedsgerichts zur Berichtigung und Auslegung des Endschiedsspruchs nach Art. 36) sowie der verfahrensadministrierenden Tätigkeit des Gerichtshofs und des Sekretariats.
VI. Erteilung beglaubigter Abschriften (Abs. 2) 15 Auf Antrag der Parteien erteilt der Generalsekretär den Parteien bzw. ihren Ver-
fahrensbevollmächtigten von ihm beglaubigte Abschriften des Schiedsspruchs. Sofern zu diesem Zeitpunkt die Parteivertreter nicht mit den Verfahrensbevollmächtigen identisch sind, muss dem Sekretariat eine entsprechende Vertretungsbefugnis durch Übersendung nachgewiesen werden. Gemäß § 1064 Abs. 1 und 3 ZPO ist mit dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines in- oder ausländischen Schiedsspruchs in Deutschland ein Original oder eine beglaubigte Abschrift des Schiedsspruchs vorzulegen (vgl. auch Art. IV Abs. 1 Buchst. a UNÜ, der insoweit i.S.v. § 1064 Abs. 3 ZPO „nichts anderes bestimmt“). Da eine besondere Form der Beglaubigung in Deutschland jedoch nicht erforderlich ist, muss die beglaubigte Abschrift nicht zwingend vom Generalsekretär, sondern kann auch von dem für das Vollstreckbarerklärungsverfahren bevollmächtigen Rechtsanwalt erteilt werden (§ 1064 Abs. 1 Satz 2 ZPO).
VII. Hinterlegung des Schiedsspruchs (Abs. 4) 16 Nach Art. 35 Abs. 4 wird eine Ausfertigung von jedem gemäß der ICC-SchO er-
lassenen Schiedsspruch im Sekretariat hinterlegt (vgl. auch Art. 1 Abs. 7 Anhang II). Diese Hinterlegung ersetzt nicht die Zustellung des Schiedsspruchs nach Art. 35 Abs. 1, sondern dient lediglich der Archivierung des Schiedsspruchs im Hinblick auf die Erteilung beglaubigter Abschriften (Abs. 2) oder für wissenschaftliche Zwecke (Art. 1 Abs. 5 Anhang II; Merkblatt des Sekretariats v. 1.1. 2021, Rz. 64). 606
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Zustellung, Hinterlegung, Vollstreckbarkeit | Art. 35 ICC-SchO
VIII. Unterstützung bei weiteren Formalitäten (Abs. 5) Nach Art. 35 Abs. 5 sind das Schiedsgericht und das Sekretariat gehalten, die Par- 17 teien bei der Erfüllung aller weiteren ggf. erforderlichen Formalitäten zu unterstützen, um auf diese Weise die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs sicherzustellen (vgl. auch die allgemeine Bestimmung in Art. 42 a.E.). Hiervon erfasst sind bspw. die Zurverfügungstellung des Nachweises über die Zustellung des Schiedsspruchs sowie die Erteilung beglaubigter Abschriften des Schiedsauftrags oder von Mitteilungen über die Entscheidungen des Gerichtshofs, die allesamt im Rahmen eines Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahrens relevant werden können. Derartige Unterstützungshandlungen erfolgen i.d.R. ohne zusätzliche Kosten und sind insofern von den ICC-Verwaltungsgebühren bzw. vom Schiedsrichterhonorar umfasst.
B. Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs (Abs. 6) Veröffentlichungen des Sekretariats: ICC Guide to National Procedures for Enforcing Awards (http://www.iccdrl.com, Enforcement Guide). Literatur: Clay, The Role of the Arbitrator in the Execution of the Award, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 1 (2009), S. 43 ff.; ICC Commission on International Arbitration, Final Report on Interim and Partial Awards, ICC Court Bulletin, Vol. 1 No. 2 (1990), S. 26 ff.; Kirby, Finality and Arbitral Rules: Saying an Award Is Final Does Not Necessarily Make It So, Journal of International Arbitration, Vol. 29 Issue 1 (2012), S. 119 ff.; Kremer/ Weimann, Die Aufhebbarkeit von Schiedssprüchen, insbesondere Zwischen- oder Teilschiedssprüchen über den Anspruchsgrund – Widerspruch zu Prinzipien der Prozessökonomie?, SchiedsVZ 2007, 238 ff.; Schütze, Die gerichtliche Überprüfung von Entscheidungen des Schiedsgerichts, SchiedsVZ 2009, 241 ff.
I. Normzweck Art. 35 Abs. 6 behandelt die Situation nach Zustellung des Schiedsspruchs und 18 stellt klar, dass jeder Schiedsspruch für die Parteien verbindlich ist (Satz 1) und die im Schiedsspruch tenorierten Verpflichtungen unverzüglich zu erfüllen sind (Satz 2). Die Regelung unterstreicht somit die durch Vereinbarung einer ICCSchiedsklausel eingegangenen Verpflichtungen der Parteien. Kommt eine der Parteien diesen (in der ICC-SchO nicht sanktionsbewehrten) Pflichten nicht freiwillig nach, kann deren Erfüllung nach dem jeweils anwendbaren Recht gerichtlich erzwungen werden (Rz. 24 ff.).
II. Verhältnis zu § 1055 ZPO Art. 35 Abs. 6 ist im Zusammenhang mit § 1055 ZPO zu lesen, wonach die Wir- 19 kungen des Schiedsspruchs unter den Parteien denen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils entsprechen (Rz. 20). Nedden/Manner
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Art. 35 ICC-SchO | Schiedssprüche III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 20 Rechtskraftwirkung. Aus der Gleichstellung der Wirkungen eines Schieds-
spruchs mit den Wirkungen eines rechtskräftigen Urteils eines staatlichen Gerichts (§§ 1055, 322 Abs. 1, 705 ZPO) folgt, dass auch Schiedssprüche in formelle und materielle Rechtskraft erwachsen. Schiedssprüche können daher wie rechtskräftige Urteile nicht mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden. Das Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO bietet insoweit nur eine eingeschränkte Kontrollmöglichkeit von Schiedssprüchen durch die staatlichen Gerichte. Ferner kann ein staatliches Gericht nicht nochmals über einen durch Schiedsspruch bereits entschiedenen Anspruch befinden, d.h. liegt einem Prozess vor einem staatlichen Gericht derselbe Streitgegenstand zugrunde wie in einem vorangegangenen Schiedsverfahren, ist die Klage als unzulässig abzuweisen (OLG Karlsruhe v. 15.7.2008 – 17 U 79/07, SchiedsVZ 2008, 311 [312]; zur Geltung des zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriffs vgl. ferner BGH v. 13.1.2009 – XI ZR 66/08, SchiedsVZ 2009, 122 [124]).
21 Keine unmittelbare Vollstreckbarkeit. Anders als bei einem Gerichtsurteil
kann in Deutschland aus einem in- oder ausländischen Schiedsspruch nicht unmittelbar vollstreckt werden. Die Vollstreckbarkeit muss dem Schiedsspruch erst durch das staatliche Gericht verliehen werden (vgl. Rz. 26). Die Überschrift des Art. 35 ist insoweit missverständlich.
22 Verbot des Doppelexequatur. Für ausländische Gerichtsurteile wie auch für
ausländische Schiedssprüche kann eine Exequaturentscheidung eines staatlichen Gerichts nicht selbst Gegenstand einer Anerkennung und Vollstreckbarerklärung sein (vgl. auch Rz. 25).
IV. Anwendungsbereich von Art. 35 Abs. 6 23 Art. 35 Abs. 6 gilt wiederum für alle Arten von Schiedssprüchen (u.a. End-, Teil-
oder Zwischenschiedsspruch sowie Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien nach Art. 33, vgl. Art. 2 (v) und dazu Art. 2 Rz. 19; Art. 32 Rz. 4 f.). Die eigene Zuständigkeit bejahende sog. „Zwischenentscheide“ i.S.v. § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO können auf Antrag (außerhalb des Aufhebungsverfahrens nach § 1059 Abs. 1 ZPO) gerichtlich überprüft werden (§ 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
V. Zwangsweise Durchsetzung des Schiedsspruchs 24 Die in Art. 35 Abs. 6 angeordnete Verbindlichkeit des Schiedsspruchs (Satz 1)
bzw. die Betonung der Pflicht, jeden Schiedsspruch unverzüglich zu erfüllen (Satz 2 Halbs. 1), kann faktisch nicht verhindern, dass im Einzelfall die zwangsweise Durchsetzung des Schiedsspruchs mit Unterstützung staatlicher Gerichte erforderlich ist. Die zwangsweise Durchsetzung des Schiedsspruchs in Deutsch-
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Zustellung, Hinterlegung, Vollstreckbarkeit | Art. 35 ICC-SchO
land setzt das Vorliegen eines Vollstreckungstitels voraus, der (i) Art und Umfang eines oder mehrerer zu vollstreckender Ansprüche, (ii) den Vollstreckungsgläubiger und (iii) den Vollstreckungsschuldner bestimmt. Der Vollstreckungstitel ist hierbei nicht bereits der Schiedsspruch, sondern erst dessen Vollstreckbarerklärung durch ein deutsches Gericht (§§ 794 Abs. 1 Nr. 4a, 1064 Abs. 2 ZPO). Für die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs (die noch nicht Teil der Zwangsvollstreckung ist) kommt es nach der wohl überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur nicht darauf an, ob der Tenor des Schiedsspruchs oder Teile hiervon einen vollstreckbaren Inhalt haben (vgl. BGH v. 30.3.2006 – III ZB 78/05, SchiedsVZ 2006, 278; OLG Frankfurt/M. v. 25.11. 2015 – 26 Sch 4/15, BeckRS 2015, 125872, Tz. 10; OLG München v. 7.1.2015 – 34 Sch 12/14, BeckRS 2015, 100073, Tz. 22; OLG Frankfurt am Main v. 30.9. 2010 – 26 Sch 22/10, juris; OLG München v. 28.1.2009 – 34 Sch 22/08, SchiedsVZ 2009, 127 [128]). In solchen Fällen kann es sogar geboten sein, ausländische Schiedssprüche, die den innerstaatlichen Bestimmtheitsanforderungen für Vollstreckungstitel nicht genügen, so zu konkretisieren, dass sie die gleichen Wirkungen wie ein entsprechender deutscher Titel äußern können (BGH v. 30.11.2011 – III ZB 19/11, SchiedsVZ 2012, 41 [42], Tz. 6 mit Hinweis darauf, dass ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung wegen Verstoßes gegen den deutschen ordre public zurückzuweisen sei, wenn eine Konkretisierung des ausländischen Titels nicht möglich sei; zur Auslegungsbefugnis des Rechtsbeschwerdegerichts im Hinblick auf ausländische Schiedssprüche vgl. auch BGH v. 31.5. 2016 – I ZB 76/15, SchiedsVZ 2016, 343 [345], Tz. 24). Allerdings darf das deutsche Gericht nicht seine eigene Entscheidung an die Stelle des Schiedsgerichts setzen oder diese inhaltlich verändern, sondern lediglich den in dem ausländischen Schiedsspruch bereits zum Ausdruck kommenden Willen verdeutlichen und diesem insoweit zur Wirksamkeit verhelfen (BGH v. 30.11.2011 – III ZB 19/11, SchiedsVZ 2012, 41 [42], Tz. 6). Eine Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs durch ein aus- 25 ländisches Gericht stellt keinen tauglichen Vollstreckungstitel dar (Rz. 26). Dies gilt auch dann, wenn das Verfahrensrecht des Ausgangsstaates (wie z.B. in England und den USA) der sog. „doctrine of merger“ folgt, d.h. der Schiedsspruch in der nachfolgenden Exequaturentscheidung eines staatlichen Gerichts vollständig aufgeht (BGH v. 2.7.2009 – IX ZR 152/06, SchiedsVZ 2009, 285 ff. mit Anmerkung Plaßmeier, SchiedsVZ 2010, 82). Bereits die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs kann mehrere Monate in 26 Anspruch nehmen (vgl. aber § 1063 Abs. 3 ZPO und dazu Herzberg/Eller, SchiedsVZ 2018, 336) und als Folge der Geltendmachung von Aufhebungs- bzw. Anerkennungsversagungsgründen sowie materiellen Einwendungen durch den Titelschuldner sogar abgelehnt werden (vgl. Rz. 31 ff.). Bei inländischen Schiedssprüchen kann der Titelschuldner darüber hinaus einen Antrag auf gerichtliche Aufhebung des Schiedsspruchs stellen (§ 1059 ZPO, vgl. Rz. 28 ff.), der u.U. zu einer Zurückverweisung der Sache an das Schiedsgericht führen kann (§ 1059 Abs. 4 ZPO). Mit Vereinbarung eines ICC-Schiedsverfahrens können die Parteien nicht i.S.v. Art. 34 Abs. 6 Satz 2 auf ihr Recht zur Geltendmachung von EinNedden/Manner
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Art. 35 ICC-SchO | Schiedssprüche wendungen im Rahmen eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens bzw. zur Durchführung eines Aufhebungsverfahrens verzichten. 27 Empfehlung: Bevor das Vollstreckbarerklärungsverfahren angestrengt wird, kann es da-
her ratsam sein, auf Grundlage des Schiedsspruchs erneut in Verhandlungen mit der Gegenseite einzutreten, auch wenn an deren Ende möglicherweise nicht die vollständige im Schiedsspruch tenorierte Leistung erbracht wird; die Kosten sowie der zeitliche Aufwand eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens sowie des eigentlichen Zwangsvollstreckungsverfahrens sollten hier immer mit in die Abwägung einfließen.
1. Aufhebungsverfahren 28 Gegen einen inländischen Schiedsspruch steht als einziger echter Rechtsbehelf
der Antrag auf gerichtliche Aufhebung zur Verfügung (§ 1059 ZPO), der innerhalb von drei Monaten ab Zustellung des Schiedsspruchs gestellt werden muss (§ 1059 Abs. 3 ZPO) und durch Vereinbarung der ICC-Schiedsgerichtsbarkeit nicht i.S.v. Art. 35 Abs. 6 Satz 2 wirksam abbedungen werden kann, zur Verfügung.
29 Gegen einen ausländischen Schiedsspruch steht in Deutschland hingegen kein
isolierter Rechtsbehelf zur Verfügung (vgl. § 1025 Abs. 2 ZPO).
30 Das Aufhebungsverfahren nach § 1059 ZPO bietet insofern eine nur ein-
geschränkte Kontrollmöglichkeit durch die staatlichen Gerichte, als sich die Prüfung des Schiedsspruchs auf die Einhaltung bestimmter, aus Sicht der staatlichen Rechtsordnung unabdingbarer Voraussetzungen beschränkt. So kann nach § 1059 Abs. 2 ZPO ein Schiedsspruch nur aufgehoben werden, wenn entweder der Antragssteller einen der in Nr. 1 Buchst. a–d genannten Aufhebungsgründe begründet geltend macht oder das Gericht von sich aus feststellt, dass der Gegenstand des Rechtsstreits nach deutschem Recht nicht schiedsfähig ist (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a) oder die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b). 2. Einwendungen im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens
31 Geltendmachung von Aufhebungsgründen (§ 1060 ZPO). Der Antragsgegner
kann auch im Rahmen eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens eines inländischen Schiedsspruchs die in § 1059 Abs. 2 ZPO genannten Aufhebungsgründe geltend machen (§ 1060 ZPO). Wird – ggf. (vgl. § 1060 Abs. 2 Satz 2 ZPO) fristgerecht – einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO genannten Aufhebungsgründe erfolgreich geltend gemacht, ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ggf. unter Aufhebung des inländischen Schiedsspruchs abzulehnen (§ 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
32 Geltendmachung von Anerkennungsversagungsgründen (§ 1061 ZPO). Bei
einem Vollstreckbarerklärungsverfahren eines ausländischen Schiedsspruchs kann sich der Antragsgegner auf die in Art. V UNÜ (bzw. Art. IX EuÜ) genannten Anerkennungsversagungsgründe berufen (§ 1061 ZPO, zum Verhältnis zwi610
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Zustellung, Hinterlegung, Vollstreckbarkeit | Art. 35 ICC-SchO
schen Art. V UNÜ und Art. IX EuÜ, vgl. Art. IX Abs. 2 EuÜ). Dies gilt auch dann, wenn der Antragsgegner es versäumt hat, gegen den Schiedsspruch im Ausland ein befristetes Rechtsmittel einzulegen (BGH v. 16.12.2010 – III ZB 100/09, BGHZ 188, 1 = SchiedsVZ 2011, 105; vgl. OLG Frankfurt am Main v. 18.5.2016 – 26 Sch 1/16, BeckRS 2016, 132099, Tz. 18; OLG Düsseldorf v. 22.7. 2014 – I-4 Sch 8/13, NJOZ 2015, 636 [639], Tz. 47). Liegt einer der in Art. V UNÜ bzw. Art. IX EuÜ genannten Anerkennungsversagungsgründe vor und ist der Titelschuldner hiermit auch nicht präkludiert (str., vgl. OLG Karlsruhe v. 4.1.2012 – 9 Sch 02/09, SchiedsVZ 2012, 101 [103] mit zahlreichen Nachweisen zum Meinungsstand), stellt das Gericht fest, dass der ausländische Schiedsspruch in Deutschland nicht anzuerkennen ist (§ 1061 Abs. 2 ZPO). Wird der Schiedsspruch, nachdem er in Deutschland für vollstreckbar erklärt worden ist, im Ausland aufgehoben, kann die Aufhebung der Vollstreckbarerklärung beantragt werden (§ 1061 Abs. 3 ZPO). Geltendmachung von materiellen Einwendungen. Materielle Einwendungen 33 gegen den Schiedsspruch können unter Berücksichtigung von § 767 Abs. 2 ZPO aus Gründen der Verfahrenskonzentration bereits im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens geltend gemacht werden (BGH v. 29.1.2015 – V ZR 93/ 14, BeckRS 2015, 5736, Tz. 11; BGH v. 30.9.2010 – III ZB 57/10, SchiedsVZ 2010, 330 [331], Tz. 8; BGH v. 8.11.2007 – III ZB 95/06, NJW-RR 2008, 659 [661 f.]). Unterliegt der jeweilige materielle Einwand seinerseits einer gesonderten Schiedsvereinbarung, so kann das staatliche Gericht ihn im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht berücksichtigen (OLG München v. 8.11.2016 – 34 Sch 11/15, abrufbar auf https://openjur.de/u/2190037.html; OLG München v. 22.2. 2006 – 34 Sch 02/06, SchiedsVZ 2006, 165 [165 f.]). Das für die Vollstreckbarerklärung zuständige Gericht ist hierbei nicht an die Entscheidung des Schiedsgerichts über das Bestehen oder Nichtbestehen einer gesonderten Schiedsvereinbarung gebunden (KG v. 20.1.2011 – 20 Sch 09/09, SchiedsVZ 2011, 285 mit Anmerkung Spetzler, 287). Greift ein materieller Einwand durch und ist der Schuldner hiermit auch nicht präkludiert, weist das Gericht den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des in- bzw. ausländischen Schiedsspruchs zurück, ohne jedoch den inländischen Schiedsspruch aufzuheben (§ 1060 Abs. 2 ZPO) bzw. festzustellen, dass der ausländische Schiedsspruch in Deutschland nicht anzuerkennen ist (§ 1061 Abs. 2 ZPO). 3. Grundzüge der Zwangsvollstreckung aus dem für vollstreckbar erklärten Schiedsspruch Die Zwangsvollstreckung aus dem für vollstreckbar erklärten Schiedsspruch er- 34 folgt unabhängig vom rechtlichen Bestand der Ansprüche. Inhalt und Umfang des Rechts auf Vollstreckung müssen jedoch bestimmt oder bestimmbar bezeichnet sein. Ein Zahlungsanspruch ist bestimmt, wenn er betragsmäßig festgelegt ist oder sich ohne weiteres errechnen lässt (vgl. BGH v. 24.8.2016 – XII ZB 84/13, NZFam 2016, 1186 [1191], Tz. 39; BGH v. 7.12.2005 – XII ZR 94/03, BGHZ 165, 223 = NJW 2006, 695 [697]; BGH v. 30.6.1983 – V ZB 20/82, BGHZ Nedden/Manner
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Art. 36 ICC-SchO | Schiedssprüche 88, 62 = NJW 1983, 2262 m.w.N.). Wenn die Fassung des Tenors zu Zweifeln Anlass gibt, muss der wahre Sinn der Urteilsformel durch Auslegung festgestellt werden (BGH v. 4.3.1993 – IX ZB 55/92, BGHZ 122, 16 [17 f.]). Die Feststellung des Inhalts eines nicht klaren Vollstreckungstitels durch Auslegung erfolgt durch das Vollstreckungsorgan (Gerichtsvollzieher bzw. Vollstreckungsgericht). Im Rahmen der Auslegung einer Urteilsformel können dabei auch die Entscheidungsgründe des Schiedsspruchs herangezogen werden (BGH v. 4.3.1993 – IX ZB 55/92, BGHZ 122, 16 [18]). Wenn ein Tenor so unbestimmt oder widerspruchsvoll ist, dass auch durch Auslegung keine mit der Zwangsvollstreckung durchsetzbare Verpflichtung festgestellt werden kann, ist der Titel mangels vollstreckungsfähigen Inhalts für die Zwangsvollstreckung ungeeignet.
C. Abweichende Parteivereinbarungen 35 Abweichungen von Art. 35 Abs. 1–5 können nur in engen Grenzen von den
Parteien vertraglich vereinbart werden. Um etwaige Probleme oder Umsetzungsschwierigkeiten zu vermeiden, sollte bei beabsichtigten Vereinbarungen frühzeitig das Sekretariat eingeschaltet werden.
36 Abweichungen von Art. 35 Abs. 6. Inwieweit die Parteien bereits durch die
Vereinbarung der ICC-Schiedsgerichtsbarkeit wirksam auf ihr Recht zur Geltendmachung jedweder Rechtsbehelfe i.S.v. Art. 35 Abs. 6 Satz 2 verzichten, richtet sich nach dem jeweils anwendbaren Recht. Soweit ersichtlich, reicht die Regelung in Art. 35 Abs. 6 Satz 2 jedoch nach keinem Schiedsverfahrensrecht aus, um die Geltendmachung von Aufhebungs- bzw. Anerkennungsversagungsgründen wirksam abzubedingen. Eine ausdrückliche Vereinbarung kann aber nach bestimmten Schiedsverfahrensrechten bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen zu einem wirksamen Verzicht führen (vgl. z.B. Art. 192 Abs. 1 des schweizerischen IPRG: „Hat keine der Parteien Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt oder eine Niederlassung in der Schweiz, so können sie durch eine ausdrückliche Erklärung in der Schiedsvereinbarung oder in einer späteren schriftlichen Übereinkunft die Anfechtung der Schiedsentscheide vollständig ausschließen; sie können auch nur einzelne Anfechtungsgründe gemäß Artikel 190 Abs. 2 ausschließen.“).
Artikel 36 Berichtigung und Auslegung des Schiedsspruchs; zusätzlicher Schiedsspruch; Zurückverweisung des Schiedsspruchs (1) Das Schiedsgericht kann von sich aus Schreib-, Rechen- oder ähnliche Fehler im Schiedsspruch berichtigen, wenn eine derartige Berichtigung dem Gerichtshof binnen 30 Tagen ab dem Datum der Zustellung des Schiedsspruchs durch das Sekretariat gemäß Artikel 35(1) zur Genehmigung vorgelegt wird. 612
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Berichtigung, Auslegung, Zurückverweisung | Art. 36 ICC-SchO
(2) Jeder Antrag einer Partei auf Berichtigung eines in Artikel 36(1) erwähnten Fehlers oder auf Auslegung des Schiedsspruchs ist in der gemäß Artikel 3(1) erforderlichen Anzahl von Exemplaren binnen 30 Tagen ab Zustellung des Schiedsspruchs an diese Partei beim Sekretariat zu stellen. (3) Jeder Antrag einer Partei auf einen zusätzlichen Schiedsspruch zu Ansprüchen, die im Schiedsverfahren geltend gemacht, jedoch vom Schiedsgericht nicht entschieden wurden, ist beim Sekretariat binnen 30 Tagen ab Empfang des Schiedsspruchs durch diese Partei zu stellen. (4) Sobald dem Schiedsgericht ein Antrag gemäß Artikel 36(2) oder 36(3) übermittelt worden ist, gibt es der anderen Partei oder den anderen Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer kurzen, regelmäßig 30 Tage nicht überschreitenden Frist, welche mit Zustellung des Antrages an diese Partei oder Parteien zu laufen beginnt. Das Schiedsgericht legt den Entwurf seiner Entscheidung über den Antrag dem Gerichtshof spätestens 30 Tage nach Ablauf der der anderen Partei oder den anderen Parteien gesetzten Frist zur Stellungnahme oder innerhalb der vom Gerichtshof anderweitig gesetzten Frist vor. Eine Entscheidung, mit der der Schiedsspruch berichtigt oder ausgelegt wird, ergeht in der Form eines Nachtrags und wird zu einem Bestandteil des Schiedsspruchs. Eine Entscheidung, dem Antrag gemäß Absatz 3 stattzugeben, ergeht in der Form eines zusätzlichen Schiedsspruchs. Die Bestimmungen der Artikel 32, 34 und 35 finden entsprechende Anwendung. (5) Wenn ein Gericht einen Schiedsspruch an das Schiedsgericht zurückverweist, finden die Bestimmungen der Artikel 32, 34, 35 und dieses Artikels 36 entsprechende Anwendung auf jeden Nachtrag oder Schiedsspruch, der aufgrund der Zurückverweisung ergeht. Der Gerichtshof kann alle notwendigen Maßnahmen treffen, um es dem Schiedsgericht zu ermöglichen, den Vorschriften der gerichtlichen Zurückverweisung zu entsprechen; und er kann einen Vorschuss festsetzen, um zusätzliche Honorare und Auslagen des Schiedsgerichts und weitere ICC-Verwaltungskosten abzudecken. Article 36: Correction and Interpretation of the Award; Additional Award; Remission of Awards (1) On its own initiative, the arbitral tribunal may correct a clerical, computational or typographical error, or any errors of similar nature contained in an award, provided such correction is submitted for approval to the Court within 30 days from notification of the award by the Secretariat pursuant to Article 35(1). (2) Any application of a party for the correction of an error of the kind referred to in Article 36(1), or for the interpretation of an award, must be made to the Secretariat within 30 days of the receipt of the award by such party. (3) Any application of a party for an additional award as to claims made in the arbitral proceedings which the arbitral tribunal has omitted to decide must be made to the Secretariat within 30 days of the receipt of the award by such party. (4) After transmission of an application pursuant to Articles 36(2) or 36(3) to the arbitral tribunal, the latter shall grant the other party or parties a short time-limit, normally not exceeding 30 days, from receipt of the application by that party or parties, to submit any
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Art. 36 ICC-SchO | Schiedssprüche comments thereon. The arbitral tribunal shall submit its decision on the application in draft form to the Court not later than 30 days from expiry of the time limit for the receipt of any comments from the other party or parties or within such other period as the Court may decide. A decision to correct or to interpret the award shall take the form of an addendum and shall constitute part of the award. A decision to grant the application under paragraph 3 shall take the form of an additional award. The provisions of Articles 32, 34 and 35 shall apply mutatis mutandis. (5) Where a court remits an award to the arbitral tribunal, the provisions of Articles 32, 34, 35 and this Article 36 shall apply mutatis mutandis to any addendum or award made pursuant to the terms of such remission. The Court may take any steps as may be necessary to enable the arbitral tribunal to comply with the terms of such remission and may fix an advance to cover any additional fees and expenses of the arbitral tribunal and any additional ICC administrative expenses. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1–2 Nur Berichtigung formaler Fehler und Auslegung „dunkler“ Stellen im Schiedsspruch. Keine „kleine Berufung“! → Rz. 1–33, 37–38. Abs. 3: Nachträgliche Entscheidung über im Schiedsverfahren übergangene Ansprüche durch zusätzlichen Schiedsspruch. → Rz. 39–43. Abs. 4 Regelt den Gang des Verfahrens. → Rz. 27–36. Abs. 5: Verfahren nach Zurückverweisung durch ein staatliches Gericht. → Rz. 48–58. Kostenaspekte: Abs. 1–4 Zusätzliche Kostenvorschüsse möglich – Abs. 5 und Art. 2 Abs. 10 Anhang III beachten! → Rz. 30, 31, 57. A. Berichtigung offensichtlicher Unrichtigkeiten, Auslegung, zusätzlicher Schiedsspruch in infra petita-Fällen (Abs. 1–3) . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Änderungshistorie . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu §§ 1058, 1059 ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Berichtigungsverfahren (Abs. 1–2, 4) . . . . . . . . . . . . . . 1. Schiedsspruch als Gegenstand des Berichtigungsantrags . . . . . . 2. Berichtigungsfähige Fehler . . . . 3. Berichtigung durch das Schiedsgericht „von sich aus“ (Abs. 1) . . 4. Berichtigung auf Parteiantrag (Abs. 2 Var. 1, Abs. 4 Sätze 1, 2) 5. Verfahren des Gerichtshofs, Rechtsnatur von Nachtrag
__ __ _ _ __ _ _ 1 1 6 7 9
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VI. VII. VIII. IX.
und Entscheidung (Abs. 4 Sätze 3–5) . . . . . . . . . . . . . . . . Auslegungsantrag (Abs. 2 Var. 2) Zusätzlicher Schiedsspruch in infra petita-Fällen (Abs. 3) . . . . Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . Änderungen und Ergänzungen von ICC-Schiedssprüchen jenseits von Abs. 1–3 . . . . . . . .
B. Verfahren nach Zurück verweisung durch staatliches Gericht (Abs. 5) . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Verhältnis zu § 1059 Abs. 4 ZPO III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften IV. Tatbestandsvoraussetzungen . . . V. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . C. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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47 47 48 49 50 54 59
Veröffentlichungen des Sekretariats: ICC-Checkliste über die Berichtigung und Auslegung von Schiedssprüchen (1998 – 2012 – 2017 SchO).
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Berichtigung, Auslegung, Zurückverweisung | Art. 36 ICC-SchO Literatur: Daily, Correction and Interpretation of Arbitral Awards under the ICC Rules of Arbitration, ICC Court Bulletin, Vol. 22 No. 1 (2002), S. 61 ff.; Hauser-Morel/Nedden, Correction and Interpretation of Arbitral Awards and Additional Awards, in: Tercier (Hrsg.), Post Award Issues, ASA Special Series No. 38 (2012), S. 19 ff.; Nedden/HauserMorel, Correction and Interpretation of Awards and Additional Awards, Kluwer Arbitration Practice Plus, 2021; Schroth, Die „kleine Berufung“ gegen Schiedsurteile im deutschen Recht, SchiedsVZ 2007, 291 ff.; Singh/Tandon, Righting a Wrong: The Correction of Arbitral Awards, Indian Journal of Arbitration Law, Vol. IX Issue 2 (2020), S. 1 ff.
A. Berichtigung offensichtlicher Unrichtigkeiten, Auslegung, zusätzlicher Schiedsspruch in infra petita-Fällen (Abs. 1–3) I. Normzweck Die Abs. 1–3 stellen Verfahren zur Berichtigung bestimmter formaler (nicht: sub- 1 stantieller; zur Abgrenzung Rz. 12, 21) Unrichtigkeiten im Schiedsspruch durch Berichtigung (ex officio seitens des Schiedsgerichts oder auf Antrag der Parteien), zur Klärung von Ungereimtheiten im Schiedsspruch durch Auslegung (nur auf Antrag der Parteien) sowie zur Herbeiführung eines Ergänzungsschiedspruchs über vom Schiedsgericht bei einem vorausgehenden Schiedsspruch übersehene Ansprüche (nur auf Antrag der Parteien) zur Verfügung. Wie das dem Erlass des Schiedsspruchs vorgelagerte Genehmigungsverfahren nach Art. 34 dienen auch die Verfahren der Abs. 1–3 der Sicherung der hohen inhaltlichen Qualität von ICC-Schiedssprüchen. Sie ermöglichen aber keine „kleine Berufung“ (Schroth, SchiedsVZ 2007, 291). Das Berichtigungsverfahren verhilft den Parteien zu einem Schiedsspruch, der 2 dem Willen des Schiedsgerichts entspricht. Technische Fehler und Versehen, wie sie selbst bei Anwendung größtmöglicher Sorgfalt immer einmal passieren können, sollen nach Möglichkeit nicht zu einer Verfälschung des Inhalts des Schiedsspruchs führen. Das Berichtigungsverfahren trägt so auch zur Sicherung des Bestands und der Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs bei. In sich unstimmige oder widersprüchliche Schiedssprüche können nämlich im Einzelfall gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c, Abs. 2 Buchst. b ZPO aufzuheben sein bzw. kann ihnen gemäß Art. V Abs. 1 Buchst. c und/oder Abs. 2 Buchst. b UNÜ die Vollstreckung zu versagen sein. Das Auslegungsverfahren bezweckt die Klärung eines inhaltlich „dunklen“, d.h. 3 inhaltlich unklaren Schiedsspruchs und trägt so ebenfalls zur Rechts-, insb. zur Vollstreckungssicherheit bei. Mit der nachträglichen Ergänzung des Schiedsspruchs im Fall der Berichtigung 4 ist eine punktuelle Rechtskraftdurchbrechung verbunden. Ferner relativiert bereits die – stets gegebene, rein abstrakte – Möglichkeit, dass Anträge bzw. Maßnahmen nach den Abs. 1–3 getroffen bzw. dass Maßnahmen nach Abs. 5 getroffen werden, den Grundsatz, wonach das Schiedsgericht mit Erlass des Endschiedsspruchs functus officio ist. Beides stört den Rechtsfrieden – im Fall der Herzberg
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Art. 36 ICC-SchO | Schiedssprüche Absätze 1–3 schon wegen der insoweit anwendbaren, kurzen Fristen – nur unwesentlich und ist, insb. wegen der sonst zu besorgenden Vollstreckungsprobleme, hinzunehmen. 5 Wichtig: Dem in der Praxis gelegentlich vorkommenden Missbrauch des Berichtigungsverfahrens versucht die ICC, durch Festsetzung zusätzlicher Kostenvorschüsse in Fällen offensichtlich unzulässiger oder offensichtlich unbegründeter Anträge zu begegnen (s. Rz. 30, 31, 56).
II. Änderungshistorie 6 Mit der Reform 2021 wurde in Abs. 3 ein auf Erlass eines zusätzlichen Schieds-
spruchs gerichtetes Verfahren eingeführt, das in infra petita-Fällen den Gang zu den staatlichen Gerichten erspart. Im Übrigen haben die Vorschriften seit 2012 nur redaktionelle Änderungen erfahren.
III. Verhältnis zu §§ 1058, 1059 ZPO 7 Abs. 1–3 regeln die Berichtigung und Ergänzung eines erlassenen Schiedsspruchs
sowie die Herbeiführung eines weiteren Schiedsspruchs zur Verfügung über infra petita zunächst „vergessene“ Ansprüche der Parteien abschließend. Für § 1058 ZPO bleibt in ICC-Schiedsverfahren mit Schiedsort in Deutschland daher kein eigenständiger Raum mehr, soweit nicht Kongruenz mit Art. 36 besteht. Die nicht kongruenten, nicht zwingenden Elemente des § 1058 ZPO werden durch Wahl der ICC-SchO zulässigerweise abbedungen. Die Durchführung von Verfahren nach Art. 36 bedingt die Verlängerung der Fristen für die Stellung von Aufhebungsanträgen (§ 1059 Abs. 3 Satz 3 ZPO). Wegen des Gleichlaufs der Präklusionsfrist des § 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO mit der Aufhebungsantragsfrist hat die Durchführung von Verfahren nach Art. 36 auch Auswirkungen auf die Rechtzeitigkeit des Vorbringens von Einwendungen in Vollstreckbarerklärungsverfahren, wenn im zu Grunde liegenden Verfahren ein deutscher Schiedsort bestand.
8 Rechtsbehelfe nach nicht abbedungenem staatlichem Recht, insb. vor staatlichen
Gerichten zu erhebende Aufhebungsanträge (§ 1059 ZPO), bestehen selbständig neben Art. 36 Abs. 1–5. Nach der lex arbitri kann aber die Berufung auf einen auch nach Art. 36 Abs. 1–3 rügefähigen Mangel verwirkt sein, wenn versäumt wurde, einen (fristgerechten) Berichtigungs- oder Auslegungsantrag zu stellen.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 9 § 319 Abs. 1 ZPO entspricht Art. 36 Abs. 1, der dem Schiedsgericht freilich, an-
ders als die ZPO dem staatlichen Gericht, keine jederzeitige Berichtigung des Schiedsspruchs von Amts wegen erlaubt, sondern hierfür eine Frist von 30 Ta616
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Berichtigung, Auslegung, Zurückverweisung | Art. 36 ICC-SchO
gen aufstellt. §§ 320 Abs. 1, 321 Abs. 1 ZPO decken sich weitgehend mit Art. 36, gehen aber teils weiter. Einen § 321a ZPO entsprechenden außerordentlichen Rechtsbehelf für Verletzungen des Rechts auf rechtliches Gehör kennt die ICC-SchO nicht. Solche Fehler sind im Aufhebungs- bzw. Vollstreckbarerklärungsverfahren geltend zu machen.
V. Berichtigungsverfahren (Abs. 1–2, 4) 1. Schiedsspruch als Gegenstand des Berichtigungsantrags Nur Schiedssprüche (Art. 2 (v); näher zum Begriff Art. 2 Rz. 19) sind Gegenstand 10 des Berichtigungsverfahrens gemäß Art. 36 Abs. 1–2, 4. Gleichgültig ist, ob es sich um einen Endschiedsspruch, einen vorläufigen oder Teilschiedsspruch oder um einen Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien handelt. Für die Berichtigung abweichender Meinungen (Art. 32 Rz. 8 ff.) gilt Art. 36 nicht. Nach ihrer Einbeziehung in das Verfahren besteht kein praktisches Bedürfnis, da sie nicht Grundlage der Zwangsvollstreckung sind und ihnen auch keine Rechtskraft zukommen kann. Das Deckblatt, mit dem alle ICC-Schiedssprüche körperlich verbunden werden, ist kein Erzeugnis des Schiedsgerichts, sondern ein solches des Sekretariats. Ist nur das Deckblatt fehlerhaft, kann das Sekretariat jederzeit eine beglaubigte Abschrift des Schiedsspruchs (Art. 35 Abs. 2) mit einem berichtigten Deckblatt fertigen; dies ist kein Fall des Art. 36. Dasselbe gilt für Beglaubigungsvermerke des Sekretariats. Da ein Nachtrag integraler Bestandteil des Schiedsspruchs wird (Art. 36 Abs. 4 Satz 3), kann er auch seinerseits Gegenstand eines Berichtigungsantrags sein. Art. 36 Abs. 1–3 gilt auch nicht für verfahrensleitende Verfügungen, die das 11 Schiedsgericht, solange es noch nicht functus officio ist, grds. jederzeit abändern kann. 2. Berichtigungsfähige Fehler Nur Schreib-, Rechen- oder ähnliche Fehler können gemäß Art. 36 Abs. 1, 2 12 Gegenstand einer Berichtigung sein. Allen Fehlern ist gemeinsam, dass das Schiedsgericht dem erkennbar Gewollten in formaler Hinsicht nicht oder nur unzulänglich zum Ausdruck verholfen hat. Dabei ist zwar nicht – wie bei § 319 Abs. 1 ZPO – Voraussetzung, dass sich der eigentliche Wille des Schiedsgerichts in jeder Hinsicht zweifelsfrei aus dem Text des Schiedsspruchs selbst ergibt. Doch sind tatsächlich-objektive Anhaltspunkte zu fordern, aus denen sich ergibt, dass das Schiedsgericht anderes zum Ausdruck bringen wollte, als der bloße Text des Schiedsspruchs erkennen lässt. Solche Anhaltspunkte können sich dabei insb. auch aus verfahrensleitenden Verfügungen des Schiedsgerichts, aus dem Schiedsauftrag, dem vorläufigen Verfahrenskalender oder dem Protokoll einer Schiedsverhandlung ergeben. Ein Berichtigungsantrag kann dagegen nicht gestellt werden, wenn dem Schiedsgericht ein Versäumnis nicht nur beim Formulieren, sondern beim Entscheiden unterlaufen ist (etwa durch eine UlHerzberg
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Art. 36 ICC-SchO | Schiedssprüche tra-/Infra-Petita-Entscheidung; hinsichtlich infra petita s. aber Abs. 3). Eine inhaltlich falsche oder unterbliebene Willensbildung des Schiedsgerichts kann über Art. 36 nicht korrigiert werden. 13 Schreibfehler sind, wie sich aus dem englischen Wortlaut („clerical error“) er-
gibt, nicht nur orthographische Fehler. Es kann sich auch um Fehler im Satzbau (syntaktische Fehler) oder um Fehler bei der Verwendung von Wörtern, Buchstaben, Zahlen und Symbolen (semiotische Fehler) handeln, wenn für die Verfahrensbeteiligten offensichtlich ist, dass das Schiedsgericht in den Schiedsspruch eigentlich anderes schreiben wollte. Hierher gehört bspw. auch die Verwendung einer evident falschen Währungs- oder sonstigen Einheit.
14 Rechenfehler. Um einen solchen handelt es sich, wenn das Schiedsgericht bei ei-
ner mathematischen Operation mit verschiedenen Zahlen oder Größen zu einem offensichtlich fehlerhaften Rechenergebnis gelangt ist. Werden bereits im Ausgangspunkt sachlich falsche Zahlen verwendet, liegt kein Rechenfehler (ggf. aber ein Schreibfehler) vor; auch kein Rechenfehler ist es, wenn der verwendete Rechenweg nicht sachgerecht ist, aber mathematisch korrekt beschritten wird.
15 Schreib- und Rechenfehlern ähnliche Fehler sind solche, bei denen jedenfalls für
den mit dem konkreten Schiedsverfahren vertrauten Leser des Schiedsspruchs eine Divergenz zwischen dem tatsächlichen und dem im Schiedsspruch zum Ausdruck gekommenen Willen des Schiedsgerichts hervortritt (Beispiele s. Rz. 17–22).
16 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Fehlerhaftigkeit eines Schiedsspruchs ist das
Datum seines Erlasses (Art. 32 Abs. 3; s. aber Rz. 23).
17 Fehlerhaftes Rubrum. Orthographische Fehler bei der Parteibezeichnung kön-
nen ebenso Anlass zu einem Berichtigungsantrag geben wie das „Wiedervergessen“ einer während des Schiedsverfahrens bereits vollzogenen Änderung des Rubrums. Eine erst nach Notifizierung des Schiedsspruchs mitgeteilte Änderung von Parteibezeichnung oder Vertretungsverhältnissen kann nicht zu einer Berichtigung des Schiedsspruchs in unmittelbarer Anwendung des Art. 36 führen, weil der Schiedsspruch im Zeitpunkt seines Erlasses nicht fehlerhaft war. Sind alle Verfahrensbeteiligten mit einer Berichtigung einverstanden, ist es aber geboten, Art. 36 entsprechend anzuwenden.
18 Fehlerhafter Tenor. Ein solcher liegt etwa vor, wenn Parteirollen offensichtlich
verwechselt wurden oder wenn ein in den Entscheidungsgründen behandelter Klageanspruch lediglich zu tenorieren vergessen wurde oder wenn sich die Höhe zugesprochener Ansprüche wegen Rechenfehlern in der Begründung ändern, nicht dagegen, wenn ein Klageanspruch (einschließlich Kostenerstattungsansprüche) insgesamt vergessen (Infra-Petita-Entscheidung, dann Abs. 3) oder einer Partei in Tenor und Entscheidungsgründen mehr zugesprochen wurde, als diese beantragt hat (Ultra-Petita-Entscheidung). Keine berichtigungsfähigen Fehler sind Unsicherheiten darüber, ob die Klage als unzulässig oder als unbegründet abgewiesen wurde; doch kann Auslegung gemäß Art. 36 Abs. 2 Var. 2 beantragt werden.
19 Besonders häufig kommen Flüchtigkeitsfehler beim Zinsausspruch vor. Diese
Erfahrungstatsache ist bei der Beurteilung, ob ein Fehler für die Verfahrens-
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beteiligten offensichtlich ist, angemessen zu berücksichtigen. So wird es sich regelmäßig um einen berichtigungsfähigen Fehler handeln, wenn ein nie streitig gewesener, in den Anträgen und/oder im Schiedsauftrag zutreffend wiedergegebener Zinsfuß nur „auszubuchstabieren“ vergessen oder Zinsen aus Unachtsamkeit in Prozent statt, wie beantragt, in Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ausgeurteilt werden. Fehlerhafter Tatbestand. Eine ausführlichere Wiedergabe des Ergebnisses ei- 20 ner Beweisaufnahme oder gar eine abweichende Beweiswürdigung kann im Wege der Berichtigung ebenso wenig erwirkt werden wie eine breitere oder andere Darstellung des Parteivortrags. Die Verfahren nach Art. 36 Abs. 1–3 bieten insb. keine generelle Handhabe gegen Verletzungen des rechtlichen Gehörs. Im Einzelfall und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Vollstreckungsstaat kann es ausnahmsweise geboten sein, versehentlich unterbliebene oder allzu verkürzte Angaben zum Inhalt und Zustandekommen der Schiedsvereinbarung, zum unstreitigen Gang des Schiedsverfahrens, etwa zur Konstituierung des Schiedsgerichts, zu Schiedsort und Verfahrenssprache, zum Schiedsauftrag, zu den Verlängerungen der Fristen gemäß Art. 23 Abs. 2, 30 Abs. 1 und zu den Sachanträgen, nachzuholen. Fehlerhafte Entscheidungsgründe. Erfasst sind nur Fehler, die aus der text- 21 lichen Fassung der Entscheidungsgründe resultieren, nicht aber deren möglicherweise unzureichender oder unzutreffender Inhalt. Rechtsfehler können durch das Verfahren nach Art. 36 Abs. 1–3 ebenso wenig behoben werden wie etwaige (Wertungs-)Widersprüche, Unstimmigkeiten oder Ungereimtheiten begradigt werden können. Denkbar ist etwa die Berichtigung von Zitierfehlern bzgl. Rechtsvorschriften, Rechtsprechungs- und Literaturfundstellen. Dagegen können „vergessene“ rechtliche Gesichtspunkte, auch wenn sie mit den Parteien erörtert wurden, nicht mehr einfließen. Fehlerhafte Schlussformel. Falsche oder fehlende Angaben zu Schiedsort und 22 Datum oder zu den Namen der Schiedsrichter können Gegenstand des Berichtigungsverfahrens sein. 3. Berichtigung durch das Schiedsgericht „von sich aus“ (Abs. 1) Von sich aus kann das Schiedsgericht die Berichtigung gemäß Art. 36 Abs. 1 23 vornehmen, und zwar innerhalb einer Frist von 30 Tagen. Die Frist beginnt mit der „Zustellung“ (im von den §§ 166 ff. ZPO abweichenden Sinn des Art. 35 Abs. 1, s. dazu Art. 35 Rz. 12) des Schiedsspruchs, d.h. dem letzten Datum, an dem diese an eine der Parteien bewirkt wurde. Obwohl die Frist eine solche ist, deren Einhaltung dem Schiedsgericht obliegt, ist fristauslösendes Ereignis ausschließlich das letzte Datum des Bewirkens der Zustellung an eine Partei, weil Schiedsrichtern Schiedssprüche vom Sekretariat nicht i.S.d. Art. 36 Abs. 1 zugestellt werden. Die Frist fängt nicht neu zu laufen an, nur weil eine Partei (aus anderen Gründen) ihrerseits Berichtigung, Auslegung oder Ergänzung beantragen. Doch kommt ggf. Dispens von der Frist mit ausdrücklicher Zustimmung Herzberg
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Art. 36 ICC-SchO | Schiedssprüche aller Parteien in Betracht. Trägt der Schiedsspruch ein unzutreffendes Datum und soll gerade diese Falschangabe berichtigt werden, ist entgegen Art. 32 Abs. 3 das Datum maßgeblich, das der Schiedsspruch eigentlich hätte tragen müssen. Die Fristberechnung regelt Art. 3 Abs. 4. 24 Entdeckt das Schiedsgericht innerhalb der Frist des Art. 36 Abs. 1 einen Fehler,
der die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs beeinträchtigen könnte, ist es aus Art. 42 verpflichtet, die Berichtigung vorzunehmen.
25 Auch wenn nicht zwingend vorgeschrieben, ist es ratsam, den Verfahrensbetei-
ligten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen kurzer Frist zu geben. Reicht die Frist des Art. 36 Abs. 1 dafür nicht aus, kann der Antrag auch ohne vorherige Einholung einer Stellungnahme gestellt werden; i.d.R. wird dann das Sekretariat die Stellungnahme einholen.
26 Dem Gerichtshof ist die Berichtigung vorzulegen, ohne dass eine besondere
Form vorgeschrieben wäre (E-Mail genügt). In der Praxis nimmt das Sekretariat den Entwurf des Nachtrags – wie schon den Entwurf des Schiedsspruchs (Art. 34 Rz. 16 ff.) – für den Gerichtshof an. Durch den Zugang beim Sekretariat ist die Frist des Abs. 1 gewahrt. Der Text des Nachtragsentwurfs muss erkennen lassen, welcher Teil des Schiedsspruchs inwiefern geändert werden soll und muss eine (ggf. knappe) Begründung enthalten (Art. 35 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Art. 31 Abs. 2). 4. Berichtigung auf Parteiantrag (Abs. 2 Var. 1, Abs. 4 Sätze 1, 2)
27 Binnen 30 Tagen ab „Erhalt“ des Schiedsspruchs kann jede Partei dessen Be-
richtigung beantragen. Diese Frist beginnt ausweislich des verbindlichen englischen Wortlauts des Abs. 2 mit dem „receipt of the award“, während für die amtswegige Berichtigung in Abs. 1 die „Zustellung des Schiedsspruchs durch das Sekretariat“ („notification of the award by the Secretariat pursuant to Article 35(1)“) als fristauslösendes Ereignis bezeichnet wird. Soweit im deutschen Wortlaut beides mit „Zustellung“ übersetzt wird, handelt es sich um eine offensichtliche Übersetzungsunrichtigkeit, was sich schon daraus ergibt, dass die Übersetzung derselben Wörter des Ausgangstexts in Abs. 3 richtig auf „Empfang“ lautet. Ob das Auseinanderfallen der Fristbeginne beabsichtigt war, darf zwar bezweifelt werden, doch ist der englische Wortlaut insoweit eindeutig. Die Frist beginnt in den Fällen des Abs. 2 daher auch mit dem Erhalt eines Schiedsspruchs, der nicht förmlich i.S.d. Art. 35 Abs. 1 übermittelt (i.S.d. Vorschrift „zugestellt“) ist, also bspw. lediglich vorab elektronisch vom Sekretariat übermittelt wurde. Dass das Sekretariat seine diesbezüglichen E-Mails mit dem Textbaustein versieht, durch die E-Mail würden keine Fristen ausgelöst, vermag hieran nichts zu ändern, weil die Fristauslösung nicht im Ermessen des Sekretariats steht.
28 Adressat des Berichtigungsantrags ist stets das Sekretariat. Wegen der Anzahl
der Exemplare verweist Art. 36 Abs. 2 Satz 1 auf Art. 3 Abs. 1. Aus dieser Verweisung ergibt sich, dass Anträge nach Art. 36 Abs. 2 schriftlich zu stellen sind und die erforderliche Anzahl von Exemplaren für alle Verfahrensbeteiligten bei620
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zufügen sind. In der Praxis wird aber auch eine Einreichung per E-Mail akzeptiert. Die Frist ist nicht verlängerbar. Der Antrag muss ein Petitum enthalten, d.h. auf Seite und Zeile genau angeben, 29 welche Änderungen am Schiedsspruch erstrebt werden. Obwohl nicht vorgeschrieben, ist es ratsam, den Antrag zu begründen und dabei insb. darzustellen, dass und wieso ein Schreib-, Rechen- oder ähnlicher Fehler vorliegt. Geht ein Berichtigungsantrag einer Partei beim Sekretariat ein, prüft dieses, ob – 30 insb. bei offensichtlich unzulässigen oder offensichtlich unbegründeten Anträgen – ein besonderer Kostenvorschuss gemäß Art. 2 Abs. 10 Anhang III vom Gerichtshof festzusetzen ist. Damit soll Missbräuchen vorgebeugt werden, zumal sich bspw. bei deutschen Schiedsorten die ohnehin schon lange Drei-MonatsFrist für die Stellung eines Antrags beim staatlichen Gericht auf Aufhebung eines Schiedsspruchs durch die Ingangsetzung von Verfahren nach Art. 36 nochmals verlängern kann (§ 1058 Abs. 3 Satz 3 ZPO). Ein Kostenvorschuss bedeutet nicht notwendig, dass letztlich auch Kosten festgesetzt werden. Ist ein ggf. festgesetzter besonderer Kostenvorschuss bezahlt, leitet das Sekreta- 31 riat den Antrag an das Schiedsgericht weiter, das den anderen Parteien – erst dann! – Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer kurzen Frist gibt, die regelmäßig 30 Tage nicht überschreiten soll (Art. 36 Abs. 4 Satz 1). Auch sehr viel kürzere Fristen können nach Lage der Dinge unbedenklich sein. Dagegen kann im Einzelfall ausnahmsweise auch eine längere Frist – ebenso wie eine zweite Schriftsatzrunde – geboten und sachgerecht sein. Adressat der Stellungnahme ist das Schiedsgericht, das zu ihr eingeladen hat, 32 nicht das Sekretariat. Letzteres ist aber – wie stets – in Kopie zu setzen (Art. 3 Abs. 1 Satz 1). Erfolgt die Stellungnahme innerhalb der Frist des Art. 36 Abs. 1, kann sie mit einem eigenen Berichtigungsantrag verbunden werden. Liegt ein berichtigungsfähiger Fehler vor, ist das Schiedsgericht zum Entwurf 33 eines Nachtrags (engl. „addendum“), andernfalls zum Entwurf einer ablehnenden Entscheidung („Entscheidung“, engl. „decision“) verpflichtet. Nachträge können sich auch ausschließlich zu den Kosten des „Nachverfahrens“ verhalten („addendum on costs“). In jedem Fall muss ein Nachtrags- oder Entscheidungsentwurf innerhalb von 30 Tagen nach Eingang der Stellungnahme oder – wenn eine solche nicht eingegangen ist – nach Ablauf der Stellungnahmefrist beim Gerichtshof (d.h. in der Praxis: beim Sekretariat) eingehen (Art. 36 Abs. 4 Satz 2), es sei denn, dieser hat im Einzelfall eine längere Frist bestimmt (Art. 36 Abs. 4 Satz 2 a.E.). Droht Fristablauf, verlängert der Gerichtshof die Frist ex officio (vgl. Art. 30 Rz. 56). Eine weitere Frist für die abschließende Erledigung des „Nachverfahrens“ durch Gerichtshof und Schiedsgericht ist nicht vorgesehen.
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Art. 36 ICC-SchO | Schiedssprüche 5. Verfahren des Gerichtshofs, Rechtsnatur von Nachtrag und Entscheidung (Abs. 4 Sätze 3–5) 34 Die Entwürfe von Nachträgen wie von (Ablehnungs-)„Entscheidungen“ unter-
fallen demselben Genehmigungsverfahren wie die Entwürfe von Schiedssprüchen (Art. 36 Abs. 4 Satz 5 i.V.m. Art. 34; vgl. daher die Kommentierung zu Art. 34). Für den Nachtrag folgt dies logisch daraus, dass dieser Bestandteil des Schiedsspruchs wird (Art. 36 Abs. 4 Satz 3). Da in einigen Rechtsordnungen auch Entscheidungen als Teil des Schiedsspruchs charakterisiert werden, werden diese genauso behandelt.
35 Nach erfolgter Genehmigung durch den Gerichtshof und Eingang unterschrie-
bener Originale des Nachtrags beim Sekretariat stellt dieses den Nachtrag zu wie einen Schiedsspruch (Art. 36 Abs. 4 Satz 5 i.V.m. Art. 35), d.h. gebunden und mit einem ICC-Deckblatt versehen. Entscheidungen werden grds. in gleicher Weise, jedoch ungebunden und ohne Deckblatt zugestellt.
36 Nur der Nachtrag, nicht die ablehnende Entscheidung wird Bestandteil des
Schiedsspruchs (Art. 35 Abs. 3 Satz 1), erwächst also mit diesem in Rechtskraft und dient – insoweit er den Tenor des Schiedsspruchs berichtigt – als Grundlage der Zwangsvollstreckung.
VI. Auslegungsantrag (Abs. 2 Var. 2) 37 Verhältnismäßig selten genutzt wird die Möglichkeit, eine verbindliche Aus-
legung eines Schiedsspruchs (gleich welcher Art; vgl. Rz. 10) durch das Schiedsgericht zu beantragen (Art. 36 Abs. 2 Var. 2). Ungeschriebene Voraussetzung ist, dass eine Unsicherheit über den Inhalt des Schiedsspruchs besteht. Rührt diese Unsicherheit von einem Schreib-, Rechen- oder ähnlichem Fehler her, ist das speziellere Berichtigungsverfahren vorrangig. Übrig bleiben Fälle, in denen das Schiedsgericht sich so undeutlich oder widersprüchlich ausdrückt, dass unklar ist, was es eigentlich sagen will. Lässt das Schiedsgericht eine Tat- oder Rechtsfrage ausdrücklich bewusst offen, kann eine Präzisierung des Schiedsspruchs im Wege der Auslegung auch dann nicht erreicht werden, wenn das Schiedsgericht nach Auffassung einer Partei die Frage nicht hätte offenlassen dürfen. Haben Klage und Widerklage ganz oder teilweise Erfolg und unterbleibt eine Zug-um-Zug-Entscheidung, weil diese im Verfahren nicht beantragt wurde, besteht grds. kein Auslegungsbedürfnis (Hauser-Morel/Nedden, ASA Special Series No. 38 [2012], 19 ff.).
38 Das Verfahren kommt nur auf Antrag einer Partei in Gang und folgt denselben
Regeln wie das Berichtigungsverfahren; vgl. daher Rz. 10 ff. Dem Schiedsgericht kann entweder eine Auslegungsfrage gestellt werden („Ist Ziff. 4 des Tenors so zu verstehen, dass …“) oder das für richtig gehaltene Auslegungsergebnis kann als Petitum nach Art eines Feststellungstenors formuliert werden („… beantragen wir folgenden Nachtrag zum Schiedsspruch: Ziff. 4 des Tenors wird dahingehend ausgelegt, dass …“).
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Berichtigung, Auslegung, Zurückverweisung | Art. 36 ICC-SchO
VII. Zusätzlicher Schiedsspruch in infra petita-Fällen (Abs. 3) Durch das in Abs. 3 geregelte Verfahren zur Adressierung infra petita vom 39 Schiedsgericht in einem erlassenen Schiedsspruch nicht behandelter Ansprüche wird im Interesse der Verfahrensökonomie vermieden, dass staatliche Gerichte aufgrund einer bloßen Unachtsamkeit von Schiedsgericht und Gerichtshof bemüht werden müssen. Voraussetzung ist, dass das Schiedsgericht einen Schiedsspruch erlassen hat. Die Nichtzulassung von Ansprüchen aus verfahrensrechtlichen Gründen in einer verfahrensleitenden Verfügung (z.B. wegen Art. 23 Abs. 4) fällt hierunter nicht. Ferner darf der Schiedsspruch die Ansprüche nicht entschieden haben. Mit Anspruch ist hier der prozessuale Anspruch, d.h. der Streitgegenstand gemeint. Über ihn darf keine Entscheidung ergangen sein. Eine Entscheidung ist jedenfalls dann ergangen, wenn im Tenor ein Antrag ausdrücklich zugesprochen oder zurückgewiesen wurde und aus Tatbestand (einschließlich Verfahrensgeschichte) und Entscheidungsgründen der Lebenssachverhalt ersichtlich ist, auf den die den Antrag stellende Partei diesen Antrag gestützt hatte. Fehlt es an einem der Elemente dieser Kette, ist es Frage des Einzelfalls, ob dem 40 Schiedsspruch noch mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen ist, über welchen Streitgegenstand befunden werden sollte; ggf. kommt in Betracht, einen Antrag nach Abs. 3 als konkludent hilfsweise gestellten Auslegungsantrag (Abs. 2 Var. 2) umzudeuten, da dies regelmäßig dem Parteiinteresse entsprochen haben wird. Dies ist aber nur dann zielführend, wenn der Schiedsspruch noch so ausgelegt werden kann, dass keine Anträge „vergessen“ worden sind. Andernfalls bedarf es des zusätzlichen Schiedsspruchs. Das ist insb. bei einer Klageabweisung „im Übrigen“ der Fall, wenn der Sachantrag einer Partei zwar im Rahmen der Darstellung des Vortrags der Parteien und der Anträge, nicht aber im Rahmen der Entscheidungsgründe reflektiert ist (es sei denn, über diesen Antrag wurde schon zuvor durch Teilschiedsspruch entschieden oder seine Einführung in das Verfahren wurde aus prozessualen Gründen, bspw. Art. 23 Abs. 4, durch verfahrensleitende Verfügung abgelehnt; beides sollte sich aber aus der Darstellung der Verfahrensgeschichte im Schiedsspruch ergeben, die insoweit ggf. offensichtlich unrichtig ist – auch insoweit können Anträge nach Abs. 3 umzudeuten sein). Das Verfahren nach Abs. 3 steht ferner nicht offen, wenn: ein Teilschiedsspruch 41 ergangen ist und die darin nicht behandelten Ansprüche nach dem Verfahrenskalender oder dem Schiedsspruch selbst erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Verhandlung und Entscheidung anstehen; ein Schiedsgericht einen Antrag als unzulässig abgewiesen hat, dies auch begründet hat und deshalb nicht mehr zur Begründetheit des Antrags Stellung genommen hat; ein Schiedsgericht offen gelassen hat, ob ein Antrag begründet ist, weil es ihn jedenfalls für unzulässig hält und dies auch ausgesprochen und begründet hat (erst recht auch umgekehrt!); ein Schiedsgericht einen Antrag schon aufgrund einer Anspruchsgrundlage zuerkannt hat und sich mit materiell konkurrierenden Anspruchsgrundlagen daher nicht mehr beschäftigt hat (insoweit bedarf es auch keiner ausdrücklichen Herzberg
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Art. 36 ICC-SchO | Schiedssprüche Erläuterungen); einen Anspruch schon wegen einer durchdringenden Einwendung abgelehnt hat und sich mit der Begründetheit des Anspruchs im Übrigen oder mit der Begründetheit anderer Einwendungen nicht mehr befasst hat, ohne, dass es dies noch ausdrücklich aussprechen musste; ein Schiedsgericht eine Forderung, mit der aufgerechnet wurde, jenseits der Hauptforderung nicht berücksichtigt hat (was auch keines ausdrücklichen Ausspruchs bedarf); ein Schiedsgericht einen Antrag nicht berücksichtigt hat, der lediglich hilfsweise gestellt wurde, weil die Eventualtatsache, bei deren Eintreten der Hilfsantrag lediglich hätte geprüft werden sollen, aus Sicht des Schiedsgerichts nicht erfüllt war oder weil die Staffelung der Anträge oder die Formulierung der Bedingung unzulässig war, wobei es in diesen Fällen einer Begründung des Schiedsgerichts bedarf. 42 Der zusätzliche Schiedsspruch ist ein Schiedsspruch wie jeder andere Schieds-
spruch auch; Art. 32, 34, 35 finden unmittelbar Anwendung.
VIII. Kosten 43 Das Verfahren nach Art. 36 Abs. 1 löst keine zusätzlichen Verwaltungsgebühren
der ICC, keine Schiedsrichterhonorare und keine Auslagen des Schiedsgerichts aus, die den Parteien auferlegt werden könnten. Die Verfahren nach Art. 36 Abs. 2, 3 können zusätzliche Schiedsrichterhonorare und Auslagen des Schiedsgerichts sowie zusätzliche ICC-Verwaltungskosten gemäß Art. 2 Abs. 10 Anhang III auslösen (Rz. 30). Werden solche Kosten bzw. Auslagen durch den Gerichtshof festgesetzt, wird das Schiedsgericht bei entsprechendem Parteiantrag im Nachtrag bzw. in der Entscheidung eine hierauf bezogene, weitere Kostengrundentscheidung gemäß Art. 38 Abs. 4 treffen.
44 Parteikosten in den Verfahren nach Art. 36 Abs. 1–3 können entsprechend
Art. 38 Abs. 4, 1 geltend gemacht werden.
45 Wegen des Kostenrisikos sollten Anträge nach Art. 36 Abs. 2, 3 nur gestellt,
werden, wenn ein reelles Bedürfnis danach besteht.
IX. Änderungen und Ergänzungen von ICC-Schiedssprüchen jenseits von Abs. 1–3 Literatur: Voser/George, Revision of Arbitral Awards, in: Tercier (Hrsg.), Post Award Issues, ASA Special Series No. 38 (2012), S. 43 ff.
46 Ist deutsches Recht auf das Schiedsverfahren anwendbar, sind die Parteien zur
Erwirkung weiterer Änderungen oder Ergänzungen von ICC-Schiedssprüchen grds. auf staatliche Gerichte angewiesen, vgl. § 1059 ZPO (ausführlich zur Wiederaufnahme eines Schiedsverfahrens Schlosser in Stein/Jonas, § 1058 ZPO Rz. 4–10; vgl. auch Art. 36 Abs. 4). War das Recht eines anderen Staates auf das Schiedsverfahren anwendbar, kann im Einzelfall auch ein Antrag auf Wiederaufnahme des Schiedsverfahrens beim Schiedsgericht statthaft sein. 624
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Berichtigung, Auslegung, Zurückverweisung | Art. 36 ICC-SchO
B. Verfahren nach Zurückverweisung durch staatliches Gericht (Abs. 5) Literatur: Foyle, Extension and Resumption of the Function after the Final Award, in: Tercier (Hrsg.), Post Award Issues, ASA Special Series No. 38 (2012), S. 113 ff.; Mourre, Is There a Life after the Award?, in: Tercier, a.a.O., S. 1 ff.; Webster, Functus Officio and Remand in International Arbitration, ASA Bulletin, Vol. 27 No. 3 (2009), S. 441 ff.; Wighardt, Verfahrensfragen bei der Zurückverweisung der Sache an das Schiedsgericht, SchiedsVZ 2010, 252 ff.; Wolff, Zurückverweisung der Sache an das Schiedsgericht nach Aufhebung des Schiedsspruchs – zu den „geeigneten Fällen“ nach § 1059 Abs. 4 ZPO, SchiedsVZ 2007, 54 ff.
I. Normzweck Art. 36 Abs. 5 regelt, wie zu verfahren ist, wenn ein (regelmäßig staatliches, 47 Rz. 50) Gericht einen bereits ergangenen ICC-Schiedsspruch „an das Schiedsgericht zurückverweis[t]“ (vgl. § 1059 Abs. 4 ZPO). Die Vorschrift wurde durch die Reform mit Wirkung vom 1.1.2012 eingefügt, nachdem staatliche Gerichte in Einzelfällen ICC-Schiedssprüche (teilweise) aufgehoben und den jeweiligen Rechtsstreit an das Schiedsgericht zurückverwiesen hatten (vgl. nur schweiz. BGer v. 6.10.2009 – 4 A 596/2009, www.bger.ch; OLG Hamburg v. 4.11.2008 – 6 Sch 7/08, Juris). Die ICC-SchO 1998 enthielt für diesen Fall keine Regelungen. Eine letztverbindliche Regelung dazu, ob die Zurückverweisungsentscheidung für das Schiedsgericht verbindlich ist, trifft Art. 36 Abs. 5 zwar nicht, doch kann der Vorschrift die Wertung entnommen werden, dass der Zurückverweisungsentscheidung i.d.R. möglichst entsprochen werden soll, damit am Ende ein vollstreckbarer Schiedsspruch steht (vgl. auch Art. 42). Verhält sich das Schiedsgericht der Maßgabe des staatlichen Gerichts entsprechend, stellt Art. 36 Abs. 5 Satz 1 klar, dass alle Nachträge und zusätzliche Schiedssprüche den allgemeinen Anforderungen der ICC-SchO an Schiedssprüche entsprechen müssen.
II. Verhältnis zu § 1059 Abs. 4 ZPO Hat ein staatliches Gericht die Sache nach § 1059 Abs. 4 ZPO ganz oder teilweise 48 an das Schiedsgericht zurückverwiesen, regelt Art. 36 Abs. 5 die Folgen dieser Zurückverweisung. Art. 36 Abs. 5 stellt also eine sinnvolle Ergänzung zu § 1059 Abs. 4 ZPO dar, verdrängt die letztgenannte Vorschrift aber nicht.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Der von Art. 36 Abs. 5 behandelten Situation entspricht im staatlichen Verfah- 49 ren am ehesten die Zurückverweisung einer Sache an das Berufungsgericht nach Herzberg
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Art. 36 ICC-SchO | Schiedssprüche erfolgreicher Revision (§ 563 ZPO). Dass das Berufungsgericht bei der neuen Verhandlung und Entscheidung (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) die §§ 511 ff. ZPO zu beachten hat, ist selbstverständlich und bedarf für das staatliche Verfahren keiner besonderen Regelung. Im Schiedsverfahren liegen die Dinge anders, weil zweifelhaft ist, ob sich Schiedsgericht und Schiedsinstitution an die Zurückverweisungsentscheidung eines staatlichen Gerichts halten müssen (s. Rz. 48).
IV. Tatbestandsvoraussetzungen 50 Ein Gericht muss tätig geworden sein. Dies wird i.d.R. das staatliche Gericht am
Schiedsort sein (in Deutschland das OLG, §§ 1059 Abs. 1, 4, 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO). Dass das Gericht nach seiner lex fori oder irgendeinem anderen Recht zuständig war, setzt die Vorschrift nicht voraus. Ebenso wenig muss es sich zwingend um ein staatliches Gericht handeln; auch religiöse, über- oder zwischenstaatliche Gerichte sind solche i.S.d. Vorschrift. Keine Gerichte sind Exekutivbehörden oder intergouvernementale Organisationen. Art. 35 Abs. 4 ist auch nicht anwendbar, wenn eine Partei einen Wiederaufnahmeantrag beim Schiedsgericht ohne vorherige Befassung eines staatlichen Gerichts stellt.
51 Schiedsspruch als Gegenstand der Zurückverweisung. Einen Schiedsspruch
(gleich welcher Art) muss das Gericht an das Schiedsgericht zurückverwiesen haben. Die Formulierung ist undeutlich; in aller Regel wird das Gericht den Schiedsspruch ganz oder teilweise aufgehoben und im entsprechenden Umfang den Rechtsstreit (nicht den insoweit aus Sicht des zurückverweisenden Gerichts nicht mehr existenten Schiedsspruch) an das Schiedsgericht zurückverwiesen haben (vgl. § 1059 Abs. 4 ZPO). Auch und gerade diesen Fall will Art. 36 Abs. 5 erfassen. Dagegen behandelt die Vorschrift nicht, wie zu verfahren ist, wenn ein Schiedsgericht ohne Bezug zu einem Schiedsspruch in ein noch laufendes Schiedsverfahren eingreift.
52 Zurückverweisung an „das“ Schiedsgericht. Art. 35 Abs. 4 regelt nur den Fall,
dass die Sache an „das“ Schiedsgericht, also an dasselbe Schiedsgericht zurückverwiesen wurde, das den aufgehobenen Schiedsspruch erlassen hatte. Das schließt nicht aus, dass – wenn bspw. zwischenzeitlich eingetretene Ersetzungsgründe (Art. 15) vorliegen –, der Gerichtshof im Rahmen der ihm nach Art. 36 Abs. 5 zukommenden Befugnis die personelle Zusammensetzung des Schiedsgerichts unter Beachtung der Art. 11 ff. verändert.
53 Nicht geregelte Fälle. Denkbar ist auch, dass das staatliche Gericht die Konsti-
tuierung eines neuen Schiedsgerichts verlangt. Ob das nach deutschem Recht zulässig ist, ist unklar – vgl. zuletzt BGH v. 18.7.2019 – I ZB 90/18, SchiedsVZ 2020. 46 [50], Tz. 46, wonach Zurückverweisung an „das“ Schiedsgericht nicht in Betracht kommt, wenn dies nur von einer Partei beantragt war, sofern die andere Partei gerade durch dieses Schiedsgericht in seinem Recht auf rechtliches Gehör verletzt worden ist. Wie zu verfahren gewesen wäre, hätte eine Partei wenigstens hilfsweise die Zurückverweisung an ein anders zusammengesetztes, 626
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Berichtigung, Auslegung, Zurückverweisung | Art. 36 ICC-SchO
nach den vereinbarten, institutionellen Regeln – im Streitfall der DIS – zu bildendes Schiedsgericht beantragt, ergibt sich aus der Entscheidung nicht. Auch ist nicht ersichtlich, warum nicht – wie im staatlichen Verfahren ja auch – zunächst die Zurückverweisung an das bisher gebildete Schiedsgericht erfolgen, nach dessen Rekonstituierung aber ggf. Befangenheitsanträge gestellt werden können, damit über diese im dafür vorgesehenen, intrainstitutionellen Verfahren entschieden werden kann, das keinesfalls durch eine Zurückverweisung an „das“ Schiedsgericht ausgeschlossen ist. Vgl. auch OLG Hamburg v. 4.11.2008 – 6 Sch 7/08, juris Tz. 39 ff.; Wighardt, SchiedsVZ 2010, 252 [253 ff.]. Wird ein neues Schiedsgericht angeordnet, gilt Art. 36 Abs. 5 nicht unmittelbar. Wie in diesem Fall zu verfahren ist, werden Gerichtshof und Sekretariat von Fall zu Fall unter angemessener Berücksichtigung der Instruktionen des zurückverweisenden Gerichts und der Besonderheiten des Einzelfalls zu entscheiden haben (Beispiele: Fry/Greenberg/Mazza, Rz. 3–1309 ff.). Wird dagegen der Schiedsspruch aufgehoben, ohne dass Zweifel an der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung bestehen und ohne, dass die Sache an das frühere oder ein neu zu konstituierendes Schiedsgericht zurückverwiesen wird, muss der Schiedskläger eine erneute Schiedsklage einreichen.
V. Rechtsfolgen Für jeden Nachtrag oder Schiedsspruch, der nach der Zurückverweisung ergeht, 54 ordnet Art. 36 Abs. 5 Satz 1 die entsprechende Anwendung der Art. 32 (Anforderungen an den Schiedsspruch), Art. 34 (Genehmigungsverfahren für Schiedsspruch), Art. 35 (Notifizierung, Hinterlegung und Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs) sowie von Art. 36 (Berichtigungs- und Auslegungsverfahren) an. Art. 36 Abs. 5 Satz 2 enthält eine allgemeine Befugnisnorm, die es dem Ge- 55 richtshof erlaubt, nach seinem Ermessen (Kann-Vorschrift) alle Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet sind, das Schiedsgericht in die Lage zu versetzen, den Bestimmungen der Zurückverweisung zu entsprechen. Beispielhaft nennt die Vorschrift die Festsetzung eines zusätzlichen Kostenvorschusses. Es liegt darüber hinaus nahe, dass der Gerichtshof auch eine Frist für den Erlass des Schiedsspruchs oder Nachtrags setzen wird. Je nach Lage der Dinge kann der Gerichtshof nach Art. 36 Abs. 5 Satz 2 auch weitere, der ICC-SchO im Übrigen unbekannte Maßnahmen treffen, wenn dadurch die Entsprechung des Schiedsgerichts mit den Bestimmungen der Zurückverweisungsentscheidung gefördert und die schiedsrichterliche Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt wird. Zusätzlicher Kostenvorschuss. Seine Festsetzung steht im Ermessen des Ge- 56 richtshofs. An Anhang III, insbesondere an die Tabellen zu Art. 3 Anhang III, ist der Gerichtshof insoweit nicht gebunden. Festsetzungsfähig sind (wie bei Art. 36 Abs. 1, 2, Art. 2 Abs. 10 Anhang III) zusätzliche Honorar- und Auslagenvorschüsse für das Schiedsgericht sowie ein Vorschuss auf zusätzliche ICCVerwaltungskosten. Bei der Bemessung des zusätzlichen Kostenvorschusses kann der Gerichtshof alle relevanten Belange berücksichtigen. Insb. kann insoHerzberg
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Art. 36 ICC-SchO | Schiedssprüche weit auch maßgeblich sein, ob sich die von den Schiedsrichtern bereits vereinnahmten Honorare im oberen, mittleren oder unteren Bereich der Tabelle zu Art. 3 Anhang III bewegen und wie viel zeitlicher und sonstiger Aufwand mit der Zurückverweisung verbunden ist. Wird der Schiedsspruch nur teilweise aufgehoben und ist somit nur noch über einen Teil der Klage- bzw. Widerklageforderung zu entscheiden, ist auch das angemessen zu berücksichtigen. Beruht die Zurückverweisung auf einer grob unrichtigen Sachbehandlung durch das Schiedsgericht, kann es im Einzelfall – wie im staatlichen Verfahren nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG – sachgerecht sein, von der Festsetzung eines zusätzlichen Kostenvorschusses ganz abzusehen. 57 Sonstige Maßnahmen. Regelmäßig wird der Gerichtshof in entsprechender An-
wendung von Art. 31 Abs. 1 Satz 3 eine Frist für den Erlass des Schiedsspruchs bzw. Nachtrags setzen und diese nötigenfalls wiederholt verlängern.
58 Bindung des Schiedsgerichts an die Entscheidung des zurückverweisenden
Gerichts. Inwieweit das Schiedsgericht an die Entscheidung des zurückverweisenden Gerichts gebunden ist, regelt die ICC-SchO nicht ausdrücklich, doch kann Art. 36 Abs. 4 Satz 2 die Wertung entnommen werden, dass der Zurückverweisungsentscheidung in aller Regel zu entsprechen sein wird (s. Rz. 48). Die umstrittene Frage, ob die Zurückverweisungsentscheidung gemäß § 1058 Abs. 4 ZPO Bindungswirkung für das Schiedsgericht entfaltet, dürfte daher jedenfalls für ICC-Schiedsverfahren grds. im Sinne einer solchen Bindungswirkung zu bejahen sein (Voit in Musielak/Voit, § 1058 ZPO Rz. 5, 7; a.A. Wighardt, SchiedsVZ 2010, 252 [256]).
C. Abweichende Parteivereinbarungen 59 Mit Ausnahme von Abs. 4 kann von allen Absätzen der Vorschrift durch Partei-
vereinbarung abgewichen werden. Sollen nach Konstituierung des Schiedsgerichts die Fristen des Art. 36 Abs. 2, 3 verlängert werden, bedarf es neben der Zustimmung aller Parteien auch der Zustimmung der Schiedsrichter, weil diese sich mit der Übernahme des Schiedsrichtermandats nur zu einem Tätigwerden im von der SchO abgesteckten zeitlichen Rahmen verpflichtet haben. An Abweichungen von den Kostenvorschriften des Art. 2 Abs. 10 Anhang III sowie des Art. 36 Abs. 5 sind Gerichtshof und Sekretariat indes nicht gebunden (Art. 2 Abs. 4 Anhang III).
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Berichtigung, Auslegung, Zurückverweisung | Art. 36 ICC-SchO
Anhang 1: Schaubild zum Ablauf des Berichtigungs-/Auslegungsverfahrens Partei, die Berichtigung/ Auslegung erstrebt (1) übersendet Berichtigungsbzw. Auslegungsantrag schriftlich mit Mehrfertigungen binnen 30 Tagen nach Zugang des Schiedsspruchs
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andere Partei(en)
(4) Stellungnahme (8) stellt Nachtrag/ Entscheidung zu***) (3) setzt Stellungnahmefrist (gewöhnlich max. 30 Tage) (2) leitet Antrag weiter*)
Sekretariat
(6) legt Entwurf nebst Entscheidungsvorschlag dem Gerichtshof zur Genehmigung vor
Schiedsgericht (5) übersendet binnen 30 Tagen nach Eingang der letzten Stellungnahme bzw. nach Ablauf der gesetzten Frist Entwurf für einen Nachtrag zum Schiedsspruch oder eine (Ablehnungs-) Entscheidung
(7) erteilt Genehmigung**)
Gerichtshof
*)
Ggf. nach Festsetzung eines zusätzlichen Kostenvorschusses durch den Gerichtshof und Einziehung durch das Sekretariat **) U.U. erst, nachdem das Schiedsgericht vom Gerichtshof festgestellte formale Mängel behoben hat ***) Nachdem das Sekretariat zuvor beim Schiedsgericht unterschriebene Ausfertigungen des vom Gerichtshof genehmigten Nachtrags bzw. der vom Gerichtshof genehmigten Ablehnungsentscheidung angefordert und vom Schiedsgericht die entsprechenden Ausfertigungen in ausreichender Zahl erhalten hat
Anhang 2a: Muster Berichtigungsantrag (deutsch)1 Per Kurier und E-Mail: An das Sekretariat des Internationalen Schiedsgerichtshofs der ICC 33–43 avenue du Président Wilson 75116 Paris
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1 Englische Fassung s. Rz. 62.
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Art. 36 ICC-SchO | Schiedssprüche ICC-Schiedsverfahren Nr. 25456/ABC A GmbH ./. B Ltd. Endschiedsspruch vom 28. Juni 2021 Sehr geehrte Damen und Herren, gemäß Art. 36 Abs. 2 ICC-SchO beantragen wir, den vorbezeichneten Endschiedsspruch wie folgt zu berichtigen: In Ziff. II des Tenors werden ersetzt: a) das Wort „Klägerin“ durch das Wort „Beklagte“; und b) das Wort „Beklagte“ durch das Wort „Klägerin“. Begründung Gemäß Ziff. I des Tenors hat die Beklagte an die Klägerin 81.784,22 € zzgl. Zinsen zu zahlen. Im Übrigen – d.h. hinsichtlich der Mehrforderung in Höhe von 22.199,24 € – wird die Klage abgewiesen. Die Klägerin obsiegt mithin in Höhe von 78 % ihrer Klageforderung. In Ziff. II des Tenors werden gleichwohl der Klägerin Beträge auferlegt, die 78 % der Kosten des Schiedsverfahrens einschließlich 78 % der von den Beklagten geltend gemachten Rechtsverfolgungsund sonstigen Kosten, entsprechen. Hierbei handelt es sich offensichtlich um einen Schreibfehler, der gemäß Art. 36 Abs. 1 ICC-SchO zu berichtigen ist. In der Anlage werden je eine Ausfertigung dieses Antrags für den Einzelschiedsrichter sowie für die Beklagte überreicht. Mit freundlichen Grüßen (Unterschrift) Rechtsanwältin 62 Anhang 2b: Muster Berichtigungsantrag (englisch)1
By courier and email: Secretariat of the ICC International Court of Arbitration 33–43 avenue du Président Wilson 75116 Paris ICC arbitration 25456/ABC A GmbH v B Ltd. Final Award dated 28 June 2021 Dear Madame, Dear Sir, pursuant to Article 36(2) of the ICC Rules of Arbitration, we request that the aforementioned Final Award be corrected as follows:
1 Deutsche Fassung s. Rz. 61.
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Berichtigung, Auslegung, Zurückverweisung | Art. 36 ICC-SchO
In section II of the dispositive, a) the word “Claimant” shall be replaced by the word “Respondent”; and b) the word “Respondent” shall be replaced by the word “Claimant”. Reasons Pursuant to section I of the dispositive, Respondent has to pay to Claimant 81,784.22 € plus interest. Otherwise – i.e., regarding the additional claims in the amount of 22,199.24 € – the claims are dismissed. Claimant thus prevails in the proportion of 78 % of the amount it has claimed. In section II of the dispositive, it is, however, Claimant who is burdened with 78 % of the costs of the arbitration, including 78 % of the legal and other costs claimed by Respondent. This obviously constitutes a clerical error which must be corrected, pursuant to Article 36(1) of the ICC Rules of Arbitration. We enclose one original of this request for each, the Sole Arbitrator and Respondent. Yours faithfully, (signature) Attorney-at-law Anhang 3a: Muster Stellungnahme zu einem Berichtigungsantrag (deutsch)1 Frau Dr. Johanna Schmidt Handelsstraße 22 12345 Berlin per E-Mail: [email protected] ICC-Schiedsverfahren Nr. 25456/ABC A GmbH ./. B Ltd. Zwischenschiedsspruch vom 28. Juni 2021 In der vorbezeichneten Sache nehmen wir innerhalb der von der Einzelschiedsrichterin gesetzten Frist zum Berichtigungsantrag der Beklagten vom 4. Juli 2021 Stellung. Der Antrag ist abzulehnen. Begründung Die Einzelschiedsrichterin hat sich durch Zwischenschiedsspruch für zuständig erklärt. Die Beklagte rügt, dass die Einzelschiedsrichterin bei der Beurteilung der Frage, ob die Beklagte an die in dem Vertrag vom 14.12.2015 enthaltene Schiedsklausel gebunden ist, eine von der Beklagten vorgelegte Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht berücksichtigt habe.
1 Englische Fassung s. Rz. 64.
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Art. 36 ICC-SchO | Schiedssprüche Der von der Beklagten gerügte angebliche „Fehler“ des Schiedsspruchs ist kein Schreib-, Rechen- oder sonstiger Fehler und kann daher nicht nach Art. 36 Abs. 2 ICC-SchO berichtigt werden. Die Beklagte erstrebt eine nachträgliche Abänderung des Inhalts des Zwischenschiedsspruchs. Dafür bietet Art. 36 Abs. 1–3 ICCSchO keine Handhabe. Vorsorglich wird darauf hingewiesen, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofs nicht einschlägig ist. [Wird ausgeführt] (Unterschrift) Rechtsanwalt 64 Anhang 3b: Muster Stellungnahme zu einem Berichtigungsantrag (englisch)1
Dr. Johanna Schmidt Handelsstraße 22 12345 Berlin by email: [email protected] ICC arbitration 25456/ABC A GmbH v B Ltd. Interim Award dated 28 June 2021 In the above-captioned matter, we submit, within the time limit granted by the Sole Arbitrator, our comments to Respondent’s request dated 4 July 2021 for a correction of the Interim Award. We beg to reject such request. Reasons The Sole Arbitrator has declared herself competent by way of an Interim Award. Respondent alleges that, when examining whether Respondent is bound to the arbitration clause contained in the contract dated 14 December 2015, the Sole Arbitrator failed to take into account a decision rendered by the Federal Court of Justice on which Respondent has relied in its written submissions. The alleged “error” is not a clerical or computational error. Nor is it an error of a similar nature. It is thus not subject to correction under Article 36(2) of the Rules. Respondent seeks a retroactive modification of the contents of the Interim Award for which Article 36(1)–(3) do not allow. As a matter of pure precaution, we submit that the decision of the Federal Court of Justice is irrelevant to the dispute. […] (signature) Attorney-at-law
1 Deutsche Fassung s. Rz. 63.
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Vorschuss für die Kosten des Verfahrens | Art. 37 ICC-SchO
Kosten Artikel 37 Vorschuss für die Kosten des Verfahrens (1) Nach Erhalt der Klage kann der Generalsekretär den Kläger auffordern, einen vorläufigen Kostenvorschuss in einer Höhe zu bezahlen, die die voraussichtlichen Kosten des Schiedsverfahrens a) bis zur Erstellung des Schiedsauftrags; oder b) wenn die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren Anwendung finden, bis zur Verfahrensmanagementkonferenz deckt. Ein vorläufiger Kostenvorschuss wird als vom Kläger geleistete Teilzahlung auf einen vom Gerichtshof gemäß diesem Artikel 37 festgesetzten Kostenvorschuss angerechnet. (2) Sobald wie möglich setzt der Gerichtshof den Kostenvorschuss für die ihm bekanntgegebenen Ansprüche auf der Grundlage der voraussichtlichen Honorare und Auslagen der Schiedsrichter, der ICC-Verwaltungskosten sowie aller anderen Kosten, die der ICC im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren entstehen, fest; etwas anderes gilt für Ansprüche gemäß Artikel 7 oder 8, auf die Artikel 37(4) Anwendung findet. Der vom Gerichtshof gemäß Artikel 37(2) festgesetzte Kostenvorschuss ist zu gleichen Teilen vom Kläger und vom Beklagten zu bezahlen. (3) Falls vom Beklagten gemäß Artikel 5 oder in sonstiger Weise Widerklage erhoben wird, kann der Gerichtshof für die Klage- und die Widerklageansprüche getrennte Kostenvorschüsse festsetzen. Wenn der Gerichtshof für die Klage- und die Widerklageansprüche getrennte Kostenvorschüsse festsetzt, hat jede Partei den für ihre Klage oder Widerklage festgesetzten Kostenvorschuss zu bezahlen. (4) Falls Ansprüche gemäß Artikel 7 oder 8 geltend gemacht werden, setzt der Gerichtshof einen oder mehrere Kostenvorschüsse fest, die von den Parteien zu zahlen sind, wie vom Gerichtshof entschieden. Falls der Gerichtshof bereits einen Kostenvorschuss nach diesem Artikel 37 festgesetzt hat, wird dieser durch gemäß Artikel 37(4) festgesetzte Kostenvorschüsse ersetzt, und jeder bereits von einer Partei gezahlte Vorschuss wird als Teilzahlung auf ihren Anteil der vom Gerichtshof gemäß diesem Artikel 37(4) festgesetzten Kostenvorschüsse angerechnet. (5) Der vom Gerichtshof gemäß Artikel 37 festgesetzte Kostenvorschuss kann jederzeit während des Schiedsverfahrens abgeändert werden. In allen Fällen kann jedoch jede der Parteien den vollen Anteil jeder anderen Partei am Kostenvorschuss bezahlen, falls diese andere Partei ihren Anteil nicht bezahlt. (6) Wenn ein verlangter Kostenvorschuss nicht bezahlt wird, kann der Generalsekretär, nach Rücksprache mit dem Schiedsgericht, dieses anweisen, seine Arbeit auszusetzen und eine Frist von wenigstens 15 Tagen setzen, nach deren fruchtlosem Ablauf die betroffenen Ansprüche als zurückgenomNedden/Herzberg
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Art. 37 ICC-SchO | Kosten men gelten. Wenn die betroffene Partei dagegen Einwendungen erheben will, muss sie innerhalb der gesetzten Frist einen Antrag auf Entscheidung dieser Frage durch den Gerichtshof stellen. Die aufgrund dieser Vorschrift erfolgte Rücknahme hindert die betroffene Partei nicht, dieselben Ansprüche zu einem späteren Zeitpunkt in einem anderen Verfahren geltend zu machen. (7) Wenn sich eine der Parteien in Bezug auf einen Anspruch auf eine Aufrechnung beruft, so wird diese Aufrechnung bei der Berechnung des Kostenvorschusses in derselben Weise berücksichtigt wie ein eigenständiger Anspruch, soweit er die Prüfung zusätzlicher Fragen durch das Schiedsgericht erforderlich machen könnte. Anhang III – Kosten und Honorare für Schiedsverfahren Artikel 11: Kostenvorschuss (1) Für jeden Antrag auf Einleitung eines Schiedsverfahrens gemäß der Schiedsgerichtsordnung ist eine Registrierungsgebühr in Höhe von US$ 5.000 zu entrichten. Der Vorschuss wird nicht zurückgezahlt und wird auf den Anteil des Klägers am Kostenvorschuss angerechnet. (2) Der vom Generalsekretär gemäß Artikel 37(1) der Schiedsgerichtsordnung festgesetzte vorläufige Kostenvorschuss soll im Regelfall nicht denjenigen Betrag übersteigen, der sich aus der Summe folgender Beträge errechnet: Verwaltungskosten und Minimumwert der Honorare (jeweils in Anwendung der nachstehenden Tabellen) auf der Basis des Streitwerts der Klage sowie die voraussichtlichen im Zusammenhang mit der Erstellung des Schiedsauftrags oder dem Abhalten der Verfahrensmanagementkonferenz anfallenden erstattungsfähigen Auslagen des Schiedsgerichts. Ist der Streitwert nicht beziffert, so wird der vorläufige Kostenvorschuss nach dem Ermessen des Generalsekretärs festgesetzt. Die Zahlung des Klägers wird auf seinen Anteil an dem vom Gerichtshof festgesetzten Kostenvorschuss angerechnet. (3) Grundsätzlich behandelt das Schiedsgericht, gemäß Artikel 37(6) der Schiedsgerichtsordnung, nur diejenigen Klagen oder Widerklagen, für die der Kostenvorschuss vollständig eingezahlt worden ist. (4) Der vom Gerichtshof gemäß Artikel 37(2) oder Artikel 37(4) der Schiedsgerichtsordnung festgesetzte Kostenvorschuss umfasst das Honorar des Schiedsrichters oder der Schiedsrichter (im Folgenden „der Schiedsrichter“), jegliche durch das Schiedsverfahren veranlasste Auslagen des Schiedsrichters und die ICC-Verwaltungskosten. (5) Jede Partei hat den auf sie entfallenden Anteil am Kostenvorschuss in bar zu bezahlen. Wenn der Anteil einer Partei am Kostenvorschuss jedoch einen Betrag von US$ 500.000 („Schwellenwert“) übersteigt, so kann die Partei für den darüber hinausgehenden Betrag eine Bankgarantie stellen. Der Gerichtshof kann den Schwellenwert jederzeit nach eigenem Ermessen ändern. (6) Der Generalsekretär kann eine Zahlung von Kostenvorschüssen oder von Anteilen einer Partei daran auch in Raten gestatten und dies mit Auflagen verbinden, die ihm zweckmäßig erscheinen. (7) Hat eine Partei ihren Anteil an dem vom Gerichtshof festgesetzten Kostenvorschuss bereits vollständig bezahlt, so kann sie den von einer säumigen Partei geschuldeten, aus1 Die Artikel 2–3 Anhang III sind bei Art. 38 abgedruckt.
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Vorschuss für die Kosten des Verfahrens | Art. 37 ICC-SchO stehenden Betrag gemäß Artikel 37(5) der Schiedsgerichtsordnung durch Stellung einer Bankgarantie leisten. (8) Wenn der Gerichtshof gemäß Artikel 37(3) der Schiedsgerichtsordnung getrennte Kostenvorschüsse festgesetzt hat, fordert das Sekretariat die Parteien auf, den ihren jeweiligen Klagen entsprechenden Betrag zu bezahlen. (9) Bei Festsetzung getrennter Kostenvorschüsse kann jede Partei für denjenigen Betrag eine Bankgarantie stellen, der die Hälfte des einheitlichen Kostenvorschusses übersteigt, der vorher für die gleichen Klagen und Widerklagen, die nunmehr Gegenstand der getrennten Kostenvorschüsse sind, festgesetzt war. Bei nachfolgender Erhöhung des getrennten Kostenvorschusses ist mindestens die Hälfte des zusätzlichen Betrags in bar zu bezahlen. (10) Das Sekretariat legt die Bedingungen für die Bankgarantien fest, die von den Parteien nach den vorstehenden Bestimmungen gestellt werden. (11) Wie in Artikel 37(5) der Schiedsgerichtsordnung bestimmt, kann der Kostenvorschuss jederzeit während des Schiedsverfahrens abgeändert werden, insbesondere bei Änderungen des Streitwerts oder der zu erwartenden Auslagen des Schiedsrichters sowie Entwicklungen des Schwierigkeitsgrads oder Umfangs des Schiedsverfahrens. (12) Bevor ein vom Schiedsgericht angeordnetes Sachverständigengutachten eingeholt werden kann, haben die Parteien oder eine der Parteien einen vom Schiedsgericht bestimmten Vorschuss zu bezahlen, der ausreichend ist, die erwarteten Kosten und Auslagen zu decken. Das Schiedsgericht ist für die Zahlung dieser Kosten und Auslagen durch die Parteien verantwortlich. (13) Als Kostenvorschüsse geleistete Zahlungen werden nicht verzinst, weder zugunsten der Parteien noch des Schiedsrichters. Article 37: Advance to Cover the Costs of the Arbitration (1) After receipt of the Request, the Secretary General may request the claimant to pay a provisional advance in an amount intended to cover the costs of the arbitration a) until the Terms of Reference have been drawn up; or b) when the Expedited Procedure Provisions apply, until the case management conference. Any provisional advance paid will be considered as a partial payment by the claimant of any advance on costs fixed by the Court pursuant to this Article 37. (2) As soon as practicable, the Court shall fix the advance on costs in an amount likely to cover the fees and expenses of the arbitrators, the ICC administrative expenses and any other expenses incurred by ICC related to the arbitration for the claims which have been referred to it by the parties, unless any claims are made under Article 7 or 8 in which case Article 37(4) shall apply. The advance on costs fixed by the Court pursuant to this Article 37(2) shall be payable in equal shares by the claimant and the respondent. (3) Where counterclaims are submitted by the respondent under Article 5 or otherwise, the Court may fix separate advances on costs for the claims and the counterclaims. When the Court has fixed separate advances on costs, each of the parties shall pay the advance on costs corresponding to its claims. (4) Where claims are made under Article 7 or 8, the Court shall fix one or more advances on costs that shall be payable by the parties as decided by the Court. Where the Court has previously fixed any advance on costs pursuant to this Article 37, any such advance shall be replaced by the advance(s) fixed pursuant to this Article 37(4), and the amount of any advance previously paid by any party will be considered as a partial payment by such party of its share of the advance(s) on costs as fixed by the Court pursuant to this Article 37(4).
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Art. 37 ICC-SchO | Kosten (5) The amount of any advance on costs fixed by the Court pursuant to this Article 37 may be subject to readjustment at any time during the arbitration. In all cases, any party shall be free to pay any other party’s share of any advance on costs should such other party fail to pay its share. (6) When a request for an advance on costs has not been complied with, and after consultation with the arbitral tribunal, the Secretary General may direct the arbitral tribunal to suspend its work and set a time limit, which must be not less than 15 days, on the expiry of which the relevant claims shall be considered as withdrawn. Should the party in question wish to object to this measure, it must make a request within the aforementioned period for the matter to be decided by the Court. Such party shall not be prevented, on the ground of such withdrawal, from reintroducing the same claims at a later date in another proceeding. (7) If one of the parties claims a right to a set-off with regard to any claim, such set-off shall be taken into account in determining the advance to cover the costs of the arbitration in the same way as a separate claim insofar as it may require the arbitral tribunal to consider additional matters.
Appendix III – Arbitration Costs and Fees Article 1: Advance on Costs (1) Each request to commence an arbitration pursuant to the Rules must be accompanied by a filing fee of US$ 5,000. Such payment is non-refundable and shall be credited to the claimant’s portion of the advance on costs. (2) The provisional advance fixed by the Secretary General according to Article 37(1) of the Rules shall normally not exceed the amount obtained by adding together the ICC administrative expenses, the minimum of the fees (as set out in the scale hereinafter) based upon the amount of the claim and the expected reimbursable expenses of the arbitral tribunal incurred with respect to the drafting of the Terms of Reference or the holding of the case management conference. If such amount is not quantified, the provisional advance shall be fixed at the discretion of the Secretary General. Payment by the claimant shall be credited to its share of the advance on costs fixed by the Court. (3) In general, the arbitral tribunal shall, in accordance with Article 37(6) of the Rules, proceed only with respect to those claims or counterclaims in regard to which the whole of the advance on costs has been paid. (4) The advance on costs fixed by the Court according to Articles 37(2) or 37(4) of the Rules comprises the fees of the arbitrator or arbitrators (hereinafter referred to as “arbitrator”), any arbitration-related expenses of the arbitrator and the ICC administrative expenses. (5) Each party shall pay its share of the total advance on costs in cash. However, if a party’s share of the advance on costs is greater than US$ 500,000 (the “Threshold Amount”), such party may post a bank guarantee for any amount above the Threshold Amount. The Court may modify the Threshold Amount at any time at its discretion. (6) The Secretary-General may authorize the payment of advances on costs, or any party’s share thereof, in instalments, subject to such conditions as the Court thinks fit. (7) A party that has already paid in full its share of the advance on costs fixed by the Court may, in accordance with Article 37(5) of the Rules, pay the unpaid portion of the advance owed by the defaulting party by posting a bank guarantee. (8) When the Court has fixed separate advances on costs pursuant to Article 37(3) of the Rules, the Secretariat shall invite each party to pay the amount of the advance corresponding to its respective claim(s).
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Vorschuss für die Kosten des Verfahrens | Art. 37 ICC-SchO (9) When, as a result of the fixing of separate advances on costs, the separate advance fixed for the claim of either party exceeds one half of such global advance as was previously fixed (in respect of the same claims and counterclaims that are the subject of separate advances), a bank guarantee may be posted to cover any such excess amount. In the event that the amount of the separate advance is subsequently increased, at least one half of the increase shall be paid in cash. (10) The Secretariat shall establish the terms governing all bank guarantees which the parties may post pursuant to the above provisions. (11) As provided in Article 37(5) of the Rules, the advance on costs may be subject to readjustment at any time during the arbitration, in particular to take into account fluctuations in the amount in dispute, changes in the amount of the estimated expenses of the arbitrator, or the evolving difficulty or complexity of arbitration proceedings. (12) Before any expertise ordered by the arbitral tribunal can be commenced, the parties, or one of them, shall pay an advance on costs fixed by the arbitral tribunal sufficient to cover the expected fees and expenses of the expert as determined by the arbitral tribunal. The arbitral tribunal shall be responsible for ensuring the payment by the parties of such fees and expenses. (13) The amounts paid as advances on costs do not yield interest for the parties or the arbitrator. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 i.V.m Art. 1 Abs. 2 Anhang III regelt den vom Generalsekretär festzusetzenden, nur vom Kläger zu zahlenden, vorläufigen Kostenvorschuss; Abs. 2 i.V.m Art. 1 Abs. 4 Anhang III regelt den vom Gerichtshof festzusetzenden, von beiden Seiten zu gleichen Teilen zu zahlenden, („globalen“) Kostenvorschuss, auf den die bereits geleisteten Zahlungen des Klägers angerechnet werden; Abs. 3 i.V.m. Art. 1 Abs. 8 Anhang III ermöglicht die Festsetzung getrennter Vorschüsse für Klage und Widerklage; Abs. 4 regelt die Festsetzung von Kostenvorschüssen in Mehrparteienverfahren; Abs. 5 ermöglicht dem Gerichtshof die jederzeitige Abänderung von Kostenvorschüssen; Abs. 6 bestimmt, wie zu verfahren ist, wenn ein Kostenvorschuss ganz oder teilweise nicht bezahlt wurde; Abs. 7 regelt die Auswirkungen einer Aufrechnung auf die Kosten. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Änderungshistorie . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Einzelerläuterungen . . . . . . I. Registrierungsgebühr (Art. 1 Abs. 1 Anhang III) . . . . . . . . II. Vorläufiger Kostenvorschuss (Art. 37 Abs. 1, Art. 1 Abs. 2 Anhang III) . . . . . . . . . . . . . III. „Globaler“ Kostenvorschuss in Zwei-Parteien-Verfahren (Art. 37 Abs. 2, Art. 1 Abs. 4, Abs. 12 Anhang III) . . . . . . .
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IV. Getrennte Vorschüsse für Klage und Widerklage (Art. 37 Abs. 3 ICC-SchO) . . . . . . . . . . . . . . . V. Flexible Vorschüsse in Mehrparteienverfahren (Art. 37 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2, Abs. 4) . . . . . . . VI. Zahlungsmodalitäten für angeforderte Vorschüsse (Art. 1 Abs. 5, Abs. 8–10 Anhang III); Behandlung vereinnahmter Vorschüsse durch die ICC (Art. 1 Abs. 13 Anhang III) . . . . . . . . . VII. Anpassung des Kostenvorschusses (Art. 37 Abs. 5 Satz 1, Art. 1 Abs. 11 Anhang III); Substituierung (Art. 37 Abs. 5 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Art. 37 ICC-SchO | Kosten VIII. Administrative Beendigung des Schiedsverfahrens bei Säumnis der vorschusspflichtigen Partei (Art. 37 Abs. 6, Art. 1 Abs. 3 Anhang III) . . . . . . . . . . . . . . IX. Aufrechnung (Art. 37 Abs. 7) .
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X. Vorschuss für Sachverständige (Art. 1 Abs. 12 Anhang III) . . . . F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Buchwitz/Schütt, Die Durchsetzung von Vorschussansprüchen in Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2015, 1 ff.; Darwazeh/Greenberg, No One’s Credit Is As Good As Cash: Awards and Orders for the Payment of the ICC Advance on Costs, Journal of International Arbitration, Vol. 31 Issue 5 (2014), S. 557 ff.; de los Santos/Maravall, Party Tactics with Regard to Payment of Advances: A Case Study, ICC Dispute Resolution Bulletin, Issue 2 (2017), S. 32 ff.; Elofson, Immediate reimbursement of substituted advance on costs in international commercial arbitration, in: Arbitration International, Vol. 33 Issue 3 (2017), S. 415 ff.; Engholm Cardoso, Impecunious Parties in International Commercial Arbitration, in: Arbitration International, Vol. 36 Issue 1 (2020), S. 123 ff.; Fadlallah, Payments of the Advance to Cover Costs in ICC Arbitration: the Parties’ Reciprocal Obligations, ICC Court Bulletin, Vol. 14 No. 1 (2003), S. 53 ff.; ICC (Hrsg.), Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration, Report from the ICC Commission on Arbitration and ADR (http://www.iccwbo.org); ICC (Hrsg.), Decisions on Costs in International Arbitration, Commission Report, ICC Dispute Resolution Bulletin, No. 2 (2015), S. 1 ff.; Goh Teng Jun, An Arbitral Tribunal’s Dilemma: The Plea of Financially Impecunious Parties, Journal of International Arbitration, Vol. 37 Issue 4 (2020), S. 479 ff.; Haridi, Security for Costs and Claim under the ICC Rules of Arbitration: Rare, but possible, ICC Dispute Resolution Bulletin, No. 2 (2020), S. 77 ff.; Mack, Getrennte Kostenvorschüsse für Klage und Widerklage im ICC-Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2006, S. 36 ff.; Rohner/Lazopoulos, Respondent’s Refusal to Pay its Share of the Advance on Costs, ASA Bulletin, Vol. 29 Issue 3 (2011), S. 549 ff.; Sandrock, Claims for Advances on Costs and the power of Arbitral Tribunals to Order their Payment, in Liber Amicorum Robert Briner (2005), S. 707 ff.; Schwartz, The ICC Arbitral Process – Part IV: The Costs of ICC Arbitration, ICC Court Bulletin, Vol. 4 No. 1 (1993), S. 8 ff.; Secomb, Awards and Orders Dealing with the Advance on Costs in ICC Arbitration: Theoretical Questions and Practical Problems, ICC Court Bulletin, Vol. 14 No. 1 (2003), S. 59 ff.; Williams/Durrani/Singh, The Advance on Costs in Arbitration: Reimbursement of Substituted Payment, Journal of International Arbitration, Vol. 38 Issue 3 (2021), S. 345 ff.
A. Normzweck 1 Die Inanspruchnahme der ICC-Schiedsgerichtsbarkeit setzt grds. (aber s. Art. 1
Abs. 6 Anhang III und dazu Rz. 31) voraus, dass die Parteien für die von der ICC und von dem oder den Schiedsrichter(n) zu erbringenden Leistungen in Vorleistung gehen. Dadurch wird sichergestellt, dass die Verwaltungskosten der ICC sowie die Honorare und Auslagen der Schiedsrichter auch tatsächlich vereinnahmt werden können.
2 Zur Regelung der Modalitäten der von den Parteien in Gestalt verschiedener Vor-
schüsse zu erbringenden Vorleistungen stellt Art. 37 – der insoweit durch Art. 1 Anhang III ergänzt wird – ein differenziertes Instrumentarium zur Verfügung:
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Vorschuss für die Kosten des Verfahrens | Art. 37 ICC-SchO
– Für jeden Antrag auf Einleitung eines Schiedsverfahrens ist vom Kläger eine nicht rückzahlbare Registrierungsgebühr („filing fee“) i.H.v. 5.000 USD zu zahlen (Art. 1 Anhang III). – Im Zuge der Vorbereitung der Zustellung der Schiedsklage an den Beklagten setzt der Generalsekretär sodann einen streitwertabhängigen vorläufigen Kostenvorschuss („provisional advance“) fest, der ebenfalls nur vom Kläger zu zahlen ist (Art. 37 Abs. 1) und der die Kosten bis zur Erstellung des Schiedsauftrags abdecken soll (Art. 1 Abs. 2 Anhang III). – Liegt die Klageantwort (Art. 5) vor oder ist die insoweit maßgebliche Frist abgelaufen, setzt der Gerichtshof einen streitwertabhängigen („globalen“) Kostenvorschuss („advance on costs“) fest, der von den Parteien zu gleichen Teilen zu zahlen ist, sobald die Akte an das Schiedsgericht übergeben ist (Art. 16), wobei vom Kläger auf Registrierungsgebühr und vorläufigen Kostenvorschuss bereits geleistete Zahlungen auf den Anteil des Klägers angerechnet werden (Art. 37 Abs. 2, Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Anhang III). Durch die dergestalt abgestufte Kollektierung der in dem Verfahren aller Vo- 3 raussicht nach entstehenden Kosten wird es der Klagepartei ermöglicht, ein Verfahren zunächst mit verhältnismäßig geringem monetären Aufwand in Gang zu bringen. Dies kann insb. sinnvoll sein in Fällen, in denen tatsächliche oder rechtliche Fragen nicht ernsthaft in Streit stehen. Klassisches Beispiel ist die Zahlungsklage eines Lieferanten gegen einen Abnehmer mit Cashflow-Problemen, der zahlen will, aber nicht kann, da auch andere, lästigere oder bedeutendere Gläubiger bedient werden wollen. Hier kann bereits die Zustellung der Schiedsklage, verbunden mit dem Hinweis darauf, dass der Kläger die Reaktion des Beklagten auch unter insolvenz(-straf-)rechtlichen Gesichtspunkten aufmerksam verfolgen wird, bisweilen „Wunder wirken“ und eine Repriorisierung der Gläubiger oder gar eine Kapitalspritze zur Folge haben, die dem Schuldner wenigstens eine Ratenzahlungsvereinbarung ermöglicht; während der Laufzeit kann das Schiedsverfahren kostenneutral oder doch kostengünstig (s. Art. 2 Abs. 7 Anhang III und dazu Art. 38 Rz. 27) ausgesetzt werden. Auch in Fällen, in denen der Beklagte an sich zahlen kann, aber nicht will, kann die Schiedsklage wegen der mit ihr deutlich zu Tage tretenden Kostenexposition die Vergleichsbereitschaft signifikant erhöhen. Diese Beispiele zeigen, dass das auf den ersten Blick unnötig kompliziert erscheinende System abgestufter Vorschüsse einen legitimen Zweck verfolgt: Es versetzt den Kläger – gerade bei größeren Streitwerten – in die Lage, die ggf. bestehende Chance auf vollständige Befriedigung bei einer verhältnismäßig geringfügigen Investition in den Anspruch auch tatsächlich zu realisieren und trägt so zu einer möglichst kostenrationalen Rechtsverfolgung bei. Art. 37 Abs. 3–7 regeln, wie sich einige besondere Verfahrenskonstellationen 4 bzw. -situationen auf den Kostenvorschuss auswirken (Abs. 3: Widerklage; Abs. 4: Mehrparteienverfahren; Abs. 5: Tatsachen, die zu einer Abänderung des Kostenvorschusses veranlassen; Abs. 6: Nichtbezahlung von Vorschüssen; Abs. 7: Aufrechnung). Nedden/Herzberg
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Art. 37 ICC-SchO | Kosten 5 Art. 37 und Art. 1 Anhang III ergänzen einander und sind daher im Zusammen-
hang zu lesen. Sie werden daher nachfolgend auch gemeinsam kommentiert.
B. Änderungshistorie 6 Mit der Reform 2017 wurde der Zeitpunkt, bis zu dem der vorläufige Kostenvor-
schuss reichen soll, an die Abschaffung des Schiedsauftrags in beschleunigten Verfahren angepasst (Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Buchst. b). Schließlich wurden mit der Reform 2021 die Zuständigkeit für die Bewilligung von Ratenzahlungen vom Gerichtshof auf den Generalsekretär verlagert (Art. 2 Abs. 6 Anhang III) sowie eine – allerdings zweifelhafte und nicht konsequent durchgehaltene – Blankettregelung für Kosten, die der ICC jenseits der Verfahrenskosten entstehen, in Art. 37 Abs. 2 eingeführt (s. Rz. 18).
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 7 Das X. Buch der ZPO sieht die Festsetzung von Kostenvorschüssen nicht vor,
steht der – in der Einigung auf die ICC-SchO enthaltenen – Vereinbarung eines entsprechenden Verfahrens aber auch nicht entgegen.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 8 Der Grundgedanke der ICC-SchO, wonach ein (ggf. im Laufe des Verfahrens
anzupassender) die tatsächlichen Kosten voraussichtlich deckender Vorschuss einzuzahlen ist, bevor das Verfahren eingeleitet bzw. fortgesetzt wird, ist für das staatliche Verfahren in § 12 Abs. 1 GKG enthalten. Die aus § 12 Abs. 2 GKG sowie aus §§ 14, 2 GKG, z.T. i.V.m. landesrechtlichen Vorschriften, folgenden Ausnahmen haben in der ICC-Schiedsgerichtsbarkeit naturgemäß kein Funktionsäquivalent. Insb. kennt die ICC-SchO kein Prozesskostenhilferecht (wenn auch Art. 1 Abs. 6 Anhang III die Gestattung von Ratenzahlung in das Ermessen des Generalsekretärs stellt; dazu Rz. 31). Die Differenzierung nach verschiedenen Vorschussstufen in den einzelnen Verfahrensstadien (Art. 37 Abs. 1, Abs. 2) ist, ebenso wie die Sonderregelung für Mehrparteienverfahren (Art. 37 Abs. 3, Abs. 4), eine Besonderheit der ICC-SchO. Widerklagen lösen im staatlichen Verfahren keine Vorschusspflicht aus (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 GKG), obwohl sie den Kostenstreitwert erhöhen können (§ 45 Abs. 1 Satz 1 GKG). Im ICC-Schiedsverfahren führt eine (nicht ganz geringfügige) (Hilfs-)Widerklage i.d.R. zur Notwendigkeit, den Kostenvorschuss anzupassen, wenn nicht der Gerichtshof ohnehin getrennte Vorschüsse anordnet (Art. 37 Abs. 3). Das staatliche Verfahrensrecht kennt ebenso wie die ICC-SchO die Möglichkeit einer administrativen Verfahrensbeendigung, wenn angeforderte Vorschüsse nicht eingezahlt werden (Art. 37 Abs. 6). Die Regelung in Art. 37 Abs. 7 zur Aufrechnung entspricht 640
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Vorschuss für die Kosten des Verfahrens | Art. 37 ICC-SchO
hinsichtlich des Kostenstreitwerts im Wesentlichen § 45 Abs. 3 GKG, der indes vorschussneutral ist.
E. Einzelerläuterungen I. Registrierungsgebühr (Art. 1 Abs. 1 Anhang III) Die Registrierungsgebühr („filing fee“) ist zwingend mit Einreichung einer 9 Schiedsklage bei der ICC an dieselbe zu entrichten, und zwar i.H.v. 5.000 USD. Geht eine Schiedsklage ein, wurde aber die Registrierungsgebühr noch nicht bezahlt, fordert das Sekretariat den Kläger auf, dies nachzuholen. Solange die Registrierungsgebühr nicht bezahlt ist, wird die Klage nicht zugestellt, das Schiedsverfahren gilt aber gleichwohl in jeder Hinsicht als eingeleitet (vgl. Art. 4 Abs. 2). Jedenfalls aus deutscher Sicht ist somit grds. unabhängig vom Zeitpunkt der Zahlung der Registrierungsgebühr die Verjährung gehemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB; beachte aber § 204 Abs. 2 Satz 3 BGB). Wird die Registrierungsgebühr trotz Erinnerung nicht binnen der vom Sekretariat gesetzten (Nach-) Frist bezahlt, wird das Verfahren durch das Sekretariat administrativ beendet (Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Buchst. a, Satz 2; kein Fall des Art. 37 Abs. 6, da die Registrierungsgebühr kein „Kostenvorschuss“ ist).
II. Vorläufiger Kostenvorschuss (Art. 37 Abs. 1, Art. 1 Abs. 2 Anhang III) Nach Art. 37 Abs. 1 („kann“) liegt es im Ermessen des Generalsekretärs, einen 10 vorläufigen Kostenvorschuss festzusetzen. In der Praxis erfolgt diese Festsetzung routinemäßig. Der vorläufige Kostenvorschuss wird regelmäßig unmittelbar nach Eingang der Registrierungsgebühr (s. Rz. 9) sowie einer ausreichenden Zahl an Exemplaren der Klageschrift (Art. 4 Abs. 4 Satz 1 Buchst. a) an den Beklagten festgesetzt. Werden mit der Schiedsklage unbezifferte Ansprüche geltend gemacht (z.B. auf Feststellung) und wird für diese kein Wert angegeben, kann das Sekretariat aber je nach Lage des Einzelfalls den Parteien zunächst Gelegenheit zur Bewertung der Ansprüche geben, bevor der Generalsekretär den vorläufigen Kostenvorschuss festsetzt. Der vorläufige Kostenvorschuss ist ausschließlich vom Kläger zu zahlen. Der Generalsekretär setzt dem Kläger regelmäßig zeitgleich mit Zustellung der Schiedsklage an den Beklagten eine Frist von 30 Tagen zur Bezahlung des festgesetzten vorläufigen Kostenvorschusses. Das Schiedsgericht wird erst gebildet und die Akten werden dem Schiedsgericht nach erfolgter Konstituierung erst dann übergeben, wenn der vorläufige Kostenvorschuss bezahlt wurde. Wie sich aus Art. 1 Abs. 2 Satz 1 Anhang III ergibt, soll der vorläufige Kostenvor- 11 schuss die Verwaltungskosten der ICC sowie das Honorar und die Auslagen der Schiedsrichter bis zur Erstellung (d.h. Unterzeichnung oder Genehmigung) des Nedden/Herzberg
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Art. 37 ICC-SchO | Kosten Schiedsauftrags oder – bei Anwendbarkeit der Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren – bis zur Verfahrensmanagementkonferenz abdecken. Daraus folgt, dass das Schiedsgericht mit der Erstellung des Schiedsauftrags sogleich nach Erhalt der Akten zu beginnen hat, also unabhängig vom Eingang über den vorläufigen Kostenvorschuss hinausgehender Vorschusszahlungen. Da die entsprechenden Beträge rasch kollektiert werden müssen, um einen zügigen Verfahrensstart zu gewährleisten, der Beklagte aber in aller Regel nicht ohne gründliche Prüfung der Schiedsklage sowie der Rechtslage zu irgendeiner Zahlung an die ICC bereit sein wird, ist es interessengerecht, dass der Kläger allein den vorläufigen Kostenvorschuss zu zahlen hat. Seine Zahlung wird später auf den „globalen“ Vorschuss gemäß Art. 37 Abs. 3 angerechnet (Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Anhang III). 12 Für die Berechnung des vorläufigen Kostenvorschusses gilt gemäß Art. 1
Abs. 2 Anhang III, dass dieser i.d.R. die Summe aus den Verwaltungskosten gemäß Tabelle A zu Anhang III und dem Minimum des Schiedsrichterhonorars bzw. der Schiedsrichterhonorare gemäß Tabelle B zu Anhang III nicht übersteigen soll. Der Generalsekretär legt, wie sich aus Art. 1 Abs. 2 Sätze 1 und 2 Anhang III ergibt, grds. die Streitwertangabe(n) aus der Schiedsklage zu Grunde (vgl. Art. 4 Abs. 3 Buchst. d). Fehlen solche Angaben in der Schiedsklage oder sind sie unvollständig, kann das Sekretariat den Kläger zur Vervollständigung auffordern; die Schiedsklage wird aber regelmäßig bereits zugestellt werden. Der Generalsekretär kann den vorläufigen Kostenvorschuss bei Fehlen einer Indikation des Streitwerts auch nach freiem Ermessen festsetzen (Art. 1 Abs. 2 Satz 2 Anhang III). Der Generalsekretär wird freilich auch in diesen Fällen den vorläufigen Kostenvorschuss nicht losgelöst von den Kostentabellen des Anhangs III festsetzen, sondern seiner Festsetzung einen fiktiven Streitwert zu Grunde legen. Es liegt jedoch im Interesse des Klägers, den Streitwert möglichst selbst zu beziffern, damit er sich aufgrund eines zu hohen fiktiven Streitwertes nicht möglicherweise einem zu hoch bemessenen vorläufigen Kostenvorschuss ausgesetzt sieht, der erst wieder umständlich nach unten korrigiert werden müsste (Rz. 33). Das Sekretariat achtet in Situationen mit fiktiven Streitwerten besonders darauf, dass das Schiedsgericht die Frage des Streitwerts mit den Parteien im Zuge der Erarbeitung des Schiedsauftrags adressiert und passt den Kostenvorschuss dann erforderlichenfalls auf Grundlage des neuen Streitwerts an.
13 In der Praxis werden im Rahmen der Festsetzung des vorläufigen Kostenvor-
schusses regelmäßig die Hälfte der Verwaltungskosten sowie die Hälfte der durchschnittlichen Schiedsrichterhonorare gemäß den Tabellen des Anhangs III angesetzt. Hierdurch wird der Anforderung des Art. 1 Abs. 2 Anhang III (s. Rz. 12) Rechnung getragen. Für die Auslagen kann regelmäßig ein niedriger vierstelliger Betrag angesetzt werden. Der vorläufige Kostenvorschuss wird regelmäßig bei 150.000 USD gedeckelt. In Fällen, in denen die Schiedsvereinbarung die Zahl der Schiedsrichter nicht nennt, folgt der Generalsekretär bei der Berechnung des vorläufigen Kostenvorschusses regelmäßig den Angaben des Klägers.
14 Für die Zahlung wird dem Kläger regelmäßig eine Frist von 30 Tagen ein-
geräumt. Vor Eingang der Zahlung wird das Schiedsgericht nicht vollständig 642
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Vorschuss für die Kosten des Verfahrens | Art. 37 ICC-SchO
konstituiert und die Akte nicht an das Schiedsgericht übergeben (Art. 16). Ganz allgemein treffen der Generalsekretär und der Gerichtshof keine Entscheidungen, solange der vorläufige Kostenvorschuss nicht vollständig bezahlt ist. Eine Ausnahme davon bildet Art. 37 Abs. 6. Bleibt eine Zahlung auch nach mehrfacher Erinnerung aus, gilt Art. 37 Abs. 6, wonach der Generalsekretär eine letzte Zahlungsfrist setzen kann, nach deren fruchtlosem Ablauf die Ansprüche als zurückgezogen gelten (s. Rz. 35 ff.). Ein vorläufiger Kostenvorschuss für eine Widerklage (bzw. für cross-claims) 15 ist nicht vorgesehen. Der Wert der Widerklage wird erst im „globalen“ Kostenvorschuss (dazu Rz. 16 ff.) reflektiert.
III. „Globaler“ Kostenvorschuss in Zwei-Parteien-Verfahren (Art. 37 Abs. 2, Art. 1 Abs. 4, Abs. 12 Anhang III) In Zwei-Parteien-Verfahren (andernfalls gelten Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2, Abs. 4; 16 dazu Rz. 26 ff.) setzt der Gerichtshof nach Eingang des vorläufigen Kostenvorschusses (s. Rz. 10 ff.) und der Klageantwort (Art. 5) einen weiteren, von der ICC-SchO lediglich als Kostenvorschuss („advance on costs“), zur Unterscheidung vom vorläufigen Kostenvorschuss sekretariatsintern auch als globaler Kostenvorschuss („global advance on costs“) bezeichneten Vorschuss fest. Die Klageantwort wird abgewartet, da sie ggf. eine (Hilfs-)Widerklage beinhalten kann, durch die der Streitwert sich erhöhen würde. Im Einzelfall kann dies – insb. bei einvernehmlichen Fristverlängerungen für die Klageantwort – dazu führen, dass der Kostenvorschuss gemäß Art. 37 Abs. 2 erst festgesetzt wird, wenn das Schiedsgericht bereits konstituiert ist. Dies ist unproblematisch, da der vorläufige Kostenvorschuss bereits die voraussichtlichen Honorare der Schiedsrichter bis zur Schiedsauftragserstellung (bzw. im Falle des beschleunigten Verfahrens bis zur Verfahrensmanagementkonferenz) abdeckt. Diese zeitliche Flexibilität kommt in der autoritativen englischen Sprachfassung von Art. 37 Abs. 2 („as soon as practiable“) zum Ausdruck; das deutsche „sobald wie möglich“ ist insoweit weniger klar. Mit der Festsetzung des globalen Kostenvorschusses sind Prognosen der vom 17 Gerichtshof erst später, im Zuge der Beendigung des Verfahrens, zu treffenden Kostenfestsetzungsentscheidungen verbunden. Diese basieren auf dem Streitwert. Wegen der Einzelheiten s. Rz. 12 sowie Art. 38 Rz. 12 ff. sowie vor Rz. 1 zur Streitwertbestimmung und zur Handhabung der Gleitzone (Minimum – Durchschnitt – Maximum) für die Schiedsrichterhonorare. Im Allgemeinen geht der Gerichtshof bei niedrigen Streitwerten (unter 250.000 USD) vom Maximum der Schiedsrichterhonorare, sonst vom Durchschnitt aus. Der globale Kostenvorschuss soll die Schiedsrichterhonorare sowie die durch 18 das Schiedsverfahren veranlassten Auslagen des Schiedsgerichts und die ICCVerwaltungskosten abdecken (Art. 1 Abs. 4 Anhang III). Der Vorschuss setzt sich daher grds. aus folgenden Beträgen zusammen: Nedden/Herzberg
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Art. 37 ICC-SchO | Kosten – einem Betrag für das voraussichtliche Honorar der Schiedsrichter, der meist zwischen dem gemäß Kostentabelle angesetzten Mindest- und Höchsthonorar liegt, – einem angemessenen Betrag für die Schiedsrichterauslagen, die regelmäßig mit einem mittleren vierstelligen USD-Betrag pro Schiedsrichter veranschlagt werden können, wobei je nach Lage des Falles abweichende Prognosen geboten sein können; und – die voraussichtlichen ICC-Verwaltungskosten; Art. 37 Abs. 2 Satz 1 erwähnt überdies blankettmäßig auch noch „andere“, von den ICC-Verwaltungskosten anscheinend nicht erfasste Kosten, „die der ICC im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren entstehen“, deren Gegenstand und Umfang aber im Dunkeln bleiben und die auch von Anhang III nicht reflektiert sind. Nicht sämtliche Fremdleistungen wie Kurierkosten usw. können hiervon erfasst sein, sondern allenfalls Kosten, die nach Grund und Umfang erheblich von den üblicherweise im Rahmen eines Schiedsverfahrens entstehenden Kosten abweichen (etwa die Kosten, die der ICC durch die Übersetzung einer Eingabe erwachsen, die in einer Sprache verfasst ist, die keine Mitarbeiter des Sekretariats und die kein Mitglied des Gerichtshofs versteht). Der globale Kostenvorschuss wird regelmäßig zunächst bei 650.000 USD gedeckelt. Diese Deckelung ist aber nicht mit einer Prognose verbunden, dass keine höheren Kosten entstünden. Sie bezweckt lediglich, die Liquidität der Parteien zu Verfahrensbeginn nicht zu stark zu belasten. Die spätere Anpassung des Kostenvorschusses nach oben (Rz. 33) ist die Regel. Ist bei der erstmaligen Festlegung eines globalen Kostenvorschusses durch den Gerichtshof absehbar, dass der Vorschuss die o.g. Positionen nicht vollständig abdecken können wird und später angepasst werden muss, informiert das Sekretariat die Parteien und die Schiedsrichter darüber, dass zukünftige Anpassungen wahrscheinlich sind. 19 Zeigt sich während des Verfahrens, dass der Vorschuss nicht ausreicht oder zu
großzügig bemessen wurde, kann er (auch mehrfach) angepasst werden, Art. 37 Abs. 5 (Rz. 33 ff.).
20 Der Vorschuss beinhaltet nicht:
– die Umsatzsteuer oder andere Steuern oder Abgaben, die auf Schiedsrichterhonorare oder auf die ICC-Verwaltungskosten anfallen (Art. 2 Abs. 13 Anhang III; s. Art. 38 Rz. 65); – Auslagen, die nicht dem Schiedsgericht (oder ggf. einem Verwaltungssekretär desselben, s. dazu vor Art. 11 Rz. 16) entstehen, sondern mit der Beauftragung weiterer Hilfspersonen – sei es durch das Schiedsgericht, sei es durch die Parteien – verbunden sind, wie bspw. die Honorare und Spesen für Übersetzer, Dolmetscher, Sachverständige, Court Reporter usw., sowie atypische, größere Kostenblöcke bspw. im Zusammenhang mit der Anmietung von hearing facilities o.Ä.; s. zum Ganzen auch Art. 38 Rz. 35. – Kostensicherheit für die jeweils andere Partei; ob eine solche verlangt werden kann, ist eine Frage des jeweils anwendbaren Rechts (s. Art. 38 Rz. 46). 644
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Vorschuss für die Kosten des Verfahrens | Art. 37 ICC-SchO
Anders als diesbezügliche Reisekosten der Schiedsrichter sind die Kosten für 21 die Anmietung von Verhandlungsräumen, für einen Court Reporter und etwaige Übersetzer sowie ggf. für audiovisuelle Leistungen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung nicht in die Auslagenkomponente der von der ICC administrierten Vorschüsse einkalkuliert. Der Praxis entspricht es, dass solche Kosten von den Parteien direkt getragen werden, und zwar paritätisch, vorbehaltlich der Kostenverteilung im Endschiedsspruch. Tragung des Kostenvorschusses zu gleichen Teilen (Abs. 2 Satz 2). Art. 37 22 Abs. 2 Satz 2 bestimmt, dass der gemäß Satz 1 festgesetzte Kostenvorschuss zu gleichen Teilen vom Kläger und Beklagten zu tragen ist. Allerdings werden die vom Kläger bereits auf Registrierungsgebühr und vorläufigen Kostenvorschuss geleisteten Zahlungen angerechnet (Art. 1 Abs. 1 Satz 2, Art. 1 Abs. 2 Satz 3 Anhang III). Die endgültige Kostenverteilung (Art. 38 Abs. 4) bleibt unberührt. Die Pflicht zur Zahlung des hälftigen Kostenvorschusses ist bei wirksamer Schiedsvereinbarung Vertragspflicht der Parteien untereinander. Zu den Folgen pflichtwidriger Nichtzahlung s. Rz. 35 ff. Fälligstellung mit Aktenübergabe. Obwohl der globale Kostenvorschuss bereits 23 nach dem Eingang der Klageantwort und damit z.T. noch vor der Konstituierung des Schiedsgerichts festgesetzt wird (s. Rz. 16), wird er im Allgemeinen frühestens mit der Aktenübergabe (Art. 16) angefordert.
IV. Getrennte Vorschüsse für Klage und Widerklage (Art. 37 Abs. 3 ICC-SchO) Gemäß Art. 37 Abs. 3 können für Klage und Widerklage getrennte Kostenvor- 24 schüsse festgesetzt werden. Dies gilt auch für Hilfswiderklagen und „crossclaims“, sowie – jedenfalls unter der Voraussetzung des Art. 37 Abs. 7 – auch für Aufrechnungen und Hilfsaufrechnungen (zum weiten Begriff der „counterclaims“, der in diesem Zusammenhang auch Aufrechnungen erfasst, s. Art. 5 Rz. 39 ff., Rz. 53 sowie zu Art. 37 Abs. 7 unter Rz. 38). In der Praxis verfährt der Gerichtshof nur dann so, wenn eine Partei dies beantragt. Vor einer Entscheidung über einen solchen Antrag wird i.d.R. zunächst bis zur Unterzeichnung oder Genehmigung des Schiedsauftrags – bzw. im beschleunigten Verfahren bis zur Verfahrensmanagementkonferenz – abgewartet, und es wird die bzw. es werden die andere(n) Partei(en) gehört. Das Sekretariat rechnet den Parteien regelmäßig vor, welche Auswirkungen die Festsetzung getrennter Vorschüsse für die Parteien jeweils haben würde. Es kann sich empfehlen, die Festsetzung getrennter Kostenvorschüsse zu beantragen, wenn die Summe der eigenen geltend gemachten Ansprüche deutlich unter denen der Gegenseite liegt und sich der Umfang des zu tragenden Kostenvorschussanteils – trotz der degressiven Natur der Kostentabellen – durch getrennte Kostenvorschüsse deutlich vermindert. Wird nach Art. 37 Abs. 4 verfahren, hat die Nichtzahlung eines (getrennten) 25 Vorschusses unter den Voraussetzungen des Art. 37 Abs. 6 die Beendigung des Nedden/Herzberg
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Art. 37 ICC-SchO | Kosten Verfahrens lediglich hinsichtlich derjenigen Ansprüche, für die der (getrennte) Vorschuss festgesetzt worden war, zur Folge (s. Rz. 35 ff.).
V. Flexible Vorschüsse in Mehrparteienverfahren (Art. 37 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2, Abs. 4) 26 Art. 37 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2, Abs. 4 ermöglicht eine Flexibilisierung der Vor-
schüsse in Mehrparteienverfahren. Der Gerichtshof kann dann entweder einen oder mehrere Vorschüsse festsetzen (Art. 37 Abs. 4 Satz 1). Ferner kann er, und zwar sowohl im einen als auch im anderen der beiden vorgenannten Fälle, festlegen, in welchem Verhältnis die Parteien den bzw. die Vorschüsse zu tragen haben (d.h. nicht notwendigerweise zu gleichen Teilen – Art. 37 Abs. 2 Satz 2 gilt also in diesen Fällen nicht per se). Die Parteien können jedoch auch eine von Art. 37 Abs. 4 abweichende Verteilung der Vorschüsse vereinbaren.
27 Die „klassische“ Vorgehensweise des Gerichtshofs, einen Gesamtkostenvor-
schuss festzusetzen, der von Kläger- und Beklagtenseite zu gleichen Teilen zu tragen ist, ist in vielen Fällen auch für das Mehrparteienverfahren sachgerecht: Nimmt bspw. Kläger A die Beklagten B und C als Gesamtschuldner auf Zahlung in Anspruch, und erheben B und C keine eigenen Ansprüche, sei es gegen A, sei es untereinander oder gegen einen Dritten, dann wird der Gerichtshof einen einzigen („globalen“) Kostenvorschuss festsetzen und diesen zur Hälfte A und zur anderen Hälfte B und C auferlegen. Wie das „Lager“ von B und C die Kosten untereinander aufteilt, ist Sache von B und C. Im Rahmen der Kostenanträge sollte ein ggf. im Innenverhältnis in Vorleistung gegangener Gesamtschuldner grds. darauf achten, dass nicht derjenige, der gar keine Vorschüsse eingezahlt hat, am Ende (insoweit) einen Kostentitel erstreitet. Scheidet allerdings einer von mehreren Beklagten frühzeitig aus dem Verfahren aus (etwa in Folge erfolgreich erhobener Zuständigkeitseinwendungen) und hat dieser Beklagte den gesamten Kostenvorschussanteil des Beklagtenlagers bezahlt, so wird bei der Kostengrundentscheidung regelmäßig zu berücksichtigen sein, in welcher proratarischen Größenordnung der einbezahlte Vorschussanteil (sowie der Komplementärbetrag des Klägers bzw. Klägerlagers) zeitlich vor dem frühzeitigen Ausscheiden der einen Partei (durch Zeitaufwand bzw. Auslagen) aufgebraucht wurde. Der hiernach auf die Zeit nach dem Ausscheiden aufgewandte Vorschussteil (sowie dessen Komplementärbetrag auf der Klägerseite) kann dann je nach dem Obsiegens-/Unterliegensanteil der Partei, in deren Lager der frühzeitig Ausgeschiedene stand, gequotelt werden.
28 Getrennte Kostenvorschüsse gemäß Art. 37 Abs. 4 können dann sinnvoll sein,
wenn (auch) Ansprüche schiedshängig gemacht wurden, die nicht zwischen allen Parteien des Verfahrens strittig sind. Auch in multipolaren Schiedsverfahren („cross-claims“) kann es gerechtfertigt sein, den Parteien je nach ihrem Interesse am Verfahrensausgang separate Kostenvorschüsse aufzugeben. Wegen der Einzelheiten und für Berechnungsbeispiele vgl. Fry/Greenberg/Mazza, 646
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Vorschuss für die Kosten des Verfahrens | Art. 37 ICC-SchO
Rz. 3-1380 ff. Zum Schicksal festgesetzter Vorschüsse nach Verbindung auf ein anderes Verfahren s. Art. 10 Rz. 45.
VI. Zahlungsmodalitäten für angeforderte Vorschüsse (Art. 1 Abs. 5, Abs. 8–10 Anhang III); Behandlung vereinnahmter Vorschüsse durch die ICC (Art. 1 Abs. 13 Anhang III) Angeforderte Vorschüsse sind grds. in USD zu zahlen, es sei denn, das ist, bspw. 29 durch außenwirtschaftsrechtliche Sanktionen, gesetzlich verboten oder wurde vom Gerichtshof abweichend festgelegt (Art. 3 Abs. 4 Anhang III), so bspw. inzwischen bzgl. vom iberoamerikanischen Case Management Team verwalteter Verfahren in Brasilien in der dortigen Landeswährung. Ist dies der Fall, können die Schiedsrichter keine Erstattung von Auslagen bzw. Zahlung von Per-diemPauschalen (hierzu Art. 38 Rz. 25) in USD beantragen (sondern müssen diese entsprechend umrechnen), und auch der Mehrwertsteuervorschuss wird dann nicht in USD verwaltet. Die ICC unterhält eine Bankverbindung in Paris und nimmt darüber hinaus auch Schecks entgegen, die auf eine frz. Bank ausgestellt sein müssen. Grundsätzlich müssen Zahlungen in ICC-Schiedsverfahren von den Parteien selbst getätigt werden. Die ICC akzeptiert jedoch auch Zahlungen von ordnungsgemäß beauftragten Rechtsanwälten oder Vertretern bei entsprechendem Nachweis der Beauftragung bzw. des Vertretungsverhältnisses. Die Zahlung kann bei fehlender Konformität des Nachweises mit frz. Recht von den Banken der ICC zurückgewiesen bzw. storniert werden und der Mangel der notwendigen Information den zuständigen Aufsichtsbehörden mitgeteilt werden. Jegliche Bankspesen und sonstige Gebühren (z.B. eine „withholding tax“) muss der Zahlende tragen. Bankgebühren, die für Überweisungen im Europäischen Wirtschaftsraum anfallen, werden indes geteilt. Die ICC stellte lange Zeit keine Rechnungen aus. Die Zahlungsaufforderung des Sekretariats, mit der der Vorschuss angefordert wird, wurde als Buchungsbeleg jedenfalls für deutsche Unternehmen für ausreichend erachtet. Aufgrund einer Änderung der Praxis der frz. Finanzverwaltung erhöhen sich die ICC-Verwaltungskosten seit dem 1.1.2021 um die Umsatzsteuer, sofern nicht das Reverse Charge-Verfahren zur Anwendung kommt oder der Leistungsort außerhalb der EU liegt (vgl. Art. 38 Rz. 66). In bestimmten Fällen lässt die ICC statt einer bargeldlosen Zahlung das Stellen 30 einer Bankgarantie gemäß der vom Sekretariat festgelegten Bedingungen (Art. 1 Abs. 10 Anhang III) zu: – wenn der Anteil einer Partei am („globalen“) Kostenvorschuss 500.000 USD oder einen anderen, vom Gerichtshof festgelegten Schwellenwert übersteigt (Art. 1 Abs. 5 Anhang III); – in Fällen einer Substituierung gemäß Art. 37 Abs. 5 Satz 2 (Art. 1 Abs. 8 Anhang III; zur Substituierung s. Rz. 34); und Nedden/Herzberg
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Art. 37 ICC-SchO | Kosten – in den Fällen, in denen zuerst ein regulärer Gesamtkostenvorschuss, sodann aber getrennte Kostenvorschüsse (Art. 37 Abs. 3 oder 4) angeordnet wurden: soweit der getrennte Kostenvorschuss für eine Partei die Hälfte des zuvor geltenden, ungetrennten Kostenvorschusses übersteigt (Art. 1 Abs. 9 Satz 1 Anhang III), wobei im Falle späterer Erhöhungen des getrennten Kostenvorschusses jedenfalls die Hälfte der Erhöhung „bar“ zu zahlen ist (Art. 1 Abs. 9 Satz 2 Anhang III). 31 Art. 1 Abs. 6 Anhang III ermöglicht es dem Generalsekretär, die Zahlung von Kos-
tenvorschüssen in Raten zu gestatten. Die Vorschrift kann nicht mit den Bestimmungen des staatlichen Verfahrensrechts über die Prozesskostenhilfe verglichen werden. Die ICC muss grds. jedes einzelne Schiedsverfahren kostendeckend führen und kann daher im Allgemeinen nicht das – bei der Bewilligung von Ratenzahlung unweigerlich virulente – Insolvenzrisiko übernehmen. Daher kommt keinesfalls eine Bewilligung von Ratenzahlung allein wegen finanzieller Schwierigkeiten einer Partei in Betracht, zumal Unbemitteltheit einer Partei sogar zur Kündigung der Schiedsvereinbarung berechtigen kann. Ratenzahlung wird nur erlaubt, wenn der Generalsekretär nach Rücksprache mit dem Schiedsgericht zu der Überzeugung gelangt, dass angesichts des Verfahrenskalenders und des zu erwartenden Verfahrensfortschritts bei Fälligkeit der jeweiligen Teilraten die Bezahlung des Schiedsgerichts sowie der ICC für die jeweils bereits geleistete Arbeit im Falle der nicht rechtzeitigen Leistung nicht gefährdet würde. Ein möglicher Anwendungsbereich für Art. 1 Abs. 6 Anhang III sind Verfahren mit Staatenbeteiligung. Hohe Kostenvorschüsse können von Staaten bzw. staatsnahen Unternehmen mitunter aus haushalts- oder außenwirtschaftsrechtlichen Gründen nicht ohne weiteres innerhalb der üblichen Fristen zahlbar gemacht werden. Auch wenn ein Staat auf der Passivseite steht, können die besonderen Umstände des Einzelfalls eine Anwendung von Art. 1 Abs. 6 Anhang III naheliegend erscheinen lassen. Beispiel: In einem Schiedsverfahren beanstandet der Kläger eine Vielzahl von Maßnahmen, allen voran das Einfrieren von Bankguthaben, deren Freigabe auch im Wege eines in der Schiedsklage mitgestellten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Maßnahme beansprucht wird; hier kann es angezeigt sein, dem Kläger nachzulassen, zunächst den bis zur Entscheidung im Eilrechtsweg circa anfallenden Betrag einzuzahlen. Bei Abschluss der Schiedsvereinbarung ab 2012 steht für diese Konstellation das Eilschiedsrichterverfahren zur Verfügung. Die Gestattung kann mit Auflagen verbunden werden, wobei das bis zur Novellierung 2021 enthaltene Beispiel einer Auflage, nämlich die Zahlung zusätzlicher ICC-Verwaltungskosten, wohl aus regulatorischen Gründen, aus dem Wortlaut der Vorschrift entfernt wurde.
32 Die von der ICC vereinnahmten Vorschüsse werden von der ICC für Parteien
und Schiedsgericht nicht verzinslich (Art. 1 Abs. 13 Anhang III) angelegt. Sie können bei Bedarf während des Schiedsverfahrens auf Antrag des Schiedsgerichts als Abschlag auf das Schiedsrichterhonorar an die Schiedsrichter ausgezahlt werden sowie anteilig (nach jederzeit möglicher Fälligstellung: Art. 2 Abs. 6 Anhang III) an die ICC. Nicht aufgebrauchte Vorschüsse werden gemäß Art. 2 Abs. 9 Anhang III an die Parteien im Verhältnis zurückgezahlt, in dem sie 648
| Nedden/Herzberg
Vorschuss für die Kosten des Verfahrens | Art. 37 ICC-SchO
auf angeforderte Vorschüsse Zahlungen geleistet haben, d.h. ohne Rücksicht auf die gemäß einem ggf. ergangenen Schiedsspruch bestehenden Verpflichtungen der Parteien untereinander, es sei denn, die Parteien haben ausdrücklich eine andere Vereinbarung getroffen. Einzelne Case Management Teams des Sekretariats sind aber auch schon anders verfahren, so dass sich ggf. eine diesbezügliche Abstimmung mit dem Sekretariat empfiehlt. Gelegentlich wollen auch die Schiedsrichter bei ihrer Kostenentscheidung berücksichtigen, wie die ICC die verbleibenden Gelder zurückerstattet und fragen dafür dann beim Sekretariat nach. Generell bietet sich für Parteien und Schiedsgericht bei komplexeren Konstellationen zum Verbleib von Guthaben stets die frühzeitige Kontaktaufnahme mit dem Sekretariat an, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Empfehlung: Wer im Schiedsverfahren gegen eine Partei aus einem Staat mit einer schwierigen Vollstreckungsumgebung obsiegt hat, sollte daher erwägen, in den Anspruch der unterlegenen Partei gegen die ICC auf Rückzahlung eingezahlter Vorschüsse im Wege einer Arrestpfändung zu vollstrecken. Die ICC als Drittschuldnerin ist dabei grds. den Anordnungen der frz. Gerichte unterworfen, wobei ergänzend darauf hinzuweisen ist, dass die Vorschüsse in den meisten Fällen auf ein in Paris geführtes Konto eingezahlt werden.
VII. Anpassung des Kostenvorschusses (Art. 37 Abs. 5 Satz 1, Art. 1 Abs. 11 Anhang III); Substituierung (Art. 37 Abs. 5 Satz 2) Anpassung (Art. 37 Abs. 5 Satz 1). Der Kostenvorschuss kann im Laufe des 33 Schiedsverfahrens aus verschiedenen Gründen anzupassen sein. Art. 1 Abs. 11 Anhang III nennt als Beispiele eine Veränderung des Streitwerts (zu diesem Art. 38 Rz. 12 ff.) oder der Höhe der Auslagen des Schiedsgerichts sowie Entwicklungen des Schwierigkeitsgrads oder des Umfangs des Schiedsverfahrens. Auch der Austausch eines Schiedsrichters während des Verfahrens im Wege der Ersetzung (Art. 15) kann – muss aber nicht – eine Vorschussanpassung nach sich ziehen (im Einzelnen Art. 15 Rz. 25, 38). In allen Fällen kann es für den Gerichtshof angezeigt sein, die ursprünglich getroffene Honorarprognose zu revidieren und stattdessen einen höheren oder niedrigeren Betrag zu wählen. Das Sekretariat überwacht ex officio die Entwicklung des Schiedsverfahrens permanent auch mit Blick auf die Kosten und leitet ggf. ein Vorschussanpassungsverfahren („reconsideration of the advance on costs“) beim Gerichtshof ein. In regelmäßigen Abständen sowie zu besonderen Anlässen holt das Sekretariat Auslagenabrechnungen und auch Angaben zu der von den Schiedsrichtern auf die Angelegenheit aufgewendeten Zeit ein, um eine etwa erforderliche Vorschusserhöhung rechtzeitig vor dem nächsten kostenintensiven Verfahrensschritt einleiten zu können. Für diese Angaben sollten Schiedsrichter das auch auf der ICC-Website verfügbare Statement of Time and Travel for Work Done nutzen. Sie können stattdessen aber auch ihre sonst im Rahmen der Berufsausübung genutzten Zeiterfassungsbögen verwenden. Die Angaben des Schiedsrichters sollten eine Beschreibung der erledigten Aufgaben, eine Schätzung der dafür jeweils aufgewendeten Zeit sowie sonstige Informationen zu den Aufgaben enthalten, die der Schiedsrichter für relevant erachtet. Die Angaben Nedden/Herzberg
| 649
Art. 37 ICC-SchO | Kosten zum Zeitaufwand eines Schiedsrichters dürfen den Aufwand eines Sekretärs des Schiedsgerichts nicht enthalten; dieser kann aber separat aufgeführt werden. Abgesehen von der Prüfung durch das Sekretariat aus eigenem Antrieb sind auch Anträge der Schiedsrichter auf Vorschusserhöhung möglich. Im Allgemeinen gibt das Sekretariat den Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme, bevor eine Entscheidung über eine Vorschussanpassung ergeht. In seltenen Fällen kann auch die Anpassung eines vorläufigen Kostenvorschusses veranlasst sein (z.B. nach unten, wenn die Beklagte die Klageforderung kurz nach Einleitung des Schiedsverfahrens ganz oder überwiegend ausgeglichen hat und im Wesentlichen nur noch um die Kosten gestritten wird; vgl. auch Rz. 12). 34 Substituierung (Art. 37 Abs. 5 Satz 2). Jede Partei kann zu jedem Zeitpunkt ei-
nen Vorschuss bzw. Vorschussanteil zahlen, der an sich von einer anderen Partei zu zahlen gewesen wäre, d.h. sich – im ICC-Sprachgebrauch – für die an sich vorschusspflichtige Partei „substituieren“. Eine Pflicht hierzu besteht indes nicht, auch keine ein schadensminderndes Mitverschulden begründende Obliegenheit. Das Sekretariat bietet im Falle der Säumnis einer vorschusspflichtigen Partei den anderen Parteien zunächst die Substituierung an, bevor das Verfahren nach Art. 37 Abs. 6 eingeleitet wird. Anders als der Regelungsstandort des Art. 37 Abs. 5 Satz 2 vermuten lassen könnte, setzt die Substituierung nicht eine vorherige Anpassung des Vorschusses voraus; es kann eine Partei auch dann substituieren, wenn der erstmalig festgesetzte Vorschuss von der anderen Partei nicht (anteilig) bezahlt wird.
VIII. Administrative Beendigung des Schiedsverfahrens bei Säumnis der vorschusspflichtigen Partei (Art. 37 Abs. 6, Art. 1 Abs. 3 Anhang III) 35 Verfahren bei Säumnis. Art. 37 Abs. 6 regelt, flankiert von Art. 1 Abs. 3 An-
hang III, wie zu verfahren ist, wenn eine Partei einen von ihr verlangten Kostenvorschuss nicht vollständig bezahlt und sich auch keine Gegenpartei gemäß Art. 37 Abs. 5 Satz 2 substituiert hat. Handelt es sich bei dem unbezahlten Vorschuss um einen getrennten Kostenvorschuss nach Art. 37 Abs. 3, Abs. 4, und wurde der Schiedsauftrag bereits unterschrieben bzw. genehmigt, behandelt das Schiedsgericht die mit dem unbezahlten Vorschuss korrespondierenden Ansprüche nicht (Art. 1 Abs. 3 Anhang III). Hiervon unabhängig setzt sowohl im Falle einer Säumnis hinsichtlich eines getrennten Kostenvorschusses als auch bei (teilweiser) Nichtzahlung eines regulären Kostenvorschusses der Generalsekretär eine letzte Zahlungsfrist von mindestens fünfzehn Tagen, die mit der an das Schiedsgericht gerichteten Aufforderung verbunden wird, die Arbeit auszusetzen. Geht auch innerhalb der gesetzten Frist keine Zahlung ein, fingiert Art. 37 Abs. 6 Satz 1 die Rücknahme der „betroffenen Ansprüche“. Wurden also bspw. für eine Widerklage (Art. 37 Abs. 3) oder in einem Mehrparteienverfahren (Art. 37 Abs. 4) getrennte Vorschüsse angeordnet, gilt die Rücknahmefiktion nur für diejenigen Ansprüche, für die ein festgesetzter Vorschuss nicht be650
| Nedden/Herzberg
Vorschuss für die Kosten des Verfahrens | Art. 37 ICC-SchO
zahlt wurde. In einem regulären Zwei-Parteien-Verfahren ohne Widerklage führt Art. 37 Abs. 6 demgegenüber zur administrativen Beendigung des gesamten Schiedsverfahrens. Art. 37 Abs. 6 Satz 3 stellt klar, dass die Rücknahmefiktion die Parteien nicht daran hindert, die Ansprüche zu einem späteren Zeitpunkt in einem anderen Verfahren geltend zu machen. Art. 37 Abs. 6 gilt auch für Hilfswiderklagen, (Hilfs-)Aufrechnungen (jedenfalls unter den Bedingungen des Abs. 7) und „cross claims“ (Art. 2 Rz. 13 und oben Rz. 24). Antrag auf Entscheidung durch den Gerichtshof. Gemäß Art. 37 Abs. 6 Satz 2 36 kann „die betroffene Partei“ (in der Praxis: jede Partei) innerhalb der vom Generalsekretär gesetzten Frist eine Entscheidung des Gerichtshofs herbeiführen. Durch die fristgerechte Einreichung des Antrags wird die vom Generalsekretär gesetzte Frist hinfällig. Der Gerichtshof entscheidet nach freiem Ermessen, ob die gesetzte Frist bestehen bleibt oder verlängert wird. Auch kommt grds. die Bewilligung von Ratenzahlungen in Betracht (Art. 1 Abs. 6 Anhang III). Sonstige Sanktionen bei Vorschusssäumnis. Die Nichtzahlung festgesetzter 37 Vorschüsse stellt – die Existenz einer wirksamen Schiedsvereinbarung unterstellt – eine Vertragsverletzung dar, die zum Schadensersatz berechtigen kann. Je nach dem anwendbaren Recht kann auch die Inanspruchnahme der säumigen Partei auf Leistung des Vorschusses (vgl. Buchwitz/Schütt, SchiedsVZ 2015, 1 m.w.N.) und/oder die Kündigung der Schiedsvereinbarung oder deren anderweitige Obsoleszenz in Betracht kommen (vgl. bspw. OLG Nürnberg, v. 21.1. 2013 – 1 U 316/12, BeckRS 2014, 3774: Nichtvorschusszahlung bedinge die Undurchführbarkeit und damit die rechtliche Unbeachtlichkeit der Schiedsvereinbarung; s. auch die dort zitierte ältere Rspr. des BGH).
IX. Aufrechnung (Art. 37 Abs. 7) Art. 37 Abs. 7 ermöglicht es dem Gerichtshof, bei der Vorschussfestsetzung eine 38 (Hilfs-)Aufrechnung streitwerterhöhend zu berücksichtigen, wenn die Aufrechnung die Prüfung „zusätzlicher Fragen“ durch das Schiedsgericht erforderlich machen könnte. Dies wird insb. dann der Fall sein, wenn die Aufrechnung mit Forderungen aus anderen Vertragsverhältnissen bzw. Transaktionen oder Projekten erklärt wird. Erforderlich ist auch bei Hilfsaufrechnungen eine Primafacie-Prognose zur potenziellen (!) Erheblichkeit der Aufrechnung. Im Zweifel wird die Aufrechnung – ebenso wie eine Hilfswiderklage – streitwerterhöhend zu berücksichtigen sein. Die Berücksichtigung „wie ein eigenständiger Anspruch“ bedeutet, dass auch die Anwendung von Art. 37 Abs. 3 nach Ermessen möglich ist (getrennter Kostenvorschuss).
X. Vorschuss für Sachverständige (Art. 1 Abs. 12 Anhang III) Art. 1 Abs. 12 Anhang III bestimmt, dass im Falle eines vom Schiedsgericht an- 39 geordneten Sachverständigengutachtens die Parteien einen vom Schiedsgericht Nedden/Herzberg
| 651
Art. 38 ICC-SchO | Kosten bestimmten Vorschuss für Honorar und Auslagen des Sachverständigen zu zahlen haben. Die „Verantwortlichkeit“ des Schiedsgerichts für die Zahlung der Kosten und Auslagen der Parteien (Art. 1 Abs. 12 Satz 2 Anhang III) wird i.d.R. schon aus der Vertragsbeziehung zwischen den Mitgliedern des Schiedsgerichts und dem Sachverständigen folgen. Die ICC führt für die Parteien bei Bedarf gesonderte Vorschusskonten für besondere Zwecke, insb. für Sachverständigenvorschüsse gemäß Art. 1 Abs. 12 Anhang III. Verfügungen über diese Konten trifft die ICC grds. nur auf Anordnung des Schiedsgerichts.
F. Abweichende Parteivereinbarungen 40 Abweichende Parteivereinbarungen sind im Bereich des Art. 37 grds. unzulässig.
Soweit die Verwaltungskosten der ICC betroffen sind, folgt dies daraus, dass es sich um einen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der vertragsfremden ICC handeln würde. Wegen des Schiedsrichterhonorars und der Schiedsrichterauslagen bestimmt Art. 2 Abs. 4 Satz 2 Anhang III ausdrücklich, dass abweichende Parteivereinbarungen unzulässig sind.
Artikel 38 Entscheidung über die Kosten des Verfahrens (1) Die Kosten des Verfahrens umfassen das Honorar und die Auslagen der Schiedsrichter sowie die Verwaltungskosten der ICC, die der Gerichtshof gemäß der bei (1) Die Kosten des Verfahrens umfassen das Honorar und die Auslagen der Schiedsrichter sowie die Verwaltungskosten der ICC, die der Gerichtshof gemäß der bei Beginn des Schiedsverfahrens gültigen Kostentabellen festsetzt, die Honorare und Auslagen der vom Schiedsgericht ernannten Sachverständigen und die angemessenen Aufwendungen der Parteien für ihre Vertretung und andere Auslagen im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren. (2) Der Gerichtshof kann das Honorar der Schiedsrichter höher oder niedriger festsetzen, als dies in der anwendbaren Kostentabelle vorgesehen ist, sollte dies aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles notwendig erscheinen. (3) In jedem Stadium des Schiedsverfahrens kann das Schiedsgericht Entscheidungen über Kosten treffen und Zahlung anordnen, ausgenommen Entscheidungen über Kosten, die vom Gerichtshof festzusetzen sind. (4) Im Endschiedsspruch werden die Kosten des Verfahrens festgesetzt und bestimmt, welche der Parteien die Kosten zu tragen hat oder in welchem Verhältnis sie verteilt werden sollen. (5) Bei der Entscheidung über die Kosten kann das Schiedsgericht alle ihm relevant erscheinenden Umstände berücksichtigen, einschließlich des Aus652
| Nedden/Herzberg
Entscheidung über die Kosten des Verfahrens | Art. 38 ICC-SchO
maßes, in dem jede der Parteien das Verfahren in einer zügigen und kosteneffizienten Weise betrieben hat. (6) Bei vollständiger Klagerücknahme oder Beendigung des Schiedsverfahrens vor Erlass eines Endschiedsspruchs setzt der Gerichtshof das Honorar und die Auslagen der Schiedsrichter und die ICC-Verwaltungskosten fest. Wenn die Parteien keine Vereinbarung über die Verteilung der Verfahrenskosten oder andere kostenrelevante Fragen getroffen haben, entscheidet das Schiedsgericht über diese Fragen. Falls zum Zeitpunkt der Klagerücknahme oder Beendigung des Verfahrens das Schiedsgericht noch nicht gebildet worden ist, kann jede Partei beim Gerichtshof beantragen, dass die Bildung des Schiedsgerichts gemäß der Schiedsgerichtsordnung fortgesetzt wird, damit das Schiedsgericht über die Kosten entscheiden kann. Anhang III – Kosten und Honorare für Schiedsverfahren Artikel
21:
Kosten und Honorare
(1) Vorbehaltlich Artikel 38(2) der Schiedsgerichtsordnung setzt der Gerichtshof das Honorar des Schiedsrichters gemäß der nachstehenden Kostentabellen oder, wenn kein Streitwert angegeben ist, nach seinem Ermessen fest. (2) Bei der Festsetzung des Schiedsrichterhonorars berücksichtigt der Gerichtshof Umsicht, Effizienz und zeitlichen Aufwand des Schiedsrichters, die Komplexität der Streitigkeit und die Dauer bis zur Vorlage des Entwurfs des Schiedsspruchs, und setzt danach ein Honorar in dem sich aus der Tabelle ergebenden Rahmen oder bei besonderen Umständen (Artikel 38(2) der Schiedsgerichtsordnung) auch ein höheres oder niedrigeres Honorar als in der Kostentabelle vorgesehen fest. (3) Wenn eine Streitigkeit mehreren Schiedsrichtern unterbreitet wird, kann der Gerichtshof nach seinem Ermessen das Gesamthonorar bis zu einem Betrag erhöhen, der im Regelfall das Dreifache des für einen Einzelschiedsrichter vorgesehenen Betrags nicht übersteigt. (4) Die Honorare und Auslagen nach den Vorschriften der Schiedsgerichtsordnung werden ausschließlich vom Gerichtshof festgesetzt. Gesonderte Honorarabsprachen zwischen Parteien und dem Schiedsrichter verstoßen gegen die Schiedsgerichtsordnung. (5) Der Gerichtshof setzt die ICC-Verwaltungskosten für jedes Schiedsverfahren gemäß der nachstehenden Kostentabellen oder, wenn kein Streitwert angegeben ist, nach Ermessen fest. Falls die Parteien zusätzliche Dienstleistungen vereinbart haben oder besondere Umstände vorliegen, kann der Gerichtshof die ICC-Verwaltungskosten niedriger oder höher festsetzen als in der Tabelle vorgesehen, wobei jedoch der sich aus der Tabelle ergebende Höchstbetrag im Regelfall nicht überschritten werden darf. (6) Der Gerichtshof kann jederzeit während des Schiedsverfahrens einen Teil der Verwaltungskosten fällig stellen, der in einem angemessenen Verhältnis zu den vom Gerichtshof und Sekretariat bereits erbrachten Leistungen steht. (7) Der Gerichtshof kann außerdem zusätzlich zu den sich aus der Kostentabelle ergebenden Verwaltungskosten die Zahlung weiterer Verwaltungskosten als Voraussetzung dafür verlangen, dass ein Schiedsverfahren auf Antrag beider Parteien oder auf unwidersprochenen Antrag einer Partei ruht. 1 Art. 1 Anhang III ist abgedruckt und kommentiert bei Art. 37.
Nedden/Herzberg
| 653
Art. 38 ICC-SchO | Kosten (8) Endet ein Schiedsverfahren vor Erlass eines Endschiedsspruchs, so setzt der Gerichtshof die Kosten des Verfahrens nach seinem Ermessen fest, wobei er den Verfahrensstand und andere maßgebliche Umstände berücksichtigt. (9) Ein von den Parteien als Kostenvorschuss gezahlter Betrag, der die vom Gerichtshof festgesetzten Kosten des Schiedsverfahrens übersteigt, wird den Parteien anteilig entsprechend den von ihnen geleisteten Zahlungen erstattet. (10) Wird ein Antrag gemäß Artikel 36(2) oder 36(3) der Schiedsgerichtsordnung gestellt oder erfolgt eine Zurückverweisung gemäß Artikel 36(5) der Schiedsgerichtsordnung, kann der Gerichtshof einen Vorschuss zur Deckung zusätzlicher Auslagen und Honorare des Schiedsgerichts und weiterer ICC-Verwaltungskosten festsetzen und die Übergabe eines solchen Antrags an das Schiedsgericht von der vorherigen vollständigen Bezahlung dieses Vorschusses in bar an die ICC abhängig machen. Wenn der Gerichtshof die Entscheidung des Schiedsgerichts genehmigt, setzt er nach eigenem Ermessen die Kosten des auf die Antragstellung oder Zurückverweisung folgenden Verfahrens fest; mögliche Honorare des Schiedsrichters und ICC-Verwaltungskosten sind darin enthalten. (11) Für Ausgaben, die in Zusammenhang mit einem Antrag nach Artikel 35(5) der Schiedsgerichtsordnung anfallen, kann das Sekretariat auch die Zahlung von Verwaltungskosten fordern, die über die in den Tabellen für die Berechnung der Verwaltungskosten genannten Beträge hinausgehen. (12) Falls einem Schiedsverfahren ein Verfahren gemäß den ICC-Mediations-Regeln vorgeschaltet ist, wird die Hälfte der für dieses Verfahren bezahlten ICC-Verwaltungskosten auf die ICC-Verwaltungskosten des Schiedsverfahrens angerechnet. (13) An den Schiedsrichter bezahlte Beträge enthalten keine Mehrwertsteuer (MwSt.) oder andere Steuern oder Abgaben, die möglicherweise auf Schiedsrichterhonorare anfallen. Die Parteien sind verpflichtet, solche Steuern oder Abgaben zu tragen; die Erstattung solcher Steuern oder Abgaben ist jedoch ausschließlich eine Angelegenheit zwischen den Parteien und dem Schiedsrichter. (14) ICC-Verwaltungskosten enthalten keine Mehrwertsteuer (MwSt.), andere Steuern, Gebühren oder vergleichbare Abgaben. ICC-Verwaltungskosten können sich durch jeweils anfallende MwSt., andere Steuern, Gebühren oder vergleichbare Abgaben erhöhen. Die Parteien sind verpflichtet, solche Gebühren gemäß den von der ICC ausgestellten Rechnungen zu bezahlen. Artikel 3: Tabellen für die Berechnung der Verwaltungskosten und des Schiedsrichterhonorars (1) Die nachstehenden Tabellen für die Berechnung der Verwaltungskosten und des Schiedsrichterhonorars sind ab dem 1. Januar 2017 für alle an oder nach diesem Datum begonnenen Schiedsverfahren anzuwenden, unabhängig davon, welche Fassung der Schiedsgerichtsordnung auf das jeweilige Schiedsverfahren anwendbar ist. (2) Zur Berechnung der ICC-Verwaltungskosten und des Honorars des Schiedsrichters sind die Beträge zu addieren, die sich für die einzelnen Streitwertstufen bis zur Höhe des Streitwertes nach den jeweils dafür vorgesehenen Prozentsätzen errechnen. Übersteigt der Streitwert US$ 500 Millionen, so liegen die ICC-Verwaltungskosten pauschal beim Höchstbetrag von US$ 150.000. (3) Die nachstehenden Tabellen für die Berechnung der Verwaltungskosten und des Schiedsrichterhonorars im beschleunigten Verfahren sind ab dem 1. März 2017 für alle an oder nach diesem Datum begonnenen Schiedsverfahren anzuwenden, unabhängig davon, welche Fassung der Schiedsgerichtsordnung auf das jeweilige Schiedsverfahren anwendbar
654
| Nedden/Herzberg
Entscheidung über die Kosten des Verfahrens | Art. 38 ICC-SchO ist. Wenn die Parteien gemäß Artikel 30(2) b) das beschleunigte Verfahren vereinbart haben, sind die Tabellen für das beschleunigte Verfahren anwendbar. (4) Alle Beträge, die vom Gerichtshof oder gemäß einem der Anhänge zur Schiedsgerichtsordnung festgesetzt werden, sind in US$ zu zahlen, sofern dies nicht gesetzlich untersagt oder vom Gerichtshof anderweitig entschieden worden ist; in diesen Fällen kann die ICC alternative Gebührenstufen und Gebührenvereinbarungen in einer anderen Währung verwenden. A. Verwaltungskosten Streitwert (in US-Dollar) bis zu
Verwaltungskosten*
50.000
$ 5000
von
50.001
bis
100.000
1,53 %
von
100.001
bis
200.000
2,72 %
von
200.001
bis
500.000
2,25 %
von
500.001
bis
1.000.000
1,62 %
von
1.000.001
bis
2.000.000
0,788 %
von
2.000.001
bis
5.000.000
0,46 %
von
5.000.001
bis
10.000.000
0,25 %
von
10.000.001
bis
30.000.000
0,10 %
von
30.000.001
bis
50.000.000
0,09 %
von
50.000.001
bis
80.000.000
0,01 %
von
80.000.001
bis
500.000.000
über
500.000.000
0,0123 % $ 150,000
* Beträge ohne Mehrwertsteuer (MwSt.). Nur zu Veranschaulichungszwecken sind die Verwaltungskosten in US-Dollar, die sich bei richtiger Berechnung aus dieser Tabelle ergeben, weiter unten [noch einmal] aufgeführt.
Nedden/Herzberg
| 655
Art. 38 ICC-SchO | Kosten B. Schiedsrichterhonorar Streitwert (in US-Dollar) bis zu
Honorar** Minimum
Maximum
50.000
$ 3.000
18,0200 %
100.000
2,6500 %
13,5680 % 7,6850 %
von
50.001
bis
von
100.001
bis
200.000
1,4310 %
von
200.001
bis
500.000
1,3670 %
6,8370 %
von
500.001
bis
1.000.000
0,9540 %
4,0280 %
von
1.000.001
bis
2.000.000
0,6890 %
3,6040 %
von
2.000.001
bis
5.000.000
0,3750 %
1,3910 %
von
5.000.001
bis
10.000.000
0,1280 %
0,9100 %
von
10.000.001
bis
30.000.000
0,0640 %
0,2410 %
von
30.000.001
bis
50.000.000
0,0590 %
0,2280 %
von
50.000.001
bis
80.000.000
0,0330 %
0,1570 %
von
80.000.001
bis
100.000.000
0,0210 %
0,1150 %
von
100.000.001
bis
500.000.000
0,0110 %
0,0580 %
über
500.000.000
0,0100 %
0,0400 %
** Nur zu Veranschaulichungszwecken ist die Honorarspanne für Schiedsrichter in US-Dollar, die sich bei richtiger Berechnung aus dieser Tabelle ergibt, weiter unten [noch einmal] aufgeführt. Streitwert (in US-Dollar) bis zu
A. Verwaltungskosten* (in US-Dollar)
50.000
5.000
von
50.001
bis
100.000
5.000
+ 1,53 %
des
von
100.001
bis
200.000
5.765
+ 2,72 %
des
100.000 üB
50.000 üB†
von
200.001
bis
500.000
8.485
+ 2,25 %
des
200.000 üB
von
500.001
bis
1.000.000
15.235
+ 1,62 %
des
500.000 üB
von
1.000.001
bis
2.000.000
23.335
+ 0,788 %
des 1.000.000 üB
von
2.000.001
bis
5.000.000
31.215
+ 0,46 %
des 2.000.000 üB
von
5.000.001
bis
10.000.000
45.015
+ 0,25 %
des 5.000.000 üB
von
10.000.001
bis
30.000.000
57.515
+ 0,10 %
des 10.000.000 üB
von
30.000.001
bis
50.000.000
77.515
+ 0,09 %
des 30.000.000 üB
von
50.000.001
bis
80.000.000
95.515
+ 0,01 %
des 50.000.000 üB
von
80.000.001
bis
500.000.000
98.515
+ 0,0123 % des 80.000.000 üB
über
500.000.000
150.000
* Beträge ohne Mehrwertsteuer (MwSt.). Siehe [weiter oben]. † übersteigenden Betrages.
656
| Nedden/Herzberg
Entscheidung über die Kosten des Verfahrens | Art. 38 ICC-SchO Streitwert (in US-Dollar)
B. Schiedsrichterhonorar** (in US-Dollar)
bis zu
50.000
3.000
von
50.001 bis
100.000
3.000 + 2,6500 % des 50.000 üB*
von
100.001 bis
200.000
4.325 + 1,4310 % des 100.000 üB
15.794 + 7,6850 % des 100.000 üB
von
200.001 bis
500.000
5.756 + 1,3670 % des 200.000 üB
23.479 + 6,8370 % des 200.000 üB
von
500.001 bis
1.000.000
9.857 + 0,9540 % des 500.000 üB
43.990 + 4,0280 % des 500.000 üB
von
1.000.001 bis
2.000.000
14.627 + 0,6890 % des 1.000.000 üB
64.130 + 3,6040 % des 1.000.000 üB
von
2.000.001 bis
5.000.000
21.517 + 0,3750 % des 100.170 + 1,3910 % des 2.000.000 üB 2.000.000 üB
von
5.000.001 bis
10.000.000
32.767 + 0,1280 % des 141.900 + 0,9100 % des 5.000.000 üB 5.000.000 üB
von
10.000.001 bis
30.000.000
39.167 + 0,0640 % des 187.400 + 0,2410 % des 10.000.000 üB 10.000.000 üB
von
30.000.001 bis
50.000.000
51.967 + 0,0590 % des 235.600 + 0,2280 % des 30.000.000 üB 30.000.000 üB
von
50.000.001 bis
80.000.000
63.767 + 0,0330 % des 281.200 + 0,1570 % des 50.000.000 üB 50.000.000 üB
von
80.000.001 bis 100.000.000
73.667 + 0,0210 % des 328.300 + 0,1150 % des 80.000.000 üB 80.000.000 üB
von
100.000.001 bis 500.000.000
77.867 + 0,0110 % des 351.300 + 0,0580 % des 100.000.000 üB 100.000.000 üB
über
500.000.000
Minimum
Maximum 18,0200% des Streitwerts 9.010 + 13,5680 % des 50.000 üB†
121.867 + 0,0100 % des 583.300 + 0,0400 % des 500.000.000 üB 500.000.000 üB
** Siehe [weiter oben]. † übersteigenden Betrages.
Nedden/Herzberg
| 657
Art. 38 ICC-SchO | Kosten TABELLEN FÜR DIE BERECHNUNG DER VERWALTUNGSKOSTEN UND DES SCHIEDSRICHTERHONORARS IM BESCHLEUNIGTEN VERFAHREN A. Verwaltungskosten Streitwert (in US-Dollar)
Verwaltungskosten*
bis zu
50.000
von
50.001
bis
100.000
1,53 %
$ 5000
von
100.001
bis
200.000
2,72 %
von
200.001
bis
500.000
2,25 %
von
500.001
bis
1.000.000
1,62 %
von
1.000.001
bis
2.000.000
0,788 %
von
2.000.001
bis
5.000.000
0,46 %
von
5.000.001
bis
10.000.000
0,25 %
von
10.000.001
bis
30.000.000
0,10 %
von
30.000.001
bis
50.000.000
0,09 %
von
50.000.001
bis
80.000.000
von
80.000.001
bis
500.000.000
über
500.000.000
0,01 % 0,0123 % $ 150,000
* Beträge ohne Mehrwertsteuer (MwSt.). Nur zu Veranschaulichungszwecken sind die Verwaltungskosten in US-Dollar, die sich bei richtiger Berechnung aus dieser Tabelle ergeben, weiter unten [noch einmal] aufgeführt.
658
| Nedden/Herzberg
Entscheidung über die Kosten des Verfahrens | Art. 38 ICC-SchO B. Schiedsrichterhonorar Streitwert (in US-Dollar)
Honorar** Minimum
bis zu von
50.001
bis
Maximum
50.000
$ 2,400
14,4160%
100.000
2,1200%
10,8544%
von
100.001
bis
200.000
1,1448%
6,1480%
von
200.001
bis
500.000
1,0936%
5,4696%
von
500.001
bis
1.000.000
0,7632%
3,2224%
von
1.000.001
bis
2.000.000
0,5512%
2,8832%
von
2.000.001
bis
5.000.000
0,3000%
1,1128%
von
5.000.001
bis
10.000.000
0,1024%
0,7280%
von
10.000.001
bis
30.000.000
0,0512%
0,1928%
von
30.000.001
bis
50.000.000
0,0472%
0,1824%
von
50.000.001
bis
80.000.000
0,0264%
0,1256%
von
80.000.001
bis
100.000.000
0,0168%
0,0920%
von
100.000.001
bis
500.000.000
0,0088%
0,0464%
über
500.000.000
0,0080%
0,0320%
** Nur zu Veranschaulichungszwecken ist die Honorarspanne für Schiedsrichter in US-Dollar, die sich bei richtiger Berechnung aus dieser Tabelle ergibt, weiter unten [noch einmal] aufgeführt. Streitwert (in US-Dollar) bis zu
A. Verwaltungskosten* (in US-Dollar)
50.000
5.000
von
50.001
bis
100.000
5.000
+ 1,53 %
des
von
100.001
bis
200.000
5.765
+ 2,72 %
des
100.000 üB
50.000 üB†
von
200.001
bis
500.000
8.485
+ 2,25 %
des
200.000 üB
von
500.001
bis
1.000.000
15.235
+ 1,62 %
des
500.000 üB
von
1.000.001
bis
2.000.000
23.335
+ 0,788 %
des 1.000.000 üB des 2.000.000 üB
von
2.000.001
bis
5.000.000
31.215
+ 0,46 %
von
5.000.001
bis
10.000.000
45.015
+ 0,25 %
des 5.000.000 üB
von
10.000.001
bis
30.000.000
57.515
+ 0,10 %
des 10.000.000 üB
von
30.000.001
bis
50.000.000
77.515
+ 0,09 %
des 30.000.000 üB
von
50.000.001
bis
80.000.000
95.515
+ 0,01 %
des 50.000.000 üB
von
80.000.001
bis
500.000.000
98.515
+ 0,0123 %
des 80.000.000 üB
über
500.000.000
150.000
* Beträge ohne Mehrwertsteuer (MwSt.). Siehe [weiter oben]. † übersteigenden Betrages.
Nedden/Herzberg
| 659
Art. 38 ICC-SchO | Kosten Streitwert (in US-Dollar)
B. Schiedsrichterhonorar** (in US-Dollar) Minimum
Maximum
bis zu
50.000
von
50.001 bis
100.000
2.400 + 2,1200 % des 50.000 üB*
von
100.001 bis
200.000
3.460 + 1,1448 % des 100.000 üB
12.635 + 6,1480 % des 100.000 üB
von
200.001 bis
500.000
4.605 + 1,0936 % des 200.000 üB
18.783 + 5,4696 % des 200.000 üB
von
500.001 bis
1.000.000
7.886 + 0,7632 % des 500.000 üB
35.192 + 3,2224 % des 500.000 üB
von
1.000.001 bis
2.000.000
11.702 + 0,5512 % des 1.000.000 üB
51.304 + 2,8832 % des 1.000.000 üB
von
2.000.001 bis
5.000.000
17.214 + 0,3000 % des 2.000.000 üB
80.136 + 1,1128 % des 2.000.000 üB
von
5.000.001 bis
10.000.000
26.214 + 0,1024 % des 113.520 + 0,7280 % des 5.000.000 üB 5.000.000 üB
von
10.000.001 bis
30.000.000
31.334 + 0,0512 % des 149.920 + 0,1928 % des 10.000.000 üB 10.000.000 üB
von
30.000.001 bis
50.000.000
41.574 + 0,0472 % des 188.480 + 0,1824 % des 30.000.000 üB 30.000.000 üB
von
50.000.001 bis
80.000.000
51.014 + 0,0264 % des 224.960 + 0,1256 % des 50.000.000 üB 50.000.000 üB
von
80.000.001 bis 100.000.000
58.934 + 0,0168 % des 262.640 + 0,0920 % des 80.000.000 üB 80.000.000 üB
von
100.000.001 bis 500.000.000
62.294 + 0,0088 % des 281.040 + 0,0464 % des 100.000.000 üB 100.000.000 üB
über
500.000.000
97.494 + 0,0080 % des 466.640 + 0,0320 % des 500.000.000 üB 500.000.000 üB
2.400
14,4160 % des Streitwerts 7.208 + 10,8544 % des 50.000 üB†
** Siehe [weiter oben]. † übersteigenden Betrages. Article 38: Decision as to the Costs of the Arbitration (1) The costs of the arbitration shall include the fees and expenses of the arbitrators and the ICC administrative expenses fixed by the Court, in accordance with the scales in force at the time of the commencement of the arbitration, as well as the fees and expenses of any experts appointed by the arbitral tribunal and the reasonable legal and other costs incurred by the parties for the arbitration. (2) The Court may fix the fees of the arbitrators at a figure higher or lower than that which would result from the application of the relevant scale should this be deemed necessary due to the exceptional circumstances of the case.
660
| Nedden/Herzberg
Entscheidung über die Kosten des Verfahrens | Art. 38 ICC-SchO (3) At any time during the arbitral proceedings, the arbitral tribunal may make decisions on costs, other than those to be fixed by the Court, and order payment. (4) The final award shall fix the costs of the arbitration and decide which of the parties shall bear them or in what proportion they shall be borne by the parties. (5) In making decisions as to costs, the arbitral tribunal may take into account such circumstances as it considers relevant, including the extent to which each party has conducted the arbitration in an expeditious and cost-effective manner. (6) In the event of the withdrawal of all claims or the termination of the arbitration before the rendering of a final award, the Court shall fix the fees and expenses of the arbitrators and the ICC administrative expenses. If the parties have not agreed upon the allocation of the costs of the arbitration or other relevant issues with respect to costs, such matters shall be decided by the arbitral tribunal. If the arbitral tribunal has not been constituted at the time of such withdrawal or termination, any party may request the Court to proceed with the constitution of the arbitral tribunal in accordance with the Rules so that the arbitral tribunal may make decisions as to costs.
Appendix III – Arbitration Costs and Fees Article 2: Costs and Fees (1) Subject to Article 38(2) of the Rules, the Court shall fix the fees of the arbitrator in accordance with the scales hereinafter set out or, where the amount in dispute is not stated, at its discretion. (2) In setting the arbitrator’s fees, the Court shall take into consideration the diligence and efficiency of the arbitrator, the time spent, the rapidity of the proceedings, the complexity of the dispute and the timeliness of the submission of the draft award, so as to arrive at a figure within the limits specified or, in exceptional circumstances (Article 38(2) of the Rules), at a figure higher or lower than those limits. (3) When a case is submitted to more than one arbitrator, the Court, at its discretion, shall have the right to increase the total fees up to a maximum which shall normally not exceed three times the fees of one arbitrator. (4) The arbitrator’s fees and expenses shall be fixed exclusively by the Court as required by the Rules. Separate fee arrangements between the parties and the arbitrator are contrary to the Rules. (5) The Court shall fix the ICC administrative expenses of each arbitration in accordance with the scales hereinafter set out or, where the amount in dispute is not stated, at its discretion. Where the parties have agreed upon additional services, or in exceptional circumstances, the Court may fix the ICC administrative expenses at a lower or higher figure than that which would result from the application of such scale, provided that such expenses shall normally not exceed the maximum amount of the scale. (6) At any time during the arbitration, the Court may fix as payable a portion of the ICC administrative expenses corresponding to services that have already been performed by the Court and the Secretariat. (7) The Court may require the payment of administrative expenses in addition to those provided in the scale of administrative expenses as a condition for holding an arbitration in abeyance at the request of the parties or of one of them with the acquiescence of the other. (8) If an arbitration terminates before the rendering of a final award, the Court shall fix the fees and expenses of the arbitrators and the ICC administrative expenses at its discre-
Nedden/Herzberg
| 661
Art. 38 ICC-SchO | Kosten tion, taking into account the stage attained by the arbitral proceedings and any other relevant circumstances. (9) Any amount paid by the parties as an advance on costs exceeding the costs of the arbitration fixed by the Court shall be reimbursed to the parties having regard to the amounts paid. (10) In the case of an application under Article 36(2) or 36(3) of the Rules, or of a remission pursuant to Article 36(5) of the Rules, the Court may fix an advance to cover additional fees and expenses of the arbitral tribunal and additional ICC administrative expenses and may make the transmission of such application to the arbitral tribunal subject to the prior cash payment in full to the ICC of such advance. The Court shall fix at its discretion the costs of the procedure following an application or a remission, which shall include any possible fees of the arbitrator and ICC administrative expenses, when approving the decision of the arbitral tribunal. (11) The Secretariat may require the payment of administrative expenses in addition to those provided in the scale of administrative expenses for any expenses arising in relation to a request pursuant to Article 35(5) of the Rules. (12) When an arbitration is preceded by proceedings under the ICC Mediation Rules, one half of the ICC administrative expenses paid for such proceedings shall be credited to the ICC administrative expenses of the arbitration. (13) Amounts paid to the arbitrator do not include any possible value added tax (VAT) or other taxes or charges and imposts applicable to the arbitrator’s fees. Parties have a duty to pay any such taxes or charges; however, the recovery of any such charges or taxes is a matter solely between the arbitrator and the parties. (14) ICC administrative expenses do not include VAT, taxes imposts or any other charges of a similar nature. They may be increased by the amount of VAT, taxes, imposts or any charges of a similar nature at the prevailing rate. Parties have a duty to pay any such charges pursuant to invoices issued by ICC. Article 3: Scales of Administrative Expenses and Arbitrator’s Fees (1) The scales of administrative expenses and arbitrator’s fees set forth below shall be effective as of 1 January 2017 in respect of all arbitrations commenced on or after such date, irrespective of the version of the Rules applying to such arbitrations. (2) To calculate the ICC administrative expenses and the arbitrator’s fees, the amounts calculated for each successive tranche of the amount in dispute must be added together, except that where the amount in dispute is over US$ 500 million, a flat amount of US$ 150,000 shall constitute the entirety of the ICC administrative expenses. (3) The scales of administrative expenses and arbitrator’s fees for the expedited procedure set forth below shall be effective as of 1 March 2017 in respect of all arbitrations commenced on or after such date, irrespective of the version of the Rules applying to such arbitrations. When parties have agreed to the expedited procedure pursuant to Article 30 (2), subparagraph b), the scales for the expedited procedure will apply. (4) All amounts fixed by the Court or pursuant to any of the appendices to the Rules are payable in US$ except where prohibited by law or decided otherwise by the Court, in which case ICC may apply a different scale and fee arrangement in another currency. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 enthält eine Definition des Begriffs der „Kosten des Verfahrens“; Art. 2 Abs. 1–4 Anhang III i.V.m. Abs. 2 regelt die Festsetzung der Schieds-
662
| Nedden/Herzberg
Entscheidung über die Kosten des Verfahrens | Art. 38 ICC-SchO richterhonorare und die Behandlung von Schiedsrichterauslagen durch den Gerichtshof; Abs. 3–5 bestimmen Art und Inhalt der vom Schiedsgericht zu treffenden Kostenentscheidung(en). Eine Kostenerstattung findet grds. nur auf Antrag statt. Auch müssen die geltend gemachten Kosten parteiseitig der Höhe nach vorgetragen sowie glaubhaft gemacht werden, dass diese tatsächlich angefallen sind; nach Abs. 5 kann das Verhalten einer Partei bzw. seiner Vertreter im Verfahren vom Schiedsgericht bei seiner Kostenentscheidung berücksichtigt werden; Abs. 6 i.V.m. Art. 2 Abs. 8 Anhang III regeln die Kostenhöhe und die Kostenverteilung im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Schiedsverfahrens; Art. 2 Abs. 10 Anhang III enthält eine Vorschrift zur Festlegung eines Kostenvorschusses sowie der abschließenden Kostenfestsetzung bei Anträgen nach Art. 36 Abs. 2, 3 und Zurückverweisungen nach Art. 36 Abs. 5; Art. 2 Abs. 5–7, Abs. 11, Abs. 12 Anhang III regeln die Verwaltungskosten der ICC im Einzelnen; Art. 2 Abs. 13, Abs. 14 Anhang III beschreibt die umsatzsteuerliche Behandlung von Kosten. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Änderungshistorie . . . . . . . . . C. Verhältnis zu §§ 1056, 1057 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Einzelerläuterungen zu den Arten der Verfahrenskosten (Art. 38 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . I. Schiedsrichterhonorare (Art. 38 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1–3, Art. 3 Anhang III) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Streitwert als Grundlage der Honorarfestsetzung . . . . . . . . . 2. Weitere relevante Faktoren für die Festsetzung der Schiedsrichterhonorare (Art. 2 Abs. 2 Anhang III) . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mehrere Schiedsrichter . . . . . . . 4. Verfahrensfragen . . . . . . . . . . . II. Auslagen der Schiedsrichter (Art. 38 Abs. 1, Art. 2 Abs. 4 Anhang III) . . . . . . . . . . . . . . . III. Verwaltungskosten der ICC (Art. 38 Abs. 1, Art. 2 Abs. 5–7 Anhang III) . . . . . . . . . . . . . . . IV. Honorare und Auslagen der vom Schiedsgericht ernannten Sachverständigen (Art. 38 Abs. 1) . . . V. Angemessene Aufwendungen der Parteien … (Art. 38 Abs. 1) .
__ _ _ _ _ _ __ _ _ _ _ _ 1 2 3
4
10 11 12
15 21 22 24 26 32 33
1. … für ihre Vertretung … (Art. 38 Abs. 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. … und andere Auslagen im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren (Art. 38 Abs. 1) F. Einzelerläuterungen zu Kostenentscheidungen des Schiedsgerichts (Art. 38 Abs. 3–5) . . . . I. Kostenentscheidung im Endschiedsspruch (Art. 38 Abs. 4, 5) 1. Kosten-„Festsetzung“ durch das Schiedsgericht im Endschiedsspruch (Art. 38 Abs. 4) . . . . . . . 2. Entscheidung über die Kostenverteilung (Art. 38 Abs. 4, 5) . . . 3. Form der Entscheidung; Verzinsung von Kostenerstattungsansprüchen . . . . . . . . . . . . . . . II. Sonstige Kostenentscheidungen (Art. 38 Abs. 3) . . . . . . . . . . . . G. Kostenfolgen im Falle der Verfahrensbeendigung vor Erlass eines Endschiedsspruchs (Art. 38 Abs. 6, Art. 2 Abs. 8 Anhang III) . . . . . . . . . . . . . . I. Beendigungstatbestände . . . . . . 1. „Vollständige Klagerücknahme“ (Art. 38 Abs. 6 Satz 1 Var. 1) . . . 2. „Beendigung des Schiedsverfahrens vor Erlass eines Endschiedsspruchs“ (Art. 38 Abs. 6 Satz 1 Var. 2) . . . . . . . . .
Nedden/Herzberg
_ _ _ _ _ _ _ _ 33 35
40 40 41 42 45 46
__ _ _ 49 50 51
52
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Art. 38 ICC-SchO | Kosten
_ _ _
II. Entscheidungen des Gerichtshofs (Art. 38 Abs. 6 Sätze 1, 3, Art. 2 Abs. 8 Anhang III) . . . . . 59 III. Entscheidungen des Schiedsgerichts (Art. 38 Abs. 6 Sätze 2, 3) 63 H. Weitere bedeutsame Vorschriften zu Kostenfragen in Art. 2 Anhang III . . . . . . . . . . . . . . .
64
_ _ _ _
I. Kosten bei Anträgen nach Art. 36 (Art. 2 Abs. 10 Anhang III) . . . . 64 II. Umsatzsteuerliche Fragen (Art. 2 Abs. 13, 14 Anhang III) . 65 III. Tabellen, Währung (Art. 3 Anhang III) . . . . . . . . . . . . . . . 67 J. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
70
Veröffentlichungen der ICC: Decisions on Costs in International Arbitration – ICC Arbitration and ADR Commission Report, 2015, abrufbar unter https://iccwbo.org. Literatur: Ahrens/Erdmann, Die Erstattung von Zeithonoraren im Schiedsgerichtsverfahren, NJW 2020, 3142 ff.; Armbrüster, Arbitrators’ remuneration in discontinued proceedings, Arbitration International, Vol. 34 Issue 1 (2018), S. 129 ff.; Bartsch, Third-Party Funding – A New Player in the Field of Cost Allocation, SchiedsVZ 2021, 12 ff.; Cardoso, Impecunious parties in international commercial arbitration, Arbitration International, Vol. 36 Issue 1 (2020), S. 123 ff.; Cavalieros, In-House Counsel Costs and Other Internal Party Costs in International Commercial Arbitration, Arbitration International Vol. 30 No. 1 (2014), S. 145 ff.; Darwazeh/Leleu, Disclosure and Security for Costs or How to Address Imbalances Created by Third-Party Funding, Journal of International Arbitration Vol. 33 Issue 2 (2016), S. 125 ff.; Dos Santos, Third-party funding in international commercial arbitration: a wolf in sheep’s clothing?, ASA Bulletin, Vol. 35 Issue 4 (2017), S. 916 ff.; Flecke-Giammarco/Keller, Die Auswirkung der Wahl des Schiedsorts auf den Fortgang des Schiedsverfahrens in der Insolvenz, NZI 2012, 529 ff.; Gantenberg, Methods of Reducing Costs in International Commercial Arbitration, SchiedsVZ 2012, 17 ff.; Gerstenmaier, Zur Verzinslichkeit von Kostenerstattungsforderungen im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2012, 1 f.; Haller/Keilmann, In Claimant’s Hands? Admissibility and Consequences of a Withdrawal of Claim in International Arbitration, Journal of International Arbitration, Vol. 35 Issue 6 (2018), S. 649 ff.; Hanotiau, The Parties’ Costs of Arbitration, Dossier of the ICC Institute of World Business Law: Evaluation of Damages in International Arbitration, S. 213 ff.; ICC, Publication 843, Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration, Report from the ICC Commission on Arbitration and ADR; ICC (Hrsg.), Decisions on Costs in International Arbitration, Commission Report, ICC Dispute Resolution Bulletin, No. 2 (2015), S. 1 ff.; ICCA-QMUL Task Force on Third Party Funding in International Arbitration: The ICCA Reports No. 4, 2018; Kreindler/Dimsey, Conduct and Costs: How Should the Tribunal Sanction the Parties in Costs? Arbitration: The Int’l Journal of Arbitration, Mediation and Dispute Management Vol. 80 No. 4 (2014), S. 387 ff.; Kühn/van Oeveren, The Full Recovery of Third-Party Funding Costs in Arbitration: To Be or Not to Be?, Journal of International Arbitration Vol. 35 Issue 3 (2018), S. 307 ff.; Kühner, The Impact of Party Impecuniosity on Arbitration Agreements: The Example of France and Germany, Journal of International Arbitration Vol. 31, Issue 6 (2014), S. 807 ff.; Leimbacher, Efficiency under the New ICC Rules of Arbitration of 2012: first glimpse at the new practice, ASA Bulletin, Vol. 31 Issue 2 (2013), S. 298 ff.; Nowaczyk/Czech, Rethinking costs and costs awards in international arbitration: a call for less criticism of arbitration costs, but improvement of costs allocation practices, ASA Bulletin, Vol. 33 Issue 3 (2015), S. 494 ff.; Pörnbacher, Kostensicherheit im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2010, S. 14 ff.; Pörnbacher/Dolgorukow, Entscheidung über bestrittene Kostenforderungen durch Schiedsgerichte, in FS Geimer (2017), S. 509 ff.; Ramesh, Third-Party Funding in International Arbitration: Ownership of the Claim, Consequences for Costs
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Entscheidung über die Kosten des Verfahrens | Art. 38 ICC-SchO Orders, and Regulation, Arbitration International, Vol. 36 Issue 2, S. 275 ff.; Risse, Ten Drastic Proposals for Saving Time and Costs in Arbitral Proceedings, Arbitration International, Vol. 29 Issue 3, S. 453 ff.; Risse/Altenkirch, Kostenerstattung im Schiedsverfahren: fünf Probleme aus der Praxis, SchiedsVZ 2012, 5 ff.; Risse/Kuhli, Schiedsrichtervergütung und Umsatzsteuer: Gebrauchsanleitung und Tipps für Fortgeschrittene, SchiedsVZ 2016, 1 ff.; Risse/Meyer-Burow, Umsatzsteuerpflicht von Schiedsrichterleistungen, SchiedsVZ 2009, 326 ff.; Rohner/Lazopoulos, Respondent’s Refusal to Pay its Share of the Advance on Costs, ASA Bulletin, Vol. 29 Issue 3 (2011), S. 549 ff.; Rosell, Arbitration Costs as Relief and/or Damages, Journal of International Arbitration, Vol. 28 Issue 2 (2011), S. 115 ff.; Sammartano, Cost Awards in Arbitration, Journal of International Arbitration, Vol. 28 Issue 2 (2011), S. 113 ff.; Schwartz, The ICC Arbitral Process – Part IV: The Costs of ICC Arbitration, ICC Court Bulletin, Vol. 4 No. 1 (1993), S. 8 ff.; Sessler, Reducing Costs in Arbitration – The Perspective of In-house Counsel, SchiedsVZ 2012, S. 15 ff.; Thiel/Pörnbacher, Kostenentscheidungen und Kompetenz des Schiedsgerichts – Probleme aus der Praxis, SchiedsVZ 2007, 295 ff.; Trittmann, Die Kostenerstattung im Schiedsverfahren – Gibt es einen nationalen/internationalen Standard? ZVglRWiss2015, 469 ff.; von Bernuth, Noch einmal: Zur Erstattung von Zeithonorar in Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2013, 212 ff.; Wilske, Cost Sanctions in the Event of Unreasonable Exercise or Abuse of Procedural Rights – A Way to Control Costs in International Arbitration?!, SchiedsVZ 2006, 188 ff.; Wilske/Markert, Zur Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars in Schiedsverfahren, in FS Geimer (2017), S. 795 ff.
A. Normzweck Art. 38 und die diesen konkretisierenden Art. 2 und 3 Anhang III enthalten alle 1 wesentlichen Regelungen zur Höhe und zur Verteilung der Verfahrenskosten in ICC-Schiedsverfahren. Die Regelungen sind verhältnismäßig detailliert, weil die ICC einerseits im Interesse der Parteien größtmögliche Transparenz anstrebt, andererseits aber wegen der Mannigfaltigkeit der in der Praxis auftretenden Fallgestaltungen stark differenzierende Regelungen vonnöten sind. So bildet der Streitwert nur eine (wenngleich wichtige) Leitlinie für die Festsetzung der Kosten der Höhe nach (für andere Faktoren s. Art. 2 Abs. 2 Anhang III), und die Kostenverteilung hat sich nicht notwendigerweise nur am Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen auszurichten (s. Art. 38 Abs. 5). Insbesondere können Gesichtspunkte der Verhaltenssteuerung mit Blick auf Geschwindigkeit und Effizienz einfließen, und zwar sowohl auf Seiten des Schiedsgerichts (Art. 2 Abs. 2 Anhang III) als auch auf Seiten der Parteien (Art. 38 Abs. 5). Art. 38 und Art. 2 Anhang III tragen somit auch dazu bei, dass ICC-Schiedsverfahren zügig, zweckmäßig und kostenrational durchgeführt werden. Von herausragender Bedeutung ist schließlich, dass den Schiedsrichtern die Festsetzung ihrer eigenen Honorare und Auslagen entzogen ist: Der Gerichtshof ist für die Festsetzung der Schiedsrichterhonorare und -auslagen alleinzuständig (Art. 2 Abs. 4 Anhang III). So wird jeder Anschein einer Entscheidung in eigener Sache vermieden. Damit dienen Art. 38 sowie Anhang III letztlich auch der Integrität und dem hohen ethischen Anspruch der ICC-Schiedsgerichtsbarkeit. Nedden/Herzberg
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Art. 38 ICC-SchO | Kosten B. Änderungshistorie 2 Anhang III ist mit den jüngsten Reformen einer Überarbeitung unterzogen wor-
den, insbesondere kam es mit der Reform 2017 zu einer Anpassung der Kostentabelle. Ansonsten sind wesentliche Änderungen ausgeblieben.
C. Verhältnis zu §§ 1056, 1057 ZPO 3 Der dispositive § 1057 ZPO wird durch die abschließenden Regelungen zur Kos-
tenentscheidung in der ICC-SchO abbedungen. Für die Einzelheiten der vorzeitigen Verfahrensbeendigung gilt dagegen § 1056 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2, 3 ZPO in Verfahren mit deutschem Schiedsort ergänzend, da die ICC-SchO diese Fragen nur sehr fragmentarisch regelt.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4 Der Begriff der Verfahrenskosten ist im ICC-Verfahren in allen wesentlichen
Punkten identisch mit dem Kostenbegriff der §§ 91 ff. ZPO. Auch seiner Natur nach ist Art. 38 ICC-SchO mit den §§ 91 ff. ZPO insoweit vergleichbar, als er einen eigenständigen prozessualen Kostenerstattungsanspruch auch unabhängig vom in der Sache anwendbaren materiellen Recht einräumt.
5 Die ICC-Verwaltungskosten und die Schiedsrichterhonorare berechnen sich –
wie die Gerichtskosten im staatlichen Verfahren – aufgrund einer Streitwerttabelle (Tabelle nach Art. 3 Anhang III). Hinzu kommen auf Seiten der Schiedsrichter noch deren Auslagen und u.U. solche eines Verwaltungssekretärs (s. hierzu Kommentierung vor Art. 11 ff. Rz. 16), insbesondere Reisekosten, die im staatlichen Verfahren nur ausnahmsweise anfallen, sowie eine ggf. anfallende Umsatzsteuer auf das Schiedsrichterhonorar, die im staatlichen Verfahren mangels Unternehmereigenschaft des Trägers der Justizhoheit ebenfalls nicht anfällt. Die außergerichtlichen Kosten der Parteien gehören wie im deutschen staatlichen Verfahren – und anders als bspw. regelmäßig in den USA – zu den erstattungsfähigen Kosten. Bei ihrer Bezifferung sind die Parteien, anders als zumeist im staatlichen Verfahren, nicht auf die streitwertabhängigen Gebührensätze nach dem RVG beschränkt, sondern können – unter dem Vorbehalt der „Angemessenheit“ (Art. 38 Abs. 1) – auch Stundensätze abrechnen (OLG München v. 4.7.2016 – 34 Sch 29/15, SchiedsVZ 2017, 40; OLG München v. 23.7. 2012 – 34 Sch 19/11, SchiedsVZ 2012, 282 [286]). Erfolgshonorare sind für deutsche Rechtsanwälte auch in Schiedsverfahren allerdings berufsrechtlich nur stark eingeschränkt zulässig (§ 49b Abs. 2 BRAO).
6 Anders als im staatlichen Verfahren ist im ICC-Schiedsverfahren die Kostenfest-
setzung zweigeteilt. Die Festsetzungsentscheidung für die ICC-Verwaltungskosten und für die Honorare und Auslagen der Schiedsrichter trifft der Gerichtshof, 666
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Entscheidung über die Kosten des Verfahrens | Art. 38 ICC-SchO
und zwar regelmäßig dann, wenn ihm der Entwurf eines Endschiedsspruchs im Zuge des Genehmigungsverfahrens (Art. 34) vorgelegt wird (bei vorzeitiger Verfahrensbeendigung zeitnah zum Eintreten des Beendigungstatbestands). Über die Höhe der außergerichtlichen Kosten der Parteien entscheidet dagegen das Schiedsgericht auf der Grundlage von Kostenschriftsätzen („cost statements“), die das Schiedsgericht von den Parteien anfordert. Da die Kostenhöhe im Zeitpunkt der Entscheidung über die Kostenverteilung bereits feststeht bzw. über beide Fragen gleichzeitig entschieden wird, können die Kosten im Schiedsspruch auch beziffert werden; es ergeht daher im Schiedsspruch anders als im deutschen staatlichen Verfahren keine bloße Kostengrundentscheidung, sondern es werden bezifferte Kostenerstattungs- bzw. Kostenausgleichungsansprüche tenoriert. Für die Kostenverteilung wird in der Praxis regelmäßig entsprechend dem Grund- 7 satz der einheitlichen Kostenentscheidung tenoriert. Doch ist dies nicht zwingend. Ferner existieren keine starren Regeln zur Kostenverteilung wie nach §§ 91 ff. ZPO. Stattdessen hat das Schiedsgericht hier erhebliche Flexibilität (Art. 38 Abs. 5), wobei allerdings in der Praxis die Kosten vielfach wie im staatlichen Verfahren entsprechend dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen verteilt werden. Im Falle einer vorzeitigen Verfahrensbeendigung führt Art. 38 Abs. 6 auf ande- 8 ren Wegen vielfach zu ähnlichen Ergebnissen wie §§ 91a, 269 Abs. 3 ZPO. Doch ist zu beachten, dass ein Vergleich, der sich nicht zu den Kosten verhält, keine Kostenaufhebung wie nach § 98 ZPO bewirkt; vielmehr muss das Schiedsgericht in diesem Fall über die Kosten erst noch entscheiden (Art. 38 Abs. 6 Satz 2). Die in ZPO und GKG weitgehend verselbständigten Verfahren zum Kosten- 9 ansatz, zur Kostenfestsetzung bzw. -ausgleichung und zur Streitwertfestsetzung sind im ICC-Schiedsverfahren vollständig in das Schiedsverfahren integriert. Aus diesem Grund bestehen auch keine spezifischen Rechtsbehelfe hinsichtlich der Entscheidungen zu Streitwert und Kosten. Lediglich hinsichtlich der Höhe der außergerichtlichen Kosten sowie der Kostenverteilung zwischen den Parteien ist grds. sowohl der Anwendungsbereich der Verfahren nach Art. 36 als auch des Anfechtungs- bzw. Vollstreckbarerklärungsversagungsverfahren nach nationalem oder Völkervertragsrecht eröffnet; eine einschränkende Regelung nach Art des § 99 ZPO, der die Anfechtbarkeit von Kostenentscheidungen an die Einlegung von Rechtsmitteln in der Hauptsache knüpft, existiert nicht. Dagegen kann die Festsetzung der Schiedsrichterhonorare und -auslagen sowie der ICC-Verwaltungskosten durch den Gerichtshof grds. nicht mit einem schiedsverfahrensrechtlichen Rechtsbehelf angefochten werden.
E. Einzelerläuterungen zu den Arten der Verfahrenskosten (Art. 38 Abs. 1) Art. 38 Abs. 1 definiert den Begriff der Verfahrenskosten. Dieser umfasst das 10 Honorar der Schiedsrichter (dazu Rz. 11–21) einschließlich einer ggf. hierauf Nedden/Herzberg
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Art. 38 ICC-SchO | Kosten anfallenden Umsatzsteuer (dazu Rz. 39, 65 f.), die Auslagen der Schiedsrichter und ggf. eines Verwaltungssekretärs (dazu Rz. 25 f.), die Verwaltungskosten der ICC (dazu Rz. 26–31), die Honorare und Auslagen der vom Schiedsgericht ernannten Sachverständigen (dazu Rz. 32) sowie die angemessenen Aufwendungen der Parteien für ihre Vertretung u.a. Auslagen im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren (dazu Rz. 33–39).
I. Schiedsrichterhonorare (Art. 38 Abs. 2, Art. 2 Abs. 1–3, Art. 3 Anhang III) 11 Die Festsetzung der Schiedsrichterhonorare fällt in die ausschließliche (Art. 2
Abs. 4 Anhang III) Zuständigkeit des Gerichtshofs. Der Gerichtshof setzt die Honorare grds. gemäß der Kostentabelle B nach Art. 3 Anhang III fest, und zwar im Zuge der Beendigung des Schiedsverfahrens. Die Tabelle legt zur Berechnung der Schiedsrichterhonorare prozentuale Mindest- und Höchstsätze mit Bezug auf den Streitwert des Verfahrens fest. Dabei wird, wenn keine Umstände festgestellt werden können, die in ihrer Gesamtheit ein Abweichen nach oben oder nach unten rechtfertigen, regelmäßig der aufgrund des – durch den Gerichtshof im Rahmen seiner Kostenfestsetzungsentscheidung zu ermittelnden (dazu Rz. 12–14) – Streitwerts geltende durchschnittliche Wert gemäß der Tabelle festzusetzen sein. 1. Streitwert als Grundlage der Honorarfestsetzung
12 Der Streitwert in USD (bei Administrierung des Verfahrens durch das ibero-
amerikanische Team mit Sitz in Brasilien: in der dortigen Landeswährung bzw. in Fällen, in denen US-Sanktionen anwendbar sind, in EUR) ist die Grundlage der Honorarfestsetzung, wobei der Gerichtshof und das Sekretariat sich bei Forderungen in anderen Währungen – auch im Falle späterer Veränderungen des Streitwerts oder der Einreichung einer Widerklage – stets am Wechselkurs des Tages des Eingangs der Schiedsklage bei der ICC orientieren.
13 Ermittlung des Streitwerts. Müssen sich Generalsekretär und Gerichtshof bei
der Vorschussfestsetzung noch weitgehend auf die Angaben der Parteien verlassen (Art. 4 Abs. 3 Buchst. d, Art. 5 Abs. 5 Buchst. b), kristallisiert sich im weiteren Verlauf des Verfahrens regelmäßig – meist bereits im Zuge der Erstellung des Schiedsauftrags (Art. 23 Abs. 1 Buchst. c) bzw. im Rahmen der Verfahrensmanagementkonferenz – eine konsensuale Bestimmung des Streitwerts heraus. Hierauf wirkt erforderlichenfalls im Rahmen seiner Möglichkeiten auch das Sekretariat hin. Zeigt sich – z.B. im Rahmen einer telefonischen Verfahrensmanagementkonferenz (Art. 24) –, dass die Parteien sich nicht über den Streitwert einigen, sollte jede Partei den aus ihrer Sicht gegebenen Streitwert unter Angabe von Gründen aktenkundig machen.
14 Eine förmliche Festsetzung des Streitwerts durch das Schiedsgericht oder
durch den Gerichtshof ist von der ICC-SchO nicht vorgesehen. Der Gerichts668
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Entscheidung über die Kosten des Verfahrens | Art. 38 ICC-SchO
hof entscheidet aber im Rahmen seiner Kostenfestsetzungsentscheidung inzident über den Streitwert. An die Auffassungen der Parteien und/oder des Schiedsgerichts ist der Gerichtshof dabei nicht gebunden. 2. Weitere relevante Faktoren für die Festsetzung der Schiedsrichterhonorare (Art. 2 Abs. 2 Anhang III) Mit dem Streitwert ist lediglich die sich aus der Kostentabelle B nach Art. 4 An- 15 hang III ergebende Spanne bestimmt, innerhalb derer sich das festzusetzende Honorar regelmäßig bewegen wird (zu Fällen, in denen nicht in die Spannen fallende Honorare festgesetzt werden, s. Rz. 16 ff.). Die Festsetzung eines konkreten Betrags erfolgt aufgrund der folgenden, in Art. 2 Abs. 2 Anhang III genannten Kriterien: – Umsicht des Schiedsrichters. Das englische „diligence“ macht deutlich, dass es hier vor allem um die in Schiedsverfahren zentrale „attention to detail“ geht, d.h. um die Frage, ob der Schiedsrichter bei der Verfahrensführung sowie in den Entwürfen von Schiedsauftrag und Schiedsspruch die gebotene Gründlichkeit hat walten lassen. – Effizienz des Schiedsrichters. Dieser Gesichtspunkt bezieht sich vor allem auf die Verfahrensmanagementkompetenz des Schiedsrichters (dazu Art. 24 Rz. 3) und auf die Frage, ob der Schiedsrichter die diesem insoweit zur Verfügung stehenden Mittel sachgerecht eingesetzt hat. – Komplexität der Streitigkeit meint Komplexität sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht. Überdurchschnittliche Komplexität kann z.B. durch eine Vielzahl von Beteiligten oder wegen der Notwendigkeit, mehrere Teilschiedssprüche zu erlassen, entstehen. – Zeitlicher Aufwand des Schiedsrichters. Dieser folgt aus der dem Sekretariat mitgeteilten Zahl der auf die Angelegenheit aufgewendeten Stunden. Der zeitliche Aufwand gewinnt für die Festlegung der Schiedsrichterhonorare zunehmend an Bedeutung. Seit 2016 ist gegenüber der ICC der zeitliche Aufwand grds. aufgeschlüsselt nach der jeweiligen schiedsrichterlichen Tätigkeit (z.B. Fallstudium, Recherche, mündliche Verhandlungen, Beratungen) anzugeben (ICC Statement of Time and Travel for Work Done, abrufbar unter https://iccwbo.org/publication/statement-time-travel-work-done/; allerdings werden auch automatisch generierte Time Sheets akzeptiert). Honorarerhöhend wirkt sich Zeitaufwand aber nur aus, wenn dieser unter Effizienzgesichtspunkten auch veranlasst war. – Dauer bis zur Vorlage des Entwurfs des Schiedsspruchs. Dem Wortlaut nach wird hier auf den gesamten Zeitraum von der Aktenübergabe (Art. 16) bis zur Übersendung des Schiedsspruchentwurfs zur Genehmigungsprüfung (Art. 34) abgestellt. Grundsätzlich sieht die ICC-SchO vor, dass ein Schiedsgericht seinen Schiedsspruch innerhalb von sechs Monaten nach Erstellung des Schiedsauftrags erlässt (Art. 31 Abs. 1), wobei dies insb. in größeren Verfahren kaum je realistisch ist. Der Gerichtshof bestimmt daher regelmäßig Nedden/Herzberg
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Art. 38 ICC-SchO | Kosten auf Grundlage des gemäß Art. 24 Abs. 2 erstellten Verfahrenskalenders eine andere Frist zum Erlass des Endschiedsspruchs (Art. 31 Abs. 1 a.E.). Von besonderer Bedeutung ist bei der Festsetzung der Schiedsrichterhonorare der Zeitraum zwischen dem letzten eingereichten Schriftsatz der Parteien (bzw. der mündlichen Verhandlung, wenn auf diese keine Schriftsätze mehr folgen) und der Entwurfsübersendung, weil nur in diesem Zeitraum sicher ausgeschlossen werden kann, dass eine Verzögerung aus der Sphäre der Parteien herrührt. Grds. erwartet der Gerichtshof, dass ein Schiedsgericht den Entwurf seines Schiedsspruchs innerhalb von zwei Monaten (bei Einzelschiedsrichtern) bzw. innerhalb von drei Monaten (bei Dreierschiedsgerichten) an den Gerichtshof zur Prüfung gemäß Art. 34 übermittelt. Geschieht dies nicht, so kann der Gerichtshof – abgesehen von anderen Maßnahmen wie der Ersetzung von Schiedsrichtern – die Schiedsrichterhonorare kürzen, wenn die Verspätung nicht auf Umständen beruht, die nicht von den Schiedsrichtern zu vertreten sind, oder andere außergewöhnliche Umstände vorliegen (vgl. für Richtwerte zur Kürzung der Schiedsrichterhonorare in Abhängigkeit vom Verzögerungsgrad das Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 155). Andererseits kann der Gerichtshof die Schiedsrichterhonorare aber auch über den ansonsten festgelegten Betrag hinaus erhöhen, insbesondere, wenn das Schiedsgericht das Verfahren besonders zügig durchgeführt hat. 16 Die in Art. 2 Abs. 2 Anhang III genannten Kriterien sind nicht abschließend.
So kann bei äußerst niedrigen Streitwerten u.U. auf den Maximalwert des hierfür möglichen Honorars gemäß der Kostenskala zurückzugreifen sein, um eine gleichbleibende Qualität der ICC-Schiedsgerichtsbarkeit zu gewährleisten.
17 Die Höhe, in der ein Kostenvorschuss (Art. 37) festgesetzt wurde oder in der
Schiedsrichter vorschussweise Abschlagszahlungen auf ihr (erst noch festzusetzendes) Honorar erhalten haben, bindet den Gerichtshof nicht für die Kostenfestsetzung, ist also kein für die Kostenfestsetzung relevanter Faktor. Allerdings wird der Gerichtshof das Honorar mindestens in Höhe etwaiger bereits gewährter Honorarvorschüsse festsetzen. Regelmäßig werden in Fällen getrennt festgesetzter Vorschüsse (Art. 37 Abs. 3, 4) die Kosten auf der Grundlage eines fiktiven globalen Kostenvorschusses berechnet. Die Bildung und Kollektierung getrennter Kostenvorschüsse muss sich also am Ende des Verfahrens nicht notwendigerweise in Mehrkosten niederschlagen. Nicht verbrauchte Vorschüsse werden gemäß Art. 2 Abs. 9 Anhang III den Parteien anteilig entsprechend den von ihnen geleisteten Zahlungen erstattet (vgl. Art. 37 Rz. 32).
18 In besonderen Fällen kann der Gerichtshof von den Minimal- und Maximalwer-
ten gemäß der Tabelle abweichen (Art. 38 Abs. 2, Art. 2 Abs. 2 a.E. Anhang III). „Besondere Umstände“ oder die Vereinbarung zusätzlicher Dienstleistungen durch die Parteien, wie sie Art. 2 Abs. 5 Satz 2 Anhang III für eine Skalenabweichung im Bereich der Verwaltungskosten fordert, werden dafür nicht vorausgesetzt. Solche Fälle sind in der Praxis indes – abgesehen von den gesondert geregelten und kommentierten Fällen einer vorzeitigen Verfahrensbeendigung (s. Rz. 49–58) sowie der Ersetzung von Schiedsrichtern (Art. 15 Rz. 24 f.) – selten.
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Entscheidung über die Kosten des Verfahrens | Art. 38 ICC-SchO
Das Merkblatt des Sekretariats enthält Richtwerte für die mögliche Vorgehens- 19 weise des Gerichtshofs bei der Festsetzung der Schiedsrichterhonorare bzw. bei der Gewährung von Honorarvorschüssen, wenn der Kostenvorschuss auf Basis des Durchschnittshonorars festgesetzt wurde. Diese Richtwerte zeigen an, mit Abschluss welchen Verfahrensstadiums welcher Anteil des Schiedsrichterhonorars vom Gerichtshof als bereits „erarbeitet“ angesehen werden kann (vgl. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 186): a) Verfahrensmanagementkonferenz (bei beschleunigten Verfahren): b) 35% des Mindesthonorars c) Schiedsauftrag erstellt: 50% des Mindesthonorars d) Erlass eines Teilschiedsspruchs / wichtige mündliche Verhandlung: Mindesthonorar e) Mehrere Teilschiedssprüche: zwischen 50% und 100% des Durchschnittshonorars f) Erlass des Endschiedsspruchs: Durchschnittshonorar Diese Richtwerte könnten auch Relevanz erlangen, wenn im Falle einer Erset- 20 zung das Honorar für einen vorzeitig aus dem Verfahren ausgeschiedenen Schiedsrichter vom Gerichtshof festzusetzen ist (s. Rz. 60). Denn für die Festsetzung des Honorars des Ausgeschiedenen berücksichtigt der Gerichtshof neben Art und Gründen seiner Ersetzung auch die bis zu seinem Ausscheiden abgeschlossenen Verfahrensetappen und die voraussichtlich für den Nachfolger verbleibende Arbeit (vgl. zum Ganzen Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 185–187). Wegen der weiteren Kosten bei Ersetzung eines Schiedsrichters gemäß Art. 15 vgl. Art. 15 Rz. 24 f. 3. Mehrere Schiedsrichter Wie bei einem Dreierschiedsgericht die Schiedsrichter das Honorar unter- 21 einander aufteilen, bleibt grds. ihnen überlassen. Die Parteien haben hierauf keinen Einfluss. Meist einigen die Schiedsrichter sich darauf, dass der Vorsitzende 40 %, die Mitschiedsrichter je 30 % des Gesamthonorars erhalten. Wenn die Schiedsrichter sich auf keine Quote einigen, wird der Gerichtshof die Schiedsrichterhonorare i.d.R. so festsetzen, dass der Vorsitzende zwischen 40 % und 50 % des Gesamthonorars erhält und die Mitschiedsrichter jeweils zwischen 25 % und 30 % (s. dazu Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 181). Der Gerichtshof kann aber auch eine andere Honorarverteilung beschließen (s. nur Fry/Greenberg/Mazza, Rz. 3-1465 für den atypischen Fall eines Schiedsrichters, der das Schiedsverfahren durch dauernde Inaktivität verzögert und verkompliziert hatte, was auf Anregung des Vorsitzenden eine Aufteilung im Verhältnis 45 % : 35 % : 20 % rechtfertigte).
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Art. 38 ICC-SchO | Kosten 4. Verfahrensfragen 22 Im Kostenfestsetzungsverfahren des Gerichtshofs ist eine Einbeziehung der
Parteien nicht vorgesehen. Die Parteien müssen aber im Allgemeinen nicht damit rechnen, dass Kosten festgesetzt werden, die die festgesetzten Vorschüsse übersteigen. Bei jeder Anpassung der Vorschüsse hatten sie bereits Gelegenheit zur Stellungnahme (Art. 37 Rz. 33). Sehen Sekretariat und/oder Gerichtshof Bedarf für kostenrelevante Erklärungen der Parteien, insb. zum Streitwert, werden sie i.d.R. das Schiedsgericht darum bitten, diese Erklärungen einzuholen; das Sekretariat kann insoweit aber auch selbst tätig werden.
23 Bekanntgabe der Kostenfestsetzungsentscheidungen des Gerichtshofs. Den
Schiedsrichtern teilt das Sekretariat die Kostenfestsetzungsentscheidungen des Gerichtshofs stets unverzüglich mit. Den Parteien wird der Inhalt der Entscheidung nur dann unverzüglich bekanntgegeben, wenn das Verfahren auf andere Weise als durch Endschiedsspruch endet. Andernfalls erhalten die Parteien zusammen mit dem Endschiedsspruch (aus dem sich die Kostenfestsetzungsentscheidungen des Gerichtshofs ohnehin bereits ergeben) eine Mitteilung des Sekretariats über deren Inhalt.
II. Auslagen der Schiedsrichter (Art. 38 Abs. 1, Art. 2 Abs. 4 Anhang III) 24 Auch die Auslagen der Schiedsrichter setzt ausschließlich der Gerichtshof fest
(Art. 2 Abs. 4 Anhang III) (a.A. Fry/Greenberg/Mazza, Rz. 3-1470, wonach der Gerichtshof solche Auslagen nicht festsetzt, sondern lediglich Erstattungsentscheidungen des Sekretariats zur Kenntnis nimmt; in der Praxis führt diese, mit dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 4 Anhang III nur schwer zu vereinbarende, Konstruktion indes zu keinem von der hier gegebenen Erläuterung abweichenden Ergebnis). Wegen des Zeitpunkts der Benachrichtigung von Schiedsgericht und Parteien vgl. Rz. 23.
25 Das Schiedsverfahren ist zügig, kostenrational und zweckmäßig durchzuführen
(Art. 22 Abs. 1). An diesen Maßgaben ausgerichtet hat das Sekretariat Grundsätze für die Erstattung von Schiedsrichterauslagen in ICC-Schiedsverfahren erarbeitet (zum Ganzen Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 231–246). Auslagenabrechnungen von Schiedsrichtern prüft das Sekretariat anhand dieser Grundsätze. Danach setzen Auslagenerstattungen grds. aussagekräftige Belege voraus. Diese sollen so schnell wie möglich nach dem jeweiligen Ausgabenanfall zur Erstattung eingereicht werden. Eine Ausnahme vom Belegzwang stellen Perdiem-Pauschalen i.H.v. 400 USD oder 1.200 USD im Falle der Teilnahme an einer Schiedsverhandlung an einem Verhandlungsort jenseits des Wohn- bzw. Arbeitsorts des Schiedsrichters dar. Die vorgenannten Pauschalen erfassen Übernachtungs-, Verpflegungs- und lokale Transportkosten (außer Wege von und zu den Flughäfen). Zusätzlich zur Pauschale können somit im Wesentlichen Flug-, Bahn-, Mietwagenkosten usw. abgerechnet werden. Das Honorar für einen Se672
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Entscheidung über die Kosten des Verfahrens | Art. 38 ICC-SchO
kretär des Schiedsgerichts ist nicht erstattungsfähig, dessen tatsächliche Auslagen können dagegen als Auslagen des Schiedsgerichts erstattet werden (vor Art. 11 ff. Rz. 16). Anträge auf Auslagenerstattung bzw. Zahlung von Per-diemPauschalen, die nach Genehmigung des Endschiedsspruchs durch den Gerichtshof eingereicht werden, werden von diesem bei der Festsetzung der Kosten des Schiedsverfahrens nicht berücksichtigt und nicht bezahlt, es sei denn, es liegen nach Einschätzung des Generalsekretärs außergewöhnliche Umstände vor, die eine Berücksichtigung ausnahmsweise rechtfertigen.
III. Verwaltungskosten der ICC (Art. 38 Abs. 1, Art. 2 Abs. 5–7 Anhang III) Der Gerichtshof setzt die Verwaltungskosten der ICC – grds. nach Maßgabe 26 der Streitwerttabellen nach Art. 3 Anhang III, bei Vereinbarung von zusätzlichen Dienstleistungen durch die Parteien sowie bei besonderen Umständen bzw. bei Fehlen einer Streitwertindikation nach Ermessen – fest (Art. 2 Abs. 5 Anhang III); der Höchstbetrag darf „im Regelfall“ nicht überschritten werden (Art. 2 Abs. 5 a.E. Anhang III). Anders als bei der Festlegung von Schiedsrichterhonoraren sehen die Tabellen für die Verwaltungskosten keine Mindest- und Höchstbeträge, sondern Prozentsätze zur Berechnung eines fixen Betrages vor. Übersteigt der Streitwert 500 Mio. USD, liegen die Verwaltungskosten pauschal beim Höchstbetrag von 150.000 USD (Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Anhang III). Wurden getrennte Kostenvorschüsse angeordnet (Art. 37 Abs. 3, Abs. 4), werden regelmäßig auch die Verwaltungskosten durch die Bildung eines fiktiven globalen Kostenvorschusses entsprechend den Tabellen festgesetzt (s. Rz. 17). 27 Besondere Gebührentatbestände sind vorgesehen für: – Ruhendstellung eines im Einvernehmen der Parteien oder auf Anweisung des Schiedsgerichts ausgesetzten Verfahrens („abeyance fee“ von 2.500–5.000 USD p.a.; in der Praxis erstmalige Festsetzung frühestens nach bereits einjähriger Ruhendstellung; Art. 2 Abs. 7 Anhang III). Ruhendstellungsgebühren werden bei Verfahrensbeendigung nicht auf die dann festzusetzenden allgemeinen Verwaltungskosten angerechnet; – Bearbeitung von Anträgen gemäß Art. 36, vgl. Art. 2 Abs. 10 Anhang III (dazu Art. 36 Rz. 30). – Handlungen gemäß Art. 35 Abs. 5, vgl. Art. 2 Abs. 11 Anhang III (je nach Einzelfall).
Für den Fall eines vorgeschalteten Verfahrens nach den ICC-Mediations-Regeln 28 bringt Art. 2 Abs. 12 Anhang III eine Gebührenermäßigung um die Hälfte der für das Mediationsverfahren bezahlten ICC-Verwaltungskosten; der entsprechende Betrag wird auf die ICC-Verwaltungskosten des Schiedsverfahrens angerechnet. Das Merkblatt des Sekretariats enthält weitere Richtwerte für die mögliche Vor- 29 gehensweise des Gerichtshofs bei der Festsetzung der Verwaltungskosten. Diese Nedden/Herzberg
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Art. 38 ICC-SchO | Kosten zeigen an, in welchem Verfahrensstadium welcher Anteil der Verwaltungskosten vom Gerichtshof als bereits entstanden und festsetzbar angesehen werden kann (vgl. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 190): a) Übermittlung der Akte an das Schiedsgericht: 25% b) Verfahrensmanagementkonferenz (bei beschleunigten Verfahren): 35% c) Schiedsauftrag erstellt: 50% d) Teilschiedsspruch/Teilschiedssprüche oder sonstige wesentliche Verfahrensetappen abgeschlossen: 75% e) Endschiedsspruch: 100% 30 Diese Richtwerte beinhalten indes nicht die unter Rz. 27 genannten besonderen
Gebühren. Es handelt sich lediglich um Richtwerte, bei denen etwa in Fällen hoher Komplexität nach oben oder bei Verzögerungen, die in die Sphäre des Gerichtshofs fallen, nach unten abgewichen werden kann.
31 Zeitpunkt der Festsetzungsentscheidung. Die Festsetzung der Verwaltungskos-
ten der ICC erfolgt erst mit der Genehmigung des Entwurfs des Endschiedsspruchs. Wird das Verfahren vorzeitig beendet, trifft der Gerichtshof eine isolierte Kostenfestsetzungsentscheidung, sobald er von dem Beendigungstatbestand Kenntnis erlangt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Verfahrens s. Rz. 22 f.
IV. Honorare und Auslagen der vom Schiedsgericht ernannten Sachverständigen (Art. 38 Abs. 1) 32 Hat das Schiedsgericht einen Sachverständigen ernannt, sind dessen Honorar
und Auslagen Kosten des Schiedsverfahrens. Die Kosten wurden regelmäßig bereits gemäß Art. 1 Abs. 12 Anhang III als Vorschuss einbezahlt und ggf. auch schon an den Sachverständigen ausgekehrt, wenn die Kostenentscheidung des Schiedsgerichts ansteht. Weder das Schiedsgericht noch der Gerichtshof haben im Verhältnis zum Sachverständigen eine Befugnis zur rechtsverbindlichen Honorarfestsetzung. Daher wird sich die Kostenentscheidung des Schiedsgerichts hinsichtlich der Honorare und Auslagen von Sachverständigen auf die (ggf. verhältnismäßige) Tragung der Zahlungen, die die Parteien an die ICC, das Schiedsgericht und den Sachverständigen geleistet haben, sowie hieraus ggf. folgende Erstattungsansprüche der Parteien untereinander, jeweils in deren Innenverhältnis untereinander, beschränken. Sollte ausnahmsweise der Vorschuss nicht ausgereicht haben, kann das Schiedsgericht selbstverständlich auch die Kostentragungspflicht der Parteien im Verhältnis untereinander für etwaige weitere Zahlungen an den Sachverständigen durch Schiedsspruch regeln. Dem Sachverständigen erwächst indes nicht bereits aus einer derartigen Tenorierung im Schiedsspruch ein Anspruch gegen eine der Parteien; das Schiedsgericht hat darauf zu achten, entsprechende Missverständnisse durch klare Formulierungen und Begründungen zu vermeiden. 674
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Entscheidung über die Kosten des Verfahrens | Art. 38 ICC-SchO
V. Angemessene Aufwendungen der Parteien … (Art. 38 Abs. 1) 1. … für ihre Vertretung … (Art. 38 Abs. 1) Hierbei handelt es sich insb. um die Rechtsanwaltskosten, die auch nach Stun- 33 den abgerechnet worden sein können (s. Rz. 5). Unabhängig von der Abrechnungsmethode muss das Kriterium der Angemessenheit erfüllt sein; die diesbezügliche Entscheidung trifft das Schiedsgericht im (regelmäßig: End-)Schiedsspruch. Mit dem Merkmal der Angemessenheit soll sichergestellt werden, dass Rechtsanwaltskosten, die in keinem vernünftigen Verhältnis zur wirtschaftlichen Bedeutung der Streitsache stehen, nicht erstattungsfähig sind. Die Einschränkung ist im Sinne eines Korrektivs für grob unverhältnismäßige Abrechnungen zu verstehen. Vor Erlass des Endschiedsspruchs ist den Parteien Gelegenheit zur Einreichung ihrer Kostenschriftsätze („cost statements“) zu geben und sodann zur wechselseitigen Stellungnahme binnen kurzer Frist. Insb. wenn die Angemessenheit von einer Partei geltend gemachter Rechtsanwaltskosten von einer Gegenpartei in Frage gestellt wird, kann – im Rahmen des zu gewährenden rechtlichen Gehörs – die Einreichung von Zeiterfassungsübersichten und ähnlichen Belegen im Einzelfall erforderlich sein, um der Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der „Angemessenheit“ Genüge zu tun. Kasuistik. Die Beauftragung von Kanzleien in verschiedenen Jurisdiktionen ist 34 in internationalen Streitverfahren regelmäßig zweckentsprechend, so dass die Mehrkosten jedenfalls dem Grunde nach nicht unangemessen sind. Das anwaltliche Coaching von Zeugen ist, wenn gewisse Grenzen nicht überschritten werden, erlaubt (s. Art. 25 Rz. 36); insoweit entstandene Anwaltskosten sind daher – die Angemessenheit der Höhe nach vorausgesetzt – auch ersatzfähig. Vorgerichtliche Anwaltskosten sind ebenso wenig über Art. 38 Abs. 1 erstattungsfähig wie Kosten der Beauftragung von Anwälten in Parallelverfahren vor anderen Schiedsgerichten oder vor staatlichen Gerichten, z.B. im einstweiligen Rechtsschutz. Die Parteien können aber evtl. einen materiell-rechtlichen Anspruch auf die Erstattung dieser Kosten haben. Dieser ist dann von Anfang an miteinzuklagen. Abweichend von dem Vorstehenden können die Kosten eines ICC-Eilschiedsrichterverfahrens zum selben Verfahrensgegenstand zum Gegenstand des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs des nachfolgenden Schiedsverfahrens gemacht werden (Art. 29 Abs. 4). In der Regel wird so auch hinsichtlich der Kosten obligatorischer Vorschaltverfahren in Fällen sog. mehrstufiger Streitbeilegungsklauseln („multi tier clauses“) zu verfahren sein. 2. … und andere Auslagen im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren (Art. 38 Abs. 1) Neben den Rechtsanwaltskosten sind auch andere Auslagen der Parteien im 35 Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren erstattungsfähig (Art. 38 Abs. 1). Wie sich aus der englischen Sprachfassung ergibt, müssen auch diese anderen Auslagen angemessen („reasonable“) sein. Sie müssen vor allem auch tatsächlich und kausal entstanden sein, was bspw. bei Reisekosten von NaturalparteiNedden/Herzberg
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Art. 38 ICC-SchO | Kosten en, Organen oder Mitarbeitern, von Verfahrenskosten anlässlich Besprechungen mit Rechtsanwälten und/oder von mündlichen Verhandlungen zu bejahen ist. Auch die angemessenen Honorare von Parteisachverständigen fallen unter Art. 38 Abs. 1, ebenso wie verfahrensbezogene Auslagen, z.B. für die Räumlichkeiten der mündlichen Verhandlung, Übersetzer, Dolmetscher, court reporter usw. Dass eine Partei die Reisekosten der von ihr gestellten Zeugen übernimmt, ist in Schiedsverfahren selbstverständlich (näher Art. 26 Rz. 59). Auch diese Kosten stellen daher ersatzfähige Auslagen dar. Im Einzelfall können auch an Zeugen gezahlte pauschale bzw. zeitbezogene Aufwandsentschädigungen ersatzfähig sein, da eine Pflicht zum Erscheinen vor dem Schiedsgericht nicht existiert (Art. 25 Rz. 36). 36 Dagegen ist es den Parteien meist nicht möglich, die (ggf. anteiligen) Kosten der
Beschäftigung eines nicht eigens für Zwecke des Verfahrens eingestellten Mitarbeiters der Rechtsabteilung oder gar die (ohnehin kaum plausibel zu errechnenden) Kosten, die durch die Mühewaltung von operativen Mitarbeitern oder auch von internen Controllern im Zusammenhang mit der unternehmensinternen Sachverhaltsermittlung entstehen, auf die Gegenpartei abzuwälzen. Indes nimmt deren Geltendmachung in Schiedsverfahren zu, und es sind auch bereits Schiedssprüche nach der ICC-SchO ergangen, die einer Partei die Erstattung derartiger Kosten zugesprochen haben (ICC Commission Report, ICC Dispute Resolution Bulletin, No. 2 [2015], 27). Nach hier vertretener Ansicht handelt es sich bei derartigen Ausgaben regelmäßig um Sowieso-Kosten bzw. Gemeinkosten, die auch ohne das Schiedsverfahren entstanden wären, es sei denn, die geltend machende Partei kann die konkrete Befassung des Mitarbeiters mit der Streitsache nachweisen sowie zeigen, dass dessen diesbezügliche Tätigkeit nicht zu seinem gewöhnlichen Tätigkeitsfeld, etwa als Mitarbeiter der Rechtsabteilung, gehört. Denn die Besorgung eigener Angelegenheiten gehört auch für ein Unternehmen zum „allgemeinen Lebensrisiko“. In der Praxis ließe sich zudem im Einzelfall kaum je feststellen, ob eine besonders aufwändige „fact-finding mission“ nicht auch darauf zurückzuführen war, dass Dokumentationspflichten oder -obliegenheiten – was im Zeitalter elektronischer Massenkommunikation nicht unüblich ist – nicht vollständig eingehalten wurden oder doch jedenfalls nicht effizient genug ausgestaltet wurden. Für die Parteien dürfte es in der Praxis deshalb empfehlenswert sein, bzgl. derartiger Kosten in einem frühen Verfahrensstadium Absprachen untereinander bzw. unter Einbindung des Schiedsgerichts zu treffen, um hinsichtlich der Erstattungsmöglichkeit dieser Kosten Klarheit zu erlangen und im Falle einer zwischen den Parteien vereinbarten bzw. durch das Schiedsgericht befürworteten Ersatzfähigkeit die für die spätere Erstattung erforderliche Dokumentation dieser Kosten von Verfahrensbeginn an vorzunehmen.
37 Personalkosten, die nicht mit dem Verfahren, sondern mit seinem Gegenstand
zusammenhängen (z.B. Einstellung von Mitarbeitern zur Reparatur von der Gegenseite verursachter Schäden) können materiell-rechtlich ersatzfähig sein, müssen dann aber, soweit anwendbar unter Beachtung der zeitlichen Grenze des Art. 23 Abs. 4, eingeklagt werden. 676
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Äußerst umstritten ist, ob der an einen Prozessfinanzierer zu zahlende Anteil 38 am Ertrag des Rechtsstreits als Kostenposition geltend macht werden kann (bejaht in High Court of England and Wales, Essar Oilfields Service Ltd v Norscot Rig Management Pvt Ltd [2016] EWHC 2361 (Comm)). Dieselbe Frage stellt sich bei ATE-Versicherungsprämien (insoweit bejaht in ICC Case No. 7006, ICC Court Bulletin, Vol. 2 No. 1 (1993), 49). Nach verbreiteter Auffassung kann die Erstattungsfähigkeit insbesondere gegeben sein, wenn der Gegner durch sein Verhalten gerade die Mittellosigkeit der Partei, die sich den Rechtsstreit finanzieren lässt, herbeigeführt hat. Auch wird verlangt, dass die Finanzierung und die Identität des Finanzierers schon früh im Verfahren offengelegt wurden, weil die Kosten sonst unvorhersehbar für den Gegner sind. Siehe zum Ganzen Bartsch, SchiedsVZ 2021, 12 ff. Schließlich ist im Rahmen der Geltendmachung von Kostenerstattungsansprü- 39 chen zu berücksichtigen, ob und inwieweit etwaige Zahlungen auf die Umsatzsteuer (dazu auch Rz. 65 f.) verlangt und ersetzt werden können. Hier ist insb. auf eine mögliche Vorsteuerabzugsberechtigung seitens der Parteien zu achten; ggf. haben diese bei aus ihrer Sicht nicht berechtigter Geltendmachung von Mehrwert- oder Umsatzsteuern eine solche gegenüber dem Schiedsgericht zu rügen. Hinsichtlich einer etwaigen Umsatzsteuer auf Schiedsrichterhonorare ist zu berücksichtigen, dass insoweit ein Zahlungsanspruch nur dann tenoriert werden kann, wenn die Parteien im Verlauf des Verfahrens bereits Umsatzsteuervorschüsse abgeführt haben. Der Gerichtshof wirkt im Rahmen des Genehmigungsverfahrens (Art. 34) zudem darauf ein, dass nähere Konkretisierungen (z.B. prozentuale Umsatzsteuersätze) in den Tenor nur dann aufgenommen werden, wenn die entsprechenden Tatsachen im Verfahren von den Parteien vorgetragen und nicht bestritten wurden (sonst ultra petita).
F. Einzelerläuterungen zu Kostenentscheidungen des Schiedsgerichts (Art. 38 Abs. 3–5) I. Kostenentscheidung im Endschiedsspruch (Art. 38 Abs. 4, 5) Art. 38 Abs. 4 bestimmt, dass das Schiedsgericht im Endschiedsspruch die Kos- 40 ten des Verfahrens festzusetzen (Rz. 41) und dabei auch zu bestimmen hat, wer sie zu tragen hat bzw. in welchem Verhältnis sie verteilt werden sollen (Rz. 42 f.). 1. Kosten-„Festsetzung“ durch das Schiedsgericht im Endschiedsspruch (Art. 38 Abs. 4) Die „Festsetzung“ der Kosten ist zwingender Bestandteil eines jeden ICC-End- 41 schiedsspruchs. Je nach Lage des Falls kann auch in Zwischen- oder Teilschiedssprüchen eine Kostenfestsetzung – dann aber beschränkt auf die den Parteien entstandenen Rechtsverfolgungskosten – angezeigt sein; die Befugnis hierzu verleiht dem Schiedsgericht Art. 38 Abs. 3 (dazu Rz. 46). Der Ausdruck Nedden/Herzberg
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Art. 38 ICC-SchO | Kosten „festsetzen“ ist missverständlich: Eine eigenständige, gemäß Art. 32 Abs. 2 inhaltlich zu begründende Kostenfestsetzung trifft das Schiedsgericht lediglich hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Parteien sowie hinsichtlich der Honorare und Auslagen der vom Schiedsgericht ernannten Sachverständigen. Die Kosten und Auslagen des Schiedsgerichts wurden dagegen bereits vom Gerichtshof festgesetzt (s. Rz. 10–25), der Endschiedsspruch spiegelt die entsprechenden Festsetzungen des Gerichtshofes 1:1 wider. 2. Entscheidung über die Kostenverteilung (Art. 38 Abs. 4, 5) 42 Das Schiedsgericht muss darüber entscheiden, welche Partei „die Kosten zu tra-
gen hat“ oder „in welchem Verhältnis sie verteilt werden sollen“ (Art. 38 Abs. 4). Diese Formulierung legt nahe, dass der Grundsatz der einheitlichen Kostenentscheidung auch im ICC-Schiedsverfahren gilt, dass also der Schiedsspruch nicht etwa getrennte Kostenquoten für verschiedene Kostenblöcke aufweisen kann. Eine dergestalt einheitliche Kostenentscheidung ist denn auch die Regel in ICC-Schiedsverfahren. Aus Art. 38 Abs. 5 folgt aber, dass verschiedene, nach Kostenblöcken differenzierende Quotelungen ebenfalls möglich sind (im Einzelnen s. Rz. 44). Dies stößt im ICC-Schiedsverfahren auch nicht auf besondere praktische Schwierigkeiten, da die Kosten ihrer Höhe nach bereits feststehen, wenn über die Verteilung entschieden wird. Gleichwohl wird in der weit überwiegenden Mehrheit der Fälle die einheitliche Kostenentscheidung die am ehesten interessengerechte Lösung darstellen.
43 Die ICC-SchO enthält als Maßgabe für die Kostenverteilung lediglich den all-
gemein gehaltenen Art. 38 Abs. 5, wonach das Schiedsgericht „alle … ihm relevant erscheinenden Umstände“ berücksichtigt, insb. das Ausmaß an Zügigkeit und Kosteneffizienz, mit dem die Parteien das Verfahren betrieben haben. In aller Regel wird es angemessen sein, die festgesetzten Kosten quotal entsprechend der Obsiegens- bzw. Unterliegensquote zu verteilen und dabei die Entscheidungen über die Nebenforderungen außer Betracht zu lassen. In Einzelfällen kann nach Lage der Umstände eine abweichende Verfahrensweise angezeigt sein, insb. wenn eine Partei das Verfahren wiederholt verschleppt oder boykottiert bzw. Anordnungen des Schiedsgerichts nicht befolgt hat. Es seien beispielhaft folgende Fälle genannt: – Bei objektiver Klagehäufung hat ein verhältnismäßig geringfügig zu beziffernder Anspruch den weit überwiegenden Aufwand bei Parteien und Schiedsgericht verursacht. – Die in der Sache ganz oder teilweise obsiegende Partei hat durch mutwillige Einwendungen wie der einer schiedsabredewidrigen Rechtshängigkeit der Streitsache oder auch durch gänzlich haltlose Befangenheitsanträge gegen Schiedsgericht und/oder Sachverständige den Prozess in absoluten Zahlen in erheblicher, bei einer lediglich am Verhältnis von Obsiegen bzw. Unterliegen orientierten (quotalen) Kostenverteilung nicht hinreichend reflektierter Weise verteuert oder verzögert. 678
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– Eine Partei hat substanzlose Forderungen geltend gemacht, um den Schwellenwert, jenseits dessen die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren keine Anwendung mehr finden, künstlich zu überschreiten (vgl. Art. 30 Rz. 20 f.). In den genannten Fällen kann entweder am Grundsatz der einheitlichen Kosten- 44 entscheidung festgehalten werden (z.B. dadurch, dass die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen oder dass bestimmte Positionen in Abzug gebracht werden), oder aber das Schiedsgericht kann verschiedene Kostenblöcke identifizieren (möglich insb. bei Bifurkation) und die Kosten für diese Kostenblöcke jeweils getrennt allokieren. Für das Schiedsgericht kann es sich im Hinblick auf die von ihm bevorzugte Art der Kostenverteilung empfehlen, den Parteien schon zu Verfahrensbeginn (z.B. bei der Verfahrensmanagementkonferenz) zu verdeutlichen, wie es sein diesbezüglich sehr weites Ermessen zu nutzen gedenkt. Es kann die Parteien in diesem Rahmen insb. auch darauf hinweisen oder einen entsprechenden Passus in den Schiedsauftrag oder die Verfahrensverfügung Nr. 1 aufnehmen, wonach ein boykottierendes Verhalten oder Verstöße gegen Anordnungen des Schiedsgerichts bei der Kostenentscheidung Berücksichtigung finden und dadurch ein kooperatives und auf eine effiziente Verfahrensführung ausgerichtetes Verhalten der Parteien fördern. 3. Form der Entscheidung; Verzinsung von Kostenerstattungsansprüchen Im Tenor des Schiedsspruchs wird regelmäßig nach Hauptsache- und Zinstenor 45 zunächst abstrakt die Kostengrundentscheidung aufgeführt. Sodann wird diese durch einen – bei wechselseitigen, währungsgleichen Forderungen bereits deren jeweilige Saldierung reflektierenden – Zahlungsbefehl konkretisiert. Die eigentlichen Festsetzungen (Art. 38 Abs. 4) können in den Gründen enthalten und müssen dort nachvollziehbar erläutert, d.h. ggf. – ebenso wie die saldierende Ausgleichung – auch „vorgerechnet“ werden (Art. 32 Abs. 2). Zinsen auf Kosten sind nur im Falle ihrer Beantragung auszusprechen, da sonst dem Grundsatz ne ultra petita zuwidergehandelt würde. Anwendbares Recht für Zinsansprüche auf Kosten ist die lex loci arbitri, d.h. das Recht am Schiedsort, da es sich um eine Annexmaterie zum Prozessrecht handelt (str.). Bei einem deutschen Schiedsort gilt jedenfalls § 291 BGB analog, wobei der Zinslauf nicht beginnen kann, bevor die Kosten der Partei auch tatsächlich entstanden sind.
II. Sonstige Kostenentscheidungen (Art. 38 Abs. 3) Verfahrensphasespezifische Erstattungsansprüche bei Bifurkation usw. Das 46 Schiedsgericht ist gemäß Art. 38 Abs. 3 auch während des Schiedsverfahrens zu Kostenentscheidungen befugt und kann Zahlungen anordnen, soweit nicht Kosten betroffen sind, die vom Gerichtshof festzusetzen sind. Die Vorschrift stellt zunächst vor allem verfahrensphasenspezifische Kostenentscheidungen in Zwischen- bzw. Teilschiedssprüchen auf eine verfahrensrechtliche Grundlage. Ob Nedden/Herzberg
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Art. 38 ICC-SchO | Kosten das Schiedsgericht in einem der Endentscheidung vorausgehenden Schiedsspruch eine Kostenentscheidung trifft oder diese dem Endschiedsspruch vorbehält, ist Ermessenssache. Die ICC wird aber Schiedsrichterhonorare und Verwaltungskosten grds. nicht getrennt nach Verfahrensstadien festsetzen, sodass bezifferte Kostenerstattungsansprüche bzgl. der jeweiligen Verfahrensphase in Zwischen- oder Teilschiedssprüchen regelmäßig nur hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten ausgeurteilt werden können. Etwas anderes gilt, wenn in einem Mehrparteienverfahren eine Partei aufgrund einer erfolgreichen Zuständigkeitseinwendung gemäß Zwischenschiedsspruch ausscheidet, das Verfahren hinsichtlich der anderen Parteien aber fortgesetzt wird. Der Gerichtshof wird zwar auch in diesem Fall mit der Festsetzung der Schiedsrichterhonorare und Verwaltungskosten bis zur Beendigung des Verfahrens warten. Die ausgeschiedene Partei hat aber einen prozessualen Anspruch auf Entscheidung über die Erstattung ihres eingezahlten Vorschussanteils durch Schiedsspruch, solange sie noch am Verfahren beteiligt ist. Ob die Gegenparteien verlangen können, dass der Erstattungsanspruch lediglich Zug um Zug gegen Abtretung eines etwaigen Anspruchs der ausscheidenden Partei gegen die ICC auf verhältnismäßige Teilrückzahlung des eingezahlten Vorschusses (Art. 2 Abs. 9 Anhang III) zu erfüllen ist und ob ggf. sonstige Möglichkeiten zur Vermeidung einer doppelten Befriedigung der ausscheidenden Partei bestehen, richtet sich nach den jeweils anwendbaren Rechtsordnungen. 47 Sonstige Anwendungsfälle. Teil- bzw. Zwischenschiedssprüche eignen sich
auch – ebenso wie grds. prozessleitende Verfügungen, die indes nicht vollstreckbar sind – für die folgenden Anwendungsfälle, die grds. Antragstellung durch eine Partei voraussetzen: Anordnung von Umsatzsteuervorschüssen bezgl. des Honorars der Schiedsrichter sowie von Vorschüssen auf die Honorare von Sachverständigen oder sonstigen Gehilfen des Schiedsgerichts, bei der Durchsetzung des Anspruchs der einen Partei gegen die andere Partei auf Zahlung eines von der ICC gemäß Art. 37 i.V.m. Art. 1 Anhang III festgesetzten Vorschusses (str.). Ebenfalls möglich ist die Anordnung von Prozesskostensicherheit, wobei § 110 ZPO nicht, auch nicht analog gilt. Gründe für eine Sicherheitsanordnung können insb. eine signifikant verschlechterte Vermögenssituation der klagenden Partei, die Involvierung eines Prozessfinanzierers oder die Tatsache, dass eine früher kostenpflichtig zurückgenommene Klage nun wieder neu anhängig gemacht wird. Auch eine schwierige Vollstreckungsumgebung im Herkunftsstaat des Klägers kann berücksichtigt werden, aber nicht pauschal nach den §§ 110 ff. ZPO.
48 Ausnahme: Kosten, die vom Gerichtshof festzusetzen sind. Die Einschränkung ist miss-
verständlich formuliert. Gemeint ist lediglich, dass die Schiedsrichterhonorare und -auslagen sowie die ICC-Verwaltungskosten ausschließlich vom Gerichtshof und daher keinesfalls – auch nicht vorläufig – vom Schiedsgericht selbständig festgesetzt werden können. Maßnahmen zur Durchsetzung vom Gerichtshof festgesetzter Kostenvorschüsse sind dem Schiedsgericht aber erlaubt (str.).
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G. Kostenfolgen im Falle der Verfahrensbeendigung vor Erlass eines Endschiedsspruchs (Art. 38 Abs. 6, Art. 2 Abs. 8 Anhang III) Art. 38 Abs. 6 regelt die Auswirkung einer vorzeitigen Verfahrensbeendigung 49 auf die Verfahrenskosten. Da die ICC-SchO solche vorzeitigen Verfahrensbeendigungen nur fragmentarisch regelt, werden diese im Folgenden (Rz. 50–58) umrissen, bevor die kostenmäßigen Folgen der vorzeitigen Verfahrensbeendigung näher erörtert werden (Rz. 59 ff.).
I. Beendigungstatbestände Neben der in Art. 38 Abs. 6 Satz 1 nach dem ausdrücklichen Wortlaut nicht ge- 50 regelten Beendigung eines Schiedsverfahrens durch Endschiedsspruch können ICC-Schiedsverfahren noch auf andere Weise beendet werden: 1. „Vollständige Klagerücknahme“ (Art. 38 Abs. 6 Satz 1 Var. 1) Sie ist von der bloßen Rücknahme der Klage hinsichtlich eines Teils des Streit- 51 gegenstands ebenso abzugrenzen wie von dem Fall, dass zwar die Klage zurückgenommen wird, die Widerklage aber anhängig bleibt oder umgekehrt; entsprechendes gilt für „cross claims“ (zu diesen Art. 8 Rz. 4 ff.). Wie sich aus Art. 38 Abs. 6 ergibt, ist die vollständige Klagerücknahme grds. bis zur Schließung des Schiedsverfahrens (Art. 27 Abs. 2) möglich; anschließend nur noch mit Genehmigung des Schiedsgerichts. Die Zustimmung der Gegenpartei(en) wird von der ICC-SchO nicht vorgeschrieben. Ob sie erforderlich ist, richtet sich nach nationalem Recht (in Deutschland: § 1056 Abs. 2 Buchst. b ZPO, der auch einen – nach der ICC-SchO ebenfalls nicht zwingenden – Beendigungsbeschluss [„termination order“] des Schiedsgerichts vorsieht). Wegen der fehlenden Regelung in der ICC-SchO und der deshalb anwendbaren, vielfach divergierenden nationalen Regelungen erkennt der Gerichtshof eine Klagerücknahme in ständiger Praxis nur dann an, wenn diese entweder im Einvernehmen aller Verfahrensbeteiligter geschieht, innerhalb einer gesetzten Frist kein Widerspruch erfolgt oder wenn ihre Wirksamkeit durch Beendigungsbeschluss („termination order“) des Schiedsgerichts festgestellt ist. 2. „Beendigung des Schiedsverfahrens vor Erlass eines Endschiedsspruchs“ (Art. 38 Abs. 6 Satz 1 Var. 2) Der Auffangtatbestand deckt insb. die folgenden Konstellationen ab:
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Übereinstimmende Erklärungen der Parteien, aus denen sich ergibt, dass sie 53 das Verfahren insgesamt nicht weiterverfolgen wollen (wobei die Frage der Kostentragung mangels ausdrücklicher Regelung im Vergleich stets als vorbehalten gilt, Art. 38 Abs. 6 Satz 2; eine Regelung wie nach § 98 ZPO existiert also gerade nicht). Die Zulässigkeit einer solchen Parteivereinbarung folgt aus der ParteiNedden/Herzberg
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Art. 38 ICC-SchO | Kosten autonomie; in Deutschland existiert eine entsprechende Regelung in § 1057 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Eine das Verfahren beendende Parteivereinbarung ist meist Bestandteil eines Vergleichs, der in der Form des Art. 33, aber auch „außerschiedsgerichtlich“ abgeschlossen werden kann. Dass das Schiedsverfahren beendet werden soll bzw. dass eine Partei (z.B. bei Ratenzahlungsvergleich: nach Eingang der letzten Rate) zur Klagerücknahme verpflichtet sein soll, muss in jedem Fall in den Vergleich aufgenommen werden; das Prozessrechtsverhältnis wird – schon wegen Fehlens einer § 98 ZPO entsprechenden Regelung in der ICC-SchO – nicht bereits durch den Vergleichsschluss ipso facto beendet. 54 Empfehlung: Sind die Parteien von Rechtsanwälten aus dem Anwendungsbereich der VO
(EG) Nr. 805/2004 (EuVTVO) vertreten, und ist dort auch zu vollstrecken, sollte der Vergleich aus Gründen der Vollstreckungseffizienz nicht in der Form des Art. 33 abgeschlossen werden. Stattdessen sollten die materiell-rechtlichen Regelungen des Vergleichs in eine öffentliche Urkunde aufgenommen werden (Art. 25 EuVTVO). So kann, hat eine Partei ihren Sitz in Deutschland, der Vergleich von einem Notar am allgemeinen Gerichtsstand in Verwahrung genommen und EU-weit für vollstreckbar erklärt werden (§§ 794 Abs. 4b, 796a, 796c, 1079 ff. ZPO; die „Niederlegung“ beim Amtsgericht gemäß § 796b ZPO ist zwar auch möglich, für die anschließende Vollstreckbarerklärung gemäß § 796b Abs. 1 ZPO fehlt es aber an einem – staatlichen – „Prozessgericht“). Anders als im Falle eines Vergleichs gemäß Art. 33 bedarf es dann keines Exequaturverfahrens im Vollstreckungsstaat mehr (Art. 5 EuVTVO). Die prozessualen Regelungen – zur Beendigung des Schiedsverfahrens und ggf. zur Kostentragung – müssen in eine separate, nicht zu beurkundende Vereinbarung aufgenommen werden (wichtig wegen Art. 2 Abs. 2 Buchst. d EuVTVO [„arbitration exception“]). Im Anwendungsbereich der (von Deutschland bzw. der EU bisher allerdings nicht gezeichneten) Singapur-Mediationskonvention kommen ferner weitere Vollstreckungserleichterungen in Betracht, wenn ein Vergleich auf einer Mediation beruht und nicht Gegenstand eines Einvernehmensschiedsspruchs war, siehe https://www.singaporeconvention.org/.
55 „Erledigungserklärungen“. In Deutsch geprägten ICC-Schiedsverfahren wird
z.T. wie in staatlichen Verfahren mit „Erledigungserklärungen“ gearbeitet. Das ist überflüssig, weil einerseits eine Schweigefristregelung nach Art des § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO in der ICC-SchO ebenso fehlt wie eine eigenständige Kostenbzw. Rechtsbehelfsbestimmung (vgl. § 91a Abs. 2 ZPO), während andererseits die Klagerücknahme nicht ohne weiteres eine Kostenfolge entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO nach sich zieht. Gemeinsame Erklärungen der Parteien, die auf eine Beendigung des Verfahrens zielen, sind daher nicht anders zu behandeln als Klagerücknahmeerklärungen oder Vergleiche; eine einseitige Erledigungserklärung ist als Klagerücknahme auszulegen, „Widerspruch“ hiergegen ist unzulässig. Auf Klägerseite bedeutet dies, dass für eine Umstellung des Sachantrags auf Feststellung, dass sich die Hauptsache erledigt habe, kein (Rechtsschutz-)Bedürfnis besteht. Der Kläger sollte daher in einem solchen Fall die Klage unter Verwahrung gegen die Kostenlast zurücknehmen.
56 Nichtbetreiben des Verfahrens durch den Kläger. Es tritt meist durch Nicht-
zahlung angeforderter Vorschüsse zu Tage (s. dazu im Einzelnen Art. 37 Rz. 35 ff.). Sind die Vorschüsse eingezahlt, wird aber sonst ersichtlich, dass jedenfalls der Kläger das Verfahren nicht mehr betreibt (bspw. durch Nicht-
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Entscheidung über die Kosten des Verfahrens | Art. 38 ICC-SchO
erscheinen zum anberaumten Termin), kann das Verfahren nach Gewährung rechtlichen Gehörs durch Beendigungsbeschluss („termination order“) beendet werden (s. für Deutschland auch § 1056 Abs. 2 Nr. 3 Var. 1 ZPO). Insolvenz einer Partei, soweit diese nach dem anwendbaren Recht die zwin- 57 gende Beendigung des Verfahrens zur Folge hat. Im Anwendungsbereich der VO (EU) Nr. 2015/848 (EuInsVO) bestimmen sich die Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf anhängige Rechtsstreite nach dem Recht des Schiedsorts (Art. 18 EuInsVO; so auch der englische High Court sowie das Court of Appeal in Syska v Vivendi Universal SA [2008] EWHC 2155 [Comm.] [Clarke J]; [2009] EWCA Civ. 677). Dagegen wird am – häufig gewählten – Schiedsort Schweiz gemäß Art. 154 IPRG auf das Gesellschaftsstatut der insolventen Partei (und damit regelmäßig auf das Recht am Ort des [Haupt-]Insolvenzverfahrens) abgestellt (BGer v. 31.3.2009 – 4A 428/2008, http://www.bger.ch, zu einer Regelung des polnischen Insolvenzrechts, die Beendigung auch außerpolnischer Schiedsverfahren mit Beteiligung polnischer Insolvenzschuldner zur Folge haben soll; aber s. BGer v. 16.10.2012 – 4 A 50/2012, http://www.bger.ch, wonach eine Bestimmung des portugiesischen Insolvenzstatuts, die die „Wirksamkeit“ von Schiedsvereinbarungen während des Insolvenzverfahrens hemmt, die Fortsetzung eines in der Schweiz anhängigen Schiedsverfahrens nicht hindere. S. zum Ganzen Flecke-Giammarco/Keller, NZI 2012, 529). Führt die Anwendung der die Auswirkungen der Insolvenz auf das Schiedsverfahren behandelnden Kollisionsnorm zum deutschen Recht, findet § 240 ZPO keine Anwendung (dazu und zu den weiteren Wechselwirkungen zwischen Insolvenzrecht und Schiedsverfahren – Erfordernis der Anmeldung zur Tabelle, Durchsetzungssperre – s. Art. 42 DIS-SchO Rz. 80 ff.). Sonstige, atypische Beendigungstatbestände können sich insb. aus nationalem 58 Recht ergeben, in Deutschland werden diese von der Auffangregelung des § 1057 Abs. 2 Nr. 3 Var. 2 ZPO erfasst.
II. Entscheidungen des Gerichtshofs (Art. 38 Abs. 6 Sätze 1, 3, Art. 2 Abs. 8 Anhang III) Eine Beendigung des Schiedsverfahrens ohne Endschiedsspruch zieht grds. stets 59 eine Entscheidung des Gerichtshofs über Schiedsrichterhonorare und -auslagen sowie über ICC-Verwaltungskosten nach sich. Die einzige Ausnahme bilden diejenigen Fälle, in denen bereits die Registrierungsgebühr nicht oder nicht vollständig bezahlt wurde. Dann bedarf es einer Entscheidung des Gerichtshofs nicht. Zwar ist der Anspruch der ICC auf Bezahlung der Registrierungsgebühr bereits mit Einreichung der Schiedsklage entstanden, doch wird dieser in der Praxis i.d.R. nicht durchgesetzt. In allen anderen Fällen ergeht eine Kostenentscheidung des Gerichtshofs, die bei Verfahrensbeendigung vor Konstituierung des Schiedsgerichts auf die Verwaltungskosten der ICC beschränkt bleibt. Der Schiedsgerichtshof hat bei der Festsetzung all dieser Kosten Ermessen (Art. 2 Nedden/Herzberg
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Art. 38 ICC-SchO | Kosten Abs. 8 Anhang III). Dabei berücksichtigt der Gerichtshof gemäß Art. 2 Abs. 8 Anhang III „den Verfahrensstand und andere angemessene Umstände“. 60 Verfahrensstand (Art. 2 Abs. 8 Var. 1 Anhang III). Er stellt in der Praxis das
zentrale Kriterium für die Festsetzung der Kosten bei vorzeitiger Verfahrensbeendigung dar. Liegen keine besonderen, anderen, „angemessenen Umstände“ (s. dazu Rz. 61) vor, die eine andere Festsetzung gebieten, entspricht es der – indes nicht bindenden – Praxis des Gerichtshofs, i.d.R. wie folgt festzusetzen (vgl. Merkblatt des Sekretariats v. 1.1.2021, Rz. 186): – Verfahrensbeendigung, bevor der Gerichtshof und/oder Generalsekretär eine Entscheidung getroffen haben. Keine Schiedsrichterhonorare, Verwaltungskosten: USD 5.000 (entspricht der nicht erstattbaren Registrierungsgebühr), außer bei über mehrere Monate hinweg ausgesetzten Verfahren; dann erhöhen sich die Verwaltungskosten in Abhängigkeit des Mehraufwands des Sekretariats. – Verfahrensbeendigung nach ersten Entscheidungen des Gerichtshofs und/ oder des Generalsekretärs, aber vor Aktenübergabe (Art. 16) bzw. unmittelbar nach Aktenübergabe (d.h. vor Erstellung eines ersten Schiedsauftragsentwurfs gemäß Art. 23). Schiedsrichterhonorare: Soweit Schiedsrichter in diesem Stadium überhaupt bereits amtieren (d.h. nicht lediglich benannt oder vorgeschlagen, sondern bestätigt oder ernannt sind) und Arbeit auf die Angelegenheit verwandt haben (z.B. Auswahl eines Vorsitzenden nach Maßgabe einer Vereinbarung der Parteien, Einarbeitung in die Akte), kommt im Einzelfall die Festsetzung eines Schiedsrichterhonorars im dreistelligen oder auch niedrigen vierstelligen Dollarbereich in Betracht. Verwaltungskosten: ca. 5.000 USD; war die Sache für Sekretariat und/oder Gerichtshof überdurchschnittlich aufwändig bzw. wurden die Akten bereits übergeben, wird auch über diesen Betrag hinausgegangen. – Verfahrensbeendigung im Zuge oder kurz nach der Erstellung des Schiedsauftrags. Schiedsrichterhonorare: ca. 50 % des Mindestbetrags gemäß Tabelle B nach Art. 3 Anhang III; Verwaltungskosten: ca. 50 % des Betrags gemäß Tabelle A nach Art. 3 Anhang III. – Verfahrensbeendigung nach Ergehen eines Zwischen- bzw. Teilschiedsspruchs: Schiedsrichterhonorare: regelmäßig wenigstens das Mindesthonorar gemäß Tabelle B nach Art. 3 Anhang III; Verwaltungskosten: ca. 75 % des Betrags gemäß Tabelle A nach Art. 3 Anhang III.
61 Sonstige „angemessene Umstände“ (Art. 2 Abs. 8 Var. 2). Solche können dazu
führen, dass der Gerichtshof die Kosten abweichend von den in Rz. 60 erläuterten allgemeinen Leitlinien festsetzt. Hinsichtlich der Schiedsrichterhonorare richtet der Gerichtshof sich dabei, soweit übertragbar, auch im Rahmen des Art. 38 Abs. 6, Art. 2 Abs. 8 Anhang III nach den Kriterien des Art. 2 Abs. 2 Anhang III (Umsicht, Effizienz, zeitlicher Aufwand des Schiedsrichters – für die Verwaltungskosten auch: Zeitaufwand von Sekretariat und Gerichtshof –, Komplexität der Streitigkeit und Geschwindigkeit; dazu Rz. 15). Höhere Schiedsrichterhonorare 684
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Entscheidung über die Kosten des Verfahrens | Art. 38 ICC-SchO
als nach Rz. 60 können bspw. festgesetzt werden, wenn das Schiedsgericht einen Vergleich der Parteien durch proaktives Verhandlungsmanagement oder einen Vergleichsvorschlag erst möglich gemacht hat oder wenn die Sache aus anderen Gründen – gemessen daran, was für den Verfahrensstand sonst üblich ist – überdurchschnittlich komplex oder sonst zeitaufwändig war oder wenn das Schiedsgericht durch eine besonders speditive Verfahrensführung eine schnelle Erledigung erzielen konnte. Höhere Verwaltungskosten als nach Rz. 60 können im Falle eines gegenüber dem durchschnittlichen Aufkommen erhöhten Verwaltungsaufwands für Sekretariat und Gerichtshof gerechtfertigt sein, wie er bspw. bei komplexen Prima-facie-Entscheidungen gemäß Art. 6 Abs. 4 oder im Falle von Befangenheitsanträgen gegeben ist. Ist noch kein Schiedsgericht gebildet, kann jede Partei beim Gerichtshof be- 62 antragen, dass ein Schiedsgericht ausschließlich zur Entscheidung über die Kosten eingesetzt wird (Art. 38 Abs. 6 Satz 3).
III. Entscheidungen des Schiedsgerichts (Art. 38 Abs. 6 Sätze 2, 3) Das Schiedsgericht entscheidet bei Fehlen einer Parteivereinbarung „über die 63 Verteilung der Verfahrenskosten oder andere kostenrelevante Fragen“. Regelmäßig sollten und werden sich die Parteien über die entsprechenden Fragen geeinigt haben. Enthält ein Vergleich keine entsprechende Regelung, bedarf es aber einer Entscheidung des Schiedsgerichts; eine § 98 ZPO entsprechende Regelung existiert im ICC-Schiedsverfahren nicht. Die Entscheidung des Schiedsgerichts hat durch Schiedsspruch zu ergehen, der der Genehmigungsprüfung (Art. 34) unterliegt. Ist ein Schiedsgericht nicht gebildet, kann dies auf Antrag nachgeholt werden (Art. 38 Abs. 6 Satz 3). Für die Entscheidung über die Kostenverteilung gilt Art. 38 Abs. 5. Haben die Parteien einen Einvernehmensschiedsspruch ohne Kostenregelung beantragt, muss wegen der Kosten ein Endschiedsspruch ergehen. Die hypothetischen Erfolgsaussichten in der Hauptsache können einen der „relevanten Umstände“ gemäß Art. 38 Abs. 5 bilden, doch kann hier aus prozessökonomischen Gründen nur eine summarische Prüfung geleistet werden. In Betracht zu ziehen sein kann im Rahmen der nach Art. 38 Abs. 5 vorzunehmenden Gesamtschau auch der Inhalt eines Vergleichs, insb. bei einer Zahlungsklage das quotale Verhältnis zwischen Vergleichssumme und Klageforderung; auch etwaige streitwertüberschießende Vergleichsinhalte werden aber regelmäßig in die Gesamtschau einzubeziehen sein.
H. Weitere bedeutsame Vorschriften zu Kostenfragen in Art. 2 Anhang III I. Kosten bei Anträgen nach Art. 36 (Art. 2 Abs. 10 Anhang III) Siehe dazu Art. 36 Rz. 30, 44.
64 Nedden/Herzberg
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Art. 38 ICC-SchO | Kosten II. Umsatzsteuerliche Fragen (Art. 2 Abs. 13, 14 Anhang III) 65 Soweit auf Schiedsrichterhonorare Umsatzsteuer anfällt, ist diese weder in den
Vorschusszahlungen der Parteien, noch in den Abschlags- oder Schlusszahlungen der ICC an den Schiedsrichter enthalten; die Parteien sind zur Tragung der Umsatzsteuer verpflichtet, dies ist jedoch ausschließlich eine Angelegenheit zwischen den Parteien und dem Schiedsrichter (Art. 2 Abs. 13 Anhang III; zur Geltendmachung s. Rz. 39). Wegen der Einzelheiten der umsatzsteuerlichen Behandlung von Schiedsrichterhonoraren s. Risse/Meyer-Burow, SchiedsVZ 2009, 326. In ICC-Schiedsverfahren werden regelmäßig – sofern die Umsatzsteuerschuld nicht, da es sich um eine innergemeinschaftliche Leistung handelt, verlagert ist – separate Vorschüsse auf die auf das Honorar anfallende Umsatzsteuer angefordert. Die ICC unterhält ein Konto, auf das solche Vorschüsse eingezahlt werden können.
66 Auf ICC-Verwaltungskosten können gemäß Art. 2 Abs. 14 Anhang III „Mehr-
wertsteuer (MWSt.) oder vergleichbare Abgaben“ anfallen (vgl. Art. 37 Rz. 29).
III. Tabellen, Währung (Art. 3 Anhang III) 67 Art. 3 Abs. 1 Anhang III bestimmt, dass die Kostentabellen der ICC-SchO 2017
(die mit der Reform zur ICC-SchO 2021 nicht verändert wurden) auch für Verfahren gelten, die nach einer früheren Fassung der ICC-SchO administriert werden, vorausgesetzt, das Verfahren wurde am 1.1.2017 oder danach eingeleitet. Wie sich aus der Zusammenschau mit Art. 6 Abs. 1 ergibt, ist Art. 3 Abs. 1 Anhang III zwingend. Die Parteien sollen es nicht in der Hand haben, durch die – im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 grds. mögliche – Wahl einer früheren Fassung der ICC-SchO auch die an die Teuerung angepassten Kostentabellen in der Fassung v. 1.1.2017 abzuwählen.
68 Art. 3 Abs. 2 Anhang III legt die Berechnungsmethode für Honorare und Ver-
waltungskosten fest und deckelt die Verwaltungskosten bei 150.000 USD (s. Rz. 26). Gemäß Art. 3 Abs. 4 Anhang III sind vom Gerichtshof oder gemäß einem der Anhänge festgesetzte Beträge stets in USD zu zahlen. Eine Ausnahme gilt nur, wenn dies gesetzlich untersagt ist oder vom Gerichtshof anderweitig entschieden wurde. Gesetzliche Untersagungen können sich aus dem nationalen, auf eine Partei anwendbaren Recht ergeben. In einem solchen Fall kann die ICC alternative Gebührenstufen und Gebührenvereinbarungen in einer anderen Währung verwenden.
69 Art. 3 Abs. 3 Anhang III enthält nach der Reform der ICC-SchO 2017 nun-
mehr eine gesonderte Vorschrift zur Berechnung der Verwaltungskosten und des Schiedsrichterhonorars im beschleunigten Verfahren. Parallel zu der Bestimmung in Art. 3 Abs. 3 Satz 1 Anhang III sieht Art. 3 Abs. 3 Anhang III vor, dass die Kostentabellen der ICC-SchO 2017 für das beschleunigte Verfahren auch für solche Verfahren gelten, die nach einer früheren Fassung der ICC-SchO ad686
| Nedden/Herzberg
Entscheidung über die Kosten des Verfahrens | Art. 38 ICC-SchO
ministriert werden, sofern das Verfahren am oder nach dem 1.1.2017 eingeleitet wurde. Die Kostentabellen für das beschleunigte Verfahren sehen gegenüber den Kostentabellen für die übrigen Verfahrensarten eine Reduktion der Schiedsrichterhonorare um 20% vor. Im Hinblick auf die Verwaltungskosten ist hingegen im beschleunigten Verfahren keine Kostenreduktion vorgesehen.
J. Abweichende Parteivereinbarungen Parteivereinbarungen sind im Rahmen der Art. 37, 38 ICC-SchO sowie des An- 70 hang III grds. nicht möglich; s. Art. 2 Abs. 4 Anhang III. Soweit Art. 38 im Einzelfall Regelungen durch Parteivereinbarung zulässt, ist dies ausdrücklich so bestimmt (Art. 38 Abs. 6 Satz 2 ICC-SchO, Art. 2 Abs. 7 Anhang III).
Nedden/Herzberg
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Art. 39 ICC-SchO | Verschiedenes
Verschiedenes Artikel 39 Abgeänderte Fristen (1) Die Parteien können durch Vereinbarung die in der Schiedsgerichtsordnung vorgesehenen Fristen verkürzen. Nach Bildung des Schiedsgerichts bedarf eine solche Vereinbarung zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Schiedsgerichts. (2) Der Gerichtshof kann von sich aus jede gemäß Artikel 39(1) verkürzte Frist verlängern, wenn er dies für die Erfüllung seiner oder der Aufgaben des Schiedsgerichts gemäß dieser Schiedsgerichtsordnung für notwendig erachtet. Article 39: Modified Time Limits (1) The parties may agree to shorten the various time limits set out in the Rules. Any such agreement entered into subsequent to the constitution of an arbitral tribunal shall become effective only upon the approval of the arbitral tribunal. (2) The Court, on its own initiative, may extend any time limit which has been modified pursuant to Article 39(1) if it decides that it is necessary to do so in order that the arbitral tribunal and the Court may fulfil their responsibilities in accordance with the Rules. Regelungsschwerpunkte: Abs. 1 regelt die Möglichkeit der Parteien zur Vereinbarung kürzerer Fristen. Dies kann in der Praxis u.U. einige Fallstricke bedeuten. Insb. sog. „FastTrack“-Verfahren sollten mit Bedacht und Sorgfalt vereinbart werden. → Rz. 4 und 9 ff.; Abs. 2 regelt die Möglichkeit des Gerichtshofs, von sich aus die von den Parteien abgeänderten Fristen zu verlängern. → Rz. 14 ff. Kostenaspekte: Verfahren mit verkürzten Fristen können die Kosten des Schiedsverfahrens reduzieren. Neben kürzeren Fristen bieten sich hierfür aber auch andere Stellschrauben an, wie z.B. der Verzicht auf mehrere Schriftsatzrunden. → Rz. 6. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Änderungshistorie . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften E. Praktische Bedeutung der Regelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
__ _ _ _ 1 3 4
F. Voraussetzungen für die Vereinbarung abgeänderter Fristen (Abs. 1) . . . . . . . . . . . .
5
G. Verlängerung abgeänderter Fristen durch den Gerichtshof (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
H. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
_ _ _ 9
14 18
Literatur: Borris, Streiterledigung bei (MAC-)Klauseln in Unternehmenskaufverträgen: ein Fall für „Fast-Track“-Schiedsverfahren, BB 2008, 294 ff.; Broichmann, Streit auf der Überholspur: Fast-Track-Arbitration bei M&A-Streitigkeiten, in FS Pöllath + Partners (2008), S. 115 ff.; Davis/Lagacé/Volkovitsch, When Doctrines Meet – Fast-Track Arbitration and the ICC Experience, Journal of International Arbitration, Vol. 10, Issue 4 (1993), S. 69 ff.; ICC Commission on Arbitration, Note on Expedited ICC Arbitration Procedure, ICC Court Bulletin, Vol. 13 No. 1 (2002), S. 29 ff.; Klausegger/Welser, Fast Track Arbitrati-
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| Kopetzki
Abgeänderte Fristen | Art. 39 ICC-SchO on: Just fast or something different?, Austrian Arbitration Yearbook, 2009, S. 259 ff.; Morton, Can a World Exist Where Expedited Arbitration Becomes the Default Procedure?, Arbitration International, Vol. 26 No. 1 (2010), S. 103 ff.; Sachs, Fast-Track Arbitration Agreements of MAC Clauses, in Liber Amicorum Bernardo Cremades (2010), S. 1051 ff.; Wegen, „Fast-Track Arbitration“ im Unternehmenskaufrecht, in FS Elsing (2015), S. 639 ff.; Welser, Fast track Proceedings, expedited Procedure and Emergency Arbitrator – Pros and Cons, in Liber Amicorum to Professor Jerzy Rajski (2015), S. 215 ff.
A. Normzweck Die ICC-SchO enthält zahlreiche Fristenregelungen (u.a. Art. 5 Abs. 1 und 1 Abs. 6 für die Einreichung der Klageantwort und Replik, Art. 12 Abs. 3 und Abs. 5 für die Benennung des Einzelschiedsrichters bzw. des Vorsitzenden; Art. 23 Abs. 2 für den Schiedsauftrag; Art. 24 Abs. 1 für die Verfahrensmanagementkonferenz; Art. 31 für den Erlass des Schiedsspruchs), die darauf abzielen, dass ein Schiedsverfahren so schnell und effizient wie möglich durchgeführt wird. Darüber hinaus sehen die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren (Art. 30 und Anhang VI) die Möglichkeit eines rascheren Verfahrens für kleinere Streitigkeiten vor. Art. 39 ist Ausdruck der Parteiautonomie im Schiedsverfahren und stellt klar, dass die Parteien auch noch kürzere als die in der ICCSchO schon teilweise knapp bemessenen Fristen vereinbaren können (Art. 39 Abs. 1 Satz 1). Nach Bildung des Schiedsgerichts ist dies nur mehr mit dessen Zustimmung möglich (Art. 39 Abs. 1 Satz 2). Dadurch soll sichergestellt werden, dass die Parteien nicht nachträglich die Bedingungen ändern können, unter denen die Schiedsrichter ihr Mandat angenommen haben. Das Schiedsgericht kann so prüfen, ob es angesichts der verkürzten Fristen weiterhin in der Lage ist, seine Aufgaben unter der ICC-SchO zu erfüllen. Die Vereinbarung von verkürzten Fristen – sog. „fast-track arbitration“ – geht 2 mit einigen Risiken einher. So ist es bspw. im Voraus meistens nicht absehbar, ob diese Fristen – selbst wenn sich alle Beteiligten redlich bemühen – auch tatsächlich eingehalten werden können. Wenn eine von den Parteien vereinbarte Frist letztlich nicht eingehalten wird, könnte dies Aufhebungsrisiken gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO bzw. Vollstreckungsrisiken gemäß § 1061 Abs. 1 ZPO i.V.m. Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche begründen. Eine Partei könnte argumentieren, das Schiedsverfahren habe nicht der Vereinbarung der Parteien entsprochen. Wenn Parteien eine verkürzte Frist für den Erlass des Schiedsspruchs vorsehen, könnte die Nichteinhaltung dieser Frist auch dazu führen, dass das Schiedsgericht nach Fristablauf functus offico ist. Eine wichtige Schutzfunktion erfüllt vor diesem Hintergrund Art. 39 Abs. 2, wonach der Gerichtshof abgeänderte Fristen, mit denen die Parteien die in der SchO vorgesehenen Fristen verkürzen, von sich aus verlängern kann (Art. 39 Abs. 2). Art. 39 bezweckt daher, wie bereits die allgemeine Bestimmung in Art. 42 Satz 2, auch die Sicherstellung der Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs (vgl. auch Art. 31 Rz. 11 ff. für die Praxis des Gerichtshofs, die Frist für den Erlass des Endschiedsspruchs zu verlängern). Kopetzki
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Art. 39 ICC-SchO | Verschiedenes B. Änderungshistorie 3 Art. 39 selbst hat durch die jüngsten Änderungen der ICC-SchO keine inhalt-
lichen Änderungen erfahren. Allerdings wurden mit der ICC-SchO 2017 in Art. 30 und Anhang VI der ICC-SchO neue Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren eingeführt, die die Notwendigkeit für die Vereinbarung individuell verkürzter Fristen weiter reduzieren.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 4 Die Vorschriften des X. Buchs der ZPO stehen der Vereinbarung von verkürzten
Fristen nicht entgegen. Zu beachten ist allerdings, dass das in § 1042 festgeschriebene Recht auf Gleichbehandlung der Parteien und auf rechtliches Gehör zwingend ist. Die Parteien sollten bei der Vereinbarung von verkürzten Fristen daher darauf achten, dass die Gleichbehandlung der Parteien gewahrt bleibt (indem etwa gleich lange Fristen für alle Parteien vorgesehen werden) und dass das rechtliche Gehör der Parteien nicht gefährdet ist (indem die Fristen angesichts der zu erwarteten Natur und Komplexität der Streitigkeit nicht zu knapp bemessen werden). Wenn der Gerichtshof eine von den Parteien abgeänderte Frist gemäß Art. 39 Abs. 2 verlängert und das Schiedsverfahren schließlich im Einklang mit dieser verlängerten Frist durchgeführt wird, stellt dies keine Verletzung der Parteivereinbarung dar, da die Parteien mit ihrer Einigung auf die ICC-SchO den Gerichtshof zu einer derartigen Fristverlängerung ermächtigt haben.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 5 Eine mit Art. 39 vergleichbare Regelung findet sich in § 224 Abs. 1 ZPO. Danach
können die Parteien auch im staatlichen Verfahren grds. kürzere Fristen als die richterlichen und gesetzlichen Fristen vereinbaren. Dies gilt jedoch nicht für „Notfristen“, die in der ZPO auch so bezeichnet werden (vgl. z.B. Frist für den Einspruch gegen ein Versäumnisurteil, § 339 Abs. 1 ZPO; Berufungsfrist, § 517 ZPO; Revisionsfrist, § 548 ZPO; Frist für die sofortige Beschwerde, § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO; Frist für die Rechtsbeschwerde, § 575 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
E. Praktische Bedeutung der Regelung 6 Die Vereinbarung von verkürzten Fristen könnte sich ggf. in Fällen anbieten, in
denen es den Parteien um eine besonders zügige Erledigung ihres Rechtsstreits geht. Dies kann etwa im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen gewünscht sein, wenn Parteien die Durchführung ihres Vertrags nicht verzögern wöllen und im Hinblick auf gewisse Teilaspekte ihrer vertraglichen Beziehung 690
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Abgeänderte Fristen | Art. 39 ICC-SchO
rasche und (anders als zumeist bei Dispute Boards) endgültige Klarheit wünschen. Dies könnte bspw. bei Streitigkeiten über sog. MAC-Klauseln im Zuge eines Unternehmenskaufs zwischen „Signing“ und „Closing“ der Fall sein. Auch in Fällen, in denen zwar keine besondere Dringlichkeit besteht, in denen aber aufgrund der Natur des Vertrags die Komplexität der möglicherweise daraus resultierenden Streitigkeiten beschränkt scheint, könnte es für Parteien aus Zeitund Kostengründen sinnvoll sein, bereits in der Schiedsvereinbarung Regelungen zu treffen, die auf eine Beschleunigung des Schiedsverfahrens abzielen. Derartige Regelungen zum Zweck der Zeit- und Kostenersparnis müssen nicht unbedingt Fristverkürzungen betreffen, auch kommt etwa eine Beschränkung auf eine oder zwei Schriftsatzrunden in Betracht. Wenn Parteien bestimmte abgeänderte Fristen vereinbaren, um das Verfahren zu 7 beschleunigen, werden sie meist von der sechsmonatigen Regelfrist zum Erlass des Endschiedsspruchs gemäß Art. 31 Abs. 1 abweichen. Parteien sollten allerdings bei der Vereinbarung verkürzter Fristen für ein beschleunigtes Schiedsverfahren vorsichtig sein. Die Erfahrung zeigt, dass im Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung die Natur der konkreten Streitigkeit und damit die Angemessenheit solcher Regelungen noch nicht mit hinreichender Sicherheit vorhergesehen werden kann. Im Regelfall wird daher von individuell vereinbarten verkürzten Fristen in der Schiedsvereinbarung abzuraten sein. In der Praxis kommt es daher auch sehr selten vor, dass Parteien die in der ICC-SchO vorgesehenen Fristen verkürzen. In Bezug auf die Frist für den Erlass des Schiedsauftrags bzw. des Schiedsspruchs finden sich solche Parteivereinbarungen tatsächlich nur in ein bis zwei Prozent der jährlich neu eingeleiteten Verfahren (Fry/Greenberg/ Mazza, Rz. 3-1510). Eine sinnvolle Alternative zur individuellen Vereinbarung verkürzter Fristen 8 stellen seit Inkrafttreten der ICC-SchO 2017 die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren dar (Art. 30 und Anhang VI). Diese bieten eine flexible Lösung für das Bedürfnis von Parteien nach rascheren Verfahren, ohne dass die Parteien damit die Risiken eingehen würden, die ansonsten mit der Vereinbarung verkürzter Fristen verbunden sind. So können Parteien etwa bereits in der Schiedsvereinbarung vereinbaren, dass die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren jedenfalls – unabhängig vom Streitwert – Anwendung finden sollen. Sollte sich später herausstellen, dass ein beschleunigtes Verfahren angesichts der Komplexität der Streitigkeit im Einzelfall nicht angemessen ist, kann der Gerichtshof entscheiden, dass die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren keine Anwendung mehr finden sollen (Art. 30 Abs. 3 Buchst. c).
F. Voraussetzungen für die Vereinbarung abgeänderter Fristen (Abs. 1) In der SchO vorgesehene Fristen. Art. 39 regelt lediglich die Abweichung von 9 Fristen, die in der ICC-SchO vorgesehen sind (u.a. Art. 5 Abs. 1, Abs. 5 und Kopetzki
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Art. 39 ICC-SchO | Verschiedenes Abs. 6 für die Einreichung der Klageantwort nebst Schiedsrichterbenennung bzw. Widerklage und Replik; Art. 12 Abs. 3 und Abs. 5 für die Benennung des Einzelschiedsrichters bzw. des Vorsitzenden; Art. 23 Abs. 2 für den Schiedsauftrag; Art. 24 Abs. 1 für die Verfahrensmanagementkonferenz; Art. 24 Abs. 2 für den Verfahrenskalender; Art. 27 Abs. 1 für die Schließung des Verfahrens sowie Art. 31 für den Erlass des Schiedsspruchs). 10 Andere als in der SchO vorgesehene Fristen. Wenn die Parteien hingegen zu-
sätzliche Fristen für Verfahrensschritte vereinbaren, für die in der ICC-SchO keine Frist vorgesehen ist, ist Art. 39 nicht anwendbar. Solche Fristen können die Parteien aber kraft Parteiautonomie dennoch wirksam vereinbaren, sofern diese nicht auf die internen Abläufe oder Tätigkeiten des Gerichtshofs oder des Sekretariats zielen bzw. Einfluss nehmen sollen – daran wären das Sekretariat und der Gerichtshof nicht gebunden. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 39 liegend aber dennoch wirksam vereinbart werden können etwa Fristen für den Verfahrenskalender, wie etwa für das Einreichen von Schriftsätzen – mit Ausnahme der Antwort und der Replik, für die Art. 5 Abs. 1 und Abs. 6 entsprechende Fristen vorsehen – oder die Durchführung einer mündlichen Verhandlung (solche Fristen sind grds. verbindlich; s. auch Art. 24 Rz. 15 ff.). Ebenfalls wirksam vereinbart werden können verkürzte Fristen für die Ernennung von Mitschiedsrichtern durch die Parteien, wobei diese wohl nicht in den Anwendungsbereich von Art. 39 fallen (s. auch Rz. 15).
11 Vereinbarung kürzerer Fristen. Nach Art. 39 Abs. 1 können die Parteien schon
vor, aber auch während des Schiedsverfahrens kürzere als die in der ICC-SchO vorgesehenen Fristen vereinbaren. Nach Bildung des Schiedsgerichts bedarf eine solche Vereinbarung zu ihrer Wirksamkeit jedoch der Zustimmung des Schiedsgerichts (Art. 39 Abs. 1 Satz 2). Dieses Zustimmungserfordernis ermöglicht dem Schiedsgericht die Prüfung, ob es seine Aufgaben gemäß der ICC-SchO auch in Ansehung der von den Parteien abgeänderten Fristen erfüllen kann.
12 Beginn des Fristenlaufs. Parteien sollten Vereinbarungen kürzerer Fristen je-
denfalls sorgfältig formulieren und bedenken, dass zwischen der Einleitung des Schiedsverfahrens und der vollständigen Bildung des Schiedsgerichts oft mehrere Monate vergehen können (etwa aufgrund von Einwendungen gegen die Bestätigung von Schiedsrichtern oder die Einbeziehung zusätzlicher Parteien). Da sich nicht genau vorhersehen und steuern lässt, wie lange die Bildung des Schiedsgerichts dauern wird, bietet es sich an, für alle Verfahrensschritte, für die die Mitwirkung des Schiedsgerichts erforderlich ist (also insb. den Erlass des Endschiedsspruchs) als Beginn des Fristenlaufs nicht die Einleitung des Schiedsverfahrens, sondern die Bildung des Schiedsgerichts zu bestimmen.
13 Vereinbarung längerer Fristen. Die Vereinbarung längerer als die in der ICC-
SchO vorgesehenen Fristen wird zwar in Art. 39 nicht ausdrücklich erwähnt, ist aber ebenfalls jederzeit (und nach Bildung des Schiedsgerichts auch ohne Zustimmung des Schiedsgerichts) möglich. Dies kann im Einzelfall etwa bei der gemeinsamen Benennung eines Einzelschiedsrichters oder der Benennung eines Mitschiedsrichters durch eine staatliche Beklagtenpartei sinnvoll sein. Von der 692
| Kopetzki
Abgeänderte Fristen | Art. 39 ICC-SchO
Vereinbarung längerer Fristen durch die Parteien ist der Erlass eines Verfahrenskalenders durch das Schiedsgericht zu unterscheiden, der etwa eine über die 6-monatige Regelfrist hinausgehende Frist für den Erlass des Endschiedsspruchs vorsieht. Auch wenn die Parteien Einverständnis über den Verfahrenskalender erzielt haben, liegt hierin noch keine Vereinbarung einer längeren Frist für den Erlass des Endschiedsspruchs und der Gerichtshof hat diese daher nach Art. 31 zu verlängern.
G. Verlängerung abgeänderter Fristen durch den Gerichtshof (Abs. 2) Fristverlängerung durch den Gerichtshof. Nach Art. 39 Abs. 2 kann der Ge- 14 richtshof bei der Vereinbarung kürzerer Fristen von sich aus, d.h. auch ohne Antrag der Parteien bzw. des Schiedsgerichts, die jeweilige Frist verlängern, wenn er dies für die Erfüllung seiner oder der Aufgaben des Schiedsgerichts für notwendig erachtet. Zur Erfüllung der Aufgaben des Gerichtshofs kann eine Fristverlängerung z.B. dann angezeigt sein, wenn die Prüfung eines Schiedsspruchs nicht rechtzeitig erfolgen kann, um die von den Parteien vereinbarte Frist für den Erlass des Schiedsspruchs einzuhalten. In der Praxis wird der Gerichtshof verkürzte Fristen allerdings meistens deshalb verlängern, weil er dies für die Erfüllung der Aufgaben des Schiedsgerichts für erforderlich hält. Die Möglichkeit zur Verlängerung abgeänderter Fristen zur Erfüllung der Aufgaben des Schiedsgerichts ist vor allem vor dem Hintergrund zu sehen, dass ein Schiedsspruch, der nach Ablauf einer bestimmten Frist (ohne Verlängerungsoption zugunsten des Schiedsgerichts) erlassen wird, nicht mehr von der schiedsrichterlichen Entscheidungskompetenz gedeckt ist (functus officio). Haben die Parteien unrealistisch kurze Fristen für den Erlass des Schiedsspruchs vereinbart, wird der Gerichtshof diese daher nötigenfalls verlängern; in der Praxis ist ein Antrag der Parteien oder des Schiedsgerichts hierfür nicht notwendig. Trotz dieser Möglichkeit der Fristverlängerung durch den Gerichtshof sollte das Schiedsgericht allerdings versuchen, seine Pflichten gemäß der ICC-SchO innerhalb der von den Parteien vereinbarten Frist zu erfüllen. In der SchO vorgesehene Fristen. Eine Verlängerung solcher Fristen durch den 15 Gerichtshof gemäß Art. 39 Abs. 2 kommt allerdings nur insoweit in Betracht, als der Anwendungsbereich des Art. 39 eröffnet ist, d.h. wenn die Parteien von einer in der ICC-SchO vorgesehenen Frist abweichen. Wenn die Parteien etwa Fristen für die internen Abläufe oder Tätigkeiten des Gerichtshofs oder des Sekretariats vereinbaren wollen, kommt eine Verlängerung dieser Fristen durch den Gerichtshof gemäß Art. 39 Abs. 2 nicht in Betracht. Das Sekretariat und der Gerichtshof sind an derartige Fristen allerdings nicht gebunden. Eine Verlängerung durch den Gerichtshof kommt auch dann nicht in Betracht, wenn die Parteien bestimmte das Verfahren betreffende Fristen vereinbart haben, die nicht in der ICC-SchO geregelt sind (etwa für Schriftsätze oder die Durchführung der mündlichen Verhandlung; s. Rz. 10). Durch derartige Vereinbarungen kann also Kopetzki
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Art. 39 ICC-SchO | Verschiedenes auch die schiedsrichterliche Entscheidungskompetenz beeinflusst werden. Verkürzte Fristen für die Ernennung von Mitschiedsrichtern durch die Parteien fallen wohl nicht in den Anwendungsbereich von Art. 39 und können somit nicht vom Gerichtshof verlängert werden könnten. Für eine Anwendbarkeit von Art. 39 auf solche Fristen spricht, dass Art. 12 Abs. 4 den Zeitpunkt der Ernennung des Mitschiedsrichters mit dem Einreichen der Schiedsklage bzw. der Antwort bestimmt. Dagegen spricht, dass (i) Art. 12 Abs. 4 dies nicht als Frist formuliert, (ii) diesbezüglich – anders als bei den anderen in der ICC-SchO vorgesehenen Fristen – keine Möglichkeit der Fristverlängerung durch das Sekretariat oder den Gerichtshof vorgesehen ist und (iii) ein Versäumen der zeitgerechten Ernennung in der Praxis auch keine Konsequenzen hat (s. Art. 12 Rz. 30). In der Praxis wird der Gerichtshof solche verkürzten Fristen jedenfalls nicht gemäß Art. 39 Abs. 2 verlängern (s. Art. 12 Rz. 30). 16 Verkürzte Fristen. Gemäß dem Wortlaut des Art. 39 Abs. 2 kann der Gerichts-
hof nur solche unter der ICC-SchO vorgesehenen Fristen verlängern, die die Parteien zuvor verkürzt haben. Fraglich ist daher, ob der Gerichtshof unter dieser Bestimmung Fristen auch dann verlängern kann, wenn die Parteien eine mit der in der ICC-SchO vorgesehenen Frist identische oder längere Frist vereinbart haben (z.B. sechs Monate oder länger ab der Erstellung des Schiedsauftrags für den Erlass des Endschiedsspruchs bzw. einen Monat oder länger ab Übergabe der Akte an das Schiedsgericht für die Erstellung des Schiedsauftrags). Aufgrund der Sicherungsfunktion dieser Bestimmung, die auch die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs sicherstellen soll, ist eine entsprechende Anwendung des Art. 39 Abs. 2 auf solche Fälle zu bejahen.
17 Praxis des Sekretariats. Wenn die Parteien in der Schiedsvereinbarung Fristen
unter der ICC-SchO verkürzt haben, wird das Sekretariat darauf zu Beginn des Verfahrens Bezug nehmen. Sollten diese Fristen unrealistisch kurz sein, kann es ggf. versuchen, eine Einigung der Parteien über eine Verlängerung bzw. Aufhebung dieser verkürzten Fristen herbeizuführen. Jedenfalls wird das Sekretariat die Parteien darauf aufmerksam machen, dass der Gerichtshof diese Fristen gemäß Art. 39 Abs. 2 verlängern kann.
H. Abweichende Parteivereinbarungen 18 Die Parteien können jedenfalls etwa wirksam vereinbaren, dass nicht nur der
Gerichtshof, sondern auch das Sekretariat oder das Schiedsgericht abgeänderte Fristen verlängern können. Fraglich sind die Rechtsfolgen, wenn Parteien von dem Zustimmungserfordernis des Schiedsgerichts (Abs. 1) und der Möglichkeit zur Verlängerung abgekürzter Fristen durch den Gerichtshof (Abs. 2) abweichen. Ersteres wird wohl möglich sein, allerdings wird eine entsprechende nachträgliche Fristverkürzung ggf. einen Rücktrittsgrund für Schiedsrichter darstellen. Letzteres ist insbesondere dann problematisch, wenn durch die verkürzten Fristen die Gleichbehandlung der Parteien oder ihr Recht auf rechtliches Gehör gefährdet wird (s. Rz. 4) oder wenn die Qualität des Schiedsspruchs gefährdet ist 694
| Kopetzki
Verlust des Rügerechts | Art. 40 ICC-SchO
bzw. nicht genügend Zeit für die Prüfung des Schiedsspruchs durch den Gerichtshof verbleiben würde. Zumindest in solchen Fällen ist anzunehmen, dass der Gerichtshof eine entsprechende Vereinbarung der Parteien als nicht wirksam erachten bzw. das Verfahren nur dann verwalten würde, wenn sich die Parteien auf die Anwendbarkeit des Abs. 2 einigen (vgl. Derains/Schwartz, S. 378). Insbesondere könnte hinsichtlich solcher Fristverkürzungen auch eine Teilnichtigkeit vorliegen, womit diese entweder nichtig oder angemessen anzupassen sind (Reiner/Petkuté/Kern, S. 212).
Artikel 40 Verlust des Rügerechts Eine Partei, die mit dem Schiedsverfahren fortfährt, ohne einen Verstoß gegen die Schiedsgerichtsordnung, gegen andere auf das Verfahren anwendbare Vorschriften, gegen Anordnungen des Schiedsgerichts oder gegen Anforderungen aus der Schiedsvereinbarung betreffend die Zusammensetzung des Schiedsgerichts oder die Verfahrensführung zu rügen, wird als eine Partei betrachtet, die auf ihr Rügerecht verzichtet hat. Article 40: Waiver A party which proceeds with the arbitration without raising its objection to a failure to comply with any provision of the Rules, or of any other rules applicable to the proceedings, any direction given by the arbitral tribunal, or any requirement under the arbitration agreement relating to the constitution of the arbitral tribunal or the conduct of the proceedings, shall be deemed to have waived its right to object. Regelungsschwerpunkte: Integriert den Grundsatz der Rügepräklusion in das ICC-Schiedsverfahren. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Verhältnis zum X. Buch der ZPO und zu Art. V EuÜ . . . . . . . . . . C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften D. Erfasste Verstöße . . . . . . . . . . . E. Erkennbarkeit des Verstoßes . . .
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F. Fortfahren mit dem Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . .
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G. Rechtsfolge: Fiktion des Rügeverzichts; Befugnisse des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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H. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Harb/Poulton/Wittinghofer, If All Else Fails: Putting Post-Award Remedies in Perspective, in: The European and Middle Eastern Arbitration Review 2012, 16 ff.; Wagner, Keine Präklusion des Einwandes der Nichtigkeit einer Schiedsvereinbarung wegen Missbräuchlichkeit in Verbraucherverträgen, Anm. zu EuGH, 26.10.2006, Rs. C-168/05, SchiedsVZ 2007, 46 ff.
Kopetzki und Herzberg
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Art. 40 ICC-SchO | Verschiedenes A. Normzweck 1 Art. 40 integriert den vielen Rechtsordnungen bekannten Grundsatz der pro-
zessualen Rügepräklusion („waiver“, bzw. „estoppel“) in die ICC-SchO. Durch das Erfordernis, tatsächliche oder vermeintliche Verfahrensfehler zeitnah zu rügen, wird die Verfahrenseffizienz erhöht. Denn sowohl die Aufklärung der Frage, ob es sich der Rüge entsprechend bei dem beanstandeten Verhalten des Schiedsgerichts oder der Gegenpartei um einen Verfahrensfehler handelt, als auch dessen etwaige Korrektur können in aller Regel auf eine zeitnahe Rüge sehr viel rascher und sachgerechter erfolgen, als wenn die Rüge erst in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium oder gar in einem Anerkennungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahren vor dem staatlichen Gericht vorgebracht wird. Indem die Vorschrift die Parteien dazu zwingt, Verfahrensfehler sofort und nicht erst dann zu rügen, wenn sich zeigt, dass diese sich im Ergebnis zu ihrem Nachteil ausgewirkt haben, trägt die Vorschrift auch dazu bei, dass die ICCSchO nicht aus rein taktischem Kalkül zur Korrektur missliebiger Sachentscheidungen missbraucht wird. Mit Art. 40 setzt die ICC-SchO somit einen Anreiz, sich nicht widersprüchlich zu verhalten. Die Vorschrift dient schließlich auch der Reduzierung der Prüfdichte staatlicher Gerichte im Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren. Das die materiell-rechtliche Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht betreffende Verbot der révision au fond wird so prozessual komplettiert. Dies entspricht regelmäßig dem Parteiwillen, der auf eine weitestmögliche Ausschaltung staatlicher (insb.: nachträglicher) Interventionen in das Schiedsverfahren gerichtet ist.
B. Verhältnis zum X. Buch der ZPO und zu Art. V EuÜ 2 Art. 40 ICC-SchO erweitert die gemäß § 1040 Abs. 2 ZPO, Art. V EuÜ bereits
hinsichtlich Zuständigkeitseinwendungen geltenden Präklusionsregelungen auf jegliche Verfahrensverstöße. Die Vorschrift schränkt zudem in ihrem Anwendungsbereich zulässigerweise (aber s. bei Verbraucherbeteiligung EuGH v. 26.10. 2006, Mostaza Claro v Centro Móvil – C-168/05, NJW 2007, 135 = SchiedsVZ 2007, 46 m. Anmerkung Wagner) das Recht ein, sich auf die Aufhebungs- bzw. Vollstreckbarerklärungsversagungsgründe aus § 1059 Abs. 2 ZPO, Art. V UNÜ, Art. IX EuÜ zu berufen.
C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 3 Das staatliche Verfahrensrecht kennt eine Vielzahl von Vorschriften zur prozes-
sualen Rügepräklusion (z.B. Art. 26 EuGVVO, §§ 39, 282, 283, 296, 296a, 531 ZPO). Diese Bestimmungen überschneiden sich ihrem Regelungssinn nach aber nur eingeschränkt mit Art. 40 ICC-SchO. Letzterer schneidet den Parteien die Berufung auf Verfahrensfehler schlechthin ab, wenn mit dem Verfahren fort696
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Verlust des Rügerechts | Art. 40 ICC-SchO
gefahren wird, ohne dass die Fehler gerügt werden. Dagegen betreffen die Regelungen der ZPO stets nur bestimmte Verfahrenskonstellationen und schneiden – abgesehen von den Vorschriften über die zuständigkeitsbegründende, rügelose Einlassung – auch nicht zielgerichtet die Rüge gerade von Verfahrensfehlern, sondern – ähnlich Art. 27 ICC-SchO – jeglichen Vortrag überhaupt ab. Wegen des umfassenden Charakters von Art. 40 ICC-SchO ist ein Vergleich mit den in der ZPO geregelten Konstellationen, die zu einer Präklusion im staatlichen Verfahren führen können, wenig ergiebig.
D. Erfasste Verstöße Art. 40 erfasst grds. alle denkbaren Verfahrensverstöße. Es kommt nicht darauf 4 an, ob diese von einer Partei, einem oder mehreren Schiedsrichtern oder einem Organ der ICC ausgehen. Der Verstoß muss erkennbar, aber nicht notwendigerweise offenkundig sein, damit die Verzichtsfiktion des Art. 40 eintritt. Verstöße gegen die SchO (Art. 40 Var. 1) sind in jedem Verfahrensstadium 5 denkbar, insb. bei der Konstituierung des Schiedsgerichts, bei der Erstellung des Schiedsauftrags und des Verfahrenskalenders, bei der Durchführung der mündlichen Verhandlung usw. Andere auf das Verfahren anwendbare Vorschriften (Art. 40 Var. 2) ergeben 6 sich insb. aus dem jeweils anwendbaren nationalen Verfahrensrecht. Anordnungen des Schiedsgerichts (Art. 40 Var. 3). Solche betreffen insb. Fris- 7 ten für die Einreichung von Schriftsätzen, Zeugenaussagen usw.; sie sind insb. in den prozessleitenden Verfügungen enthalten. Anforderungen der Schiedsvereinbarung betreffend die Zusammensetzung 8 des Schiedsgerichts (Art. 40 Var. 4). Solche Anforderungen betreffen bspw. besondere Qualifikationen von Schiedsrichtern oder besondere Auswahlmechanismen (s. im Einzelnen Art. 11 Rz. 95, Art. 13 Rz. 31 ff.). Verfahrensführung (Art. 40 Var. 5). Dies betrifft insb. das Verhalten des 9 Schiedsgerichts im Verlauf der mündlichen Verhandlung (z.B. parteiliches Frageverhalten o.Ä.). Nicht von Art. 40 erfasst ist die Erhebung einer mangels einschlägiger Schieds- 10 vereinbarung unzulässigen Schiedsklage; in solchen Fällen richtet sich die Rügepräklusion nach Art. V EuÜ und § 1040 Abs. 2 ZPO; s. Art. 5 Rz. 4 ff., Rz. 9 ff. Naturgemäß ebenfalls nicht von Art. 40 erfasst ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen Aufhebungs- bzw. Vollstreckbarerklärungsversagungsgründe in den hierauf gerichteten staatlichen Verfahren präkludiert sein können (dazu für inländische Schiedssprüche § 1060 Abs. 2 Satz 3, für ausländische Schiedssprüche bspw. OLG Karlsruhe v. 4.1.2012 – 9 Sch 02/09, SchiedsVZ 2012, 101 m.w.N.).
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Art. 40 ICC-SchO | Verschiedenes E. Erkennbarkeit des Verstoßes 11 Der Verstoß muss für die Partei erkennbar gewesen sein. Das folgt daraus, dass
andernfalls dem Fortfahren mit dem Schiedsverfahren nicht der Erklärungsgehalt beigemessen werden kann, die Partei verzichte auf die Rüge. Unachtsamkeit ist aber nicht schutzwürdig; ius vigilantibus scriptum.
F. Fortfahren mit dem Schiedsverfahren 12 Mit dem Schiedsverfahren fortfahren muss die Partei, damit die Verzichtsfiktion
des Art. 40 eintritt. Ein solches Fortfahren stellt grds. jede Verfahrenshandlung der Partei dar. Der von Schiedsgerichten vielfach „eingeforderte“ Protokollvermerk am Ende der mündlichen Verhandlung, wonach die Führung derselben keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben hat, steht einem solchen Fortfahren gleich. Dagegen liegt – jedenfalls bei einem deutschen Schiedsort – weder in der Mitwirkung an der Konstituierung des Schiedsgerichts noch in der (Mit-)Erstellung des Schiedsauftrags ein Fortfahren i.S.d. Art. 40, wenn zuvor Einwendungen gegen die Zuständigkeit erhoben wurden. Wurden solche Einwendungen erhoben und nicht „fallen gelassen“, müssen sie nicht ständig im Sinne eines „ceterum censeo“ wiederholt werden. Zu beachten ist ferner, dass es einer Partei nicht zum Nachteil gereichen kann, wenn ihr für die Rüge des Verfahrensverstoßes eine Frist entweder qua ICC-SchO (z.B. Art. 14 Abs. 2) oder aber durch das Schiedsgericht oder durch das Sekretariat gesetzt ist und die Partei diese Frist voll ausnutzt. Andere Verfahrenshandlungen während solcher noch offener Fristen sind daher unschädlich, wenn die Rüge fristwahrend erfolgt.
G. Rechtsfolge: Fiktion des Rügeverzichts; Befugnisse des Schiedsgerichts 13 Als Rechtsfolge fingiert Art. 40 a.E. den Verzicht auf das Rügerecht. Über die
Wirksamkeit eines solchen Verzichts macht die Vorschrift keine Angaben. Daraus folgt, dass die Rechtsfolgen dieselben sind wie die, die das nationale Verfahrensrecht an einen erklärten Rügeverzicht stellt. Ermöglicht also bspw. das nationale Recht den „Verzicht auf den Verzicht“, läuft Art. 40 leer. Ferner ist eine Partei an einen Rügeverzicht gemäß Art. 39 jedenfalls dann nicht mehr gebunden, wenn die Zurückweisung der Rüge als verspätet die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs gefährden würde (Art. 42 Satz 2), z.B. wegen kartell-, geldwäsche- oder außenwirtschaftsrechtlicher Problemstellungen.
14 Trotz fehlender Rüge durch die Gegenpartei kann im Einzelfall auch das
Schiedsgericht den Verfahrensverstoß aufgreifen. So ist das Schiedsgericht trotz der grds. herrschenden Parteiautonomie nicht verpflichtet, jedes krass dilatorische, der prozessleitenden Verfügung und/oder dem Verfahrenskalender offenkundig widersprechende Prozessverhalten der Parteien hinzunehmen, nur weil 698
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Haftungsbeschränkung | Art. 41 ICC-SchO
die jeweils andere Partei von einer Rüge absieht. Dies gilt umso mehr, als in solchen Fällen z.T. Prinzipal-Agent-Konflikte zugrunde liegen (s. Art. 24 Abs. 2 Fall 2 für eine mögliche Reaktionsform).
H. Abweichende Parteivereinbarungen Die Vorschrift ist dispositiv, wobei zwingende gesetzliche Regelungen zu beach- 15 ten sind.
Artikel 41 Haftungsbeschränkung Die Schiedsrichter, vom Schiedsgericht beauftragte Personen, der Eilschiedsrichter, der Gerichtshof und seine Mitglieder, die ICC und ihre Beschäftigten, die ICC-Nationalkomitees, ICC-Gruppen und ihre Beschäftigten und Vertreter haften niemandem gegenüber für Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren, soweit eine solche Haftungsbeschränkung nach dem anwendbaren Recht nicht unzulässig sein sollte. Article 41: Limitation of Liability The arbitrators, any person appointed by the arbitral tribunal, the emergency arbitrator, the Court and its members, ICC and its employees, and the ICC National Committees and Groups and their employees and representatives shall not be liable to any person for any act or omission in connection with the arbitration, except to the extent such limitation of liability is prohibited by applicable law. Regelungsschwerpunkte: Die Vorschrift regelt eine Haftungsbeschränkung zugunsten der Schiedsrichter, deren Beauftragten sowie der ICC. Kostenaspekte: Besondere Kosten fallen hier nicht an. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . I. Haftungsbeschränkung für Entscheidungstätigkeit . . . . . . . . . .
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II. Haftungsbeschränkung im Übrigen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Haftungsbeschränkung zugunsten der ICC . . . . . . . . . . . . . . . IV. Haftungsbeschränkung zugunsten weiterer, privilegierter Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Jiménez, Proposal for a Uniform Rule on Arbitrator Immunity, ICC Dispute Resolution Bulletin Issue 4 (2017), S. 8 ff.; Lachmann, Die Haftung des Schiedsrichters nach deutschem Recht, AG 1997, 170 ff.; Commission Report, Final Report on the Status
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Art. 41 ICC-SchO | Verschiedenes of the Arbitrator, ICC Court Bulletin, Vol. 7 No. 1 (1996), S. 27 ff.; Risse/Reiser, Die Haftung von Schiedsorganisationen, NJW 2015, 2839 ff.
A. Normzweck 1 Zwar werden in Schiedsverfahren häufig wirtschaftlich bedeutsame Sachverhalte
verhandelt, jedoch kommt der Haftung von Schiedsrichtern, von Gehilfen des Schiedsgerichts sowie von Angehörigen der administrierenden Schiedsinstitutionen in der Praxis nur geringe Bedeutung zu. Regelmäßig sieht daher das anwendbare staatliche Schiedsverfahrensrecht (wie auch die deutsche ZPO) keine entsprechenden Haftungsregelungen vor. Dennoch besteht ein Haftungsrisiko. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer eigenen Regelung im Rahmen der Schiedsordnung.
2 Art. 41 bestimmt, dass für Schiedsverfahren nach der ICC-SchO die Schiedsrich-
ter sowie die weiteren in Rz. 1 genannten Personen grds. nicht für Pflichtverletzungen haften. Dies entspricht vergleichbaren Haftungsprivilegierungen in staatlichen Gerichtsverfahren (sog. Spruchrichterprivileg) und ist ähnlich der von der Rechtsprechung angenommenen Haftungsbegrenzungen für schiedsrichterliche Tätigkeit (vgl. BGH v. 6.10.1954 – II ZR 149/53, BGHZ 15, 12 = NJW 1954, 1763 [1764]). Art. 41 geht insoweit jedoch darüber hinaus, da dem Wortlaut nach jegliche Haftung ausgeschlossen ist. Die ICC-SchO möchte daher den Haftungsausschluss maximieren.
3 Die Vorschrift dient nicht so sehr dem Schutz Einzelner sowie ihrer Unbefan-
genheit bei Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren, sondern vor allem dem Rechtsfrieden. Mit dem Schiedsspruch soll der Rechtsstreit endgültig abgeschlossen werden (Schutz der Rechtskraftwirkung). Sonst könnte eine Partei über einen Haftungsprozess gegen die Schiedsrichter oder sonstige Beteiligte die zunächst verlorene materielle Rechtsfrage wieder aufwerfen und von einem zweiten Gericht überprüfen lassen, ob die Schiedsrichter den Fall richtig entschieden haben.
B. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 4 Das X. Buch der ZPO beinhaltet keine entsprechende Regelung zur Haftungs-
beschränkung der am Schiedsverfahren beteiligten Personen.
C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 5 § 839 Abs. 1 BGB begründet zum einen für den Beamten eine Haftungserweite-
rung gegenüber der allgemeinen deliktsrechtlichen Haftung, indem er die Haftung auf reine Vermögensschäden ausdehnt. Zum anderen enthält § 839 Abs. 2 700
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Haftungsbeschränkung | Art. 41 ICC-SchO
Satz 1 BGB das sog. Richterprivileg, wonach Richter für amtspflichtwidriges Verhalten bei dem Urteil in einer Rechtssache nur dann haften, wenn die von ihnen begangene Pflichtverletzung gleichzeitig eine Straftat darstellt (also vorsätzlich begangen wurde). Pflichtverletzungen des Richters durch Verweigerung oder Verzögerung der Amtsausübung unterliegen gemäß § 839 Abs. 2 Satz 2 BGB der Amtshaftung. Keine Richter im Sinne dieser Vorschrift sind allerdings Schiedsrichter (BGH v. 6.10.1954 – II ZR 149/53, BGHZ 15, 12 [15] = NJW 1954, 1763 [1764]), Schiedsrichter haften bei einer Pflichtverletzung den Parteien des Schiedsverfahrens aus dem Schiedsrichtervertrag nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen (vgl. Lachmann, Rz. 4308 ff.). Der BGH geht allerdings davon aus, dass der Schiedsrichter bei seiner Spruchtätigkeit nicht für jede Fahrlässigkeit haftet. Vielmehr folge aus der dem Schiedsrichter eingeräumten vertraglichen Stellung eine Haftungsbegrenzung. Denn es sei anzunehmen, dass die Parteien nicht ein höheres Maß der Verantwortlichkeit den Schiedsrichtern auferlegt wissen wollten als sie den staatlichen Richter trifft (BGH v. 6.10.1954 – II ZR 149/53, BGHZ 15, 12 = NJW 1954, 1763 [1764]; vgl. RGZ 65, 175).
D. Einzelerläuterung Die Vorschrift stellt die Schiedsrichter, die Eilschiedsrichter und die von ihm be- 6 auftragten Personen (wie insb. sog. Administrative Secretaries), die ICC selbst und sämtliche von Seiten der ICC am Verfahren beteiligte Personen von der Haftung für Pflichtverletzungen frei. Nach Art. 41 gilt der Haftungsausschluss für alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren. Der vollumfängliche Haftungsausschluss des Art. 41 ist problematisch: Er wird 7 in Deutschland jedenfalls durch § 276 Abs. 3 BGB dergestalt eingeschränkt, dass eine Haftung für vorsätzliches pflichtwidriges Verhalten erhalten bleibt. In anderen Ländern können noch strengere Vorschriften gelten. So ist in Schweden z.B. ein Haftungsausschluss für grob fahrlässige Pflichtverletzungen unzulässig. Zudem geltend in Deutschland strenge Anforderungen an formularmäßige Haftungsausschlüsse (zu denen Art. 41 zählt). Art. 41 gilt ausdrücklich nur, soweit das anwendbare Recht eine so umfassende Haftungsbeschränkung zulässt. Erlaubt das anwendbare Recht den umfassenden Haftungsausschluss nach 8 Art. 41, gilt dieser. Erlaubt das anwendbare Recht solch weitgehende Haftungsausschlüsse nicht, ist zu differenzieren zwischen der Haftung im Zusammenhang mit der Entscheidungstätigkeit des Schiedsrichters und der Haftung im Übrigen.
I. Haftungsbeschränkung für Entscheidungstätigkeit Die Entscheidungstätigkeit umfasst sowohl die Feststellung des Sachverhaltes als 9 auch die Anwendung des geltenden Rechts durch das Schiedsgericht. Haller
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Art. 41 ICC-SchO | Verschiedenes 10 Eine solche Haftungsbeschränkung für Pflichtverletzungen im Zusammenhang
mit der Entscheidungstätigkeit des Schiedsgerichts ist zulässig, soweit sie sich nicht auf vorsätzliches Verhalten bezieht. Dem steht eine AGB-Eigenschaft der ICC-SchO nach § 305 ff. BGB nicht entgegen. In jedem Fall erfordert die Wahrung der Unabhängigkeit des Schiedsrichters in gleichem Maße wie beim staatlichen Richter eine Haftungsprivilegierung (vgl. BGH v. 19.11.1964 – VII ZR 8/63 BGHZ 42, 313 [316] = NJW 1965, 298; anders jedoch später BGH v. 6.10.1983 – III ZR 61/82, MDR 1984, 383). Eine Haftungsprivilegierung folgt nach deutschem Recht bereits aus dem Schiedsrichtervertrag selbst, nicht erst aus der ICC-SchO (vgl. BGH v. 6.10.1954 – II ZR 149/53, BGHZ 15, 12, NJW 1954, 1763 [1764]). Hinzu kommt der Gedanke, dass die Rechtskraft der schiedsrichterlichen Entscheidung nur dann effektiv geschützt ist, wenn die entschiedenen Rechtsfragen nicht in einem Regressprozess wieder aufgerollt werden können. Zwar wirkt die Rechtskraft nur inter partes, so dass ein Regressprozess gegen den Schiedsrichter die rechtskräftige Entscheidung zwischen den Parteien nicht unmittelbar beeinflussen kann. Dennoch kann die Rechtskraft ihre Funktion, Rechtsfrieden zu schaffen, nicht erfüllen, wenn letztlich derselbe Prozess unter anderen Vorzeichen weitergeführt werden könnte.
11 Die Rechtsprechung nimmt zudem an, dass die Parteien mit den Schiedsrichtern
eine stillschweigende Vereinbarung treffen, dass der Schiedsrichter haftungsrechtlich einem staatlichen Spruchrichter gleichgestellt ist (vgl. BGH v. 6.10. 1954 – II ZR 149/53, BGHZ 15, 12 = NJW 1954, 1763; BGH v. 19.11.1964 – VII ZR 8/63, BGHZ 42, 313 [316] = NJW 1965, 298; Bredow/Bühler, Rz. 265; MüKo/ Münch, Vor § 1034 ZPO Rz. 29; Raeschke-Kessler/Berger, Rz. 534). Auch eine ausdrückliche Haftungsbeschränkung in Form einer allgemeinen Geschäftsbedingung ist daher wirksam, da sie nur diese Rechtsprechung aufgreift.
12 Das Haftungsprivileg greift für die „Entscheidungstätigkeit“ des Schiedsrichters
ein. Alle Tätigkeiten des Schiedsrichters, die im Zusammenhang mit seiner Entscheidung (dem Schiedsspruch) stehen, fallen daher unter das Haftungsprivileg. Hierzu gehören auch verfahrensleitende Verfügungen, weil sie dazu dienen, die Entscheidung des Schiedsgerichts vorbereiten. Auch eine einstweilige Verfügung in Gestalt einer verfahrensleitenden Verfügung dient lediglich dazu, die endgültige Entscheidung abzusichern und ist ebenfalls privilegiert. Schließlich sind alle Tätigkeiten privilegiert, die dazu dienen, die Grundlagen für die Entscheidung in der Sache zu ermitteln („Document Production“-Verfahren etc.). Dieser Begriff ist weit zu fassen, weil nur so ein ausreichender Schutz der Entscheidungsfreiheit des Schiedsrichters sowie des Rechtsfriedens und der Rechtskraft gewährleistet ist.
13 Das Haftungsprivileg gilt zudem auch für die Tätigkeit der ICC selbst, soweit
diese unmittelbar im Zusammenhang mit der Entscheidungstätigkeit des Schiedsgerichts stehen, z.B. wenn die ICC bei der Konstituierung des Schiedsgerichts tätig wird oder im Rahmen des sog. Scrutiny-Verfahrens (vgl. Art. 34).
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Haftungsbeschränkung | Art. 41 ICC-SchO
II. Haftungsbeschränkung im Übrigen Die Haftung des Schiedsrichters für alle Handlungen, die nicht i.V.m. der Ent- 14 scheidungsfindung stehen, sondern nur bei Gelegenheit der Tätigkeit als Schiedsrichter ausgeübt werden, ist nur ausgeschlossen, soweit das anwendbare staatliche Recht den umfassenden Haftungsausschluss nach Art. 41 gestattet. Im Übrigen haftet der Schiedsrichter nach allgemeinen Regeln.
III. Haftungsbeschränkung zugunsten der ICC Die Haftungsbeschränkung in Art. 41 gilt auch für die ICC und ihre Beschäftigte 15 (Referenten in den Verfahrensmanagementteams, Sekretariate), die ICC-Nationalkomitees und ICC-Gruppen. Erfasst sind auch der Gerichtshof und seine Mitglieder, die keine Beschäftigten der ICC sind und daher separat erfasst werden mussten. Auf das Verhältnis zur ICC findet frz. Recht Anwendung, Art. 43. Eine (AGB-) 16 Unwirksamkeit der Haftungsbeschränkung ist danach nicht ersichtlich.
IV. Haftungsbeschränkung zugunsten weiterer, privilegierter Personen Desgleichen gilt das Haftungsprivileg auch für die Sekretäre des Schiedsgerichts 17 (zu diesen Vor Art. 11 Rz. 11 ff.) sowie für sonstige Mitarbeiter der Schiedsrichter. Das Haftungsprivileg könnte sonst unterlaufen werden, indem der Sekretär des Schiedsgerichts oder ein sonstiger Mitarbeiter der Schiedsrichter in Anspruch genommen wird. In der Praxis wird sich hier allerdings i.d.R. kein Problem stellen, weil die Sekretäre des Schiedsrichters sowie dessen Mitarbeiter i.d.R. mit den Parteien gar keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen unterhalten. Auch auf die von einem Schiedsgericht bestellten Sachverständigen findet die 18 Haftungsprivilegierung Anwendung. Die deutsche Rechtsprechung nimmt zwar ohnehin eine ergänzende Vertragsauslegung vor und beschränkt so die Haftung des schiedsgerichtlichen Sachverständigen auf vorsätzliche Pflichtverletzungen (vgl. BGH v. 19.11.1964 – VII ZR 8/63, BGHZ 42, 313 = NJW 1965, 298 [299]). Allein der Parteisachverständige haftet danach nach allgemeinen Regeln grds. bereits für einfach fahrlässige Pflichtverletzungen. Allerdings ist die Rechtsprechung umstritten: Denn der von einem Schiedsgericht beauftragte Sachverständige ist mit dem gerichtlichen Sachverständigen nicht vergleichbar, so dass eine grds. Privilegierung des vom Schiedsgericht beauftragten Sachverständigen nicht angebracht ist: Der vom Schiedsgericht bestellte Sachverständige kann frei entscheiden, ob und zu welchen Bedingungen er den Gutachtenauftrag annimmt. Er kann insb. eine Haftungsbegrenzung vereinbaren und sein Honorar entspreHaller
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Art. 42 ICC-SchO | Verschiedenes chend dem vertraglich übernommenen Haftungsrisiko berechnen (vgl. MüKo/ Wagner, § 839a BGB Rz. 13). Die ICC-SchO stellt daher klar, dass auch die „vom Schiedsgericht beauftragte Personen“ dem Haftungsprivileg unterfallen.
E. Abweichende Parteivereinbarung 19 Die Parteien können nach § 276 Abs. 3 BGB im Schiedsvertrag nicht verein-
baren, dass zugunsten der Schiedsrichter auch eine Haftung für vorsätzliche Pflichtverletzungen ausgeschlossen sein soll. Vergleichbare Einschränkungen durch staatliches Recht bestehen in den meisten Jurisdiktionen, in manchen sind die Regelungen sogar strenger.
20 Eine abweichende Parteivereinbarung ist angesichts § 276 Abs. 3 BGB nur der-
gestalt möglich, als die Haftung des Schiedsgerichts oder der anderen am Verfahren beteiligten Personen zugelassen werden soll. Eine solche Vereinbarung ist zulässig. Freilich wird eine derartige Parteivereinbarung potenzielle Schiedsrichter regelmäßig von der Übernahme des Falles abhalten. Auch laufen die Parteien dann Gefahr, dass die ICC das Verfahren nicht administrieren wird.
Artikel 42 Allgemeine Bestimmung In allen nicht ausdrücklich in dieser Schiedsgerichtsordnung vorgesehenen Fällen handeln der Gerichtshof und das Schiedsgericht nach Sinn und Zweck der Schiedsgerichtsordnung. Sie sind gehalten, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs sicherzustellen. Article 42: General Rule In all matters not expressly provided for in the Rules, the Court and the arbitral tribunal shall act in the spirit of the Rules and shall make every effort to make sure that the award is enforceable at law. Regelungsschwerpunkte: Die Bestimmung dient der Füllung von Lücken in der ICCSchO, der autonomen Auslegung der ICC-SchO und der Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Verhältnis zum X. Buch der ZPO C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften D. Art. 42 Satz 1: „spirit of the rules“
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E. Art. 42 Satz 2: Sicherstellung der Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . . . .
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F. Abweichende Parteivereinbarung
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Veröffentlichungen des Sekretariats: ICC Guide to National Procedures for Enforcing Awards (https://library.iccwbo.org/dr.htm, Enforcement Guide).
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Allgemeine Bestimmung | Art. 42 ICC-SchO Literatur: Horvath, The Duty of Tribunals to Render an Enforceable Award, Journal of International Arbitration, Vol. 18 Issue 2 (2001), S. 135 ff.; Platte, An Arbitrator’s Duty to Render Enforceable Awards, Journal of International Arbitration, Vol. 20 Issue 3 (2003), S. 307 ff.
A. Normzweck Art. 42 enthält zwei generalklauselartige Bestimmungen, die zu Recht fast am 1 Ende der ICC-SchO stehen, weil sie über die ICC-SchO und – im Falle des Satzes 2 – auch über das Schiedsverfahren hinausweisen. Art. 42 Satz 1 ermächtigt den Gerichtshof und das Schiedsgericht, in nicht ausdrücklich von der ICCSchO geregelten Fällen, im Geiste der ICC-SchO zu entscheiden. Dies folgt aus der autoritativen englischen Sprachfassung („spirit of the rules“; s. im Einzelnen Rz. 5 ff.). Bezweckt wird die Füllung von Lücken in der ICC-SchO durch autonome Auslegung, wie sie für eine transnational anwendbare Rechtsnorm wie die ICC-SchO – ebenso wie für einen völkerrechtlichen Vertrag oder einen rechtsgestaltenden Akt der Europäischen Union – unverzichtbar ist (Einleitung zur ICC-SchO Rz. 11). Zugleich wird mit Art. 42 Satz 2 größtmögliche Vollstreckungssicherheit als zentraler „benchmark“ für jedes ICC-Schiedsgericht sowie für den Gerichtshof etabliert. Auch diese Bestimmung ermöglicht die Füllung von Lücken sowie die Ausfüllung unbestimmter Rechtsbegriffe in der ICC-SchO. Während Art. 42 Satz 2 von Bedeutung für das Pflichtenprogramm des Schiedsgerichts und auch des Gerichtshofs (insb. im Genehmigungsverfahren nach Art. 34) ist, hat Art. 42 Satz 1 eine eher geringe praktische Relevanz.
B. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Das X. Buch der ZPO enthält keine funktionsäquivalenten Vorschriften.
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C. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Satz 1: Im staatlichen (Verfahrens-)Recht bedient man sich zur Lückenfüllung 3 der klassischen – auch über Art. 42 Satz 1 eröffneten – Techniken der Analogiebildung, teleologischen Extension usw.; auch Maßgaben höherrangigen Rechts können zu beachten sein. Satz 2: Eine Generalklausel nach Art. 42 Satz 2 existiert im staatlichen Verfahren nicht. Stattdessen bezwecken einige verstreute Vorschriften für das Erkenntnisverfahren die Vollstreckungssicherheit mit Blick auf Einzelaspekte, insb. bei Verfahren mit Auslandsbezug (z.B. § 313a Abs. 5, § 313b Abs. 3, §§ 1079 ff. ZPO, §§ 30 ff. AVAG).
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Art. 42 ICC-SchO | Verschiedenes D. Art. 42 Satz 1: „spirit of the rules“ 4 Nicht ausdrücklich vorgesehene Fälle. Diese sind nicht so zahlreich, wie man auf
den ersten Blick meinen könnte. Nach Konstituierung des Schiedsgerichts sind dessen Befugnisse von Art. 22 ff. weitestmöglich gefasst. Bestimmte Verfahrenskonstellationen, wie etwa die Klagerücknahme, die Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand oder das Wiederaufgreifen von Entscheidungen des Gerichtshofs, regelt die ICC-SchO aber nicht oder allenfalls fragmentarisch, wobei allerdings das nationale Verfahrensrecht stets mit zu beachten ist. Gleichwohl besteht in den genannten Fällen grds. ein Anwendungsbereich für Art. 42 Satz 1. Fragen, die nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem in der Sache anwendbaren Recht zuzuordnen sind, bestimmen sich dagegen nicht nach Art. 42 Satz 1, sondern nach der Auslegungsmethodologie des anwendbaren (Sach-)Rechts.
5 „Spirit of the rules“. Der Geist der Regeln erschöpft sich nicht in ihrem „Sinn
und Zweck“ (so aber die deutsche Übersetzung), obwohl teleologische Aspekte eine wichtige Rolle spielen. Zum „Geist“ gehören darüber hinaus auch die der ICC-SchO zugrunde liegenden inhärenten, auch außerrechtlichen Wirkungsbedingungen der ICC-Schiedsgerichtsbarkeit, die sich in einer einerseits immer stärker zusammenwachsenden, andererseits in vielerlei Hinsicht noch stark national und vor allem immer stärker sektoriell fragmentierten Wirtschaftswelt zu voller Blüte entfaltet hat. Im Zeichen der Professionalisierung der ICC-Schiedsgerichtsbarkeit kann bspw. auf Nachlässigkeiten bei der Fristenkontrolle oder Ungenauigkeiten in den Anträgen heute weniger Rücksicht genommen werden als noch vor einigen Jahrzehnten. Das Ziel eines möglichst zügigen, kostenrationalen und effizienten Verfahrens kommt insb. seit der Reform von 2012 in etlichen Bestimmungen, vor allem in Art. 24, zum Ausdruck. Der Anspruch der Parteien auf Gleichbehandlung, die grds.– nicht jedoch schrankenlos gewährte – Parteiautonomie und ihr weltumspannender, keiner Rechtsordnung oder Rechtsfamilie besonders zuzuordnender, Charakter sind weitere Eckpfeiler der ICCSchiedsgerichtsbarkeit.
6 Zwingendes nationales Recht geht in seinem Anwendungsbereich der ICC-
SchO und insb. Art. 42 vor.
E. Art. 42 Satz 2: Sicherstellung der Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs 7 Die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs müssen Schiedsgericht und Gerichts-
hof sicherstellen. Dies ist, wie sich dem Wortlaut entnehmen lässt, eine „obligation de moyen“, d.h. es ist kein konkreter Erfolg geschuldet, was auch schlechterdings nicht möglich ist. Gleichwohl nimmt insb. der Gerichtshof die Vorschrift zu Recht ernst und wirkt im Genehmigungsverfahren gemäß Art. 34 – ggf. aber auch schon davor (zu einem Beispiel s. Art. 30 Rz. 45 f.) – darauf hin, dass das Schiedsgericht möglichst keine Angriffsflächen für Aufhebungsverfah706
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Anwendbares Recht und Streitbeilegung | Art. 43 ICC-SchO
ren bzw. Vollstreckbarversagungsverfahren bietet. Die Pflicht aus Art. 42 Satz 2 beschränkt sich nicht auf die Beachtung der am Schiedsort geltenden Maßgaben des staatlichen Rechts, sondern zielt auch darauf ab, dass im Vollstreckungsstaat tatsächlich die Zwangsvollstreckung möglich ist. Zur niedrigschwelligen Identifizierung von etwaigen diesbezüglichen Risiken können alle Verfahrensbeteiligten auf den im Internet verfügbaren „ICC Guide to National Procedures for Enforcing Awards“ zugreifen (https://library.iccwbo.org/dr.htm, Enforcement Guide). Auf weitergehende Erkenntnismittel bzgl. anderer Rechtsordnungen als jener des Schiedsorts muss das Schiedsgericht aber ohne diesbezüglichen Parteivortrag nicht hinweisen. Auch kann Art. 42 nicht entnommen werden, dass bei Konflikten zwischen Anforderungen der lex loci arbitri und jenen der – oft noch gar nicht bekannten – lex fori executionis letzterer der Vorzug zu geben wäre. Maßnahmen aufgrund des Art. 42 Satz 2 können insb. in einem schiedsgericht- 8 lichen Hinweis an die Parteien auf eventuelle Bedenken mit Blick auf die Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Anträge, des Vortrags oder der ins Auge gefassten Verfahrensweise bestehen. Art. 42 Satz 2 schützt das Schiedsgericht dabei jedenfalls bei einem Schiedsverfahrensstatut wie dem deutschen, dem eine solche „Hinweiskultur“ keinesfalls fremd ist, grds. vor Befangenheitsanträgen. Andernorts kann im Extremfall das Dilemma eintreten, dass der Schiedsrichter, um die Vollstreckbarkeit im Vollstreckungsstaat nicht zu gefährden, einen Hinweis erteilen müsste, der wiederum am Schiedsort als Aufhebungsgrund gewertet werden kann. Im Zweifel gehen die Anforderungen am Schiedsort vor. Art. 42 Satz 2 verpflichtet das Schiedsgericht ferner grds. dazu, Formalitäten des nationalen Rechts einzuhalten, soweit dies nicht im Einzelfall unzumutbar ist. Bei Verstößen gegen Art. 42 Satz 2 ist kein förmlicher Rechtsbehelf o.Ä. vor- 9 gesehen. Ein Verfahren nach Art. 14, 15 kann bei Vorliegen der Voraussetzungen aber selbstverständlich auch mit Blick auf Versäumnisse im Bereich des Art. 42 eingeleitet werden. Auch ist das Sekretariat aus Art. 42 Satz 2 berechtigt, Schiedsgerichte (erforderlichenfalls eindringlich) auf deren eigene Pflichten zum Erlass eines vollstreckbaren Schiedsspruchs hinzuweisen.
F. Abweichende Parteivereinbarung Die Vorschrift ist „Hausgut“ der ICC und unterliegt als solches nicht der Partei- 10 disposition.
Artikel 43 Anwendbares Recht und Streitbeilegung Alle Streitigkeiten, die sich aus oder im Zusammenhang mit der Verwaltung der Schiedsverfahren durch den Gerichtshof gemäß der Schiedsgerichtsordnung ergeben, unterliegen französischem Recht und werden vom ausschließlich zuständigen Tribunal Judiciaire de Paris entschieden. Herzberg
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Art. 43 ICC-SchO | Verschiedenes Article 43: Governing Law and Settlement of Disputes Any claims arising out of or in connection with the administration of the arbitration proceedings by the Court under the Rules shall be governed by French law and settled by the Paris Judicial Tribunal (Tribunal Judiciaire de Paris) in France, which shall have exclusive jurisdiction. Regelungsschwerpunkte: Enthält eine Streitbeilegungsvereinbarung, die sich auf Streitigkeiten bezieht, die aus der Tätigkeit des Gerichtshofs erwachsen. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Änderungshistorie . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO
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D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften E. Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . F. Abweichende Parteivereinbarung
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A. Normzweck 1 Die Vorschrift flankiert im Wesentlichen den Haftungsausschluss (Art. 41) und
sichert diesen materiell- und verfahrensrechtlich ab.
B. Änderungshistorie 2 Die Regelung wurde mit der Reform 2021 neu eingeführt.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 3 Die ZPO enthält keine Regelungen über die vertraglichen Beziehungen zu
Schiedsinstitutionen. Auch die Rom I-VO und die EuGVVO sind insoweit nicht anwendbar (Art. 1 Abs. 2 Buchst. e Rom I-VO, Art. 1 Abs. 2 Buchst. d EuGVVO). Die Zulässigkeit der Rechtswahl dürfte allerdings aus einer analogen Anwendung von Art. 3 Abs. 1 Rom I-VO folgen (vgl. Spickhoff in BeckOK BGB, Art. 1 Rom I-VO, Rz. 46). Dagegen folgt die Zulässigkeit der Gerichtsstandsvereinbarung – im Rahmen seines persönlichen Anwendungsbereichs – aus den einschlägigen Vorschriften des frz. Zivilprozessrechts. Aus deutscher Sicht ist die Zulässigkeit der Derogation deutscher Gerichte nach Maßgabe der §§ 38 ff. ZPO zweifelhaft (ICC ist kein „Kaufmann“, § 38 Abs. 2 ZPO betrifft nur Prorogation, nicht Derogation). Doch ist andererseits auch kein inländischer Gerichtsstand nach Maßgabe der §§ 12 ff. ZPO ersichtlich, in dem die ICC als Rechtsträgerin des Gerichtshofes in Deutschland gerichtlich in Anspruch genommen werden könnte. Auf Art. 25 EuGVVO dürfte es dagegen schon deshalb nicht ankommen, weil Art. 1 Abs. 2 Buchst. d EuGVVO umfassend „die Schiedsgerichtsbarkeit“ vom Anwendungsbereich der EuGVVO ausnimmt; dazu dürften auch die Rechtsverhältnisse zwischen Schiedsinstitutionen und deren Nutzern und/oder Schiedsrichtern zählen. 708
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Anwendbares Recht und Streitbeilegung | Art. 43 ICC-SchO
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Die Haftung der Träger deutscher staatlicher Gerichte (d.h. die Länder) für jus- 4 titielles Unrecht richtet sich – soweit nicht über- oder zwischenstaatliches Recht vorgeht – nach deutschem Recht, weil es sich hierbei um eine öffentlich-rechtliche Haftung handelt und es insoweit keiner kollisionsrechtlichen Koordinierung bedarf. Weil hoheitliches Handeln vor ausländischen Gerichten nicht justitiabel ist, kommt nur eine Zuständigkeit deutscher Gerichte in Betracht. Die örtliche Zuständigkeit ist dabei den im jeweiligen Rechtsweg maßgeblichen Prozessordnungen zu entnehmen.
E. Regelungsinhalt Die Regelung bestimmt, dass ein bestimmtes, französische Gericht, das Tribunal 5 judiciaire de Paris, ausschließlich zuständig ist und frz. Recht anwenden soll, soweit es sich um Streitverfahren aus oder im Zusammenhang mit der Verwaltung der Schiedsverfahren durch den Gerichtshof handelt. Gemeint sind damit in erster Linie Klagen gegen die ICC, auch wenn das maßgebliche Kriterium nicht personell, sondern handlungsorientiert bestimmt wird. Streitgegenstand muss die Art und Weise sein, wie der Gerichtshof die Verfahren verwaltet. Erfasst sind damit bspw. vermeintliche, vertragliche oder außervertragliche Haftungsansprüche gegen die ICC wegen Nichtabsetzung eines angeblich befangenen Schiedsrichters, wegen Genehmigung eines Schiedsspruchs oder auch gleich schon wegen Bewirkung der Zustellung einer Schiedsklage oder wegen Nichtbeachtung einer anti-suit injunction eines staatlichen Gerichts. Derartige Verfahren sind regelmäßig – ob in Frankreich oder anderswo – aussichtslos, können aber nicht stets rückholbare Kosten auslösen. Durch die Vorschrift sollen solche Verfahren in Paris konzentriert und frz. Recht unterstellt werden. Das soll die Hemmschwelle für Parteien bzw. ihre Vertreter erhöhen, die ICC gerichtlich in Anspruch zu nehmen. Ob diesem Vorhaben Erfolg beschieden sein wird, bleibt zunächst noch offen. Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren sowie sonstige Nebenver- 6 fahren zwischen den Parteien des Verfahrens zum Verfahren selbst (wie bspw. nach §§ 1032, 1033, 1050 ZPO) sind von Art. 43 nicht betroffen.
F. Abweichende Parteivereinbarung Von Art. 43 kann durch Parteivereinbarung nicht abgewichen werden.
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Nach Art. 43 ICC-SchO | ICC-Standardklauseln Kommentierung der ICC-Standardklauseln/Formulierungsvorschläge (Auszug) Standardklauseln/Formulierungsvorschläge (Auszug)1 Schiedsgerichtsverfahren Alle Streitigkeiten, die sich aus oder in Zusammenhang mit dem vorliegenden Vertrag ergeben, werden nach der Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer (ICC) von einem oder mehreren gemäß dieser Ordnung ernannten Schiedsrichtern endgültig entschieden. ICC-Schiedsgerichtsverfahren ohne Eilschiedsrichter Die Bestimmungen zum Eilschiedsrichterverfahren finden keine Anwendung. Beschleunigtes Schiedsverfahren Die Bestimmungen zum beschleunigten Verfahren finden keine Anwendung. – oder – Die Parteien vereinbaren gemäß Artikel 30(2) b) der Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer, dass die Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren unabhängig vom Streitwert Anwendung findet. – oder – Die Parteien vereinbaren gemäß Artikel 30(2) b) der Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer, dass die Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren Anwendung findet, sofern der Streitwert im Zeitpunkt der Mitteilung gemäß Artikel 1(3) der Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren den Betrag von US$ [Betrag] nicht übersteigt. Keine Veröffentlichung Die in dem Schiedsverfahren erlassenen Schiedssprüche und Prozessleitenden Verfügungen werden nicht veröffentlicht. Standard And Suggested Clauses Arbitration All disputes arising out of or in connection with the present contract shall be finally settled under the Rules of Arbitration of the International Chamber of Commerce by one or more arbitrators appointed in accordance with the said Rules. Arbitration without emergency arbitrator The Emergency Arbitrator Provisions shall not apply. Expedited Arbitration The Expedited Procedure Provisions shall not apply. – or – 1 © International Chamber of Commerce (ICC). Die Standardklauseln und Formulierungsvorschläge (im Auszug) sind abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der ICC. Rechtlich verbindlich ist nur die Version in englischer Sprache. http://www.iccdrl.com.
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ICC-Standardklauseln | Nach Art. 43 ICC-SchO The parties agree, pursuant to Article 30(2)(b) of the Rules of Arbitration of the International Chamber of Commerce, that the Expedited Procedure Rules shall apply irrespective of the amount in dispute. – or – The parties agree, pursuant to Article 30(2)(b) of the Rules of Arbitration of the International Chamber of Commerce, that the Expedited Procedure Rules shall apply, provided the amount in dispute does not exceed US$ [specify amount] at the time of the communication referred to in Article 1(3) of the Expedited Procedure Rules. No Publication No award or procedural order made in the arbitration shall be published. Regelungsschwerpunkte: Stellt den Parteien zur Vermeidung pathologischer Schiedsklauseln vorgefertigte, neutrale Schiedsklauseln zur Verfügung, die nach Möglichkeit 1:1 übernommen werden sollten. Kostenaspekte: Insbesondere die Zahl der Schiedsrichter ist kostenrelevant. →Rz. 5 A. Zweck der Standardklauseln und Formulierungsvorschläge; Kostenaspekte . . . . . . . . . . . . . B. Schiedsgerichtsverfahren . . . . . I. „Streitigkeiten“ . . . . . . . . . . . . . II. „… aus oder im Zusammenhang mit dem vorliegenden Vertrag …“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. „… nach der Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer …“ . . . . . . . . . . . .
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IV. „… ein oder mehrere gemäß dieser Ordnung ernannte Schiedsrichter …“ . . . . . . . . . . V. „… endgültig entschieden …“ . . VI. Weitere Elemente . . . . . . . . . . . C. Schiedsgerichtsverfahren ohne Eilschiedsrichter . . . . . . . . . . . D. Beschleunigtes Verfahren . . . . E. Keine Veröffentlichung . . . . . . F. Mehrstufige Streitbeilegungsvereinbarungen . . . . . . . . . . . .
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A. Zweck der Standardklauseln und Formulierungsvorschläge; Kostenaspekte Von den Parteien selbst entworfene Schiedsklauseln sind häufig fehlerhaft („pa- 1 thologische“ Klauseln), was im schlimmsten Fall die Nichtdurchführbarkeit des gesamten Schiedsverfahrens zur Folge haben kann. Werden die von der ICC vorgeschlagenen Standardklauseln und Formulierungsvorschläge verwendet, können die Parteien sicher sein, dass das beabsichtigte Schiedsverfahren auch praktisch durchführbar ist. Zudem bieten die Standardklauseln und Formulierungsvorschlägen bei Vertragsverhandlungen allen Verhandlungspartnern die Gewähr, dass es sich um einen neutralen Text handelt, der keine der Parteien besonders bevorzugt oder benachteiligt. Insbesondere dient die Verwendung der Standardklauseln der Senkung der Transaktionskosten.
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Nach Art. 43 ICC-SchO | ICC-Standardklauseln B. Schiedsgerichtsverfahren I. „Streitigkeiten“ 2 Um eine Streitigkeit muss es sich handeln, damit der Tatbestand der ICC-Stan-
dardklausel eröffnet ist, d.h. mindestens eine Partei muss ein konkretes, gegen mindestens eine andere Partei gerichtetes Begehren vorbringen. Ein nichtkontradiktorischer Auftrag zur Erstellung eines rechtlich verbindlichen Rechtsgutachtens („advisory opinion“) ist von der Standardschiedsklausel daher nicht gedeckt, erst recht nicht die Erstellung eines Schiedsgutachtens (dazu Einleitung Rz. 7).
II. „… aus oder im Zusammenhang mit dem vorliegenden Vertrag …“ 3 Die Standardklausel soll der Schiedsvereinbarung – im Einklang mit der doct-
rine of separability (Art. 6 ICC-SchO Rz. 259 ff.) – einen weitestmöglichen Anwendungsbereich sichern. „Im Zusammenhang“ mit dem Vertrag (i.S.d. Vertragsurkunde, die sowohl den Hauptvertrag als auch die Schiedsvereinbarung beinhaltet) stehen insb. Nachträge („addenda“) zum Vertrag, diesen ergänzenden Vereinbarungen („side letters“), aber auch nichtvertragliche Ansprüche, etwa aus Delikt oder ungerechtfertigter Bereicherung. Maßgeblich ist, dass der Streitgegenstand noch einen Bezug zum Lebenssachverhalt aufweist, der Gegenstand der die Schiedsvereinbarung beinhaltenden Vertragsurkunde war. Auf die Wirksamkeit des Hauptvertrags kommt es nicht an („doctrine of separability“).
III. „… nach der Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer …“ 4 Mit diesen Worten wird die ICC-SchO und damit die ICC als Institution gewählt.
Die Bezugnahme auf das Regelwerk ist – da dieses die Streitentscheidung ausschließlich durch ein nach der ICC-SchO konstituiertes und von der ICC administriertes Verfahren vorsieht (Art. 1 ICC-SchO) – zugleich Wahl der Schiedsinstitution ICC. Wird stattdessen die ICC als Institution ohne ausdrückliche Bezugnahme auf die ICC-SchO gewählt, gilt selbstverständlich ebenfalls die ICC-SchO, soweit hinreichend klar ist, dass die Parteien ein Schiedsverfahren und nicht ein anderes, von der ICC ebenfalls angebotenes, alternatives Streitbeilegungsverfahren wie etwa eine Mediation vereinbaren wollten.
IV. „… ein oder mehrere gemäß dieser Ordnung ernannte Schiedsrichter …“ 5 In der Standardschiedsklausel bleibt die Zahl der Schiedsrichter offen. Sie kann
so vom Gerichtshof je nach den Umständen des Einzelfalls – u.a. unter Berück-
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sichtigung des Streitwertes – auf eins oder drei konkretisiert werden (s. Art. 12 Abs. 1, 2 ICC-SchO sowie die dortige Kommentierung). Der Wortlaut „ernannt“ („appointed“) ist ungenau, weil im technischen Sinn von den Parteien bzw. gemäß ihren besonderen Vereinbarungen benannte Schiedsrichter nicht ernannt, sondern lediglich bestätigt werden (Vor Art. 11 ICC-SchO Rz. 4). Der Standardschiedsklausel ist selbstverständlich auch dann genüge getan, wenn die Schiedsrichter nicht ernannt, sondern in Übereinstimmung mit der ICC-SchO bestätigt werden. Maßgeblich ist lediglich, dass sie ihr Amt im Einklang mit den Regeln der ICC-SchO erlangt haben und ausüben.
V. „… endgültig entschieden …“ Mit dem Merkmal einer „endgültigen“ Entscheidung soll klargestellt werden, 6 dass der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten – abgesehen von Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren – ausgeschlossen ist.
VI. Weitere Elemente Eine vollständige Schiedsvereinbarung enthält auch Regelungen zum Schiedsort 7 (Art. 18 ICC-SchO), zur Schiedssprache (Art. 20 ICC-SchO) und zum anwendbaren Sachrecht (Art. 21 ICC-SchO). Werden diese Elemente nicht aufgenommen, entscheidet über den Schiedsort der Gerichtshof, über die Schiedssprache und das anwendbare Sachrecht das Schiedsgericht. Je nach den nationalen Besonderheiten am Schiedsort und/oder am Vollstreckungsort können weitere Elemente erforderlich werden; einen ersten Überblick vermittelt der „ICC Guide to National Procedures for Enforcing Awards“ (abrufbar unter http://www.iccdrl.com/).
C. Schiedsgerichtsverfahren ohne Eilschiedsrichter Bei seit dem 1.1.2012 abgeschlossenen Schiedsvereinbarungen bedarf es eines 8 ausdrücklichen Opt-Out aus dem Anwendungsbereich des Eilschiedsrichterverfahrens (Art. 28 Abs. 6 Buchst. b).
D. Beschleunigtes Verfahren Die optionalen Klauseln zum beschleunigten Verfahren dienen dazu, eine Eini- 9 gung der Parteien darauf festzuhalten, – die Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren (Anhang VI zur ICCSchO) abzubedingen, so dass auch bei kleinen Streitwerten das reguläre Verfahren durchgeführt wird (eines solchen, ausdrücklichen Opt-Outs bedarf es wegen Art. 30 Abs. 3 Buchst. a ICC-SchO), Herzberg
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Nach Art. 43 ICC-SchO | ICC-Standardklauseln – die Verfahrensordnung zum beschleunigten Verfahren unabhängig vom Streitwert anwendbar zu stellen (zulässig gemäß Art. 30 Abs. 2 Buchst. b ICC-SchO), wobei es dem Gerichtshof unbenommen bleibt, im Einzelfall die fehlende Sachdienlichkeit der Anwendung des Anhang VI festzustellen, so dass in diesen Fällen dann doch das reguläre Verfahren zur Anwendung kommt (Art. 30 Abs. 3 Buchst. c ICC-SchO), – die Streitwertgrenze abweichend von Art. 1 Abs. 2 Buchst. a, b ICC-SchO auszugestalten (zulässig gemäß Art. 30 Abs. 3 Buchst. a, Abs. 2 Buchst. b ICC-SchO).
E. Keine Veröffentlichung 9a Seit 2019 behält sich die ICC vor – auch ohne Anonymisierung – Schiedssprü-
che und prozessleitende Verfügungen zu veröffentlichen. Hiervon wird jedenfalls dann abgesehen, wenn die Parteien eine entsprechende Einigung getroffen haben.
F. Mehrstufige Streitbeilegungsvereinbarungen 10 Die ICC hat diverse Standardklauseln für die Vereinbarung von Schiedsverfah-
ren obligatorisch oder fakultativ vorgelagerten ICC ADR-Verfahren (z.B. Mediation usw.) entworfen. Vom Abdruck wird hier aus Platzgründen abgesehen. Je nach dem Forderungsstatut ist vor dem Abschluss einer solchen Vereinbarung gründlich zu prüfen, ob nicht ein Risiko besteht, dass Forderungen verjähren, wenn – der Vereinbarung entsprechend – ein ADR-Verfahren noch vor dem Schiedsverfahren eingeleitet wird. So setzt § 203 BGB voraus, dass beide Seiten verhandeln. Die Einreichung eines Mediationsantrags hemmt daher für sich genommen nicht. Boykottiert der andere Teil die Verhandlungen, wird eine Hemmung jedenfalls nicht nach § 203 BGB herbeigeführt. Es handelt sich bei einer Mediation auch regelmäßig nicht um ein Begutachtungsverfahren, § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB, und der Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens, § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB, wird auch nicht entgegen Art. 4 Abs. 2 ICC-SchO auf die Einreichung eines – wiewohl obligatorischen – vorgeschalteten ADR-Verfahrens vorverlegt. Da die ICC auch nicht die Anforderungen des § 204 Abs. 1 Nr. 4 Var. 1 BGB erfüllt, stellt die Vereinbarung eines obligatorisch der Schiedsklage vorgeschalteten ICC ADR-Verfahrens ein mit Blick auf den Lauf der Verjährung nicht unerhebliches Risiko dar, zieht man in Betracht, dass die ohne vorheriges Durchlaufen des ADR-Verfahrens fristwahrend erhobene Schiedsklage wegen Fehlens einer zwingenden Prozessvoraussetzung (erfolgloser Mediationsversuch) regelmäßig unzulässig sein dürfte.
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Teil 2 Kommentierung der DIS-SchO Vorbemerkungen zu den Art. 1 ff. A. Entwicklung der DIS und der DIS-SchO . . . . . . . . . . . . . . . . B. Charakteristische Merkmale von Schiedsverfahren nach der DIS-SchO . . . . . . . . . . . . . . . .
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C. Der Reformprozess auf dem Weg zur DIS-SchO 2018 . . . . . .
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Literatur: Boog/Wimalasena, The 2018 DIS Rules: New Rules for a Renewed Institution, ASA Bulletin, Vol. 36 Issue 1, S. 10 ff.; Elsing/Shchavelev, Die neue DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018, IPRax 2018, 461 ff.; Mazza, Vorwort anlässlich der Veröffentlichung der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung, SchiedsVZ-Beilage 2018, 3 ff.; Mazza/Menz, Neuerungen in der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung im Überblick, SchiedsVZ-Beilage 2018, 39 ff.; Pörnbacher/Lederer, Die Reform der DIS-Schiedsgerichtsordnung, BB 2018, 707 ff.
A. Entwicklung der DIS und der DIS-SchO Die heutige Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) blickt auf 1 eine Geschichte von mehr als 100 Jahren zurück. Sie ist 1992 aus einem Zusammenschluss des 1920 gegründeten Deutschen Ausschusses für Schiedsgerichtswesen mit dem 1974 gegründeten Deutschen Institut für Schiedsgerichtswesen hervorgegangen und bündelt seither die Aufgaben und Bereiche ihrer beiden Vorgängerinstitutionen. Die DIS ist in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins mit Sitz in Berlin or- 2 ganisiert, der Stand 2021 mehr als 1.400 Mitglieder im In- und Ausland hat, wobei die Mitgliederschaft der DIS überwiegend aus natürlichen, aber auch aus juristischen Personen besteht. Ein Mitgliederverzeichnis ist auf dem Online-Auftritt der DIS unter http://www.disarb.org/mitgliedschaft/mitglieder abrufbar. Nachdem die Hauptgeschäftsstelle der DIS lange Jahre in der Kölner Innenstadt ansässig war, bezog die DIS im Jahr 2018 neue Räumlichkeiten in Bonn-Bad Godesberg. Über die Jahre hat sich die DIS als führender Anbieter für die Administration 3 institutioneller Schiedsverfahren in Deutschland etabliert. Seit ungefähr der Jahrtausendwende hat die DIS ihr Betätigungsfeld erheblich er- 4 weitert. Über ihr klassisches Kerngeschäft (die Administration von Handelsschiedsverfahren nach der DIS-SchO) hinaus administriert die DIS insb. auch Schiedsverfahren nach der UNCITRAL-Schiedsgerichtsordnung (http://uncitral.un.org/) sowie Streitigkeiten in Kooperation mit mehreren Industrie- und Handelskammern, im Sportrecht (Deutsches Sportschiedsgericht: http://www.dis-sportschieds gericht.de/) und neuerdings auch nach dem Verpackungsgesetz. Hauser
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Vor Art. 1 DIS-SchO | Vorbemerkungen B. Charakteristische Merkmale von Schiedsverfahren nach der DIS-SchO 5 Auffälliges Merkmal von Schiedsgerichtsverfahren nach der DIS-SchO ist die
Förderung frühzeitiger, einvernehmlicher Streitbeilegung (vgl. Mazza/Menz, SchiedsVZ-Beilage 2018, 39 [42]).
6 Am deutlichsten kommt dies in Art. 26 zum Ausdruck, wonach das Schieds-
gericht ausdrücklich, sofern keine Partei widerspricht, in jeder Phase des Verfahrens eine einvernehmliche Beilegung der Streitigkeit oder einzelner Streitpunkte fördern soll. Zu nennen sind insoweit auch Art. 27.4 (der dem Schiedsgericht den Auftrag erteilt, in der Verfahrenskonferenz mit den Parteien alternative Streitbeilegungsmechanismen zu erörtern) und Anlage 3 Maßnahme F (wonach das Schiedsgericht mit den Parteien in der Verfahrenskonferenz zu erörtern hat, ob die Parteien mit einer frühzeitigen Mitteilung der vorläufigen Einschätzung des Schiedsgerichts zur Sach- und Rechtslage einverstanden sind).
7 Mit der Reform der DIS-SchO 2018 war die DIS zudem bestrebt, DIS-Schiedsver-
fahren schneller und effizienter zu gestalten, zugleich aber auch die Qualitätssicherung zu stärken (Mazza/Menz, SchiedsVZ-Beilage 2018, 39 [40]). Verwirklicht wurde dies insb. durch im Vergleich zur DIS-SchO 1998 deutlich verkürzte Fristen bei der Konstituierung des Schiedsgerichts und im frühen Verfahrensstadium (Klage und Antwort). Der Beklagte hat nach dem neuen Art. 7.1 binnen 21 Tagen zu den wichtigsten prozessualen Fragen Stellung zu nehmen und nach dem neuen Art. 7.2 binnen 45 Tagen eine Klageerwiderung einzureichen, wobei letztere Frist auf Antrag um 30 Tage verlängert werden kann. Nur in Ausnahmefällen soll das (zwischenzeitlich i.d.R. konstituierte) Schiedsgericht die Klageerwiderungsfrist nach Art. 7.3 über 75 Tage hinaus verlängern. Diese Neuregelung führt zu einer erheblichen Verfahrensbeschleunigung; nach der DIS-SchO 1998 verstrichen nach dem Einreichen der Schiedsklage ohne Not oft Monate, ehe der Beklagte zu reagieren hatte. Dieser Missstand wurde durch die Reform beseitigt. Der Effizienzsteigerung dienen sollen zudem der verstärkte Einsatz von Einzelschiedsrichtern sowie die verpflichtende Erörterung verfahrenseffizienzsteigernder Maßnahmen nach Art. 27 im Rahmen der Verfahrenskonferenz. Erwähnenswert ist schließlich, dass die Rolle der DIS durch diverse Veränderungen der Gremien (insb. der Einführung des DIS-Rats für die Schiedsgerichtsbarkeit) und diverse Kompetenzverlagerungen vom Schiedsgericht weg hin zur Institution die Schiedsgerichte entlastet und die Institution gestärkt werden sollte.
8 Nach der DIS-SchO 1998 war die Verfahrensadministration der DIS stark auf
den Verfahrensbeginn verlagert, am Verfahrensende hingegen fand insb. nur in sehr eingeschränktem Umfang eine Überprüfung des Schiedsspruchs statt (im Unterschied etwa zu dem recht aufwendigen „Scrutiny“-Verfahren der ICC). Der neue Art. 39.3 Satz 2 ermöglicht der DIS nunmehr ausdrücklich, das Schiedsgericht im Wege der Überprüfung des Schiedsspruchs nicht nur auf mögliche formale Fehler hinzuweisen, sondern auch andere unverbindliche Änderungsvorschläge zu unterbreiten. 716
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Vorbemerkungen | Vor Art. 1 DIS-SchO
C. Der Reformprozess auf dem Weg zur DIS-SchO 2018 Nachdem die Vorgängerfassung der in diesem Werk behandelten DIS-SchO seit 9 1998 unverändert in Kraft war, sah sich die DIS im Vorfeld der 2018er Reform zu einer grundlegenden Überarbeitung veranlasst und verfolgte mit der Neufassung das Ziel, ihren Nutzern ein modernes und effizientes Streitbeilegungsinstrument an die Hand zu geben (Mazza, SchiedsVZ-Beilage 2018, 3). Im Vorfeld der Reform veröffentlichte die DIS in einem Leitlinienpapier zehn Prinzipien, anhand derer sie sich im Reformprozess orientieren wollte (u.a. Orientierung an den Bedürfnissen der Nutzer, Effizienzerwägungen, etc.). Zwei Aspekte des Reformprozesses sind besonders hervorzuheben: Zum einen 10 war die DIS im Zuge der Reform in besonderem Maß bestrebt, die Praxis einzubinden, vor allem Unternehmensvertreter als ihre Kernnutzergruppe. Die DIS etablierte hierfür in einem aufwendigen Prozess eine Reformkommission, die insgesamt fast 300 Personen umfasste und aus drei Untergruppen bestand: dem sehr breit angelegten Expertenausschuss als frühem Inputgeber und anschließender kritischer Prüfungsinstanz, dem Konsolidierungsausschuss als „sounding board“ in verschiedenen Regionen und Sektoren sowie schließlich dem Redaktionsausschuss als wichtigstem Gremium, in dem der Input gebündelt wurde und dessen Mitglieder die neue Schiedsgerichtsordnung verfassten. Zweitens ist bemerkenswert, dass der Redaktionsausschuss parallel zweisprachig 11 arbeitete, wobei für die deutsche und die englische Fassung überwiegend jeweils unterschiedliche Personen zuständig waren (Mazza, SchiedsVZ-Beilage 2018, 3). Vor diesem Hintergrund stehen beide Sprachfassungen gleichrangig nebeneinander; anders als im Fall der DIS-SchO 1998 handelt es sich insb. bei der englischen Sprachfassung nicht lediglich um eine unverbindliche Übersetzung.
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Art. 1 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften
Allgemeine Vorschriften Artikel 1 Anwendungsbereich 1.1 Diese Schiedsgerichtsordnung gilt für nationale und internationale schiedsrichterliche Verfahren („Schiedsverfahren“), in denen Streitigkeiten gemäß der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. („DIS“) beigelegt werden sollen. 1.2 Auf das Schiedsverfahren ist die Fassung der Schiedsgerichtsordnung anzuwenden, die bei Beginn des Schiedsverfahrens gemäß Artikel 6 gilt. 1.3 Bestandteil dieser Schiedsgerichtsordnung sind folgende Anlagen: – Anlage 1 (Geschäftsordnung) – Anlage 2 (Kostenordnung) – Anlage 3 (Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz) – Anlage 4 (Beschleunigtes Verfahren) – Anlage 5 (Ergänzende Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten) – Anlage 6 (Konfliktmanagementordnung). 1.4 Haben die Parteien vereinbart, dass das Beschleunigte Verfahren gemäß Anlage 4 oder die Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten gemäß Anlage 5 anzuwenden sind, gilt diese Schiedsgerichtsordnung mit den Änderungen, die sich aus der jeweiligen Anlage ergeben. Regelungsschwerpunkte: Art. 1.1 regelt den sachlichen Anwendungsbereich der DIS-SchO. → Rz. 1–26; Art. 1.2 bestimmt, welche Fassung der DIS-SchO in zeitlicher Hinsicht anzuwenden ist. → Rz. 27–31; Art. 1.3 listet verschiedene Anlagen mit unterschiedlichen Regelungskomplexen auf, die Bestandteile der DIS-SchO sind. → Rz. 32–39; Art. 1.4 regelt das Zusammenspiel der DIS-SchO mit den Spezialregelungen in Anlage 4 und Anlage 5. → Rz. 40 Kostenaspekte: Kostenrelevanz → Rz. 16, 35 A. Sachlicher Anwendungsbereich der DIS-SchO (Art. 1.1) . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . V. Einzelerläuterungen . . . . . . . . . B. Dynamische Verweisung (Art. 1.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Einzelerläuterungen . . . . . . . . .
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C. Anlagen der DIS-Schiedsordnung (Art. 1.3) . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Einzelerläuterungen . . . . . . . . .
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D. Anwendbarkeit der Anlagen 4 und 5 (Art. 1.4) . . . . . . . . . . . .
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Anwendungsbereich | Art. 1 DIS-SchO Literatur: DIS, Leitlinien Reform DIS-Schiedsgerichtsordnung; Elsing/Shchavelev, Die neue DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018, IPRax 2018, 461 ff.; von Schlabrendorff, Wirksames Zustandekommen der Schiedsvereinbarung bei dem CISG unterliegenden Verträgen, LMK 2021, 804851.
A. Sachlicher Anwendungsbereich der DIS-SchO (Art. 1.1) I. Normzweck Art. 1.1 regelt den sachlichen Anwendungsbereich der DIS-SchO und stellt insb. 1 klar, dass die DIS-SchO sowohl auf nationale als auch auf internationale Schiedsverfahren Anwendung findet. Die DIS-SchO ist ihrer Rechtsnatur nach ein privates, nicht-staatliches Regel- 2 werk zur Regelung des Ablaufs eines Schiedsverfahrens. Auf der Grundlage einer entsprechenden Schiedsvereinbarung regelt sie insb. die Beziehungen zwischen den Parteien, dem Schiedsgericht sowie der DIS und bestimmt die maßgeblichen Verfahrensregelungen. Soweit erforderlich, werden üblicherweise ergänzende Verfahrensregeln im konkreten Anwendungsfall durch Parteivereinbarungen und/oder Entscheidungen der Institution und/oder des Schiedsgerichts (soweit zulässig) getroffen, wobei jeweils das nationale Schiedsverfahrensrecht am Ort des Schiedsverfahrens den rechtlichen Rahmen bildet (im Fall eines Schiedsorts in Deutschland mithin das X. Buch der ZPO).
II. Reform Art. 1.1 entspricht inhaltlich weitgehend § 1 Abs. 1 DIS-SchO 1998. Im Unter- 3 schied zur alten Regelung stellt Art. 1.1 nun explizit klar, dass die DIS-SchO sowohl auf nationale als auch auf internationale Schiedsverfahren Anwendung finden kann. Ferner ist der ausdrückliche Verweis auf das Erfordernis einer Schiedsvereinbarung entfallen, um auch den (seltenen) Anwendungsbereich zu erfassen, in dem es ohne Vorliegen einer Schiedsvereinbarung zu einem Schiedsverfahren kommt (vgl. Rz. 11).
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO §§ 1025 ff. ZPO ermöglichen als Rechtsrahmen zunächst, dass die Parteien eines 4 Rechtsstreits ihre Streitigkeit nicht zwingend vor staatlichen Gerichten austragen müssen, sondern alternativ in bestimmten Fällen die Schiedsgerichtsbarkeit wählen dürfen, bspw. in Gestalt eines institutionellen Schiedsverfahrens nach den Regeln der DIS. Das X. Buch der ZPO kommt nur zur Anwendung, sofern der Schiedsort in 5 Deutschland liegt (vgl. § 1025 Abs. 1 ZPO, abgesehen von §§ 1032, 1033 und 1050, vgl. § 1025 Abs. 2 ZPO sowie Fragen der Anerkennung und Vollstreckung Hauser
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Art. 1 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften ausländischer Schiedssprüche, die in § 1061 ZPO behandelt werden; vgl. im Übrigen insbesondere das UNÜ und das EuÜ). 6 Nach § 1042 Abs. 3 ZPO können die Parteien die nicht zwingenden Vorschrif-
ten der ZPO durch Bezugnahme auf eine schiedsrichterliche Verfahrensordnung ergänzen. Die §§ 1025 ff. ZPO finden sodann ergänzend neben den Regeln der DIS-SchO Anwendung, sofern diese nicht abschließend sind. Schließlich normiert § 1042 Abs. 4 ZPO, dass das Schiedsgericht bei fehlender Vereinbarung und fehlenden Vorschriften der ZPO Verfahrensregeln nach freiem Ermessen bestimmt.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 7 Nach § 3 EGZPO findet die ZPO auf alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten An-
wendung, die der ordentlichen Gerichtsbarkeit unterfallen. § 13 GVG konkretisiert dies insoweit, als dass grds. alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten von ordentlichen Gerichten zu entscheiden sind, sodass die ZPO kraft Gesetzes – sofern nichts anderes vereinbart ist – zur Anwendung kommt.
V. Einzelerläuterungen 8 Art. 1.1 bestimmt ausdrücklich, dass die DIS-SchO auf nationale und interna-
tionale Schiedsverfahren gleichermaßen Anwendung findet. Somit besteht ein Regelungsgleichlauf mit der ZPO, die ebenfalls keine separaten Regelungen für rein nationale im Unterschied zu internationalen Schiedsverfahren vorsieht. Vor dem Hintergrund, dass die lex loci arbitri in DIS-Schiedsverfahren nach wie vor häufig deutsches Recht ist, erscheint es konsequent und zweckmäßig, dass auch die DIS-SchO ausdrücklich nationalen und internationalen Verfahren gleichermaßen zugänglich ist.
9 Das Merkmal „international“ i.S.d. DIS-SchO ist in einem weiten Sinne zu ver-
stehen: Ein Schiedsverfahren kann bspw. international sein, weil der Schiedsort im Ausland liegt, weil eine oder mehrere ausländische Parteien beteiligt sind, weil ausländisches Recht anwendbar ist oder weil eine andere Verfahrenssprache als Deutsch vereinbart wurde (Trittmann/Mekat in Piltz, Münchener Anwaltshandbuch, § 5 Rz. 18–20). National ist ein Schiedsverfahren hingegen, wenn alle Bezugspunkte des Verfahrens ausschließlich im Inland liegen. Da die DIS-SchO wie bereits erläutert unabhängig von der Frage, ob das Verfahren national oder international ist, zur Anwendung kommt, ist eine Abgrenzung dieser beiden Begriffe entbehrlich.
10 Sachlicher Anwendungsbereich. Die DIS-SchO findet gemäß Art. 1.1 grds. auf
alle Arten von „Streitigkeiten“ Anwendung, ohne dass eine sachliche Einschränkung gemacht wird. Der Begriff der „Streitigkeit“ ist insofern in einem sehr weiten Sinne zu verstehen. Während bspw. das UNCITRAL-ModG nach Art. 1.1 nur auf 720
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Anwendungsbereich | Art. 1 DIS-SchO
die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit anzuwenden ist, setzt die DISSchO bspw. nicht voraus, dass es sich um eine wirtschaftliche Streitigkeit handeln muss. Gerade bei internationalen schiedsrichterlichen Verfahren wird es sich in DIS-Schiedsverfahren jedoch häufig um solche Streitigkeiten handeln. Schiedsvereinbarung. Obgleich der Wortlaut des neuen Art. 1.1 anders als § 1 11 Abs. 1. DIS-SchO 1998 die Schiedsvereinbarung nicht mehr ausdrücklich erwähnt, setzt die Anwendung der DIS-SchO gleichwohl zumeist eine entsprechende Vereinbarung der Parteien voraus. In selteneren Fällen kommen auch außervertragliche Schiedsgerichte in Betracht (vgl. hierzu bspw. nach deutschem Recht Schiedsgerichte, die in gesetzlich statthafter Weise gemäß § 1066 ZPO durch letztwillige oder andere nicht auf Vereinbarung beruhende Verfügungen angeordnet werden). Da niemand gegen seinen Willen vor ein Schiedsgericht gezwungen werden darf, ist die Schiedsvereinbarung grds. eine zwingende Voraussetzung für die Durchführung eines Schiedsverfahrens. Dabei können die Parteien entweder bereits in ihrem Hauptvertrag eine sog. Schiedsklausel für künftige Streitigkeiten aus diesem Rechtsverhältnis aufnehmen oder eine gesonderte Schiedsvereinbarung, auch noch nach Entstehung des Streits, treffen. Das Einreichen einer Schiedsklage ohne vorheriges Bestehen einer Schiedsvereinbarung kann insofern als Angebot auf Abschluss einer Schiedsvereinbarung ausgelegt werden, die der Beklagte sodann ausdrücklich oder konkludent annehmen kann (ggf. unter Beachtung einschlägiger Formerfordernisse). Wird eine separate Schiedsvereinbarung bereits vor Entstehung des Streits abgeschlossen, empfiehlt sich eine Bezugnahme auf den Hauptvertrag. Die DIS-SchO enthält weder Bestimmungen zur Wirksamkeit einer Schiedsver- 12 einbarung noch zu dem Recht, das auf die Schiedsvereinbarung anwendbar ist. Die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung richtet sich nach dem auf die Schiedsvereinbarung anzuwendenden Recht. Dies ist nicht zwingend dasselbe Recht wie das auf die Streitigkeit anwendbare materielle Recht. Die Parteien können das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht frei vereinbaren, sofern keine zwingenden gesetzlichen Vorschriften entgegenstehen. Haben die Parteien sich nicht auf das anwendbare Recht geeinigt (wie meist), ist im Fall eines deutschen Schiedsorts deutsches Recht maßgeblich (von Schlabrendorff in Salger/Trittmann, § 2 Rz. 22), innerhalb seines Anwendungsbereichs unter Einschluss des UN-Kaufrechts (hierzu BGH v. 26.11.2020 – I ZR 245/19, NJW-RR 2021, 376 = SchiedsVZ 2021, 97). Zudem enthält die DIS-SchO selbst keine Formvorschriften. Doch sind auch hier die Formvorschriften des anwendbaren Rechts zu beachten (vgl. für das deutsche Recht insb. § 1031 ZPO). So muss die Schiedsvereinbarung bspw. nach deutschem Recht zwingend in einer gesonderten Urkunde enthalten sein, wenn ein Verbraucher i.S.d. § 13 BGB beteiligt ist, vgl. § 1031 Abs. 5 ZPO. Darüber hinaus gilt es, um die internationale Vollstreckbarkeit einer späteren Entscheidung nicht zu gefährden, in jedem Fall, Art. II UNÜ zu beachten, der eine schriftliche Vereinbarung der Parteien vorsieht. Schiedsfähigkeit. Auch enthält die DIS-SchO keine Regelung hinsichtlich der 13 Schiedsfähigkeit der streitigen Ansprüche, sodass diese sich ebenfalls aus dem Hauser
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Art. 1 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften anwendbaren Recht bestimmt. Im Falle der Anwendung deutschen Rechts ergibt sich dies somit aus § 1030 ZPO. Ferner gilt es, den Verweis in Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ zu beachten. 14 Inhalt. Inhaltlich muss der Schiedsklausel bzw. Schiedsvereinbarung entnom-
men werden können, dass ein bestimmter Rechtsstreit unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges durch ein Schiedsgericht entschieden werden soll (BGH v. 23.11.1983 – VIII ZR 197/82, NJW 1984, 669). Der Wille, die staatliche Gerichtsbarkeit auszuschließen, muss mithin klar und eindeutig zum Ausdruck kommen. Die bloße Erklärung, die Schiedsvereinbarung später in einer gesonderten Urkunde festzulegen, genügt nicht (BGH v. 7.5.2015 – I ZB 83/14, SchiedsVZ 2016, 42; OLG Köln v. 5.7.2005 – 9 U 190/04, MDR 2006, 201). Dabei werden an die genaue inhaltliche Bestimmtheit der Schiedsklausel jedoch nur geringe Anforderungen gestellt. So hat etwa das OLG Hamburg die Klausel „Arbitration: Hamburg“ für wirksam erachtet (OLG Hamburg v. 24.1.2003 – 11 Sch 06/01, SchiedsVZ 2003, 284).
15 Auch kleinere terminologische Ungenauigkeiten, wie z.B. „Deutsches Institut
für Schiedsgerichtsbarkeit“ schaden i.d.R. nicht. Insbesondere legen deutsche Gerichte einen Verweis auf überregionale deutsche Schiedsgerichtsinstitutionen oft schiedsfreundlich zugunsten der DIS aus. So hat das KG (KG v. 15.10.1999 – 28 Sch 17/99, BB Beilage 2000, Nr. 8, 13) den Verweis einer Schiedsvereinbarung auf die „German Central Chamber of Commerce“ als eine nicht-bestehende Schiedsgerichtsinstitution unter bestimmten Voraussetzungen als wirksam erachtet. Durch Auslegung ergebe sich hierdurch ein Verweis auf die DIS, weil davon auszugehen sei, dass die Parteien beabsichtigt hätten, für Streitigkeiten die Zuständigkeit einer tatsächlich existierenden deutschen Schiedsgerichtsinstitution zu vereinbaren. Sollte der DIHK von der ihm durch § 10a Abs. 4 Nr. 3 IHKG neu eröffneten Möglichkeit Gebrauch machen, selbst einen Schiedsgerichtshof zu errichten, dürfte an dieser Rechtsprechung nicht festzuhalten sein. Sofern die Schiedsvereinbarung jedoch auf zwei oder mehr Schiedsgerichtsordnungen Bezug nimmt, kann diese nicht mehr eindeutig durch Auslegung bestimmt werden. Dies kann in der Praxis zu erheblichen Problemen führen.
16 Obwohl an die Formulierung der Schiedsvereinbarung keine besonders hohen
Anforderungen gestellt werden, sollte diese stets möglichst genau formuliert sein, um unnötige Streitigkeiten und den damit verbundenen zusätzlichen Zeitund Kostenaufwand zu vermeiden. Insofern empfiehlt es sich, nach Möglichkeit stets auf die von der DIS veröffentliche Musterklausel zurückzugreifen.
17 Die Nutzung einer Musterschiedsklausel ist der einfachste und sicherste Weg, um
sicherzustellen, dass eine Schiedsklausel wirksam ist. Nahezu jede Schiedsinstitution hat standardisierte Musterschiedsklauseln entwickelt, welche die Parteien unproblematisch in ihre Verträge übernehmen können. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass Änderungen an einer Musterklausel immer mit großer Sorgfalt und Vorsicht vorgenommen werden sollten. Änderungen können den Anwendungsbereich der Schiedsvereinbarung einschränken, die Einleitung des Verfahrens erschweren und – im schlimmsten Fall – die Klausel unwirksam machen. 722
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Anwendungsbereich | Art. 1 DIS-SchO
In der Regel sind die Parteien frei, das Schiedsverfahren nach ihren Vorstellun- 18 gen zu gestalten. Die Parteien sollten jedoch vorsichtig vorgehen, wenn sie spezifische Verfahrensänderungen in die Musterklausel aufnehmen. In einigen Schiedsregeln, darunter auch in der DIS-SchO, sind zwingende Bestimmungen enthalten, von denen die Parteien nicht abweichen dürfen. Als Fazit lässt sich festhalten, dass sich Parteien sorgfältig überlegen sollten, ob sie tatsächlich eine Änderung der Musterklausel vornehmen möchten. Nicht einheitlich beurteilt die Rechtsprechung in Deutschland die Frage, ob eine 19 wirksame Schiedsvereinbarung vorliegt, wenn die Parteien in ihrem Hauptvertrag auf einen gesondert abgeschlossenen Schiedsvertrag verweisen, dieser aber tatsächlich niemals geschlossen worden ist. Teilweise wird vertreten, dass es in diesem Fall an einem notwendigen Bindungswillen der Parteien für eine wirksame Schiedsvereinbarung fehle (OLG Oldenburg v. 17.1.2007 – 9 SchH 07/06, http://www.dis-arb.de/de/47/datenbanken/rspr/olg-oldenburg-az-9-schh-07-06datum-2007-01-17-id736). Zudem stellt nach der Rechtsprechung des BGH der formularmäßige Ausschluss 20 des Schiedsrichterbenennungsrechts oder die namentliche Festlegung der Person des Schiedsrichters zwar eine unangemessene Benachteiligung i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, weil dadurch der Einfluss auf die Besetzung des Schiedsgerichts praktisch unmöglich gemacht wird. Dies führe aber laut BGH nicht zur Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung, da gemäß § 1034 Abs. 2 Satz 1 ZPO die benachteiligte Partei bei Gericht beantragen kann, den oder die Schiedsrichter abweichend von der vereinbarten Ernennungsregelung zu bestellen (BGH v. 1.3.2007 – III ZR 164/06, NJW-RR 2007, 1466 = SchiedsVZ 2007, 163 [164], Tz. 16). Grundsätzlich wirkt die Schiedsvereinbarung ausschließlich zwischen den Par- 21 teien. In seltenen Konstellationen sind auch Dritte vom Wirkungskreis der Schiedsvereinbarung betroffen. Allgemein anerkannt ist, dass auch ein Sonderrechtsnachfolger dann einer Schiedsvereinbarung unterworfen ist, wenn die Nachfolge das von der Vereinbarung betroffene Rechtsverhältnis umfasst. Ist eine Schiedsklausel mit einem Recht verbunden, das abgetreten wird, gehen nach dem Rechtsgedanken des § 401 BGB i.d.R. auch die Rechte und Pflichten aus der Schiedsklausel auf den Rechtsnachfolger über (BGH v. 2.3.1978 – III ZR 99/76, BGHZ 71, 162 [165] = NJW 1978, 1585; BGH v. 2.10.1997 – III ZR 2/96, NJW 1998, 371). Gleiches gilt auch im Fall einer Vertragsübernahme sowie einer „gesetzlich normierten Vertragsübernahme“ wie z.B. nach § 566 BGB (BGH v. 3.5.2000 – XII ZR 42/98, NJW 2000, 2346; OLG Frankfurt/M. v. 31.7. 2006 – 26 Sch 08/06, juris, Bürgerservice Hessenrecht). Bei der DIS wurde eine Projektgruppe zur Prüfung der Einführung einer Streitverkündungsmöglichkeit in DIS-Schiedsverfahren gebildet, deren Arbeiten bei Drucklegung noch andauerten. Auch der Insolvenzverwalter ist an eine von dem Gemeinschuldner geschlossene 22 Schiedsabrede gebunden, sofern diese vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgeschlossen wurde; nicht hingegen an eine Schiedsabrede des GemeinHauser
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Art. 1 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften schuldners, wenn es in der Streitigkeit um Rechte des Insolvenzverwalters selbst geht, die insolvenzspezifisch sind, also auf der Insolvenzordnung beruhen (BGH v. 30.6.2011 – III ZB 59/10, SchiedsVZ 2011, 281 [283], Tz. 14 = DZWIR 2011, 433 [435]). 23 Strittig ist schließlich, ob Schiedsvereinbarungen von der Handlungsvollmacht
i.S.v. § 54 HGB umfasst sind. Nach dem OLG München soll dies nicht der Fall sein. Dies wird zum einen mit dem Schutzzweck des § 54 Abs. 2 HGB begründet, da ein Prozess die elementare Geschäftsbeziehung zwischen Geschäftsherrn und Prozessgegner betrifft und oft mit unvorhersehbaren Kosten verbunden ist, sodass eine solche Entscheidung nur dem Geschäftsherrn selbst vorbehalten sein sollte. Dies ergebe sich auch aus dem Wortlaut von § 54 Abs. 2 HGB, da zu dem Begriff „Prozessführung“ auch die Frage gehöre, welcher Rechtsweg im Falle einer Streitigkeit eröffnet werden soll (OLG München v. 19.8.2008 – 34 SchH 7/07, NJW-RR 2009, 417 [418 f.]). In der Literatur werden hiergegen vor dem Hintergrund Bedenken erhoben, dass der Handlungsbevollmächtigte möglicherweise selbst alltägliche Verträge nicht abschließen könnte, weil diese oft Schiedsvereinbarungen enthalten und die Bevollmächtigung insofern kaum praktischen Nutzen hätte (Meyer in BeckOK HGB, § 54 Rz. 35 f. m.w.N.).
24 Praxis der DIS. Die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung wird bei der Einlei-
tung einer Schiedsklage von der DIS-Geschäftsstelle nicht abschließend und umfassend überprüft, sondern lediglich dahingehend, ob die Mindestanforderungen des Art. 5.2 erfüllt sind. In Fällen, in denen dies offensichtlich nicht der Fall ist, wird die DIS i.d.R. das Verfahren nicht eröffnen, sondern den Kläger auf die entsprechenden Defizite hinweisen. Ist die Bezugnahme auf die SchO der DIS hingegen lediglich zweifelhaft, hängt die Verfahrensweise von den Umständen des Einzelfalls ab. Auch hier wird die DIS den Kläger ggf. auf mögliche Probleme in Bezug auf die Wirksamkeit oder den Anwendungsbereich hinweisen (vgl. Quinke in DIS Article by Article Commentary, Art. 1 Rz. 15).
25 Letztlich entscheidet das Schiedsgericht über die Wirksamkeit der Schiedsver-
einbarung, wenn der Beklagte dessen Zuständigkeit in Frage stellt (Grundsatz der Kompetenz-Kompetenz). Fällt die Entscheidung des Schiedsgerichts über seine Zuständigkeit positiv aus, kann der Beklagte diese von den staatlichen deutschen Gerichten überprüfen lassen, sofern der Schiedsort in Deutschland liegt (ausländische Rechtsordnungen sehen meist ähnliche Regelungen vor; im Anerkennungs- und Vollstreckungsstadium überprüfen deutsche Gerichte auch die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung ausländischer Schiedssprüche). Dies ist sogar dann möglich, wenn die Entscheidung des Schiedsgerichts in Form eines Zwischenentscheides erlassen worden ist. Voraussetzung ist, dass der Antrag auf Überprüfung innerhalb eines Monats nach der schriftlichen Entscheidungsmitteilung bei dem staatlichen Gericht eingereicht wird, § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO.
26 Kommt das Gericht zu der Entscheidung, dass es nicht zuständig ist, erlässt es
einen endgültigen Schiedsspruch (sog. Prozessschiedsspruch). Dieser kann nur in einem Aufhebungsverfahren von den zuständigen Gerichten überprüft wer724
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Anwendungsbereich | Art. 1 DIS-SchO
den, § 1059 ZPO. Allerdings kann ein solches Verfahren nicht allein darauf gestützt werden, das Schiedsgericht habe seine Zuständigkeit zu Unrecht verneint (BGH NJW 2002, 3031).
B. Dynamische Verweisung (Art. 1.2) I. Normzweck Durch die Regelung, wonach die DIS-SchO in ihrer bei Beginn des schiedsrich- 27 terlichen Verfahrens (Art. 6 Rz. 3) gültigen Fassung Anwendung findet, soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass die SchO im Laufe der Zeit geändert, überarbeitet und angepasst werden kann. Gerade aufgrund der wesentlichen Unterschiede zwischen der aktuellen DIS-SchO und der DIS-SchO 1998 ist es für die Parteien wichtig zu wissen, welche SchO im Streitfall Anwendung findet. Da in der DIS-SchO auch die maßgeblichen Verfahrensregeln festgelegt sind, ist die Regelung auch im Hinblick auf § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO sinnvoll, um Aufhebungsrisiken von Schiedssprüchen zu minimieren.
II. Reform Während § 1 Abs. 2 DIS-SchO 1998 noch ausdrücklich vorsah, dass abweichende 28 Parteivereinbarungen möglich sind, ist dies dem Wortlaut nach Art. 1.2 nicht mehr vorgesehen. Da Schiedsverfahren charakteristischerweise maßgeblich durch Parteivereinbarungen gestaltet werden können, muss auch unter Art. 1.2 eine abweichende Bestimmung der Parteien möglich sein, z.B. dass die bei Abschluss eines Vertrages geltende Schiedsordnung Anwendung finden soll.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die Regelungen in §§ 1025 ff. ZPO haben neben Art. 1.2 keine eigenständige Be- 29 deutung.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Die in Änderungsgesetzen enthaltenen Übergangsvorschriften bestimmen bei 30 Änderungen des im staatlichen Verfahren geltenden Prozessrechts, welchen zeitlichen Anwendungsbereich die geänderten Vorschriften des Stammgesetzes haben sollen.
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Art. 1 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften V. Einzelerläuterungen 31 Nach Art. 1.2 gilt die neue DIS-SchO gemäß Art. 1.2 i.V.m. Art. 6 für alle
Schiedsverfahren, die am oder nach dem 1.3.2018 begonnen haben. Fraglich ist, wie die DIS es handhabt, wenn in der Schiedsvereinbarung der Parteien auf die DIS-SchO 1998 (oder eine noch frühere Fassung) verwiesen wird. Außer Frage steht, dass alte, bereits laufende Verfahren weiterhin nach den alten Regeln administriert werden. Darüber hinaus ist die DIS jedoch bestrebt, alle neuen Verfahren nach der aktuellen DIS-SchO zu administrieren, sodass ein entsprechender Hinweis an die Parteien ergehen wird; dies insb. vor dem Hintergrund, dass die DIS-Institutionen bzgl. ihrer Administration und Aufgabenverteilung auf Schiedsverfahren nach der neuen DIS-SchO ausgerichtet sind.
C. Anlagen der DIS-Schiedsordnung (Art. 1.3) I. Normzweck 32 Art. 1.3 listet die Anlagen zur DIS-SchO auf. Die DIS-SchO 1998 enthielt keine
Art. 1.3 entsprechende Regelung. Der Verweis auf die Anlagen der DIS dient dem Zweck, die DIS-SchO möglichst schlank zu formulieren (vgl. DIS, Leitlinien Reform DIS-Schiedsgerichtsordnung). Da dies nicht zulasten der Effizienz und allgemeinen Transparenz der DIS-Institutionen und Schiedsverfahren gehen soll, wird auf die verschiedenen Anlagen als Bestandteil der DIS-SchO verwiesen.
33 Im Zusammenhang mit Anlage 4 und Anlage 5 ist insoweit zu beachten, dass
diese nur anzuwenden sind, sofern die Parteien ausdrücklich deren Anwendbarkeit vereinbaren („Opt-In“).
II. Einzelerläuterungen 34 Anlage 1 ist die Geschäftsordnung der DIS. Sie wurde im Zuge der Reform neu
eingefügt und regelt u.a. die Zuständigkeiten und die interne Organisation des DIS-Rates für Schiedsgerichtsbarkeit, der Verfahrensausschüsse, der Ernennungsausschüsse und des DIS-Sekretariats.
35 Die Kostenordnung (zuvor als Anlage zu § 40 Abs. 5 DIS-SchO 1998) ist nun in
Anlage 2 geregelt. Sie wurde zum 1.7.2021 überarbeitet.
36 Anlage 3 enthält verschiedene Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffi-
zienz, der sich die Parteien und das Schiedsgericht gewissermaßen als „Toolbox“ bedienen können. Insbesondere hat das Schiedsgericht die Befugnis, Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz nach seinem Ermessen festzulegen (Anlage 3 a.E.). Insofern trägt die neue Anlage 3 dazu bei, in die DIS-SchO Grundsätze zur Effizienzsteigerung einzuführen (vgl. DIS, Leitlinien Reform DIS-Schiedsgerichtsordnung). 726
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Funktion der DIS | Art. 2 DIS-SchO
Bisher waren die Ergänzenden Regeln für beschleunigte Verfahren (ERBV) se- 37 parat geregelt. Nunmehr sind sie in Anlage 4 enthalten. Die Anwendung von Anlage 4 setzt – im Gegensatz zu den Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz in Anlage 3 – voraus, dass die Parteien sich auf das beschleunigte Verfahren einigen (Art. 1 Abs. 4). Anlage 5 enthält die Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitig- 38 keiten, die vorher als separates Regelwerk bestanden (ERGeS) und ebenfalls nur zur Anwendung kommen, soweit ausdrücklich vereinbart. In Anlage 6 ist schließlich die KMO geregelt.
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D. Anwendbarkeit der Anlagen 4 und 5 (Art. 1.4) Der neu eingefügte Art. 1.4 bestimmt, dass die Normen in Anlage 4 bzw. Anla- 40 ge 5 nur ergänzend zur DIS-SchO Anwendung finden. Sofern die Spezialregelungen gemäß Anlage 4 oder Anlage 5 Anwendung finden, verdrängen sie als leges speciales die kollidierenden allgemeinen Regelungen in der DIS-SchO.
Artikel 2 Funktion der DIS 2.1 Die DIS administriert Schiedsverfahren gemäß dieser Schiedsgerichtsordnung und unterstützt in dieser Funktion die Parteien und das Schiedsgericht bei der effizienten Verfahrensführung. Die DIS entscheidet Streitigkeiten nicht selbst. 2.2 Bei der DIS kann außerdem die Bestellung eines Konfliktmanagers gemäß der Konfliktmanagementordnung (Anlage 6) beantragt werden. Der Konfliktmanager berät und unterstützt die Parteien bei der Auswahl des für ihren Fall am besten geeigneten Konfliktlösungsverfahrens. Die Bestellung eines Konfliktmanagers kann vor Einleitung eines Schiedsverfahrens, aber auch im Laufe eines Schiedsverfahrens beantragt werden. Ein Konfliktmanager wird nur bestellt, wenn keine Partei widerspricht. Anlage 1: Geschäftsordnung Artikel 1: Anwendungsbereich Diese Geschäftsordnung für das Administrieren von Schiedsverfahren gemäß der Schiedsgerichtsordnung regelt die Funktionsweise des DIS-Rates für Schiedsgerichtsbarkeit („DIS-Rat“), des DIS-Ernennungsausschusses und des DIS-Sekretariats. Artikel 2: Befugnisse des DIS-Rates, des DIS-Ernennungsausschusses und des DIS-Sekretariats 2.1 Der DIS-Rat und der DIS-Ernennungsausschuss treffen die Entscheidungen und üben die Befugnisse und Tätigkeiten aus, die ihnen gemäß der Schiedsgerichtsordnung übertragen sind. Sie werden bei ihrer Arbeit vom DIS-Sekretariat unterstützt.
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Art. 2 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften 2.2 Das DIS-Sekretariat unter der Leitung des DIS-Generalsekretärs („Generalsekretär“) trifft die Entscheidungen und übt die Befugnisse und Tätigkeiten aus, die der DIS gemäß der Schiedsgerichtsordnung übertragen sind oder die die DIS für zweckmäßig hält, um das jeweilige Schiedsverfahren ordnungsgemäß zu administrieren. Das DIS-Sekretariat kann jederzeit den DIS-Rat, den gemäß Artikel 4.2 zuständigen DIS-Verfahrensausschuss oder den DIS-Ernennungsausschuss konsultieren. Artikel 3: Der DIS-Rat für Schiedsgerichtsbarkeit 3.1 Der DIS-Rat besteht aus mindestens 15 Mitgliedern („DIS-Ratsmitglieder“). Die DISRatsmitglieder sollen aus mindestens fünf unterschiedlichen Ländern stammen und praktische Erfahrung in nationaler und internationaler Schiedsgerichtsbarkeit aufweisen. Für die DIS-Ratsmitglieder gelten die Bestimmungen von Ziffer 6 der DIS-Integritätsgrundsätze. 3.2 Die DIS-Ratsmitglieder werden vom geschäftsführenden DIS-Vorstand (§ 7.2 der DISSatzung) nach Anhörung des Vorsitzenden des DIS-Beirats ernannt. Geschäftsführende Vorstandsmitglieder der DIS, Mitglieder des DIS-Ernennungsausschusses und Mitarbeiter des DIS-Sekretariats dürfen nicht als DIS-Ratsmitglieder ernannt werden. 3.3 Die Amtszeit eines DIS-Ratsmitglieds beträgt vier Jahre und kann einmal verlängert werden. 3.4 Der DIS-Rat hält mindestens einmal jährlich eine Plenarsitzung ab, um Themen von allgemeiner Bedeutung für seine Praxis zu erörtern und zu entscheiden. Das DIS-Sekretariat nimmt an den Plenarsitzungen teil und kann die Mitglieder des DIS-Ernennungsausschusses hierzu einladen. Die Teilnahme an einer Plenarsitzung kann persönlich oder über geeignete Kommunikationsmittel erfolgen. 3.5 Die DIS-Ratsmitglieder wählen aus ihrer Mitte einen Präsidenten und bis zu zwei Vizepräsidenten. Der Präsident, oder bei seiner Verhinderung einer der Vizepräsidenten, lädt zu den Plenarsitzungen ein und führt den Vorsitz. 3.6 Die dem DIS-Rat übertragenen Entscheidungen in Bezug auf ein Schiedsverfahren werden allein von dem gemäß Artikel 4.2 zuständigen DIS-Verfahrensausschuss getroffen. Der DIS-Rat ist nicht befugt, die Entscheidungen eines DIS-Verfahrensausschusses zu überprüfen, abzuändern oder aufzuheben. 3.7 Der DIS-Rat kann nach Rücksprache mit dem DIS-Sekretariat interne Richtlinien erlassen, die alle DIS-Verfahrensausschüsse zu beachten haben. Artikel 4: Die DIS-Verfahrensausschüsse 4.1 Das DIS-Sekretariat bildet mindestens fünf Ausschüsse zur Betreuung von Schiedsverfahren („DIS-Verfahrensausschüsse“) mit je drei DIS-Ratsmitgliedern. 4.2 Nach Eingang einer Schiedsklage weist das DIS-Sekretariat das Schiedsverfahren einem DIS-Verfahrensausschuss zur Betreuung zu. Das DIS-Sekretariat kann jederzeit die Betreuung des Schiedsverfahrens einem anderen DIS-Verfahrensausschuss zuweisen oder ein DIS-Ratsmitglied in einem DIS-Verfahrensausschuss durch ein anderes DIS-Ratsmitglied ersetzen. Sämtliche Entscheidungen gemäß Artikel 4.2 trifft das DIS-Sekretariat nach seinem Ermessen und berücksichtigt dabei insbesondere den jeweiligen Arbeitsanfall, etwaige Interessenkonflikte und sonstige Verhinderungen der betreffenden DIS-Ratsmitglieder. 4.3 Ein DIS-Ratsmitglied, das in Bezug auf ein Schiedsverfahren einen Interessenkonflikt hat, hat diesen unverzüglich dem DIS-Sekretariat offenzulegen und darf ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung an einer Entscheidung im Zusammenhang mit dem betreffenden Schiedsverfahren nicht mehr mitwirken. Das betroffene DIS-Ratsmitglied darf keine wei-
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Funktion der DIS | Art. 2 DIS-SchO teren Informationen oder Unterlagen bezüglich des betreffenden Schiedsverfahrens erhalten und hat bereits erhaltene Unterlagen zurückzugeben oder zu vernichten. 4.4 Entscheidungen eines DIS-Verfahrensausschusses erfolgen mit Stimmenmehrheit seiner Mitglieder. Ein Quorum von zwei Mitgliedern ist erforderlich. 4.5 Das DIS-Sekretariat bereitet für die Entscheidungen der DIS-Verfahrensausschüsse eine schriftliche Stellungnahme als Entscheidungsgrundlage vor, die gegebenenfalls auf die Praxis anderer DIS-Verfahrensausschüsse in vergleichbaren Fällen hinweisen soll und auch unverbindliche Empfehlungen enthalten kann. Artikel 5: Spezialisierte DIS-Verfahrensausschüsse 5.1 Sämtliche Schiedsverfahren, die von der DIS nach der Schiedsgerichtsordnung einer Industrie- und Handelskammer mit Verweis auf die DIS-Schiedsgerichtsordnung administriert werden, sollen demselben Verfahrensausschuss zugewiesen werden. 5.2 Die DIS kann jederzeit weitere Verfahrensausschüsse mit Schwerpunkttätigkeiten bilden, zum Beispiel für bestimmte Regionen oder für bestimmte Arten von Schiedsverfahren. Artikel 6: Der DIS-Ernennungsausschuss 6.1 Der DIS-Ernennungsausschuss besteht aus drei ständigen Mitgliedern und drei stellvertretenden Mitgliedern. Die Mitglieder des DIS-Ernennungsausschusses sollen praktische Erfahrung in nationaler und internationaler Schiedsgerichtsbarkeit aufweisen. Für die Mitglieder des DIS-Ernennungsausschusses gilt Ziffer 3 der DIS-Integritätsgrundsätze. 6.2 Die Mitglieder des DIS-Ernennungsausschusses werden vom geschäftsführenden DISVorstand (§ 7.2 der DIS-Satzung) nach Anhörung des Vorsitzenden des DIS-Beirats ernannt. Geschäftsführende Vorstandsmitglieder der DIS, DIS-Ratsmitglieder und Mitarbeiter des DIS-Sekretariats dürfen nicht als Mitglieder des DIS-Ernennungsausschusses ernannt werden. 6.3 Die Amtszeit eines Mitglieds des DIS-Ernennungsausschusses beträgt drei Jahre und kann einmal verlängert werden. 6.4 Ein Mitglied des DIS-Ernennungsausschusses, das in Bezug auf ein Schiedsverfahren einen Interessenkonflikt hat, hat diesen unverzüglich dem DIS-Sekretariat offenzulegen und darf ab dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung an einer Entscheidung im Zusammenhang mit dem betreffenden Schiedsverfahren nicht mehr mitwirken. Das betroffene Mitglied des DIS-Ernennungsausschusses darf keine weiteren Informationen oder Unterlagen bezüglich des betreffenden Schiedsverfahrens erhalten und hat bereits erhaltene Unterlagen zurückzugeben oder zu vernichten. 6.5 Entscheidungen des DIS-Ernennungsausschusses treffen die ständigen Mitglieder. Ein wegen eines Interessenkonflikts oder aus sonstigen Gründen verhindertes Mitglied des DIS-Ernennungsausschusses wird durch ein vom DIS-Sekretariat zu bestimmendes stellvertretendes Mitglied vertreten. 6.6 Der DIS-Ernennungsausschuss entscheidet mit Stimmenmehrheit. 6.7 Das DIS-Sekretariat bereitet für jede Entscheidung des DIS-Ernennungsausschusses eine schriftliche Stellungnahme als Entscheidungsgrundlage vor, die gegebenenfalls auf die Praxis des Ernennungsausschusses in vergleichbaren Fällen hinweisen soll und auch unverbindliche Empfehlungen enthalten kann. Artikel 7: Das DIS-Sekretariat 7.1 Im DIS-Sekretariat werden die Schiedsverfahren vom Case Management Team der DIS unter Leitung des Stellvertretenden Generalsekretärs administriert.
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Art. 2 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften 7.2 Der Generalsekretär kann den Stellvertretenden Generalsekretär oder einen anderen DIS-Mitarbeiter ermächtigen, bei seiner Abwesenheit oder Verhinderung über die Bestellung eines Schiedsrichters gemäß Artikel 13.3 der Schiedsgerichtsordnung zu entscheiden. 7.3 Das DIS-Sekretariat kann Mitteilungen und andere Unterlagen zur Information der Parteien und der Schiedsrichter oder zur ordnungsgemäßen Durchführung von Schiedsverfahren gemäß der Schiedsgerichtsordnung veröffentlichen. Artikel 8: Schriftstücke und Mitteilungen, Begründungen, Vertraulichkeit 8.1 Sämtliche Schriftstücke, die nach der Schiedsgerichtsordnung an die DIS zu senden sind, und sämtliche Mitteilungen, die an den DIS-Rat, einen DIS-Verfahrensausschuss oder den DIS-Ernennungsausschuss gerichtet sind, sind an das DIS-Sekretariat zu senden. 8.2 Sämtliche Mitteilungen und Zustellungen von Entscheidungen des DIS-Ernennungsausschusses und der DIS-Verfahrensausschüsse an die Parteien oder Schiedsrichter in Bezug auf ein Schiedsverfahren erfolgen ausschließlich durch das DIS-Sekretariat. 8.3 Die Gründe für Entscheidungen der DIS-Verfahrensausschüsse und des DIS-Ernennungsausschusses werden nicht bekanntgegeben. 8.4 Informationen und Unterlagen zu einem Schiedsverfahren sowie zur Tätigkeit des DIS-Ernennungsausschusses, des DIS-Rates, eines DIS-Verfahrensausschusses und des DIS-Sekretariats sind vertraulich zu behandeln, soweit in Artikel 44 der Schiedsgerichtsordnung nichts anderes bestimmt ist. Artikel 9: Amtsenthebung eines Schiedsrichters gemäß Artikel 16.2 der Schiedsgerichtsordnung 9.1 Eine Partei, die der Ansicht ist, dass ein Schiedsrichter seine Aufgaben gemäß der Schiedsgerichtsordnung nicht erfüllt oder außerstande ist oder sein wird, diese in Zukunft zu erfüllen, kann einen Antrag auf Amtsenthebung gemäß Artikel 9.2 stellen. 9.2 Der Antrag auf Amtsenthebung hat die Tatsachen und Umstände, auf die der Antrag gestützt wird, sowie die Mitteilung zu enthalten, wann die antragstellende Partei von diesen Tatsachen und Umständen Kenntnis erlangt hat. Der Antrag auf Amtsenthebung ist spätestens 14 Tage nach der Kenntniserlangung bei der DIS einzureichen. 9.3 Die DIS übermittelt den Antrag auf Amtsenthebung dem betroffenen Schiedsrichter, den anderen Schiedsrichtern und der anderen Partei und setzt ihnen eine Frist zur Stellungnahme. Sie übermittelt die eingereichten Stellungnahmen den Parteien und den Schiedsrichtern. 9.4 Über den Antrag auf Amtsenthebung entscheidet der gemäß Artikel 4.2 zuständige DIS-Verfahrensausschuss. 9.5 Ist der gemäß Artikel 4.2 zuständige DIS-Verfahrensausschuss der Ansicht, dass ein Schiedsrichter seine Aufgaben gemäß der Schiedsgerichtsordnung nicht erfüllt oder außerstande ist oder sein wird, diese Pflichten zu erfüllen, kann er den betreffenden Schiedsrichter nach Anhörung der Parteien und der Schiedsrichter auch ohne Antrag einer Partei seines Amtes entheben. Artikel 10: Übergangsregelung Bis zu einer Änderung der DIS-Satzung haben die Bestimmungen des § 14 der DIS-Satzung zum DIS-Ernennungsausschuss Vorrang vor den Bestimmungen des Artikels 6 dieser Geschäftsordnung.
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Funktion der DIS | Art. 2 DIS-SchO Regelungsschwerpunkte: Art. 2.1 regelt die Funktionen der DIS als verfahrensadministrierende Institution und stellt klar, dass sie als solche keine Entscheidungen in den Streitigkeiten selbst trifft. → Rz. 6–7; Art. 2.2 legt die Regelungen zur Bestellung eines Konfliktmanagers fest. → Rz. 8–9; Anlage 1 (Geschäftsordnung) ist das zentrale Regelwerk für die interne Struktur der DIS im Zusammenhang mit der Administration von Schiedsverfahren. Sie trifft insb. Regelungen zur Funktionsweise des DIS-Rates für Schiedsgerichtsbarkeit → Rz. 11 ff., des DIS-Ernennungsausschusses → Rz. 32 ff. und des DIS-Sekretariats. → Rz. 48 ff. A. I. II. III. IV. V. 1. 2. VI.
Funktion der DIS (Art. 2) . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zum X. Buch der ZPO Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Einzelerläuterung . . . . . . . . . . . Funktion der DIS (Art. 2.1) . . . . Bestellung eines Konfliktmanagers (Art. 2.2) . . . . . . . . . . . . . . Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
B. Anlage 1 (Geschäftsordnung) . . I. Der DIS-Rat für Schiedsgerichtsbarkeit (Art. 3 Anlage 1) . . . . . .
__ __ __ _ ___ _ 1 1 3 4 5 6 6
8 10 11 11
1. Funktion und Aufgabenbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zusammensetzung und interne Organisation . . . . . . . . 3. Verfahrensausschüsse . . . . . . . 4. Kommunikation und Vertraulichkeit . . . . . . . . . . . . II. Der DIS-Ernennungsausschuss (Art. 6 Anlage 1) . . . . . . . . . . 1. Funktion und Aufgabenbereiche . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Zusammensetzung . . . . . . . . . 3. Entscheidungsfindung . . . . . . III. Das DIS-Sekretariat (Art. 7 Anlage 1) . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . .
_ __ _ _ __ _ _ 11 16 22 28 32 33 39 43 48
Literatur: Elsing/Shchavelev, Die neue DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018, IPRax 2018, 461 ff.; Mazza, Das ADR-Portfolio der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS), KSzW 2013, 126; Menz/Toscanelli, DIS-Verfahren aus dem Jahre 2015 – ein statistischer Zwischenstand, SchiedsVZ 2018, 114 ff.; Pörnbacher/Lederer, Die Reform der DISSchiedsgerichtsordnung, BB 2018, 707 ff.; Scherer, Die Konfliktmanagementordnung der DIS – eine innovative Verfahrenswahl-Verfahrensordnung, SchiedsVZ 2010, 122 ff.
A. Funktion der DIS (Art. 2) I. Normzweck Art. 2.1 dient der Klarstellung hinsichtlich der Funktion und Aufgabe der DIS 1 und betont die Verfahrenseffizienz als Leitmotiv der DIS-SchO. Funktion der DIS ist demnach die Administration von Schiedsverfahren nach der DIS-SchO und die Unterstützung ihrer Nutzer im Zuge dessen; nicht hingegen die Entscheidung der Streitigkeiten in der Sache selbst – dies ist ureigene Aufgabe des im einzelnen Streitfall zuständigen Schiedsgerichts. Art. 2.2 informiert über die Möglichkeit, die Bestellung eines Konfliktmanagers 2 nach der KMO (Anlage 6) zu beantragen. Die DIS stellt hiermit ein zusätzliches Angebot an die Parteien zu effizienter Konfliktlösung bereit. Hauser
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Art. 2 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften II. Reform 3 Art. 2 wurde im Zuge der Reform neu eingeführt. Art. 2.1 wendet sich insb. an
Nutzer, die mit Schiedsverfahren im Allgemeinen und der DIS-SchO im Besonderen nicht besonders vertraut sind und erläutert diesen, welche Funktion die DIS im Verfahren wahrnimmt und welche nicht. Art. 2.1 hat somit eine Klarstellungsfunktion und soll Missverständnisse der Parteien vermeiden bzw. solchen vorbeugen. Während der frühere § 2 Abs. 1 und der § 2 Abs. 3 DIS-SchO 1998 sich nun in Art. 9.2 wiederfinden, wurde § 2 Abs. 2 DIS-SchO 1998 (wonach der Vorsitzende des Schiedsgerichts oder der Einzelschiedsrichter „Jurist“ sein musste) ersatzlos gestrichen.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 4 Art. 2 steht in keiner bestimmten Beziehung zu den Vorschriften des X. Buches
der ZPO; dort existieren keine vergleichbaren Vorschriften.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 5 Im staatlichen Verfahren gibt es keine Art. 2.1 bzw. Art. 2.2 unmittelbar entspre-
chenden Vorschriften. Funktion und Struktur staatlicher Gerichtsverfahren in Deutschland sind im Wesentlichen im GVG geregelt, die internen Abläufe der Gerichte in Geschäftsverteilungsplänen.
V. Einzelerläuterung 1. Funktion der DIS (Art. 2.1) 6 Art. 2.1 beschreibt die Funktion der DIS als administrative Schiedsinstitution.
Die Vorschrift hat eine erläuternde und klarstellende Funktion, insb. für solche Personen oder Nutzer der DIS, die mit Schiedsverfahren weniger vertraut sind. Die Vorschrift erläutert, dass die DIS Schiedsverfahren verwaltet, aber die Streitigkeiten (zum Begriff vgl. Art. 1 Rz. 5) in der Sache nicht selbst entscheidet. Das DIS-Sekretariat und dort das Case Management Team (Art. 7.1 Anlage 1) ist u.a. dafür zuständig, die anhängigen, internationalen und nationalen DISSchiedsverfahren zu betreuen, Schiedsklagen und Schriftstücke in anderen DISVerfahren entgegenzunehmen und diese zu registrieren. Es ist ferner dafür zuständig, alle eingehende und ausgehende Korrespondenz mit den Parteien, Verfahrensbevollmächtigten sowie Schiedsrichtern zu bearbeiten. Zur Gewährleistung der effizienten Verfahrensführung sowie zur Beschleunigung der Schiedsverfahren hat das DIS Case Management Team die Aufgabe, die Verfahrensfristen zu kontrollieren. Da in allen Verfahren Kosten anfallen und manche 732
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Funktion der DIS | Art. 2 DIS-SchO
davon bereits im Voraus gezahlt bzw. bevorschusst werden müssen (Art. 35 Rz. 11), muss das DIS Case Management Team auch stets die finanziellen Aspekte der laufenden Verfahren im Blick behalten. Die Parteien, Rechtsbeistände und Schiedsrichter können das DIS-Sekretariat jederzeit um Unterstützung bitten; sofern notwendig, wird sich die DIS auch gegenüber den Parteien und Schiedsrichtern proaktiv in das Verfahren einschalten. Die schiedsrichterliche Unabhängigkeit beachtet das DIS-Sekretariat hierbei selbstverständlich. Art. 2.1 betont zudem die Verfahrenseffizienz als Leitmotiv von DIS-Schiedsver- 7 fahren. Hierdurch soll klargestellt werden, dass sowohl die DIS als auch die Parteien selbst stets versuchen sollten, auf eine effiziente Verfahrensführung hinzuwirken. 2. Bestellung eines Konfliktmanagers (Art. 2.2) Sowohl vor als auch nach Einleitung des Schiedsverfahrens können die Parteien 8 die Bestellung eines Konfliktmanagers beantragen. Dieser wird jedoch nur dann bestellt, wenn keine Partei widerspricht. Die Parteien können die Durchführung des Konfliktmanagementverfahrens nach der KMO vereinbaren. Alternativ kann eine Partei die Einleitung des Konfliktmanagementverfahrens beantragen und die andere Partei stimmt der Durchführung des Verfahrens schriftlich zu (§ 1 DIS-KMO, Rz. 8). Im Konfliktmanagementverfahren besprechen die Parteien zeitnah nach Auftre- 9 ten einer Streitigkeit, welches Streitbeilegungsverfahren sie durchführen wollen, um eine sowohl unter wirtschaftlichen als auch unter rechtlichen Gesichtspunkten gute Lösung zu finden (§ 2 Satz 1 DIS-KMO). Der Konfliktmanager berät dabei die Parteien und unterstützt sie in ihrer Entscheidung – er selbst hat jedoch keine Entscheidungsbefugnis. Die Beratung durch den Konfliktmanager soll den Parteien gemäß § 6.2 (1) DIS-KMO insb. bei der Entscheidung helfen, ob eine einvernehmliche Streiterledigung mit Unterstützung durch einen neutralen Dritten, ein Votum durch einen sachkundigen neutralen Dritten oder die Entscheidung durch ein (Schieds-)Gericht zweckmäßig ist.
VI. Kosten Art. 2 hat keine unmittelbaren Kostenfolgen für ein Schiedsverfahren. Sofern die 10 Parteien einen Konfliktmanager bestellen, ist zu beachten, dass durch das Konfliktmanagementverfahren nach Art. 2.2 i.V.m. der DIS-KMO zusätzliche Kosten nach Art. 9.1 DIS-KMO auf die Parteien zukommen (→ Anlage 6 Rz. 19).
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Art. 2 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften B. Anlage 1 (Geschäftsordnung) I. Der DIS-Rat für Schiedsgerichtsbarkeit (Art. 3 Anlage 1) 1. Funktion und Aufgabenbereiche 11 Funktion. Der im Zuge der Reform neu geschaffene DIS-Rat für Schieds-
gerichtsbarkeit tritt neben den DIS-Ernennungsausschuss und ist für bestimmte zentrale Verfahrensentscheidungen zuständig. Der DIS-Rat soll die Internationalisierung der DIS unterstützen und die Rolle der DIS stärken sowie zur Transparenz und Effizienz von Schiedsverfahren beitragen (Pörnbacher/Lederer, BB 2018, 707 [710 f.]; Besch/Kreuzeder, RIW 2018, 256 [258]). Mittelbar soll die Einschaltung des DIS-Rats der höheren Akzeptanz von Entscheidungen dienen.
12 Aufgabenbereiche. Der DIS-Rat übernimmt wesentliche administrative Ent-
scheidungen, für die es vor der Reform der DIS-SchO entweder keine spezielle Regelung gab (etwa die Entscheidung über den einseitigen Antrag auf Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter nach Art. 10.2) oder die nach der DIS-SchO 1998 den Schiedsgerichten zugewiesen waren. Die Schaffung des DIS-Rats ist damit eine von mehreren Maßnahmen, um die Schiedsgerichte zu entlasten und administrative Themen stärker auf die Institutionsebene zu verlagern.
13 Zu den Aufgaben des DIS-Rats gehören insb. die Überprüfung des vom Schieds-
gericht festgelegten Streitwerts auf Antrag einer Partei (Art. 36.3), die Festsetzung des Schiedsrichterhonorars bei vorzeitiger Verfahrensbeendigung (Art. 34.4) und die Entscheidung über die Ablehnung (Art. 15.4), den Rücktritt (Art. 16.1 (ii)) oder die Amtsenthebung von Schiedsrichtern (Art. 16.2). Der DIS-Rat kann außerdem das Honorar eines oder mehrerer Schiedsrichter nach seinem Ermessen herabsetzen, sofern diese das Verfahren nicht sorgfältig und effizient geführt haben (Art. 34.4). Der DIS-Rat entscheidet auch über das Absehen von der Bestellung eines Ersatzschiedsrichters (Art. 16.4) oder das Verfahren für die Bestellung eines Ersatzschiedsrichters (Art. 16.5). In Mehrparteienverfahren entscheidet der DIS-Rat ggf. über die getrennte und unterschiedliche Höhe der jeweiligen Anteile an der vorläufigen Sicherheit und Kostensicherheit (Art. 35.7). Zudem entscheidet der DIS-Rat über die Beendigung des Schiedsverfahrens, wenn die von der DIS eingeforderten vorläufigen Sicherheiten, Kostensicherheiten oder Bearbeitungsgebühren nicht fristgemäß vollständig bezahlt wurden (Art. 42.5).
14 Durch die Übernahme dieser Tätigkeiten soll der DIS-Rat die Schiedsgerichte
von Aufgaben entlasten, die teilweise (wegen des Verbots des „Richtens in eigener Sache“) als schwierig mit dem Amt eines Schiedsrichters vereinbar wahrgenommen wurden.
15 Entgegen entsprechenden ursprünglichen Erwägungen ersetzt der DIS-Rat nicht
den DIS-Ernennungsausschuss, der parallel bestehen bleibt.
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Funktion der DIS | Art. 2 DIS-SchO
2. Zusammensetzung und interne Organisation Zusammensetzung (Art. 3.1 bis Art. 3.3 Anlage 1). Details zu Zusammenset- 16 zung, Ernennung, Amtszeit, Struktur und Arbeitsweise des DIS-Rats sind in Art. 3.1 bis Art. 3.3 Anlage 1 geregelt. Nach Art. 3.1 Anlage 1 besteht der DIS-Rat aus mindestens 14 Mitgliedern, die 17 aus mindestens fünf verschiedenen Ländern stammen und über praktische Erfahrung in nationaler und internationaler Schiedsgerichtsbarkeit verfügen sollen. Bei Redaktionsschluss dieses Kommentars stammten die Mitglieder des DIS-Rats aus 18 verschiedenen Jurisdiktionen bzw. praktizieren dort (http://www.disarb.org/ ueber-uns/organisation/dis-rat-fuer-schiedsgerichtsbarkeit). Nach Art. 3.2, Art. 3.3 Anlage 1 werden die Ratsmitglieder für eine Amtszeit von 18 vier Jahren vom geschäftsführenden DIS-Vorstand nach Anhörung des Vorsitzenden des DIS-Beirats ernannt. Die Amtszeit eines DIS-Ratsmitglieds kann einmal verlängert werden (Art. 3.3 19 Anlage 1). Geschäftsführende Vorstandsmitglieder der DIS, Mitglieder des DISErnennungsausschusses und Mitarbeiter des DIS-Sekretariates dürfen nicht als DIS-Ratsmitglieder ernannt werden (Art. 3.2 Satz 2 Anlage 1). DIS-Ratsmitglieder dürfen während ihrer Amtszeit Mandate als Schiedsrichter 20 unter bestimmten Einschränkungen annehmen und im Übrigen bei Verfahren nach der DIS-SchO als externe Parteivertreter tätig sein (Art. 3.1 Satz 3 Anlage 1 i.V.m. Ziff. 6 der DIS-Integritätsgrundsätze). Interne Organisation (Art. 3.4, Art. 3.5 Anlage 1). Nach Art. 3.4 Anlage 1 hält 21 der DIS-Rat mindestens einmal jährlich eine Plenarsitzung ab, um Themen von allgemeiner Bedeutung für seine Praxis zu erörtern und zu entscheiden. Das DIS-Sekretariat nimmt hieran teil und kann Mitglieder des DIS-Ernennungsausschusses hierzu einladen. Nach Art. 3.5 Anlage 1 wählen die Ratsmitglieder aus ihrer Mitte einen Präsidenten und bis zu zwei Vizepräsidenten. Der Präsident (bei seiner Verhinderung einer der Vizepräsidenten) lädt zu den Plenarsitzungen ein und führt den Vorsitz. 3. Verfahrensausschüsse DIS-Verfahrensausschüsse (Art. 4 Anlage 1). Nach Art. 4.1 Anlage 1 bildet das 22 DIS-Sekretariat mindestens fünf DIS-Verfahrensausschüsse zur Betreuung der einzelnen DIS-Schiedsverfahren. Diese bestehen aus jeweils drei DIS-Ratsmitgliedern. Gemäß Art. 4.2 Anlage 1 weist das DIS-Sekretariat jedes Schiedsverfahren nach Eingang der Schiedsklage nach seinem Ermessen einem Ausschuss zur Betreuung zu. Hierbei berücksichtigt es insb. den Arbeitsanfall, etwaige Interessenkonflikte und sonstige Verhinderungen der jeweiligen DIS-Ratsmitglieder. Das DIS-Sekretariat kann die Betreuung nach seinem Ermessen jederzeit einem anderen DIS-Verfahrensausschuss zuweisen oder ein DIS-Ratsmitglied durch ein anderes ersetzen. Die Mitglieder der einzelnen Ausschüsse führen anhand der Parteien Hauser
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Art. 2 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften des Schiedsverfahrens, für das sie zuständig sein sollen, zu Beginn des Verfahrens einen ersten kursorischen Conflict Check durch und einen weiteren, gründlichen, sofern ihr Tätigwerden erforderlich wird. Im Falle eines Konflikts legt das Ratsmitglied diesen dem Sekretariat unverzüglich offen. Das betreffende Mitglied darf ab dem Zeitpunkt, zu dem es von dem Interessenkonflikt Kenntnis erlangt hat, nicht mehr an den Entscheidungen, die das Schiedsverfahren betreffen, mitwirken. Ebenso darf es keine zusätzlichen Informationen oder Unterlagen im Zusammenhang mit dem betreffenden Schiedsverfahren erhalten. Darüber hinaus muss das Ratsmitglied bereits erhaltene Informationen und Unterlagen vernichten. 23 Durch die Zuweisung von Schiedsverfahren an bestimmte (auch spezialisierte,
Art. 5 Anlage 1) Verfahrensausschüsse soll eine gewisse Kontinuität in Hinblick darauf sichergestellt werden, dass dieselben Ratsmitglieder während der gesamten Dauer eines Verfahrens für alle das Verfahren betreffenden Entscheidungen zuständig sind.
24 Dieser Grundsatz wird freilich durchbrochen, wenn die DIS-Ratsmitgliedschaft al-
ler derzeitigen DIS-Ratsmitglieder turnusgemäß nach vier bzw. maximal acht Jahren endet. Hier wird sich gegen Ende der jeweils parallellaufenden Amtszeiten die praktische Herausforderung stellen, wie ein sinnvoller Übergang der Schiedsverfahren gewährleistet werden kann, wenn sämtliche bisherigen Ratsmitglieder eines Ausschusses simultan ausscheiden sollten. Vorzugswürdig wäre unter dem Gesichtspunkt einer gewissen Kontinuität die jeweils nicht gleichlaufende (Nicht-) Verlängerung der jeweiligen Mitgliedschaften, so dass zumindest ein „Berichterstatter“ je Ausschuss verbleibt. Andernfalls dürften ausscheidende (oder auch ausgeschiedene) Ratsmitglieder insoweit gegenüber neu eintretenden Ratsmitgliedern nicht nach Art. 44 zur Vertraulichkeit verpflichtet sein (vgl. Art. 44 Rz. 15)
25 Entscheidungsfindung (Art. 4.4, Art. 4.5 Anlage 1). Der DIS-Verfahrensaus-
schuss entscheidet mit Stimmenmehrheit mit einem Mindestquorum von zwei Mitgliedern.
26 Das DIS-Sekretariat (vgl. Anlage 1 Art. 7 Rz. 62 ff.) bereitet für die Entscheidun-
gen der DIS-Verfahrensausschüsse schriftliche Stellungnahmen als Entscheidungsgrundlagen vor, die ggf. auf die Praxis anderer DIS-Verfahrensausschüsse in vergleichbaren Fällen hinweisen sollen und unverbindliche Empfehlungen enthalten können (Art. 4.5 Anlage 1).
27 Die unverbindlichen schriftlichen Stellungnahmen des DIS-Sekretariats (Art. 4.5
Anlage 1) und die verbindlichen „internen Richtlinien“ des DIS-Rats (Art. 3.7 Anlage 1) dienen offenkundig dem Zweck, eine gewisse Konsistenz und Vorhersehbarkeit (abhängig von der Frage der Veröffentlichung auch für Dritte) von Entscheidungen des DIS-Rats sicherzustellen.
4. Kommunikation und Vertraulichkeit 28 Kommunikation (Art. 8.1 und Art. 8.2 Anlage 1). Die Kommunikation zwi-
schen den Parteien und dem DIS-Rat findet ausschließlich über das DIS-Sekre736
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Funktion der DIS | Art. 2 DIS-SchO
tariat statt (Art. 8.1 und Art. 8.2 Anlage 1). Das bedeutet, dass die Arbeit der Verfahrensausschüsse ohne direkte Beteiligung oder irgendeine Schnittstelle zwischen dem DIS-Rat, den Verfahrensausschüssen oder den Ratsmitgliedern und den Parteien des Schiedsverfahrens sowie den Schiedsrichtern durchgeführt wird. Immer dann, wenn eine Aufgabe vom DIS-Rat ausgeführt werden soll, stellt das DISSekretariat sicher, dass diese Aufgabe dem zuständigen Verfahrensausschuss zugewiesen wird. Folglich müssen sich weder die Parteien noch die Schiedsrichter direkt an den DIS-Rat, die Verfahrensausschüsse oder die Ratsmitglieder wenden. Vertraulichkeit (Art. 8.3 und Art. 8.4 Anlage 1). Die Entscheidungsgründe der 29 DIS-Verfahrensausschüsse werden nicht bekannt gegeben (Art. 8 Art. 3 Anlage 1). Alle Informationen und Unterlagen zu einem Schiedsverfahren oder zu sonstigen Tätigkeiten der DIS sind vorbehaltlich der Regelungen in Art. 44 (etwa Offenlegung aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Pflichten oder zur Vollstreckung oder Aufhebung des Schiedsspruchs) vertraulich zu behandeln (Art. 8. 4 Anlage 1). Soweit die Gründe für eine Entscheidungsfindung des DISRats betroffen sind, gilt diese Vertraulichkeit auch gegenüber den Beteiligten und den Schiedsrichtern des Schiedsverfahrens. Kritik. Die fehlende Transparenz der Entscheidungsprozesse des DIS-Rats wird 30 – vor allem im Zusammenspiel mit der ebenso intransparenten Ernennung der Ratsmitglieder (s. oben Rz. 18) – teilweise kritisch gesehen (Hilgard in Salger/ Trittmann § 16 Rz. 68, allerdings zum Zeitpunkt der Bearbeitung noch von einer Gleichsetzung des DIS-Rats mit dem DIS-Ernennungsausschuss ausgehend). Diese Intransparenz fällt umso schwerer ins Gewicht, als die DIS-SchO keinen 31 Rechtsbehelf gegen Entscheidungen des DIS-Rats bzw. seiner Verfahrensausschüsse vorsieht.
II. Der DIS-Ernennungsausschuss (Art. 6 Anlage 1) Der DIS-Ernennungsausschuss ist in Art. 6 Anlage 1 sowie in § 14 der DIS-Sat- 32 zung geregelt. Art. 10 Anlage 1 stellt klar, dass bis zu einer Änderung der DISSatzung die Bestimmungen des § 14 der DIS-Satzung Vorrang vor den Bestimmungen des Art. 6 Anlage 1 haben. 1. Funktion und Aufgabenbereiche Funktion. Der Ernennungsausschuss der DIS ist zusammen mit dem DIS-Rat 33 für verschiedene wesentliche Verfahrensentscheidungen zuständig. Detaillierte Regelungen zum DIS-Rat für Schiedsgerichtsbarkeit und zum DIS-Ernennungsausschuss wurden mit dem Ziel höherer Transparenz in die Anlage 1 mit aufgenommen. Aufgabenbereiche. Der DIS-Ernennungsausschuss kann zusammen mit dem 34 DIS-Rat solche Entscheidungen treffen und Befugnisse und Tätigkeiten ausüben, die ihm in der DIS-SchO ausdrücklich übertragen worden sind (vgl. Hauser
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Art. 2 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften Art. 2.1 Anlage 1). Die Neuschaffung des DIS-Rates entlastet den DIS-Ernennungsausschuss erheblich, er wird nur noch im Falle notwendiger (Ersatz-)Auswahl nach Art. 11, Art. 12.1, Art. 12.3, Art. 20.2, Art. 20.3 und Art. 20.5 tätig sowie bei der Schiedsrichterbestellung nach Art. 13.2 (Elsing/Shchavelev, IPRax 2018, 461 [467]). 35 Nach Art. 11 ist der Ernennungsausschuss für die Auswahl und Bestellung des
Einzelschiedsrichters zuständig, wenn eine gemeinsame Benennung durch die Parteien mangels Einigung nicht fristgemäß erfolgt. Diese Aufgabe ist von hoher praktischer Relevanz, da im Jahre 2015 in zwei Dritteln aller Fälle der Ernennungsausschuss die Benennung des Einzelschiedsrichters vornehmen musste, weil sich die Parteien nicht auf einen Einzelschiedsrichter einigen konnten (vgl. Menz/Toscanelli, SchiedsVZ 2018, 114 [116]).
36 Bei einem Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern wählt der DIS-Ernennungs-
ausschuss einen beisitzenden Schiedsrichter gemäß Art. 12.1 aus und bestellt diesen, wenn eine der Parteien keinen Schiedsrichter benennt. Die praktische Relevanz des DIS-Ernennungsausschusses ist jedoch in diesem Fall wesentlich geringer. 2015 musste er nur insgesamt 6,7 % der Benennungen für Schiedsrichter als Teil eines Dreierschiedsgerichtes vornehmen (Menz/Toscanelli, SchiedsVZ 2018, 114 [116]). Auch wenn die beisitzenden Schiedsrichter nicht fristgemäß einen Vorsitzenden benennen, wird dieser vom DIS-Ernennungsausschuss gewählt und bestellt, Art. 12.3. Dass der DIS-Ernennungsausschuss im Rahmen seiner Aufgaben verpflichtet ist, als Bestandteil der Schiedsorganisation Neutralität zu wahren, zeigt sich auch daran, dass er verpflichtet ist, einen Vorsitzenden zu benennen, der eine andere Nationalität als die Parteien aufweist (vgl. Art. 11 Rz. 52, Art. 12 Rz. 76). Der DIS-Ernennungsausschuss ist ferner durch die DIS-Integritätsgrundsätze gebunden.
37 Auch in einem Mehrparteienverfahren kann der DIS-Ernennungsausschuss
Schiedsrichter auswählen und bestellen, wenn keine Benennung durch die Einzelpartei (Art. 20.2) oder die Mehrparteien erfolgt (Art. 20.3). Fehlt es an einer solchen gemeinsamen Benennung durch die Mehrparteien, kann der DIS-Ernennungsausschuss nach Anhörung der Parteien und nach seinem Ermessen entweder nur für die Mehrparteien oder auch für die Gegenseite je einen beisitzenden Schiedsrichter auswählen. Er hat dadurch sogar die Befugnis, eine bereits erfolgte Benennung gegenstandslos zu machen. In diesem Fall wägt der DIS-Ernennungsausschuss ab. Einerseits hat er dabei die Waffengleichheit zwischen den Parteien und das Gebot der Gleichbehandlung zu berücksichtigen, wonach es problematisch sein kann, wenn nur eine Seite einen Schiedsrichter ihrer Wahl bestimmen kann. Andererseits muss er die Parteiautonomie der anderen (Mehr-)Partei(en), die ihren Schiedsrichter bereits benannt haben, angemessen Rechnung tragen.
38 In allen Fällen der Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss wird auf die
Bestellung nach Art. 13.2 verwiesen. Hieran zeigt sich, dass neben der Auswahl die Bestellung eines Schiedsrichters nach Art. 13.2 zu den wichtigsten Aufgaben des DIS-Ernennungsausschusses gehört. 738
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Funktion der DIS | Art. 2 DIS-SchO
2. Zusammensetzung Der DIS-Ernennungsausschuss ist in der Geschäftsordnung in Art. 6 Anlage 1 nä- 39 her geregelt. Nach Art. 6.1 Satz 1 Anlage 1 besteht der DIS-Ernennungsausschuss aus drei ständigen Mitgliedern sowie drei Stellvertretern. Die aktuelle Zusammensetzung ist auf dem Internetauftritt der DIS einsehbar (http://www.disarb.org/ ueber-uns/organisation/dis-ernennungsausschuss). Nach Art. 6.1 Satz 2 Anlage 1 sollen die Mitglieder des DIS-Ernennungsaus- 40 schusses praktische Erfahrung in nationaler und internationaler Schiedsgerichtsbarkeit aufweisen. Dabei deutet das Wort „sollen“ darauf hin, dass dies keine zwingende Voraussetzung ist, wenn die fehlende Erfahrung in der Schiedsgerichtsbarkeit mit anderen Kompetenzen ausgeglichen werden kann. Nach Ziff. 3 der Integritätsgrundsätze der DIS, auf die Art. 6.1 Satz 3 Anlage 1 verweist, dürfen die Mitglieder des Ernennungsausschusses nicht gleichzeitig Mitglieder des Vorstands oder des Beirats sein. Außerdem dürfen geschäftsführende Vorstandsmitglieder der DIS, DIS-Ratsmitglieder und Mitarbeiter des DIS-Sekretariats nicht zu Mitgliedern des DIS-Ernennungsausschusses ernannt werden (Art. 6.2 Satz 2 Anlage 1). Den Mitgliedern des DIS-Ernennungsausschusses ist es nach den Integritäts- 41 grundsätzen der DIS verboten, während ihrer Amtszeit Mandate als Schiedsrichter für ein Verfahren nach der DIS-SchO anzunehmen (Ziff. 3 (iv) der DIS-Integritätsgrundsätze). Sie dürfen jedoch als Schiedsrichter in sonstigen Schiedsverfahren tätig werden. Ggf. müssen sie etwaige Interessenkonflikte unverzüglich offenlegen und dürfen ab Kenntnis hiervon nicht mehr an Entscheidungen mitwirken (Art. 6.4 Anlage 1). Der geschäftsführende DIS-Vorstand benennt die Mitglieder des DIS-Ernen- 42 nungsausschusses (Art. 6.2 Anlage 1). Details zum Benennungs- oder Auswahlverfahren sind nicht bekannt (kritisch zur fehlenden Transparenz – wenngleich noch von einer Ersetzung des DIS-Ernennungsausschusses durch den DIS-Rat ausgehend: Hilgard in Salger/Trittmann, § 16 Rz. 68). Da die Amtszeit eines Mitglieds des Ernennungssauschusses drei Jahre beträgt und eine Verlängerung der Amtszeit nur einmal möglich ist, sind die Mitglieder maximal sechs Jahre im Amt (Art. 6.3 Anlage 1). Eine anschließende Tätigkeit im DIS-Rat ist zumindest ausweislich der DIS-Integritätsgrundsätze nicht ausgeschlossen. 3. Entscheidungsfindung Nach Art. 6.5 Anlage 1 treffen nur die drei ständigen Mitglieder des DIS-Ernen- 43 nungsausschusses die Entscheidungen. Sofern ein Mitglied aufgrund eines Interessenkonflikts oder aus sonstigen Gründen nicht an der Entscheidungsfindung mitwirken kann, wird es von einem der stellvertretenden Mitglieder vertreten. Dabei kann der DIS-Ernennungsausschuss bzw. das verhinderte Mitglied seinen Stellvertreter nicht selbst benennen. Stattdessen wird der Stellvertreter durch das DIS-Sekretariat benannt (Art. 6.5 Anlage 1). So soll die Unparteilichkeit und Unbefangenheit des DIS-Ernennungsausschusses und mittelbar die Hauser
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Art. 2 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften der vom DIS-Ernennungsausschuss ausgewählten Schiedsrichter sichergestellt werden. 44 Der DIS-Ernennungsausschuss entscheidet über die Bestellung eines Schieds-
richters i.d.R. in einem schriftlichen Verfahren, idealerweise innerhalb weniger Tage. Der DIS-Ernennungsausschuss entscheidet mit Stimmenmehrheit (Art. 6.6 Anlage 1). Vor seiner Entscheidungsfindung erhält er vom DIS-Sekretariat eine schriftliche Stellungnahme als Entscheidungsgrundlage, die ggf. auf die Praxis des Ernennungsausschusses in vergleichbaren Fällen hinweisen soll und unverbindliche Empfehlungen enthalten kann (Art. 6.7 Anlage 1).
45 Mit der schriftlichen Stellungnahme stellt das DIS-Sekretariat dem Ernennungs-
ausschuss eine Zusammenfassung der vorgetragenen Argumente sowie Kopien der diesbezüglichen Korrespondenz zur Verfügung. Der Ernennungsausschuss zeichnet sich durch eine tendenziell konservative Herangehensweise in dem Sinne aus, dass bei der Auswahl und Bestellung nach Möglichkeit bereits der bloße Anschein einer Befangenheit oder Voreingenommenheit vermieden werden soll. Dies wiederum dient der Vermeidung von Verfahrensverzögerungen durch Streitigkeiten über die ordnungsgemäße Besetzung des Schiedsgerichts in einem späteren Verfahrensstadium.
46 Für die Beurteilung der Frage der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit kann
der DIS-Ernennungsausschuss Regelwerke wie etwa die IBA-Guidelines berücksichtigen. Zwingend geschieht dies jedoch nur, wenn die Parteien dies ausdrücklich in ihrer Schiedsvereinbarung vereinbart haben (vgl. Bredow/Mulder in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento, § 17 Rz. 8).
47 Die Parteien und der bzw. die Schiedsrichter werden über die Entscheidung des
DIS-Ernennungsausschusses informiert. Der DIS-Ernennungsausschuss begründet seine Entscheidung nicht und legt auch nicht offen, in welcher Besetzung entschieden wurde. Die DIS-SchO sieht kein Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Ernennungsausschusses vor. Hat eine Partei der Bestellung erfolglos widersprochen (vgl. Art. 13.3) und hält sie trotz der Bestellung des Schiedsrichters durch den DIS-Ernennungsausschuss an ihren Zweifeln fest, kann sie innerhalb von zwei Wochen nach Kenntniserlangung einen Ablehnungsantrag gemäß Art. 15.2 bei der DIS einreichen. Über diesen Ablehnungsantrag entscheidet dann der DIS-Rat (Art. 15.4; vgl. hierzu Art. 15 Rz. 21). In diesem Zusammenhang wird vertreten, dass die Ablehnung eines Schiedsrichters nach Art. 15 DISSchO nicht mehr aufgrund solcher Gründe betrieben werden könne, von denen die ablehnende Partei bereits vor der Bestellung Kenntnis erlangt hat, gegen die sie aber nicht fristgemäß widersprochen hat (vgl. unter Geltung der DIS-SchO 1998 Bredow/Mulder in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento, § 17 Rz. 12). In der Praxis sollten die Parteien daher alle Gründe, die aus ihrer Sicht Zweifel an der Unparteilichkeit, Unabhängigkeit oder Erfüllung der vereinbarten Voraussetzungen an einen Schiedsrichter wecken könnten, möglichst frühzeitig rügen.
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Begriffsbestimmungen | Art. 3 DIS-SchO
III. Das DIS-Sekretariat (Art. 7 Anlage 1) Das DIS-Sekretariat, insb. das Case Management Team, übernimmt vor allem 48 administrative Aufgaben im Verlauf des Schiedsverfahrens. Aus der Gesamtschau des Art. 2 Anlage 1 folgt, dass das DIS-Sekretariat für alle Aufgaben zuständig ist, die der DIS in der DIS-SchO übertragen worden sind, solange nicht ausdrücklich der DIS-Rat, der DIS-Ernennungsausschuss oder einer der Verfahrensausschüsse zuständig ist. Zu den Aufgaben des DIS-Sekretariats gehören insb. die Bestellung eines Kon- 49 fliktmanagers auf Antrag der Parteien nach Art. 2.2. Mit Ausnahme der in der DIS-SchO festgesetzten Fristen hat das Sekretariat die Möglichkeit, alle anderen Fristen nach seinem Ermessen zu verlängern (Art. 4.9); sonstige Fristen, die in den Zuständigkeitsbereich der DIS fallen, kann das Sekretariat nach seinem Ermessen bestimmen. So hat es z.B. nach Art. 5.4 die Möglichkeit, dem Schiedskläger eine Frist zur Zahlung der Bearbeitungsgebühr oder den Parteien nach Art. 11 eine Frist zur Benennung eines Einzelschiedsrichters zu setzen. Darüber hinaus übernimmt das Sekretariat alle Aufgaben, die es für zweckmäßig hält, um das jeweilige Schiedsverfahren ordnungsgemäß zu administrieren. Neben solchen administrativen Aufgaben hat das DIS-Sekretariat auch eine quali- 50 tätssichernde Funktion, indem es den ihm vom Schiedsgericht übermittelten Schiedsspruch auf mögliche formale Fehler überprüft sowie dem Schiedsgericht Änderungsvorschläge unterbreiten kann (vgl. Art. 39.3). Im Ergebnis hat das DISSekretariat dadurch aber keine Entscheidungskompetenz, da das Schiedsgericht nach wie vor allein für den finalen Inhalt des Schiedsspruches zuständig ist. Das DIS-Sekretariat ist außerdem die zentrale Kommunikationsstelle, die – je- 51 denfalls vor der Konstituierung des Schiedsgerichts – die Kommunikation mit den Verfahrensbeteiligten abwickelt (Art. 8.1, Art. 8.2 Anlage 1). Die interne Organisation des DIS-Sekretariats ist in Art. 7.1 und Art. 7.2 Anla- 52 ge 1 geregelt. Für die Administration der Schiedsverfahren ist das Case Management Team unter Leitung des Stellvertretenden Generalsekretärs zuständig (Art. 7 Anlage 1). Dabei übernimmt der DIS-Generalsekretär die Leitung des DIS-Sekretariats. Dieser kann seinen Stellvertreter oder andere Mitarbeiter der DIS ermächtigen, über die Bestellung von Schiedsrichtern nach Art. 13.3 zu entscheiden. Das DIS-Sekretariat ist außerdem für die Veröffentlichung von Mitteilungen und anderen Unterlagen nach Maßgabe der DIS-SchO zuständig (Art. 7.3 Anlage 1).
Artikel 3 Begriffsbestimmungen 3.1 In dieser Schiedsgerichtsordnung sind die Begriffe „Schiedskläger“, „Schiedsbeklagter“, „Partei“ und „zusätzliche Partei“ sowie andere Begriffe je nach Sachzusammenhang im Singular oder Plural zu verstehen. Hauser
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Art. 3 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften 3.2 „Schriftstücke“ im Sinne dieser Schiedsgerichtsordnung sind neben der Schiedsklage, der Klageerwiderung, einer Widerklage, einer Klageerweiterung und einer Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei alle weiteren Schriftsätze und schriftlichen Mitteilungen der Parteien, des Schiedsgerichts oder der DIS, und zwar jeweils mit ihren Anlagen. 3.3 „Adressen“ im Sinne dieser Schiedsgerichtsordnung sind Postanschriften und elektronische Adressen. 3.4 Personenbezeichnungen gelten für alle Geschlechter. Regelungsschwerpunkte: Die Vorschrift enthält bestimmte Definitionen zentraler Begriffe und sieht insb. die geschlechtsneutrale Formulierung für die DIS-SchO vor. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . .
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E. Einzelerläuterung . . . . . . . . I. Allgemeine Definitionen (Art. 3.1) . . . . . . . . . . . . . . . II. Schriftstücke (Art. 3.2) . . . . . III. Adressen (Art. 3.3) . . . . . . . . IV. Geschlechtsneutrale Formulierung (Art. 3.4) . . . . . . . . . . .
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Literatur: Das Gupta, Kurzkommentare zu den Änderungen in der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung, SchiedsVZ-Beilage zu Heft 1/2018, 44 ff.
A. Normzweck 1 Wie bereits aus der Überschrift des Art. 3 ersichtlich, enthält diese Vorschrift
„Begriffsbestimmungen“, mithin Definitionen bestimmter Begriffe, die in DISSchiedsverfahren und/oder an anderen Stellen innerhalb der DIS-SchO häufig verwendet werden.
2 Der Normzweck des Art. 3 besteht primär darin, die DIS-SchO benutzerfreund-
licher und verständlicher zu machen. Außerdem hilft die Bestimmung, Missverständnissen vorzubeugen (vgl. Das Gupta, SchiedsVZ-Beilage 2018, 45). Um dieses Ziel zu erreichen, sollen die mit Art. 3 eingeführten Definitionen die Bedeutung der in der SchO verwendeten Fachbegriffe klarstellen. Die Definitionen gewährleisten eine einheitliche Auslegung und spiegeln internationale Standards und bewährte Praktiken wider. Schließlich ist Art. 3 ein klares Bekenntnis zu geschlechtsneutraler Sprache und damit Ausdruck der Position und des Einsatzes der DIS, Diversität und Gleichberechtigung der Geschlechter in Schiedsverfahren zu fördern.
B. Reform 3 Die Einführung definierter Begriffsbestimmungen ist ein neues Merkmal der
DIS-SchO 2018. Die DIS-SchO 1998 enthielt keine entsprechende Vorschrift. 742
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Begriffsbestimmungen | Art. 3 DIS-SchO
Der einzige Begriff, der in der deutschen Sprachfassung der DIS-SchO 1998 ausdrücklich definiert war, war derjenige der „DIS“ selbst. Die englische Sprachfassung der DIS-SchO 1998 enthielt diverse Klarstellungen dergestalt, dass teilweise in Klammern kenntlich gemacht wurde, welcher deutsche Begriff gemeint sein solle. Dieses Erfordernis ist in der DIS-SchO 2018 obsolet, da die englische Sprachfassung gleichberechtigt neben der deutschen steht und parallel von einem eigenen englischen Drafting Comittee verfasst wurde (anstatt einer nachträglichen Übersetzung vom Deutschen ins Englische, wie sie bei der DIS-SchO 1998 erfolgt war).
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Das X. Buch der ZPO enthält keine Art. 3 entsprechende Vorschrift.
4
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften In deutschen staatlichen Gerichtsverfahren sind Legaldefinitionen üblich, die 5 vom Gesetzgeber in den einschlägigen Gesetzeswerken festgelegt wurden. In Rechtsstreitigkeiten oder Urteilen sind geschlechtsneutrale Formulierungen eher unüblich. Dennoch wird in deutschen staatlichen Gerichtsverfahren zumindest bei Unternehmen oder Einzelpersonen zwischen der weiblichen und der männlichen Form unterschieden.
E. Einzelerläuterung I. Allgemeine Definitionen (Art. 3.1) Art. 3.1 stellt klar, dass die Begriffe „Schiedskläger“, „Schiedsbeklagter“, „Partei“ 6 und „zusätzliche Partei“ ebenso im Singular oder Plural zu verstehen sind wie andere Begriffe in der DIS-SchO – je nach Sachzusammenhang. Die in Art. 3.1 aufgeführte Definition unterscheidet zwischen den ursprüng- 7 lichen Parteien des Verfahrens und zusätzlichen Parteien. Zusätzliche Parteien sind Parteien, die bei Verfahrenseinleitung weder klagende noch beklagte Parteien waren, aber später in das Verfahren einbezogen werden. Zusätzliche Parteien haben grds. die gleichen Rechte und Pflichten wie die ursprünglichen Parteien. Allerdings kann nach Art. 19 jede Partei des Schiedsverfahrens bei der DIS eine Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei nur bis zur Bestellung eines Schiedsrichters einreichen. Aus praktischer Sicht ist die Bezugnahme auf den Singular und den Plural in 8 Art. 3.1 am relevantesten. Art. 3.1 stellt klar, dass grds. auf jeder Seite des Schiedsverfahrens mehr als nur eine Partei existieren kann. Folglich fallen mehHauser
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Art. 3 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften rere Kläger- und Beklagtenparteien oder mehrere zusätzliche Parteien eines Schiedsverfahrens unter die Definition in Art. 3.1. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass in einem Mehrparteien-Schiedsverfahren bestimmte Verfahrensrechte gemeinsam ausgeübt werden müssen (vgl. Art. 18 und Art. 20).
II. Schriftstücke (Art. 3.2) 9 Art. 3.2 definiert „Schriftstücke“ als Schriftsätze und schriftliche Mitteilungen
der Parteien, des Schiedsgerichts oder der DIS – und zwar jeweils mit ihren Anlagen – und führt verschiedene Beispiele an, indem er auf die wichtigsten Schriftstücke nach der SchO verweist (z.B. Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage, Klageerweiterung etc.).
III. Adressen (Art. 3.3) 10 Art. 3.3 definiert den Begriff der „Adressen“. Dieser Begriff ist weit zu verstehen
und umfasst sowohl Postanschriften als auch elektronische Adressen. Diese ausdrückliche Klarstellung wurde eingefügt, weil die DIS beabsichtigt, auf ein elektronisches Aktenführungssystem umzustellen und ganz auf Papiervorlagen zu verzichten. Diese Definition ist praxisrelevant, da Benachrichtigungen nach der aktuellen DIS-SchO vorzugsweise auf elektronischem Wege übermittelt werden sollen (vgl. Art. 4.1).
IV. Geschlechtsneutrale Formulierung (Art. 3.4) 11 Art. 3.4 stellt klar, dass in der SchO geschlechtsneutrale Formulierungen verwen-
det werden. Personenbezeichnungen gelten demnach für alle Geschlechter. Dies steht im Einklang mit der allgemeinen Auffassung, dass in den meisten Rechtstexten und Stilanleitungen eine geschlechtsneutrale Sprache empfohlen wird.
12 Als Unterzeichner der „Equal Representation in Arbitration Pledge“ (ERA Pled-
ge) hat sich die DIS verpflichtet, die Gleichberechtigung von Frauen in Schiedsverfahren zu unterstützen. 2017 veröffentlichte die DIS erstmals eine Statistik zur Geschlechterverteilung in DIS-Schiedsgerichten für das vergangene Jahr. Von den insgesamt 348 Schiedsrichtern, die 2016 in DIS-Schiedsgerichtsverfahren ernannt wurden, waren 13,2 % weiblich (Flecke-Giammarco in DIS Article by Article Commentary, Art. 3 Rz. 24) und lag 2020 bei insgesamt 20,8 %; hinsichtlich der institutionsbenannten Schiedsrichter bei 53,3 %. Die Statistik wird unter http://www.disarb.org/foerderung-und-vernetzung/gender-champion gepflegt und aktualisiert.
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Übermittlung von Schriftstücken, Fristen | Art. 4 DIS-SchO
Artikel 4 Übermittlung von Schriftstücken, Fristen 4.1 Der DIS sind alle Schriftstücke der Parteien und des Schiedsgerichts vorbehaltlich der Artikel 4.2 und 4.3 elektronisch zu übermitteln, und zwar mittels E-Mail, auf mobilem Datenträger oder in einer anderen von der DIS zugelassenen Weise. Sofern die elektronische Übermittlung eines Schriftstücks nicht möglich ist, ist es in Papierform zu übermitteln. 4.2 Schiedsklagen gemäß Artikel 5 und 19 sind der DIS sowohl in Papierform als auch elektronisch zu übermitteln. Zu übermitteln ist jeweils folgende Anzahl von Exemplaren: (i) Papierform: für jede Partei ein Exemplar der Schiedsklage mit ihren Anlagen und für die DIS ein Exemplar der Schiedsklage ohne Anlagen und (ii) elektronische Form: für jede Partei und für die DIS ein Exemplar der Schiedsklage mit ihren Anlagen. Die DIS kann jederzeit zusätzliche Exemplare einer Schiedsklage und von Anlagen einer Schiedsklage anfordern. 4.3 Bis zur Konstituierung des Schiedsgerichts ist der DIS für jede Partei von einer etwaigen Widerklage und einer etwaigen Klageerweiterung zusätzlich zur elektronischen Form gemäß Artikel 4.1 ein Exemplar in Papierform, jeweils mit ihren Anlagen, zu übermitteln. Die DIS kann jederzeit zusätzliche Exemplare anfordern. 4.4 Die Form der Übermittlung von Schriftstücken zwischen den Parteien und dem Schiedsgericht bestimmt das Schiedsgericht. 4.5 Vorbehaltlich der Artikel 4.2 und 25 sind alle an das Schiedsgericht oder die DIS gerichteten Schriftstücke einer Partei gleichzeitig auch der anderen Partei zu übermitteln. 4.6 Schriftstücke sind jeweils an die Adresse des Empfängers zu richten, wie sie vom Empfänger selbst oder von der anderen Partei zuletzt mitgeteilt wurde. Schriftstücke in Papierform sind gegen Empfangsbescheinigung, durch eingeschriebenen Brief, Kurier, Telefax oder auf eine andere Art, die einen Nachweis des Empfangs ermöglicht, zu übermitteln. 4.7 Ein Schriftstück gilt als an dem Tag übermittelt, an dem es von der Partei oder ihren Verfahrensbevollmächtigten tatsächlich empfangen wurde. Ist ein Schriftstück in Papierform von der Partei oder ihren Verfahrensbevollmächtigten nicht tatsächlich empfangen worden, gilt es bei ordnungsgemäßer Übermittlung gemäß Artikel 4.6 als an dem Tag empfangen, an dem es bei üblichem Verlauf des Übermittlungsvorgangs empfangen worden wäre. 4.8 Fristen gemäß dieser Schiedsgerichtsordnung beginnen mit dem Werktag am Empfangsort, der auf den Tag folgt, an dem gemäß Artikel 4.7 die Übermittlung als erfolgt gilt. Im Falle der elektronischen Übermittlung beginnt die Frist mit dem nächsten Werktag nach der Übermittlung an die elektronische Adresse gemäß Artikel 4.6. Gesetzliche Feiertage und arbeitsfreie Hauser
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Art. 4 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften Tage am Empfangsort, die in den Lauf einer Frist fallen, werden bei der Berechnung der Frist mitgezählt. Ist der letzte Tag einer Frist am Empfangsort ein gesetzlicher Feiertag oder ein arbeitsfreier Tag, endet die Frist mit Ablauf des darauf folgenden Werktages. 4.9 Mit Ausnahme der vom Schiedsgericht gesetzten Fristen kann die DIS nach ihrem Ermessen alle von ihr gesetzten und alle in dieser Schiedsgerichtsordnung genannten Fristen verlängern. Regelungsschwerpunkte: Art. 4.1 bestimmt, dass die Verfahrenskommunikation in DISSchiedsverfahren – von wenigen Ausnahmen abgesehen – vollständig elektronisch erfolgt. → Rz. 1–12; Art. 4.2 benennt die entsprechenden Ausnahmen, die weiterhin in Papierform einzureichen sind (nämlich verfahrenseinleitende Schriftsätze) und regelt zudem, welche Anzahl an Exemplaren in elektronischer und in Papierform einzureichen sind. → Rz. 10, 20 ff., 24; Art. 4.3 sieht vor, dass auch Klageerweiterungen und Widerklagen bis zur Konstituierung des Schiedsgerichts in Papierform an die DIS zu senden sind. → Rz. 25 ff.; Art. 4.4 bestimmt, dass ab dem Zeitpunkt seiner Konstituierung nur noch das Schiedsgericht dafür verantwortlich ist zu entscheiden, in welcher Form die Verfahrenskommunikation zu erfolgen hat. → Rz. 28 ff.; Art. 4.5 bestimmt, dass ex-parte Kommunikation im DIS-Schiedsverfahren grds. untersagt ist. → Rz. 30 ff.; Art. 4.6 regelt, an welche Adresse Übersendungen erfolgen müssen und auf welche Art und Weise Unterlagen in Papierform zu übermitteln sind. → Rz. 37 ff.; Art. 4.7 regelt, wann eine Übermittlung in zeitlicher Hinsicht als erfolgt gilt. → Rz. 48 ff.; Art. 4.8 regelt, wie Fristbeginn und -ende im DIS-Schiedsverfahren ermittelt werden. → Rz. 60 ff.; Art. 4.9 ermächtigt die DIS, alle Fristen verlängern zu können, mit Ausnahme derer, die vom Schiedsgericht gesetzt werden. → Rz. 69 ff. A. Elektronische Übermittlung (Art. 4.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . . B. Schiedsklage, Widerklage und etwaige Klageerweiterung (Art. 4.2, Art. 4.3) . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . . C. Form der Übermittlung (Art. 4.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . .
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12 12 14 16 17 18 27 27 28
D. Verbot der ex parte-Kommunikation (Art. 4.5) . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . . E. Art der Übermittlung von Schriftstücken (Art. 4.6) . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . . F. Zugang von Schriftstücken (Art. 4.7) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO
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Übermittlung von Schriftstücken, Fristen | Art. 4 DIS-SchO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . . G. I. II. III.
Fristberechnung (Art. 4.8) . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zum X. Buch der ZPO
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IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . .
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H. I. II. III.
Fristverlängerung (Art. 4.9) Normzweck . . . . . . . . . . . . Reform . . . . . . . . . . . . . . . Einzelerläuterung . . . . . . . .
. . . .
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Literatur: Elsing/Shchavelev, Die neue DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018, IPRax 2018, 461 ff.; Mazza/Menz, Neuerungen in der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung im Überblick, SchiedsVZ-Beilage 2018, 39 ff.; Pörnbacher/Lederer, Die Reform der DIS-Schiedsgerichtsordnung, BB 2018, 707 ff.; Schardt, Neue Regelungen der DIS-Schiedsgerichtsordnung zur Steigerung der Verfahrenseffizienz, SchiedsVZ 2019, 28 f.; Wegen/Wilske, Die anwendbare Zeitzone für Fristen in internationalen Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2003, 124 ff.
A. Elektronische Übermittlung (Art. 4.1) I. Normzweck Art. 4 regelt die Grundzüge der Verfahrenskommunikation zwischen den Partei- 1 en, dem Schiedsgericht und der DIS. Gerade bevor das Schiedsgericht in den verfahrensleitenden Verfügungen detaillierte Regelungen zur Verfahrenskommunikation aufstellt, muss den Parteien klar sein, auf welche Art und Weise die Verfahrenskommunikation zu erfolgen hat. Dies dient insb. der Gleichbehandlung der Parteien sowie der Wahrung rechtlichen Gehörs und gewährleistet insofern ein faires Verfahren wie auch von § 1042 Abs. 1 ZPO vorgeschrieben. Spätere detaillierte Regelungen sind den Parteien und dem Schiedsgericht vorbehalten. Art. 4.1 soll die Verfahren bei der DIS an die Gegebenheiten der modernen elek- 2 tronischen Kommunikation im Zeitalter der Digitalisierung anpassen. Art. 4 betont sehr deutlich, dass die elektronische Übermittlung grds. die einzig zulässige Art der Übermittlung von Schriftstücken sein soll. Nur in Ausnahmefällen kann bzw. muss das Schriftstück in Papierform übermittelt werden.
II. Reform § 4 und § 5 DIS-SchO 1998 wurden in ihren wesentlichen Merkmalen in Art. 4 3 zu einer konsolidierten Vorschrift gebündelt, um die Regelungen der Verfahrenskommunikation übersichtlicher und einheitlicher zu gestalten. Im Zuge dessen spricht die Neufassung in der DIS-SchO nunmehr von „Übermittlung“ (statt zuvor „Übersendung“ in § 5 DIS-SchO 1998) und drückt sich auch im Übrigen präziser aus. Art. 4.1 ist im Zuge der Reform neu eingeführt worden. Nach § 5 Abs. 1 DIS- 4 SchO 1998 mussten die Schiedsklage und Schriftsätze, die Sachanträge oder eine Hauser
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Art. 4 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften Klagerücknahme enthielten, noch durch eingeschriebenen Brief gegen Rückschein oder Kurierdienst, Fax oder eine andere Übersendungsart, die einen Nachweis des Zugangs gewährleistet, übersendet werden. Eine elektronische Übermittlung war in der DIS-SchO 1998 somit – zumindest nicht ausdrücklich – vorgesehen.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 5 Das X. Buch der ZPO bestimmt – abgesehen von § 1054 Abs. 4 ZPO für den
Schiedsspruch – keine Übersendungsart bei der Verfahrenskommunikation mit dem Schiedsgericht bzw. mit einer Schiedsinstitution.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 6 Im staatlichen Verfahren ist die elektronische Einreichung von Schriftstücken bei
Gericht für Rechtsanwälte seit dem 1.1.2022 verpflichtend (§ 130d ZPO). Wenn gewünscht, kann das besondere elektronische Anwaltspostfach („beA“) auch zur Kommunikation in Schiedsverfahren genutzt werden, falls alle Parteivertreter und Schiedsrichter deutsche Rechtsanwälte sind. Allerdings ist die DIS nicht Inhaberin eines beA oder eines über ein beA ansteuerbaren elektronischen Postfaches. Sollte die DIS indes ein – seit dem 1.1.2022 verfügbares – elektronisches Bürger- und Organisationenpostfach (EBO) einrichten, könnte die für den staatlichen Bereich geschaffene Infrastruktur des elektronischen Rechtsverkehrs künftig auch in (rein deutschen) DIS-Schiedsverfahren Verwendung finden.
V. Einzelerläuterung 7 Die DIS hat in den vergangenen Jahren die Digitalisierung ihres Case Manage-
ments und ihrer weiteren Prozesse vorangetrieben. Art. 4 trägt dieser Entwicklung Rechnung, wenn konsequenterweise auch alle Schriftstücke der Parteien und des Schiedsgerichts in „elektronischer Form“ übermittelt werden sollen. Damit will die DIS auch nach außen den Anforderungen der modernen elektronischen Verfahrenskommunikation gerecht werden und die Digitalisierung fördern (Pörnbacher/Lederer, BB 2018, 707 [708]). Daneben führt eine elektronische Aktenführung i.V.m. der elektronischen Übermittlung zu einer Steigerung der Verfahrenseffizienz. Weil die Dokumente schneller versendet werden und so die Kommunikation zwischen den Beteiligten beschleunigt wird, kann das ganze Schiedsverfahren zügiger eingeleitet und durchgeführt werden (Elsing/ Shchavelev, IPRax 2018, 461 [463]).
8 Nach Art. 4.1 Satz 1 sind alle Schriftstücke (Art. 3 Rz. 9) grds. elektronisch zu
übermitteln. Unter „elektronisch“ versteht die DIS eine Übermittlung per E-Mail, 748
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Übermittlung von Schriftstücken, Fristen | Art. 4 DIS-SchO
auf mobilen Datenträgern oder „in einer anderen von der DIS zugelassenen Weise“. Der Begriff der elektronischen Übermittlung ist deutlich weiter als der enge, materiell-rechtliche Begriff der elektronischen Form i.S.d. § 126a BGB, der – anders als Übermittlungen nach der DIS-SchO – eine qualifizierte elektronische Signatur voraussetzt. Der Begriff ist ferner auch nicht mit dem Begriff des „elektronischen Dokuments“ in § 130a ZPO sowie den gleich oder ähnlich lautenden Vorschriften anderer Verfahrensgesetze identisch (dazu auch Rz. 6). Verfahrensrechtlich zulässig sind demnach auch unverschlüsselte und nicht signierte E-Mails. Was unter einer „anderen von der DIS zugelassenen Weise“ genau zu verstehen ist, geht aus der DIS-SchO nicht hervor, gemeint sein könnte etwa die Übermittlung über sichere Download-Links u.a. Filesharing-Systeme oder – künftig – über ein dediziertes, von der DIS bisher noch nicht bereitgestelltes Verfahrenskommunikationssystem. Nach Art. 4.1 Satz 1 ist die elektronische Schriftenübermittlung somit grds. die 9 einzig zulässige Art der Übermittlung, vorbehaltlich des Art. 4.2 für Schiedsklagen und des Art. 4.3 für Widerklagen und etwaige Klageerweiterungen. Diese Vorbehalte tragen dem Umstand Rechnung, dass in einigen Rechtsordnungen nach wie vor die Übermittlung und Zustellung der Klagen und Widerklagen in Papierform erforderlich ist. Als zentrales Verfahrensdokument und wegen seiner Bedeutung für etwaige zukünftige Vollstreckungsmaßnahmen muss der Schiedsspruch ebenfalls noch in Papierform zugestellt werden (Pörnbacher/Lederer, BB 2018, 707 [708]; Mazza/Menz, SchiedsVZ-Beilage 2018, 39). Zudem ist nach Art. 4.1 Satz 2 ein Schriftstück in Papierform zu übermitteln, 10 wenn eine elektronische Übermittlung nicht möglich ist. Dies kann z.B. bei extrem großen Schriftsätzen mit vielen Anlagen oder bei technischen Störungen der Fall sein; z.B. wenn der Empfängerserver mangels Speicherkapazität nicht mehr zur Verfügung steht. Auch aufgrund entsprechender Parteivereinbarungen kann in Ausnahmefällen eine schriftliche Übermittlung notwendig sein. Bei der Übermittlung von Schriftstücken per E-Mail hat der Versender beson- 11 dere Sorgfalt an den Tag zu legen. Bereits ein Tippfehler bei der Eingabe der E-Mail-Adresse verhindert die Übermittlung des Schriftstückes vollständig, während ein kleiner Schreibfehler in der Adresse bei der postalischen Übermittlung diese i.d.R. allenfalls verzögert. Weil derartige Übermittlungsfehler in der Praxis durchaus auftreten können, darf der Versender der E-Mail nicht durch die bloße Absendung der E-Mail auf einen ordnungsgemäßen Zugang vertrauen. Vor dem Hintergrund, dass Fehler bei der Übermittlung von E-Mails meist dazu führen, dass die E-Mail an den Absender zurückgesendet wird, muss der Absender eine Zugangskontrolle stets dahingehend vornehmen, dass er sein eigenes E-MailPostfach kontrolliert und so sicherstellt, dass die E-Mail nicht an ihn zurückgesendet wurde. Erhält er keine solche Rücksendung, darf er mit einem Zugang beim Empfänger rechnen (OLG Düsseldorf v. 4.10.2002 – 23 U 92/02, NJW 2003, 833 [834]). Um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, beweisen zu können, dass eine E-Mail den Empfänger erreicht hat, kann der Absender über die Einstellungen seines E-Mail-Programmes eine Eingangs- bzw. Lesebestätigung anHauser
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Art. 4 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften fordern (BGH v. 17.7.2013 – I ZR 64/13, NJW 2014, 556 [557], Tz 11). So sollen weder der Ausdruck des Sendeprotokolls noch eine bestätigende Zeugenaussage der ordnungsgemäßen Versendung als Beweis ausreichen, eine Eingangs- oder Lesebestätigung könne hingegen i.d.R. als Anscheinsbeweis dienen (Makowski, Zum Nachweis des Zugangs bei elektronischen Erklärungen, NJW 2004, 1901 ff.; Einsele in MüKo.BGB, § 130 BGB Rz. 47).
B. Schiedsklage, Widerklage und etwaige Klageerweiterung (Art. 4.2, Art. 4.3) I. Normzweck 12 Bis zum Erlass möglicher anderweitiger Regelungen durch das Schiedsgericht in
verfahrensleitenden Verfügungen sollen Art. 4.2 und Art. 4.3 das rechtliche Gehör der Parteien und ein ordnungsgemäßes Verfahren sicherstellen, vgl. auch § 1042 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Vor allem Art. 4.2 soll sicherstellen, dass die Parteien vollständigen Zugang zu den Schriftsätzen der Gegenseite haben.
13 Die Form der Übermittlung der Schiedsklage ist insofern besonders relevant, als
nach Art. 6.1 mit dem Eingang der Schiedsklage in einer der beiden Formen des Art. 4.2 das Schiedsverfahren beginnt, nicht erst – wie nach der dispositiven Regelung in § 1044 Satz 1 ZPO – mit deren Zustellung an den Beklagten (Art. 6 Rz. 10).
II. Reform 14 Unter der DIS-SchO 1998 kam der Papierform noch eine wesentlich größere Be-
deutung zu. Art. 4.2 und Art. 4.3 zielen nunmehr darauf ab, möglichst alle Schriftstücke in elektronischer Form im Verfahren zu haben und nur einige wichtige Schriftstücke zusätzlich in Papierform zu verlangen.
15 Gemäß § 6 Abs. 1 DIS-SchO 1998 bzw. § 10 Abs. 1 i.V.m. § 6 Abs. 1 DIS-SchO
1998 sah die Schiedsklageerhebung noch ausschließlich die Papierform bei der DIS-Geschäftsstelle vor, wobei nach § 4 DIS-SchO 1998 jeweils – in Papierform – ein Exemplar samt Anlagen an die DIS-Geschäftsstelle, jede Partei und jeden Schiedsrichter zugestellt werden musste. Nach der Neuregelung reicht es hingegen im Zeitpunkt der Klageerhebung aus, wenn nur für die andere Partei ein Exemplar der Schiedsklage samt Anlagen in Papierform an die DIS geschickt wird und die DIS hingegen nur die Schiedsklage in Papierform erhält, die Anlagen hingegen elektronisch.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 16 Das X. Buch der ZPO enthält keine Regelung zu der Frage, in wie vielen Exem-
plaren und in welcher Form die Schiedsklage eingereicht werden muss. 750
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Übermittlung von Schriftstücken, Fristen | Art. 4 DIS-SchO
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Gemäß § 253 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 133 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind in deutschen 17 staatlichen Verfahren der Klageschrift und den folgenden Schriftsätzen an das staatliche Gericht (wie bspw. einer Widerklage) zusätzlich die für die Zustellung an die Gegenseite erforderlichen Abschriften beizufügen, so dass stets mindestens zwei Exemplare bei Gericht einzureichen sind. Erfolgt eine Klageerhebung – wie nunmehr durch Rechtsanwälte von § 130d ZPO zwingend vorgeschrieben – elektronisch, ist dies gemäß § 253 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 133 Abs. 1 Satz 2 ZPO entbehrlich.
V. Einzelerläuterung Verjährungshemmung durch Klageerhebung. Nach Art. 6.1 i.V.m. Art. 4.2 be- 18 ginnt das Schiedsverfahren abweichend von § 1044 Satz 1 ZPO am Tag des Eingangs der Schiedsklage bei der DIS in Papierform oder in elektronischer Form. Dies ist insofern für den Kläger von besonderer Relevanz, als nach deutschem Recht § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB für die verjährungshemmende Wirkung des Schiedsverfahrens auf dessen „Beginn“ abstellt. Er sollte also sicherstellen, dass die Schiedsklage gemäß Art. 4.2 tatsächlich fristgerecht an die DIS übermittelt worden ist. Übermittlung der Schiedsklage (Art. 4.2). Nach Art. 4.2 müssen Schiedsklagen 19 gemäß Art. 5 und Art. 19 in Papierform und elektronischer Form der DIS übermittelt werden. Eine Übermittlung der Schiedsklage unmittelbar durch den Kläger an den Beklagten findet nicht statt. Stattdessen wird die Schiedsklage dem Beklagten gemäß Art. 5.5 von der DIS übermittelt. In Papierform muss der Kläger der DIS ein Exemplar der Schiedsklage ohne 20 Anlagen zusenden sowie für jede der anderen Parteien, d.h. zukünftige(n) Beklagte(n), jeweils ein weiteres Exemplar inklusive der Anlagen (Art. 4.2 (i)). Gibt es bspw. zwei Gegenparteien, muss der Kläger der DIS zwei Exemplare der Schiedsklage samt Anlagen und ein Exemplar ohne Anlagen übermitteln. Zusätzlich dazu muss der Kläger die Schiedsklage auch in elektronischer Form 21 an die DIS übermitteln. Dabei ist Art. 4.2 (ii) keinesfalls so zu verstehen, dass der DIS so viele elektronische Ausfertigungen der Schiedsklage zugesendet werden müssen, wie es Gegenparteien gibt sowie zusätzlich eine weitere Ausfertigung für die DIS. Vielmehr muss der DIS in der Praxis nur eine elektronische Fassung der Schiedsklage mit Anlagen per E-Mail zugesendet werden. Dies muss unabhängig von der Anzahl der Gegenparteien gelten, da die DIS ohne weiteres ein elektronisches Dokument auch an drei, vier oder fünf Gegenparteien weiterleiten kann. Die Adressen der DIS für die Übermittlung der Klage in Papierform sind auf 22 der Website der DIS angegeben. Gegebenenfalls können – so z.B. während der Hauser
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Art. 4 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften COVID-19-Pandemie – Schiedsklagen nicht an allen DIS-Büros eingereicht werden. Auf die Verlautbarungen der DIS auf ihrer Webseite ist daher in jedem Fall zu achten. In elektronischer Form kann die Klage z.B. per E-Mail oder auf einem mobilen Datenträger gesendet werden. 23 Zum Zeitpunkt der Klageerhebung steht die Anzahl der Schiedsrichter oft noch
nicht fest. Deshalb ist es nicht notwendig, dass der Kläger für die Schiedsrichter noch weitere Exemplare der Schiedsklage in Papierform übermittelt. Die Zusendung dreier weiterer Schiedsklagen in Papierform für den Fall, dass das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern besteht, würde für die DIS nur eine nicht notwendige zusätzliche Papierbelastung darstellen. Art. 4.2 Satz 3 stellt daher ausdrücklich klar, dass die DIS jederzeit zusätzliche Exemplare einer Schiedsklage sowie Anlagen anfordern kann, also z.B. sobald die Anzahl der Schiedsrichter feststeht.
24 Die Schiedsklage kann von dem Schiedskläger selbst, einem anwaltlichen Ver-
fahrensbevollmächtigten oder einem sonstigen Vertreter eingereicht werden. Es ist nach der DIS-SchO nicht notwendig, dass bei der Einreichung der Klage die Vertretungsmacht nachgewiesen wird. Das Schiedsgericht kann jedoch später einen entsprechenden Nachweis anfordern.
25 Übermittlung etwaiger Widerklagen und Klageerweiterungen (Art. 4.3). Nach
Art. 4.3 muss eine Widerklage sowie jede Klageerweiterung als Schriftstück i.S.v. Art. 3.2 (Art. 3 Rz. 9) der DIS elektronisch übermittelt werden (vgl. zudem Art. 7.5). Zusätzlich dazu sieht Art. 4.3 vor, dass der DIS eine Widerklage bzw. Klageerweiterung samt Anlagen für jede andere Partei noch zusätzlich in Papierform zu übermitteln ist. Dies gilt jedoch ausdrücklich dem Wortlaut nach nur „bis zur Konstituierung des Schiedsgerichts“, da ab diesem Zeitpunkt das Schiedsgericht gemäß Art. 4.4 für die Form der Übermittlung von Schriftstücken zuständig ist und abweichende Regelungen treffen kann.
26 Wie auch bei Art. 4.2 ist eine Übermittlung an die Schiedsrichter nicht aus-
drücklich vorgesehen. Je nach Bedarf bzw. Anzahl der Schiedsrichter kann die DIS gemäß Art. 4.3 Satz 2 jederzeit zusätzliche Exemplare anfordern.
C. Form der Übermittlung (Art. 4.4) I. Normzweck 27 Art. 4.4 dient der Klarstellung, dass das Schiedsgericht die Form der Übermitt-
lung von Schriftstücken zwischen sich und den Parteien anordnen kann. Dies folgt bereits daraus, dass gemäß Art. 21.3 das Schiedsgericht das Verfahren (nach Anhörung der Parteien) nach seinem Ermessen bestimmen kann (Art. 21 Rz. 50). Diese Vorschrift soll die Schiedsrichter dazu anhalten, mittels ihrer Verfahrensordnung durch eine sachgerechte Regelung der Verfahrenskommunikation eine sichere, zweckdienliche und effiziente Durchführung des Verfahrens zu gewährleisten. Sofern die Parteien selbst über die Verfahrenskommunikation
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Übermittlung von Schriftstücken, Fristen | Art. 4 DIS-SchO
noch keine Vereinbarung getroffen haben, sind diese Erwägungen stets von Kostenerwägungen und Geeignetheit geleitet.
II. Einzelerläuterung Da das Schiedsgericht erst mit seiner Konstituierung feststeht, gilt Art. 4.4 erst 28 ab diesem Zeitpunkt. Vorher sind alle Schriftstücke gemäß Art. 4.1 elektronisch zu übermitteln sowie die Schiedsklage und etwaige Klageerweiterungen und Widerklagen zusätzlich noch in Papierform einzureichen (Art. 4.2 und 4.3). Die Schiedsrichter sind bzgl. der Regelung der Form der Verfahrenskommunika- 29 tion grds. frei. Lediglich der Schiedsspruch ist nach Maßgabe des Art. 39 schriftlich, unterschrieben und im Original zu übermitteln, vgl. auch § 1054 Abs. 1, 4 ZPO.
D. Verbot der ex parte Kommunikation (Art. 4.5) I. Normzweck Art. 4.5 bestimmt, dass alle an das Schiedsgericht oder die DIS gerichteten 30 Schriftstücke einer Partei gleichzeitig auch der anderen Partei zu übermitteln sind. Dies kann zugleich als Aussage dahingehend verstanden werden, dass exparte-Kommunikation durch die Parteien grds. nicht zulässig ist. Um ex-parteKommunikation handelt es sich, wenn eine Partei mit dem Schiedsgericht oder der DIS ohne Beisein oder Wissen der Gegenpartei kommuniziert. Zwar mag das Verbot der ex-parte-Kommunikation wie eine selbstverständliche 31 Grundregel erscheinen. Jedoch kommt diese unzulässige Form der Kommunikation in der Praxis immer wieder vor, sodass eine ausdrückliche Normierung im Interesse eines fairen Verfahrens und der Gleichbehandlung sachgerecht erscheint.
II. Reform Bereits vor der Reform fand sich eine Art. 4.5 entsprechende Vorschrift in § 5 32 Abs. 1 Satz 3 DIS-SchO 1998. Während die vorherige Vorschrift einen engen Anwendungsbereich vorsah, wurde das ex-parte Kommunikationsverbot durch Art. 4.5 nun ausdrücklich auf jede schriftliche Kommunikation mit dem Schiedsgericht oder der DIS ausgeweitet (vgl. Flecke-Giammarco in DIS Article by Article Commentary, Art. 4 Rz. 67).
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Das X. Buch der ZPO enthält keine entsprechende Vorschrift.
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Art. 4 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 34 Ein staatliches Gericht ist gesetzlich nicht verpflichtet, eine Partei über jegliche
Kommunikationen mit der Gegenpartei zu informieren, solange die Unterlassung der Mitteilung nicht zu einer Verletzung des Rechts auf Anhörung dieser führt. Eine formlose Mitteilung aller inhaltlichen Eingaben sieht jedoch § 270 ZPO auch für Schriftsätze ohne Sachanträge sowie sonstige Erklärungen der Parteien vor, sodass die meisten Dokumente allen Parteien mitgeteilt werden. Im Einzelfall kann eine richterliche Kommunikation mit nur einer Partei bzw. mit nur einem Parteivertreter, insbesondere, wenn hierbei außerhalb einstweiliger Verfügungsverfahren ein Austausch in der Sache selbst erfolgt, der nicht sogleich durch Vermerk dokumentiert wird, aber auch in Verfahren vor dem staatlichen Gericht Anlass zur Besorgnis der Befangenheit geben (Stackmann in MüKo.ZPO, 6. Aufl. 2020, § 42 Rz. 63).
V. Einzelerläuterung 35 Art. 4.5 legt fest, dass alle an das Schiedsgericht oder die DIS gerichteten Schrift-
stücke einer Partei gleichzeitig auch der anderen Partei zu übermitteln sind. Das Wort „gleichzeitig“ verdeutlicht, dass nicht nur die ganz unterlassene Übermittlung eines Schriftstücks, sondern auch die verspätete Übermittlung an die andere Partei unzulässig ist und gegen das Verbot der ex-parte-Kommunikation verstößt.
36 Hiervon ausdrücklich ausgenommen sind die Zustellung der Schiedsklage sowie
der Antrag auf vorläufige oder sichernde Maßnahmen. Gemäß Art. 4.2 (Rz. 19) sind die Exemplare der Schiedsklage der DIS zuzustellen, die diese dann nach Art. 5.5 dem Schiedsbeklagten übermittelt, wenn alle Voraussetzungen erfüllt und insb. die Kostenvorschüsse gezahlt sind (Art. 35 Rz. 4). Eine Partei kann beim Schiedsgericht gemäß Art. 25 (s. Rz. 13) beantragen, vorläufige oder sichernde Maßnahmen anzuordnen. Zwar übermittelt das Schiedsgericht grds. den Antrag der anderen Partei zur Stellungnahme, davon kann jedoch gemäß Art. 25.2 Satz 1 eine Ausnahme gemacht werden, wenn andernfalls der mit dem Antrag verfolgte Zweck gefährdet werden könnte.
E. Art der Übermittlung von Schriftstücken (Art. 4.6) I. Normzweck 37 Während Art. 4.5 nur für die Übermittlung von Schriftstücken durch die Par-
teien gilt, findet Art. 4.6 auch bei Übermittlungen durch das Schiedsgericht oder die DIS Anwendung. Art. 4.6 Satz 1 legt die maßgebliche Adresse, an die die Schriftstücke zu richten sind, fest. Durch Satz 2, der bei der Papierform eine Übermittlungsart mit Empfangsnachweis verlangt, soll sichergestellt werden, 754
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Übermittlung von Schriftstücken, Fristen | Art. 4 DIS-SchO
dass die Schriftstücke auch tatsächlich zugegangen sind und spätere Schiedssprüche nicht mit der Begründung aufgehoben werden können, das Schiedsverfahren sei fehlerhaft eingeleitet worden bzw. dass der Beklagte keine Kenntnis vom Verfahren hatte.
II. Reform Art. 4.6 fasst § 5 Abs. 1 sowie § 5 Abs. 2 DIS-SchO 1998 zusammen und nimmt 38 einige redaktionelle Änderungen vor. So heißt es nun in Satz 2, anders als noch in § 5 Abs. 1 Satz 1 DIS-SchO 1998, „Nachweis des Empfangs ermöglicht“ anstelle von „Nachweis des Zugangs gewährleisten“. Der § 5 Abs. 5 DIS-SchO 1998, wonach Zustellungen an die Prozessbevollmäch- 39 tigen erfolgen müssen, sofern die Partei einen solchen bestellt hat, ist im Zuge der Reform entfallen. Die Zustellung an den Prozessbevollmächtigten ist in der Praxis gleichwohl der Regelfall.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die Form der Übersendung der Verfahrenskommunikation im laufenden 40 Schiedsverfahren wird, abgesehen von § 1054 Abs. 4 ZPO, im X. Buch der ZPO nicht festgelegt.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Nach § 172 Abs. 1 Satz 2 ZPO hat die Zustellung eines Schriftsatzes in einem an- 41 hängigen Verfahren an den Prozessbevollmächtigten des Prozessgegners zu erfolgen. Doch erfolgt diese Zustellung grundsätzlich durch die Gerichte und nur ausnahmsweise von Anwalt zu Anwalt. Eine direkte Kontaktaufnahme mit der gegnerischen Partei ist einem Rechtsanwalt nach deutschem Standesrecht grundsätzlich berufsrechtlich verboten (Verbot der Direktansprache, § 12 Abs. 1 BORA).
V. Einzelerläuterung Adressen. Art. 4.6 Satz 1 bestimmt, dass Schriftstücke jeweils an die letzt- 42 bekannte Adresse geschickt werden müssen, die der Empfänger selbst oder die Gegenpartei zuletzt angegeben hat. Divergieren die Angaben, sprich, wenn Empfänger und Gegenpartei unterschiedliche Adressen angegeben haben und keine Klärung herbeizuführen ist, wird es am sichersten und zweckdienlichsten sein, an beide Adressen zu versenden. Weil es sich bei einer Übersendung im Schiedsverfahren um eine private und nicht um eine hoheitliche Zustellung handelt – auch nicht um eine solche im so genannten „Parteibetrieb“ (§§ 191–195 ZPO) –, Hauser
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Art. 4 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften finden die §§ 166 ff. ZPO sowie die EuZustVO oder das HZÜ keine Anwendung. Aus diesem Grund kann die DIS-Geschäftsstelle auch Schriftstücke an Adressaten in anderen Ländern unter Zuhilfenahme privater Zustellungsdienstleister übersenden, ohne dass die dortigen staatlichen Stellen einzuschalten sind. 43 Die für die Zustellung der Schiedsklage relevante postalische Adresse kann zu-
mindest in der Europäischen Union relativ leicht über das Handelsregister bzw. ein entsprechendes Register ermittelt werden (derartige Register sind nach der RL 2017/1132 in allen Mitgliedstaaten zu führen); dies gilt jedoch nicht für E-MailAdressen.
44 Die Parteien tragen die Verantwortung für die Ermittlung bzw. Übermittlung
der richtigen Adresse. Sollten sich Unstimmigkeiten ergeben, ermittelt die DISGeschäftsstelle die richtige Adresse nicht eigenständig. Für den Fall, dass die Klageschrift nicht an die vom Schiedskläger angegebene Adresse der Gegenseite(n) zugestellt werden kann, informiert die DIS-Geschäftsstelle jedoch den Schiedskläger über den fehlgeschlagenen Zustellversuch. Der Schiedskläger hat dann die Möglichkeit, entsprechende Nachforschungen anzustellen und die korrekte Adresse nachzureichen. Praktisch relevant wird dies für den Schiedskläger, weil er für die Übermittlung der Schiedsklage nach Art. 5.5 die Adresse der Gegenseite(n) angeben muss. Dies ist i.d.R. dann problematisch, wenn sich die Gegenpartei(en) nicht auf das Schiedsverfahren einlässt.
45 Bei der Angabe der Adresse sollte der Schiedskläger insofern Vorsicht walten las-
sen, als die Angabe einer falschen Adresse die Aufhebbarkeit oder Undurchsetzbarkeit eines späteren Schiedsspruchs zur Folge haben kann. Der Schiedsspruch kann nach Art. V Abs. 1 Buchst. b UNÜ bzw. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZPO aufgehoben werden, wenn dieser in einem Verfahren ohne die Beteiligung des Schiedsbeklagten ergangen ist, weil dieser nicht ordnungsgemäß über die Einleitung und den Verlauf des Schiedsverfahrens informiert worden ist.
46 Der Grundsatz von Treu und Glauben verlangt von den Parteien einer Schieds-
vereinbarung, sich gegenseitig über Änderungen ihrer Adressen zu informieren, um ein mögliches Verfahren nicht zu behindern; Bekanntmachungen in einschlägigen Registern dürften für diese Zwecke genügen. Ergeht eine solche Information nicht, genügt die Zustellung an die zuletzt bekanntgegebene Adresse der gegnerischen Partei. Das unkooperative Verhalten beeinträchtigt das Schiedsverfahren insoweit nicht (vgl. OLG Dresden v. 15.3.2005 – 11 Sch 19/05, SchiedsVZ 2006, 166; s. aber Rz. 51).
47 Übersendungsart. Schriftstücke in Papierform, also die Schiedsklage, Klageer-
weiterung und Widerklage, müssen in einer Art und Weise versendet werden, die einen Nachweis des Empfangs gewährleistet (Art. 4.6 Satz 2). Der Wortlaut macht deutlich, dass die Aufzählung in Satz 2 keinesfalls abschließend ist. In der Praxis hat sich als sicherste und zuverlässigste Form die Versendung per Kurier durchgesetzt, wobei die Dokumente oftmals zusätzlich per E-Mail versendet werden. Aufgrund der Notwendigkeit einer zusätzlichen elektronischen Übermittlung wird dies auch in Zukunft der Regelfall bleiben. 756
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Übermittlung von Schriftstücken, Fristen | Art. 4 DIS-SchO
F. Zugang von Schriftstücken (Art. 4.7) I. Normzweck Art. 4.7 Satz 1 bestimmt, dass, wenn das Schriftstück tatsächlich empfangen 48 wurde, es an diesem Tag als zugestellt gilt. Art. 4.7 Satz 2 regelt den Fall, dass das Schriftstück zwar ordnungsgemäß übermittelt, jedoch nicht tatsächlich empfangen worden ist. Durch diese Zugangsfiktion soll die Durchführung des Verfahrens für den Fall der Säumnis einer Partei oder der Unmöglichkeit der Ermittlung ihres Aufenthalts gesichert werden.
II. Reform Art. 4.7 basiert dem Grunde nach auf § 5 Abs. 3 und § 5 Abs. 4 DIS-SchO 1998. 49 Die Zugangsregelung für den Fall, dass das Schriftstück dem Empfänger tatsächlich zugegangen ist, war vorher in § 5 Abs. 4 DIS-SchO 1998 geregelt und findet sich nun in Art. 4.7 Satz 1 wieder. Eine Zugangsfiktion für den Fall, dass das Schriftstück nicht zugegangen ist, ist 50 nun in Art. 4.7 Satz 2 geregelt, sofern eine ordnungsgemäße Übermittlung nach Art. 4.6 vorgenommen wurde (s. Rz. 37 ff.).
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Bei Schiedsverfahren mit einem Schiedsort in Deutschland (§ 1025 Abs. 1 i.V.m. 51 § 1043 Abs. 1 ZPO) findet die Zugangsfiktion in § 1028 Abs. 1 ZPO ergänzend Anwendung. Diese Zugangsfiktion setzt – ebenso wie noch § 5 Abs. 3 DIS-SchO 1998 – voraus, dass der aktuelle Aufenthalt einer Partei bzw. einer zur Entgegennahme berechtigten Person unbekannt ist. Nach der Gesetzesbegründung (BTDrucks. 13/5274, S. 33) ist der Aufenthaltsort unbekannt, „wenn dem Absender hierüber Informationen nicht vorliegen und nach zumutbaren Recherchen auch nicht zu erlangen sind.“ Zwar hat das OLG Dresden eine Pflicht des Schiedsgerichts, eine Zustellungsadresse zu ermitteln, abgelehnt (OLG Dresden v. 15.3. 2005 – 11 Sch 19/05, SchiedsVZ 2006, 166), jedoch erscheint dies mit Blick auf den grundgesetzlich verankerten Grundsatz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) problematisch. Um zu verhindern, dass der Schiedsspruch in einem späteren Verfahren aus diesem Grund aufgehoben wird oder nicht vollstreckt werden kann, sollten sowohl das Schiedsgericht als auch die Parteien eine zumutbare Recherche durchführen. Zwar hängt es vom Einzelfall ab, wann eine Recherche als „zumutbar“ anzusehen ist, jedoch kann es nicht reichen, dass der Versender erklärt, den Aufenthaltsort des Adressaten nicht zu kennen (so auch BayObLG v. 16.3.2000 – 4Z Sch 50/99, NJW-RR 2001, 431). Zwar basiert § 1028 Abs. 1 ZPO auf Art. 3 des UNCITRAL-ModG, jedoch bestehen gewisse Parallelen zur Nachforschungspflicht bei der öffentlichen Zustellung nach § 185 ZPO. Hauser
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Art. 4 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften Schließlich geht Art. 4.7 über die Regelung des § 1028 ZPO hinaus, da er nicht nur im Falle der unbekannten Adresse, wie einst § 5 Abs. 3 DIS-SchO 1998, greift, sondern in jedem Fall, in dem ein Zugang beim Empfänger trotz ordnungsgemäßer Übermittlung ausblieb. 52 Sofern der Schiedskläger dennoch alle zumutbaren Anstrengungen zur Ermitt-
lung der aktuellen Adresse erfolglos vorgenommen hat, stellt die Zustellung an die letzte bekannte Adresse als eine ordnungsgemäße Übermittlung sicher, dass eine unangemessene Verzögerung oder Behinderungen des Verfahrens vermieden werden, wenn Parteien nicht erreichbar sind oder gar nicht aktiv am Verfahren mitwirken möchten. Um Streitigkeiten oder gar die Aufhebung eines Schiedsspruchs aus den o.g. Gründen zu verhindern, ist eine Dokumentation der erfolglosen Zustellungsversuche und Ermittlungen zu raten.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 53 Die Zustellung eines Dokuments von Amts wegen verlangt gemäß § 166 Abs. 1
ZPO grds. dessen Bekanntgabe an den Adressaten. Ausnahmsweise sieht jedoch auch die ZPO eine Zustellungsfiktion vor. Kommt z.B. eine sich im Ausland befindliche Partei der Aufforderung, einen Zustellungsbevollmächtigten zu nennen, nicht nach, kann die Zustellung dadurch bewirkt werden, dass das zu übermittelnde Schriftstück unter der Anschrift der Partei zur Post gegeben wird, § 184 Abs. 1 ZPO. Es gilt dann grds. zwei Wochen nach Aufgabe zur Post als zugestellt, § 184 Abs. 2 ZPO.
54 Auch die öffentliche Zustellung nach den §§ 185 ff. ZPO stellt eine Zugangsfik-
tion dar. Eine Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung kann z.B. erfolgen, wenn der Aufenthaltsort einer Person bzw. Zustellungsbevollmächtigten unbekannt oder eine Zustellung im Ausland nicht möglich ist bzw. keinen Erfolg verspricht (§ 185 Nr. 1, Nr. 3 ZPO). Sofern die Voraussetzungen für eine öffentliche Bekanntmachung vorliegen, gilt das Schriftstück gemäß § 188 ZPO einen Monat nach dessen Aushang als zugestellt.
55 Für den Fall, dass ein Dokument dem Adressaten tatsächlich zugegangen ist, ob-
wohl zwingende Zustellungsvorschriften verletzt worden sind oder man die formgerechte Zustellung nicht nachweisen kann, gilt es gemäß § 189 ZPO im Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs dennoch als formgerecht zugestellt.
V. Einzelerläuterung 56 Tatsächlicher Zugang. Sofern das Schriftstück der Partei oder ihren Verfah-
rensbevollmächtigten tatsächlich zugegangen ist, gilt es nach Art. 4.7 Satz 1 als an diesem Tag übermittelt. Maßgeblich ist der Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs. Dies gilt für jegliche Schriftstücke i.S.v. Art. 3.2.
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Übermittlung von Schriftstücken, Fristen | Art. 4 DIS-SchO
Zugangsfiktion ohne tatsächlichen Zugang. Art. 4.7 Satz 2 gilt dem Wortlaut 57 nach nur für Schriftstücke in Papierform. Ist das Schriftstück nicht tatsächlich empfangen worden, findet die Zugangsfiktion des Satz 2 Anwendung, wonach das Schriftstück an dem Tag als zugegangen gilt, an dem es bei üblichem Verlauf des Übermittlungsvorgangs empfangen worden wäre. Dies setzt voraus, dass die nach Art. 4.6 Satz 1 maßgebliche Adresse sowie eine Form der Übermittlung, die einen Nachweis des Empfangs ermöglicht (Art. 4.6 Satz 2), verwendet wird. Auch wenn die Voraussetzungen des Art. 4.7 Satz 2 erfüllt sind, besteht bei der 58 Zugangsfiktion ein gewisses Risiko. Nach einigen Rechtsordnungen ist die Parteivereinbarung einer Zugangsfiktion nicht zulässig. Gerade in den Fällen, in denen die Adresse des Empfängers nur die von der anderen Partei mitgeteilte Adresse ist oder die aktuelle Adresse gar nicht ermittelt werden kann oder sich der Schiedsbeklagte nicht am Schiedsverfahren beteiligt, sollte der Versender abwägen, ob er sich auf die bloße Zugangsfiktion verlässt und bereit ist, das Kostenrisiko des Verfahrens zu tragen, wenn ein etwaiger Schiedsspruch schließlich nicht vollstreckt werden kann. In diesem Fall sollte die Zulässigkeit der Zugangsfiktion nach dem Recht am Ort des Schiedsverfahrens und nach dem Recht des Vollstreckungsstaates geprüft werden. Um Unsicherheiten bei der Übermittlung der Schiedsklage und anderen Schrift- 59 stücken zu verhindern, können Parteien in ihrer Schiedsvereinbarung einen permanenten Zustellungsbevollmächtigten ernennen. Gerade in internationalen Verträgen mit einer US-Partei sind derartige Bevollmächtigungen für Zustellungseinrichtungen üblich.
G. Fristberechnung (Art. 4.8) I. Normzweck Art. 4.8 regelt die Berechnung von Fristen gemäß der DIS-SchO. Während 60 Satz 1 allgemein den Fristbeginn regelt, regelt Satz 2 den Fristbeginn bei elektronischen Übermittlungen. Satz 3 und Satz 4 enthalten spezielle Regelungen bei gesetzlichen Feiertagen u.a. arbeitsfreien Tagen.
II. Reform Die Norm zur Fristenberechnung wurde im Zuge der Reform neu eingeführt. 61 Die DIS-SchO 1998 enthielt noch keinerlei Bestimmungen zur Fristberechnung. Hier kam es zunächst maßgeblich auf die Parteivereinbarungen an. Alternativ konnte auf die allgemeinen Grundsätze zur Fristberechnung nach dem anwendbaren Verfahrensrecht bzw. dem Recht des Schiedsorts zurückgegriffen werden. Vor deutschen Schiedsgerichten, insb. bei verfahrensrechtlichen Fragen wie der Schiedsrichterbenennung, erfolgte die Fristberechnung regelmäßig nach § 222 ZPO i.V.m. §§ 187 ff. BGB, da dies dem mutmaßlichen Willen der Parteien entHauser
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Art. 4 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften sprach. Bei der Beteiligung ausländischer Parteien konnte dies jedoch nicht ohne weiteres gelten, sodass die Berechnung der Fristen vorab besprochen werden sollte (vgl. Schütze/Tscherning/Wais, Rz. 361; vgl. Schwab/Walter, Kapitel 10 Rz. 19, Kapitel 16 Rz. 37; auch OLG Naumburg v. 19.12.2001 – 10 SchH 3/01, SchiedsVZ 2003, 134 wendete zur Berechnung der Frist § 222 ZPO i.V.m. §§ 187 ff. BGB an).
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 62 Im X. Buch der ZPO gibt es keine eigenständigen Regelungen zur Fristberech-
nung. Im Fall eines deutschen Schiedsorts dürfte eine (analoge) Anwendung der § 222 ZPO i.V.m. §§ 187 ff. BGB naheliegen.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 63 Im staatlichen Verfahren gelten gemäß § 222 Abs. 1 ZPO für die Berechnung
der Fristen die §§ 187 bis 193 BGB. § 222 Abs. 2 ZPO bestimmt daneben ausdrücklich, dass die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages endet, wenn das Fristende auf einen Samstag, Sonntag oder allgemeinen Feiertag fällt.
64 Insofern entspricht § 222 Abs. 2 ZPO der in Art. 4.8 Satz 4 vorgesehenen Rege-
lung.
V. Einzelerläuterung 65 Art. 4.8 findet seinem Wortlaut nach Anwendung auf „Fristen gemäß dieser
Schiedsgerichtsordnung“. Es steht den Parteien frei, die Art und Weise der Fristberechnung im Rahmen ihrer Schiedsvereinbarung oder separater Abreden anderweitig zu vereinbaren. Zudem hat auch das Schiedsgericht nach Art. 21.3 die Möglichkeit, das Verfahren und somit auch die Fristberechnung zusammen mit den Parteien zu bestimmen. Keine Anwendung findet Art. 4.8 bei Fristen, die in der ZPO geregelt sind, wie z.B. § 1059 Abs. 3 ZPO für den Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruches vor einem staatlichen Gericht; hier findet alleine § 222 ZPO Anwendung.
66 Da Schiedsverfahren oftmals international sind und Parteien aus verschiedenen
Ländern bzw. Zeitzonen am Verfahren beteiligt sind, stellt sich in der Praxis im Rahmen der Berechnung und Einhaltung von Fristen oft das Problem der anwendbaren Zeitzone und der Frage, ob und welche lokalen, arbeitsfreien Tage zu berücksichtigen sind. Wenn sich aufgrund entsprechender Unterschiede zwischen verschiedenen Orten trotz (scheinbar) gleicher Fristen zeitliche Vor- bzw. Nachteile ergeben, widerspricht dies dem Gebot der Fairness und Gleichbehandlung (s. hierzu Wegen/Wilske, SchiedsVZ 2003, 124 ff.). Hinsichtlich der Berücksichti760
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Übermittlung von Schriftstücken, Fristen | Art. 4 DIS-SchO
gung lokaler Feiertage stellt Art. 4.8 klar, dass es für die Fristberechnung jeweils auf die Werktage, gesetzlichen Feiertage sowie arbeitsfreien Tage am Empfangsort ankommt. Diese Klarstellung schafft Rechtssicherheit bei der Fristberechnung und ist insofern sehr zu begrüßen. Hinsichtlich der anwendbaren Zeitzone enthält die DIS-SchO keine Regelung. Vor diesem Hintergrund sollte die anwendbare Zeitzone in internationalen Schiedsverfahren mit Beteiligung von Akteuren aus verschiedenen Zeitzonen bei der Festlegung von Fristen von den Parteien vereinbart oder (mangels entsprechender Vereinbarung) vom Schiedsgericht bestimmt werden (Wegen/Wilske, a.a.O.). Fehlt eine solche Regelung, spricht viel dafür, die Zeitzone des Schiedsorts anzuwenden (Wegen/Wilske, a.a.O.) Art. 4.8 Satz 1 sieht vor, dass eine Frist grds. mit dem Werktag beginnt, der auf 67 den Tag folgt, an dem gemäß Art. 4.7 die Übermittlung als erfolgt gilt. Nach Satz 2 beginnt im Fall der elektronischen Übermittlung die Frist mit dem nächsten Werktag nach der Übermittlung an die elektronische Adresse gemäß Art. 4.6. Dieses Regelungskonzept hat den Zweck, einen Gleichlauf zwischen der Fristberechnung bei Schriftstücken in Papierform und der elektronischen Übermittlung von Schriftstücken und somit Rechtssicherheit zu schaffen. Art. 4.8 Satz 3 bestimmt ausdrücklich, dass gesetzliche Feiertage sowie arbeits- 68 freie Tage, die in den Lauf einer Frist fallen, bei der Fristberechnung mitgerechnet werden. Somit beeinträchtigt es die Länge der Frist z.B. nicht, wenn die Weihnachts- oder Osterfeiertage in den Fristzeitraum fallen. Insofern werden gesetzliche Feiertage und sonstige arbeitsfreie Tage nur relevant, wenn der letzte Tag der Frist mit einem solchen endet. In diesem Fall endet die Frist erst mit Ablauf des darauf folgenden Werktages (Art. 4.8 Satz 3). Diese Regelung entspricht im Wesentlichen der prozessualen Regelung in § 222 Abs. 2 ZPO sowie der Regelung für materiell-rechtliche Fristen gemäß § 193 BGB.
H. Fristverlängerung (Art. 4.9) I. Normzweck Art. 4.9 gibt der DIS die Möglichkeit, bestimmte Fristen zu verlängern, um 69 durch Flexibilität eine gewisse Einzelfallgerechtigkeit schaffen zu können. Dies gilt jedoch nur für Fristen, die die DIS unmittelbar (durch Entscheidungen während des Verfahrens) oder mittelbar (durch Aufnahme in die DIS-SchO) selbst gesetzt hat, sodass insofern der Grundsatz bestätigt wird, dass die Stelle, die befugt ist, Fristen zu setzen, diese auch verlängern darf.
II. Reform Art. 4.9 ist im Zuge der Reform neu eingeführt worden. Durch Einführung der 70 DIS-SchO 2018 wurden viele Fristen der vorherigen DIS-SchO wesentlich verkürzt. Dies soll vor allem zu einer Verfahrensbeschleunigung bis zur KonstituieHauser
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Art. 4 DIS-SchO | Allgemeine Vorschriften rung des Schiedsgerichts und somit zu einer Kostenersparnis führen. Dieses Ziel der Effizienzsteigerung wird zudem wesentlich durch die Einführung des neuen Art. 27 verdeutlicht (Schardt, SchiedsVZ 2019, 28 [28 f.]). Durch die Normierung der Möglichkeit zur Fristverlängerung in Art. 4.9 soll genügend Raum für die Beurteilung einer Fristverlängerung im Einzelfall eingeräumt werden.
III. Einzelerläuterung 71 Die DIS kann alle von ihr gesetzten sowie alle in dieser SchO genannten Fristen
verlängern. Davon ausdrücklich ausgenommen sind die vom Schiedsgericht gesetzten Fristen. Diese Ausnahmeregelung soll Überschneidungen mit dem Recht des Schiedsgerichts zur Verfahrensgestaltung nach entsprechendem Ermessen (Art. 21.3) verhindern.
72 Art. 4.9 räumt der DIS ein Ermessen bei der Fristverlängerung ein. Dabei hängt
die Möglichkeit zur Fristverlängerung zum einen von Art und Zweck der Frist, die verlängert werden soll, sowie den jeweiligen Umständen bei den Parteien ab. Um dem Beschleunigungs- sowie Effizienzgedanken Rechnung zu tragen, ist jedoch davon auszugehen, dass für eine Fristverlängerung gewichtige sachliche Gründe vorliegen müssen. Solche Verlängerungen kommen schließlich vor allem bei den Vorschriften Art. 6.2 sowie Art. 7 in Betracht.
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Schiedsklage, Übermittlung, Bearbeitungsgebühren | Art. 5 DIS-SchO
Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage und Verfahrensverbindung Artikel 5 Schiedsklage, Übermittlung an den Schiedsbeklagten, Bearbeitungsgebühren 5.1 Eine Partei, die ein Schiedsverfahren gemäß dieser Schiedsgerichtsordnung einleiten will, hat eine Schiedsklage bei der DIS einzureichen. 5.2 Die Schiedsklage hat zu enthalten: (i)
die Namen und Adressen der Parteien,
(ii)
die Namen und Adressen etwaiger Verfahrensbevollmächtigter des Schiedsklägers,
(iii) einen bestimmten Klageantrag, (iv) den Betrag bezifferter Ansprüche und eine Schätzung des Streitwerts sonstiger Ansprüche, (v)
Tatsachen und Umstände, auf die die Klageansprüche gestützt werden,
(vi) die Schiedsvereinbarung(en), auf die der Schiedskläger sich beruft, (vii) die Benennung eines Schiedsrichters, sofern dies gemäß dieser Schiedsgerichtsordnung erforderlich ist, und (viii) Angaben oder Vorschläge zum Schiedsort, zur Verfahrenssprache und zu den in der Sache anzuwendenden Rechtsregeln. 5.3 Der Schiedskläger hat an die DIS Bearbeitungsgebühren nach der bei Beginn des Schiedsverfahrens geltenden Kostenordnung (Anlage 2) zu zahlen. Werden die Bearbeitungsgebühren nicht innerhalb einer von der DIS gesetzten Frist bezahlt, kann die DIS das Schiedsverfahren gemäß Artikel 42.5 beenden. 5.4 Sofern der Schiedskläger nicht die gemäß Artikel 4.2 erforderliche Anzahl an Exemplaren der Schiedsklage und ihrer Anlagen einreicht oder die Schiedsklage nach Ansicht der DIS nicht alle in Artikel 5.2 genannten Angaben enthält, kann die DIS dem Schiedskläger eine Frist zur Ergänzung setzen. Erfolgt die Ergänzung der Exemplare oder der Angaben gemäß Artikel 5.2 (ii), (iv), (vii)und (viii) nicht innerhalb dieser Frist, kann die DIS das Schiedsverfahren gemäß Artikel 42.6 beenden. Für die Ergänzung der Angaben gemäß Artikel 5.2 (i), (iii), (v) und (vi) gilt Artikel 6.2. 5.5 Die DIS übermittelt dem Schiedsbeklagten die Schiedsklage. Sind die Voraussetzungen gemäß Artikel 5.3 oder 5.4 nicht erfüllt, kann die DIS von der Übermittlung absehen.
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Art. 5 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage Regelungsschwerpunkte: Art. 5.1 bestimmt, dass das Schiedsverfahren mit Einreichung der Klage bei der DIS-Geschäftsstelle eingeleitet wird. → Rz. 60–67; Art. 5.2 bestimmt den Inhalt der Klageschrift. → Rz. 10–38; Art. 5.3 regelt die Pflicht zur Zahlung der Bearbeitungsgebühren sowie die Folgen, falls die Pflicht nicht beachtet wird. → Rz. 43–49; Art. 5.4 bestimmt die Folgen der Einreichung einer nicht ordnungsgemäßen Schiedsklage. → Rz. 54–59; Art. 5.5 regelt die Übermittlung der Schiedsklage. → Rz. 68–75 A. I. II. III. IV. V. VI. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9.
Die Schiedsklage (Art. 5.2) . . . . Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zu §§ 1044, 1046 ZPO Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Vor der Einreichung der Schiedsklage . . . . . . . . . . . . . . Inhalt der Klageschrift (Art. 5.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . Namen und Adressen der Parteien (Art. 5.2 (i)) . . . . . . . . Namen und Adressen etwaiger Verfahrensbevollmächtigter (Art. 5.2 (ii)) . . . . . . . . . . . . . . Klageantrag (Art. 5.2 (iii)) . . . . . Anspruchsbetrag und Schätzung des Streitwerts (Art. 5.2 (iv)) . . . Sachverhalt (Art. 5.2 (v)) . . . . . . Schiedsvereinbarung (Art. 5.2 (vi)) Benennung eines Parteischiedsrichters bei einem Dreierschiedsgericht (Art. 5.2 (vii)) . . . . . . . . Angaben zum Schiedsverfahren (Art. 5.2 (viii)) . . . . . . . . . . . . . Keine weiteren Vorgaben durch die DIS-SchO . . . . . . . . . . . . . .
B. Pflicht zur Zahlung der Bearbeitungsgebühren (Art. 5.3) . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO
__ __ _ _ _ _ __ __ _ _ _ _ __ __ 1 1 3 6 7 8
10 14 18 19 22 25 29 31 35 38 39 39 40 41
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. DIS Bearbeitungsgebühren . . . . VI. Folgen der Nichtzahlung . . . . . . C. Unvollständige Schiedsklagen (Art. 5.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu § 1044 ZPO . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Folgen einer unzureichenden Schiedsklage . . . . . . . . . . . . . . D. Einreichung der Schiedsklage (Art. 5.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu § 1044 ZPO . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Einreichung der Klageschrift . . . E. Die Übermittlung der Schiedsklage an den Beklagten (Art. 5.5) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Übersendung an den Schiedsbeklagten . . . . . . . . . . . . . . . . .
__ _ __ __ _ _ __ __ __ 42 43 48 50 50 51 52 53 54 60 60 61 62 63 64
__ __ _ _ 68 68 69 70 71 72
Literatur: Schroeter, Der Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gemäß § 1032 Absatz 2 ZPO, SchiedsVZ 2004, 288 ff.; Wilke, Verfahrenseinleitung und Verjährungshemmung in AAA-, DIS- und ICC-Schiedsverfahren, RIW 2007, 189 ff.
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Schiedsklage, Übermittlung, Bearbeitungsgebühren | Art. 5 DIS-SchO
A. Die Schiedsklage (Art. 5.2) I. Normzweck Um ein Schiedsverfahren einzuleiten, muss eine Schiedsklage bei der DIS ein- 1 gereicht werden (s. Art. 5.1, Rz. 68 ff.). Diese Schiedsklage kann in einer umfangreichen Klageschrift ähnlich wie im deutschen Zivilverfahren bestehen; sie kann sich aber im Wesentlichen auch auf einen Antrag auf Durchführung eines Schiedsverfahrens erschöpfen, der nur eine kursorische Darstellung enthält. Falls sich der Schiedskläger für letzteres entscheidet, folgt auf den verfahrenseinleitenden Schriftsatz i.d.R. nur eine knappe Stellungnahme des Schiedsbeklagten und die Konstituierung des Schiedsgerichts folgt. Ob danach erneut der Schiedskläger oder der Schiedsbeklagte zur Einreichung 2 des nächsten Schriftsatzes aufgefordert werden, hängt davon ab, wie umfangreich die Schiedsklage war. Die Schiedsklage muss dem Schiedsbeklagten also noch nicht die Möglichkeit geben, zu dem Klagevorwurf inhaltlich vollumfänglich Stellung zu nehmen.
II. Reform Durch die Reform 2018 wurde die das Schiedsverfahren einleitende Phase grund- 3 legend neu gestaltet. Früher ähnelte die Abfolge der Schriftsätze der Grundstruktur eines deutschen Gerichtsverfahrens (§ 253 ZPO). Das bedeutet, dass unter dem alten Regime auf die Klageschrift, nach der Konstituierung des Schiedsgerichts, direkt die Klageerwiderung folgte. Diese Struktur führte in der Praxis regelmäßig dazu, dass die Schiedsklage, ähnlich wie im deutschen Zivilverfahren, die Position des Schiedsklägers bereits ausführlich darstellte. Die aktuelle DIS-SchO öffnet sich dagegen der Grundstruktur internationaler 4 Schiedsverfahren wie z.B. bei der ICC-SchO, der SchO der Schiedsgerichtsinstitution der Stockholmer Handelskammer oder der SchO des LCIA. Mit dieser Änderung sollte die DIS-SchO insb. für ausländische Nutzer vertrauter werden, um die DIS auf internationaler Ebene zu etablieren. Trotz der Reform entsprechen die Regelungen von Art. 5 DIS-SchO 2018 im 5 Wesentlichen denen von § 5 DIS-SchO 1998: die Regelungen des alten § 5 Abs. 1 wurde teilweise sprachlich überarbeitet und teilweise in Art. 6 ausgelagert. Lediglich die Unterscheidung in zwingende und nicht-zwingende Anforderungen an die Schiedsklage (in § 6 Abs. 2 und Abs. 3 DIS-SchO 1998) wurde aufgegeben. Ansonsten ist der Inhalt der Schiedsklage im Wesentlichen unverändert geblieben (lediglich das ausdrückliche Erfordernis, die Kontaktdaten des Verfahrensbevollmächtigten des Schiedskläger anzugeben, ist nun aufgenommen worden). § 8 DIS-SchO 1998 wurde in Art. 5.3 und 5.5 integriert. § 4 DISSchO 1998 wurde lediglich sprachlich überarbeitet. Schilling
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Art. 5 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage III. Verhältnis zu §§ 1044, 1046 ZPO 6 Das X. Buch der ZPO geht zwar paradigmatisch von einem Ad-hoc-Schiedsver-
fahren aus, sieht aber eine ähnliche Verfahrenskonzeption wie die überarbeitete DIS-SchO vor. Dort wird das Schiedsverfahren durch einen verfahrenseinleitenden Schriftsatz, der nur ein Minimum an Informationen enthalten muss, begonnen (§ 1044 Satz 2 ZPO). Danach nimmt der Schiedsbeklagte kursorisch Stellung. Dann wird das Schiedsgericht konstituiert. Erst im Anschluss hieran hat der Schiedskläger eine Klageschrift einzureichen, die nach § 1046 ZPO detailliertere Informationen enthalten muss. Im Vergleich verlangen weder § 1044 ZPO noch § 1046 ZPO mehr Informationen als Art. 5 und haben daher für das DISVerfahren keine Relevanz.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 7 Nach § 253 Abs. 2 ZPO muss eine Klageschrift die Parteien und das angerufene
Gericht bezeichnen, den Streitgegenstand bestimmen, den erhobenen Anspruch begründen und einen Antrag enthalten. Rechtliche Ausführungen sind dabei nicht erforderlich. Ferner soll die Klageschrift nach § 253 Abs. 3 ZPO den Wert des Streitgegenstandes beziffern und eventuelle Gründe nennen, die einer Entscheidung durch den Einzelrichter entgegenstehen.
V. Vor der Einreichung der Schiedsklage 8 Die Parteirollen werden nach dem Eingang der Schiedsklage vergeben. Die Par-
tei, die ein Verfahren schiedshängig macht, ist Schiedskläger, die andere Partei Schiedsbeklagter, unabhängig davon, wer etwa auf Leistung und wer nur auf Feststellung des Nichtbestehens einer Leistungspflicht klagt.
9 Vor der Einreichung der Schiedsklage sollte sich der Kläger vergewissern, dass
die Streitbeilegungsvereinbarung der Parteien keine vorgeschalteten Handlungen verlangt. So sehen viele Vertragsklauseln vor, dass die Parteien zunächst auf alternative Methoden der Streitbeilegung zurückgreifen, etwa ein Schlichtungsoder Mediationsverfahren. In diesem Fall sollte der Kläger nicht nur darauf achten, dass ein entsprechendes Verfahren durchgeführt wurde, sondern dass er den ordnungsgemäßen Abschluss dieses Verfahrens auch belegen kann. Der entsprechende Nachweis sollte bereits mit der Schiedsklage eingereicht werden.
VI. Inhalt der Klageschrift (Art. 5.2) 10 Die erste Frage, die sich dem Kläger bei der Formulierung der Klage stellt, ist die
nach der zu verwendenden Sprache. Die DIS-SchO enthält hierzu keine Vorgaben. 766
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Schiedsklage, Übermittlung, Bearbeitungsgebühren | Art. 5 DIS-SchO
Die Verfahrenssprache wird erst in einem späteren Stadium durch das Schiedsgericht bestimmt (Art. 23). Allerdings kann sich eine bestimmte Verfahrenssprache bereits aus der Schiedsklausel ergeben. In diesem Fall sollte sich der Schiedskläger an diese Festlegung halten. Anderenfalls kann sich der Schiedsbeklagte auf eine Verletzung der Schiedsvereinbarung berufen. Die DIS wird dann den Schiedskläger auffordern, zur Rüge der Verfahrenssprache Stellung zu nehmen. Wenn die Schiedsvereinbarung die Verfahrenssprache nicht bestimmt und die 11 Schiedsparteien sich nicht auf eine Sprache einigen können, bleibt die Verfahrenssprache bis zu einer Entscheidung des Schiedsgerichts unbestimmt. In diesem Fall sollte sich der Schiedskläger an die Sprache der Schiedsvereinbarung halten. Fasst der Kläger die Klage in einer anderen Sprache ab, steht dies jedoch grds. nicht der Wirksamkeit der Klageerhebung entgegen. Vorsicht: Wenn ein Schriftsatz (insb. eine Schiedsklage oder Schiedswiderklage) 12 bei der DIS in einer anderen Sprache als Deutsch oder Englisch eingereicht wird, kann die DIS eine Übersetzung anfertigen lassen. Die Kosten dieser Übersetzung können zusätzlich zur Bearbeitungsgebühr erhoben werden (Ziff. 3.7 Anlage 2). Der Schiedskläger kann die Schiedsklage im weiteren Verlauf des Schiedsverfah- 13 rens ergänzen. Er kann dabei nicht nur dem bereits gemachten Vortrag weitere Details hinzufügen, sondern er kann ohne Weiteres auch völlig neuen Sachvortrag einführen und seine Anträge ändern. Dafür ist stets Voraussetzung, dass sich der Kläger in den Grenzen der Schiedsvereinbarung mit dem Beklagten bewegt; insb. neu geltend gemachte Ansprüche müssen unter die Schiedsvereinbarung fallen. Unter Umständen sind auch vom Schiedsgericht gesetzte Fristen, nach deren Ablauf die Schiedsklage nicht erweitert/ergänzt werden darf, zu beachten. 1. Namen und Adressen der Parteien (Art. 5.2 (i)) Der Schiedskläger muss alle Parteien bezeichnen, d.h. er muss den vollständigen 14 Namen, die Rechtsform und die Adresse angeben. Bei juristischen Personen sollten die gesetzlichen Vertreter benannt werden. Diese Angaben gehören nach Art. 6.1 zu den notwendigen Bestandteilen einer wirksamen Schiedsklage (neben einem bestimmten Klageantrag, einer Sachverhaltsdarstellung und der einschlägigen Schiedsvereinbarung). Sie sollten mit größtmöglicher Sorgfalt gemacht werden. Die korrekte Bezeichnung der Parteien ist wichtig, da die Einbeziehung neuer Parteien (zumindest nach der Bestellung eines Schiedsrichters) die Zustimmung aller Schiedsparteien erfordert (Art. 19.1). Die korrekten Kontaktdaten des Schiedsbeklagten sind für den zügigen Fortgang des Schiedsverfahrens und möglicherweise sogar die Durchsetzbarkeit des Schiedsspruchs relevant. Obwohl Art. 5 nur Namen und Adressen erwähnt, ist es empfehlenswert und 15 üblich auch sonstige Kontaktdaten aller Parteien zu nennen. Für eine rasche elektronische Kommunikation sind insb. E-Mailadressen wichtig. Empfehlung: Bei Parteien, deren Name/Firma ursprünglich nicht mit lateinischen Buchstaben geschrieben wird, empfiehlt es sich, neben der Transkription des Namens ins lateinische Alphabet nach ISO 646 auch die Originalform des Namens anzugeben. Auf diese
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Art. 5 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage Weise werden eventuelle Schwierigkeiten bei der Übermittlung der Klage oder bei der Anerkennung und/oder Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs im Herkunftsland der betreffenden Partei vermieden.
17 Üblicherweise werden nicht nur die erforderlichen Angaben zu den Parteien,
sondern auch eine kurze Beschreibung von ihnen gegeben. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Schiedsrichter das Geschäftsfeld, den Hintergrund und die Bedeutung der Parteien in den betreffenden Märkten kennen. 2. Namen und Adressen etwaiger Verfahrensbevollmächtigter (Art. 5.2 (ii))
18 Die reformierte DIS-SchO verlangt vom Schiedskläger nun ausdrücklich, auch
Namen und Adressen seiner Verfahrensbevollmächtigten anzugeben, falls er sich im Verfahren vertreten lässt (eine Vertretung ist nicht zwingend, da die DISSchO keinen Anwaltszwang kennt). Allerdings war bereits unter der alten Fassung üblich und im Hinblick auf § 5 Abs. 5 DIS-SchO 1998 sogar erforderlich, zustellungsfähige Adresse der Verfahrensbevollmächtigten zu nennen. 3. Klageantrag (Art. 5.2 (iii))
19 Der Schiedsantrag gehört nach Art. 6.1 zu den notwendigen Bestandteilen einer
wirksamen Schiedsklage (neben dem Namen und der Adresse der Parteien, einer Sachverhaltsdarstellung und der einschlägigen Schiedsvereinbarung). Er sollte so formuliert werden, dass er ggf. als Tenor des Schiedsspruchs herangezogen und später vollstreckt werden kann. Der Schiedskläger ist dabei nicht auf bestimmte Klagetypen oder Antragsarten beschränkt.
20 Die Anträge sollten möglichst von Beginn an so präzise wie möglich formuliert
sein, um spätere Komplikationen im Verfahren zu vermeiden. Allerdings können die Anträge grds. auch noch im weiteren Verlauf des Schiedsverfahrens geändert werden. Eine Beschränkung der Änderungen des Verfahrensgegenstandes gibt es im DIS-Schiedsverfahren nicht. Allenfalls kann das Schiedsgericht eine entsprechende Frist setzen und nach Ablauf dieser Frist Änderungen nicht mehr zulassen.
21 Empfehlung: Wegen der streitwertabhängigen Bearbeitungs- und Schiedsrichtergebühren könnte der Schiedskläger, ähnlich wie im deutschen Zivilverfahren, eine Teilklage erwägen. Falls sich der Kläger zu einer Teilklage entschließt, sollte er in der Schiedsklage hervorheben, dass er nur einen Teil seiner Forderung einklagt. Zudem sollte er sich in der Schiedsklage vorbehalten, den Rest seines Anspruchs in demselben Schiedsverfahren geltend zu machen.
4. Anspruchsbetrag und Schätzung des Streitwerts (Art. 5.2 (iv)) 22 Der Schiedskläger muss bei bezifferten Ansprüchen den entsprechenden Betrag
nennen (also bspw. bei Ansprüchen auf Zahlung). Bei sonstigen Ansprüchen muss der Schiedskläger den Streitwert schätzen (z.B. bei Feststellungsklagen oder bei Leistungsklagen, die auf Vornahme einer Handlung gerichtet sind). Bei der Bestimmung des Streitwerts können sich die Parteien an dem Verfahrensrecht am
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Schiedsklage, Übermittlung, Bearbeitungsgebühren | Art. 5 DIS-SchO
Ort des Schiedsverfahrens orientieren. Befindet sich der Schiedsort in Deutschland, könnte also bei dem Antrag auf Feststellung des Bestehens einer Zahlungsforderung der Nennwert der Forderung mit einem Abschlag zugrunde gelegt werden. Im Gegensatz zur alten Fassung der DIS-SchO gehören die Angaben zum Streit- 23 wert mittlerweile zum zwingenden Inhalt der Klageschrift. Fehlen diese Angaben oder sind sie fehlerhaft, fordert das Sekretariat den Schiedskläger zunächst zur Ergänzung auf. Falls der Schiedskläger dennoch keine hinreichenden Angaben macht, kann die DIS das Schiedsverfahren beenden (s. Rz. 54 ff.). Unabhängig von den Angaben des Schiedsklägers bestimmt das Schiedsgericht 24 den Streitwert nach Anhörung der Parteien und nach pflichtgemäßem Ermessen (Art. 36.2). Falls eine der Parteien diese Streitwertbestimmung überprüfen lassen möchte, kann es den DIS-Rat anrufen, der die Festsetzung des Schiedsgerichts ändern kann (Art. 36.3). 5. Sachverhalt (Art. 5.2 (v)) Der Schiedskläger muss die tatsächlichen Umstände vortragen, auf die er seine 25 Klage stützt. Die Sachverhaltsdarstellung gehört nach Art. 6.1 zu den notwendigen Bestandteilen einer wirksamen Schiedsklage (neben dem Namen und der Adresse der Parteien, einem bestimmten Klageantrag und der einschlägigen Schiedsvereinbarung). Vor der Reform 2018 war es häufig so, dass der Schiedskläger den Sachverhalt ausführlich darstellte, weil das Verfahren insofern zumindest in der Praxis dem staatlichen Verfahren nach der ZPO ähnelte. Insbesondere nach der überarbeiteten DIS-SchO reicht es aus, wenn der Schiedskläger den Sachverhalt, der die Voraussetzungen der Anspruchsgrundlage erfüllt, kursorisch darstellt. Der Schiedskläger hat also die Wahl, ob er in seiner Schiedsklage umfangreich zur Sache vorträgt (ähnlich einer Klageschrift im staatlichen Verfahren) oder ob er seine Schiedsklage im Wesentlichen als Antrag auf ein Schiedsverfahren mit kursorischem Sachvortrag ausgestaltet. Falls er sich für Letzteres entscheidet, muss er seine Schiedsklage nach der Konstituierung des Schiedsgerichts hinreichend substantiieren. In beiden Fällen muss der Vortrag in der Schiedsklage selbst noch nicht unter Beweis gestellt werden, allerdings sind Beweisangebote durchaus üblich. Ob ein Schiedskläger sich für eine summarische oder eine ausführliche Schieds- 26 klage entscheidet, hängt von seinen strategischen Erwägungen ab. Häufig wird eine weniger detaillierte Schiedsklage gewählt, wenn es hauptsächlich darum geht, die Schiedsklage möglichst schnell zu erheben (etwa wegen drohender Verjährung oder um Vergleichsverhandlungen zu forcieren). Gleiches gilt, wenn der Schiedskläger (noch) an der Substantiierung der Schadenssumme arbeiten muss. Zudem hat eine schlanke Schiedsklage den Vorteil, dass sich der Schiedskläger noch nicht auf eine Argumentationsstrategie festlegt und abwarten kann, wie sich der Beklagte verteidigt. Für eine ausführliche Schiedsklage spricht vor allem der psychologische Vor- 27 teil, den Schiedsrichtern als erster den Sachverhalt im Lichte des eigenen AnSchilling
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Art. 5 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage spruchs näher bringen zu können. Der Schiedskläger macht dadurch deutlich, dass er bereit ist, das Schiedsverfahren zügig voranzutreiben. Zudem kann er durch eine entsprechende Darstellung Einfluss auf verfahrensleitende Entscheidungen des Gerichtshofs, wie etwa die Festlegung der Anzahl der Schiedsrichter, nehmen. Des Weiteren wird der Schiedsbeklagte unter Druck gesetzt, eine ähnlich ausführliche Klageantwort einzureichen, was für diesen aus Zeitgründen schwierig sein kann. 28 Der Schiedskläger muss in einem DIS-Verfahren in der Klageschrift keine recht-
lichen Ausführungen machen. Allerdings ist es für den Schiedskläger üblich, seine Rechtsansicht darzustellen.
6. Schiedsvereinbarung (Art. 5.2 (vi)) 29 Der Schiedskläger muss ferner die Schiedsvereinbarung wiedergeben. Diese An-
gabe gehört nach Art. 6.1 zu den notwendigen Bestandteilen einer wirksamen Schiedsklage (neben dem Namen und der Adresse der Parteien, einem bestimmten Klageantrag und einer Sachverhaltsdarstellung). Diesem Erfordernis kommt der Schiedskläger idealerweise durch ein vollständiges Zitat in der Klageschrift und durch Vorlage einer Kopie der Vertragsurkunde nach.
30 Empfehlung: Auch wenn Zweifel an der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung bestehen
oder die Schiedsvereinbarung verschiedene Auslegungen zulässt, muss der Schiedskläger in der Klageschrift noch nicht ausführlich dazu vortragen. Denn wenn der Schiedsbeklagte eine entsprechende Rüge erhebt, erhält der Schiedskläger Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen. Erst dann entscheidet das Schiedsgericht i.d.R. im Rahmen eines Zwischenentscheids nach § 1040 Abs. 3 ZPO über seine Zuständigkeit.
7. Benennung eines Parteischiedsrichters bei einem Dreierschiedsgericht (Art. 5.2 (vii)) 31 Der Schiedskläger muss einen Schiedsrichter benennen, wenn dies gemäß der
DIS-SchO erforderlich ist. Das ist nach Art. 12.1 der Fall, wenn das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern besteht. Falls der Schiedskläger diesem Gebot nicht nachkommt, weist ihn die DIS-Geschäftsstelle darauf hin und fordert ihn auf, die Schiedsrichterbenennung innerhalb einer Frist nachzuholen (s. Art. 5.4).
32 Die Benennung des Parteischiedsrichters ist mit dem Zugang bei der DIS-Ge-
schäftsstelle verbindlich. Sie kann grds. nicht mehr geändert oder widerrufen werden.
33 Der Schiedskläger kann (muss aber nicht) Vorschläge zur Benennung eines
Schiedsrichters machen, wenn die Parteien die Entscheidung durch einen Einzelschiedsrichter vereinbart haben. Damit geht einher, dass der Schiedskläger darlegt, dass sich die Parteien anstelle des üblichen Dreierschiedsgerichts auf einen Einzelschiedsrichter geeinigt haben.
34 Allerdings geht mit einem personellen Vorschlag in der Klage die Gefahr einher,
dass der vorgeschlagene Schiedsrichter allein deshalb nicht benannt wird, weil
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Schiedsklage, Übermittlung, Bearbeitungsgebühren | Art. 5 DIS-SchO
er der erste Wunschkandidat einer Partei war. Deshalb macht der Schiedskläger häufig nicht sofort einen personellen Vorschlag. Der Schiedskläger kann jedoch ohne Bedenken einen Antrag auf Benennung eines Einzelschiedsrichters durch die DIS (nach Art. 10.2) mit der Klage verbinden und dabei auf bestimmte Eigenschaften hinweisen, die der Schiedsrichter aufweisen sollte (z.B. Sprachkenntnisse oder Vertrautheit mit besonderen Rechtsgebieten oder Branchen). 8. Angaben zum Schiedsverfahren (Art. 5.2 (viii)) Zudem verlangt die DIS-SchO, vom Schiedskläger, zu verfahrensbestimmenden 35 Fragen Stellung zu nehmen. Zunächst soll der Kläger sich zum Schiedsort äußern. Die Wahl des Schiedsortes hat u.U. einen immensen Einfluss auf das Verfahren. Zum einen wird sich das Schiedsgericht bei der Verfahrensführung an dem dort geltenden Prozessrecht orientieren. Zum anderen bestimmt das Recht des Staates des Schiedsorts die Befugnisse der staatlichen Gerichte, in das Schiedsverfahren einzugreifen und den Schiedsspruch aufzuheben. Der Schiedskläger sollte daher aus eigenem Interesse zum Schiedsort ausführlich Stellung nehmen, wenn dieser unklar oder umstritten ist. Wenn die Schiedsklausel keinen Schiedsort festschreibt und die Parteien sich nicht auf einen Schiedsort geeinigt haben, wird er durch das Schiedsgericht bestimmt (Art. 22.1). Die DIS-SchO verlangt von dem Schiedskläger ferner, zur Frage der Verfah- 36 renssprache Stellung zu nehmen. Diese Frage stellt sich dem Schiedskläger bereits in einem früheren Zeitpunkt, nämlich bei der Formulierung der Schiedsklage. Es gelten daher die obigen Ausführungen (s. Rz. 10). Schließlich ist der Schiedskläger aufgefordert, sich zum anwendbaren Recht zu 37 äußern. In einem späteren Verfahrensstadium wird diese Frage ohnehin vom Schiedsgericht im Rahmen der Entscheidung nach Art. 24 geklärt. Dennoch sollte der Schiedskläger hier eine ausführliche Darstellung erwägen, wenn zu erwarten ist, dass der Beklagte eine andere Meinung zum anwendbaren Recht vertritt. Wie auch bei der Sachverhaltsdarstellung hat der Schiedskläger die Möglichkeit, als erster auf das Schiedsgericht Einfluss zu nehmen. 9. Keine weiteren Vorgaben durch die DIS-SchO Die DIS-SchO macht keine Vorgaben zum Aufbau, zur Form oder zum Stil der 38 Schiedsklage. Diese Freiheit sollte der Schiedskläger dazu nutzen, die Schiedsklage zweckmäßig auf die klare Darstellung des Falls und die rechtlichen Besonderheiten auszurichten. Der Kläger sollte vermeiden, sich unreflektiert an Schemata aus dem staatlichen Verfahren zu orientieren.
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Art. 5 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage B. Pflicht zur Zahlung der Bearbeitungsgebühren (Art. 5.3) I. Normzweck 39 Art. 5.4 ist im Zusammenhang mit Art. 7.6, 32, 33 und 34 zu lesen, die den Kos-
tenrahmen eines DIS-Schiedsverfahrens abbilden. Art. 5.4 sieht insoweit vor, dass die DIS erst dann tätig wird, wenn der Kläger zu Beginn des Schiedsverfahrens die DIS Bearbeitungsgebühr verauslagt. Wer die Kosten des Verfahrens letztlich zu tragen hat, ist abhängig von der Kostenentscheidung des Schiedsgerichts nach Art. 33.
II. Reform 40 In der DIS-SchO 1998 befand sich die Regelung zu den Kostenvorschüssen in § 7.
Inhaltlich hat sich im Hinblick auf die DIS Bearbeitungsgebühr nichts geändert. Früher hatte der Schiedskläger jedoch neben der DIS Bearbeitungsgebühr auch den Vorschuss für die Schiedsrichterhonorare zu leisten, bevor die DIS seine Schiedsklage an den Schiedsbeklagten übermittelte. Dieser Vorschuss ist in der überarbeiteten Fassung keine Voraussetzung mehr für die Übermittlung der Schiedsklage. Stattdessen bestimmt die DIS während des Schiedsverfahrens (aber nach Übermittlung der Schiedsklage) gemäß Art. 35.2, welche Sicherheiten die Parteien für die Honorare und Auslagen der Schiedsrichter vorläufig zu leisten haben.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 41 Die Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO haben für die Anwendung von Art. 5.4
keine praktische Bedeutung.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 42 Auch in staatlichen Verfahren wird die Tätigkeit der Gerichte regelmäßig von
der Sicherheitenstellung oder Zahlung von Gerichtskosten abhängig gemacht (vgl. insb. § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 12 GKG für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten).
V. DIS Bearbeitungsgebühren 43 Der Anspruch der DIS auf eine Bearbeitungsgebühr (ggf. zzgl. Umsatzsteuer,
s. Art. 6.3 Anlage 2) ergibt sich aus Anlage 2 Ziff. 1.3. Die Parteien haften für die Bearbeitungsgebühr gesamtschuldnerisch. Art. 5.4 konkretisiert diesen Anspruch dahingehend, dass der Kläger die für die Klage anfallende DIS-Bearbeitungsgebühr zu verauslagen hat, unbeschadet eines etwaigen und von der Kosten772
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Schiedsklage, Übermittlung, Bearbeitungsgebühren | Art. 5 DIS-SchO
entscheidung des Schiedsgerichts nach Art. 33 abhängigen Erstattungsanspruchs des Klägers gegen den Beklagten. Die Zahlung der Bearbeitungsgebühr ist grds. Voraussetzung für die Übermittlung der Schiedsklage. Die DIS Bearbeitungsgebühr wird mit Einreichung der Schiedsklage bei der DIS 44 fällig. Hat der Schiedskläger die DIS-Bearbeitungsgebühr nicht schon vorab bezahlt (etwa durch Überweisung oder durch Einreichung eines Schecks), setzt die DIS dem Schiedskläger hierfür eine Frist, die grds. nicht mehr als 30 Tage beträgt. Die Höhe der DIS Bearbeitungsgebühr ergibt sich aus der Anlage 2, die Bestand- 45 teil der DIS-SchO ist. Nach Ziff. 3 der Anlage 2 ist die Höhe der DIS Bearbeitungsgebühr streitwertabhängig. Sie beträgt jedoch mindestens 750 EUR und höchstens 60.000 EUR in einem Zweiparteienverfahren; in einem Mehrparteienverfahren erhöht sich die maximale Gebühr um höchstens 20.000 EUR pro zusätzlicher Partei (Ziff. 3.4 Anlage 2). Anlage 2 gibt grds. Nettobeträge an, so dass auf die Bearbeitungsgebühr Umsatzsteuer oder vergleichbare Steuern oder Abgaben anfallen können (Ziff. 6.3 Anlage 2). Die DIS Bearbeitungsgebühr wird auf Grundlage des Streitwerts ermittelt, den 46 der Schiedskläger nach der überarbeiteten Fassung bereits in der Schiedsklage angeben muss. Ist der Streitwert nicht beziffert oder nicht geschätzt, fordert die DIS die Parteien unter Fristsetzung auf, dies nachzuholen (Ziff. 1.2 Anlage 2). Falls die Parteien dieser Aufforderung nicht nachkommen oder ein Anspruch nach Ansicht der DIS offensichtlich unterbewertet wurde, kann die DIS den Streitwert zur Berechnung der Bearbeitungsgebühr nach ihrem Ermessen bestimmen, zumindest bis das Schiedsgericht den Streitwert endgültig festsetzt (Ziff. 3.3 Anlage 2). Wird ein Schriftstück in einer anderen Sprache als Deutsch oder Englisch ein- 47 gereicht, kann die DIS eine Übersetzung anfertigen lassen und deren Kosten zusätzlich zur DIS-Bearbeitungsgebühr erheben (Ziff. 3.7 Anlage 2).
VI. Folgen der Nichtzahlung Zahlt der Schiedskläger die anfallende DIS-Bearbeitungsgebühr nicht, auch 48 nicht binnen der von der DIS verlängerten Frist, kann der DIS-Rat das Verfahren beenden (s. Art. 42.5). Der Schiedskläger behält allerdings das Recht, seine Schiedsklage erneut einzureichen. Wenn der Schiedskläger ein Recht geltend macht, das dem deutschen materiel- 49 len Recht unterliegt, wird die Verjährung dieses Rechts mit Beginn des Schiedsverfahrens (§ 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB), d.h. mit dem Zugang der Klage bei einer DIS-Geschäftsstelle (Art. 5.1), gehemmt. Daran ändert sich nichts, wenn der Schiedskläger anschließend die DIS-Bearbeitungsgebühr nicht bezahlt, weil das Schiedsverfahren dann lediglich beendet wird (s. Art. 42.5). Denn im Gegensatz zum Schließen der Verfahrensakte (nach Art. 6.2) setzt eine Beendigung voraus, dass das Schiedsverfahren begonnen wurde. Schilling
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Art. 5 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage C. Unvollständige Schiedsklagen (Art. 5.4) I. Normzweck 50 Art. 5.4 regelt, wie die DIS mit Schiedsklagen umgehen kann, die nicht die Min-
destanforderungen der DIS-SchO erfüllt (d.h. die Anforderungen von Art. 4.2 und Art. 5.2). Falls die Schiedsklage nicht innerhalb einer von der DIS gesetzten Frist nachgebessert wird, kann die DIS das Schiedsverfahren beenden.
II. Reform 51 Die Reform der DIS-SchO hat den Umgang mit unvollständigen Klagen inhalt-
lich unverändert gelassen. Die Regelung von Art. 5.4 entspricht § 6 Abs. 4 der DIS-SchO 1998.
III. Verhältnis zu § 1044 ZPO 52 Nach § 1044 Satz 2 ZPO wird das Schiedsverfahren durch einen verfahrensein-
leitenden Schriftsatz begonnen, der nur die Parteien, die Angabe des Streitgegenstandes und einen Hinweis auf die Schiedsvereinbarung enthalten muss. Nur wenn der Antrag diese Informationen enthält, beginnt das Schiedsverfahren. § 1044 ZPO kommt allerdings nur zur Anwendung, falls die Parteien nichts Abweichendes vereinbart haben. Eine abweichende Vereinbarung liegt insb. dann vor, wenn die Parteien auf die DIS-SchO verweisen.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 53 Im staatlichen Verfahren muss eine Klageschrift die Parteien sowie das Gericht
bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und Streitgegenstand sowie den Grund des erhobenen Anspruchs benennen (§ 253 Abs. 2 ZPO). Falls diese Angaben fehlen oder unvollständig sind, können sie im Lauf des Rechtsstreits nachgereicht werden.
V. Folgen einer unzureichenden Schiedsklage 54 Eine Schiedsklage, die inhaltlich unvollständig oder nicht in der erforderlichen
Anzahl an Exemplaren eingereicht wird, entspricht nicht den Anforderungen der DIS-SchO. Die DIS-Geschäftsstelle fordert dann den Schiedskläger innerhalb einer Frist, die normalerweise vier Wochen beträgt, zur Beseitigung des Mangels/ zur Nachbesserung auf. Wenn der Kläger dieser Aufforderung nicht nachkommt, hängt die Folge davon ab, welche Angaben fehlen oder unzureichend sind: 774
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Schiedsklage, Übermittlung, Bearbeitungsgebühren | Art. 5 DIS-SchO
Falls der Schiedskläger nicht einmal die grundlegendsten Angaben macht, d.h. 55 Angaben zu den Parteien (vollständiger Name und Adresse), einem bestimmten Klageantrag, zum Sachverhalt oder zur Schiedsvereinbarung (Art. 5.2 (i), (iii), (v) und (vi)), liegt keine wirksame Klageerhebung vor. In diesem Fall wurde kein Schiedsverfahren eröffnet. Dementsprechend muss das Verfahren nicht für beendet erklärt werden; vielmehr schließt die DIS lediglich die Verfahrensakte. Der Schiedskläger behält das Recht, seine Ansprüche erneut geltend zu machen (Art. 6.2). Falls der Schiedskläger die übrigen Mindestanforderungen nicht erfüllt, d.h. Min- 56 destanzahl von Exemplaren (Art. 4.2) und ausreichende Angaben zum eigenen Prozessvertreter, dem Streitwert oder dem von ihm zu benennenden Schiedsrichter macht (Art. 5.2 (ii), (iv) (vii) und (viii)), kann die DIS das Schiedsverfahren gemäß Art. 42.6 beenden. In diesem Fall hat das Schiedsverfahren begonnen (s. Art. 6.1), war kurzzeitig eröffnet und wird nun beendet. Dennoch behält auch hier der Schiedskläger das Recht, seine Ansprüche erneut geltend zu machen (Art. 42.7). Die Unterscheidung zwischen Verfahrensbeendigung und Schließen der Verfah- 57 rensakte dürfte für die Verjährung relevant sein. Hierfür ist für das anzuwendende Recht zu prüfen, ob der Beginn des Schiedsverfahrens nach Art. 6.1 bzw. der vom Schiedskläger eingereichte Schriftsatz ausreichen, um die Verjährung zu hemmen. Falls deutsches Recht Anwendung findet, dürfte die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB gehemmt werden, wenn das Verfahren kurzzeitig eröffnet und beendet wurde. Falls dagegen die Schiedsklage so unzureichend war, dass kein Schiedsverfahren eröffnet wurde, tritt keine verjährungshemmende Wirkung ein. Vorsicht: Wird das Schiedsverfahren nicht fortgeführt, weil die Klageschrift die 58 Mindestanforderungen nicht erfüllt, erhält der Schiedskläger eine eventuell geleistete DIS-Bearbeitungsgebühr nicht zurück. Kommt der Schiedskläger der Aufforderung der DIS-Geschäftsstelle nach und 59 beseitigt den Mangel, wird das Verfahren fortgesetzt, als ob die Schiedsklage von Anfang an ordnungsgemäß eingereicht worden wäre. Dieser Umstand gewinnt insb. in Hinblick auf die Verjährung Bedeutung (s. Art. 6 Rz. 14).
D. Einreichung der Schiedsklage (Art. 5.1) I. Normzweck Art. 5.1 regelt, wie der Schiedskläger das Schiedsverfahren einleitet.
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II. Reform Die Regelungen zur Einleitung des Verfahrens wurden inhaltlich nicht über- 61 arbeitet. Die Regelung in § 6 Abs. 1 der DIS-SchO 1998 findet sich nun teilweise in Art. 5.1 und teilweise in Art. 6.1. Schilling
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Art. 5 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage III. Verhältnis zu § 1044 ZPO 62 Nach § 1044 Satz 1 ZPO beginnt das schiedsgerichtliche Verfahren, wenn der
Beklagte den Antrag auf Einleitung des Schiedsverfahrens empfangen hat. Allerdings kommt diese Vorschrift nur zur Anwendung, falls die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Die Wahl der DIS-SchO ist eine abweichende Vereinbarung in diesem Sinne, so dass sie der gesetzlichen Regelung vorgeht.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 63 Das staatliche Verfahren beginnt mit der Einreichung der Klageschrift bei Ge-
richt; dann gilt das Verfahren als anhängig. Viele materiell-rechtlichen und prozessualen Folgen treten jedoch erst mit der Zustellung der Klageschrift an den Beklagten ein; erst dann ist die Klage rechtshängig (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO). Die DIS-SchO unterscheidet nicht zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit, weil die materiell-rechtlichen und prozessualen Folgen bereits mit Eingang der Schiedsklage bei der DIS-Geschäftsstelle eintreten.
V. Einreichung der Klageschrift 64 Zur Herbeiführung der Schiedshängigkeit muss der Schiedskläger die Schieds-
klage bei einer DIS-Geschäftsstelle einreichen. Gegenwärtig unterhält die DISGeschäftsstelle drei Büros, die Hauptgeschäftsstelle in Bonn, ein Büro in Berlin und eines in München. Die jeweiligen Anschriften sind auf der Homepage der DIS (http://www.disarb.org) angegeben.
65 Die Art der Übersendung steht dem Kläger grds. frei. Allerdings empfiehlt sich,
eine Sendungsart zu wählen, durch die der Zugang dokumentiert wird.
66 Die Schiedsklage wird im Regelfall von einem anwaltlichen Verfahrensbevoll-
mächtigten des Schiedsklägers eingereicht. Genauso kann sie aber auch vom Schiedskläger selbst oder einem sonstigen Vertreter eingereicht werden. In keinem dieser Fälle verlangt die DIS-SchO, dass die Vertretungsmacht durch eine Urkunde belegen wird. Allerdings kann das Schiedsgericht später einen entsprechenden Nachweis fordern.
67 Dem Schiedskläger steht es frei, gleichzeitig mit der Einreichung bei der DIS-
Geschäftsstelle auch dem Schiedsbeklagten ein Exemplar der Schiedsklage zuzusenden. Das hat jedoch keine rechtliche Relevanz. Der Schiedskläger kann dadurch insb. nicht den Zeitpunkt der Schiedshängigkeit beeinflussen.
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Schiedsklage, Übermittlung, Bearbeitungsgebühren | Art. 5 DIS-SchO
E. Die Übermittlung der Schiedsklage an den Beklagten (Art. 5.5) I. Normzweck Die Benachrichtigung des Beklagten ist notwendig, um ihn über das Schiedsver- 68 fahren und die damit verbundenen Wirkungen (Verjährungshemmung, etc., s. Art. 6 Rz. 14) in Kenntnis zu setzen. Erfolgt die Benachrichtigung nicht oder nicht ordnungsgemäß, kann das Gebot rechtlichen Gehörs verletzt sein.
II. Reform Im Hinblick auf die Übermittlung der Schiedsklage entspricht die überarbeitete 69 DIS-SchO inhaltlich der alten Fassung. Die Regelung von Art. 5.4 entspricht § 8 der DIS-SchO 1998.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Nach § 1047 Abs. 3 ZPO müssen sämtliche Schriftsätze, Dokumente und sonstige 70 Mitteilungen einer Partei der jeweils anderen Partei zugeleitet werden. Spezifischere Regeln zur Übermittlung der Klage stellt das X. Buch der ZPO nicht auf. Insbesondere regelt es nicht, dass oder wie die Schiedsinstitution die Klage an den Schiedsbeklagten zu übermitteln hat, da das X. Buch der ZPO grds. von einem Ad-hoc-Schiedsverfahren ausgeht, d.h. einem Verfahren ohne Administrierung durch eine Schiedsinstitution. Folglich sind die Bestimmungen des X. Buches für das DIS-Verfahren insofern irrelevant.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Die Klageschrift ist nach § 271 Abs. 1 ZPO unverzüglich zuzustellen. Allerdings 71 wird das Gericht die Klage nur zustellen, nachdem der Kläger den Gebührenvorschuss eingezahlt hat (§ 12 Abs. 1 GKG). Im landgerichtlichen Verfahren verbindet das Gericht mit der Zustellung der Klageschrift die Aufforderung an den Beklagten, einen Rechtsanwalt zu bestellen, wenn er sich zu verteidigen beabsichtigt (§ 271 Abs. 2 ZPO). Zudem wird das Gericht im Falle eines frühen ersten Termins eine Terminsladung, verbunden mit den Hinweisen nach § 274 Abs. 2 ZPO erlassen oder, im Falle eines schriftlichen Vorverfahrens, den Beklagten zur Einreichung einer Klageerwiderung auffordern.
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Art. 5 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage V. Übersendung an den Schiedsbeklagten 72 Die DIS-Geschäftsstelle übersendet dem Schiedsbeklagten die Schiedsklage. Die
Übersendung erfolgt in einer Weise, die den Nachweis des Zugangs ermöglicht, i.d.R. per Kurier.
73 Die Übersendung der Schiedsklage hängt von deren Vollständigkeit, der ausrei-
chenden Anzahl an Exemplaren und der Zahlung der Bearbeitungsgebühr ab.
74 In der Praxis besteht die DIS-Geschäftsstelle regelmäßig auf diese Voraussetzun-
gen, insb. auf einen Nachweis der Zahlung der Bearbeitungsgebühr.
75 Mit der Übersendung der Schiedsklage informiert die Geschäftsstelle den
Schiedsbeklagten i.d.R. über das weitere Vorgehen, insb. darüber, welche Handlungen von ihm erwartet werden. Ferner wird der Schiedsbeklagte aufgefordert, verfahrensrelevante Angaben zu machen (z.B. zur Benennung des Parteischiedsrichters, Art. 11, oder zum Vorschlag des Klägers, statt eines Dreierschiedsgerichts einen Einzelschiedsrichter zu benennen, Art. 12.1).
76 Anhang: Checkliste für den Inhalt der Klage
Rubrum □ Bezeichnung aller Parteien: Name, Rechtsform, Kontaktdaten □ Bezeichnung des eigenen Prozessvertreters: Name, Kontaktdaten Anträge □ Sachantrag □ Gegebenenfalls Zinsantrag Notwendige Angaben □ Beschreibung der Parteien: Geschäftsfeld, Historie, Bedeutung □ Angabe zur Höhe des Streitwerts □ Anspruchsbegründende Tatsachen □ Wiedergabe der Schiedsvereinbarung □ Angaben und Stellungnahme zur Anzahl der Schiedsrichter □ Falls dreiköpfiges Schiedsgericht: Benennung des eigenen Parteischiedsrichters Stellungnahme zum Schiedsort □ □ Stellungnahme zum anwendbaren Recht □ Stellungnahme zur Verfahrenssprache Übliche Ausführungen (nicht erforderlich) □ Rechtliche Ausführungen zur Anspruchsbegründung □ Detailliertere Ausführungen zum anwendbaren Recht, falls andere Meinung des Beklagten erwartet 778
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Beginn des Schiedsverfahrens | Art. 6 DIS-SchO
Sonstiges □ Einreichung bei der DIS-Geschäftsstelle □ Einreichung in der erforderlichen Anzahl von Exemplaren □ Zahlung der DIS-Bearbeitungsgebühr
Artikel 6 Beginn des Schiedsverfahrens 6.1 Das Schiedsverfahren beginnt am Tag des Eingangs der Schiedsklage, mit oder ohne Anlagen, bei der DIS in zumindest einer der beiden Formen der Übermittlung gemäß Artikel 4.2, sofern die Schiedsklage mindestens die Angaben gemäß Artikel 5.2 (i), (iii), (v) und (vi) enthält. 6.2 Erfolgt eine Ergänzung der Angaben gemäß Artikel 5.2 (i), (iii), (v) und (vi) nicht innerhalb der gemäß Artikel 5.4 gesetzten Frist, kann die DIS die Verfahrensakte schließen. Das Recht des Schiedsklägers, seine Ansprüche erneut geltend zu machen, bleibt unberührt. Regelungsschwerpunkte: Art. 6.1 bestimmt den Zeitpunkt, zu dem das Schiedsverfahren beginnt. An diesen sind gewisse Rechtsfolgen geknüpft, insb. die Hemmung der Verjährung durch Rechtsverfolgung im deutschen materiellen Recht. → Rz. 14–21; Art. 6.2 regelt, dass im Fall unvollständiger Angaben des Klägers bei Einleitung des Schiedsverfahrens die Verfahrensakte geschlossen werden kann, sofern keine fristgerechte Ergänzung erfolgt, in diesem Fall jedoch kein Rechtkraftverbrauch infolge der unvollständigen Schiedsklage eintritt. → Rz. 22–24 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . .
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E. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . I. Beginn des Schiedsverfahrens (Art. 6.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Schließung der Verfahrensakte (Art. 6.2) . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Gerstenmaier, Zur Verzinslichkeit von Kostenerstattungsforderungen im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2012, 1 ff.
A. Normzweck Art. 6.1 regelt die Voraussetzungen für die Einleitung eines DIS-Schiedsverfah- 1 rens und bestimmt den Zeitpunkt seines Beginns, wobei der Eingang der Schiedsklage in Papierform und in elektronischer Form gleichrangig nebeneinanderstehen. Es genügt also zur Verfahrenseinleitung, dass die Schiedsklage in der einen oder der anderen Form bei der DIS eingeht, wobei der frühere Zeitpunkt den Beginn des Schiedsverfahrens bestimmt. Meist wird dies der Eingang in elektroSchilling und Hauser
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Art. 6 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage nischer Form sein. Sind die formellen und inhaltlichen Voraussetzungen an die Schiedsklage gewahrt, beginnt das Schiedsverfahren mit dem Eingang der Schiedsklage bei der DIS, nicht etwa mit der Zustellung der Schiedsklage an den Beklagten. Auf die Klage folgt i.d.R. direkt die Klageerwiderung des Beklagten. Daher muss die Klageschrift bestimmte Mindestinhalte aufweisen, um dem Beklagten eine Stellungnahme zu ermöglichen. 2 Sind die zur Verfahrensleitung erforderlichen Angaben des Klägers unvollstän-
dig, räumt ihm Art. 6.2 Satz 1 die Möglichkeit ein, die fehlenden Angaben innerhalb einer von der DIS bestimmten Frist zu ergänzen. Nach Art. 6.2 Satz 2 hat der Kläger im Falle einer Schließung der Verfahrensakte wegen einer unvollständigen Klageschrift das Recht, seine Ansprüche erneut geltend zu machen. Es tritt somit in diesem Fall kein Rechtskraftverbrauch ein.
B. Reform 3 Art. 6.1 ersetzt § 6 Abs. 1 Satz 2 DIS-SchO 1998. Während nach der alten Fas-
sung der Beginn des Schiedsverfahrens lediglich den Zugang einer Klage bei einer DIS-Geschäftsstelle voraussetzte, bestimmt die Neuregelung, dass für den Beginn des Schiedsverfahrens nunmehr auch die in Art. 5.2 (i), (iii), (v), (vi) aufgeführten Mindestangaben einer Schiedsklage vorliegen müssen. Darüber hinaus sind gegenüber der Vorgängerregelung redaktionelle Änderungen vorgenommen worden. Beispielhaft heißt es jetzt, das Schiedsverfahren beginnt „am Tag des Eingangs der Schiedsklage“ anstelle „mit Zugang der Schiedsklage“.
4 § 6 Abs. 4 DIS-SchO 1998 sah ebenfalls die Möglichkeit vor, innerhalb einer be-
stimmten Frist fehlende Angaben in der Schiedsklage zu ergänzen. Dies ist nun in Art. 6.2 geregelt. Während nach § 6 Abs. 4 DIS-SchO 1998 das Verfahren „endete“, wenn der Kläger die Ergänzungen nicht fristgemäß nachgeholt hatte, heißt es im neuen Art. 6.2, dass „die DIS die Verfahrensakte schließen“ kann. Die Neufassung ist präziser als der alte, offenere Wortlaut.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 5 Das X. Buch der ZPO geht grds. nicht von einem institutionellen Schiedsverfah-
ren, sondern von einem Ad-hoc-Schiedsverfahren aus. Bei diesem beginnt das Schiedsverfahren gemäß § 1044 Satz 1 ZPO nicht erst mit der Einreichung der Schiedsklage, sondern bereits mit einem verfahrenseinleitenden Schriftsatz, an den inhaltlich nur geringe Anforderungen zu stellen sind (§ 1044 Satz 2 ZPO). Im Ad-hoc-Schiedsverfahren nach den Vorschriften des X. Buches der ZPO hat dann der Schiedsbeklagte die Möglichkeit zur Stellungnahme, bevor das Schiedsgericht konstituiert wird. Erst nach dessen Konstituierung muss der Schiedskläger die Klageschrift einreichen (§ 1046 ZPO).
6 Der Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens mit Zugang des Antrags auf
Einleitung eines Schiedsverfahrens nach § 1044 ZPO ist dispositiv und steht un-
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Beginn des Schiedsverfahrens | Art. 6 DIS-SchO
ter dem Vorbehalt, dass die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Die Verständigung der Parteien auf ein institutionelles Schiedsverfahren nach den Regeln der DIS-SchO stellt eine solche abweichende Parteivereinbarung dar, sodass Art. 6.1 in diesem Fall der gesetzlichen Regelung vorgeht.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften In Zivilverfahren vor deutschen staatlichen Gerichten wird zwischen Anhängig- 7 keit und Rechtshängigkeit unterschieden. Anhängigkeit meint „allgemein das Befasstsein des Gerichts mit einer Sache“ (Becker-Eberhard in MüKo.ZPO, § 261 ZPO Rz. 3). Während die Einreichung der Klageschrift bei Gericht zunächst zur Anhängigkeit der Klage im staatlichen Verfahren führt, tritt Rechtshängigkeit erst mit Zustellung an den Beklagten oder dessen Rechtsanwalt ein (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO; Saenger in Saenger, § 253 ZPO Rz. 1). Die Anhängigkeit stellt insofern eine Vorstufe zur Rechtshängigkeit der Klage dar. Der entscheidende Zeitpunkt für die Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 8 Satz 1 Nr. 1 BGB) und die Wahrung von Fristen ist grds. die Rechtshängigkeit, also die Zustellung der Klageschrift beim Beklagten. Vorausgesetzt, dass die Zustellung an den Beklagten „demnächst“ erfolgt (§ 167 ZPO), genügt allerdings bereits die Anhängigkeit der Klage, um die Verjährung zu hemmen. Der Zeitpunkt des Eintritts der Verjährungshemmung wird somit entsprechend zurückgerechnet. Sofern deutsches Recht anwendbar ist, wird im schiedsrichterlichen Verfahren 9 die Verjährung durch dessen Beginn gehemmt (§ 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 BGB). Dies ist in einem DIS-Schiedsverfahren somit mit Eingang der Schiedsklage bei der DIS der Fall, sofern in der Klageschrift die erforderlichen Mindestangaben enthalten sind.
E. Einzelerläuterung I. Beginn des Schiedsverfahrens (Art. 6.1) Der Verfahrensbeginn setzt zunächst voraus, dass die Schiedsklage der DIS in einer 10 der beiden Formen der Übermittlung gemäß Art. 4.2 (s. Art. 4 Rz. 19) zugeht, also entweder in Papierform oder „elektronisch“ (zum Begriff siehe Art. 4 Rz. 7 ff.). Es schadet daher nicht, wenn die Schiedsklage der DIS zunächst nur in einer der beiden Formen zugeht. Maßgeblich ist dann der frühere Zeitpunkt (meist, jedoch nicht zwingend, der Zeitpunkt des Eingangs in elektronischer Form). Zwar kann der Schiedskläger, wenn er die Schiedsklage bei der DIS-Geschäfts- 11 stelle einreicht, dem Schiedsbeklagten ebenfalls ein Exemplar der Schiedsklage zusenden, dies hat jedoch keinerlei rechtliche Relevanz für den Beginn des Schiedsverfahrens, da das Schiedsverfahren bereits vor der Zustellung an den Hauser
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Art. 6 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage Beklagten beginnt und Art. 5.5 eine Übermittlung der Schiedsklage an den Beklagten durch die DIS vorsieht. 12 Zum anderen setzt der Verfahrensbeginn voraus, dass die Schiedsklage mindes-
tens die Angaben gemäß Art. 5.2 (i), (iii), (v) und (vi) enthält, also die Namen und Adressen der Parteien, einen bestimmten Klageantrag, die Tatsachen und Umstände, auf die die Klageansprüche gestützt werden sowie die Schiedsvereinbarung, auf die sich der Schiedskläger beruft.
13 Fehlen diese Mindestangaben, setzt die DIS dem Kläger eine Frist, innerhalb de-
rer er die fehlenden Angaben ergänzen kann (Art. 6.2 Satz 1 i.V.m. Art. 5.4 Satz 3). Kommt der Kläger dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nach, nimmt das Schiedsverfahren seinen weiteren Gang, andernfalls kann die DIS die Verfahrensakte schließen.
14 Verjährungshemmung. Der Beginn des Schiedsverfahrens ist vor allem für die
Verjährungshemmung relevant, da der Beginn des Schiedsverfahrens seiner materiell-rechtlichen Wirkung nach der Rechtshängigkeit in staatlichen Gerichtsverfahren entspricht. Nach deutschem Verständnis ist die Verjährung nach der lex causae zu beurteilen. Ist demnach deutsches Recht anwendbar, findet § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 BGB Anwendung, nach dessen Wortlaut die Verjährung „durch den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens“ gehemmt wird.
15 Ob auch eine unvollständige Schiedsklage das Schiedsverfahren beginnen lässt
und somit zumindest dann (rückwirkend) verjährungshemmend wirkt, wenn die erforderlichen Mindestangaben vom Kläger fristgerecht nachgeholt werden, ist eine Frage, die Art. 6 nicht eindeutig beantwortet. Dafür spricht, dass die DIS die Verfahrensakte andernfalls nicht ausdrücklich schließen müsste, denn geschlossen werden kann nur etwas, das auch begonnen hat. Dagegen spricht indes der Wortlaut der Art. 6.1, wonach das Schiedsverfahren beginnt, „sofern“ die Schiedsklage die Mindestanforderungen gemäß Art. 5.2 (i), (iii), (v) und (vi) enthält. Hieraus kann man schließen, dass der Beginn des Schiedsverfahrens und damit die Verjährungshemmung erst eintreten, wenn diese Voraussetzungen vorliegen, zumal § 167 ZPO im Schiedsverfahren weder direkt noch analog anwendbar ist und eine vergleichbare Vorschrift weder im X. Buch der ZPO noch der DIS-SchO zu finden ist. Während der letzte Absatz des alten § 6 DISSchO 1998 noch klarstellte, dass die fristgerechte Ergänzung einer unvollständigen Klage den Beginn des Verfahrens (und damit die Verjährungshemmung) „nicht berühre“, fehlt im neuen Art. 6 eine solche Klarstellung. In Anbetracht dieser Unklarheit steht lediglich zweierlei fest: Erstens ist die Frage, ob eine unvollständige, später aber ergänzte Klage auch schon zum Zeitpunkt ihrer Einreichung in unvollständiger Form die Verjährung gehemmt hat, vom Schiedsgericht zu entscheiden (Sessler in Salger/Trittmann, § 7: Einleitung des Verfahrens/Klageeinreichung, Rz. 19). Zweitens ist jeder Kläger vorsorglich gut beraten davon auszugehen, dass eine unvollständige Klage die Verjährung seines Anspruchs möglicherweise nicht hemmt, weswegen bei Klageerhebung peinlichst auf Vollständigkeit geachtet werden sollte (so auch Sessler in Salger/Trittmann, § 7: Einleitung des Verfahrens/Klageeinreichung, Rz. 20). 782
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Beginn des Schiedsverfahrens | Art. 6 DIS-SchO
Vorsicht ist in internationalen Verfahren geboten. Selbst wenn in der Sache 16 deutsches materielles Recht anwendbar ist, sollte man nicht zwingend vorschnell zugleich von einer Anwendung der deutschen Verjährungsregeln ausgehen. So ist bspw. nach herkömmlichem Common Law-Verständnis die Verjährung grds. keine Frage des materiellen Rechts, sondern eine des Prozessrechts, sodass sie sich nach der lex fori bestimmt. Prozesszinsen. Im staatlichen Verfahren hat der Schuldner einer Geldschuld 17 nach § 291 BGB ab Rechtshängigkeit zu verzinsen. Anhängigkeit der Klage bei Gericht genügt nicht (Stadler in Jauernig, § 291 BGB Rz. 4). Es besteht auch kein Anlass, bereits die Einreichung der Klageschrift ausreichen zu lassen, weil der Beklagte erst mit der Zustellung Kenntnis von dem Prozess erhält und damit beurteilen kann, ob er das Risiko der Zahlung von Prozesszinsen eingehen möchte (Löwisch/Feldmann in Staudinger BGB, § 291 Rz. 15). Obgleich das X. Buch der ZPO für Schiedsverfahren keine vergleichbare Rege- 18 lung enthält, besteht eine vergleichbare Interessenlage, sodass § 291 BGB auch im Schiedsverfahren entsprechend Anwendung findet. Im Schiedsverfahren sind Prozesszinsen ab Beginn des Schiedsverfahrens unabhängig von der Kenntnis des Beklagten zu zahlen. Haftungsmaßstab. Der strengere Haftungsmaßstab bei Herausgabeansprüchen 19 (§§ 292, 818 Abs. 4, 987, 989, 991, 994 Abs. 2, 996 BGB) knüpft ebenfalls an die Rechtshängigkeit einer Klage an. Der strengere Haftungsmaßstab lässt sich damit begründen, dass der Beklagte ab diesem Zeitpunkt vor etwaigen Herausgabeansprüchen gewarnt ist und insofern besonders sorgfältig mit der streitigen Sache umzugehen hat. Da der Schiedsbeklagte durch den Beginn des Schiedsverfahrens nach Art. 6.1 mangels Klagezustellung noch keine Kenntnis von der Klage hat, erscheint es nicht sachgerecht, diesen Zeitpunkt als maßgeblichen Zeitpunkt für eine strengere Haftung anzusehen. Dem Sinn und Zweck nach sollte demnach der strengere Haftungsmaßstab erst mit Übermittlung der Schiedsklage an den Schiedsbeklagten gemäß Art. 5.5 Anwendung finden. Anderweitige (Schieds-)Verfahren. Fraglich ist, ob der Beginn des Schiedsver- 20 fahrens nach Art. 6.1 auch den ne bis in idem-Einwand begründen kann. Für deutsche staatliche Verfahren ist dies in § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO normiert. Wird nach Erhebung der Schiedsklage in derselben Sache ein staatliches Gericht angerufen, kann sich der Beklagte in diesem staatlichen Verfahren nach § 1032 Abs. 1 ZPO jedoch nur auf das Vorhandensein einer Schiedsklausel berufen. Der Fall, dass ein Schiedsverfahren bereits initiiert wurde und danach dieselbe Sache bei einer anderen Schiedsinstitution oder ad hoc anhängig gemacht wird, wird in der Praxis kaum vorkommen. Sollte dies jedoch gleichwohl einmal der Fall sein, dürfte in einer deutschrechtlichen Konstellation § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO analog anwendbar sein, sodass der Beginn des Schiedsverfahrens der Einleitung eines zweiten Schiedsverfahrens über denselben Gegenstand entgegensteht (Voit in Musielak/Voit, § 1044 ZPO Rz. 7; Schwab/Walter, Kap. 16 Rz. 4; Saenger in Saenger, § 1044 ZPO Rz. 4; abweichend Münch in MüKo.ZPO, § 1044 ZPO Rz. 29 f.). Hauser
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Art. 7 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage 21 Arrest oder einstweilige Verfügung. Im Rahmen eines vor einem deutschen
Gericht bewirkten Arrests oder einer einstweiligen Verfügung wird durch die Einreichung der Klage die Frist des § 926 Abs. 1 ZPO gewahrt.
II. Schließung der Verfahrensakte (Art. 6.2) 22 Nach Art. 6.2 kann die DIS die Verfahrensakte schließen, wenn der Kläger die
fehlenden bzw. mangelhaften Angaben nicht innerhalb der gesetzten Frist ergänzt. In diesem Fall gilt die Schiedsklage als nicht erhoben. Dies galt bereits unter der DIS-SchO 1998. Der insofern nunmehr eindeutige Wortlaut – „Verfahrensakte schließen“ anstatt „endet das Verfahren“ – zeigt, dass auch nach der neuen DISSchO die unvollständige Schiedsklage, wenn der Kläger der Aufforderung zur Ergänzung nicht nachkommt, als nicht erhoben und das Verfahren somit als nicht begonnen gilt. Die alte Formulierung war in dieser Hinsicht irreführend.
23 Nach Art. 6.2 „kann“ die DIS die Verfahrensakte schließen. Der Wortlaut deutet
insofern auf ein Entschließungsermessen hin. Aus Gründen der Rechtssicherheit sowie im Interesse der Gleichbehandlung verschiedener Verfahren scheint es jedoch geboten, ein solches Ermessen abzulehnen und davon auszugehen, dass die DIS die Verfahrensakte in jedem Fall schließt bzw. schließen „muss“, wenn die Ergänzungen nicht fristgemäß vorgenommen worden sind und die Klageschrift somit unvollständig ist.
24 Hinsichtlich der Kosten ist zu beachten, dass bei der Schließung der Verfahrens-
akte gemäß Art. 6.2 der Kläger zwar eventuell geleistete Vorschüsse auf die Schiedsrichterhonorare zurückerhält, nicht jedoch die DIS-Bearbeitungsgebühr.
Artikel 7 Mitteilung durch den Schiedsbeklagten, Klageerwiderung und Widerklage 7.1 Der Schiedsbeklagte hat der DIS innerhalb von 21 Tagen nach Übermittlung der Schiedsklage schriftlich mitzuteilen: (i) die Benennung eines Schiedsrichters, sofern dies gemäß dieser Schiedsgerichtsordnung erforderlich ist, (ii) Angaben oder Vorschläge zum Schiedsort, zur Verfahrenssprache und zu den in der Sache anzuwendenden Rechtsregeln und (iii) einen Antrag auf Fristverlängerung gemäß Artikel 7.2, sofern der Schiedsbeklagte eine Verlängerung der Frist zur Erwiderung auf die Schiedsklage („Klageerwiderung“) benötigt. 7.2 Die Frist für die Klageerwiderung beträgt 45 Tage nach Übermittlung der Schiedsklage an den Schiedsbeklagten. Auf Antrag des Schiedsbeklagten verlängert die DIS die Frist um bis zu 30 weitere Tage. 784
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Mitteilung durch Schiedsbeklagten | Art. 7 DIS-SchO
7.3 Wenn der Schiedsbeklagte darlegt, dass aufgrund besonderer Umstände die Frist für die Klageerwiderung von insgesamt 75 Tagen nicht ausreichend ist, kann das Schiedsgericht auf Antrag des Schiedsbeklagten eine längere Frist gewähren. Sofern das Schiedsgericht noch nicht konstituiert ist, verlängert die DIS die Frist zunächst vorläufig bis zu einer Entscheidung des Schiedsgerichts über die Fristverlängerung. 7.4 Die Klageerwiderung hat zu enthalten: (i) die Namen und Adressen der Parteien, (ii) die Namen und Adressen etwaiger Verfahrensbevollmächtigter des Schiedsbeklagten, (iii) Tatsachen und Umstände, auf die die Klageerwiderung gestützt wird, (iv) einen bestimmten Antrag und (v) gegebenenfalls Angaben zur Schiedsvereinbarung, zur Zuständigkeit des Schiedsgerichts und zum Streitwert. 7.5 Im Falle einer Widerklage soll diese zusammen mit der Klageerwiderung eingereicht werden. Artikel 5.2 gilt entsprechend. Die Widerklage ist bei der DIS einzureichen. 7.6 Der Schiedsbeklagte hat für die Widerklage an die DIS Bearbeitungsgebühren nach der bei Beginn des Schiedsverfahrens geltenden Kostenordnung (Anlage 2) zu zahlen. Werden die Bearbeitungsgebühren nicht innerhalb einer von der DIS gesetzten Frist bezahlt, kann die DIS das Schiedsverfahren hinsichtlich der Widerklage gemäß Artikel 42.5 beenden. 7.7 Sofern der Schiedsbeklagte nicht die gemäß Artikel 4.3 erforderliche Anzahl an Exemplaren der Widerklage und ihrer Anlagen einreicht oder die Widerklage nach Ansicht der DIS nicht alle gemäß Artikel 7.5 erforderlichen Angaben enthält, kann die DIS dem Schiedsbeklagten eine Frist zur Ergänzung setzen. Erfolgt die Ergänzung nicht innerhalb dieser Frist, kann die DIS das Schiedsverfahren hinsichtlich der Widerklage gemäß Artikel 42.6 beenden. 7.8 Die DIS übermittelt dem Schiedskläger und dem Schiedsgericht die Widerklage, sofern der Schiedsbeklagte ihnen diese nicht bereits übermittelt hat. Sind die Voraussetzungen gemäß Artikel 7.6 oder 7.7 nicht erfüllt, kann die DIS von der Übermittlung der Widerklage absehen. 7.9 Das Schiedsgericht setzt eine angemessene Frist zur Erwiderung auf die Widerklage. Regelungsschwerpunkte: Art. 7.1 Der Schiedsbeklagte muss innerhalb von 21 Tagen Mitteilung zum Schiedsort, zur Verfahrenssprache und zum anwendbaren Recht machen und, falls ein Dreierschiedsgericht konstituiert werden soll, einen Schiedsrichter benennen. → Rz. 7–15; Art. 7.2, Art. 7.4 Der Schiedsbeklagte muss innerhalb von 45 Tagen seine Klageerwiderung mit einem bestimmten Mindestvortrag einreichen. → Rz. 22–44; Art. 7.3 Die Frist zur Einreichung der Klageerwiderung kann auf Antrag um 30 Tage und darüber hinaus nur aufgrund besonderer Umstände verlängert werden. → Rz. 41–44;
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Art. 7 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage Art. 7.5–Art. 7.9 Die Widerklage ist wie eine Schiedsklage einzureichen und wird entsprechend behandelt. → Rz. 45–74 A. Verfahrensbezogene Mitteilung (Art. 7.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu §§ 1046 Abs. 1, 1040 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Angaben zum Verfahren . . . . . . B. Die Klageerwiderung (Art. 7.2–Art. 7.4) . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu §§ 1046 Abs. 1, 1040 Abs. 2 ZPO . . . . . . . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Vorbringen bei Unzulässigkeit der Schiedsklage . . . . . . . . . . . . 1. Zeitpunkt der Geltendmachung der Unzulässigkeit . . . . . . . . . . 2. Vortrag bei Zuständigkeitsrügen 3. Inhalt der Klageerwiderung (Art. 7.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Klageerwiderungsfrist (Art. 7.2, Art. 7.3) . . . . . . . . . . .
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C. I. II. III.
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IV.
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V. VI. VII.
16 16 17 19 21 22 25 27 31
VIII.
Widerklage (Art. 7.5–Art. 7.9) Normzweck . . . . . . . . . . . . . . Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . Verhältnis zu § 1046 Abs. 3 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vergleich mit dem staatlichen Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . Drittwiderklage . . . . . . . . . . . Inhalt, Einreichung und Übermittlung (Art. 7.5–Art. 7.8) . . . Erwiderung auf die Widerklage (Art. 7.9) . . . . . . . . . . . . . . . .
D. Aufrechnung . . . . . . . . . . . I. Verhältnis zu § 1046 Abs. 3 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . IV. Anwendbares Recht . . . . . . V. Notwendigkeit einer Schiedsvereinbarung für die Gegenforderung . . . . . . . . . . . . .
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A. Verfahrensbezogene Mitteilung (Art. 7.1) I. Normzweck 1 Bevor sich der Schiedsbeklagte zur Sache einlässt, muss er Angaben oder Vor-
schläge zum Schiedsort, zur Verfahrenssprache sowie zum anwendbaren Recht machen und, falls das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern besteht, einen Schiedsrichter benennen. Der Schiedsbeklagte hat hierfür nur eine Frist von 21 Tagen. Dadurch gewährleistet die DIS-SchO eine effiziente Verfahrensführung, da das Schiedsverfahren bereits administrativ organisiert und das Schiedsgericht konstituiert werden kann, während der Schiedsbeklagte an der Klageerwiderung arbeitet.
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Mitteilung durch Schiedsbeklagten | Art. 7 DIS-SchO
II. Reform Bereits vor der Reform der DIS-SchO musste der Schiedsbeklagte unabhängig 2 von der Klageerwiderung einen Schiedsrichter benennen, falls das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern bestehen sollte (§ 12 Abs. 1 DIS-SchO 1998). Unter der DIS-SchO 1998 standen ihm hierfür allerdings 30 Tage nach Empfang der Klage zur Verfügung. Zudem wurde diese Frist in der Praxis auch häufig verlängert. Falls der Schiedsbeklagte in dieser Frist keinen Schiedsrichter benannte, konnte der Schiedskläger eine Benennung durch den DIS- Ernennungsausschuss beantragen. Nach der DIS-SchO 2018 bedarf es hierfür keines Antrags mehr: falls eine Partei keinen Schiedsrichter benennt, benennt der DIS-Ernennungsausschuss den betreffenden beisitzenden Schiedsrichter automatisch (Art. 12.1). Angaben zum Schiedsort, zur Verfahrenssprache und zum anwendbaren Recht 3 mussten nach der DIS-SchO 1998 überhaupt nicht gemacht werden. Falls der Schiedsbeklagte dazu vortragen wollte, konnte er dies in der Klageerwiderung tun. Die DIS-SchO 1998 verlangte auch nicht, dass der Antrag auf Verlängerung der 4 Frist für die Klageerwiderung binnen 21 Tagen gestellt werden musste. Dies wäre nach der alten Verfahrenskonzeption auch nicht sinnvoll gewesen, weil der Schiedsbeklagte die Klageerwiderung während der Konstituierung des Schiedsgerichts bis zur ersten verfahrensleitende Verfügung vorbereiten konnte und bei Erhalt der Schiedsklage kaum vorhersehbar war, wie viel Zeit ihm dadurch zur Verfügung stand.
III. Verhältnis zu §§ 1046 Abs. 1, 1040 Abs. 2 ZPO Die ZPO verlangt vom Schiedsbeklagten lediglich, dass er eine Klageerwiderung 5 einreicht und darin zu bestimmten verfahrensbezogenen Themen Stellung nimmt (z.B. Rüge der Unzuständigkeit, § 1040 Abs. 2; vgl. auch § 1046 Abs. 1). Die ZPO verpflichtet den Schiedsbeklagten also nicht, vor der Klageerwiderung verfahrensbezogene Angaben zu machen und enthält folglich keine entsprechenden Fristen. Diese Regelungen der ZPO sind ohnehin dispositiv und werden deshalb in einem DIS-Verfahren von den Regelungen der DIS-SchO überlagert.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im staatlichen Verfahren setzt das Gericht nach der Zustellung der Klage dem 6 Schiedsbeklagten eine Frist für die Klageerwiderung (falls das Gericht einen frühen ersten Termin festsetzt, fakultativ nach § 275 Abs. 1 ZPO oder obligatorisch im Rahmen eines schriftlichen Vorverfahrens nach § 276 Abs. 1 ZPO). Falls das Gericht ein schriftliches Vorverfahren anordnet, muss der Schiedsbeklagte unabhängig von seiner Klageerwiderung seine Verteidigungsbereitschaft innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen anzeigen (§ 276 Abs. 1 ZPO). Schilling
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Art. 7 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage Andere Angaben muss der Schiedsbeklagte vor Einreichung seiner Klageerwiderung nicht machen.
V. Angaben zum Verfahren 7 Ebenso wie der Schiedskläger muss auch der Schiedsbeklagte einen Schiedsrich-
ter benennen, wenn dies gemäß der DIS-SchO erforderlich ist (Art. 7.1 (i)). Das ist nach Art. 12.1 der Fall, wenn das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern besteht. Falls der Schiedsbeklagte diesem Gebot nicht nachkommt, wird der Schiedsrichter für den Schiedsbeklagten durch den DIS-Ernennungsausschuss ausgewählt (Art. 12.1). Üblicherweise erfolgt eine Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss erst nach einem entsprechenden Hinweis an die Parteien durch die DIS.
8 Die Benennung des Parteischiedsrichters ist mit dem Zugang bei der DIS-Ge-
schäftsstelle verbindlich. Sie kann grds. nicht mehr geändert oder widerrufen werden. Falls der benannte Schiedsrichter nicht mehr zur Verfügung steht, nicht bestätigt oder abgelehnt wird, kann der Schiedskläger allerdings einen neuen Schiedsrichter benennen.
9 Falls die Parteien die Entscheidung durch einen Einzelschiedsrichter vereinbart
haben, kann der Schiedsbeklagte Vorschläge zur Benennung eines Schiedsrichters machen. Allerdings geht mit einem derartigen Vorschlag die Gefahr einher, dass der vorgeschlagene Schiedsrichter allein deshalb nicht benannt wird, weil er der erste Wunschkandidat einer Partei war.
10 Zudem fordert die DIS-SchO den Schiedsbeklagten auf, zu verfahrensbestim-
menden Fragen Stellung zu nehmen (Art. 7.1 (ii)). Zunächst soll der Kläger sich zum Schiedsort äußern. Die Wahl des Schiedsortes hat u.U. einen immensen Einfluss auf das Verfahren. Zum einen wird sich das Schiedsgericht bei der Verfahrensführung an dem dort geltenden Prozessrecht orientieren. Zum anderen bestimmt das Recht des Staates des Schiedsorts die Befugnisse der staatlichen Gerichte, in das Schiedsverfahren einzugreifen und den Schiedsspruch aufzuheben. Der Schiedskläger sollte daher zum Schiedsort ausführlich Stellung nehmen, wenn dieser unklar oder umstritten ist. Wenn die Schiedsklausel keinen Schiedsort festschreibt und die Parteien sich nicht auf einen Schiedsort geeinigt haben, wird er durch das Schiedsgericht bestimmt (Art. 22.1).
11 Die DIS-SchO verlangt vom Schiedsbeklagten ferner, zur Frage der Verfahrens-
sprache Stellung zu nehmen. Die DIS-SchO enthält hierzu keine Vorgaben. Die Verfahrenssprache wird erst in einem späteren Stadium durch das Schiedsgericht bestimmt (Art. 23). Falls der Schiedsbeklagte vor einer Bestimmung durch das Schiedsgericht glaubt, das Verfahren müsse in einer anderen Sprache als die der Schiedsklage geführt werden, sollte der Schiedsbeklagte eine entsprechende Rüge erheben und begründen.
12 Vorsicht: Wenn ein Schriftsatz bei der DIS in einer anderen Sprache als Deutsch
oder Englisch eingereicht wird, kann die DIS eine Übersetzung anfertigen las788
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Mitteilung durch Schiedsbeklagten | Art. 7 DIS-SchO
sen. Die Kosten dieser Übersetzung können zusätzlich zur Bearbeitungsgebühr erhoben werden (Ziff. 3.7 Anlage 2). Ferner ist der Schiedskläger aufgefordert, sich zum anwendbaren Recht zu äu- 13 ßern. In einem späteren Verfahrensstadium wird diese Frage ohnehin vom Schiedsgericht im Rahmen der Entscheidung nach Art. 24 geklärt. Falls der Schiedsbeklagte einen Antrag auf Verlängerung der Klageerwide- 14 rungsfrist von 45 Tagen beantragt, muss er dies ebenfalls binnen 21 Tagen nach Übermittlung der Schiedsklage tun (Art. 7.1 (iii)). Falls der Schiedsbeklagte einen entsprechenden Antrag erst nach Fristende stellt, dürfte dies allerdings grds. unschädlich sein. Falls der Schiedsbeklagte keine Angaben zum Schiedsort, zur Verfahrenssprache 15 oder dem anwendbaren Recht macht, sieht die DIS-SchO grds. keine Konsequenzen vor. Bevor das Schiedsgericht über diese Fragen entscheidet, wird es den Schiedsbeklagten i.d.R. nochmals zu einer Stellungnahme auffordern.
B. Die Klageerwiderung (Art. 7.2–Art. 7.4) I. Normzweck Durch die Klageerwiderung nimmt der Schiedsbeklagte i.d.R. erstmals in dem 16 Schiedsverfahren zur Sache Stellung. Die DIS-SchO stellt hierfür inhaltlich lediglich Mindestanforderungen auf. Ähnlich wie bei der Schiedsklage steht es dem Schiedsbeklagten frei, wie detailliert er zur Sache Stellung nimmt. Dies entspricht der Grundphilosophie der DIS-SchO, derzufolge der Verlauf des Verfahrens weitestgehend der Parteiautonomie unterliegen soll.
II. Reform Die DIS-SchO 1998 stellte für die Klageerwiderung weder inhaltliche noch for- 17 melle Anforderungen auf. Unter dem alten System war dies nicht notwendig, weil sich das Schiedsgericht vor Einreichung der Klageerwiderung konstituierte und durch verfahrensleitende Verfügungen Anforderungen für künftige Schriftsätze stellen konnte. In der DIS-SchO 2018 muss die Klageerwiderung bereits vor Konstituierung des Schiedsgerichts eingereicht werden, so dass die DIS-SchO 2018 entsprechende Regelungen vorsehen muss. Die Reform der DIS-SchO führte zu einer erheblichen Verfahrensbeschleuni- 18 gung, weil die Klageerwiderung nun innerhalb einer bestimmten Frist ab Übermittlung der Schiedsklage an den Schiedsbeklagten eingereicht werden muss. Es muss also nicht mehr wie unter der DIS-SchO 1998 abgewartet werden, bis sich das Schiedsgericht konstituiert, um eine Frist für die Klageerwiderung zu setzen.
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Art. 7 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage III. Verhältnis zu §§ 1046 Abs. 1, 1040 Abs. 2 ZPO 19 Abgesehen von dem selbstverständlichen Recht, zu der Schiedsklage Stellung zu
nehmen, enthält die ZPO keine besonderen Bestimmungen zur Klageantwort. Insbesondere stellt sie keine Mindestanforderungen für deren Inhalt auf (vgl. § 1046 Abs. 1 ZPO).
20 Allerdings hat der Schiedsbeklagte nach § 1040 Abs. 2 ZPO die Obliegenheit, die
etwaige Unzuständigkeit des Schiedsgerichts grds. spätestens mit der Klageantwort zu rügen. Nimmt er diese Obliegenheit nicht wahr, riskiert er eine Präklusion seiner Einwände. Art. 7.4 (v) der überarbeiteten Fassung entspricht damit der Regelung in § 1040 Abs. 2 ZPO; vgl. auch Art. V Abs. 1, 2 EuÜ.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 21 Nach § 277 Abs. 1 ZPO hat der Beklagte alle Verteidigungsmittel vorzubringen,
die er bei sorgfältiger Prozessführung vorbringen kann. Anderenfalls riskiert er eine Präklusion nach § 296 ZPO. Die Frist für die schriftsätzliche Stellungnahme beträgt im Falle eines schriftlichen Vorverfahrens vier Wochen ab Klagezustellung (§ 276 Abs. 1, Satz 1 und 2 ZPO) bzw. wird im Falle eines frühen ersten Termins vom Gericht festgesetzt, beträgt aber mindestens zwei Wochen, falls das Gericht überhaupt eine Frist setzt (§§ 277 Abs. 3, 4, 275 Abs. 1 ZPO).
V. Vorbringen bei Unzulässigkeit der Schiedsklage 22 Die erste Frage, die sich dem Schiedsbeklagten bei einer (möglicherweise) un-
zulässigen Schiedsklage stellt, ist, ob er auf die Schiedsklage überhaupt antworten soll. Denn auch wenn er gänzlich passiv bleibt, hat er nach Art. V Abs. 1 UNÜ das Recht, den ohne seine Beteiligung erlassenen Schiedsspruch vor staatlichen Gerichten anzufechten.
23 Allerdings könnten einzelne Rechtsordnungen verlangen, dass der Schiedsbeklagte
sich bereits während des Schiedsverfahrens auf die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts beruft (nach deutschem Recht droht dem völlig passiven Schiedsbeklagten keine Präklusion, da § 1040 Abs. 2 ZPO nicht den Fall völliger Passivität betrifft, vgl. Rz. 20).
24 Wenn der Schiedsbeklagte sich überhaupt nicht auf das Schiedsverfahren ein-
lässt, vergibt er zudem die Möglichkeit, dass das Schiedsgericht seine Argumente gegen die Zulässigkeit des Schiedsverfahrens berücksichtigt. 1. Zeitpunkt der Geltendmachung der Unzulässigkeit
25 Im Gegensatz zur DIS-SchO 1998 bestimmt die DIS-SchO 2018, dass der Schieds-
beklagte zur Zuständigkeit des Schiedsgerichts Stellung nehmen muss, falls ent790
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Mitteilung durch Schiedsbeklagten | Art. 7 DIS-SchO
sprechende Einwände bestehen. Allein der Verstoß gegen die DIS-SchO dürfte noch nicht zu einer Präklusion führen, falls eine verspätete Rüge das Verfahren nicht wesentlich verzögert. Eine Präklusion droht jedoch aufgrund des nationalen Schiedsrechts am Schiedsort. Falls der Schiedsort in Deutschland liegt, ist eine Rüge, die in der Klageerwiderung hätte erhoben werden können, aber nicht erhoben wurde, nach § 1040 Abs. 2 ZPO präkludiert, wenn die Verspätung nicht ausreichend entschuldigt wird; vgl. auch Art. V Abs. 1, 2 EuÜ. Diese Präklusion gilt nicht nur für das Schiedsverfahren, sondern auch für das Aufhebungsund Vollstreckbarklärungsverfahren. Folglich sollte der Schiedsbeklagte Unzuständigkeitsrügen in der Klageerwiderung erheben, wenn entsprechende Gründe vorliegen und sich der Schiedsbeklagte am Verfahren beteiligt. Im Übrigen ist auch § 1032 Abs. 2 ZPO zu beachten. Eine Schiedspartei kann 26 danach bis zur Konstituierung des Schiedsgerichts vor einem staatlichen Gericht auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines Schiedsverfahrens klagen. Wartet der Schiedsbeklagte bis zu einem späteren Zeitpunkt mit seinen Einwänden gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, kann er diese – wenn überhaupt – nur noch vor dem Schiedsgericht geltend machen. 2. Vortrag bei Zuständigkeitsrügen Sofern der Schiedsbeklagte die Rüge der Unzuständigkeit rechtzeitig erhebt, kann 27 er sich hilfsweise auch zur Sache einlassen, ohne im späteren Verfahren oder in einem eventuellen Aufhebungsverfahren präkludiert zu sein. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass die Rüge spezifisch die Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens betrifft. Rügen, die sich auf andere Mängel beziehen, wie etwa die mangelnde Passivlegitimation, können die Präklusion der Rüge der Unzulässigkeit nicht verhindern (OLG Koblenz v. 17.3.2011 – 2 Sch 11/10, NJOZ 2011, 1241). Dem Schiedsbeklagten kann die Rüge der Unzulässigkeit allerdings von vorn- 28 herein nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verwehrt sein, nämlich dann, wenn er sich vorprozessual auf die Schiedsvereinbarung berufen und dadurch die Schiedsklage veranlasst hat (BGH v. 2.4.1987 – III ZR 76/86, NJW-RR 1987, 1194). Gleiches gilt, wenn der Schiedsbeklagte in einem Verfahren vor einem staatlichen Gericht selbst die Schiedseinrede geltend gemacht hat (BGH v. 30.4.2009 – III ZB 91/07, NJW-RR 2009, 1582). Vorsicht: Der Schiedsbeklagte wird sofort nach Übersendung der Klage auf- 29 gefordert, an der Konstituierung des Schiedsgerichts mitzuwirken, entweder nach Art. 12.1 oder im Rahmen einer gemeinsamen Benennung i.S.v. Art. 11. In manchen Rechtsordnungen mögen diese Angaben jedoch bereits eine rügelose Einlassung darstellen (nicht in Deutschland, § 1040 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Der Schiedsbeklagte sollte daher die Konsequenzen einer Mitwirkung an der Konstituierung des Schiedsgerichts genau prüfen. Zur Begründung der Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens kann sich der Schieds- 30 beklagte inhaltlich bspw. auf das völlige Fehlen einer Schiedsvereinbarung oder deren Unwirksamkeit berufen. Ferner kann er einwenden, dass der StreitgegenSchilling
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Art. 7 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage stand nicht schiedsfähig oder nicht von der Schiedsvereinbarung erfasst ist. Abhängig vom anwendbaren Recht kann sich der Schiedsbeklagte auch darauf berufen, dass ein mehrstufiger Streitbeilegungsmechanismus nicht durchlaufen wurde, wenn die Schiedsklausel einen solchen vorsieht (s. Art. 1 Rz. 16 ff.). 3. Inhalt der Klageerwiderung (Art. 7.4) 31 Der Schiedsbeklagte muss alle Parteien bezeichnen, d.h., er muss den vollständi-
gen Namen, die Rechtsform und die Adresse angeben. Bei juristischen Personen sollten die gesetzlichen Vertreter benannt werden. Die korrekte Bezeichnung der Parteien ist wichtig, da die Einbeziehung neuer Parteien (zumindest nach der Bestellung eines Schiedsrichters) die Zustimmung aller Schiedsparteien erfordert (Art. 19.1). Obwohl Art. 7.4 nur Namen und Adressen erwähnt, ist es empfehlenswert und üblich, auch sonstige Kontaktdaten aller Parteien zu nennen. Für eine rasche elektronische Kommunikation sind insb. E-Mailadressen wichtig.
32 Üblicherweise werden nicht nur die erforderlichen Angaben zu den Parteien,
sondern auch eine kurze Beschreibung von ihnen gegeben. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass die Schiedsrichter das Geschäftsfeld, den Hintergrund und die Bedeutung der Parteien in den betreffenden Märkten kennen. Falls die DIS einen oder mehrere Schiedsrichter bestellt, wird sie diese Beschreibung bei der Auswahl berücksichtigen und versuchen, Schiedsrichter zu benennen, die mit dem betreffenden Geschäftsfeld Erfahrung haben. Falls der Schiedskläger eine derartige Beschreibung bereits gegeben hat und der Schiedsbeklagte keinen wesentlichen Korrekturbedarf sieht, kann er seine diesbezügliche Darstellung kurz halten.
33 So wie die DIS-SchO vom Schiedskläger den Namen und Adressen seiner Ver-
fahrensbevollmächtigten verlangt (Art. 5.2 (ii)), muss auch der Schiedsbeklagte diese Angaben zu seinen Verfahrensbevollmächtigten machen, falls er sich im Verfahren vertreten lässt (eine Vertretung ist nicht zwingend, da die DIS-SchO keinen Anwaltszwang kennt).
34 Der Schiedsbeklagte muss ferner Tatsachen und Umstände vortragen, auf die
er seine Klageerwiderung stützt. Hierfür reicht es aus, dass der Schiedsbeklagte kursorisch den Sachverhalt vorträgt, der zu einer Abweisung des Klageantrags führen würde. Es steht dem Schiedsbeklagten allerdings frei, umfangreich zur Sache vorzutragen. Ob sich der Schiedsbeklagte für eine summarische oder eine ausführliche Klageerwiderung entscheidet, hängt von prozesstaktischen Erwägungen ab. Hierfür dürfte insb. relevant sein, ob der Schiedskläger eine knappe oder detaillierte Schiedsklage eingereicht hat. Falls der DIS Rat für Schiedsgerichtsbarkeit („DIS-Rat“) verfahrensleitende Entscheidungen zu treffen hat, wie etwa die Festlegung der Anzahl der Schiedsrichter, sollte der Schiedsbeklagte zumindest hierzu ausführlicher vortragen.
35 Der Schiedsbeklagte (ebenso wie der Schiedskläger) muss in einem DIS-Verfah-
ren keine rechtlichen Ausführungen machen. Allerdings ist es für die Parteien üblich, die eigene Rechtsansicht darzustellen.
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Mitteilung durch Schiedsbeklagten | Art. 7 DIS-SchO
Der Schiedsbeklagte muss ferner einen bestimmten Antrag stellen. Häufig dürfte 36 sich dieser Antrag auf eine Abweisung der Schiedsklage beschränken. Falls der Schiedsbeklagte einen anderen Antrag stellt, sollte dieser so formuliert werden, dass er ggf. als Tenor des Schiedsspruchs herangezogen werden kann. Allerdings können die Anträge grds. auch noch im weiteren Verlauf des Schiedsverfahrens geändert werden. Eine Beschränkung der Änderungen des Verfahrensgegenstandes gibt es im DIS-Schiedsverfahren nicht. Der Schiedskläger musste bereits in der Schiedsklage Angaben zum Streitwert 37 machen (s. Art. 5 Rz. 22 ff.). Falls der Schiedsbeklagte diese Ausführungen kommentieren oder korrigieren möchte, sollte er dies spätestens in der Klageerwiderung tun. Falls der Schiedsbeklagte das Schiedsgericht für unzuständig hält, sei es z.B. 38 weil die Schiedsklausel unwirksam ist oder der Streitgegenstand nicht schiedsfähig ist, muss er dies bereits in der Klageerwiderung rügen. Falls er diese Rüge erst später erhebt, könnte sie präkludiert sein (s. Rz. 21 ff.). Auch andere Rügen bzgl. der Schiedsklausel (z.B. bzgl. zwingend vorgeschalteter Verfahren) muss der Schiedsbeklagte bereits in der Klageerwiderung erheben.
VI. Klageerwiderungsfrist (Art. 7.2, Art. 7.3) Der Schiedsbeklagte hat die Klageerwiderung innerhalb von 45 Tagen nach 39 Übermittlung der Schiedsklage einzureichen. Der Schiedsbeklagte sollte die Klageerwiderung elektronisch übermitteln (s. Art. 4.1, der die Übermittlung mittels E-Mail, auf mobilem Datenträger oder in einer anderen von der DIS zugelassenen Weise nennt). Nur falls die elektronische Übermittlung nicht möglich ist, ist ein Schriftstück in Papierform zu übermitteln. Der Schiedsbeklagte muss die Klageerwiderung sowohl bei der DIS bzw. dem Schiedsgericht einreichen als auch direkt an die anderen Parteien übermitteln (Art. 4.5). Vorsicht: Wenn die Klageerwiderung mit einer Widerklage verbunden wird bzw. 40 Klageerwiderung und Widerklage in demselben Schriftsatz zusammengefasst sind, hat der Schiedsbeklagte diesen Schriftsatz bei der DIS einzureichen (Art. 7.5). Der Schiedsbeklagte kann die Frist zur Einreichung der Klageerwiderung um 41 30 Tage auf insgesamt 75 Tage verlängern lassen; die DIS wird diesem Antrag ohne weiteres nachkommen. Der Schiedsbeklagte muss hierzu lediglich einen Antrag bei der DIS stellen; eine Begründung des Antrags ist nicht erforderlich. Dieser Antrag sollte bereits innerhalb von 21 Tagen nach Übermittlung der Schiedsklage schriftlich gestellt werden (Art. 7.1 (iii)). Der Schiedsbeklagte kann eine weitere Fristverlängerung, d.h. über 75 Tage 42 nach Übermittlung der Schiedsklage hinaus, beantragen. Falls das Schiedsgericht bereits konstituiert ist, ist der entsprechende Antrag an das Schiedsgericht zu richten, das dann darüber entscheidet. Anderenfalls ist der Antrag an die DIS zu richten, die die Frist vorläufig bis zu einer Entscheidung des Schiedsgerichts verSchilling
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Art. 7 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage längert. Der Schiedsbeklagte sollte diesen Antrag innerhalb der Frist von 45 Tagen bzw. falls die Frist verlängert wurde, 75 Tagen stellen. 43 Eine solche weitere Fristverlängerung erfordert eine besondere Begründung. Der
Schiedsbeklagte muss besondere Umstände darlegen, aufgrund derer die Frist von 75 Tagen nicht ausreicht, um auf die Schiedsklage zu erwidern. Die Begründung kommt noch nicht zum Tragen, falls das Schiedsgericht noch nicht konstituiert ist, weil dann die DIS die Frist vorläufig verlängert bis das Schiedsgericht darüber entscheidet (Art. 7.3). In diesem Fall erfolgt die vorläufige Fristverlängerung zunächst schon deshalb, weil keine Verzögerung des Verfahrens droht. Sobald das Schiedsgericht konstituiert ist, liegt die weitere Fristverlängerung in seinem Ermessen. Dabei wird das Schiedsgericht die Komplexität und den Umfang der Sache sowie die Vorhersehbarkeit und Kontrollierbarkeit des geltend gemachten Umstands berücksichtigen. Da die DIS-SchO „besondere Umstände“ fordert, dürften eine schlichte Arbeitsüberlastung des Prozessvertreters oder eine urlaubsbedingte Abwesenheit keine ausreichende Begründung sein.
44 Überschreitet der Schiedsbeklagte die vom Schiedsgericht festgesetzte Frist, ent-
scheidet das Schiedsgericht, welche Konsequenzen die Verspätung hat. In der Regel, insb. bei nur geringer Verspätung, drohen dem Schiedsbeklagten keine negativen Konsequenzen; das Schiedsgericht wird dann auch einen verspätet eingereichten Schriftsatz berücksichtigen. Grundsätzlich kann der Schiedsbeklagte Sachverhalt und Beweisangebote auch noch in späteren Schriftsätzen vortragen. Nur ausnahmsweise droht ihm eine Präklusion, etwa wenn er bestimmten Vortrag absichtlich erst später (etwa im letzten Schriftsatz) liefert, um dem Prozessgegner die Möglichkeit zur Erwiderung zu nehmen.
C. Widerklage (Art. 7.5–Art. 7.9) I. Normzweck 45 Die DIS-SchO regelt die Widerklage im Zusammenhang mit der Klageerwide-
rung. Die Widerklageerhebung ist in den regulären Verfahrensablauf integriert: Sie wird üblicherweise in einem Beklagtenschriftsatz erhoben, meist in der Klageerwiderung, so dass die Widerklageerwiderung mit dem nächsten Schriftsatz des Klägers erfolgen kann.
II. Reform 46 Die DIS-SchO 2018 regelt die Widerklage ausführlicher als die DIS-SchO 1998:
Diese bestimmte lediglich, dass die Widerklage bei einer DIS-Geschäftsstelle einzureichen ist und dass das Schiedsgericht über die Zulässigkeit entscheidet (§ 10 DIS-SchO 1998); ansonsten verwies sie auf die Anwendung der Regeln über die Schiedsklage. Die DIS-SchO 2018 verweist bzgl. des Inhalts zwar auch auf die Vorschriften zur Schiedsklage, enthält daneben aber spezielle Bestimmungen 794
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Mitteilung durch Schiedsbeklagten | Art. 7 DIS-SchO
zur DIS Bearbeitungsgebühr, den Folgen einer unzureichenden Widerklage, der Übermittlung und der Widerklageerwiderung. Diese Bestimmungen bedeuten keine wesentlichen Änderungen gegenüber der alten Fassung. Sie dürften vor dem Hintergrund eingeführt worden sein, dass die Widerklage nach dem neuen Verfahrensablauf vor der Konstituierung des Schiedsgerichts erhoben wird; dagegen war das Schiedsgericht unter der alten Fassung zum Zeitpunkt der Widerklageerhebung bereits konstituiert und hatte bereits eine erste verfahrensleitende Verfügung erlassen.
III. Verhältnis zu § 1046 Abs. 3 ZPO § 1046 Abs. 3 ZPO verweist lediglich auf die allgemeinen Vorschriften für die 47 Klage und Klagebeantwortung in § 1046 Abs. 1 und 2 ZPO. Die dort beschriebenen Anforderungen werden von den weitergehenden Anforderungen der DISSchO zur Klage und Klageerwiderung überlagert (s. Art. 5 Rz. 6). Gleiches gilt für die Widerklage.
IV. Vergleich mit dem staatlichen Verfahren Nach § 33 Abs. 1 ZPO kann eine Widerklage erhoben werden, wenn der damit 48 geltend gemachte Anspruch mit dem Klageanspruch oder einem gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmittel in Zusammenhang steht. Dabei ist ein rechtlicher Zusammenhang erforderlich; ein bloß tatsächlicher oder wirtschaftlicher genügt nicht. Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt und ergibt sich auch sonst keine Zuständigkeit des Gerichts für die Widerklage, erlässt das Gericht einen Hinweisbeschluss und gibt den Parteien die Gelegenheit, eine Verweisung zu beantragen. Macht keine Partei davon Gebrauch, wird die Widerklage nach § 281 ZPO als unzulässig abgewiesen.
V. Zulässigkeit Im Gegensatz zur DIS-SchO 1998 enthält die DIS-SchO 2018 keine ausdrück- 49 liche Regelung zur Entscheidung über die Zulässigkeit mehr. Nichtsdestotrotz entscheidet das Schiedsgericht nach wie vor über die Zulässigkeit der Widerklage. Dabei überprüft es i.d.R. nur die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Schiedsklage. Darüber hinaus stellt die DIS-SchO 2018 keine besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen für Widerklagen auf. Ein rechtlicher Zusammenhang wie nach § 33 Abs. 1 ZPO wird nicht gefordert. Als wesentliche Zulässigkeitsvoraussetzung muss das Schiedsgericht die Kom- 50 petenz haben, über die Widerklageforderung zu entscheiden. Dazu ist zunächst erforderlich, dass auch die Widerklageforderung unter eine Schiedsvereinbarung fällt. Ist das nicht der Fall, muss das Schiedsgericht die Widerklage als unzulässig zurückweisen, es sei denn, der Widerbeklagte lässt sich rügelos ein. Schilling
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Art. 7 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage 51 In vielen Fällen wird die Widerklage auf dieselbe Schiedsvereinbarung gestützt
sein wie die Hauptklage. Die Widerklage kann jedoch grds. auch auf eine andere Schiedsvereinbarung gestützt werden; in diesem Fall muss die Schiedsvereinbarung, der die Widerklageforderung unterfällt, jedenfalls mit der Schiedsvereinbarung der Hauptklageforderung vereinbar sein. So dürfen sich insb. die vertraglichen Bestimmungen zu den jeweiligen Schiedsverfahren nicht widersprechen. Insbesondere müssen die Schiedsinstitutionen, der Schiedsort, etc. übereinstimmen; etwaige Regelungen zur Anzahl der Schiedsrichter dürfen nicht unvereinbar sein. Dagegen können materiell-rechtliche Aspekte wie das anwendbare Recht durchaus differieren. Darüber hinaus müssen die Parteien ein derartiges Mehrvertragsverfahren vereinbart haben (s. Art. 17 Rz. 7).
52 Nach Art. 7.5 Satz 1 soll die Widerklage bereits mit der Klageerwiderung ein-
gereicht werden. Hierbei handelt es sich lediglich um eine Soll-Vorschrift. Auch eine später eingereichte Widerklage ist grds. zulässig. Bisweilen wird allerdings eine Widerklage erhoben, um das Schiedsverfahren zu verzögern. Wenn durch die Widerklage tatsächlich eine spürbare Verzögerung eintritt (etwa weil sie in einem späten Verfahrensstadium erhoben wurde), hat das Schiedsgericht nach umstrittener, aber richtiger Ansicht die Möglichkeit, die Widerklage als unzulässig zurückzuweisen (§ 1046 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 ZPO). Denn das Schiedsgericht gestaltet das Verfahren nach freiem Ermessen (Art. 21.3). Dieses Ermessen ist lediglich im Rahmen des Willkürverbots (§ 1059 Abs. 2 Buchst. b ZPO) gerichtlich überprüfbar.
VI. Drittwiderklage 53 Die Drittwiderklage bietet den Vorteil, dass die Gefahr widersprüchlicher Ent-
scheidungen vermieden wird. Zudem profitiert der Schiedsbeklagte und Widerkläger bei einem einheitlichen Verfahren von der degressiven Kosten- bzw. Honorartabelle für die Institution bzw. die Schiedsrichter.
54 Die Alternative zur Drittwiderklage ist ein separates Schiedsverfahren gegen den
Drittwiderbeklagten. Diese Möglichkeit ist kostenintensiver, bleibt dem Schiedsbeklagten aber stets unbenommen.
55 Zu den Voraussetzungen der Drittwiderklage s. Art. 19 Rz. 7 ff.
VII. Inhalt, Einreichung und Übermittlung (Art. 7.5–Art. 7.8) 56 Nach Art. 7.5 Satz 2 verlangt die DIS-SchO für die Erhebung einer Widerklage
dieselben Angaben wie für eine Schiedsklage. Die Vorschriften zur Schiedsklage sind entsprechend anzuwenden. Die Widerklage ist (ebenso wie die Schiedsklage) bei der DIS einzureichen (Art. 7.5 Satz 3).
57 Vorsicht: In der Praxis übersieht der Widerkläger bisweilen, dass die Wider-
klage bei der DIS und nicht beim Schiedsgericht einzureichen ist. In diesen Fällen sollte das Schiedsgericht den Schiedswiderkläger auf Art. 7.5 Satz 3 hin796
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Mitteilung durch Schiedsbeklagten | Art. 7 DIS-SchO
weisen. Wenn davon auszugehen ist, dass der Kläger/Widerbeklagte die unmittelbare Übersendung als ordnungsgemäß anerkennt, übermittelt die DIS die Widerklage nicht nochmals. Ansonsten geht die DIS wie bei einer Schiedsklage vor. In der Regel wird der Schiedsbeklagte seine Widerklage im Rahmen seiner ersten 58 inhaltlichen Stellungnahme, also im Klageerwiderungsschriftsatz erheben; die DISSchO legt dies dem Schiedsbeklagten durch die Sollvorschrift in Art. 7.5 Satz 1 nahe. Allerdings erlaubt die DIS-SchO auch eine Erhebung zu jedem anderen Zeitpunkt (außer wenn der Kreis der Verfahrensbeteiligten erweitert wird oder wenn dies zu einer inakzeptablen Verzögerung des Verfahrens führen würde, s. Rz. 52). Empfehlung: Meist weiß der Schiedsbeklagte schon bei Empfang der Klage, dass er eine Widerklage erheben wird. In diesen Fällen ist es – sofern nicht taktische Erwägungen dagegensprechen – sinnvoll, die DIS und ggf. das Schiedsgericht frühzeitig auf diese Absicht hinzuweisen, damit dieser Umstand bei der weiteren Administration, insb. der Bildung des Schiedsgerichts und ggf. der Erstellung des Verfahrenskalenders berücksichtigt werden kann.
59
Empfehlung: Die Widerklage kann auch im Schiedsverfahren als Eventualwiderklage erhoben werden. Der Schiedsbeklagte kann seine Widerklage also bspw. unter der Bedingung erheben, dass das Schiedsgericht die Kompetenz für die Widerklage bejaht oder seinem Hauptantrag auf Klageabweisung stattgibt.
60
Für den Inhalt der Widerklage gelten die Anforderungen des Art. 5.2 (s. Art. 5 61 Rz. 10 ff.). Wenn der Schiedswiderkläger diesen Anforderungen oder denen der Art. 4. 2 auch nach einer entsprechenden Fristsetzung durch die DIS nicht nachkommt, endet das Widerklageverfahren gemäß Art. 42.6. Art. 7.6 führt ausdrücklich auf, dass der Schiedsbeklagte zur Erhebung der Wi- 62 derklage ebenfalls eine DIS-Bearbeitungsgebühr zahlen muss. Diese Regelung zur Bearbeitungsgebühr und den Folgen der Nichtzahlung entsprechen denen für die Erhebung der Schiedsklage (s. Art. 5 Rz. 43 ff.). Die DIS übermittelt die Widerklage dem Schiedskläger und dem Schiedsgericht 63 nur, falls der Schiedsbeklagte ihnen die Widerklage noch nicht übersandt hat. Der Schiedsbeklagte muss der DIS hierfür einen entsprechenden Nachweis vorlegen. Falls die Übermittlung durch die DIS erforderlich ist, kann sie, wie bei der Schiedsklage, davon absehen, wenn die Anforderungen an die Widerklageerhebung nicht erfüllt sind (d.h. wenn die erforderlichen Angaben nach Art. 5.2 nicht gemacht wurden, die Bearbeitungsgebühr nicht nach Art. 7.6 gezahlt wurde oder die nach Art. 4.2 erforderliche Anzahl an Exemplaren nicht eingereicht wurde).
VIII. Erwiderung auf die Widerklage (Art. 7.9) Die DIS-SchO regelt nicht im Detail, wie der Schiedskläger auf die Widerklage 64 antworten kann. Art. 7.9 sieht lediglich vor, dass das Schiedsgericht eine angemessene Frist zur Erwiderung auf die Widerklage setzt. Detailliertere Regeln sind auch nicht notwendig, da die DIS-SchO davon ausgeht, dass das Schiedsgericht dann bereits konstituiert ist und entsprechende Vorgaben macht. Schilling
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Art. 7 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage D. Aufrechnung I. Verhältnis zu § 1046 Abs. 3 ZPO 65 Die DIS-SchO sieht keine besondere Regelung für die Aufrechnung vor. Daher
gilt das nationale Schiedsverfahrensrecht, sofern deutsches Prozessrecht anwendbar ist – also § 1046 Abs. 3 ZPO. Diese Norm regelt nach ihrem Wortlaut die Widerklage, erfasst allerdings auch die Aufrechnung. Denn das UNCITRALModG, das § 1046 Abs. 3 ZPO zugrunde liegt, verwendet an dieser Stelle den Begriff „counterclaim“, der sowohl die Widerklage als auch die Aufrechnung erfasst. Auch wenn der ZPO-Gesetzestext diesen Umstand nicht berücksichtigt, ist allgemein anerkannt, dass § 1046 Abs. 3 ZPO auch auf die Prozessaufrechnung Anwendung findet. Hiervon unberührt bleiben materiell-rechtliche Voraussetzungen einer Aufrechnung nach einer von der fori (im Sinne der lex loci arbitri) möglicherweise abweichenden lex causae.
II. Reform 66 Die Aufrechnung wird in der DIS-SchO nicht ausdrücklich geregelt. Die Reform
2018 hat daran nichts geändert.
III. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 67 Die Aufrechnung besitzt eine Doppelnatur, sie ist materiell-rechtliche Erklä-
rung und Prozesshandlung zugleich. Als Prozesshandlung gilt sie als Verteidigungsmittel i.S.d. §§ 146, 277, 296 und 530 f. ZPO. Will der Schiedsbeklagte die Aufrechnung mit der Klageforderung im Prozess erklären, muss er die Anforderungen des § 253 Abs. 2 ZPO entsprechend erfüllen.
68 Da es sich nicht um eine (Wider-)Klage, sondern nur um ein Verteidigungs-
mittel handelt, kann das für die Klage zuständige Gericht über die Aufrechnung rechtskräftig entscheiden, auch wenn es nicht sachlich und/oder örtlich zuständig ist, lediglich die internationale Zuständigkeit für die Entscheidung über die Gegenforderung muss gegeben sein (OLG Karlsruhe v. 15.8.2012 – 8 W 48/12, BeckRS 2012, 18691). Wenn für die Gegenforderung allerdings eine Schiedsvereinbarung besteht, dürfen staatliche Gerichte nach allgemeiner Auffassung nicht über die Aufrechnung entscheiden (BGH v. 22.11.1962 – VII ZR 264/61, BGHZ 38, 254 = NJW 1963, 243). Als Verteidigungsmittel kann die Aufrechnung auch wegen Verspätung zurückgewiesen werden.
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Mitteilung durch Schiedsbeklagten | Art. 7 DIS-SchO
IV. Anwendbares Recht Die Aufrechnung beurteilt sich u.U. nach verschiedenen Rechtsordnungen. Für 69 die Frage, ob die betreffende Forderung besteht, ist auf das Recht abzustellen, das nach den Vorschriften des internationalen Privatrechts Anwendung findet (meist das Recht des Entstehungsortes). Für die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Aufrechnung ist dagegen auf das Recht abzustellen, dem die Hauptforderung unterliegt (Art. 17 Rom I-VO). Ist das deutsches Recht, müssen also die Voraussetzungen der §§ 387 ff. BGB erfüllt sein. Ob die Aufrechnung verfahrensrechtlich zulässig ist, bestimmt sich dagegen nach 70 dem anzuwendenden Verfahrensrecht, meist also nach dem Recht des Schiedsortes.
V. Notwendigkeit einer Schiedsvereinbarung für die Gegenforderung Unabhängig von den eventuellen weiteren Voraussetzungen der prozessualen 71 Zulässigkeit der Aufrechnung muss in jedem Fall für die Gegenforderung, mit der aufgerechnet wird, eine entsprechende Schiedsvereinbarung bestehen. Dabei kann es sich entweder um dieselbe Schiedsvereinbarung handeln, auf die der Schiedskläger seine Ansprüche gestützt hat, oder (bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen des Art. 17.1 und Art. 17.2) auch um eine andere kompatible Schiedsvereinbarung (vgl. Rz. 51). Fehlt eine derartige Schiedsvereinbarung, können die Parteien durch eine nachträgliche Vereinbarung während des Verfahrens die Aufrechenbarkeit herbeiführen. Anderenfalls ist die Aufrechnung als Verteidigungsmittel im Prozess ausgeschlossen. Verschiedentlich wird auch ohne entsprechende Schiedsvereinbarung von der 72 Zulässigkeit der Aufrechnung ausgegangen, solange der Kläger der Aufrechnung nicht widerspricht. Das Ausbleiben eines Widerspruchs wird in diesem Fall als stillschweigender Abschluss einer Schiedsvereinbarung oder als eine rügelose Einlassung gewertet. Spätestens mit der Rüge des Aufrechnungsgegners hat das Schiedsgericht jedoch keine Befugnis mehr, über die Gegenforderung oder die Aufrechnung zu entscheiden. Zudem steht das Fehlen einer Schiedsabrede der Aufrechnung nur entgegen, so- 73 lange die Gegenforderung noch streitig ist. Ist sie dagegen entweder unstreitig oder schon rechtskräftig festgestellt, kann das Schiedsgericht über die Aufrechnung entscheiden (BGH v. 29.7.2010 – III ZB 48/09, SchiedsVZ 2010, 275; s. auch KG v. 1.11.2006 – 26 U 28/06, SchiedVZ 2008, 94). Empfehlung: Wenn der Schiedsbeklagte die Aufrechnung mangels entsprechender Schiedsabrede nicht in dem Schiedsverfahren geltend machen kann, bleibt ihm in Anlehnung an § 767 Abs. 2 ZPO immer noch die Möglichkeit, die Aufrechnung im staatlichen Verfahren der Vollstreckbarerklärung zu erklären. Das ist dem Schiedsbeklagten allerdings verwehrt, wenn die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung ihrerseits einer Schiedsvereinbarung
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Art. 7 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage unterfällt. Ausnahmsweise ist die Aufrechnung im staatlichen Verfahren der Vollstreckbarerklärung trotz Schiedsvereinbarung für die Gegenforderung möglich, wenn diese unstreitig ist oder bereits ein Schiedsspruch dazu ergangen ist (einer Vollstreckbarerklärung dieses Schiedsspruches über die Gegenforderung bedarf es zur Aufrechnung nicht). Allerdings kann mit einer Forderung trotz eines dazu ergangenen Schiedsspruchs nicht im staatlichen Verfahren aufgerechnet werden, wenn diese Forderung nach dem Schiedsspruch abgetreten wurde und die Wirksamkeit der Abtretung im Streit steht; in diesem Fall obliegt es dem Schiedsgericht, zunächst über die Wirksamkeit der Abtretung zu entscheiden.
75 Anhang 1: Checkliste für den Inhalt der Klageerwiderung
Rubrum □ Überprüfung der Parteibezeichnung und Adressen □ Bezeichnung des eigenen Prozessvertreters: Name, Kontaktdaten Anträge □ Sachantrag (regelmäßig Klageabweisung) Ggf. Rüge der mangelnden Kompetenz des Schiedsgerichts Stellungnahme zur klägerischen Darstellung der Schiedsvereinbarung inklusive rechtlicher Ausführungen □ Ausdrückliche Rüge bzw. Hinweis, dass weiterer Vortrag nur hilfsweise gemacht wird
□
Stellungnahme zum geltend gemachten Anspruch □ Beschreibung der Parteien: Geschäftsfeld, Historie, Bedeutung □ Korrektur/Schilderung des Sachverhalts inklusive Angebot von Gegenbeweisen □ Stellungnahme zum anwendbaren Recht □ Rechtliche Ausführungen zur geltend gemachten Anspruchsgrundlage Angaben zum Schiedsverfahren □ Stellungnahme zum Streitwert □ Stellungnahme zum Schiedsort und zur Verfahrenssprache Widerklage □ Sachantrag □ Gegebenenfalls Zinsantrag □ Anspruchsbegründende Tatsachen □ Wiedergabe der Schiedsvereinbarung, die eine Widerklage erlaubt □ Zahlung der Registrierungsgebühr □ Einreichung bei der DIS-Geschäftsstelle Sonstiges Übermittlung direkt an das Schiedsgericht und die anderen Parteien Einreichung in der erforderlichen Anzahl von Exemplaren Gegebenenfalls Antrag auf Einbeziehung zusätzlicher Parteien (Art. 19)
□ □ □
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Mitteilung durch Schiedsbeklagten | Art. 7 DIS-SchO
Anhang 2: Schaubild zur zeitlichen Abfolge der Stellungnahmen Schiedskläger: Einreichung der Klageschrift bei DIS-Geschäftsstelle
wenn Voraussetzungen von Art. 5.5 erfüllt
76
DIS-Geschäftsstelle: Übersendung der Klageschrift an den Schiedsbeklagten Frist von 45 Tagen; Fristverlängerung möglich
Frist von 21 Tagen
Schiedsbeklagter: Angaben zum Verfahren nach Art. 7.1
Schiedsbeklagter: Einreichung der Klageerwiderung
DIS: Konstituierung des Schiedsgerichts
Ggf. Antrag auf Einbeziehung zusätzlicher Parteien
Ggf. Einreichung der Widerklage
Ggf. Entscheidung über Anträge zur Ablehnung von Schiedsrichtern
Schiedsgericht: Festlegung des nächsten Schriftsatzes Fristsetzung durch das Schiedsgericht Ggf. Schiedskläger: Replik und ggf. Erwiderung auf die Widerklage
Fristsetzung durch das Schiedsgericht
Ggf. Schiedsbeklagter: Detailliertere Stellungnahme zur Klage
Schilling
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Art. 8 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage
Artikel 8 Verbindung mehrerer Schiedsverfahren 8.1 Die DIS kann auf Antrag einer Partei mehrere gemäß dieser Schiedsgerichtsordnung geführte Schiedsverfahren zu einem einzigen Verfahren verbinden, sofern alle Parteien sämtlicher Schiedsverfahren der Verfahrensverbindung zustimmen. Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für die Entscheidungen gemäß Artikel 17 bis 19 bleibt hiervon unberührt. 8.2 Die Verbindung erfolgt auf das zuerst begonnene Schiedsverfahren, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Regelungsschwerpunkte: Art. 8.1 regelt die Voraussetzungen für eine Verbindung mehrerer laufender Schiedsverfahren zu einem Verfahren, sowie das Entscheidungsermessen der hierfür zuständigen DIS. → Rz. 7–22; Art. 8.2 stellt klar, welches Schiedsverfahren im Falle einer Verbindung das führende Verfahren darstellt, sofern alle beteiligten Parteien hierzu keine Regelung getroffen haben. → Rz. 23–26 Kostenaspekte: Die Verbindung mehrerer Verfahren führt i.d.R. zu einer Senkung der für die Durchführung aller Verfahren anfallenden Gesamtkosten. Die für jede Partei anfallende DIS-Bearbeitungsgebühr wird nach einer Verfahrensverbindung neu berechnet und bereits bezahlte Beträge hierauf angerechnet. → Rz. 29–32. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Anwendungsbereich von Art. 8 . II. Voraussetzungen der Verfahrensverbindung (Art. 8.1 Satz 1) . . . III. Entscheidungsermessen der DIS (Art. 8.1 Satz 1) . . . . . . . . . . . .
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IV. Besetzung der Schiedsgerichte . V. Keine Änderung der Kompetenz nach Art. 17–19 (Art. 8.1 Satz 2) VI. Führendes Verfahren nach einer Verfahrensverbindung (Art. 8.2) . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . VIII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 2 5
6
_ _ _ __ _ 19 22 23 27 29 33
15
Literatur: Benedict, Mehrvertragsverfahren, Mehrparteienverfahren, Einbeziehung Dritter und Verbindung von Verfahren, SchiedsVZ 2018, 306 ff.; Busse, Die Bindung Dritter an Schiedsvereinbarungen, SchiedsVZ 2005, 118 ff.; Elsing, Streitverkündung und Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2004, 88 ff.; Gharibian/Pieper, Parteienmehrheit in Schiedsverfahren – Zulässigkeit, Vorteile der Konsolidierung und Herausforderungen bei Mehrparteienkonflikten, BB 2018, 387 ff.; Hamann/Lennarz, Parallele Verfahren mit identischem Schiedsgericht als Lösung für Mehrparteienkonflikte?, SchiedsVZ 2006, 289 ff.; Kleinschmidt, Die Widerklage gegen einen Dritten im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2006, 142 ff.; von Schlabrendorff, Joinder and Consolidation in International Arbitration: A Comparison of Institutional Approaches, in: Liber Amicorum Dolf Weber (2016), S. 429 ff.; Welser, Mehrparteienschiedsverfahren aus praktischer Sicht, in FS Elsing (2015), S. 651 ff.
802
| Schmidt-Ahrendts
Verbindung mehrerer Schiedsverfahren | Art. 8 DIS-SchO
A. Normzweck Art. 8 dient primär der Verfahrenseffizienz. Die Verbindung mehrerer Verfah- 1 ren führt i.d.R. zu Zeit- und Kostenersparnissen. Zudem fördert Art. 8 eine einheitliche Rechtsfindung. Die Verbindung mehrerer Verfahren vermeidet, dass mehrere Schiedsgerichte über dieselben bzw. ähnliche gelagerte oder zusammenhängende Sach- und Rechtsfragen unterschiedlich befinden. Ferner dient Art. 8 dem Rechtsfrieden. So kann eine Verfahrensverbindung dazu führen, dass eine einvernehmliche Gesamtlösung anstatt mehrerer Einzellösungen erzielt wird. Schließlich führt die in der DIS-SchO 2018 erstmals erfolgte Normierung von Voraussetzungen einer Verfahrensverbindung zu einem Gewinn an Rechtssicherheit und fördert hierdurch auch die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs.
B. Reform Mit Art. 8 wurde erstmals eine Regelung zur Verbindung mehrerer Schiedsver- 2 fahren in die DIS-SchO aufgenommen und dadurch mehr Rechtssicherheit im Hinblick auf Voraussetzungen sowie Rechtsfolgen der Verfahrensverbindung geschaffen. Trotz einer fehlenden Regelung zur Verfahrensverbindung wurden auch unter 3 der DIS-SchO 1998 Verfahren miteinander verbunden. Dabei handelte es sich aber ganz überwiegend um Rechtsstreitigkeiten zwischen denselben beiden Parteien, die unabhängig voneinander Verfahren gegeneinander eingeleitet hatten und im weiteren Verlauf deren Verbindung beantragten. In derartigen Konstellationen wurde im verbundenen Verfahren regelmäßig die später eingegangene Schiedsklage als Widerklage nach § 10 DIS-SchO 1998 behandelt. Entsprechend Art. 8 DIS-SchO 2018 setzte die Verfahrensverbindung auch unter 4 der DIS-SchO 1998 eine Zustimmung aller Verfahrensparteien voraus.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Das deutsche, nationale Schiedsverfahrensrecht regelt die Verfahrensverbindung 5 nicht. Die Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO haben für Art. 8 keine praktische Bedeutung.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Die Verbindung mehrerer Verfahren vor deutschen staatlichen Gerichten ist in 6 § 147 ZPO geregelt. § 147 ZPO findet in Schiedsverfahren weder unmittelbare noch analoge Anwendung. Anders als Art. 8 verlangt § 147 ZPO für eine Verfahrensverbindung nicht die Zustimmung sämtlicher an den zu verbindenden VerSchmidt-Ahrendts
| 803
Art. 8 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage fahren beteiligten Parteien, sondern dass die in den Verfahren gegenständlichen Ansprüche gemeinsam in einer Klage hätten geltend gemacht werden können bzw. dass ein rechtlicher Zusammenhang zwischen den Ansprüchen besteht. Darüber hinaus ist es im Rahmen von § 147 ZPO das Gericht selbst, das von sich aus, wenn auch häufig auf Anregung der Parteien, die Verfahren verbindet, während im Rahmen von Art. 8 die DIS nur auf Antrag mindestens einer Partei überhaupt aktiv werden kann.
E. Einzelerläuterungen I. Anwendungsbereich von Art. 8 7 Begriff der Verfahrensverbindung. Unter einer Verfahrensverbindung versteht
man die Zusammenführung zweier oder mehrerer getrennter Schiedsverfahren zu einem einzigen Schiedsverfahren, wobei typischerweise eines der Schiedsverfahren fortgesetzt wird, während das oder die anderen Schiedsverfahren beendet werden.
8 Identische oder verschiedene Parteien. In der bisherigen DIS-Praxis wurden
fast nur Schiedsverfahren verbunden, an denen jeweils dieselben Parteien beteiligt waren (vgl. Rz. 3). Nach Art. 8 ist eine Verfahrensverbindung jedoch auch dort denkbar, wo die Parteien der jeweiligen Verfahren teilweise oder vollständig unterschiedlich sind.
9 Zeitpunkt. Eine Verfahrensverbindung ist prinzipiell bis zum Ende der zur Ver-
bindung stehenden Verfahren möglich. Jedoch dürfte sich eine Verfahrensverbindung in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium nur in den allerwenigsten Fällen als sinnvoll erweisen.
II. Voraussetzungen der Verfahrensverbindung (Art. 8.1 Satz 1) 10 Antrag einer Partei. Eine Verbindung mehrerer Verfahren erfolgt nur auf An-
trag mindestens einer an einem der potenziell zu verbindenden Verfahren beteiligten Partei. Ein Tätigwerden der DIS, genauer gesagt des Case Management Teams (vgl. Art. 2) von sich aus oder auf Antrag des Schiedsgerichts, ist ausgeschlossen. Der Antrag sollte die betroffenen Verfahren möglichst genau bezeichnen (u.a. Nennung der Fallnummern) und identifizieren, ob die Zustimmung der anderen Parteien vorliegt bzw. durch die DIS abzufragen ist. Der Antrag ist in elektronischer Form gemäß Art. 4.1 zu tätigen.
11 Verbindungsgegenstand. Gegenstand einer Verfahrensverbindung nach Art. 8.1
Satz 1 können nur mehrere Verfahren sein, bei denen es sich um „gemäß dieser Schiedsgerichtsordnung geführte Schiedsverfahren“ handelt. Damit ist nach dem Wortlaut eine Verfahrensverbindung nach Art. 8 ausgeschlossen, wenn die betroffenen Verfahren nicht sämtlich der DIS-SchO 2018 unterliegen. Dies schließt zwar auch die Verbindung mit einem Verfahren aus, das noch nach der zuvor 804
| Schmidt-Ahrendts
Verbindung mehrerer Schiedsverfahren | Art. 8 DIS-SchO
geltenden DIS-SchO 1998 geführt wird. Jedoch steht es den Parteien frei, sich z.B. zu einigen, dass gleichwohl eine Verfahrensverbindung stattfinden soll und das verbundene Verfahren nach den neuen Regeln fortzuführen ist. Zustimmung aller Parteien. Die Verbindung mehrerer Schiedsverfahren setzt 12 weiter voraus, dass alle an den zu verbindenden Verfahren beteiligten Parteien der Verbindung zustimmen. Widerspricht nur eine der betroffenen Parteien der Verfahrensverbindung, kommt eine Verfahrensverbindung nicht in Betracht. Die Zustimmung kann prinzipiell – auch wenn dies nur selten der Fall sein wird – in der Schiedsvereinbarung bzw. den Schiedsvereinbarungen enthalten sein, die zwischen den Parteien bereits bestehen. Sie kann aber auch Gegenstand einer gesonderten Erklärung der betroffenen Parteien sein. Ausdrücklichkeit und Form der Zustimmung. Art. 8.1 Satz 1 setzt seinem 13 Wortlaut zufolge keine ausdrückliche oder gar schriftliche Erklärung der Parteien voraus. Man könnte sich somit die Frage stellen, ob auch eine konkludente (stillschweigende/schlüssige) Erklärung ausreicht. Die Praxis der DIS ist es jedoch, nur bei ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung aller Parteien die Verfahren zu verbinden. Dies ist insb. auch im Hinblick auf die spätere Vollstreckbarkeit und den limitierten Möglichkeiten der DIS zur Ermittlung des Parteiwillens außerhalb eines Schriftstücks zu begrüßen. Das bloße Schweigen einer Partei, z.B. das Unterlassen eines Widerspruchs gegen den Antrag auf Verfahrensverbindung durch eine andere Partei, reicht ebenfalls, und dies unzweifelhaft, nicht aus. Streit über das Vorliegen der Zustimmung. Abzuwarten bleibt, wie die DIS 14 entscheiden wird, wenn die Parteien darüber streiten, ob eine Zustimmung vorliegt oder nicht. Denkbar ist z.B., dass eine Partei vorträgt, ihre vermeintliche Zustimmung leide an einem Willensmangel, stehe unter einer Bedingung, bezöge sich nicht auf die konkreten Verfahren oder sei nicht bestimmt bzw. nicht vollständig genug gewesen, z.B. weil sie sich nicht zu bestimmten Konsequenzen der Verfahrensverbindung, z.B. über die Besetzung des Schiedsgerichts, die Verfahrenssprache, den Verfahrensort etc., verhalte. Abzuwarten bleibt, wie die DIS hier angesichts ihrer beschränkten Möglichkeiten zur Ermittlung des Parteiwillens agiert. Ein gangbarer Weg wäre, die Frage der Zustimmung dahinstehen zu lassen und unter Hinweis auf das auch dann noch verbleibende Ermessen von einer Verbindung abzusehen.
III. Entscheidungsermessen der DIS (Art. 8.1 Satz 1) Entscheidungszuständigkeit. Die Entscheidung, ob mehrere Verfahren verbun- 15 den werden können, liegt in der alleinigen Zuständigkeit der DIS. Diese Entscheidung ist nicht vor dem Schiedsgericht anfechtbar. Dies gilt unzweifelhaft im Fall der Ablehnung der Verfahrensverbindung. Hier wäre auch gar nicht klar, welches Schiedsgericht hierüber entscheiden sollte. Dies gilt auch für den Fall der Verfahrensverbindung. Dass diese per se nicht vom Schiedsgericht überprüft Schmidt-Ahrendts
| 805
Art. 8 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage wird, zeigt der Vorbehalt bzgl. der Zuständigkeit des Schiedsgerichts für die Entscheidungen gemäß Art. 17–19 (argumentum e contrario). 16 Entscheidungsermessen. Nur bzw. auch wenn die Voraussetzungen von Art. 8.1
Satz 1 vorliegen, hat die DIS ein Ermessen, mehrere Schiedsverfahren miteinander zu verbinden. Welche Ermessenserwägungen sie hierbei berücksichtigt, regelt Art. 8 nicht. Angesichts des Einverständnisses aller Parteien und des Grundsatzes der Parteiautonomie werden die DIS nur außergewöhnliche Umstände davon abhalten, die betroffenen Verfahren zu verbinden (vgl. zu einem möglichen (zumindest entsprechenden) Anwendungsfall Rz. 14).
17 Berücksichtigung des Verfahrensstadiums durch die DIS. Ein Grund, Verfah-
ren trotz des Einverständnisses aller Parteien nicht zu verbinden, könnte sein, dass diese sehr weit bzw. sehr unterschiedlich weit vorangeschritten sind. Der Wortlaut des Art. 8 eröffnet die Möglichkeit einer Verfahrensverbindung in jedem Verfahrensstadium. Jedoch wird insb. der Effizienzgewinn typischerweise umso geringer sein, umso weiter oder umso unterschiedlich weit die zur Verbindung stehenden Verfahren vorangeschritten sind. Jedoch wird die DIS wohl nur in Extremfällen sich über das Einverständnis der Parteien hinwegsetzen.
18 Zusammensetzung der Schiedsgerichte. Ein weiteres wichtiges Ermessenskrite-
rium wird für die DIS die Zusammensetzung der Schiedsgerichte sein (hierzu unter IV).
IV. Besetzung der Schiedsgerichte 19 Weder Art. 8 noch Art. 11–13 und 20 regeln klar die Frage nach der Besetzung
der Schiedsgerichte im Falle der Verfahrensverbindung. Es ist zwischen folgenden Konstellationen zu trennen.
20 Verbindung vor Bestellung. Ist im Zeitpunkt der Verfahrensverbindung in den
zu verbindenden Verfahren noch kein Schiedsrichter benannt, gelten für die Benennung und Bestellung der Schiedsrichter die allgemeinen Vorschriften, d.h. Art. 11–13 und Art. 20. Dies sollte auch dann gelten, wenn einer oder mehrere Schiedsrichter benannt, jedoch noch kein Schiedsrichter in den zu verbindenden Verfahren bestellt worden ist.
21 Verbindung nach (teilweiser) Bestellung. Eine Verbindung von Verfahren
kommt aber auch dort in Betracht, wo ein oder mehrere Schiedsrichter bereits bestellt worden sind. Um hier die Gleichbehandlung der Parteien (Art. 21.1) zu gewährleisten, ist penibel darauf zu achten, dass alle Parteien gleichberechtigt an der Besetzung des Schiedsgerichts mitwirken konnten, das schließlich über den Rechtsstreit entscheidet. Dies wird am ehesten dadurch gewährleistet, dass sich die Parteien über den Modus der Benennung und Bestellung des Schiedsgerichts bzw. gleich über seine personelle Zusammensetzung einigen. Alternativ könnte man auch hier vorsehen, dass man das Schiedsgericht komplett neu und nach Art. 11–13 bzw. 20 besetzt. Weigert sich ein bereits bestellter Schiedsrichter dies 806
| Schmidt-Ahrendts
Verbindung mehrerer Schiedsverfahren | Art. 8 DIS-SchO
durch Niederlegung seines Schiedsrichteramtes zu ermöglichen, kann dieser nach Art. 16 abberufen werden.
V. Keine Änderung der Kompetenz nach Art. 17–19 (Art. 8.1 Satz 2) Art. 8.1 Satz 2 stellt klar, dass die Zuständigkeit der DIS zur Entscheidung über 22 eine Verfahrensverbindung die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für die Entscheidungen nach den Art. 17–19 unberührt lässt. Auch insofern ist es zu begrüßen, dass die DIS nur bei ausdrücklicher schriftlicher Zustimmung Verfahren verbindet, da sich sonst die Frage stellen würde, inwieweit das Schiedsgericht an die Beurteilung der DIS, z.B. einer konkludenten Einigung der Parteien, bei seiner Entscheidung nach Art. 17–19 über häufig gleich gelagerte Sachfragen – liegt eine konkludente Einigung vor oder nicht – gebunden wäre.
VI. Führendes Verfahren nach einer Verfahrensverbindung (Art. 8.2) Gemäß Art. 8.2 wird, sofern die Parteien nichts Abweichendes vereinbart haben, 23 das Schiedsverfahren fortgesetzt, das zuerst begonnen wurde und das oder die anderen beendet. Die Frage, welches Verfahren im Fall einer Verfahrensverbindung führt und wel- 24 che Verfahren beendet werden, ist nicht unbedeutend. Sie mag insb. dort relevant werden, wo die zu verbindenden Verfahren sich in unterschiedlichen Verfahrensstadien befinden. Empfehlung: Sollte es aus der Sicht einer Partei sinnvoller erscheinen, ein anderes Verfahren fortzusetzen, als dasjenige, das zuerst begonnen wurde, ist der Partei zu raten, sich hierüber mit der bzw. den anderen Partei(en) abzustimmen.
25
Die administrative Umsetzung der Verfahrensverbindung erfolgt dadurch, dass 26 die DIS das Aktenzeichen der führenden Sache modifiziert, indem sie dieses um einen Klammerzusatz ergänzt, der die beendete Sache ihrem seinerzeitigen Aktenzeichen nach kennzeichnet.
VII. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle Die Entscheidung der DIS, mehrere Verfahren zu verbinden bzw. einen Antrag 27 auf Verbindung abzulehnen, ist per se nicht angreifbar, weder durch das Schiedsgericht, noch durch ein staatliches Gericht. Sie kann jedoch dann Prüfungsgegenstand eines etwaigen Aufhebungs- oder Voll- 28 streckungsverfahrens sein, wenn die Partei, die Aufhebung begehrt bzw. sich gegen die Vollstreckung wehrt, geltend macht, dass der Ablauf des Schiedsverfahrens nicht dem Willen der Parteien entsprochen hat (vgl. für Verfahren mit Schiedsbzw. Vollstreckungsort in Deutschland § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO bzw. Schmidt-Ahrendts
| 807
Art. 8 DIS-SchO | Schiedsklage, Klageerwiderung, Widerklage Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ). Durch die Vereinbarung der Geltung der DISSchO 2018 wird Art. 8 zum Inhalt des Parteiwillens. Ein Verstoß gegen Art. 8 führt somit dann zur Aufhebbarkeit bzw. Nichtvollstreckbarkeit des Schiedsspruchs, wenn er nicht ausgeschlossen werden kann, dass dieser hierauf beruht.
VIII. Kosten 29 Art. 8 bzw. 32 ff. enthalten keine gesonderte Regelung für die Festsetzung der
Kosten bzw. der Kostensicherheit im Fall der Verfahrensverbindung. Die Ablehnung einer Verfahrensverbindung hat keinen direkten Einfluss auf die Kosten, die Verbindung mehrerer Verfahren hingegen sehr wohl.
30 Im Falle einer Verbindung mehrerer Verfahren werden gemäß Ziff. 3.6 der Kos-
tenordnung (Anlage 2) die Streitwerte der Klagen einer Partei in den jeweiligen Verfahren addiert und die neue Bearbeitungsgebühr für jede Partei auf der Grundlage dieser addierten Streitwerte berechnet. Bereits bezahlte Beträge werden angerechnet. Führt die Verfahrensverbindung zu einer Verfahrensbeteiligung mehrerer Parteien i.S.v. Art. 18, erhöhen sich die DIS-Bearbeitungsgebühren gemäß Ziff. 3.4 der Kostenordnung; auch die Schiedsrichterhonorare fallen gemäß Ziff. 2.4 höher aus (näher dazu Art. 18 Rz. 17a).
31 Für das fortgeführte, führende Verfahren wird die DIS eine neue Kostensicher-
heit festsetzen, die alle nunmehr in diesem Verfahren erhobenen Ansprüche berücksichtigt. Wird das Verfahren unter Beteiligung mehrerer Parteien gemäß Art. 18 fortgesetzt und erheben diese untereinander Ansprüche, findet Art. 35.7 Anwendung, d.h. der DIS-Rat kann bestimmen, ob er eine globale Kostensicherheit, mehrere Kostensicherheiten, oder getrennte Kostensicherheiten für jede Partei in jeweils unterschiedlicher Höhe festsetzt. Sofern im zu beendenden Verfahren bereits ein Schiedsgericht bestand, das durch die Verfahrensverbindung functus officio ist, ist dessen Honorar nach Art. 34.4 festzusetzen.
32 Die Verbindung mehrerer Verfahren wird tendenziell dazu führen, dass die Ge-
samtkosten für jede einzelne der beteiligten Parteien sinken. Zum einen verursacht ein Verfahren mit mehreren Beteiligten in aller Regel weniger Kosten als mehrere Verfahren mit jeweils diversen Parteien. Zudem verlaufen in DIS-Verfahren wie auch in staatlichen Verfahren die Kosten degressiv mit steigendem Streitwert. Eine Kappung des Streitwerts bei 30 Mio. EUR gibt es anders als in staatlichen Verfahren zwar nicht, jedoch sind die Verwaltungsgebühren, die einen Teil des Kostenvorschusses ausmachen, bei 40.000 EUR gedeckelt.
F. Abweichende Parteivereinbarungen 33 Für eine von Art. 8 abweichende Parteivereinbarung besteht angesichts des Spiel-
raums den Art. 8 bildet wohl kaum ein praktisches Bedürfnis – denkbar wäre sie wohl.
808
| Schmidt-Ahrendts
Unparteilichkeit, Unabhängigkeit der Schiedsrichter | Art. 9 DIS-SchO
Das Schiedsgericht Artikel 9 Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der Schiedsrichter, Offenlegungspflichten 9.1 Jeder Schiedsrichter muss während des gesamten Schiedsverfahrens unparteilich und unabhängig sein sowie die von den Parteien vereinbarten Voraussetzungen erfüllen. 9.2 Im Übrigen sind die Parteien bei der Auswahl der Schiedsrichter frei. Die DIS kann auf Anfrage Anregungen für die Schiedsrichterauswahl geben. 9.3 Jede Person, die als Schiedsrichter bestellt werden soll, hat schriftlich mitzuteilen, ob sie das Schiedsrichteramt annimmt. 9.4 Im Falle der Annahme des Schiedsrichteramtes hat die Person schriftlich zu bestätigen, dass sie unparteilich und unabhängig ist, die von den Parteien vereinbarten Voraussetzungen erfüllt sowie für die Dauer des Schiedsverfahrens zeitlich verfügbar sein wird. Zudem hat die Person alle Tatsachen und Umstände offenzulegen, die bei objektiver Betrachtung vernünftige Zweifel der Parteien an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit hervorrufen können. 9.5 Die DIS übermittelt den Parteien die Erklärungen und etwaige Offenlegungen gemäß Artikel 9.3 und 9.4 und setzt den Parteien eine Frist zur Stellungnahme zu der Bestellung der Person als Schiedsrichter. 9.6 Jeder Schiedsrichter hat während des gesamten Schiedsverfahrens eine fortdauernde Verpflichtung, alle gemäß Artikel 9.4 erheblichen Tatsachen und Umstände den Parteien, den anderen Schiedsrichtern und der DIS unverzüglich schriftlich offenzulegen. 9.7 Im Übrigen gelten für die Bildung des Schiedsgerichts die Artikel 10 bis 13 und Artikel 20, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Regelungsschwerpunkte: Die Vorschrift regelt die zentralen Schiedsrichtereigenschaften der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit sowie die Erfüllung parteivereinbarter Voraussetzungen durch den Schiedsrichter. → Rz. 1 ff.; Zur Sicherung dieser Eigenschaften sieht Art. 9 umfangreiche Erklärungs- und Offenlegungspflichten von Schiedsrichtern vor ihrer Bestellung durch die DIS sowie während des gesamten laufenden Verfahrens vor. → Rz. 26 ff.; Neben den Erklärungen zur Unparteilichkeit und Unabhängigkeit und der Erfüllung parteivereinbarter Voraussetzungen verlangt die Regelung auch die Bestätigung der zeitlichen Verfügbarkeit durch den Schiedsrichter. A. Unparteilichkeit und Unabhängigkeit sowie Fehlen parteivereinbarter Voraussetzungen (Art. 9.1–Art. 9.2) . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu § 1036 Abs. 2 ZPO
__ __ 1 1 6 10
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Einzelerläuterungen . . . . . . . . . 1. Der Maßstab der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit . . . . . . 2. Berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit . . . . . . . . . . . .
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Art. 9 DIS-SchO | Das Schiedsgericht 3. Berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit . . . . . . . . . . . . 4. Fehlen parteivereinbarter Voraussetzungen . . . . . . . . . . . B. Erklärungs- und Offenlegungspflichten (Art. 9.3–Art. 9.6) . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu § 1036 Abs. 1 ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
_ _ __ __ _ 26 26 30 34
V. Einzelerläuterungen . . . . . . . . . 1. Annahmeerklärung und Bestätigungspflichten . . . . . . . . . . . . . 2. Anfängliche und fortdauernde Offenlegungspflichten . . . . . . . . 3. Stellungnahmerecht bei anfänglichen Erklärungen und Offenlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Verfahrensdauer und Kosten . . .
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C. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Armbrüster, Der parteibenannte Schiedsrichter zwischen Unparteilichkeitsgebot und Parteierwartungen, in FS Ebke (2021), S. 43 ff.; Armbrüster/Wächter, Ablehnung von Schiedsrichtern wegen Befangenheit im Verfahren, SchiedsVZ 2017, 213 ff.; Baudenbacher, The Independence and Impartiality of Arbitrators: Towards General Standard, in FS Wegen (2015), S. 575 ff.; Effer-Uhe, Schiedsrichterliche Unabhängigkeit bei wissenschaftlichen Äußerungen, SchiedsVZ 2018, 75 ff.; Elsing, Schiedsrichterliche Unabhängigkeit – Vorurteile und Wirklichkeit, SchiedsVZ 2019, 16 ff.; Froitzheim, Die Kanzleimitgliedschaft und die Ablehnung von Schiedsrichtern in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2017, 172 ff.; Froitzheim, Schiedsrichterliche Befangenheit durch Äußerungen zu Rechtsfragen – Eine Antwort auf Effer-Uhe, SchiedsVZ 2019, 10 ff.; Hilgard, Zur Ablehnung eines Richters im Schiedsverfahren, BB 2015, 456 ff.; Kärcher, Die Aufhebung von Schiedssprüchen wegen der Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen, SchiedsVZ 2017, 277 ff.; Koh, Think Quality Not Quantity: Repeat Appointments and Arbitrator Challenges, Journal of International Arbitration, Vol. 34 Issue 4 (2017), S. 711 ff.; Mankowski, Die Ablehnung von Schiedsrichtern, SchiedsVZ 2004, 304 ff.; Sievi, Pre-Appointment Communications with Prospective Arbitrators – Limits, Disclosure and Documentation, SchiedsVZ 2021, 1 ff.; Pérez, Conflicts of interests of arbitrators in international law firms, Arbitration International, Vol. 34 Issue 1 (2018), S. 105 ff.; Raeschke-Kessler, The Arbitrator Nominated by an Insolvency Receiver or Liquidator and Conflicts of Interest, ASA Bulletin, Vol. 34 Issue 4 (2016), S. 866 ff.; Schmidt-Ahrendts/Schneider, „Gut Ding will Weile haben“ – Die Feinjustierungen des BGH zu den Folgen der Verletzung von Offenlegungspflichten im Aufhebungs- und Vollstreckungsverfahren, SchiedsVZ 2020, 35 ff.; Schütze, Die Verletzung der Offenbarungspflicht im Schiedsverfahren, in FS Elsing (2015), S. 525 ff.; Terré, Independence and Arbitrators, ICC Court Bulletin, Special Supplement (2007).
A. Unparteilichkeit und Unabhängigkeit sowie Fehlen parteivereinbarter Voraussetzungen (Art. 9.1–Art. 9.2) I. Normzweck 1 Art. 9.1 regelt mit der schiedsrichterlichen Unparteilichkeit und Unabhängigkeit
die fundamentalen Voraussetzungen der Schiedsrichterstellung für die Dauer des gesamten Verfahrens. Die Vorschrift verlangt darüber hinaus, dass ein Schiedsrichter ggf. weiteren Voraussetzungen gerecht wird, die parteiautonom vereinbart werden können. 810
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Unparteilichkeit, Unabhängigkeit der Schiedsrichter | Art. 9 DIS-SchO
Die Erfüllung der in Art. 9.1 geregelten Kriterien durch einen Schiedsrichter un- 2 terliegt bei der Entscheidung über die Bestellung eines Schiedsrichters der Prüfung durch den DIS-Ernennungsausschuss (Art. 13.2) bzw. den DIS-Generalsekretär (Art. 13.3). Nach bereits erfolgter Konstituierung des Schiedsgerichts kann der DIS-Rat die Kriterien im Ablehnungsverfahren gemäß Art. 15 prüfen, wenn eine Partei einen entsprechenden Antrag stellt. Art. 15.1 erhebt die Regelung in Art. 9.1 mittels Verweises zum materiellen Ablehnungsmaßstab. Damit regelt Art. 9.1 nicht nur zwingende Schiedsrichtereigenschaften bei der Bestellung, sondern zugleich die Ablehnungsgründe, die nach Bestellung eines Schiedsrichters zu seiner vorzeitigen Amtsbeendigung führen können. Die Vorschrift bewegt sich im Spannungsfeld zwischen der Sicherung rechts- 3 staatlicher Verfahrensgrundlagen einerseits und der Gewährleistung eines hohen Grades an Parteiautonomie in der Verfahrensgestaltung andererseits. Dem trägt Art. 9.2 Rechnung, indem er klarstellt, dass die Auswahlkriterien, die Art. 9.1 den Parteien vorschreibt, abschließend sind und die Parteien im Übrigen in ihrer Wahl des Schiedsrichters frei sind. Zugleich eröffnet Art. 9.2 ihnen jedoch die Möglichkeit, bei Bedarf Anregungen der DIS für die Schiedsrichterwahl einzuholen. Die nach Art. 9.1 zu beachtenden Schiedsrichtereigenschaften dienen der Ge- 4 währleistung einer qualitativ gleichwertigen Legitimationsgrundlage von Schiedsverfahren im Verhältnis zu staatlichen Verfahren. Damit soll auch die Vollstreckbarkeit eines aus dem Verfahren hervorgehenden Schiedsspruchs sichergestellt werden. Einem Schiedsspruch, der unter Mitwirkung eines Schiedsrichters erlassen wurde, der die Voraussetzungen des Art. 9.1 nicht erfüllte, droht die Aufhebung bzw. die Versagung der Vollstreckbarerklärung. Inländische Schiedssprüche müssen sich dabei am Maßstab des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO und des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO messen lassen. Für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche gelten die Parallelvorschriften in Art. V Abs. 1 Buchst. d, Abs. 2 Buchst. b UNÜ. Die materiellen Kriterien des Art. 9 sind über den Wortlaut der Norm hinaus 5 durch einen entsprechenden Verweis in Art. 28.3 Satz 3 nunmehr auch auf Sachverständige anwendbar (vgl. Kommentierung zu Art. 15 Rz. 3).
II. Reform Die Schiedsrichtereigenschaften, die die DIS-SchO voraussetzt, haben durch die 6 Reform keine grundlegenden inhaltlichen Änderungen erfahren. Insbesondere ist für die Prüfung der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit bzw. der parteivereinbarten Voraussetzungen in der Person des Schiedsrichters keine Abkehr vom bisherigen Prüfungsmaßstab zu erwarten (vgl. Rz. 17, 24). Aufgegeben wurde allerdings die Einschränkung nach § 2 Abs. 2 DIS-SchO 1998, wonach – vorbehaltlich einer anderweitigen Parteiabrede – der Vorsitzender des Schiedsgerichts oder der Einzelschiedsrichter Jurist sein muss. Nedden
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Art. 9 DIS-SchO | Das Schiedsgericht 7 Das Erfordernis der Erfüllung parteivereinbarter Voraussetzungen wurde nun-
mehr in die für das Ablehnungsverfahren maßstabsbildende Norm des Art. 9.1 (vormals § 15 DIS-SchO 1998) aufgenommen. Es galt jedoch auch bislang, war indes nur in den Erklärungs- und Offenlegungspflichten des § 16 Abs. 1 Satz 1 DIS-SchO 1998 erwähnt.
8 Auch der Einschub, wonach der Schiedsrichter „während des gesamten Verfah-
rens“ die Voraussetzungen des Art. 9.1 erfüllen muss, bewirkt keinerlei Änderungen, sondern expliziert lediglich ein auch unter der DIS-SchO 1998 bereits geltendes Prinzip.
9 Der in § 15 Satz 2 DIS-SchO 1998 noch enthaltene Satz, wonach der Schieds-
richter nicht weisungsgebunden sei und sein Amt nach bestem Wissen und Gewissen auszuüben habe, wurde gestrichen. Da der Gehalt von § 15 Satz 2 DISSchO 1998 indes lediglich deklaratorischer Natur war, ergeben sich auch hierdurch keinerlei inhaltliche Änderungen der Anforderungen an die schiedsrichterliche Stellung.
III. Verhältnis zu § 1036 Abs. 2 ZPO 10 § 1036 Abs. 2 Satz 1 ZPO bezieht sich für die Regelung des im Ablehnungsver-
fahren anzuwendenden Maßstabs auf die Kriterien der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit sowie auf die Erfüllung parteivereinbarter Voraussetzungen durch den Schiedsrichter. Das X. Buch der ZPO stellt mithin dieselben grundlegenden Anforderungen an die Stellung des Schiedsrichters wie die DIS-SchO.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 11 Der Richter im staatlichen Verfahren ist anders als ein Schiedsrichter bereits sta-
tusbedingt unabhängig (Art. 97 Abs. 1 GG). Darüber hinaus gilt ebenso wie im Schiedsverfahren, dass kein Grund vorliegen darf, der Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit rechtfertigt. Die §§ 41, 42 ZPO sehen hier Kriterien vor, die einen gesetzlichen Ausschluss des Richters bzw. seinen Ausschluss in einem Ablehnungsverfahren wegen Besorgnis der Befangenheit ermöglichen. Etwaige parteivereinbarte Voraussetzungen hat der Richter anders als der Schiedsrichter nicht zu erfüllen.
12 Den für staatliche Richter geltenden Ablehnungsmaßstab haben deutsche Ge-
richte bisweilen auf Ablehnungsverfahren von Schiedsrichtern nach § 1037 Abs. 3 ZPO übertragen – sowohl in Schiedsverfahren nach den Vorschriften des X. Buchs der ZPO, als auch in Schiedsverfahren nach der DIS-SchO (vgl. OLG München v. 17.11.2016 – 34 SchH 13/16, BeckRS 2016, 20169, Tz. 29; OLG Frankfurt/M. v. 28.3.2011 – 26 SchH 2/11, SchiedsVZ 2011, 342 [343]). Ob der für staatliche Richter geltende Ablehnungsmaßstab in der Schiedsgerichtsbar-
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Unparteilichkeit, Unabhängigkeit der Schiedsrichter | Art. 9 DIS-SchO
keit, die insb. auf dem Prinzip der Parteiautonomie fußt, in allen Fällen sachgerecht ist, mag bezweifelt werden.
V. Einzelerläuterungen 1. Der Maßstab der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit Begriffsbestimmung Unparteilichkeit und Unabhängigkeit. Art. 9.1 sichert 13 die neutrale Stellung des Schiedsrichters durch die Kriterien der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit, ohne diese Begriffe näher zu definieren oder voneinander abzugrenzen. In der Praxis wird die Unabhängigkeit durch Weisungsfreiheit sowie das Fehlen äußerlich erkennbarer Verbindungen und Abhängigkeiten objektiver Art eines Schiedsrichters zu einer Partei, einem Parteivertreter sowie den übrigen Schiedsrichtern charakterisiert, während Unparteilichkeit die unvoreingenommene subjektive Grundhaltung des Schiedsrichters gegenüber den Parteien beschreibt. Indes sind in der Verfahrenswirklichkeit die Übergänge zumeist fließend: Eine fehlende Unabhängigkeit durch erkennbare Verbindungen eines Schiedsrichters zu einer Partei, einem Parteivertreter sowie den übrigen Schiedsrichtern erweckt regelmäßig die Besorgnis, dass der Schiedsrichter der Position dieser Partei auch nach seiner inneren Haltung zugeneigt sei. Eine genaue begriffliche Differenzierung ist daher bisweilen kaum möglich. Da jedoch beide Begriffe in ihrem Zusammenwirken sämtliche Konstellationen von Interessenkonflikten des Schiedsrichters zu erfassen vermögen, ist eine exakte begriffliche Zuordnung in der Praxis regelmäßig auch nicht erforderlich. Anwendungsbereich. Das Erfordernis der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit 14 des Schiedsrichters gilt nicht nur für den Zeitpunkt der Annahme des Amtes, sondern fortlaufend bis zur Beendigung des Schiedsverfahrens. Art. 9.1 unterscheidet auch nicht nach der Funktion des Schiedsrichters als Einzelschiedsrichter, parteibenannter oder vorsitzender Schiedsrichter in einem dreiköpfigen Schiedsgericht. Für alle Schiedsrichter gelten insoweit einheitliche Anforderungen. Konkretisierung des materiellen Prüfungsmaßstabs. Der maßgebliche Prü- 15 fungsmaßstab für die Beurteilung der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit eines Schiedsrichters bei seiner Bestellung oder im Falle eines Ablehnungsverfahrens ist in Art. 9.1 nicht explizit niedergelegt. Auch in den Vorschriften zum Ablehnungsverfahren nach Art. 15 ist nur ein Verweis auf Art. 9.1 enthalten, ohne dass der Maßstab für die Prüfung der dort genannten Kriterien erläutert wird. § 18 Abs. 1 DIS-SchO 1998 sah die Kriterien für die Prüfung von Unparteilich- 16 keit und Unabhängigkeit noch explizit vor. Demnach mussten für den Erfolg eines Ablehnungsantrages Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Schiedsrichters aufkommen ließen. Ob Zweifel in diesem Sinne berechtigt waren, bestimmte sich aus der Perspektive eines vernünftigen Dritten in der Position der ablehnenden Partei (vgl. Armbrüster/Wächter, SchiedsVZ 2017, 213 [215], die diesen Maßstab aus dem staatlichen Nedden
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Art. 9 DIS-SchO | Das Schiedsgericht Verfahren mit dem im Schiedsverfahren anwendbaren gleichsetzen; OLG München v. 28.6.2013 – 34 SchH 5/13, SchiedsVZ 2013, 291 [294]). 17 Trotz nunmehrigem Wegfall dieser Regelung zum Prüfungsmaßstab in § 18
Abs. 1 DIS-SchO 1998 ist nicht davon auszugehen, dass die Reform eine Veränderung des Prüfungsmaßstabs nach sich zieht. Dies mag der neue Wortlaut der Vorschrift zu den Ablehnungsgründen im Ablehnungsverfahren gemäß Art. 15.1 zwar zunächst suggerieren, da er sich nicht auf berechtigte Zweifel bezieht, sondern darauf, dass ein Schiedsrichter eine oder mehrere Voraussetzungen des Art. 9.1 nach der Ablehnungsbegründung einer Partei nicht erfüllt. Indes beabsichtigt Art. 15.1 damit keine Verschärfung des Prüfungsmaßstabs hin zu einer tatsächlichen Nichterfüllung der Voraussetzungen. Vielmehr liegt dem Wortlaut von Art. 15.1 eine Verschiebung der Regelungsperspektive im Vergleich zur DIS-SchO 1998 zugrunde; der vom DIS-Rat bei seiner Ablehnungsentscheidung anzuwendende materielle Maßstab wird durch die Vorschrift gar nicht thematisiert (vgl. dazu auch die Kommentierung zu Art. 15 Rz. 14). Dass Art. 9.1, auf den Art. 15.1 hinsichtlich der Ablehnungsgründe verweist, die berechtigten Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit ebenso wenig als Prüfungskriterium niederlegt, begründet auch kein erkennbares Abrücken der DIS-SchO von diesem Maßstab. In der Praxis hat sich der Prüfungsmaßstab bewährt. Eine explizite Neuregelung des Prüfungsmaßstabs erfolgte im Zuge des Reformprozesses nicht. Im Falle einer angestrebten Änderung wäre diese indes erforderlich gewesen, um Rechtssicherheit bzgl. des nunmehr geltenden Standards zu gewährleisten. Daher ist davon auszugehen, dass die DIS den gewohnten Prüfungsmaßstab für das Vorliegen materieller Ablehnungsgründe auch mit Einführung der DIS-SchO 2018 beibehalten wollte. Auch unter der DIS-SchO 2018 wird damit bei der materiellen Prüfung eines Grundes für die Nichtbestellung oder Ablehnung eines Schiedsrichters danach zu fragen sein, ob objektive Gründe vorliegen, die aus der Perspektive eines objektiven Dritten in der Position der ablehnenden Partei berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit eines Schiedsrichters aufkommen lassen.
18 Orientierungshilfe IBA-Guidelines. Die Beurteilung der sich sowohl im Bestel-
lungs- als auch im Ablehnungsverfahren stellenden Frage, ob ein Schiedsrichter die Kriterien der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit erfüllt, erfordert eine konkrete Betrachtung des jeweiligen Einzelfalls. Eine viel genutzte Orientierungshilfe bieten hier die IBA-Guidelines, die jedoch mangels bindender Rechtsqualität ohne dahingehende Parteivereinbarung keinen verpflichtenden Entscheidungsmaßstab darstellen. Die IBA-Guidelines führen Konstellationen auf, in denen ein Interessenkonflikt als klar gegeben („Red List“), nicht gegeben („Green List“) oder je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls als womöglich gegeben angesehen werden kann („Orange List“). Sie werden nicht nur von Schiedsrichtern bzw. Schiedsinstitutionen, sondern auch im staatlichen Ablehnungsverfahren für Schiedsrichter gemäß § 1037 Abs. 3 ZPO als Hilfsmittel eingesetzt und von Parteien im Schiedsverfahren als Orientierungshilfe herangezogen. 814
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Unparteilichkeit, Unabhängigkeit der Schiedsrichter | Art. 9 DIS-SchO
Berücksichtigung des Maßstabs aus dem staatlichen Verfahren. Liegt der 19 Schiedsort in Deutschland, so greifen staatliche Gerichte zur Beurteilung der Frage, ob einem Schiedsrichter die nötige Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit fehlt, bisweilen auf den Maßstab zurück, der im staatlichen Verfahren hinsichtlich der Befangenheit von Richtern angewendet wird. Ob die Übertragung des für staatliche Richter geltenden Maßstabes stets sachgerecht ist, mag bezweifelt werden (vgl. Rz. 12) Die Parteien sollten dennoch die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze bei Hinterfragung der Neutralität eines (potentiellen) Schiedsrichters im Bestellungs- bzw. Ablehnungsverfahren nicht unberücksichtigt lassen (vgl. OLG München v. 17.11.2016 – 34 SchH 13/16, BeckRS 2016, 20169, Tz. 29; OLG Frankfurt/M. v. 28.3.2011 – 26 SchH 2/11, SchiedsVZ 2011, 342 [343]). 2. Berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit Konstellationen, in denen berechtigte Zweifel vorliegen können. Verhalten ei- 20 nes Schiedsrichters bei der Verfahrensführung, der Tatsachenfeststellung oder der Rechtsanwendung können berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit ausnahmsweise dann begründen, wenn dem Schiedsrichter diesbezüglich besonders schwere und gehäufte Rechtsfehler vorzuwerfen sind, die sein Verhalten willkürlich erscheinen lassen. Gleiches gilt für das unausgewogene Eintreten für eine Partei, wobei die Äußerung einer für eine Partei nachteiligen vorläufigen Rechtsauffassung nicht genügt. Wird ein Ablehnungsantrag gestellt, können unzulängliche oder unsachliche Stellungnahmen eines Schiedsrichters hierzu u.U. ebenfalls berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit hervorrufen. Eine fehlende Offenlegung von Umständen reicht für sich genommen regelmäßig nicht aus, um berechtigte Zweifel zu begründen. Die fehlende Offenlegung kann aber im Rahmen der Prüfung der berechtigten Zweifel an der Unparteilichkeit berücksichtigt werden. Sie kann in Fällen, in denen die übrigen Umstände allein berechtigte Zweifel womöglich noch nicht rechtfertigen, für die Ablehnung eines Schiedsrichters letztlich ausschlaggebend sein, insb. wenn sich der Verdacht eines bewussten Verheimlichens ergeben muss (vgl. Schmidt-Ahrendts/Schneider, SchiedsVZ 2020, 35 [39]; BGH v. 31.1.2019 – I ZV 46/18, WM 2019, 875 [878], Tz. 24; OLG Frankfurt/M. v. 10.1.2008 – 26 Sch 21/07, NJW 2008, 1325 [1326]). Es ist allerdings zu beachten, dass die genannten Beispiele in erster Linie die Rechtslage des deutschen Schiedsverfahrensrechts widerspiegeln; in anderen Jurisdiktionen können andere, teils auch strengere Maßstäbe gelten. Für weitere Praxisbeispiele wird auf die Literatur vor Rz. 1 sowie die Beispiele in der Kommentierung zu Art. 11 ICC-SchO Rz. 12 f. verwiesen. Konstellationen, in denen berechtigte Zweifel regelmäßig abzulehnen sind. 21 Verstöße gegen Verfahrensvorschriften allein reichen nicht aus, um berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit zu begründen, sofern sie nicht die Qualität des unter Rz. 20 beschriebenen Verhaltens erreichen. Berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit liegen auch nicht bereits dann vor, wenn sich ein Schiedsrichter in Hinweisen vor der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich im Konjunktiv äußert und die Vorläufigkeit seiner Einschätzung zur Sach- und Rechtslage Nedden
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Art. 9 DIS-SchO | Das Schiedsgericht nicht explizit hervorhebt (OLG München v. 24.11.2015 – 34 SchH 5/15, SchiedsVZ 2015, 309). Auch der Umstand, dass ein Schiedsrichter in früheren Schiedsverfahren mit Beteiligung der ablehnenden Partei die Gegenpartei und damit eine für die ablehnende Partei ungünstige Rechtsauffassung vertrat, stellt regelmäßig keinen ausreichenden Grund für eine Ablehnung des Schiedsrichters dar (OLG Hamburg v. 11.3.2003 – 6 SchH 03/02, SchiedsVZ 2003, 191). 3. Berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit 22 Konstellationen, in denen berechtigte Zweifel vorliegen können. Eine feh-
lende Unabhängigkeit kann auf Grund direkter oder indirekter Verbindungen zwischen Schiedsrichter und Partei bzw. Parteivertreter oder zu einem anderen am Verfahren beteiligten Schiedsrichter anzunehmen sein. Handelt es sich bei der Partei um ein Konzernunternehmen, so sind auch Verbindungen zu oder Abhängigkeiten von Unternehmen desselben Konzerns problematisch; es bedarf hier einer Prüfung der Verbindungen im konkreten Einzelfall. Dabei ist zu beachten, dass selbst vergangene Verbindungen für die Gegenwart berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit eines Schiedsrichters auslösen können. Ebenfalls bedenklich ist eine Tätigkeit als „Haus- und Hofschiedsrichter“, d.h. ein wiederholtes Auftreten als Schiedsrichter in Rechtsstreitigkeiten einer bestimmten Partei einschließlich der mit ihr verbundenen Konzernunternehmen bzw. in Rechtstreitigkeiten von Mandanten einer bestimmten Kanzlei. Eine fehlende Offenlegung von Umständen reicht für sich genommen regelmäßig nicht aus, um berechtigte Zweifel zu begründen. Die fehlende Offenlegung kann aber im Rahmen der Prüfung der berechtigten Zweifel an der Unabhängigkeit berücksichtigt werden. Sie kann in Fällen, in denen die übrigen Umstände allein berechtigte Zweifel womöglich noch nicht rechtfertigen, für die Ablehnung eines Schiedsrichters letztlich ausschlaggebend sein, insb. wenn sich der Verdacht eines bewussten Verheimlichens ergeben muss (vgl. Schmidt-Ahrendts/Schneider, SchiedsVZ 2020, 35 [39]; BGH v. 31.1.2019 – I ZV 46/18, WM 2019, 875 [878], Tz. 24; OLG Frankfurt am Main v. 10.1.2008 – 26 Sch 21/07, NJW 2008, 1325 [1326]). Es ist allerdings wiederum zu beachten, dass die genannten Beispiele in erster Linie die Rechtslage im deutschen Schiedsverfahrensrecht widerspiegeln; in anderen Jurisdiktionen können andere, teils auch strengere Maßstäbe gelten. Für weitere Praxisbeispiele wird auf die Literatur vor Rz. 1 sowie die Beispiele in der Kommentierung zu Art. 11 ICC-SchO Rz. 12 f. verwiesen.
23 Konstellationen, in denen berechtigte Zweifel regelmäßig abzulehnen sind.
Nicht jegliche Verbindungen direkter oder indirekter Art vermögen berechtigte Zweifel an der Unabhängigkeit eines Schiedsrichters zu begründen. Dies gilt insb. für berufliche oder gar persönliche Kontakte zu den Parteien bzw. Parteivertretern. So genügen Freundschaften von Schiedsrichtern zu anderen Schiedsrichtern oder Parteivertretern regelmäßig nicht für die Begründung berechtigter Zweifel, denn in der Schiedsgerichtsbarkeit tätige Personen kennen sich oft zwangsläufig durch berufliche Begegnungen und haben in der Folge auch privaten Kontakt (OLG München v. 10.7.2013 – 34 SchH 8/12, NJOZ 2014, 1779
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Unparteilichkeit, Unabhängigkeit der Schiedsrichter | Art. 9 DIS-SchO
[1781]; OLG Frankfurt/M. v. 4.10.2007 – 26 Sch 8/07, SchiedsVZ 2008, 96 [100]). Eine vorherige anwaltliche Beratertätigkeit eines Schiedsrichters für eine Partei, die bereits endgültig beendet ist und damit keine Bindungen mehr erzeugt, stellt grds. keinen Ablehnungsgrund dar (OLG Hamburg v. 12.7.2005 – 9 SchH 1/05, SchiedsVZ 2006, 55 [56]). Auch hier ist jedoch eine Einzelfallprüfung erforderlich, die die konkrete Nähe der Beteiligten berücksichtigt. 4. Fehlen parteivereinbarter Voraussetzungen Konkretisierung des materiellen Prüfungsmaßstabs. Auch etwaige parteiver- 24 einbarte Voraussetzungen muss ein Schiedsrichter nach Art. 9.1 während des gesamten Verfahrens erfüllen. Liegen diese nicht vor, so liegt darin ein Grund für die Nichtbestellung des Schiedsrichters bzw. ein Ablehnungsgrund gemäß Art. 15.1 i.V.m. Art. 9.1. Wie in den zuvor erörterten Fällen eines Interessenkonflikts ist jedoch auch hier der relevante Prüfungsmaßstab für die Annahme eines Ablehnungsgrundes dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen (vgl. zu diesem Problem für die Erfordernisse der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit bereits Rz. 15 ff.). Nach der bisherigen Regelung in § 18 Abs. 1 Satz 1 DIS-SchO 1998 galt, dass ein Ablehnungsgrund bestand, wenn ein Schiedsrichter die zwischen den Parteien vereinbarten Voraussetzungen nicht erfüllte. Anders als im Falle eines möglichen Interessenkonflikts genügten berechtigte Zweifel an der Erfüllung der Voraussetzungen durch den Schiedsrichter nach dem Wortlaut dieser Regelung nicht. Beabsichtigte Veränderungen des materiellen Prüfungsmaßstabs durch die Reform der DIS-SchO sind hier ebenso wenig erkennbar wie hinsichtlich des Maßstabs für Unparteilichkeit und Unabhängigkeit. Um sich im Verfahren nach Art. 15 erfolgreich auf diesen Ablehnungsgrund berufen zu können, ist also das tatsächliche Fehlen parteivereinbarter Voraussetzungen erforderlich. Beispiele für Voraussetzungen, die von den Parteien hinsichtlich der Person 25 des Schiedsrichters vereinbart werden können, sind insb. das Alter, die Zugehörigkeit zu einer konkreten Berufsgruppe sowie bestimmte Qualifikationen des Schiedsrichters, wie die Befähigung zum Richteramt. Ein von den Parteien als prozesswidrig erachtetes Verhalten eines Schiedsrichters, das dazu führt, einen ursprünglich für geeignet befundenen Schiedsrichter nunmehr für ungeeignet zu befinden, kommt in diesem Zusammenhang nicht als Ablehnungsgrund in Betracht (zum Ganzen OLG München v. 5.11.2013 – 34 SchH 8/13, SchiedsVZ 2013, 334 [336], II.4.a)).
B. Erklärungs- und Offenlegungspflichten (Art. 9.3–Art. 9.6) I. Normzweck Die in Art. 9.3 und Art. 9.4 Satz 1 geregelten Erklärungspflichten bestehen zu 26 dem Zeitpunkt, in dem sich der potentielle Schiedsrichter zur Annahme des ihm angetragenen Schiedsrichteramtes äußert. Damit betreffen sie ausschließlich den Nedden
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Art. 9 DIS-SchO | Das Schiedsgericht Zeitraum zwischen der Benennung des Schiedsrichters und seiner Bestellung durch den DIS-Ernennungsausschuss bzw. den DIS-Generalsekretär. Die Offenlegungspflichten nach Art. 9.4 Satz 2 und Art. 9.6 hingegen bestehen für den Zeitpunkt der Annahme des Amtes und – im Falle der Bestellung zum Schiedsrichter – fortlaufend während des gesamten Schiedsverfahrens. 27 Die Niederlegung von Erklärungs- und Offenlegungspflichten dient der Sicherung
einer neutralen und ggf. den vereinbarten Parteivoraussetzungen entsprechenden Stellung der Schiedsrichter während des gesamten Verfahrens. Da die Umstände, die eine fehlende Unparteilichkeit bzw. Unabhängigkeit befürchten lassen, in der persönlichen oder beruflichen Sphäre des jeweils betroffenen Schiedsrichters begründet sind, braucht es derartige Erklärungs- und Offenlegungsverpflichtungen, um das diesbezüglich bei den Parteien anzunehmende Informationsdefizit auszugleichen und ihnen eine frühzeitige Geltendmachung von Einwendungen gegen die Bestellung eines Schiedsrichters zu ermöglichen. So sollen Verfahrensunterbrechungen durch Ablehnungsverfahren vermieden werden, die sich auf Umstände stützen, die einem Schiedsrichter bereits zu einem früheren Zeitpunkt bekannt, den Parteien jedoch unbekannt waren. Die anfänglichen Erklärungs- und Offenlegungspflichten stellen sicher, dass eine Auseinandersetzung mit relevanten Umständen, die die in Art. 9.1 vorausgesetzten Schiedsrichtereigenschaften betreffen, möglichst schon vor der Konstituierung des Schiedsgerichts stattfindet und nicht in das bereits laufende Schiedsverfahren hinein verlagert wird.
28 Die gewissenhafte Erfüllung der – nicht unmittelbar sanktionsbewehrten – Of-
fenlegungsverpflichtungen liegt im Eigeninteresse des betroffenen Schiedsrichters. Bei späterer Aufdeckung offenlegungsrelevanter Umstände und einem sich daran möglicherweise anschließenden Ablehnungsverfahren droht dem betroffenen Schiedsrichter ein nicht unerheblicher Reputationsverlust, der sich negativ auf seine zukünftige Schiedsrichtertätigkeit auswirken kann.
29 Nicht zuletzt dienen die Erklärungs- und Offenlegungspflichten der korrekten
Zusammensetzung des Schiedsgerichts im Hinblick auf die Gewährleistung des Bestands und der Vollstreckbarkeit inländischer Schiedssprüche, vgl. §§ 1060 Abs. 2, 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d, Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO, bzw. der Anerkennung und Vollstreckbarkeit ausländischer Schiedssprüche in Deutschland nach § 1061 Abs. 1 ZPO, Art. V Abs. 1 Buchst. d, Abs. 2 Buchst. b UNÜ.
II. Reform 30 Die auffälligste Änderung im Zuge der Reform betrifft den Ausbau der Regelung
zur Annahmeerklärung in Art. 9.4 Satz 1. Während § 16 Abs. 1 DIS-SchO 1998 insoweit lediglich vorsah, dass eine als Schiedsrichter benannte Person sich über die Annahme des Amtes sowie die Erfüllung der von den Parteien vereinbarten Voraussetzungen zu äußern hat, enthält Art. 9.4 Satz 1 nun konkrete inhaltliche Anforderungen an die im Falle der Annahme abzugebenden Erklärungen (vgl. zu diesen im Einzelnen Rz. 37). 818
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Unparteilichkeit, Unabhängigkeit der Schiedsrichter | Art. 9 DIS-SchO
In Art. 9.4 Satz 2 ist nunmehr auch die Perspektive für die Ermittlung der durch 31 den Schiedsrichter offenzulegenden Umstände klargestellt. Diese Regelung sollte nicht mit dem Maßstab für die Prüfung von Unparteilichkeit und Unabhängigkeit anhand offengelegter Umstände verwechselt werden, der in Art. 9 gerade nicht explizit enthalten ist (vgl. hierzu Rz. 15 ff.). Offenlegungsbedürftig sind nach Art. 9.4 Satz 2 alle Tatsachen und Umstände, die bei objektiver Betrachtung vernünftige Zweifel der Parteien an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Schiedsrichters hervorrufen können. Dieses Kriterium ist nicht erst dann erfüllt, wenn der Kandidat sich selbst für parteilich oder befangen hält (in einem solchen Fall wird er vielfach gar keine Umstände offenlegen, sondern schlicht die Übernahme des Amtes ablehnen). Die DIS-SchO 2018 regelt explizit ein Schriftformerfordernis für die Annahme- 32 erklärung sowie die Offenlegung durch den Schiedsrichter. Ohne diesen Zusatz würde angesichts der Vorschrift in Art. 4.1 die elektronische Form i.S. des Begriffsverständnisses der DIS-SchO gelten. Die DIS-SchO 1998 sah für die Erklärungs- und Offenlegungspflichten noch kein Formerfordernis vor. § 5 Abs. 1 Satz 2 DIS-SchO 1998 erlaubte die Übersendung in jeder Übermittlungsart. Die Stellungnahmegelegenheit der Parteien zur Annahmeerklärung des Schieds- 33 richters ist nach der Reform nicht mehr abhängig von sich aus der Erklärung des Schiedsrichters ergebenden Zweifeln an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit, sondern besteht stets, vgl. Art. 9.5. Diese Änderung ist für die Praxis jedoch unwesentlich, da den Parteien auch nach der bisherigen DIS-Praxis regelmäßig ein Stellungnahmerecht zur Annahmeerklärung eingeräumt wurde, ohne dass die DIS die Erklärungen vorab im Hinblick auf daraus hervorgehende Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit prüfte (vgl. dazu im Einzelnen Rz. 48).
III. Verhältnis zu § 1036 Abs. 1 ZPO § 1036 Abs. 1 ZPO regelt ebenso wie Art. 9 eine anfängliche Offenlegungspflicht 34 sowie kontinuierliche Offenlegungspflichten des Schiedsrichters während des gesamten Verfahrens. Indes sieht Art. 9.4 Satz 2 die Offenlegung von Tatsachen und Umständen vor, die „vernünftige Zweifel“ an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit hervorrufen können, während für die Offenlegungspflicht nach § 1036 Abs. 1 ZPO bereits „Zweifel“ ausreichen. Der die Offenlegungspflicht auslösende Maßstab ist in § 1036 Abs. 1 ZPO – im Vergleich zu Art. 9 – also weiter gefasst. Dagegen legt § 1036 Abs. 1 ZPO anders als die DIS-SchO keine sonstigen Erklärungspflichten im Zuge der Annahme des Schiedsrichteramtes fest. Insoweit geht wiederum Art. 9 über die Anforderungen des X. Buchs der ZPO hinaus.
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Art. 9 DIS-SchO | Das Schiedsgericht IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 35 Im staatlichen Verfahren existiert für den Richter eine Amtspflicht zur Offenle-
gung von Ausschluss- bzw. Ablehnungsgründen nach §§ 41, 42 ZPO. § 48 ZPO sieht insoweit vor, dass über die Ablehnung eines Richters auch dann zu entscheiden ist, wenn dieser ein Verhältnis anzeigt, das seine Ablehnung rechtfertigen könnte, ein Ablehnungsgesuch aber nicht angebracht worden ist. Eine Amtspflicht zur Anzeige besteht dann, wenn ein Ablehnungsgesuch nach dem Maßstab des § 42 ZPO begründet sein könnte. Hinsichtlich der Reichweite der richterlichen und der schiedsrichterlichen Offenlegungspflichten kann von weitgehender Parallelität ausgegangen werden. Für die Feststellung, ob ein Offenlegungsbedarf für bestimmte Umstände bzw. Tatsachen besteht, ist entscheidend, ob diese für die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit als problematisch angesehen werden. Insoweit wurden aber sowohl in Schiedsverfahren nach der DISSchO, als auch in staatlichen Verfahren bisweilen identische Maßstäbe für Befangenheit zugrunde gelegt (vgl. OLG München v. 17.11.2016 – 34 SchH 13/16; BeckRS 2016, 20169, Tz. 29; OLG Frankfurt/M. v. 28.3.2011 – 26 SchH 2/11, SchiedsVZ 2011, 342, m.w.N.).
36 Eine Erklärung zur Annahme des Amtes existiert im staatlichen Verfahren an-
ders als im Schiedsverfahren nach der DIS-SchO nicht. Die Zuständigkeit des Richters wird unter Berücksichtigung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch die Zuweisungen im Geschäftsverteilungsplan (§§ 21e ff. GVG) für den konkreten Fall ohne Zustimmungsbedarf festgelegt.
V. Einzelerläuterungen 1. Annahmeerklärung und Bestätigungspflichten 37 Schriftliche Annahmeerklärung. Gemäß Art. 9.3 hat jede Person, die als Schieds-
richter bestellt werden soll, schriftlich mitzuteilen, ob sie das Schiedsrichteramt annimmt. Die Erklärung ist also mit einer eigenhändigen Unterschrift zu versehen. Die – gemäß Art. 4.1 im Übrigen standardmäßige – Übermittlung in elektronischer Form ist demnach unzulässig.
38 Schriftliche Bestätigungen. Art. 9.4 Satz 1 sieht im Falle einer positiven schrift-
lichen Annahmeerklärung weitere Erklärungspflichten des Schiedsrichters vor. Die Pflicht zur Bestätigung der dort aufgeführten Schiedsrichtereigenschaften orientiert sich an der neuen Case-Management-Praxis der DIS und stellt diese auf eine normative Grundlage. Die DIS verwendet für die Annahmeerklärung und die Bestätigungspflichten ein einheitliches Formular, das insgesamt vier Voraussetzungen abfragt: Dies sind neben der Annahme des Amtes auch die zeitliche Verfügbarkeit während des Verfahrens sowie die Unparteilichkeit und Unabhängigkeit. Sofern im konkreten Fall von den Parteien vereinbart, hat ein Schiedsrichter auch weitere Voraussetzungen zu erfüllen. Insoweit enthält das 820
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Unparteilichkeit, Unabhängigkeit der Schiedsrichter | Art. 9 DIS-SchO
Formular der DIS indes keine explizite Bestätigungspflicht. Es obliegt daher dem jeweiligen Schiedsrichter, vor Annahme seines Amtes die Schiedsklausel auf etwaige parteivereinbarte Qualifikationen und Eigenschaften zu prüfen und sicherzustellen, dass er diese erfüllt. Nur dann kann der Schiedsrichter das Amt im Lichte der konkreten Anforderungen des Art. 9.1 annehmen. Zwecke der Erklärungen. Die konkret normierten Bestätigungspflichten im 39 Zuge der Annahme des Schiedsrichteramtes sichern die Einheitlichkeit und Vollständigkeit der Erklärungen zur schiedsrichterlichen Stellung. Die hinzugetretene Erklärung zur zeitlichen Verfügbarkeit soll zudem gewährleisten, dass kein Schiedsrichter derart überlastet ist, dass dies Verfahrensverzögerungen zur Folge hat oder sogar eine vorzeitige Beendigung seines Amtes nach Art. 16.1 (ii), (iv) oder (v) unumgänglich wird. Dies dient der effizienten Verfahrensführung. Adressat der Erklärungen. Der Adressat der Annahmeerklärung sowie der weite- 40 ren bei Annahme des Amtes abzugebenden Erklärungen ist in Art. 9.4 nicht explizit genannt. In der Praxis wird das DIS-Formular an die DIS übermittelt und erst im Anschluss gemäß Art. 9.5 von Seiten der DIS an die Parteien weitergeleitet. 2. Anfängliche und fortdauernde Offenlegungspflichten Zeitlicher Anwendungsbereich der Offenlegungspflichten. Gemäß Art. 9.4 41 Satz 2 hat eine als Schiedsrichter benannte Person im Falle der Annahme des Schiedsrichteramtes alle Tatsachen und Umstände offenzulegen, die bei objektiver Betrachtung vernünftige Zweifel der Parteien an ihrer Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit hervorrufen können. Diese Offenlegungspflichten werden durch Art. 9.6 in ihrem zeitlichen Anwendungsbereich erweitert: Danach hat jeder Schiedsrichter während des gesamten Schiedsverfahrens eine fortdauernde Verpflichtung, alle gemäß Art. 9.4 erheblichen Tatsachen und Umstände den Parteien, den anderen Schiedsrichtern und der DIS unverzüglich schriftlich offenzulegen. Spiegelbildlich zu dieser kontinuierlichen Offenlegungspflicht des Schiedsrichters sollten die Parteien darauf achten, durch die nachträgliche Benennung von Parteivertretern nicht in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium Interessenkonflikte zu generieren oder gar bewusst zu konstruieren. Die IBA-Guidelines on Party Representation in International Arbitration sehen für eine solche Situation in den Guidelines 5 und 6 explizit Verhaltensrichtlinien vor. In Guideline 6 wird auch der Ausschluss des später benannten Parteivertreters als Handlungsoption des Schiedsgerichts dargestellt, um die Verfahrensintegrität zu schützen. Die Parteien sollten daher im Falle potentiell konfliktträchtiger Nachbenennungen von Parteivertretern stets bedenken, dass bei einem Interessenkonflikt in einer derartigen Situation die vorzeitige Beendigung des Amtes des betroffenen Schiedsrichters nicht die einzig mögliche Konsequenz sein kann. Ein solcher Interessenkonflikt kann vielmehr auch zu einem Ausschluss des Parteivertreters führen (so geschehen in Hrvatska Elektroprivreda, d.d. v The Republic of Slovenia – ICSID Case No. ARB/05/24 (2008), Tribunal’s Ruling regarding the participation of David Mildon QC in further stages of the proceedings). Nedden
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Art. 9 DIS-SchO | Das Schiedsgericht 42 Gegenstand und Umfang der Offenlegungspflichten. Auch Gegenstand und
Umfang der Offenlegungspflichten sind unabhängig vom Verfahrensstadium identisch. Der Schiedsrichter hat nach seiner Bestellung die gleichen Offenlegungspflichten zu beachten wie bei seiner Annahmeerklärung. Art. 9.4 Satz 2 expliziert im Gegensatz zur Vorgängervorschrift in § 16 Abs. 1 Satz 1 DIS-SchO 1998 auch den anwendbaren Maßstab: Eine Offenlegungspflicht wird nicht durch jegliche Zweifel ausgelöst; diese müssen vielmehr als vernünftig eingestuft werden können. Ob dieses Kriterium erfüllt ist, hat der zur Offenlegung Verpflichtete nicht subjektiv, sondern aus der Perspektive eines objektiven Dritten in der Position der Parteien zu beurteilen.
43 Praktische Konsequenzen für Offenlegungen durch einen Schiedsrichter. In
der Praxis sollte die Schwelle für das Entstehen einer Offenlegungspflicht niedrig angesetzt werden. Der Maßstab für die Notwendigkeit der Offenlegung darf nicht mit dem für eine tatsächliche Nichtbestellung bzw. Ablehnung gleichgesetzt werden. Nach dem Wortlaut des Art. 9.4 Satz 2 ist für die Begründung einer Offenlegungspflicht ausreichend, dass Tatsachen oder Umstände vernünftige Zweifel hervorrufen können. Ist ihm ein solcher Umstand bekannt, so hat der Schiedsrichter das Kästchen auf dem DIS-Formular anzukreuzen, wonach er Umstände offenlegt, und auf einem separaten Blatt möglichst umfänglich und nachvollziehbar unter Angabe konkreter Daten den betreffenden Umstand zu schildern. So ist bspw. die Angabe zu ungenau, man habe „vor vielen Jahren für diese Partei ein Verfahren geführt“. Derartige unpräzise Angaben sollte ein Schiedsrichter auch im eigenen Interesse vermeiden, da sie Nachfragen auslösen.
44 Die konkrete Formulierung der im Falle von Offenlegungen stets anzukreu-
zenden Erklärung auf dem DIS-Formular lautet: „Ich lege gemäß Artikel 9.4 Satz 2 der SchO relevante Tatsachen oder Umstände offen bzw. mache darüber hinaus der Vollständigkeit halber zusätzliche Angaben.“ Diese Erklärung hat der Schiedsrichter nach der DIS Praxis auch dann anzukreuzen, wenn er meint, dass die Umstände, die er offenzulegen beschließt, nach dem in der Erklärung genannten Maßstab zwar nicht geeignet sein dürften, bei objektiver Betrachtung vernünftige Zweifel der Parteien an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit auszulösen, er diese aber gleichwohl offenzulegen beschließt.
45 Die Notwendigkeit der Offenlegung durch einen Schiedsrichter kann sich nicht
nur aus Umständen ergeben, die in einem direkten Bezug zu einer der Parteien des Schiedsverfahrens stehen. Bei der Konfliktprüfung können über die Parteien hinaus auch weitere Unternehmen/Personen zu beachten sein. Aus der Perspektive des Schiedsrichters kann sich die umfassende Identifizierung solch weiterer Unternehmen/Personen allerdings u.U. schwierig gestalten. Aus diesem Grund ist es zu begrüßen, dass die DIS mittlerweile von sich aus die Parteien in diesen Prozess einbezieht und frühzeitig um Mitteilung bittet, ob aus Sicht der Parteien bei der Prüfung der Schiedsrichter, ob Tatsachen und Umstände gemäß Art. 9.4 Satz 2, Art. 9.6 offenzulegen sind, außer ihnen selbst auch weitere Unternehmen/Personen zu berücksichtigen sind. Die Schiedsrichter sind angehalten, ihre Konfliktprüfung auf eben jene Unternehmen/Personen zu erweitern. 822
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Unparteilichkeit, Unabhängigkeit der Schiedsrichter | Art. 9 DIS-SchO
Ob Zweifel tatsächlich berechtigt sind, wird im Anschluss an die Offenlegung 46 geprüft. Aus Schiedsrichtersicht empfiehlt sich im Zweifelsfall regelmäßig eine Entscheidung für eine Offenlegung, um die eigene Verfahrensstellung gegen spätere Ablehnungsversuche abzusichern. Adressaten der Offenlegung. Unterschiede ergeben sich bzgl. der Adressaten 47 im Falle der anfänglichen und der fortdauernden Offenlegung. Während eine anfängliche Offenlegung nur gegenüber der DIS zu erfolgen hat, muss eine Offenlegung relevanter Umstände während des laufenden Verfahrens unverzüglich gegenüber den anderen Schiedsrichtern, den Parteien und der DIS erfolgen (Art. 9.6 a.E.). Da das Schiedsgericht in diesem Fall bereits konstituiert ist, ist eine direkte Kommunikation des betroffenen Schiedsrichters mit den Verfahrensbeteiligten auch ohne Zwischenschaltung der DIS unschwer möglich und sorgt für eine weitgehend verzögerungsfreie Kenntniserlangung der übrigen Verfahrensbeteiligten im Interesse der Verfahrenseffizienz. 3. Stellungnahmerecht bei anfänglichen Erklärungen und Offenlegungen Gemäß Art. 9.5 übermittelt die DIS den Parteien sämtliche Erklärungen und et- 48 waige Offenlegungen und setzt ihnen eine Frist zur Stellungnahme zu der Bestellung der benannten Person als Schiedsrichter. Das Stellungnahmerecht der Parteien ist nach dem durch die Reform geänderten Wortlaut stets gegeben und hängt nicht davon ab, dass sich aus der Schiedsrichtererklärung konkrete Anhaltspunkte für vernünftige Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit ergeben. Nach dem Wortlaut von § 16 Abs. 2 DIS-SchO 1998 bestand das Stellungnahmerecht noch in Abhängigkeit von sich aus der Erklärung ergebenden Zweifelsanlässen. Dennoch wurde in der DIS-Praxis den Parteien durch den DIS-Generalsekretär auch bislang stets ein Stellungnahmerecht gewährt, ohne dass die DIS die Erklärungen der Schiedsrichter zuvor im Hinblick auf die Existenz relevanter Offenlegungen filterte. Die Neuregelung erweist sich mithin als normative Anpassung an die bereits gelebte Praxis. Das unbedingte Stellungnahmerecht ermöglicht es den Parteien zu reagieren, falls sie selbst Kenntnis von Ablehnungsgründen bzgl. der benannten Person haben. Auf diese Weise beugt es im Interesse der Verfahrenseffizienz einem sich unmittelbar an die Konstituierung des Schiedsgerichts anschließenden Ablehnungsverfahren vor. Widerspricht eine Partei in ihrer Stellungnahme der Bestellung einer Person als 49 Schiedsrichter (vgl. zur Widerspruchsmöglichkeit ausdrücklich Art. 13.3), folgt in der DIS-Praxis – trotz mangelnder dahingehender Regelung in Art. 9 – regelmäßig eine erneute Stellungnahmerunde, in der die andere Partei sowie der benannte Schiedsrichter die Gelegenheit erhalten, sich zu dem Widerspruch zu äußern. Dies dient der umfassenden Klärung des Sachverhaltes vor Konstituierung des Schiedsgerichts und soll dem Benannten die Möglichkeit eröffnen, von seiner Annahmeerklärung wieder abzurücken, ohne dass die DIS eine Entscheidung über seine Bestellung treffen muss.
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Art. 10 DIS-SchO | Das Schiedsgericht 4. Verfahrensdauer und Kosten 50 Erklärungen und Offenlegungen übersenden benannte Schiedsrichter regelmäßig
innerhalb von sieben Tagen an die DIS. Die gesetzten Stellungnahmefristen im Verfahren bewegen sich grds. in einem zeitlichen Rahmen von fünf bis zehn Tagen.
51 Das Verfahren verursacht als vorgesehener Bestandteil des Schiedsverfahrens
keine zusätzlichen Bearbeitungsgebühren seitens der DIS. Auch der (potentielle) Schiedsrichter erhält keine Erstattung von Auslagen oder gar ein Honorar, insb. nicht für die Prüfung, ob in seiner Person ein Interessenkonflikt besteht. Den Parteien entstehen lediglich Kosten durch die Erstellung zusätzlicher Schriftsätze bei Ausübung ihres Stellungnahmerechts.
C. Abweichende Parteivereinbarungen 52 Die in § 1036 ZPO normierten Voraussetzungen stellen im Verfahren mit deut-
schem Schiedsort zwingendes Recht i.S.v. Art. 21.4 dar. Den Maßstab des § 1036 ZPO setzt die DIS-SchO in Art. 9 durch die geforderten Schiedsrichtereigenschaften der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit sowie die hierzu erforderlichen Erklärungen und Offenlegungen um. Die Vorschriften des Art. 9 sind vor diesem Hintergrund indisponibel. Art. 9.7 sieht eine Öffnung für abweichende Parteivereinbarungen daher explizit nur bzgl. der im Übrigen anwendbaren Vorschriften für die Bildung des Schiedsgerichts nach Art. 10 bis Art. 13 und Art. 20 vor. Im Hinblick auf die Regelungen des Art. 9 zu Schiedsrichtereigenschaften und Offenlegungspflichten eröffnet er diese Möglichkeit nicht.
53 Unberührt bleibt die Möglichkeit der Parteien, der Bestellung eines Schiedsrich-
ters nach Bekanntwerden von Zweifeln an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit nicht zu widersprechen bzw. auf die Geltendmachung bekannt gewordener Ablehnungsgründe im Ablehnungsverfahren nach Konstituierung des Schiedsgerichts zu verzichten. Die Parteien können zudem über Art. 9.1 hinausgehende Schiedsrichtereigenschaften vereinbaren (vgl. dazu auch Rz. 24 f., 38).
Artikel 10 Anzahl der Schiedsrichter 10.1 Die Parteien können vereinbaren, dass das Schiedsgericht aus einem Einzelschiedsrichter, aus drei Schiedsrichtern oder einer anderen ungeraden Zahl von Schiedsrichtern besteht. Artikel 16.4 bleibt unberührt. 10.2 Haben die Parteien keine Vereinbarung über die Anzahl der Schiedsrichter getroffen, kann jede Partei bei der DIS beantragen, dass das Schiedsgericht aus einem Einzelschiedsrichter bestehen soll. Der DIS Rat für Schiedsgerichtsbarkeit („DIS-Rat“) entscheidet über diesen Antrag nach Anhörung der anderen Partei. Wird kein solcher Antrag gestellt oder einem solchen Antrag nicht stattgegeben, besteht das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern. 824
| Nedden und Sawang/Hauser
Anzahl der Schiedsrichter | Art. 10 DIS-SchO Regelungsschwerpunkte: Art. 10.1 regelt, dass die Parteien qua Vereinbarung jede ungerade Anzahl an Schiedsrichtern festlegen können. → Rz. 8 ff.; Art. 10.2 Satz 1 und 2 eröffnet die Möglichkeit, auch ohne entsprechende Parteivereinbarung auf Antrag einer Partei einen Einzelschiedsrichter durch den DIS-Rat einsetzen zu lassen. → Rz. 30 ff.; Art. 10.2 Satz 3 bestimmt als Auffangtatbestand die Entscheidung des Rechtsstreits durch ein Dreierschiedsgericht bei fehlendem oder erfolglosem Parteiantrag auf Einsatz eines Einzelschiedsrichters. → Rz. 48 ff. Kostenaspekte: Der Einsatz eines Einzelschiedsrichters führt zu erheblich niedrigeren Kosten des Schiedsgerichts. → Rz. 52 ff. A. Parteivereinbarung einer ungeraden Anzahl von Schiedsrichtern (Art. 10.1) . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Parteivereinbarung . . . . . . . . . . B. Einseitiger Antrag auf Entscheidung durch einen Einzelschiedsrichter bei fehlender Parteivereinbarung (Art. 10.2 Satz 1 und 2) . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
__ __ __ 1 1 3 4 5 8
__ __ _ 19 19 21 27
V. Einseitiger Antrag auf Einzelschiedsrichter (Art. 10.2 Satz 1) . VI. Entscheidung durch den DISRat nach Anhörung der anderen Partei (Art. 10.2 Satz 2) . . . . . . . C. Dreierschiedsgericht als Auffangtatbestand (Art. 10.2 Satz 3) I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Dreierschiedsgericht als Auffangtatbestand . . . . . . . . . . . . . . . . D. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
_ _ __ __ _ __ _ 30 34 43 43 44 46 47 48 51 55
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Literatur: Berger, Schiedsrichterbestellung in Mehrparteienverfahren, RIW 1993, 702 ff.; Besch/Kreuzeder, Die neue DIS-Schiedsgerichtsordnung – eine Zusammenfassung der ab 1.3.2018 geltenden Änderungen, RIW 2018, 256 ff.; Borris, Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten in der Schiedspraxis, SchiedsVZ 2018, 242 ff.; Elsing/Shchavelev, Die neue DISSchiedsgerichtsordnung 2018, IPRax 2018, 461 ff.; Gentzsch/Hauser/Kapoor, Reichweite der vom Schiedsfähigkeit-II-Urteil ausgehenden Nichtigkeitsfolgen, SchiedsVZ 2019, 64 ff.; Leikin/Treichl, Pick Your President: Why and How Parties Should Seek to Agree on a Presiding Arbitrator, Arbitration International, Vol. 37 Issue 1, S. 121 ff.; López, Practical Criteria for Selecting International Arbitrators, Journal of International Arbitration, Vol. 31 Issue 6 (2014), S. 795 ff.; Mazza/Menz, Neuerungen in der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung im Überblick, SchiedsVZ-Beilage 2018, 39 ff.; Miles, Practical Issues for Appointment of Arbitrators, Journal of International Arbitration, Vol. 20 Issue 3 (2003), S. 219 ff.; Pörnbacher/ Lederer, Die Reform der DIS-Schiedsgerichtsordnung, BB 2018, 707 ff.; Webster, Selection of Arbitrators in a Nutshell, Journal of International Arbitration, Vol. 19 Issue 3 (2002), S. 264 ff.
Sawang/Hauser
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Art. 10 DIS-SchO | Das Schiedsgericht A. Parteivereinbarung einer ungeraden Anzahl von Schiedsrichtern (Art. 10.1) I. Normzweck 1 Art. 10 enthält den Grundsatz, dass die Parteien die Anzahl der Schiedsrichter
vor Beginn des Schiedsverfahrens bzw. auch noch danach (vgl. § 1035 Abs. 2 ZPO) grds. frei vereinbaren können. Um Pattsituationen im Schiedsgericht zu vermeiden, Mehrheitsentscheidungen zu ermöglichen (vgl. Art. 14.2) und die Praktikabilität und Effizienz des Verfahrens zu gewährleisten, schränkt Art. 10.1 die Parteiautonomie jedoch dahingehend ein, dass nur eine ungerade Anzahl von Schiedsrichtern vereinbart werden kann. Da es sich hierbei nicht um eine zwingende Regelung handelt, können die Parteien jedoch hiervon abweichen (Art. 9.7).
2 Sofern es keine Parteivereinbarung zur Anzahl der Schiedsrichter gibt oder im
Fall der Vereinbarung eines Einzelschiedsrichters, bedarf die Schiedsklage gemäß Art. 5.2 (vii) bei ihrer Einreichung keiner Benennung eines Schiedsrichters. Ausweislich des Wortlauts von Art. 5.2 (vii) ist in diesem Fall die Benennung eines Schiedsrichters nach der SchO nicht „erforderlich“. Umgekehrt kann bei Fehlen einer Vereinbarung die Benennung eines beisitzenden Schiedsrichters bereits in der Schiedsklage ein Angebot auf Abschluss einer Parteivereinbarung über ein Dreierschiedsgericht darstellen (Art. 10.2 Satz 3). Im Sinne der Verfahrenseffizienz kann es bei Fehlen einer Parteivereinbarung über die Anzahl der Schiedsrichter sinnvoll sein, entweder bereits mit der Klage einen Beisitzer zu benennen, sofern der Schiedskläger ein Dreierschiedsgericht wünscht, oder bereits mit der Schiedsklage einen Antrag auf Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter zu stellen.
II. Reform 3 Art. 10 tritt an die Stelle von § 3 DIS-SchO 1998. Neue Merkmale der Regelung
sind die ausdrückliche Beschränkung der Vereinbarung auf eine ungerade Zahl von Schiedsrichtern sowie die bei Fehlen einer Vereinbarung bestehende Möglichkeit der einseitigen Beantragung eines Einzelschiedsrichters beim neu geschaffenen DIS-Rat. Eine noch radikalere Lösung, Einzelschiedsrichter als Regelfall vorzusehen, war im Zuge der Reformarbeiten an der DIS-SchO 2018 diskutiert, aber letztlich verworfen worden. Zudem wird durch den Verweis auf Art. 16.4 deutlich, dass in Ausnahmefällen auch nach der neuen DIS-SchO ein Schiedsgericht zumindest nachträglich aus einer geraden Anzahl von Schiedsrichtern bestehen kann. Der Einzelschiedsrichter wird in Art. 10 nunmehr ausdrücklich erwähnt, konnte aber auch nach der früheren Regelung frei vereinbart werden.
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| Sawang/Hauser
Anzahl der Schiedsrichter | Art. 10 DIS-SchO
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Anders als § 1034 Abs. 1 Satz 1 ZPO sieht Art. 10.1 Satz 1 lediglich die Verein- 4 barung einer ungeraden Anzahl von Schiedsrichtern vor. Eine Parteivereinbarung zum Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter ist aufgrund der freien Vereinbarkeit der Anzahl der Schiedsrichter gemäß § 1034 Abs. 1 ZPO möglich. Neben Art. 10 besitzt § 1034 Abs. 1 ZPO keine eigenständige Bedeutung.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im staatlichen Gerichtsverfahren gibt es keine freie Parteivereinbarung über die 5 Anzahl der zuständigen Richter. Vielmehr hängt die Anzahl der zuständigen oder entscheidenden Richter im staatlichen Gerichtsverfahren vom Streitwert, der jeweiligen Instanz, dem Spruchkörper und dem Streitgegenstand ab. Während im Gerichtsverfahren vor einem Amtsgericht ein Einzelrichter ent- 6 scheidet (§ 22 Abs. 4 GVG), besteht in Verfahren vor dem LG eine Kammerzuständigkeit (§§ 60, 71 GVG). Jedoch entscheidet die Zivilkammer seit der grundlegenden ZPO-Reform 2002 grds. durch eines ihrer Mitglieder als originärer Einzelrichter (§ 348 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3 ZPO) und nicht als Kammer mit drei Mitgliedern (§ 75 GVG). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen, etwa bei übereinstimmendem Antrag der Parteien (§ 348 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Darüber hinaus kann die Zivilkammer die Sache durch Beschluss einem ihrer Mitglieder zur Entscheidung übertragen, wenn keine besonderen Gründe entgegenstehen (§ 348a ZPO). Die Einzelrichterzuständigkeit setzt sich im Regelfall in der zweiten Instanz fort, sofern die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter erlassen wurde (§ 526 Abs. 1 ZPO). Demgegenüber entscheidet die Kammer für Handelssachen regelmäßig in voller 7 Besetzung durch einen Berufsrichter und zwei ehrenamtliche Handelsrichter (§ 105 Abs. 1 GVG). Lediglich in Ausnahmefällen (§ 349 Abs. 2 ZPO) oder wenn die Parteien ihr Einverständnis hierzu geben (§ 349 Abs. 3 ZPO), entscheidet der Vorsitzende allein.
V. Parteivereinbarung Eine Parteivereinbarung nach Art. 10.1 Satz 1 kann ein Schiedsgericht beste- 8 hend aus einem Einzelschiedsrichter, aus drei Schiedsrichtern oder aus einer anderen ungeraden Zahl von Schiedsrichtern vorsehen. Die Möglichkeit der Vereinbarung einer anderen Anzahl der Schiedsrichter als eins oder drei ist eher ungewöhnlich (so auch Art. 8 Abs. 1 DIAC Rules 2007) und weicht von den Bestimmungen vieler anderer Schiedsinstitutionen ab (vgl. etwa Art. 12 Abs. 1 Sawang/Hauser
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Art. 10 DIS-SchO | Das Schiedsgericht ICC-SchO, Art. 17 Abs. 1 VIAC Rules 2021, Art. 25 Abs. 1 CIETAC Rules 2015). Die flexiblere Regelung in Art. 10.1 lässt insoweit der Parteiautonomie den Vorrang. In der Praxis unter der DIS-SchO 1998 war das Dreierschiedsgericht das in DIS-Schiedsverfahren am häufigsten vereinbarte Schiedsgericht. 9 Eine andere ungerade Anzahl von Schiedsrichtern kann ebenso zwischen den
Parteien vereinbart werden. Eine insoweit uneingeschränkte freie Vereinbarkeit war bereits nach § 3 DIS-SchO 1998 möglich. Mit der Neuregelung in Art. 10.1 wurde die entsprechende Wahlmöglichkeit dahingehend eingeschränkt, dass es sich um eine ungerade Anzahl handeln muss. Eine höhere Anzahl an Schiedsrichtern kann u.U. bei einer Vielzahl von Parteien – und insb. einer Vielzahl unterschiedlich gelagerter Interessen, die sich nicht ohne weiteres in zwei „Lager“ aufspalten lassen – eine angemessen diversifizierte Vertretung gewährleisten. Gleichzeitig soll die Beschränkung auf eine ungerade Anzahl von Schiedsrichtern eine mehrheitliche Entscheidungsfähigkeit des Schiedsgerichts sicherstellen. Die Parteien können zwar abweichend von Art. 10.1 Satz 1 auch eine gerade Anzahl von Schiedsrichtern vereinbaren (Art. 9.7). Zur Vermeidung von Pattsituationen ist hiervon jedoch regelmäßig abzuraten bzw. zumindest gegebenenfalls die Vereinbarung eines Mechanismus anzuraten, wie etwaige Pattsituationen aufzulösen sind.
10 In der – seit der Reform bislang inhaltlich unverändert gebliebenen – Muster-
klausel der DIS ist bzw. sind ausweislich der dortigen Erläuterungen weiterhin lediglich ein Einzelschiedsrichter oder drei Schiedsrichter vorgesehen. Der zum Zeitpunkt dieser Kommentierung auf der (neuen) Website der DIS verfügbare Gebührenrechner ermöglicht keine Eingabe einer höheren Anzahl von Schiedsrichtern als drei. Dies ist vermutlich dem Umstand geschuldet, dass der Einzelschiedsrichter oder das Dreierschiedsgericht weiterhin den Regelfall darstellen und die Vereinbarung einer höheren Anzahl von Schiedsrichtern den absoluten Ausnahmefall darstellt.
11 Haben sich die Parteien bereits vor Beginn eines Schiedsverfahrens (vgl. Art. 6),
etwa in einer Schiedsklausel, auf eine bestimmte Anzahl an Schiedsrichtern geeinigt und scheint diese Regelung angesichts des konkreten Rechtsstreits (z.B. Sach- und Rechtslage, Streitwert, Anzahl der involvierten Parteien, Vertraulichkeitsbedürfnisse) nicht mehr interessengerecht, können die Parteien nachträglich eine neue Regelung vereinbaren. Dies ist selbst dann möglich, wenn ein Schiedsrichter bereits benannt wurde. Namentlich ist die frühere Regelung zur Bindungswirkung der Benennung ab Empfang durch die DIS in § 12 Abs. 1 Satz 4 DIS-SchO 1998 in der neuen DIS-SchO 2018 ersatzlos entfallen.
12 Dreierschiedsgericht. Ein Dreierschiedsgericht wird häufig von den Parteien
bevorzugt (2010 Queen Mary International Arbitration Survey: S. 25; ICC Dispute Resolution 2019 Statistics, S. 12), insb., wenn es sich um eine komplexere Rechtsstreitigkeit handelt. Es stellt traditionell die Regel in internationalen Schiedsverfahren dar (Miles, Journal of International Arbitration, Vol. 20 Issue 3 (2003), 219 [227]). Ein Dreierschiedsgericht bietet durch die erforderlichen 828
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Anzahl der Schiedsrichter | Art. 10 DIS-SchO
Konsultationen, den wechselseitigen Input und die gegenseitige Kontrolle im Sinne eines Mehr-Augen-Prinzips tendenziell eine höhere Richtigkeitsgewähr. Im Falle eines zumindest teilweise arbeitsteiligen Vorgehens (etwa beim Verfassen des Schiedsspruchs) sind zudem gewisse Effizienzgewinne möglich. Ferner kann ein Dreierschiedsgericht kulturelle Unterschiede zwischen den Parteien des Rechtsstreits besser abbilden und solche Unterschiede ggf. ausgleichen. Bei der Vereinbarung einer höheren Anzahl von Schiedsrichtern ist indes zu be- 13 rücksichtigen, dass hiermit ein höherer Zeitaufwand bei der Benennung einhergehen kann und zudem erhöhte Kosten für Schiedsrichterhonorare, Tagegelder für mündliche Verhandlungen und etwaige Spesen entstehen. Auch in der Abwicklung des Schiedsverfahrens drohen durch die Erforderlichkeit terminlicher und inhaltlicher Abstimmungen zusätzliche Verzögerungen. Im schlimmsten Fall kann eine erhöhte Anzahl an Schiedsrichtern wegen der Multiplikation potentieller Befangenheitsrisiken zu einer Vermehrung von Ablehnungsanträgen (vgl. Art. 9.1, Art. 15) führen oder, im Falle erst nachträglich bekanntwerdender Befangenheitsgründe, ein erhöhtes Risiko für die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs bedeuten (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d, Nr. 2 Buchst. b ZPO). Einzelschiedsrichter. Umgekehrt wird der Einzelschiedsrichter i.d.R. als die 14 kostengünstigere und effizientere Alternative für einfacher gelagerte Streitfälle wahrgenommen. Dafür entfallen die o.g. Vorteile eines kollegial arbeitenden Schiedsgerichts. Ferner ist auf das besondere Risiko im Falle einer vorzeitigen Amtsbeendigung eines Einzelschiedsrichters vor Erlass eines Schiedsspruchs hinzuweisen (vgl. Art. 16). Bei der vorzeitigen Amtsbeendigung eines Einzelschiedsrichters besteht eine größere Wahrscheinlichkeit, dass Teile des Schiedsverfahrens, insb. mündliche Verhandlungen und Beweisaufnahmen, wiederholt werden müssen (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO). Unter dem Gesichtspunkt der Kontinuität kann bei voraussichtlich langwierigen Rechtsstreitigkeiten daher die Vereinbarung eines Schiedsrichtergremiums vorteilhafter sein. Zudem erkennen Haftpflichtversicherungen mitunter die Schiedssprüche von Einzelschiedsrichtern nicht an. Für hiervon betroffene Parteien kommt die Vereinbarung eines Einzelschiedsrichters schon aus diesem Grund nicht in Betracht (Lachmann, Rz. 783; Lionnet/Lionnet, S. 237). Eine zwingende Zuständigkeit eines Einzelschiedsrichters, etwa bei geringeren 15 Streitwerten, ist in der DIS-SchO 2018 ausdrücklich nicht vorgesehen (anders als bspw. im Grundsatz im beschleunigten Verfahren nach Art. 30 ICC Rules i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Anhang VI). Sofern die Parteien in der Schiedsvereinbarung die Anzahl der Schiedsrichter of- 16 fenlassen, ist nach der Neuregelung in Art. 10.2 – anders als nach § 3 DIS-SchO 1998 – sowohl ein Einzelschiedsrichter als auch ein Dreierschiedsgericht grds. möglich. In diesem Fall sollten die Parteien in ihre Schiedsklage bzw. Klageerwiderung entsprechende Vorschläge aufnehmen bzw. ggf. einen Antrag auf Einzelschiedsrichter an die DIS richten. Soweit Unsicherheiten hinsichtlich der Anzahl der Schiedsrichter bestehen, entscheiden sich die Parteien in vielen Fällen Sawang/Hauser
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Art. 10 DIS-SchO | Das Schiedsgericht dafür, mit der DIS darüber zu kommunizieren. Wie bei allen verfahrensrechtlichen Aspekten wird die DIS die Parteien dabei unterstützen, einvernehmliche Lösungen zu finden. 17 Nach Art. 10.1 Satz 2 bleibt Art. 16.4 unberührt. Danach kann der DIS-Rat mit
Einverständnis aller Parteien und der anderen Schiedsrichter bei vorzeitiger Beendigung eines Schiedsrichteramts (Art. 16.1) unter Berücksichtigung aller Umstände auf die Bestellung eines Ersatzschiedsrichters verzichten (Art. 16 Rz. 20). In einem solchen Fall oder auch bei entsprechender Vereinbarung der Parteien kann ein Schiedsgericht aus einer geraden Anzahl von Schiedsrichtern bestehen. Es liegt auf der Hand, dass ein derartiger Verzicht nicht im Falle eines Einzelschiedsrichters in Betracht kommt. Zur Frage der Entscheidungsfindung bei fehlender Stimmenmehrheit vgl. Art. 14 Rz. 6 und Art. 16 Rz. 21.
18 Besonderheiten bei gesellschaftsrechtlichen (Beschlussmängel-)Streitigkeiten.
Im Zusammenhang mit gesellschaftsrechtlichen (Beschlussmängel-)Streitigkeiten sind die Anforderungen an eine wirksame Schiedsvereinbarung, insb. Beteiligung aller Gesellschafter, nach der Rechtsprechung des BGH zu beachten (für Kapitalgesellschaften sog. Schiedsfähigkeit II-Entscheidung des BGH v. 6.4.2009 – II ZR 255/08, BGHZ 180, 221 [228 f.] = DNotZ 2009, 938 [940]; vgl. Gentzsch/Hauser/ Kapoor, SchiedsVZ 2019, 64; für Personengesellschaften sog. Schiedsfähigkeit III-Entscheidung des BGH v. 6.4.2017 – I ZB 23/16, NJW-RR 2017, 876 = NZG 2017, 657; vgl. Borris, SchiedsVZ 2018, 242 [244]; str.). Zudem kann es ratsam sein, die Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten der DIS zu vereinbaren (DIS-ERGeS) (ausführlich dort, DIS-ERGeS Rz. 1 ff.).
B. Einseitiger Antrag auf Entscheidung durch einen Einzelschiedsrichter bei fehlender Parteivereinbarung (Art. 10.2 Satz 1 und 2) I. Normzweck 19 Bei Fehlen einer Parteivereinbarung besteht das Schiedsgericht grds. aus drei
Schiedsrichtern (s. Rz. 43 ff.). Allerdings kann gemäß Art. 10.2 Satz 1 und 2 jede Partei die Entscheidung durch einen Einzelschiedsrichter beantragen. Über den Antrag entscheidet der im Zuge der Reform neu geschaffene DIS-Rat nach Anhörung der anderen Partei. Hierdurch erhalten die Parteien die Möglichkeit, einseitig und nachträglich die Entscheidung durch einen Einzelschiedsrichter zu beantragen. Dies kann insb. dann sinnvoll sein, wenn die Komplexität der Streitigkeit bzw. der Streitwert gering ist.
20 Da die Parteien sich auch auf die Entscheidung durch einen Einzelschiedsrichter
einigen können, wird die Option eines Antrags gemäß Art. 10.2 Satz 1 und 2 naturgemäß nur dann relevant, wenn lediglich eine Partei die Entscheidung durch einen Einzelschiedsrichter wünscht. Es bleibt zwar offen, nach welchen Gesichtspunkten der DIS-Rat nach Anhörung der anderen Partei über einen solchen Antrag entscheidet. Die Stattgabe wird aber jedenfalls nicht von einer Zustimmung 830
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der gegnerischen Partei, sondern vielmehr von Zweckmäßigkeitserwägungen abhängen. Andernfalls würde eine Einzelschiedsrichterzuständigkeit nur bei übereinstimmendem Willen beider Parteien in Betracht kommen, und die Regelung in Art. 10.2 wäre obsolet.
II. Reform Nach der früheren DIS-SchO 1998 konnten Streitigkeiten nur dann durch einen 21 Einzelschiedsrichter entschieden werden, wenn eine entsprechende Parteivereinbarung getroffen wurde (§§ 3, 6 Abs. 3 Nr. 2 DIS-SchO 1998 und Fn. 8 zur früheren DIS-Muster-Schiedsvereinbarung). Lediglich die Benennung des Einzelschiedsrichters konnte bei fehlender Einigung der Parteien auf die Person des Einzelschiedsrichters nach § 14 DIS-SchO 1998 einseitig beim DIS-Ernennungsausschuss beantragt werden. Nach der neuen Regelung in Art. 10.2 Satz 1 kommt die einseitige Beantragung 22 eines Einzelschiedsrichters hingegen in Betracht, wenn die Parteien keine Vereinbarung über die Anzahl der Schiedsrichter getroffen haben. Fraglich könnte möglicherweise sein, ob die Parteien diese einseitige Antragsmöglichkeit in ihren Parteiwillen aufgenommen haben, sofern die entsprechende Schiedsvereinbarung vor Inkrafttreten der neuen DIS-SchO getroffen wurde. Dies ist bei der DISSchO u.U. deshalb schwieriger zu beantworten als bei den Regelwerken anderer Institutionen, weil die DIS-SchO 1998 für 20 Jahre (bis 2018) unverändert galt. Die DIS hat sich bewusst gegen die standardmäßige Einsetzung eines Einzel- 23 schiedsrichters, etwa für bestimmte Streitwerte, entschieden. Zugleich wird jedoch anerkannt, dass ein Einzelschiedsrichter zweckmäßig sein kann, selbst wenn keine entsprechende Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen wurde. Die Neuregelung trägt dem Umstand Rechnung, dass Schiedsklauseln häufig keine Regelung zur Schiedsrichteranzahl enthalten. Dies führte unter dem früheren § 3 DIS-SchO 1998 dazu, dass stets drei Schiedsrichter zu bestellen waren, obwohl dies mitunter der Komplexität des Rechtsstreits nicht angemessen war und unverhältnismäßig hohe Kosten verursachte. Art. 10.2 trägt dem mittlerweile in vielen anderen Schiedsordnungen erkannten 24 Bedürfnis nach Entscheidungen durch einen Einzelschiedsrichter Rechnung, ohne den andernorts eingeschlagenen Weg einer Präferenz für den Einzelschiedsrichter zu wählen. Die Neuregelung vermeidet einerseits die schematisch vorgesehene Zuständigkeit eines Einzelschiedsrichters (regelhaft oder etwa abhängig von der Höhe des Streitwerts) und stellt andererseits mit der einseitigen Antragsmöglichkeit zumindest eine entsprechende Option zur Verfügung. Es handelt sich insoweit um einen Kompromiss zwischen der früheren Regelung der DIS-SchO 1998 und den Default-Regelannahmen anderer Schiedsinstitutionen zugunsten eines Einzelschiedsrichters (vgl. Art. 12 Abs. 2, 30 i.V.m. Anhang VI ICC-SchO, Art. 12 ICDR International Arbitration Rules 2021, Art. 5.8 LCIA Rules 2020). Sawang/Hauser
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Art. 10 DIS-SchO | Das Schiedsgericht 25 Durch die Antragsmöglichkeit steht es bei Fehlen einer Vereinbarung im Ermes-
sen einer jeden Partei, ob sie die Einsetzung eines Einzelschiedsrichters beantragen möchte. Die Entscheidung durch den DIS-Rat soll hierbei gewährleisten, dass über die Einsetzung eines Einzelschiedsrichters nach objektiven Kriterien und nach Anhörung der gegnerischen Partei entschieden wird. Im Ergebnis ist zu erwarten, dass es infolge der Neuregelung künftig vermehrt Schiedsverfahren mit Einzelschiedsrichtern geben wird (Mazza/Menz, SchiedsVZ-Beilage 2018, 39 [40]). Sofern die Parteien dies ausschließen möchten, empfiehlt sich die ausdrückliche Regelung der Anzahl der Schiedsrichter in der Schiedsklausel.
26 Die Antragsmöglichkeit verhindert, dass das Fehlen einer Vereinbarung hin-
sichtlich der Anzahl der Schiedsrichter – anders als nach der DIS-SchO 1998 – zwingend zum Bestehen des Schiedsgerichts aus drei Schiedsrichtern führt.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 27 Neben Art. 10 besitzt § 1034 Abs. 1 ZPO keine eigenständige Bedeutung. Nach
§ 1034 Abs. 1 ZPO (der dem früheren § 3 DIS-SchO 1998 entspricht) gilt bei Fehlen einer Vereinbarung die Standardregelung zugunsten eines Dreierschiedsgerichts.
28 Nach § 1034 Abs. 2 ZPO kann der Schiedsrichter auf Antrag einer Partei abwei-
chend von der erfolgten Ernennung oder der vereinbarten Ernennungsregelung bestellt werden, wenn die Schiedsvereinbarung einer Partei bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts ein Übergewicht gibt, das die andere Partei benachteiligt. Sofern die Parteien in einem DIS-Schiedsverfahren keine besonderen Regelungen hinsichtlich der Benennung getroffen haben, gelten die Art. 11 und 12 DIS-SchO, wonach ein derartiges Ungleichgewicht ausgeschlossen ist.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 29 Im staatlichen Gerichtsverfahren gibt es keine Antragsmöglichkeit auf Entschei-
dung durch einen Einzelrichter. Allerdings ist das Regel-Ausnahme-Verhältnis im staatlichen Verfahren vor den Zivilkammern eines LG umgekehrt. Dort wird regelmäßig durch den Einzelrichter entschieden. Eine Entscheidung durch die Kammer ist lediglich im Ausnahmefall, u.a. bei übereinstimmendem Parteiantrag, vorgesehen (s. Rz. 6).
V. Einseitiger Antrag auf Einzelschiedsrichter (Art. 10.2 Satz 1) 30 Keine Vereinbarung über die Anzahl der Schiedsrichter. Nach der neuen Rege-
lung in Art. 10.2 Satz 1 kann jede Partei beim DIS-Rat beantragen, dass das 832
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Schiedsgericht aus einem Einzelschiedsrichter bestehen soll, sofern keine anderweitige Vereinbarung zwischen den Parteien getroffen wurde. Für die Bestellung eines Einzelschiedsrichters ist folglich nicht mehr zwingend eine Parteivereinbarung erforderlich. Umgekehrt steht eine abweichende Parteivereinbarung einem einseitigen An- 31 tragsrecht auf Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter entgegen, selbst wenn ein Einzelschiedsrichter im gegebenen Fall sinnvoll und zweckmäßig wäre. Anders als nach den Regelwerken anderer Schiedsinstitutionen hat die DIS insoweit keinen Spielraum. Es bleibt vielmehr bei dem Primat der Parteiautonomie. Aus der zwingenden Voraussetzung des Fehlens einer Parteivereinbarung nach 32 Art. 10.2 folgt, dass die Parteien durch Abschluss einer Parteivereinbarung über die Anzahl der Schiedsrichter das einseitige Antragsrecht auf Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter ausschließen können (s. Rz. 25). Umgekehrt können sie auf eine Regelung zur Anzahl der Schiedsrichter bewusst verzichten, falls sie sich zumindest die Option auf ein einseitiges Antragsrecht offenhalten wollen. Antrag einer Partei. Im Einklang mit dem der DIS-SchO zugrundeliegenden 33 Vorrang der Parteiautonomie kann die DIS einen Einzelschiedsrichter bei Fehlen einer entsprechenden Parteivereinbarung stets nur auf Antrag einer Partei bestellen, nicht hingegen von Amts wegen (anders als z.B. der ICC Gerichtshof unter den Bestimmungen für das beschleunigte Verfahren gemäß der ICCSchO, s. Art. 30 ICC-SchO i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Anhang VI ICC-SchO; zu anderen Schiedsordnungen s. Rz. 45).
VI. Entscheidung durch den DIS-Rat nach Anhörung der anderen Partei (Art. 10.2 Satz 2) Der DIS-Rat entscheidet über den einseitigen Antrag einer Partei nach Anhö- 34 rung der anderen Partei. Anhörung der anderen Partei. Der DIS-Rat entscheidet über den einseitig ge- 35 stellten Antrag nach Anhörung der anderen Partei. Sofern die andere Partei zustimmt, liegt hierin bereits eine Parteivereinbarung, so dass über den Antrag nicht mehr entschieden werden muss. Letztlich entspricht die Einsetzung eines Einzelschiedsrichters dann dem beiderseitigen (konkludenten) Parteiwillen und damit der Parteiautonomie. Auch im Falle des Unterbleibens einer Stellungnahme der anderen Partei kann u.U. ein konkludentes Einverständnis anzunehmen sein. Sofern es von vorneherein möglich scheint, dass die andere Seite einem Einzelschiedsrichter zustimmen wird, ist aus Gründen der Verfahrensökonomie den Parteien anzuraten, zunächst den Versuch einer Einigung mit der anderen Seite zu unternehmen, bevor ein Antrag auf Entscheidung durch den DIS-Rat gestellt wird. Sawang/Hauser
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Art. 10 DIS-SchO | Das Schiedsgericht 36 Bei Widerspruch der anderen Partei liegt hingegen gerade keine (nachträgliche
konkludente) Parteivereinbarung vor. Die Bestellung eines Einzelrichters gegen den Willen einer der Parteien könnte daher je nach Zeitpunkt des Abschlusses der Schiedsvereinbarung als Eingriff in die Parteiautonomie gesehen werden. So lässt sich argumentieren, dass die Parteien durch Vereinbarung der (neuen) DIS-SchO die Einsetzung eines Einzelschiedsrichters auch ohne ausdrückliche Parteivereinbarung in ihren Willen aufgenommen haben. Dieses Argument greift jedoch nicht, soweit die entsprechende Schiedsklausel bereits aus einer Zeit vor Geltung der neuen DIS-SchO stammt und die neue DIS-SchO 2018 dennoch zur Anwendung kommt (vgl. § 1 Abs. 2 DIS-SchO 1998 und Art. 1.2 DIS-SchO 2018, Rz. 31).
37 Dass der entgegenstehende Wille der anderen Partei nicht ausschließlich aus-
schlaggebend sein kann, entspricht dem Sinn und Zweck der Regelung. In welchen Fällen und nach welchen Kriterien (Streitwert, Komplexität, Anzahl der Parteien und relevante Rechtsordnungen, Nationalitäten/Rechtskulturen, Höhe der zu erwartenden Verfahrenskosten, Vertraulichkeit) der DIS-Rat dem Antrag einer Partei auch gegen den Willen der anderen Partei stattgeben wird, bleibt in der Praxis weiter abzuwarten. Dass der Streitwert alleine nicht ausschlaggebend sein dürfte, belegt die Regelung selbst. Es wurde bewusst auf die Einführung eines entsprechenden Kriteriums verzichtet (s. Rz. 23 f.).
38 Da die Entscheidungsgründe des DIS-Rats nicht offengelegt werden (Art. 8.3
Anlage 1), können hinsichtlich der relevanten Kriterien allenfalls Rückschlüsse aus dem Entscheidungsergebnis gezogen werden. Zumindest bis zu einer etwaigen, aber keinesfalls zwingenden, Veröffentlichung entsprechender „interner“ Richtlinien wird die Entwicklung einer Kasuistik jedoch an der Vertraulichkeit der Entscheidungsgründe scheitern. Teilweise wird angenommen, dass dem Antrag stets stattgegeben werden dürfte, sofern er nicht als unvernünftig einzustufen ist (von Schlabrendorff in Salger/Trittmann, § 2 Rz. 132).
39 Art. 10.2 sieht keine Regelung für den Fall vor, dass die Parteien zwar ursprüng-
lich drei Schiedsrichter vereinbart haben, der Schiedskläger es aber im konkreten Fall für sachgerechter hält, den Rechtsstreit durch einen Einzelschiedsrichter entscheiden zu lassen. In diesem Fall ist der Schiedskläger entweder darauf angewiesen, eine (neue) Vereinbarung mit dem zukünftigen Schiedsbeklagten zu treffen, oder er muss sich an der zuvor getroffenen Vereinbarung – pacta sunt servanda – festhalten lassen. Eine Entscheidung durch den DIS-Rat bei Bestehen einer Vereinbarung würde dem Wortlaut von Art. 10.2 widersprechen und dem Grundsatz des Vorrangs der Parteivereinbarung zuwiderlaufen.
40 Zeitpunkt und Fristen. Art. 10.2 enthält keine ausdrücklichen Regelungen zu
relevanten Zeitpunkten und Fristen für die Antragstellung, Anhörung bzw. Stellungnahme der anderen Partei sowie die Entscheidung durch den DIS-Rat. Art. 5.2 (vii) und Art. 7.1 (i) erfordern lediglich die Benennung eines Schiedsrichters, sofern dies gemäß der DIS-SchO „erforderlich“ ist (Art. 5 Rz. 31, Art. 7 Rz. 7). Sofern keine Parteivereinbarung über die Anzahl der Schiedsrichter ge834
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troffen wurde, fehlt es indes an einer solchen Erforderlichkeit. Die 21-Tage-Frist des Art. 7.1 (i) kommt folglich nicht unmittelbar zur Anwendung. Frist zur Antragstellung. Schon unter praktischen Gesichtspunkten sollte ein 41 Antrag auf Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter seitens der hieran interessierten Partei so früh wie möglich, d.h. idealerweise bereits mit Einreichung der Schiedsklage (Art. 5) bzw. mit Mitteilung der Beklagten (Art. 7.1) gestellt werden. Umgekehrt wird die DIS bei Erkennen der Voraussetzungen des Art. 10.2 Satz 1 die Parteien so früh wie möglich auf die Antragsmöglichkeit hinweisen und eine entsprechende Frist (vgl. Rz. 42) setzen. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese sich in gewöhnlichen Fällen an der 21-Tage-Frist des Art. 7.1 (i) orientieren wird. Frist zur Stellungnahme der anderen Partei. Gleichermaßen bleibt offen, wel- 42 che Fristen für die Anhörung der anderen Partei und die Entscheidung des DISRats über den Antrag gelten sollen. Unter dem Gesichtspunkt der mit der Reform der DIS-SchO angestrebten Effizienzerhöhung ist zu erwarten, dass die Fristen nicht allzu großzügig bemessen sein und sich im Rahmen der üblichen Stellungnahmefristen (häufig eine Woche) bewegen dürften. Etwaige Fristverlängerungen stehen im Ermessen der DIS (Art. 4.9).
C. Dreierschiedsgericht als Auffangtatbestand (Art. 10.2 Satz 3) I. Normzweck Art. 10.2 Satz 3 gilt bei Fehlen einer Parteivereinbarung über die Anzahl der 43 Schiedsrichter bzw. bei Fehlen oder Nichtstattgabe eines Antrags auf Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter. In diesen Fällen sieht der Auffangtatbestand ein Dreierschiedsgericht vor. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass jede Partei die Möglichkeit hat, an der Konstituierung des Schiedsgerichts durch Benennung ihres jeweiligen Schiedsrichters mitzuwirken.
II. Reform Auch nach § 3 DIS-SchO 1998 bestand das Schiedsgericht bei Fehlen einer Par- 44 teivereinbarung aus drei Schiedsrichtern. Neu ist die nunmehr zusätzliche Bedingung, dass hierfür das Fehlen eines Antrags auf Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter bzw. dessen Nichtstattgabe erforderlich ist. Anlässlich der Reform der DIS-SchO 1998 hat sich die DIS bewusst (und in Ab- 45 grenzung zu etwa Art. 12 Abs. 2 ICC-SchO, Art. 9 Abs. 2 Swiss Rules 2021, Art. 5.8 LCIA Rules 2020, Rule 9.1 SIAC Rules 2016) gegen die standardmäßige „default“-Zuständigkeit eines Einzelschiedsrichters entschieden. Ebenso hat sich die DIS gegen eine eigeninitiative und einzelfallabhängige Festlegung der Anzahl der Schiedsrichter durch die Institution (anders Art. 17 Abs. 2 VIAC Rules 2021, Art. 6 Abs. 1 HKIAC Rules 2018) entschieden. Sawang/Hauser
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Art. 10 DIS-SchO | Das Schiedsgericht III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 46 Der Auffangtatbestand zu Gunsten eines Dreierschiedsgerichts stimmt im Ergeb-
nis mit § 1034 Abs. 1 Satz 2 ZPO (und Art. 10 UNCITRAL-ModG, Art. 8 Abs. 2 ICC-SchO; Art. 5 UNCITRAL Arbitration Rules) überein. Da § 1034 Abs. 1 Satz 2 ZPO inhaltlich dem früheren § 3 DIS-SchO 1998 entspricht, sind die Unterschiede insoweit dieselben (s. Rz. 27).
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 47 Zu dem insoweit umgekehrten Regel-Ausnahme-Verhältnis gegenüber der Rich-
terbesetzung im staatlichen Gerichtsverfahren wird entsprechend auf die Kommentierung zu Art. 10.2 Satz 1 verwiesen (s. Rz. 30).
V. Dreierschiedsgericht als Auffangtatbestand 48 Art. 10.2 Satz 3 enthält eine Auffangregelung zu Gunsten eines Dreierschieds-
gerichts.
49 Kein Antrag oder Nichtstattgabe eines Antrags nach Art. 10.2 Satz 1. Die
Auffangregelung zu Gunsten eines Dreierschiedsgerichts greift erst, wenn bei Fehlen einer Vereinbarung zur Anzahl der Schiedsrichter kein Antrag auf Entscheidung durch einen Einzelschiedsrichter gestellt oder dem Antrag nicht stattgegeben wurde. Kein Antrag wird in diesem Sinne auch vorliegen, wenn der Antrag nicht innerhalb der von der DIS gesetzten Frist bzw. einer etwaig gewährten Nachfrist ergeht.
50 Das Festhalten der DIS am Auffangtatbestand eines Dreierschiedsgerichts statt
einem Einzelschiedsrichter unterscheidet die DIS von einer Vielzahl anderer Institutionen (s. Rz. 45). Grundsätzlich war in den vergangenen Jahren eine zunehmende Tendenz zur Präferenz eines Einzelschiedsrichters als Regelannahme oder Auffangtatbestand in der institutionellen Schiedsgerichtsbarkeit zu beobachten (Art. 12 Abs. 2, 30 i.V.m. Anhang VI ICC-SchO, Art. 12 ICDR International Arbitration Rules 2021, Art. 5.8 LCIA Rules 2020). Aufgrund der Vorteile eines Dreierschiedsgerichts (oben, Rz. 12) und angesichts des mancherorts vertretenen prozessualen Grundrechts einer jeden Partei auf Ernennung eines eigenen Schiedsrichters ihres Vertrauens (vgl. BGH v. 29.3.1996 – II ZR 124/95, BGHZ 132, 278 [288] = NJW 1996, 1753 [1755]; Webster, Journal of International Arbitration, Vol. 19 Issue 3 (2002), 264; López, Journal of International Arbitration, Vol. 31 Issue 6 (2014), 795) wird die Grundsatzentscheidung der DIS zugunsten eines Dreierschiedsgerichts als Auffangtatbestand überwiegend begrüßt.
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Anzahl der Schiedsrichter | Art. 10 DIS-SchO
D. Kosten Die Schiedsgerichtskosten sind im Falle eines Dreierschiedsgerichts bzw. bei ei- 51 ner höheren Anzahl von Schiedsrichtern höher als im Fall eines Einzelschiedsrichters. Dies gilt nicht nur wegen der für mehrere Schiedsrichter anfallenden Honorare, sondern auch wegen der höheren Auslagen, etwa für Reise- und Übernachtungskosten sowie Tagegelder für mündliche Verhandlungen (Ziff. 5 Anlage 2 i.V.m. den von der DIS herausgegebenen jeweiligen Richtlinien). Die streitwertabhängigen Kosten für das Schiedsrichterhonorar sind bei einem 52 Dreierschiedsgericht erheblich höher als bei einem Einzelschiedsrichter. Über die regelhafte Berechnung gibt die Kostenordnung (Anlage 2) Auskunft. Zudem stellt die DIS auf ihrer Webseite einen Gebührenrechner zur Verfügung. Zwar sieht der Gebührenrechner lediglich die Berechnung für ein Schiedsgericht bestehend aus einem oder drei Schiedsrichtern vor. Die Honorare für jeden der beisitzenden Schiedsrichter gelten jedoch unabhängig von der Anzahl der beisitzenden Schiedsrichter, so dass im Falle eines Schiedsgerichts aus mehr als drei Schiedsrichtern die jeweiligen Honorare der weiteren beisitzenden Schiedsrichter hinzuaddiert werden müssen. Die auf die Kostenordnung und den Gebührenrechner gestützte Berechnung der 53 Kosten stellt lediglich einen Richtwert dar. Insbesondere können nach den Art. 34 und 35 Herabsetzungen des Schiedsrichterhonorars durch den DIS-Rat in Betracht kommen. Umgekehrt kann der DIS-Rat in Fällen von besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Komplexität auf Antrag des Schiedsgerichts und nach Anhörung der Parteien eine Erhöhung der Honorare um bis zu 50 % vornehmen (Ziff. 2.5 Anlage 2). In weniger komplexen Rechtsstreitigkeiten kann es für die Parteien folglich 54 empfehlenswert sein, entweder nachträglich eine Einigung über einen Einzelschiedsrichter zu erzielen oder bei Fehlen einer Vereinbarung einen Antrag nach Art. 10.2 zu stellen.
E. Abweichende Parteivereinbarungen Art. 10 ist dispositiv; die Parteien können durch Vereinbarung hiervon abwei- 55 chen (Art. 9.7). Abweichend von Art. 10.1 können die Parteien etwa eine Vereinbarung über eine gerade Anzahl von Schiedsrichtern treffen oder das einseitige Antragsrecht auf Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter abbedingen.
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Art. 11 DIS-SchO | Das Schiedsgericht
Artikel 11 Einzelschiedsrichter Besteht das Schiedsgericht aus einem Einzelschiedsrichter, können die Parteien diesen gemeinsam benennen. Erfolgt die gemeinsame Benennung nicht innerhalb der von der DIS gesetzten Frist, wählt der Ernennungsausschuss der DIS („DIS-Ernennungsausschuss“) den Einzelschiedsrichter aus und bestellt diesen gemäß Artikel 13.2. In diesem Fall muss der Einzelschiedsrichter eine andere Nationalität als die Parteien aufweisen, sofern nicht alle Parteien die gleiche Nationalität aufweisen oder die Parteien etwas anderes vereinbart haben. Regelungsschwerpunkte: Satz 1 Gemeinsames Benennungsrecht eines Einzelschiedsrichters durch die Parteien. → Rz. 1–33; Satz 2 Auswahl und Bestellung durch den DIS-Ernennungsausschuss bei Nichterfolgen der gemeinsamen Benennung innerhalb der von der DIS gesetzten Frist. → Rz. 34–51; Satz 3 Nationalität des Einzelschiedsrichters bei Auswahl und Bestellung durch den DIS-Ernennungsausschuss. → Rz. 52–64 Kostenaspekte: Kostenunterschiede je nach Anzahl der Schiedsrichter. → Rz. 65; keine Zusatzkosten bei Ersatzauswahl durch den Ernennungsausschuss. → Rz. 66–68 A. Gemeinsame Benennung des Einzelschiedsrichters durch die Parteien (Satz 1) . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu § 1035 Abs. 3 Satz 1 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Einzelerläuterungen . . . . . . . . . 1. Gemeinsame Benennung des Einzelschiedsrichters durch die Parteien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . B. Auswahl und Bestellung des Einzelschiedsrichters durch den DIS-Ernennungsausschuss (Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . .
__ _ _ __ __ 1 1 2 6 8 9
9 20
__ 34 34
II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Einzelerläuterungen . . . . . . . . . C. Nationalität des Einzelschiedsrichters bei Bestellung durch den DIS-Ernennungsausschuss (Satz 3) . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Einzelerläuterungen . . . . . . . . . D. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
__ __ __ __ __ _ _ 35 38 40 41
52 52 53 55 56 57 65 69
Literatur: Armbrüster/Wächter, Ablehnung von Schiedsrichtern wegen Befangenheit im Verfahren, SchiedsVZ 2017, 213 ff.; Besch/Kreuzeder, Die neue DIS-Schiedsgerichtsordnung – eine Zusammenfassung der ab 1.3.2018 geltenden Änderungen, RIW 2018, 256 ff.; Borris, Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten in der Schiedspraxis, SchiedsVZ 2018, 242 ff.; Bredow, § 1035 und die „K-Fragen“ für die Parteien, in: Grenzüberschreitungen – Beiträge zum Internationalen Verfahrensrecht und zur Schiedsgerichtsbarkeit. FS Peter Schlosser zum 70. Geburtstag (2005), S. 75 ff.; Carter, The Rights and Duties of the Arbitrator: Six Aspects on the Rule of Reasonableness, The ICC Court Bulletin, Special Supplement (The Status of the Arbitrator) (1995), S. 24 ff.; Elsing/Shchavelev, Die neue DIS-Schiedsgerichts-
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Einzelschiedsrichter | Art. 11 DIS-SchO ordnung 2018, IPRax 2018, 461 ff.; Escher/Reichert, Petersberger Schiedstage 2005: Globalization of Dispute Resolution – Arbitration and ADR in the Focus of International Harmonization and Competition, SchiedsVZ 2005, 208 ff.; Greenwood/Baker, Getting a Better Balance on International Arbitration Tribunals, Arbitration International, Vol. 28 Issue 4 (2012), S. 653 ff.; Hantke, Die Bildung des Schiedsgerichts, SchiedsVZ 2003, 269 ff.; Heskamp, Schiedsvereinbarungen in Gesellschaftsverträgen, RNotZ 2012, 415 ff.; Koepp, Staatliche Diskriminierungsverbote bei der Auswahl von Schiedsrichtern?, SchiedsVZ 2011, 306 ff.; Lalive, Sur une „commercialisation“ de l’arbitrage international, in Liber amicorum Claude Reymond: autour de l’arbitrage: mélanges offerts à Claude Reymond (2004); López, Practical Criteria for Selecting International Arbitrators, Journal of International Arbitration, Vol. 31 Issue 6 (2014), S. 795 ff.; Miles, Practical Issues for Appointment of Arbitrators, Journal of International Arbitration, Vol. 20 Issue 3 (2003), S. 219 ff.; Pfeiffer, Pflicht zur diskriminierungsfreien Schiedsrichterauswahl? – Eine Skizze, in: Grenzen überwinden – Prinzipien bewahren, FS für Bernd von Hoffmann zum 70. Geburtstag (2011), S. 1042 ff.; Prütting, Die rechtliche Stellung des Schiedsrichters, SchiedsVZ 2011, 233 ff.; RaeschkeKessler, Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit – ein Motor für transnationales Verfahrensrecht, in: Grenzüberschreitungen – Beiträge zum Internationalen Verfahrensrecht und zur Schiedsgerichtsbarkeit, FS Peter Schlosser zum 70. Geburtstag (2005), S. 713 ff.; Schütze, Die Besetzung eines internationalen Schiedsgerichts und das anwendbare Recht, in: Recht ohne Grenzen, FS für Kaissis zum 65. Geburtstag (2012), S. 887 ff.; Schwab, Schiedsrichterernennung und Schiedsrichtervertrag, in FS für Gerhard Schiedermair zum 70. Geburtstag (1976), S. 499 ff.; Webster, Selection of Arbitrators in a Nutshell, Journal of International Arbitration, Vol. 19 Issue 3 (2002), S. 264 ff.; Wittinghofer/Neukirchner, Verbietet das AGG die Auswahl von Schiedsrichtern aufgrund ihrer Nationalität?, RIW 2011, 527 ff.
A. Gemeinsame Benennung des Einzelschiedsrichters durch die Parteien (Satz 1) I. Normzweck Art. 11 Satz 1 regelt das Verfahren zur Benennung eines Einzelschiedsrichters 1 und statuiert dabei den Grundsatz des gemeinsamen Benennungsrechts der Parteien.
II. Reform Art. 11 tritt an die Stelle des früheren § 14 DIS-SchO 1998. Die Neufassung ent- 2 hält eine ausdrückliche Regelung des zuvor in § 14 DIS-SchO 1998 stillschweigend vorausgesetzten gemeinsamen Benennungsrechts der Parteien. Während nach § 14 DIS-SchO 1998 die Parteien den Einzelschiedsrichter innerhalb von dreißig Tagen nach Erhalt der Klageschrift durch den Beklagten gemeinsam zu benennen hatten, bezieht sich Art. 11 abstrakt auf „eine von der DIS gesetzte Frist“. Diese Änderung ist in erster Linie durch die Einführung von Art. 10.2 bedingt, der den Antrag einer Partei auf Entscheidung der Streitigkeit durch einen Einzelschiedsrichter ermöglicht, wenn die Parteien keine Vereinbarung über die Anzahl der Schiedsrichter getroffen haben. Sawang/Hauser
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Art. 11 DIS-SchO | Das Schiedsgericht 3 Wie bereits nach § 14 DIS-SchO 1998 wählt der DIS-Ernennungsausschuss den
Einzelschiedsrichter aus und bestellt diesen, falls die Parteien keine Einigung über den Einzelschiedsrichter erzielen können (Art. 11 Satz 2). Im Gegensatz zu § 14 DIS-SchO 1998 bedarf es hierfür keines weiteren Antrags mehr.
4 Eine weitere Neuerung ist in Art. 11 Satz 3 enthalten und betrifft die Nationali-
tät des Einzelschiedsrichters. Danach ist bei einer Ersatzauswahl durch den DISErnennungsausschuss zwingend erforderlich, dass der Einzelschiedsrichter eine andere Nationalität als die Parteien hat. Etwas anderes gilt nur, wenn sämtliche Parteien der gleichen Nationalität angehören oder etwas anderes vereinbart haben.
5 Nach der Neuregelung muss der Einzelschiedsrichter oder Vorsitzende Schieds-
richter nicht mehr zwingend Jurist sein. Ferner ist die frühere Regelung in § 12 Abs. 1 Satz 5 DIS-SchO 1998 entfallen, wonach die Parteien an ihre Benennung ihres Schiedsrichters gebunden waren, sobald die DIS-Geschäftsstelle diese empfangen hatte.
III. Verhältnis zu § 1035 Abs. 3 Satz 1 ZPO 6 Nach § 1035 Abs. 1 Var. 1 ZPO können die Parteien das Verfahren zur Bestel-
lung des Einzelschiedsrichters vereinbaren. Die gemeinsame Entscheidung für ein DIS-Schiedsverfahren und somit für die Anwendbarkeit der DIS-SchO ist eine solche Parteivereinbarung i.S.d. § 1035 Abs. 1 ZPO, so dass Art. 11 der gesetzlichen Regelung in § 1035 Abs. 3 Satz 1 ZPO vorgeht.
7 § 1035 Abs. 3 Satz 1 ZPO sieht – wie früher in § 14 DIS-SchO 1998 – vor, dass
eine Ersatzauswahl nur auf Antrag erfolgt. Eine Frist zur Einigung über die Bestellung enthält § 1035 Abs. 3 Satz 1 ZPO (anders als § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO) nicht. Teilweise wird daher vertreten, dass keine Frist einzuhalten ist (Münch in MüKo.ZPO, § 1035 ZPO Rz. 40 m.w.N.; str.; für eine Heranziehung der Monatsfrist des § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO als Anhaltspunkt: Voit in Musielak/Voit, § 1035 ZPO Rz. 9). Art. 11 Satz 1 sieht demgegenüber keinen Antrag vor. Dafür regelt Art. 11 Satz 2 aber ausdrücklich einen Fristablauf, um eine Zuständigkeit des DIS-Ernennungsausschusses für eine Ersatzauswahl zu begründen.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 8 Eine Art. 11 Satz 1 vergleichbare Vorschrift gibt es im staatlichen Gerichtsver-
fahren nicht. In staatlichen Gerichtsverfahren haben die Parteien keinen Einfluss auf die Besetzung des Spruchkörpers. Die abstrakte sachliche Zuständigkeit der jeweiligen Kammer – die üblicherweise durch den Einzelrichter entscheidet (§ 348 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 3 Nr. 3 ZPO) – ergibt sich vielmehr aus dem Gesetz. Die konkrete Zuständigkeit einer bestimmten Kammer folgt aus dem geltenden Geschäftsverteilungsplan (vgl. § 21e GVG). 840
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Einzelschiedsrichter | Art. 11 DIS-SchO
V. Einzelerläuterungen 1. Gemeinsame Benennung des Einzelschiedsrichters durch die Parteien Einzelschiedsrichter aufgrund einer Vereinbarung. Das Schiedsgericht besteht 9 aus einem Einzelschiedsrichter, wenn die Parteien dies entweder bereits in der Schiedsvereinbarung oder nachträglich vereinbart haben (vgl. Art. 10 Rz. 16). Letzteres ist auch möglich, wenn die Parteien sich ursprünglich auf ein Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern geeinigt hatten. Eine abweichende neue Vereinbarung kommt auch noch nach der Verfahrenseinleitung in Betracht. Sinnvoll kann eine derartige Vereinbarung insb. sein, wenn es sich um eine einfach gelagerte Streitigkeit handelt und die Parteien sich von der Vereinbarung eines Einzelschiedsrichters Zeit- und Kostenersparnisse (vgl. Art. 10 Rz. 14) erhoffen. Sind auf einer der beiden Seiten mehrere Parteien beteiligt, müssen sich, soll die Auswahl des Schiedsrichters nicht durch die DIS erfolgen, alle Beteiligten auf den Einzelschiedsrichter einigen (vgl. zu den Besonderheiten bei gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten Borris, SchiedsVZ 2018, 242 [244]). Fraglich ist, ob dies auch in Konstellationen gilt, in denen einige Parteien auf Mehrparteienseite am Verfahren nicht teilnehmen (vgl. beim Dreierschiedsgericht Art. 20 Rz. 14 sowie Sessler/Heckel in DIS Article by Article Commentary, Art. 20 Rz. 18, Fn. 21, mit Verweis auf die ICC-Praxis, wonach bei Nichtbeteiligung einer Partei mitunter eine Einwilligung vermutet werden kann, m.w.N.). Im Falle einer gemeinsamen Benennung ist die sog. Neutralitätsklausel aus Art. 11 Satz 3 hinsichtlich der Nationalität des Einzelschiedsrichters nicht anwendbar. Einzelschiedsrichter aufgrund eines Antrags bei fehlender Vereinbarung. Ein 10 Einzelschiedsrichter kommt nach der neuen Regelung in Art. 10.2 zudem in Betracht, wenn die Parteien keine Vereinbarung über die Anzahl der Schiedsrichter getroffen haben und eine Partei erfolgreich einen Antrag auf Entscheidung des Rechtsstreits durch einen Einzelschiedsrichter beim DIS-Rat gestellt hat (vgl. Art. 10 Rz. 2). Gemeinsames Benennungsrecht der Parteien. Das Recht zur Benennung des 11 Einzelschiedsrichters steht den Parteien gemeinsam zu. Zur wirksamen Ausübung müssen sie sich folglich auf eine Person als Einzelschiedsrichter einigen. Die gemeinsame Benennung trägt dem Gedanken Rechnung, dass die Möglichkeit zur Auswahl des Schiedsgerichts durch die Parteien eines der charakteristischen Merkmale der Schiedsgerichtsbarkeit ist und teilweise als prozessuales Grundrecht der Parteien angesehen wird (oben, Art. 10 Rz. 44) (vgl. BGH v. 29.3.1996 – II ZR 124/95, BGHZ 132, 278 [288] = NJW 1996, 1753 [1755]; Webster, Journal of International Arbitration, Vol. 19 Issue 3 (2002), 264). Ein einseitiges Bestimmungsrecht würde einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Parteien (vgl. § 1042 Abs. 1 Satz 1 ZPO) darstellen. Aus diesem Grund ist auch die namentliche Bezeichnung eines Einzelschiedsrichters in einseitig vorformulierten allgemeinen Vertragsbedingungen (zumindest nach deutschem Recht) unwirksam (BGH v. 1.3.2007 – III ZR 164/06, NJW-RR 2007, 1466, Tz. 16). Sawang/Hauser
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Art. 11 DIS-SchO | Das Schiedsgericht 12 Auswahlkriterien. Nach Art. 9.2 sind die Parteien bei der Auswahl der Schieds-
richter – im Rahmen der zwischen ihnen vereinbarten Auswahlkriterien und des Art. 9.1 – frei und können auf Anfrage Anregungen für die Schiedsrichterauswahl von der DIS erhalten (vgl. Art. 9 Rz. 3). Denkbare Kriterien sind (schieds-)rechtliche und sektorspezifische Expertise, Sprachkenntnisse, Verfügbarkeit, Integrität und Nationalität (zu möglichen Grenzen diskriminierender Kriterien: Prütting, SchiedsVZ 2011, 233 [235]; Pfeiffer in FS von Hoffmann, 1042 [1048]).
13 Juristen. Die frühere Beschränkung des § 2 Abs. 2 DIS-SchO 1998, wonach der
Einzelschiedsrichter oder Vorsitzende Schiedsrichter Jurist sein musste – sofern die Parteien nichts anderes vereinbart hatten –, ist in der neuen SchO nicht mehr enthalten. In der Praxis empfiehlt es sich weiterhin, als Einzelschiedsrichter einen im Schiedsrecht versierten Juristen zu benennen. Bei Einsatz eines entsprechend qualifizierten Juristen besteht eine wesentlich höhere Wahrscheinlichkeit, dass dieser die materiell- und verfahrensrechtlichen Probleme des Falles zügig und kompetent lösen und einer rechtssicheren und vollstreckbaren Entscheidung zuführen kann. Die Auswahl eines Juristen als Einzelschiedsrichter entspricht daher sowohl internationalen Parteigepflogenheiten als auch der internationalen Ernennungspraxis zahlreicher Schiedsinstitutionen (Miles, Journal of International Arbitration, Vol. 20 Issue 3 (2003), 219 [221 ff.]).
14 Nichtjuristen. Die Benennung eines schiedserfahrenen Nichtjuristen kann aus-
nahmsweise in Betracht zu ziehen sein, wenn etwa vorwiegend technische Fragen streitgegenständlich sind (vgl. Miles, Journal of International Arbitration, Vol. 20 Issue 3 (2003), 219 [220] zur englischen Tendenz, in Schifffahrtindustrie und Baugewerbe häufig schiedserfahrene Nichtjuristen zu benennen). Soweit der Einzelschiedsrichter zu einer Entscheidung ex aequo et bono ermächtigt ist, entfallen zumindest Schwierigkeiten, die aus materiell-rechtlicher Unkenntnis rühren können. Nicht beseitigt werden kann hierdurch das möglicherweise gesteigerte Risiko potenziell aufhebungsrelevanter Verfahrensfehler. Zwar ist hinsichtlich der Formalia des Schiedsspruchs aufgrund der neu eingeführten Überprüfung durch die DIS nach Art. 39.3 (sog. „scrutiny light“) eine gewisse verfahrensrechtliche Richtigkeitskontrolle gegeben. Verfahrensfehler, die im Schiedsverfahren selbst stattgefunden haben (z.B. Verletzung rechtlichen Gehörs oder des Gleichbehandlungsgrundsatzes), können indes hierdurch regelmäßig weder erkannt, geschweige denn geheilt werden.
15 Beteiligung mehrerer Parteien. Teilweise wird vertreten, dass im Rahmen der
Benennung bei Beteiligung mehrerer Parteien auf einer oder beiden Seiten des Schiedsverfahrens die vertragliche Vereinbarung von Mehrheitsentscheidungen zulässig ist (str.; befürwortend BGH v. 6.4.2009 – II ZR 255/08, BGHZ 180, 221 [229] = DNotZ 2009, 938, [940]; jedenfalls kein Verzicht vor Entstehung des konkreten Streitfalls: Schwab/Walter, Kapitel 10 Rz. 14; BGH v. 29.3.1996 – II ZR 124/95, BGHZ 132, 278 [288] = NJW 1996, 1753, [1755]; vgl. zum Streitstand Heskamp, RNotZ 2012, 415 [433]).
16 Bezeichnung bereits im Vorhinein. Mitunter wird dazu geraten, den Einzel-
schiedsrichter aus Gründen der Einfachheit und Beschleunigung bereits im Rah-
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men der Schiedsvereinbarung namentlich zu bezeichnen. Um der Gefahr einer inoperablen Schiedsvereinbarung zu begegnen, muss in einem solchen Fall jedenfalls zusätzlich eine Auffangregelung getroffen werden, falls der so bezeichnete Schiedsrichter nicht verfügbar sein sollte. Grundsätzlich ist von einem solchen Vorgehen indes abzuraten. Bei einer Festlegung der Person des Schiedsrichters im Vorhinein ist zu bedenken, dass für den konkreten Streitgegenstand möglicherweise eine andere Expertise als vorhergesehen erforderlich werden kann. Zwar können die Parteien in einem solchen Fall eine abweichende neue Vereinbarung treffen. Wird eine solche Einigung indes nicht erzielt, sind die Parteien an ihre frühere vertragliche Benennung gebunden, selbst wenn diese objektiv nicht mehr zweckmäßig scheint. Einseitige Kontaktaufnahmen mit Kandidaten. Ob und in welchem Maße in 17 der Sondierungsphase Kontaktaufnahmen ex parte zwischen einer Partei und etwaigen Schiedsrichterkandidaten zulässig sind, ist teilweise umstritten. Als zulässig wird jedenfalls angesehen, im Rahmen einer Anfrage die Bereitschaft und Verfügbarkeit eines Kandidaten in Erfahrung zu bringen. Gleichermaßen legitim dürfte es sein, fachliche Vorerfahrung abzufragen. Nicht erörtert werden darf indes der konkrete Fall (vgl. Lörcher/Lörcher, Rz. 110 ff., 113; vgl. Carter, ICC Court Bulletin, Special Supplement (The Status of the Arbitrator) (1995), 24 [28 f.]). Abzuraten ist zudem von Fragen zur Einstellung des Schiedsrichters hinsichtlich prozessualer Methoden, etwa hinsichtlich der Beweisaufnahme – schon um keine Ablehnungsverfahren zu provozieren (str.; wie hier: López, Journal of International Arbitration, Vol. 31 Issue 6 (2014), 795 [802 f.]; mit abweichender Rechtsprechung zu rein US-amerikanischen Schiedsverfahren/AAA: Carter, ICC Court Bulletin, Special Supplement [The Status of the Arbitrator] 1995, 24 [28 f.]; die Zulässigkeit von derlei Fragen befürwortend: Bühler/Webster, Rz. 12–39 ff.). Eine gewisse Orientierung bieten insoweit die zwar ohne Parteivereinbarung unverbindlichen, aber einen internationalen Standard reflektierenden IBA-Guidelines (dort Ziff. 4.4.1; vgl. bereits Ziff. 5.1 der IBA Rules of Ethics for International Arbitrators 1987; vgl. Armbrüster/Wächter, SchiedsVZ 2017, 213 [216 f.]; Raeschke-Kessler, in FS Schlosser, 713 [724 ff.]). Dieselben Maßstäbe gelten auch bei persönlichen Treffen bzw. sog. Beauty Con- 18 tests, bei denen verschiedene Kandidaten persönlich aufgesucht werden. Zulässig dürfte es sein, den Schiedsrichterkandidaten für ein kurzes Treffen aufzusuchen. Er sollte sich aber weder einladen lassen noch sollte er selbst zu einer der Parteien anreisen (Escher/Reichert, SchiedsVZ 2005, 208 [209]; López, Journal of International Arbitration, Vol. 31 Issue 6 (2014), 795 [803, 805]). Vorsorglich sollte der so ausgewählte Kandidat ein solches Treffen dokumentieren und später anzeigen (str.; so Gal, S. 273; López, Journal of International Arbitration, Vol. 31 Issue 6 (2014), 795 [805]; Lachmann, Rz. 827 f.). Sofern bereits im Vorhinein absehbar ist, dass die Parteien sich nicht auf einen 19 Einzelschiedsrichter einigen werden, kann es sinnvoll sein, entweder bereits früh im Prozess gemeinsam die fehlende Einigungsmöglichkeit mitzuteilen (s. Rz. 20 ff.) oder sich im (voraussichtlich aussichtslosen) Verständigungsprozess zumindest Sawang/Hauser
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Art. 11 DIS-SchO | Das Schiedsgericht auf die Erörterung weniger Namen zu beschränken. Andernfalls besteht die Gefahr, dass unnötige viele, grds. geeignete Kandidaten aufgrund von von einer Partei geäußerten Vorbehalten bei einer etwaigen Bestellung des Einzelschiedsrichters durch den DIS-Ernennungsausschuss von diesem nicht mehr berücksichtigt und bestellt werden. 2. Verfahren 20 Innerhalb der von der DIS hierfür vorgesehenen Frist. Art. 11 Satz 1 i.V.m.
Art. 11 Satz 2 sieht vor, dass das gemeinsame Benennungsrecht innerhalb der von der DIS gesetzten Frist ausgeübt wird. Dies folgt aus einem Umkehrschluss aus Art. 11 Satz 2, Halbs. 1, wonach der DIS-Ernennungsausschuss den Einzelschiedsrichter auswählt, wenn „die gemeinsame Benennung nicht innerhalb der von der DIS gesetzten Frist (erfolgt)“.
21 Fristlänge. Die Länge der Frist ist in Art. 11 nicht mehr ausdrücklich geregelt
(anders als in § 14 DIS-SchO 1998). Im Sinne der gesteigerten Verfahrenseffizienz der neuen Regelungen und eines Gleichlaufs mit den übrigen Benennungsfristen liegt die Annahme nahe, dass der DIS-Ernennungsausschuss sich bei der Fristsetzung in unproblematischen Fällen (insb., wenn nicht mehrere Parteien auf jeder Seite beteiligt sind) an der 21-Tage-Frist der Art. 7.1 (i) und 12.2 orientieren dürfte.
22 Fristsetzung. Anders als im Fall eines Dreierschiedsgerichts enthält die Kla-
geschrift im Fall einer Einzelschiedsrichterabrede üblicherweise keinen klägerseitigen Ernennungsvorschlag für einen Einzelschiedsrichter. Eine entsprechende Angabe ist auch nicht nach Art. 5.2 (vii) geboten, weil die einseitige Benennung des Einzelschiedsrichters (anders als die Benennung eines Beisitzers in einem Dreierschiedsgericht) nicht „gemäß dieser Schiedsgerichtsordnung erforderlich“ ist (vgl. Art. 5 Rz. 31). Im Zuge der Übersendung der Schiedsklage weist die DIS beide Parteien darauf hin, innerhalb welcher Frist sie Gelegenheit haben, sich auf einen Einzelschiedsrichter zu einigen. Die Übersendung der Klage erfolgt i.d.R. per Kurier. Durch die entsprechenden Zustellungsnachweise ist das Datum der Übermittlung der Schiedsklage und der Beginn des Fristlaufs zur gemeinsamen Benennung des Einzelschiedsrichters dokumentiert. Sofern sich die Parteien erst nach Einreichung der Klage auf das Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter geeinigt und dies der DIS mitgeteilt haben oder eine Partei das Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter erfolgreich beantragt hat, erfolgt die entsprechende Fristsetzung seitens der DIS gegenüber beiden Parteien erst dann mit separatem Schreiben.
23 Fristberechnung. Die Fristberechnung richtet sich nach den neuen Regelungen in
Art. 4.7 und 4.8 (vgl. Art. 4.7 und 4.8 Rz. 61). Ein Rückgriff auf das anwendbare Recht (wie noch mangels Regelung unter der früheren DIS-SchO 1998) ist innerhalb des Regelungsbereichs dieser beiden Vorschriften nicht mehr erforderlich.
24 Fristverlängerung. In der Praxis ist es nicht ungewöhnlich, dass die gemeinsame
Benennung eines Einzelschiedsrichters mehr Zeit in Anspruch nimmt, als ur844
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Einzelschiedsrichter | Art. 11 DIS-SchO
sprünglich von den Parteien vorgesehen. Insbesondere, wenn ein von den Parteien zunächst angesprochener Kandidat wegen eines Interessenkonflikts oder der Nichtverfügbarkeit aus anderen Gründen nicht als Schiedsrichter in Betracht kommt, müssen sich die Parteien auf einen anderen Kandidaten einigen, der ebenfalls eine Konfliktprüfung durchführen muss, die einige Tage dauern kann. Um die von der DIS gesetzte Frist nicht zu versäumen, sollten die Parteien daher vor Ablauf dieser Frist bei der DIS eine Fristverlängerung beantragen. Es gilt der allgemeine Grundsatz aus Art. 4.9, dass die DIS alle von ihr (und nicht 25 vom Schiedsgericht) gesetzten und in der SchO genannten Fristen nach ihrem Ermessen verlängern kann (vgl. Art. 4 Rz. 72). Sofern beide Parteien eine Fristverlängerung beantragen und glaubhaft versichern, dass die Verhandlungen über die gemeinsame Benennung eines Einzelschiedsrichters noch andauern, aber im Ergebnis erfolgversprechend sein dürften, wird der Fristverlängerung stattzugeben sein. Insoweit müssen Überlegungen der Verfahrensbeschleunigung gegenüber dem Vorrang der Parteiautonomie – die Parteien könnten ohnehin längere Fristen vereinbaren, die von der DIS zu beachten wären (vgl. Art. 9.7) – hintanstehen. Erlöschen des gemeinsamen Benennungsrechts nach Fristablauf. Eine ge- 26 meinsame Benennung nach Fristablauf ist nach Art. 11 nicht vorgesehen. Nach der früheren Regelung in § 14 DIS-SchO 1998 war eine solche unproblematisch möglich, da es für ein Tätigwerden des Ernennungsausschusses zusätzlich zum Fristablauf eines entsprechenden Parteiantrags bedurfte (s. Art. 11 Rz. 3). Der neue Wortlaut von Art. 11 Satz 2, Halbs. 1 sieht indes als einzige Voraussetzung für eine Ersatzauswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss den Ablauf der gesetzten Frist vor. Diese Formulierung legt zunächst nahe, dass das gemeinsame Benennungsrecht der Parteien mit Ablauf der von der DIS gesetzten – verlängerbaren (Art. 4.9) – Frist erlischt. Übereinstimmende Benennung nach Fristablauf und vor Auswahl und Bestel- 27 lung durch den DIS-Ernennungsausschuss. Allerdings sprechen trotz des Wortlauts gewichtige Gründe dafür, dass eine übereinstimmende Benennung nach Fristablauf und vor Auswahl und Bestellung durch den DIS-Ernennungsausschuss wegen des Vorrangs der Parteiautonomie (vgl. Art. 9.7) und aus Gründen der Verfahrenseffizienz noch zu berücksichtigen ist. Denn mit der gemeinsamen Benennung ist das Ziel der (noch ausstehenden) Ersatzauswahl bereits erreicht – und zwar ohne Eingriff in das Benennungsrecht der Parteien. Selbst wenn man eine solche Auslegung mit dem Wortlaut von Art. 11 Satz 2 für unvereinbar hielte, ist jedenfalls denkbar, dass das Ermessen des DIS-Ernennungsausschusses in einem solchen Fall dahingehend reduziert ist, den von beiden Parteien gemeinsam, wenngleich zu spät benannten Einzelschiedsrichter auszuwählen. Übereinstimmende Benennung nach Fristablauf und Auswahl, aber vor Be- 28 stellung durch den DIS-Ernennungsausschuss. Schwieriger zu beurteilen sind Fälle einer Benennung nach Auswahl und vor Bestellung des Einzelschiedsrichters. Sofern der DIS-Ernennungsausschuss eine Auswahl bereits getroffen hat, legt der Wortlaut von Art. 11 Satz 1 und 2 zwar ein Erlöschen des gemeinsamen Sawang/Hauser
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Art. 11 DIS-SchO | Das Schiedsgericht Benennungsrechts der Parteien nahe. Für eine andere Lesart könnte jedoch sprechen, dass vor Bestellung eines Schiedsrichters und bei übereinstimmender Benennung der Parteien die Privatautonomie Vorrang genießen sollte. 29 Praxis. Der DIS-Ernennungsausschuss wird nach der Neuregelung nicht mehr
auf Antrag, sondern von Amts wegen mit Ablauf der Frist tätig. Wie oben angesprochen, spricht bei einer nach Fristablauf noch erfolgenden gemeinsamen Benennung vieles dafür, der Parteiautonomie Vorrang zu geben, solange noch keine Bestellung erfolgt ist.
30 Bei fortdauernden Verhandlungen über die Person des Einzelschiedsrichters ist
es dennoch ratsam, gemeinsam eine Fristverlängerung zu beantragen. Andernfalls besteht trotz der genannten Argumente derzeit ein Risiko, dass eine nach Fristablauf erfolgende gemeinsame Benennung unzulässig sein könnte.
31 Form der Benennung. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Ver-
meidung von Missverständnissen empfiehlt sich eine schriftliche Benennung bzw. die Übermittlung schriftlicher Vorschläge oder – in der Praxis weitaus häufiger – Vorschlagslisten.
32 Die Benennung muss nicht in einem gemeinsamen Schriftstück erfolgen. Aus-
reichend ist eine übereinstimmende Benennung. Deren Übermittlung richtet sich im Falle eines Schriftstücks nach Art. 3.2, Art. 4, erfolgt also regelmäßig durch „elektronische“ (i.S.v. Art. 3.2) Übermittlung gleichzeitig gegenüber dem DIS-Sekretariat und der anderen Partei, vgl. Art. 4.1, 4.5. Soweit die Benennung mit der Schiedsklage erfolgt, ist zu beachten, dass die Schiedsklage elektronisch und in Papierform zu übermitteln ist (Art. 4.2).
33 Bestellung. Auch parteibenannte Schiedsrichter sind von der DIS zu bestellen,
Art. 13.1 Satz 2. Über die Bestellung des Schiedsrichters entscheidet vorbehaltlich des Art. 13.3 der DIS-Ernennungsausschuss (Art. 13.2). Sofern keine der Parteien innerhalb der von der DIS nach Art. 9.5 gesetzten Frist zur Stellungnahme widerspricht (vgl. Art. 13 Rz. 9, Rz. 21), kann auch der Generalsekretär der DIS über die Bestellung entscheiden (Art. 13.3). Bei gemeinsamer Benennung eines Einzelschiedsrichters wird ein Widerspruch zwar selten sein. Er ist jedoch denkbar, wenn die Parteien erst aufgrund der Offenlegung des potentiellen Schiedsrichters (Art. 9.4) von Umständen erfahren, die Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit begründen.
B. Auswahl und Bestellung des Einzelschiedsrichters durch den DIS-Ernennungsausschuss (Satz 2) I. Normzweck 34 Bei fehlender gemeinsamer Benennung durch die Parteien (Satz 1) innerhalb der
von der DIS gesetzten Frist erfolgt die Auswahl und Bestellung des Einzelschiedsrichters von Amts wegen durch den DIS-Ernennungsausschuss (Satz 2). Die Re-
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gelung soll sicherstellen, dass auch im Falle einer fehlenden gemeinsamen Benennung ein Schiedsgericht ohne unnötige Verzögerungen gebildet werden kann.
II. Reform Anders als nach § 14 DIS-SchO 1998 setzt die Auswahl und Bestellung des Einzel- 35 schiedsrichters durch den DIS-Ernennungsausschuss nach Art. 11 Satz 2 weder eine fehlende Einigung der Parteien innerhalb einer Frist von 30 Tagen ab Empfang der Klage durch den Beklagten, noch den Antrag einer Partei voraus. Alleinige Voraussetzung für die Auswahl und Bestellung des Einzelschiedsrichters durch den DIS-Ernennungsausschuss ex officio ist nunmehr der fruchtlose Ablauf der von der DIS gesetzten (und nicht mehr abstrakt bereits feststehenden) Frist. Im Gegensatz zu früher bedarf es folglich eines Fristverlängerungsantrags, falls 36 die Parteien mehr Zeit für eine Verständigung benötigen. Nach der früheren Regelung war ein Fristverlängerungsantrag entbehrlich, da die DIS ohnehin nur auf Antrag tätig wurde. Der Ablauf der 30-Tage-Frist markierte lediglich den Zeitpunkt, ab dem ein solcher Antrag gestellt werden konnte (vgl. oben Rz. 24). Das Verfahren zur Auswahl und Bestellung eines Einzelschiedsrichters wird 37 durch die Neuregelung vereinfacht und beschleunigt. Insbesondere ist nunmehr weder die – potenziell streitige – Darlegung einer fehlenden Einigung noch ein Zuwarten auf eine möglicherweise erst später (oder nicht) erfolgende Antragstellung erforderlich. Zudem ermöglicht die flexible Fristsetzung eine Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles. So kann etwa eine längere Frist wegen erhöhter Komplexität bei einer gemeinsamen Benennung durch mehrere Parteien auf einer oder auf beiden Seiten des Schiedsverfahrens gesetzt werden. Umgekehrt bietet sich aus Gründen der Prozesseffizienz eine kürzere Fristsetzung bei einfach gelagerten Sachverhalten an.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Im Falle des Fehlens einer Parteivereinbarung über die Bestellung der Schieds- 38 richter und des Fehlens einer Einigung der Parteien auf einen Einzelschiedsrichter wird nach § 1035 Abs. 3 Satz 1 ZPO der Einzelschiedsrichter auf Antrag einer Partei durch das OLG bestellt. Bei der Bestellung eines Schiedsrichters durch das OLG sind nach § 1035 Abs. 5 ZPO alle zwischen den Parteien vereinbarten Voraussetzungen und alle Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die für die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Schiedsrichters relevant sind. Art. 11 ist eine gegenüber § 1035 Abs. 3 Satz 1 ZPO vorrangige Parteiverein- 39 barung über die Bestellung der Schiedsrichter (s. Rz. 6 f.). § 1035 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat neben Art. 11 daher keine eigenständige Bedeutung in DIS-Verfahren.
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Art. 11 DIS-SchO | Das Schiedsgericht IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 40 Eine vergleichbare Regelung gibt es im staatlichen Gerichtsverfahren nicht.
V. Einzelerläuterungen 41 Keine gemeinsame Benennung innerhalb der von der DIS gesetzten Frist. So-
fern eine gemeinsame Benennung nicht innerhalb der von der DIS gesetzten Frist (s. Rz. 20 ff.) erfolgt, ist der Einzelschiedsrichter vom DIS-Ernennungsausschuss (zum DIS-Ernennungsausschuss, Art. 2 Rz. 35) von Amts wegen auszuwählen und zu bestellen (vgl. Art. 13 Rz. 9).
42 DIS-Ernennungsausschuss. Konstitution und Verfahrensabläufe des DIS-Ernen-
nungsausschusses sind in Anlage 1 (Geschäftsordnung) und § 14 der (sprachlich noch nicht an die Reform angepassten) Satzung der DIS teilweise näher definiert (zu weiteren Einzelheiten des DIS-Ernennungsausschusses, Art. 2 Rz. 35). Nach § 14 Abs. 2, 5 der Satzung der DIS obliegt dem DIS-Ernennungsausschuss die „Auswahl“ und „Bestellung“ von Schiedsrichtern auf Vorschlag der Geschäftsführung. Der DIS-Ernennungsausschuss ist dabei nicht an Weisungen gebunden. Seine Tätigkeit ist vertraulich. Er entscheidet mit einfacher Mehrheit. Die Entscheidung erfolgt i.d.R. im schriftlichen Verfahren. Der DIS-Ernennungsausschuss besteht aus drei Mitgliedern sowie drei stellvertretenden Mitgliedern, die vom geschäftsführenden Vorstand der DIS nach Anhörung des Vorsitzenden des Beirats der DIS auf die Dauer von drei Jahren ernannt werden, wobei die Amtszeit einmal verlängert werden kann (Anlage 1, Art. 6.1 bis 6.3). Die Namen der Mitglieder des DIS-Ernennungsausschusses werden auf der DIS-Webseite veröffentlicht (zu weiteren Einzelheiten des DIS-Ernennungsausschusses, Art. 2 Rz. 35).
43 Gemeinsamer Antrag auf sofortige Auswahl durch den DIS-Ernennungsaus-
schuss. Auch ohne ausdrückliche Regelung wird i.S.d. mit der Reform der DISRegeln angestrebten erhöhten Verfahrenseffizienz davon auszugehen sein, dass eine Bestellung durch die DIS früher erfolgen kann, sofern bereits vor Fristablauf von einer oder beiden Parteien mitgeteilt wird, dass keine Einigung erzielt werden kann.
44 Der Kläger kann bereits in der Klageschrift mitteilen, dass eine Einigung auf ei-
nen Einzelschiedsrichter bereits gescheitert bzw. von vornherein ausgeschlossen ist. Der Kläger kann in diesem Fall die sofortige Auswahl und Ernennung durch den DIS-Ernennungsausschuss bzw. zumindest eine kurze Frist i.S.v. Art. 11 Satz 2 beantragen und den Beklagten dazu auffordern, sich dem Antrag des Klägers anzuschließen. Jedenfalls dann, wenn der Beklagte ein endgültiges Scheitern oder die Aussichtslosigkeit einer gemeinsamen Benennung bestätigt und dem Antrag der Klägerseite zustimmt, steht einer sofortigen Stattgabe des Antrags nichts entgegen (vgl. Art. 9.7).
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Einzelschiedsrichter | Art. 11 DIS-SchO
Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss. Die Auswahl durch den DIS- 45 Ernennungsausschuss erfolgt i.d.R. innerhalb weniger Arbeitstage. Die Entscheidung erfolgt mit Stimmenmehrheit (Art. 6.6 Anlage 1) auf Grundlage einer vom DIS-Sekretariat vorbereiteten schriftlichen Stellungnahme (Art. 6.7 Anlage 1; vgl. Art. 2 Rz. 44). Zur Vermeidung unnötiger Verzögerungen kontaktiert die DIS bereits vor der Auswahl (telefonisch) potenzielle Kandidaten, klärt deren Verfügbarkeit ab und bittet um die Abgabe der (durch eine spätere Bestellung bedingten) Annahmeerklärung und der Erklärungen zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit gemäß Art. 9.3 bis 9.4. Dabei wird der DIS-Ernennungsausschuss i.d.R. keinen Schiedsrichter auswählen, der von einer der Parteien bereits vorgeschlagen, aber von der anderen Partei abgelehnt wurde. Auswahlkriterien. Bei der Auswahl wird der DIS-Ernennungsausschuss alle 46 zwischen den Parteien vereinbarten Voraussetzungen sowie die Prinzipien der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Schiedsrichters berücksichtigen (vgl. Art. 11 Abs. 5 UNCITRAL-ModG 2006 und § 1035 Abs. 5 ZPO mit entsprechenden Leitlinien). Des Weiteren ist den Besonderheiten des konkreten Schiedsverfahrens Rechnung zu tragen, etwa durch Berücksichtigung einschlägiger Erfahrung in dem relevanten Rechtsgebiet (s. oben Rz. 12), der Sprache des Verfahrens und – ggf. bei Verfahren mit niedrigeren Streitwerten – des Schiedsorts, um unnötig hohe Reisekosten zu vermeiden. Bei der Auswahl von Einzelschiedsrichtern für Schiedsverfahren mit geringen 47 Streitwerten (und entsprechend niedrigen Schiedsrichterhonoraren) bewegt sich die Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss in einem Spannungsfeld. Einerseits sind derlei Verfahren geeignet und attraktiv für Kandidaten mit etwas weniger Schiedserfahrung, die sich erst noch einen Track Record aufbauen müssen. Andererseits muss der ausgewählte Schiedsrichter als Einzelschiedsrichter alleine, d.h. auch ohne Unterstützung durch seine Beisitzer oder Beratung mit ihnen, in der Lage sein, das Verfahren ordnungsgemäß zu führen und einen möglichst aufhebungsfesten Schiedsspruch zu erlassen. Der DIS-Ernennungsausschuss berücksichtigt bei seiner Auswahl einen ausgewo- 48 genen – nicht zwangsläufig paritätischen – Anteil gleich qualifizierter Frauen. Die DIS ist dem sog. Equal Representation in Arbitration Pledge (http://www. arbitrationpledge.com) beigetreten. Anhörung der Parteien. Um vermeidbaren Ablehnungsverfahren (vgl. Art. 15) 49 vorzubeugen, erhalten die Parteien nach der Auswahl (und vor der Bestellung) des Einzelschiedsrichters Gelegenheit, zu den Erklärungen des ausgewählten Schiedsrichters (Art. 9.3 und 9.4) innerhalb einer vom DIS-Ernennungsausschuss gesetzten Frist Stellung zu nehmen (Art. 9.5). Bestellung durch den DIS-Ernennungsausschuss. Der Ablauf des Bestellungs- 50 verfahrens richtet sich nach Art. 13 (s. Rz. 33; Art. 13 Rz. 2). Nach Art. 13.2 entscheidet grds. der DIS-Ernennungsausschuss. Jedoch kann nach Art. 13.3 auch der DIS-Generalsekretär über die Bestellung entscheiden, sofern keine der Parteien innerhalb der gemäß Art. 9.5 gesetzten Frist widerspricht. Anders als der Sawang/Hauser
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Art. 11 DIS-SchO | Das Schiedsgericht Wortlaut des Art. 11 Satz 2 auf den ersten Blick nahezulegen scheint, „bestellt“ daher nicht zwangsläufig der DIS-Ernennungsausschuss den Einzelschiedsrichter. 51 Schiedsrichtervertrag. Der entsprechende Schiedsrichtervertrag kommt auch
bei einer Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss nach h.M. zwischen den Parteien und dem so ausgewählten und bestellten Schiedsrichter zustande. Der DIS-Ernennungsausschuss handelt insoweit mit Vollmacht der Parteien (Hantke, SchiedsVZ 2003, 269 [273]).
C. Nationalität des Einzelschiedsrichters bei Bestellung durch den DIS-Ernennungsausschuss (Satz 3) I. Normzweck 52 Art. 11 Satz 3 enthält eine Regelung zur Nationalität des durch den DIS-Ernen-
nungsausschuss auszuwählenden Einzelschiedsrichters. Danach ist bei einer Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss zwingend erforderlich, dass der Einzelschiedsrichter eine andere Nationalität als die Parteien hat. Etwas anderes gilt nur, wenn sämtliche Parteien der gleichen Nationalität angehören oder etwas anderes vereinbart haben. Die Auswahl eines Einzelschiedsrichters anderer Nationalität als die der Parteien dient der konzeptionellen Unabhängigkeit des Einzelschiedsrichters. Art. 12.3 Satz 2 enthält eine entsprechende Bestimmung in Bezug auf die Ernennung des Vorsitzenden durch den DIS-Ernennungsausschuss.
II. Reform 53 Die – auch in anderen Schiedsordnungen verwendete – sog. Neutralitätsklausel
in Art. 11 Satz 3 ist ein Novum gegenüber der DIS-SchO 1998.
54 Allerdings orientierte sich der DIS-Ernennungsausschuss auch nach der frühe-
ren Regelung in § 14 DIS-SchO 1998 bei der „Benennung des Einzelschiedsrichters“ (so der damalige Wortlaut) an § 1035 Abs. 5 Satz 2 ZPO (s. Rz. 39). Danach hatte der DIS-Ernennungsausschuss die Zweckmäßigkeit der Bestellung eines Schiedsrichters mit einer anderen Staatsangehörigkeit als derjenigen der Parteien zumindest in Erwägung zu ziehen. Nach der neuen Regelung ist die Bestellung eines Schiedsrichters mit einer neutralen Staatsangehörigkeit in internationalen Sachverhalten nunmehr zwingend, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Damit schließt sich die DIS vergleichbaren Ansätzen etwa der ICC (Art. 13 Abs. 5 ICC-SchO) und der LCIA (Art. 6.1 LCIA Rules 2020) an.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 55 Auch hier hat Art. 11 Vorrang gegenüber § 1035 Abs. 5 Satz 2 ZPO, wonach das
OLG auch die Zweckmäßigkeit der Bestellung eines Schiedsrichters mit einer
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Einzelschiedsrichter | Art. 11 DIS-SchO
anderen Staatsangehörigkeit als derjenigen der Parteien in Erwägung zu ziehen hat (s. Rz. 54).
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Eine vergleichbare Vorschrift gibt es im staatlichen Gerichtsverfahren nicht.
56
V. Einzelerläuterungen Andere Nationalität des Einzelschiedsrichters in internationalen Parteikon- 57 stellationen. Bei der Auswahl eines Einzelschiedsrichters durch den DIS-Ernennungsausschuss sieht Art. 11 Satz 3 zwingend vor, dass der Einzelschiedsrichter eine andere Nationalität als die Parteien besitzen muss, sofern die Parteien nicht die gleiche Nationalität aufweisen oder etwas anderes vereinbart haben. Nationalität. Die DIS-SchO enthält keine Regelung, wie die Nationalität des 58 Schiedsrichters oder der Parteien zu bestimmen ist. Bestimmung der Nationalität eines Schiedsrichters. Die Nationalität eines 59 Schiedsrichters richtet sich i.d.R. nach seiner Staatsangehörigkeit. Dies gilt auch im Falle einer doppelten Staatsangehörigkeit. Eine abweichende Betrachtungsweise kann allenfalls infrage kommen, wenn ungewöhnliche Umstände vorliegen, etwa wenn jemand seit langer Zeit seinen Wohnsitz in einem bestimmten Staat hat, der ungewöhnlich hohe Voraussetzungen an die Erlangung einer Staatsangehörigkeit stellt (vgl. Fry/Greenberg/Mazza, Rz. 3 ff.). Bestimmung der Nationalität einer Partei. Für die Bestimmung der Nationali- 60 tät einer natürlichen Person als Partei gilt das vorstehend Gesagte entsprechend. Sofern es sich bei der Partei um eine juristische Person handelt, richtet sich die Beurteilung der Nationalität grds. nach dem Ort ihrer Gründung bzw. ihres (statuarischen) Sitzes. Zusätzlich zu berücksichtigen sein kann jedoch u.U. (auch) der tatsächliche Verwaltungssitz der Partei. Dies kann mitunter dazu führen, dass der Sitz des alleinigen oder beherrschenden Gesellschafters einer Partei bei der Bestimmung ihrer Nationalität mit ausschlaggebend sein kann (vgl. Fry/ Greenberg/Mazza, Rz. 3 ff.; vgl. Art. 6.2 LCIA Rules 2020). Die Auswahl eines Schiedsrichters einer Nationalität, der keine der beiden (un- 61 terschiedlichen Nationen zugehörigen) Parteien angehört, dient der abstrakten Sicherstellung der konzeptionellen Unabhängigkeit des Schiedsrichters und ist an die Ernennungspraxis der ICC angelehnt (dort Art. 13 Abs. 5 ICC-SchO Rz. 17 ff.). Nicht ausgeschlossen werden kann hierdurch eine konzeptionelle Nähe des Schiedsrichters zu einem der Rechtskreise der Parteien, wenn diese jeweils einen civil und common law Hintergrund haben. Dies kann für die Vereinbarung eines Dreierschiedsgerichts bzw. den Verzicht auf einen Antrag auf Sawang/Hauser
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Art. 11 DIS-SchO | Das Schiedsgericht Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter nach Art. 10.2 sprechen. 62 Sofern die Parteien keine Vereinbarung zur Nationalität des Einzelschiedsrich-
ters getroffen haben, führt dies nach Art. 11 Satz 3 in internationalen Sachverhalten dazu, dass der Einzelschiedsrichter zwingend („muss“) keiner der Nationalitäten der Parteien angehört.
63 Selbst wenn die Parteien unterschiedliche Nationalitäten haben, kann es – insb.,
wenn ein Einzelschiedsrichter aus Kostengründen vereinbart wurde – sinnvoll sein, dass die Parteien sich zumindest darauf einigen, dass der Einzelschiedsrichter in dem anwendbaren materiellen Recht Kenntnisse und/oder Erfahrungen aufweisen muss (sog. „Rechtskenntnisklausel“, vgl. Schütze in FS Kaissis, 887, [893], der zusätzlich noch einen Gleichlauf mit dem Schiedsort empfiehlt). Sollte es keinen entsprechend qualifizierten Schiedsrichter aus einem dritten Land geben, können die Parteien hilfsweise auf das Erfordernis der anderen Nationalität des materiell-rechtlich qualifizierten Einzelschiedsrichters verzichten und damit „etwas anderes“ i.S.v. Art. 11 Satz 3 letzter Halbs. vereinbaren. Denkbar ist, dies bereits in die Schiedsvereinbarung aufzunehmen oder erforderlichenfalls später eine entsprechende Vereinbarung zu schließen.
64 Fraglich ist, ob im Rahmen des Satz 3 konkludent anderweitige Parteiverein-
barungen berücksichtigt werden können, wenn die gemeinsame Benennung zwar gescheitert ist, jedoch zumindest hinsichtlich der Nationalität des Einzelschiedsrichters – ausweislich der wechselseitigen Vorschläge von Kandidaten mit ebendieser Nationalität – (konkludente) Einigkeit bestand. Aus Gründen der Rechtssicherheit ist in einem solchen Fall anzuraten, dass die Parteien ihre Einigkeit in diesem Punkt schriftlich vor Ende der von der DIS gesetzten Frist mitteilen.
D. Kosten 65 Die Kosten für ein Schiedsverfahren mit einem Einzelschiedsrichter sind niedri-
ger als bei einem Schiedsgericht mit mehreren Schiedsrichtern (vgl. Art. 10 Rz. 13, Rz. 45 f.). In geeigneten Fällen sollte daher stets die Vereinbarung (Art. 10.1) oder Beantragung eines Einzelschiedsrichters (Art. 10.2) in Betracht gezogen werden. Ein entsprechender Vorschlag an die Gegenseite (bei ursprünglicher Vereinbarung einer höheren Anzahl von Schiedsrichtern) bzw. ein Antrag beim DIS-Rat (bei fehlender Vereinbarung über die Anzahl der Schiedsrichter) kann bereits in die Klageschrift aufgenommen werden (vgl. Art. 10 Rz. 16).
66 Die Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss verursacht keine zusätzli-
chen Kosten, sondern ist von den Bearbeitungsgebühren der DIS abgedeckt (Art. 32 (iv), 36.1 i.V.m. Ziff. 1.2, 1.3 Anlage 2).
67 Dies ist anders als im X. Buch der ZPO. Die dort in §§ 1035 Abs. 3, 1062 Abs. 1
Nr. 1 ZPO vorgesehene Ersatzbestellung durch das OLG ist mit zusätzlichen Kosten verbunden. Für das Verfahren bei der Bestellung eines Schiedsrichters 852
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Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern | Art. 12 DIS-SchO
oder Ersatzschiedsrichters wird eine halbe Gebühr (0,5, vgl. KV 1623 GKG) auf Grundlage eines Bruchteils, regelmäßig etwa eines Drittels, des Hauptsachewerts (§ 3 ZPO, § 48 Abs. 1 GKG) zugrunde gelegt (OLG München v. 6.8.2015 – 34 SchH 3/15, BeckRS 2016, 4080, Tz. 19; Voit in Musielak/Voit, § 1035 ZPO Rz. 32; vgl. Bredow in FS Schlosser, S. 75 [81]: voller Wert bis 1/8). Für die Tätigkeit des Rechtsanwalts bei der Bestellung und Zusammensetzung 68 des Schiedsgerichts nach § 1035 ZPO kommen Gebühren nach VV 3327 Var. 2 RVG (0,75 Verfahrensgebühr) bzw. VV 3332 RVG (0,5 Terminsgebühr) pro Beanstandung bzw. Aushilfsfall in Betracht, wenn der Anwalt eigens hierfür beauftragt wurde. Dies gilt nicht, wenn der Anwalt zugleich die Vertretung im Schiedsverfahren wahrnimmt („dieselbe Angelegenheit“, § 15 Abs. 2 Satz 1, § 16 Nr. 8 Var. 1 RVG; vgl. Voit in Musielak/Voit, § 1035 ZPO Rz. 31).
E. Abweichende Parteivereinbarungen Art. 11 ist dispositiv (Art. 9.7). Die Parteien können von den Bestimmungen in 69 Art. 11 abweichen und das Benennungsverfahren frei gestalten. Insbesondere können sie bestimmte Fristen, die konkrete Person des Einzelschiedsrichters, seine Qualifikationen oder seine Nationalität sowie eine Ersatzauswahl durch eine andere Stelle als den DIS-Ernennungsausschuss vereinbaren. Bei der Vereinbarung der Auswahl durch einen Dritten oder eine andere Institu- 70 tion ist zu berücksichtigen, dass nach deutschem Recht niemand verpflichtet ist, eine Ernennung vorzunehmen (kein Vertrag zu Lasten Dritter). Vor Abschluss einer derartigen Vereinbarung sollten daher die Bereitschaft des Dritten bzw. der Institution und etwaige Benennungsfristen verbindlich geklärt werden. Auch sollte zur Vermeidung von Komplikationen ausgeschlossen werden, dass der Dritte sich selbst benennt (vgl. Münch in MüKo.ZPO, § 1035 ZPO Rz. 29 f.: Selbstbenennung verboten und unbeachtlich ). Im Übrigen ist nach dem Wortlaut von Art. 13.1 auch in einem solchen Fall eine Bestellung durch die DIS erforderlich.
Artikel 12 Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern 12.1 Besteht das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern, haben beide Parteien je einen beisitzenden Schiedsrichter zu benennen. Benennt eine der Parteien keinen Schiedsrichter, wird der beisitzende Schiedsrichter durch den DIS-Ernennungsausschuss ausgewählt und gemäß Artikel 13.2 bestellt. 12.2 Die beisitzenden Schiedsrichter haben den Vorsitzenden des Schiedsgerichts („Vorsitzenden“) innerhalb einer Frist von 21 Tagen nach Aufforderung durch die DIS gemeinsam zu benennen. Die Parteien und die beisitzenden Schiedsrichter dürfen sich über die Auswahl des Vorsitzenden abstimmen. Sawang/Hauser
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Art. 12 DIS-SchO | Das Schiedsgericht 12.3 Benennen die beisitzenden Schiedsrichter den Vorsitzenden nicht gemeinsam innerhalb der gemäß Artikel 12.2 gesetzten Frist, wählt der DIS-Ernennungsausschuss den Vorsitzenden aus und bestellt diesen gemäß Artikel 13.2. In diesem Fall muss der Vorsitzende eine andere Nationalität als die Parteien aufweisen, sofern nicht alle Parteien die gleiche Nationalität aufweisen oder die Parteien etwas anderes vereinbart haben. Regelungsschwerpunkte: Art. 12.1 regelt die Benennung der beisitzenden Schiedsrichter durch die Parteien bzw. den DIS-Ernennungsausschuss. → Rz. 1 ff.; Art. 12.2 regelt die Benennung des Vorsitzenden durch die Beisitzer und ermöglicht hierzu eine Abstimmung unter und mit den Parteien. → Rz. 47 ff.; Art. 12.3 regelt die Auswahl und Bestellung des Vorsitzenden durch den DIS-Ernennungsausschuss und enthält eine Neutralitätsklausel. → Rz. 61 ff. Kostenaspekte: Keine Zusatzkosten durch Ersatzauswahl. → Rz. 81 A. Benennung der beisitzenden Schiedsrichter (Art. 12.1) . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Benennung der beisitzenden Schiedsrichter durch die Parteien (Art. 2.1 Satz 1) . . . . . . . . . . . . 1. Bestehende Parteivereinbarung über Dreierschiedsgericht bei Schiedsklageeinreichung . . . . . . 2. Fehlende Parteivereinbarung über Dreierschiedsgericht bei Schiedsklageeinreichung . . . . . . 3. Allgemeines zu den Fristen und Zeitpunkten . . . . . . . . . . . . . . . 4. Auswahlkriterien . . . . . . . . . . . 5. Form der Benennung . . . . . . . . VI. Auswahl und Bestellung der beisitzenden Schiedsrichter durch den DIS-Ernennungsausschuss (Art. 12.1 Satz 2) . . . . . . . . . . . 1. Keine Benennung eines beisitzenden Schiedsrichters durch eine der Parteien . . . . . . . . . . . 2. Auswahl und Bestellung der beisitzenden Schiedsrichter durch den DIS-Ernennungsausschuss (Art. 12.1 Satz 2) . . . . . . . . . . .
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__ __ _ _ _ _ __ _ _ _ _ 1 1 3 9
11 12 15 18 25 36 39
41 41
45
B. Benennung des Vorsitzenden durch die Beisitzer (Art. 12.2) . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Gemeinsame Benennung des Vorsitzenden durch die Beisitzer (Art. 12.2 Satz 1) . . . . . . . . . . . VI. Abstimmung der Beisitzer mit den Parteien (Art. 12.2 Satz 2) . . C. Auswahl und Bestellung des Vorsitzenden durch den DISErnennungsausschuss (Art. 12.3) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Auswahl und Bestellung des Vorsitzenden durch den DIS-Ernennungsausschuss (Art. 12.3 Satz 1) VI. Neutralitätsklausel (Art. 12.3 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Abweichende Vereinbarungen .
__ __ _ _ _ __ __ _ _ __ _ 47 47 48 50 51 52 58
61 61 62 66 68 69 76 81 82
Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern | Art. 12 DIS-SchO Literatur: Armbrüster/Wächter, Ablehnung von Schiedsrichtern wegen Befangenheit im Verfahren, SchiedsVZ 2017, 213 ff.; Besch/Kreuzeder, Die neue DIS-Schiedsgerichtsordnung – eine Zusammenfassung der ab 1.3.2018 geltenden Änderungen, RIW 2018, 256 ff.; Elsing, Schiedsrichterliche Unabhängigkeit – Vorurteile und Wirklichkeit, SchiedsVZ 2019, 16 ff.; Elsing/Shchavelev, Die neue DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018, IPRax 2018, 461 ff.; Greenwood/Baker, Getting a Better Balance on International Arbitration Tribunals, Arbitration International, Vol. 28 Issue 4 (2012), S. 653 ff.; Hantke, Die Bildung des Schiedsgerichts, SchiedsVZ 2003, 269 ff.; Kröll, Die Entwicklung des Rechts der Schiedsgerichtsbarkeit in den Jahren 2003 und 2004, NJW 2005, 194 ff.; López, Practical Criteria for Selecting International Arbitrators, Journal of International Arbitration, Vol. 31 Issue 6 (2014), S. 795 ff.; Mazza/Menz, Neuerungen in der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung im Überblick, SchiedsVZ-Beilage 2018, 39 ff.; Menon, Adjudicator, Advocate, or Something in Between? Coming to Terms with the Role of the Party-appointed Arbitrator, Journal of International Arbitration, Vol. 34 Issue 3 (2017), S. 347 ff.; Miles, Practical Issues for Appointment of Arbitrators, Journal of International Arbitration, Vol. 20 Issue 3 (2003), S. 219 ff.; Pörnbacher/Lederer, Die Reform der DIS-Schiedsgerichtsordnung, BB 2018, 707 ff.; Prütting, Die rechtliche Stellung des Schiedsrichters, SchiedsVZ 2011, 233 ff.; Schütze, Die Besetzung eines internationalen Schiedsgerichts und das anwendbare Recht, in: Recht ohne Grenzen, FS Kaissis zum 65. Geburtstag (2012), S. 887 ff.; Schwing, Don’t Rage Against the Machine: Why AI May Be the Cure for the ‘Moral Hazard’ of Party Appointments, Arbitration International, Vol. 36 Issue 4 (2020), S. 491 ff.; Webster, Selection of Arbitrators in a Nutshell, Journal of International Arbitration, Vol. 19 Issue 3 (2002), S. 264 ff.; Weigand, Der nebenberuflich tätige Schiedsrichter, in: Grenzüberschreitungen: Beiträge zum Internationalen Verfahrensrecht und zur Schiedsgerichtsbarkeit, FS Peter Schlosser zum 70. Geburtstag (2005), S. 1081 ff.
A. Benennung der beisitzenden Schiedsrichter (Art. 12.1) I. Normzweck Allgemein. Art. 12 regelt die Benennung bzw. Auswahl und Bestellung der 1 Schiedsrichter eines Dreierschiedsgerichts in einer Zwei-Parteienkonstellation (zu Mehrparteienverfahren vgl. Art. 20 Rz. 14). Im Grundsatz regelt Art. 12 hierbei den Vorrang der Parteiautonomie bei der Benennung der beisitzenden Schiedsrichter (Beisitzer). Mittelbar kann die Parteiautonomie auch – durch Abstimmung der Parteien mit den von ihnen benannten Beisitzern – bei der Benennung des Vorsitzenden eine Rolle spielen. Lediglich wenn eine Benennung durch die Parteien bzw. Beisitzer nicht (fristgemäß) erfolgt, sichert die subsidiäre Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter durch den DIS-Ernennungsausschuss den Fortgang des Verfahrens und der Bildung eines Dreierschiedsgerichts. Art. 12.1 regelt das Verfahren zur Benennung der von den Parteien zu benen- 2 nenden Beisitzer eines Dreierschiedsgerichts. Das paritätische Benennungsrecht dient der Waffengleichheit der Parteien bei der Einflussnahme auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichts.
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Art. 12 DIS-SchO | Das Schiedsgericht II. Reform 3 Nach den früher geltenden § 6 Abs. 2 Nr. 5 und § 12 Abs. 1 DIS-SchO 1998
standen Zeitpunkt und Frist zur parteiseitigen Benennung der Schiedsrichter bei einem Dreierschiedsgericht grds. von vorneherein fest. Die schiedsklägerseitige Benennung musste nach § 6 Abs. 2 Nr. 5 DIS-SchO 1998 zwingend mit der Schiedsklage erfolgen. Für die schiedsbeklagtenseitige Schiedsrichterbenennung war nach § 12 Abs. 1 DIS-SchO 1998 eine – verlängerbare – Frist von 30 Tagen nach Empfang der Schiedsklage vorgesehen. § 12 Abs. 1 Satz 2 DIS-SchO 1998 regelte zudem die Ersatzbenennung des vom Schiedsbeklagten zu benennenden Schiedsrichters durch den DIS-Ernennungsausschuss auf Antrag des Schiedsklägers. Umgekehrt blieb eine Benennung durch den Schiedsbeklagten auch nach Ablauf der 30-Tage-Frist rechtzeitig, solange noch kein Antrag des Schiedsklägers auf Ersatzbenennung bei der DIS-Geschäftsstelle eingegangen war (§ 12 Abs. 1 Satz 4 DIS-SchO 1998).
4 Nach den neuen Regelungen in Art. 12.1, Art. 5.2. (vii) bzw. Art. 7.1. (i) hat die
Benennung eines Schiedsrichters in der Schiedsklage nur noch zu erfolgen, „sofern dies gemäß dieser Schiedsgerichtsordnung erforderlich ist“ (vgl. Art. 5 Rz. 31). Dies ist dann der Fall, wenn die Parteien bereits eine Vereinbarung über das Bestehen des Schiedsgerichts aus drei Schiedsrichtern geschlossen haben. Nur dann ist es bei einem Dreierschiedsgericht erforderlich, dass der Schiedskläger bereits in der Schiedsklage einen Schiedsrichter und der Schiedsbeklagte in Reaktion hierauf seinen Schiedsrichter innerhalb 21 Tagen (statt früher 30 Tagen) benennt. Andernfalls ist es nicht mehr in jedem Fall zwingend, dass der Schiedskläger bereits in der Schiedsklage einen Schiedsrichter benennt bzw. der Schiedsbeklagte seinen Schiedsrichter innerhalb einer bestimmten Frist.
5 Fehlt es (zunächst) an einer Vereinbarung über die Anzahl der Schiedsrichter,
muss eine etwaige Benennung gemäß Art. 12.1 erst erfolgen, nachdem die Parteien sich entweder nachträglich auf ein Dreierschiedsgericht geeinigt haben (Art. 10.1 Satz 1) oder wenn feststeht, dass das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern besteht, weil ein Antrag auf Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter nach Art. 10.2 nicht gestellt oder zurückgewiesen wurde (Art. 10.2 Satz 3). Die für einen Antrag nach Art. 10.2 geltenden Fristen sind hierbei offen, dürften sich aber an der 21-Tage-Frist orientieren (s. Art. 10 Rz. 41).
6 Nach der neuen Regelung in Art. 12.1 – und insoweit parallel zur Struktur des
neuen Art. 11 Satz 1 und 2 – wird der DIS-Ernennungsausschuss bei Nichtbenennung der beisitzenden Schiedsrichter durch die Parteien von Amts wegen tätig. Anders als nach § 12 Abs. 1 Satz 2 DIS-SchO 1998 bedarf es hierfür keines Antrags mehr.
7 Ein weiterer Unterschied besteht aufgrund der neuen Struktur (s. Rz. 4) darin,
dass die Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss sich nunmehr auf beide parteiseitig zu benennenden Schiedsrichter – und nicht mehr wie nach § 12 Abs. 1 DIS-SchO 1998 nur auf den schiedsbeklagtenseitig zu benennenden Schiedsrichter – beziehen kann. 856
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Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern | Art. 12 DIS-SchO
Die Regelung in § 12 Abs. 1 Satz 5 DIS-SchO 1998, wonach eine Benennung ab 8 Empfang durch die DIS-Geschäftsstelle bindend wurde, ist in Art. 12 nicht mehr enthalten.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Art. 12 ist eine gegenüber § 1035 Abs. 1 ZPO vorrangige Parteivereinbarung. 9 § 1035 Abs. 2, 3 Satz 2 ZPO besitzt daher neben Art. 12 keine eigenständige Bedeutung in DIS-Verfahren. Die Unterschiede zwischen Art. 12.1 und § 1035 Abs. 2, 3 Satz 2 und 3 ZPO äh- 10 neln den eingangs genannten Unterschieden zwischen Art. 12.1 und § 12 Abs. 1 DIS-SchO 1998. § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO sieht eine Monatsfrist für die Ausübung des Bestellungsrechts ab Aufforderung durch die andere Partei vor. Eine Ersatzbestellung durch das Gericht erfolgt erst, wenn eine Partei dies beantragt. Eine Unterscheidung zwischen Benennung, Auswahl und Bestellung gibt es in § 1035 ZPO, anders als nach der DIS-SchO, nicht.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Vergleichbare Vorschriften gibt es mangels eines entsprechenden Auswahlrechts 11 hinsichtlich der zuständigen Richter – das ja gerade einer der charakteristischen Vorteile eines Schiedsverfahrens ist – im staatlichen Verfahren nicht.
V. Benennung der beisitzenden Schiedsrichter durch die Parteien (Art. 2.1 Satz 1) Dreierschiedsgericht. Art. 12 kommt nur zur Anwendung, wenn das Schieds- 12 gericht aus drei Schiedsrichtern besteht und einander zwei Parteien gegenüberstehen (vgl. Art. 20). Ein Dreierschiedsgericht beruht entweder auf einer Parteivereinbarung (Art. 10.1 Satz 1) oder folgt, bei Fehlen einer Parteivereinbarung über die Anzahl der Schiedsrichter, aus dem Fehlen oder der Nichtstattgabe eines Antrags auf Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter (Art. 10.2 Satz 3). Art. 12.1 und Art. 12.2 entsprechen der in einem Dreierschiedsgericht bewähr- 13 ten Struktur, wonach jede Partei einen beisitzenden Schiedsrichter ernennt und die so ernannten Beisitzer ihrerseits einen Vorsitzenden benennen (vgl. Art. 11 Abs. 3 Buchst. a, 1. Halbs UNCITRAL ModG; Art. 17 Abs. 4 und 5 VIAC Rules 2021; Art. 11 Abs. 1 und 2 Swiss Rules 2021). Dies ermöglicht eine Mitbestimmung der Parteien bei der Besetzung des Schiedsgerichts nach dem Prinzip der Waffengleichheit bzw. Gleichbehandlung. Sawang/Hauser
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Art. 12 DIS-SchO | Das Schiedsgericht 14 Prozedere. Hinsichtlich der Verfahrensweise bei der Benennung der Beisitzer
durch die Parteien sind zwei Konstellationen zu unterscheiden: Die des Bestehens einer Vereinbarung eines Dreierschiedsgerichts bei Klageeinreichung und die des Fehlens einer solchen Vereinbarung.
1. Bestehende Parteivereinbarung über Dreierschiedsgericht bei Schiedsklageeinreichung 15 Bei bestehender Parteivereinbarung über ein Dreierschiedsgericht bei Klageein-
reichung ist die schiedsklägerseitige Benennung eines Schiedsrichters in der Schiedsklageschrift „erforderlich“ i.S.v. Art. 5.2 (vii) und damit zwingende Voraussetzung einer vollständigen Schiedsklageerhebung (vgl. Art. 5 Rz. 31). In diesem Fall ist auch die schiedsbeklagtenseitige Benennung eines Schiedsrichters „erforderlich“ i.S.v. Art. 7.1 (i) und hat innerhalb von 21 Tagen nach Übermittlung der Schiedsklage – noch vor dem Einreichen der Schiedsklageerwiderung (Art. 7.2) – zu erfolgen (vgl. Art. 7 Rz. 13).
16 Unterbleibt die schiedsklägerseitige Benennung eines Schiedsrichters trotz Er-
forderlichkeit, fordert die DIS den Schiedskläger nach Art. 5.4 unter Fristsetzung zur Ergänzung auf (vgl. Art. 5 Rz. 54). Ergänzt der Schiedskläger seine Schiedsklage nicht innerhalb der Frist, kann die DIS das Verfahren gemäß Art. 42.6 beenden (vgl. Art. 5 Rz. 50, Art. 42 Rz. 70).
17 Unterbleibt die schiedsbeklagtenseitige Benennung innerhalb der 21-Tage-Frist
(und vorbehaltlich einer grds. möglichen Fristverlängerung, Art. 4.9), wird der beisitzende Schiedsrichter des Schiedsbeklagten nach Art. 12.1 Satz 2 durch den DIS-Ernennungsausschuss ausgewählt und bestellt.
2. Fehlende Parteivereinbarung über Dreierschiedsgericht bei Schiedsklageeinreichung 18 Bei fehlender Parteivereinbarung über ein Dreierschiedsgericht bei Schiedskla-
geeinreichung ist weder in der Schiedsklage nach Art. 5.2 (vii) noch in der Mitteilung des Schiedsbeklagten nach Art. 7.1 (i) die Benennung eines beisitzenden Schiedsrichters „erforderlich“.
19 Auch ohne eine solche „Erforderlichkeit“ i.S.v. Art. 5.2 (vii) kann der Schieds-
kläger freilich zur Beschleunigung des Verfahrens bereits einen Schiedsrichter mit der Schiedsklage benennen. Dies kann der Fall sein, wenn die Parteien zwar (noch) keine Vereinbarung über die Anzahl der Schiedsrichter getroffen haben, der Schiedskläger aber jedenfalls ein Dreierschiedsgericht wünscht und nicht beabsichtigt, einen Antrag auf Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter nach Art. 10.2 zu stellen. In diesem Fall kann seine Benennung eines beisitzenden Schiedsrichters entweder als konkludentes Angebot auf Vereinbarung eines Dreierschiedsgerichts verstanden oder von einem ausdrücklichen Angebot begleitet werden (vgl. Art. 10 Rz. 2). Sowohl bei Annahme dieses Angebots durch den Schiedsbeklagten (etwa konkludent durch schiedsbeklagtensei858
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Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern | Art. 12 DIS-SchO
tige Schiedsrichterbenennung) als auch bei Fehlen einer Einigung oder Ausbleiben bzw. Scheitern eines schiedsbeklagtenseitigen Antrags nach Art. 10.2 besteht das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern (Art. 10.2 Satz 3). Fristen. Welche Fristen gelten, wenn eine Benennung mangels entsprechender 20 Vereinbarung (noch) nicht erforderlich ist, regelt die DIS-SchO nicht ausdrücklich. Frist für die Antragstellung nach Art. 10.2 Satz 1. Wie bereits im Rahmen von 21 Art. 10.2 angemerkt (Art. 10.2 Rz. 41), ist die Frist zur Stellung eines Antrags auf Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter nicht ausdrücklich geregelt. Dass ein Schiedsgericht bei Fehlen einer Vereinbarung aus drei Schiedsrichtern besteht, steht jedoch erst fest, wenn innerhalb dieser (im einzelnen festzulegenden) Frist kein Antrag nach Art. 10.2 gestellt oder ein solcher Antrag abgelehnt wurde. Bei der Fristsetzung orientiert sich die DIS in einfachen Fällen i.d.R. an der andernorts einschlägigen 21-Tage-Frist (Art. 7.1 (i), 12.2; vgl. Art. 10 Rz. 41). Frist zu Benennung nach Art. 12.1 Satz 1. Gleichermaßen offen ist die Frist 22 zur Benennung des beisitzenden Schiedsrichters, wenn erst nach Schiedsklageeinreichung feststeht, dass das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern bestehen soll. Auch hier liegt eine Orientierung an der 21-Tage-Frist nahe (s. Rz. 5; vgl. Art. 10 Rz. 41. Praxis. I.S.d. mit den neuen Regeln angestrebten Beschleunigung des Verfahrens 23 bei der Bildung des Schiedsgerichts weist die DIS so früh wie möglich auf die Antragsmöglichkeit nach Art. 10.2 hin und setzt i.d.R. eine einheitliche Frist für die Antragstellung bzw. die Benennung eines Beisitzers. Die Frist wird sich in unproblematischen Fällen (für Mehrparteienkonstellationen gilt ohnehin Art. 20) an der 21-Tage-Frist aus Art. 7.1 (i), Art. 12.2 orientieren. Gleichzeitig weist die DIS darauf hin, dass das Schiedsgericht bei fehlender Antragstellung oder Nichtstattgabe eines entsprechenden Antrags aus drei Schiedsrichtern bestehen wird (Art. 10.2 Satz 3). Sofern eine Partei innerhalb dieser Frist einen erfolglosen Antrag auf Bestehen 24 des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter stellt und die andere Partei einen Beisitzer benennt, erhält die erstgenannte Partei lediglich eine kurze Frist zur Benennung eines Beisitzers (für das dann aus drei Schiedsrichtern bestehende Schiedsgericht, Art. 10.2 Satz 3). Dies ist deshalb gerechtfertigt, weil die antragstellende Partei schon vorher weiß, dass sie bei Scheitern ihres Antrags einen Beisitzer benennen muss und es unangemessen schiene, ihr hierfür eine wesentlich längere Frist als der anderen Partei einzuräumen. Aufgrund der Anhörung der anderen Partei und der damit verbundenen Stellungnahmefrist von regelmäßig einer Woche (s. Art. 10 Rz. 42) hat die antragstellende Partei ohnehin von vorneherein mehr Zeit, sich hierüber Gedanken zu machen bzw. vorsorglich Schritte zu unternehmen.
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Art. 12 DIS-SchO | Das Schiedsgericht 3. Allgemeines zu den Fristen und Zeitpunkten 25 Fristberechnung. Die Fristberechnung richtet sich nach Art. 4.7 und 4.8 (vgl.
Art. 11 Rz. 21 und Art. 4 Rz. 61).
26 Fristverlängerung. Die DIS kann die von ihr gesetzten oder in der SchO ge-
nannten Fristen nach ihrem Ermessen verlängern (vgl. Art. 4 Rz. 72). Einseitige Fristverlängerungen werden i.d.R. nur nach Anhörung der anderen Partei gewährt. Ein etwaiger Fristverlängerungsantrag sollte daher frühzeitig gestellt werden. Widerspricht die andere Partei, wird dem Fristverlängerungsantrag für gewöhnlich nur stattgegeben, wenn er sich auf gewichtige sachliche Gründe stützen kann und die beantragte Verlängerung der Frist angemessen erscheint.
27 Praxis. Mangels rechtlicher Grundlage in den neuen Schiedsregeln und ange-
sichts der infolge der DIS-Reform noch weiter gestärkten Bedeutung der Parteiautonomie ist davon auszugehen, dass die DIS eine spätere gemeinsame Änderung einer zuvor bereits gegenüber der DIS erfolgten gemeinsamen Benennung jedenfalls dann berücksichtigen wird, wenn sie innerhalb der von der DIS gesetzten Frist oder jedenfalls vor der Bestellung des Kandidaten (Art. 13) erfolgt. Dafür spricht, dass die Parteien die Geltung des Art. 12 ohnehin abbedingen könnten (Art. 9.7).
28 Bindungswirkung mit Fristablauf. Teilweise wird angesichts des Wegfalls des
früheren § 12 Abs. 1 Satz 5 DIS-SchO 1998 darauf verwiesen, dass in ICCSchiedsverfahren eine Partei ihre Benennung innerhalb der hierfür vorgesehenen Frist ändern kann (vgl. Salger in Salger/Trittmann, § 3 Rz. 63 [Fn. 84]). Dies kommt freilich nur in Betracht, wenn eine Frist zur Anwendung kommt, also nicht hinsichtlich einer bereits bei Klageeinreichung erforderlichen Schiedsrichterbenennung (s. Rz. 15 ff.). Ferner birgt dieser Ansatz den Nachteil, dass bei einer frühen Benennung dennoch der Ablauf der Frist abgewartet werden muss, bevor eine Bestellung erfolgen kann. Das scheint recht formalistisch und wenig effizient.
29 Bindungswirkung erst mit fehlendem Widerspruch/bei Bestellung. Denkbar
wäre auch, dass eine Bindung erst eintritt, wenn die Parteien die Stellungnahmefrist nach Art. 9.5 ungenutzt verstreichen lassen bzw. wenn der Schiedsrichter bei fehlendem Widerspruch der Parteien bestellt wurde und das Schiedsgericht konstituiert ist (Art. 13.4). Dafür könnte sprechen, dass die Parteien möglicherweise erst aufgrund der Offenlegung des Schiedsrichters (Art. 9.4) von (neuen) Umständen erfahren, die Zweifel an dessen Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit begründen. In diesem Fall kann es aus Effizienzgründen und unter dem Gesichtspunkt der Parteiautonomie sinnvoll sein, den Widerspruch zugleich mit der Rücknahme der eigenen Benennung und Neubenennung eines anderen Schiedsrichters zu verbinden.
30 Entfallen der Bindungswirkung. Nimmt ein von den Parteien benannter
Schiedsrichter das Amt nicht an, entfällt die Bindungswirkung und das Benennungsrecht lebt neu auf (Kröll, NJW 2005, 194 [195]). 860
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Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern | Art. 12 DIS-SchO
Ab der Bestellung des Schiedsrichters durch die DIS kann eine Partei nur dann 31 auf eine Ablehnung eines Schiedsrichters oder eine Amtsenthebung nach Art. 16 zurückgreifen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind. Erlöschen des Benennungsrechts. Grundsätzlich sind verschiedene Zeitpunkte 32 (Fristablauf, Eingang des Antrags auf Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss bei der DIS oder bei der anderen Partei, Auswahl durch die DIS, Bestellung durch die DIS) denkbar, ab denen eine Partei ihr Benennungsrecht verlieren kann (vgl. oben zu § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO Rz. 10). Anders als in Art. 11 (vgl. Art. 11 Rz. 39) knüpft die Ersatzauswahl durch den 33 DIS-Ernennungsausschuss im Rahmen von Art. 12.1 nicht an den Ablauf einer Frist („Erfolgt die gemeinsame Benennung nicht innerhalb der von der DIS gesetzten Frist“, Art. 11 Satz 2), sondern an die fehlende Benennung („Benennt eine der Parteien keinen Schiedsrichter“) an. Dies spricht dafür, dass – im Unterschied zu Art. 11 Satz 2 – das Benennungsrecht nicht grds. bereits mit Fristablauf erlischt. Das Benennungsrecht der Partei erlischt nach dem Wortlaut von Art. 12.1 erst, wenn im Zeitpunkt der Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss keine Benennung vorliegt. Dafür spricht (neben der Parteiautonomie), dass bei einer Ausübung des Benennungsrechts vor Ersatzauswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss keine Verfahrensverzögerung zu befürchten ist. Der Zweck der Einschaltung des DIS-Ernennungsausschusses wird erreicht, ohne dass eine der Parteien ihres Benennungsrechts verlustig gehen müsste (vgl. Rz. 32). Der danach im Vergleich zu Art. 11 erst später eintretende Verlust des Benen- 34 nungsrechts lässt sich – neben dem unterschiedlichen Wortlaut der Vorschriften – damit begründen, dass Art. 11 das Erlöschen des gemeinsamen Benennungsrechts betrifft und insoweit eine Ersatzauswahl nicht die Waffengleichheit der Parteien berührt. Demgegenüber betrifft Art. 12.1 Satz 2 das einseitige Ernennungsrecht einer Partei. Hier kann eine Ersatzauswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss ein potentielles Ungleichgewicht herbeiführen, wenn eine Partei ihren Beisitzer selbst ausgesucht hat, die andere ihren hingegen nicht. Praxis. Wie im Rahmen von Art. 11 (dort Art. 11 Rz. 26) wird auch hier gelten, 35 dass die DIS zunächst eine einzelfallabhängige, offene Handhabung praktizieren wird, bis sich ggf. eine neue Praxis herausgebildet hat. Vorsorglich ist der Partei in jedem Fall anzuraten, im Falle von Verzögerungen bei der Benennung ihres Beisitzers und drohender Fristüberschreitung frühzeitig (s. Rz. 26) eine Fristverlängerung zu beantragen. 4. Auswahlkriterien Auswahl des Schiedsrichters. Die Parteien sind bei der Auswahl frei und kön- 36 nen sich bei Bedarf Anregungen von der DIS geben lassen (Art. 9.2). Hinsichtlich möglicher Auswahlkriterien, Auswahlmethoden und strategischer Überlegungen wird auf die Ausführungen im Rahmen von Art. 11 entsprechend verSawang/Hauser
| 861
Art. 12 DIS-SchO | Das Schiedsgericht wiesen. Daneben gibt es folgende Besonderheiten bei der Benennung eines beisitzenden Schiedsrichters in einem Dreierschiedsgericht. 37 Nichtjuristen. Bei einem Dreierschiedsgericht kann es – anders als bei einem
Einzelschiedsrichter (vgl. Art. 10 Rz. 14) – in einem technisch geprägten Rechtsstreit sinnvoll sein, einen technisch versierten Nichtjuristen als Beisitzer zu benennen. Strategisch hiervon abgeraten wird indes, wenn der Nichtjurist einer Überzahl von Juristen gegenüberstehen würde. Dem liegt die Erwartung zugrunde, dass der Nichtjurist in einer solchen Konstellation Schwierigkeiten haben könnte, sich durchzusetzen. Abhilfe kann hier ggf. eine Parteivereinbarung schaffen, dass beide Beisitzer Nichtjuristen sein müssen, der Vorsitzende jedoch ein im anwendbaren Recht qualifizierter Jurist sein muss (vgl. Art. 11 Rz. 13 f.).
38 Nationalität. Wenn die Parteien aus unterschiedlichen Ländern stammen, mag
es aus Sicht der Parteien zunächst naheliegend sein, dass diese jeweils einen Beisitzer aus ihrer jeweiligen Heimat (und Rechtskultur) bestellen. Sofern jedoch – was häufig der Fall ist – das am Sitz einer der Parteien geltende materielle Recht anwendbar ist, besteht bei einem solchen Vorgehen die Gefahr, dass eine Partei einen konzeptionellen Vorteil besitzt. In der Regel wird dann nur der von ihr ernannte Beisitzer das anwendbare Recht kennen. Konzeptionelle Waffengleichheit kann in einem solchen Fall am besten erreicht werden, wenn die andere Partei einen Beisitzer ernennt, der zwar aus ihrem Herkunftsland stammt, aber dennoch des fremden anwendbaren Rechts kundig ist. Falls es keine geeigneten Kandidaten mit dieser Doppelqualifikation gibt, kann es sinnvoll sein, eher auf das Kriterium einer bestimmten Staatsangehörigkeit als auf die relevante Rechtskenntnis des Beisitzers zu verzichten. Andernfalls besteht die Gefahr, dass bei fehlender gemeinsamer Benennung des Vorsitzenden durch die Beisitzer der DIS-Ernennungsausschuss nach Art. 12.3 einen Vorsitzenden einer neutralen Nationalität auswählt (unten Art. 12.3 Satz 2, vgl. Art. 11 Rz. 50 ff.). Dieser wird – bei Fehlen von Kandidaten mit der bereits erwähnten Doppelqualifikation – das anwendbare materielle Recht regelmäßig nicht kennen. In diesem Fall wird der des anwendbaren materiellen Rechts allein kundige Beisitzer den Ausgang des Rechtsstreits potentiell stärker beeinflussen können als der nicht einschlägig qualifizierte Beisitzer. Namentlich besteht dann das Risiko, dass der insoweit rechtsunkundige Vorsitzende sich eher der Auffassung des rechtskundigen Beisitzers anschließen wird als der des anderen Beisitzers (vgl. Schütze, FS Kaissis, S. 887 [894] unter Verweis auf die sog. Stockholmfälle). 5. Form der Benennung
39 Form der Benennung. Hinsichtlich der Form gelten dieselben Grundsätze wie
im Rahmen von Art. 11 (s. Art. 11 Rz. 31). Aus Gründen der Rechtssicherheit empfiehlt sich eine schriftliche Benennung und Übermittlung nach Art. 3.2, Art. 4 (ggf. mit der Schiedsklage nach Art. 4.2, s. Art. 4 Rz. 20 ff.).
40 Sofern die Benennung bereits erforderlich i.S.v. Art. 7.1 (i) (s. Rz. 4) ist, wird das
Benennungsschreiben die erste Kontaktaufnahme des Schiedsbeklagten mit dem 862
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Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern | Art. 12 DIS-SchO
DIS-Sekretariat sein. Sofern ein Schiedsbeklagtenvertreter bestellt ist, wird dies regelmäßig mit der Vertretungsanzeige einhergehen.
VI. Auswahl und Bestellung der beisitzenden Schiedsrichter durch den DIS-Ernennungsausschuss (Art. 12.1 Satz 2) 1. Keine Benennung eines beisitzenden Schiedsrichters durch eine der Parteien Keine Benennung eines beisitzenden Schiedsrichters durch eine der Parteien. 41 Eine Ersatzauswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss von Amts wegen setzt voraus, dass (mindestens) eine Partei keinen beisitzenden Schiedsrichter benannt hat. Eine fehlende Benennung kann auf unterschiedliche Gründe zurückzuführen sein: Auf die Weigerung einer Partei, einen beisitzenden Schiedsrichter zu benennen (oft verbunden mit der Weigerung der Partei, an dem Schiedsverfahren teilzunehmen bzw. dieses anzuerkennen), und auf die fehlende Benennung innerhalb einer hierfür gesetzten Frist (zu den relevanten Fristen s. Rz. 20 ff.). Frist. Das Versäumen einer Frist ist ungeschriebenes, aber logisch zwingendes 42 Tatbestandsmerkmal des Art. 12.1. Andernfalls stünde nie fest, ob keine oder lediglich noch keine Benennung vorliegt. Es wäre folglich unklar, ab wann der DISErnennungsausschuss tätig werden müsste. Im Unterschied zu der vergleichbar aufgebauten Regelung in Art. 11 nimmt Art. 12.1 jedoch nicht ausdrücklich auf eine hierfür seitens der DIS gesetzte Frist Bezug (vgl. Rz. 32 zum Erlöschen des Benennungsrechts). Im Übrigen gilt das zur Fristberechnung und -verlängerung bereits im Rahmen des Art. 11 Gesagte entsprechend (s. Art. 11 Rz. 21 f.). Es wird vertreten, dass schon keine Benennung vorliege, wenn die erfolgte Be- 43 nennung eklatant rechtsmissbräuchlich ist und nur dem Ziel einer Verfahrensverzögerung dienen soll (str., vgl. OLG Bremen v. 25.10.1971 – 1 W 74/71 = NJW 1972, 454 zu § 1029 ZPO a.F.; abweichend bei § 1035 Abs. 3 ZPO; Voit in Musielak/Voit, § 1035 ZPO Rz. 10). Derlei Fälle dürften indes höchst selten vorkommen. Nicht geregelt ist, wie nach einer gescheiterten Benennung zu verfahren ist, de- 44 ren Nichtzustandekommen (etwa wegen Interessenkonflikts, Nichtverfügbarkeit) nicht von vorneherein absehbar war. Diese wird man nicht ohne weiteres mit einer fehlenden Benennung gleichsetzen können, so dass die Partei zumindest dann ihr Benennungsrecht erneut ausüben können darf. Schwieriger ist die Frage, wie nach einem erneuten Scheitern der Benennung vorzugehen ist. Teilweise wird befürwortet, dass nach zweimaliger Nichtbestellung die Benennung als nicht erfolgt anzusehen ist und das Auswahlrecht auf den DIS-Ernennungsausschuss übergeht (Theune, in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Kapitel III, Art. 12 DIS-SchO Rz. 6). Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass es sich dann um einen Fall gezielter Verfahrensverzögerung handelt. Um einen Verlust ihres Benennungsrechts zu vermeiden, kann der Partei daher nur angeraten werden, vor einer Benennung die Verfügbarkeit und Bereitschaft des poSawang/Hauser
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Art. 12 DIS-SchO | Das Schiedsgericht tentiellen Schiedsrichters sowie das Fehlen von Interessenkonflikten zu eruieren (zur Zulässigkeit solcher Sondierungsgespräche Art. 11 Rz. 17 f.). 2. Auswahl und Bestellung der beisitzenden Schiedsrichter durch den DIS-Ernennungsausschuss (Art. 12.1 Satz 2) 45 Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss. Die Auswahl durch den DIS-
Ernennungsausschuss (vgl. zum DIS-Ernennungsausschuss Art. 2 Rz. 35) erfolgt von Amts wegen. Das DIS-Sekretariat weist i.d.R. bereits vorher entweder mit der Übermittlung der Schiedsklage an den Schiedsbeklagten oder mit gesondertem Schreiben anlässlich der Fristsetzung gegenüber beiden Parteien hierauf hin (vgl. Rz. 16). Zur Vorgehensweise des DIS-Ernennungsausschusses bei der Auswahl wird auf die entsprechenden Ausführungen unter Art. 11 verwiesen.
46 Bestellung durch den DIS-Ernennungsausschuss. Gemäß Art. 13.1 wird jedes
Mitglied des Schiedsgerichts, unabhängig davon, ob es von einer Partei oder einem Beisitzer benannt wurde, von der DIS bestellt. Nur diese Bestellung durch die DIS, nicht die Benennung selbst, begründet das Mandat des Schiedsrichters. Nach Art. 13.2, Art. 13.3 entscheidet der DIS-Ernennungsausschuss über die Bestellung. Sofern keine der Parteien der Bestellung des ausgewählten Schiedsrichters fristgemäß widerspricht (Art. 9.5), kann auch der DIS-Generalsekretär über die Bestellung entscheiden (vgl. Art. 11 Rz. 33, Rz. 48, Art. 13 Rz. 21 ff.).
B. Benennung des Vorsitzenden durch die Beisitzer (Art. 12.2) I. Normzweck 47 Art. 12.2 etabliert den in DIS-Schiedsverfahren anwendbaren Grundsatz, dass
der Vorsitzende eines Dreierschiedsgerichts gemeinsam durch die beisitzenden Schiedsrichter benannt wird. Art. 12.2 Satz 1 regelt das hierfür anwendbare Verfahren. Die Klarstellung in Satz 2 soll etwaige Unsicherheiten hinsichtlich der Zulässigkeit einer Abstimmung zwischen den Parteien und den Beisitzern beseitigen.
II. Reform 48 Im Zuge der mit der Reform beabsichtigten Beschleunigung des Verfahrens
wurde die früher geltende 30-Tage-Frist des § 12 Abs. 2 Satz 3 DIS-SchO 1998 in Art. 12.2 Satz 1 verkürzt. Im Einklang mit den andernorts (Art. 7.1 (i)) vorgesehenen Fristen gilt nunmehr eine Frist von 21 Tagen. Die kürzeren Fristen sollen dazu beitragen, dass eine schnellere Konstituierung des Schiedsgerichts erfolgen kann.
49 Art. 12.2 Satz 2 stellt klar, dass die Beisitzer sich zum Zwecke der Benennung
des Vorsitzenden mit den Parteien abstimmen dürfen (aber nicht müssen). Die Klarstellung entspricht Art. 5 Abs. 2 IBA Rules of Ethics for International Arbi-
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Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern | Art. 12 DIS-SchO
trators und soll bisherige Unsicherheiten hinsichtlich der Zulässigkeit einer solchen Abstimmung beseitigen. Umgekehrt wurde die frühere Regelung in § 12 Abs. 2 Satz 2, wonach die Schiedsrichter übereinstimmende Wünsche der Parteien berücksichtigen „sollen“, zwar aufgegeben. Soweit eine übereinstimmende Parteivereinbarung vorliegt, wird diese aber dennoch zu berücksichtigen sein.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Art. 12.2 ist eine Parteivereinbarung i.S.v. § 1035 Abs. 1 ZPO. Art. 12.2 geht der 50 vergleichbaren Regelung in § 1035 Abs. 3 Satz 3 Var. 2, Satz 4 Var. 2 ZPO vor.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Es gibt keine entsprechenden Vorschriften im staatlichen Verfahren.
51
V. Gemeinsame Benennung des Vorsitzenden durch die Beisitzer (Art. 12.2 Satz 1) Gemeinsame Benennung des Vorsitzenden durch die Beisitzer. Nach Art. 12.2 52 Satz 1 benennen die beiden parteibenannten Beisitzer gemeinsam den Vorsitzenden. Dies trägt dem Gedanken Rechnung, dass die Beisitzer regelmäßig am besten in der Lage sein werden, einen Vorsitzenden auszusuchen, der ihren Bedürfnissen und denen des spezifischen Schiedsverfahrens gerecht wird. Das im Rahmen von Art. 11 zu Auswahlkriterien Gesagte gilt hier entsprechend (Art. 11 Rz. 9). Prozedere. Anders als bei der einseitigen Benennung des Beisitzers erfolgt die Be- 53 nennung des Vorsitzenden unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen. Die Person des Vorsitzenden wird daher selten auf die erste Wahl einer Partei (oder beider Parteien) zurückgehen, sondern häufig das Ergebnis eines Kompromisses sein. Ob ein solcher Kompromiss erzielt werden kann, hängt u.a. von der Alternative, insb. der Attraktivität einer Ersatzauswahl ab. Immerhin geben die Parteien und die Beisitzer bei Scheitern einer Einigung jeglichen Einfluss darüber, wer Vorsitzender sein soll, an den DIS-Ernennungsausschuss ab. Teilweise wird das Scheitern einer Einigung daher als Indikator gewertet, wie streitig das Verfahren bzw. wie zerrüttet das Verhältnis der Parteien insgesamt ist. Sollte das Verhältnis nicht ganz zerrüttet sein, ist es im Übrigen denkbar (und empfehlenswert), dass die Parteien der Institution zumindest gewisse Kriterien vorgeben, auf die sie sich einigen konnten, z.B. Sprachkenntnisse, Erfahrung, Qualifikation, etc. Auswahl. Die neue DIS-SchO schreibt nicht mehr vor, dass der Vorsitzende Ju- 54 rist sein muss (anders noch § 2 Abs. 2 DIS-SchO 1998). Dennoch empfiehlt es sich – schon wegen seines möglichen Alleinentscheidungsrechts nach Art. 14.2 Sawang/Hauser
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Art. 12 DIS-SchO | Das Schiedsgericht Satz 2 und zur Vermeidung von aufhebungsbegründenden Verfahrensfehlern –, einen Juristen als Vorsitzenden zu benennen. Zur Qualifikation des Vorsitzenden gelten die zum Einzelrichter angestellten Erwägungen im Übrigen entsprechend. Zusätzlich zu beachten sind in einem Dreierschiedsgericht soziale und persönliche Merkmale eines Kandidaten, die – anders als bei einem Einzelschiedsrichter – aufgrund der Zusammenarbeit mit den Beisitzern von größerer Bedeutung sein können. 55 Benennung. Die parteibenannten Beisitzer sind bei ihrer gemeinsamen Benen-
nung des Vorsitzenden an wirksam zwischen den Parteien vereinbarte Kriterien gebunden.
56 Form der Benennung. Zur Form der Benennung wird auf die Ausführungen zu
Art. 11 verwiesen (vgl. Art. 11 Rz. 31).
57 Frist. Nach Art. 12.2 haben die Beisitzer den Vorsitzenden innerhalb einer Frist
von 21 Tagen ab Aufforderung durch die DIS gemeinsam zu benennen. Das DIS-Sekretariat weist beide Beisitzer bereits unmittelbar nach Empfang ihrer Benennung schriftlich hierauf hin. Eine ausdrückliche Aufforderung ergeht sodann unmittelbar nach der – regelmäßig für beide Beisitzer zeitgleich erfolgenden – Bestellung. Innerhalb dieser Frist ist idealerweise die generelle Verfügbarkeit und Bereitschaft potentieller Kandidaten zu klären und der Vorsitzende – regelmäßig im Zuge eines Ausschlussverfahrens auf Grundlage mehrerer wechselseitiger Vorschläge – zu bestimmen. Zur Beschleunigung können benannte, aber noch nicht bestellte Beisitzer bereits Kontakt mit den Parteien und ggf. untereinander aufnehmen, um sich über die Auswahl des Vorsitzenden abzustimmen. Das zur Fristberechnung (Art. 4.7, 4.8) und -verlängerung (Art. 4.9) bereits im Rahmen des Art. 11 Gesagte gilt entsprechend (Art. 11 Rz. 21 f.).
VI. Abstimmung der Beisitzer mit den Parteien (Art. 12.2 Satz 2) 58 Abstimmung der Beisitzer mit den Parteien. Art. 12.2 Satz 2 stellt klar, dass
die Parteien und die beisitzenden Schiedsrichter sich über die Auswahl des Vorsitzenden abstimmen dürfen. Dies entsprach bereits unter Geltung der DISSchO 1998 der h.M. Gleichzeitig geht aus der neuen Regelung hervor, dass nach der DIS-SchO keine Pflicht der Beisitzer besteht, sich mit den Parteien abzustimmen oder gar Weisungen zu befolgen. Dennoch sind nur wenige Konstellationen vorstellbar, in denen die Beisitzer sich über explizite Wünsche einer Partei hinwegsetzen werden. Zudem gilt auch hier, dass etwaige Parteivereinbarungen, etwa eine vertragliche Verständigung über die Person des Vorsitzenden, zu beachten sind (Art. 9.7).
59 Falls eine Partei eine Abstimmung nach Art. 12.2 Satz 2 wünscht, sollte sie be-
reits im Rahmen der Sondierungsgespräche mit potentiellen Kandidaten hierauf hinweisen. Nach dem Wortlaut ist sowohl die Abstimmung des Beisitzers mit der Partei zulässig, die ihn benannt hat, als auch die gemeinsame Abstimmung beider Beisitzer mit beiden Parteien. Eine Abstimmung dient dem Ziel, einen 866
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Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern | Art. 12 DIS-SchO
Vorsitzenden zu bestimmen, der nicht nur das Vertrauen der Beisitzer, sondern auch das der Parteien genießt. Form der Abstimmung. Eine bestimmte Vorgehensweise bei der Abstimmung 60 ist nicht vorgeschrieben. Diese kann formlos über telefonische Rücksprache oder auch per E-Mail erfolgen. Gängig ist der Austausch von Listen. Üblich ist etwa die Vereinbarung bestimmter Auswahlkriterien, z.B. Nationalität und fachliche Qualifikation, und ein wechselseitiger Austausch getrennter Listen der Parteien bzw. ihrer Beisitzer in der Hoffnung auf eine Übereinstimmung. Eine andere verbreitete Vorgehensweise ist die Erstellung einer gemeinsamen Shortlist durch die Beisitzer, von der die Parteien Kandidaten streichen und ranken können.
C. Auswahl und Bestellung des Vorsitzenden durch den DIS-Ernennungsausschuss (Art. 12.3) I. Normzweck Art. 12.3 stellt den zügigen Fortgang der Bildung des Schiedsgerichts sicher, 61 wenn die Beisitzer keine Einigung hinsichtlich der gemeinsamen Benennung eines Vorsitzenden innerhalb der 21-Tage-Frist erzielen können. In diesem Fall erfolgt die Auswahl und Bestellung von Amts wegen durch den DIS-Ernennungsausschuss. Die Regelung ist bis auf die in Art. 12.2 bereits vorgegebene 21-Tage-Frist identisch mit Art. 11 Satz 2. Auf die dortigen Ausführungen kann daher weitgehend verwiesen werden (vgl. Art. 11 Rz. 34 ff.).
II. Reform Wie bereits ausgeführt, wurde die frühere 30-Tage-Frist durch die neue 21-Tage- 62 Frist des Art. 12.2 ersetzt, an die Art. 12.3 anknüpft (s. Rz. 57). Zudem wurde auch hier – im Gleichlauf mit den Regelungen in Art. 11 Satz 2, 63 12.1 Satz 2 – das frühere Antragserfordernis zugunsten einer Tätigkeit des DISErnennungsausschusses von Amts wegen aufgegeben. Alleinige Voraussetzung für die Auswahl und Bestellung des Vorsitzenden durch den DIS-Ernennungsausschuss von Amts wegen ist nunmehr der fruchtlose Ablauf der 21-Tage-Frist (vgl. dazu Art. 11 Rz. 35). Anders als früher bedarf es folglich eines Fristverlängerungsantrags, falls die Bei- 64 sitzer mehr Zeit für die gemeinsame Benennung des Vorsitzenden benötigen (vgl. Art. 11 Rz. 36). Der Antrag wird von den Parteien gestellt. In der Praxis kann ein solcher Antrag auch von den Beisitzern ausgehen, sofern die Parteien hiermit einverstanden sind und dies ggf. erklären. Neu ist auch die – Art. 11 Satz 3 entsprechende – sog. Neutralitätsklausel (vgl. 65 Art. 11 Rz. 52 ff.), welche die konzeptionelle Unabhängigkeit des Vorsitzenden sicherstellen soll. Sawang/Hauser
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Art. 12 DIS-SchO | Das Schiedsgericht III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 66 Art. 12.3 ist eine abweichende Parteivereinbarung i.S.v. § 1035 Abs. 1 Satz 1
ZPO und geht damit § 1035 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 ZPO vor.
67 In § 1035 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist die Ersatzauswahl des sog. dritten Schiedsrich-
ters durch den Ablauf der Monatsfrist und den Antrag einer Partei bedingt. Hinsichtlich der Ersatzbestellung gilt § 1035 Abs. 5 ZPO, demzufolge zwischen den Parteien vereinbarte Voraussetzungen und Gesichtspunkte der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit des Schiedsrichters zu berücksichtigen sind. Hierbei soll auch die Bestellung eines Schiedsrichters in Erwägung gezogen werden, der eine andere Nationalität als die Parteien hat.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 68 Eine vergleichbare Regelung existiert im staatlichen Gerichtsverfahren nicht.
V. Auswahl und Bestellung des Vorsitzenden durch den DISErnennungsausschuss (Art. 12.3 Satz 1) 69 Keine gemeinsame Ernennung innerhalb der 21-Tage-Frist. Voraussetzung
für die Auswahl und Bestellung des Vorsitzenden durch den DIS-Ernennungsausschuss ist die fehlende Benennung eines Vorsitzenden innerhalb der nach Art. 12.2 vorgeschriebenen Frist von 21 Tagen ab Aufforderung durch die DIS (s. Art. 11 Rz. 19). Hinsichtlich der Fristsetzung, Fristberechnung und Fristverlängerung gelten die zu Art. 11 gemachten Ausführungen entsprechend (Art. 11 Rz. 20 ff.).
70 Das Scheitern einer gemeinsamen Benennung kann bereits ein Zeichen dafür
sein, wie ausgeprägt der zwischen den Parteien bestehende Konflikt ist. Immerhin geben sie aufgrund ihrer fehlenden Kompromissfähigkeit hinsichtlich der gemeinsamen Benennung eines Vorsitzenden ein eminent wichtiges und dem Schiedsverfahren eigenes Bestimmungsrecht aus der Hand, das den Verlauf und Ausgang des Schiedsverfahrens erheblich beeinflussen kann. Wegen der potentiell weitreichenden Folgen einer Ersatzauswahl sollte daher stets die Möglichkeit eines gemeinsamen Fristverlängerungsantrags in Betracht gezogen werden.
71 Erlöschen des Benennungsrechts. Wie in Art. 11 Satz 2 gilt auch im Rahmen
von Art. 12.3 Satz 1 Halbs. 1, dass nach dem Wortlaut das Ernennungsrecht der Parteien mit Fristablauf erlischt. Wegen der Parallelität von Formulierung und Interessenlage wird daher auf die dortigen Erläuterungen zur (Un-)Zulässigkeit einer verspäteten Benennung vor Auswahl und Bestellung bzw. nach Auswahl, aber vor Bestellung sowie die derzeit (noch) offene Handhabung seitens der DIS verwiesen (s. Art. 11 Rz. 26 ff.). Auch hier ist den Parteien bzw. Beisitzern vor868
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Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern | Art. 12 DIS-SchO
sorglich anzuraten, bei fortdauernden Verhandlungen über die Person des Vorsitzenden gemeinsam eine Fristverlängerung zu beantragen. Gemeinsamer Antrag auf sofortige Ersatzauswahl. Umgekehrt können die 72 Parteien – wie im Rahmen von Art. 11 – aus Gründen der Verfahrenseffizienz gemeinsam oder auch einseitig eine frühere Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss beantragen, wenn eine gemeinsame Benennung des Vorsitzenden durch die Beisitzer nicht in Frage kommt (vgl. Art. 11 Rz. 41). Zwar liegt das Benennungsrecht bei den Beisitzern. In der Praxis werden Partei und der von ihr benannte Beisitzer sich jedoch abstimmen, und der Mitschiedsrichter wird nichts gegen den Willen der ihn benannt habenden Partei unternehmen. Sofern ein derartiger Antrag nicht gestellt wird, die Aussichten auf eine gemein- 73 same Benennung aber gleichwohl sehr gering oder nicht vorhanden sind, sollten im Laufe der Abstimmung nicht zu viele geeignete Kandidaten durch voraussichtlich aussichtlose Vorschläge „verbrannt“ werden (s. Art. 11 Rz. 17). Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss. Zur Zusammensetzung und 74 Vorgehensweise (Anhörung, Bestellung) des DIS-Ernennungsausschusses wird auf die Darstellung unter Art. 2 (s. Art. 2 Rz. 39) und Art. 11 (s. Art. 11 Rz. 42) Bezug genommen. Auswahlkriterien. Die Ausführungen zu den anwendbaren Auswahlkriterien 75 unter Art. 11 gelten entsprechend (vgl. Art. 11 Rz. 46).
VI. Neutralitätsklausel (Art. 12.3 Satz 2) Andere Nationalität des Vorsitzenden in internationalen Parteikonstellatio- 76 nen. Bei der Auswahl eines Vorsitzenden durch den DIS-Ernennungsausschuss sieht Art. 12.3 Satz 2 als Neuerung zwingend vor, dass der Vorsitzende eine andere Nationalität als die Parteien haben muss, sofern die Parteien nicht die gleiche Nationalität besitzen oder etwas anderes vereinbart haben. Die Regelung entspricht Art. 11 Satz 3, sodass auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen wird (vgl. Art. 11 Rz. 52 ff.). Entsprechend den unter Art. 11 und Art. 12.1 bereits angesprochenen Über- 77 legungen zu den Vor- und Nachteilen einer fremden Nationalität (s. Art. 11 Rz. 57 und Rz. 38) sollten die Parteien bei der Auswahl des Vorsitzenden eines Dreierschiedsgerichts überlegen, ob sie eine Parteivereinbarung zur Rechtskenntnis des Vorsitzenden treffen (Rechtskenntnisklausel) bzw. auf das konzeptionelle Neutralitätskriterium in Form der fremden Staatsangehörigkeit verzichten wollen, wenn nur so die einschlägige Rechtskenntnis sichergestellt werden kann. Sofern die Parteien jeweils einen Beisitzer aus ihrer Jurisdiktion bestellt haben 78 und das Recht am Sitz einer der Parteien anwendbar ist, hat eine Partei einen konzeptionellen Vorteil durch Benennung eines rechtskundigen Beisitzers (s. Rz. 38). Dieser Vorteil kann neutralisiert werden, indem man einen VorsitzenSawang/Hauser
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Art. 13 DIS-SchO | Das Schiedsgericht den benennt, der idealerweise zwar eine andere Staatsangehörigkeit besitzt, aber dennoch des anwendbaren Rechts kundig ist. Falls es keine entsprechenden Kandidaten gibt, kann es für die Partei, die nicht aus der Jurisdiktion des anwendbaren Rechts stammt, dennoch vorteilhaft sein, auf das Kriterium der neutralen Staatsangehörigkeit zu verzichten (s. Art. 11 Rz. 63). Zwar hat sie es dann mit einem Schiedsgericht zu tun, bei dem zwei der Schiedsrichter aus der Jurisdiktion der gegnerischen Partei kommen. Umgekehrt besteht jedoch die Gefahr, dass bei Unkenntnis des Vorsitzenden vom anwendbaren Recht letztlich der parteibenannte Beisitzer den Ausgang des Rechtsstreits bestimmt (s. Rz. 38). 79 Umgekehrt besteht jedoch die Gefahr, dass bei Unkenntnis des Vorsitzenden
vom anwendbaren Recht letztlich der parteibenannte Beisitzer den Ausgang des Rechtsstreits bestimmt (s. Rz. 38).
80 Freilich kann es für eine Partei in einer solchen Konstellation sinnvoll sein, be-
reits bei der Benennung des Beisitzers gesteigerten Wert auf dessen Kenntnis des anwendbaren Rechts zu legen und notfalls auf das Kriterium derselben Nationalität zu verzichten (s. Rz. 77).
D. Kosten 81 Ob eine Schiedsrichterbenennung durch die Parteien oder durch den DIS-Er-
nennungsausschuss erfolgt, hat – anders als bei einer Ersatzbenennung durch die staatlichen Gerichte – keine Auswirkungen auf die Kosten des Schiedsverfahrens. Die hierzu unter Art. 11 gemachten Ausführungen gelten entsprechend (vgl. Art. 11 Rz. 65 ff.).
E. Abweichende Vereinbarungen 82 Die Parteien können von den Bestimmungen in Art. 12 abweichende Verein-
barungen treffen (Art. 9.7) und das Benennungsverfahren in einem Dreierschiedsgericht frei gestalten. Sie können insb. andere Fristen oder ein Antragsrecht vereinbaren. Auch können sie bestimmen, dass die Parteien oder eine Institution anstelle der Beisitzer die Benennung des Vorsitzenden vornehmen. Insoweit gilt das zu Art. 11 Gesagte entsprechend (vgl. Art. 11 Rz. 69 f.).
Artikel 13 Bestellung der Schiedsrichter 13.1 Jedes Mitglied des Schiedsgerichts ist von der DIS zu bestellen. Dies gilt auch dann, wenn es von einer Partei oder den beisitzenden Schiedsrichtern benannt worden ist. 13.2 Über die Bestellung eines Schiedsrichters entscheidet vorbehaltlich des Artikels 13.3 der DIS-Ernennungsausschuss. 870
| Sawang/Hauser und Hauser/Sawang
Bestellung der Schiedsrichter | Art. 13 DIS-SchO
13.3 Über die Bestellung eines Schiedsrichters kann auch der Generalsekretär der DIS entscheiden, sofern keine Partei der Bestellung des betreffenden Schiedsrichters innerhalb der gemäß Artikel 9.5 gesetzten Frist widerspricht. 13.4 Sobald alle Schiedsrichter bestellt sind, ist das Schiedsgericht konstituiert. 13.5 Solange nicht alle von der DIS eingeforderten Beträge bezahlt sind, kann die DIS von der Konstituierung des Schiedsgerichts oder von der Bestellung einzelner Schiedsrichter absehen. Regelungsschwerpunkte: Art. 13 befasst sich mit der Bestellung der Schiedsrichter, durch die der zuvor lediglich benannte bzw. ausgewählte Schiedsrichterkandidat in sein Schiedsrichteramt eingesetzt wird. Art. 13.1 stellt klar, dass nur die Bestellung durch die DIS einen benannten bzw. ausgewählten Schiedsrichterkandidaten zu einem Mitglied des Schiedsgerichts macht. → Rz. 1 ff.; Art. 13.2 und Art. 13.3 regeln die Bestellung durch den DISErnennungsausschuss bzw. den DIS-Generalsekretär. → Rz. 19 ff.; Art. 13.4 stellt klar, dass mit der Bestellung der Konstituierungsvorgang des Schiedsgerichts abgeschlossen ist. → Rz. 34 ff.; Art. 13.5 gibt der DIS die Befugnis, den Bestellungsvorgang von der Bezahlung sämtlicher seitens der Institution eingeforderter Beträge abhängig zu machen. → Rz. 43 ff. Kostenaspekte: Sämtliche Tätigkeiten der DIS im Zusammenhang mit der Schiedsrichterbestellung sind von den DIS-Gebühren umfasst. A. Bestellungserfordernis für jedes Mitglied des Schiedsgerichts (Art. 13.1) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Bestellung der (parteibenannten) Schiedsrichter durch die DIS . . . VI. Sekretäre des Schiedsgerichts bzw. Verwaltungssekretäre . . . . B. Bestellung durch den DISErnennungsausschuss oder den Generalsekretär der DIS (Art. 13.2, Art. 13.3) . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Bestellung der Schiedsrichter durch den DIS-Ernennungsausschuss oder den Generalsekretär der DIS . . . . . . . . . . . .
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19 19 20 23 24
C. Konstituierung des Schiedsgerichts (Art. 13.4) . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Konstituierung . . . . . . . . . . . . . D. Zurückbehaltungsrecht der DIS (Art. 13.5) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Zurückbehaltungsrecht der DIS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Hauser/Sawang
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Art. 13 DIS-SchO | Das Schiedsgericht Literatur: Altenkirch, Die Beendigung des Schiedsrichtervertrages durch den Schiedsrichter, SchiedsVZ 2014, 113; Boog/Wimalasena, The 2018 DIS Rules, ASA Bulletin, 2018, Vol. 36 Issue 1, S. 10 ff.; Dinkela, Reining in the Secretary: The Need to Codify the Role of the Arbitral Secretary, SchiedsVZ 2019, 70 ff.; Elsing/Shchavelev, Die neue DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018, IPRax 2018, 461 ff.; Götz, Der Schiedsrichter zwischen Dienstleistungserbringung und Richtertätigkeit – Zum sogenannten Spruchrichterprivileg im System der Schiedsrichterhaftung, SchiedsVZ 2012, 311 ff.; Hantke, Die Bildung des Schiedsgerichts, SchiedsVZ 2003, 269 ff.; Menz, The fourth arbitrator? Die Rolle des Administrative Secretary im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2015, 210 ff.; Menz/Toscanelli, DIS-Verfahren aus dem Jahre 2015 – Ein statistischer Zwischenstand, SchiedsVZ 2018, 114 ff.; Polkinghorne/Rosenberg, The Role of the Tribunal Secretary in International Arbitration: A Call for a Uniform Standard, abrufbar unter: http://www.ibanet.org/Article/Detail.aspx? ArticleUid= 987D1CFC-3BC2-48D3-959E-E18D7935F542; Polkinghorne, Different Strokes for Different Folks? The Role of the Tribunal Secretary, abrufbar unter: http://kluwer arbitrationblog.com/blog/2014/05/17/different-strokes-for-different-folks-the-role-of-thetribunal-secretary-2/; Prütting, Die rechtliche Stellung des Schiedsrichters, SchiedsVZ 2011, 233 ff.; Theune, Schiedsrichteramt, Schiedsorganisationsvertrag und Schiedsrichtervertrag bei Geltung der DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018, SchiedsVZ 2021, 177 ff.; Zaslowski/Hanessian, The fourth arbitrator: contrasting guidelines on use of law secretaries, abrufbar unter: http://www.lexology.com/library/detail.aspx?g=e7826e7b-0a84-409d-9ebb-af84ad6d1d3f.
A. Bestellungserfordernis für jedes Mitglied des Schiedsgerichts (Art. 13.1) I. Normzweck 1 Die Bestellung der Schiedsrichter ist Voraussetzung für die Konstituierung des
Schiedsgerichts und damit insb. relevant für den Übergang der Verfahrensleitung von der DIS auf das Schiedsgericht (vgl. Art. 14.1; Art. 13.1 Rz. 39) und den Lauf bestimmter Fristen (vgl. Art. 27.2).
2 Die Bestellung gemäß Art. 13 schließt an die Benennung oder Auswahl des
Schiedsrichters (Art. 12 und Art. 13) an. Erst die Bestellung macht den bis zu diesem Zeitpunkt „lediglich“ benannten bzw. ausgewählten Schiedsrichterkandidaten zum Schiedsrichter.
II. Reform 3 Hinsichtlich der Bestellung der Schiedsrichter ersetzt Art. 13 den früheren § 17
DIS-SchO 1998. Im Unterschied zur früheren Regelung stellt die Neuregelung in Art. 13.1 Satz 1 nun explizit klar, dass jedes Mitglied des Schiedsgerichts zu bestellen ist. Das Bestellungserfordernis gilt nicht nur für vom Ernennungsausschuss ausgewählte Schiedsrichter, bei denen das Erfordernis der Bestellung in Art. 11 Satz 2 und Art. 12.1 Satz 2, 12.3 Satz 1 ausdrücklich erwähnt wird, sondern auch für Schiedsrichter, die von den Parteien benannt wurden (Art. 13.1 Satz 2). 872
| Hauser/Sawang
Bestellung der Schiedsrichter | Art. 13 DIS-SchO
§ 17 Abs. 1 DIS-SchO 1998 regelte das Erfordernis der Annahmeerklärung des 4 benannten Schiedsrichters als zwingende Voraussetzung für die Bestellung eines Schiedsrichters. Dies ist nunmehr in Art. 9.3, 9.5 geregelt.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Nach § 1035 Abs. 1 ZPO können die Parteien das Verfahren zur Bestellung der 5 Schiedsrichter vereinbaren. Art. 13 stellt eine derartige Vereinbarung dar und geht damit der gesetzlichen Regelung in § 1035 Abs. 2 bis 5 ZPO vor, sodass diese Regelungen der ZPO gegenüber Art. 13 keine eigenständige Bedeutung haben. Eine Art. 13 entsprechende Norm gibt es in der ZPO nicht. Zwar „bestellt“ aus- 6 weislich des § 1035 Abs. 2 und 3 ZPO jede Partei einen Schiedsrichter, und die so bestellten Schiedsrichter bestellen ihrerseits den Vorsitzenden. Eine Differenzierung zwischen dem Vorgang der Benennung (bzw. Auswahl) einerseits und der Bestellung andererseits kennt die ZPO indes nicht. In Ad-hoc-Verfahren fallen Benennung (bzw. Auswahl durch den Ernennungsausschuss) und Bestellung nach deutschem Schiedsverfahrensrecht zusammen. Wenn eine Partei keinen Schiedsrichter bestellt oder eine Einigung auf einen Einzelschiedsrichter nicht zustande kommt, bestellt das staatliche Gericht den oder die Schiedsrichter, vgl. § 1035 Abs. 3 und 4 ZPO. Dabei muss es die von den Parteien für den Schiedsrichter vorgeschriebenen Voraussetzungen berücksichtigen (§ 1035 Abs. 5 ZPO).
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Eine Art. 13 entsprechende Norm ist dem staatlichen Gerichtsverfahren unbe- 7 kannt und auch nicht erforderlich. Hier steht bei Einleitung des Verfahrens aufgrund des GVG i.V.m. dem Geschäftsverteilungsplan des jeweiligen Gerichts fest, welche Richter für das Verfahren zuständig sind (vgl. §§ 21e ff. GVG).
V. Bestellung der (parteibenannten) Schiedsrichter durch die DIS Art. 13.1 Satz 1 stellt klar, dass jedes Mitglied des Schiedsgerichts von der DIS zu 8 bestellen ist. Nach Art. 13.1 Satz 2 gilt dies auch dann, wenn es von einer Partei oder den beisitzenden Schiedsrichtern benannt worden ist. Nach dem Regelungskonzept der DIS-SchO ist zwischen der Benennung der an- 9 gehenden Schiedsrichter durch die Parteien oder die beisitzenden Schiedsrichter (bzw. der Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss) einerseits und der Bestellung des Schiedsrichters durch die DIS nach Art. 13.1 andererseits zu unterscheiden. Nachdem die Partei ihren Schiedsrichter ausgewählt hat, teilt sie ihre Entscheidung dem DIS-Sekretariat mit (vgl. Art. 5.2, 7.1). Diese Mitteilung stellt die sog. Benennung des Schiedsrichters durch die Partei dar. Hauser/Sawang
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Art. 13 DIS-SchO | Das Schiedsgericht 10 Nachdem der so benannte Schiedsrichter (gewissermaßen antizipierend bzw.
aufschiebend bedingt auf die Bestellung) die Annahme des Schiedsrichteramts schriftlich erklärt (vgl. Art. 9.3) und die weiteren erforderlichen Erklärungen und etwaige Offenlegungen (vgl. Art. 9.4) getätigt hat, beginnt – nach Gelegenheit der Stellungnahme durch die Parteien (vgl. Art. 9.5) – der Vorgang der Bestellung durch den DIS-Ernennungsausschuss (Art. 13.2) oder den Generalsekretär (Art. 13.3).
11 Nur wenn die Benennung durch eine Partei bzw. die beisitzenden Schiedsrichter
fehlt (oder ggf., wenn diese nicht fristgemäß erfolgt) oder wenn hinsichtlich einer gemeinsamen Benennung eines Schiedsrichters keine Einigung innerhalb der geltenden Frist erzielt werden kann, erfolgt eine (Ersatz-)„Auswahl“ durch den DIS-Ernennungsausschuss, vgl. u.a. Art. 11 Satz 2, Art. 12.1 Satz 2 und Art. 12.3 Satz 1.
12 Die Bestellung der Schiedsrichter durch die DIS erfolgt also vorrangig auf Basis
der jeweiligen Benennung durch die Parteien bzw. der Benennung des Vorsitzenden durch die beisitzenden Schiedsrichter. Teilweise wird davon ausgegangen, die Formulierung von Art. 13.1 Satz 2 („Dies gilt auch dann“) erwecke unrichtigerweise den Eindruck, die Bestellung aufgrund von Parteibenennungen bzw. Benennungen durch die beisitzenden Schiedsrichter sei die Ausnahme (vgl. Theune in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Kapitel III, Art. 13 DIS-SchO Rz. 1). Tatsächlich soll die Formulierung wohl lediglich klarstellen, dass die Benennung (bzw. Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss) und die Bestellung der Schiedsrichter zwei voneinander getrennte, unabhängige Vorgänge sind, und dass das Bestellungserfordernis nicht nur für vom Ernennungsausschuss ausgewählte Schiedsrichter gilt (wo es in Art. 11 Satz 2 und Art. 12.1 Satz 2, 12.3 Satz 1 explizit erwähnt wird), sondern auch für alle anderen Schiedsrichter gilt. Jeder Schiedsrichter – sei er durch die Parteien oder Beisitzer benannt oder durch den Ernennungsausschuss ausgewählt – muss von der DIS bestellt werden.
13 Nach der Benennung der Schiedsrichter durch die Parteien (bzw. des Vorsitzen-
den durch die Beisitzer) bzw. nach der Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss bestellt die DIS die benannten bzw. ausgewählten Schiedsrichter zu Mitgliedern des Schiedsgerichts. Die DIS ist dabei an die Benennung der Parteien bzw. die (Ersatz-)Auswahl des DIS-Ernennungsausschusses gebunden. Eine Bestellung erfolgt nicht, wenn die Kriterien für eine wirksame Bestellung nicht vorliegen (Art. 9) oder eine Partei der Bestellung erfolgreich widerspricht (vgl. Art. 13.3, Art. 9.5). Innerhalb dieser Grenzen verbleibt die Herrschaft über die Bildung des Schiedsgerichts trotz Bestellung durch die DIS letztlich bei den Parteien.
VI. Sekretäre des Schiedsgerichts bzw. Verwaltungssekretäre 14 In großen und/oder komplexen Verfahren zieht das Schiedsgericht mitunter ei-
nen sog. Sekretär des Schiedsgerichts bzw. Verwaltungssekretär hinzu. Dieser wird weder benannt noch bestellt i.S.d. DIS-SchO. 874
| Hauser/Sawang
Bestellung der Schiedsrichter | Art. 13 DIS-SchO
Anders als andere Schiedsinstitutionen (für einen Überblick vgl. Menz, SchiedsVZ 15 2015, 210; Polkinghorne, abrufbar unter: http://kluwerarbitrationblog.kluwerarbi tration.com) hat die DIS weder in ihrer SchO noch andernorts für diese Thematik Regelungen vorgesehen. Dies entspricht dem generellen Ansatz der DIS, den Parteien möglichst weite 16 Regelungsbereiche zur flexiblen Handhabung im Rahmen ihrer Privatautonomie zu überlassen. Schiedsrichtern ist anzuraten, mit den Parteien Einigkeit über die etwaige Ein- 17 bindung eines Administrative Secretary zu erzielen und diesem lediglich administrative Tätigkeiten bzw. allenfalls die Recherche (nicht: den Entwurf der Entscheidung selbst) einzelner Rechtsfragen zu übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten siehe Vor Art. 11 ICC-SchO Rz. 11 ff.
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B. Bestellung durch den DIS-Ernennungsausschuss oder den Generalsekretär der DIS (Art. 13.2, Art. 13.3) I. Normzweck Art. 13.2 und Art. 13.3 sollen gewährleisten, dass nur Personen als Schiedsrich- 19 ter bestellt werden, an deren Unabhängigkeit und Unparteilichkeit keine Zweifel bestehen, um etwa Ablehnungsanträge (vgl. Art. 15) zu einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens nach Möglichkeit von vornherein auszuschließen.
II. Reform Art. 13.2 und Art. 13.3 ersetzen § 17 Abs. 1 und Abs. 2 DIS-SchO 1998. Art. 13.2 20 und Art. 13.3 unterscheiden – ebenso wie § 17 Abs. 1 und Abs. 2 DIS-SchO 1998 – zwischen einer Bestellung durch den DIS-Ernennungsausschuss und durch den DIS-Generalsekretär. Die Kompetenzen des DIS-Generalsekretärs waren in der DIS-SchO 1998 inso- 21 fern weiter gefasst, als der DIS-Generalsekretär die Bestellung vornahm, wenn keine Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit der angehenden Schiedsrichter bestanden. Nun bestellt der DIS-Generalsekretär die Schiedsrichter nach Art. 13.3 nur dann, wenn keine der Parteien der Bestellung des betreffenden Schiedsrichters innerhalb der gemäß Art. 9.5 gesetzten Frist widerspricht, ohne zu beurteilen, ob die Erklärungen des künftigen Schiedsrichters nach Art. 9.3 und 9.4 Zweifel an seiner Unparteilichkeit und Unabhängigkeit aufkommen lassen. In der Praxis gibt es oft keine Bedenken gegen die Bestellung eines Schiedsrichters. Daher kann Art. 13.3 auch häufiger zur Anwendung kommen als der grds. einschlägige Art. 13.2. Die Möglichkeit, in eindeutigen Fällen anstelle der Bestellung durch den DIS-Ernennungsausschuss die Bestellung eines Hauser/Sawang
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Art. 13 DIS-SchO | Das Schiedsgericht Schiedsrichters durch den DIS-Generalsekretär vornehmen zu lassen, fördert eine zügige Konstituierung des Schiedsgerichts, da der DIS-Generalsekretär i.d.R. in der Lage ist, die Bestellung schneller vorzunehmen als der DIS-Ernennungsausschuss. 22 Während vor der Reform der Widerspruch einer der Parteien gegen die Bestel-
lung Voraussetzung für eine Entscheidung des DIS-Ernennungsausschusses war, ist nun im Regelfall der DIS-Ernennungsausschuss zuständig (a.A. Theune in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Kapitel III, Art. 13 DIS-SchO Rz. 3).
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 23 Bei Fehlen einer Vereinbarung der Parteien über die Bestellung der Schiedsrich-
ter bestimmt § 1035 Abs. 3 Satz 1 ZPO, dass ein Einzelschiedsrichter, wenn die Parteien sich über seine Bestellung nicht einigen können, auf Antrag einer Partei durch das Gericht bestellt wird. Im Fall eines Dreierschiedsgerichts bestimmt § 1035 Abs. 3 Satz 3 ZPO, dass der Schiedsrichter auf Antrag einer Partei durch das Gericht zu bestellen ist, wenn eine Partei den von ihr zu bestellenden Schiedsrichter nicht innerhalb eines Monats nach Empfang einer entsprechenden Aufforderung durch die andere Partei bestellt oder wenn sich die beiden (parteibenannten) Schiedsrichter nicht binnen eines Monats nach ihrer Bestellung über den dritten Schiedsrichter einigen. § 1035 Abs. 3 Satz 1 ZPO verbleibt in einem DIS-Schiedsverfahren kein Anwendungsbereich.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 24 Eine Art. 13 entsprechende Norm ist im staatlichen Verfahren entbehrlich und
deshalb in der ZPO auch nicht enthalten (s. Rz. 7).
V. Bestellung der Schiedsrichter durch den DIS-Ernennungsausschuss oder den Generalsekretär der DIS 25 Im Falle der Amtsannahme ist der benannte Schiedsrichter verpflichtet, den
Parteien schriftlich seine Unparteilichkeit, Unabhängigkeit, die Erfüllung der von den Parteien vereinbarten Voraussetzungen an die Schiedsrichter sowie seine zeitliche Verfügbarkeit zu bestätigen. Zudem muss er alle Gründe, die Zweifel an seiner Unparteilichkeit und Unabhängigkeit hervorrufen könnten, offenlegen (vgl. Art. 9.4). Die Parteien können innerhalb einer von der DIS gesetzten Frist hierzu Stellung nehmen (Art. 9.5). Dadurch haben die Parteien frühzeitig die Möglichkeit, zur Bestellung der Person als Schiedsrichter Stellung zu nehmen und der Bestellung innerhalb der gemäß Art. 9.5 gesetzten Frist 876
| Hauser/Sawang
Bestellung der Schiedsrichter | Art. 13 DIS-SchO
zu widersprechen. Hierdurch sollen spätere Ablehnungsverfahren nach der Schiedsrichterbestellung verhindert werden (vgl. Bredow/Mulder in Böckstiegel/ Kröll/Nacimiento, § 17 Rz. 2). Anders als der Wortlaut von Art. 13.2 nahelegen könnte („vorbehaltlich“), ist im 26 Grundsatz der DIS-Ernennungsausschuss für die Bestellung der Schiedsrichter zuständig. Dies folgt aus der Systematik des Art. 13. So ist die Zuständigkeit des DIS-Ernennungsausschusses nun in Art. 13.2 vor der Zuständigkeit des Generalsekretärs der DIS in Art. 13.3 geregelt (anders noch in § 17 DIS-SchO 1998, wo die Zuständigkeit des Generalsekretärs im Abs. 1 und die Zuständigkeit des DIS-Ernennungsausschusses erst in Abs. 2 geregelt war). Auch der Wortlaut des Art. 13.3, wonach „auch“ der Generalsekretär entscheiden „kann“, zeigt, dass prinzipiell der DIS-Ernennungsausschuss zuständig sein soll und lediglich subsidiär und fakultativ der Generalsekretär der DIS tätig werden kann (aber nicht muss). Für die grds. Zuständigkeit des DIS-Ernennungsausschusses spricht ferner, dass die DIS-SchO stets auf die Bestellung durch den DIS-Ernennungsausschuss gemäß Art. 13.2 verweist und nicht auf die Bestellung durch den Generalsekretär gemäß Art. 13.3 (vgl. u.a. Art. 11 Satz 2, Art. 12.1 Satz 2 oder Art. 20.2). Die subsidiäre Bestellungskompetenz des DIS-Generalsekretärs ermöglicht damit eine Entlastung des Ernennungsausschusses in unproblematischen Fällen. Wenngleich grds. der DIS-Ernennungsausschuss für die Bestellung der Schieds- 27 richter zuständig ist, kann bei fehlendem Widerspruch der Parteien gegen die Bestellung auch der Generalsekretär der DIS die Schiedsrichterbestellung vornehmen. Bei Vorliegen eines Widerspruchs ist zwingend der DIS-Ernennungsausschuss zuständig. Wie der DIS-Ernennungsausschuss und der DIS-Generalsekretär die Bestellung handhaben, wenn kein Widerspruch vorliegt und somit theoretisch beide prinzipiell eine Bestellung vornehmen könnten, bleibt in der Praxis abzuwarten. Aus Gründen der Praktikabilität und Effizienz spricht einiges dafür, dass der DIS-Generalsekretär in diesen Fällen die Bestellung vornimmt, statt eine aufwendigere Abstimmung im DIS-Ernennungsausschuss abzuwarten. Der DIS-Ernennungsausschuss verfolgt – wie viele andere Schiedsinstitutionen 28 auch (s. Wilske/Markert/Ebert, Entwicklungen in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit im Jahr 2020 und Ausblick auf 2021, SchiedsVZ 2021, 106.) – den (ungeschriebenen) Anspruch, im Rahmen seiner Benennungspraxis Altersund Geschlechterdiversität zu fördern. Nach Angaben der DIS, die auf der Website der Institution veröffentlich werden (http://www.disarb.org/foerderung-undvernetzung/gender-champion), waren 2020 15,2 % der parteibenannten Schiedsrichter weiblich gegenüber 53,3 % der vom Ernennungsausschuss gewählten Schiedsrichter. Zudem waren die vom Ernennungsausschuss erkorenen Kandidaten im Durchschnitt ca. zehn Jahre jünger als die parteibenannten. Die Schiedsrichterbestellung führt zu einem sog. Schiedsrichtervertrag, d.h. ei- 29 nem Vertrag zwischen dem Schiedsrichter und den Parteien. Dieser begründet Hauser/Sawang
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Art. 13 DIS-SchO | Das Schiedsgericht sowohl Rechte als auch Pflichten der Schiedsrichter. Es bedarf grds. keines gesonderten, textförmlichen Schiedsrichtervertrags, da in der DIS-SchO die Rechte und Pflichten der Schiedsrichter bereits umfassend geregelt sind. So sind dort nicht nur die Art und Weise der Tätigkeit des Schiedsgerichts, wie bspw. die Pflicht zur Vertraulichkeit erfasst (Art. 44), sondern auch die Haftung der Schiedsrichter (Art. 45) und ihre Honorare (Art. 34). In Ad-hoc-Schiedsverfahren werden oft gesonderte Vertragstexte verwendet, in denen dann insb. die Frage der Vergütung der Schiedsrichter geregelt ist. 30 Als Alternative zu einem formellen Schiedsrichtervertrag könnten viele Aspekte,
die für die Parteien wichtig sind, auch in die erste – regelmäßig mit den Parteien abgestimmte – Verfahrensverfügung aufgenommen werden, die von allen Schiedsrichtern unterzeichnet wird.
31 Siehe zum Schiedsrichtervertrag im Übrigen Einleitung Rz. 3 ff. 32 Folgen der Bestellung. Gegen die Entscheidung des DIS-Ernennungsausschus-
ses über die Bestellung eines Schiedsrichters nach Art. 13.2 kann von den Parteien nicht mit einem DIS-internen Rechtsbehelf vorgegangen werden. Gleiches gilt für die Entscheidung durch den DIS-Generalsekretär nach Art. 13.3. Für den Fall, dass eine Partei mit der Bestellung eines Schiedsrichters aufgrund fehlender Voraussetzungen des Art. 9.1 nicht einverstanden ist, kann diese Partei einen Antrag auf Ablehnung gemäß Art. 15.1 stellen.
33 Folgen der Ablehnung der Bestellung. Die DIS-SchO schweigt zu den Folgen
einer ablehnenden Entscheidung hinsichtlich der Bestellung eines Schiedsrichters durch den DIS-Ernennungsausschuss oder den Generalsekretär der DIS. Nach dem Sinn und Zweck von Schiedsverfahren darf die Ablehnung der Bestellung eines Schiedsrichters nicht zur Beendigung des Schiedsverfahrens führen. Es entspricht vielmehr den Parteiinteressen, den Vorgang zu wiederholen, um so die Durchführung des Schiedsverfahrens zu ermöglichen. Die DIS kann dann die ursprünglich benennende Partei bzw. die parteibenannten Schiedsrichter unter Fristsetzung auffordern, eine erneute Benennung vorzunehmen. In der Regel erfolgt die Benennung nach dem gleichen Verfahren wie zuvor. So richtet sich das Verfahren für einen Einzelschiedsrichter nach Art. 11 und in Bezug auf dreiköpfige Schiedsgerichte nach Art. 12. Bei wiederholter Benennung offensichtlich ungeeigneter Kandidaten durch eine Partei kann diese ihr Benennungsrecht „verwirken“ (s. Art. 12 Rz. 71. sowie Theune in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Kapitel III, Art. 13 DIS-SchO Rz. 4).
C. Konstituierung des Schiedsgerichts (Art. 13.4) I. Normzweck 34 Art. 13.4 bestätigt, dass das Schiedsgericht wirksam konstituiert ist, sobald alle
Schiedsrichter gemäß Art. 13.2 oder Art. 13.3 bestellt sind. Somit legt Art. 13.4 den Moment fest, ab dem das Schiedsgericht mit seiner Arbeit beginnen und 878
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Bestellung der Schiedsrichter | Art. 13 DIS-SchO
das weitere Verfahren in Gang setzen kann. Mit der Konstituierung des Schiedsgerichts geht gemäß Art. 14.1 die Verfahrensleitung von der DIS auf das Schiedsgericht über. Bis zur Konstituierung des Schiedsgerichts entscheidet die DIS bspw. über eine Fristverlängerung hinsichtlich der Klageerwiderung (Art. 7 Rz. 40) oder die Verfahrensbeendigung (s. Art. 42 Rz. 60) und ist Adressat einer etwaigen Widerklage und Klageerweiterung (Art. 4.3). Daneben löst die Konstituierung des Schiedsgerichts auch bestimmte Fristen, etwa die Regelfrist für die Durchführung einer Verfahrenskonferenz, aus (Art. 27 Rz. 14).
II. Reform Art. 13.4 entspricht inhaltlich § 17 Abs. 3 Satz 1 DIS-SchO 1998, lediglich die 35 Formulierung wurde angepasst. Der frühere Hinweis, dass die DIS-Geschäftsstelle die Parteien über die Konstituierung des Schiedsgerichts informiert (vgl. § 17 Abs. 3 Satz 2 DIS-SchO 1998), ist entfallen. Eine entsprechende Information nimmt die DIS aber weiterhin vor.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Eine Art. 13.4 entsprechende Norm, die neben Art. 13.4 eine eigenständige Be- 36 deutung hat, gibt es in der ZPO nicht. Die ZPO geht implizit davon aus, dass das Schiedsgericht mit seiner vollständigen Bestellung konstituiert ist, da es andernfalls nicht tätig werden könnte. Da nach der ZPO Bestellung und Benennung zusammenfallen bzw. die dortige Terminologie nur den Begriff der Bestellung verwendet (s. Rz. 6), macht die ZPO die Konstituierung nicht von einem gesonderten Bestellungsvorgang abhängig.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Eine Art. 13.4 entsprechende Norm ist im staatlichen Verfahren entbehrlich und 37 existiert deshalb auch nicht.
V. Konstituierung Sobald alle Schiedsrichter durch den DIS-Ernennungsausschuss (Art. 13.2) oder 38 den Generalsekretär (Art. 13.3) bestellt worden sind, ist das Schiedsgericht konstituiert. Sofern das Schiedsgericht aus einem Einzelschiedsrichter bestehen soll (Art. 11), erfolgt mit dessen Bestellung die Konstituierung. Im Falle eines Dreier-Schiedsgerichts (Art. 12) ist das Schiedsgericht erst konstituiert, wenn alle drei Schiedsrichter bestellt sind. Nach der bisherigen Praxis der DIS erfolgte die förmliche Bestellung der beisitzenden Schiedsrichter immer erst dann, wenn Hauser/Sawang
| 879
Art. 13 DIS-SchO | Das Schiedsgericht beide beisitzenden Schiedsrichter benannt waren (Elsing/Shchavelev, IPRax 2018, 461 [472]). Dies dürfte aus Effizienzgründen weiterhin der Fall sein. 39 Art. 13 lässt offen, ab welchem Zeitpunkt ein Schiedsrichter als bestellt gilt (vgl.
Art. 13.1, 13.4). Denkbar ist einerseits der Zeitpunkt der Entscheidung über die Bestellung (vgl. Art. 13.2 und 13.3). Andererseits spricht der Übergang der Verfahrensleitung auf das Schiedsgericht mit der Bestellung aller Schiedsrichter dafür, dass erst die Mitteilung der Entscheidung über die Bestellung nach außen gegenüber dem bzw. den Schiedsrichtern und den Parteien die eigentliche Bestellung ist. Dafür spricht auch, dass zwischen der Bestellung und ihrer Mitteilung mitunter mehrere Tage vergehen können.
40 Die Konstituierung des Schiedsgerichts setzt das weitere Verfahren in Gang. Nach
der Konstituierung informiert die DIS das Schiedsgericht und die Parteien, dass von nun an die Verfahrensleitung durch das Schiedsgericht erfolgt (Art. 14.1). Im Zuge dessen informiert die DIS die Parteien, dass ab diesem Zeitpunkt die ganze Korrespondenz unmittelbar an das Schiedsgericht und die andere Partei zu richten ist.
41 Steht vor der Konstituierung des Schiedsgerichts die Verfahrensleitung noch der
DIS zu (vgl. u.a. Art. 4.3, Art. 7.3 Satz 2), wird ab dem Zeitpunkt der Konstituierung die wesentliche Verfahrensleitung dem Schiedsgericht übertragen. Z.B. kann das Schiedsgericht auf Antrag des Schiedsbeklagten eine längere Frist als 75 Tage zur Klageerwiderung gewähren. Nur wenn das Schiedsgericht noch nicht konstituiert ist, ist dafür die DIS zuständig (Art. 7.3). Um eine effiziente Verfahrensleitung zu gewährleisten, muss das Schiedsgericht zudem alsbald nach seiner Konstituierung, i.d.R. innerhalb von 21 Tagen, eine Verfahrenskonferenz mit den Parteien abhalten (Art. 27.2). Bei dieser Verfahrenskonferenz erfolgt typischerweise die Abstimmung über die für das Schiedsverfahren geltenden Regeln und die weitere Zeit- und Ablaufplanung des Schiedsverfahrens.
42 Eine weitere wichtige Folge der Konstituierung ist, dass ab diesem Zeitpunkt ein
Schiedsrichter nur noch aufgrund von Gründen abgelehnt werden kann (Art. 15), die der Partei erst nach der Konstituierung des Schiedsgerichts bekannt geworden sind oder wegen der sie bereits zuvor erfolglos Widerspruch eingelegt hatte (vgl. Art. 2 Rz. 47).
D. Zurückbehaltungsrecht der DIS (Art. 13.5) I. Normzweck 43 Art. 13.5 etabliert eine Art Zurückbehaltungsrecht mit dem Ziel, dass alle von
der DIS geforderten Beträge bezahlt werden, bevor die Schiedsrichter bestellt werden bzw. das Schiedsgericht konstituiert wird. Die DIS soll nicht in Vorleistung treten müssen, bevor die entsprechenden Beträge bezahlt wurden.
44 Im Umkehrschluss folgt daraus, dass die DIS verpflichtet ist, bei Vorliegen der
Voraussetzungen die Bestellung vorzunehmen, wenn die erforderlichen Beiträge 880
| Hauser/Sawang
Bestellung der Schiedsrichter | Art. 13 DIS-SchO
bezahlt wurden. Eine Frist ist hierfür zwar nicht vorgesehen. In der Praxis erfolgt die Bestellung nach Vorliegen der erforderlichen Voraussetzungen regelmäßig innerhalb weniger Werktage.
II. Reform Art. 13.5 ist mit der Reform neu eingeführt worden. Eine Art. 13.5 entspre- 45 chende Norm gab es in der DIS-SchO 1998 nicht. Diese sah nach § 7 Abs. 2 Satz 2 DIS-SchO 1998 für den Fall, dass keine Zahlung innerhalb der von der DIS bestimmten Frist erfolgte, lediglich die Möglichkeit vor, das gesamte Schiedsverfahren zu beenden, unbeschadet des Rechts des Klägers, seine Klage erneut einzureichen. Aufgrund der – neu eingeführten – alleinigen Verantwortung der DIS für die Verwaltung der Schiedsrichterhonorare dient Art. 13.5 der Absicherung der DIS.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Ein ausdrückliches Zurückbehaltungsrecht wie Art. 13.5 kennt die ZPO nicht. 46 Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist aber anerkannt, dass das Schiedsgericht seine (weitere) Tätigkeit nach § 273 BGB zurückhalten darf, sofern die Parteien für die schiedsrichterliche Tätigkeit keinen (oder keinen ausreichenden) Vorschuss geleistet haben (vgl. BGH v.28.3.2012 – III ZB 63/10, SchiedsVZ 2012, 154 [155] Tz. 7 m.w.N.).
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Staatliche Zivilgerichte werden in bestimmten Fällen (insb. im Fall der Erhebung 47 einer Zivilklage) ebenfalls erst dann tätig, wenn fällige Gebühren, insb. Gerichtskostenvorschüsse, eingezahlt sind (vgl. etwa §§ 6, 12 GKG). Daher können sowohl im deutschen Zivilprozess als auch im Schiedsverfahren die Parteien ohne die vollständige Zahlung der Gerichtsgebühren oder Vorschüsse nicht mit einem Verfahrensfortschritt rechnen. Unterschiede kann es bei der Verjährungshemmung geben (vgl. Meier/Gerhardt in Flecke-Giammarco/Boog/Elsing/Heckel/ Meier, Art. 13 Rz. 26).
V. Zurückbehaltungsrecht der DIS Nach Art. 13.5 darf die DIS von der Konstituierung des Schiedsgerichts oder 48 von der Bestellung einzelner Schiedsrichter absehen, solange noch nicht alle von der DIS eingeforderten Beträge bezahlt sind. Hauser/Sawang
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Art. 13 DIS-SchO | Das Schiedsgericht 49 Die Norm ist sprachlich etwas ungenau formuliert („oder“), da die Konstituie-
rung ohne weiteres Zutun mit der abgeschlossenen Bestellung aller Schiedsrichter einhergeht. Sie stellt keinen selbstständigen Akt dar, auf den die DIS neben dem Akt der Schiedsrichterbestellung Einfluss hat. Für die Formulierung hätte es folglich gereicht, das Zurückbehaltungsrecht nur auf die Bestellung zu beziehen.
50 Bei den vor der Konstituierung des Schiedsgerichts von der DIS eingeforderten
Beträgen handelt es sich typischerweise um Bearbeitungsgebühren gemäß Art. 5.3 und Art. 7.6 sowie eine vorläufige Sicherheit für Honorare und Auslagen der Schiedsrichter nach Art. 35.2. Nach Art. 35.2 Satz 1 bestimmt die DIS bereits vor Konstituierung des Schiedsgerichts den Betrag einer vorläufigen Sicherheit und setzt den Parteien eine Frist zur Zahlung. Maßgeblich ist jeweils die zu Beginn des Schiedsverfahrens geltende Kostenordnung (Ziff. 1.1 Anlage 2).
51 Die Höhe der Bearbeitungsgebühren richtet sich nach der Höhe des Streitwerts
(vgl. Ziff. 3.1 Anlage 2). Enthalten die Schieds- oder Widerklage keine Angaben zum Streitwert, kann die DIS ihre Bearbeitungsgebühr – bis zur Festsetzung des Streitwerts durch das Schiedsgericht bzw. den DIS-Rat (Art. 36.2, Art. 36.3) – auf der Grundlage eines Streitwerts ihres Ermessens berechnen (vgl. Ziff. 3.3 Anlage 2; zur Bearbeitungsgebühr Art. 5 Rz. 39). Werden die Bearbeitungsgebühren nicht innerhalb der von der DIS gesetzten Frist gezahlt, kann die DIS das Schiedsverfahren beenden (Art. 5.3, Art. 7.6 i.V.m. Art. 42.5).
52 Die Höhe der vorläufigen Sicherheit berechnet sich nach dem Honorar des ge-
samten Schiedsgerichts bzw. einem Teil des Honorars (vgl. Ziff. 4.2 Anlage 2; zur vorläufigen Sicherheit Art. 35 Rz. 11). Es steht gemäß Art. 35.2 Satz 2 im Ermessen des Schiedsgerichts, ob nur eine der Parteien oder mehrere Parteien eine vorläufige Sicherheit leisten müssen. In der Regel wird nur der Schiedskläger zur Zahlung einer vorläufigen Sicherheit aufgefordert. Dies liegt daran, dass die Klageerwiderung des Schiedsbeklagten vor der Konstituierung des Schiedsgerichts meist noch nicht vorliegt und deshalb noch nicht ersichtlich ist, ob der Schiedsbeklagte eine Widerklage oder eine Klage gegen eine zusätzliche Partei erhebt.
53 Es liegt nach Art. 13.5 im Ermessen der DIS, ob sie von der Konstituierung des
Schiedsgerichts oder der Bestellung einzelner Schiedsrichter absieht, solange nicht alle von der DIS eingeforderten Beträge gezahlt sind („kann“). Das Ermessen räumt der DIS Flexibilität ein, um die Umstände der individuellen Situation zu berücksichtigen. Wenn z.B. nur ein geringfügiger Betrag offen ist, der durch ein Versehen einer Partei verursacht wurde, besteht die Möglichkeit, mit der Konstituierung und Bestellung fortzufahren, wenn die DIS dies für angemessen hält.
E. Abweichende Parteivereinbarungen 54 Abweichende Parteivereinbarungen sind nach Art. 9.7 möglich.
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| Hauser/Sawang
Verfahrensleitung durch das Schiedsgericht | Art. 14 DIS-SchO
F. Kosten Für die Bestellung eines Schiedsrichters durch den DIS-Generalsekretär oder 55 eine Entscheidung durch den DIS-Ernennungsausschuss fallen keine gesonderten Kosten an.
Artikel 14 Verfahrensleitung durch das Schiedsgericht 14.1 Nach der Konstituierung des Schiedsgerichts gemäß Artikel 13.4 informiert die DIS das Schiedsgericht und die Parteien, dass von nun an das Schiedsgericht das Verfahren leitet. 14.2 Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, erfolgen in einem Schiedsverfahren mit mehr als einem Schiedsrichter die Entscheidungen des Schiedsgerichts mit Stimmenmehrheit. Kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, entscheidet der Vorsitzende allein. 14.3 Ausnahmsweise kann über einzelne Verfahrensfragen der Vorsitzende auch ohne Abstimmung mit den beisitzenden Schiedsrichtern entscheiden, sofern diese ihn dazu ermächtigt haben. Regelungsschwerpunkte: Art. 14.1 regelt die Mitteilung über die Konstituierung des Schiedsgerichts und den Übergang der Verfahrensleitung. → Rz. 14–17; Art. 14.2 bestimmt, dass die Entscheidungen des Schiedsgerichts mit Stimmenmehrheit erfolgen; kommt keine Mehrheit zustande, entscheidet der Vorsitzende allein. → Rz. 18–22; Art. 14.3 regelt, dass der Vorsitzende einzelne Verfahrensfragen auch alleine entscheiden kann, wenn ihn die beisitzenden Schiedsrichter dazu ermächtigt haben. → Rz. 23–29 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu § 1035 Abs. 2, § 1052 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Mitteilung über Konstituierung des Schiedsgerichts (Art. 14.1) . . . . . . . . . . . . . . . .
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12
14
F. Entscheidungsfindung innerhalb des Schiedsgerichts (Art. 14.2–Art. 14.3) . . . . . . . . I. Stimmenmehrheit und Stichentscheid (Art. 14.2) . . . . . . . . . II. Alleinentscheidungsbefugnis des Vorsitzenden für Einzelfragen (Art. 14.3) . . . . . . . . . . . . . . . . G. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Das Gupta, Kurzkommentare zu den Änderungen in der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung, SchiedsVZ-Beilage zu Heft 1/2018, S. 44 ff.; Besch/Kreuzeder, Die neue DISSchiedsgerichtsordnung, RIW 2018, 256 ff.; Mazza/Menz, Neuerungen in der DIS-Schiedsgerichtsordnung im Überblick, SchiedsVZ-Beilage zu Heft 1/2018, 39 ff.; Mazza, Vorwort anlässlich der Veröffentlichung der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung, SchiedsVZ-Beilage zu Heft 1/2018, 3; Pörnbacher/Lederer, Die Reform der DIS-Schiedsgerichtsordnung, BB 2018, 707 ff.; Schlosser, Befugnisse und Pflichten des Schiedsgerichtsobmanns, SchiedsVZ 2003, 1 ff.
Hauser/Sawang und Haller/Strack
| 883
Art. 14 DIS-SchO | Das Schiedsgericht A. Normzweck 1 Art. 14.1 dient dazu, die Parteien des Schiedsverfahrens und das Schiedsgericht
selbst von der Konstituierung des Schiedsgerichts in Kenntnis zu setzen. Die Parteien befinden sich zu diesem Zeitpunkt schon im Schiedsverfahren (vgl. Art. 6.1) und müssen entsprechend informiert werden, dass Schriftstücke und Prozesshandlungen nun nicht mehr (nur) an die DIS, sondern an das nun zuständige Schiedsgericht zu richten sind. Das Schiedsgericht wiederum muss davon in Kenntnis gesetzt werden, dass seine Arbeit beginnt. Bemerkenswert ist, dass dem Wortlaut des Art. 14.1 nach die Leitung des Verfahrens nun dem Schiedsgericht insgesamt obliegt und nicht – wie in § 24 Abs. 3 DIS-SchO 1998 – dem Vorsitzenden. Dies dürfte aber im Ergebnis keine Abkehr von der gängigen Praxis des ehemaligen § 24 Abs. 3 DIS-SchO 1998 bedeuten (vgl. Rz. 17).
2 Die Abs. 2 und 3 des neu eingeführten Art. 14 sind von besonderer Praxisrelevanz.
Sie regeln den internen Entscheidungsfindungsprozess eines aus mehreren Personen bestehenden Schiedsgerichts für den Fall, dass dieses nicht ausnahmsweise durch Parteivereinbarung geregelt ist. Die neue DIS-SchO führt hier die Möglichkeit eines Stichentscheids ein. Besteht das Schiedsgericht aus mehr als einem Schiedsrichter und kommt eine Mehrheit im Schiedsgericht nicht zustande, entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Die Beisitzer und die Parteien können den Vorsitzenden jedoch auch dazu ermächtigen, einzelne Verfahrensfragen alleine zu entscheiden. In der Praxis wird der Vorsitzende sich jedoch regelmäßig – jedenfalls zu allen wichtigen Verfahrensfragen – mit seinen Mitschiedsrichtern abstimmen.
3 Diese zwei Mechanismen aus Art. 14.2 Satz 2 und 14.3 erhöhen die Effizienz
und die Flexibilität des Verfahrens, da für alle denkbaren Entscheidungsfindungsprobleme Lösungen angeboten werden.
B. Reform 4 Art. 14 der neuen DIS-Schiedsordnung 2018 ist mit der Novellierung der DIS-
Regeln eingeführt worden und hat in seiner aktuellen Konzeption keinen direkten Vorgänger.
5 Art. 14.1 entspricht inhaltlich § 17 Abs. 3 DIS-SchO 1998 und wurde lediglich
redaktionell angepasst, wobei diese Anpassung als Erweiterung verstanden werden kann, da nun zusätzlich zur Konstituierung auf die Verfahrensleitung durch das Schiedsgericht hingewiesen wird.
6 Art. 14.2 Satz 1 entspricht inhaltlich § 33 Abs. 3 DIS-SchO 1998, der eine Mehr-
heitsentscheidung für Entscheidungen des Schiedsgerichts vorsah. Diese Bestimmung war zwar systematisch unter den Erlass des Schiedsspruchs verortet, galt aber anerkanntermaßen für jegliche Entscheidungsfindung des Schiedsgerichts. Während § 33 Abs. 3 DIS-SchO 1998 jedoch vorsah, dass jede Entscheidung des Schiedsgerichts mit Stimmenmehrheit zu treffen war (es sei denn, die Parteien hatten Abweichendes vereinbart), erhöht die Neuregelung in Art. 14.2 Satz 2 die 884
| Haller/Strack
Verfahrensleitung durch das Schiedsgericht | Art. 14 DIS-SchO
Flexibilität und die Effizienz des Verfahrens, da im Fall des Nichtzustandekommens einer Stimmenmehrheit der Vorsitzende auch allein entscheiden darf. Art. 14.3 entspricht inhaltlich § 24 Abs. 4 DIS-SchO 1998 und wurde lediglich 7 redaktionell angepasst.
C. Verhältnis zu § 1035 Abs. 2, § 1052 ZPO Das Schiedsrecht der ZPO kennt keine der Regelung des Art. 14.1 unmittelbar 8 entsprechende Vorschrift. Nach dem Wortlaut des § 1035 Abs. 2 ZPO sind die Parteien an die Schiedsrichterbestellung gebunden, sobald die Mitteilung über die Bestellung eines Schiedsrichters der anderen Partei zugeht. Die Regelungen des Art. 14.2 und 3 betreffen den Anwendungsbereich des 9 § 1052 ZPO. Während Art. 14.2 Satz 1 inhaltlich § 1052 ZPO Abs. 1 ZPO entspricht, findet sich in der ZPO keine Entsprechung zu Art. 14.2 Satz 2. Art. 14.2 Satz 2 sieht einen Stichentscheid des Vorsitzenden für den Fall vor, dass ein Mehrheitsentscheid nicht erreicht werden kann. In § 1052 ZPO ist darauf bewusst verzichtet worden, um das Bemühen um eine – durch alle Schiedsrichter – gemeinsam getragene Entscheidung zu fördern (Geimer in Zöller, § 1052 Rz. 3). § 1052 ZPO ist jedoch kein zwingendes Recht und kann somit durch Art. 14.2 Satz 2 DIS-SchO abbedungen werden. Durch den Stichentscheid des Art. 14.2 wird insb. das Verfahren des § 1052 Abs. 2 ZPO obsolet, welches im Falle der Verweigerung zur Teilnahme an der Entscheidungsfindung eines Schiedsrichters noch Informationspflichten gegenüber den Parteien beinhaltet (Geimer in Zöller, § 1052 Rz. 3). Art. 14.2 Satz 2 enthält mit dem Stichentscheid die gegenüber § 1052 Abs. 2 ZPO effizientere Lösung. Nach § 1052 Abs. 2 ZPO müssen die Schiedsrichter zunächst die Parteien miteinbeziehen. Sofern es sich um eine Entscheidung über den Schiedsspruch handelt, muss das Schiedsgericht vorher darüber informieren, dass es die Entscheidung ohne den abstimmungsunwilligen Schiedsrichter treffen wird (§ 1052 Abs. 2 Satz 2). Für alle anderen Entscheidungen genügt eine nachträgliche Mitteilung (§ 1052 Abs. 2 Satz 3). Art. 14.2 Satz 2 hingegen verlangt keine vorherige oder nachträgliche Mitteilung an die Parteien. Damit wird die Entscheidungsfindung beschleunigt. Die Entscheidung der DIS, mit der Regelung des Art. 14.2 eine von § 1052 10 Abs. 2 ZPO abweichende Regelung zu treffen, ist insb. vor dem Hintergrund der gewünschten Effizienzsteigerung unter der neuen SchO konsequent. Die Regelung des Art. 14.3 entspricht wiederum § 1052 Abs. 3 ZPO. Abgesehen 11 von den ihm ohnehin zustehenden Kompetenzen kann das Schiedsgericht über Art. 14.3 also den internen Ablauf der Entscheidungsfindung, wie auch nach § 1052 Abs. 3 ZPO, koordinieren und so ggf. die Effizienz steigern. Sowohl nach Art. 14.3 als auch nach § 1052 ZPO liegt die Grenze der Kompetenzübertragung in der Parteivereinbarung.
Haller/Strack
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Art. 14 DIS-SchO | Das Schiedsgericht D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 12 In Verfahren vor dem LG entscheidet in vielen Fällen der (originäre oder obliga-
torische) Einzelrichter (§§ 348, 348a ZPO). Sofern eine Zivilkammer oder in Verfahren vor dem OLG ein Senat entscheidet, bereitet ein sog. Berichterstatter die Entscheidung des Spruchkörpers mit einem Votum vor. Die Leitung der mündlichen Verhandlung sowie der Erlass bestimmter administrativer prozessleitender Verfügungen, wie z.B. der Anberaumung mündlicher Verhandlungen, obliegen dem Vorsitzenden. Wird das Verfahren vor der Kammer für Handelssachen geführt, kann der Vorsitzende gemäß § 349 ZPO bestimmte Entscheidungen alleine treffen.
13 Der Spruchkörper entscheidet i.d.R. mit Stimmenmehrheit; notfalls muss mehr-
mals abgestimmt werden, um dies zu erreichen (s. § 196 Abs. 1 GVG). Für bestimmte Fälle sieht § 196 Abs. 4 GVG ebenfalls die Möglichkeit eines Stichentscheids vor.
E. Mitteilung über Konstituierung des Schiedsgerichts (Art. 14.1) 14 Art. 14.1 bestimmt, dass die DIS die Parteien und das Schiedsgericht darüber in-
formiert, dass die Verfahrensleitung nach der Konstituierung (Art. 13.4) auf das Schiedsgericht übergegangen ist. Es handelt sich indes um eine bloße Mitteilung, nicht hingegen um den Übertragungsakt der Verfahrensleitung selbst. Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für die Verfahrensleitung wird nicht erst mit der Information nach Art. 14.1, sondern mit seiner Konstituierung i.S.d. Art. 13.4 begründet. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut, der von einer „Information“ hinsichtlich des Übergangs der Verfahrensleitung spricht. Weiter ergibt sich dies aus Art. 4.3, welcher der DIS „bis zur Konstituierung“ und nicht etwa „bis zur Information“ die Empfangnahme von Schriftsätzen zubilligt.
15 Damit ist auch nicht die Information nach Art. 14.1, sondern die Konstituierung
nach Art. 13.4 Anknüpfungspunkt für Fristbestimmungen wie die zur Einberufung der Verfahrensmanagementkonferenz aus Art. 27.2.
16 Praxisnah betrachtet wird die Mitteilung immer erst dann erfolgen, wenn auch
alle Vorschüsse und Gebühren gezahlt wurden, da die DIS gemäß Art. 13.5 bis zu diesem Zeitpunkt von der Konstituierung des Schiedsgerichts absehen kann und wird.
17 Nach dem Wortlaut des Art. 14.1 liegt die Verfahrensleitung beim Schieds-
gericht. Wenn dieses aus mehr als einem Schiedsrichter besteht, ist fraglich, ob die Verfahrensleitung beim gesamten Schiedsgericht und nicht wie ursprünglich nach dem Wortlaut des § 24 Abs. 3 DIS-SchO 1998 beim Vorsitzenden liegt. Ob mit dieser Änderung tatsächlich eine Abkehr von dem gängigen Prinzip der Verfahrensleitung durch den Vorsitzenden bezweckt werden soll, ist str. Nach Theune ist die Abweichung von der Regelung des ehemaligen § 24 Abs. 3 „un-
886
| Haller/Strack
Verfahrensleitung durch das Schiedsgericht | Art. 14 DIS-SchO
erfindlich“ und könne nicht ernsthaft dahingehend verstanden werden, dass nun das gesamte Schiedsgericht das Verfahren leiten solle (Theune in Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Art. 14 Rz. 1). So muss Art. 14.1 aber auch nicht verstanden werden. Hier ist zunächst vom Schiedsgericht die Rede, das aus einem oder mehreren Schiedsrichtern bestehen kann. Besteht das Schiedsgericht aus mehreren Schiedsrichtern, geben Art. 14.2 und 14.3 Richtlinien für die Entscheidungsfindung vor. Gegen eine bewusste Abkehr von der bisherigen gängigen Praxis sprechen das Ziel der Effizienzsteigerung und der Umstand, dass ausweislich der offiziellen Publikationen der DIS mit Art. 14.1 lediglich der ehemalige § 17 Abs. 3 DIS-SchO 1998 ersetzt und redaktionell verändert werden sollte (vgl. Theune in Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Art. 14 Rz. 1; DIS, Leitlinien Reform DIS-Schiedsgerichtsordnung, Nr. 7; Das Gupta, SchiedsVZ-Beilage 2018, 44 [56]). Es ist aber sinnvoll, in der ersten Verfahrensverfügung festzuhalten, dass der Vorsitzende das Verfahren leitet, um Klarheit zu schaffen. Ohnehin wird sich in der Praxis der Vorsitzende jedenfalls zu wichtigen Verfahrensfragen mit seinen Mitschiedsrichtern abstimmen.
F. Entscheidungsfindung innerhalb des Schiedsgerichts (Art. 14.2–Art. 14.3) I. Stimmenmehrheit und Stichentscheid (Art. 14.2) Art. 14.2 regelt die Entscheidungsfindung innerhalb des Schiedsgerichts. Nach 18 Satz 1 erfolgt die Entscheidungsfindung durch Mehrheitsentscheid, was die grds. Gleichstellung der Schiedsrichter betont. Satz 2 führt mit dem Stichentscheid einen neuen Mechanismus ein, der in 19 § 1052 ZPO nicht vorgesehen ist: Kommt es zu keiner Stimmenmehrheit, entscheidet der Vorsitzende alleine. Das sind z.B. Fälle, in denen ausnahmsweise das Schiedsgericht aus einer geraden Zahl an Schiedsrichtern besteht (s. Art. 16.4), in denen sich einer oder mehrere Schiedsrichter enthalten, in denen ein Schiedsrichter sich nicht an der Entscheidungsfindung beteiligt oder in denen alle Schiedsrichter unterschiedlicher Auffassung sind. Das führt insgesamt betrachtet zu einem effizienteren Entscheidungsverfahren, aber auch zu einer größeren Verantwortung des vorsitzenden Schiedsrichters unter der DIS-SchO. Bei der Wahl eines Schiedsorts in Deutschland können sich daher je nach Schiedsinstitution Unterschiede bzgl. der Entscheidungskompetenz des Vorsitzenden ergeben, denn wenn Schiedsregeln zu einer Fragestellung keine Regelung enthalten, so gilt die lex loci arbitri. In der Praxis sollte dieser Unterschied allerdings nicht derart ausschlaggebend sein, dass davon die Auswahl der Schiedsinstitution abhinge. In den Anwendungsbereich des Art. 14.2 fallen wie oben erwähnt auch Fälle, in 20 denen sich einer der Schiedsrichter weigert, an der Entscheidungsfindung teilzunehmen. In einer solchen Situation stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen die übrigen Schiedsrichter eine Entscheidung treffen können. SoHaller/Strack
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Art. 14 DIS-SchO | Das Schiedsgericht wohl § 1052 Abs. 2 ZPO als auch § 33 Abs. 4 DIS-SchO 1998 adressieren diesen Fall ausdrücklich. Nach bisheriger Praxis in DIS-Schiedsverfahren unter der DIS-SchO 1998 konnten die übrigen Schiedsrichter eine Entscheidung ohne den sich verweigernden Schiedsrichter treffen, wenn (i) die Parteien nichts anderes vereinbart hatten; (ii) der verweigernde Schiedsrichter die Möglichkeit hatte, sich an der Entscheidung zu beteiligen und er nicht aus nachvollziehbaren Gründen (z.B. Krankheit) verhindert war, (iii) eine Stimmenmehrheit der übrigen Schiedsrichter bestand (bei zwei verbleibenden Schiedsrichtern also Einstimmigkeit) und (iv) die Parteien über die Entscheidungsfindung ohne den sich verweigernden Schiedsrichter informiert wurden. Sofern es sich um eine Entscheidung über den Schiedsspruch handelte, mussten die Parteien vor der Entscheidungsfindung informiert werden, in allen anderen Fällen genügte eine nachträgliche Mitteilung. In der DIS-SchO 2018 findet sich zwar anders als in der Vorgängerversion keine ausdrückliche Bestimmung zur Entscheidungsfindung bei Verweigerung eines Schiedsrichters. Allerdings ist auch dieser Fall von Art. 14.2 erfasst (a.A. Theune, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Art. 14 DISSchO, Rz. 6, der auf § 1052 Abs. 2 abstellen möchte). Der Anwendungsbereich des Art. 14.2 Satz 2 ist in allen Fällen eröffnet, in denen eine Stimmenmehrheit nicht zustande kommt. Verweigert ein Schiedsrichter die Teilnahme, so liegt genau dieser Fall vor. Abweichend von der bisherigen Praxis kann nun der Vorsitzende daher auch dann alleine entscheiden, wenn die verbleibenden Schiedsrichter keine mehrheitliche bzw. einstimmige Entscheidung treffen können. 21 Voraussetzung ist auch in allen Fällen von Art. 14.2, dass keine anderweitige
Parteivereinbarung besteht und dass der verweigernde bzw. überstimmte Schiedsrichter die Möglichkeit hatte, sich an der Entscheidungsfindung zu beteiligen und nicht aus berechtigten Gründen verhindert war. Ersteres ergibt sich bereits eindeutig aus dem Wortlaut des Art. 14.2. Letzteres folgt aus der Tatsache, dass grds. das gesamte Schiedsgericht in den Entscheidungsfindungsfindungsprozess einzubinden ist und nur ausnahmsweise eine Entscheidung ohne Beteiligung eines der Schiedsrichter ergehen soll. Die Feststellung, dass keine Stimmenmehrheit zustande kommt, kann auch nur getroffen werden, wenn der Versuch unternommen wurde, diese herzustellen.
22 Anders als unter § 1052 Abs. 2 ZPO und § 33 Abs. 4 DIS-SchO 1998 enthält
Art. 14 keine ausdrückliche Informationspflicht. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die entscheidungswilligen Schiedsrichter zumindest vor Erlass eines Schiedsspruchs die Parteien dennoch informieren werden, um Anerkennungs- und Vollstreckungshindernisse zu vermeiden. Denn das Schiedsgericht muss den Parteien die Möglichkeit einräumen, auf den sich weigernden Schiedsrichter einzuwirken oder einen Ersatzschiedsrichter zu benennen (Art. 16.3). Geschieht dies nicht und ist nicht auszuschließen, dass sich dieser Umstand auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat, könnte der Schiedsspruch aufgehoben (§ 1059 Abs. Nr. 2 ZPO) oder nicht vollstreckt werden (Art. V Nr. 1 Buchst. d UNÜ) (OLG Saarbrücken v. 29.10.2002 – 4 Sch 2/02, SchiedsVZ 2003, 92 [94]). Da diese Aufhebungsgefahr bei anderen Entscheidungen als über den Schieds888
| Haller/Strack
Verfahrensleitung durch das Schiedsgericht | Art. 14 DIS-SchO
spruch nicht besteht, kann in diesen Fällen aus Effizienzgründen von einer Mitteilung abgesehen und eine Information über die Modalitäten des Entscheidungsfindungsprozesses in die Entscheidung aufgenommen werden. Dies sieht auch § 1052 Abs. 2 Satz 3 ZPO so vor. Eine solche Vorgehensweise ist trotz der Möglichkeit des Stichentscheids sinnvoll, da die Parteien die Möglichkeit haben sollten, einen nicht mitwirkenden Schiedsrichter zu ersetzen.
II. Alleinentscheidungsbefugnis des Vorsitzenden für Einzelfragen (Art. 14.3) Art. 14.3 entspricht inhaltlich § 1052 Abs. 3 ZPO und sieht vor, dass der Vorsit- 23 zende über einzelne Verfahrensfragen auch ohne Abstimmung mit den beisitzenden Schiedsrichtern entscheiden kann, sofern diese ihn dazu ermächtigt haben. Anders als § 1052 Abs. 3 ZPO sieht Art. 14.3 (ebenso wie zuvor § 24 Abs. 4 DIS-SchO 1998) nicht ausdrücklich vor, dass auch die Parteien den Vorsitzenden ermächtigen können, alleine über einzelne Verfahrensfragen zu entscheiden. Dass eine solche Ermächtigung durch die Parteien möglich ist, ergibt sich aber bereits daraus, dass sie die Herren des Verfahrens sind. Art. 14.3 trägt dem Ziel der Prozessökonomie Rechnung. Der Vorsitzende kann 24 – eine Ermächtigung der anderen Schiedsrichter vorausgesetzt – Entscheidungen über Verfahrensfragen alleine und ohne Abstimmung mit den beisitzenden Schiedsrichtern treffen. Die Norm sieht für eine Befugnisübertragung auf den Vorsitzenden durch die Mitschiedsrichter nicht zwingend die Zustimmung der Parteien vor. Jedoch gilt auch hier, dass die Parteien als Herren des Verfahrens der Befugnisübertragung auf den Vorsitzenden widersprechen können. Das Schiedsgericht muss einen solchen Widerspruch beachten (Schlosser, SchiedsVZ 2003, 1 [8]). Wurde dem Vorsitzenden des Schiedsgerichts die Alleinentscheidung übertragen, heißt dies nicht, dass er stets alleine und ohne Abstimmung mit den beisitzenden Schiedsrichtern entscheiden muss („kann“). Vielmehr kann und wird sich der Vorsitzende regelmäßig weiterhin mit seinen Mitschiedsrichtern abstimmen (vgl. Rz. 2, 17), und das Schiedsgericht kann weiterhin Maßnahmen gemeinsam beschließen. Die Vorschrift ist ihrem Wortlaut nach nicht auf Schiedsgerichte anwendbar, 25 die nur aus zwei Mitgliedern bestehen („mit den beisitzenden Schiedsrichtern“). Zwar kann sich ein ausnahmsweise bestehendes Zweierschiedsgericht schneller abstimmen als drei oder mehr Schiedsrichter es können. Jedoch spielt auch bei einem Zweierschiedsgericht der Gedanke der Prozessökonomie als ratio des Art. 14.3 eine Rolle. Die Vorschrift könnte daher auf solche Fälle analog angewandt werden. Bereits unter den alten Regeln kam ein Zweierschiedsgericht allerdings so gut wie nie vor. Unter den neuen Schiedsregeln, insb. aufgrund von Art. 10.1, wird sich die Konstellation eines Zweierschiedsgerichts wohl noch seltener ergeben. Zu einer analogen Anwendung kommt es allenfalls in Fällen des Art. 16.4 und damit nur im absoluten Ausnahmefall (etwa bei RumpfschiedsHaller/Strack
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Art. 14 DIS-SchO | Das Schiedsgericht gerichten) und auch nur dann, wenn einer der verbleibenden Schiedsrichter der Vorsitzende ist. 26 Hat der Vorsitzende eine Entscheidung getroffen, für welche er nicht zur Allein-
entscheidung ermächtigt war, können die beisitzenden Schiedsrichter nachträglich die eigenmächtige Verfahrensentscheidung des Vorsitzenden genehmigen. Von einer konkludenten Genehmigung ist regelmäßig dann auszugehen, wenn die Beisitzer einer solchen Entscheidung nicht widersprechen.
27 Die Alleinentscheidungsbefugnis beschränkt sich im Fall der Übertragung auf
„einzelne Verfahrensfragen“. Hiermit ist die prozessual-formelle Verfahrensleitung bzw. -organisation gemeint. Nicht erfasst werden daher Entscheidungen in der Sache, also alles was die Zulässigkeit und Begründetheit der Klage betrifft. Der Vorsitzende kann somit weder einen Schiedsspruch oder einstweilige Verfügungen erlassen, noch Entscheidungen über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts treffen. Eine vorzeitige Beendigung des Verfahrens nach § 1056 Abs. 1 Var. 2, Abs. 2 ZPO unterliegt ebenfalls der Entscheidung durch das gesamte Schiedsgericht.
28 Problematisch erscheint die Eingrenzung der Alleinentscheidungsbefugnis auf
„einzelne“ Verfahrensfragen. Unklar ist, was hierunter genau zu verstehen ist. Nach dem Wortlaut würde man wohl davon ausgehen können, dass damit das Prinzip der Einzelermächtigung postuliert wird. Der Vorsitzende müsste also für jede Entscheidung einzeln ermächtigt werden. Dies kann jedoch nicht beabsichtigt sein. Art. 14.3 soll die Vereinfachung und Beschleunigung organisatorischer Verfahrensabläufe fördern. Dem würde es widersprechen, wenn Verfahrensfragen nicht generell auf den Vorsitzenden übertragen werden könnten und für jede während des Verfahrens auftretende Verfahrensfrage eine erneute Ermächtigung zu erteilen wäre. In diesem Fall könnte das Schiedsgericht auch gleich gemeinsam entscheiden. Daher ist Art. 14.3 so zu verstehen, dass eine Generalermächtigung möglich ist (so auch Münch in MüKO.ZPO, § 1052 Rz. 14).
29 Allerdings ist dem Wortlaut zu entnehmen, dass die Alleinentscheidungsbefug-
nis nicht uneingeschränkt greifen soll. So meint die Beschränkung auf „einzelne“ Verfahrensfragen, dass nur solche Fragen der Alleinentscheidungsbefugnis zugänglich sind, die nicht das gesamte Verfahren als solches zum Gegenstand haben, sondern eben nur einzelne Aspekte des inneren Verfahrensablaufs betreffen. Ausgeschlossen wären somit Entscheidungen über die Einstellung des Verfahrens und über die Anordnung von einstweiligen Maßnahmen. Gleichermaßen kann auch über eine Einschränkung aufgrund überragender Bedeutung und Wichtigkeit einzelner Entscheidungen nachgedacht werden. Beispielsweise sind hier Entscheidungen über den Schiedsort und die Sprache des Schiedsverfahrens zu nennen, die nicht der Alleinentscheidungsbefugnis des Vorsitzenden zugänglich sind. Insbesondere ist der Vorsitzende nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Vorschrift nur ausnahmsweise zur Alleinentscheidung berechtigt, d.h. die Prozesssituation muss sich sowohl qualitativ als auch quantitativ von den – im Regelfall kollektiv zu bewältigenden – Verfahrensfragen unterscheiden, die im Prozess einer Entscheidung bedürfen. 890
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Ablehnung eines Schiedsrichters | Art. 15 DIS-SchO
G. Abweichende Parteivereinbarungen Keine der Regelungen des Art. 14 hat zwingenden Charakter. Den Parteien steht 30 es im Zuge der Privatautonomie frei, sowohl einen eigenständigen Informationsmechanismus nach Konstituierung des Schiedsgerichts festzulegen und damit Art. 14.1 abzubedingen, als auch abweichende Regelungen zur Mehrheitsfindung innerhalb des Schiedsgerichts festzulegen, soweit diese nicht den Grundsätzen eines fairen Verfahrens und Gleichbehandlung der Parteien widersprechen.
Artikel 15 Ablehnung eines Schiedsrichters 15.1 Eine Partei, die einen Schiedsrichter mit der Begründung ablehnen will, dass er eine oder mehrere der Voraussetzungen gemäß Artikel 9.1 nicht erfüllt, hat einen Ablehnungsantrag gemäß Artikel 15.2 zu stellen. 15.2 Der Ablehnungsantrag hat die Tatsachen und Umstände, auf die der Antrag gestützt wird, sowie die Mitteilung zu enthalten, wann die antragstellende Partei von diesen Tatsachen und Umständen Kenntnis erlangt hat. Der Ablehnungsantrag ist spätestens 14 Tage nach der Kenntniserlangung bei der DIS einzureichen. 15.3 Die DIS übermittelt den Ablehnungsantrag dem abgelehnten Schiedsrichter, den anderen Schiedsrichtern und der anderen Partei und setzt ihnen eine Frist zur Stellungnahme. Sie übermittelt die eingereichten Stellungnahmen den Parteien und den Schiedsrichtern. 15.4 Über den Ablehnungsantrag entscheidet der DIS-Rat. 15.5 Das Schiedsgericht kann das Schiedsverfahren bis zu einer Entscheidung, die dem Ablehnungsantrag stattgibt, fortsetzen. Regelungsschwerpunkte: Die Vorschrift ermöglicht es den Parteien des Schiedsverfahrens, nach erfolgter Bestellung eines Schiedsrichters gegen seine weitere Mitwirkung am Verfahren vorzugehen. Art. 15 enthält lediglich die in diesem Fall zu beachtenden Verfahrensvorgaben, für die materiellen Ablehnungsgründe wird auf Art. 9.1 verwiesen. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu §§ 1036, 1037 ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Gegenstand des Ablehnungsantrages (Art. 15.1) . . . . . . . . . .
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II. Ablehnungsverfahren (Art. 15.2–Art. 15.4) . . . . . . . . . III. Fortgang des Schiedsverfahrens während des Ablehnungsverfahrens (Art. 15.5) . . . . . . . . . . . . . IV. Verfahrensdauer und Kosten . . . V. Rechtsmittel gegen die Entscheidung des DIS-Rats . . . . . . . . . .
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F. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Haller/Strack und Nedden
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Art. 15 DIS-SchO | Das Schiedsgericht Literatur: Armbrüster, Der parteibenannte Schiedsrichter zwischen Unparteilichkeitsgebot und Parteierwartungen, in FS Ebke (2021), S. 43 ff.; Armbrüster/Wächter, Ablehnung von Schiedsrichtern wegen Befangenheit im Verfahren, SchiedsVZ 2017, 213 ff.; Haarmann, Die vorzeitige Beendigung des Schiedsrichteramtes durch Abberufung oder Rücktritt sowie die vorzeitige Beendigung des Schiedsrichtervertrages aufgrund Kündigung und deren rechtliche Folgen, in FS Geimer (2017), S. 139 ff., Hilgard, Zur Ablehnung eines Richters im Schiedsverfahren, BB 2015, 456 ff.; Kärcher, Die Aufhebung von Schiedssprüchen wegen der Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen, SchiedsVZ 2017, 277 ff.; Mankowski, Die Ablehnung von Schiedsrichtern, SchiedsVZ 2004, 304; Pé, „If in Doubt, Disclose?“: Arbitrator Conflicts, Challenges and Repercussions, Indian Journal of Arbitration Law, Vol. IX Issue 1, S. 170 ff.; Pfister, Who Decides Arbitrator Challenges? – A Comparative Analysis of Institutional Approaches, SchiedsVZ 2017, 164 ff.; SchmidtAhrendts/Schneider, „Gut Ding will Weile haben“ – Die Feinjustierungen des BGH zu den Folgen der Verletzung von Offenlegungspflichten im Aufhebungs- und Vollstreckungsverfahren, SchiedsVZ 2020, 35 ff.
A. Normzweck 1 Art. 15 dient der Sicherung der rechtsstaatlichen Grundlagen des Schiedsverfah-
rens. Die Vorschrift stellt zu diesem Zweck ein Verfahren zur Verfügung, mit dem eine Partei die Entfernung eines bereits durch den DIS-Ernennungsausschuss oder den DIS-Generalsekretär bestellten Schiedsrichters aus seinem Amt erreichen kann, wenn dieser befangen ist oder von den Parteien vereinbarte Voraussetzungen nicht erfüllt. Damit wirkt die Bestimmung insb. der Gefahr entgegen, dass die Freiheit der Parteien bei der Auswahl parteibenannter Schiedsrichter zu Lasten der Neutralität der so bestimmten Entscheidungsträger geht. Das Ablehnungsverfahren fungiert insoweit als Korrektiv zur bei der Bestellung der Schiedsrichter gewährten Parteiautonomie und stellt die Objektivität der Entscheidungsfindung sicher. Es ist zu unterscheiden von der den Parteien durch Art. 9.5 eröffneten Gelegenheit, Einwendungen gegen die Bestellung eines Schiedsrichters geltend zu machen. Anders als das Ablehnungsverfahren setzt diese Möglichkeit zeitlich vor der Konstituierung des Schiedsgerichts an.
2 Die Vorschrift soll auf diese Weise auch den Bestand und die Vollstreckbarkeit
von Schiedssprüchen gewährleisten. Einem Schiedsspruch, den ein mangelhaft besetztes Schiedsgericht erlassen hat, droht die Aufhebung bzw. die Versagung der Vollstreckbarerklärung. Inländische Schiedssprüche müssen sich dabei an den Kriterien aus § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO und am Ordre-Public-Vorbehalt des § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO messen lassen. Für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche bilden die Parallelvorschriften in Art. V Abs. 1 Buchst. d, Abs. 2 Buchst. b UNÜ den relevanten Maßstab.
3 Nicht vom Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst ist die Ablehnung von
Funktionsträgern der DIS oder Parteivertretern. Indes hat das Schiedsgericht durch entsprechenden Verweis in Art. 28.3 Satz 3 das Verfahren nach Art. 15 nunmehr sinngemäß auf den Sachverständigen anzuwenden (vgl. Kommentierung zu Art. 28 Rz. 90). Nach dieser Vorschrift gelten für den Sachverständigen 892
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Ablehnung eines Schiedsrichters | Art. 15 DIS-SchO
ebenfalls die materiellen Kriterien des Art. 9. Damit entspricht der Maßstab der DIS-SchO 2018 für Sachverständige dem des § 1049 Abs. 3 ZPO, während die DIS-SchO 1998 eine Ablehnung von Sachverständigen wegen fehlender Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit noch nicht vorsah. Liegt der Schiedsort in Deutschland, ist der Schiedsspruch bei fehlender Offenlegung aller Umstände, die Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Sachverständigen wecken können, aufzuheben, wenn anzunehmen ist, dass der Verfahrensverstoß Auswirkungen auf den Schiedsspruch hatte (vgl. BGH v. 2.5.2017 – I ZB 1/16, NJW 2018, 70 [75], Tz. 45 ff.; Rechtsprechungsänderung; hierzu auch SchmidtAhrendts/Schneider, SchiedsVZ 2020, 35 [36 f.]).
B. Reform Die Reform der DIS-SchO 1998 hat zu einer Trennung der in § 18 DIS-SchO 4 1998 noch verbundenen Vorschriften zur Ablehnung eines Schiedsrichters (nunmehr Art. 15) und zur Beendigung des Schiedsrichteramtes in Folge der Ablehnung (nunmehr in Art. 16) geführt. Die bedeutendste Neuerung bei der Regelung des Ablehnungsverfahrens betrifft 5 die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Ablehnungsantrag. Nach § 18 Abs. 2 DIS-SchO 1998 war die Kompetenz noch beim Schiedsgericht angesiedelt. Durch die Reform ist diese Entscheidungszuständigkeit auf den DIS-Rat übergegangen (Art. 15.4). Nennenswerte Änderungen betreffen darüber hinaus die Form des Ablehnungs- 6 antrages (vgl. Rz. 18) sowie die Reduktion der im Ablehnungsverfahren erforderlichen Anträge auf einen einfachen Ablehnungsantrag zu Verfahrensbeginn (Art. 15.1, Art. 15.2; vgl. Rz. 20 unten). Zudem wurde das bislang nur den Parteien und dem abgelehnten Schiedsrichter zustehende Stellungnahmerecht im Ablehnungsverfahren auf das gesamte Schiedsgericht erweitert.
C. Verhältnis zu §§ 1036, 1037 ZPO Das Verfahren zur Ablehnung von Schiedsrichtern nach § 1037 Abs. 2 ZPO ist 7 gemäß § 1037 Abs. 1 ZPO abdingbar. Bei Wahl der DIS-SchO wird es durch das in Art. 15 niedergelegte Verfahren ersetzt. Eine Abweichung zum in der ZPO vorgesehenen Ablehnungsverfahren besteht insb. durch die Zuständigkeit des DIS-Rates anstelle des Schiedsgerichts. Zudem sieht § 1037 Abs. 2 ZPO anders als die DIS-SchO ein Schriftformerfordernis für den Ablehnungsantrag vor. Das Verfahren vor den staatlichen Gerichten nach § 1037 Abs. 3 Satz 1 ZPO gibt 8 den Parteien für den Fall der erfolglosen Durchführung des Ablehnungsverfahrens gemäß der DIS-SchO eine weitere Option zur Durchsetzung ihres Ablehnungsbegehrens und gilt insoweit ergänzend. Es ist ausweislich des § 1037 Abs. 1 ZPO unabdingbar. Ein entsprechender Antrag ist innerhalb eines MoNedden
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Art. 15 DIS-SchO | Das Schiedsgericht nats, nachdem die ablehnende Partei von der negativen Ablehnungsentscheidung Kenntnis erlangt hat (§ 1037 Abs. 3 Satz 1 ZPO), bei Gericht zu stellen. Zuständig ist das OLG (in Bayern das BayObLG), das in der Schiedsvereinbarung bezeichnet ist, oder, wenn eine solche Bezeichnung fehlt, in dessen Bezirk der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens liegt (§ 1062 Abs. 1 ZPO), welches durch Beschluss entscheiden (§ 1063 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine Parallelvorschrift zu § 1037 Abs. 3 Satz 2 ZPO enthält die DIS-SchO in Art. 15.5. 9 Der Maßstab für die Ablehnung eines Schiedsrichters gemäß Art. 15.1, Art. 9.1
dürfte – trotz des nunmehr im Zuge der Reform geänderten Wortlauts (hierzu Rz. 14) – mit dem des § 1036 Abs. 2 Satz 1 ZPO weiterhin identisch sein. Zulässige Ablehnungsgründe nach ZPO und DIS-SchO sind damit berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit eines Schiedsrichters sowie die mangelnde Erfüllung zwischen den Parteien vereinbarter Voraussetzungen. § 1036 Abs. 2 Satz 2 ZPO, wonach eine Partei die Ablehnung eines Schiedsrichters, an dessen Bestellung sie mitgewirkt hat, nur auf solche Umstände stützen kann, von denen sie bei nach Bestellung Kenntnis erlangt hat, hat hingegen in der DIS-SchO 2018 keine Entsprechung mehr. Im Vergleich zu § 1036 ZPO ist das Ablehnungsrecht unter der DIS-SchO 2018 damit formal weitergefasst; dies dürfte aber mit Blick auf die in Art. 15.2 niedergelegte 14-tägige Ausschlussfrist für das Vorbringen von Ablehnungsgründen nach Kenntniserlangung kaum praktische Auswirkungen haben (hierzu Rz. 15).
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 10 Während das staatliche Verfahren auch eine Ausschließung von der Ausübung
des Richteramtes kraft Gesetzes kennt (vgl. § 41 ZPO), existiert im Schiedsverfahren nur die Möglichkeit der Geltendmachung von Ablehnungsgründen, wie sie auch § 42 ZPO vorsieht. Dass § 42 Abs. 2 ZPO eine Besorgnis der Befangenheit allein an das Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters knüpft, erklärt sich aus seiner statusbedingten Unabhängigkeit (Art. 97 GG). Die Ablehnungsgründe der ZPO können als Orientierungshilfe für die Einschätzung der Erfolgsaussichten eines Ablehnungsverfahrens nach der DIS-SchO 2018 herangezogen werden. In Ablehnungsverfahren vor deutschen Gerichten nach § 1037 Abs. 3 ZPO wurde sowohl für Schiedsverfahren nach den Vorschriften des X. Buchs der ZPO als auch für Schiedsverfahren nach den Regeln der DIS-SchO 1998 bisweilen auf den für staatliche Richter geltenden Prüfungsmaßstab zurückgegriffen (vgl. OLG München v. 17.11.2016 – 34 SchH 13/16; BeckRS 2016, 20169, Tz. 29; OLG Frankfurt/M. v. 28.3.2011 – 26 SchH 2/11, SchiedsVZ 2011, 342 m.w.N.).
11 Abweichungen zwischen dem staatlichen Ablehnungsverfahren und dem Ableh-
nungsverfahren nach der DIS-SchO ergeben sich im Hinblick auf die anwendbaren Präklusionsregelungen. Im staatlichen Verfahren knüpft der Verlust des 894
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Ablehnung eines Schiedsrichters | Art. 15 DIS-SchO
Ablehnungsrechts an die rügelose Einlassung in einer Verhandlung vor dem betroffenen Richter bzw. an die Stellung von Anträgen, § 43 ZPO, an. Die DISSchO bestimmt den Rechtsverlust abhängig vom Zeitpunkt der Kenntniserlangung hinsichtlich des Ablehnungsgrundes. Nach Art. 15.2 gilt eine Ausschlussfrist von 14 Tagen nach Kenntniserlangung. Die Anforderungen an das Ablehnungsgesuch nach § 44 ZPO sind anders als in 12 Art. 15.2 nicht im Einzelnen beschrieben. § 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO sieht nur vor, dass die Ablehnungsgründe glaubhaft zu machen sind. In der Praxis dürften sich die an ein Ablehnungsgesuch anzulegenden Maßstäbe nach Art. 15.2 bzw. § 44 Abs. 2 Satz 1 ZPO jedoch kaum unterscheiden. Im Gegensatz zur Regelung für Kollegialgerichte in § 45 Abs. 1 ZPO verlagert 13 Art. 15.4 die Ablehnungsentscheidung stets auf eine Instanz außerhalb des betroffenen Spruchkörpers. Beide Vorschriften stimmen jedoch darin überein, dass sie dem von der Ablehnung betroffenen Entscheidungsträger die Mitwirkung an der Entscheidung versagen.
E. Einzelerläuterungen I. Gegenstand des Ablehnungsantrages (Art. 15.1) Ein Ablehnungsantrag kann gemäß Art. 15.1 damit begründet werden, dass ein 14 Schiedsrichter eine oder mehrere Voraussetzungen des Art. 9.1 nicht erfüllt. Die materiellen Ablehnungsgründe regelt Art. 15 somit nicht autonom. Aus Art. 9.1 ergeben sich drei mögliche Begründungen für einen Ablehnungsantrag: Das Fehlen von Unparteilichkeit und Unabhängigkeit sowie das Fehlen parteivereinbarter Voraussetzungen in der Person des Schiedsrichters. Im Zuge dieser geänderten Regelungstechnik ist die Normierung des bisher für die Ablehnungsentscheidung in § 18 Abs. 1 DIS-SchO 1998 formulierten Prüfungsmaßstabs weggefallen, wonach die Ablehnung eines Schiedsrichters begründet ist, „wenn Umstände vorliegen, die berechtigte Zweifel an seiner Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit aufkommen lassen“. Dass Art. 15.1 die berechtigten Zweifel nicht als Maßstab benennt, spricht indes nicht für eine beabsichtigte Verschärfung des Prüfungsmaßstabs hin zu einer tatsächlichen Nichterfüllung der Voraussetzungen. Vielmehr zeigt sich im Wortlaut von Art. 15.1 eine Verschiebung der Regelungsperspektive: Während § 18 Abs. 1 DIS-SchO 1998 noch die Reichweite der Ablehnungsmöglichkeit regelte („… kann nur abgelehnt werden, wenn …“), bezieht sich Art. 15.1 auf die Intention der antragstellenden Partei bei der Ablehnungsbegründung („… die einen Schiedsrichter mit der Begründung ablehnen will, dass er … Voraussetzungen … nicht erfüllt“). Die Frage, welchen Maßstab der für die Ablehnungsentscheidung zuständige DIS-Rat seiner Prüfung zugrunde zu legen hat, ist damit gar nicht Regelungsgegenstand von Art. 15.1. Eine Abkehr vom bisherigen Prüfungsmaßstab der berechtigten Zweifel ist indes nicht zu erwarten, da dieser sich in der schiedsverfahrensrechtlichen Praxis bewährt hat und praxistaugliche Alternativen nicht ersichtlich sind. Hinsichtlich des PrüNedden
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Art. 15 DIS-SchO | Das Schiedsgericht fungsmaßstabs und der inhaltlichen Anforderungen an die materiellen Ablehnungsgründe wird auf die Kommentierung zu Art. 9 verwiesen. 15 In zeitlicher Hinsicht schließt Art. 15 im Gegensatz zu § 18 Abs. 1 Satz 2 DIS-
SchO 1998 die Geltendmachung von Ablehnungsgründen, die der benennenden Partei im Zeitpunkt der Benennung des betroffenen Schiedsrichters bereits bekannt waren, nicht mehr explizit aus. In der Praxis sind jedoch auch in Zukunft Verfahrensverzögerungen und Missbrauchsmöglichkeiten durch die Ablehnung von Schiedsrichtern nach Konstituierung des Schiedsgerichts trotz bereits bei der Benennung erkannter Nichteignung nicht zu erwarten. Grund hierfür ist die in Art. 15.2 niedergelegte 14-tägige Ausschlussfrist für das Vorbringen von Ablehnungsgründen nach Kenntniserlangung. Diese Frist wird im Falle einer Kenntnis bei Benennung im Zeitpunkt der Konstituierung des Schiedsgerichts regelmäßig schon abgelaufen sein (vgl. nur die der Konstituierung vorausgehende 21-Tage-Frist für die Benennung des Vorsitzenden durch die beisitzenden Schiedsrichter in einem Dreier-Schiedsgericht, Art. 12.2).
II. Ablehnungsverfahren (Art. 15.2–Art. 15.4) 16 Inhalt des Antrages. Art. 15.2 stellt anders als die DIS-SchO 1998 konkrete An-
forderungen an die durch die Parteien bei Antragstellung zu erbringende Begründungsleistung und schafft insoweit Rechtssicherheit. Demnach haben die Parteien die Tatsachen und Umstände, auf die sie ihren Ablehnungsantrag stützen, darzulegen und anzugeben, wann sie von den jeweiligen Tatsachen und Umständen Kenntnis erlangt haben. Diese Anforderungen begründen für die Praxis jedoch keine neuen Maßstäbe, denn entsprechende Darlegungen waren auch bisher notwendig, um die materielle Begründetheit sowie eine etwaige Präklusion des Ablehnungsbegehrens zu prüfen. Insoweit expliziert Art. 15.2 also die bereits unter der DIS-SchO 1998 zu erfüllenden Kriterien.
17 Fristbeginn. Die 14-tägige Antragsfrist beginnt mit der Kenntniserlangung, d.h.
dann, wenn eine Partei positive Kenntnis über alle für die Begründung der Ablehnung erforderlichen Umstände erlangt hat; ein Kennenmüssen genügt für den Fristbeginn nicht. Hierzu bedarf es einer hinreichenden Konkretisierung der Tatsachengrundlage, die es der antragstellenden Partei ermöglicht, die Begründetheit ihres Begehrens anhand des für die Ablehnungsentscheidung des DIS-Rats geltenden Maßstabs darzulegen (vgl. OLG Frankfurt/M. v. 13.2.2012 – 26 SchH 15/11, BeckRS 2014, 12967).
18 Form des Antrags. Während Art. 15 selbst keine Formvorgaben für den Ableh-
nungsantrag enthält, sieht Art. 4.1 die elektronische Form als grds. Übermittlungsform vor. Eine Übermittlung in Papierform erlaubt die Vorschrift nur, sofern die elektronische Übermittlung nicht möglich ist. In der Praxis ist der Ablehnungsantrag daher stets elektronisch an die DIS zu übermitteln.
19 Stellungnahmemöglichkeit. Art. 15.3 sieht vor, dass der bei der DIS eingegan-
gene Antrag der anderen Partei sowie sämtlichen in dem Schiedsverfahren be896
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Ablehnung eines Schiedsrichters | Art. 15 DIS-SchO
stellten Schiedsrichtern zur Stellungnahme übermittelt wird. Anders als die DISSchO 1998 räumt die DIS-SchO 2018 somit allen Verfahrensbeteiligten ein Äußerungsrecht ein und beschränkt dieses nicht mehr auf die Parteien und den von der Ablehnung betroffenen Schiedsrichter. Von der Stellungnahmemöglichkeit kann, muss aber nicht Gebrauch gemacht werden. Auch die eingereichten Stellungnahmen werden von der DIS an sämtliche Verfahrensbeteiligte übermittelt. Eine direkte Übermittlung durch die Stellung nehmende Partei bzw. den Stellung nehmenden Schiedsrichter an die andere Partei und die Schiedsrichter soll nicht erfolgen. Eine erneute Stellungnahmemöglichkeit in Bezug auf die übermittelten Äußerungen der anderen Verfahrensbeteiligten ist regelmäßig nicht vorgesehen. Weitere eigenständige Ermittlungen bzw. Beweiserhebungen zur Überprüfung des im Ablehnungsantrag bzw. in den eingegangenen Stellungnahmen enthaltenen Tatsachenvortrag seitens der DIS finden ebenfalls nicht statt. Diesem Verfahrensschritt schließt sich die Entscheidung über den Ablehnungs- 20 antrag unmittelbar an. Art. 15 verlangt keinen weiteren Antrag der ablehnenden Partei auf Entscheidung ihres Ablehnungsantrags. Für die antragstellende Partei reduziert sich durch den Wegfall des doppelten Antragserfordernisses der DIS-SchO 1998 der Verfahrensaufwand. Zuständigkeit für die Ablehnungsentscheidung. Eine maßgebliche Verände- 21 rung im Vergleich zur DIS-SchO 1998 wurde durch die Verlagerung der Zuständigkeit für die Ablehnungsentscheidung vorgenommen. Gemäß Art. 15.4 entscheidet nunmehr nicht mehr das Schiedsgericht selbst (ggf. unter Mitwirkung des abgelehnten Schiedsrichters), sondern der DIS-Rat als unbeteiligte Instanz. Die DIS-SchO 2018 entzieht damit den gegenüber der ursprünglichen Regelung in der DIS-SchO 1998 geäußerten Bedenken, wonach das Verfahren dem abgelehnten Schiedsrichter ein Richten in eigener Sache ermögliche, den Boden.
III. Fortgang des Schiedsverfahrens während des Ablehnungsverfahrens (Art. 15.5) Art. 15.5 enthält die klarstellende Vorschrift, dass das Schiedsverfahren bis zur 22 Ablehnungsentscheidung fortgesetzt werden kann. Dem Schiedsgericht wird damit eine Ermessensentscheidung hinsichtlich der Verfahrensfortsetzung zugebilligt. Die Regelung bezweckt auf diese Weise einerseits, dem Schiedsgericht ein wirksames Instrument an die Hand zu geben, um insb. im Falle missbräuchlicher oder eindeutig unbegründeter Ablehnungsanträge einem Verfahrensstillstand zu begegnen. Andererseits soll das Schiedsgericht das Verfahren nicht fortführen müssen, wenn es annimmt, der DIS-Rat werde dem Ablehnungsantrag wahrscheinlich stattgeben.
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Art. 16 DIS-SchO | Das Schiedsgericht IV. Verfahrensdauer und Kosten 23 Hinsichtlich der Dauer des Ablehnungsverfahrens dürfte regelmäßig mit einer
Stellungnahmefrist von 10 bis 14 Tagen zu rechnen sein. Die sich daran anschließende Entscheidung des DIS-Rats ergeht im Regelfall innerhalb weiterer zwei bis vier Wochen.
24 Auf Seiten der DIS entstehen durch das Ablehnungsverfahren grds. keine Kos-
ten. Auch das zu zahlende Schiedsrichterhonorar erhöht sich durch den zusätzlichen Verfahrensschritt nicht (vgl. zu den Kosten im Falle eines erfolgreichen Ablehnungsverfahren, Art. 16 Rz. 27). Kosten entstehen nur auf Parteiseite im Zuge der Erstellung von Schriftsätzen im Ablehnungsverfahren. Dies betrifft einerseits den Ablehnungsantrag selbst und andererseits etwaige Stellungnahmen der Parteien zum Ablehnungsantrag.
V. Rechtsmittel gegen die Entscheidung des DIS-Rats 25 Die DIS-SchO selbst sieht keinerlei Rechtsmittel gegen Entscheidungen des DIS-
Rats über den Ablehnungsantrag vor. Im Falle einer Ablehnung des Antrags verbleibt den Parteien der Weg zu den staatlichen Gerichten, § 1037 Abs. 3 ZPO.
F. Abweichende Parteivereinbarung 26 Die Parteien können gemäß Art. 21.2 von den Bestimmungen der DIS-SchO
durch Vereinbarung abweichen. Den Parteien ist daher unbenommen, das Ablehnungsverfahren individuell zu regeln. Grenzen setzen ihnen dabei der Gleichbehandlungsgrundsatz und das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs in Art. 21.1, sowie die zwingenden Verfahrensvorschriften des Rechts des Schiedsortes. Liegt der Schiedsort in Deutschland, gelten insoweit die Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO. Danach ist ein vereinbarter Ausschluss des Rechtsbehelfs zu den staatlichen Gerichten (§ 1037 Abs. 3 ZPO) unzulässig. Sowohl nach der DIS-SchO, als auch nach den zwingenden Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO sind indes Form, Frist, Verfahrensablauf und Zuständigkeit einer Regelung durch abweichende Parteivereinbarungen zugänglich.
Artikel 16 Vorzeitige Beendigung des Schiedsrichteramtes 16.1 Das Amt eines Schiedsrichters endet an dem Tag, an dem (i) der DIS-Rat dem Ablehnungsantrag gegen diesen Schiedsrichter stattgibt, (ii) der DIS-Rat den Rücktritt des Schiedsrichters bewilligt, 898
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Vorzeitige Beendigung des Schiedsrichteramtes | Art. 16 DIS-SchO
(iii) der Schiedsrichter verstirbt, (iv) der DIS-Rat den Schiedsrichter gemäß Artikel 16.2 seines Amtes enthebt oder (v) sich alle Parteien auf die vorzeitige Beendigung des Amtes des Schiedsrichters einigen. 16.2 Der DIS-Rat kann einen Schiedsrichter seines Amtes entheben, wenn er der Ansicht ist, dass der Schiedsrichter seine Aufgaben gemäß dieser Schiedsgerichtsordnung nicht erfüllt oder außerstande ist oder sein wird, diese in Zukunft zu erfüllen. Das Verfahren der Amtsenthebung ist in Artikel 9 der Geschäftsordnung (Anlage 1) geregelt. 16.3 Endet das Amt eines Schiedsrichters vorzeitig, ist vorbehaltlich des Artikels 16.4 ein Ersatzschiedsrichter gemäß Artikel 16.5 zu bestellen. 16.4 Sind alle Parteien und die anderen Schiedsrichter einverstanden, kann der DIS-Rat unter Berücksichtigung aller Umstände von der Bestellung eines Ersatzschiedsrichters absehen. Das Schiedsverfahren wird dann mit den anderen Schiedsrichtern fortgesetzt. 16.5 Für die Bestellung eines Ersatzschiedsrichters gilt das Verfahren, das für die Bestellung des zu ersetzenden Schiedsrichters anzuwenden war. Nach Anhörung der Parteien und der anderen Schiedsrichter sowie unter Berücksichtigung der Umstände, die der DIS-Rat für maßgeblich hält, kann er entscheiden, dass ein anderes Verfahren gemäß dieser Schiedsgerichtsordnung anzuwenden ist. 16.6 Ist ein Ersatzschiedsrichter bestellt worden, setzt das Schiedsgericht das Verfahren fort, ohne bereits vorgenommene Verfahrenshandlungen zu wiederholen. Dies gilt nicht, sofern die Parteien etwas anderes vereinbaren oder das Schiedsgericht nach Anhörung der Parteien eine Wiederholung für erforderlich hält. Regelungsschwerpunkte: Art. 16.1–Art. 16.2 regeln die Gründe für die Beendigung des Schiedsrichteramtes während des laufenden Schiedsverfahrens. → Rz. 1 ff.; Art. 16.3–Art. 16.6 enthalten Vorgaben für die Fortführung des Verfahrens nach dem vorzeitigen Ausscheiden eines Schiedsrichters. → Rz. 14 ff. Kostenaspekte: Neben dem Honorar für den Ersatzschiedsrichter kann auch ein Honorar für den ausgeschiedenen Schiedsrichter zu zahlen und die Erstattung seiner Auslagen erforderlich sein. → Rz. 27). A. Gründe für die vorzeitige Beendigung des Schiedsrichteramtes (Art. 16.1, Art. 16.2) . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu §§ 1038, 1039 ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
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V. Einzelerläuterungen zu den Beendigungsgründen . . . . . . . . B. Fortgang des Verfahrens nach vorzeitigem Ausscheiden eines Schiedsrichters (Art. 16.3– Art. 16.6) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Art. 16 DIS-SchO | Das Schiedsgericht III. Verhältnis zu § 1039 ZPO . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Einzelerläuterungen zum Verfahrensfortgang . . . . . . . . . . . .
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C. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Altenkirch, Die Beendigung des Schiedsrichtervertrags durch den Schiedsrichter, SchiedsVZ 2014, 113 ff.; Haarmann, Die vorzeitige Beendigung des Schiedsrichteramtes durch Abberufung oder Rücktritt sowie die vorzeitige Beendigung des Schiedsrichtervertrages aufgrund Kündigung und deren rechtliche Folgen, in FS Geimer (2017), S. 139 ff.; Schütze, Der Rücktritt des Schiedsrichters vom Amt, FS Wegen (2015), S. 751 ff.
A. Gründe für die vorzeitige Beendigung des Schiedsrichteramtes (Art. 16.1, Art. 16.2) I. Normzweck 1 Art. 16.1 und Art. 16.2 sollen die denkbaren Gründe einer Beendigung des
Schiedsrichteramtes vor dem Verfahrensende systematisch und erschöpfend erfassen. Die Regelung dient der Integrität und Effizienz des Verfahrens, indem sie die Verfahrensbeteiligung von Schiedsrichtern, deren weitere Tätigkeit aus den in der Norm genannten Gründen nicht mehr gewollt oder nicht mehr möglich ist, für beendet erklärt. Sie soll damit auch die Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen sichern.
II. Reform 2 Die DIS-SchO 2018 behandelt nach der Reform erstmals sämtliche Gründe für
eine vorzeitige Beendigung des Schiedsrichteramtes abschließend in einer Vorschrift. Im Gegensatz zur DIS-SchO 1998 sieht die DIS-SchO 2018 nicht mehr die Möglichkeit vor, das Schiedsrichteramt durch einseitige Handlung des betroffenen Schiedsrichters zu beenden. Vielmehr bedarf es stets der Bewilligung eines Rücktritts durch den DIS-Rat. Dieser ist nunmehr auch Entscheidungsinstanz für Ablehnungsanträge. Nach der DIS-SchO 1998 lag diese Befugnis noch beim Schiedsgericht selbst. Zudem ist in der DIS-SchO 2018 nun ein institutionsspezifisches Amtsenthebungsverfahren vorgesehen. Damit entfällt die Notwendigkeit, für ein derartiges Verfahren immer auf staatliche Gerichte zu rekurrieren, wie dies § 19 Abs. 1 Satz 2 DIS-SchO 1998 noch vorsah.
III. Verhältnis zu §§ 1038, 1039 ZPO 3 Die Regelungssystematik der DIS-SchO unterscheidet sich von der in den
§§ 1038, 1039 ZPO gewählten Systematik. Diese stellen die möglichen Beendi-
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gungsgründe nicht isoliert dar, sondern benennen sie als tatbestandliche Voraussetzungen für die Bestellung eines Ersatzschiedsrichters nach § 1039 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Aus dieser Norm ergibt sich aber ausdrücklich die Möglichkeit einer Amtsbeendigung auf Grund einer positiven Ablehnungsentscheidung, eines Rücktritts oder Parteivereinbarung. Die DIS-SchO sieht diese Beendigungsgründe in Art. 16.1 (i), Art. 16.1 (ii) sowie Art. 16.1 (v) ebenfalls vor. Anders als dies in den §§ 1038 Abs. 1, 1039 Abs. 1 ZPO geregelt ist, beendet der einseitige Rücktritt eines Schiedsrichters unter der DIS-SchO jedoch nicht unmittelbar sein Amt. Dafür bedarf es stets der Bewilligung durch den DIS-Rat. § 1038 Abs. 1 Satz 2 ZPO eröffnet den Parteien die Möglichkeit, eine Entschei- 4 dung über die Amtsbeendigung bei staatlichen Gerichten zu beantragen, wenn der Schiedsrichter nicht von seinem Amt zurücktritt oder die Parteien sich über die Amtsbeendigung nicht einigen können. Allerdings dürfte § 1038 ZPO insgesamt unter Parteivorbehalt stehen (vgl. BT-Drucks. 13/5274, S. 42). Entsprechend mag durch die Wahl der DIS-SchO mit Art. 16 eine abschließende anderweitige Parteivereinbarung vorliegen, die einen Rückgriff auf das staatliche Verfahren nach § 1038 Abs. 1 Satz 2 ZPO parallel zu den in Art. 16 vorgesehenen Optionen ausschließt.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Anders als für nach der DIS-SchO bestellte Schiedsrichter existiert keine umfas- 5 sende Regelung der Gründe für die Beendigung des Richteramtes während eines staatlichen Verfahrens. Die ZPO sieht eine Beendigung der Richtertätigkeit in einem staatlichen Verfahren nur in den in §§ 41, 42 ZPO geregelten Fällen vor. Darüber hinausgehende Beendigungsmöglichkeiten ergeben sich in engen Grenzen aus den Regelungen zum Geschäftsverteilungsplan in §§ 21e ff. GVG. Danach ist für den Fall der Beendigung des Richteramtes während des Verfahrens erforderlich, dass die Vertretung für den ausgeschiedenen Richter auf Grund der vorab im Geschäftsverteilungsplan getroffenen Regelungen bereits nach abstrakten Kriterien feststeht. Dieser aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG resultierenden Einschränkung unterliegt das schiedsgerichtliche Verfahren nicht.
V. Einzelerläuterungen zu den Beendigungsgründen Stattgegebener Ablehnungsantrag. Art. 16.1 (i) stellt die Rechtsfolgenregelung 6 für den Fall einer positiven Ablehnungsentscheidung im Verfahren nach Art. 15 dar. Danach endet das Schiedsrichteramt an dem Tag, an dem der DIS-Rat dem Ablehnungsantrag stattgibt. Auf den Zugang der Ablehnungsentscheidung bei den Verfahrensbeteiligten kommt es nicht an. Rücktrittsbewilligung. Art. 16.1 (ii) regelt den Fall, dass ein Schiedsrichter zu- 7 rücktritt, um eine Beendigung seines Amtes herbeizuführen. Diese Rechtsfolge Nedden
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Art. 16 DIS-SchO | Das Schiedsgericht kann er nach der Reform der DIS-SchO nicht mehr einseitig durch seinen Rücktritt herbeiführen; er ist auf die Bewilligung seines Rücktritts durch den DIS-Rat angewiesen. Der Bewilligungsvorbehalt verhindert übereilte oder durch tatsächlichen oder empfundenen Druck veranlasste Rücktritte. Der Rücktritt eines Schiedsrichters birgt stets die Gefahr, dass der ordentliche Verfahrensgang hierdurch beeinträchtigt wird. Daher sollen die Zusammensetzung des Schiedsgerichts bis zum Abschluss des Verfahrens nach Möglichkeit unverändert bleiben und nicht erforderliche Rücktritte vermieden werden. Der Bewilligungsvorbehalt verschafft dem DIS-Rat eine dahingehende Überprüfungs- und Steuerungsmöglichkeit. Entschließt er sich dazu, den Rücktritt zuzulassen, endet das Amt des Schiedsrichters am Tag der Bewilligung des Rücktritts durch den DIS-Rat. Anderenfalls verbleibt der Schiedsrichter im Amt und hat seine Tätigkeit unter Beachtung sämtlicher damit gemäß der DIS-SchO einhergehender Pflichten fortzuführen. 8 Nicht erwähnt ist, an welchen Kriterien sich die Bewilligung des Rücktritts
durch den DIS-Rat zu orientieren hat. Art. 16.1 (ii) enthält keine diesbezüglichen Vorgaben. Um das soeben dargestellte Ziel der Vorschrift bestmöglich zu erreichen, liegt es nahe, die Bewilligung, im Lichte der Rücktrittsgründe, von der sachlichen Notwendigkeit des Rücktritts mit Blick auf einen störungsfreien Verfahrensablauf abhängig zu machen.
9 Tod. Art. 16.1 (iii) benennt mit dem Tod eines Schiedsrichters den einzigen
Grund für eine automatische Amtsbeendigung ohne vorheriges Tätigwerden der Verfahrensbeteiligten. Der Wortlaut von § 19 Abs. 1 Satz 1 DIS-SchO 1998, der für die Amtsbeendigung stets einen Rücktritt oder eine Parteivereinbarung forderte, war insoweit noch unklar. Für die praktische Handhabung eines Todesfalls im Schiedsgericht dürften sich aus der Neuregelung indes keine abweichenden Konsequenzen ergeben, da entgegen dem Wortlaut von § 19 Abs. 1 DIS-SchO 1998 der Tod auch vor der Reform zu einer automatischen Beendigung des Schiedsrichteramtes führte.
10 Amtsenthebung. Mit der Möglichkeit einer Amtsenthebung gemäß Art. 16.1
(iv), Art. 16.2 wurde im Zuge der Reform ein neues Verfahren implementiert, durch das es dem DIS-Rat nunmehr möglich ist, einen Schiedsrichter wegen mangelnder Aufgabenerfüllung oder mangelnder Fähigkeit zur Aufgabenerfüllung aus seinem Amt zu entfernen. Die mangelnde Aufgabenerfüllung bzw. mangelnde Fähigkeit zur solchen kann rechtliche Gründe, wie bspw. der Eintritt der Geschäftsunfähigkeit oder das Fehlen einer notwendigen Genehmigung (§ 40 DRiG für Richter), oder tatsächliche Gründe, wie bspw. lang andauernde Krankheit oder eine längerfristige zeitliche Unverfügbarkeit aus anderen Gründen haben. Für die Beurteilung der Frage, ob derartige Amtsenthebungsgründe vorliegen, ist die Sicht des DIS-Rates maßgeblich.
11 Die Vorschrift des Art. 16.2 ist hinsichtlich der Amtsenthebungsgründe an § 19
Abs. 1 DIS-SchO 1998 orientiert. In zeitlicher Hinsicht erfasst sie jedoch nicht nur eine gegenwärtige, sondern auch eine zukünftige Unfähigkeit zur Aufgabenerfüllung. Um eine Amtsbeendigung gegen den Willen der anderen Partei auf
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Basis dieser Gründe durchzusetzen, ist eine Partei nicht mehr auf den Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten angewiesen. Die DIS-SchO 2018 sieht stattdessen ein Verfahren nach DIS-Regeln vor. Auf Rechtsfolgenseite eröffnet Art. 16.2 dem zuständigen DIS-Rat bei Vorliegen der Amtsenthebungsgründe einen Ermessensspielraum hinsichtlich der Amtsenthebung. Kriterien für die Ermessensausübung werden in der DIS-SchO indes nicht beschrieben. Hinsichtlich der für die Amtsenthebung geltenden Verfahrensregeln verweist 12 Art. 16.2 auf die Geschäftsordnung der DIS (Anlage 1). Diese enthält in Art. 9.1 bis Art. 9.3 Vorschriften zur Verfahrensdurchführung, die entsprechend dem Ablehnungsverfahren der DIS-SchO in Art. 15.1 bis Art 15.3 ausgestaltet sind und damit auch eine Stellungnahmemöglichkeit für sämtliche Schiedsrichter und Parteien vorsehen. Auf die insoweit entsprechend geltenden Ausführungen zum Ablehnungsverfahren nach Art. 15.1 bis Art. 15.3 wird verwiesen (vgl. Art. 15 Rz. 16 ff.). Das Verfahren setzt demnach grds. einen Amtsenthebungsantrag einer Partei voraus (Art. 9.1 der Geschäftsordnung). Art. 9.4 der Geschäftsordnung bestimmt die Entscheidungskompetenz des gemäß Art. 4.2 der Geschäftsordnung zuständigen DIS-Verfahrensausschusses. Das Amtsenthebungsverfahren unterscheidet sich indes dadurch vom Ablehnungsverfahren, dass Art. 9.5 der Geschäftsordnung dem zuständigen DIS-Verfahrensausschuss auch die Möglichkeit der Durchführung eines Amtsenthebungsverfahrens von Amts wegen ohne vorherigen Parteiantrag eröffnet. Der DIS-Rat ist somit grds. in der Lage, einen Schiedsrichter, der aus der Perspektive des DIS-Rates seinen Aufgaben gemäß der DIS-SchO nicht oder nicht mehr genügt, auch gegen den Willen der Parteien seines Amtes zu entheben. Diese Möglichkeit dient der Sicherung der Verfahrensintegrität. Parteivereinbarung. Art. 16.1 (v) bestimmt schließlich die Einigung aller Par- 13 teien als Grund für die vorzeitige Beendigung des Schiedsrichteramtes. Auch der Fall einer übereinstimmenden Ablehnung des Schiedsrichters durch alle Parteien wird von der Vorschrift erfasst. Der darin zum Ausdruck kommende gleichgerichtete Wille trägt der Parteiautonomie ebenso Rechnung wie eine gemeinsame Willensbildung durch eine Einigung der Parteien. Eine unterschiedliche Behandlung dieser Konstellationen erschiene daher ungerechtfertigt. Die Gleichbehandlung der Fälle liegt auch im Interesse der Verfahrenseffizienz, da auf diese Weise eine Ablehnungsentscheidung des DIS-Rates bei gleichgerichteten Ablehnungsanträgen obsolet wird.
B. Fortgang des Verfahrens nach vorzeitigem Ausscheiden eines Schiedsrichters (Art. 16.3–Art. 16.6) I. Normzweck Die Regelungen zur Fortführung des Verfahrens nach vorzeitiger Beendigung 14 des Schiedsrichteramtes in Art. 16.3 bis Art 16.6 dienen der Verfahrenseffizienz und der Sicherung der Prozessfrüchte. Sie sollen trotz des Ausscheidens des Nedden
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Art. 16 DIS-SchO | Das Schiedsgericht Schiedsrichters eine möglichst zügige Verfahrensfortsetzung ohne erneute Durchführung bereits erfolgter Verfahrenshandlungen gewährleisten. Andererseits sieht Art. 16.6 Satz 2 auch die Möglichkeit vor, nach Bestellung eines Ersatzschiedsrichters Verfahrensschritte ausnahmsweise zu wiederholen. Diese Regelung bezweckt, neben der Verfahrenseffizienz auch dem stets zu wahrenden Recht auf rechtliches Gehör und den Grundsätzen eines fairen Verfahrens Rechnung zu tragen.
II. Reform 15 Neben der bislang in § 19 Abs. 2 DIS-SchO 1998 geregelten Bestellung eines Er-
satzschiedsrichters gemäß den Vorschriften für die ursprüngliche Ernennung des ausgeschiedenen Schiedsrichters eröffnet die DIS-SchO 2018 weitere Optionen der Verfahrensgestaltung. Diese sollen eine flexible Anpassung an die Besonderheiten des jeweiligen Streitfalls möglich machen. So erlaubt Art. 16.4, das Verfahren ohne die Bestellung eines Ersatzschiedsrichters fortzusetzen. Zudem kann gemäß Art. 16.5 der DIS-Rat ein vom Ursprungsverfahren abweichendes Verfahren für die Bestellung des Ersatzschiedsrichters festlegen. Neu ist auch die dem Schiedsgericht in Art. 16.6 übertragene Entscheidungskompetenz zur Wiederholung bisheriger Verfahrensschritte nach Bestellung eines Ersatzschiedsrichters.
III. Verhältnis zu § 1039 ZPO 16 § 1039 Abs. 1 ZPO regelt für den Fall der Amtsbeendigung eines Schiedsrichters
das Erfordernis einer Ersatzbestellung und schreibt hierfür die Anwendung der Vorschriften über das Ursprungsverfahren vor. Nur insoweit enthält er eine Parallelregelung zu Art. 16. Anders als Art. 16 sieht § 1039 ZPO selbst keine konkreten Alternativen zu dieser Verfahrensgestaltung vor, eröffnet den Parteien durch die ausdrückliche Zulassung abweichender Parteivereinbarungen in Abs. 2 jedoch einen erheblichen Gestaltungsspielraum für das weitere Verfahren.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 17 Im staatlichen Verfahren sind Vertretungen und Ersatzzuständigkeiten im Vo-
raus durch den Geschäftsverteilungsplan zu regeln, §§ 21e ff. GVG. Dadurch wird dem Recht auf den gesetzlichen Richter Rechnung getragen (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG). Mangels derartiger Vorgabe im Schiedsverfahren können die Regelungen in Art. 16.3 bis Art. 16.6 Flexibilität und Spielraum für Parteiautonomie bei der Ersatzbestellung der entscheidungsbefugten Personen bieten.
18 Anders als ein Schiedsverfahren kann das staatliche Verfahren im Falle der Er-
setzung eines Richters nicht ohne Wiederholung der bislang vorgenommenen 904
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Vorzeitige Beendigung des Schiedsrichteramtes | Art. 16 DIS-SchO
Verfahrensschritte fortgesetzt werden, da dies gegen den zivilprozessualen Unmittelbarkeitsgrundsatz verstoßen würde (vgl. für die Beweisaufnahme ausdrücklich § 355 ZPO, i.Ü. ungeschriebene Prozessmaxime).
V. Einzelerläuterungen zum Verfahrensfortgang Erfordernis der Ersatzbestellung. Endet das Schiedsrichteramt gemäß Art. 16.1 19 oder Art. 16.2 vorzeitig, ist gemäß Art. 16.3 grds. ein Ersatzschiedsrichter zu bestellen. Diese Vorgabe greift aber nur, wenn nicht die Voraussetzungen des Art. 16.4 erfüllt sind. Der Vorbehalt wurde im Zuge der Reform neu eingefügt. Absehen von einer Ersatzbestellung. Liegt ein entsprechendes Einverständnis 20 der Parteien und der verbliebenen Schiedsrichter vor, eröffnet Art. 16.4 die Möglichkeit der Verfahrensfortsetzung ohne eine Ersatzbestellung. Es handelt sich um eine ausdrückliche Ausnahme von der in Art. 10.1 regelhaft vorgesehenen Besetzung des Schiedsgerichts mit einer ungeraden Zahl an Schiedsrichtern. Indes genügt die Einigkeit der Verfahrensbeteiligten in dieser Frage für das Absehen von einer Ersatzbestellung noch nicht. Vielmehr ist das Einverständnis notwendige Voraussetzung für die Eröffnung eines entsprechenden Ermessensspielraumes des DIS-Rates. Gemäß Art. 16.4 hat der DIS-Rat seine Ermessensentscheidung „unter Berücksichtigung aller Umstände“ zu treffen. Hierunter dürfte insb. der Verfahrensstand fallen. Sollten die Parteien die Möglichkeit einer Verfahrensfortsetzung ohne Ersatz- 21 bestellung erwägen, sollten sie zeitgleich eine vom Art. 14.2 abweichende Vereinbarung über den weiteren Abstimmungsmodus im Schiedsgericht in Betracht ziehen. Die in Art. 14.2 enthaltene Regel, nach der das Schiedsgericht mit Stimmenmehrheit, alternativ der Vorsitzende, entscheidet, ist insb. im Falle eines Zweier-Schiedsgerichts u.U. nicht mehr zielführend. Bestellungsverfahren im Regelfall. Greift der Vorbehalt des Art. 16.4 nicht, 22 richtet sich die Bestellung eines Ersatzschiedsrichters gemäß Art. 16.5 Satz 1 grds. nach den Verfahrensvorschriften, die für die Bestellung des ersetzten Schiedsrichters galten. In einem Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern entscheidet somit die Funktion des Ausgeschiedenen über das anwendbare Bestellungsverfahren. Sofern keine abweichende Parteivereinbarung getroffen wurde, gilt für die Benennung des Vorsitzenden Art. 12.2 und Art. 12.3. Scheidet ein parteibenannter Schiedsrichter aus, ist der Ersatzschiedsrichter nach Art. 12.1 zu benennen. Für den Einzelschiedsrichter greift Art. 11. Die Bestellung der benannten Ersatzschiedsrichter richtet sich nach Art. 13. Abweichendes Bestellungsverfahren. Von dem ursprünglich anwendbaren, 22a von der DIS-SchO aufgrund Parteivereinbarung abweichenden Bestellungsverfahren kann nach Entscheidung des DIS-Rates gemäß Art. 16.5 Satz 2 abgewichen werden. Auch hierbei handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des DIS-Rates, wobei diese zur Voraussetzung hat, dass der DIS-Rat sowohl die Parteien, als auch die verbliebenen Schiedsrichter zuvor anhört. Nedden
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Art. 16 DIS-SchO | Das Schiedsgericht 23 Im Vergleich zu Art. 16.4 erkennt Art. 16.5 seinem Wortlaut nach dem DIS-Rat
einen erweiterten Ermessensspielraum zu: Der DIS-Rat hat die Entscheidung unter Berücksichtigung nur jener Umstände zu treffen, die er „für maßgeblich hält“. In der Praxis dürften sich aus dieser Differenz zu Art. 16.4, der die „Berücksichtigung aller Umstände“ fordert, kaum abweichende Konsequenzen ergeben. Denn auch wenn der DIS-Rat bei der Entscheidung nach Art. 16.4 sämtliche und nicht nur die als maßgeblich erachteten Faktoren in seine Entscheidung einzubeziehen hat, obliegt ihm die freie Gewichtung dieser Umstände bei seiner Entscheidungsfindung.
24 Im Rahmen von Art. 16.5 steht dem DIS-Rat sowohl ein Entschließungs- als
auch ein Auswahlermessen zu: Seine Befugnis erstreckt sich auf die Entscheidung für ein Abweichen vom ursprünglich anwendbaren Bestellungsverfahren sowie auf die Festlegung der stattdessen einzuhaltenden Verfahrensregeln. Ein denkbarer maßgeblicher Umstand, den der DIS-Rat bei der Ausübung seines Ermessens berücksichtigen könnte, ist die Sanktionswürdigkeit der Benennung eines Schiedsrichters durch eine Partei in Kenntnis bestehender Ablehnungsgründe. Hier ist jedoch in der Praxis eine gewisse Zurückhaltung des DIS-Rates zu erwarten, da ein abweichendes Bestellungsverfahren jedenfalls im Falle der Ersatzbestellung für einen parteibenannten Schiedsrichter regelmäßig eine erhebliche Beschneidung der Parteiautonomie zur Folge hat.
25 Keine Überprüfungsmöglichkeit. Eine Möglichkeit, die Entscheidungen des
DIS-Rates gemäß Art. 16.4 und Art. 16.5 überprüfen zu lassen bzw. anzufechten, sieht die DIS-SchO nicht vor. Ebenso wenig gilt ein Begründungserfordernis für die Ermessensentscheidung.
26 Wiederholung von Verfahrenshandlungen. Gemäß Art. 16.6 Satz 1 wird das
Schiedsverfahren nach Ernennung eines Ersatzschiedsrichters regelmäßig ohne Wiederholung bereits vorgenommener Verfahrenshandlungen fortgesetzt, obwohl dieser insoweit nicht mitgewirkt hat und – insb. im Falle erfolgter Beweisaufnahmen – keine eigenen Wahrnehmungen zu diesen Verfahrensabschnitten besitzt. Art. 16.6 Satz 2 lässt in Abweichung davon eine Wiederholung von Verfahrensschritten auf Grund einer Parteivereinbarung bzw. schiedsgerichtlicher Entscheidung zu. Dem Schiedsgericht wird insoweit erneut ein Ermessensspielraum eröffnet, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Parteien zuvor angehört wurden. Nach dem Wortlaut der Norm hat sich die Ermessensentscheidung am Kriterium der Erforderlichkeit der Wiederholung von Verfahrensschritten zu orientieren. In der Praxis ist bei der Entscheidung über die Wiederholung eine sorgfältige Einzelfallabwägung vorzunehmen. Entscheidungskriterien sind hierbei zum einen die Verfahrenseffizienz und zum anderen das Recht auf rechtliches Gehör sowie die Grundsätze eines fairen Verfahrens. Zwischen diesen konkurrierenden Prinzipien hat ein sorgfältiger Ausgleich zu erfolgen. So sollte eine Wiederholung von Verfahrensschritten insb. dann erfolgen, wenn bei dem betreffenden Verfahrensschritt der persönliche Eindruck eines jeden Schiedsrichters für die Entscheidung von Bedeutung ist. Dies kann insb. bei der Vernehmung von Zeugen der Fall sein, bei denen im Einzelfall ein 906
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persönlicher Eindruck des Schiedsrichters von der Aussage erforderlich ist, um ihre Glaubwürdigkeit sowie die Glaubhaftigkeit ihrer Aussage zu bewerten. Wird indes ein umfassendes Protokoll über die Beweisaufnahme angefertigt und steht die Bewertung von Glaubwürdigkeit und Glaubhaftigkeit nicht im Mittelpunkt, kann eine Wiederholung der Beweisaufnahme für obsolet erachtet werden. Auch bei Verfahrenshandlungen, die nicht die Beweisaufnahme betreffen, muss stets eine Einzelfallentscheidung erfolgen. Wurde in einer mündlichen Verhandlung lediglich die vorläufige Rechtsansicht des Schiedsgerichts dargelegt, spricht dies – insb. bei erfolgter Protokollierung – regelmäßig gegen ein Wiederholungserfordernis. Auch bei Schiedsverfahren, in denen die schriftlichen Äußerungen der Parteien im Vordergrund stehen, dürfte die Wiederholung von Verfahrensschritten wenig Praxisrelevanz erlangen.
C. Kosten Auf Grund des Ausscheidens eines Schiedsrichters und der sich regelmäßig an- 27 schließenden Benennung eines Ersatzschiedsrichters kann es zu einem doppelten Kostenanfall kommen. Gemäß Art. 34.5 entscheidet der DIS-Rat im Falle der Amtsbeendigung nach Art. 16.1 nach seinem Ermessen, ob und in welcher Höhe dem ausgeschiedenen Schiedsrichter ein Honorar zu zahlen und Auslagen zu erstatten sind. Dem Ersatzschiedsrichter steht ein Honorar sowie die Erstattung von Auslagen nach Art. 34.1 zu. Eine entsprechende Regelung war in der DIS-SchO 1998 noch nicht enthalten.
D. Abweichende Parteivereinbarung Da Art. 21.2 Abweichungen von der DIS-SchO erlaubt, ist es grds. denkbar, dass 28 die Parteien die Beendigungsgründe in Art. 16 abweichend regeln bzw. ausschließen; zweifelhaft ist allerdings, ob dies uneingeschränkt auch für Art. 16.2 gilt. Sie können außerdem den Verfahrensfortgang nach vorzeitiger Beendigung des Amtes eines Schiedsrichters autonom gestalten und dabei von Art. 16.3 bis Art. 16.6 abweichen. Dem steht, wenn der Schiedsort in Deutschland liegt, auch kein zwingendes staatliches Recht entgegen, vgl. § 1039 Abs. 2 ZPO.
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Art. 17 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien
Mehrvertragsverfahrens, Mehrparteienverfahren und Einbeziehung zusätzlicher Parteien Artikel 17 Mehrvertragsverfahren 17.1 Ansprüche, die sich aus oder im Zusammenhang mit mehr als einem Vertrag ergeben, können in einem einzigen Schiedsverfahren („Mehrvertragsverfahren“) behandelt werden, sofern sämtliche Parteien des Schiedsverfahrens dies vereinbart haben. Ist streitig, ob sämtliche Parteien dies vereinbart haben, insbesondere wenn keine ausdrückliche Vereinbarung eines Mehrvertragsverfahrens vorliegt, entscheidet hierüber das Schiedsgericht. 17.2 Für den Fall, dass Ansprüche auf der Grundlage von mehr als einer Schiedsvereinbarung geltend gemacht werden, gilt zusätzlich zu Artikel 17.1, dass diese Ansprüche nur dann in einem einzigen Schiedsverfahren behandelt werden können, wenn die Schiedsvereinbarungen miteinander vereinbar sind. Ist streitig, ob die Schiedsvereinbarungen miteinander vereinbar sind, entscheidet hierüber vorbehaltlich des Artikels 17.3 das Schiedsgericht. 17.3 Ist die DIS im Falle des Artikels 17.2 der Ansicht, dass sie wegen Unvereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen im Hinblick auf die jeweiligen Bestimmungen über die Bildung des Schiedsgerichts kein Schiedsgericht gemäß dieser Schiedsgerichtsordnung konstituieren kann, gilt Artikel 42.4 (ii). 17.4 Werden in einem Mehrvertragsverfahren Ansprüche zwischen mehr als zwei Parteien erhoben, gelten die Bestimmungen des Artikels 18 (Mehrparteienverfahren) ergänzend zu den Bestimmungen dieses Artikels 17. Regelungsschwerpunkte: Art. 17.1–Art. 17.2 regeln die Voraussetzungen der Geltendmachung von Ansprüchen auf Grundlage mehrerer Verträge innerhalb desselben Schiedsverfahrens. → Rz. 5–16; Art. 17.3 sieht eine Möglichkeit für die DIS vor, das Mehrvertragsverfahren bei Unvereinbarkeit der dem Verfahren zugrunde liegenden Schiedsvereinbarungen zu beenden, wenn diese die Konstituierung des Schiedsgerichts verhindert. → Rz. 17; Art. 17.4 regelt den Fall des Zusammentreffens von Mehrvertrags- und Mehrparteienverfahren in einem Schiedsverfahren. → Rz. 18 Kostenaspekte: Die Geltendmachung von Ansprüchen, die auf mehreren materiellen Verträgen und/oder Schiedsvereinbarungen basieren, ist nicht per se mit zusätzlichen Kosten verbunden. → Rz. 22 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . .
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E. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Voraussetzungen von Mehrvertragsverfahren im Falle einer (Art. 17.1) oder mehrerer Schiedsvereinbarungen (Art. 17.2) . . . . 1. Mehrere Verträge . . . . . . . . . . . 2. Ansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Parteikonsens (Art. 17.1 Satz 1) .
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Mehrvertragsverfahren | Art. 17 DIS-SchO 4. Entscheidung durch das Schiedsgericht bei streitigem Konsens (Art. 17.1 Satz 2) . . . . . . . . . . . 5. Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen (Art. 17.2 Satz 1) . . . . 6. Entscheidung durch das Schiedsgericht bei streitiger Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen (Art. 17.2 Satz 2) . . . . . . . . . . . II. Vorzeitige Beendigung des Mehrparteienverfahrens durch die DIS (Art. 17.3) . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Zusammentreffen von Mehrvertrags- und Mehrparteienverfahren (Art. 17.4) . . . . . . . . . IV. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . F. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Benedict, Mehrvertragsverfahren, Mehrparteienverfahren, Einbeziehung Dritter und Verbindung von Verfahren, SchiedsVZ 2018, 306 ff.; Busse, Die Bindung Dritter an Schiedsvereinbarungen, SchiedsVZ 2005, 118 ff.; Elsing, Streitverkündung und Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2004, 88 ff.; Gharibian/Pieper, Parteienmehrheit in Schiedsverfahren – Zulässigkeit, Vorteile der Konsolidierung und Herausforderungen bei Mehrparteienkonflikten, BB 2018, 387 ff.; Hamann/Lennarz, Parallele Verfahren mit identischem Schiedsgericht als Lösung für Mehrparteienkonflikte?, SchiedsVZ 2006, 289 ff.; Kleinschmidt, Die Widerklage gegen einen Dritten im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2006, 142 ff.; Smith, Comparative Analysis of Joinder and Consolidation Provisions Under Leading Arbitral Rules, Journal of International Arbitration, Vol. 35 Issue 2 (2018), S. 173 ff.
A. Normzweck Art. 17 ermöglicht es den Parteien, ihren Rechtsstreit auch dann in einem ein- 1 zigen Verfahren beizulegen, wenn er nicht auf einem, sondern mehreren materiellen Verträgen und/oder Schiedsvereinbarungen beruht. Art. 17 dient somit primär der Verfahrenseffizienz und eröffnet die Möglichkeit von Zeit- und Kostenersparnissen. Art. 17 findet auch auf Verfahren mit zwei Parteien Anwendung. Mehrvertragsverfahren sind allerdings häufig zugleich Mehrparteienverfahren. Diesem Umstand trägt Art. 17.4 Rechnung.
B. Reform Die DIS-SchO 2018 enthält erstmals eine Regelung für Mehrvertragsverfahren. 2 Bislang existierte in § 13 DIS-SchO 1998 lediglich eine Vorschrift zur Zulässigkeit einer Mehrheit von Parteien auf Kläger- oder Beklagtenseite, nicht aber von Mehrvertragsverfahren. Auch unter der DIS-SchO 1998 wurden jedoch Mehrvertragsverfahren durchgeführt. Soweit es sich dabei zugleich um Mehrparteienverfahren handelte, fand § 13 DIS-SchO 1998 Anwendung. Insbesondere oblag dem Schiedsgericht im Falle einer derartigen Kombination aus Mehrvertragsund Mehrparteienverfahren die Entscheidung über die Zulässigkeit des Mehrparteienverfahrens nach seinem Ermessen, § 13 Abs. 3 DIS-SchO 1998. Art. 17 Schmidt-Ahrendts
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Art. 17 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien legt nun erstmals konkrete Voraussetzungen für die Zulässigkeit eines Mehrvertragsverfahrens nieder und trägt somit zur Rechtssicherheit bei.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 3 Die Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO haben für die Anwendung von Art. 17
keine praktische Bedeutung. Mehrvertragsschiedsverfahren sind dort nicht explizit geregelt. Die §§ 1025 ff. ZPO enthalten auch keine Bestimmung, die der Durchführung eines Mehrvertragsschiedsverfahrens entgegenstehen würde.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4 Die Geltendmachung von Ansprüchen auf Grundlage mehrerer Verträge vor
deutschen staatlichen Gerichten ist in § 260 ZPO geregelt. Die Vorschrift findet im Rahmen eines DIS-Schiedsverfahrens weder unmittelbare noch analoge Anwendung. Während Art. 17 die Zulässigkeit eines Mehrvertragsverfahrens ausschließlich an einen Parteikonsens – und für den Fall mehrerer Schiedsvereinbarungen zusätzlich an die Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen – knüpft, ist § 260 ZPO sehr viel offener formuliert und erfordert keinen entsprechenden Konsens der Parteien. Hiernach können mehrere Ansprüche in einer Klage schon dann verbunden werden, wenn für sämtliche Ansprüche das Prozessgericht zuständig und dieselbe Prozessart zulässig ist. Die ZPO eröffnet also für das staatliche Gerichtsverfahren einen wesentlich größeren Spielraum zur Durchführung eines Mehrvertragsverfahrens als die DIS-SchO. Grund hierfür ist, dass die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte zumindest grds. nicht auf einer Parteivereinbarung beruht, sondern im GG verankert ist.
E. Einzelerläuterungen I. Voraussetzungen von Mehrvertragsverfahren im Falle einer (Art. 17.1) oder mehrerer Schiedsvereinbarungen (Art. 17.2) 1. Mehrere Verträge 5 Art. 17 setzt das Vorliegen von mindestens zwei Verträgen voraus. Verträge i.S.v.
Art. 17 sind nur Vereinbarungen, die materielle Pflichten und Rechte der Parteien begründen. Schieds- bzw. Rechtswahlvereinbarungen sind hingegen keine Verträge i.S.d. Vorschrift. 2. Ansprüche
6 Art. 17 erfasst sowohl den (seltenen) Fall, dass derselbe Anspruch auf mehrere
Verträge gestützt wird, als auch den in der Praxis häufiger vorkommenden Fall,
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| Schmidt-Ahrendts
Mehrvertragsverfahren | Art. 17 DIS-SchO
dass eine Partei mehrere Ansprüche geltend macht, die sich aus oder im Zusammenhang mit mehreren Verträgen ergeben. Noch häufiger dürfte der Fall sein, dass von mehreren Parteien oder dass gegen mehrere Parteien auf mehrere Verträge gestützte Ansprüche geltend gemacht werden. Die Formulierung „aus oder im Zusammenhang“ trägt dem Umstand Rechnung, dass es sich bei den Ansprüchen nicht zwingend um vertragliche Ansprüche handeln muss, sondern auch außervertragliche – etwa quasivertragliche, dingliche, deliktische oder bereicherungsrechtliche – Ansprüche von Art. 17 erfasst sind, sofern diese in Zusammenhang mit mehreren Verträgen stehen und von einer Schiedsvereinbarung umfasst sind. 3. Parteikonsens (Art. 17.1 Satz 1) Parteikonsens. Art. 17.1 setzt als zentrale Zulässigkeitsvoraussetzung eines 7 Mehrvertragsverfahrens den Konsens aller beteiligten Parteien voraus. Diese müssen vereinbart haben, dass Ansprüche, die sich aus oder im Zusammenhang mit mehr als einem Vertrag ergeben, in einem Schiedsverfahren behandelt werden können. Wie diese Vereinbarung zustande zu kommen hat, gibt die Vorschrift nicht vor. Eine ausdrückliche Vereinbarung zur Zulässigkeit eines Mehrvertragsverfahrens dürfte äußerst selten sein und so sieht der Wortlaut des Art. 17.1 Satz 2 („keine ausdrückliche“) folgerichtig vor, dass auch eine nur konkludente Vereinbarung eines Mehrvertragsverfahrens möglich ist. Ein offensichtliches Beispiel für eine solche konkludente Vereinbarung ist der Fall, dass die Parteien für mehrere Verträge eine Schiedsvereinbarung schließen. Hier liegt ein gewichtiger Unterscheid zur Praxis der DIS hinsichtlich der Verbindung mehrerer Schiedsverfahren nach Art. 8, die nur bei Vorliegen einer ausdrücklichen Vereinbarung erfolgt. Dies ist nachvollziehbar, da das Schiedsgericht, anders als die DIS, das Vorliegen eines konkludenten Parteikonsens notfalls durch Beweisaufnahme feststellen kann. Alternativen zur konsensbasierten Zulassung eines Mehrvertragsverfahrens sieht Art. 17 indes nicht vor. Fehlt eine zumindest konkludente Vereinbarung, ist ein Mehrparteienverfahren schlicht nicht zulässig. 4. Entscheidung durch das Schiedsgericht bei streitigem Konsens (Art. 17.1 Satz 2) Einwendung. Bestreitet eine Partei das Vorliegen eines Parteikonsenses hin- 8 sichtlich der Zulässigkeit des Mehrparteienverfahrens, entscheidet hierüber nach Art. 17.1 Satz 2 das Schiedsgericht. Keine prima-facie-Entscheidung. Dieser Entscheidung des Schiedsgerichts ist 9 keine prima-facie-Entscheidung der DIS zum Vorliegen eines Parteikonsenses vorgeschaltet. Zulässigkeitsentscheidung. Das Schiedsgericht entscheidet hierbei über die Zu- 10 lässigkeit des Mehrvertragsverfahrens, nicht über seine Zuständigkeit. Verneint das Schiedsgericht die Zulässigkeit eines Mehrvertragsverfahrens, stellt sich die Frage, ob damit das Schiedsverfahren insgesamt unzulässig ist, oder ob es zumindest in Bezug auf einen Vertrag fortgesetzt werden kann. Letzteres erscheint Schmidt-Ahrendts
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Art. 17 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien z.B. dort denkbar, wo eine Partei Ansprüche aus mehreren Verträgen geltend macht und vorab und hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit eines Mehrvertragsverfahrens die Fortsetzung in Bezug auf einen Vertrag begehrt. Dort wo unterschiedliche Parteien Ansprüche aus mehreren Verträgen geltend gemacht haben, mag es ein entscheidungserheblicher Gesichtspunkt sein, aus welchem Vertrag zunächst Ansprüche geltend gemacht wurden. 11 Teilzulässigkeit. Denkbar ist auch, dass das Schiedsgericht in Bezug auf be-
stimmte Verträge die Zulässigkeit eines Mehrvertragsverfahrens aufgrund eines entsprechenden Parteikonsens feststellt, und für andere Verträge feststellt, dass es an einem solchen Konsens fehlt. 5. Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen (Art. 17.2 Satz 1)
12 Art. 17.2 Satz 1 enthält eine zusätzliche Zulässigkeitsvoraussetzung für den Fall,
dass Ansprüche nicht nur auf Basis mehrerer materieller Verträge, sondern zudem auf der Grundlage mehrerer Schiedsvereinbarungen in einem Schiedsverfahren geltend gemacht werden.
13 Hier gilt zusätzlich zur Notwendigkeit eines Parteikonsenses nach Art. 17.1, dass
die verschiedenen Schiedsvereinbarungen miteinander vereinbar sein müssen. Nur dann kann eine gemeinsame Durchführung der Verfahren unter voller Berücksichtigung der parteiautonom in den Schiedsvereinbarungen festgesetzten Maßstäbe umgesetzt werden. An einer solchen Vereinbarkeit fehlt es u.a. bei unterschiedlichen Schiedsorten, einer unterschiedlichen Anzahl von Schiedsrichtern und wohl auch bei einer unterschiedlichen Verfahrenssprache. Ferner können (in der Praxis eher seltene) unvereinbare Regelungen zur Person und/oder Qualifikation der Schiedsrichter oder Aspekten der Verfahrensführung eine Unvereinbarkeit begründen. 6. Entscheidung durch das Schiedsgericht bei streitiger Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen (Art. 17.2 Satz 2)
14 Streit über die Vereinbarkeit mehrerer Schiedsvereinbarungen. Art. 17.2
Satz 2 enthält hinsichtlich der Vereinbarkeit mehrerer Schiedsvereinbarungen ein Äquivalent zur Entscheidungsbefugnis des Schiedsgerichts gemäß Art. 17.1 Satz 2. So bestimmt Art. 17.2 Satz 2, dass das Schiedsgericht über die Vereinbarkeit mehrerer Schiedsvereinbarungen entscheidet, sofern diese streitig ist.
15 Keine prima-facie-Entscheidung. Auch im Falle des Art. 17.2 Satz 2 ist der Ent-
scheidung des Schiedsgerichts keine prima-facie-Entscheidung der DIS vorgeschaltet.
16 Zulässigkeit und Teilzulässigkeit. Auch hier trifft das Schiedsgericht eine Zu-
lässigkeits- bzw. Teilzulässigkeitsentscheidung und keine Zuständigkeitsentscheidung. Auch hier stellt sich die Frage, ob und inwiefern das Schiedsverfahren fortzusetzen ist (vgl. Rz. 10). 912
| Schmidt-Ahrendts
Mehrvertragsverfahren | Art. 17 DIS-SchO
II. Vorzeitige Beendigung des Mehrparteienverfahrens durch die DIS (Art. 17.3) Art. 17.3 sieht für die DIS eine Möglichkeit vor, gemäß Art. 42.4 (ii) das 17 Schiedsverfahren zu beenden, wenn sie der Ansicht ist, dass sie auf Grund der Unvereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen im Hinblick auf die jeweiligen Bestimmungen über die Bildung des Schiedsgerichts kein Schiedsgericht gemäß der DIS-SchO konstituieren kann. Diese Regelung greift vor der Konstituierung eines Schiedsgerichts ein, das eine Entscheidung nach Art. 17.2 treffen könnte. Sie sorgt auf diese Weise dafür, dass auch vor Konstituierung eines Schiedsgerichts ein Entscheidungsträger vorhanden ist, der über das Schicksal des Mehrvertragsverfahrens entscheiden kann, wenn keine Aussicht besteht, dass ein zur Entscheidung fähiges Schiedsgericht überhaupt erst zustande kommt. Da die Durchführung eines Mehrvertragsverfahrens bei fehlender Realisierbarkeit der Bildung eines Schiedsgerichts aussichtslos ist, kann die DIS das Verfahren vorzeitig für beendet erklären. Die Parteien können dies vermeiden, in dem sie die miteinander unvereinbaren Schiedsvereinbarungen anpassen bzw. eine neue Schiedsvereinbarung abschließen.
III. Zusammentreffen von Mehrvertrags- und Mehrparteienverfahren (Art. 17.4) Art. 17.4 stellt klar, dass bei einem Zusammentreffen von Mehrvertrags- und 18 Mehrparteienverfahren ergänzend die (sehr ähnlichen) Bestimmungen des Art. 18 gelten.
IV. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle Gefahr der Aufhebung und Nichtvollstreckung. Die Entscheidungen eines 19 DIS-Schiedsgerichts gemäß Art. 17.1 Satz 2 und Art. 17.2 Satz 2 unterliegen der Kontrolle des Aufhebungs- und/oder Vollstreckungsgerichts. Nicht zuletzt deswegen liegt die Beachtung der Vorgaben des Art. 17 im Interesse der Schiedsrichter und der Parteien. Das Gericht wird auf Rüge einer Partei hin in einem entsprechenden Verfahren 20 bspw. prüfen, ob der Ablauf des Schiedsverfahrens dem Willen der Parteien entsprach (vgl. für Verfahren mit Schieds- bzw. Vollstreckungsort in Deutschland § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO bzw. Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ). Durch die Vereinbarung der Geltung der DIS-SchO wird auch Art. 17 zum Gegenstand des gemeinsamen Parteiwillens. Eine Nichtbeachtung kann daher potenziell zur Aufhebung bzw. Nichtvollstreckung des Schiedsspruchs führen. Das zuständige staatliche Aufhebungs- bzw. Vollstreckbarerklärungsgericht ist 21 dabei in keiner Weise an die Entscheidung des DIS-Schiedsgerichts über das Schmidt-Ahrendts
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Art. 18 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien Vorliegen einer Parteivereinbarung oder über die Vereinbarkeit mehrerer Schiedsvereinbarungen gebunden; insofern besteht kein nicht überprüfbarer Ermessensspielraum des Schiedsgerichts.
F. Kosten 22 Die Geltendmachung von Ansprüchen, die auf mehreren materiellen Verträgen
und/oder Schiedsvereinbarungen basieren, ist i.d.R. in nur einem Verfahren mit geringeren Kosten verbunden als die Geltendmachung in mehreren parallelen Verfahren.
G. Abweichende Parteivereinbarungen 23 Art. 17 ist dispositiv. Insbesondere steht es den Parteien frei, zu vereinbaren,
dass Ansprüche, die sich aus oder im Zusammenhang mit mehreren Verträgen ergeben, nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen in einem einzigen Verfahren geltend gemacht werden können. Eine solche Vereinbarung kann vor oder im Zuge des laufenden Verfahrens getroffen werden.
Artikel 18 Mehrparteienverfahren 18.1 Ansprüche zwischen mehr als zwei Parteien können in einem einzigen Schiedsverfahren („Mehrparteienverfahren“) behandelt werden, wenn die Schiedsvereinbarung für sämtliche Parteien vorsieht, dass ihre Ansprüche in einem einzigen Schiedsverfahren behandelt werden können, oder wenn die Parteien dies in sonstiger Weise vereinbart haben. Ist streitig, ob die Parteien dies vereinbart haben, insbesondere wenn keine ausdrückliche Vereinbarung eines Mehrparteienverfahrens vorliegt, entscheidet hierüber das Schiedsgericht. 18.2 Werden in einem Mehrparteienverfahren Ansprüche erhoben, die sich aus oder im Zusammenhang mit mehr als einem Vertrag ergeben, gelten die Bestimmungen des Artikels 17 (Mehrvertragsverfahren) ergänzend zu den Bestimmungen dieses Artikels 18. Regelungsschwerpunkte: Art. 18.1 legt den Konsens aller Parteien als allein maßgebliche Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Mehrparteienverfahrens fest und bestimmt das Schiedsgericht als alleinige Entscheidungsinstanz für den Fall, dass die Existenz einer Vereinbarung zwischen den Parteien streitig ist. → Rz. 8–13; Art. 18.2 stellt klar, dass im Falle eines Zusammentreffens einer Mehrparteien- sowie einer Mehrvertragskonstellation die Bestimmungen des Art. 17 ergänzend heranzuziehen sind. → Rz. 13a Kostenaspekte: Mehrparteienverfahren sind mit höheren Verfahrenskosten verbunden als Zwei-Parteienverfahren; diese erhöhten Kosten sind jedoch geringer als die Kosten, die im Falle mehrerer paralleler Verfahren entstehen würden. → Rz. 17a f.
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Mehrparteienverfahren | Art. 18 DIS-SchO A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Zulässigkeit von Mehrparteienverfahren (Art. 18.1) . . . . . . . . . 1. Verfahrenseinleitung . . . . . . . . 2. Anwendungsbereich von Art. 18 3. Parteikonsens als Voraussetzung des Mehrparteienverfahrens (Art. 18.1 Satz 1) . . . . . . . . . . .
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4. Entscheidung durch das Schiedsgericht bei streitigem Konsens (Art. 18.1 Satz 2) . . . . . . . . . . . 11 II. Zusammentreffen von Mehrparteien- und Mehrvertragsverfahren (Art. 18.2) . . . . . . . . . 13a III. Konstituierung des Schiedsgerichts im Mehrparteienverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 IV. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . 15 F. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17a G. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Benedict, Mehrvertragsverfahren, Mehrparteienverfahren, Einbeziehung Dritter und Verbindung von Verfahren, SchiedsVZ 2018, 306 ff.; Busse, Die Bindung Dritter an Schiedsvereinbarungen, SchiedsVZ 2005, 118 ff.; Choi, Joinder in international commercial arbitration, Arbitration International, Vol. 35 Issue 1 (2019), S. 29 ff.; Elsing, Streitverkündung und Einbeziehung Dritter (Joinder) in der internationalen Schiedspraxis, in Cascante/Spahlinger/Wilske (eds.), FS für Gerhard Wegen zum 65. Geburtstag (2015), S. 615 ff.; Elsing, Streitverkündung und Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2004, 88 ff.; Geimer, Dritte als weitere Parteien im Schiedsverfahren, in Liber Amicorum Peter Hay (2005), S. 163 ff.; Gharibian/Pieper, Parteienmehrheit in Schiedsverfahren – Zulässigkeit, Vorteile der Konsolidierung und Herausforderungen bei Mehrparteienkonflikten, BB 2018, 387 ff.; Hamann/ Lennarz, Parallele Verfahren mit identischem Schiedsgericht als Lösung für Mehrparteienkonflikte?, SchiedsVZ 2006, 289 ff.; Kleinschmidt, Die Widerklage gegen einen Dritten im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2006, 142 ff.; Welser, Mehrparteienschiedsverfahren aus praktischer Sicht, in FS Elsing (2015), S. 651 ff.
A. Normzweck Art. 18 stellt klar, dass es mehreren Parteien möglich ist, ihren Rechtsstreit in ei- 1 nem einzigen Verfahren und vor ein- und demselben Schiedsgericht zu führen. Dies dient primär der Verfahrenseffizienz und führt zumindest potenziell zu Zeit- und Kostenersparnissen. Einzig maßgebliche Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Mehrparteienverfahrens ist der entsprechende Konsens aller Parteien. Dieser Konsens kann entweder in der Schiedsvereinbarung oder „in sonstiger Weise“ zum Ausdruck gebracht werden. Art. 18 findet häufig mit Art. 17 Anwendung. Dem trägt Art. 18.2 Rechnung. In der Praxis findet Art. 18 insb. in Streitigkeiten aus dem Bereich Anlagenbau, 2 Konsortial- und Joint-Venture-Verträge sowie aus und im Zusammenhang mit Streckengeschäften (Lieferketten) Anwendung.
Schmidt-Ahrendts
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Art. 18 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien B. Reform 3 Die DIS-SchO 1998 enthielt in § 13 bereits eine Regelung zur Mehrheit von Par-
teien auf Kläger- oder Beklagtenseite in einem Schiedsverfahren. Indes konzentrierte sich der Regelungsgegenstand der Vorschrift auf die Benennung von Schiedsrichtern im Mehrparteienverfahren. Zur Zulässigkeit eines Mehrparteienverfahrens legte § 13 Abs. 3 DIS-SchO 1998 lediglich fest, dass hierüber das Schiedsgericht entscheide. Kriterien für diese Entscheidung sah die Vorschrift hingegen nicht vor, sodass dem Schiedsgericht ein weiter – wenn auch nicht unbegrenzter – Ermessensspielraum gewährt wurde.
4 Im Zuge der Reform wurde der ursprüngliche Regelungsgegenstand des § 13 DIS-
SchO 1998 nunmehr auf zwei eigenständige Vorschriften aufgeteilt und detaillierter ausgestaltet. Die Benennung und Bestellung von Schiedsrichtern in Mehrparteienverfahren regelt Art. 20 DIS-SchO 2018. Demgegenüber enthält Art. 18 DISSchO 2018 Bestimmungen zur Zulässigkeit eines Mehrparteienverfahrens. Abweichend von der Vorgängerregelung in § 13 Abs. 3 DIS-SchO 1998 benennt Art. 18.1 DIS-SchO 2018 die maßgebliche Voraussetzung für ein zulässiges Mehrparteienverfahren. Dies ist ein Gewinn an Rechtsklarheit und Rechtssicherheit.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 5 Die Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO haben für die Anwendung von Art. 18
DIS-SchO kaum praktische Bedeutung. §§ 1025 ff. ZPO enthalten keine speziell auf Mehrparteienverfahren zugeschnittene Regelung, insb. keine die deren Zulässigkeit einschränken würde.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 6 Die für staatliche Gerichtsverfahren geltenden Vorschriften der ZPO enthalten
keine mit Art. 18.1 und Art. 18.2 DIS-SchO auch nur im Ansatz vergleichbare Regelung. Die Norm unterscheidet sich maßgeblich von den Regelungen in §§ 59 ff., 64 ff. ZPO, welche die Zulässigkeit von bestimmten, besonderen Verfahren mit mehreren Beteiligten vor deutschen staatlichen Gerichten regeln.
7 Während in einem DIS-Mehrparteienverfahren jeder auf Seiten einer Partei hin-
zutretende Verfahrensbeteiligte selbst Partei des Schiedsverfahrens wird, sieht die ZPO mit der Streitverkündung, Haupt- und Nebenintervention eine Reihe von Konstellationen mit mehreren Verfahrensbeteiligten vor, in denen gerade nicht alle Beteiligten auch Parteien des bereits anhängigen Rechtsstreits werden. Andererseits ist es nach der ZPO nicht möglich, dass mehrere Kläger bzw. mehrere Beklagte untereinander Ansprüche (im Folgenden: „Cross-Claims“) geltend machen. Auch die durch Art. 18 i.V.m. Art. 19 eröffnete Möglichkeit zu einem multipolaren Verfahren sieht die ZPO nicht vor. 916
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Mehrparteienverfahren | Art. 18 DIS-SchO
E. Einzelerläuterungen I. Zulässigkeit von Mehrparteienverfahren (Art. 18.1) 1. Verfahrenseinleitung Art. 18 ergänzt die allgemeinen Regeln. So erfolgt die Erhebung von Ansprüchen 8 zwischen mehreren Parteien nach den Regeln für die Erhebung von Ansprüchen im Rahmen einer Klage (Art. 5), Widerklage (Art. 7) bzw. einem Antrag auf Einbeziehung einer Partei (Art. 19). 2. Anwendungsbereich von Art. 18 Ansprüche zwischen mehr als zwei Parteien. Art. 18 setzt voraus, dass mehr 9 als zwei Parteien am Schiedsverfahren beteiligt sind bzw. beteiligt sein sollen. Hierbei ist unerheblich, ob die Parteien von vornherein am Verfahren beteiligt waren, oder erst später in das Schiedsverfahren als zusätzliche Parteien (Art. 19) oder durch Verfahrensverbindung (Art. 8) einbezogen wurden. 3. Parteikonsens als Voraussetzung des Mehrparteienverfahrens (Art. 18.1 Satz 1) Parteikonsens. Kernvoraussetzung eines Mehrparteienverfahrens ist der Kon- 10 sens aller am Verfahren beteiligten Parteien, ihre Ansprüche in einem einzigen Schiedsverfahren behandeln zu lassen. Dieser Konsens kann auf zweierlei Weise erzielt werden: Zum einen kann die Schiedsvereinbarung für sämtliche Parteien vorsehen, dass die ihnen zustehenden bzw. gegen sie gerichteten Ansprüche in einem einzigen Schiedsverfahren behandelt werden können. Zum anderen können die Parteien die gemeinsame Behandlung ihrer Ansprüche in einem Verfahren in sonstiger Weise vereinbart haben. Dies schließt auch eine konkludente Vereinbarung eines Mehrparteienverfahrens mit ein. Dies ergibt sich auch aus dem Wortlaut in Art. 18.1 Satz 2 („keine ausdrückliche“). Anhaltspunkte für oder gegen das Vorliegen einer konkludenten Vereinbarung mögen die Struktur, der Gegenstand und die konkrete Erfüllung der materiellen Verträge durch die betroffenen Parteien bieten. Zeitlich betrachtet mögen die Umstände besonders relevant sein, die den Parteien bereits bei Abschluss der Schiedsvereinbarung bekannt waren. Fehlt auch eine solche konkludente Vereinbarung, ist ein Mehrparteienverfahren jedoch nicht zulässig. 4. Entscheidung durch das Schiedsgericht bei streitigem Konsens (Art. 18.1 Satz 2) Streit über das Bestehen eines Konsenses. Ist das Vorliegen einer zumindest 11 konkludenten Vereinbarung über die Zulässigkeit von Mehrparteienverfahren streitig, entscheidet hierüber das Schiedsgericht. Dieses prüft das Vorliegen einer solchen Vereinbarung jedoch nicht sua sponte, sondern grds. nur auf den Einwand einer Partei hin. Darüber hinaus kommt eine Prüfung auch dann in BeSchmidt-Ahrendts
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Art. 18 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien tracht, wenn sich die jeweilige Anspruchsgegnerin nicht am Schiedsverfahren beteiligt, u.a. um einer späteren Aufhebung des Schiedsspruchs vorzubeugen. 12 Zulässigkeitsentscheidung. Das Schiedsgericht entscheidet hierbei über die Zu-
lässigkeit des Mehrparteienverfahrens, nicht über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts. Denkbar ist auch, dass das Schiedsgericht in Bezug auf bestimmte Parteien die Zulässigkeit eines Mehrparteienverfahrens feststellt, und für andere Parteien feststellt, dass es an dem nötigen Parteikonsens fehlt.
13 Keine prima-facie-Entscheidung. Der Entscheidung des Schiedsgerichts ist
keine prima-facie-Entscheidung der DIS zum Vorliegen eines solchen Parteikonsenses vorgeschaltet.
II. Zusammentreffen von Mehrparteien- und Mehrvertragsverfahren (Art. 18.2) 13a Art. 18.2 stellt klar, dass bei einem Zusammentreffen von Mehrvertrags- und
Mehrparteienverfahren ergänzend die (sehr ähnlichen) Bestimmungen des Art. 17 gelten, die ebenfalls eine zumindest implizite Vereinbarung der Zulässigkeit eines Mehrvertragsverfahrens erfordern. Gerade dort, wo es an ausdrücklichen Vereinbarungen fehlt, dürfte die Antwort auf die Frage, ob die Parteien konkludent die Zulässigkeit eines Mehrparteien- oder Mehrvertragsverfahren vereinbart haben, typischerweise gleich ausfallen. Ferner mag die ausdrückliche Vereinbarung der Zulässigkeit eines Mehrparteienverfahrens auch die konkludente Vereinbarung der Zulässigkeit eines Mehrvertragsverfahrens beinhalten. Das muss aber nicht immer so sein. Schließlich verdeutlicht Art. 18.2, dass ein Mehrparteienverfahren auch auf Basis mehrerer miteinander vereinbarer Schiedsvereinbarungen geführt werden kann.
III. Konstituierung des Schiedsgerichts im Mehrparteienverfahren 14 Die Konstituierung des Schiedsgerichts im Mehrparteienverfahren hat in Art. 20
nunmehr eine eigenständige Regelung erfahren (vgl. hierzu die Kommentierung in Art. 20).
IV. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle 15 Gefahr der Aufhebung und Nichtvollstreckung. Die Entscheidung eines DIS-
Schiedsgerichts gemäß Art. 18.1 Satz 2 unterliegt der Kontrolle des Aufhebungsund/oder Vollstreckbarerklärungsgerichts. Nicht zuletzt deswegen liegt die Beachtung der Vorgaben des Art. 18 im Interesse der Schiedsrichter und Parteien.
16 Das Gericht wird auf Rüge einer Partei hin in einem entsprechenden Verfahren
bspw. prüfen, ob der Ablauf des Schiedsverfahrens dem Willen der Parteien ent918
| Schmidt-Ahrendts
Einbeziehung zusätzlicher Parteien | Art. 19 DIS-SchO
sprach (vgl. für Verfahren mit Schieds- bzw. Vollstreckungsort in Deutschland § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO bzw. Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ). Durch die Vereinbarung der Geltung der DIS-SchO wird auch Art. 18 zum Gegenstand des gemeinsamen Parteiwillens. Eine Nichtbeachtung kann daher potenziell zur Aufhebung bzw. Nichtvollstreckung des Schiedsspruchs führen. Das zuständige staatliche Aufhebungs- bzw. Vollstreckbarerklärungsgericht ist 17 dabei in keiner Weise an die Entscheidung des DIS-Schiedsgerichts über das Vorliegen einer Parteivereinbarung gebunden; insofern besteht kein nicht überprüfbarer Ermessensspielraum des Schiedsgerichts.
F. Kosten DIS-Bearbeitungsgebühr und Schiedsrichterhonorare. Ein Mehrparteienver- 17a fahren ist zwar mit höheren Kosten verbunden als ein Zweiparteienverfahren. So erhöhen sich gemäß Ziff. 2.4 und Ziff. 3.4 der Kostenordnung (Anlage 2) bei einem Mehrparteienverfahren die Schiedsrichterhonorare und die Bearbeitungsgebühr der DIS „jeweils um 10 % für jede zusätzliche Partei“. Jedoch ist ein Mehrparteienverfahren aufgrund der Degression in der Gebührentabelle typischerweise mit erheblich geringeren Kosten verbunden als die Durchführung mehrerer Zweiparteienverfahren. So erhöhen sich die Schiedsrichterhonorare gemäß Ziff. 2.4 der Kostenordnung höchstens um insgesamt 50 % und die DISBearbeitungsgebühr beträgt gemäß Ziff. 3.4 der Kostenordnung insgesamt höchstens 20.000 Euro. Parteikosten. Auch die nach Art. 32 (iii), Art. 33.2 ersatzfähigen, angemessenen 18 Aufwendungen und Auslagen der Parteien, einschließlich Rechtsanwalts-, Sachverständigen- und Zeugenkosten, die den Löwenanteil der Kosten eines Schiedsverfahrens ausmachen (nach aktuellen Statistiken ca. 80–85 %), liegen im Fall eines Mehrparteienverfahrens regelmäßig immer noch erheblich unter den Kosten mehrerer paralleler Zweiparteienverfahren.
G. Abweichende Parteivereinbarungen Art. 18 ist dispositiv. So können die Parteien vereinbaren, dass sie nicht gegen 19 jede andere Partei Ansprüche erheben können. Eine solche Vereinbarung ist in der Praxis jedoch selten.
Artikel 19 Einbeziehung zusätzlicher Parteien 19.1 Bis zur Bestellung eines Schiedsrichters kann jede Partei des Schiedsverfahrens bei der DIS eine Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei einreichen („Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei“). Schmidt-Ahrendts
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Art. 19 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien 19.2 Die Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei hat zu enthalten: (i) das Aktenzeichen des anhängigen Schiedsverfahrens, (ii) die Namen und Adressen der Parteien, einschließlich der zusätzlichen Partei, (iii) einen gegen die zusätzliche Partei gerichteten bestimmten Klageantrag, (iv) den Betrag bezifferter Ansprüche und eine Schätzung des Streitwerts sonstiger Ansprüche gegen die zusätzliche Partei, (v) Tatsachen und Umstände, auf die die Klageansprüche gegen die zusätzliche Partei gestützt werden, und (vi) die Schiedsvereinbarung(en), auf die sich die Partei beruft, die die Schiedsklage gegen die zusätzliche Partei erhebt. Die übrigen Bestimmungen der Artikel 5 und 6 gelten für die Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei entsprechend. 19.3 Innerhalb einer von der DIS gesetzten Frist hat die zusätzliche Partei einzureichen: (i) ihre Stellungnahme zur Bildung des Schiedsgerichts und (ii) eine Klageerwiderung, für die die Bestimmungen des Artikels 7.4 entsprechend gelten. 19.4 In der Klageerwiderung kann die zusätzliche Partei Ansprüche gegen jede andere Partei des Schiedsverfahrens geltend machen. Die Bestimmungen der Artikel 7.5 bis 7.9 für die Widerklage gelten entsprechend. 19.5 Ist streitig, ob Ansprüche gegen die zusätzliche Partei oder Ansprüche der zusätzlichen Partei im anhängigen Schiedsverfahren behandelt werden können, entscheidet hierüber das Schiedsgericht. Bei seiner Entscheidung hat das Schiedsgericht die Bestimmungen des Artikels 18 (Mehrparteienverfahren) und, im Falle von Mehrvertragsverfahren, zusätzlich die Bestimmungen des Artikels 17 anzuwenden. Regelungsschwerpunkte: Art. 19.1–Art. 19.2 regeln die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei in das Schiedsverfahren durch Einreichung einer Schiedsklage. → Rz. 7–13; Art. 19.3–Art. 19.4 legen den Inhalt der durch die einzubeziehende Partei einzureichenden Stellungnahme sowie der Klageerwiderung fest. → Rz. 14–16; Art. 19.5 regelt die Entscheidungsbefugnis des Schiedsgerichts im Hinblick auf die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei. → Rz. 17–20 Kostenaspekte: Die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei und das damit bestehende Mehrparteienverfahren sind mit höheren Verfahrenskosten verbunden als Zwei-Parteienverfahren; diese erhöhten Kosten sind jedoch geringer als die Kosten, die im Falle mehrerer paralleler Verfahren entstehen würden. → Rz. 24–26
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Einbeziehung zusätzlicher Parteien | Art. 19 DIS-SchO A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Anwendungsbereich von Art. 19 II. Zeitliche Begrenzung der Einbeziehungsmöglichkeit (Art. 19.1) . . . . . . . . . . . . . . . . III. Schiedsklage als Einbeziehungsvoraussetzung (Art. 19.1, Art. 19.2) . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Stellungnahme und Klageerwiderung der einzubeziehenden Partei (Art. 19.3, Art. 19.4) V. Entscheidung des Schiedsgerichts im Streitfall (Art. 19.5) VI. Zusammensetzung des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . VIII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Benedict, Mehrvertragsverfahren, Mehrparteienverfahren, Einbeziehung Dritter und Verbindung von Verfahren, SchiedsVZ 2018, 306 ff.; Busse, Die Bindung Dritter an Schiedsvereinbarungen, SchiedsVZ 2005, 118 ff.; Elsing, Streitverkündung und Einbeziehung Dritter (Joinder) in der internationalen Schiedspraxis, in FS Wegen (2015), S. 615 ff.; Elsing, Streitverkündung und Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2004, 88 ff.; Gharibian/Pieper, Parteienmehrheit in Schiedsverfahren – Zulässigkeit, Vorteile der Konsolidierung und Herausforderungen bei Mehrparteienkonflikten, BB 2018, 387 ff.; Hamann/Lennarz, Parallele Verfahren mit identischem Schiedsgericht als Lösung für Mehrparteienkonflikte?, SchiedsVZ 2006, 289 ff.; Kleinschmidt, Die Widerklage gegen einen Dritten im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2006, 142 ff.; von Schlabrendorff, Joinder and Consolidation in International Arbitration: A Comparison of Institutional Approaches, in Liber Amicorum Dolf Weber (2016), S. 429 ff.; Welser, Mehrparteienschiedsverfahren aus praktischer Sicht, in FS Elsing (2015), S. 651 ff.
A. Normzweck Art. 19 regelt die Einbeziehung einer zusätzlichen (d.h. nicht in der Schiedsklage 1 benannten) Partei in ein laufendes Schiedsverfahren. Eine solche führt, verglichen mit der Anstrengung eines separaten Verfahrens, i.d.R. zu Zeit- und Kostenersparnissen. Deshalb dient Art. 19 primär der Verfahrenseffizienz. Auch fördert Art. 19 eine einheitliche Rechtsfindung. Die Einbeziehung der zusätzlichen Partei vermeidet die Gefahr, dass mehrere Schiedsgerichte über dieselben bzw. ähnlich gelagerte oder miteinander verbundene Sach- und Rechtsfragen unterschiedlich befinden. Schließlich dient Art. 19 der Chancengleichheit. Dank ihm kann nicht nur der Kläger, sondern können auch der Beklagte oder die Beklagten bestimmen, welche Parteien und welche Ansprüche den Gegenstand des Schiedsverfahrens bilden sollen.
Schmidt-Ahrendts
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Art. 19 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien B. Reform 2 Mit Art. 19 regelt die Schiedsordnung der DIS erstmals die nachträgliche Ein-
beziehung einer zusätzlichen Partei in ein bereits begonnenes Schiedsverfahren. Zwar wurde auch unter der DIS-SchO 1998 die nachträgliche Einbeziehung als zulässig angesehen, jedoch bestand keine Klarheit bzgl. der hierfür zu erfüllenden Voraussetzungen sowie den Zeitpunkt, bis zu dem eine derartige Einbeziehung möglich sein sollte. Die Neuregelung enthält diesbezüglich detaillierte Vorgaben und schafft damit nunmehr Rechtssicherheit.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 3 Die Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO haben für die Anwendung von Art. 19
keine praktische Bedeutung. Sie enthalten keine Regelungen zur Einbeziehung zusätzlicher Parteien in ein Schiedsverfahren und stehen dieser auch nicht entgegen.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4 Art. 19 „entspricht“ keinem prozessualen Gestaltungsmittel, das in Verfahren
vor deutschen staatlichen Gerichten Anwendung findet. Es bestehen zwar gewisse Ähnlichkeiten zu bestimmten Figuren des staatlichen Verfahrens, jedoch überwiegen jeweils die Unterschiede. Dies gilt sowohl für die Hauptintervention, die Nebenintervention und die Streitverkündung (vgl. §§ 64 ff. ZPO) als auch für die Streitgenossenschaft, den Parteiwechsel und schlussendlich auch für die Parteierweiterung (vgl. §§ 59 ff. ZPO).
5 Unterschied zu §§ 64 ff. ZPO. Art. 19 entspricht nicht den in §§ 64 ff. ZPO ge-
regelten Gestaltungsmitteln der Hauptintervention, der Nebenintervention oder der Streitverkündung. Der Hauptunterschied besteht darin, dass die zusätzliche Partei i.S.v. Art. 19 selbst Partei des laufenden Schiedsverfahrens wird; gegen sie wird ein Anspruch erhoben und ihr steht es frei, selbst Ansprüche gegen jede andere Partei geltend zu machen. Hauptintervenient, Nebenintervenient und Streitverkündeter werden hingegen gerade nicht zur Partei des anhängigen Verfahrens. Sie können weder verurteilt werden, noch können sie – mit Ausnahme des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs (§ 101 ZPO) – eigene Ansprüche erheben.
6 Unterschied zu §§ 59 ff. ZPO. Art. 19 entspricht auch nicht den Regelungen in
§§ 59 ff. ZPO zur Streitgenossenschaft bzw. den Prozessfiguren des Parteiwechsels oder der Parteierweiterung. Von der anfänglichen Streitgenossenschaft unterscheidet sich Art. 19 bereits dadurch, dass die zusätzliche Partei nicht von vornherein am Rechtsstreit teilnimmt. Art. 19 sieht auch keinen Parteiwechsel vor; die bisherigen Parteien bleiben Parteien des Schiedsverfahrens. Am ehesten 922
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Einbeziehung zusätzlicher Parteien | Art. 19 DIS-SchO
ähnelt Art. 19 noch der Figur der gewillkürten Parteierweiterung. Jedoch tritt die zusätzliche Partei nicht zwingend auf Seiten des Klägers oder des Beklagten in das Schiedsverfahren ein. Vielmehr eröffnet Art. 19.4 Satz 1 die Möglichkeit zu einem echten „multipolaren“ Verfahren. Dies kennt die ZPO nicht. Zudem erfordert die ZPO auch nicht den Grundkonsens aller Parteien, (potentiell) Partei eines einzigen Verfahrens sein zu können. Auch hier zeigt sich der Kernunterschied der konsensbasierten Zuständigkeit eines DIS-Schiedsgerichts und der gesetzesbasierten Zuständigkeit der deutschen staatlichen Gerichte.
E. Einzelerläuterungen I. Anwendungsbereich von Art. 19 Die Konstellation der Einbeziehung einer zusätzlichen Partei kennzeichnet sich 7 dadurch, dass (i) die „zusätzliche“ Partei nicht in der anfänglichen Schiedsklage als Verfahrenspartei bezeichnet ist; (ii) eine der Parteien des Schiedsverfahrens gegen sie mittels einer nachträglichen Schiedsklage einen Anspruch erhebt und sie somit ebenfalls zur Partei des bereits laufenden Schiedsverfahrens machen möchte; und (iii) die zusätzliche Partei daraufhin – ohne einen zuvor erforderlichen Beschluss – automatisch in das laufende Verfahren „einbezogen“ wird und nicht etwa auf eigene Initiative in das Verfahren eintritt. In der Regel wird der Beklagte eine zusätzliche Partei haftbar machen wollen. 8 Art. 19 erfasst aber auch den Fall, dass ein Kläger nach Einreichung seiner Schiedsklage eine zusätzliche Partei in Anspruch nehmen möchte. Denkbar ist dies z.B. dort, wo dem Kläger erst aus der Klageerwiderung des Beklagten erkennt, dass nicht oder nicht ausschließlich der Beklagte haftbar ist. In beiden Konstellationen ist es denkbar, dass die zusätzliche Partei mit einer der bereits am Verfahren beteiligten Parteien als Gesamtschuldnerin in Anspruch genommen wird. Dies ändert jedoch nichts daran, dass zwischen allen Parteien jeweils separate Prozessrechtsverhältnisse bestehen. Nicht erfasst wird der Fall, dass ein Beklagter gegen einen bereits am Verfahren beteiligten, anderen Beklagten Ansprüche erheben möchte; letztere Konstellation ist eine besondere Form des anfänglichen Mehrparteienverfahrens, auf das allein Art. 18 (ggf. mit Art. 17) Anwendung findet.
II. Zeitliche Begrenzung der Einbeziehungsmöglichkeit (Art. 19.1) Art. 19 enthält gleich zu Beginn eine Vorgabe, die die engen zeitlichen Grenzen ei- 9 ner nachträglichen Einbeziehungsmöglichkeit aufzeigt: Art. 19.1 schränkt die Einbeziehung zusätzlicher Parteien auf den Zeitraum bis zur Bestellung des ersten Schiedsrichters im laufenden Schiedsverfahren durch die DIS ein. Bis zu diesem Zeitpunkt muss die Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei bei der DIS eingereicht worden sein. Unschädlich ist hingegen die vorherige Benennung eines Schmidt-Ahrendts
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Art. 19 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien Schiedsrichters durch eine der Parteien. Die DIS wird daher mit der Bestellung der Schiedsrichter zuwarten, bis absehbar ist, ob die Beklagte die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei beantragt. Unabhängig hiervon ist jede Partei, welche die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei erwägt, gut beraten, dies möglichst frühzeitig zu tun bzw. zumindest ihre diesbezügliche Absicht oder Erwägung kundzutun, da dann die DIS mit der Bestellung von durch die Parteien zuvor benannten Schiedsrichtern zuwarten wird. Im Umkehrschluss bleiben zeitlich nach einer Schiedsrichterbestellung eingegangene Schiedsklagen gegen zusätzliche Parteien wirkungslos; insoweit sieht die Vorschrift kein Ermessen vor. Die Ratio hierfür ist, dass die zusätzliche Partei genau die gleichen Möglichkeiten haben muss, auf die Bildung des Schiedsgerichts einzuwirken, wie die anderen Parteien auch. Die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei zu einem späteren Zeitpunkt ist hingegen dort möglich, wo sich alle Parteien, auch die zusätzliche, hiermit trotz der vorherigen Bestellung eines Schiedsrichters oder mehrerer Schiedsrichter einverstanden erklären.
III. Schiedsklage als Einbeziehungsvoraussetzung (Art. 19.1, Art. 19.2) 10 Schiedsklage. Zentrale Voraussetzung der Einbeziehung einer zusätzlichen Par-
tei in ein bereits begonnenes Schiedsverfahren ist die Erhebung einer Schiedsklage gegen diese Partei.
11 Notwendiger Inhalt der Schiedsklage. Art. 19.2 regelt die formalen Anforderun-
gen an diese weitere Schiedsklage weitestgehend selbst und verweist nur ergänzend auf Art. 5.2. Dies dient der Klarstellung. Gleichwohl entspricht Art. 19.2 im Wesentlichen Art. 5.2. So muss auch die Schiedsklage im Einbeziehungsverfahren Namen und Adressen der Parteien, einen bestimmten Klageantrag, den Betrag bezifferter Ansprüche, eine Schätzung des Streitwerts sonstiger Ansprüche, den relevanten Tatsachenvortrag sowie die maßgebliche(n) Schiedsvereinbarung(en) enthalten. Insofern sei für Einzelheiten grds. auf die Kommentierung zu Art. 5 verwiesen. Hervorzuheben ist hier jedoch das Erfordernis eines bestimmten Klageantrags. Hierin liegt der Kernunterschied zur Streitverkündung nach der ZPO, bei der es nur darum geht, den zukünftigen Regressanspruch gegen den Streitverkündeten vorzubereiten. Eine erfolgreiche Schiedsklage gegen die zusätzliche Partei setzt voraus, dass bereits ein konkreter Anspruch geltend gemacht wird, mag es sich auch um einen bloßen Feststellungsantrag handeln. Ob der Klageantrag hinreichend bestimmt ist, wird ein Schiedsgericht wohl aber ebenso wie in einem „normalen Zweiparteienverfahren“ erst im Laufe des Schiedsverfahrens und oft erst mit Erlass des Schiedsspruchs entscheiden.
12 Zusätzlich ist gemäß Art. 19.2 (i) in der Schiedsklage gegen eine zusätzliche Par-
tei das Aktenzeichen des anhängigen Schiedsverfahrens anzugeben, in das einbezogen werden soll.
13 Im Übrigen verweist Art. 19.2 auf die entsprechende Geltung der „übrigen Be-
stimmungen der Artikel 5 und 6“. Hieraus resultiert zum einen die Pflicht zur Zahlung der erhöhten Bearbeitungsgebühr (Art. 5.3). Zum anderen kann und 924
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Einbeziehung zusätzlicher Parteien | Art. 19 DIS-SchO
wird die DIS auch in Bezug auf die Schiedsklage gegen die zusätzliche Partei auf die Einhaltung der Vorgaben der DIS-SchO in Art. 19.2 hinwirken, z.B. durch Zurückstellung der Übermittlung der Schiedsklage an die zusätzliche Partei (Art. 5.5) oder diesbezügliche Verfahrensbeendigung (Art. 5.4). Es ist zu erwarten, dass die DIS auch in Bezug auf die Schiedsklage gegen die zusätzliche Partei den gleichen Prüfungsmaßstab anlegen wird, z.B. was das Vorliegen eines bestimmten Klageantrags betrifft, wie in Bezug auf die das Verfahren einleitende Schiedsklage nach Art. 5. Durch den Verweis auf Art. 6 wird u.a. klargestellt, dass auch das Verfahren gegen die zusätzliche Partei mit Eingang der Schiedsklage beginnt (Art. 6.1) und die eventuelle Verfahrensbeendigung es der Partei, welche Schiedsklage gegen die zusätzliche Partei erhoben hat, möglich bleibt, ihre Ansprüche erneut geltend zu machen (Art. 6.2). Für weitere Einzelheiten hierzu sei auf die Kommentierung zu Art. 5 und Art. 6 verwiesen.
IV. Stellungnahme und Klageerwiderung der einzubeziehenden Partei (Art. 19.3, Art. 19.4) Frist. Wurde eine diesen Anforderungen genügende Schiedsklage eingereicht, 14 setzt die DIS der einzubeziehenden Partei eine Frist zur Stellungnahme bzgl. der Bildung des Schiedsgerichts im laufenden Schiedsverfahren sowie zur Einreichung einer Klageerwiderung (Art. 19.3). Darüber hinaus kann die einzubeziehende Partei innerhalb der Frist selbst Ansprüche gegen jede der am Schiedsverfahren beteiligten Parteien geltend machen (Art. 19.4). Ebenso wird sie ihrerseits eine Schiedsklage gegen eine (weitere) zusätzliche Partei erheben können, da ihr grds. die gleichen Rechte wie jeder anderen Partei zustehen. Obligatorischer Inhalt (Art. 19.3). Die Stellungnahme zur Bildung des Schieds- 15 gerichts sowie die Klageerwiderung sind von der zusätzlichen Partei nach dem Wortlaut der Vorschrift zwingend einzureichen. Bzgl. der Anforderungen an die Klageerwiderung enthält Art. 19.3 (ii) einen Verweis auf die Regelung in Art. 7.4, die die Vorgaben für eine Klageerwiderung auf eine verfahrenseinleitende Schiedsklage enthält. Insbesondere hat die Klageerwiderung demnach einen bestimmten Antrag sowie die Tatsachen und Umstände zu enthalten, auf die sie sich stützt. Für die weiteren Voraussetzungen wird auf die Regelung in Art. 7.4 sowie die Kommentierung hierzu verwiesen (vgl. Art. 7 Rz. 31). Fakultativer Inhalt (Art. 19.4). Art. 19.4 sieht den fakultativen Inhalt der Kla- 16 geerwiderung der zusätzlichen Partei vor. Danach kann die zusätzliche Partei selbst Ansprüche gegen jede andere Partei des Schiedsverfahrens geltend machen. Hiernach besteht für die zusätzliche Partei zum einen die Möglichkeit einer Widerklage gegen die Partei, die sie durch Erhebung einer Schiedsklage nachträglich in das Verfahren einbezogen hat. Zum anderen kann die zusätzliche Partei jedoch auch gegen die andere(n) am Verfahren beteiligte(n) Partei(en) Ansprüche geltend machen und damit initiativ gegen sie vorgehen. Auch wenn es sich bei der zuletzt genannten Konstellation um keinen Fall einer Widerklage Schmidt-Ahrendts
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Art. 19 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien im eigentlichen Sinne handelt, verweist Art. 19.4 Satz 2 für jedwede Erhebung von Ansprüchen der zusätzlichen Partei im Verfahren auf die entsprechende Geltung der Bestimmungen zur Widerklage gemäß Art. 7.5 bis Art. 7.9 (hierzu näher Art. 7 Rz. 56 ff.). Schließlich kann die zusätzliche Partei ihrerseits eine Schiedsklage gegen eine (weitere) zusätzliche Partei nach Art. 19 erheben.
V. Entscheidung des Schiedsgerichts im Streitfall (Art. 19.5) 17 Regelungsstruktur. Die Struktur der Bestimmung in Art. 19.5 Satz 1 entspricht
der Struktur der Regelungen zur Entscheidungskompetenz des Schiedsgerichts im Mehrvertragsverfahren gemäß Art. 17.1 Satz 2 (dazu näher Art. 17 Rz. 8) und Art. 17.2 Satz 2 (dazu näher Art. 17 Rz. 14) sowie im Mehrparteienverfahren gemäß Art. 18.1 Satz 2 (dazu näher Art. 18 Rz. 11).
18 Keine Entscheidung bei fehlender Geltendmachung von Einwänden. Erheben
die am Verfahren beteiligten Parteien bzw. die einzubeziehende Partei keinerlei Einwände gegen die Einbeziehung, trifft das Schiedsgericht – vorausgesetzt, es beteiligen sich alle Parteien am Schiedsverfahren – keine Entscheidung bzgl. der Einbeziehung.
19 Entscheidung im Streitfall. Erhebt eine Partei Einwände gegen die Einbezie-
hung oder beteiligt sich eine Partei nicht am Schiedsverfahren, entscheidet das Schiedsgericht. Hierbei wird es insb. über das Vorliegen einer Vereinbarung über die Zulässigkeit eines Mehrparteien- bzw. Mehrvertragsschiedsverfahrens entscheiden müssen. Insofern stellt Art. 19.5 nur klar, was sonst auch aus Art. 17 und Art. 18 folgen würde.
20 Keine prima-facie-Entscheidung. Auch hier ist der Entscheidung des Schieds-
gerichts keine prima-facie-Entscheidung der DIS zur Einbeziehung vorgeschaltet.
VI. Zusammensetzung des Schiedsgerichts 21 Art. 19 regelt nicht die Bildung des Schiedsgerichts nach Einbeziehung. Dies re-
gelt allein Art. 20. Insofern wird hier nur auf die Kommentierung zu Art. 20 Rz. 1 verwiesen.
VII. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle 22 Die Beachtung der Vorgaben des Art. 19 durch die Parteien, die DIS und das
Schiedsgericht unterliegt insofern der Kontrolle staatlicher Gerichte, als diese in einem potenziellen Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahren auf Rüge einer Partei hin überprüfen werden, ob der Ablauf des Schiedsverfahrens dem Willen der Parteien entsprach (vgl. für Verfahren mit Schieds- bzw. Vollstreckungsort in Deutschland § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO bzw. Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ). 926
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Drei Schiedsrichter im Mehrparteienverfahren | Art. 20 DIS-SchO
Durch die Vereinbarung der Geltung der DIS-SchO wird diese inklusive der Re- 23 gelung in Art. 19 zum Inhalt des gemeinsamen Parteiwillens. Jeder Verstoß gegen diese Regelungen führt somit potentiell zur Aufhebbarkeit oder Nichtvollstreckbarkeit des Schiedsspruchs.
VIII. Kosten Streitwerterhöhung. Die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei gemäß Art. 19 be- 24 inhaltet notwendigerweise die Erweiterung des Verfahrensgegenstandes um zusätzliche Ansprüche und führt somit in aller Regel zu einer Erhöhung des Streitwerts. DIS-Bearbeitungsgebühr und Schiedsrichterhonorare. Die Einbeziehung einer 25 zusätzlichen Partei führt nach der DIS-Kostenordnung (Anlage 2) sowohl zu einer Erhöhung der DIS-Bearbeitungsgebühr (Ziff. 3.4 der Kostenordnung) als auch gemäß Ziff. 2.4 der Kostenordnung zu einer Erhöhung der Honorare der Schiedsrichter (vgl. dazu näher Art. 18 Rz. 17a ff.). Insofern wird die DIS die Kostensicherheit nach Art. 35 anpassen. Parteikosten. Die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei führt ferner auch zu 26 einer Erhöhung der Parteikosten. Die Erhöhung beruht neben den Kosten der zusätzlichen Partei regelmäßig auch auf den erhöhten Kosten der bis dato am Verfahren beteiligten Parteien. Zwar orientieren letztere sich oftmals nicht unmittelbar am Streitwert, sondern am zeitlichen Aufwand, jedoch ist die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei fast immer auch mit einem erheblichen Zuwachs an Komplexität und Zeitintensivität des Schiedsverfahrens verbunden.
F. Abweichende Parteivereinbarungen Eine abweichende Parteivereinbarung zu den eher „technischen“ Regelungen 27 der Art. 19.2–Art. 19.5 ist grds. nicht zu empfehlen und dürfte in der Praxis auch nicht vorkommen. Eine Ausnahme hierzu ist gegeben, wenn sich die Parteien mit der zusätzlichen Partei darauf einigen, diese nach der teilweisen bzw. vollständigen Bestellung des Schiedsgerichts am Verfahren zu beteiligen. Eine solche Vereinbarung mag in bestimmten Fällen sinnvoll sein und ist auch rechtlich möglich. Andersherum wäre es auch möglich, die Einbeziehung zusätzlicher Parteien grds. oder bezogen auf ein bestimmtes Schiedsverfahren auszuschließen.
Artikel 20 Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern in Mehrparteienverfahren 20.1 Im Falle eines Mehrparteienverfahrens (Artikel 18) werden die beiden beisitzenden Schiedsrichter wie folgt benannt: (i) Der Schiedskläger benennt oder mehrere Schiedskläger benennen gemeinsam einen beisitzenden Schiedsrichter Schmidt-Ahrendts und Hauser/Sawang
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Art. 20 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien und (ii) der Schiedsbeklagte benennt oder mehrere Schiedsbeklagte benennen gemeinsam einen beisitzenden Schiedsrichter. 20.2 Benennt eine Einzelpartei auf der Schiedskläger- oder auf der Schiedsbeklagtenseite keinen beisitzenden Schiedsrichter, wird der beisitzende Schiedsrichter durch den DIS-Ernennungsausschuss ausgewählt und gemäß Artikel 13.2 bestellt. 20.3 Erfolgt keine gemeinsame Benennung eines beisitzenden Schiedsrichters durch Mehrparteien auf der Schiedskläger- oder auf der Schiedsbeklagtenseite, kann der DIS-Ernennungsausschuss nach Anhörung der Parteien nach seinem Ermessen (i) nur für die Mehrparteien einen beisitzenden Schiedsrichter auswählen und gemäß Artikel 13.2 bestellen sowie den von der Gegenseite benannten beisitzenden Schiedsrichter bestellen oder (ii) sowohl für die Mehrparteien als auch für die Gegenseite je einen beisitzenden Schiedsrichter auswählen und gemäß Artikel 13.2 bestellen; eine bereits erfolgte Benennung wird gegenstandslos. 20.4 Für die Benennung oder Bestellung des Vorsitzenden gelten die Artikel 12.2 und 12.3. 20.5 Im Falle der Einbeziehung einer zusätzlichen Partei gemäß Artikel 19 kann die zusätzliche Partei einen beisitzenden Schiedsrichter nur mit der Schiedskläger- oder der Schiedsbeklagtenseite gemeinsam benennen. Erfolgt keine gemeinsame Benennung, kann der DIS-Ernennungsausschuss nach Anhörung der Parteien nach seinem Ermessen (i) für die beisitzenden Schiedsrichter Artikel 20.3 (i) sinngemäß anwenden, (ii) für die beisitzenden Schiedsrichter Artikel 20.3 (ii) sinngemäß anwenden oder (iii) sowohl die beiden beisitzenden Schiedsrichter als auch den Vorsitzenden auswählen und gemäß Artikel 13.2 bestellen. Im Falle des Artikels 20.5 (i) und (ii) gelten für die Benennung oder Bestellung des Vorsitzenden die Artikel 12.2 und 12.3. Im Falle des Artikels 20.5 (ii) und (iii) werden bereits erfolgte Benennungen gegenstandslos. Regelungsschwerpunkte: Art. 20 befasst sich mit der Konstituierung eines Dreierschiedsgerichts im Falle eines Mehrparteienverfahrens nach Art. 18. Art. 20.1 regelt den Benennungsmechanismus für die beiden beisitzenden Schiedsrichter im Mehrparteienverfahren → Rz. 14–16. Art. 20.2 und Art. 20.3 regeln die subsidiäre Ersatzauswahl und Bestellung des/der beisitzenden Schiedsrichter/s durch den DIS-Ernennungsausschuss, wenn eine Einzelpartei keinen beisitzenden Schiedsrichter benennt (Art. 20.2) bzw. wenn Mehrparteien (Art. 20.3) keinen beisitzenden Schiedsrichter benennen → Rz. 17–27. Art. 20.4 regelt die Benennung oder Bestellung des Vorsitzenden in der Mehrparteienkonstellation → Rz. 28–29; Art. 20.5 regelt die Benennung und/oder Bestellung der Schiedsrichter im Falle der Einbeziehung einer zusätzlichen Partei (Joinder) nach Art. 19 → Rz. 30–40.
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Drei Schiedsrichter im Mehrparteienverfahren | Art. 20 DIS-SchO A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Benennung der beisitzenden Schiedsrichter in Mehrparteienverfahren (Art. 20.1) . . . . . . . . . II. Vorgehen bei Nichtbenennung eines beisitzenden Schiedsrichters durch eine Einzelpartei (Art. 20.2) . . . . . . . . . . . . . . . .
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III. Vorgehen bei fehlender gemeinsamer Benennung eines beisitzenden Schiedsrichters durch Mehrparteien auf Kläger- oder Beklagtenseite (Art. 20.3) . . . . . . . . . . IV. Benennung und Bestellung des Vorsitzenden im Mehrparteienverfahren (Art. 20.4) . . . . . . . . . V. Bildung des Schiedsgerichts bei Einbeziehung einer zusätzlichen Partei (Art. 20.5) . . . . . . . . . . . VI. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . . VII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Berger, Schiedsrichterbestellung in Mehrparteienschiedsverfahren – Der Fall „Dutco Construction“ vor französischen Gerichten, RIW 1993, 702 ff.; Besch/Kreuzeder, Die neue DIS-Schiedsgerichtsordnung – eine Zusammenfassung der ab 1.3.2018 geltenden Änderungen, RIW 2018, 256 ff.; Busse, Die Bindung Dritter an Schiedsvereinbarungen, SchiedsVZ 2005, 118 ff.; Elsing, Streitverkündung und Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2004, 88 ff.; Elsing/Shchavelev, Die neue DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018, IPRax 2018, 461 ff.; Gharibian/Pieper, Parteienmehrheit in Schiedsverfahren – Zulässigkeit, Vorteile der Konsolidierung und Herausforderungen bei Mehrparteienkonflikten, BB 2018, 387; Hamann/ Lennarz, Parallele Verfahren mit identischem Schiedsgericht als Lösung für Mehrparteienkonflikte?, SchiedsVZ 2006, 289 ff.; Horn, Zwingendes Recht in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2008, 209 ff.; Kleinschmidt, Die Widerklage gegen einen Dritten im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2006, 142 ff.; Pörnbacher/Lederer, Die Reform der DIS-Schiedsgerichtsordnung, BB 2018, 707 ff.; Sessler, Die Konstituierung des Schiedsgerichts in Mehrparteienverfahren – eine Bestandsaufnahme, in Liber Amicorum Dolf Weber (2016), 539 ff.
A. Normzweck Art. 20 bestimmt, wie Schiedsrichter in Mehrparteienverfahren i.S.v. Art. 18 1 benannt, ausgewählt und bestellt werden. Der Überschrift („Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern in Mehrparteienverfahren“) und dem Wortlaut („die beiden beisitzenden Schiedsrichter“, Art. 20.1 Satz 1) nach geht Art. 20 bei Mehrparteienverfahren von Schiedsgerichten aus, die aus drei Schiedsrichtern bestehen. Nicht geregelt (und entsprechend unklar) ist demnach, wie die Konstituierung eines Schiedsgerichts mit mehr als drei Mitgliedern (vgl. die ausdrückliche Regelung in Art. 10.1 Satz 1 Var. 3) in Mehrparteienverfahren erfolgen würde. In der Praxis stellt sich diese Frage indes äußerst selten, da fast alle DIS-Schiedsverfahren entweder von Einzelschiedsrichtern oder einem Dreierschiedsgericht entschieden werden. Hauser/Sawang
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Art. 20 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien 2 Sofern die Parteien kein Dreierschiedsgericht, sondern die Entscheidung durch
einen Einzelschiedsrichter vereinbart haben, ist eine Spezialregelung zu dessen Benennung entbehrlich; sie erfolgt nach Art. 11 gemeinsam durch die Parteien, ohne dass infolge der Mehrparteienkonstellation Besonderheiten zu berücksichtigen sind. Wird innerhalb der von der DIS gesetzten Frist kein Einzelschiedsrichter benannt, erfolgt die Auswahl und Bestellung durch den DIS-Ernennungsausschuss gemäß Art. 13.2 (Besch/Kreuzeder, RIW 2018, 256 [261]).
3 Ist in einem Mehrparteienverfahren hingegen ein Dreierschiedsgericht zu bilden,
sind unterschiedliche, potenziell konfligierende Interessen miteinander in Einklang zu bringen: Einerseits soll grds. jede Partei das prozessuale Grundrecht besitzen, einen Schiedsrichter zu benennen (Elsing, in Salger/Trittmann, § 9 Rz. 13; BGH v. 29.3.1996 – II ZR 124/95, BGHZ 132, 278 [288] = NJW 1996, 1753 [1755]). Andererseits muss jedoch gewährleistet sein, dass alle am Verfahren beteiligten Parteien bei der Besetzung des Schiedsgerichts Chancengleichheit (vgl. Art. 21.1 Satz 1) genießen. Dies ist insb. dann problematisch, wenn in einem Mehrparteienverfahren auf unterschiedlichen Seiten des Rechtsstreits eine unterschiedlich große Anzahl von Parteien beteiligt ist und die Benennung eines Schiedsrichters durch jede einzelne Partei dazu führen würde, dass die von einer Seite benannten Schiedsrichter in der Überzahl wären. Insbesondere bei Gesellschafterstreitigkeiten würde das Recht jeder einzelnen Partei, einen Schiedsrichter zu benennen, in vielen Fällen dazu führen, dass auf Gesellschafterseite sehr viele Schiedsrichter benannt werden könnten, wohingegen die Gesellschaft lediglich einen Schiedsrichter benennen könnte (vgl. Hantke, SchiedsVZ 2003, 269 [272]; Wolff, JuS 2008, 108 [110]; Sessler/Heckel, in Flecke-Giammarco/Boog/Elsing/Heckel/Meier, Art. 20 Rz. 2). Erschwerend hinzu kommt, dass die Interessen von Mehrparteien nicht zwingend gleichgerichtet sind und die Gefahr unterschiedlicher Interessen häufig steigt, je größer die Zahl der Mehrparteien ist.
4 Art. 20 verfolgt das Ziel, die genannten unterschiedlichen Interessen in einer
praktikablen und effizienten Art und Weise in Einklang zu bringen, insb. zur Vermeidung von Blockaden des Schiedsverfahrens im Falle einer fehlenden Einigung der Mehrparteien.
B. Reform 5 Die Benennung von Schiedsrichtern in Mehrparteienverfahren war zuvor in
§ 13 DIS-SchO 1998 („Mehrheit von Parteien auf Kläger- oder Beklagtenseite“) geregelt. Die bedeutendste Änderung in Art. 20 gegenüber dem alten § 13 DISSchO 1998 betrifft den Fall, dass Mehrparteien auf Kläger- oder auf Beklagtenseite keinen Schiedsrichter benennen. § 13 Abs. 2 DIS-SchO 1998 regelte hier nur die Konstellation des säumigen Beklagten und sah in diesem Fall zwingend vor, dass der DIS-Ernennungsausschuss nach Anhörung der Parteien beide Schiedsrichter (nach der damaligen Terminologie) „benannte“, und eine bereits vorgenommene Schiedsrichterbenennung der Klägerseite damit gegenstandslos 930
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Drei Schiedsrichter im Mehrparteienverfahren | Art. 20 DIS-SchO
wurde. Diese aus der Sicht der Klägerseite ungerecht anmutende Lösung der „Doppelersatzbenennung“ beruhte auf dem Gebot der Gleichbehandlung. Es schien mit dem Gleichbehandlungsgebot schwer vereinbar, dass die Klägerseite ihren eigenen Schiedsrichter hätte benennen dürfen, während der Beklagtenseite ein Schiedsrichter durch die DIS aufgezwungen würde. Die radikale, aber nach Ansicht der damaligen Verfasser der DIS-SchO gerechtere Lösung bestand darin, allen am Verfahren beteiligten Parteien das Recht zur Benennung eines Schiedsrichters gleichermaßen zu entziehen und dieses Recht stattdessen einer neutralen Stelle zu übertragen, die es dann nach bestem Wissen und Gewissen für alle Parteien ausübte (vgl. die „Siemens-Dutco“-Entscheidung der frz. Cour de Cassation v. 7.1.1992 – RevArb 1992, 470 sowie BGH v. 29.3.1996 – II ZR 124/95, BGHZ 132, 278 [288] = NJW 1996, 1753 [1755]); zur Kritik an der früheren Regelung Theune, in Schütze, Institutional Arbitration, Kapitel III, Rz. 112 f.). Der neue Art. 20.3 gewährt dem DIS-Ernennungsausschuss ein wesentlich höhe- 6 res Maß an Flexibilität. Der Ernennungsausschuss hat nun die Wahl, ob er bei einer fehlenden Einigung der Mehrparteien auf einer Seite lediglich einen Schiedsrichter für diese Seite auswählt und bestellt oder zusätzlich auch für die Gegenseite (und hierdurch deren Wahl ersetzt). Die zweite Möglichkeit entspricht der alten Regelung in § 13 Abs. 2 DIS-SchO 1998. Es ist – anders als nach der Vorgängerregelung des § 13 Abs. 2 Satz 5 DIS-SchO 1998 – folglich nicht mehr zwingende Rechtsfolge, dass im Falle einer fehlenden Einigkeit auf der Beklagtenseite auch die Benennung der Klägerseite entfällt. Dies ist schon deshalb zu begrüßen, weil nach der früheren Rechtslage die Möglichkeit für die Beklagtenseite bestand, den klägerernannten Schiedsrichter durch Fehlen einer eigenen Benennung zu torpedieren. Der Klägerseite wurde damit ihre bereits erfolgte Benennung ohne eigenes Zutun oder Verschulden zunichtegemacht. Insofern beendet die Neuregelung auch eine frühere Ungleichbehandlung von Kläger- und Beklagtenseite unter § 13 Abs. 1 und Abs. 2 DIS-SchO 1998 (Benedict, SchiedsVZ 2019, 306 [309]). Jedoch entsprach es auch unter Geltung des § 13 DIS-SchO 1998 der un- 7 geschriebenen Praxis, dass auf Antrag der bereits von der Gegenseite benannte Schiedsrichter vom DIS-Ernennungsausschuss bei seiner Auswahl berücksichtigt werden konnte (Besch/Kreuzeder, RIW 2018, 256 [262]; Das Gupta, SchiedsVZBeilage 2018, 44 [63]). Die Neuregelung entspricht somit in Teilen der bereits zuvor gängigen Praxis der DIS und sorgt für Rechtssicherheit und Transparenz. Der DIS-Ernennungsausschuss kann nunmehr schlicht den benannten Schiedsrichter aufgrund seiner Benennung bestellen und es muss dafür kein gesonderter Antrag einer Partei gestellt werden. Vor allem aber ermöglicht die differenzierte Regelung in der neuen DIS-SchO, 8 den Interessen der Parteien im Einzelfall besser gerecht werden zu können. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann der DIS-Ernennungsausschuss entweder dem prozessualen Grundrecht der Parteien, „ihren“ beisitzenden Schiedsrichter frei wählen zu können (Art. 20.3. (i)) oder dem Recht der Parteien auf prozessuale Gleichbehandlung (Art. 20.3. (ii)) Vorrang gewähren. Hauser/Sawang
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Art. 20 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien 9 Art. 20.4 ersetzt § 13 Abs. 2 Abs. 2 DIS-SchO 1998 und hat durch den Ver-
weis auf Art. 12.2 und 12.3 nicht nur eine sprachliche, sondern auch eine inhaltliche Modifikation erfahren. Anders als früher bedarf es hier keines Parteiantrags mehr.
10 Das Benennungs- bzw. Auswahl- und Bestellungsverfahren im Falle der Ein-
beziehung einer zusätzlichen Partei nach Art. 20.5 ist eine Neuregelung. Die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei war nach der DIS-SchO 1998 zwar grds. möglich, jedoch nicht ausdrücklich geregelt. Insofern war unter der früheren Schiedsordnung auch das Verfahren zur Bildung des Schiedsgerichts in einem solchen Fall noch nicht normiert.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 11 Das X. Buch der ZPO enthält keine Regelung zur Bildung eines Schiedsgerichts
bei Beteiligung mehrerer Parteien. Nach der amtlichen Begründung zur Gesetzesnovellierung 1998 war sich der Gesetzgeber der Problematik zwar bewusst, hat aber zu Gunsten einer Regelung durch die Parteien auf eine gesetzliche Regelung verzichtet (BT-Drucks. 13/5274, S. 53; vgl. auch Hantke, SchiedsVZ 2003, 269 [272]).
12 Die Regelung in § 1035 Abs. 3 Satz 2 ZPO, wonach im Falle eines Dreierschieds-
gerichts jede Partei einen Schiedsrichter bestellt und beide Schiedsrichter sich sodann auf einen Dritten als Vorsitzenden einigen, wird strukturell in Art. 20 auf Mehrparteienkonstellation übertragen.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 13 Die für staatliche Gerichtsverfahren geltenden Vorschriften der ZPO enthalten
keine mit Art. 20 DIS-SchO vergleichbare Regelung. Da die Parteien in staatlichen Gerichtsverfahren keinen Einfluss auf die personelle Zusammensetzung des zuständigen Spruchkörpers haben, bedarf es auch keiner vergleichbaren Regelung. Die Zuweisung eines staatlichen Mehrparteienverfahrens an einen bestimmten Einzelrichter bzw. an eine bestimmte Kammer erfolgt (wie auch im Zweiparteienverfahren) auf der Basis des Geschäftsverteilungsplans des zuständigen staatlichen Gerichts (vgl. §§ 21e ff. GVG), ohne dass die Mehrparteienkonstellation zu Besonderheiten führen würde.
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Drei Schiedsrichter im Mehrparteienverfahren | Art. 20 DIS-SchO
E. Einzelerläuterungen I. Benennung der beisitzenden Schiedsrichter in Mehrparteienverfahren (Art. 20.1) Art. 20.1 regelt die Benennung der Beisitzer eines Dreierschiedsgerichts in 14 Mehrparteienverfahren. Die Vorschrift ist innerhalb ihres Regelungsbereichs lex specialis zu Art. 12. Einer solchen Spezialregelung bedarf es, wenn auf der Kläger- und/oder der Beklagtenseite mehrere Parteien beteiligt sind, um auch in dieser Konstellation einerseits sicherzustellen, dass jede Partei die Möglichkeit hat, an der Konstituierung des Schiedsgerichts mitzuwirken (Vorrang des Parteiwillens) – also nach Art. 9.2 Satz 1 „ihren“ beisitzenden Schiedsrichter frei zu benennen (Besch/Kreuzeder, RIW 2018, 256 [261]) – andererseits aber auch beide Seiten gleichbehandelt werden. Benennung eines Schiedsrichters durch den oder die Schiedskläger. Wenn die 15 Parteien in der Schiedsvereinbarung oder in sonstiger Weise festgelegt haben, dass die Streitigkeit von einem Dreierschiedsgericht entschieden werden soll, haben der oder die Schiedskläger den jeweiligen beisitzenden Schiedsrichter in der Schiedsklage zu benennen, vgl. Art. 5.2 (vii). Ist eine solche Festlegung vor Erhebung der Schiedsklage nicht erfolgt, muss der Schiedsrichterkandidat des Schiedsklägers benannt werden, sobald feststeht, dass die Streitigkeit von einem Dreierschiedsgericht entschieden werden soll. In der Praxis ist dies vor allem dann der Fall, wenn der DIS-Rat dem Antrag auf Bestehen des Schiedsgerichts aus einem Einzelschiedsrichter nicht stattgegeben hat oder ein solcher Antrag nicht innerhalb der von der DIS gewährten Frist gestellt wurde (Art. 10.2). Benennung eines Schiedsrichters durch den oder die Schiedsbeklagte(n). Der 16 oder die Schiedsbeklagte(n) müssen innerhalb von 21 Tagen nach Empfang der Schiedsklage einen Schiedsrichter benennen (vgl. Art. 7.1 (i)), sofern zu diesem Zeitpunkt bereits klar ist, dass das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern bestehen wird (Theune in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Kapitel III, Art. 20 DIS-SchO Rz. 1). Andernfalls gilt das unter Art. 12 zu den Fristen bei fehlender Vereinbarung eines Dreierschiedsgerichts bei Klageeinreichung Gesagte entsprechend (vgl. Art. 12 Rz. 21). Es ist davon auszugehen, dass die DIS bei der Angemessenheit der Länge der gesetzten Frist berücksichtigen wird, ob mehrere Parteien auf Beklagtenseite stehen.
II. Vorgehen bei Nichtbenennung eines beisitzenden Schiedsrichters durch eine Einzelpartei (Art. 20.2) Art. 20.2 befasst sich mit der Mehrparteienkonstellation, in der lediglich auf ei- 17 ner der beiden Seiten mehrere Parteien stehen, auf der anderen jedoch nur eine einzige Partei, eine sog. „Einzelpartei“. Die Regelung findet Anwendung, wenn diese Einzelpartei keinen beisitzenden Schiedsrichter benennt. Im MehrparteiHauser/Sawang
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Art. 20 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien enverfahren entspricht Art. 20.2 insofern der Regelung in Art. 12.1 Satz 2 (Art. 12 Rz. 6). Anders als in Art. 20.4 wird jedoch der Wortlaut der Regelung wiederholt statt auf sie verwiesen. 18 Für die Anwendbarkeit des Art. 20.2 ist es irrelevant, ob die Einzelpartei
Schiedskläger oder Schiedsbeklagter ist. Der DIS-Ernennungsausschuss wählt bei fehlender Benennung eines Schiedsrichters durch die Einzelpartei von Amts wegen – ein Antrag ist nicht erforderlich – den beisitzenden Schiedsrichter für die Einzelpartei aus und bestellt diesen gemäß Art. 13.2. Da auch hier der Wille der Partei vorrangig ist, ist Voraussetzung für eine Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss, dass die Einzelpartei nicht selbst einen beisitzenden Schiedsrichter benennt. Damit entspricht die Regelung inhaltlich Art. 12.1 Satz 2.
19 Im Unterschied zu Art. 20.3, der sich mit dem Fall befasst, dass keine gemein-
same Benennung eines beisitzenden Schiedsrichters durch Mehrparteien auf der Schiedskläger- oder auf der Schiedsbeklagtenseite erfolgt (s. oben Rz. 5), sieht Art. 20.2 kein Ermessen des DIS-Ernennungsausschusses vor, alternativ beide beisitzenden Schiedsrichter auszuwählen und gemäß Art. 13.2 zu bestellen. Stattdessen ist der DIS-Ernennungsausschuss in diesem Fall auf die Auswahl und Bestellung des beisitzenden Schiedsrichters beschränkt, der von der säumigen (einzigen) Partei zu benennen war. Das Recht der anderen Parteien, gemeinsam einen beisitzenden Schiedsrichter zu benennen, bleibt somit unberührt.
III. Vorgehen bei fehlender gemeinsamer Benennung eines beisitzenden Schiedsrichters durch Mehrparteien auf Klägeroder Beklagtenseite (Art. 20.3) 20 Art. 20.3 regelt den Fall, dass keine gemeinsame Schiedsrichterbenennung durch
Mehrparteien auf der Kläger- oder Beklagtenseite erfolgt. Dies kann der Fall sein, wenn eine der Mehrparteien die Benennung verweigert, sich nicht am Verfahren beteiligt oder wenn schlicht keine Einigung unter den Mehrparteien auf einen gemeinsamen Kandidaten erfolgt. Eine mögliche Lösung besteht in einer solchen Konstellation darin, dass die (Ersatz-)Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss nur für die säumigen Mehrparteien erfolgt und der von der Gegenseite bereits benannte Schiedsrichter bestellt wird (vgl. Art. 20.3 (i)). Der Vorteil dieser Lösung ist, dass der Gegenseite nicht die Möglichkeit genommen wird, einen Schiedsrichter frei zu wählen, nur weil sich die Parteien auf der Mehrparteienseite nicht auf einen Kandidaten einigen können. Andererseits ist auch denkbar, dass die Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss sowohl für die säumigen Parteien als auch für die Gegenseite erfolgt, so dass eine bereits erfolgte Benennung der Gegenseite ohne deren eigenes Verschulden unberücksichtigt bleibt (vgl. Art. 20.3 (ii); Theune in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Kapitel III, Art. 20 DIS-SchO Rz. 9). Der Vorteil dieser Lösung liegt darin, dass alle Parteien insoweit gleich behandelt werden, als keine Partei die Möglichkeit hat, einen Schiedsrichter zu ernennen. 934
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Drei Schiedsrichter im Mehrparteienverfahren | Art. 20 DIS-SchO
Die neue Regelung in Art. 20.3 bietet (abweichend von Art. 12.1, der im Falle ei- 21 ner fehlenden Benennung immer die Auswahl und Bestellung des beisitzenden Schiedsrichters durch den DIS-Ernennungsausschuss vorsieht) beide Lösungsansätze an. Nach Art. 20.3 soll der Konflikt zwischen einem fairen Verfahren unter Wahrung der prozessualen Chancengleichheit der Parteien und dem prozessualen Grundrecht der Parteien, einen beisitzenden Schiedsrichter ihres Vertrauens frei zu wählen, mithilfe eines Ermessenspielraums des DIS-Ernennungsausschusses gelöst werden (vgl. BGH v. 29.3.1996 – II ZR 124/95, BGHZ 132, 278 [288] = NJW 1996, 1753 [1755]). Danach stehen grds. beide Optionen nach Anhörung der Parteien im Ermessen des DIS-Ernennungsausschusses. Im Zweifelsfall wird angesichts der „Siemens-Dutco“-Entscheidung der frz. Cour de Cassation vom 7.1.1992 (RevArb 1992, 470) davon auszugehen sein, dass der Ernennungsausschuss die Waffengleichheit höher gewichten dürfte; Ausnahmen hiervon kommen jedoch insb. in sog. multipolaren Konstellationen (s. Rz. 35) oder in solchen Fällen in Betracht, in denen eine Seite die Situation bewusst ausnutzt, um die Konstituierung des Schiedsgerichts bzw. das Benennungsrecht der Gegenseite zu torpedieren. Der Unterschied zwischen dem in Art. 20.3 und dem in Art. 20.2 geregelten Fall 22 besteht darin, dass das Versäumnis, einen beisitzenden Schiedsrichter zu benennen, nicht notwendigerweise auf das eigene Verschulden einer Partei zurückzuführen ist. Vielmehr kann es auch daraus resultieren, dass sich die Parteien nicht auf einen Schiedsrichterkandidaten einigen können (z.B. weil sie widerstreitende Interessen haben, die sich auf die Auswahl möglicher Schiedsrichterkandidaten auswirken). Art. 20.3 sieht – in Übereinstimmung mit der langjährigen DIS-Praxis – vor, 23 dass die Parteien angehört werden müssen, bevor der DIS-Ernennungsausschuss eine Entscheidung trifft. Die Anhörung soll sicherstellen, dass die Interessen aller Parteien angemessen berücksichtigt werden und in die internen Beratungen des DIS-Ernennungsausschusses einfließen. In der Regel wird der DIS-Ernennungsausschuss, sofern die säumigen Mehrpar- 24 teien damit einverstanden sind, nur für diese die Auswahl und Bestellung des beisitzenden Schiedsrichters vornehmen und gleichzeitig eine bereits erfolgte Schiedsrichterbenennung der Gegenseite berücksichtigen (Besch/Kreuzeder, RIW 2018, 256 [262]). Sollte die säumige Seite dem nicht zustimmen, muss der DIS-Ernennungsausschuss zur Erzielung interessengerechter Ergebnisse eine Abwägung vornehmen, in welcher er die Stellung der Parteien zueinander und die möglichen Gründe für die Nichtbenennung eines Schiedsrichters durch die säumigen Mehrparteien berücksichtigt (Elsing/Shchavelev, IPRax 2018, 461 [472]; Theune in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Kapitel III, Art. 20 DIS-SchO Rz. 13). Zu den Faktoren, die den DIS-Ernennungsausschuss bei der Entscheidungsfin- 25 dung leiten können, gehören insb. ferner: – der Grad, zu dem sich die Interessen der Parteien zu entsprechen scheinen; Hauser/Sawang
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Art. 20 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien – das Vorhandensein von Gegenforderungen zwischen Parteien auf derselben Seite (sog. „cross-claims“) oder widersprüchlicher Argumente bzgl. der Zuständigkeit des Schiedsgerichts oder der Begründetheit der Ansprüche; – die von den Parteien angegebenen Gründe für ihr Scheitern, sich auf eine gemeinsame Benennung zu einigen; – die Bedeutung, welche die andere Partei der Benennung ihres Kandidaten beimisst; – der rechtliche Kontext, in dem das Schiedsverfahren stattfindet, insb. die Frage, wie die lex loci arbitrii den Grundsatz der Gleichbehandlung der Parteien im Zusammenhang mit der Konstituierung des Schiedsgerichts sicherstellt. 26 Sofern der Anschein besteht, dass die säumige Mehrpartei ihren Schiedsrichter
nur aus taktischen Gründen nicht benannt hat, um die Bestellung des von der Gegenseite benannten Schiedsrichters zu verhindern, kann dies dazu führen, dass der DIS-Ernennungsausschuss die Benennung der Gegenseite berücksichtigt und nur für die säumige Partei einen Schiedsrichter gemäß Art. 20.3 (ii) auswählt (Elsing/Shchavelev, IPRax 2018, 461 [472 f.]; Besch/Kreuzeder, RIW 2018, 256 [262]).
27 In Zweifelsfällen wird (insofern wiederum im Einklang mit der Wertung unter
§ 13 DIS-SchO 1998) vertreten, dass dem Gleichheitsgrundsatz als Ausdruck der prozessualen Fairness Vorzug zu geben ist; indem letzten Endes allen Parteien die Möglichkeit entzogen wird, einen Schiedsrichter zu benennen, wird ihre Gleichbehandlung sichergestellt. Umgekehrt besteht bei Beibehaltung nur eines parteibenannten Schiedsrichters die Gefahr, dass die Belange der benennenden Partei im Schiedsgericht u.U. größere Berücksichtigung erfahren könnten als die der anderen Seite (Pörnbacher/Lederer, BB 2018, 707 [709]; zur Kritik an der früheren Regelung Theune in Schütze, Institutional Arbitration, Kapitel III, Rz. 112 f.).
IV. Benennung und Bestellung des Vorsitzenden im Mehrparteienverfahren (Art. 20.4) 28 Benennung durch beisitzende Schiedsrichter. Art. 20.4 verweist für die Benen-
nung oder Bestellung des Vorsitzenden auf die Art. 12.2 und 12.3. Die beiden durch die Parteien ernannten bzw. den DIS-Ernennungsausschuss ausgewählten und bestellten beisitzenden Schiedsrichter benennen nach Art. 20.4 i.V.m. Art. 12.2 Satz 1 gemeinsam den Vorsitzenden innerhalb einer Frist von 21 Tagen nach Aufforderung durch die DIS. Nach Art. 12.2 Satz 2 dürfen sich die Parteien und die beisitzenden Schiedsrichter über die Auswahl des Vorsitzenden abstimmen.
29 Ersatzauswahl durch DIS-Ernennungsausschuss. Gelingt es den beiden beisit-
zenden Schiedsrichtern nicht, sich innerhalb von 21 Tagen nach Aufforderung durch die DIS (oder einer längeren Frist unter Berücksichtigung der Besonderheiten eines Mehrparteienverfahrens, vgl. Art. 4.9) auf einen Vorsitzenden zu 936
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Drei Schiedsrichter im Mehrparteienverfahren | Art. 20 DIS-SchO
verständigen, wählt der DIS-Ernennungsausschuss einen Vorsitzenden aus und bestellt diesen gemäß Art. 13.2 (vgl. Art. 12 Rz. 69). In diesem Fall schreibt Art. 12.3 Satz 2 vor, dass der Vorsitzende eine andere Nationalität als die Parteien aufweisen muss, sofern nicht alle Parteien die gleiche Nationalität aufweisen oder die Parteien etwas anderes vereinbart haben (vgl. Art. 11 Rz. 57).
V. Bildung des Schiedsgerichts bei Einbeziehung einer zusätzlichen Partei (Art. 20.5) Ausweislich des Verweises auf Art. 19 befasst sich Art. 20.5 mit der Einbezie- 30 hung („Joinder“) einer zusätzlichen Partei vor Bestellung eines Schiedsrichters. Die Einbeziehung einer zusätzlichen Partei nach Art. 19.1 ist nur vor der Bestellung eines Schiedsrichters und somit vor der Konstituierung des Schiedsgerichts zulässig (Besch/Kreuzeder, RIW 2018, 256 [263]; Pörnbacher/Lederer, BB 2018, 701 [709]). Dementsprechend schweigt Art. 20 zum Vorgehen bei (unzulässiger) Einbeziehung einer zusätzlichen Partei nach Konstituierung des Schiedsgerichts. Art. 20.5 Satz 1 dient dem Zweck, das für die Schiedsgerichtsbarkeit charakteris- 31 tische Recht der Parteien zur Ernennung eines eigenen Schiedsrichters (BGHZ 132, 278 [288] = NJW 1996, 1753 [1755]) auch bei Einbeziehung einer zusätzlichen Partei zu sichern. Hingegen soll Art. 20.5 Satz 2 sicherstellen, dass der DIS-Ernennungsausschuss 32 auch bei Einbeziehung einer zusätzlichen Partei in der Lage ist, ohne Rücksicht auf vorherige (nicht gemeinsame) Parteibenennungen ein ausgewogenes Schiedsgericht zu benennen. Dadurch sollen Verstöße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz durch kläger- oder beklagtenseitige Benennung der Schiedsrichter ohne Beteiligung der zusätzlichen Partei ausgeschlossen werden (Theune in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Kapitel III, Art. 20 DIS-SchO Rz. 19). Gemeinsame Benennung durch die Parteien. Nach Art. 20.5 Satz 1 kann die 33 einbezogene zusätzliche Partei nur gemeinsam mit der Schiedskläger- oder der Schiedsbeklagtenseite einen beisitzenden Schiedsrichter benennen. Schwierigkeiten kann mitunter die Frage bereiten, mit wem die zusätzliche Partei 34 das Benennungsrecht ausüben kann, d.h. auf welcher Seite die zusätzliche Partei im Verfahren steht. Dies ist in der neuen DIS-SchO nicht ausdrücklich geregelt. Die gemeinsame Bestellung wird insofern wohl grds. mit der Seite erfolgen, die mit der einbezogenen Partei vergleichbare Interessen hat (Elsing/Shchavelev, IPRax 2018, 461 [473]). Sollte streitig sein, mit welcher der Parteien die zusätzliche Partei vergleichbare Interessen hat oder für den Fall, dass die zusätzliche Partei sich keiner Schiedsrichterbenennung der bereits vorhandenen Parteien anschließt, müsste der Ernennungsausschuss entscheiden, welcher Seite die zusätzliche Partei zuzuordnen ist. In Zweifelsfällen dürfte dann der sicherste Weg sein, nach dem Rechtsgedanken des Art. 20.3 für beide Seiten die Schiedsrichter auszuwählen und zu bestellen. In der häufigeren Zahl der Fälle wird die BeklagtenHauser/Sawang
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Art. 20 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien seite eine zusätzliche Partei verklagen. Oft wird dies zur Folge haben, dass die zusätzliche Partei mit der Schiedsklägerseite vergleichbare Interessen hat und somit der zusätzlichen Partei das Benennungsrecht gemeinsam mit der Schiedsklägerseite zusteht (Theune, in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Kapitel III, Art. 20 DIS-SchO Rz. 17; Besch/Kreuzeder, RIW 2018, 256 [263]). Im umgekehrten (selteneren) Fall wird die zusätzliche Partei der Schiedsbeklagten zuzuordnen sein, wenn sie vom Schiedskläger verklagt wurde. Dann kann sie gemeinsam mit der Schiedsbeklagten einen Schiedsrichter benennen. 35 Multipolare Konstellationen. Eine weitere besondere Schwierigkeit werfen sog.
multipolare Konstellationen auf, mithin Fälle, in denen keine klassischen Kläger- und Beklagtenlager auszumachen sind, sondern die zusätzliche Partei eine vollkommen autonome Position einnimmt, die weder der einen noch der anderen Seite zuzuordnen ist. Auch hier wird das Benennungsrecht der einzelnen Parteien vielfach an Grenzen stoßen und ein praktikabler Lösungsansatz meist darin liegen, dass der Ernennungsausschuss nach dem Rechtsgedanken des Art. 20.3 die Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter anstelle der Parteien vornimmt (s. oben Rz. 20).
36 Auswahl durch den DIS-Ernennungsausschuss. Sofern die nach Art. 19 ein-
bezogene Partei nicht gemäß Art. 20.5 Satz 1 gemeinsam mit der Schiedsklägeroder gemeinsam mit der Schiedsbeklagtenseite einen Schiedsrichter benennt, hat der DIS-Ernennungsausschuss verschiedene Möglichkeiten, das Schiedsgericht zu konstituieren. Dabei kann die fehlende gemeinsame Benennung der einbezogenen Partei und der Schiedskläger- oder Schiedsbeklagtenseite sowohl darauf zurückzuführen sein, dass eine der Parteien die Mitwirkung an der gemeinsamen Benennung grds. verweigert, dass keine Einigung auf einen bestimmten Kandidaten erzielt wird (Theune, in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Kapitel III, Art. 20 DIS-SchO Rz. 17) oder die zusätzliche Partei sich nicht aktiv am Verfahren beteiligt.
37 Nach Anhörung der Parteien steht es im Ermessen des DIS-Ernennungsaus-
schusses, ob er eine bereits erfolgte Schiedsrichterbenennung der Gegenseite berücksichtigt und nur den nicht (gemeinsam) benannten beisitzenden Schiedsrichter auswählt (Art. 20.5 (i)) oder ob er sowohl für die nicht benennenden Parteien als auch für die Gegenseite je einen beisitzenden Schiedsrichter auswählt (Art. 20.5 (ii)). Ähnlich wie in Art. 20.3(ii) 2. Halbs. (s. Rz. 20) entfällt im zweiten Fall eine bereits erfolgte Schiedsrichterbenennung nach Art. 20.5 Satz 4. Dabei wird sich der DIS-Ernennungsausschuss vor allem dann für die Auswahl beider beisitzenden Schiedsrichter entscheiden, wenn die einbezogene Partei sich unter Berücksichtigung ihrer Interessen weder zweifelsfrei der Kläger- noch der Beklagtenseite zuordnen lässt (Elsing/Shchavelev, IPRax 2018, 461 [473]).
38 Nach Art. 20.5 Satz 3 finden in den beiden Fällen des Art. 20.5 (i) und (ii) die
Art. 12.2 und 12.3 entsprechend Anwendung. Die beisitzenden Schiedsrichter können dann innerhalb von 21 Tagen ab Aufforderung durch die DIS einen Vorsitzenden benennen (Art. 12 Rz. 57). Erfolgt keine gemeinsame Benennung 938
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Drei Schiedsrichter im Mehrparteienverfahren | Art. 20 DIS-SchO
durch die beisitzenden Schiedsrichter, kann der DIS-Ernennungsausschuss einen Vorsitzenden auswählen und gemäß Art. 13.2 bestellen (Art. 12 Rz. 53). Wenn der DIS-Ernennungsausschuss beide beisitzenden Schiedsrichter aus- 39 wählt, kann er darüber hinaus gemäß Art. 20.5 (iii) nach seinem Ermessen auch den Vorsitzenden auswählen und gemäß Art. 13.2 bestellen. Sowohl der Wortlaut der Norm als auch die Regelungssystematik deuten nicht darauf hin, dass der DIS-Ernennungsausschuss insofern in seinem Ermessen eingeschränkt ist. Art. 20.5 Satz 3 verweist ausdrücklich nur für den Fall des Art. 20.5 (i) und (ii) – nicht aber für (iii) – auf Art. 12.2 und 12.3, wonach grds. die Beisitzenden den Vorsitzenden benennen und nur im dem Fall, dass keine gemeinsame Benennung innerhalb der o.g. Frist erfolgt, der DIS-Ernennungsausschuss den Vorsitzenden auswählt und bestellt. Würde man auch im Fall des Art. 20.5 (iii) den durch den DIS-Ernennungsausschuss ausgewählten und bestellten Beisitzern vorrangig das Recht geben, ihren Vorsitzenden selbst auszuwählen, wäre Art. 20.5 (iii) neben Art. 20.5 (ii) i.V.m. Art. 12.3 obsolet. Dennoch dürfte davon auszugehen sein, dass der DIS-Ernennungsausschuss von 40 seinem Recht, alle drei Schiedsrichter auszuwählen und zu bestellen, lediglich in Ausnahmefällen, wenn ansonsten keine Einigung möglich erscheint, Gebrauch machen dürfte (in diese Richtung wohl auch: Theune in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Kapitel III, Art. 20 DIS-SchO Rz. 19a). Dies auch deshalb, um dem Primat der Parteiautonomie gerecht zu werden. Denn auch beide vom DIS-Ernennungsausschuss ausgewählten und bestellten Beisitzer können sich nach Art. 12.2. Satz 2 mit den Parteien über die Auswahl des Vorsitzenden abstimmen.
VI. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle Die Beachtung der Vorgaben des Art. 20 unterliegt in weitem Umfang der Kon- 41 trolle des jeweils für Verfahren auf Aufhebung und/oder Vollstreckbarerklärung zuständigen Gerichts. Insofern erfordert die Anwendung dieser Normen eine besonders sorgfältige Vorgehensweise des DIS-Ernennungsausschusses (s. Rz. 25). Ein Verstoß gegen den Benennungs- bzw. Auswahl- und Bestellungsvorgang des 42 Art. 20 führt dazu, dass die Bildung des Schiedsgerichts nicht der Vereinbarung der Parteien entsprach und der durch das somit fehlerhaft konstituierte Schiedsgericht erlassene Schiedsspruch aufhebbar (für das deutsche Schiedsverfahrensrecht vgl. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO) bzw. nicht vollstreckbar sein kann (vgl. Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ).
VII. Kosten Eine Auswahl und Bestellung der Schiedsrichter in Mehrparteienverfahren 43 durch den DIS-Ernennungsausschuss führt für sich genommen nicht zu einer Kostenerhöhung, auch wenn ein Mehrparteienverfahren infolge höherer SchiedsHauser/Sawang
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Art. 20 DIS-SchO | Mehrvertrags-/Mehrparteienverfahren, zusätzliche Parteien richterhonorare und höherer Bearbeitungsgebühren (vgl. Ziff. 2.4 und 3.4 Anl. II) i.d.R. teurer ist als ein Verfahren mit nur zwei Parteien.
F. Abweichende Parteivereinbarungen 44 Art. 20 ist grds. dispositiv. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass die Regeln nur
insoweit anwendbar sind, als die Parteien ihre Anwendung vereinbart haben. Jedoch dürfen etwaige abweichende Regelungen der Parteien nicht zu einer Verletzung der zwingenden Vorgaben des jeweils anwendbaren nationalen Schiedsverfahrensrechts führen. Hierzu zählen u.a. das Gebot der Gleichbehandlung und der Gewährung rechtlichen Gehörs sowie das Erfordernis, dass das Schiedsverfahren eine Grundlage im Schiedsvertrag haben muss, vorliegend also einer oder mehrere alle Ansprüche erfassenden und das Schiedsgericht berechtigenden Schiedsvereinbarung (vgl. Art. II und Art. V UNÜ; Art. 7, 18, 34, 36 UNCITRAL ModG; vgl. Horn, SchiedsVZ 2008, 209 [211]).
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Verfahrensregeln | Art. 21 DIS-SchO
Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Artikel 21 Verfahrensregeln 21.1 Die Parteien sind gleich zu behandeln. Jeder Partei ist rechtliches Gehör zu gewähren. 21.2 Auf das Verfahren vor dem Schiedsgericht sind die Bestimmungen dieser Schiedsgerichtsordnung anzuwenden, soweit die Parteien nichts anderes vereinbaren. 21.3 Soweit die Schiedsgerichtsordnung keine Regelung enthält und die Parteien nichts anderes vereinbaren, bestimmt das Schiedsgericht das Verfahren nach Anhörung der Parteien nach seinem Ermessen. 21.4 Das Schiedsgericht hat die zwingenden Verfahrensvorschriften anzuwenden, die nach dem Recht des Schiedsorts für das anhängige Schiedsverfahren gelten. Regelungsschwerpunkte: Art. 21.1: Legt die verfassungsmäßig garantierten Prozessgrundrechte der Parteien im Schiedsverfahren fest, die Gleichbehandlung und das Recht auf rechtliches Gehör. → Rz. 4. Art. 21.2–Art. 21.4: Regeln die einzelnen im Verfahren anwendbaren Rechtsgrundlagen. → Rz. 34. A. Gebot der Gleichbehandlung und Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 21.1) . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu § 1042 ZPO . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Grundsätzen V. Gebot der Gleichbehandlung (Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Anspruch auf rechtliches Gehör (Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Umfang der Gewährleistung . . . 2. Informationspflicht . . . . . . . . . 3. Gewährleistung von Äußerungsmöglichkeit der Parteien . . . . . . 4. Schiedsgericht muss Parteivortrag berücksichtigen . . . . . . . 5. Rechtsfolge eines Verstoßes . . . . B. Anwendbares Verfahrensrecht (Art. 21.2–Art. 21.4) . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu § 1042 ZPO . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Grundsätzen . . . . . . . . . . . . . V. Normenhierarchie im Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Zwingendes Recht der lex loci arbitri (Art. 21.4) . . . . . . . . . . VII. Anwendbarkeit der Schiedsgerichtsordnung, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben (Art. 21.2) . . . . . . . VIII. Festlegung von prozessrechtlichen Einzelheiten nach Ermessen des Schiedsgerichts (Art. 21.3) . . . . . . . . . . . . . . . C. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Art. 21 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Literatur: Berger/Jensen, Due Process Paranoia and the procedural Judgment Rule, Arbitration International Vol. 32 Issue 3 (2016), S. 415 ff.; Commandeur/Gößling, The determination of mandatory rules of law in International Arbitration – An Attempt to set out criteria, SchiedsVZ 2014, 12; Das Gupta, Kurzkommentare zu den Änderungen in der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung, SchiedsVZ-Beilage Heft 1/2018, 44 ff.; Hanefeld/Hombeck, International arbitration between standardization and flexibility – Predictability and flexibility seen from a client’s perspective, SchiedsVZ 2015, 20 ff.; Jemielniak/Pfisterer, Iura Novit Arbiter revisited: towards a harmonized approach?, Unif. L. Rev. (2015), S. 20; Meier/ Mcgough, Do Lawyers Always Have to Have the Last Word? Iura Novit Curia and the Right to be Heard in International Arbitration: An Analysis in View of Recent Swiss Case Law, ASA Bulletin, Vol. 32 Issue 3 (2014), S. 490 ff.; Münch, Schiedsverfahren mit Verzicht auf Staatskontrolle – zum Residualschutz der fair-trial-Maxime, SchiedsVZ 2017, 114 ff.; Pauker, Substance and procedure in international arbitration, Arbitration International, Vol. 36 Issue 1 (2020), S. 3 ff.; Pfeiffer, Gewillkürte Prozessstandschaft im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2017, 135 ff.; Pickrahn, The Road to Predictability in International Arbitration, SchiedsVZ 2016, 173; Schmidt-Ahrendts/Höttler, Anwendbares Recht bei Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland, SchiedsVZ 2011, 267 ff.; Schütze, Die Ermessensgrenzen des Schiedsgerichts bei der Bestimmung der Beweisregeln, SchiedsVZ 2006, 1 ff.; Wagner/Bülau, Procedural Orders by Arbitral Tribunals: In the Stays of Party Agreements?, SchiedsVZ 2013, 6 ff.; Wilhelmi, Die Verletzung rechtlichen Gehörs im Schiedsgerichtsverfahren – Zugleich Besprechung von BGH, Beschl. v. 18.7.2019 – I ZB 90/18, SchiedsVZ 2020, 30 ff.
A. Gebot der Gleichbehandlung und Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 21.1) Literatur: Das Gupta, Kurzkommentare zu den Änderungen in der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung, SchiedsVZ-Beilage Heft 1/2018, 44 ff.; Münch, Schiedsverfahren mit Verzicht auf Staatskontrolle – zum Residualschutz der fair-trial-Maxime, SchiedsVZ 2017, 114 ff.
I. Normzweck 1 Der Anspruch auf rechtliches Gehör und das Gebot der Gleichbehandlung
sind fundamentale und unabdingbare Verfahrensrechte sowohl im deutschen Verfahrensrecht als auch in internationalen Schiedsverfahren („fair trial“). Art. 21.1 legt ausdrücklich fest, dass das Schiedsgericht diese Verfahrensrechte der Parteien beachten muss. Allerdings besitzt Art. 21.1 nur deklaratorische Wirkung, da die besagten Grundsätze auch ohne eine entsprechende Vorschrift Anwendung fänden.
II. Reform 2 Art. 21.1 ersetzt den ehemaligen § 26 Abs. 1 der DIS-SchO 1998 und entspricht
diesem weitgehend. Die Bestimmungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 und 2 DIS-SchO 1998 wurden sprachlich gestrafft und sind nun in Art. 21.1 zu finden. Darüber 942
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Verfahrensregeln | Art. 21 DIS-SchO
hinaus sind die Sätze 3 und 4 des § 26 Abs. 1 DIS-SchO 1998 gestrichen worden. Satz 3 normierte die Pflicht des Schiedsgerichts, die Parteien rechtzeitig von verfahrensrelevanten Ereignissen gleichermaßen in Kenntnis zu setzen. Satz 4 normierte das Recht der Parteien, sich vertreten zu lassen. Beide Sätze waren rein deklaratorisch, da ihr Inhalt ohnehin vom Grundsatz des rechtlichen Gehörs und vom Gleichbehandlungsgrundsatz erfasst ist. Ihre Streichung führt daher lediglich zu einer sprachlichen Straffung und einer insgesamt schlankeren redaktionellen Fassung.
III. Verhältnis zu § 1042 ZPO Art. 21.1 wiederholt die nicht abdingbaren Regelungen aus § 1042 Abs. 1, deren 3 Anwendbarkeit sich auch aus Art. 21.4 nochmals ergibt.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Grundsätzen Im staatlichen Gerichtsverfahren in Deutschland haben die Gerichte den Par- 4 teien ebenfalls rechtliches Gehör zu gewähren (Art. 103 Abs. 1 GG), ein faires Verfahren sicherzustellen (vgl. Art. 6 EMRK) und die Parteien im Verfahren gleich zu behandeln (Art. 3 Abs. 1 GG). Diese verfassungs- bzw. konventionsrechtlichen Gewährleistungen hat der deutsche Gesetzgeber in der ZPO (und den anderen Prozessordnungen) einfachgesetzlich ausgestaltet. Die staatlichen Gerichte sind daher an „ihre“ Prozessordnung gebunden. Verletzen sie verfahrensrechtliche Vorschriften, die das rechtliche Gehör der Parteien gewährleisten, liegt zugleich ein – verfassungsrechtlich relevanter – Gehörsverstoß vor. Die DIS-SchO gestaltet demgegenüber das rechtliche Gehör in anderer Weise aus. Allgemein ist anerkannt, dass Schiedsgerichte rechtliches Gehör im wesentlich gleichen Umfang wie staatliche Gerichte zu gewähren haben (BGH v. 8.10.1959 – VII ZR 87/58, BGHZ 31, 43 [45] = NJW 1959, 2213 [2214]). Da der Verfassungsgeber jedoch nur das Recht auf rechtliches Gehör festgeschrieben, nicht jedoch dessen Ausgestaltung im Einzelfall geregelt hat, sind von der ZPO abweichende Regelungen zulässig. Dies führt in der Praxis gerade bei unerfahrenen Parteien häufig zu Missverständnissen: Maßgeblich ist nicht, wie die deutsche ZPO oder eine andere staatliche Prozessordnung das Recht auf rechtliches Gehör ausgestaltet, sondern einzig, ob das Schiedsgericht den durch die DIS-SchO ausgestalteten Grundsatz des rechtlichen Gehörs eingehalten hat. Im Schiedsverfahren muss das Schiedsgericht zwar dafür Sorge tragen, dass alle 5 Parteien Zugang zu allen potenziell entscheidungserheblichen Dokumenten haben. Allerdings müssen die Parteien bis auf die Klage und die Widerklage die Schriftsätze selbst allen Verfahrensbeteiligten übermitteln (d.h. den anderen Parteien und den Schiedsrichtern). Im staatlichen Verfahren übernimmt i.d.R. das Gericht die Zustellung von Schriftsätzen. Haller
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Art. 21 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht V. Gebot der Gleichbehandlung (Satz 1) 6 Das Gebot der Gleichbehandlung ist Ausfluss des Anspruchs auf ein faires Ver-
fahren (verfahrensrechtliche Chancengleichheit). Dieses Gebot ist nicht starr zu verstehen: Das Schiedsgericht ist nicht gehalten, jeder Partei exakt gleich viel Raum zur (mündlichen und schriftlichen) Anspruchsbegründung bzw. zur -widerlegung einzuräumen, exakt gleiche Schriftsatzfristen zu bestimmen etc. Maßgeblich ist immer eine Gesamtbetrachtung. So führt etwa die Ablehnung eines einzigen Beweisantrags nicht zur Verletzung der Gleichbehandlungsmaxime, wenn das Verfahren ansonsten ausreichende Chancengleichheit bietet (Münch, SchiedsVZ 2017, 114 [115]). Das Gericht muss die Parteien „fair“ behandeln, d.h. es darf differenzieren, wo ein sachlicher Grund für eine solche Differenzierung besteht.
7 Für die mündliche Verhandlung, insb. für die Zeugenbefragung liegt es nahe, den
Parteien dieselbe Zeit zu geben. In der Praxis ist das nicht immer realistisch, weil die Parteien häufig eine unterschiedliche Anzahl an Zeugen und Sachverständigen benennen. Die jeweils andere Partei muss dann genügend Zeit haben, die Zeugen und Sachverständigen zu befragen. Die andere Partei hat so u.U. mehr Zeit in der mündlichen Verhandlung zur Verfügung. Das ist zulässig. Wenn eine Partei Zeugen und Sachverständige benennt, muss die Partei damit rechnen, dass diese von der Gegenseite befragt werden. Dadurch kann dieser Partei im Ergebnis mehr Zeit zukommen als der anderen Partei. Ein sachlicher Differenzierungsgrund liegt hier vor. Alternativ könnte das Schiedsgericht den Parteien schlicht ein identisches Zeitbudget zubilligen, über das die Partei frei disponieren kann. Dann kann die eine Partei das Zeitbudget für ein langes Opening Statement verwenden, während die andere Partei mehr Zeit für Zeugen investiert.
8 Das Schiedsgericht muss grds. den Parteien dieselbe Zeit zur Verfügung stellen,
um den Fall vortragen zu können. Hierzu gehört, dass Schriftsatzfristen im Prinzip gleich bemessen sind. Das Schiedsgericht kann davon aber abweichen, wenn eine Seite einen höheren Aufwand bei der Schriftsatzerstellung hat (z.B. schwierigerer Zugriff auf Mitarbeiter, kürzerer Vorlauf vor dem Schiedsverfahren zur Vorbereitung auf die Auseinandersetzung, Ferienzeiten, Dokumentenvorlage [„Document Production“-]Phase parallel zur Schriftsatzfrist). Fristverlängerungen sind ungern gesehen, weil sie den Verfahrenskalender schnell durcheinanderbringen und für große Verzögerungen sorgen können. Eine Fristverlängerung kann jedoch in begründeten Fällen gerechtfertigt sein. Dann muss aber auch die andere Seite u.U. eine ähnliche Fristverlängerung erhalten, um die Chancengleichheit zu wahren. Auch muss das Schiedsgericht für Fristverlängerungsersuchen ähnliche Maßstäbe anlegen.
9 Das Schiedsgericht muss alle Parteien mit demselben Informationsstand ver-
sehen und auch dadurch für eine verfahrensrechtliche Chancengleichheit sorgen. Das Schiedsgericht darf also nicht „geheime“ Erörterungen mit nur einer Partei führen. Hieraus folgt, dass das Schiedsgericht auch zum Zwecke der Mediation oder eines Vergleichs keine getrennten Gespräche mit den Parteien führen darf.
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Verfahrensregeln | Art. 21 DIS-SchO
Das Gleichbehandlungsgebot enthält kein ausdrückliches Verbot der willkürli- 10 chen Entscheidung. Es ist als verfahrensrechtliche Gewährleistung ausgestaltet und will nur für verfahrensrechtliche Chancengleichheit sorgen. Dass Willkürentscheidungen verboten sind, folgt aus dem Gesichtspunkt, dass der Schiedsspruch nicht gegen den ordre public verstoßen darf. Eine Willkürentscheidung liegt vor, wenn die Entscheidung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht. Verletzt das Schiedsgericht das Gleichbehandlungsgebot, muss der Beteiligte den 11 Verstoß zunächst unverzüglich rügen. Unterlässt er dies, kann er den Mangel nachträglich nicht mehr geltend machen (Art. 43). Bei einem Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot ist der Schiedsspruch nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO bzw. Art. V Abs. 1 Buchst. d des UNÜ anfechtbar und wird ggf. aufgehoben.
VI. Anspruch auf rechtliches Gehör (Satz 2) Der Anspruch auf rechtliches Gehör stellt einen der „Grundpfeiler des […] 12 Schiedsgerichtsverfahrens“ dar (BGH v. 10.10.1951 – II ZR 99/51, BGHZ 3, 215 [219] = NJW 1952, 27). Er gibt jedem Beteiligten ein Recht darauf, sich zu dem einer schiedsrichterlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass einer Entscheidung zu äußern, vor dem Schiedsgericht Anträge zu stellen und Rechtsausführungen zu machen. Diesem Recht entspricht die Pflicht des Schiedsgerichts, dass es „Anträge und Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen muss“ (BVerfG v. 20.3.1984 – 1 BvR 763/82, BVerfGE 66, 260 [263] = BeckRS 1984, 108133, st. Rspr.). 1. Umfang der Gewährleistung 13 Das Recht auf rechtliches Gehör umfasst im Kern drei Gewährleistungen: (1) Die Parteien müssen rechtzeitig Kenntnis des Sachverhalts erhalten, der der Entscheidung zugrunde gelegt werden kann (Informationspflicht). (2) Die Parteien müssen Gelegenheit erhalten, sich zu dem Sachverhalt in tatsächlicher und in rechtlicher Hinsicht zu äußern. (3) Das Schiedsgericht muss die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen.
Die nähere Ausgestaltung des Anspruchs auf rechtliches Gehör hat der Verfas- 14 sungsgeber dem einfachen Gesetzgeber überlassen (BVerfG v. 20.3.1984 – 1 BvR 763/82, BVerfGE 66, 260, [263] = BeckRS 1984, 108133, st. Rspr.). Dieser hat in den verschiedenen einfachgesetzlichen Verfahrensordnungen dieses Recht zu gewährleisten. Art. 103 Abs. 1 GG gibt nicht vor, wie der Anspruch auf rechtliches Gehör im 15 Einzelnen ausgestaltet sein muss. Es muss nur sichergestellt sein, dass das GeHaller
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Art. 21 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht richt den entsprechenden Parteivortrag berücksichtigt (vgl. BVerfG v. 20.3.1984 – 1 BvR 763/82, BVerfGE 66, 260 [263] = BeckRS 1984, 108133). So gewährt Art. 103 Abs. 1 GG insb. kein Recht auf ein bestimmtes Beweismittel oder auf bestimmte Arten von Beweismitteln (BVerfG v. 26.5.1981 – 2 BvR 215/81, BVerfGE 57, 250 [274] = NJW 1981, 1719; BVerfG v. 12.1.1983 – 2 BvR 864/81, BVerfGE 63, 45 [60] = NJW 1983, 1043). Es lässt sich aus Art. 103 Abs. 1 GG noch nicht einmal eine Pflicht ableiten, erhebliche Beweisanträge zu berücksichtigen (BVerfG v. 12.10.1988 – 1 BvR 818/88, BVerfGE 79, 51 [62] = NJW 1989, 519). Die Nichtberücksichtigung eines womöglich als sachdienlich und erheblich anzusehenden Beweisangebots kann nur dann gegen Art. 103 Abs. 1 GG verstoßen, wenn die Nichtberücksichtigung im jeweiligen Prozessrecht keine Stütze mehr findet, welches das Recht auf rechtliches Gehör ausgestaltet (BVerfG v. 26.6.2002 – 1 BvR 670/91, BVerfGE 105, 279, [311] = NJW 2002, 2626 [2631]; BVerfG v. 10.2.2009 – 1 BvR 1232/07, NJW 2009, 1585 [1586]). 16 Es gibt somit nicht „die eine“ verfassungskonforme Verfahrensordnung – weder
für das deutsche Recht noch für internationale Schiedsverfahren. So kann der Gesetzgeber in einer Verfahrensordnung die Zahl der Beweismittel beschränken (Strengbeweis im Gegensatz zum Freibeweis), einen Amtsermittlungsgrundsatz festlegen oder das Beibringen von Beweisen den Parteien selbst auferlegen. Wenn selbst vor deutschen staatlichen Gerichten die Wahrung rechtlichen Gehörs in Verfahrensordnungen unterschiedlich ausgestaltet sein kann, gilt dies erst Recht für die Anerkennung unterschiedlicher Verfahrensweisen vor internationalen (Schieds-) Gerichten.
17 Die aus dem deutschen Zivilprozess bekannte Hinweispflicht des staatlichen
Richters lässt sich nicht auf das Schiedsverfahren übertragen (OLG München v. 14.3.2011 – 34 Sch 08/10, SchiedsVZ 2011, 159 [165]; vgl. auch OLG München, v. 4.7.2016 – 34 Sch 29/15, SchiedsVZ 2017, 40 [43]). Das OLG München hat für Schiedsverfahren definiert, welche Kernvorgaben aus Art. 103 Abs. 1 GG für Schiedsverfahren abzuleiten sind. Dabei hat es das OLG abgelehnt, die aus dem deutschen Zivilprozess bekannte Hinweispflicht des staatlichen Richters auf Schiedsverfahren zu übertragen und das grds. Primat der (vereinbarten) Verfahrensregeln bestätigt: „Ganz allgemein verlangt der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, dass den Parteien die Sachverhaltselemente, die der Entscheidung zugrunde gelegt werden, rechtzeitig bekannt sind, sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht zu äußern, ferner dass die Ausführungen der Parteien zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen werden, sofern sie nicht nach den Prozessvorschriften ausnahmsweise unberücksichtigt werden müssen oder können.“ (OLG München v. 14.3.2011 – 34 Sch 08/10, SchiedsVZ 2011, 159 [165]; vgl. auch OLG München v. 4.7.2016 – 34 Sch 29/15, SchiedsVZ 2017, 40 [43]). Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs begründet auch keinen Anspruch der Parteien darauf, vorab die Rechtsauffassung des Gerichts kennenzulernen (OLG München v. 14.3.2011 – 34 Sch 08/10, SchiedsVZ 2011, 159 [160]) oder auf die Erheblichkeit einer bestimmten Vorfrage für die Entscheidungsfindung 946
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hingewiesen zu werden (OLG Naumburg v. 4.3.2011 – 10 Sch 04/10, SchiedsVZ 2011, 228 [230]). Zum Verbot einer Überraschungsentscheidung s. Rz. 27. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kann das Schiedsgericht bei entspre- 18 chender Eilbedürftigkeit ausnahmsweise auch (vorläufig) entscheiden, ohne alle Parteien angehört zu haben. Das Schiedsgericht muss dann rechtliches Gehör nachträglich gewähren und seine Entscheidung ggf. abändern. In Betracht kommt dies aber nur, wenn eine Anhörung vor der Entscheidung unmöglich war oder die Rechtsdurchsetzung vereitelt hätte. Das Schiedsgericht muss im Einzelfall die betroffenen Rechte der Parteien gegeneinander abwägen und muss insb. die Folgen berücksichtigen, sollte sich die Entscheidung im Nachhinein als falsch herausstellen (vgl. Art. 25 Rz. 42 ff.). Häufig führt der Anspruch auf rechtliches Gehör dazu, dass die Schiedsgerichte 19 geradezu eine „due process paranoia“ zeigen: Sie tun alles, um so umfassend wie irgend möglich rechtliches Gehör zu gewähren – ggf. auch auf Kosten anderer Verfahrensrechte, etwa des Anspruchs der Parteien auf eine zügige Entscheidung. Das Recht auf rechtliches Gehör der einen Partei besteht jedoch nicht unbegrenzt, sondern kann durch kollidierende Rechte der anderen Partei eingeschränkt werden. Hier ist im Einzelfall eine Abwägung der betroffenen Rechte notwendig. Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt keiner Partei ein Recht auf ein letztes 20 Wort oder darauf, alles, was die andere Partei schreibt, auch kommentieren zu dürfen. Das Schiedsgericht muss das Verfahren effizient und zu einem Ende (d.h. dem Endschiedsspruch) führen. Jede Partei hat das Recht auf eine (zügige) Entscheidung des Rechtsstreits. Das Schiedsgericht darf daher die Zahl an Schriftsätzen einschränken und das Verfahren strukturieren. Es muss keine parallelen Schriftsatzsatzfristen anordnen, sondern kann die Reihenfolge bestimmen, wie es das Schiedsgericht für sinnvoll hält. Die Parteien müssen lediglich im Vorhinein wissen, wann sie noch etwas vortragen können. 2. Informationspflicht Den Parteien muss alles zur Kenntnis gebracht werden, was das Schiedsgericht 21 als Entscheidungsgrundlage heranziehen kann. Das Schiedsgericht muss daher organisatorische Maßnahmen treffen, dass alle Parteien alle entscheidungserheblichen Informationen erhalten. Um dies sicherzustellen, sollte das Schiedsgericht in die ergänzenden Verfahrensregeln aufnehmen, dass Schriftsätze in einer ihren Zugang rechtssicher beweisbar machenden Art und Weise zu übermitteln sind (per Einschreiben/per Kurier) oder dass der Empfang bei elektronischer Kommunikation bestätigt wird. Die Schiedsrichter müssen auch ihr eigenes (Fach-) Wissen in das Verfahren 22 einführen (sog. gerichtsbekannte Tatsachen), soweit es sich nicht um allgemein bekannte Tatsachen handelt. So soll sichergestellt werden, dass die Parteien Stellung dazu nehmen können. Ohne eine Einführung in das Verfahren darf solches Wissen nicht verwertet werden. Ein Schiedsrichter darf etwa seine Kenntnisse Haller
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Art. 21 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht des anwendbares Rechts in das Verfahren einführen und muss dazu keinen Sachverständigen befragen. Ein Wirtschaftsprüfer kann selbst komplexe bilanzrechtliche Fragen beurteilen, ein Ingenieur dergleichen technische Fragestellungen. 23 Aus der Informationspflicht folgt auch, dass die Parteien an der Beweisaufnahme
stets teilnehmen dürfen. Insbesondere müssen die Parteien die Erklärungen von Zeugen und Sachverständigen mitgeteilt bekommen. Dies gilt sowohl für die förmliche schriftliche oder mündliche Aussage als auch für sonstige Erklärungen, die ein Zeuge oder Sachverständiger gegenüber dem Schiedsgericht abgibt.
24 Ein besonders Problem stellt sich, wenn eine Partei vertrauliche Informationen
vorlegen muss. Das Schiedsgericht darf hier die vertraulichen Informationen nicht alleine zur Kenntnis nehmen, sondern muss die Informationen auch stets den anderen Parteien zur Kenntnis bringen. Der BGH hält es zu Recht für grds. unzulässig, die von einer Partei geheim gehaltenen Tatsachen zu deren Ungunsten zu verwerten (BGH v. 18.10.1995 – I ZR 126/93, NJW 1996, 391). Das Schiedsgericht kann möglicherweise die vertraulichen Unterlagen einem Dritten übergeben, der diese dann prüft (sog. „Discovery Agent“). Das Schiedsgericht darf zwar nicht seine Entscheidungskompetenz an einen Dritten delegieren, aber ein Dritter kann prüfen, ob z.B. in den Unterlagen enthaltene Daten bestimmte Umsatzschwellen überschreiten oder ob sie sonstige Kriterien erfüllen. Bei einfachen, „mathematischen“ Entscheidungen anhand einer feststehenden Formel, ist dies ein taugliches Mittel. Sobald Wertungen eine Rolle spielen, ist ein Discovery Agent problematisch, weil nicht alle Parteien (und auch nicht das Schiedsgericht) die Wertungen nachvollziehen und kommentieren können.
3. Gewährleistung von Äußerungsmöglichkeit der Parteien 25 Die Parteien müssen die Möglichkeit haben, zum Tatsachen- und Rechtsvortrag
der anderen Parteien (und ggf. zu Äußerungen des Schiedsgerichts) Stellung zu nehmen. Dies setzt voraus, dass ihnen der entsprechende Vortrag rechtzeitig mitgeteilt wird und dass sie ausreichend Zeit haben, ihre Stellungnahme vorzubereiten und abzugeben. Was eine angemessene Frist ist, bestimmt sich einzelfallabhängig nach dem zu erwartenden Umfang des Vortrags und der Komplexität des Falles. Bei einem Sachverständigengutachten müssen die Parteien die Möglichkeit haben, sich mit dem Sachverhalt, der dem Gutachten zugrunde liegt, auseinanderzusetzen (Anknüpfungstatsachen) und diesen zu kommentieren.
26 Das Recht zur Äußerungsmöglichkeit besagt hingegen nicht, dass zwingend eine
mündliche Verhandlung durchgeführt werden muss. Allerdings ergibt sich aus Art. 29, dass eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden muss, wenn eine Seite dies beantragt. Wenn eine mündliche Verhandlung durchgeführt wird, ist auch hierbei auf die Wahrung des rechtlichen Gehörs der Parteien zu achten. Diesen steht das Recht zu, persönlich an den Verhandlungen teilzunehmen. Wenn eine Partei an einer bereits anberaumten Verhandlung in entschuldigter Weise (z.B. krankheitsbedingt) nicht teilnehmen kann, so hat die Verhandlung entweder nicht stattzufinden oder muss auf einen anderen Termin 948
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Verfahrensregeln | Art. 21 DIS-SchO
verschoben werden. Während der mündlichen Verhandlung kann grds. erwartet werden, dass die Parteien auch auf neue oder veränderte Stellungnahmen der anderen Partei reagieren. Eine Ausnahme liegt vor, wenn die sofortige Erwiderung unzumutbar ist, etwa weil die andere Partei von ihrem bisherigen Vortrag erheblich abweicht (Lachmann, Rz. 1334). Das Schiedsgericht hat gegenüber den Parteien zwar keine Hinweis- oder Aufklä- 27 rungspflicht (vgl. Rz. 17). Allerdings darf es keine Überraschungsentscheidung treffen. Eine Überraschungsentscheidung liegt vor, wenn das Schiedsgericht seiner Entscheidung eine völlig fern liegende Rechtsauffassung zugrunde legt, mit der die Parteien nicht zu rechnen brauchten. Liegt also eine Rechtsauffassung weder aus objektiver Sicht nahe noch wurde sie von den Parteien angesprochen, muss das Schiedsgericht die Parteien vor seiner Entscheidung darauf hinweisen, dass es erwägt, dieser Rechtsauffassung zu folgen. Eine Überraschungsentscheidung liegt auch vor, wenn das Schiedsgericht ohne ersichtlichen Grund von einer bereits geäußerten Rechtsauffassung wieder abweicht (BGH v. 11.11.1982 – III ZR 77/81, NJW 1983, 867 [868]; OLG München v. 4.7.2016 – 34 Sch 29/15, SchiedsVZ 2017, 40 [43]). 4. Schiedsgericht muss Parteivortrag berücksichtigen Das Schiedsgericht muss den Vortrag der Parteien berücksichtigen. Dies bedeu- 28 tet, dass sich das Schiedsgericht mit dem gesamten Vortrag der Parteien auseinandersetzen muss. Es darf angebotene Beweismittel nicht übergehen oder einen Teil des Sachverhalts ignorieren. Andererseits darf (und sollte) das Schiedsgericht prüfen, inwieweit der Parteivortrag und die hierzu angebotenen Beweismittel für die Entscheidung relevant sind. Häufig erheben Schiedsgerichte den gesamten angebotenen Beweis und überlegen erst danach, welche Aussagen für sie relevant sind. Kommt das Schiedsgericht aber aufgrund seiner rechtlichen Erwägungen zu dem Ergebnis, dass bestimmte Beweismittel oder ein Teil des Sachvortrags irrelevant sind (aus rechtlichen Gründen), liegt kein unzulässiges Übergehen von Parteivortrag und Beweisanträgen vor (OLG München v. 14.11. 2011 – 34 Sch 10/11, SchiedsVZ 2012, 43 [46]; OLG München v. 4.7.2016 – 34 Sch 29/15, SchiedsVZ 2017, 40 [43]). Ein Schiedsgericht verletzt den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs 29 nicht, wenn es eine umstrittene technische Frage mithilfe zweier Sachverständigengutachten bestimmt, welche die beiden Parteien vorgelegt haben, ohne das von einer Partei zusätzlich beantragte gerichtliche Sachverständigengutachten einzuholen (OLG München v. 14.11.2011 – 34 Sch 10/11, SchiedsVZ 2012, 43 [46]). Das Schiedsgericht darf allerdings Sach- oder Rechtsvortrag, den es für poten- 30 tiell entscheidungserheblich hält, nicht übergehen. Das bedeutet nicht, dass sämtliche Aspekte des Parteivortrags im Schiedsspruch explizite Berücksichtigung finden müssten. Im Schiedsspruch muss aber eine jedenfalls eine adäquate Zusammenfassung des vom Schiedsgericht für erheblichen gehaltenen Tatsachenvortrags erkennbar sein und auf Grundlage dessen muss davon ausgeganHaller
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Art. 21 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht gen werden können, dass das Schiedsgericht alle erheblichen vorgebrachten Tatsachen ausreichend gewürdigt hat (OLG München v. 29.1.2018 – 34 Sch 31/15, BeckRS 2018, 1172, Tz. 51). Regelmäßig ist davon auszugehen, dass das Schiedsgericht dieser Pflicht nachgekommen ist (OLG Frankfurt/M. v. 3.1.2018 – 26 Sch 12/16, BeckRS 2018, 3303, Tz. 31). Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nur gegeben, wenn das Gericht im Einzelfall erkennbar den Vortrag einer Partei gar nicht berücksichtigt oder im Kern nicht richtig erfasst und somit nicht adäquat verarbeitet hat (OLG München v. 29.1.2018 – 34 Sch 31/15, BeckRS 2018, 1172, Tz. 51). Bloße „Leerformeln“ reichen nicht aus, etwa wenn das Schiedsgericht einen evident bestrittenen Vortrag im Schiedsspruch als unbestritten zugrunde legt (OLG München v. 16.6.2014 – 34 Sch 15/13, SchiedsVZ 2014, 257 [261]). 31 Das Schiedsgericht darf Sach- und Rechtsvortrag einer Partei dann unberück-
sichtigt lassen, wenn es die jeweilige Partei versäumt, sich rechtzeitig zu äußern. Hier kollidiert das Recht auf rechtliches Gehör mit dem Grundsatz, dass das Verfahren effektiv zu führen und effektiver Rechtsschutz zu gewähren ist. Liegt eine vorwerfbare Säumnis einer Partei vor, kann sie grds. präkludiert sein, insb. wenn sie eine vom Schiedsgericht gesetzte Ausschlussfrist nicht einhält (vgl. Art. 31).
5. Rechtsfolge eines Verstoßes 32 Wird einem Verfahrensbeteiligten das rechtliche Gehör versagt, muss der Betei-
ligte den Verstoß zunächst unverzüglich rügen. unterlässt er dies, kann er den Mangel nachträglich nicht mehr geltend machen (Art. 43). Die Versagung rechtlichen Gehörs stellt einen Aufhebungsgrund i.S.d. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZPO, sowie i.S.d. Art. V Abs. 1 Buchst. b des UNÜ dar, wenn die schiedsgerichtliche Entscheidung auf diesem Verfahrensfehler beruht (OLG Celle v. 19.2.2004 – 8 Sch 09/03, OLGR Celle 2004, 396 [396 f.]). D.h. aber auch, dass selbst beim völligen Übergehen eines Beweisantrages keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegt, wenn die dem Antrag zu Grunde liegende Behauptung keine Entscheidungsrelevanz aufweist (OLG München v. 12.4.2011 – 34 Sch 28/10, SchiedsVZ 2011, 228 [232]).
33 Inwieweit eine Gehörsverletzung vorliegt, ist u.a. anhand der Entscheidungs-
gründe zu beurteilen. Ein Verstoß liegt etwa dann vor, wenn das Schiedsgericht wesentlichen Tatsachenvortrag in den Entscheidungsgründen nicht verarbeitet hat, z.B. weil das Schiedsgericht den Tatsachenvortrag bewusst oder unbewusst ignoriert hat. Allerdings muss das Schiedsgericht nicht jedes Sachverhaltsdetail im Schiedsspruch wiedergeben.
B. Anwendbares Verfahrensrecht (Art. 21.2–Art. 21.4) Literatur: Das Gupta, Kurzkommentare zu den Änderungen in der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung, SchiedsVZ-Beilage Heft 1/2018, 44 ff.; Elsing, Procedural efficiency in International Arbitration: Choosing the Best of Both Legal Worlds, SchiedsVZ 2011, 114 ff.;
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Verfahrensregeln | Art. 21 DIS-SchO Schmidt-Ahrendts/Höttler, Anwendbares Recht bei Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland, SchiedsVZ 2011, 267 ff.; Schütze, Die Ermessensgrenzen des Schiedsgerichts bei der Bestimmung der Beweisregeln, SchiedsVZ 2006, 1 ff.; Wegen/Wilske, Die anwendbare Zeitzone für Fristen in internationalen Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2003, 124 ff.; Schmidt-Ahrendts/de Jong, The „Right“ Place of Arbitration: How Germany Might Profit from Brexit, SchiedsVZ 2018, 281 ff.
I. Normzweck Während Art. 24 bestimmt, welches materielle Recht das Schiedsgericht an- 34 zuwenden hat, regelt Art. 21.2 – 21.4 das anzuwendende Verfahrensrecht. Sofern keine anderweitige Parteivereinbarung existiert, wendet das Schiedsgericht in erster Linie die Regeln der DIS-SchO an (Art. 21.2). Fehlt es an einer Regelung in der DIS-SchO, kann das Schiedsgericht nach seinem freien Ermessen entscheiden (Art. 21.3). Das Schiedsgericht muss jedoch zwingende Verfahrensvorschriften am Schiedsort (der lex loci arbitri) beachten (Art. 21.4).
II. Reform Art. 21.2–4 entsprechen einer gekürzten Version des § 24 Abs. 1 DIS-SchO 35 1998, der zudem in drei Absätze aufgeteilt worden ist. Dabei wurden lediglich redaktionelle Anpassungen vorgenommen. Inhaltliche Veränderungen ergeben sich hierdurch kaum. So wurde etwa die Reihenfolge der Darstellung der anwendbaren Verfahrens- 36 normen geändert. Während § 24 Abs. 1 DIS-SchO 1998 noch an der Normhierarchie orientiert die zwingenden Vorschriften der lex loci arbitri vor SchO, Parteivereinbarungen und Ermessen des Schiedsgerichts auflistete, hat der neue Art. 21 die lex loci arbitri an letzte Stelle in Art. 21.4 verschoben, während Art. 21.2 die Anwendbarkeit der SchO zum Gegenstand hat und Art. 21.3 die Festlegung von Einzelregelungen nach Ermessen des Schiedsgerichts festsetzt. Diese – unter rechtlichen Gesichtspunkten kaum nachvollziehbare – Verschiebung ändert unterdessen die Hierarchie der Normen nicht. Außerdem sieht Art. 21.3 DIS-SchO vor, dass das Schiedsgericht erst nach vor- 37 heriger Anhörung der Parteien das Verfahren nach seinem freien Ermessen gestalten kann. Das stellt eine Neuerung gegenüber § 24 DIS-SchO 1998 dar, der eine solche zwingende Parteianhörung noch nicht normierte. § 24 Abs. 2 DIS-SchO 1998, wonach das Schiedsgericht darauf hinzuwirken hat, 38 dass die Parteien sich über alle erheblichen Tatsachen vollständig erklären und sachdienliche Anträge stellen, wurde gestrichen.
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Art. 21 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht III. Verhältnis zu § 1042 ZPO 39 Haben die Parteien die DIS-SchO vereinbart, haben sie damit die ihnen von § 1042
Abs. 3 ZPO eingeräumte Parteiautonomie ausgeübt. Gleiches gilt für die Ermächtigung des Schiedsgerichts, Einzelheiten des Verfahrens i.S.d. Art. 21.3 nach seinem Ermessen zu bestimmen. Auch § 1042 Abs. 4 ZPO bestimmt, dass das Schiedsgericht die Verfahrensregeln nach freiem Ermessen bestimmt, soweit keine abweichende Parteivereinbarung vorliegt oder die ZPO etwas Anderes bestimmt.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Grundsätzen 40 Die DIS-SchO erlaubt den Parteien und dem Schiedsgericht eine flexible Gestal-
tung des Verfahrens und macht nur zu fundamentalen Fragen spezifische Vorgaben. Im Übrigen sind die Parteien und das Schiedsgericht frei, das Verfahren zu gestalten. Insbesondere gibt es keine Vorschriften über die Beweiserhebung, sondern das Schiedsgericht ist darin weitgehend frei, welche Erkenntnismittel es nach welchem Procedere als Beweismittel heranzieht, solange das Recht auf rechtliches Gehör gewahrt bleibt. Auch sind die Parteien frei, Informationstechnologie zu nutzen, etwa um Schriftsätze einzureichen, um die Document Production durchzuführen etc.
41 Im staatlichen Verfahren gibt die ZPO dem Gericht einen festen Rahmen vor,
den die Parteien nicht verändern können. Zwar kann der Kläger (weitgehend) über den Streitgegenstand disponieren und das Gericht hat viele Möglichkeiten, das Verfahren zu gestalten. Doch enthält die ZPO detaillierte Verfahrensregeln, z.B. zur Beweisaufnahme.
V. Normenhierarchie im Schiedsverfahren 42 Das Schiedsgericht muss in erster Linie zwingende Verfahrensvorschriften der lex
loci arbitri, also des Verfahrensrechts am Ort des Schiedsverfahrens, beachten (Art. 21.4). Sodann muss das Schiedsgericht grds. die Vereinbarungen der Parteien befolgen (vgl. Art. 21.2 und 21.3: „soweit […] die Parteien nichts anderes vereinbaren“). Die Regelungen der DIS-SchO oder – falls es an einer solchen fehlt – das Ermessen des Schiedsgerichts kommen grds. nur zur Anwendung, wenn es an zwingenden Vorschriften der lex loci arbitri und an einer Parteivereinbarung fehlt. Allerdings können die Parteien nicht beliebig von der DIS-SchO abweichen und dem Schiedsgericht Vorgaben machen. Auch die DIS-SchO enthält zwingende Vorschriften. Weichen die Parteien davon ab, würde die DIS sich ggf. weigern, das Verfahren zu administrieren. Auch können die Parteien die Verfahrensregeln nicht nachträglich beliebig gegen den Willen der Schiedsrichter verändern. Außerdem sieht Art. 21.3 vor, dass das Schiedsgericht erst nach vorheriger Anhörung der Parteien das Verfahren nach seinem freien Ermessen gestalten kann. 952
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Verfahrensregeln | Art. 21 DIS-SchO
VI. Zwingendes Recht der lex loci arbitri (Art. 21.4) Haben die Parteien einen Schiedsort vereinbart, so wählen sie hiermit das staat- 43 liche Schiedsverfahrensrecht, welches am Schiedsort anwendbar ist („lex loci arbitri“). Das Schiedsgericht muss den Schiedsort im Schiedsspruch angeben (vgl. § 1054 Abs. 3 ZPO, § 34. 4 DIS-SchO). Tatsächlich kann das Schiedsgericht – insbesondere nach deutschem Verfahrensrecht – auch an einem anderen Ort beraten (ggf. auch nur telefonisch oder per E-Mail) und den Schiedsspruch verfassen und unterschreiben. Nach der Wahl des Schiedsorts richtet sich auch die für die Einhaltung von gerichtlich gesetzten Fristen maßgebliche Zeitzone (Wegen/ Wilske, SchiedsVZ 2003, 124). Haben die Parteien keinen Schiedsort vereinbart, legt nach Art. 22.1 das 44 Schiedsgericht den Schiedsort fest. Das Schiedsgericht muss dabei die Umstände des Einzelfalles berücksichtigen, wie z.B. aus welchem Land die Parteien kommen, ob der Streitgegenstand eine bestimmte Beziehung zu einem Land hat etc. (vgl. Art. 22 Rz. 2). Bei Schiedsverfahren mit einem Schiedsort in Deutschland sind zunächst die zwin- 45 genden Regelungen des X. Buches der ZPO heranzuziehen. Welche Vorschriften zwingend sind, ist durch Auslegung zu ermitteln. Die Vorschriften der ZPO außerhalb des X. Buches sind weder direkt noch analog anwendbar. Die Systematik der ZPO ist insofern eindeutig. Für eine analoge Anwendung der ersten neun Bücher der ZPO ist zudem kein Raum, weil sie spezifisch auf das deutsche staatliche Verfahren zugeschnitten sind. Gerade in internationalen Schiedsverfahren passen die Vorschriften für das deutsche staatliche Gerichtsverfahren vielfach nicht. Die Parteien können die fundamentalen Verfahrensgrundsätze nicht ex ante abbe- 46 dingen. Zu diesen Grundsätzen gehören vor allem das Gebot der Gleichbehandlung und der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 21.1). Die Parteien können auf diese Rechte jedenfalls nicht im Vorfeld vollständig pauschal verzichten, weil damit ein unzulässiger Verzicht auf Rechtsschutz verbunden wäre. Ein Verzicht ist nur im konkreten Fall möglich. Die Parteien haben es jedoch in der Hand, die Verfahrensgrundsätze individuell auszugestalten. Dabei sollten die Parteien jedoch zurückhaltend sein. Eine gänzlich selbstgestrickte Verfahrensordnung hat den Charme der Individualität. Sie birgt jedoch die Gefahr, dass die Parteien Wichtiges ungeregelt lassen oder unklare Regelungen vereinbaren. Häufig sind dann lange und damit teure prozessuale Gefechte die Folge. Zudem hängt vieles schlicht davon ab, welche Schiedsrichter im konkreten Fall über den Rechtsstreit entscheiden werden. Hier haben die Parteien ganz erheblichen Einfluss. Verstößt das Schiedsgericht gegen maßgebliche Verfahrensgrundsätze, stellt dies 47 einen Aufhebungsgrund nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b und Buchst. d ZPO bzw. einen Grund für die Versagung der Anerkennung und Vollstreckung nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO dar. Das zwingende Recht der lex loci arbitri steht hierarchisch zwar an erster Stelle, 48 die Anzahl zwingender Vorschriften ist in der Praxis jedoch überschaubar. Die Haller
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Art. 21 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Schiedsordnungen der jeweiligen Schiedsinstitution sind daher regelmäßig von größerer praktischer Bedeutung. Sie haben die maßgeblichen Einzelheiten des Verfahrens zum Gegenstand und weichen dabei häufig in großem Umfang von den nicht bindenden Vorschriften der lex arbitri ab (Schmidt-Ahrendts/de Jong, SchiedsVZ 2018, 281 [282]).
VII. Anwendbarkeit der Schiedsgerichtsordnung, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben (Art. 21.2) 49 Dem staatlichen Schiedsverfahrensrecht nachrangig finden die Parteivereinbarun-
gen zur Ausgestaltung des Verfahrens Anwendung. Einer besonderen Form bedürfen die Vereinbarungen grds. nicht, sodass sie regelmäßig auch konkludent erfolgen können (OLG Frankfurt/M. v. 17.2.2011 – 26 Sch 13/10, SchiedsVZ 2013, 49 [55]). Haben die Parteien ein Schiedsverfahren nach der DIS-SchO vereinbart, gilt zunächst die DIS-SchO, es sei denn, die Parteien sind von dieser in zulässiger Weise abgewichen oder haben Ergänzendes vereinbart. So vereinbaren Parteien z.B. häufig, dass auch Beweismittel in anderer Sprache zulässig sind, wenn das Schiedsverfahren ohnehin in einem Rechtsraum spielt (etwa: deutsche Parteien, deutsches Recht und deutscher Schiedsort, aber englische Verfahrenssprache), oder die Parteien einigen sich auf eine bestimmte Art der Document Production. Den Parteien kommt bei der Bestimmung der anzuwendenden Verfahrensregeln weitgehende Autonomie zu. Die Parteien können aber auch ergänzend auf bereits existierende Regelwerke wie die IBA-Regeln zum Beweisverfahren Bezug nehmen („IBA Rules on the Taking of Evidence in International Arbitration“ – IBA-Rules). Verstößt das Schiedsgericht gegen eine Vereinbarung der Parteien zum Ablauf des Verfahrens und kann sich dieser Verfahrensverstoß auf den Schiedsspruch ausgewirkt haben, so ist der Schiedsspruch nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO aufzuheben (OLG Frankfurt/M. v. 17.2. 2011 – 26 Sch 13/10, SchiedsVZ 2013, 49).
VIII. Festlegung von prozessrechtlichen Einzelheiten nach Ermessen des Schiedsgerichts (Art. 21.3) 50 Im Übrigen hat das Schiedsgericht ein weites Ermessen, nach welchen Regeln es
das Verfahren führt, was Art. 21.3 ausdrücklich feststellt. Meist legen Schiedsgerichte ergänzende Verfahrensregeln in einer ausführlichen verfahrensleitenden Verfügung zu Beginn des Verfahrens fest, nachdem sie die Parteien dazu angehört haben. Diese ergänzt die DIS-SchO. In seinen ergänzenden Regeln regelt das Schiedsgericht etwa Aspekte wie die Zustellung von Schriftsätzen, den Ablauf der mündlichen Verhandlung u.Ä. Die Parteien haben so größere Klarheit in der Frage, an welche Regeln sie sich halten müssen und wie das Verfahren ablaufen wird. Das Schiedsgericht kann die Verfahrensregeln im Laufe des Verfahrens grds. verändern, soweit es die Grundsätze des Fair Trial einhält und 954
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Verfahrensregeln | Art. 21 DIS-SchO
die Parteien gleich behandelt. Häufig behalten sich Schiedsgerichte ausdrücklich vor, die Verfahrensregeln im Laufe des Verfahrens wieder zu ändern. Dies kann sinnvoll und notwendig sein, wenn sich während des Verfahrens die Umstände ändern und ergänzende Regeln benötigt werden. Nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt am Main ist jedoch Vorsicht im 51 Hinblick auf verfahrensleitende Verfügungen geboten. Der Entscheidung lag die Annahme zugrunde, dass es sich bei einer verfahrensleitenden Verfügung des Schiedsgerichts um eine Parteivereinbarung handelte (OLG Frankfurt/M. v. 17.2.2011 – 26 Sch 13/10, SchiedsVZ 2013, 49 [55]). Aus einer einseitigen Verfügung, die das Schiedsgericht im Rahmen seines Ermessens erließ und wieder zurücknehmen oder abändern konnte, wurde somit eine Vereinbarung zwischen den Parteien. Dies führte das OLG Frankfurt am Main darauf zurück, dass das Schiedsgericht die Parteien bei Erlass der Verfügung miteinbezogen und das Einvernehmen der Parteien gesucht hatte. Hierbei handelt es sich zwar um übliches Verhalten eines Schiedsgerichts. Dennoch führte es im konkreten Fall in den Augen des OLG Frankfurt am Main zum Entstehen einer Parteivereinbarung, die nur noch von den Parteien zurückzunehmen oder zu ändern war. Die Entscheidung wurde viel diskutiert, da sie die bis dato unbekannte Gefahr offenlegte, dass durch Konsultation der Parteien aus einer einseitigen Verfügung eine Parteivereinbarung werden kann. Um diese Gefahr aus dem Weg zu räumen, sollten Schiedsgerichte darauf hinweisen, dass ihre Verfügungen nur dann zu Parteivereinbarungen werden, wenn die Parteien dies ausdrücklich und schriftlich zu erkennen geben. Dies gilt insb. im Hinblick auf die neu eingeführte, zwingende Verfahrenskonferenz zu Beginn des Verfahrens (vgl. Art. 27.2), in welcher das Schiedsgericht bei Uneinigkeit der Parteien die zu ergreifenden Maßnahmen festlegt (vgl. Anlage 3).
C. Abweichende Parteivereinbarung Grundsätzlich haben die Parteien große Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Ver- 52 fahrensregelungen. Allerdings ist eine Disposition über die Grundmaxime des rechtlichen Gehörs und über das Gebot der Gleichbehandlung nicht gestattet. Eine Partei kann nur für einen konkreten Fall auf rechtliches Gehör verzichten (wie sie auch einen Verstoß einfach hinnehmen könnte). Die Parteien können aber das Recht auf rechtliches Gehör näher ausgestalten. So 53 können sie eine dem § 139 ZPO vergleichbare Regelung aufnehmen und z.B. eine Hinweispflicht des Schiedsgerichts vereinbaren. In der Praxis hängt aber die Art und Weise der Verfahrensführung nicht so sehr von konkreten Vereinbarungen der Parteien ab, sondern vielmehr davon, welche Schiedsrichter das Verfahren führen. Ein Schiedsgericht kann eine Pflicht, Hinweise zu geben, schließlich großzügig oder weniger großzügig handhaben.
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Art. 22 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht
Artikel 22 Schiedsort 22.1 Haben die Parteien den Schiedsort nicht vereinbart, bestimmt ihn das Schiedsgericht. 22.2 Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, kann das Schiedsgericht Verfahrenshandlungen gleich welcher Art auch an einem anderen Ort als dem Schiedsort vornehmen. Regelungsschwerpunkte: Art. 22.1 Grundsatz der freien Wählbarkeit des Schiedsorts durch die Parteien; subsidiär erfolgt Festlegung durch das Schiedsgericht. → Rz. 1–19; Art. 22.2 Tagungsort kann vom Schiedsort abweichen. → Rz. 20–22 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu § 1043 ZPO . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften E. Bedeutung des Schiedsorts . . . .
__ _ __ 1
F. Parteivereinbarung . . . . . . . . . .
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G. Bestimmung durch das Schiedsgericht (Art. 22.1) . . . . . . . . . . .
4 5
H. Abweichender Tagungsort (Art. 22.2) . . . . . . . . . . . . . . . .
_ _ _ 13 17 20
6
Literatur: Berger, „Sitz des Schiedsgerichts“ oder „Sitz des Schiedsverfahrens“?, RIW 1993, 8 ff.; Flecke-Giammarco/Keller, Die Auswirkung der Wahl des Schiedsorts auf den Fortgang des Schiedsverfahrens in der Insolvenz, NZI 2012, 529 ff.; Hamann/Lennarz, Sieben Regeln für eine schnelle, einfache und gute Schiedsklausel, BB 2007, 1009 ff.; Menz/Toscanelli, DIS-Verfahren aus dem Jahre 2015 – Ein statistischer Zwischenstand, SchiedsVZ 2018, 114 ff.; Nacimiento, Konfliktlösung nach allgemeinen Schiedsordnungen, insbesondere ICC (International Chamber of Commerce), AAA (American Arbitration Association) und DIS (Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit), ZUM 2004, 785 ff.; Ostendorf, Wirksame Wahl ausländischen Rechts auch bei fehlendem Auslandsbezug im Fall einer Schiedsvereinbarung und ausländischem Schiedsort?, SchiedsVZ 2010, 234 ff.; Risse/Frohloff, Schadensersatzansprüche nach einstweiligen Verfügungen in Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2011, 239 ff.; Schmidt-Ahrendts/de Jong, The „Right“ Place of Arbitration: How Germany Might Profit from Brexit, SchiedsVZ 2018, 281 ff.; Schulz/Niedermaier, Unwirksame Schiedsklausel in Franchiseverträgen durch Wahl des Tagungsortes im Ausland? – Besprechung von drei OLG-Entscheidungen in Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren, SchiedsVZ 2009, 196 ff.; Schütze, Die Bedeutung des effektiven Schiedsortes im internationalen Schiedsverfahren, in FS von Hoffmann, 2011, S. 1077 ff.; Schütze, Praxisbezogene Anmerkungen, SchiedsVZ 2003, 179 ff.; Wegen/Wilske, Die anwendbare Zeitzone für Fristen in internationalen Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2003, 124 ff.; Wolff, Die deutsche Justiz im Wettbewerb der Schiedsstandorte: eine Erhebung zur Spruchpraxis der Gerichte, SchiedsVZ 2021, 328 ff.
A. Normzweck 1 Der Schiedsort kann von den Parteien frei vereinbart werden. Die Bedeutung der
Wahl des Schiedsortes liegt insb. in der rechtlichen Verankerung des Schiedsver-
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Schiedsort | Art. 22 DIS-SchO
fahrens in einer nationalen Schiedsrechtsordnung, also der Lokalisierung des Schiedsverfahrens in einem rechtlichen Sinn („Legaldomizil“). Eher zweitrangig ist demgegenüber seine tatsächliche Bedeutung als physischer Ort des Zusammentreffens des Schiedsgerichts und für die Vornahme von Verfahrenshandlungen. Denn Art. 22.2 erlaubt für einzelne Verfahrenshandlungen ohnehin ad hoc die Vereinbarung eines vom Schiedsort abweichenden Tagungsortes. Mit der Wahl des Schiedsortes können die Parteien mittelbar drei wichtige rechtlich relevante Parameter beeinflussen: Aus dem Schiedsort folgt das Verfahrensstatut (lex arbitri), die inländische bzw. ausländische Natur des Schiedsspruchs sowie die örtliche Zuständigkeit des staatlichen Gerichts. Wählen die Parteien also einen deutschen Schiedsort, so führt dies zur Anwendbarkeit deutschen Schiedsrechts. Treffen die Parteien keine Wahl, bestimmt subsidiär das Schiedsgericht den 2 Schiedsort. Aufgrund der grds. rechtlichen Bedeutung des Schiedsortes ist es für das Schiedsgericht zweckmäßig, diese Festlegung in einem möglichst frühen Verfahrensstadium vorzunehmen. Daher sind Angaben oder Vorschläge zum Schiedsort bereits verpflichtender Teil der Schiedsklage (Art. 5.2 (viii)). Eine Auswertung aller 2015 nach der DIS-SchO eingeleiteten Verfahren zeigt, dass die Schiedsorte ausschließlich in Deutschland lagen und dabei Frankfurt am Main, gefolgt von München, Köln, Berlin, Hamburg und Düsseldorf am häufigsten vertreten waren. Bei kleineren Verfahren wurde nicht selten der Schiedsort am Sitz einer Partei gewählt (Menz/Toscanelli, SchiedsVZ 2018, 114 [115]). Die aktuellen Zahlen für im Jahr 2020 eingeleitete Schiedsverfahren im Hinblick auf die Verteilung der Schiedsorte zeigen, dass sich an dieser Verteilung wenig geändert hat: Köln ist demnach der beliebteste Schiedsort, gefolgt von München, Frankfurt am Main, Stuttgart, Berlin und Düsseldorf (die Zahlen sind abrufbar auf: https://www.disarb.org/ueber-uns/unsere-arbeit-in-zahlen, Abruf v. 23.5.2022).
B. Reform Die Regelung ist im Verhältnis zur Vorgängernorm des § 21 DIS-SchO 1998 in 3 ihren Leitprinzipien und -inhalten unangetastet und vornehmlich redaktionell überarbeitet worden. Die Neufassung spricht nunmehr von „Schiedsort“ als Kernbegriff, während zuvor der „Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens“ der gebräuchliche Ausdruck war. Art. 22.2 verzichtet auf die Aufzählung einzelner Verfahrenshandlungen zugunsten einer generalklauselartigen Formulierung. Praktisch bedeutsam ist, dass Angaben und Vorschläge zum Schiedsort mit der Reform nicht mehr lediglich erwünschter, sondern zwingend erforderlicher Bestandteil der Schiedsklage geworden sind (Art. 5.2 (viii)).
C. Verhältnis zu § 1043 ZPO Der Regelungsgehalt des Art. 22.1 entspricht demjenigen des § 1043 Abs. 1 ZPO. 4 Das Fehlen der Sätze 1 und 3 von § 1043 Abs. 1 ZPO in Art. 22.1 begründet einen Bodenheimer
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Art. 22 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht rein redaktionellen Unterschied. Während § 1043 Abs. 1 Satz 1 ZPO den Grundsatz der Privatautonomie positiv als Ausgangspunkt benennt, ist dieser Grundsatz in Art. 22.1 implizit enthalten. Auch die Regelung des § 1043 Abs. 1 Satz 3 ZPO – nach der das Schiedsgericht bei der Wahl des Schiedsorts die Umstände des Falles einschließlich der Eignung des Ortes für die Parteien zu berücksichtigen hat – gilt gleichermaßen im Rahmen des Art. 22.1. Denn eine an anderen Erwägungen ausgerichtete Bestimmung des Schiedsgerichts liefe dem Grundsatz der Privatautonomie bzw. der Berücksichtigung der wechselseitigen Parteiinteressen zuwider und wäre damit ihrerseits zweckwidrig. Auch Art. 22.2 ist in der Sache mit § 1043 Abs. 2 ZPO identisch und verzichtet lediglich auf die Aufzählung einzelner Verfahrenshandlungen zugunsten einer generalklauselartigen Formulierung. Überwiegend wird die Aufzählung im Rahmen des § 1043 Abs. 2 ZPO als nicht abschließend aufgefasst (vgl. Wilske/Markert, in BeckOK ZPO, § 1043 ZPO Rz. 7.1).
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 5 Die prozessrechtliche Zulässigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung richtet sich
jeweils nach der lex fori, also vor deutschen Gerichten nach den europarechtlich harmonisierten bzw. deutschen Vorgaben des Prozessrechts. Danach ist eine Gerichtsstandsvereinbarung nur nach Maßgabe des Art. 25 EuGVVO, §§ 38, 40 ZPO zulässig. Treffen die Parteien keine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung, ergibt sich die Zuständigkeit der staatlichen Gerichte nach den gesetzlichen Vorschriften über die internationale und örtliche Zuständigkeit, darunter insb. die EuGVVO und §§ 12 ff. ZPO.
E. Bedeutung des Schiedsorts 6 Aus dem Schiedsort ergibt sich die rechtliche Zuordnung eines Schiedsverfah-
rens zu einer bestimmten nationalen Rechtsordnung. Darin liegt die immense Bedeutung des Schiedsorts für das Schiedsverfahren. Aus ihm folgt zunächst das anwendbare nationale Schiedsverfahrensrecht. Dies ist im deutschen Recht in § 1025 Abs. 1 ZPO angeordnet und entspricht einem international gängigen Grundsatz. Hingegen sind Regelungen des deutschen Rechts bei einem ausländischen bzw. noch nicht bestimmten Schiedsort nur ganz punktuell anwendbar, vgl. etwa § 1025 Abs. 2, Abs. 4 ZPO bzw. § 1025 Abs. 2, Abs. 3 ZPO.
7 Außerdem ergibt sich aus der Wahl des Schiedsorts auch lediglich die Anwend-
barkeit des jeweiligen Schiedsverfahrensrechts (in Deutschland sind das die §§ 1025–1066 ZPO). Andere verfahrensrechtliche Bestimmungen der ZPO, wie sie für Verfahren vor staatlichen Gerichten am Schiedsort gelten, sind in Schiedsverfahren weder direkt noch analog anwendbar.
8 Der Schiedsort spielt zudem auch bei der Bestimmung des auf die Schiedsver-
einbarung anwendbaren Rechts eine Rolle. Das auf die Schiedsvereinbarung an-
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Schiedsort | Art. 22 DIS-SchO
zuwendende Recht ist von dem Recht, das auf den Hauptvertrag Anwendung findet, abzugrenzen. Fehlt es an einer diesbezüglichen ausdrücklichen Vereinbarung, ist eine konkludente Vereinbarung durch Auslegung zu ermitteln. Neben der Rechtswahl im Hauptvertrag kann dabei auch die Wahl des Schiedsorts als Anhaltspunkt dienen. Der Schiedsort bestimmt ferner die internationale und örtliche Zuständigkeit 9 staatlicher Gerichte (vgl. § 1026 Abs. 1 ZPO). Relevant ist dies insb. für unterstützende und flankierende Maßnahmen im Rahmen des Schiedsverfahrens, darunter die Bestellung und Ablehnung eines Schiedsrichters sowie die Beendigung eines Schiedsrichteramtes (§ 1062 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), Maßnahmen der Beweisaufnahme (§ 1062 Abs. 4 ZPO) und des einstweiligen Rechtsschutzes (§ 1062 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) sowie ferner Entscheidungen über die Aufhebung und Vollstreckbarkeitserklärung von Schiedssprüchen (§ 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO). Da sich die diesbezüglichen Verfahren im internationalen Vergleich mitunter deutlich unterscheiden, kommt der Entscheidung über die gerichtliche Zuständigkeit wesentliche praktische Bedeutung zu. Schließlich wird der Schiedsort relevant im Fall der Insolvenz einer Partei im Laufe des Schiedsverfahrens (vgl. Flecke-Giammarco/Keller, NZI 2012, 529 ff.). Daneben ist der Schiedsort für die internationale Anerkennung und Voll- 10 streckbarkeit des Schiedsspruchs von Bedeutung. Nach dem Schiedsort richtet sich die Qualifikation als in- oder ausländischer Schiedsspruch (vgl. etwa §§ 1060, 1061 ZPO). So ist ein Aufhebungsantrag nach § 1059 ZPO nur bei inländischen Schiedssprüchen statthaft. Im Falle eines ausländischen Schiedsortes richtet sich die Anfechtbarkeit einschließlich des Verfahrens und der zulässigen Anfechtungsgründe nach dortigem Recht. Für die Auswahl des Vorsitzenden des Schiedsgerichts bzw. des Einzel- 11 schiedsrichters bietet sich vor dem Hintergrund der Verzahnung mit den örtlichen Verfahrensvorschriften eine Person mit hinreichender Erfahrung in der Jurisdiktion des Schiedsortes an, obgleich die Komplexität für einen international erfahrenen Schiedsrechtler auch in für ihn fremden Jurisdiktionen überschaubar sein dürfte. Bei der Vielzahl von Kriterien im Rahmen der Auswahl eines Vorsitzenden dürfte dieser Aspekt jedenfalls nicht als entscheidend bewertet werden. Neben der territorialen Verankerung gibt der Schiedsort dem Verfahren zwi- 12 schen Parteien aus verschiedenen Zeitzonen üblicherweise auch die Zeitzone vor, die für Fristen maßgeblich ist (Wegen/Wilske, SchiedsVZ 2003, 124 [125]). Eine abweichende Vereinbarung hierüber ist ohne Weiteres möglich.
F. Parteivereinbarung Da die Vereinbarung des Schiedsorts kein zwingender Bestandteil der Schieds- 13 vereinbarung ist, gelten für sie keine Formerfordernisse. Sie ist grds. auch konkludent möglich (§§ 133, 157 BGB, vgl. KG v. 17.11.2017 – 13 Sch 6/17, NJOZ Bodenheimer
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Art. 22 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 2019, 877), muss aber eindeutig, nicht etwa alternativ formuliert sein. Praktisch ratsam ist es, dass sich die Parteien über den Schiedsort möglichst bereits in der Schiedsvereinbarung einigen. Dabei steht es ihnen frei, die Frage innerhalb der Schiedsvereinbarung selbst oder in einer separaten Vereinbarung zu behandeln. Ebenso können sie den Schiedsort erst zu einem späteren Zeitpunkt oder auch noch während des Verfahrens vereinbaren. 14 Für den Schiedskläger ist wichtig, dass mit der Reform 2018 nunmehr Angaben
oder Vorschläge zum Schiedsort nach Art. 5.2 (viii) zum nunmehr verpflichtenden Bestandteil einer Schiedsklage zählen. Dies erfordert keine detaillierten Informationen; hinreichend ist etwa, wenn der Schiedskläger auf das Bestehen oder Nichtbestehen einer Parteiabrede hinweist oder einen bestimmten Ort aus seiner Sicht oder anhand objektiver Kriterien als besonders geeignet darstellt. Hauptziel der Regelung ist es, eine Auseinandersetzung mit der Frage des Schiedsortes bereits mit Verfahrenseinleitung herbeizuführen. Überdies wird das Schiedsgericht anhand der Angaben befähigt, für den Fall einer fehlenden Parteivereinbarung eine sachgerechte Festlegung bereits zu Beginn des Verfahrens zu treffen. Fehlen die geforderten Angaben, so kann die DIS gemäß Art. 5.4 eine Frist zur Ergänzung setzen.
15 Auch eine nachträgliche Änderung eines zunächst vereinbarten oder vom
Schiedsgericht bestimmten Schiedsorts durch Parteiabrede ist möglich (ebenso Theune in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Art. 22 Rz. 2; a.A. MüKo/Münch, § 1043 ZPO Rz. 15; Prütting in Prütting/Gehrlein, § 1043 ZPO Rz. 2 a.E.). Damit wird der für den Schiedsort leitende Gesichtspunkt der Privatautonomie insb. in aufwändigen Verfahren, in denen sich neue Sachlagen ergeben können, konsequent zur Geltung gebracht. Den Schiedsrichtern ist wohl ein Kündigungsrecht zuzugestehen, sollte die Änderung zur Anwendung einer Rechtsordnung führen, mit der die Schiedsrichter nicht vertraut sind oder aus der andere Nachteile für die Schiedsrichter entstehen können, wie etwa eine nicht abdingbare persönliche Haftung oder die Gefahr strafrechtlicher Sanktionen. Viele tatsächliche Herausforderungen werden über einen abweichenden Tagungsort nach Art. 22.2 abgefedert werden.
16 Aus Parteiensicht sollten die genannten Auswirkungen der Ortswahl für die
rechtliche Verankerung des Schiedsverfahrens maßgebliche Entscheidungskriterien bilden. Hinzu kommen die Qualität und Unabhängigkeit der lokalen Justiz und die Verfügbarkeit versierter lokaler Rechtsanwälte. Dabei sind praktische Erwägungen wie die gute Erreichbarkeit des Schiedsorts (Infrastruktur, Einreisebestimmungen, s. zu weiteren Aspekten Lachmann, Rz. 395 ff.) nur in dem Maße erheblich, wie die Parteien nicht von der Möglichkeit Gebrauch machen, das Legaldomizil vom Tagungsort zu trennen. Diese Trennung erfolgt in der Praxis noch viel zu selten. Dabei können wirtschaftlich und rechtlich optimierte Lösungen erzielt werden, wenn man die Auswahl von Legaldomizil und logistischem Tagungsort voneinander getrennt überprüft und im Bedarfsfall unterschiedlich vereinbart. Üblich ist jedenfalls die Wahl eines neutralen Schiedsortes zwischen den Parteien, um spezifische Heimvorteile einer Partei zu verhindern. 960
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Schiedsort | Art. 22 DIS-SchO
G. Bestimmung durch das Schiedsgericht (Art. 22.1) Haben die Parteien keinen Schiedsort vereinbart, obliegt dessen Bestimmung 17 dem Schiedsgericht. In seiner Entscheidung hat das Schiedsgericht die Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen und die Interessen der Parteien, aber auch der weiteren am Verfahren beteiligten Personen in die Entscheidung einzubeziehen. Entsprechend kann das Schiedsgericht neben der Eignung des Orts für die Parteien auch die Belange der Schiedsrichter und der in Betracht kommenden Zeugen einfließen lassen. Den Parteien ist Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen. Dem Schiedsgericht kommt für die Entscheidung weites Ermessen zu, dessen Grenze erst bei Willkür erreicht ist (Risse/Frohloff, SchiedsVZ 2011, 239 [240]). Zugleich muss der Eindruck der Parteilichkeit und eines Näheverhältnisses zu einer Partei vermieden werden, andernfalls kommt die Ablehnung des Schiedsrichters in Betracht. Um bereits Zweifel an der Neutralität zu vermeiden, wird oftmals ein Schiedsort bestimmt, zu dem keine der Parteien eine besondere Beziehung aufweist. Dies wird umso wichtiger, wenn die Parteien explizit gegensätzliche Präferenzen hinsichtlich des Schiedsortes haben. Wurde ein bei objektiver Betrachtung neutraler Ort von einer Partei vorgeschlagen, disqualifiziert dies den Ort nicht. Allerdings ist eine sorgsame Prüfung des Vorschlags erforderlich. Ebenso kann ein modernes Schiedsrecht und eine insgesamt positive Einstellung der staatlichen Gerichte eines Landes zur Schiedsgerichtsbarkeit ein wichtiges Kriterium sein. Weitere Kriterien wie Beweisnähe, Kostenvorteile, Sicherheit, Infrastruktur und 18 Zugänglichkeit des Schiedsorts sowie die Entfernung für die Parteien und Zeugen (so etwa Schütze, SchiedsVZ 2003, 179) vermischen das Konzept von Legaldomizil und logistischem Tagungsort und sind jedenfalls dann unbeachtlich, wenn Parteien und vor allem das Schiedsgericht sich darüber bewusst sind, beide Überlegungen voneinander trennen zu können. Erforderlich ist schließlich, dass nach dem Schiedsort die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs in den in Betracht kommenden Vollstreckungsstaaten gewährleistet ist. Der Schiedsort ist vom Schiedsgericht im Schiedsspruch zweifelsfrei zu benen- 19 nen (Art. 39.1 (iii)). Dies sollte auch bei jeder Verfahrensverfügung dokumentiert werden; auch hier kommt es nicht etwa auf den physischen Aufenthaltsort des Schiedsrichters an: Nicht hinreichend sind Ortsangaben der einzelnen Schiedsrichter. Haben weder die Parteien noch das Schiedsgericht einen Schiedsort bestimmt, kann der effektive Ort des Schiedsverfahrens als Schiedsort gelten (OLG Düsseldorf v. 23.3.2000 – 6 Sch 2/99, EWiR 2000, 795 m. Anm. Kröll).
H. Abweichender Tagungsort (Art. 22.2) Von dem mit konkreten Rechtsfolgen verbundenen Schiedsort (Art. 22.1) ist der 20 rein tatsächliche Tagungsort zu unterscheiden. Nach Art. 22.2 kann das Schiedsgericht an jedem Ort im In- und Ausland Verfahrenshandlungen vornehBodenheimer
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Art. 22 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht men, sofern keine abweichende Parteivereinbarung vorliegt. Solche Verfahrenshandlungen umfassen u.a. die mündliche Verhandlung, die Vernehmung von Zeugen, Sachverständigen oder der Parteien, die Beratung zwischen den Mitgliedern des Schiedsgerichts, die Besichtigung von Sachen oder die Einsichtnahme in Schriftstücke. Damit wird die nötige Flexibilität für die Durchführung des Schiedsverfahrens gewährleistet. Leitend für die Auswahl eines abweichenden Tagungsortes haben daher Erwägungen der Zweckmäßigkeit und der Kostenersparnis zu sein. Auch ein am Tagungsort erlassener Schiedsspruch gilt als am Schiedsort erlassen (Art. 39.7). 21 Auch in Bezug auf den Tagungsort ist grds. eine Parteivereinbarung möglich.
Dies kann sich anbieten, wenn die Parteien absichern wollen, dass sie von praktischen und logistischen Vorzügen eines bestimmten Tagungsortes profitieren, sie aber keine Einigung in Bezug auf den Schiedsort herstellen können. Eine solche Vereinbarung scheint auch mit Blick auf die von Art. 22.2 gewährten Freiheiten des Schiedsgerichts zweckmäßig zu sein, den Tagungsort gesondert für einzelne Verfahrenshandlungen zu bestimmen und dabei den Interessen der Beteiligten Rechnung zu tragen. Denn diese Möglichkeit dürfte weiterhin bestehen. Eine Ausnahme könnte nur dann gelten, wenn die Parteien einen Tagungsort ausschließlich bestimmen, was wohl allein in der Lage wäre, Art. 22.2 einzuschränken. In rechtlicher Hinsicht ist zu beachten, dass eine Schiedsklausel mit einem ausländischen Tagungsort im Rahmen der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB oder § 138 BGB für unwirksam befunden werden kann, wenn der Tagungsort für eine Partei grob interessenswidrig ist und ihr die Rechtewahrnehmung unangemessen erschwert (OLG Bremen v. 30.10.2008 – 2 Sch 2/08, NJOZ 2009, 1188; OLG Dresden v. 7.12.2007 – 11 Sch 8/07, IHR 2008, 119; dazu Schulz/Niedermaier, SchiedsVZ 2009, 196 ff.).
22 Art. 22.2 kann schließlich der allgemeine Gedanke einer möglichen Loslösung
der Verhandlung und Beratung vom rechtlichen Ort des Schiedsverfahrens aus pragmatischen Gründen entnommen werden. Angesichts zunehmender Digitalisierung der Verfahrenspraxis kann Art. 22.2 daher als Argument dafür herangezogen werden, dass der Einsatz von Telefon- und Videokonferenzen sowie Cloud-gestützten Kommunikationsplattformen in weitem Maße zulässig, mitunter gar erwünscht ist. Ob die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf rein virtuellem Wege gegen den Willen einer Partei von Art. 22.2 gedeckt ist, ist fraglich. Das müsste jedenfalls dann zu bejahen sein, wenn aufgrund der Umstände wie etwa die COVID-19-Pandemie, die weite Entfernung aller Parteien und Zeugen, die geringe Anzahl von Zeugen oder der überschaubare Streitwert eine solche Form sachgerecht erscheint und in der Interessenabwägung und der anderenfalls entstehende Aufwand oder die Verzögerung das Interesse an einer virtuellen Verhandlung überwiegen lassen (vgl. hierzu OGH v. 23.7.2020 – 18 ONc 3/20s, SchiedsVZ 2021, 163 [166 f.], Tz. 41 ff.).
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Verfahrenssprache | Art. 23 DIS-SchO
Artikel 23 Verfahrenssprache Haben die Parteien die Verfahrenssprache nicht vereinbart, bestimmt das Schiedsgericht die Verfahrenssprache. Regelungsschwerpunkte: Freie Wählbarkeit der Verfahrenssprache durch die Parteien. → Rz. 10. Bei fehlender Parteivereinbarung Bestimmung durch das Schiedsgericht. → Rz. 14 Kostenaspekte: Kosten für Übersetzungen und Dolmetscher sind als Kosten des Schiedsverfahrens erstattungsfähig. → Rz. 21. Die Vereinbarung mehrerer Verfahrenssprachen kann zu einer nicht unerheblichen Kostensteigerung für Übersetzungen und Dolmetscher führen. → Rz. 13 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu § 1045 ZPO . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften E. Reichweite der Verfahrenssprache F. Parteivereinbarung . . . . . . . . . .
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G. Bestimmung durch das Schiedsgericht . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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H. Angaben zur Verfahrenssprache zu Beginn des Verfahrens . . . . .
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I. Rechtsfolgen bei Missachtung der Verfahrenssprache . . . . . . .
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J. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Jäger/Zavodsky, Verfahrenssprache im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2019, 175 ff.; Karrer, Gibt es bei (internationalen) Schiedsverfahren eine besondere Streitkultur?, IWRZ 2015, 9 ff.; Trittmann, Englischsprachige Schiedsverfahren in Deutschland – Realität, AnwBl 2012, 35; Ulmer, Language, Truth, and Arbitral Accuracy, Journal of International Arbitration Vol. 28 Issue 4 (2011), S. 295 ff.
A. Normzweck Art. 23 regelt zunächst den Grundsatz, dass die Parteien die Verfahrenssprache 1 durch Vereinbarung frei wählen können. Diese Gestaltungsfreiheit der Parteien ist ein wesentlicher Vorteil gegenüber staatlichen Verfahren, die i.d.R. nur in der jeweiligen Amtssprache geführt werden können (Rz. 5 ff.), und von besonderer Bedeutung in internationalen Schiedsverfahren mit Beteiligten aus unterschiedlichen Sprachräumen. Für den Fall, dass die Parteien weder in der Schiedsvereinbarung noch im Nachhinein eine entsprechende Wahl getroffen haben, muss das Schiedsgericht die Verfahrenssprache bestimmen. Art. 23 trägt zur Rechtssicherheit bei, vor allem im Hinblick auf die Vollstreck- 2 barkeit eines Schiedsspruchs. Wird das Schiedsverfahren in der vereinbarten Sprache geführt, ist der Schiedsspruch i.d.R. auch dann vollstreckbar, wenn eine Verfahrenspartei die vereinbarte und im Verfahren angewendete Sprache nicht beherrscht, weil die Anwendung der vereinbarten Verfahrenssprache keinen Verstoß gegen den ordre public bedeutet (BayObLG v. 9.11.2004 – 4 Sch 17/04, http://www.disarb.org). Umgekehrt kann jedoch das Verhandeln in einer anderen als der vereinbarten Verfahrenssprache einen Aufhebungsgrund darstellen. von Levetzow
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Art. 23 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht B. Reform 3 Die bisherigen Regelungen zur Verfahrenssprache in § 22 DIS-SchO 1998 wur-
den in Art. 23 sprachlich stark gestrafft, jedoch ohne materielle Änderungen. Trotz der Änderung des Wortlauts von „die Sprache oder die Sprachen“ zu „Verfahrenssprache“ können weiterhin eine oder mehrere Verfahrenssprachen gewählt werden. Die überflüssige Aufzählung der einzelnen Verfahrenshandlungen in § 22 Abs. 1 Satz 3 DIS-SchO 1998 ist entfallen. Soweit § 22 Abs. 2 DISSchO 1998 eine Anordnungsbefugnis des Schiedsgerichtes zur Übersetzung schriftlicher Beweismittel regelte, hat das Schiedsgericht eine entsprechende Anordnungsbefugnis ohnehin aufgrund seiner allgemeinen Verfahrungsführungsbefugnis nach Art. 21.3. Neu ist jenseits von Art. 23 im Zusammenhang mit der Verfahrenssprache, dass Angaben hierzu für die Schiedsklage nach Art. 5.2 (viii) zwingend sind (im Gegensatz zu § 6 Abs. 3 Ziff. 3 DIS-SchO 1998). Dies gilt nach Art. 7.1 (ii) nun auch für die Mitteilung des Schiedsbeklagten.
C. Verhältnis zu § 1045 ZPO 4 Während der Wortlaut von § 22 DIS-SchO 1998 im Wesentlichen mit dem
Wortlaut von § 1045 ZPO übereinstimmte, weicht der reformierte Art. 23 nunmehr durch seine stark gestraffte Formulierung sprachlich von § 1045 ZPO ab, ohne dass damit im Ergebnis eine materielle Abweichung verbunden wäre. Der Regelungsgehalt von Art. 23 entspricht weiterhin dem Regelungsgehalt von § 1045 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 5 Im Verfahren vor deutschen staatlichen Gerichten ist gemäß § 184 Satz 1 GVG
die Gerichtssprache deutsch. Anders als im Schiedsverfahren ist diese Anordnung grds. zwingend und unterliegt nicht der Disposition der Parteien oder des Gerichts. Soweit Beteiligte der deutschen Sprache nicht mächtig sind, ordnet § 185 Abs. 1 GVG die Hinzuziehung eines Dolmetschers an. Abweichend hiervon kann nach § 185 Abs. 2 GVG im Einzelfall auch in einer fremden Sprache mündlich verhandelt werden, wenn alle beteiligten Personen der fremden Sprache mächtig sind. Hingegen sind sämtliche Schriftsätze, Entscheidungen des Gerichts und das Protokoll in deutscher Sprache abzufassen. Deutsch ist auch Verfahrenssprache in einem Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahren vor deutschen Gerichten.
6 Auf der Grundlage von § 185 Abs. 2 GVG bieten einige Landgerichte, z.B.
Frankfurt am Main, Bonn und Hamburg, die Möglichkeit an, vor eigens eingerichteten Kammern für internationale Handelssachen mündliche Verhandlungen in englischer Sprache durchzuführen. Solche Bestrebungen, die Verhandlung in englischer Sprache zuzulassen, werden teilweise für unzulässig erachtet, weil 964
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Verfahrenssprache | Art. 23 DIS-SchO
es den Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 GVG) verletze, wenn Zuhörer der mündlichen Verhandlung nicht mehr folgen können. Zu beachten ist, dass es auch in diesen Verfahren bei dem Grundsatz bleibt, dass Schriftsätze, Entscheidungen des Gerichts und das Protokoll in deutscher Sprache abzufassen sind. Für eine vollständige Durchführung eines Rechtsstreits in englischer Sprache 7 vor deutschen Gerichten bedarf es einer Änderung von § 184 GVG. Einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Einrichtung von Kammern für internationale Handelssachen bei den Landgerichten, in denen Rechtstreitigkeiten vollumfänglich in englischer Sprache geführt werden können, hat der Bundesrat im Frühjahr 2018 dem Bundestag zum dritten Mal vorgelegt (BR-Drucks. 53/18, BTDrucks. 19/1717); dieser unterfiel aber der Diskontinuität. Im Februar 2022 hat der Bundesrat den Gesetzentwurf wieder vorgelegt, BR-Drucks. 79/22. Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme angekündigt, das Anliegen aufzugreifen und einen eigenen Gesetzentwurf vorzulegen (BT-Drucks. 20/1549, 27).
E. Reichweite der Verfahrenssprache Die von den Parteien vereinbarte oder vom Schiedsgerichte bestimmte Ver- 8 fahrenssprache ist grds. für alle Verfahrenshandlungen der Parteien und des Schiedsgerichts im Schiedsverfahren maßgeblich. Ausgenommen sind damit materiell-rechtliche Willenserklärungen, die nicht zugleich prozessuale Erklärungen sind (wie etwa die Prozessaufrechnung), sowie die außergerichtliche Kommunikation der Parteien untereinander (etwa zur Herbeiführung eines außergerichtlichen Vergleichs), die interne Beratung des Schiedsgerichts und Schriftsätze in staatlichen Verfahren mit Bezug zu einem Schiedsverfahren wie dem Vollstreckungserklärungs- oder Aufhebungsverfahren. Ergibt sich aus einer Vereinbarung oder Bestimmung der Verfahrenssprache 9 nichts anderes, ist auch die Beweisaufnahme in der festgelegten Verfahrenssprache durchzuführen. Zeugen müssen nicht in der Verfahrenssprache aussagen, wenn sie dieser nicht in ausreichender Weise mächtig sind. Das Schiedsgericht kann in diesem Fall Dolmetscher hinzuziehen. Schriftliche Beweismittel, die in einer anderen Sprache als der Verfahrenssprache verfasst sind, können dennoch vorgelegt werden, weil es bei ihnen maßgeblich auf ihre Authentizität und Originalität ankommt. Das Gericht kann jedoch gemäß Art. 21.3 anordnen, dass sie mit einer Übersetzung in der Verfahrenssprache vorgelegt werden oder selbst eine Übersetzung veranlassen. Eine Verpflichtung des Schiedsgerichts hierzu besteht nicht, sofern es in der Lage ist, das schriftliche Beweismittel ohne Übersetzung zu verstehen. Eine Übersetzung kann jedoch wegen des Grundsatzes rechtlichen Gehörs für eine oder mehrere Parteien erforderlich sein. Soweit Streit zwischen den Parteien darüber entsteht, ob Originaldokumente in die Verfahrenssprache zu übersetzen sind, steht die Entscheidung im Ermessen des Schiedsgerichts. Soweit die andere Partei solche Dokumente vor Entstehung des Streits offenkundig verstanden hat oder sie gar von der anderen Partei stammen, kann das Schiedsgericht zu der Entscheidung kommen, dass die Dokumente nur von Levetzow
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Art. 23 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht insoweit übersetzt werden müssen, als ihr Inhalt umstritten ist. Um derartige Auseinandersetzungen im Schiedsverfahren zu vermeiden, bietet sich eine Regelung in der Schiedsklausel oder zu Beginn des Schiedsverfahrens an, dass Originaldokumente keiner Übersetzung in die Verfahrenssprache bedürfen.
F. Parteivereinbarung 10 Art. 23 eröffnet den Parteien die freie Wahl der Verfahrenssprache durch Ver-
einbarung. Form und Zeitpunkt der Vereinbarung sind offen. Die Parteien können die Vereinbarung mündlich oder schriftlich, bereits in der Schiedsvereinbarung, erst später vor Beginn des Schiedsverfahrens oder auch noch währenddessen treffen. Regelmäßig ist es zweckmäßig, eine Wahl bereits in der Schiedsvereinbarung zu treffen, wie es auch die DIS-Musterklauseln vorsehen. So können die Parteien sicherstellen, dass sowohl die von ihnen ausgewählten Verfahrensbevollmächtigten als auch die von ihnen benannten Schiedsrichter die Verfahrenssprache beherrschen. Gleichzeitig wird eine Auseinandersetzung über die anzuwendende Sprache zu Beginn des Verfahrens vermieden und so die zügige Durchführung des Verfahrens erleichtert. Soweit sich die Parteien erst im Nachhinein auf eine Verfahrenssprache einigen können oder eine von der Schiedsklausel abweichende Verfahrenssprache vereinbaren wollen, ist zu bedenken, dass bereits bestellte Schiedsrichter, falls sie nicht über ausreichende Kenntnisse der neu gewählten Sprache verfügen, von ihrem Schiedsrichteramt zurücktreten und den Schiedsrichtervertrag kündigen können. Um zu vermeiden, dass das Schiedsgericht infolge der Wahl einer neuen Verfahrenssprache während des laufenden Schiedsverfahrens ganz oder teilweise neu konstituiert werden muss, empfiehlt es sich daher, vor einer solchen Wahl sicherzustellen, dass das Schiedsgericht mit der abweichenden Wahl einverstanden ist.
11 Grundsätzlich bestehen keine Beschränkungen bei der Wahl der Verfahrens-
sprache. So sind die Parteien etwa frei darin, die Vertragssprache, die Sprache ihrer bisherigen Kommunikation, ihre Muttersprache oder die Amtssprache am Schiedsort zu vereinbaren. Da die DIS nach Ziff. 3.7 Anlage 2 Übersetzungskosten für Schriftstücke erheben kann, die in einer anderen Sprache als Deutsch und Englisch eingereicht werden, bietet sich regelmäßig eine der beiden Sprachen als Verfahrenssprache in DIS-Schiedsverfahren an. Dies ist jedoch nicht zwingend. Nach der DIS-Statistik 2018 war in 71 % der DIS-Schiedsverfahren im Jahr 2018 die Verfahrenssprache Deutsch, in den übrigen Schiedsverfahren Englisch.
12 Auch wenn Art. 23 dem Wortlaut nach – anders als der bisherige § 22 DIS-SchO
1998 – nur die Vereinbarung oder Bestimmung einer Verfahrenssprache erwähnt, können gleichwohl weiterhin eine oder mehrere Verfahrenssprachen vereinbart oder bestimmt werden.
13 Bei jeder Wahl der Verfahrenssprache sollte deren Bedeutung für ein effizien-
tes und kostengünstiges Schiedsverfahren beachtet werden. Die Verfahrenssprache beeinflusst i.d.R. insb. die Wahl der Verfahrensbevollmächtigten und der in Betracht kommenden Schiedsrichter. Auch die Frage, ob Übersetzungen 966
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Verfahrenssprache | Art. 23 DIS-SchO
für schriftliche Beweismittel oder Dolmetscher erforderlich sind und ob die Parteien in der Lage sind, ohne Übersetzer dem Verfahren zu folgen, hängt von der Wahl der Verfahrenssprache ab. Sollen mehrere Sprachen als generelle Verfahrenssprachen vereinbart werden, ist vorab genau zu prüfen, wie sich dies auf die Kosten und Dauer des Schiedsverfahrens auswirkt. So ist zu beachten, dass die Mitglieder des Schiedsgerichts alle Verfahrenssprachen zumindest verstehen und idealerweise auch sprechen können müssen. Eine exotische Sprachkombination kann es unmöglich machen oder jedenfalls erheblich erschweren und verteuern, geeignete Schiedsrichter für das Verfahren zu finden. Dadurch kann sich die Konstituierung des Schiedsgerichtes sowie auch das weitere Verfahren verzögern. Sofern mehrere Verfahrenssprachen festgelegt werden, ist es daher ratsam, genau zu regeln, für welche Verfahrenshandlungen die verschiedenen Sprachen jeweils im Einzelnen gelten (Schriftsätze der Parteien, mündliche und schriftliche Äußerungen des Gerichts, den Schiedsspruch, Beweismittel und Beweisaufnahme, mündliche Verhandlung). So lassen sich Missverständnisse und Unklarheiten über das Verhältnis der Verfahrenssprachen zueinander (alternativ/kumulativ) vermeiden. Im Einzelfall kann es z.B. sinnvoll sein, nur für die Vorlage schriftlicher Beweismittel oder anderer schriftlicher Unterlagen eine andere Sprache als die Verfahrenssprache zu vereinbaren, um unnötige Übersetzungen zu vermeiden und so das Schiedsverfahren effizient und kostengünstig zu gestalten. In taktischer Hinsicht kann es auch hilfreich sein, wenn Zeugen (auch ohne Dolmetscher) in ihrer Muttersprache aussagen können.
G. Bestimmung durch das Schiedsgericht Fehlt eine Vereinbarung der Verfahrenssprache in der Schiedsabrede oder 14 kommt eine spätere Vereinbarung zwischen den Parteien nicht zustande, muss das Schiedsgericht die Verfahrenssprache bestimmen. Das Schiedsgericht kann auch mehrere Verfahrenssprachen bestimmen (s. Rz. 12). Für die Bestimmung der Verfahrenssprache durch das Schiedsgericht sieht 15 Art. 23 keine besondere Form vor. Das Schiedsgericht sollte die Verfahrenssprache spätestens in der ersten Verfahrenskonferenz mit den Parteien erörtern und nach Anhörung der Parteien in der ersten verfahrensleitenden Verfügung gemäß Art. 27.4 und 27.5 festlegen. Da vor der Bestimmung die Verfahrenssprache noch nicht klar ist, sollte das Schiedsgericht mit den Parteien vorsorglich regelmäßig zwei- oder mehrsprachig korrespondieren und zwar in den jeweils in Frage kommenden Verfahrenssprachen bzw. in Sprachen, die beide Parteien verstehen. Art. 23 enthält keine Kriterien für die Bestimmung der Verfahrenssprache durch 16 das Schiedsgericht. Es hat bei der Bestimmung den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, der Gleichbehandlung und des fairen Verfahrens zu berücksichtigen. Anhaltspunkte für die Bestimmung der Verfahrenssprache durch das Schiedsgericht sind insb. die Vertragssprache sowie die Sprache, in der die Parteien verhandelt und außergerichtlich kommuniziert haben (von Schlabrendorff in Salger/Trittmann, § 2 Rz. 166). Als weitere Aspekte können die Muttersprache der Parteien von Levetzow
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Art. 23 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht und die Amtssprache am Schiedsort herangezogen werden. Die Grundsätze des fairen Verfahrens und des rechtlichen Gehörs sind nicht schon dann verletzt, wenn eine Partei der Verhandlung nur mit einem Dolmetscher folgen kann.
H. Angaben zur Verfahrenssprache zu Beginn des Verfahrens 17 Die Schiedsklage muss zwingend Angaben zu etwaigen Vereinbarungen der Ver-
fahrenssprache enthalten gemäß Art. 5.2 (viii). Fehlt es bei Verfahrenseinleitung noch an einer Vereinbarung, sind nach dieser Regelung Vorschläge zur Verfahrenssprache aufzunehmen. Diese Grundsätze gelten entsprechend für die Mitteilung des Schiedsbeklagten gemäß Art. 7.1 (ii).
18 Selbstverständlich müssen Schiedsklage und weitere Schriftsätze ggf. in der dafür
vereinbarten Verfahrenssprache abgefasst werden (s. Rz. 19). Fehlt es bei Verfahrenseinleitung noch an einer Vereinbarung, muss der Schiedskläger entscheiden, in welcher Sprache er die Schiedsklage verfasst. Empfehlenswert ist in dieser Situation, eine sachgerechte Sprache zu wählen, etwa die Sprache der Vorkorrespondenz oder des Vertrags, aus dem sich die Schiedsklausel ergibt, und diese Wahl zu begründen. Diese Wahl wird i.d.R. dem Vorschlag gemäß Art. 5.2 (viii) bzw. Art. 7.1 (ii) entsprechen (s. Rz. 17). Anderenfalls wird sie vom Schiedsgericht typischerweise als ein solcher Vorschlag gewertet. Setzt das Schiedsgericht anschließend eine andere Verfahrenssprache fest, wird es regelmäßig anordnen, dass die bisher eingebrachten Schriftsätze erneut in der Verfahrenssprache eingereicht werden müssen.
I. Rechtsfolgen bei Missachtung der Verfahrenssprache 19 Verfahrenshandlungen einer Partei in einer anderen Sprache als der vereinbarten
oder bestimmten Verfahrenssprache kann das Schiedsgericht (zunächst) unberücksichtigt lassen. Es ist umstritten, ob das Schiedsgericht der Partei eine Frist setzen sollte für die Beibringung der Verfahrenshandlung in der Verfahrenssprache und, soweit die Verfahrenshandlung fristgebunden war, für etwaiges Vorbringen zu den Gründen für eine Säumnis (Münch in MüKo.ZPO, § 1045 ZPO Rz. 15). Die Parteien sollten sich daher nicht auf eine solche Möglichkeit zur Stellungnahme verlassen, sondern sich in jedem Fall an die vereinbarte oder bestimmte Verfahrenssprache halten. Dies kann streitentscheidend sein, etwa wenn die Schiedsklage zur Verjährungshemmung eingereicht wurde. Über die Konsequenzen der Einreichung der Schiedsklage in der falschen Sprache entscheidet das Schiedsgericht nach Anhörung der anderen Partei auf der Basis des anwendbaren Rechts.
20 Nimmt das Schiedsgericht Verfahrenshandlungen in einer anderen Sprache als
der Verfahrenssprache vor, kann hierin ein Aufhebungsgrund nach § 1059 Abs. 2 Ziff. 1 Buchst. d ZPO liegen. Gemäß § 1027 ZPO i.V.m. Art. 43 ist hierfür eine Rüge unverzüglich nach Kenntnis des Mangels erforderlich, da anderenfalls ein Verlust des Rügerechts eintritt (str., s. Jäger/Zavodsky, SchiedsVZ 2019, 175 [180]).
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In der Sache anwendbares Recht | Art. 24 DIS-SchO
J. Kosten Kosten für vom Gericht angeordnete Übersetzungen und Dolmetscher sowie von 21 den Parteien veranlasste Übersetzungen in die Verfahrenssprache sind erstattungsfähige Kosten des Schiedsverfahrens und als solche Teil der Kostenentscheidung. Gemäß Ziff. 3.7 Anlage 2 kann die DIS die Kosten einer Übersetzung zusätzlich zu den Bearbeitungsgebühren der DIS erheben, wenn ein Schriftstück i.S.d. Art. 3.2 bei der DIS in einer anderen Sprache als Deutsch oder Englisch eingereicht wird. Kosten für Übersetzungen in andere Sprachen als die Verfahrenssprache muss 22 die jeweilige Partei i.d.R. selbst tragen.
Artikel 24 In der Sache anwendbares Recht 24.1 Die Parteien können die in der Sache anzuwendenden Rechtsregeln vereinbaren. 24.2 Haben die Parteien die in der Sache anzuwendenden Rechtsregeln nicht vereinbart, wendet das Schiedsgericht diejenigen Rechtsregeln an, die es für geeignet hält. 24.3 Das Schiedsgericht ist bei seiner Entscheidung an vertragliche Vereinbarungen der Parteien gebunden und hat bestehende Handelsbräuche zu berücksichtigen. 24.4 Das Schiedsgericht darf nur dann nach Billigkeit (ex aequo et bono oder als amiable compositeur) entscheiden, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbart haben. Regelungsschwerpunkte: DIS-Schiedsgerichte fällen ebenso wie staatliche Gerichte grds. eine Rechtsentscheidung, bei der sie primär die Rechtsregeln anwenden, die die Parteien gewählt haben. Fehlt eine Rechtswahl, ist das Schiedsgericht dazu befugt, das Sachrecht anzuwenden, das es für geeignet hält. Nach Billigkeit entscheiden sie nur in seltenen Fällen und nur auf den ausdrücklichen Wunsch der Parteien hin. → Rz. 16–71 Kostenaspekte: Eine klare Regelung der anwendbaren Rechtsregeln durch die Parteien dient der Rechtssicherheit und vermeidet unnötige Kosten. → Rz. 72–74 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu § 1051 ZPO . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Anwendbares Sachrecht . . . . . . 1. Rechtswahl – Inhalt der Parteiautonomie (Art. 24.1) . . . . . . . .
__ _ __ _ _ 1 5 9
2. Rechtswahl – Grenzen der Parteiautonomie . . . . . . . . . . . . 3. Fehlen einer Rechtswahl (Art. 24.2) . . . . . . . . . . . . . . . .
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4. Vertragsbestimmungen und Handelsbräuche (Art. 24.3) . . . .
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5. Entscheidung nach Billigkeit (Art. 24.4) . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Form der Entscheidung über das anwendbare Sachrecht . . . . .
von Levetzow und Schmidt-Ahrendts
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Art. 24 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht III. Ermittlung des Inhalts des anwendbaren Sachrechts . . . . . . IV. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle . . . . . . . . . . . . .
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F. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Audit, Choice of the Applicable Law by the Parties, Dossier of the ICC Institute of World Business Law (2014), S. 10 ff.; Babić, Rome I Regulation: binding authority for arbitral tribunals in the European Union?, Journal of Private International Law, Vol. 13 No. 1 (2017), S. 71 ff.; Czernich, Die Rom I-VO als Grundlage für die Anwendung von Eingriffsnormen durch Schiedsgerichte, RIW 2016, 701 ff.; Commandeur/Gößling: The determination of mandatory rules of law in International Arbitration – An attempt to set out criteria, SchiedsVZ 2014, 12 ff.; De Ly/Friedman/Radicati di Brozolo, International Law Association International Commercial Arbitration Committee’s Report and Recommendations on ‚Ascertaining the Contents of the Applicable Law in International Commercial Arbitration‘, Report for the Biennial Conference in Rio de Janeiro, (2008); Elsing, Die ex officio Anwendung drittstaatlicher Eingriffsnormen, in FS Mailänder (2006), S. 87 ff.; Hilgard/Bruder, Unauthorised Amiable Compositeur?, Dispute Resolution International, Vol. 8 No. 1 (2014), S. 51 ff.; Junker, Deutsche Schiedsgerichte und Internationales Privatrecht, in FS Sandrock (2000), S. 443 ff.; Kiffer, Amiable Composition and ICCArbitration, ICC Court Bulletin, Vol. 18 No. 1 (2007), S. 51 ff.; Klasen, Inhalt und Reichweite der Kollisionsnorm in § 1051 Abs. 1 und 2 ZPO, KSzW 2013, 181 ff.; Knuts Jura Novit Curia and the Right to be Heard – An Analysis of Recent Case Law, Arbitration International Vol. 28 Issue 4 (2012), S. 669 ff.; Kondring, § 1051 Abs. 1 ZPO und die Abwahl einfach zwingenden Rechts bei Binnensachverhalten, ZIP 2017, 706 ff.; Lörcher/Bauerschmidt, Gilt der Grundsatz iura novit curia in internationalen Schiedsverfahren?, in FS Elsing (2015), S. 317 f.; Nueber, Nochmals: Schiedsgerichtsbarkeit ist vom Anwendungsbereich der Rom I-VO nicht erfasst, SchiedsVZ 2014, 186 ff.; Mankowski, § 1051 ZPO und die europäischen IPR-Verordnungen, in FS Schütze (2015), S. 369 ff.; Mankowski, Rom I-VO und Schiedsverfahren, RIW 2011, 30 ff.; Mankowski, Schiedsgerichte und die Rom I-VO, RIW 2018, 1; Marrella, The New (Rome I) European Regulation on the Law Applicable to Contractual Obligations: What has Changed?, ICC Court Bulletin, Vol. 19 No. 1 (2008), S. 87 ff.; McGuire, Grenzen der Rechtswahlfreiheit im Schiedsverfahrensrecht? – Über das Verhältnis zwischen der Rom-I-VO und § 1051 ZPO, SchiedsVZ 2011, 257 ff.; Ostendorf, Wirksame Wahl ausländischen Rechts auch bei fehlendem Auslandsbezug im Fall einer Schiedsgerichtsvereinbarung und ausländischem Schiedsort?, SchiedsVZ 2010, 234 ff.; Pauker, Substance and procedure in international arbitration, Arbitration International, Vol. 36 Issue 1 (2020), S. 3 ff.; Pfeiffer, Die Abwahl des deutschen AGB-Rechts in Inlandsfällen bei Vereinbarung eines Schiedsverfahrens, NJW 2012, 1169; Pfeiffer, Parteiautonomie und Internationalisierung in der DIS-SchGO 2018, IWRZ 2018, 213 ff.; Pörnbacher/Baur, Rechtswahl und ihre Grenzen in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, in FS Schütze (2015), S. 431 ff.; Risse/Höfling, Schadensschätzung durch Schiedsgerichte, SchiedsVZ 2020, 73 ff.; Schack, Sonderkollisionsrecht für private Schiedsgerichte?, in FS Elsing (2015), S. 511 ff.; Schilf, Römische IPR-Verordnungen – kein Korsett für internationale Schiedsgerichte, RIW 2013, 678 ff.; Schmidt-Ahrendts/Höttler, Anwendbares Recht bei Schiedsverfahren mit Sitz in Deutschland SchiedsVZ 2011, 267 ff.; Solomon, Das vom Schiedsgericht in der Sache anzuwendende Recht nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts, RIW 1997, 981 ff.; Stauder, Die Billigkeitsentscheidung in der Handelsschiedsgerichtsbarkeit – Rechtliche und tatsächliche Probleme des § 1051 Abs. 3 ZPO, SchiedsVZ 2014, 287 ff.; Valdini, Gesetzesreform durch die Hintertür? Die Abwahl zwingenden Rechts durch Schiedsabreden bei Inlandssachverhalten,
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In der Sache anwendbares Recht | Art. 24 DIS-SchO ZIP 2017, 7 ff.; Trittmann, Das Zusammenspiel von Prozessrecht und materiellem Recht im internationalen Schiedsverfahren, in Fachbereich Rechtswissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Main (Hrsg.), 100 Jahre Rechtswissenschaft in Frankfurt, 2014, 605 ff.; Wegen/Asbrand, Nichtstaatliches Recht als Gegenstand einer Rechtswahlklausel?, RIW 2016, 557 ff.; Wolff, Empfiehlt sich eine Reform des deutschen Schiedsverfahrensrechts?, SchiedsVZ 2016, 293 ff.
A. Normzweck Art. 24 bestimmt, nach welchem Sachrecht der Rechtsstreit der Parteien durch 1 das Schiedsgericht zu entscheiden ist. Adressat der Vorschrift ist somit primär das Schiedsgericht. Die Vorschrift richtet sich jedoch auch an die Parteien, da sie bestimmt, an welchen Normen ihr Verhalten im Streitfall gemessen werden wird. Trotz aller Bemühungen der Rechtsvereinheitlichung durch völkerrechtliche 2 Verträge, supranationales Recht (insb. EU-Recht), Einheitsrecht (wie z.B. das UN-Kaufrecht) oder transnationale Rechtsgrundsätze (wie z.B. die PICC) unterscheiden sich nationale Sachrechte nach wie vor in vielerlei Hinsicht. Die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts durch das Schiedsgericht ist daher oft vorentscheidend für den Ausgang eines Schiedsverfahrens. Art. 24 enthält vier zentrale Regelungen. Art. 24.1 ermöglicht es den Parteien, 3 selbst zu bestimmen, nach welchem Sachrecht ihr Rechtsstreit entschieden werden soll. Art. 24.2 bestimmt, welches Sachrecht ein DIS-Schiedsgericht anzuwenden hat, sofern die Parteien keine (wirksame) Rechtswahl getroffen haben. Art. 24.4 bestimmt, unter welchen Voraussetzungen ein DIS-Schiedsgericht berechtigt ist, eine Entscheidung nach Billigkeit zu treffen. In jedem dieser drei Fälle ist das Schiedsgericht an die jeweils maßgeblichen Vertragsbestimmungen gebunden und hat Handelsbräuche zu berücksichtigen (Art. 24.3). Art. 24 dient insb. der Vorhersehbarkeit der jeweiligen Entscheidung eines 4 Schiedsgerichts und somit der Rechtsicherheit. Art. 24.1 und Art. 24.4 stärken hierbei in besonderem Maße die Parteiautonomie.
B. Reform Die Reform der DIS-SchO hat vor allem zu zwei wesentlichen Änderungen im 5 Hinblick auf die Regelung zum anwendbaren Recht geführt. Die erste wesentliche Änderung betrifft die subjektive Anknüpfung in Art. 24.1. 6 Die hier geregelte Rechtswahlmöglichkeit der Parteien wurde nunmehr klarer gefasst. Die Formulierung, dass die Parteien „die in der Sache anzuwendenden Rechtsregeln vereinbaren“ können, bezieht die Rechtswahlmöglichkeit nun eindeutig und in sprachlicher Straffung des § 23 Abs. 1 DIS-SchO 1998 nur auf das anwendbare Sach- und nicht auf das Kollisionsrecht. Zudem weist die Verwendung des Begriffs „Rechtsregeln“ als wörtliche Übersetzung des international inSchmidt-Ahrendts
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Art. 24 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht soweit gebräuchlichen Begriffs „rules of law“ klarer auf die Möglichkeit hin, neben staatlichem Recht auch nicht-staatliche Regeln zu wählen. 7 Die zweite wesentliche Änderung betrifft die objektive Anknüpfung in Art. 24.2.
Während § 23 Abs. 2 DIS-SchO 1998 die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts maßgeblich davon abhängig machte, welches staatliche Recht mit dem Gegenstand des Verfahrens die engsten Verbindungen aufwies, sind nach Art. 24.2 DIS-SchO 2018 bei fehlender Rechtswahl nunmehr diejenigen Rechtsregeln anzuwenden, die das Schiedsgericht subjektiv für geeignet hält. Diese Formulierung ist internationaler Standard und entspricht der Fassung vieler anderer institutioneller Schiedsordnungen. Darüber hinaus schreibt Art. 24.2 nach der Reform dem Schiedsgericht nicht mehr vor, das Recht eines Staates anzuwenden. Parallel zur Reichweite der Rechtswahlmöglichkeit der Parteien nach Art. 24.1 hat das Schiedsgericht nun auch nach Art. 24.2 über die anwendbaren „Rechtsregeln“ zu entscheiden und damit auch die Möglichkeit, nicht-staatliches Recht zur Anwendung zu bringen. Die Änderungen bzgl. der objektiven Anknüpfung gewähren dem Schiedsgericht formal einen größeren Ermessensspielraum und erhöhen seine Entscheidungsoptionen (vgl. zum Ganzen Pfeiffer, IWRZ 2018, 213). Bedeutende Abweichungen bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts sind dadurch in der schiedsverfahrensrechtlichen Praxis aber nicht zu erwarten (vgl. Rz. 36 ff.).
8 Die Streichung des früheren § 23 Abs. 1 Satz 2 (der die Wahl eines Rechts im
Zweifel als Wahl des Sachrechts qualifizierte) sowie des früheren § 23 Abs. 3 Satz 2 (der den Zeitpunkt für die Möglichkeit einer Ermächtigung zur Billigkeitsentscheidung regelte) in der DIS-SchO 1998 hat auf Grund des deklaratorischen Charakters dieser Vorschriften keine Auswirkungen. Auch der Umstand, dass Art. 24.4 für die Zulässigkeit einer Billigkeitsentscheidung auf eine vertragliche „Vereinbarung“ der Parteien an Stelle einer „Ermächtigung“ des Schiedsgerichts durch die Parteien abstellt, dient lediglich der Klarstellung und bewirkt keine inhaltlichen Änderungen.
C. Verhältnis zu § 1051 ZPO 9 Die Parallelnorm des deutschen nationalen Schiedsverfahrensrechts zu Art. 24
DIS-SchO ist § 1051 ZPO (zur Frage, ob Schiedsgerichte mit Sitz in Deutschland daneben die Verordnungen (EG) 593/2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom I“) und 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“), zusammen: RomVerordnungen, anzuwenden haben, s. Rz. 11 ff.). Diese Norm hat für die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts im Rahmen eines DIS-Schiedsverfahrens jedoch keine eigene praktische Bedeutung.
10 Hierbei kann offen bleiben, ob § 1051 ZPO dispositives oder (teilweise) zwin-
gendes Recht darstellt. Im ersten Fall wäre § 1051 ZPO vollständig durch Art. 24 DIS-SchO als speziellere Vorschrift verdrängt (vgl. § 1043 Abs. 3 Var. 2 ZPO). 972
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In der Sache anwendbares Recht | Art. 24 DIS-SchO
Im zweiten Fall bliebe § 1051 ZPO zwar grds. anwendbar, ein DIS-Schiedsgericht müsste das anwendbare Sachrecht jedoch letztlich gleichwohl allein auf Basis von Art. 24 bestimmen, da § 1051 Abs. 1 Satz 1 ZPO einen Rechtsanwendungsbefehl für die von den Parteien gewählten Rechtsvorschriften enthält. Dieser bezieht sich auch auf von den Parteien gewählte kollisions- und nicht nur sachrechtliche Rechtsvorschriften. Als kollisionsrechtliche Rechtsvorschrift wäre Art. 24 daher gemäß § 1051 Abs. 1 ZPO bei Wahl der DIS-SchO allein maßgeblich für die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Ein staatlicher Richter bestimmt das anwendbare Sachrecht stets auf Basis seines 11 eigenen nationalen Kollisionsrechts; der deutsche Richter auf Basis von Art. 3 ff. EGBGB sowie der Rom I-VO bzw. Rom II-VO. Die Kollisionsregeln des EGBGB bzw. der Rom-Verordnungen stimmen nur im 12 Ansatz mit jenen des Art. 24 überein. So findet sowohl gemäß Art. 24.1 als auch gemäß den Kollisionsregeln des EGBGB bzw. der Rom-Verordnungen primär das von den Parteien gewählte Sachrecht Anwendung. Fehlt es hingegen an einer wirksamen Rechtswahl, stellt Art. 24.2 die Auswahl des anwendbaren Rechts weitestgehend in das Ermessen des Schiedsgerichts, während das EGBGB und die Rom-Verordnungen für diesen Fall eine Vielzahl von sehr detaillierten Einzelregelungen mit Aus- und Rückausnahmen vorsehen. Zudem setzen das EGBGB und die Rom-Verordnungen der Freiheit der Parteien zur Rechtswahl Grenzen, u.a. für den Fall des fehlenden Auslandsbezugs und im Hinblick auf bestimmte schutzwürdige Personengruppen, die Art. 24 so nicht vorsieht. Schließlich ermöglicht Art. 24 es dem Schiedsgericht, auch anationale Rechtsregeln anzuwenden; diese Möglichkeit sehen zumindest nach herrschender Meinung die Rom-Verordnungen nicht vor (vgl. zum Vergleich von § 1051 ZPO und Rom I Mankowski, in FS Schütze, 369 [377 ff.]; Schilf, RIW 2013, 678. m.w.N.; McGuire, SchiedsVZ 2011, 257 [264] m.w.N.). Ob und inwiefern ein DIS- oder ein anderes institutionelles oder Ad-hoc-Schieds- 13 gericht in Verfahren mit Schiedsort in Deutschland neben § 1051 ZPO sowie der jeweiligen Regelung zum anwendbaren Recht in der einschlägigen Schiedsordnung, hier Art. 24, auch die Kollisionsregeln des EGBGB bzw. der Rom-Verordnungen beachten muss, sollte oder kann, ist nicht zuletzt mangels einer höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dieser Frage nach wie vor umstritten (vgl. zum Meinungsstreit: Schmidt-Ahrendts/Höttler, SchiedsVZ 2011, 267 m.w.N.; s. zum Ganzen auch Schilf, RIW 2013, 678). Die besseren Argumente sprechen dafür, dass Schiedsgerichte mit Sitz in 14 Deutschland nicht an die Kollisionsregeln des EGBGB bzw. der Rom-Verordnungen, sondern allein an § 1051 ZPO, in DIS-Schiedsverfahren konkretisiert durch Art. 24, gebunden sind: Erstens hat der Gesetzgeber mit § 1051 ZPO eine Schmidt-Ahrendts
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Art. 24 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht speziellere Norm geschaffen, die (i) keinen Vorbehalt bzgl. weiterer Kollisionsregeln vorsieht, (ii) systematisch im Normenkomplex zum Schiedsverfahrensrecht in §§ 1025 ff. ZPO und eben nicht im EGBGB angesiedelt ist, und (iii) von den Regeln des EGBGB bzw. der Rom-Verordnungen abweicht. Zweitens bestand und besteht keine völkerrechtliche Pflicht des deutschen Staates, dafür zu sorgen, dass Schiedsgerichte mit Sitz in Deutschland die in den Rom-Verordnungen vorgesehenen Kollisionsnormen anwenden. Die Geltung der Rom-Verordnungen in Schiedsverfahren wurde im Zuge ihrer Erstellung gerade nicht erörtert und auch die Erwägungsgründe 12 und 37 sprechen nur von „Gericht(e) eines Mitgliedstaates“ und der EuGH hat (in anderen Zusammenhängen) mehrfach klargestellt, dass Schiedsgerichte nicht hierunter fallen (u.a. EuGH v. 23.3. 1982 – 102/81 und EuGH v. 27.1.2005 – C-125/04). Drittens besteht auch kein Bedürfnis für eine Anwendung der Rom-Verordnungen in Schiedsverfahren. Die für die Maßgeblichkeit der Rom-Verordnungen ins Feld geführten Argumente der Förderung einer einheitlichen Entscheidungspraxis sowie der Stärkung von Eingriffsnormen und des Verbraucherschutzes überzeugen im Ergebnis nicht und die hiermit beabsichtigten rechtspolitischen Ziele können auch durch eine (freiwillige) Berücksichtigung der jeweiligen Kollisionsregen durch Schiedsgerichte erreicht werden (vgl. Mankowski in FS Schütze, 369; McGuire, SchiedsVZ 2011, 257 [264] m.w.N.; s. zum Ganzen auch Schilf, RIW 2013, 678). 15 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ein DIS-Schiedsgericht nach der
hier vertretenen Auffassung nicht verpflichtet ist, die für staatliche Gerichte geltenden Kollisionsregeln des EGBGB und der Rom-Verordnungen vorrangig vor Art. 24 anzuwenden bzw. bei der Auslegung von Art. 24 zu berücksichtigen. Ein DIS-Schiedsgericht ist jedoch sehr wohl berechtigt, sich dort, wo der Wortlaut des Art. 24 ihm Ermessen einräumt, z.B. bei der Bestimmung der Rechtsregeln, die es gemäß Art. 24.2 für geeignet hält, an staatlichen Kollisionsregeln und insb. an den Regeln der Rom-Verordnungen zu orientieren.
E. Einzelerläuterungen I. Anwendbares Sachrecht 1. Rechtswahl – Inhalt der Parteiautonomie (Art. 24.1) 16 Art. 24.1 verpflichtet das Schiedsgericht, die Rechtsvorschriften anzuwenden,
welche die Parteien für die Entscheidung in der Sache vereinbart haben. Die Norm ist Ausfluss des Prinzips der Privatautonomie.
17 Zeitpunkt. Eine Rechtswahl nach Art. 24 kann sowohl für künftige als auch für
bereits entstandene Rechtsstreitigkeiten getroffen werden. Ferner können die Parteien ihre Wahl jederzeit einvernehmlich abändern. Die Vornahme, Annullierung oder Abänderung der Rechtswahl kann auch noch während eines laufenden Schiedsverfahrens erfolgen. In der Regel ist jedoch eine frühe Rechtswahl zu empfehlen, damit die Parteien ihr Verhalten bereits vor der Entstehung von
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In der Sache anwendbares Recht | Art. 24 DIS-SchO
Konfliktpotential an den festgelegten Rechtsregeln ausrichten können. Darüber hinaus ist das im Rechtsstreit anwendbare Recht bei der Wahl von geeigneten Schiedsrichtern für die Parteien in der Praxis häufig ein Entscheidungskriterium, weshalb dessen Festlegung vor Beginn des Schiedsverfahrens vorteilhaft ist. Form. Ein Formzwang besteht nicht; auch insofern sind die Parteien somit 18 „frei“. Eine Rechtswahl kann ausdrücklich, konkludent oder stillschweigend erfolgen. Der Inhalt der Rechtswahl der Parteien ist durch Auslegung und unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu ermitteln. Schiedsort und Rechtswahl. Die Wahl eines bestimmten Schiedsorts kann, muss 19 aber kein Indiz für die Anwendbarkeit des dortigen Sachrechts sein (so aber Schiedsgericht Hamburger Freundschaftliche Arbitrage, v. 29.12.1998, RKS E 5a Nr. 19, juris). Eine konkludente Rechtswahl kann auch dadurch erfolgen, dass beide Parteien 20 übereinstimmend zu einem eigentlich nicht anwendbaren Sachrecht vortragen. Voraussetzung ist, dass diesem Vortrag der Wille der Parteien eindeutig zu entnehmen ist, sich (ausschließlich) dem in Bezug genommenen Sachrecht zu unterwerfen (vgl. ICC Case 8453 [1995] www.unilex.info/cisg/case/459). Wirksamkeit. Die Wirksamkeit einer Rechtswahl ist – gemäß einem zumindest 21 in Europa allgemein anerkannten Prinzip (vgl. u.a. Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO) – an dem Recht zu messen, das Anwendung fände, wenn die Rechtswahl wirksam wäre. Die für Schiedsverfahren mit Bezug zum deutschen Recht wohl am häufigsten diskutierte Frage ist, ob Parteien die Geltung deutschen Rechts zwar vereinbaren, hierbei aber die Geltung der Regelungen zu AGBs in §§ 305 ff. BGB (einschließlich der im internationalen Vergleich sehr stark in die Parteiautonomie eingreifenden Rechtsprechung des BGH) ausschließen können. Dies wird von der überwiegenden Ansicht in der Literatur mit sehr unterschiedlichen Begründungsansätzen bejaht (vgl. m.w.N. Kondring, ZIP 2017, 706). Trennbarkeit. Eine Rechtswahl ist nicht abhängig von der Wirksamkeit der 22 Schiedsvereinbarung. Es handelt sich um einen eigenständigen Vertrag. Dies gilt auch dann, wenn die Rechtswahlvereinbarung in der gleichen Vertragsklausel enthalten ist wie die Schiedsvereinbarung („doctrine of separability“). Rechtsregeln. Art. 24.1 ermächtigt die Parteien nicht nur, eine bestimmte staat- 23 liche Gesamtrechtsordnung zu wählen. Vielmehr können sie auch (i) verschiedene Gesamtrechtsordnungen, (ii) bestimmte Einzelnormen aus einer oder mehreren Gesamtrechtsordnungen, (iii) ein Einheitsrechts (z.B. das UN-Kaufrecht), (iv) internationale Staatsverträge und/oder sog. anationale Regeln wie etwa die UNIDROIT Principles of International Commercial Contracts (PICC) wählen. Dies ergibt sich aus der Verwendung des Begriffs „Rechtsregeln“ in Art. 24.1, der insofern vom Recht eines Staates zu unterscheiden ist (vgl. dazu auch Rz. 6). Jedoch ist gerade bei der Wahl internationaler Staatsverträge oder anationaler Regeln als anwendbares Recht im Wege der Auslegung sorgfältig zu ermitteln, ob und inwieweit die Parteien damit die Geltung nationalen staatliSchmidt-Ahrendts
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Art. 24 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht chen Rechts völlig ausschließen wollten. Trotz der weitreichenden Freiheit, die der Begriff der „Rechtsregel“ den Parteien bei der Wahl des anwendbaren Rechts eröffnet, sollte nicht verkannt werden, dass in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle die Parteien sich auf die Wahl eines bestimmten nationalen Rechts einigen. 24 Sachnormverweisung. Die Wahl der Rechtsordnung eines bestimmten Staates
ist angesichts des Wortlautes von Art. 24.1 als unmittelbare Verweisung auf das Sachrecht dieses Staates, nicht auf sein Kollisionsrecht zu verstehen.
25 Negative Rechtswahl. Denkbar ist auch, dass die Parteien keine bestimmten
Rechtsregeln wählen, da man sich hierauf nicht einigen kann, jedoch bestimmte Rechtsregeln ausschließen, z.B. die lex mercatoria oder das UN-Kaufrecht. Auch an diese negative Wahl ist das Schiedsgericht bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts gebunden.
26 Reichweite der Rechtswahl. Die Reichweite einer Rechtswahl richtet sich nach
dem Willen der Parteien. In den meisten Fällen unterwerfen die Parteien nur den zwischen ihnen geschlossenen Vertrag bzw. die unmittelbar aus diesem Vertrag erwachsenden Ansprüche ausdrücklich einem bestimmten Sachrecht.
27 Daher ist im Wege der Auslegung zu ermitteln, ob auch etwaige weitere quasi-
vertragliche, dingliche, deliktische bzw. bereicherungsrechtliche Ansprüche der Parteien von dieser Rechtswahl erfasst sind. Ebenso gilt es ggfs. durch Auslegung zu ermitteln, ob etwaige „Vorfragen“, von denen das Bestehen des jeweiligen vertraglichen Anspruchs abhängt, auch anhand des von den Parteien gewählten Rechts zu beantworten sind. Denkbare Vorfragen sind z.B. Fragen aus dem Bereich des Bilanz- oder Steuerrechts bzw. des öffentlichen Rechts.
28 Lässt sich der Wille der Parteien schlussendlich auch nicht im Wege der Aus-
legung ermitteln, so ist der jeweilige Anspruch bzw. die zu klärende Vorfrage im Zweifel nicht von der Rechtswahl erfasst. In diesem Fall muss ein DIS-Schiedsgericht das anwendbare Recht gemäß Art. 24.2 bestimmen (vgl. Rz. 36–43). Es ist auch denkbar, dass unterschiedliche Ansprüche unterschiedlichen Rechtswahlklauseln und somit unterschiedlichen materiellen Rechten unterworfen sind.
2. Rechtswahl – Grenzen der Parteiautonomie 29 Freie Rechtswahl. Die DIS-SchO enthält keine Regelung, welche die Freiheit der
Parteien, ein bestimmtes Sach- oder Kollisionsrecht zu wählen, begrenzt. Die im EGBGB, in den Rom-Verordnungen sowie in anderen nationalen oder internationalen Kollisionsregeln normierten Grenzen der Rechtswahlfreiheit finden nach der hier vertretenen Ansicht gerade keine Anwendung (vgl. Rz. 14 f.).
30 Vor diesem Hintergrund können die Parteien u.a. Rechtsregeln wählen, die in
keinerlei Verbindung zu einer der Parteien oder dem Gegenstand des Rechtsstreits stehen. Ferner können die Parteien auch anationale Rechtsregeln wählen. In der Mehrzahl der DIS-Schiedsverfahren unterwerfen die Parteien ihren Vertrag jedoch dem Sachrecht eines bestimmten Staates (vgl. bereits Rz. 23). 976
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In der Sache anwendbares Recht | Art. 24 DIS-SchO
Eingriffsnormen. Nicht abschließend geklärt ist, inwieweit die Privatautonomie 31 der Parteien durch sog. Eingriffsnormen beschränkt wird. Dies sind Einzelnormen, die unabhängig davon, welches Recht im Übrigen auf den Rechtstreit anwendbar ist, isoliert Anwendung beanspruchen. Sie schützen meist gesamtwirtschaftliche oder sozialpolitische Interessen. Das in der schiedsgerichtlichen Praxis relevanteste Beispiel sind Normen des nationalen bzw. europäischen Kartellrechts. Weitere Eingriffsnormen finden sich in den nationalen Kapitalmarktrechten, Devisenrechten, in Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen, in den Steuerrechten sowie in einschlägigen Kulturgüter- und Naturschutzbestimmungen. Einigkeit besteht darin, dass ein Schiedsgericht Ermessen hat, ob und welche 32 Eingriffsnormen es anwendet. Mindestvoraussetzung ist, dass der Tatbestand der Eingriffsnorm erfüllt ist. Welche Kriterien im Übrigen maßgeblich sind, ist ebenso umstritten wie die Frage, ob das Schiedsgericht von sich aus oder nur auf Antrag Eingriffsnormen anwenden kann oder muss (näher hierzu Elsing, FS Mailänder, S. 87 ff.). Im Rahmen dieser Diskussion wird zur Bestimmung der Anwendbarkeit von 33 Eingriffsnormen u.a. darauf abgestellt, ob (i) die Norm Teil der durch die Parteien gewählten Rechtsordnung ist, (ii) ob sie dem sog. transnationalen ordre public zuzuordnen ist oder (iii) ob die Nichtbeachtung dieser Norm (möglicherweise) zur Aufhebung und/oder zur fehlenden Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs führen könnte (näher hierzu Elsing, FS Mailänder, S. 87 ff.). Ein Schiedsgericht ist bei seinen Entscheidungen jedenfalls stets gehalten, die 34 Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs zu sichern. Die Anwendung oder Nichtanwendung bestimmter Rechtsregeln sollte daher nicht zu einem Ergebnis führen, das dem am Schiedsort bzw. am (voraussichtlichen) Vollstreckungsort geltenden ordre public widerspricht. Im Übrigen sollte das Schiedsgericht im Einzelfall prüfen, ob (i) die jeweilige 35 Eingriffsnorm eng genug mit dem Streitgegenstand verbunden ist, (ii) sie generell schützenswerte Interessen verfolgt und (iii) ihre Anwendung in concreto zu interessensgerechten Ergebnissen führt. 3. Fehlen einer Rechtswahl (Art. 24.2) Fehlt es an einer Rechtswahl der Parteien, wendet das Schiedsgericht gemäß 36 Art. 24.2 diejenigen „Rechtsregeln“ an, die es „für geeignet hält“. Vorrang der Parteivereinbarung. Art. 24.2 findet nur Anwendung, wenn die 37 Parteien keine wirksame Rechtswahl getroffen haben. Eine solche ist nach Art. 24.1 stets vorrangig zu beachten. Rechtsregeln. Nach der Reform der DIS-SchO 1998 ist das Schiedsgericht nun 38 – ebenso wie die Parteien bei der Ausübung ihrer Rechtswahl – nicht mehr auf die Anwendung einer bestimmten staatlichen Gesamtrechtsordnung beschränkt, sondern kann auch nicht-staatliche Rechtsregeln anwenden. Insofern weicht Art. 24.2 in zulässiger Art und Weise (vgl. hierzu Rz. 10) von der (nicht zwinSchmidt-Ahrendts
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Art. 24 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht genden) Formulierung des § 1051 Abs. 2 ZPO ab und gewährt dem Schiedsgericht einen weitergehenden Gestaltungsspielraum. Das Schiedsgericht kann daher u.a. auch anationale Regeln wie die PICC anwenden. 39 „Hält“. Art. 24 sieht einen weitreichenden Entscheidungsspielraum des Schieds-
gerichts vor: So ist bereits der Begriff „geeignet“ selbst sehr offen. Darüber hinaus ist das Schiedsgericht nicht gezwungen, die objektiv geeignetsten Rechtsregeln anzuwenden, sondern die, die es selbst subjektiv für geeignet „hält“. Diese Ermessensentscheidung des Schiedsgerichts unterliegt nur einer sehr beschränkten Kontrolle durch staatliche Gerichte im Aufhebungs- und Vollstreckungsstadium.
40 Geeignet. Nach der Reform der DIS-SchO 1998 ist die „engste Verbindung“
(zumindest) nicht mehr (unmittelbar) maßgeblich für die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts im Fall des Fehlens einer Rechtswahl. Art. 24.2 lässt durch die nunmehrige Verwendung des Begriffs der geeigneten Rechtsregeln DIS-Schiedsgerichten einen erheblichen Entscheidungsspielraum im Hinblick auf die Bestimmung des anwendbaren Rechts bei fehlender Rechtswahl. Insbesondere lässt Art. 24.2 offen, anhand welcher Kriterien das Schiedsgericht die Geeignetheit von Rechtsregeln ermittelt. Eine umfassende Darstellung aller denkbaren Kriterien würde den hier verfügbaren Rahmen sprengen. Häufig dürfte sich für Schiedsgerichte in der Praxis jedoch das Recht als geeignet darstellen, zu dem der Gegenstand des Verfahrens die engste Verbindung hat, sodass in diesen Fällen die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts im Ergebnis ebenso wie in dem noch in der DIS-SchO 1998 niedergelegten Verfahren verläuft. Dies ist jedoch nicht zwingend. Methodisch ist grds. zwischen zwei verschiedenen Ansätzen der Sachrechtsermittlung zu unterscheiden:
41 Voie Indirecte/Geschriebene Kollisionsnormen. Eine Möglichkeit für ein DIS-
Schiedsgericht besteht darin, das aus seiner Sicht geeignete Sachrecht durch den Rückgriff auf geschriebene Kollisionsregeln bestimmen. Bei der Auswahl dieser geschriebenen Kollisionsregeln ist das Schiedsgericht frei. Insbesondere ist das Schiedsgericht nicht wie staatliche Gerichte auf die Kollisionsregeln des Schiedsorts beschränkt. U.a. kann es auch kumulativ die Kollisionsrechte der Herkunftsstaaten beider Parteien heranziehen und/oder die Kollisionsregeln eines internationalen Abkommens (zur Relevanz der Rom-Verordnungen, Rz. 43).
42 Voie Directe/Ungeschriebene Kollisionsnormen. Die Freiheit, die Art. 24.2 ge-
währt, geht jedoch noch weiter. So ist ein DIS-Schiedsgericht auch berechtigt, unmittelbar das Sachrecht zu bestimmen, das es für geeignet hält. Die Bezeichnung „voie directe“ ist jedoch insofern missverständlich, als das Schiedsgericht auch in diesem Fall gehalten ist, seine Entscheidung zu begründen, d.h. die von ihm herangezogenen Kriterien für die Bestimmung der Geeignetheit offenzulegen. Die Bestimmung des Sachrechts erfolgt hier somit in Wirklichkeit ebenfalls auf Basis einer – wenn auch ungeschriebenen bzw. vom Schiedsgericht selbst entwickelten – Kollisionsregel.
43 Relevanz der Rom-Verordnungen. An die Kollisionsregeln der Rom-I und
Rom-II Verordnung ist ein DIS-Schiedsgericht auch dann nicht gebunden, 978
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In der Sache anwendbares Recht | Art. 24 DIS-SchO
wenn der Schiedsort in einem EU-Mitgliedstaat liegt (vgl. auch Rz. 14 f.). Gleichwohl ist es i.d.R. sinnvoll, wenn sich DIS-Schiedsgerichte, was manchmal, aber nicht immer der Fall ist, an diesen Regeln orientieren. Erstens entsprechen sie auf europäischer Ebene einem internationalen Konsens. Zweitens wird so ein Gleichlauf mit der Entscheidung vergleichbarer Fälle durch staatliche Gerichte gesichert. Drittens verringert sich das Risiko eines Verstoßes gegen den ordre public und das damit einhergehende Vollstreckbarkeitsrisiko. 4. Vertragsbestimmungen und Handelsbräuche (Art. 24.3) Gemäß Art. 24.3 ist das Schiedsgericht bei seiner Entscheidung an vertragliche 44 Vereinbarungen der Parteien gebunden und hat die einschlägigen Handelsbräuche zu berücksichtigen. Anwendungsbereich. Vertragliche Vereinbarungen und Handelsbräuche sind 45 sowohl im Fall der Rechtswahl (Art. 24.1), der Anknüpfung im Fall des Fehlens einer Rechtswahl (Art. 24.2) als auch zumindest im Ausgangspunkt bei der Entscheidung nach Billigkeit (Art. 24.4) zu berücksichtigen. Grenzen. Durch den Begriff „berücksichtigen“ wird klargestellt, dass Handelsbräu- 46 che dort keine Anwendung finden, wo ihrer Anwendung zwingende gesetzliche Vorschriften oder abweichende Vereinbarungen der Parteien entgegenstehen. Hingegen ist das Schiedsgericht durch vertragliche Vereinbarungen der Parteien nach dem Wortlaut der Norm grds. gebunden. Auch diese Bindungswirkung kann indes nur vorbehaltlich entgegenstehender zwingender Vorschriften bestehen. Bedeutung. Praktische Bedeutung hat Art. 24.3 insb. im Fall einer Billigkeitsent- 47 scheidung i.S.v. Art. 24.4. Dass Schiedsgerichte im Fall einer reinen „Rechtsentscheidung“ gemäß Art. 24.1 bzw. Art. 24.2 gehalten sind, vertragliche Vereinbarungen und einschlägige Handelsbräuche zu berücksichtigen, ist eine Selbstverständlichkeit und wird sich nahezu stets bereits aus dem gemäß Art. 24.1 oder Art. 24.2 anwendbaren Sachrecht ergeben (vgl. bspw. § 346 HGB oder Art. 9 UN-Kaufrecht). Vertragliche Vereinbarungen. Das Schiedsgericht ist nur an zwischen den Par- 48 teien bestehende vertragliche Vereinbarungen und nicht an solche mit Dritten gebunden. Die Bindung an Parteivereinbarungen ist Ausfluss des Grundsatzes pacta sunt servanda. Sie verdeutlicht, dass der Wortlaut vertraglicher Vereinbarungen stets Ausgangspunkt der Entscheidungsfindung eines Schiedsgerichts zu sein hat, da diese den Willen der Parteien indizieren. Die hierin vorgegebene Fokussierung auf den Vertragsinhalt beschränkt ein DIS-Schiedsgericht jedoch nicht in der Anwendung des jeweiligen materiellen Rechts. Insbesondere finden auch in einem DIS-Schiedsverfahren, das deutschem materiellen Recht unterliegt, die Institute der ergänzenden Vertragsauslegung, des Wegfalls der Geschäftsgrundlage oder von Treu und Glauben Anwendung. Einschlägige Handelsbräuche. Art. 24.4 erfasst insb. Bräuche, deren Geltung 49 die Parteien vereinbart bzw. die sich zwischen den Parteien herausgebildet haSchmidt-Ahrendts
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Art. 24 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht ben und zum anderen einschlägige Bräuche des Handelszweigs, in dem die Parteien tätig sind. 5. Entscheidung nach Billigkeit (Art. 24.4) 50 In der Regel treffen DIS-Schiedsgerichte eine Rechtsentscheidung. Gemäß
Art. 24.4 entscheiden sie nur dann nach „billigem Ermessen“ bzw. als amiable compositeur oder ex aequo et bono, wenn die Parteien sie dazu ausdrücklich ermächtigt haben.
51 Sinn und Zweck. Art. 24.4 soll es DIS-Schiedsgerichten ermöglichen, in beson-
ders gelagerten Fällen eine Sachentscheidung zu treffen, ohne an die Zwänge der durch den Gesetzgeber bzw. die Rechtsprechung entwickelten, im Übrigen anwendbaren Rechtsregeln gebunden zu sein. Eine Billigkeitsentscheidung zeichnet sich dadurch aus, dass das Schiedsgericht sich nicht durch rechtliche Maßstäbe leiten lässt (BGH v. 10.3.2016 – I ZB 99/14, NJW-RR 2016, 892 [895], Tz. 27), sondern gänzlich Abstand von Erwägungen zum positiven Recht nimmt (OLG Bremen v. 10.10.2014 – 2 Sch 2/14, BeckRS 2014, 21290, Tz. 40).
52 Billigkeit/amiable compositeur/ex aequo et bono. Hinter allen drei Begriffen
verbirgt sich ein rechtliches Konzept, das in unterschiedlichen Rechtsordnungen eine unterschiedliche Entwicklung genommen und somit heute einen unterschiedlichen Inhalt hat (eine ausführliche Darstellung enthält der Bericht der ICC Task Force on amiable composition and ex aequo et bono). In der Praxis wird die Vorschrift eher selten angewandt.
53 Die zentrale Bedeutung der Norm liegt darin, dass sie ein DIS-Schiedsgericht
prozessual berechtigt, nach Billigkeit zu entscheiden, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbart haben. Wie weit diese Freiheit des Schiedsgerichts reicht, ist hingegen eine materielle Frage und daher der jeweiligen Absprache der Parteien bzw. dem im Übrigen anwendbaren Sachrecht zu entnehmen. Dies gilt auch für die Frage, ob und inwieweit das Schiedsgericht an bei seiner Entscheidung nach Billigkeit an die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien und/oder einschlägige Handelsbräuche gebunden ist bzw. sie zu berücksichtigen hat. Dies ist stets im Einzelfall und anhand der konkreten Parteivereinbarung sorgfältig zu prüfen.
54 Eine (Schadens-)Schätzung des Schiedsgerichts ist hingegen nicht schon deshalb
eine (unzulässige) Billigkeitsentscheidung, weil die Voraussetzungen des dafür herangezogenen § 287 ZPO nicht erfüllt sind (vgl. hierzu OLG München v. 14.3. 2011 – 34 Sch 8/10, SchiedsVZ 2011, 159). Wird eine Schadensschätzung im Anschluss an die Würdigung aller Umstände durch das Schiedsgericht nach freier Überzeugung und auf der Basis des § 287 ZPO vorgenommen, so handelt es sich vielmehr um eine zulässige Form der Tatsachenermittlung und nicht um eine Billigkeitsentscheidung. Ob die gegebene Tatsachengrundlage einem staatlichen Gericht für die Anwendung von § 287 ZPO hätte genügen dürfen, ist dabei nicht von Belang, da im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs nicht überprüft werden kann, ob die herangezogenen Grundlagen ausreichend 980
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In der Sache anwendbares Recht | Art. 24 DIS-SchO
und das Ergebnis materiell richtig ist. Demgegenüber ist eine unzulässige Billigkeitsentscheidung dann anzunehmen, wenn das Schiedsgericht einen zu ersetzenden Schaden gerade nicht auf der Grundlage von Tatsachen ermittelt (BGH v. 16.12.2015 – I ZB 109/14, BeckRS 2016, 2020, Tz. 30). Ausdrückliche Vereinbarung. Voraussetzung einer Entscheidung nach billigem 55 Ermessen ist u.a., dass die Parteien die Billigkeitsentscheidung des Schiedsgerichts ausdrücklich, d.h. klar und unmissverständlich, vereinbart haben. Eine konkludente oder stillschweigende Vereinbarung reicht nicht aus. Die Vereinbarung muss nicht der für die Wirksamkeit der jeweiligen Schiedsvereinbarung vorgesehenen Form entsprechen; auch eine mündliche Parteivereinbarung ist ausreichend. Eine schriftliche Vereinbarung ist jedoch allein unter Beweisgesichtspunkten allemal vorzugswürdig. Sie kann noch bis zur Entscheidung des Schiedsgerichts erteilt bzw. nachgeholt werden. Zwar enthält Art. 24.4 nach der Reform keine explizite dahingehende Regelung mehr (vgl. anders noch § 23 Abs. 3 Satz 2 DIS-SchO 1998). Deren Wegfall zieht jedoch keine Änderung nach sich, da diese Möglichkeit auch ohne explizite Regelung aus dem Art. 24 zugrundeliegenden Grundsatz der Parteiautonomie folgt. § 23 Abs. 3 Satz 2 DIS-SchO 1998 hatte nur deklaratorischen Charakter. Grenzen. Grenzen für die Zulässigkeit bestimmter Billigkeitsentscheidungen 56 können sich insb. aus (materiell-rechtlichen) Eingriffsnormen ergeben.
II. Form der Entscheidung über das anwendbare Sachrecht Die DIS-SchO stellt es dem Schiedsgericht nur zu einem gewissen Maße frei, 57 wann und wie es das anwendbare Sachrecht bestimmt. Liegt die Anwendbarkeit eines bestimmten Sachrechts auf der Hand und wird sie 58 von den Parteien nicht bestritten, z.B. im Falle einer eindeutigen Rechtswahl, wird ein Schiedsgericht keine gesonderte Entscheidung hierzu treffen (die Feststellung im Schiedsauftrag ist keine Entscheidung in diesem Sinne). Vielmehr wird es im Endschiedsspruch schlicht die Anwendung dieses Sachrechts feststellen. Aber auch in Fällen, in denen die Frage des anwendbaren Sachrechts unklar und 59 zwischen den Parteien umstritten ist, steht es dem Schiedsgericht offen, wie oben beschrieben zu verfahren. Vorzugsweise sollte sich ein Schiedsgericht in diesem Fall jedoch bereits vor Erlass des Endschiedsspruchs zur Frage des anwendbaren Sachrechts äußern. Eine solche vorgezogene Entscheidung ermöglicht es den Parteien, ihren Sach- und Rechtsvortrag frühzeitig dem maßgeblichen Sachrecht anzupassen. Dies erspart Zeit und nicht selten sehr erhebliche Kosten. Andernfalls wären die Parteien ggf. gezwungen, alternativ zu verschiedenen Rechten vorzutragen. Eine vorgezogene Entscheidung zum anwendbaren Sachrecht kann ein Schieds- 60 gericht streng genommen nur durch den Erlass eines Teilschiedsspruchs treffen. Denn die Bestimmung des anwendbaren Sachrechts ist Teil der materiellen Entscheidung. Es handelt sich insb. nicht um eine bloße Verfahrensfrage. Schmidt-Ahrendts
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Art. 24 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 61 Ein solcher Teilschiedsspruch ist den Parteien wie in Art. 39 vorgesehen durch
die DIS zu übermitteln. Manche DIS-Schiedsgerichte versuchen, die hierdurch vermeintlich entstehenden Mehrkosten und Zeitverlust zu vermeiden, indem sie das anwendbare Sachrecht per Prozessverfügung bestimmen bzw. ihre Entscheidung den Parteien per E-Mail, Brief oder mündlich mitteilen.
62 Der Erlass einer Prozessverfügung oder eine informelle Mitteilung an die Par-
teien ist unbedenklich, sofern das Schiedsgericht die Parteien lediglich über eine vorläufige, nicht verbindliche Einschätzung seitens des Schiedsgerichts informiert. Zur Frage des Ob und des Zeitpunkts einer solchen Entscheidung sollte das Schiedsgericht die Parteien vorher konsultieren, u.a. um einer Befangenheitsrüge vorzubeugen. Formuliert das Schiedsgericht hingegen eine abschließende und verbindliche Entscheidung, sind Prozessverfügungen oder informelle Mitteilungen der falsche Weg. In diesem Fall ist ein Teilschiedsspruch vorzuziehen auch wenn dies mit einem prozessualen Mehraufwand verbunden ist.
III. Ermittlung des Inhalts des anwendbaren Sachrechts 63 Regelungslücke. Art. 24 regelt nur, welches Recht anwendbar ist. Art. 24 regelt
nicht, wie ein DIS-Schiedsgericht den Inhalt des für anwendbar befundenen Rechts feststellt. Zu dieser praktisch durchaus bedeutsamen Frage enthält die SchO überhaupt keine Regelung. Grund dieser Lücke ist, dass die diesbezüglichen Regelungen für staatliche Gerichte so erheblich von Rechtsordnung zu Rechtsordnung divergieren, dass sich bis dato auch im Bereich der Schiedsgerichtsbarkeit keine universal akzeptierte Regelung gebildet hat und die Entscheidung hierüber dem jeweiligen Schiedsgericht überlassen bleiben sollte.
64 Keine Geltung von iura novit curia. Ob und inwieweit die in Verfahren vor
deutschen staatlichen Gerichten geltende Regel, der zufolge das Gericht das Gesetz kennt (iura novit curia) und die Parteien nur Tatsachen vortragen müssen, die das Gericht dann dem passenden rechtlichen Anspruch zuordnet (da mihi facta, dabo tibi ius) sowie die in § 293 ZPO normierte Ausnahmen hierzu für sog. „fremdes Recht“ auch in Schiedsverfahren gilt, ist sehr umstritten. Das Schiedsgericht sollte es vor diesem Hintergrund tunlichst vermeiden, einen Rechtsstreit unter Anwendung einer Rechtsregel zu entscheiden, welche die Parteien erkennbar übersehen haben bzw. zu der sie nicht vorgetragen haben und auf die das Schiedsgericht die Parteien nicht hingewiesen hat. Andernfalls besteht die Gefahr der Aufhebung des Schiedsspruches wegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs durch eine „Überraschungsentscheidung“.
65 Ermessen. Auf Grund der Regelungslücke liegt die Art der Ermittlung des Inhalts
des anwendbaren Rechts in Schiedsverfahren im freien Ermessen des jeweiligen DIS-Schiedsgerichts. Dieses bestimmt (i) welche Detailkenntnis des anwendbaren Rechts seine Entscheidung erfordert und (ii) wie es sich diese Kenntnis verschafft (durch eigene Recherche, auf Basis des Parteivortrags, durch Parteigutachter oder durch einen vom Schiedsgericht ernannten Sachverständigen). 982
| Schmidt-Ahrendts
In der Sache anwendbares Recht | Art. 24 DIS-SchO
ILA Report. Eine sehr ausführliche und instruktive Analyse der Problematik der 66 Bestimmung des Inhalts des anwendbaren Rechts in Schiedsverfahren findet sich in einem „Report“ der International Law Association. Dieser schließt mit 15 sog. „Recommendations“ (vgl. De Ly/Friedman/Radicati di Brozolo, a.a.O.). Zwar sind diese Empfehlungen in keiner Form bindend, sie eignen sich jedoch gerade für internationale DIS-Schiedsverfahren als Referenzwert. Praktische Empfehlungen. Aufgrund des Fehlens einer expliziten Regelung und 67 des hieraus resultierenden Ermessens des Schiedsgerichts sollten Parteien eines DIS-Verfahrens im Streitfall möglichst ausführlich zum (für sie günstigen) Inhalt des anwendbaren Rechts vortragen. Dies gilt insb. in internationalen Verfahren und ganz besonders in solchen, in denen das anwendbare Recht nicht das Recht ist, in dem (alle) Mitglieder des Schiedsgerichts ausgebildet wurden. Der Vortrag zum Inhalt des anwendbaren Rechts sollte durch die Vorlage der entsprechenden Normen sowie der einschlägigen Gerichtsentscheidungen und Literaturnachweise gestützt werden. In bestimmten Fällen mag es zudem zweckmäßig sein, Rechtsvortrag durch die Vorlage eines Parteigutachtens zu unterfüttern. Zudem sollten die Parteien darauf hinwirken, dass das Schiedsgericht sie rechtzeitig über eine über den Vortrag beider Parteien hinausgehende Rechtsansicht des Schiedsgerichts informiert und den Parteien die Möglichkeit einräumt, hierzu Stellung zu nehmen.
IV. Vollstreckbarkeit und gerichtliche Kontrolle Entscheidungen des Schiedsgerichts gemäß Art. 24 sind, unabhängig davon, ob 68 sie in Form eines Teil- oder Endschiedsspruchs getroffen werden, nur in sehr beschränktem Umfang gerichtlich überprüfbar. Eine falsche Entscheidung des Schiedsgerichts berechtigt für sich betrachtet weder 69 zur Aufhebung, noch hindert sie die Vollstreckung (Verbot der révision au fond). Nur dort, wo die Anwendung des falschen bzw. die Nichtanwendung des richtigen Sachrechts zu einem Ergebnis führt, das gegen den maßgeblichen ordre public verstößt, droht die Aufhebung oder Nichtvollstreckung des Schiedsspruchs. Gekoppelt mit dem ohnehin sehr weiten Entscheidungsspielraum, den Art. 24 70 einem DIS-Schiedsgericht eröffnet, führt dies dazu, dass die Aufhebung bzw. Nichtvollstreckung eines Schiedsspruchs so gut wie nie auf einer Verletzung von Art. 24.1–24.3 beruht. Anderes gilt für einen Verstoß gegen Art. 24.4. Entscheidet ein Schiedsgericht 71 ohne ausdrückliche Parteivereinbarung nach Billigkeit, ist der Schiedsspruch aufzuheben (vgl. hierzu OLG Bremen v. 10.10.2014 – 2 Sch 1/14, BeckRS 2016, 8804; OLG München v. 14.3.2011 – 34 Sch 8/10, SchiedsVZ 2011, 159 sowie OLG München v. 22.6.2005 – 34 Sch 10/05, MDR 2006, 946). Der umgekehrte Fall, dass das Schiedsgericht trotz dahingehender Parteivereinbarung nicht nach Billigkeit entscheidet, rechtfertigt keine Aufhebung, da eine Rechtsentscheidung nicht per se unbillig ist. Schmidt-Ahrendts
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Art. 25 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht F. Kosten 72 Eine Entscheidung des Schiedsgerichts gemäß Art. 24 löst per se keine zusätz-
lichen Kosten aus.
73 Zusätzliche Kosten entstehen insb. dann, wenn die Parteien sich über die Frage
des anwendbaren Rechts streiten, umfangreich hierzu vortragen, Sachverständigengutachten einreichen oder eine vorgezogene Entscheidung, insb. einen Teilschiedsspruch, beantragen. Auch hier liegt es jedoch im Ermessen des Schiedsgerichts, ob es über die Verteilung der hierdurch entstehenden zusätzlichen Kosten bereits vor oder erst mit Erlass des Schiedsspruchs (separat oder als Teil einer Gesamtentscheidung) entscheiden möchte.
74 Das Schiedsgericht sollte die Parteien einladen, hierzu Stellung zu nehmen, ist
aber nicht an ihr Votum gebunden.
G. Abweichende Parteivereinbarungen 75 Art. 24 ist dispositiv. Von Art. 24 abweichende Parteivereinbarungen sind in der
Praxis jedoch äußerst selten. Dies liegt daran, dass Art. 24.1 es den Parteien bereits selbst ermöglicht, eine Rechtswahl zu treffen. Für eine Abweichung von der Regelung des Art. 24 als solcher besteht daher kein Bedürfnis.
Artikel 25 Einstweiliger Rechtsschutz 25.1 Haben die Parteien nichts anderes vereinbart, kann das Schiedsgericht auf Antrag einer Partei eine vorläufige oder sichernde Maßnahme anordnen und die Anordnung einer solchen Maßnahme abändern, aussetzen oder aufheben. Das Schiedsgericht übermittelt den Antrag der anderen Partei zur Stellungnahme. Es kann von jeder Partei im Zusammenhang mit einer solchen Maßnahme angemessene Sicherheit verlangen. 25.2 Das Schiedsgericht kann ausnahmsweise auf die vorherige Übermittlung eines Antrages gemäß Artikel 25.1 und auf die vorherige Anhörung der anderen Partei verzichten, wenn andernfalls der mit dem Antrag verfolgte Zweck gefährdet werden könnte. In diesem Fall hat das Schiedsgericht der anderen Partei spätestens mit der Anordnung der Maßnahme den Antrag zu übermitteln und ihr unverzüglich rechtliches Gehör zu gewähren. Nach Anhörung der anderen Partei hat das Schiedsgericht die Anordnung der Maßnahme zu bestätigen, abzuändern, auszusetzen oder aufzuheben. 25.3 Die Parteien können die Anordnung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme jederzeit auch bei einem zuständigen Gericht beantragen. Regelungsschwerpunkte: Art. 25.1 Die Parteien können jederzeit beim Schiedsgericht den Erlass einer einstweiligen Maßnahme beantragen, es sei denn, sie haben anderes ver-
984
| Schmidt-Ahrendts und Quinke
Einstweiliger Rechtsschutz | Art. 25 DIS-SchO einbart. → Rz. 1–51; Art. 25.2 Das Schiedsgericht darf eine Maßnahme nur im Ausnahmefall ohne vorherige Übermittlung des Antrags und Anhörung der anderen Partei erlassen. In diesem Fall hat das Schiedsgericht das rechtliche Gehör unverzüglich nachzuholen und die Maßnahme zu bestätigen, abzuändern, auszusetzen oder aufzuheben. → Rz. 31; Art. 25.3 Die Parteien können jederzeit bei einem zuständigen Gericht den Erlass einstweiliger Maßnahmen beantragen, es sei denn, sie haben für den Zeitraum ab Konstituierung des Schiedsgerichts anderes vereinbart. → Rz. 52–69 Kostenaspekte: Zeit- und kosteneffizienter ist in Deutschland (aber nicht notwendigerweise auch im Ausland) i.d.R. der einstweilige Rechtsschutz vor den staatlichen Gerichten. → Rz. 1–4, 7–11 A. Einstweilige Maßnahmen des Schiedsgerichts (Art. 25.1, Art. 25.2) . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu § 1041 ZPO . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . V. Tatbestandsvoraussetzungen . 1. Antrag einer Partei . . . . . . . . 2. Erforderlichkeit der einstweiligen Maßnahme . . . . . . . VI. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . 1. Anordnungsbefugnis . . . . . . 2. Ermessen des Schiedsgerichts 3. Angemessene Sicherheit . . . . VII. Rechtsbehelf gegen die Anordnung . . . . . . . . . . . . . VIII. Vollziehungszulassung . . . . . IX. Gefährdungshaftung . . . . . . . X. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Kosten der Antragstellung . . .
. . . . . . . . . . . . . . . . .
__ __ ___ __ __ _ __ __ _ 1 1 5 6
7 12 13 18 25 26 32 40 43 44 46 47 48
2. Kosten der Vollziehungszulassung . . . . . . . . . . . . . . . . B. Einstweilige Maßnahmen staatlicher Gerichte (Art. 25.3) . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu § 1033 ZPO . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . V. Der eröffnete gerichtliche Rechtsschutz . . . . . . . . . . . . . VI. Verhältnis zu schiedsgerichtlichen Anordnungen . . . . . . . . VII. Gefährdungshaftung . . . . . . . . VIII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Abweichungen von Art. 25.1 und Art. 25.2 . . . . . . . . . . . . . II. Abweichungen von Art. 25.3 . .
_ __ __ _ _ __ _ _ __ 50 52 52 53 54 55 56 61 63 64 66 66 68
A. Einstweilige Maßnahmen des Schiedsgerichts (Art. 25.1, Art. 25.2) Literatur: Gaier, Ex-parte-Eilmaßnahmen des Schiedsgerichts und das Prozessgrundrecht der Waffengleichheit – Zugleich Besprechung von BVerfG v. 3.6.2020 – 1 BvR 1246/20, SchiedsVZ 2021, 7 ff.; Herzberg/Eller, Germany, Place of Enforcement? Die Sicherungsanordnung zur Vollstreckung aus Schiedssprüchen gemäß § 1063 Abs. 3 ZPO, SchiedsVZ 2018, 336 ff.; Hobeck/Weyhreter, Anordnung von vorläufigen oder sichernden Maßnahmen durch Schiedsgerichte in ex-parte-Verfahren, SchiedsVZ 2005, 238 ff.; Landbrecht, Staatlicher Eilrechtsschutz am deutschen Schiedsort und grenzüberschreitende Vollstreckung, SchiedsVZ 2013, 241 ff.; Mann/Nußbaum, Die Androhung von Ordnungsmitteln im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2021, 253 ff.; Risse/Frohloff, Schadensersatzansprüche
Quinke
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Art. 25 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht nach einstweiligen Maßnahmen im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2011, 239 ff.; Schlosser, Der einstweilige Rechtsschutz in Sportangelegenheiten vor und nach Bildung des Schiedsgerichts, SchiedsVZ 2009, 84 ff.; Schroeder, Mareva Injunctions and Freezing Orders in International Commercial Arbitration, SchiedsVZ 2004, 26 ff.; Schroth, Einstweiliger Rechtsschutz im deutschen Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2003, 102 ff.; Schütze, Einstweiliger Rechtsschutz im Schiedsverfahren, BB 1998, 1650 ff.; Thümmel, Einstweiliger Rechtsschutz im Schiedsverfahren, DZWir 1997, 133 ff.; Westpfahl/Busse, Vorläufige Maßnahmen durch ein bei Großprojekten vereinbartes ständiges Schiedsgericht, SchiedsVZ 2006, 21 ff.; Wolff, „Summarische Verfahren“ im neuen Schiedsverfahrensrecht, DB 1999, 1101 ff.; Wolff, Empfiehlt sich eine Reform des deutschen Schiedsverfahrensrechts?, SchiedsVZ 2016, 293.
I. Normzweck 1 Originäre Anordnungsbefugnis. Art. 25 gewährleistet den Parteien eines DIS-
Schiedsverfahrens einstweiligen Rechtsschutz. Art. 25.1 Satz 1 stellt klar, dass das Schiedsgericht vorbehaltlich abweichender Parteivereinbarungen eine originäre Befugnis zur Anordnung einstweiliger Maßnahmen hat. Die Parteien haben also ein Wahlrecht, ob sie einstweiligen Rechtsschutz vor dem Schiedsgericht (Art. 25.1) oder den zuständigen staatlichen Gerichten (Art. 25.3) in Anspruch nehmen. Beide Wege stehen in Deutschland gleichrangig nebeneinander (OLG Saarbrücken v. 27.2.2007 – 4 Sch 1/07, SchiedsVZ 2007, 323 [327]), was § 1033 ZPO klarstellt. Der Antragsteller kann hier im Interesse effektiven Rechtsschutzes grds. auch beide Anträge zeitgleich stellen (zu den Grenzen parallelen Rechtsschutzes s. Rz. 22 f.). Erst im Verfahren über die Zulassung der Vollziehung der schiedsrichterlichen Anordnung (dazu Rz. 44 f.) tritt der schiedsgerichtliche hinter den gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutz zurück, da die deutschen Gerichte die Zulassung der Vollziehung verweigern müssen, wenn eine entsprechende Maßnahme des einstweiligen Rechtsschutzes bei einem Gericht beantragt worden ist (§ 1041 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
2 Vorteile gerichtlichen Rechtsschutzes. Ob der schiedsgerichtliche oder der ge-
richtliche einstweilige Rechtsschutz für den Antragsteller der effektivere und zeit- wie kosteneffizientere Weg ist, lässt sich nicht pauschal beurteilen. Maßgeblich sind die Umstände des Einzelfalls. Vor der Konstituierung des Schiedsgerichts kommt von vornherein nur gerichtlicher Rechtsschutz in Betracht, weil das Schiedsgericht in Verfahren nach der DIS-SchO mangels Konstituierung noch keine einstweiligen Maßnahmen anordnen kann und die DIS-SchO derzeit keinen Eilschiedsrichter kennt (zu ihm Rz. 5 a.E.). Auch nach Konstituierung ist der gerichtliche einstweilige Rechtsschutz jedenfalls in Deutschland (aber nicht notwendigerweise auch im Ausland, dazu Rz. 4) i.d.R. der zeit- und kosteneffizientere Weg, da Maßnahmen des einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes in Deutschland sofort vollstreckbar sind; schiedsrichterliche Anordnungen hingegen können in Deutschland erst vollstreckt werden, wenn ihre Vollziehung durch die staatlichen Gerichte zugelassen wurde. Der gerichtliche einstweilige Rechtsschutz ist hier also zweistufig (Anordnung, Vollstreckung), der schiedsgerichtliche dreistufig (Anordnung, Vollziehungszulassung, Vollstreckung); wäh986
| Quinke
Einstweiliger Rechtsschutz | Art. 25 DIS-SchO
rend zwischen dem Antrag und der Vollstreckung im staatlichen Verfahren im Idealfall nur wenige Stunden liegen, verlängert sich dieser Zeitraum im Schiedsverfahren i.d.R. jedenfalls um mehrere Tage. Vorteile schiedsgerichtlichen Rechtsschutzes. Die Inanspruchnahme des einst- 3 weiligen schiedsgerichtlichen Rechtsschutzes kann aber auch in Deutschland sinnvoll sein, wenn davon auszugehen ist, dass sich der Antragsgegner der Entscheidung des Schiedsgerichts beugt oder die weiteren mit der Schiedsgerichtsbarkeit verbundenen Vorteile (wie die Vertraulichkeit des Verfahrens, die Nichtöffentlichkeit der mündlichen Verhandlung und die Sachkunde der Schiedsrichter) bei der Anordnung der einstweiligen Maßnahme eine Rolle spielen werden. Für den schiedsgerichtlichen Rechtsschutz mag im Einzelfall auch sprechen, dass die Schiedsrichter bereits mit dem Fall befasst sind. Diese Vorteile sind nicht zu unterschätzen, scheint doch die freiwillige Befolgung schiedsrichterlicher Anordnungen jedenfalls in Deutschland in der Praxis noch die Regel zu sein, nicht die Ausnahme. Bei Vollstreckung im Ausland wird die Abwägung häufiger zugunsten des einst- 4 weiligen schiedsrichterlichen Rechtsschutzes ausfallen, da die ausländischen Gerichte nicht immer einen den deutschen Gerichten entsprechend effektiven einstweiligen Rechtsschutz gewähren. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Vollstreckung schiedsrichterlicher Anordnungen im Ausland durch die mangelnde Anwendbarkeit von UNÜ, EuGVVO und LugÜ erschwert wird (dazu Rz. 45).
II. Reform Art. 25.1 hat im Vergleich zu § 20 DIS-SchO 1998 keine wesentlichen inhalt- 5 lichen Änderungen erfahren, sondern wurde im Wesentlichen lediglich redaktionell überarbeitet. In Art. 25.1 Satz 1 wurde der in § 20 Abs. 1 Satz 1 DISSchO 1998 enthaltene Hinweis gestrichen, dass das Schiedsgericht die von ihm für „erforderlich“ gehaltenen Maßnahmen anordnen kann; dieser Hinweis erschien entbehrlich, eine Regelungsänderung ist mit der Löschung nicht verbunden (dazu Rz. 18). Ebenfalls nicht übernommen wurde die in § 20 Abs. 1 Satz 1 DIS-SchO 1998 enthaltene Einschränkung, dass die Maßnahme „Bezug auf den Streitgegenstand“ haben musste; diese Einschränkung wurde nicht in Art. 25.1 Satz 1 übernommen, weil sie in der Praxis neben der Selbstverständlichkeit der Schiedsgebundenheit keine Bedeutung hatte und der Eindruck vermieden werden sollte, dass durch diese Formulierung das grds. weite Anordnungsermessen des Schiedsgerichts unangemessen eingeschränkt wird (dazu Rz. 6, 38). Gleichzeitig wurde in Art. 25.1 Satz 1 klarstellend aufgenommen, dass das Schiedsgericht die Anordnung einer Maßnahme abändern, aussetzen oder aufheben kann (dazu Rz. 6, 13, 24). Dass das Schiedsgericht den Antrag der anderen Partei zur Stellungnahme übermittelt (Art. 25.1 Satz 2) und ausnahmsweise eine einstweilige Anordnung auch ohne vorherige Übermittlung des Antrags und Anhörung der anderen Partei treffen kann (Art. 25.2 Satz 1), bildet die bereits zuvor nach h.M. bestehende Regelungslage ab und hat daher nur klarstellenden Charakter (dazu Rz. 31). Nicht aufgenommen wurden Regelungen zum EilschiedsQuinke
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Art. 25 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht richter; insoweit soll zunächst das Ergebnis des gegenwärtigen Prozesses zur Reform des X. Buches der ZPO abgewartet werden, darunter die mögliche Einführung gesetzlicher Vorschriften über Eilschiedsrichter (Boog/Quinke in FleckeGiammarco/Boog/Elsing/Heckel/Meier, Art. 25 Rz. 8).
III. Verhältnis zu § 1041 ZPO 6 Die Regelungen in Art. 25.1 Sätze 1 und 3 entsprechen weitestgehend § 1041
Abs. 1 ZPO, dessen Abs. 2, 3 und 4 neben Art. 25 anwendbar sind. Im Unterschied zu § 1041 Abs. 1 ZPO stellt Art. 25.1 Satz 1 ausdrücklich klar, dass das Schiedsgericht einstweilige Maßnahmen nicht nur anordnen, sondern die Anordnung einer solchen Maßnahme auch abändern, aussetzen oder aufheben darf. Zudem nutzt Art. 25.1 Satz 1 nicht mehr die in § 1041 Abs. 1 ZPO enthaltene Formulierung „kann das Schiedsgericht […] Maßnahmen anordnen, die es in Bezug auf den Streitgegenstand für erforderlich hält“, ohne dass dies in der Sache einen Unterschied bedeutet (dazu Rz. 5). Die Regelungen zur Stellungnahme des Antragsgegners (Art. 25.1 Satz 2) und zum Erlass einstweiliger Maßnahmen ohne Anhörung des Antragsgegners (Art. 25.2) finden zwar in § 1041 ZPO kein ausdrückliches Pendant; das Gebot rechtlichen Gehörs für den Antragsgegner sowie dessen ausnahmsweise Entbehrlichkeit sind aber auch bei § 1041 Abs. 1 ZPO anerkannt, so dass sich auch insoweit kein Unterschied ergibt.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 7 Der gerichtliche einstweilige Rechtsschutz der ZPO und der schiedsrichterliche
einstweilige Rechtsschutz nach Art. 25.1 unterscheiden sich in mehrerlei Hinsicht:
8 Schiedsklage muss erhoben sein. Während der gerichtliche einstweilige Rechts-
schutz als selbstständiges Verfahren neben das gerichtliche Hauptsacheverfahren tritt, ist das schiedsrichterliche Eilverfahren des Art. 25.1 mit dem schiedsrichterlichen Hauptsacheverfahren verknüpft: Im Unterschied zum staatlichen Verfahren, in dem einstweiliger Rechtsschutz noch vor der Erhebung der Klage in Anspruch genommen werden kann, setzt der einstweilige Rechtsschutz in Verfahren nach der DIS-SchO die Erhebung der Schiedsklage voraus; die DIS-SchO kennt weiterhin kein Eilschiedsrichterverfahren (dazu Rz. 5 a.E.). Dementsprechend bedarf es keiner Regelung wie § 926 ZPO, aufgrund derer der Antragsteller zur Klageerhebung gezwungen werden kann.
9 Dreistufiger Verfahrensaufbau. Der gerichtliche einstweilige Rechtsschutz ist
zweistufig (Anordnung, Vollstreckung), der schiedsgerichtliche dreistufig (Anordnung, Vollziehungszulassung, Vollstreckung), was bei der Entscheidung, welcher Rechtsschutz in Anspruch genommen wird, zu berücksichtigen ist (vgl. Rz. 1–3).
10 Kein Widerspruchsverfahren. Die jeweils erste Stufe der Verfahren ist unter-
schiedlich ausgestaltet. Im gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutz kann das 988
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Einstweiliger Rechtsschutz | Art. 25 DIS-SchO
Gericht entweder ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss oder mit mündlicher Verhandlung durch Urteil über den Antrag entscheiden (§§ 922 Abs. 1, 936 ZPO). Ordnet es durch Beschluss die einstweilige Maßnahme an, kann der Antragsgegner durch einen sog. Widerspruch eine mündliche Verhandlung erzwingen, aufgrund derer ein Endurteil ergeht (§§ 924 Abs. 1, 925 Abs. 1 ZPO); während des Widerspruchs bleibt die einstweilige Maßnahme in Kraft (§ 924 Abs. 3 ZPO). Der schiedsrichterliche einstweilige Rechtsschutz nach Art. 25.1 kennt diesen Widerspruch grds. nicht; zu einer vergleichbaren Situation kommt es, wenn das Schiedsgericht eine Maßnahme ohne vorherige Anhörung des Antragsgegners anordnet und diese Maßnahme auf dessen Stellungnahme hin bestätigt, abändert, aussetzt oder aufhebt (Art. 25.2 Satz 3). Ob das Schiedsgericht eine mündliche Verhandlung durchführt, steht vorbehaltlich abweichender Parteivereinbarung in seinem Ermessen (arg Art. 25.2 – der Art. 29.1 Satz 1 vorgeht – und Art. 29.1 Satz 2). Kaum beschränkte Wahl einstweiliger Maßnahmen. Der klassische gerichtliche 11 einstweilige Rechtsschutz ist gekennzeichnet durch einen numerus clausus möglicher gerichtlicher Verfügungen: Dinglicher und persönlicher Arrest (§ 916 ZPO), einstweilige Verfügung (§ 935 ZPO) mit den Varianten der Regelungsverfügung (§ 940 ZPO) und Leistungsverfügung (gesetzlich ungeregelt) sowie Beweissicherung (§ 485 ZPO). Der schiedsrichterliche einstweilige Rechtsschutz nach Art. 25.1 kennt eine solche Begrenzung nicht. Das Schiedsgericht kann vielmehr grds. jede Maßnahme anordnen, die es für erforderlich erachtet (vgl. Rz. 33 für Beispiele).
V. Tatbestandsvoraussetzungen Die Gewährung schiedsrichterlichen einstweiligen Rechtsschutzes nach Art. 25.1 12 hat zwei Voraussetzungen: Die Stellung eines Antrags (vgl. Rz. 13–17) unter Glaubhaftmachung der Erforderlichkeit der Maßnahme (vgl. Rz. 18–24). 1. Antrag einer Partei Das Schiedsgericht darf einstweilige Anordnungen nur „auf Antrag einer Partei“ 13 treffen (Art. 25.1 Satz 1). Ein Musterantrag findet sich unter Rz. 70 (deutsch) und Rz. 71 (englisch). Auch die Abänderung, Aussetzung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung erfordert grds. einen Antrag einer Partei. Allerdings könnte es in außergewöhnlichen Konstellationen und nach vorheriger Anhörung der Parteien angezeigt sein, dass das Schiedsgericht die Anordnung ohne Antrag (sua sponte) ändert, aussetzt oder aufhebt (ein solches Bedürfnis erkennt Art. 17D des 2006 UNCITRAL ModG an). Inhalt und Form. Während Art. 5.2 detaillierte Vorgaben enthält, welchen Min- 14 destinhalt die Schiedsklage haben muss, stellt die DIS-SchO weder an den Antrag noch an die Antragsschrift bestimmte Anforderungen. Dementsprechend genügt als Antrag das hinreichend bestimmt formulierte Begehren, dass das Schiedsgericht eine gesonderte Schutzanordnung erlässt. Aufgrund des ihm zuQuinke
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Art. 25 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht kommenden Ermessens (vgl. Rz. 32–39) liegt es dann am Schiedsgericht, zu entscheiden, welche Anordnung erforderlich ist. Zweckmäßigerweise wird der Antragsteller seinen Antrag so konkret wie möglich fassen, um sicherzustellen, dass das Schiedsgericht ausspricht, was er begehrt. Sofern der Antragsteller einen Erlass der einstweiligen Maßnahme ohne Anhörung der Gegenseite (ex parte) begehrt, muss er darlegen, dass die Voraussetzungen des Art. 25.2 erfüllt sind (dazu Rz. 31). Der Antrag nach Art. 25.1 kann vorbehaltlich abweichender Bestimmungen des Schiedsgerichts zur Form (Art. 4.4) theoretisch auch mündlich gestellt werden, insb. ist die Papierform nicht zwingend (arg Art. 4.2 e contrario); in der Praxis erfolgt der Antrag regelmäßig in der elektronischen Form des Art. 4.1 (insb. E-Mail) oder der Papierform des Art. 4.6 Satz 2 (insb. Telefax oder Kurier). 15 Adressat des Antrags ist das Schiedsgericht, nicht die DIS-Geschäftsstelle (arg
Art. 5.1 e contrario). Dieser sollte der Antrag zwar parallel übersandt werden, u.a. um die DIS-Geschäftsstelle über diesen wesentlichen Verfahrensschritt zu informieren. Zudem kann der Antrag als Grundlage für eine etwaige Anpassung des Schiedsrichterhonorars nach Ziff. 2.6, 2.5 Anlage 2 dienen (dazu Rz. 48); zwingend ist die Übersendung an die DIS-Geschäftsstelle aber nicht. Da das Schiedsgericht Adressat des Antrags ist, muss es im Antragszeitpunkt bereits konstituiert sein; ein dem Eilschiedsrichter der ICC-SchO oder dem § 20. 2 DISSportSchO vergleichbares Verfahren kennt die DIS-SchO derzeit nicht (dazu Rz. 5 a.E.). Der Antrag ist gleichzeitig mit der Übermittlung an das Schiedsgericht der/den anderen Partei(en) zu übersenden (Art. 4.5), es sei denn, der Antragsteller begehrt eine ex parte-Entscheidung des Schiedsgerichts nach Art. 25.2. Es empfiehlt sich, dem Schiedsgericht die Einreichung des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz telefonisch anzukündigen.
16 Sprache der Anordnung. Ist die schiedsrichterliche Anordnung nicht in deut-
scher Sprache verfasst, kann ein deutsches Gericht im Verfahren über die Zulassung der Vollziehung die Beibringung der Übersetzung eines vereidigten Übersetzers anordnen (§ 142 Abs. 3 ZPO). Um den damit verbundenen zusätzlichen Zeitaufwand zu vermeiden, sollte die schiedsrichterliche Anordnung bei Vollziehung in Deutschland – soweit nach den Vereinbarungen über die Verfahrenssprache zulässig (Art. 23) – in deutscher Sprache verfasst werden. Dies ist ggf. bereits im Antrag an das Schiedsgericht zu adressieren.
17 Nachweis der Schiedsvereinbarung. Das Schiedsgericht darf eine einstweilige
Anordnung nur treffen, wenn es eine wirksame Schiedsvereinbarung festgestellt hat; denn ohne eine Schiedsvereinbarung wäre es von vornherein unzuständig. Nach h.M. genügt, dass die Schiedsvereinbarung glaubhaft gemacht wurde, dass also prima facie eine Schiedsvereinbarung besteht (zur Glaubhaftmachung vgl. Rz. 19). Daher ist Eilrechtsschutz durch das Schiedsgericht grds. auch möglich, wenn über dessen Zuständigkeit gestritten wird (Boog/Quinke in Flecke-Giammarco/Boog/Elsing/Heckel/Meier, Art. 25 Rz. 26). Schon im Interesse einer etwaigen späteren Zulassung der Vollziehung der schiedsrichterlichen Anordnung, in deren Rahmen jedenfalls deutsche Gerichte die Wirksamkeit der 990
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Schiedsvereinbarung eingehend überprüfen (zum Verfahren vgl. Rz. 44 f.), sollte im Antrag auf einstweilige Anordnung der Vollbeweis der Existenz der Schiedsvereinbarung angetreten werden, bspw. durch Beifügung einer anwaltlich beglaubigten Kopie der Vereinbarung. 2. Erforderlichkeit der einstweiligen Maßnahme Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund. Das Schiedsgericht darf die 18 Maßnahmen anordnen, die es für erforderlich hält. § 20 Abs. 1 Satz 1 DIS-SchO 1998 hielt dies noch ausdrücklich fest, genauso wie weiterhin § 1041 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Für Art. 25.1 gilt nichts anderes; dieser Hinweis erschien den Verfassern der DIS-SchO 2018 entbehrlich, eine Regelungsänderung ist mit der Löschung des entsprechenden Zusatzes nicht verbunden. Sowohl Art. 25.1 Satz 1 als auch § 1041 Abs. 1 ZPO sehen von präziseren Vorgaben für die Erforderlichkeit ab, wie sie der einstweilige deutsche gerichtliche Rechtsschutz mit der Unterscheidung von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund kennt. Da sich deutsche Schiedsgerichte genauso wie deutsche Gerichte in Verfahren zur Vollziehungszulassung (§ 1042 Abs. 2 ZPO) i.d.R. an dieser Unterscheidung orientieren (vgl. beispielhaft BayObLG v. 18.8.2020 – 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 315 [317]), empfiehlt es sich, die Erforderlichkeit jedenfalls in deutschen Schiedsverfahren anhand der dort bekannten Kategorien von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund zu begründen. In internationalen Schiedsverfahren orientieren sich Schiedsgerichte häufig an Art. 17A des 2006 UNCITRAL ModG (vgl. Art. 28 ICC-SchO Rz. 35) oder Art. 26 Abs. 3 der UNCITRAL Arbitration Rules (vgl. Boog/Quinke in Flecke-Giammarco/Boog/Elsing/Heckel/Meier, Art. 25 Rz. 34). Glaubhaftmachung. Der Antragsteller muss Anordnungsanspruch und Anord- 19 nungsgrund bei Antragstellung nachweisen. Auch für diesen Nachweis enthalten weder Art. 25.1 Satz 1 noch § 1041 Abs. 1 ZPO Vorgaben. Deutsche Schiedsgerichte orientieren sich i.d.R. an dem Standard, der im staatlichen Verfahren gilt, d.h. der Glaubhaftmachung (§§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO). Der Antragsteller muss hiernach seine Tatsachenbehauptungen grds. nur derart unter Beweis stellen, dass diese Behauptungen zumindest prima facie richtig sind (zu einer praktisch wichtigen Ausnahme Rz. 36). Dafür kommt jedwedes Erkenntnismittel in Betracht, welches das Bestehen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund überwiegend wahrscheinlich macht. Anders als im staatlichen Verfahren (§ 294 Abs. 1 ZPO) steht dafür nicht das Mittel der Versicherung an Eides statt zur Verfügung (OLG Saarbrücken v. 27.2.2007 – 4 Sch 1/07, SchiedsVZ 2007, 323 [327]), da das Schiedsgericht keine zur Abnahme einer Versicherung an Eides Statt zuständige Behörde i.S.v. § 156 StGB ist. Über die Zulässigkeit und Erheblichkeit von Beweisen und deren Würdigung entscheidet das Schiedsgericht nach seinem Ermessen (Art. 28.1 und 28.2). Anforderungen an den Anordnungsanspruch. Ein Anordnungsanspruch be- 20 steht, wenn der Antragsteller unter Zugrundelegung der von ihm glaubhaft gemachten Tatsachenbehauptungen mit seinem im Schiedsverfahren geltend geQuinke
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Art. 25 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht machten Anspruch voraussichtlich obsiegen wird (sog. Hauptsacheprognose). Die Feststellung des Anordnungsanspruchs setzt grds. eine vollumfängliche rechtliche Prüfung des geltend gemachten Anspruchs voraus. Lediglich das Beweismaß für die der Prüfung zugrunde zu legenden Tatsachenbehauptungen ist von der vollen Überzeugung der Wahrheit der behaupteten Tatsache auf die überwiegende Wahrscheinlichkeit reduziert. Bei schwierigen Rechtsfragen kann im Einzelfall eine summarische Prüfung der Rechtsfrage genügen. 21 Anforderungen an den Anordnungsgrund. Auch bei der Darlegung des An-
ordnungsgrunds empfiehlt sich in Deutschland eine Orientierung an den für deutsche staatliche Gerichte geltenden Maßstäben einstweiliger Maßnahmen, selbst wenn das Schiedsgericht weder nach Art. 25.1 Satz 1 noch nach § 1041 Abs. 1 ZPO verpflichtet ist, diesen Maßstäben zu folgen (maßgeblich ist allein die Erforderlichkeit der Maßnahme). Nach diesen Maßstäben ist eine auf ein Tun oder Unterlassen gerichtete Sicherungsanordnung erforderlich, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 937 ZPO). Eine Anordnung zum Zwecke der Regelung eines einstweiligen Zustandes (sog. Regelungsanordnung) ist erforderlich, soweit diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 940 ZPO). Die gesetzlich ungeregelte Leistungsanordnung ist erforderlich, wenn der Antragsteller so dringend auf die sofortige Erfüllung seines Leistungsanspruchs angewiesen ist und sonst so erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleiden würde, dass ihm ein Zuwarten oder eine Verweisung auf die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach Wegfall des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs nicht zumutbar ist; die Leistungsverfügung führt ausnahmsweise zu einer (grds. unzulässigen, vgl. Rz. 33) Vorwegnahme der Hauptsache. Ein dinglicher Arrest ist erforderlich, wenn zu besorgen ist, dass ohne dessen Verhängung die Vollstreckung des Schiedsspruchs vereitelt oder wesentlich erschwert werden würde (§ 917 Abs. 1 ZPO); zum persönlichen Arrest Rz. 35. Eine Anordnung zur Beweissicherung ist erforderlich, wenn zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird (§ 485 Abs. 1 ZPO).
22 Gleichzeitiger gerichtlicher Rechtsschutz. Der Anordnungsgrund kann im
Schiedsverfahren im Einzelfall fehlen, wenn der bereits beschrittene staatliche gerichtliche Rechtsweg effektiver ist. Wegen der gesetzlichen Wertung, dass schiedsgerichtlicher und gerichtlicher Rechtsschutz gleichrangig zueinander stehen und parallel eröffnet sind (vgl. Rz. 1), dürfte der Anordnungsgrund jedoch i.d.R. nur in Fällen rechtsmissbräuchlichen Verhaltens fehlen. Das Schiedsgericht wird in einem solchen Fall im Zweifel seine eigene Entscheidung zurückstellen, bis das Verfahren vor den staatlichen Gerichten beendet ist; denn solange das gerichtliche Verfahren anhängig ist, könnte die schiedsrichterliche Anordnung gemäß § 1041 Abs. 2 Satz 2 ZPO sowieso nicht für vollziehbar erklärt werden.
23 Ist bereits eine identische gerichtliche Anordnung ergangen, fehlt einer (zusätz-
lichen) schiedsgerichtlichen Anordnung i.d.R. der Anordnungsgrund. Wurde
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Einstweiliger Rechtsschutz | Art. 25 DIS-SchO
ein identischer Antrag bereits durch das staatliche Gericht abgelehnt, steht die Rechtskraft dieser Entscheidung einer erneuten Befassung des Schiedsgerichts grds. entgegen, es sei denn, die Umstände haben sich zwischenzeitlich geändert, bspw. durch eine Sachverhaltsänderung oder aufgrund des Vorliegens neuer Beweismittel (ausführlich zu den Grenzen der Parallelität von Gerichts- und Schiedsverfahren Lachmann, Rz. 2859–2866, und Schroth, SchiedsVZ 2003, 102 [104 ff.]). Anforderungen an Abänderung, Aussetzung oder Aufhebung. Art. 25.1 Satz 1 24 spezifiziert nicht, wann das Schiedsgericht eine von ihm getroffene Maßnahme abändern, aussetzen oder aufheben darf. Dem Schiedsgericht steht insoweit ein großer Ermessensspielraum zu. Häufig wird eine Abänderung, Aussetzung oder Aufhebung eine Änderung der Umstände erfordern, die der Maßnahme zugrunde lagen.
VI. Rechtsfolgen Sind die Voraussetzungen des Art. 25.1 Satz 1 gegeben, kann „das Schieds- 25 gericht“ (dazu Rz. 26–31) eine „vorläufige oder sichernde Maßnahme anordnen“ (dazu Rz. 32–39). Dabei kann es gemäß Art. 25.1 Satz 3 „von jeder Partei“ eine „angemessene Sicherheit verlangen“ (dazu Rz. 40–42). 1. Anordnungsbefugnis Grundsatz: Kollegialentscheidung. Sind die Voraussetzungen des Art. 25.1 26 Satz 1 gegeben, kann „das Schiedsgericht“ einstweilige Anordnungen treffen. Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, sind in einem Schiedsverfahren mit mehr als einem Schiedsrichter die Entscheidungen des Schiedsgerichts mit Stimmenmehrheit zu treffen; kommt eine Stimmenmehrheit nicht zustande, entscheidet der Vorsitzende allein (Art. 14.2). Die Parteien können aufgrund der ihnen durch Art. 25.1 Satz 1 eröffneten Dispositionsbefugnis vereinbaren, dass die Anordnungsbefugnis beim Vorsitzenden allein liegt (h.M.). Eine dahingehende Ermächtigung des Vorsitzenden durch die Mitschiedsrichter nach Art. 14.3 wäre demgegenüber unzulässig, da die Entscheidung über den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz keine „einzelne Verfahrensfrage“ ist. Anordnung durch Beschluss. Die DIS-SchO verhält sich nicht dazu, ob die An- 27 ordnung in der Form eines Beschlusses oder eines Schiedsspruchs ergeht. Nach Maßgabe der DIS-SchO ist das Schiedsgericht daher frei in der Wahl der Anordnungsform. Nach dem seit 1998 geltenden reformierten Schiedsverfahrensrecht trifft ein Schiedsgericht mit Sitz in Deutschland einstweilige Anordnungen durch Beschluss (vgl. BayObLG v. 18.8.2020 – 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 315 [317]; so auch ausdrücklich § 20.1 Satz 2 DIS-SportSchO), nicht durch (Teil-) Schiedsspruch; denn sonst wäre das Verfahren über die Vollziehungszulassung (§ 1041 Abs. 2 ZPO) unnötig, weil das Verfahren über die Vollstreckbarerklärung (§§ 1060 f. ZPO) genügte (h.M.). Dass Schiedsgerichte einstweilige Anordnungen mitunter als (Teil-)Schiedsspruch bezeichnen, vermag an der EinordQuinke
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Art. 25 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht nung als Beschluss nichts zu ändern (falsa demonstratio non nocet). Die DISSchO enthält keine Formvorgaben für Beschlüsse (arg Art. 42.2, der an den Beendigungsbeschluss keine bestimmten Formanforderungen stellt). Stattdessen empfiehlt es sich, die Vorgaben für Schiedssprüche analog heranzuziehen, soweit deren Regelungszweck greift. Der Beschluss hat daher schriftlich zu erfolgen und ist grds. durch den/die Schiedsrichter zu unterschreiben (Art. 39.1 und 39.4 Satz 1 analog), wobei in außergewöhnlichen Fällen die typischerweise bestehende Eilbedürftigkeit eine mündliche Abstimmung und Entscheidung durch alle Schiedsrichter (Art. 14.2, dazu Rz. 26) und nachfolgende Unterschrift nur durch einen Schiedsrichter rechtfertigen kann; diese Umstände wären dann im Beschluss anzugeben (Art. 39.4 Satz 2 analog). Der Beschluss ist zu begründen (Art. 39.1 (ii) analog) und auch im Übrigen den formellen Anforderungen von Art. 39.1 analog entsprechend zu gestalten. Eine Kostenentscheidung unterbleibt i.d.R.; die endgültige Kostenentscheidung ist dem Endschiedsspruch vorbehalten (Art. 39.2 analog), wobei eine vorläufige Entscheidung in Bezug auf die Kosten der Entscheidung über die Anordnung einer einstweiligen Maßnahme in den Beschluss aufgenommen werden kann (arg Art. 33.1 Sätze 1 und 2). Das Schiedsgericht übersendet den Parteien die einstweilige Anordnung grds. direkt, wobei es für die Form der Übermittlung eine vom Schiedsgericht nach Art. 4.4 bestimmte Form zu beachten hat. Eine Übersendung der Anordnung durch die DIS-Geschäftsstelle analog Art. 39.6 ist zwar nicht erforderlich, wird von der DIS aber gern gesehen; in jedem Fall sollte das Schiedsgericht der DIS eine Kopie der Anordnung zur Verfügung stellen. Ebenfalls nicht erforderlich ist eine Vorabübermittlung des Beschlusstextes an die DIS zur Durchsicht analog Art. 39.3; diese Vorabprüfung dürften in vielen Fällen mit der besonderen Eilbedürftigkeit dieser Entscheidungen unvereinbar sein. 28 Abgrenzung: Teilschiedsspruch. Dem Schiedsgericht bleibt unbenommen, Hand-
lungsgebote und -verbote außerhalb von Art. 25.1 in die Form eines Teilschiedsspruchs zu gießen. Dies war bis 1998 herrschende deutsche Praxis, die sich daraus erklärte, dass bis dahin eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage für den Erlass einstweiliger schiedsrichterlicher Anordnungen fehlte (BT-Drucks. 13/5724, S. 44 f.); dieses Manko wurde durch § 1041 Abs. 1 ZPO beseitigt, dem Art. 25.1 inhaltlich entspricht (vgl. Rz. 6). Ein solcher Teilschiedsspruch setzt voraus, dass sich das Handlungsgebot bzw. -verbot als Pflicht aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis ergibt (BT-Drucks. 13/5724, S. 45). Auf solche Teilschiedssprüche finden die Regelungen der DIS-SchO und (sofern Geltung beanspruchend) des deutschen Schiedsverfahrensrechts über Schiedssprüche Anwendung (einschließlich des Antrags auf Aufhebung nach § 1059 ZPO), nicht hingegen die Vorschriften über einstweiligen Rechtsschutz in Art. 25 und § 1041 ZPO.
29 Abgrenzung: Zwischenschiedsspruch. Denkbar ist zudem der Erlass eines Zwi-
schenschiedsspruchs, dessen Wirkung mit dem endgültigen Schiedsspruch in der Hauptsache endet. Hierbei handelt es sich nicht um einen Beschluss nach Art. 25.1, sondern um einen vorläufigen Schiedsspruch (im Unterschied zum „Endschiedsspruch“ nach Art. 34.4, 39.2, 42.1). Ein solcher Zwischenschieds994
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spruch setzt eine dahingehende Ermächtigung des Schiedsgerichts durch die Parteien voraus (h.M.), die die DIS-SchO nicht enthält. Er wäre also nur zulässig aufgrund einer zusätzlichen Parteivereinbarung. Zwischenschiedssprüche sind nicht nach § 1059 ZPO aufhebbar (OLG Frankfurt/M. v. 10.5.2007 – 26 Sch 20/ 06, SchiedsVZ 2007, 278). Mündliche Verhandlung. Ob das Schiedsgericht vor Anordnung der einstwei- 30 ligen Maßnahme eine mündliche Verhandlung durchführt, steht vorbehaltlich einer abweichenden Parteivereinbarung in seinem Ermessen (arg Art. 25.2 – der Art. 29.1 Satz 1 vorgeht – und Art. 29.1 Satz 2). Die besondere Eilbedürftigkeit einstweiliger Maßnahmen macht es häufig erforderlich, diese ohne mündliche Verhandlung zu erlassen. In der Praxis versuchen Schiedsgerichte häufig, eine mündliche Anhörung der Parteien zumindest im Rahmen einer Telefonkonferenz zu gewährleisten. Anhörung des Antragsgegners. Die DIS-SchO 1998 enthielt keine ausdrück- 31 liche Regelung dazu, ob das Schiedsgericht die einstweilige Maßnahme ohne vorherige Anhörung des Antragsgegners erlassen darf. Nach der in Deutschland herrschenden Meinung konnte das Schiedsgericht die einstweilige Maßnahme nur in Ausnahmefällen ohne Anhörung der Gegenseite (ex parte) erlassen, da es nach § 26 Abs. 1 Satz 2 DIS-SchO 1998 in jedem Stand des Verfahrens rechtliches Gehör gewähren musste und § 20 Abs. 1 DIS-SchO 1998 hiervon keine Ausnahme für den einstweiligen Rechtsschutz vorsah. Nur wenn mit Anhörung des Antragsgegners das Rechtsschutzziel des Antragstellers nicht erreicht wurde, reichte es aus, dass das Schiedsgericht dem Antragsgegner unmittelbar nach Erlass der Anordnung rechtliches Gehör gewährte und daraufhin ggf. die Maßnahme aufhob oder änderte (h.M. unter der Geltung der DIS-SchO 1998; dazu ausführlich Hobeck/Weyhreter, SchiedsVZ 2005, 238 ff.). Dies ist nun in Art. 25.2 Satz 1 ausdrücklich geregelt, um Rechtssicherheit für die Beteiligten des Schiedsverfahrens zu schaffen. Das Schiedsgericht kann hiernach ausnahmsweise auf die vorherige Übermittlung eines Antrages und die vorherige Anhörung des Antragsgegners verzichten (beides ist grds. erforderlich nach Art. 25.1 Satz 2), wenn andernfalls der mit dem Antrag verfolgte Zweck gefährdet werden könnte. In diesem Fall sollte das Schiedsgericht erwägen, den Antragsteller auch ohne dahingehenden Antrag (sua sponte) zur Stellung einer Sicherheit zu verpflichten (dazu Rz. 40), jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, zu dem es dem Antragsgegner rechtliches Gehör gewährt hat. Das Schiedsgericht hat dem Antragsgegner den Antrag spätestens mit der Anordnung der Maßnahme zu übermitteln und ihm unverzüglich rechtliches Gehör zu gewähren (Art. 25.2 Satz 2). Nach Anhörung des Antragsgegners hat das Schiedsgericht die Anordnung der Maßnahme zu bestätigen, abzuändern, auszusetzen oder aufzuheben (Art. 25.2 Satz 3). Das Schiedsgericht sollte dem Antragsgegner den Antrag auch dann übermitteln, wenn es ihn ablehnt; denn der Antragsgegner hat auch ein berechtigtes Interesse daran, über einen abgelehnten Antrag in Kenntnis gesetzt zu werden.
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Art. 25 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 2. Ermessen des Schiedsgerichts 32 Pflichtgemäßes Ermessen. Der Erlass der einstweiligen Anordnung steht im Er-
messen des Schiedsgerichts: Die Regelung in Art. 25.1 Satz 1 („kann das Schiedsgericht … anordnen“) ist nicht nur eine bloße Kompetenzanordnung, sondern begründet einen Ermessensspielraum, den das Schiedsgericht unter Berücksichtigung der von ihm geforderten effizienten Verfahrensführung (Art. 27.1) ausfüllen muss. Weil das Schiedsgericht sein Ermessen pflichtgemäß ausüben muss (BayObLG v. 18.8.2020 – 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 315 [317]), ist es bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 25.1 verpflichtet, die beantragte Maßnahme zu erlassen (h.M.). Dabei darf das Schiedsgericht nicht über den Antrag hinausgehen; es gilt also der Grundsatz des ne ultra petita.
33 Kaum beschränkte Wahl einstweiliger Maßnahmen. Das Schiedsgericht ist bei
der Wahl der einstweiligen Maßnahme, die es für erforderlich hält, nicht auf die klassischen Instrumente des deutschen einstweiligen Rechtsschutzes wie Arrest und einstweilige Verfügung beschränkt. Das Schiedsgericht kann daher auch lediglich im Ausland bekannte Maßnahmen anordnen, wie „Mareva Injunctions“ bzw. „Freezing Orders“ anglo-amerikanischen Zuschnitts (dazu Schroeder, SchiedsVZ 2004, 26). Dieser Spielraum erlangt insb. dann Bedeutung, wenn zu erwarten ist, dass der Antragsgegner die Anordnung freiwillig befolgt, oder wenn die Vollstreckung im Ausland erfolgen soll. Wenn allerdings davon auszugehen ist, dass eine Vollstreckung in Deutschland notwendig werden könnte, wird das Schiedsgericht bei seiner Anordnung berücksichtigen, ob diese durch die deutschen Gerichte auch für vollziehbar erklärt wird (zu den Voraussetzungen einer Vollziehungszulassung in Deutschland vgl. Rz. 44 f.). Äußerste Grenzen des Spielraums sind regelmäßig zum einen das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache: Verstieße das Schiedsgericht hiergegen, verließe es den Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes (vgl. BayObLG v. 18.8.2020 – 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 315 [317] und zur ausnahmsweise zulässigen Leistungsanordnung Rz. 37); und zum anderen das Verbot des Eingriffs in Rechte Dritter: Verstieße das Schiedsgericht hiergegen, verließe es den Boden der Schiedsvereinbarung (OLG Saarbrücken v. 27.2.2007 – 4 Sch 1/07, SchiedsVZ 2007, 323 [327]).
34 Unterscheidung vorläufige und sichernde Maßnahmen. Die im Wortlaut von
Art. 25.1 Satz 1 angelegte und scheinbar trennscharfe Unterscheidung von „vorläufigen Maßnahmen“ einerseits und „sichernden Maßnahmen“ andererseits lässt sich in der Praxis nicht durchgehend vornehmen, weil jede vorläufige Maßnahme den mit der Schiedsklage angestrebten Erfolg sichert und jede sichernde Maßnahme nur vorläufig bis zum Eintritt des Hauptsacheerfolgs wirkt. Zur Einordnung der Maßnahmen ist die Unterscheidung gleichwohl hilfreich.
35 Sichernde Maßnahmen dienen dazu, die Entscheidung in der Hauptsache und
deren Vollstreckung offen zu halten. Sie sichern den materiellen Erfolg des Schiedsverfahrens, ohne das Hauptsachebegehren zu verwirklichen (Überblick zu sichernden Maßnahmen bei Boog/Quinke in Flecke-Giammarco/Boog/Elsing/ Heckel/Meier, Art. 25 Rz. 48). Bei Geldansprüchen kommt vor allem eine Bank996
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Einstweiliger Rechtsschutz | Art. 25 DIS-SchO
garantie oder der dingliche Arrest in Betracht, bspw. wenn der Beklagte sich anschickt, Gegenstände seines Vermögens beiseite zu schaffen. Ein persönlicher Arrest des Beklagten (oder seiner Vertretungsorgane) ist in Deutschland den Gerichten vorbehalten (Art. 104 Abs. 2 Satz 1 GG). Bei Individualansprüchen kommen einstweilige Maßnahmen insb. dann in Betracht, wenn zu besorgen ist, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Die einstweilige Verfügung kann dann darin bestehen, dem Gegner eine Handlung zu gebieten (wie die Fortsetzung einer Vertragsdurchführung oder die Herausgabe einer Sache an einen vom Schiedsgericht benannten Sequester) oder zu verbieten (wie die Untersagung der Veräußerung, Belastung oder Verpfändung einer Sache nach §§ 135 f. BGB). Ein praktisch häufiger Anwendungsfall einer sichernden Maßnahme ist die Un- 36 tersagung der Inanspruchnahme einer Bürgschaft auf erstes Anfordern oder eines Dokumentenakkreditivs. In Anbetracht der erheblich gelockerten Verbindung zwischen Sicherheit und Kausalgeschäft sind in diesen Fällen an die Gewährung von sichernden Maßnahmen hohe Anforderungen zu stellen. Erforderlich ist, dass sich das Vorgehen des Sicherungsgläubigers als unzulässige Rechtsausübung (§ 242 BGB) darstellt. Dabei legt die gerichtliche Rechtsprechung einen strengen Maßstab an, um den insb. im internationalen Handel wichtigen Grundsatz des „Erst zahlen, dann prozessieren“ nicht aufzuweichen. Hier genügt ausnahmsweise nicht bereits die Glaubhaftmachung der anspruchsbegründenden Tatsachen (dazu Rz. 19); vielmehr muss offensichtlich oder zumindest liquide beweisbar sein, dass dem Sicherungsgläubiger aus dem Kausalgeschäft kein Zahlungsanspruch zusteht. Alle sonstigen rechtlichen und tatsächlichen Streitfragen, deren Beantwortung sich nicht von selbst ergibt, sind einem eventuellen Rückforderungsprozess zwischen Sicherungsauftraggeber und Sicherungsbegünstigtem vorbehalten (für die Bürgschaft auf erstes Anfordern: BGH v. 5.3.2002 – XI ZR 113/01, NJW 2002, 1493; für das Akkreditiv: BGH v. 16.4. 1996 – XI ZR 138/95, NJW 1996, 1812 [1813]). Vorläufige Maßnahmen wirken bis zur Beendigung des Schiedsverfahrens nicht 37 nur sichernd, sondern verwirklichen das Hauptsachebegehren bis dahin. Typischer Anwendungsfall sind Regelungsverfügungen, also Anordnungen zur Regelung eines einstweiligen Zustands in Bezug auf das streitige Rechtsverhältnis. Beispiele hierfür sind die vorübergehende Gestaltung von Vertragsverhältnissen oder Geschäftsführungs- bzw. Vertretungsbefugnissen. Zu den vorläufigen Maßnahmen zählen auch Leistungsanordnungen (OLG Saarbrücken v. 27.2.2007 – 4 Sch 1/07, SchiedsVZ 2007, 323 [327]). Diese ordnen entgegen dem im einstweiligen Rechtsschutz geltenden grds. Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache (dazu Rz. 33) ausnahmsweise die Befriedigung des Schuldners an. Das Schiedsgericht wird bei dem Erlass einer Leistungsanordnung jedenfalls dann ähnlich zurückhaltend sein wie der deutsche Richter (vgl. Rz. 21 zu den Voraussetzungen einer Leistungsanordnung), wenn eine Vollziehung in Deutschland denkbar ist, weil die Gerichte im Verfahren über die Zulassung der Vollziehung eingehend Quinke
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Art. 25 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht prüfen, ob die Voraussetzungen einer Leistungsanordnung gegeben sind (vgl. OLG Saarbrücken v. 27.2.2007 – 4 Sch 1/07, SchiedsVZ 2007, 323 [327]). 38 Streitgegenstandsbezug. Die DIS-SchO 1998 sah vor, dass die angeordnete Maß-
nahme Bezug zum Streitgegenstand haben musste (§ 20 Abs. 1 Satz 1 DIS-SchO 1998: „Maßnahmen anordnen, die es in Bezug auf den Streitgegenstand für erforderlich hält“). Damit war allerdings nur gemeint, dass die einstweilige Anordnung eine von der Schiedsvereinbarung erfasste, also schiedsgebundene Streitigkeit erfasste. Notwendig war (und ist weiterhin) – wie § 1032 Abs. 1 ZPO formuliert – dass die „Angelegenheit … Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist“. Diese Einschränkung wurde nicht wörtlich in Art. 25.1 übernommen, weil sie in der Praxis neben der Selbstverständlichkeit der Schiedsgebundenheit keine Bedeutung hatte und der Eindruck vermieden werden sollte, dass durch diese Formulierung das grds. weite Anordnungsermessen des Schiedsgerichts unangemessen eingeschränkt wird. Art. 25.1 Satz 1 erfasst daher nach wie vor nicht nur einstweilige Maßnahmen, die rechtstechnisch in Bezug auf den Streitgegenstand sichernder Natur sind, wie Arrest und einstweilige Anordnungen. Erfasst sind auch solche, die in Bezug auf das Verfahren sichernd wirken, wie Maßnahmen zur Sicherung der Beweisaufnahme (h.M.) und des Kostenerstattungsanspruchs aus Art. 39.2 (h.M.). Ebenfalls erfasst sind Unterlassungsverfügungen zum Schutz der Zuständigkeit des Schiedsgerichts („anti-suit injunction“), also Anordnungen, kein Verfahren vor einem staatlichen Gericht zu beginnen oder weiter zu betreiben (wohl h.M.); solche Anordnungen würden allerdings in Deutschland für den örtlichen Anwendungsbereich der EuGVVO/LugÜ nicht für vollziehbar erklärt werden, weil die Vollziehungszulassung in die nach der EuGVVO/LugÜ dem staatlichen Gericht des anderen Mitgliedsstaats zugewiesene Prüfungskompetenz hinsichtlich der eigenen Zuständigkeit eingreifen würde (EuGH v. 10.2.2009 – C-185/07, SchiedsVZ 2009, 120 [121 f.]; vgl. zu Unterlassungsverfügungen außerhalb der Anwendungsbereiche von EuGVVO/LugÜ Steinbrück, S. 462 ff.).
39 Ordnungsgeld. Die DIS-SchO begründet keine Befugnis des Schiedsgerichts, die
einstweilige Maßnahme mit Ordnungsgeld zu belegen. Hierfür bedürfte es jedenfalls bei Schiedsverfahren mit Schiedsort in Deutschland einer gesonderten und ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien (Saenger in Saenger, § 1041 ZPO Rz. 2; Geimer in Zöller, § 1041 ZPO Rz. 8; Schroth, SchiedsVZ 2003, 102 [104]; a.A. Münch in MüKo.ZPO, § 1041 ZPO Rz. 19: Ordnungsgeld kann alleine das staatliche Gericht einsetzen). Eine Androhung von Ordnungsgeld analog § 890 Abs. 2 ZPO ist nach der Rechtsprechung unzulässig (BayObLG v. 18.8.2020 – 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 315 [317]; OLG Jena v. 8.8.2007 – 4 Sch 3/06, BeckRS 2008, 2869; dagegen Mann/Nußbaum, SchiedsVZ 2021, 253, 255 ff.). 3. Angemessene Sicherheit
40 Das Schiedsgericht „kann von jeder Partei im Zusammenhang mit einer einstwei-
ligen Maßnahme angemessene Sicherheit verlangen“ (Art. 25.1 Satz 3) und dem korrespondierend die Rückgabe der Sicherheit anordnen, wenn sich der Siche998
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Einstweiliger Rechtsschutz | Art. 25 DIS-SchO
rungsanlass erledigt hat (Boog/Quinke in Flecke-Giammarco/Boog/Elsing/Heckel/ Meier, Art. 25 Rz. 64). Ein Antrag ist nicht erforderlich, so dass das Schiedsgericht die Sicherheit oder deren Rückgabe auch sua sponte anordnen kann. Dies kommt insb. in Betracht, wenn das Schiedsgericht eine einstweilige Maßnahme nach Art. 25.2 ohne vorherige Anhörung des Antragsgegners erlässt (dazu Rz. 31). Beiderseitige Anordnungsbefugnis. In der Praxis erlangen primär die Fälle Be- 41 deutung, in denen das Schiedsgericht mit seiner Anordnung dem Antragsteller aufgibt, zur Sicherung der Erfüllung eines etwaigen Gefährdungshaftungsanspruchs aus § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO (dazu Rz. 46) Sicherheit zu leisten. Da die Anordnungsbefugnis in Art. 25.1 Satz 3 aber beide Parteien nennt („von jeder Partei“), kann das Schiedsgericht auch vom Antragsgegner Sicherheit verlangen. Dies gestattet dem Schiedsgericht, dem Antragsgegner bei Anordnung der einstweiligen Maßnahme die Befugnis einzuräumen, die Maßnahme durch Stellung einer Sicherheit abzuwenden. Ermessen. Das „Ob“ und „Wie“ der Sicherheit bestimmt das Schiedsgericht nach 42 seinem pflichtgemäßen Ermessen („kann … verlangen“), i.d.R. nach Anhörung der Parteien. In zeitlicher Hinsicht kann das Schiedsgericht die Sicherheit bereits für die Anordnung, erst für die Zulassung der Vollziehung oder gar erst für den Beginn der Vollstreckung fordern. Die Höhe der Sicherheit ist i.d.R. so zu bemessen, dass sie den Schaden sichert, den die Vollstreckung der Anordnung potentiell verursacht, sollte sich diese im Nachhinein als ungerechtfertigt erweisen (insb. bei Erlass des Schiedsspruchs oder Aufhebung der Vollziehungszulassung nach § 1041 Abs. 3 ZPO). Maßgeblich ist also der dem Antragsgegner drohende Schaden, nicht das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers an der einstweiligen Anordnung. Die Solvenz des Sicherungsgebers steht der Einforderung einer Sicherheit nicht grds. entgegen, erleichtert die Sicherheitsleistung doch auch dann die Durchsetzung von Ersatzansprüchen und erfüllt damit auch so ihren Zweck.
VII. Rechtsbehelf gegen die Anordnung Weder die DIS-SchO noch die ZPO enthalten einen ausdrücklich formulierten 43 Rechtsbehelf gegen den Erlass einer schiedsrichterlichen einstweiligen Beschlussanordnung. Schon bislang war anerkannt, dass die Parteien – soweit nichts anderes vereinbart ist – jederzeit beim Schiedsgericht einen Antrag auf Abänderung, Aussetzung und/oder Aufhebung der Anordnung stellen können (vgl. OLG Jena v. 24.11.1994 – 4 Sch 3/99, BB 2000, Beilage 12, 22 [23]; h.M.). Dies stellt nunmehr auch Art. 25.1 Satz 1 klar, wonach das Schiedsgericht „die Anordnung einer solchen Maßnahme abändern, aussetzen oder aufheben“ kann. Gegen eine Anordnung, die im Wege eines Teilschiedsspruchs ergangen ist, steht in Deutschland der Aufhebungsantrag in § 1059 ZPO offen (dazu Rz. 28), nicht hingegen gegen eine Anordnung im Wege eines Zwischenschiedsspruchs (dazu Rz. 29).
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Art. 25 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht VIII. Vollziehungszulassung 44 Vollziehungszulassung erforderlich. Genauso wenig wie der Schiedsspruch in
Deutschland ohne staatliche Vollstreckbarerklärung mit staatlichen Zwangsmitteln vollstreckt werden kann, kann dies die schiedsrichterliche Beschlussanordnung einer einstweiligen Maßnahme. Was für den Schiedsspruch die Vollstreckbarerklärung ist (§ 1060 Abs. 1 ZPO), ist für die schiedsrichterliche Beschlussmaßnahme die Vollziehungszulassung (§ 1041 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Erst auf der Grundlage der Vollziehungszulassung erfolgt die (hier nicht kommentierte) Vollstreckung durch die staatlichen deutschen Vollstreckungsbehörden. Zuständig ist das in der Schiedsvereinbarung bezeichnete OLG, hilfsweise das OLG am Schiedsort (§ 1062 Abs. 1 Nr. 3 ZPO); in Bayern das BayObLG. Besteht kein deutscher Schiedsort, ist das OLG (in Bayern das BayObLG) zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich Vermögen des Antragsgegners oder ein von der Maßnahme betroffener Gegenstand befindet, hilfsweise das KG (§ 1062 Abs. 2 ZPO); bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der Vermögensbelegenheit ist nach BayObLG v. 8.10.2020 – 101 SchH 120/ 20, Rz. 23 auf § 23 ZPO zurückzugreifen. Die Zulassungsfähigkeit ausländischer Beschlussanordnungen ist zwar h.M., allerdings umstritten, weil jedenfalls bislang § 1025 Abs. 2 ZPO die Regelungen des § 1041 ZPO bei ausländischem Schiedsort nicht für anwendbar erklärt (dazu und zu Reformüberlegungen Wolff, SchiedsVZ 2016, 293 [297]). Über die Zulassung der Vollziehung der schiedsrichterlichen Anordnung entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen. Dies soll ihm insb. die Überprüfung der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung sowie die Verweigerung der Vollziehungszulassung bei unverhältnismäßigen Anordnungen ermöglichen (BT-Drucks. 13/5274, S. 45), was auf eine prozessuale und materielle Kontrolle schließen lässt. Der gerichtliche Prüfungsumfang ist im Einzelnen noch nicht abschließend geklärt. Nach h.M. prüft das Gericht die einstweilige Anordnung lediglich auf offensichtliche Ermessensfehler (BayObLG v. 18.8.2020 – 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 315 [317]; OLG Frankfurt/M. v. 5.4.2001 – 24 Sch 1/01, NJW-RR 2001, 1078; OLG Saarbrücken v. 27.2.2007 – 4 Sch 1/07, SchiedsVZ 2007, 323 [326]) und Verstöße gegen § 1059 Abs. 2 ZPO analog (OLG Saarbrücken v. 27.2.2007 – 4 Sch 1/07, SchiedsVZ 2007, 323 [326]).
45 Vollstreckung im Ausland. Schiedsrichterliche Anordnungen nach Art. 25.1
Satz 1 ergehen in Deutschland in der Form eines Beschlusses (vgl. Rz. 27) und können daher nicht über das UNÜ im Ausland für vollstreckbar erklärt werden. Das UNÜ findet nämlich lediglich Anwendung auf Schiedssprüche, nicht aber auf durch Beschluss gefasste schiedsrichterliche Anordnungen (h.M.; dazu Bandel, S. 342–356; Gerstenmaier, FS Elsing, S. 153 [240 f.]). Dies gilt gleichermaßen für Anordnungen mit und ohne Zulassung der Vollziehung. Schiedsrichterliche Anordnungen (ob mit oder ohne Zulassung der Vollziehung) können auch nicht über die EuGVVO und das LugÜ in deren räumlichen Anwendungsbereichen im Ausland vollstreckt werden, da sowohl die EuGVVO (Art. 1 Abs. 2 Buchst. d) als auch das LugÜ (Art. 1 Abs. 2 Ziff. 4) nicht auf die Schiedsgerichtsbarkeit Anwendung finden; gleiches gilt für staatliche Gerichtsentscheidungen, die Schieds1000
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Einstweiliger Rechtsschutz | Art. 25 DIS-SchO
sprüche für vollziehbar erklären (wie nach § 1041 Abs. 2 ZPO) oder inkorporieren (h.M.; dazu Hobeck/Weyhreter, SchiedsVZ 2005, 238 [240 f.]). Stattdessen muss die schiedsrichterliche Anordnung im Vollstreckungsstaat entweder nach den dortigen nationalen Regelungen für vollziehbar bzw. vollstreckbar erklärt werden oder auf der Grundlage eines der (weltweit wenigen) völkerrechtlichen (bilateralen oder sektoriellen) Verträge über die Anerkennung und Vollstreckung einstweiliger schiedsrichterlicher Entscheidungen vollstreckt werden.
IX. Gefährdungshaftung Erweist sich die Anordnung einer schiedsrichterlichen Maßnahme als von An- 46 fang an ungerechtfertigt, so ist die Partei, welche ihre Vollziehung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der Maßnahme oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden (§ 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Eine schiedsrichterliche Maßnahme ist „von Anfang an ungerechtfertigt“, wenn ihr bereits im Zeitpunkt ihres Erlasses die dafür notwendigen Voraussetzungen fehlen, bspw. weil die Anordnung nicht „erforderlich“ ist. Haftungsauslösende Handlung ist, dass der Antragsteller der schiedsrichterlichen Anordnung deren „Vollziehung erwirkt“. Dies nimmt nach h.M. die Vollziehungszulassung nach § 1041 Abs. 2 ZPO in Bezug (nach Risse/Frohloff, SchiedsVZ 2011, 239 [242] löst schon die freiwillige Befolgung die Haftung aus). Der Schadensersatzanspruch setzt kein Verschulden voraus und greift daher auch dann, wenn die Partei ohne Fahrlässigkeit an die Rechtmäßigkeit der zu ihren Gunsten erlassenen Anordnung geglaubt hat. Ersatzfähig ist zum einen der Vollziehungsschaden (§ 1041 Abs. 4 Satz 1 Var. 1 ZPO), also jedweder kausal auf der Zulassung der Vollziehung beruhende Schaden, und zum anderen der Abwendungsschaden (§ 1041 Abs. 4 Satz 1 Var. 2 ZPO), also das, was der Vollziehungsgegner zur Abwendung der Vollstreckung geleistet hat. Der Anspruch verjährt nach §§ 195, 199 Nr. 1 BGB binnen drei Jahren ab Kenntniserlangung. Er kann (muss aber nicht) im anhängigen schiedsrichterlichen Verfahren geltend gemacht werden (§ 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO), so dass das Schiedsgericht im Endschiedsspruch über ihn entscheiden kann. Außerhalb des Anwendungsbereichs von § 1041 Abs. 4 Satz 1 ZPO (also insb. bei freiwilliger Befolgung) mag es im Einzelfall zu einer Haftung nach den allgemeinen Haftungsnormen kommen (insb. nach § 826 BGB), wenn sich eine Maßnahme von Anfang an als ungerechtfertigt erweist; auch ein solcher Anspruch kann (muss aber nicht) im anhängigen schiedsrichterlichen Verfahren geltend gemacht werden (§ 1041 Abs. 1 Satz 2 ZPO analog).
X. Kosten Die Kosten des einstweiligen Rechtsschutzes setzen sich zusammen aus den Kosten 47 der Antragstellung (vgl. Rz. 48–49), der Zulassung der Vollziehungszulassung (vgl. Rz. 50–51) und einer etwaigen späteren (hier nicht kommentierten) Vollstreckung. Quinke
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Art. 25 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 1. Kosten der Antragstellung 48 Schiedsrichterhonorare und DIS-Gebühren. Nach der DIS-SchO 1998 erhöhte
der Antrag auf Anordnung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme nach § 20 Abs. 1 DIS-SchO 1998 das Schiedsrichterhonorar automatisch um 30 % des Honorars zum Zeitpunkt der Antragstellung (Ziff. 14 der Anlage zu § 40 Abs. 5 DIS-SchO 1998). Dieser Automatismus wich einer flexibleren Regelung. Nunmehr kann der DIS Rat auf Antrag des Schiedsgerichts und nach Anhörung der Parteien nach seinem Ermessen eine Erhöhung der Honorare um bis zu 50 % bestimmen; bei der Entscheidung berücksichtigt der DIS-Rat insb. den Zeitaufwand, die Sorgfalt und Effizienz der Schiedsrichter in Anbetracht der Komplexität und der wirtschaftlichen Bedeutung der Streitigkeit sowie den Beitrag des Schiedsgerichts zur Förderung einer einvernehmlichen Streitbeilegung (Ziff. 2.5, 2.6 Anlage 2); maßgeblich ist der Streitwert des Schiedsverfahrens. Eine zusätzliche DIS-Bearbeitungsgebühr fällt nicht an. Über die Verteilung der Kosten entscheidet das Schiedsgericht i.d.R. im Endschiedsspruch (dazu Rz. 27).
49 Gesetzliche Anwaltsgebühren. Zusätzliche gesetzliche Rechtsanwaltsgebühren
fallen nicht an, da der Antrag auf Anordnung nach § 17 Nr. 6 RVG keine besondere Angelegenheit darstellt. 2. Kosten der Vollziehungszulassung
50 Gerichtsgebühren. Der Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer schieds-
richterlichen Anordnung löst 2,0 Gerichtsgebühren (KV 1626) aus, genauso wie der Antrag auf Aufhebung oder Änderung der Vollziehungszulassung. Zur Bestimmung des Streitwerts schätzen die Gerichte das Interesse an der einstweiligen Anordnung bzw. deren Aufhebung/Änderung entsprechend § 3 ZPO (OLG Saarbrücken v. 27.2.2007 – 4 Sch 1/07, SchiedsVZ 2007, 323 [327]); als Faustregel zieht die Praxis häufig 1/ 3 des streitigen Anspruchs heran.
51 Gesetzliche Anwaltsgebühren. Das Schiedsverfahren (einschließlich des An-
trags auf Anordnung nach Art. 25.1 S.1 1) einerseits und die Verfahren über die Zulassung der Vollziehung der einstweiligen Maßnahme sowie deren Änderung bzw. Aufhebung andererseits sind besondere Angelegenheiten (§ 17 Nr. 6 RVG). Dabei stellen das Verfahren über die Vollziehungszulassung sowie deren Änderung bzw. Aufhebung dieselbe Angelegenheit dar (§ 16 Nr. 7 RVG), lösen also nur einmal gesetzliche Gebühren aus. Hierfür fallen eine 0,75 Verfahrensgebühr (VV 3327) und eine 1,2 Terminsgebühr (VV 3104) an. Zum Streitwert gilt das in Rz. 50 Gesagte entsprechend.
B. Einstweilige Maßnahmen staatlicher Gerichte (Art. 25.3) Literatur: Goumas, Anmerkung zu BayObLG, 1. Zivilsenat, Beschluss vom 18.8.2020 – 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 317 f.; Jurgeleit, Adjudikation, Rechtsfriede und Rechtsstaat, BauR 2021, 863 ff.; Kröll, Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für einstwei-
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Einstweiliger Rechtsschutz | Art. 25 DIS-SchO ligen Rechtsschutz bei ausländischem Schiedsort, IHR 2005, 142 ff.; Landbrecht, Staatlicher Eilrechtsschutz am deutschen Schiedsort und grenzüberschreitende Vollstreckung, SchiedsVZ 2013, 241 ff.; Schroth, Einstweiliger Rechtsschutz im deutschen Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2003, 102 ff.
I. Normzweck Art. 25.3 erhält den Parteien für die Fälle des einstweiligen Rechtsschutzes den 52 Zugang zur staatlichen Gerichtsbarkeit. Daraus folgt: Die Schiedseinrede (§ 1032 Abs. 1 ZPO) kann nur in einer gerichtlichen Klage in der Hauptsache erhoben werden, nicht aber auch in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Dementsprechend verletzt die Anrufung staatlicher Gerichte zur Erlangung einstweiligen Rechtsschutzes auch nicht die Schiedsvereinbarung.
II. Reform Art. 25.3 hat im Vergleich zu § 20 Abs. 2 DIS-SchO 1998 keine wesentlichen 53 Änderungen erfahren. Wie schon in Art. 25.1 wurde auch in Art. 25.3 die in § 20 DIS-SchO 1998 enthaltene Einschränkung nicht übernommen, dass die Parteien vorläufige oder sichernde Maßnahmen mit „Bezug auf den Streitgegenstand“ beantragen können (dazu Rz. 59). Art. 25.3 stellt zudem nunmehr klar, dass diese Regelung keine gerichtliche Zuständigkeit begründet, sondern diese voraussetzt: Die Parteien können hiernach nur „zuständige“ Gerichte für einstweiligen Rechtsschutz anrufen (dazu Rz. 60). Die übrigen Änderungen sind sprachlicher Natur.
III. Verhältnis zu § 1033 ZPO Art. 25.3 entspricht inhaltlich der Regelung des § 1033 ZPO. Der sprachliche 54 Unterschied ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass § 1033 ZPO aus der Sicht des Gerichts formuliert („schließt nicht aus, dass ein Gericht“), während Art. 25.3 die Sicht der Parteien wählt („Die Parteien können“).
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Eine Art. 25.3 entsprechende Vorschrift existiert im staatlichen Verfahren nicht. 55 Weil das staatliche einstweilige Verfahren auf der Prämisse beruht, dass auch eine wirksame Schiedsvereinbarung in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor staatlichen Gerichten nicht zur Schiedseinrede führt, bedarf es dort naturgemäß keiner Regelung, die den einstweiligen Rechtsschutz trotz Schiedsabrede aufrechterhält. Quinke
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Art. 25 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht V. Der eröffnete gerichtliche Rechtsschutz 56 Nur auf Antrag. Staatliche Gerichte dürfen einstweilige Anordnungen nur er-
lassen, wenn die Parteien dies „beantragen“ (Art. 25.3). Amtswegiger gerichtlicher einstweiliger Rechtsschutz ist von Art. 25.3 nicht erfasst.
57 Zulässige Maßnahmen. Offen steht die Anordnung einer „vorläufigen oder si-
chernden Maßnahme“. Diese Formulierung entspricht derjenigen des § 1033 ZPO, die auf Art. 9 des UNCITRAL ModG zurückgeht („interim measure of protection“). Dieser soll das ganze Spektrum einstweiliger Maßnahmen umfassen (Holtzmann/Neuhaus, S. 332), die das jeweils in Anspruch genommene staatliche Gericht kennt. Erfasst sind daher auch ausländische Instrumente einstweiligen Rechtsschutzes, die über die klassischen deutschen Instrumentarien von Arrest, einstweiliger Verfügung und Beweissicherungsverfahren hinausgehen.
58 Zulässiger Zeitraum. Die Parteien können „jederzeit“ (inhaltlich identisch § 20
Abs. 2 DIS-SchO 1998: „vor oder nach Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens“) gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutz ersuchen (Art. 25.3). Auch nach Beendigung des Schiedsverfahrens steht der gerichtliche Rechtsschutz offen, soweit über den zu sichernden Anspruch bzw. zu dem zu regelnden streitigen Rechtsverhältnis keine rechtskräftige Entscheidung vorliegt (vgl. OLG Frankfurt/M. v. 20.12. 2004 – 23 SchH 1/04, OLGR 2005, 548 [549]; OLG Frankfurt/M. v. 13.6.2013 – 26 SchH 6/13, BeckRS 2013, 10147; a.A. LG Braunschweig v. 4.8.2015 – 9 O 1494/ 15, SchiedsVZ 2015, 292).
59 Streitgegenstandsbezug. Wie in Art. 25.1 Satz 1 (vgl. Rz. 38) ist auch in Art. 25.3
der Hinweis auf den Streitgegenstandsbezug entfallen (anders noch § 20 Abs. 2 DIS-SchO 1998: „vorläufige oder sichernde Maßnahmen in Bezug auf den Streitgegenstand“), ohne dass damit inhaltlich eine Änderung verbunden sein sollte. Mit diesem Hinweis war wie in § 20 Abs. 1 DIS-SchO 1998 nur gemeint, dass die einstweilige Anordnung eine von der Schiedsvereinbarung erfasste, also schiedsgebundene Streitigkeit erfasst. Notwendig war (und ist) also auch hier, dass – wie § 1032 Abs. 1 ZPO formuliert – die „Angelegenheit … Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist“. Art. 25.3 erfasst daher nicht nur einstweilige Maßnahmen, die rechtstechnisch in Bezug auf den Streitgegenstand sichernder Natur sind, wie Arrest und einstweilige Anordnungen. Erfasst sind auch solche, die in Bezug auf das Verfahren sichernd wirken, wie in Deutschland das Beweissicherungsverfahren in § 485 ZPO (OLG Brandenburg v. 16.2.2011 – 13 U 11/10, MDR 2011, 941).
60 Zuständigkeit. Art. 25.3 begründet keine gerichtliche Zuständigkeit, sondern
setzt diese voraus. Dies stellt Art. 25.3 nunmehr ausdrücklich klar („bei einem zuständigen Gericht“). Die internationale, örtliche und sachliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für einstweilige Maßnahmen folgt aus seinen allgemeinen zivilprozessualen Regeln. Die Vereinbarung eines deutschen Schiedsortes soll nach wohl h.M. im Zweifel auch die Vereinbarung enthalten, dass der vorläufige Rechtsschutz – soweit er durch die staatlichen Gerichte gewährleistet wird – örtlich ausschließlich dem zuständigen staatlichen Gericht am Schiedsort zugewiesen sein soll (OLG Hamburg v. 6.5.1997 – 6 W 32/96, NJW 1997, 749). Bei 1004
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Einstweiliger Rechtsschutz | Art. 25 DIS-SchO
ausländischen Schiedsorten soll dies nicht gelten, so dass hiernach auch die deutschen staatlichen Gerichte zuständig sein können (OLG Köln v. 12.4.2001 – 6 U 142/01, GRUR-RR 2002, 309; LG Bonn v. 29.5.2018 – 10 O 171/18, BeckRS 2018, 11467; a.A. OLG Nürnberg v. 30.11.2004 – 12 U 2881/14, SchiedsVZ 2005, 50), u.a. weil andernfalls § 1025 Abs. 2 ZPO leer liefe (zum Ganzen Münch in MüKo.ZPO, § 1033 ZPO Rz. 20; Landbrecht, SchiedsVZ 2013, 241 [243 f.]).
VI. Verhältnis zu schiedsgerichtlichen Anordnungen Keine Bindungswirkung. Im einstweiligen Rechtsschutz vor staatlichen Gerichten 61 gilt zur Vermeidung widersprüchlicher Entscheidungen der Grundsatz, dass nach einer formell rechtskräftigen Entscheidung ein identischer Antrag mit identischen Beweismitteln und ohne Vorliegen neuer Tatsachen wegen entgegenstehender materieller Rechtskraft unzulässig ist. Da die schiedsrichterliche Anordnung in Deutschland nach Art. 25.1 Satz 1 nicht in der Form eines Schiedsspruchs, sondern in der eines Beschlusses ergeht (vgl. Rz. 27), kommt ihr jedenfalls in Deutschland keine materielle Rechtskraft zu (arg §§ 1055, 1041 Abs. 2 ZPO e contrario). Hier besteht also keine Gefahr einander widersprechender rechtskräftiger Entscheidungen. Daher muss das Gericht eine vorangegangene schiedsrichterliche einstweilige Maßnahme (oder deren Ablehnung) bei seiner Entscheidungsfindung nicht berücksichtigen, d.h. ist nicht an deren Feststellungen gebunden. Kein Verlust des Rechtsschutzbedürfnisses. Auch lässt eine vorangehend oder 62 gleichzeitig beantragte schiedsrichterliche einstweilige Maßnahme nicht den Anordnungsgrund in einem gerichtlichen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz entfallen, soll doch Art. 25.1 dem Antragsteller gerade das Recht einräumen, ggf. vor beiden Foren gleichzeitig gerichtlichen einstweiligen Rechtsschutz zu beantragen (vgl. Rz. 1). Einem gerichtlichen Antrag fehlt das Rechtsschutzbedürfnis in Gestalt des Anordnungsgrunds i.d.R. erst dann, wenn die Vollziehung einer identischen schiedsrichterlichen Maßnahme bereits zugelassen wurde; praktisch relevant werden dürfte diese Konstellation nur selten. Der Anordnungsgrund mag im Einzelfall auch dann fehlen, wenn sich der Antragsgegner an eine bereits erlassene, aber noch nicht vollzogene schiedsrichterliche Maßnahme freiwillig hält und es feststeht, dass er sich zukünftig daran halten wird; auch dies dürfte allerdings nur selten praktisch relevant werden. Ausführlich zu den Grenzen der Parallelität von Gerichts- und Schiedsverfahren Lachmann, Rz. 2859–2866, und Schroth, SchiedsVZ 2003, 102 (104 ff.).
VII. Gefährdungshaftung Erweist sich die Anordnung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung 63 in einem Verfahren vor den deutschen Gerichten als von Anfang an ungerechtfertigt, ist die Partei, welche die Anordnung erwirkt hat, verpflichtet, dem Gegner den Schaden zu ersetzen, der ihm aus der Vollziehung der angeordneten Quinke
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Art. 25 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Maßregel oder dadurch entsteht, dass er Sicherheit leistet, um die Vollziehung abzuwenden oder die Aufhebung der Maßregel zu erwirken (§ 945 ZPO). Hierzu gilt das in Rz. 46 zu § 1041 Abs. 4 ZPO Gesagte entsprechend.
VIII. Kosten 64 Die wesentlichen Kostenpositionen des einstweiligen gerichtlichen Rechtsschut-
zes sind die im jeweiligen Sitzstaat des angerufenen Gerichts geltenden gesetzlichen Gerichts- und Anwaltsgebühren. Gesonderte Kosten für die DIS oder das Schiedsgericht fallen nicht an.
65 Kosten in Deutschland. Für die Inanspruchnahme einstweiligen Rechtsschutzes
vor deutschen Gerichten fallen eine 1,5 (KV 1410: Beschlussverfügung) bzw. 3,0 (KV 1412: Urteilsverfügung) Gerichtsgebühr an. Gesetzliche Anwaltsgebühren werden in Höhe einer 1,3 Verfahrens- (VV 3100) und einer 1,2 Terminsgebühr (VV 3104) ausgelöst (der einstweilige Rechtsschutz gilt als ein besonderes Verfahren, § 17 Nr. 4 ZPO). Der Streitwert bestimmt sich jeweils nach dem Interesse des Antragstellers an der Maßnahme (§ 3 ZPO); als Faustregel zieht die Praxis häufig 1/ 3 des streitigen Anspruchs heran.
C. Abweichende Parteivereinbarungen I. Abweichungen von Art. 25.1 und Art. 25.2 66 Die Parteien können den schiedsgerichtlichen Rechtsschutz in Abweichung von
Art. 25.1 und Art. 25.2 ganz oder teilweise ausschließen bzw. einzelne Vorgaben des Art. 25 ändern (Art. 25.1 Satz 1: „Haben die Parteien nichts anderes vereinbart“), wobei dies in der Praxis untypisch und meist nicht zu empfehlen ist (Boog/Quinke in Flecke-Giammarco/Boog/Elsing/Heckel/Meier, Art. 25 Rz. 21, 25, 44). Die Vereinbarung kann formlos erfolgen, selbst mündlich und konkludent. Sie kann die Kompetenz des Schiedsgerichts vollständig oder partiell beschränken, bspw. auf bestimme Eilmaßnahmen (h.M.). Sie kann jederzeit getroffen werden, auch noch nach Erlass einer schiedsrichterlichen einstweiligen Anordnung; die Parteien können bereits erlassene Anordnungen bestehen lassen oder mit Wirkung ex tunc oder ex nunc aufheben (h.M.).
67 Ausschließbar ist auch der Anspruch auf Gefährdungshaftung in § 1041 Abs. 4
ZPO. § 119 Abs. 1 Satz 2 FamFG zeigt, dass der deutsche Gesetzgeber diese Haftung nicht regelmäßig für zwingend hält (str.).
II. Abweichungen von Art. 25.3 68 Die Verfasser des Art. 9 UNCITRAL-ModG, der Grundlage für § 1033 ZPO =
Art. 25.3 war, haben bewusst offen gelassen, ob der gerichtliche einstweilige 1006
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Einstweiliger Rechtsschutz | Art. 25 DIS-SchO
Rechtsschutz zwingend ist (Holtzmann/Neuhaus, S. 332 f. [346]). Dementsprechend fehlt in § 1033 ZPO der Hinweis des § 1041 Abs. 1 Satz 1 ZPO = Art. 25.1 Satz 1 auf die Disponibilität. Es ist umstritten, ob daraus folgt, dass der gerichtliche Rechtsschutz nicht durch Vereinbarung ausgeschlossen werden kann (gegen die Abdingbarkeit OLG München v. 26.10.2000 – U (K) 3208/00, NJW-RR 2001, 711 [712 in obiter dictum]; für die Abdingbarkeit LG München v. 23.6. 2016 – 1 HK O 8126/16, BeckRS 2016, 21343, sowie OLG Frankfurt/M. v. 18.5. 2000 – 13 W 29/00, NJW-RR 2000, 1117 [1119 in obiter dictum], dies voraussetzend auch OLG Frankfurt/M. v. 13.6.2013 – 26 SchH 6/13, BeckRS 2016, 10147). Jedenfalls die bloße Vereinbarung der Zuständigkeit des Schiedsgerichts für einstweiligen Rechtsschutz enthält regelmäßig keine Vereinbarung, mit der der Weg zu den staatlichen Gerichten für das Eilverfahren ausgeschlossen wäre (OLG Frankfurt/M v. 20.5.2020 – 19 W 22/20, NJOZ 2021, 59 [61]; OLG Frankfurt/M. v. 13.6.2013 – 26 SchH 6/13, BeckRS 2016, 10147). Ein Ausschluss muss vielmehr hinreichend deutlich formuliert sein (LG Mannheim v. 9.12.2020 – 14 O 207/20, NJOZ 2021, 157 [158]). Ferner bleibt der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten auch nach der Rechtsprechung, die die Abdingbarkeit befürwortet, eröffnet, wenn noch kein Schiedsgericht gebildet ist und es des Erlasses einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Rechtsfriedens bedarf (OLG Frankfurt/M v. 20.5.2020 – 19 W 22/20, NJOZ 2021, 59 [60]; OLG Frankfurt/M. v. 20.5.2020 – 19 W 22/20, BeckRS 2020, 10936). Da der deutsche Gesetzgeber von der Gleichrangigkeit beider Verfahren ausgeht 69 (vgl. Rz. 1), spricht nichts dagegen, den Ausschluss des staatlichen einstweiligen Rechtsschutzes anzuerkennen, soweit die Parteien diesen Ausschluss eindeutig beabsichtigten (i.d.R. sollte hierfür eine ausdrückliche Vereinbarung vorliegen) und der an dessen Stelle tretende schiedsgerichtliche einstweilige Rechtsschutz gleichwertig ist. Letzteres setzt voraus, dass die Parteien auch vor der Konstituierung des Schiedsgerichts wirksamen Eilrechtsschutz erlangen können, wie dies durch den Eilschiedsrichter der ICC-SchO oder das Verfahren in § 20.2 DISSportSchO gewährleistet wird. Die DIS-SchO kennt nach wie vor kein solches Verfahren (dazu Rz. 5 a.E.). Ein Ausschluss des staatlichen einstweiligen Rechtsschutzes ist daher in Verfahren nach der DIS-SchO nach wie vor erst ab dem Zeitpunkt der Konstituierung des Schiedsgerichts möglich, und auch dann in der Praxis untypisch und meist nicht zu empfehlen (Boog/Quinke in FleckeGiammarco/Boog/Elsing/Heckel/Meier, Art. 25 Rz. 94). Rechtsprechung dazu liegt soweit ersichtlich nicht vor. Anhang 1: Muster (deutsch)1 Antrag auf Erlass einer einstweiligen schieds- 70 gerichtlichen Maßnahme Schiedsverfahren nach der SchO der Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. Referenz: DIS-SV-… 1 Englische Fassung s. Rz. 71.
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Art. 25 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht An das Schiedsgericht, bestehend aus Schiedsrichter X als Vorsitzender, Schiedsrichter Y und Z ANTRAG AUF EINSTWEILIGEN RECHTSSCHUTZ der A GmbH, Musterstr. 1, 12345 Musterstadt – Schiedsklägerin – vertreten durch … gegen B GmbH, Musterstr. 2, 12345 Musterstadt – Schiedsbeklagte – vertreten durch … Die Schiedsklägerin beantragt hiermit den Erlass folgender Maßnahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Schiedsbeklagte gemäß Art. 25.1 DIS-SchO: 1. … 2. … Begründung: Der einstweilige Rechtsschutz ist erforderlich. Der Anordnungsanspruch ergibt sich aus … Der Anordnungsgrund folgt aus … Eine beglaubigte Kopie der Schiedsvereinbarung ist beigefügt. Die Parteien haben die Anwendbarkeit von Art. 25.1 DIS-SchO nicht ausgeschlossen. (Unterschrift) 71 Anhang 2: Muster (englisch)1 Antrag auf Erlass einer einstweiligen schieds-
gerichtlichen Maßnahme Arbitral Proceedings under the Arbitration Rules of the German Arbitration Institute Reference: DIS-SV-… To the arbitral tribunal, consisting of Arbitrator X as Chairman, Arbitrators Y and Z APPLICATION FOR INTERIM MEASURES OF PROTECTION submitted by A GmbH, Musterstr. 1, 12345 Musterstadt – Claimant – represented by … vs. B GmbH, Musterstr. 2, 12345 Musterstadt, – Respondent – represented by … Claimant hereby requests that the following interim measures of protection be ordered against Respondent pursuant to Art. 25.1 of the DIS-Arbitration Rules: 1. … 2. …
1 Deutsche Fassung s. Rz. 70.
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Förderung einvernehmlicher Streitbeilegung | Art. 26 DIS-SchO
Reasons: The interim measure of protection is necessary. Claimant’s entitlement to the claim rests upon … The urgency follows from … A certified copy of the arbitration agreement is enclosed. The parties have not excluded the application of Art. 25.1 of the DIS-Arbitration Rules. (Signature)
Artikel 26 Förderung einvernehmlicher Streitbeilegung Das Schiedsgericht soll, sofern keine Partei widerspricht, in jeder Phase des Verfahrens eine einvernehmliche Beilegung der Streitigkeit oder einzelner Streitpunkte fördern. Regelungsschwerpunkte: Art. 26 sieht eine aktive Rolle des Schiedsgerichts bei Vergleichsbemühungen vor. → Rz. 1 ff.; Dies gilt nur dann, wenn keine Partei widerspricht. → Rz. 9 ff. Kostenaspekte: Durch eine vergleichsweise Beilegung der Streitigkeit oder einzelner Streitpunkte werden i.d.R. die Verfahrenskosten reduziert. → Rz. 21; Parteien sollten bei einem etwaigen Vergleich auch eine Einigung über die Verteilung der Verfahrenskosten in Betracht ziehen. → Rz. 19 ff. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften E. Widerspruchsvorbehalt . . . . . . .
__ _ __ 1
F. Vorgehen des Schiedsgerichts . .
3
G. Abschluss des Vergleichs . . . . . .
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H. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Abweichende Parteivereinbarung
__ __ 12 18 19 22
9
Literatur: Berger, Herausforderungen für die (deutsche) Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2009, 289 ff.; Berger, Integration mediativer Elemente in das Schiedsverfahren, RIW 2001, 881 ff.; Bilda, Beendigung des Schiedsverfahrens durch Vergleich: Probleme des Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut, DB 2004, 171 ff.; Dendorfer, Aktives Vergleichsmanagement – Best Practice oder Faux pas schiedsrichterlicher Tätigkeit?, SchiedsVZ 2009, 276 ff.; Elsing, Procedural Efficiency in International Arbitration: Choosing the Best of Both Legal Worlds, SchiedsVZ 2011, 114 ff.; Das Gupta, SchiedsVZ-Beilage Heft 1/2018, 44; Horvath, Schiedsgerichtsbarkeit und Mediation – Ein glückliches Paar?, SchiedsVZ 2005, 92 ff.; Hanefeld/Hombeck, International arbitration between standardization and flexibility – Predictability and flexibility seen from a client’s perspective, SchiedsVZ 2015, 20 ff.; Hunter, Arbitration in Germany – A Common Law Perspective, SchiedsVZ 2003, 163 ff.; International Arbitration: Corporate Attitudes and Practices, Queen Mary/PwC Study 2008; International Arbitration Survey: The Evolution of International Arbitration, Queen Mary/White & Case 2018; Mazza/Menz, Neuerungen in der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung im Überblick, SchiedsVZ-Beilage 2018, 39; Pitkowitz/Richter, May a
Quinke und Strack/Haller
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Art. 26 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Neutral Third Person Serve as Arbitrator and Mediator in the same Dispute?, SchiedsVZ 2009, 225; Plant, The Arbitrator as Settlement Facilitator, Journal of InternationalArbitration, Vol. 17 Issue 1 (2000), S. 143 ff.; Schardt, Neue Regelungen der DIS-Schiedsgerichtsordnung zur Steigerung der Verfahrenseffizienz, SchiedsVZ 2019, 28 ff.; Reeg, Should an International Arbitral Tribunal Engage Settlement Facilitation?, in Shaughnessy/Tung (Hrsg.), The Powers and Duties of an Arbitrator: Liber Amicorum Pierre A. Karrer (2017), S. 269 ff.; Risse/Baumann, Thinking Ahead: Dispute Resolution after the Corona Crisis, SchiedsVZ 2020, 165 ff.; Stutzer, Settlement Facilitation: Does the Arbitrator have a Role? The ‘Referentenaudienz’ – the ‘Zurich-Way’ of settling the Case, ASA Bulletin, Vol. 35, Issue 3 (2017), S. 589.
A. Normzweck 1 Art. 26 bestimmt, dass ein Schiedsrichter in DIS-Schiedsverfahren nicht nur be-
rechtigt, sondern auch angehalten ist, auf eine vergleichsweise Lösung hinzuwirken. Damit greift die DIS-SchO die in Deutschland ausgeprägte Praxis (schieds-) richterlich vermittelter Vergleiche auf. Vielen anderen Rechtssystemen ist diese Praxis fremd. Ein Vergleichsvorschlag durch einen (Schieds-)Richter führt in manchen Ländern sogar zur Besorgnis der Befangenheit. Die DIS-SchO beseitigt diese Gefahr von Ablehnungen wegen vermeintlicher Parteilichkeit, die durch eine aktive Rolle in Vergleichsverhandlungen besonders im internationalen Kontext ausgelöst werden könnten, und schafft sich mit einer so deutlichen Positionierung im internationalen Vergleich mit anderen Schiedsinstitutionen ein Alleinstellungsmerkmal.
2 Aus Art. 26 folgt jedoch nicht, dass es die Hauptaufgabe oder eine Pflicht des
Schiedsrichters ist, auch tatsächlich einen Vergleich herbeizuführen. Der Schiedsrichter soll Vergleichsmöglichkeiten aber erwägen und mit den Parteien erörtern. Es liegt selbstverständlich in der Hand der Parteien, ob und inwieweit sie Vergleichsverhandlungen führen wollen. Insofern sollte ein Schiedsrichter keinesfalls Druck auf die Parteien ausüben, sich zu vergleichen.
B. Reform 3 Art. 26 ersetzt § 32 DIS-SchO 1998, wobei diese Vorschrift ähnlichen Rege-
lungsgehalts im Zuge der Reform sprachlich gestrafft wurde. Anders als unter § 32 Abs. 1 DIS-SchO 1998 soll das Schiedsgericht nicht mehr auf „eine einvernehmliche Beilegung des Streits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein“, sondern diese in jeder Lage des Verfahrens lediglich „fördern“. Damit wird das Ziel verfolgt, eine möglichst frühe Streitlösung herbeizuführen, was einem der wesentlichen Anliegen der DIS-SchO-Neuregelungen entspricht. Die Förderung der einvernehmlichen Streitbeilegung durch das Schiedsgericht steht zudem nun ausdrücklich unter dem Widerspruchsvorbehalt der Parteien. Hierbei handelt es sich indes um eine bloße Klarstellung, da es bereits unter der Vorgängerregelung gängige Praxis war, die Zustimmung der Parteien für Vergleichsbemühungen 1010
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Strack/Haller
Förderung einvernehmlicher Streitbeilegung | Art. 26 DIS-SchO
einzuholen (vgl. Das Gupta, SchiedsVZ-Beilage Heft 1/2018, 44 [66]). Sinn und Zweck dieser Praxis ist die internationale Akzeptanz der DIS-SchO in Fällen zu gewährleisten, in denen ausländische Parteien die Regelung des Art. 26 als befremdlich empfinden. § 32 Abs. 2 und Abs. 3 DIS-SchO 1998 regelten die Verfahrensbeendigung 4 durch das Schiedsgericht im Falle eines Vergleichs. Insbesondere konnte das Schiedsgericht auf Antrag der Parteien den Vergleich in einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut festhalten. Das ist auch unter der DIS-SchO 2018 möglich und in Art. 41 geregelt. Art. 41 ersetzt § 32 Abs. 2 und erweitert § 32 Abs. 3 DIS-SchO 1998 (Näheres dazu unter Art. 41).
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO § 1053 ZPO erkennt die Möglichkeit an, ein Schiedsverfahren im Vergleichs- 5 wege zu beenden, trifft jedoch keine Regelung darüber, welche Rolle das Schiedsgericht dabei einnehmen soll. Es ist in der deutschen Rechtsprechung jedoch anerkannt, dass ein Schiedsrichter den Parteien Vergleichsvorschläge unterbreiten kann, ohne die Besorgnis der Befangenheit zu erregen (OLG München 3.1.2008 – 34 SchH 3/07, SchiedsVZ 2008, 102).
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im staatlichen Verfahren soll das Gericht in jeder Lage des Verfahrens auf einen 6 Vergleich hinwirken (§ 278 Abs. 1 ZPO). Zudem ist das staatliche Gericht gehalten, vor der eigentlichen mündlichen Verhandlung eine Güteverhandlung durchzuführen (§ 278 Abs. 2 ZPO). Der staatliche Richter wird mit seiner vorläufigen Einschätzung der Sach- und Rechtslage dabei i.d.R. weniger zurückhaltend sein als ein Schiedsrichter. Im staatlichen Verfahren stellt der Vergleich eine unmittelbar prozessbeendi- 7 gende Handlung dar. Ihm ist insofern ein prozessrechtliches Element immanent; die auf den Vergleichsabschluss gerichteten Erklärungen der Parteien sind Prozesserklärungen. Zugleich kommt dem Vergleich materiell-rechtliche Wirkung zu, da er auch inhaltlich die Streitpunkte der Parteien regelt. Im Schiedsverfahren kommt einem Vergleich keine unmittelbare prozessbeendi- 8 gende Wirkung zu. Vielmehr endet das Schiedsverfahren erst mit dem Beendigungsbeschluss durch das Schiedsgericht (Art. 42) oder mit einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut (Art. 41).
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Art. 26 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht E. Widerspruchsvorbehalt 9 Da die Mitwirkung des Schiedsrichters bei Vergleichsbemühungen der Parteien
in manchen Ländern eine Besorgnis der Befangenheit wegen vermeintlicher Parteilichkeit durch eine aktive Rolle in Vergleichsverhandlungen begründen konnte, waren Schiedsrichter bereits unter der DIS-SchO 1998 regelmäßig darauf bedacht, ihre Rolle mit den Parteien vorab zu besprechen und zu klären, in welchem Umfang und Ausmaß Unterstützung bei Vergleichsbemühungen gewünscht ist. Art. 26 sieht vor, dass das Schiedsgericht Vergleichsbemühungen nur fördern soll, wenn keine Partei widerspricht und enthält somit einen Widerspruchsvorbehalt der Parteien, nicht aber ein Zustimmungserfordernis.
10 Eine ausdrückliche Zustimmung der Parteien im Hinblick auf eine Mitwirkung
des Schiedsrichters bei Vergleichsbemühungen wird bspw. in den IBA-Guidelines empfohlen (General Standard 4 Buchst. d)). Schiedsgerichte sind vor allem in internationalen Schiedsverfahren eher zurückhaltend, von sich aus Vergleichsgespräche zu initiieren. Sofern die Schiedsvereinbarung der Parteien nicht ausdrücklich die Möglichkeit einer gütlichen Streitbeilegung enthält, sieht die Mehrheit der Schiedsrichter davon ab, eine solche Streitbeilegung voranzutreiben. Nur ausnahmsweise verweisen Schiedsrichter auf die Förderpflicht einer gütlichen Streitbeilegung unter der anwendbaren Schiedsordnung und versuchen, eine solche voranzutreiben (vgl. Survey: Queen Mary, S. 6). Das dürfte nun unter der DIS-SchO 2018, deren Vereinbarung als entsprechende Einverständniserklärung der Parteien zu betrachten ist, vermehrt geschehen – nicht zuletzt aufgrund der Einführung des Widerspruchsvorbehalts der Parteien.
11 Die Erwartungshaltungen der Parteien im Hinblick darauf, ob das Schiedsver-
fahren möglichst durch einen Vergleich beendet werden soll und welche Rolle das Schiedsgericht hierbei spielen soll, variieren stark (Dendorfer, SchiedsVZ 2009, 276, 276). Eine durchaus beträchtliche Anzahl von Schiedsverfahren wird durch einen Vergleich beendet. Oftmals wird der Vergleich nach einem „preliminary assessment“ bzw. einer ersten unpräjudiziellen Einschätzung des Schiedsgerichts oder im Rahmen der ersten mündlichen Verhandlung geschlossen (Corporate Attitudes and Practices, Queen Mary/PwC Study 2008, S. 7; Dendorfer, SchiedsVZ 2009, 276 [277]; Horvath, SchiedsVZ 2005, 292 [292]). Diese Tendenz trifft auch auf DIS-Schiedsverfahren zu (Dendorfer, SchiedsVZ 2009, 276 [277], Fn. 15).
F. Vorgehen des Schiedsgerichts 12 In der Praxis wird es i.d.R. darauf hinauslaufen, dass das Schiedsgericht das Ein-
verständnis der Parteien einholt. Denn zum einen sind Vergleichsgespräche erfolgversprechender, wenn alle Parteien motiviert sind, zum anderen hat der Wille der Parteien im Schiedsverfahren einen besonderen Stellenwert. Die Frage, ob das Schiedsgericht zu gegebener Zeit Vergleichsgespräche anregen soll, sollte bereits in der Verfahrenskonferenz zu Beginn des Verfahrens erfolgen. 1012
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Förderung einvernehmlicher Streitbeilegung | Art. 26 DIS-SchO
Ist das Einverständnis eingeholt, stellt sich die weitere Frage, ob und wenn ja 13 wann das Schiedsgericht den Parteien eine erste Einschätzung der Stärken und Schwächen der Positionen der Parteien darlegen soll oder darf. Es kann auch geboten sein, bereits in der Verfahrenskonferenz selbst eine einvernehmliche Beilegung der Streitigkeit oder einzelner Streitpunkte zu fördern. Anlage 3 sieht vor, dass das Schiedsgericht in der Verfahrenskonferenz mit den 14 Parteien u.a. folgende Maßnahme zur Steigerung der Verfahrenseffizienz erörtern soll: „Mitteilung der vorläufigen Einschätzung des Schiedsgerichts zur Sach- und Rechtslage bei Einwilligung aller Parteien“. Gleichzeitig regelt Anlage 3, dass das Schiedsgericht „die anzuwendende(n) Maßnahme(n) nach seinem Ermessen“ festlegt, sofern und soweit keine Einigung zwischen den Parteien zustande kommt. Dies kann man so verstehen, dass das Schiedsgericht eine vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage abgeben kann, wenn nicht beide Parteien sich dagegen aussprechen (Risse/Baumann, SchiedsVZ 2020, 165 [172]; anders Schardt, SchiedsVZ 2019, 28, 33; Berger, RIW 2001, 881 [887], schlägt eine abgestufte Fragetechnik vor; restriktiver Plant, Journal of International Arbitration, Vol. 17 Issue 1 (2000), 143 [146 f.]; noch weitreichender ist die aus der Praxis des Zürcher Handelsgerichts stammende und in Schiedsverfahren nach den Schweizer Regeln (Swiss Rules) mitunter durchgeführte „Referentenaudienz“, der eine schriftliche Gegenüberstellung der Stärken und Schwächen der Parteien durch das Schiedsgericht vorangeht, hierzu Stutzer, ASA Bulletin, Vol. 35, Issue 3 (2017), 589). Anderenfalls wäre das Schiedsgericht eines wichtigen Werkzeugs zur Förderung einer gütlichen Einigung beraubt und der Widerspruchsvorbehalt des Art. 26 zumindest teilweise in einen Einwilligungsvorbehalt umgewandelt. Anlage 3 enthält Vorschläge zur Verfahrensgestaltung – nicht mehr und nicht weniger. Insbesondere enthält Anlage 3 kein Verbot, sondern gibt dem Schiedsgericht auf, Maßnahmen mit den Parteien zu erörtern. Dieser Katalog ist weder abschließend noch verbindlich. Parteien empfinden eine frühzeitige Darlegung der Auffassung des Schiedsgerichts über den möglichen Ausgang des Verfahrens häufig als hilfreich (Hanefeld/Hombeck, SchiedsVZ 2015, 20 [23]). Weist das Schiedsgericht auf seine vorläufige Einschätzung der Sach- und/oder Rechtslage hin, erhalten die Parteien maximales rechtliches Gehör. Sie können viel besser auf die für das Schiedsgericht maßgeblichen Überlegungen eingehen und diese konkret adressieren. Die Parteien werden dann im Schiedsspruch nicht von Erwägungen überrascht, mit denen sie so nicht gerechnet hätten. Die (vorläufige) Einschätzung der Sach- und Rechtslage und Unterbreitung ei- 15 nes Vergleichsvorschlags durch das Schiedsgericht waren bisher in Verfahren nach der DIS-SchO nicht unüblich (Hunter, SchiedsVZ 2003, 163 [163]) und stellen regelmäßig keinen Ablehnungsgrund dar (anders wohl Pitkowitz/Richter, die für eine aktivere Rolle des Schiedsgerichts eine spezifischere, ausdrückliche Vereinbarung der Parteien für erforderlich halten, SchiedsVZ 2009, 225 [227 ff.]). Dies wäre nur dann der Fall, wenn berechtigterweise der Eindruck entsteht, dass das Schiedsgericht willkürlich oder voreingenommen handelt, eine Strack/Haller
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Art. 26 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Partei dauerhaft bevorzugt oder übermäßigen Druck ausübt. Um eine einvernehmliche Beilegung zu fördern, muss das Schiedsgericht einen gewissen Spielraum für die Unterbreitung von Vorschlägen haben. Es bleibt den Parteien jedoch unbenommen, einen Vergleichsvorschlag abzulehnen und durch weiteren Vortrag und Beweise die Einschätzung des Schiedsgerichts zu ändern. Sollte das Schiedsgericht im weiteren Verlauf des Verfahrens Vortrag einer Partei unberücksichtigt lassen, kann dies einen Ablehnungsgrund darstellen (s. zu alledem OLG München v. 3.1.2008 – 34 SchH 3/07, SchiedsVZ 2008, 102 [104]). Auch die 2018 verabschiedeten Rules on the Efficient Conduct of Proceedings in International Arbitration (Prague-Rules) sehen ausdrücklich vor, dass das Schiedsgericht bereits in der ersten Verfahrenskonferenz auf seine vorläufige Rechtsauffassung hinweisen kann und dass ein solcher Hinweis des Schiedsgerichts keinen Befangenheitsgrund darstellt (Art. 2.4 Buchst. e) Prague-Rules). Probleme können jedoch u.U. im Anerkennungs- und Vollstreckungsverfahren entstehen. Die Schiedsrichter müssen berücksichtigen, dass nach manchen Rechtstraditionen ein Gericht sich unter keinen Umständen zur vorläufigen Rechtseinschätzung oder zu einem Vergleichsvorschlag äußern darf, will es den Eindruck der Befangenheit verhindern. 16 Ob das Schiedsgericht seine vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage
bereits in der Verfahrenskonferenz darlegt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und liegt im Ermessen des Schiedsgerichts. Das Schiedsgericht kann auch einen gesonderten Termin für Vergleichsgespräche vorsehen, um dabei als Moderator aufzutreten. Diese Moderatorenrolle können das gesamte Schiedsgericht, nur der Vorsitzende oder nur die parteiernannten Schiedsrichter übernehmen (Dendorfer, SchiedsVZ 2009, 276 [282]). Das Schiedsgericht sollte aber vermeiden, Einzelgespräche zwischen Schiedsgericht und nur einer Partei zu führen. Dies ist kritisch im Hinblick auf die Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter, da es den Eindruck der einseitigen Bevorzugung einer Partei erwecken kann. Auch ist es mit Blick auf das Recht auf rechtliches Gehör problematisch, wenn das Schiedsgericht von einer Partei Tatsachen oder Argumente erfährt, die die andere Partei nicht kennt und sich daher nicht dazu positionieren kann. So führt auch nach Art. 8 der IBA Rules of Ethics for International Arbitrators ein Einzelgespräch zum Ausschluss des Schiedsrichters. Auch wenn das Schiedsgericht Vergleichsverhandlungen vorantreiben darf und sogar soll, muss es im Falle des Scheiterns der Verhandlungen noch eine unbeeinflusste Entscheidung treffen können. Zudem wird sich eine Partei kaum offen gegenüber denjenigen Personen äußern, die den Rechtsstreit später entscheiden müssen, falls eine Einigung scheitert. Das Führen von Einzelgesprächen sollte daher Mediatoren vorbehalten werden (Dendorfer, SchiedsVZ 2009, 276 [282]; Risse, S. 241 ff.; Reeg in, Liber Amicorum Pierre A. Karrer, 269 [275]).
17 Die Vorteile einer aktiveren Rolle des Schiedsgerichts bei der Herbeiführung ei-
ner Einigung werden auch im internationalen Umfeld immer mehr anerkannt und eine solche wird auch von vielen Nutzern der Schiedsgerichtsbarkeit gefordert. In diesem Zusammenhang werden insb. Zeit- und Kostenaspekte oder die
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Strack/Haller
Förderung einvernehmlicher Streitbeilegung | Art. 26 DIS-SchO
Erhaltung der Geschäftsbeziehung zwischen den Parteien genannt (Berger, SchiedsVZ 2009, 289, 293; Elsing, SchiedsVZ 2011, 114, 118; Reeg in Liber Amicorum Pierre A. Karrer, 269 ff.). Diese Diskussion hat im Zuge der COVID-19Pandemie nochmal eine neue Dimension erhalten. Da die Schnelligkeit der Herbeiführung einer Lösung in COVID-19-bezogenen Streitigkeiten besondere Bedeutung hat und die außergewöhnlichen Umstände der Streitigkeiten regelmäßig flexible Lösungen erfordern, wird die Ansicht vertreten, dass das Schiedsgericht stärker als bisher auf eine einvernehmliche Beilegung hinwirken sollte. In Bezug auf Art. 26 wird eine wörtliche Auslegung dahingehend befürwortet, dass das Schiedsgericht vor der Anberaumung von Vergleichsverhandlungen oder Unterbreitung eines Vergleichsvorschlags nicht das Einverständnis der Parteien einholen muss, und dass der Widerspruch einer Partei lediglich die Pflicht des Schiedsgerichts entfallen lässt, eine gütliche Einigung zu fördern, das Ermessen des Schiedsgerichts, dies jederzeit zu versuchen, jedoch (bis zum Widerspruch auch der anderen Partei(en)) unberührt lässt (Risse/Baumann mit Verweis auf sog. „nudging Techniken“, SchiedsVZ 2020, 165 [169, 171]). Dies wird sich sicherlich auch auf die Zeit nach der Pandemie und auf Streitigkeiten ohne COVID-19-Bezug auswirken.
G. Abschluss des Vergleichs Ein Vergleich führt nicht unmittelbar zur Beendigung des Schiedsverfahrens. § 32 18 Abs. 2 DIS-SchO 1998 bestimmte daher bislang, dass das Schiedsgericht im Vergleichsfall einen Beendigungsbeschluss oder – auf Antrag der Parteien – einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut erlassen musste. Der Beendigungsbeschluss ist nunmehr in Art. 42 und der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut in Art. 41 geregelt (Näheres daher unter Art. 42 Rz. 15 und Art. 41 Rz. 14).
H. Kosten Haben die Parteien eine abschließende Regelung über die Kosten getroffen, ge- 19 nügt der Beendigungsbeschluss des Schiedsgerichts, um das Verfahren zu beenden. Die Parteien haben in einem solchen Fall sämtliche offene Fragen in dem Vergleich erfasst, so dass für eine Entscheidung des Schiedsgerichts – auch über die Kosten – kein Raum mehr bleibt. In einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut muss das Schiedsgericht auch die Kostenregelung der Parteien mit aufnehmen. Fehlt eine Einigung der Parteien zu den Kosten und wird eine Entscheidung 20 über die Kostentragungspflicht von einer Seite gefordert, bleibt das Verfahren insoweit noch anhängig. Das Schiedsgericht muss dann in einem Kostenschiedsspruch (der gleichzeitig der Endschiedsspruch ist) entscheiden, wie die Verfahrenskosten zu verteilen sind. Die deutsche ZPO sieht in § 98 ZPO vor, dass die Kosten des abgeschlossenen Vergleichs als gegeneinander aufgehoben Strack/Haller
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Art. 27 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht anzusehen sind, wenn die Parteien nichts Abweichendes geregelt haben. Allerdings ist § 98 ZPO in Schiedsverfahren nicht anwendbar; die Vorschrift lässt sich auf Schiedsverfahren auch nicht ohne weiteres übertragen. Im Schiedsverfahren führt der Vergleich nicht unmittelbar zur Verfahrensbeendigung, stellt also selbst keine Prozesshandlung dar. Er regelt vielmehr die materielle Rechtslage und führt insoweit zur Erledigung des Streitgegenstands. Das Schiedsgericht muss daher über die Kosten entscheiden und dabei den bisherigen Sach- und Streitstand berücksichtigen. Dabei sollte es sich nicht ohne Weiteres vom in § 98 ZPO enthaltenen Gedanken leiten lassen. 21 Schließlich ist zu berücksichtigen, dass durch eine vergleichsweise Beilegung der
Streitigkeit oder einzelner Streitpunkte i.d.R. die Verfahrenskosten, insb. die Parteivertretungskosten, reduziert werden. Außerdem kann sich eine Beendigung des Schiedsverfahrens durch Vergleich auf das Schiedsrichterhonorar auswirken. Art. 34.4 sieht vor, dass der DIS-Rat die Honorare der Schiedsrichter in einem solchen Fall nach seinem freien Ermessen festsetzen kann (Näheres dazu unter Art. 34 Rz. 9). Für die Bearbeitungsgebühren der DIS trifft die DIS-SchO für den Fall einer vergleichsweisen Beendigung des Schiedsverfahrens keine Regelung. Zu einer Herabsetzung der Bearbeitungsgebühren wird es daher selbst im Falle einer vorzeitigen Verfahrensbeendigung in aller Regel nicht kommen.
I. Abweichende Parteivereinbarung 22 Die Parteien können grds. das vom Schiedsgericht anzuwendende Verfahren
vereinbaren. Allerdings gilt dies für die wesentlichen Verfahrensschritte nicht. Hierzu zählen solche zur Verfahrensbeendigung. Die Parteien können daher nicht selbst vereinbaren, wann das Schiedsverfahren enden soll. Es bleibt insoweit bei den Regelungen der DIS-SchO. Allerdings können die Parteien die Rolle des Schiedsgerichts näher bestimmen, die das Schiedsgericht mit Blick auf Vergleichsverhandlungen einnehmen soll. So können die Parteien z.B. ausschließen, dass das Schiedsgericht ohne Aufforderung der Parteien von sich aus Vergleichsgespräche anstößt.
Artikel 27 Effiziente Verfahrensführung 27.1 Das Schiedsgericht und die Parteien sollen das Schiedsverfahren unter Berücksichtigung der Komplexität und der wirtschaftlichen Bedeutung des Falles effizient führen. 27.2 Das Schiedsgericht hat alsbald nach seiner Konstituierung, in der Regel innerhalb von 21 Tagen, eine Verfahrenskonferenz mit den Parteien abzuhalten. 27.3 Neben etwaigen externen Verfahrensbevollmächtigten sollen an der Verfahrenskonferenz auch die Parteien selbst oder eine intern beauftragte Person 1016
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Strack/Haller und Herzberg
Effiziente Verfahrensführung | Art. 27 DIS-SchO
teilnehmen. Das Schiedsgericht kann die Anwesenheit eines gemäß Artikel 2.2 bestellten Konfliktmanagers bei der Verfahrenskonferenz zulassen. 27.4 In der Verfahrenskonferenz erörtert das Schiedsgericht mit den Parteien, welche Verfahrensregeln gemäß Artikel 21 auf das Verfahren vor dem Schiedsgericht anzuwenden sind, und den Verfahrenskalender. Es hat dabei die effiziente Gestaltung des Verfahrens zu erörtern, insbesondere (i) inwieweit die in Anlage 3 genannten Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz angewendet werden sollen, (ii) ob das beschleunigte Verfahren gemäß Anlage 4 angewendet werden soll und (iii) ob eine einvernehmliche Beilegung der Streitigkeit oder einzelner Streitpunkte mittels einer Mediation oder eines anderen alternativen Streitbeilegungsverfahrens herbeigeführt werden kann. 27.5 In oder alsbald nach der Verfahrenskonferenz hat das Schiedsgericht eine verfahrensleitende Verfügung zu erlassen und den Verfahrenskalender festzulegen. 27.6 Das Schiedsgericht kann bei Bedarf weitere Verfahrenskonferenzen durchführen sowie weitere verfahrensleitende Verfügungen erlassen und den Verfahrenskalender abändern. 27.7 Das Schiedsgericht hat mit den Parteien in der ersten Verfahrenskonferenz und bei Bedarf in weiteren Verfahrenskonferenzen zu erörtern, ob Sachverständige eingesetzt werden sollen und wie das Sachverständigenverfahren effizient gestaltet werden kann. 27.8 Das Schiedsgericht übermittelt alle verfahrensleitenden Verfügungen sowie den Verfahrenskalender und etwaige Änderungen auch der DIS. Anlage 3: Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz In der Verfahrenskonferenz hat das Schiedsgericht mit den Parteien die folgenden Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz zu erörtern: A. Begrenzung des Umfangs und der Anzahl der Schriftsätze sowie etwaiger schriftlicher Zeugenaussagen und von den Parteien vorgelegter Sachverständigengutachten B. Durchführung nur einer mündlichen Verhandlung, einschließlich einer etwaigen Beweisaufnahme C. Aufteilung des Schiedsverfahrens in mehrere Phasen D. Erlass von Teilschiedssprüchen oder von anderen Teilentscheidungen E. Regelung der Frage, ob die Möglichkeit der Vorlage von Dokumenten durch die nicht beweisbelastete Partei eingeräumt werden soll, sowie gegebenenfalls Beschränkung der Vorlage von Dokumenten F. Mitteilung der vorläufigen Einschätzung des Schiedsgerichts zur Sachund Rechtslage bei Einwilligung aller Parteien G. Nutzung von Informationstechnologie Herzberg
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Art. 27 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Soweit zwischen den Parteien keine Einigkeit über die Anwendung einer oder mehrerer Maßnahmen besteht, legt das Schiedsgericht in der Verfahrenskonferenz oder alsbald danach die anzuwendende(n) Maßnahme(n) nach seinem Ermessen fest. Regelungsschwerpunkte: Art. 27.1 Effizienzgrundsatz. → Rz. 10; Art. 27.2–Art. 27.8 Verfahrenskonferenz, verfahrensleitende Verfügung und Verfahrenskalender. → Rz. 27; Anlage 3 Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz. → Rz. 33 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften E. Pflicht zur effizienten Verfahrensführung (Art. 27.1) . . . . . . . F. Pflicht zur Einberufung einer Verfahrenskonferenz (Art. 27.2) G. Erörterungspflicht (Art. 27.4, Art. 27.7) . . . . . . . . . . . . . . . . .
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H. Verfahrensleitende Verfügung, Verfahrenskalender (Art. 27.5, Art. 27.8) . . . . . . . . . . . . . . . . .
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I. Befugnis zum Ergreifen weiterer Maßnahmen und zur Abänderung des Verfahrenskalenders (Art. 27.6) . . . . . . . . . . . . . . . .
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J. Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz (Anlage 3) . . . . . . . . . . . . . . . .
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K. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Das Gupta, Kurzkommentare zu den Änderungen in der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung, SchiedsVZ-Beilage 2018, 44 ff.; Decker, Das neue beschleunigte Verfahren der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit, in SchiedsVZ 2019, 75 ff.; Greenwood, Revisiting Bifurcation and Efficiency in International Arbitration Proceedings, Journal of International Arbitration, Vol. 36 Issue 4 (2019), S. 421 ff.; ICC Commission of Arbitration, Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration, ICC Court Bulletin, Vol. 18 No. 1 (2007), S. 23 ff.; Kaplan, Winter of Discontent, Journal of International Arbitration, Vol. 34 Issue 3 (2017), S. 373 ff.; Liebscher, Teamwork Approach in Arbitration: A New Perspective, Journal of International Arbitration, Vol. 37 Issue 3, S. 289 ff.; Ongenae/Piers, Procedural Formalities in Arbitration: Towards a Technologically Neutral Legal Framework, Journal of International Arbitration, Vol. 38 Issue 1 (2021), S. 27 ff.; Weiss/Klisch/ Profaizer, Techniques and Tradeoffs for Incorporating Cost- and Time-Saving Measures into International Arbitration Agreements, Journal of International Arbitration, Vol. 34 Issue 2 (2017), S. 257 ff.; Schardt, Neue Regelungen der DIS-Schiedsgerichtsordnung zur Steigerung der Verfahrenseffizienz, SchiedsVZ 2019, 28 ff.
A. Normzweck 1 Art. 27 hat mehrere Regelungsgegenstände:
– Art. 27.1 hält als generelle Verpflichtung fest, dass unter Berücksichtigung der Komplexität und der wirtschaftlichen Bedeutung des Falles ein effizientes Verfahren geführt werden soll. – In Art. 27.2–Art. 27.4, Art. 27.6–Art. 27.8 wird die – vielfach in der Praxis und unter anderen Schiedsordnungen schon vorher durchgeführte – Verfah1018
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Effiziente Verfahrensführung | Art. 27 DIS-SchO
renskonferenz als obligatorisches Instrument der DIS-Schiedsgerichtsbarkeit eingeführt. Verfahrenskonferenzen sind auch in beschleunigten Verfahren obligatorisch. – Art. 27.5 bestimmt, dass zu Verfahrensbeginn ein Verfahrenskalender festzulegen ist, damit die Parteien, das Schiedsgericht sowie die DIS von Anfang an absehen können, wie das Verfahren strukturiert sein wird und welche Fristen und Termine einzuhalten sind. Verfahrenskonferenz und Verfahrenskalender bilden gemeinsam mit der ersten 2 prozessleitenden Verfügung des Schiedsgerichts ein vielseitiges Instrumentarium, das dem Schiedsgericht und den Parteien die antizipierende Strukturierung und Steuerung ihres Schiedsverfahrens ermöglicht. Die Regelungen zur Verfahrenskonferenz tragen zunächst der Tatsache Rech- 3 nung, dass die Führung eines Schiedsverfahrens nach heutigem Verständnis nicht lediglich private Rechtsprechungstätigkeit, sondern zugleich eine Projektmanagementaufgabe darstellt. Die Verfahrenskonferenz ist vergleichbar mit einem „Kick-Off-Meeting“, bei dem ein Projektplan entworfen wird. Struktur und Planung helfen, Kosten zu sparen, Redundanzen zu vermeiden und die Verfahrensdauer signifikant zu senken, ohne notwendigerweise Abstriche bei der Qualität machen zu müssen. Insbesondere in der gemeinsamen Vorbesprechung der Verfahrensstrukturierung und des Zeitplans (mit den Parteien und ggfs. sogar ihren internen Vertretern) liegt ein wesentlicher Vorteil gegenüber der staatlichen Gerichtsbarkeit. Insoweit ist neben dem Effizienzgewinn auch die erhöhte Transparenz hervorzuheben. Es steht – zumindest pro Verfahrensphase, falls es davon mehrere gibt – von Anfang an fest, wer bis wann wozu vorzutragen hat, wann Termine liegen und wie es nach diesen Terminen weitergeht. Dieses Mehr an Transparenz erleichtert nebenbei auch der DIS die administrative Betreuung des Verfahrens, da Meilensteine, die etwa für die Überprüfung der Angemessenheit der Vorschüsse relevant sind, bereits zu einem frühen Zeitpunkt feststehen. Dadurch können die institutions-internen Abläufe optimiert und auch so wieder Zeitgewinne realisiert werden. Andererseits muss sich auch das Schiedsgericht an dem von ihm mitgetragenen Verfahrenskalender festhalten lassen. Wenn auch der Verfahrenskalender nicht grds. der förmlichen Zustimmung der 4 Parteien bedarf, wird der vom Schiedsgericht erstellte Entwurf des Verfahrenskalenders doch in der Praxis ganz regelmäßig gemeinsam mit der ersten prozessleitenden Verfügung erörtert. Die Verfahrensautonomie der Parteien, die diese erstmals mit der Schiedsvereinbarung betätigt haben, wird daher durch die Verfahrenskonferenz und den Verfahrenskalender gleichsam aktualisiert. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs erfordert es, dass das Schiedsgericht sich mit Stellungnahmen und Anträgen der Parteien zu Fragen der Verfahrensgestaltung auseinandersetzt. Gewichtigen, insb. übereinstimmend vorgebrachten Wünschen der Parteien zur Strukturierung des Schiedsverfahrens wird sich das Schiedsgericht kaum je verschließen können. Anlage 3 zeigt Beispiele für Verfahrenstechniken auf, die das Schiedsgericht 5 und die Parteien in Erwägung ziehen können. Der Katalog ist nicht abschlieHerzberg
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Art. 27 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht ßend, aber Parteien oder Schiedsgericht sind verpflichtet, ihn zu erörtern. Der Katalog bietet insb. bei Diskussionen über die Verfahrensgestaltung geeignete Ansatzpunkte für Lösungen, die von allen Verfahrensbeteiligten mitgetragen werden. Kann keine einheitliche Lösung gefunden werden, legt Anlage 3 aber auch fest, dass bei Uneinigkeit über die Anwendung von Maßnahmen, das Schiedsgericht nach seinem Ermessen darüber entscheiden kann.
B. Reform 6 Art. 27 DIS-SchO hat in der Version von 1998 nicht existiert. Eine mit Art. 27.1
vergleichbare Regelung war zuvor in § 33 Abs. 1 DIS-SchO 1998 zu finden. Allerdings verpflichtete § 33 Abs. 1 DIS-SchO 1998 lediglich das Schiedsgericht und nicht auch die Parteien zur effizienten Verfahrensführung. Auch aus § 24 Abs. 2 DIS-SchO 1998 konnte die dem Schiedsrichteramt letztlich ohnehin inhärente Pflicht des Schiedsgerichts zur aktiven Förderung des Verfahrens abgelesen werden. Die nun für alle Verfahren geltende Verpflichtung zum Erstellen eines Verfahrenskalenders gemäß Art. 27.5 war zuvor lediglich für beschleunigte Verfahren in § 5 Abs. 1 ERBV festgehalten (dort „Zeitplan“).
7 Die Aufnahme in eine eigene und differenzierte Regelung dient dazu, die Wich-
tigkeit eines effizienten Verfahrens herauszustellen und das Einhalten bestimmter Schritte verpflichtend einzuführen, um somit Schiedsverfahren durchweg effizienter zu gestalten.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 8 Die ZPO sieht die Abhaltung einer Verfahrenskonferenz oder die Erstellung ei-
nes Verfahrenskalenders nicht vor, steht der – in der Einigung auf die DIS-SchO enthaltenen – Vereinbarung eines entsprechenden Verfahrens aber auch nicht entgegen. Die Regelungen der DIS-SchO gehen den dispositiven Bestimmungen der §§ 1046, 1047 ZPO vor. Die beispielhaft erwähnten Regelungstechniken des Anlage 3 stehen mit den von der ZPO gewährleisteten Grundsätzen der Parteiautonomie sowie der Befugnis des Schiedsgerichts zur Verfahrensleitung nicht im Widerspruch.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 9 Durch Art. 27.1 kommt der im deutschen Zivilprozessverfahren allgemein un-
geschrieben anerkannte Grundsatz der Beschleunigung sowie der Prozessökonomie zum Ausdruck. In der ZPO wird dieser Grundsatz bspw. in §§ 272, 139, 282, 296, 330 ff. ZPO konkretisiert. Für die weiteren Regelungen von Art. 27 in den Art. 27.2–Art. 27.8 sowie der Anlagen 3 und 4 existieren im Verfahren vor staatlichen Gerichten keine funktionsäquivalenten Rechtsinstitute. 1020
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Effiziente Verfahrensführung | Art. 27 DIS-SchO
E. Pflicht zur effizienten Verfahrensführung (Art. 27.1) Durch die Konkretisierung in den weiteren Absätzen des Art. 27 beschränkt sich 10 Art. 27.1 in seiner praktischen Bedeutung auf ein Gebot an das Schiedsgericht und die Parteien, den Grundsatz der effizienten Verfahrensführung in allen Phasen und Aspekten des Verfahrens zu berücksichtigen. Der Effizienzgrundsatz eröffnet es dem Schiedsgericht insb., auf andere, in Art. 27 oder in Anlage 3 nicht genannte Techniken zurückzugreifen, um dieses Ziel zu erreichen, bspw. die Vereinbarung einer Pre-Hearing-Conference und Absprachen zur Zeiteinteilung in der mündlichen Verhandlung. Ferner kann es sich auch anbieten, die Parteien im Rahmen der ersten Verfahrenskonferenz darauf hinzuweisen, dass Verfahrensverzögerungen durch eine der Parteien im Rahmen der Ermessensentscheidung des Schiedsgerichts über die Kosten des Schiedsverfahrens (Art. 33) berücksichtigt werden können. Denn die tatsächliche Dauer eines Schiedsverfahrens hängt regelmäßig nicht nur vom Verhalten der Schiedsrichter, sondern auch vom Verhalten der Parteien bzw. ihrer jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten ab. Alle in Art. 27 und den Anlagen 3 und 4 genannten Möglichkeiten können die 11 Parteien i.S.d. Prozessökonomie auch bereits in der Schiedsvereinbarung oder auf anderem Wege vereinbaren (wie bspw. oft die Anzahl der Schiedsrichter). Verfahrensverzögerungen durch den/die Schiedsrichter. Sollte eine unange- 12 messene Verfahrensverzögerung durch einen Schiedsrichter vorliegen und können sich nicht alle Parteien auf die vorzeitige Beendigung des Amtes des Schiedsrichters einigen (Art. 16.1 (v)), kann jede Partei gemäß Art. 9.1, 2 Anlage 1 einen Antrag auf Amtsenthebung bei der DIS stellen (so auch vorgesehen in § 1038 Abs. 1 Satz 2 ZPO und in Art. 14 Abs. 1 Satz 2 UNCITRAL-ModG mit einem Antrag beim Gericht). Auf die Pflicht zur effizienten Verfahrensführung hat die DIS-Reform 2018 einen 13 Schwerpunkt gesetzt. Dessen Auswirkungen sind nicht nur in Art. 27.2–27.8 zu finden, sondern ebenfalls in den Art. 7.1 (die Beklagte muss 21 Tage nach Zustellung der Schiedsklage einen Schiedsrichter benennen), Art. 12.2 (Verkürzung der Frist zur Benennung eines Vorsitzenden) und Art. 10.2 (Beantragung einer Entscheidung durch den Einzelschiedsrichter durch jede Partei).
F. Pflicht zur Einberufung einer Verfahrenskonferenz (Art. 27.2) Art. 27.2 regelt, dass innerhalb von 21 Tagen nach Konstituierung (Art. 13.4) 14 des Schiedsgerichts eine Verfahrenskonferenz abzuhalten ist. Obligatorischer Gegenstand einer Verfahrenskonferenz sind prozessuale Maß- 15 nahmen. Die Verfahrenskonferenz dient dazu, die Parteien zu solchen Maßnahmen anzuhören, die gemäß Art. 21 auf das Schiedsverfahren anzuwenden sind (Art. 27.4). Diese Maßnahmen müssen gemäß Art. 27.5 in der ersten prozessleitenden Verfügung des Schiedsgerichts mitsamt dem Verfahrenskalender verfügt werden. Beispiele für Verfahrenstechniken, wie sie Gegenstand einer VerfahHerzberg
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Art. 27 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht renskonferenz sein können, finden sich in Anlage 3, worauf Art. 27. 4 (i) hinweist (näher zu Anlage 3 s. Rz. 33 ff.). 16 Weitere Inhalte. Gemäß Art. 27.4 wird anlässlich der ersten Verfahrenskonferenz
auch der Entwurf des Verfahrenskalenders besprochen (s. Rz. 27 ff.). Ferner kann es sich anbieten, die Parteien im Rahmen der ersten Verfahrenskonferenz darauf hinzuweisen, dass Verfahrensverzögerungen durch eine der Parteien im Rahmen der Ermessensentscheidung des Schiedsgerichts über die Kosten des Schiedsverfahrens (Art. 33.3) berücksichtigt werden können. Denn die tatsächliche Dauer eines Schiedsverfahrens hängt regelmäßig nicht nur vom Verhalten der Schiedsrichter, sondern auch von dem der Parteien bzw. ihrer jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten ab. Eine Hinweispflicht besteht indes nicht; nach Art. 33.3 kann auch verfahren werden, wenn ein entsprechender Hinweis nicht erteilt wurde.
17 Verfahren, Einzelheiten. In der Praxis zirkuliert das Schiedsgericht rasch nach
Bestellung per E-Mail Entwürfe der ersten prozessleitenden Verfügung und des Verfahrenskalenders, verbunden mit der Konkretisierung eines Termins oder auch mehrerer möglicher zur Wahl gestellter Termine für eine erste Verfahrenskonferenz per Telefon- oder Videokonferenz. Verfahrenskonferenzen bei gleichzeitiger physischer Anwesenheit der Beteiligten sind wegen des damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwands selten. Gleichwohl ist das Schiedsgericht an entsprechende Vereinbarungen der Parteien gebunden. Zur Vorbereitung der Verfahrenskonferenz kann das Schiedsgericht die Parteien auffordern, Vorschläge zu machen bzw. zu Vorschlägen des Schiedsgerichts Stellung zu nehmen; jedenfalls konkludent liegt eine solche Aufforderung in der Übersendung der Entwürfe der ersten prozessleitenden Verfügung und des Verfahrenskalenders mit der Bitte um Stellungnahme.
18 Teilnehmerkreis (Art. 27.3). An der Verfahrenskonferenz sollen die Naturalpar-
tei in eigener Person sowie deren Verfahrensbevollmächtigte teilnehmen. Ist eine nichtnatürliche Person Prozesspartei, ist die Teilnahme eines internen Vertreters erforderlich. Insbesondere hinsichtlich der Zeitplanung entfallen zeitraubende Abstimmungen zwischen anwaltlichen Vertretern und ihren Mandanten, wenn letztere an der Verfahrenskonferenz selbst beteiligt werden. Hierdurch wird das Verfahren von Beginn an effizient gestaltet. Sanktionen für den Fall, dass eine Partei einer Anordnung gemäß Art. 27.3 nicht Folge leistet, sieht die DIS-SchO indes nicht vor (beachte aber Art. 33.3). Auch, wenn sich eine Partei nicht am Schiedsverfahren beteiligt, ist eine Verfahrenskonferenz gleichwohl durchzuführen.
19 Protokoll. Es ist üblich und sinnvoll, dass das Schiedsgericht ein Ergebnisproto-
koll jeder Verfahrenskonferenz mit den Parteien teilt – zunächst als Entwurf im Word-Format und nach Eingang von Stellungnahmen und ggf. deren Berücksichtigung als finales Dokument.
20 Weitere Verfahrenskonferenz(en) (Art. 27.6). Aus Art. 27.6 ergibt sich, dass
die Abhaltung weiterer Verfahrenskonferenz möglich ist, was bspw. sinnvoll sein kann nach Erlass eines Teilschiedsspruchs, nach einem Wechsel in der Besetzung des Schiedsgerichts oder zur Vergleichsförderung.
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Effiziente Verfahrensführung | Art. 27 DIS-SchO
G. Erörterungspflicht (Art. 27.4, Art. 27.7) Art. 27.4 und Art. 27.7 sehen eine Erörterungspflicht für verschiedene effizienz- 21 steigernde Maßnahmen vor. Vor allem diese Erörterungspflicht soll vermeiden, „dass die Verfahrensbeteiligten reflexartig bestimmte zeit- und kostenintensive Maßnahmen wählen, anstatt ein für sie maßgeschneidertes Verfahren zu entwickeln“ (Schardt in SchiedsVZ 2019, 28 [29]). Regeln anderer Schiedsinstitutionen, wie bspw. der ICC (vgl. Art. 24 und Anhang IV) sehen lediglich vor, dass bestimmte Punkte in Erwägung gezogen werden können. Anlage 3 (Art. 27.4 (i)), vgl. zum Inhalt Rz. 21 und das beschleunigte Verfahren 22 nach Anlage 4 (Art. 27.4 (ii)) sind verpflichtend in der Verfahrenskonferenz zu besprechende Punkte der Beteiligten. Die Möglichkeit der einvernehmlichen Streitbeilegung in Art. 27.4 (iii) ermög- 23 licht es den Parteien, flexibel zwischen den verschiedenen von der DIS angebotenen Streitbeilegungsmechanismen zu wechseln. Dadurch kann für jeden Streit eine geeignete Methode der Streitbeilegung der DIS gefunden werden, auch wenn ursprünglich ein Schiedsverfahren vereinbart war. Diese Möglichkeit war in § 32 Abs. 1 DIS-SchO 1998 bereits vorgesehen und ist ausführlich in Art. 26 geregelt, vgl. dazu Kommentierung zu Art. 26. Die effiziente Gestaltung des Sachverständigenbeweises (Art. 27.7) wird durch die 24 ggf. vorzunehmende Begrenzung der parteilich eingereichten Sachverständigengutachten nach Buchst. A der Anlage 3 und Art. 28.2 und Art. 28.3 konkretisiert. Im Entwurf Stand 7.7.2017 der DIS-SchO waren in Anlage 3 noch konkreter 25 „mögliche Maßnahmen für den effizienten Einsatz von Sachverständigen“ vorgesehen, und dort spezifisch in Ziff. J: – „Wie das Verfahren zur Beibringung von Sachverständigengutachten strukturiert werden soll, damit ein möglichst effizienter Umgang mit solchen Gutachten gewährleistet ist, insbesondere: – zu welchem Zeitpunkt des Schiedsverfahrens Gutachten beigebracht werden sollen; – in welcher Sequenz Gutachten beigebracht werden sollen; – ob weitere Verfahrenskonferenzen i.S.v. § 27 Abs. 5 zur Besprechung des Umgangs mit dem Sachverständigenbeweis (Sachverständigen-Management Konferenz) im Verfahrenskalender vorgesehen werden sollen; – mögliche gemeinsame Gutachten der Sachverständigen; – Treffen zwischen Gutachtern beider Parteien und zu welchem Zeitpunkt des Verfahrens solche stattfinden sollen; – Berichte an das Schiedsgericht und die Parteien zu Punkten über die Einigkeit/Uneinigkeit besteht und zu welchem Zeitpunkt des Schiedsverfahrens solche erstattet werden sollen; – die mündliche Befragung von Sachverständigen und insbes. die Möglichkeit der gemeinsamen Befragung durch das Schiedsgericht und die Parteivertreter.“ Herzberg
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Art. 27 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 26 Auch wenn die Regelungen des Entwurfs nicht in die DIS-SchO aufgenommen
wurden, stellen diese Möglichkeiten nicht abschließende Anhaltspunkte dar, die vom Schiedsgericht und den Parteien in Betracht gezogen werden können.
H. Verfahrensleitende Verfügung, Verfahrenskalender (Art. 27.5, Art. 27.8) 27 Art. 27.5 soll dem Schiedsgericht bereits zu Beginn des Verfahrens einen Über-
blick und eine Einschätzung des gesamten Verfahrens verschaffen und gewährleisten, dass dieses zum frühen Zeitpunkt überhaupt tätig wird. Dies entspricht der allgemeinen Praxis in (internationalen) Schiedsverfahren.
28 Verfahrenskalender. Der Verfahrenskalender enthält alle wesentlichen Zwi-
schenschritte bis zum Endschiedsspruch oder wenigstens bis zur Spruchreife hinsichtlich eines Teils des Streitgegenstands, wenn eine entsprechende Aufteilung des Verfahrens in verschiedene Phasen (vgl. Anlage 3, Buchst. C) vereinbart oder verfügt ist. Typischerweise enthält der Verfahrenskalender Fristen für Schriftsätze bzw. Schriftsatzrunden, für die Einreichung von Zeugenaussagen oder sonstigen Beweismitteln oder für Dokumentenanforderungen (soweit solche vereinbart oder verfügt sind). Die Fristen sollten durch Nennung der entsprechenden kalendarischen Daten fixiert werden (und nicht etwa durch Zeiträume, die jeweils auf den vorausgehenden Verfahrensschritt Bezug nehmen), weil es sich um einen echten Kalender, nicht lediglich um einen Ablaufplan handeln soll. Der Verfahrenskalender bedarf nicht der Zustimmung der Parteien, wird aber mit diesen – anlässlich der Verfahrenskonferenz – erörtert (Art. 27.4). Nach Erstellung ist der Verfahrenskalender der DIS zu übersenden (Art. 27.8), wobei auch diese keine Zustimmung zu erteilen hat, sondern den Verfahrenskalender lediglich zur Kenntnis nimmt. In der Praxis wird der Verfahrenskalender der DIS meist gemeinsam mit der ersten verfahrensleitenden Verfügung übersandt.
29 Im Verfahrenskalender festgelegte Fristen. Waren Schiedsklage und Klageant-
wort kurz gehalten, wird das Schiedsgericht zunächst dem Kläger Gelegenheit zu einem ausführlicheren Schriftsatz („statement of claim“) geben, auf den dann der Beklagte zu erwidern hat („statement of defense“). Es folgt meist noch eine weitere Schriftsatzrunde. Die Fristen werden hier mitunter von Anfang an etwas großzügiger bemessen als im staatlichen Verfahren, dafür sind dann aber Verlängerungsanträge auch weniger üblich.
30 Der Termin oder die Termine für mündliche Verhandlungen werden ebenfalls
bereits zu diesem Zeitpunkt blockiert; meinen alle Beteiligten, mit einem Tag auskommen zu können, sollte gleichwohl sicherheitshalber auch noch der Folgetag freigehalten werden, da nie absehbar ist, wie die Dinge sich entwickeln, und gerade in internationalen Verfahren, soll die Verhandlung jedenfalls teilweise physisch stattfinden, auch Verzögerungen bei der Anreise von Parteien, deren Vertretern, Zeugen und Sachverständigen einkalkuliert werden müssen. Die De1024
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tailplanung des Hearings erfolgt erst zu einem späteren Zeitpunkt, da erst dann insb. die Zahl der Zeugen feststehen wird. Hierzu dient eine so genannte prehearing conference. Um späteren Streit zu vermeiden, können auch jetzt schon die Fristen für etwaige schriftsätzliche Stellungnahmen zum Geschehen in der mündlichen Verhandlung („post hearing briefs“) und/oder zu Kostenschriftsätzen fixiert werden. Verfahrensleitende Verfügungen. Die erste verfahrensleitende Verfügung (meist 31 Procedural Order 1 – „PO1“ genannt) sollte alle in der Verfahrenskonferenz diskutierten und festgelegten Aspekte für das konkrete Verfahren beinhalten. Diese sind zumeist prozessuale Maßnahmen.
I. Befugnis zum Ergreifen weiterer Maßnahmen und zur Abänderung des Verfahrenskalenders (Art. 27.6) Art. 27.6 stellt klar, dass das Schiedsgericht (ohne Anhörung der Parteien, dazu 32 aber vgl. Rz. 28) weitere prozessuale Maßnahmen ergreifen und auch den Verfahrenskalender abändern kann. Dadurch wird sichergestellt, dass dynamische Veränderungen während des Schiedsverfahrens in der Verfahrensstruktur sowie im Verfahrenskalender als „Projektplan“ des Schiedsverfahrens sachgerecht reflektiert werden können.
J. Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz (Anlage 3) Der nicht abschließende Katalog in Anlage 3 muss vom Schiedsgericht gemein- 33 sam mit den Parteien in der Verfahrenskonferenz erläutert werden. Nicht jede Maßnahme zur Steigerung der Verfahrenseffizienz passt für jedes Verfahren; stets ist auf das Verhältnis zwischen Kosten- und Zeitaufwand einerseits sowie Verfahrensgegenstand und -komplexität andererseits zu achten. Soweit zwischen den Parteien keine Einigkeit über die Anwendung einer oder mehrerer Maßnahmen besteht, kann das Schiedsgericht die anzuwendende(n) Maßnahme(n) nach seinem Ermessen festlegen, Anlage 3 Satz 2. Dabei darf die Maßnahme nicht gegen eine Parteivereinbarung verstoßen. Zudem ist eine Festlegung von Amts wegen insbes. in internationalen Streitigkeiten den Parteien zu erläutern und sind bestimmte Maßnahmen nicht ohne Zustimmung aller Parteien anzuwenden, um keine Aufhebung des Schiedsspruchs zu riskieren (so auch Elsing/Shchavelev, IPRax 2018, 461 [464]; Schardt, SchiedsVZ 2019, 28 [30]). Begrenzung des Umfangs und der Anzahl der Schriftsätze sowie etwaiger 34 schriftlicher Zeugenaussagen und von den Parteien vorgelegter Sachverständigengutachten (Anlage 3, Buchst. A). Dies kann die Verfahrenseffizienz erhöhen, um eine große Anzahl an wiederholenden Schriftsätzen, selbstwidersprüchliche Zeugenaussagen und Gutachten von Parteisachverständigen zu vermeiden. Die Regelung ist mit Blick auf den Anspruch auf rechtliches Gehör kritisch zu sehen. Da auf diesen nicht „blindlings“ verzichtet werden kann, muss es sich bei Herzberg
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Art. 27 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht einer entsprechenden Parteivereinbarung um eine im besten Sinne „informed decision“ handeln. Unilaterale Maßnahmen des Schiedsgerichts auf diesem Gebiet werden, um die Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs nicht zu gefährden, nur in begründeten Ausnahmefällen (z.B. evident missbräuchliches Prozessverhalten einer Partei) in Betracht kommen. 35 Eine Durchführung nur einer mündlichen Verhandlung, einschließlich einer
etwaigen Beweisaufnahme (Anlage 3, Buchst. B), somit eine Entscheidung nach Lage der Akten, wird insb. für quantitativ nicht besonders gewichtige Teilstreitgegenstände ins Gewicht fallen. Auch wenn lediglich Rechtsfragen in Streit stehen, kann die Prozessökonomie eine solche Verfahrensweise gebieten. Möglich ist auch, dass die Parteien ein beschleunigtes Verfahren nach Anlage 4 vereinbaren.
36 Aufteilung des Schiedsverfahrens in mehrere Phasen (Anlage 3, Buchst. C) ist
eine für internationale Schiedsverfahren typische Regelung. So bspw. nach den ICC-Regeln (dazu Art. 24 ICC-SchO Rz. 15). Die Aufteilung in mehrere Phasen soll das Verfahren effizienter gestalten, indem in jeder Phase einzelne Probleme diskutiert werden können. Eine Bifurkation oder Trifurkation macht allerdings nur dann Sinn, wenn diese nicht gemessen an Streitwert und Umfang des Verfahrens kosten- und zeitintensiver ist.
37 Erlass von Teilschiedssprüchen oder von anderen Teilentscheidungen (Anlage 3,
Buchst. D) knüpft an die Aufteilung des Schiedsverfahrens nach Buchst. C der Anlage 3 an. Teilschiedssprüche und -entscheidungen können die geklärten Punkte dann abschließend festhalten. Teilschiedssprüche entfalten dieselbe Wirkung wie Endschiedssprüche (vgl. Art. 25 Rz. 28). Ist ein Teilschiedsspruch ergangen, ist dieser für das Schiedsgericht und die Parteien bindend. Teilentscheidungen beziehen sich dagegen regelmäßig auf prozessuale Aspekte und sind revidierbar.
38 Regelung der Frage, ob die Möglichkeit der Vorlage von Dokumenten durch
die nicht beweisbelastete Partei eingeräumt werden soll, sowie ggf. Beschränkung der Vorlage von Dokumenten (Anlage 3, Buchst. E). Gerade in internationalen Schiedsverfahren wird die Möglichkeit der „document production“ uneinheitlich wahrgenommen. Das aus dem common law stammende Instrument kann zur Aufklärung des Sachverhalts sehr hilfreich sein, birgt aber auch die Gefahr der Verlängerung des Verfahrens und erheblich höherer Kosten für den Aufwand der document production. Unter anderem deshalb ist es sinnvoll, diese Frage zu Beginn des Verfahrens abschließend zu klären. Eine Beschränkung der Vorlage von Dokumenten kann hilfreich sein, damit keine der Parteien mit Dokumentenvorlageanforderungen „überschüttet“ wird, die in der Sache wenig hilfreich sind.
39 Die Mitteilung der vorläufigen Einschätzung des Schiedsgerichts zur Sach-
und Rechtslage bei Einwilligung aller Parteien (Anlage 3, Buchst. F) kann auf verschiedenen Wegen die Effizienz des Schiedsverfahrens steigern. So kann sie die Anstrengungen des Schiedsgerichts gemäß Art. 26 zur Förderung einer einvernehmlichen Streitbeilegung erleichtern und darüber hinaus jeglichen Schritt des Verfahrens (Schriftsätze, Zeugenaussagen, etc.) auf den Kern des Streits fokussieren. Allerdings ist bei vorläufigen Einschätzungen zu beachten, dass diese unvoll-
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Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
ständig sein können und überdies einen Eindruck von Voreingenommenheit oder verfrühter Festlegung vermitteln können. Um eine Aufhebung des Schiedsspruchs insbes. in common law Systemen zu vermeiden, müssen die Parteien dieser Möglichkeit einstimmig zustimmen (Schardt, SchiedsVZ 2019, 28 [33]). Die Nutzung von Informationstechnologie (Anlage 3, Buchst. G) wird in allen 40 Bereichen, so auch im Schiedsverfahren, immer relevanter, was auch Art. 4.1 verdeutlicht. Eine besondere Relevanz hat sie durch die COVID-19-Pandemie erlangt. Die Vorschrift unterstreicht, dass Telefon- und Videokonferenzen vielfach eine gleichwertige Alternative zu In-Situ-Verhandlungen sein können. Gemeint sind nicht nur E-Mail, sondern auch ggf. künftige proprietäre SoftwareLösungen, das Hochladen der Schriftsätze in eine Cloud, sowie generell IT-basierte Kommunikation als Hauptkommunikationsform im Verfahren und nicht zuletzt die Durchführung von mündlichen Verhandlungen im Wege der Fernkommunikation.
K. Abweichende Parteivereinbarungen Die Vorschrift ist von den am Schiedsverfahren beteiligten Parteien und vor allem 41 dem Schiedsgericht einzuhalten. Von Art. 27 kann durch Vereinbarung mit ausdrücklicher Zustimmung aller Parteien in engem Rahmen abgewichen werden, was indes nur selten vorkommt. Vergleichen sich bspw. die Parteien kurz vor oder kurz nach der Konstituierung des Schiedsgerichts und wünschen sie einen Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens der Parteien (Art. 41), wird regelmäßig Art. 27 abbedungen.
Artikel 28 Feststellung des Sachverhalts, Bestellung von Sachverständigen durch das Schiedsgericht 28.1 Das Schiedsgericht stellt den entscheidungserheblichen Sachverhalt fest. 28.2 Zu diesem Zweck kann das Schiedsgericht auch eigene Ermittlungen anstellen, insbesondere Sachverständige bestellen, andere als von den Parteien benannte Zeugen vernehmen und anordnen, dass Dokumente oder elektronisch gespeicherte Daten vorgelegt oder zugänglich gemacht werden. An Beweisangebote der Parteien ist das Schiedsgericht nicht gebunden. 28.3 Das Schiedsgericht hat, bevor es einen Sachverständigen bestellt, die Parteien anzuhören. Jeder vom Schiedsgericht bestellte Sachverständige muss während des gesamten Schiedsverfahrens unparteilich und unabhängig sein. Das Schiedsgericht hat die Vorschriften der Artikel 9 und 15 sinngemäß auf den von ihm bestellten Sachverständigen anzuwenden mit der Maßgabe, dass das Schiedsgericht gegenüber dem Sachverständigen die Funktion der DIS gegenüber dem Schiedsrichter übernimmt. Herzberg und Strack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Regelungsschwerpunkte: Art. 28.1: Nach dem eingeschränkten Untersuchungsgrundsatz stellt das Schiedsgericht im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens einerseits und im Rahmen des zwingenden Rechts und maßgeblicher Parteivereinbarungen andererseits den entscheidungserheblichen Sachverhalt fest. → Rz. 1–28; Art. 28.1–Art. 28.3: Das Schiedsgericht kann über die von den Parteien angebotenen Beweismittel hinaus selbst Beweis erheben, etwa durch Bestellung eines Sachverständigen, die Vernehmung nicht parteibenannter Zeugen oder die Anordnung von Dokumentenvorlagen. → Rz. 29 ff. Kostenaspekte: Art. 28.1–Art. 28.3: Die Kosten der Beweisaufnahme variieren je nach Ausgestaltung des Verfahrens stark. Besonders kostenintensiv sind Zwischenverfahren über Anträge auf Dokumentenvorlage. Ordnet das Schiedsgericht Beweismittel an, so sind die Kosten zwischen den Parteien im Grundsatz aufzuteilen, bis die Kostentragung des Verfahrens entschieden ist. → Rz. 113–115 ff. A. Sachverhaltsermittlung (Art. 28.1) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu § 1042 ZPO . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Sachverhaltsermittlung und Ermessen des Schiedsgerichts . . 1. Eingeschränkter Untersuchungsgrundsatz als Ausgangspunkt . . 2. Verfahren in der Praxis: Festlegung und Ablauf . . . . . . . . . . 3. Sachverhaltsermittlung im internationalen Schiedsverfahren: civil law vs. common law . . . . . . 4. Ergänzendes soft law: IBA-Rules, Prague-Rules und UNCITRAL on Organizing of Arbitral Proceedings . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Das Schiedsgericht zwischen zwingendem Recht und eigenem Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Grenzen der Kompetenz des Schiedsgerichts und Unterstützung durch staatliche Gerichte . . B. Beweismittel und deren Behandlung im Schiedsverfahren (Art. 28.2, Art. 28.3) . . . . . . . I. Zeugen (Art. 28.2 Satz 1) . . . . . 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . 2. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Strack/Haller
. . . .
__ __ _ _ _ _ _ _ _ _ __ __ 1 1 2 3 4 5 5 8
15
18 25 27
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3. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 4. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 5. Der Zeugenbeweis im Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Dokumente und elektronisch gespeicherte Daten (Art. 28.2 Satz 1) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . 2. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 4. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 5. Der Dokumentenbeweis im Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . III. Sachverständige (Art. 28.2 Satz 1, Art. 28.3) . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . 2. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 4. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 5. Verhältnis des Schiedsgerichts zu den von ihm benannten Sachverständigen . . . . . . . . . . . . . . 6. Der Sachverständigenbeweis im Schiedsverfahren . . . . . . . . . . .
_ _ _ __ __ _ _ __ __ _ _ __ _ 32 33 40 49 49 50 51 52 55 84 84 85 86 88 90 96
C. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 D. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
A. Sachverhaltsermittlung (Art. 28.1) Literatur: Berger, Herausforderungen für die (deutsche) Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2009, 289 ff.; Bietz, On the State and Efficiency of International Arbitration – Could the German ‘Relevance Method’ be useful or not?, SchiedsVZ 2014, 121 ff.; Böckstiegel, Party Autonomy and Case Management – Experiences and Suggestions of an Arbitrator, SchiedsVZ 2013, 1 ff.; Demeyere, The Search for the „Truth“: Rendering Evidence under Common Law and Civil Law, SchiedsVZ 2003, 247 ff.; Elsing, Procedural Efficiency in International Arbitration: Choosing the Best of Both Legal Worlds, SchiedsVZ 2011, 114 ff.; Greineder, The Limitations of Soft Law Instruments and Good Practice Protocols in International Commercial Arbitration, ASA Bulletin, Vol. 36 Issue 4 (2018), S. 907 ff.; Greineder/ Medvedskaya, Beyond High Hopes and Dark Fears: towards a Deflationary View of Soft Law in International Arbitration, ASA Bulletin, Vol. 38 Issue 2 (2020), S. 414 ff.; Hauser, 4. Freshfields Arbitration Lecture (German edition), SchiedsVZ 2016, 262 ff.; Hauser, 5. Freshfields Arbitration Lecture (German Edition): „Die Ermittlung des Sachverhalts durch das Schiedsgericht, Fluch oder Segen?“, SchiedsVZ 2017, 141 ff.; Hanefeld/Hombeck, International arbitration between standardization and flexibility – Predictability and flexibility seen from a client’s perspective, SchiedsVZ 2015, 20 ff.; Hunter, Arbitration in Germany – A Common Law Perspective, SchiedsVZ 2003, 155 ff.; Nettlau/O’Dell/Hackstein, An Examination of the 2020 Revision of the IBA Rules of Evidence, SchiedsVZ 2021, 315 ff.; Kläsener/ Dolgorukow, Die Überarbeitung der IBA-Regeln zur Beweisaufnahme in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2010, 519 ff.; Risse/Höfling, Schadensschätzung durch Schiedsgerichte, SchiedsVZ 2020, 73 ff.; Schima/Sesser, Die von Parteivertretern in internationalen Schiedsverfahren zu beachtenden Ethikstandards, SchiedsVZ 2016, 61 ff.; Schütze, Die Ermessensgrenzen des Schiedsgerichts bei der Bestimmung der Beweisregeln, SchiedsVZ 2006, 1 ff.; Schütze, Die Bestimmung des schiedsrichterlichen Verfahrens, insbesondere bei Anwendung dem deutschen Prozessrecht unbekannter Beweisformen, SchiedsVZ 2018, 101 ff.; Trittmann, The interplay between procedural and substantive law in international arbitration, SchiedsVZ 2016, 7 ff.; Voser, Harmonization by Promulgating Rules of Best International Practice in International Arbitration, SchiedsVZ 2005, 113 ff.; Wagner/Bülau, Procedural Orders by Arbitral Tribunals: In the Stays of Party Agreements?, SchiedsVZ 2013, 6 ff.; Wirth, Ihr Zeuge, Herr Rechtsanwalt! Weshalb Civil-Law Schiedsrichter Common-Law-Verfahrensrecht anwenden, SchiedsVZ 2003, 9 ff.; Wirth/ Hoffmann-Nowotny, Rechtshilfe dt. Gerichte zur Gunsten ausländischer Schiedsgerichte bei Beweisaufnahme, SchiedsVZ 2005, 66 ff.; Wirth/Rouvinez/Knoll, The Search for „truth“ in arbitration: Is finding the truth what dispute resolution is about?, ASA Special Series No. 35 (2011); Wittinghofer, „No Risk, No Fun“ – A Counsel’s Remarks on Integrity, SchiedsVZ 2017, 110 ff.
I. Normzweck Art. 28.1 bestimmt, dass die Art und Weise der Sachverhaltsermittlung grds. im 1 Ermessen des Schiedsgerichts liegt und es das Verfahren inquisitorisch führen kann, aber nicht muss. Eine (Amts-)Ermittlungspflicht obliegt dem Schiedsgericht damit nicht. Den Parteien und dem Schiedsgericht wird damit ein weiter Spielraum eingeräumt, das Beweisverfahren den Bedürfnissen des jeweiligen Verfahrens entsprechend flexibel zuzuschneiden und zeit- und kosteneffizient zu gestalten. Strack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht II. Reform 2 Art. 28.1 ersetzt § 27 Abs. 1 Satz 1 der DIS-SchO 1998. Am Wortlaut ist lediglich
eine redaktionelle Änderung vorgenommen worden: aus „zugrundeliegendem Sachverhalt“ ist „entscheidungserheblicher Sachverhalt“ geworden. Damit betont die neue DIS-SchO den kontinentaleuropäischen Ansatz (civil law), wonach die Streitbeilegung im Mittelpunkt steht, im Gegensatz zum common law, das auf Wahrheitsfindung gerichtet ist (§ 27 Abs. 1 Satz 1 DIS-SchO 1998 war kritisiert worden, da der dort niedergelegte eingeschränkte Untersuchungsgrundsatz in der Praxis Schwierigkeiten bereite, weil nicht ganz klar gewesen sei, was mit „Sachverhaltsermittlung“ letztlich gemeint war, Hauser, SchiedsVZ 2016, 262 [263]). In der Praxis dürften sich aus dem Wortlaut der Vorschrift heraus kaum Unterschiede ergeben. Hinsichtlich der Frage, ob die Verfahrensleitung und die Sachverhaltsermittlung eher kontinentaleuropäisch oder angelsächsisch geprägt ist, dürfte es weiterhin eher auf den Hintergrund der Schiedsrichter ankommen. In der englischen, gleichfalls maßgeblichen Fassung wurde „facts of the underlying dispute“ mit „facts of the case that are relevant and material for deciding the dispute“ ersetzt. Auch diese Änderung verdeutlicht, dass es nicht die Aufgabe des Schiedsgerichts ist jegliche, sondern die entscheidungserhebliche Wahrheit herauszufinden. Das Beweiserhebungsverfahren soll effizient ausgestaltet werden und sich auf Wesentliches fokussieren. Dies ist aber keine inhaltliche Abänderung, da auch unter den alten Schiedsregeln das Beweisverfahren im Ermessen des Schiedsgerichts lag und kosteneffizient durchzuführen war. Insofern war bereits unter § 27 DIS-SchO 1998 geboten, dass sich das Schiedsgericht auf den entscheidungserheblichen Sachverhalt fokussiert. Im Hinblick auf den weiten Wortlaut der Vorfassung und der im Zusammenhang damit teilweise geäußerten Kritik, dass die Vorschrift zu weit gehe, erfüllt die neue Fassung nun eine klarstellende Funktion dahingehend, dass damit kein inquisitorisches Prinzip festgeschrieben wird.
III. Verhältnis zu § 1042 ZPO 3 § 1042 Abs. 4 ZPO stellt die Entscheidung über die Art und Weise der Sachver-
haltsermittlung in das Ermessen des Schiedsgerichts und sieht insb. keine Ermittlungspflicht vor. Dieses schiedsrichterliche Ermessen besteht im Rahmen einer zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung sowie im Rahmen der zwingenden schiedsverfahrensrechtlichen Vorgaben des X. Buches der ZPO, sofern der Schiedsort in Deutschland liegt. Entsprechende zwingende Vorgaben sind in § 1042 Abs. 1 und Abs. 2 ZPO enthalten: Gleichbehandlung der Parteien, rechtliches Gehör, kein Ausschluss eines Rechtsanwalts (für DIS-Schiedsverfahren sind die Verfahrensgrundsätze der Gleichbehandlung der Parteien und des rechtlichen Gehörs in Art. 21 niedergelegt, hierzu oben Art. 21 Rz. 1). § 1042 Abs. 4 sieht außerdem vor, dass das Schiedsgericht berechtigt ist, über die Zulässigkeit einer Beweiserhebung zu entscheiden, diese durchzuführen und das Ergebnis frei zu würdigen. Diese Bestimmung ist z.B. zur Beantwortung der 1030
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Strack/Haller
Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
Frage relevant, ob ein Schiedsgericht eine Schadensschätzung vornehmen darf (Risse/Höfling, SchiedsVZ 2020, 73). Eine entsprechende ausdrückliche Regelung gibt es in der DIS-SchO nicht.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Anders als im staatlichen Verfahren ist das Schiedsgericht an zivilprozessual 4 vorgesehene Beweismittel und Grundsätze der Beweiserhebung und -würdigung nicht gebunden. Die Art und Weise der Beweisaufnahme und Sachverhaltsermittlung unterliegt der Parteiautonomie und dem Ermessen des Schiedsgerichts. Das staatliche Gericht muss zwischen Streng- und Freibeweis unterscheiden und ist in ersterem Fall an Beweismittel und -verfahren der ZPO sowie der hierin vorgegebenen Rangfolge (vor allem §§ 355 ff. ZPO) gebunden.
V. Sachverhaltsermittlung und Ermessen des Schiedsgerichts 1. Eingeschränkter Untersuchungsgrundsatz als Ausgangspunkt Auch wenn die DIS-SchO dem Schiedsgericht ein weites Ermessen über die Art 5 und Weise der Verfahrensführung einräumt, zeigt der Wortlaut von Art. 28, dass ein DIS-Schiedsgericht ein Schiedsverfahren anhand des eingeschränkten Untersuchungsgrundsatzes führt und auch das Beweisverfahren aktiv gestaltet und koordiniert. Dies entspricht im Wesentlichen dem kontinentaleuropäischen Verständnis eines Richters (zur alten Fassung Risse in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento, § 27 Rz. 2). Der eingeschränkte Untersuchungsgrundsatz verpflichtet das Schiedsgericht, 6 den entscheidungserheblichen Sachverhalt unabhängig von den Beweisanträgen der Parteien zu ermitteln. Dies wird insb. durch Art. 28.2 Satz 2 deutlich, wonach das Schiedsgericht an Beweisangebote der Parteien nicht gebunden ist. Beweisverfügungen von Amts wegen können daher nicht zu einer Besorgnis der Befangenheit führen (zur alten Fassung Risse in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento, § 27 Rz. 2). Der eingeschränkte Untersuchungsgrundsatz im Schiedsverfahren entbindet die Parteien selbstverständlich nicht davon, den Sachverhalt dem Schiedsgericht schlüssig vorzutragen und Beweis anzubieten. Das Schiedsgericht soll als objektive Instanz eine effiziente Beweisführung durch 7 die Parteien koordinieren (etwa durch Leitung eines Dokumentenvorlageverfahrens mit beschränkenden Anordnungen). Im Streitfall soll das Schiedsgericht selbst Beweiserhebungen anordnen, um entscheidungserhebliche Tatsachen ausreichend festzustellen (etwa Anordnung eines neutralen Sachverständigengutachtens, wenn sich von den Parteien vorgelegte Gutachten widersprechen).
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 2. Verfahren in der Praxis: Festlegung und Ablauf 8 Trotz des offenen Wortlauts des Art. 28.1 und der Möglichkeiten des Schieds-
gerichts, selbst aktiv einzugreifen, wird es in der Praxis selten vorkommen, dass ein DIS-Schiedsgericht so aktiv in seiner Verfahrensführung ist, dass es Untersuchungen ohne entsprechenden Antrag einer Partei oder gar ohne vorherige Anhörung der Parteien durchführt. Auch wenn das Schiedsgericht verpflichtet ist, den Sachverhalt aufzuklären, bleiben die Parteien dafür verantwortlich, den Sachverhalt dem Schiedsgericht vorzutragen und Beweis anzubieten (bzw. Anträge auf Vorlage von Dokumenten zu stellen). Das Schiedsgericht darf nicht derart aktiv den Sachverhalt ermitteln, dass das Schiedsgericht für eine Partei die Aufgabe übernimmt, den Sachverhalt so darzulegen, dass ein schlüssiger bzw. erheblicher Sachvortrag entsteht. Durchaus vorkommen kann jedoch, dass ein Schiedsgericht klare Anweisungen gibt, auf welche Punkte sich die Parteien konzentrieren sollen (zur alten Fassung Risse in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento, § 27 Rz. 6; s. auch Elsing, SchiedsVZ 2011, 114, sowie Bietz, SchiedsVZ 2014, 121, die für mehr „Rückgrat“ bzw. eine aktivere Rolle des Schiedsgerichts während der Sachverhaltsermittlung plädieren, und hierzu auf die im deutschen Zivilprozess geltende Relationstechnik („relevance method“) verweisen; zu den Argumenten für und gegen eine aktivere Rolle des Schiedsgerichts s. auch Hauser, SchiedsVZ 2017, 141 [142, 143]).
9 Die Klärung, wie das Beweisverfahren durchzuführen ist, sollte zu einem mög-
lichst frühen Zeitpunkt erfolgen (Böckstiegel in Böckstiegel, S. 1 [3]). Eine Vereinbarung der Parteien vor Konstituierung des Schiedsgerichts, etwa gemeinsam mit der Schiedsvereinbarung oder bei Auftreten der Streitigkeit, ist möglich, kommt in der Praxis jedoch kaum vor (Schütze, SchiedsVZ 2006, 1 [2]; Kläsener/Dolgorukow, SchiedsVZ 2010, 302 [303]). Daher sollte dies alsbald nach Einleitung des Schiedsverfahrens und Konstituierung des Schiedsgerichts erfolgen.
10 Die neue DIS-SchO sieht in Art. 27.2 zwingend vor, spätestens 21 Tage nach
Konstituierung des Schiedsgerichts eine Verfahrensmanagementkonferenz durchzuführen. Die in der neuen Anlage 3 obligatorisch vorgesehenen Tagesordnungspunkte betreffend „Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz“ tragen dafür Sorge, dass in der Verfahrensmanagementkonferenz der Ablauf der Beweisaufnahme explizit besprochen wird (hierzu Art. 27 Rz. 21).
11 Dem Schiedsgericht kommt jedoch auch insoweit Ermessen zu. Es stellt insb.
keinen Anfechtungsgrund und kein Anerkennungshindernis dar, wenn das Schiedsgericht nur einzelne oder keine der vorgeschlagenen Maßnahmen mit den Parteien erörtert. Das Schiedsgericht hat nach der DIS-SchO die Freiheit, das Verfahren zu gestalten. Es muss daher selbst entscheiden können, ob sich die genannten Maßnahmen für den konkreten Fall eignen. Es wäre widersinnig, wenn das Schiedsgericht mit den Parteien Maßnahmen erörtern müsste, die im Einzelfall keinen Effizienzgewinn versprechen. Allerdings sind die Schiedsrichter angehalten, sich vor der Verfahrensmanagementkonferenz anhand der Anlage 3 Gedanken dazu zu machen, wie sie das Verfahren effizient gestalten 1032
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Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
können. Die DIS-SchO will verhindern, dass das Schiedsgericht „blind“ auf jedes Schiedsverfahren dieselben ergänzenden Verfahrensregeln anwendet. Ein anderer Aspekt, den ein Schiedsgericht im Auge behalten sollte, ist die Geltung unterschiedlicher Berufsregeln und deren Auswirkungen auf die Verfahrensführung und Beweiserbringung sowie -aufnahme (Wittinghofer, SchiedsVZ 2017, 110; Schima/Sesser, SchiedsVZ 2016, 61). Die im Schiedsverfahren anzuwendenden Verfahrensregeln können zwischen 12 den Parteien vereinbart und dem Schiedsgericht vorgelegt werden (z.B. in einem Gemeinsamen Vorschlag zum Verfahrenskalender und den Verfahrensregeln/Joint Proposal for a Procedural Timetable and Rules, Anhang I zu Art. 25), oder vom Schiedsgericht vorgegeben werden. Hierbei ist das Schiedsgericht allerdings nicht gänzlich frei, sondern es muss die Interessen sowie den mutmaßlichen Willen der Parteien berücksichtigen (Schütze, SchiedsVZ 2018, 101). In beiden Fällen sollten die Verfahrensregeln Gegenstand einer Verfahrensverfügung des Schiedsgerichts sein, um die geltenden Regeln und Grundsätze klar zu definieren. In der Regel wird dies daher in der ersten Verfahrensverfügung (Procedural Order 1) im Nachgang der Verfahrensmanagementkonferenz des Schiedsgerichts festgehalten. Hierin werden etwa Form, Inhalt und Anzahl der Schriftsätze sowie Schriftsatzfristen geregelt, die Ausgestaltung des Beweisverfahrens, insb., welche Beweismittel zulässig sind und wie dieser zugelassene Beweis zu erheben ist, das Datum und die Organisation der mündlichen Verhandlung und die Befugnisse des Vorsitzenden (Böckstiegel, SchiedsVZ 2013, 1). Hierbei sollten das Schiedsgericht, aber auch die Parteivertreter, darauf bedacht sein, sich und den Parteien die Flexibilität des Verfahrens tatsächlich so nutzbar zu machen, dass das Verfahren so gestaltet wird, wie es für den individuellen Fall am sinnvollsten erscheint. Schiedsverfahren sehen sich sonst der Kritik ausgesetzt, dass aus Gewohnheit immer dieselben Verfahrensregeln und -strukturen zur Anwendung kommen (Hanefeld/Hombeck, SchiedsVZ 2015, 20 [23]). Da aber zu Beginn des Verfahrens der weitere Verlauf nicht im kleinsten Detail 13 vorhergesehen werden kann, sollte auch die erste Verfahrensverfügung immer Raum für eine gewisse Flexibilität belassen, um auf die Entwicklung des Verfahrens jeweils angemessen reagieren zu können und der Gefahr entgegenzuwirken, dass ansonsten eine Abweichung von den vereinbarten Verfahrensregeln möglicherweise nach Erlass des Schiedsspruches einen Aufhebungsgrund darstellen könnte, weil das Verfahren nicht im Einklang mit der Parteivereinbarung durchgeführt wurde (hierzu etwa OLG Frankfurt/M. v. 17.2.2011 – 26 Sch 13/10, SchiedsVZ 2013, 49; Wagner/Bülau, SchiedsVZ 2013, 6). Insbesondere sollte daher darauf geachtet werden, dass das Schiedsgericht die Verfahrensregeln selbst dann, wenn sie auf einem gemeinsamen Vorschlag der Parteien beruhen, erforderlichenfalls auch ohne das Einverständnis aller Parteien abändern kann. Ablauf des Verfahrens. Das Schiedsverfahren ist i.d.R. in ein Behauptungs- 14 und ein Beweisverfahren unterteilt (Wirth, SchiedsVZ 2003, 9 [10]; Schürmann, ASA Bulletin, Vol. 24 Issue 3 (2006), 433). Zunächst haben die Parteien den Sachverhalt substantiiert darzulegen, die Beweismittel für ihre Behauptungen zu Strack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht nennen, den Schriftsätzen beizulegen und ihre Anträge rechtlich zu begründen. Dies erfolgt im Regelfall in zwei Schriftsatzrunden (Klage/Statement of Claim, Klageerwiderung/Statement of Defence, Replik/Reply, Duplik/Rejoinder; je nachdem, wie detailliert der das Schiedsverfahren einleitende Schriftsatz bereits ist, kann bereits dieser als Klage betrachtet werden). Im Anschluss hieran wird Beweis erhoben (zu den Beweismitteln im Einzelnen unten Abschnitt B). Dies erfolgt im Regelfall in einer mündlichen Verhandlung (Art. 29 Rz. 32). Nach der Beweisaufnahme haben die Parteien die Möglichkeit, zu deren Ergebnis abschließend Stellung zu nehmen. Dies kann entweder in mündlicher Form (Schlussplädoyer/Closing Statements) und/oder in schriftlicher Form (PostHearing Briefs) erfolgen (Art. 29 Rz. 46 f.). Die Parteien müssen jedoch möglichst frühzeitig alle Tatsachen und Argumente vortragen, von denen sie Kenntnis haben. Der Beklagte kann z.B. nicht abwarten, bis er den letzten Schriftsatz einreichen darf und erst dann vollumfänglich vortragen und Beweismittel vorlegen. Manche Schiedsgerichte gehen mittlerweile dazu über, sog. FrontloadingRegeln explizit anzuordnen, sodass Sachverhaltsvortrag beider Parteien frühestmöglich erfolgen muss. 3. Sachverhaltsermittlung im internationalen Schiedsverfahren: civil law vs. common law 15 Nationale v internationale Schiedsverfahren. Die Durchführung eines DIS-
Schiedsverfahrens unter Orientierung an einem deutschen Gerichtsverfahren kommt selten und meist nur dann vor, wenn es sich um ein rein nationales Schiedsverfahren handelt oder eine (deutsche) Partei die andere von einer dahingehenden Vereinbarung überzeugen konnte (Trittmann in Böckstiegel/Berger/Bredow, The Taking of Evidence in International Commercial Arbitration, S. 15 [23]; ähnlich zur alten Fassung Risse in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento, § 27 Rz. 7). Der umgekehrte Fall, dass in einem DIS-Schiedsverfahren reine common law Grundsätze zur Anwendung kommen, ist genauso oder noch weniger wahrscheinlich. In internationalen Schiedsverfahren werden die Parteien oder das Schiedsgericht meist auch in DIS-Schiedsverfahren prozessuale Regeln anwenden, die Grundsätze des civil law und des common law miteinander kombinieren.
16 Civil law v common law. Die Ausgestaltung des Verfahrens im Einzelnen,
insb. der Beweisführung, unterliegt grds. der Disposition der Parteien (Böckstiegel in Böckstiegel, S. 1 [3]). Sie kann sich an Verfahrensgrundsätzen aus dem richterbestimmten civil law, d.h. den kontinentaleuropäischen Rechtssystemen, oder dem parteibestimmten common law, d.h. den anglo-amerikanischen Rechtssystemen, orientieren (s. zur Unterscheidung etwa Demeyere, SchiedsVZ 2003, 247, [249 ff.]; Wirth, SchiedsVZ 2003, 9 [10 ff.]; Hunter, SchiedsVZ 2003, 155 [160 ff.]; Trittmann in Böckstiegel/Berger/Bredow, The Taking of Evidence in International Commercial Arbitration, S. 15; Trittmann, SchiedsVZ 2016, 7; Jarvin in Böckstiegel, S. 85 [86]; für eine ausführliche Beschreibung der common law Grundsätze Craig in Böckstiegel, S. 9 [11 ff.], der civil law Grundsätze in Schütze in Böckstiegel, S. 31 [32 ff.]). Welche Verfahrensgrundsätze in einem Schiedsver1034
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Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
fahren zur Anwendung kommen, hängt häufig von der Herkunft der am Schiedsverfahren Beteiligten ab. Tendenz zu common law in internationalen Schiedsverfahren. Unabhängig 17 von der Herkunft der Beteiligten des Schiedsverfahrens besteht in internationalen Schiedsverfahren die Tendenz, für die Ausgestaltung des Beweisverfahrens aus dem common law stammende Elemente anzuwenden (Trittmann, SchiedsVZ 2016, 7). Auch wenn diese Elemente regelmäßig nicht unverändert, sondern an das internationale Umfeld angepasst in das Schiedsverfahren übernommen werden, ist aus deutscher (oder kontinentaleuropäischer) Sicht häufig von einer Tendenz zur Anwendung des common law in internationalen Schiedsverfahren die Rede (für eine ausgewogenere Anwendung der Grundsätze aus beiden Rechtssystemen Elsing, SchiedsVZ 2011, 114 [116]; s. auch Bietz, SchiedsVZ 2014, 121, der eine „Gefahr der Amerikanisierung“ in internationalen Schiedsverfahren sieht; zur Wechselwirkung zwischen prozessualen Kompromisslösungen aus beiden „Welten“ und dem anwendbaren materielle Recht, vor allem im Hinblick auf Beweislastregeln, Trittmann, SchiedsVZ 2016, 7). So kann es durchaus vorkommen, dass ein Schiedsgericht mit Civil-Law-Hintergrund in einem Schiedsverfahren bspw. die Vorlage schriftlicher Zeugenaussagen (Rz. 40 ff., Art. 29 Rz. 34) und die Zeugenvernehmung primär durch die Parteivertreter (Rz. 34, Art. 29 Rz. 35 f.) anordnet (Wirth, SchiedsVZ 2003, 9). Auch die Beweisführung im Wege des Urkundenbeweises wird häufig durch ein Dokumentenvorlageverfahren vorbereitet und ergänzt, wenn auch in abgemilderter Form insb. im Vergleich zum „Discovery“-Verfahren im amerikanischen Recht (Rz. 55 ff.). Ursprung dieser Tendenz ist zum einen die Tatsache, dass Parteien unterschiedlicher Herkunft Grundsätze aus den ihnen bekannten Rechtsordnungen kombinieren. Zum anderen wird als vorrangige Aufgabe eines Schiedsgerichts, dessen (endgültige) Entscheidungsbefugnis auf einem Auftrag der Parteien beruht, die „volle Wahrheitsfindung“ betrachtet, welche auch im Vordergrund des common law steht, während im Fokus des civil law die Streiterledigung ist (Wirth, SchiedsVZ 2003, 9 [10 f.]; Trittmann in Böckstiegel/Berger/Bredow, The Taking of Evidence in International Commercial Arbitration, S. 15 [20]; Schürmann, ASA Bulletin, Vol. 24 Issue. 3 (2006), 433). 4. Ergänzendes soft law: IBA-Rules, Prague-Rules und UNCITRAL Notes on Organizing Arbitral Proceedings Um das Beweiserhebungsverfahren zu organisieren, können die Parteien auch 18 soft law auf ihr Verfahren für anwendbar erklären und somit ein ganzes Regelungspaket vereinbaren, welches dann vom Schiedsgericht anzuwenden ist. Gerade in internationalen Schiedsverfahren mit schwer zu vereinbarenden Rechtshintergründen, kann die Auswahl eines neutralen Beweisrechts, zugeschnitten auf internationale Sachverhalte viel Verhandlungsmühe ersparen. Als Kompromiss für Verfahren zwischen Common-Law und Civil-Law-Par- 19 teien sind die IBA-Rules on the Taking of Evidence in International ArbitraStrack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht tion (im Folgenden „IBA-Rules“) entworfen worden, die seit vielen Jahren in internationalen Schiedsverfahren herangezogen werden. Auch ohne ausdrückliche Vereinbarung der Parteien oder einer ausdrücklichen Entscheidung des Schiedsgerichts erfolgt oft eine Orientierung an den IBA-Rules als Leitlinie, welche die gängige Praxis widerspiegelt (Wirth, SchiedsVZ 2003, 13; Bietz, SchiedsVZ 2014, 128). Eine revidierte Version ist zuletzt 2020 in Kraft getreten (Nettlau/O’Dell/ Hackstein, SchiedsVZ 2021, 315 ff.); eine aktualisierte Version des Kommentars der IBA hierzu ist im Januar 2021 erschienen (IBA Rules Commentary 2021). Bereits die Revisionsfassung von 2010 berücksichtigte z.B. die Vorlage von Dokumenten in elektronischer Form (E-Discovery), die in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen und durch Art. 28.2 auch in die neue DISSchO Eingang gefunden hat. 20 Auch bei zunehmender Anwendung von Common-Law-Elementen in Schieds-
verfahren wird die Art und Weise der Durchführung des Beweisverfahrens je nach Herkunft des Schiedsrichters variieren (Berger, SchiedsVZ 2009, 289). So tut sich mancher Schiedsrichter mit Civil-Law Hintergrund schwer, Ausuferungen oder einen als aggressiv wahrgenommenen Fragestil beim Kreuzverhör hinzunehmen und wird den Umfang der darauf folgenden Befragungen großzügig bemessen (Hunter, SchiedsVZ 2003, 155 [161]). Bereits mit der Auswahl der Schiedsrichter können die Parteien daher beeinflussen, wie das Schiedsverfahren später geführt wird.
21 Flexibilität. Möchten die Parteien die IBA-Rules für anwendbar erklären, bietet
sich die Übernahme der in ihrem Vorwort enthaltenen Musterformulierung an (Anhang I). Die dem Schiedsverfahren eigene Flexibilität wird durch die IBARules beibehalten und unterstützt, denn sie betonen in ihrer Präambel, dass das Schiedsgericht und die Parteien die IBA-Rules ganz oder teilweise zur Regelung eines Schiedsverfahrens übernehmen können, sie abändern oder als Richtlinien für ihre eigene Verfahrensregelung verwenden können. Die Beweisaufnahme kann dadurch auf die Bedürfnisse des jeweiligen Einzelfalls zugeschnitten werden. So gehen die IBA-Rules bspw. von einem Dokumentenvorlageverfahren („document production“) aus. Ein solches kann im Einzelfall aber als zu kostenträchtig, zu zeitaufwändig und/oder nicht zielführend angesehen werden.
22 Empfehlung: Die Parteien sollten eine bewusste Entscheidung darüber treffen, ob die An-
wendung der gesamten IBA-Rules in ihrem Schiedsverfahren sachgerecht ist. Auch wenn die Anwendung der IBA-Rules vereinbart ist, bleibt es möglich, Regelungen zu einzelnen Verfahrensfragen zu treffen.
23 Sollten die Parteien eine stärkere Anlehnung an das Civil Law präferieren, kön-
nen die sog. „Prague-Rules“ eine diskutable Alternative zu den IBA-Rules darstellen. Die Prague-Rules wurden im Dezember 2018 verabschiedet und werden teilweise als Gegenentwurf zu den IBA-Rules verstanden, der stärker durch das kontinental-europäische Rechtssystem geprägt ist. Vor allem im Hinblick auf Dokumentenvorlageverfahren ist ein Unterschied erkennbar. Unter den PragueRules sollen anders als unter den IBA-Rules nur vereinzelte Dokumente betroffen sein und das Schiedsgericht ist ausdrücklich angehalten, zeit- und kostenauf1036
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Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
wendige Dokumentenvorlageverfahren möglichst zu vermeiden. Außerdem soll das Schiedsgericht unter den Prague-Rules eine proaktivere Rolle einnehmen. Ob sich die Prague-Rules in der Praxis durchsetzen können und tatsächlich als Alternative zu den IBA-Rules genutzt werden, wird sich mit der Zeit zeigen (weiterführend z.B. Rombach/Shalbanava, SchiedsVZ 2019, 53). Eine Orientierungshilfe für verfahrensrechtliche Vereinbarungen zwischen den 24 Parteien bieten auch die UNCITRAL Notes on Organizing Arbitral Proceedings. Vorschläge sind insb. in den §§ 42, 48–54 (documentary evidence), §§ 55– 58 (physical evidence), §§ 59–68 (witnesses), §§ 69–73 (experts) und §§ 74–85 (hearings) enthalten. Schiedsgerichte werden diese Regeln aber anders als die IBA-Rules nur heranziehen, wenn die Parteien sie ausdrücklich vereinbart haben. 5. Das Schiedsgericht zwischen zwingendem Recht und eigenem Ermessen Bindende Wirkung der Parteivereinbarung für das Schiedsgericht. Die Ver- 25 einbarung der Parteien über die Verfahrensregeln ist für das Schiedsgericht grds. bindend. Nur in Ausnahmefällen ist denkbar, dass dem Schiedsrichter das Recht zusteht, den Schiedsvertrag zu kündigen (Schütze geht von einem solchen Kündigungsrecht aus, wenn die Parteien Verfahrensregeln vereinbaren, mit denen der Schiedsrichter nicht rechnen musste, SchiedsVZ 2006, 1 [3]). Seit längerer Zeit neigen Schiedsgerichte zunehmend dazu, die Beweisaufnahmen unter Einbeziehung von Common-Law-Elementen durchzuführen (Hunter, SchiedsVZ 2003, 155 [161]; hierzu auch Wirth, SchiedsVZ 2003, 9; Voser, SchiedsVZ 2005, 113 [117]). Dabei lehnen sich die Schiedsrichter häufig an die IBA-Rules an und zwar unabhängig von der Herkunft der Parteien. Daher muss ein Schiedsrichter mit einer Vereinbarung der Parteien rechnen, die Elemente beider Rechtssysteme miteinander verbindet. Die genannte Kündigungsmöglichkeit des Schiedsrichters ist vor diesem Hintergrund als Ausnahme zu betrachten. Entscheidung des Schiedsgerichts. Das Schiedsgericht wird i.d.R. in der Ver- 26 fahrensmanagementkonferenz ermitteln, ob die Parteien sich in Bezug auf die Verfahrensregeln einig geworden sind oder sich einigen können oder wollen. Können oder wollen die Parteien keine entsprechende Vereinbarung treffen, hat das Schiedsgericht über die Regeln der Beweisaufnahme zu entscheiden. Die Ermittlung eines mutmaßlichen Parteiwillens wird hier regelmäßig kein gangbarer Weg sein (so jedoch Schütze, SchiedsVZ 2006, 1 [3 f.], der als Anhaltspunkte die Wahl des Schiedsorts, Bestimmung des Schiedsverfahrensrechts, Herkunft der Schiedsrichter und das anwendbare materielle Recht nennt). Denn auch wenn eine Tendenz zu verzeichnen ist, Elemente aus common law und civil law Rechtssystemen unabhängig von der Herkunft der Beteiligten zu kombinieren, kann hier (noch) nicht von einer allgemeinen Praxis ausgegangen werden. Schon gar nicht kann jedoch von der Herkunft der Beteiligten und dem Schiedsort eindeutig auf die Vereinbarung bestimmter Verfahrensregeln geschlossen werden. Die genannten Kriterien können daher nicht eindeutig zu einer Schlussfolgerung auf den mutmaßlichen Parteiwillen führen. Auch eine u.U. erforderliche Beweisaufnahme zur Ermittlung des Parteiwillens erscheint weder Strack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht zweckmäßig noch wird sie zu einem eindeutigen Ergebnis führen. Sinnvoller erscheint eine direkte Entscheidung des Schiedsgerichts im Rahmen seines verfahrensrechtlichen Ermessens. Hierbei werden sowohl Herkunft der Schiedsrichter als auch deren Erfahrung immer eine Rolle spielen. Die Heranziehung der IBARules wird i.d.R. als ermessensfehlerfreie Entscheidung zu betrachten sein (Schütze, SchiedsVZ 2006, 1 [3]). 6. Grenzen der Kompetenz des Schiedsgerichts und Unterstützung durch staatliche Gerichte 27 Als privater Spruchkörper ohne hoheitliche Befugnisse ist das Schiedsgericht
nicht dazu befugt, Zwang gegenüber Zeugen oder Sachverständigen auszuüben, eine Dokumentenvorlage durch Dritte anzuordnen bzw. von Behörden oder Amtspersonen die Übergabe einer Urkunde zu verlangen oder einen Eid abzunehmen. Hält das Schiedsgericht die Durchführung einer der genannten Handlungen für erforderlich, kann es die Unterstützung staatlicher Gerichte nach § 1050 ZPO beantragen; möglich ist auch ein Antrag durch eine Partei mit Zustimmung des Schiedsgerichts. In letzterem Fall muss das Schiedsgericht auch dem Inhalt des Antrags zustimmen (Theune in Schütze, Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Kapitel III, Art. 27 DIS-SchO Rz. 4; Schütze in Böckstiegel, S. 31 [35]; ausführlich Wirth/Hoffmann-Nowotny, SchiedsVZ 2005, 66).
28 Für Unterstützungshandlungen staatlicher Gerichte bei der Beweisaufnahme
und die sonstigen richterlichen Handlungen sind die Amtsgerichte zuständig (§ 1062 Abs. 4 ZPO). Das Amtsgericht ist an das geltende deutsche Prozessrecht gebunden und kann daher lediglich solche Maßnahmen anordnen oder durchführen, die in der ZPO vorgesehen sind (Raeschke-Kessler in Neues Deutsches Schiedsverfahrensrecht, S. 103; Sachs/Lörcher in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento, § 1050 Rz. 7 f.).
B. Beweismittel und deren Behandlung im Schiedsverfahren (Art. 28.2, Art. 28.3) 29 Die Abs. 2 und 3 des neuen Art. 28 enthalten Regelungen zu einzelnen Beweis-
mitteln in Form einer nicht abschließenden Aufzählung. Sie unterscheiden zwischen einer Beweisanordnung durch das Schiedsgericht und Beweisangeboten der Parteien. Geregelt wird durch Art. 28.2 und 3 DIS-SchO nur die Beweisanordnung durch das Schiedsgericht selbst, nicht die Möglichkeit der Parteien Beweis anzubieten. Derartige Regelungen wären ohnehin obsolet, da das Schiedsgericht die Beweise nach freiem Ermessen würdigt und die Beibringung durch die Parteien selbst eine Selbstverständlichkeit darstellt. Die adressierten Beweismittel sind Zeugen, (elektronische) Dokumente und Sachverständige.
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Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
I. Zeugen (Art. 28.2 Satz 1) Literatur: Bernuth/Reischl, Sequestration of Witnesses – Zur Anwesenheit von Zeugen während der Schiedsverhandlung, SchiedsVZ 2017, 20 ff.; Bertke/Schröder, Grenzen der Zeugenvorbereitung im staatlichen Zivilprozess und im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2014, 80 ff.; Harbst, Die (Un-)verlässlichkeit der Zeugenerinnerung, SchiedsVZ 2021, 49 ff.; Nettlau/O’Dell/Hackstein, An Examination of the 2020 Revision of the IBA Rules of Evidence, SchiedsVZ 2021, 315 ff.); Oetiker, Witnesses before the International Arbitral Tribunal, ASA Bulletin, Vol. 25 Issue 2 (2007), S. 253; Risse/Baumann, The permissible scope of witness testimony in arbitral hearings-five proposed rules, Arbitration International, Vol. 37 Issue 1, S. 21 ff. Schlosser, Verfahrensrechtliche und berufsrechtliche Zulässigkeit der Zeugenvorbereitung, SchiedsVZ 2004, 225 ff.; Schürmann, Plädieren durch die Hintertür – Pleading through the back door, ASA Bulletin, Vol. 24 Issue 3 (2006), S. 433; Segesser, Witness Preparation in International Commercial Arbitration, ASA Bulletin, Vol. 20 Issue 2 (2002), S. 222; Shore, Three Evidentiary Problems in International Arbitration: Producing the Adverse Document, Listening to the Document that does not Speak for Itself, and Seeing the Witness through her Written Statement, SchiedsVZ 2004, 76 ff.
1. Normzweck Art. 28.2 Satz 1 bestimmt, dass das Schiedsgericht andere als von den Parteien 30 benannte Zeugen vernehmen darf. Regelungen zur Durchführung des Zeugenbeweises enthält die Vorschrift jedoch nicht. Die Gestaltung der Beweisaufnahme ist auch hier Parteiautonomie und Ermessen des Schiedsgerichts überlassen. 2. Reform Das Beweismittel des Zeugen und die diesbezüglichen Regelungen unter der 31 DIS-SchO haben sich durch die Reform 2018 nicht verändert. Art. 28.2 DISSchO 2018 sieht wie § 27 Abs. 1 Satz 2 DIS-SchO 1998 vor, dass das Schiedsgericht eigenständig die Vernehmung von Zeugen anordnen kann. Durch den neuen Wortlaut „andere als von den Parteien benannte Zeugen“ wird diese, von den Parteien unabhängige, Möglichkeit deutlich. Dies war aber schon unter der alten DIS-SchO 1998 gängige Praxis. 3. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die ZPO nimmt – anders als Art. 28 DIS-SchO – keinen ausdrücklichen Bezug 32 auf den Zeugenbeweis, sondern bestimmt in § 1042 Abs. 4 Satz 2 lediglich, dass das Schiedsgericht berechtigt ist, im Rahmen seines durch zwingende Vorschriften und mögliche Parteivereinbarung beschränkten Ermessens über die Zulässigkeit einer Beweiserhebung zu entscheiden, diese durchzuführen und das Ergebnis frei zu würdigen.
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 4. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 33 Der Zeugenbeweis ist im staatlichen Gerichtsverfahren nach der ZPO der ein-
zige Beweis, den das staatliche Gericht nicht ohne Beweisantrag einer Partei erheben darf. Gibt es einen Beweisantrag (Beweisangebot) und hält das Gericht die Aussage des Zeugen für entscheidungserheblich, wird der Zeuge vom Gericht geladen (§ 377 ZPO). Teilweise werden in der Ladung die Beweisthemen genannt, zu denen der Zeuge gehört werden soll, der Beweisbeschluss selbst wird dem Zeugen aber meist vorab nicht übersandt. Für den Zeugen gilt grds. eine Erscheinens-, Aussage- und Eidespflicht. Sollte ein Zeuge nicht zur Vernehmung erscheinen, kann sein Erscheinen erzwungen werden (§ 380 ZPO). Der Zeuge im staatlichen Gerichtsverfahren kann sich auf verschiedene, in §§ 383, 384 ZPO genannte Zeugnisverweigerungsrechte berufen. Eine Vereidigung erfolgt, wenn das Gericht dies für erforderlich erachtet und die Parteien auf die Vereidigung nicht verzichten (§ 391 ZPO).
34 Die Vernehmung erfolgt in erster Linie durch den Richter. Im Anschluss erhal-
ten die Parteien Gelegenheit, Fragen an den Zeugen zu richten.
35 Im Schiedsverfahren ist der Zeuge zur Aussage vor dem Schiedsgericht nicht
verpflichtet, sodass auch keine Zeugnisverweigerungsrechte zur Anwendung kommen. Da das Schiedsgericht keinen Eid abnehmen darf, entfällt auch eine Belehrung über die Folgen eines Meineides. Allenfalls kommt ein Hinweis auf eine mögliche Strafbarkeit u.a. wegen Betruges aufgrund einer falschen Aussage in Betracht. Erfolgt dennoch eine Beeidigung, kann der Schiedsspruch aufgehoben werden, wenn er auf der Beeidigung beruht, d.h. wenn der Beeidigung ein besonderer Beweiswert zukam (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO).
36 Weil das Schiedsgericht nicht befugt ist, einen Zeugen zur Aussage zu zwingen,
ordnet das Schiedsgericht i.d.R. an, dass die Partei, die sich auf einen Zeugen beruft, dafür sorgt, dass der Zeuge erscheint. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Schiedsgericht das Nichterscheinen eines Zeugen negativ würdigen, etwa wenn der Zeuge ein Angestellter der Partei ist, die sich auf seine Aussage beruft, und diese nicht in der Lage ist, ihn zur Kooperation zu bewegen. Hierdurch wird allerdings das Recht auf rechtliches Gehör eingeschränkt (vgl. Art. 21 DIS-SchO). Daher mag es anders sein, wenn die Partei alles ihr Mögliche und Zumutbare getan hat, den Zeugen zu einem Erscheinen in der mündlichen Verhandlung zu bewegen (hierzu auch Raeschke-Kessler in Neues Deutsches Schiedsverfahrensrecht/Neue DIS-Schiedsgerichtsordnung, DIS-Materialien IV (1998), S. 105). Art. 4 Abs. 7 der IBA-Rules, nach dem das Schiedsgericht die schriftliche Zeugenerklärung eines Zeugen, der ohne ausreichende Entschuldigung nicht erscheint, unberücksichtigt lassen soll, ist daher so anzuwenden, dass das rechtliche Gehör der Parteien gewahrt bleibt.
37 Sofern ein Zeuge nicht kooperiert oder das Schiedsgericht der Auffassung ist,
dass eine Aussage unter Eid erforderlich ist, kommt ein Antrag auf gerichtliche Unterstützung nach § 1050 ZPO in Betracht (Rz. 27 f.; ein dahingehender Antrag einer Partei ist auch in Art. 4 Abs. 9 IBA-Rules vorgesehen). Um eine Ver-
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Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
zögerung des Rechtsstreits zu vermeiden, wird das Schiedsgericht zusätzlich häufig eine Frist für die Antragstellung durch die Partei setzen, wenn es den Antrag nicht selber stellt (die Durchführung des Verfahrens vor dem staatlichen Gericht kann das Schiedsgericht selbstredend nicht beeinflussen). § 1050 ZPO sieht nicht vor, dass das staatliche Gericht lediglich den Zeugen unter Zwangsandrohung anhält, vor dem Schiedsgericht zu erscheinen, sondern dass die Beweisaufnahme insgesamt vor dem staatlichen Gericht durchgeführt wird (kritisch Heller in Böckstiegel, S. 85 [105]; Entscheidungen des staatlichen Gerichts über den Antrag auf gerichtliche Unterstützung können (nur) im Wege der sofortigen Beschwerde, insb. nach § 567 ZPO, angefochten werden; hierzu BGH v. 20.2.2020 – I ZB 45/19, SchiedsVZ 2021, 43). Neben dem staatlichen Richter können jedoch auch das Schiedsgericht und die Parteien den Zeugen befragen (§ 1050 Abs. 3 ZPO). Die Beweiswürdigung der vor dem Amtsgericht erfolgten Zeugenaussage wird wiederum vom Schiedsgericht vorgenommen (Sachs/Lörcher in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento, § 1050 Rz. 11). Ermessen des Schiedsgerichts. Da im Schiedsverfahren der Grundsatz gilt, dass 38 die Parteien die von ihnen benannten Zeugen selbst beibringen (Raeschke-Kessler in Neues Deutsches Schiedsverfahrensrecht/Neue DIS-SchO, DIS-Materialien IV (1998), S. 104), besteht die Gefahr einer Verletzung des rechtlichen Gehörs einer Partei, deren Zeuge nicht erschienen ist, erst dann, wenn sie ihre Verfahrenspflicht, den Zeugen zu stellen, mit einer ausreichenden Entschuldigung nicht erfüllen konnte und das Schiedsgericht dennoch (grundlos) von einem Antrag nach § 1050 ZPO absieht (Raeschke-Kessler in Neues Deutsches Schiedsverfahrensrecht, S. 105). Es erfolgt keine Differenzierung zwischen einer Partei und einem Zeugen im 39 Schiedsverfahren. Jede Person, z.B. auch der Geschäftsführer einer Partei, kann als Zeuge gehört werden. Natürlich wird das Schiedsgericht bei der Beweiswürdigung ein etwaiges persönliches Interesse eines vernommenen Zeugen berücksichtigen (Oetiker, ASA Bulletin, Vol. 25 Issue 2 (2007], 253). 5. Der Zeugenbeweis im Schiedsverfahren Die Art und Weise der Beweiserhebung durch Zeugenbeweis unterliegt der Par- 40 teiautonomie. Auch hier ist die Ausgestaltung im Einzelnen im common law und im civil law unterschiedlich. Ist das Verfahren stark kontinentaleuropäisch ausgeprägt, wird in den Schriftsätzen Zeugenbeweis für bestimmte behauptete Tatsachen angeboten und die genannten Zeugen werden – sofern ihre Aussage entscheidungserheblich ist – in der mündlichen Verhandlung vernommen. Im common law wird die Zeugenvernehmung durch das Einreichen schriftlicher Zeugenaussagen (written witness statements) vorbereitet. Dies ist auch in internationalen Schiedsverfahren üblich (Oetiker, ASA Bulletin, Vol. 25 Issue 2 (2007), 254; Böckstiegel, in Böckstiegel, S. 1). Vorteil schriftlicher Zeugenaussagen ist, dass kein Beweis „ins Blaue hinein“ 41 geführt wird und die Relevanz der Zeugenaussage früh erkennbar ist. Zudem erStrack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht folgt i.d.R. eine frühere Befassung des Zeugen mit der Sache und es können vorab Fragen an den Zeugen erarbeitet werden, was zu einer strafferen Befragung während der mündlichen Verhandlung führt. Auch können schriftliche Zeugenaussagen dazu führen, dass Tatsachen früher unstreitig gestellt werden. 42 Als nachteilig wird empfunden, dass durch die schriftlichen Zeugenaussagen
u.U. neue Tatsachenbehauptungen nach Abschluss der Schriftsatzphase eingeführt werden. Diesem Einwand kann begegnet werden, indem vereinbart/angeordnet wird, die Zeugenaussagen parallel zu den jeweiligen Schriftsätzen der Parteien einzureichen. Zudem wird kritisiert, dass die Spontaneität leidet, das Verfassen und Lesen schriftlicher Zeugenaussagen einen erheblichen Zeitaufwand bedeutet und dieses Verfahren unnötig bürokratisch ist. Es wird außerdem bezweifelt, dass schriftliche Zeugenaussagen zu einem zusätzlichen Erkenntnisgewinn führen, da sie auf die Schriftsätze der Parteien Bezug nehmen und letztlich Produkt der Verfahrensbevollmächtigten seien (zu den Vor- und Nachteilen auch Wirth, SchiedsVZ 2003, 9 [13 f.]; Oetiker, ASA Bulletin, Vol. 25 Issue 2 (2007), 253; Bühler in Böckstiegel, S. 85 [96]).
43 Die Verwendung schriftlicher Zeugenaussagen ist sinnvoll, auch wenn die o.g.
Vorteile in vielen Fällen eine Idealvorstellung darstellen, die in der Praxis so nicht immer umsetzbar ist. Denn anhand von schriftlichen Zeugenaussagen kann das Schiedsgericht besser beurteilen, ob eine Zeugenaussage für die Entscheidung des Falles erheblich sein wird (Raeschke-Kessler in Böckstiegel, S. 41 [66]). Den o.g. Nachteilen kann durch genaue Vorgaben für Form und Inhalt sowie die Bestimmung von Fristen für die (letztmögliche) Einreichung von schriftlichen Zeugenaussagen begegnet werden. Die revidierten IBA Rules enthalten z.B. auch hilfreiche Anpassungen zur Möglichkeit der Einreichung von revidierten oder zusätzlichen schriftlichen Zeugenaussagen (Nettlau/O’Dell/Hackstein, SchiedsVZ 2021, 315, 318). Zudem hat die ICC mit einer Task Force untersucht, inwiefern die bisherigen Praktiken in internationalen Schiedsverfahren die Zeugenerinnerung beeinflusst oder verändert und in einem Bericht einige Vorschläge unterbreitet, wie die „Kontamination“ des Zeugenbeweises verhindert werden kann (Harbst, SchiedsVZ 2021, 49 ff.). Solche Vorgaben sollen bereits in der zwingend vorgesehenen Verfahrensmanagementkonferenz (Art. 27.2; Anlage 3, Buchst. A) erörtert und vom Schiedsgericht in seiner ersten verfahrensrechtlichen Verfügung festgehalten werden. Standardmäßig enthält eine schriftliche Zeugenaussage Angaben zur Person, zu ihrem Verhältnis zu den Parteien, ihre Aussage zur Sache, eine Wahrheitsbekundung, Angaben, in welche Sprache der Zeuge bereit ist, auszusagen, sowie die Unterschrift (Art. 4 Abs. 5 IBA-Rules enthält eine entsprechende Aufzählung dieser inhaltlichen Bestandteile; ein Beispiel für eine schriftliche Zeugenaussage ist in Art. 25 ICC-SchO Rz. 123 abgedruckt). Insbesondere dann, wenn die Befragung der Zeugen im Wege einer direct examination und cross examination erfolgen soll (Art. 29 Rz. 35 ff.), ist die vorherige Vorlage von schriftlichen Zeugenaussagen zur Vorbereitung der Fragen erforderlich.
44 Entscheidung im Einzelfall. Natürlich sollte auch die Frage, ob mit schriftlichen
Zeugenaussagen gearbeitet werden soll, für jedes Schiedsverfahren neu gestellt 1042
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und erwogen werden, ob dies im jeweiligen Verfahren sinnvoll erscheint. Wenn bspw. nur wenige Zeugen genannt werden und ihre Beweisthemen begrenzt sind, sind schriftliche Zeugenaussagen nicht erforderlich (Oetiker, ASA Bulletin, Vol. 25 Issue 2 (2007), 254). Jedenfalls sollte der Zeugenbeweis insgesamt einheitlich geführt werden. Diese Entscheidung kann auch zurückgestellt werden, bis die (ersten) Schriftsätze ausgetauscht sind (Wirth, SchiedsVZ 2003, 9 [14]). Dies erscheint jedoch im Interesse einer schnellen und effektiven Verfahrensführung nicht sinnvoll. Zeitpunkt der Einreichung schriftlicher Zeugenaussagen. Möglich ist die Ein- 45 reichung gemeinsam mit den Schriftsätzen oder die gleichzeitige Einreichung durch beide Parteien nach Austausch der Schriftsätze. Die Einreichung der Aussagen mit den Schriftsätzen führt zu einer Beschleunigung des Verfahrens, da kein weiterer separater Verfahrensschritt mehr erforderlich wird und die Parteien bereits in ihren Schriftsätzen zu den Zeugenaussagen Stellung nehmen können. In diesem Fall sollte dem Kläger das Recht eingeräumt werden, weitere Zeugenaussagen in Erwiderung (supplementary/rebuttal witness statements) auf die Stellungnahmen des Beklagten einzureichen, da er die Zeugenaussagen seiner Zeugen einreichen muss, bevor er die Argumente und Behauptungen der Gegenseite (vollständig) kennt. Werden die Aussagen gleichzeitig nach der Schriftsatzphase ausgetauscht, können die Parteien regelmäßig auch auf die jeweiligen Zeugenaussagen der anderen Partei mit ergänzenden Aussagen erwidern. Zudem vermeidet das Schiedsgericht so das Problem, dass über eine schriftliche Zeugenaussage neue Tatsachen zur Unzeit in das Verfahren eingeführt werden. In jedem Fall haben sie Gelegenheit, nach Abschluss der Beweisaufnahme deren Ergebnis zu würdigen (Oetiker, ASA Bulletin, Vol. 25 Issue 2 (2007), 260 f.). Meist ist die Zeugenbefragung in der mündlichen Verhandlung angloamerika- 46 nisch geprägt. Dies bedeutet, dass die benennende Seite im Laufe des Verfahrens eine schriftliche Aussage des Zeugen eingereicht hat. Die Gegenseite kann dann den Zeugen in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der schriftlichen Aussage befragen. Dazu muss sie den Zeugen im Vorfeld benennen und hat dann das Recht zur „direct examination“. Im Anschluss folgt i.d.R. die „cross examination“ durch die Gegenseite (Einzelheiten Art. 29 Rz. 35 ff.). Das Vernehmungsverfahren kann aber auch europäisch geprägt sein, so dass 47 eine Vernehmung vorwiegend durch das Schiedsgericht erfolgt und die Parteien nur vereinzelte Nachfragen zum vom Schiedsgericht festgelegten Beweisgegenstand formulieren können. In der Ausgestaltung setzt Art. 28 weder der Parteivereinbarung noch dem Ermessen des Schiedsgerichts Grenzen. Einzig zu gewährleisten hat das Schiedsgericht das rechtliche Gehör und die Gleichbehandlung der Parteien (Art. 21). Kontakte zwischen Parteien und Zeugen im Sinne einer ausführlichen Vor- 48 bereitung („coaching“) auf eine Zeugenaussage sind in den meisten civil-lawSystemen nicht üblich (Raeschke-Kessler in Böckstiegel, S. 41 [65]; zur grds. ZuStrack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht lässigkeit auch im Zivilprozess s. Bertke/Schröder, SchiedsVZ 2014, 80 [81 ff., 86]). Explizite Regelungen einschließlich der Festlegung disziplinarrechtlicher Folgen für Parteivertreter sind jedoch kaum zu finden (Schlosser, SchiedsVZ 2004, 225 [226], der auf berufsrechtliche Verbote der Zeugenbeeinflussung in einigen Schweizer Kantonen hinweist; Bertke/Schröder, SchiedsVZ 2014, 80, die unterschiedliche Erscheinungsformen der Zeugenvorbereitung sowie deren Zulässigkeitsgrenzen nach deutschem Recht darlegen). Das Schiedsverfahrensrecht orientiert sich auch in dieser Frage am common law, wo die Vorbereitung von Zeugen üblich und teilweise in sehr weitem Umfang als zulässig erachtet wird (Beispiele Schlosser, SchiedsVZ 2004, 255 [226 ff.]) und lässt die Vorbereitung von Zeugen durch Parteivertreter zu (Segesser, ASA Bulletin, Vol. 20 Issue 2 (2002), 222 ff.; Bertke/Schröder, SchiedsVZ 2014, 80 [85 ff.]). Dieser Grundsatz hat auch Eingang in die IBA-Rules gefunden (Art. 4 Abs. 3, Kläsener/Dolgorukow, SchiedsVZ 2010, 302 [308]). Die Vorbereitung von Zeugen schließt die Hilfe beim Erstellen einer schriftlichen Zeugenaussage ein (hierzu Oetiker, ASA Bulletin, Vol. 25 No. 2 (2007], 255; Bühler in Böckstiegel, S. 85 [97]) und erlangt insb. vor Durchführung der mündlichen Verhandlung Bedeutung (Art. 29). Die Vorbereitung des Zeugen darf natürlich nicht zur unzulässigen Beeinflussung werden. Eine Bezahlung des Zeugen ist nicht per se unzulässig. Der Zeuge ist nicht verpflichtet, im Schiedsverfahren auszusagen, und er wird für seine Aussage nicht entschädigt. Gleichzeitig ist eine Aussage in einem Schiedsverfahren für einen Zeugen mit teilweise erheblichem Zeitaufwand verbunden, der ihm in Höhe des (anteiligen) normalen Arbeitseinkommens honoriert werden darf (für eine Zahlung der Honorierung vor der Aussage Schlosser, SchiedsVZ 2004, 225 [229]) (Wirth, SchiedsVZ 2003, 9 [13]).
II. Dokumente und elektronisch gespeicherte Daten (Art. 28.2 Satz 1) Literatur: Burianski/Reindl, Truth or Dare? The conflict between e-discovery in international arbitration and German data protection rules, SchiedsVZ 2010, 187 ff.; Cervenka/ Schwarz, Datenschutz im Schiedsverfahren – die Rolle des Schiedsgerichts, SchiedsVZ 2020, 78 ff.; Document Production in International Arbitration, ICC Court Bulletin Special Supplement (2006); Faulhaber/Beimel, The Best of Both Worlds? The Power of 28 U.S.C. § 1782 in International Commercial Arbitration, SchiedsVZ 2022, 1 ff.; Fritz/ Prantl/Leinwather/Hofer, Datenschutz in internationalen Schiedsverfahren – Ein Überblick, SchiedsVZ 2019, 301 ff.; Haller, The Without Prejudice Privilege, SchiedsVZ 2011, 313 ff.; Haller, Protecting Business Secrets by Way of Protective Orders, SchiedsVZ 2013, 135 ff.; Hamann/Bulka, How to Make Arbitration Efficient: Practice Examples, SchiedsVZ 2022, 27 ff.; Heitzmann, Confidentiality and Privileges in Cross Border Legal Practice: The Need for a Global Standard? ASA Bulletin, Vol. 26 Issue 2 (2008), S. 205 ff.; Helm/Bonke/ Wienfort, Offenlegungspflichten in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit: Zu den Grenzen und Gefahren von Privileges in der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und parteiernanntem Sachverständigen, SchiedsVZ 2018, 325 ff.; Hilgard, Electronic Discovery im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2008, 122 ff.; Kaufmann-Kohler/Bärtsch, Discovery in international arbitration: How much is too much?, SchiedsVZ 2004, 13 ff.; King/Bossmann, Rethinking Discovery in International Arbitration: Beyond the Common Law/Civil Law
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Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO Divide, ICC Court Bulletin, Vol. 12 No. 1 (2001), S. 24 ff.; Kneisel/Lecking, Verteidigungsstrategien gegen die Anordnung der Document Production – insb. nach den IBA-Regeln zur Beweisaufnahme in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2013, 150 ff.; Konrad, Der Schutz der Vertrauenssphäre zwischen Rechtsanwalt und Mandant im Zivilprozess, NJW 2004, 710 ff.; Meier, The Production of Electronically Stored Information in International Commercial Arbitration, SchiedsVZ 2008, 179 ff.; Nettlau/O’Dell/ Hackstein, An Examination of the 2020 Revision of the IBA Rules of Evidence, SchiedsVZ 2021, 315 ff.; Redeker, Der Syndikusanwalt als Rechtsanwalt, NJW 2004, 889 ff.; Report of the ICC Commission on Arbitration, Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration; Rees, Is it Time for Users to Take More Risks in Arbitration?, SchiedsVZ 2016, 57 ff.; Sachs, Use of documents and document discovery: „Fishing expeditions“ versus transparency and burden of proof, SchiedsVZ 2003, 193 ff.; Schardt, Neue Regelungen der DIS-Schiedsgerichtsordnung zur Steigerung der Verfahrenseffizienz, SchiedsVZ 2019, 28 ff.; Shore, Three Evidentiary Problems in International Arbitration: Producing the Adverse Document, Listening to the Document that does not Speak for Itself, and Seeing the Witness through her Written Statement, SchiedsVZ 2004, 76 ff.; Sindler/Wüstemann, Privilege across borders in arbitration: multi-jurisdictional nightmare or a storm in a teacup?, ASA Bulletin, Vol. 23 Issue 4 (2005), S. 610 ff.
1. Normzweck Das Schiedsgericht kann die Vorlage von Dokumenten anordnen. Damit ist 49 noch keine Regelung über die Möglichkeit der Parteien getroffen, eine solche Vorlageanordnung zu beantragen, oder unter welchen Voraussetzungen eine solche Anordnung erfolgen kann. Durch die Regelung in Art. 28.2 wird lediglich festgestellt, dass dem DIS-Schiedsverfahren ein Dokumentenvorlageverfahren grds. nicht fremd ist. 2. Reform Art. 28.2 Satz 1 sieht vor, dass das Schiedsgericht zum Zwecke der Beweiserhe- 50 bung anordnen kann, „Dokumente oder elektronisch gespeicherte Daten“ vorzulegen. Damit wird der Passus „Vorlage von Urkunden“ aus § 27 Abs. 1 DISSchO 1998 abgelöst und modernisiert. Der neue Terminus umfasst ausdrücklich sämtliche Dokumente, wie auch elektronische Daten. Da allerdings der Urkundenbegriff des § 27 Abs. 1 DIS-SchO 1998 weit zu verstehen war und auch elektronisch gespeicherte Dokumente umfasste, führt Art. 28.2 Satz 1 nicht zu einer wesentlichen inhaltlichen Neuausrichtung der Beweiserhebung. Durch die Erfassung elektronisch gespeicherter Daten ist nun klar, dass z.B. auch die Offenlegung von Meta-Daten Gegenstand von Vorlageanordnungen sein können. Die Neufassung wird so dem Reformziel gerecht, ein unbürokratisches und elektronisch administriertes Verfahren zu gewährleisten. 3. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Das X. Buch der ZPO enthält keine entsprechenden Regelungen. Damit ist ein 51 Dokumentenvorlageverfahren nicht ausgeschlossen, sondern die Bestimmung Strack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht von Beweismitteln und Beweisverfahren gänzlich dem Willen der Parteien bzw. dem Ermessen des Schiedsgerichts überlassen. Art. 28.2 Satz 1 DIS-SchO ist insofern etwas detaillierter, als es einzelne Beweismittel nennt. Spezifische Vorgaben zum Beweisverfahren vor dem Schiedsgericht sind jedoch weder in der ZPO noch in der DIS-SchO enthalten. 4. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 52 Anordnung der Urkundenvorlegung nach § 142 ZPO. Das staatliche Gericht
kann unter bestimmten Voraussetzungen die Vorlage von Urkunden durch eine Partei oder einen Dritten anordnen, wenn sich eine der Parteien in ihrem Vortrag auf besagte Urkunden bezogen hat. Dies kann von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei erfolgen. In der Praxis wird von dieser Vorschrift selten Gebrauch gemacht. Wenn sie zur Anwendung kommt, betrifft die Vorlageanordnung regelmäßig nur eine kleine Anzahl von Dokumenten oder ein einzelnes Dokument. Aufgrund des Ausforschungsverbots darf eine Anordnung nicht zum bloßen Zweck der Informationsgewinnung ergehen, sondern nur dann, wenn ein schlüssiger, auf konkrete Tatsachen bezogener Vortrag der Partei vorliegt (BGH v. 26.6.2007 – XI ZR 277/05, NJW 2007, 2989 [2992]). Unzulässig sind hiernach auch Beweisanträge, die bezwecken, die zur Konkretisierung des Prozessvortrags benötigten Tatsachen erst in Erfahrung zu bringen. Die bezugnehmende Partei muss die zu beweisende Tatsache hinreichend substantiiert darlegen und die zu beschaffende Urkunde möglichst genau bezeichnen. Globale Verweise auf sämtliche bei einer Partei oder ihrem Prozessbevollmächtigten befindlichen Unterlagen sind nicht ausreichend.
53 Eine Vorlagepflicht nach § 142 ZPO ist unabhängig von der Beweislast oder ei-
nem materiellen Herausgabeanspruch. Ein Verstoß gegen die Vorlagepflicht aufgrund einer Anordnung nach § 142 ZPO hat eine freie richterliche Würdigung nach §§ 286, 427 Satz 2 ZPO zur Folge. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht jedoch ein Recht, Unterlagen zurückzuhalten, etwa dann, wenn das Anwaltsgeheimnis oder sonstige geschützte Geheimhaltungsinteressen betroffen sind (hierzu Rz. 70 ff.).
54 Anordnung gegenüber Dritten. Das staatliche Gericht darf – anders als das
Schiedsgericht – auch gegenüber Dritten anordnen, dass bestimmte Urkunden durch diese vorzulegen sind. Im Schiedsverfahren besteht zwar auch insofern die Möglichkeit, gemäß § 1050 ZPO die Unterstützung staatlicher Gerichte zu beantragen. Hierfür muss die dritte Person jedoch der Gerichtsbarkeit deutscher Gerichte unterliegen. Da der Schiedsort häufig als neutraler Ort gewählt wird, zu dem die Parteien – und mit ihnen in Verbindung stehende Dritte – keine Beziehung haben, erlangt dieser Rechtsbehelf überwiegend in ausländischen Schiedsverfahren Bedeutung. Parteien am Schiedsort Deutschland hilft § 1050 ZPO in vielen Fällen nicht weiter (Kaufmann-Kohler/Bärtsch, SchiedsVZ 2004, 13 [19]). Sie müssen insofern auf nationale Regelungen in dritten Ländern zurückgreifen (z.B. die Vorschrift 28 U.S.C. § 1782, die U.S.-amerikanische Ge-
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richte ermächtigt, eine discovery zur Unterstützung von ausländischen und internationalen Verfahren anzuordnen – hierzu auch Finizio in Böckstiegel/Berger/ Bredow, The Taking of Evidence in International Commercial Arbitration, S. 57 [73 ff.]; Faulhaber/Beimel, SchiedsVZ 2022, 1 ff.). 5. Der Dokumentenbeweis im Schiedsverfahren Art. 28.2 formuliert ausschließlich die Möglichkeit des Schiedsgerichts, proaktiv 55 die Vorlage von Dokumenten oder elektronischen Daten anzuordnen. Nicht hingegen formuliert wird eine Befugnis der Parteien, eine solche Vorlageanordnung beim Schiedsgericht zu beantragen und somit ein Dokumentenvorlageverfahren in Gang zu bringen. Eine dahingehende Vereinbarung ist jedoch auch in Schiedsverfahren nach der DIS-SchO zulässig und insb. in internationalen Schiedsverfahren üblich (Sachs, SchiedsVZ 2003, 193 [195]). Nach Art. 27.2 i.V.m. Anlage 3, Buchst. E ist dies in der Verfahrenskonferenz zu erörtern (vgl. Art. 27 Rz. 38). Anordnung der Dokumentenvorlage in civil law und common law. Eine Do- 56 kumentenvorlagepflicht existiert sowohl im common law als auch im civil law. Die Voraussetzungen hierfür und die Ausgestaltung des Verfahrens sind jedoch sehr unterschiedlich (King/Bossmann, ICC Bulletin, Vol. 12 No. 1 (2001), 24 ff.; Kaufmann-Kohler/Bärtsch, SchiedsVZ 2004, 15 ff.). Im civil law stellt die Herausgabe von Dokumenten durch die Gegenpartei eine Ausnahme dar, da die Partei ihren Vortrag grds. mit Dokumenten zu beweisen hat, die in ihrem Besitz sind. Die Voraussetzungen für die Anordnung einer Dokumentenvorlage sind eng. Die antragstellende Partei muss das vorzulegende Dokument genau bezeichnen und sein Inhalt muss für die Entscheidung relevant sein. Im common law hingegen erhalten die Parteien – vor Beginn des eigentlichen Verfahrens im Sinne eines Austauschs begründeter Schriftsätze, daher „Pre-Trial-DiscoveryVerfahren“ – Zugang zu allen Unterlagen der Gegenpartei, die mit dem Verfahrensgegenstand in Zusammenhang stehen (könnten), und können hierin nach Dokumenten suchen, die zur Beweisführung für ihren Fall geeignet sind. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von „fishing expeditions“ (Wirth, SchiedsVZ 2003, 9 [11 f.]; Sachs, SchiedsVZ 2003, 193 [194]). Dokumentenvorlage in internationalen Schiedsverfahren. In der internationa- 57 len Schiedspraxis ist inzwischen unabhängig von der Herkunft der Beteiligten die Regel, dass die Dokumentenvorlage Bestandteil des Schiedsverfahrens sein kann (Hanotiau, ICC Court Bulletin Special Supplement (2006), 113 [114]; Finizio, in Böckstiegel/Berger/Bredow, The Taking of Evidence in International Commercial Arbitration, S. 57 [58]; Kaufmann-Kohler/Bärtsch, SchiedsVZ 2004, 13 [14]; Burianski/Reindl, SchiedsVZ 2010, 188; Kneisel/Lecking, SchiedsVZ 2013, 150 [151]). Dies wird jedoch auch vermehrt in Frage gestellt (Rees, SchiedsVZ 2016, 57 [58]; Schardt, SchiedsVZ 2019, 28 [32]). Denkbar ist auch die Vereinbarung eines Verfahrens zur Dokumentenvorlage 58 dergestalt, dass die Parteien zunächst versuchen, ohne Einbindung des SchiedsStrack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht gerichts die Herausgabe von Dokumenten auf freiwilliger Basis durchzuführen, und erst hiernach die Anordnung einer Vorlage durch das Schiedsgericht beantragen, wenn die Gegenpartei eine freiwillige Herausgabe verweigert. Selbstverständlich kann das Schiedsgericht auch von Amts wegen eine Vorlage anordnen, in der Praxis geschieht dies jedoch seltener. 59 Die in den IBA-Rules enthaltene Regelung zur Dokumentenherausgabe ist eine
Annäherung der Rechtssysteme aneinander (Wirth, SchiedsVZ 2003, 12; Kaufmann-Kohler/Bärtsch, SchiedsVZ 2004, 13; Sachs, SchiedsVZ 2003, 193 [196]; Kneisel/Lecking, SchiedsVZ 2013, 150 [151]). Art. 3 der IBA-Rules regelt die Beantragung der Anordnung einer Dokumentenvorlage durch das Schiedsgericht. Ein vorangestelltes freiwilliges Dokumentenherausgabeverfahren zwischen den Parteien sehen die IBA-Rules nicht vor. Allerdings kann das Schiedsgericht die Parteien auffordern, sich untereinander zu einigen, wenn von einer Partei Einwendungen gegen ein Herausgabeverlangen erhoben werden (Art. 3 Abs. 6 IBA-Rules). Für den Fall, dass einem Herausgabeantrag stattgegeben wird, regeln die IBA-Rules zur Förderung der Effizienz der Beweisaufnahme zudem, dass die Dokumente zunächst lediglich an die andere Partei und nicht auch an das Schiedsgericht herauszugeben sind (Art. 3 Abs. 4 IBA-Rules; IBA-Rules Commentary 2021, S. 11), wenn das Schiedsgericht keine anderweitige Anordnung trifft.
60 Voraussetzungen. Art. 3 IBA-Rules weitet die Civil-Law-Regeln über die Doku-
mentenherausgabe aus und schränkt die Regeln des common law ein. Durch die in Art. 3 Abs. 3 IBA-Rules genannten Voraussetzungen soll „fishing expeditions“ ein Riegel vorgeschoben werden (IBA-Rules Commentary 2021, S. 9 f.; zu den jüngst erfolgten Anpassungen Nettlau/O’Dell/Hackstein, SchiedsVZ 2021, 315, 317). Es kann sowohl die Herausgabe einzelner konkret benannter Dokumente als auch von eng umschriebenen Kategorien von Dokumenten, von deren Existenz man vernünftigerweise ausgehen kann, verlangt werden. Die Umschreibung des einzelnen Dokuments oder der Kategorie von Dokumenten wird üblicherweise Angaben zum (vermuteten) Urheber und/oder Empfänger enthalten, zum (vermuteten) Erstellungsdatum sowie dem vermuteten Inhalt. Gegenstand eines Antrags auf Herausgabe einer Kategorie von Dokumenten könnten etwa Vorstandsprotokolle sein, in denen der Verhandlungsführer einer Partei seinem Vorstand über Vertragsverhandlungen betreffend einen bestimmten, umstrittenen Punkt berichtet hat.
61 Dass unter den IBA-Rules nicht nur die Herausgabe einzelner Dokumente, son-
dern auch ganzer Kategorien von Dokumenten möglich ist, wurde von den Verfassern der Prague-Rules (s. oben Rz. 23) als zu „Common-Law-lastig“ angesehen. Die Prague-Rules sehen daher nur die Herausgabe eines „specific document“ vor (Art. 4.5 Prague-Rules). Möglich ist natürlich auch, dass Parteien oder das Schiedsgericht eigene Regelungen für die Herausgabe von Dokumenten aufstellen (hierzu Hamann/Bulka, SchiedsVZ 2022, 27, 30). Derzeit ist es jedoch noch gängige Praxis in internationalen Schiedsverfahren, die IBA Rules heranzuziehen, weshalb im Folgenden auf deren Regelungen im Einzelnen eingegangen wird. 1048
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Zusammenhang zwischen Vortrag und Unterlagen. Der Antragsteller muss 62 darlegen, welche Behauptungen er mit den herausverlangten Dokumenten beweisen möchte. Die Vorlage kann zur Stützung der eigenen Behauptungen des Antragstellers oder zur Widerlegung der Behauptungen des Gegners dienen. Der Zweck muss für das Schiedsgericht bei Antragstellung erkennbar sein (Raeschke-Kessler in Böckstiegel, S. 41 [52]). Die herausverlangten Dokumente müssen spezifisch bezeichnet und für den 63 Fall relevant und wesentlich für dessen Entscheidung sein. Relevant ist ein Dokument, wenn es wahrscheinlich eine Tatsache beweist, aus der rechtliche Schlussfolgerungen gezogen werden können. Wesentlich ist ein Dokument, wenn es für eine umfassende Untersuchung der rechtlichen Fragen durch das Schiedsgericht erforderlich ist (Kaufmann-Kohler/Bärtsch, SchiedsVZ 2004, 13 [18] m.w.N.). In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass der Antrag Ausführungen hierzu zwingend enthalten muss, da er sonst aus formellen Gründen zurückgewiesen werden kann. Dass Relevanz und Entscheidungserheblichkeit tatsächlich vorliegen, ist insofern irrelevant (Art. 3 Abs. 5 i.V.m. Art. 3 Abs. 3 IBA-Rules). Die Unterlagen müssen zudem Beweisstücke sein, ohne die der Antragsteller seiner Beweislast nicht nachkommen könnte (Derains, ICC Court Bulletin Special Supplement (2006), 83 [87]; s. zur Beweislast im Spannungsfeld zwischen verschiedenen Rechtssystemen auch Trittmann, SchiedsVZ 2016, 7). Die den Antrag stellende Partei muss ferner darlegen, dass sie nicht im Besitz der 64 Dokumente ist und warum sie davon ausgeht, dass die Gegenpartei die Dokumente verschaffen kann (Art. 3 Abs. 3 Buchst. c IBA-Rules: „possession, custody or control“). Hier stellt sich häufig die Frage, ob eine Dokumentenvorlage angeordnet werden kann, wenn nicht die andere Partei direkt, sondern ein anderes Unternehmen desselben Konzerns in Besitz der Unterlagen ist. Dies kann bspw. dann erfolgen, wenn die Partei das andere Unternehmen beherrscht oder wenn die Schiedsvereinbarung den gesamten Konzern einbezieht (ICC Award 4131, Yearbook Commercial Arbitration 1984, 131 ff., Rz. 136 f.; hierzu auch Kaufmann-Kohler/Bärtsch, SchiedsVZ 2004, 13 [19]; Raeschke-Kessler in Böckstiegel, S. 41 [53]). Auch der Fall, dass ein Dokument zwar nicht mehr in den Akten einer Partei vorhanden ist, jedoch elektronische Archive oder back-ups bestehen, ist von den Regeln erfasst. Legt die antragstellende Partei dar, dass es für sie einen unverhältnismäßigen Aufwand darstellen würde („unreasonably burdensome“), das Dokument vorzulegen, kann eine Vorlage durch die andere Partei angeordnet werden, wenn dies für sie weniger aufwändig ist (IBA-Rules Commentary 2021, S. 11). Der Zeitpunkt des Antrags richtet sich nach der Frist, die das Schiedsgericht für 65 ein Vorgabeverlangen gesetzt hat (etwa nach Art. 3 Abs. 2 IBA-Rules) oder die die Parteien in ihrer Vereinbarung in ihrem Prozesskalender festgelegt haben. Das Dokumentenvorlageverfahren sollte nicht zu früh, aber auch nicht zu spät erfolgen. Es bietet sich an, Herausgabeanträge nach der ersten und vor der zweiten Schriftsatzrunde zuzulassen (Kaufmann-Kohler/Bärtsch, SchiedsVZ 2004, 13 [21]; Sachs, SchiedsVZ 2003, 193 [196 f.]; Hanotiau, ICC Court Bulletin Special Supplement (2006), 113 [115]). Strack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 66 E-Discovery. Die grundlegenden Veränderungen der Informations- und Kom-
munikationstechnologie haben zu einer elektronischen Speicherung von immer mehr Informationen und einer Verlagerung der Korrespondenz auf den E-MailVerkehr auch im geschäftlichen Bereich geführt. Solche elektronisch gespeicherten Informationen schließen auch Metadaten (meta data) und Protokolldateien (log files) ein, die Auskunft darüber geben können, wer ein Dokument erstellt hat und wann es geändert wurde bzw. wer zu welchem Zeitpunkt auf eine Datei zugegriffen hat (Burianski/Reindl, SchiedsVZ 2010, 187 [188]; Meier, SchiedsVZ 2008, 178 [180]; Hilgard, SchiedsVZ 2008, 122 [123]). Die Anordnung des Schiedsgerichts zur Herausgabe elektronisch gespeicherter Daten umfasst der neue Wortlaut des Art. 28.2 nun ausdrücklich. Für Parteien problematisch kann die schiere Menge der elektronisch gespeicherten Daten wie auch die Tatsache sein, dass man im Allgemeinen beim Austausch elektronischer Daten weniger Sorgfalt walten lässt als im Schriftverkehr mit „hard copies“ (Meier, SchiedsVZ 2008, 178 [180]). Elektronische Daten können jedoch wertvolle Beweise darstellen, von denen viele Parteien Gebrauch machen wollen.
67 Eine Regelung zur e-discovery ist in Art. 3 IBA-Rules enthalten, wobei die IBA-
Rules dadurch keine Entscheidung über die umstrittene Frage der Zulässigkeit der e-discovery treffen möchten (IBA-Rules Commentary 2021, S. 10). Unter den Prague-Rules werden das Schiedsgericht und die Parteien ausdrücklich dazu aufgefordert, e-discovery möglichst zu vermeiden (Art. 4.2 Prague-Rules). Eine Regelung über eine e-discovery auf Antrag sollte daher zu Beginn des Schiedsverfahrens getroffen werden, möglichst bereits im Rahmen der Verfahrensmanagementkonferenz. Der Antragsteller kann elektronische Dokumente durch Dateinamen, Suchbegriffe oder Personen spezifizieren (Art. 3 Abs. 3 Buchst. a (ii) IBA-Rules). Das Schiedsgericht kann eine solche Spezifizierung auch anordnen (Kläsener/Dolgorukow, SchiedsVZ 2010, 302 [304 ff.]).
68 Auch andere Institutionen haben Richtlinien für die e-discovery in Schieds-
verfahren verfasst. So gibt es etwa: The Chartered Institute of Arbitrators Protocol for E-Disclosure, The ICDR’s Guidelines for Arbitrators Concerning exchanges of Information sowie das CPR’s Protocol on Disclosure of Documents and Presentation of Witnesses in Commercial Arbitration.
69 Einwendungen. Art. 28 stellt nicht nur die Art und Weise der Beweiserhebung
in das Ermessen des Schiedsgerichts, sondern auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen sich eine Partei der Erhebung eines Beweises bzw. insb. der Vorlage bestimmter Dokumente widersetzen darf. Neben der möglichen Einwendung formeller Mängel (vgl. oben Rz. 63) enthält Art. 9 Abs. 2 IBA-Rules einen Katalog von materiellen Einwendungen, die eine Partei gegen eine verlangte Herausgabe vorbringen kann. An diesem Katalog kann sich ein (DIS-)Schiedsgericht orientieren (s. zu Verteidigungsstrategien auch Kneisel/Lecking, SchiedsVZ 2013, 150 [153 ff.]). Es wird mögliche Einwendungen jedoch nicht von sich aus berücksichtigen, sondern nur, wenn die betroffene Partei eine entsprechende Einwendung erhoben hat (Art. 3 Abs. 4 IBA-Rules). Hierunter fallen insb. der Herausgabe entgegenstehende rechtliche Vorschriften oder beweisrechtliche 1050
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Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
Privilegien („legal impediment or privilege“, Art. 9 Abs. 2 Buchst. b IBA-Rules), Vertraulichkeitsgründe („commercial or technical confidentiality“, Art. 9 Abs. 2 Buchst. e IBA-Rules), „political or institutional sensitivity“ (Art. 9 Abs. 2 Buchst. f IBA-Rules), der Einwand, dass die Herausgabe eine unverhältnismäßige Belastung für die Partei darstellen würde (Art. 9 Abs. 2 Buchst. c IBARules), sowie zwingende Erwägungen der Prozessökonomie, Fairness oder Gleichheit der Parteien (Art. 9 Abs. 2 Buchst. g IBA-Rules). In den IBA-Rules nicht geregelt ist die Einwendung, dass das heraus verlangte Dokument nicht existiert. Art. 9 Abs. 2 Buchst. d IBA-Rules betrifft nur den Verlust oder die Zerstörung von Dokumenten. Erst recht kann eine Partei solche Dokumente nicht herausgeben, welche noch nie existiert haben. Um negative Konsequenzen zu vermeiden (etwa eine nachteilige Beweiswürdigung gemäß Art. 9 Abs. 6 IBARules), muss die Partei darlegen, dass das Dokument nie existiert hat. Meist begnügen sich Schiedsgerichte mit der ausdrücklichen (plausiblen) Versicherung der Partei, dass ein Dokument nicht existiert hat. Hat das Schiedsgericht Zweifel – etwa weil die andere Partei plausibel darlegen kann, dass das Dokument existiert haben muss, ist die Partei gehalten, Beweis für die Nichtexistenz des Dokuments zu erbringen. „Privileges“. Art. 9 Abs. 4 IBA-Rules nennt Beispiele einzelner beweisrechtlicher 70 Privilegien, die zu einer Einwendung gemäß Art. 9 Abs. 2 Buchst. b IBA-Rules berechtigen können. Die Vertraulichkeit von Kommunikation oder Unterlagen zum Zwecke der rechtlichen Beratung wird in Art. 9 Abs. 4 Buchst. a IBARules genannt. Auch die Vertraulichkeit von Vergleichsverhandlungen gilt als beweisrechtliches Privileg i.S.v. Art. 9 Abs. 2 IBA-Rules (vgl. Art. 9 Abs. 4 Buchst. b IBA-Rules) (zum „without prejudice privilege“ oder „settlement privilege“ Haller, SchiedsVZ 2011, 313). Andere praxisrelevante beweisrechtliche Privilegien ergeben sich aus sonstigen beruflichen Zeugnisverweigerungsrechten (Ärzte, Journalisten, Buchprüfer), dem Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen sowie der Vertraulichkeit sensibler Regierungsinformationen (zum Erfordernis eines Schutzes der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und parteiernanntem Sachverständigen sowie der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und parteiernanntem Sachverständigen s. Helm/Bonke/Wienfort, SchiedsVZ 2018, 325). Auf Privilegien anwendbares Recht. Haben die Parteien keine Vereinbarung 71 getroffen, entscheidet das Schiedsgericht, welches Recht auf die Frage nach Bestehen und Umfang beweisrechtlicher Privilegien anwendbar ist. Hierzu enthalten auch die IBA-Rules keine Richtlinien. Nach Art. 9 Abs. 2 Buchst. b IBARules bestimmt das Schiedsgericht das anwendbare Recht. In der Regel wird es die Parteien auffordern, zu der Frage des anwendbaren Rechts und des daraus folgenden Ergebnisses Stellung zu nehmen. Meist stellt sich diese Frage im Hinblick auf das sog. „Attorney-Client-Privilege“ oder „Anwaltsgeheimnis“ (unten Rz. 72 ff.). In Betracht kommt hier z.B. das Recht des Schiedsverfahrens (Art. 21 Rz. 34 ff.), das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht (wenn es vom Recht des Schiedsverfahrens verschieden ist, Art. 1 Rz. 17; Art. 6 ICC-SchO Strack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Rz. 59), das anwendbare materielle Recht, das Recht des Ortes, an dem der betreffende Rechtsanwalt zugelassen ist oder des Sitzes der Partei, die sich auf das Privileg beruft. Die beiden letztgenannten etwa mögen als Recht mit der engsten Verbindung zu den angeblich geschützten Unterlagen in Betracht kommen. Dies führt jedoch bereits dann zu Problemen, wenn – wie nicht selten – die Partei Teil eines international agierenden Konzerns ist und mehrere Konzerngesellschaften in unterschiedlichen Ländern involviert sind, oder wenn eine Partei sich in einem internationalen Sachverhalt von Rechtsanwälten aus verschiedenen Ländern beraten lässt. Denkbar ist auch die Anwendung des Rechts, das am meisten (oder am wenigsten) Schutz bietet (Kaufmann-Kohler/Bärtsch, SchiedsVZ 2004, 19; Heitzmann, ASA Bulletin, Vol. 26 Issue 2 (2008), 205 m.w.N.; Cohen, in Giovannini/Mourre, Written Evidence and Discovery in International Arbitration, 426 ff.; Sindler/Wüstemann, ASA Bulletin, Vol. 23 Issue 4 (2005), 618). Die IBA-Rules sehen vor, dass das Schiedsgericht bei seiner Entscheidung vor allem die Vorstellungen der Parteien bzw. der Parteivertreter im Zeitpunkt der Entstehung des Privilegs zu berücksichtigen hat (Art. 9 Abs. 4 Buchst. c IBA-Rules), die sich regelmäßig an den Regelungen ihrer Heimatrechtsordnungen zu Inhalt und Umfang der Privilegien orientieren würden (IBA-Rules Commentary 2021, S. 28; Kläsener/Dolgorukow, SchiedsVZ 2010, 302 [310]). 72 Anwaltsgeheimnis und Attorney-Client-Privilege. Wenn auch der Grundsatz
der Vertraulichkeit der Korrespondenz zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten allgemein anerkannt ist, ist doch die Ausgestaltung und der Umfang eines daraus abgeleiteten Beweisverweigerungsrechts unterschiedlich. Das sog. Attorney-Client-Privilege des common law ist als Recht des Mandanten ausgestaltet. Im civil law werden aus der berufsrechtlichen Verschwiegenheitspflicht des Anwalts Beweiserhebungs- und -verwertungsverbote (wie § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO) abgeleitet, auf die sich der Anwalt berufen kann; man spricht hier auch vom Anwaltsgeheimnis.
73 Ein wichtiger Unterschied besteht hinsichtlich der Beurteilung von Syndikus-
anwälten und ihrer Kommunikation innerhalb des Unternehmens, für das sie tätig sind. Der interne Bericht eines Syndikusanwalts an seine Geschäftsführung ist nach Common-Law-Grundsätzen vor der Anordnung einer Dokumentenherausgabe geschützt, wohingegen der Syndikusanwalt in Civil-Law-Ländern regelmäßig nicht vom Anwaltsgeheimnis erfasst sein wird (Demeyere, SchiedsVZ 2003, 250 m.w.N.). In Deutschland gilt das Anwaltsgeheimnis für Syndikusanwälte nur dann, wenn sie als unabhängiges Organ der Rechtspflege typisch anwaltlich und nicht weisungsgebunden tätig werden. Auch ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO steht Unternehmensjuristen nur unter diesen Voraussetzungen und auch nur dann zu, wenn sie bei der Anwaltskammer als Anwälte eingetragen sind. Ein Syndikus ist nach der Rechtsprechung nur als unabhängiges Organ der Rechtspflege tätig, wenn er Mandate für vom Unternehmer unabhängige Dritte bearbeitet hat und nicht für seinen Arbeitgeber tätig war (BGH v. 25.2.1999 – IX ZE 384/97, NJW 1999, 1715 [1716]; BGH v. 7.11.1960 – AnwZ (B) 4/60, BGHZ 33, 276 ff.; BGH v. 13.3.2000 –
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Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
AnwZ (B) 25/99, NJW 2000, 1645; BGH v. 18.6.2001 – AnwZ (B) 41/00, NJW 2001, 3130; für ein Zeugnisverweigerungsrecht für Syndikusanwälte, die hauptsächlich mit rechtsberatenden Aufgaben betraut werden und denen die interne Unternehmenshierarchie für diesen Bereich eine hinreichende Unabhängigkeit zugesteht, LG München v. 18.12.1979 – 32 0 1334/79, AnwBl. 1982, 197; Greger in Zöller, § 383 Rz. 19 m.w.N.; Redeker, NJW 2004, 889 [890]). Work-Product-Doctrine. Dieser Grundsatz stammt aus dem US-amerika- 74 nischen Recht und besagt, dass Unterlagen, die in Erwartung eines streitigen Verfahrens, also auch eines Schiedsverfahrens („prepared in anticipation of arbitration“), erstellt wurden, von der Gegenseite nicht heraus verlangt werden können. Es ist dabei irrelevant, wer die Unterlagen erstellt hat. Damit ist die WorkProduct-Doctrine weiter als das Attorney-Client-Privilege. Jedoch hat die antragstellende Partei i.d.R. die Möglichkeit darzulegen, dass die gesuchten Tatsachen nur durch die Vorlage von von der Doktrin erfassten Unterlagen erlangt werden können und dass diese Tatsachen unerlässlich sind, um den Anspruch zu substantiieren. Die Doktrin stellt damit kein beweisrechtliches Privileg im eigentlichen Sinne dar. Dennoch ist davon auszugehen, dass ein internationales Schiedsgericht die Anwendung dieses Grundsatzes zumindest in Betracht ziehen wird (für eine Anwendung auch im Rahmen des § 142 ZPO wohl Konrad, NJW 2004, 710 [713]; Cohen schlägt vor, den Grundsatz bei Verfahren mit Parteien anzuwenden, die mit ihm vertraut sind, in Written Evidence and Discovery in International Arbitration, S. 441). Without-Prejudice-Privilege/Unverwertbarkeit des Inhalts von Vergleichs- 75 verhandlungen. Dieses Prinzip ist insb. im anglo-amerikanischen Recht verankert, in anderen Rechtssystemen jedoch weitgehend unbekannt (Heitzmann, ASA Bulletin, Vol. 26 Issue 2 (2008), 212). Im internationalen Schiedsverfahrensrecht ist der Grundsatz anerkannt und auch in den IBA-Rules ausdrücklich als beweisrechtliches Privileg genannt (Art. 9 Abs. 4 Buchst. b IBA-Rules). Von diesem Privileg sind Aussagen erfasst, die gemacht wurden, um eine einvernehmliche Lösung voran zu treiben, nicht jedoch jede während Vergleichsverhandlungen gemachte Äußerung als solche oder Beweise, die währenddessen präsentiert wurden (Haller, SchiedsVZ 2011, 313 [316 f.]). Manche institutionelle Mediations- und Schlichtungsregeln sehen die Vereinbarung eines „NonDisclosure-Agreements“ vor. Die DIS Schlichtungs- und Mediationsordnungen empfehlen dem Schlichter oder Mediator, den Parteien den Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung vorzuschlagen (§ 13. 2 DIS-SchO). Das Privileg ist nicht anwendbar, wenn der Abschluss oder der Inhalt eines Vergleichs streitig ist (Haller, SchiedsVZ 2011, 313 [318]). Fairness und Gleichheit der Parteien. Aufgrund möglicher Unterschiede in 76 Ausgestaltung und Umfang beweisrechtlicher Privilegien betont Art. 9 Abs. 4 Buchst. e IBA-Rules die Notwendigkeit, die bereits in Art. 9 Abs. 2 Buchst. g IBA-Rules genannte Fairness und Gleichheit der Parteien beizubehalten. Wenn z.B. in einem Verfahren zwischen einer amerikanischen und einer deutschen Partei der interne Bericht eines Syndikusanwalts vom amerikanischen AttorneyStrack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Client-Privilege erfasst wäre, nicht jedoch vom deutschen Anwaltsgeheimnis, dürften die Parteien nicht ungleich behandelt werden. 77 Anwendung der Privilegien im Einzelfall. Häufig ist nicht die Frage streitig, ob
ein bestimmtes Beweisverwertungsverbot grds. besteht, sondern ob die Beweise, deren Vorlage unter Bezugnahme auf ein Beweisverwertungsverbot verweigert wird, tatsächlich von solch einem Verbot geschützt sind. Die Vorlage der Beweise unter Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung wird häufig den Zweck des Beweisverwertungsverbots aushöhlen. Möglich ist die Vorlage geschwärzter Dokumente, jedoch auch dann kann es zu Streitigkeiten über die Zulässigkeit solcher Schwärzungen bzw. ihres Umfangs kommen. Um dies zu entscheiden, kann das Schiedsgericht die Dokumente inspizieren, ohne der antragstellenden Partei Zugang zu gewähren. Dies ist problematisch, da (nur) das Schiedsgericht dadurch Kenntnis vom gesamten Inhalt der Dokumente erhält und der Schutz der Interessen der Partei, die sich auf das Privileg beruft, nicht umfassend gewährleistet ist. Zudem ist eine solche Inspektion (private inspection) durch das Schiedsgericht auch deshalb kritisch, weil das Schiedsgericht auf diese Weise mehr weiß als die Parteien. Die unwissende Partei kann daher ihre Position zu einem Aspekt nicht darlegen, den das Schiedsgericht kennt. Ein vorzugswürdiger Kompromiss kann deshalb darin bestehen, die Inspektion durch einen neutralen Berater vornehmen zu lassen (Kaufmann-Kohler/Bärtsch, SchiedsVZ 2004, 20).
78 Discovery Agent. Um einerseits die Vertraulichkeit von Dokumenten zu wah-
ren und andererseits relevante Informationen für die Sachverhaltsaufklärung zu nutzen, kann das Schiedsgericht einen sog. „Discovery Agent“ einsetzen (Art. 3 Abs. 8 IBA-Rules). Dann erhält nur der Discovery Agent Zugang zu dem vertraulichen Dokument, analysiert dieses und beantwortet daraufhin die Fragestellung des Schiedsgerichts. Dieses Vorgehen ist z.B. sinnvoll, wenn es darum geht, ob die als vertraulich eingestuften Informationen tatsächlich Betriebsgeheimnisse darstellen (und daher nicht vorgelegt werden müssen). Auch kann ein Discovery Agent (z.B. ein Wirtschaftsprüfer) eingesetzt werden, um unternehmensinterne, vertrauliche Zahlen zu analysieren und zu ermitteln, ob diese im Ergebnis einen bestimmten Grenzwert überschreiten. Auf Discovery Agents wird insb. auch in Streitigkeiten über gewerbliche Schutzrechte zurückgegriffen (Kläsener/Dolgorukow, SchiedsVZ 2010, 302, [307]; zu den verschiedenen Möglichkeiten, wie das Schiedsgericht vertrauliche Informationen schützen kann, s. auch Haller, SchiedsVZ 2013, 135 [137 ff.]).
79 Verzicht. Eine Partei kann sich nicht auf beweisrechtliche Privilegien berufen,
wenn sie darauf verzichtet hat. Ein solcher Verzicht kann durch einverständliche Verwendung, die frühere Offenlegung oder Benutzung eines Dokuments, einer Erklärung, mündliche Kommunikation oder einen darin enthaltenen Rat oder sonstige Umstände erfolgen (Art. 9 Abs. 4 Buchst. d IBA-Rules).
80 Datenschutz. Die Herausgabe von (elektronischen) Dokumenten steht in einem
Spannungsverhältnis zu Datenschutzvorschriften, da die unzulässige Daten-
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Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
erhebung, -verarbeitung und -nutzung eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit darstellen kann (Burianski/Reindl, SchiedsVZ 2010, 187 [196], mit Erläuterungen zu Inhalt und Anwendungsbereich, insb. auch Rechtfertigungstatbeständen, des BDSG ab 191; zur DSGVO Fritz/Prantl/Leinwather/Hofer, SchiedsVZ 2019, 301). Seit dem 25. Mail 2018 gilt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), die sowohl bestehende Regeln verschärft als auch neue Regeln eingeführt hat. Das ICCA und die IBA haben eine Joint Task Force gegründet, die zum Thema Datenschutz im Schiedsverfahren die Entwurfsfassung eines Leitfadens erstellt hat (https://www.arbitration-icca.org/icca-reports-no-7-icca-iba-roadmap-dataprotection-international-arbitration). Die Herausgabe von Dokumenten auf Basis eines Beschlusses des Schiedsgerichts wird i.d.R. wegen überwiegend berechtigter Interessen (Art. 6.1 Buchst. f DSGVO) oder zur Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung von Rechtsansprüchen (Art. 9.2 Buchst. f DSGVO) gerechtfertigt sein. Es ist aber immer zu prüfen, ob die in den heraus verlangten Dokumenten enthaltenen personenbezogenen Daten für die Erfüllung der Herausgabeverpflichtung erforderlich sind; wenn nicht, wären entsprechende Passagen zu schwärzen (Fritz/Prantl/Leinwather/Hofer, SchiedsVZ 2019, 301). Es ist zudem der Grundsatz der Datensparsamkeit zu beachten (Cervenka/Schwarz, SchiedsVZ 2020, 78). Solche datenschutzrechtlichen Vorgaben können im Rahmen des Art. 9 Abs. 2 Buchst. b IBA-Rules als „legal impediment“ Berücksichtigung finden. Auch die nach Art. 9 Abs. 4 Buchst. e IBA-Rules anzustellenden Fairnesserwägungen führen zu dem Ergebnis, dass ein Schiedsgericht Datenschutzrecht respektieren muss, da sonst die Partei vor der Wahl stünde, gegen zwingendes Recht zu verstoßen oder die nachteiligen Konsequenzen einer Verweigerung der Dokumentenvorlage auf sich zu nehmen (Burianski/Reindl, SchiedsVZ 2010, 190 [196 f.]). Redfern Schedule. Um das Dokumentenvorlageverfahren übersichtlich und ef- 81 fizient zu gestalten, bietet sich die Anwendung des sog. Redfern Schedule an (vgl. Art. 25 ICC-SchO Rz. 72, 125; dies empfiehlt u.a. auch der Report of the ICC Commission on Arbitration, Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration, Rz. 55). Insbesondere im Zusammenhang mit ausdrücklich geregelten Voraussetzungen für die Dokumentenvorlage bzw. Einwendungen hiergegen stellt der Redfern Schedule ein nützliches Mittel dar, um das Verfahren vor zu aggressiven Dokumentenherausgabeverlangen zu schützen (Finizio, in Böckstiegel/Berger/Bredow, The Taking of Evidence in International Commercial Arbitration, S. 57 [70]; Hanotiau, ICC Court Bulletin Special Supplement (2006), 113 [116]). Ist ein Redfern Schedule vereinbart, sollten alle schriftlichen Ausführungen hierin enthalten sein. Von einem begleitenden Schriftsatz sollte abgesehen werden, was Anträge und Einwendungen betrifft. Allgemeine Diskussionen passen jedoch nicht in dieses Format (z.B. eine seitenlang geführte Diskussion über den Umgang mit vertraulichen Dokumenten). Herausgabe an das Schiedsgericht nur bei Anordnung. Die herausverlangten 82 Dokumente sind zunächst lediglich an die antragstellende Partei herauszugeben, wenn das Schiedsgericht nichts anderes bestimmt (Art. 3 Abs. 4 IBA-Rules). Strack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Hierdurch wird vermieden, dass das Schiedsgericht Unterlagen liest, auf die sich eine Partei letztlich doch nicht berufen wird. 83 Nichterfüllung der Herausgabeanordnung. Befolgt eine Partei eine Vorlage-
anordnung nicht, gilt Art. 30 (s. hierzu Art. 30 Rz. 9). Nach Art. 9 Abs. 6 und 7 IBA-Rules kann das Schiedsgericht aus der Unterlassung der Vorlage eines Dokuments schließen, dass sein Inhalt den Interessen der Partei entgegensteht („adverse inference“). Solche negativen Rückschlüsse dürfen nicht gezogen werden, wenn das Dokument in Besitz eines Dritten ist (Raeschke-Kessler, in Böckstiegel, S. 41 [59]). Zusätzlich oder alternativ kann das Schiedsgericht Beweislastregeln umkehren (Burianski/Reindl, SchiedsVZ 2010, 190; Hilgard, SchiedsVZ 2008, 123) und das Verhalten der Partei in der Kostenentscheidung sanktionieren (Burianski/Reindl, SchiedsVZ 2010, 187 [190]; Art. 9 Abs. 8 IBA-Rules). Das Schiedsgericht könnte auch die Hilfe staatlicher Gerichte in Anspruch nehmen, um die Dokumentenvorlage zu erzwingen (in Deutschland etwa nach § 1050 ZPO). Dies kommt in der Praxis aber kaum vor (Kneisel/Lecking, SchiedsVZ 2013, 150 [153]).
III. Sachverständige (Art. 28.2 Satz 1, Art. 28.3) Literatur: Acker/Konopka, Schiedsgutachten in Bau- und Anlagenbauvertrag: Grenzen und Möglichkeiten, SchiedsVZ 2003, 256 ff.; Burianski/Lang, „Challenges“ to Party-Appointed Experts, SchiedsVZ 2017, 269 ff.; Gramlich, Widersprüchliche Parteisachverständige: Pflicht zur Bestellung eines schiedsgerichtlichen Sachverständigen?, SchiedsVZ 2018, 233 ff.; Helm/ Bonke/Wienfort, Offenlegungspflichten in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit: Zu den Grenzen und Gefahren von Privileges in der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und parteiernanntem Sachverständigen, SchiedsVZ 2018, 325 ff.; Issues for Experts Acting under the ICC Rules for Expertise or the ICC Rules of Arbitration, ICC Court Bulletin, Vol. 20 No. 1 (2009) 23; Burianski/Lang, „Challenges“ to Party-Appointed Experts, SchiedsVZ 2017, 269 ff.; Gramlich, Widersprüchliche Parteisachverständige: Pflicht zur Bestellung eines schiedsgerichtlichen Sachverständigen?, SchiedsVZ 2019, 233 ff.; Helm/ Bonke/Wienfort, Offenlegungspflichten in der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit: Zu den Grenzen und Gefahren von Privileges in der Kommunikation zwischen Rechtsanwalt und parteiernanntem Sachverständigen, SchiedsVZ 2018, 325 ff.; Kärcher, Die Aufhebung von Schiedssprüchen wegen der Besorgnis der Befangenheit eines Sachverständigen, SchiedsVZ 2017, 277 ff.; Lotz, Der Sachverständige im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2011, 203 ff.; Nardin, Is there a Future for Tribunal-Appointed Experts?, ASA Bulletin, Vol. 37 Issue 1 (2019), S. 48 ff.; Reiser/Hüttmann, A Daring Idea – Introducing a Technical Secretary to International Arbitration, SchiedsVZ 2020, 213 ff.; Samaras/Strasser, Managing Party-Appointed Experts in International Arbitration – Analysis oft he Current Framework and Best Practice Proposals, SchiedsVZ 2013, 314 ff.; Schmidt-Ahrendts/Schneider, „Gut Ding will Weile haben“ – Die Feinjustierungen des BGH zu den Folgen der Verletzung von Offenlegungspflichten im Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren, SchiedsVZ 2020, 35 ff.; Spühler/Gehri, Die Zulassung von Experten zur Urteilsberatung: Neue Wege für Schiedsverfahren?, ASA Bulletin, Vol. 21 Issue 1 (2003), S. 16.
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Strack/Haller
Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
1. Normzweck Art. 28 geht im Grundsatz davon aus, dass Sachverständigenbeweis durch einen 84 vom Schiedsgericht ernannten Sachverständigen erhoben wird. Aus dem Wortlaut der Abs. 2 und 3 folgt jedoch, dass auch die Parteien eigene Sachverständige ernennen können. In der Praxis ist dieses Vorgehen die Regel; nur ausnahmsweise ernennt das Schiedsgericht selbst Sachverständige. 2. Reform Art. 28.2 und Art. 28.3 DIS-SchO 2018 ersetzen die alten Regelungen des § 27 85 Abs. 1-Abs. 3 DIS-SchO 1998. Dabei hat sich viel am Wortlaut und wenig am Inhalt der Normen verändert. Art. 28.2 formuliert die Möglichkeit des Schiedsgerichts einen Sachverständigen zu bestellen. Die Möglichkeit, den Parteien zum Zwecke der Erstellung des Gutachtens Dokumente abzuverlangen (§ 27 Abs. 2 Satz 2 DIS-SchO 1998) ergibt sich schon aus der Aufzählung des Art. 28.2. § 27 Abs. 3 DIS-SchO 1998 wurde vollständig gestrichen. Die Teilnahme des Sachverständigen an der Verhandlung, sowie die Möglichkeit Fragen zu stellen, ergeben sich aber ohnehin aus dem Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren (Art. 21), so dass die Streichung keine inhaltlichen Änderungen bedeutet, das Regelwerk aber schlanker macht. Neu ist Art. 28.3, der eine Anhörung der Parteien vor der Bestellung eines Sachverständigen durch das Schiedsgericht erfordert. Weiter wird in Art. 28.3 seit der Reform das Verhältnis zwischen dem Schiedsgericht und den von ihm bestellten Sachverständigen durch sinngemäße Anwendung der Art. 9 und 15 erstmals geregelt. 3. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Art. 28.3 übernimmt zwar anders als § 27 Abs. 2 DIS-SchO 1998 nicht den 86 Wortlaut von § 1049 Abs. 1 und 3 ZPO, entspricht § 1049 ZPO aber inhaltlich. Insbesondere sieht Art. 28.3 durch den Verweis auf Art. 9 nun ebenso wie 87 § 1049 Abs. 3 ZPO vor, dass der vom Schiedsgericht bestellte Sachverständige abgelehnt werden kann. 4. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften In der ZPO ist nur der vom Gericht bestellte bzw. hinzugezogene Sachverstän- 88 dige vorgesehen (§§ 404 Abs. 1 Satz 1, 144 Abs. 1 ZPO). Ein Parteigutachten ist im staatlichen Gerichtsverfahren kein Sachverständigenbeweis, sondern lediglich substantiierter Parteivortrag, der nur mit Zustimmung der Parteien als Sachverständigenbeweis verwertet werden kann (BGH v. 11.5.1993 – VI ZR 243/ 92, NJW 1993, 2382). Ein Parteisachverständiger kann aber als sachverständiger Zeuge (§ 414 ZPO) zu vernehmen sein. Anders als im Zivilprozess (§ 407 ZPO) ist der Sachverständige im Schiedsver- 89 fahren zur Erstattung eines Gutachtens oder zum Erscheinen vor dem SchiedsStrack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht gericht nicht verpflichtet, und das Schiedsgericht ist nicht ermächtigt, Zwangsgelder oder sonstige Ordnungsmaßnahmen zu verhängen. Der Sachverständige kann vom Schiedsgericht auch nicht beeidet werden. Erfolgt dennoch eine Beeidigung, kann der Schiedsspruch aufgehoben werden, wenn er auf der Beeidigung beruht, d.h. wenn der Beeidigung ein besonderer Beweiswert zukam. Es ist jedoch ein Antrag nach § 1050 ZPO möglich, um eine Vorladung des Sachverständigen vor das staatliche Gericht zum Zwecke der Befragung durch die Parteien oder eine Beeidigung zu erwirken (Schlosser in Stein/Jonas, § 1041 ZPO Rz. 21). Die Regelung des § 1050 ZPO für Zeugen ist entsprechend anwendbar (Schütze in Böckstiegel, S. 31 [37]). 5. Verhältnis des Schiedsgerichts zu dem von ihm benannten Sachverständigen 90 Viele Fragen wirft Art. 28.3 Satz 2 auf, der das Verhältnis des Schiedsgerichts zu
den von ihm benannten Sachverständigen regelt. Danach hat das Schiedsgericht „die Vorschriften der Art. 9 und 15 sinngemäß auf dem von ihm bestellten Sachverständigen anzuwenden mit der Maßgabe, dass das Schiedsgericht gegenüber dem Sachverständigen die Funktion der DIS gegenüber dem Schiedsrichter übernimmt“. Der dahinterstehende Gedanke, ein geordnetes und transparentes Bestellungsverfahren der Sachverständigen zu gewährleisten, in dem es etwa schriftliche Erklärungen der Sachverständigen über deren Unparteilichkeit geben soll und die Möglichkeit der Abbestellung besteht, ist nachvollziehbar und richtig. Die undifferenzierte Verweisung auf Art. 9 und 15 allerdings führt zu Fragen dahingehend, in welchem Umfang und mit welchem Verständnis diese Vorschriften anzuwenden sind.
91 So umfasst der Verweis auf Art. 9 genau genommen auch Art. 9.2, der die Aus-
wahl von Schiedsrichtern durch die Parteien betrifft. Diese Regelung ergibt für den Fall, dass Sachverständige vom Schiedsgericht bestellt werden, keinen Sinn.
92 Zudem umfasst der Verweis auf Art. 9 auch Art. 9.7, der wiederum auf die
Art. 10–13 und 20 verweist. Die Entscheidung nach Art. 10, wie viele Schiedsrichter das Schiedsgericht bilden, sollte wohl nicht entsprechend auf Sachverständige angewandt werden, da die Umstände, welche die Entscheidung beeinflussen, vollkommen andere sind. Entsprechend ergibt auch der Verweis auf Art. 11, 12 und 13 wenig Sinn, abgesehen von Art. 13.5, dessen entsprechende Anwendung das Schiedsgericht ermächtigen sollte, die Bestellung eines Sachverständigen zu unterlassen, den es für notwendig erachtet, wenn die Parteien die Kosten dafür nicht vorschießen.
93 Per direktem Verweis greifen für vom Schiedsgericht bestellte Sachverständige
die Regeln zur Ablehnung nach Art. 15. Auch hier erfolgt der Verweis vor einem gedanklich nachvollziehbaren Hintergrund, allerdings technisch nicht genau genug umgesetzt. Eine entsprechende Anwendung der Art. 15.1–Art. 15.3 auf Sachverständige, die abgelehnt werden sollen, ergibt Sinn. Soll aber der DIS-Rat nach Art. 15.4 auch über einen entsprechenden Ablehnungsantrag entscheiden?
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Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
Oder obliegt diese Entscheidung nicht vielmehr dem Schiedsgericht, welches nach Art. 28.1 den entscheidungserheblichen Sachverhalt feststellt? Hier sprechen bessere Gründe dafür, dem Schiedsgericht die Entscheidung zu überlassen, da kein Grund für die Beteiligung eines externen Dritten besteht. Für dieses Ergebnis spricht auch die Formulierung „mit der Maßgabe, dass das Schiedsgericht gegenüber dem Sachverständigen die Funktion der DIS gegenüber dem Schiedsrichter übernimmt“. Das Schiedsgericht ist ausreichend neutral, um die Lage einzuschätzen. Auch Art. 15.5, wonach das Schiedsgericht das Verfahren bis zur Entscheidung über den Antrag fortsetzen kann, ist in Bezug auf Sachverständige obsolet. Schließlich findet – theoretisch – auch Art. 20 über den Verweis aus Art. 9.7 auf 94 die Behandlung von Sachverständigen Anwendung. Da es aber hier um die Zusammensetzung des Schiedsgerichts im Mehrparteienverfahren geht, ergibt eine entsprechende Anwendung – ebenso wie etwa bei Art. 12 – keinen Sinn. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die vom Schiedsgericht benannten 95 Sachverständigen unabhängig sein müssen und insofern auch Rechenschaft schulden. Versäumt es ein Sachverständiger, Umstände offenzulegen, die seine Befangenheit begründen könnten, kann dies gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d ZPO zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen (BGH v. 2.5.2017 – I ZB 1/16, NJW 2018, 70 [75], Änderung bisheriger BGH-Rechtsprechung; hierzu ausführlich Kärcher, SchiedsVZ 2017, 277 und Schmidt-Ahrendts/Schneider, SchiedsVZ 2020, 35). Die Parteien sind bei der Auswahl der Sachverständigen einzubeziehen, allerdings nicht in gleichem Umfang wie bei der Auswahl des Schiedsgerichts. Vielmehr müssen die Parteien angehört werden und können Ablehnungsanträge stellen. Das Schiedsgericht entscheidet über die Ablehnung. Dass Art. 28.3 auf Art. 9 und 15 verweist, basiert auf nachvollziehbaren und sinnvollen Erwägungen, ist technisch aber unsauber umgesetzt. Die Beziehung zwischen dem Sachverständigen und dem Schiedsgericht ist grds. irrelevant (OLG München, Beschluss v. 16.6.2014 – 34 Sch 15/13, SchiedsVZ 2014, 257). In der Praxis wird es sich auf Grund der größeren Sach- bzw. Branchennähe häufig anbieten, dass diese versuchen, dem Schiedsgericht gemeinsam eine Person vorzuschlagen, die dann vom Schiedsgericht zum Sachverständigen bestellt wird. 6. Der Sachverständigenbeweis im Schiedsverfahren Der Sachverständigenbeweis im Schiedsverfahren ist zunächst vom Schieds- 96 gutachten zu unterscheiden. Ein Schiedsgutachten (§ 319 BGB) ist darauf beschränkt, Tatsachen festzustellen oder einzelne Elemente für eine von einer anderen Stelle zu treffende Entscheidung zu klären und dienen der kurzfristigen, verbindlichen Feststellung von Tatsachen durch unparteiische Dritte (OLG Hamm, Urteil v. 30.3.1998, 8 U 144/97 = NZG 1999, 1099; Acker/Konopka, SchiedsVZ 2003, 256). Ein Schiedsgutachten kann damit durchaus Eingang in ein Schiedsverfahren finden, wird dann jedoch regelmäßig vor Einleitung des Schiedsverfahrens erstellt worden sein. Strack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 97 Sachverständigenbeweis kann durch von den Parteien beauftragte oder von
durch das Schiedsgericht ernannte Sachverständige erfolgen. Insbesondere in internationalen Schiedsverfahren sind Parteigutachten üblich. Anders als im staatlichen Verfahren handelt es sich hierbei nicht nur um substantiierten Parteivortrag (Wittinghofer in Salger/Trittmann, § 13, Rz. 57; Lotz, SchiedsVZ 2011, 203; Raeschke-Kessler in Böckstiegel, S. 41 [69]). Eine schiedsgerichtliche Ernennung eines Sachverständigen liegt im Ermessen des Schiedsgerichts, erfolgt in der internationalen Schiedspraxis jedoch eher selten. Diese Regel gilt auch für Schiedsverfahren nach der DIS-SchO, obwohl der Wortlaut von Art. 28 an das in Civil-Law-Systemen übliche Beweisverfahren angelehnt ist und vorrangig von Sachverständigen spricht, die „vom Schiedsgericht“ zur Begutachtung von durch das Schiedsgericht festgelegten Fragen ernannt werden. Insgesamt unterliegt auch hier das Ob und Wie eines Sachverständigenbeweises aber der Parteiautonomie, sodass auch parteibenannte Schiedsrichter möglich sind (vgl. Rz. 100). Nach Art. 27.2 i.V.m. Anlage 3 Punkt A ist in der Verfahrenskonferenz der Umfang und die Anzahl der von den Parteien vorgelegten Sachverständigengutachten zu erörtern (vgl. Art. 27 Rz. 24).
98 Die schiedsgerichtliche Anordnung eines Sachverständigengutachtens ist nach
Art. 28 möglich, denn das Schiedsgericht ist an Beweisanträge der Parteien nicht gebunden. Anders als § 27 DIS-SchO 1998 sieht Art. 28.3 DIS-SchO 2018 nun aber vor, dass das Schiedsgericht die Parteien vor Bestellung eines Sachverständigen anzuhören hat. In der Praxis wurden die Parteien jedoch regelmäßig trotz fehlender ausdrücklicher Regelung bereits unter der alten DIS-SchO angehört. Eine Anhörung der Parteien ist auch in den IBA-Rules vorgesehen (Art. 6 Abs. 1 IBARules; so auch Art. 25 Abs. 4 ICC-SchO Rz. 86). Nach den IBA-Rules muss jede Partei innerhalb einer vom Schiedsgericht bestimmten Frist anzeigen, ob sie Beweis im Wege eines Parteigutachtens führen möchte (Art. 5 Abs. 1 IBA-Rules). Die Parteien sind zur Mitwirkung verpflichtet und haben dem Sachverständigen auf Anordnung des Schiedsgerichts Zugang zu für die Erstellung des Gutachtens erforderlichen Dokumenten oder Anschauungsobjekten zu verschaffen sowie dem Sachverständigen Auskunft zu erteilen. Kommt eine Partei ihren Mitwirkungspflichten nicht nach, wird dies vom Schiedsgericht nach Beweislastregeln gewürdigt (Lotz, SchiedsVZ 2011, 203 [207]). Das Schiedsgericht ist nicht befugt, den Parteien die Vorlage von Parteigutachten aufzuerlegen, sondern es legt lediglich diesbezügliche Fristen fest (IBA-Rules Commentary, S. 20; anders Lachmann noch zu den alten – in dieser Hinsicht jedoch gleichlautenden – IBA-Rules: „within the time ordered by the Tribunal“, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, Rz. 1562). Lehnt das Schiedsgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens ab, obwohl die zu beweisenden Tatsachen entscheidungserheblich sind, stellt dies keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar (vgl. BGH v. 6.12.1965 – VII ZR 149/63, NJW 1966, 549; OLG Frankfurt/M. v. 11.2.1993 – 20 W 29 33/93, RIW 1993, 944; OLG München v. 14.11.2011 – 34 SchO 10/11, SchiedsVZ 2012, 43).
99 Dies erscheint bedenklich, sofern das Schiedsgericht über keine eigene Sach-
kunde verfügt (Lotz, SchiedsVZ 2011, 206 mit Verweis auf BVerfG v. 23.11.1977
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Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
– 1 BvR 481/77, BVerfGE 46, 315; BVerfG v. 15.1.1991 – 1 BvR 1635/89, NJW 1992, 678; BVerfG v. 20.4.1982 – 1 BvR 1242/81, BVerfGE 60, 247; BVerfG v. 20.4.1982 – 1 BvR 1429/81, BVerfGE 60, 250) und keine Parteigutachten eingereicht worden sind, aus denen das Schiedsgericht sich Sachkunde verschaffen könnte und sich daher zur eigenen Überzeugungsbildung in der Lage sieht (Gramlich, SchiedsVZ 2019, 233). Liegen Parteigutachten vor, muss das Schiedsgericht nicht selbst noch ein weiteres Gutachten einholen (OLG München v. 14.11.2011 – 34 Sch 10/11, SchiedsVZ 2012, 43; OLG Köln v. 4.8.2017 – 19 Sch 6/17, NJOZ 2018, 949). Vor- und Nachteile von Parteigutachten. Ein parteiernannter Sachverständiger 100 gilt als von Natur aus parteinah und kann nicht abgelehnt werden (Lotz, SchiedsVZ 2011, 203 [205]). Die IBA-Rules sehen jedoch vor, dass er Auskunft über seine gegenwärtige oder frühere Beziehung zu den Parteien und deren Rechtsberatern erteilen muss (Art. 5 Abs. 2 Buchst. a IBA-Rules) bzw. eine Erklärung über seine Unabhängigkeit abzugeben hat (Art. 5 Abs. 2 Buchst. c IBA-Rules). Damit soll verdeutlicht werden, dass auch der parteiernannte Sachverständige zur Objektivität verpflichtet ist (Kläsener/Dolgorukow, SchiedsVZ 2010, 302 [309]; Burianski/Lang, SchiedsVZ 2017, 269 [273]). Nichtsdestotrotz hat der parteiernannte Sachverständige auch im Schiedsverfahren i.d.R. einen geringeren Beweiswert (Reiser/Hüttmann, SchiedsVZ 2020, 213 [215]), der je nach Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen Partei und Sachverständigem unterschiedlich ausfallen kann (Burianski/Lang, SchiedsVZ 2017, 269). Zudem kann der parteiernannte Schiedsrichter Offenlegungspflichten unterliegen, die für die Partei, die ihn ernannt hat, problematisch werden können (Helm/Bonke/ Wienfort, SchiedsVZ 2018, 325). Dem Schiedsgericht stellt sich häufig das Problem, dass es sich zwischen zwei 101 Extrempositionen entscheiden muss, sodass nicht selten die Kritik laut wird, parteiernannte Sachverständige seien von geringem Wert, da sie zu sehr die Seite der sie ernennenden Partei vertreten, anstatt das Schiedsgericht zu unterstützen und zu beraten, wo es selbst nicht über den erforderlichen Sachverstand verfügt (Sachs/Schmidt-Ahrendts in Arbitration Advocacy in Changing Times, S. 135 [138] m.w.N.). Andererseits gibt es auch häufig Fragen, die unterschiedlichen methodischen Ansätzen oder Interpretationen zugänglich sind und in Bezug auf die es nicht lediglich eine korrekte technische Lösung gibt. Gegen Parteigutachten wird weiter vorgebracht, dass sie andere Schwerpunkte als das Schiedsgericht setzen, da die Gutachter von den Parteien instruiert werden. Da Parteigutachten häufig nicht koordiniert werden und daher auf unterschiedlichen Fakten, Untersuchungsmethoden und Fragestellungen basieren, ist eine Gegenüberstellung zweier Parteigutachten für das Schiedsgericht häufig schwierig bis unmöglich (Sachs/Schmidt-Ahrendts in Arbitration Advocacy in Changing Times, S.138 m.w.N.). Eine Konfrontation parteiernannter Sachverständiger in der mündlichen Schiedsverhandlung (sog. Expert Conferencing) führt indes in der Praxis häufig dazu, dass die entscheidungserheblichen Fragen klar zutage treten, auch wenn die beiden Sachverständigen unterschiedliche Strack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht oder gar gegenteilige Positionen vertreten; eine Kooperation beider Sachverständiger bereits zu einem früheren Zeitpunkt, moderiert vom Schiedsgericht, kann noch weiter zu einer effizienten Verfahrensführung beitragen (Samaras/Strasser, SchiedsVZ 2013, 314). 102 Vor- und Nachteile von schiedsgerichtlich ernannten Sachverständigen. Ein
vom Schiedsgericht ernannter Sachverständiger gilt als unabhängig. Er kann bei Verdacht der Befangenheit oder Ungeeignetheit abgelehnt werden. Dies folgt aus Art. 28.3 Satz 2 DIS-SchO i.V.m. Art. 15, für Schiedsverfahren in Deutschland auch aus § 1049 ZPO; zu Ablehnungsverfahren und -gründen Art. 15 mit dem Unterschied, dass die Entscheidung des Schiedsgerichts über die Ablehnung des Sachverständigen endgültig und bindend ist; eine Entscheidung durch ein staatliches Gericht erfolgt – abhängig von der immer möglichen, nachgelagerten Kontrolle des Schiedsspruchs nach §§ 1059 ff. ZPO – nicht, da § 1049 Abs. 3 ZPO nicht auf § 1037 Abs. 3 ZPO verweist. Auch Art. 6 Abs. 2 IBA-Rules sieht eine Ablehnung eines durch das Schiedsgericht ernannten Sachverständigen vor. Insbesondere Parteien aus common law Ländern werden dem schiedsgerichtsernannten Sachverständigen kritisch gegenüber stehen, da sie dadurch die Kontrolle über ihren Vortrag verlieren (Sachs/Schmidt-Ahrendts in van den Berg, Arbitration Advocacy in Changing Times, S. 135 [139] m.w.N.). Es besteht auch die Gefahr, dass der Informationsfluss zwischen den Parteien und dem schiedsgerichtsernannten Sachverständigen nicht so reibungslos abläuft wie mit einem parteiernannten Sachverständigen. Geringere Kosten fallen hierbei lediglich dann an, wenn die Parteien bei der Vorbereitung ihrer Schriftsätze keine Beratung benötigen. Zudem besteht die Gefahr, dass der Sachverständige zum Entscheidungsträger wird, da das Schiedsgericht sich auf ihn verlässt, sodass die Parteien sich vor einem Einzelschiedsrichter anstatt einem Dreier-Schiedsgericht wiederfinden.
103 Die Hinzuziehung des Sachverständigen bei der Urteilsberatung ist abzuleh-
nen (befürwortend zur Vermeidung von Verständnisfehlern bei technischen Fragen, Spühler/Gehri, ASA Bulletin, Vol. 21 Issue 1 (2003) 16 [24]; nach BGH zulässig, soweit sich die Aufgabe des Sachverständigen auf eine abstrakte Darstellung beschränkt und die Entscheidungsfindung als höchstpersönliche Leistung beim Schiedsgericht verbleibt, BGHZ 110, 104 [107 ff.]; BGHZ 51, 255 [261], kritisch im Hinblick auf die Wahrung des rechtlichen Gehörs). Verständnisprobleme hat das Schiedsgericht während der mündlichen Verhandlung auszuräumen. In großen und technisch komplexen Schiedsverfahren mag erwogen werden, einen „technischen Berater“ für das Schiedsgericht zu bestellen (dazu Vor Art. 11 ICC-SchO Rz. 17 ff.). Dies hätte den Vorteil, dass dem Schiedsgericht bereits zu Beginn des Verfahrens technische Expertise zur Verfügung steht und die Ernennung eines Sachverständigen durch das Schiedsgericht zu einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens obsolet würde und inhaltlicher Fokus sowie Umfang von Gutachten parteiernannter Sachverständiger beschränkt werden könnte. Hierbei muss natürlich die Interaktion zwischen Schiedsgericht und „Berater“ so transparent gestaltet sein, dass das Recht der Parteien auf rechtliches Gehör gewahrt ist (Reiser/Hüttmann, SchiedsVZ 2020, 213). 1062
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Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
Zur Optimierung der Beweiserhebung durch Gutachten parteiernannter Sach- 104 verständiger im Hinblick auf die angesprochenen Probleme sind verschiedene Vorschläge gemacht und Regelwerke entworfen worden, wie etwa Verhaltenskodizes (codes of conduct), Zusammenkünfte vor der mündlichen Verhandlung (PreHearing-Meetings), oder das expert conferencing (vgl. Art. 25 ICC-SchO Rz. 89). Das vom Chartered Institute of Arbitrators 2007 herausgegebene Protocol for 105 the Use of Party-Appointed Expert Witnesses in International Arbitration (CIArb Protocol) bspw. ist mit dem Teil der IBA-Rules abgestimmt, der sich mit parteiernannten Sachverständigen befasst (Art. 5 IBA-Rules), und enthält diese Regeln ergänzende Richtlinien für durchzuführende Tests und Analysen, den Inhalt eines Sachverständigengutachtens, die Unabhängigkeit eines Sachverständigen und zum Vertraulichkeitsschutz. Um das Verfahren transparenter zu gestalten, bestimmt das CIArb Protocol, dass das Sachverständigengutachten die dem Sachverständigen gestellten Fragen und gegebenen Anweisungen widergeben soll (Art. 4 Abs. 4 Buchst. c CIArb Protocol). Eine solche Regelung wurde auch in die IBA-Rules aufgenommen (Art. 5 Abs. 2 Buchst. b IBA-Rules). Das CIArb Protocol sieht weiterhin ein Treffen der parteiernannten Sachverständigen vor Erstellen der Gutachten vor (Art. 6 CIArb Protocol), das dazu führen soll, dass die Sachverständigen sich in möglichst vielen Punkten (einschließlich anzuwendender Untersuchungsmethoden) einig sind und nur die wirklich streitigen Punkte in den Sachverständigengutachten behandelt werden. Ein solches Treffen kann auch nach den IBA-Rules vom Schiedsgericht angeordnet werden (Art. 5 Abs. 4 IBA-Rules). Das CIArb Protocol kann durch Entscheidung des Schiedsgerichts oder Vereinbarung der Parteien im Ganzen für anwendbar erklärt werden oder teilweise bzw. als Richtlinie bei Erstellen von Verfahrensregeln herangezogen werden. Haben die Parteien bereits vereinbart, dass die IBA-Rules anwendbar sein oder zumindest als Richtlinie herangezogen werden sollen, wird eine Einbeziehung des CIArb Protocol im Ganzen i.d.R. nicht notwendig sein, denn Art. 5 IBA-Rules stellt bereits eine ausgewogene Regelung dar, die den meisten und wichtigsten Kritikpunkten an Parteigutachten mit einer Lösung begegnet. Will man bestimmte Punkte nicht dem Ermessen des Schiedsgerichts überlassen und das Verfahren noch transparenter gestalten, erscheint eine Anpassung der IBA-Rules an das CIArb Protocol in den folgenden Punkten sinnvoll: (i) nach dem CIArb Protocol ist ein pre-hearing meeting der Sachverständigen zwingend vorgesehen, während es nach den IBA-Rules lediglich durch das Schiedsgericht angeordnet werden kann, und das pre-hearing meeting hat nach dem CIArb Protocol auch eine Einigung über anzuwendende Untersuchungsmethoden zum Ziel, während die IBA-Rules lediglich von str. inhaltlichen Fragen („issues“) reden; (ii) die Sachverständigen müssen nach dem CIArb Protocol die Fragen, zu denen sie keine Einigung erzielen sowie die Gründe hierfür schriftlich festhalten; (iii) das Sachverständigengutachten muss nach dem CIArb Protocol Angaben zur Honorarstruktur („basis of remuneration“) machen; (iv) das CIArb Protocol enthält Regeln zu den Pflichten eines parteiernannten Sachverständigen und legt insb. fest, dass sein Gutachten unparteiisch und objektiv sein muss und es seine Pflicht ist, dem Schiedsgericht eine Strack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Entscheidungshilfe zu sein (Art. 4 CIArb Protocol) (v) in Art. 5 CIArb Protocol werden Fragen zur Dokumentenvorlage im Zusammenhang mit dem Sachverständigenbeweis geregelt. Durch diese Methoden wird der Sachverständigenbeweis durch Parteigutachten nicht nur transparenter, sondern auch zeit- und kosteneffektiver, da er den Gegenstand des Gutachtens sowie der mündlichen Verhandlung auf relevante und streitigen Fragen beschränkt. 106 Mit dem Ausgleich von Nachteilen bei schiedsgerichtsernannten Sachverstän-
digen befasst sich das Protocol on Expert Teaming („Sachs Protocol“), das als Alternative zum Sachverständigenbeweis durch Parteigutachten in der Auffassung verfasst wurde, dass die oben beschriebenen Methoden zwar hilfreich und sinnvoll sind, jedoch noch nicht ausreichen, um eine effiziente und erfolgreiche Beweisaufnahme zu gewährleisten (Sachs/Schmidt-Ahrendts in van den Berg, Arbitration Advocacy in Changing Times, S. 135). Das Protocol on Expert Teaming zielt auf eine Kombination der Vorteile von parteiernannten und schiedsgerichtsernannten Sachverständigen. Es sieht vor, dass das Schiedsgericht die Parteien zu Beginn des Schiedsverfahrens konsultiert und jede Partei eine Liste möglicher Sachverständiger vorlegen lässt. Zu diesen Listen wird dann wechselseitig von den Parteien Stellung genommen, insb. im Hinblick auf Interessenkonflikte. Dann ernennt das Schiedsgericht jeweils einen Sachverständigen von jeder Liste, die das „Expert Team“ bilden. Daraufhin werden das Schiedsgericht, die Parteien und das Expert Team gemeinsam ein Protokoll über den Auftrag für das Expert Team erstellen, das insb. vorsehen soll, dass beide Sachverständigen unparteiisch und unabhängig sind und es ihre Aufgabe ist, Hilfestellung für das Schiedsgericht zu sein, dass das Gutachten nur gemeinsame Ergebnisse und Schlussfolgerungen zu den in ihrem Auftrag identifizierten Fragestellungen enthalten darf, dass die Sachverständigen nicht einzeln mit Parteien oder Schiedsgericht kommunizieren dürfen, die Parteien um Informationen bitten und die ausgetauschten Schriftsätze und Unterlagen sorgfältig berücksichtigen und auf die Ansichten der Parteien eingehen sollen, sowie dass sie sich für eine Befragung durch das Schiedsgericht, die Parteien und ihre Berater zur Verfügung halten sollen. Punkte, in Bezug auf die sich das Expert Team nicht einigen kann, sollten identifiziert werden, um den Parteien zu ermöglichen, hierzu gesondert (wenn nötig auch mit Hilfe eines weiteren Sachverständigengutachtens) Stellung zu nehmen (Sachs/ Schmidt-Ahrendts in van den Berg, Arbitration Advocacy in Changing Times, S. 135 [144 f.]). Auf dieser Basis erstellt das Expert Team ein vorläufiges gemeinsames Gutachten, zu dem Schiedsgericht und Parteien Stellung nehmen können, bevor das endgültige gemeinsame Gutachten erstellt wird. Auf Antrag einer Partei oder Beschluss des Schiedsgerichts hat das Expert Team in der mündlichen Verhandlung anwesend zu sein und Fragen vom Schiedsgericht, den Parteien oder parteiernannten Sachverständigen zu beantworten.
107 Das Institut des Expert Teaming greift die oben beschriebenen Vorschläge für die
Beweisaufnahme im Wege von Parteigutachten auf, bietet jedoch den zusätzlichen Vorteil, dass die Sachverständigen des Expert Teams zwar von den Parteien vorgeschlagen werden, jedoch vom Schiedsgericht ernannt werden und damit als un1064
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Feststellung des Sachverhalts, Sachverständige | Art. 28 DIS-SchO
abhängige Sachverständige gelten und etwa den Ablehnungsgründen nach § 1049 Abs. 3 ZPO unterliegen. Die Kosten tragen die Parteien gemeinschaftlich bzw. die endgültige Kostentragung unterliegt der Kostenentscheidung des Schiedsgerichts am Ende des Schiedsverfahrens. Damit wird die Gefahr reduziert, dass sich ein Sachverständiger finanziell oder moralisch einer Partei verpflichtet fühlt. Form. Ein Sachverständigengutachten kann schriftlich oder mündlich erfolgen. 108 Anders als § 27 Abs. 3 DIS-SchO 1998 sieht Art. 28.3 die mögliche Teilnahme von Sachverständigen an der mündlichen Verhandlung aber nicht mehr ausdrücklich vor. Da eine mögliche Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und eine Befragung der Sachverständigen jedoch von der Gewährung des rechtlichen Gehörs (Art. 21) erfasst ist, ergibt sich keine inhaltliche Änderung (Das Gupta, SchiedsVZ-Beilage Heft 1/2018, 44 [65]). In der Praxis wird es jedoch selten vorkommen, dass ein Gutachten ausschließlich mündlich erstattet wird. Die Regel ist vielmehr, dass ein schriftliches Gutachten erstellt wird, zu dem der Sachverständige dann in der mündlichen Verhandlung befragt wird. Zum Ablauf der mündlichen Verhandlung, insb. unterschiedlicher Vernehmungsmethoden von Sachverständigen, Art. 29 Rz. 42 ff. Die Auswahl von Sachverständigen fällt den Parteien zumindest im Hinblick auf 109 Sachfragen meist leichter als dem Schiedsgericht, da sie üblicherweise über die nötigen Branchenkenntnisse verfügen. Ansonsten kann auf Sachverständigenlisten zurückgegriffen werden, die etwa bei den Handwerkskammern, Industrie- und Handelskammern, dem Institut für Sachverständigenwesen u.a. internationalen Schiedsinstitutionen geführt werden. Wichtige Kriterien sind zeitliche Verfügbarkeit, Kompetenz und Erfahrung, Sprachkenntnisse sowie Unabhängigkeit. Ein Schiedsrichter kann im selben Verfahren nicht gleichzeitig Sachverstän- 110 diger sein, denn er kann nicht gleichzeitig Beweismittel sein und eine Beweiswürdigung vornehmen (so auch Theune in Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Art. 28 Rz. 8; zu der alten DIS-SchO Lachmann, Rz. 1533, anders OLG Hamm v. 26.4.2001 – 24 U 117/00, OLGR Hamm 2001, 299, das zwar entschied, dass einem Schiedsrichter kein weiteres Sachverständigenhonorar zusteht, sein Tätigwerden als Sachverständiger jedoch nicht in Frage stellte). Ist ein Schiedsrichter jedoch selbst sachverständig, kann das Schiedsgericht darauf verzichten, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Die Haftung des vom Schiedsgericht ernannten Sachverständigen entspricht 111 nach früherer Rechtsprechung des BGH derjenigen des vom Staatsgericht bestellten Sachverständigen (BGH v. 19.11.1964 – VII ZR 8/63, NJW 1965, 298 [299]). Ob diese privilegierte Haftung auch nach Einführung des § 839a BGB weiterhin für schiedsgerichtsernannte Sachverständige gilt, ist umstritten (Lotz, SchiedsVZ 2011, 203). Das selbständige Beweisverfahren nach §§ 485 ff. ZPO ist trotz Vorliegens einer 112 Schiedsvereinbarung zulässig, solange das Schiedsgericht noch nicht konstituiert oder nicht schnell konstituierbar ist (OLG Frankfurt/M. v. 5.5.1993 – 19 W 8/ 93, juris; OLG Koblenz v. 15.7.1998 – 5 W 464/98, BB 2001, 21; a.A. im Fall eiStrack/Haller
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Art. 28 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht nes ausländischen Schiedsorts, da das selbständige Beweisverfahren aufgrund mangelnder Verwertbarkeit in einem späteren Verfahren funktionslos sei: OLG Düsseldorf v. 7.2.2008 – I-20 W 152/07, SchiedsVZ 2008, 258). Auch in anderen Fällen mag besondere Eile geboten und die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens nach § 1033 ZPO zulässig sein (Raeschke-Kessler in Böckstiegel, S. 41 [73]). Wie ein hieraus resultierendes Gutachten im Schiedsverfahren zu behandeln und zu qualifizieren ist, ist unklar. Es wird eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über den durch das Schiedsgericht ernannten Sachverständigen vorgeschlagen (Raeschke-Kessler in Böckstiegel, S. 41 [73]). Vor dem Hintergrund der üblicherweise sehr langen Verfahrensdauer selbständiger Beweisverfahren ist deren Durchführung vor Einleitung des Schiedsverfahrens meist nicht empfehlenswert.
C. Kosten 113 Die Kosten des Beweisverfahrens hängen von dessen Ausgestaltung ab. Ins-
besondere kann ein extensives Dokumentenvorlageverfahren zu sehr hohen Kosten führen. Die Parteien sollten daher sorgfältig überlegen, ob ein solches Verfahren im Einzelfall sinnvoll ist. Die Verwendung schriftlicher Zeugenaussagen ist in vielen Fällen sinnvoll und kann zu einer Reduzierung der Kosten durch erhöhte Effizienz der Verfahren führen. Dennoch ist auch hier eine Prüfung im Einzelfall erforderlich.
114 Kosten der einzelnen Beweismittel. Die Kosten eines Zeugen (Reisekosten,
Verdienstausfall) werden i.d.R. zunächst von der Partei getragen, die sich auf den Zeugen beruft. In der Kostenentscheidung des Schiedsgerichts können diese Kosten ganz oder teilweise der verlierenden Partei auferlegt werden. Auch die Kosten eines Dokumentenvorlageverfahrens trägt jede Partei zunächst selbst. Die Vergütung von Sachverständigen erfolgt durch Vereinbarung. Das Entschädigungsgesetz für Sachverständige (JVEG) ist grds. nicht anwendbar. Parteigutachten zahlt jede Partei zunächst selbst. Für das Honorar eines durch das Schiedsgericht ernannten Sachverständigen fordert das Schiedsgericht i.d.R. einen Vorschuss der zu erwartenden Kosten von beiden Parteien oder der beweisbelasteten Partei an. Der Sachverständige wird auch im Falle einer Bestellung durch das Schiedsgericht durch einen (Werk-)Vertrag mit den Parteien zur Gutachtertätigkeit verpflichtet (so die hM; Lotz, SchiedsVZ 2011, 203 m.w.N.). Die endgültige Kostentragung wird in der Kostenentscheidung bei Beendigung des Schiedsverfahrens geregelt (Art. 33).
115 Kostensanktion. Art. 9 Abs. 8 IBA-Rules sieht vor, dass das Schiedsgericht das
treuwidrige Verhalten einer Partei durch eine Kostenentscheidung sanktionieren kann. Dem Schiedsgericht steht bei der Kostenentscheidung ohnehin ein weites Ermessen zur Verfügung (Art. 33). Art. 9 Abs. 8 IBA-Rules verleiht einer Kostensanktion jedoch eine erhöhte Legitimation (Kläsener/Dolgorukow, SchiedsVZ 2012, 302 [304]), sodass Schiedsgerichte in Zukunft vielleicht verstärkt auf diese Möglichkeit zurückgreifen. 1066
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Mündliche Verhandlung | Art. 29 DIS-SchO
D. Abweichende Parteivereinbarung Die Ausgestaltung des Verfahrens unterliegt der Parteiautonomie. Grenzen der 116 Parteiautonomie werden durch das Erfordernis ausreichenden rechtlichen Gehörs und die Gleichbehandlung der Parteien gesetzt. Eine Vereinbarung der Parteien ist für das Schiedsgericht bindend. Parteien können auch zu einem späteren Zeitpunkt während des Schiedsverfahrens (formlose) Vereinbarungen zur Durchführung des Verfahrens treffen, die für das Schiedsgericht bindend sind (BGH v.-26.9.1985 – III ZR 16/84, NJW 1986, 1436). U.U. kann ein Schiedsrichter aber sein Amt niederlegen, wenn er mit der anderweitigen Vereinbarung nicht rechnen musste (Schütze, SchiedsVZ 2006, 1 [3]; Lotz, SchiedsVZ 2011, 203 [204]). Dies gilt auch, wenn eine Vereinbarung mit dem Schiedsgericht getroffen wurde, wie dies z.B. im Schiedsauftrag (Terms of Reference) nach der ICC-SchO der Fall ist (Art. 23 ICC-SchO). Wird eine Vereinbarung der Parteien in einer Verfahrensverfügung des Schiedsgerichts festgehalten, wird i.d.R. auch davon auszugehen sein, dass eine Vereinbarung zwischen Parteien und Schiedsgericht getroffen wurde und die Regeln feststehen (Sachs, SchiedsVZ 2003, 193 [196]). Rechtsanwälte dürfen als Bevollmächtigte nicht ausgeschlossen werden (§ 1042 117 Abs. 2 ZPO). Es können aber bestimmte Vereinbarung in Bezug auf die Person des Bevollmächtigten und die Kostenerstattung getroffen werden. Das Recht des Schiedsgerichts, einen Sachverständigen zu bestellen, kann durch 118 Parteivereinbarung ausgeschlossen werden. Bieten auch die Parteien keinen Beweis durch eigene Sachverständige an und ist das Schiedsgericht der Auffassung, dass eine Frage nicht ausreichend geklärt ist, ergeht eine Entscheidung aufgrund der Beweislastverteilung (Theune in Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit, Art. 28 Rz. 9; zu der alten DIS-SchO Lachmann, Rz. 1537). Ein Kündigungsrecht des Schiedsgerichts besteht nicht, da die Parteiautonomie den Parteien erlaubt, Einschränkungen der Beweisaufnahme zu vereinbaren und das Schiedsgericht verpflichtet ist, das Schiedsverfahren gemäß Vereinbarung der Parteien durchzuführen (Lotz, SchiedsVZ 2011, 203 [206]; anders Voit in Musielak/Voit, § 1049 ZPO Rz. 2).
Artikel 29 Mündliche Verhandlung 29.1 Das Schiedsgericht hat eine mündliche Verhandlung durchzuführen, wenn (i) die Parteien dies vereinbart haben oder (ii) eine der Parteien dies beantragt, sofern die Parteien mündliche Verhandlungen nicht ausgeschlossen haben. Im Übrigen führt das Schiedsgericht eine mündliche Verhandlung durch, wenn es dies nach Anhörung der Parteien nach seinem Ermessen für notwendig hält. Strack/Haller
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Art. 29 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 29.2 Eine mündliche Verhandlung ist in geeigneter Weise zu protokollieren. Dies kann in Form eines Wortprotokolls geschehen. Regelungsschwerpunkte: Art. 29.1: Die Vorschrift gewährt der Parteiautonomie Vorrang hinsichtlich der Frage, ob das Schiedsgericht eine mündliche Verhandlung durchzuführen hat und gewährt dem Schiedsgericht Ermessen für den Fall des Fehlens einer entsprechenden Vereinbarung. → Rz. 1–19; Art. 29.2: Die Vorschrift ist rein organisatorischer Natur und begründet eine Dokumentationspflicht für das Schiedsgericht. Die Art der Protokollierung ist nicht spezifisch vorgeschrieben. → Rz. 56–70 Kostenaspekte: Für die Kosten der mündlichen Verhandlung (Räumlichkeiten, Reisekosten etc.) gilt der Grundsatz, dass zunächst jede Partei die eigenen Kosten vorstreckt. Die Schiedsrichter begleichen ihre Kosten aus dem angeforderten Vorschuss. Gemeinsame Kosten für Räumlichkeiten, Protokollführer etc. tragen die Parteien zunächst anteilig bzw. zahlt das Schiedsgericht aus einem von den Parteien eingeforderten Vorschuss für die Verfahrenskosten. Auch die Kosten für das Protokoll tragen die Parteien zunächst zu gleichen Teilen. Das Schiedsgericht entscheidet am Ende des Verfahrens über die endgültige Kostenverteilung. → Rz. 69–71 A. Durchführung und Ablauf einer mündlichen Verhandlung (Art. 29.1) . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . V. Vorrang der Parteivereinbarung (Art. 29.1 Satz 1 (i)) . . . . VI. Mündliche Verhandlung zwingend bei Antrag durch eine Partei (Art. 29.1 Satz 1 (ii)) . . . VII. Im Übrigen: Ermessen des Schiedsgerichts (Art. 29.1 Satz 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Verfahrenskonferenzen . . . . . . IX. Ablauf der mündlichen Verhandlung . . . . . . . . . . . . . 1. Vorbereitung . . . . . . . . . . . . . 2. Strukturierung der mündlichen Verhandlung . . . . . . . . . . . . . 3. Eröffnungsplädoyer („Opening Statement“) . . . . . . . . . . . . . .
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4. Zeugen . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Sachverständige . . . . . . . . . . . 6. Closing Statements und PostHearing-Brief . . . . . . . . . . . . . 7. Anwesenheitsrecht der Parteien und Nichtöffentlichkeit der mündlichen Verhandlung . . . .
. . . .
B. Verhandlungsprotokoll (Art. 29.2) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . V. Protokollierung der mündlichen Verhandlung (Art. 29.2) . . . . . . 1. Protokollierungspflicht; insbesondere: bei Videokonferenzen . 2. Art der Protokollierung . . . . . . 3. Verstoß gegen Protokollierungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
__ _ _ __ __ _ _ __ __ _ 32 42 46 48 56 56 58 59 60 62 62 65 68 69 72
Mündliche Verhandlung | Art. 29 DIS-SchO
A. Durchführung und Ablauf einer mündlichen Verhandlung (Art. 29.1) Literatur: Blessing, The ICC Arbitral Process. Part III: The Procedure before the Arbitral Tribunal, ICC Court Bulletin, Vol. 3 Issue 2 (1992), S.; Born/Day/Virjee, Remote Hearings (2020 Survey): A Spectrum of Preferences, Journal of International Arbitration, Vol. 38 Issue 3 (2021), S. 291 ff.; Gielen/Wahnschaffe, Die virtuelle Verhandlung im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2020, 257 ff.; ICC Court Bulletin, Vol. 3 No. 2 (1992), S. 18 ff.; ICC Arbitration Commission, Report on Techniques for Controlling Time and Costs in Arbitration, 2. Aufl. 2012, Document Number: 861 E; Meier, Pre-hearing Conferences as a Means of Improving the Effectiveness of Arbitration, SchiedsVZ 2009, 152 ff.; Mekat, Cross Examination: Das Kreuzverhör in der deutschen Schiedsverfahrenspraxis, SchiedsVZ 2017, 119 ff.; Nettlau/O’Dell/Hackstein, An Examination of the 2020 Revision of the IBA Rules of Evidence, SchiedsVZ 2021, 315 ff.; Rees, Is It Time for Users to Take More Risks in Arbitration?, SchiedsVZ 2016, 57 ff.; Schardt, Neue Regelungen der DIS-Schiedsgerichtsordnung zur Steigerung der Verfahrenseffizienz, SchiedsVZ 2019, 28 ff.; Scherer, Remote Hearings in International Arbitration: An Analytical Framework, Jounral of International Arbitration, Vol. 37 Issue 4 (2020), S. 407 ff.; Schlosser, Befugnisse und Pflichten des Schiedsgerichtsobmanns, SchiedsVZ 2003, 1 ff.; Schlosser, Verfahrensrechtliche und berufsrechtliche Zulässigkeit der Zeugenvorbereitung, SchiedsVZ 2004, 125 ff.; Schürmann, Plädieren durch die Hintertür – Pleading through the back door, ASA Bulletin, Vol. 24 Issue 3 (2006), S. 433 ff.; Stumpe, Participation of Amici Curiae in Investment Treaty Arbitration, SchiedsVZ 2008, 125 ff.; Stürner, Das Protokoll im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2018, 299 ff.; von Bernuth/Reischl, Sequestration of Witnesses – Zur Anwesenheit von Zeugen während der Schiedsverhandlung, SchiedsVZ 2017, 20 ff.; Wiebecke, The Procedure leading up to the Hearing: Memorials and written statements of witnesses and experts – Summary of the typical elements and procedural steps prior to the hearing under civil law practice, SchiedsVZ 2011, 123 ff.
I. Normzweck Mündliche Verhandlung als wichtiger Bestandteil eines effizienten Schieds- 1 verfahrens. Die effiziente Durchführung eines Schiedsverfahrens erfordert es im Regelfall, dass die Verfahrensordnung schriftliche und mündliche Verfahrensschritte miteinander kombiniert und so die Vorteile beider Komponenten nutzt. Die mündlichen Verfahrensschritte beruhen auf der Überlegung, dass sich im Gespräch vieles besser und schneller klären lässt als in einem rein schriftlichen Verfahren. Insbesondere kann das Schiedsgericht Unklarheiten unmittelbar adressieren und aufklären. Dies funktioniert indes nur, wenn die Parteien den Streitgegenstand für die mündliche Verhandlung in Schriftsätzen aufbereitet haben und wenn die Beteiligten sich dementsprechend auf die mündliche Verhandlung vorbereiten konnten. Art. 29.1 regelt, wann das Schiedsgericht eine mündliche Verhandlung durch- 2 führen muss. Die Vorschrift enthält zwar keine detaillierte Regelung der mündlichen Verhandlung selbst, enthält aber in zweierlei Hinsicht eine Klarstellung: Einerseits betont die Regelung, dass grds. eine mündliche Verhandlung auch im Strack/Haller
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Art. 29 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Schiedsverfahren stattfindet, wenn eine Partei dies beantragt. Andererseits stellt die Vorschrift klar, dass die Parteien auch etwas Anderes vereinbaren können. Fehlt es an einem Antrag einer Partei bzw. einer entsprechenden Vereinbarung der Parteien, kann das Schiedsgericht auch auf eine mündliche Verhandlung verzichten. In Art. 29.1 zeigt sich daher die Flexibilität von Schiedsverfahren und der Grundsatz der Parteiautonomie.
II. Reform 3 Art. 29.1 ersetzt § 28 DIS-SchO 1998 und entspricht diesem bis auf redaktionelle
Änderungen weitestgehend. Ebenso wie unter der Vorgängerregelung wird das Schiedsgericht eine mündliche Verhandlung jedenfalls anordnen, wenn die Parteien dies vereinbart oder es zumindest nicht ausgeschlossen haben und eine der Parteien die Durchführung der mündlichen Verhandlung beantragt. In den übrigen Fällen, d.h. bei fehlender Parteivereinbarung bzw. fehlendem Antrag, liegt es im Ermessen des Schiedsgerichts eine mündliche Verhandlung anzuordnen.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 4 Art. 29.1 DIS-SchO entspricht inhaltlich § 1047 Abs. 1 ZPO.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 5 Im deutschen Gerichtsverfahren stellt das Mündlichkeitsprinzip einen wichti-
gen Grundsatz dar. § 128 ZPO legt fest, dass das Gericht grds. eine mündliche Verhandlung durchführen muss (vgl. aber auch § 128a ZPO zu Videokonferenzen). Die mündliche Verhandlung ist der Ort, um Prozesshandlungen vorzunehmen. Das deutsche Recht geht davon aus, dass im staatlichen Gerichtsverfahren nur das zum relevanten Prozessstoff wird, was die Parteien in der mündlichen Verhandlung vorgetragen haben. Das bedeutet, das Gericht darf nur das zum Gegenstand seiner Entscheidung machen, was die Parteien in der mündlichen Verhandlung vorgetragen haben (Rosenberg/Schwab/Gottwald, § 79 ZPO Rz. 3). Das Gericht darf auf eine mündliche Verhandlung zugunsten eines schriftlichen Verfahrens nur in Sonderkonstellationen verzichten, z.B. wenn die Parteien dem zugestimmt haben (§ 128 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
6 Faktisch kommt zwar auch im deutschen Zivilprozess den schriftlichen Verfah-
rensabschnitten eine ganz erhebliche Bedeutung zu. Meist verweisen die Parteien in der mündlichen Verhandlung bloß auf die ausgetauschten Schriftsätze und die dort angekündigten Anträge (vgl. § 137 Abs. 3 ZPO).
7 Anders im Schiedsverfahren: In Schiedsverfahren muss nicht unbedingt eine
mündliche Verhandlung stattfinden. Schriftliche und mündliche Äußerungen 1070
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Mündliche Verhandlung | Art. 29 DIS-SchO
der Parteien sind ipso iure Gegenstand des Verfahrens, d.h. die Parteien müssen in der mündlichen Verhandlung (so sie stattfindet) nicht ausdrücklich auf ihre Schriftsätze Bezug nehmen, um sie zum Gegenstand des Verfahrens zu machen. Nach § 169 GVG sind Verhandlungen vor dem erkennenden staatlichen Gericht 8 grds. öffentlich. In Schiedsverfahren verhandelt das Schiedsgericht jedoch grds. nicht-öffentlich. DIS-Schiedsverfahren sind gemäß Art. 44 sogar vertraulich. Das Gesetz legt den Ort der mündlichen Verhandlung eindeutig fest. Er richtet 9 sich nach den Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (§ 12 ff. ZPO). In der Regel hält das örtlich zuständige Gericht die mündliche Verhandlung in „seinem“ Gerichtsgebäude ab. Allerdings kann das Gericht auch außerhalb des Gerichtsgebäudes mündlich verhandeln. Dies kommt insb. dann in Betracht, wenn das Gericht vor Ort Beweis erhebt, z.B. durch Inaugenscheinnahme eines Grundstücks. In einem Schiedsverfahren kann die mündliche Verhandlung überall stattfinden und hängt auch nicht vom Ort des Schiedsverfahrens ab (vgl. Art. 22.2). Sie kann auch im Wege einer Videokonferenz stattfinden – jedenfalls, wenn Parteien und Schiedsgericht hiermit einverstanden sind (zur Zulässigkeit der Durchführung einer virtuellen mündlichen Verhandlung gegen den Willen einer Partei in Österreich s. OGH v. 23.7.2020 – OGH 18ONc 3/20s, SchiedsVZ 2021, 163 ff.).
V. Vorrang der Parteivereinbarung (Art. 29.1 Satz 1 (i)) Bindung des Schiedsgerichts an Parteivereinbarung. Haben die Parteien ver- 10 einbart, dass eine mündliche Verhandlung abgehalten werden muss, ist das Schiedsgericht an diese Vereinbarung gebunden. Die Parteien können eine solche Vereinbarung bereits in der Schiedsklausel treffen, aber auch erst nachträglich (z.B. in einem gemeinsamen Vorschlag zum Verfahrenskalender und den Verfahrensregeln, hierzu Art. 28 Rz. 116). Haben die Parteien eine mündliche Verhandlung obligatorisch vorgesehen, so muss nach Art. 29.1 Satz 1 (i) eine mündliche Verhandlung in jedem Fall stattfinden. Dies gilt selbst dann, wenn offensichtlich ist, dass eine der Parteien nicht bereit ist, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Dies folgt daraus, dass die Parteien grds. frei sind, die Verfahrensregeln selbst zu bestimmen. Das Schiedsgericht darf dann nicht von den vereinbarten Verfahrensregeln abweichen, will es die spätere Aufhebung des Schiedsspruchs nicht riskieren (vgl. Art. V Abs. 1 Buchst. a Var. 2 UNÜ und § 1059 Abs. 1 Nr. 1 Var. 2 ZPO). Haben die Parteien vereinbart, dass das Schiedsverfahren nur schriftlich geführt 11 werden soll, darf das Schiedsgericht grds. keine mündliche Verhandlung anordnen. Auch dies folgt aus dem Vorrang der Parteiautonomie: Die Parteien können auch auf eine mündliche Verhandlung verzichten. Allerdings mag dadurch im Einzelfall das rechtliche Gehör der Parteien oder einer Partei im Einzelfall beschränkt sein. Das Schiedsgericht muss insofern prüfen, ob eine solche Beschränkung vorliegt, z.B. weil eine Partei ein besonderes berechtigtes Interesse Strack/Haller
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Art. 29 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht gerade an einer mündlichen Verhandlung hat (z.B. für eine Inaugenscheinnahme). Dann muss das Schiedsgericht eine mündliche Verhandlung entgegen der Parteivereinbarung anordnen. Die Parteien können zwar grds. auf ihr Recht auf rechtliches Gehör verzichten. Allerdings ist ein Verzicht ex ante unzulässig, weil er einem Verzicht auf Rechtsschutzgewährung gleichkommen kann. Die Parteien können daher nur in einer konkreten Situation auf ihr Recht auf rechtliches Gehör verzichten. Eine davon abweichende Parteivereinbarung ist unwirksam, so dass sie das Schiedsgericht nicht binden kann (vgl. Sachs/Lörcher in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento, § 1047 ZPO Rz. 4). 12 Muss nach der Parteivereinbarung eine mündliche Verhandlung stattfinden, ist
es grds. erforderlich, dass das Schiedsgericht nach der (letzten) mündlichen Verhandlung abschließend den Fall entscheidet und nicht z.B. im Anschluss hieran noch weiteren Beweis erhebt. Es ist jedoch denkbar, dass, z.B. im Rahmen von sog. „Post-Hearing Briefs“, Urkundenbeweise vorgelegt werden, die keine Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung erfordern. In Schiedsverfahren kommt es aber auch vor, dass eine Partei einen nicht vorgesehenen Schriftsatz einreicht, den das Schiedsgericht in seinem Zeitplan für das Verfahren nicht antizipiert hat. Grundsätzlich können die Parteien in jedem Stadium des Verfahrens Schriftsätze einreichen, solange das Schiedsgericht das Verfahren noch nicht förmlich geschlossen hat oder eine Frist zum abschließenden Vortrag gesetzt hat (Sachs/Lörcher in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento, § 1047 ZPO Rz. 6; Schlosser in Stein/Jonas, § 1047 ZPO Rz. 1). Dann entsteht freilich rasch das Problem, dass die andere Partei Gelegenheit erhalten muss, zu dem neuen Schriftsatz Stellung zu nehmen. Dies kann das gesamte Verfahren verzögern. Insbesondere wird ggf. eine neue mündliche Verhandlung erforderlich, wenn aufgrund des neuen Vortrags weiterer Beweis erhoben werden muss. Um dieses Problem zu vermeiden, sollte das Schiedsgericht schon in einem frühen Stadium klare Fristen setzen und deutlich machen, dass es sich vorbehält, verspätete/ zusätzliche Schriftsätze zurückzuweisen. Werden nach Ablauf einer solchen Frist neue Tatsachen vorgetragen, die früher hätten vorgetragen werden können, kann das Schiedsgericht einen solchen Sachvortrag zurückweisen, ohne das Recht der Parteien auf rechtliches Gehör zu verletzen (vgl. Art. 5, 6, 7, 30 DISSchO; s. KG Berlin. v. 7.11.2019 – 12 Sch 7/19; OLG Frankfurt a. M. v. 17.12. 2020 – 26 Sch 15/19, BeckRS 2020, 45044).
13 Nachträgliche Änderung. Die Parteien können nachträglich vereinbaren, dass
– entgegen der ursprünglich getroffenen Vereinbarung – keine mündliche Verhandlung stattfinden soll. War die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in der Schiedsvereinbarung vorgesehen, liegt im nachträglichen Verzicht eine Änderung der Schiedsvereinbarung (vgl. Lachmann, Rz. 918). Der BGH geht davon aus, dass Vereinbarungen über das vom Schiedsgericht anzuwendende Verfahren nach Abschluss eines wirksamen Schiedsvertrages zwar nicht der Schriftform des § 1031 ZPO Abs. 1 ZPO bedürfen (BGH v. 19.5.1994 – III ZR 130/93, NJW 1994, 2155, zur Vorgängervorschrift des heutigen § 1031 Abs. 1 ZPO, § 1027 Abs. 1 ZPO a.F.). Es genügt dafür aber regelmäßig nicht, wenn nur 1072
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die Prozessbevollmächtigten der Parteien auf eine mündliche Verhandlung verzichten (vgl. Lachmann, Rz. 918). Die normale Verfahrensvollmacht bezieht sich i.d.R. nur auf Handlungen, die im Rahmen des vereinbarten Verfahrens erfolgen, bezieht sich jedoch nicht auch auf eine Änderung der Schiedsvereinbarung (offen gelassen von BGH v. 19.5.1994 – III ZR 130/93, NJW 1994, 2155). Im Übrigen gelten die für den Abschluss der Schiedsvereinbarung anwendbaren Vorschriften.
VI. Mündliche Verhandlung zwingend bei Antrag durch eine Partei (Art. 29.1 Satz 1 (ii)) Haben die Parteien keine Aussage zur Durchführung einer mündlichen Ver- 14 handlung getroffen, kommt es darauf an, ob eine Partei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat. Ist dies der Fall, muss das Schiedsgericht die mündliche Verhandlung durchführen (Art. 29.1 Satz 1 (ii)). Führt das Gericht entgegen dem Antrag einer Partei keine mündliche Verhandlung durch, so begründet dies einen für eine Aufhebung des Schiedsspruchs relevanten Verfahrensverstoß (Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ wenn die betroffene Partei den Verstoß unverzüglich nach Kenntniserlangung gerügt hat (OLG Naumburg 21.2.2002 – 10 Sch 8/01, NJW-RR 2003, 71 [72]).
VII. Im Übrigen: Ermessen des Schiedsgerichts (Art. 29.1 Satz 2) Haben die Parteien die Durchführung einer mündlichen Verhandlung weder 15 vereinbart noch einseitig beantragt, so steht es im Ermessen des Schiedsgerichts, ob es eine mündliche Verhandlung durchführt (Art. 29.1 Satz 2). Das Schiedsgericht ist dabei weitgehend in seiner Entscheidung frei, ob es eine mündliche Verhandlung durchführt oder nicht. In der Praxis führen Schiedsgerichte in aller Regel eine mündliche Verhandlung 16 durch. Auch wollen die Parteien selbst meist ihren „day in court“. In kleineren Rechtsstreitigkeiten oder wenn es nur um die Entscheidung einer Rechtsfrage geht, mag es sinnvoll sein, auf eine mündliche Verhandlung zu verzichten. In diesen Fällen wird das Schiedsgericht aber meist das „Ob“ mit den Parteien absprechen. Auch wird eine Partei kein Interesse daran haben, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, wenn abzusehen ist, dass die andere Partei an der Verhandlung gar nicht teilnehmen wird. In solchen Fällen wird das Schiedsgericht aber dennoch regelmäßig die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Zwecken der Beweisaufnahme anordnen. Das Schiedsgericht kann eine mündliche Verhandlung auch auf bestimmte 17 Punkte beschränken und im Übrigen das Verfahren schriftlich durchführen. Das Schiedsgericht verletzt das Recht der Parteien auf rechtliches Gehör nur dann, wenn es keine mündliche Verhandlung durchführt und wenn die Parteien Strack/Haller
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Art. 29 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht auch nicht die Gelegenheit hatten, sich im Verfahren schriftlich zur Sache zu äußern (OLG Naumburg v. 21.2.2002 – 10 Sch 8/01, NJW-RR 2003, 71 [72]). Als Aufhebungsgrund oder Vollstreckungsverweigerungsgrund käme allenfalls in Frage, dass das Verfahren nicht im Einklang mit der Vereinbarung der Parteien durchgeführt wurde. Das müsste ggf. rechtzeitig gerügt werden. 18 In jedem Fall, also auch bei vereinbarter oder einseitig beantragter mündlicher
Verhandlung, kann das Schiedsgericht durch eine effiziente Verfahrensführung steuern, was Inhalt der mündlichen Verhandlung werden soll, indem etwa die wirklich streitigen und entscheidungserheblichen Aspekte herausgearbeitet werden (Elsing, SchiedsVZ 2011, 114, sowie Bietz, SchiedsVZ 2014, 121, für die Anwendung der Relationstechnik durch das Schiedsgericht). Es kann auch der Effizienz des Verfahrens dienen, wenn ein Schiedsgericht sich bereits in einem frühen Stadium zur Rechtslage äußert (hierzu Art. 26 Rz. 14). Das Schiedsgericht kann den Parteien so helfen, sich auf die entscheidungserheblichen Punkte zu konzentrieren. Die Parteien können dann entscheiden, ob sie einen Gesichtspunkt aufgeben, weil das Schiedsgericht dem Argument ohnehin nicht folgen wird oder ob sie gerade weitere Argumente zu diesem Gesichtspunkt vortragen, um das Schiedsgericht dennoch zu überzeugen. Eine „Streichung“ offensichtlich unbegründeter Ansprüche hingegen wird jedoch zu weit gehen, solange hierzu keine ausdrückliche Ermächtigung in den anwendbaren Schiedsregeln enthalten ist (Rees, SchiedsVZ 2016, 57 [59]). Zwar kann das rechtliche Gehör auch schriftlich gewährt werden (s.o.), aber bei vereinbarter mündlicher Verhandlung liegt möglicherweise (wenn dies rechtzeitig gerügt wird) ein Aufhebungs-/Vollstreckungsverweigerungsgrund vor, da das Verfahren nicht im Einklang mit der Vereinbarung der Parteien durchgeführt wurde (§ 1059 Abs. 2 Ziff. 1 Buchst. d ZPO).
19 In DIS-Schiedsverfahren soll nach Anlage 3, Buchst. B nur eine einzige mündli-
che Verhandlung durchgeführt werden. Im Hinblick auf die Aufforderung, den Erlass von Teilentscheidungen zu erwägen (Anlage 3 Buchst. D) muss es aber möglich bleiben, mehrere mündliche Verhandlungen durchzuführen, um etwa für eine spätere Entscheidung relevante Vorfragen endgültig zu entscheiden. Auch dies kann eine effizientere Verfahrensführung darstellen und ggf. auch weitere, konkretere Grundlagen für eine vergleichsweise Einigung schaffen (Rees, SchiedsVZ 2016, 57 [59 f.]). Es wird aber deutlich, dass mündliche Verhandlungen nach dem Willen der DIS auf ein Minimum reduziert werden sollten (Schardt, SchiedsVZ 2019, 28 [31]).
VIII. Verfahrenskonferenzen 20 In der internationalen Praxis ist es verbreitet, zu Beginn des Verfahrens den
Verfahrensablauf in einem sog. „Procedural Hearing“ bzw. einer Verfahrenskonferenz abzuklären. Die DIS-SchO sieht eine solche mittlerweile binnen 21 Tagen nach der Konstituierung des Schiedsgerichts verpflichtend vor (Art. 27.2). Die Parteien und das Schiedsgericht erhalten auf diese Weise rasch Klarheit da-
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rüber, nach welchen Verfahrensregeln und in welchen Abschnitten das Verfahren geführt werden wird (hierzu Art. 27 Rz. 14). Diese Verfahrenskonferenz (oder spätere (Telefon)konferenzen zu Verfahrensfragen stellen keine mündlichen Verhandlungen i.S.d. Art. 29 dar.
IX. Ablauf der mündlichen Verhandlung 1. Vorbereitung Termin. Der Vorsitzende des Schiedsgerichts bestimmt nach Absprache mit sei- 21 nen Beisitzern und mit den Parteien einen Termin für die Durchführung einer mündlichen Verhandlung. Erfahrene Schiedsrichter stimmen möglichst frühzeitig mit den Parteien den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ab, um sicherzustellen, dass alle Beteiligten (Parteien, Zeugen, Schiedsrichter) verfügbar sind. Parteien mit geringer Erfahrung in Schiedsverfahren sind meist über die im Vergleich zum staatlichen Prozess lange Dauer der mündlichen Verhandlung überrascht. Es kommt durchaus vor, dass für eine mündliche Verhandlung mit Beweisaufnahme mehrere Tage benötigt werden. Anders als in staatlichen Gerichtsverfahren gibt es nicht mehrere (kurze) mündliche Verhandlungen mit längeren Abständen dazwischen, sondern es wird alles in einer einzigen Verhandlung am Stück konzentriert (sofern nicht Teilentscheidungen ergangen sind, für die gesonderte Verhandlungen durchgeführt wurden, s. Rz. 19). Verhandlungsort. Das Schiedsgericht wird versuchen, eine Einigung der Par- 22 teien über den Ort der mündlichen Verhandlung – ggf. auch über ein virtuelles und/oder hybrides Format – herbeizuführen. Wird eine mündliche Verhandlung in Präsenz oder hybrid durchgeführt, muss der Präsenzteil bzw. muss die Verhandlung nach den meisten nationalen Rechtsordnungen nicht notwendig am Schiedsort abgehalten werden. Können sich die Parteien nicht einigen, muss das Schiedsgericht den Verhandlungsort einseitig festlegen. Oft läuft dies dann darauf hinaus, den Ort des Schiedsverfahrens zu wählen. Meist einigen sich die Verfahrensbeteiligten anhand praktischer Überlegungen auf einen Verhandlungsort (Reisezeit der Beteiligten, Vorhandensein geeigneter Räume, Kosten, Einreisebestimmungen etc.). Häufig findet die mündliche Verhandlung in einem Hotel oder Konferenzzentrum statt. Deutlich günstiger ist es, wenn eine der beteiligten Anwaltskanzleien (häufig die des vorsitzenden Schiedsrichters) entsprechende Räume zur Verfügung stellen kann. Die DIS stellt in Berlin und Bonn ebenfalls Räume zur Verfügung. Zudem können z.B. im „Frankfurt International Arbitration Center“ (FIAC) oder im „Frankfurt Hearing Centre“ (FHC) Räume gemietet werden. Organisatorisches. Die mündliche Verhandlung muss in organisatorischer Hin- 23 sicht vorbereitet werden. Das betrifft nicht nur die Räumlichkeiten für die Verhandlung (einschließlich der sog. „break out rooms“ für die Parteien, in welche diese sich zur Beratung zurückziehen können), sondern auch ggf. die Beauftragung eines Protokollführers (court reporter). Da durch einen Protokollführer Strack/Haller
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Art. 29 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht erhebliche Kosten entstehen, die nicht vom Vorschuss gedeckt sind, verzichten die Parteien in Schiedsverfahren mit einem kleineren Streitwert häufig auf die Hinzuziehung eines Protokollführers. Dann protokolliert der Vorsitzende nur die wesentlichen Erklärungen und Vorgänge (wie bei § 159 ff. ZPO; vgl. Rz. 60). Üblicherweise sind die Parteien hingegen selbst dafür verantwortlich, für Übersetzer zu sorgen, wenn die Parteien selbst oder ihre Zeugen bzw. Sachverständige die Verfahrenssprache nicht sprechen. Auch die anderen eben genannten Vorbereitungshandlungen werden in der Praxis häufig vom Schiedsgericht an die Parteien delegiert. 24 Das Schiedsgericht sollte möglichst frühzeitig die geplante Tagesordnung für
die mündliche Verhandlung festlegen. Die Parteien und Zeugen sollten möglichst früh den Ablauf der Verhandlung kennen, um sich entsprechend vorbereiten zu können. Bei der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung kann sich der Vorsitzende der Dienste eines ggfs. bestellten Sekretärs des Schiedsgerichts bedienen. Diese organisatorischen Fragen klärt das Schiedsgericht meist mit den Parteien in einer Telefonkonferenz (pre-hearing conference call). Anschließend fasst das Schiedsgericht die Vereinbarung in einer verfahrensleitenden Verfügung zusammen und entscheidet diejenigen Punkte, über welche die Parteien keine Einigung erzielt haben.
25 Vor allem wenn es sich um ein sehr komplexes Verfahren handelt, ordnen
Schiedsgerichte mitunter sog. Pre-Hearing Briefs an. In diesen Schriftsätzen sollen die Parteien den bisherigen Sach- und Streitstand für das Schiedsgericht zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung zusammenfassen. Viele Schiedsgerichte fordern die Parteien auch auf, eine gemeinsame chronologische Liste mit Anlagen und der dramatis personae vorzulegen und/oder die wichtigsten Anlagen zusammenzustellen und in einem „common bundle“ vorzulegen. In jedem Fall sollten Fristen für Schriftsätze und Beweisangebote sowie etwaige Konsequenzen für den Fall festgelegt sein, dass ein Schriftsatz nach Ablauf dieser Fristen kurzfristig vor oder auch nach der mündlichen Verhandlung eingereicht wird (s. bereits Rz. 12).
2. Strukturierung der mündlichen Verhandlung 26 Das Schiedsgericht hat ein weites Ermessen, wie es die mündliche Verhandlung
durchführt. In internationalen Schiedsverfahren werden meist die kontinentaleuropäische („civil law“) und die anglo-amerikanische („common law“) Rechtstradition kombiniert, und es wird ein Mittelweg zwischen beiden Systemen gesucht. Die IBA-Rules zeigen deutlich, wie im Schiedsverfahrensbereich die Regeln beider Systeme kombiniert und angeglichen werden (vgl. Art. 28 Rz. 19). Im Vergleich dazu weisen die 2018 verabschiedeten Prague-Rules hingegen eine stärkere Anlehnung an das kontinentaleuropäische System auf.
27 Maßgeblich ist häufig, welchen Hintergrund die Schiedsrichter haben. Ein zum
Schiedsrichter bestellter deutscher Rechtsanwalt wird das Verfahren meist anders führen als ein englischer Barrister. Vor allem in anglo-amerikanisch ge1076
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Mündliche Verhandlung | Art. 29 DIS-SchO
prägten Verfahren nimmt das Schiedsgericht in der mündlichen Verhandlung häufig eine eher passive Rolle ein. Im Wesentlichen führen die Anwälte das Verfahren und bestimmen, welche Punkte relevant sind und damit Gegenstand des Verfahrens werden. Im deutschen Rechtsraum kommt dem Schiedsrichter meist eine aktivere Rolle zu. Er muss anhand der sog. Relationstechnik bestimmen, ob der Klägervortrag schlüssig und der Beklagtenvortrag erheblich ist. Nur wenn der Kläger bzw. der Beklagte Tatsachen vorträgt, die das jeweilige Rechtsbegehren stützen, kommt es auf diese Tatsachen an. Häufig spielt in tatsächlicher Hinsicht auch eine Rolle, aus welchen Ländern die 28 Parteien kommen und wo der Schiedsort liegt. Ein Verfahren zwischen zwei deutschen Parteien mit Schiedsort München und bei Anwendung deutschen Rechts wird sich eher dem kontinentaleuropäischen System annähern als ein internationales Verfahren mit Schiedsort Genf und Parteien aus verschiedenen Ländern. Bei der Gestaltung der mündlichen Verhandlung muss das Schiedsgericht den 29 Parteien gleichermaßen die Möglichkeit geben, ihren Fall zu präsentieren (Grundsatz der Gleichbehandlung und Recht auf rechtliches Gehör). Dies bedeutet i.d.R., dass die Parteien dieselbe Zeit zur Verfügung haben. Hierbei können Schiedsgerichte etwa eine Schachuhr verwenden, um zu ermitteln, wie viel Zeit jede Seite für sich in Anspruch genommen hat. Im Vorfeld der Verhandlung legt das Schiedsgericht zudem fest, wie viel Zeit jeder Seite für Plädoyers, Zeugenbefragungen etc. jeweils zur Verfügung steht. Bei alledem ist freilich zu berücksichtigen, dass die Anzahl von Zeugen oder Sachverständigen bei der Zeiteinteilung für jede Partei zu berücksichtigen ist. 3. Eröffnungsplädoyer („Opening Statement“) Im Schiedsverfahren haben die Parteien meist eine deutlich aktivere Rolle als im 30 deutschen staatlichen Prozess. Häufig beginnt die mündliche Verhandlung daher mit einem ausführlichen Eröffnungsplädoyer („Opening Statement“). Im Eröffnungsplädoyer haben die Parteien die Möglichkeit, dem Schiedsgericht ihre Position nochmals darzulegen. Der Nutzen eines solchen Plädoyers wird unterschiedlich beurteilt. Meist wird behauptet, dass die Schiedsrichter ohnehin vorbereitet seien und die Akte im Detail kennen. Es sei daher unnötig, zusätzlich zu den Schriftsätzen noch eine mündliche Zusammenfassung zu bekommen. In der Praxis erweist sich dies jedoch – leider – als Idealvorstellung. Selten sind alle drei Schiedsrichter wirklich so gut vorbereitet, dass ein Eröffnungsplädoyer seinen Sinn verliert. Aber auch wenn die Schiedsrichter die Akte kennen, ist es sinnvoll, wenn die Parteien zu Verfahrensbeginn ihre zentralen Argumente nochmals zusammenfassen. Das Verfahren läuft zu diesem Zeitpunkt bereits seit einiger Zeit, so dass sich manche Punkte erledigt haben mögen, u.a. in den Vordergrund getreten sind. Vor allem in großen, dokumentenlastigen Verfahren bietet sich an, das Schiedsgericht im Eröffnungsplädoyer durch die wichtigsten Anlagen zu führen (wo die Parteien kein „common bundle“ haben, vgl. Rz. 25) Strack/Haller
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Art. 29 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht z.B. indem ein „opening bundle“ vorbereitet wird, welches aus der Akte die wichtigsten Anlagen enthält). So erleichtern die Parteien dem Schiedsgericht die Arbeit und fokussieren den Rechtsstreit auf die relevanten Punkte. Auch dies dient dem effektiven Ablauf der mündlichen Verhandlung. Die Parteien können sich im Eröffnungsplädoyer auch visueller Hilfsmittel bedienen, welche den Streitgegenstand verdeutlichen. Es ist oft anschaulicher, mit Bildern oder 3DModellen zu arbeiten als nur mit dem gesprochenen Wort. Immer häufiger nutzen die Parteien spezielle Software zur visuellen Unterstützung. 31 Manchmal führen die Schiedsrichter zu Beginn der mündlichen Verhandlung in
den Sach- und Streitstand ein und erläutern ihre – vorläufige – Rechtsauffassung. Häufiger bietet das Schiedsgericht am Ende der mündlichen Verhandlung an, einen Vergleichsvorschlag zu unterbreiten und dabei die vorläufige Rechtsauffassung des Schiedsgerichts darzustellen (s. zu alledem Art. 26 Rz. 14). 4. Zeugen
32 Im Zentrum der mündlichen Verhandlung steht häufig die Beweisaufnahme
durch Zeugen- und Sachverständigenbefragung.
33 Meist folgen Schiedsgerichte dabei dem anglo-amerikanischen beeinflussten
System (vgl. auch Art. 8 der IBA-Rules). Das bedeutet:
34 Die Partei, welche den Zeugen benannt hat, hat im Laufe des Verfahrens eine
schriftliche Aussage des Zeugen eingereicht. Oft wird diese nach einem ausführlichen Gespräch mit dem Zeugen vom Anwalt geschrieben. Die Verantwortung für die Richtigkeit der Aussage bleibt natürlich beim Zeugen (Art. 28 Rz. 40 ff.). Die andere Partei hat sodann das Recht, den Zeugen in der mündlichen Verhandlung zu befragen. Tut sie dies nicht, bleibt die schriftliche Aussage des Zeugen bestehen; ein Zugeständnis in der Sache oder die Anerkenntnis, dass der Inhalt der Zeugenaussage wahr ist, ist damit aber nicht automatisch verbunden. Mitunter fragt das Schiedsgericht die Parteien rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung, welche der von der jeweiligen Gegenpartei benannten Zeugen zur mündlichen Verhandlung erscheinen sollen. Die den Zeugen benennende Partei hat grds. nicht das Recht, den Zeugen in den Zeugenstand zu rufen, weil sie ja bereits die schriftliche Zeugenaussage eingereicht hat und darüber ohnehin nicht hinausgehen dürfte. Häufig sind Schiedsgerichte hier jedoch großzügig.
35 Diejenige Partei, die den Zeugen benannt hat, hat zunächst das Recht, dem Zeu-
gen in der sog. „direct examination“ Fragen zu stellen. Die Partei muss dabei offene Fragen formulieren, also Fragen, die der Zeuge nicht nur mit „ja“ oder „nein“ beantworten kann. Diese Fragerunde muss sich auf den Inhalt der schriftlichen Zeugenaussage beschränken, darf also nicht neue Themen in den Zeugenbeweis stellen. Dies führt dazu, dass der Zeuge in der direct examination letztlich seine schriftliche Zeugenaussage wiederholt. Dennoch kann eine solche direct examination sinnvoll sein, weil sie in die vom Zeugen angesprochenen Themen einführt und weil der Zeuge auf diese Weise Zeit hat, sich an das ihm 1078
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Strack/Haller
Mündliche Verhandlung | Art. 29 DIS-SchO
ungewohnte Umfeld einer mündlichen Verhandlung zu gewöhnen. Oftmals beschränkt sich die „direct examination“ hingegen auf die kurze Vorstellung des Zeugens, die Bestätigung seiner schriftlichen Zeugenaussage und auf die Frage, ob er Korrekturen an dieser vornehmen möchte. Der „direct examination“ folgt die sog. „cross examination“ (das Kreuzverhör) 36 durch den Anwalt der Gegenseite. Der Anwalt darf hier geschlossene Fragen stellen (leading questions), die der Zeuge nur mit „ja“ oder „nein“ beantworten kann. Nicht zulässig sind manipulative Fragen, bei denen dem Zeugen oder Sachverständigen Worte praktisch schon in den Mund gelegt werden, so dass er fast keine andere Wahl hat als genau das zu antworten, was der Fragende im Sinn hat. Das sind Fragen wie z.B. „Betrügen Sie immer noch Ihren Arbeitgeber?“ Egal wie der Zeuge die Frage beantwortet würde er zugeben, einen Betrug begangen zu haben oder noch zu begehen. Der Anwalt ist gut beraten, nur geschlossene Fragen zu stellen. Er verfolgt mit 37 seiner Befragung schließlich das Ziel, dass der „gegnerische“ Zeuge entweder den Sachvortrag der anderen Partei bestätigt oder dass er sich in Widersprüche verwickelt und unglaubwürdig wird. Dies gelingt dem Anwalt nur, wenn er den Zeugen mit geschlossenen Fragen kontrolliert: Entweder gibt der Zeuge die gewünschte Antwort, oder der Anwalt muss in der Lage sein, die Antwort des Zeugen – z.B. durch ein Dokument – zu widerlegen. Der Zeuge soll gerade kein Forum bekommen, in dem er einen zutage tretenden Widerspruch erklären kann. Daher wird der Anwalt den Zeugen nicht nach Schlussfolgerungen fragen, sondern diese (erst) im Schlussplädoyer oder im Post-Hearing-Brief darlegen. Im Endeffekt geht es in diesem Stadium für den Anwalt der Gegenseite meist darum, Aussagen des gegnerischen Zeugen für das Wortprotokoll zu „sammeln“ und diese dann im Schlussplädoyer oder Post-Hearing-Brief zu „veredeln“ (zur Cross Examination in der deutschen Schiedsverfahrenspraxis s. Mekat, SchiedsVZ 2017, 119). Der Cross-Examination folgt die Re-Direct-Examination. Der Anwalt, der den 38 Zeugen benannt hat, darf versuchen, mit offenen Fragen den „Schaden“ der Cross-Examination zu reparieren. Diese Fragerunde dient dazu, Missverständnisse klarzustellen oder eine verkürzte Aussage des Zeugen zu ergänzen. Die sich anschließende Re-Cross-Examination ist auf die Themen der Re-DirectExamination beschränkt. Je nach dem Verlauf der Befragung verzichten die Parteien aber auch durchaus auf die Re-Direct- oder Re-Cross-Examination. Gibt es keine Re-Direct-Examination entfällt zwingend auch die Re-Cross-Examination, weil sich diese stets nur auf die Re-Direct-Examination beziehen darf. Das Schiedsgericht hat natürlich zu jeder Zeit das Recht, dem Zeugen Fragen zu 39 stellen. Hat das Schiedsverfahren einen engen Bezug zum deutschen Rechtsraum (oder 40 einer anderen kontinentaleuropäischen Rechtsordnung), verfahren Schiedsgerichte gerade in kleineren Verfahren häufig nach dem System der deutschen ZPO: Danach bestimmt das Schiedsgericht, welche Zeugen für die Entscheidung Strack/Haller
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Art. 29 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht relevant sind und daher gehört werden sollen. Zunächst befragt das Schiedsgericht dann den Zeugen, bevor die Parteien die Gelegenheit haben, eigene Fragen zu stellen. 41 Ein solches, stärker kontinentaleuropäisches Vorgehen wurde in den Prague-
Rules niedergelegt. Deren Anwendung soll u.a. zu schnelleren Schiedsverfahren durch eine Reduzierung der Zeugenanzahl führen. Das Schiedsgericht kann sich daher dazu entschließen, einen Zeugen selbst dann nicht zur mündlichen Verhandlung zu laden, wenn eine der Parteien eine schriftliche Zeugenaussage des Betroffenen eingereicht hat (Art. 5.3 Prague-Rules). Sollte jedoch die andere Partei darauf bestehen, dass der Zeuge der mündlichen Verhandlung beiwohnt, sehen auch die Prague-Rules vor, dass das Schiedsgericht diesem Wunsch i.d.R. entsprechen soll. Nur wenn gute Gründe bestehen, soll es anders entscheiden können (Art. 5.7 Prague-Rules). In der Praxis wird dies kaum der Fall sein. Bei der Zeugenbefragung soll das Schiedsgericht nach der Intention der PragueRules eine aktivere Rolle einnehmen (Art. 5.9 Prague-Rules). 5. Sachverständige
42 Im Schiedsverfahren wird häufig auch Sachverständigenbeweis erhoben, um
insb. bei technischen Themen dem Schiedsgericht das erforderliche Wissen zu vermitteln, mitunter aber auch um Rechtsfragen zu klären.
43 In der Regel ist es auch hier Sache der Parteien, einen Sachverständigen zu be-
auftragen und ein Sachverständigengutachten vorzulegen (vgl. Art. 28 Rz. 97). Die andere Partei hat dann das Recht, den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung zu befragen. Dabei kann die Befragung nach demselben System wie bei der Zeugeneinvernahme ablaufen: Direct-Examination – Cross-Examination – Re-Direct-Examination – Re-Cross-Examination. Auch hier hat das Schiedsgericht das Recht, dem Sachverständigen weitere Fragen zu stellen.
44 Alternativ (oder auch kumulativ) kann das Schiedsgericht ein sog. Expert-Con-
ferencing durchführen. Dabei werden die Sachverständigen für einen bestimmten Themenkomplex gemeinsam vernommen. Das Schiedsgericht (und später die Parteien) stellen ihre Fragen an alle Sachverständige gemeinsam. Dies hilft dem Schiedsgericht oft, die Materie besser zu verstehen. Die Sachverständigen können die unproblematischen Punkte bestätigen und gemeinsam erläutern. Sehr rasch wird klar, wo die Sachverständigen sich uneinig sind und was die Argumente für die eine oder andere Position sind. Nachfragen kann das Schiedsgericht so viel leichter stellen, als wenn es die Sachverständige nur nacheinander und getrennt voneinander anhört.
45 Das Schiedsgericht hat aber auch das Recht, selbst einen – (schieds-)gericht-
lichen – Sachverständigen zu ernennen (vgl. Art. 28 Rz. 98). Das Schiedsgericht muss dann in einem Beweisbeschluss festlegen, was der Sachverständige untersuchen soll.
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Strack/Haller
Mündliche Verhandlung | Art. 29 DIS-SchO
6. Closing Statements und Post-Hearing-Brief Mitunter schließt die mündliche Verhandlung mit einem Schlussplädoyer (Clo- 46 sing Statements). In diesem haben die Parteien die Gelegenheit, die mündliche Verhandlung, insb. das Ergebnis der Beweisaufnahme zusammenzufassen. Schlussplädoyers sind dann hilfreich, wenn das Schiedsgericht sich nach der 47 mündlichen Verhandlung unmittelbar zu einer ersten Beratung zurückzieht. Dann hilft das Schlussplädoyer dem Schiedsgericht, die wichtigen Punkte der mündlichen Verhandlung beurteilen zu können. In den anderen Fällen wird das Schiedsgericht eher die nach der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze (Post-Hearing-Briefs) heranziehen; ein Schlussplädoyer hat dann nur einen geringen Zusatzwert, weil das Schiedsgericht einen Schriftsatz einfacher verarbeiten kann. Hier hängt aber vieles von den Vorlieben des Schiedsgerichts ab. 7. Anwesenheitsrecht der Parteien und Nichtöffentlichkeit der mündlichen Verhandlung Die DIS-SchO enthält keine besonderen Bestimmungen dazu, wer an einer münd- 48 lichen Verhandlung teilnehmen darf. Aus allgemeinen Grundsätzen ergeben sich jedoch die folgenden Regeln: Die Parteien haben ein Anwesenheitsrecht bei allen Verfahrensabschnitten. Sie 49 dürfen an allen mündlichen Verhandlungen teilnehmen, ob eine Beweisaufnahme stattfindet oder nicht. Ordnet das Schiedsgericht eine separate Beweisaufnahme an, z.B. zur Inaugenscheinnahme einer streitgegenständlichen Sache, dürfen die Parteien auch an dieser – inhaltlich beschränkten – mündlichen Verhandlung teilnehmen. Dies folgt aus dem Grundsatz, dass den Parteien rechtliches Gehör zu gewähren ist. Sie müssen daher alles kennen, was zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wird und sich dazu äußern dürfen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Parteien verlangt, dass stets beiden Parteien ein Anwesenheits- und Äußerungsrecht eingeräumt wird. Stört eine Partei den ordnungsgemäßen Ablauf der Verhandlung, kann sie aus- 50 nahmsweise ausgeschlossen werden. Das Schiedsgericht hat zwar keine hoheitlichen Ordnungsbefugnisse. Über das Hausrecht kann der Vorsitzende des Schiedsgerichts jedoch häufig entsprechende Befugnisse ausüben. Die Parteien dürfen sich jederzeit von einem Rechtsanwalt vertreten lassen und 51 diesen frei wählen (Art. 4.7, vgl. Art. 34 Abs. 2 Buchst. a (iv) und Art. 36 Abs. 1 Buchst. a (iv) UNCITRAL ModG sowie Art. V Abs. 1 Buchst. d und Art. V Abs. 2 UNÜ). Sie müssen dies aber nicht tun. Anders als im staatlichen Gerichtsverfahren vor deutschen Landgerichten besteht im Schiedsverfahren kein Anwaltszwang. Das Recht der Parteien, einen Rechtsbeistand frei zu wählen, folgt aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör. Um in dem Verfahren effektiv auftreten zu können, benötigen die Parteien i.d.R. sachverständige rechtliche Beratung. In manchen Fällen kollidiert dieses Recht allerdings mit der ordnungsgemäßen Durchführung des Verfahrens. Das ist z.B. der Fall, wenn die Partei im Strack/Haller
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Art. 29 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Laufe des Verfahrens einen neuen oder weiteren Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigten bestellt, der unzulässig enge Beziehungen zu einem Schiedsrichter hat, so dass die Unabhängigkeit des Schiedsrichters nicht mehr gegeben wäre. Es stellt sich die Frage, ob das Schiedsgericht den Rechtsanwalt vom Verfahren ausschließen darf. Die Lösung kann nicht darin liegen, dass der konfligierte Schiedsrichter sein Amt niederlegen muss. So hätte es die eine Partei in der Hand, den von der anderen Partei benannten Schiedsrichter aus dem Schiedsgericht zu entfernen. Das Schiedsgericht muss daher die Kollision beider Rechte abwägen (Recht auf freie Wahl des Rechtsanwalts vs. Recht auf ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens). Das Schiedsgericht muss dabei berücksichtigen, dass die Integrität des Verfahrens gewahrt werden und die Effizienz des Verfahrens und Fairness gewährleistet sein müssen. Zudem muss das Schiedsgericht den Missbrauch des Rechts, seinen Rechtsbeistand frei wählen zu dürfen, verhindern. 52 Grundsätzlich dürfen Dritte an der Verhandlung nicht teilnehmen. Schiedsver-
fahren sind keine öffentlichen Verfahren. Allerdings sind Mitarbeiter einer Konzerngesellschaft keine „Dritten“ in diesem Sinne. Sie handeln vielmehr als Vertreter der Partei und dürfen als solche an der Verhandlung teilnehmen. Häufig ist in der Praxis formal eine Tochtergesellschaft Partei des Verfahrens, jedoch wird das Verfahren für die Tochtergesellschaft von der Konzernrechtsabteilung der Muttergesellschaft geführt. Zur Vermeidung von Streitigkeiten hierüber kann eine Vollmacht zur mündlichen Verhandlung mitgebracht werden, wenn Mitarbeiter einer Konzerngesellschaft die eigentliche Partei in der Verhandlung vertreten dürfen.
53 Das Schiedsgericht kann anordnen, dass Zeugen (außerhalb ihrer eigenen Befra-
gung) nicht an der Verhandlung teilnehmen dürfen (hierzu von Bernuth/Reischl, SchiedsVZ 2017, 20). Sie sollen ihre Zeugenaussage gerade unvoreingenommen vom bisherigen Verhandlungsverlauf geben. Ein Zeuge könnte sonst seine Aussage an die Aussagen der anderen Zeugen anpassen. Unproblematisch ist es freilich, wenn der Zeuge nach seiner Vernehmung an der mündlichen Verhandlung teilnimmt, zumindest sofern ausgeschlossen werden kann, dass der Zeuge nicht nochmals vernommen werden soll. Zeugen haben das Recht, einen Rechtsanwalt zu Rate zu ziehen und diesen in die Verhandlung mitzubringen.
54 Im Schiedsverfahren kann anders als nach der deutschen ZPO die Partei (oder
deren Vorstand oder Geschäftsführer) selbst als Zeuge auftreten. Der Zeuge darf dann allerdings i.d.R. erst nach seiner Vernehmung der Verhandlung beiwohnen. Die Partei muss sich in der Zwischenzeit durch eine andere Person vertreten lassen. Problematisch ist dies, wenn das einzige Organ der Partei (z.B. bei einer GmbH mit nur einem Geschäftsführer) als Zeuge auftritt. Hier kann der Zeuge nicht bis zu seiner Zeugenaussage von dem Verfahren ausgeschlossen werden, weil dies das Anwesenheitsrecht der Partei und damit deren rechtliches Gehör beschränken würde. Der Zeuge darf vielmehr der Verhandlung beiwohnen, jedoch muss das Schiedsgericht bei der Bewertung seiner Zeugenaussage berücksichtigen, dass er den bisherigen Verhandlungsverlauf aus eigener An1082
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Strack/Haller
Mündliche Verhandlung | Art. 29 DIS-SchO
schauung kennt. Um hier eine Beeinflussung des Zeugen möglichst gering zu halten, sollte das Schiedsgericht den Zeugen möglichst zu Beginn des Verfahrens vernehmen. Schiedsverfahren sind zwar i.d.R. nicht öffentlich, jedoch nur selten vertraulich. 55 Denn allein aus der Schiedsvereinbarung folgt nicht automatisch die Vertraulichkeit des Verfahrens, sondern allenfalls dessen Nichtöffentlichkeit (str). In DIS-Schiedsverfahren ordnet jedoch Art. 44 an, dass die Schiedsrichter, die Parteien und deren Vertreter sowie die Mitarbeiter der DIS verfahrensbezogene Tatsachen vertraulich behandeln müssen.
B. Verhandlungsprotokoll (Art. 29.2) Literatur: Das Gupta, Kurzkommentare zu den Änderungen in der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung, SchiedsVZ-Beilage 2018, 44 ff.; Flecke-Giammarco/Bücheler/Zahner, Arbitrating in Uncertain Times – Institutional Responses to COVID-19, SchiedsVZ 2020, 136 ff.; Risse/Baumann, Thinking Ahead: Dispute Resolution after the Corona Crisis, SchiedsVZ 2020, 165 ff.; Stürner, Das Protokoll im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2018, 299 ff.
I. Normzweck Art. 29.2 begründet eine Dokumentationspflicht für das Schiedsgerichtsverfahren. 56 Es soll der Inhalt und Verlauf der mündlichen Verhandlung festgehalten werden. Zum einen haben die Parteien so eine Grundlage, mit deren Hilfe sie zur münd- 57 lichen Verhandlung Stellung nehmen können. Je ausführlicher das Protokoll ist, desto einfacher lässt sich im Nachhinein nachvollziehen, was Zeugen und Sachverständige im Einzelnen ausgesagt haben. Zum anderen ist die Protokollierung wichtig, wenn eine Partei – angebliche – Verfahrensverstöße rügt (in einem Anfechtungsverfahren oder im Verfahren über die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs). Auch dann lässt sich genau nachvollziehen, wie die mündliche Verhandlung ablief und ob es zu einem Verfahrensverstoß kam.
II. Reform Art. 29.2 statuiert die Pflicht, eine mündliche Verhandlung in geeigneter Weise 58 zu protokollieren und entspricht damit weitestgehend § 29 DIS-SchO 1998. Ergänzend wurde hinzugefügt, dass ein Wortprotokoll zulässig ist (Das Gupta, SchiedsVZ-Beilage 2018, 44 [76]). Dies galt bereits vorher, wurde aber zur Klarstellung aufgenommen, vor allem im Hinblick auf die gewünschte Internationalisierung der DIS-SchO, denn ein Wortprotokoll ist vor allem in internationalen Schiedsverfahren Standard. Nicht mehr ausdrücklich vorgesehen ist, dass die Parteien Kopien des Protokolls erhalten müssen. Allerdings wird dies auch unter der neuen Vorschrift gelten. Strack/Haller
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Art. 29 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 59 Die ZPO sieht keine Protokollierungspflicht für Schiedsverfahren vor (vgl. § 1047
ZPO zur mündlichen Verhandlung). § 1042 Abs. 3 ZPO gestattet es jedoch den Parteien, entsprechende Verfahrensregeln zu vereinbaren und eine Protokollierung vorzusehen.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 60 Im deutschen staatlichen Verfahren verpflichtet § 159 ZPO das Gericht, ein Pro-
tokoll über die mündliche Verhandlung und die Beweisaufnahme zu erstellen. Im staatlichen Verfahren verfasst das Gericht stets eine Art Ergebnisprotokoll, wobei ein Katalog protokollierungspflichtiger Vorgänge existiert (§ 160 ZPO). Die Diskussionen der Parteien untereinander und mit dem Gericht werden meist gar nicht wiedergegeben. Bei Zeugenaussagen oder Aussagen von Sachverständigen fasst das Gericht die Aussage in eigenen Worten zusammen und lässt sich diese vom Zeugen bzw. Sachverständigen genehmigen.
61 Bedeutsam ist das Protokoll im staatlichen Verfahren, weil ihm besondere Be-
weiskraft zukommt (§ 165 ZPO). Zudem gibt das Protokoll Auskunft darüber, welche Anträge gestellt wurden (wichtig wegen des Mündlichkeitsgrundsatzes), ob das Gericht einen Beschluss oder eine andere Entscheidung getroffen und verkündet hat und schließlich, ob die Parteien sonstige Prozesserklärungen abgegeben haben.
V. Protokollierung der mündlichen Verhandlung (Art. 29.2) 1. Protokollierungspflicht; insbesondere: bei Videokonferenzen 62 Art. 29.2 sieht eine Protokollierungspflicht vor. Zweck der Protokollierung ist u.a.,
den Parteien eine Grundlage zu geben, mit Hilfe derer sie zur mündlichen Verhandlung Stellung nehmen können (Rz. 56). Hierfür müssen sie eine Kopie des Protokolls erhalten.
63 Wenngleich der Verweis auf „eine mündliche Verhandlung“ in Art. 29.2 nicht
auch etwa Verfahrenskonferenzen, die lediglich prozessuale und/oder organisatorische Fragen betreffen, umfasst, sollten auch solche prozessualen und/oder organisatorischen Besprechungen protokolliert werden. Auch hierin werden relevante Fragen diskutiert, welche Verfahrensrechte der Parteien unmittelbar betreffen (können). Entscheiden sich die Parteien oder das Schiedsgericht bspw. dafür, die mündliche Verhandlung teilweise oder zur Gänze per Videokonferenz durchzuführen, muss das Schiedsgericht grundsätzlich ebenfalls ein Protokoll anfertigen, doch kann dies auch schlicht in der Video- und Audioaufzeichnung der Videokonferenz – mit oder ohne Transkription – liegen (unten Rz. 65). Die DIS-SchO lässt den Parteien und dem Schiedsgericht gerade die 1084
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Strack/Haller
Mündliche Verhandlung | Art. 29 DIS-SchO
Freiheit, die genaue Form der mündlichen Verhandlung selbst festzulegen. Daher erfasst Art. 29.2 konsequenterweise auch jede mündliche Verhandlung, egal ob sie in persona oder etwa mittels Videokonferenz durchgeführt wird. Regeln und Werkzeuge für die Durchführung von mündlichen Verhandlungen 64 per Videokonferenz wurden zuletzt im Zuge der Corona-Pandemie weiterentwickelt und vermehrt eingesetzt (s. nur ICC Guidance Note on the Organization of Virtual Hearings; Risse/Baumann, SchiedsVZ 2020, 165; Flecke-Giammarco/ Bücheler/Zahner, SchiedsVZ 2020, 136; Art. 8.2 IBA Rules, hierzu auch Nettlau/ O’Dell/Hackstein, SchiedsVZ 2021, 315, 318). Die DIS hat sich zur Durchführung von mündlichen Verhandlungen per Videokonferenz nicht geäußert oder gesonderte Richtlinien erlassen, es spricht jedoch nichts dagegen, dass eine Videokonferenz für eine vollvirtuelle oder auch hybride mündliche Verhandlung von den Parteien vereinbart oder vom Schiedsgericht angeordnet werden kann. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Akzeptanz für Videokonferenzen auch nach der Pandemie aus Zeit- und Kostenaspekten steigen wird (ausführlich zur Durchführung mündlicher Verhandlungen per Videokonferenz Gielen/Wahnschaffe, SchiedsVZ 2020, 257). Regelmäßig ist es Sache der Parteien, die technischen Aspekte, die (z.B. beim Dolmetschen von Zeugenaussagen und in der Konsequenz mehreren erforderlichen Audiokanälen) durchaus anspruchsvoll sein können, vorzubereiten und möglichst konsensual eine Plattform sowie erforderlichenfalls externe Dienstleister (z.B. Ton-/Bildregie, Support usw.) zur Verfügung zu stellen. Unbedingt sollte die Plattform rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung mit allen Beteiligten unter Echtbedingungen getestet werden, um etwaigen technischen Problemen rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung auf die Spur zu kommen. 2. Art der Protokollierung Die Art der Protokollierung steht im Ermessen des Schiedsgerichts, sofern die 65 Parteien keine konkrete Vorgehensweise vereinbart haben. Das Protokoll kann vom Schiedsgericht selber erstellt werden, oder aber von einem sog. „court reporter“ (Protokollführer). Es ist auch möglich, eine Tonaufnahme von der kompletten mündlichen Verhandlung zu machen. Grundsätzlich genügt es bereits, wenn das Protokoll Angaben zu Zeit, Ort, Teilnehmer und wesentlichen Verhandlungspunkten der mündlichen Verhandlung enthält. Häufig wird vor allem in „deutschen“ Schiedsverfahren nur ein abgekürztes Protokoll geführt. Der Vorsitzende des Schiedsgerichts diktiert eine Zusammenfassung der jeweiligen Zeugenaussage oder der Aussage der Parteien und lässt sich diese von den Parteien bestätigen (Lachmann, Rz. 817; Sachs/Lörcher in Böckstiegel/Kröll/Nacimiento, § 1047 ZPO Rz. 8). Vor allem in kleineren Verfahren wird dies häufig so praktiziert. In internationalen Schiedsverfahren findet aber in aller Regel eine wörtliche Protokollierung der gesamten mündlichen (Haupt-)Verhandlung durch einen Protokollführer statt (zu verschiedenen Protokollierungsmöglichkeiten und ihren Vor- und Nachteilen sowie der Funktion eines Protokolls Stürner, SchiedsVZ 2018, 299). Strack/Haller
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Art. 29 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 66 Das Schiedsgericht muss mit Blick auf die Anerkennung und Vollstreckbarerklä-
rung des Schiedsspruchs im Ausland berücksichtigen, dass die Praxis zusammenfassender Protokolle im Ausland zuweilen auf Kritik stößt und dann ggf. vermieden werden sollte. Auch ist das zusammenfassende Protokoll durch den Vorsitzenden häufig ungenau und gibt die Zeugenaussage sowie die einzelnen Verfahrensschritte naturgemäß nicht exakt wieder. Es ist daher vorzuziehen, ein Wortprotokoll anfertigen zu lassen. Hierfür existieren spezielle Dienstleister, die jedes Wort der mündlichen Verhandlung protokollieren. Die Parteien erhalten das Wortprotokoll dann einige Tage nach der mündlichen Verhandlung. Viele Dienstleister bieten auch an, dass die Parteien noch an demselben Tag (abends) das Wortprotokoll erhalten. Die Parteien können dann die nächsten Verhandlungstage oder das Schlussplädoyer bereits mit dem Protokoll vorbereiten. Zudem bieten Dienstleister sog. „live notes“: Die Parteien sehen dann auf einem Laptop „live“ das mitgeschriebene Protokoll und können mithilfe des Laptops gleich wichtige Aussagen markieren oder kommentieren. „live notes“ helfen auch, wenn man kurzfristig verifizieren möchte, ob ein Zeuge nun eine bestimmte Aussage gemacht hat oder nicht. Solche Protokolle sind aber deutlich aufwändiger und teurer. Alternativ zu „live notes“ wird daher häufig eine Tonaufnahme zusätzlich zur Verfassung eines Wortprotokolls gemacht, um dieses (während oder im Anschluss an die mündliche Verhandlung) korrigieren zu können. Eine Tonbandaufnahme kann natürlich auch ein Ergebnisprotokoll ergänzen.
67 Das Schiedsgericht wird vorab mit den Parteien klären, welche Art von Proto-
koll erstellt werden soll. Dies erfolgt in der ersten Verfahrenskonferenz oder spätestens in der „pre-hearing conference“. Meist einigen sich die Parteien – ggf. mit Hilfe des Schiedsgerichts – rasch auf eine konkrete Form des Protokolls. Um Missverständnisse zu vermeiden, sollte das Schiedsgericht dies in einer prozessleitenden Verfügung festhalten.
3. Verstoß gegen Protokollierungspflicht 68 Art. 29.2 regelt keine Folgen für den Fall, dass gegen die Protokollierungspflicht
verstoßen wurde. In der Regel werden allein durch den Verstoß gegen die Protokollierungspflicht keine grundlegenden Verfahrensrechte der Parteien verletzt (wie z.B. der Anspruch auf rechtliches Gehör). Daher handelt es sich bei Art. 29.2 um eine organisatorische Vorschrift, deren Verletzung sanktionslos bleibt. Dies gilt auch, weil nach Art. 29.2 auch extrem kurze Protokolle zulässig und ausreichend sind. Fehlt das Protokoll ganz, so kann hieraus keine subjektive Rechtsverletzung abgeleitet werden. Anders kann sich dies verhalten, wenn z.B. das Verhalten des Schiedsgerichts bei der Protokollierung eine Partei willkürlich benachteiligt, wenn Einlassungen nicht nur nicht protokolliert, sondern auch nicht zur Kenntnis genommen werden, oder wenn das Protokoll inhaltlich falsch ist, denn dann ist u.U. ein Aufhebungs- oder Vollstreckungshinderungsgrund erfüllt (Stürner, SchiedsVZ 2018, 299 [303]).
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Strack/Haller
Mündliche Verhandlung | Art. 29 DIS-SchO
C. Kosten Für die mündliche Verhandlung fallen Kosten an, insb. für die Räumlichkeiten. 69 Hier gilt der Grundsatz, dass zunächst jede Partei die eigenen Kosten trägt, z.B. Kosten für Zeugen, Sachverständige, Reisekosten, etc. Die Schiedsrichter begleichen ihre eigenen Kosten (Reisekosten etc.) aus dem zu Verfahrensbeginn angeforderten Vorschuss. Kosten die für beide Parteien gleichermaßen anfallen, wie die Kosten für den Gerichtsreporter, für die Räumlichkeiten etc. tragen i.d.R. beide Parteien zunächst jeweils zur Hälfte. Die Parteien tragen die Kosten für das Protokoll i.d.R. zunächst zu gleichen Tei- 70 len, oder das Schiedsgericht zahlt die Kosten aus den von den Parteien zu Beginn oder während des Verfahrens eingeforderten Vorschüssen für die Verfahrenskosten. Das Schiedsgericht wird im Schiedsspruch oder in einem separaten Kosten- 71 schiedsspruch am Ende des Verfahrens über die endgültige Kostenverteilung entscheiden (Art. 33, 39).
D. Abweichende Parteivereinbarung Die Parteien können das Verfahren grds. frei gestalten. Allerdings können Sie 72 auf zentrale verfahrensrechtliche Gewährleistungen (Justizgewährleistungsanspruch, rechtliches Gehör) nicht von vornherein verzichten. Zudem können die Parteien das Verfahren nicht beliebig verändern, nachdem 73 die Schiedsrichter bestellt sind. Die Schiedsrichter nehmen das Schiedsrichteramt in Kenntnis einer konkret vereinbarten Verfahrensordnung an, so dass die Parteien diese nicht beliebig verändern können. Dies gilt allerdings nicht für unwesentliche Anpassungen im Laufe des Verfahrens. Vereinbaren die Parteien dennoch eine wesentliche Änderung der Verfahrensvorschriften, so sind solche Änderungen zulässig. Allerdings hat der Schiedsrichter dann ein Rücktrittsrecht (vgl. Art. 16.1). Grundsätzlich ist eine abweichende Parteivereinbarung über die Protokollie- 74 rungspflicht zulässig. Zu Beweiszwecken ist ein Verzicht auf die Protokollierung jedoch nicht ratsam. Die Parteien müssen sich insb. Überlegen, in welchem Umfang sie ein Protokoll der mündlichen Verhandlung wünschen. Ein Wortprotokoll ist stets aufwendig und teuer. Für einen Protokollführer, der ein wörtliches Protokoll erstellt, fallen pro Tag gerne Kosten im drei- bis vierstelligen EUR-Bereich pro Tag an. Allerdings haben die Parteien den Vorteil, dass genau festgehalten ist, was die Zeugen und Sachverständige ausgesagt haben. Unnötige Unklarheiten werden so vermieden.
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Art. 30 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht
Artikel 30 Säumnis Das Schiedsgericht setzt bei Säumnis des Schiedsbeklagten das Schiedsverfahren fort. Das tatsächliche Vorbringen des Schiedsklägers gilt nicht wegen der Säumnis des Schiedsbeklagten als zugestanden. Regelungsschwerpunkte: Verfahrensfortsetzung trotz Säumnis des Beklagten. Es gilt keine Geständnisfiktion. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu § 1048 ZPO . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Tatbestandsvoraussetzungen . . F. Arten der Säumnis . . . . . . . . .
__ _ __ _ 1
G. Entschuldigung der Säumnis . .
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H. I. II. III.
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Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . Säumnis des Schiedsbeklagten Säumnis des Schiedsklägers . . Säumnis aller Parteien . . . . .
. . . .
. . . .
I. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
__ __ _ _ 28 30 30 42 45 46
Literatur: Kessler, Säumnis und Verspätung im Schiedsverfahren, in FS Elsing (2015), S. 235 ff.; Martinek, Die Mitwirkungsverweigerung des Schiedsbeklagten, in FS Ishikawa (2001), S. 269 ff.; Quinke, Säumnis in Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2013, 129 ff.; Welser, Schiedsverfahren mit unkooperativen Beklagten – ein Bericht aus der Praxis, Der Gesellschafter 2012, S. 55 ff.
A. Normzweck 1 Art. 30 stellt klar, dass die Nichtteilnahme eines Schiedsbeklagten am Schieds-
verfahren keine Verzögerung des Fortgangs des Schiedsverfahrens zur Folge hat. Das Schiedsgericht hat das Schiedsverfahren fortzusetzen und über die Ansprüche des Schiedsklägers in einem Schiedsspruch zu entscheiden. Gleichzeitig wahrt Art. 30 die Rechte des säumigen Schiedsbeklagten, indem er bestimmt, dass das tatsächliche Vorbringen des Schiedsklägers nicht wegen der Säumnis des Schiedsbeklagten als zugestanden gilt. Dem Grundprinzip des Schiedsverfahrens entsprechend, welches auf Parteiwille und Konsens beruht, ist bei Säumnis einer Partei – anders als in staatlichen Verfahren – kein Versäumnisurteil (bzw. „Versäumnisschiedsspruch“) zu erlassen.
B. Reform 2 Der Aufbau des Art. 30 weicht stark von dem des § 30 DIS-SchO 1998 ab. § 30
Abs. 1 DIS-SchO 1998 regelte das Verfahren bei Säumnis des Schiedsbeklagten bei Klageerwiderung, § 30 Abs. 2 DIS-SchO 1998 die Säumnis beider Parteien bei mündlichen Verhandlungen und Vorlage von Beweisschriftstücken und § 30
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Bassiri
Säumnis | Art. 30 DIS-SchO
Abs. 3 DIS-SchO 1998 die Entschuldigung der Säumnis. Der reformierte Art. 30 besteht hingegen lediglich aus einem Absatz, der das Verfahren bei jeglicher Säumnis des Schiedsbeklagten regelt. Regelungen zur Säumnis des Schiedsklägers und zur Entschuldigung der Säumnis sind nicht enthalten. Weiterhin liegt die Fortsetzung des Verfahrens bei Säumnis des Schiedsbeklagten gemäß Art. 30 nicht mehr im Ermessen des Schiedsgerichts; das Verfahren wird fortgesetzt. Dadurch werden die Rechte des Schiedsklägers gestärkt und eventuellen dilatorischen Handlungen des Schiedsbeklagten wird kein Raum geboten. Ferner besteht Rechtssicherheit hinsichtlich der Folgen der Säumnis.
C. Verhältnis zu § 1048 ZPO § 1048 Abs. 1 ZPO nennt im Gegensatz zu Art. 30 explizit die Säumnis des 3 Schiedsklägers bei der Einreichung der Schiedsklage. Gemeint ist die zu spät erfolgende Substantiierung der Schiedsklage, wenn lediglich der Streit anhängig gemacht wurde. Wird eine der Anforderungen von § 1046 Abs. 1 ZPO nicht genügende Schiedsklage eingereicht bzw. zu spät begründet, so wird das Schiedsverfahren nicht fortgesetzt, sondern durch Beschluss des bereits konstituierten Schiedsgerichts beendet (vgl. § 1056 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a ZPO). Um dem Gebot des rechtlichen Gehörs zu genügen, sollte vor einem solchen Beschluss der säumige Schiedskläger gehört werden. Diese Regelung steht nicht im Widerspruch zur DIS-SchO, obwohl sich Art. 30 dem Wortlaut nach auf die Säumnis des Beklagten beschränkt. Art. 30 ist analog auf die Säumnis jeglicher Verfahrensparteien anzuwenden, auch auf den Schiedskläger. Ferner wird das DISSchiedsgericht erst nach ordnungsgemäßer Klageeinreichung, Zustellung der erforderlichen Anzahl von Exemplaren in Papierform und Zahlung der von der DIS eingeforderten Bearbeitungsgebühr gemäß Art. 5.2, Art. 5.3 und Art. 5.5 konstituiert. § 1048 Abs. 2 ZPO entspricht Art. 30, wobei § 1048 Abs. 2 ZPO dem Wortlaut 4 nach auf die versäumte Einreichung der Klagebeantwortung beschränkt ist. Art. 30 ist weiter gefasst und beinhaltet die Säumnis des Schiedsbeklagten, ohne die Säumnis auf eine bestimmte Verfahrenshandlung zu limitieren. Die Säumnis des Schiedsbeklagten kann nach Art. 30 auch nach erfolgter Klagebeantwortung eintreten. Gleichwohl ist § 1048 Abs. 2 ZPO dahingehend analog anzuwenden, dass er alle Stellungnahmen, die der Schiedsbeklagte einzureichen versäumt hat, einbezieht. Dies ergibt sich aus dem weitgefassten Wortlaut von § 1046 Abs. 1 ZPO. Weiterhin regelt § 1048 Abs. 3 ZPO im Gegensatz zu Art. 30 explizit die Säum- 5 nis beider Parteien bei mündlichen Verhandlungen sowie bei der Vorlage von Beweisdokumenten. Letztlich regelt § 1048 Abs. 4 ZPO die Entschuldigung der Säumnis, während 6 Art. 30 hierzu schweigt, da der Gleichbehandlungsgrundsatz und der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs dem Schiedsverfahren inhärent ist. Auch sieht § 1048 Abs. 4 Satz 2 vor, dass die Parteien über die Folgen der Säumnis etBassiri
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Art. 30 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht was anderes vereinbaren können. Dies fehlt in Art. 30, ist aber von dem im Schiedsverfahren verankerten Parteiwillen gedeckt.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 7 Anders als in staatlichen Verfahren, bei denen gemäß §§ 330, 331 ZPO Ver-
säumnisurteile gegen die säumige Partei ergehen können, muss das Schiedsgericht die geltend gemachten Ansprüche nach Beweislage entscheiden. Das Schiedsgericht kann daher nicht die Behauptungen der teilnehmenden Parteien als zugestanden ansehen (BGH v. 16.3.2017 – I ZB 49/16, SchiedsVZ 2018, 37 [42]; BGH v. 16.3.2017 – I ZB 50/16, SchiedsVZ 2018, 42 [46]; OLG München v. 25.4.2016 – 34 Sch 12/15, BeckRS 2016, 0833, Tz. 34); insbesondere findet auch § 138 Abs. 3 ZPO keine Anwendung. Die Entscheidungsgrundlage ist damit ähnlich der Entscheidung nach Lage der Akten gemäß § 251a ZPO, der zwar auch die Entscheidungsreife der Sache verlangt, jedoch nur anwendbar ist, wenn die Parteien wenigstens einmal zur Sache verhandelt haben. Dagegen ist das Abhalten der mündlichen Verhandlung im Schiedsverfahren nicht zwingend. Ein Einspruch gegen einen in der Säumnis ergangenen Schiedsspruch (vergleichbar mit § 338 ZPO) ist im Grundsatz nicht statthaft. Es steht das Aufhebungsverfahren nach den Vorschriften am Sitz des Schiedsortes zur Verfügung.
E. Tatbestandsvoraussetzungen 8 Parteien. Zwar sieht Art. 30 dem Wortlaut nach lediglich die Säumnis des
Schiedsbeklagten vor, gleichwohl ist die Säumnis jeder am Schiedsverfahren beteiligten Partei nach den in Art. 30 verankerten Grundsätzen und Rechtsfolgen zu beurteilen. Demnach ist auch eine Säumnis des Schiedsklägers sowie des Schieds-Widerbeklagten möglich, eine gebotene Verfahrenshandlung vorzunehmen (s. Rz. 21, 42 ff.). Der Wortlaut des Art. 30 trägt allerdings dem Umstand Rechnung, dass die Weigerung oder Unterlassung, an einem Schiedsverfahren teilzunehmen, in der Praxis am häufigsten beim Schiedsbeklagten auftritt.
9 Säumnisbegriff. Art. 30 bezieht sich allgemein auf die Säumnis des Schiedsbeklag-
ten. Es wird nicht differenziert, ob es sich hierbei etwa um eine Säumnis bei der Ernennung eines Schiedsrichters, der Klageerwiderung, der Einreichung der Zuständigkeitsrüge, der Duplik, der Replik des Schieds-Widerklägers, der Einreichung von anderen Schriftsätzen wie „Post-Hearing Memorials“, bei der Teilnahme an einer Statusverhandlung, der Vorbereitung auf die mündliche Verhandlung, der mündlicher Verhandlung, dem Unterlassen, einen Zeugen zu präsentieren oder der Vorlage von Beweisschriftstücken handelt. Die Säumnis setzt kein bestimmtes Verhalten des Schiedsbeklagten voraus. Insoweit kann der Schiedsbeklagte explizit seine Weigerung, sich am Schiedsverfahren zu beteiligen, in einem Schreiben ausdrücken oder schlicht passiv bleiben. Die Säumnis wird ausgelöst, wenn ein be-
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stimmtes Verhalten des Schiedsbeklagten prozess-rechtlich in der DIS-SchO vorgesehen oder vom Schiedsgericht angeordnet ist, dieses jedoch ausbleibt. Demnach ist eine Fristversäumnis oder eine Säumnis im Termin zur mündlichen Verhandlung erforderlich. Die von Art. 30 zugrunde gelegten Fristen ergeben sich aus der DIS-SchO, aus dem vom Schiedsgericht erstellten Verfahrenskalender bzw. anderweitigen Anordnungen des Schiedsgerichts oder der lex loci arbitri. Dabei ist immer eine Fristverlängerung in Betracht zu ziehen. Wegen des Grundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs, und den damit zusammenhängenden Auswirkungen auf die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen, ist das Schiedsgericht gehalten, Fristen angemessen und zeitgerecht zu setzen. Keine Säumnis ist die Weigerung der Zahlung von Kostenvorschüssen zu Be- 10 ginn und während des Schiedsverfahrens. Die Folgen hinsichtlich der unterlassenen Zahlung von Kostenvorschüsse sind in Art. 42.5 bestimmt. Lediglich im Falle eines zusätzlichen Untätigwerdens der nichtzahlenden Partei kann von einer eventuellen Säumnis nach Art. 30 gesprochen werden. Differenzierung zwischen Zeitpunkt vor und nach Konstituierung des Schieds- 11 gerichts. Bei der Säumnis einer Schiedspartei eine Verfahrenshandlung vorzunehmen wird zwischen dem Zeitpunkt vor und nach der Konstituierung des Schiedsgerichts unterschieden. Während die unterlassene Handlung einer Schiedspartei vor der Konstituierung des Schiedsgerichts von der DIS und Ihren Organen nach den spezifischen Vorschriften in der DIS-SchO geregelt wird, behandelt Art. 30 das Untätigwerden einer Schiedspartei nach Konstituierung des Schiedsgerichts; nur Letzteres entscheidet über die Säumnis gemäß Art. 30.
F. Arten der Säumnis Säumnis des Schiedsbeklagten. Die Säumnis des Schiedsbeklagten ist der bei 12 weitem häufigste Fall der Säumnis. Um den Tatbestand der Säumnis gemäß Art. 30 zu genügen, bedarf es einer Nichthandlung des Schiedsbeklagten, gleich zu welchem Verfahrenszeitpunkt. Allerdings reicht es für das Vorliegen der Säumnis nicht aus, dass der Schiedsbeklagte sich nicht an den Kosten des Verfahrens beteiligt. Die Beteiligung am Schiedsverfahren ist auch gegeben, wenn der Schiedsbeklagte keine von der DIS eingeforderten Bearbeitungsgebühr und Kostenvorschüsse zahlt. Zur Besonderheit der Widerklage s. Rz. 17. Vor Konstituierung des Schiedsgerichts sind vom Schiedsbeklagten bestimmte 13 Verfahrenshandlungen zu tätigen, wie die Zahlung die von der DIS angeforderten Bearbeitungsgebühr und den Kostenvorschüssen (s. Art. 5 Rz. 39 ff., Art. 35 Rz. 11) sowie die Schiedsrichterernennung. Die Klageerwiderung kann entweder vor oder nach Konstituierung des Schiedsgerichts erfolgen, je nachdem wie die Umstände und Fristen vereinbart bzw. von der DIS angeordnet worden sind (hierzu näher Art. 7). Gemäß Art. 11 und 12 sind vom Schiedsbeklagten Mitwirkungshandlungen zur 14 Ernennung des Einzelschiedsrichters (Art. 11) und des Beisitzers (Art. 12) erforBassiri
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Art. 30 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht derlich. Können sich die Parteien bei der Ernennung eines Einzelschiedsrichters wegen der Nichtbeteiligung des Schiedsbeklagten nicht einigen, so sieht Art. 11 Satz 1 vor, dass der DIS-Ernennungsausschuss einen Einzelschiedsrichter wählt und bestellt. Bei einem Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern hat der Schiedsbeklagte einen Beisitzer zu ernennen. Unterlässt der Schiedsbeklagte dies, so wird auch hier der DIS-Ernennungsausschuss tätigt und wählt anstatt des Schiedsbeklagten den Beisitzer nach Art. 12 Satz 1. 15 Säumnis bei Klageerwiderung. Die Säumnis des Schiedsbeklagten kann insb.
bei der Klageerwiderung vorliegen. Die Frist zur Klageerwiderung beträgt nach Art. 7.2 45 Tage nach Übermittlung der Schiedsklage an den Schiedsbeklagten. Auf Antrag des Schiedsbeklagten verlängert die DIS die Frist um bis zu weitere 30 Tage. Gemäß Art. 7.3 Satz 1 kann, nach dessen Konstituierung, das Schiedsgericht auf Antrag des Schiedsbeklagten eine längere Frist gewähren, wenn der Schiedsbeklagte darlegt, dass eine Frist von 75 Tagen aufgrund besonderer Umstände nicht ausreicht. In diesen Fällen ist es angebracht, dass das Schiedsgericht sowohl eine angemessene Frist zur Klageerwiderung setzt als auch das Schiedsverfahren samt Erstellung eines Verfahrenskalenders in Gang setzt, um Verfahrensverzögerungen zu verhindern. Oft stellt sich dadurch bereits zu Beginn des Verfahrens heraus, ob lediglich eine Verzögerung bei der Einreichung der Klageerwiderung oder eine Säumnis des Schiedsbeklagten am gesamten Schiedsverfahren gemäß Art. 30 vorliegt. Soweit das Schiedsgericht noch nicht konstituiert ist, verlängert die DIS die Frist zunächst vorläufig bis zu einer Entscheidung des Schiedsgerichts über die Fristverlängerung gemäß Art. 7.3 Satz 2.
16 Der Fall einer unvollständigen Klageerwiderung ist in der DIS-SchO nicht ge-
regelt. Jedoch sollte die DIS analog Art. 5.4 und Art. 7.3 ebenfalls eine Frist zur Ergänzung setzen, sofern ihrer Ansicht nach die Klageerwiderung nicht die gemäß Art. 7.4 enthaltenen Angaben erhält.
17 Säumnis bei Widerklage. Im Falle einer Widerklage durch den Schiedsbeklag-
ten ist diese gemäß Art. 7.4 einzureichen, wobei die Anforderungen des Art. 5.2 Anwendung finden. Gemäß Art. 7.7 kann die DIS dem Schiedsbeklagten eine Frist zur Ergänzung setzen, sofern der Schiedsbeklagte nicht die gemäß Art. 4.3 erforderliche Anzahl an Exemplaren der Widerklage und ihrer Anlagen einreicht oder die Widerklage nach Ansicht der DIS nicht alle gemäß Art. 7.5 erforderlichen Angaben enthält. Erfolgt die Ergänzung nicht innerhalb dieser Frist, kann die DIS das Schiedsverfahren hinsichtlich der Widerklage gemäß Art. 42.6 beenden. Gleiches gilt nach Art. 7.6 i.V.m. Art. 42.5 bei Nichtzahlung der Bearbeitungsgebühr hinsichtlich der Widerklage durch den Schiedsbeklagten.
18 Die Säumnis, mündlich zu verhandeln steht unter dem Vorbehalt des Art. 29.1,
wonach von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden kann. Ebenso sind die Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz gemäß Art. 27.4(i) i.V.m. Anlage 3, Buchst. B zu beachten, wonach eine mündliche Verhandlung stattfinden soll, aber nicht muss. Es bedarf keiner formellen, gesonderten Ladung, wenn die mündliche Verhandlung anderweitig terminiert wurde. Das 1092
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persönliche Erscheinen der Parteien ist nicht notwendig, da sie sich durch ihre Verfahrensbevollmächtigten entsprechend dem auf das Schiedsverfahren anwendbaren Recht vertreten lassen können. Dem steht auch Art. 27.3 nicht entgegen, der besagt, dass neben Verfahrensbevollmächtigten auch die Parteien selbst oder eine intern beauftragte Person an der Verfahrenskonferenz teilnehmen sollen. Diese Vorschrift dient lediglich der Verfahrenstransparenz und -effizienz und soll die Rolle der Parteien als Hauptakteure des Schiedsverfahrens betonen. Säumnis der Vorlage eines Beweisschriftstückes. Schriftstück ist jede Über- 19 mittlung, die sich auf Papier wiedergeben lässt, so dass E-Mails o.Ä. ebenso erfasst werden wie schriftliche Zeugenaussagen. Vorbehaltlich abweichender Vereinbarungen muss das Beweisdokument nicht in Papierform übermittelt werden. Die Vorlage des Beweisschriftstückes muss vom Schiedsgericht unter Fristsetzung angeordnet gewesen sein. Das Verlangen des Beweisschriftstücks durch die Gegenpartei alleine genügt nicht. Die Säumnis tritt nicht ein, wenn das Dokument nicht eingereicht werden muss, weil das Schiedsgericht von der Vorlage absieht, auch wenn das Schriftstück der Substantiierung der jeweiligen Argumente dienlich sein kann. Die Weigerung, an dem Schiedsverfahren teilzunehmen, kann weiterhin darin 20 liegen, keine beantragten Zeugen zur mündlichen Zeugenvernehmung bereitzustellen. Säumnis des Schiedsklägers. Die Säumnis des Schiedsklägers ist eher selten. Be- 21 treibt der Schiedskläger das Schiedsverfahren nach Klageerhebung und Kostenvorschusszahlung nicht weiter, so wird dies i.d.R. durch eine Schiedsklagerücknahme und einem Antrag auf Beendigung durch den Schiedskläger bewirkt. In einem solchen Fall beendet das Schiedsgericht das Schiedsverfahren gemäß Art. 42.2 (ii) durch einen Beendigungsbeschluss. Allerdings kann bei Widerspruch der anderen Verfahrensbeteiligten und/oder bei Vorliegen eines berechtigten Interesses durch die anderen Verfahrensparteien das Schiedsgericht bestimmen, dass das Schiedsverfahren fortgesetzt wird (s. Art. 42.2 (ii)). Vor Konstituierung des Schiedsgerichts hat nach Art. 5.1 der Schiedskläger 22 eine Schiedsklage einzureichen, die den Anforderungen des Art. 5.2 entsprechen muss. Entspricht die Schiedsklage diesen Anforderungen nach Ansicht der DIS nicht und werden diese auch nicht in der von der DIS gesetzten Frist ergänzt, so kann die DIS gemäß Art. 5.4 i.V.m. Art. 42.6 das Schiedsverfahren beenden. Gleiches gilt, wenn der Schiedskläger die nach Art. 4.2 erforderliche Anzahl von Exemplaren der Schiedsklage in Papierform trotz Fristsetzung der DIS nicht übermittelt (Art. 5.4 i.V.m. Art. 42.6). Außerdem kann die DIS das Schiedsverfahren gemäß Art. 5.3 i.V.m. Art. 42.5 beenden, soweit der Schiedskläger die Bearbeitungsgebühr trotz Fristsetzung durch die DIS nicht zahlt. Nach Konstituierung des Schiedsgerichts kommt eine Säumnis des Schiedsklä- 23 gers insb. bei der unterlassenen Einreichung eines Schriftsatzes als Widerbeklagten (z.B. die Duplik zur Widerklage) in Betracht. Wird diese trotz Fristsetzung Bassiri
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Art. 30 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht und mangels Entschuldigung nicht eingereicht, so führt das Schiedsgericht das Verfahren bzgl. der Widerklage fort und entscheidet über die Widerklage des Schiedsbeklagten gemäß Art. 30. 24 Liegt eine Säumnis des Schiedsklägers endgültig vor, ist aber die Widerklage be-
reits erhoben, so spricht vieles dafür, eine Säumnis des Schiedsklägers gemäß Art. 30 festzustellen, womit dann die Schiedsklage nicht weiter vom Schiedsgericht behandelt wird. Das Schiedsgericht entscheidet allerdings über die Widerklage des sich am Verfahren beteiligenden Schiedsbeklagten. Dies dient auch der Verfahrenseffizienz.
25 Ist der Schiedskläger nach Erhebung der Klage säumig oder zahlt nicht den von
der DIS eingeforderten Kostenvorschuss vollständig und beteiligt sich auch der Schiedsbeklagte nicht an dem Schiedsverfahren, so beendet das Schiedsgericht das Schiedsverfahren durch Beendigungsbeschluss gemäß Art. 42.2 (iii), was auch im Einklang mit § 1056 Abs. 2 Nr. 3 ZPO steht. Gemäß Art. 42.5 kann das Schiedsgericht nach Rücksprache mit der DIS das Schiedsverfahren bis zu einer Beendigung durch den DIS-Rat aussetzen.
26 Säumnis einer Partei im Mehrparteienschiedsverfahren. Ist eine Partei in einem
Mehrparteienschiedsverfahren säumig, so bleibt die Fortführung des Schiedsverfahrens hinsichtlich der anderen beteiligten Parteien unberührt.
27 Säumnis beider Parteien, Kostenvorschüsse zu zahlen. Zahlt keine der Par-
teien nach Konstituierung des Schiedsgerichts von der DIS eingeforderte Sicherheiten, Kostensicherheiten oder Bearbeitungsgebühren nach der DIS-Kostenordnung trotz Fristsetzung, beendet das Schiedsgericht durch Beendigungsbeschluss gemäß Art. 42.2 (iii) das Schiedsverfahren, welches auch im Einklang mit § 1056 Abs. 2 Nr. 3 ZPO steht. Gemäß Art. 42.5 kann das Schiedsgericht nach Rücksprache mit der DIS das Schiedsverfahren bis zu einer Beendigung durch den DIS-Rat aussetzen.
G. Entschuldigung der Säumnis 28 Entschuldigung der Säumnis. Obwohl die Entschuldigung der Säumnis in
Art. 30 nicht mehr explizit geregelt ist, bleiben die Säumnissanktionen dennoch außer Betracht, wenn die Säumnis zur Überzeugung des Schiedsgerichts entschuldigt wird. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehöres, welcher unabdingbar ist. Bei den Entschuldigungsgründen reicht die bloße Glaubhaftmachung der verspäteten Partei. Einen strikten Beweis hinsichtlich der Gründe verlangt das Schiedsgericht nicht. Auf Grund des Grundsatzes der Gewährung rechtlichen Gehörs liegt es im Ermessen des Schiedsgerichts zunächst säumige Parteien das Nachholen von Handlungen zu gestatten. Das Schiedsgericht ist gehalten, eine angemessene Frist zur Nachholung einer unterlassenen Verfahrenshandlung zu setzen. Dabei ist das Ermessen sowohl aus prozessrechtlichen, als auch aus prozessökonomischen Gründen weit zu fassen. 1094
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Die Entschuldigung muss erfolgen, sobald die Möglichkeit dazu besteht. Die 29 Umstände der Säumnis können als vorhersehbar oder als unabwendbar gelten. Vorhersehbar und abwendbar sind dementsprechend die eigene Nachlässigkeit oder das Organisationsverschulden der säumigen Partei. Damit stellt auch die geschäftliche Überlastung i.d.R. keinen Grund dar, eine angemessene Frist zu verpassen und ein Nachholen der Handlung zu bewirken. Bei nicht vorhersehbare Krankheiten, Wirtschaftskrisen, Umweltkatastrophen, Epidemien und Pandemien und entsprechender Unmöglichkeit, zu reisen oder zu verhandeln ist eine Säumnis i.d.R. entschuldigt. Ebenso, wenn die säumige Partei wegen Verhandlungsunfähigkeit des ursprünglichen Verfahrensbevollmächtigten einen neuen Verfahrensbevollmächtigten bevollmächtigen muss. Eine „Dauerkrise“ – wie z.B. die COVID-19-Pandemie – kann aber nicht lange nach ihrem Einsetzen und ohne eine spezifische und qualitativ neue Entwicklung pauschal zur Entschuldigung für eine Säumnis angeführt werden.
H. Rechtsfolgen I. Säumnis des Schiedsbeklagten Art. 30 stellt grds. klar, dass das Schiedsverfahren ungeachtet der Säumnis 30 fortgesetzt wird. Dies gilt für alle oben dargelegten Säumnistatbestände. Ein Ermessen wird dem Schiedsgericht diesbezüglich nicht eingeräumt. Es gilt keine Geständnisfiktion. In der Praxis wird einer vermeintlich säumigen Partei die Gelegenheit zur Äußerung gegeben, bevor über die Rechtsfolgen der Säumnis vom Schiedsgericht entschieden wird. Dabei klärt das Schiedsgericht die Parteien i.d.R. über die prozessualen Rechtsfolgen der Säumnis auf (z.B., dass trotz Säumnis eine bestimmte Verfügung erlassen wird, die mündliche Verhandlung – evtl. samt Beweisaufnahme – stattfinden wird, und schließlich der Schiedsspruch erlassen wird). Auf Grund des Beratungsgeheimnisses ist es fraglich, ob sich das Schiedsgericht zum Inhalt der bevorstehenden Entscheidung vor dem Erlass des Schiedsspruches äußern darf (a.A. Quinke, SchiedsVZ 2013, 129 [133]), da es an einer erforderlichen Einwilligung aller Parteien fehlt. Dies entspricht Art. 27.4(i) i.V.m. Anlage 3, Buchst. F, wonach das Schiedsgericht eine Mitteilung der vorläufigen Einschätzung zur Sach- und Rechtslage nur bei Einwilligung aller Parteien vornehmen kann. Das Beratungsgeheimnis kann sowohl bei einem Einzelschiedsrichter, als auch bei einem Dreierschiedsgericht durch die vorläufige Einschätzung des Schiedsgerichts verletzt werden, da die vorläufige Einschätzung den Prozess und die Dynamik der Entscheidungsfindung aufdeckt. Daran ändert sich auch nichts, wenn alle Schiedsrichter in einem Dreierschiedsgericht zugestimmt haben. Die Fortsetzung des Schiedsverfahrens hat zur Folge, dass alle weiteren Verfah- 31 rensschritte einzuhalten sind: Schriftsätze sind einzureichen, Beweismittel sind vorzulegen, eine mündliche Verhandlung mit Zeugenvernehmung – falls angeordnet – ist durchzuführen und der Schiedsspruch ist zu erlassen. Bassiri
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Art. 30 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 32 Gleichbehandlung aller Parteien und Wahrung des rechtlichen Gehörs. Alle
Parteien sind im Schiedsverfahren gleich zu behandeln, auch die säumige Partei. Insbesondere ist diese infolge des Grundsatzes der Gewährung des rechtlichen Gehörs zu mündlichen Verhandlungen zu laden (BGH v. 6.4.2010 – I ZB 23/16, SchiedsVZ 2017, 194 [195]). Das Schiedsgericht und die DIS müssen außerdem alle Parteien gleichzeitig über jegliche Anordnungen, Entscheidungen u.a. Verfahrensschritte, gleich ob administrativer, prozessualer oder substantieller Art, benachrichtigen. Dabei bietet es sich an, Mitteilungen mit Empfangsnachweis zu versenden (z.B. Kurierservice, Einschreiben). Das Schiedsgericht muss sich jedenfalls vergewissern, dass die säumige Partei tatsächlich gehörig über das Schiedsverfahren unter Berücksichtigung des lex loci arbitri in Kenntnis gesetzt wurde. Auch der Schiedskläger muss dafür sorgen, dass der säumige Schiedsbeklagte alle vom Schiedskläger eingereichten Schriftsätze erhält. Der säumige Schiedskläger muss die Möglichkeit haben, zu allen Verfahrensschriften Stellung zu nehmen. In dieser Hinsicht bietet es sich an, dass das Schiedsgericht dem Schiedskläger gegenüber anordnet, alle Schriftsätze mit Empfangsbekenntnis direkt an den Schiedsbeklagten zu versenden und die Befolgung einer solchen Anordnung zu überprüfen. In diesem Zusammenhang ist § 1047 Abs. 3 ZPO zu berücksichtigen, der das Schiedsgericht dazu verpflichtet, der anderen Partei Dokumente zur Kenntnis zu bringen, nicht jedoch diese zu übermitteln, wenn die Dokumente der anderen Partei bereits bekannt sind (BGH v. 28.1.2016 – I ZB 37/15, SchiedsVZ 2016, 163 [164]). Zur Ermittlung der postalischen Adresse der säumigen Parteien – sollte diese von der im Vertrag angegebenen Adresse abweichen – kann das Schiedsgericht dem Schiedskläger anordnen, angemessene Erkundigungen über die aktuelle Adresse der säumigen Partei anzustellen.
33 Aus Gründen der Verfahrenseffizienz kann es angebracht sein, dass das Schieds-
gericht – soweit frühzeitig klar ist, dass sich der Schiedsbeklagte nicht am Schiedsverfahren beteiligt – zwei Verfahrenskalender mit jeweils unterschiedlichen Szenarien erstellt, eines unter der Annahme, dass der Schiedsbeklagte am Schiedsverfahren teilnimmt und eines unter der Annahme, dass er dies nicht tut. Je nachdem, welches Szenario eintritt, sind damit den Parteien bereits bei Beginn des Schiedsverfahrens die Verfahrensschritte klar; der Verfahrenskalender fördert damit den strukturierten Ablauf des Verfahrens auch wenn eine Partei (zunächst) säumig ist.
34 Entscheidung des Schiedsgerichts. Der Schiedsspruch ergeht auf Grundlage der
vom Schiedsgericht auf der Grundlage des Schiedsverfahrens getroffenen tatsächlichen Feststellungen und der diesbezüglichen Rechtslage. Der Sachverhalt muss für die Entscheidung hinreichend geklärt sein. Auch wenn eine mündliche Verhandlung vom Schiedsbeklagten nicht eingefordert wurde, kann es im Hinblick auf das am Schiedsort anwendbare Recht oder auf etwaige Vollstreckungsrisiken in einem Drittstaat empfehlenswert sein, eine mündliche Verhandlung gemäß Art. 29.1 Satz 2 anzuberaumen.
35 Es gilt ein beschränkter Untersuchungsgrundsatz. Das Schiedsgericht hat das
Klagevorbringen nicht nur auf seine Schlüssigkeit, sondern auch auf seine Rich1096
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Säumnis | Art. 30 DIS-SchO
tigkeit zu prüfen (OLG München v. 25.4.2016 – 34 Sch 12/15, BeckRS 2016, 08633, Tz. 34). Dabei ist es angebracht, Klarstellungsfragen zur Tatsachen- und Rechtslage an den sich am Schiedsverfahren beteiligten Parteien zu stellen. Die Beweislast verbleibt bei der Partei, die Ansprüche geltend macht. Der beschränkte Untersuchungsgrundsatz darf allerdings nicht dazu führen, dass das Schiedsgericht anstatt des säumigen Verfahrensbeteiligten alle Umstände der Tatsachen- und Rechtslage vollends untersucht. Nur wenn das Schiedsgericht von der Richtigkeit einer Behauptung aufgrund 36 der Beweislage überzeugt ist, kann es der Klage – sofern diese gerechtfertigt ist – stattgeben. Infolge des Grundsatzes der Kompetenz-Kompetenz ist das Schiedsgericht verpflichtet, hinsichtlich seiner eigenen Zuständigkeit ggf. eigenständige Anstrengungen zur Ermittlung der Zuständigkeit zu machen, die u.a. in Form von Klarstellungsfragen an den Kläger erfolgen können. Dies ist aber selbst vor staatlichen Gerichten nicht anders – wenn die Zuständigkeit des Gerichts (nur) auf eine Gerichtsstandsvereinbarung gestützt wird, gilt eine Ausnahme vom Grundsatz der Geständnisfiktion (§ 331 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Um etwaigen Vollstreckungs- und Anerkennungshindernissen entgegenzuwir- 37 ken, sollte das Schiedsgericht nicht nur alle Empfangsbestätigungen, die es hinsichtlich der Kommunikation mit der säumigen Partei erhalten hat aufbewahren, sondern diese auch detailliert im Schiedsspruch anführen. Auch die während des Schiedsverfahrens ausgesprochenen Hinweise des Schiedsgerichts, wonach es trotz der Säumnis einer Partei das Schiedsverfahren fortführt und einen Schiedsspruch erlässt, sollten im Schiedsspruch Erwähnung finden. Das Schiedsgericht kann aus der Säumnis auch Rückschlüsse ziehen. Zwar gilt 38 grds., dass durch die Säumnis nichts als zugestanden gilt, jedoch ist es dem Schiedsgericht nicht untersagt, die Säumnis in der Fortsetzung des Verfahrens anderweitig zu verwerten. Gleichwohl ist – jenseits der Sonderkonstellation einer „adverse inference“ als Folge einer Nichtvorlage von Dokumenten im Rahmen eines formalisierten Dokumentenvorlageverfahrens – davon abzusehen eine Nichtvorlage eines Dokumentes als Beweis des Gegenteils zu beurteilen. Dies würde der in der Säumnis verbotenen Geständnisfiktion gleichkommen. Bei sonstiger Säumnis ist die Fortsetzung oder Beendigung des Schiedsverfah- 39 rens in der DIS-SchO in speziellen Normen bzgl. einzelner Verfahrensschritte bis zur Konstituierung des Schiedsgerichts gesondert geregelt (s. Rz. 13 f., 22). Nachholen der versäumten Handlung. Der Schiedsbeklagte kann trotz Säum- 40 nis jederzeit an dem Schiedsverfahren weiter teilnehmen. Bei entschuldigter Säumnis gestattet das Schiedsgericht das Nachholen der versäumten Handlung, wobei dem Schiedskläger die Gelegenheit gegeben werden muss, zur nachgeholten Verfahrenshandlung des ehemals säumigen Schiedsbeklagten Stellung zu nehmen. Bei unentschuldigter Säumnis steht es im Ermessen des Schiedsgerichts, ob der Schiedsbeklagte die säumige Handlung nachholen darf. Dabei sind der Verfahrensstand, das bisherige Prozessverhalten beider Parteien, die zu erwartende Verzögerung im Falle der Zulassung, die wirtschaftliche Relevanz Bassiri
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Art. 30 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht der versäumten Handlung, die Frage, ob für die Säumnis Gründe, die, mögen sie auch nicht zur Entschuldigung führen können, im Ansatz noch nachvollziehbar sind, vorgebracht werden können, sowie etwaige Aufhebungsgründe und/oder Vollstreckungshindernisse zu berücksichtigen. 41 Die Wiederholung prozessualer Schritte kann sich als problematisch darstellen,
wenn die säumige Partei nach dem Abhalten einer mündlichen Verhandlung am Schiedsverfahren teilnimmt und/oder sich das Schiedsgericht bereits im Stadium der Verfassung des Schiedsspruches befindet. Auf Grund der erheblichen Verzögerung hinsichtlich der Beendigung des Schiedsverfahrens steht es im Ermessen des Schiedsgerichts, unter Berücksichtigung aller Umstände, zu entscheiden, ob es die Nachholung von allen oder einigen Verfahrenshandlungen des Schiedsbeklagten genehmigt. Gleichzeitig sind die relevanten Vorschriften zur Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruches vom Schiedsgericht in Betracht zu ziehen. Insofern kann es empfehlenswert sein, eine kurzfristig anberaumte Verhandlung durchzuführen, um so die Vollstreckung des Schiedsspruches nicht zu gefährden.
II. Säumnis des Schiedsklägers 42 Bei Säumnis des Schiedsklägers ist zwischen Schiedsverfahren mit eingereichter
Widerklage durch den Schiedsbeklagten und Schiedsverfahren ohne Widerklage zu differenzieren.
43 In Fällen, in denen der Schiedsbeklagte eine Widerklage gemäß Art. 7.5 erhoben
hat und der Schiedskläger (also der Schieds-Widerbeklagte) säumig ist, ist Art. 30 analog anzuwenden. Auch wird eine analoge Anwendung des Art. 30 bei multipolaren Schiedsverfahren geboten sein, bei denen mehrere Schiedskläger bzw. mehrere Schiedsbeklagte untereinander Ansprüche geltend machen (sog. „Cross-Claims“) und einer der Schiedskläger bzw. einer der Schiedsbeklagten säumig wird.
44 Hat der Schiedsbeklagte hingegen keine Widerklage eingereicht, so liegt die Be-
handlung des Verfahrens mangels Regelung in der DIS-SchO gemäß Art. 21.3 im Ermessen des Schiedsgerichts. Erklärt der Schiedskläger, dass er die in der Schiedsklage geltend gemachten Ansprüche gegen den Schiedsbeklagten weder in diesem noch in einem neuen Schiedsverfahren verfolgen wird, so wird der Schiedsbeklagte regelmäßig Verfahrensbeendigung beantragen. Der Schiedsbeklagte hat allerdings ein berechtigtes Interesse an der Fortführung des Schiedsverfahrens und der Entscheidung des anhängigen Schiedsverfahrens durch einen Schiedsspruch, wenn er bereits den Beisitzer ernannt bzw. gemeinsam den Einzelschiedsrichter mit dem Schiedskläger ernannt hat und der Gefahr entgegenwirken will, dass es sich in einem neuen Verfahren den Ansprüchen des Schiedsklägers erneut ausgesetzt wird. Ferner steht in jedem Fall die Entscheidung des Schiedsgerichts über die Kosten gemäß Art. 33 aus; diesbezüglich wird das Schiedsverfahren fortgeführt. 1098
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Schlussverfügung | Art. 31 DIS-SchO
III. Säumnis aller Parteien Bei Säumnis beider Parteien ergeht ein Beendigungsbeschluss gemäß Art. 42.2 45 (iii) und Art. 42.5. Mit der Beendigung des Schiedsverfahrens durch Beschluss ist auch die Schiedshängigkeit beendet. Gemäß Art. 42.7 lässt eine solche Verfahrensbeendigung das Recht einer Partei ihre Ansprüche erneut geltend zu machen unberührt. In der Praxis kommt die Beendigung des Schiedsverfahrens durch Beendigungsbeschluss wegen Säumnis beider Parteien selten vor.
I. Abweichende Parteivereinbarungen Der Grundsatz der Parteiautonomie erlaubt es den Parteien, eine andere Folge 46 in Bezug auf die Säumnis zu treffen. Dies ergibt sich in Deutschland aus § 1048 Abs. 4 Satz 2 ZPO. So kann es theoretisch den Parteien freistehen, als Folge der Säumnis eine Geständnisfiktion vergleichbar der Regelung des § 331 ZPO zu vereinbaren. Von der Möglichkeit der Entschuldigung der Säumnis können sie jedoch nicht absehen. Ebenso schließt eine solche Parteivereinbarung die Kompetenz-Kompetenz des Schiedsgerichts nicht aus; es hat über seine eigene Zuständigkeit zu entscheiden. Ferner kann eine abweichende Parteivereinbarung nicht dazu führen, dass das Schiedsgericht sein Ermessen in der Entscheidungsfindung zur Hauptsache komplett aufgibt. Auf Grund der sich widersprechenden Grundsätze, die dem Schiedsverfahren inhärent sind, ist daher von einer solchen Parteivereinbarung im Zweifel abzusehen.
Artikel 31 Schlussverfügung Nach der letzten mündlichen Verhandlung oder dem letzten zugelassenen Schriftsatz erklärt das Schiedsgericht durch verfahrensleitende Verfügung, die auch der DIS zu übermitteln ist, das Verfahren für geschlossen. Danach dürfen Schriftsätze oder Beweismittel nur mit Einwilligung des Schiedsgerichts eingereicht werden. Regelungsschwerpunkte: Art. 31 ermöglicht es dem Schiedsgericht, das Erkenntnisverfahren zeitlich zu begrenzen, ohne das rechtliche Gehör der Parteien zu verletzen. Er dient damit einer effektiven Verfahrensführung. → Rz. 1–12 Kostenaspekte: Das Schiedsgericht kann es bei seiner Kostenentscheidung berücksichtigen, wenn eine Partei eine Verfahrensverzögerung und damit vermeidbare Kosten verursacht hat. → Rz. 13 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
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E. Voraussetzungen . . . . . . . . . . .
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F. Folgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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G. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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H. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Bassiri und Strack/Haller
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Art. 31 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht Literatur: Deubner, Das unbewältigte Gesetz – Neue Entscheidungen zur Zurückweisung verspäteten Vorbringens, NJW 1987, 1583 ff.
A. Normzweck 1 Die Norm dient der Prozessökonomie. Sie soll es dem Schiedsgericht zudem er-
möglichen, seine Beratungen durchzuführen und zu beenden, ohne dass fortlaufend neuer Vortrag erfolgt, der noch berücksichtigt werden muss. Hatten die Parteien ausreichend Gelegenheit, zur Sache vorzutragen, darf das Gericht weiteren Sachvortrag der Parteien zurückweisen und so das Verfahren zu Ende bringen. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt darin nicht. Art. 31 adressiert somit das Spannungsverhältnis zwischen rechtlichem Gehör und zügiger Verfahrensdurchführung. Die Vorschrift sieht vor, dass das Schiedsgericht nach der letzten mündlichen Verhandlung oder dem letzten zugelassenen Schriftsatz – also nachdem die Parteien ausreichend Gelegenheit hatten, ihre Position zum Sach- und Streitstand darzulegen – das Verfahren durch verfahrensleitende Verfügung für geschlossen erklärt. Weiterer Vortrag der Parteien ist danach nur mit vorheriger Zustimmung des Schiedsgerichts möglich. Nutzen die Parteien die Möglichkeit nicht, bis zur letzten Verfahrenshandlung ihre Argumente darzulegen und den Sachverhalt darzustellen, können sie danach nicht mehr argumentieren, dass sie keine ausreichende Gelegenheit hatten, ihren Fall zu präsentieren.
B. Reform 2 Art. 31 schreibt vor, dass das Schiedsgericht das Erkenntnisverfahren unter be-
stimmten Voraussetzungen zu beenden hat und ersetzt § 31 DIS-SchO 1998. Nach § 31 DIS-SchO 1998 konnte das Schiedsgericht eine Frist setzen, wenn „die Parteien nach Überzeugung des Schiedsgerichts ausreichend Gelegenheit zum Vorbringen hatten“ und nach Ablauf der Frist neuen Sachvortrag abweisen. § 31 DIS-SchO 1998 gewährte dem Schiedsgericht damit hinsichtlich des Zeitpunktes, ab dem eine Beendigung des Erkenntnisverfahrens durch schiedsgerichtliche Fristsetzung in Betracht kommt und hinsichtlich der Länge der zu setzenden Frist einen weiten Beurteilungsspielraum. Unter der neuen DIS-SchO wird mit Blick auf den Verfahrenskalender ein fester Zeitpunkt festgelegt, wann davon auszugehen ist, dass die Parteien ausreichend Gelegenheit zum Sachvortrag hatten und das Verfahren zu beenden ist. Art. 31 Satz 2 stellt klar, dass das Schiedsgericht auch nach Schließen des Verfahrens noch Schriftsätze und Beweisanträge zulassen kann. Das galt bereits unter § 31 DIS-SchO 1998, der es in das Ermessen des Schiedsgerichts stellte, einen Sachvortrag nach Fristablauf zurückzuweisen („kann“).
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Strack/Haller
Schlussverfügung | Art. 31 DIS-SchO
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die ZPO enthält keine Regelungen zur Präklusion neuen Sachvortrags sowie für 3 das Beenden des schiedsgerichtlichen Erkenntnisverfahrens. Die Parteien können jedoch die Verfahrensregeln entsprechend ergänzen (§ 1042 Abs. 3 ZPO).
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im staatlichen Verfahren regeln §§ 296 und 296a ZPO, wann eine Partei mit 4 möglicherweise verspätetem Vortrag präkludiert ist. Nach § 296 Abs. 1 ZPO sind Angriffs- und Verteidigungsmittel, die nach Ablauf einer hierfür gesetzten Frist, aber noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung vorgebracht wurden, nur zuzulassen, wenn dadurch keine Verzögerung eintritt oder die Verspätung genügend entschuldigt wird. Die Rechtsprechung legt dabei einen absoluten Verzögerungsbegriff zu Grunde, wonach es ausschließlich darauf ankommt, ob der Rechtsstreit bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung. Nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung können gemäß § 296a ZPO keine neuen Angriffs- oder Verteidigungsmittel mehr vorgebracht werden.
E. Voraussetzungen Das Schiedsgericht wird das Verfahren nach der im Zeitplan vorgesehenen letz- 5 ten mündlichen Verhandlung oder – z.B. wenn Post Hearing Briefs vorgesehen sind oder keine mündliche Verhandlung stattfindet – nach dem letzten zugelassenen Schriftsatz durch Erlass einer verfahrensleitenden Verfügung schließen. Abzugrenzen ist das Schließen des Verfahrens von einem vor dem Hearing lie- 6 genden Cut-Off Date für neue Beweismittel. Ein solches ist häufig im Verfahrenskalender ausdrücklich vorgesehen. Damit wird jedoch nicht das Erkenntnisverfahren abgeschlossen, sondern es soll zur Sicherung eines effektiven Verfahrens nur verhindert werden, dass nach diesem Datum eine Partei noch neue Tatsachen ins Verfahren einführt, die dann die andere Partei adressieren muss, was u.U. massive zeitliche Auswirkung auf das weitere Verfahren hat. Die Schlussverfügung erklärt das Schiedsverfahren insgesamt für geschlossen. 7 Es ist möglich, aber nicht zwingend, einen Verfahrensabschnitt auch vor Erlass eines etwaigen Teilschiedsspruchs zu schließen. Für den betroffenen Teil des Streitgegenstands spielt es zwar keine Rolle, ob er im Wege eines Teilschiedsspruchs oder eines Endschiedsspruchs beschieden wird. Jedoch ist die Regelung des Art. 31 so zu verstehen, dass sie das Abschließen des Verfahrens insgesamt betrifft und es ermöglichen soll, das Verfahren in geordneten Bahnen endgültig abzuschließen. Strack/Haller
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Art. 31 DIS-SchO | Das Verfahren vor dem Schiedsgericht 8 Das Schiedsverfahren muss sich stets an den Grundsätzen eines rechtsstaatlichen
Verfahrens messen und insb. den Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör gewährleisten (vgl. Art. 21 Rz. 12). Art. 31 setzt daher voraus, dass die Parteien bereits ausreichend Gelegenheit zum Sachvortrag hatten, bevor das Schiedsgericht das Verfahren schließt. Davon wird im Regelfall auszugehen sein, wenn der im Verfahrenskalender vorgesehene Zeitplan eingehalten wurde.
9 Nachdem das Schiedsgericht das Verfahren für geschlossen erklärt, dürfen die
Parteien ohne Einwilligung des Schiedsgerichts auch nicht mehr zu Rechtsfragen vortragen. Auch das galt bereits unter § 31 DIS-SchO 1998, der auf den „Sachvortrag“ der Parteien abstellte. Rechtsfragen werden in Schiedsverfahren je nach Schiedsort zum Teil als Sachvortrag angesehen, da im Schiedsverfahren das anwendbare Recht genauso ermittelt wird wie der Sachverhalt. Die Parteien können nämlich nicht wie beim staatlichen Gericht voraussetzen, dass der Richter das anwendbare Recht selbst kennt. Vielmehr kommen die Schiedsrichter häufig aus unterschiedlichen Jurisdiktionen. Unter Umständen kennt keiner der Schiedsrichter das anwendbare materielle Recht aus eigener Anschauung, so dass das Schiedsgericht das Recht erst ermitteln muss, genauso wie es z.B. einen komplexen technischen Sachverhalt aufklären muss. Zudem ist es für ein Schiedsgericht relevant, wie das anwendbare Recht in der Praxis, insb. durch die Gerichte, umgesetzt wird. Wenn die Parteien eine Rechtsordnung vereinbaren, erwarten sie, dass das vereinbarte Recht zwischen ihnen so gilt, wie es in der Praxis in dem jeweiligen Land angewandt wird. Daher sind Ausführungen zur Rechtslage Teil des Sachvortrags der Parteien. Dass die Parteien nach Verfahrensbeendigung durch das Schiedsgericht keine Ausführungen mehr zu Rechtsfragen vorbringen dürfen, ergibt sich unter Art. 31 auch daraus, dass auf sämtliche „Schriftsätze und Beweismittel“ Bezug genommen wird und nicht bloß auf den „Sachvortrag“.
F. Folgen 10 Art. 31 räumt dem Schiedsgericht ein Ermessen ein, verspätetes Vorbringen zu-
rückzuweisen, ohne dass das Schiedsgericht das rechtliche Gehör der Partei verletzt.
11 Allerdings kann das Schiedsgericht durch Einwilligung verspätetes Vorbringen
zulassen, obwohl es das Verfahren bereits für geschlossen erklärt hat bzw. kann es das Verfahren wiedereröffnen. Das Schiedsgericht wird dies i.d.R. dann (ggf. auch von Amts wegen) tun, wenn eine Partei die Verspätung hinreichend entschuldigen kann, wenn die Partei die Entscheidungsrelevanz darlegen kann oder wenn das Schiedsgericht bei der oder wenn das Schiedsgericht beim Verfassen des Schiedsspruchs bemerkt, dass es die Parteien zu einem bestimmten Thema noch anhören muss. Ob das Schiedsgericht verspätetes Vorbringen zu Unrecht zugelassen hat, kann im Vollstreckbarerklärung- und Aufhebungsverfahren grds. nicht überprüft werden (OLG Frankfurt/M. v. 25.3.2021 – 26 Sch 18/20, SchiedsVZ 2022, 40 ff.). 1102
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Schlussverfügung | Art. 31 DIS-SchO
In der Praxis wird von der Möglichkeit der Zurückweisung selten Gebrauch ge- 12 macht, weil Schiedsgerichte meist jedes Risiko vermeiden wollen, dass ihr Schiedsspruch wegen der Verletzung des rechtlichen Gehörs später vom staatlichen Gericht aufgehoben wird. Allerdings soll Art. 31 dem Schiedsgericht gerade die Möglichkeit geben, eine Ausschlussfrist in das Verfahren einzuführen, ohne ein Anfechtungsrisiko zu schaffen. Schiedsgerichte sollten hiervon häufiger Gebrauch machen, um eine zügige Verfahrensdurchführung zu ermöglichen. Da die Parteien ausreichende Gelegenheit hatten, ihren Fall vorzutragen, ist das Risiko einer erfolgreichen Anfechtung im Falle der Zurückweisung nach Fristablauf gering.
G. Kosten Das Schiedsgericht kann und soll bei der Kostenentscheidung berücksichtigen, 13 ob eine Partei eine Verfahrensverzögerung und damit vermeidbare Kosten verursacht hat. So kann das Schiedsgericht berücksichtigen, wenn eine Partei verspätet vorgetragen hat (und dieser Vortrag zugelassen wurde) oder wenn aufgrund des Verhaltens einer Partei eine Wiedereröffnung des Verfahrens notwendig wurde. Ist dies der Fall kann das Schiedsgericht dieser Partei zusätzliche Kosten auferlegen.
H. Abweichende Parteivereinbarung Die Parteien können das Recht des Schiedsgerichts, verspätet vorgebrachten Sach- 14 vortrag zurückzuweisen, nicht gänzlich ausschließen. Das Schiedsgericht muss die Möglichkeit haben, das Verfahren abschließen zu können, ohne die Anfechtbarkeit des Schiedsspruchs zu riskieren. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass eine Partei ihr Recht nicht durchsetzen kann, weil die andere Partei ständig neue Tatsachen vorträgt. Der Justizgewährleistungsanspruch verlangt aber, dass effektiver Rechtsschutz möglich ist.
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Art. 32 DIS-SchO | Die Kosten
Die Kosten Artikel 32 Kosten des Schiedsverfahrens Die Kosten des Schiedsverfahrens umfassen insbesondere (i) die Honorare und Auslagen der Schiedsrichter, (ii) die Honorare und Auslagen vom Schiedsgericht bestellter Sachverständiger, (iii) die den Parteien im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren anfallenden angemessenen Aufwendungen und Auslagen, einschließlich Rechtsanwaltskosten, Sachverständigenkosten und Zeugenauslagen sowie (iv) die Bearbeitungsgebühren der DIS. Regelungsschwerpunkte: Art. 32 enthält eine Aufzählung der Kosten, die im Rahmen eines DIS-Schiedsverfahrens anfallen und damit Gegenstand von Kostenentscheidungen sein können. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu § 1057 ZPO . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . I. Honorare und Auslagen der Schiedsrichter (Art. 32 (i)) . . . . .
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II. Honorare und Auslagen vom Schiedsgericht bestellter Sachverständiger (Art. 32 (ii)) . . . . . III. Angemessene Aufwendungen und Auslagen der Parteien (Art. 32 (iii)) . . . . . . . . . . . . . . IV. Bearbeitungsgebühren der DIS (Art. 32 (iv)) . . . . . . . . . . . . . .
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F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Ahrens/Erdmann, Die Erstattung von Zeithonoraren im Schiedsgerichtsverfahren, NJW 2020, 3142 ff.; Baltag, Chapter 1: In-House Counsel and Recoverability of Costs in International Arbitration: Time for a Clear-Cut Position?, in Finances in International Arbitration: Liber Amicorum Patricia Shaughnessy, 2019, S. 1 ff.; Bartsch, Third-Party Funding – A New Player in the Field of Cost Allocation, SchiedsVZ 2021, 5 ff.; von Bernuth, Noch einmal: Zur Erstattung von Zeithonorar in Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2013, 212 ff.; Bühler, Awarding Costs in International Commercial Arbitration, ASA Bulletin, Vol. 22 Issue 2 (2004), S. 249 ff.; Cavalieros, In-House Counsel Costs and Other Internal Party Costs in International Commercial Arbitration, Arbitration International Vol. 30 Issue 1 (2014), S. 145 ff.; Dos Santos, Third-party funding in international commercial arbitration: a wolf in sheep’s clothing?, ASA Bulletin, Vol. 35 Issue 4 (2017), S. 916 ff.; Gerstenmaier, Zur Verzinslichkeit von Kostenerstattungsforderungen im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2012, 1 ff.; Haller/Keilmann, In Claimant’s Hands? Admissibility and Consequences of a Withdrawal of Claim in International Arbitration, Journal of International Arbitration, Vol. 35 Issue 6 (2018), S. 649 ff.; Kühn/van Oeveren, The Full Recovery of Third-Party Funding Costs in Arbitration: To be or Not to Be?, Journal of International Arbitration, Vol. 35 Issue 3 (2018), S. 307 ff.; Kröck/Kuhli, Zur Rechnungstellung deutscher Schieds-
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Manner/Hauser
Kosten des Schiedsverfahrens | Art. 32 DIS-SchO richter unter besonderer Berücksichtigung des Umsatzsteuerrechts, SchiedsVZ 2014, 232 ff.; Menz, The fourth arbitrator? Die Rolle des Administrative Secretary im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2015, 210 ff.; Ramesh, Third-Party Funding in International Arbitration: Ownership of the Claim, Consequences for Costs Orders, and Regulation, Arbitration International, Vol. 36 Issue 2 (2020), S. 275 ff.; Risse/Altenkirch, Kostenerstattung im Schiedsverfahren: fünf Probleme aus der Praxis, SchiedsVZ 2012, 5 ff.; Risse/Kuhli, Schiedsrichtervergütung und Umsatzsteuer: Gebrauchsanleitung und Tipps für Fortgeschrittene, SchiedsVZ 2016, 1 ff.; Risse/Meyer-Burow, Umsatzsteuerpflicht von Schiedsrichterleistungen, SchiedsVZ 2009, 326 ff.; Thiel/Pörnbacher, Kostenentscheidungen und Kompetenz des Schiedsgerichts – Probleme aus der Praxis, SchiedsVZ 2007, 295 ff.; Trittmann, Die Kostenerstattung im Schiedsverfahren – Gibt es einen nationalen/internationalen Standard?, ZVglRWiss 2015, 469 ff.; Wilske/Markert, Zur Erstattungsfähigkeit des Erfolgshonorars in Schiedsverfahren, in Schütze (Hrsg.), Fairness, Justice, Equity, FS Reinhold Geimer zum 80. Geburtstag, 2017, S. 795 ff.
A. Normzweck Art. 32–36 und Anlage 2 (Kostenordnung) enthalten alle wesentlichen Regelun- 1 gen zu den Kosten in DIS-Schiedsverfahren. Die Regelungen sind (wie bspw. auch die Kostenvorschriften der ICC-SchO) recht detailliert. Hierdurch strebt die DIS zum einen im Interesse der Parteien größtmögliche Transparenz an; zum anderen erfordern unterschiedliche Fallkonstellationen, die im Laufe eines Schiedsverfahrens auftreten können, differenzierende Regelungen. Hinzu kommt, dass die DIS – ebenso wie andere Schiedsinstitutionen – auch durch die Kostenregelungen Anreize für eine effiziente Verfahrensführung setzen möchte. Art. 32 selbst enthält, gewissermaßen überblicksartig vor die Klammer gezogen, 2 eine nicht abschließende Aufzählung („insbesondere“) der Kosten, die im Rahmen eines DIS-Schiedsverfahrens anfallen und damit Gegenstand von Kostenentscheidungen sein können.
B. Reform Die DIS-SchO 1998 enthielt keine eigenständige, ausdrückliche Regelung hin- 3 sichtlich der in einem DIS-Schiedsverfahren anfallenden und erstattungsfähigen Kosten. Ein Vergleich der Art. 32–36 mit §§ 35 Abs. 1, 40 Abs. 1 und Abs. 4 DIS-SchO 1998 zeigt jedoch, dass sich an der grds. Unterscheidung zwischen den Kosten des Schiedsgerichts, den Parteikosten und den Bearbeitungsgebühren der DIS nichts geändert hat. Mit Art. 32 existiert nun erstmals eine Vorschrift, in der diese Kosten enumerativ, wenn auch nicht abschließend, aufgeführt werden. Neu ist auch, dass die DIS-SchO nunmehr in Art. 32–36 (und der Anlage 2) alle Kostenvorschriften konzentriert in einem gesonderten Abschnitt innerhalb der DIS-SchO regelt. Die DIS-SchO 1998 war diesbezüglich weniger „aufgeräumt“, die entsprechenden (fragmentarischen) Regelungen waren an unterschiedlichen Stellen in den Rules „verstreut“. Zu beachten ist ferner, dass es bei der Erstattungsfähigkeit der Parteikosten nach der DIS-SchO 2018 Manner/Hauser
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Art. 32 DIS-SchO | Die Kosten nicht mehr auf deren Notwendigkeit „zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung“ ankommt (so noch § 35 Abs. 1 DIS-SchO 1998 in Anlehnung an den in staatlichen Verfahren geltenden § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO), sondern (wie bei Art. 38 Abs. 1 ICC-SchO) auf deren „Angemessenheit“.
C. Verhältnis zu § 1057 ZPO 4 Der dispositive § 1057 ZPO, der als Auffangnorm die Zuständigkeit des Schieds-
gerichts für die Kostengrundentscheidung (§ 1057 Abs. 1 ZPO) und Kostenfestsetzung (§ 1057 Abs. 2 ZPO) begründet, wird durch die abschließenden Regelungen in Art. 32 ff. abbedungen.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 5 Die nicht abschließende Liste der in Art. 32 aufgezählten Kosten eines DIS-
Schiedsverfahrens entspricht im Wesentlichen den Verfahrenskosten, die auch Gegenstand einer Kostenentscheidung nach §§ 91 ff. ZPO sein können. Anders als im staatlichen Verfahren ist im DIS-Schiedsverfahren die Kostenfestsetzung zweigeteilt. Die Honorare und Auslagen der Schiedsrichter sowie die DIS-Bearbeitungsgebühren setzt die DIS fest (Art. 33.1 Satz 3). Über die Parteikosten sowie über die Verteilung der Kosten des Schiedsverfahrens entscheidet das Schiedsgericht, wobei es hierbei nicht an starre Regelungen zur Notwendigkeit der Parteikosten und zur Kostenverteilung wie etwa nach §§ 91 ff. ZPO gebunden ist. Ein wesentlicher Unterschied zum staatlichen Verfahren besteht zudem darin, dass im Schiedsverfahren die erstattungsfähigen Rechtsanwaltskosten nicht auf die im Vergütungsverzeichnis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes festgelegten Sätze begrenzt sind (Risse in Salger/Trittmann, § 26 Rz. 27).
E. Einzelerläuterung 6 Art. 32 definiert den Begriff der Kosten des Schiedsverfahrens. Diese umfassen das
Honorar und die Auslagen der Schiedsrichter (Art. 32 (i), dazu Rz. 7 ff.), die Honorare und Auslagen vom Schiedsgericht bestellter Sachverständiger (Art. 32 (ii), dazu Rz. 10), die angemessenen Aufwendungen und Auslagen der Parteien (Art. 32 (iii), dazu Rz. 11 ff.) sowie die Bearbeitungsgebühren der DIS (Art. 32 (iv), dazu Rz. 19).
I. Honorare und Auslagen der Schiedsrichter (Art. 32 (i)) 7 Die Festsetzung der Honorare und der erstattungsfähigen Auslagen der Schieds-
richter fällt in die ausschließliche Zuständigkeit der DIS (Art. 33.1 Satz 3). Die DIS setzt die Honorare grds. gemäß der Kostenordnung (Anlage 2) fest (Art. 34.2
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Kosten des Schiedsverfahrens | Art. 32 DIS-SchO
Satz 1) und zahlt sie nach Beendigung des Schiedsverfahrens an die Schiedsrichter aus (Art. 34.3). Die Erstattung von Auslagen richtet sich ebenfalls nach der Kostenordnung (Art. 34.2 Satz 3) (zur Festsetzung und Berechnung der Honorare und Auslagen im Einzelnen, vgl. Art. 34 Rz. 6 und Rz. 14); zur Tenorierung der Kostenentscheidung, vgl. Art. 39 Rz. 14). Auf die Honorare und Auslagen der Schiedsrichter fallen ggf. Umsatzsteuer 8 oder vergleichbare Steuern oder Abgaben an, die von den Parteien an die Schiedsrichter zu erstatten sind (Ziff. 6.2 Satz 1 und Satz 2 Anlage 2). Zur Erleichterung der Erstattung erhebt die DIS regelmäßig bei der Berechnung der vorläufigen Sicherheit (Art. 35.2) und der Kostensicherheit (Art. 35.3) einen Zuschlag i.H.v. bis zu 20 % der Honorare, aus dem die Erstattung etwaiger Steuern oder Abgaben bei Vorlage einer von einem Schiedsrichter an eine oder mehrere Parteien ausgestellten Rechnung erfolgen kann (Ziff. 6.2 Satz 3 Anlage 2). Hinsichtlich der Umsatzsteuerpflicht haben die Schiedsrichter für jede Partei gesondert zu prüfen, ob sie Umsatzsteuer abführen und entsprechend in Rechnung stellen müssen (vgl. Risse/Meyer-Burow, SchiedsVZ 2009, 326 [331 f.]; Risse/Kuhli, SchiedsVZ 2016, 1 [2 f.]). Ob dies der Fall ist oder nicht (bspw. infolge des Reverse-Charge-Verfahrens), hängt häufig davon ab, ob die Parteien im Inland, im EU-Ausland oder einem Drittstaat ansässig sind. Die DIS-SchO enthält keine ausdrückliche Regelung zu der Frage, ob auch die 9 Tätigkeit von Sekretären des Schiedsgerichts (auch bezeichnet als Verwaltungssekretäre, Administrative Secretaries oder Secretaries to the Arbitral Tribunal), die organisatorische und verwaltungstechnische Aufgaben auf Anweisung und unter Aufsicht des Schiedsgerichts übernehmen, separat vergütet werden kann. Aus der Regelung in Art. 34.2, wonach von der Kostenordnung (Anlage 2) abweichende Honorarvereinbarungen unzulässig sind, kann jedoch gefolgert werden, dass die Tätigkeit eines Verwaltungssekretärs in das Gesamthonorar der Schiedsrichter bereits eingepreist ist. Dies entspricht auch der Praxis anderer Schiedsinstitutionen wie etwa der ICC (vgl. die ICC Note to Parties and Arbitral Tribunals on the Conduct of the Arbitration under the ICC Rules of Arbitration v. 1.1.2021, Rz. 228–230), der SCAI (Art. 38 Swiss Rules 2021) oder der SCC (Art. 24 Abs. 6 SCC-SchO 2017) (vgl. hierzu auch den Überblick bei Menz, SchiedsVZ 2015, 210 [215]). Etwaige Auslagen eines Verwaltungssekretärs, etwa für die Teilnahme an einer Verfahrenskonferenz oder mündlichen Verhandlung, sind dagegen erstattungsfähig, sofern das ausdrückliche Einverständnis der Parteien vorliegt (vgl. hierzu auch die Richtlinien für die Erstattung von Auslagen der Schiedsrichter in der Fassung v. März 2018: „Auslagen, die anderen Personen als dem Schiedsrichter selbst entstanden sind, können ohne ein ausdrückliches Einverständnis der Parteien nicht rückerstattet werden.“). In der Praxis empfiehlt es sich, dieses Einverständnis bereits mit der Zustimmung zur Ernennung des Verwaltungssekretärs von den Parteien einzuholen.
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Art. 32 DIS-SchO | Die Kosten II. Honorare und Auslagen vom Schiedsgericht bestellter Sachverständiger (Art. 32 (ii)) 10 Hat das Schiedsgericht einen Sachverständigen bestellt (Art. 28.2), zählen dessen
Honorar und Auslagen ebenfalls zu den Kosten des Schiedsverfahrens. Das Schiedsgericht wird in den meisten Fällen in Abstimmung mit den Parteien in einer verfahrensleitenden Verfügung eine Regelung darüber treffen, dass die Parteien die für die Beauftragung des Sachverständigen anfallenden Kosten zunächst hälftig zu verauslagen haben. Ggf. sind die Kosten auch schon an den Sachverständigen ausgekehrt, wenn die Kostenentscheidung des Schiedsgerichts (Art. 33) ansteht. Daher wird sich die Kostenentscheidung des Schiedsgerichts in Bezug auf die Honorare und Auslagen des Sachverständigen regelmäßig auf die an den Sachverständigen geleisteten Vorschusszahlungen und hieraus ggf. folgende Erstattungsansprüche der Parteien untereinander beschränken. Der praktische Anwendungsbereich der Vorschrift ist jedenfalls in großvolumigen Schiedsverfahren nicht sehr groß, da Schiedsgerichte wesentlich seltener eigene Sachverständige bestellen, als dies staatliche Gerichte tun. Stattdessen wird oftmals auf von den Parteien ausgewählte und beauftragte Sachverständige zurückgegriffen die entsprechenden Kosten sind sodann nach Art. 32 (iii) als Parteikosten erstattungsfähig.
III. Angemessene Aufwendungen und Auslagen der Parteien (Art. 32 (iii)) 11 Die den Parteien erwachsenen Aufwendungen und Auslagen sind nach Art. 32
(iii) ebenfalls Kosten des Schiedsverfahrens, soweit diese im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren angefallen und angemessen sind. Welche Parteikosten angemessen sind und welche nicht, regelt Art. 32 nicht. Die Entscheidung hierüber trifft das Schiedsgericht nach seinem Ermessen (Art. 33.3). Im Rahmen dieser Ermessensausübung hat das Schiedsgericht sämtliche Umstände des Falles zu berücksichtigen, die es als maßgeblich erachtet (Art. 33.3 Satz 2). Insbesondere kann es auch die Effizienz der Verfahrensführung durch die Parteien berücksichtigen (Art. 33.3 Satz 3), einschließlich der Frage, ob die Parteikosten (und insb. die Anwaltshonorare) in einem vernünftigen Verhältnis zur wirtschaftlichen Bedeutung der Streitsache stehen.
12 Als Bestandteil der Parteikosten benennt Art. 32 (iii) zunächst die den Parteien
im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren, d. h. für die sachgemäße Vorbereitung, Einleitung und Durchführung des Schiedsverfahrens erwachsenen Rechtsanwaltskosten. Sie stellen in aller Regel den größten Kostenfaktor in einem Schiedsverfahren dar. Für die Frage der Angemessenheit der Höhe der jeweils geltend gemachten Anwaltskosten kommt es dabei nicht darauf an, ob die anwaltliche Vergütung etwa auf Grundlage des deutschen Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (vgl. § 36 Abs. 1 Nr. 1 RVG) oder nach Stundenaufwand erfolgt ist, selbst wenn die Vergütung nach Stundenaufwand über den gesetzlich vorgesehenen Rahmen hinausgeht (OLG München v. 4.7.2016 – 34 Sch 29/15, 1108
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Kosten des Schiedsverfahrens | Art. 32 DIS-SchO
SchiedsVZ 2017, 40; SchiedsVZ 2012, 156; vgl. ferner von Bernuth, SchiedsVZ 2013, 212; Risse/Altenkirch, SchiedsVZ 2012, 5 [9 ff.]). Insbesondere in komplexen und aufwendigen Schiedsverfahren mit hohen Streitwerten sind regelmäßig Anwaltskosten auch auf Grundlage vergleichsweise hoher Stundensätze erstattungsfähig. Die Angemessenheit hoher Anwaltskosten wird von Schiedsgerichten mitunter aber dann in Frage gestellt, wenn eine erhebliche Diskrepanz zwischen den jeweils geltend gemachten Anwaltskosten besteht, etwa wenn die Anwaltskosten der einen Partei ohne nachvollziehbaren Grund wesentlich höher sind als die der anderen Partei. Umgekehrt können besonders niedrige Anwaltskosten der einen Seite nicht den Maßstab für die Frage darstellen, ob die Anwaltskosten der Gegenseite angemessen sind. Der bloße Umstand, dass eine Seite – aus welchen Gründen auch immer – besonders niedrige Anwaltskosten aufwenden musste oder geltend macht (möglicherweise gar aus strategischen Gründen zur Minimierung einer potenziellen Kostenerstattungspflicht), bedeutet nicht, dass die höheren Kosten der Gegenseite per se unangemessen hoch sind, auch nicht bei erheblicher Diskrepanz. Für einen substantiierten Vortrag der angefallenen Kosten genügt regelmäßig die Angabe des Gesamtbetrags der jeweiligen Anwaltskosten im Rahmen der Kostenschriftsätze (cost statements oder cost submissions), soweit eine Aufschlüsselung dieses Betrags anhand der beteiligten Anwälte sowie deren jeweiliger Stundenzahl und Stundensätze möglich ist, nebst der Bestätigung, dass diese Anwaltskosten in Rechnung gestellt wurden und auch bezahlt wurden bzw. noch bezahlt werden. Wenn die Angemessenheit der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten von der anderen Partei in Frage gestellt wird, kann die Vorlage der zugrunde liegenden Rechnungen und die Einreichung von Zeiterfassungsübersichten und ähnlichen Belegen im Einzelfall erforderlich sein, um der Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen der „Angemessenheit“ zu genügen. Auch ein Festhonorar oder ein Erfolgshonorar kann angemessen und damit er- 13 stattungsfähig sein (vgl. zum Erfolgshonorar Wilske/Markert, FS Geimer, 2017, S. 795 [800 ff.] sowie kritisch Bartsch, SchiedsVZ 2021, 12 [22]). Kerngedanke bei der Erstattungsfähigkeit eines Erfolgshonorars ist, dass die unterlegene Partei nicht dadurch begünstigt werden darf, dass ihr eine unvermögende Partei gegenübersteht, die ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten worden wäre (vgl. insoweit auch die Regelung in § 4a Abs. 1 Satz 1 RVG). In Schiedsverfahren sind Erfolgshonorarvereinbarungen, ebenso wie Prozessfinanzierungsabreden, auf deren Grundlage die im Laufe des Verfahrens einer Partei erwachsenen Kosten finanziert werden (dazu Kühn/ van Oeveren, Journal of International Arbitration Vol. 35 Issue 3 (2018), 307), mittlerweile durchaus üblich. Ist ein Prozessfinanzierer involviert, erhöht sich die Komplexität der Kostenentscheidung oft erheblich. Unstreitig dürfte sein, dass die Erstattungsfähigkeit von Rechtsverfolgungskosten nicht deshalb eingeschränkt werden kann, weil sie von einem Dritten finanziert wurden. Denn auch ohne Prozessfinanzierer wären sie erstattungsfähig (Bartsch, SchiedsVZ 2021, 12 [22]). Darüber hinaus ist indes vieles streitig und ungeklärt, insb. die Frage, ob und in welchem Umfang die Finanzierungskosten selbst erstattungsManner/Hauser
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Art. 32 DIS-SchO | Die Kosten fähig sein können. Die Antworten können sehr unterschiedlich ausfallen, auch abhängig davon, ob die finanzierte Partei obsiegt oder unterliegt und ob ein möglicher Kostenerstattungsanspruch der nicht-finanzierten Partei von einer Kostensicherheit (security for costs) der drittfinanzierten Partei gedeckt ist (ausführlich zu den verschiedenen Konstellationen Bartsch, SchiedsVZ 2021, 12). 14 Auch die Kosten einer Doppelvertretung, also der Vertretung in einem Schieds-
verfahren durch mehrere Anwälte unterschiedlicher Kanzleien, können im Einzelfall angemessen und somit (ggf. unter Abzug der angefallenen Koordinationsleistungen) erstattungsfähig sein. Eine Doppelvertretung kommt insb. in Fällen vor, in denen verschiedene Rechtsordnungen anwendbar sind oder das anwendbare Schiedsverfahrensrecht (lex arbitri) und das materielle Recht divergieren.
15 Die Frage, ob und in welchem Umfang interne Kosten der Parteien angemes-
sene Aufwendungen i.S.v. Art. 32 (ii) sein können und damit erstattungsfähig sind, ist immer noch nicht abschließend geklärt (dafür jüngst etwa Risse in Salger/Trittmann, § 26 Rz. 33; Baltag, Liber Amicorum Patricia Shaughnessy, S. 1 ff.). Für die generelle Erstattungsfähigkeit dieser Kosten zusätzlich zu den Kosten für externe Anwälte spricht, dass vor allem die Aufbereitung des Sachverhalts in vielen Fällen nicht ohne die Zuarbeit von Mitarbeitern der Rechtsabteilungen, des Managements oder sonstiger unternehmensinterner Mitarbeiter erfolgen kann. Ferner sollte es einem Unternehmen nicht zum Nachteil gereichen, wenn es sich dafür entscheidet, die tatsächliche und rechtliche Aufbereitung des Falles nicht vollständig an externe Anwälte zu vergeben, sondern diese zumindest teilweise auch – nicht zuletzt unter Kostengesichtspunkten – durch eigene Mitarbeiter vornehmen lässt (vgl. u.a. ICC-Schiedsspruch 6564, ICC Court Bulletin, Vol. 4 No. 1 (1993)). Dafür spricht auch, dass diese Kosten bzw. Aufwendungen andernfalls nur materiell-rechtlich im Wege eines Schadensersatz- bzw. Aufwendungsersatzanspruchs aus Vertrag (und dann nur von dem obsiegenden Gläubiger) geltend gemacht werden können (vgl. Bühler, ASA Bulletin Vol. 22 Issue 2 (2004), 249 [274] m.w.N.). Für die Erstattungsfähigkeit interner Kosten der Parteien kommt es in jedem Fall aber entscheidend darauf an, ob diese Kosten in der geltend gemachten Höhe auch nachweislich für das Schiedsverfahren angefallen sind. Insoweit empfiehlt es sich, von Beginn des Schiedsverfahrens an die hierfür aufgewandten Stunden zu erfassen. Werden für das Schiedsverfahren, wie häufig, unternehmensintern keine Stundensätze in Ansatz gebracht, können diese durch einen kalkulatorischen Stundensatz berechnet werden. Der Einwand, dass solche Kosten auf Grund der Festanstellung der Mitarbeiter unabhängig vom Schiedsverfahren angefallen sind (sog. „sowieso“-Kosten) und somit zu den allgemeinen Geschäftskosten eines Unternehmens gehören, greift jedenfalls dann nicht durch, wenn das Unternehmen diesen Zeitaufwand nachweislich in andere Projekte hätte investieren können. In der Praxis empfiehlt es sich, dass die Parteien die Frage der Erstattungsfähigkeit interner Kosten frühzeitig an das Schiedsgericht adressieren.
16 Die Kosten für die Begutachtung bestimmter streitrelevanter Fragen durch par-
teibenannte Sachverständige können ebenfalls angemessene Aufwendungen 1110
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Manner/Hauser
Kosten des Schiedsverfahrens | Art. 32 DIS-SchO
und damit tauglicher Gegenstand einer Kostenentscheidung sein. Angemessen sind damit verbundene Kosten insb. dann, wenn eine Partei ohne die Einschaltung externer Sachverständiger nicht zu einem sachgerechten Vortrag in der Lage wäre bzw. es um Rechtsfragen einer ausländischen Rechtsordnung geht, die mit Hilfe der externen Anwälte nicht beantwortet werden können. Vor dem Hintergrund, dass Schiedsgerichte selten selbst Sachverständige bestellen, sondern stattdessen meist auf die Expertise parteibenannter Sachverständiger zurückgreifen (s. dazu schon Rz. 10), steht die Erstattungsfähigkeit der Kosten parteibenannter Sachverständiger dem Grunde nach meist nicht in Frage. Auch Auslagen der Parteien können Kosten des Schiedsverfahrens sein, soweit 17 sie angemessen sind. Hierzu zählen u.a. von den Parteien verauslagte Kosten für die Protokollierung einer oder mehrerer mündlichen Verhandlungen, die je nach Art der Protokollierung (z.B. Wortprotokoll oder zusammenfassendes Kurzprotokoll) erheblich divergieren können, Kosten von Zeugen und Parteisachverständigen für die Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung sowie Kosten für die Anmietung von Räumlichkeiten oder für Übersetzungen. Vorprozessuale Parteikosten, d.h. Kosten, die einer Partei bereits vor Einleitung 18 des Schiedsverfahrens entstanden sind und noch nicht zur notwendigen Vorbereitung des Schiedsverfahrens selbst zählen (z.B. Anwaltskosten oder interne Kosten für die außergerichtliche Aufbereitung und Geltendmachung von Ansprüchen oder für die Vorbereitung von Vergleichsverhandlungen sowie vorprozessual erstattete Privatgutachten), werden i.d.R. nicht als im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren angefallene Aufwendungen angesehen und sind damit meist nicht tauglicher Gegenstand der Kostenentscheidung des Schiedsgerichts. Nach wohl überwiegender Auffassung zum deutschen Recht können diese Kosten jedoch von der obsiegenden Klägerpartei (nicht jedoch von der obsiegenden Beklagtenpartei!) bei Vorliegen eines materiell-rechtlichen Kostenersatzanspruchs, etwa im Wege des Schadensersatzes, verlangt werden.
IV. Bearbeitungsgebühren der DIS (Art. 32 (iv)) Nach Art. 32 (iv) zählen die Bearbeitungsgebühren der DIS (s. hierzu auch Art. 5 19 Rz. 43, Art. 7 Rz. 62), ebenfalls zu den Kosten des Schiedsverfahrens (zur Berechnung s. Art. 36 Rz. 6).
F. Abweichende Parteivereinbarungen Während die Parteien weder die Honorar- und Auslagenerstattungsansprüche 20 der Schiedsrichter und vom Schiedsgericht bestellter Sachverständiger noch den Anspruch der DIS auf Zahlung der Bearbeitungsgebühren modifizieren oder abbedingen können (vgl. dazu auch Art. 34 Rz. 15), steht es ihnen frei, in ihrer Schiedsvereinbarung oder im Laufe des Schiedsverfahrens sonstige von Art. 32 abweichende Vereinbarungen zu treffen. So können die Parteien bspw. vereinManner/Hauser
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Art. 33 DIS-SchO | Die Kosten baren, dass das Schiedsgericht bei der Entscheidung über die Parteikosten an die (starreren) Bestimmungen der ZPO (§§ 1057 Abs. 1, 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO) gebunden sein soll, dass Rechtsanwaltskosten nur bis zur Höhe eines bestimmten Stundensatzes oder nur bis zur Höhe der nach dem deutschen Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorgesehenen Gebühren und Auslagen erstattungsfähig sind oder, dass interne Kosten der Parteien nur unter bestimmten Voraussetzungen oder gar nicht ersatzfähig sind. Dahingehende Parteivereinbarungen sind indes wenig verbreitet.
Artikel 33 Kostenentscheidungen des Schiedsgerichts 33.1 Das Schiedsgericht kann im Laufe des Schiedsverfahrens in Bezug auf Kosten jederzeit Entscheidungen treffen. Dies gilt auch für vorläufige Entscheidungen. Entscheidungen bezüglich Artikel 32 (i) und (iv) sind der DIS vorbehalten. 33.2 Das Schiedsgericht entscheidet über die Verteilung der Kosten zwischen den Parteien. 33.3 Die Kostenentscheidungen trifft das Schiedsgericht nach seinem Ermessen. Es berücksichtigt dabei sämtliche Umstände des Falles, die es als maßgeblich erachtet. Insbesondere kann es den Ausgang des Verfahrens und die Effizienz der Verfahrensführung durch die Parteien berücksichtigen. Regelungsschwerpunkte: Art. 33.1 ist die verfahrensrechtliche Grundlage für Kostenentscheidungen des Schiedsgerichts im Laufe des Verfahrens. → Rz. 6 ff.; Art. 33.2 ermächtigt das Schiedsgericht, auch über die Verteilung der Kosten zwischen den Parteien zu entscheiden. → Rz. 10; Art. 33.3 räumt dem Schiedsgericht für seine Kostenentscheidung ein sehr weites Ermessen ein. Dabei stellt die Vorschrift ausdrücklich klar, dass nicht nur der Verfahrensausgang, sondern auch das Verhalten einer Partei bzw. seiner Vertreter im Rahmen der Kostenentscheidungen berücksichtigt werden kann. → Rz. 10–11 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu § 1057 ZPO . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . .
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E. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . I. Zeitpunkt und Gegenstand der Kostenentscheidungen (Art. 33.1) II. Verteilung der Kosten (Art. 33.2, Art. 33.3) . . . . . . . . . III. Verzinsung der Kosten . . . . . . . F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Bühler, Awarding Costs in International Commercial Arbitration, ASA Bulletin, Vol. 22 Issue 2 (2004), S. 249 ff.; Hanotiau, The Parties’ Costs of Arbitration, Dossier of the ICC Institute of World Business Law: Evaluation of Damages in International Arbitration, S. 213 ff.; Gerstenmaier, Zur Verzinslichkeit von Kostenerstattungsforderungen im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2012, 1 ff.; Kröck/Kuhli, Zur Rechnungstellung deutscher
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Manner/Hauser
Kostenentscheidungen des Schiedsgerichts | Art. 33 DIS-SchO Schiedsrichter unter besonderer Berücksichtigung des Umsatzsteuerrechts, SchiedsVZ 2014, 232 ff.; Pörnbacher/Thiel, Kostensicherheit in Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2010, 14 ff.; Risse/Altenkirch, Kostenerstattung im Schiedsverfahren: fünf Probleme aus der Praxis, SchiedsVZ 2012, 5 ff.; Risse/Meyer-Burow, Umsatzsteuerpflicht von Schiedsrichterleistungen, SchiedsVZ 2009, 326 ff.; Risse/Kuhli, Schiedsrichtervergütung und Umsatzsteuer: Gebrauchsanleitung und Tipps für Fortgeschrittene, SchiedsVZ 2016, 1 ff.; Schwenzer, Rechtsverfolgungskosten als Schaden?, in Gauch/Werro/Pichonnaz, Mélanges en l’honneur de Pierre Tercier (2008), S. 417 ff.
A. Normzweck Art. 33 ist die verfahrensrechtliche Grundlage für die Kostenentscheidungen des 1 Schiedsgerichts im Laufe des Verfahrens (Art. 33.1), einschließlich Entscheidungen zur Kostenverteilung zwischen den Parteien (Art. 33.2). Die Vorschrift räumt dem Schiedsgericht diesbezüglich ein sehr weites Ermessen ein. In den meisten Fällen üben Schiedsgerichte dieses Ermessen nach dem Unterliegensprinzip mit Einzelfallkorrektur aus (Trittmann/Mekat in Piltz, Münchener Anwaltshandbuch, § 5 Rz. 350). Die Kostenverteilung hat sich aber nicht notwendigerweise nur am Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen auszurichten; vielmehr kann das Schiedsgericht hierbei auch die effiziente Verfahrensführung der Parteien (Art. 33.3) oder andere Aspekte berücksichtigen, die in Art. 33 nicht ausdrücklich genannt sind, wie bspw. das sonstige prozessuale Verhalten (Missachten prozessualer Spielregeln durch Nachschieben von Sachvortrag oder den erheblichen Mehraufwand durch Vorbringen nicht entscheidungserheblicher Einzelfragen; dazu Risse in Salger/Trittmann, § 26 Rz. 10 f. mit weiteren Beispielen).
B. Reform Im Rahmen der Reform der DIS-SchO wurde dem Schiedsgericht die Befugnis 2 zur Festsetzung seiner eigenen Honorare und Auslagen entzogen und die Alleinzuständigkeit hierfür der DIS übertragen. Dies steht im Einklang mit der gängigen Praxis anderer internationaler Schiedsinstitutionen und vermeidet jeden Anschein einer Entscheidung in eigener Sache. Bei der Kostenverteilung gilt nicht länger der feste Grundsatz, dass das Schiedsgericht der unterliegenden Partei die Kosten des Verfahrens auferlegen soll (sog. costs follow the event rule). Vielmehr kann das Schiedsgericht neben dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen u.a. auch die Effizienz der Verfahrensführung durch die Parteien berücksichtigen. Ansonsten entspricht Art. 33 inhaltlich in weiten Teilen den Regelungen in § 35 DIS-SchO 1998.
C. Verhältnis zu § 1057 ZPO Der dispositive § 1057 ZPO, der als Auffangnorm die Zuständigkeit des Schieds- 3 gerichts für die Kostengrundentscheidung (§ 1057 Abs. 1 ZPO) und KostenfestManner/Hauser
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Art. 33 DIS-SchO | Die Kosten setzung (§ 1057 Abs. 2 ZPO) begründet, wird durch die abschließenden Regelungen in Art. 32 ff. abbedungen.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4 Gemeinsamkeiten. Kostenentscheidungen im Schiedsverfahren regeln wie in
staatlichen Verfahren nur, inwieweit die Parteien in ihrem Verhältnis zueinander verpflichtet sind, die Kosten des Verfahrens zu tragen. Sie gewähren keinem Dritten, auch nicht dem Schiedsgericht oder den Verfahrensbevollmächtigten, einen Anspruch gegen eine oder mehrere Parteien.
5 Unterschiede. Anders als vor staatlichen Gerichten, bei denen die Verfahren
zum Kostenansatz, zur Kostenfestsetzung bzw. -ausgleichung und zur Streitwertfestsetzung in der ZPO und im GKG weitgehend verselbständigt sind, steht in Schiedsverfahren im Zeitpunkt der Entscheidung über die Kostenverteilung die Höhe der Kosten regelmäßig bereits fest, sodass das Schiedsgericht im Schiedsspruch nicht nur eine Kostengrundentscheidung erlassen, sondern gleichzeitig auch bezifferte Kostenerstattungs- bzw. Kostenausgleichsansprüche tenorieren kann. Dies liegt daran, dass die Parteien vom Schiedsgericht üblicherweise vor Erlass des Schiedsspruchs dazu aufgefordert werden, ihre Kosten mitzuteilen, sodass diese auch der Höhe nach im Schiedsspruch berücksichtigt werden können. Aus diesem Grund bestehen auch keine spezifischen Rechtsbehelfe hinsichtlich der Regelungen zu Streitwert und Kosten. Das Schiedsgericht hat der unterliegenden Partei, anders als in Verfahren vor staatlichen Gerichten (vgl. § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO), nicht automatisch die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Vielmehr kann es bei der Entscheidung über die Verteilung der Kosten selbst bei vollständigem Unterliegen einer Partei die Kosten nach seinem pflichtgemäßen Ermessen und unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls verhältnismäßig teilen oder gegeneinander aufheben (Art. 33.3). Eine § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO entsprechende Regelung, welche die Möglichkeit der Verzinsung eines prozessualen Kostenerstattungsanspruchs vorsieht, enthält weder die DIS-SchO noch die §§ 1025 ff. ZPO. Gleichwohl können Kostenerstattungsansprüche unter bestimmten Voraussetzungen auch verzinst werden (vgl. Rz. 12).
E. Einzelerläuterung I. Zeitpunkt und Gegenstand der Kostenentscheidungen (Art. 33.1) 6 Das Schiedsgericht ist nicht nur bei Beendigung des Schiedsverfahrens, sondern
auch während des Schiedsverfahrens zu Kostenentscheidungen und Zahlungsanordnungen befugt. Art. 33.1 stellt daher Kostenentscheidungen in verfahrensrechtlichen Verfügungen oder in Zwischen- oder Teilschiedssprüchen auf eine verfahrensrechtliche Grundlage. Es liegt dabei im Ermessen des Schiedsgerichts 1114
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Manner/Hauser
Kostenentscheidungen des Schiedsgerichts | Art. 33 DIS-SchO
(Art. 33.3 Satz 1), ob es in einem der Endentscheidung vorausgehenden Schiedsspruch eine Kostenentscheidung trifft oder diese dem Endschiedsspruch vorbehält. Wird das Schiedsverfahren nicht durch einen Endschiedsspruch, sondern durch Beschluss beendet (Art. 42.2), z.B. infolge einer von den Parteien vereinbarten Beendigung, und haben sich die Parteien nicht über die Kosten geeinigt (und im Falle eines Vergleichs nicht den Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut beantragt, Art. 41), hat das Schiedsgericht einen Kostenschiedsspruch zu erlassen. Die Kostenentscheidung kann vorläufiger oder endgültiger Natur sein (Art. 33.1 7 Satz 2). Gegenstand der Kostenentscheidung sind insb. die Honorare und Auslagen vom Schiedsgericht bestellter Sachverständiger (Art. 32 (ii), s. dazu Art. 32 Rz. 10 ff.) und die Kosten der Parteien (Art. 32 (iii), s. dazu Art. 32 Rz. 11 ff.). Hierunter fallen etwa auch Kosten für die Protokollierung einer oder mehrerer mündlichen Verhandlungen sowie Kosten für die Anmietung von Räumlichkeiten. Vorläufig ist eine Kostenentscheidung etwa dann, wenn das Schiedsgericht nach Abstimmung mit den Parteien in einer verfahrensleitenden Verfügung anordnet, dass die Parteien die für die Anfertigung eines Wortprotokolls und die Beauftragung eines Sachverständigen anfallenden Kosten bis zum Erlass der endgültigen Kostenentscheidung zunächst hälftig verauslagen. Kostensicherheit. Das Schiedsgericht kann auch über einen Antrag einer Partei 8 auf Stellung einer Kostensicherheit durch die andere Partei in Bezug auf einen etwaigen Kostenerstattungsanspruch entscheiden (dazu ausführlich Pörnbacher/ Thiel, SchiedsVZ 2010, 14). Gleiches gilt für einen Antrag einer Partei auf Erstattung des von ihr verauslagen Anteils an der von der DIS angeforderten vorläufigen Sicherheit (Art. 35.2) oder Kostensicherheit (Art. 35.1) der nicht zahlungswilligen anderen Partei. Mit der Ersatzleistung erwirbt die zahlende Partei einen materiell-rechtlichen Kostenersatzanspruch gegen die für die zahlungsunwillige Partei. Begründen lässt sich dieser Anspruch mit der in Art. 35.3 Satz 2 normierten gesamtschuldnerischen Haftung der Parteien für die Kostensicherheit des Schiedsverfahrens („Die Kostensicherheit ist vom Schiedskläger und vom Schiedsbeklagten zu gleichen Teilen zu leisten.“). Nach dem jeweils anwendbaren Recht ist dieser Ausgleichsanspruch ggfs. auch zu verzinsen (z.B. nach deutschem Recht gemäß §§ 288 Abs. 1, 286 BGB). Da dieser Kostenersatzanspruch von Kostenerstattungsansprüchen der Parteien am Ende des Schiedsverfahrens strikt zu trennen ist und bereits mit seiner Geltendmachung entscheidungsreif ist, kann das Schiedsgericht nach seinem Ermessen hierüber auch vorab im Wege eines Teilschiedsspruchs entscheiden. Die Entscheidung über die Honorare und Auslagen der Schiedsrichter und die Be- 9 arbeitungsgebühren der DIS ist während der gesamten Dauer des Verfahrens der DIS vorbehalten (Art. 33.1 Satz 3, Art. 32 (i) und Art. 32 (iv)). Entsprechend wird die Höhe dieser Kosten erst am Ende des Verfahrens von der DIS dem Schiedsgericht zur Berücksichtigung im Endschiedsspruch mitgeteilt (Art. 39.2 Satz 2).
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Art. 33 DIS-SchO | Die Kosten II. Verteilung der Kosten (Art. 33.2, Art. 33.3) 10 Art. 33.2 ermächtigt das Schiedsgericht, auch über die Verteilung der Kosten zwi-
schen den Parteien zu entscheiden. Auch diese Entscheidung trifft das Schiedsgericht nach seinem Ermessen (Art. 33.3 Satz 1). Es hat dabei sämtliche Umstände des Falles zu berücksichtigen, die es als maßgeblich erachtet (Art. 33.3 Satz 2). Insbesondere kann es den Ausgang des Verfahrens und die Effizienz der Verfahrensführung durch die Parteien berücksichtigen. Die noch unter § 35 DIS-SchO 1998 geltende Maxime, dass das Schiedsgericht der unterliegenden Partei die Kosten des Verfahrens auferlegen soll, gilt somit nicht mehr. Gleichwohl wird sich die Entscheidung über die Kostenverteilung in vielen Fällen nach wie vor am Ausgang des Verfahrens orientieren, insb. dann, wenn die Parteien das Schiedsverfahren gleichermaßen professionell und effizient betrieben haben, mithin keine vom Ausgang des Verfahrens abweichende Kostenverteilung angebracht ist.
11 Das Schiedsgericht kann die Kosten auch gegeneinander aufheben oder verhält-
nismäßig teilen. Dies kommt etwa dann in Betracht, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, z.B. in Bezug auf eine Klage und eine Widerklage, oder wenn eine Partei zwar in der Hauptsache obsiegt, aber durch obstruktives Verhalten (z.B. als Beklagtenpartei) das Verfahren erheblich in die Länge gezogen hat. Die Kostenentscheidung kann daher im Einzelfall auch eine sanktionierende Wirkung zeitigen. Eine Kostenaufhebung oder verhältnismäßige Teilung kommt schließlich auch in Fällen in Betracht, in denen die Aufwendungen und Auslagen der Parteien unterschiedlich hoch sind und der Ausgang des Schiedsverfahrens insofern knapp ist, als bei einzelnen Rechtsfragen auch andere Ergebnisse vertretbar gewesen wären.
III. Verzinsung der Kosten 12 Grundsatz. Zinsen auf Kosten, die einer Partei im Laufe des schiedsrichterli-
chen Verfahrens erwachsen und von der anderen Partei zu erstatten sind, können (jedenfalls nach deutschem Recht) nur auf Antrag (ne ultra petita) bzw. bei entsprechender Parteivereinbarung zugesprochen werden (zu den in Betracht kommenden Zinssätzen, vgl. Gerstenmaier, SchiedsVZ 2012, 1 [4]).
13 Fälligkeit. Fällig wird ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch und damit
auch dessen Verzinsung regelmäßig erst mit Erlass des Schiedsspruchs bzw. der darin gesetzten Zahlungsfrist. Ein materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch und damit auch dessen Verzinsung (einschließlich der Verzinsung eines von einer der Parteien verauslagten Kostenvorschussanteils, dessen Zahlung die andere Partei verweigert hatte) kann hingegen schon vor Übermittlung des Schiedsspruchs fällig werden.
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Manner/Hauser
Honorare und Auslagen der Schiedsrichter | Art. 34 DIS-SchO
F. Abweichende Parteivereinbarungen Den Parteien steht es frei, in ihrer Schiedsvereinbarung oder im Laufe des 14 Schiedsverfahrens von Art. 33.2 und 33.3 abweichende Parteivereinbarungen zu treffen. So können die Parteien bspw. vereinbaren, dass ein Schiedsgericht bei der Entscheidung über die Verteilung der Kosten an die Bestimmungen der ZPO (§§ 91 ff. ZPO oder § 1057 ZPO) gebunden sein soll. Darüber hinaus können die Parteien die Regelung in Art. 33.3 dahingehend modifizieren, dass jede Partei ihre eigenen Kosten selbst zu tragen hat (sog. american rule) und die sonstigen Kosten des Schiedsverfahrens geteilt werden. Schließlich können die Parteien auch in Bezug auf Rechtsanwaltskosten vereinbaren, dass diese nur bis zur Höhe der nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) vorgesehenen Gebühren und Auslagen erstattungsfähig sind. Eine weitere interessante Variante, die die Parteien vereinbaren können, ist die Berücksichtigung einer sog. „Calderbank Offer“ in der Kostenentscheidung, also eines vertraulichen Vergleichsangebots. Wird das Vergleichsangebot nicht angenommen und entscheidet das Schiedsgericht in einer dem Vergleichsangebot entsprechenden Größenordnung, kann die Kostenentscheidung zulasten der Partei ausfallen, die das Vergleichsangebot abgelehnt hat. Dieser Variante liegt der Gedanke zugrunde, dass im Falle einer Annahme des Vergleichsangebots weitere Kosten vermieden worden wären (vgl. dazu Risse in Salger/Trittmann, § 26 Rz. 10, 13–17).
Artikel 34 Honorare und Auslagen der Schiedsrichter 34.1 Die Schiedsrichter haben Anspruch auf Honorare und Erstattung ihrer Auslagen, sofern in dieser Schiedsgerichtsordnung nichts anderes bestimmt ist. 34.2 Die Honorare der Schiedsrichter werden gemäß der zu Beginn des Schiedsverfahrens geltenden Kostenordnung (Anlage 2) berechnet, vorbehaltlich des Artikels 34.4 und einer möglichen Herabsetzung der Honorare durch den DIS-Rat gemäß Artikel 37. Abweichende Honorarvereinbarungen zwischen den Parteien und den Schiedsrichtern sind unzulässig. Die Auslagen der Schiedsrichter werden in dem Umfang und der Höhe erstattet, wie in der zu Beginn des Schiedsverfahrens geltenden Kostenordnung (Anlage 2) vorgesehen. 34.3 Die DIS zahlt die Honorare und Auslagen der Schiedsrichter nach Beendigung des Schiedsverfahrens. Der DIS-Rat kann auf Antrag des Schiedsgerichts einen Honorarvorschuss in der Höhe gewähren, die er unter Berücksichtigung des Standes des Verfahrens für angemessen erachtet. Honorare, Auslagen und Honorarvorschüsse zahlt die DIS aus der Kostensicherheit gemäß Artikel 35.1. 34.4 Endet das Schiedsverfahren vor Erlass eines Endschiedsspruchs oder mit einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut, setzt der DIS-Rat die Honorare der Schiedsrichter nach Anhörung der Parteien und des Schiedsgerichts Manner/Hauser
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Art. 34 DIS-SchO | Die Kosten nach seinem Ermessen fest. Er berücksichtigt dabei insbesondere den Stand des Verfahrens sowie die Sorgfalt und Effizienz der Schiedsrichter in Anbetracht der Komplexität und der wirtschaftlichen Bedeutung der Streitigkeit. 34.5 Endet das Amt eines Schiedsrichters gemäß Artikel 16.1, kann der DISRat nach seinem Ermessen entscheiden, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe diesem Schiedsrichter ein Honorar gezahlt wird und Auslagen erstattet werden. Der DIS-Rat berücksichtigt dabei die Gründe für die vorzeitige Beendigung des Schiedsrichteramtes und die Umstände des Falles. Anlage 2: Kostenordnung (gültig seit 1.7.2021) Ziffer 1: Allgemeine Vorschriften 1.1 Auf das gesamte Schiedsverfahren ist die bei dessen Beginn geltende Fassung dieser Kostenordnung anzuwenden. 1.2 Die Honorare der Schiedsrichter und die Bearbeitungsgebühren der DIS sind gemäß Ziffern 2 und 3 auf der Grundlage des Streitwerts zu berechnen. Ist der Streitwert nicht beziffert oder nicht geschätzt, fordert die DIS die Parteien unter Fristsetzung auf, dies nachzuholen. Kommen die Parteien dieser Aufforderung nicht innerhalb der von der DIS gesetzten Frist nach, sind Ziffern 2.3 und 3.3 anzuwenden. 1.3 Die Parteien haften für die Kosten des Schiedsverfahrens im Sinne von Artikel 32 (i), (ii) und (iv) der Schiedsgerichtsordnung gesamtschuldnerisch, unbeschadet etwaiger Erstattungsansprüche untereinander. Ziffer 2: Honorare der Schiedsrichter 2.1 Die Honorare der Schiedsrichter sind auf der Grundlage des Streitwerts gemäß der nachfolgenden Tabelle zu berechnen: Streitwert
Honorar für jeden der beisitzenden Schiedsrichter
Honorar für den Vorsitzenden des Schiedsgerichts/ Einzelschiedsrichter
bis 5.000 €
770 €
1.000 €
ab 5.000,01 € bis 20.000 €
1.150 €
1.500 €
ab 20.000,01 € bis 50.000 €
2.300 €
3.000 €
ab 50.000,01 € bis 70.000 €
3.000 €
4.000 €
ab 70.000,01 € bis 100.000 €
3.800 €
5.000 €
ab 100.000,01 € bis 500.000 €
4.450 € plus 2 % des 100.000 € übersteigenden Betrags
Honorar eines beisitzenden Schiedsrichters plus 30 %
ab 500.000,01 € bis 1.000.000 €
12.450 € plus 1,4 % des 500.000 € übersteigenden Betrags
Honorar eines beisitzenden Schiedsrichters plus 30 %
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Manner/Hauser
Honorare und Auslagen der Schiedsrichter | Art. 34 DIS-SchO Streitwert
Honorar für jeden der beisitzenden Schiedsrichter
Honorar für den Vorsitzenden des Schiedsgerichts/ Einzelschiedsrichter
ab 1.000.000,01 € bis 2.000.000 €
19.450 € plus 1 % des 1.000.000 € übersteigenden Betrags
Honorar eines beisitzenden Schiedsrichters plus 30 %
ab 2.000.000,01 € bis 5.000.000 €
29.450 € plus 0,5 % des 2.000.000 € übersteigenden Betrags
Honorar eines beisitzenden Schiedsrichters plus 30 %
ab 5.000.000,01 € bis 10.000.000 €
44.450 € plus 0,3 % des 5.000.000 € übersteigenden Betrags
Honorar eines beisitzenden Schiedsrichters plus 30 %
ab 10.000.000,01 € 59.450 € plus 0,1 % des 10.000.000 € bis 50.000.000 € übersteigenden Betrags
Honorar eines beisitzenden Schiedsrichters plus 30 %
ab 50.000.000,01 € 99.450 € plus 0,06 % des 50.000.000 € Honorar eines beisitzenden bis 100.000.000 € übersteigenden Betrags Schiedsrichters plus 30 % über 100.000.000 € 129.450 € plus 0,05 % des 100.000.000 € Honorar eines beisitzenden übersteigenden Betrags bis zu Schiedsrichters plus 30 % 650.000.000 €; ab 750.000.000,01 € wirkt sich die Erhöhung des Streitwerts nicht mehr auf die Berechnung des Honorars aus. 2.2 Im Falle einer Widerklage und einer Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei sind die Streitwerte von Schiedsklage und Widerklage und Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei für die Berechnung der Honorare zu addieren. 2.3 Fehlen in einer Schiedsklage, Widerklage oder Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei Angaben zum Streitwert oder wurde nach Ansicht der DIS ein Anspruch von einer Partei offensichtlich unterbewertet, kann die DIS die Berechnung der Honorare der Schiedsrichter bis zu einer Festsetzung des Streitwerts gemäß Artikel 36 der Schiedsgerichtsordnung auf der Grundlage eines Streitwerts ihres Ermessens vornehmen. 2.4 Sind an einem Schiedsverfahren mehr als zwei Parteien beteiligt, erhöhen sich die in Absatz 1 aufgeführten Honorare jeweils um 10 % für jede zusätzliche Partei, jedoch höchstens um insgesamt 50 %. 2.5 In Fällen von besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Komplexität kann der DISRat auf Antrag des Schiedsgerichts und nach Anhörung der Parteien nach seinem Ermessen eine Erhöhung der gemäß Absätze 1 und 4 berechneten Honorare um bis zu 50 % bestimmen. Bei der Entscheidung berücksichtigt der DIS-Rat insbesondere den Zeitaufwand, die Sorgfalt und Effizienz der Schiedsrichter in Anbetracht der Komplexität und der wirtschaftlichen Bedeutung der Streitigkeit sowie den Beitrag des Schiedsgerichts zur Förderung einer einvernehmlichen Streitbeilegung. 2.6 Die Entscheidung über einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gemäß Artikel 25 der Schiedsgerichtsordnung gilt als ein Fall besonderer Komplexität im Sinne des Absatzes 5. 2.7 Wird gemäß Artikel 16 der Schiedsgerichtsordnung ein Ersatzschiedsrichter bestellt, bestimmt der DIS-Rat nach seinem Ermessen, in welcher Höhe dem Ersatzschiedsrichter ein Honorar gezahlt wird.
Manner/Hauser
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Art. 34 DIS-SchO | Die Kosten 2.8 Wird das Verfahren vor Konstituierung des Schiedsgerichts beendet, hat keiner der bereits bestellten Schiedsrichter Anspruch auf Honorar oder Auslagenerstattung. Ziffer 3: Bearbeitungsgebühren der DIS 3.1 Die Bearbeitungsgebühren der DIS betragen für eine Schiedsklage: Streitwert
Bearbeitungsgebühren
bis 50.000 €
2 % des Streitwerts, mindestens 750 €
ab 50.000,01 € bis 1.000.000 €
1.000 € plus 1 % des 50.000 € übersteigenden Betrags
ab 1.000.000, 01 € bis 100.000.000 €
10.500 € plus 0,5 % des 1.000.000 € übersteigenden Betrags, in der Summe höchstens 50.000 €
ab 100.000.000,01 € 60.000 € 3.2 Im Falle einer Widerklage und einer Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei gilt für die Bearbeitungsgebühren der DIS Ziffer 3.1 entsprechend. Die Bearbeitungsgebühren der DIS setzen sich in diesen Fällen aus den jeweiligen Bearbeitungsgebühren nach Ziffern 3.1 und 3.2 zusammen. 3.3 Fehlen in einer Schiedsklage, Widerklage oder Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei Angaben zum Streitwert oder wurde nach Ansicht der DIS ein Anspruch von einer Partei offensichtlich unterbewertet, kann die DIS die Berechnung ihrer Bearbeitungsgebühren bis zu einer Festsetzung des Streitwerts gemäß Artikel 36 der Schiedsgerichtsordnung auf der Grundlage eines Streitwerts ihres Ermessens vornehmen. 3.4 Sind an einem Schiedsverfahren mehr als zwei Parteien beteiligt, erhöhen sich die in Ziffern 3.1 und 3.2 aufgeführten Bearbeitungsgebühren der DIS jeweils um 10 % für jede weitere Partei. Die zusätzlichen Bearbeitungsgebühren betragen jeweils insgesamt höchstens 20.000 €. 3.5 Wird das Verfahren vor Konstituierung des Schiedsgerichts beendet, kann die DIS ihre Bearbeitungsgebühren um bis zu 50 % reduzieren. 3.6 Im Falle einer Verbindung mehrerer Verfahren werden die Streitwerte der Klagen einer Partei in den jeweiligen Verfahren addiert und die neue Bearbeitungsgebühr für jede Partei auf der Grundlage dieser addierten Streitwerte berechnet. Bereits bezahlte Beträge werden angerechnet. 3.7 Wird ein Schriftstück im Sinne des Artikels 3.2 der Schiedsgerichtsordnung bei der DIS in einer anderen Sprache als Deutsch oder Englisch eingereicht, kann die DIS die Kosten einer Übersetzung zusätzlich zu den Bearbeitungsgebühren der DIS erheben. 3.8 Wird vor Beginn des Schiedsverfahrens ein Verfahren nach der – DIS-Mediationsordnung, – DIS-Schlichtungsordnung, – DIS-Verfahrensordnung für Adjudikation, – DIS-Gutachtensordnung oder der – DIS-Schiedsgutachtensordnung durchgeführt, sind die für dieses Verfahren bereits bezahlten DIS-Bearbeitungsgebühren auf die DIS-Bearbeitungsgebühren des Schiedsverfahrens anzurechnen. Sofern ein
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Honorare und Auslagen der Schiedsrichter | Art. 34 DIS-SchO solches Verfahren im Laufe des Schiedsverfahrens eingeleitet wird, werden keine zusätzlichen Bearbeitungsgebühren erhoben. Ziffer 4: Vorläufige Sicherheit und Kostensicherheit 4.1 Der Gesamtbetrag der von den Parteien gemäß Artikel 35 der Schiedsgerichtsordnung zu leistenden Sicherheiten entspricht in der Regel der Summe der voraussichtlichen Honorare der Schiedsrichter gemäß Ziffer 2, der voraussichtlichen Auslagen der Schiedsrichter gemäß Ziffer 5 sowie eines etwaigen Zuschlags gemäß Ziffer 6. 4.2 Die Höhe der vorläufigen Sicherheit und der Kostensicherheit wird jeweils von der DIS festgelegt. Die DIS kann bei der Berechnung der vorläufigen Sicherheit das Honorar des gesamten Schiedsgerichts oder zunächst nur einen Teil berücksichtigen. Im zweiten Falle sind die restlichen Honorare bei der Berechnung der Kostensicherheit zu berücksichtigen. 4.3 Im Falle der Einreichung einer Widerklage oder einer Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei kann der DIS-Rat auf Antrag einer Partei und nach Anhörung des Schiedsgerichts entscheiden, dass für die jeweiligen Klagen getrennte vorläufige Sicherheiten oder Kostensicherheiten festzusetzen sind. 4.4 Die vorläufige Sicherheit und die Kostensicherheit können von der DIS im Laufe des Verfahrens erhöht oder herabgesetzt werden. 4.5 Die DIS verwaltet die vorläufige Sicherheit und die Kostensicherheit bis zur Auszahlung an die Schiedsrichter auf einem Bankkonto, das die DIS für das Schiedsverfahren eröffnet („Treuhandkonto“). Bis zur Konstituierung des Schiedsgerichts kann die DIS die Parteien auffordern, die vorläufige Sicherheit und die Kostensicherheit zunächst auf ein anderes als das zu eröffnende Treuhandkonto einzuzahlen. 4.6 Soweit der Gesamtbetrag der von den Parteien eingezahlten Kostensicherheit – zuzüglich oder abzüglich hierauf entfallender Zinsen und Verwahrentgelte sowie Gebühren oder sonstiger für das Treuhandkonto anfallender Kosten – den Betrag der Kosten gemäß Artikel 32 (i) der Schiedsgerichtsordnung übersteigt, wird die DIS den Parteien den überschießenden Betrag erstatten. Ziffer 5: Auslagen der Schiedsrichter Die Erstattung der Auslagen gemäß Artikel 34.1 der Schiedsgerichtsordnung erfolgt gemäß den von der DIS herausgegebenen Richtlinien in der bei Beginn des Schiedsverfahrens geltenden Fassung. Ziffer 6: Umsatzsteuer 6.1 Die von der DIS an die Schiedsrichter ausgezahlten Honorare enthalten keine Umsatzsteuer oder vergleichbare Steuern oder Abgaben, die möglicherweise auf Schiedsrichterhonorare anfallen. 6.2 Die Parteien sind verpflichtet, den Schiedsrichtern anfallende Umsatzsteuer oder vergleichbare Steuern oder Abgaben zu erstatten. Die Erstattung ist ausschließlich zwischen den Parteien und den Schiedsrichtern vorzunehmen. Die DIS erhebt jedoch, zur Erleichterung der Erstattung, regelmäßig bei der Berechnung der vorläufigen Sicherheit und der Kostensicherheit einen Zuschlag in Höhe von bis zu 20 % der Honorare, aus dem die Erstattung etwaiger Steuern oder Abgaben bei Vorlage einer von einem Schiedsrichter an eine oder mehrere Parteien ausgestellten Rechnung erfolgen kann.
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Art. 34 DIS-SchO | Die Kosten 6.3 Auf die Bearbeitungsgebühren der DIS können Umsatzsteuer oder vergleichbare Steuern oder Abgaben anfallen, die die Parteien zusätzlich zu den Bearbeitungsgebühren nach Ziffer 3 zu erstatten haben. Ziffer 7: Fremdwährung 7.1 Ist der Streitwert in einer anderen Währung als Euro beziffert oder geschätzt, wird er von der DIS in Euro umgerechnet. 7.2 Zur Bestimmung des Umrechnungskurses verwendet die DIS die Euro-Referenzkurse der Europäischen Zentralbank. Sofern diese für die betreffende Fremdwährung keinen Wechselkurs angibt, kann die DIS auf andere Quellen zur Ermittlung des Umrechnungskurses zurückgreifen. Die DIS teilt den Parteien den verwendeten Wechselkurs und die Quelle mit. 7.3 Stichtag für die Umrechnung ist für die Schiedsklage der Beginn des Schiedsverfahrens. 7.4 Sofern eine Änderung des Streitwerts im Laufe des Schiedsverfahrens eine Umrechnung erforderlich macht, ist Stichtag für die Umrechnung der Tag, an dem das Schriftstück, das die Streitwertänderung auslöst, übersandt wird. Für Schriftstücke der Parteien gilt bis zur Konstituierung des Schiedsgerichts als Tag der Übersendung der Tag des Eingangs bei der DIS, danach der Tag des Eingangs beim Schiedsgericht. Regelungsschwerpunkte: Die Vorschrift regelt die Vergütungs- und Auslagenerstattungsansprüche der Schiedsrichter. Die Höhe der Vergütung ist streitwertabhängig und bemisst sich grds. nach der zu Beginn des Schiedsverfahrens geltenden Kostenordnung (Anlage 2). → Rz. 1, 5 ff. Die Erstattungsfähigkeit von Auslagen richtet sich ebenfalls nach der zu Beginn des Schiedsverfahrens geltenden Kostenordnung (Anlage 2). → Rz. 13–14. Die Honorare und Auslagen werden grds. erst nach Beendigung des Schiedsverfahrens ausgezahlt. Nur auf Antrag des Schiedsgerichts kann der DIS-Rat einen Vorschuss gewähren. → Rz. 12 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . I. Honoraranspruch der Schiedsrichter . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Auslagenerstattungsanspruch der Schiedsrichter . . . . . . . . . . . F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Anhang: DIS-Richtlinien für die Erstattung von Auslagen der Schiedsrichter (Art. 34 und Ziff. 5 der Kostenordnung (Anlage 2 – Stand: März 2018) .
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Literatur: Armbrüster, Arbitrators’ remuneration in discontinued proceedings, Arbitration International, Vol. 34 Issue 1 (2018), S. 129 ff.; Kröck/Kuhli, Zur Rechnungstellung deutscher Schiedsrichter unter besonderer Berücksichtigung des Umsatzsteuerrechts, SchiedsVZ 2014, 232 ff.; Risse/Kuhli, Schiedsrichtervergütung und Umsatzsteuer: Gebrauchsanleitung und Tipps für Fortgeschrittene, SchiedsVZ 2016, 1 ff.; Vorndran, Schiedsrichtervergütung und Honorarfestsetzung nach 2018-DIS-Schiedsgerichtsordnung, SchiedsVZ 2018, 358 ff.; Wolff, Streitwertfestsetzung bei wertabhängiger Schiedsrichtervergütung – Schiedsrichter in eigener Sache?, SchiedsVZ 2006, 131 ff.
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Honorare und Auslagen der Schiedsrichter | Art. 34 DIS-SchO
A. Normzweck Art. 34 regelt die Ansprüche der Schiedsrichter gegen die Parteien auf Vergütung 1 ihrer Honorare und Erstattung ihrer Auslagen. Die Honorare werden grds. auf Grundlage des Streitwerts nach der zu Beginn des Schiedsverfahrens geltenden Kostenordnung (Anlage 2) berechnet und, ebenso wie Auslagen und etwaige auf Antrag des Schiedsgerichts vom DIS-Rat gewährte Honorarvorschüsse, aus der Kostensicherheit gezahlt. Welche der Parteien diese Kosten letztlich zu tragen hat, ist abhängig von der Kostenentscheidung des Schiedsgerichts.
B. Reform Art. 34 entspricht in weiten Teilen der Vorgängerregelung in § 40 DIS-SchO 1998. 2 Beibehalten wurde insb. das Prinzip, dass sich die Honorare grds. nach dem Streitwert richten. Die Honorartabelle in der Kostenordnung (Anlage 2) hat im Vergleich zur Anlage zu § 40 Abs. 5 DIS-SchO 1998 nur marginale Veränderungen erfahren. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts obliegt nach wie vor dem Schiedsgericht, die alleinige Kompetenz für die Verwaltung der Kostensicherheit und die Festsetzung der Honorare auf Grundlage des Streitwerts liegt nun aber bei dem neu eingeführten DIS-Rat (s. hierzu Art. 2 Rz. 13). Neu ist zudem, dass der DIS-Rat bei der Honorarfestsetzung die Verfahrensführung des Schiedsgerichts berücksichtigen und bei überlanger Verfahrensdauer und ineffizienter Verfahrensführung das Schiedsrichterhonorar reduzieren kann (s. hierzu Art. 37 Rz. 10).
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO haben für die Anwendung von Art. 34 keine 3 praktische Bedeutung. Insbesondere enthalten die §§ 1025 ff. ZPO keine Regelungen zu Vergütungs- und Auslagenerstattungsansprüchen der Schiedsrichter. Im Rahmen eines Ad-hoc-Schiedsverfahrens müssen daher regelmäßig diesbezügliche Regelungen im Schiedsrichtervertrag getroffen werden.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im Gegensatz zu Richtern an staatlichen Gerichten werden Schiedsrichter in 4 einem DIS-Schiedsverfahren von den Parteien entlohnt. In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten in Deutschland nach der ZPO (Amtsgerichte, LG, OLG und BGH) bestimmt sich der staatliche Kostenanspruch für die Tätigkeit der Gerichte nach dem GKG. Die Gerichtskosten bestehen nach der Legaldefinition in § 1 Satz 1 GKG aus Gebühren und Auslagen und werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG erhoben (§ 3 Abs. 2 GKG). Ebenso wie die Gerichtskosten nach GKG bei steigendem Streitwert verhältnismäßig weniger Manner/Hauser
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Art. 34 DIS-SchO | Die Kosten steigen, ist auch die prozentuale Vergütung der Schiedsrichter in einem DISSchiedsverfahren degressiv ausgestaltet.
E. Einzelerläuterung I. Honoraranspruch der Schiedsrichter 5 Grundlagen. Nach Konstituierung des Schiedsgerichts steht jedem Mitglied des
Schiedsgerichts ein Anspruch auf Zahlung eines Schiedsrichterhonorars zu (Art. 34.1). Für Tätigkeiten vor vollständiger Konstituierung des Schiedsgerichts, auch von bereits bestellten Schiedsrichtern, können keine Honorare geltend gemacht werden (Ziff. 2.8 Anlage 2). Im Falle eines Dreierschiedsgerichts liegt das Honorar des Vorsitzenden ab einem Streitwert von über 100.000 EUR 30 % über dem der Mitschiedsrichter (vgl. Honorartabelle in der Kostenordnung, Anlage 2), soweit die Schiedsrichter untereinander keine andere Vereinbarung treffen. Unterliegt die Schiedsrichterleistung der Umsatzsteuerpflicht (vgl. hierzu Kröck/Kuhli, SchiedsVZ 2014, 232; Risse/Kuhli, SchiedsVZ 2016, 1), hat der jeweilige Schiedsrichter zusätzlich einen Anspruch auf Zahlung der gesetzlichen Umsatzsteuer (Ziff. 6.2 Anlage 2). Konkretisiert wird der Honoraranspruch der Schiedsrichter durch Art. 35.1 und 35.3 Satz 2, wonach die Parteien für die Honorare und Auslagen der Schiedsrichter zu gleichen Teilen eine Kostensicherheit zu leisten haben (vgl. dazu Art. 35 Rz. 10). Zur Erleichterung der Erstattung der Umsatzsteuer oder vergleichbarer Steuern oder Abgaben, die ausschließlich zwischen den Parteien und den Schiedsrichtern vorzunehmen ist (Ziff. 6.2 Satz 2 Anlage 2), erhebt die DIS regelmäßig bei der Berechnung der vorläufigen Sicherheit und der Kostensicherheit einen Zuschlag i.H.v. bis zu 20 % der Honorare, aus dem die Erstattung etwaiger Steuern oder Abgaben bei Vorlage einer von einem Schiedsrichter an eine oder mehrere Parteien ausgestellten Rechnung erfolgen kann (Ziff. 6.2 Satz 3 Anlage 2).
6 Berechnung des Honorars. Die Honorare der Schiedsrichter werden gemäß der
zu Beginn des Schiedsverfahrens geltenden Kostenordnung (Anlage 2) berechnet, vorbehaltlich des Art. 34.4 (dazu Rz. 9) und einer möglichen Herabsetzung der Honorare durch den DIS-Rat gemäß Art. 37 (dazu Art. 37 Rz. 10). Die mit Wirkung zum 1.7.2021 geänderte und in Kraft getretene Fassung der Kostenordnung (Anlage 2) ist Bestandteil der DIS-SchO 2018 und ersetzt die unter der SchO 2018 bis zu diesem Datum geltende Kostenordnung. Die Höhe des Honorars bestimmt sich daher in erster Linie nach dem vom Schiedsgericht nach Anhörung der Parteien (Art. 36.2) festzusetzenden Streitwert i.V.m. Ziff. 1.2, 2–3 der Kostenordnung. Ein Vergleich der Honorartabelle in der Kostenordnung mit den Honorartabellen etwa der ICC und der SCIA zeigt, dass die Honorare von Schiedsrichtern in DIS-Schiedsverfahren nach wie vor verhältnismäßig moderat ausfallen; im Bereich niedriger Streitwerte (bis 1 Mio. EUR) hat die DIS die Honorarsätze im Vergleich zur Anlage zu § 40 Abs. 5 DIS-SchO 1998 sogar ermäßigt (vgl. dazu Vorndran, SchiedsVZ 2018, 358 [359]). 1124
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Honorare und Auslagen der Schiedsrichter | Art. 34 DIS-SchO
In Mehrparteienverfahren erhöhen sich die Schiedsrichterhonorare um jeweils 7 10 % für jede zusätzliche Partei und maximal um 50 % (vgl. Ziff. 2.4 Anlage 2). Bei Einreichung einer Widerklage oder einer Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei sind die Streitwerte von Schiedsklage und Widerklage und Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei zu addieren (vgl. Ziff. 2.2 Anlage 2). In Fällen von besonderer rechtlicher Schwierigkeit oder tatsächlicher Komplexität kann der DIS-Rat auf Antrag des Schiedsgerichts und nach Anhörung der Parteien nach seinem Ermessen eine Erhöhung der Honorare um bis zu 50 % bestimmen (vgl. Ziff. 2.5 Anlage 2). Die Entscheidung über einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gemäß Art. 25 gilt insoweit als ein Fall besonderer Komplexität (vgl. Ziff. 2.6 Anlage 2). Im Falle der Bestellung eines Ersatzschiedsrichters (Art. 16) bestimmt der DIS- 8 Rat nach seinem Ermessen, in welcher Höhe dem Ersatzschiedsrichter, alternativ oder zusätzlich zum Honorar des ausgeschiedenen Schiedsrichters (Art. 34.5, dazu auch unten Rz. 14), ein Honorar gezahlt wird (vgl. Ziff. 2.7 Anlage 2). In aller Regel sollte die Bestellung eines Ersatzschiedsrichters nicht zum Nachteil der Parteien gereichen, d.h. nicht zu einer Erhöhung des Gesamthonorars des Schiedsgerichts führen. Nach bisheriger DIS-Praxis erfolgt die Festsetzung des Honorars des ausgeschiedenen Schiedsrichters sofort und die Festsetzung des Honorars des Ersatzschiedsrichters erst am Ende des Verfahrens. In Fällen, in denen der ausgeschiedene Schiedsrichter selbst die Ursache für die Ersatzbestellung gesetzt hat (z.B. in Folge der Verletzung einer Offenlegungspflicht oder sonstiger schiedsrichterlicher Pflichten) erscheint es jedoch sachgerechter, dass der DIS-Rat über das Honorar des Ersatzschiedsrichters und des ausgeschiedenen Schiedsrichters gleichzeitig, d.h. in beiden Fällen erst am Ende des Verfahrens entscheidet. Denn erst zu diesem Zeitpunkt steht fest, wie sich das Verfahren unter dem neu besetzten Schiedsgericht gestaltet hat, ob bestimmte oder gar alle Verfahrensschritte wiederholt werden mussten und die Tätigkeit des ausgeschiedenen Schiedsrichters werthaltig war. Bei einer Beendigung des Schiedsverfahrens vor Erlass eines Endschiedsspruchs 9 (Art. 42.1) oder durch Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut (Art. 41) setzt der DIS-Rat die Honorare der Schiedsrichter nach Anhörung der Parteien und des Schiedsgerichts nach seinem Ermessen fest (Art. 34.4 Satz 1). Der DISRat hat dabei insb. den Stand des Verfahrens im Zeitpunkt der Verfahrensbeendigung sowie die Sorgfalt und Effizienz der Schiedsrichter in Anbetracht der Komplexität und der wirtschaftlichen Bedeutung der Streitigkeit zu berücksichtigen (Art. 34.4 Satz 2). Endet das Verfahren erst zu einem sehr späten Verfahrenszeitpunkt, z.B. kurz vor Erlass des Endschiedsspruchs, kann dies auch zu einer Zusprechung des vollen Honorars führen. Eine Orientierung kann insoweit auch der bis zum Zeitpunkt der Erledigung angefallene Zeitaufwand der Schiedsrichter geben. Zeitpunkt der Honorarzahlung. Die DIS zahlt die Honorare erst nach Beendi- 10 gung des Schiedsverfahrens (Art. 34.3 Satz 1) aus der Kostensicherheit gemäß Art. 35.1 (Art. 34.3 Satz 3). Die Kostensicherheit wird auf Grundlage des StreitManner/Hauser
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Art. 34 DIS-SchO | Die Kosten werts nach der zu Beginn des Schiedsverfahrens geltenden Kostenordnung (Anlage 2) berechnet (Art. 36.1). Ist der Streitwert nicht beziffert oder nicht geschätzt, fordert die DIS die Parteien zunächst unter Fristsetzung auf, entsprechende Angaben nachzuholen (Ziff. 1.2 Satz 2 Anlage 2). Kommen die Parteien dieser Aufforderung nicht innerhalb der von der DIS gesetzten Frist nach, kann die DIS bis zu einer Festsetzung des Streitwerts durch das Schiedsgericht (Art. 36.2) die für die Festsetzung der Kostensicherheit relevante Berechnung der Honorare auf der Grundlage eines Streitwerts ihres Ermessens vornehmen (Ziff. 1.2 Satz 3 i.V.m. Ziff. 2.3 Anlage 2). Bei nationalen Schiedsverfahren bietet sich bei der Streitwertfestsetzung eine Orientierung an den Grundsätzen der ZPO und des GKG an. 11 Die Streitwertfestsetzung durch das Schiedsgericht (Art. 36.2), die Erhöhungen
und Herabsetzungen der Kostensicherheit nach sich ziehen kann, stellt keinen Verstoß gegen das sog. „Verbot des Richtens in eigener Sache“ bzw. den verfahrensrechtlichen ordre public (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 b) ZPO) dar. Zwar bestimmen die Schiedsrichter mit der Streitwertfestsetzung mittelbar die Höhe ihrer eigenen Vergütung. Die Streitwertfestsetzung führt jedoch noch nicht zu einer unmittelbaren Zahlungsverpflichtung der Parteien, sondern bildet lediglich die Grundlage für die Berechnung der Honorare, die Kostenmitteilung der DIS und die spätere Kostenentscheidung des Schiedsgerichts, in der der Schiedsrichter nicht über eigene Ansprüche, sondern über Kostenansprüche zwischen den Parteien entscheiden (vgl. Wolff, SchiedsVZ 2006, 131 [133, 141]).
12 Honorarvorschuss. Auf Antrag des Schiedsgerichts kann der DIS-Rat aus der
Kostensicherheit einen Honorarvorschuss in der Höhe gewähren, die er unter Berücksichtigung des Standes des Verfahrens für angemessen erachtet (Art. 34.3 Satz 2). Konkrete Leitlinien dazu, ab welchem Meilenstein in dem Schiedsverfahren die Gewährung eines Honorarvorschusses in einer bestimmten Höhe überhaupt in Betracht kommt, hat die DIS bislang, anders als etwa die ICC (vgl. hierzu die „ICC Note to Parties and Arbitral Tribunals on the Conduct of the Arbitration“ v. 1.1.2021), nicht kommuniziert. Etwaige Honorarvorschüsse zahlt die DIS ebenfalls aus der Kostensicherheit gemäß Art. 35.1 (Art. 34.3 Satz 3).
II. Auslagenerstattungsanspruch der Schiedsrichter 13 Grundlagen. Nach vollständiger Konstituierung des Schiedsgerichts hat jedes
Mitglied des Schiedsgerichts zusätzlich zum Honoraranspruch (dazu Rz. 5 ff.) einen Anspruch gegen die Parteien auf Erstattung seiner Auslagen, ggf. zuzüglich Umsatzsteuer (Art. 34.1, Ziff. 6.2 Anlage 2). Konkretisiert wird dieser Erstattungsanspruch der Schiedsrichter wiederum durch Art. 35.1 und 35.3 Satz 2, wonach die Parteien auch für die Auslagen der Schiedsrichter zu gleichen Teilen eine Kostensicherheit zu leisten haben (vgl. Rz. 5). Die DIS zahlt die Auslagen, ebenso wie die Honorare (dazu Rz. 10), erst nach Beendigung des Schiedsverfahrens aus der Kostensicherheit an die Schiedsrichter (Art. 34.3 Satz 1). Die Möglichkeit zur Zahlung eines Auslagenvorschusses oder zur Auslagenerstattung un1126
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Honorare und Auslagen der Schiedsrichter | Art. 34 DIS-SchO
mittelbar nach Anfallen der Auslagen sieht die DIS-SchO nicht vor. Nach der bisherigen DIS-Praxis werden die Schiedsrichter auch erst am Ende des Schiedsverfahrens aufgefordert, das Formular „Erstattung der Auslagen“ nebst zugehörigen Belegen einzureichen. Erstattungsfähige Auslagen. Soweit das Schiedsgericht mit den Parteien nichts 14 anderes vereinbart hat, erfolgt die Erstattung der Auslagen nach den von der DIS herausgegebenen Richtlinien für die Erstattung von Auslagen der Schiedsrichter in der bei Verfahrensbeginn gültigen Fassung (Ziff. 5 Anlage 2). Danach sind Reisekosten (nach Vorlage der Belege; Zugfahrten: Fahrpreis 1. Klasse; Flugreisen: Ticketpreis in der Business Class), Tagegeld (pauschale Erstattung mit 150 EUR pro Tag/pro Schiedsrichter), Übernachtungskosten (pauschale Erstattung mit 200 EUR; gegen Einzelbeleg bis zu 350 EUR) und sonstige durch das Schiedsverfahren veranlasste Auslagen (wie insb. Sitzungskosten, Postund Kurierentgelte und, mit ausdrücklichem Einverständnis der Parteien, Auslagen, die anderen Personen als dem Schiedsrichter selbst, etwa einem Sekretär des Schiedsgerichts, entstanden sind, vgl. dazu Art. 32 Rz. 9) erstattungsfähig. Endet das Amt eines Schiedsrichters vorzeitig gemäß Art. 16.1, z.B. bei einem erfolgreichen Ablehnungsantrag gegen diesen Schiedsrichter (Art. 16.1 (i)), bei Bewilligung des Rücktritts des Schiedsrichters (Art. 16.1 (ii)), bei Versterben des Schiedsrichters (Art. 16.1 (iii)), bei einer Amtsenthebung (Art. 16.1 (iv) i.V.m. Art. 16.2) oder bei Verständigung aller Parteien auf die vorzeitige Beendigung des Amtes des Schiedsrichters (Art. 16.1 (v)), kann der DIS-Rat nach seinem Ermessen entscheiden, ob und ggf. in welcher Höhe diesem Schiedsrichter Auslagen erstattet werden und ein Honorar gezahlt wird. Der DIS-Rat berücksichtigt dabei die Gründe für die vorzeitige Beendigung des Schiedsrichteramtes und die Umstände des Falles (Art. 34.5).
F. Abweichende Parteivereinbarungen Die Honorar- und Auslagenerstattungsansprüche der Schiedsrichter können die 15 Parteien weder abbedingen noch modifizieren (Art. 34.2 Satz 2 und Satz 3).
G. Anhang: DIS-Richtlinien für die Erstattung von Auslagen der Schiedsrichter (Art. 34 und Ziff. 5 der Kostenordnung (Anlage 2 – Stand: März 2018) Für voraussichtliche Auslagen der Schiedsrichter verlangt die DIS eine vor- 16 läufige Sicherheit. Die tatsächlich angefallenen Auslagen werden gemäß der folgenden Richtlinien erstattet. Der Schiedsrichter ist aufgefordert, das Schiedsverfahren kosteneffizient zu führen und die Auslagen auf den von der DIS vorgesehenen Betrag zu beManner/Hauser
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Art. 34 DIS-SchO | Die Kosten schränken. Entstehen einem Schiedsrichter höhere Auslagen als den von der DIS vorgesehenen Betrag, muss die DIS umgehend informiert werden. Der Antrag auf Rückerstattung muss innerhalb der von der DIS gesetzten Frist erfolgen. Die DIS kann keine Auslagenerstattung vornehmen, wenn der Antrag nicht fristgemäß gestellt wird oder die Auslagen den vorgesehenen Betrag überschreiten. Auslagen der Schiedsrichter zzgl. gesetzlicher Mehrwertsteuer werden wie folgt erstattet: 1. Reisekosten Reisekosten werden nach Vorlage der Belege erstattet. Bei Zugfahrten wird der Fahrpreis 1. Klasse erstattet, bei Flugreisen der Ticketpreis in der Business Class. Bei Anfahrten mit dem Pkw wird ein Kilometergeld in Höhe von 0,40 € pro gefahrenen Kilometer, höchstens aber der Preis einer Bahnfahrt in der 1. Klasse für die entsprechende Fahrtstrecke, und notwendige Parkgebühren erstattet. Erforderliche Flughafentransfers oder innerstädtische Taxifahrten werden nach Rechnung erstattet. 2. Tagegeld Die Auslagen eines Schiedsrichters in Zusammenhang mit einer durch das Schiedsverfahren veranlassten Sitzung werden pauschal mit 150 € pro Tag/ pro Schiedsrichter erstattet. Gegebenenfalls anfallende Übernachtungs- und Reisekosten zum Sitzungsort sind nicht im Tagegeld enthalten. 3. Übernachtungskosten Wird im Rahmen einer durch das Schiedsverfahren veranlassten Reise eine Hotelübernachtung eines Schiedsrichters erforderlich, werden die Kosten des Hotels pauschal mit 200 € erstattet. Gegen Einzelbeleg kann eine Erstattung der Übernachtungskosten bis in Höhe von maximal 350 € erfolgen. 4. Sonstige Auslagen Die übrigen durch das Schiedsverfahren veranlassten Auslagen (wie insbesondere Sitzungskosten, Post-und Kurierentgelte) werden nach Aufwand bzw. Vorlage der Belege erstattet. Auslagen, die anderen Personen als dem Schiedsrichter selbst entstanden sind, können ohne ein ausdrückliches Einverständnis der Parteien nicht rückerstattet werden. Der Schiedsrichter muss die Rückerstattung der Auslagen und Zahlung von Pauschalen bei der DIS in Form aufgelisteter Kostenpunkte und entsprechender Belege oder Dokumentation beantragen. Der Antrag muss die Bankverbindung enthalten, auf die der Erstattungsbetrag überwiesen werden soll.
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Sicherheit für Honorare und Auslagen der Schiedsrichter | Art. 35 DIS-SchO
Artikel 35 Sicherheit für Honorare und Auslagen der Schiedsrichter 35.1 Die Parteien haben für die Honorare und Auslagen der Schiedsrichter Sicherheit zu leisten. Dies erfolgt durch Zahlung eines Betrages, der von der DIS auf der Grundlage von Artikel 36 berechnet und im Laufe des Schiedsverfahrens festgesetzt wird („Kostensicherheit“). 35.2 Bereits vor Konstituierung des Schiedsgerichts bestimmt die DIS den Betrag einer vorläufigen Sicherheit und setzt den Parteien eine Frist zur Zahlung. Die DIS kann nach ihrem Ermessen beide Parteien oder nur eine Partei zur Zahlung der vorläufigen Sicherheit auffordern. 35.3 Zu einem späteren Zeitpunkt setzt die DIS den Betrag der Kostensicherheit fest und setzt den Parteien eine Frist zur Zahlung. Die Kostensicherheit ist vom Schiedskläger und vom Schiedsbeklagten zu gleichen Teilen zu leisten. Bereits als vorläufige Sicherheit geleistete Zahlungen durch die Parteien werden angerechnet. Der Betrag der Kostensicherheit kann mit dem Betrag der vorläufigen Sicherheit übereinstimmen. 35.4 Zahlt eine Partei den auf sie entfallenden Anteil der vorläufigen Sicherheit oder der Kostensicherheit nicht, ist jede andere Partei berechtigt, den entsprechenden Betrag an deren Stelle zu zahlen, unbeschadet der Entscheidung des Schiedsgerichts gemäß Artikel 33.2 über die Verteilung der Kosten zwischen den Parteien. 35.5 Haben die Parteien die vorläufige Sicherheit oder die Kostensicherheit nicht vollständig geleistet, kann die DIS das Schiedsverfahren gemäß Artikel 42.5 beenden. 35.6 Die DIS kann jederzeit den Betrag der vorläufigen Sicherheit und der Kostensicherheit erhöhen oder herabsetzen. 35.7 In einem Mehrparteienverfahren (Artikel 18) kann der DIS-Rat den Anteil der vorläufigen Sicherheit und der Kostensicherheit für jede Partei auch getrennt und in unterschiedlicher Höhe festsetzen oder mehrere Kostensicherheiten festsetzen. Regelungsschwerpunkte: Die Parteien haben zu Beginn des Verfahrens und ggf. schon vor Konstituierung des Schiedsgerichts eine Sicherheit für die Honorare und Auslagen der Schiedsrichter zu leisten. Kostenaspekte: Mit Hilfe des von der DIS online zur Verfügung gestellten Gebührenrechners (http://www.disarb.org/werkzeuge-und-tools/gebuehrenrechner) lassen sich die voraussichtlichen Kosten eines DIS-Schiedsverfahrens berechnen. Wer die Kosten letztlich zu tragen hat, ist abhängig von der Kostenentscheidung des Schiedsgerichts am Ende des Verfahrens. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften E. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . I. Kostensicherheit (Art. 35.1) . . . .
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Art. 35 DIS-SchO | Die Kosten II. Vorläufige Sicherheit (Art. 35.2) . . . . . . . . . . . . . . . . III. Festsetzung und Aufteilung der Kostensicherheit (Art. 35.3, Art. 35.7) . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Folgen der Nichtzahlung des Anteils an der vorläufigen Sicherheit oder der Kostensicherheit durch eine Partei (Art. 35.4) . . .
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V. Folgen der nicht vollständigen Leistung der vorläufigen Sicherheit oder Kostensicherheit (Art. 35.5) . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Anpassung der vorläufigen Sicherheit und der Kostensicherheit (Art. 35.6) . . . . . . . . . VII. Mehrparteienverfahren (Art. 35.7) . . . . . . . . . . . . . . . . F. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Besch/Kreuzeder, Die neue DIS-Schiedsgerichtsordnung, RIW 2018, 256 ff.; Elsing/ Shchavelev, Die neue DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018, IPRax 2018, 461 ff.; Pörnbacher/ Lederer, Die Reform der DIS-Schiedsgerichtsordnung, BB 2018, 707 ff.; Vorndran, Schiedsrichtervergütung und Honorarfestsetzung nach 2018-DIS-Schiedsgerichtsordnung, SchiedsVZ 2018, 358 ff.
A. Normzweck 1 Die von der DIS angeforderte und verwaltete Sicherheit für die Honorare und
Auslagen der Schiedsrichter soll das Schiedsgericht vor späteren Zahlungsunfähigkeiten oder -unwilligkeiten der Parteien schützen; das Risiko eines Ausfalls der Honorare und Auslagen der Schiedsrichter soll hierdurch ausgeschlossen werden. Zudem soll hierdurch die Rolle der DIS gestärkt und auch die Transparenz und Effizienz des Schiedsverfahrens gefördert werden (Pörnbacher/Lederer, BB 2018, 710, Schardt, Neue Regelungen der DIS-Schiedsgerichtsordnung zur Steigerung der Verfahrenseffizienz, SchiedsVZ 2019, 28).
2 Die Anforderung einer Sicherheit dient zusätzlich dem Zweck, dass möglichst
nur solche Ansprüche im Schiedsverfahren geltend gemacht werden sollen, die der Kläger tatsächlich für erfolgversprechend hält. Hierzu dient das ad-valoremSystem, wodurch sichergestellt wird, dass der Geldwert des geltend gemachten Anspruchs im Verhältnis zum Honorar des Schiedsgerichts und den Bearbeitungsgebühren der DIS bestimmt wird. Die Kalkulation erfolgt auf Grundlage der Kostenordnung (Anlage 2); auf ihrer Internetseite stellt die DIS zudem einen Gebührenrechner zur Verfügung (http://www.disarb.org/werkzeuge-und-tools/ gebuehrenrechner), mit dem die Parteien die voraussichtlichen Kosten eines DIS-Schiedsverfahrens berechnen können.
3 Der für die Anforderung der Sicherheit maßgebliche vorläufige Streitwert wird
durch die DIS bestimmt, basierend auf entsprechenden Angaben (vgl. Art. 5.2 Satz 4, Art. 7.5, Art. 19.2 Satz 4) bzw. auf von der DIS angeforderten Informationen (vgl. Ziff. 2.3, 3.3 Anlage 2) der Parteien.
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Sicherheit für Honorare und Auslagen der Schiedsrichter | Art. 35 DIS-SchO
B. Reform Art. 35 ist eine neue Vorschrift, die in Wechselwirkung mit Art. 32 bis 34 und 4 Art. 36 sowie der Anlage 2 (Kostenordnung) steht. Auch eine terminologische Veränderung wurde im Rahmen der Reform der DIS-SchO vorgenommen: Art. 35.2 verwendet den Begriff der „vorläufigen Sicherheit“ und nicht mehr den Begriff des „vorläufigen Vorschusses“ (§ 7 DIS-SchO 1998); Art. 35.1 und 35.3 sprechen von einer „Kostensicherheit“ und nicht mehr von einem „Vorschuss“ (§ 25 DIS-SchO 1998). Neu geregelt wurden zudem die Möglichkeit zur nachträglichen Anpassung der vorläufigen Sicherheit und der Kostensicherheit (Art. 35.6), die Folgen der Nichtzahlung des Anteils an der vorläufigen Sicherheit oder der Kostensicherheit durch eine Partei (Art. 35.4) sowie die Folgen der nicht vollständigen Leistung der vorläufigen Sicherheit oder der Kostensicherheit (Art. 35.5). Die wohl wichtigste Neuerung des Art. 35 im Vergleich zu § 25 DIS-SchO 1998 5 besteht darin, dass nicht mehr das Schiedsgericht den Vorschuss für seine eigenen Kosten anfordert und verwaltet, sondern dass die DIS diese Aufgabe übernimmt. Dies begründet einen institutionellen Kompetenzzuwachs der DIS (vgl. Elsing/Shchavelev, IPRax 2018, 466). Dem Schiedsgericht obliegt es in diesem Zusammenhang nur noch, den Streitwert nach Anhörung der Parteien gemäß Art. 36.2 festzusetzen. Entscheidungen bzgl. der Honorare und Auslagen des Schiedsgerichts und Bearbeitungsgebühren (Art. 33.1 Satz 3) und die Einforderungen von Sicherheitsleistungen sind der DIS vorbehalten. Dass die Honorare und Auslagen nunmehr nicht mehr vom Schiedsgericht, mit- 6 hin dem Spruchkörper, der den Rechtsstreit in der Sache entscheidet, verwaltet werden, sondern von der DIS als Schiedsinstitution, bezweckt insb. einen ausgewogenen Interessenausgleich zwischen den Parteien und dem Schiedsgericht und soll jedwede Zweifel an der Neutralität des Schiedsgerichts beseitigen (vgl. Pörnbacher/Lederer, BB 2018, 710). Die Verwaltung der Kosten durch die DIS hat somit zur Folge, dass das Schiedsgericht in derlei Kostenfragen keinen unmittelbaren Kontakt mehr mit den Parteien hat (vgl. Besch/Kreuzeder, RIW 2018, 265). Diese Änderung erfolgte auch mit Blick auf die möglichen steuerlichen Kon- 7 sequenzen einer Kostenvorschussverwaltung durch das Schiedsgericht. Die Sicherheit wird durch die Zahlung an die DIS geleistet und fließt nicht mehr wie zuvor auf ein Anderkonto der Schiedsrichter. Dadurch wird die umsatzsteuerrechtliche Handhabung vereinfacht, da die geleisteten Zahlungen bis zur Auskehrung an den jeweiligen Schiedsrichter nach Art. 34.3 nicht als „vereinnahmt“ anzusehen sind (vgl. Elsing/Shchaveleving/Shchavelev, IPRax 2018, 467).
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die Vorschriften der §§ 1025 ff. ZPO haben für die Anwendung von Art. 35 8 keine praktische Bedeutung. Hauser/Manner
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Art. 35 DIS-SchO | Die Kosten D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 9 Auch in staatlichen Verfahren wird die Tätigkeit der Gerichte regelmäßig von
der Sicherstellung oder Zahlung von Gerichtsgebühren abhängig gemacht (vgl. insb. § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 12 GKG für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten). In einem Prozess vor einem ordentlichen Gericht ist jedoch alleine der Kläger, und sind nicht die Parteien als Gesamtschuldner, zur Leistung einer Sicherheit verpflichtet (vgl. LG Bielefeld v. 21.10.2003 – 17 O 130/03, http://www.dis-arb.de/ de/47/datenbanken/rspr/lg-bielefeld-az-17-o-130-03-datum-2003-10-21-id256).
E. Einzelerläuterung I. Kostensicherheit (Art. 35.1) 10 Art. 35.1 bestimmt, dass die Parteien eines DIS-Schiedsverfahrens eine Sicher-
heit für die Honorare und Auslagen der Schiedsrichter zu leisten haben. Diese Kostensicherheit wird von der DIS festgesetzt und verwaltet. Die Höhe der Kostensicherheit wird von der DIS auf Grundlage von Art. 36 und Anlage 2 (vor allem Ziff. 4.1 Anlage 2) auf Grundlage des Streitwerts berechnet und vor Konstituierung des Schiedsgerichts (Satz 2, Art. 35.3 Satz 1) festgesetzt. Ist der Streitwert nicht beziffert oder nicht geschätzt, fordert zunächst die DIS die Parteien unter Fristsetzung auf, entsprechende Angaben nachzuholen (Ziff. 1.2 Satz 2 Anlage 2). Kommen die Parteien dieser Aufforderung nicht innerhalb der von der DIS gesetzten Frist nach, kann die DIS bis zu einer Festsetzung des Streitwerts durch das Schiedsgericht (Art. 36.2) die für die Festsetzung der Kostensicherheit relevante Berechnung der Honorare auf der Grundlage eines Streitwerts ihres Ermessens vornehmen (Ziff. 1.2 Satz 3 i.V.m. Ziff. 2.3 Anlage 2). Die Kostensicherheit muss der Höhe nach ausreichend sein, die voraussichtlichen Honorare und Auslagen der Schiedsrichter nebst etwaiger anfallender Umsatzsteuer zu decken. Bei Zahlungen an die DIS sind die Parteien stets angehalten, das von der DIS vergebene Aktenzeichen des Schiedsverfahrens anzugeben, um eine Zuordnung des Geldeingangs zu ermöglichen.
II. Vorläufige Sicherheit (Art. 35.2) 11 Art. 35.2 regelt die Möglichkeit der DIS, vor Konstituierung des Schiedsgerichts,
d.h. schon unmittelbar nach Eingang der Schiedsklage, den Betrag einer vorläufigen Sicherheit zur Absicherung eines Teils oder des gesamten Honorars des Schiedsgerichts zu bestimmen. Es liegt dabei im Ermessen der DIS, ob sie beide Parteien oder nur eine Partei zur Leistung der vorläufigen Sicherheit auffordert (Satz 2). Für die Zahlung wird von der DIS i.d.R. eine Frist von 14 Tagen gesetzt. 1132
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Sicherheit für Honorare und Auslagen der Schiedsrichter | Art. 35 DIS-SchO
III. Festsetzung und Aufteilung der Kostensicherheit (Art. 35.3, Art. 35.7) Festsetzung. Art. 35.3 regelt im Zusammenspiel mit Art. 35.1 und 35.2 die Fest- 12 setzung der Kostensicherheit durch die DIS „zu einem späteren Zeitpunkt“. Die Berechnung der Kostensicherheit nach Art. 36 erfolgt indes bereits unmittelbar nach Eingang der Schiedsklage verbunden mit der Mitteilung, dass die Parteien vor vollständiger Konstituierung des Schiedsgerichts zur Zahlung ihrer Anteile an der Kostensicherheit aufgefordert werden. Da die Kostensicherheit, anders als die vorläufige Sicherheit, in jedem Fall darauf 13 abzielt, die vollständigen Honorare und Auslagen der Schiedsrichter abzusichern, benötigt die DIS insoweit Einblick in alle verfahrensrelevanten Informationen, um die Höhe der Kostensicherheit auf Grundlage des Streitwerts festsetzen und ggf. zu einem späteren Zeitpunkt, etwa im Falle einer Widerklage oder einer Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei, anpassen zu können (Art. 36.1, Anlage 2). Der Betrag der Kostensicherheit kann mit dem Betrag der vorläufigen Sicherheit übereinstimmen (Art. 35.3 Satz 4). Eine bereits als vorläufige Sicherheit geleistete Zahlung wird der jeweiligen Partei entsprechend angerechnet (Art. 35.3 Satz 3). Aufteilung. Anders als bei der vorläufigen Sicherheit, die die DIS auch nur von 14 einer Partei anfordern kann (Art. 35.2 Satz 2), ist die Kostensicherheit von den Parteien zu gleichen Teilen zu leisten (Satz 2). Dies entspricht auch der einhelligen Auffassung zum deutschen Schiedsverfahrensrecht, wonach die Parteien mit Abschluss des Schiedsrichtervertrags zur Mitwirkung und Förderung verpflichtet sind und demnach grds. zu gleichen Teilen die Kostensicherheit zu erbringen haben (vgl. beispielhaft BGH v. 28.3.2012 – III ZB 63/10, SchiedsVZ 2012, 154 [155], Tz. 7). Nach bisheriger Praxis setzt die DIS den Parteien für die Zahlung der Kostensicherheit zunächst eine Frist von 14 Tagen. Leisten beide Parteien die angeforderte Kostensicherheit nicht fristgemäß, setzt die DIS den Parteien eine weitere Zahlungsfrist von 7 Tagen verbunden mit dem Hinweis, dass die DIS das Schiedsverfahren im Falle der Nichtzahlung gemäß Art. 35.5 beenden kann. Wer die Kosten des Schiedsverfahrens letztlich zu tragen hat, ist abhängig von der Entscheidung des Schiedsgerichts über die Kosten des Verfahrens, einschließlich der Entscheidung über die Verteilung der Kosten zwischen den Parteien (Art. 35.4, Art. 33.2). Im Falle der Einreichung einer Widerklage oder einer Schiedsklage gegen eine 15 zusätzliche Partei kann der DIS-Rat auf Antrag einer Partei und nach Anhörung des Schiedsgerichts entscheiden, dass für die jeweiligen Klagen getrennte Kostensicherheiten (bzw. vorläufige Sicherheiten) festzusetzen sind (Ziff. 4.3 Anlage 2). In einem Mehrparteienverfahren kann der DIS-Rat den Anteil der Kostensicherheit für jede Partei auch getrennt und in unterschiedlicher Höhe festsetzen oder mehrere Kostensicherheiten festsetzen (Art. 35.7, s. dazu unten Rz. 23 f.). Bei separaten Kostensicherheiten verlieren die Parteien den Vorteil der degressi- 16 ven Ausgestaltung der Gebührentabelle. Insoweit empfiehlt sich, vor Stellung eiHauser/Manner
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Art. 35 DIS-SchO | Die Kosten nes Antrags auf getrennte Kostensicherheiten die damit verbundenen finanziellen Konsequenzen zu prüfen.
IV. Folgen der Nichtzahlung des Anteils an der vorläufigen Sicherheit oder der Kostensicherheit durch eine Partei (Art. 35.4) 17 Ersatzleistung durch die andere Partei. Art. 35.4 Satz 1 normiert die bereits zu-
vor gängige Praxis, dass jede Partei zur Ersatzzahlung (Substituierung) berechtigt ist, sofern die andere Partei ihren Anteil an der vorläufigen Sicherheit oder Kostensicherheit nicht leistet. Hierdurch kann eine zeitliche Verzögerung durch Aussetzung des Schiedsverfahrens oder gar eine Beendigung des Schiedsverfahrens verhindert werden (Art. 35.5, Art. 42.5) (s. Rz. 21). Art. 35.4 Satz 2 stellt klar, dass die Ersatzleistung keinen Einfluss auf die Entscheidung des Schiedsgerichts über die Kostenverteilung zwischen den Parteien gemäß Art. 33.2 hat. Eine Substituierung ist in der Praxis meist dann relevant, wenn der Beklagte nicht am Verfahren teilnimmt oder die Zuständigkeit des Schiedsgerichts rügt. Abweichend von Art. 35.3 Satz 2 wird dem Kläger dann keine andere Wahl bleiben, als zunächst die vollständige Kostensicherheit zu erbringen, da das Schiedsverfahren andernfalls nicht fortgesetzt wird.
18 Rechtsfolge. Mit der Ersatzleistung erwirbt die Partei einen materiell-recht-
lichen Anspruch auf Erstattung der Kostensicherheit gegen die andere Partei. Dies kann aus Art. 35.3 Satz 2 hergeleitet werden, wonach die Kostensicherheit von Schiedskläger und -beklagtem zu gleich Teilen zu tragen ist. Die Nichtzahlung kann demnach bei fehlender Rechtfertigung auch eine Pflichtverletzung und – bei Anwendbarkeit deutschen Rechts – einen Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB begründen. Nach dem jeweils anwendbaren Recht ist dieser Erstattungsanspruch ggf. auch zu verzinsen (z.B. nach § 288 Abs. 1, § 286 BGB).
19 Durchsetzung. Die Entscheidung über den Anspruch auf Erstattung der Kos-
tensicherheit fällt regelmäßig in die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, zumindest wenn die Schiedsvereinbarung (wie meist) weit formuliert ist. Die Schiedsvereinbarung erfasst dann auch Streitigkeiten über mögliche Rechte und Pflichten, die sich aus dem Schiedsrichtervertrag ergeben. Zudem entspricht dies der Prozessökonomie. Da der Anspruch auf Erstattung der Kostensicherheit von den Kostenentscheidungen des Schiedsgerichts nach Art. 33 nebst etwaigen Kostenerstattungsansprüchen der Parteien am Ende des Schiedsverfahrens strikt zu trennen ist und bereits mit seiner Geltendmachung entscheidungsreif ist, kann das Schiedsgericht nach seinem Ermessen hierüber auch vorab etwa im Wege eines Teilschiedsspruchs entscheiden.
20 Weitere Rechtsbehelfe. Kann bzw. will die Partei den Anteil an der Kostensicher-
heit der anderen Partei nicht übernehmen und fällt der Erstattungsanspruch ausnahmsweise nicht unter die Zuständigkeit des Schiedsgerichts, hat sie die Möglichkeit, vor den staatlichen Gerichten die Zahlung des Anteils an der Kos1134
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Sicherheit für Honorare und Auslagen der Schiedsrichter | Art. 35 DIS-SchO
tensicherheit durch die andere Partei zu erzwingen (ggfs. auch im Wege eines Urkundenprozesses). Bei Ausübung dieser Option besteht jedoch in besonders erheblichem Maß die Gefahr, dass das Schiedsverfahren solange ausgesetzt wird, bis die Kostensicherheit vollständig bezahlt ist (vgl. auch BGH, SchiedsVZ 2012, 154 [155], Tz. 7; BGH, NJW 1985, 1903, [1904]). Zudem ist die Partei zur Kündigung des (zumindest konkludent geschlossenen) Schiedsrichtervertrags (und auch der Schiedsvereinbarung selbst) aus wichtigem Grund berechtigt (BGH v. 7.3.1985 – III ZR 169/83, NJW 1985, 1903 [1904]).
V. Folgen der nicht vollständigen Leistung der vorläufigen Sicherheit oder Kostensicherheit (Art. 35.5) Art. 35.5 räumt der DIS die Möglichkeit ein, das Verfahren nach Art. 42.5 Satz 1 21 vor oder nach der Konstituierung des Schiedsgerichts zu beenden, wenn die Parteien die vorläufige Sicherheit oder Kostensicherheit nicht vollständig leisten. Ist das Schiedsgericht bereits konstituiert, kann das Schiedsgericht nach Rücksprache mit der DIS als weniger einschneidende Maßnahme das Verfahren bis zu einer Beendigung durch den DIS-Rat aussetzen (Art. 42.5 Satz 2). Die DIS wird zudem von der Übermittlung des Schiedsspruchs solange absehen, bis die gesamte Kostensicherheit vollständig geleistet ist (Art. 39.6 Satz 1).
VI. Anpassung der vorläufigen Sicherheit und der Kostensicherheit (Art. 35.6) Um eine ausreichende Sicherheit für die Honorare und Auslagen der Schieds- 22 richter zu gewährleisten, kann die DIS gemäß Art. 35.6 zu jeder Zeit des Verfahrens die Höhe der vorläufigen Sicherheit oder Kostensicherheit durch eine Erhöhung oder Herabsetzung anpassen (vgl. auch Ziff. 4.4 Anlage 2). Eine Erhöhung der Sicherheit kommt etwa im Falle einer Widerklage oder einer Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei in Betracht, bei denen die Streitwerte von Schiedsklage und Widerklage und Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei für die Berechnung der Honorare zu addieren sind (Ziff. 2.2 Anlage 2), oder in Fällen von besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Komplexität, bei denen der DIS-Rat auf Antrag des Schiedsgerichts und nach Anhörung der Parteien eine Erhöhung der Honorare um bis zu 50 % bestimmen kann. Auch besonders auslagenintensive Verfahren können eine Anpassung der Kostensicherheit rechtfertigen.
VII. Mehrparteienverfahren (Art. 35.7) In einem Mehrparteienverfahren (Art. 18) kann der DIS-Rat nach Art. 35.7 den 23 Anteil der Kostensicherheit für jede Partei auch getrennt und in unterschiedlicher Höhe festsetzen oder mehrere Kostensicherheiten festsetzen (Art. 35.7). Hauser/Manner
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Art. 36 DIS-SchO | Die Kosten Diese Abweichung von dem Grundsatz der hälftigen Aufteilung der Kostensicherheit (Art. 35.3 Satz 2) ermöglicht eine gerechte Verteilung in Fällen, in denen mehr als zwei Parteien beteiligt sind. 24 In der Praxis ist davon auszugehen, dass die Festsetzung getrennter oder mehrerer
Kostensicherheiten nur auf Antrag einer Partei und nach Anhörung der Parteien und des Schiedsgerichts in Betracht kommt (so auch Elsing/Flecke-Giammarco/ Gerstenmaier, in DIS Article by Article Commentary, Art. 35 Rz. 43).
F. Abweichende Parteivereinbarung 25 Von der Möglichkeit der DIS zur Festsetzung der vorläufigen Sicherheit und
Kostensicherheit kann nicht durch Parteivereinbarung abgewichen werden.
Artikel 36 Berechnungsgrundlage 36.1 Die vorläufige Sicherheit, die Kostensicherheit sowie die Bearbeitungsgebühren der DIS werden auf Grundlage des Streitwerts nach der zu Beginn des Schiedsverfahrens geltenden Kostenordnung (Anlage 2) berechnet. Dies gilt auch für spätere Erhöhungen und Herabsetzungen. 36.2 Das Schiedsgericht setzt nach Anhörung der Parteien den Streitwert fest. 36.3 Innerhalb von 14 Tagen nach einer Streitwertfestsetzung des Schiedsgerichts gemäß Artikel 36.2 kann jede Partei beantragen, dass der DIS-Rat die Festsetzung des Schiedsgerichts überprüft. Der DIS-Rat kann den vom Schiedsgericht festgesetzten Streitwert entweder bestätigen oder abändern. Die Entscheidung des DIS-Rates dient ausschließlich der Bestimmung der Berechnungsgrundlage für die vorläufige Sicherheit, die Kostensicherheit und die Bearbeitungsgebühren gemäß Artikel 36.1. Regelungsschwerpunkte: Art. 36.1 Die DIS berechnet die vorläufige Sicherheit, die Kostensicherheit und die Bearbeitungsgebühren der DIS grds. auf Grundlage des in der Schiedsklage mitgeteilten Streitwerts. → Rz. 6–9; Art. 36.2 Die Festsetzung des Streitwerts obliegt dem Schiedsgericht. → Rz. 10–18; Art. 36.3 Die Streitwertfestsetzung des Schiedsgerichts kann auf Antrag vom DIS-Rat überprüft werden. → Rz. 19–20 Kostenaspekte: Mit Hilfe des von der DIS online zur Verfügung gestellten Gebührenrechners (http://www.disarb.org/werkzeuge-und-tools/gebuehrenrechner) lassen sich die voraussichtlichen Kosten eines DIS-Schiedsverfahrens berechnen. Wer die Kosten letztlich zu tragen hat, ist abhängig von der Kostenentscheidung des Schiedsgerichts am Ende des Verfahrens. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften E. Einzelerläuterungen . . . . . . . . I. Berechnungsgrundlage (Art. 36.1)
__ _ 4 6 6
Berechnungsgrundlage | Art. 36 DIS-SchO II. Streitwertfestsetzung durch das Schiedsgericht (Art. 36.2) . . . . . III. Streitwertüberprüfung durch den DIS-Rat (Art. 36.3) . . . . . . . . . .
_ _ 10
F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
_ 21
19
Literatur: Elsing, Schiedsrichterliche Unabhängigkeit – Vorurteile und Wirklichkeit, SchiedsVZ 2019, 16 ff.; Vorndran, Schiedsrichtervergütung und Honorarfestsetzung nach 2018-DIS-Schiedsgerichtsordnung, SchiedsVZ 2018, 358 ff.
A. Normzweck Art. 36 bestimmt die Berechnungsgrundlage für die vorläufige Sicherheit, die 1 Kostensicherheit und die Bearbeitungsgebühren der DIS. Maßgeblich ist demnach der Streitwert (ad-valorem-Grundsatz, Art. 36.1). Zudem stellt Art. 36 die „Scharniernorm“ zur Verzahnung der DIS-SchO mit der in Anlage 2 enthaltenen Kostenordnung dar. Die Honorare der Schiedsrichter und die Bearbeitungsgebühren der DIS werden hiernach nach einer degressiven Staffelung und spezifischen Berechnungsregeln festgelegt. In Art. 36.3 wurde hinsichtlich der Streitwertfestsetzung durch das Schiedsgericht ein Überprüfungsverfahren durch den mit der DIS-SchO 2018 neu eingeführten DIS-Rat eingeführt, das Streitigkeiten über die Festsetzung des Streitwerts zwischen den Parteien und dem Schiedsgericht als Berechnungsgrundlage für die Kostensicherheit und die Bearbeitungsgebühren der DIS vorbeugen soll.
B. Reform Art. 36 ersetzt § 40 Abs. 2 und § 40 Abs. 6 DIS-SchO 1998. Für die Festsetzung 2 des Streitwerts bleibt nach wie vor das Schiedsgericht zuständig. Dabei ist es nach Art. 36.2 ausdrücklich dazu verpflichtet, vor der Streitwertfestsetzung die Parteien anzuhören. Die bedeutendste Neuerung ist in Art. 36.3 enthalten. Dort ist ein Mechanismus geregelt, mit dem jede Partei binnen 14 Tagen nach Festsetzung des Streitwerts durch das Schiedsgericht eine Überprüfung dieser Streitwertfestsetzung durch den DIS-Rat beantragen kann. Dieser Mechanismus soll unangemessene Streitwertfestsetzungen als Berechnungsgrundlage für die vorläufige Sicherheit, die Kostensicherheit und die Bearbeitungsgebühren ausschließen und insb. verhindern, dass das Schiedsgericht ohne einen Kontrollmechanismus letztlich über seine eigene Vergütung entscheiden kann (hierzu auch Elsing, SchiedsVZ 2019, 16 [22]).
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Im deutschen Schiedsverfahrensrecht nach §§ 1025 ff. ZPO ist keine ausdrück- 3 liche Regelung zur Streitwertfestsetzung enthalten. Das Schiedsgericht ist jedoch Hauser/Manner
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Art. 36 DIS-SchO | Die Kosten zur Streitwertfestsetzung im Rahmen seiner Kostenentscheidung nach § 1057 ZPO befugt. Die ZPO enthält auch keinerlei Berechnungsgrundlagen für Honorare und Auslagen im Schiedsverfahren, sodass in Ad-hoc-Schiedsverfahren entsprechender Regelungsbedarf besteht. In den meisten Schiedsrichterverträgen wird diesbezüglich auf die Kostenordnung einer Schiedsinstitution zurückgegriffen (Trittmann/Mekat in Piltz, Münchener Anwaltshandbuch, § 5 Rz. 358). In rein nationalen Schiedsverfahren werden häufig die Bestimmungen der Kostenordnung der DIS-SchO für anwendbar erklärt.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4 Im Gegensatz zu Richtern an staatlichen Gerichten werden Schiedsrichter in ei-
nem DIS-Schiedsverfahren von den Parteien entlohnt. In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten nach der ZPO (Amtsgerichte, LG, OLG und BGH) bestimmt sich der staatliche Kostenanspruch für die Tätigkeit der Gerichte nach dem GKG. Die Gerichtskosten bestehen nach der Legaldefinition in § 1 Satz 1 GKG aus Gebühren und Auslagen und werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zum GKG erhoben (§ 3 Abs. 2 GKG). Der sog. Gebührenstreitwert legt fest, welche Gebühren für das Gericht anfallen. Von diesem Gebührenstreitwert zu unterscheiden ist der sog. Zuständigkeitsstreitwert, der die sachliche Zuständigkeit des erstinstanzlichen Gerichts bestimmt (Amts- oder Landgericht, vgl. §§ 23 Nr. 1, 71 GVG), sowie der sog. Rechtsmittelstreitwert, der den Wert bezeichnet, der mindestens erreicht sein muss, damit ein Rechtsmittel zulässig ist. Er ist insb. für die Zulässigkeit der Berufung entscheidend (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO: > 600 EUR).
5 Das zuständige Gericht setzt den Streitwert nach eigenem Ermessen entweder in
einem gesonderten Beschluss oder zusammen mit der endgültigen Entscheidung fest. Die Entscheidung über den Streitwert ist unabhängig von der Hauptsacheentscheidung anfechtbar (im Unterschied zur Kostenentscheidung, vgl. § 99 Abs. 1 ZPO). Es besteht die Möglichkeit, gegen die Streitwertfestsetzung eine sog. Streitwertbeschwerde nach § 68 GKG einzulegen.
E. Einzelerläuterungen I. Berechnungsgrundlage (Art. 36.1) 6 Art. 36.1 Satz 1 beschreibt die Methode zur Berechnung der vorläufigen Sicher-
heit (Art. 35.2), der Kostensicherheit (Art. 35.3) und der Bearbeitungsgebühren der DIS. Der jeweilige Betrag wird nach der am Tag des Beginns des Schiedsgerichtsverfahrens geltenden Kostenordnung (Anlage 2) und auf der Grundlage des Streitwerts berechnet. Die DIS orientiert sich dabei an dem in der Schiedsklage (Art. 5.2 (iv)) und ggf. in der Klageerwiderung (Art. 7.4 (v)), einer Wider1138
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Berechnungsgrundlage | Art. 36 DIS-SchO
klage (Art. 7.5. i.V.m. Art. 5.2 (iv)) oder einer Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei (Art. 19.2 (iv)) mitgeteilten Streitwert (Ziff. 1.2 Satz 2 Anlage 2). Ist der Streitwert nicht beziffert oder nicht geschätzt, fordert die DIS die Parteien unter Fristsetzung auf, dies nachzuholen. Kommen die Parteien dieser Aufforderung nicht innerhalb der gesetzten Frist nach oder wurde nach Ansicht der DIS ein Anspruch von einer Partei offensichtlich unterbewertet, kann die DIS die Berechnung bis zu einer Festsetzung des Streitwerts durch das Schiedsgericht auf der Grundlage eines Streitwerts ihres Ermessens vornehmen (Ziff. 1.2 Satz 3 i.V.m. Ziff. 2.3 und Ziff. 3.3 Anlage 2). Art. 36.1 Satz 2 stellt klar, dass die zu Beginn des Schiedsverfahrens geltende 7 Kostenordnung für die gesamte Dauer des Schiedsverfahrens maßgeblich ist und auch für alle künftigen Erhöhungen und Herabsetzungen gilt, unabhängig davon, ob im Laufe des Verfahrens eine neue Kostenordnung in Kraft tritt. Im Falle einer Widerklage (Art. 7.5) oder einer Schiedsklage gegen eine zusätz- 8 liche Partei (Art. 19) wird die DIS bei der Berechnung der Schiedsrichterhonorare als Grundlage für die Kostensicherheit die Streitwerte von Schiedsklage und Widerklage und Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei addieren (Ziff. 2.2 Anlage 2). Den Parteien kommt damit die in Ziff. 2 Anlage 2 enthaltene degressive Staffelung der Schiedsrichterhonorare zugute. Im Unterschied dazu berechnet die DIS die Bearbeitungsgebühren der DIS im Falle einer Widerklage und einer Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei getrennt auf der Grundlage des jeweiligen Streitwerts (Ziff. 3.2 Anlage 2). Den Parteien kommt diesbezüglich die in Ziff. 3.1 Anlage 2 enthaltene degressive Staffelung der Bearbeitungsgebühren nicht zugute. Vielmehr wird die DIS die jeweilige Partei auffordern, die gesondert berechneten Bearbeitungsgebühren auf der Grundlage von Art. 5.3 (für die Schiedsklage), Art. 7.6 (für die Widerklage) und Art. 19.2 Satz 2 i.V.m. Art. 5.3 (für die Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei) zu zahlen. Dies stellt eine bewusste Änderung der früheren Regelung in Punkt 18 b) des Anhangs zu § 40 Abs. 5 DIS-SchO 1998 dar, um die steigenden Ausgaben der DIS abdecken zu können (Elsing/Flecke-Giammarco/Gerstenmaier in DIS Article by Article Commentary, Art. 36 Rz. 20). Die frühere Obergrenze von 45.000 EUR (Punkt 18 c) des Anhangs zu § 40 Abs. 5 DIS-SchO 1998) wurde abgeschafft und durch die Obergrenze von 60.000 EUR für die jeweiligen Bearbeitungsgebühren der DIS (Ziff. 3.1 Anlage 2) ersetzt. Wenn die Parteien ihre Forderungen in einer anderen Währung als EUR ange- 9 geben, rechnet die DIS diese Beträge in EUR um. Dabei wendet sie den Wechselkurs an, der von der Europäischen Zentralbank am Tag des Beginns des Schiedsverfahrens i.S.d. Art. 6 veröffentlicht wurde. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass der Umrechnungskurs für die gesamte Dauer des Schiedsgerichtsverfahrens und auch für alle neuen Ansprüche oder spätere Erhöhungen oder Verminderungen von Ansprüchen gilt.
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Art. 36 DIS-SchO | Die Kosten II. Streitwertfestsetzung durch das Schiedsgericht (Art. 36.2) 10 Nach Art. 36.2 setzt das Schiedsgericht nach Anhörung der Parteien den Streitwert
fest. Die Festsetzung des Streitwerts (und damit auch die Überprüfung des von der DIS für die Berechnung der Kostensicherheit und der Bearbeitungsgebühren der DIS in Ansatz gebrachten Streitwerts) ist also grds. Sache des Schiedsgerichts.
11 Das Schiedsgericht sollte die Festsetzung des (vorläufigen) Streitwerts in einem
frühen Stadium des Verfahrens vornehmen und diesen Punkt auf die Tagesordnung der nunmehr obligatorischen Verfahrenskonferenz nach Art. 27.2 setzen. So ist sichergestellt, dass das Schiedsgericht den Parteien die vorgeschriebene Gelegenheit zur Stellungnahme einräumt (Art. 36.2). Auf dieser Grundlage kann das Schiedsgericht die Streitwertfestsetzung in die nunmehr zwingende verfahrensleitende Verfügung nach Art. 27.5 aufnehmen. Dies ermöglicht es der DIS, die ursprüngliche Berechnung der Kostensicherheit und der Bearbeitungsgebühren der DIS schon vor Konstituierung des Schiedsgerichts in einem frühen Stadium zu überprüfen und nach Art. 36.1 Satz 2 ggf. anzupassen.
12 Sofern die Parteien hinsichtlich des Streitwerts unterschiedliche Auffassungen
vertreten, sollte das Schiedsgericht seine Streitwertfestsetzung mit einer Begründung versehen und darin auf die Argumente der Parteien eingehen. Hierdurch kann eine Streitwertüberprüfung nach Art. 36.3 obsolet bzw. erleichtert werden (s. unten Rz. 19 f.).
13 Auswirkungen von Änderungen des Streitwerts. Im Laufe des Schiedsverfah-
rens kann sich der Streitwert verändern. So kann eine Partei den von ihr geforderten Klagebetrag reduzieren oder erhöhen oder zusätzliche Forderungen, eine Widerklage oder eine Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei einreichen. Das Schiedsgericht hat solche Änderungen zu beachten, den Streitwert nach Anhörung der Parteien durch einen (verfahrensrechtlichen) Beschluss anzupassen und die DIS davon in Kenntnis zu setzen. Der endgültige Streitwert wird vom Schiedsgericht erst am Ende des Schiedsverfahrens festgesetzt. In Anbetracht des Überprüfungsverfahrens nach Art. 36.3 sollte eine solche endgültige Festsetzung nicht Teil des Endschiedsspruchs sein, sondern spätestens in die Schlussverfügung (Art. 31) aufgenommen werden.
14 Ermessensspielraum des Schiedsgerichts. Die Festsetzung des Streitwerts steht
(weiterhin) im pflichtgemäßen Ermessen des Schiedsgerichts (so ausdrücklich noch § 40 Abs. 2 DIS-SchO 1998; vgl. dazu auch Elsing/Flecke-Giammarco/Gerstenmaier in DIS Article by Article Commentary, Art. 36 Rz. 17). Die Streitwertfestsetzung bereitet im Falle bezifferter Ansprüche (z.B. im Wege einer Leistungsklage geltend gemachter Anspruch auf Zahlung eines fälligen Betrages oder auf Schadensersatz) regelmäßig keine Probleme. Der Streitwert wird hierbei i.d.R. dem Betrag des bezifferten Anspruchs entsprechen. Probleme können jedoch u.a. Fälle bereiten, in denen Feststellungsklagen oder Unterlassungsklagen erhoben werden, d. h. nicht bezifferte sonstige Ansprüche i.S.v. Art. 5.2 (iv) und Art. 19.2 (iv). Als ein geeignetes Kriterium zur Festsetzung des Streitwerts kommt in solchen Fällen das wirtschaftliche Interesse, das dem beantragten An1140
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Berechnungsgrundlage | Art. 36 DIS-SchO
spruch zugrunde liegt, in Betracht. Zumindest in rein nationalen Verfahren bietet sich auch eine Orientierung an den Grundsätzen in staatlichen Gerichtsverfahren an (z.B. Abschlag von 20 % im Falle von positiven Feststellungsklagen aufgrund fehlender Vollstreckbarkeit, vgl. dazu nur Foerste in Musielak/Voit, § 256 ZPO Rz. 45 m.w.N.). Besteht zwischen den Parteien Einigkeit über die Höhe des Streitwerts, wird das 15 Schiedsgericht hiervon im Regelfall nur mit triftigem Grund abweichen. Eine Ausnahme gilt jedoch dann, wenn der alleinige Zweck einer solchen Vereinbarung zwischen den Parteien darin besteht, die Kosten des Schiedsverfahrens zu verringern. Im Falle einer Widerklage (Art. 7.5) oder einer Schiedsklage gegen eine zusätz- 16 liche Partei (Art. 19) kann das Schiedsgericht die Streitwerte von Schiedsklage und Widerklage und Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei addieren (vgl. bereits Ziff. 2.2 Anlage 2 für die Berechnung der Kostensicherheit durch die DIS). Durch Nebenforderungen (z.B. Ansprüche auf Verzinsung geltend gemachter 17 Zahlungsansprüche) wird der Streitwert i.d.R. nicht erhöht. Eine (Hilfs-)Aufrechnung mit einem oder mehreren Gegenansprüchen (hierzu 18 enthält die DIS-SchO und insb. ihre Anlage 2 keine Regelung) kann ebenfalls zu einer Erhöhung des Streitwerts führen. In rein nationalen Schiedsverfahren bietet sich insoweit eine Orientierung am GKG, auch wenn das Schiedsgericht hieran nicht gebunden ist. Beantragt der Beklagte oder Widerbeklagte primär die Abweisung der (Wider-)Klage aus anderen Gründen und macht eine echte Hilfsaufrechnung mit einer streitigen Gegenforderung geltend, wäre nach der Regelung des § 45 Abs. 3 GKG der Wert der im Wege der (Hilfs-)Aufrechnung gegen die (Wider-)Klageforderung aufgerechneten Gegenforderung bis zur Höhe der (Wider-)Klageforderung zu addieren, jedoch nur, soweit über die zur Hilfsaufrechnung gestellten Forderungen eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergeht. Die Hilfsaufrechnung führt somit nach der gesetzlichen Regelung nur dann zu einer wirtschaftlichen Werthäufung, wenn sie überhaupt zum Tragen kommt. Dringt der Beklagte bereits mit seinen vorrangigen Einwendungen oder Einreden durch, wirkt die Hilfsaufrechnung im staatlichen Verfahren nicht streitwerterhöhend. Da im DIS-Schiedsverfahren sämtliche potenziellen Kosten vorab im Vorschussweg kollektiert werden sollen, bietet es sich aber dennoch an, den Streitwert jedenfalls für die Zwecke der Vorschussfestsetzung zunächst mit dem vollen Wert der Hilfsaufrechnung anzusetzen; vgl. OLG Köln, Beschl. v. 2.3.2018 – 19 Sch 19/17, BeckRS 2018, 54021.
III. Streitwertüberprüfung durch den DIS-Rat (Art. 36.3) Nach Art. 36.3 Satz 1 kann jede Partei innerhalb von 14 Tagen nach einer Streit- 19 wertfestsetzung des Schiedsgerichts gemäß Art. 36.2 beantragen, dass der DIS-Rat die Festsetzung des Schiedsgerichts überprüft. Der DIS-Rat kann den vom SchiedsHauser/Manner
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Art. 36 DIS-SchO | Die Kosten gericht festgesetzten Streitwert entweder bestätigen oder abändern (Art. 36.3 Satz 2). Nach Art. 36.3 Satz 3 dient die Entscheidung des DIS-Rates ausschließlich der Bestimmung der Berechnungsgrundlage für die vorläufige Sicherheit, die Kostensicherheit und die Bearbeitungsgebühren der DIS nach Art. 36.1. Im Vergleich zur gerichtlichen Überprüfung besteht der Vorteil dieses Mechanismus darin, dass eine Partei die Überprüfung unmittelbar nach einer Entscheidung des Schiedsgerichts beantragen kann und nicht bis zur endgültigen Kostenentscheidung des Schiedsgerichts im Schiedsspruch warten muss. Darüber hinaus sieht Art. 36.3 eine kurze Frist von vierzehn Tagen für die Einreichung eines solchen Antrags vor und fördert damit eine zügige und effiziente Streitwertüberprüfung. Ob und inwieweit die Überprüfungsentscheidungen des DISRats als endgültig zu betrachten sind oder einer weiteren Überprüfung durch staatliche Gerichte unterliegen (etwa in einem Aufhebungsverfahren, vgl. zu einer solchen Konstellation etwa BGH v. 28.3.2012 – III ZB 63/10, BGHZ 193, 38 = NJW 2012, 1811), ist noch nicht geklärt. 20 In Art. 36.3 ist kein ausdrücklicher Maßstab normiert, den der DIS-Rat bei der
Überprüfung der Streitwertfestsetzung des Schiedsgerichts anzuwenden hat. Eine Korrektur durch den DIS-Rat dürfte jedoch primär nur in Fällen in Betracht kommen, in denen das Schiedsgericht sein Ermessen überhaupt nicht ausgeübt hat (Ermessensnichtgebrauch) oder irrelevante Umstände berücksichtigt oder relevante Umstände außer Acht gelassen hat (Ermessensfehlgebrauch).
F. Abweichende Parteivereinbarungen 21 Die Berechnungsgrundsätze des Art. 36 können von den Parteien weder abbe-
dungen noch modifiziert werden.
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Hauser/Manner
Frist für den Schiedsspruch | Art. 37 DIS-SchO
Die Beendigung des Schiedsverfahrens durch Schiedsspruch oder auf sonstige Weise Artikel 37 Frist für den Schiedsspruch Das Schiedsgericht soll der DIS den Schiedsspruch in der Regel innerhalb von drei Monaten nach der letzten mündlichen Verhandlung oder dem letzten zugelassenen Schriftsatz zur Durchsicht gemäß Artikel 39.3 übermitteln. Der DIS-Rat kann das Honorar eines Schiedsrichters oder mehrerer Schiedsrichter auf Grundlage der Zeit, die das Schiedsgericht bis zum Erlass des Schiedsspruchs benötigt hat, nach seinem Ermessen herabsetzen. Bei der Entscheidung über eine Herabsetzung hat der DIS-Rat das Schiedsgericht anzuhören und die Umstände des Falles zu berücksichtigen. Regelungsschwerpunkte: Die Vorschrift normiert den Zeitrahmen, innerhalb dessen das Schiedsgericht den Endschiedsspruch verfassen und diesen zur Durchsicht an die DIS übermitteln sollte. → Rz. 6 ff. Kostenaspekte: Die Norm gibt dem DIS-Rat die Möglichkeit, wenn auch in Grenzen, auf die Verfahrenseffizienz Einfluss zu nehmen, indem er das Schiedsrichterhonorar bei verspätet übermittelten Schiedssprüchen kürzen kann. → Rz. 10 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . .
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E. Einzelerläuterungen . . . . . . . . 6 I. Frist für die Übermittlung des Schiedsspruchs (Art. 37 Satz 1) . 6 II. Rechtsfolgen bei Verfahrensverzögerungen durch das Schiedsgericht (Art. 37 Satz 2 und Satz 3) 10 F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Andersen/Ryssdal/Lindskog, Achieving Efficiency in International Arbitration: Some Strategic Suggestions for Arbitral Tribunals in ICC Proceedings, ICC Court Bulletin, Vol. 22 No. 2 (2011), S. 5 ff.; Böckstiegel, Case Management by Arbitrators: Experiences and Suggestions, in Liber Amicorum Robert Briner (2005), S. 115 ff.
A. Normzweck Art. 37 bezweckt, dass das Schiedsgericht in einem überschaubaren Zeitraum 1 den Rechtsstreit durch Erlass eines Schiedsspruchs beendet. Die Vorschrift sieht für die Übermittlung des Entwurfs des Schiedsspruchs an die DIS zur Durchsicht gemäß Art. 39.3 eine Regelfrist von drei Monaten nach der letzten mündlichen Verhandlung oder dem letzten zugelassenen Schriftsatz vor (Art. 37 Satz 1). Art. 37 ist im Kontext mit Art. 27 zu lesen, wonach das Schiedsgericht das Verfahren effizient führen soll und alsbald nach seiner Konstituierung mit Manner
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Art. 37 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens den Parteien in einer Verfahrenskonferenz den Verfahrenskalender und Maßnahmen zur effizienten Gestaltung des Verfahrens erörtern soll. Beide Regelungen zielen darauf ab, dass das Schiedsgericht das Verfahren so zügig führt und entscheidet, wie ihm dies unter Anwendung von Verfahrensmanagementtechniken (vgl. Art. 27.4 i.V.m. Anlage 3) sowie unter Ausschaltung aller vermeidbaren Verzögerungen möglich ist. Die Überschreitung der Regelfrist lässt die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht entfallen. Eine verspätete Übermittlung des Entwurfs des Schiedsspruchs kann der DIS-Rat jedoch durch Kürzung der Honorare sanktionieren. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die tatsächliche Dauer eines Schiedsverfahrens nicht nur vom Fallmanagement des Schiedsgerichts abhängt, sondern insb. auch von der Komplexität des Falles sowie vom Verhalten der Parteien bzw. ihrer jeweiligen Verfahrensbevollmächtigten. 2 In beschleunigten Verfahren (Art. 1.4, 27.4 (ii)) ist die Fristenregelung des Art. 37
nicht anwendbar. Insoweit existiert in Art. 1 Anlage 4 eine Sonderregelung, wonach das Schiedsgericht den Schiedsspruch innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss der Verfahrenskonferenz gemäß Art. 27.2 erlassen soll. Auch hierbei handelt es sich jedoch nur um eine Regelfrist, deren Überschreitung ebenfalls nicht zum Wegfall der Zuständigkeit des Schiedsgerichts führt (Art. 5 Anlage 4).
B. Reform 3 Die Vorgängernorm des § 33 Abs. 1 DIS-SchO 1998 enthielt lediglich den Grund-
satz der Verfahrensbeschleunigung. Sie sah weder eine konkrete Regelfrist für den Erlass des Schiedsspruchs noch die Sanktionsmöglichkeit des DIS-Rats vor, bei einem Verstoß gegen die Regelfrist das Schiedsrichterhonorar herabzusetzen.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 4 Die gesetzlichen Regelungen in §§ 1025 ff. ZPO haben für die Anwendung von
Art. 37 keine praktische Bedeutung. Insbesondere sehen sie keine Frist für den Erlass eines Schiedsspruchs vor.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 5 Eine mit Art. 37 vergleichbare Regelung enthalten die Vorschriften der ZPO
nicht. Durch den in staatlichen Verfahren zu beachtenden Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung (Konzentrationsmaxime), der in zahlreichen Vorschriften zum Ausdruck kommt (vgl. die in §§ 139, 272, 273, 282, 296, 310, 315 Abs. 2, 358a ZPO normierten Prozessförderungspflichten), sind jedoch auch die staatlichen Gerichte gehalten, das Verfahren effizient zu führen. Die §§ 198 ff. GVG eröffnen besondere Rechtsschutzmöglichkeiten bei überlangen Gerichts1144
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Frist für den Schiedsspruch | Art. 37 DIS-SchO
verfahren. Eine entsprechende Regelung existiert in der DIS-SchO nicht. Allerdings kann bei einer überlangen Verfahrensdauer aufgrund ineffizienter Verfahrensführung des Schiedsgerichts eine Ersetzung des Schiedsrichters gemäß Art. 16 in Betracht kommen.
E. Einzelerläuterungen I. Frist für die Übermittlung des Schiedsspruchs (Art. 37 Satz 1) Beginn der Frist. Die in Art. 37 Satz 1 normierte dreimonatige Regelfrist be- 6 ginnt mit der letzten mündlichen Verhandlung oder dem letzten zugelassenen Schriftsatz zu laufen, je nachdem, welches Ereignis das spätere ist. Anders als in der ICC-SchO differenziert Art. 37 Satz hierbei nicht zwischen einem Dreierschiedsgericht und einem Einzelschiedsrichter. Innerhalb der Frist vorzunehmende Verfahrenshandlungen. Für die Einhal- 7 tung der Regelfrist reicht die Übermittlung des Entwurfs des Schiedsspruchs an die DIS zur Durchsicht gemäß Art. 39.3 aus. Die Frist umfasst daher weder den Erlass des Schiedsspruchs (anders als die Frist für den Erlass des Schiedsspruchs in beschleunigten Verfahren gemäß Art. 1 Anlage 4) noch die Übermittlung desselben an die Parteien. Verfahrensmanagement. Im Rahmen der stets zu beachtenden Grundsätze der 8 Gleichbehandlung und des rechtlichen Gehörs (Art. 21.1, vgl. auch § 1042 Abs. 1 ZPO) kann das Schiedsgericht auf zahlreiche Möglichkeiten zurückgreifen, um das Verfahren proaktiv und damit zeit- und kosteneffizient zu führen. Beispiele für Verfahrensmanagementtechniken finden sich in der Anlage 3, wie etwa die Begrenzung des Umfangs und der Anzahl der Schriftsätze sowie etwaiger schriftlicher Zeugenaussagen und von den Parteien vorgelegter Sachverständigengutachten, die Durchführung nur einer mündlichen Verhandlung, einschließlich einer etwaigen Beweisaufnahme und die Aufteilung des Schiedsverfahrens in mehrere Phasen. Diese Verfahrensmanagementtechniken können selbstverständlich auch von den Parteien entweder schon im Rahmen der Schiedsvereinbarung vertraglich implementiert oder in der Verfahrenskonferenz nach Konstituierung des Schiedsgerichts oder auch zu einem späteren Zeitpunkt im Schiedsverfahren vereinbart werden. Abweichung von der Regelfrist. Übermittelt das Schiedsgericht den Schieds- 9 spruch nicht innerhalb der Regelfrist an die DIS, wird das Case Management Team der DIS in regelmäßigen Abständen beim Schiedsgericht nachfragen, wann mit der Übermittlung des Entwurfs zu rechnen ist. Eine Fristverlängerung durch die DIS gemäß Art. 4.9, sei es aus eigener Initiative der DIS oder auf Antrag des Schiedsgerichts, ist zwar theoretisch denkbar (vgl. zu dieser Möglichkeit Happ in DIS Article by Article Commentary, Art. 37 Rz. 6), dürfte aber in der Praxis kaum vorkommen. So kann die DIS sämtliche Gründe, die für eine solche Verlängerung der Regelfrist sprechen könnten, auch bei der Festsetzung und ggf. Manner
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Art. 37 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens Kürzung der Schiedsrichterhonorare berücksichtigen. Jedenfalls ist davon auszugehen, dass die DIS die Regelfrist nur zurückhaltend verlängern würde, um so einen gewissen Druck auf das Schiedsgericht auszuüben und ein möglichst zeitnahes Verfahrensende durch Erlass eines Endschiedsspruchs zu erreichen.
II. Rechtsfolgen bei Verfahrensverzögerungen durch das Schiedsgericht (Art. 37 Satz 2 und Satz 3) 10 Berücksichtigung bei der Honorarfestsetzung. Gelingt es dem Schiedsgericht
nicht, den Schiedsspruch innerhalb der Regelfrist des Art. 37 Satz 1 an die DIS zu übermitteln, kann der DIS-Rat nach Anhörung des Schiedsgerichts und unter Berücksichtigung der Umstände des Falles (Art. 37 Satz 3) das gemäß der zu Beginn des Schiedsverfahrens geltenden Kostenordnung (Anlage 2) berechnete Honorar einzelner oder mehrerer Schiedsrichter herabsetzen (Art. 37 Satz 2). Die Honorarkürzung eines einzelnen Schiedsrichters in einem Dreierschiedsgericht dürfte schon im Hinblick auf das Beratungsgeheimnis und die oftmals fehlende Kenntnis über die konkreten Ursachen der Verzögerung nur bei außergewöhnlichen Umständen in Betracht kommen, etwa wenn ein Schiedsrichter die Mitarbeit an den Beratungen und der Niederschrift des Schiedsspruchs verweigert und der Schiedsspruch auch nicht mit Stimmenmehrheit (z.B. aufgrund ausdrücklicher Parteivereinbarung) finalisiert werden kann. Ab welcher Verzögerung und in welchem konkreten Umfang eine Honorarkürzung in Betracht kommt, regelt die DIS-SchO nicht und wurde von der DIS bislang auch nicht kommuniziert. Eine Kürzung dürfte jedoch denklogisch umso höher ausfallen, je länger das Schiedsgericht für die Abfassung des Schiedsspruchs benötigt (ähnlich wie in ICC-Verfahren, für die die „ICC Note to Parties and Arbitral Tribunals on the Conduct of the Arbitration“ konkrete Anhaltspunkte für die Kürzung je nach Zeitpunkt der Vorlage des Entwurfs des Schiedsspruchs enthält). Keine Kürzung dürfte jedenfalls in solchen Fällen in Betracht kommen, in denen die Verzögerung allein Umständen zuzuschreiben ist, die nicht von den Schiedsrichtern zu vertreten sind, oder in denen außergewöhnliche Umstände vorliegen.
11 Ersetzung von Schiedsrichtern. Die Möglichkeiten der Parteien, sich gegen eine
Verfahrensverzögerung durch einen oder mehrere Schiedsrichter zur Wehr zu setzen, sind beschränkt. Tritt der betroffene Schiedsrichter nicht aus freien Stücken zurück (Art. 16.1 (ii)) oder können sich die Parteien nicht auf die Beendigung seines Amtes verständigen (Art. 16.1 (v)), so kann der DIS-Rat von sich aus einen Schiedsrichter nur dann ersetzen, wenn er feststellt, dass dieser Schiedsrichter seine Aufgaben gemäß der DIS-SchO nicht erfüllt oder außerstande ist oder sein wird, diese in Zukunft zu erfüllen (Art. 16.1 (iv), 16.2 i.V.m. Art. 9 Anlage 1). Der bloße Umstand, dass die hohe Arbeitsbelastung eines Schiedsrichters zu einer Verzögerung des Schiedsverfahrens führt, dürfte insoweit nicht ausreichend sein. Ein Ablehnungsantrag (Art. 15) gegen einen oder mehrere Schiedsrichter wegen ungebührlicher Verzögerung der Erfüllung schiedsrichterlicher Pflichten dürfte regelmäßig daran scheitern, dass die Verfügbarkeit und Effizienz 1146
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Wirkung des Schiedsspruchs | Art. 38 DIS-SchO
nicht als Voraussetzung in Art. 9.1 genannt ist und von den Parteien nicht als spezifische Schiedsrichterpflicht vereinbart wird (vgl. jedoch zu § 10 der Schiedsordnung des Schiedsgerichts der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main, OLG Frankfurt/M. v. 15.10.2018 – 26 SchH 3/18, NJOZ 2019, 1127). Allerdings kann ein Schiedsgericht in Fällen, in denen die Verzögerungen erst am Ende des Verfahrens, d.h. bei der Beratung und Abfassung des Schiedsspruchs auftreten, auch ohne den betroffenen Schiedsrichter entscheiden und den Schiedsspruch mit Stimmenmehrheit fällen, soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben (Art. 14.2).
F. Abweichende Parteivereinbarungen Den Parteien steht es frei, in ihrer Schiedsvereinbarung oder im Laufe des 12 Schiedsverfahrens von der in Art. 37 Satz 1 bestimmten dreimonatigen Frist zur Übermittlung des Schiedsspruchs zur Durchsicht an die DIS durch Vereinbarung abzuweichen. In der Praxis dürften solche Vereinbarung jedoch eher die Ausnahme sein.
Artikel 38 Wirkung des Schiedsspruchs Der Schiedsspruch ist endgültig und hat unter den Parteien die Wirkung eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils. Regelungsschwerpunkte: Die Vorschrift stellt klar, dass die Wirkungen des Schiedsspruchs unter den Parteien denen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils entsprechen. → Rz. 1, 4 ff. Kostenaspekte: Die Nichtbefolgung eines Schiedsspruchs kann mit hohen Folgekosten, u.a. im Vollstreckbarerklärungs- sowie im Zwangsvollstreckungsverfahren verbunden sein. → Rz. 8–11 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu §§ 1054, 1055 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Anwendungsbereich . . . . . . . .
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E. Wirkungen des Schiedsspruchs; Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften I. Rechtskraftwirkung . . . . . . . . . II. Vollstreckbarkeit . . . . . . . . . . . F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Schmidt, Der Schiedsspruch, SchiedsVZ 2013, 32 ff.; Kremer/Weimann, Die Aufhebbarkeit von Schiedssprüchen, insbesondere Zwischen- oder Teilschiedssprüchen über den Anspruchsgrund – Widerspruch zu Prinzipien der Prozessökonomie?, SchiedsVZ 2007, 238 ff.; Schütze, Die gerichtliche Überprüfung von Entscheidungen des Schiedsgerichts, SchiedsVZ 2009, 241 ff.
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Art. 38 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens A. Normzweck 1 Art. 38 stellt klar, dass die Wirkungen des Schiedsspruchs unter den Parteien de-
nen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils entsprechen. Die Regelung zielt daher in erster Linie auf Rechtssicherheit zwischen den Parteien des DIS-Schiedsverfahrens ab.
B. Reform 2 Die Regelung in Art. 38 ist mit dem Wortlaut der Vorgängernorm in § 38 DIS-
SchO 1998 identisch und hat daher keine Änderungen erfahren.
C. Verhältnis zu §§ 1054, 1055 ZPO 3 Art. 38 ist im Zusammenhang mit § 1055 ZPO zu lesen, wonach „[d]er Schieds-
spruch […] unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils“ hat. Die wortgleiche Formulierung in Art. 38 hat daher bei einem DIS-Schiedsverfahren mit Schiedsort in Deutschland keine eigenständige Bedeutung. Art. 38 und § 1055 ZPO betreffen lediglich die materielle Rechtskraft (vgl. § 322 ZPO). Die formelle Rechtskraft von Schiedssprüchen ist Voraussetzung der materiellen Rechtskraft und tritt mit Erfüllung der Voraussetzungen in Art. 39.1, 39.4, 39.7 bzw. § 1054 Abs. 1–3 ZPO ein (vgl. dazu auch Wilske/Markert in BeckOK ZPO, § 1055 ZPO Rz. 1; zur Rechtskraftwirkung, s. unten Rz. 5 ff.).
D. Anwendungsbereich 4 Eine international anerkannte Definition des Begriffs Schiedsspruch existiert
nicht. Die DIS-SchO benennt – wenn auch nicht abschließend – nur den Endschiedsspruch (vgl. Art. 34.4, 39.2, 42.1 und Art. 1 Anlage 4) und den Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut (Art. 34.4, 39.1 (ii), 41) als mögliche Arten von Schiedssprüchen. Welche weiteren Entscheidungen des Schiedsgerichts ebenfalls als Schiedsspruch i.S.v. Art. 38 zu qualifizieren sind, richtet sich daher in erster Linie nach dem Recht am Schiedsort (lex loci arbitri). Bei Schiedsverfahren mit Schiedsort in Deutschland wird terminologisch typischerweise zwischen Endschiedssprüchen, Schiedssprüchen mit vereinbartem Wortlaut und Prozessschiedssprüchen sowie Teil- und Zwischenschiedssprüchen unterschieden. Während die ersten vier genannten Schiedsspruchsarten eine endgültige Entscheidung i.S.v. Art. 38 beinhalten (zur Qualifikation eines Prozessschiedsspruchs, mit dem sich das Schiedsgericht für unzuständig erklärt, als Endschiedsspruch, BGH, SchiedsVZ 2003, 39 [40], zur Rechtskraftfähigkeit eines Teilschiedsspruchs, z.B. über den Anspruchsgrund, vgl. Münch in MüKo.ZPO, § 1056 ZPO Rz. 12; Hanefeld/Nedden in Salger/Trittmann, § 20 Rz. 9), erzeugen Zwischenschiedssprüche (z.B. über die Verjährung eines Anspruchs) lediglich 1148
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Wirkung des Schiedsspruchs | Art. 38 DIS-SchO
eine gewisse Bindungswirkung für das Schiedsgericht im weiteren Verlauf des Verfahrens und erwachsen daher nicht in materielle Rechtskraft (Kremer/Weimann, SchiedsVZ 2007, 238 [240] m.w.N.). Für sie gilt Art. 38 daher nicht. Art. 38 gilt ferner nicht für die eigene Zuständigkeit bejahende sog. „Zwischenentscheide“ i.S.v. § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO. Diese können auf Antrag (außerhalb des Aufhebungsverfahrens nach § 1059 Abs. 1 ZPO) gerichtlich überprüft werden (§ 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Insoweit entsprechen die Wirkungen eines „Zwischenentscheids“ nicht denen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils.
E. Wirkungen des Schiedsspruchs; Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften I. Rechtskraftwirkung Aus der Gleichstellung der Wirkungen eines Schiedsspruchs mit den Wirkungen 5 eines rechtskräftigen Urteils eines staatlichen Gerichts (vgl. §§ 322 Abs. 1, 705 ZPO) folgt, dass auch Schiedssprüche in formelle und materielle Rechtskraft erwachsen. Die Rechtskraftwirkung des Schiedsspruchs wirkt dabei nur zwischen den Parteien des Schiedsverfahrens und ihren etwaigen Rechtsnachfolgern (so auch Hanefeld/Nedden in Salger/Trittmann, § 20 Rz. 90). Formelle Rechtskraft. Schiedssprüche können wie rechtskräftige Urteile nicht 6 mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden. Das Aufhebungsverfahren (§ 1059 ZPO) bietet insofern nur eine eingeschränkte Kontrollmöglichkeit durch die staatlichen Gerichte, als sich die Prüfung des inländischen Schiedsspruchs auf die Einhaltung bestimmter, aus Sicht der staatlichen Rechtsordnung unabdingbare Voraussetzungen beschränkt. So kann nach § 1059 Abs. 2 ZPO ein inländischer Schiedsspruch antragsgemäß nur aufgehoben werden, wenn entweder der Antragssteller einen der in § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a-d ZPO genannten Aufhebungsgründe begründet geltend macht oder das Gericht von sich aus feststellt, dass der Gegenstand des Streits nach deutschem Recht nicht schiedsfähig ist (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a ZPO) oder die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht (§ 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO). Materielle Rechtskraft. Ein staatliches Gericht oder ein anderes Schiedsgericht 7 kann nicht nochmals über einen durch Schiedsspruch bereits entschiedenen Anspruch befinden. Wenn also einem Prozess vor einem staatlichen Gericht oder einem anderen Schiedsgericht derselbe Streitgegenstand zu Grunde gelegt wird wie in einem vorangegangenen Schiedsverfahren, ist die Klage res iudicata und damit als unzulässig abzuweisen (OLG Karlsruhe v. 15.7.2008 – 17 U 79/07, SchiedsVZ 2008, 311 [312]; zum Streitgegenstandsbegriff vgl. ferner BGH v. 13.1.2009 – XI ZR 66/08, SchiedsVZ 2009, 122 [124], Tz. 16 f.). Die Verkennung der Grenzen der Rechtskraft stellt einen Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public i.S.v. § 1059 Abs. 2 ZPO dar (BGH v. 11.10.2018 – I ZB 9/18, SchiedsVZ 2019, 150 [151] Tz. 13 ff.). Manner
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Art. 38 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens II. Vollstreckbarkeit 8 Keine unmittelbare Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs. Anders als bei einem
Gerichtsurteil kann in Deutschland aus einem in- oder ausländischen Schiedsspruch, der zu einer Leistung oder Unterlassung verurteilt, nicht unmittelbar vollstreckt werden. Vollstreckungstitel ist erst dessen Vollstreckbarerklärung durch ein deutsches Gericht (§§ 794 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a ZPO, 1064 Abs. 2 ZPO). Eine Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs durch ein ausländisches Gericht stellt keinen tauglichen Vollstreckungstitel dar (sog. „Verbot der Doppelexequatur“). Dies gilt auch dann, wenn das Verfahrensrecht des Ausgangsstaates (wie z.B. in England und den USA) der sog. „doctrine of merger“ folgt, d.h. der Schiedsspruch in der nachfolgenden Exequaturentscheidung eines staatlichen Gerichts vollständig aufgeht (BGH v. 2.7.2009 – IX ZR 152/06, SchiedsVZ 2009, 285 m. Anm. Plaßmeier, SchiedsVZ 2010, 82).
9 Geltendmachung von Aufhebungs- bzw. Anerkennungsversagungsgründen im
Vollstreckbarerklärungsverfahren. Der Antragsgegner kann im Rahmen eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens eines inländischen Schiedsspruchs die in § 1059 Abs. 2 ZPO genannten Aufhebungsgründe geltend machen (§ 1060 ZPO). Liegt einer der in § 1059 Abs. 2 ZPO genannten Aufhebungsgründe vor, ist der Antrag auf Vollstreckbarerklärung unter Aufhebung des inländischen Schiedsspruchs abzulehnen (§ 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Bei einem Vollstreckbarerklärungsverfahren eines ausländischen Schiedsspruchs kann sich der Antragsgegner auf die in Art. V UNÜ (bzw. Art. IX EuÜ) genannten Anerkennungsversagungsgründe berufen (§ 1061 ZPO, zum Verhältnis zwischen Art. V UNÜ und Art. IX EuÜ vgl. Art. IX Abs. 2 EuÜ).
10 Geltendmachung von materiellen Einwendungen. Aus Gründen der Verfah-
renskonzentration können im Vollstreckbarerklärungsverfahren darüber hinaus auch materielle Einwendungen gegen den in- oder ausländischen Schiedsspruch unter Berücksichtigung von § 767 Abs. 2 ZPO geltend gemacht werden (BGH v. 8.11.2007 – III ZB 95/06, NJW-RR 2008, 659 [661 f.]; BGH v. 30.9. 2010 – III ZB 57/10, SchiedsVZ 2010, 330 [331], Tz. 8). Unterliegt der jeweilige materielle Einwand seinerseits einer gesonderten Schiedsvereinbarung, so kann das staatliche Gericht ihn im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht berücksichtigen (OLG München v. 22.2.2006 – 34 Sch 2/06, SchiedsVZ 2006, 165 f.). Das für die Vollstreckbarerklärung zuständige Gericht ist hierbei nicht an die Entscheidung des Schiedsgerichts über das Bestehen oder Nichtbestehen einer gesonderten Schiedsvereinbarung gebunden (KG, SchiedsVZ 2011, 285 mit Anm. Spetzler, 287 ff.).
11 Grundzüge der Zwangsvollstreckung aus dem für vollstreckbar erklärten
Schiedsspruch. Die Zwangsvollstreckung aus dem für vollstreckbar erklärten Schiedsspruch erfolgt unabhängig vom rechtlichen Bestand der Ansprüche. Inhalt und Umfang des Rechts auf Vollstreckung müssen jedoch bestimmt oder bestimmbar bezeichnet sein. Ein Zahlungsanspruch ist bestimmt, wenn er betragsmäßig festgelegt ist oder sich ohne weiteres errechnen lässt (vgl. BGH v. 24.8.2016 1150
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Manner
Wirkung des Schiedsspruchs | Art. 38 DIS-SchO
– XII ZB 84/13, NZFam 2016, 1186 [1191], Tz. 39; BGH v. 7.12.2005 – XII ZR 94/03, NJW 2006, 695 [697]; BGH v. 30.6.1983 – V ZB 20/82, NJW 1983, 2262 m.w.N.). Wenn die Fassung des Tenors Anlass zu Zweifeln gibt, muss der wahre Sinn der Urteilsformel durch Auslegung festgestellt werden (BGH v. 4.3.1993 – IX ZB 55/92, BGHZ 122, 16 [17 f.] = NJW 1993, 1801). Die Feststellung des Inhalts eines nicht klaren Vollstreckungstitels durch Auslegung erfolgt durch das Vollstreckungsorgan (Gerichtsvollzieher bzw. Vollstreckungsgericht). Im Rahmen der Auslegung einer Urteilsformel können dabei auch die Entscheidungsgründe des Schiedsspruchs herangezogen werden (BGH v. 4.3.1993 – IX ZB 55/92, BGHZ 122, 16 [18] = NJW 1993, 1801; BGH v. 14.10.1999 – I ZR 117/97, BGHZ 142, 388 [391] = NJW 2000, 2207; zur Zulässigkeit der Konkretisierung eines ausländischen Titels vgl. BGH v. 30.11.2011 – III ZB 19/11, SchiedsVZ 2012, 41). Wenn ein Tenor so unbestimmt oder widerspruchsvoll ist, dass auch durch Auslegung keine mit der Zwangsvollstreckung durchsetzbare bestimmte Verpflichtung festgestellt werden kann, ist der Titel mangels vollstreckungsfähigen Inhalts für die Zwangsvollstreckung ungeeignet.
F. Abweichende Parteivereinbarungen Den Parteien steht es frei, die Bindungs- bzw. Rechtskraftwirkung des Schieds- 12 spruchs vertraglich auszuschließen oder an bestimmte Modalitäten zu knüpfen. So können sich die Parteien bspw. darauf verständigen, dass der Schiedsspruch auflösend bedingt nur dann Wirkungen zeitigen soll, wenn keine der Parteien innerhalb einer bestimmten Frist eine Klage vor dem staatlichen Gericht einreicht (BGH v. 1.3.2007 – III ZB 7/06, SchiedsVZ 2007, 160 [162], Tz. 18 ff.). Die Parteien können auch erst nachträglich einem Schiedsspruch die Bindungswirkung aberkennen (Wagner, S. 711 ff.). Eine ausdrückliche Vereinbarung der Parteien, dass die Geltendmachung von Aufhebungs- bzw. Anerkennungsversagungsgründen gänzlich ausgeschlossen sein soll, kann nach bestimmten Schiedsverfahrensrechten bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen zu einem wirksamen Verzicht auf die Geltendmachung von Rechtsbehelfen führen (vgl. z.B. Art. 192 Abs. 1 des schweizerischen IPRG: „Hat keine der Parteien ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihren Sitz in der Schweiz, so können sie durch eine Erklärung in der Schiedsvereinbarung oder in einer späteren Übereinkunft Rechtsmittel gegen Schiedsentscheide vollständig oder teilweise ausschließen […].“; lediglich, wenn der Schiedsspruch durch eine Straftat erlangt wurde, ist, gleich was die Parteien vereinbart haben, seit 2021 die „Revision“ eröffnet (Art. 190a Abs. 1 Buchst. b IPRG). Nach deutschem Schiedsverfahrensrecht ist ein solch weit reichender Verzicht de lege lata nicht möglich.
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Art. 39 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens
Artikel 39 Inhalt, Form und Übermittlung des Schiedsspruchs 39.1 Jeder Schiedsspruch ist schriftlich zu verfassen. Im Schiedsspruch sind anzugeben: (i) die Namen und die Adressen der Parteien, etwaiger Verfahrensbevollmächtigter und der Schiedsrichter, (ii) die Entscheidung des Schiedsgerichts und ihre Begründung, sofern die Parteien nicht auf eine Begründung verzichtet haben oder es sich nicht um einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut gemäß Artikel 41 handelt, (iii) der Schiedsort und (iv) das Datum des Schiedsspruchs. 39.2 Im Endschiedsspruch hat das Schiedsgericht die Kosten des Schiedsverfahrens anzugeben und gemäß Artikel 33 über ihre Verteilung zu entscheiden. Die Höhe der Kosten gemäß Artikel 32 (i) und (iv) wird dem Schiedsgericht von der DIS mitgeteilt. 39.3 Das Schiedsgericht hat der DIS den Text des Schiedsspruchs zur Durchsicht zu übermitteln. Die DIS kann das Schiedsgericht auf mögliche formale Fehler hinweisen und andere unverbindliche Änderungsvorschläge unterbreiten. Das Schiedsgericht bleibt für den Inhalt des Schiedsspruchs allein verantwortlich. 39.4 Der Schiedsspruch ist von den Schiedsrichtern zu unterschreiben. Sofern ein Schiedsrichter nicht unterschreibt, ist der Grund hierfür im Schiedsspruch anzugeben. 39.5 Das Schiedsgericht hat der DIS so viele Originale des unterschriebenen Schiedsspruchs zu übermitteln, dass jede Partei und die DIS ein Exemplar erhalten. 39.6 Die DIS übermittelt jeder Partei ein Original des Schiedsspruchs, sofern sämtliche Kostensicherheiten und Bearbeitungsgebühren der DIS vollständig bezahlt worden sind. Artikel 4.6 und 4.7 gelten entsprechend. 39.7 Der Schiedsspruch gilt als erlassen an dem im Schiedsspruch angegebenen Schiedsort und zu dem im Schiedsspruch angegebenen Datum. Regelungsschwerpunkte: Art. 39.1, Art. 39.2 und Art. 39.4 regeln die Anforderungen an die Form und den Inhalt des Schiedsspruchs. Insbesondere sind Schiedssprüche mit Blick auf die sich im Tenor befindlichen Entscheidungen zu begründen. Im Endschiedsspruch hat das Schiedsgericht auch die Kosten des Schiedsverfahrens anzugeben und über ihre Verteilung zu entscheiden. → Rz. 8–17; Art. 39.3 räumt der DIS die Möglichkeit ein, den Schiedsspruch auf formale Fehler zu überprüfen und entsprechende Änderungen vorzuschlagen. → Rz. 18–25; Art. 39.5 und Art. 39.6 regeln die Übermittlung des Schiedsspruchs an die DIS und die Parteien. → Rz. 26–28; Art. 39.7 dient der Rechtssicherheit hinsichtlich der Frage, an welchem Schiedsort und an welchem Tag ein Schiedsspruch erlassen wird. → Rz. 13
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Inhalt, Form und Übermittlung des Schiedsspruchs | Art. 39 DIS-SchO A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu §§ 1054, 1057 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . I. Form und Inhalt des Schiedsspruchs (Art. 39.1, Art. 39.2, Art. 39.4, Art. 39.7) . . . . . . . . . .
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II. Durchsicht des Schiedsspruchentwurfs durch die DIS (Art. 39.3) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anwendungsbereich . . . . . . . . 3. Umfang der Prüfung . . . . . . . 4. Häufige Fehlerquellen im Schiedsspruch . . . . . . . . . . . . III. Übermittlung des Schiedsspruchs (Art. 39.5, Art. 39.6) . .
. . . . . .
F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Bartels, Geheimnisverrat des Dissenters im schiedsrichterlichen Verfahren?, SchiedsVZ 2014, 133 ff.; Escher, Die Dissenting Opinion im deutschen Handelsschiedsverfahren – Fear of the Unknown, SchiedsVZ 2018, 219 ff.; Hochstrasser/Sunaric, Dissenting Opinion – Weder Ärgernis noch Torheit, SchiedsVZ 2021, 35 ff.; Mayer, Must Justice be a Goal for the Arbitrator?, Arbitration International, Vol. 37 Issue 2, S. 503 ff.; Nedden/Büstgens, Die Beratung des Schiedsgerichts – Konfliktpotential und Lösungswege, SchiedsVZ 2015, 169 ff.; Sessler/Ruß, Dissenting Opinion – Aufhebungsgrund oder bloßes Ärgernis?, SchiedsVZ 2020, 201 ff.; Schroeder/Asschenfeldt, Zur (Un-)Zulässigkeit einer Dissenting Opinion in Schiedssprüchen nach deutschem Schiedsverfahrensrecht, ZIP 2020, 1847 ff.; Wilske, Abweichende Meinung zur dissenting opinion in internationalen Schiedsverfahren, in FS Schütze (2014), S. 729 ff.
A. Normzweck Die Regelung verfolgt verschiedene Zwecke. Durch die Beachtung der Mindest- 1 anforderungen an die Form und den Inhalt des Schiedsspruchs in Art. 39.1, 39.2 und Art. 39.4 und die informelle Überprüfung des Schiedsspruchentwurfs durch die DIS nach Art. 39.3 soll sichergestellt werden, dass den Parteien mit Erlass des Schiedsspruchs eine rechtskräftige Entscheidung zur Verfügung steht und Klarheit darüber besteht, welche Partei in welcher Höhe am Ende des Schiedsverfahrens die Kosten zu tragen hat. Anders als ein Urteil eines staatlichen Gerichts (§§ 704, 300 ff. ZPO) stellt der Schiedsspruch selbst jedoch noch keinen Vollstreckungstitel dar. Für die zwangsweise Durchsetzung eines Schiedsspruchs bedarf es vielmehr noch einer Vollstreckbarerklärung durch ein staatliches Gericht (vgl. §§ 794 Abs. 1 Nr. 4a, 1060 ff. ZPO). Dies gilt gleichermaßen für inländische (§ 1060 ZPO) wie für ausländische Schiedssprüche (§ 1061 ZPO). Das Begründungserfordernis in Art. 39.1 Satz 2 (ii) zielt darauf ab, dass die Par- 2 teien die Entscheidung im Tenor des Schiedsspruchs nachvollziehen können. Die Übermittlung des Schiedsspruchs durch die DIS gemäß Art. 39.6 bezweckt die Bekanntgabe des Schiedsspruchs an die Parteien und damit die Möglichkeit zur Kenntnisnahme vom Inhalt der schiedsrichterlichen Entscheidung. SchließManner
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Art. 39 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens lich dient Art. 39.7 der Rechtssicherheit hinsichtlich der Frage, an welchem Schiedsort und Tag ein Schiedsspruch erlassen wird.
B. Reform 3 Art. 39 vereint die früheren Regelungen in §§ 34, 35 und 36 DIS-SchO 1998. Bis
auf die Regelungen in Art. 39.3 (Durchsicht des Schiedsspruchs durch die DIS zur Sicherung der formalen Qualität des Schiedsspruchs) und Art. 39.7 (Fiktion des Erlasses des Schiedsspruchs am Ort des Schiedsverfahrens und zum angegebenen Datum) sind die Regelungen inhaltlich gleichgeblieben und haben nur redaktionelle Änderungen erfahren.
C. Verhältnis zu §§ 1054, 1057 ZPO 4 Die Regelungen in Art. 39.1, 39.4, 39.7 sind weitgehend identisch mit den zwin-
genden Regelungen in § 1054 Abs. 1–3 ZPO (Art. 31 Abs. 1–3 UNCITRALModG). Art. 39.1 Satz 2 (i) enthält darüber hinaus eine im Hinblick auf ggf. erforderliche Maßnahmen der Zwangsvollstreckung sinnvolle Präzisierung bezüglich des Inhalts des Schiedsspruchs, die in den §§ 1025 ff. ZPO nicht enthalten ist.
5 Art. 39.2 und Art. 33 regeln die Kostenentscheidungen des Schiedsgerichts ab-
schließend. Für die dispositive Vorschrift des § 1057 ZPO bleibt daher kein Raum. Eine der in Art. 39.3 vorgesehenen Überprüfung des Schiedsspruchs durch die DIS entsprechende Regelung findet sich in den §§ 1025 ff. ZPO nicht.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 6 Die Vorschrift findet (mit Ausnahme von Art. 39.3) ihr Pendant in den §§ 313–
317 ZPO, die jedoch sowohl hinsichtlich der Form als auch des Inhalts eines Gerichtsurteils deutlich detailliertere Regelungen enthalten (zum Vergleich der Kostenentscheidungen in Schiedsverfahren und in staatlichen Verfahren, vgl. Art. 33 Rz. 4 f.).
7 In staatlichen Verfahren erfolgt die (förmliche) Bekanntgabe eines Schriftstückes
(nicht notwendigerweise eines Urteils) im Wege der Zustellung. In der Regel erfolgt die Zustellung von Amts wegen. Zustellungen im Inland folgen den Regelungen der §§ 166 ff. ZPO. Zustellungen in das EU-Ausland richten sich nach der EuZustVO und sonstige Auslandszustellungen nach dem HZÜ.
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Inhalt, Form und Übermittlung des Schiedsspruchs | Art. 39 DIS-SchO
E. Einzelerläuterung I. Form und Inhalt des Schiedsspruchs (Art. 39.1, Art. 39.2, Art. 39.4, Art. 39.7) Schriftform. Der Schiedsspruch ist schriftlich zu erlassen (Art. 39.1 Satz 1). Die- 8 ses Formerfordernis gilt nicht nur für Endschiedssprüche, sondern für alle Arten von Schiedssprüchen, wie z.B. den Teil- oder den Zwischenschiedsspruch (zu den verschiedenen Arten von Schiedssprüchen, vgl. Art. 38 Rz. 4). Eine alleinige Verkündung des Schiedsspruchs in elektronischer Form oder lediglich mündlich (z.B. in einer mündlichen Verhandlung) ist nicht möglich. Die Parteien können jedoch vereinbaren, dass der Schiedsspruch den Parteien vorab per E-Mail übermittelt werden soll. Mangels Parteivereinbarung dürfte wegen des besonders hervorgehobenen Erfordernisses des „Unterschreibens“ in Art. 39.4 DIS-SchO und § 1054 Abs. 1 ZPO die Erteilung in elektronischer Form (§ 126a BGB) noch ausgeschlossen sein. Rubrum. Der Schiedsspruch hat die Namen und Adressen der Parteien des 9 schiedsrichterlichen Verfahrens, etwaiger Verfahrensbevollmächtiger und der Schiedsrichter zu enthalten (Art. 39.1 Satz 2 (i)). Gerade die vollständige (und von den Parteien korrekt angegebene) Bezeichnung der Parteien ist im Hinblick auf nachfolgende Vollstreckungsmaßnahmen von hoher praktischer Relevanz (zur Aufklärung der Identität einer Partei im Vollstreckbarerklärungsverfahren, vgl. OLG München v. 19.11.2012 – 34 Sch 7/11, SchiedsVZ 2013, 62, [63 f.]). Im Einzelfall kann es sich auch anbieten, auf eine Angabe der Handelsregisternummer der Beklagtenpartei (falls vorhanden) im Schiedsspruch hinzuwirken, um im Falle späterer (ggf. auch gezielt vorgenommener) Firmenänderungen den richtigen Vollstreckungsschuldner ausfindig machen zu können. Begründung. Der Schiedsspruch ist zu begründen (Art. 39.1 Satz 2 (ii)), soweit 10 die Parteien nichts anderes vereinbart haben (vgl. Rz. 29) oder es sich um einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut i.S.d. Art. 41 handelt. Dies gilt auch dann, wenn die Parteien das Schiedsgericht ausnahmsweise dazu ermächtigt haben sollten, die Sache als amiable compositeur bzw. ex aequo et bono zu entscheiden. Mit welcher Tiefe ein Schiedsspruch zu begründen ist, geht aus der Regelung in Art. 39.1 Satz 2 (ii) nicht hervor. Eine Begründung sollte jedoch zumindest eine Nachvollziehbarkeit und Erläuterung einer jeden Entscheidung im Tenor des Schiedsspruchs enthalten und sich idealiter auch so mit den wesentlichen Argumenten der Parteien auseinandersetzen, dass – insb. für die unterlegene Partei – nachvollziehbar ist, warum sie mit ihrem Sach- und/oder Rechtsvortrag nicht durchgedrungen ist. Dies ist auch ratsam, um in einem eventuellen späteren Aufhebungsverfahren dem Vorwurf vorzubeugen, das Schiedsgericht habe wesentliches Vorbringen einer Partei unberücksichtigt gelassen und daher ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (vgl. dazu zuletzt BGH v. 18.7.2019 – I ZB 90/18, SchiedsVZ 2020, 46 [47]; BGH v. 7.6.2018 – I ZB 70/17, SchiedsVZ 2018, 318 [319]). Aus demselben Grund ist vor Erlass des Schiedsspruchs sicherManner
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Art. 39 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens zustellen, dass die getroffene Entscheidung nicht als für die Parteien überraschend angesehen werden kann, weil sie bspw. ohne entsprechenden vorherigen Hinweis auf eine selten vertretene Rechtsansicht oder auf von den Parteien in ihrem Vortrag nicht in Bezug genommene Rechtsprechung, Rechtsnormen oder Rechtsprinzipien gestützt wird. Die Entscheidungsgründe können zudem einen entscheidenden Einfluss auf die Beantwortung der Frage haben, ob der Schiedsspruch einen oder mehrere mit der Zwangsvollstreckung durchsetzbare Ansprüche ausweist. Ist dies nicht der Fall, d.h. ist ein Tenor auch unter Berücksichtigung der Entscheidungsgründe zu unbestimmt und widersprüchlich, ist der Schiedsspruch mangels vollstreckungsfähigen Inhalts für die Zwangsvollstreckung ungeeignet. 11 Vorfragen, die bereits Gegenstand von prozessleitenden Verfügungen waren.
Gelegentlich kommt es vor, dass Schiedsgerichte aus Gründen der Verfahrensökonomie bestimmte für die Entscheidung erhebliche Vorfragen bereits in einem frühen Verfahrensstadium entscheiden wollen. Mitunter geschieht dies nicht zuletzt aus Effizienzgründen in Form einer prozessleitenden Verfügung. Zwar müssen alle Entscheidungen, mit denen die Streitigkeit zwischen den Parteien auch nur teilweise endgültig entschieden werden soll, in Form eines Schiedsspruchs ergehen – dem steht aber nicht entgegen, dass das Schiedsgericht bestimmte für die Entscheidung erhebliche Vorfragen bereits frühzeitig zum Gegenstand einer prozessleitenden Verfügung macht. In einem solchen Fall sollte das Schiedsgericht allerdings klarstellen, dass die endgültige Entscheidung über diese Frage einem Schiedsspruch vorbehalten bleibt, und es sollte diese Entscheidung im Schiedsspruch dann auch endgültig treffen und erneut begründen. Wenn sich das Schiedsgericht bereits in einer prozessleitenden Verfügung etwa mit der Frage des anwendbaren Rechts auseinandergesetzt hat, sollte es die Entscheidung zum anwendbaren Recht im Hinblick auf Art. 39.1 Satz 2 (i) im Schiedsspruch erneut begründen.
12 Ort und Datum des Schiedsspruchs. Im Schiedsspruch ist der von den Parteien
vereinbarte oder vom Schiedsgericht nach Art. 22.1 bestimmte Schiedsort (Art. 39.1 Satz 2 (iii)) und das Datum des Schiedsspruchs, an dem er erlassen wurde, anzugeben (Art. 39.1 Satz 2 (iv)). Im Falle eines Dreierschiedsgerichts ist dies das Datum der letzten Unterschrift.
13 Die in Art. 39.7 normierte Fiktion, dass der Schiedsspruch an dem angegebenen
Tag und Schiedsort als erlassen gilt, dient der Rechtssicherheit. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass sich ein Schiedsgericht an jedem ihm geeignet erscheinenden Ort beraten kann und Schiedssprüche in aller Regel nicht gleichzeitig, sondern nacheinander und an unterschiedlichen Tagen und Orten (durch Zirkulierung des Schiedsspruchs) unterschrieben werden. Die Fiktion, dass der Schiedsspruch an dem im Schiedsspruch genannten Schiedsort als erlassen gilt, legt fest, ob es sich um einen in- oder ausländischen Schiedsspruch handelt (vgl. § 1025 ZPO), welches Gericht für die Überprüfung desselben innerhalb welcher Fristen anzurufen ist (§§ 1059 Abs. 3, 1062 ZPO) und nach welchen Vorschriften diese Überprüfung zu erfolgen hat (vgl. §§ 1059–1061 ZPO). 1156
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Inhalt, Form und Übermittlung des Schiedsspruchs | Art. 39 DIS-SchO
Kostenentscheidung. Im Endschiedsspruch hat das Schiedsgericht nach Art. 39.2 14 die Kosten des Schiedsverfahrens anzugeben (zu den möglichen Kosten des Schiedsverfahrens, vgl. Art. 32 Rz. 6 ff.) und gemäß Art. 33 über ihre Verteilung zu entscheiden (vgl. dazu Art. 33 Rz. 10 f.). Das Schiedsgericht ist aber nicht erst bei Beendigung des Schiedsverfahrens, sondern gemäß Art. 33.1 jederzeit, d.h. während des gesamten Schiedsverfahrens zu Kostenentscheidungen und Zahlungsanordnungen befugt (vgl. dazu Art. 33 Rz. 6 ff.). Die Entscheidung über die Honorare und Auslagen der Schiedsrichter und die Bearbeitungsgebühren der DIS ist jedoch während der gesamten Dauer des Verfahrens der DIS vorbehalten (Art. 33.1 Satz 3, Art. 32 (i) und Art. 32 (iv)). Entsprechend teilt die DIS die Höhe dieser Kosten gemäß Art. 39.2 Satz 2 erst am Ende des Verfahrens zur Berücksichtigung im Endschiedsspruch mit (vgl. dazu Art. 32 Rz. 7; Art. 33 Rz. 9). In vielen Fällen wird daher der zur Durchsicht an die DIS übermittelte Entwurf des Schiedsspruchs in diesem Punkt noch unvollständig und nach Erhalt der Mitteilung über die Kosten vom Schiedsgericht zu vervollständigen sein. Sonstige Angaben. Über die in Art. 39 normierten Mindestanforderungen hi- 15 naus ist es übliche Praxis, dass ein Schiedsspruch die Wiedergabe der Schiedsvereinbarung (und ggf. auch der Rechtswahlklausel), Ausführungen zum Verlauf des Schiedsverfahrens sowie zu dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt und den diesbezüglichen Vorträgen der Parteien nebst Anträgen enthält. Durch die Wiedergabe des Sachverhalts wird der Streitstoff, der der Entscheidung in tatsächlicher Hinsicht zugrunde liegt, verdeutlicht und damit der Ausgangspunkt für die Festlegung der objektiven Entscheidungsreichweite klargestellt. Diese ist letztlich maßgeblich für die Bestimmung der materiellen Rechtskraftwirkung des Schiedsspruchs. Darüber ist im Hinblick auf spätere ggf. erforderliche Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Tenor der Entscheidung (Urteilsformel) anzugeben. Das Schiedsgericht darf den Parteien insoweit nicht mehr zusprechen, als beantragt worden ist (ne ultra petita) (vgl. zum Ganzen auch Hanefeld/Nedden in Salger/Trittmann, § 20 Rz. 48). Unterschrift. Nach Art. 39.4 Satz 1 ist der Schiedsspruch von den Schiedsrich- 16 tern zu unterschreiben. Die Unterschrift ist grds. von allen Mitgliedern des Schiedsgerichts zu leisten. Unterschrieben werden muss persönlich und eigenhändig; eine Unterschrift durch einen Vertreter (sei es mit eigenem Namen oder mit dem Namen des vertretenen Schiedsrichters) genügt nicht (vgl. OLG München v. 25.2.2013 – 34 Sch 12/12, SchiedsVZ 2013, 230). Besteht das Schiedsgericht aus mehr als einem Schiedsrichter, genügen ausnahmsweise die Unterschriften der Mehrheit der Mitglieder des Schiedsgerichts, sofern der Grund für eine fehlende Unterschrift (z.B. aufgrund einer längeren Abwesenheit oder Krankheit oder in Folge einer Abstimmungsverweigerung) angegeben wird (Art. 39.4 Satz 2) (vgl. dazu auch OLG München v. 2.3.2011 – 34 Sch 6/11, BeckRS 2011, 17864 unter 3.a) bb). Jedenfalls dann, wenn die Parteien damit einverstanden sind, müssen die Schiedsrichter nicht alle auf derselben Seite unterschrieben (vgl. auch OLG München v. 25.2.2013 – 34 Sch 12/12, SchiedsVZ 2013, 230 [234], wonach die urkundsabschließende Unterschrift der Schiedsrichter auf unManner
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Art. 39 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens terschiedlichen Unterschriftenseiten für die formelle Wirksamkeit des Schiedsspruchs unschädlich ist). Im Falle eines Dreierschiedsgerichts ist es daher bei Vorliegen einer entsprechenden Parteivereinbarung nicht zwingend erforderlich, ein und dieselbe Unterschriftenseite innerhalb des Schiedsgerichts zirkulieren zu lassen. Um Zeit zu sparen, können etwa die Mitschiedsrichter eine Kopie der Unterschriftenseite in erforderlicher Anzahl unterschreiben und dem Vorsitzenden übersenden, der diese dann zusammenfügt. In diesem Fall empfiehlt es sich, die einzelnen Unterschriften nicht gesondert zu datieren, sondern dass die Unterschriftenseite lediglich ein Datum, mithin das Datum der letzten Unterschrift enthält. Die Schiedsrichter sollten sich zudem vergewissern, wie viele Originale des Schiedsspruchs und somit der Unterschriftenseite benötigt werden. Zur elektronischen Form des § 126a BGB s. Rz. 8. 17 Sondervotum (dissenting opinion). Bisweilen kommt es vor, dass ein Mitglied
des Schiedsgerichts seine von der Stimmenmehrheit abweichende Auffassung in einem Sondervotum (sog. „dissenting opinion“ oder – wenn der Mehrheit zwar im Ergebnis, aber nicht in der Begründung gefolgt wird – „concurring opinion“) erläutern möchte. Sofern ein Mitglied des Schiedsgerichts nicht innerhalb des eigentlichen Schiedsspruchs Ausführungen zu seiner abweichenden Meinung macht oder im Schiedsspruch lediglich vermerkt wird, dass einzelne Begründungsstränge oder Entscheidungen nicht einstimmig erfolgt sind, besteht das Sondervotum regelmäßig aus einem eigenständigen Dokument, ist jedoch nicht Bestandteil des Schiedsspruchs und damit auch nicht Gegenstand des Prüfungs(Art. 39.3), Berichtigungs- (Art. 40) und Aufhebungs- bzw. Vollstreckbarerklärungsverfahrens (§§ 1059 ff. ZPO, UNÜ) (vgl. dazu auch Art. 32 ICC-SchO Rz. 8). Die Zulässigkeit der Abgabe von Sondervoten nach deutschem Schiedsverfahrensrecht ist umstritten. Weder die DIS-SchO noch die §§ 1025 ff. ZPO enthalten hierzu eine Regelung (zum fehlenden Regelungsbedürfnis vgl. BT-Drucks. 13/5274, S. 56, unter Verweis darauf, dass ein Sondervotum unter dem früheren Schiedsverfahrensrecht überwiegend als zulässig erachtet wurde). Nach der wohl immer noch herrschenden Auffassung im Schrifttum ist ein Sondervotum nach deutschem Schiedsverfahrensrecht auch ohne Zustimmung der Parteien und der übrigen Schiedsrichter zulässig (vgl. Bartels, SchiedsVZ 2014, 133 [135]). Die Gegenauffassung, die jüngst durch ein obiter dictum des OLG Frankfurt am Main gestärkt wurde (OLG Frankfurt/M. v. 16.1.2020 – 26 Sch 14/18, BeckRS 2020, 4606, Tz. 206), verweist auf das auch im Schiedsverfahren geltende Beratungsgeheimnis (§ 43 DRiG), dem eine „besondere Bedeutung […] für den Schutz der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit der Schiedsrichter“ zukomme, „nicht zur Disposition der Parteien und/oder der Schiedsrichter“ stünde und deren Verletzung durch ein Sondervotum zur Aufhebung des Schiedsspruches nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b) ZPO wegen Verstoßes gegen den verfahrenrechtlichen ordre public führen könne (OLG Frankfurt/M. v. 16.1.2020 – 26 Sch 14/ 18, a.a.O.). Dieser Auffassung ist allerdings nicht zuzustimmen. Denn ein Sondervotum kann seinem Inhalt nach auch so gefasst werden, dass das Beratungsgeheimnis gewahrt bleibt (so auch Nedden/Büstgens, SchiedsVZ 2015, 169 [178], Escher, SchiedsVZ 2018, 219 [224]; a.A. Sessler/Ruß, SchiedsVZ 2020, 201 [204]). 1158
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Inhalt, Form und Übermittlung des Schiedsspruchs | Art. 39 DIS-SchO
Die bloße Tatsache und deren Offenlegung, dass ein Schiedsrichter anderer Auffassung ist, stellt keine Verletzung des Beratungsgeheimnisses (so auch Nedden/ Büstgens, SchiedsVZ 2015, 169 [178]; Hochstrasser/Sunaric, SchiedsVZ 2021, 35 [38]) und damit auch keinen Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public dar. Anders ist dies nur, wenn das Sondervotum Einblicke in den Ablauf der Beratung gewährt. Dieser Gefahr kann jedoch dadurch entgegnet werden, dass die übrigen Mitglieder des Schiedsgerichts vor Übermittlung eines Sondervotums an die Parteien sicherstellen, dass der abweichende Schiedsrichter eventuelle Bezugnahmen auf den Beratungsinhalt zuvor entfernt. Soll schon der Abgabe eines Sondervotums vorgebeugt werden, nicht zuletzt um im Lichte der Entscheidung des OLG Frankfurt am Main jedwedes Aufhebungsrisiko zu vermeiden, empfiehlt sich im Schiedsspruch die explizite sprachliche Kenntlichmachung der Entscheidung oder bestimmter Teile davon als mehrheitliche und nicht einstimmige. Üblicherweise wird in diesem Zusammenhang nicht offengelegt, welcher Schiedsrichter mit der entsprechenden Entscheidung nicht einverstanden war.
II. Durchsicht des Schiedsspruchentwurfs durch die DIS (Art. 39.3) 1. Überblick Im Vergleich zu anderen Schiedsinstitutionen, insb. zur ICC, nimmt die DIS nach 18 wie vor eine eher passive Rolle in Bezug auf die Prüfung von Schiedsspruchentwürfen vor. Die in Art. 39.3 vorgesehene Durchsicht von Schiedsspruchentwürfen seitens der DIS hat lediglich informellen Charakter. Die DIS genehmigt keine Schiedssprüche (anders als der Gerichtshof in ICC-Schiedsverfahren). Die Prüfung ist vielmehr summarischer Natur (ähnlich wie bei der informellen Vorabprüfung des Entwurfs eines ICC-Schiedsspruchs durch das Sekretariat, vgl. Art. 34 ICC-SchO Rz. 17), und das Schiedsgericht bleibt für den Inhalt des Schiedsspruchs allein verantwortlich (Art. 39.3 Satz 3). Gleichwohl dient die Durchsicht der Qualitätskontrolle, vermeidet regelmäßig einen Antrag auf Berichtigung, Ergänzung oder Auslegung des Schiedsspruchs nach Art. 40 und dient somit nicht zuletzt auch der Sicherstellung der Vollstreckbarbarkeit des Schiedsspruchs. 2. Anwendungsbereich Die Verpflichtung des Schiedsgerichts, vor Unterzeichnung eines Schiedsspruchs 19 der DIS einen Entwurf vorzulegen (Art. 39.3 Satz 1) findet auf alle Arten von Schiedssprüchen (u.a. End-, Teil- oder Zwischenschiedssprüche) Anwendung (zu den verschiedenen Arten von Schiedssprüchen, vgl. Art. 38 Rz. 4). Dies gilt unabhängig davon, ob der betreffende Schiedsspruch vom Schiedsgericht ausdrücklich auch als solcher bezeichnet wird (zur Abgrenzung von Schiedssprüchen zu anderen Entscheidungsformen, vgl. Schmidt, SchiedsVZ 2013, 32 ff.). Unter die Vorschrift fallen auch Schiedssprüche mit vereinbartem Wortlaut nach Art. 41, Zwischenentscheidungen des Schiedsgerichts zum anwendbaren Recht oder zum Anspruchsgrund (sog. „Zwischenschiedsspruch“) sowie (zumindest in entManner
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Art. 39 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens sprechender Anwendung) die eigene Zuständigkeit bejahende sog. „Zwischenentscheide“ i.S.v. § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO (vgl. Art. 38 Rz. 4). Gemäß Art. 40.6 findet Art. 39.3 auf Entscheidungen, die ein Schiedsgericht in Folge eines Antrags auf Berichtigung, Ergänzung oder Auslegung des Schiedsspruchs gemäß Art. 40.1 und Art. 40.2 entworfen hat, entsprechende Anwendung. Nicht anwendbar ist Art. 39.3 hingegen auf verfahrensleitende Verfügungen sowie auf Beendigungsbeschlüsse des Schiedsgerichts nach Art. 42.2. 3. Umfang der Prüfung 20 Die Prüfung von Schiedsspruchentwürfen beschränkt sich auf Hinweise auf
mögliche formale Fehler u.a. unverbindliche Änderungsvorschläge (Satz 2). Die DIS kann daher weder hinsichtlich der Form noch in Bezug auf den sachlichen Inhalt eines Schiedsspruchs Änderungen verbindlich vorschreiben. Die Entscheidungsfreiheit des Schiedsgerichts wird durch die Prüfung nicht berührt. Unter mögliche formale Fehler fallen gemeinhin Aspekte wie Schreib- und Rechenfehler sowie die Angabe der Verfahrensbeteiligten (Satz 1 (i)), des Schiedsorts (Satz 1 (iii)) und des Datums des Schiedsspruchs (Satz 1 (iv)). Ferner zählen hierzu z.B. die Bezeichnung des Schiedsspruchs als Zwischen-, Teil- oder Endschiedsspruch bzw. als Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut, die Angabe der jeweils geltenden Fassung der DIS-SchO, die Wiedergabe des gesamten Wortlauts der Schieds- und Rechtswahlvereinbarung(en), die Zusammenfassung des Verfahrensverlaufs und die Beschreibung der Konstituierung des Schiedsgerichts. Unverbindliche Änderungsvorschläge können sich auch auf den sachlichen Inhalt des Schiedsspruchentwurfs beziehen. Hierzu zählen insb. die Begründung des Schiedsspruchs (Satz 1 (ii)) sowie der Tenor des Schiedsspruchs (vgl. hierzu auch Rz. 24). Die Prüfung der DIS dürfte sich jedoch in den meisten Fällen auf diesbezügliche offensichtliche Ungereimtheiten oder Ungenauigkeiten, etwa im Zusammenspiel mit den zwischen den Parteien geschlossenen vertraglichen Abreden, dem anwendbaren Recht, den Anträgen der Parteien oder den Zins- und Kostenentscheidungen beschränken. Die DIS stützt sich im Rahmen ihrer informellen Prüfung auf eine interne Checkliste, die anders als etwa die Checkliste für Schiedssprüche der ICC, nicht öffentlich zugänglich ist. 4. Häufige Fehlerquellen im Schiedsspruch
21 Zahlen. In zahlreichen Fällen sind mathematische Berechnungen fehlerhaft, die
auf Anregung der DIS vom Schiedsgericht korrigiert werden. Es kommt auch häufig vor, dass Geldbeträge entweder uneinheitlich beziffert werden oder „Zahlendreher“ enthalten. Das Schiedsgericht sollte jedoch nicht erwarten, dass die DIS jede im Schiedsspruch enthaltene Berechnung im Detail nachprüft und sollte daher selbst besonderes Augenmerk auf die Richtigkeit seiner Berechnungen legen.
22 Zinsen. Das Augenmerk der DIS kann sich ferner darauf richten, dass die Zins-
anträge berücksichtigt werden, Beginn und Ende des Zinslaufs (jeweils mit Be1160
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Manner
Inhalt, Form und Übermittlung des Schiedsspruchs | Art. 39 DIS-SchO
gründung), der anwendbare Zinssatz sowie die Zinsart (einfache Zinsen oder Zinseszinsen) angegeben werden und ein variabler Zinssatz (z.B. fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz) nicht in einen statischen Zinssatz (z.B. fünf Prozent) umgewandelt wird. Kosten. Die DIS kann ferner prüfen, ob der Schiedsspruch eine ggf. bestehende 23 Kostenvereinbarung in der Schiedsvereinbarung, den jeweiligen Parteivortrag und die von den Parteien geleisteten Kostensicherheiten hinreichend berücksichtigt. Ferner kann die DIS darauf achten, ob die Begründung der Kostenentscheidung von Art. 33.3 gedeckt ist und ggf. auf die nach Art. 32 (iii) erforderliche Angemessenheit der Parteikosten eingeht. Eine besonders häufige Fehlerquelle liegt in der Praxis darin, dass das Schiedsgericht nicht ausreichend präzise zwischen den Honoraren und Auslagen der Schiedsrichter einerseits und den Bearbeitungsgebühren der DIS andererseits differenziert (s. dazu die Kommentierung zu Art. 32 Rz. 7 ff., Rz. 19). Tenorierung. Die DIS kann zudem ihr Augenmerk darauf legen, dass der Ent- 24 scheidungstenor keine eigenständige Begründung und i.d.R. auch keinen Verweis auf die Begründung des Schiedsspruchs enthält, sondern aus sich heraus verständlich ist. Ferner kann die DIS prüfen, ob der Tenor sämtliche Entscheidungen in der Begründung des Schiedsspruchs widerspiegelt. Der Schiedsspruch darf nicht über das Beantragte hinausgehen (ne ultra petita). Bleibt der Schiedsspruch hinter dem Beantragten zurück (infra petita), ist im Tenor auszusprechen, dass die Klage (bzw. die Widerklage) im Übrigen abgewiesen wird. Ferner empfiehlt es sich in aller Regel, im Tenor vorsorglich aufzunehmen, dass alle weiteren Anträge abgewiesen werden, um einen Schiedsspruch infra petita zu vermeiden. Enthält der Schiedsspruch nur eine Entscheidung über einen Teil des Rechtsstreits oder der geltend gemachten Forderungen (Teilschiedsspruch), ist dies im Tenor und ggf. auch bereits in der Bezeichnung des Schiedsspruchs („Teilschiedsspruch“ bzw. „partial award“) klarzustellen. Das Schiedsgericht sollte in einem solchen Fall im Tenor aussprechen, dass die Entscheidung über alle weiteren Ansprüche einem oder mehreren nachfolgenden Schiedssprüchen vorbehalten ist. Rechtliches Gehör. Hierzu zählt insb., dass das Schiedsgericht keine Über- 25 raschungsentscheidung erlassen, d.h. die Begründung nicht im Kern auf ein rechtliches Argument stützen darf, zu dem die Parteien entweder nicht gehört wurden oder nicht vorgetragen haben (zur Geltung des im deutschen Rechtskreis anerkannten Grundsatzes iura novit curia in internationalen Schiedsverfahren, vgl. die Kommentierung in Art. 34 ICC-SchO Rz. 14). Ferner gebietet der Grundsatz des rechtlichen Gehörs, dass eine sich am Verfahren nicht beteiligende Partei über das Verfahren und insb. den Sach- und Rechtsvortrag der anderen Partei fortlaufend zu unterrichten ist und ihr sämtliche schriftliche Kommunikation zugesandt wird. Dies ist im Schiedsspruch entsprechend zu vermerken. Hat sich eine Partei nicht am Schiedsverfahren beteiligt, so sollte es das Schiedsgericht vermeiden, Feststellungen allein damit zu begründen, dass ein entsprechender Vortrag der anderen Partei unbestritten geblieben ist. Manner
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Art. 39 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens Schiedsgerichte können nicht erwarten, dass die DIS im Rahmen der informellen und i.d.R. sehr schnellen Prüfung des Schiedsspruchs (bisweilen mit einer Rückmeldung innerhalb eines Tages) mögliche Gehörsverletzungen identifiziert, sondern sollten von sich aus diesen Aspekt stets im Auge behalten, damit eine spätere Vollstreckung des Schiedsspruchs nicht an einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör scheitert.
III. Übermittlung des Schiedsspruchs (Art. 39.5, Art. 39.6) 26 Übermittlung an die DIS (Art. 39.5). Das Schiedsgericht hat zunächst so viele
Originale des (im Anschluss an die informelle Prüfung der DIS gemäß Art. 39.3 finalisierten) unterschriebenen Schiedsspruchs (bzw. der Entscheidung über einen Antrag auf Berichtigung, Ergänzung oder Auslegung des Schiedsspruchs, Art. 40.6) an die DIS zu übermitteln, dass jede Partei und die DIS ein Exemplar erhalten. In den meisten Fällen wird das Schiedsgericht der DIS auch ein Original für jedes Mitglied des Schiedsgerichts übermitteln.
27 Übermittlung an die Parteien (Art. 39.6). Nach Erhalt der Originale des Schieds-
spruchs vom Schiedsgericht übermittelt die DIS jeder Partei (und falls gewünscht, jedem Mitglied des Schiedsgerichts) ein Original des Schiedsspruchs (bzw. der Entscheidung über einen Antrag auf Berichtigung, Ergänzung oder Auslegung des Schiedsspruchs, Art. 40.6), sofern sämtliche Kostensicherheiten und Bearbeitungsgebühren der DIS vollständig bezahlt worden sind. Die Übermittlung erfolgt an die Adresse des Empfängers, wie vom Empfänger selbst oder von der anderen Partei zuletzt mitgeteilt wurde, und i.d.R. durch Kurier (Art. 4.6); in der Praxis ist es zunehmend üblich, dass die DIS bei Einverständnis der Parteien den Schiedsspruch zusätzlich vorab in digitaler Fassung per E-Mail übermittelt (vgl. dazu auch Ziff. 8 der Bekanntmachung der DIS zu prozessualen Besonderheiten bei der Administration von Schiedsverfahren aufgrund der COVID-19 Pandemie: „Sofern die ausdrückliche Zustimmung aller Parteien erklärt wird, wird die DIS Schiedssprüche elektronisch übermitteln“). Der Schiedsspruch gilt (auch bei Vorab-Übermittlung in digitaler Fassung) als an dem Tag übermittelt, an dem er in Urschrift von den Parteien oder ihren Verfahrensbevollmächtigten tatsächlich empfangen wurde; ist der Schiedsspruch von der Partei oder ihren Verfahrensbevollmächtigten nicht tatsächlich empfangen worden, gilt er bei ordnungsgemäßer Übermittlung gemäß Art. 4.6 als an dem Tag empfangen, an dem er bei üblichem Verlauf des Übermittlungsvorgangs empfangen worden wäre (Art. 4.7).
28 Wirkung der Übermittlung an die Parteien. Mit der Übermittlung des Schieds-
spruchs beginnt die 30-tägige Frist nach Art. 40.3 für die Beantragung auf Berichtigung (Art. 40.1 (i)), Ergänzung (Art. 40.1 (ii)) oder Auslegung (Art. 40.2) des Schiedsspruchs zu laufen. Das Datum der Übermittlung des Schiedsspruchs ist ferner für die Berechnung etwaiger Fristen für die Geltendmachung von Aufhebungsgründen im Rahmen eines Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahrens (vgl. z.B. §§ 1059 Abs. 3, 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO) maßgeblich. Mit
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Berichtigung des Schiedsspruchs | Art. 40 DIS-SchO
Übermittlung des Endschiedsspruchs endet die schiedsrichterliche Entscheidungskompetenz (functus officio, mit Ausnahme der Befugnis des Schiedsgerichts zur Berichtigung, Ergänzung und Auslegung des Endschiedsspruchs nach Art. 40) und die verfahrensadministrierende Tätigkeit der DIS.
F. Abweichende Parteivereinbarungen Die Parteien können bei Verfahren mit Schiedsort in Deutschland vereinbaren, 29 dass das Schiedsgericht einen Schiedsspruch auch ohne Begründung erlassen kann (vgl. § 1054 Abs. 2 ZPO). Mit Blick auf die Akzeptanz einer solchen Vereinbarung durch die DIS und die staatlichen Gerichte im Rahmen eines Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahrens ist es ratsam, die diesbezügliche Einigung der Parteien schriftlich niederzulegen. Ferner können die Parteien vereinbaren, dass jede Entscheidung des Schiedsgerichts einstimmig zu erfolgen hat und demgemäß der Schiedsspruch ausnahmslos von allen Mitgliedern des Schiedsgerichts zu unterschreiben ist. Hiervon ist jedoch angesichts des damit verbundenen Risikos einer Handlungsunfähigkeit des Schiedsgerichts abzuraten. Den Parteien steht es zudem frei, in ihrer Schiedsvereinbarung oder im Laufe 30 des Schiedsverfahrens von Art. 33.2 und Art. 33.3 abweichende Parteivereinbarungen zu treffen (vgl. dazu Art. 33 Rz. 14), die Einfluss auf die Entscheidung des Schiedsgerichts über die Verteilung der Kosten im Endschiedsspruch nach Art. 39.2 haben können. Abweichungen von den Übermittlungsvorschriften können nur in engen Gren- 31 zen von den Parteien vertraglich vereinbart werden. Um etwaige Probleme oder Umsetzungsschwierigkeiten zu vermeiden, sollte bei beabsichtigten Vereinbarungen frühzeitig das DIS-Sekretariat eingeschaltet werden. Zulässig und mittlerweile weit verbreitet sind Vereinbarungen der Parteien, dass die DIS den Parteien den Schiedsspruch zusätzlich vorab elektronisch per E-Mail übermittelt. Die informelle Prüfung des Entwurfs des Schiedsspruchs durch die DIS stellt 32 eine neue Kernvorschrift der DIS-SchO dar. Sie kann daher vertraglich weder abbedungen noch modifiziert werden.
Artikel 40 Berichtigung des Schiedsspruchs 40.1 Das Schiedsgericht hat auf Antrag einer Partei (i) Rechen-, Schreib- und Druckfehler und Fehler ähnlicher Art im Schiedsspruch zu berichtigen und (ii) einen ergänzenden Schiedsspruch zu im Schiedsverfahren geltend gemachten Ansprüchen zu erlassen, über die im Schiedsspruch nicht entschieden worden ist. Manner
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Art. 40 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens 40.2 Das Schiedsgericht kann auf Antrag einer Partei den Schiedsspruch auslegen und den Tenor präzisieren. 40.3 Ein Antrag gemäß Artikel 40.1 oder 40.2 ist bei der DIS innerhalb von 30 Tagen nach Übermittlung des Schiedsspruchs zu stellen. Die DIS übermittelt dem Schiedsgericht den Antrag unverzüglich. 40.4 Das Schiedsgericht hat die andere Partei anzuhören und über den Antrag innerhalb von 30 Tagen nach dem Tag, an dem der Vorsitzende den Antrag erhalten hat, zu entscheiden. 40.5 Nach Anhörung der Parteien kann das Schiedsgericht Berichtigungen nach Artikel 40.1 auch ohne Antrag vornehmen. Die Berichtigung hat innerhalb von 60 Tagen nach dem Tag zu erfolgen, an dem der Schiedsspruch gemäß Artikel 39.7 erlassen wurde. 40.6 Auf die Berichtigung des Schiedsspruchs sind die Bestimmungen der Artikel 38 und 39 sinngemäß anzuwenden. Regelungsschwerpunkte: Die Vorschrift stellt ein Verfahren zur Verfügung, mit dem bestimmte formale Unrichtigkeiten im Schiedsspruch durch Berichtigung korrigiert → Rz. 10–28, im Schiedsspruch nicht behandelte Ansprüche durch Ergänzung nachträglich behandelt → Rz. 29–33 und Ungereimtheiten des Schiedsspruchs durch Auslegung geklärt werden können. → Rz. 34–37 Kostenaspekte: Durch die Stellung eines Antrags auf Berichtigung, Ergänzung oder Auslegung des Schiedsspruchs können zusätzliche Aufwendungen (insb. Rechtsanwaltskosten) und Auslagen entstehen. → Rz. 25, 28, 33, 37. Daher empfiehlt es sich, vor Einleitung eines Verfahrens zur Nachbesserung des Schiedsspruchs in Erfahrung zu bringen, ob die Partei, gegen die vollstreckt werden soll, den Schiedsspruch auch ohne Korrektur freiwillig erfüllt und, falls nein, sorgfältig zu prüfen, ob eine Berichtigung, Ergänzung oder Auslegung des Schiedsspruchs zur Vollstreckung notwendig ist. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu §§ 1058, 1059 ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. I. II. 1.
Einzelerläuterung . . . . . . . . . . Anwendungsbereich . . . . . . . . . Berichtigung des Schiedsspruchs Berichtigungsfähige Fehler (Art. 40.1 (i)) . . . . . . . . . . . . . .
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2. Berichtigung auf Parteiantrag (Art. 40.1, Art. 40.3) . . . . . . . . . 3. Berichtigung durch das Schiedsgericht ohne Antrag (Art. 40.5) . III. Ergänzung des Schiedsspruchs (Art. 40.1 (ii)) . . . . . . . . . . . . . IV. Auslegung des Schiedsspruchs (Art. 40.2) . . . . . . . . . . . . . . . . F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Schroth, Die „kleine Berufung“ gegen Schiedsurteile im deutschen Recht, SchiedsVZ 2007, 291 ff.; Schütze, Die gerichtliche Überprüfung von Entscheidungen des Schiedsgerichts, SchiedsVZ 2009, 241 ff.; Wilske/Stendel, Entscheidung über die Abweisung von Auslegungs- und Berichtigungsbeschlüssen, SchiedsVZ 2017, 247 ff.
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Berichtigung des Schiedsspruchs | Art. 40 DIS-SchO
A. Normzweck Art. 40 stellt ein Verfahren zur Verfügung, mit dem bestimmte formale Unrich- 1 tigkeiten im Schiedsspruch durch Berichtigung korrigiert, im Schiedsspruch nicht behandelte Ansprüche durch Ergänzung nachträglich behandelt und Ungereimtheiten des Schiedsspruchs durch Auslegung geklärt werden können. Alle drei Verfahren zielen auf eine Sicherung des Bestands und der Vollstreck- 2 barkeit des Schiedsspruchs ab. Denn in sich unstimmige, inhaltlich unklare und unvollständige inländische Schiedssprüche können im Einzelfall gemäß §§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. c oder d, Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b, 1060 Abs. 2 ZPO aufgehoben werden. Ausländischen Schiedssprüchen kann nach Art. V Abs. 1 Buchst. c oder d bzw. Abs. 2 Buchst. b UNÜ (bzw. Art. IX Abs. 1 Buchst. c EuÜ; zum Verhältnis zwischen Art. V UNÜ und Art. IX Abs. 1 EuÜ vgl. Art. IX Abs. 2 EuÜ) die Anerkennung zu versagen sein.
B. Reform Art. 40 ersetzt § 37 DIS-SchO 1998. Im Zuge der Reform hat die Regelung nicht 3 nur redaktionelle Änderungen erfahren. Der Antrag auf Berichtigung, Ergänzung oder Auslegung des Schiedsspruchs ist nunmehr bei der DIS (und nicht mehr beim Schiedsgericht) zu stellen. Ferner hat das Schiedsgericht einheitlich innerhalb einer Frist von 30 Tagen über einen Antrag gemäß Art. 40.1 oder Art. 40.2 zu entscheiden. Zudem kann das Schiedsgericht von sich aus nicht nur den Schiedsspruch berichtigen, sondern auch einen ergänzenden Schiedsspruch über solche Ansprüche erlassen, die im Schiedsverfahren zwar geltend gemacht, im Schiedsspruch aber nicht behandelt worden sind. Ansonsten sind die Regelungen inhaltlich gleichgeblieben.
C. Verhältnis zu §§ 1058, 1059 ZPO Verhältnis zu § 1058 ZPO. Art. 40 regelt die Berichtigung, Auslegung und Er- 4 gänzung eines Schiedsspruchs abschließend. Daher findet die weitgehend identische Vorschrift des § 1058 ZPO in einem DIS-Schiedsverfahren mit Schiedsort in Deutschland keine Anwendung. Verhältnis zu § 1059 ZPO. Die Möglichkeit zur Stellung eines Antrags auf ge- 5 richtliche Aufhebung des Schiedsspruchs nach § 1059 ZPO besteht selbständig neben Art. 40. Ohnehin liegen die nach Art. 40.1 und Art. 40.2 rügefähigen Fehler in aller Regel unterhalb der Schwelle zur Aufhebung des Schiedsspruchs.
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Art. 40 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 6 § 319 Abs. 1 ZPO entspricht in weiten Teilen Art. 40.1 (i) und sieht ausdrück-
lich vor, dass das staatliche Gericht jederzeit auch von Amts wegen ein Urteil berichtigen kann.
7 §§ 320 Abs. 1, 321 Abs. 1 ZPO ermöglichen eine Berichtigung des Tatbestandes
und Ergänzung des Urteiles und decken sich mit Art. 40.1 (ii) und Art. 40.2, gehen aber teils weiter.
8 Einen § 321a ZPO entsprechenden außerordentlichen Rechtsbehelf für Verlet-
zungen des Anspruchs auf rechtliches Gehör enthält die DIS-SchO nicht. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs ist im Aufhebungs- bzw. Vollstreckbarerklärungsverfahren geltend zu machen (vgl. §§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b, 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO; § 1061 ZPO i.V.m. Art. V Abs. 1 Buchst. b bzw. Art. IX Abs. 1 Buchst. b EuÜ; zum Verhältnis zwischen Art. V UNÜ und Art. IX EuÜ vgl. Art. IX Abs. 2 EuÜ).
E. Einzelerläuterung I. Anwendungsbereich 9 Art. 40 gilt für alle Arten von Schiedssprüchen (u.a. End-, Teil- oder Zwischen-
schiedssprüche; vgl. dazu Art. 38 Rz. 4). Unter die Regelung fallen auch Schiedssprüche mit vereinbartem Wortlaut gemäß Art. 41 sowie (vorläufige) Zwischenentscheidungen des Schiedsgerichts zum anwendbaren Recht oder zum Anspruchsgrund (sog. „Zwischenschiedsspruch“).
II. Berichtigung des Schiedsspruchs 1. Berichtigungsfähige Fehler (Art. 40.1 (i)) 10 Nur Rechen-, Schreib- und Druckfehler und Fehler ähnlicher Art können ge-
mäß Art. 40.1 (i) Gegenstand einer Berichtigung sein. Alle Fehler müssen offensichtliche Unrichtigkeiten darstellen. Dies ist der Fall, wenn sich aus tatsächlich-objektiven Anhaltspunkten (ggfs. unter Heranziehung verfahrensleitender Verfügungen oder des Protokolls über eine mündliche Verhandlung) ergibt, dass das Schiedsgericht eine Erklärung des Inhalts, wie sie im Schiedsspruch enthalten ist, nicht abgeben wollte. Eine Berichtigung kommt hingegen nicht in Betracht, wenn sie den Inhalt und nicht nur die Formulierung der Entscheidung verändern würde. Eine inhaltlich falsche Willensbildung kann nicht über Art. 40 korrigiert werden. Eine unterbliebene Willensbildung des Schiedsgerichts kann unter den dortigen Voraussetzungen nach Art. 40.1 (ii) mittels eines ergänzenden Schiedsspruchs korrigiert werden. 1166
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Berichtigung des Schiedsspruchs | Art. 40 DIS-SchO
Rechenfehler. Um einen solchen handelt es sich, wenn das Schiedsgericht sich 11 offensichtlich verrechnet hat, indem es z.B. falsch addiert, subtrahiert, dividiert oder multipliziert hat. Die rügefähigen Fehler sind damit jedoch nur auf Fehler des Rechenergebnisses beschränkt. Wenn bspw. eine falsche Zinsrate angewendet wurde, kann dies über Art. 40 grds. nicht berichtigt werden. Schreibfehler meint das offensichtliche Verschreiben des Schiedsgerichts. Hierzu 12 zählen nicht nur orthographische Fehler (z.B. „Zahlendreher“), sondern insb. auch semiotische Fehler, d.h. Fehler bei der Verwendung von Wörtern, Buchstaben, Zahlen und Symbolen, wie z.B. die Verwendung einer offensichtlich falschen bzw. uneinheitlichen Währungs- oder sonstigen Einheit. Druckfehler sind offensichtliche Fehler bei der Verwendung von Wörtern, 13 Buchstaben, Zahlen und Symbolen (semiotische Fehler), die bei der Ausfertigung des Schiedsspruchs entstehen und bspw. auf einen Softwarefehler (z.B. Druckertreiber) zurückzuführen sind. Rechen-, Schreib- und Druckfehlern ähnliche Fehler sind solche, bei denen je- 14 denfalls für den mit dem konkreten Schiedsverfahren vertrauten Leser eine offensichtliche Divergenz zwischen dem tatsächlichen und dem im Schiedsspruch zum Ausdruck gekommenen Willen hervortritt (Beispiele s. Rz. 15 f.). Fehlerhaftes Rubrum. Eine offensichtlich falsche Parteibezeichnung kann An- 15 lass für eine Berichtigung sein. Hierzu zählt auch das Vergessen einer während des Schiedsverfahrens bereits mitgeteilten Änderung einer Parteibezeichnung. Fehlerhafter Tenor. Ein berichtigungsfähiger fehlerhafter Tenor liegt vor, wenn 16 das Schiedsgericht offensichtlich die Parteirollen verwechselt oder vergessen hat, einen in den Entscheidungsgründen behandelten Anspruch zu tenorieren. Hat das Schiedsgericht hingegen einen Anspruch insgesamt vergessen, d.h. bleibt der Schiedsspruch hinter dem Beantragten zurück, ohne im Übrigen abzuweisen (Infra-Petita-Entscheidung) oder geht der Tenor über die im Schiedsverfahren gestellten Anträge hinaus (Ultra-Petita-Entscheidung), kann dies nicht im Wege der Berichtigung korrigiert werden. Zinsen. Häufige Flüchtigkeitsfehler kommen bei der Berechnung und Tenorie- 17 rung von Zinsen vor. Um einen berichtigungsfähigen Fehler handelt es sich insb. dann, wenn das Schiedsgericht offensichtlich vergessen hat, einen nie streitig gewesenen, in den Anträgen zutreffend wiedergegebenen Zinsfuß „auszubuchstabieren“, oder aus Unachtsamkeit Zinsen in Prozent und nicht, wie beantragt, in Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zugesprochen hat. Hält das Schiedsgericht hingegen einen beantragten statischen Zinssatz (z.B. § 352 Abs. 1 HGB) für unbegründet und spricht es lediglich variable Zinsen i.H.v. fünf „Prozent“ und nicht i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu, kann dies nicht im Wege der Berichtigung, sondern allenfalls im Wege der Auslegung nach Art. 40.2 korrigiert werden (vgl. aber Berichtigungsschiedsspruch im Schiedsverfahren DIS-SVB-652/06, SchiedsVZ 2008, 207 [208], Tz. 15 ff., wonach der Begriff „Prozent“ nach allgemeiner Meinung i.S.v. Prozentpunkten zu verstehen sei). Manner
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Art. 40 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens 18 Fehlerhafte Begründung. Erfasst sind nur offensichtliche Fehler, die aus der
textlichen Fassung der Entscheidungsgründe herrühren (z.B. Berichtigung von fehlerhaften zitierten Rechtsnormen sowie Rechtsprechungs- und Literaturfundstellen). Fehlerhafte Rechtsausführungen können hingegen nicht im Wege der Berichtigung korrigiert werden.
19 Maßgeblicher Zeitpunkt für die Fehlerhaftigkeit eines Schiedsspruchs ist das
Datum seines Erlasses (Art. 39.7).
2. Berichtigung auf Parteiantrag (Art. 40.1, Art. 40.3) 20 Binnen 30 Tagen (Art. 40.3) nach Übermittlung des Schiedsspruchs (Art. 39.6)
kann jede Partei dessen Berichtigung beantragen.
21 Adressat des Berichtigungsantrags ist die DIS (Art. 40.3 Satz 1), die den Antrag
unverzüglich dem Schiedsgericht übermittelt (Art. 40.3 Satz 2). Nach Art. 4.5 ist der Berichtigungsantrag gleichzeitig auch der anderen Partei zu übermitteln. Die Frist ist nicht verlängerbar.
22 Aus dem Berichtigungsantrag muss präzise, d.h. auf Seite und Zeile genau her-
vorgehen, welche konkreten Änderungen am Schiedsspruch begehrt werden. Obwohl nicht vorgeschrieben, ist es ratsam, den Antrag zu begründen, d.h. darzustellen, dass und wieso ein Rechen-, Schreib- und Druckfehler oder Fehler ähnlicher Art vorliegt.
23 Gemäß Art. 40.4 hat das Schiedsgericht die andere Partei anzuhören und über
den Berichtigungsantrag innerhalb von 30 Tagen nach dem Tag, an dem der Vorsitzende den Antrag erhalten hat, zu entscheiden. Diese 30-Tages-Frist kann jedoch von der DIS nach ihrem Ermessen verlängert werden (Art. 4.9).
24 Form der Entscheidung. Liegt aus Sicht des Schiedsgerichts ein zu berichtigen-
der Fehler vor, hat das Schiedsgericht hierüber in einem sog. „Berichtigungsschiedsspruch“ zu entscheiden. Nach richtiger Auffassung stellt dieser keinen eigenständigen und damit separat für vollstreckbar zu erklärenden Schiedsspruch dar, sondern wird Bestandteil des ursprünglichen Schiedsspruchs (KG v. 12.8. 2010 – 20 Sch 2/10, SchiedsVZ 2011, 110 [112]; Schütze, SchiedsVZ 2009, 241 [246] m.w.N.; a.A. OLG Frankfurt/M. v. 17.5.2005 – 2 Sch 2/03, SchiedsVZ 2005, 311). Gleichwohl muss der Berichtigungsschiedsspruch den Anforderungen von Art. 39.1 und 39.4 genügen, der DIS nach Art. 39.3 zur Durchsicht vorgelegt werden und von der DIS den Parteien (vorbehaltlich einer anderweitigen Parteivereinbarung) nach Art. 39.6 übermittelt werden (Art. 40.6). Handelt es sich nach Auffassung des Schiedsgerichts nicht um einen zu berichtigenden Fehler, kann es seine ablehnende Entscheidung durch Beschluss aussprechen (hierfür mit überzeugender Begründung Wilske/Stendel, SchiedsVZ 2017, 247). Einer Vorab-Übermittlung des ablehnenden Beschlusses an die DIS bedarf es nicht.
25 Kosten. Durch die Stellung eines Berichtigungsantrags entstehen den Parteien mit
Ausnahme eigener Aufwendungen und Auslagen keine zusätzlichen Kosten, sodass
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Berichtigung des Schiedsspruchs | Art. 40 DIS-SchO
das Schiedsgericht auch für die Entscheidung über offensichtlich unbegründete und ggf. allein aus reiner Verzögerungstaktik eingeleitete Anträge nicht gesondert vergütet wird (kritisch dazu auch Wilske/Stendel, SchiedsVZ 2017, 247 [251]). 3. Berichtigung durch das Schiedsgericht ohne Antrag (Art. 40.5) Das Schiedsgericht kann auch von sich aus nach Anhörung der Parteien einen 26 Schiedsspruch berichtigen (Art. 40.5 Satz 1). Die Berichtigung hat innerhalb von 60 Tagen nach dem Tag zu erfolgen, an dem Schiedsspruch gemäß Art. 39.7 erlassen wurde (Art. 40.5 Satz 2). Form der Entscheidung. Wie oben Rz. 24.
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Kosten. s. Rz. 25.
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III. Ergänzung des Schiedsspruchs (Art. 40.1 (ii)) Die Parteien haben nach Art. 40.1 (ii), die Möglichkeit, eine Ergänzung des 29 Schiedsspruchs (gleich welcher Art; vgl. Rz. 9) durch das Schiedsgericht zu beantragen. Statthaft ist ein Antrag auf Erlass eines ergänzenden Schiedsspruchs dann, wenn 30 im Schiedsverfahren Ansprüche geltend gemacht wurden, über die im Schiedsspruch nicht entschieden worden ist, d.h., der Schiedsspruchstenor hinter dem Beantragten zurückbleibt, ohne im Übrigen abzuweisen (Infra-Petita-Entscheidung). Geht der Tenor hingegen über die im Schiedsverfahren gestellten Anträge hinaus (Ultra-Petita-Entscheidung), kann dies mangels schiedsrichterlicher Entscheidungskompetenz nicht im Wege eines ergänzenden Schiedsspruchs korrigiert werden. Das Verfahren kommt auf Antrag einer Partei in Gang und folgt denselben Re- 31 geln wie das Berichtigungsverfahren (vgl. Rz. 20 ff.). Daneben kann das Schiedsgericht auch von sich aus, d.h. ohne Antrag, einen ergänzenden Schiedsspruch erlassen (Art. 40.5, vgl. Rz. 26 ff.) Form der Entscheidung. s.o. Rz. 24. Der ergänzende Schiedsspruch, der ebenfalls 32 vorab der DIS zur Durchsicht zu übermitteln ist (Art. 40.6, 39.3), wird nicht Bestandteil des ursprünglichen Schiedsspruchs, sondern stellt einen selbständigen Schiedsspruch dar. Der ursprüngliche Schiedsspruch wandelt sich demgemäß in einen Teilschiedsspruch um (Schroth, SchiedsVZ 2008, 291 [293]). Daher können beide Schiedssprüche prinzipiell getrennt voneinander für vollstreckbar erklärt und zwangsweise durchgesetzt werden. Im Regelfall bietet es sich jedoch an, die Schiedssprüche in einem Vollstreckbarerklärungsverfahren zusammenzufassen. Kosten. Durch die Beantragung eines ergänzenden Schiedsspruchs entstehen 33 mit Ausnahme etwaiger Parteikosten keine zusätzlichen Kosten (vgl. Rz. 25).
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Art. 40 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens IV. Auslegung des Schiedsspruchs (Art. 40.2) 34 Die Parteien haben nach Art. 40.2 die Möglichkeit, eine verbindliche Auslegung
bestimmter Teile des Schiedsspruchs (gleich welcher Art; vgl. Rz. 9), einschließlich der Präzisierung des Tenors, durch das Schiedsgericht zu beantragen. Eine Auslegung durch das Schiedsgericht ohne Antrag einer Partei kommt nicht in Betracht (Umkehrschluss aus Art. 40.5 Satz 1). Das Auslegungsverfahren folgt den gleichen Regeln wie das Berichtigungs- und das Ergänzungsverfahren (Art. 40.3 und 40.4; vgl. Rz. 20 ff.). Dem Schiedsgericht kann entweder eine Auslegungsfrage gestellt werden („Ist 1 des Tenors so zu verstehen, dass …“) oder das für richtig gehaltene Auslegungsergebnis kann nach Art eines Feststellungstenors formuliert werden („… beantragen wir den Schiedsspruch vom … (Az. …) dahingehend auszulegen, dass …“).
35 Ungeschriebene Voraussetzung ist, dass eine Unsicherheit über den Inhalt des
Schiedsspruchs besteht. Bei Rechen-, Schreib- und Druckfehlern oder Fehlern ähnlicher Art kommt allein ein Berichtigungsverfahren (Art. 40.1 (i)) in Betracht. Das Auslegungsverfahren betrifft daher Fälle, in denen sich das Schiedsgericht so undeutlich oder widersprüchlich ausgedrückt hat, dass unklar ist, was es eigentlich sagen will (z.B. wenn aus einem klageabweisenden Schiedsspruch nicht hervorgeht, ob die Klage als unzulässig oder als unbegründet abgewiesen wurde).
36 Form der Entscheidung. Wie oben Rz. 24. Auf einen den Antrag stattgebenden
den „Auslegungsschiedsspruch“ sind zwar ebenfalls die Bestimmungen der Art. 38 und Art. 39 anzuwenden (Art. 40.6). Nach richtiger Auffassung stellt dieser jedoch keinen separat für vollstreckbar zu erklärenden Schiedsspruch dar, sondern wird Bestandteil des ursprünglichen Schiedsspruchs.
37 Kosten. Durch die Stellung eines Auslegungsantrags entstehen keine zusätzli-
chen Kosten (vgl. Rz. 25).
F. Abweichende Parteivereinbarungen 38 Die Parteien können in Abweichung von Art. 40.3 eine kürzere oder auch eine
längere Frist für den Antrag auf Berichtigung, Ergänzung oder Auslegung des Schiedsspruchs vereinbaren.
39 Ob die Parteien von Art. 40.1 und Art. 40.2 sowie von Art. 40.4 und Art. 40.5
durch Vereinbarung abweichen können und bspw. die Möglichkeit zur Berichtigung, Ergänzung oder Auslegung ganz oder teilweise (z.B. Ausschluss der Berichtigung durch das Schiedsgericht ohne Antrag) ausschließen können, ist zumindest in Bezug auf DIS-Schiedsverfahren mit Schiedsort in Deutschland umstritten, jedoch im Hinblick auf die Begründung zu § 1058 ZPO im Entwurf des Schiedsverfahrens-Neuregelungsgesetz (BT-Drucks. 13/5274) richtigerweise abzulehnen (so auch Wilske/Markert in BeckOK.ZPO, § 1058 ZPO Rz. 1.1; Münch in MüKo.ZPO, § 1058 ZPO Rz. 3). 1170
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Manner
Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut | Art. 41 DIS-SchO
Artikel 41 Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut 41.1 Auf Antrag der Parteien kann das Schiedsgericht einen von den Parteien geschlossenen Vergleich in der Form eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut festhalten, sofern dem nach Ansicht des Schiedsgerichts kein wichtiger Grund entgegensteht. 41.2 Auf Antrag der Parteien kann das Schiedsgericht, wenn ein Verfahren nach der – DIS-Mediationsordnung, – DIS-Schlichtungsordnung, – DIS-Verfahrensordnung für Adjudikation, – DIS-Gutachtensordnung oder der – DIS-Schiedsgutachtensordnung stattgefunden hat und zu einem Vergleich der Parteien oder zu einer Entscheidung geführt hat, den Vergleich oder die Entscheidung in Form eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut festhalten, sofern dem nach Ansicht des Schiedsgerichts kein wichtiger Grund entgegensteht. 41.3 Auf den Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut sind die Bestimmungen der Artikel 38 bis 40 sinngemäß anzuwenden. Regelungsschwerpunkte: Die Parteien können den Erlass eines Schiedsspruchs auf Grundlage eines zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs (Art. 41.1) oder Grundlage einer Einigung oder Entscheidung nach Durchführung eines anderen DIS-ADR-Verfahrens (Art. 41.2) beantragen. Die Beantragung eines solchen Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut, der einen vollwertigen Schiedsspruch darstellt, ist insb. dann zu erwägen, wenn der Vergleich oder die Entscheidung eine oder mehrere mit der Zwangsvollstreckung prinzipiell durchsetzbare Ansprüche beinhaltet. Kostenaspekte: Zur Vermeidung unnötigen Arbeitsaufwands und damit verbundener Kosten sollten die Parteien das Schiedsgericht und die DIS unverzüglich über eine etwaige Einigung oder Entscheidung während eines bereits eingeleiteten Schiedsverfahrens informieren. Bei einem Vergleich sollten die Parteien auf klare Formulierungen achten, um Rückfragen des Schiedsgerichts beim Verfassen des Schiedsspruchs oder der DIS im Rahmen der informellen Prüfung des Schiedsspruchs nach Art. 39.3 zu vermeiden. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu § 1053 ZPO . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . I. Voraussetzungen für den Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut nach Art. 41.1 . 1. Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . . .
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2. Antrag aller Parteien . . . . . . . . . 3. Kein entgegenstehender wichtiger Grund . . . . . . . . . . . . . . . . II. Voraussetzungen für den Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut nach Art. 41.2 . 1. Durchführung eines DIS-ADRVerfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Vergleich oder Entscheidung als Ergebnis eines DIS-ADRVerfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Antrag aller Parteien . . . . . . . . .
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Art. 41 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens 4. Kein entgegenstehender wichtiger Grund . . . . . . . . . . . . . . . III. Form, Inhalt und Wirkungen des Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut (Art. 41.3) . . . . . . . . .
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IV. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Bredow, Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut – Form und Inhalt, SchiedsVZ 2010, 295 ff.; Schmidt, Der Schiedsspruch, SchiedsVZ 2013, 32 ff.; Thümmel, Der Vergleich als Herausforderung für Schiedsgerichte, in, Fairness Justice Equity, FS Reinhold Geimer zum 80. Geburtstag (2017), S. 753 ff.
A. Normzweck 1 Art. 41 benennt die Voraussetzungen, unter denen bei einem zwischen den Par-
teien geschlossenen Vergleich oder bei einer Einigung oder einer Entscheidung im Anschluss an ein anderes (vor oder während des Schiedsverfahrens eingeleitetes) von der DIS zur Verfügung gestelltes Verfahren der alternativen Streitbeilegung (DIS-ADR-Verfahren) ein Schiedsspruch in Form eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut ergehen kann. Erst der (noch für vollstreckbar zu erklärende) Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut und nicht bereits der zwischen den Parteien (ggf. mit Hilfe eines Dritten, z.B. eines Mediators, Schlichters oder Gutachters) geschlossene Vergleich oder die von einem Dritten (z.B. Adjudikator oder Schiedsgutachter) getroffene Entscheidung, stellt eine taugliche Grundlage für einen Vollstreckungstitel dar. Etwas anderes gilt nur für den Fall eines Anwaltsvergleichs nach § 796a ZPO; der diesen für vollstreckbar erklärende Beschluss durch ein staatliches Gericht ist selbst taugliche Grundlage der Zwangsvollstreckung, sodass es eines Schiedsspruchs nicht bedarf.
B. Reform 2 Art. 41 ersetzt und erweitert die Vorgängerregelungen in § 32 Abs. 2 und Abs. 3
DIS-SchO 1998. Die Regelung stellt klar, dass die Parteien einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut auch dann beantragen können, wenn sie sich vor der Einleitung eines Schiedsverfahrens vergleichen oder sich vor oder während des Schiedsverfahrens für die Durchführung eines zusätzlichen DIS-ADR-Verfahren entschließen und dieses ADR-Verfahrens in einem Vergleich oder einer Entscheidung mündet. Die Parteien können daher nur für die Zwecke des Erlasses eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut ein Schiedsverfahren einleiten, etwa weil der Vergleich unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen wurde, dass ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut mit dem Inhalt des Vergleichs ergeht, oder die Parteien vereinbaren, dass die Entscheidung des Dritten erst durch das Festhalten in einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wort endgültig verbindlich werden soll. Schließlich kann auch die Vollstreckbarkeit eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut für den Erlass eines solchen sprechen. 1172
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Manner
Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut | Art. 41 DIS-SchO
C. Verhältnis zu § 1053 ZPO Art. 41 entspricht im Ausgangspunkt § 1053 Abs. 1 Satz 2 ZPO, wonach ein 3 Schiedsgericht auf Antrag der Parteien einen Vergleich der Parteien in der Form eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut festhalten kann, sofern der Inhalt des Vergleichs nicht gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) verstößt. So wird das Schiedsgericht im Rahmen seiner Prüfung, ob dem Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut ein wichtiger Grund i.S.v. von Art. 41.1, 2. Halbs. entgegensteht, die Vereinbarkeit des Schiedsspruchs mit dem ordre public berücksichtigen (Rz. 16). Art. 41 geht jedoch insofern über § 1053 Abs. 1 Satz 2 ZPO hinaus, als die Möglichkeit zum Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut nicht nur auf Vergleiche beschränkt ist, die während eines Schiedsverfahrens geschlossen werden, sondern auch Vergleiche und Entscheidungen als Ergebnisse eines anderen DIS-ADR-Verfahrens erfasst. Dies gilt unabhängig davon, ob dieses DIS-ADR-Verfahren vor oder während des DISSchiedsverfahrens durchgeführt und abgeschlossen wurde.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Anders als bei einem Prozessvergleich im staatlichen Verfahren beendet ein zwi- 4 schen den Parteien (ggf. mit Hilfe eines Dritten) geschlossener Vergleich das Schiedsverfahren nicht ipso iure. Vielmehr endet das Schiedsverfahren bei Abschluss eines Vergleichs entweder – s. im Einzelnen Art. 42 Rz. 15 ff. – mit einer Vereinbarung über die Beendigung des Verfahrens (Art. 42.2 (i)) bzw. einer Klagerücknahme (Art. 42.2 (ii)), auf deren Grundlage das Schiedsgericht einen Beendigungsbeschluss („termination order“) erlässt, oder aber mit Erlass eines Endschiedsspruchs in Form des Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut. Nur der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut stellt – nach seiner Vollstreckbarerklärung durch ein staatliches Gericht – einen tauglichen Vollstreckungstitel dar (§ 794 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a) ZPO), nicht aber der bloße Vergleich (Sonderkonstellation: Der Beschluss eines staatlichen Gerichts, der einen Anwaltsvergleich gemäß § 796a ZPO für vollstreckbar erklärt, ist ebenfalls tauglicher Vollstreckungstitel). In staatlichen Verfahren hat der Prozessvergleich eine Doppelwirkung. Mate- 5 riell-rechtlich stellt er einen Vertrag dar, durch den der Rechtsstreit im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (vgl. § 779 Abs. 1 BGB). Gleichzeitig stellt er eine auf Prozessbeendigung gerichtete Prozesshandlung und einen Vollstreckungstitel (vgl. § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) dar. Im Schiedsverfahren hingegen hat der Vergleichsvertrag zunächst nur eine materiell-rechtliche Wirkung. Ein zwischen den Parteien geschlossener außergerichtlicher Vergleich beendet 6 das staatliche Verfahren noch nicht. In diesem Fall müssen die Parteien entweder die Hauptsache für erledigt erklären (mit der Kostenfolge des § 91a ZPO) oder im Vergleich vereinbaren, dass der Kläger seine Klage zurücknimmt (mit der Kostenfolge des § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO). Manner
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Art. 41 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens E. Einzelerläuterung I. Voraussetzungen für den Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut nach Art. 41.1 1. Vergleich 7 Zeitpunkt des Vergleichs. Der Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem
Wortlaut nach Art. 41.1 setzt zunächst voraus, dass die Parteien vor oder während eines bereits laufenden Schiedsverfahrens einen Vergleich schließen. Ein Vergleich und ein anschließender Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut im Verlauf des Schiedsverfahrens ist auch noch dann möglich, wenn das Schiedsgericht bereits über Teile des Streits in einem Teilschiedsspruch entschieden hat oder der DIS den Endschiedsspruch bereits zur Durchsicht vorgelegt hat (Art. 39.3). Das Schiedsgericht wird im letztgenannten Fall den Endschiedsspruch nicht unterzeichnen bzw. die DIS diesen nicht an die Parteien übermitteln. In Ausnahmefällen ist es auch denkbar, dass sich Parteien nach Erlass und Übermittlung eines Schiedsspruchs darauf einigen, dass dieser zwischen ihnen keine Wirkung mehr haben soll und dass das Schiedsgericht auf Grundlage ihres Vergleichs über dieselbe Angelegenheit einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut erlassen soll. Sobald das Schiedsgericht allerdings functus officio ist, kann es keinen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut mehr erlassen; die Parteien müssten dann zu diesem Zweck ein neues Schiedsverfahren anstrengen.
8 Wenn die Parteien nach Einleitung des Schiedsverfahrens, aber vor vollständiger
Konstituierung des Schiedsgerichts gemäß Art. 13.4, mit der die Verfahrensleitung auf das Schiedsgericht nach Art. 14.1 übergeht, einen Vergleich schließen, werden sie in aller Regel die Beendigung des Verfahrens beantragen, der DISRat das Verfahren beenden (vgl. Art. 42.4) und die DIS nur noch ihre Bearbeitungsgebühren festsetzen (vgl. Ziff. 3.5 Anlage 2). Wenn der Vergleich ausnahmsweise keine Vereinbarung über die Verteilung der Verfahrenskosten oder andere kostenrelevante Fragen enthält, kann die Konstituierung des Schiedsgerichts freilich fortgesetzt werden, damit das Schiedsgericht in dem Endschiedsspruch ausschließlich über die Kosten entscheiden kann.
9 Umfang des Vergleichs. Art. 41.1 setzt weiter voraus, dass sich die Parteien in
der Sache einvernehmlich geeinigt haben. Das Schiedsgericht muss hierbei prüfen, ob die Parteien einen Vergleich über den gesamten Streitgegenstand oder nur über einen Teil des Streitgegenstands geschlossen haben. Betrifft der Vergleich nur einen Teil des Rechtsstreits, was z.B. bei einer fehlenden Einigung über die Kostenverteilung der Fall sein kann, darf der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut auch nur insoweit ergehen und stellt insofern einen Teilschiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut dar; hinsichtlich der Kosten hat das Schiedsgericht dann einen Endschiedsspruch zu erlassen. Regelt der Vergleich der Parteien auch Punkte, die nicht Teil des beim Schiedsgericht anhängigen Rechtsstreits sind, wird die Kompetenz des Schiedsgerichts zum Erlass des Schiedsspruchs auch über diesen Teil durch den Antrag der Parteien begründet. 1174
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Manner
Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut | Art. 41 DIS-SchO
Dies kann zu einer Streitwerterhöhung und damit zu einer Erhöhung der Schiedsrichterhonorare sowie der Bearbeitungsgebühren der DIS führen. Vergleich unter Widerrufsvorbehalt. Schließen die Parteien einen Vergleich unter 10 Widerrufsvorbehalt (d.h. unter der aufschiebenden Bedingung des nicht erfolgten Widerrufs innerhalb einer bestimmten Frist), darf das Schiedsgericht den Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut erst nach Ablauf der Widerrufsfrist erlassen. Vertraulichkeit des Vergleichs. Den Parteien steht es frei zu vereinbaren, dass ihr 11 Vergleich vertraulich ist. Allerdings sollten sie dann bestimmen, dass das Schiedsgericht und die DIS von dieser Vertraulichkeit ausgenommen sind, da diese bei Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut stets eine Kopie des Vergleichs erhalten müssen, der Grundlage dieses Schiedsspruchs sein soll. Insbesondere muss es dem Schiedsgericht (und der DIS im Rahmen der Durchsicht nach Art. 39.3) möglich sein, unter Berücksichtigung des abgeschlossenen Vergleichs zu prüfen, ob dem Erlass des Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut ein wichtiger Grund entgegensteht, insb. ob der Schiedsspruch gegen den ordre public verstoßen könnte (s. dazu näher Rz. 16). Außerdem folgt aus dem Wortlaut von Art. 41.1, dass ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut, der den Vergleich nicht beinhaltet (sondern bspw. lediglich auf die Existenz einer Vergleichsvereinbarung verweist), nicht vorgesehen ist. Wenn in Ausnahmefällen die Parteien nicht wünschen, dass das Schiedsgericht und die DIS Kenntnis von einer bestimmten (vollständigen) Fassung der Vergleichsvereinbarung erlangen, könnten sie in Erwägung ziehen, eine zweite (um etwaige besonders sensible Informationen reduzierte) Vergleichsvereinbarung zu schließen, die dem Schiedsgericht und der DIS vorgelegt werden kann. Diese Fassung könnte dann die ausschließliche Grundlage für den Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut darstellen und parallel zur vollständigen und vertraulichen Fassung der Vergleichsvereinbarung existieren. Außerdem könnte es in Ausnahmefällen auch möglich sein, den Vergleich lediglich dem Schiedsgericht vorzulegen, das diesen prüfen und gegenüber der DIS bestätigen kann, dass dem Erlass des Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut keine zwingenden rechtlichen Gründe entgegenstehen. In derartigen Fällen empfiehlt sich eine frühzeitige Abstimmung mit der DIS, um Verzögerungen im informellen Prüfungsverfahren gemäß Art. 39.3 zu vermeiden. Das Schiedsgericht kann schließlich auch dann einen Schiedsspruch mit verein- 12 bartem Wortlaut erlassen, wenn es keine vollständige Kenntnis vom Vergleich hat, sofern der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut nur aufgrund von bestimmten – und dem Schiedsgericht vorliegenden – Teilen des Vergleichs ergehen soll. Dies kann insb. dann der Fall sein, wenn die Parteien in einem Vergleich vereinbaren, dass alle Ansprüche wechselseitig aufgehoben sind und sie ansonsten lediglich eine Vereinbarung zur Kostentragung treffen. Wenn die Parteien daraufhin in einer gemeinsamen Mitteilung das Schiedsgericht vom Vergleichsabschluss, der Rücknahme ihrer Ansprüche und über den Inhalt ihrer Einigung über die Kostentragung unterrichten, kann das Schiedsgericht auf Grundlage dieser Mitteilung einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut über die Kostentragung erlassen. In diesem Schiedsspruch kann das SchiedsManner
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Art. 41 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens gericht dann zunächst (ähnlich wie in einem Beendigungsbeschluss bzw. einer „termination order“) auf Grundlage der gemeinsamen Mitteilung der Parteien von dem Umstand Kenntnis nehmen, dass die Parteien ihre Ansprüche wechselseitig zurückgezogen haben, und anschließend eine der Einigung der Parteien entsprechende Entscheidung zur Kostentragung treffen. Die vollständige Kenntnis vom Vergleich benötigt das Schiedsgericht dafür nicht. 13 Rolle des Schiedsgerichts bei der vergleichsweisen Streitbeilegung. Das Schieds-
gericht ist in einem DIS-Schiedsverfahren zwar dazu angehalten, in jeder Phase des Verfahrens eine einvernehmliche Beilegung der Streitigkeit oder einzelner Streitpunkte zu fördern, sofern keine Partei widerspricht (Art. 26). Eine aktive Mitwirkung des Schiedsgerichts an einem Vergleichsverschluss, einschließlich der Mitteilung der vorläufigen Einschätzung des Schiedsgerichts zur Sach- und Rechtslage (vgl. Anlage 3, Buchst. F) setzt indes eine entsprechende Vereinbarung zwischen den Parteien und dem Schiedsgericht voraus, s. dazu näher Art. 26 Rz. 12.
2. Antrag aller Parteien 14 Das Schiedsgericht kann und darf einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wort-
laut nach Art. 41.1 nur erlassen, wenn alle Parteien dies beantragen („[a]uf Antrag der Parteien“). Vergleichen sich die Parteien in Abwesenheit des Schiedsgerichts, wird dieser Antrag entweder im Vergleichstext enthalten sein oder die Parteien bevollmächtigen sich wechselseitig, einen solchen Antrag beim Schiedsgericht zu stellen; im Regelfall wird das Schiedsgericht vorsorglich aber noch die ausdrückliche schriftliche Bestätigung der anderen Partei einholen. Einigen sich die Parteien im Rahmen einer mündlichen Verhandlung und damit in Anwesenheit des Schiedsgerichts, wird dieser Antrag protokolliert oder im Vergleichstext selbst aufgenommen.
15 Die Beantragung eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut ist insb. dann
sinnvoll, wenn der Vergleich eine oder mehrere mit der Zwangsvollstreckung prinzipiell durchsetzbare Ansprüche ausweist, da der Forderungsinhaber bei Nichterfüllung des Vergleichs durch die andere Partei (z.B. nach fruchtlosem Verstreichen der im Vergleich vereinbarten Zahlungsfrist) aus dem Schiedsspruch (nach dessen Vollstreckbarerklärung durch ein staatliches Gericht) die Zwangsvollstreckung betreiben kann. Allerdings sollten die Parteien bedenken, dass der Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut Kostenfolgen haben kann (s. dazu Rz. 29). 3. Kein entgegenstehender wichtiger Grund
16 Schließlich darf dem Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut aus
Sicht des Schiedsgerichts kein wichtiger Grund entgegenstehen. Grundsätzlich steht dem Schiedsgericht im Rahmen dieser Prüfung ein Ermessen zu. Ein wichtiger Grund liegt insb. dann vor, wenn der Inhalt des Schiedsspruchs gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) verstößt (§ 1053 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Der 1176
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Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut | Art. 41 DIS-SchO
Schiedsspruch darf daher jedenfalls nicht zu einem Ergebnis führen, das dem am Schiedsort bzw. am (voraussichtlichen) Vollstreckungsort geltenden ordre public widerspricht (zum ordre public interne bei der Vollstreckbarerklärung inländischer Schiedssprüche nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 b) ZPO, BGH v. 28.1.2014 – III ZB 40/13, SchiedsVZ 2014, 98, Tz. 7 ff.; zu dem im Vergleich zum ordre public interne weniger strengen Prüfungsmaßstab des ordre public international im Rahmen der Anerkennung und Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche, BGH v. 6.10.2016 – I ZB 13/15, SchiedsVZ 2018, 53 [59], Tz. 54 ff.). Im Übrigen darf das Schiedsgericht den Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut grds. nicht davon abhängig machen, ob es den Inhalt des Vergleichs als richtig oder angemessen ansieht; anderes dürfte bspw. gelten, wenn das Schiedsgericht den berechtigten Eindruck hat, dass das Schiedsverfahren bzw. der Vergleich rechtswidrigen Zwecken wie der Geldwäsche dient. Um beurteilen zu können, ob dem Erlass des Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut etwaige zwingende rechtliche Gründe entgegenstehen, wird das Schiedsgericht regelmäßig den zwischen den Parteien abgeschlossenen Vergleich prüfen müssen, der daher dem Schiedsgericht vorzulegen ist.
II. Voraussetzungen für den Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut nach Art. 41.2 1. Durchführung eines DIS-ADR-Verfahrens Voraussetzung für den Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut 17 nach Art. 41.2 ist, dass die Parteien (vor oder während eines laufenden DISSchiedsverfahrens) ein anderes ADR-Verfahren nach einem der folgenden und in Art. 41.2 abschließend aufgezählten Regelwerke durchgeführt haben: – DIS-Mediationsordnung („DIS-MedO“), – DIS-Schlichtungsordnung („DIS-SchlO“), – DIS-Verfahrensordnung für Adjudikation („DIS-AVO“), – DIS-Gutachtensordnung („DIS-GO“) oder – DIS-Schiedsgutachtensordnung („DIS-SchGO“). 2. Vergleich oder Entscheidung als Ergebnis eines DIS-ADR-Verfahrens Überblick. Der Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut nach 18 Art. 41.2 setzt ferner voraus, dass das DIS-ADR-Verfahren zu einem Vergleich oder einer Entscheidung geführt hat. Verfahren nach der DIS-MedO, DIS-SchlO und DIS-GO sind konsensorientierte und informelle Verfahren, bei denen die Parteien mit Unterstützung eines Dritten verhandeln und selbst darüber entscheiden, ob sie ihre Streitigkeit durch einen Vergleich beilegen wollen oder nicht. Demgegenüber sind Verfahren nach der DIS-AVO, die insb. bei großvolumigen Anlagenbauprojekten in Betracht kommen, sowie Verfahren nach der DIS-SchGO formalisiert-kontradiktorische Verfahren, bei denen ein Dritter Manner
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Art. 41 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens (Adjudikator oder Gutachter) den Streit durch eine (vorläufig) verbindliche Entscheidung beilegt. Den Parteien bleibt es freilich unbenommen, auch im Zuge eines solchen förmlichen Verfahrens den Streit durch Vergleich beizulegen. Vergleiche und Entscheidungen, die aus der Durchführung dieser ADR-Verfahren resultieren, sind nicht per se vollstreckbar. Einvernehmliche Streitbeilegung
Streitbeilegung durch Entscheidung
Verhandlungen ohne Einschaltung eines Dritten Verhandlung
Entscheidung durch Adjudikator(en) DIS-AVO
Entscheidung durch Schiedsgericht DIS-SchO
Verhandlungen mit Unterstützung eines Dritten DIS-MedO DIS-SchlO DIS-GO
Entscheidung durch Schiedsgutachter DIS-SchGO
Entscheidung durch staatliches Gericht Gerichtsverfahren
↓ (vorläufig) verbindliche Entscheidung
↓ verbindliche Entscheidung
Vergleich
↓
vertragliche Bindung (nicht per se vollstreckbar)
vollstreckbar
19 Zeitpunkt des Vergleichs oder der Entscheidung. Für Erlass eines Schieds-
spruchs mit vereinbartem Wortlaut nach Art. 41.2 ist es wiederum unbeachtlich, ob der Vergleich oder die Entscheidung vor oder während eines bereits laufenden Schiedsverfahrens erzielt wurde. Ein Schiedsgericht kann freilich erst dann einen Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut erlassen, wenn es vollständig konstituiert ist (Art. 13.4) und damit die Verfahrensleitung innehat (Art. 14.1).
20 Kommt es erst während eines bereits laufenden Schiedsverfahrens zu einem
Vergleich oder einer Entscheidung infolge eines DIS-ADR-Verfahrens, so kommt ein Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut wiederum solange in Betracht, bis das Schiedsgericht functus officio ist. Erst dann müssten die Parteien ein neues Schiedsverfahren anstrengen, um den Vergleich oder die Entscheidung in einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut festhalten zu lassen (vgl. Rz. 7–8).
21 Umfang des Vergleichs oder der Entscheidung. Das Schiedsgericht muss auch
im Rahmen von Art. 41.2 prüfen, ob der Vergleich bzw. die Entscheidung den gesamten Streitgegenstand oder nur einen Teil des Streitgegenstands betrifft. Im letztgenannten Fall darf der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut auch nur insoweit ergehen und stellt insofern einen Teilschiedsspruch dar. Regelt der Vergleich bzw. die Entscheidung auch Punkte, die nicht Teil des beim Schiedsgericht anhängigen Rechtsstreits sind, wird die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zum Erlass des Schiedsspruchs auch über diesen Teil durch den Antrag der Parteien begründet. Dies kann wiederum zu einer Streitwerterhöhung und damit zu einer 1178
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Manner
Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut | Art. 41 DIS-SchO
Erhöhung der Schiedsrichterhonorare sowie der DIS-Bearbeitungsgebühren führen (vgl. schon oben Rz. 9, zum Vergleich unter Widerrufsvorbehalt, vgl. Rz. 10). Vertraulichkeit des Vergleichs oder der Entscheidung. Den Parteien steht es 22 wiederum frei zu vereinbaren, dass ihr Vergleich oder die Entscheidung des Dritten vertraulich ist (zu den Konsequenzen bei Vorliegen einer Vertraulichkeitsabrede, vgl. Rz. 11). 3. Antrag aller Parteien Auch ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut nach Art. 41.2 darf nur auf 23 Antrag aller Parteien erlassen werden (vgl. Rz. 14–15). 4. Kein entgegenstehender wichtiger Grund Schließlich darf auch dem Erlass eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wort- 24 laut nach Art. 41.2 aus Sicht des Schiedsgerichts kein wichtiger Grund entgegenstehen (vgl. Rz. 16).
III. Form, Inhalt und Wirkungen des Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut (Art. 41.3) Der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut ist ein vollwertiger Schieds- 25 spruch (Art. 41.3, Art. 38). Er muss, wie jeder andere Schiedsspruch auch, den Anforderungen des Art. 39 genügen (Art. 41.3). Die Begründung (Art. 41.3, 39.1 (ii)) wird sich dabei regelmäßig auf die Ausführungen beschränken, dass und mit welchem Inhalt (als wörtliches Zitat des Vergleichs- bzw. Entscheidungstenors oder durch Beifügung des Vergleichs- bzw. Entscheidungstexts als Anlage zum Schiedsspruch) die Parteien den Rechtsstreit durch Vergleich bzw. durch Entscheidung eines Dritten beigelegt haben. Im Tenor des Schiedsspruchs wird regelmäßig die Verpflichtung der Parteien ausgesprochen, ihre jeweiligen Pflichten aus dem zwischen ihnen geschlossenen Vergleich bzw. aus der ergangenen Entscheidung zu erfüllen. Zu diesem Zweck kann das Schiedsgericht entweder die entsprechenden Verpflichtungen aus dem geschlossenen Vergleich bzw. der ergangenen Entscheidung wiederholen oder pauschal auf den als Anhang angefügten oder in der Begründung wörtlich wiedergegebenen Vergleichsbzw. Entscheidungstext verweisen und die Verpflichtung aussprechen, die daraus ergebenden Verpflichtungen zu erfüllen. Zusätzlich werden im Tenor die der DIS mitgeteilten Kosten gemäß Art. 32 (i) und (v) (Honorar und Auslagen der Schiedsrichter sowie die Bearbeitungsgebühren der DIS) entsprechend der Vereinbarung der Parteien über die Kostenverteilung ausgeurteilt (Art. 41.3, 39.2). Darüber hinaus darf der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut keine eigenen Entscheidungen des Schiedsgerichts beinhalten, auch nicht über solche Punkte, über welche die Parteien sich bewusst oder unbewusst nicht verglichen haben oder zu denen keine Entscheidung ergangen ist. Diese sind erforderliManner
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Art. 41 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens chenfalls durch einen separaten Kosten- bzw. Endschiedsspruch zu entscheiden. Sofern aus einem Vergleich eindeutig folgt, dass damit alle Ansprüche wechselseitig abgegolten sind, kann das Schiedsgericht eine entsprechende Auffangklausel aufnehmen, wonach im Einklang mit der Vereinbarung der Parteien alle anderen (nicht bereits ausdrücklich im Tenor erwähnten) Anspruchsbegehren abgewiesen werden. Sollte der Vergleich oder die Entscheidung nach Auffassung des Schiedsgerichts nicht den gesamten Streitgegenstand umfassen (insb. wenn etwaige Kostenfragen nicht vom Vergleich oder von der Entscheidung umfasst sind), sollte das Schiedsgericht dies gegenüber den Parteien thematisieren, um Klarheit darüber zu schaffen, ob das Verfahren mit dem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut enden soll oder ob über die offenen Streitpunkte noch ein Endschiedsspruch des Schiedsgerichts erforderlich ist. 26 Der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut unterliegt ebenfalls der informel-
len Prüfung durch die DIS (Art. 41.3, 39.3). Dabei überprüft die DIS insb. (wenn auch unverbindlich), ob der Schiedsspruch den Vergleich oder die Entscheidung richtig wiedergibt und ob zwingende rechtliche Gründe dem Erlass des Schiedsspruchs entgegenstehen könnten. Damit die DIS den Schiedsspruch vor diesem Hintergrund prüfen kann, müssen die Parteien der DIS eine Kopie des Vergleichs bzw. der Entscheidung übermitteln. Dem Schiedsgericht bleibt unbenommen, den Parteien vor der Übersendung an die DIS einen Entwurf des Schiedsspruchs vorzulegen, um sicherzustellen, dass der von den Parteien geschlossene Vergleich bzw. die von dem Dritten als Ergebnis des DIS-ADR-Verfahrens erlassene Entscheidung im Schiedsspruch richtig „umgesetzt“ wurde. Außerdem können auch die Parteien dem Schiedsgericht einen Entwurf des Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut übermitteln. Diesen sollte das Schiedsgericht aber jedenfalls kritisch auf die erforderliche Form und Inhalt prüfen, bevor es diesen der DIS zur Durchsicht vorlegt. Nach Unterzeichnung durch das Schiedsgericht (die Parteien haben den Schiedsspruch nicht zu unterzeichnen) und Übermittlung an die Parteien durch die DIS (Art. 41.3, 39.6) ist der Schiedsspruch für die Parteien verbindlich und steht einem rechtskräftigen gerichtlichen Urteil gleich (§§ 1055; zur Zwangsvollstreckung bedarf es lediglich noch der Vollstreckbarerklärung – der diesbezügliche Beschluss des staatlichen Gerichts ist dann der Vollstreckungstitel, 794 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a ZPO).
27 Der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut kann auch Gegenstand eines An-
trags auf Berichtung, Ergänzung oder Auslegung des Schiedsspruchs nach Art. 40 sein (Art. 41.3).
28 Auch im Vollstreckbarerklärungs- und Aufhebungsverfahren wird der Schieds-
spruch mit vereinbartem Wortlaut wie jeder andere Schiedsspruch behandelt. Es können daher dieselben Einwände vorgebracht werden wie sonst im Vollstreckbarerklärungs- oder Aufhebungsverfahren. Allerdings ist der Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut von dem diesem zugrunde liegenden materiell-rechtlichen Vergleichsvertrag bzw. der diesem zugrunde liegenden Entscheidung zu trennen, d.h. die Aufhebung des Schiedsspruchs führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit des Vergleichs oder der Entscheidung. Umgekehrt bleibt der 1180
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Manner
Beendigung des Schiedsverfahrens auf sonstige Weise | Art. 42 DIS-SchO
Schiedsspruch verbindlich, auch wenn sich der Vergleich oder die Entscheidung als unwirksam herausstellt und keine Aufhebungsgründe vorliegen.
IV. Kosten Endet ein Schiedsverfahren mit einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wort- 29 laut, setzt der DIS-Rat die Honorare der Schiedsrichter nach Anhörung der Parteien und des Schiedsgerichts nach seinem Ermessen fest (Art. 34.4 Satz 1). Der DIS-Rat berücksichtigt dabei insb. den Stand des Verfahrens sowie die Sorgfalt und Effizienz der Schiedsrichter in Anbetracht der Komplexität und der wirtschaftlichen Bedeutung der Streitigkeit (Art. 34 Satz 2). Regelmäßig wird die Beilegung des Rechtsstreits durch Vergleich bzw. Entscheidung in einem DISADR-Verfahren zu einer Rückzahlung eines Teils der von den Parteien geleisteten Kostensicherheiten führen (wegen der Einzelheiten s. die Kommentierung zu Art. 34). Die Bearbeitungsgebühr für ein DIS-ADR-Verfahren wird auf die Bearbeitungsgebühren der DIS im Schiedsverfahren angerechnet (Mazza/Menz, SchiedsVZ-Beilage 2018, 39 [43]). Auf die Höhe der Bearbeitungsgebühren der DIS hat die Beendigung eines Schiedsverfahrens durch Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut keinen Einfluss, d.h. eine Kürzung erfolgt nicht.
F. Abweichende Parteivereinbarungen Vereinbarungen der Parteien, wonach bereits mit dem Abschluss des materiell- 30 rechtlichen Vergleichsvertrags das Verfahren automatisch endet oder der Vergleich bzw. die Entscheidung in einem DIS-ADR-Verfahren einen tauglichen Vollstreckungstitel darstellt, sind unwirksam. Denkbar sind jedoch Vereinbarungen zur Rolle des Schiedsgerichts bei möglichen Vergleichsgesprächen.
Artikel 42 Beendigung des Schiedsverfahrens auf sonstige Weise 42.1 Vor Erlass des Endschiedsspruchs kann das Schiedsverfahren durch das Schiedsgericht gemäß Artikel 42.2 oder durch die DIS gemäß Artikel 42.4, 42.5 oder 42.6 beendet werden. 42.2 Das Schiedsgericht beendet das Schiedsverfahren durch Beschluss („Beendigungsbeschluss“), wenn (i) die Parteien die Beendigung des Schiedsverfahrens vereinbaren, (ii) eine der Parteien die Beendigung beantragt und keine der anderen Parteien widerspricht, oder wenn das Schiedsgericht der Ansicht ist, dass eine Partei, die widerspricht, kein berechtigtes Interesse an der Fortführung des Schiedsverfahrens hat, Manner und von Levetzow
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Art. 42 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens (iii) die Parteien das Schiedsverfahren trotz Aufforderung durch das Schiedsgericht nicht fortsetzen oder (iv) das Schiedsgericht der Ansicht ist, dass das Schiedsverfahren aus einem anderen Grund nicht fortgesetzt werden kann. 42.3 Der Beendigungsbeschluss ergeht unbeschadet des Rechts einer Partei, ihre Ansprüche erneut geltend zu machen. 42.4 Bis zur Konstituierung des Schiedsgerichts kann die DIS-Rat nach Anhörung der Parteien das Schiedsverfahren beenden, wenn (i) die Parteien die Beendigung des Schiedsverfahrens vereinbaren, (ii) die DIS der Ansicht ist, dass sie kein Schiedsgericht gemäß dieser Schiedsgerichtsordnung konstituieren kann, (iii) die Parteien das Schiedsverfahren trotz Aufforderung durch die DIS nicht fortsetzen oder (iv) die DIS der Ansicht ist, dass das Schiedsverfahren aus einem anderen Grund nicht fortgesetzt werden kann. 42.5 Der DIS-Rat kann das Schiedsverfahren darüber hinaus vor oder nach der Konstituierung des Schiedsgerichts beenden, wenn die Parteien die von der DIS eingeforderten vorläufigen Sicherheiten, Kostensicherheiten oder Bearbeitungsgebühren der DIS nicht innerhalb der von der DIS gesetzten Frist vollständig bezahlt haben. Ist das Schiedsgericht bereits konstituiert, kann es nach Rücksprache mit der DIS das Verfahren bis zu einer Beendigung durch den DIS-Rat aussetzen. 42.6 Die DIS kann das Schiedsverfahren vorbehaltlich des Artikels 5.4 Satz 2 jederzeit beenden, wenn eine Partei der Aufforderung der DIS zur Ergänzung gemäß Artikel 5, 7 oder 19 nicht innerhalb der von der DIS gesetzten Frist nachkommt. 42.7 Die vollständige oder teilweise Beendigung des Schiedsverfahrens gemäß Artikel 42.4, 42.5 oder 42.6 lässt das Recht einer Partei, ihre Ansprüche erneut geltend zu machen, unberührt. Regelungsschwerpunkte: Art. 42.1 Sonstige Beendigungsmöglichkeiten abgesehen vom Erlass eines Endschiedsspruchs. → Rz. 1 ff.; Art. 42.2 Beendigung durch Beendigungsbeschluss des Schiedsgerichts. → Rz. 15 ff.; Art. 42.3, Art. 42.7 Beendigungsbeschluss und Beendigungen durch die DIS oder den DIS-Rat haben keine Auswirkung auf die erneute Geltendmachung von Ansprüchen einer Partei. → Rz. 5 ff., 17; Art. 42.4 Beendigung des Verfahrens durch die DIS vor Konstituierung des Schiedsgerichts. → Rz. 60 ff.; Art. 42.5 Beendigung durch den DIS-Rat bei Nichterfüllung bestimmter Zahlungspflichten. → Rz. 65 ff.; Art. 42.6 Beendigung durch die DIS bei fehlendem Nachkommen der Ergänzung gemäß Art. 5. → Rz. 70 ff. Kostenaspekte: Zusätzliche Kosten entstehen nicht. Beendigung vor Erlass eines Schiedsspruchs kann zur Kostenreduzierung führen. → Rz. 77 ff.
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Beendigung des Schiedsverfahrens auf sonstige Weise | Art. 42 DIS-SchO A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu § 1056 ZPO . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Beendigungsbeschluss durch das Schiedsgericht (Art. 42.2) . . . . I. Parteivereinbarung (Art. 42.2 (i)) II. Antrag einer Partei (Art. 42.2 (ii)) III. Nichtbetreiben des Verfahrens durch die Parteien trotz Aufforderung (Art. 42.2 (iii)) . . . . . IV. Unmöglichkeit der Fortsetzung des Schiedsverfahrens aus einem anderen Grund (Art. 42.2 (iv)) . . F. Beendigung durch den DIS-Rat (Art. 42.4, Art. 42.5) und die DIS (Art. 42.6) . . . . . . . . . . . . I. Beendigung durch den DIS-Rat vor Konstituierung des Schiedsgerichts (Art. 42.4) . . . . . . . . . .
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II. Beendigung durch den DIS-Rat (Art. 42.5) . . . . . . . . . . . . . . . . III. Beendigung durch die DIS nach Art. 42.6 . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Rechtsfolgen der Beendigung (Art. 42.3, Art. 42.7) . . . . . . . . H. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Insolvenz . . . . . . . . . . . . . . . . I. Bindung des Insolvenzverwalters an die Schiedsvereinbarung . . . . II. Konsequenzen der Insolvenzeröffnung für laufende Schiedsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Insolvenzeröffnung nach Erlass des Schiedsspruchs . . . . . . . . . . IV. Konsequenzen der Insolvenzeröffnung für unterstützende Verfahren vor staatlichen Gerichten . . . . . . . . . . . . . . . . J. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Busse, Der Schiedsvergleich als verfahrensrechtliche Falle, SchiedsVZ 2010, 57 ff.; Cardoso, Impecunious parties in international commercial arbitration, Arbitration International, Vol. 36 Issue 1 (2020), S. 123 ff.; Das Gupta, Kurzkommentar zu den Änderungen in der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung, SchiedsVZ-Beilage 2018, 44 ff.; Gerstenmaier, Beendigung des Schiedsverfahrens durch Beschluss nach § 1056 ZPO, SchiedsVZ 2010, 281 ff.; Groseli, Stay of arbitration proceedings – Some examples from arbitral practice, ASA Bulletin, Vol. 36 Issue 3, S. 560 ff.; Hombeck/Schneider, Das Schiedsverfahren in der Insolvenz, NZI 2020, 449; Mazza/Menz, Neuerungen in der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung im Überblick, SchiedsVZ-Beilage 2018, 39; Wagner, Die insolvente Partei im Schiedsverfahren – eine Herausforderung für alle Beteiligten, GWR 2010, 129 ff.
A. Normzweck Art. 42 regelt die Möglichkeiten der Beendigung des Schiedsverfahrens durch 1 andere Beendigungstatbestände als durch den Endschiedsspruch. Aus Art. 37 ergibt sich, dass der Normalfall der Beendigung des Schiedsverfahrens der Endschiedsspruch nach Art. 37 ff. ist. Da die Verfahrensbeendigung mit weitreichenden Rechtsfolgen verbunden ist, insb. zum Wegfall der Verjährungshemmung führt, haben die Parteien ein grundlegendes Interesse daran, genau feststellen zu können, wann und wodurch die Beendigung eingetreten ist. Diesem Interesse an der eindeutigen Bestimmbarkeit des Beendigungszeitpunktes dient die Regelung des Art. 42. von Levetzow
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Art. 42 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens 2 Eine solche Klarstellung der Beendigung kann aus unterschiedlichen Gründen
sowohl während des Schiedsverfahrens als auch bereits vor Konstituierung des Schiedsgerichtes notwendig werden. Art. 42 unterscheidet daher zunächst grds. zwischen der Beendigung durch Beendigungsbeschluss des Schiedsgerichts (Art. 42.2) und der Beendigung durch den DIS-Rat (Art. 42.4, Art. 42.5) bzw. die DIS (Art. 42.6). Dabei dienen insb. die Möglichkeiten des DIS-Rates, das Schiedsverfahren zu beenden, der Steigerung der Verfahrenseffizienz. So vermeidet Art. 42.4, dass ein Schiedsgericht für die Entscheidung über die Beendigung konstituiert werden muss, wenn schon vor dessen Konstituierung klar ist, dass das Schiedsverfahren nicht durchgeführt werden soll (s. zu den Fällen (i) bis (iv) unten Rz. 56 ff.). In diesem Fall kann der DIS-Rat bereits vor Konstituierung des Schiedsgerichtes das Schiedsverfahren beenden. Ebenso kann der DISRat das Schiedsverfahren während des gesamten Verfahrens beenden, wenn die Parteien bestimmte Zahlungspflichten nicht erfüllen (Art. 42.5). Darüber hinaus kann die DIS das Schiedsverfahren beenden, wenn eine Partei trotz Aufforderung der DIS notwendigen Ergänzungen gemäß Art. 5 (Schiedsklage), Art. 7 (Klageerwiderung und Widerklage) oder Art. 19 (Schiedsklage gegen zusätzliche Partei) nicht nachkommt (Art. 42.6).
3 Zusätzliche Klarheit entsteht dadurch, dass Art. 42 die sonstigen Beendigungs-
tatbestände abschließend regelt. Die Parteien können das Verfahren also nach Einleitung nicht mehr eigenständig beenden, sondern es bedarf eines förmlichen Beendigungsaktes (s. etwa Art. 42.2 (i) bei Beendigungsvereinbarung der Parteien). Ein Beendigungsbeschluss nach Art. 42.2 ist konstitutiv für die Beendigung des Verfahrens. Soweit eine Mindermeinung zu § 1056 Abs. 2 ZPO als Parallelnorm die gegenteilige Ansicht einer nicht abschließenden und nur deklaratorischen Wirkung vertritt (Voit in Musielak/Voit, § 1056 ZPO Rz. 1), stehen dem sowohl der Wortlaut des Art. 42.2 („beendet […] durch Beschluss“) als auch das Interesse der Parteien und des Rechtsverkehrs entgegen, genau feststellen zu können, wann und wodurch die Beendigung eingetreten ist. Gleiches gilt für die Beendigung durch den DIS-Rat und die DIS.
4 Die Vorschrift bildet das Gegenstück zur Regelung über den Beginn des Ver-
fahrens (Art. 6.1). Die DIS-SchO legt damit ausdrücklich fest, wann und mit welchem Ereignis das schiedsrichterliche Verfahren beginnt und wodurch es beendet wird.
B. Reform 5 Die bisherige abschließende Regelung der Beendigungstatbestände für das
Schiedsverfahren in § 39 DIS-SchO 1998 wurde in Art. 42 sprachlich neu gefasst und ergänzt um die neuen Regelungen in Art. 42.3 bis Art. 42.7. Davon haben Art. 42.3, Art. 42.6 und Art. 42.7 klarstellende Funktion, während die Beendigungsmöglichkeiten des DIS-Rates in Art. 42.4 und Art. 42.5 neu eingeführt wurden. Diese beiden Beendigungstatbestände wurden durch die Neueinführung des DIS-Rates als neuem Gremium ermöglicht und stehen im Zeichen der
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Beendigung des Schiedsverfahrens auf sonstige Weise | Art. 42 DIS-SchO
Steigerung der Verfahrenseffizienz und -beschleunigung, welche sich die Reform auf die Fahnen geschrieben hat (Mazza/Menz, SchiedsVZ-Beilage 2018, 39). Art. 44.2 enthält nunmehr eine ausdrückliche Regelung für die Beendigung des 6 Schiedsverfahrens durch Beendigungsbeschluss des Schiedsgerichts auch bei entsprechendem Beendigungsantrag der Schiedsbeklagten (s. Art. 44.2 (ii), anders als § 39 Abs. 2 DIS-SchO 1998). Diese Regelung ist als Klarstellung zu begrüßen, wobei bereits nach der alten Regelung überwiegend vertreten wurde, dass auch ein Antrag der Schiedsbeklagten einen Beendigungsbeschluss auslösen kann. Ausdrücklich klargestellt wird nunmehr in Art. 42.3 und Art. 42.7, dass die an- 7 derweitige Beendigung des Schiedsverfahrens als durch Endschiedsspruch keine Auswirkungen auf das Recht einer Partei hat, die Ansprüche erneut geltend zu machen. Obgleich die alte Regelung bereits überwiegend dahingehend ausgelegt wurde, ist auch diese Regelung als Klarstellung begrüßenswert.
C. Verhältnis zu § 1056 ZPO Die Beendigungstatbestände des Art. 42.2 für die Beendigung durch das Schieds- 8 gericht entsprechen inhaltlich im Wesentlichen den Gründen des § 1056 Abs. 2 ZPO. Ergänzend zu § 1056 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZPO kann das Schiedsgericht eine Beendigung ausdrücklich auch auf Antrag des Schiedsbeklagten beschließen, wenn der Schiedskläger nicht widerspricht oder kein berechtigtes Interesse an der Fortführung hat. Art. 42 weist zudem den systembedingten Unterschied zu § 1056 ZPO auf, dass 9 nach Art. 42 auch die DIS oder der DIS-Rat das Schiedsverfahren beenden können, nicht nur das Schiedsgericht. Dies führt zu einer wesentlichen Effizienzsteigerung und Beschleunigung bei der Beendigung, insb. wenn die Parteien schon vor Konstituierung des Schiedsgerichtes eine Beendigung veranlassen wollen. Im Rahmen von § 1056 ZPO setzt die Beendigung durch Beschluss des Schiedsgerichtes in einem solchen Fall dessen Konstituierung voraus. Dieser mit zusätzlichen Kosten verbundene Zwischenschritt wird durch die Möglichkeit der Entscheidung des DIS-Rates vermieden (Art. 42.4, Art. 42.5). Zur Beschleunigung der Beendigung führt auch die Beendigung durch die DIS gemäß Art. 42.6, wenn die Schiedsklage wesentliche Unvollständigkeiten aufweist. Auch insoweit muss für die entsprechende Entscheidung nach § 1056 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a ZPO zunächst das Schiedsgericht konstituiert werden. Dem gegenüber kann die DIS das Verfahren selbst beenden sowohl bei Unvollständigkeit der Schiedsklage als auch weiterer bestimmender Schriftsätze der Parteien (Art. 7, 19) trotz Aufforderung und Fristsetzung durch die DIS. Eine vergleichbare Regelung, wonach in gewissen Fällen die Schiedsinstitution das Verfahren beendet, enthält das deutsche Schiedsrecht naturgemäß nicht, weil die §§ 1025 ff. ZPO keine Zwischenschaltung einer Schiedsinstitution vorsehen. Bei Wahl der DIS-SchO können Schiedsverfahren damit effizienter und kostengünstiger beendet werden, insb. vor Konstituierung des Schiedsgerichtes. von Levetzow
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Art. 42 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens 10 Die Klarstellung des § 1056 Abs. 3 ZPO, wonach das Schiedsrichteramt mit Be-
endigung des schiedsrichterlichen Verfahrens ebenfalls beendet wird (vorbehaltlich einzelner Arbeitspflichtnachwirkungen, s. Rz. 76), kann bei einem DIS-Schiedsverfahren mit Schiedsort Deutschland ergänzend herangezogen werden.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 11 Die im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften enthalten keine umfas-
sende Beendigungsregelung, die ähnlich konkret und abschließend wie Art. 42 festlegt, wann und wodurch das Verfahren beendet wird. Kongruenzen gibt es daher nur zwischen Teilen des Art. 42 und einzelnen Vorschriften des staatlichen Verfahrens.
12 Die beiderseitige Erledigungserklärung gemäß § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO ent-
spricht dem Regelungsbereich des Art. 42.2 (i). Das Gericht entscheidet im staatlichen Verfahren – wie auch das Schiedsgericht im Schiedsverfahren – nach freiem Ermessen über die Kosten. Art. 42.4 ermöglicht darüber hinaus die Beendigung durch beiderseitige Vereinbarung vor Konstituierung des Schiedsgerichts.
13 Parallel zur Klagerücknahme nach § 269 ZPO regelt Art. 42.2 (ii) die Verfah-
rensbeendigung auf Antrag des Schiedsklägers. Darüber hinaus ermöglicht Art. 42.2 (ii) – anders als im staatlichen Verfahren – zudem eine Beendigung auf Verlangen des Schiedsbeklagten. Eine entsprechende Regelung für den Beklagten zur Klagerücknahme des Klägers besteht im staatlichen Verfahren nicht. Anders als § 269 Abs. 1 ZPO enthält Art. 42.2 (ii) dabei keine Anknüpfung an die mündliche Verhandlung, sondern lediglich an die Einwilligung des Schiedsbeklagten bzw. des Schiedsklägers und deren berechtigtes Interesse. Anstelle der zwingenden Kostenpflicht des Klägers gemäß § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO kann das Schiedsgericht nach freiem Ermessen eine Kostenentscheidung treffen (vgl. aber auch § 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO).
14 Eine Entscheidung nach Lage der Akten bei Nichtbetreiben des Verfahrens
durch beide Parteien entsprechend § 251 a ZPO kennt die DIS-SchO nicht. Stattdessen kann das Schiedsgericht das Verfahren durch Beschluss gemäß Art. 42.2 (iii) beenden bzw. vor Konstituierung des Schiedsgerichtes der DIS-Rat gemäß Art. 42.4 (iii).
E. Beendigungsbeschluss durch das Schiedsgericht (Art. 42.2) 15 Gemäß Art. 42.2 erlässt das Schiedsgericht einen Beendigungsbeschluss („termi-
nation order“) in vier aufgelisteten Verfahrenssituationen: wenn die Parteien die Beendigung des Schiedsverfahrens vereinbaren (Art. 42.2 (i)); wenn eine Partei die Beendigung beantragt und die andere entweder nicht fristgemäß widerspricht oder trotz Widerspruchs nach Ansicht des Schiedsgerichtes kein be1186
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Beendigung des Schiedsverfahrens auf sonstige Weise | Art. 42 DIS-SchO
rechtigtes Interesse an der Fortführung hat (Art. 42.2 (ii)); wenn die Parteien das Schiedsverfahren trotz Aufforderung durch das Schiedsgericht nicht fortsetzen (Art. 42.2 (iii)) oder das Schiedsgericht der Ansicht ist, dass das Schiedsverfahren aus einem anderen Grund nicht fortgesetzt werden kann (Art. 42.2 (iv)). Diese Auflistung ist abschließend. Der Beendigungsbeschluss muss keine eingehende Begründung enthalten, insb. 16 ist es nicht notwendig, den vollständigen Sachverhalt des Falles wiederzugeben. In der Regel sollten aber zur Klarstellung für die Parteien jedenfalls der Beendigungstatbestand genannt und die Umstände kurz dargestellt werden, die nach der Überzeugung des Schiedsgerichtes zu der Beendigung des Verfahrens geführt haben. Zur Wirkung des Beschlusses stellt Art. 42.3 ausdrücklich klar, dass der Beendi- 17 gungsbeschluss das Recht einer Partei unberührt lässt, ihre Ansprüche erneut geltend zu machen. Der Beschluss führt prozessrechtlich also zu einem rückwirkenden Wegfall der Schiedshängigkeit (entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO; § 1056 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZPO). Dagegen hat der Beschluss materiellrechtlich, etwa für den Beginn der Frist gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB und damit für die Hemmung der Verjährung, lediglich ex-nunc-Wirkung. Der Beendigungsbeschluss des Schiedsgerichtes ist nach h.M. unanfechtbar, 18 insb. ist eine Aufhebungsklage gemäß § 1059 ZPO gegen ihn nicht statthaft (Haas, SchiedsVZ 2010, 295 zu § 1056 ZPO; a.A. OLG Köln v. 26.11.2002 – 9 Sch 20/02, DIS Datenbank, wenn der Beendigungsbeschluss zusammen mit der Kostenentscheidung nach § 1057 Abs. 1 ZPO ergangen ist).
I. Parteivereinbarung (Art. 42.2 (i)) Im Wege der Reform ist die Regelung für die Parteivereinbarung über die Been- 19 digung des Schiedsverfahrens an die erste Stelle der Aufzählung gerückt. Dies entspricht dem Wesen der Schiedsgerichtsbarkeit, die vor allem die Privatautonomie der Parteien schützt. Dem entsprechend setzt ein Beendigungsbeschluss des Schiedsgerichtes gemäß Art. 42.2 (i) nur voraus, dass die Parteien die Beendigung des Schiedsverfahrens vereinbart haben. Die Parteivereinbarung muss gegenüber dem Schiedsgericht nicht begründet werden. Das Schiedsgericht prüft nur die formale Übereinstimmung der Parteien. Es prüft nicht seine eigene Zuständigkeit, weil für die Beendigung des Verfahrens durch Beschluss aufgrund einer Parteivereinbarung sowie für eine mögliche Kostenentscheidung die Zuständigkeit des Schiedsgerichtes in der Hauptsache nicht notwendig ist. Form. An die Form der Parteivereinbarung bestehen keine besonderen Anfor- 20 derungen. Jedoch muss erkennbar sein, dass die Schiedsparteien sich tatsächlich einig geworden sind. Die Schiedsparteien müssen zumindest konkludent zum Ausdruck bringen, dass sie das Schiedsverfahren nicht fortführen, sondern durch Beendigungsbeschluss gemäß Art. 42.2 beenden wollen. Eine ausdrückliche, schriftliche Vereinbarung über die Art und Weise der Verfahrensbeendigung ist von Levetzow
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Art. 42 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens dennoch empfehlenswert, um unbeabsichtigte Entscheidungen des Schiedsgerichtes zu vermeiden. 21 Inhalt. Der Inhalt der Parteivereinbarung ist – bei einem Schiedsort in Deutsch-
land – gemäß §§ 133, 157 BGB auszulegen. Für eine Beendigung des Verfahrens gemäß Art. 42.2 (i) ist erforderlich, dass die Parteien sich darauf einigen, das konkret anhängige Schiedsverfahren zu beenden. Eine solche Einigung ist zu unterscheiden von der weitergehenden Vereinbarung, die Schiedsklausel in ihrer Gesamtheit aufzuheben. Eine solche Aufhebung ist actus contrarius zur Schiedsvereinbarung und enthält als solcher auch die Vereinbarung über die Beendigung anhängiger Verfahren. Die Aufhebung der Schiedsklausel führt jedoch darüber hinaus dazu, dass bei zukünftigen Streitigkeiten – jedenfalls ohne eine neue Schiedsvereinbarung der Parteien – kein Schiedsverfahren mehr stattfinden kann. Im Zweifel werden die Parteien daher nur das in Rede stehende Schiedsverfahren beenden wollen und die Schiedsabrede in Bezug auf zukünftige – meist nicht absehbare – Rechtsstreitigkeiten fortbestehen lassen. Dies kann auch eine Streitigkeit über dieselbe Angelegenheit sein, die, wie Art. 42.3 ausdrücklich festschreibt, auch nach einem Beendigungsbeschluss erneut Gegenstand einer Schiedsklage sein kann.
22 Die Auslegung muss anhand der konkreten Fallgestaltung im Zweifelsfall auch
ergeben, ob die Parteien das Verfahren endgültig beenden oder nur vorläufig zum Ruhen bringen wollen. Verlangen die Parteien statt nach einer Beendigung des Schiedsverfahrens nach einer Aussetzung, kann das Schiedsgericht mangels unmittelbarer Anwendbarkeit der zivilprozessualen Regeln über die formale Aussetzung die Wirkungen einer Aussetzung faktisch herbeiführen, indem es das Schiedsverfahren ruhen lässt. Einigen sich die Parteien auf eine Aussetzung, muss das Schiedsgericht dies nur zur Kenntnis nehmen. Es spricht aber auch nichts gegen einen förmlichen Aussetzungsbeschluss, wenn eine oder beide Parteien dies beantragen oder das Schiedsgericht dies aus anderen Gründen für sinnvoll erachtet. Ist dagegen zwischen den Parteien streitig, ob das Verfahren ausgesetzt werden soll, muss das Schiedsgericht einen förmlichen Beschluss über die Aussetzung erlassen, wenn es sich für die Aussetzung entscheidet. In beiden Fällen der Aussetzung und des Ruhens ist indes kein Raum für einen Beendigungsbeschluss, auch nicht nach Art. 42.2 (iii).
23 Auszulegen ist auch ein außergerichtlicher Vergleich der Parteien, der keine aus-
drückliche Einigung über die Beendigung des Schiedsverfahrens enthält. In der Regel wollen die Parteien mit einem Vergleich über die materiell-rechtlichen Streitpunkte das Verfahren beenden, sodass der Vergleich als Vereinbarung i.S.d. Art. 42.2 (i) auszulegen ist. Allerdings ist hier Vorsicht geboten: Verweigert eine Partei nach Vergleichsschluss sowohl die Erfüllung des Vergleichs als auch die Zustimmung zum Erlass eines Schiedsspruches mit vereinbartem Wortlaut, so wird die andere Partei dem Erlass eines Beendigungsbeschlusses widersprechen und beantragen, das Schiedsverfahren fortzusetzen. Dieser ausdrückliche Widerspruch steht dann einer konkludenten Vereinbarung über die Beendigung des Schiedsverfahrens entgegen (Busse, SchiedsVZ 2010, 57 [58]). Das Schiedsverfahren ist unter 1188
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Beendigung des Schiedsverfahrens auf sonstige Weise | Art. 42 DIS-SchO
Berücksichtigung der durch den Vergleich eingetretenen materiell-rechtlichen Veränderungen fortzusetzen. Diese Problematik ist dadurch vermeidbar, dass die Parteien im Vergleich den Erlass eines Schiedsspruches mit vereinbartem Wortlaut i.S.v. Art. 41.1 vereinbaren, der das Schiedsverfahren gemäß Art. 41.3 i.V.m. Art. 38 beendet und der Vollstreckbarerklärung zugänglich ist. Anderenfalls kann sich der Schiedskläger im Vergleich verpflichten, die Schiedsklage zurückzunehmen, sobald der Schiedsbeklagte seine Verpflichtungen aus dem Vergleich vollständig erfüllt hat. In diesem Fall sollte allerdings gleichzeitig ausdrücklich vereinbart werden, dass das Verfahren im Fall der Nichterfüllung unter Berücksichtigung der materiell-rechtlichen Ergebnisse des Vergleichs fortgesetzt wird. Erledigungserklärung. Weiterer Fall des Art. 42.2 (i) ist die beiderseitige Erle- 24 digungserklärung der Parteien in Anlehnung an § 91a ZPO, etwa wenn der streitgegenständliche Anspruch während des Verfahrens erfüllt worden ist. Auch hier prüft das Schiedsgericht nicht, ob und wann sich der Fall in der Hauptsache tatsächlich erledigt hat, sondern lediglich die formale Übereinstimmung der Parteien über die Beendigung. Abzugrenzen ist davon die einseitige Erledigungserklärung des Klägers, die wie im staatlichen Verfahren nur zu einer Umstellung des Verfahrensgegenstandes führt (Feststellung der Erledigung als Klageänderung), nicht jedoch zu einer Vereinbarung über die Beendigung. Somit ist im Fall jeglicher Erledigungserklärung kein Raum für die Anwendung von Art. 42.2 (ii). Zeitablauf. Möglich, wenn auch selten und nicht empfehlenswert, ist eine Eini- 25 gung der Parteien auf eine verbindliche Höchstdauer des Verfahrens (nicht: der Schiedsvereinbarung, s. Rz. 21). Wird diese durch Zeitablauf erreicht, könnte eine solche Vereinbarung ebenfalls Grundlage eines Beendigungsbeschlusses gemäß Art. 42.2 (i) sein. In diesen Fällen sollte das Schiedsgericht allerdings frühzeitig darauf hinwirken, dass die Parteien die strikte zeitliche Begrenzung aufweichen, etwa in eine Soll-Bestimmung, da es zu sehr unbefriedigenden Ergebnissen führen kann, wenn sich das Verfahren wider Erwarten doch länger hinzieht und sodann nach Fristablauf nur noch ein Beendigungsbeschluss ohne Entscheidung in der Sache ergehen kann. Kostenentscheidung. Das Schiedsgericht kann in den Beendigungsbeschluss nach 26 Art. 42.2 (i) eine Regelung zu den Kosten des Verfahrens aufnehmen; diese ist dann jedoch nicht vollstreckungsfähig. Haben sich die Parteien auch auf eine bestimmte Kostenregelung verständigt, für die sie eine vollstreckbare Kostenentscheidung des Schiedsgerichtes benötigen, ist eine Kostenregelung in Form eines der Vollstreckbarerklärung zugänglichen Schiedsspruches mit vereinbartem Wortlaut zu empfehlen (Art. 41.1, Art. 41.3). Haben die Parteien sich dagegen nicht über die Kostentragung geeinigt, kann das Schiedsgericht vor Beendigung des Schiedsverfahrens im Wege des gesonderten Kostenschiedsspruchs gemäß Art. 33.1 Satz 1 über die Kosten entscheiden. Dabei sollte ein entsprechender Kostenschiedsspruch vor bzw. gleichzeitig mit dem Beendigungsbeschluss erlassen werden, weil Art. 40.1 (ii) einen ergänzenden Schiedsspruch nur nach einem Schiedsspruch, jedoch nicht nach Erlass eines Beschlusses zulässt (s. Art. 40 Rz. 29). von Levetzow
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Art. 42 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens 27 Parteivereinbarung vor Konstituierung des Schiedsgerichtes. Durch die Reform
der DIS-SchO wurde das Problem der Parteivereinbarung vor Konstituierung des Schiedsgerichtes effizient gelöst. Einigen sich die Parteien auf eine Verfahrensbeendigung, nachdem die Schiedsklage zugestellt, aber noch bevor das Schiedsgericht konstituiert ist (etwa bevor der Vorsitzende bestellt ist), erschien es im Hinblick auf Zeit und Kosten vielfach unangemessen, das Schiedsgericht nur zu dem Zweck zu konstituieren, den Beendigungsbeschluss und ggf. eine Kostenentscheidung zu erlassen. Für diesen Fall ermächtigt jetzt Art. 42.4 (i) den DISRat, das Schiedsverfahren nach Anhörung der Parteien zu beenden (s. Rz. 60). Bei einer solchen Beendigung vor Konstituierung hat keiner der bereits bestellten Schiedsrichter Anspruch auf Honorar oder Auslagenerstattung (s. Rz. 79).
II. Antrag einer Partei (Art. 42.2 (ii)) 28 Nach Art. 42.2 (ii) kann jede Partei die Beendigung des Schiedsverfahrens be-
antragen. Im Zuge der Reform wurde die bisherige Regelung (§ 39. 2 Nr. 1 DISSchO 1998) insoweit ergänzt, als jetzt auch der Schiedsbeklagte einen entsprechenden Antrag stellen kann. Das Schiedsgericht erlässt dann einen Beendigungsbeschluss, wenn die andere Partei entweder nicht widerspricht oder – trotz Widerspruchs – kein berechtigtes Interesse an der Fortführung des Schiedsverfahrens hat. Soweit der Schiedskläger die Beendigung des Schiedsverfahrens beantragt, handelt es sich hierbei strukturell um einen Fall der Klagerücknahme.
29 Antrag. Eine Partei muss die Beendigung gegenüber dem Schiedsgericht schrift-
lich oder in der mündlichen Verhandlung beantragen. Das Beendigungsbegehren muss sich nicht ausdrücklich aus dem Antrag ergeben. Vielmehr kann der Antrag dieses Begehren auch konkludent enthalten. Der Inhalt des Antrags ist im Zweifel durch Auslegung zu ermitteln.
30 Abgrenzung. Mit dem Antrag auf Erlass eines Beendigungsbeschlusses nach
Art. 42.1 (ii) widerruft der Kläger sein Rechtsschutzgesuch, jedoch ohne endgültig auf eine Sachentscheidung zu verzichten (Art. 42.3). Der Antrag ist daher abzugrenzen von einem Klageverzicht des Schiedsklägers (parallel zu § 306 ZPO), mit welchem der Schiedskläger endgültig auf den prozessualen Anspruch verzichtet. Der Klageverzicht führt zum klageabweisenden Schiedsspruch, der einer erneuten Geltendmachung des prozessualen Anspruchs entgegensteht. Abzugrenzen ist der Antrag ferner von einem Klagerücknahmeversprechen, mit dem sich der Schiedskläger lediglich schuldrechtlich zur Klagerücknahme verpflichtet (z.B. im Vergleich). Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, kann ihm der Schiedsbeklagte die Einrede der prozessualen Arglist entgegenhalten. Die Schiedsklage ist dann als unzulässig abzuweisen.
31 Mehrparteienverfahren, teilweise subjektive Klagerücknahme. Klagen mehrere
Schiedskläger gemeinsam, kann die Klagerücknahme nur eines der Schiedskläger lediglich dessen Klageverhältnis zu dem (oder den) Schiedsbeklagten beenden. Klagt ein Schiedskläger gegen mehrere Schiedsbeklagte und nimmt der Schieds1190
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Beendigung des Schiedsverfahrens auf sonstige Weise | Art. 42 DIS-SchO
kläger die Schiedsklage nur gegen einen der Schiedsbeklagten zurück, kommt ein Beendigungsbeschluss allenfalls hinsichtlich des Prozessrechtsverhältnisses zu diesem Schiedsbeklagten in Betracht. Auf Grundlage seines Wortlautes scheint Art. 42 zunächst nur die Beendigung des Schiedsverfahrens insgesamt zu regeln, was gegen einen Beendigungsbeschluss sprechen würde, da das Schiedsverfahren gegen die übrigen Schiedsbeklagten weiterläuft. Das Schiedsgericht kann in dieser Situation das Ausscheiden einer Partei auch auf andere Weise feststellen, etwa im Wege der Verfahrensverfügung. Dennoch kann das Schiedsgericht im Rahmen seines Verfahrensermessens einen Beendigungsbeschluss erlassen, wenn dies nach dem zugrundeliegenden Schiedsrecht zulässig ist und eine Partei dies fordert oder das Schiedsgericht dies aus anderen Gründen für sinnvoll erachtet. Denn die Möglichkeit einer Teilbeendigung ist Art. 42.2 immanent, wie auch den Regelungen zum Schiedsspruch die Möglichkeit eines Teilschiedsspruchs immanent ist. Verlangt der ausgeschiedene Schiedsbeklagte die Erstattung seiner Kosten, kann das Schiedsgericht eine entsprechende Kostenentscheidung vor Abschluss des Gesamtverfahrens allenfalls dann erlassen, wenn der Schiedskläger die Kosten dieses Schiedsbeklagten vollständig zu erstatten hat. Hält das Schiedsgericht dagegen eine anteilige Kostentragung im Verhältnis des Schiedsklägers zu diesem Schiedsbeklagten für angemessen, kann die Kostenentscheidung erst bei Abschluss des Gesamtverfahrens ergehen, da erst dann feststeht, ob und inwieweit die Kosten des Schiedsklägers von den weiteren Schiedsbeklagten und dem Schiedskläger selbst zu tragen sind (s. Art. 33 Rz. 14). Teilweise objektive Klagerücknahme. Nimmt der Schiedskläger die Schieds- 32 klage teilweise zurück hinsichtlich eines Teils von mehreren Streitgegenständen, kann das Schiedsgericht auch insoweit grds. einen (Teil-)Beendigungsbeschluss erlassen (s.o. Rz. 31). Dasselbe gilt für die Klageänderung, also sowohl das Auswechseln des Klagegrundes ohne Veränderung des Antrags (z.B. Schiedsklage aus abgetretenem statt aus eigenem Recht) als auch eine qualitative Klagebeschränkung im Wege der Antragsänderung (z.B. von Leistungs- zu Feststellungsklage, von Zahlungs- zu Schuldbefreiungsantrag). Weiteres Verfahren. Das Schiedsgericht muss die andere(n) Partei(en) von dem 33 Beendigungsantrag unterrichten und sie auffordern, dem Antrag innerhalb einer bestimmten Frist zuzustimmen oder zu widersprechen. Dabei kann das Schiedsgericht darauf hinweisen, dass es von einem Einverständnis ausgehen wird, wenn es innerhalb der Frist nichts Gegenteiliges von ihm hört. Gibt die zur Erklärung über den Antrag aufgeforderte Partei dann innerhalb der vorgesehenen Frist keine Erklärung ab, so kann das Schiedsgericht dies als Einverständnis zur Beendigung werten. Anders als noch in der DIS-SchO 1998 (dort § 39 Abs. 2 Nr. 1, „es sei denn, dass der Beklagte dem widerspricht“) liegt die Beweislast für den mangelnden Widerspruch nun bei der beantragenden Partei („und keine der anderen Parteien widerspricht“). Erteilt die andere Partei ausdrücklich oder durch Schweigen nach Aufforderung des 34 Schiedsgerichtes ihre Einwilligung zur Beendigung des Schiedsverfahrens, muss das Schiedsgericht das Verfahren beenden. Dem Schiedsgericht kommt insoweit von Levetzow
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Art. 42 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens kein Ermessen zu („beendet“). Dennoch ist auch hier ein Beendigungsbeschluss des Schiedsgerichts notwendige Voraussetzung der Verfahrensbeendigung. 35 Widerspricht die andere Partei der Beendigung, entscheidet das Schiedsgericht
darüber, ob es ein berechtigtes Interesse der widersprechenden Partei an der Fortführung anerkennt oder nicht. Verneint das Schiedsgericht ein solches Interesse, entscheidet es im Wege des Beendigungsbeschlusses nach Art. 42.2 (ii). Bejaht es dagegen ein berechtigtes Interesse, muss es das Verfahren fortsetzen und durch einen Schiedsspruch beenden.
36 Berechtigtes Interesse. Das Schiedsgericht hat stets eine Abwägung im konkreten
Einzelfall vorzunehmen, ob der widersprechenden Partei unter Ansehung aller relevanten Umstände ein berechtigtes Interesse zusteht. Die Entscheidung ist unabhängig davon, ob eine mündliche Verhandlung bereits stattgefunden hat (anders als § 269 Abs. 1 ZPO). Weder ist ein berechtigtes Interesse nach einer mündlichen Verhandlung stets zu bejahen, noch wäre es ohne mündliche Verhandlung immer zu verneinen. Denn weder gilt § 269 Abs. 1 ZPO im Schiedsverfahren unmittelbar, noch ist eine analoge Anwendung sinnvoll, weil eine mündliche Verhandlung im Schiedsverfahren nicht zwingend ist (vgl. Art. 29.1). Im Umkehrschluss kann daher die fehlende Durchführung einer mündlichen Verhandlung das berechtigte Interesse der anderen Partei nicht zwingend entfallen lassen.
37 Ein berechtigtes Interesse ist etwa anzunehmen, wenn die Streitentscheidung In-
dizwirkung für zukünftige Auseinandersetzungen hat. Sind etwa Leistungen aus einem weiter bestehenden Dauerschuldverhältnis zwischen den Parteien streitig, kann der Entscheidung des Schiedsgerichtes eine solche gewisse Präzedenzwirkung für zukünftige Leistungspflichten zukommen.
38 Auch soweit für den Schiedsbeklagten ein fortdauerndes Prozessrisiko besteht,
kann ihm nicht zugemutet werden, dass der Streit durch den Klageverzicht des Schiedsklägers ohne Entscheidung beendet wird. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Schiedskläger nur deswegen die Schiedsklage zurücknehmen will, weil Äußerungen des Schiedsgerichtes ihn dazu veranlassen, an den Erfolgsaussichten seiner Schiedsklage zu zweifeln, er dieselbe Schiedsklage aber erkennbar durch ein neu und anders zusammengesetztes Schiedsgericht entscheiden lassen will. Auch wenn der Schiedskläger lediglich auf die zukünftige klageweise Geltendmachung seiner Forderungen verzichtet, wird das berechtigte Interesse des Schiedsbeklagten an der Fortführung eher nicht entfallen, weil der Schiedskläger in einem solchen Fall mit seinen behaupteten Ansprüchen noch immer aufrechnen kann (anders bei einem endgültigen Verzicht, s. Rz. 40, 43).
39 Ein berechtigtes Interesse des Schiedsbeklagten wird auch angenommen, wenn
die endgültige Klageabweisung zur Auflösung von Rückstellungen führen bzw. die weiterhin drohende Inanspruchnahme zur Bildung oder Aufrechterhaltung von Rückstellungen zwingen würde (Gerstenmaier, SchiedsVZ 2010, 281 [283]).
40 Kein berechtigtes Interesse. Ein berechtigtes Interesse des Schiedsbeklagten ist
ausgeschlossen, wenn der Schiedskläger im Zusammenhang mit der Klagerücknahme auf die Gesamtheit seiner Ansprüche verbindlich verzichtet. 1192
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Kein berechtigtes Interesse des Schiedsbeklagten dürfte ferner das bloße Kos- 41 teninteresse begründen, weil das Schiedsgericht berechtigt ist, separat über die Schiedskosten zu entscheiden (Art. 33.1). Das Schiedsgericht entscheidet nach freiem Ermessen über die Kostenverteilung zwischen den Beteiligten. In der Praxis ist es jedoch grds. üblich, dass der Schiedskläger – vergleichbar mit § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO – die bis dahin entstandenen Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Ein berechtigtes Interesse des Schiedsbeklagten dürfte auch dann zu verneinen 42 sein, wenn das Schiedsgericht auf Rüge des Schiedsbeklagten Zweifel an seiner Zuständigkeit äußert, der Schiedskläger daraufhin die Schiedsklage zurücknimmt und der Schiedsbeklagte sodann der Klagerücknahme widerspricht. Denn bei fehlender Zuständigkeit ist das Schiedsgericht nicht in der Lage, eine Entscheidung in der Hauptsache zu treffen. Nimmt der Schiedskläger die Schiedsklage dagegen trotz Zuständigkeit des 43 Schiedsgerichtes zurück und gibt er dabei zu erkennen, dass er in Betracht zieht, sie später neu zu erheben und von einem anders zusammengesetzten Schiedsgericht entscheiden zu lassen, hat der Schiedsbeklagte ein berechtigtes Interesse an einer Entscheidung des Schiedsgerichtes in der Sache (ggf. nach Zwischenentscheid gemäß § 1040 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Dieses Interesse des Schiedsbeklagten kann der Schiedskläger ausräumen, indem er die Klagerücknahme mit einem endgültigen Anspruchs- oder Klageverzicht verbindet. Dabei muss aufgrund des Klageverzichts unmissverständlich feststehen, dass der Schiedskläger weder vor einem Schieds- noch – falls die Zuständigkeit des Schiedsgerichtes nicht absolut zweifelsfrei feststeht – vor einem staatlichen Gericht erneut Klage erhebt oder die Forderung zur Aufrechnung stellt. Andernfalls dürfte das berechtigte Interesse des Schiedsbeklagten an einer endgültigen Entscheidung im anhängigen Schiedsverfahren fortbestehen. An einem berechtigten Interesse des Schiedsbeklagten für eine Entscheidung 44 über eine von dem Schiedskläger zurückgenommene Feststellungsklage wird es i.d.R. fehlen, wenn der Schiedsbeklagte bereits Leistungswiderklage dagegen erhoben hat, da er dann aufgrund seiner eigenen Schiedsklage eine Entscheidung des Schiedsgerichtes, auch über den Gegenstand der ehemaligen Feststellungsklage, erwirkt. Dieser Fall ist insoweit ein Sonderfall, als das Verfahren nicht durch einen Beendigungsbeschluss, sondern durch die Endentscheidung des Schiedsgerichtes über die Widerklage beendet wird. Bei erhobener Widerklage führt die Rücknahme der Schiedsklage i.d.R. nicht per se auch zur Beendigung des Schiedsverfahrens hinsichtlich der Widerklage.
III. Nichtbetreiben des Verfahrens durch die Parteien trotz Aufforderung (Art. 42.2 (iii)) Art. 42.2 (iii) erfasst den Fall, dass die Parteien das Schiedsverfahren trotz Auf- 45 forderung des Schiedsgerichtes nicht weiter betreiben. von Levetzow
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Art. 42 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens 46 Begriff des Nichtbetreibens. Das Nichtbetreiben des Verfahrens gemäß Art. 42.2
(iii) erfordert eine faktische Übereinstimmung der Parteien durch Unterlassen. Eine nur einseitige, meist taktische Verfahrensverzögerung fällt daher ebenso wenig darunter wie ein zwischen den Parteien positiv abgestimmtes Verhalten, das schon den Tatbestand des Art. 42.2 (i) erfüllen würde. Das beidseitige Nichtbetreiben muss zudem endgültig sein. Das nur vorläufige Ruhen des Schiedsverfahrens, etwa bei Vergleichsverhandlungen oder längerer Verhinderung einer oder mehrerer Parteien, rechtfertigt daher keinen Beendigungsbeschluss des Schiedsgerichtes, auch nicht in extremen Fällen. Den Schiedsrichtern steht dann allenfalls die Möglichkeit offen, den Schiedsrichtervertrag – soweit er sich nach deutschem Recht richtet – gemäß § 627 BGB fristlos zu kündigen (s. Art. 28 Rz. 25). Typische Beispiele für ein Nichtbetreiben der Parteien sind etwa das Nichterscheinen aller Parteien zur mündlichen Verhandlung sowie generelle Inaktivität.
47 Liegt das Nichtbetreiben des Verfahrens in der Nichteinzahlung der von der DIS
eingeforderten vorläufigen Sicherheiten, der Kostensicherheiten oder Bearbeitungsgebühren der DIS, kann nach Reform der DIS-SchO gemäß Art. 42.5 der DIS-Rat das Schiedsverfahren beenden. Da dieser Fall in Art. 42.5 speziell geregelt ist, geht diese Regelung der Beendigung nach Art. 42.2 (iii) vor. Den Vorrang von Art. 42.5 auch nach Konstituierung des Schiedsgerichtes macht auch die Regelung in Art. 42.5 Satz 2 deutlich, wonach das Schiedsgericht, das bei Nichtzahlung bereits konstituiert ist, das Schiedsverfahren nach Rücksprache mit der DIS bis zu seiner Beendigung durch den DIS-Rat aussetzen kann.
48 Für den Fall, dass nicht die Parteien, sondern die Schiedsrichter das Schiedsver-
fahren nicht weiter betreiben, gilt nicht Art. 42.2 (iii), sondern Art. 16.2.
49 Verfahren. Bei einem Nichtbetreiben der Parteien sollte das Schiedsgericht die
Parteien zunächst unter angemessener Fristsetzung zur Fortführung auffordern, um ihnen rechtliches Gehör zu verschaffen. Dabei sollte es – schon angesichts der Endgültigkeit eines sonst zu erlassenden Beendigungsbeschlusses – auf die Rechtsfolgen des weiteren Nichtbetreibens hinweisen. In jedem Fall sollte es sich vergewissern, dass das Nichtbetreiben nicht nur vorübergehender Natur ist.
50 Kostenentscheidung. Erlässt das Schiedsgericht einen Beendigungsbeschluss
wegen Nichtbetreibens, wird es regelmäßig Schwierigkeiten haben, über die Kosten zu entscheiden, da nicht genau zu prognostizieren ist, wie der Rechtsstreit ohne Beendigung ausgegangen wäre. Das Schiedsgericht kann bspw. auf Basis der derzeitigen Sachlage entscheiden oder die Kosten hälftig verteilen.
IV. Unmöglichkeit der Fortsetzung des Schiedsverfahrens aus einem anderen Grund (Art. 42.2 (iv)) 51 Das Schiedsgericht kann das Schiedsverfahren ferner nach Art. 42.1 (iv) been-
den, wenn es der Ansicht ist, dass das Schiedsverfahren aus einem anderen Grund nicht fortgesetzt werden kann. Hiervon erfasst werden insb. Fälle der ob1194
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jektiven Unmöglichkeit der Fortsetzung des Schiedsverfahrens. Da auch bei dieser Var. wie beim Nichtbetreiben der Parteien gemäß Art. 42.2 (iii) oftmals keine Initiative der Parteien vorausgeht, sondern das Schiedsgericht lediglich auf tatsächliche und rechtliche Umstände reagiert, sollte es sich vergewissern, dass die Fortsetzung wirklich unmöglich geworden ist, und den Parteien hierzu rechtliches Gehör gewähren (s. Rz. 49). Objektiver Grund für die Unmöglichkeit der Verfahrensfortsetzung kann der 52 Wegfall der Schiedsvereinbarung sein. Die Schiedsvereinbarung kann insb. durch Anfechtung, Rücktritt, parteieinvernehmliche Aufhebung (wobei dies ein Grund nach Art. 42.2 (i) sein wird, s. Rz. 20) oder Zeitablauf ihre Gültigkeit verlieren. Das Schiedsgericht ist nicht befugt, das Schiedsverfahren weiter fortzusetzen, wenn die Schiedsvereinbarung wegfällt. Es besteht dann keine privatautonome Rechtsgrundlage mehr, die die Befugnis zum Erlass eines bindenden Schlussschiedsspruches rechtfertigen würde. Dies gilt allerdings nur, wenn zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die Schiedsvereinbarung nicht mehr besteht. Bestreitet eine Partei den Wegfall der Schiedsvereinbarung, muss das Schiedsgericht die Schiedsklage ggf. durch Prozessschiedsspruch als unzulässig abweisen. Das Schiedsgericht darf diese Entscheidung im Interesse der bestreitenden Partei an Rechtsklarheit nicht durch einen Beendigungsbeschluss nach Art. 42.2 (iv) umgehen. Raum für eine Entscheidung nach Art. 42.2 (iv) bleibt damit in Fällen, in denen der Schiedsbeklagte den Wegfall der Schiedsvereinbarung nicht aktiv bestreitet, sondern dazu lediglich schweigt und ein übereinstimmender Parteiwille im Hinblick auf die Beendigung i.S.v. Art. 42.2 (i) mangels Äußerung des Schiedsbeklagten nicht festgestellt werden kann. Eine Unmöglichkeit der Fortsetzung des Verfahrens kommt ferner in Betracht bei 53 Stimmengleichheit im Schiedsgericht. Diese wäre bspw. denkbar – wenn auch sicher selten – im Fall des Art. 16.4, wenn ein Schiedsrichter ausscheidet und der DIS-Rat mit Einverständnis der Parteien u.a. Schiedsrichter von der Bestellung eines Ersatzschiedsrichters absieht, sodass ein Zweier-Schiedsgericht verbleibt. Faktisch würde dies bedeuten, dass die beiden Schiedsrichter in ihrer Entscheidung Einigkeit erzielen müssen, wenn das Schiedsverfahren seinen Zweck erfüllen und mit einer inhaltlichen Entscheidung statt mit einem Beendigungsbeschluss gemäß Art. 42.2 (iv) enden soll. Um eine solche Situation zu vermeiden, wird i.d.R. gemäß Art. 16.5 ein Ersatzschiedsrichter bestellt werden. Eine Unmöglichkeit kann ferner entstehen, wenn die Parteien sich – was nicht empfehlenswert ist – in ihrer Schiedsvereinbarung darauf geeinigt haben, dass Entscheidungen im Schiedsgericht einstimmig zu entscheiden sind, ein Schiedsrichter sich aber endgültig weigert, der Entscheidung der anderen Schiedsrichter zuzustimmen. Umstritten ist, ob die Schiedsvereinbarung in diesem Fall undurchführbar ist gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO mit der Folge, dass in einem Verfahren vor dem staatlichen Gericht die Schiedseinrede nicht mehr erhoben werden kann (Gerstenmaier, SchiedsVZ 2010, 281 [285]). Auch bei entgegenstehender Rechtskraft eines Schiedsspruchs oder einer staat- 54 lichen Gerichtsentscheidung, sei es zur Sache oder zur Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung, ist die Fortsetzung des Schiedsverfahrens unmöglich. von Levetzow
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Art. 42 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens 55 Wird eine beteiligte Partei mittellos, d.h. ist sie nicht einmal in der Lage, die
fälligen Schiedsrichtervergütungsvorschüsse zu zahlen, wird die Schiedsvereinbarung undurchführbar i.S.v. § 1032 Abs. 1 ZPO (BGH v. 14.9.2000 – III ZR 33/00, BGHZ 145, 116 = NJW 2000, 3720). Abzugrenzen hiervon ist der Fall der förmlichen Insolvenz einer Partei (s. Rz. 80 ff.). Der BGH hat insoweit bisher lediglich festgestellt, dass in diesem Fall eine Klageerhebung durch die mittellose Partei vor dem staatlichen Gericht zulässig ist. Nicht beantwortet ist damit, ob und wie sich der Eintritt der Mittellosigkeit während eines laufenden Schiedsverfahrens auswirkt, ob dann insb. ein Beendigungsbeschluss gemäß Art. 42.2 (iv) in Betracht kommt. Wird der Schiedskläger mittellos, nachdem er sämtliche Vorschüsse bereits gezahlt hat, und ist durch die Mittellosigkeit nur der Kostenerstattungsanspruch des Beklagten im Falle seines Obsiegens gefährdet, kann allein deshalb dem Schiedskläger sein Interesse an einer Entscheidung in der Sache nicht abgesprochen werden. Schon angesichts der Möglichkeit, dass der Klage stattgegeben wird, ist die Verfahrensfortsetzung in diesem Fall nicht unmöglich. Wird dagegen der Schiedsbeklagte nach Klageerhebung mittellos, hat der Kläger die Wahl, ob er den anteiligen Vorschuss des Beklagten für diesen übernimmt (Art. 35.4), um das Verfahren in Gang zu setzen bzw. ihm Fortgang zu geben (dann i.d.R. Beendigung durch Schiedsspruch), ob er diesen stattdessen vor dem staatlichen Gericht verklagt oder ob er die Schiedsabrede kündigt (dann jeweils Beendigung durch Beendigungsbeschluss gemäß Art. 42.2 (iv)).
F. Beendigung durch den DIS-Rat (Art. 42.4, Art. 42.5) und die DIS (Art. 42.6) 56 Überblick. Art. 42 regelt neben dem Beendigungsbeschluss des Schiedsgerichts
nach Art. 42.2 zudem die Möglichkeit der Beendigung des Schiedsverfahrens durch den DIS-Rat vor Konstituierung des Schiedsgerichts in den Fällen des Art. 42.4 (s. Rz. 57 und Rz. 60 ff.) sowie vor oder nach Konstituierung des Schiedsgerichts nach Art. 42.5 (s. Rz. 57 und Rz. 65 ff.). Ferner kann die DIS das Schiedsverfahren jederzeitig nach Art. 42.6 beenden (s. Rz. 58 und Rz. 70 ff.). Diese Regelungen sollen die Verfahrenseffizienz von DIS-Schiedsverfahren erhöhen und die Verfahrensbeendigung beschleunigen. So vermeidet bspw. Abs. 4, dass ein Schiedsgericht für die Entscheidung über die Beendigung konstituiert werden muss, wenn schon vor Konstituierung klar ist, dass das Schiedsverfahren nicht durchgeführt werden soll (s. Rz. 2).
57 Zum DIS-Rat s. dazu ausführlich Art. 2 Rz. 11. 58 Soweit die DIS zur Beendigung ermächtigt ist (Art. 42.6), entscheidet das DIS-
Sekretariat unter Leitung des DIS-Generalsekretärs (Art. 2.2 Satz 1 Anlage 1). Bei seinen Entscheidungen kann das DIS-Sekretariat jederzeit den DIS-Rat, den zuständigen DIS-Verfahrensausschuss oder den DIS-Ernennungsausschuss konsultieren (Art. 2.2 Satz 2 Anlage 1). 1196
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Wirkung. Art. 42.7 stellt klar, dass die DIS und der DIS-Rat das Schiedsverfah- 59 ren nach den Art. 42.4 bis Art. 42.6 vollständig oder nur teilweise beenden können und diese Beendigung das Recht einer Partei unberührt lässt, ihre Ansprüche erneut geltend zu machen. Der Beschluss führt prozessrechtlich also zu einem rückwirkenden Wegfall der Schiedshängigkeit (entsprechend § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO; § 1056 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZPO). Dagegen hat der Beschluss materiell-rechtlich, etwa für den Beginn der Frist gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB und damit für die Hemmung der Verjährung, lediglich ex-nunc-Wirkung.
I. Beendigung durch den DIS-Rat vor Konstituierung des Schiedsgerichts (Art. 42.4) Überblick. Nach Art. 42.4 kann der DIS-Rat (s. Rz. 57) bis zur Konstituierung 60 des Schiedsgerichts in den folgenden vier Verfahrenssituationen das Schiedsverfahren beenden: wenn die Parteien die Beendigung des Schiedsverfahrens vereinbaren (i); wenn die DIS der Ansicht ist, dass sie kein Schiedsgericht gemäß der DIS-SchO konstituieren kann (ii); wenn die Parteien das Schiedsverfahren trotz Aufforderung durch die DIS nicht fortsetzen (iii) oder die DIS der Ansicht ist, dass das Schiedsverfahren aus einem anderen Grund nicht fortgesetzt werden kann (iv). Die Beendigungsmöglichkeiten nach Art. 42.4 (i), (iii) und (iv) entsprechen im Wesentlichen den Beendigungsmöglichkeiten des Schiedsgerichts nach dessen Konstituierung gemäß Art. 42.2 (i), (iii) und (iv), sodass insoweit die diesbezüglichen Ausführungen Anwendung finden (s. Rz. 19 ff., Rz. 45 ff., Rz. 51 ff.). Darüber hinaus kann der DIS-Rat das Schiedsverfahren nach Art. 42.4 (ii) beenden, wenn die DIS der Ansicht ist, dass sie kein Schiedsgericht gemäß der DIS-SchO konstituieren kann (s. Rz. 63). Zweck. Die Beendigungsmöglichkeiten durch den DIS-Rat vor Konstituierung 61 des Schiedsgerichts nach Art. 42.4 dienen der Steigerung der Verfahrenseffizienz. Denn Art. 42.4 verhindert, dass ein Schiedsgericht für die Entscheidung über die Beendigung konstituiert werden muss, wenn schon vor Konstituierung klar ist, dass das Schiedsverfahren nicht durchgeführt werden soll. Einigen sich etwa die Parteien auf eine Verfahrensbeendigung, nachdem die Schiedsklage zugestellt, aber noch bevor das Schiedsgericht konstituiert ist (etwa bevor der Vorsitzende bestellt ist), wird es im Hinblick auf Zeit und Kosten vielfach unangemessen sein, das Schiedsgericht nur zu dem Zweck zu konstituieren, den Beendigungsbeschluss und ggf. eine Kostenentscheidung zu erlassen. Die Konstituierung erübrigt sich bei einer Entscheidung des DIS-Rates gemäß Art. 42.4 (i). Doch sind Ausnahmen denkbar, z.B. wenn Bestandteil der Einigung eine Ratenzahlungsvereinbarung ist, die in die Form eines der Vollstreckbarerklärung zugänglichen Titels gegossen werden soll. Verfahren und Form. Die Entscheidung über die Beendigung trifft der DIS-Rat 62 nach seinem Ermessen („kann“). Der DIS-Rat muss vor seiner Entscheidung die Parteien anhören („nach Anhörung der Parteien“), um die Umstände des Einzelvon Levetzow
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Art. 42 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens falls bei der Entscheidung berücksichtigen zu können (s. bspw. Rz. 63 am Ende). Die Initiative zur Entscheidung des DIS-Rates wird in diesen Fällen regelmäßig von einer oder sämtlichen Parteien ausgehen, kann aber grds. auch aus dem DIS Case Management Team stammen, wenn dort Beendigungsgründe auffallen. In solchen Fällen wird die DIS zunächst die Parteien informieren. Zur Form gelten die Ausführungen unter Rz. 16 entsprechend. 63 Mangelnde Konstituierbarkeit des Schiedsgerichtes (Art. 42.4 (ii)). Der DIS-
Rat kann Schiedsverfahren nach Art. 42.4 (ii) beenden, wenn die DIS der Ansicht ist, dass sie kein Schiedsgericht gemäß der DIS-SchO konstituieren kann. Die Abhängigkeit der Entscheidung des DIS-Rates von der subjektiven Auffassung der DIS, ob ein Schiedsgericht konstituierbar ist oder nicht, mag zunächst seltsam anmuten. Sie beruht aber auf der Zuständigkeit der DIS für die Bestellung der Schiedsrichter (Art. 13.1) und damit für die Konstituierung des Schiedsgerichtes (Art. 13.4). So entscheidet über die Bestellung der Schiedsrichter grds. der DIS-Ernennungsausschuss (Art. 13.2) und unter bestimmten Umständen der DIS-Generalsekretär (Art. 13.3). Der DIS-Rat muss in diesem Zusammenhang also die DIS konsultieren. Insoweit kann die Initiative zur Entscheidung in den Fällen des Art. 42.4 (ii) auch von der DIS ausgehen. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn in einem Mehrvertragsverfahren wegen Unvereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen eine Konstituierung des Schiedsgerichtes nicht möglich ist.
64 Kosten. Anders als das Schiedsgericht kann der DIS-Rat keine Kostenentschei-
dung treffen über die den Parteien entstandenen Rechtsanwalts- und sonstigen Kosten (Art. 33, 32). Der DIS-Rat kann ausschließlich die Honorare der Schiedsrichter nach Anhörung der Parteien und des Schiedsgerichts nach seinem Ermessen festsetzen (Art. 34.4, allerdings steht den Schiedsrichtern in Fällen der Beendigung vor Konstituierung kein Anspruch zu, s. Rz. 79). Sollten die Parteien bei Vereinbarung der Beendigung des Schiedsverfahrens untereinander eine Kostenerstattung wünschen, ist es daher empfehlenswert, diese bereits bei der Einigung über die Verfahrensbeendigung zu vereinbaren. Benötigen die Parteien dagegen eine Kostenentscheidung durch einen der Vollstreckbarerklärung zugänglichen Kostenschiedsspruch, kann dies nur dadurch erreicht werden, dass – anstelle eines Beendigungsbeschlusses des DIS-Rates – das Schiedsgericht konstituiert wird und durch Kostenschiedsspruch entscheidet (Art. 33.1). Dies ist mit der entsprechenden Kostenfolge im Hinblick auf die dann entstehenden Schiedsrichterhonorare verbunden. Es wäre wünschenswert, dass der DIS-Rat die Parteien in einem solchen Fall der Beendigungsvereinbarung vor Erlass des Beendigungsbeschlusses über die Konsequenz der dann nicht mehr möglichen Kostenentscheidung und die Höhe der von ihm festzusetzenden Schiedsrichterhonorare informieren würde.
II. Beendigung durch den DIS-Rat (Art. 42.5) 65 Überblick. Der DIS-Rat (s. Rz. 57) kann das Schiedsverfahren während des ge-
samten Verfahrens beenden, wenn die Parteien bestimmte Zahlungspflichten 1198
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Beendigung des Schiedsverfahrens auf sonstige Weise | Art. 42 DIS-SchO
nicht fristgerecht erfüllen (Art. 42.5). Dies gilt ausdrücklich vor und nach Konstituierung des Schiedsgerichtes für die von der DIS eingeforderten vorläufigen Sicherheiten, Kostensicherheiten oder Bearbeitungsgebühren der DIS. Zweck. Auch diese Beendigungsmöglichkeit durch den DIS-Rat nach Art. 44.5 66 dient, wie Art. 42.4, der Steigerung der Verfahrenseffizienz. Bislang konnte nur das Schiedsgericht im Falle der Nichterfüllung der den Parteien obliegenden Zahlungspflichten das Schiedsverfahren durch Beschluss wegen Nichtbetreibens des Schiedsverfahrens einstellen. Diese Kompetenz ist jetzt sowohl vor als auch nach Konstituierung des Schiedsgerichtes auf den DIS-Rat übergegangen (s. Rz. 47). Damit muss nicht mehr erst ein Schiedsgericht konstituiert werden, um das Schiedsverfahren beenden zu können. Auch nach Konstituierung behält der DISRat diese Beendigungskompetenz, etwa für den Fall, dass die DIS den Betrag der vorläufigen Sicherheit und der Kostensicherheit im Laufe des Schiedsverfahrens erhöht (Art. 35.6) oder nach Widerklageerhebung fordert (Art. 7.6). Auch nach Konstituierung des Schiedsgerichtes bleibt Abs. 5 daher ein effektives Mittel zur Durchsetzung von Zahlungspflichten, die erst im Laufe des Schiedsverfahrens entstehen. Es bleibt jedoch nach wie vor dabei, dass immer, wenn eine Partei den auf sie entfallenden Anteil der vorläufigen Sicherheit oder der Kostensicherheit nicht zahlt, die andere Partei den entsprechenden Betrag an deren Stelle zahlen und somit eine Beendigung durch den DIS-Rat abwenden kann (Art. 35.4). Verfahren und Form. Die Entscheidung über die Beendigung trifft der DIS-Rat 67 nach seinem Ermessen („kann“). Eine Anhörung der nichtzahlenden Partei ist nicht Voraussetzung der Beendigung, sondern nur der Ablauf der von der DIS für die Zahlung gesetzten Frist. In der Regel wird die DIS indes mindestens eine Nachfrist setzen, bevor der DIS-Rat die Beendigung des Verfahrens beschließt. Zudem sollte der DIS-Rat bei der Gegenseite erfragen, ob diese die Einzahlung übernehmen will, um die Fortführung des Schiedsverfahrens zu bewirken (Art. 35.4). Die Initiative zur Entscheidung des DIS-Rates wird in diesen Fällen regelmäßig von der DIS ausgehen. Zur Form gelten die Ausführungen unter Rz. 16 entsprechend. Aussetzung des Schiedsverfahrens. Dem Schiedsgericht selbst steht die Mög- 68 lichkeit der Aussetzung offen, bis der DIS-Rat über die Beendigung entschieden hat (Art. 42.5 Satz 2). Das Schiedsgericht muss vor der Aussetzung mit der DIS Rücksprache halten. Durch die Aussetzung wird vermieden, dass das Schiedsgericht das Schiedsverfahren weiterführen muss, obwohl dessen Beendigung bevorsteht. Es kann stattdessen die Beendigung durch den DIS-Rat abwarten. Kosten. Anders als das Schiedsgericht kann der DIS-Rat keine Kostenentschei- 69 dung treffen über die den Parteien entstandenen Rechtsanwalts- und sonstigen Kosten (Art. 33, 32). Der DIS-Rat kann ausschließlich die Honorare der Schiedsrichter nach Anhörung der Parteien und des Schiedsgerichts nach seinem Ermessen festsetzen (Art. 34.4), soweit das Schiedsverfahren nicht schon vor Konstituierung endet und den Schiedsrichtern somit keine Ansprüche zustehen (s. Rz. 79). Soweit die Parteien eine Kostenentscheidung auch über die ihvon Levetzow
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Art. 42 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens nen entstanden Kosten durch einen der Vollstreckbarerklärung zugänglichen Kostenschiedsspruch benötigen, kann dies nur dadurch erreicht werden, dass kein Beendigungsbeschluss ergeht, sondern das Schiedsgericht (ggf. nach Konstituierung) einen Kostenschiedsspruch erlässt (Art. 33.1) mit entsprechender Kostenfolge im Hinblick auf die dann entstehenden Schiedsrichterhonorare.
III. Beendigung durch die DIS nach Art. 42.6 70 Überblick. Gemäß Art. 42.6 kann die DIS das Schiedsverfahren jederzeit been-
den, wenn eine Partei der Aufforderung der DIS zur Ergänzung fehlender oder unvollständiger Angaben in der Klage nach Art. 5, der Widerklage nach Art. 7 oder der Schiedsklage gegen eine zusätzliche Partei nach Art. 19 nicht innerhalb der von der DIS gesetzten Frist nachkommt. Für die DIS entscheidet das DISSekretariat (s. Rz. 58).
71 Zweck. Die Beendigungsmöglichkeit nach Art. 42.6 dient der Beschleunigung
des Schiedsverfahrens durch Sanktionierung der Parteien, wenn diese den ihnen obliegenden Verfahrensförderungspflichten nicht nachkommen.
72 Kosten. Hinsichtlich der Kosten gelten die Ausführungen unter Rz. 69 entspre-
chend.
G. Rechtsfolgen der Beendigung (Art. 42.3, Art. 42.7) 73 Der Beendigungsbeschluss des Schiedsgerichts gemäß Art. 42.2 sowie die Ent-
scheidungen des DIS-Rates gemäß Art. 42.4, Art. 42.5 und der DIS gemäß Art. 42.6 beenden das Schiedsverfahren. Die Beschlüsse führen prozessrechtlich also zu einem rückwirkenden Wegfall der Schiedshängigkeit.
74 Dagegen haben die Beschlüsse materiell-rechtlich, etwa für den Beginn der Frist
gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB und damit für die Hemmung der Verjährung, lediglich ex-nunc-Wirkung. Zudem stellen Art. 42.3 und Art. 42.7 klar, dass weder der Beendigungsbeschluss nach Art. 42.2 noch die Beendigung durch die DIS oder den DIS-Rat nach Art. 42.4 bis Art. 42.6 das Recht einer Partei berührt, ihre Ansprüche erneut geltend zu machen.
75 Gleichzeitig endet, soweit Schiedsrichter bei Beendigung bereits bestellt waren,
der durch die Annahme des Schiedsrichteramtes entstandene Schiedsrichtervertrag. Die Schiedsrichter sind nicht mehr im Amt. Insoweit kann die Klarstellung des § 1056 Abs. 3 ZPO, wonach das Schiedsrichteramt mit Beendigung des schiedsrichterlichen Verfahrens ebenfalls beendet wird, bei einem DIS-Schiedsverfahren mit Schiedsort Deutschland ergänzend herangezogen werden. Sollten die Parteien das Schiedsgericht nach der Beendigung des Schiedsverfahrens doch wieder mit der Sache befassen wollen, muss das Schiedsgericht daher in einem neuen Schiedsverfahren neu konstituiert werden, wobei sämtliche Kosten erneut anfallen. 1200
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Beendigung des Schiedsverfahrens auf sonstige Weise | Art. 42 DIS-SchO
In Ausnahme von dieser Regel können und müssen die Schiedsrichter ggf. noch 76 gemäß Art. 33.1 über die Kosten des Verfahrens entscheiden, ihrer Pflicht nach Art. 40 zur berichtigenden oder auslegenden Klarstellung bzw. Ergänzung des Schiedsspruchs nachkommen und weitere Ausfertigungen des Schiedsspruches erteilen. Eine Kostenentscheidung nach Art. 33.1 hat das Gericht vor bzw. bei Beendigung zu treffen, da Art. 40.1 (ii) nur eine Ergänzung eines Schiedsspruchs zulässt (s. Rz. 26). Ungeachtet dieser Arbeitspflichtnachwirkungen wird mit Beendigung des Schiedsverfahrens – wenn nichts anderes vereinbart wurde – die Schiedsrichtervergütung endfällig, da zu diesem Zeitpunkt die Arbeitsleistung der Schiedsrichter gemäß § 614 BGB vollständig erbracht ist.
H. Kosten Durch die Entscheidung des Schiedsgerichtes, der DIS oder des DIS-Rates nach 77 Art. 42 entstehen keine zusätzlichen Kosten. Sämtliche Tätigkeiten der Schiedsrichter, also auch die Beendigung des Verfahrens nach Art. 42.2, sind durch das Schiedsrichterhonorar abgegolten. Im Falle der Beendigung des Verfahrens durch die DIS ist diese Tätigkeit von der Bearbeitungsgebühr gemäß Art. 5.3 Satz 1 umfasst. Endet das Schiedsverfahren vor Erlass eines Endschiedsspruchs, setzt der DIS- 78 Rat gemäß Art. 34.4 die Honorare der Schiedsrichter nach Anhörung der Parteien und des Schiedsgerichts nach seinem Ermessen fest, wobei er dabei insb. den Stand des Verfahrens sowie die Sorgfalt und Effizienz der Schiedsrichter in Anbetracht der Komplexität und der wirtschaftlichen Bedeutung der Streitigkeit berücksichtigt. Wird das Schiedsverfahren vor Konstituierung des Schiedsgerichts beendet, hat 79 gemäß Ziff. 2.8 Anlage 2 (Kostenordnung) keiner der bereits bestellten Schiedsrichter Anspruch auf Honorar oder Auslagenerstattung und kann die DIS ihre Bearbeitungsgebühren um bis zu 50 % reduzieren (Art. 1.3 i.V.m. Ziff. 3.5 Anlage 2).
I. Insolvenz Die DIS-SchO enthält keine ausdrückliche Regelung dazu, wie sich die Insol- 80 venz einer der beteiligten Parteien auf die Schiedsvereinbarung und das Schiedsverfahren auswirkt. Die Konsequenzen eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen (einer) der Parteien richten sich daher nach dem jeweils anwendbaren Verfahrens- und Sachrecht. Nachfolgend wird die Rechtslage nach deutschem Recht dargestellt. Weist der Sachverhalt internationale Bezüge auf, können die Auswirkungen mitunter stark von dieser Rechtslage abweichen (s. Art. 38 ICCSchO Rz. 57).
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Art. 42 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens I. Bindung des Insolvenzverwalters an die Schiedsvereinbarung 81 Nach deutschem Recht bleibt der Insolvenzverwalter an die Schiedsverein-
barung gebunden, sodass das Insolvenzverfahren grds. den Beginn eines neuen schiedsrichterlichen Verfahrens nicht verhindert (BGH v. 25.4.2013 – IX ZR 49/ 12, BeckRS 2013, 12813 = WM 2013, 1514). Dies gilt auch, wenn der zugrunde liegende Vertrag mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erlischt (BGH v. 29.6.2017 – I ZB 60/16, NJW-RR 2018, 178, Tz. 14 ff.). Ferner gilt die Bindung an die Schiedsvereinbarung für den Streit, ob einem Gläubiger ein Aus- oder Absonderungsrecht in der Insolvenz des Schuldners zusteht, und bei der Einziehung einer Forderung gemäß § 166 Abs. 2 InsO, die der Schuldner zur Sicherung eines Anspruchs abgetreten hat (BGH a.a.O. Rz. 19).
82 Ausnahme bei Mittellosigkeit. Seit dem Urteil des BGH, nach welchem die
Schiedsvereinbarung gemäß § 1032 Abs. 1 ZPO undurchführbar wird, wenn eine Partei mittellos ist, so dass sie nicht einmal mehr die Kosten des Schiedsverfahrens tragen und insb. die Sicherheitsleistung (Art. 35) nicht aufbringen kann (BGH v. 14.9.2000 – III ZR 33/00, BGHZ 145, 116 = NJW 2000, 3720), wird diskutiert, ob diese Rechtsprechung auf die insolvente Partei übertragbar ist (Wagner, SchiedsVZ 2003, 206). Damit würde der Weg zum staatlichen Verfahren eröffnet. Übertragen werden kann die Rechtsprechung in jedem Fall nur auf eine gleichermaßen mittellose Partei und damit nicht schon auf eine „nur“ insolvente Partei, welche die Kosten des Schiedsverfahrens aus der Masse noch ohne weiteres aufbringen kann (vgl. für den Fall, dass das Insolvenzverfahren mangels Masse eingestellt und eine Nachtragsverteilung angeordnet wurde: OLG Köln v. 5.6.2013 – I-18 W 32/13, ZIP 2013, 2024).
83 Der Bindung der Schiedsabrede unterliegen nicht die Ansprüche aus Insolvenz-
anfechtung nach den §§ 129 ff. InsO, weil diese auf der InsO beruhen und originär in der Person des Insolvenzverwalters entstehen (BGH v. 29.6.2017 – I ZB 60/16, NJW-RR 2018, 178 [179], Tz. 18). Der Insolvenzverwalter kann daher die Ansprüche aus Insolvenzanfechtung grds. nicht im anhängigen Schiedsverfahren geltend machen, auch nicht einredeweise oder im Rahmen einer Widerklage (BGH v. 17.1.2008 – III ZB 11/07, SchiedsVZ 2008, 148 [150], Tz. 17). Möglich ist die Einrede der Insolvenzanfechtung dagegen im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs, mit welchem dem Absonderungsrecht des Gläubigers stattgeben wird. Denn zu den Verfahren vor dem staatlichen Gericht zählen nicht nur ordentliche Klageverfahren, sondern aus Gründen der Prozessökonomie und der Verfahrenskonzentration auch das Vollstreckbarerklärungsverfahren (BGH v. 17.1.2008 – III ZB 11/07, SchiedsVZ 2008, 148 [150] Tz. 18). Zudem steht es den Parteien frei, über die Ansprüche aus Insolvenzanfechtung eine neue Schiedsabrede zu treffen oder die vom Insolvenzschuldner getroffene Schiedsvereinbarung einvernehmlich auf diese Ansprüche zu erweitern. Der Insolvenzverwalter benötigt in diesem Fall bei erheblichen Streitwerten die Zustimmung des Gläubigerausschusses gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 3 InsO. 1202
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Beendigung des Schiedsverfahrens auf sonstige Weise | Art. 42 DIS-SchO
Der BGH hat ferner klargestellt, dass auch die Geltendmachung des Wahlrechts 84 nach § 103 InsO als selbständiges, der Verfügungsgewalt des Schuldners entzogenes Recht des Insolvenzverwalters anzusehen ist, das im Streitfall nicht der Schiedsabrede unterfällt (BGH v. 30.6.2011 – III ZB 59/10, SchiedsVZ 2011, 281 [283], Tz. 14). Dies wird im Regelfall nur relevant, wenn der Insolvenzverwalter Nichterfüllung wählt. Für die Geltendmachung nicht insolvenzspezifischer Ansprüche ist der Insolvenzverwalter weiterhin an eine Schiedsabrede gebunden (BGH, v. 29.6.2017 – I ZB 60/16, NJW-RR 2018, 178; s. Rz. 82).
II. Konsequenzen der Insolvenzeröffnung für laufende Schiedsverfahren Nach deutschem Recht hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens grds. keine 85 Auswirkungen auf laufende Schiedsverfahren. Sie führt also i.d.R. nicht automatisch zu einer Beendigung eines bereits anhängigen Schiedsverfahrens oder zu dessen Unterbrechung. Insbesondere gilt § 240 ZPO weder direkt noch analog (OLG Dresden v. 27.1.2005 – 11 SchH 2/04, SchiedsVZ 2005, 159 [160]). Der Insolvenzverwalter übernimmt im Schiedsverfahren die Position des Insolvenzschuldners. Ist das Schiedsgericht zu diesem Zeitpunkt bereits konstituiert, ist der Insolvenzverwalter daher grds. an die Schiedsrichterbenennung des Schuldners gebunden. Allerdings besteht zur Wahrung der Verfahrensrechte aller Beteiligten regelmäßig eine Verpflichtung des Schiedsgerichtes, das Schiedsverfahren auszusetzen. Damit erhält der Insolvenzverwalter die Möglichkeit, sich in das laufende Verfahren einzuarbeiten und das weitere Vorgehen vorzubereiten. Setzt das Schiedsgericht das Verfahren ohne Aussetzung fort und wird der Insolvenzverwalter dadurch in seinen Rechten auf rechtliches Gehör verletzt, droht später die Aufhebung des Schiedsspruchs (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b ZPO). Im Fall einer Schiedsklage eines Insolvenzgläubigers wegen einer Insolvenzfor- 86 derung muss der Insolvenzgläubiger die streitige Forderung nach deutschem Insolvenzrecht gleichzeitig zur Insolvenztabelle anmelden (§§ 87, 174 InsO). Wird die angemeldete Forderung im Insolvenzverfahren bestritten, kann die bereits anhängige Schiedsklage nach deutschem Recht nicht als Leistungsklage fortgeführt werden, sondern ist der Klageantrag umzustellen auf Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle gemäß §§ 179, 180 InsO. Dieser Feststellungstenor ist schiedsfähig und kann im anhängigen, ausgesetzten Verfahren ebenso wie in einem neu eingeleiteten Schiedsverfahren verfolgt werden. Stellt der Gläubiger als Schiedskläger seinen Klageantrag trotz eines entsprechenden Hinweises des Schiedsgerichtes nicht um, muss das Schiedsgericht die Klage als unzulässig abweisen. Erlässt das Schiedsgericht bei fehlender Umstellung dennoch einen Leistungsschiedsspruch, kann dieser unter gewissen Umständen als Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle auszulegen sein, wenn insb. auf Grund der Entscheidungsgründe feststeht, dass die geltend gemachte Forderung nur ein Recht auf insolvenzmäßige Befriedigung verschaffen sollte und es sich dabei nicht um eine Masseforderung handelt (BGH v. 29.1.2009 – III ZB 88/07, BGHZ 179, 304 = NJW 2009, 1747, Tz. 7 f. von Levetzow
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Art. 42 DIS-SchO | Beendigung des Schiedsverfahrens = SchiedsVZ 2009, 176, Tz. 7 f.). Ist eine derartige Auslegung des Leistungsschiedsspruchs nicht möglich, droht die Aufhebung des Schiedsspruches gemäß § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b ZPO im staatlichen Aufhebungsverfahren, weil die Entscheidung des Schiedsgerichtes gegen § 87 InsO als zwingende Vorschrift zur Gleichstellung der Insolvenzgläubiger verstößt und damit gegen den ordre public (OLG Köln v. 13.11.2007 – 9 Sch 8-9/06, SchiedsVZ 2008, 152 [154]). 87 Tritt der Insolvenzverwalter an die Stelle einer Partei, ist es Aufgabe des Schieds-
gerichtes, das Rubrum des Schiedsverfahrens entsprechend anzupassen.
88 Im internationalen Vergleich ergibt sich ein disparates Bild. Innerhalb von Eu-
ropa richten sich die Wirkungen des Insolvenzverfahrens auf ein anhängiges Schiedsverfahren gemäß Art. 18 EuInsVO nach dem Recht des Mitgliedsstaates, in dem das Schiedsverfahren belegen ist. Die Wirkungen richten sich somit nach dem Recht am Schiedsort. Während in Deutschland ein Schiedsverfahren durch die Insolvenz grds. unberührt bleibt (s. Rz. 85), gibt es sowohl schiedsfreundlichere Rechte (z.B. Spanien) als auch schiedsfeindlichere (z.B. Portugal). Bewertet das Schiedsgericht die Wirkungen zwingenden Insolvenzrechts falsch, kann dies zur Aufhebung des Schiedsspruchs führen wegen Verletzung der öffentlichen Ordnung in dem Staat, in dem vollstreckt werden soll.
III. Insolvenzeröffnung nach Erlass des Schiedsspruchs 89 Bestreitet der Insolvenzverwalter oder ein Insolvenzgläubiger den durch einen
Schiedsspruch bereits abgeurteilten Anspruch, muss er selbst den Widerspruch gemäß § 179 Abs. 2 InsO im Klagewege verfolgen. Dies gilt nach h.M. unabhängig davon, ob der Schiedsspruch schon für vollstreckbar erklärt wurde oder nicht (Heidbrink/v.d. Groeben, ZIP 2006, 265 [270]). Mit anderen Worten: Mit dem Schiedsspruch geht die Betreibenslast auf den Bestreitenden über. Unterlässt es der Bestreitende, den Widerspruch zu verfolgen, wird der Gläubiger der bestrittenen Forderung bei der Verteilung der Masse berücksichtigt mit der Folge, dass sich der Anteil der übrigen Gläubiger verkürzt.
90 Der Bestreitende kann im Rahmen von § 179 Abs. 2 InsO allerdings nur die
Rechtsbehelfe bemühen, die auch dem Schuldner selbst zur Verfügung gestanden hätten. Gegen den Schiedsspruch bleibt insoweit die Möglichkeit des Aufhebungsantrags in den engen Grenzen des § 1059 ZPO. Abgesehen davon kann der Insolvenzverwalter den ausgeurteilten Anspruch im Wege der Anfechtungsklage gemäß § 129 InsO anfechten.
IV. Konsequenzen der Insolvenzeröffnung für unterstützende Verfahren vor staatlichen Gerichten 91 Sind zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens Verfahren vor ei-
nem staatlichen Gericht anhängig, etwa zur Aufhebung oder Anerkennung und
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Beendigung des Schiedsverfahrens auf sonstige Weise | Art. 42 DIS-SchO
Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs oder sonstigen Unterstützung des Schiedsverfahrens, wird das Verfahren unter den Voraussetzungen des – insoweit ohne weiteres anwendbaren – § 240 ZPO unterbrochen. Nach einer Ansicht soll dies für Vollstreckbarerklärungsverfahren nur gelten, wenn es in diesem Verfahren zu einer mündlichen Verhandlung kommt (Schwab/Walter, Kapitel 16 Rz. 49).
J. Abweichende Parteivereinbarung Abweichende Parteivereinbarungen sind aufgrund des abschließenden Charak- 92 ters der Regelung grds. nicht zulässig. Insbesondere können die Parteien außerhalb des Kataloges in Art. 42.2 bzw. Art. 42.4 keine neuen Beendigungsgründe, wie etwa die Beendigung des Verfahrens durch die Parteien selbst, vereinbaren (s. Rz. 3, auch zur a.A. von Voit in Musielak/Voit, § 1056 ZPO Rz. 1).
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Art. 43 DIS-SchO | Sonstige Bestimmungen
Sonstige Bestimmungen Artikel 43 Verlust des Rügerechts Ist einer Bestimmung dieser Schiedsgerichtsordnung oder einer sonstigen auf das Schiedsverfahren anwendbaren Regelung nicht entsprochen worden, kann eine Partei, die einen ihr bekannten Mangel nicht unverzüglich rügt, diesen später nicht mehr geltend machen. Regelungsschwerpunkte: Integriert den Grundsatz der Rügepräklusion in das DIS-Schiedsverfahren. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO und zu Art. V EuÜ . . . . . . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . .
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E. Erfasste Verstöße . . . . . . . . . . .
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F. Keine unverzügliche Rüge . . . . .
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G. Rechtsfolge: Verlust des Rügerechts; Befugnisse des Schiedsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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H. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Harb/Poulton/Wittinghofer, If All Else Fails: Putting Post-Award Remedies in Perspective, in The European and Middle Eastern Arbitration Review 2012, S. 16 ff.; Wagner, Keine Präklusion des Einwandes der Nichtigkeit einer Schiedsvereinbarung wegen Missbräuchlichkeit in Verbraucherverträgen, Anm. zu EuGH v. 26.10.2006, Rs. C-168/05, SchiedsVZ 2007, 46 ff.
A. Normzweck 1 Art. 43 integriert den vielen Rechtsordnungen bekannten Grundsatz der pro-
zessualen Rügepräklusion („waiver“, bzw. „estoppel“) in die DIS-SchO. Durch das Erfordernis, tatsächliche oder vermeintliche Verfahrensfehler zeitnah zu rügen, wird die Verfahrenseffizienz erhöht. Denn sowohl die Aufklärung der Frage, ob es sich der Rüge entsprechend bei dem beanstandeten Verhalten des Schiedsgerichts oder der Gegenpartei um einen Verfahrensfehler handelt als auch dessen etwaige Korrektur, können in aller Regel auf eine zeitnahen Rüge sehr viel rascher und sachgerechter erfolgen, als wenn die Rüge erst in einem fortgeschrittenen Verfahrensstadium oder gar in einem Anerkennungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahren vor dem staatlichen Gericht vorgebracht wird.
2 Indem die Vorschrift die Parteien dazu zwingt, Verfahrensfehler sofort und
nicht erst dann zu rügen, wenn sich zeigt, dass diese sich im Ergebnis zu ihrem Nachteil ausgewirkt haben, trägt die Vorschrift auch dazu bei, dass die DISSchO nicht aus rein taktischem Kalkül zur Korrektur missliebiger Sachentscheidungen missbraucht wird. Mit Art. 43 setzt die DIS-SchO somit einen Anreiz, sich nicht widersprüchlich zu verhalten. Die Vorschrift dient schließlich auch 1206
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Verlust des Rügerechts | Art. 43 DIS-SchO
der Reduzierung der Prüfdichte staatlicher Gerichte im Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren. Das die materiell-rechtliche Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht betreffende Verbot der révision au fond wird so prozessual komplettiert. Dies entspricht regelmäßig dem Parteiwillen, der auf eine weitestmögliche Ausschaltung staatlicher (insb.: nachträglicher) Interventionen in das Schiedsverfahren gerichtet ist.
B. Reform Art. 43 tritt an Stelle von § 41 DIS-SchO 1998. Dabei wird der Anwendungs- 3 bereich der Regel ausgedehnt, indem das Rügerecht nicht nur – über Verletzungen der SchO selbst hinaus – auch dann gilt, solange „einem weiteren vereinbarten Erfordernis des schiedsrichterlichen Verfahrens nicht entsprochen worden“ ist, sondern darüber hinaus nun alle Verhaltensweisen erfasst sind, die „einer sonstigen auf das Schiedsverfahren anwendbaren Regelung nicht entspr[e]chen“. Mit Änderung zur DIS-SchO 2018 wurde außerdem das Erfordernis der positiven 4 Kenntnis aus § 41 Satz 2 DIS-SchO 1998 gestrichen. Dadurch werden Beweisschwierigkeiten vermieden.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO und zu Art. V EuÜ Art. 43 DIS-SchO erweitert die gemäß § 1040 Abs. 2 ZPO, Art. V EuÜ bereits 5 hinsichtlich Zuständigkeitseinwendungen geltenden Präklusionsregelungen auf weitere Verfahrensverstöße, nämlich Verletzungen der SchO sowie von weiteren Parteivereinbarungen. Die Vorschrift schränkt zudem in ihrem Anwendungsbereich zulässigerweise (aber s. bei Verbraucherbeteiligung EuGH v. 26.10.2006 – C-168/05, Mostaza Claro v Centro Móvil, NJW 2007, 135 = SchiedsVZ 2007, 46 m. Anm. Wagner) das Recht ein, sich auf die Aufhebungs- bzw. Vollstreckbarerklärungsversagungsgründe aus § 1059 Abs. 2 ZPO, Art. V UNÜ, Art. IX EuÜ zu berufen.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Das staatliche Verfahrensrecht kennt eine Vielzahl von Vorschriften zur prozes- 6 sualen Rügepräklusion (z.B. Art. 26 EuGVVO, §§ 39, 282, 283, 296, 296a, 531 ZPO). Diese Bestimmungen überschneiden sich ihrem Regelungssinn nach aber nur eingeschränkt mit Art. 43 DIS-SchO. Letzterer schneidet den Parteien die Berufung auf die von ihm erfassten Verfahrensfehler schlechthin ab, wenn mit dem Verfahren fortgefahren wird, ohne dass die Fehler gerügt werden. Dagegen betreffen die Regelungen der ZPO stets nur bestimmte Verfahrenskonstellationen und schneiden – abgesehen von den Vorschriften über die zuständigkeitsHerzberg
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Art. 43 DIS-SchO | Sonstige Bestimmungen begründende, rügelose Einlassung – auch nicht zielgerichtet die Rüge gerade von Verfahrensfehlern, sondern jeglichen Vortrag überhaupt ab. Wegen des umfassenden Charakters von Art. 43 ist ein Vergleich mit den in der ZPO geregelten Konstellationen, die zu einer Präklusion im staatlichen Verfahren führen können, wenig ergiebig.
E. Erfasste Verstöße 7 Art. 43 erfasst alle denkbaren Verfahrensverstöße. Es kommt nicht darauf an,
ob diese von einer Partei, einem oder mehreren Schiedsrichtern oder einem Organ der DIS ausgehen.
8 Verstöße gegen die Schiedsgerichtsordnung (Art. 43 Var. 1) sind in jedem
Verfahrensstadium denkbar, insb. bei der Konstituierung des Schiedsgerichts und bei der Durchführung der mündlichen Verhandlung.
9 Andere auf das Schiedsverfahren anwendbare Regelungen (Art. 43 Var. 2) er-
geben sich insb. aus dem jeweils anwendbaren nationalen Verfahrensrecht und der Parteivereinbarung.
10 Naturgemäß nicht von Art. 43 erfasst ist die Frage, unter welchen Voraussetzun-
gen Aufhebungs- bzw. Vollstreckbarerklärungsversagungsgründe in den hierauf gerichteten staatlichen Verfahren präkludiert sein können (dazu für inländische Schiedssprüche § 1060 Abs. 2 Satz 3, für ausländische Schiedssprüche bspw. OLG Karlsruhe v. 4.1.2012 – 9 Sch 02/09, SchiedsVZ 2012, 101 m.w.N.).
F. Keine unverzügliche Rüge 11 Die Partei muss, um nicht präkludiert zu werden, den Verfahrensfehler unver-
züglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern rügen (vgl. § 121 Abs. 1 BGB). Schuldhaft ist ein Zögern dann, wenn es im Einzelfall vorwerfbar ist; das wird insb. dann der Fall sein, wenn die Partei mit dem Schiedsverfahren – bspw. durch Vornahme anderer Prozesshandlungen – fortfährt, obwohl verständigerweise zu erwarten gewesen wäre, dass zuvor oder zeitgleich der Verfahrensverstoß gerügt wird. Der von Schiedsgerichten vielfach „eingeforderte“ Protokollvermerk am Ende der mündlichen Verhandlung, wonach die Führung derselben keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben hat, steht einem solchen Fortfahren gleich. Dagegen liegt – jedenfalls bei einem deutschen Schiedsort – in der Mitwirkung an der Konstituierung des Schiedsgerichts kein schädliches Fortfahren, wenn zuvor Einwendungen gegen die Zuständigkeit erhoben wurden. Wurden solche Einwendungen erhoben und nicht „fallen gelassen“, müssen sie nicht ständig im Sinne eines „ceterum censeo“ wiederholt werden. Zu beachten ist ferner, dass es einer Partei nicht zum Nachteil gereichen kann, wenn ihr für die Rüge des Verfahrensverstoßes eine Frist entweder qua SchO (z.B. Art. 15.2 Satz 2) oder aber durch das Schiedsgericht oder durch die Geschäftsstelle gesetzt ist und die Partei 1208
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Vertraulichkeit | Art. 44 DIS-SchO
diese Frist voll ausnutzt. Andere Verfahrenshandlungen während solcher noch offener Fristen sind daher unschädlich, wenn die Rüge fristwahrend erfolgt.
G. Rechtsfolge: Verlust des Rügerechts; Befugnisse des Schiedsgerichts Als Rechtsfolge ordnet Art. 43 den Verlust des Rügerechts an. Trotz fehlender 12 Rüge durch die Gegenpartei kann im Einzelfall auch das Schiedsgericht den Verfahrensverstoß aufgreifen. So ist das Schiedsgericht trotz der grds. herrschenden Parteiautonomie nicht verpflichtet, jedes krass dilatorische, der prozessleitenden Verfügung und/oder dem Verfahrenskalender offenkundig widersprechende Prozessverhalten der Parteien hinzunehmen, nur, weil die jeweils andere Partei von einer Rüge absieht.
H. Abweichende Parteivereinbarungen Die Vorschrift ist dispositiv, wobei zwingende gesetzliche Regelungen zu beach- 13 ten sind.
Artikel 44 Vertraulichkeit 44.1 Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, haben die Parteien und ihre Verfahrensbevollmächtigten, die Schiedsrichter, die Mitarbeiter der DIS und sonstige bei der DIS mit dem Schiedsverfahren befasste Personen über das Schiedsverfahren Stillschweigen gegenüber jedermann zu bewahren. Insbesondere dürfen die Existenz des Verfahrens, Namen von Parteien, Streitgegenstände, Namen von Zeugen und Sachverständigen, prozessleitende Verfügungen oder Schiedssprüche sowie Beweismittel, die nicht öffentlich zugänglich sind, nicht offengelegt werden. 44.2 Dies gilt insoweit nicht, als eine Offenlegung aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Pflichten oder zur Vollstreckung oder Aufhebung des Schiedsspruchs notwendig ist. 44.3 Die DIS kann statistische und sonstige allgemeine Informationen über Schiedsverfahren veröffentlichen, sofern diese Informationen die Parteien nicht nennen und auch darüber hinaus keinen Rückschluss auf bestimmte Schiedsverfahren zulassen. Schiedssprüche darf die DIS nur mit schriftlicher Einwilligung der Parteien veröffentlichen. Regelungsschwerpunkte: Art. 44.1 Umfassende Verschwiegenheitspflicht aller Beteiligten über Existenz und Inhalt des Schiedsverfahrens. → Rz. 14 ff.; Art. 44.2 Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht. → Rz. 23 ff.; Art. 44.3 Veröffentlichung von Statistiken und Schiedssprüchen durch die DIS. → Rz. 30 ff.
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Art. 44 DIS-SchO | Sonstige Bestimmungen A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . .
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F. Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht (Art. 44.2) . . . .
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G. Rechtsfolgen im Fall des Verstoßes . . . . . . . . . . . . . . . .
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H. Veröffentlichung von Statistiken und Schiedssprüchen durch die DIS (Art. 44.3) . . . . .
E. Vertraulichkeitsgebot (Art. 44.1) 14 I. Zur Verschwiegenheit verpflichteter Personenkreis (Art. 44.1 Satz 1) 15 II. Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht (Art. 44.1 Satz 2) . . . 19
I. Kritik an der Vertraulichkeit von Schiedsverfahren . . . . . . . J. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Clifford/Scogings, Which law determines the confidentiality of commercial arbitration?, Arbitration International, Vol. 35 Issue 4, S. 391 ff.; Das Gupta, Kurzkommentar zu den Änderungen in der 2018 DIS-Schiedsgerichtsordnung, SchiedsVZ-Beilage 2018, 44 ff.; Foden/Repousis, Giving away home field advantage: the misguided attack on confidentiality in international commercial arbitration, Arbitration International, Vol. 35 Issue 4, S. 401 ff.; Gielen/Wahnschaffe, Die virtuelle Verhandlung im Schiedsverfahren, SchiedsVZ 2020, 257; Haas, Vertraulichkeit im Zusammenhang mit Schiedsverfahren, in FS Kaissis (2012), S. 315; Kühner, Geschäftsgeheimnisse und Schiedsverfahren – neuerdings ein Gegensatz?, IHR 2003, 202 ff.; Oldenstam/von Pachelbel, Confidentiality and Arbitration – a few reflections and practical notes, SchiedsVZ 2006, 31 ff.; Risse/Oehm, Vertraulichkeit und Nicht-öffentlichkeit in Schiedsverfahren, ZVglRWiss 2015, 407 ff.; Stürner, Hilfspersonen im Schiedsverfahren nach deutschem Recht, SchiedsVZ 2013, 322; Wimalasena, The Publication of Arbitral Awards as a Contribution to Legal Development – A Plea for more Transparency, ASA Bulletin, Vol. 37 Issue 2 (2019), S. 279 ff.; Wittinghofer, Emmott v. Michael Wilson & Partners Ltd: Der englische Court of Appeal meint es ernst mit der Vertraulichkeit im Schiedsverfahren – oder nicht?, SchiedsVZ 2009, 156 ff.
A. Normzweck 1 Die Anordnung der Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens durch Art. 44.1 dient
dem Interesse der Parteien an der Geheimhaltung der Existenz des Schiedsverfahrens, seines Inhalts sowie seines Ergebnisses. Unternehmensvertreter wie auch Privatpersonen führen die Vertraulichkeit immer wieder als einen der maßgeblichen Vorteile des Schiedsverfahrens gegenüber dem Verfahren vor staatlichen Gerichten an. Dabei geht das Vertraulichkeitsgebot des Art. 44.1 mit seiner umfassenden Verschwiegenheitspflicht über den in Schiedsverfahren allgemein anerkannten Ausschluss der Öffentlichkeit bei der mündlichen Verhandlung hinaus (s. Rz. 10). Art. 44.1 soll so einen möglichst umfassenden Schutz der Vertraulichkeit gewährleisten.
2 Art. 44.2 regelt Ausnahmen zum Vertraulichkeitsgebot in Fällen, in denen eine
Offenlegung aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Pflichten oder zur Vollstreckung oder Aufhebung des Schiedsspruchs notwendendig ist. Art. 44.2 dient damit dem Interessenausgleich zwischen dem möglichst umfassenden Schutz 1210
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Vertraulichkeit | Art. 44 DIS-SchO
der Vertraulichkeit und berechtigten Interessen (oder gar Verpflichtungen) der Parteien, die eine Veröffentlichung rechtfertigen bzw. erforderlich machen. Art. 44.3 Satz 1 dient der Klarstellung, dass es der DIS erlaubt ist, allgemeine In- 3 formationen über die bei ihr anhängigen Schiedsverfahren zu statistischen Zwecken auszuwerten und in einer Weise zu veröffentlichen, die eine Identifizierung der Parteien ausschließt. Ebenso klarstellend ergänzt Art. 44.3 Satz 2, dass eine Veröffentlichung des Schiedsspruches durch die DIS nur mit Einwilligung der Parteien erlaubt ist. Im internationalen Vergleich gewährt Art. 44 einen besonders umfassenden 4 Schutz der Vertraulichkeit. Kein ausdrückliches Vertraulichkeitsgebot enthalten z.B. die ICC-SchO (vgl. Art. 22 Abs. 3 ICC-SchO), die SCC-SchO (vgl. Art. 3, Art. 32 Abs. 3 SCC-SchO), die AAA-SchO (vgl. Art. R-23 (a), R-25 AAA-SchO) und das UNCITRAL-ModG. Zur Vertraulichkeit verpflichten dagegen Art. 30 LCIA Rules 2020 und Art. 44 Swiss Rules 2021, jeweils auch mit ausdrücklichen Ausnahmen.
B. Reform Art. 44.1 entspricht im Wesentlichen § 43 Abs. 1 DIS-SchO 1998 mit einigen 5 sprachlichen Präzisierungen. So schließt der von Art. 44.1 Satz 1 erfasste Personenkreis jetzt ausdrücklich die Verfahrensbevollmächtigten der Parteien mit ein, die bisher von den Parteien als zum Schiedsverfahren hinzugezogene Personen nach § 43 Abs. 1 Satz 2 DIS-SchO 1998 zur Verschwiegenheit zu verpflichten waren. Das Gebot des § 43 Abs. 1 Satz 2 DIS-SchO 1998, die von den Beteiligten im Schiedsverfahren hinzugezogenen Personen zur Verschwiegenheit zu verpflichten, konnte aufgrund der Erweiterung des ausdrücklich genannten Personenkreises ersatzlos weggefallen. Art. 44.1 Satz 2 konkretisiert ferner auch die sachliche Reichweite der Vertrau- 6 lichkeit. Sie erfasst nunmehr explizit die Existenz des Schiedsverfahrens, Streitgegenstände, prozessleitende Verfügungen und Schiedssprüche. Das zuvor für alle Beteiligten gemäß § 42 DIS-SchO 1998 geltende Verbot, den Schiedsspruch zu veröffentlichen, ergibt sich nunmehr unmittelbar aus Art. 44.1. Anders als § 43 DIS-SchO 1998 regelt Art. 44.2 nunmehr ausdrücklich Ausnah- 7 men vom Vertraulichkeitsgebot bei gesetzlichen oder behördlichen Offenbarungspflichten oder einer notwendigen Offenlegung zur Vollstreckung oder Aufhebung des Schiedsspruchs. Damit werden zumindest in diesen Fällen die bisherigen Unsicherheiten beseitigt, die daraus folgten, dass in § 43 DIS-SchO 1998 keine Ausnahmen ausdrücklich geregelt waren. Nach ihrem Wortlaut galt die alte Regelung absolut („gegenüber jedermann“). Gleichwohl war weitgehend anerkannt, dass gesetzliche oder behördliche Vorgaben sowie anderweitige berechtigte Interessen eine Veröffentlichung durch die Parteien erforderlichen machen können. Weiterhin unklar bleibt allerdings, welche anderen berechtigten Interessen eine Veröffentlichung ausnahmsweise rechtfertigen können (s. Rz. 35). von Levetzow
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Art. 44 DIS-SchO | Sonstige Bestimmungen 8 Die zuvor in § 43 Abs. 2 DIS-SchO 1998 enthaltenen Regelungen zur Veröffent-
lichung von Statistiken und allgemeinen Informationen über Schiedsverfahren durch die DIS finden sich – lediglich sprachlich angepasst – jetzt in Art. 44.3 Satz 1. Die Voraussetzungen, unter denen die DIS den Schiedsspruch veröffentlichen darf, sind nunmehr in Art. 44.3 Satz 2 geregelt. Damit wurden Voraussetzungen für die Veröffentlichungen über Schiedsverfahren durch die DIS einheitlich in Art. 44.3 zusammengefasst. Inhaltlich setzt eine Veröffentlichung des Schiedsspruchs wie bisher nach § 42 Satz 1 DIS-SchO 1998 die schriftliche Zustimmung der Parteien und der DIS voraus. Allerdings stellt der geänderte Wortlaut des Art. 44.3 Satz 2 („nur mit schriftlicher Einwilligung“ bzw. in der englischen Fassung „prior written consent“) klar, dass das Einverständnis der Parteien vor Veröffentlichung vorliegen muss. Eine derartige zeitliche Einschränkung ergab sich aus § 42 Satz 1 DIS-SchO 1998 („Zustimmung“ bzw. in der englischen Fassung „written permission“) nicht explizit. Während bisher bei der Veröffentlichung des Schiedsspruchs nach dem Wortlaut des § 42 Satz 2 DISSchO 1998 „in keinem Fall“ die Namen der Parteien, Prozessbevollmächtigten und Schiedsrichter sowie sonstige individualisierende Angaben genannt werden durften, enthält Art. 44.3 eine entsprechende ausdrückliche Anonymitätsgarantie nur für die Veröffentlichung allgemeiner Informationen, nicht aber für die Veröffentlichung von Schiedssprüchen durch die DIS. Wenn die Parteien einer nicht anonymisierten Veröffentlichung zustimmen, steht dem Art. 44.1 somit nicht im Wege. Allerdings werden die Parteien i.d.R. nur der anonymisierten Veröffentlichung zustimmen.
9 Art. 44.3 Satz 2 regelt im Gegensatz zu § 42 Satz 1 DIS-SchO 1998 nicht die Ver-
öffentlichung des Schiedsspruchs durch die Parteien. Eine Veröffentlichung des Schiedsspruchs durch die Parteien ist jedoch nach Art. 44.1 bei entsprechender Einigung durch die Parteien möglich. Aus dem Vertraulichkeitsgebot nach Art. 44.1 folgt eine Pflicht zur Anonymisierung, wenn die Parteien der Veröffentlichung nur so zustimmen (s. Rz. 33).
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 10 Die ZPO enthält keine ausdrückliche Regelung zur Vertraulichkeit des Schieds-
verfahrens und zur Veröffentlichung von Schiedssprüchen. Inwieweit die Vertraulichkeit als ungeschriebene Geheimhaltungspflicht der Parteien aus der Schiedsabrede folgt, ist national wie international umstritten. Nach herrschender Meinung in der deutschen schiedsrechtlichen Literatur besteht grds. keine Verpflichtung der Parteien, die Tatsache eines Schiedsverfahrens oder dessen Details, wie auch den Schiedsspruch, vertraulich zu behandeln (Lachmann, Rz. 146 f.). Allerdings ist danach jedenfalls die mündliche Verhandlung nur „parteiöffentlich“, sie findet also unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt (Risse/ Oehm, ZVglRWiss 2015, 407, [413]). Eine ungeschriebene Geheimhaltungspflicht wird auch in der schwedischen, australischen und US-amerikanischen Rechtsprechung abgelehnt (Supreme Court of Sweden [2000] – „Bulbank“-Fall, 1212
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Bulgarian Foreign Trade Bank Ltd. v A.I. Trade Finance Ltd.; dazu Nacimiento, Beilage 7 zu BB 2001, 31; High Court of Australia, 183 CLR 10 [1995], Esso Australia Resources Ltd. v Sidney James Plowman; U.S. Court of Appeals, 3rd Circuit, 118 F.R.D. 346 [350] [D. Del. 1988], United States v Panhandle Eastern Corp. et al.; Oldenstam/von Pachelbel, SchiedsVZ 2006, 31). Abweichend davon gibt es Stimmen, die eine umfassende Geheimhaltungs- 11 pflicht, auch in Bezug auf den Schiedsspruch, als impliziten Inhalt der Schiedsvereinbarung bejahen (Raeschke-Kessler/Berger, Rz. 688). Diese verpflichte die Parteien, gegenüber Dritten keine Informationen über das Schiedsverfahren zu offenbaren. In diese Richtung gehen auch Entscheidungen englischer Gerichte, die jedoch gleichzeitig weitreichende Ausnahmen formulieren, nach denen Informationen bspw. offengelegt werden können, wenn eine gerichtliche Anordnung vorliege oder wenn es vernünftigerweise erforderlich sei, um die berechtigten Interessen einer Schiedspartei zu wahren (England and Wales Court of Appeal [2008], Emmott v Michael Wilson & Partners Ltd.; dazu Wittinghofer, SchiedsVZ 2009, 156).
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im staatlichen Verfahren gilt – im Gegensatz zum Schiedsverfahren – der 12 Grundsatz der Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung (§ 169 Satz 1 GVG), der im Zusammenhang mit den Maximen der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit des Verfahrens der interessierten Öffentlichkeit Einblick in das Verfahren bieten soll. Dies dient der Kontrolle staatlicher Machtausübung sowie der Stärkung der richterlichen Unabhängigkeit und des Vertrauens der Allgemeinheit in die Judikative. Im staatlichen Verfahren kann daher grds. nicht verhindert werden, dass Interna der Parteien sowohl der Saalöffentlichkeit als auch den Medien und damit einer unbestimmten Vielzahl von Personen bekannt werden. Einschränkend ist zum einen festzuhalten, dass der Öffentlichkeitsgrundsatz kein allgemeines Akteneinsichtsrecht begründet, sondern nur mündliche Verhandlungen und Verkündungstermine öffentlich zugänglich sind. Zum anderen kann das Gericht im Ausnahmefall die Öffentlichkeit von der Verhandlung nach seinem Ermessen gemäß § 171 ff. GVG ausschließen. Im Wirtschaftsverkehr wird es indes häufig schon als Nachteil empfunden, wenn überhaupt die Existenz einer Streitigkeit publik wird. Der Nachteil der – jedenfalls teilweisen – Öffentlichkeit des staatlichen Verfahrens kann durch die Vereinbarung eines Schiedsverfahrens nach den Regeln der DIS-SchO mit ihrem Vertraulichkeitsgebot gemäß Art. 44.1 ausgeschlossen werden. Allerdings sind der Vertraulichkeit auch im Schiedsverfahren Grenzen gesetzt. So können die Parteien z.B. nicht verhindern, dass im Schiedsverfahren noch vertraulich behandelte Informationen im Zuge von Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren vor staatlichen Gerichten an die Öffentlichkeit gelangen (s. Art. 44.2 und Rz. 25). von Levetzow
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Art. 44 DIS-SchO | Sonstige Bestimmungen 13 Die Veröffentlichung staatlicher Gerichtsentscheidungen wird weder in der
ZPO noch im GVG geregelt. Aus dem Rechtsstaatsgebot, dem Demokratieprinzip und aus dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 1–3 GG) folgt jedoch eine Pflicht der Gerichtsverwaltung zur Publikation veröffentlichungswürdiger Gerichtsentscheidungen (BVerwG v. 26.1.1997 – 6 C 3/96, BVerwGE 104, 105 = NJW 1997, 2694). Da gerichtliche Entscheidungen das Recht fortbilden, kann der Bürger nur so zuverlässig in Erfahrung bringen, welche Rechte und Pflichten er hat, sich eine Meinung zu Rechtsentwicklungen bilden und ggf. auf eine Gesetztes- oder Rechtsprechungsänderung hinwirken. Gerichtsentscheidung müssen bei Veröffentlichung ebenfalls anonymisiert werden.
E. Vertraulichkeitsgebot (Art. 44.1) 14 Das Vertraulichkeitsgebot des Art. 44.1 gilt umfassend und verbietet es den Be-
teiligten allgemein, insb. den Parteien, Informationen über das Schiedsverfahren, einschließlich des Schiedsspruchs, gegenüber Dritten zu offenbaren. Dieses Vertraulichkeitsgebot (confidentiality) ist abzugrenzen vom Grundsatz der Parteiöffentlichkeit (privacy), nach welchem nur die mündliche Verhandlung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfindet. Die Parteiöffentlichkeit wird in der DIS-SchO nicht ausdrücklich erwähnt, ist jedoch in der nationalen wie internationalen Praxis als stillschweigender Teil der Schiedsabrede anerkannt (s. Rz. 10). Das Vertraulichkeitsgebot des Art. 44.1 geht über den Ausschluss der Öffentlichkeit hinaus.
I. Zur Verschwiegenheit verpflichteter Personenkreis (Art. 44.1 Satz 1) 15 Unmittelbar zur Verschwiegenheit verpflichtet sind gemäß Art. 44.1 Satz 1 die Par-
teien des Schiedsverfahrens und ihre Verfahrensbevollmächtigten, die Schiedsrichter, die Mitarbeiter der DIS und sonstige bei der DIS mit dem Schiedsverfahren befasste Personen. Verpflichtet sind auch Rechtsnachfolger der Parteien, nicht jedoch die genannten Beteiligten im Verhältnis zueinander.
16 Für von den Beteiligten im Schiedsverfahren hinzugezogene Personen gilt die
Verschwiegenheitspflicht nicht, wie gemäß Art. 44.1 Satz 1, ohne weiteres für die Beteiligten, da sie nicht unmittelbar rechtsgeschäftlich an die DIS-SchO gebunden sind. Nach § 43 Abs. 1 Satz 2 DIS-SchO 1998 hatten die Beteiligten die von ihnen hinzugezogenen Personen zur Verschwiegenheit zu verpflichten. Diese ausdrückliche Regelung ist entfallen. Es sprechen jedoch gute Gründe dafür, dass eine entsprechende Verpflichtung der Beteiligten weiterhin besteht, die unmittelbar aus dem Vertraulichkeitsgebot nach Art. 44.1 Satz 1 folgt. Die Beteiligten kommen dieser Verpflichtung nach, indem sie mit den von ihnen hinzugezogenen Personen eine entsprechende Vertraulichkeitsverpflichtung vereinbaren. Dies kann bei der Beauftragung oder nachträglich geschehen. Zu den 1214
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hinzugezogenen Personen gehören vor allem die vom Schiedsgericht hinzugezogenen Sekretäre des Schiedsgerichts („Administrative Secretaries“), Assistenten, Sekretariatspersonal und Übersetzer. Regelmäßig dürfte dieser Person indes ohnehin als erweiterter Berufsgeheimnisträger i.S.d. § 203 Abs. 4 Satz 1 StGB zur Verschwiegenheit verpflichtet sein. Zeugen unterliegen nicht ohne weiteres der Verschwiegenheitspflicht gemäß 17 Art. 44.1. Sofern Zeugen nicht in arbeitsrechtlicher Abhängigkeit zu den Parteien stehen und schon aus diesem Grund oder wegen sonstiger, besonderer Schweigepflichten (zum Beispiel für Ärzte) zur Verschwiegenheit verpflichtet sind, kann ihnen mangels Rechtsgrundlage weder von den Parteien noch vom Schiedsgericht eine Verschwiegenheitspflicht einseitig auferlegt werden. Dagegen sollte es möglich sein, dass eine oder mehrere Parteien mit einem Zeugen eine eigenständige Vertraulichkeitsvereinbarung schließen. Dies ist nicht in jedem Fall notwendig, insb. wenn Zeugen den Sachverhalt nur ausschnittartig kennen und kein Interesse daran haben, ihre (Teil-)Kenntnisse zu missbrauchen. Erscheint eine Vertraulichkeitsvereinbarung dennoch sinnvoll, ist darauf zu achten, dass die Glaubwürdigkeit des Zeugen durch die Art und Weise des Zustandekommens der Vereinbarung oder durch deren Inhalt nicht beeinträchtigt wird. Ebenfalls nicht von der Verpflichtung des Art. 44.1 erfasst sind Sachverständi- 18 ge. Mit ihnen wird i.d.R. eine vertragliche Verschwiegenheitspflicht im Rahmen der Beauftragung durch die Partei oder das Schiedsgericht (bei einer Bestellung gemäß Art. 28.2) vereinbart.
II. Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht (Art. 44.1 Satz 2) Art. 44.1 Satz 2 nennt als Gegenstand der Verschwiegenheitspflicht die Existenz 19 eines Schiedsverfahrens, Namen von Parteien, Streitgegenstände, Namen von Zeugen und Sachverständigen, prozessleitenden Verfügungen oder Schiedssprüche sowie Beweismittel, die nicht öffentlich zugänglich sind. Die Formulierung als beispielhafte Aufzählung („insbesondere“) zeigt, dass Art. 44.1 einen darüber hinausgehenden, umfassenden Vertraulichkeitsschutz gewährleisten soll. Geschützt ist daher nicht nur die Existenz des Schiedsverfahrens, sondern auch dessen Inhalt, Verlauf und Ausgang, ferner die Namen der Schiedsrichter sowie die während der Durchführung des Schiedsverfahrens offenbarten Tatsachen, Dokumente und Beweismittel. Im Einzelnen sind der Verschwiegenheitspflicht vor allem unterworfen: der Inhalt und die Existenz aller Schriftsätze, verfahrensgegenständlichen Dokumente, Urkunden, Protokolle, die Korrespondenz und Kommunikation zwischen den Beteiligten des Schiedsverfahrens einschließlich der Schiedsrichter und der DIS, Zeugenaussagen, Vergleichsvorschläge, Zeitpunkt und Inhalt einer mündlichen Verhandlung einschließlich der Beratungen der Schiedsrichter und deren Abstimmung. Schließlich fällt unter die Verschwiegenheitspflicht der Schiedsspruch selbst. 20 Damit folgt aus Art. 44.1 das grds. Verbot, den Schiedsspruch zu veröffentvon Levetzow
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Art. 44 DIS-SchO | Sonstige Bestimmungen lichen. Dieses Verbot gilt uneingeschränkt für die Parteien, deren Verfahrensbevollmächtigte, die Schiedsrichter und die DIS. Eine Veröffentlichung durch die DIS ist nach Art. 44.3 Satz 2 nur bei schriftlicher Einwilligung der Parteien und nur in anonymisierter Form zulässig (s. Rz. 31). 21 Das Vertraulichkeitsgebot erstreckt sich nach Art. 44.1 Satz 2 a.E. ausdrücklich nur
auf solche Beweismittel, die nicht öffentlich zugänglich sind. Von der Vertraulichkeitsverpflichtung erfasst sind über den Wortlaut hinaus aber insgesamt nur solche Informationen, die nicht bereits öffentlich zugänglich sind. Beispiele hierfür sind etwa Informationen, die sich aus bereits veröffentlichten Jahresabschlüssen, Ad-hoc-Mitteilungen börsennotierter Gesellschaften oder aus der Presse ergeben. Die Partei, die sich darauf beruft, dass eine Information oder ein Dokument bereits öffentlich bekannt war, trägt die Beweislast für diesen Umstand.
22 Die von der Verschwiegenheitspflicht erfassten Informationen und Dokumente
dürfen weder mündlich noch schriftlich oder in sonstiger Weise weitergeben werden. Die Verpflichtung gilt grds. weltweit und zeitlich unbegrenzt, also sowohl in Vorbereitung des Schiedsverfahrens als auch während und nach dem Abschluss des Schiedsverfahrens. Sie umfasst mit der Existenz des Schiedsverfahrens wohl auch Vorankündigungen der Einreichung einer Schiedsklage. Die Verpflichtung besteht grds. absolut („gegenüber jedermann“).
F. Ausnahmen von der Verschwiegenheitspflicht (Art. 44.2) 23 Art. 44.2 gestattet als ausdrückliche Ausnahmen von dem Vertraulichkeitsgebot
nach Art. 44.1 eine Offenlegung, soweit diese aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Pflichten oder zur Vollstreckung oder Aufhebung des Schiedsspruchs notwendig ist.
24 Beispiele für gesetzliche oder behördliche Offenlegungspflichten nach Art. 44.2
sind solche gegenüber Wertpapierinstitutionen, Wirtschaftsprüfern, (potentiellen) Investoren und Versicherungen, etwa zur Veröffentlichung kursrelevanter Insiderinformationen (Art. 17 Abs. 1 UAbs. 1 MMVO, § 15 Abs. 1 WpHG-a.F., jetzt § 26 WpHG), zur Erstellung und Veröffentlichung von Jahresabschlüssen (§§ 316 ff., 325 ff. HGB) sowie strafrechtliche Offenbarungspflichten (z.B. § 138 StGB). Ebenso ist eine Veröffentlichung i.d.R. gerechtfertigt, soweit eine entsprechende Anordnung oder Erlaubnis eines Gerichtes vorliegt.
25 Berechtigt sind die Parteien ferner zur Offenlegung nach Art. 44.2 gegenüber den
staatlichen Gerichten, soweit dies zur Aufhebung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs notwendig ist. Solche Verfahren sind stets mit der Veröffentlichung fallspezifischer Informationen durch das staatliche Gericht verbunden, sei es in der mündlichen Verhandlung oder durch die Entscheidung des Gerichtes.
26 In der Praxis können jedoch auch andere berechtigte Interessen als die in
Art. 44.2 aufgeführten eine Veröffentlichung durch die Parteien erforderlich machen. Dass auch vertragliche Offenbarungsverpflichtungen sowie sonstige 1216
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berechtigte Interessen an einer Veröffentlichung in Ansehung des Grundsatzes von Treu und Glauben ebenfalls eine Ausnahme zur Vertraulichkeitsverpflichtung rechtfertigen können, wird in der deutschen schiedsrechtlichen Literatur zum bisherigen § 43 DIS-SchO 1998 im Grundsatz allgemein anerkannt. Derartige Ausnahmen vom Vertraulichkeitsgrundsatz aufgrund solcher anderer berechtigter Interessen werden von Art. 44.2 nicht explizit ausgeschlossen. Im Detail existiert hierzu jedoch weder differenzierte Literatur noch gefestigte Rechtsprechung. Der damit verbleibenden Unsicherheit können die Parteien nur durch eine sorgfältig formulierte Parteivereinbarung über die Ausnahmen begegnen. Als Vorlage für eine kurz gefasste Regelung möglicher Ausnahmen kann Art. 43 der Schiedsordnung der Schweizerischen Handelskammern dienen. Soweit es an einer detaillierten Vereinbarung fehlt, setzt die Feststellung einer ungeschriebenen Ausnahme im Rahmen der erforderlichen Interessenabwägung voraus, dass das Interesse an der Veröffentlichung das Geheimhaltungsinteresse der anderen Partei überwiegt. Maßgeblich ist dabei insb., welche Nachteile bei Nichtveröffentlichung drohen und in welchem Umfang die andere Partei durch die Veröffentlichung geschädigt werden kann. Nicht zulässig ist eine Veröffentlichung, die als Mittel für eine vorsätzliche Schädigung der anderen Partei eingesetzt wird. Eine Offenlegung wird dagegen i.d.R. gerechtfertigt sein gegenüber der Versicherung einer Partei, im Rahmen von gesellschaftsrechtlichen Transaktionen bzw. der zugehörigen Due Diligence sowie zur Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen gegen Dritte oder von Dritten. Die Parteien können daneben jederzeit zustimmen, dass Dokumente oder In- 27 formationen veröffentlicht werden, entweder einvernehmlich oder einzeln, soweit die Information ihrer Verfügungsbefugnis entstammt. Dies stellt Art. 44.1 direkt am Anfang klar, der die Vertraulichkeit zur Disposition der Parteien stellt („soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben“). Die Zustimmung kann ausdrücklich oder konkludent erklärt werden. Wird die DIS von Außenstehenden um Informationen zu laufenden Schiedsverfahren gebeten, bittet sie die betroffenen Parteien um deren Zustimmung, wobei sie darauf achtet, bereits die reine Existenz des Schiedsverfahrens bis zur Zustimmung der Parteien nicht zu bestätigen. Ohne diese Zustimmung gibt sie angeforderte Informationen nicht heraus. Allerdings kann die DIS zur Herausgabe von Informationen oder Dokumenten gezwungen sein, wenn diese, z.B. von der Staatsanwaltschaft, aufgrund gerichtlicher Anordnung angefordert werden.
G. Rechtsfolgen im Fall des Verstoßes Die DIS-SchO äußert sich nicht zu den Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das 28 Vertraulichkeitsgebot. Es ist daher auf das jeweils anwendbare materielle Recht zurückzugreifen. Der Verstoß kann einen Schadensersatzanspruch nach den allgemeinen schadensersatzrechtlichen Grundsätzen des anwendbaren materiellen Rechts begründen. Probleme ergeben sich in der Praxis vor allem bei der Bezifferung des entstandenen Schadens und dem Nachweis, dass Schäden kausalvon Levetzow
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Art. 44 DIS-SchO | Sonstige Bestimmungen adäquate Folge eines Verstoßes sind. Dem können die Parteien vorbeugen, indem sie bereits in der Schiedsabrede auf die Verschwiegenheitspflicht Bezug nehmen und festlegen, in welchem Ausmaß für die Verletzung der Pflicht Schadensersatz zu leisten ist. In Betracht kommt ein pauschalierter Mindestschaden ebenso wie eine Vertragsstrafe. In jedem Fall sollte es dem Geschädigten vorbehalten bleiben, darüber hinausgehende tatsächliche Schäden nachzuweisen. 29 Zu denken ist bei wesentlichen Verstößen gegen die Verschwiegenheitspflicht
ferner an ein Recht der Gegenpartei zur Kündigung der Schiedsabrede, wiederum abhängig vom anwendbaren Recht. Um zu verhindern, dass die Gegenpartei bei einem Verstoß gegen das Vertraulichkeitsgebot durch eine solche Kündigung das gesamte Schiedsverfahren torpediert, kann diese Rechtsfolge in der Schiedsabrede ausgeschlossen werden.
H. Veröffentlichung von Statistiken und Schiedssprüchen durch die DIS (Art. 44.3) 30 Art. 44.3 Satz 1 stellt klar, dass es der DIS erlaubt ist, die bei ihr vorhandenen In-
formationen über Schiedsverfahren zu statistischen Zwecken auszuwerten und zu veröffentlichen. Dies setzt stets voraus, dass eine Identifizierung der Parteien oder bestimmter Schiedsverfahren aufgrund dieser Veröffentlichung ausgeschlossen ist. Die DIS veröffentlicht die von ihr unter diesen Voraussetzungen erstellten Statistiken jährlich auf ihrer Internetseite (http://www.disarb.org) und in der SchiedsVZ.
31 Die Veröffentlichung des Schiedsspruchs durch die DIS stellt Art. 44.3 Satz 2
unter die Voraussetzung, dass die Parteien schriftlich eingewilligt haben. Der in der neuen Fassung geänderte Wortlaut („Einwilligung“, bzw. in der englischen Fassung „prior written consent“) macht deutlich, dass die Veröffentlichung ein vor Veröffentlichung erklärtes Einverständnis der Parteien voraussetzt (vgl. auch die Legaldefinition in § 183 Satz 1 BGB). Damit enthält Art. 44.3 Satz 2 gleichzeitig das Verbot an die DIS, den Schiedsspruch ohne die erforderlichen Einwilligungserklärungen der Parteien zu veröffentlichen. In der Praxis bittet die DIS die Parteien um Einwilligung zur Veröffentlichung, wenn sie einen Schiedsspruch im Interesse der Rechtsfortbildung für veröffentlichungswürdig hält. Dies kann sowohl prozessuale Fragen betreffen, wie z.B. die Zuständigkeit des Schiedsgerichtes oder die Reichweite und Wirksamkeit von Schiedsklauseln, als auch materiell-rechtliche Aspekte von Schiedssprüchen. Bei Veröffentlichung wird der Schiedsspruch (oder zu veröffentlichende Teile davon) anonymisiert.
32 Die Veröffentlichung des Schiedsspruchs durch die Parteien wird in Art. 44.3
(anders als in § 42 Satz 1 DIS-SchO 1998) nicht ausdrücklich geregelt. § 42 Satz 1 DIS-SchO 1998 setzte hierfür die Zustimmung der Parteien und der DIS voraus. Aber auch nach Art. 44.1 können sich die Parteien auf die Veröffentlichung des Schiedsspruchs einigen („Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben …“). Eine Zustimmung der DIS dürfte hierfür nicht erforderlich 1218
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sein, weil das Veröffentlichungsverbot den Interessen der Parteien an der vertraulichen Behandlung des Verfahrensgegenstandes und seines Ergebnisses dient. Schon bislang stimmte die DIS der Veröffentlichung des Schiedsspruchs bei entsprechender Parteieinigung in aller Regel zu. Zudem hat die DIS regelmäßig ein gewisses Interesse an der Veröffentlichung des Schiedsspruchs, weil dies dem Interesse der Allgemeinheit an einer kontinuierlichen Rechtsfortbildung als auch an der Vereinheitlichung und Vorhersehbarkeit der Rechtsprechungspraxis verschiedener Schiedsgerichte dient. Wenngleich Art. 44.3 Satz 2 (anders als § 42 Satz 2 DIS-SchO 1998) kein aus- 33 drückliches Anonymisierungsgebot für den Fall der Veröffentlichung des Schiedsspruchs enthält, wird sich die Pflicht zur Anonymisierung für die DIS i.d.R. daraus ergeben, dass die Parteien einer Ausnahme von dem Vertraulichkeitsgebot des Art. 44.1 nur bei Anonymisierung zustimmen. Dann dürfen bei der Veröffentlichung grds. nicht die Namen der Parteien, der Prozessbevollmächtigten, der Schiedsrichter oder sonstige individuelle Angaben der Öffentlichkeit mitgeteilt werden. Bei einer Veröffentlichung durch die Geschäftsstelle stellt diese sicher, dass sämtliche Angaben anonymisiert werden, die einen Rückschluss auf die Parteien oder den Gegenstand der Entscheidung zulassen würden – es sei denn die Parteien einigen sich darauf, auch individualisierende Informationen zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung der Namen der Schiedsrichter setzt allerdings die Einwilligung der Schiedsrichter voraus. Die Veröffentlichung des Schiedsspruchs durch eine Partei ist ferner zulässig, 34 wenn und soweit das Schiedsgericht dies im Schiedsspruch als spezifische Maßnahme angeordnet hat, bspw. um eine falsche Darstellung in der Öffentlichkeit richtigzustellen. Die Anordnung der Veröffentlichung durch das Schiedsgericht setzt einen entsprechenden Antrag voraus. Bei der Antragstellung ist auf eine eventuell erforderliche Anordnung der Veröffentlichung individualisierender Angaben entgegen dem grundsätzlichen Anonymisierungsgebot zu achten. Weiterhin nicht abschließend geklärt ist, unter welchen Voraussetzungen ein 35 Schiedsspruch veröffentlicht werden kann in dem häufig auftretenden Fall, dass eine Partei ein berechtigtes Interesse an der Veröffentlichung gegenüber Dritten hat. Soweit Ausnahmen nach Art. 44.2 betroffen sind, ist eine Veröffentlichung des Schiedsspruchs zulässig. Im Übrigen, etwa für vertragliche Offenbarungspflichten, enthält Art. 44 keine Regelung. Ist subsidiär das deutsche Schiedsrecht anwendbar, enthält auch dieses hierzu keine Regelung (s. Rz. 10). Die deutsche schiedsrechtliche Literatur erkennt jedoch ein solches berechtigtes Interesse u.U. an (s. Rz. 26). Empfehlenswert ist aufgrund der verbleibenden Unklarheiten eine Vereinbarung der Parteien im Einzelfall. Sofern die Parteien die Einwilligung zur Veröffentlichung des Schiedsspruchs durch 36 die DIS erteilt haben, erfolgt diese auf der DIS-Webseite (http://www.dis-arb.de) und/oder ganz oder teilweise in der SchiedsVZ. Den Parteien steht es frei, eine Veröffentlichung an anderer Stelle, etwa in anderen Fachzeitschriften, zu betreiben. von Levetzow
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Art. 44 DIS-SchO | Sonstige Bestimmungen 37 Durch das Tätigwerden der Geschäftsstelle entstehen keine Kosten, weder für
die Prüfung der Zustimmung zur Veröffentlichung noch für die Anonymisierung und Veröffentlichung in der SchiedsVZ.
38 Nicht von Art. 44.3 Satz 2 erfasst ist die Veröffentlichung der Entscheidung
staatlicher Gerichte, etwa wenn diese im Wege des Aufhebungs- oder Vollstreckbarerklärungsverfahrens mit dem Fall befasst werden. Insoweit gelten die unter D. dargestellten Grundsätze (s. Rz. 12). Dies führt zu einer Einschränkung der Vertraulichkeit auch im Verfahren nach der DIS-SchO, die jedoch nicht vermeidbar ist. Eine Güterabwägung bei der Prüfung der Veröffentlichung durch das staatliche Gericht, wie sie das Schweizerische Bundesgericht nach dem schweizerischen Verfahrensrecht vorgenommen hat, haben deutsche Gerichte bislang nicht vorausgesetzt (Lachmann, Rz. 152).
I. Kritik an der Vertraulichkeit von Schiedsverfahren 39 Kritik an der Vertraulichkeit von Schiedsverfahren in der Presseberichterstat-
tung ist in den letzten Jahren vor allem im Zusammenhang mit dem VattenfallSchiedsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland und dem EnBWSchiedsverfahren zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem französischen Energiekonzern EdF über den EnBW-Deal aufgekommen. In beiden Verfahren ist die öffentliche Hand als Partei beteiligt, zum einen in einem Investitionsschutzverfahren (Vattenfall-Verfahren) und zum anderen ein einem Handelsschiedsverfahren (EnBW-Verfahren). Kritisiert wird vor allem die mangelnde Information der Öffentlichkeit, jedenfalls aber der jeweiligen Parlamente u.a. Stellen, welche die Einhaltung des Haushaltsrechts und sonstiger Regeln kontrollieren. Zurecht wird darauf hingewiesen, dass ein – teilweise gefordertes – Transparenzgebot in solchen Verfahren mit Beteiligung der öffentlichen Hand de lege ferenda eingeführt werden könnte, ein Transparenzgebot dagegen für laufende Verfahren und für Schiedsverfahren zwischen Privatpersonen oder Privatunternehmen verfassungswidrig wäre (Risse/Oehm, ZVglRWiss 179, 429).
J. Abweichende Parteivereinbarung 40 Eine abweichende Parteivereinbarung ist nach Art. 44.1 ausdrücklich möglich
(„Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben …“), sowohl hinsichtlich des verpflichteten Personenkreises (s. Rz. 15 ff.), des Gegenstandes der Vertraulichkeitspflicht (s. Rz. 19 ff.) sowie der Ausnahmen (s. Rz. 23 ff.) als auch hinsichtlich der Rechtsfolgen im Falle eines Verstoßes (s. Rz. 28 f.).
41 Hinsichtlich der Veröffentlichung des Schiedsspruchs sind auch abweichende
Vereinbarungen denkbar, mit welchen die Veröffentlichung des Schiedsspruchs erschwert wird. Nicht hierunter fällt zunächst der Ausschluss der Veröffentlichung, da die Parteien damit lediglich das ihnen zustehende Wahlrecht ausüben, in die Veröffentlichung nicht einzuwilligen. Die Parteien können indes zusätzli1220
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Haftungsbegrenzung | Art. 45 DIS-SchO
che Erfordernisse für die Veröffentlichung vereinbaren, wie etwa eine bestimmte Frist, vor deren Ablauf der Schiedsspruch nicht veröffentlich werden darf. Abweichend von Art. 44.1 können sich die Parteien darauf einigen, auch die Namen der Parteien sowie individualisierende Angaben zu veröffentlichen (s. Rz. 33).
Artikel 45 Haftungsbegrenzung 45.1 Die Haftung eines Schiedsrichters für seine Entscheidungstätigkeit ist ausgeschlossen, sofern er nicht eine vorsätzliche Pflichtverletzung begeht. 45.2 Für sonstige Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren ist die Haftung eines Schiedsrichters, der DIS, ihrer satzungsmäßigen Organe, ihrer Mitarbeiter und sonstiger bei der DIS mit dem Schiedsverfahren befasster Personen ausgeschlossen, soweit sie nicht eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung begehen. Regelungsschwerpunkte: Art. 45.1 regelt den Ausschluss der Haftung des Schiedsrichters für seine Entscheidungstätigkeit mit Ausnahme vorsätzlich pflichtwidrigen Handelns des Schiedsrichters. → Rz. 7–10. Art. 45.2 regelt die Haftung des Schiedsrichters für alle Handlungen, die nicht i.V.m. der Entscheidungsfindung stehen. Hier ist die Haftung des Schiedsrichters nur soweit ausgeschlossen, als er nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig eine Pflicht verletzt. → Rz. 11–12 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . .
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E. Haftungsbeschränkung für Entscheidungstätigkeit (Art. 45.1) . . . . . . . . . . . . . . . . F. Haftungsbeschränkung im Übrigen (Art. 45.2) . . . . . . . . . . G. Abweichende Parteivereinbarung
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Literatur: Hildebrandt/Kaestner, Richter- und Schiedsrichterhaftung wegen überlanger Verfahrensdauer, BauR 2010, 2017; Lachmann, Die Haftung des Schiedsrichters nach deutschem Recht, AG 1997, 170; Lembcke, Haftung des Schiedsgutachters und des Adjudikators, DS 2011, 96; Prütting, Die rechtliche Stellung des Schiedsrichters, SchiedsVZ 2011, 233 ff.; Risse/Reiser, Die Haftung von Schiedsorganisationen, NJW 2015, 2839; Schwab, Zur Haftung des vom Schiedsgericht hinzugezogenen Sachverständigen, DS 2006, 66.
A. Normzweck Das jeweils anwendbare staatliche Schiedsverfahrensrecht (so auch die deutsche 1 ZPO) sieht meist keine Regelung zur Haftung der Schiedsrichter vor. Obgleich in Schiedsverfahren häufig wirtschaftlich bedeutsame Sachverhalte verhandelt werden, kommt der Schiedsrichterhaftung in der Praxis nur geringe Bedeutung zu. von Levetzow und Haller
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Art. 45 DIS-SchO | Sonstige Bestimmungen 2 Art. 45.1 bestimmt, dass bei Schiedsverfahren nach der DIS-SchO die Schieds-
richter nur für vorsätzliche Pflichtverletzungen haften. Dies entspricht im Wesentlichen dem sog. Spruchrichterprivileg in staatlichen Verfahren. Es dient weniger dem Schutz der Schiedsrichter und der unbefangenen Entscheidung, sondern soll vor allem dafür Sorge tragen, dass mit dem Schiedsspruch der Rechtsstreit endgültig abgeschlossen ist (Schutz der Rechtskraftwirkung). Andernfalls könnte eine Partei möglicherweise über einen Haftungsprozess gegen die Schiedsrichter die zunächst verlorene materielle Rechtsfrage wieder aufwerfen und von einem zweiten Schiedsgericht erneut überprüfen lassen.
3 Art. 45.2 dehnt das Haftungsprivileg auf solche Tätigkeiten aus, die nicht unmit-
telbar die Entscheidungstätigkeit des Schiedsrichters betreffen. Dies dient ebenfalls dem Zweck, dass die am Schiedsverfahren auf Seiten des Schiedsgerichts Beteiligten das Verfahren unbefangen führen können (also Schiedsrichter, die DIS, ihre satzungsmäßigen Organe, ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und sonstige bei der DIS mit dem Schiedsverfahren befasster Personen).
B. Reform 4 Art. 45 ersetzt § 44 DIS-SchO 1998. Ebenso wie diese Vorgängerregelung unter-
scheidet Art. 45 zwischen der Haftung für die Entscheidungstätigkeit des Schiedsrichters einerseits (Art. 45.1) und der Haftung für sonstiges Verhalten im Zusammenhang mit dem Schiedsverfahren andererseits (Art. 45.2). Art. 45.2 gilt nicht nur für die Schiedsrichter, sondern erfasst auch DIS, ihre satzungsmäßigen Organe, ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und sonstige bei der DIS mit dem Schiedsverfahren befassten Personen. Der Haftungsmaßstab bleibt unverändert. Für seine Entscheidungstätigkeit haftet der Schiedsrichter nur, wenn er eine vorsätzliche Pflichtverletzung begeht. Für jedes andere Verhalten haftet der Schiedsrichter oder eine der in Art. 45.2 genannten Personen, wenn eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung begangen wird. Unter die Haftungsbegrenzung des Art. 45.2 fällt im Wesentlichen der Personenkreis, der bereits von der Haftungsbegrenzung der DIS-SchO 1998 erfasst war: die DIS, die satzungsmäßigen DIS-Organe und DIS-Mitarbeiter. Art. 45.2 erfasst nun aber auch sonstige bei der DIS mit dem Schiedsverfahren befasste Personen.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 5 Der Gesetzgeber hat im X. Buch der ZPO keine entsprechende Regelung zur Haf-
tungsbeschränkung bzw. dem Haftungsausschluss des Schiedsgerichts aufgenommen. Es fänden daher ohne den Art. 45 die allgemeinen Vorschriften Anwendung. Der BGH geht davon aus, dass der Schiedsrichter bei seiner Spruchtätigkeit nicht für jede Fahrlässigkeit haftet. Vielmehr folge aus der dem Schiedsrichter eingeräumten vertraglichen Stellung eine Haftungsbegrenzung. Denn es sei anzunehmen, dass die Parteien nicht ein höheres Maß der Verantwortlichkeit den Schieds1222
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Haller
Haftungsbegrenzung | Art. 45 DIS-SchO
richtern auferlegt wissen wollten als sie den staatlichen Richter trifft (BGH v. 6.10. 1954 – II ZR 149/53, BGHZ 15, 12 = NJW 1954, 1763 [1764]; vgl. RGZ 65, 175).
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften § 839 Abs. 1 BGB begründet im staatlichen Gerichtsverfahren für Amtsträger 6 zum einen eine Haftungserweiterung gegenüber der allgemeinen deliktsrechtlichen Haftung, indem er deren Haftung auf reine Vermögensschäden ausdehnt. Zum anderen enthält § 839 Abs. 2 Satz 1 BGB das sog. Spruchrichterprivileg, wonach der Richter für amtspflichtwidriges Verhalten bei der Urteilsfindung nur dann haftet, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht (also vorsätzlich begangen wurde). Pflichtverletzungen des Richters durch Verweigerung oder Verzögerung der Amtsausübung unterliegen gemäß Abs. 2 Satz 2 ebenfalls der Amtshaftung. Keine Richter im Sinne dieser Vorschrift sind jedoch Schiedsrichter (BGH v. 6.10.1954 – II ZR 149/53, BGHZ 15, 12 [15] = NJW 1954, 1763 [1764]), sodass die Vorschrift auf sie nicht anwendbar ist. Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf Schiedsrichter scheidet ebenfalls aus, da es sich um eine Spezialvorschrift im Gefüge des Beamtenhaftungsrechts handelt, die nicht ohne Weiteres auf Schiedsrichter als Nichtbeamte übertragbar ist (a.A. Götz, SchiedsVZ 2012, 311 [316 f.]). Schiedsrichter haften bei einer schuldhaften Pflichtverletzung den Parteien des Schiedsverfahrens aus dem Schiedsrichtervertrag nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen (vgl. Lachmann, Rz. 4308 ff.). Somit hat ein Schiedsrichter vorbehaltlich anderweitiger Regelungen Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten (§ 276 Abs. 1, Satz 1 BGB). Denkbar sind neben vertraglichen auch deliktische Ansprüche. Ein Schiedsrichter hat jedoch stets nur für seine eigene Pflichtverletzung einzustehen. Sollten mehrere Schiedsrichter pflichtwidrig gehandelt haben, so sind sie untereinander zum Ausgleich verpflichtet.
E. Haftungsbeschränkung für Entscheidungstätigkeit (Art. 45.1) Art. 45.1 regelt den Ausschluss der Haftung des Schiedsrichters für seine Ent- 7 scheidungstätigkeit. Ausgenommen von dem Haftungsausschluss ist lediglich das vorsätzliche pflichtwidrige Handeln des Schiedsrichters. Die Entscheidungstätigkeit nach Art. 45.1 umfasst sowohl die Feststellung des Sachverhaltes als auch die Anwendung des geltenden Rechts. Eine solche Haftungsbeschränkung auf vorsätzliches Verhalten wird als zulässig 8 erachtet. Zwar handelt es sich bei der DIS-SchO aus deutscher Sicht um AGB, welche einer besonderen Inhaltskontrolle unterliegen (vgl. § 305 ff. BGB). Jedoch erfordert die Wahrung der Unabhängigkeit des Schiedsrichters in gleichem Maße wie beim staatlichen Richter eine Haftungsprivilegierung (vgl. BGH v. 19.11.1964 – VII ZR 8/63, BGHZ 42, 313 = NJW 1965, 298 [299], anders jedoch später BGH v. 6.10.1983 – III ZR 61/82, BeckRS 1983, 30375024. Gemeint ist Haller
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Art. 45 DIS-SchO | Sonstige Bestimmungen hiermit allerdings nicht die richterliche Unabhängigkeit i.S.d. Weisungsfreiheit des Richters, sondern vielmehr die Unparteilichkeit. Ein Haftungsrisiko für jegliche Pflichtverletzung könnte das Risiko bergen, dass Schiedsrichter Entscheidungen zu Gunsten derjenigen Partei treffen, die damit droht, zu klagen. Um die Unparteilichkeit zu gewährleisten, muss der Schiedsrichter daher wie auch der staatliche Richter „über den Parteien“ stehen (BGH v. 6.10.1954 – II ZR 149/53, BGHZ 15, 12 [15] = NJW 1954, 1763). Dies wird im Übrigen auch den Vorstellungen eines Schiedsrichters entsprechen, die er bei Eingehung seiner Schiedsrichtertätigkeit hat. Ein Schiedsrichter wird regelmäßig davon ausgehen, dass er nicht strenger haftet als ein deutscher Richter (Lachmann, Rz. 4335). Hinzu kommt der Gedanke, dass die Rechtskraft der schiedsrichterlichen Entscheidung nur dann effektiv geschützt ist, wenn die entschiedenen Rechtsfragen nicht in einem Regressprozess wieder aufgerollt werden können. Zwar wirkt die Rechtskraft nur inter partes, so dass ein Regressprozess gegen den Schiedsrichter die rechtskräftige Entscheidung zwischen den Parteien nicht unmittelbar beeinflussen kann. Dennoch kann die Rechtskraft ihre Funktion, Rechtsfrieden zu schaffen, nicht erfüllen, wenn letztlich derselbe Prozess unter anderen Vorzeichen weitergeführt werden könnte. Die Rechtsprechung nimmt zudem an, dass die Parteien mit den Schiedsrichtern eine stillschweigende Vereinbarung treffen, wonach der Schiedsrichter haftungsrechtlich einem staatlichen Spruchrichter insofern gleichgestellt ist, als er ebenfalls das Spruchprivileg für „Urteile“ in der Rechtssache genießt (vgl. BGH v. 6.10.1954 – II ZR 149/53, BGH v. 19.11.1964 – VII ZR 8/63, BGHZ 15, 12 = NJW 1965, 298 [299]; Bredow/Bühler, Rz. 265; Papier/ Shirvani in MüKo.BGB, § 839 BGB Rz. 383; Raeschke-Kessler/Berger, Rz. 534). 9 Das Haftungsprivileg greift für die „Entscheidungstätigkeit“ des Schiedsrichters
ein. Alle Tätigkeiten des Schiedsrichters, die im Zusammenhang mit seiner Entscheidung (dem Schiedsspruch) stehen, fallen daher unter das Haftungsprivileg. Hierzu gehören auch Verfahrensleitende Verfügungen, weil sie dazu dienen, die Entscheidung des Schiedsgerichts vorzubereiten. Auch eine einstweilige Verfügung in Gestalt einer Verfahrensleitenden Verfügung dient lediglich dazu, die endgültige Entscheidung abzusichern und ist ebenfalls privilegiert. Schließlich sind alle Tätigkeiten privilegiert, die dazu dienen, die Grundlagen für die Entscheidung in der Sache zu ermitteln („Document Production“-Verfahren etc.).
10 Nicht mehr von dem Haftungsprivileg umfasst sind pflichtwidrige Verzögerun-
gen oder eine vollständige Verweigerung der Ausübung des Schiedsrichteramtes. Allerdings lässt sich die Pflichtwidrigkeit einer Verzögerung nur schwer darlegen und beweisen. Der Schiedsrichter muss schließlich eine freie Entscheidung treffen, so dass er sich grds. die hierfür notwendige Zeit nehmen kann und muss.
F. Haftungsbeschränkung im Übrigen (Art. 45.2) 11 Die Haftung des Schiedsrichters für alle Handlungen, die nicht i.V.m. der Ent-
scheidungsfindung nach Art. 45.1 stehen, ist insoweit ausgeschlossen, als mit der Handlung nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig eine Pflicht verletzt wird. 1224
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Haller
Musterklausel für Schiedsverfahren 2018 | Nach Art. 45 DIS-SchO
Darunter fallen insb. rein organisatorische Handlungen, wie bspw. die Handlungen im Rahmen der Organisation der mündlichen Verhandlung. Es mag vorkommen, dass eine Partei versucht, nicht nur beim Schiedsgericht, 12 sondern auch bei der Schiedsinstitution Regress zu nehmen. Art. 45.2 DIS-SchO erstreckt die Haftungsprivilegien daher auch auf die DIS und ihre Organe und Mitarbeiter und sonstige bei der DIS mit dem Schiedsverfahren befasster Personen (wie z.B. Referendare).
G. Abweichende Parteivereinbarung Die Parteien können nach § 276 Abs. 3 BGB im Schiedsvertrag nicht verein- 13 baren, dass zugunsten der Schiedsrichter auch eine Haftung für vorsätzliche Pflichtverletzungen ausgeschlossen sein soll. Vergleichbare Einschränkungen durch staatliches Recht bestehen in den meisten Jurisdiktionen, in manchen sind die Regelungen sogar strenger. So ist es z.B. im schwedischen Recht grds. unzulässig, die Haftung auch für grobe Fahrlässigkeit auszuschließen. Allerdings können die Parteien im Schiedsvertrag vereinbaren, dass die Schieds- 14 richter über Art. 45 hinaus haften. Freilich wird eine Haftungsverschärfung potentielle Schiedsrichter regelmäßig von der Übernahme des Falles abhalten, sodass eine Haftungsverschärfung nicht oft vorkommt. Auch laufen die Parteien dann Gefahr, dass die DIS das Verfahren nicht administrieren wird. Sollten die Parteien sich dennoch darauf verständigen, so können sie dies nicht 15 grenzenlos tun. Eine Verschuldenshaftung wäre unzulässig, da sie zum Wesen der Schiedsgerichtsbarkeit entscheidend im Widerspruch stehen würde (Lachmann, Rz. 4348).
Musterklausel für Schiedsverfahren 2018 (1) Alle Streitigkeiten, die sich aus oder im Zusammenhang mit diesem Vertrag oder über dessen Gültigkeit ergeben, werden nach der Schiedsgerichtsordnung der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges endgültig entschieden. (2) Das Schiedsgericht besteht aus [bitte eintragen: „einem Einzelschiedsrichter“ oder „drei Schiedsrichtern“]. (3) Der Schiedsort ist [bitte gewünschten Schiedsort eintragen]. (4) Die Verfahrenssprache ist [bitte gewünschte Verfahrenssprache eintragen]. (5) Das in der Sache anwendbare Recht ist [bitte gewünschtes Recht oder gewünschte Rechtsregeln eintragen]. Regelungsschwerpunkte: Die DIS stellt ihren Nutzern eine Musterschiedsklausel zur Verfügung. Abs. 1 enthält die Elemente, die eine Schiedsklausel zwingend enthalten sollte.
Haller und Hauser
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Nach Art. 45 DIS-SchO | Musterklausel für Schiedsverfahren 2018 Abs. 2 bis 5 enthalten zusätzliche weitere Elemente, die optional zusätzlich in einer Schiedsklausel verwendet werden können, für deren Wirksamkeit aber nicht zwingend sind. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . E. Einzelerläuterung . . . . . . . . . . I. Wortlaut und Anwendungsbereich der Musterschiedsklausel (Abs. 1)
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II. Anzahl der Schiedsrichter (Abs. 2) . . . . . . . . . . . . . . . III. Schiedsort (Abs. 3) . . . . . . . IV. Verfahrenssprache (Abs. 4) . V. Anwendbares Recht (Abs. 5)
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F. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . G. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Normzweck 1 Das Vorliegen einer wirksamen Schiedsvereinbarung ist in fast allen Fällen eine
zwingende Voraussetzung für ein Schiedsverfahren. Lediglich in Ausnahmefällen (wie bspw. von Schiedsgerichten, die in gesetzlich statthafter Weise gemäß § 1066 ZPO durch letztwillige oder andere nicht auf Vereinbarung beruhende Verfügungen angeordnet werden) kann es ohne Schiedsvereinbarung zu einem Schiedsverfahren kommen. Wollen die Parteien eines Vertrags die Schiedsgerichtsbarkeit als ihren Streitbeilegungsmechanismus wählen, ist eine wirksame Schiedsvereinbarung erforderlich. Die von der DIS empfohlene Musterschiedsklausel ist eine Vorlage, deren Verwendung Unwirksamkeitsrisiken auf ein Minimum reduziert. Sinn und Zweck der von der DIS empfohlenen Musterschiedsklausel ist, das Scheitern eines Schiedsverfahrens lediglich aufgrund einer unwirksamen Schiedsvereinbarung zu verhindern.
2 Die Musterschiedsklausel sollte nach Möglichkeit im Wortlaut übernommen wer-
den, um pathologische Schiedsabreden zu verhindern. Selbstverständlich steht es den Parteien aber frei, den Wortlaut der Musterschiedsklausel zu variieren oder eine vollkommen andere Schiedsklausel zu entwerfen. In der Praxis ist dieses Vorgehen indes meist weniger effizient und birgt häufig deutlich größere Unwirksamkeitsrisiken im Vergleich zur Verwendung der Musterklausel per „copy and paste“.
3 Die in den Abs. 2–5 empfohlenen Vereinbarungen zur Zusammensetzung des
Schiedsgerichts (Abs. 2), zum Schiedsort (Abs. 3), der Verfahrenssprache (Abs. 4) und zum anwendbaren Recht (Abs. 5) beugen im Streitfall deren Bestimmung durch die DIS-SchO oder das Schiedsgericht vor. Die Parteien können durch Verwendung dieser optionalen Regelungen also bereits in einem sehr frühen Stadium, noch lange vor Entstehung ihrer Streitigkeit, von ihrer Gestaltungsmacht hinsichtlich zentraler Verfahrensfragen Gebrauch machen.
4 Die Schiedsvereinbarung ist ein separater Vertrag, der bspw. von dem Vertrag,
in dem er ggf. enthalten ist, abtrennbar ist (doctrine of separability). Dies bedeu1226
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Hauser
Musterklausel für Schiedsverfahren 2018 | Nach Art. 45 DIS-SchO
tet z.B., dass die Schiedsvereinbarung auch dann gültig bleiben kann, wenn der Vertrag, in dem sie enthalten ist, für nichtig befunden wird. Es bedeutet auch, dass sich das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare materielle Recht von dem auf den Vertrag, in dem sie enthalten ist, anwendbaren materiellen Recht unterscheiden kann. Das Prinzip der Abtrennbarkeit verbessert die Durchsetzbarkeit von Schiedsvereinbarungen.
B. Reform In der DIS-SchO 1998 war bereits eine Musterschiedsklausel enthalten. Die ak- 5 tuelle DIS-SchO hat die vorherige Musterschiedsklausel inhaltlich unverändert gelassen. Allerdings wurde eine sprachliche Straffung vorgenommen und es wurden Absätze (Abs. 1–5) eingefügt. Die DIS-Musterschiedsklausel hat sich somit im Vergleich zu 1998 lediglich „optisch“ verändert. Während Abs. 1 die bisherige Fassung der Musterschiedsklausel im selben Wortlaut enthält, ist in den Abs. 2–5 nunmehr das geregelt, worauf in der vorherigen Fassung am Ende der Musterschiedsklausel besonders hingewiesen wurde. Ferner enthält die Musterschiedsklausel der aktuellen DIS-SchO keine erläuternden Fußnoten mehr. Vor dem Hintergrund, dass ein Anliegen der Reform 2018 darin bestand, die neue DIS-SchO benutzerfreundlicher und verständlicher zu gestalten, ist diese redaktionelle Entscheidung etwas überraschend.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Für Parteien, die sich auf die Durchführung eines Schiedsverfahrens verständi- 6 gen wollen, hält das X. Buch der ZPO keine Musterklausel bereit. § 1029 Abs. 1 ZPO enthält jedoch eine Legaldefinition der Schiedsvereinbarung. 7 Danach ist eine Schiedsvereinbarung „eine Vereinbarung der Parteien, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen in Bezug auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis vertraglicher oder nicht-vertraglicher Art entstanden sind oder künftig entstehen, der Entscheidung durch ein Schiedsgericht zu unterwerfen“. Die von der DIS empfohlene Musterschiedsklausel ist eine Schiedsvereinbarung im Sinne dieser Definition.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften In staatlichen Gerichtsverfahren sind Klauseln, die der Musterschiedsklausel 8 entsprächen, entbehrlich, da der Rechtsweg zu staatlichen Gerichten naturgemäß auch ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung der Parteien eröffnet ist. Die Parteien haben allerdings unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, Einfluss auf die örtliche Zuständigkeit des Gerichts zu nehmen, in dem sie Gerichtsstandsvereinbarungen treffen. Hauser
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Nach Art. 45 DIS-SchO | Musterklausel für Schiedsverfahren 2018 9 In den §§ 38 und 40 ZPO sind die Voraussetzungen geregelt, unter denen im
staatlichen Verfahren Gerichtsstandsvereinbarungen zulässig sind. Zu den allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen zählen das Vorliegen eines prorogationsfähigen Anspruchs, eines bestimmten Rechtsverhältnisses, eines bestimmten bzw. bestimmbaren Gerichts und das Fehlen einer ausschließlichen Zuständigkeit. Für internationale Verträge sind besondere Bestimmungen zu beachten, insbes. Art. 25 EuGVVO.
E. Einzelerläuterung I. Wortlaut und Anwendungsbereich der Musterschiedsklausel (Abs. 1) 10 Die DIS-Musterschiedsklausel ist eine sog. umfassende Schiedsklausel und er-
fasst alle Streitigkeiten, die sich aus oder „im Zusammenhang mit“ einem bestimmten Vertrag ergeben. Auf diesem Weg lassen sich Streitigkeiten über den Umfang bzw. die Reichweite der Schiedsvereinbarung umgehen. Schwierigkeiten können auftreten, wenn sich die Schiedsvereinbarung nicht explizit auf „alle“ Streitigkeiten, die sich aus oder „im Zusammenhang mit“ einem Vertrag ergeben, bezieht. In diesem Fall lässt sich nicht immer trennscharf bestimmen, welche konkreten Streitigkeiten von der Klausel erfasst sein sollen und ob bspw. Streitigkeiten, die sich aus den Vertragsverhandlungen, der Beendigung des Vertrages oder aus unerlaubter Handlung ergeben, von der Zuständigkeit des Schiedsgerichts umfasst sind. Häufig wird es sachgerecht sein, die Zuständigkeit des Schiedsgerichts auch auf solche Streitigkeiten zu erstrecken; dies sollte in der Schiedsklausel aber auch entsprechend deutlich formuliert werden. Eine „enge“ Schiedsklausel mag der Auslegung zugänglich sein; ist ihr Wortlaut aber auf Ansprüche „aus einem Vertrag“ beschränkt, ist eine Auslegung, wonach bspw. deliktische Ansprüche nicht umfasst sind, nicht nur vertretbar, sondern naheliegend, mögen besagte deliktische Ansprüche auch noch so vertragsnah sein.
11 Eine Schiedsvereinbarung ist nur dann wirksam, wenn der Verfahrensgegen-
stand schiedsfähig ist. In diesem Zusammenhang ist im deutschen Recht § 1030 ZPO („Schiedsfähigkeit“) zu beachten (eingehend hierzu von Schlabrendorff in Salger/Trittmann, § 2 Rz. 32–48).
12 Eine Schiedsvereinbarung unterliegt den auf die Schiedsvereinbarung anwend-
baren gesetzlichen Formvorschriften, in Deutschland etwa § 1031 ZPO („Form der Schiedsvereinbarung“).
13 Eine Schiedsvereinbarung kann in Form einer Klausel in einem Vertrag (sog.
Schiedsklausel), aber auch als isolierte Schiedsabrede, d.h. als selbstständige Vereinbarung, geschlossen werden. Im letzteren Fall ist zu empfehlen, den Vertrag, auf den sich die Schiedsabrede beziehen soll, so genau wie möglich zu bezeichnen.
14 Das entscheidende Merkmal der Schiedsgerichtsbarkeit als private Gerichtsbar-
keit ist, dass die staatliche ordentliche Gerichtsbarkeit ausgeschlossen ist. Dieser 1228
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Hauser
Musterklausel für Schiedsverfahren 2018 | Nach Art. 45 DIS-SchO
Ausschluss gilt jedoch nach Art. 25 bzw. § 1033 ZPO nicht für den Bereich des einstweiligen Rechtsschutzes. Aus diesem Grund ist in der Musterschiedsklausel ein ausdrücklicher Ausschluss der Zuständigkeit staatlicher Gerichte festgehalten. Der Sinn und Zweck der Regelung ist, Parteien, die bisher mit Schiedsgerichtsverfahren keine oder wenig Erfahrung haben, zu verdeutlichen, dass ein Schiedsgerichtsverfahren kein vorgeschaltetes Verfahren zum Verfahren vor den staatlichen Gerichten, sondern eine Alternative zu staatlichen Gerichtsverfahren ist bzw. diese „ersetzen“ kann. Die Musterklausel enthält in ihren Abs. 2–5 Empfehlungen für Ergänzungen 15 hinsichtlich der Anzahl der Schiedsrichter (Abs. 2), des Schiedsortes (Abs. 3), der Verfahrenssprache (Abs. 4) und des anwendbaren materiellen Rechts (Abs. 5). Wie wichtig die Festlegung dieser Ergänzungen ist, hängt u.a. davon ab, ob die Schiedsgerichtsvereinbarung von zwei deutschen Parteien, die ein rein nationales Verfahren in Deutschland vereinbaren möchten, geschlossen wird, oder ob die Vertragsbeziehung einen internationalen Gegenstand aufweist, z.B. aufgrund der Beteiligung ausländischer Parteien oder der Wahl eines ausländischen Schiedsortes. In letzteren Fällen ist es in der Praxis häufig angebracht, Regelungen hinsichtlich der o.g. Gegenstände zu treffen.
II. Anzahl der Schiedsrichter (Abs. 2) Nach Art. 10.1 Satz 1 können die Parteien vereinbaren, dass das Schiedsgericht 16 aus einem Einzelschiedsrichter (Art. 11), aus drei Schiedsrichtern (Art. 12) oder einer anderen ungeraden Zahl von Schiedsrichtern besteht. Zu den Kriterien, die die Parteien bei der Regelung der Anzahl der Schiedsrichter heranziehen können, gehören u.a. die Auswirkungen der Schiedsrichteranzahl auf die Kosten des Verfahrens und die Komplexität des Falles. Haben die Parteien keine Vereinbarung über die Anzahl der Schiedsrichter getroffen, kann jede Partei bei der DIS beantragen, dass das Schiedsgericht aus einem Einzelschiedsrichter bestehen soll (vgl. Art. 10.2 Satz 1). Der DIS-Rat entscheidet über diesen Antrag nach Anhörung der anderen Partei (Art. 10.2 Satz 2). Wird kein solcher Antrag gestellt oder einem solchen Antrag nicht stattgegeben, besteht das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern (Art. 10.2 Satz 3).
III. Schiedsort (Abs. 3) Der Ort des Schiedsverfahrens legt die prozessrechtlichen Rahmenbedingungen 17 des Verfahrens und die Zuständigkeit für eine ggf. notwendige Inanspruchnahme staatlicher Gerichte fest. Außerdem ist er für gewöhnlich für die Methodik der Sachverhaltsermittlung und die Beweisaufnahme relevant. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass Verhandlungstermine nicht notwendig auch an diesem Ort durchzuführen sind. Für den Fall, dass ein Schiedsort in Deutschland vereinbart wird, gelten die §§ 1025 ff. ZPO, die die Möglichkeit für weitere VereinHauser
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Nach Art. 45 DIS-SchO | Musterklausel für Schiedsverfahren 2018 barungen der Parteien eröffnen. Sollte ein Schiedsort im Ausland vereinbart werden, ist das dort geltende zwingende Verfahrensrecht zu beachten. Die Wahl des Schiedsorts ist vor allem auch deshalb bedeutsam, da nur vor den staatlichen Gerichten des Schiedsorts eine Aufhebung des Schiedsspruchs möglich ist.
IV. Verfahrenssprache (Abs. 4) 18 Nach Art. 23 entscheidet das Schiedsgericht nach seiner Konstituierung über die
Sprache des Verfahrens, wenn die Sprache nicht bereits von den Parteien in der Schiedsklausel festgelegt oder vor Konstituierung des Schiedsgerichts eine entsprechende Einigung erzielt wurde. Eine fehlende Vereinbarung über die Sprache kann zu Komplikationen führen. Ohne Festlegung der Verfahrenssprache wissen die Parteien bei Verfahrenseinleitung nicht, in welcher Sprache die Klageschrift abzufassen ist und über welche Sprachqualifikationen die Parteivertreter und die Schiedsrichter verfügen müssen. Vor diesem Hintergrund bietet es sich an, die Verfahrenssprache bereits in der Schiedsvereinbarung zu wählen.
V. Anwendbares Recht (Abs. 5) 19 Die Schiedsvereinbarung kann eine Regelung über das in der Sache anwendbare
materielle Recht enthalten, insb. soweit das auf den Vertrag anwendbare materielle Recht nicht bereits an anderer Stelle des Vertrages vereinbart wurde. Das auf die Schiedsvereinbarung selbst anwendbare Recht kann von dieser Rechtswahl ebenso abweichen wie die lex loci arbitri. Separate Rechtswahlvereinbarungen hinsichtlich des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Rechts sind indes möglich, aber selten.
F. Kosten 20 Wenn eine Musterschiedsklausel in einen Vertrag aufgenommen wird, gelten
die Kostenregelungen der DIS-SchO (vgl. Art. 32).
G. Abweichende Parteivereinbarung 21 Wie eingangs bereits erwähnt können Schiedsvereinbarungen Formulierungen ent-
halten, die von der empfohlenen Musterschiedsklausel abweichen. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass abweichende Formulierungen einen erheblichen schiedsrechtlichen Sachverstand und Hintergrundwissen erfordern, da anderenfalls das Risiko besteht, dass eine pathologische Schiedsvereinbarung geschlossen wird. Die Parteien sollten daher im Zweifel stets die Musterschiedsklausel in unverändertem Zustand verwenden und nur in begründeten Fällen und auf Grundlage sachverständiger anwaltlicher Beratung hiervon abweichen. 1230
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Hauser
Teil 3 Kommentierung der Anlage 4 der DIS-SchO – Beschleunigtes Verfahren (DIS-BV) Artikel 1 Der Endschiedsspruch ist spätestens sechs Monate nach Abschluss der Verfahrenskonferenz gemäß Artikel 27.2 der Schiedsgerichtsordnung zu erlassen. Regelungsschwerpunkte: Frist von sechs Monaten zum Erlass eines Schiedsspruchs nach Ende der Verfahrenskonferenz. → Rz. 12 ff. A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Regelungen . . . . . . . . . . . . . . . E. Anwendungsbereich, Verfahrenshöchstdauer . . . . . . . . . . .
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I. Anwendungsbereich . . . . . . . . . II. Verfahrenshöchstdauer . . . . . . . III. Konsequenzen der Nichteinhaltung der Verfahrenshöchstdauer . . . . . . . . . . . . . . . F. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Berger, Die ergänzenden Regeln für beschleunigte Verfahren der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2008, 105 ff.; Borris, Streiterledigung bei (MAC-)Klauseln in Unternehmenskaufverträgen: ein Fall für „Fast-track“-Schiedsverfahren, BB 2008, 294 ff.; Bredow, Without Delay: Arbitrating in Six Months – The German Approach for Expedited Proceedings, in Liber Amicorum Ulf Franke (2010), S. 51 ff.; Broichmann, Streit auf der Überholspur: Fast-Track-Arbitration bei M&A-Streitigkeiten, in FS Pöllath + Partners (2008), S. 115 ff.; Decker, Das neue beschleunigte Verfahren der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit, SchiedsVZ 2019, 75 ff.; Hasenstab, Neuausrichtung der DIS-Regeln, IWRZ 2017, 200 ff.; Pörnbacher/Lederer, Die Reform der DIS-Schiedsgerichtsordnung, BB 2018, 707 ff.; Schardt, Neue Regelungen der DIS-Schiedsgerichtsordnung zur Steigerung der Verfahrenseffizienz, SchiedsVZ 2019, 28 ff.; Wegen, „Fast-Track Arbitration“ im Unternehmenskaufrecht, in FS Elsing (2015), S. 639 ff.
A. Normzweck Anlage 4 zur neuen DIS-SchO ersetzt die ehemaligen Ergänzenden Regeln für 1 beschleunigte Verfahren 1998 („DIS-ERBV“). Die DIS-ERBV hatte die DIS im April 2008 veröffentlicht als Antwort auf die zunehmende Kritik an der zu lang empfundenen Dauer von Schiedsverfahren sowie auf das wachsende praktische Bedürfnis nach einem effizienteren Schiedsverfahren. Sie sollten den Parteien die Möglichkeit eröffnen, in geeigneten Fällen ein „Fast-Track“-Schiedsverfahren zu vereinbaren, das nicht nur beschleunigt durchgeführt werden kann, sonvon Levetzow
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Art. 1 DIS-BV || dern damit zumeist auch weniger kostenintensiv ist. Allerdings war das Verfahren nach den DIS-ERBV nicht sehr beliebt und dauerte mitunter länger als Schiedsverfahren nach den allgemeinen Regeln (Schardt, SchiedsVZ 2019, 28 [33]). Da die DIS-Reform 2018 insgesamt das Ziel verfolgt, Schiedsverfahren effizienter, schneller und kostengünstiger zu machen, ist das neue beschleunigte Verfahren gemäß Anlage 4 nunmehr eine von zahlreichen Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz. Die neue DIS-SchO ermöglicht den Parteien, eine informierte Entscheidung über die verschiedenen Gestaltungsalternativen zu treffen, indem sie das Schiedsgericht verpflichtet, in der ersten Verfahrenskonferenz mit den Parteien die effiziente Gestaltung zu erörtern, insb. inwieweit die in Anlage 3 genannten Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz Anwendung finden und ob das beschleunigte Verfahren gemäß Anlage 4 angewendet werden soll (Art. 27.4). 2 Dem Ziel der Beschleunigung des Schiedsverfahrens dient insb. die Festlegung
der Regelverfahrensdauer in Art. 1 Anlage 4 auf sechs Monate nach der Verfahrensmanagementkonferenz. Diese Frist gilt unabhängig davon, ob das Verfahren vor einem Einzelschiedsrichter oder mehreren Schiedsrichtern stattfindet.
3 Die Bestimmungen der Anlage 4 ergänzen die DIS-SchO, ohne diese insgesamt
zu ersetzen. Damit bleibt die DIS-SchO ergänzend auf ein beschleunigtes Verfahren anwendbar, soweit die Anlage 4 keine spezielle Regelung enthält (Art. 1.4). Ziel der Anlage 4 ist es, eine ausgewogene Balance zwischen Verfahrensbeschleunigung und Gründlichkeit der Entscheidungsfindung durch das Schiedsgericht sowie Gewährung des rechtlichen Gehörs herzustellen.
4 Durch die Regelung in einer gesonderten Anlage zur DIS-SchO lässt die An-
lage 4 für den Nutzer leicht erkennen, wo sie von den Regelungen der DISSchO abweicht. Ferner wird es den Parteien so erleichtert, sich durch eine kurze Klausel auf die Inbezugnahme der Anlage 4 und damit auf ein beschleunigtes Verfahren zu verständigen, selbst wenn zu diesem Zeitpunkt der Streit schon entstanden und mithin eine detaillierte Einigung über die Modalitäten eines beschleunigten Verfahren – die im Rahmen der Parteiautonomie grds. jederzeit möglich wäre – schwierig ist. Gleichzeitig werden auf diese Weise lange und im schlimmsten Fall pathologische, d.h. faktisch oder rechtlich nicht umsetzbare Vereinbarungen der Parteien zur Beschleunigung des Verfahrens vermieden.
B. Reform 5 Die Regelungen in Anlage 4 zum Beschleunigten Verfahren ersetzen die DIS-
ERBV (s. Rz. 1). Die ehemaligen DIS-ERBV wurden mit der DIS-Reform 2018 von sieben Paragraphen mit teils mehreren Absätzen auf nur fünf Artikel mit jeweils einem Absatz gekürzt und zusammengefasst. Einige der Regelungen aus den DIS-ERBV wurden einheitlich für alle Schiedsverfahren in die DIS-SchO übernommen. Vereinheitlicht wurden u.a. die Regelungen zur Einreichung der 1232
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Art. 1 DIS-BV Schiedsklage nach den DIS-ERBV (§ 1.3 Satz 1 DIS-ERBV: i.d.R. bei der DISHauptgeschäftsstelle, nunmehr Art. 4), zur Übermittlung von Schriftsätzen (§ 4.1 DIS-ERBV, nunmehr Art. 5), zu den Fristen für die Klageerwiderung (§ 4.2 DIS-ERBV: vier Wochen, nunmehr Art. 7), zu dem vom Kläger zu leistenden Vorschuss (§ 2 DIS-ERBV: das volle Schiedsrichterhonorar, nunmehr Art. 35), zu Fristverlängerungen (§ 6 DIS-ERBV, nunmehr lediglich in Art. 7 explizit geregelt, s. Art. 7 DIS-SchO Rz. 42) und zur Abfassung des Schiedsspruchs i.d.R. mit einem Tatbestand (§ 7 DIS-ERBV: i.d.R. ohne Tatbestand, nunmehr Art. 39.1 (ii)). Auch die Regelung, wonach das Schiedsgericht bisher in beschleunigten Verfahren zu Beginn des Schiedsverfahrens in Abstimmung mit den Parteien einen Zeitplan (Verfahrenskalender) aufstellen sollte, der sicherstellt, dass das Schiedsverfahren innerhalb des in § 1 Abs. 2 DIS-ERBV genannten Zeitrahmens beendet werden kann (§ 5 Abs. 1 DIS-ERBV), ist jetzt in allen Schiedsverfahren zu beachten (Art. 25.4 Satz 1, Art. 27.5). Entfallen ist für beschleunigte Verfahren die Regelung, die den Einzelschieds- 6 richter als Regelfall für beschleunigte Schiedsverfahren bestimmte (§ 3 DISERBV). Insofern gelten jetzt die allgemeinen Regelungen für reguläre Schiedsverfahren. Entfallen ist ferner die Beschränkung von Widerklage und Aufrechnung im beschleunigten Verfahren (§ 4.4 DIS-ERBV). Die Zulässigkeit der Widerklage und Aufrechnung richtet sich daher im beschleunigten Verfahren wie bei regulären Schiedsverfahren nach den Bestimmungen der DIS-SchO (s. zur Widerklage v.a. Art. 7). Einige Regelungen der ehemaligen DIS-ERBV sind in Anlage 3 zur DIS-SchO 7 als Maßnahmen zur Steigerung der Verfahrenseffizienz aufgenommen worden, welche die Regeln in Anlage 4 insoweit ergänzen und auch in beschleunigten Verfahren diskutiert und vereinbart werden können. Diese hat das Schiedsgericht jetzt in jedem Schiedsverfahren in der Verfahrensmanagementkonferenz mit den Parteien zu erörtern (Art. 27.4 Satz 2 (i)). Zu erörtern ist insoweit etwa laut Buchst. A der Umfang und die Anzahl der Schriftsätze (zur Anzahl der Schriftsatzrunden galt § 5.2 DIS-ERBV, s. auch Art. 3 Anlage 4), laut Buchst. B die Durchführung nur einer mündlichen Verhandlung einschließlich einer etwaigen Beweisaufnahme (§ 5.2 DIS-ERBV, s. auch Art. 4 Anlage 4), und laut Buchst. F die Mitteilung einer vorläufigen Einschätzung des Schiedsgerichtes zur Sach- und Rechtslage, die jetzt von der Einwilligung der Parteien abhängig ist (statt regelmäßiger Hinweise gemäß § 5.3 DIS-ERBV). Der Anwendungsbereich des beschleunigten Verfahrens war bisher in § 1.1 8 DIS-ERBV geregelt. Danach fanden die DIS-ERBV nur Anwendung, wenn die Parteien sich in der Schiedsklausel oder spätestens vor Erhebung der Schiedsklage auf die Anwendbarkeit geeinigt hatten. Dies führte zu einer sehr begrenzen Zahl an beschleunigten Verfahren, weil die Parteien bei Vereinbarung der Schiedsklausel Art und Umfang der späteren Streitigkeit i.d.R. noch nicht absehen konnten und im Zeitpunkt der Entstehung des Streits eine Einigung nur schwer möglich war. Aus diesem Grund sieht Art. 27.4 nach der DIS-Reform nunmehr zwingend vor, dass das Schiedsgericht mit den Parteien in der ersten von Levetzow
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Art. 1 DIS-BV || Verfahrenskonferenz erörtert, ob das beschleunigte Verfahren gemäß Anlage 4 angewendet werden soll (s. Rz. 12). 9 Die Höchstverfahrensdauer wurde in der neuen DIS-SchO in mehrfacher Hin-
sicht geändert. So gilt die Sechs-Monats-Frist entgegen der alten Regelung nicht mehr nur bei Bestellung eines Einzelschiedsrichters, sondern für jedes Verfahren (§ 1.2 DIS-ERBV: neun Monate bei drei Schiedsrichtern). Zudem gilt die Frist nicht mehr ab Klageeingang, sondern nach Art. 1 Anlage 4 ab Abschluss der Verfahrenskonferenz gemäß Art. 27.2. Kann das Schiedsverfahren nicht innerhalb dieser Frist beendet werden, ändert dies nichts an der Zuständigkeit des Schiedsgerichtes und ist das Schiedsverfahren schnellstmöglich zu Ende zu führen (Art. 5 Anlage 4).
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 10 Die Regelungen der §§ 1025 ff. ZPO enthalten keine besonderen Vorschriften
für beschleunigte Verfahren. Zwar gilt auch im Schiedsverfahren nach den Regeln der ZPO ein generelles Beschleunigungsgebot. Es fehlt aber an Regelungen zu konkreten Fristen und sonstigen Maßnahmen zur Beschleunigung, insb. einer Fristvorgabe für den Erlass des Schiedsspruchs, wie sie Art. 1 Anlage 4 enthält. Aus diesem Grund dauern Schiedsverfahren nach den Vorschriften der ZPO im Regelfall auch erheblich länger als sechs Monate, sofern die Parteien nicht von sich aus detaillierte Vereinbarungen zur Beschleunigung des Verfahrens treffen.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Regelungen 11 Zwar gilt auch im staatlichen Verfahren aufgrund des Rechtsstaatsprinzips ein
allgemeines Beschleunigungsgebot (BVerfG v. 20.7.2000 – 1 BvR 352/00, NJW 2001, 214). Dem dienen die gesetzlichen Regelungen zur mündlichen Verhandlung (im Regelfall nur ein Haupttermin gemäß § 272 Abs. 1 ZPO, vergleichbar mit Art. 4 Satz 1 Anlage 4) sowie zur Hinweispflicht des Gerichtes in Bezug auf erforderlichen Tatsachenvortrag, Beweisantritte und sachdienliche Anträge (§ 139 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Jedoch fehlen im staatlichen Verfahrensrecht mit der Anlage 4 vergleichbare konkrete Fristen und Vorgaben für ein besonderes beschleunigtes Verfahren. Eine Ausnahme gilt lediglich für einige Sonderfälle wie das Mahnverfahren, das Wechselverfahren und das europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen (§§ 689 Abs. 1 Satz 2, 604 Abs. 2, 3 ZPO und in der VO (EG) Nr. 861/2007). Dadurch kann die Dauer von staatlichen Verfahren stark variieren, je nach der Verfahrensführung durch den jeweiligen Richter.
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Art. 1 DIS-BV E. Anwendungsbereich, Verfahrenshöchstdauer I. Anwendungsbereich Die Anwendbarkeit des beschleunigten Verfahrens nach Anlage 4 setzt eine 12 Vereinbarung der Parteien voraus, entweder in der Schiedsklausel oder spätestens in der ersten Verfahrenskonferenz. Nach Art. 27.4 Satz 2 (ii) hat das Schiedsgericht in der ersten Verfahrenskonferenz zwingend mit den Parteien zu erörtern, ob das beschleunigte Verfahren nach Anlage 4 angewendet werden soll. Die Parteien können die Anwendung des beschleunigten Verfahrens nach Anlage 4 also auch noch nach Erhebung der Schiedsklage in der Verfahrenskonferenz vereinbaren. Dies hat den Vorteil, dass zu diesem Zeitpunkt die Komplexität des Streits i.d.R. bereits bekannt ist und die Erörterung mit dem Schiedsgericht eine Einigung zwischen den Parteien auf ein beschleunigtes Verfahren erleichtern kann. Denn zu diesem Zeitpunkt können die Beteiligten in Kenntnis des Streitgegenstandes insb. mit Blick auf Art, Bedeutung und Höhe der Streitigkeit sowie die Verfügbarkeit von Zeugen und Sachverständigen besser entscheiden, ob das beschleunigte Verfahren in dem jeweiligen Verfahren zweckmäßig ist. Die DIS hat sich damit für eine „Opt-In“-Lösung mit Erörterungspflicht in der Verfahrenskonferenz entschieden, die gewährleisten soll, dass die Parteien eine informierte Entscheidung treffen können, die den Umständen des Einzelfalles Rechnung trägt (Das Gupta, SchiedsVZ-Beilage 2018, 44 [83]). Die DIS-SchO sieht somit keine automatische Anwendung des beschleunigten 13 Verfahrens bei geringen Streitwerten vor. Nach der DIS-SchO liegt die Entscheidung weiterhin bei den Parteien. Im Gegensatz dazu sehen die ICC-Regeln die automatische Anwendung der Regeln für beschleunigte Verfahren vor, wenn der Streitwert bei bis zu 3 Mio. USD liegt (Art. 30 ICC-SchO i.V.m. Art. 1 Abs. 2 Anhang VI) und die Swiss Rules bei einem Streitwert unter 1 Mio. CHF (Art. 42 Abs. 1 Buchst. b Swiss Rules 2021). Die DIS stellt sich diesem internationalen Trend der automatischen Anwendbarkeit eines beschleunigten Verfahrens bei Unterschreitung eines gewissen Schwellenwerts entgegen und dies zurecht, weil der Streitwert nicht unbedingt etwas über die Komplexität des Schiedsverfahrens oder dessen Bedeutung für die Parteien aussagt und weil ein Schwellenwert zudem zu Auseinandersetzungen über die Bestimmung des Streitwertes führen kann (Schardt, SchiedsVZ 2019, 28 [34]). Damit hat die DIS der Parteiautonomie bewusst den Vorrang eingeräumt (Decker, SchiedsVZ 2019, 75 [76]). Die DIS-SchO stellt der SchO eine Musterklausel zur Anwendung von Anlage 4 14 für beschleunigte Schiedsverfahren voran (dort Ziff. 6), deren wörtliche Übernahme empfehlenswert ist. So lassen sich Unklarheiten ebenso vermeiden wie pathologische, d.h. faktisch nicht umsetzbare Vereinbarungen, die das Verfahren verzögern und schlimmstenfalls die Durchführung insgesamt torpedieren können. Die Parteien haben weiterhin bereits bei Vertragsabschluss das Wahlrecht, ob das beschleunigte Verfahren Anwendung finden soll. So können sie in der Schiedsabrede eine Vereinbarung darüber treffen, ob sie das Verfahren allein von Levetzow
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Art. 1 DIS-BV || nach der DIS-SchO oder unter zusätzlicher Geltung der Anlage 4 durchführen wollen. Allerdings hat sich der Mehrwert eines solchen Wahlrechts verringert, nachdem das Schiedsgericht diese Wahlmöglichkeit ohnehin mit den Parteien in der Verfahrenskonferenz zu erörtern hat (s. Rz. 12). 15 In sachlicher Hinsicht kann die Anwendung der Anlage 4 uneingeschränkt ver-
einbart werden, insb. unabhängig vom Verfahrensgegenstand und unabhängig vom Streitwert. Ob die Regelungen in Anlage 4 sich im Einzelfall als Verfahrensregeln eignen, hängt grds. von der Komplexität der zu entscheidenden Sach- und Rechtsfragen sowie von den erforderlichen Beweismitteln ab. Je mehr nur einzelne, abgegrenzte Sach- und/oder Rechtsfragen im Streit stehen, ohne dass (zeit-)aufwändige Sachverständigengutachten erforderlich sind, desto eher ist die Vereinbarung des beschleunigten Verfahrens sinnvoll. Andererseits kann die Durchführung eines beschleunigten Verfahrens gerade in Streitigkeiten im Baugewerbe und Anlagenbau, wo zeitnahe und klare Entscheidungen von Vorteil für die weitere Projektabwicklung sind, vorteilhaft sein. Den Zweck einer solchen zeitnahen verbindlichen Entscheidung kann im Fall eines (Anlagen-) Bauvertrages auch ein Dispute Adjudication Board erfüllen. Auf diese Weise können die Parteien von vornherein einen (oder mehrere) Adjudikatoren wählen (sog. „standing Dispute Ajudication Board“), die im Streitfall zur Verfügung zu stehen, um eine möglichst umgehende Entscheidung zu garantieren. Mögliche Anwendungsbereiche des beschleunigten Verfahrens sind weiterhin Streitigkeiten, die auf einem Rücktritt vom Unternehmenskaufvertrag nach Maßgabe einer „Material Adverse Change“-Klausel (MAC-Klausel) beruhen (Borris, BB 2008, 294). Darüber hinaus kann eine Streiterledigung im Wege des beschleunigten Verfahrens im Bereich des Bank- und Kapitalmarktrechts angeraten sein, wenn es sich um Streitigkeiten ohne Verbraucherbeteiligung (wie z.B. gewerbliche Kreditverträge oder Verträge über den Handel mit modernen Finanzinstrumenten) handelt (Berger, SchiedsVZ 2008, 105). Aufgrund des geringeren Zeit- und Kostenaufwands eines Schiedsverfahrens nach der Anlage 4 kann dieses des Weiteren für kleine bzw. mittelständische Unternehmen und auch bei geringeren Streitwerten attraktiv sein.
16 Art. 1.2 und Art. 1.3 stellen klar, dass die DIS-SchO und die Anlage 4 grds. in ih-
rer jeweils zu Beginn des Verfahrens gültigen Fassung Anwendung finden. Zudem macht Art. 1.4 deutlich, dass die Anlage 4 die DIS-SchO nicht ersetzt, sondern lediglich ergänzt. Damit ist auf die DIS-SchO zurückzugreifen, soweit die Anlage 4 keine speziellere Regelung enthält.
II. Verfahrenshöchstdauer 17 Als eine der Kernvorschriften des beschleunigten Verfahrens normiert Art. 1
der Anlage 4 eine Maximalfrist für den Erlass des Endschiedsspruchs und damit eine Höchstdauer eines beschleunigten Verfahrens. Danach ist innerhalb von sechs Monaten ein Endschiedsspruch zu erlassen. 1236
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Art. 1 DIS-BV Die Maximalfrist beginnt mit dem Abschluss der Verfahrenskonferenz, die 18 innerhalb von 21 Tagen nach Konstituierung des Schiedsgerichts stattfinden soll (Art. 27.2). Im Gegensatz zu § 1.2 DIS-ERBV gilt die sechsmonatige Frist unabhängig von der Anzahl der Schiedsrichter (s. Rz. 9). Anknüpfungspunkt für die sechsmonatige Frist ist die Verfahrenskonferenz nach Art. 27.2, im Regelfall also die erste Verfahrenskonferenz. Weitere Verfahrenskonferenzen nach Art. 27.6 lassen den weiteren Ablauf der Frist unberührt. Die Berechnung der Frist beginnt analog Art. 4.8 mit dem Werktag, der auf den Tag der ersten Verfahrenskonferenz folgt. Die Frist endet mit dem Erlass des Schiedsspruchs. Gemäß Art. 39.7 gilt der 19 Schiedsspruch als zu dem im Schiedsspruch angegebenen Datum erlassen. Dies ist i.d.R. das Datum, zu welchem das Schiedsgericht den Schiedsspruch an die DIS übersendet. Dies ist auch das letzte Datum, welches das Schiedsgericht beeinflussen kann. Es ist zu erwarten, dass die DIS bei der Durchsicht und Übermittlung des Schiedsspruchs in beschleunigten Verfahren angesichts des besonderen Beschleunigungsinteresses der Parteien besonders rasch agieren wird. Abgrenzung. Auch im regulären Schiedsverfahren ohne Anwendung der Anla- 20 ge 4 gilt eine Frist für den Endschiedsspruch. Nach Art. 37 Satz 1 soll das Schiedsgericht der DIS den Schiedsspruch i.d.R. innerhalb von drei Monaten nach der letzten mündlichen Verhandlung oder dem letzten zugelassenen Schriftsatz übermitteln. Anders als bei Art. 1 Anlage 4 handelt es sich dabei jedoch nicht um eine Regelung über die Verfahrensdauer, sondern lediglich um eine Regeldauer für die Abfassung des Endschiedsspruchs. Darüber hinaus macht die Formulierung in Art. 37 als Soll-Vorschrift deutlich, dass Überschreitungen der Frist möglich sind.
III. Konsequenzen der Nichteinhaltung der Verfahrenshöchstdauer Kann das Schiedsverfahren nicht innerhalb dieser Frist beendet werden, ändert 21 dies nichts an der Zuständigkeit des Schiedsgerichtes und ist das Schiedsverfahren schnellstmöglich zu Ende zu führen (s. Art. 5 Anlage 4).
F. Abweichende Parteivereinbarung Anlage 4 ist im Gegensatz zu Anlage 3 ein geschlossenes Regelwerk (vgl. 22 Art. 27.4 Satz 2 (ii) zu Anlage 4: „ob“; im Gegensatz zu Art. 27.4 Satz 2 (i) zu Anlage 3: „inwieweit“). Anlage 4 kann daher nur in Gänze vereinbart werden (Schardt, SchiedsVZ 2019, 28 [30]). Dennoch können die Parteien eine Vereinbarung treffen, mit der sie die Höchstverfahrensdauer des Art. 1 Anlage 4 verlängern oder verkürzen. Jedoch dürfte eine Verkürzung der Verfahrenshöchstdauer nur mit Zustimmung des Schiedsgerichts sinnvoll sein. In jedem Fall sollte eine übermäßige Verfahrensverkürzung durch Parteivereinbarung vermieden werden. Die Abwägung zwischen Parteiautonomie und Beschleunigungsvon Levetzow
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Art. 2 DIS-BV || interesse auf der einen Seite und der Durchführbarkeit des Verfahrens auf der anderen Seite sollte zugunsten der Durchführbarkeit ausfallen und das Schiedsgericht seine Zustimmung verweigern, wenn es sich anderenfalls nicht in der Lage sieht, das Verfahren sinnvoll zu führen. 23 Empfehlung: Vor einer allzu ambitionierten Verkürzung der vorgesehenen Verfahrenshöchstdauer ist zu warnen. Da das beschleunigte Verfahren eine erhöhte Verfügbarkeit des bzw. der Schiedsrichter verlangt, kann es unmöglich werden, geeignete Schiedsrichter zu finden, wenn die Parteien einen zu straffen Zeitplan vorgeben. Die Schiedsrichter haben ihr Mandat auf der Grundlage gewisser Erwartungen und Planungen übernommen und dies zur Grundlage des Schiedsrichtervertrages gemacht.
Artikel 2 Das Schiedsgericht hat bei der Gestaltung des beschleunigten Verfahrens, insbesondere bei der Bestimmung von Fristen, stets das Beschleunigungsinteresse der Parteien zu berücksichtigen. Regelungsschwerpunkte: Beschleunigungsgedanke ist leitendes Verfahrensprinzip. → Rz. 5 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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D. Vergleich mit den Regeln im staatlichen Verfahren . . . . . . . .
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F. Abweichende Parteivereinbarung
E. Beschleunigungsgedanke . . . . . .
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Literatur: Siehe Literatur zu Art. 1.
A. Normzweck 1 Im beschleunigten Verfahren erhebt Art. 2 Anlage 4 das Beschleunigungsinte-
resse zum leitenden Verfahrensprinzip, welches das Schiedsgericht zwingend zu beachten hat. Ziel der Regelung ist es, dem Beschleunigungsinteresse der Parteien, das durch die Vereinbarung eines beschleunigten Verfahrens zum Ausdruck kommt, gerecht zu werden. Besondere Ausprägungen des Beschleunigungsgedankens finden sich in den weiteren Artikeln der Anlage 4.
B. Reform 2 Art. 2 Anlage 4 ersetzt die ehemalige Regelung in § 1.4 DIS-ERBV. Die neue
Vorschrift ist aber im Gegensatz zu § 1.4 DIS-ERBV nicht mehr als Soll-Vorschrift ausgestaltet, sondern als zwingend zu berücksichtigender Gedanke („hat zu berücksichtigen“). Die Regelung hat damit nicht lediglich Appell- und Signal-
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Art. 2 DIS-BV funktion. Vielmehr muss das Schiedsgericht das Beschleunigungsinteresse nunmehr zwingend beachten.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Im Schiedsverfahren nach den Regeln der ZPO gilt ein generelles Beschleuni- 3 gungsgebot. Eine explizite normative Ausgestaltung, durch die das Beschleunigungsgebot zum leitenden Verfahrensprinzip erhoben wird, existiert hingegen nicht. Das generelle Beschleunigungsgebot entspricht eher dem allgemeinen Effizienzgebot des Art. 27, während der besondere Beschleunigungsgedanke des Art. 2 Anlage 4 die Beschleunigung aufgrund der Wahl der Parteien explizit zum leitenden Verfahrensprinzip erhebt.
D. Vergleich mit den Regeln im staatlichen Verfahren Auch im staatlichen Verfahren gilt aufgrund des Rechtsstaatsprinzips ein all- 4 gemeines Beschleunigungsgebot (BVerfG v. 20.7.2000 – 1 BvR 352/00, NJW 2001, 214). Eine explizite normative Ausgestaltung, durch die das Beschleunigungsgebot zum leitenden Verfahrensprinzip erhoben wird, existiert hingegen nicht.
E. Beschleunigungsgedanke In beschleunigten Verfahren hat das Schiedsgericht gemäß Art. 2 Anlage 4 das 5 Beschleunigungsinteresse der Parteien bei der Verfahrensgestaltung stets zu berücksichtigen. Dieses Beschleunigungsgebot geht über das allgemeine Effizienzgebot des Art. 27.1 hinaus, das an Schiedsgericht und Parteien gerichtet ist. Durch Art. 2 Anlage 4 wird das Schiedsgericht verpflichtet, sein Ermessen bei der Verfahrensgestaltung (Art. 21.3) stets im Lichte des Beschleunigungsinteresses der Parteien auszuüben. Hierdurch wird die allgemeine Pflicht des Schiedsgerichts, das Verfahren effizient zu führen (Art. 27.1), für das beschleunigte Verfahren konkretisiert. Die Formulierung als Pflicht zur Berücksichtigung macht indes deutlich, dass das Schiedsgericht auch andere Erwägungen in seine Ermessensausübung einstellen kann. In Ausnahmefällen kann es somit auch vom Grundsatz der Beschleunigung abweichenden Gesichtspunkten den Vorzug einräumen. Dies entspricht dem Sinn und Zweck des beschleunigten Verfahrens, durch welches zwar eine möglichst weitreichende Beschleunigung des Verfahrens erreicht werden soll, jedoch nicht um jeden Preis, sondern nur in ausgewogener Balance zwischen Verfahrensbeschleunigung und Gründlichkeit der Entscheidungsfindung durch das Schiedsgericht sowie der Gewährung rechtlichen Gehörs. Gleichzeitig wirkt das beschleunigte Verfahren einer zu weitreichenden Verlängerung der Verfahrensdauer durch die Bestimmung der Höchstfrist für den Erlass des Endschiedsspruchs in Art. 1 Anlage 4 sowie der Berichtsvon Levetzow
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Art. 3 DIS-BV || pflicht des Schiedsgerichtes im Falle der Überschreitung dieser Frist gemäß Art. 5 Satz 1 Anlage 4 entgegen. Zur Beschleunigung kann sich das Schiedsgericht zudem an den Maßnahmen der Anlage 3 orientieren. 6 Das Beschleunigungsgebot gilt nach Art. 2 Anlage 4 insbesondere für die Be-
stimmung von Fristen. So hat das Schiedsgericht den Beschleunigungsgedanken vor allem dann zu berücksichtigen, wenn es darüber entscheidet, ob es seine Zustimmung zur Modifikation von Fristen oder anderen Bestimmungen der DIS-SchO durch die Parteien erteilt und ob es eine Frist entgegen dem Willen einer oder mehrerer Parteien aus wichtigem Grund verlängert. Dabei hat das Schiedsgericht jedoch immer die Einhaltung der Verfahrenshöchstdauer nach Art. 1 Anlage 4 zu beachten.
7 Das Beschleunigungsgebot nach Art. 2 Anlage 4 kann das Schiedsgericht auch
veranlassen, unter Berücksichtigung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens eine Begrenzung der Seiten- oder Zeichenzahl von Schriftsätzen oder des Umfangs von schriftlichen Zeugenaussagen oder Sachverständigengutachten anzuordnen oder eine etwaige mündliche Verhandlung mittels Videooder Telefonkonferenz abzuhalten (Decker, SchiedsVZ 2019, 75 [77]).
F. Abweichende Parteivereinbarung 8 Eine abweichende Parteivereinbarung scheint zwar nicht ausgeschlossen, aller-
dings dürfte hierfür sachlogisch kaum Raum sein. Da die Anlage 4 nur auf Parteivereinbarung hin Anwendung finden kann (vgl. Art. 1.4), bringen die Parteien hierdurch ihr Beschleunigungsinteresse zum Ausdruck. Die Vereinbarung, dass eben dieses bei der Ermessensausübung des Schiedsgerichts nicht stets zu berücksichtigen wäre, erscheint kaum vorstellbar. Dennoch bleibt es den Parteien unbenommen, weitere Aspekte festzuschreiben, die das Schiedsgericht bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen hat.
9 Ferner können die Parteien dem Beschleunigungsgebot konkrete Konturen ver-
leihen, etwa indem sie Seiten- oder Zeichenzahlen für Schriftsätze vereinbaren.
Artikel 3 Jede Partei kann zusätzlich zur Schiedsklage gemäß Artikel 5.1 der Schiedsgerichtsordnung und zur Klageerwiderung gemäß Artikel 7.2 der Schiedsgerichtsordnung nur einen weiteren Schriftsatz einreichen. Im Falle einer Widerklage gemäß Artikel 7.5 kann zusätzlich noch ein weiterer Schriftsatz zur Erwiderung auf die Widerklage eingereicht werden. Regelungsschwerpunkte: Begrenzung der Anzahl der Schriftsätze auf einen weiteren Schriftsatz neben Klageschrift bzw. Klageerwiderung. Zudem kann eine Widerklage erwidert werden. → Rz. 7
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A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den Regeln im staatlichen Verfahren . . . . . . . .
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Art. 3 DIS-BV E. Begrenzung der Anzahl der Schriftsätze . . . . . . . . . . . . . . . F. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Siehe Literatur zu Art. 1.
A. Normzweck Die Begrenzung der Anzahl der Schriftsätze der Parteien im beschleunigten Ver- 1 fahren gemäß Art. 3 Anlage 4 dient der Beschleunigung des Schiedsverfahrens und trägt zur Einhaltung der Höchstverfahrensdauer nach Art. 1 Anlage 4 bei. Die Regelung begrenzt das erhebliche Verzögerungspotenzial, das durch den Wunsch der Parteien entsteht, zu jedem weiteren Vorbringen der Gegenseite Stellung zu nehmen. Da jede zusätzliche Schriftsatzrunde mit zusätzlichem Zeitund Kostenaufwand verbunden wäre, führt die Begrenzung der Anzahl der Schriftsätze zur Straffung des Schiedsverfahrens und zur Kostenreduzierung.
B. Reform Art. 3 Satz 1 Anlage 4 entspricht im Wesentlichen der Regelung des § 5.2, 1. 2 Spiegelstrich DIS-ERBV. Das Schiedsgericht kann nach der neuen Regelung indes keine zusätzlichen Schriftsätze mehr zulassen, wie es § 5. 2 DIS-ERBV ausdrücklich ermöglichte. Die neue Regelung sieht diese Möglichkeit der Abweichung von Art. 3 Anlage 4 durch das Schiedsgericht nicht mehr vor. Die neue Regelung enthält keine Differenzierung mehr zwischen Schriftsätzen 3 vor und nach der mündlichen Verhandlung. Während sich die Limitierung vor der Reform ausschließlich auf Schriftsätze vor der mündlichen Verhandlung (sog. pre-hearing briefs) bezog und inhaltliche Schriftsätze nach der mündlichen Verhandlung (sog. post-hearing briefs) grds. ausgeschlossen waren (§ 5.2, 3. Spiegelstrich DIS-ERBV), unterscheidet Art. 3 Anlage 4 insoweit nicht mehr. Die Entscheidung darüber, zu welchem Zeitpunkt im beschleunigten Verfahren die zweite zulässige Schriftsatzrunde vorgesehen wird, vor oder nach der mündlichen Verhandlung, trifft das Schiedsgericht nach Anhörung der Parteien nach seinem Ermessen (Art. 21.3). Neu ist nach der Reform, dass eine Widerklage im beschleunigten Verfahren 4 ohne weitere Voraussetzungen zulässig ist (arg. e. Art. 3 Satz 2 Anlage 4). Nach § 4.4 DIS-ERBV war eine Widerklage im beschleunigten Verfahren nur mit Zustimmung des Schiedsklägers und des Schiedsgerichts zulässig.
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Art. 3 DIS-BV || C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 5 Die §§ 1025 ff. ZPO enthalten keine Regelung zur Begrenzung der Anzahl der
Schriftsätze. Vielmehr steht den Parteien und dem Schiedsgericht bei der Gestaltung des Verfahrens freies Ermessen zu, wie auch im Rahmen der DIS-SchO. Hiervon weicht Art. 3 Anlage 4 zulässigerweise im Wege ergänzender Parteivereinbarung ab.
D. Vergleich mit den Regeln im staatlichen Verfahren 6 Im staatlichen Verfahren gibt ebenfalls keine Regelung zur Begrenzung der An-
zahl der Schriftsätze. Die Verfahrensgestaltung liegt weitestgehend im Ermessen des staatlichen Gerichtes.
E. Begrenzung der Anzahl der Schriftsätze 7 Art. 3 Anlage 4 begrenzt die Anzahl der Schriftsätze der Parteien in beschleunig-
ten Verfahren auf grds. zwei Schriftsatzrunden. Neben der Klageschrift gemäß Art. 5.1 und der Klageerwiderung gemäß Art. 7.2 kann jede Partei nur einen weiteren Schriftsatz einreichen, also i.d.R. eine Replik des Schiedsklägers und eine Duplik des Schiedsbeklagten (Art. 3 Satz 1 Anlage 4). Im Falle der Widerklage gemäß Art. 7.5 kann zusätzlich noch ein weiterer Schriftsatz zur Erwiderung auf die Widerklage eingereicht werden (Art. 3 Satz 2 Anlage 4).
8 Die Begrenzung gemäß Art. 3 Anlage 4 gilt nur für die Anzahl der Schriftsätze
der Parteien, nicht für deren Umfang. Zur weiteren Straffung des Schiedsverfahrens i.S.d. Beschleunigungsgebots nach Art. 2 Anlage 4 kann das Schiedsgericht eine Begrenzung der Seitenzahl der Schriftsätze anordnen nach Anhörung der Parteien und unter Beachtung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs und des fairen Verfahrens, wenn dies zur Beschleunigung des Schiedsverfahrens zweckmäßig ist (Art. 21.3).
9 Zum Ausgleich für die beschränkte Möglichkeit, mittels Schriftsätzen Stellung
zu nehmen, ist im beschleunigten Verfahren eine mündliche Verhandlung stets durchzuführen, es sei denn alle Parteien haben darauf verzichtet (Art. 4 Anlage 4). Dagegen wird in Schiedsverfahren nach den allgemeinen Regeln nur bei Vereinbarung der Parteien oder auf Antrag einer Partei mündlich verhandelt oder wenn das Schiedsgericht dies nach Anhörung der Parteien nach seinem Ermessen für notwendig hält (Art. 29.1).
F. Abweichende Parteivereinbarung 10 Die Tatsache, dass die DIS in der Neufassung der Anlage 4 die Möglichkeit zu-
sätzlicher Schriftsätze ausdrücklich nicht mehr vorsieht (s. Rz. 2), legt nahe, dass 1242
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Art. 4 DIS-BV das beschleunigte Verfahren keine weiteren Schriftsätze vorsieht. Dennoch können die Parteien abweichend von Art. 4 Anlage 4 zusätzliche Schriftsätze zulassen, wenn das Schiedsgericht dem zustimmt. Damit bewegen sie sich zwar wohl aus dem Rahmen von Anlage 4 heraus, dies sollte aber i.S.d. Parteiautonomie möglich sein, auch wenn das Schiedsverfahren dann evtl. kein beschleunigtes Verfahren mehr im engeren Sinne von Anlage 4 ist. Eine weitere Begrenzung der Anzahl der Schriftsätze durch Parteivereinbarung ist hingegen nicht empfehlenswert.
Artikel 4 Es findet nur eine mündliche Verhandlung, einschließlich einer etwaigen Beweisaufnahme, statt. Auf eine mündliche Verhandlung kann verzichtet werden, wenn alle Parteien zustimmen. Regelungsschwerpunkte: Nur eine mündliche Verhandlung, in der die Beweisaufnahme stattfinden muss.→ Rz. 8 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den Regeln im staatlichen Verfahren . . . . . . . . E. Im Regelfall (nur) eine mündliche Verhandlung (Art. 4 Satz 1)
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F. Im Ausnahmefall Verzicht auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung (Art. 4 Satz 2) . . . . . . . . . . . . .
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G. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Siehe Literatur zu Art. 1.
A. Normzweck Art. 4 Anlage 4 dient dem Ausgleich zwischen dem Beschleunigungsinteresse der 1 Parteien und dem Recht auf rechtliches Gehör. Die Regelung trägt in Satz 1 dem Beschleunigungsinteresse der Parteien dadurch Rechnung, dass es höchstens eine mündliche Verhandlung, einschließlich einer etwaigen Beweisaufnahme, geben darf. Im Sinne einer noch weitergehenden Beschleunigung bestimmt Satz 2, dass die Parteien vollständig auf eine mündliche Verhandlung verzichten können. Allerdings ist die Entscheidung über den Verzicht auf die mündliche Verhandlung in das Ermessen des Schiedsgerichtes gestellt. Dieses Ermessen gemäß Satz 2 sowie die Verpflichtung des Schiedsgerichtes gemäß Satz 1, i.d.R. zumindest eine mündliche Verhandlung durchzuführen, dient der Gewährleistung des rechtlichen Gehörs im Ausgleich für die beschränkte Möglichkeit, im beschleunigten Verfahren schriftsätzlich Stellung zu nehmen (s. Art. 3 Anlage 4). von Levetzow
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Art. 4 DIS-BV || 2 Art. 4 Anlage 4 enthält damit zwei Abweichungen von den Regeln im regulä-
ren Schiedsverfahren nach der DIS-SchO: Zum einen ist das Schiedsgericht im regulären Schiedsverfahren nicht auf eine mündliche Verhandlung beschränkt. Es steht z.B. im Ermessen des Schiedsgerichtes, das Verfahren in Abschnitte mit jeweils einer mündlichen Verhandlung aufzuteilen (sog. Bifurcation). Zum anderen findet im regulären Schiedsverfahren eine mündliche Verhandlung nur statt, wenn die Parteien dies entweder vereinbart haben oder eine Partei dies beantragt und die mündliche Verhandlung nach der Parteivereinbarung nicht ausgeschlossen ist (Art. 29.1 Satz 1); im Übrigen entscheidet das Schiedsgericht nach Anhörung der Parteien, ob es eine mündliche Verhandlung für notwendig hält (Art. 29.1 Satz 2). Im Gegensatz dazu darf das Schiedsgericht im beschleunigten Verfahren nur eine mündliche Verhandlung durchführen und kann davon nur mit Zustimmung aller Parteien absehen.
B. Reform 3 Art. 4 Satz 1 Anlage 4 entspricht im Wesentlichen der Regelung des § 5.2,
2. Spiegelstrich DIS-ERBV. Das Schiedsgericht kann nach der neuen Regelung indes keine abweichende Bestimmung mehr treffen, wie es § 5.2 DIS-ERBV ausdrücklich ermöglichte. Es steht also nach der neuen Regelung nicht mehr im Ermessen des Schiedsgerichts, weitere mündliche Verhandlungen anzusetzen oder keine mündliche Verhandlung durchzuführen.
4 Neu ist die Regelung in Art. 4 Satz 2 Anlage 4, wonach ein Verzicht auf die
mündliche Verhandlung nur bei Zustimmung aller Parteien möglich ist. Eine entsprechende Regelung enthielt weder die DIS-ERBV noch die DIS-SchO.
5 Weggefallen ist dagegen die Zeitvorgabe für die mündliche Verhandlung in § 4.
3 DIS-ERBV, nach der die mündliche Verhandlung spätestens vier Wochen nach Zugang des letzten Schriftsatzes stattfinden sollte. Eine entsprechende Zeitvorgabe für die mündliche Verhandlung enthält weder Anlage 4 noch die DIS-SchO.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 6 Das deutsche Schiedsrecht sieht keine Einschränkung der Anzahl der mündli-
chen Verhandlungen vor. Die Parteien können vereinbaren, dass ohne mündliche Verhandlung entschieden wird; im Übrigen entscheidet das Schiedsgericht, ob eine mündliche Verhandlung durchgeführt werden soll, wobei es auf Antrag einer Partei hierzu verpflichtet ist (§ 1047 Abs. 1 ZPO).
D. Vergleich mit den Regeln im staatlichen Verfahren 7 Auch die Regeln im staatlichen Verfahren sehen keine Einschränkung der An-
zahl der mündlichen Verhandlungen vor. Die Verfahrensgestaltung liegt wei-
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Art. 4 DIS-BV testgehend im Ermessen des staatlichen Gerichts, wenn auch § 272 Abs. 1 ZPO als nicht erzwingbaren Programmsatz vorsieht, dass der Rechtsstreit in der Regel durch einen umfassend vorbereiteten Termin zur mündlichen Verhandlung, den die ZPO als „Haupttermin“ definiert, erledigt werden soll. Entsprechend Art. 4 Satz 2 Anlage 4 kann auch das staatliche Gericht im schriftlichen Verfahren entscheiden, wenn die Parteien zustimmen (§ 128 Abs. 3 ZPO).
E. Im Regelfall (nur) eine mündliche Verhandlung (Art. 4 Satz 1) Im beschleunigten Verfahren sieht Art. 4 Satz 1 Anlage 4 im Regelfall die 8 Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor. Findet eine mündliche Verhandlung statt, wird in diesem Zuge auch eine etwaige Beweisaufnahme durchgeführt. Die mündliche Verhandlung kann nötigenfalls mehr als einen Tag in Anspruch nehmen. Die Verpflichtung des Schiedsgerichts, ein Protokoll über die mündliche Ver- 9 handlung aufzunehmen (Art. 29.2 DIS-SchO), bleibt im beschleunigten Verfahren unberührt. Den Parteien steht es frei zu vereinbaren, dass nur ein Ergebnisprotokoll oder gar kein Protokoll gefertigt wird.
F. Im Ausnahmefall Verzicht auf die Durchführung der mündlichen Verhandlung (Art. 4 Satz 2) Von der Regel in Satz 1 kann das Schiedsgericht nur absehen und ohne mündli- 10 che Verhandlung entscheiden, wenn alle Parteien zustimmen (Satz 2). Stimmen die Parteien einem Verzicht auf die mündliche Verhandlung zu, steht die Entscheidung im Ermessen des Schiedsgerichtes („kann“). Das Schiedsgericht kann also gleichwohl eine mündliche Verhandlung durchführen, sofern es eine solche für erforderlich hält.
G. Abweichende Parteivereinbarung Die Parteien können auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ver- 11 zichten. Dem Schiedsgericht steht jedoch ein Ermessen zu, ob es eine mündliche Verhandlung dennoch durchführt (s. Rz. 10). Art. 4 Anlage 4 ermöglicht es den Parteien nicht, die Durchführung weiterer 12 mündlicher Verhandlungen zu vereinbaren. Sollten die Parteien sich dennoch auf eine weitere mündliche Verhandlung einigen, kann dies als Aufgabe des beschleunigten Verfahrens auszulegen sein.
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Art. 5 DIS-BV ||
Artikel 5 Kann das Schiedsverfahren nicht innerhalb des in Artikel 1 dieser Anlage genannten Zeitraums beendet werden, hat das Schiedsgericht die Parteien und die DIS schriftlich über die Gründe zu informieren und das Schiedsverfahren schnellstmöglich zu Ende zu führen. Die Überschreitung des in Artikel 1 dieser Anlage genannten Zeitraums führt nicht zum Wegfall der Zuständigkeit des Schiedsgerichts. Regelungsschwerpunkte: Konsequenzen bei Überschreitung des Zeitrahmens gemäß Art. 1 Anlage 4; Schiedsgericht bleibt zuständig. → Rz. 5 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den Regeln im staatlichen Verfahren . . . . . . . .
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E. Nichteinhaltung der Höchstverfahrensdauer . . . . . . . . . . . . F. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Siehe Literatur zu Art. 1
A. Normzweck 1 Art. 5 Satz 1 Anlage 4 dient dem Beschleunigungsinteresse der Parteien, in-
dem das Schiedsgericht zur Vermeidung einer übermäßigen Verfahrensverlängerung verpflichtet wird, die Parteien und die DIS rechtzeitig zu informieren, wenn es die Sechs-Monats-Frist des Art. 1 Anlage 4 nicht einhalten kann und gleichzeitig das Schiedsverfahren schnellstmöglich zu Ende zu bringen. Auf diese Weise wird die Hemmschwelle für das Schiedsgericht erhöht, eine solche Höchstzeitüberschreitung zuzulassen, da dies mit zusätzlichem Arbeits- und Rechtfertigungsaufwand verbunden ist. So wird ferner der DIS und den Parteien die Kontrolle der Verfahrensdauer ermöglicht. Art. 5 Satz 2 Anlage 4 dient der Klarstellung, dass eine Überschreitung der Höchstverfahrensdauer an der Zuständigkeit des Schiedsgerichts nichts ändert.
B. Reform 2 Art. 5 Anlage 4 entspricht im Wesentlichen der bisherigen Regelung in § 6.
2 DIS-ERBV. Art. 5 Satz 1 Anlage 4 schreibt zudem ausdrücklich vor, dass das Schiedsgericht das Verfahren „schnellstmöglich“ zu Ende zu führen hat.
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Art. 5 DIS-BV C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die §§ 1025 ff. ZPO sehen keine Verfahrenshöchstdauer vor, sodass auch keine 3 Bestimmungen über die Rechtsfolgen ihrer Überschreitung normiert sind. Art. 5 Anlage 4 ergänzt insoweit die §§ 1025 ff. ZPO.
D. Vergleich mit den Regeln im staatlichen Verfahren Die Regeln im staatlichen Verfahren sehen keine Verfahrenshöchstdauer vor. 4 Das Verfahren liegt vielmehr weitestgehend im Ermessen des Gerichts. Art. 5 Anlage 4 findet im staatlichen Verfahren daher keine Entsprechung. Allerdings haben die Parteien die Möglichkeit, ein überlanges Verfahren zu rügen (§ 198 Abs. 3 Satz 1 GVG). Wann eine unangemessen lange Verfahrensdauer vorliegt, ist gesetzlich nicht durch eine Maximaldauer festgelegt. Vielmehr ist anhand der Umstände des jeweiligen Einzelfalles zu entscheiden (§ 198 Abs. 1 Satz 2 GVG).
E. Nichteinhaltung der Höchstverfahrensdauer Das Schiedsgericht hat die DIS und die Parteien schriftlich über die Gründe für 5 die Überschreitung der Höchstverfahrensdauer zu informieren, wenn das Schiedsverfahren nicht innerhalb der sechs Monate ab der ersten Verfahrenskonferenz gemäß Art. 1 Anlage 4 beendet werden kann (Art. 5 Satz 1 Anlage 4). Eine solche Zeitüberschreitung führt gemäß Art. 5 Satz 2 Anlage 4 ausdrücklich nicht zu einem Wegfall der Zuständigkeit des konstituierten Schiedsgerichtes. Vielmehr hat das Schiedsgericht trotz Überschreitung der benannten Frist das Recht und nach Art. 5 Satz 1 Anlage 4 auch die Pflicht, schnellstmöglich eine Sachentscheidung zu treffen. Nach Art. 37 Satz 2 kann der DIS-Rat das Honorar eines Schiedsrichters auf der 6 Grundlage der Zeit, die für den Erlass eines Schiedsspruchs benötigt wurde, nach seinem Ermessen herabsetzen. Diese – gemäß Art. 1.4 auch im beschleunigten Verfahren anwendbare – Vorschrift dürfte bei der Überschreitung der sechsmonatigen Verfahrenshöchstdauer zum Einsatz kommen.
F. Abweichende Parteivereinbarung Eine abweichende Parteivereinbarung ist nicht zweckmäßig.
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Teil 4 Kommentierung der Anlage 5 der DIS-SchO – Ergänzende Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten (DIS-ERGeS)* (gültig ab 1.3.2018) Artikel 1 Anwendungsbereich 1.1 Die Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten („DISERGeS“) werden angewendet, wenn die Parteien in der im Gesellschaftsvertrag oder außerhalb des Gesellschaftsvertrages getroffenen Schiedsvereinbarung auf sie Bezug genommen oder sich sonst auf ihre Anwendung geeinigt haben. 1.2 Auf das Schiedsverfahren ist die Fassung der DIS-ERGeS anzuwenden, die bei Beginn des Schiedsverfahrens gemäß Artikel 6 der DIS-Schiedsgerichtsordnung gilt. Regelungsschwerpunkte: Anwendung der DIS-ERGeS in der bei Beginn des Schiedsverfahrens gültigen Fassung. → Rz. 5–7, 13, 14 Kostenaspekte: Kostenrelevanz. → Rz. 8, 15 A. Anwendung der DIS-ERGeS bei entsprechender Vereinbarung (Art. 1.1) . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . V. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . VI. Rechtsfolge . . . . . . . . . . . . . VII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Anwendung der DIS-ERGeS in der jeweils geltenden Fassung (Art. 1.2) . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Tatbestand . . . . . . . . . . . . . . . VI. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . VII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Abweichende Parteivereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Borris, Die „Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten“ der DIS („DIS-ERGeS“), SchiedsVZ 2009, 299; Göz/Peitsmeyer, Schiedsverfahren bei Beschlussmängelstreitigkeiten in Personengesellschaften, SchiedsVZ 2018, 7 ff.; Wolff, Die Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten der DIS: Bilanz der DIS-ERGeS 2009 und Vorstellung der DIS-ERGeS 2018, SchiedsVZ 2018, 246 ff. * Abdruck mit freundlicher Genehmigung der DIS.
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Art. 1 DIS-ERGeS | Anwendungsbereich A. Anwendung der DIS-ERGeS bei entsprechender Vereinbarung (Art. 1.1) I. Normzweck 1 Die DIS-ERGeS müssen eindeutig vereinbart sein. Sie finden also nur Anwen-
dung, wenn die Parteien sie durch Inbezugnahme oder in sonstiger Weise vereinbart haben. Eine Vereinbarung der DIS-SchO allein etwa genügt nicht, um auch die DIS-ERGeS zur Anwendung zu berufen. Die DIS-ERGeS treten zur DIS-SchO hinzu. Sie ersetzen diese nicht. Insofern bedarf es zusätzlich zur Vereinbarung der DIS-ERGeS auch der Einigung auf die DIS-SchO, wie es die Musterschiedsklausel vorsieht.
II. Reform 2 Die Regelung wurde im Vergleich zur bisherigen Fassung nicht geändert.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 3 Das X. Buch der ZPO tritt, soweit die DIS-ERGeS oder die DIS-SchO nicht ab-
schließend sind, ergänzend hinzu. Es hält jedoch spezifisch für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten keine Sonderregelungen bereit, sodass die DIS-ERGeS vorrangig sind.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4 Im staatlichen Verfahren finden hinsichtlich des Hauptanwendungsfalles der
DIS-ERGeS, nämlich der Beschlussmängelstreitigkeit der GmbH, die §§ 241 ff. AktG analog Anwendung. Diese Vorschriften gelten im Schiedsverfahren nicht. Jedoch muss ein Schiedsverfahren betreffend eine Beschlussmängelstreitigkeit in einer mit den staatlichen Gerichtsverfahren vergleichbaren Weise durchgeführt werden, was durch die DIS-ERGeS sichergestellt wird.
V. Tatbestand 5 Sachlicher Anwendungsbereich. Die DIS-ERGeS finden gemäß Art. 1.1 zwar
auf „gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten“ ohne sachliche Einschränkung Anwendung. Die Regelung ist allerdings im Zusammenhang mit Art. 2.1 zu lesen, wonach gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten erfasst sind, über die gegenüber allen Gesellschaftern und der Gesellschaft nur einheitlich entschieden werden kann und in denen eine Partei die Wirkungen des Schiedsspruchs auf Ge1250
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Anwendungsbereich | Art. 1 DIS-ERGeS
sellschafter oder die Gesellschaft erstrecken will, ohne sie als Betroffene des Schiedsverfahrens zu benennen (hierzu ausführlich Borris, SchiedsVZ 2009, 299 [305]). Vereinbarung. Voraussetzung für die Anwendung der DIS-ERGeS ist eine ent- 6 sprechende Vereinbarung der Parteien entweder durch Inbezugnahme oder in sonstiger Weise. Letzteres kann etwa dort der Fall sein, wo die Parteien die DIS-ERGeS nur sinngemäß vereinbaren, z.B. durch Vereinbarung der „besonderen Regeln der DIS für Beschlussmängelstreitigkeiten“. Darüber hinaus ist durch den Hinweis auf die Einigung in sonstiger Weise der Fall erfasst, dass die Parteien sich nicht bereits vorab, etwa in der Satzung, sondern erst im Zeitpunkt der Entstehung des Rechtsstreits, also ad-hoc auf die Anwendbarkeit der DIS-ERGeS einigen (Borris, SchiedsVZ 2009, 299 [305]).
VI. Rechtsfolge Sofern die vorstehenden Voraussetzungen erfüllt sind, finden die DIS-ERGeS 7 Anwendung. Wichtig ist, dass die DIS-ERGeS keine abschließende Schiedsordnung für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten enthalten, sondern die DIS-SchO nur insoweit ergänzen, als dies zur Berücksichtigung der gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten erforderlich ist. Deshalb wird in der vorgeschlagenen Musterschiedsvereinbarung auch auf die DIS-SchO Bezug genommen. Ob die DISSchO auch Anwendung findet, wenn die Parteien ausdrücklich nur auf die DIS-ERGeS, nicht aber auf die DIS-SchO Bezug genommen haben, ist im Wege der Auslegung zu ermitteln. Praktisch dürfte der Fall aber kaum vorkommen, da davon auszugehen ist, dass die Praxis sich an die vorgeschlagene Musterschiedsvereinbarung hält.
VII. Kosten Besondere Kostenrelevanz hat die Regelung als solche nicht.
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B. Anwendung der DIS-ERGeS in der jeweils geltenden Fassung (Art. 1.2) I. Normzweck Durch die Regelung, dass die DIS-ERGeS in ihrer bei Beginn des schiedsrichter- 9 lichen Verfahrens gültigen Fassung Anwendung finden, soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich zwischenzeitlich Änderungen in der gesellschaftsrechtlichen Rechtsprechung in der Frage der Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten ergeben, die dann in die DIS-ERGeS eingearbeitet werden. Wagner
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Art. 1 DIS-ERGeS | Anwendungsbereich II. Reform 10 Die bisher vorgesehene Möglichkeit einer abweichenden Parteivereinbarung
wurde gestrichen. Dies soll der einfacheren Handhabung von Verfahren durch die DIS dienen und entspricht der Änderung des Art. 1.2 DIS-SchO (vgl. Wolff, SchiedsVZ 2018, 246 [250]). Darüber hinaus stellt die dynamische Verweisung sicher, dass die DIS-ERGeS bei Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens möglichst auf dem aktuellen Rechtsprechungsstand sind.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 11 Die §§ 1025 ff. ZPO enthalten keine Regelungen über Beschlussmängelstreitig-
keiten und haben somit neben Art. 1.2 DIS-ERGeS keine eigenständige Bedeutung.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 12 Eine entsprechende Regelung ist im staatlichen Verfahren nicht vorgesehen. Im
Falle von Beschlussmängelstreitigkeiten bei der GmbH gelten die §§ 241 ff. AktG analog. Zu Beschlussmängelstreitigkeiten in Personengesellschaften s. Art. 2 Rz. 9.
V. Tatbestand 13 Auf das Schiedsverfahren finden die DIS-ERGeS in der zum Zeitpunkt des Be-
ginns des Verfahrens geltenden Fassung Anwendung. Der Zeitpunkt des Beginns des Schiedsverfahrens ist gemäß Art. 6 DIS-SchO der Tag des Eingangs der Schiedsklage.
VI. Rechtsfolgen 14 Die DIS-ERGeS gelten in der Fassung, die bei Beginn des Schiedsverfahrens gül-
tig ist. Insoweit stimmt die Regelung mit Art. 1.2 DIS-SchO überein. Für den Beginn des Schiedsverfahrens gilt aufgrund des Verweises auf Art. 6 DIS-SchO der Zeitpunkt des Zugangs der Klage bei der DIS Art. 6.1 Satz 2 DIS-SchO), womit nicht nur Bonn, sondern auch Berlin und München gemeint sind.
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Einbeziehung Betroffener | Art. 2 DIS-ERGeS
VII. Kosten Die dynamische Verweisung stellt sicher, dass die DIS-ERGeS bei Beginn des 15 schiedsrichterlichen Verfahrens möglichst auf dem aktuellen Rechtsprechungsstand sind. Wäre dies nicht der Fall, so bestünde die Möglichkeit, dass ein Schiedsverfahren durchgeführt wird, dass am Ende angreifbar ist, was bspw. in einem Aufhebungsverfahren oder Vollstreckbarerklärungsverfahren zu erhöhten und überhaupt unnötigen Kosten führen kann.
C. Abweichende Parteivereinbarung Grundsätzlich können die Parteien, wie bisher in Art. 1.2 DIS-ERGeS 2009 aus- 16 drücklich vorgesehen, eine abweichende Regelung treffen. Allerdings besteht in diesem Fall das Risiko, dass die vereinbarte Fassung nicht mehr den aktuellen Vorgaben der Rechtsprechung entspricht. Insofern ist eine abweichende Regelung nicht empfehlenswert. Sollte dennoch eine abweichende Regelung getroffen werden, ist unbedingt darauf zu achten, dass sie nicht von den Mindestanforderungen abweicht, die der BGH in seiner Schiedsfähigkeit II-Entscheidung (BGH v. 6.4.2009 – II ZR 255/08, BGHZ 180, 221 = NJW 2009, 1962) aufgestellt und in seinen Schiedsfähigkeit III (BGH v. 6.4.2017 – I ZB 23/16, NJW-RR 2017, 876 = SchiedsVZ 2017, 194) und Schiedsfähigkeit IV-Entscheidungen (BGH v. 23.9.2021 – I ZB 13/21 = NJW-RR 2022, 261) fortgeführt hat.
Artikel 2 Einbeziehung Betroffener 2.1 In Streitigkeiten, über die gegenüber allen Gesellschaftern und der Gesellschaft nur einheitlich entschieden werden kann und in denen eine Partei die Wirkungen des Schiedsspruchs auf Gesellschafter oder die Gesellschaft erstrecken will, ohne dass sie als Partei des Schiedsverfahrens benannt sind („Betroffene“), ist den Betroffenen die Möglichkeit einzuräumen, dem Schiedsverfahren nach Maßgabe der Bestimmungen in diesen DIS-ERGeS als Partei oder streitgenössischer Nebenintervenient im Sinne von § 69 ZPO („Nebenintervenient“) beizutreten. Dies gilt entsprechend für Streitigkeiten, über die gegenüber einzelnen Gesellschaftern oder der Gesellschaft nur einheitlich entschieden werden kann. 2.2 Der Schiedskläger hat in der Schiedsklage neben dem Schiedsbeklagten die Namen und Adressen der Gesellschafter oder der Gesellschaft, auf die sich die Wirkungen des Schiedsspruchs erstrecken sollen, als Betroffene zu benennen und die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. („DIS“) aufzufordern, die Schiedsklage auch den Betroffenen zu übermitteln. In Ergänzung zu Artikel 4.2 der DIS-Schiedsgerichtsordnung ist auch die erforderliche Anzahl von Exemplaren der Schiedsklage in Papierform und elektronischer Form für die benannten Betroffenen der DIS zu übermitteln. Wagner
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Art. 2 DIS-ERGeS | Einbeziehung Betroffener 2.3 Betroffene, die erst nach Ablauf der in diesen DIS-ERGeS vorgesehenen Fristen für die Benennung von Betroffenen als solche benannt werden, können dem Schiedsverfahren nach Maßgabe von Artikel 4.3 beitreten. Regelungsschwerpunkte: Art. 2.1 regelt den sachlichen und persönlichen Anwendungsbereich der DIS-ERGeS. → Rz. 1–11; Art. 2.2 und 2.3 regeln Art und Zeitpunkt der Benennung von Betroffenen. → Rz. 13–18 Kostenaspekte: Kein Kostenerstattungsanspruch für Betroffene, die nicht beitreten. → Rz. 12, 19 A. Sachlicher und persönlicher Anwendungsbereich (Art. 2.1) I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . V. Tatbestandsmerkmale . . . . . . . VI. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . VII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Art und Zeitpunkt der Benennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . 13 II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14a III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 14b IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 15 V. Art der Benennung . . . . . . . . . . 16 VI. Zeitpunkt der Benennung . . . . . 18 VII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 C. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Borris, Die „Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten“ der DIS („DIS-ERGeS“), SchiedsVZ 2009, 299; Göz/Peitsmeyer, Schiedsverfahren bei Beschlussmängelstreitigkeiten in Personengesellschaften, SchiedsVZ 2018, 7 ff.; Wolff, Die Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten der DIS: Bilanz der DISERGeS 2009 und Vorstellung der DIS-ERGeS 2018, SchiedsVZ 2018, 246 ff.; Werner, Gesellschaftsvertragliche Schiedsklauseln: Aktuelle Probleme, jM 2018, 134 ff.
A. Sachlicher und persönlicher Anwendungsbereich (Art. 2.1) I. Normzweck 1 Auch wenn Art. 2.1 dies nicht ausdrücklich so bestimmt, gibt er den sachlichen
und zugleich persönlichen Anwendungsbereich der DIS-ERGeS vor, da nur Streitigkeiten erfasst werden, über die gegenüber allen Gesellschaftern und der Gesellschaft nur einheitlich entschieden werden kann, und in denen eine Partei die Wirkungen des Schiedsspruchs auf Gesellschafter oder die Gesellschaft erstrecken will, ohne dass sie als Parteien des Schiedsverfahrens benannt sind. Dies sind die Fälle, in denen einzige Beklagte die Gesellschaft ist, wie dies in Beschlussmängelstreitigkeiten regelmäßig der Fall ist, weshalb auf Beklagtenseite mangels Passivlegitimation ein Beitritt nicht möglich ist. Hier bleibt nur die Rechtsstellung des streitgenössischen Nebenintervenienten. Weitere denkbare Streitigkeiten die ähnlich gestaltet sind, sind die Auflösungsklage (§ 61 GmbHG) 1254
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Einbeziehung Betroffener | Art. 2 DIS-ERGeS
und die Nichtigkeitsklage (§ 75 GmbHG). Nach einer umstrittenen Auffassung könnten auch Streitigkeiten über die Einziehung von Geschäftsanteilen erfasst sein, soweit die Satzung eine solche ohne entsprechenden Gesellschafterbeschluss vorsieht (Borris, SchiedsVZ 2009, 299 [305]), da die Einziehung regelmäßig durch die Gesellschaft erfolgt. Die bisherige Praxis zeigt, dass sich die allermeisten DIS-ERGeS-Verfahren mit GmbH-Beschlussmängelstreitigkeiten befassen (Wolff, SchiedsVZ 2018, 246 [250]). Mit Art. 2.1 Satz 2 der Regelung, wonach sie entsprechend auf Streitigkeiten an- 2 gewandt wird, über die gegenüber einzelnen Gesellschaftern oder der Gesellschaft nur einheitlich entschieden werden kann, sind die Fälle erfasst, in denen etwa mehrere Gesellschaftergruppen bestehen, die jeweils Geschäftsanteile mit unterschiedlichen Rechten halten und sich deshalb derart voneinander abgrenzen, dass nicht notwendigerweise eine Entscheidung gegenüber allen Gesellschaftern erforderlich ist (ausführlich Borris, SchiedsVZ 2009, 299 [305]).
II. Reform Die Regelung wurde im Vergleich zur bisherigen Fassung nicht geändert.
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III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO §§ 1025 ff. ZPO haben neben der Regelung in Art. 2 DIS-ERGeS keine eigen- 4 ständige Bedeutung.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im staatlichen Verfahren gelten die jeweiligen in der Sache anwendbaren Vor- 5 schriften. Für Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH gelten die §§ 241 ff. AktG analog. Zu Beschlussmängelstreitigkeiten in Personengesellschaften s. Rz. 9.
V. Tatbestandsmerkmale Sachlicher Anwendungsbereich. Vom sachlichen Anwendungsbereich der 6 Norm erfasst sind alle Streitigkeiten, über die gegenüber allen Gesellschaftern und der Gesellschaft nur einheitlich entschieden werden kann. Dies sind die Fälle, in denen einzige Beklagte die Gesellschaft sein kann, wie etwa in Beschlussmängelstreitigkeiten, weshalb auf Beklagtenseite mangels Passivlegitimation ein Beitritt nicht möglich ist. Wagner
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Art. 2 DIS-ERGeS | Einbeziehung Betroffener 7 Möglichkeit des Beitritts aller Betroffenen. Für die von Art. 2.1 erfassten Ge-
sellschafterstreitigkeiten ist es typisch, dass Beklagte einzig und allein die Gesellschaft ist. Die Gesellschafter sind selbst nicht als Partei derartiger Streitigkeiten vorgesehen. Sie sollen aber, wie im staatlichen Verfahren auch, die Möglichkeit haben, das Verfahren auf Seiten der Partei mitzugestalten, deren Position sie teilen, da der Schiedsspruch am Ende ihnen gegenüber Gültigkeit besitzt (Art. 11). Daher können sie, als „Betroffene“ definiert, entweder auf Klägerseite als weiterer Kläger oder als streitgenössischer Nebenintervenient i.S.v. § 69 ZPO auf Beklagtenseite beitreten.
8 Anwendung auf die GmbH. Die DIS-ERGeS wurden ursprünglich geschaffen,
um die vom BGH im Rahmen seiner „Schiedsfähigkeit II“-Entscheidung (BGH, Urt. v. 6.4.2009 – II ZR 255/08, BGHZ 180, 221 = NJW 2009, 1962 = SchiedsVZ 2009, 233) entwickelten Vorgaben zur Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten in der GmbH umzusetzen. Dies ist auch in der bisherigen Praxis ihr weit überwiegender Anwendungsbereich gewesen (vgl. Wolff, SchiedsVZ 2018, 246 [247]).
9 Anwendung auf Personengesellschaften. Der BGH hat in der viel beachteten
„Schiedsfähigkeit III“-Entscheidung (BGH v. 6.4.2017 – I ZB 23/16, NJW-RR 2017, 876 = SchiedsVZ 2017,194) die zur GmbH entwickelten Kriterien im Grundsatz auch auf Personengesellschaften erstreckt, sofern gegenüber Kapitalgesellschaften keine Abweichungen geboten seien. Die Entscheidung wurde kritisiert, weil sie die für die GmbH entwickelten Kriterien zu pauschal auf die Personengesellschaften übertrage und die bestehenden konzeptionellen Unterschiede zwischen dem Kapitalgesellschafts- und Personengesellschaftsrecht nicht hinreichend berücksichtige (vgl. Baumann/Wagner, BB 2017, 1993 [1995]; Borris, NZG 2017, 761 [763 f.]; Göz/Peitsmeyer, SchiedsVZ 2018, 7 [11]; Werner, jM 2018, 134 [135]). Nach dieser berechtigten Kritik hat der BGH in der Schiedsfähigkeit IV-Entscheidung (BGH. v. 23.9.2021 – I ZB 13/21 = NJW-RR 2022, 261) klargestellt, dass die zur GmbH entwickelten Kriterien nur gelten, wenn die Gesellschaft Beklagte ist. Dies ist bei Personengesellschaften nach geltendem Recht allerdings nur der Fall, soweit der Gesellschaftsvertrag es vorsieht. Nach dem MoPeG gilt jedoch künftig für die Personenhandelsgesellschaften, dass die Konzentrationswirkung auch ohne gesellschaftsvertragliche Regelung eintritt (vgl. Borris/Schenk-Busch, NZG 2022, 259, 261, Mock, SchiedsVZ 2022, 56). Durch die Fortentwicklung der BGH-Rechtsprechung hat sich der rechtssichere Anwendungsbereich der DIS-ERGeS vergrößert. Ob dies, insb. nach dem MoPeG, in der Praxis zu einer vermehrten Verwendung in personengesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten führt, bleibt abzuwarten.
10 Anwendung auf die Aktiengesellschaft. Zur Schiedsfähigkeit von Streitigkeiten
in nicht börsennotierten Aktiengesellschaften hat sich die Rechtsprechung noch nicht geäußert. Angesichts der in § 23 Abs. 5 AktG normierten Satzungsstrenge erscheint die Schiedsfähigkeit allerdings äußerst zweifelhaft (ausführlich Borris, NZG 2010, 481). 1256
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Einbeziehung Betroffener | Art. 2 DIS-ERGeS
VI. Rechtsfolgen Sofern es sich also um Streitigkeiten des geschilderten Typs handelt, ist die 11 Rechtsfolge, dass den Betroffenen die Möglichkeit einzuräumen ist, dem schiedsrichterlichen Verfahren in der geschilderten Weise beizutreten, was auch für Streitigkeiten gilt, die etwa nur einen bestimmten Gesellschafterkreis betreffen. Auf andere gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten finden die DIS-ERGeS keine Anwendung, da hierfür kein Bedürfnis besteht, weil die DIS-SchO insoweit genügt (ausführlich hierzu Borris, SchiedsVZ, 2009, 299 [305]).
VII. Kosten Besondere Kosten fallen aufgrund der Regelung nicht an. Freilich ist Art. 12.1 zu 12 berücksichtigen, wonach Betroffene, die nicht beitreten, keinen Kostenerstattungsanspruch haben. Auf etwaigen außergerichtlichen Kosten bleibt ein solcher Betroffener dann sitzen.
B. Art und Zeitpunkt der Benennung I. Normzweck Art. 2.2 will sicherstellen, dass bereits mit der Klage sämtliche Personen benannt 13 werden, die als Betroffene i.S.v. Art. 2.2 in Betracht kommen. Dies deshalb, weil damit die Monatsfrist nach Art. 3, Art. 7 und Art. 8 frühzeitig ausgelöst wird und dies der Beschleunigung des Verfahrens dient. Darüber hinaus erstrecken sich die Wirkungen nach Art. 11 nur auf benannte Betroffene. Wie die DIS selbst in der Anmerkung zu Art. 2 ausführt, kann eine unterbliebene Einbeziehung durch entsprechende Benennung die „Schiedsfähigkeit“ der jeweiligen Streitigkeit in Frage stellen. Demnach trägt zunächst der Kläger die Verantwortung, die Personen zu benennen, die als Betroffene einzubeziehen sind, damit ein etwaiger Schiedsspruch alle Gesellschafter bindet, die von seinen Wirkungen erfasst sein sollen bzw. müssen. Bei Beschlussmängelstreitigkeiten sind jedenfalls alle Gesellschafter als Betroffene ins schiedsrichterliche Verfahren einzubeziehen. Durch Art. 2.3 soll sichergestellt werden, dass auch noch später benannte Betrof- 14 fene dem Schiedsverfahren beitreten können, allerdings nur mit den Einschränkungen von Art. 4.3, also ohne nachträgliche Einflussmöglichkeiten auf die Schiedsrichterbenennung bei einem bereits konstituierten Schiedsgericht.
II. Reform Die in Art. 2.3 Satz 2 geregelte Pflicht zur Übermittlung von Ausfertigungen der 14a Schiedsklage für alle benannten Betroffenen wurde um die „elektronische Form“ Wagner
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Art. 2 DIS-ERGeS | Einbeziehung Betroffener erweitert. Damit ist aber nicht auf § 126a BGB, sondern lediglich auf die „elektronische Übermittlung“ i.S.v. Art. 4.1 DIS-SchO Bezug genommen (Art. 4 DISSchO Rz. 8).
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 14b §§ 1025 ff. ZPO haben neben der Regelung in Art. 2 DIS-ERGeS keine eigen-
ständige Bedeutung.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 15 Im staatlichen Verfahren gilt insb. § 246 Abs. 4 AktG analog, wonach keine Be-
nennung als solche erfolgt, sondern die Bekanntgabe in den Gesellschaftsblättern genügt.
V. Art der Benennung 16 Nach Art. 2.2 DIS-ERGeS hat der Schiedskläger die in Betracht zu ziehenden
Personen bereits in der Schiedsklage neben der beklagten Partei unter Angabe ihrer Adresse zu benennen und die DIS aufzufordern, die Schiedsklage auch den Betroffenen zu übersenden. Insoweit agiert die DIS als zentrales Informationsorgan. Der Schiedskläger muss darauf achten, dass er die erforderliche Anzahl an Exemplaren bei der DIS einreicht, um eine Benachrichtigung aller benannter Betroffener zu ermöglichen. Wenn er dies nicht tut, greifen die Regelungen in Art. 6.4 DIS-SchO, wonach das Verfahren endet, wenn nach Fristsetzung durch die DIS nicht die ausreichende Anzahl an Exemplaren (oder Anlagen) bei der DIS eingegangen ist.
17 Darüber hinaus gelten selbstverständlich alle weiteren Erfordernisse hinsichtlich
der Einreichung der Schiedsklage aus Art. 5 DIS-SchO (mit Ausnahme von Art. 5.2 Nr. 7, da insoweit §§ 7 und 8 DIS-ERGeS vorrangig sind) und Art. 34 und Art. 35 i.V.m. Anlage 2, so dass also die üblichen Kostenvorschüsse vom Schiedskläger zu leisten sind.
VI. Zeitpunkt der Benennung 18 Für den Beitritt von Betroffenen, die entweder durch den Schiedskläger oder
den Schiedsbeklagten benannt sind, gelten die Fristen in Art. 3.1 bzw. Art. 3.2 von jeweils einem Monat. Hinsichtlich der Beitrittsmöglichkeit von später benannten Betroffenen (Art. 2.3) ist der Zeitpunkt maßgeblich, in dem diese vorgenannten Fristen abgelaufen sind. 1258
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Übermittlung der Schiedsklage, Aufforderung zum Beitritt | Art. 3 DIS-ERGeS
VII. Kosten Die möglichst sorgfältige Vorbereitung der Klage und Benennung aller in Be- 19 tracht zu ziehenden Personen sichert nicht nur die Durchführbarkeit des Schiedsverfahrens, sondern spart unnötige Kosten, die entstehen können, falls ein Schiedsverfahren mangels Schiedsfähigkeit nicht durchgeführt werden kann und erneut eingeleitet werden muss.
C. Abweichende Parteivereinbarungen Abweichende Parteivereinbarungen von Art. 2 dürften insoweit nicht wirksam 20 sein, als sie bestimmte Betroffene von dem Recht ausschließen, in einer der in den DIS-ERGeS genannten Formen beizutreten. Dies würde zur Schiedsunfähigkeit führen, so dass ein dennoch ergehender Schiedsspruch mit einem Aufhebungsgrund behaftet wäre. Konkretisierungen dahingehend, welche Streitigkeiten erfasst sein sollen und welche Gesellschafter durch entsprechende Entscheidungen gebunden sind, sind zulässig, bergen jedoch das Risiko der Fehlerhaftigkeit und Unvollständigkeit.
Artikel 3 Übermittlung der Schiedsklage und Aufforderung zum Beitritt 3.1 Die DIS übermittelt die Schiedsklage dem Schiedsbeklagten und den benannten Betroffenen nach Maßgabe des Artikels 5.5 der DIS-Schiedsgerichtsordnung. Sie fordert die Betroffenen auf, der DIS gegenüber innerhalb eines Monats nach Übermittlung der Schiedsklage schriftlich zu erklären, ob sie dem Schiedsverfahren auf Schiedskläger- oder Schiedsbeklagtenseite als Partei oder Nebenintervenient beitreten. Über erfolgte Beitritte unterrichtet die DIS die Parteien und alle gemäß Artikel 2.2 oder Artikel 9.4 benannten Betroffenen. 3.2 Der Schiedsbeklagte kann innerhalb eines Monats nach Übermittlung der Schiedsklage weitere Betroffene unter Angabe ihrer Adresse benennen und die DIS auffordern, die Schiedsklage auch diesen Betroffenen zu übermitteln; er hat seiner Aufforderung eine entsprechende Anzahl von Exemplaren der Schiedsklage in Papierform und elektronischer Form entsprechend Artikel 4.2 der DIS-Schiedsgerichtsordnung beizufügen. Für die benannten weiteren Betroffenen gelten die Regelungen in Artikel 3.1. Regelungsschwerpunkte: Art. 3.1 regelt die Zustellung der Klage und das Recht jedes darin benannten Betroffenen, sich über die Art seines Beitritts zu erklären. → Rz. 1–9; Art. 3.2 regelt das Recht des Beklagten, weitere Betroffene zu benennen und sich daraus ergebende Folgen. → Rz. 11–20 Kostenaspekte: Kein Kostenerstattungsanspruch für Betroffene, die nicht beitreten. → Rz. 10, 20
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Art. 3 DIS-ERGeS | Übermittlung der Schiedsklage, Aufforderung zum Beitritt A. Zustellung der Schiedsklage und Erklärung jedes Betroffenen über Art des Beitritts (Art. 3.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Tatbestandsmerkmale (Art. 3.1 Satz 1) . . . . . . . . . . . . VI. Rechtsfolgen (Art. 3.1 Sätze 1 und 2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Benennung weiterer Betroffener durch den Beklagten (Art. 3.2) . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . V. Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . VI. Rechtsfolgen (Art. 3.2 Satz 2) . . . VII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Zustellung der Schiedsklage und Erklärung jedes Betroffenen über Art des Beitritts (Art. 3.1) I. Normzweck 1 Zweck der Norm ist es sicherzustellen, dass sich benannte Betroffene dahin-
gehend erklären, ob sie entweder beitreten, also aktiv am Schiedsverfahren mit allen Rechten und Pflichten teilnehmen wollen, oder aber das Verfahren lediglich von außen verfolgen (nach Maßgabe von Art. 5 und Art. 6), wobei sich der Schiedsspruch auch auf diejenigen Betroffenen erstreckt, die fristgemäß benannt wurden, aber nicht beigetreten sind (Art. 11).
2 Die Unterrichtung aller Parteien und der gemäß Art. 2.2 oder Art. 9.3 benann-
ten Betroffenen über den Beitritt jedes Betroffenen durch die DIS verfolgt insb. den Zweck, dass alle Beigetretenen voneinander wissen, damit sie nach Maßgabe von Art. 7 und Art. 8 an der Bildung des Schiedsgerichts mitwirken können.
II. Reform 3 Die bisher in Art. 3.1 Satz 2 vorgesehene 30-Tages-Frist wurde entsprechend der
in dieser Hinsicht umfassenden Umstellung der DIS-SchO und DIS-ERGeS zur Monatsfrist.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 4 Da die §§ 1025 ff. ZPO keine Regelungen über Beschlussmängelstreitigkeiten
enthalten, findet sich dort keine in diesem Zusammenhang relevante Regelung.
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Übermittlung der Schiedsklage, Aufforderung zum Beitritt | Art. 3 DIS-ERGeS
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im staatlichen Verfahren gilt § 246 Abs. 4 AktG analog, wonach die Erhebung 5 der Klage und der Termin zur mündlichen Verhandlung unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekanntzumachen sind (Satz 1) und die Frist zum Beitritt als Nebenintervenient ein Monat ab Bekanntmachung beträgt (Satz 2). Eine individuelle Übersendung an jeden einzelnen Gesellschafter ist nicht vorgesehen.
V. Tatbestandsmerkmale (Art. 3.1 Satz 1) Übermittlung der Schiedsklage. Voraussetzung für die Beitrittserklärung durch 6 einen Betroffenen ist die Übermittlung der Schiedsklage durch die DIS, verbunden mit der Aufforderung, der DIS gegenüber innerhalb eines Monats nach Zugang der Klage schriftlich zu erklären, ob der Betroffene auf Kläger- oder Beklagtenseite beitritt. Art der Übermittlung. Die Übermittlung der Schiedsklage erfolgt gemäß Art. 5.5 7 DIS-SchO, so dass der Nachweis des Zugangs bei jedem Betroffenen sichergestellt ist. Dies ist nicht nur deshalb wichtig, weil damit feststeht, dass der jeweils benannte Betroffene auch die Möglichkeit hat, nunmehr seinen Beitritt zu erklären, sondern auch weil dadurch die Monatsfrist ausgelöst wird. Mit „elektronischer Form“ ist die „elektronische Übermittlung“ i.S.v. Art. 4.1 DIS-SchO gemeint, nicht etwa die elektronische Form der § 126a BGB, § 130a ff. ZPO (vgl. Art. 4 DIS-SchO Rz. 8). Monatsfrist. Die bisher vorgesehene 30-Tagesfrist wurde im Zuge der Über- 8 arbeitung 2018 in der gesamten DIS-SchO einschließlich der DIS-ERGeS auf eine Monatsfrist umgestellt. Neben der generell leichteren Handhabung war diese Umstellung für die Zwecke des Art. 3 insb. sinnvoll, um einen Gleichlauf mit der Anfechtungsfrist aus § 246 Abs. 4 Satz 2 AktG analog zu gewährleisten. Die Berechnung entspricht der des § 188 Abs. 2 BGB.
VI. Rechtsfolgen (Art. 3.1 Sätze 1 und 2) Sofern ein benannter Betroffener dem schiedsrichterlichen Verfahren beitritt, 9 hat dies die in Art. 4 geregelten Wirkungen. Darüber hinaus unterrichtet die DIS alle Beteiligten gemäß Art. 3.1 Satz 2, d.h. die Parteien und alle benannten Betroffenen, über die erfolgten Beitritte, damit, wie ausgeführt, das weitere Verfahren, insb. die Schiedsrichterbenennung, durchgeführt werden kann.
VII. Kosten Besondere Kosten sind mit der Vorschrift nicht verbunden. Freilich ist im Zu- 10 sammenhang mit der Frage, ob dem Verfahren beigetreten wird oder nicht, Wagner
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Art. 3 DIS-ERGeS | Übermittlung der Schiedsklage, Aufforderung zum Beitritt Art. 12.1 zu berücksichtigen, wonach Betroffene, die nicht beigetreten sind, keinen Anspruch auf Kostenerstattung haben.
B. Benennung weiterer Betroffener durch den Beklagten (Art. 3.2) I. Normzweck 11 Zweck der Norm ist es sicherzustellen, dass etwaige Betroffene, die der Kläger
nicht benannt hat, durch eine entsprechende Benennung durch den Beklagten auf das Schiedsverfahren aufmerksam gemacht werden, so dass auch sie sich dahingehend erklären können, ob sie beitreten wollen.
12 Durch den Verweis auf Art. 3.1 im zweiten Satz der Norm gilt die Frist zur Er-
klärung des Beitritts für die weiteren benannten Betroffenen entsprechend. Darüber hinaus ist bezweckt, dass eine Unterrichtung durch die DIS auch hinsichtlich weiterer Beitritte erfolgt.
II. Reform 13 Die bisher in Art. 3.2 Satz 1 vorgesehene 30-Tages-Frist wurde entsprechend der
in dieser Hinsicht umfassenden Umstellung der DIS-SchO und DIS-ERGeS zur Monatsfrist.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 14 Die §§ 1025 ff. ZPO haben neben der Regelung keine eigenständige Bedeutung.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 15 Die im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften haben neben der Regelung
keine eigenständige Bedeutung.
V. Tatbestandsmerkmale 16 Voraussetzungen. Der Beklagte muss weitere Betroffene, die der Kläger nicht be-
nannt hat, binnen eines Monats nach Übermittlung der Schiedsklage unter Angabe ihrer Adressen benennen und der DIS die erforderliche Anzahl an Exemplaren für die weiteren benannten Betroffenen übersenden (Art. 3.2 Satz 1).
17 Übermittlung der Klage. Mit Übermittlung der Klage ist der Tag gemeint, an
dem der Beklagte die Klage nachweislich empfangen hat. Die DIS stellt dies bei
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Übermittlung der Schiedsklage, Aufforderung zum Beitritt | Art. 3 DIS-ERGeS
der Übersendung der Klage durch eine Form der Zustellung sicher, die den Nachweis des Zugangs ermöglicht, etwa durch Zustellung per Kurier. Form der Benennung. Der Schiedsbeklagte hat neben der Benennung der Be- 18 troffenen deren Adresse mitzuteilen und die erforderliche Anzahl an Kopien der Klage zu übersenden. Die Regelung verlangt zwar nicht ausdrücklich, dass auch die entsprechend ausreichende Zahl an Kopien der Anlagen beizufügen ist. Da insoweit jedoch Art. 4.2 DIS-SchO ergänzend gilt, ist davon auszugehen, dass dies der Fall ist.
VI. Rechtsfolgen (Art. 3.2 Satz 2) Der Verweis in Art. 3.2 Satz 2 auf Art. 3.1 bedeutet, dass dieselben Rechtsfolgen 19 gelten, wie im Falle der Benennung der Betroffenen durch den Kläger: Sofern ein weiterer benannter Betroffener dem Schiedsverfahren beitritt, gelten die in Art. 4 geregelten besonderen Folgen. Darüber hinaus unterrichtet die DIS alle Beteiligten, d.h. die Parteien und alle benannten Betroffenen, über die erfolgten Beitritte, damit, wie vorstehend ausgeführt, das weitere Verfahren entsprechend verlaufen kann.
VII. Kosten Besondere Kosten sind mit der Vorschrift nicht verbunden. Freilich ist im Zu- 20 sammenhang mit der Frage, ob dem Verfahren beigetreten wird oder nicht, Art. 12.1 zu berücksichtigen sein, wonach Betroffene, die nicht beigetreten sind, keinen Anspruch auf Kostenerstattung haben.
C. Abweichende Parteivereinbarungen Abweichende Parteivereinbarungen sind kaum denkbar. Zwar ließe sich in Be- 21 tracht ziehen, dass die Übermittlung der Schiedsklage an die jeweiligen Betroffenen sowie die Unterrichtung aller Beteiligten über etwaig erfolgte Beitritte nicht durch die DIS, sondern eine andere vereinbarte Stelle erfolgt. Dies ist jedoch nicht zu empfehlen. Zum einen liegt ein Vorteil der DIS-ERGeS gerade darin, dass alle Maßnahmen, die erforderlich sind, um die spätere Bindungswirkung unter allen Beteiligten herzustellen, in einer Hand konzentriert sind, die auch bei der Benennung der Schiedsrichter hilft und im weiteren Verlauf des Verfahrens als Ansprechpartner zur Verfügung steht. Zum anderen löst die Einleitung des Verfahrens bei der DIS eine Bearbeitungsgebühr aus, die sämtliche weiteren koordinierenden Maßnahmen abdeckt, weshalb es ökonomisch wenig sinnvoll erscheint, eine weitere Institution einzuschalten.
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Art. 4 DIS-ERGeS | Beitritt
Artikel 4 Beitritt 4.1 Treten benannte Betroffene dem Schiedsverfahren fristgemäß gemäß Artikel 3 oder gemäß Artikel 9.4 als Partei bei, werden sie mit Eingang der Erklärung bei der DIS Partei des Schiedsverfahrens mit allen Rechten und Pflichten. Treten sie als Nebenintervenient bei, stehen ihnen die Rechte eines streitgenössischen Nebenintervenienten im Sinne von § 69 ZPO zu. Mit dem Beitritt erhalten benannte Betroffene das Recht, weitere Betroffene zu benennen. Hinsichtlich der so benannten weiteren Betroffenen gelten die Regelungen in Artikel 3.2 entsprechend. 4.2 Erklärt ein benannter Betroffener den Beitritt nicht fristgemäß, gilt dies als Verzicht auf die Teilnahme am Schiedsverfahren. Das Recht, dem Schiedsverfahren gemäß Artikel 4.3 zu einem späteren Zeitpunkt beizutreten, bleibt unberührt. 4.3 Benannte Betroffene können dem Schiedsverfahren zu jeder Zeit unter der Voraussetzung beitreten, dass sie keine Einwendungen gegen die Zusammensetzung des Schiedsgerichts erheben und (i) entweder das Verfahren in der Lage annehmen, in der es sich zur Zeit des Beitritts befindet, (ii) oder das Schiedsgericht den Beitritt nach seinem freien Ermessen zulässt. Im Übrigen gelten Artikel 4.1 Sätze 1 und 2 entsprechend. Regelungsschwerpunkte: Art. 4.1 regelt die Wirkungen des fristgemäßen Beitritts eines Betroffenen. → Rz. 1–11; Art. 4.2 regelt die Wirkungen des Nichtbeitritts eines Betroffenen. → Rz. 14–20; Art. 4.3 regelt Möglichkeit und Folgen des Beitritts eines Betroffenen zu einem späteren Zeitpunkt. → Rz. 22–29 Kostenaspekte: Kein Kostenerstattungsanspruch für Betroffene, die nicht beitreten. → Rz. 12, 21, 30 A. Wirkungen des fristgemäßen Beitritts eines Betroffenen (Art. 4.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu §§ 1025 ZPO . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . VI. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . VII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Wirkungen des Nichtbeitritts eines Betroffenen (Art. 4.2) . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . .
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II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu §§ 1025 ZPO . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . VI. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . VII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Möglichkeit und Folgen des späteren Beitritts (Art. 4.3) . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu §§ 1025 ZPO . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
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V. Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . VI. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . VII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Beitritt | Art. 4 DIS-ERGeS D. Abweichende Parteienvereinbarungen . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Borris, Die „Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten“ der DIS („DIS-ERGeS“), SchiedsVZ 2009, 299 ff.
A. Wirkungen des fristgemäßen Beitritts eines Betroffenen (Art. 4.1) I. Normzweck Die Norm regelt die wesentlichen Folgen des Beitritts eines Betroffenen, der 1 dem Verfahren entweder als Partei oder als Nebenintervenient beitreten kann. Der Beitritt als Partei führt dazu, dass der Betroffene alle Rechte und Pflichten einer Partei des Schiedsverfahrens hat. Tritt er als Nebenintervenient bei, so hat er die Rechte eines streitgenössischen Nebenintervenienten i.S.v. § 69 ZPO. Auf die Vorschrift wird verwiesen. Zudem hat der Beitritt eines Betroffenen zur Folge, dass dieser selbst weitere Be- 2 troffene benennen kann, wofür die Regelung zur Benennung weiterer Betroffener durch den Beklagten (Art. 3.2 DIS-ERGeS) entsprechend Anwendung findet.
II. Reform Die Regelung wurde im Vergleich zur bisherigen Fassung nicht geändert.
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III. Verhältnis zu §§ 1025 ZPO Die §§ 1025 ff. ZPO enthalten keine Regelung über den Beitritt von benannten 4 Betroffenen.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im staatlichen Verfahren gilt § 70 ZPO, wonach der Beitritt des Nebeninterve- 5 nienten durch Einreichung eines Schriftsatzes beim Prozessgericht und, wenn er mit der Einlegung eines Rechtsmittels verbunden wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes bei dem Rechtsmittelgericht erfolgt. Im Unterschied zu Art. 4 bzw. Art. 3 DIS-ERGeS, der für die Beitrittserklärung eines Betroffenen keine besonderen inhaltlichen Voraussetzungen außer der Erklärung des Beitritts regelt, ist im staatlichen Verfahren nach § 70 Abs. 1 Satz 2 ZPO vorgesehen, dass der Wagner
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Art. 4 DIS-ERGeS | Beitritt Schriftsatz des Nebenintervenienten nicht nur beiden Parteien zuzustellen ist, sondern auch die Parteien und den Rechtsstreit bezeichnen muss, sowie die bestimmte Angabe des Interesses, das der Nebenintervenient hat, und die Erklärung des Beitritts und dass überdies die allgemeinen Vorschriften für die vorbereitenden Schriftsätze gelten, d.h. die §§ 253 ff. ZPO.
V. Tatbestandsmerkmale 6 Fristgemäßer Beitritt. Voraussetzung ist in jedem Fall der fristgemäße Beitritt
nach Art. 3 oder Art. 9.4. Der fristgemäße Beitritt ist Voraussetzung sowohl für den Beitritt als Partei als auch für den Beitritt als Nebenintervenient.
7 Beitritt als Partei (Art. 4.1 Satz 1). Tritt ein Betroffener als Partei bei, so hat er
dies entsprechend zu erklären, es sei denn, er hat selbst Klage im Nachrangverfahren, also zeitlich später als das Vorrangverfahren, erhoben, fällt aber noch in den Anwendungsbereich von Art. 9.4 und wird daher automatisch als Partei behandelt, sofern er nicht widerspricht (s. Art. 9 Rz. 10 ff.).
8 Beitritt als Nebenintervenient (Art. 4.1 Satz 2). Will der Betroffene als Neben-
intervenient beitreten, so hat er dies gegenüber der DIS ebenfalls entsprechend zu erklären (Art. 3.1). Eine Möglichkeit, automatisch als Nebenintervenient behandelt zu werden, wie dies nach Art. 9.4 für den Kläger möglich ist, ist für die Nebenintervention nicht vorgesehen. Sie muss daher ausdrücklich erklärt werden.
VI. Rechtsfolgen 9 Behandlung als Partei oder streitgenössischer Nebenintervenient. Wie bereits
ausgeführt, hat der Beitritt als Partei zur Folge, dass der beitretende Betroffene einer Partei gleichgestellt wird. Der Beitritt als Nebenintervenient führt zur Behandlung als streitgenössischer Nebenintervenient i.S.v. § 69 ZPO.
10 Benennungsrecht (Art. 3.1 Satz 3). Darüber hinaus erhalten benannte Betrof-
fene – jedoch erst mit ihrem Beitritt – das Recht, weitere Betroffene zu benennen, wofür Art. 3.2 entsprechende Anwendung findet (Art. 4.1 Satz 4).
11 Sonstige Folgen. Darüber hinaus sind sämtliche beitretenden Betroffenen un-
abhängig davon, ob sie als Partei oder als Nebenintervenient beitreten, berechtigt, an der Schiedsrichterbenennung sowie im Übrigen am Schiedsverfahren in gleicher Weise mitzuwirken (s. Art. 7 und Art. 8).
VII. Kosten 12 Der Beitritt als Partei auf Klägerseite führt dazu, dass die DIS aufgrund der sich
dadurch ergebenden Streitwerterhöhung ihre Bearbeitungsgebühr sowie den Kostenvorschuss für das Schiedsgericht neu festsetzen und noch fehlende Be1266
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Beitritt | Art. 4 DIS-ERGeS
träge von den neu hinzugetretenen Klägern einfordern kann. Im Übrigen wird die DIS im Laufe des Verfahrens weitere Vorschüsse auf die zu erwartenden Kosten des Schiedsgerichts anfordern und die Fortsetzung des Verfahrens davon abhängig machen (Art. 35 i.V.m. Ziff. 5 Anlage 2). Darüber hinaus hat der Beitritt die Wirkung, dass jeder beigetretene Betroffene 13 im Rahmen der Kostenentscheidung nach Maßgabe der Kostenentscheidung gemäß Art. 33 einen Anspruch auf Kostenerstattung hat, der nicht beigetretene Betroffene jedoch nicht (Art. 12.1 DIS-ERGeS).
B. Wirkungen des Nichtbeitritts eines Betroffenen (Art. 4.2) I. Normzweck Die Norm hat den Zweck, den Ablauf des Verfahrens gerade auch hinsichtlich 14 der Schiedsrichterbenennung effizient zu gestalten. Es sollen sich nur diejenigen aktiv beteiligen können, die dem Verfahren auch beitreten. Zudem ist unabhängig vom Beitritt sichergestellt, dass sich die Wirkungen des Schiedsspruchs nach Art. 11 auch auf diejenigen erstrecken, die zwar benannt sind, dem Verfahren aber entweder gar nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt beitreten.
II. Reform Abgesehen von redaktionellen Anpassungen gab es keine Änderungen.
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III. Verhältnis zu §§ 1025 ZPO Die §§ 1025 ff. ZPO haben neben der Regelung keine eigenständige Bedeutung.
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IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im staatlichen Verfahren gilt § 62 ZPO, wonach im Falle der notwendigen Streit- 17 genossenschaft, der für den Fall der Beschlussmängelstreitigkeiten gegeben ist, darauf abgestellt wird, ob ein Streitgenosse im Termin säumig ist. Eine besondere Regelung, die den Nichtbeitritt regelt, enthält die ZPO nicht. Insofern wird fingiert, dass die säumigen Streitgenossen durch die nicht säumigen vertreten sind.
V. Tatbestandsmerkmale Nichtbeitritt. Die Norm setzt voraus, dass ein Betroffener seinen Beitritt nicht 18 fristgemäß erklärt, wobei davon auch Fälle erfasst sind, in denen ein Betroffener Wagner
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Art. 4 DIS-ERGeS | Beitritt sich überhaupt nicht erklärt. Fristgemäß bedeutet innerhalb der in Art. 3 vorgesehenen Fristen.
VI. Rechtsfolgen 19 Teilnahmeverzicht. Zunächst wird der Nichtbeitritt zum Verfahren als Verzicht
auf die Teilnahme daran behandelt (Art. 4.2 Satz 1). Das bedeutet, dass der Betroffene weder an der Konstituierung des Schiedsgerichts mitwirken noch sonstige Verfahrensrechte, etwa zur Teilnahme an einer mündlichen Schiedsverhandlung, wahrnehmen kann. Allerdings hat er ein Recht darauf, fortlaufend nach Art. 5 über den Fortgang des schiedsrichterlichen Verfahrens informiert zu werden. Außerdem ist eine Erweiterung oder Änderung des Streitgegenstandes (einschließlich etwaiger Widerklagen) oder im Falle einer Beschlussmängelstreitigkeit die Erstreckung der Klage auf andere Beschlüsse nach Art. 6.1 nur mit Zustimmung aller Betroffener zulässig, d.h. auch nur mit Zustimmung der Betroffenen, die nicht beigetreten sind. Ebenso ist er von der vollständigen oder teilweisen Rücknahme der Kläger zu unterrichten, da er der beabsichtigten Klagerücknahme nach Art. 6.2, wie alle anderen Beteiligten auch, widersprechen kann.
20 Späterer Beitritt möglich. Ungeachtet dessen hat der nicht Beitretende gemäß
Art. 4.2 Satz 2 die Möglichkeit, dem Verfahren zu einem späteren Zeitpunkt nach Maßgabe und mit den Wirkungen von Art. 4.3 DIS-ERGeS beizutreten (zu den Einzelheiten s. dort).
VII. Kosten 21 Die Nichterklärung oder selbst die ausdrückliche Erklärung des Nichtbeitritts
löst keine Kosten auf Seiten der Institution oder des Schiedsgerichts aus. Auch die fortlaufende Unterrichtung nicht beigetretener Betroffener vom Fortgang des Verfahrens (Art. 5) sowie von besonderen verfahrensgestaltenden Maßnahmen (Art. 6) löst keine solchen Kosten aus. Freilich haben Betroffene, die dem schiedsrichterlichen Verfahren nicht beitreten, gemäß Art. 12.1 auch keinen Kostenerstattungsanspruch im Rahmen der Kostenentscheidung.
C. Möglichkeit und Folgen des späteren Beitritts (Art. 4.3) I. Normzweck 22 Zweck der Norm ist es, jedem benannten Betroffenen zu jedem Verfahrenszeit-
punkt die Möglichkeit zu geben, sich am Schiedsverfahren durch Beitritt aktiv zu beteiligen. Die Norm wahrt insoweit wesentliche Verfahrensrechte aller Betroffenen, die nur dahingehend eingeschränkt sind, dass der spätere Beitritt nicht dazu führen kann, dadurch die Zusammensetzung des Schiedsgerichts, die
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Beitritt | Art. 4 DIS-ERGeS
bereits erfolgt ist, in Frage gestellt wird und dass das Verfahren nur in der Lage angenommen werden kann, in der es sich zur Zeit des Beitritts befindet, wobei dem Schiedsgericht insoweit hinsichtlich der Zulassung des Beitritts ein Ermessensspielraum eröffnet wird. Darüber hinaus stellt die Norm durch Verweis auf Art. 4.1 Satz 1 und 2 klar, dass der spätere Beitritt auch als Partei mit allen Rechten und Pflichten bzw. als Nebenintervenient erfolgen kann.
II. Reform Abgesehen von redaktionellen Anpassungen gab es keine Änderungen.
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III. Verhältnis zu §§ 1025 ZPO Die §§ 1025 ff. ZPO enthalten keine Regelungen über den Beitritt von benannten 24 Betroffenen.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Die Regelung ist vergleichbar mit dem für die Nebenintervention vorgesehenen 25 Regelungen in der ZPO. So ist die Nebenintervention nach § 66 Abs. 2 ZPO in jeder Lage des Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Entscheidung, auch i.V.m. der Einlegung eines Rechtsmittels, möglich, wobei der Nebenintervenient den Rechtsstreit nach § 67 ZPO in der Lage annehmen muss, in der er sich zur Zeit seines Beitritts befindet. Da im staatlichen Verfahren die Konstituierung des Gerichts bereits vorgegeben ist, sehen die Vorschriften über die Nebenintervention freilich keine Regelung vor, die darauf besonders abstellen würde.
V. Tatbestandsmerkmale Benannte Betroffene. Bei demjenigen, der auch zu einem späteren Zeitpunkt 26 dem Verfahren beitreten will, muss es sich um einen benannten Betroffenen handeln. Besondere Voraussetzungen des Beitritts. Der spätere Beitritt kann nur unter 27 der Voraussetzung erfolgen, dass der beitretende Betroffene keine Einwendungen gegen die Zusammensetzung des Schiedsgerichts erhebt und entweder das Verfahren in der Lage annimmt, in der es sich zur Zeit des Beitritts befindet, oder das Schiedsgericht den Beitritt nach seinem freien Ermessen zulässt. Diese Einschränkungen sind im Hinblick auf eine effiziente Verfahrensgestaltung, die durch den späteren Beitritt nicht verzögert werden soll, erforderlich (näher Borris, SchiedsVZ 2009, 299 [306]). Wagner
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Art. 5 DIS-ERGeS | Fortlaufende Unterrichtung Betroffener 28 Art des Beitritts. Hinsichtlich der Art des Beitritts gelten Art. 4.1 Satz 1 und 2
entsprechend, d.h. der Beitritt ist der DIS gegenüber zu erklären mit dem Inhalt, ob der Betroffene als Partei oder als Nebenintervenient beitritt.
VI. Rechtsfolgen 29 Die Rechtsfolgen entsprechen den Rechtsfolgen des fristgemäßen Beitritts mit
der Maßgabe, dass das Verfahren, soweit es bereits fortgeschritten ist, in der Lage, in der es sich befindet, einschließlich eines bereits konstituierten Schiedsgerichts, angenommen werden muss. Freilich hat der später Beitretende alle Rechte einer Partei oder eines Nebenintervenienten, einen bereits benannten Schiedsrichter nach den allgemeinen Regeln mit den dort vorgesehenen Einschränkungen abzulehnen. Sofern das Schiedsgericht noch nicht konstituiert ist, kann der später beitretende Betroffene an dessen Zusammensetzung noch im Rahmen des Möglichen mitwirken. Im Übrigen gewinnt er dadurch auch den Kostenerstattungsanspruch nach Maßgabe von Art. 12.1.
VII. Kosten 30 Wie bereits ausgeführt, hat der beigetretene Betroffene die Möglichkeit, seinen
Kostenerstattungsanspruch im Rahmen von Art. 12.1 geltend zu machen.
D. Abweichende Parteienvereinbarungen 31 Abweichende Parteivereinbarungen sind denkbar, soweit sie nicht dadurch die
Schiedsfähigkeit der Streitigkeit in Frage stellen. So ist es sicherlich möglich, die Rechte eines Betroffenen unabhängig vom Zeitpunkt seines Beitritts zu erweitern. Eine Einschränkung ist jedoch unzulässig. Beides dürfte in der Praxis vermutlich kaum vorkommen.
Artikel 5 Fortlaufende Unterrichtung Betroffener 5.1 Das Schiedsgericht unterrichtet die benannten Betroffenen, die dem Schiedsverfahren nicht beigetreten sind, nach Artikel 4.4 der DIS-Schiedsgerichtsordnung über den Fortgang des Schiedsverfahrens durch Übermittlung von Kopien von Schriftsätzen der Parteien oder Nebenintervenienten sowie schiedsgerichtlichen Entscheidungen und Verfügungen an die angegebenen Adressen der Betroffenen, soweit Betroffene auf eine solche Unterrichtung nicht ausdrücklich in schriftlicher Form verzichtet haben. Für sonstige Mitteilungen des Schiedsgerichts an die Parteien oder Nebenintervenienten gilt dies nur insoweit, als vernünftigerweise davon auszugehen ist, dass 1270
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Fortlaufende Unterrichtung Betroffener | Art. 5 DIS-ERGeS
sie für die Entscheidung eines Betroffenen über den späteren Beitritt zum Schiedsverfahren bedeutsam sind. Soweit die DIS schiedsgerichtliche Entscheidungen den Parteien übermittelt, übermittelt sie solche Entscheidungen anstelle des Schiedsgerichts auch den benannten Betroffenen, die dem Schiedsverfahren nicht beigetreten sind. 5.2 Betroffene, die dem Schiedsverfahren nicht beigetreten sind, haben keinen Anspruch auf Teilnahme an Verfahrenskonferenzen und der mündlichen Verhandlung. Regelungsschwerpunkte: Die Vorschrift regelt die Verfahrensrechte von Betroffenen, die dem Schiedsverfahren nicht beigetreten sind. → Rz. 1–7 Kostenaspekte: Kosten der Unterrichtung. → Rz. 8 A. Verfahrensrechte von nicht beitretenden Betroffenen (Art. 5.1, Art. 5.2) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
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V. Unterrichtung Betroffener . . . . . VI. Kein Anspruch auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und Verfahrenskonferenzen . . . VII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Borris, Die „Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten“ der DIS („DIS-ERGeS“), SchiedsVZ 2009, 299 ff.; Quinke, Die neuen DIS-ERGeeS im Überblick, SchiedsVZ 2018, 241 ff.
A. Verfahrensrechte von nicht beitretenden Betroffenen (Art. 5.1, Art. 5.2) I. Normzweck Die Norm hat den Zweck, nicht beigetretene Betroffene fortlaufend vom Fort- 1 gang des Verfahrens über wesentliche Verfahrensschritte zu unterrichten, da hiervon abhängig sein kann, ob ein Betroffener nachträglich gemäß Art. 4.3 zum Verfahren beitritt oder entsprechende Verfahrensrechte nach Art. 6 ausübt. Art. 5.2 stellt insoweit nur klar, dass nicht beigetretene Betroffene keinen Anspruch auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung haben.
II. Reform Der neu eingefügte Art. 5.1 Satz 3 regelt nunmehr ausdrücklich die Übermitt- 2 lung von Entscheidungen an benannte, aber nicht beigetretene Betroffene, sofern die DIS anstelle des Schiedsgerichts die Entscheidung übermittelt. Dies hat Wagner
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Art. 5 DIS-ERGeS | Fortlaufende Unterrichtung Betroffener rein klarstellenden Charakter, da es ohnehin der bestehenden DIS-Praxis entspricht (Quinke, SchiedsVZ 2018, 241 [242]). Art. 5.2 stellt klar, dass Betroffene, die dem Verfahren nicht beigetreten sind, auch keinen Anspruch auf die Teilnahme an Verfahrenskonferenzen haben. Bisher galt dies ausdrücklich nur für mündliche Verhandlungen.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 3 Die §§ 1025 ff. ZPO enthalten keine Regelungen über die Unterrichtung benann-
ter Betroffener.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften 4 Eine entsprechende Regelung gibt es im staatlichen Verfahren nicht. Dort fällt
es in den Verantwortungsbereich jeder einzelnen Partei bzw. jedes einzelnen Betroffenen, sich entsprechend informiert zu halten. Anderenfalls gilt er als säumiger Streitgenosse als durch die nicht säumigen vertreten (§ 62 ZPO).
V. Unterrichtung Betroffener 5 Gegenstand der Unterrichtung. Benannte Betroffene, die dem Schiedsverfahren
nicht beigetreten sind, werden vom Schiedsgericht über den Fortgang des Schiedsverfahrens sowohl durch die Übermittlung von Kopien von Schriftsätzen der Parteien oder Nebenintervenienten als auch durch die Übermittlung von schiedsgerichtlichen Entscheidungen und Verfügungen an die angegebenen Adressen der Betroffenen unterrichtet. Die Informationspflicht erstreckt sich im Übrigen auf andere Mitteilungen nur, soweit davon auszugehen ist, dass sie für die Entscheidung über einen späteren Beitritt von Bedeutung sind. Diese Regelung soll Praktikabilitätsgesichtspunkten Rechnung tragen. Um Zweifel auszuschließen, wird ein Schiedsgericht jedoch ohne entsprechende sonstige Vereinbarung davon ausgehen, dass eine Mitteilung erheblich ist. Deshalb wird in der Praxis darauf hingewiesen, bereits frühzeitig eine entsprechende Regelung zu der Frage zu treffen, welche Mitteilungen erheblich sind und welche nicht (vgl. Borris, SchiedsVZ 2009, 299 [307]).
6 Verzicht auf Unterrichtung. Jeder Betroffene hat jedoch die Möglichkeit, auf
eine Unterrichtung ausdrücklich und in schriftlicher Form zu verzichten.
VI. Kein Anspruch auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und Verfahrenskonferenzen 7 Die Norm stellt klar, dass ein Anspruch auf Teilnahme an den mündlichen Ver-
handlungen bei Nichtbeitritt nicht besteht. Hierdurch unterscheidet sich das 1272
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Änderung des Streitgegenstandes, Klagerücknahme | Art. 6 DIS-ERGeS
Schiedsverfahren deutlich vom staatlichen Verfahren, das grds. der Öffentlichkeit zugänglich ist. Da das Schiedsverfahren nach Art. 10 DIS-ERGeS i.V.m. Art. 44 DIS-SchO vertraulich ist, was sich auch auf die mündliche Verhandlung erstreckt, ist eine Teilnahme auch nicht als „Beobachter“ möglich. Gleiches gilt für die Verfahrenskonferenzen.
VII. Kosten Den nicht beigetretenen Betroffenen entstehen durch die fortlaufende Unter- 8 richtung keine weiteren Kosten. Diese sind als Kosten des Verfahrens nach Maßgabe der Kostenentscheidung nach Art. 33 DIS-SchO von den Parteien zu tragen.
B. Abweichende Parteivereinbarungen Abweichende Parteivereinbarungen sind zulässig, zumal ausdrücklich auf die 9 Unterrichtung verzichtet werden kann. Insbesondere lassen sich Art und Umfang der Unterrichtung nicht beigetretener Betroffener insoweit vereinbaren, als diese in die Vereinbarung einbezogen sind. Soweit jedoch nur die beigetretenen Betroffenen eine entsprechende Vereinbarung treffen, die zum Nachteil der nicht beitretenden Betroffenen von der Ausgangsregelung abweicht, ist diese als Vertrag zulasten Dritter unwirksam. Etwas anderes gilt hinsichtlich Art. 5.2, wonach sowohl alle Betroffenen als auch nur die Beigetretenen bestimmen können, dass sämtliche Betroffene, unabhängig ob beigetreten oder nicht, Anspruch auf Teilnahme an der mündlichen Verhandlung haben, wobei es sich dann entsprechend empfiehlt, Teilnahmerechte auf die bloße Anwesenheit zu beschränken.
Artikel 6 Erweiterung oder Änderung des Streitgegenstandes, Klagerücknahme 6.1 Eine Erweiterung oder Änderung des Streitgegenstandes (einschließlich etwaiger Widerklagen gemäß Artikel 7.5 bis 7.9 der DIS-Schiedsgerichtsordnung und der Einbeziehung zusätzlicher Parteien gemäß Artikel 19 der DISSchiedsgerichtsordnung) oder, im Falle einer Beschlussmängelstreitigkeit, die Erstreckung der Schiedsklage auf andere Beschlüsse ist nur mit Zustimmung aller Betroffenen zulässig. 6.2 Die vollständige oder teilweise Rücknahme der Schiedsklage ist ohne Zustimmung der Betroffenen zulässig, es sei denn, dass einer der Betroffenen dem innerhalb eines Monats nach Unterrichtung über die beabsichtigte Klagerücknahme widerspricht und das Schiedsgericht dessen berechtigtes Interesse an der Fortführung des Schiedsverfahrens anerkennt. Wagner
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Art. 6 DIS-ERGeS | Änderung des Streitgegenstandes, Klagerücknahme Regelungsschwerpunkte: Die Vorschrift regelt die Zustimmungserfordernisse der Betroffenen bei Erweiterung oder Änderung des Streitgegenstandes und im Falle einer Klagerücknahme. → Rz. 1–8 Kostenaspekte: Kostenkontrolle als entscheidungsrelevantes Kriterium. → Rz. 9 A. Erweiterung oder Änderung des Streitgegenstands, Klagerücknahme . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Tatbestandsmerkmale . . . . . . . . VI. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . . VII. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Erweiterung oder Änderung des Streitgegenstands, Klagerücknahme I. Normzweck 1 Zweck der Norm ist es, allen Betroffenen die Möglichkeit zu geben, über erhebli-
che Veränderungen des Verfahrens mitzubestimmen, die den Streitgegenstand betreffen, und von deren Vorliegen der Beitritt eines Betroffenen vom Verfahren abhängen kann. So ist davon auszugehen, dass Betroffene nur dann einem Verfahren nicht beitreten, wenn für sie alle Umstände erkennbar sind, die für ihren Beitritt erheblich sind. Ändern sich diese Umstände nachträglich, so ist diese Vermutung hinfällig, und es besteht das Erfordernis, den Betroffenen die Beteiligung am Verfahren erneut zu ermöglichen. Aus Praktikabilitätsgründen haben die Betroffenen im Falle der vollständigen oder teilweisen Klagerücknahme nur ein Widerspruchsrecht.
II. Reform 2 Der bisherige Art. 6 wurde zur besseren Übersicht in zwei Absätze aufgeteilt.
Aus der 30-Tages-Frist in Art. 6 DIS-ERGeS 2009 wurde entsprechend der von der DIS umfassend vorgenommenen Umstellung in Art. 6.2 eine Monatsfrist.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO 3 Die §§ 1025 ff. ZPO treffen keine Regelung über die Erweiterung oder Änderung
des Klagegenstandes und haben somit keine eigenständige Bedeutung neben Art. 6.
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Änderung des Streitgegenstandes, Klagerücknahme | Art. 6 DIS-ERGeS
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Eine vergleichbarere Regelung ist im staatlichen Verfahren nicht vorgesehen. Im 4 staatlichen Verfahren wird wegen § 62 ZPO die Vertretung der säumigen Streitgenossen durch die nichtsäumigen fingiert und insoweit eine Informationseinheit hergestellt.
V. Tatbestandsmerkmale Änderungen des Streitgegenstands. Erfasst sind sowohl die Erweiterung als 5 auch die Änderung des Streitgegenstands sowie im Falle einer Beschlussmängelstreitigkeit die Erstreckung der Schiedsklage auf andere Beschlüsse. Widerklagen sind ebenfalls erfasst. Klagerücknahme. Hinsichtlich der Klagerücknahme, unabhängig ob vollständig 6 oder nur teilweise, ist eine Zustimmung der Betroffenen nicht erforderlich. Sie wird wirksam, wenn nicht einer der Betroffenen innerhalb eines Monats nach Unterrichtung über die beabsichtigte Klagerücknahme widerspricht und das Schiedsgericht dessen berechtigtes Interesse an der endgültigen Entscheidung der Streitigkeit anerkennt. Diese Voraussetzungen sind kumulativ. Der Widerspruch hat, auch wenn dies nicht ausdrücklich festgelegt ist, schriftlich und unter Berücksichtigung von Art. 6.2 DIS-SchO zu erfolgen und zwar gegenüber dem Schiedsgericht, soweit dieses bereits konstituiert ist, anderenfalls gegenüber der DIS-Geschäftsstelle.
VI. Rechtsfolgen Ohne Zustimmung aller Betroffenen sind die geschilderten Änderungen des 7 Streitgegenstands nicht zulässig. Es empfiehlt sich daher, bereits vor entsprechender Änderung des Streitgegenstandes etwaige Zustimmungserklärungen einzuholen. Dies ist jedoch nicht zwingend erforderlich. Hingegen ist die Klagerücknahme auch ohne Zustimmung der Betroffenen zu- 8 lässig, soweit nicht innerhalb der vorgesehenen Frist ein Betroffener widerspricht. Der Widerspruch ist jedoch nur dann erheblich, wenn das Schiedsgericht das berechtigte Interesse dieses Betroffenen an einer endgültigen Entscheidung der Streitigkeit anerkennt. Ein berechtigtes Interesse kann etwa darin liegen, dass die Entscheidung eine bestimmte Frage verbindlich klärt, die auch in der Zukunft für das Zusammenwirken der Gesellschafter wesentlich ist.
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Art. 7 DIS-ERGeS | Einzelschiedsrichter VII. Kosten 9 Die Regelung hat Kostenrelevanz insoweit, als sich durch die Erweiterung des
Streitgegenstands der Streitwert erhöht. Soweit nicht beigetretene Betroffene in dieser Hinsicht jedoch anwaltlich vertreten sind oder ihnen sonstige Kosten entstehen, haben sie diesbezüglich keinen Erstattungsanspruch (Art. 12.1).
B. Abweichende Parteivereinbarungen 10 Die Regelung kann durch Vereinbarung aller Betroffenen abbedungen werden, je-
doch nur im Rahmen der Schiedsvereinbarung und nicht nach Einleitung eines Schiedsverfahrens, es sei denn, alle Betroffenen haben dem ausdrücklich zugestimmt.
Artikel 7 Einzelschiedsrichter 7.1 Besteht das Schiedsgericht aus einem Einzelschiedsrichter, können die Parteien und Nebenintervenienten den Einzelschiedsrichter innerhalb eines Monats nach Übermittlung der Schiedsklage an den Schiedsbeklagten und alle Betroffenen oder, im Falle des zulässigen Beitritts eines Betroffenen, innerhalb eines Monats nach dessen Beitritt gemeinsam benennen. 7.2 Wird die Schiedsklage von Schiedsbeklagten und Betroffenen zu unterschiedlichen Zeitpunkten empfangen, ist für die Fristberechnung der Empfang durch den Schiedsbeklagten oder Betroffenen maßgeblich, der sie als Letzter empfangen hat. Treten Betroffene dem Schiedsverfahren zu unterschiedlichen Zeitpunkten bei, ist für die Fristberechnung der letzte Beitritt maßgeblich. 7.3 Können die Parteien und Nebenintervenienten sich innerhalb der Fristen gemäß Artikel 7.1 und 7.2 nicht auf die Person des Einzelschiedsrichters verständigen, wird der Einzelschiedsrichter auf Antrag eines Schiedsklägers, eines Schiedsbeklagten oder eines Nebenintervenienten durch den Ernennungsausschuss der DIS („DIS-Ernennungsausschuss“) ausgewählt und gemäß Artikel 13.2 der DIS-Schiedsgerichtsordnung bestellt. Artikel 11 Satz 3 der DIS-Schiedsgerichtsordnung gilt mit der Maßgabe, dass die Nebenintervenienten den Parteien gleichstehen. Regelungsschwerpunkte: Art. 7.1 und Art. 7.2 regeln Verfahren und Frist für die Benennung des Einzelschiedsrichters durch die Parteien. → Rz. 1–6; Art. 7.3 regelt das Verfahren der Ersatzbenennung durch die DIS mangels einvernehmlicher Benennung durch die Parteien. → Rz. 8–12 Kostenaspekte: Kostenkontrolle als Kriterium für die Wahl eines geeigneten Einzelschiedsrichters. → Rz. 7, 13
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Einzelschiedsrichter | Art. 7 DIS-ERGeS A. Verfahren und Frist für die Benennung des Einzelschiedsrichters durch die Parteien (Art. 7.1, Art. 7.2) . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zu § 1034 ZPO . . . . . IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . V. Verfahren und Frist für die Benennung . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Verfahren der Ersatzbenennung mangels Einigung der Parteien (Art. 7.3) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . V. Verfahren der Ersatzbenennung VI. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Verfahren und Frist für die Benennung des Einzelschiedsrichters durch die Parteien (Art. 7.1, Art. 7.2) I. Normzweck Die Norm verfolgt den Zweck, die Konstituierung des Schiedsgerichts durch 1 einen Einzelschiedsrichter sicherzustellen. Die einvernehmliche Benennung des Einzelschiedsrichters durch die Parteien ist vorrangig (Art. 7.1 und 7.2). Scheitert eine einvernehmliche Benennung, wird der Einzelschiedsrichter durch den DIS-Ernennungsausschuss benannt (Art. 7.3), um die Zusammensetzung des Schiedsgerichts sicherzustellen und eine Verfahrensverzögerung zu vermeiden.
II. Reform Die 30-Tages-Frist wurde entsprechend der von der DIS umfassend vorgenom- 2 menen Umstellung zur Monatsfrist.
III. Verhältnis zu § 1034 ZPO Die Regelung des § 1034 ZPO hat neben Art. 7 keine eigenständige Bedeutung.
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IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Eine entsprechende Regelung ist im staatlichen Verfahren nicht vorgesehen. 4 Hier gilt die zwingende und ausschließliche Zuständigkeit des LG, dort der Kammer für Handelssachen, soweit vorhanden (§ 246 Abs. 3 Satz 1 und 2 AktG analog). Wagner
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Art. 7 DIS-ERGeS | Einzelschiedsrichter V. Verfahren und Frist für die Benennung 5 Vereinbarung eines Einzelschiedsrichters. Voraussetzung ist zunächst, dass die
Parteien sich auf einen Einzelschiedsrichter als Schiedsgericht geeinigt haben. Diese Einigung kann entweder bereits in der Schiedsklausel erfolgt sein oder aber nach Entstehung der Streitigkeit aus Kostengründen abweichend von der Schiedsvereinbarung zustande kommen.
6 Frist zur Benennung des Einzelschiedsrichters. Die Benennung des Einzel-
schiedsrichters erfolgt innerhalb eines Monats nach Übermittlung der Schiedsklage an den Schiedsbeklagten und allen Betroffenen oder im Fall des zulässigen Beitritts eines Betroffenen innerhalb von eines Monats nach dessen Beitritt (Art. 7.1). Der spätere Zeitpunkt ist für den Fristbeginn maßgeblich, wie Art. 7.2 ausführlich regelt. Insoweit stimmt die Regelung mit Art. 6.2 (vii) DIS-SchO überein, wonach die Benennung des Einzelschiedsrichters auch nicht bereits in der Klage enthalten sein muss, sondern zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen kann (vgl. Art. 7).
VI. Kosten 7 Die Kosten des Schiedsverfahrens sind im Falle eines Einzelschiedsrichters er-
heblich niedriger als im Falle eines Dreierschiedsgerichts. Allerdings ist darauf zu achten, dass ein Einzelschiedsrichter nicht in jedem Fall die bessere Wahl ist. Häufig und gerade bei komplexen Rechtsfragen kann gerade die Beratung im Dreiergremium eine ausgewogene und für alle Parteien rechtlich vertretbare Lösung begünstigen.
B. Verfahren der Ersatzbenennung mangels Einigung der Parteien (Art. 7.3) I. Normzweck 8 Die Norm stellt sicher, dass das Schiedsgericht auch zeitnah konstituiert werden
kann, auch wenn die Parteien sich nicht über die Person des Einzelschiedsrichters einigen können.
II. Reform 9 Der neu eingefügte Art. 7.3 Satz 2 verweist auf den ebenfalls neuen Art. 11 Satz 3
DIS-SchO, demzufolge der vom DIS-Ernennungsausschuss ausgewählte Einzelschiedsrichter bzw. Vorsitzende eine andere Nationalität als die Parteien und Nebenintervenienten haben muss. Dies gilt nicht, soweit alle Beteiligten die gleiche Nationalität aufweisen oder eine abweichende Regelung getroffen haben. 1278
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Einzelschiedsrichter | Art. 7 DIS-ERGeS
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die Regelungen des X. Buches der ZPO haben keine eigenständige Bedeutung 10 neben der Regelung in Art. 8.3 DIS-ERGeS.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Entsprechende Regelungen sind im staatlichen Verfahren nicht vorgesehen. Es 11 gilt die ausschließliche Zuständigkeit des LG, dort der Kammer für Handelssachen (s. Rz. 4).
V. Verfahren der Ersatzbenennung Voraussetzungen. Voraussetzung für die Zuständigkeit des DIS-Ernennungsaus- 12 schusses ist die fehlende Einigung innerhalb der nach Art. 7.1 und 7.2 DIS-ERGeS maßgeblichen Fristen sowie ein entsprechender Antrag eines Schiedsklägers, eines Schiedsbeklagten oder eines Nebenintervenienten. Es stellt sich die Frage, ob der Antrag auf Benennung eines Einzelschiedsrichters durch den DIS-Ernennungsausschuss bereits mit der Schiedsklage bzw. Beitrittserklärung eines Betroffenen, jedenfalls aber vor Fristablauf, gestellt werden kann. In den Fällen von Art. 11 und Art. 12.3 DIS-SchO wird dies von der DIS bejaht. Im Falle von Art. 20.3 DIS-SchO, der die Benennung von Schiedsrichtern in Mehrparteienverfahren zum Gegenstand hat, ist ein solcher Antrag allerdings nicht vorgesehen. Von einem Antragsrecht vor Fristablauf ist jedoch auszugehen, da kein Grund dafür ersichtlich ist, es erst mit Fristablauf entstehen zu lassen. Insoweit ist der vorzeitige Antrag lediglich mit der aufschiebenden Bedingung verbunden, dass eine einvernehmliche Benennung nicht erfolgt.
VI. Kosten Durch die Ersatzbenennung entstehen keine zusätzlichen Kosten. Auch die be- 13 reits erfolgte Benennung eines Einzelschiedsrichters durch eine Seite löst keine Kosten aus, falls sich die andere Seite nicht auf diesen Einzelschiedsrichter einigt.
C. Abweichende Parteivereinbarungen Die Parteien können von Art. 7 insoweit abweichen, als sie großzügigere Fristen 14 für die Benennung vorsehen. Im Übrigen stellt sich die Frage, ob die Ersatzbenennung einem anderen Organ als dem DIS-Ernennungsausschuss übertragen werden kann. Auch dies ist möglich, jedoch nicht zu empfehlen, da insb. in den für die DIS-ERGeS maßgeblichen Streitigkeiten die Konzentration aller ZuWagner
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Art. 8 DIS-ERGeS | Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern ständigkeiten bei einer Institution zum Zwecke der effizienten Verfahrenseinleitung und -führung zielführend und kostensparend ist.
Artikel 8 Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern 8.1 Besteht das Schiedsgericht aus drei Schiedsrichtern, muss die Schiedsklage abweichend von Artikel 5.2 (vii) der DIS-Schiedsgerichtsordnung keine Benennung eines Schiedsrichters enthalten. Eine gleichwohl erfolgte Benennung gilt lediglich als Vorschlag. 8.2 Innerhalb eines Monats nach Übermittlung der Schiedsklage an den Schiedsbeklagten und alle Betroffenen oder, im Falle des zulässigen Beitritts eines Betroffenen, innerhalb eines Monats nach dem erfolgten Beitritt haben die Parteien und etwaigen Nebenintervenienten auf der Schiedsklägerseite und die Parteien und etwaigen Nebenintervenienten auf der Schiedsbeklagtenseite jeweils einen beisitzenden Schiedsrichter gegenüber der DIS zu benennen. Artikel 7.2 gilt entsprechend. 8.3 Erfolgt keine gemeinsame Benennung eines beisitzenden Schiedsrichters durch mehrere Parteien und etwaige Nebenintervenienten auf Schiedsklägeroder Schiedsbeklagtenseite innerhalb der Frist gemäß Artikel 8.2, wählt der DIS-Ernennungsausschuss zwei Schiedsrichter aus und bestellt sie gemäß Artikel 13.2 der DIS-Schiedsgerichtsordnung. 8.4 Für die Benennung und Bestellung des Vorsitzenden des Schiedsgerichts gelten die Artikel 12.2 und 12.3 der DIS-Schiedsgerichtsordnung mit der Maßgabe, dass die Nebenintervenienten den Parteien gleichstehen. Regelungsschwerpunkte: Art. 8.1 und Art. 8.2 regeln Verfahren und Frist für die Benennung der parteibenannten Mitschiedsrichter durch die Parteien. → Rz. 1–6; Art. 8.3 regelt das Verfahren der Ersatzbenennung durch die DIS mangels einvernehmlicher Benennung durch die Parteien. → Rz. 8–12 Kostenaspekte: Kostenkontrolle als Kriterium für die nachträgliche Wahl eines geeigneten Einzelschiedsrichters. → Rz. 7, 13 A. Verfahren und Frist für die Benennung des parteibenannten Mitschiedsrichters durch die Parteien (Art. 8.1, Art. 8.2) . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . V. Verfahren und Frist . . . . . . . . . VI. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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B. Verfahren der Ersatzbenennung mangels Einigung der Parteien (Art. 8.3, Art. 8.4) . . . . . . . . . . I. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . II. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften V. Ersatzbenennung . . . . . . . . . . . VI. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . .
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Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern | Art. 8 DIS-ERGeS
A. Verfahren und Frist für die Benennung des parteibenannten Mitschiedsrichters durch die Parteien (Art. 8.1, Art. 8.2) I. Normzweck Zweck der Norm ist es, zu bestimmen, wie im Fall eines Dreierschiedsgerichts 1 das Schiedsgericht zu konstituieren ist und sicherzustellen, dass alle Betroffenen die Möglichkeit haben, daran mitzuwirken bzw. zu regeln, wie zu verfahren ist, wenn sie hiervon keinen Gebrauch machen.
II. Reform Die 30-Tages-Frist in Art. 8.1 wurde entsprechend der von der DIS umfassend 2 vorgenommenen Umstellung in eine Monatsfrist umgewandelt.
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die Regelungen der §§ 1025 ff. ZPO haben keine eigenständige Bedeutung ne- 3 ben Art. 8.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Eine entsprechende Regelung ist im staatlichen Verfahren nicht vorgesehen. Hier 4 gilt die zwingende und ausschließliche Zuständigkeit des LG, dort der Kammer für Handelssachen.
V. Verfahren und Frist Benennung der parteibenannten Schiedsrichter. Zunächst stellt Art. 8.1 klar, 5 dass die Benennung des für die Klägerseite parteibenannten Schiedsrichters nicht bereits in der Klage erfolgen muss, anders als dies im regulären DISSchiedsverfahren der Fall ist. Dies hat seinen Grund darin, dass zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht, welche Betroffenen auf Klägerseite dem Verfahren beitreten. Auch diese müssen an der Schiedsrichterbenennung beteiligt werden. Deshalb gilt eine gleichwohl erfolgte Benennung lediglich als Vorschlag, worauf die DIS bei Klagezustellung hinweist. Zeitpunkt der Benennung. Der Zeitpunkt der Benennung der parteibenannten 6 Schiedsrichter bestimmt sich nach Art. 8.2. So ist vorgesehen, dass innerhalb eines Monats nach Übermittlung der Schiedsklage an den Schiedsbeklagten und allen Betroffenen oder im Fall des zulässigen Beitritts eines Betroffenen innerWagner
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Art. 8 DIS-ERGeS | Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern halb eines Monats nach dessen Betritt die Parteien und Nebenintervenienten auf Kläger- und Beklagtenseite jeweils einen Schiedsrichter gegenüber der DIS zu benennen haben. Die Benennung erfolgt also gleichzeitig. Aus Art. 7.2 folgt, dass es für die Fristberechnung auf den späteren der beiden in der Vorschrift genannten Zeitpunkte ankommt.
VI. Kosten 7 Die Kosten im Falle eines Dreierschiedsgerichts sind höher als im Falle eines Ein-
zelschiedsrichters. Sollten die Parteien daher bspw. auch im Hinblick auf den Streitwert die Entscheidung durch einen Einzelschiedsrichter für sinnvoller halten, ist es stets den Versuch wert, einen Einzelschiedsrichter vorzuschlagen, auch wenn bereits ein Dreierschiedsgericht in der Schiedsvereinbarung festgelegt ist. Häufig sind alle Beteiligten zumindest damit einverstanden, dass eine Streitigkeit durch einen Einzelschiedsrichter entschieden werden soll, auch wenn die Einigung über die entsprechende Person häufig scheitert. Dann kann jedoch auf den DIS-Ernennungsausschuss vertraut werden, der nach Art. 7.3 den Einzelschiedsrichter benennt.
B. Verfahren der Ersatzbenennung mangels Einigung der Parteien (Art. 8.3, Art. 8.4) I. Normzweck 8 Die Regelung in Art. 8.3 stellt sicher, dass in jedem Fall zeitnah das Schieds-
gericht konstituiert werden kann, auch wenn die Parteien die von ihnen zu benennenden Schiedsrichter nicht fristgemäß benennen. Dies ist im Falle der Beschlussmängelstreitigkeit, die im Regelfall zu einem Mehrparteienschiedsverfahren führt, häufig der Fall, und zwar auf beiden Seiten. Deshalb hat der DISErnennungsausschuss bereits in dem Fall, dass nur eine Seite nicht in der Lage ist, sich auf einen Schiedsrichter zu einigen, beide Schiedsrichter zu bestellen. Eine bereits erfolgte Benennung durch die Kläger- oder Beklagtenseite wird damit gegenstandslos.
II. Reform 9 Die neu eingefügte Regelung in Art. 8.4 stellt klar, dass für die Wahl des Vorsit-
zenden die allgemeinen Regeln der Art. 12.2 und 12.3 der DIS-SchO gelten, wobei Nebenintervenienten den Parteien gleichstehen. Einigen sich die Parteien innerhalb einer Frist von 21 Tagen nicht, bestimmt der DIS-Ernennungsausschuss den Vorsitzenden.
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Schiedsgericht mit drei Schiedsrichtern | Art. 8 DIS-ERGeS
III. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Die Regelungen der §§ 1025 ff. ZPO haben keine eigenständige Bedeutung neben 10 Art. 8.3 und 8.4.
IV. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Entsprechende Regelungen sind im staatlichen Verfahren nicht vorgesehen. Es 11 gilt die ausschließliche Zuständigkeit des LG, dort der Kammer für Handelssachen.
V. Ersatzbenennung Voraussetzungen. Voraussetzung für die Ersatzbenennung durch den DIS-Er- 12 nennungsausschuss ist, dass auf Kläger- und/oder Beklagtenseite innerhalb der Frist nach Art. 8.2 keine einvernehmliche Benennung erfolgt sowie ein entsprechender Antrag eines Schiedsklägers, eines Schiedsbeklagten oder eines Nebenintervenienten gestellt wird. Benennt also auch nur eine Seite ihren jeweiligen Schiedsrichter nicht, benennt der Benennungsausschuss zwei Schiedsrichter nach Maßgabe von Art. 13.2 DIS-SchO, so dass bereits erfolgte Benennungen gegenstandslos werden. Zur Frage, ob der Antrag auf Ersatzbenennung bereits vor Fristablauf gestellt werden kann, vgl. Art. 7 Rz. 12).
VI. Kosten Zu den Kosten eines Dreierschiedsgerichts im Verhältnis zum Einzelschieds- 13 richter s. Rz. 7. Die Ersatzbenennung durch den DIS-Ernennungsausschuss löst keine zusätzlichen Kosten aus, selbst dann nicht, wenn eine bereits erfolgte Schiedsrichterbenennung dadurch gegenstandslos wird.
C. Abweichende Parteivereinbarungen Es ist möglich, eine großzügigere Frist zur Benennung der Schiedsrichter vorzu- 14 sehen, wobei die DIS ohnehin Fristverlängerungen gewährt, wenn dadurch eine einvernehmliche Schiedsrichterbenennung gesichert und das Verfahren durch die Fristverlängerung nicht übermäßig verzögert wird.
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Art. 9 DIS-ERGeS | Zuständigkeitskonzentration bei Parallelverfahren
Artikel 9 Zuständigkeitskonzentration bei Parallelverfahren 9.1 Im Falle der Einleitung mehrerer Schiedsverfahren mit einem Streitgegenstand, über den gegenüber den jeweils beteiligten Parteien und Betroffenen nur einheitlich entschieden werden kann, gelten die Regelungen der Artikel 9.2 bis 9.4. 9.2 Das zeitlich vorrangig eingeleitete Schiedsverfahren („Vorrangverfahren“) sperrt die Durchführung des zeitlich nachrangig eingeleiteten Schiedsverfahrens („Nachrangverfahren“). Das Nachrangverfahren ist unzulässig. 9.3 Für den zeitlichen Vorrang mehrerer Schiedsklagen ist der Zeitpunkt des Eingangs der Schiedsklage bei der DIS maßgeblich. Für den Nachweis des tageszeitgenauen Eingangs der Schiedsklage bei der DIS hat die Übermittlung der Schiedsklage abweichend von den Artikeln 4.1 und 4.2 der DIS-Schiedsgerichtsordnung immer auch per Telefax oder E-Mail (gemäß Artikel 6.1 der DIS-Schiedsgerichtsordnung auch ohne Anlagen) zu erfolgen. Im Zweifelsfalle bestimmt die DIS den zeitlichen Vorrang nach ihrem Ermessen. Hält die DIS nach erstem Anschein einen Fall des Artikels 9.1 für gegeben, soll sie die Parteien und die benannten Betroffenen der eingeleiteten Schiedsverfahren entsprechend informieren. 9.4 Hat der Schiedskläger die Schiedsklage im Nachrangverfahren innerhalb der Frist gemäß Artikel 3.1 erhoben, in der er dem Vorrangverfahren als benannter Betroffener beitreten kann, wird die Klageerhebung wie sein Beitritt als benannter Betroffener zum Vorrangverfahren behandelt. Er wird weiterer Schiedskläger im Vorrangverfahren, es sei denn, er widerspricht innerhalb der Beitrittsfrist nach Artikel 3.1. Er kann an der Bildung des Schiedsgerichts gemäß Artikeln 7 oder 8 mitwirken sowie weitere Betroffene im Vorrangverfahren gemäß Artikel 4.1 benennen. Soweit in den Artikeln 7 oder 8 für den Beginn von Fristen auf den Zeitpunkt des Beitritts eines benannten Betroffenen abgestellt wird, wird für Zwecke dieses Artikels 9.4 unterstellt, dass der Beitritt am Tage des Ablaufs der Beitrittsfrist gemäß Artikel 3.1 erfolgt ist. Erklärt der Schiedskläger im Nachrangverfahren bereits vor Ablauf der Beitrittsfrist gemäß Artikel 3.1 ausdrücklich sein Einverständnis mit dem Beitritt zum Vorrangverfahren, ist der Zeitpunkt dieser Erklärung für den Fristbeginn maßgeblich. Im Falle seines fristgemäßen Widerspruchs oder einer Klageerhebung nach Ablauf der Frist des Artikels 3.1 wird er so behandelt, als sei er nicht Partei des Vorrangverfahrens geworden. Das Nachrangverfahren bleibt ungeachtet dessen unzulässig. Das Recht des Schiedsklägers gemäß Artikel 4.3 bleibt unberührt. Regelungsschwerpunkte: Die Vorschrift regelt das Verfahren im Falle mehrerer schiedsrichterlicher Verfahren. → Rz. 1–15 Kostenaspekte: Kostenkontrolle durch Konzentrationswirkung. → Rz. 16
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Zuständigkeitskonzentration bei Parallelverfahren | Art. 9 DIS-ERGeS A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften E. Allgemeine Verweisungsnorm (Art. 9.1) . . . . . . . . . . . . . . . . . F. Grundsatz des Vorrangs des zuerst eingeleiteten Verfahrens (Art. 9.2) . . . . . . . . . . . . . . . . .
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G. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung des Vorrangs (Art. 9.3) . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Verfahren und Wirkungen der Klage im Nachrangverfahren (Art. 9.4) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . J. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Normzweck Die Regelung verfolgt den Zweck, eine Rangordnung zwischen mehreren 1 Schiedsverfahren zu sichern, die denselben Streitgegenstand betreffen und über welchen gegenüber den jeweils beteiligten Parteien und Betroffenen nur einheitlich entschieden werden kann. Insoweit gilt die Regel, dass das zeitlich vorrangig eingeleitete Schiedsverfahren, 2 das sog. Vorrangverfahren, die Durchführung aller zeitlich nachrangig eingeleiteten Schiedsverfahren, sog. Nachrangverfahren, die als solche unzulässig sind, sperrt. Darüber hinaus hat die Norm den Zweck, all diejenigen Kläger, die ein Nach- 3 rangverfahren einleiten, innerhalb des Vorrangverfahrens als weiterer Kläger hinzutreten zu lassen (Art. 9.4).
B. Reform Die Regelung wurde im Vergleich zur bisherigen Fassung nicht geändert.
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C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Eine entsprechende Norm ist im X. Buch der ZPO nicht vorgesehen.
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D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Die Zuständigkeitskonzentration im staatlichen Verfahren wird bei Kapitalgesell- 6 schaften bereits dadurch sichergestellt, dass ausschließlich das LG zuständig ist, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat (§ 246 Abs. 3 Satz 1 AktG analog). Hinsichtlich mehrerer Verfahren ist bestimmt, dass diese zu gleichzeitigen Verhandlungen und Entscheidungen zu verbinden sind (§ 246 Abs. 3 Satz 6 AktG Wagner
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Art. 9 DIS-ERGeS | Zuständigkeitskonzentration bei Parallelverfahren analog). Zwar ist es hier möglich, dass bei Anfechtungsklagen gegen denselben Beschluss sowohl bei der Kammer für Handelssachen als auch fälschlicherweise bei der Zivilkammer eingereicht werden. Letztere hat dann an die Kammer für Handelssachen zu verweisen. Diese ist nach § 246 Abs. 3 Satz 2 AktG analog vorrangig zuständig, soweit eine Kammer für Handelssachen bei dem LG gebildet ist.
E. Allgemeine Verweisungsnorm (Art. 9.1) 7 Art. 9.1 dient lediglich als allgemeine Verweisungsnorm für die nachfolgenden
Art. 9.2 bis Art. 9.4 im Falle der Einleitung mehrerer schiedsrichterlicher Verfahren mit einem Streitgegenstand, über den gegenüber den jeweils beteiligten Parteien und Betroffenen nur einheitlich entschieden werden kann.
F. Grundsatz des Vorrangs des zuerst eingeleiteten Verfahrens (Art. 9.2) 8 Der Grundsatz des Vorrangs des zeitlich zuerst eingeleiteten Schiedsverfahrens
(Vorrangverfahren) gegenüber allen späteren Verfahren (Nachrangverfahren) ist notwendig, da die Zuständigkeitskonzentration, die im staatlichen Verfahren durch die Konzentration bei einem konkreten Gericht erreicht wird, bei noch zu konstituierenden Schiedsgerichten nicht gegeben ist. Insofern bedarf es dieser ausdrücklichen Regelung. Art. 9.2 Satz 2 stellt klar, dass die später eingeleiteten Verfahren unzulässig sind.
G. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung des Vorrangs (Art. 9.3) 9 Eingang der Klage bei der DIS. Der zeitliche Vorrang mehrerer Klagen richtet
sich gemäß Art. 9.3 nach dem Zeitpunkt des Eingangs der Klage bei der DIS. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass es mehrere DIS-Geschäftsstellen gibt, so dass es nicht auf den Eingang bei ein und demselben Standort ankommt.
10 Nachweis des Zugangs. Unabhängig von der Art der Übermittlung der Klage,
die gemäß Art. 4.1 DIS-SchO übersendet wird, ist hier ausdrücklich angeordnet, dass eine Übersendung stets zugleich per Telefax oder E-Mail zu erfolgen hat und dass Anlagen zu Schriftsätzen hierfür nicht notwendigerweise übermittelt werden müssen. Sollten sich Zweifel hinsichtlich des genauen Zeitpunkts des Eingangs der Klage ergeben, was bspw. bei einer Übersendung per E-Mail durchaus denkbar ist, bestimmt die DIS den zeitlichen Vorrang nach freiem Ermessen. Durch die begriffliche Unterscheidung zwischen freiem Ermessen an dieser Stelle und dem pflichtgemäßen Ermessen i.S.v. Art. 4.9 DIS-SchO ist ein unterschiedlicher Maßstab anzusetzen. In jedem Fall genügt es nach Art. 9.3 Satz 4, wenn die DIS nach erstem Anschein einen Fall von Parallelverfahren für 1286
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Zuständigkeitskonzentration bei Parallelverfahren | Art. 9 DIS-ERGeS
gegeben hält. Sie wird die Parteien und die benannten Betroffenen der eingeleiteten Schiedsverfahren in diesen Fällen entsprechend informieren und um Stellungnahme bitten, schon um ihr Ermessen ordnungsgemäß ausüben zu können.
H. Verfahren und Wirkungen der Klage im Nachrangverfahren (Art. 9.4) Die Regelung in Art. 9.4 bestimmt, welche Rolle allen weiteren Klägern zu- 11 kommt, die ein Schiedsverfahren eingeleitet haben, das als Nachrangverfahren zu behandeln ist. Klage im Nachrangverfahren innerhalb der Frist gemäß Art. 3.1. Sofern der 12 Kläger im Nachrangverfahren seine Klage innerhalb der gemäß Art. 3.1 für die Beitrittserklärung aller Betroffener zum Vorrangverfahren maßgeblichen Frist erhoben hat, wird seine Klageerhebung wie sein Beitritt als benannter Betroffener zum Vorrangverfahren behandelt. Es ist also nicht erforderlich, dass er ausdrücklich seinen Beitritt als Betroffener zum Vorrangverfahren erklärt. Er wird sogar ohne weiteres Zutun wie ein weiterer Kläger im Vorrangverfahren behandelt, es sei denn, er widerspricht innerhalb der für das Vorrangverfahren maßgeblichen Beitrittsfrist (Art. 3.1). Rechte des Klägers im Nachrangverfahren. Der Kläger im Nachrangverfahren 13 hat folglich auch alle Rechte eines beigetretenen Betroffenen, d.h., dass er an der Schiedsrichterbenennung nach Art. 7 oder Art. 8 mitwirken und weitere Betroffene im Vorrangverfahren gemäß Art. 4.1 benennen kann. Für die Berechnung des Fristbeginns für die Schiedsrichterbenennung nach Art. 7 14 oder Art. 8 wird für den Kläger im Nachrangverfahren auf den Zeitpunkt abgestellt, in dem die Beitrittsfrist nach Art. 3.1 zum Vorrangverfahren abgelaufen ist, sofern der Kläger im Nachrangverfahren nicht bereits vor Ablauf dieser Frist ausdrücklich sein Einverständnis mit dem Beitritt zum Vorrangverfahren erklärt hat. Dann ist dieser Beitrittserklärungszeitpunkt für den Fristbeginn maßgeblich. Art. 9.4 Satz 6 stellt klar, dass der fristgemäße Widerspruch bzw. die verspätete 15 Klageerhebung dazu führen, dass der Kläger nicht als Partei des Vorrangverfahrens behandelt wird. Art. 9.4 Satz 7 stellt insoweit ebenfalls klar, dass das Nachrangverfahren ungeachtet dessen unzulässig bleibt. Indes hat der fristgemäß Widersprechende oder verspätet seine Klage erhebende Kläger stets das Recht, gemäß Art. 4.3 zu einem späteren Zeitpunkt dem Verfahren mit den dann noch möglichen Verfahrensbeteiligungsrechten beizutreten.
I. Kosten Besondere Kosten entstehen aufgrund der Zuständigkeitskonzentration nicht, 16 wenngleich die DIS-Bearbeitungsgebühren für alle weiteren Verfahren anfallen (wenn diese ggf. auch seitens der DIS reduziert werden können). Im Übrigen Wagner
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Art. 10 DIS-ERGeS | Vertraulichkeit trägt die Zuständigkeitskonzentration gerade zur Kosteneffizienz bei, denn so wird nur eine Klage verhandelt, in die sämtliche zu beteiligenden Personen als Betroffene einbezogen werden.
J. Abweichende Parteivereinbarungen 17 Abweichende Parteivereinbarungen sind nicht zu empfehlen, da die Zuständig-
keitskonzentration eines der wesentlichen Kriterien ist, von denen die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten abhängt.
Artikel 10 Vertraulichkeit Artikel 44 der DIS-Schiedsgerichtsordnung gilt auch für alle benannten Betroffenen. Regelungsschwerpunkte: Regelt die Erstreckung der Vertraulichkeitsregeln der DIS-SchO auf alle Verfahrensbeteiligten. → Rz. 1–6 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu §§ 1025 ZPO . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
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E. Umfang der Vertraulichkeit . . .
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F. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Wolff, Die Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten der DIS: Bilanz der DIS-ERGeS 2009 und Vorstellung der DIS-ERGeS 2018, SchiedsVZ 2018, 246 ff.
A. Normzweck 1 Der Verweis auf Art. 44 DIS-SchO stellt klar, dass die darin enthaltene umfas-
sende Vertraulichkeitsregelung nicht nur die Parteien und das Schiedsgericht, sondern auch alle benannten Betroffenen erfasst. Dies hängt mit den in Art. 5.1 geregelten umfassenden Informationsrechten der benannten Betroffenen zusammen (vgl. Art. 5.1 Rz. 5), die eine Erstreckung der Vertraulichkeit erforderlich macht (Wolff, SchiedsVZ 2018, 246 [256]).
B. Reform 2 In der bisherigen Fassung enthielt Art. 10 eine Fristenregelung, die aufgrund der
Neufassung des Art. 4.9 DIS-SchO als redundant empfunden wurde und daher ersatzlos entfallen ist (vgl. Wolff, SchiedsVZ 2018, 246 [250]). 1288
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Wirkungserstreckung des Schiedsspruchs | Art. 11 DIS-ERGeS
C. Verhältnis zu §§ 1025 ZPO Das X. Buch der ZPO enthält keine expliziten Regelungen zur Vertraulichkeit 3 des Verfahrens, so dass die Parteien die Vertraulichkeit des Verfahrens umfassend selbst regeln können (s. im Einzelnen Art. 44 DIS-SchO Rz. 10).
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im staatlichen Verfahren gilt der Öffentlichkeitsgrundsatz (vgl. § 169 Abs. 1 4 Satz 1 GVG). Allerdings kann das Gericht nach seinem Ermessen gemäß § 172 GVG die Öffentlichkeit vom Verfahren ausschließen (s. im Einzelnen Art. 44 DIS-SchO Rz. 12.
E. Umfang der Vertraulichkeit Zur Vertraulichkeit verpflichtet sind die Schiedsrichter, die Parteien, die be- 5 nannten Betroffenen und die bei der DIS mit dem Verfahren befassten Personen. Gegenstand der Vertraulichkeit ist die Existenz des Verfahrens, Namen von Parteien, Streitgegenstände, Namen von Zeugen und Sachverständigen, Schiedssprüche sowie Beweismittel, die nicht öffentlich zugänglich sind (s. im Einzelnen Art. 44 DIS-SchO Rz. 19).
F. Abweichende Parteivereinbarungen Abweichende Parteivereinbarungen sind gemäß Art. 44.1 Satz 1 DIS-SchO aus- 6 drücklich zulässig. Allerdings dürfte es bei gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten selten im Interesse der Beteiligten sein, die Vertraulichkeit des Schiedsverfahrens einzuschränken. Auch ist zu bedenken, dass Art. 5.1 den Betroffenen umfassende Informationsrechte gewährt, so dass die in Art. 10 enthaltene Vertraulichkeitsregelung durchaus zweckmäßig ist.
Artikel 11 Wirkungserstreckung des Schiedsspruchs 11.1 Die Wirkungen des Schiedsspruchs erstrecken sich auf die Betroffenen, die innerhalb der in diesen DIS-ERGeS für die Benennung von Betroffenen vorgesehenen Fristen benannt wurden, unabhängig davon, ob sie von der ihnen eingeräumten Möglichkeit, dem Schiedsverfahren als Partei oder Nebenintervenient beizutreten, Gebrauch gemacht haben. Die fristgemäß als Betroffene benannten Gesellschafter verpflichten sich, die Wirkungen eines Wagner
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Art. 11 DIS-ERGeS | Wirkungserstreckung des Schiedsspruchs nach Maßgabe der Bestimmungen in den DIS-ERGeS ergangenen Schiedsspruchs anzuerkennen. 11.2 Die Wirkungen des Schiedsspruchs erstrecken sich zudem auf die Betroffenen, die zwar nach Ablauf der in diesen DIS-ERGeS für die Benennung von Betroffenen vorgesehenen Fristen benannt wurden, aber dem Schiedsverfahren als Partei oder Nebenintervenient beigetreten sind. Auch diese Betroffenen verpflichten sich, die Wirkungen eines nach Maßgabe der Bestimmungen in den DIS-ERGeS ergangenen Schiedsspruchs anzuerkennen. Regelungsschwerpunkte: Regelt die Erstreckung des Schiedsspruchs auf alle benannten Betroffenen. → Rz. 1–9 Kostenaspekte: Kostenentscheidung. → Rz. 10 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu § 1055 ZPO . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
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E. Tatbestandsmerkmale . . . . . . . .
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F. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . .
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G. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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H. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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Literatur: Borris, Die „Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten“ der DIS („DIS-ERGeS“), SchiedsVZ 2009, 299 ff.
A. Normzweck 1 Art. 11.1 Satz 1 hat klarstellende Bedeutung. Der Schiedsspruch erstreckt sich
auf alle Betroffenen, die fristgemäß nach den DIS-ERGeS benannt wurden, und zwar unabhängig davon, ob sie von der Möglichkeit zum Beitritt Gebrauch gemacht haben oder nicht.
2 Die zusätzliche Regelung in Art. 11.1 Satz 2, wonach sich die als Betroffene be-
nannten Gesellschafter verpflichten, die Wirkungen eines nach Maßgabe der Bestimmungen in den DIS-ERGeS ergangenen Schiedsspruchs anzuerkennen, hat den Zweck, eine Bindungswirkung auch schon vor Durchführung eines etwaigen Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahrens betreffend den Schiedsspruch herzustellen.
3 Die Regelung stellt im Umkehrschluss auch klar, dass alle nicht fristgemäß benann-
ten Betroffenen, die dem Schiedsverfahren nicht beigetreten sind, nicht von den vorgenannten Wirkungen erfasst werden. Ein dennoch ergangener Schiedsspruch ist mangels Schiedsfähigkeit unwirksam (Borris, SchiedsVZ 2009, 299 [309]).
B. Reform 4 Der neu eingefügte Art. 11.2 bestimmt, dass sich die Wirkung des Schieds-
spruchs auch auf diejenigen Betroffenen erstreckt, die zwar nach Ablauf der vor1290
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Wirkungserstreckung des Schiedsspruchs | Art. 11 DIS-ERGeS
gesehenen Fristen benannt wurden, aber dem Schiedsverfahren als Partei oder Nebenintervenient beigetreten sind. Dies galt auch bisher schon, wurde aber nunmehr zur Klarstellung ausdrücklich geregelt.
C. Verhältnis zu § 1055 ZPO Die Regelungen des X. Buches der ZPO, insb. § 1055 ZPO, haben neben Art. 11 5 keine eigenständige Wirkung, zumal die ZPO-Vorschrift ohnehin nur die Wirkungen des Schiedsspruchs zwischen den Parteien regelt. Die Besonderheit des Verfahrens nach dem DIS-ERGeS besteht gerade darin, dass die Wirkungen sich auch auf alle sonstigen fristgemäß benannten Betroffenen erstrecken.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften In staatlichen Verfahren gilt § 248 AktG analog, ggf. i.V.m. § 249 AktG analog, 6 die wie Art. 11 eine Wirkung inter omnes vorsehen.
E. Tatbestandsmerkmale Schiedsspruch. Voraussetzung für die Wirkungserstreckung auf die Betroffenen 7 ist der Erlass eines Schiedsspruchs nach Maßgabe der Art. 37 ff. DIS-SchO.
F. Rechtsfolgen Kreis der von der Wirkungserstreckung Betroffenen. Von den Wirkungen des 8 Schiedsspruchs erfasst sind alle Betroffenen, die innerhalb der von den DIS-ERGeS vorgesehenen Frist benannt wurden, unabhängig davon, ob sie beigetreten sind oder nicht. Verpflichtung der Gesellschafter zur Anerkennung. Der Schiedsspruch hat zu- 9 dem die Folge, dass mit seinem Erlass die Verpflichtung der Gesellschafter nach Art. 11.1 Satz 2, die Wirkungen eines nach Maßgabe der Bestimmungen der DIS-ERGeS ergangenen Schiedsspruchs anzuerkennen, die bereits mit Abschluss der Schiedsvereinbarung entsteht, wirksam wird. So wird verhindert, dass ein Anerkennungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren durchgeführt werden muss, bevor die Parteien tatsächlich an die Wirkungen des Schiedsspruchs gebunden werden können.
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Art. 12 DIS-ERGeS | Kosten G. Kosten 10 Der Schiedsspruch enthält zugleich die Kostenentscheidung, vgl. Art. 12. Nach-
dem die Wirkungserstreckung nur für alle rechtzeitig benannten Betroffenen gilt, ist auch im Interesse des Kostenrisikos darauf zu achten, dass all diejenigen, die von den Wirkungen des Schiedsspruchs erfasst sein sollen, auch fristgemäß als Betroffene benannt worden sind. Andernfalls besteht das Risiko, dass ein Schiedsspruch mangels Schiedsfähigkeit nicht ergehen kann und, falls er doch ergeht, unwirksam ist. Dies führt dazu, dass ein neues Verfahren durchgeführt werden muss, um das mit dem Schiedsverfahren erstrebte Ergebnis herbeizuführen.
H. Abweichende Parteivereinbarungen 11 Abweichende Parteienvereinbarungen sind nicht zulässig, soweit sie die Wir-
kungserstreckung einschränken oder erweitern wollen, denn gerade dieses Kriterium ist für die Schiedsfähigkeit der Streitigkeit wesentlich. Eine Abbedingung der Anerkennungsverpflichtung dürfte zwar zulässig sein, in der Praxis aber kaum vorkommen.
Artikel 12 Kosten 12.1 Betroffene, die dem schiedsrichterlichen Verfahren nicht als Partei oder Nebenintervenient beitreten, haben keinen Anspruch auf Kostenerstattung. 12.2 Bei der Berechnung der Kosten gemäß der Anlage 2 zur DIS-Schiedsgerichtsordnung (Kostenordnung) zählt ein benannter Betroffener als Partei. Regelungsschwerpunkte: Zur Kostengrundentscheidung und Höhe der Kosten. → Rz. 1–7 Kostenaspekte: Kostenkontrolle durch Anwendung der Kostenregelungen der DIS-SchO. → Rz. 1, 2 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zu § 1057 ZPO . . . . . D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
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E. Tatbestandsmerkmale . . . . . . . .
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F. Rechtsfolgen . . . . . . . . . . . . . .
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G. Abweichende Parteivereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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A. Normzweck 1 Die Kostenentscheidung richtet sich grds. nach Art. 33 sowie Anlage 2 zu DIS-
SchO, auf die Art. 12.2 ausdrücklich verweist. Art. 12.1 stellt darüber hinaus klar, dass Betroffene, die dem Schiedsverfahren nicht als Partei oder Nebenintervenient 1292
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Kosten | Art. 12 DIS-ERGeS
beitreten, keinen Anspruch auf Kostenerstattung haben. Denn ihnen sind mangels Beteiligung keine erstattungsfähigen Kosten im Verfahren entstanden. Durch den Verweis in Art. 12.2 auf die Anlage 2 zur DIS-SchO wird klargestellt, 2 dass jeder benannte Betroffene wie eine Partei behandelt wird und sich daher, sofern an einem Schiedsverfahren mehr als zwei Parteien beteiligt sind, sich die in der Gebührentabelle der DIS aufgeführten Beträge für Schiedsrichterhonorare um 10 % für jede zusätzliche Partei erhöhen, wobei eine Obergrenze von maximal 50 % festgelegt wird.
B. Reform Die Norm wurde zum besseren Verständnis sprachlich neu gefasst, entspricht 3 aber inhaltlich der alten Regelung.
C. Verhältnis zu § 1057 ZPO Die Entscheidung über die Kosten erfolgt nach Maßgabe von Art. 12 sowie der 4 DIS-SchO. § 1057 ZPO hat daneben keine eigenständige Bedeutung.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im staatlichen Verfahren gelten grds. die §§ 91 ff. ZPO. Im Falle der streitgenös- 5 sischen Nebenintervention, die im Falle einer Beschlussmängelstreitigkeit für alle Betroffenen gegeben ist, die nicht Partei des Verfahrens sind, ist § 100 ZPO maßgeblich. Für alle Streitgenossen, die auf Seiten einer Partei als Partei beitreten, gilt § 101 Abs. 2 i.V.m. § 100 ZPO.
E. Tatbestandsmerkmale Verweis auf die DIS-SchO. Sowohl hinsichtlich der Kostengrundentscheidung als 6 auch hinsichtlich der Höhe der Kosten verweist Art. 12.2 DIS-ERGeS auf die Anlage 2 zur DIS-SchO. Die einzige Besonderheit besteht darin, dass nach Art. 12.1 DIS-ERGeS nur die Betroffenen Anspruch auf Kostenerstattung haben, die dem Schiedsverfahren beigetreten sind und dass ein benannter Betroffener gemäß Art. 12.2 wie eine Partei i.S.v. Ziff. 3.4 Anlage 2 zur DIS-SchO zu behandeln ist.
F. Rechtsfolgen Die Rechtsfolgen sind auf den Verweis auf die Anlage 2 zur DIS-SchO sowie auf 7 die Besonderheit des ausgeschlossenen Kostenerstattungsanspruchs des nicht Wagner
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Nach Art. 12 DIS-ERGeS | Musterklauseln beigetretenen Betroffenen und der Gleichstellung eines Betroffenen als Partei beschränkt.
G. Abweichende Parteivereinbarungen 8 Kostengrundentscheidung. Abweichende Parteivereinbarungen hinsichtlich
der Kostengrundentscheidung sind insoweit zulässig, als die Kostentragung etwa dahingehend geregelt wird, dass die unterliegende Partei die Kosten des Schiedsverfahrens zu tragen hat oder dass jede Partei ihre Kosten selbst zu tragen hat.
9 Höhe der Kosten. Hinsichtlich der Höhe der Kosten ist jedoch davon auszuge-
hen, dass die Regelung zwingend ist, da abweichende Vereinbarungen hinsichtlich der Höhe des Honorars nicht zulässig sind. Ziff. 2 der Anlage 2 zur DISSchO führt abschließend auf, unter welchen Voraussetzungen sich Schiedsrichterhonorare erhöhen können.
Musterklausel für den Gesellschaftsvertrag für Schiedsverfahren nach den Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten (1) Alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern oder zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern im Zusammenhang mit diesem Gesellschaftsvertrag oder über dessen Gültigkeit werden nach der Schiedsgerichtsordnung und den Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten (DIS-ERGeS) der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs endgültig entschieden. (2) Ausgeschiedene Gesellschafter bleiben an diese Schiedsvereinbarung gebunden. (3) Die Gesellschaft hat gegenüber Klagen, die gegen sie vor einem staatlichen Gericht anhängig gemacht werden und Streitigkeiten betreffen, die gemäß Ziffer 1 der Schiedsvereinbarung unterfallen, stets die Einrede der Schiedsvereinbarung zu erheben. (4) Das Schiedsgericht besteht aus [bitte eintragen: „einem Einzelschiedsrichter“ oder „drei Schiedsrichtern“]. (5) Der Schiedsort ist [bitte gewünschten Schiedsort eintragen]. (6) Die Verfahrenssprache ist [bitte gewünschte Verfahrenssprache eintragen]. (7) Das in der Sache anwendbare Recht ist [bitte gewünschtes Recht eintragen]. Es empfiehlt sich ferner, an anderer Stelle im (möglicherweise beurkundungspflichtigen) Gesellschaftsvertrag zu regeln, dass jeder Gesellschafter verpflichtet ist, der Gesellschaft seine aktuelle Postanschrift und elektronische Adresse oder die eines Zustellungsbevollmächtigten mitzuteilen, und dass ein an diese Ad1294
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Musterklauseln | Nach Art. 12 DIS-ERGeS
ressen übermitteltes Schriftstück nach Ablauf einer angemessenen Frist als zugegangen gilt. Regelungsschwerpunkte: Musterschiedsklausel zur Anwendung der DIS-ERGeS. → Rz. 1–13; Empfehlung der DIS hinsichtlich zusätzlicher zu vereinbarender Elemente. → Rz. 14–16 Kostenaspekte: Kostenrelevanz. → Rz. 17 A. Normzweck . . . . . . . . . . . . . . . B. Reform . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften
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E. Musterschiedsklausel . . . . . . . .
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F. Empfohlene Zusatzvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . .
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G. Kosten . . . . . . . . . . . . . . . . . . H. Abweichende Parteivereinbarung
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Literatur: Baumann/Wagner, Schiedsfähigkeit I, II oder III – Ob Ihr Recht habt oder nicht, sagt Euch der BGH – Zur Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten in Personengesellschaften, BB 2017, 1993 ff.; Borris, Die Schiedsfähigkeit gesellschaftsrechtlicher Streitigkeiten in der Aktiengesellschaft, NZG 2010, 481 ff.; Borris, Die „Ergänzenden Regeln für Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten“ der DIS („DIS-ERGeS“), SchiedsVZ 2009, 299 ff.; Borris, Die „Schiedsfähigkeit“ von Beschlussmängelstreitigkeiten in der Personengesellschaft, NZG 2017, 761 ff.; Borris/Schenk-Busch, BGH zur Rechtswirksamkeit von Schiedsvereinbarungen in Personengesellschaftsverträgen: „Schiedsfähigkeit IV“, NZG 2022, 259 ff.; Goette, Neue Entscheidung des Bundesgerichtshofes: Beschlussmängelstreitigkeiten im GmbHRecht sind schiedsfähig, GWR 2009, 103 ff.; Göz/Peitsmeyer, Schiedsverfahren bei Beschlussmängelstreitigkeiten in Personengesellschaften, SchiedsVZ 2018, 7 ff.; von Hase, Schiedsgerichtsbarkeit im Gesellschaftsrecht: Optimierungsspielräume für die DIS-ERGeS, BB 2011, 1993 ff.; Hermanns, Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) – Entstehung und Überblick, DNotZ 2022, 3 ff.; Hilbig, Schiedsvereinbarungen über GmbH-Beschlussmängelstreitigkeiten, SchiedsVZ 2009, 247 ff.; Kröll, Die schiedsrechtliche Rechtsprechung des Jahres 2009, SchiedsVZ 2010, 144 ff.; Mock, Schiedsvereinbarungen für Beschlussmängelstreitigkeiten bei Personengesellschaften im bisherigen und neuen Recht – Zugleich Besprechung von BGH v. 23.9.2021 – I ZB 13/21, SchiedsVZ 2022, 59; Quinke, Die neuen DIS-ERGeS im Überblick, SchiedsVZ 2018, 241 ff.; Riegger/ Wilske, Auf dem Weg zu einer allgemeinen Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten?, ZGR 2010, 733 ff.; Schwedt, Die praktische Umsetzung der BGH-Urteil Schiedsfähigkeit I und II – Vorstellung der neuen Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten der DIS am 2.11.2009 in Frankfurt/M., SchiedsVZ 2010, 166 ff.; Wagner, BGH: Beschlussmängelstreitigkeiten im GmbH-Recht sind grundsätzlich schiedsfähig, GWR 2009, 110 ff.; Werner, Gesellschaftsvertragliche Schiedsklauseln: Aktuelle Probleme, jM 2018, 134 ff.; Witte/Hafner, Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten im Recht der GmbH am Maßstab der neuen BGH-Rechtsprechung und ihre Auswirkungen, DStR 2009, 2052 ff.; Wolff, Die Ergänzenden Regeln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten der DIS: Bilanz der DIS-ERGeS 2009 und Vorstellung der DIS-ERGeS 2018, SchiedsVZ 2018, 246 ff.
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Nach Art. 12 DIS-ERGeS | Musterklauseln A. Normzweck 1 BGH-Rechtsprechung. Die DIS-ERGeS und die diesbezüglich von der DIS
empfohlene Musterschiedsklausel wurden in ihrer ursprünglichen Fassung 2009 von der DIS eingeführt. Sie sollten die Kriterien umsetzen, die der BGH im Rahmen seiner „Schiedsfähigkeit II“-Entscheidung (BGH v. 6.4.2009 – II ZR 255/08, BGHZ 180, 221 = NJW 2009, 1962) für die Schiedsfähigkeit von GmbH-Beschlussmängelstreitigkeiten aufgestellt hat.: Die vielbeachtete Entscheidung stellte eine Abkehr von der „Schiedsfähigkeit I“-Rechtsprechung (BGH v. 29.3. 1996 – II ZR 124/95, BGHZ 132, 278 = NJW 1996, 1753) dar, wonach GmbHBeschlussmängelstreitigkeiten noch als nicht schiedsfähig angesehen wurden, und eröffnete damit Raum für eine institutionelle Regelung durch die DIS. In Fortführung dieser Rechtsprechung hat der BGH in seiner „Schiedsfähigkeit III“-Entscheidung (BGH v. 6.4.2017 – I ZB 23/16, NJW-RR 2017, 876 = SchiedsVZ 2017, 194) die für die GmbH entwickelten Anforderungen unter bestimmten Voraussetzungen auch auf die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten in Personengesellschaften erstreckt (vgl. hierzu im Einzelnen Art. 2 Rz. 9), so dass sich hier ein neuer Anwendungsbereich für die DIS-ERGeS aufgetan hat. Mit der Schiedsfähigkeit IV-Entscheidung (BGH. v. 23.9.2021 – I ZB 13/21 = NJW-RR 2022, 261) hat der BGH klargestellt, dass Voraussetzung für die Erstreckung der Schiedsfähigkeit-II-Kriterien auf Personengesellschaften die gesellschaftsvertragliche Regelung der Konzentrationswirkung von Klagen bei der Gesellschaft ist.
2 Kriterien der Schiedsfähigkeit. Laut BGH muss die Schiedsklausel mit Zustim-
mung aller Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag verankert werden. Zudem muss jeder Gesellschafter über die Einleitung und den Verlauf des schiedsrichterlichen Verfahrens unterrichtet werden und die Möglichkeit des jederzeitigen Beitritts zum Verfahren erhalten. Ferner müssen alle Gesellschafter die Gelegenheit erhalten, an der Zusammensetzung des Schiedsgerichts mitzuwirken. Schließlich ist sicherzustellen, dass alle denselben Streitgegenstand betreffenden Streitigkeiten bei demselben Schiedsgericht konzentriert sind. Die Musterschiedsklausel erfasst alle Kriterien im vorgenannten Sinne, insb. durch den Verweis auf die DIS-ERGeS. Es wird empfohlen, die Musterschiedsklausel zu übernehmen, auch um pathologische Schiedsabreden zu verhindern.
B. Reform 3 DIS-ERGeS. Im Zuge der umfassenden Überarbeitung der DIS-SchO, die in der
Neufassung von 2018 mündete, wurden auch die DIS-ERGeS an verschiedenen Stellen geändert und angepasst. Die meisten dieser Änderungen sind redaktioneller Natur und vollziehen begriffliche Änderungen in der DIS-SchO nach. So wurden die Paragraphen zu Artikeln, das „schiedsrichterliche Verfahren“ zum „Schiedsverfahren“, die „DIS-Geschäftsstelle“ zur „DIS“, die „Klage“ zur „Schiedsklage“, der „Kläger“ zum „Schiedskläger“ bzw. der „Beklagte“ zum 1296
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Musterklauseln | Nach Art. 12 DIS-ERGeS
„Schiedsbeklagten“ und die „zustellungsfähige Anschrift“ zur „Adresse“. Soweit Regelungen der DIS-ERGeS Regelungen der DIS-SchO entsprachen, die geändert wurden, sind erstere entsprechend angepasst worden. Bspw. steht es den Parteien nicht mehr frei, die anwendbare Fassung der DIS-ERGeS zu wählen (vgl. Art. 1.2 Rz. 10). Echte inhaltliche Änderungen sind nur vereinzelt zu finden, etwa die Umstellung der 30-Tages-Fristen auf Monatsfristen (Art. 3.1, 3.2, 6.2, 7.1, 8.2), die der überarbeiteten DIS-SchO entspricht. Insgesamt halten sich die Änderungen also in Grenzen, was auch daran liegt, dass sich die DIS-ERGeS in der Praxis bewährt und sich die Vorgaben der Rechtsprechung nicht wesentlich geändert haben (vgl. Wolff, SchiedsVZ 2018, 246 [249 f.]). Musterschiedsklausel. Die Musterschiedsklausel wurde abgesehen von einigen 4 redaktionellen Änderungen nur geringfügig geändert. Der frühere zweite Absatz, der unter Verweis auf den früheren § 11 die Wirkungserstreckung des Schiedsspruchs auf alle benannten Betroffenen regelte, konnte mit Blick auf die BGHRechtsprechung zur fehlenden Beurkundungspflicht von Schiedsordnungen (BGH v. 24.7.2014 – III ZB 83/13, NJW-RR 2017, 876 = SchiedsVZ 2014, 303) entfallen. Neu aufgenommen wurde in Ziff. 7 eine Regelung zum anwendbaren Recht. Die bisherigen ergänzenden Empfehlungen hinsichtlich Schiedsort, Verfahrenssprache und Schiedsrichterzahl sind nun Teil der Musterschiedsklausel.
C. Verhältnis zum X. Buch der ZPO Eine Musterschiedsvereinbarung ist im X. Buch der ZPO naturgemäß nicht vor- 5 gesehen. Es gilt lediglich der Grundsatz der Parteiautonomie, so dass eine Schiedsvereinbarung gemäß § 1029 ZPO innerhalb der gesetzlichen Grenzen frei vereinbart werden kann. Gerade im Bereich der GmbH-Beschlussmängelstreitigkeiten genügt dies allerdings nicht.
D. Vergleich mit den im staatlichen Verfahren geltenden Vorschriften Im staatlichen Verfahren ist eine Vereinbarung zur Durchführung von Streitig- 6 keiten i.S.d. DIS-ERGeS-Musterschiedsklausel nicht vorgesehen. Im Falle von GmbH-Beschlussmängelstreitigkeiten gelten die §§ 241 ff. AktG analog. Für Beschlussmängelstreitigkeiten in Personengesellschaften ist die allgemeine Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO, gerichtet auf Feststellung der Nichtigkeit, statthaft.
E. Musterschiedsklausel Wortlaut und Anwendungsbereich der Klausel. Der vorgeschlagene Wortlaut 7 in Ziff. 1 der Musterschiedsklausel ist relativ weit gefasst und erstreckt sich auf alle Streitigkeiten zwischen Gesellschaftern oder zwischen Gesellschaft und GeWagner
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Nach Art. 12 DIS-ERGeS | Musterklauseln sellschaftern im Zusammenhang mit dem die Klausel enthaltenden Gesellschaftsvertrag oder dessen Gültigkeit. Erst im Zusammenhang mit Art. 2 wird deutlich, dass vom sachlichen Anwendungsbereich der DIS-ERGeS nur Streitigkeiten erfasst sind, über die gegenüber allen Gesellschaftern und der Gesellschaft nur einheitlich entschieden werden kann. Dies verdeutlicht Art. 11, der die insoweit erforderliche Wirkungserstreckung des Schiedsspruchs regelt. Durch Ziff. 2 wird sichergestellt, dass Gesellschafter auch nach ihrem Ausscheiden verpflichtet bleiben, im Streitfall dem Schiedsverfahren den Vorrang gegenüber einem Verfahren vor staatlichen Gerichten einzuräumen. Um sicherzustellen, dass sich die Gesellschaft im Falle einer gegen sie gerichteten Klage vor staatlichen Gerichten nicht rügelos einlässt, sondern der Schiedsvereinbarung im Streitfall zur Durchsetzung verhilft, wird sie mit der in Ziff. 3 vorgeschlagenen Klausel verpflichtet, die Einrede der Schiedsvereinbarung nach § 1032 Abs. 1 ZPO zu erheben, sodass das staatliche Verfahren als unzulässig abgewiesen wird. 8 Ziel der DIS-ERGeS war ursprünglich, die Vorgaben des BGH zur Schiedsfähig-
keit von GmbH-Beschlussmängelstreitigkeiten umzusetzen und damit potentiellen Verwendern eine rechtssichere, praktikable Regelung anzubieten. Durch die neue BGH-Rechtsprechung zur Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten in Personengesellschaften (BGH v. 6.4.2017 – I ZB 23/16, NJW-RR 2017, 876 = SchiedsVZ 2017, 194) steht nunmehr fest, dass die für GmbH entwickelten Voraussetzungen zumindest im Grundsatz auch für Personengesellschaften gelten. Der BGH begründet dies, ebenso wie zuvor bei der GmbH, mit dem aus § 138 Abs. 1 BGB folgenden Grundsatz der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes. Die Erstreckung der bisherigen Rechtsprechung auf Personengesellschaften wurde vielfach als zu weitgehend kritisiert; denn im Personengesellschaftsrecht tritt bei Beschlussmängelstreitigkeiten anders als im GmbH-Recht keine Konzentrationswirkung ein, weil sich hier die Klage nicht gegen die Gesellschaft, sondern gegen die die Nichtigkeit des Beschlusses bestreitenden Mitgesellschafter richtet (vgl. Baumann/Wagner, BB 2017, 1993 [1995 ff.]; Borris, NZG 2017, 761 [767]; Anm. v. Bryant, BGH SchiedsVZ 2017, 194 [197]; Göz/ Peitsmeyer, SchiedsVZ 2018, 7 [11 f.]). Mit der Klarstellung, dass die Erstreckung der für die GmbH entwickelten Kriterien die gesellschaftsvertragliche Vereinbarung der Konzentrationswirkung bei der Gesellschaft voraussetzt (BGH v. 23.9.2021 – I ZB 13/21, NJW-RR 2022, 261) hat der BGH nunmehr auch für Beschlussmängelstreitigkeiten in Personengesellschaften klare Kriterien formuliert, die die DIS-ERGeS bereits umsetzen und sich insofern als Regelwerk anbieten (vgl. Borris/Schenk-Busch, NZG 2022, 259, 262). Die Vereinbarung der DIS-ERGeS ist bei Personengesellschaften demnach nur sinnvoll, sofern der Gesellschaftsvertrag vorsieht, dass Beschlussmängelklagen gegen die Gesellschaft zu richten sind, da die DIS-ERGeS ansonsten keine passenden Regelungen enthalten. Bei den Personenhandelsgesellschaften erübrigt sich künftig eine gesellschaftsvertragliche Regelung, da nach dem im Rahmen des MoPeG eingeführten und ab dem 1.1.2024 geltenden § 113 Abs. 2 HGB n.F. die Klage nunmehr gegen die Gesellschaft zu richten ist (vgl. Hermanns, DNotZ 2022, 3 [8]; Mock, SchiedsVZ 2022, 56, 59 ff.). 1298
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Musterklauseln | Nach Art. 12 DIS-ERGeS
Form. Da es in der Sache um Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem Gesell- 9 schaftsvertrag oder über dessen Gültigkeit geht, bedarf die Klausel im Falle einer GmbH auf jeden Fall dann der Beurkundung, wenn sie Bestandteil des Gesellschaftsvertrages ist (OLG München v. 10.9.2013 – 34 SchH 10/13, SchiedsVZ 2013, 287 = NZG 2014, 994). Ob die Schiedsvereinbarung in einer Urkunde außerhalb des Gesellschaftsvertrags auch ohne Beurkundung wirksam vereinbart werden kann (so OLG München, a.a.O.), wird selten Relevanz haben, da die Schiedsvereinbarung i.d.R. im Gesellschaftsvertrag oder einer anderen der notariellen Form bedürftigen Zusatzvereinbarung (z.B. Beteiligungsvertrag, Gesellschaftervereinbarung) geregelt sein wird. Die in der Schiedsvereinbarung in Bezug genommene SchO bedarf jedoch in keinem Falle der Beurkundung (OLG München, a.a.O.). Bei Schiedsvereinbarungen in Gesellschaftsverträgen von Personengesellschaften, auf die die DIS-ERGeS. kraft Vereinbarung Anwendung finden können (s. hierzu Art. 2 Rz. 9), bedarf es der notariellen Form genauso wenig, wie der Gesellschaftsvertrag als solcher. Diskutiert wird überdies das strenge Formerfordernis des § 1031 Abs. 5 ZPO bei der Gründung oder dem Erwerb einer Gesellschaft durch (Existenz-)Gründer. Dies ist jedoch mit der Rechtsprechung des BGH abzulehnen und dürfte nur dann anders sein, wenn die mit der Gründung verfolgte Tätigkeit nicht dem gewerblich-beruflichen, sondern ausschließlich dem privaten Bereich zuzuordnen ist (BGH v. 24.2.2005 – III ZB 36/04, BGHZ 162, 253 = NJW 2005, 1273 = MDR 2005, 796). Rezeption in der Praxis. Im Zeitraum zwischen 2009 und 2018 wurden 40 ge- 10 sellschaftsrechtliche Schiedsverfahren bei der DIS eingeleitet (Wolff, SchiedsVZ 2018, 246 [257]. Es bleibt abzuwarten, ob sich nach der „Schiedsfähigkeit III“Entscheidung und der Überarbeitung der DIS-ERGeS 2018 dieser Trend fortsetzt und sich die DIS-ERGeS als gängige Alternative zum staatlichen Verfahren etablieren. Es ist nicht bekannt, in wie vielen Fällen bisher eine DIS-ERGeSSchiedsklausel in Gesellschaftsverträgen vereinbart wurde. In der Praxis etwa von Venture Capital- und Private Equity-Investoren lässt sich jedoch eine steigende Wahrnehmung und Nutzung von Schiedsvereinbarungen allgemein und der DIS-ERGeS im Besonderen beobachten. Dies mag auch daran liegen, dass die DIS-ERGeS bisher das einzige schiedsinstitutionelle Regelwerk sind, das die Anforderungen der Rechtsprechung zur Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten im deutschen Recht umsetzt. Die Rechtsprechung hat die Wirksamkeit der DIS-ERGeS-Musterschiedsklausel ausdrücklich bestätigt (LG Köln v. 2.8.2012 – 91 O 97/11, SchiedsVZ 2018, 275 [276]; OLG München v. 18.8. 2020 – 1 Sch 93/20, SchiedsVZ 2020, 315 [316]). Anzahl der Schiedsrichter. Das Schiedsgericht besteht gemäß Ziff. 4 der Mus- 11 terschiedsklausel wahlweise aus einem Einzelschiedsrichter oder drei Schiedsrichtern. Bei der Entscheidung zwischen diesen beiden Alternativen sollten insb. die Auswirkungen auf die Kosten des Verfahrens bedacht werden, die bei einem Dreierschiedsgericht erheblich steigen. Andererseits kann ein Dreierschiedsgericht vorzugswürdig sein, wenn die zu erwartenden Verfahren komplex und für einen Einzelschiedsrichter schwer handhabbar sind. Grundsätzlich können Wagner
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Nach Art. 12 DIS-ERGeS | Musterklauseln die Parteien auch noch nach Einleitung des Schiedsverfahrens ihre Wahl ändern, wobei dies die Zustimmung aller Betroffenen erfordert, was sich im gesellschaftsrechtlichen Verfahren regelmäßig als schwierig darstellen dürfte. 12 Schiedsort. Der Ort des Schiedsverfahrens bestimmt die prozessrechtlichen
Rahmenbedingungen des Verfahrens, die Zuständigkeit für eine ggf. notwendige Inanspruchnahme staatlicher Gerichte und ist i.d.R. entscheidend für die Methodik der Sachverhaltsermittlung und Beweisaufnahme. Es ist jedoch nicht erforderlich, die mündlichen Verhandlungen an dem gewählten Ort abzuhalten. Soweit ein Schiedsort in Deutschland vereinbart wird, gelten die §§ 1025 ff. ZPO, die Raum für weitere Vereinbarungen der Parteien zulassen. Bei der Vereinbarung eines Schiedsortes im Ausland ist das dort geltende zwingende Verfahrensrecht zu berücksichtigen.
13 Verfahrenssprache. Die Parteien können die Verfahrenssprache frei wählen,
was einen erheblichen Vorteil gegenüber staatlichen Gerichtsverfahren darstellt, in denen die Gerichtssprache gemäß § 184 Satz 1 GVG zwingend Deutsch ist. Enthält die Schiedsvereinbarung keine Regelung, bestimmt gemäß Art. 23 DISSchO das Schiedsgericht die Verfahrenssprache.
F. Empfohlene Zusatzvereinbarungen 14 Zustellungsfähige Adressen, Zugangsfiktion. Im Übrigen empfiehlt die DIS zu
Recht, im Gesellschaftsvertrag auch zu regeln, dass jeder Gesellschafter verpflichtet ist, der Gesellschaft seine aktuelle Postanschrift und elektronische Adresse oder die eines Zustellungsbevollmächtigten mitzuteilen, und dass ein an diese Adressen übermitteltes Schriftstück nach Ablauf einer angemessenen Frist als zugegangen gilt. In diesem Zusammenhang wird empfohlen, die Zugangsfiktion davon abhängig zu machen, dass diverse Zustellungsversuche erfolglos geblieben sind (vgl. von Hase, BB 2011, 1993 [1996] mit Formulierungsvorschlägen).
15 Benennung durch die Gesellschaft. Da die Gesellschaft regelmäßig diejenige
ist, die die zustellungsfähigen Anschriften ihrer Gesellschafter am ehesten kennt, ist zu erwägen, ihr aufzubürden, die nach Art. 2 erforderliche Benennung aller Betroffenen vorzunehmen, da bei nicht vollständiger Benennung die Durchführbarkeit des Verfahrens in Frage gestellt ist (von Hase, BB 2011, 1993 [1996]). Im Ergebnis ist davon jedoch abzuraten, weil die beklagte Gesellschaft ansonsten mangels möglicher Sanktionierung die Handhabe über die Schiedsfähigkeit innehätte.
16 Weitere Empfehlungen. Darüber hinaus wird vereinzelt empfohlen, Fristen zur
Benennung von Schiedsrichtern nach Art. 7 und 8 ggf. zu erweitern und eine salvatorische Anpassungsklausel aufzunehmen, die die Gesellschafter verpflichtet, unverzüglich solchen Änderungen der Schiedsvereinbarung zuzustimmen, die erforderlich werden sollten, um neuen von Rechtsprechung und Gesetz1300
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Musterklauseln | Nach Art. 12 DIS-ERGeS
gebung entwickelten Kriterien zur Schiedsfähigkeit von Gesellschafterstreitigkeiten Rechnung zu tragen (diese und weitere Empfehlungen bei von Hase, BB 2011, 1993 [1996]). Angesichts der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist dadurch jedoch nicht sichergestellt, dass eine Schiedsvereinbarung im Streitfall durchsetzbar ist. Vielmehr kommt es darauf an, dass die Schiedsvereinbarung die vom BGH geforderte Verfahrensweise sicherstellt (OLG Frankfurt/M. v. 9.9. 2010 – 26 SchH 4/10, SchiedsVZ 2010, 334 [335], NZG 2011, 629 [630]; OLG Bremen v. 22.6.2009 – 2 Sch 1/09, NZG 2010, 230 [231]).
G. Kosten Sofern die Musterschiedsklausel, jedenfalls aber die DIS-ERGeS in den jeweils 17 betroffenen Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden, gilt Art. 12, der auf die DIS-Kostenordnung verweist (vgl. hierzu Art. 12). Insoweit gelten für das gesellschaftsrechtliche Verfahren keine Besonderheiten.
H. Abweichende Parteivereinbarung Abweichende Regelungen sind zwar nicht anzuraten, aber selbstverständlich 18 möglich, solange die vom BGH für die Schiedsfähigkeit von Beschlussmängelstreitigkeiten aufgestellten Voraussetzungen eingehalten werden (s. Rz. 1). Folgen einer unwirksamen Schiedsvereinbarung. Sollte dies nicht der Fall sein 19 und ist die Schiedsvereinbarung damit gemessen an der BGH-Rechtsprechung gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wird das Schiedsgericht regelmäßig seine Zuständigkeit ablehnen und die Schiedsklage im Wege eines Prozessschiedsspruchs gemäß § 1040 Abs. 1 Satz 1 ZPO als unzulässig abweisen. Hält das Schiedsgericht die Schiedsvereinbarung hingegen (fälschlicherweise) für wirksam und hat der Schiedsbeklagte die Unzuständigkeit nach § 1040 Abs. 2 Satz 1 ZPO erfolglos gerügt, ist der Antrag nach § 1040 Abs. 3 Satz 2 ZPO statthaft und das Gericht entscheidet über die Frage der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung. Dies führt zu der Frage, wie sich die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts auf den Ablauf der gemäß § 246 Abs. 1 AktG analog geltenden Monatsfrist auswirkt. Da es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist handelt, ist § 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB nicht anwendbar. Im staatlichen Verfahren ist die Frist trotz Klageerhebung vor einem unzuständigen Gericht gewahrt, sofern auf Antrag des Klägers ein Verweisungsbeschluss gemäß § 281 ZPO ergeht, was auch nach Ablauf der Monatsfrist geschehen kann. Ob Vergleichbares im Falle eines unzuständigen Schiedsgerichts gilt, ist bislang nicht geklärt. Dies dürfte aber zweifelhaft sein, da hier eine mit § 281 ZPO vergleichbare Regelung nicht existiert. Das verdeutlicht die Risiken einer pathologischen Schiedsvereinbarung, so dass Abweichungen von der Musterschiedsklausel möglichst vermieden werden sollten.
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Teil 5 Kommentierung der Anlage 6 der DIS-SchO Konfliktmanagementordnung (DIS-KMO) Artikel 1 Anwendungsbereich 1.1 Die Konfliktmanagementordnung („DIS-KMO“) findet Anwendung, wenn (i) die Parteien ein Konfliktmanagementverfahren nach der DIS-KMO vereinbart haben oder (ii) eine Partei ein Konfliktmanagementverfahren nach der DIS-KMO einleitet und die andere Partei der Durchführung zustimmt. 1.2 Auf das Konfliktmanagementverfahren ist die Fassung der DIS-KMO anzuwenden, die bei Beginn des Konfliktmanagementverfahrens gemäß Artikel 2.4 gilt. Artikel 2 Einleitung und Beginn 2.1 Eine Partei, die ein Konfliktmanagementverfahren gemäß dieser DIS-KMO einleiten will, hat einen schriftlichen Antrag auf Einleitung eines Konfliktmanagementverfahrens bei der DIS zu stellen. Der Antrag hat zu enthalten: (i) die Namen und Adressen der Parteien, (ii) die Namen und Adressen etwaiger Verfahrensbevollmächtigter des Antragstellers, (iii) eine kurze Beschreibung der Streitigkeit und des zugrunde liegenden Sachverhalts und (iv) die geltend gemachten Ansprüche und Angaben zum Streitwert. 2.2 Liegt zum Zeitpunkt der Antragstellung eine Vereinbarung zur Durchführung eines Konfliktmanagementverfahrens vor, hat der Antragsteller diese mit dem Antrag gemäß Artikel 2.1 einzureichen und einen Nachweis über die Zahlung der Hälfte der Kosten gemäß Artikel 9.1 (i) und (ii) beizufügen. Die DIS übersendet den Antrag auf Einleitung des Konfliktmanagementverfahrens der anderen Partei und fordert diese zur Zahlung der anderen Hälfte der Kosten gemäß Artikel 9.1 (i) und (ii) auf. 2.3 Liegt nach dem Vortrag des Antragstellers zum Zeitpunkt der Antragstellung keine Vereinbarung zur Durchführung eines Konfliktmanagementverfahrens vor oder wird eine solche nicht gemäß Artikel 2.2 mit dem Antrag eingereicht, übersendet die DIS den Antrag auf Einleitung des Konfliktmanagementverfahrens der anderen Partei und fordert diese auf, innerhalb von 14 Tagen nach Empfang des Antrages gegenüber der DIS schriftlich zu erklären, ob sie der Durchführung zustimmt. Unterbleibt die Zustimmung der anderen Partei innerhalb dieser Frist, findet das Konfliktmanagementverfahren nicht statt. Wird die Zustimmung erteilt, fordert die DIS die Parteien zur Zahlung der Kosten gemäß Artikel 9 (i) und (ii) auf. 2.4 Das Konfliktmanagementverfahren beginnt (i) im Falle des Artikels 2.2 mit dem Eingang des Antrages auf Einleitung eines Konfliktmanagementverfahrens bei der DIS oder
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DIS-KMO | Konfliktmanagementordnung (ii) im Falle des Artikels 2.3 mit dem Eingang der Zustimmung der anderen Partei bei der DIS. Die DIS informiert die Parteien über das Datum des Verfahrensbeginns. Artikel 3 Bestellung des Konfliktmanagers Nach Beginn des Konfliktmanagementverfahrens gemäß Artikel 2.4 bestellt die DIS nach formloser Anhörung der Parteien einen unparteilichen und unabhängigen Konfliktmanager. Solange die Kosten gemäß Artikel 9.1 (i) und (ii) nicht bezahlt sind, kann die DIS von der Bestellung des Konfliktmanagers absehen. Artikel 4 Gemeinsame Erörterung 4.1 Der Konfliktmanager nimmt unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach seiner Bestellung, mit den Parteien Kontakt auf, um Ort und Zeit eines Erörterungstermins mit ihnen festzulegen. Der Konfliktmanager ist in der Vorbereitung des Erörterungstermins frei. Er kann den Parteien vorbereitende Hinweise geben. 4.2 In dem gemeinsamen Erörterungstermin berät und unterstützt der Konfliktmanager die Parteien umfassend bei ihrer Entscheidung über die Wahl und Ausgestaltung des Streitbeilegungsverfahrens. 4.3 Die Parteien streben an, sich mit Unterstützung des Konfliktmanagers in oder unverzüglich nach der gemeinsamen Erörterung auf ein Streitbeilegungsverfahren zu einigen. Die Parteien und der Konfliktmanager sind in der Auswahl des Streitbeilegungsverfahrens frei. Der Konfliktmanager kann den Parteien Vorschläge bezüglich des Streitbeilegungsverfahrens unterbreiten, hat aber keine Entscheidungsbefugnis. Artikel 5 Verfahrensende 5.1 Das Konfliktmanagementverfahren endet, wenn (i) die Parteien schriftlich erklären, dass sie sich auf ein Streitbeilegungsverfahren nach Artikel 4.3 geeinigt haben; (ii) eine Partei gegenüber der DIS schriftlich die Beendigung erklärt; (iii) der Konfliktmanager gegenüber der DIS schriftlich die Beendigung erklärt, insbesondere wenn er erklärt, dass seiner Auffassung nach eine zweckdienliche Durchführung des Erörterungstermins nicht möglich oder eine Einigung der Parteien nicht zu erwarten ist, oder (iv) die Parteien sich nicht innerhalb von zwei Monaten seit Beginn des Konfliktmanagementverfahrens gemäß Artikel 2.4 auf ein Streitbeilegungsverfahren geeinigt haben. 5.2 Die DIS kann das Konfliktmanagementverfahren jederzeit beenden, wenn die Zahlung der Kosten gemäß Artikel 9 nicht in der von der DIS gesetzten Frist geleistet wurde. Artikel 6 Verjährung Mit Beginn des Konfliktmanagementverfahrens gemäß Artikel 2.4 ist die Verjährung der in der Antragsschrift bezeichneten Ansprüche gehemmt. Die Hemmung endet drei Monate nach Beendigung des Konfliktmanagementverfahrens gemäß Artikel 5.
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Konfliktmanagementordnung | DIS-KMO Artikel 7 Besonderheiten bei bereits eingeleiteten Streitbeilegungsverfahren 7.1 Haben die Parteien bereits ein anderes Streitbeilegungsverfahren eingeleitet, das Berührungspunkte mit dem Konfliktmanagementverfahren hat, so sollen die Parteien und der Konfliktmanager in der gemeinsamen Erörterung auch die Auswirkungen auf das bereits eingeleitete andere Verfahren berücksichtigen. 7.2 Sofern es sich bei dem bereits eingeleiteten anderen Verfahren um ein Schiedsverfahren nach der DIS-Schiedsgerichtsordnung handelt, gilt zusätzlich zu Artikel 7.1 folgendes: (i) Die DIS-Bearbeitungsgebühr gemäß der DIS-KMO entfällt; (ii) abweichend von Artikel 2.3 beträgt die Frist für eine Zustimmung der anderen Partei fünf Tage; und (iii) abweichend von Artikel 5.1 (iv) endet das Verfahren, wenn sich die Parteien nicht innerhalb von 30 Tagen seit Beginn des Konfliktmanagementverfahrens gemäß Artikel 2.4 auf ein anderes als das bereits eingeleitete Streitbeilegungsverfahren gemäß Artikel 7.1 geeinigt haben. Artikel 8 Vertraulichkeit 8.1 Sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben, haben die Parteien und ihre Verfahrensbevollmächtigten, der Konfliktmanager, die Mitarbeiter der DIS und sonstige bei der DIS mit dem Konfliktmanagementverfahren befasste Personen über das Konfliktmanagementverfahren Stillschweigen gegenüber jedermann zu bewahren. Insbesondere dürfen die Existenz des Verfahrens, Namen von Parteien, Streitgegenstände, Namen von Zeugen und Sachverständigen sowie Beweismittel, die nicht öffentlich zugänglich sind, nicht offengelegt werden. Dies gilt insoweit nicht, als eine Offenlegung aufgrund gesetzlicher oder behördlicher Pflichten notwendig ist. 8.2 Die Parteien verpflichten sich, den Konfliktmanager nicht als Zeugen in einem anderen Verfahren, das den Gegenstand des Konfliktmanagementverfahrens betrifft, zu benennen. Eine abweichende Regelung durch Parteivereinbarung ist möglich. 8.3 Jede Partei verpflichtet sich, den Konfliktmanager nicht ohne Zustimmung der anderen Partei als parteibenannten Schiedsrichter, Experten, Parteivertreter oder Parteiberater in einem gerichtlichen Verfahren, einem Schiedsverfahren oder einem anderen außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren, das den Gegenstand des Konfliktmanagementverfahrens betrifft, zu benennen oder anderweitig zu beauftragen. 8.4 Die DIS kann statistische und sonstige allgemeine Informationen über Konfliktmanagementverfahren veröffentlichen, sofern diese Informationen die Parteien nicht nennen und auch darüber hinaus keinen Rückschluss auf bestimmte Konfliktmanagementverfahren zulassen. 8.5 Vertragliche Vertraulichkeits- und Geheimhaltungspflichten der Parteien bleiben unberührt. Artikel 9 Kosten 9.1 Die Kosten des Konfliktmanagementverfahrens (DIS-Bearbeitungsgebühr, Honorar und Auslagen des Konfliktmanagers) bestimmen sich wie folgt: (i) Die Bearbeitungsgebühr der DIS beträgt 500 €. (ii) Das Honorar des Konfliktmanagers beträgt pauschal 2.500 €. Damit ist die Vorbereitung und Beratung in einem ersten Erörterungstermin abgegolten. Der Konflikt-
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DIS-KMO | Konfliktmanagementordnung manager hat auch dann Anspruch auf das vorgesehene Pauschalhonorar, wenn aus Gründen, die er nicht zu vertreten hat, kein Erörterungstermin durchgeführt wird. (iii) Notwendige Auslagen des Konfliktmanagers, insbesondere Reise- und Übernachtungskosten, werden gegen Nachweis gesondert erstattet. 9.2 Für die Umsatzsteuer gilt Ziffer 6 der Anlage 2 zur DIS-Schiedsgerichtsordnung entsprechend. 9.3 Die Parteien tragen die Kosten des Konfliktmanagementverfahrens gemäß Artikel 9.1 zu gleichen Teilen und haften dafür gesamtschuldnerisch. Artikel 10 Haftungsbegrenzung Für sämtliche Handlungen oder Unterlassungen im Zusammenhang mit dem Konfliktmanagementverfahren ist die Haftung eines Konfliktmanagers, der DIS, ihrer satzungsmäßigen Organe, ihrer Mitarbeiter und sonstiger bei der DIS mit dem Konfliktmanagementverfahren befasster Personen ausgeschlossen, soweit sie nicht eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzung begehen. Regelungsschwerpunkte: Art. 1 Anwendungsbereich der KMO → Rz. 1–8; Art. 2 Verfahrenseinleitung → Rz. 8–9; Art. 3 Bestellung des Konfliktmanagers → Rz. 10; Art. 4 Erörterungstermin → Rz. 11–13; Art. 5 Verfahrensende → Rz. 14; Art. 6 Verjährung → Rz. 15; Art. 7 Anderweitige Streitbeilegungsverfahren → Rz. 16; Art. 8 Vertraulichkeit → Rz. 17–18; Art. 9 Kosten → Rz. 19; Art. 10 Haftungsbegrenzung → Rz. 20 A. Idee und praktische Funktion der Konfliktmanagementordnung . . B. Konfliktmanagementvereinbarung . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Grundprinzipien des Konfliktmanagementverfahrens . . . . . . . D. Anwendungsbereich, Verfahrenseinleitung und Bestellung des Konfliktmanagers (Art. 1–Art. 3) . . . . . . . . . . . . .
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E. Erörterungstermin (Art. 4) . . . . F. Verfahrensende (Art. 5) . . . . . . G. Sonstige Regelungen: Verjährung, parallele Verfahren, Vertraulichkeit (Art. 6–Art. 8) . . H. Kosten (Art. 9) . . . . . . . . . . . . . I. Haftungsbegrenzung (Art. 10) . .
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Literatur: Arntz, Die Eskalationsklausel im internationalen Rechtsverkehr, RIW 2014, 801 ff.; Scherer, Die Konfliktmanagementordnung der DIS – eine innovative Verfahrenswahl-Verfahrensordnung, SchiedsVZ 2010, 122 ff.; Stubbe, Konfliktmanagement – bedarfsgerechte Streitbeilegungsinstrumente, SchiedsVZ 2009, 321 ff.
A. Idee und praktische Funktion der Konfliktmanagementordnung 1 Mit der KMO hat die DIS 2010 eine neuartige Verfahrensordnung eingeführt,
deren alleiniger Zweck darin besteht, die Streitparteien in der Auswahl eines sach- und interessensgerechten Streitbeilegungsverfahrens zu unterstützen. Die KMO regelt ein der eigentlichen Streitbeilegung i.d.R. vorgeschaltetes MetaVerfahren, das zum Abschluss kommt, sobald die Parteien eine Entscheidung
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über das in der Sache anzuwendende Verfahren getroffen haben. Mit der Einführung eines solchen „Verfahrenswahl-Verfahrens“ reagiert die DIS auf einen in der Praxis vielfach verzeichneten Bedarf. Hintergrund ist, dass die verfügbaren Instrumente und Verfahren der außergerichtlichen Streitbeilegung deutlich zugenommen haben und ihre prozessuale Ausgestaltung immer spezifischer geworden ist. Neben Schlichtung und Mediation treten vermehrt Dispute Boards oder Adjudikation-Verfahren auf. In der Praxis lässt dies die am Ausgangspunkt jeder Streitbeilegung stehende Frage der Bestimmung des passenden Verfahrens erheblich an Bedeutung gewinnen. Neben dieser Problematik widmet sich mit der KMO erstmals ein eigenes Verfahren der Tatsache, dass die Parteien zu einem Zeitpunkt einen Streitbeilegungsmechanismus festlegen müssen, zu dem sie noch gar nicht wissen können, wie genau dieser aussehen wird und wie man ihn am besten beilegt. Die Leitidee der KMO ist es, dass Parteien durch den Abschluss einer Konflikt- 2 managementvereinbarung eine vorzeitige Festlegung auf ein bestimmtes Streitbeilegungsverfahren vermeiden können. Die KMO erlaubt damit höhere Flexibilität als etwa gängige Eskalationsklauseln, die zwischen einzelnen ADR-Verfahren eine Rangordnung bilden. Denn eine solche ex-ante Festlegung kann an den Interessen der Parteien nach Auftreten eines Streitfalls vorbeigehen. Zudem kann es den Parteien bei Vertragsschluss unangenehm sein, sich zu tief hinsichtlich etwaiger Streitigkeiten „in die Karten schauen“ zu lassen. Obgleich also für eine Vielzahl von Streitigkeiten geeignete Verfahren existieren, fällt die Zuordnung oft schwer und schöpft das Potential von ADR letztlich nicht voll aus. Demgegenüber entwirft die KMO ein Eingangsverfahren, das die Parteien im 3 Idealfall binnen weniger Tage nach Auftreten eines Konflikts zu einer Entscheidung darüber kommen lässt, wie und mit welchem neutralen Dritten der jeweilige Konflikt beigelegt werden kann. Hierzu kommt ihnen die Expertise und Beratung eines Konfliktmanagers zugute. Das Konfliktmanagementverfahren eignet sich besonders in komplexen Vertragsstreitigkeiten und Projekten und ferner dann, wenn die Parteien bislang wenig geschäftlichen Kontakt hatten, also die Bandbreite möglicher Konflikte nicht gut einschätzen können. Die KMO ist dabei im Zusammenhang mit einem Bündel alternativer Verfahrensformen zu verstehen, zwischen denen im Verfahren nach der KMO eine Auswahl getroffen werden soll. Dazu zählen im Einzelnen: (1) die DIS-Schlichtungsordnung 02 (DIS-SchlO) mit dem Ziel einer nicht notwendig auf den Einzelfall beschränkten, einvernehmlichen Streitbeilegung unter der Leitung eines nicht entscheidungsbefugten, unabhängigen und unparteilichen Dritten; (2) die DIS-Mediationsordnung 10 (DIS-MedO) mit dem Ziel eines einigungsorientierten Verfahrens im Einzelfall; (3) die DIS-Schiedsgutachtensordnung 10 (DIS-SchGO) mit dem Ziel der Klärung einer Streitigkeit aus einem Ausgangsvertrag in vorläufig bindender Weise per Schiedsgutachten; Bodenheimer
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DIS-KMO | Konfliktmanagementordnung (4) die DIS-Gutachtensordnung 10 (DIS-GO) mit dem Ziel der Klärung einer Streitigkeit auf Basis eines nicht-bindenden Sachverständigengutachtens; (5) die DIS-Verfahrensordnung für Adjudikation 10 (DIS-AVO) mit dem Ziel einer das Projekt von Beginn an begleitenden Adjudikation zur Beilegung von Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten im Zusammenhang mit einem oder mehreren Ausgangsverträgen sowie schließlich die (6) DIS-Schiedsgerichtsordnung 2018 (DIS-SchO) mit dem Ziel der schiedsgerichtlichen, verbindlichen Beilegung einer Streitigkeit. 4 Die Überzeugung der DIS, mit der KMO ein für eine Vielzahl von Vertrags-
gestaltungen und Interessenslagen praktisch attraktive Verfahrensform eingeführt zu haben, wird dadurch unterstrichen, dass die KMO – anders als die übrigen alternativen Verfahrensordnungen – als Anlage zur DIS-SchO aufgenommen wurde. Darin kommt der gegenüber den einzelnen Verfahrensordnungen vorgelagerte oder höherstufige Ansatz der KMO zum Ausdruck. Gegenüber der Ursprungsfassung von 2010 ist die nun zum Bestandteil der DIS-SchO gewordene Fassung weiter vereinfacht. Damit wurden zum einen erste Praxiserfahrungen mit der KMO seit 2010 berücksichtigt und zum anderen den Parteien eine bewusst breite Gestaltungsfreiheit innerhalb des Konfliktmanagementverfahrens eingeräumt. Dabei findet die KMO nun auch erstmals in der DIS-SchO Erwähnung. Dabei kann die Bestellung eines Konfliktmanagers ausweislich Art. 2.2 DIS-SchO nicht nur vor, sondern auch nach Einleitung eines Schiedsverfahrens beantragt werden.
B. Konfliktmanagementvereinbarung 5 Die von der DIS empfohlene Konfliktmanagementvereinbarung lautet: „Hin-
sichtlich aller Streitigkeiten, die sich aus oder in Zusammenhang mit dem Vertrag (… Bezeichnung des Vertrags …) ergeben und für deren Lösung die Parteien noch keine Vereinbarung über das Streitbeilegungsverfahren getroffen haben, wird ein Konfliktmanagementverfahren nach der KMO der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. (DIS) (DIS-KMO) mit dem Ziel der Festlegung eines Streitbeilegungsverfahrens durchgeführt.“
6 Art. 2.2 DIS-SchO sieht ausdrücklich vor, dass auch in einem bereits eingeleite-
ten Schiedsverfahren die Bestellung eines Konfliktmanagers noch beantragt werden kann. Abstrakt steht ferner die Möglichkeit, auch ohne vorherige Vereinbarung ein Konfliktmanagementverfahren einzuleiten, bei dem die betroffene Partei durch die DIS von der Einleitung des Verfahrens erfährt.
C. Grundprinzipien des Konfliktmanagementverfahrens 7 Das Konfliktmanagementverfahren ist darauf ausgelegt, die Entscheidung der
Parteien über die angemessene Verfahrensordnung möglichst zügig und selbst1308
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bestimmt zu ermöglichen. Daran ist auch das Mandat des Konfliktmanagers orientiert, der große Freiheiten in der Ausgestaltung seiner Rolle genießt, dabei aber auf eine „unparteiliche und unabhängige“ Beraterfunktion festgelegt ist (vgl. Art. 3). Entsprechend entwirft die KMO nur einen Rahmen, innerhalb dessen das Verfahren an die Bedürfnisse der Parteien angepasst werden kann.
D. Anwendungsbereich, Verfahrenseinleitung und Bestellung des Konfliktmanagers (Art. 1 – Art. 3) Ein Konfliktmanagementverfahren kann sowohl vor Auftreten einer Streitigkeit 8 vereinbart als auch ad hoc im beiderseitigen Einvernehmen geführt werden (Art. 1). Das Verfahren wird eingeleitet durch einseitigen Antrag an die DIS und hälftige Zahlung der Kosten des Verfahrens (Art. 2.2, Art. 2.4 a.E., Art. 9). Haben die Parteien im Vorfeld eine Konfliktmanagementvereinbarung abgeschlossen und liegt diese dem Antrag bei, beginnt das Konfliktmanagementverfahren mit Eingang des Antrags. Daran wird für die Verjährungshemmung (Art. 6) und die maximale Verfahrensdauer (Art. 5.1 (iv)) angeknüpft. Fehlt eine solche Vereinbarung bzw. liegt sie dem Antrag nicht bei, wird der An- 9 trag der anderen Partei übersendet und ihr aufgetragen, sich binnen 14 Tagen mit der Einleitung des Verfahrens schriftlich einverstanden zu erklären (Art. 2.3). Das Einverständnis markiert den Verfahrensbeginn. Wird diese Frist überschritten, wird das Konfliktmanagementverfahren nicht weiter betrieben. Nach Zugang des Antrags bzw. der Einverständniserklärung der anderen Partei 10 bei der DIS-Hauptgeschäftsstelle bestellt der Generalsekretär nach formloser Anhörung der Parteien einen Konfliktmanager von einer hierfür bei der DIS geführten Liste (Art. 3). Hierbei soll sichergestellt werden, dass der Erfolg des Verfahrens nicht einer unbedachten Wahl des Konfliktmanagers scheitert. Sofern die Parteien sich übereinstimmend auf einen Konfliktmanager einigen, der nicht bei der DIS gelistet ist, dürften dies allerdings ebenfalls zulässig sein.
E. Erörterungstermin (Art. 4) Kernstück des Verfahrens ist ein Termin zur gemeinsamen Erörterung (Art. 4), 11 in der der Konfliktmanager die Parteien hinsichtlich der Wahl und Ausgestaltung eines passenden Streitbeilegungsverfahrens berät und unterstützt. Zur Vereinbarung von Ort und Zeit des Termins nimmt der Konfliktmanager unverzüglich, spätestens jedoch eine Woche nach seiner Bestellung mit den Parteien Kontakt auf (Art. 4.1). Der Konfliktmanager ist in der Vorbereitung des Erörterungstermins, also insb. im Umfang, in dem er den Parteien vorbereitende Hinweise erteilt oder weitere Informationen einholt, frei. Aus dem Antrag stehen ihm Namen und Adressen der Parteien und etwaiger Verfahrensbevollmächtigter des Antragstellers sowie Angaben zur Streitigkeit, den Ansprüchen und des resultierenden Streitwerts zur Verfügung. Bodenheimer
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DIS-KMO | Konfliktmanagementordnung 12 Der Ablauf des Erörterungstermins selbst ist in der KMO (anders als noch in
der Vorgängerfassung 2010) nicht näher strukturiert und kann von den Parteien und dem Konfliktmanager ausgestaltet werden. Die Parteien werden üblicherweise entscheiden, ob der Konfliktmanager eine stärker moderierende Rolle einnehmen oder eigene Vorschläge unterbreiten soll. In jedem Fall kommt ihm keine eigene Entscheidungsbefugnis zu (vgl. Art. 4.3 a.E.). Ziel ist es, in oder unverzüglich nach dem Erörterungstermin eine Einigung in Bezug auf ein Streitbeilegungsverfahren zu erzielen.
13 Die Auswahl des Streitbeilegungsverfahrens (dazu näher Greger in Greger/Un-
berath/Steffek, Teil D Rz. 40–48) ist dabei nicht auf die gesonderten Verfahren der Schlichtung, Mediation, des Schiedsgutachtens bzw. Gutachtens und der Adjudikation beschränkt, sondern kann auch ein herkömmliches Schiedsverfahren bedeuten. Eine Festlegung auf das Regelwerk der DIS ist dabei nicht erforderlich, wenngleich im Regelfall zu erwarten. Haben die Parteien eine Eskalationsklausel vereinbart, kann dies Auswirkungen auf die Auswahl haben, etwa in der Weise, dass bestimmte Verfahrensformen erst nach dem Scheitern anderer Verfahren zur Verfügung stehen.
F. Verfahrensende (Art. 5) 14 Das Konfliktmanagementverfahren endet mit der erfolgreichen Einigung zwi-
schen den Parteien auf ein Streitbeilegungsverfahren (Art. 5.1 (i)), dem Fehlschlagen dieses Einigungsversuchs durch einseitige Beendigung durch eine Partei (Art. 5.1 (ii)) bzw. den Konfliktmanager (Art. 5.1 (iii)), etwa wenn das Verfahren von den Parteien nicht weiterbetrieben wird und ein Schwebezustand vermieden werden soll, oder durch Zeitablauf zwei Monate nach Verfahrensbeginn (Art. 5.1 (iv)). Darin kommt abermals der Beschleunigungsgrundsatz zum Ausdruck, der das Konfliktmanagementverfahren als Hinführung und Überleitung zur eigentlichen Streitbeilegung begreift und beide Parteien vor einer übermäßigen Verzögerung bewahren will. Hinzu kommt, dass durch die absolute zeitliche Grenze von zwei Monaten auch taktischen Verzögerungen vorgebeugt wird. Eine etwaige Sorge der Parteien um eine weitere Verzögerung durch das Durchlaufen eines Konfliktmanagementverfahrens kann damit ganz überwiegend entkräftet werden. Im besten Fall liegt es vielmehr so, dass durch die Auswahl eines passenden Streitbeilegungsverfahrens, von dessen Eignung beide Parteien überzeugt sind, Zeit eingespart werden kann.
G. Sonstige Regelungen: Verjährung, parallele Verfahren, Vertraulichkeit (Art. 6 – Art. 8) 15 Mit Beginn des Konfliktmanagementverfahrens nach Art. 2.4 wird die Verjäh-
rung der bezeichneten Ansprüche gehemmt (Art. 6). Die Hemmung endet frühestens drei Monate nach Beendigung des Konfliktmanagementverfahrens. Die
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Regelung ist weitgehend § 203 BGB zur Hemmung von Verjährung bei Verhandlungen nachgebildet. Da nach § 203 BGB aber nicht zweifelsfrei auch Verhandlungen über das Verfahren der Streitbeilegung in Bezug auf den Anspruch erfasst sind, hat Art. 6 eine klarstellende Funktion. Abweichende Parteivereinbarungen sind im Wege einer Verjährungsabrede möglich. Ist bereits ein anderes Streitbeilegungsverfahren mit sachlicher oder persönli- 16 cher Nähe zum Konfliktmanagementverfahren eingeleitet, sind die Parteien und der Konfliktmanager in besonderem Maße aufgerufen, Auswirkungen des Konfliktmanagementverfahrens auch auf dieses Verfahren zu berücksichtigen (Art. 7.1). Darin kommt ein ganzheitlicher Blick auf die prozessuale Situation zum Ausdruck, der die einzelnen Verfahrensformen als Elemente eines prozessualen „Baukastens“ begreift, aus dem die Parteien eine passende prozessuale Gesamtlösung entwickeln. Ist das andere Verfahren ein Schiedsverfahren, soll dessen Ablauf nach Möglichkeit nicht gestört werden. Aus diesem Grund sieht Art. 7.2 für diesen Fall verkürzte Fristen im Konfliktmanagementverfahren vor. Die Parteien und ihre Verfahrensbevollmächtigten, der Konfliktmanager sowie 17 Mitarbeiter der DIS und dort mit dem Verfahren befassten Personen haben prinzipiell Stillschweigen über alle verfahrensbezogenen Informationen zu bewahren (Art. 8.1). Um die Integrität und Vertraulichkeit des Konfliktmanagementverfahrens zu wahren, verzichten die Partei darauf, den Konfliktmanager als Zeuge in einem anderen Verfahren zu benennen (Art. 8.2). Diese Selbstverpflichtung schließt eine Lücke, die dadurch entsteht, dass der Konfliktmanager anders als ein Mediator etwa nicht bereits von Rechts wegen mit einer Verschwiegenheitspflicht belegt ist, die i.V.m. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu einem eigenständigen Zeugnisverweigerungsrecht nach der ZPO und den darauf Bezug nehmenden Prozessordnungen führt. Diese Regelung ermöglicht somit auch die Wahl eines Konfliktmanagers, der nicht als Mediator qualifiziert ist, obgleich hinreichendes Verständnis auch von diesem Verfahren unabdingbare Voraussetzung für eine Tätigkeit als Konfliktmanager sein dürfte. Ebenso verpflichten die Parteien sich, den Konfliktmanager nicht ohne Zustimmung der anderen Partei für ein Verfahren zu mandatieren, das den Gegenstand des Konfliktmanagementverfahrens betrifft (Art. 8.3). Weiterreichende Abreden zwischen den Parteien bleiben ausdrücklich möglich (Art. 8.5). Offengelassen ist die Frage, ob der Konfliktmanager im folgenden Streitbeile- 18 gungsverfahren selbst als neutraler Dritter fungieren darf. Einerseits kann bereits die Befürchtung, dass der Konfliktmanager sein Mandat mit strategischem Eigeninteresse im Hinblick auf eine spätere Nominierung ausübt oder gar auf ein ihm genehmes Verfahren hinwirkt, eine konstruktive Atmosphäre im Konfliktmanagementverfahren stören. Andererseits spricht der Grundsatz der Privatautonomie dafür, den Parteien diesen Weg nicht zu verbauen, insb. dann nicht, wenn der Konfliktmanager sich aus Parteiensicht bewährt hat, Vertrauen erworben hat und bereits mit dem Verfahren vertraut ist. Eine spätere Nominierung nicht gänzlich auszuschließen kann schließlich positive Anreize für den Konfliktmanager setzen, sein Mandat besonders engagiert zu erfüllen. Aus ParBodenheimer
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DIS-KMO | Konfliktmanagementordnung teisicht ist daher die spätere Nominierung des Konfliktmanagers eine zu prüfende Option.
H. Kosten (Art. 9) 19 Die Kosten des Konfliktmanagementverfahrens setzen sich zusammen aus einer
DIS-Bearbeitungsgebühr von pauschal 500 EUR (Art. 9.1 (i)) sowie dem Honorar des Konfliktmanagers i.H.v. 2.500 EUR für die Vorbereitung und Beratung des ersten Erörterungstermins (Art. 9.1 (ii)) und seinen notwendigen Auslagen, insb. Reise- und Übernachtungskosten (Art. 9.1 (iii)). Hinzu kommt die direkt zwischen den Parteien und dem Konfliktmanager zu erstattende Umsatzsteuer (Art. 9.2 i.V.m. Ziff. 6 Anlage 2 (Kostenordnung)). Wenn die Parteien die Dienste des Konfliktmanagers über den ersten Erörterungstermin hinaus nutzen, ist dies grds. möglich, bedarf jedoch einer ergänzenden Honorarabrede. Die Parteien tragen die Kosten jeweils hälftig und haften hierfür gesamtschuldnerisch (Art. 9.3).
I. Haftungsbegrenzung (Art. 10) 20 Auch die KMO enthält eine für alle Verfahrensformen der DIS übliche Begren-
zung der Haftung des Konfliktmanagers, der DIS selbst und weiterer Personen auf Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit (Art. 10; zu Einzelfragen vgl. die Kommentierung zu Art. 45 DIS-SchO). Das Haftungsregime bildet das Spruchrichterprivileg aus dem staatlichen Recht nach und dient dazu, die Befriedungswirkung des Verfahrens nicht durch einen nachgelagerten Haftungsprozess zu unterminieren sowie dem Konfliktmanager eine effektive Mandatsausübung i.S.d. Parteien zu ermöglichen. Prinzipiell können die Parteien abweichende Vereinbarungen treffen, stoßen jedoch bei einer weitergehenden Haftungsbegrenzung auf die Grenze des § 276 Abs. 3 BGB und bei einer weitergehenden Haftung im Regelfall auf fehlende Zustimmung des Konfliktmanagers. Aufgrund der Eigenart des Konfliktmanagementverfahrens ist zu erwarten, dass die Haftung des Konfliktmanagers kaum praktische Bedeutung haben wird. Mögliche Fallgruppen könnten sein die Verletzung der Vertraulichkeit oder das einseitige Hinwirken auf ein eigentlich nicht geeignetes Verfahren im alleinigen Interesse des Konfliktmanagers als später ebenfalls benannter Dritter.
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Stichwortverzeichnis „Art.“ verweist auf Vorschriften der ICC-SchO. Die mageren Zahlen verweisen auf Randziffern. Ablauf des Schiedsverfahrens Art. 22 1 ff. Ad-hoc-Schiedsverfahren EINL 9; Art. 1 8 Adjukation EINL 7 Adressen Art. 3 29 ff.; DIS-SchO Art. 3 9 Alternative Streitbeilegung EINL 7 amiable compositeur Art. 21 47 ff.; DIS-SchO Art. 24 52 Anerkenntnisentscheidung Art. 2 18 Anspruch – Begriffsbestimmung Art. 2 12 ff. Ansprüche zwischen mehreren Parteien – abweichende Parteivereinbarungen Art. 8 28 – Antrag ans Sekretariat Art. 8 13 – erfasste Ansprüche Art. 8 8 – Ermessen Art. 8 20 – erster Schriftsatz Art. 8 12 – gerichtliche Kontrolle Art. 8 21 – jede Partei gegen jede Art. 8 5 – Kosten/-vorschuss Art. 8 24 ff. – Mehrparteienverfahren Art. 8 4 ff. – Prima-facie-Prüfung Art. 8 9 – Streitwerterhöhung Art. 8 24 – Verfahrenseinleitung Art. 8 11 – Verfahrensgang vor/nach Übergabe der Akte Art. 8 15 ff. – Vollstreckbarkeit Art. 8 21 – Vorbehalte Art. 8 9 Anspruchshäufung – mehrere Verträge Art. 9 1 ff. – Mehrparteienverfahren Art. 8 1 ff. Anwaltsgeheimnis Art. 25 55 ff.
Anwendbares Recht Art. 4 44; Art. 5 31; Art. 21 1 ff. Anwendbares Sachrecht siehe auch Rechtswahl; Sachrecht, anwendbares – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 24 75 – Bindung an Vertragsbestimmungen/Handelsbräuche DIS-SchO Art. 24 44 ff. – Entscheidung nach Billigkeit DIS-SchO Art. 24 50 – Ermessen DIS-SchO Art. 24 65 – Ermittlung des Inhalts DIS-SchO Art. 24 63 – Form der Entscheidung DIS-SchO Art. 24 57 – ILA Report DIS-SchO Art. 24 66 – iura novit curia DIS-SchO Art. 24 64 – Kosten DIS-SchO Art. 24 72 – Vollstreckbarkeit/gerichtliche Kontrolle DIS-SchO Art. 24 68 Anwesenheitsrecht – mündliche Verhandlung Art. 26 52 appointing authority Art. 1 8 Arrest siehe Einstweiliger Rechtsschutz, staatliche Gerichte Attorney-Client-Privilege Art. 25 57 Aufbewahrung von Akten nach Verfahrensbeendigung Art. 1 26 Aufhebung von Schiedssprüchen EINL 6 – abweichende Parteivereinbarungen Art. 35 35 – Aufhebungsverfahren Art. 35 28 ff. 1313
Stichwortverzeichnis
– Einwendungen im Vollstreckbarerklärungsverfahren Art. 35 31 – Vollstreckbarkeit Art. 35 18 ff. Aufrechnung DIS-SchO Art. 7 65 ff. – anwendbares Recht DIS-SchO Art. 7 69 – ICC-Schiedsverfahren Art. 5 56 ff. – Notwendigkeit einer Schiedsvereinbarung DIS-SchO Art. 7 71 – Schiedsvereinbarung für Gegenforderung Art. 5 58 ff. – streitwerterhöhende, Kostenvorschuss Art. 37 38 Auslagen – andere, Festsetzung Art. 38 35 – Beauftragung von Hilfspersonen Art. 37 20 – DIS-Schiedsrichter DIS-SchO Art. 34 1 ff. – ICC-Schiedsrichter Art. 37 13, 18; Art. 38 24 f. – Verwaltungssekretär Vor Art. 11 16 Auslegung – autonome, ICC-Schiedsordnung Art. 42 1 ff. – ICC-Schiedsordnung Vor Art. 1 11 – Schaubild Art. 36 60 – Schiedsspruch Art. 36 37 ff. – spirit of the rules Art. 42 5 ff. – Vorrang zwingenden nationalen Rechts Art. 42 6 Aussageverweigerung – Antrag auf gerichtliche Unterstützung Art. 25 29 f. Außergerichtlicher Vergleich Art. 33 6 Aussetzung des Verfahrens – Kosten Art. 38 27 Back-to-back-Verträge Art. 6 197 Bankgarantie – Kostenvorschuss Art. 37 30 1314
Bearbeitungsgebühren – Berechnungsgrundlage DIS-SchO Art. 36 1 ff. Befangenheit – der Schiedsrichters DIS-SchO Art. 26 9 Benennung von Schiedsrichtern Vor Art. 11 4 Berichtigungsverfahren – Anhörung Art. 36 25 – auf Parteiantrag Art. 36 27 ff. – Auslegungsantrag Art. 36 37 ff. – Berichtigung „von sich aus“ Art. 36 23 ff. – Berichtigungsantrag Art. 36 10 ff., 59 – berichtigungsfähige Fehler Art. 36 12 ff. – fehlerhafte Entscheidungsgründe Art. 36 21 – fehlerhafte Schlussformel Art. 36 22 – fehlerhafter Tatbestand Art. 36 20 – fehlerhafter Tenor Art. 36 18 – fehlerhaftes Rubrum Art. 36 17 – Genehmigungsverfahren Art. 36 34 – Kosten Art. 36 43 ff. – Kostenvorschuss Art. 36 56 – maßgeblicher Zeitpunkt Art. 36 16 – Missbrauch Art. 36 5 – Rechtsnatur des Nachtrags Art. 36 34 – Schaubild Art. 36 60 – Schiedsspruch Art. 36 1 ff. – Stellungnahme zu Berichtigungsantrag Art. 36 61 Beschleunigtes Verfahren Art. 30 1 ff.; DIS-BV Art. 1 1 ff.; siehe auch DIS-BV – Ablauf Art. 30 49 – abweichende Parteivereinbarung Art. 30 61
Stichwortverzeichnis
– Anwendbarkeit der Bestimmungen Art. 30 17 – Ausschluss Art. 30 30 – nachträglicher Ausschluss Art. 30 37 – Beschleunigungsgebot DIS-BV Art. 2 1 ff. – Bestimmungen Art. 30 12 ff. – Beweisaufnahme DIS-BV Art. 4 1 f. – Bildung des Schiedsgerichts Art. 30 41 – Kosten Art. 30 59 – Mitteilung des Sekretariats Art. 30 25 – Streitwert Art. 30 19 ff. – Vorrang der Bestimmungen Art. 30 15 ff. Beschleunigungsgebot – nach DIS-BV DIS-BV Art. 2 1 ff. Bestätigung von Schiedsrichtern Vor Art. 11 4 Bestellung der Schiedsrichter DIS-SchO Art. 13 1 ff. Beteiligter – Beklagter, Begriffsbestimmung Art. 2 9 – Kläger, Begriffsbestimmung Art. 2 9 Beweisaufnahme – im beschleunigten Verfahren DIS-BV Art. 4 1 f. Beweiserhebung siehe Dokumentenherausgabe – Beweiserhebungsverbote Art. 25 53 – beweisrechtliche Privilegien Art. 25 63 ff. Beweishilfe durch staatliche Gerichte EINL 6; Art. 25 22 Beweismittel – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 28 116 – Dokumente DIS-SchO Art. 28 48 ff.
– gespeicherte Daten DIS-SchO Art. 28 48 ff. – Sachverständige DIS-SchO Art. 28 84 ff. – Sachverständigenbeweis Art. 25 28 ff.; siehe auch dort – Urkundsbeweis Art. 25 38 ff.; siehe auch Dokumentenherausgabe – Zeugen DIS-SchO Art. 28 30 ff.; siehe auch dort – Zeugenbeweis Art. 25 32 ff.; siehe auch dort Beweisverfahren – abweichende Parteivereinbarungen Art. 25 118 – Beweiserhebungsverbote Art. 25 65 – Beweismittel Art. 25 24 ff.; siehe auch dort – Dokumentenherausgabe, siehe dort – Dokumentenvorlage, Anordnung Art. 25 38 ff. – Kompetenzgrenzen des Schiedsgerichts Art. 25 22 – Kosten Art. 25 115; DIS-SchO Art. 28 113 ff. – Sachverständige Art. 25 78 ff. – selbständiges Art. 25 96 – Unterstützung durch staatliche Gerichte Art. 25 22 – Verfahrensablauf Art. 25 21 – Verfahrensregeln, Festlegung Art. 25 20 ff. – Zeugenbeweis Art. 25 19 ff. Beweisverfahren, selbständiges Art. 25 96 Bifurkation – verfahrensphasenspezifische Erstattungsansprüche Art. 38 46 Bilaterale Investitionsschutzverträge siehe BITS Billigkeitsentscheidung DIS-SchO Art. 24 50 ff. – amiable compositeur Art. 21 47 ff. – ex aequo et bono Art. 21 47 ff. 1315
Stichwortverzeichnis
BITS EINL 15, 21 Bürgschaft auf erste Anforderung – einstweiliger Rechtsschutz DIS-SchO Art. 25 36 CAFTA EINL 15 CIArb-Protocol – Sachverständige DIS-SchO Art. 28 105 Civil Law vs. Common Law Art. 25 10 ff. Closing Statements Art. 26 45 f. Codes of Conduct Art. 25 89 Comité restraint Art. 1 19 Common Hearing Bundle Art. 26 20 Cross Examination Art. 26 35 Cross-Claims Art. 2 13 – Drittwiderklage Art. 5 49 – Kostenvorschüsse Art. 37 28 Datenschutz – bei Dokumentvorlage DIS-SchO Art. 28 80 – Herausgabe elektronischer Dokumente Art. 25 65 – IBA Rules on the Taking of Evidence in International Arbitration Art. 25 70 designating authority Art. 1 8 Direct Examination Art. 26 35 DIS (Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V.) siehe auch Geschäftsordnung – Begriffsbestimmung DIS-SchO Art. 3 11 ff. – Entwicklung DIS-SchO Vor Art. 1 1 – Funktion der DIS DIS-SchO Art. 2 1 ff., 6 – Geschäftsordnung DIS-SchO Art. 2 11 ff. 1316
– Hauptgeschäftsstelle Bonn DIS-SchO Vor Art. 1 2 – Rechtsform DIS-SchO Vor Art. 1 2 – Schiedsverfahren nach UNCITRALSchO DIS-SchO Vor Art. 1 4 DIS-ARD-Verfahren – Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut DIS-SchO Art. 41 17 ff. DIS-Beschleunigtes Verfahren (BV) – Anwendungsbereich DIS-BV Art. 1 12 ff. – Begrenzung von Schriftsätzen DIS-BV Art. 3 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-BV Art. 3 10 – Widerklage DIS-BV Art. 3 9 ff. – bei geringen Streitwerten DIS-BV Art. 1 15 – bei kleinen Unternehmen DIS-BV Art. 1 15 – bei Rücktritt vom Unternehmenskaufvertrag nach MAC-Klausel DIS-BV Art. 1 15 – Beschleunigungsgebot – abweichende Parteivereinbarung DIS-BV Art. 2 8 – Balance zu Gründlichkeit/rechtliches Gehör DIS-BV Art. 2 6 f. – Begrenzung der Seiten-/Zeichenzahle DIS-BV Art. 2 7 f. – Bestimmung der Fristen DIS-BV Art. 2 6 f. – Video-/Telefonkonferenz DIS-BV Art. 2 7 – Beschleunigungsinteresse der Parteien DIS-BV Art. 2 1 ff. – Beweisaufnahme DIS-BV Art. 4 1 ff. – im Anlagenbau DIS-BV Art. 1 15 – im Bank- und Kapitalmarktrecht DIS-BV Art. 1 15 – im Baugewerbe DIS-BV Art. 1 15
Stichwortverzeichnis
– mündliche Verhandlung DIS-BV Art. 4 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-BV Art. 4 11 – Regelfall DIS-BV Art. 4 8 – Verzicht DIS-BV Art. 4 10 – sachlicher Anwendungsbereich DIS-BV Art. 1 15 f. – Überschreitung des Zeitrahmens DIS-BV Art. 5 1 ff. – Zuständigkeit des Schiedsgerichts DIS-BV Art. 5 5 – Verfahrenshöchstdauer DIS-BV Art. 1 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-BV Art. 1 22 ff. – Maximalfrist DIS-BV Art. 1 18 – Nichteinhaltung DIS-BV Art. 1 21 Discovery siehe Dokumentenherausgabe DIS-ERGeS – abweichende Parteivereinbarung DIS-ERGeS Art. 1 16 – Änderung des Streitgegenstandes DIS-ERGeS Art. 6 5 ff. – bei Vereinbarung DIS-ERGeS Art. 1 1 ff. – Kosten DIS-ERGeS Art. 1 8 – Normzweck DIS-ERGeS Art. 1 1 – Rechtsfolgen der Anwendung DIS-ERGeS Art. 1 7 – sachlicher Anwendungsbereich DIS-ERGeS Art. 10 5 ff. – Beitritt – abweichende Parteienvereinbarung DIS-ERGeS Art. 4 31 – als Nebenintervenient DIS-ERGeS Art. 4 8 – als Partei DIS-ERGeS Art. 4 7 – Benennungsrecht DIS-ERGeS Art. 4 10 – fristgemäßer DIS-ERGeS Art. 4 6 – Kosten DIS-ERGeS Art. 4 11
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– Rechtsfolgen DIS-ERGeS Art. 4 9 – weiterer Betroffener DIS-ERGeS Art. 4 1 ff. – zu späterem Zeitpunkt DIS-ERGeS Art. 4 22 ff. Beitrittsaufforderung DIS-ERGeS Art. 3 1 ff. Dreierschiedsgericht DIS-ERGeS Art. 8 1 ff. Einbeziehung Betroffener – abweichende Parteivereinbarung DIS-ERGeS Art. 2 20 – Aktiengesellschaft DIS-ERGeS Art. 2 10 – Anwendungsbereich DIS-ERGeS Art. 2 1 ff. – Art/Zeitpunkt der Benennung DIS-ERGeS Art. 2 13 – GmbH DIS-ERGeS Art. 2 8 – Kosten DIS-ERGeS Art. 2 12 – Personengesellschaften DIS-ERGeS Art. 2 9 – Rechtsfolgen DIS-ERGeS Art. 2 11 Einzelschiedsrichter DIS-ERGeS Art. 7 1 ff. Ersatzbenennung durch die DIS DIS-ERGeS Art. 7 8 ff. Klagerücknahme DIS-ERGeS Art. 6 6 Klagezustellung DIS-ERGeS Art. 3 1 ff. Kosten DIS-ERGeS Art. 12 1 ff. Nichtbeitritt – Anspruch auf Teilnahme an mündl. Verhandlung DIS-ERGeS Art. 5 7 – eines Betroffenen DIS-ERGeS Art. 4 14 ff. – Kosten DIS-ERGeS Art. 4 21 Parallelverfahren, Zuständigkeitskonzentration DIS-ERGeS Art. 9 1 ff. 1317
Stichwortverzeichnis
– Übersendung der Klage DIS-ERGeS Art. 3 6 ff. – Unterrichtung Betroffener, nicht Beigetretener DIS-ERGeS Art. 5 1 ff. – Vertraulichkeit DIS-ERGeS Art. 10 1 ff. – Umfang DIS-ERGeS Art. 10 5 – Wirkungserstreckung des Schiedsspruchs DIS-ERGeS Art. 11 1 ff. DIS-Ernennungsausschuss – Beisitzerauswahl/-bestellung DIS-SchO Art. 12 41 – Bestellung der benannten Schiedsrichter DIS-SchO Art. 13 10, 19 ff. – Folgen DIS-SchO Art. 13 32 – Hinzuziehung der Sekretäre DIS-SchO Art. 13 14 – Einzelschiedsrichterauswahl/-benennung DIS-SchO Art. 11 34 – Mehrparteienverfahren – Bildung des Dreierschiedsgericht bei Einbeziehung zusätzlicher Partei DIS-SchO Art. 20 36 – Ersatzauswahl bei Dreierschiedsgericht DIS-SchO Art. 20 21 – Nichtbenennung eines Beisitzers durch Kläger- und Beklagtenpartei DIS-SchO Art. 20 20 – Nationalität des Einzelschiedsrichter DIS-SchO Art. 11 52 ff. – Vorsitzendenauswahl/-bestellung DIS-SchO Art. 12 61 ff. DIS-Konfliktmanagementordnung – Anwendungsbereich DIS-KMO 8 ff. – Bestellung des Konfliktmanagers DIS-KMO 10 – Erörterungstermin DIS-KMO 11 – Grundprinzipien DIS-KMO 7 – Haftungsbegrenzung DIS-KMO 20 – Idee/praktische Funktion DIS-KMO 1 ff. – Kosten DIS-KMO 19 – parallele Verfahren DIS-KMO 16 – Vereinbarung DIS-KMO 5 1318
– – – – –
Verfahrenseinleitung DIS-KMO 8 Verfahrensende DIS-KMO 14 Verjährung DIS-KMO 15 Vertraulichkeit DIS-KMO 17 vs. anderer Schlichtungsordnungen DIS-KMO 3 DIS-Musterschiedsvereinbarung – abweichende Parteivereinbarungen Nach Art. 45 DIS-SchO 21 – anwendbares Recht Nach Art. 45 DIS-SchO 19 – Anwendungsbereich Nach Art. 45 DIS-SchO 10 ff. – Kosten Nach Art. 45 DIS-SchO 20 – Musterschiedsklausel Nach Art. 45 DIS-SchO 10 ff. – Reform Nach Art. 45 DIS-SchO 5 – Schiedsort Nach Art. 45 DISSchO 17 – Schiedsrichter, Anzahl Nach Art. 45 DIS-SchO 16 – Verfahrenssprache Nach Art. 45 DIS-SchO 18 – Wortlaut Nach Art. 45 DISSchO 10 ff. – Zweck Nach Art. 45 DISSchO 1 ff. DIS-Rat – abweichendes Ersatzbestellungsverfahren DIS-SchO Art. 16 22 – Beendigung des Schiedsverfahrens DIS-SchO Art. 42 56 ff. – bei einseitigem Antrag auf Einzelrichter DIS-SchO Art. 10 34 – Entscheidung über Schiedsrichterablehnung DIS-SchO Art. 15 21 DIS-Schiedsgericht – Abänderung des Verfahrenskalender DIS-SchO Art. 27 32 – Absehen der Konstituierung bei Nichtbezahlen der Beiträge DIS-SchO Art. 13 48 – amiable compositeur/ex aequo bono DIS-SchO Art. 24 52
Stichwortverzeichnis
– Berichtigung „von sich aus“ Art. 36 23 ff. – Besetzung bei Verfahrensverbindung DIS-SchO Art. 8 19 – Bindung an Vertragsbestimmungen/Handelsbräuche DIS-SchO Art. 24 44 ff. – Dreierschiedsgericht DIS-SchO Art. 10 12 – Einschätzung zur Sach-/Rechtslage DIS-SchO Art. 26 14 – einstweilige Maßnahmen DIS-SchO Art. 25 1 – Entscheidung durch Stichentscheid DIS-SchO Art. 14 19 – Entscheidung durch Stimmenmehrheit DIS-SchO Art. 14 18 – Entscheidung nach Billigkeit DIS-SchO Art. 24 50 ff. – Entscheidung über Einbeziehung zusätzlicher Partei DIS-SchO Art. 19 17 – Ergreifung weiterer prozessuale Maßnahmen DIS-SchO Art. 27 32 – Ermessen bei einstw. Rechtsschutz DIS-SchO Art. 25 33 – Grenzen der Kompetenz DIS-SchO Art. 28 27 – Informationspflicht über sich weigernden Schiedsrichter DIS-SchO Art. 14 22 – keine Ablehnung nach Konstituierung DIS-SchO Art. 13 42 – Konstituierung DIS-SchO Art. 13 34 ff. – Mehrparteienverfahren DIS-SchO Art. 18 14 – Mehrvertragsstreitigkeiten DIS-SchO Art. 17 8 ff. – Mitteilung über Konstituierung DIS-SchO Art. 14 1 ff., 14 ff. – Pflicht zur effizienten Verfahrensführung DIS-SchO Art. 27 10
– Schiedsgericht, Bestimmung DIS-SchO Art. 23 14 – Schiedsort, Bestimmung DIS-SchO Art. 22 17 – sich weigernden Schiedsrichter DIS-SchO Art. 14 20 – Streitwertfestsetzung DIS-SchO Art. 36 10 ff. – Unterstützung durch staatliche Gerichte DIS-SchO Art. 28 27 – Verfahrenskonferenz DIS-SchO Art. 27 14 – Verfahrensleitung DIS-SchO Art. 14 17 – Vergleichsbemühungen DIS-SchO Art. 26 12 – Zulassung neuer Ansprüche Art. 23 39 ff. – zwingendes Recht vs. Ermessen DIS-SchO Art. 28 25 DIS-Schiedsklage DIS-SchO Art. 5 1 ff. – alternative Streitbeilegung DIS-SchO Art. 5 9 – Angaben Verfahrensbevollmächtigte DIS-SchO Art. 5 18 – Anspruchsbetrag DIS-SchO Art. 5 22 – Aufrechnung DIS-SchO Art. 7 65 ff. – Bearbeitungsgebühr – Nichtzahlung DIS-SchO Art. 5 48 – Zahlung DIS-SchO Art. 5 39 ff. – Checkliste, Inhalt DIS-SchO Art. 5 76 – Dreierschiedsgericht, Benennung eines Parteischiedsrichter DIS-SchO Art. 5 31 – Einreichung DIS-SchO Art. 5 60 ff. – in Papierform DIS-SchO Art. 4 21 f. – Klageantrag DIS-SchO Art. 5 19 – Klageerwiderung DIS-SchO Art. 7 16 ff.; siehe auch dort 1319
Stichwortverzeichnis
– Klageschrift, Inhalt DIS-SchO Art. 5 10 ff. – Klagezustellung DIS-ERGeS Art. 3 1 ff. – Parteibezeichnungen DIS-SchO Art. 5 14 – Sachverhalt DIS-SchO Art. 5 25 f. – Schaubild: Abfolge der Stellungnahme des Schiedsbeklagten DIS-SchO Art. 7 76 – Schiedshängigkeit DIS-SchO Art. 5 64 – Schiedsvereinbarung DIS-SchO Art. 5 29 – Schiedsverfahren, Angaben DIS-SchO Art. 5 35 – Stellungnahme des Schiedsbeklagten DIS-SchO Art. 7 1 ff. – Streitwert DIS-SchO Art. 5 22 – Streitwertangaben DIS-SchO Art. 5 22 f. – Übermittlung DIS-SchO Art. 4 19; DIS-SchO Art. 5 68 ff. – Übersendung an Schiedsbeklagten DIS-SchO Art. 5 72 – unvollständige Klage DIS-SchO Art. 5 50 ff. – Unzulässigkeitsrüge DIS-SchO Art. 7 22 ff. – Verfahrenssprache DIS-SchO Art. 5 10 – Verjährungshemmung durch Klageerhebung DIS-SchO Art. 4 18 – vor Einreichung DIS-SchO Art. 5 8 f – Widerklage siehe dort – Wiederklage DIS-SchO Art. 7 45 ff. DIS-Schiedskläger – Begriffsbestimmung DIS-SchO Art. 3 6 DIS-Schiedsordnung – charakteristische Merkmale DIS-SchO Vor Art. 1 28 ff. 1320
– DIS-Schiedsvereinbarung DIS-SchO Art. 1 11 – dynamische Verweisung DIS-SchO Art. 1 27 ff. – Entwicklung DIS-SchO Vor Art. 1 1 – klare Bezugnahme in Schiedsvereinbarung DIS-SchO Art. 1 14 ff. – Reformprozess DIS-SchO Vor Art. 1 4 – sachlicher Anwendungsbereich DIS-SchO Art. 1 1 ff., 10 – Schiedsfähigkeit DIS-SchO Art. 1 13 – verfügbare Sprachen DIS-SchO Vor Art. 1 6 – Vergleich mit staatlichen Verfahren DIS-SchO Art. 1 30 DIS-Schiedsrichter – Ablehnung siehe DIS-Schiedsrichter, Ablehnung – Annahmeerklärung DIS-SchO Art. 9 37 – Anzahl DIS-SchO Art. 10 1 ff. – Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 10 8 – Auffangtatbestand bei fehlendem Antrag DIS-SchO Art. 10 48 – Auslagenerstattung DIS-SchO Art. 34 13 – Auslagenerstattungsanspruch DIS-SchO Art. 34 13 – Befangenheit und Vergleichsbemühung DIS-SchO Art. 26 9 – Bestätigung durch Generalsekretär Art. 13 23 ff. – Bestätigungspflichten DIS-SchO Art. 9 37 – Bestellung durch die DIS DIS-SchO Art. 13 1 ff. – Kosten DIS-SchO Art. 13 55 – vs. Benennung DIS-SchO Art. 13 9 – einseitiger Antrag auf Einzelschiedsrichter DIS-SchO Art. 10 19
Stichwortverzeichnis
– Einzelschiedsrichter DIS-SchO Art. 10 14 – Erklärungs-/Offenlegungspflichten DIS-SchO Art. 9 26 – Kosten DIS-SchO Art. 9 51 – Verfahrensdauer DIS-SchO Art. 9 50 – Ernennung Art. 13 1 ff., 28 ff. – Fehlen parteivereinbarter Voraussetzungen DIS-SchO Art. 9 24 ff. – Haftung, abweichende Parteivereinbarungen DIS-SchO Art. 45 13 f. – Haftungsausschluss DIS-SchO Art. 45 1 ff. – Haftungsbeschränkung im Übrigen DIS-SchO Art. 45 11 ff. – Haftungsprivileg für Entscheidungstätigkeit Art. 41 9 ff.; DIS-SchO Art. 45 7 ff. – Honoraranspruch DIS-SchO Art. 34 5 – Honorare/Auslagen DIS-SchO Art. 34 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 34 15 – DIS-RL Kostenordnung DIS-SchO Art. 34 15 – Offenlegungspflichten DIS-SchO Art. 9 1 ff. – anfänglich/fortdauernd DIS-SchO Art. 9 41 – Stellungnahmerecht DIS-SchO Art. 9 48 – Parteischiedsrichter DIS-SchO Art. 5 31 f. – Unparteilichkeit/Unabhängigkeit DIS-SchO Art. 9 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 9 52 – IBA-Guidelines DIS-SchO Art. 9 18 ff. – Maßstab DIS-SchO Art. 9 13 ff. – Zweifel an – DIS-SchO Art. 9 20 – Verfahrensverzögerung DIS-SchO Art. 27 12
– Weigerung bei der Entscheidungsfindung DIS-SchO Art. 14 20 DIS-Schiedsrichter, Ablehnung DIS-SchO Art. 15 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 15 26 – Antrag DIS-SchO Art. 15 14 ff. – Fortgang des Verfahrens DIS-SchO Art. 15 22 – Kosten DIS-SchO Art. 15 24 – Rechtsmittel gegen DIS-Rat-Entscheidung DIS-SchO Art. 15 25 – Stellungnahmemöglichkeit DIS-SchO Art. 15 19 – Verfahren DIS-SchO Art. 15 16 ff. DIS-Schiedsrichter, Honorar – Kostensicherheit DIS-SchO Art. 35 10 – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 35 25 – Anpassung DIS-SchO Art. 35 22 – Festsetzung/Aufteilung DIS-SchO Art. 35 12 – Folgen der Nichtzahlung DIS-SchO Art. 35 17 – Mehrparteienverfahren DIS-SchO Art. 35 23 – vorläufige Sicherheit DIS-SchO Art. 35 11 DIS-Schiedsrichter, vorzeitige Beendigung DIS-SchO Art. 16 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 16 28 – Amtsenthebung DIS-SchO Art. 16 10 – Ersatzbestellung DIS-SchO Art. 16 19 – Fortgang des Verfahrens nach – DIS-SchO Art. 16 14 ff. – Kosten DIS-SchO Art. 16 27 – Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 16 13 – Rücktrittbewilligung DIS-SchO Art. 16 7 1321
Stichwortverzeichnis
– stattgegebener Ablehnungsantrag DIS-SchO Art. 16 6 – Tod des – DIS-SchO Art. 16 9 – Wiederholung von Verfahrenshandlungen DIS-SchO Art. 16 26 DIS-Schiedsspruch – Angabe der Kostenentscheidung DIS-SchO Art. 39 14 – aufgrund Einvernehmens der Parteien Art. 35 6 – Auslegung Art. 36 3 ff.; DIS-SchO Art. 40 34 – Begründung DIS-SchO Art. 39 10 – Berichtigung Art. 36 23 ff. – Berichtigungsverfahren Art. 36 1 ff., 10 ff. – DIS-Durchsicht – Berechnungsfehler DIS-SchO Art. 39 21 – Fehler beim rechtlichen Gehör DIS-SchO Art. 39 25 – häufige Fehlerquellen DIS-SchO Art. 39 21 ff. – Kostenfehler DIS-SchO Art. 39 23 – Tenorierungsfehler DIS-SchO Art. 39 24 – Zinsfehler DIS-SchO Art. 39 22 – dissenting opinion DIS-SchO Art. 39 17 – Durchsicht des Entwurfs durch DIS DIS-SchO Art. 39 18 – Ergänzung DIS-SchO Art. 40 29 – fehlerhafte Entscheidungsgründe Art. 36 21 – fehlerhafte Schlussformel Art. 36 22 – fehlerhafter Tatbestand Art. 36 20 – fehlerhafter Tenor Art. 36 18 – fehlerhaftes Rubrum Art. 36 17 – formelle/materielle Rechtskraft DIS-SchO Art. 38 6 f. – Frist DIS-SchO Art. 37 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 37 12 1322
– Rechtsfolgen bei Verfahrensverzögerung DIS-SchO Art. 37 10 – Übermittlung des Schiedsspruchs DIS-SchO Art. 37 6 – Verzögerung durch Ersetzung von Schiedsrichtern DIS-SchO Art. 37 11 – gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten DIS-ERGeS Art. 11 1 ff. – gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten, Kosten DIS-ERGeS Art. 11 10; Art. 12 1 ff. – Inhalt/Form/Übermittlung DIS-SchO Art. 39 1 ff. – Ort/Datum DIS-SchO Art. 39 12 – Rechtskraftwirkung DIS-SchO Art. 38 5 – Rubrum DIS-SchO Art. 39 9 – Schriftform DIS-SchO Art. 39 8 – Sondervotum DIS-SchO Art. 39 17 – Übermittlung des – DIS-SchO Art. 39 26 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 39 29 – an die DIS DIS-SchO Art. 39 26 – an die Parteien DIS-SchO Art. 39 27 – Wirkung DIS-SchO Art. 39 28 – Unterschrift DIS-SchO Art. 39 16 – Vollstreckbarkeit DIS-SchO Art. 38 8 ff. – Wirkung DIS-SchO Art. 38 1 ff. – Zurückverweisung Art. 36 47 ff. DIS-Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut DIS-SchO Art. 41 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 41 30 – Antrag aller Parteien DIS-SchO Art. 41 14 ff. – Durchführung eines DIS-ARDVerfahrens DIS-SchO Art. 41 17 ff. – entgegenstehender Grund DIS-SchO Art. 41 16 ff.
Stichwortverzeichnis
– Form/Inhalt DIS-SchO Art. 41 25 ff. – Kosten DIS-SchO Art. 41 29 ff. – Rolle des Schiedsgerichts bei Vergleich DIS-SchO Art. 41 13 ff. – Umfang des Vergleichs DIS-SchO Art. 41 9 ff. – Vergleich unter Widerrufsvorbehalt DIS-SchO Art. 41 1 ff. – Vergleich/Entscheidung eines DIS-ARD-Verfahrens DIS-SchO Art. 41 18 ff. – Vertraulichkeit des Vergleichs DIS-SchO Art. 41 1 ff. – Zeitpunkt des Vergleichs DIS-SchO Art. 41 7 DIS-Schiedsspruch, Berichtigung Art. 36 1 ff.; DIS-SchO Art. 40 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 40 38 – auf Parteiantrag DIS-SchO Art. 40 20 – Auslegung DIS-SchO Art. 40 34 – durch das Schiedsgericht ohne Antrag DIS-SchO Art. 40 26 – Ergänzung DIS-SchO Art. 40 29 – fehlerhafte Begründung DIS-SchO Art. 40 18 – fehlerhafter Tenor DIS-SchO Art. 40 16 – fehlerhaftes Rubrum DIS-SchO Art. 40 15 – Rechen-, Schreib-, Druckfehler DIS-SchO Art. 40 10 ff. – Zinsen DIS-SchO Art. 40 17 DIS-Schiedsvereinbarung – Anlagen der DIS-SchO DIS-SchO Art. 1 32 ff. – Bezugnahme auf DIS-SchO DIS-SchO Art. 1 14 ff. – DIS-Musterschiedsvereinbarung Nach Art. 45 DIS-SchO 1 ff. – Schiedsvereinbarung, Überprüfung DIS-SchO Art. 1 24
DIS-Schiedsverfahren – anwendbares Verfahrensrecht DIS-SchO Art. 21 34 – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 21 52 – DIS-BV DIS-BV Art. 1 1 ff. – Festlegung von Einzelheiten nach Ermessen des Schiedsgerichts DIS-SchO Art. 21 50 – Normenhierarchie DIS-SchO Art. 21 42 – SchO, soweit Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 21 49 – zwingendes Recht der lex arbitri DIS-SchO Art. 21 43 – Arrest/einstweilige Verfügung DIS-SchO Art. 6 21 – Aufteilung in mehrere Phasen DIS-SchO Art. 27 36 – Beginn DIS-SchO Art. 6 1 ff. – Verjährungshemmung DIS-SchO Art. 6 14 – Zugang der Klage DIS-SchO Art. 6 1 ff. – Behauptungs-/Beweisverfahren DIS-SchO Art. 28 14 – Beweismittel DIS-SchO Art. 28 29 ff.; siehe dort – Dokumentarbeweis DIS-SchO Art. 28 55 – Dokumentvorlage siehe dort – Gebot der Gleichbehandlung DIS-SchO Art. 21 1 ff., 6 ff. – Haftungsmaßstab DIS-SchO Art. 6 19 – international, Sachverhaltsermittlung DIS-SchO Art. 28 15 – Parallelverfahren, Zuständigkeitskonzentration DIS-ERGeS Art. 9 1 ff. – Prozesszinsen ab Rechtshängigkeit DIS-SchO Art. 6 17 – Rechtliches Gehör DIS-SchO Art. 21 1 ff., 6 ff.; siehe auch dort – Rechtswahl siehe dort 1323
Stichwortverzeichnis
– Sachverhaltsermittlung siehe dort – Sachverständige siehe dort – Sachverständigenbeweis DIS-SchO Art. 28 96 ff. – Schiedsort DIS-SchO Art. 22 6 – Schließung der Verfahrensakte DIS-SchO Art. 6 22 – Schließung des Verfahrens Art. 27 1 ff. – Überschreitung des Zeitrahmens DIS-BV Art. 5 1 ff. – Verfahrenshöchstdauer im beschleunigten Verfahren DIS-BV Art. 1 15 – Verfahrensrecht siehe dort – Verfahrensregeln DIS-SchO Art. 21 1 ff. – Verfahrenssprache DIS-SchO Art. 23 17; siehe auch dort – Vertraulichkeitsgebot DIS-SchO Art. 44 1 ff. – Zeugenbeweis DIS-SchO Art. 28 40 ff. – Zugang der Klage DIS-SchO Art. 6 10 DIS-Schiedsverfahren, Beendigung DIS-SchO Art. 42 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 42 92 – Antrag einer Partei DIS-SchO Art. 42 28 ff. – Abgrenzung DIS-SchO Art. 42 30 – berechtigtes Interesse DIS-SchO Art. 42 36 ff. – Einwilligung DIS-SchO Art. 42 34 – Mehrparteienverfahren DIS-SchO Art. 42 31 – objektive Klagerücknahme DIS-SchO Art. 42 32 – subjektive Klagerücknahme DIS-SchO Art. 42 31 – Widerspruch DIS-SchO Art. 42 35 1324
– Beschluss durch Schiedsgericht DIS-SchO Art. 42 15 – Bindung des InsVerwalters an Schiedsvereinbarung DIS-SchO Art. 42 81 ff. – durch den DIS-Rat/DIS DIS-SchO Art. 42 56 ff. – Insolvenz DIS-SchO Art. 42 80 ff. – Insolvenzeröffnung – für unterstützende Verfahren vor staatlichen Gerichten DIS-SchO Art. 42 91 – im laufenden Schiedsverfahren DIS-SchO Art. 42 85 – nach Erlass des Schiedsspruchs DIS-SchO Art. 42 89 – Kosten DIS-SchO Art. 42 77 – Nichtbetreiben des Verfahrens durch Parteien DIS-SchO Art. 42 45 – Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 42 19 – außergerichtlicher Vergleich DIS-SchO Art. 42 23 – Erledigungserklärung DIS-SchO Art. 42 24 – Kostenentscheidung DIS-SchO Art. 42 26 – vor Konstituierung des Schiedsgerichts DIS-SchO Art. 42 27 – Zeitablauf DIS-SchO Art. 42 25 – Rechtfolgen DIS-SchO Art. 42 73 – Unmöglichkeit der Fortsetzung DIS-SchO Art. 42 51 Dokumentenherausgabe – Anordnung Art. 25 43 ff. – Anwaltsgeheimnis Art. 25 55 f. – Attorney-Client-Privilege Art. 25 57 – Beweiserhebungsverbote Art. 25 65 – beweisrechtliche Privilegien Art. 25 54 ff. – Civil and Common Law Art. 25 43 – Datenschutz Art. 25 70
Stichwortverzeichnis
– Discovery-Agent Art. 25 68 – Dokumentenmanagement Art. 25 71 – E-Discovery Art. 25 51 – Einwendungen Art. 25 53 – Entscheidungserheblichkeit Art. 25 47 ff. – Fairness und Gleichheit der Parteien Art. 25 61 – IBA Rules on the Taking of Evidence in International Arbitration Art. 25 45 – in internationalen Schiedsverfahren Art. 25 44, 60 – neutraler Berater Art. 25 65 – Non-Disclosure-Agreement Art. 25 61 – Redfern Schedule Art. 25 72 – deutsch Art. 25 125 – englisch Art. 25 126 – Syndikusanwälte Art. 25 58 – Vertraulichkeitsgebot Art. 3 19; Art. 25 54 – Vertraulichkeitsvereinbarung Art. 25 67 – Voraussetzungen Art. 25 46 ff. – Without-Prejudice-Privilege Art. 25 61 – Work-Product-Doctrine Art. 25 60 – Zeitpunkt des Antrags Art. 25 50 – Zeugnisverweigerungsrechte Art. 25 54 Dokumentvorlage – Anordnung im common/civil law DIS-SchO Art. 28 56 – Anwaltsgeheimnis/Attorny-clientPrivilege DIS-SchO Art. 28 72 – Datenschutz DIS-SchO Art. 28 80 – E-Discovery DIS-SchO Art. 28 66 ff. – Einwendungen DIS-SchO Art. 28 69 – Herausgabe der Dokumente DIS-SchO Art. 28 82 f.
– IBA Rules zur Dokumentenherausgabe DIS-SchO Art. 28 59 – internationale Schiedsverfahren DIS-SchO Art. 28 57 – Kosten DIS-SchO Art. 28 114 – Prague-Rules zur Dokumentenherausgabe DIS-SchO Art. 28 61 – Privilege DIS-SchO Art. 28 70 – Privilegienverzicht DIS-SchO Art. 28 79 – Redfern Schedule DIS-SchO Art. 28 81 – Unverwertbarkeit der Vergleichsverhandlungsinhalte DIS-SchO Art. 28 75 – Vertraulichkeit DIS-SchO Art. 28 70 – Without-Prejudice-Privilege DIS-SchO Art. 28 75 – Work-Product-Doctrine DIS-SchO Art. 28 74 Dreierschiedsgericht Art. 5 26 ff.; Art. 12 18 ff.; DIS-SchO Art. 10 12; DIS-SchO Art. 12 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 12 82 – als Auffangtatbestand DIS-SchO Art. 10 43 – Auswahlkriterien DIS-SchO Art. 12 36 – Beisitzerauswahl durch DIS-Ernennungsausschuss DIS-SchO Art. 12 41 – Benennung DIS-SchO Art. 12 12 ff. – Benennung des Vorsitzenden durch Beisitzer DIS-SchO Art. 12 47 ff. – Benennungsfrist DIS-ERGeS Art. 8 1 ff. – Benennungsverfahren DIS-ERGeS Art. 8 1 ff. – Bindungswirkung DIS-SchO Art. 12 28 f. – Erlöschen des Benennungsrechts DIS-SchO Art. 12 32 1325
Stichwortverzeichnis
– Ernennung durch Gerichtshof Art. 12 30 – Ersatzbenennung durch DIS DIS-ERGeS Art. 8 12 ff. – Form der Benennung DIS-SchO Art. 12 39 – Frist – Berechnung DIS-SchO Art. 12 25 – für Antragstellung nach Art. 10 DIS-SchO Art. 12 21 – für Benennung DIS-SchO Art. 12 22 – Verlängerung DIS-SchO Art. 12 26 – Kosten Art. 12 8; DIS-SchO Art. 12 81 – Neutralität des Vorsitzenden DIS-SchO Art. 12 76 – parteibenanntes Art. 12 26 ff.; DIS-SchO Art. 5 31 f. – Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 12 15 – fehlende DIS-SchO Art. 12 18 – Verfahren nach erfolgter Benennung Art. 12 29 – Vorsitzendenauswahl/-bestellung durch DIS-Ernennungsausschuss DIS-SchO Art. 12 61 Drittwiderklage DIS-SchO Art. 7 53 – Cross-Claims Art. 5 49 – ICC-Schiedsverfahren Art. 5 47 ff. Dutco-Entscheidung/Cour de Cassation – Schiedsgericht, Bildung Art. 12 34 E-Discovery – Dokumentvorlage DIS-SchO Art. 28 66 ff. – IBA Rules Art. 25 52 – im ICC-Schiedsverfahren Art. 25 51 Eilkompetenz – Präsident des Gerichtshofs Art. 1 18 1326
Eilschiedsrichter Art. 29 1 ff. – Abgrenzung zur vorläufigen Maßnahme Art. 28 6 – Ablehnung Art. 29 62 f. – Antrag, Eilmaßnahmen Art. 29 29 ff. – Anwendung Art. 29 19 ff. – Ausschluss im Schiedsverfahren Art. 29 62 – Entscheidung des – Art. 29 71 ff. – Ernennung Art. 29 55 ff. – Haftungsprivileg Art. 41 9 ff. – Unparteilichkeit und Unabhängigkeit Art. 29 58 – Unterrichtung der Parteien Art. 29 59 – Verfahren vor dem – Art. 29 68 ff. Eilschiedsrichter, Antrag – Begründetheit Art. 29 49 ff. – Entscheidung des Gerichtshofs Art. 29 52 ff. – Entscheidung durch Präsident des Gerichtshofs Art. 29 52 – Ernennung des Eilschiedsrichters Art. 29 55 – Ersuchen staatlicher Gerichte Art. 29 51 – Form/Exemplare Art. 29 32 ff. – Frist Art. 29 46 – Inhalt Art. 29 37 – Verfahrenssprache Art. 29 39 – Zulässigkeit Art. 29 40 ff. Eilschiedsrichter, Entscheidungen – Änderung Art. 29 93 – Anfechtung Art. 29 97 – Aufhebung Art. 29 93 – Beschluss Art. 29 71 – Form Art. 29 71 – Frist Art. 29 72 – Inhalt Art. 29 77 – Kostenentscheidung Art. 29 101 – Vollstreckung Art. 29 99 – Vollziehung Art. 29 99 – Wirkung ggü. Parteien Art. 29 91 f.
Stichwortverzeichnis
– Wirkung ggü. Schiedsgericht Art. 29 98 – zeitliche Wirkung Art. 29 93 – Zustellung Art. 29 75 Eilschiedsrichter, Verfahren – Abdingbarkeit Art. 29 25 – abweichende Parteivereinbarungen Art. 29 108 f. – Antrag auf Einleitung Art. 29 29 ff. – Anwendung Art. 29 19 – Ausschluss Art. 29 22 – Entscheidungen Art. 29 71 ff. – Kosten Art. 29 101 ff. – Kostenfestsetzung Art. 38 34 – Ort Art. 29 66 – Verfahrenskalender, Erstellung Art. 29 68 Einbeziehung zusätzlicher Parteien siehe Partei, Einbeziehung zusätzlicher Eingriffsnormen Art. 21 27 Einreichungsgebühr Art. 4 52 ff. – Parteieinbeziehung Art. 7 22 Einschätzung der Sach- und Rechtslage – Streitbeilegung DIS-SchO Art. 26 14 – Verfahrenseffizienz DIS-SchO Art. 27 39 Einstweiliger Rechtsschutz EINL 6; Art. 28 1 ff.; DIS-SchO Art. 25 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 25 66 – angemessene Sicherheit DIS-SchO Art. 25 40 – Anhörung des Antragsgegners DIS-SchO Art. 25 31 – Anordnungsanspruch/-grund DIS-SchO Art. 25 18 – Anordnungsbefugnis DIS-SchO Art. 25 26 – Antrag einer Partei DIS-SchO Art. 25 13 – Bürgschaft auf erste Anforderung DIS-SchO Art. 25 36
– DIS-Gebühren DIS-SchO Art. 25 48 – Dokumentenakkreditiv DIS-SchO Art. 25 36 – einstweilige Maßnahmen, Schiedsgericht DIS-SchO Art. 25 1 – Erforderlichkeit der einstw. Maßnahmen DIS-SchO Art. 25 18 – Ermessen des Schiedsgerichts DIS-SchO Art. 25 32 ff. – Gefährdungshaftung DIS-SchO Art. 25 46 – Gerichtsgebühren DIS-SchO Art. 25 50 – gesetzliche Anwaltsgebühren DIS-SchO Art. 25 49, 51 – Glaubhaftmachung DIS-SchO Art. 25 19 – ICC-Eilschiedsrichterverfahren Art. 29 1 ff. – Kosten DIS-SchO Art. 25 47 ff. – mündliche Verhandlung DIS-SchO Art. 25 30 – Muster deutsch DIS-SchO Art. 25 70 – Muster englisch DIS-SchO Art. 25 71 – Ordnungsgeld DIS-SchO Art. 25 39 – Rechtbehelf gegen Anordnung DIS-SchO Art. 25 43 – rechtliches Gehör DIS-SchO Art. 21 18 – Schiedsrichterhonorar DIS-SchO Art. 25 48 – sichernde Maßnahmen DIS-SchO Art. 25 35 – Streitgegenstandsbezug DIS-SchO Art. 25 38 – Vollstreckung im Ausland DIS-SchO Art. 25 45 – Vollziehungszulassung DIS-SchO Art. 25 44, 50 1327
Stichwortverzeichnis
– vor zuständigen Justizorganen Art. 28 84 ff. – abweichende Parteivereinbarung Art. 28 98 – Kosten Art. 28 97 – vorläufige Maßnahmen DIS-SchO Art. 25 37 – vorläufige vs. sichernde Maßnahmen DIS-SchO Art. 25 34 – vs. Teilschiedsspruch DIS-SchO Art. 25 28 – vs. Zwischenschiedsspruch DIS-SchO Art. 25 29 Einstweiliger Rechtsschutz, staatliche Gerichte – einstweiliger Maßnahmen DIS-SchO Art. 25 52 ff. – Frist des § 926 ZPO Art. 4 74 – Gefährdungshaftung DIS-SchO Art. 25 63 – Kosten deutscher Gerichte DIS-SchO Art. 25 65 – nur auf Antrag DIS-SchO Art. 25 56 – Streitgegenstandsbezug DIS-SchO Art. 25 59 – Verhältnis zu schiedsgerichtlichen Anordnungen DIS-SchO Art. 25 61 – Zuständigkeit DIS-SchO Art. 25 60 Einvernehmliche Streitbeilegung siehe Streitbeilegung Einzelschiedsrichter DIS-SchO Art. 10 14; DIS-SchO Art. 11 1 ff. – Absehen der Bestellung bei Nichtbezahlen DIS-SchO Art. 13 48 – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 11 69 – auf Antrag bei fehlender Vereinbarung DIS-SchO Art. 11 10 – aufgrund Vereinbarung DIS-SchO Art. 11 9 – Auswahlkriterien DIS-SchO Art. 11 12 1328
– bei Parteivereinbarung Art. 12 9 – Benennung durch die Parteien Art. 12 13 ff. – Benennungsfrist DIS-ERGeS Art. 7 1 ff. – Benennungsverfahren DIS-SchO Art. 11 20 ff.; DIS-ERGeS Art. 7 1 ff. – Bestellung DIS-SchO Art. 11 33 – Form DIS-SchO Art. 11 32 – Frist DIS-SchO Art. 11 20 – Bezeichnung im Vorhinein DIS-SchO Art. 11 16 – DIS-Ernennungsausschuss DIS-SchO Art. 11 34 – Anhörung der Parteien DIS-SchO Art. 11 49 – gemeinsamer Antrag DIS-SchO Art. 11 43 – einseitige Kontaktaufnahme DIS-SchO Art. 11 17 – einseitiger Antrag DIS-SchO Art. 10 19 – DIS-Rat nach Anhörung DIS-SchO Art. 10 34 – Zeitpunkt/Fristen DIS-SchO Art. 10 40 – Ernennung durch Gerichtshof Art. 12 16 ff. – gemeinsame Benennung DIS-SchO Art. 11 1 ff., 9 – ICC-Schiedsverfahren Art. 12 1 ff., 9 ff. – Kosten Art. 12 8; DIS-SchO Art. 11 65; DIS-ERGeS Art. 7 7 – Nationalität bei Benennung durch DIS-Ernennungsausschuss DIS-SchO Art. 11 52 ff. E-Mail siehe Verfahrenskommunikation Endschiedsspruch – Kostenfestsetzung Art. 38 40 f. – Regelfrist siehe dort – Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens Art. 33 4
Stichwortverzeichnis
– vorzeitige Verfahrensbeendigung Art. 38 49 Energy Charter Treaty EINL 15 Entscheidungen – Begründungsverbot Art. 1 12 – Eilkompetenz Art. 1 18 – ohne Begründung Art. 1 12 – ohne Rechtskraft Art. 1 12 Erledigung – Erledigungserklärung Art. 38 55 – vorzeitige, Kosten Art. 38 55 Ernennung von Schiedsrichtern Vor Art. 11 6 Eröffnungsplädoyer Art. 26 28 Erörterungspflicht DIS-SchO Art. 27 21 Ersatzschiedsrichter siehe DISSchiedsrichter, vorzeitige Beendigung – Benennung siehe Kostenvorschuss – durch DIS-Ernennungsausschuss DIS-ERGeS Art. 7 8 ff. – Bestellung siehe Kostenvorschuss – Honorar DIS-SchO Art. 34 8 – Kosten DIS-ERGeS Art. 8 13; siehe auch Konzentrationsmaxime ex aequo et bono – Billigkeitsentscheidung Art. 21 47 ff. ex parte Kommunikation DIS-SchO Art. 4 30 f. Exequaturentscheidung Art. 35 22, 25 Exequaturverfahren Art. 38 54 Expert Conferencing Art. 26 43 fast-track-arbitration Art. 39 2 Feststellung des Sachverhalts siehe Sachverhaltsermittlung Feststellungsklagen Art. 2 12 Filing Fee siehe Einreichungsgebühr Frist – abgeänderte Art. 39 1 ff. – abweichende Parteivereinbarungen Art. 39 18
– Antrag auf Entscheidung durch den Gerichtshof Art. 37 36 – Beginn, allgemein DIS-SchO Art. 4 60 ff. – Dreierschiedsgericht, Benennungsfrist DIS-ERGeS Art. 8 1 ff. – fast-track-arbitration Art. 39 2 – Fristberechnung Art. 3 54 ff. – Fristverkürzung Art. 39 1 ff., 11 – Fristverlängerung Art. 39 13 f., 14 – Klageantwort Art. 5 32 ff., 51 f. – Regelfrist siehe dort – Schiedsauftrag, Unterzeichnung und Übersendung Art. 23 26 – Schiedsspruch Art. 31 1 ff. – Übermittlung von Schriftsätzen DIS-SchO Art. 4 60 ff. – Überschreitung des Zeitrahmens DIS-BV Art. 5 1 ff. – Vereinbarungen Art. 39 6 ff. – Zahlungsfrist, vorläufiger Kostenvorschuss Art. 37 14 Fristberechnung – Feiertage Art. 3 59 ff. – Fristbeginn Art. 3 56 – Fristende Art. 3 57 – ICC-Schiedsverfahren Art. 3 54 ff. – Schaubilder Art. 3 63 f. Fristvereinbarung Art. 39 1 ff. – Klageantwort Art. 5 32 ff. – Vereinbarungen – Verkürzung Art. 39 6, 11 – Verlängerung Art. 39 13 – Verlängerung abgeänderter Fristen durch Gerichtshof Art. 39 14 Gehör, rechtliches siehe Rechtliches Gehör Geldwäsche Vor Art. 1 6 Genehmigungsverfahren Art. 23 29 ff. 1329
Stichwortverzeichnis
Generalsekretär DIS – Bestellung der benannten Schiedsrichter DIS-SchO Art. 13 19 ff. – Folgen DIS-SchO Art. 13 32 Generalsekretär des Internationalen Schiedsgerichtshofs der ICC Art. 1 22 ff. – Befugnisse Art. 1 25 – Bestätigung von Schiedsrichtern Vor Art. 11 9; Art. 13 23 ff. – Festsetzung vorläufiger Kostenvorschüsse Art. 37 2 – Verweisung an Gerichtshof wegen Einwendungen Art. 6 79 ff. Genfer Europäisches Übereinkommen über die int. Handelsschiedsgerichtsbarkeit v. 21.4.1961 siehe EuÜ Gerichtshof – Änderung der SchO während des Verfahrens Art. 6 15 – Anerkennung als Verwaltungsorgan Art. 6 17 ff. – Arbeitsweise Art. 1 17 ff. – Aufgaben Art. 1 5 – Ausschüsse Art. 1 19 – Befugnisse Art. 1 11, 16 – Bindung an ICC-SchO Art. 1 15 – comité restreint Art. 1 19 – Eilkompetenz Art. 1 18 – Einrichtung der Internationalen Handelskammer Art. 1 6 – Einrichtung von Ausschüssen Art. 1 19 – Einwendung – Entscheidung aufgrund ersten Anscheins Art. 6 83 ff. – ob Schiedsvereinbarung nach ICC-SchO Art. 6 100 ff. – Prima-facie-Test Art. 6 95 ff. – wegen Form/Sprache der Schiedsvereinbarung Art. 6 111 ff. – wegen mehrerer Schiedsvereinbarungen Art. 6 116 ff. 1330
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– wegen Schiedsfähigkeit der Partei einer Schiedsvereinbarung Art. 6 124 Entscheidung – über Ablehnungsverfahren Art. 14 33 ff. – über Unparteilichkeit/Unabhängigkeit Art. 11 63 ff. – zu Eilschiedsrichterverfahren Art. 29 52 Entscheidungsbefugnis, fehlende Art. 1 9 Festsetzung streitwertabhängigen Kostenvorschusses Art. 37 2 Genehmigung – des Schiedsspruchs aufgrund Einvernehmens Art. 33 20 – von Berichtigungen Art. 36 34 ff. Geschäftsordnungsautonomie Art. 1 7 Haftungsprivileg für Entscheidungstätigkeit Art. 41 9 ff. initiative Schiedsrichterersetzung Art. 15 16 Kompetent-Kompetenz Art. 6 29 f. Plenum Art. 1 12 Präsident Art. 1 18 Prima-facie-Prüfung Art. 6 14 ff.; Art. 8 9 Rechtsfähigkeit Art. 1 6 Schiedsrichterauslagen, Festsetzung Art. 38 24 Schiedsrichterhonorare, Festsetzung Art. 38 11 ff. Schiedsrichterneubestellung Art. 15 33 f. Selbständigkeit Art. 1 7 Streitverfahren wegen Verwaltung der Schiedsverfahren Art. 43 5 ff. Verfahrensbeendigung ohne Endschiedsspruch Art. 38 59 Verfahrensverbindung Art. 10 7 – auf zuerst anhängige Sache Art. 10 33 ff.
Stichwortverzeichnis
– Ermessen Art. 10 23 f. – Vertraulichkeit Art. 1 20 – Verwaltung der Entscheidung von Streitfällen Art. 1 10 ff. – Verweisung an – wegen Einwendungen Art. 6 79 ff. – Vizepräsidenten Art. 1 18 – Vollversammlung siehe Plenum – wesentliche Eigenschaften Art. 1 6 ff. – Zuständigkeit Vor Art. 11 8 Geschäftsordnung – DIS DIS-SchO Art. 2 11 ff. – DIS-Rat DIS-SchO Art. 2 11 ff. – Ernennungsausschuss DIS-SchO Art. 2 32 ff. – Kommunikation DIS-SchO Art. 2 28 – Sekretariat DIS-SchO Art. 2 48 ff. – Verfahrensausschuss DIS-SchO Art. 2 22 ff. – Vertraulichkeit DIS-SchO Art. 2 29 Geschäftsordnungsautonomie Art. 1 7 Gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten siehe auch DIS-ERGeS – Änderung des Streitgegenstands DIS-ERGeS Art. 6 4 ff. – Beitrittserklärung DIS-ERGeS Art. 3 1 ff. – Dreierschiedsgericht DIS-ERGeS Art. 8 1 ff. – Einzelschiedsrichterbenennung DIS-ERGeS Art. 7 1 ff. – Ersatzbenennung durch die DIS DIS-ERGeS Art. 7 8 ff. – Klagezustellung DIS-ERGeS Art. 3 1 ff. – Kosten DIS-ERGeS Art. 12 1 ff. – Parallelverfahren, Zuständigkeitskonzentration DIS-ERGeS Art. 9 1 ff. – Schiedsspruch, Wirkungserstreckung DIS-ERGeS Art. 11 1 ff.
– Unterrichtung Betroffener, nicht Beigetretener DIS-ERGeS Art. 5 1 ff. – Unterrichtungspflicht DIS-ERGeS Art. 5 1 ff. – Vertraulichkeit DIS-ERGeS Art. 10 1 ff. – Wirkungserstreckung des Schiedsspruchs DIS-ERGeS Art. 11 1 ff. Gestaltungsklagen Art. 2 12 Haftungsausschluss siehe Haftungsprivileg Haftungsprivileg – abweichende Parteivereinbarungen Art. 41 19 f.; DIS-SchO Art. 45 13 f. – bei Gelegenheit Art. 41 14 – DIS-Schiedsrichter DIS-SchO Art. 45 1 ff. – für Entscheidungstätigkeit Art. 41 9 ff.; DIS-SchO Art. 45 7 ff. – Sachverständige Art. 41 18 – zugunsten der ICC Art. 41 15 – zugunsten privilegierter Personen Art. 41 17 Handelsbräuche Art. 21 40 ff. Hearing siehe Mündliche Verhandlung Hilfsaufrechnung – Kostenvorschuss, Berechnung Art. 37 38 Hinterlegung – abweichende Parteivereinbarungen Art. 35 35 – ICC-Schiedssprüche Art. 35 16 Honorar siehe auch Kosten – DIS-Schiedsrichter DIS-SchO Art. 34 1 ff. – ICC-Schiedsrichter Art. 38 11 ff. – ICC-Schiedsrichter, Erhöhung Art. 7 49 – Schiedsrichterersetzung Art. 15 34 f. 1331
Stichwortverzeichnis
– Verfahrensverzögerungen Art. 31 14 – Vorschuss, Berechnung Art. 37 12 – vorzeitige Verfahrensbeendigung Art. 38 49 ff. Hybride Schiedsklauseln Art. 1 16 IBA Rules on the Taking of Evidence in International Arbitration Art. 25 12 ff.; Art. 28 18 ff. – Datenschutz Art. 25 70 – Dokumentenherausgabe Art. 25 45 – Dokumentherausgabe Art. 28 59 – E-Discovery Art. 25 52 – Kostensanktion bei treuwidrigem Verhalten Art. 25 117 – legal impediment Art. 25 70 – Sachverständigenbeweis Art. 25 84 IBA-Guideline – Auswahl der Schiedsrichter DIS-SchO Art. 9 18 – Orientierungshilfe Unabhängigkeit Schiedsrichterart. 11 Art. 11 9 – Vergleichsbemühungen DIS-SchO Art. 26 10 ICC (International Chamber of Commerce) – Haftungsbeschränkung Art. 41 15 ff. – Rechtsnatur Vor Art. 1 6 ICC Mediations-Regeln – Gebührenermäßigung Art. 38 28 ICC Pre-Arbitral-Referee Art. 28 19 ICC-Eilschiedsrichter siehe Eilschiedsrichter ICC-Gerichtshof siehe Gerichtshof ICC-Nationalkomitee – Begriff Art. 13 33 – Funktionen Vor Art. 11 10 – Haftungsbeschränkung Art. 41 15 ff. 1332
ICC-Schiedsgericht – Ablauf – abweichende Parteivereinbarung Art. 22 31 – Kosten Art. 22 30 – Aktenübergabe Art. 16 7 ff., 28 – durch Sekretariat Art. 16 13 ff. – Kosten Art. 16 28 – Aktenübergabe durch Sekretariat Art. 16 13 ff. – als case manager Art. 25 8 – Anordnung von Sicherungsmaßnahmen Art. 28 1 ff. – Anordnung von vorläufigen Maßnahmen Art. 28 1 ff. – anwendbares Sachrecht Art. 21 1 ff. – Begriffsbestimmung Art. 2 3 ff., 3 ff. – Bestimmung der Verfahrenssprache Art. 20 15 ff. – Bildung Art. 12 1 ff.; Art. 16 7 ff. – abweichende Parteivereinbarung Art. 12 39 f. – mangels Parteivereinbarung Art. 12 6 – Vorrang der Parteivereinbarung Art. 11 84 – Bindung – an Parteivereinbarung Art. 25 107 – schiedsrichterlicher Verfügungen/Beschlüsse Art. 22 27 ff. – Entscheidung über Einbeziehung Art. 7 33 ff. – Entscheidungsbefugnis Art. 1 11 – Entscheidungsfindung innerhalb Art. 32 6 ff. – interne Korrespondenz Art. 3 16 – Konstituierung Art. 11 80 ff.; Art. 16 7 ff. – Mehrparteienschiedsverfahren Art. 12 34 ff.
Stichwortverzeichnis
– Mitteilungen, Zuleitung Art. 3 21 ff. – Nachweis der Vollmacht Art. 17 1 ff. – Neubestellung Art. 15 26 ff., 35 ff. – Neutralität Art. 22 20 – Organisation der mündlichen Verhandlung Art. 26 11 ff., 11 ff. – Parteivereinbarung nach Verfahrensbeginn Art. 12 7 – personelle Besetzung Vor Art. 11 1 ff. – Rechtswahl für Sachentscheidung Art. 21 7 ff., 32 ff. – Sachverhaltsermittlung Art. 25 8 ff. – Schiedsrichter, Anzahl Art. 12 1 ff. – Unparteilichkeit/Unabhängigkeit der Schiedsrichter Art. 11 1 ff. – Unterstützungsfunktion Art. 35 17 – Zahlung des Kostenvorschusses Art. 16 10 ff. – Zulassung neuer Ansprüche Art. 23 39 ff. – Zuständigkeit Art. 7 42 f.; Art. 18 6 – Zuständigkeitsentscheidung Art. 6 14 – Zuständigkeitsrügen Art. 5 14 ff. – Zweifel über vereinbarte SchO Art. 6 13 ICC-Schiedsklage Art. 4 1 ff. – Antrag Art. 4 29 ff. – anwendbares Sachrecht Art. 4 44 – Drittwiderklage Art. 5 47 ff. – Einreichung Art. 4 48 ff., 61 ff. – Klageantwort Art. 5 1 ff. – Klageschrift, Zusendung Art. 4 75 ff. – notwendiger Inhalt Art. 4 11 ff. – Parteibezeichnung Art. 4 18 ff. – Rechtsgrund Art. 4 23 ff. – Registrierungsgebühr Art. 4 52 ff. – Sachverhalt Art. 4 24 ff. – Schätzung des Geldwerts Art. 4 31 – Schiedsort Art. 4 44
– Schiedsvereinbarung Art. 4 34 ff. – Streitwertbestimmung Art. 4 32 – Teilklage Art. 4 33 – Verfahrenssprache Art. 4 11 ff., 45 – vor der Einreichung Art. 4 9 f. – Widerklage Art. 5 39 ff. ICC-Schiedsordnung Art. 1 1 ff.; Art. 42 1 ff. – allgemeine Bestimmungen Art. 42 1 ff. – Anwendungsbereich Vor Art. 1 4 ff. – Auslegung Vor Art. 1 12 – Auslegung, autonome Art. 42 1 ff. – charakteristische Merkmale Vor Art. 1 3 – Entwicklung Vor Art. 1 1 ff. – Fristen Art. 39 1 ff. – Gegenstand Vor Art. 1 8 ff. – Generalklausel Art. 1 11 – Normzweck Art. 1 1 – Reform Art. 1 2 ff.; Art. 2 2 – Schiedsklage Art. 4 48 ff. – Vergleich mit Vorschriften staatlicher Verfahren Art. 1 5 – Verhältnis zur ZPO Art. 1 4 ICC-Schiedsrichter – Ableben Art. 15 12 – abzugebende Erklärungen Art. 11 42 ff. – als Sachverständiger Art. 25 94 – Anzahl Art. 4 40 ff.; Art. 5 22 ff. – Ausschluss bei Ernennung zum Eilschiedsrichter Art. 29 60 – Benennung Vor Art. 11 4 – Klageerwiderung Art. 5 22 ff. – Mehrparteienverfahren Art. 12 34 ff.; Art. 13 1 ff. – Bestätigung durch Generalsekretär Art. 13 23 ff. – Eilschiedsrichter Art. 29 1 ff. – Ernennung Vor Art. 11 6; Art. 13 1 ff. – durch Gerichtshof Art. 13 28 ff. – Ersetzung Art. 14 41; Art. 15 1 ff. – Haftungsprivileg Art. 41 9 ff. 1333
Stichwortverzeichnis
– Honoraranspruch Art. 7 49; Art. 8 25; Art. 15 24 f. – Honorartabelle Art. 38 67 – Neubestellung Art. 15 26 ff. – Pflichten Art. 11 73 ff., 73 ff. – Rücktrittsgesuch Art. 15 13 – Schiedsrichtervertrag Art. 11 78 ff. – Unparteilichkeit/Unabhängigkeit Vor Art. 1 3; Art. 11 5 ff. – abweichende Parteivereinbarung Art. 11 116 ff. – Erklärung nach Ernennung Art. 11 60 – Erklärung vor Ernennung Art. 11 46 – IBA-Guideline Art. 11 9 – Kriterien Art. 11 7 ff. – objektiver Beurteilungsmaßstab Art. 11 6 – Verfahrensmanagementkompetenz Art. 38 15 – Vorschlag Vor Art. 11 5 ICC-Schiedsrichter, Ablehnung – Auffangbestimmung Art. 14 21 – Begründung Art. 14 25 – Darlegungslast Art. 14 25 – Eilschiedsrichter Art. 29 62 f. – fehlende Unabhängigkeit Art. 14 16 – Mitteilung von Entscheidungsgründen Art. 14 36 – objektive Maßstäbe Art. 14 22 – Schriftform Art. 14 23 – Veränderung der ICC-Praxis bzgl. Ablehnungsgründe Art. 14 19 – Verbindung der Kanzlei zur Partei Art. 14 20 – Verstoß gegen Grundsatz der Unparteilichkeit/Unabhängigkeit Art. 14 16 ff. ICC-Schiedsrichter, Ablehnungsverfahren – Ablehnungsgründe Art. 14 14 ff. – Antragsanforderungen Art. 14 23 ff. 1334
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Antragsfrist Art. 14 26 ff. Dauer Art. 14 42 Entscheidung Art. 14 4, 33 ff. Kosten Art. 14 43 Missbrauch Art. 14 5 Mitteilung von Entscheidungsgründen Art. 14 13 – parallele Geltung des § 1037 Ab3 ZPO Art. 14 7 f. – Rechtliches Gehör Art. 14 12 – Stellungnahmen Art. 14 30 ff. – Verzögerungen Art. 14 11 ICC-Schiedsrichter, Bestätigung – Ablauforganisation Art. 13 27 – Rechtsfolgen Art. 13 27 ff. – Tatbestandsvoraussetzungen Art. 13 26 ICC-Schiedsrichter, Ersetzung – Ableben Art. 15 12 – Ablehnung, Stattgabe Art. 15 14 – Antrag aller Parteien Art. 15 15 – auf Initiative des Gerichtshofs Art. 15 16 – De-Facto-Hinderung, den Pflichten nachzukommen Art. 15 17 – De-Jure-Hinderung, den Pflichten nachzukommen Art. 15 18 – Ersetzungsmodalitäten Art. 15 33 f. – Honoraranspruch Art. 15 24 f. – mangelnde Pflichterfüllung Art. 15 19 – nach Rücktritt Art. 15 13 – Rumpfschiedsgericht Art. 15 39 ff. – Stellungnahme, schriftliche Art. 15 20 ff. ICC-Schiedsrichter, Honorar – Berechnung Art. 38 69 – Festsetzung Vor Art. 1 3; Art. 38 1, 11 ff. – Honorartabelle Art. 38 67 – Merkblatt des Sekretariats, Richtwerte Art. 38 19 f. – relevante Kriterien Art. 38 15
Stichwortverzeichnis
– Schiedsrichter, mehrere Art. 38 21 – Schiedsrichterersetzung Art. 38 21 – Streitwertbasis – Ermittlung Art. 38 13 f. – Festsetzung Art. 38 14 – in USD Art. 38 12 – Umsatzsteuer Art. 38 5, 58 ICC-Schiedsrichter, Neubestellung – Ermessen des Gerichtshofs Art. 15 33 f. – Ersetzungsmodalitäten Art. 15 33 f. – Wiederholung vorausgegangener Verfahrensschritte Art. 15 35 ff. ICC-Schiedsspruch Art. 31 1 ff., 1 ff. – Anerkennungsversagungsgründe Art. 35 32 – aufgrund Einvernehmens Art. 33 1 ff. – Aufhebungsgründe Art. 35 28 – Aufhebungsverfahren Art. 35 28 ff. – ausländischer, Rechtsbehelf Art. 35 28 – Beginn von „Rechtsmittel“-Fristen Art. 35 13 – Begriffsbestimmung Art. 2 15 ff., 15 ff. – Einwendungen Art. 35 31 – Endschiedsspruch Art. 31 1 ff. – Endschiedsspruch, Regelfrist Art. 31 1 ff. – Erteilung beglaubigter Abschriften Art. 35 15 – Genehmigungsverfahren Vor Art. 1 3 – Hinterlegung Art. 35 16 – Teilschiedsspruch Art. 38 39 – Vollstreckbarerklärung Art. 42 7 ff. – Vollstreckbarkeit Art. 35 18 ff.; Art. 42 7 ff. – Zustellung siehe Zustellung
ICC-Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens Art. 33 1 ff. – abweichende Parteivereinbarungen Art. 33 23 – Antrag aller Parteien Art. 33 16 – Aufhebungsverfahren Art. 33 21 – Begründung Art. 33 19 – Kosten Art. 33 22 – Prüfung durch den Gerichtshof Art. 33 20 – Tenor Art. 33 19 – Übergabe der Schiedsverfahrensakte Art. 33 8 – Vergleich Art. 33 11 ff. – Vollstreckbarerklärungsverfahren Art. 33 21 – Vollstreckbarkeit Art. 35 18 ff. – Voraussetzungen Art. 33 7 ff. – Zustellung Art. 35 6 – Zustimmung des Schiedsgerichts Art. 33 18 ICC-Schiedsspruch, Entscheidung – Begründung Art. 32 12 – Datum/Ort Art. 32 14 – Formalien Art. 32 15 – Schiedsort Deutschland Art. 32 22 f. – Sondervotum Art. 32 8 – Veröffentlichung des – Art. 32 19 ICC-Schiedsspruch, Entscheidungsfindung – Abstimmung, Verweigerung der Teilnahme Art. 32 11 – abweichende Parteivereinbarungen Art. 32 22 f. – Entscheidungsfindung innerhalb des Schiedsgerichts Art. 32 6 ICC-Schiedsspruch, Prüfung – Ablauf Art. 34 15 ff. – abweichend Parteivereinbarungen Art. 34 29 – Checkliste Art. 34 2, 7 – der Kostenvereinbarung Art. 34 12 – Entscheidung des Gerichtshofs Art. 34 21 ff. 1335
Stichwortverzeichnis
– Genehmigung durch den Gerichtshof Art. 34 1 ff., 19 – häufige Fehlerquellen Art. 34 10 ff. – Hinweise zum Inhalt Art. 34 8 f. – Kosten der Prüfung Art. 34 26 – mathematische Berechnungen Art. 34 10 – Rechtliches Gehör Art. 34 14 – Tenorierung Art. 34 13 – Umfang Art. 34 6 – vorbehaltlose Genehmigung Art. 34 22 – Zinsen Art. 34 11 ICC-Schiedsvereinbarung Art. 4 34 ff.; Art. 6 1 – abweichende Parteivereinbarung Art. 6 269 ff. – Änderung der SchO während des Verfahrens Art. 6 15 – anderweitige rechtkräftig Entscheidung Art. 6 162 ff. – anderweitige Rechtshängigkeit Art. 6 162 ff. – Anerkennung des Gerichtshofs als Verwaltungsorgan Art. 6 17 ff. – bei Widerklage Art. 5 45 f. – Einwendungen Art. 6 50 ff. – Bindung von Nicht-Unterzeichnern Art. 6 126 ff. – der objektiven Schiedsfähigkeit Art. 6 145 ff.; siehe auch Schiedsfähigkeit, objektive – wegen Form/Sprache der Schiedsvereinbarung Art. 6 111 ff. – wegen mehrerer Schiedsvereinbarungen Art. 6 116 ff. – wegen Schiedsfähigkeit Art. 6 124 – Gegenforderung bei Aufrechnung Art. 5 58 ff., 58 ff. – Gültigkeit trotz Behauptung der Nichtigkeit/Nichtbestehen Art. 6 259 ff. – ICC-Schiedsverfahren Art. 4 34 ff. 1336
– Identität bei Verfahrensverbindung Art. 10 11 ff. – mehrere – in einem Verfahren Art. 9 1 ff. – Mehrparteienverfahren Art. 6 158 ff.; siehe auch dort – Mitteilung des Sekretariats über die anwendbare SchO Art. 6 11 – nachträgliche Änderung Art. 25 110 – nachträgliche Parteivereinbarung über anwendbare SchO Art. 6 12 – Rechtsfolgen Art. 6 6 ff. – Tatbestandsvoraussetzung Art. 6 3 ff. – über eine außer Kraft getretene SchO Art. 6 9 – Vereinbarkeit bei Verfahrensverbindung Art. 10 20 ff. – Vereinbarung der Unterwerfung Art. 6 6 – Widerklageforderung Art. 5 45 f. ICC-Schiedsverfahren – Ablauf Art. 22 1 ff. – Maßnahmen zum Schutz der Vertraulichkeit Art. 22 16 ff. – Abschluss durch Zustellung Art. 35 14 – abweichende Parteivereinbarung Art. 19 21 – allgemeine Bestimmungen Art. 42 1 ff. – Angaben Art. 4 40 ff. – Anspruch auf rechtliches Gehör Art. 22 20 – Aufrechnung Art. 5 53 ff. – Beschleunigung Art. 39 6 – Beweismittel Art. 25 24 ff. – Drittwiderklage Art. 5 47 ff. – Durchführung mündlicher Verhandlung Art. 25 97 ff. – Eilschiedsrichterverfahren Art. 29 1 ff. – Einleitung Art. 4 1 ff.
Stichwortverzeichnis
– Einwendungen, Rechtsfolgen Art. 6 68 ff. – Fortsetzung trotz Einwendungen Art. 6 74 ff. – Fristberechnung Art. 3 54 ff. – Schaubild Art. 3 63 – gemeinsamer Vorschlag für Zeitplan/Verfahrensregeln Art. 25 121 – gemeinsamer Vorschlag zum Verfahrenskalender/Verfahrensregeln Art. 25 19 – gültige SchO – zu Beginn des Verfahrens Art. 6 7 – zum Abschluss des Verfahrens Art. 6 8 – institutionelle Administrierung Art. 1 8 – Korruption/Geldwäsche Art. 25 17 – Kosten Art. 19 20 – Kostenentscheidung Art. 38 1 ff. – Mehrvertragsverfahren Art. 6 173 ff. – Mitteilungen an Schiedsparteien Art. 4 80 ff. – mündliche Verhandlung Art. 26 1 ff. – ökonomische Verfahrensgestaltung Art. 22 1 ff. – Prozesskostenhilfe Art. 37 8 – Rechtliches Gehör Art. 25 113 – Redfern Schedule (Deutsch) Art. 25 125 – Redfern Schedule (Englisch) Art. 25 126 – Reform Art. 1 2 ff. – Regelungen über institutionellen Rahmen Art. 1 1 ff. – Registrierungsgebühr für Einleitung Art. 37 2 – Rückgriff auf Parteiregelungen Art. 19 7 – Rügepräklusion Art. 40 1 ff. – Sachverständigenbeweis Art. 25 78 ff.
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Schiedsauftrag Art. 23 1 ff. Schiedshängigkeit Art. 4 57 ff. Schiedsrichterbenennung Art. 4 42 Schließung Art. 27 1 ff. Sicherungsmaßnahmen Art. 28 1 ff. – Übergabe der Schiedsverfahrensakte Art. 16 1 ff. – UNCITRAL Notes on Organizing Arbitral Proceedings Art. 25 16 – Urkundenbeweis Art. 25 38 ff. – Verfahrensbestimmungen Art. 19 1 ff. – Verfahrenskalender Art. 24 1 ff., 15 ff. – Verfahrenskommunikation Art. 3 1 ff. – Verfahrensmanagementkonferenz Art. 24 1 ff., 9 ff. – Verfahrensregeln, Festlegung Art. 25 19 ff. – vergleichsweise Beilegung Art. 33 1 ff. – vorläufige Maßnahmen Art. 28 1 ff. – Vorleistung der Parteien Art. 37 1 ff. – Vorschüsse Art. 37 2 – Weigerung der Teilnahme einer Partei Art. 6 240 ff. – Widerklage Art. 5 39 ff. – Zustellungen Art. 3 5 ff. ICC-Schiedsverfahren, internationale – Beweiserhebungsverbote Art. 25 65 – Common Law Art. 25 11 – Dokumentenvorlage Art. 25 44 – E-Discovery Art. 25 51 – Parteigutachten Art. 25 84 ICC-Sekretariat – Aktenübergabe Art. 16 13 ICC-Standardklauseln – Formulierungsvorschläge Nach Art. 43 1 ff. – Kostenaspekte Nach Art. 43 1 ff. 1337
Stichwortverzeichnis
– Zweck STANDARDKLAUSELN 1 ff. ICC-Verfahrenskosten Art. 38 10 ff. ICC-Verwaltungskosten – Berechnung Art. 38 69 – besondere Gebührentatbestände Art. 38 27 – Erhöhung, Parteieinbeziehung Art. 7 49 – Festsetzung Art. 33 9; Art. 38 26 ff. – Festsetzungszeitpunkt Art. 38 31 – Gebührenermäßigung Art. 38 28 – höhere Art. 38 61 – Kostentabellen Art. 38 67 ff. – Kostenvorschuss – getrennte Art. 38 26 – globaler Art. 37 18 – vorläufiger Art. 37 13 – Mehrparteienverfahren Art. 8 25 – Ruhendstellung einvernehmlich ausgesetzten Verfahrens Art. 38 27 – Umsatzsteuer Art. 38 66 – vorgeschaltetes Verfahren nach ICC-Mediations-Regeln Art. 38 28 ICSID EINL 16 Identität – Schiedsvereinbarung bei Verfahrensverbindung Art. 10 11 ff. In-Camera-Verfahren Art. 22 17 Insolvenz – Auswirkungen Art. 38 57 – Schiedsort Schweiz Art. 38 57 – Schiedsverfahrensbeendigung DIS-SchO Art. 42 80 ff. Insolvenzeröffnung – nach Erlass des Schiedsspruchs Art. 38 57 Institutionelle Schiedsverfahren EINL 9 Interims-Schiedsspruch Art. 2 19 Internationaler Schiedsgerichtshof der ICC siehe Gerichtshof Internationales Zentrum für die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten siehe ICSID 1338
Investitionsschiedsverfahren EINL 15 ff. – Sachrechtsermittlung Art. 21 42 Investitionsschutzverträge siehe BITS iura novit curia Art. 21 62 Joint Proposal for a Procedural Timetable and Rules Art. 25 19 Kartellrecht – Sachrecht Art. 21 27 Klageänderung Art. 4 15 ff. Klageerweiterung DIS-SchO Art. 4 25 Klageerwiderung DIS-SchO Art. 7 16 ff. – Angaben zum Schiedsverfahren Art. 5 22 ff. – Antrag auf Fristverlängerung DIS-SchO Art. 7 42 – Checkliste Art. 5 64; DIS-SchO Art. 7 20 – DIS-Schiedsverfahren DIS-SchO Art. 7 1 ff. – Drittwiderklage Art. 5 47 ff. – Einreichung Art. 5 32 ff. – Frist DIS-SchO Art. 7 39 ff. – Fristverlängerung Art. 5 35 ff. – ICC-Schiedsverfahren Art. 5 1 ff. – Inhalt Art. 5 18 ff.; DIS-SchO Art. 7 31 – mit Widerklage DIS-SchO Art. 7 16 – rügelose Einlassung DIS-SchO Art. 7 12 – Schaubild Art. 5 65 – Stellungnahme zur Schiedsklage Art. 5 20 – Übermittlung Art. 5 38 – zusätzliche Partei Art. 5 2 – Zuständigkeitsrügen Art. 5 6 ff., 14 ff. – Vortrag DIS-SchO Art. 7 27
Stichwortverzeichnis
– Zeitpunkt DIS-SchO Art. 7 25 Klägermehrheit – Schiedsrichterbenennung Art. 13 1 ff.; DIS-SchO Art. 18 1 ff. Klagerücknahme Art. 38 51 Klageschrift – Angabe zu Verfahrensbevollmächtigte DIS-SchO Art. 5 18 ff. – Antrag Art. 4 29 ff. – anwendbares Sachrecht Art. 4 44 – Checkliste Art. 4 86 – Einreichung Art. 4 61 ff.; DIS-SchO Art. 5 60 ff. – Korrekturfrist Art. 4 14 – Mitteilung an den Beklagten Art. 4 80 – notwendiger Inhalt Art. 4 11 ff. – Parteibezeichnungen Art. 4 18 ff.; DIS-SchO Art. 5 14 ff. – Rechtsgrund Art. 4 24 ff. – Sachverhalt Art. 4 24 ff. – Schiedsort Art. 4 44 – Schiedsvereinbarung Art. 4 34 ff. – Streitwertbestimmung Art. 4 31 – Teilklage Art. 4 33 – Übersendung Art. 4 75 ff.; DIS-SchO Art. 5 68 ff. – Verfahrenssprache Art. 4 45; DIS-SchO Art. 5 10 ff. Kollisionsregel – Sachrecht Art. 21 1 Kommunikationsmittel – Kommunikationsvereinbarung Art. 3 41 – Zulässigkeit Art. 3 36 ff. Kompetenz-Kompetenz Art. 6 29 f., 74 – nach positiver Prima-facie-Entscheidung des Gerichtshofs Art. 6 215 Konfliktmanagementordnung siehe auch DIS-KOM – praktische Funktion DIS-KMO 1 ff.
Konfliktmanagementverfahren – Bestellung des Managers DIS-SchO Art. 2 8 ff. – Kosten DIS-SchO Art. 2 10 Kosten – Ablehnung eines Schiedsrichter DIS-SchO Art. 15 24 – Aktenübergabe Art. 16 28 – Änderung des Streitgegenstands DIS-ERGeS Art. 6 8 – anwendbares Sachrecht DIS-SchO Art. 24 72 – Anzahl der Schiedsrichter DIS-SchO Art. 10 51 – außergerichtliche Art. 38 5 – Beendigung des Schiedsverfahrens DIS-SchO Art. 42 77 – bei Einbeziehung zusätzlicher Partei DIS-SchO Art. 19 24 – Berichtigungsverfahren Art. 36 43 ff. – Bestellung der Schiedsrichter durch die DIS DIS-SchO Art. 13 55 – Beweisverfahren Art. 25 115; DIS-SchO Art. 28 113 ff. – DIS-KOM-Verfahren DIS-KMO 19 – DIS-Musterschiedsvereinbarung Nach Art. 45 DIS-SchO 20 – DIS-Schiedsspruch in gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten DIS-ERGeS Art. 11 10 – DIS-Schiedsspruch mit vereinbartem Inhalt DIS-SchO Art. 41 29 – DIS-Schiedsverfahren DIS-SchO Art. 32 1 ff. – Aufwendung/Auslagen der Parteien DIS-SchO Art. 32 11 – Bearbeitungsgebühr der DIS DIS-SchO Art. 32 19 – Doppelvertretung DIS-SchO Art. 32 14 – Fest-/Erfolgshonorar DIS-SchO Art. 32 13 – Honorare/Auslagen DIS-SchO Art. 32 7 ff. 1339
Stichwortverzeichnis
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– Rechtsanwaltskosten DIS-SchO Art. 32 12 Dokumentvorlage DIS-SchO Art. 28 114 Dreierschiedsgericht Art. 12 8; DIS-SchO Art. 12 81 Eilschiedsrichterverfahren Art. 29 101 ff. Einreichungsgebühr Art. 7 22 einstweiliger Rechtsschutz Art. 28 97 – DIS-Gebühren DIS-SchO Art. 25 48 – Gerichtsgebühren DIS-SchO Art. 25 50 – gesetzliche Anwaltsgebühren DIS-SchO Art. 25 49, 51 – Schiedsrichterhonorare DIS-SchO Art. 25 48 Einzelschiedsrichter Art. 12 8; DIS-SchO Art. 11 65; DIS-ERGeS Art. 7 7 Ersatzschiedsrichterbestellung DIS-ERGeS Art. 8 13 flexibler Kostenvorschuss Art. 37 26 ff. gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten DIS-ERGeS Art. 12 1 ff. ICC-Schiedsverfahren Art. 37 1 ff., 1 ff.; Art. 38 1 ff., 4 ff. Klagerücknahme DIS-ERGeS Art. 6 8 Kostenentscheidung Art. 38 1 ff. Kostengrundentscheidung Art. 38 45 Kostensanktion DIS-SchO Art. 28 115 – bei treuwidrigem Verhalten Art. 25 117 Kostenschiedsspruch DIS-SchO Art. 26 20 Kostenvorschuss Art. 7 50 – globaler Art. 37 16 ff. – Verfahrensverbindung Art. 10 43 f. – vorläufiger Art. 37 10 ff.
1340
– Mehrparteienverfahren Art. 8 24 ff.; DIS-SchO Art. 18 16 – Mehrparteienverfahren, Dreierschiedsgericht DIS-SchO Art. 20 43 – Mehrvertragsverfahren DIS-SchO Art. 17 22 – mündliche Verhandlung Art. 26 58 f.; Art. 27 11; DIS-SchO Art. 29 69 – Parteieinbeziehung Art. 7 48 ff. – Parteikosten Art. 7 51 – Protokollführer Art. 26 16 – Prozesskostenhilfe Art. 37 8 – Prozessökonomie, Maßnahmen Art. 22 30 – Rechtswahl Art. 21 70 f. – Sachverständige DIS-SchO Art. 28 114 – Sachverständigenvergütung Art. 25 116 – Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens Art. 33 22 – Schlussverfügung DIS-SchO Art. 31 13 – Streitbeilegung DIS-SchO Art. 26 19 – Überprüfungsverfahren Art. 34 26 – Übersetzungen Art. 20 21; DIS-SchO Art. 5 12 – Umsatzsteuer Art. 38 5 – Unterrichtung Betroffener, nicht Beigetretener DIS-ERGeS Art. 5 7 – Verfahrensbestimmungen Art. 19 20 – Verfahrenssprache DIS-SchO Art. 23 21 – Verfahrensverbindung Art. 10 43 ff.; DIS-SchO Art. 8 29 – Verwaltungskosten Art. 7 49; siehe auch dort – Vollziehungszulassung DIS-SchO Art. 25 50 – vorzeitige Erledigung Art. 38 55
Stichwortverzeichnis
– Zeugen DIS-SchO Art. 28 114 – Zeugenbeweis Art. 25 116 Kostenentscheidung – abweichende Parteivereinbarungen Art. 38 70 – Anträge nach Art. 36 ICC-SchO Art. 36 30, 43 – Bekanntgabe Art. 38 23 – Bifurkation Art. 38 46 – durch Gerichtshof Art. 38 59 ff. – Endschiedsspruch Art. 38 40 f. – Entscheidungsform Art. 38 45 – Grundsatz der einheitlichen Kostenentscheidung Art. 38 42 – Honorartabelle Art. 38 67 – Kostenfestsetzungen Art. 38 45 – Kostengrundentscheidung Art. 38 45 – Teilschiedsspruch Art. 38 46 – Verfahrensbeendigung ohne Endschiedsspruch Art. 38 49 ff. – verfahrensphasenspezifische Erstattungsansprüche Art. 38 46 – Zahlungsbefehl Art. 38 45 – Zwischenschiedsspruch Art. 38 46 Kostenentscheidung des Schiedsgerichts DIS-SchO Art. 33 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 33 14 – Kostensicherheit DIS-SchO Art. 33 8 – Verteilung der Kosten DIS-SchO Art. 33 10 – Verzinsung der Kosten DIS-SchO Art. 33 12 – Zeitpunkt/Gegenstand DIS-SchO Art. 33 6 Kostenfestsetzung – abweichende Parteivereinbarungen Art. 38 70 – Aufwendungen der Parteien Art. 38 33 f. – Auslagen Art. 38 6 – Auslagen, andere Art. 38 35
– Beauftragung von Hilfspersonen Art. 38 36 – Berechnung Art. 38 69 – durch Schiedsgericht Art. 38 63 – Eilschiedsrichterverfahren Art. 38 34 – Grundsatz der einheitlichen Kostenentscheidung Art. 38 7 – Kostenentscheidung Art. 38 40 ff. – Kostenfestsetzungsentscheidung, Bekanntgabe Art. 38 23 – Kostentabellen Art. 38 67 – Kostenverteilung Art. 38 7 – Mehrparteienverfahren Art. 38 46 – Parteien, Einbeziehung Art. 38 22 – Parteikosten, vorprozessuale Art. 38 6 – Quotelung Art. 38 42 – Rechtsbehelfe Art. 38 9 – Sachverständigenhonorare/-auslagen Art. 38 32 – Schiedsrichterauslagen Art. 38 24 f., 47 – Schiedsrichterhonorare Art. 38 11 ff., 47 – umsatzsteuerliche Fragen Art. 38 65 ff. – Verfahrensfragen Art. 38 22 f. – Verfahrensverzögerungen Art. 31 14 – Verwaltungskosten Art. 38 6, 28 ff., 47, 66 – vorzeitige Verfahrensbeendigung Art. 38 8 – Zahlungen auf die Umsatzsteuer Art. 38 39 – Zinsen Art. 38 45 – zweigeteilte Art. 38 6 Kostenschiedsspruch – gesonderter, Kostenentscheidung Art. 33 9 Kostensicherheit – Berechnungsgrundlage DIS-SchO Art. 36 1 ff. 1341
Stichwortverzeichnis
Kostentabelle – keine Schiedsvereinbarung über – Art. 6 16 Kostenvereinbarung – Überprüfung durch Gerichtshof Art. 34 12 Kostenvorschuss – Anpassungen Art. 37 33 – Antrag auf Entscheidung durch den Gerichtshof Art. 37 36 – Aufrechnung, streitwerterhöhende Art. 37 38 – Bankgarantie Art. 37 30 – Erhöhungen Art. 37 33 – Gesamtkostenvorschuss Art. 37 27 – getrennter Art. 37 28 – globaler Art. 37 16, 16 ff.; siehe auch Kostenvorschuss, globaler – Hilfsaufrechnung Art. 37 38 – in Mehrparteienverfahren Art. 37 26 ff. – multipolare Schiedsverfahren Art. 37 28 – Nichtzahlung Art. 37 34 f. – Ratenzahlungsvereinbarung Art. 37 31 – Registrierungsgebühr Art. 37 2 – Sachverständige Art. 37 39 – Säumnis der Parteien DIS-SchO Art. 30 27 – Substituierung Art. 37 34 – Umsatzsteuer Art. 38 65 – vorläufiger Art. 37 10 ff. – Vorschusssäumnis Art. 37 35, 37 – Währung Art. 37 29 – Zahlungsmodalitäten Art. 37 29 ff. – Zinsen Art. 37 31 Kostenvorschuss, globaler Art. 37 16 ff. – Abgrenzung zu vorläufigem Art. 37 16 – Anpassungen Art. 37 19 – Anrechnungen Art. 37 22 1342
– Auslagen von Hilfspersonen Art. 37 20 – Fälligstellung Art. 37 23 – Festsetzung Art. 37 2, 17 – getrennte für Klage und Widerklage Art. 37 24 f. – Kostensicherheit Art. 37 20 – Schiedsrichterauslagen Art. 37 18 – Schiedsrichterhonorare Art. 37 18 – Streitwertabhängigkeit Art. 37 17 – Tragung zu gleichen Teilen Art. 37 22 – Umsatzsteuer Art. 37 20 – Verwaltungskosten Art. 37 18 – vs. direkt von der Partei zu tragende Kosten Art. 37 22 Kostenvorschuss, vorläufiger Art. 37 10 ff. – Anpassung Art. 37 33 – Anrechnung auf globalen Art. 37 22 – Auslagen Art. 37 13 – Berechnung Art. 37 12 – durchschnittliche Schiedsrichterkosten Art. 37 13 – Ermessen Art. 37 10 – Festsetzung durch Generalsekretär Art. 37 2 – ICC-Verwaltungskosten Art. 37 13 – Widerklage Art. 37 15 – Zahlungsfrist Art. 37 14 Kreuzverhör Art. 26 36 Live notes Art. 26 22 Mediation EINL 7 Mehrparteienverfahren Vor Art. 7 1 ff.; DIS-SchO Art. 18 1 ff.; siehe auch Ansprüche zwischen mehreren Parteien – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 18 18
Stichwortverzeichnis
– Ansprüche zwischen mehreren Parteien siehe dort – Antrag auf Parteieinbeziehung Art. 7 7 ff. – Beendigung Schiedsverfahren DIS-SchO Art. 42 31 – Begriffsbestimmungen Art. 2 9 ff. – Bestehen einer Schiedsvereinbarung – erster Anschein Art. 6 170 – Praxis des Gerichtshofs Art. 6 171 – Zeitpunkt Art. 6 169 – Ducto-Entscheidung Art. 12 34 – Einwendungen gegen Schiedsvereinbarung Art. 6 51 – flexibler Kostenvorschuss Art. 37 26 ff. – Honorar der Schiedsrichter DIS-SchO Art. 34 7 – Klageantwort von einer Partei Art. 6 46 – Konstituierung des Schiedsgerichts DIS-SchO Art. 18 14 – Kosten DIS-SchO Art. 18 16 – Kostenentscheidung Art. 38 46 – Kostensicherheit bei Schiedsrichterhonorar DIS-SchO Art. 35 25 – mehrere Kläger/Beklagte Art. 12 34 ff. – mehrere Verträge Art. 9 1 ff. – Parteikonsens DIS-SchO Art. 18 10 – Schaubild Art. 6 277 – Schiedsgericht, Bildung Art. 12 34 ff. – Schiedsgerichtsentscheidung bei streitigem Konsens DIS-SchO Art. 18 11 – Schiedsrichterbenennung Art. 13 1 ff.; DIS-SchO Art. 18 1 ff. – und Mehrvertragsverfahren Art. 6 204 ff. – Vollstreckung/gerichtliche Kontrolle DIS-SchO Art. 18 15
– weitere Partei, Einbeziehung Art. 12 36 – Zulässigkeit DIS-SchO Art. 18 8 ff., 8 ff. – Zusammentreffen mit Mehrvertragsverfahren DIS-SchO Art. 18 13 Mehrparteienverfahren, Dreierschiedsgericht DIS-SchO Art. 20 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 20 44 – Benennung der Beisitzer DIS-SchO Art. 20 14 – Benennung/Bestellung des Vorsitzenden DIS-SchO Art. 20 28 – Bildung bei Einbeziehung zusätzlicher Partei DIS-SchO Art. 20 30 – Kosten DIS-SchO Art. 20 43 – Nichtbenennung eines Beisitzenden – durch eine Partei DIS-SchO Art. 20 17 – durch Kläger- und Beklagtenpartei DIS-SchO Art. 20 20 – Vollstreckbarkeit/gerichtliche Kontrolle DIS-SchO Art. 20 41 Mehrvertragsverfahren DIS-SchO Art. 17 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung Art. 9 29; DIS-SchO Art. 17 23 – Ansprüche aus mehreren Schiedsvereinbarungen Art. 6 173 – Ansprüche in einem Schiedsverfahren entschieden Art. 6 191 ff. – Ansprüche, Begriff Art. 9 6 – doppelte Entscheidung aufgrund ersten Anscheins Art. 6 173 ff. – Einwendungen Art. 9 11 ff. – Entscheidungskriterien des Schiedsgerichts Art. 9 19 ff. – Form der Entscheidung durch Gerichtshof Art. 9 24 – Kompetenz-Kompetenz nach positiver Entscheidung des Gerichtshofs Art. 6 215 1343
Stichwortverzeichnis
– Kosten Art. 9 28; DIS-SchO Art. 17 22 – mehrere Verträge/Ansprüche DIS-SchO Art. 17 2 f. – Mindestanzahl Art. 9 5 – negative Prima-facie-Entscheidung – Kosten Art. 6 238 f. – Rechtsfolgen Art. 6 222 ff. – Vorbehalt der Parteien, zuständige Gericht anzurufen Art. 6 229 ff. – Parteienidentität Art. 9 16 – Parteikonsens DIS-SchO Art. 17 7 – positive Prima-facie-Entscheidung, Rechtsfolgen Art. 6 208 ff. – Schaubild Art. 6 277 – Schiedsgerichtsentscheidung bei Bestreiten des Konsens DIS-SchO Art. 17 8 ff. – Schiedsvereinbarungen vereinbar Art. 6 177 – Anzahl der Schiedsrichter Art. 6 181 – besondere Merkmale der Schiedsrichter Art. 6 183 – Heilung Art. 6 190 – unterschiedlich anwendbares materielles Recht Art. 6 185 – unterschiedliche besondere Befugnisse Art. 6 189 – unterschiedliche Fristen Art. 6 187 – unterschiedliche Kostenverteilung Art. 6 188 – unterschiedliche mehrstufige Streitbeilegungsklauseln Art. 6 186 – unterschiedliche Regeln bzgl. Bildung des Schiedsgerichts Art. 6 182 – verschiedene Schiedsorte Art. 6 180 – verschiedene Sprachen Art. 6 184 1344
– spätere Geltendmachung des abgelehnten Anspruchs Art. 6 235 ff. – und Mehrparteienfälle Art. 6 204 ff. – Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen Art. 9 13 ff.; DIS-SchO Art. 17 12 ff. – Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs Art. 9 25 ff. – Vollstreckbarkeit/gerichtliche Kontrolle DIS-SchO Art. 17 19 ff. – Voraussetzungen Art. 23 7 ff. – Vorbehalt zugunsten Art. 6 Art. 9 8 f. – vorzeitige Beendigung des – durch DIS DIS-SchO Art. 17 17 – Zusammentreffen mit Mehrparteienverfahren DIS-SchO Art. 17 18 Multi-tier Streitbeilegungsvereinbarung Nach Art. 43 10 Mündliche Verhandlung Art. 25 97 ff.; Art. 26 1 ff.; DIS-SchO Art. 29 1 ff. – Ablauf Art. 26 11 ff. – abweichende Parteivereinbarung Art. 26 60 f.; DIS-SchO Art. 29 72 – Antrag einer Partei Art. 25 11 – Anwesenheitsrechte DIS-SchO Art. 29 48 ff. – Anzahl DIS-SchO Art. 29 19 – bei Antrag einer Partei DIS-SchO Art. 29 14 – Beweisaufnahme Art. 26 31 ff. – Bindung an Parteivereinbarung Art. 25 107 – einstweiliger Rechtsschutz DIS-SchO Art. 25 30 – Ermessen des Schiedsgerichts Art. 25 113 f., 113 – Eröffnungsplädoyer Art. 26 28 ff. – Expert Conferencing Art. 26 43 – im beschleunigten Verfahren DIS-BV Art. 4 1 ff. – Kosten Art. 26 58 f.; Art. 27 11; DIS-SchO Art. 29 69
Stichwortverzeichnis
– nach Ermessen des Gerichts DIS-SchO Art. 29 15 – nachträgliche Änderung Art. 25 110 – nachträgliche Vereinbarung DIS-SchO Art. 29 13 – Nichtöffentlichkeit Art. 26 50 ff.; DIS-SchO Art. 29 55 – Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 29 10 – Protokollführung Art. 26 21 – Prozedural Hearing DIS-SchO Art. 29 20 – Rechtliches Gehör Art. 25 108; DIS-SchO Art. 29 11, 17 – Sachverständige DIS-SchO Art. 29 42 ff. – Säumnis einer Partei Art. 26 47 ff. – Schließungserklärung Art. 27 4 ff. – Tagesordnung Art. 26 16 – Telefonkonferenz Art. 26 19 – Verfahrenseffizienz DIS-SchO Art. 27 35 – Verfahrenskonferenz DIS-SchO Art. 29 20 – Vergleichsvorschlag Art. 26 29 – Vertretung durch Rechtsanwalt DIS-SchO Art. 29 51 – Verzicht Art. 25 108 – Vorbereitung Art. 26 16 ff. – Zeugen DIS-SchO Art. 29 32 ff. Mündliche Verhandlung, Ablauf – Closing-Statements DIS-SchO Art. 29 46 – Ermessen bei der Durchführung DIS-SchO Art. 29 26 – Eröffnungsplädoyer (Opening Statement) DIS-SchO Art. 29 30 – Organisatorisches DIS-SchO Art. 29 23 – Pre-Hearing Briefs DIS-SchO Art. 29 25 – Post-Hearing-Briefs DIS-SchO Art. 29 47 – Relationstechnik DIS-SchO Art. 29 21
– Tagesordnung DIS-SchO Art. 29 24 – Termin DIS-SchO Art. 29 21 – Vergleichsvorschlag DIS-SchO Art. 29 31 – Verhandlungsort DIS-SchO Art. 29 22 – Vorbereitung DIS-SchO Art. 29 21 ff. Mündliche Verhandlung, Protokoll DIS-SchO Art. 29 56 ff. – bei Videokonferenz DIS-SchO Art. 29 63 – Ermessen DIS-SchO Art. 29 65 – Verstoß gegen Protokollierungspflicht DIS-SchO Art. 29 68 – wörtliche Protokollierung DIS-SchO Art. 29 66 Muster – Antrag auf Verfahrensverbindung Art. 10 48 f. – DIS-BV Musterklausel DIS-BV Art. 1 14 – DIS-Musterschiedsvereinbarung Nach Art. 45 DIS-SchO 1 ff. – Formulierungsvorschläge ICCStandardklausel Vor Art. 1 1 ff. – Gemeinsamer Vorschlag für einen Zeitplan und Verfahrensregeln Art. 25 121 – Joint Proposal by the Parties on Timetable and Prodedural Rules Art. 25 122 – Redfern Schedule (Deutsch) Art. 25 125 – Redfern Schedule (Englisch) Art. 25 126 – Schriftliche Zeugenaussage Art. 25 123 f. – Witness Statement Art. 25 124 Nationalkomitee – Nationalkomiteesystem Art. 13 33 1345
Stichwortverzeichnis
– Schiedsrichterernennung Art. 13 32 ff. – Schiedsrichterlisten Art. 13 36 – Zuständigkeit Vor Art. 11 10 Neutralitätsgebot Art. 11 1 ff.; siehe auch Unparteilichkeit/Unabhängigkeit von Schiedsrichtern – Eilschiedsrichter Art. 29 58 – Offenlegung von Prozessfinanzierern Art. 11 96 ff. New Yorker UN-Übk. über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10.6.1958 siehe UNÜ Nichtbeteiligung einer Partei am Schiedsverfahren siehe Säumnis Nichtöffentlichkeit EINL 8; Art. 25 105 – bei mündlicher Verhandlung Art. 26 50 ff. Non-Disclosure-Agreement Art. 25 61 Offenbarungspflichten – gesetzliche DIS-SchO Art. 44 24 – vertragliche DIS-SchO Art. 44 26 Opening Statement Art. 26 28 ff. Parallelverfahren – gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten DIS-ERGeS Art. 9 1 ff. – Kosten DIS-ERGeS Art. 9 16 – Kostenkontrolle DIS-ERGeS Art. 9 16 – Nachrangverfahren DIS-ERGeS Art. 9 11 ff. – Rechte des Klägers DIS-ERGeS Art. 9 13 ff. Partei – als Zeuge Art. 25 25 – Anspruch auf rechtliches Gehör Art. 22 20 1346
– Aufwendungen, Festsetzung Art. 38 33 f. – Begriffsbestimmung Art. 2 9 ff.; DIS-SchO Art. 3 6 – Beitrittserklärung, gesellschaftsrechtliche Streitigkeit DIS-ERGeS Art. 3 1 ff. – mehrere Art. 8 1 ff. – Nichtmitwirkung Art. 23 29 ff. – Nicht-Unterzeichner Art. 6 126 ff. – Parteikosten – Parteikostenerhöhung Art. 7 51 – Parteistellung bei Verfahrensverbindung Art. 10 37 – Schiedsfähigkeit bei Schiedsvereinbarung Art. 6 124 – Vorsteuerabzugsberechtigung Art. 38 39 – zusätzliche Art. 2 10; siehe auch Mehrparteienverfahren; Partei, Einbeziehung zusätzlicher Partei, Einbeziehung zusätzlicher DIS-SchO Art. 19 1 ff. – 30-Tage-Frist Art. 7 25 ff. – abweichende Parteivereinbarung Art. 7 52 ff.; DIS-SchO Art. 19 27 – Adressat Art. 7 11 – Aktenzeichen Art. 7 19 – Anspruchserhebung Art. 7 21 – Antrag Art. 7 8 ff. – Antragsmuster Art. 7 54 f. – Antwort der zusätzlichen Partei Art. 7 29 ff. – Anwendungsbereich DIS-SchO Art. 19 7 – Begriffsbestimmungen Art. 2 9 ff. – Besetzung des Schiedsgerichts, Muster Art. 7 54 f. – Einbeziehung ohne Zustimmung Art. 7 2, 33 – Einbeziehungsbeschluss Art. 7 40 ff. – Einreichungsgebühr Art. 7 22 – Einwendungen Art. 7 35
Stichwortverzeichnis
– Entscheidung des Schiedsgerichts Art. 7 42 ff.; DIS-SchO Art. 19 17 – Exemplare Art. 7 22 – Fristsetzung Art. 7 13 f. – gerichtliche Überprüfung Art. 7 45 ff. – ICC-Verwaltungskosten Art. 7 49 – Klageantwort Art. 5 2 – Muster Art. 7 54 f. – Kontaktdaten Art. 7 20 – Kosten Art. 7 48 ff.; DIS-SchO Art. 19 24 – Kostenvorschuss Art. 7 50 – Mitwirkung bei Schiedsrichterbesetzung Art. 7 27 – nach Schiedsrichterernennung/-bestätigung Art. 7 33 – Parteikosten Art. 7 51 – Schiedsklage als Einbeziehungsvoraussetzung DIS-SchO Art. 19 10 – Schiedsrichterhonorare Art. 7 49 – Stellungnahme/Klageerwiderung der einzubeziehenden Partei DIS-SchO Art. 19 14 – Streitwerterhöhung Art. 7 48 – Unterscheid zu Streitverkündung Art. 7 5 – Unterschied zu Nebenintervention Art. 7 5 – Unterschied zu Streitgenossenschaft Art. 7 6 – Verfahrensbeginn Art. 7 16 – Vollstreckbarkeit/gerichtliche Kontrolle DIS-SchO Art. 19 22 – Widerklagemuster Art. 7 54 f. – zeitliche Begrenzung der Möglichkeit DIS-SchO Art. 19 9 – Zuständigkeitsentscheidung Art. 7 42 f. – Zustimmungserfordernis Art. 7 12 f. Parteiautonomie EINL 1; Vor Art. 11 3 – Grenzen Art. 25 118
Parteibezeichnung – ICC-Schiedsverfahren Art. 4 18; Art. 23 10 – Klageantwort Art. 5 19 Parteienmehrheit – Schiedsrichterbenennung Art. 13 1 ff.; DIS-SchO Art. 20 1 ff. Parteigutachten DIS-SchO Art. 28 100 – in internationalen Schiedsverfahren Art. 25 84 Parteikosten – Mehrparteienverfahren Art. 8 27 – Parteikostenerhöhung Art. 7 51 – Vertretungskosten Art. 38 33 – vorprozessuale Art. 38 34 – Zeugencoaching Art. 38 34 Parteiöffentlichkeit – vs. Vertraulichkeitsgebot DIS-SchO Art. 44 14 Parteisachverständiger – Auslagenfestsetzung Art. 38 35 Parteivertreter Art. 17 1 ff. – Ausschluss durch Schiedsgericht Art. 17 7 – Informationspflicht der Parteien Art. 17 4 – Nachweis der Vollmacht Art. 17 16 ff. Per-Diem-Pauschalen – Schiedsrichterauslagen Art. 38 25 PICC Art. 21 2 Prague-Rules – Dokumentenherausgabe DIS-SchO Art. 28 61 – Sachverhaltsermittlung DIS-SchO Art. 28 23 – vorläufige Rechtsaufassung DIS-SchO Art. 26 15 – Zeugen DIS-SchO Art. 29 41 Präklusion siehe Rügerecht, Präklusion – Fristversäumnis Art. 5 36 – Rüge der Unzuständigkeit Art. 5 9 ff. 1347
Stichwortverzeichnis
Präsident – Eilkompetenz Art. 1 18 Pre-Hearing Brief Art. 26 20 f. Pre-Hearing Conference Call Art. 26 19 Pre-Hearing-Meeting Art. 25 89 Prima-Facie-Entscheidung – Beschluss Art. 9 24 – Mehrparteienverfahren Art. 6 168 – Mehrvertragsverfahren Art. 6 173 Privilegien, beweisrechtliche – Anwaltsgeheimnis Art. 25 55 f. – anwendbares Recht Art. 25 63 – Anwendung im Einzelfall Art. 25 66 – Attorney-Client-Privilege Art. 25 57 – Discovery-Agent Art. 25 68 – IBA Rules Art. 25 64 – in internationalen Schiedsverfahren Art. 25 63 – neutraler Berater Art. 25 67 – Non-Disclosure-Agreement Art. 25 61 – Syndikusanwälte Art. 25 53 – transnationale Grundsätze Art. 25 58 – Vertraulichkeitsschutz, EuGH Art. 25 59 – Verzicht Art. 25 69 – Work-Product-Doctrine Art. 25 60 Procedural Order – erste Verfahrensverfügung DIS-SchO Art. 28 12, 31 Protokollführer – Kosten Art. 26 16 Prozessfinanzierer – Ertrag des Rechtsstreits als Kosten Art. 38 38 – Offenlegung Art. 11 96 ff. – Unabhängigkeit des Schiedsrichter Art. 11 16 Prozesskostenhilfe Art. 37 8 1348
Prozesskostensicherheit Art. 38 47 Prozessökonomie – Maßnahmen zur Förderung Art. 22 11 ff. Prozessvergleich – vs. Vergleich nach Art. 33 ICCSchO Art. 33 4 Prozessvertreter siehe Parteivertreter Prozesszinsen Art. 4 71 Ratenzahlung – Kostenvorschuss Art. 37 2, 31 Rechtliches Gehör EINL 4; Art. 22 20 ff. – Berücksichtigung des Parteivortrags DIS-SchO Art. 21 28 – DIS-Schiedsverfahren DIS-SchO Art. 21 6 ff. – due process paranoia DIS-SchO Art. 21 19 – Gewährleistung DIS-SchO Art. 21 25 – Verstoß, Rechtsfolge DIS-SchO Art. 21 32 – zu Verfahrensbeginn Art. 25 113 Rechtsanwaltsgebühren – Kostenfestsetzung Art. 38 33 f. – vorgerichtliche Art. 38 34 Rechtshängigkeit siehe Schiedshängigkeit Rechtskraft – ICC-Schiedssprüche Art. 35 20 Rechtsstreit – vergleichsweise Beilegung Art. 33 1 ff. Rechtswahl DIS-SchO Art. 24 1 ff.; siehe auch Anwendbares Sachrecht; Sachrecht, anwendbares – Auslegung Art. 21 23, 25 f. – Eingriffsnormen Art. 21 27; DIS-SchO Art. 24 31 – Fehlen einer – Art. 21 32; DIS-SchO Art. 24 36 ff.
Stichwortverzeichnis
– freie – Art. 21 25 f.; DIS-SchO Art. 24 29 – Grenzen Art. 21 25 ff. – konkludente – Art. 21 16; DIS-SchO Art. 24 20 – negative – Art. 21 25 f.; DIS-SchO Art. 24 25 – Parteiautonomie Art. 21 12 ff.; DIS-SchO Art. 24 16 – Privatautonomie, Grenzen DIS-SchO Art. 24 29 ff. – Reichweite Art. 21 22; DIS-SchO Art. 24 26 – Relevanz der Rom-VO DIS-SchO Art. 24 43 – Sachnormverweisung Art. 21 20; DIS-SchO Art. 24 24 – Schiedsort als Indiz Art. 21 15 – Trennbarkeit Art. 21 18 – und Schiedsort DIS-SchO Art. 24 20 – voie directe/indirecte DIS-SchO Art. 24 41 f. – Wirksamkeit Art. 21 17 – Zeitpunkt Art. 21 13 Redfern Schedule – bei Dokumentvorlage DIS-SchO Art. 28 81 – Dokumentenvorlageverfahren Art. 25 72 – Muster (deutsch) Art. 25 125 – Muster (englisch) Art. 25 126 Regelfrist (Endschiedsspruch) Art. 31 1 ff. – abweichende Parteivereinbarungen Art. 31 20 – Abweichung Art. 31 9 ff. – Beginn Art. 31 6 – Berechnung Art. 31 6 ff., 10, 12 – Ermessen Art. 31 9 – Verfahrensmanagement Art. 31 8 – Verfahrensverzögerungen Art. 31 14 f. – Verlängerung, Voraussetzungen Art. 31 11 f.
Regelverfahrensdauer – abweichende Parteivereinbarungen DIS-BV Art. 1 22 – nach DIS-BV DIS-BV Art. 1 17 ff. – Überschreitung des Zeitrahmens DIS-BV Art. 5 1 ff. Registrierungsgebühr – Anrechnung auf Kostenvorschuss Art. 37 22 – Erstattung Art. 4 52 – Klageeinreichung Art. 4 52 ff.; Art. 37 2, 9 ff. – Parteieinbeziehung Art. 7 22 Reisekosten Art. 25 116 Rom-Verordnungen Art. 21 5, 10 ff. – Rechtswahl DIS-SchO Art. 24 43 Rubrum – DIS-Schiedsspruch DIS-SchO Art. 39 9 Rücknahme der Schiedsklage siehe Klagerücknahme Rüge – Fortfahren mit dem Schiedsverfahren Art. 40 12 – Frist Art. 40 12 Rügerecht, Präklusion Art. 5 6 ff.; Art. 40 1 ff.; DIS-SchO Art. 43 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung Art. 40 15; DIS-SchO Art. 43 13 ff., 13 ff. – keine unverzügliche Rüge DIS-SchO Art. 43 11 ff., 11 ff. – Rechtsfolge Art. 40 13; DIS-SchO Art. 43 12 ff., 12 ff. – Verstöße Art. 40 4 ff.; DIS-SchO Art. 43 7 ff., 7 ff. Rules of ICC as Appointing Authority in UNCITRAL or other Ad Hoc Arbitration Proceedings EINL 12; Art. 1 8 Rumpfschiedsgericht – Ableben/Entfernung eines Schiedsrichters Art. 15 41 f. – Ermessensentscheidung Art. 15 43 – Schließen des Verfahrens Art. 15 40 1349
Stichwortverzeichnis
Sachrecht, anwendbares Art. 21 1 ff. – abweichende Parteivereinbarungen Art. 21 73 – amiable compositeur Art. 21 47 ff. – Billigkeitsentscheidung Art. 21 47 ff. – Entscheidungsform Art. 21 54 ff. – Entscheidungsspielraum Art. 21 35 – ex aequo et bono Art. 21 47 ff. – Geeignetheit Art. 21 36 – gerichtliche Kontrolle Art. 21 66 ff. – Grenzen Art. 21 43 – Handelsbräuche Art. 21 40 ff. – Inhaltsermittlung Art. 21 61 ff. – Investitionsschutzverfahren Art. 21 42 – Kollisionsnormen – EGBGB Art. 21 8 ff. – Rom-VO Art. 21 10 ff., 39 – ungeschriebene – Art. 21 38 – Parteiautonomie Art. 21 12 ff. – Grenzen Art. 21 25 ff. – Vorrang der Parteiabrede Art. 21 33 – Recht des Staates Art. 21 34 – Rechtswahl durch das Schiedsgericht Art. 21 32 ff. – subjektive Anknüpfung Art. 21 12 ff. – Vergleich mit staatlichen Gerichtsverfahren Art. 21 7 ff. – Vertragsbestimmungen Art. 21 40 – Vollstreckbarkeit Art. 21 66 ff. Sachs Protocol – Sachverständige DIS-SchO Art. 28 106 Sachverhaltsermittlung Art. 25 1 ff.; DIS-SchO Art. 28 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung Art. 25 118; DIS-SchO Art. 28 116 – Beweismittel Art. 25 24 ff. – civil vs. common law Art. 25 10 ff.; DIS-SchO Art. 28 15 1350
– eingeschränkter Untersuchungsgrundsatz Art. 25 8; DIS-SchO Art. 28 5 – Ermessen Art. 25 8 ff.; DIS-SchO Art. 28 5 – Festlegung/Ablauf DIS-SchO Art. 28 8 – gemeinsamer Vorschlag für einen Zeitplan und Verfahrensregeln (Muster) Art. 25 121 – IBA Rules Art. 25 12 ff.; DIS-SchO Art. 28 19 – Joint Proposal by the Parties on Timetable and Prodedural Rules (Muster) Art. 25 122 – mündliche Verhandlung Art. 25 97 ff. – Prague-Rules DIS-SchO Art. 28 23 – Redfern Schedule (deutsch, Muster) Art. 25 125 – Redfern Schedule (englisch, Muster) Art. 25 126 – Schriftliche Zeugenaussage (Muster) Art. 25 123 f. – soft law DIS-SchO Art. 28 18 – UNCITRAL DIS-SchO Art. 28 24 – UNCITRAL Notes on Organizing Arbitral Proceedings Art. 25 21 – Verfahrensablauf Art. 25 21 – Verfahrensregeln, Festlegung Art. 25 19 ff. – Witness Statement (Muster) Art. 25 124 Sachverständigenbeweis Art. 25 83 ff. – IBA Rules Art. 25 84 – Parteiautonomie Art. 25 89 Sachverständigengutachten Art. 25 83 ff. – IBA Rules Art. 25 90 – Parteigutachten Art. 25 84 – Protocol for the Use of Party-Appointed Expert Witnesses in International Arbitration Art. 25 90
Stichwortverzeichnis
– Protocol on Expert Teaming Art. 25 91 Sachverständiger Art. 26 1 ff., 41 ff.; DIS-SchO Art. 28 84 ff. – Auslagenfestsetzung Art. 38 32, 35 – Auswahl DIS-SchO Art. 28 109 – Auswahlkriterien Art. 25 93 – Beeidigung Art. 25 82 – CIArb-Protocol DIS-SchO Art. 28 105 – Expert-Conferencing DIS-SchO Art. 29 44 – Expert-Teaming DIS-SchO Art. 28 106 f. – gleichzeitig Schiedsrichter DIS-SchO Art. 28 110 – Grundsätzliches DIS-SchO Art. 28 90 – Gutachten siehe Sachverständigengutachten – Haftung DIS-SchO Art. 28 111 – Haftungsprivileg Art. 41 18 – Hinzuziehung bei der Urteilsberatung DIS-SchO Art. 28 103 – Honorarfestsetzung Art. 25 116; Art. 38 32 – Honorarvorschuss Art. 37 39; Art. 38 47 – ICC-Schiedsverfahren Art. 25 78 ff. – in der mündlichen Verhandlung DIS-SchO Art. 29 42 ff. – Kosten DIS-SchO Art. 28 114 – parteiernannter Art. 25 84 – Sachs-Protocol DIS-SchO Art. 28 106 – Sachverständigenlisten Art. 25 93 – schiedsgerichtliche Ernennung Art. 25 91; DIS-SchO Art. 28 102 – Schiedsrichter als Art. 25 94 – Unabhängigkeit Art. 25 84 – Verhaltenskodizes Art. 25 89 – Verschwiegenheitspflicht DIS-SchO Art. 44 18
– vs. Schiedsgutachten DIS-SchO Art. 28 96 Säumnis Art. 2 17; Art. 26 47 ff.; DIS-SchO Art. 30 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 30 46 – Begriff DIS-SchO Art. 30 9 – bei Klageerwiderung DIS-SchO Art. 30 15 – bei Widerklage DIS-SchO Art. 30 17 – beider Parteien DIS-SchO Art. 29 8; DIS-SchO Art. 30 45 – beider Parteien bzgl. Kostenvorschuss DIS-SchO Art. 30 27 – der Vorlage eines Beweisstücks DIS-SchO Art. 30 19 – des Schiedsbeklagten DIS-SchO Art. 30 12 – Rechtsfolgen DIS-SchO Art. 30 30 ff. – des Schiedsklägers DIS-SchO Art. 30 21 – Rechtsfolgen DIS-SchO Art. 30 42 – einer Partei im Mehrparteienschiedsverfahren DIS-SchO Art. 30 26 – Entschuldigung der – DIS-SchO Art. 30 28 – nach Konstituierung des Schiedsgerichts DIS-SchO Art. 30 23 – vor Konstituierung des Schiedsgerichts DIS-SchO Art. 30 13, 22 Schiedsauftrag – abweichende Parteivereinbarungen Art. 23 42 – fakultativer Inhalt Art. 23 21 ff. – Fortsetzung des Verfahrens Art. 23 33 – Frist zur Unterzeichnung und Übersendung Art. 23 26 – Fristverlängerung Art. 23 27 – Genehmigungsverfahren Art. 23 29 ff. – Grenzen Art. 23 37 f. 1351
Stichwortverzeichnis
– Kostenüberwachungsfunktion Art. 23 2 – nachträgliche Änderung Art. 23 42 – Nichtmitwirkung einer Partei Art. 23 29 ff. – notwendiger Inhalt Art. 23 9 ff. – Präklusionswirkung Art. 23 2, 34 – Qualitätssicherungsfunktion Art. 23 2 – rechtsgeschäftliche Funktion Art. 23 4 – rügelose Einlassung Art. 23 5 – Unterzeichnung Art. 23 5 – Verfahrensmanagementfunktion Art. 23 4 Schiedsbeklagte – Äußerung zu Schiedsort DIS-SchO Art. 7 10 – Äußerung zu Verfahrenssprache DIS-SchO Art. 7 11 – Begriffsbestimmung DIS-SchO Art. 3 6 – Einlassung auf unzulässige Klage DIS-SchO Art. 7 22 – Mitteilung nach Zustellung DIS-SchO Art. 7 1 ff. – Schiedsrichter benennen DIS-SchO Art. 7 7 – zeitliche Abfolge der Stellungnahme, Schaubild DIS-SchO Art. 7 76 Schiedsbeschluss – Bindungswirkung Art. 22 27 ff. Schiedseinrede EINL 6 Schiedsfähigkeit, objektive – (nicht) vermögensrechtliche Ansprüche Art. 6 148 f. – arbeitsrechtliche Streitigkeiten Art. 6 155 – Beschlussmängel in Gesellschaften Art. 6 152 – familiengerichtliche Streitigkeiten Art. 6 157 – geistiges Eigentum Art. 6 151 – Herleitung Art. 6 145 1352
– insolvente Unternehmen Art. 6 154 – Streitigkeiten über Nachlass Art. 6 156 – Wertpapiersachen Art. 6 150 – Wettbewerbsrecht Art. 6 153 – Wohnraummietsachen Art. 6 150 Schiedsfähigkeit, subjektive Art. 6 124 Schiedsgericht siehe ICC-Schiedsgericht; siehe DIS-Schiedsgericht Schiedsgerichtshof, Internationaler der ICC siehe Gerichtshof Schiedsgutachten EINL 7 Schiedshängigkeit – DIS-Schiedsverfahren DIS-SchO Art. 5 64 – Haftungsmaßstab bei Herausgabeansprüchen Art. 4 72 – ICC-Schiedsverfahren Art. 4 57 ff. – Prozesszinsen Art. 4 71 – Wirkung Art. 4 68 ff. – Zeitpunkt Art. 4 68 Schiedsinstitution – Rechtsverhältnis der Parteien zur EINL 13 Schiedsklausel – hybride Art. 1 16 – Vereinbarung mündlicher Verhandlung Art. 25 107 – Vorrang alternativer Methoden der Streitbeilegung DIS-SchO Art. 5 9 Schiedsordnung siehe ICC-Schiedsordnung; siehe DIS-Schiedsordnung Schiedsort DIS-SchO Art. 22 1 ff. – abweichende Tagesordnung DIS-SchO Art. 22 20 – abweichender Tagungsort Art. 18 23 ff. – Angaben in Klageerwiderung Art. 5 31 – Angaben in Klageschrift Art. 4 46 – Bedeutung Art. 18 6 ff.
Stichwortverzeichnis
– bei Insolvenz, Schweiz Art. 38 57 – Bestimmung durch das Schiedsgericht DIS-SchO Art. 22 17 – Deutschland Art. 32 22 f. – DIS-Musterschiedsvereinbarung Nach Art. 45 DIS-SchO 17 – Entscheidungskriterien Art. 18 16 ff. – Gerichtshof Art. 18 17 – ICC-Schiedsverfahren Art. 4 46; Art. 18 1 ff. – internationale Anerkennung/Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs DIS-SchO Art. 22 10 – internationale/örtliche Zuständigkeit staatlicher Gerichte DIS-SchO Art. 22 9 – nachträgliche Änderung Art. 18 15; DIS-SchO Art. 22 15 – Parteivereinbarung Art. 18 13 ff.; DIS-SchO Art. 22 13 – abweichende Art. 18 26 – Zuordnung zur nationalen Rechtsordnung DIS-SchO Art. 22 6 – zwingende Vorschriften am Art. 42 1 ff. – zwingende Vorschriften am – Art. 1 21 Schiedsrichter siehe ICC-Schiedsrichter; siehe DIS-Schiedsrichter – Eilschiedsrichter siehe dort – Einzelschiedsrichter siehe dort – Vergütungsanspruch siehe Schiedsrichterhonorar Schiedsrichterauslagen Art. 38 24 f. – Festsetzung Art. 38 24 – globaler Kostenvorschuss Art. 37 18 – Kriterien, Merkblatt für das Schiedsgericht über die Durchführung des Schiedsverfahrens Art. 38 25 – Per-Diem-Pauschalen Art. 38 25 – vorläufiger Kostenvorschuss Art. 37 13
Schiedsrichtervertrag EINL 3 Schiedsspruch siehe ICC-Schiedsspruch; siehe DIS-Schiedsspruch – Aufhebung siehe Aufhebung von Schiedssprüchen – Vollstreckbarerklärung EINL 6 – Zwischenschiedsspruch siehe dort Schiedsvereinbarung EINL 1; siehe ICC-Schiedsvereinbarung; siehe DIS-Schiedsvereinbarung Schiedsvereinbarungen, Vereinbarkeit mehrerer siehe Mehrvertragsverfahren Schiedsverfahren siehe ICC-Schiedsverfahren; siehe DIS-Schiedsverfahren Schiedsverfahrensordnungen – Rechtsnatur, Geltungsgrund EINL 14 Schlussverfügung DIS-SchO Art. 31 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 31 14 – Cut-Off Date DIS-SchO Art. 31 6 – Folgen DIS-SchO Art. 31 10 ff. – Kosten DIS-SchO Art. 31 13 – Voraussetzungen DIS-SchO Art. 31 5 Schriftform Art. 3 11 ff. – E-Mail Art. 3 5, 10, 14 Schriftsatz – Einreichung – Anzahl der Exemplare Art. 3 8, 22 – im DIS-BV DIS-BV Art. 3 1 ff. Schriftstücke – Begriffsbestimmung DIS-SchO Art. 3 9 – Übermittlung DIS-SchO Art. 4 1 ff.; siehe auch Übermittlung von Schriftstücken – Zugang zu – der Gegenseite DIS-SchO Art. 4 12 Sekretär des Schiedsgerichts siehe Verwaltungssekretär 1353
Stichwortverzeichnis
Sekretariat – DIS DIS-SchO Art. 2 48 – ICC Art. 1 22 ff.; Vor Art. 11 7 – Hinterlegung der ICC-Schiedssprüche Art. 35 16 – Mitteilung über beschleunigtes Verfahren Art. 30 25 – Tatsachenermittlung zur Schiedsrichterernennung Art. 13 13 Selbständiges Beweisverfahren DIS-SchO Art. 28 112 Sicherheit für Honorare/Auslagen DIS-SchO Art. 35 1 ff. Sicherungsmaßnahmen – angemessene Sicherheiten Art. 28 30 ff., 67 – Anhörung Art. 28 58 – Anordnung Art. 28 1 ff. – ausländische Art. 28 76 – Form Art. 28 68 f. – ggü. Dritten Art. 28 53 ff. – Grenzen Art. 28 50 ff. – Vollstreckung Art. 28 73 ff. – Vollziehung Art. 28 73 ff. – Anscheinsbeweis Art. 28 37 – Antrag Art. 28 21 ff. – durch Beschluss Art. 28 43 ff. – durch Schiedsspruch Art. 28 43 ff. – Eilschiedsrichter, Abgrenzung von Art. 28 6 – Ermessen Art. 28 61 ff. – Ex-Parte-Anordnung Art. 28 59 – gleichzeitiger gerichtlicher Rechtsschutz Art. 28 46 ff. – Kollegialentscheidung Art. 28 70 f. – mündliche Verhandlung Art. 28 60 – Nachweis der Schiedsvereinbarung Art. 28 28 – Rechtsfolgen Art. 28 47 – Unterschied zu vorläufigen Maßnahmen Art. 28 62 – Voraussetzungen Art. 28 19 ff. Sondervotum Art. 32 8 Sprache siehe Verfahrenssprache 1354
Staatenbegriff Art. 13 8 Staatliche Gerichte – Ersuchen um Eilrechtsschutz Art. 29 51 – Unterstützung bei der Sachverhaltsermittlung Art. 25 22 Standardklauseln siehe ICC-Standardklauseln Statistische Veröffentlichung DIS-SchO Art. 44 30 f. Stimmenthaltung Art. 32 11 Streitbeilegung DIS-SchO Art. 26 1 ff. – Abschluss des Vergleichs DIS-SchO Art. 26 18 – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 26 22 – IBA-Guideline DIS-SchO Art. 26 10 – Kosten DIS-SchO Art. 26 19 – Prague-Rules DIS-SchO Art. 26 15 – Verwaltung der Schiedsverfahren durch Gerichtshof Art. 43 1 ff. – Vorgehen des Schiedsgerichts DIS-SchO Art. 26 12 Streitbeilegungsklausel – Multi-Tier Art. 6 159 ff. Streitgegenstand – Änderung bei gesellschaftsrechtlichen Streitigkeiten DIS-ERGeS Art. 6 4 ff. Streitverkündung Art. 2 14 Streitwert – (Hilfs-)Aufrechnung DIS-SchO Art. 36 18 – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 36 21 – als Berechnungsgrundlage für vorl. Sicherheit/Kostensicherheit DIS-SchO Art. 36 1 ff. – Änderung des – DIS-SchO Art. 36 13 – Angabe in Klageschrift Art. 4 31 ff. – beschleunigtes Verfahren Art. 30 19 ff.
Stichwortverzeichnis
– Ermessen des Schiedsgerichts DIS-SchO Art. 36 14 – Festsetzung Art. 38 13 ff.; DIS-SchO Art. 5 22 f.; Art. 36 10 – globaler Kostenvorschuss Art. 37 17 – Nebenforderungen DIS-SchO Art. 36 17 – Überprüfung durch DIS DIS-SchO Art. 36 19 – Widerklage DIS-SchO Art. 36 16 Streitwerterhöhung – Mehrparteienverfahren Art. 8 24 – Parteieinbeziehung Art. 7 48 Substituierung Art. 37 34 Tabelle – Schiedsrichterhonorare Art. 38 67 Tagegeld Art. 34 14, 16 Tagungsort Art. 18 1 ff. Teilklage Art. 4 33 Teilschiedsspruch DIS-SchO Art. 27 37 – Kostenentscheidung Art. 38 46 – Prozesskostensicherheit Art. 38 47 – Sachrechtswahl Art. 21 58 f. – Verfahrensbeendigung Art. 38 61 Telefax siehe Verfahrenskommunikation Telefonkonferenz – Vorbereitung der mündlichen Behandlung Art. 26 19 Treuwidriges Verhalten – Kostensanktion Art. 25 110 Tribunal judiciare des Paris – Streitverfahren wegen Verwaltung der Schiedsverfahren durch Gerichtshof Art. 43 5 Übermittlung des DIS-Schiedsspruchs siehe DIS-Schiedsspruch – Übermittlung
Übermittlung von Schriftsätzen – Fristberechnung DIS-SchO Art. 4 60 ff. – Fristverlängerung DIS-SchO Art. 4 69 ff. Übermittlung von Schriftstücken DIS-SchO Art. 4 1 ff. – Adressen DIS-SchO Art. 4 42 – Art der – DIS-SchO Art. 4 37 – Form DIS-SchO Art. 4 27 – Übersendungsart DIS-SchO Art. 4 47 – Verbot der ex parte Kommunikation DIS-SchO Art. 4 30 f. – Zugang DIS-SchO Art. 4 48 ff. – Zugangsfiktion DIS-SchO Art. 4 57 Übernachtungskosten Art. 38 25; DIS-SchO Art. 34 14, 16 Übersendung – DIS-Klageschrift DIS-ERGeS Art. 3 5 ff. – Klageschrift DIS-SchO Art. 5 64 ff. Übersetzung – Kosten Art. 20 21 – Übersetzungskosten DIS-SchO Art. 5 12 Umsatzsteuer – globaler Kostenvorschuss Art. 37 20 – Kostenentscheidung Art. 38 39, 65 ff. – Schiedsrichterhonorare Art. 38 5, 5 – Umsatzsteuervorschuss Art. 38 47 – Verwaltungskosten Art. 38 66 UNCITRAL – Sachverhaltsermittlung DIS-SchO Art. 28 24 UNCITRAL Notes on Organizing Arbitral Proceedings Art. 25 16 UNCITRAL-ModG – Angemessenheit der Sicherungsmaßnahme Art. 28 35 UNCITRAL-Schiedsgerichtsordnung EINL 12; Art. 1 8 1355
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UNIDROIT Art. 21 2, 19 UN-Kaufrecht – Rechtsbehelfe Art. 2 12 Unparteilichkeit/Unabhängigkeit von Schiedsrichtern Art. 11 1 ff., 5 ff. – Abdingbarkeit Art. 11 37 – Abgrenzung Art. 11 5 – fortdauernde Pflicht zur – Art. 11 36 – IBA-Guideline Art. 11 9 – Involvierung in dieselbe Streitigkeit Art. 11 19 – Kriterien Art. 11 7 ff. – Nationalität des Schiedsrichter Art. 11 26 – objektive Beurteilungsmaßstab Art. 11 6 – Rolle innerhalb der Kanzlei Art. 11 28 f. – Staaten Art. 11 30 – Verbindung zu Zeugen/Sachverständige Art. 11 18 – wissenschaftliche Äußerungen Art. 11 23 Untersuchungsgrundsatz – eingeschränkter Art. 25 6 UNÜ EINL 1, 1; Art. 2 17; Art. 3 35; Art. 5 6; Art. 7 45; Art. 9 21; Art. 11 2; Art. 14 3; Art. 25 107; Art. 28 5, 45; Art. 36 2; Art. 40 2 – Anwendungsbereich DIS-SchO Art. 40 10 – Berichtigung des Schiedsspruchs DIS-SchO Art. 40 2, 8 – mündliche Verhandlung DIS-SchO Art. 29 51 – Schiedsort Art. 18 8 – Sondervotum Art. 32 8 – Unparteilichkeit des Schiedsrichters DIS-SchO Art. 9 4, 30 – Verbindung mehrerer Schiedsverfahren DIS-SchO Art. 43 4 – Verlust des Rügerechts DIS-SchO Art. 43 5 1356
– Wirkung des Schiedsspruchs DIS-SchO Art. 38 9 Unzuständigkeitsrüge – Prozessschiedsspruch DIS-SchO Art. 1 26 Urkundsbeweis Art. 25 43 ff. – Dokumentenvorlage Art. 25 43 ff. Verbindung – von Schiedsverfahren Art. 10 1 ff.; DIS-SchO Art. 8 1 ff. Verbindung mehrerer Schiedsverfahren siehe Verfahrensverbindung Verbot der Doppelexequatur Art. 35 22 Verfahrensakte – Schließung DIS-SchO Art. 6 22 Verfahrensbeendigung Art. 38 49 ff. – Aktenaufbewahrung Art. 1 26 – Beendigungstatbestände Art. 38 43 ff. – Kosten Art. 38 50 ff. – Säumnis der vorschusspflichtigen Partei Art. 37 35 – vorzeitige, Kostenverteilung Art. 38 8 Verfahrensbeendigung ohne Endschiedsspruch Art. 38 49 ff. – Beendigungstatbestände Art. 38 50 ff. – atypische Art. 38 58 – Entscheidungen des Gerichtshofs Art. 38 59 ff. – Erledigungserklärungen Art. 38 55 – Insolvenz Art. 38 57 – nach Ergehen eines Zwischen-/Teilschiedsspruchs Art. 38 61 – nach Erstellung des Schiedsauftrags Art. 38 61 – Nichtbetreiben des Verfahrens durch den Kläger Art. 38 56 – übereinstimmende Erklärungen Art. 38 53
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– Verfahrensstand Art. 38 60 – vollständige Klagerücknahme Art. 38 51 – vor Aktenübergabe Art. 38 61 Verfahrensbeschleunigung siehe auch DIS-BV – Überschreitung des Zeitrahmens DIS-BV Art. 5 1 ff. Verfahrensbestimmungen Art. 19 1 ff. Verfahrensbevollmächtigter – Angabe in DIS-Klageschrift DIS-SchO Art. 5 12 ff. Verfahrenseffizienz – Rügepräklusion Art. 4 1 ff. Verfahrensführung, effiziente DIS-SchO Art. 27 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 27 41 – Einschätzung der Sach- und Rechtslage DIS-SchO Art. 27 29 – Erörterungspflicht DIS-SchO Art. 27 21 – Maßnahmen zur Steigerung DIS-SchO Art. 27 22, 33 – Nutzung von Informationstechnologie DIS-SchO Art. 27 40 – Teilschiedssprüche DIS-SchO Art. 27 37 – Verfahrenskalender DIS-SchO Art. 27 27 – Verfahrenskonferenz DIS-SchO Art. 27 17 – verfahrensleitende Verfügung DIS-SchO Art. 27 31 – Verfahrenstechniken DIS-SchO Art. 27 5 Verfahrenskalender EINL 2; Art. 24 1 ff. – abweichende Parteivereinbarung Art. 24 28 – Änderung Art. 24 18 – effiziente Verfahrensführung DIS-SchO Art. 27 27 ff. – Eilschiedsverfahren Art. 29 68
– Inhalt Art. 24 15 ff. Verfahrenskommunikation Art. 3 1 ff. – Adressen Art. 3 29 ff. – Anzahl einzureichender Ausfertigungen Art. 3 2, 5, 8, 22 – außerhalb des Schiedsverfahrens Art. 3 18 – E-Mail Art. 3 5 – Empfangsbestätigung Art. 3 39 – Kommunikationsmittel Art. 3 36 ff. – Kommunikationsvereinbarung Art. 3 41 – Mitteilungen der Parteien Art. 3 21 – Mitteilungen des Schiedsgerichts Art. 3 27 f. – Schriftzwang Art. 3 10 – Sekretariat Art. 3 3, 12 ff. – vor Schiedsauftrag Art. 3 2 – Zustellungen Art. 3 1 ff. – zwischen den Parteien Art. 3 21 ff. Verfahrenskonferenz – 21 Tage nach Konstituierung DIS-SchO Art. 27 14 – Teilnahmekreis DIS-SchO Art. 27 18 – Verfahren DIS-SchO Art. 27 17 Verfahrensleitende Verfügung DIS-SchO Art. 27 31 Verfahrensmanagement Art. 24 1, 9 ff.; Art. 31 8 Verfahrensmanagementkonferenz EINL 2; Art. 24 1, 9 ff. – abweichende Parteivereinbarung Art. 24 28 Verfahrensmanagementtechniken Art. 24 19 ff. – Begrenzung Länge/Inhalt Art. 24 24 – Dokumentvorlage Art. 24 23 – Entscheidung nach Lage der Akten Art. 24 22 – Pre-Hearing-Conference Art. 24 26 1357
Stichwortverzeichnis
– Telefon, Videokonferenz, Online Art. 24 25 – Vergleich Art. 24 27 Verfahrensordnungen der Schiedsinstitutionen siehe Schiedsverfahrensordnungen Verfahrensregeln – Entscheidung des Schiedsgerichts Art. 25 19 – Festlegung Art. 25 19 ff. – gemeinsamer Vorschlag für einen Zeitplan und Verfahrensregeln Art. 25 121 – gemeinsamer Vorschlag zum Verfahrenskalender und den Verfahrensregeln Art. 25 19 – Joint Proposal by the Parties on Timetable and Prodedural Rules Art. 25 122 – UNCITRAL Notes on Organizing Arbitral Proceedings Art. 25 16 Verfahrenssprache Art. 4 11 ff.; DIS-SchO Art. 23 1 ff. – Angabe in Klageschrift Art. 4 11 ff.; DIS-SchO Art. 5 10 ff. – Angabe zu Verfahrensbeginn DIS-SchO Art. 20 18; DIS-SchO Art. 23 17 – bei internen Beratungen Art. 20 9 – Bestimmung durch Schiedsgericht Art. 20 15 ff.; DIS-SchO Art. 23 14 – DIS-Musterschiedsvereinbarung Nach Art. 45 DIS-SchO 18 – Dolmetscher Art. 20 17 – Eilschiedsrichterverfahren Art. 29 39 – faires Verfahren Art. 20 16 – ICC-Schiedsverfahren Art. 4 11 ff., 45 – Klageantwort Art. 5 32 – Kosten DIS-SchO Art. 23 21 – Missachtung Art. 20 19 ff. – Parteivereinbarung Art. 20 11 ff.; DIS-SchO Art. 23 10 – Prozesstaktik Art. 20 13 1358
– Rechtliches Gehör Art. 20 14 – Rechtsfolgen bei Missachtung DIS-SchO Art. 23 21 – Reichweite Art. 20 9 ff.; DIS-SchO Art. 23 8 – Sprache der einstw. Anordnung DIS-SchO Art. 25 16 – Übersetzungen Art. 20 10, 13 f. Verfahrensverbindung – abweichende Parteivereinbarungen Art. 10 47 – administrative Umsetzung Art. 10 36 – allseitiges Einverständnis Art. 10 9 ff., 24 – Antragsmuster Art. 10 48 f. – Auswirkung auf die Parteistellung Art. 10 37 – Besetzung des Schiedsgerichts Art. 10 25 ff.; DIS-SchO Art. 8 19 – Bindungswirkung Art. 10 38 – durch Gerichtshof Art. 10 7 – Entscheidungsermessen der DIS DIS-SchO Art. 8 15 ff. – Ermessen des Gerichtshofs Art. 10 23 f., 29 ff. – Fallkonstellationen Art. 10 9 ff. – Form der Entscheidung Art. 10 38 – führendes Verfahren DIS-SchO Art. 8 23 – gerichtliche Kontrolle Art. 10 39 ff. – Grundgebot der restriktiven Anwendung Art. 10 32 – identische/verschiedene Parteien DIS-SchO Art. 8 8 – Identität der Parteien Art. 10 15 ff. – Identität der Rechtsbeziehungen Art. 10 18 ff. – Identität der Schiedsvereinbarung Art. 10 11 ff. – Kompetenzänderung DIS-SchO Art. 8 22 – Kosten Art. 10 43 ff.; DIS-SchO Art. 8 29 – Parteiantrag Art. 10 6
Stichwortverzeichnis
– Schiedsvereinbarungen, schriftliche Art. 10 9 f. – Schiedsverfahren Art. 10 1 ff. – Verbindung auf zuerst anhängige Sache Art. 10 33 ff. – Vereinbarkeit der Schiedsvereinbarungen Art. 10 21 ff. – Vollstreckbarkeit Art. 10 39 ff.; DIS-SchO Art. 8 27 – Voraussetzungen DIS-SchO Art. 8 10 Verfahrensverzögerungen Art. 31 14 ff. Vergleich siehe Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens; siehe Streitbeilegung – Abschluss DIS-SchO Art. 26 18 – außergerichtlicher Art. 33 6; Art. 38 54 – Bestätigung als Europ. Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen Art. 38 55 – DIS-Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut DIS-SchO Art. 41 1 ff. – Unverwertbarkeit der Verhandlungsinhalte DIS-SchO Art. 28 75 – vs. Prozessvergleich Art. 33 4 Vergleichsbemühungen, Förderung DIS-SchO Art. 26 10 Vergütungsanspruch siehe Schiedsrichterhonorar Verhandlung, mündliche siehe Mündliche Verhandlung Verjährung Art. 4 68 ff. Verlust des Rügerechts siehe Rügerecht, Präklusion Veröffentlichung – des Schiedsspruchs, Anonymisierung DIS-SchO Art. 44 33 – Schiedsspruch DIS-SchO Art. 44 30 ff. – statistische DIS-SchO Art. 44 30 f.
Verschwiegenheitspflicht – Ausnahmen DIS-SchO Art. 44 23 ff. – DIS-Schiedsverfahren DIS-SchO Art. 44 1 ff. – Gegenstand DIS-SchO Art. 44 19 ff. – gesetzliche Offenbarungspflichten DIS-SchO Art. 44 24 – Personenkreis DIS-SchO Art. 44 15 ff. – Rechtsfolgen bei Verstoß DIS-SchO Art. 44 28 – statistische Veröffentlichung DIS-SchO Art. 44 30 f. – vertragliche Offenbarungspflichten DIS-SchO Art. 44 26 Vertraulichkeit EINL 8; Art. 22 16 ff.; DIS-SchO Art. 44 1 ff.; siehe auch Verschwiegenheitspflicht – abweichende Parteivereinbarung DIS-SchO Art. 44 40 – bei Dokumentvorlage DIS-SchO Art. 28 70 ff. – der Tätigkeit des Gerichtshofs Art. 1 20 – Kritik DIS-SchO Art. 44 39 – vs. Parteiöffentlichkeit DIS-SchO Art. 44 14 Vertraulichkeitsschutz – bei Dokumentenherausgabe Art. 25 67 – EuGH Art. 25 59 – IBA Rules on the Taking of Evidence in International Arbitration Art. 25 54 – neutraler Berater Art. 25 67 Vertraulichkeitsvereinbarung Art. 25 67 – mit Zeugen DIS-SchO Art. 44 17 Verwaltungskosten – bei getrennten Kostenvorschüssen Art. 38 26 – Berechnung Art. 38 69 1359
Stichwortverzeichnis
– besondere Gebührentatbestände Art. 38 27 – Erhöhung Art. 7 49; Art. 38 61 – Festsetzung Art. 33 8; Art. 38 26 ff. – Gebührenermäßigung Art. 38 28 – globaler Kostenvorschuss Art. 37 18 – Kostentabellen Art. 38 67 – Mehrparteienverfahren Art. 9 25 – Merkblatt des Sekretariats, Richtwerte Art. 38 29 f. – Ruhendstellung einvernehmlich ausgesetzten Verfahrens Art. 38 27 – Umsatzsteuer Art. 38 66 – vorgeschaltetes Verfahren nach ICC-Mediations-Regeln Art. 38 28 – vorläufiger Kostenvorschuss Art. 37 13 Verwaltungssekretäre – Aufgabenbereich Vor Art. 11 11 ff. – Auslagenerstattung Vor Art. 11 16 – Haftungsausschluss Vor Art. 11 15 – Rechtsstellung Vor Art. 11 14 – Vergütung Vor Art. 11 16 Videokonferenz DIS-SchO Art. 27 40 Völkergewohnheitsrecht EINL 16 Völkerrechtliche Verträge EINL 16 Vollmacht – Parteivertreter Art. 17 16 ff. Vollstreckbarerklärungsverfahren siehe auch Schiedsspruch Vollstreckbarerklärung – ausländischer Schiedsspruch Art. 35 25 – Einwendungen Art. 35 31 ff. Vollstreckbarkeit – abweichende Parteivereinbarungen Art. 42 10 – Aufhebungsgründe Art. 35 28 – ICC-Schiedssprüche Art. 42 7 ff. – keine unmittelbare Art. 35 21 – Rechtskraftwirkung Art. 35 20 – Verbot der Doppelexequatur Art. 35 22 1360
Vollstreckung – ICC-Schiedssprüche Art. 35 24 ff. Vollstreckungstitel – Schiedsspruch aufgrund Einvernehmens Art. 33 1 ff. Vorbehaltsschiedsspruch Art. 2 18 Vorsitzender des Dreierschiedsgerichts – Alleinentscheidungsbefugnis bei Einzelfragen DIS-SchO Art. 14 23 – Benennung durch Beisitzer DIS-SchO Art. 12 47 ff. – Neutralität DIS-SchO Art. 12 76 Vorsitzender Schiedsrichter – Auswahlkriterien Art. 13 17 ff. – Ernennung durch Gerichtshof Art. 12 32 – parteivereinbartes Benennungsverfahren Art. 12 31 Vorsteuerabzugsberechtigung – Kostenfestsetzungsverfahren Art. 38 39 Washingtoner Übereinkommen 1965 EINL 16 Weltbankgruppe Nach Art. 43 16 Widerklage DIS-SchO Art. 7 45 ff. – Drittwiderklage Art. 5 47 ff.; DIS-SchO Art. 7 53 – Einwendungen gg. die Zulässigkeit Art. 5 51 – Erwiderung DIS-SchO Art. 7 64 – getrennter Kostenvorschuss Art. 37 24 f. – ICC-Schiedsverfahren Art. 5 39 ff. – Inhalt Art. 5 42 f. – Inhalt/Einreichung/Übermittlung DIS-SchO Art. 7 56 ff. – Kostenvorschuss, vorläufiger Art. 37 15 – Schiedsvereinbarung Art. 5 42 f. – Schriftsätze im beschleunigten Verfahren DIS-BV Art. 3 1 ff. – Übermittlung DIS-SchO Art. 4 25
Stichwortverzeichnis
– Vorschusspflicht, keine Art. 37 8 – Zulässigkeit Art. 5 44 ff.; DIS-SchO Art. 7 49 ff. Without-Prejudice-Privilege Art. 3 19; Art. 25 61 Witness conferencing Art. 25 89 Work-Product-Doctrine Art. 25 60 Zahlungsbefehl Art. 38 45 Zeitplan, Muster – Gemeinsamer Vorschlag (deutsch) Art. 25 121 – Joint Proposal by the Parties (englisch) Art. 25 122 Zeugen Art. 25 24 ff.; DIS-SchO Art. 28 30 – Antrag auf gerichtliche Unterstützung Art. 25 30; DIS-SchO Art. 28 37 – Aufwandsentschädigung Art. 38 35 – Aussageverweigerung Art. 25 29 ff. – Coaching Art. 25 36; Art. 38 34 – Differenzierung Partei/Zeuge DIS-SchO Art. 28 39 – Direct Examination Art. 26 35 – direct/cross examination DIS-SchO Art. 29 35 – Ermessen des Schiedsgerichts DIS-SchO Art. 28 38 – in der mündliche Verhandlung DIS-SchO Art. 29 32 – keine Aussagepflicht DIS-SchO Art. 28 35 – Kontakt mit Partei DIS-SchO Art. 28 48 – Kosten Art. 25 116; DIS-SchO Art. 28 114 – Muster: Schriftliche Zeugenaussage Art. 25 123 f. – Muster: Witness Statement Art. 25 124 – Nichterscheinen DIS-SchO Art. 28 36 – Partei als Zeuge Art. 25 24 f.
– Prague-Rules DIS-SchO Art. 29 41 – schriftliche Zeugenaussage Art. 25 32 ff. – Vernehmung DIS-SchO Art. 28 34 – Verschwiegenheitspflicht DIS-SchO Art. 44 17 – Vertraulichkeitsvereinbarung DIS-SchO Art. 44 17 – Zeugenaussage, schriftlich Art. 25 34 – Zeugenstellung Art. 25 25 Zeugenbeweis – schriftliche Zeugenaussage siehe auch Zeugenaussage, schriftliche Zeugnisverweigerungsrechte – Dokumentenherausgabe Art. 25 54 Zinsen – Kostenentscheidung Art. 38 45 – Kostenvorschuss Art. 37 31 – Prozesszinsen DIS-SchO Art. 6 17 Zugang – Schriftstücke DIS-SchO Art. 4 56 – Zugangsfiktion Art. 3 42 ff.; DIS-SchO Art. 4 57 Zulässigkeit – Widerklage Art. 5 44 ff. – Zulässigkeitsrüge Art. 5 51 Zurückbehaltungsrecht der DIS – bei Nichtzahlung der Beiträge DIS-SchO Art. 13 48 Zurückverweisung an das Schiedsgericht Art. 36 47 ff. Zusätzliche Partei siehe Partei, Einbeziehung zusätzlicher Zuständigkeit des Schiedsgerichts – alle Ansprüche in einem einzigen Verfahren entschieden Art. 6 28, 60 ff. – cross claims Art. 6 44 – Einwendungen gegen Schiedsvereinbarung Art. 6 28, 50 ff. – Kompetenz-Kompetenz Art. 6 29 f. – Nichtantwort auf Widerklage Art. 6 44 1361
Stichwortverzeichnis
– Nichteinreichung bei Mehrparteienfällen Art. 6 46 – Nichteinreichung der Antwort Art. 6 28, 42 ff. – Nichteinreichung, Frist Art. 6 47 – Verhältnis zu §§ 1040, 1048 ZPO Art. 6 32 ff. – Zuständigkeitsrügen Art. 6 6 ff., 39 f. – Schiedsauftrag Art. 23 5 Zustellung Art. 3 42 ff. – Adressen Art. 3 29 ff. – an Partei oder Vertreter Art. 3 46 – Anzahl einzureichender Ausfertigungen Art. 3 2, 5, 8, 22 – Ersatzzustellung Art. 3 53 – Klageschrift DIS-ERGeS Art. 3 1 ff. – Parteieinbeziehungsantrag Art. 7 23 f. – unstrittiger Empfang Art. 3 44 – Zugangsdatum Art. 3 44 ff. – Zugangsfiktion Art. 3 47 ff. Zustellung, Schiedsspruch – Abschluss des Schiedsverfahrens Art. 35 14
1362
– Beginn von „Rechtsmittel“-Fristen Art. 35 13 – Erteilung beglaubigter Abschriften Art. 35 15 – nach Genehmigung und Unterzeichnung Art. 35 7 – Wirkungen Art. 35 12 ff. – Zahlung des Kostenvorschusses Art. 35 8 – Zeitpunkt Art. 35 11 – Zustellender Art. 35 9 ff. – Zustellungsempfänger Art. 35 10 – Zustellungsvoraussetzungen Art. 35 6 ff. Zweiparteienverfahren DIS-SchO Art. 18 1 ff. Zwingende Vorschriften – am Schiedsort Art. 1 21; Art. 5 1 ff. Zwischenentscheid Art. 2 17 Zwischenschiedsspruch Art. 2 18 f. – Genehmigung durch den Gerichtshof Art. 34 6 – Kostenentscheidung Art. 38 46 – Verfahrensbeendigung Art. 38 60