Hölderlins Spinoza-Rezeption und ihre Bedeutung für die Konzeption des »Hyperion« 9783110957105, 9783484181120


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German Pages 285 [288] Year 1991

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Einleitung
A. Die Anfänge von Hölderlins Spinoza-Rezeption
1. Zum Brief an die Mutter vom Februar 1791: Hölderlins frühes »Spinoza-Verdikt« im Gefolge der Glaubensphilosophie Friedrich Heinrich Jacobis
2. Exkurs: Zur Problematik von Jacobis Ansatz und Spinoza-Kritik
3. »Zu Jakobis Briefen über die Lehre des Spinoza«: Hölderlins eigenwillige Spinoza-Interpretation und ihre motivierende Funktion für seine philosophische Orientierung
B. Die Präzisierung von Hölderlins spinozistischem Ansatz in der Kontroverse mit Schelling (1795/96)
1. Zum Brief an Hegel vom 26.1.1795: Die spinozistische Motivation von Hölderlins – implicite bereits gegen Schelling gerichteter – Fichte-Kritik
2. Schellings Frühschriften: Die versuchte Vollendung Spinozas in einem »prometheischen« Spinozismus des absoluten Ichs
3. »Urtheil und Seyn«: Hölderlins »Seyns«-Begriff als Widerlegung von Schellings spinozistisch begründeter und intendierter Verabsolutierung des Ichs
4. Die Vorrede zur »Vorletzten Fassung« des »Hyperion«: Die »exzentrische Bahn« als Schnittpunkt von Hölderlins spinozistischer Universalitäts- und Individualitätskonzeption in der metaphysischen Selbstbegründung individuellen Daseins
5. »Philosophische Briefe über Dogmatismus und Kriticismus«: Hölderlin als Adressat von Schellings Kritik eines »vollendeten Dogmatismus«
C. Die spinozistische Konzeption des »Hyperion«
1. Die strukturelle Integration der spinozistischen Elemente in der Endfassung des Romans
2. Zur Anfangssituation des erzählenden Hyperion: Die impulsgebende Ambivalenz von resignativem Selbstverlust und erzählend realisierter Lebenstendenz
3. Hyperions exzentrische Bahn in ihrem zweifachen Bezug auf die daseinsbegründende Wahrheit des »hen kai pan«
3.1. Die negative Dialektik von »Alles« und »Nichts«, Selbstverabsolutierung und Selbstvernichtung, als Produkt exzentrischer Selbst-und Weltdeutung
3.2. Die doppelte Perspektivierung des »hen kai pan« in Projektionen und Figurationen
3.3. Die Überlagerung von Vorläufigkeit und Antizipation im Hinblick auf die »Vollendung« der exzentrischen Bahn
4. Der Endzustand Hyperions: Die individuelle Realisierung des »hen kai pan« in der künstlerischen (Selbst-)Darstellung des zu innerer Ruhe gelangten Erzählers
D. Hölderlins »Hyperion« im Kontext des zeitgenössischen Bildungsromans
1. »Hyperion« als Bildungsroman – Hölderlins Anspruch
2. Zur Bildungsroman-Forschung und Problematik des Begriffs
3. Zur Bedeutung der Leibnizschen Metaphysik für die neuhumanistische Bildungsidee
4. Die Aporie des Bildungsgedankens im klassischen Bildungsroman: Goethes »Wilhelm Meister«
5. »Hyperion« als – spinozistisch begründetes – Gegenmodell
Literaturverzeichnis
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Hölderlins Spinoza-Rezeption und ihre Bedeutung für die Konzeption des »Hyperion«
 9783110957105, 9783484181120

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STUDIEN ZUR DEUTSCHEN LITERATUR

Band

Herausgegeben von Wilfried Barner, Richard Brinkmann und Conrad Wiedemann

Margarethe Wegenast

Hölderlins Spinoza-Rezeption und ihre Bedeutung für die Konzeption des »Hyperion«

Max Niemeyer Verlag Tübingen 1990

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Wegenast,

Margarethe:

Hölderlins Spinoza-Rezeption und ihre Bedeutung für die Konzeption des »Hyperion« / Margarethe Wegenast. - Tübingen : Niemeyer, 1990 (Studien zur deutschen Literatur ; Bd. 112) NE: G T ISBN 3-484-18112-5

ISSN 0081-7236

© Max Niemeyer Verlag G m b H & Co. KG, Tübingen 1990 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Satz: Licht-Satz Walter, Tübingen Druck: Guide Druck GmbH, Tübingen Einband: Heinrich Koch, Tübingen

Dem Andenken meines Vaters Karl Heinz Beckurts, der am 9. Juli 1986 durch einen Terroranschlag ums Leben kam.

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1

Α. Die Anfange von Hölderlins Spinoza-Rezeption

7

1. Zum Brief an die Mutter vom Februar 1791: Hölderlins frühes »Spinoza-Verdikt« im Gefolge der Glaubensphilosophie Friedrich Heinrich Jacobis 2. Exkurs: Zur Problematik von Jacobis Ansatz und Spinoza-Kritik . . . . 3. »Zu Jakobis Briefen über die Lehre des Spinoza«: Hölderlins eigenwillige Spinoza-Interpretation und ihre motivierende Funktion für seine philosophische Orientierung B. Die Präzisierung von Hölderlins spinozistischem Ansatz in der Kontroverse mit Schelling (1795/96) 1. Zum Brief an Hegel vom 26.1.1795: Die spinozistische Motivation von Hölderlins - implicite bereits gegen Schelling gerichteter Fichte-Kritik 2. Schellings Frühschriften: Die versuchte Vollendung Spinozas in einem »prometheischen« Spinozismus des absoluten Ichs 3. »Urtheil und Seyn«: Hölderlins »Seyns«-Begriff als Widerlegung von Schellings spinozistisch begründeter und intendierter Verabsolutierung des Ichs 4. Die Vorrede zur »Vorletzten Fassung« des »Hyperion«: Die »exzentrische Bahn« als Schnittpunkt von Hölderlins spinozistischer Universalitäts- und Individualitätskonzeption in der metaphysischen Selbstbegründung individuellen Daseins 5. »Philosophische Briefe über Dogmatismus und Kriticismus«: Hölderlin als Adressat von Schellings Kritik eines »vollendeten Dogmatismus« C. Die spinozistische Konzeption des »Hyperion« 1. Die strukturelle Integration der spinozistischen Elemente in der Endfassung des Romans 2. Zur Anfangssituation des erzählenden Hyperion: Die impulsgebende Ambivalenz von resignativem Selbstverlust und erzählend realisierter Lebenstendenz

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132 VII

3.

Hyperions exzentrische Bahn in ihrem zweifachen Bezug auf die daseinsbegründende Wahrheit des »hen kai pan« 3.1.

151

Die negative Dialektik von »Alles« und »Nichts«, Selbstverabsolutierung und Selbstvemichtung, als Produkt exzentrischer Selbst-und Weltdeutung

3.2.

Projektionen und Figurationen

168

3.2.1. Diotima

168

3.2.2. Das Athenerlebnis

183

3.3.

Die Überlagerung von Vorläufigkeit und Antizipation im Hinblick auf die »Vollendung« der exzentrischen Bahn

4.

151

Die doppelte Perspektivierung des »hen kai pan« in

197

Der Endzustand Hyperions: Die individuelle Realisierung des »hen kai pan« in der künstlerischen (Selbst-)Darstellung des zu innerer Ruhe gelangten Erzählers

D. Hölderlins »Hyperion« im Kontext des zeitgenössischen Bildungsromans

215

233

1.

»Hyperion« als Bildungsroman - Hölderlins Anspruch

233

2.

Zur Bildungsroman-Forschung und Problematik des Begriffs

238

3.

Zur Bedeutung der Leibnizschen Metaphysik für die neuhumanistische Bildungsidee

4. 5.

Goethes »Wilhelm Meister«

250

»Hyperion« als - spinozistisch begründetes - Gegenmodell

265

Literaturverzeichnis

VIII

243

Die Aporie des Bildungsgedankens im klassischen Bildungsroman:

269

Einleitung

In jüngerer Zeit sind Hölderlins frühe theoretische Entwürfe, Briefe und »Hyperion«-Fassungen erneut ins Zentrum des Interesses an Person und Werk gerückt. Den entscheidenden Anstoß hierzu gab Dieter Henrichs Hinweis auf die außerordentliche Rolle Hölderlins im Rahmen der »Entstehungsgeschichte des Idealismus«: 1 Den eigenen Anspruch, die »Kantische Gränzlinie« zu überschreiten,2 löst Hölderlin tatsächlich als erster ein. Sein in der instantanen Anverwandlung philosophischer Traditionen und Positionen gewonnener vereinigungsphilosophischer Ansatz beeinflußt daher die philosophische Entwicklung vor allem des jungen Hegel in den Frankfurter Jahren.3 In einer Reihe von Beiträgen hat Henrich diese Zusammenhänge inzwischen mittels einer Fülle von historischem Material erhellt. 4 Daß die neueren Arbeiten zu Hölderlin seinen Erkenntnissen verpflichtet sind, 5 macht sich u.a. in zwei Tendenzen bemerkbar: Zum einen in dem Bemühen um größtmögliche Vollständigkeit in der Aufzählung der auf Hölderlin wirksamen, d.h. für besagten Anverwandlungsprozeß bedeutsamen philosophischen Einflüsse. An' Vgl. den Untertitel seines Aufsatzes: Dieter Henrich, Hölderlin über Urteil und Sein. Eine Studie zur Entstehungsgeschichte des Idealismus. In: HJb 1965/66, S. 73-96 (zit.: Henrich, Urteil und Sein). 2 So Hölderlin an Neuffer am 10.10.1794 - Friedrich Hölderlin, Sämtliche Werke, Große Stuttgarter Ausgabe (zit.: StA; auf Band- und Seitenzahlen dieser Ausgabe beziehen sich auch Zahlen ohne weitere Bezeichnung im Text), hrsg. v. Friedrich Beißner, Stuttgart 1943 ff., Bd. 6, S. 137. 3 Vgl. Dieter Henrich, Hegel und Hölderlin. In: D.H., Hegel im Kontext, 3. Aufl., Frankfurt a.M. 1981, S. 9^10. 4 Über die Genannten hinaus vgl. vor allem Dieter Henrich, Über Hölderlins philosophische Anfänge im Anschluß an die Publikation eines Blattes von Hölderlin in Niethammers Stammbuch. In: HJb 1984/85, S. 1-28 (zit.: Henrich, Hölderlins philosophische Anfänge) sowie D.H.: Philosophisch-theologische Problemlagen im Tübinger Stift zur Studienzeit Hegels, Hölderlins und Schellings. In: HJb 1986/ 87, S. 60-92 (zit.: Henrich, Problemlagen). 5 So z.B. Panajotis Kondylis, Die Entstehung der Dialektik. Eine Analyse der geistigen Entwicklung von Hölderlin, Schelling und Hegel bis 1802, Stuttgart 1979, der Hölderlins Entwicklung ganz unter dem Titel »Vereinigungsphilosophie« abhandelt (vgl. Kap. II, bes. 3) und 4)); zu nennen wäre darüber hinaus vor allem die Arbeit von Gerhard Kurz, Mittelbarkeit und Vereinigung. Zum Verhältnis von Poesie, Reflexion und Revolution bei Hölderlin, Stuttgart 1975.

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dererseits gerät über diesem Bemühen die Frage nach der Motivation dieses Anverwandlungsprozesses mehr und mehr in den Hintergrund bzw. scheint sich mit dem vorgegebenen Kontext und Zielgedanken der idealistischen Philosophie selbst zu beantworten. Die Dringlichkeit dieser Frage bestätigt jedoch Henrichs eigene zusammenfassende Feststellung, es bedürfe »... einer tieferen Erklärung«, daß gerade Hölderlin »... den Weg der Freiheit in die Bahn des Pantheismus lenkte...«. 6 Hier klingt bereits an, daß sich die Bedeutung des Spinozismus, also der Philosophie Spinozas und ihrer historisch vermittelten Formen, für Hölderlin nicht in der Prägung einzelner - wenn auch noch so zentraler - Motive erschöpft. Der vorliegenden Arbeit geht es darum, Henrichs Anregung ernstnehmend, Hölderlins Spinoza- und Spinozismus-Rezeption als einen entscheidenden Impuls und organisierendes Zentrum seines philosophischen Systematisierungs- und Integrationsprozesses zu erweisen.7 Aus dem entwicklungsgeschichtlichen Zusammenhang dieses Rezeptionsvorgangs ergibt sich, daß die spinozistische Begründung beispielsweise seines Begriffs des »Seyns« (den die Vorrede zur »Vorletzten Fassung« des »Hyperion« in diesem Sinn synonym mit dem des »friedlichen Εν Και Π α ν der Welt« verwendet8) nicht auf eine noch undialektische »Vorstufe« seines Denkens begrenzt werden kann, daß vielmehr eben diese Perspektive seine Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Philosophie und hier insbesondere seine Kontroverse mit Schelling 1795/96 leitet. Dies gilt nicht nur für Hölderlins theoretische Entwürfe, sondern vor allem auch für den »Hyperion«, dessen Vorfassungen durch die fortschreitende strukturelle Integration der spinozistischen Elemente gekennzeichnet sind. Auf diesem Weg gelangt Hölderlin in der Vorrede zur »Vorletzten Fassung« zu einer ersten in sich schlüssigen Gesamtkonzeption, die für die Endfassung als deren poetische Verifikation verbindlich wird. Spinozistisch motiviert ist hier nicht nur mit dem Naturbegriff - der Ausgangspunkt des Protagonisten,9 sondern ebenso der Endpunkt der Entwicklung Hyperions als Erzähler, vor allem aber die Struktur der inneren Einheit beider, die als Konstituens von Hyperions Bildungsgang in dessen Abschluß zu vollständiger Realisierung gelangt. So 6 7

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Henrich, Urteil und Sein, S. 96. In ähnliche Richtung zielte die - bisher nicht aufgenommene - Anregung von Günther Mieth, Einige Thesen zu Hölderlins Spinoza-Rezeption. In: Weimarer Beiträge. Bd. 24/2, Heft 7, 1978, S. 175-180. Er spricht sehr treffend von einer »Wahlverwandtschaft« (ebd., S. 179) Hölderlins und Spinozas, wenngleich er selbst die Philosophie des letzteren einseitig auf ihren materialistischen Aspekt reduziert. Dasselbe gilt für die Arbeit von Herbert Lindner, Das Problem des Spinozismus im Schaffen Goethes und Herders (Beiträge zur Deutschen Klassik, Bd. XI), Weimar 1960, deren Ergebnisse daher für die vorliegende Arbeit kaum nutzbar gemacht werden konnten. StA 3, S. 236. »Eines zu seyn mit Allem, was lebt!« (3,9)

vollendet sich, Spinozas »Ethik« analog, die Genese wahrer Individualität in der adäquaten - d.h. hier: ästhetischen - Wiederholung und Repräsentation des immanenten Absoluten. Der Blick auf die grundlegende Bedeutung Spinozas für Hölderlin wurde bisher nicht zuletzt durch dessen eigenes - vermeintliches - Spinoza-Verdikt in einem frühen Brief an seine Mutter verstellt. 10 Tatsächlich gibt Hölderlin hier jedoch wörtlich die Spinoza-Kritik Friedrich Heinrich Jacobis wieder und beweist damit folglich nur dessen Bedeutung für seinen Zugang zu Spinozas Philosophie. Man muß die bis zur Paradoxie sich zuspitzende innere Zweideutigkeit von Jacobis eigenem Ansatz berücksichtigen, um zu sehen, wie gerade in Hölderlins anfänglichem Spinoza-Verdikt selbst der Impuls zu einer Umorientierung liegt." Wie ähnlich beim jungen Goethe - man vergleiche seine »Ephemerides« von 1770 mit späteren Äußerungen zu Spinoza! 12 - läßt sich hier beobachten, wie in dem ideellen Zusammenhang, der zunächst die Argumente gegen Spinoza liefert, die Wende zu Spinoza bereits angelegt ist. So formuliert Hölderlin schon in seinem sog. Exzerpt aus Jacobis Spinoza-Buch die für ihn fundamentale philosophische Fragestellung mit Jacobi/Lessing im »Geist des Spinoza«, 13 nämlich das Problem und Desiderat einer metaphysisch ganzheitlichen Begründung autonomer Individualität. In diesem Fragehorizont, der für Hölderlin mit seiner Interpretation der Spinoza-Gespräche als spinozistisch ausgewiesen ist, liegt bereits sein erster Schritt über die beiden Hauptströmungen des zeitgenössischen (Anti-)Spinozismus hinaus, die, sei es in polemisch kritischer oder euphorisch zustimmender Absicht, Spinozas System auf seine Metaphysik reduzieren: Zu seinem - im Schlagwort »hen kai pan« zur Formel geronnenen 14 - Pantheis-

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Brief Nr. 41 (StA 6, S. 63 f.), vgl. z.B. Ernst Müller, Hölderlin. Studien zur Geschichte seines Geistes, Stuttgart und Berlin 1944, S. 636. Auf die entscheidende Rolle Jacobis in eben diesem Sinn und Zusammenhang, der in der älteren Forschung übersehen wurde (z.B. Müller, W. Michel), verweist Henrich, Hölderlins philosophische Anfänge, S. 83 ff., S. 89. Vgl. zu Goethes Verhältnis zu Spinoza Martin Bollacher, Der junge Goethe und Spinoza. Studien zur Geschichte des Spinozismus in der Epoche des Sturms und Drangs, Tübingen 1969. StA 4, S. 207; vgl. zu Jacobi/Lessing: Die Hauptschriften zum Pantheismusstreit zwischen Jacobi und Mendelssohn, hrsg. und m. e. krit. Einl. vers. ν. Heinrich Scholz (= Neudrucke seltener philosophischer Werke, hrsg. v. d. Kantgesellschaft, Bd.VI), Berlin 1916 (zit.: Scholz, Pantheismusstreit), S. 78. Vgl. zum Ursprung der Formel und zur Geschichte des Alleinheitsgedankens einerseits bei den Vorsokratikern und bes. deren spätantiker Rezeption sowie andererseits in mystisch-pietistischer Tradition: Max L. Bäumer, Hölderlin und das hen kai pan. In: Monatshefte für deutschen Unterricht, deutsche Sprache und Literatur, Vol. 59, No. 2, 1967, S. 1 3 1 - 1 4 7 (S. 134-138).

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mus scheint seine Ethik in offenem Widerspruch zu stehen.15 Diese Reduktion stellt einen wesentlichen Faktor der systematischen Differenz von Spinozas Philosophie und dem Spinozismus dar.16 Es handelt sich dabei um ein philosophie- und geistesgeschichtlich höchst folgenreiches Mißverständnis, das sich bis in neuere Untersuchungen zu Spinoza fortsetzt und nicht zuletzt auch der Erhellung von Hölderlins Beziehung zu jenem im Wege stand. Die spektakuläre Wurzel dieses Mißverständnisses bildet die bewußte Opposition von Leibnizens substantial monadologischer Individualitätskonzeption zu derjenigen Spinozas. In der Folge verbindet sich mit dem Einfluß Leibnizens (vor allem auch auf den Neuhumanismus des ausgehenden 18. Jahrhunderts) geradezu zwangsläufig das entsprechende Vorurteil gegen Spinoza. Vor diesem Hintergrund zeigt sich die eigentliche Kontinuität von kirchentreuem aufklärerischem Antispinozismus und der dem scheinbar entgegengesetzten Spinoza-Renaissance im Rahmen des Sturm-und-Drang. Die prometheische (Selbst-) Vergöttlichung des Genies, »Deus sive homo«, sucht Spinozas Metaphysik und Leibniz' Individualitätsauffassung ineins zu setzen, womit sie das traditionelle antispinozistische Vorurteil fortsetzt.17 Daß Hölderlin keiner dieser Richtungen zugeordnet werden kann, spricht mithin nicht gegen sein Interesse an Spinoza, sondern muß im Gegenteil als Bedingung der Möglichkeit seines eigenen Spinozismus verstanden werden. In dessen Zentrum steht - mit Begriffen wie der »intellectualen Anschauung«, »Liebe«, »Wahrheit«, vor allem aber auch der »exzentrischen Bahn« - die für Spinozas System konstitutive Wechselbeziehung seiner Metaphysik und

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Weshalb Jacobi sich im Gespräch mit Lessing zu der Feststellung genötigt sieht, Spinoza habe »... bis zum Sophisten sich erniedrigt«, um »... seinen Fatalismus bey der Anwendung auf menschliches Betragen zu verstecken ...« (Scholz, Pantheismusstreit, S. 89). Vgl. hierzu Norbert Altwicker, Spinoza. Tendenzen der Spinoza-Rezeption und -Kritik. In: Texte zur Geschichte des Spinozismus, hrsg. v. Norbert Altwicker, Darmstadt 1971, S. 1-58 (zit.: Altwicker, Tendenzen der Spinoza-Rezeption). Tatsächlich prägt eben dieses Vorurteil auch die Forschungsgeschichte bis in jüngste Zeit. So konstatiert Hermann Timm in seiner umfassenden Untersuchung der Spinoza-Renaissance im 18. Jahrhundert eine »Stagnierung der Forschung«, die sich hinsichtlich des Individualitätsproblems mit Verweisen auf ältere Arbeiten (Dilthey, Suphan, Warnecke, Killemann, Scholz, Vollrath, van Stockum, Korff) begnüge. - »In diesen Arbeiten jedoch herrscht die Tendenz, den vermeintlichen Spinozismus seiner >mathematisch-logischen Strenge und Abstraktheit wegen zu minimieren, um statt seiner den Einfluß des >lebendig-organischen Individualitätsgedankens< von Shaftesbury und Leibniz aufzuwerten« (Hermann Timm, Gott und die Freiheit. Studien zur Religionsphilosophie der Goethe-Zeit, Bd. 1 : Die Spinoza-Renaissance [= Studien zur Philosophie und Literatur des 19. Jahrhunderts, Bd. 22], Frankfurt a.M. 1974, S. 281). Timms Bemerkung über die Herderund Goethe-Forschung trifft im großen und ganzen auch auf die HölderlinForschung zu.

Ethik. 18 Die Modernität und Verbindlichkeit dieser Spinoza-Interpretation und der aus ihr gewonnenen spinozistischen Auffassung von Individualität ergibt sich nicht zuletzt aus dem Geltungsanspruch des »Hyperion« als Bildungsroman, der von seiner spinozistischen Konzeption her zu begründen und zu rechtfertigen ist. Der Roman stellt damit ein erstes Lösungsmodell eines Problemzusammenhangs dar, den Hölderlin als einen seiner »Lieblingsgedanken« 19 in späteren, vor allem auch poetologischen Überlegungen immer wieder thematisiert. Der Übergang hierzu, der damit in der Betrachtung des »Hyperion« als Bildungsroman unmittelbar angelegt ist, soll jedoch im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht mehr vollzogen werden.

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Um der Eigenart von Hölderlins Spinoza- Interpretation gerecht zu werden und zugleich ihre Plausibilität zum Vorschein zu bringen, ist es unumgänglich, sich von bestehenden Meinungen und Traditionen auch innerhalb der Spinoza-Forschung weitgehend zu lösen. In dieser Absicht rekurriert die Arbeit immer wieder auf Spinozas eigenes Werk, vor allem die »Ethik«. Da deren Aufbau »more geometrico« den mit ihr nicht vertrauten Leser befremdet und unwillkürlich jenes »klassische« Vorurteil mathematischer Starre und Abstraktheit auch des in ihr dargelegten Systems befestigt, soll zu einzelnen, für Hölderlin zentralen Gedanken (vor allem im Interpretationsteil C) eine Art Kommentar von Spinoza her geboten werden. " So Hölderlin an seinen Bruder am 4.6.1799 (StA 6, S. 330). 5

Α. Die Anfänge von Hölderlins Spinoza-Rezeption

1. Zum Brief an die Mutter vom Februar 1791: Hölderlins frühes »Spinoza-Verdikt« im Gefolge der Glaubensphilosophie Friedrich Heinrich Jacobis »[...] Hier haben Sie meine gestern (als am Sonntage) abgelegte Predikt.Ich war dißmal ein wenig weitläufiger, als in meiner ersten. Ich führte gerne eine Materie aus, deren genaue und richtige Erkenntniß mir täglich wichtiger wird. Derjenige Theil derselben in welchem gesagt wird, ohne Glauben an Christum finde, wenn man die Sache genau prüfe, gar keine Religion, keine Gewißheit von Gott und Unsterblichkeit statt, ist es,womit ich mich seit einiger Zeit anhaltender als sonst beschäfftige. Ich glaube, es giebt viele gute Christen, die nicht von jenem Saze nach seinem ganzen Umfange überzeugt sind, nicht als ob sie nicht glauben, wenn der Saz ihnen entwikelt wird, sondern weil sie nicht in Lagen kommen, wo sie die ganze Nothwendigkeit der christlichen Religion von jener Seite kennen lernen. Erlauben Sie, liebe Mamma! daß ich Ihnen sage, wie ich nach und nach dahin gebracht wurde. Ich studine denjenigen Theil der Weltweisheit, der von den Beweisen der Vernunft für das Dasein Gottes und von seinen Eigenschaften, die wir aus der Natur erkennen sollen, handelt, mit einem Interesse dafür, dessen ich mich nicht schäme, wenn es gleich auf einige Zeit mich auf Gedanken führte, die Sie vieleicht unruhig gemacht hätten, wenn Sie sie gekannt hätten. Ich ahnete nemlich bald, daß jene Beweise der Vernunft fürs Dasein Gottes, und auch für Unsterblichkeit, so unvollkommen wären, daß sie von scharfen Gegnern ganz oder doch wenigstens nach ihren Haupttheilen würden umgestoßen werden können. In dieser Zeit fielen mir Schriften über und von Spinoza, einem großen edeln Manne aus dem vorigen Jarhundert, und doch Gottesläugner nach strengen Begriffen, in die Hände. Ich fand, daß man, wenn man genau prüft, mit der Vernunft, der kalten vom Herzen verlassenen Vernunft auf seine Ideen kommen muß, wenn man nemlich alles erklären will. Aber da blieb mir der Glaube meines Herzens, dem so unwidersprechlich das Verlangen nach Ewigem, nach Gott gegeben ist, übrig. Zweifeln wir aber nicht gerade an dem am meisten, was wir wünschen? (wie ich auch in meiner Predigt sage). Wer hilft uns aus diesen Labyrinthen? - Christus. Er zeigt durch Wunder, daß er das ist, was er von sich sagt, daß er Gott ist. Er lehrt uns Dasein der Gottheit und Liebe und Weisheit und Allmacht der Gottheit so deutlich. Und er muß wissen, daß ein Gott, und was Gott ist, denn er ist aufs innigste verbunden mit der Gottheit. Ist Gott selbst. Das ist seit einem Jare der Gang meiner Erkenntnisse von der Gottheit.« (6,63 f.)

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Hölderlins Brief an seine Mutter, geschrieben im Februar 1791, 1 wird nach wie vor als Hauptbeweismittel seiner - endgültigen - Ablehnung Spinozas herangezogen. 2 Näheren Untersuchungen hält diese »Beweiskraft« des Briefs jedoch kaum stand. Höchst fragwürdig muß das angebliche Verdikt bereits erscheinen, wenn man der üblichen psychologisierenden Argumentation folgt, daß Hölderlin in seiner Korrespondenz die Mutter - nicht zuletzt aus ganz handfesten materiellen Interessen - schonen, d.h. auf ihre pietistisch geprägten Erwartungen und Gesinnungen eingehen wollte. 3 Allenfalls ließe sich in diesem Sinne die Erwähnung des atheistischen Schreckgespenstes Spinoza 4 als rhetorischer Kunstgriff erklären, d. h. als Folie zur Person des wundertätigen Christus, auf die die Argumentation hinausläuft. Der mitgeschickten Predigt, auf die Hölderlin sich hier bezieht, liegt - wie auch Beißner vermutet 5 - das überlieferte Predigtkonzept zu 2. Joh. 7 - 9 6 zugrunde. Diese (bisher freilich nicht unumstrittene 7 ) Zuordnung stützt sich nicht allein auf die Übereinstimmung zentraler gedanklicher Motive, 8 sondern insbesondere auch auf die gewissermaßen komplementäre Gliederung beider.

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Vermutlich 14.2.1791 - vgl. Beißner, StA 6, S. 578. Müller, Hölderlin, S. 636, dem zustimmend Beißner, StA 6, S. 580; Martin Brecht, Hölderlin und das Tübinger Stift 1788-1793. In: HJb 18,1973/74, S. 20-48, S. 39f. Vgl. gegen die undifferenzierte Idealisierung dieses Verhältnisses bei Wilhelm Michel (Hölderlins Mutter. In: W.M., Hölderlins Wiederkunft, Wien 1943, S. 203-229, bes. S. 210 ff.) die - wiewohl ihrerseits einseitige, die Beziehung auf den finanziellen Aspekt reduzierende - Meinung Bertauxs (Pierre Bertaux, Friedrich Hölderlin, Frankfurt a.M. 1981, S. 598 ff., bes. S. 610, 612). Paul Raabe, Die Briefe Hölderlins. Studien zur Entwicklung und Persönlichkeit des Dichters, Stuttgart 1963, S. 29-39, sieht den Grund für die Gebrochenheit der Mutter-SohnBeziehung in Hölderlins »Pietät« (S. 33). In der Tat wird hier vor allem der Einfluß pietistischer Lebenspraxis auf ihn greifbar; interessanterweise führt also gerade die gemeinsame gesinnungmäßige Grundlage von Mutter und Sohn zur Entfremdung beider. Vgl. beispielsweise die Diktion im Vorwort der ersten und lange gebräuchlichsten Ausgabe der »Ethik« Spinozas (1744) von Johann Lorenz Schmidt: Man müsse Spinoza »... öffentlich zur Schau aufführen, damit nicht ungeübte Leute ihn noch länger für ein Gespenste ansehen, sondern sich angewöhnen, sein fürchterliches Gerassel zu verachten« (zit. nach Scholz, Pantheismusstreit, S. XLII). Vgl. StA 4, S. 383 f. Vgl. StA 4, S. 173-175. Vgl. hierzu die Hinweise Beißners, StA 4, S. 383 f. So vor allem die Bedeutung Christi, seiner göttlichen Identität, seiner Lehre und speziell seiner Wundertätigkeit, deren spezifische Evidenz Unglaube und Zweifel in die unumstößliche Glaubensgewißheit und -glückseligkeit des Herzens verwandeln.

Brief und Predigt zielen darauf ab, die Bedeutung Christi nicht in abstrakt dogmatischem Zusammenhang, sondern als Kern der persönlichen religiösen Überzeugung und Praxis darzulegen und zu begründen. Im Mittelpunkt steht dabei die »Gewißheit von Gott und Unsterblichkeit«. Während das Predigtkonzept diesen Gedankengang über einen vorangestellten, die Autorität Christi fundierenden und legitimierenden ersten Teil systematisch entwickelt, erläutert der Brief ihn ergänzend unter psychologisch genetischem Aspekt. Zu erklären, wie er selbst »... nach und nach dahin gebracht wurde«, scheint Hölderlin ein Bedürfnis zu sein, für das er sich freilich vor der Mutter entschuldigen zu müssen glaubt. Diese rücksichtsvolle Geste mag Hölderlin wohl nicht zuletzt im Hinblick auf den kurz darauf genannten verketzerten Spinoza angebracht scheinen. Die nun folgenden Ausführungen, einzigartig in Hölderlins Korrespondenz mit seiner Mutter, bleiben jedoch mit zunehmender und zweifellos nicht kalkulierter, spontaner Eindringlichkeit auf die Sache bezogen, gipfelnd in der Erwähnung Christi und seiner Wundertätigkeit. Der akkumulierende Stil, die Polysyndeta und mehrfache emphatische Wiederholung des Wortes »Gott«, die den gedanklichen Höhepunkt signalisieren, widersprechen der Annahme eines überlegten Kalküls. Auch Hölderlins Versuch, den an diesem Punkt höchstmöglicher Steigerung abrupt abbrechenden Gedankengang in einem rationalisierenden und distanzierenden Resümee ausklingen zu lassen (»das ist seit einem Jare der Gang meiner Erkenntnisse von der Gottheit«) gelingt nicht überzeugend, so daß er nach wenigen weiteren, belanglosen Sätzen den Brief beendet. Hieraus ist einerseits zu folgern, daß es sich bei dem Brief um ein authentisches Zeugnis von Hölderlins geistig-seelischer Verfassung zu diesem Zeitpunkt handelt, das schlaglichtartig Motivation, Richtung und Inhalt seines Fragens und Denkens erhellt; andererseits müssen ebendeswegen seine Aussagen im Hinblick auf seinen damaligen Kenntnisstand relativiert werden. Offensichtlich fehlt hier noch die Souveränität, die Hölderlin später in der Adaptation auch widersprüchlicher Einflüsse seine eigenen Position stringent entwickeln läßt. Zweifellos entkräftet dieses Argument allein nicht die Bedeutung und Tragweite von Hölderlins Urteil über Spinoza. Die geringe Anzahl seiner direkten Hinweise, vor allem der Endgültigkeitscharakter dieser brieflichen Äußerung machen eine genaue Analyse des Briefs erforderlich. Dabei muß es vor allem auch darum gehen, den Kontext aufzuzeigen, innerhalb dessen Spinoza für Hölderlin hier erstmalig relevant wird. Mit der Ausgangsfrage nach den Bedingungen der - christlichen - Religion als unbedingter »Gewißheit von Gott und Unsterblichkeit« wird bereits die charakteristische innere Disposition des Fragenden erkennbar. So siedelt er die Bedeutsamkeit dieses Problems nicht auf der Ebene theologischer Dog9

matik oder Systematik an, sondern ausschließlich im Kontext einer konkreten Lebenssituation, innerhalb derer - wie auch die Predigt ausführlich darlegt9 diese Gewißheit in individueller »Glükseeligkeit« unmittelbar wirksam und offenbar wird. Dabei dienen jedoch die in diesem Rahmen zu erwartenden Mechanismen pietistischer Psychologie, von denen seine frühen Briefe aus dem Stift ganz geprägt sind,10 Hölderlin hier nicht als Argumentationsmuster. Aus dem durch die praxis pietatis indizierten Zwang zu Selbstbeobachtung, Selbstverachtung und Selbstmitleid sowie der daraus erwachsenden Erlösungshoffnung 11 hat Hölderlin sich hier - nach zweijährigem Philosophiestudium als Auftakt der Ausbildung im Tübinger Stift 12 - weitgehend befreit. So wird Christus zum Garanten einer Glaubensgewißheit, die nicht erst am Ende eines langen Sündenkampfes, sondern - als lebensunmittelbare, primäre - im Gegensatz zu den »Labyrinthen« diskursiver Rationalität steht. Als das eigentliche Problem Hölderlins erweist sich von hier aus die säkulare und ihrerseits zeittypische Konstellation des Dualismus einer »kalten, von Herzen verlassenen Vernunft« und des Herzens mit seinen »unwidersprechlichen« Forderungen. Wenn er dies auch hier (noch!) nicht als spezifisch philosophisches Problem formuliert, vielmehr Herz als Chiffre einer abwertenden Relativierung von Philosophie und Denken überhaupt einsetzt, so ist mit dem ungelösten Widerspruch doch die die zeitgenössische Philosophie beherrschende Frage nach der möglichen Ganzheit individueller Erfahrung und Existenz angesprochen. So wird der Brief gewissermaßen zu einem Scharnier: Die innere Zerissenheit, die Hölderlin zuvor immer wieder als rein persönliches Problem erlebt und zum Ausdruck bringt,13 wird hier gedanklich und begrifflich so weit aufgearbeitet, daß dieses Problem in der Folge als philosophisches behandelt werden kann. Nur scheinbar kann der Brief die aufgeworfene Frage mit der Erwähnung Christi und der Wunder beantworten. Tatsächlich korrespondiert dies aber le9

Vgl. StA 4, S. 174 (Zeile 10 ff.). Vgl. die Briefe aus Denkendorf und Maulbronn, bes. Nr. 1 (StA 6, S. 3), Nr. 4 (StA 6, S. 7), Nr. 14 (StA 6, S. 19 f.) u.a.m. " Vgl. Hans R.G. Günther, Psychologie des deutschen Pietismus. In: DVjS 4, 1926, Bd. IV, S. 144-176, bes. S. 153 f. - Wichtig im Hinblick auf das Folgende ist auch, wie die Bedeutung Christi für den Pietismus ganz in diese »Dialektik« eingebunden wird bzw. umgekehrt diese sich aus einer individuellen »imitatio Christi« zu rechtfertigen sucht (vgl. ebd., S. 172-174). Seine höchste Steigerung erfährt dieser Gedanke im Christuskult der Blut- und Wundentheologie Zinzendorfs (vgl. Martin Schmidt, Pietismus, 2. Aufl., Stuttgart u.a. 1978, bes. S. 101-106). 12 Hölderlin bezog das Stift am 21.10.1788 (Beißner, StA 6, S. 536). Zum Aufbau des Studiums vgl. Martin Brecht, Hölderlin und das Tübinger Stift 1788-1793, S. 38. 13 »Du lieber Gott! bin ichs dann allein? jeder andere glüklicher als ich? Und was hab' ich dann gethan?« (6,9) 10

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diglich dem »Verlangen nach Ewigem, nach Gott« des Herzens, bleibt der Widerspruch zwischen Herz und Vernunft mithin ungelöst. Damit spricht sich gerade in der expliziten Absage an die philosophierende Vernunft selbst deren Legitimation und Erkenntnisinteresse aus. In diesem Sinn betont Hölderlin in etwa gleichzeitigen brieflichen Äußerungen immer wieder die zunehmende Wichtigkeit seiner philosophischen Studien.14 Noch sind die philosophischen bzw. theologischen Inhalte im einzelnen wenig reflektiert. In Hölderlins Übernahme des supranaturalistischen Gottesbeweises aus der Offenbarung (Funktion der Wunder Christi) macht sich der Einfluß der Tübinger Orthodoxie, insbesondere Gottlob Christian Storrs geltend,15 worüber jedoch die bereits dargelegte eigentliche Motivation dieses Arguments nicht vergessen werden darf. Ähnliches gilt von der Bedeutung Kants in diesem Zusammenhang. Zwar bezieht sich Hölderlins Hinweis auf die Unvollkommenheit der Gottesbeweise als »... Beweisen der Vernunft für das Dasein Gottes und von seinen Eigenschaften, die wir aus der Natur erkennen sollen...« direkt auf die Kantische Gottesbeweiskritik in der »Kritik der reinen Vernunft«,16 indem er die Typologisierung der Gottesbeweise in den ontologischen (a priori) und den kosmologischen bzw. physikotheologischen (a posteriori)17 aufgreift. Für Hölderlin bezeichnet diese Kritik jedoch eine Tendenz, die er im Atheismus Spinozas gipfeln sieht, was Kants Absicht ebenso zuwiderläuft 18 wie Hölderlins nun folgende Begründung des eigenen »Gottesbeweises« in einem explizit irrationalistischen Bedürfnis. 19 Im Konzept zu der erwähnten Predigt finden sich weitere Ausführungen zu diesem Gedanken, die das Gesagte verdeutlichen: Das für die Kantische Philosophie 14

Briefe Nr. 33 (6,54), 34a (6,470) und 36 (6,57); vgl. auch Henrich, Hölderlins philosophische Anfänge, S. 19. ' 5 Vgl. hierzu ausführlich Martin Brecht, Die Anfange der idealistischen Philosophie und die Rezeption Kants in Tübingen (1788-1795). In: 500 Jahre Eberhard-KarlsUniversität Tübingen, Bd. 1 : Beiträge zur Geschichte der Universität Tübingen. 1477-1977, hrsg. v. Hansmartin Decker-Hauff, Gerhard Fichtner und Klaus Schreier, bearb. v. Wilfried Setzier, Tübingen 1977, S. 3 8 1 ^ 2 8 (zit.: Brecht, Die Anfänge der idealistischen Philosophie), S. 403, der mit Recht auf die innere Widersprüchlichkeit von Emst Müllers (Müller, Hölderlin, S. 88 ff.) Beurteilung des Briefs Nr. 41 verweist (Brecht, Die Anfänge der idealistischen Philosophie, S. 427, Anm. 91). Zur Position Storrs im Kontext (nach)kantischer Fragestellungen ausführlich auch Henrich, Problemlagen, S. 64-83. 16 11

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Kritik der reinen Vernunft, Β 620 ff. Ebd., Β 633 gibt diese Tipologie in gedrängtester Formulierung. Die Bedeutung des Briefs Nr. 41 als erstes Zeugnis von Hölderlins Beschäftigung mit Kant hebt M. Brecht, Die Anfänge der idealistischen Philosophie, S. 402 f. hervor. Mit Vehemenz wehrt er eben diesen Vorwurf in der Schrift »Was heißt: Sich im Denken orientieren?« ab (vgl. bes. A 324 Anm. - Kant, Werke in 12 Bden., hrsg. v. Wilhelm Weischedel, Frankfurt a.M. 1958, Bd. V, Schriften zur Metaphysik und Logik 1, S. 267-283, S. 279). »Aber da blieb mir der Glaube meines Herzens ...« (6,64) etc.

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im allgemeinen und seine Moraltheologie im besonderen zentrale Spannungsverhältnis von Intelligiblem und Phänomenalem, d.h. hier: Sittlichkeit und Glückseligkeit,20 wird von Hölderlin überhaupt nicht gesehen. Aus ihm folgt aber erst die Notwendigkeit der zu fordernden Übereinstimmung als Idee des höchsten Guts, die ihrerseits durch das Postulat der Existenz Gottes vor der Verflüchtigung in bloße Idealität gerettet werden soll.21 Für Hölderlin dagegen liegt die Relevanz des summum bonum allein im unmittelbaren Erleben der Glückseligkeit als konkreter Erfahrung der Sittlichkeit selbst.22 Ebenso unproblematisch erscheint ihm die »unmittelbare göttliche Offenbarung« als »fester Erkenntnisgrund«, was nicht nur den Ansatz Kants geradezu auf den Kopf stellt,23 sondern darüber hinaus zeigt, wie wenig der für den gleichzeitig verfaßten Brief beherrschende Dualismus von Herz und Vernunft als philosophisches Problem erkannt und durchdacht ist, liegt doch gerade in der Frage nach der Möglichkeit der Kontinuität von - intuitiver - Unmittelbarkeit und - diskursiver - Vermitteltheit der Kern desselben. Als Zeugnis eines schon Anfang 1791 ausgereiften Kantianismus Hölderlins kann der Brief mithin nicht verstanden werden. 24 Eine solche Interpretation würde die eigentliche Beweiskraft des Briefes verfehlen, die in seiner Authentizität, d.h. aber gerade in seiner relativen Unreflektiertheit liegt. In diesem Sinne wäre auch Hölderlins Beurteilung Spinozas als Ergebnis eigenständiger philosophischer Reflexion mißverstanden. So sucht er zunächst - und angesichts der herrschenden Meinung über den Philosophen durchaus nicht nur mit Rücksicht auf die Mutter - das Beunruhigende seiner diesbezüglichen Studien abzumildern, das in gewollter Absicht gesehen werden könnte: Er betont die rein zufällige Begegnung mit »Schriften über und von Spinoza« anstatt gezielter (d.h. aber auch vorurteilsfreier bzw. kritischer) Lektüre seiner Werke. 20 21

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Vgl. z.B. Was heißt: Sich im Denken orientieren?, A 316. Ebd.: »... um dem Begriffe vom höchsten Gut objektive Realität zu geben, d.i. zu verhindern, daß es zusamt der ganzen Sittlichkeit nicht bloß für ein bloßes Ideal gehalten werde, wenn dasjenige nirgends existierte, dessen Idee die Moralität unzertrennlich begleitet«. Aus solchem »praktischem Bedürfnis« abgeleitet, ist der »Vernunftglaube« als Postulat legitimiert (vgl. A 320). Vgl. StA 4, S. 174. Vgl. Was heißt: Sich im Denken orientieren?, A 321: »Widerfahrt mir eine unmittelbare Anschauung von einer solchen Art, als sie mir die Natur, so weit ich sie kenne, gar nicht liefern kann: so muß doch ein Begriff von Gott zur Richtschnur dienen ...«, denn (ebd., A318): »... der letzte Probierstein der Wahrheit ist immer die Vernunft«. So auch Martin Brecht, Die Anfänge der idealistischen Philosophie, S. 403 - gegen Ernst Müller, Hölderlin, S. 90. Henrich, Hölderlins philosophische Anfänge, S. 14, weist in diesem Zusammenhang auf die radikale Religionskritik des Kantianers Diez und seines Kreises im Tübinger Stift hin.

Was Hölderlin zu diesem Zeitpunkt von Spinoza selbst gelesen hatte, läßt sich vermuten. 25 Eindeutig zu identifizieren ist dagegen die - für seine Meinungsbildung offenbar entscheidendere - Schrift über Spinoza als Friedrich Heinrich Jacobis 1789 in zweiter, erweiterter Auflage erschienenes Buch »Über die Lehre des Spinoza in Briefen an den Herrn Moses Mendelssohn«. 26 Mittels einer fast wörtlich hieraus entnommenen Formulierung charakterisiert Hölderlin Spinoza über dessen (vermeintliche) Absicht - »... wenn man nemlich alles erklären will« 27 - , womit er den Kern von Jacobis Beurteilung der spinozistischen Philosophie trifft: Jacobi meint in ihr die konsequente Vollendung einer allem Rationalismus von seinem methodischen Ansatz her immanenten Tendenz zu Verselbständigung und Selbstverabsolutierung zu erkennen, die sich schließlich gegen sich selbst kehren muß: »Jeder Weg der Demonstration geht in den Fatalismus aus«. 28 Auch in seiner präzisierenden Begründung vertritt Hölderlin keinen polemischen Antispinozismus. Mit Jacobi sieht er vielmehr die Mangelhaftigkeit einer kirchentreuen rationalistischen Metaphysik in ihren traditionellen Versuchen, die Existenz eines extramundanen personalen Gottes philosophisch zu beweisen. Den Widerspruch, in den sie sich zwangsläufig verwickeln, vermag Jacobi zufolge nur die insoweit vollkommene Philosophie Spinozas als reiner Konstruktivismus aufzulösen. Dies allerdings impliziert als unausweichliche Folge den Atheismus: An die Stelle Gottes tritt das sich vollziehende philosophische Subjekt selbst. 29 Auch diesen Gedanken vollzieht 25

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Unmittelbare Kritik Spinozas an supranaturalistischen Gottesbeweisen, am Glauben an Wunder und übernatürliche göttliche Vorsehung findet sich vor allem im 6. Kapitel des Theologisch-Politischen Traktats (Von den Wundem - Baruch de Spinoza, Theologisch-Politischer Traktat. Auf der Grundlage der Übersetzung von Carl Gebhardt, neu bearb., eingel. u. hrsg. v. Günther Gawlick [= Baruch de Spinoza, Sämtliche Werke in 7 Bänden und einem Ergänzungsband, i.V.m. Otto Baensch und Artur Buchenau hrsg. u. mit Einleitungen, Anmerkungen und Registern versehen von Carl Gebhardt, Bd. 3], Hamburg 1984, S. 110-132). Vollständig abgedruckt in Scholz, Pantheismusstreit, S. 45-282. Hölderlins Exzerpt aus dieser Schrift (StA 4, S. 207-210, vgl. dazu Abschnitt A. III.) liegt die erste Auflage von 1785 zugrunde. Mit Henrich, Problemlagen, S. 86 f., ist jedoch davon auszugehen, daß auch die zweite den Stiftlern sogleich bekannt wurde. Ein Exemplar der zweiten Auflage befand sich laut Bücherverzeichnis in Hölderlins Besitz - vgl. StA 7/3, S. 400. Vgl. die Äußerung Jacobis, »... daß auch der größte Kopf, wenn er alles schlechterdings erklären [...] will, auf ungereimte Dinge kommen muß« (Scholz, Pantheismusstreit, S. 89 f.). Ebd., S. 178. Vgl. Hermann Timm, Die Bedeutung der Spinozabriefe Jacobis für die Entwicklung der idealistischen Religionsphilosophie. In: Friedrich Heinrich Jacobi. Philosoph und Literat der Goethezeit, hrsg. v. Klaus Hammacher, Frankfurt a.M. 1971, S. 35-81 (zit.: Timm, Die Bedeutung der Spinozabriefe Jacobis), S. 54. Dies macht Jacobi in der Tat zum »Inaugurator jener Sicht der Philosophiegeschichte der 13

Hölderlins Argumentation genau nach. Hölderlins zunächst etwas diffus erscheinende Anspielung auf Kant wird von hier aus verständlich. Im Sinne der genannten Inkonsequenz nämlich kritisiert Jacobi auch an Kant einen Bruch zwischen den seinem Verständnis nach »spinozistischen« Grundlagen vor allem der transzendentalen Ästhetik und Analytik einerseits und dem moraltheologischen Anspruch der Postulatenlehre andererseits. 30 Jacobis Kritik übte auf die zeitgenössische Kantrezeption erheblichen Einfluß aus. 31 Gefördert wurde dies nicht zuletzt durch Kants eigene, aber wenig überzeugende Abwehr der Position Jacobis und ihrer Implikationen in seiner Schrift »Was heißt: Sich im Denken orientieren?«. 32 Auch Hölderlins ablehnender Hinweis auf Kant wiederholt mithin ein Argument Jacobis. Jacobi seinerseits greift, indem er dem atheistischen System Spinozas die moralisch vorbildliche Persönlichkeit des »heiligen Benedictus« gegenüberstellt, 33 auf eine verbreitete und durch wirkungsmächtige Vertreter wie Pierre Bayle bestätigte Ansicht 34 zurück. Die entsprechende Differenzierung Hölderlins in seinem Brief 35 allein ließe also den Schluß auf den überragenden Einfluß nur Jacobis nicht zu. Demgegenüber stellt aber der Gedanke des notwendigen inneren Zusammenhangs, nämlich der Verwurzelung von Atheismus in Rationalismus eine Novität dar.36 Jacobi selbst rühmt sich ihrer in selbstbewußter Abgrenzung gegen die vorausgehende Spinoza-Kritik - die

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Neuzeit, die das >eritis sicut deus< als ihren leitenden Impuls und den Nihilismus als unausweichliche Konsequenz ihrer Hybris ansieht« (ebd., S. 36). Zu Jacobis Kant-Kritik vgl. ausführlich Klaus Hammacher, Die Philosophie Friedrich Heinrich Jacobis, München 1969, S. 131-166, der allerdings nicht diese beiden Momente einander zuordnet (woraus in der Tat aber erst die Schlagkraft der Jacobischen Kantkritik erwuchs - vgl. Hermann Timm, Gott und die Freiheit, S. 440-473: »Der Skandal der Philosophie«, bes. S. 441 f., S. 451 ff. und 463 ff.). Vgl. Timm, Die Bedeutung der Spinozabriefe Jacobis, S. 76-81. Zu den Entstehungsbedingungen dieses Aufsatzes vgl. Timm, ebd., S. 66. »... Und sey Du mir gesegnet, großer, ja heiliger Benedictusl Wie du auch über die Natur des höchsten Wesens philosophiren und in Worten dich verirren mochtest: seine Wahrheit war in Deiner Seele, und seine Liebe war Dein Leben!« (»Wider Mendelsohns Beschuldigungen in dessen Schreiben an die Freunde Lessings, zit. nach Scholz,Pantheismusstreit, S. 342). Erst in dieser Formulierung und vor dem Hintergrund von Jacobis »lebensphilosophischem« Anspruch (vgl. dazu unten) erfahrt dabei das traditionelle widersprüchliche Spinoza-Bild die paradoxe Zuspitzung, die Martin Bollacher, Der junge Goethe und Spinoza, S. 26, bereits in demjenigen Pierre Bayles sehen will. Vgl. dessen Artikel im »Dictionnaire Historique Et Critique« III, auszugsweise in deutscher Übersetzung abgedruckt bei Emst Altkirch, Maledictus und Benedictus. Spinoza im Urteil des Volkes und der Geistigen bis auf Constantin Brunner, Leipzig 1924, S. 69-71. StA 6, S. 64 (Zeile 34 ff.). Vgl. hierzu schon die einleitende Zusammenfassung von Heinrich Scholz, Pantheismusstreit, S. XXI.

den Spinoza allenfalls »nicht mißverstanden« habe 37 - als eines erstmals genuinen Verständnisses dieser Philosophie. 38 In diesem Sinne verteidigt er die in ihrer Eigentümlichkeit vollkommene Philosophie Spinozas so entschieden gegen jedweden »Läuterungsversuch« vor allem Mendelssohns und später Herders, 39 daß Lessing in dem berühmten Wolfenbütteler Gespräch in Jacobi selbst den Spinozisten zu sehen vermeint. 40 Und doch dient Spinoza diesem, wie der weitere Verlauf des Gesprächs zeigt, letztlich nur als Folie und mittelbare Rechtfertigung seines eigenen philosophischen Ansatzes, nämlich der Notwendigkeit des »salto mortale« in einen ausdrücklich irrationalistischen Theismus. 41 Genau diesem Schema entspricht Hölderlins Brief an seine Mutter von Anfang 1791: Seine Ausführungen gipfeln in einer spontanen Befreiung aus den »Labyrinthen« der ratio, welche hinsichtlich ihrer strukturellen Funktion ganz Jacobis »salto mortale« entspricht. Die darin gewonnene Gottesgewißheit, der »Glaube [des] Herzens« zielt auf die Evidenz, die Jacobi für seinen Begriff des Glaubens beansprucht: eine »unmittelbare Gewißheit«, der gegenüber jede vernunftgemäße »Überzeugung durch Beweise [...] eine Gewißheit aus der zweiten Hand [ist]«, welche »... nie recht sicher und vollkommen seyn [kann]«. 42 Auch Jacobi sieht das Herz als Träger dieser Gewißheit an, was es 37 38

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So Jacobis Urteil über Bayle und Leibniz - vgl. ebd., S. 104. Implicite bereits im Gespräch mit Lessing, vgl. ebd., S. 88: »... keiner hat ihn gefaßt, dem in der Ethik eine Zeile dunkel blieb ...« usw. Mendelssohn selbst thematisiert in der 14. Vorlesung seiner »Morgenstunden ...« (1785) ausdrücklich die »Unschädlichkeit des geläuterten Pantheismus« (zit. nach Scholz, Pantheismusstreit, S. 15), dem er dann auch Lessing zuordnet (15. Vorlesung, vgl. ebd., S. 29 ff.). Jacobi bezeichnet diese Auffassung polemisch als bloßen »Schaum von Spinozismus«, mit dem man »die schönsten Blasen [...] werfen« könne (bereits in der 1. Aufl. der Spinoza-Briefe, vgl. die Anm. Jacobis zu seiner These »Spinozismus ist Atheismus«, Scholz, Pantheismusstreit, S. 173 f.) dagegen habe Lessing sehr wohl gewußt, »... daß sich aus dem Spinozismus eben so wenig Pantheismus läutern läßt, als aus klarem Wasser trübes ...« (Friedrich Heinrich Jacobis' Werke, 6 Bände, Leipzig 1812-1825 [Photomechanischer Nachdruck], hrsg. v. Friedrich Roth u. Friedrich Koppen, 2. Aufl., Darmstadt 1976 [zit.: Jacobi, Werke] IV/2, S. 199); vgl. zu dieser Kontroverse ausführlich: Kurt Christ, Jacobi und Mendelssohn. Eine Analyse des Spinozastreits, Würzburg 1988. Gegen Herders entsprechende Ansätze in seiner 1787 erschienenen Schrift »Gott. Einige Gespräche« richtet sich vor allem die fünfte Beilage zur 2. Aufl. der Spinoza-Briefe (vgl. Scholz, Pantheismusstreit, S. 240-247). »Und Sie sind kein Spinozist, Jacobi!« (Scholz, Pantheismusstreit, S. 88). - Trotz detaillierter brieflicher Selbstdarstellungen Jacobis (miß-)versteht auch Mendelssohn ihn als Spinozisten - vgl. seine Reaktion auf das Spinoza-Buch (»der Leib von Spinoza«), hierzu Christ, Jacobi und Mendelssohn, S. 126. Vgl. Scholz, Pantheismusstreit, S. 80 f., 89; dazu unten, Abschnitt A. 2. Scholz, Pantheismusstreit, S. 168 f. 15

befähigt, die »Gottesader« aufzuschließen,43 d.h. die göttliche Identität des Lehrers Jesus Christus anzunehmen und damit jenen »Frieden Gottes, welcher höher ist denn alle Vernunft« zu finden, wie Jacobi mit Paulus formuliert.44 Diese Bewegung ist bei Jacobi wie bei Hölderlin motiviert durch ein ursprüngliches Herzensbedürfnis, ein »Verlangen nach dem Ewigen«. Von dieser Motivation der Jacobischen Philosophie her läßt sich jedoch eine Schwäche seines Ansatzes aufdecken, die die angedeutete Ambivalenz, ja Widersprüchlichkeit seiner Spinoza-Interpretation erklärt.45 In Hölderlins zunächst uneingeschränkter Übernahme dieses SpinozaBildes ist damit bereits der Keim zu dessen Revision angelegt. 46

2.

Exkurs: Zur Problematik von Jacobis Ansatz und Spinoza-Kritik

Mit seiner scharfsinnig-ironischen Bemerkung über den explosionsartigen Effekt von Lessings Bekenntnis zu Spinoza47 hatte Goethe selbst nicht Jacobi im Auge. An dessen spinozafeindlicher, theistischer Gläubigkeit zweifelte er nie, in ihr sah er später den eigentlichen Grund für seine innere Entfremdung von dem ehemaligen Freund. 48 Und doch ist Jacobi durchaus in jenen Kreis

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Vgl. das flammende Bekenntnis Allwills, das aus der Opposition Geist-Herz entspringt (Jacobi, Werke I, S. 199). Vgl. Scholz, Pantheismusstreit, S. 170 - Mit dem Pauluszitat (Phil. 4,7) umschreibt auch Hölderlin in der ungedruckten Vorrede zur »Vorletzten Fassung« des »Hyperion« seinen Zielgedanken - vgl. StA 3, S. 236. Jacobis erklärtermaßen antispinozistische Absicht hat auch die Forschung bis in neuere Zeit dies Problem übergehen lassen. Allenfalls wurden pantheistische Momente in den frühen »Allwill«-Fassungen als - vorübergehende - psychologische Disposition des Autors dargestellt und vor allem dem damaligen Einfluß Goethes auf Jacobi zugeschrieben (vgl. z.B. Heinz Nicolai, Goethe und Jacobi. Studien zur Geschichte ihrer Freundschaft, Stuttgart 1965, S. 44, 9 8 f.). Die These eines gleichsam versteckten Spinozismus Jacobis vertritt demgegenüber auch Hermann Timm, Die Bedeutung der Spinozabriefe Jacobis, S. 57; vgl. auch Henrich, Problemlagen, S. 89, Kurt Christ, Jacobi und Mendelssohn, S. 19 ff. Etwas anders akzentuiert Henrich, Problemlagen, S. 89, diesen Gedankenschritt. Vgl. »Dichtung und Wahrheit« III, 15. Buch (Johann Wolfgang von Goethe, Werke, Hamburger Ausgabe in 14 Bänden, Bd. 10: Autobiographische Schriften II, textkritisch durchgesehen von L. Blumenthal und W. Loos, kommentiert von W. Loos und E. Trunz, 7. Aufl. München 1981 [zit.: Goethe, HA 10], S. 49). Vgl. die bei Emst Altkirch, Maledictus und Benedictas, S. 111 ff. zusammengestellte Korrespondenz Goethes, vor allem seinen Brief an Jacobi vom 5.5.1786 mit der Opposition »glauben« und »schauen« sowie als spätes Zeugnis den Auszug aus den »Tag- und Jahresheften« von 1811 (ebd., S. 114): » . . . mußte nicht ein so

»würdiger Männer« einzureihen, deren »geheimste Verhältnisse [...]: Verhältnisse, die, ihnen selbst unbewußt, in einer sonst höchst aufgeklärten Gesellschaft schlummerten«,49 durch das spektakuläre Ereignis aufgedeckt wurden. Zwar behauptete Jacobi Lessings Spinozismus gegen die Vorbehalte Mendelssohns in einer Offenheit, die die Zeitgenossen brutal anmutete und ihm den Vorwurf einbrachte, am Tod Mendelssohns schuld zu sein.50 Das Gesprächsprotokoll in seinem Spinoza-Buch bezeugt jedoch, daß Lessings Bekenntnis auch Jacobi selbst zunächst ganz unvermutet traf, hoffte er doch, von Lessing »... Hülfe gegen den Spinoza zu erhalten«.51 Gerade diese unvorhergesehene Wendung des Gesprächs macht den Text zu einem wichtigen philosophischen Selbstzeugnis Jacobis. Nachdem die beiden Gesprächspartner einander im zunächst durch Goethes »Prometheus«-Ode beschworenen, dann von Jacobi ausführlich erläuterten »Geist des Spinozismus« 52 nahezukommen scheinen, sieht Jacobi sich genötigt, dem sein wahres »Credo« entgegenzustellen: »Ich glaube an eine verständige persönliche Ursache der Welt«.53 Umgehend gelangt man jedoch von hier aus erneut zu einer Übereinstimmung - hinsichtlich des »Parallelismus« von Spinoza und Leibniz54 - , die die diametral entgegengesetzten Gesichtspunkte scheinbar vergessen läßt, unter denen sie entwickelt wurde. Lessing stützt seine diesbezügliche Vermutung auf eine Stelle bei Leibniz, wo das Wesen Gottes als einer »immerwährenden Expansion und Contraction« gleichgesetzt wird mit »Schöpfung und [···] Bestehen der Welt«.55 Jacobis nachfolgende Ausführungen zu diesem Thema beweisen, daß er den Vergleich der beiden Systeme bereits wesentlich detaillierter durchdacht hat wobei es ihm darum geht, den dem Leibnizschen Determinismus (wie jedem rational-philosophischen Ansatz) immanenten spinozistischen Fatalismus aufzuzeigen, 56 um so letztlich die Notwendigkeit seines »salto mortale« zu rechtfertigen. Lessing verkennt diese Absicht; in dem von Jacobi gezogenen Vergleich ahnt er vielmehr die mögliche Rehabilitation Spinozas, von dem » die Leute doch immer [...] wie von einem todten Hunde . . . « " reden. Den

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seltsamer, einseitig-beschränkter Ausspruch [Jacobis These, die Natur verberge Gott, M.W.] mich dem Geiste nach von dem edelsten Manne, dessen Herz ich verehrend liebte, für ewig entfernen?« Goethe, HA 10, S. 49. Vgl. dazu Christ, Jacobi und Mendelssohn, S. 139-141. Scholz, Pantheismusstreit, S. 78. Ebd., S. 78. Ebd., S. 80, im Text gesperrt gedruckt. Ebd., S. 88. Ebd., S. 84. Vgl. ebd., S. 85. Ebd., S. 88.

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damit implicite vertretenen, später vor allem von Herder in seiner 1787 erschienen Schrift »Gott. Einige Gespräche« ausgeführten, »geläuterten Spinozismus« lehnt jedoch Jacobi ebenso grundsätzlich ab wie die hier damit verbundene Absicht Lessings. Er begründet diese Ablehnung mit einem überraschend »modernen« Argument: Auch der Zugang über die Philosophie Leibnizens verstelle ein angemessenes Verständnis des Spinoza;58 die gegen ihn bestehenden Vorurteile ließen sich nur überwinden, wenn man zu einem ganzheitlichen Erfassen seines Systems in allen seinen Teilen gelangte. Dabei dürfe dessen eigentliche Überzeugungskraft jedoch nicht in der Systematik selbst gesucht werden, sie liege vielmehr in der Wirkung dieser Philosophie auf ihren Urheber, die vom Rezipienten nachzuvollziehen sei. Jacobi stützt diese Überzeugung auf die zentrale briefliche Selbstaussage Spinozas: »... non praesumo, me optimam invenisse philosophiam, sed veram me intellegere scio«.59 Nur ein solchermaßen ganzheitlich orientiertes, hermeneutisches Verstehen gewährleiste eine authentische Rezeption. Hinter diesem Anspruch bleibt Jacobi selbst jedoch weit zurück, wo er, unmittelbar im Anschluß hieran, seinen eigenen Ansatz erläutert und unter diesem Blickwinkel nun seine Spinoza-Interpretation resümiert. Dabei widerspricht zunächst seine Feststellung, Spinoza habe sich in den Abschnitten IV und V seiner »Ethica« »... bis zum Sophisten erniedrigt«,60 der zuvor geforderten ganzheitlichen Betrachtungsweise - auch wenn er selbst diesen Widerspruch zu überspielen sucht (»Und das war es ja, was ich behauptete«61)· Vor allem hebt er selbst bei der Reduktion von Spinozas System auf den metaphysischen Teil ganz auf den methodischen Aspekt ab, den er zuvor für sekundär erklärt hatte. So setzt sich in seiner ihrerseits tendenziösen SpinozaDarstellung das traditionelle antispinozistische Vorurteil in lediglich neuer Akzentuierung fort, Spinoza löse individuelles Dasein in die Alleinheit der Substanz auf. Zugleich spiegelt diese Interpretation ein grundsätzliches Dilemma von Jacobis eigener Position wider: Sie vermag sich grundsätzlich nicht aus dem disjunktiven Gegensatz von Rationalismus und Irrationalismus zu befreien, den sie ihrem Anspruch nach hinter sich lassen muß.

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Vgl. ebd.: »Sie würden vor wie nach so von ihm reden.« Ebd., Hervorhebgen. im Text; es handelt sich um den Brief Nr. 76 Spinozas an Albert Burgh. Vgl. Baruch de Spinoza, Briefwechsel, Übersetzung und Anmerkungen von Carl Gebhardt, 3. Aufl., hrsg., m. Einl., Anhang und erweiteter Bibliographie von Manfred Walther (= Baruch de Spinoza, Sämtliche Werke in 7 Bänden und einem Erg.-Bd., Bd. 6) Hamburg 1986, S. 283-289, S. 286. Scholz, Pantheismusstreit, S. 89. Ebd.

Charakteristisch für diesen Anspruch ist, daß Jacobi es im Rahmen seines Spinoza-Buchs ausdrücklich für »zur Sache« gehörig erachtet, »... daß ich einiges mich selbst betreffendes vorausschike«. 62 In der erweiterten Auflage von 1789 widmet er dieser Rückbindung seiner Philosophie an seine Biographie die gesonderte »Beylage III«, in welcher er das entscheidende, motivierende Schlüsselerlebnis erläutert. Man würde dennoch die Brisanz von Jacobis Philosophie für die zeitgenössische Diskussion verkennen, wenn man sie damit als Produkt einer individuell einmaligen oder rein pietistisch orientierten geistig-seelischen Disposition einstufen würde. 63 Umgekehrt darf sich das biographische Interesse an Jacobi nicht in einer individualpsychologischen Studie erschöpfen. 64 Die Bedeutung der Philosphie Jacobis liegt vielmehr in der zeittypischen Relevanz der individuellen Disposition. Daß Jacobi unmittelbar aus ihr sein philosophisches Prinzip schöpft, macht seine Philosophie ihrem Anspruch nach zur »Lebensphilosophie«. 65 Diese Disposition entspricht in ihrer Grundstruktur dem tatsächlich durch den Pietismus erneuerten, d.h. stark individualisierten Phänomen des schroffen Dualismus von »altem« und »neuen« Menschen, der im Peripetie-Erlebnis der Wiedergeburt zur konkreten individuellen Erfahrung wird. 66 Aus dem pietistischen Rechenschaftsbericht, der in diesem Sinn Sündenkampf und Erlösung als Modell mit rein religiöser Intention reflektiert, entwickelt sich im

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Ebd., S. 72 (-74). Dies kritisiert H. Timm, Gott und die Freiheit, S. 149, an Klaus Hammacher, Die Philosophie Friedrich Heinrich Jacobis, S. 21. Wie wenig ein solcher Ansatz gerade zum infragestehenden Problem des Spinozismus beitragen kann, zeigt deutlich die Untersuchung von Heinz Nicolai, Goethe und Jacobi: Nachdem die Beziehung Goethe-Jacobi in ausdrücklich »geistesgeschichtlicher Perspektive« (ebd., S. 3) sich auf den schematischen Gegensatz von »geniehaft-männlichem« und »empfindsam-weiblichem« Charakter reduziert (ebd., S. 112), kann auch das Spinoza-Kapitel nur tautologisch eben diese Gegensätzlichkeit feststellen (ebd., S. 150-177, bes. S. 156). So Otto Friedrich Bollnow, Die Lebensphilosophie Friedrich Heinrich Jacobis (= Göttinger Forschungen. Eine geisteswissenschaftliche Sammlung, 2. Heft), Stuttgart 1933 (zit.: Bollnow, Die Lebensphilosophie Jacobis). Diese erläutert Martin Schmidt an dem Standardwerk des Pietismus, der »Pia Derideria« des Begründers Philipp Jakob Spener (Martin Schmidt, Speners »Pia Deriderla«. Versuch einer theologischen Interpretation. In: Zur neueren Pietismusforschung, hrsg. v. Martin Greschat, Darmstadt 1977, S. 113-166). Als die wesentlichen Punkte im »Programm« Speners nennt er die »Erneuerung des ganzen Menschen« und den »grundlegende[n] Gegensatz von alter und neuer Geburt oder besser von Welt und Geist Gottes« (ebd., S. 120), wozu er erläutert: »Der Gegensatz [...] reicht so tief, daß er durch ein Ereignis sui generis überwunden werden muß - ein Ereignis, das nur eine Analogie kennt, die Geburt« (ebd., S. 122). 19

Prozeß einer allmählichen Säkularisation eine normative Psychologie mit unübersehbarem Einfluß auf sämtliche Bereiche der Lebenskultur. 67 Sie findet ihren populärsten Ausdruck in Goethes »Werther«, ihren authentischsten in Karl Philipp Moritz' Roman »Anton Reiser«. Deutlich tritt hier die strukturierende Funktion individueller »Urerlebnisse« hervor, die als solche in ihrer Unvermitteltheit, der Unfähigkeit zu souveräner Distanz, dem Wirkungsgrad etc. der pietistischen Wiedergeburt vollkommen entsprechen. 68 Zugleich zeigt sich hier aber, wie der Verlust des ursprünglichen, streng christlich-pietistischen Bezugsrahmens das Erlebnis hinsichtlich seiner Auswirkung in sein Gegenteil verkehrt und damit zu einer existentiellen Gefahr werden läßt. Während das Niveau pietistischer Sündenverzweiflung letztlich nur als Folie einer höchstmöglichen Steigerung des Erlösungserlebnisses dient, gipfelt die analoge Selbstauflösung in metaphysischen Zweifeln in einem die ganze Existenz bedrohenden horror vacui. 69 Den in Moritzens »psychologischem Roman« 70 geschilderten Erfahrungen des Protagonisten entsprechen ganz die jugendlichen Schlüsselerlebnisse, die Jacobi bereits in der ersten Auflage seiner 67

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Auf ihrem Höhepunkt findet diese normative Psychologie ihren Niederschlag in »Schwärmerei« und ihrer negativ-kritischen Gegentendenz, der aufklärerischen Schwärmerkritik, deren Kampf auf zunächst »theologischem Boden« sich nun ausweitet zu einem »Hauptthema von Popularphilosophie und -literatur« (HansJürgen Schings, Melancholie und Aufklärung. Melancholiker und ihre Kritiker in Erfahrungsseelenkunde und Literatur des 18. Jahrhunderts, Stuttgart 1977, S. 185). Der Ansatz Schings' erfaßt den Prozeß der Säkularisation sehr differenziert, indem er auch die dezidiert antipietistischen Strömungen aufklärerischer Psychologie und Anthropologie thematisiert. Zu den Stufen der Säkularisierung pietistischen Gedankenguts im »Anton Reiser« - vor allem durch den Einfluß der »weltlich-rationalistischen Psychologie« sowie Moritzens »literarisch-ästhetische[m] Interesse« - vgl. ausführlich Robert Minder, Glaube, Skepsis und Rationalismus. Dargestellt aufgrund der autobiographischen Schriften von Karl Philipp Moritz, Frankfurt a.M. 1974 (vgl. S. 49 m. Verw. auf Kap. 2). »Allein schon damals war es ihm oft, wenn er sich eine Weile im Nachdenken verloren hatte, als ob er plötzlich an etwas stieße, das ihn hemmte, und wie eine bretterne Wand, oder eine undurchdringliche Decke auf einmal seine weitere Aussicht Schloß [...]. Und dann stieß ihm der Begriff vom Dasein als die Grenze alles menschlichen Denkens auf - da wurde ihm alles dunkel und öde - da blickte er zuweilen auf die kurze Dauer seiner Existenz, und der Gedanke oder vielmehr Ungedanke vom Nichtsein, erschütterte seine Seele - es war ihm unerklärlich, daß er jetzt wirklich sei, und doch einmal nicht gewesen sein sollte - so irrte er ohne Stütze und ohne Führer in den Tiefen der Metaphysik umher. - « (Karl Philipp Moritz, Anton Reiser. Ein psychologischer Roman. In: Karl Philipp Moritz, Werke, hrsg. v. Horst Günther, Bd. 1 : Autobiographische und poetische Schriften, Frankfurt a.M. 1981, S. 33-399, S. 216 f.). Dessen Bedeutung liegt nicht zuletzt darin, daß sich in der psychologischen Problematik die maßgebliche metaphysisch-ethische Auffassung von Individualität der Zeit artikuliert - vgl. dazu unten, Abschnitt D.

Spinoza-Briefe zur Erklärung seines Standpunktes mindestens anzudeuten für nötig hält71 und in der Beilage zur zweiten Auflage gesondert ausführt: »Es war nämlich jenes Sonderbare, eine von allen religiösen Begriffen ganz unabhängige Vorstellung endloser Fortdauer, welche mich in dem angezeigten Alter, hey dem Nachgrübeln über die Ewigkeit a parte ante, unversehens mit einer Klarheit anwandelte, und mit einer Gewalt ergriff, daß ich mit einem lauten Schrey auffuhr, und in eine Art von Ohnmacht sank [...]. Der Gedanke der Vernichtung, der mir immer gräßlich gewesen war, wurde mir nun noch gräßlicher; und eben so wenig könnt ich die Aussicht einer ewigdauernden Fortdauer ertragen.«72

Als eine gesteigerte Variante des Youngschen »joy of grief« figuriert die geschilderte Erfahrung, indem das Motiv der (potentiellen) Selbstvernichtung, die metaphysische Spekulation, selbst zum Impuls der Spekulation wird, 73 die Grundstruktur der Dialektik der Aufklärung. Seine grundlegenden philosophischen Prinzipien, den Begriff des »Glaubens« und der darin geoffenbarten Evidenz, gewinnt Jacobi also allererst als Ergebnisse diese Prozesses bzw. der daraus erwachsenen »Sehnsucht, [...] zur Gewißheit zu gelangen«.74 Dementsprechend ist seine Philosophie durchgängig auf die Struktur dieser Erfahrung hin transparent. Der von O.F. Bollnow für Jacobi in Anspruch genommene Begriff der »Lebensphilosophie«75 trifft daher genau Jacobis Selbstverständnis, wonach seine Philosophie nicht in abstraktem Gegensatz zu ihrem Objekt, der Unmittelbarkeit des Lebens, steht, sondern nur als Manifestation eines Lebens zu begründen und zu legitimieren ist,76 das seinerseits dualistisch-antinomisch strukturiert ist: der Mensch als »Wechselgesang« zwischen »Himmel« und »Hölle«.77 Zugleich wirft dieses bereits in der »Allwill«-Fassung von 1775 formulierte Lebensgesetz zwei grundsätzliche Fragen auf, an denen sich Jacobis Anspruch messen lassen muß: Wie kann die Möglichkeit einer über bloße summarische Ganzheit hinausgehenden 71 72 73

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Vgl. Scholz, Panteismusstreit, S. 72 f. Ebd., S. 233. »Ich habe Grund zu vermuthen, daß ich sie [die speculative Vorstellungalles natürlich ausgebeten haben wolltenous enseigne [...] que nous sommes quelque chose en notre particulier qui pense, qui s'aperçoit, qui veut et que nous sommes distingués d'un autre qui pense et qui veut autre choseWilhelm Meister< liegt immer etwas Höheres zum Grunde, und es kommt bloß darauf an, daß man Augen, Weltkenntnis und Übersicht genug besitze, um im Kleinen das Größere wahrzunehmen. Andern mag das gezeichnete Leben als Leben genügen.« 259

Die vollendete Persiflage auf den pantheistischen Alleinheitsgedanken macht die Hybris wie die Nichtigkeit von Wilhelms Anspruch an seine Liebeserfahrung unübersehbar. Auch sie, d.h. die höchstmögliche Intensität zwischenmenschlicher Beziehung wird hier pervertiert zu einem Instrument der Selbstbestätigung des solipsistisch isolierten, monadenhaften Ichs. Hierauf verweist nicht nur die monologische Situation seiner Kindheitsschilderungen,134 sondern vor allem auch die Person Mañanes, die - zunächst - ganz in der hier von Wilhelm zugedachten Funktion aufgeht: »Auch Mariane konnte sich eine Zeitlang täuschen; sie teilte die Empfindung seines [!] lebhaften Glücks mit ihm«.135 Dabei ist diese Selbstverabsolutierung Wilhelms auch hier nur die Kehrseite einer ebenso grenzenlosen Selbstverachtung und -Zerstörung, die durch den unvermeidbaren Zusammenprall mit der (vermeintlichen!) Wirklichkeit, nämlich die Entdeckung von Norberts Ansprüchen an Mariane, ausgelöst wird, indem »... in einem Augenblicke sein ganzes Wesen zerrüttet war«.136 Auch in diesem Extrem läßt er keine Einschränkung seines absoluten Selbstgefühls zu, verabscheut »... jeden Trost [...], der ihm diese Leiden als endlich vorzustellen ...« versucht.137 Als ähnlich problematisch erweist sich bei näherem Hinsehen auch Wilhelms Verbindung mit Natalie, in der sein Bildungsgang sich vollendet. Zwar verhält Wilhelm selbst sich in diesem Fall passiv und meint schließlich, hierin ein unverdientes »Glück« erlangt zu haben, das er »... mit nichts in der Welt vertauschen möchte«;138 fragwürdig wird der Wert dieses Glücks jedoch von der Person Natalies her. Die idealtypische Darstellung dieser Figur, die durch den naheliegenden Vergleich mit Therese auf der einen und der schönen Seele auf der anderen Seite unterstrichen wird,139 läßt leicht übersehen, daß es sich auch in ihrem Fall um einen vollständig im Sinne der Bildungsidee des Romans »funktionalisierten« Charakter handelt. Die ungebrochene Geradlinigkeit ihres Lebens- und Bildungswegs ist sie ebenso wie ihre Identität überhaupt dem Oheim und dem Abbé »schuldig«.140 Dabei ist sie Wilhelm in seinem beherrschenden Autonomieanspruch auch ihrer Bestimmung nach entgegengesetzt, da zwanghaft auf die Bedürfnisse anderer fixiert. Die völlig fehlende Eigenständigkeit macht sie nicht nur Natur und Kunst gegenüber 134

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Vgl. HA 7, S. 33: Mariane war eingeschlafen und »... hatte auch nicht ein Wort von dem letzten Teile seiner Erzählung vernommen ...«. Ebd., S. 34. Ebd., S. 76. Ebd., S. 78. Ebd., S. 610. Vgl. Schillers Brief an Goethe vom 3. Juli 1796 - Der Briefwechsel zwischen Schiller und Goethe, S. 225. Vgl. ebd., S. 526.

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fühllos, 141 sondern auch, wie Friedrich zu Recht vermutet, unfähig zu lieben.142 Tatsächlich heiratet sie, weil »... irgendwo eine Braut fehlt ...«: 143 Ihre Verbindung mit Wilhelm erweist sich als Bestandteil des Heiratskalküls der Turmgesellschaft. 144 Dabei ist Natalie zweifellos die ideale Partnerin Wilhelms, nämlich ihrer Bestimmung und ihrem Selbstverständnis gemäß gleichsam das mathematische Gegenstück zu ihm, das - so wiederum Friedrich - »Supplement« zu seinem Dasein.145 Umgekehrt beweist diese Verbindung, die Wilhelm als höchstes irdisches Glück empfindet, daß er selbst am Ende des Bildungswegs nicht seine Individualität verwirklicht hat, daß vielmehr die angestrebte individuelle Ganzheit allenfalls äußerlich durch korrigierende Ergänzung zu erreichen ist. Ihrer Art und Intention nach macht jedoch diese Ergänzung selbst die durch sie hergestellte Ganzheit fragwürdig. Der Stiftsdame, deren »Bekenntnisse« Natalie ausdrücklich als Quelle ihres Selbstverständnisses nennt,146 erschien die von ihr bewunderte Nichte nie »... liebenswürdiger, als wenn sie meine Kleider- und Wäscheschränke plünderte; immer fand sie etwas, das ich nicht trug und nicht brauchte, und diese alten Sachen zusammenzuschneiden und sie irgendeinem zerlumpten Kinde anzupassen, war ihre größte Glückseligkeit.«' 47

Ohne Zweifel ist dies von Goethe, der auf die durchgängige Symbolik des Romans ausdrücklich hinwies,148 als Anspielung auf den Einfluß Natalies auch auf Wilhelm gemeint. Als Bildungsbedürftiger »zerlumpt«, erfährt er durch sie demnach nicht die Förderung seiner ursprünglichen individuellen Anlagen (Kindmotiv). Wenn er rein äußerlich dennoch ein Bildungs»ziel« erreicht, so bedeutet dies in Wahrheit die Überfremdung der ursprünglichen Individualität durch eine synkretistische Mischung überkommener Ideen. Zugleich verweist das Beispiel damit auf die Verbindlichkeit der »Bekenntnisse« für den Roman. Obwohl vor allem die Erzählperspektive und das 14

' Vgl. ihre Selbstdarstellung, HA 7, S. 526 f., wo sie das deutlichste Beispiel ihres Unverständnisses dadurch gibt, daß sie die Natur insgesamt als »leblos« bezeichnet. 142 Vgl. ebd., S. 565. Gegenüber der eigentlichen Liebesunfähigkeit Wilhelms hat diejenige Natalies mithin den genau entgegengesetzten Grund. 143 So Friedrichs belustigte (und zunächst scheinbar nicht recht ernstzunehmende) Feststellung, ebd., S. 565. 144 Vgl. ebd., S. 607 f. - Des Abbés »Liebhaberei, manchmal eine Heirat zu stiften«, hat Wilhelm nur kurze Zeit zuvor mit »Bitterkeit« erfüllt (vgl. ebd., S. 554)! 145 Vgl. ebd., S. 565. 146 »Sie könnten in einem gewissen Sinne nicht besser von uns unterrichtet sein, als durch den Aufsatz unserer Tante« (ebd., S. 519). 147 Ebd., S. 418. 148 Goethe zu Kanzler v. Müller, 22.1.1821; abgedruckt in HA 7, S. 618 f.

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geschilderte Milieu sie als Gegenstück zu diesem erscheinen lassen,149 liegt ihre eigentliche Bedeutung in der Gleichsinnigkeit des Bildungsgedankens. Ohne die für das Romangeschehen charakteristische Weltbreite stellt Goethe hier in reiner und konzentrierter Form die Problematik dar, die der klassischen Bildungsidee selbst anhaftet. So macht für Natalie gerade die Tatsache, daß die »schöne Seele« sich allen weltlichen Verpflichtungen bewußt entzieht, deren Lebens- und Bildungsweg nicht etwa zum pietistisch-religiösen Sonderfall, sondern begründet ganz im Gegenteil seine Vorbildlichkeit im Sinne des säkularen humanitätsphilosophischen Bildungsideals, das Natalies Ansicht nach die Stiftsdame in größtmöglicher Reinheit verwirklicht und verkörpert.150 Ebenso rühmt auch Wilhelm die »Selbständigkeit ihrer Natur«.151 Dies entspricht ganz der Selbsteinschätzung der Stiftsdame, die ihre »Bekennmisse« in der Gewißheit beschließt, »immr vorwärts, nie rückwärts« zu gehen, d.h. ihren eigenen inneren, zum »Trieb« gewordenen Gesetzen folgend, sich in allem Handeln ihrer Idee von Vollkommenheit anzunähern, wobei sie freilich diese »Vorzüge« nicht eigenem »Können und Vermögen«, sondern einer »höhere[n] Kraft« zuschreibt.152 Dabei ist diese »Denkart« ihr nicht anerzogen, sondern während des »neunmonatlichen Krankenlagers«, in einer gewissermaßen vorgeburtlichen Entstehungsphase ihres eigentlichen Daseins angelegt.153 Der Zustand ihrer krankheitsbedingten Isolation ist bis ins Detail der monadologischen Individualitätskonzeption nachempfunden, die damit hier in eine existentielle (bezeichnenderweise wiederum krankhafte!) Situation umgesetzt wird: Die Krankheit vollzieht sich von Beginn an als Prozeß der Wirklichkeitsvermeidung. Die Kranke begegnet der Welt ausschließlich durch Erzählungen und Erklärungen, am - toten - Objekt, sinnfällig in den »getrocknetefn] Pflanzen und Insekten«, »anatomischen Präparaten, Menschenhaut, Knochen, Mumien und dergleichen«.154 Indem nur das solchermaßen Vorvermittelte und an sie Herangetragene für sie relevant, ja überhaupt wahr149

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In diesem Sinne wurde das sechste Buch bereits von zeitgenössischen Lesern und Kritikern verstanden und mehrheitlich abgelehnt. Vgl. z.B. die Urteile Humboldts und Körners (abgedruckt in HA 7, S. 769). Auch wo die Bedeutung der »Bekenntnisse« und der für sie verbindlichen Bildungsidee nicht auf die religiöse Glaubenshaltung begrenzt wird, werden sie überwiegend einseitig, als negatives Gegenbild zu Wilhelms Bildungsgang gewertet (vgl. z.B. Günter Niggl, Geschichte der deutschen Autobiographie im 18. Jahrhundert. Theoretische Grundlegung und literarische Entfaltung, Stuttgart 1977, S. 126-129). Vgl. HA 7, S. 518: »... Menschen dieser Art [sind] außer uns, was die Ideale im Innern sind, Vorbilder, nicht zum Nachahmen, sondern zum Nachstreben.« Ebd. Vgl. ebd., S. 420. Vgl. ebd., S. 358. Ebd. Am makabren Extrem verdeutlicht Goethe erneut die weltverachtend gewalttätige Tendenz des Bildungsvorsatzes.

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nehmbar sein kann, muß sie sich selbst zum Zentrum der Welt werden, gegen die sie sich in Wahrheit solipsistisch verschließt »... wie eine Schnecke, die sich in ihr Haus zieht ...«.' 55 Die Tautologie dieser weltlos nur auf sich bezogenen Daseinsform kommt in der Motivation ihrer Wahrnehmung zum Ausdruck, als welche sie ausdrücklich den »Genuß« nennt.156 In diesem Sinne entspricht der Wirklichkeitsvermeidung ihr »Hang zu dem Unsichtbaren«,157 der endlich in Gott sein adäquates Objekt findet. Indem das Absolute zur Funktion des Genusses wird, wird der Genuß als Selbstgenuß verabsolutiert: »In dem Umgange mit dem unsichtbaren Freunde fühlte ich den süßesten Genuß aller meiner Lebenskräfte. Das Verlangen, dieses Glück immer zu genießen, war so groß, daß ich gern unterließ, was diesen Umgang störte, und hierin war die Erfahrung mein bester Lehrmeister.«158

Indem sich nur im Genuß die Ganzheit der Individualität verwirklicht {»alle meine Lebenskräfte«), erscheint dessen Verabsolutierung (»immer«) und damit die Instrumentalisierung der »Erfahrung« schlechthin zu diesem Zweck legitimiert.159 Zwangsläufig reduziert dies jedoch auch die eigene konkret physische Existenz auf ihre »verwertbare« Stofflichkeit: »Es war, als wenn meine Seele ohne Gesellschaft des Körpers dächte; sie sah den Körper selbst als ein ihr fremdes Wesen an, wie man etwa ein Kleid [!] ansieht. Sie stellte sich mit einer außerordentlichen Lebhaftigkeit die vergangenen Zeiten und Begebenheiten vor und fühlte daraus, was folgen werde. Alle diese Zeiten sind dahin; was folgt, wird auch dahingehen, der Körper wird wie ein Kleid zerreißen, aber ich, das wohlbekannte Ich, Ich bin.«' 60

Die Vorstellungsfähigkeit der Stiftsdame, die ihr auch die Vorwegnahme von Zukünftigem zu erlauben scheint, spielt wörtlich auf das Perzeptionsvermögen der Monade an, das ihr nach Leibniz wesentlich und in ihrer Fensterlosigkeit, d.h. Substantialität begründet ist.161 Auf den ihrem Standpunkt immanenten Selbstwiderspruch weist sie der Arzt hin, was erneut die Krankhaftigkeit solcher abstrakter Hybris bzw. der ihr zugrundeliegenden Idee von Individualität bestätigt. Die vermeintliche Unabhängigkeit von aller äußeren Realität muß, indem sie das konkrete eigene Dasein zu einem bloß Akzidentellen herabwürdigt, »... uns gewissermaßen aushöhlen und den Grund un155 156 157 158 159

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HA 7, S. 358. Vgl. ebd. HA 7, S. 359 f. Ebd., S. 390. In diesem Sinn ist immer wieder die Rede von ihrem Angewiesensein auf »Nahrung« ihrer »Einbildungskraft« (z.B. ebd., S. 396, 397). Ebd., S. 415. In seiner Definition des Perzeptionsbegriffs (Monadologie, Art. 14) beispielsweise will Leibniz als solche - gegen Descartes - auch die unbewußten »Vorstellungen« verstanden wissen.

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seres Daseins untergraben«.162 Das Ich in seiner prätendierten Substantialität nämlich erweist sich im konkreten Fall als Vakuum. So bedingen Selbstverabsolutierung und Selbstvernichtung sich wechselseitig. Ebendeswegen ist es der Stiftsdame wiederum unmöglich, den Rat des Arztes ernstzunehmen und aus sich herauszugehen, indem sie diesen Empfindungen entsagt.' 63 In ihrer solipsistischen Isolation zwingt sie gerade das - durch den Arzt geweckte Bewußtsein der Nichtigkeit zu dem »großen, erhabenen und tröstlichen Gefühle« dieses ihres absoluten Selbsts.164 Um dieses zu bewahren, »kauft« sie sich mit dem Anschein von Wohltätigkeit und Nächstenliebe von den Verpflichtungen der Welt gegenüber - d.h. letztlich von der Nichtigkeit ihrer eigenen Existenz - »los«.165 Die bereits erwähnte ungebrochene Bildungsgewißheit der schönen Seele, die von Wilhelm an ihr gerühmte »Selbständigkeit« ihrer »Natur«, ist also nur dadurch zu gewährleisten, daß sie den ihr zugrundeliegenden Selbstwiderspruch verdrängt. Ihre Hybris selbst muß sie als »Demut« ausgeben, »... niemals [...] auf mein eignes Können und Vermögen stolz zu werden ,..«. 166 Daß das Bildungsideal ganzheitlich-autonomer Individualität sich damit in ein Phantom bzw. eine Projektion auflöst, muß Wilhelm entgehen, für den diese Idee unbedingte Verbindlichkeit hat. Die zugrundegelegte Individualitäts- und Bildungskonzeption selbst macht so die Quintessenz des Erzählerstandpunktes in den »Lehrjahren« - den Bildungsroman zur »unerfüllten«, 167 ja unerfüllbaren Gattung, insofern er diese Idee am Entwicklungsgang des Protagonisten exemplarisch darstellen will. Der muß gerade an seinem bewußt gefaßten Bildungsvorsatz scheitern. Hierin gründet die eigentümliche Unveränderbarkeit des Bildungsromanhelden, wie denn auch in Wilhelms innerer Geschichte eine Steigerung im Sinne des von ihm behaupteten und in Leibnizens Entelechie-Gedanken fundierten Bildungsanspruchs gerade nicht festzustellen ist. 162 163 164 165 166

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HA 7, S. 415. Vgl. schon ebd., S. 411 unten. Ebd., S. 415. Ebd., S. 418. Ebd., S. 420. Es ist dabei aber die Idee, die sie ausdrücklich sich selbst »von der Vollkommenheit gemacht« hat (ebd.), der sie nachstrebt; ähnlich zweideutig ist ihre Berufung auf die »höhere Kraft« (ebd.) zu verstehen, der sie ihre »Vorzüge« verdanke. So gehört der - von Leibniz übernommene - Begriff der Kraft zu den Grundlagen der neuhumanistischen Bildungstheorie (vgl. Menze, Leibniz und die neuhumanistische Theorie, S. 12). So das Ergebnis der Untersuchung von Jürgen Jacobs, Wilhelm Meister und seine Brüder, der hierfür den Widerspruch zweier Grundtendenzen der Gattung - (ethischen) Realismus auf der einen, bürgerlichen idealistischen Optimismus auf der anderen Seite - verantwortlich macht (vgl. bes. S. 271 ff.). Deren innerer Zusammenhang, d.h. der Grund dieses Widerspruchs bleibt jedoch im Rahmen seines vorwiegend deskriptiven Ansatzes unklar.

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Ob und inwieweit Goethes vorwegnehmende Kritik an der literarischen Gattung berechtigt ist, müßte an Einzelbeispielen strukturanalytisch überprüft werden; vom zugrundeliegenden metaphysischen Modell her ließe sich beispielsweise auch die konsequente Weiterentwicklung zum romantischen Roman einsichtig machen: Indem dieser mit der zum Formprinzip erhobenen Ironie das Historische - d.h. vor allem auch die konkrete Individualität des Protagonisten - in ein »esoterisches System« auflöst, 168 realisiert er letztlich nur eine in der Konstellation von Erzähler und Held, nämlich der Leibniz verpflichteten Grundkonzeption des Romantypus immer schon angelegte Möglichkeit. Die »Überformung« der Individualität durch das klassische Ideal ihrer selbst169 wird durch diese Akzentverschiebung ausdrücklich.

5. »Hyperion« als - spinozistisch begründetes Gegenmodell Vor dem dargestellten Hintergrund liegt bereits im Fehlen jeglicher erzählerischer Ironie in Hölderlins »Hyperion« ein entscheidender Hinweis auf dessen alternative Grundkonzeption. Die »relative« Identität von Protagonist und Erzähler in der Person Hyperions hebt den Antagonismus von bildungswilligem Helden und dem dessen zwangsläufiges Scheitern souverän und ironisch reflektierenden Erzähler von vornherein auf. Souverän ist der Erzähler Hyperion nicht als absolute Instanz, sondern indem er den Absolutheitsanspruch, mit dem er zunächst auftritt 170 und der ihn mit dem Protagonisten Hyperion verbindet, im Verlauf des Erzählprozesses bewußt zurücknimmt. Damit ist hier das Bildungsideal der Lebenswirklichkeit des Protagonisten in Wahrheit - d.h. unabhängig von dessen exzentrischen Projektionen - von Beginn an (also auch auf der Ebene des erlebenden Hyperion) als sinngebendes Prinzip immanent, es muß jedoch »adäquat« realisiert werden, was schließlich im Medium von Hyperions ganzheitlich-dichterischem Bewußtsein geschieht. 168

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So (bezüglich Novalis' »Heinrich von Ofterdingen«) Arbo von Roeder, Dialektik von Fabel und Charakter. Formale Aspekte des Entwicklungsromans im 19. Jahrhundert, (Diss.) Tübingen 1969, S. 102. Von hier aus ließe sich mithin die These Clemens Lugowskis (C. Lugowski, Die Form der Individualität im Roman, Frankfurt a.M. 1976, S. 82 f.) bestätigen, wonach die »klassische« Idee des Individuums ein »mythisches Analogon« darstellt, in dessen »Zersetzung« allererst der wirkliche Einzelmensch thematisch werden kann. »Was mir [!] nicht Alles und ewig Alles ist, ist mir Nichts« (»Fragment von Hyperion«, StA 3, S. 164). Die im »Fragment von Hyperion« in dieser Prägnanz formulierte Anschauung kommt in der Endfassung in der Feststellung des erzählenden Hyperion zum Ausdruck: »Ein Gott ist der Mensch, wenn er träumt ...« - nämlich davon, »Eines zu seyn mit Allem, was lebt« - »... ein Bettler, wenn er nachdenkt, und wenn die Begeisterung hin ist ...« (StA 3, S. 9).

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Die Selbständigkeit und Verbindlichkeit des »Hyperion« als Gegenmodell zur vermeintlichen »Reinform« des Bildungsromans liegt darin, daß die daseinsbegründende Wahrheit durch die für diesen maßgebliche Idee von Individualität und Bildung verstellt wird. In der Demontage dieser Idee, als die Hyperions Bildungsprozeß sich primär vollzieht, macht sich dabei bereits die ihr entgegengesetzte, nichtsubstantiale Individualitätskonzeption Spinozas geltend. Die beiden Auffassungen sind also keineswegs willkürlich einander gegenübergestellt. Ihren notwendigen Zusammenhang meint Hölderlins Begriff der »exzentrischen Bahn«: Exzentrisch ist das Einzeldasein, insofern es sich um dieser Einzelheit willen von der universalen Alleinheit von Natur und Mensch losreißen muß, gleichwohl aber auf diesen seinen in-dividuellen Seinsgrund ursprünglich bezogen bleibt. Spinoza selbst beschreibt in der »Ethica« das Phänomen, daß die unmittelbare Erfahrung der wahren, universalen Alleinheit der Substanz als bewußte in ihr Gegenteil verkehrt wird.171 Die Intentionalität des Bewußtseins fixiert das Subjekt auf ein Ideal, das durch eben diese Fixierung unerreichbar wird: Die »Herstellung« des Absoluten »durch uns Selbst« (3,236). Mit eben dieser Tendenz zur Selbstverabsolutierung erweist sich die substantial Individualitätskonzeption in all ihren problematischen Begleit- und Folgeerscheinungen als Produkt der - bewußtseinsbedingten und bewußtseinsnotwendigen - Exzentrizität menschlicher Existenz.172 Aus diesem Grund muß auch Hyperion als Bildungsromanheld im »traditionellen« Sinn scheitern,173 liegt aber in diesem Scheitern bereits der eigentliche, gegenläufige Bildungsprozeß. Dieser Prozeß läßt den Erzähler schließlich die erlösende Einsicht in die Wahrheit der exzentrischen Grundverfassung seines eigenen wie überhaupt des menschlichen und alles kreatürlichen Daseins gewinnen.174 Das am Schluß des Romans durch den 171 172

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Vgl. den Anhang zu E I. In diesem Sinn ist vor allem der Aspekt der negativen Dialektik von Allheit und Nichtigkeit als kritische Integration der klassischen Bildungsidee zu verstehen, deren Verwirklichung in der Tat, wie am Beispiel des »Wilhelm Meister« erläutert, ganz diesem »Mechanismus« unterliegt! Vgl. Jochen Schmidt im Nachwort zu: Friedrich Hölderlin, Hyperion oder der Eremit in Griechenland, hrsg. und mit einem Nachwort versehen von Jochen Schmidt, Frankfurt a.M. 1980, S. 210. Das Ausmaß von Hyperions Scheitern wird damit zum Medium der Steigerung seiner Wahrheits- und (All-)Lebensgewißheit, wie auch laut Diotimas spinozistischem Credo »...zur Verherrlichung das Leben den Tod mit sich [führt], in goldenen Ketten.. .«(3,148) - vgl. genau in diesem Sinne Spinozas Ausführungen z. B. über Haß und Liebe (E III, pr. 43 und 44). Einer solchen Relativierung von Hyperions Lebenstragödie scheint das nihilistisch-resignative Sophokles-Motto zu widersprechen, das Hölderlin dem zweiten Band des Romans voranstellt. Betrachtet man jedoch den Roman insgesamt, so unterstreicht Hölderlins Wahl der Motti den hier unter spinozistischem Vorzeichen entwickelten Gedanken der Gegenläufigkeit: Nihilistische Resignation be-

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Erzählprozeß selbst realisierte Bildungsziel besteht darin, daß das Individuum in dieser Einsicht das Ideal aufgibt, die eigene Begrenztheit überwinden zu wollen bzw. zu müssen, hinter dem sich in Wahrheit der prometheische Anspruch der Selbstverabsolutierung verbirgt. Hyperion erkennt, daß der einzelne am göttlichen Alleben nur teilhaben und sich in ihm geborgen wissen kann, wo er sich in der »intuitiven« Gewißheit dieser Ganzheit zugleich bewußt relativiert; nicht jedoch im Hinblick auf die subjektive Projektion eines abstrakt transzendenten Ideals seines Selbsts, der gegenüber sein konkretes Dasein zwangsläufig entwertet würde, sondern im Hinblick auf die dieses Dasein unmittelbar begründende, universale Alleinheit des Lebens, der Natur.175 Diese Idee der Selbstrelativierung ist präfiguriert vor allem in Diotimas Erkennen und Anerkennen ihres bevorstehenden Todes, dem Zugleich von Todesgewißheit und deren Irrelevanz im Horizont eines adäquaten Ganzheitsbewußtseins: »Wir stellen im Wechsel das Vollendete dar...«(3,148). 176 Entsprechend lautet auch das Fazit des Erzählers Hyperion. Seine Bildung vollendet sich eben nicht - wie angesichts der geschilderten Lebenserfahrungen zu erwarten oder doch mindestens plausibel gewesen wäre - im eremitenhaften Rückzug auf das vermeintlich zeit- und schicksalsenthobene Ich, sondern in der hymnischen Bejahung des göttlichen Allebens. Bildungsbestimmend müssen damit aber hier jene Mächte und Institutionen werden, die der »Wilhelm Meister« um der dort angestrebten Bildung willen ausklammert bzw. verdrängt: existentielles Leiden, Versagen, Tod, Trauer, Liebe, Natur. In diesen Erfahrungsbereichen setzt sich die wahre Lebenswirklichkeit gegen exzentrische Fehldeutungen durch, so daß sie zu Figurationen des - spinozistisch immanenten - Absoluten werden können. Tatsächlich zeigt sich hierin am deutlichsten der wesentliche Unterschied von Hölderlins spinozistisch begründeter Vorstellung von Bildung und Individualität gegenüber der an Leibnizens Monadenkonzeption orientierten. Zur tiefsten und existenzbestimmenden Erfahrungsschicht muß für die letztere die durch solche Konflikte mit der Realität provozierte Gefahr des Selbstverlusts werden: Da diese Gefahr ihrerseits nur das negative Korrelat zu der dieser

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herrscht tatsächlich das Ende des ersten Bandes, dessen - insofern ebenfalls scheinbar »unpassendes« - Loyola-Motto am Ende des zweiten Bandes eingelöst wird. Die Hauptteile des Romans und ihre Motti stehen also in chiastischer Verschränkung, was einmal mehr die Einheit und konzeptionelle Strenge des Ganzen bestätigt. Wobei nochmals daraufhingewiesen sei, daß im Unterschied zum transzendenten Schöpfungsmodell bei Spinoza solches göttliches Begründetsein nicht die Kontingenz, sondern im Gegenteil die Vollkommenheit des Daseins ausdrückt (vgl. dazu E I appendix: Je unmittelbarer etwas von Gott hervorgebracht ist desto vollkommener ist es). Vgl. in diesem Sinne vorausweisend auch Hyperions Athener Rede: »Der Mensch ist aber ein Gott, so bald er Mensch ist« (3,79, Hervorhebg. v. mir).

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Auffassung immanenten Tendenz zur Selbstverabsolutierung bildet, müssen die Versuche des Helden, sie durch diese zu verdrängen und zu kompensieren, vergeblich bleiben; nur auf der Ebene der (ironischen) Erzählstruktur ist die Relativierung dieser Mechanismen möglich. Für Hölderlin dagegen liegt, Spinozas scientia intuitiva analog, gerade im Verlust der bewußten, sei es theoretisch oder praktisch objektivierenden Selbst- und Weltdeutung die Bedingung der Möglichkeit einer unbedingten Wahrheitsgewißheit, die sich in der ästhetischen Erfahrung konkretisiert. Das Verhältnis von Sein und Schein kehrt sich hier um, indem das Ästhetische Erschließungs- statt Verdrängungsfunktion gewinnt.177 In diesem Sinn vollendet Hyperion seine Bildung notwendig als Künstler, was den Roman dem üblichen BildungsromanSchema gemäß zu einem Sonderfall macht. 178 Betrachtet man Hölderlins Roman unter diesem gattungsspezifischen Gesichtspunkt, so wird nicht zuletzt auch die Einseitigkeit einer idealistischen Interpretation des »Hyperion« deutlich. Mit der begründenden spinozistischen Konzeption muß sie die strukturellen und inhaltlichen Eigenheiten außer Acht lassen, die seine auch gattungsgeschichtliche Bedeutsamkeit bezeichnen. Es mag paradox anmuten, daß dies auch und in besonderem Maße von der Interpretation Diltheys gelten soll, die den »Hyperion« zum Bildungsroman par excellence erklärt. Dilthey geht dabei jedoch von Gattungskriterien aus, die er offenkundig aus der Tradition des an Leibniz orientierten Bildungsbegriffs entwickelt, den Hölderlin mit seinem Roman kritisiert. In dieser Inkongruenz liegt der Grund für die mangelnde Plausibilität von Diltheys »Hyperion-Urteil, das insofern in der nachfolgenden Bildungsroman-Forschung mit Recht umstritten, wo nicht folgenlos blieb. Andererseits ist damit (aus eben diesem Grund) nichts ausgesagt über den eigentlichen Stellenwert des »Hyperion« als Bildungsroman. Nach der vergleichenden Analyse läßt er sich dahingehend zusammenfassen, daß Hölderlins Roman das klassische Bildungsprogramm gleichsam subversiv »erfüllt«, indem er dessen metaphysisch-anthropologische Voraussetzungen im Rahmen seiner eigenen, spinozistischen Konzeption kritisch zu relativieren vermag und damit zu einem stringenten Modell von Bildung im Sinne der Selbstbegründung und -Verwirklichung ganzheitlichen individuellen Daseins gelangt.

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So fehlt im »Hyperion« bezeichnenderweise das Theatermotiv, dessen symbolisches Potential hier fehl am Platze wäre. Vgl. etwa Selbmann, Der deutsche Bildungsroman, S. 88.

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