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German Pages [324] Year 1984
Kritische Studien zur Geschichtswissenschaf t Herausgegeben vo n Helmut Berding, Jürgen Kocka , Hans-Ulrich Wehle r
Band 61 Wolfgang J äger Historische Forschung un d politische Kultur in Deutschland
Göttingen Vandenhoec k & Ruprecht • 1984 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
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Historische Forschung und politische Kultur in Deutschland Die Debatte 1914-1980 über den Ausbruch des Ersten Weltkrieges von
Wolfgang Jäge r
Göttingen • Vandenhoeck & Ruprecht • 1984 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Für Ute
CIP-Kurztitelaufitahnw de r Deutschen Bibliothe k Historische Forschung und politische Kultur in Deutschland: d. Debatte 1914-1980 über d. Ausbruch d. Erste n Weltkrieges vo n Wolfgan g Jäger. - Göttingen : Vandenhoeck und Ruprecht, 1984 , (Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft; Bd . 61) ISBN 3-525-35720-6 NE:GT © Vandenhoec k & Ruprecht, Göttinge n 1984 . - Printe d in Germany. Alle Rechte des Nachdrucks, der Vervielfältigung un d der Übersetzung vorbehal ten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, das Werk oder Teile daraus auf photomechanischem (Photokopie . Mikrokopie ) oder akustomechanischem Weg e zu vervielfältigen . Gesetzt aus Bembo auf Linotron 202 System 3 (Linotype). Satz und Druck: Guide-Druck GmbH . Tübingen. Bindearbeit: Hubert &: Co.. Göttinge n
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Inhalt Vorwort 7 Einleitung 9 I. Die Entstehung der Kriegsschuldfrage un d die Anfange der Schulddebatte 1914-1918/19 1 1. Kriegspropagand a und Friedensvertragsdiplomatie 1 2. DieKautsky-Kontrovers e 3 II. Schuldforschung un d Revisionspolitik 1919-193 9 4 1. Unschuldsthesen , Revisionismu s und nationale Traditionsbewahrung 4 a) Di e Kampagne des Auswärtigen Amtes 4 b) Kriegsschuldfrag e und Geschichtswissenschaft 6 2. Schuldthesen , Traditionskriti k un d demokratisch e Erneuerung 8 III. Die Auseinandersetzung mi t dem traditionalen Geschichtsbil d 1945-1960 10
1. Restauratio n und allmähliche Erneuerung de r Weltkriegsforschung 10 2. Di e Entstehung eine r marxistisch-leninistische n Weltkriegsforschung 11
4 4 4 4 4 6 8 8 6
6 8
IV. Die Neuorientierung der Kriegsursachenforschung sei t 1961 . . . 13 2 1. Di e Fischer-Kontroverse 13 2 2. Historisch e und systematische Sozialwissenschaft 15 7 3. Imperialismuskriti k und Systemkonkurrenz 17 8 Zusammenfassung 19
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Abkürzungsverzeichnis 20
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Anmerkungen 20
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Quellen-und Literaturverzeichnis 27
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Personenregister 3l9
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Vorwort Die vorliegende Arbei t wurd e vo m Fachbereich Geschichtswissenschafte n der Justus-Liebig-Universität Gieße n im Sommersemester 198 3 als Dissertation angenommen. Si e wurde für den Druck geringfügig überarbeitet . Mein besondere r Dan k gil t Herr n Prof . Dr . Helmu t Berding , de r das Dissertationsprojekt betreu t hat; er verfolgte di e Entstehung der Arbeit mit großem Wohlwolle n un d fördert e si e in jeder erdenkliche n Weise . Herr n Prof. Dr . Hans-Jürgen Schröder , de r neben Herrn Prof. Berdin g die Arbeit begutachtete, un d Herrn Dr . Hans-Peter Ullman n dank e ich für Anregun gen un d Kritik ; wertvoll e Hilf e wurd e mi r auc h zutei l vo n de n Herre n Professoren Volke r R . Berghahn . Imanue l Geis s und James Joll sowi e von Herrn Dr. Martin Kutz und Herrn Helmut Donat. Nich t unerwähnt bleiben dürfen die Mitarbeiter der Gießener Universitätsbibliothek, di e die umfangreiche Literatu r beschafften . De n Herausgeber n de r »Kritische n Studien « schließlich hab e ic h fü r di e Aufnahm e i n dies e Reih e un d fü r wertvoll e Überarbeitungshinweise z u danken. Die Anfertigun g de r Arbeit wurd e durc h ei n Stipendiu m de r Friedrich Ebert-Stiftung wesentlic h erleichtert , di e auch mein Studium geforder t hat; hierfür möcht e ich an dieser Stelle meinen Dan k aussprechen . Gießen, im Juni 1983
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Einleitung Seit de r »dritte n große n Grundlagendiskussion« 1 End e de r sechzige r un d Anfang de r siebzige r Jahre ha t di e Beschäftigun g mi t de r Geschicht e de r Geschichtswissenschaft neu e Bedeutun g erlangt . Hatt e ma n sic h bi s z u diesem Zeitpunk t weitgehen d darau f konzentriert, de n wissenschaftliche n Fortschritt großlini g ode r i m Einzelfal l z u verfolgen , Traditionspfleg e z u betreiben oder an die Leistungen großer Historiker und ihre von der gegenwärtigen Geschichtsschreibung vernachlässigte n Erkenntnisse zu erinnern2, begannen Historike r jetzt, di e theoretisch-methodologische n Fundament e der herkömmliche n Historiographi e sowi e ihr e politische n Perspektive n und gesellschaftlichen Orientierunge n zu analysieren. Di e Wissenschaftsgeschichte wurd e i n di e Erörterun g de r Grundlage n de r Geschichtswissen schaft systematisc h einbezogen 3. Ihr e Aufgab e sollte , wi e Jörn Rüse n i m Anschluß a n di e Arbeite n vo n Thoma s S . Kuhn 4 i n programmatische r Absicht formulierte, zu m einen darin bestehen, di e bislang vor allem personengcschichtlich betrieben e Wissenschaftshistori e de r Geschichtswissen schaft strukturgeschichtlich zu vertiefen. Zum anderen erwartete er sich von ihr »Aufklärun g übe r di e grundlegenden Prinzipie n fachwissenschaftliche r Arbeit«5. Überblick t ma n di e bishe r erschienene n Studie n zu r Geschicht e der Geschichtswissenschaft, läß t sic h jedoch durchau s der etwas überspitzten Thes e vo n Erns t Schuli n zustimmen , wonac h Wissenschaftsgeschicht e teils zu m »Trainingsplat z fü r Angriff e gege n di e traditionell e Geschichts wissenschaft«, teil s zu m »Ausgrabungsfel d zu r Auffindun g vergessene r Vorläufer de r moderne n Richtungen « gerate n ist 6. S o haben insbesonder e ausländische un d ostdeutsch e Historiker 7 i n zahlreiche n Untersuchunge n über di e Entwicklun g de r deutsche n Histori e »de n antirevolutionären , restaurativen Grundcharakter der bisherigen Geschichtswissenschaft« heraus gearbeitet un d au f »ihr e dami t zusammenhängend e einseitig e Ausrichtun g auf Staat und Politik« sowi e »ihre vom Idealismus und seiner Verstehensleh re abhängige Bevorzugung de r geistigen Bewegungen« hingewiesen 8. Die sen Traditione n wissenschaftliche r Geschichtsschreibun g habe n vornehm lich jüngere Historiker aus der Bundesrepublik Deutschlan d die nicht wenigen Außenseiter der »Zunft« gegenübergestellt 9. Einig e dieser Studien wurden von dem Interesse bestimmt, au f verschüttete Wissenschaftstraditionen aufmerksam z u machen , a n di e ein e »Geschichtswissenschaf t jenseit s de s Historismus«10 anknüpfen konnte 11. Auch di e vorliegend e Arbeit , di e da s Verhältni s vo n Geschichtswissen 9
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schaft un d Kriegsursachenforsehun g a m Beispie l de r Auseinandersetzun g um de n Ausbruc h de s Erste n Weltkriege s untersucht , versteh t sic h al s ein Beitrag zu r Geschicht e de r Geschichtswissenschaft . Inde m si e ih r Augen merk vo r alle m au f di e politische n Perspektive n un d gesellschaftliche n Orientierungen richtet , unte r dene n Historike r di e Ereignisse , Vorgäng e und Handlungen , di e zu m Kriegsausbruc h 191 4 führten , analysier t un d beurteilt haben , thematisier t si e eine n wichtige n Teilaspek t de r i n Gan g befindlichen Theoriediskussion . Si e sol l di e bislan g of t abstrak t geführt e Debatte übe r da s gesellschaftlich e un d politische Beziehungsfeld , i n de m geschichtswissenschaftliche Tätigkei t steht , ergänzen 12. Darübe r hinau s stellt dies e Untersuchun g jedoc h eine n Beitra g zu r Geschicht e de s histo risch-politischen Denken s i n Deutschlan d sei t de r Novemberrevolutio n 1918/19 dar. Si e geht dabei von der im folgenden z u konkretisierenden un d zu überprüfende n Annahm e aus , da ß historisch e Aussage n nich t nu r de n jeweiligen Stan d der Kenntnisse über die Vergangenheit un d der methodologischen Entwicklun g de r Geschichtswissenschaft repräsentieren , sonder n auch Ausdruc k de r erkenntnisleitende n Interessen , de s gesellschaftliche n Standorts sowie der politischen und moralischen Überzeugunge n ihrer Verfasser und Befürworter sind 13. Außerde m können geschichtswissenschaftli che Aussage n al s »politische s Argument « zu r Rechtfertigun g beziehungs weise Ablehnung bestimmte r (tages-)politische r Zielprojektione n un d Entscheidungen sowohl fü r einzelne Personen als auch für soziale Gruppen und politische Institutione n dienen 14. Werk e der Geschichtsschreibung sin d daher wichtige Dokument e fü r da s historisch-politische Bewußtsei n un d die politische Kultur einer Gesellschaft ode r der in ihr lebenden politisch-sozia len Gruppen. Di e Beschäftigung mi t solchen Texten führt über die Betrachtung des wissenschaftlichen un d politischen Selbstverständnisse s de s Historikers hinau s z u de n politisch-soziale n Verhältnisse n selber , i n dene n si e entstanden sind , sowi e z u de n Wirkungen , di e vo m Geschichtsschreibe r beabsichtigt ode r durc h sein e Arbei t ausgelös t wurden : Wissenschaftsge schichte der Geschichtswissenschaft geh t daher über in Zeitgeschichte 15. Die histonographische Auseinandersetzun g u m den Ausbruch des Ersten Weltkrieges, di e vo n Annelis e Thimm e mi t Rech t al s ein e national e »Großkontroverse« bezeichne t worde n ist 16, biete t sic h zu r Analys e dieser Zusammenhänge vo n Geschichtswissenschaf t un d Politi k i n besondere r Weise an. Wenige Themen der neueren Geschichte sind von der Geschichtsschreibung, namentlic h i n Deutschland , mi t größere r Ausführlichkeit , j a Leidenschaftlichkeit behandel t worde n wi e di e Frag e nac h de n Ursache n und de r Schul d a n de r Katastroph e vo n 1914 . Z u de r fü r de n einzelne n Forscher kau m noc h überschaubare n Füll e an Literatu r komm t hinzu , da ß die Quellen zu r Geschichte der deutschen Außenpoliti k un d der internationalen Beziehunge n i n den Jahrzehnten vo r 191 4 so gut aufbereitet sin d wi e für keine n andere n Abschnit t de r deutsche n Geschichte 17, Dies e außeror dentliche Forschungsdicht e is t wiederu m darau f zurückzuführen , da ß di e 10 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
geschichtswissenschaftliche Diskussio n über dieses einschneidende und wirkungsmächtige Ereigni s vo n Anfan g a n seh r starke n außerwissenschaftli chen Einflüsse n politische r un d ideologische r Ar t unterlag . Übe r weit e Strecken hinwe g wir d dahe r di e Geschicht e de r Kriegsursachenforschun g von zum Teil sehr heftig ausgetragenen historisch-politischen Kontroverse n bestimmt, di e wesentliche Züg e vo n »Richtungskämpfen « tragen 18. Auc h der Betrachte r de s gegenwärtige n Forschungsstande s sieh t sic h mi t eine r Vielfalt vo n einander widersprechenden un d sich teilweise gegenseiti g aus schließenden Interpretationsversuche n un d Forschungsansätze n konfron tiert19. Überdie s dien t de r Hinwei s au f bestimmte fü r di e Entstehun g de s Ersten Weltkrieges verantwortlich e Strukture n un d Verhältnisse Politiker n wie Publizisten bi s in die Gegenwart hinei n als »politisches Argument« zu r Legitimation ode r Zurückweisun g bestimmte r politische r Konzeptionen , die ein friedliches Zusammenlebe n de r Völker garantieren sollen 20. Wenngleich i n de r Literatu r di e Notwendigkei t un d Bedeutun g eine r solchen Untersuchun g hervorgehobe n wird 21 , beschränke n sic h die bisher erarbeiteten Studien im wesentlichen auf die Analyse einzelner Zeitabschnitte, bestimmte r Kriegsschuldforsche r ode r besonderer Aspekte des Verhältnisses vo n Politi k un d Geschichtsschreibung 22. Sowei t di e Geschichtswis senschaft di e Entwicklun g de r Kriegsursachenforschun g vo n ihre n Anfän gen bis in die Gegenwart thematisiert , fehl t in der Regel ein e systematische Beschäftigung mi t de n soziale n Interesse n un d politische n Anschauunge n der einzelnen Wissenschaftle r wi e auc h ihre r Wirkun g au f Politik un d Gesellschaft in ihrer Zeit und Umgebung 23. Ebens o ist bislang eine umfassende Analyse de r marxistisch-leninistisc h orientierte n Weltkriegsforschun g un terblieben, di e durch die Geschichtswissenschaft de r DDR vertreten wird 24 . Eine Antwort auf die Frage, ob und inwieweit außerwissenschaftlich e Interessen de n wissenschaftliche n Erkenntnisfortschrit t beeinflussen , wir d ma n jedoch a m ehesten gebe n können , wen n ma n die seit nunmehr siebe n Jahrzehnten andauernd e Debatt e übe r di e Ursache n de s Erste n Weltkriege s im zeitlichen Längsschnit t untersucht . Nu r so erscheint es überhaupt möglich , die Veränderunge n de s Geschichtsbilde s un d de n Wande l de s politische n Bewußtseins in Deutschland vo n 191 4 bis zur Gegenwart gena u zu bestimmen und zu erklären 25. Um de r Arbei t ein e angemessene, di e wesentlichen Positione n un d Entwicklungstendenzen repräsentierend e Quellengrundlag e z u sichern, durft e jedoch nicht allein auf die Schriften der akademischen Historie zurückgegrif fen werden. S o stammt etwa ei n großer Teil de r in der Zwischenkriegszei t veröffentlichten Untersuchunge n un d Quellenpublikatione n au s der Feder von »Amatcur«-Historikern 26. E s war daher notwendig, de n Rahmen einer herkömmlichen Wissenschaftsgeschicht e z u verlassen und die Grenzen zwischen Geschichtswissenschaft un d politischer Publizisti k teilweis e aufzuhe ben. Desgleiche n mußt e die Materialbasis im Hinblick au f die bundesrepublikanische Forschungsentwicklun g durc h solch e Arbeite n erweiter t wer 11 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
den, di e den systematischen Sozialwissenschaften , besonder s de r Diszipli n der Internationale n Beziehunge n sowi e de r Friedens - un d Konfliktfor schung, zuzuordne n sind 27. Auc h i n diesem Fal l mußt e di e Beschränkun g auf eine reine ›Disziplingeschichte‹ aufgegebe n un d das Verhältnis der akademischen Histori e zur Politikwissenschaft erörter t werden 28. Aufgrund de r ungeheure n Literaturfüll e zu m Them a »Kriegsausbruc h 1914« wa r e s erforderlich, Schwerpunkt e z u setzen. Di e notwendige Aus wahl de s Material s richtet e sic h zu m eine n nac h de m Stellenwert , de n die einzelnen Arbeiten in der wissenschaftlichen un d publizistischen Diskussio n einnahmen. Herangezoge n wurde n vornehmlic h solch e Untersuchungen , welche die historisch-politische Auseinandersetzun g nachhalti g gepräg t haben. Das bedeutet jedoch keine Fixierung auf den »Mainstream« de r Kriegsursachenforschung. Vielmeh r wurden auch die bedeutendsten ›Außenseiter ‹ berücksichtigt. Zu m andere n gal t da s Interesse denjenigen Autoren , dere n politisches Engagement erwarte n ließ , da ß ihre Äußerungen übe r den Ausbruch de s Ersten Weltkriege s di e Abhängigkeit historische r Aussage n vo n politisch-sozialen Interesse n i n besondere r Weis e verdeutliche n würden . Auf ein e eingehend e Charakterisierun g de r jeweiligen Verfasse r un d de r Entstehungsgeschichte ihre r Stellungnahme n wurd e dabei verzichtet, d a es dieser Studie in erster Linie auf die typischen Merkmale bestimmter Positionen ankommt , nich t abe r au f da s Individuell e eine r historiographische n Leistung. Die vorliegende Arbei t vergleich t Stellungnahme n miteinander , di e sich nach Anlaß , Umfang , Themenwahl , Nivea u un d Adressate n teilweis e er heblich voneinande r unterscheiden . Ein e Interpretation , di e ihne n gerech t werden will, mu ß das Material erstens immanent erfassen. E s gilt zunächst, die politischen Perspektive n un d sozialen Interessen der Autoren sichtbar zu machen un d si e z u ihre n Vorgehensweise n un d Forschungsergebnisse n i n Beziehung z u setzen . Ausgehen d vo n de m wissenschaftliche n un d politi schen Selbstverständni s de r Weltkriegshistoriker , solle n sodan n di e Ge meinsamkeiten un d Unterschied e zwische n de n zahlreiche n Interpreta tionen erörte t werden , u m dies e schließlic h z u deutlic h voneinande r ab grenzbaren Type n zusammenzufassen . Zweiten s muß der historische Kontext berücksichtigt werden, in dem die jeweiligen Untersuchungen über den Ausbruch de s Erste n Weltkriege s entstande n sind . Dabe i is t insbesonder e der Frage nachzugehen, i n welcher For m und Intensitä t sic h die politische, gesellschaftliche un d wirtschaftlich e Signatu r de r Zeit i n den Fragestellun gen un d Ergebnisse n de r Kriegsursachenforschun g niedergeschlage n hat . Aus diese r Sich t erschein t di e Geschichtsschreibun g übe r de n Kriegsaus bruch 191 4 nicht i n erster Lini e als Ausdruc k de r geistig-politischen Rich tungskämpfe ihrer Zeit und Umgebung, sonder n als eine sich stets wandelnde Antwort au f die gesellschaftlichen Probleme , mit denen sie sich konfron tiert sieht . Di e Beziehunge n zwische n Geschichtswissenschaf t un d ihre r jeweiligen Gegenwart sichtbar zu machen, bedeutet drittens, die vom Histo12 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
riker beabsichtigte n ode r nich t beabsichtigte n Wirkunge n seine s Werke s aufzuzeigen. Fü r den immer von einem späteren Standpunkt aus urteilenden Historiker kommt es dabei darauf an, mögliche Widersprüche zwischen den Intentionen un d de n Wirkunge n historiographische r Publikatione n aufzu decken un d au s de r historische n Situatio n z u erklären . Au f diese n dre i Ebenen beweg t sic h di e Analys e de r Untersuchunge n zu m Ausbruc h de s Ersten Weltkrieges, wobe i di e Äußerungen de r jeweiligen Historike r nich t als wahre oder falsche, sonder n »prinzipiell als perspektivische, al s standortgebundene nebeneinandergestellt« wurden 29.
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I. Die Entstehung der Kriegsschuldfrage und die Anfänge der Schulddebatte 1914-1918/19 1. Kriegspropagand a un d Friedensvertragsdiplomatie Die Frage nach der Schuld am Ausbruch des Ersten Weltkrieges bildete nicht erst sei t de m Versaille r Vertrag , sonder n bereit s sei t de r Julikrise 1914 ein zentrales Them a de r politisch-historische n Auseinandersetzung . I n alle n kriegführenden Länder n bemühte n sic h die politisch Verantwortlichen , di e dabei vo n Historiker n un d Intellektuelle n unterstütz t wurden , di e Öffent lichkeit ›aufzuklären ‹ übe r die Entstehung de s Krieges und seine Ursachen . Es galt, di e Unschuld de r eigenen Staatsführun g a m Kriegsausbruch nach zuweisen un d di e Beteiligun g a n der militärische n Auseinandersetzun g al s einen Verteidigungskamp f darzustellen . De r jeweilig e Gegne r hingege n sollte al s Angreife r erscheine n un d moralisc h in s Unrech t gesetz t werden . Auf diese Weise hoffte man, den Kampfwillen de r Truppen und der Zivilbevölkerung de s feindliche n Auslande s z u lähme n un d di e Widerstandskraf t des eigenen Volkes zu stärken 1. Auch nac h de m End e de s Weltkriege s blie b di e Kriegsschuldfrag e i m Mittelpunkt de s öffentlichen Interesses . Ihr e Erörterung stan d nu n i m Zu sammenhang mi t de n Vorbereitunge n de r am Krie g beteiligte n Lände r au f die Pariser Friedenskonferenz vo n 1919 . Für die Vertreter der Ententestaaten hatten da s Deutsche Reic h un d seine Bundesgenosse n di e Katastrophe von 1914 zweifelsfre i herbeigeführt . I n ihre n Auge n ka m e s darau f an , di e völkerrechtlichen Konsequenze n au s diesem Tatbestand zu ziehen: Die Ur heber des bis dahin beispiellose n Völkerringen s sollte n fü r ih r verbrecheri sches Tu n zu r Rechenschaf t gezoge n werde n un d darüber hinau s Wieder gutmachung fü r di e vo n ihne n z u verantwortenden Kriegsschäde n leisten . Auf deutscher Seit e dagegen zielten alle Bemühungen dahin , di e Aufnahm e einer Kriegsschuldanklage i n das Vertragswerk z u verhindern und einen am Ideal de s Wilson-Programm s orientierte n Friedensvertra g durchzusetzen . An der Frage, wi e diese Ziele am ehesten zu erreichen seien, entzündete sich schon frü h ein e mi t Leidenschaf t un d Intensitä t geführt e Debatte . Dabe i konkurrierten vo r alle m zwe i Auffassunge n miteinander : Ausgehen d vo n der Überzeugung , da s wilhelminische Reic h trag e ein gewichtiges Ma ß an Schuld a m Kriegsausbruc h 1914 , hielte n einig e Vertrete r de r deutsche n politischen Linke n wi e de s organisierten Pazifismu s ei n offene s Schuldbc 14
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kenntnis für das einzige Mittel, di e öffentliche Meinun g und die der führenden Staatsmänne r de s Auslande s zugunste n de s deutsche n Volke s umzu stimmen. Besonder s die beiden Unabhängigen Sozialdemokrate n Kur t Eisner un d Kar l Kautsk y versprache n sic h vo n eine m solche n Vorgehe n ein e Atmosphäre de r Versöhnung un d der Verständigung sowi e den Abbau des im Krieg entstandene n Hasse s zwischen de n Völkern . Inde m si e das über kommene System mit dem Makel der Kriegsurheberschaft belasteten , sollt e sowohl nac h auße n al s auc h nac h inne n deutlic h gemach t werden , da ß Deutschland mi t seiner Vergangenheit gebroche n hab e und einen radikalen Neubeginn anstrebe . Au s de r Sich t de s Auswärtige n Amte s jedoch, da s hierin zu m Beispie l vo n Ma x Webe r un d de r »Heidelberge r Vereinigung « unterstützt wurde, war es ein gefährlicher Selbstbetrug , sic h bei den ehemaligen Kriegsgegnern durch ein öffentliches Schuldgeständni s Sympathien zu verschaffen. Vielmeh r hoffte man, durch die Abwehr der Schuldanklage die Siegermächte vo n ihrem Vorhabe n abbringe n z u können, di e Reparationsforderungen mi t de r deutsche n Kriegsurheberschaf t z u begründen . Di e Klärung de r Schuldfrag e sollt e einer neutralen Untersuchungskonimissio n vorbehalten bleiben, der die gesamten Vorkriegsakten aller am Kriege beteiligten Natione n zu r Verfügun g z u stelle n seien . Mi t diese m Vorschla g verfolgte ma n di e Absicht , Zei t z u gewinne n un d di e Schuldproblemati k nach Möglichkeit au s den Friedensverhandlungen herauszuhalten 2. In solchem politischen wie publizistischen Engagement manifestierte sich ein fundamentaler Wande l des Kriegsbildes. Di e begrenzten Kriege des 18., aber auch noch die des 19. Jahrhunderts, bliebe n weitgehend eine Sache der führenden Repräsentanten eine s Landes, de r Kabinette und Armeen. Ideal typisch gesehe n durft e de r militärisch e Konflik t nu r unte r Kombattante n ausgetragen un d di e Lebenswel t de s Untertane n ode r Bürger s nac h Mög lichkeit nicht berührt werden . Dahe r war die Frage nach den Ursachen und Zielen der gewaltsamen Auseinandersetzun g kein e die gesamte Nation aufwühlende Angelegenheit 3. Zwa r markierten bereits die Kriege der Französischen Revolution un d Napoleons mit ihren aufkommenden Wehrpflichtar meen un d ihre m anschwellende n Nationalismu s ein e tiefgreifend e Zäsur , Erst mit der Industrialisierung jedoch, di e zugleich die Kriegführung »indu strialisierte«, gewan n di e »total e Mobilmachung « alle r gesellschaftliche n Kräfte an Bedeutung4. Hinz u kam die allmählich fortschreitende »politisch e Befreiung de r Massen«, welch e die notwendigen Voraussetzunge n fü r eine »Nation in Waffen« schuf 5. »S o fließt«, schrie b Ernstjünger imjahr e 1930, »das Bil d de s Kriege s al s einer bewaffnete n Handlun g imme r meh r i n das weitergespannte Bil d eines gigantischen Arbeitsprozesse s ein. «6 Der Erste Weltkrieg began n zwar noch in den Formen eines traditionellen Kabinettskrieges; dennoc h tru g e r von Anfan g a n Züge eines totalen Krieges, al s de r e r imjahr e 191 8 endete 7. Übe r da s ungeheur e Aufgebo t a n materiellen wi e personelle n Mittel n un d Ressource n hinaus , di e vo n de n beteiligten Staate n zu r Durchsetzun g ihre r Kriegsziel e i n di e Waagschal e 15 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
geworfen wurden , erweis t sich insbesondere die zunehmende Einbeziehung der Zivilbevölkerun g i n di e Kampfhandlunge n al s einzigartig . De r Krie g betraf den Bürger unmittelbar 8. Dahe r wurde die Frage nach dem Sinn und den Ursprünge n de s Kampfe s zu r Gewissensfrag e fü r jeden einzelne n un d bestimmte seinen Einsatzwillen wie auch seine Opferbereitschaft: »Di e Völker, di e von ihrer eigenen Friedenslieb e überzeugt sind , heische n von ihren Regierenden Rechenschaft . S o wir d de r Nachweis , da ß di e Schul d a m Kriege bei m Feind e liegt , z u eine r staatspolitische n Angelegenhei t erste n Ranges.« 9 Dieser allgemein e Wande l schlu g sic h i m internationalen Rech t deutlic h nieder. I n der Präambel und in Artikel 231 des Versailler Friedensvertrage s beschuldigten di e alliierten un d assoziierten Regierunge n Deutschlan d un d seine Verbündeten , de n Erste n Weltkrie g verursach t z u haben . Mi t de n Kriegserklärungen de r Mittelmächte un d dem deutschen Einmarsc h i n das neutrale Belgien sei, lautete ihre Argumentation, de r Krieg den Ententestaaten durch »Angriff . . . aufgezwungen« worden . Zude m stellten sie in Artikel 227 den ehemaligen deutsche n Kaise r »wege n schwerste r Verletzunge n der internationalen Mora l un d der Heiligkeit de r Verträge« »unte r öffentli che Anklage« . Zu r Urteilsfindun g wa r ei n besondere r Gerichtsho f z u bil den, de r »unte r Wahrun g de r wesentliche n Bürgschaften « de s »Verteidi gungsrechtes« sowi e auf der Grundlage der »internationalen Verträge « un d der »internationale n Moral « verhandel n sollte 10. Inde m di e Siegermächt e diese Bestimmungen in das Vertragswerk aufnahmen, gabe n sie Anstöße für neue Entwicklungen i m Völkerrecht. S o unterstellten sie in Artikel 231 und 227 ein völkerrechtliches Angriffsverbot bereit s für die Zeit des Weltkrieges, obwohl di e Widerrechtlichkei t de r Aggressio n ers t i n de r Völkerbundsat zung, als o im Vertra g selbst , veranker t worde n war 11 . Außerde m brache n sie mit dem Prinzip der völkerrechtlichen Immunitä t des Staatsoberhauptes, das bi s dahi n i m internationale n Rech t gegolte n hatte 12. Zwa r unterblie b eine Verurteilun g Wilhelm s II., weil di e Niederland e al s asylgewährend e Nation sein e Auslieferung ablehnten , doc h änderte das nichts an der neuen Rechtsauffassung, di e eine Haftung der politischen Führung für Kriegsurheberschaft vorsah . Entscheiden d war , da ß mi t Artike l 22 7 »de r Krieg selbs t als das Majestätsverbrechen gege n die ›morale international un d die geheiligte Autoritä t de r Verträg e unte r Anklage « stand 13. Di e Friedensverträg e des 17. und 18. Jahrhunderts dagegen enthielten in der Regel eine sogenannte »Oblivisions-« ode r »Amnestieklausel« , »i n der die Vertragspartner sic h gegenseitig vollständige s Vergessen des Vergangenen zusagten. Wede r wa s zum Krieg e geführt noc h wa s ma n sic h i m Krieg e zugefüg t hatte , durft e weiterhin Gegenstan d de s Streite s sein« 14. Wen n di e Friedensverträg e de s 19. Jahrhunderts au f die ausdrückliche Formulierun g de s »friedewirkende n Vergessens« verzichteten , dan n deswegen, wei l diese Praxis selbstverständlich geworden war 15 . In dieser »Amnestieklausel « spiegelt e sich die Einstellung de s klassischen 16 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Völkerrechts zu m Kriege . Danac h la g e s i n de r Kompeten z eine s jeden Souveräns, z u de n Waffe n z u greifen, wan n imme r e r sich davo n Vorteil e versprach. Di e »unumschränkt e Befugni s zu r Kriegführun g i m eigene n Interesse-das sogenannte ius ad bellum - « erschie n als »wesentliches, wen n nicht al s wesentlichste s Kennzeiche n de r staatliche n Unabhängigkei t un d Hoheitsrechte, de r ›Souveränität‹«16. Dies e Denkweise, welch e die mittelalterliche Unterscheidung zwische n gerechtem und ungerechtem Krieg ablöste17, basier t au f de r Überzeugung , da ß de r Krie g ein e Machtprob e zwi schen verschiedenen Souveräne n oder Nationen sei. Da kein ausdrückliche s Kriegsverbot existierte , wa r der Friede kein schutzwürdiger Wert , sonder n allenfalls ei n vorübergehende r Zustan d au f de r Grundlag e de r jeweils er reichten Machtverhältnisse 18. Mit der zunehmenden Totalisierung und »Industrialisierung« de s Krieges zeichnete sic h jedoch di e Möglichkei t ab , »da ß de r Krie g nich t nu r i n der Gesamtbilanz eine n negative n Erfol g bring t ode r di e Gesamtentwicklun g verzögert, sonder n da ß er die Bedingungen de s Lebens überhaupt vernich tet« 19 . Ein e derartig e Bedrohun g bestan d i m Erste n Weltkrie g zwa r nu r partiell; doc h verändert e di e Erfahrung de r verheerende n Wirkunge n mo derner Waffensysteme di e Haltung der Völker dem Kriege wie dem Frieden gegenüber. Vo r diesem Hintergrun d sollt e der Versailler Vertra g ein e neue politische Ordnun g Europa s begründe n un d zugleic h ei n Beitra g z u eine r neuen Ordnung de r Welt sein 20. E s galt, eine n »totalen Frieden« z u schaffen und den Krieg al s legitimes Mitte l de r Politik zur Konfliktlösung z u ächten und auszuschalten 21. Nich t meh r nur die »Hegung« de s Krieges gehörte zu den Aufgabe n un d Ziele n de s Völkerrechts , sonder n sein e Abschaffun g wurde zu m Leitmotiv alle r Überlegungen de r völkerrechtlichen Neuorien tierung22. Inde m die Völkerbundsatzung Krie g und Kriegsdrohung au s der Verfügungsgewalt de s souveräne n Einzelstaate s herauslöst e un d z u eine r Angelegenheit de r Völkergemeinschaf t erklärte , beseitigt e si e da s iu s a d bellum23. Di e »Aggression « beziehungsweis e de r »Angriff « wurd e zu m Merkmal de s verwerflichen Krieges 24. Voraussetzung fü r di e Verankerun g de r Kriegsschuldanklag e i m Frie densvertrag wa r di e fest e Überzeugun g au f seite n de r Siegermächte , da ß Deutschland mi t seine n Verbündete n de n Weltkrieg bewuß t herbeigeführ t habe. Dieses Urteil über die deutsche Politik, di e nach Ansicht der Alliierten schon immer eine n aggressiven Charakte r besessen hatte, herrscht e bei den Politikern un d in der öffentlichen Meinun g de r Ententemächte sei t Begin n des Krieges vor. E s war das Ergebnis eines Deutschenhasses, de r sich bis in die neunziger Jahre zurückverfolgen läß t und der durch die Kriegsereignisse aktualisiert wurde 25 . Hinz u trat ein von der Propaganda erzeugte s Zerrbild des preußische n Militarismus . Insbesonder e di e Franzose n neigte n dazu , »den Eroberungsdran g un d da s Weltherrschaftsstreben de r Deutschen , ih ren National - un d Rassenübermu t de m preußische n Geis t zuzuschreiben , der sich seit Bismarck das ganze Deutschland unterworfen habe« 26. 17 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Der Übergan g vo n diese r moralische n Verurteilun g de s Deutsche n Rei ches zur Formulierung eine r völkerrechtlich verbindliche n Kriegsschuldan klage vollzo g sic h bereit s währen d de s Erste n Weltkrieges . Besonder s i n Frankreich un d Englan d erörtert e ma n sei t de m zweite n Kriegsjah r »vor nehmlich di e au s de r Kriegsschul d sic h ergebende n Rechtsfragen , wi e di e Bestrafung de r Schuldigen , di e Wiedergutmachungspflich t usw. 27 «. Füh rende französisch e Juristen un d Politike r legitimierte n ein e strafrechtlich e Anklage de r Kriegsurhebe r mi t de m Hinwei s au f das Völkerrecht de r Zu kunft, da s di e Ahndun g eine s solche n Verbrechen s verlange . I n ähnliche r Weise stützte n sic h di e Engländer au f die Grundsätze de s ungeschriebene n Common Law 28. Dagege n beriefe n sic h di e amerikanische n Vertrete r au f der Pariser Friedenskonferenz auf das positive Völkerrecht. D a der Angriffskrieg 191 4 noc h nich t verbote n gewese n sei , argumentiert e beispielsweis e David Hunte r Miller , eine r de r Rechtsberate r de r amerikanischen Delega tion, i n einer Denkschrift, dürf e di e politische Führun g Deutschland s nicht bestraft werden . De m widerspreche »scho n der in allen Kulturländern aner kannte fundamental e Sat z ›Null a poen a sin e lege‹« 29 . Zude m werd e di e Verurteilung e x post facto in der Verfassung de r Vereinigten Staate n unter sagt30. I n de r Kriegsschuldkomissio n wi e i m Viererrat , w o dies e unter schiedlichen Standpunkt e aufeinanderstießen , lie ß sic h Präsiden t Wilso n allmählich vo n seine r Positio n abbringe n un d gestand schließlic h de n Ver tretern England s un d Frankreich s di e Aufnahm e de s Artike l 22 7 i n de n Friedensvertrag zu . Inhaltlic h schlo ß ma n de n folgende n Kompromiß : »Grundsätzlich hatt e sic h de r amerikanisch e Standpunk t durchgesetzt , di e Anklage gege n Wilhel m II. war beizubehalten , abe r nich t juristisch, son dern politisch zu formulieren; doc h gelang es Lloyd George, di e ursprüngliche Fassung, welch e eine ausdrückliche Ablehnun g strafrechtliche r Verfol gung enthielt , derar t abzuändern, da ß der Text des Art(ikel) 22 7 eine strikte Festlegung au f das nu r politisch e Delik t vermeidet.« 31 I m Unterschie d z u dieser Strafbestimmun g de s Versailler Friedensvertrage s entstan d de r Arti kel 231 nicht in der Kriegsschuldkommission, sonder n i m Reparationsaus schuß. E r wär e nich t i n da s Vertragswer k aufgenomme n worden , hätte n sich die Delegierten au f eine konkrete Entschädigungssumm e einige n kön nen. Dami t di e Alliierte n abe r ihre n grundsätzliche n Anspruc h au f volle n Schadenersatz zu m Ausdruc k bringe n konnten , mußt e Deutschlan d aner kennen, mi t seinen Verbündeten al s »Urheber« de s Krieges für alle Verluste und Schäden verantwortlic h z u sein, »welch e di e alliierten un d assoziierte n Regierungen und ihre Angehörigen . . . erlitten haben« 32. Di e Entscheidung über de n Umfan g de r Reparatione n wurd e eine r ständige n Kommissio n übertragen. Insofer n umfaßt e de r Artike l »sowoh l di e Feststellun g de r Kriegsschuld al s auc h de r generelle n Zahlungsverpflichtung« , nich t abe r eine moralische Ächtung Deutschlands 33. In der auf deutscher Seit e geführten Schulddebatt e blieben solche völker rechtlichen Erwägunge n weitgehen d ausgeblendet . Vo n Begin n de s Welt 18 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
krieges a n bi s i n di e Weimare r Zei t hinei n wurd e di e Diskussio n vo n de r Suche nac h Argumente n fü r de n politischen Kamp f beherrscht. Da s gilt in besonderer Weis e fü r di e regierungsoffiziell e Kriegspropaganda . S o hatt e sowohl di e Takti k al s auc h di e Öffentlichkeitsarbei t de r Regierun g Beth mann Hollwe g i n der Julikrise zum Ziel, de r russischen Politi k di e Verantwortung fü r de n Ausbruc h de s Ersten Weltkrieges aufzubürden : »Rußlan d sollte offiziel l militärisc h di e Initiativ e ergreifen , bevo r Deutschlan d de n Krieg gege n Frankreic h un d Rußlan d eröffne n könnte.« 34 Deshal b machte Deutschland selbe r zunächs t nich t mobil , sonder n wartet e ab , bi s Peters burg au f di e österreichisch e Kriegserklärun g a n Serbie n reagiert e un d di e allgemeine Mobilmachun g befahl . Nu r s o bestand di e »vag e Chance , da ß England sich an einem von Rußland ›entfesselten ‹ Krie g nicht beteiligte« 35. Gleichzeitig wollt e man auf diese Weise die starken antizaristischen Ressen timents i n de r deutsche n Sozialdemokrati e mobilisiere n un d de r SP D di e Integration i n die innenpolitische Einheitsfron t fü r den immer wahrschein licher werdenden große n Krie g ermöglichen 36. Nach innen bestand Bethmann Hollwegs Taktik ihre Bewährungsprobe . Als Ende juli un d Anfan g Augus t di e russische Generalmobilmachung un d Grenzverletzungen durc h da s Zarenreic h bekann t wurden , ka m e s z u ei nem deutliche n Meinungsumschwun g i n der sozialdemokratischen Presse , welche di e Einstellun g eine s große n Teil s de r Parteimitgliede r sowoh l re präsentierte al s auc h beeinflußte : »Hatt e ma n bishe r vo r alle m di e Politi k Österreich-Ungarns al s Kriegshetz e schar f verurteil t un d kein e deutsche n Bündnisverpflichtungen anerkannt , s o klangen jetzt Tön e an, die . . . deutlich das Gefühl elementare r Bedrohun g un d eines ungebrochenen, fas t ras sistischen Hasse s gege n de n unheimliche n Fein d i m Oste n verrieten.« 37 Daneben erleichterte n di e national e Begeisterun g große r Teil e de r Arbei terschaft un d da s vo n de r deutsche n Regierun g a m 3 . Augus t veröffent lichte »Deutsch e Weißbuch « de r überwiegenden Mehrhei t de r sozialdemokratischen Reichstagsfraktio n di e Zustimmun g z u de n Kriegskrediten 38. Als Bewei s dafür , da ß Rußlan d durc h sein e »di e Sicherhei t gefährdend e Mobilmachung di e mühsam e Vermittlungsarbei t de r europäischen Staats kanzleien kur z vo r de m Erfol g zerschlagen « un d »de n Krie g gege n un s begonnen«39 habe , enthiel t da s Weißbuc h Telegramme , di e Wilhel m II. und de r Za r i n de n letzte n Tage n vo r de m Kriegsausbruc h gewechsel t hatten. Da s Telegramm vo m 29. Juli, i n dem der Zar die Einschaltung de s Haager Schiedsgericht s empfohle n hatte , fehlt e jedoch, d a es die politische Wirkung de r Veröffentlichun g gefährde t hätte . Den n di e Sozialdemokra ten sahen in der Bereitschaft eine r Regierung, di e politischen Konflikt e vo r dem Haage r Schiedsgerich t auszutragen , ei n äußers t wichtige s Kriteriu m für di e Zuweisung vo n Schul d un d Unschuld . Stat t desse n überwo g auf grund de r Auswah l de r Telegramm e i m Weißbuc h de r Eindruck , da ß de r Zar sic h gege n de n Druc k de s Militär s kau m noc h hab e durchsetzen kön nen. Zude m ware n di e deutsche n Telegramm e bereit s i n de r Absich t for 19 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
muliert worden , si e im Fall e eines Krieges zur eigenen Entlastun g publizie ren zu können 40. Um die Bevölkerung au f den sich immer mehr abzeichnenden Zweifron tenkrieg vorzubereiten , beschuldigte n Wilhel m II. und Bethmann Hollwe g in ihren Reden vom 31. Juli, 1 . und 4. Augus t in zunehmendem Maß e auch den Nachbarn im Westen, de n Frieden zu stören. S o entstand die »Überfall these«, derzufolg e »Deutschlan d vo n rücksichtslosen Feinde n vo n Ost und West überfalle n worde n sei« 41. Nebe n de r innenpolitische n Aufgabe , de n »nationalen Enthusiasmus« de r Deutschen für die Verteidigung ihre s Vaterlandes z u wecken 42, fie l ih r die außenpolitisch e Funktio n zu , insbesonder e die neutralen Mächte von der Gerechtigkeit der deutschen Sache zu überzeugen43. Schließlic h wa r si e unabdingba r zu r Begründun g de r deutsche n Kriegsziele: »Deutschlan d fordert e ›Garantie n un d Sicherheiten , dami t e s nicht ein zweites Mal Opfer eines ruchlosen Überfall s würde . «44 Noch i m Augus t 191 4 tra f di e deutsch e Reichsleitun g Vorbereitunge n »für de n bevorstehenden Kamp f der Meinungen« u m di e Kriegsschuldfra ge 45 . De r Staatssekretä r de s Auswärtigen Amtes , Gottlie b vo n J agow, be auftragte seine n Unterstaatssekretär , Zimmermann , ein e umfassend e Ak tensammlung zu r Vorgeschicht e de s Weltkriege s vorzubereiten . Da s zu r Veröffentlichung geeignet e Material sollte vorläufig zusammengestell t wer den, dami t da s Auswärtige Am t »i m Bedarfsfall e i n wenigen Tage n publi zieren« könne 46. Di e Dokumente zur Julikrise waren nac h Jagow s o auszuwählen, »da ß wi r ein e Beseitigung de r unseren Verbündete n vo n Südoste n drohenden Gefahre n erreichen , dahe r sei n Vorgehe n gege n Serbie n unter stützen mußten« 47. Deutschlan d hab e den Krie g zwa r nich t gewollt , abe r stets mit ihm gerechnet . Behandelt e da s Weißbuch allein di e Zeit unmittel bar vor dem Kriegsausbruch , wollt e man mit der Aktensammlung auc h die weitere Vorgeschicht e des Weltkrieges darstellen. E s sollte gezeigt werden , daß die Ententemächte eine langfristige Politi k de r ›Einkreisung‹ de s Deutschen Reiche s betriebe n hatte n un d »sic h i m Jahre 191 6 zum Angrif f ferti g glaubte(n)«48. Imanue l Geis s ha t vermutet , da ß Legationsra t Bülo w i m Zuge seiner Tätigkeit al s politischer Archiva r i m Auswärtigen Am t bereit s während de s Kriege s ein e erst e Sichtun g de r Akte n vorgenomme n hat . Abgesehen jedoch vo n de r Erweiterun g de s »Deutsche n Weißbuches « i m Mai 191 5 unternahm da s Auswärtige Am t kein e weiteren Schritte , u m di e geplante Dokumentensammlung herauszugeben 49. Der Verzicht auf die Veröffentlichung ma g einmal darin begründet gewe sen sein , da ß sic h kein e geeignete n Historike r fanden , di e da s Materia l i m Sinne de r Regierun g z u interpretiere n un d z u publiziere n berei t gewese n wären. S o scheiterte zum Beispie l de r Versuch Kurt Riezlers, Kar l Alexan der von Müller mi t dieser Aufgabe zu betrauen50. Zu m anderen bestand fü r das Auswärtig e Am t kei n Anla ß z u einer umfassende n Rechtfertigun g de r deutschen Vorkriegspolitik , d a »di e Überfallthese . . . de n ganze n Krie g hindurch. . . i m Kamp f gege n di e ›Kriegsschuldlüge ‹ herrschend « blieb 51 . 20 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Die überwiegend e Mehrhei t de s Volke s un d de r politische n Parteie n wi e gesellschaftlichen Interessenorganisatione n teilt e di e Überzeugung , da ß es sich bei diesem Krie g u m eine n Ak t nationaler Notwehr , u m die Selbstbe hauptung de s Reiches gege n ein e Übermach t vo n Feinde n handelte 52. Ent schiedene Gegne r ode r öffentlich e Kriti k a n diese r Auffassun g ware n di e Ausnahme. Lediglic h eine Minderheit in der Sozialdemokratie und im organisierten Pazifismu s äußerte Zweifel un d betrachtete den Weltkrieg als einen Präventiv- ode r soga r Angriffs - un d Eroberungskrie g de r Mittelmächte 53. Sie gehörte n vornehmlic h jene n kleinere n Gruppierunge n an , di e de r Kriegsbegeisterung entwede r ni e verfallen ware n ode r sich zumindest nach kurzer Zeit davon distanziert hatten. Zu ihnen zählten beispielsweise spätere USPD-Anhänger, di e de n nationale n Kur s de r Sozialdemokrati e kritisier ten, un d bürgerlich e Pazifisten , di e sic h au f di e Seit e de r internationale n Friedensbewegung stellten 54. Entgege n ihre n offizielle n Stellungnahmen , nach denen der Krieg den Mittelmächten aufgezwungen worde n sei, vertra ten auc h einig e führend e Staatsmänne r de s Deutsche n Reiche s un d Öster reich-Ungarns i n vertraute m Kreis e di e Meinung , da ß beid e Staate n de n Krieg herbeigeführt ode r zumindest gewoll t hätten 55. Die deutschen Hochschullehre r hingege n stellten bis auf wenige Ausnah men die »Überfallthese« nich t in Frage56. Die Gelehrten sahen ihre Funktion als »geistig e Kriegsteilnehmer« 57 wenige r in der Erläuterung de r Ursache n des Kriege s al s vielmeh r i n de r Darstellun g dessen , »woru m eigentlic h gekämpft wird« 58 . E s galt , di e militärisch e Auseinandersetzun g al s ein e »höhere, schicksalhaft e Notwendigkeit « z u interpretieren , »di e i n de r Gegensätzlichkeit deutsche n Geistes, deutscher Kultur und deutschen Staatsle bens z u de n entsprechende n Lebensforme n de s feindliche n Auslande s be gründet war« 59 . Ein e solch e Sinngebung , welch e di e i m Augus t 191 4 gewonnene Einigkei t de r Deutsche n vertiefe n un d erhalten sollte , setzt e aber die Überzeugung voraus, daß Deutschland einen Verteidigungskampf führ te. Dies e Thes e zu verifizieren , wa r vo r allem Aufgab e de r Historiker . Si e gaben zwa r z u bedenken , da ß da s ihne n zugänglich e Materia l fü r ein e umfassende Analys e nich t ausreiche 60, stimmte n abe r in ihren Veröffentli chungen de r Auffassun g de s Auswärtige n Amte s weithi n zu . I m Mittel punkt de s historische n Interesse s stan d di e russisch e un d di e französisch e Vorkriegspolitik, de r di e Hauptschul d a m Kriegsausbruc h zugemesse n wurde. »Wi r zweifeln nicht« , schrie b Friedric h Meineck e 1915 , »da ß di e Nachwelt urteile n wird : Rußlan d un d Serbie n wollte n Österreic h schwä chen oder gar zertrümmern. Österreic h und Deutschland mußte n sich wehren.« 61 De n Kriegswille n un d de n »Überfall « Frankreich s erklärte n einig e Geschichtswissenschaftler mi t de r »Entschlossenhei t de s französischen Revanchcgcistcs«, di e 1870/7 1 »begründet e Ordnun g de r Ding e i n Europ a eines Tage s gewaltsa m umzustürzen« 62. De r Zeitpunk t de r deutsche n Reichsgründung markiert e für Hermann Oncken außerdem den Beginn des deutsch-englischen Gegensatzes. Insbesondere die deutsche Kolonialpolitik, 21 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
die deutsch-britische Handelsrivalitä t sowi e de r Balkankrieg vo n 191 2 trugen nach seiner Auffassung daz u bei, daß England schließlich zum Anführe r der feindliche n Koalitio n wurde . Spätesten s sei t de r erste n Marokkokris e erblickte, s o Onckcn , Englan d »i n de r unbedingte n Begünstigun g Frank reichs di e best e Lebensversicherun g fü r sei n eigene s Weltreic h un d lie ß es darauf ankommen, da ß di e Temperatur de r deutsch-englische n Beziehun gen in Zukunft vo n der Auffassung de r Revanche bestimmt wurde. Das war der neue Glaubenssatz einer Politik, di e im Juli 191 4 beim Worte genommen worden ist« 63 . Erst nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die Kriegsschuldfrag e Gegenstand heftige r historisch-politische r Auseinandersetzungen , i n deren Mittelpunkt nich t zufälli g di e Frag e nac h de r Veröffentlichun g de r deut schen Vorkriegsakten stand . Denn zum einen hatte die deutsche Revolution von 1918/19 , in deren Gefolge »di e alte Ordnung mi t ihrer ›Geheimratsbü rokratie‹ un d ihre m ›Militarismus‹« 64 diskreditier t wurde , di e Vorausset zungen fü r di e Öffnun g de r Geheimarchiv e geschaffen . Di e neue Führun g hatte keine n Grund , di e Politi k de r kaiserliche n Kabinett e z u verteidigen . Um die Notwendigkeit eine s radikalen Neubeginns zu rechtfertigen, plant e sie, di e Vorkriegsakte n z u publiziere n un d dadurc h da s kriegstreiberisch e Tun de r alten Gewalten a n den Pranger z u stellen 65. Zu m anderen mußte n sich di e politisc h Verantwortliche n au f di e bevorstehende n Friedensver handlungen vorbereiten . Di e Strategie, di e sie zur Durchsetzung möglichs t günstiger Friedensbedingunge n wählten , wurd e weitgehen d vo n ihren ge sellschaftspolitischen Ziele n bestimm t un d von der Beurteilung de r Bedin gungen, unte r denen diese verwirklicht werde n konnten 66. Einig e Vertreter der politische n Linke n sahe n dahe r i n de r Veröffentlichun g de r deutsche n Dokumente zum Kriegsausbruch auc h ein geeignetes Mittel der Außenpolitik. Da s Ausland sollt e davon überzeug t werden , da ß seine Verhandlungs partner mi t de m alte n System , da s al s Urhebe r de s Kriege s angesehe n wurde, vollständi g gebroche n hatt e und daher auch nicht mit dessen Schuld belastet werde n durften 67. Die Initiative ergriff der bayerische Außenminister und Ministerpräsiden t Kurt Eisner, der den Unabhängigen Sozialdemokrate n angehörte . Noch am 21. Novembe r wie s e r seine n Gesandte n i n Berli n telegraphisc h an , di e Reichsregierung u m die sofortige Veröffentlichun g de r Urkunden über den Kriegsausbruch z u ersuchen 68. I n der Erwartung , da ß di e Publikatio n de s gesamten deutsche n Dokumentenmaterial s bevorstehe , lie ß e r bereit s a m 23. Novembe r Auszüg e aus Berichten de s bayerischen Gesandte n und dessen Vertrete r i n Berlin , di e dies e i m Juli un d Augus t 191 4 nac h Münche n übermittelt hatten , durc h di e Press e verbreiten . Au s diese n Schriftstücke n ging hervor , da ß di e deutsch e Reichsleitun g i n de r Julikns e Österreich Ungarn zum militärischen Vorgehe n gegen Serbie n gedrängt un d durch die Vereitelung sämtliche r Vermittlungsbemühunge n dritte r Staate n di e Aus weitung de s lokalen Konflikte s bewuß t i n Kau f genommen hatte . Außer 22 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
dem habe die militärische Führung die Verletzung der belgischen Neutralität zur Durchführun g eine s Angriffskriege s gege n Frankreic h vo n Anfan g a n geplant69. Eisner wa r zutiefs t vo n de r Kriegsschul d de s Deutsche n Reiche s über zeugt. Seine r Meinun g nac h hatt e da s deutsche Vol k de n Krie g abe r nicht gewollt ode r ga r herbeigeführt . Vielmeh r se i de r Weltkrie g »ohn e jed e politische Voraussich t un d jede militärisch e Einsicht « vo n »eine r kleine n Horde preußisch-wahnsinniger Militärs « entfessel t worden , »di e verbündet waren mi t Schwerindustrielle n un d Weltpolitikern , Kapitaliste n un d Für sten« 70 . Mi t de r Veröffentlichun g de r Akten wollt e Eisner diese führende n Schichten de s Kaiserreiche s kompromittiere n un d verhindern , da ß si e er neut a n politische m Einflu ß gewannen 71. Zugleic h sollt e di e Bevölkerun g »über di e Verursachun g de s Kriege s durc h di e führende n Machthaber « aufgeklärt un d »dami t ein e kritische Distanzierun g de s Volkes vo n ihnen « bewirkt werden 72 . Außerdem begründet e Eisne r sein Vorgehen mi t außenpolitischen Argu menten. Fü r ihn stellt e di e Errichtun g eine r »demokratische(n ) un d sozia le(n) Republi k Bayern« 73 nich t nu r ei n wichtige s gesellschaftspolitische s Ziel dar, sondern auch »die einzige Möglichkeit, eine n Frieden zu gewinnen, der zu r Rettun g Deutschland s führe« 74. Di e bayerische Revolutionsregie rung besitze , lautet e seine Überlegung , i m westliche n Auslan d ei n weitau s größeres Ansehe n al s die sogenannte Volksregierun g unte r Prin z Max vo n Baden75. S o hoffte Eisner, daß seine Regierung insbesondere bei dem amerikanischen Präsidente n Wilso n »eine n anderen Eindruc k erwecke n un d mildere Stimmun g auslösen « könne , »al s wen n e r e s z u tu n ha t mi t eine r Regierung, di e all e Verantwortlichkeite n de r Vergangenhei t mitübernom men« habe : »Ic h weiß , da ß ma n uns , de n treibende n Kräfte n de r neue n Umwälzung, wenigsten s Vertraue n schenkt.« 76 Ei n aufrichtiges Schuldbe kenntnis un d di e Veröffentlichun g de r deutsche n Vorkriegsakte n bildete n das Kernstück seiner »Politik der Offenheit un d der Wahrheit«77, di e die von den Alliierten erwartete Versöhnungsbercitschaft fördern sollte. »Das ist das einzige Mittel« , schrie b Eisne r de m bayerische n Gesandte n i n Berlin, »u m zu erreichen, da ß Friedensverhandlungen i m Gefühl gegenseitige n Vertrau ens gefuhrt werden.« 78 Dahe r lehnte er es ab, die Verantwortung Deutsch lands z u bagatellisieren un d allen a m Krieg e beteiligte n Regierunge n eine n Teil der Schuld zuzumessen. E s gehe nicht an, »da ß wir unsere blutbefleck ten Händ e übe r di e Grenze hinüberreichen un d rufen: Daru m kein e Feindschaft nicht, e s sei alles vergeben und vergessen« 79. Schon i n de r erste n Novemberhälft e hatt e de r marxistisch e Theoretike r Karl Kautsky , ei n Wortführe r de s gemäßigten Flügel s de r USPD , mi t de r Erarbeitung eine r umfassende n Akteneditio n zu m Ausbruc h de s Erste n Weltkrieges begonnen. Kautsky, de r am 13. Novembe r vom Rat der Volksbcauftragten al s beigeordneter Staatssekretä r i n das Auswärtige Am t beru fen worden war , schlu g diesem vor, da s dort vorhandene Dokumentcnma 23 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
terial auf seine Vollständigkeit hin zu überprüfen und seine Veröffentlichun g vorzubereiten. Zu m eine n fühlt e e r sic h daz u de m deutsche n Vol k gegen über verpflichtet , »da s Anspruc h darau f habe , di e Wahrhei t übe r sein e bisherigen Staatslenke r z u erfahren« 80. Andererseit s se i die s auch notwen dig, »wei l e s dem mißtrauische n Ausland e gegenübe r a m deutlichste n de n völligen Bruc h des neuen Regimes mit dem alten zum Ausdruck bringe« 81. Kautskys Vorhabe n fan d di e Zustimmun g de r Revolutionsregierung . Zwar stellte der USPD-Politiker nac h dem Ausscheiden seiner Parteigenossen Haase , Dittman n un d Bart h a m 28./29 . Dezembe r au s de m Ra t de r Volksbeauftragten sei n Am t zu r Verfügung , setzt e abe r au f Bitte n de r Reichsregierung di e Arbei t a n de r Dokumentensammlun g fort . Sei t de m 9. Dezembe r wurde er dabei von einigen Mitarbeitern unterstützt, z u denen auch Gusta v Mayer , de r bekannt e Historike r de r Arbeiterbewegung , zählte82. Kautsky vertra t zunächs t die Auffassung, da ß Deutschland der Haupturheber de s Krieges gewese n sei . E r nahm an , da ß di e kaiserliche Regierun g »sich der sinnenfälligsten Konsequenze n ihres Vorgehens klar bewußt war , als si e sic h zu r Unterstützun g Österreich s entschloß . Dan n abe r konnt e man. . . nu r z u de m Ergebni s kommen , da ß Deutschlan d de n Weltkrie g 1914 gewoll t hatte , ih n planmäßi g herbeiführte . Z u erkläre n wa r diese r Krieg nur als Präventivkrieg«83. Dagege n warnte Mayer davor, jene Kräft e zu unterschätzen, »di e in anderen beteiligten Staaten auf den Kriegsausbruch hingetrieben hatten« 84. Allerding s wollt e auc h e r nicht ausschließen , »da ß der deutsch e Generalsta b di e Mordta t vo n Sarajew o z u eine m offensive n Defensivkrieg gege n di e ›Einkreisung ‹ Deutschland s hab e benutze n wol len»85. Di e Einsicht i n das amtliche Aktenmaterial un d der Einfluß Mayer s führten z u einer Revision de r Thesen Kautskys: »Meine ursprüngliche Auf fassung erwie s sic h mi r al s unhaltbar . Deutschlan d ha t au f de n Weltkrie g nicht planmäßi g hingearbeitet . E s ha t ih n schließlic h z u vermeide n ge sucht.«86 Wollt e e r zunächst di e Dokumentensammlung mi t de m Attenta t von Sarajew o beginne n lassen , wa r e r jetzt zu r Veröffentlichun g auc h sol cher Urkunde n bereit , di e Aufschlu ß übe r di e politischen Konstellatione n vor de r Julikris e gaben . I n seine n Erinnerunge n führ t Maye r daz u aus : ». . . obgleic h ich, wenige r mi t dem Theoretiker un d Politiker als mit dem feinen un d liebenswürdigen Menschen , au f sehr gutem Fuß e stand, kostet e es mich (anfänglich) Mühe , ih n davon z u überzeugen, da ß man ein histori sches Unrecht beginge , wen n ma n de r Meldung vo n dem erfolgten Atten tat.. . nicht wenigstens ein Aktenstück voranschickte , da s zeigte, wi e gela den das Pulverfaß scho n war, al s die Explosion erfolgte. « 87 Am 26. Mär z 191 9 teilte Kautsky de m damaligen Außenministe r Brock dorff-Rantzau mit , »da ß die Sammlung i m wesentlichen ferti g vorlieg e und sofort in Satz gegeben werden könne« 88. E r hatte sich zusammen mit seinen Mitarbeitern bemüht , di e Arbeit a n der Aktenedition noc h vo r Beginn de r Friedensverhandlungen z u beenden. Nu r so, meinte er, könn e die deutsche 24 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Regierung au f den Verlauf der Friedenskonferenz Einflu ß nehmen und einen günstigen Friedensschlu ß erreichen 89. D a sich di e innen- un d außenpoliti sche Situatio n Deutschland s z u diese m Zeitpunk t jedoch veränder t hatte , sah sic h di e Regierun g gezwungen , eine r neue n Strategi e z u folgen . De r Entwurf Kautskys stieß jetzt weitgehend auf Ablehnung. Zwischen Eisner und Kautsky einerseits, der Berliner Regierung anderer seits bestand zwar Übereinstimmung darüber , daß der zukünftige Friede ein Wilson-Friede sei n müsse . Hinsichtlic h de r zu r Erreichun g diese s Ziele s anzuwendenden Strategi e jedoch gab es gegensätzliche Auffassungen. Auc h die politisc h Verantwortliche n wollte n di e junge Republi k nich t mi t de r Hypothek des alten Systems belasten, doch war dies für sie kein Grund, den Schuldvorwurf de r Entent e anzuerkennen , d a si e vo n de r völlige n ode r zumindest überwiegende n Schuldlosigkei t de s Deutsche n Reiche s a m Kriegsausbruch überzeug t waren . Darübe r hinaus herrschten i n Berlin von Anfang a n starke Zweifel, o b ein einseitiges Schuldbekenntnis Deutschlands überhaupt z u günstigere n Friedensbedingunge n fuhre n könne . Nu r wen n Deutschland di e Verantwortung fü r de n Weltkrieg nich t aufgebürdet wer de, sa h ma n ein e Möglichkeit , sic h al s anerkannter un d gleichberechtigte r Partner an den Friedensverhandlungen un d an der Erarbeitung einer neuen, nach de n Vorstellunge n Wilson s konzipierte n Friedensordnun g beteilige n zu dürfen. Danebe n versucht e man , di e These von de r weitgehende n Un schuld Deutschlands am Weltkrieg als moralisches Druckmittel einzusetzen, um die territorialen un d die überhöhten finanziellen Ansprüch e der Alliier ten al s Ungerechtigkei t darstelle n un d bekämpfe n z u können 90. A m deut lichsten zeigt e sich das bei der Behandlung de r Rcparationsfragc. Da s Auswärtige Amt hatte bereits im November 191 8 Informationen darübe r erhalten, da ß di e Siegermächt e wahrscheinlic h beabsichtigten , ihr e Schadener satzforderungen mi t der deutschen Kriegsschuld zu begründen. U m die Last der Zahlungen zu erleichtern, so überlegte man in der Wilhelmstraße, müss e zunächst di e These vo n der Kriegsschuld de s Deutschen Reiche s überprüf t und widerleg t werden . Wen n Deutschlan d nich t de r Urhebe r de s Kriege s sei, entfall e auc h de r Anspruc h de r Siegermächt e au f Schadenersatz . Di e Klärung de r Schuldfrag e wollt e ma n eine r neutrale n Untersuchungskom mission anvertrauen , di e ein umfassende s un d objektive s Bil d de r Vorge schichte des Weltkrieges erarbeiten sollte . Au f diese Weise hoffte man , Zei t zu gewinnen bis zur endgültigen Fixierun g der Reparationskosten 91. Noch a m 29 . Novembe r ersucht e di e Reichsregierun g di e Alliierte n durch Vermittlun g de r Schweiz , ein e solch e Kommissio n einzuberufen 92. Sie begründet e ihre n Vorschla g mi t de r Notwendigkeit , »di e Mauer n de s Hasses und der Mißdeutung niederzureißen, di e während des langen Krieges zwischen de n Völker n errichte t worden « waren 93. »Ein e gerecht e Würdi gung de r Hergäng e be i Freun d un d Feind« , di e nu r vo n eine r neutrale n Einrichtung geleiste t werde n könne , erschie n ih r al s unabdingba r fü r di e Versöhnung de r Völker un d dami t fü r eine n dauerhafte n Frieden 94. Unte r 25 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
der Voraussetzung, da ß alle am Krieg beteiligten Staatsführunge n ihr e Vorkriegsakten zu r Verfügun g stellten , kündigt e di e Regierung auc h die Her ausgabe de r deutsche n Urkunde n an . Di e Alliierte n hingege n sahe n kein e Veranlassung, au f das deutsch e Angebo t einzugehen . Ihre r Meinun g nac h war »di e Verantwortlichkei t Deutschland s fü r de n Krieg längs t unzweifel haft festgestellt« 95. Dennoch blie b di e Reichsregierun g be i ihre r Strategie , vo r de r Repara tionsfrage di e Schuldproblematik z u erörtern. Da ß diese Position nich t nur Vorteile für Deutschland mi t sich bringen würde, mußt e dem Auswärtige n Amt spätesten s sei t de r mi t Berli n nich t abgesprochene n Veröffentlichun g einiger Aktenstück e durc h Eisne r bewuß t gewese n sein . Ein e gründlich e Untersuchung der Schuldfrage barg die Gefahr in sich, daß auch unangenehme Wahrheite n aufgedeck t würden . Deutschlan d konnt e durchau s i n di e Lage geraten, nachweise n zu müssen, da ß es keine Schuld - zumindes t abe r nicht di e Alleinschul d - a m Krieg e trage 96. Bestan d da s Dilemm a Eisner s darin, »da ß er nach der Umgestaltung de s Obrigkeitsstaates in einen Volksstaat au f di e Verwirklichun g de r Wilsonsche n Ideal e hofft(e ) - un d di e gleiche Gesinnun g auc h bei de n Politiker n de r Entent e erwartet(e)« 97, wa r die Strategi e de r Regierung , di e Frage nach de r Kriegsschul d mi t de r nach der Berechtigun g vo n Reparationsforderunge n z u verknüpfen , gleichfall s zum Scheitern verurteilt. Ma n erkannte in Berlin nicht, daß die Alliierten »i n jedem Fall e - wobe i di e Begründun g ziemlic h einerle i wa r - ungeheur e Zahlungen von Deutschland verlange n würden« 98 . Die Veröffentlichung Eisner s stieß sofort auf den Protest des Auswärtigen Amtes. D a sie »unsere n Feinde n un d Verhandlungsgegner n . . . eine Waff e in de r Han d (ist) , di e diese zu benutze n wisse n werden« , s o argumentierte man, gefährde sie die politische Arbeit der Regierung 99. Auc h die Herausgabc der Kautsky-Sammlun g lehnt e da s Auswärtige Am t nunmeh r ab . Aus schlaggebend dafü r ware n wenige r di e editionstechnische n Mänge l un d Fehler als vielmehr politische Gründe 100. Di e Publikation sollt e beim Lese r auf keine n Fal l den Eindruc k erwecken , da ß di e alt e deutsch e Regierun g verurteilt un d di e ehemaligen Feindmächt e i n Schut z genomme n würden . Da der Entwur f Kautsky s diese n Ansprüche n nich t genügte , rie t da s Aus wärtige Amt dazu, die Dokumente vorerst nicht zu publizieren und regte die Einsetzung einer Kommission an , die gemeinsam mi t Kautsky eine endgültige Fassung erarbeiten sollte 101. Mit Ausnahm e vo n Reichsministe r Davi d wa r auc h da s am 15 . Februa r 1919 gebildete Kabinet t Scheideman n gege n ein e Veröffentlichung. Davi d gab zu bedenken, da ß das von Kautsk y ausgebreitet e Materia l i m Auslan d weitgehend bekann t sei . De m Schuldvorwur f de r Alliierte n wollt e e r mi t dem Argumen t entgegentreten , di e jetzige Regierun g se i mi t der vo n 191 4 nicht meh r identisch 102. Dagege n insistierte n di e übrigen Ministe r au f der »juristische(n) Kontinuität zwischen dem kaiserlichen und republikanische n Deutschland«103. Nu r so bestand aus ihrer Sich t die Chance, eine n Wilson26 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Frieden au f der Grundlage de r Lansing-Not c z u erwirken, di e noch a n die kaiserliche Regierun g gerichte t war . Di e Repräsentante n de s republikani schen Deutschlan d fühlte n sic h dahe r gezwungen , di e alte n Machthabe r gegen di e Anklage n de r Entent e i n Schut z z u nehmen 104. Hinz u kame n inhaltliche Einwände. Di e Mitglieder des Kabinetts stimmten darin übercin, daß Kautsk y di e Entstehungsgeschichte de s Weltkrieges z u sehr auf dessen unmittelbare Vorgeschicht e reduzier t habe . Ers t wen n auc h di e Einkrei sungspolitik England s und die Revanchepolitik Frankreich s sowie die pan slawistischen un d großserbische n Bestrebunge n behandel t würden , se i e s möglich, tragfáhig c Erklärungen für den Kriegsausbruch zu formulieren 105. Um di e Wel t vo n de m »gute n Wille n Deutschland s zu r Aufdeckun g de r Wahrheit zu überzeugen«106, unterstützt e die Regierung Scheideman n einen Vorschlag de s Reichsjustizminister s Landsberg , eine n deutsche n Staatsge richtshof mit de r Analyse der Kriegsursachen z u beauftragen. Zwa r verabschiedete ma n bereit s a m 10 . Apri l eine n entsprechende n Gesetzentwurf , doch konnte dieser erst im Juli, als o nach dem Friedensschluß, de r Nationalversammlung zu r Beratung vorgeleg t werden 107. Als sic h Anfan g Jul i da s Kabinet t Baue r erneu t mi t de m Vorschla g Kautskys beschäftigte , schlo ß e s sich de m Votu m de s Auswärtigen Amte s an un d beauftragt e ei n Expertengremiu m mi t de r Herausgab e de r Akten . Zwar sollt e Kautsky vo r der Veröffentlichung noc h einmal gehör t werden , die Endredaktio n blie b jedoc h de n Gelehrte n Han s Delbrück , Walthe r Schücking und Max Graf Montgelas sowie einem Beamten des Auswärtigen Amtes vorbehalten 108. Wen n di e Regierung jetzt berei t war , di e deutschen Dokumente z u veröffentlichen , wollt e si e dami t de m Vorwur f begegnen , sie unterschlage belastende s Material ; außerde m wollt e si e möglichen For derungen de r Alliierte n nac h de r Herausgab e de r deutsche n Akte n zuvor kommen. Dabe i war ma n sich durchaus bewußt, da ß die Aktenpublikatio n den Alliierten zu r Begründung noc h weitergehender Ansprüch e dienen und zur Diskreditierun g de r auszuliefernde n »Kriegsverbrecher « beitrage n konnte109. Seit Septembe r 191 9 überarbeiteten Montgela s un d Schückin g de n Ent wurf Kautskys. Mi t seinem Einvernehme n konnte n die »Deutschen Doku mente zu m Kriegsausbruc h 1914« 110 i m Dezembe r veröffentlich t werden . Allerdings modifizierte n di e Herausgeber di e ursprüngliche Fassun g nu r in wenigen Punkten . Nebe n Veränderunge n technische r Natu r wurde n zu sätzlich vierundzwanzig Urkunde n aufgenommen, »darunte r zum Teil solche, di e in der Kautsky-Sammlung deshal b nicht enthalten waren , wei l sie sich nicht im Besitz des Auswärtigen Amts , sondern in dem anderer Reichsbehörden befanden« 111. Nac h de n nunmeh r zusammengestellte n Doku menten hatte n de r Reichskanzle r un d vo r alle m de r Kaise r i n de r Julikrisc zwar ein e leichtsinnig e un d kurzsichtig e Politi k betrieben , de n Weltkrie g aber weder gewollt noch planmäßig herbeigeführt 112. Unterstützung fan d die Strategie der Regierung be i Max Weber , de r »als 27 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
einer de r bedeutendste n Repräsentante n de s europäische n Liberalismu s a n der Schwelle seines Niedergangs gelten« darf 113. Die Orientierung an liberalen Ideen schloß für ihn jedoch das Bekenntnis zum Ideal des starken Nationalstaats nicht aus. Beid e Positionen bestimmte n gleichermaße n sei n politi sches Denke n un d Handeln . I n ihnen komm t di e »antinomisch e Struktur « des Denkens von Webe r zum Ausdruck 114. Charakteristisc h fü r sein e Hal tung war überdies die Ablehnung einer jeden absoluten Ethik. De r Politiker dürfe nicht wie der »Gesinnungsethiker« sei n gesellschaftliches Engagemen t ausschließlich a n »stereoty p bestimmte n ideelle n Verhaltensmustern « aus richten; verantwortliche Politi k habe vielmehr immer auch die Konsequenzen ihres Tuns mitzubedenken 115. Au f der Grundlage diese r Überzeugun gen wandte sich Weber gegen die Herausgabe der deutschen Akten wie auch allgemein gege n die Art, wi e die Schulddebatte vo n Eisner und Kautsky i n Gang gesetz t un d geführ t wurde . Gleichzeiti g gin g e s ih m darum , di e Siegermächte vor den verheerenden Folge n einer moralischen Verurteilun g Deutschlands durch eine Schuldanklage zu warnen und auf diese Weise dazu beizutragen, da ß die Kriegsschuld Deutschlands in dem künftigen Friedens vertrag nich t ›festgeschrieben ‹ werde . U m diese m Zie l nähe r zu kommen, gab e r seinen anfängliche n Widerstan d gege n jegliches Engagemen t i n de r Schulddiskussion au f und unterstützt e publizistisc h di e Regierungspolitik . Zudem schloß er sich der »Heidelberge r Vereinigung « an 116. Wenngleich Webe r schließlic h selbe r i n di e öffentlich e Erörterun g de r Ursachen des Krieges eingriff und zugunsten der Regierung Stellun g nahm, verurteilte e r doc h di e gesamte Kriegsschulddiskussio n al s »würdelos« 117 . Besonders erbittert zeigte er sich darüber, da ß die USPD mit der Argumentation der Alliierten übereinstimmte, Deutschlan d trage die Verantwortun g für de n Kriegsausbruch . »Stat t nac h alte r Weibe r Ar t nac h eine m Krieg e nach de m ›Schuldigen ‹ z u suchen«, fordert e e r die Deutschen au f sic h ihr e militärische Niederlag e einzugestehe n un d sich der Gestaltung de r Zukunf t zuzuwenden118. Den n nicht derjenige handele unmoralisch, der die politisch sterile, wei l unaustragbar e Schulddiskussio n ablehne , sonder n der, de r sich »durch Schuldbekenntniss e Vorteile « verschaffe n wolle : »Die s z u tun , is t politische Schuld . . . wenn es irgend etwas gibt, wa s ›gemein‹ ist, dann dies, und da s ist di e Folg e diese r Ar t vo n Benutzun g de r ›Ethik ‹ al s Mitte l de s ›Rechthabens‹.«119 De n deutschen Verteidiger n eine r absoluten Ethi k war f Weber vor , da ß si e zwa r ihre r Wahrheitspflich t gehorchten , wen n si e di e Veröffentlichung alle r da s eigene Lan d belastenden Dokument e forderten , die Konsequenzen ihre s Handelns aber nicht in Rechnung stellten . Sowoh l ein einseitiges deutsches Schuldbekenntnis als auch eine Kriegsschuldankla ge seitens der Alliierten schaffe, prognostiziert e er, neue Konflikte in Europa und verhindere den Aufbau einer dauerhaften Friedensordnung : »Jede s neue Dokument, da s nac h Jahrzehnte n an s Lich t kommt , läß t da s würdelos e Gezeter, de n Haß und Zorn wieder aufleben, stat t daß der Krieg mit seinem Ende wenigstens sittlich begraben würde.« 120 28 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Aus der Sicht Webers war die Frage nach der Kriegsschuld i n erster Linie ein moralische s Problem . Dahe r warnt e e r di e Siegermächt e davor , di e deutsche Ehr e durc h ein e Kriegsschuldanklag c z u verletzen . Ein e Natio n verzeihe, argumentiert e er , zwar die Verletzung ihre r Interessen, nich t aber die »Verletzun g ihre r Ehre , a m wenigste n ein e solch e durc h pfäffisch e Rechthaberei«121. Gleichzeiti g sucht e er dem Auslan d deutlic h z u machen, daß jenes »Literatenvolk« , womi t e r besonders Eisner meinte, nich t für die gesamte deutsche Nation spreche: »Im Namen der Ehrlichkeit muß der Welt schon jetzt zugerufe n werden , weithi n übe r di e Lände r un d Meere : E s ist nicht wahr , die s Literatenvol k is t nich t Deutschlan d un d sei n Gebare n entspricht nich t de r wirkliche n Stellun g de r Deutsche n z u ihre m Kriegs schicksal.« 122 Daneben polemisierte Weber gegen die einseitige Fixierung Kautskys und Eisners auf die diplomatische Vorgeschichte des Weltkrieges. Zwar verhehlte er privati m nicht , da ß ih m »etwa s vo r unsere n Akte n graue« 123 . I n der Öffentlichkeit jedoc h brandmarkt e e r di e »Kindlichkeit « eine s Unterfan gens, da s di e Kriegsschuldfrag e durc h di e Publikatio n de r diplomatische n Korrespondenz lösen wolle124 . Da Kriege das Ergebnis eines ganz bestimmten Gesellschaftssystem s seien , erfass e di e Diplomatiegeschicht e allenfall s die »für die Entstehung des Krieges selbst gleichgültigen Formen« 125. Aller dings hiel t Webe r di e Analyse de r Haupt- und Staatsaktione n i m Hinblic k auf ihre politischen Resultate für nicht völlig unwichtig 126. Vor allem aber unterschied sich Webers Urteil in der Schuldfrage von dem Eisners un d Kautskys . Ohn e di e Politi k de r kaiserliche n Regierun g i n der Julikrise 191 4 bedingungslos z u verteidigen, sprac h e r das Deutsch e Reic h von dem Vorwurf der Kriegsurheberschaft grundsätzlic h frei . Kriti k übte er jedoch a n de m deutsche n Einmarsc h i n da s neutral e Belgie n un d a n de n Annexionsplänen diese m Land e gegenübe r sowi e a n de r »of t gewissenlo se(n) Leichtfertigkeit« un d der »verstoekte(n) parvenümäßigc(n) Großspre cherei« wilhelminische r Politik 127. Verantwortlic h fü r den Kriegsausbruc h waren in seinen Augen »de r Zarismus als System und die ihm anhängenden oder vielmehr die den persönlich indifferenten Zare n zum Krieg drängenden hinlänglich bekannte n Schichten« 128. Dies e Thes e entsprac h de r sei t etw a 1906 bestehenden antirussische n Haltun g Webers 129. Ebenfall s i n Einklan g mit seinen bisherigen Überzeugunge n stand die Auffassung, da ß der »russische Krieg « nac h de m Bruc h zwische n Deutschlan d un d Englan d nu r fü r eine gewisse Zeit hätte vermieden werde n können und dies »auch nur unter der Bedingun g de r völlige n Preisgab e de s gesamte n Westslawentum s un d unserer eigene n Unabhängigkei t a n di e absolut e Beherrschun g durc h Pe tersburg und Moskau«130 . Ausgehen d von diesen Überlegungen, wa r es für Weber Aufgabe de r deutschen Außenpoliti k z u verhindern, da ß die Siegermächte Deutschlan d eine n »Schmachfrieden « aufbürdete n un d diese n mi t der deutschen Kriegsschuld fundierten . Die im Februa r 191 9 auf Anregung de s Prinzen Ma x vo n Baden gegrün29 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
dete »Arbeitsgemeinschaf t fü r eine Politik des Rechts« (»Heidelberge r Ver einigung«), di e de m Kamp f gege n di e »Kriegsschuldlüge « ein e breiter e Grundlage verleihe n sollte , bildet e fü r Webe r ei n geeignete s Foru m zu r Durchsetzung seine r politische n Vorstellungen 131. Dies e Arbeitsgemein schaft, di e »al s erste , geisti g konzentriert e Protestaktio n au f di e in - un d ausländischen Äußerunge n zu r Schuldfrage « gelte n darf 132, wandt e sic h nicht nu r a n di e deutsch e Öffentlichkeit , sonder n auc h a n di e Bürge r de r neutralen Staate n sowi e di e »Friedensparteien« de r angelsächsische n Län der133. Ih r Zie l wa r es , möglichs t viel e Persönlichkeite n de s öffentliche n Lebens, dere n Reputatio n nich t durc h ei n Eintrete n fü r annexionistisch e Kriegsziele gelitte n hatte, zu vereinigen, u m »di e wissenschaftliche Klärun g der Schuldfrag e mi t scharfe r Kriti k a n der Deutschlandpoliti k de r Entent e seit de m Waffenstillstan d z u verbinde n un d ih r ein e eigen e international e Ordnungskonzeption entgegenzusetzen« 134. I n diese m Sinn e unterstützt e die »Heidelberge r Vereinigung « di e deutsche Regierun g be i ihre m Bemü hen, ein e unparteiisch e un d neutral e Untersuchungskommissio n zu r Klä rung de r Schuldfrag e einzurichten . Gleichzeiti g wollt e si e aber durc h ihr e Öffentlichkeitsarbeit di e Alliierten davon abhalten, die Reparationsfrage mit der Schuldproblemati k z u verknüpfen. Di e Frage nach der Kriegsurheber schaft ziele , erläutert e Prin z Ma x vo n Bade n i n seinem Gründungsvortra g am 3 . Februa r 1919 , au f di e »schwerst e sittlich e Schuld , di e je Mensche n getragen haben« , nich t abe r au f ein e Rechtsschuld 135. Dahe r könn e di e Kriegsschuld auc h nich t zu r Begründun g de r Schadenersatzforderunge n dienen. Zude m bestrit t man , da ß Deutschlan d allei n de n Weltkrie g verur sacht habe, der vielmehr von allen führenden Großmächte n heraufbeschwo ren worde n sei . De n Siegermächte n war f man vor, da ß sie entgegen ihre m Anspruch, eine n Rechtsfriede n z u schaffen , »imperialistisch e Kriegsziele « durchzusetzen versuchten 136. Die Tätigkeit de r »Heidelberge r Vereinigung « stan d weitgehen d i n Ein klang mi t de n Ziele n de r deutsche n Friedensdelegatio n i n Pari s un d stie ß auch i m Auswärtige n Am t au f positiv e Resonanz . I n de r Wilhelmstraß e begrüßte ma n durchau s de n Aufru f Weber s - de r im übrige n bereit s angekündigt worden war; die Schrift fordert e eine internationale oder zumindest eine deutsche Aktenpublikation sowi e einen unabhängigen Untersuchungs ausschuß zu r Vernehmun g de r politisc h Verantwortliche n de s Kaiserrei ches. Webe r hatt e mi t diese m Appell , de r au f eine Anregun g de s Prinze n Max vo n Bade n zurückgin g un d der i m Widerspruc h z u seiner bisherige n Auffassung stand , vermutlic h eine r Initiativ e links stehender Kreis e zuvor kommen wollen 137 . Darübe r hinau s sichert e sic h da s Auswärtige Am t fü r bestimmte Aufgaben di e Mitwirkung einzelne r Vertreter der »Heidelberge r Vereinigung«. Mitt e Mär z 191 9 wurden Ma x Weber , Han s Delbrück, Al brecht Mendelssohn-Bartholdy un d Max Graf Montgelas in den »Ausschu ß für die Friedensverhandlungen« berufen , de r unter Vorsitz des Grafen Bern storff seit Novembe r 191 8 mit de n Vorbereitungen au f die Friedenskonfe 30 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
renz beschäftig t war . Si e sollten da s Expertengremiu m i n de r Schuldfrag e beraten und die deutsche Delegation nac h Versailles begleiten 138. Da ß sie in der Tat nach Paris gerufen wurden , mu ß im Zusammenhang mi t der Politik des Außenministers Brockdorff-Rantza u gesehe n werden , de r die deutsche Friedensdelegation leitete . E r wa r vo n Anfan g a n fes t entschlossen , di e Schuldproblematik z u einem zentralen Gegenstand der Friedensverhandlungen z u machen , d a fü r ih n di e im Versaille r Vertra g enthaltene n Anklage n nicht nur einen »Ehrenpunkt« darstellten , sonder n darüber hinaus das moralisch-sittliche Fundamen t de s gesamte n Vertragswerke s bildeten . Wen n Brockdorff-Rantzau sei t Bekanntgab e de r Friedensbedingunge n di e Auf merksamkeit au f die »Schmachparagraphen« lenkt e und die alliierte Schuld these attackierte , wollt e e r dami t di e moralisch e Grundlag e de s Vertrags werkes erschüttern sowie die Vertragsbedingungen i n Frage stellen, da diese mit de n vor dem Waffenstillstand geschaffene n Rechtsverhältnisse n unver einbar seien . Dabe i gin g e s ih m darum , sowoh l di e Behandlung , di e Deutschland vo n de n Sieger n erfahre , al s auc h di e Friedensbedingunge n selber als ungerecht un d als Reflex de s machtpolitischen Übergewicht s de r Alliierten zu kritisieren. Deutschlan d dagegen müss e an die höheren Prinzipien de s Rechts appellieren . Au s diesen Gründe n wa r di e Schuldfrag e »da s immer wiede r angeschnitten e Thema seine r Noten und Denkschriften, da s Hauptthema seiner machtlosen Proteste in Versailles; deshalb wurde er nicht müde, der These von der Schuld Deutschlands die andere entgegenzusetzen, daß de r Krie g ei n Ergebni s der Politi k de s Imperialismus, de r Vergeltung , der Expansion, de r Nichtachtung de s Selbstbestimmungsrechts de r Völker gewesen sei , dere n sic h all e europäische n Mächt e schuldi g gemach t hätten«139. Der Außenminister verfolgt e seine Strategie, durc h Kritik an der Versailler Anklage das gesamte Vertragswerk i n Mißkredit zu bringen, mi t außerordentlicher Zähigkeit . S o ignorierte er die schon bald nach Verhandlungs beginn einsetzende n Protest e de r Berline r Regierung , di e de n Notenkrie g Brockdorff-Rantzaus mi t wachsende m Mißfalle n betrachtete 140. De n i n seinen Auge n entscheidende n Angrif f gegen di e alliierte Schuldthes e eröff nete er sogar gegen ein ausdrückliches Verbot der Reichsregierung: De m der deutschen Seite inoffiziell zu r Kenntnis gebrachten Kommissionsbericht de r Alliierten übe r die Kriegsschuld de s Reiches wollte der Minister mi t einem eigenen deutsche n Memorandu m begegnen . Z u diese m Zwec k rie f er die vier Vertreter der »Heidelberger Vereinigung « Weber , Delbrück , Mendels sohn-Bartholdy un d Montgelas nach Paris. Ihr Status als unabhängige Sach verständigengruppe sollt e der von ihnen verfaßten sogenannte n »Professo rendenkschrift«, di e den Siegermächten zusamme n mit der deutschen Not e vom 28. Ma i 191 9 übergeben un d später als »Deutsche s Weißbuch « veröf fentlicht wurde, zudem eine größere Wirkung sichern 141. Die vier Gelehrten erneuerten in der Denkschrift ihr e Forderung nach einer unparteiischen, von beiden Seite n anerkannten Untersuchungskommissio n un d warnten davor , 31 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
die Kriegsschuldproblematik au f die Frage nach den diplomatischen Verfeh lungen de r kriegführende n Staate n z u reduzieren . E s gelt e vielmehr , da s politische Gesamtverhalte n diese r Natione n z u bewerte n un d ihr e »politi sche(n) und wirtschaftliche(n) Interessen « sichtba r zu machen, »welch e nur durch einen Krieg verwirklicht werde n konnten« 142. Di e Autoren verurteilten die österreichische Politi k gegenübe r Serbie n un d vertraten di e Auffas sung, da ß der deutschen Reichsleitun g i n der Julikrise zwar Fehler unterlaufen seien , vo n eine r Schul d a m Kriegsausbruc h abe r nich t di e Red e sei n könne: »Eroberungsplän e lage n de n Gedanke n de r leitende n deutsche n Staatsmänner weltenfern.« 143 Dagege n habe die russische Politik Ziele verfolgt, di e ohne einen Krieg nicht durchzusetzen gewesen seien, und mit ihrer Mobilmachung ein e friedlich e Lösun g de r Julikrise verhindert . Zie l diese r Argumentation wa r es, Deutschland von dem Vorwurf der Kriegsurheber schaft freizusprechen, ohn e die Alliierten zu belasten, denn die letzte Verantwortung fü r de n Kriegsausbruc h fiel danac h eine m Staa t zu , de r a n de n Friedensverhandlungen nich t teilnahm. Bereits einen Tag nach der Übergabe der »Professorendenkschrift« über reichte die deutsche Friedensdelegation auch ihre Gegenvorschläge, in denen sie noc h einma l ihr e Rechtsauffassun g darlegte . Da s zentral e Argumen t gegen die Vorwürfe der Alliierten lautete dort, daß »keine einzelne Tatsache den Krieg hervorgerufen« hab e und eine einseitige Belastung Deutschland s daher ungerechtfertig t sei 144. Au s diese m Grund e müss e auc h de r au s der deutschen Kriegsschul d abgeleitet e Entschädigungsanspruc h abgelehn t werden, de r überdies in Widerspruch z u den unveräußerlichen Grundrech ten de r Selbstbestimmun g un d Selbsterhaltun g de r Völke r stehe . De r vo n den Siegermächte n geforderte n Auslieferun g Wilhelm s II. und de r soge nannten »Kriegsverbrecher « versucht e ma n i n erster Lini e dadurc h z u begegnen, da ß ma n si e al s unvereinba r mi t de n Prinzipie n de s geltende n Völkerrechts und den deutschen Gesetze n darstellte . Außerde m widerspre che das geplante Gerichtsverfahren de n anerkannten Rechtsgrundsätzen , d a die Sieger , di e selbe r Parte i seien , z u Gerich t säßen . Stat t desse n sollt e ein internationaler Gerichtsho f eingerichtet werden , de r allein die Frage behandeln sollte , welch e i m Krieg e begangene n Handlunge n al s Verletzung de s internationalen Recht s anzusehen seien. Die Aburteilung de r Beschuldigten müsse dagege n i m Zuständigkeitsbereic h de r nationalen Gericht e bleiben . Im übrige n schlu g ma n vor , ein e allgemein e gegenseitig e Amnesti e nac h dem Vorbild früherer Friedensverträg e zu erlassen 145. Trotz intensivster Bemühunge n de r deutschen Regierun g un d vor alle m des Reichsaußenminister s un d trot z de r Unterstützun g durc h di e »Heidel berger Vereinigung« un d prominente Gelehrte wie Weber sind alle Angriff e gegen di e alliiert e Kriegsschuldthes e i n volle m Umfan g gescheitert . Di e Mantelnote und die alliierte Denkschrift vo m 16 . Juni 191 9 verschärften di e Schuldthese vielmehr, inde m sie die Position de r Siegermächte präzisierte n und ausführlic h begründeten . Hatt e ma n sic h i n de r Präambe l un d i n den 32 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Artikeln 227 und 231 des Vertrages noch damit begnügt, einzelne Handlungen Deutschland s wi e Kriegserklärungen , Grenz - oder Neutralitätsverlet zungen z u nennen , di e de n Weltkrie g ausgelös t hätten , fällt e ma n nu n zumindest i n Ansätzen ei n Urteil über die gesamte deutsche Vorkriegspoli tik. Fü r di e Alliierte n wa r de r Krie g keinesweg s durc h eine n plötzliche n Entschluß de r Reichsleitung i n der Julikrise entstanden, sonder n das Ergebnis langfristiger Planung , di e auf die Vorherrschaft i n Europa gezielt hätte , sowie eine s bewußte n Entschlusses , di e durc h da s Attenta t vo n Sarajew o ausgelöste internationale Kris e zur Entfesselung eine s Krieges zu nutzen 146. »Während langer Jahre haben«, lautete der Text der Mantelnote, »di e Regierenden Deutschlands , getre u de r preußischen Tradition , di e Vorherrschaf t in Europa angestrebt . Si e haben sic h nicht mi t de m wachsende n Gedeihe n und Einfluß begnügt, nac h welchem zu streben Deutschland berechtigt war, und welche alle übrigen Natione n berei t waren, ih m in der Gesellschaft de r freien un d gleiche n Völke r zuzugestehen . Si e habe n getrachtet , sic h daz u fähig z u machen, ei n unterjochtes Europa zu beherrschen und zu tyrannisieren, s o wi e si e ei n unterjochte s Deutschlan d beherrschte n un d tyranni sierten.« 147 Mit de r Mantelnot e un d de r Denkschrift , i n dene n di e Siegermächt e ihr ultimative s Verlange n nac h kurzfristige r Entscheidun g übe r Annahm e oder Ablehnun g de s Vertragswerkes mi t de r Verurteilung de s ehemalige n Kriegsgegners verknüpf t hatten , erhiel t di e alliierte Kriegsschuldthes e ers t ihr Gewich t un d ihr e verletzend e Schärfe . Jetz t sahe n sic h di e deutsche n Verhandlungspartner dari n bestätigt, da ß die Schuldanklage, besonder s der Artikel 231 , ein e moralisch e Diffamierun g de r deutsche n Politi k un d dar über hinau s de r gesamte n Natio n bedeute . Vo r diese m Hintergrun d wir d erst verständlich, da ß die Versailler Anklagen so rasch zum »Symbol fü r die von de n Sieger n beabsichtigt e Demütigun g Deutschlands « werde n konn ten148; zu dem Vorwurf , e s handele sich be i dem Friedensvertra g u m einen »Geweltfrieden«, tra t da s Odiu m de r Schmach . Dies e Entwicklun g kan n jedoch nich t ausschließlic h de n Siegermächte n angelaste t werden . Inde m man au f deutscher Seit e die Schuldfrag e zu m Angelpunkt de r Friedensver handlungen erklärte , veranlaßt e man die Alliierten erst, ihr e Schuldthese zu präzisieren, bildet e si e doc h di e Grundlag e fü r ihr e materielle n Ansprü che149. Noch als sich die Nationalversammlung unte r dem Druck des alliierten Ultimatum s a m 22 . Juni 191 9 mi t eine r Mehrhei t vo n 23 7 z u 13 8 Stimmen zu r Annahm e de s Vertrages entschloß , vollzo g si e diesen Schrit t mit de m ausdrücklichen Hinweis , da ß er nicht di e Anerkennung de r deut schen Kriegsurheberschaf t bedeute . Di e Alliierten ließe n diese n Vorbehal t nicht gelten : Di e Unterzeichnun g de s Vertragswerke s a m 28 . Juni 191 9 schloß auch die Unterwerfung unte r die »Schmachparagraphen« ein . Wen n Deutschland de n Friedensvertra g trot z heftigster Ablehnun g durc h nahez u alle politisch-gesellschaftlichen Gruppierunge n unterzeichnete, dan n lag das einmal a n de r »Unmöglichkeit , erfolgreic h militärische n Widerstan d z u 33 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
leisten, somit i m Fall e des Einmarsches der Alliierten in s unbesetzte Reic h ›finis Germaniae‹ z u riskieren« 150. Andererseit s wa r ma n fest entschlossen , die de m Reic h verbliebene n Möglichkeite n ungeachte t alle r territorialen , wirtschaftlichen un d militärische n Einschränkunge n z u nutzen , u m di e möglichst vollständige Revision de s Versailler Friedens durchzusetzen. Da mit ist zugleich die Problematik de s Pariser Friedensschlusses umschrieben : Er war »als ›Versöhnungsfrieden‹ z u hart, aber als ›karthagischer‹ Friede n zu weich . . . : er beseitigte aktuel l die Großmachtstellung de s Deutschen Rei ches, beließ sie ihm aber potentiell- Vom Versailler Frieden ging kein Zwang für die Deutschen und ihre sozialen und politischen Führungskräft e aus , sich mit der entstandenen Situatio n ein für alle Mal abzufinden un d - sozusage n von de r Annahm e eine r politische n Kapitulatio n he r - eine n außenpoliti schen Neuanfang au f ganz anderer Basis als vor 191 4 zu beginnen« 151.
2. Di e Kautsky-Kontroverse Kaum ei n Bestandtei l de s Friedensvertrage s ha t i n Deutschlan d größer e Empörung un d Entrüstung ausgelös t al s die Schuldanklage. Si e bildete seit der Unterzeichnung de s Vertragswerkes de n Kristallisationskern de r Kritik und den Ausgangspunkt ressentimentgeladene r Proteste . Selbs t entschiedene Gegner der deutschen Politi k vo r und im Weltkriege, wi e beispielsweise Kautsky, ware n außerordentlic h erbitter t übe r di e Aufnahm e de r »Schmachparagraphen« i n den Versailler Vertrag. Kautsk y gehörte zu jenen Sozialisten un d Pazifisten, di e zuvor durch ein einseitiges Schuldbekenntni s bei de n Siegermächte n u m Sympathi e geworbe n hatten ; e r hatt e dabe i jedoch stet s betont , da ß di e Verantwortun g fü r di e Katastroph e vo n 191 4 den Machteliten de s Kaiserreiches und darüber hinaus dem alten politische n System angelastet werden müsse. Dies e Differenzierung erschie n ihm unabdingbar zu r Wiederherstellung de s Vertrauens der Völke r i n die Deutschen und damit für die Schaffung eine r dauerhaften Friedensordnung , di e allein in einer Atmosphäre de r Versöhnung un d Verständigung z u erreichen sei . Da die alliierte Kriegsschuldthes e abe r eine pauschale moralisch e Verurteilun g Deutschlands, als o auch des Volkes, darstelle , behindert e sie in den Auge n Kautskys diesen Prozeß aufs schwerste. U m die Notwendigkeit einer Überwindung de r Gegensätze zwischen de n Völkern sowie einer möglichst um fassenden Revisio n de r durch den Pariser Friedensschluß geschaffene n Ver hältnisse in Europa aufzuzeigen, hiel t er es daher für seine Pflicht, erneu t in die öffentliche Schulddebatt e einzugreife n un d das deutsche Vol k vo n dem Makel de r Kriegsurheberschaft freizusprechen . Wen n er in seinen Arbeite n überdies di e Aufmerksamkei t au f die Kriegsschul d de r politischen , gesell schaftlichen un d militärische n Führungsgruppe n de s wilhelminischen Rei ches lenkte, wollt e er damit zugleic h eine r weitere n Demokratisierun g de r 34 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Weimarer Republi k da s Wort reden . Deutschlan d sollt e sich endgültig vo n den obrigkeitsstaatlichen un d militaristischen Traditione n befreie n und sich in die Völkergemeinschaft integrieren 1. An den Thesen Kautskys entzündete sich schon bald eine heftige Ausein andersetzung. Z u seinen Kontrahenten gehörten nicht zufällig solch e Autoren, di e wi e Delbrück ode r Montgela s davo n ausgegange n waren , da ß Deutschland günstiger e Friedensbedingunge n erhalte , wen n di e Unschul d des Reiches am Ausbruch des Weltkrieges herausgestellt werde . Si e warfen Kautsky vor, er schade mit seinen Veröffentlichungen de m deutschen Ansehen und erschwere di e Revision de s Versailler Vertrages . Dies e konnte aus ihrer Sich t nur dann erfolgreich sein , wen n Wissenschaftler un d Publiziste n die gesamte Nation, auc h die Machteliten des Reiches, gegen die Anschuldigungen de r Siegermächt e verteidigten , bild e di e »Schuldlüge « doc h da s moralisch-sittliche Fundament des Werkes von Paris, Vor dem Hintergrund der Diskussion über das Auslieferungsbegehren de r Alliierten bedeutete das für si e auch , da s ehemalig e Staatsoberhaup t i n Schut z z u nehmen . Ferne r diente ihr e Kriti k a n de r Schuldthes e de m Ziel, innen - und außenpolitisc h wieder an die Traditionen des Deutschen Kaiserreiches anzuknüpfen 2. Die Entstehungsgeschicht e de r Untersuchunge n Kautsky s reich t zurüc k bis z u seine r Tätigkei t i m Auswärtige n Amt . Währen d de r Arbei t a n den »Deutschen Dokumente n zu m Kriegsausbruc h 1914« 3 wa r e r nich t nu r seiner Aufgabe nachgekommen, da s Material möglichst rasch zusammenzustellen un d desse n Veröffentlichun g vorzubereiten . U m di e Quelle n sinn voll ordne n z u können , erschie n ih m darübe r hinau s dere n Interpretatio n und Konfrontatio n mi t de n bishe r bekannte n Dokumente n unerläßlich . Bezogen sich solche Überlegungen anfang s nur auf die Aktenedition, fühlt e sich Kautsk y angesicht s de r zahlreichen Enthüllungen , di e nach dem Ende des Kriege s i n alle n beteiligte n Länder n publizier t wurden , verpflichtet , ebenfalls Stellun g z u nehme n un d di e Öffentlichkei t z u informieren . E r schob die Veröffentlichung seine s Buches bis zur Herausgabe der Aktenedition auf, u m die erwarteten außenpolitischen Wirkungen nicht zu gefährden: ». . . solang e di e Möglichkei t bestand , da ß die Regierung selbs t di e Akten erscheinen ließ, wollte ich ihr nicht mit der Publikation meiner Verarbeitung des Materials zuvorkommen.« 4 Kautsky betonte , da ß e r di e amtliche n Urkunde n nich t al s Ankläger , sondern als Historiker ausgewertet habe, »de r erforschen will, wie die Dinge gekommen sind« 5. Di e möglichs t objektiv e Rekonstruktio n de r Vorge schichte und Entstehung des Weltkrieges war für ihn aber nicht Selbstzweck oder eine von der gesellschaftlichen Praxi s abgehobene Tätigkeit; vielmeh r sei di e Frage nach de r Kriegsschuld ein e »eminen t praktisch e Frag e für den Politiker«, den n in ihrer Beantwortung lieg e »ei n Todesurteil fü r die als die Urheber erkannten , nich t gerad e ei n körperliches , au f jeden Fal l abe r ei n politisches«6. I m Gegensatz zu Lenin lehnte es Kautsky ab, die Auseinandersetzung mi t den Ursache n de s Krieges auf die Analyse der allgemeinen, i m 35 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Wesen des Kapitalismus liegenden Strukture n zu reduzieren. Di e Argumentation, da ß de r Kapitalismu s al s Syste m de n Weltkrie g herbeigeführ t hab e und deswegen auf revolutionärem Weg e beseitigt werden müsse, bezeichnete Kautsky sogar als unmarxistisch. E s komme vielmehr darauf an, konkrete politisch-soziale Institutione n un d bestimmte Personen als Kriegsschuldig e zu benenne n un d dies e s o z u veränder n beziehungsweis e einzuschränken , daß sie der Gesellschaft i n Zukunft keine n Schade n mehr zufügen könnten . Der Kapitalismus war aus der Sicht Kautskys eine theoretische Abstraktion, gewonnen au s de r Beobachtun g eine r Vielzah l vo n Einzelerscheinungen , und ein unentbehrliches Hilfsmitte l fü r de n Wissenschaftler, u m di e sozio ökonomischen Gesetzmäßigkeite n eine r Gesellschaft z u beschreiben. Prak tisch bekämpfe n könn e ma n abe r ein e solch e Abstraktio n nicht , sonder n immer nur konkrete gesellschaftliche Einrichtunge n oder Personen 7. »Die Entstehun g de s Weltkrieges« , lautet e da s Ergebni s de r Untersu chungen Kautskys , »zeig t un s i n Deutschlan d ei n Regierungssystem , das . . . zur politischen Führun g Elemente berief, di e von solcher Unfähig keit ode r Streberhaftigkei t ode r Leichtfertigkei t waren , da ß si e sinnlos da s Volk i n ein Abenteue r hineinritten , au s de m sie schließlich keine n andere n Ausweg meh r fande n al s die Kriegserklärung a n Rußland un d Frankreich , und durc h da s si e un d di e gesamt e Natio n i n de n Abgrun d gerisse n wur den.« 8 Di e Berline r Regierun g hab e in de r Julikrise zunächs t ein e militäri sche Aktio n Österreich s gege n Serbie n unterstütz t un d da s Risik o eine s Krieges bewußt in Kauf genommen. Au f diese Weise hofften der Kaiser und sein Kabinett , eine n leichte n Sie g übe r Rußlan d un d wahrscheinlic h auc h Frankreich erringen z u können. Zudem rechnete man im Falle eines solchen Krieges mi t Landgewinnen 9. Al s sic h jedoch End e Juli herausstellte , da ß England au f de r Seit e Rußland s un d Frankreich s ebenfall s i n de n Krie g eintreten werde , sowi e Italie n un d Rumänien al s Bundesgenossen de r Zentralmächte möglicherweis e ausschieden , hab e die deutsche Führun g wider sprüchlich und kopflos reagiert : »Zwe i entgegengesetzte Tendenzen kämpften so um di e Entscheidung, di e von de m haltlosen Kaise r abhing . . . Au f der eine n Seit e da s Dränge n au f Österreic h i m Sinn e de s Frieden s un d gleichzeitig di e Überstürzun g de r Mobilisierun g un d de r Kriegserklärun gen.« 10 D a aber die deutschen Friedensbemühunge n z u spät eingesetzt un d die Österreiche r z u diese m Zeitpunk t bereit s de n Krie g gege n Serbie n begonnen hätten , treff e vo r alle m di e Donaumonarchi e di e Schuld , de n Weltkrieg unvermeidlic h gemach t zu haben 11. Kautsky verwar f die These Lenins, daß der Erste Weltkrieg ei n imperialistischer Krieg um die Neuaufteilung de r Welt gewesen sei und zum Zusammenbruch de s Kapitalismus sowie zum Sieg des revolutionären Proletariat s führen müsse . Ander s al s Leni n ode r Ros a Luxembur g sa h e r keinen not wendigen Zusammenhan g zwische n Kapitalismu s un d Krieg , den n diese r sei eher von Schade n für das industrielle Kapital 12. S o polemisierte er gegen die seine r Meinun g nac h unmarxistische , j a apologetisch e Thes e vo n de r 36 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Unvermeidbarkeit de s Weltkrieges. Dies e erinnere ihn a n »eine n Verteidi ger dumme r Jungen, di e sich damit vergnügten , brennend e Zündhölze r in ein Pulverfaß z u werfen. Nich t die Jungen, meinte der Verteidiger entschul digend, hatte n di e zerstörend e Explosio n verschuldet , di e ihre m Treibe n folgte; Schul d se i das Vorhandensein de s Pulvers im Faß. Wäre Wasser drin gewesen, hätt e nicht s passieren können . Stimmt . Nu r wußte n i n unsere m Falle die Jünglinge, da ß Pulve r i m Faß war, ja, si e hatten selbst einen recht erheblichen Tei l davo n hineingetragen« 13. Kautsk y leugnet e jedoch nich t die Existenz starke r internationale r Konflikt e i n den Jahren vo r 1914 . Nu r bildeten fü r ih n die imperialistischen Gegensätz e un d das Ausdehnungsbe streben de r europäische n Mächt e ein e wichtig e Voraussetzun g fü r de n Krieg, erklärte n abe r nicht dessen Entstehung. O b eine Nation einen Krieg entfessele, häng e in erster Lini e von den jeweiligen innen - und außenpolitischen Konstellatione n ab 14 . Auc h Amerik a un d Englan d hätte n vo r 191 4 eine offensive Außenpolitik betrieben. Da s amerikanische und das englische Finanzkapital hab e aber nie einen Krieg heraufbeschworen, d a seine Vertreter »solid e Kapitaliste n un d nich t Va-banque-Spieler « gewese n seien , di e leichtfertig ihr e wirtschaftliche n un d politische n Existenzgrundlage n auf s Spiel setzten 15. Einzi g das deutsche Finanzkapital habe sich mit dem aggressivsten Militarismu s de r Welt verbünde t un d de n Friede n gestört . Wa r die internationale Situatio n vo r Bülow s Weltpoliti k »imperialistisc h gespalte n und gerad e dadurc h Deutschlan d i n ih r de r mächtigst e Fakto r gewesen , . . . trate n jetz t all e Gegensätz e zwische n de n einzelne n Staate n zurüc k hinter den einen großen Gegensatz gegen das Deutsche Reich, vo n dem sich alle bedroht fühlten« 16. Hinz u komme, da ß das deutsche Kapital jeden Sinn für da s ökonomisc h Machbar e verlore n un d da s Militä r i n de n Kamp f getrieben habe 17. Kautsky verfolgt e mi t seine r Schrif t einma l außenpolitisch e Ziele . De r wissenschaftliche Nachweis , da ß da s deutsch e Vol k »trot z seine r morali schen Schuldlosigkei t . . . mi t de r politischen Schul d seine r Dynaste n un d ihrer Handlanger« 18 belaste t worde n war , sollt e zu m Abba u de s währen d des Weltkrieges zwischen de n Völkern entstandenen Hasse s beitragen. Au ßerdem wollt e Kautsk y all e Sozialiste n un d Demokrate n de s Auslande s ermuntern, ihr e negative Haltung gegenüber dem deutschen Volk zu ändern und sic h in ihren Länder n fü r eine Revision de s Friedensvertrages z u engagieren19. Besonder e Hoffnunge n setzt e e r dabe i au f de n Völkerbund , de r aber erst zu einer machtvollen Institutio n de r internationalen Politi k ausge baut werden müsse . Nu r wenn Deutschland sein Großmachtdenken aufge be und in den Völkerbund aufgenomme n werde , se i es möglich, di e durch den Versaille r Vertra g geschaffene n untragbare n Verhältniss e in Europa zu verändern un d ein e dauerhaft e Friedensordnun g z u errichten. D a den Sie gerstaaten die Entscheidung übe r eine Mitarbeit Deutschlands zufiel, appel lierte Kautsky vo r allem an das Proletariat jener Länder, i n diesem Sinne auf seine Regierungen einzuwirken . Aufgab e der deutschen Außenpolitik sei es, 37 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
sich mi t denjenige n Kräfte n i n de r Wel t un d vo r alle m i n Englan d z u verbünden, di e eine n Ausba u de s Völkerbunde s »z u eine m kraftvolle n Werkzeug wahrhaft internationale r Gerechtigkeit « anstrebten 20. Mit seiner Kritik am monarchischen Obrigkeitsstaa t wollt e Kautsky zum anderen eine Distanzicrung des deutschen Volkes von seinen alten Machthabern erreichen sowi e den abgedankten Kaise r und die Monarchie als Staatsform überhaup t kompromittieren . Zwa r könn e kein e Verfassun g verhin dern, »da ß Schurken an die Spitze des Staats kommen«. Abe r »daß gelegentlich nich t blo ß Hallunken , sonder n auc h Trotte l ode r Verrückt e de n Staa t beherrschen, da s wird nur möglich in der Erbmonarchie«21. Zugleic h verurteilte er eine Politik, welch e die zivile der militärischen Gewal t unterordnete22. Insgesam t fügte n sic h die politischen Konsequenzen , di e Kautsky au s seiner Analyse der Ursachen des Weltkrieges zog, nahtlo s in seinen »evolu tionären Marxismus« ein , den er seit den neunziger Jahren vertrat 23. Danac h bestand die historische Mission des deutschen Proletariats darin, die bürgerliche Revolution nachzuhole n und die Macht einem starken Parlament nach dem Vorbild Englands zu übertragen, i n dem die von einem klassenbewußten Proletaria t gestützt e Sozialdemokrati e di e Mehrhei t besitze 24. Gegen über Leni n hielt Kautsky dara n fest , da ß sowohl ein e allmählich fortschrei tende Demokratisierun g de r deutsche n Politi k al s auch ei n auf demokrati scher Grundlag e errichtete r Staatenbun d da s Fundament eine r dauerhafte n Fricdenssichcrung bildeten 25. Anders al s de m Sozialiste n Kautsky , de r di e i n Versaille s geschaffen e Friedensordnung durc h eine möglichst umfangreiche Demokratisierun g i m nationalen wi e internationale n Rahme n überwinde n wollte , gin g e s seinen Kontrahenten vo r alle m darum , da s Deutsch e Reic h machtpolitisc h z u rehabilitieren, u m auf diese Weise den Wiederaufstieg de r deutschen Natio n zu ermöglichen. Nich t Gesellschafts - un d Traditionskritik , sonder n natio nale Traditionsbewahrun g wa r da s politisch-pädagogisch e Zie l diese r Hi storiker un d Publizisten , z u dene n nebe n Delbrüc k un d Montgela s auc h Dietrich Schäfer , Theodo r Schiemann , Friedric h Freksa , Han s F . Hclmol t u. a. gehörten 26. Gepräg t durc h di e im Kaiserreic h vorherrschende n Wert haltungen, betrachtete n sie die Bekämpfung de r »Kriegsschuldige« al s ihre nationalpolitischc Aufgabe . Di e Apologi e de r deutsche n Politi k erschie n ihnen als unerläßliche Voraussetzun g sowoh l zu r Untermauerung de r For derung nac h möglichs t vollständige r Revisio n de s »Schmachfriedens « vo n Paris als auch zur Abwehr de s Auslieferungsbegehrens de r Alliierten. Dar über hinau s diente n ihr e Arbeite n de m Ziel , da s i n ihre n Auge n durc h Niederlage und alliierte Kriegsschuldthes e tieferschüttert e national e Selbstbewußtsein wiederaufzurichte n beziehungsweise-sozialpsychologisc h ge sehen - de r Natio n ei n makellose s »Wir-Bild « z u bewahren 27. Au f de r Grundlage diese r Überzeugun g führte n di e genannten Historike r ihr e An griffe gegen die Thesen Kautskys, di e sie als Ausdruck marxistische r Partei historic brandmarkten . De r Öffentlichkei t sollt e glaubhaf t gemach t wer 38 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
den, da ß die Forschungsergebnisse de s Sozialisten nicht nur falsch, sonder n auch untauglich seien , di e Revision des Pariser Friedensschlusses und damit den erneute n Aufstie g de r Natio n voranzutreiben . Insofer n entspran g di e Kontroverse wenige r de m Bedürfni s nac h Klärun g vergangene n Gesche hens; vielmehr mu ß sie primär unter dem Gesichtspunkt der politisch wirk samen öffentliche n Meinungsbildun g i m Gefolg e de s Versaille r Vertrage s betrachtet werden . Alle Gegner Kautsky s bestritten, da ß seine Deutung de r Entstehungsge schichte des Weltkrieges dem deutschen Volke von Nutzen sei. Indem er die Verantwortung fü r den Ausbruch des Krieges einseitig dem Reich aufbürde, bestätige e r di e Anklage n de r Siegermächt e un d rechtfertig e dami t da s Versailler »Diktat« . Nich t Deutschland profitiere vo n seiner Geschichtsdarstellung, sonder n allein die Ententestaaten 28. Da s gelte in besonderer Weis e für das in der Strafbestimmung de s Artikel 227 verankerte Auslieferungsbe gehren der Alliierten. Währen d Kautsky mit seiner Kritik an Wilhelm II. die Mängel eine s bestimmten Regierungssystem s aufzeige n wollte , bestan d i n den Auge n seine r Kontrahente n de r »tief e Sinn « de r Angriff e gege n da s ehemalige Staatsoberhaup t darin , »di e Massen gege n de n Kaise r un d sein e Leute rei n menschlic h einzunehmen« 29. E s komm e abe r darau f an , »de n menschlichen Kamp f z u führen , u m Wilhel m II. von Hohenzoller n de r Rachsucht de r Feind e unsere s Volke s z u entreiße n . . . Wi r kämpfe n u m ihn, wei l e r ei n Deutsche r ist.« 30 Dami t ordnete n sic h di e Kritike r de s Sozialisten i n di e Reih e derjenige n Hochschullehre r ein , di e in zahlreiche n Appellen un d öffentlichen Denkschrifte n gege n di e Auslieferung de s abgedankten Kaiser s Stellung nahmen 31. Charakteristisc h fü r ihre Haltung war , daß si e de n Artike l 22 7 al s Anklag e nich t nu r gege n Wilhel m II., sondern gegen all e Deutsche n ansahen . Da s vormalige Staatsoberhaup t sollt e nach Auffassung diese r Professoren stellvertreten d fü r da s deutsche Volk a n den Pranger gestellt werden, u m es als »ein zweitklassiges, z u jeder Gemeinhei t fähiges Volk « z u verunglimpfen 32. Da s Zie l ihre s Engagement s wa r es , möglichst weit e Teile der Bevölkerung fü r den Kampf gegen Versailles und das Auslicferungsbegchrc n z u mobilisieren . Fall s di e deutsch e ode r di e holländische Regierung de m Antrag der Siegermächte nachkämen, kündig ten namhaft e deutsch e Gelehrt e an , da ß si e sic h »mi t vollste r Verachtun g von de n Nationen abwenden « würden , »i n denen sic h die sittlichen Kräft e nicht fanden, diese s verbrecherische Gedankenspiel z u unterdrücken« 33. Um den aus ihrer Sich t gefährlichen Wirkunge n de r Thesen Kautskys zu begegnen, versuchte n seine Kontrahenten, sein e Untersuchung al s politisch voreingenommene un d methodisc h höchs t unzureichend e Geschichtsdar stellung zu diskreditieren. De r wohl schwerste Vorwurf richtete sich gegen Kautskys marxistische n Forschungsansatz , de r zwische n Herrscher n un d Beherrschten, zwische n dem Volk eines Landes und seiner Regierung, di e in erster Linie die Wege und Ziele der Außenpolitik bestimme, differenzierte 34. Seine Kritike r dagege n ließe n lediglic h Nationalstaate n al s Akteur e de r 39 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
internationalen Politi k gelten . Fü r sie war die »Schuld einer Regierung . . . von der Schuld des Volkes nicht zu trennen« 35. Die s treffe insbesondere auf ein Lan d wi e Deutschlan d zu , i n de m di e SP D eine Massenpartei sei . Kei n vernünftiger Mensc h könn e bestreiten , argumentiert e Helmolt , »da ß ein e Bevölkerung, innerhal b dere n di e Sozialdemokrati e . . . sei t viele n Jahren die meisten Stimmen auf sich vereinigte, di e sich aber durch dreijahrzehnt e trotzdem von einer beunruhigenden Zickzackregierere i meh r oder weniger geduldig leite n ließ , ei n volles , gedrückte s un d gerütteltes Ma ß a n Verantwortung mitzutragen « habe 36. Übe r dies e Einwänd e gege n Kautsky s Zu griff hinaus richtete n sic h die Vorwürf e gege n sei n Vorgehe n be i der Auswahl un d Auswertun g de s Quellenmaterials. A m deutlichste n wurd e wie der Helmolt , de r Kautsk y jede Legitimatio n »z u eine r einwandfreie n Ver wertung de s wichtige n Urkundenstoffes « absprac h un d sei n erste s Welt kriegsbuch als ein auf den Masseninstinkt eingestelltes Pamphlet bezeichnete37. Delbrüc k nannt e die Analys e Kautsky s ein e »wahr e Karikatu r au f die historische Quellenforschun g oder , wen n ma n will , da s Plaidoye r eine s Staatsanwalts . . . , de r u m jeden Prei s de n Geschworene n eine n Schuld spruch zu entlocken bemüht ist« 38 . E s war ebenfalls Delbrück , de r in seiner Replik au f Kautsk y di e zentrale n methodische n Kritikpunkt e zusammen stellte. Danac h bediente sich dieser zur Stützung seiner Interpretation dreier »advokatische(r) Kunstgriffe« 39. Ersten s unterschlage Kautsky jenes Material, da s seine r Argumentatio n nich t förderlic h sei . U m de n eigentliche n Streitpunkt nicht aufgreifen z u müssen, beweis e er zweitens eine These, di e von niemandem bestritte n worden sei, denn ohne Zweifel hätte n die Mittelmächte den lokalen Krie g Österreich-Ungarn s gege n Serbie n gewollt . Ob wohl Kautsk y wiss e und auch zugestehe, da ß die Mittelmächte den lokalen, nicht abe r eine n Weltkrie g herbeizuführe n getrachte t hätten , setz e er beide Tatbestände miteinande r gleich . Dritten s sprech e e r vo n diese r »nich t nu r bewiesene(n), sonder n i m strenge n Sinn e vo n ih m nich t einma l behaupte te(n) Absich t de r Zentralmächte unausgesetz t i m Ton e de r höchste n sittli chen Empörun g . . . , s o da ß de r nich t seh r aufmerksam e Lese r durc h di e Stimmung, di e in dem Ganzen liegt, mi t fortgerissen werde n kann und über die Lücken der Beweisführung hinweggetäuscht « werde 40. Der als parteilich abgelehnten Interpretatio n Kautskys stellten seine Kritiker eine nicht minder einseitige Deutung der Vorgeschichte und Entstehung des Weltkrieges gegenüber, di e an die »Überfallthese« de r deutschen Regierung anknüpfte 41. Be i den Gegnern Kautsky s herrscht e Übereinstimmun g darüber, da ß de r Weltkrie g de m Deutsche n Reic h aufgezwunge n worde n sei. Während Deutschland und sein Bundesgenosse Österreich-Ungarn vo r 1914 eine grundsätzlich defensive Politik betrieben hätten, seien die Ententemächte bestrebt gewesen, de n politischen und geographischen Statu s quo in Europa umzugestalten : »si e wollte n erobern , bestehende s Besitzrech t än dern, die Mittelmächte nur behaupten, wa s ihnen überkommen war, wa s sie nach zeitliche m un d ewige m Rech t ih r eige n nenne n konnten.« 42 De n 40 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Hauptschuldigen a m Kriegsausbruch 191 4 sahen nahezu alle an der Kontroverse Beteiligte n i n Rußland, da s den Krieg gewoll t un d durch seine allgemeine Mobilmachun g unvermeidlic h gemach t habe . Da s Zarenreich hätt e jedoch ohn e die Unterstützung Frankreich s und Englands den Frieden nicht stören können. Beid e Staaten seien aufs engste mit Rußland verbunden und daher kau m i n de r Lag e gewesen , sic h au s de m militärische n Konflik t herauszuhalten, obgleic h vor allem die englische Führung viel für die Erhaltung de s Friedens getan habe 43. Da ß aber England au f selten der Entente in den Krieg eingetreten wa r und gegen die Mittelmächte gekämpft hatte , war für Delbrück z u gewichtigen Teile n auc h das Ergebnis deutscher Fehler . In Übereinstimmung mi t seine r bereit s zwische n 191 4 un d 191 8 geäußerte n Überzeugung, wonac h nich t England , sonder n Rußland de r Hauptgegne r des Reiches sei, und dieses versuchen müsse, mi t dem britischen Weltreich e zu eine m modu s vivend i z u gelangen 44, verurteilt e e r insbesonder e di e deutsche Flottenpolitik sowie die Verletzung der belgischen Neutralität. Die schlimmsten Versäumnisse der in ihren Grundzügen aber defensiven Politi k des Kaiserreiches lage n seine r Meinung nac h nicht vor dem Weltkriege; si e seien ers t nac h Kriegsbegin n »unte r de r Einwirkun g de r Kriegspsychose « begangen worden 45. In den Augen des Baltendeutschen Schicman n hingegen war England der maßgebliche Organisator der Kriegshetze gegen Deutschland und daher der eigentliche Urhebe r de s Völkerringens . Dies e Auffassun g hatt e sic h be i Schicmann, de r noch bis in die ersten Kriegsmonate hinein für eine deutschbritische Verständigun g eingetrete n war , scho n währen d de s Weltkriege s herausgebildet un d gefestigt . Al s Moti v fü r seine n Meinungsumschwun g darf die große Enttäuschung darüber gelten, da ß England au f sciten Frank reichs und Rußland s am Kriege teilnahm 46. I m übrigen unterstützt e Schic mann die These, daß Deutschland den Weltkrieg nicht verursacht habe. Von einer Schul d de s Reiche s wollte e r nur insoweit sprechen , »al s die von uns ausgegangenen Kriegserklärunge n a n Rußlan d un d Frankreic h überflüssi g waren und den falschen Schein einer Initiative erweckten, di e in Wirklichkeit nur der Konstaticrung eine r uns aufgedrängten Tatsach e galt« 47 . Bei ihren Bemühungen, di e alliierte Kriegsschuldthcsc und die Argumente Kautsky s z u entkräften , ginge n einig e seine r Kritike r soga r s o weit , jegliche Verantwortung de r politischen und militärischen Führungsgruppe n des Reiche s z u leugnen . Angesicht s de s alliierte n Auslieferungsbegchren s verteidigten si e dabe i mi t besondere r Heftigkei t di e Perso n un d Politi k Wilhelms II. Vor alle m Schicman n un d Freksa versuchten, di e Auffassun g zu untermauern , da ß da s ehemalig e Staatsoberhaup t nich t nu r keinerle i Verantwortung fü r de n kriegerischen Ausgan g de r Julikrisc trage , sonder n eine aktive Friedenspoliti k betriebe n habe . E r sei von Begin n seine r Regie rungszeit a n »ei n Friedcnsfurs t gewesen« , schrie b Schicmann , s o »da ß ihm sogar der Vorwurf gemacht worden ist, daß er gute Gelegenheiten vorüber ziehen ließ, sein e Übermacht zu benutzen«48. De n von Kautsky ausfuhrlic h 41 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
zitierten Randbemerkunge n de s Kaisers , di e Wilhel m II. keineswegs al s mäßigenden und friedliebenden Politike r auswiesen, sprach man einen maßgeblichen Einflu ß au f den politische n Entscheidungsproze ß ab . De r Quel lenwert diese r Ar t vo n »Selbstgespräch(cn) « Wilhelm s II. bestehe einzi g darin, desse n Denkweise kennenzulernen 49. Eine besondere Stellun g innerhal b diese s Meinungsspektrums nah m Ri chard Wolff 50 ein , de r zu den Mitarbeitern Kautsky s im Auswärtige n Am t gehört hatte. Nach seiner Meinung war es nicht möglich, au f der Grundlage des bislang bekannte n Aktenmaterial s eindeutig e Aussagen übe r die Schuld am Ausbruch des Krieges zu machen. So könne man die Rolle des deutschen Militärs in der Julikrisc nicht vollständig aufklären. Nich t alle Vorgänge und Handlungen, ga b e r überdies z u bedenken, seie n i m Zeitalter de s Telefon s aus dem schriftliche n Urkundenmateria l z u rekonstruieren. Hinz u komm e die Unvollständigkei t de s vo n de n Gegner n Deutschland s freigegebene n Materials, di e den Forscher dazu zwinge, au f die Farbbücher zurückzugrei fen. Dies e aber seien bekanntlich »Plaidoyer s für den publizistischen Vertei diger« un d fü r de n Historike r weitgehen d unbrauchbar 51. Au s solche n Überlegungen zo g Wolff den Schluß, daß es zunächst darauf ankomme, die Fakten festzustellen un d die Motive der handelnden Staatsmänner aufzudek kcn52. I m Gegensatz z u Kautsk y un d desse n Kontrahente n lehnt e er es ab, irgendeiner Regierun g di e Schul d a m Krieg e zuzusprechen . E r hiel t de n Weltkrieg vielmeh r fü r da s Ergebni s de s unzureichenden System s de r ›ba lance o f powen, da s gewissermaße n zwangsläufi g zu r Katastroph e führe n mußte, wen n ein politischer Konflikt sich nicht mehr lokalisieren ließ 53 . Mit dieser These kam Wolff der später von Lloyd George und der westdeutschen Nachkriegshistorie vertretene n »Schlitter-These « seh r nahe54. Insgesamt wird an der Kautsky-Kontroverse deutlich , da ß die Frage nach der Schul d a m Weltkrieg e auc h nac h de r Unterzeichnun g de s Versaille r Vertrages ein Politiku m erste n Range s blieb. Nich t mehr die Durchsetzun g möglichst günstige r Friedensbedingungen , sonder n di e Revisio n de s Ver tragswerkes bildet e vo n diese m Zeitpunk t a n das politische Zie l de r Welt kriegshistorie. Übe r di e Analyse der Vorgeschichte des Weltkrieges sollte n Historiker un d Publiziste n z u eine r Deutung , Bestätigun g ode r Widerle gung des im Friedensvertrag enthaltenen Schuldspruches gelangen. Ähnlic h wie vor 1919 wurde die Diskussion zunächst keineswegs allein von apologetischen Interpretationsmuster n beherrscht . Mi t de m Unabhängige n Sozial demokraten Kautsk y hatt e sic h vielmeh r eine r de r heftigste n Kritike r de r deutschen Vorkriegspoliti k z u Wort gemeldet. E r vertrat die These, da ß die Machtelitcn de s Kaiserreiche s de n Krie g leichtferti g herbeigeführ t hätten ; das deutsche Vol k hingege n se i von dem Vorwur f der Kriegsurheberschaf t freizusprechen. Dami t grenzte sich Kautsky zu m einen von der Position der Kommunisten ab , die im Anschlu ß a n Lenin den Weltkrieg alle n imperialistischen Staaten anlasteten. Zum anderen distanzierte er sich von der bei den Mchrheitssozialdemokratcn wi e in den bürgerlichen und den Rechtsparteien 42 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
weitverbreiteten Auffassung , wonac h e s keine besonder e deutsch e Kriegs schuld gebe 55. Di e Kritik a n Kautsky ka m vornehmlic h vo n konservative n und entschieden nationa l eingestellte n Autoren . Ausgehen d vo n der Über zeugung, da ß das Eingeständnis deutsche r Fehle r oder ga r einer offensive n deutschen Politi k vo r 191 4 eine Verschlechterun g de r Positio n i m Kamp f gegen Versaille s bedeute , verteidigte n si e die Vorkriegspolitik de s Reiches. Kautsky, de r sich abgesehen von seiner Replik auf die Kritik Delbrücks nicht weiter a n der Schulddebatt e beteiligte , fühlt e sic h aber durch die Einwände seiner Kontrahenten »nich t nur nicht erschüttert, sonder n bestärkt«56. I n der Schulddebatte der Zwischenkriegszeit wurde n Kautsky s Thesen aber kaum mehr aufgegriffen . A n sein e Positio n knüpft e lediglic h ein e Minderhei t pazifistisch ode r sozialistisch orientierter Autore n an, die wie er für Völker verständigung und Demokratisierung eintraten 57. Die überwiegende Mehr heit der Publiziste n un d Historiker , di e sich in der Weimare r Republi k mi t den Ursache n de s Weltkriege s auseinandersetzten , schlo ß sic h de r Argu mentation seiner Gegner an, daß allein die vollständige Entlastung Deutsch lands vom Makel de r Kriegsurheberschaft z u Erfolgen be i der Revision des Versaillcr Vertrage s führen könne .
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II. Schuldforschung un d Revisionspolitik 1919-193 9
1. Unschuldstheseu , Revisionismu s und nationale Traditionsbewahrun g In der Weimare r Zei t ga b e s einen breite n Grundkonsens , de r vo n nahez u allen Parteien , ausnahmslo s alle n Reichsregierunge n un d de r überwiegen den Mehrheit der deutschen Bevölkerun g getrage n wurde. E s handelte sich um di e Überzeugung , da ß de r Versaille r Vertra g möglichs t vollständi g aufgehoben werde n müsse . Ma n fühlt e sic h au f deutscher Seit e durc h da s Vertragswerk u m eine n Wilson-Friede n betroge n un d z u Unrech t »be straft«. Dahe r galt die Revisionspolitik de r Weimarer Regierungen als »moralisch-sittlich gerechtfertigt« un d nicht als »bloßer Ausdruck einer gültigen Staatsräson«. De r Strafcharakter offenbarte sich aber den Zeitgenossen nicht nur i n de r au s ihre r Sich t unerträgliche n Härt e de r Friedensbedingungen , sondern vo r allem in der Schuldanklage. Si e erschien ihnen als »moralische r Pranger . . . , a n de n di e brutale n Siege r da s unschuldig e Opfe r z u kette n gedachten«1. Diese Überzeugung i n der öffentlichen Meinun g wachgehalte n un d gefestigt zu haben, wa r wesentlich das ›Verdienst« einer wirkungsvollen publizi stischen Kampagn e gege n di e »Schuldlüge « de s Versaille r Vertrages . Ge steuert un d überwach t wurd e si e vom Auswärtige n Amt , da s eigens dafü r ein Kriegsschuldreferat eingerichte t hatte und darüber hinaus mächtige Propagandaorganisationen aufbaute . Autgab e und Ziel dieser Institutionen wa r vor alle m di e Verbreitun g vo n Publikationen , di e sic h kritisc h mi t de r alliierten Kriegsschuldthese auseinandersetzten. Durc h die Widerlegung de r im Friedensvertra g enthaltene n Schuldanklag e sollt e nac h inne n wi e nac h außen die moralisch-sittliche Berechtigung deutsche r Revisionspolitik deut lich gemach t werden . A n de r »Unschuldskampagne « beteiligte n sic h Ver treter der Geschichtswissenschaft ebens o wie solche der politischen Publizistik. Si e versuchte n ersten s de n Nachwei s z u fuhren , da ß de r Versaille r Schuldspruch, besonder s de r Artike l 231 , eine pauschal e Verurteilun g de s deutschen Volke s darstelle ; al s solcher bezeichn e e r das politische Prinzip , auf dem de r Friedensvertra g beruhe . Zweiten s analysierte n si e di e Vorge schichte und Entstehung des Weltkrieges hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt, welche n Regierunge n ode r Staatsmänner n di e moralisch e Verant wortung fü r den Kriegsausbruch 191 4 zuzusprechen sei. Das Ergebnis ihrer Forschungen lautete , da ß Deutschlan d de n Krieg wede r gewoll t noc h her44
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beigeführt hab e un d somi t vo m Make l de r Kriegsurheberschaf t befrei t werden müsse 2. Einige Historike r setzte n i n ihren Untersuchunge n allerding s besonder e Akzente. Zu m eine n verlagerte n si e de n Schwerpunk t ihre r Forschunge n von der Schuldproblematik au f die Frage nach den Kriegsursachen, di e man in der Konstellation der europäischen Mächte vor 1914 vermutete. Nach der Auffassung diese r Historike r wa r de r Weltkrieg de m Reic h aufgezwunge n worden, u m den jungen deutschen Staat in seiner legitimen Machtentfaltun g zu behindern . Zu m andere n sucht e ma n nac h tragfähige n Erklärunge n dafür, da ß Deutschlan d vo n seine n Nachbar n »überfallen « werde n konnt e und i n de m Völkerringe n unterlege n war . Vo r diesem Hintergrun d erhiel t die Schuldfrag e ein e ander e Bedeutung : Schuldhaf t hab e di e deutsch e Reichsleitung insofer n gehandelt , al s sie von den Prinzipie n de r Bismarck schen Politi k abgewiche n se i un d überdie s di e ihr verfügbare n diplomati schen un d militärische n Mittel , als o auc h de n Krieg , nich t rechtzeiti g zu r Sicherung un d zu m Ausba u de r deutsche n Machtstellun g ausgeschöpf t habe3. Eine Folg e de r »Unschuldskampagne « wa r di e Tabuisierun g de r deut schen Vorkriegspolitik, di e zu kritisieren nur bis zu der Grenze erlaubt war, die durch di e Schuldanklag e de r Siegermächt e markier t wurde . Di e Beto nung de r deutschen Unschul d a m Kriegsausbruc h 191 4 sowie die Verteidigung de r Bismarcksche n Lösun g führte n gleichzeiti g zu r Idealisierun g de r jüngeren deutsche n Vergangenheit . Au f diese Weise trug di e Weltkriegshi storie maßgeblic h zu r Überhöhun g un d Überbewertun g de s Deutsche n Kaiserreiches bei , währen d si e da s ohnehi n nich t seh r star k ausgebildet e politische Selbstbewußtsei n de r Republik , dahe r auc h de n Weimare r Staa t selber, zusätzlic h erschütterte . Zudem fordert e sie die Entstehung un d Steigerung nationale r Sehnsücht e sowie, dami t einhergehend, di e Schwächung des politischen Realitätssinnes . Dies e Entwicklung de r »politischen Kultur « im Deutschlan d de r zwanzige r Jahre bildet e ein e de r Voraussetzunge n fü r die Erfolge Hitler s und der NSDAP 4. Nachdem de r publizistische Kamp f gege n Versailles unter dem Eindruc k des Erstarkens nationalistischer Kräft e Anfang der dreißiger Jahre eine Radikalisierung erfahre n hatte , verlor er seit der Machtübernahme der Nationalsozialisten zusehend s a n Schärfe . Fü r die neuen Machthabe r wa r di e Revi sion de s Versaille r Friedensvertrage s nich t meh r ei n Zie l a n sich , sonder n Voraussetzung fü r di e Durchsetzun g weiterreichende r Expansionsabsich ten5. Unte r diese n Bedingunge n änderte n sic h die politischen Anforderun gen a n di e Historiker . E s ging nich t meh r nu r u m di e Rechtfertigun g de r deutschen revisionistische n Forderungen , sonder n u m di e nachträglich e Legitimation de s Aufstieg s de r Nationalsozialiste n un d di e ideologisch e Unterstützung ihre r Expansionspolitik . A m Beispie l de r wilhelminische n Ära un d de s Weltkriege s hatt e di e Geschichtsschreibun g besonder s da s »ungeheure Erlebni s de s Weltkriege s mi t de m heldenhafte n Ringe n de s 45 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
deutschen Volke s gege n ein e Wel t vo n Feinden « aufzuzeige n un d zu m Gelingen de r neuen »Wehrerziehung « beizutragen 6. Mi t der Erklärung Hit lers i m Jahr e 1937 , i n de r e r de n Artike l 23 1 de s Friedensvertrage s al s historisch ungülti g zurückwies , gelangt e die Schulddebatte a n ihr vorläufi ges Ende 7. a) Di e Kampagne des Auswärtigen Amte s Von 191 8 bis 193 7 führte da s Auswärtige Am t ein e breit angelegt e Propa gandaoffensive gege n de n Versailler »Schmachfrieden« . Si e sollte der deutschen Revisionspoliti k de n benötigte n innenpolitische n Rückhal t sicher n und im Ausland Verständnis für die revisionistischen Forderungen Deutschlands wecken. Mi t der Organisation der publizistischen Kampagne war vor allem das Kriegsschuldreferat betraut . Es verfolgte grundsätzlich zwei Ziele: Erstens gin g e s darum, i n der öffentlichen Meinun g de s In- und Auslande s die Überzeugung durchzusetzen , da ß der Krieg von 1914 dem Reiche aufgezwungen worde n sei . Diese m Zwec k dient e der Aufbau mächtige r Propa gandainstitutionen, di e jedoch nac h auße n unabhängi g auftraten . E s handelte sich um den Arbeitsausschuß Deutscher Verbände und die Zentralstelle für Erforschun g de r Kriegsursachen. Ihre n Mitarbeiter n fiel die Aufgab e zu, di e Unschuldsthes e »wissenschaftlich « z u fundieren un d das erarbeitete Material z u verbreiten . Auße r de r Veröffentlichun g solche r Arbeiten , di e sich u m di e Interpretatio n un d Widerlegun g de r Versaillc r Schuldanklag e bemühten, galte n Quelleneditione n al s besonder s wirkungsvoll . Darübe r hinaus wa r ma n bestrebt , di e Unterstützun g ausländische r Flistorike r un d Publizisten z u erhalten . Hie r stie ß da s Schuldrefera t vo r alle m be i solche n Weltkriegshistorikern au f positive Resonanz, die aus innenpolitischen Moti ven in ihren Länder n gegen den Friedensvertrag kämpften . Zweiten s bildete das Kriegsschuldrefera t ein e Ar t Zensurbehörd e zu r Kontroll e besonder s des parlamentarischen Untersuchungsausschusse s fü r di e Schuldfragen de s Weltkrieges. Dabei ging man in einigen Fällen sogar so weit, die Veröffentlichung vo n Arbeite n z u verhinder n ode r zumindes t hinauszuzögern , i n denen de m Reic h ei n gewisse s Ma ß a n Schul d zugesproche n wurde . Vo r diesem Hintergrund wir d verständlich, da ß die These von der relativen oder absoluten Unschul d Deutschland s am Kriegsausbruch 191 4 in der überwiegenden Zah l alle r i m Deutschlan d de r Zwischenkriegszei t erschienene n Bücher und Aufsätze vertreten wurde 1. Das 191 9 gegründete Schuldrefera t gin g hervor aus dem Spezialbüro von Bülow. Aufgab e diese s a n de r Jahreswende 1918/1 9 eingerichteten Büros , das später der Geschäftsstelle fü r die Friedensverhandlungen unte r Graf von Bernstorff angeglieder t wurde , wa r e s gewesen, di e in de n verschiedene n Zentralbehörden un d besonders im Auswärtige n Am t vorhandene n Akte n zur Vorgeschicht e de s Weltkriege s z u sammeln , z u sichte n un d fü r di e 46 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Verwendung i m Kampf gegen di e alliierte Schuldthese aufzubereiten. Poli tische Bedeutun g erlangt e da s Spezialbür o insofern , al s e s entscheidend e Vorarbeiten fü r di e deutsche Friedensdclegatio n i n Paris , vo r alle m fü r die sogenannte Professorendenkschrift , leistete . Nac h der Unterzeichnun g de s Friedensvertrages wa r da s Schuldreferat fü r die Gestaltung de r Unschulds propaganda zuständig. Z u seinen Aufgaben gehört e fortan außer der Edition der Vorkriegsakte n di e Kontroll e un d Beeinflussun g de r öffentliche n Schulddcbatte. Z u diesem Zweck schie n es notwendig, da ß das Schuldrefe rat Publikatione n vorbereitet e un d verteilte , i n dene n di e Auffassun g de s Auswärtigen Amte s darzustelle n un d z u begründe n war . Darübe r hinau s sollte e s di e Interesse n de r Wilhelmstraß e i m parlamentarische n Untersu chungsausschuß fü r die Schuldfragen de s Weltkrieges vertreten 2. Manches spricht dafür, da ß das Auswärtige Amt dem Schuldrcferat in der unmittelbaren Nachkriegszei t keine n allz u hohe n politische n Stellenwer t beigemessen hat . Wesentlic h dringliche r erschiene n di e Behandlun g de r Frage nach de r Höhe der zu leistenden Reparatione n ode r die Bewältigun g der Folge n au s den militärischen un d territorialen Bestimmunge n de s Ver saillcr Vertrages . Di e Beschäftigun g mi t diese n Probleme n nah m di e Ar beitskraft de r Beamte n un d Diplomaten derar t in Anspruch, da ß die Personalabteilung zeitweili g soga r erwog, da s Schuldrcferat aufzulösen . Ers t die Jahre 1920/2 1 brachten eine Wende, di e seine Erhaltung un d seinen Ausba u zum »Generalsta b de s Kriegsschuldkampfes « bewirkten 3. Diese r Wande l bedarf de r Erklärun g durc h di e außen - un d innenpolitisch e Situation : Z u Beginn de s Jahres 192 1 schickten sich die Siegermächte an, die Reparationsverpflichtungen Deutschland s endgültig festzulegen . Al s sie auf ihrem Pariser Zusammentreffe n vo m Januar ein e Entschädigun g i n de r Gesamthöh e von 26 9 Milliarde n Goldmar k verlangten , bestan d di e Reaktio n de r deut schen Öffentlichkei t au s tiefe r Empörun g un d Verbitterung . Di e Auffas sung, da ß der Versaille r Vertra g ei n »Gewaltfrieden « sei , erhiel t neue Nahrung. Be i de n führende n Politiker n wi e i n weite n Teile n de r Bevölkerun g wuchs da s Gefühl, da ß di e wirtschaftliche Lebensfähigkei t de s Volke s exi stentiell bedroh t sei : »›Versailles ‹ al s reale außenpolitische Las t (schien ) der Weimarer Republi k de n Todessto ß z u versetzen.« 4 Gleichzeiti g sahe n sic h die für die deutsche Außenpolitik Verantwortliche n wachsende r innenpoli tischer Kriti k ausgesetzt . Vo r allem di e nationalistische Recht e protestiert e unüberhörbar gegen die Politik de s »nationalen Ausverkaufs« un d die »Lci sctreterei« de s Auswärtigen Amtes 5. I n dieser Situatio n starke r außen - und innenpolitischer Bedrängni s hielten es die politisch Verantwortliche n i n der Wilhelmstraßc fü r geboten , mi t Hilf e eine r vo m Schuldrcfera t gesteuerte n mächtigen Publizisti k di e deutsch e Öffentlichkei t gege n de n Versaille r »Straf- und Schmachfrieden« z u mobilisieren. De r Nachweis der Unschul d des Reiche s a m Kriegsausbruc h 191 4 sollt e da s »ideologisch e Ferment « deutscher Revisionspropagand a sein 6. Gleichzeiti g gal t es, möglichst breit e Kreise de r deutsche n Rechtsparteie n vo n ihre m extre m nationalistische n 47 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Kurs abzubringen un d in die angestrebte revisionistische »Einheitsfront « z u integrieren. Ei n starke r innenpolitische r Rückhalt , dari n ware n sic h di e meisten Politike r de r Weimare r Regierunge n durchau s einig , bildet e di e Grundlage fü r di e erfolgreich e Durchsetzun g de r deutsche n Forderunge n und verschafft e de r Außenpoliti k be i ihre n Verhandlungspartner n eine n größeren Spielraum 7. Einen entscheidenden Schrit t in diese Richtung bildet e die Gründung de s Arbeitsausschusses Deutscher Verbände am 30. Apri l 1921 . Es handelte sich um eine n forma l eigenständige n Dachverband , de r di e Propagand a seine r Mitgliedsorganisationen koordinierte . Mi t Ausnahm e de r Vereinigunge n innerhalb der sozialdemokratisch orientierten Arbeiterbewegung trate n ihm eine beträchtlich e Anzah l de r Spitzenorganisatione n de s deutsche n Ver bandswesens bei. Ih r Spektrum reicht e von den Christlichen Gewerkschaf ten bi s zu den »Vereinigte n Vaterländische n Verbänden« . Da s Auswärtig e Amt stellt e eine n beträchtliche n Tei l de r benötigten Gelde r zur Verfügun g und legt e di e Richtlinie n fü r di e Öffentlichkeitsarbei t fest . Aufgab e de s Arbeitsausschusses wa r e s danach, di e publizistische Offensiv e gege n Ver sailles auf einer ›mittleren‹ Lini e zu halten. Man hoffte, di e rechtsoricntierten Mitgliedsverbände zumindes t teilweise disziplinieren und sie von der innenpolitischen Instrumentalisierun g de s Schuldproblem s abhalte n z u können, während man gleichzeitig das Vertrauen der sozialdemokratischen Arbeiter organisationen gewinne n wollte . I n de r Ta t bemüht e sic h di e Berline r Geschäftsstelle, di e al s Hauptentscheidungsträge r de s Arbeitsausschusse s gelten darf , darum , di e Schulddebatte nac h Möglichkei t au s dem Parteien streit herauszuhalten . De r Anspruc h de r »Überparteilichkeit « wurd e zu m Leitprinzip seiner Propagandatätigkeit : »All e Aufklärungsarbei t mu ß überparteilich erfolge n un d i n jeder Hinsieht , insbesonder e auc h i n de r Aus drucksweise alle s vermeiden , wa s innenpolitisc h trennt.« 8 Dahe r erklärt e der Arbeitsausschuß den Kampf gegen den Versailler »Schmachfrieden « zu r »Angelegenheit de s gesamte n deutsche n Volkes « un d appelliert e a n all e politisch-gesellschaftlichen Gruppierungen , sic h bei »völlige r Wahrun g de s eigenen Standpunktes « zusammenzuschließen 9. Auf der Grundlag e diese r Programmati k entfaltet e de r Arbeitsausschu ß eine reg e Propagandatätigkei t i m In - un d Ausland . U m di e öffentlich e Meinung außerhal b Deutschland s z u erreichen , bedient e ma n sic h haupt sächlich der Kontakte von Mitgliedsorganisationen, di e bereits über internationale Erfahrunge n un d Beziehungen verfügten . Mi t ihrer Hilfe gelang es, eine Vielzah l vo n Artikel n besonder s i n di e nordamerikanisch e Press e z u lancieren, i n dene n zumeis t äußers t vorsichtig e Kriti k a n de r alliierte n Kriegsschuldthese geüb t wurde . Zu r Beeinflussun g de r deutsche n Öffent lichkeit stan d de m Arbeitsausschu ß ei n wesentlic h breite r gefächerte s In strumentarium zu r Verfügung . E r brauchte sic h nich t au f Beiträg e i n Zei tungen, Zeitschrifte n ode r i m Rundfun k z u beschränken , sonder n konnt e sich mi t Broschüre n un d Flugschrifte n direk t a n die Bevölkerun g werden . 48 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Schon früh erschien die verbandseigene Zeitschrift »De r Weg zur Freiheit«, in der regelmäßig übe r den aktuellen Stan d der Schuldforschung informier t wurde. Darübe r hinau s versorgt e ma n Publizisten , Wissenschaftle r un d Politiker sowi e di e angeschlossene n Mitgliedsverbänd e kostenlo s mi t ein schlägigen Buchveröffentlichungen . Teilweis e ware n di e s o verbreitete n Arbeiten auf Anregung de s Arbeitsausschusses hin verfaßt worden , teilwei se handelte e s sich be i ihne n u m Untersuchungen , di e indirekt subventio niert werde n sollten . Da s gescha h entwede r durc h di e Gewährun g vo n Druckkostenzuschüssen ode r durch den Ankauf beträchtlicher Auflagenan tcile. Au f keinen Fal l unterschätz t werde n dar f der Einfluß de s Arbeitsausschusses au f die deutsche n Universitäten , z u dene n eng e Beziehunge n be standen. Nebe n de r Zusammenarbei t mi t de m »Deutsche n Hochschul bund« un d de m »Verban d de r deutsche n Hochschullehrer « mu ß dabe i au f die Kooperation mi t zahlreichen Hochschullehrern verwiese n werden 10. Während de r Arbeitsausschu ß Deutsche r Verbänd e fü r di e Öffentlich keitsarbeit zuständig war und dabei möglichst breite Bevölkerungsschichten erreichen sollte, bestand die Aufgabe der am 1. Apri l 192 1 ins Leben gerufenen Zentralstell e fü r Erforschun g de r Kriegsursache n vornehmlic h i n de r »wissenschaftlichen« Fundicrun g de r Unschuldsthesc . Ferne r unterschie d sie sich vo m Arbeitsausschu ß durc h di e Exklusivitä t ihre s Adressatenkrei ses, z u dem fast ausschließlich bekannt e in- und ausländische Wissenschaft ler und Publizisten gehörten. Mi t ihrer Hilfe galt es, indirekt auf die öffentliche Meinung einzuwirken . Voraussetzun g fü r das Gelingen dieser Strategi e war jedoch, da ß jeder Verdach t de r Abhängigkei t vo m Auswärtige n Am t vermieden wurde . Dahe r betont e di e Zentralstell e vo n Anfan g a n de n »wissenschaftlichen Charakter « ihre r Tätigkei t un d beschränkt e sic h au f folgende Arbeitsschwerpunkte 11: 1. »Sammlun g un d Sichtun g de r Quelle n un d de r Erörterunge n i n de r Zeitungsliteratur de s In- und Auslandes 2. wissenschaftlich e un d literarische Auskunftserteilun g 3. Vermittlun g vo n wissenschaftlichen Arbeite n 4. Herausgab e von ›Merkblättern‹. welch e einzelne Gebiete der Schuldfrage übersichtlich aufgrun d de r neueste n Forschungsergebniss e zusammen stellen.« 12 Tatsächlich jedoch war die Zentralstelle eindeutig vom Auswärtigen Am t abhängig, da s die notwendigen Gelde r bereitstellt e un d sowoh l de n Haushalt al s auch di e publizistischen Aktivitäte n kontrollierte . Wi e der Arbeitsausschuß verfugte auch die Zentralstelle über ein eigenes Publikationsorgan: Es handelt e sic h dabe i u m di e 192 3 gegründet e Zeitschrif t »Di e Kriegs schuldige«, di e sei t 192 9 den Tite l »Berline r Monatshefte « trug . Zuvo r hatte das Institut in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen »Merkblät ter zu r Schuldfrage « herausgegeben . Zude m konnt e di e Zentralstell e au f einen feste n Stam m vo n i n der Regel historisc h nich t vorgebildeten Mitar beitern zurückgreifen . Di e Bedeutendsten ware n de r langjährige Leite r der 49 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Zentralstelle, Alfre d vo n Wegerer , sowi e Ma x Gra f Montgelas, Herman n Lutz und Bernhard Schwertfeger, Au s ihrer Feder stammte der überwiegende Teil der zur Vorgeschichte und Entstehung de s Weltkrieges verbreitete n Schriften. Außerde m arbeiteten so einflußreiche Publiziste n wie Hans Dracger, Friedric h Stieve , Bernhar d W . vo n Bülo w ode r Augus t Bac h fü r di e beiden Propagandainstitutionen 13. Auc h einig e Historike r wirkte n a n de r »Unschuldskampagne« mit . Hie r sind besonders Hans Delbrück, Friedric h Thimme und Paul Herre zu nennen 14. Obgleich da s Schuldrefera t selbs t ein e relati v klein e Abteilun g i m Aus wärtigen Amt blieb, besaß es mit dem Arbeitsausschuß und der Zentralstelle zwei Propagandaorganisationen , dere n Öffentlichkeitsarbei t außerordent lich wirksa m war . Di e Durchfuhrun g eine r erfolgreiche n publizistische n Offensive gege n di e Versailler »Schuldlüge « setzt e jedoch voraus , da ß den Mitarbeitern der beiden Institutionen ausreichendes und geeignetes Material für ihr e Tätigkei t bereitgestell t wurde . U m di e alliiert e Kriegsschuldthcs c überzeugend zu entkräften, bedurft e es vor allem der Veröffentlichung vo n Quellen zur Vorgeschichte und Entstehung des Weltkrieges. Dies e Aufgab e nahm vornehmlich das Schuldreferat wahr . Bereit s 1919 richtete es ein Büro zur Herausgab e de r politische n Akte n de s Auswärtige n Amte s ein . Unte r der Aufsicht de s Referates entstan d hier das Dokumentenwerk »Di e Große Politik de r Europäische n Kabinett e 1871—1914« 15. E s sollt e di e Kautsky Aktcn übertreffe n un d di e deutsch e Vorkriegspoliti k eindrucksvol l entla sten. Danebe n förderte da s Auswärtige Am t ein e beträchtliche Anzah l vo n Qucllcncditionen, i n denen sowoh l Materia l au s Archivbeständen de r ehemaligen Bündnispartne r al s auch Geheimdokument e de r frühere n Kriegs gegner de s Reiche s zu r Veröffentlichun g gelangten . Letzter e stammte n entweder au s Beständen , di e Deutschlan d währen d de s Kriege s i n de n besetzten Gebieten beschlagnahmt hatte, oder basierten auf Spionageberichten aus der unmittelbaren Nachkriegszeit . Belaste t wurden durch die Dokumentensammlungen übe r die Politik de r Ententestaaten vornehmlic h Ruß land und Frankreich 16. Das Auswärtig e Am t bemüht e sic h zunächst , fü r di e sei t 191 9 geplant e Herausgabe de r deutsche n Akte n ehrenamtlich e Mitarbeite r z u gewinnen . Nachdem dies e Versuch e gescheiter t waren , sa h ma n sic h gezwungen , Gelder bereitzustellen . Friedric h Thimm e un d Johannes Lepsius , di e di e Edition gemeinsa m mi t Albrech t Mendelssohn-Barthold y besorgten , er hielten eine monatliche Aufwandsentschädigun g i n der Höhe von zweitau send Mark . Annelis e Thimm c ha t au s diese n Vorgänge n mi t Rech t de n Schluß gezogen , da ß sic h da s stark e Engagemen t einige r Wissenschaftle r und Publiziste n i n de r Schulddebatt e nich t nu r au s de m hohe n politische n Stellenwert des Themas erklären lasse; darüber hinaus sei die Beschäftigun g mit dem Kriegsausbruch 191 4 ein »fast sicheres Mittel« gewesen , »staatlich e Unterstützung z u erhalten«, durc h di e die Beteiligte n beruflic h un d finanziell abgesicher t worde n seien 17. Fü r dies e Annahm e sprech e zude m di e 50 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
zeitliche Ausdehnun g de r Schulddebatt e bi s i n di e dreißige r Jahre hinein . Zur Stützun g ihre r Thes e verwie s Thimm e auc h au f di e Entstehungsge schichte der »Große n Politik« . Stat t der ursprünglich angesetzte n vie r Monate hab e di e Arbei t a n de n Dokumente n mehrer e Jahre i n Anspruc h ge nommen. Entgege n der Absicht des Außenministeriums, da s den zeitlichen Rahmen de s Werke s lediglic h bi s z u de n Balkankriege n de r Jahre 1912/1 3 habe ausgedehnt wisse n wollen, seie n Thimme, Lepsiu s und Mendelssohn Bartholdy bi s zum Frankfurter Friede n zurückgegangen. »E s entbehrt nicht ganz der Faszination«, schreib t Annclise Thimme, »wen n man verfolgt, wi e hier au s eine m relati v kleine n Projek t . . . nich t nu r ei n Mammutprojekt , sondern auch eine ganz neue Institution geschaffen wurde«: Aus dem Schuldreferat, da s zunächst nu r de n Auftra g hatte , di e ›Klärung ‹ de r Schuldfrag e voranzutreiben, entwickelt e sic h da s Politisch e Archi v de s Auswärtige n Amtes, aus den »Hinterstzimmern . . . , in denen die Herausgeber mit ihrem Stab untergebracht wurden, wurde n nach und nach ansehnliche Vorderzimmer«. Friedric h Thimme erhielt später sogar die Diplomatenzulage 18. Im Unterschie d z u Lcpsiu s un d Mendelssohn-Bartholdy , dere n Ver pflichtung relati v problemlo s erfolgt war , zo g das Auswärtige Am t Thim me erst nach der Absage anderer vorgesehener Wissenschaftler zur Mitarbeit heran. U m de r Akteneditio n ein e möglichs t groß e Wirkun g besonder s i m Ausland zu sichern, galt es, eine Persönlichkeit mit hoher wissenschaftliche r Reputation z u gewinnen . Ausschlaggeben d fü r di e Wah l Thimme s wa r nicht zuletzt , da ß er sich bereit s währen d de s Krieges durch sein Eintrete n für innenpolitische Reformen un d die Integration der Arbeiterschaft wi e der Sozialdemokratie i n den Staat großes Ansehen im Ausland erworben hatte. Der ursprünglich al s Notlösung gedacht e Leiter der Bibliothek de s preußischen Landtages entwickelte sich schon bald zur bestimmenden Persönlich keit innerhalb des Herausgeberkollegiums. Au f ihn ging nich t nur die Ausdehnung de s zeitliche n Rahmen s de r Dokumenteneditio n bi s zu m Jahr e 1871 zurück , sonder n auc h di e inhaltlich e Gestaltun g de s Aktenwerkes . Dokumentiert wurde n nunmeh r di e Grundzüg e de r Politi k de r europäi schen Großmächt e un d dami t de r Zerfall de s Europäischen Konzerts . An hand des Quellcnmatenals au s der Wilhclmstraße sollt e die Entstehung de s gegnerischen Bündnissystem s sichtbar gemacht und dessen verhängnisvolle Verfestigung nac h dem Berline r Kongre ß verdeutlich t werden . Da s außerordentliche Engagement , mi t de m sic h Thimm e a n de r »Unschuldskam pagne« beteiligte , läß t sic h au f eine n tiefverwurzelte n Nationalismu s zu rückfuhren. Hinz u kam eine »gewisse Regierungsfrömmigkeit«: »De r Staat war fü r ih n ein e ›überparteiliche ‹ Größe . I m Grund e hatt e e r de n alte n lutherischen Obrigkeitsbegriff , be i de m e s keine Roll e spielt , o b der Staa t christlich ode r unchristlich , monarchisc h ode r republikanisc h ist , wen n e r nur für Ordnung un d Recht sorgt.« 19 Die vierzi g Bänd e umfassend e »Groß e Politik « kan n al s di e »stärkst e Waffe un d zugleic h di e einzig wirklich e bedeutend e wissenschaftlich e Lei 51 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
stung de r gesamten deutsche n Weltkriegsapologeti k bi s 1945 « gelten 20. Si e diente dem Auswärtigen Am t nicht nur zur Untermauerung de r These von der deutschen Unschul d a m Kriegsausbruc h 1914 , sonder n auc h dazu , di e Forderung nach Öffnung de r alliierten Archive eindrucksvoll zu begründen. Ungeachtet manche r Kriti k besonder s in der Fresse erzielte das Dokumen tenwerk eine »einzigartige, fas t sensationelle Wirkung« i m Ausland21. Hier zu dürften wesentlic h di e positiven Stellungnahme n prominente r ausländi scher Historiker beigetragen haben. Sie vermochten in der »Großen Politik « keine unzulässige n ode r sinnentstellende n Kürzunge n ode r Auslassunge n festzustellen. De r Amerikane r Bernadott e E . Schmit t sa h i n de r Tatsache , daß auc h fü r Deutschlan d ungünstig e Schriftstück e abgedruck t worde n seien, eine n Bewei s fü r di e Vertrauenswürdigkeit de s Unternehmens . De r sowjetrussische Geschichtswissenschaftle r Michai l N . Pokrowsk i bezeich nete die Qucllensammlung soga r als »eine der größten Errungenschaften de r letzten Zei t auf diesem Gebiete, wen n nicht . . . di e größte« 22. I n England, Frankreich und Amerika veranlaßte das Erscheinen der »Großen Politik« di e Regierenden, ihr e Vorkriegsakte n ebenfall s un d i n ähnlic h umfassende r Weise zu publizieren. All e diese Akteneditione n ware n vo n de m »gleiche n apologetischen Dokumentationswillen « gepräg t wi e da s deutsch e Vor bild23. Diese s fand allerding s be i den deutschen Historiker n zunächs t nich t die erwartete Anerkennung . Zwa r teilten die Rezensenten mi t Thimm e di e Überzeugung, da ß au s den deutsche n diplomatische n Akte n de r friedlich e Charakter un d defensiv e Grundzug de r Vorkriegspoliti k de s Reiche s her vorgehe; Einwänd e wurden jedoch gegen die konzeptionelle Ausgestaltun g des Werke s un d di e Editionsleistun g de r Herausgebe r vorgebracht : Mi t Bedauern äußerten sich Wissenschaftler, Publiziste n und Politiker der unterschiedlichsten Richtunge n übe r die Ordnung der Dokumente nach systematischen stat t nac h chronologische n Gesichtspunkte n ode r übe r di e ihre r Ansicht nach zu langen Fußnote n und die oftmals ungenaue Kennzeichnun g der Kürzungen . Überdie s meldete n sic h früher e Diplomate n wi e Friedric h Rosen und Fürst Lichnowski zu Wort, di e sich falsch interpretiert oder nicht gebührend gewürdig t fühlten . Unbeschade t diese r Kriti k fan d di e »Groß e Politik« jedoc h insgesam t groß e Zustimmun g i n de r deutsche n Publizi stik24. Die führende n Persönlichkeite n i m Schuldrefera t erkannte n scho n seh r früh, da ß di e Herausgab c deutsche r Dokument e alle m keinesweg s ausrei che, um das Interesse der internationalen Öffentlichkei t a n einer Diskussion über di e Vcrsaille r »Schmachparagraphen « wachzuhalten . Dahe r drängte n sie besonder s be i de n zuständige n Wiene r Behörde n erfolgreic h au f ein e möglichst rasche Publikation der österreichischen Vorkriegsakten . Di e 1930 erschienene achtbändig e Quelleneditio n zu r Außenpolitik de r Donaumon archie wurde zudem vom Auswärtigen Amt finanziert un d durch Legationsrat Roderich Gooß überwacht25. Ferne r entschloß sich das Schuldrcferat zu r Veröffentlichung einige r Dokumentensammlungen , di e ausländisches Ma 52 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
tcrial enthielten . Mi t ihre r Hilf e sollt e vo r alle m di e russisch e un d di e französische Politi k vor 1914 belastet werden. Nebe n kleineren Arbeiten, in denen zumeis t di e Erinnerunge n ode r private n Aufzeichnunge n führende r russischer un d französische r Staatsmänne r ode r Militär s ausgebreite t wur den, sin d vor allem die Siebert-Papier un d die von Friedrich Stieve herausgegebenen Iswolski-Akten z u nennen26. Währen d die auf Geheimdienstma terial - e s handelte sic h u m Dokument e au s de r Korresponden z zwische n dem Petersburge r Außenministeriu m un d der russischen Botschaf t i n London - beruhend e Edition Siebert s kaum öffentliche Beachtun g fand , wurd e die Sammlun g Sticve s z u einer de r wesentlichen Materialgrundlage n deut scher Schuldforschcr. Si e beschäftigte sich mit dem Schriftwechsel zwische n Alexander Iswolski, de r von 1910 bis 1917 das Amt des russischen Botschaf ters i n Pari s bekleidete , un d de m Petersburge r Außenministerium . Di e besondere politisch e Brisan z de r Publikatio n beruht e au f de r Veröffentli chung zahlreiche r russische r Dokumente , di e de n Deutsche n zugespiel t worden waren 27. Unte r Berufun g au f diese Quellen habe n Publizisten un d Historiker versucht , russisch-französisch e Kriegsvorbereitunge n vo r 191 4 nachzuweisen28. Eine n ähnlic h hohe n politische n Stellenwer t i m Rahme n der »Unschuldskampagne « sprac h da s Schuldreferat serbische n un d belgi schen Dokumente n zu . Erstcr e erhiel t ma n au s de r Han d de s bi s 191 4 in Berlin amtierende n Geschäftsträger s Milo s Boghitschcwitsch . I m zweite n Fall handelt e e s sic h hauptsächlic h u m vo n de n Deutsche n währen d de s Krieges erbeutet e Akten . Beid e Werk e ware n außerordentlic h tendenziös . Die Auswahl de r Schriftstücke wa r offensichtlich s o getroffen worden , da ß die deutsche Vorkriegspolitik al s friedliebend un d defensiv, di e der alliierten Mächte und ihrer Verbündeten als Kriegshetze erscheinen mußte 29. Nimm t man di e zahlreiche n kleinere n Quelleneditione n hinzu , di e im Auftra g de s Schuldreferates erarbeite t wande n un d die genannten Publikatione n ergän zen sollten , verfügt e di e deutsch e Schuldforschun g übe r eine n beträchtli chen Fundus an Material fü r ihre Revisionspropaganda 30. Auf der Grundlage dieses reichhaltigen Aktenbestandes führten die Mitarbeiter de s Schuldreferate s un d de r ih m vorgelagerte n Organisatione n ihr e Angriffe gege n di e Versaillc r »Schmachparagraphen« . Dabe i gil t es , zwe i Aspekte z u unterscheiden : I n eine m erste n Arbeitsschrit t setzte n sic h di e Schuldforscher mi t der Frag e nach de r politischen Funktio n un d dem kon kreten Inhal t de r alliierten Kriegsschuldthes e auseinander . Si e richteten ih r Augenmerk besonder s au f de n Artike l 231 . Da s Ergebni s ihre r Untersu chungen lautete , da ß de r Versaille r Schuldspruc h ein e pauschal e Verurtei lung de r Vorkriegspoliti k de s Reiche s un d darübe r hinau s de r deutsche n Nation enthalte ; di e Reichsleitun g werd e angeklagt , di e Katastroph e vo n 1914 sowohl planmäßig vorbereitet als auch bewußt entfesselt zu haben. Als solche bild e di e Schuldthes e da s moralisch-sittlich e Fundamen t de s Frie densvertrages. Di e genannten Vorwürf e versuchte n di e Weltkriegsforsche r in einem zweiten Arbeitsschrit t systematisc h au f ihren Wahrheitsgehalt hi n 53 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
zu überprüfen. Nahez u alle Publizisten und Wissenschaftler stimmte n dari n überein, da ß Deutschlan d vo n de m Make l de r Kriegsurheberschaf t befrei t werden müsse . I m Unterschie d z u de n Ententestaate n hab e das Reich vo r 1914 ein e friedliche , defensiv e un d a m territoriale n Statu s qu o orientiert e Außenpolitik betrieben ; auc h nac h de m Attenta t vo n Sarajew o seie n di e führenden deutsche n Staatsmänne r un d Militär s bestreb t gewesen , ein e gewaltsame Lösun g de r internationale n Streitigkeite n z u verhindern . Da ß die J ulikrise doc h eine n kriegerische n Ausgan g genomme n habe , la g nac h Auffassung de r Schuldforsche r a n de r allgemeine n russische n Mobilma chung, die zur Einstellung aller Vermittlungsbemühungen de r europäischen Großmächte führte 31. Die deutschen Schuldforsche r beschäftigte n sic h intensiv mi t der Entstehung un d der Bedeutung de r Versailler Anklagen. Scho n das Verhalten der Siegermächte au f der Parise r Friedenskonferen z rechtfertigt e ihre r Ansich t nach di e Annahme , da ß di e Alliierte n fes t entschlosse n gewese n seien , di e These vo n de r Verantwortun g de s Reiche s a m Kriegsausbruc h 191 4 zu m moralisch-sittlichen Fundamen t eine s »Straffriedens « z u machen . Anstat t die Frage nach den Ursache n de s Weltkriegs mi t Hilf e unabhängige r Sach verständiger aufzuklären , hätte n di e Siege r di e deutsch e Kriegsschul d al s »feststehendes Dogma « behandelt . Hinz u komme , da ß di e politische Füh rung Deutschland s »durc h die furchtbarsten Drohungen « gezwunge n wor den sei, »de n Schuldspruch wide r besseres Wissen und Gewissen entgegen zunehmen«32. U m di e Politik de r Alliierten z u charakterisieren, entwarfe n einige Publiziste n un d Historike r da s Bil d eine r Gerichtsverhandlung , i n welcher de r Kläge r gleichzeiti g al s Richte r auftret e un d ei n bereit s festste hendes Urtei l fälle ; außerde m se i de r Beklagt e wede r z u de n Beratunge n hinzugezogen worde n noch habe er das Recht und die Möglichkeit erhalten , sich zu verteidigen. Da s Ergebnis der Friedenskonferenz se i daher ein »nac h den Sitten übelste r Gcheimdiplomatic vereinbarte r Vertra g gege n den Frieden«, de r überdie s i n Widerspruc h zu m Wilsonsche n Friedensprogram m stehe33. De r Hinweis au f die Formmängel un d Verfahrensverstöß e be i der Behandlung de r Schuldproblcmati k dient e wesentlic h zu r Untcrmaucrun g einer »politische(n) Dolchstoßlegende«, di e bereits in der Zeit vor Versailles entstand: »Deutschlan d hab e im Vertrauen auf Recht und Billigkeit un d auf die Prinzipien de s Präsidenten Wilso n di e Waffen niedergeleg t un d sei, wi e der Friedensvertrag zeige , au f heimtückische Weis e überlistet worden.« 34 Besondere Aufmerksamkei t schenkt e di e Weimare r Schuldforschun g dem Artike l 23 1 de s Friedensvertrages . Fü r di e Siegerstaate n stellt e de r Artikel ein e zivilrechtlich e Bestimmun g dar , i n de r ih r grundsätzliche r Anspruch auf vollen Schadenersatz mit der Kriegsurheberschaft de s Reiches und seiner Bundesgenossen begründe t wurde. Au s deutscher Sicht dagegen war e r ein e »Generalschuldklausel« , di e de r Rechtfertigun g alle r i m Frie densvertrag verankerte n »Strafen « diente 35. U m diese Deutung z u stützen, verwiesen Historike r un d Publizisten au f die entsprechenden Formulierun 54 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
gen de r Mantelnot e un d des alliierten Ultimatums . Dor t hätten di e Sieger mächte offiziel l bestätigt , da ß de r Artike l 23 1 ein e Verurteilun g de r Vor kriegspolitik de s Reiche s un d somi t auc h de s deutsche n Volke s enthalte . Eine solche weit e Auslegun g de s Artikels hatt e schwerwiegende politisch e Konsequenzen: »Wa r die Schuldzuschreibung . . . wirklich eine Generalan klagc, s o bildete der Artikel das Fundament de s Vertrages. Wen n es gelang, diese Interpretatio n durchzusetze n un d außerde m nachzuweisen , da ß di e Anklage falsc h war , wa r dami t di e Grundlage de s Vertrages überhaup t z u Fall gebracht. « 36 Es erscheint daher nur folgerichtig, da ß die Publikationsorganc de s Arbeitsausschusse s un d de r Zentralstell e ausgesproche n hefti g reagierten, al s namhaft e ausländisch e Wissenschaftle r nachzuweise n ver suchten, de r Artike l 23 1 dürfe nich t i m Sinn e eines »Kriegsschuldartikels « aufgefaßt werden ; e r se i vielmeh r i n de n Friedensvertra g aufgenomme n worden, u m di e Verantwortlichkei t Deutschland s fü r di e Kriegsschäde n festzuhalten. Zie l der Alliierten sei es gewesen, schrieben Camille Bloch und Pierre Renouvin , »sic h vom Reic h die Anerkennung eine s Tatbestandes zu verschaffen, de r ein e Verfehlun g darstellt , bestehen d i n de m Angrif f vo m Juli/August 191 4 mi t Folgen , dere n Wiedergutmachun g da s Bürgerlich e Recht aller Länder verlangt«37. Deutsch e Publizisten wie Wegerer verurteil ten di e These n de r beide n Franzose n al s unzulässig e Abschwächun g de r Versailler Anklagen. E r bekräftigte die »Auffassung de s deutschen Volkes« , derzufolge de r Artikel 23 1 eine nationale Demütigun g enthalte , di e auf der »erpreßtc(n) Unwahrheit « beruhe , Deutschlan d hab e 191 4 einen Angriffs krieg geführt 38. Wegere r berief sich in seinen Stellungnahmen nich t nur auf die Mantelnote und das Ultimatum de r Siegermächte, sonder n auch auf den Bericht de r Kriegsschuldkommission , welche r de r Friedenskonferen z a m 29. Mär z 191 9 vorgelegt worde n war . Fü r diesen Komple x a n »Beschuldi gungen, Anklage n und Urteile(n)«, di e »von sciten der alliierten und assoziierten Regierunge n sowie ihrer Organe offiziell vorgebrach t worden« seien , prägte er den Begriff »Versaille r Kriegsschuldthese« 39. Aufgrund diese r Ausdehnung de s Begriffes de r Versailler Schuldanklag e hatten sich Historiker und Publizisten nicht nur mit dem Vorwurf auseinanderzusetzen, das Reich habe 1914 durch seine Kriegserklärungen die Kampfhandlungen eröffnet . Darübe r hinau s gal t es , di e These zu überprüfen, de r Krieg se i vo n deutsche r Seit e militärisch , politisc h un d propagandistisc h vorbereitet sowi e i n der Julikrise bewuß t zu r Durchsetzung vo n Weltherr schaftsplänen entfessel t worden . Diese r Deutun g de r Vorgeschicht e un d Entstehung de s Weltkrieges setzte n di e deutschen Schuldforsche r di e Auffassung entgegen, nicht die Mittelmächte, sonder n die Ententestaaten hätten vor 191 4 aggressiv e Ziel e verfolgt , di e nu r au f kriegerische m Weg e z u erreichen gewese n seien . A n erste r Stell e müßte n dabe i di e französisch e Revanchepolitik und der russische Panslawismus genannt werden. Gemein sam mit England hätten Frankreich und Rußland in der Julikrisc eine günstige Gelegenhei t erblickt , de n noc h jungen deutsche n Staa t al s Machtfakto r 55 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
auf dem Kontinent gewaltsam auszuschalten. U m den friedlichen Charakte r der deutschen Politik aufzuzeigen, verwie s man auf das im Verhältnis zu den späteren Siegerstaate n gering e Nivea u de r Rüstunge n de s Reiche s un d au f dessen Vermittlungsbemühunge n nac h de m Attenta t vo n Sarajewo . Ei n häufig vorgebrachte s Argumen t lautete , Deutschlan d hab e in der Zeit nach der Reichsgründun g zahlreich e Gelegenheite n ausgeschlagen , eine n alle r Voraussicht nach erfolgreichen Präventivkrie g z u fuhren. Mi t diesen Thesen ist de r Interpretationsrahme n abgesteckt , innerhal b desse n sic h viel e wäh rend de r Weimare r Zei t veröffentlicht e Arbeite n zu r Schuldproblemati k bewegten40. »Die Vorgeschichte de s Weltkrieges schreiben« , da s hieß für di e Schuld forscher vo r allem, »di e Geschichte dreier gewaltige r Feindschafte n schrei ben, dere n gemeinsame s Zie l Deutschlan d war . Den n au s de n dre i Feind schaften Frankreichs , Rußland s un d Englands , di e ein e nac h de r andere n dem aufstrebenden Deutschlan d des neunzehnten und zwanzigstenjahrhun derts erwuchsen, is t der Weltkrieg entsprungen. «41 Jeder dieser Staaten hatte nach de r Auffassun g de r Weimare r Forschun g bewuß t ein e Politi k betrie ben, die ihn zwangsläufig i n eine Gegnerschaft zu m Deutschen Reich führen mußte. Al s die älteste »Feindschaft « gal t de r Gegensatz zwischen Deutsch land und Frankreich. Di e französische Vorkriegspoliti k se i von dem Gedanken der Vergeltung fü r die Niederlage im deutsch-französischen Krie g 1870/ 71 gepräg t gewese n un d hab e al s zentrale s Zie l di e Rückeroberun g Elsaß Lothringens verfolgt . Au f der anderen Seit e habe sich Rußlan d nac h seine r Niederlage gege n Japa n 1904/0 5 zunehmen d vo n Asie n ab - un d Europ a zugewandt. Da s Zarenreich sei zum einen bestrebt gewesen, Konstantinope l und die Dardanellen de m russischen Herrschaftsbereic h einzuverleiben , u m den Zugang zu m Mittelmee r z u öffnen; zu m andere n hab e es sich bemüht , die Hegemoni e übe r di e slawische n Völke r au f de m Balka n z u erreichen . Beide Ziel e seie n nu r mi t de m Mitte l de s Kriege s durchsetzba r gewesen . Vorsichtiger fiel das Urteil über die jüngste »Feindschaft « aus , den deutsch englischen Gegensatz. Man gab durchaus zu, daß die Außenpolitik London s weniger auf einen Krieg ausgerichtet gewesen sei als die der übrigen Gegner, und daß es Möglichkeiten fü r eine Verständigung gegeben habe. Gescheitert seien diese Ansätzejedoch hauptsächlich an England, da s Deutschland lediglich al s Bundesgenosse n fü r de n Kamp f gege n Rußlan d hab e gewinne n wollen. Di e deutsche Flottenpoliti k hab e die Gegnerschaft zwa r verstärkt , nicht aber verursacht. Ers t nach dem Scheiter n de r deutsch-britischen Ver handlungen se i England au f Frankreich un d Rußlan d zugegangen , u m mi t deren Hilf e de n wirtschaftliche n Konkurrente n Deutschlan d z u »ver nichten«42. Das Deutsch e Reic h un d Österreich-Ungar n hingege n verfolgte n vo r 1914 nach Meinung de r Publiziste n un d Historiker kein e politischen Ziele , die allei n durc h eine n allgemeine n Krie g hätte n erreich t werde n können . Besonders Deutschland sei in erster Linie an der Erhaltung des Bestehenden 56 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
gelegen gewesen , d a ein Krie g de n 1870/7 1 geschaffenen Nationalstaa t nu r hätte gefährde n können . U m dies e Thes e eindrucksvol l z u untermauern , verwies ma n au f wenigstens vie r strategische Gelegenheiten , di e das Reich hätte nutzen können, seine Nachbarn im Osten wie im Westen ohne größere Risiken anzugreifen. Ein e erste Möglichkeit habe während der Faschodakri se bestanden, al s sich die englisch-französischen Beziehunge n in einer derartigen Krise befunden hätten , da ß bei einem deutschen Angrif f gegen Frank reich ein e Interventio n England s nich t z u befürchte n gewese n sei . Ein e zweite Gelegenheit, Frankreic h zu schlagen, glaubt e man 1904/05 zu erkennen. Rußlan d se i damal s durc h sein e Niederlag e i n de r Mandschure i un d durch die Februarrevolution z u sehr geschwächt gewesen , Frankreic h mili tärisch z u unterstützen . Da s gelt e dritten s fü r di e Jahre 1908/09 . Hätt e Österreich-Ungarn z u diese m Zeitpunkt , di e bosnische Kris e ausnutzend , das imme r noc h schwach e Rußlan d angegriffen , wär e Deutschlan d ei n Vorgehen i m Weste n leich t gefallen . Ein e vierte Möglichkei t zu r Nieder werfung Frankreich s hab e sic h währen d de r zweite n Marokkokris e 191 1 geboten, d a die Aufrüstung de r Gegner noch nicht beendet gewesen sei, und Deutschland zu diesem Zeitpunkt keinen Einfall Rußlands in Ostpreußen zu befürchten brauchte 43. I m übrige n versuchte n di e Schuldforsche r nachzu weisen, da ß weder das Verhalten Deutschlands auf den Haagerr Friedenskonferenzen vo n 189 9 und 190 7 noch sein e Expansio n nac h Überse e de n Vorwurf rechtfertige , e s hab e ein e extre m imperialistisch e un d militaristisch e Politik betrieben . Dagege n sprech e scho n allei n di e relativ e un d absolut e militärische Unterlegenhei t de s Reiche s gegenübe r de n Ententestaaten . Ebenfalls zurückzuweisen se i die These vom kriegerischen Wese n der Deutschen. Di e »gesellschaftlich e Vorzugsstellung « de s Militär s deut e keines wegs auf eine Militarisierung Deutschland s hin; sie erkläre sich vielmehr aus der Geschichte und dem Charakte r de s deutschen Volkes , da s einen besonderen »Sin n fü r Über - un d Unterordnung « besitze . Wa s dahe r »vo n de n Vorwürfen gege n Deutschland « übri g bleibe , se i »nich t de r kriegerische , sondern de r friedlich e ›Furo r teutonicus‹ , jene ungeheur e Kraftentfaltung , vor de r freilic h Völker n mi t behaglichere m Lebensideal e bang e werde n konnte«44. Einigkeit bestan d i n de r deutsche n Schuldforschun g weitgehen d auc h dann, da ß Rußlan d un d Frankreic h diejenige n Kräft e gewese n seien , di e in der Julikrisc den allgemeinen Krie g gewollt und herbeigeführt hätten . Beid e Mächte trügen die Hauptverantwortung fü r die Entstehung der Katastrophe von 1914 . Rußlan d hab e durc h sein e Gcneralmobilmachun g de n Krie g unvermeidlich gemacht ; sein e aggressiv e Politi k se i vo n Frankreic h maß geblich unterstützt , j a soga r initiier t worden . D a England Petersbur g kei neswegs mit der notwendigen Entschiedenhei t zum Einlenken geraten habe, liege auc h hie r ei n gewisse s Ma ß a n Mitschuld . Di e Verletzun g de r belgi schen Neutralität durch Deutschland habe London lediglich als Vorwand für den Kricgscintrit t gedient ; entscheiden d se i vielmeh r da s Moti v gewesen , 57 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
eine zweit e Niederlag e Frankreich s z u verhindern. Dagege n hätte n Öster reich-Ungarn un d Deutschlan d eine n Weltkrie g au f jeden Fal l vermeide n wollen un d seie n dahe r vo m Vorwur f de r Kriegsurheberschaf t freizuspre chen. Dies gelte vor allem für die deutsche Reichsleitung, di e den Bundesgenossen nac h de m Bekanntwerde n de r serbische n Antwor t au f da s öster reichische Ultimatum gedräng t habe, sich mit einem diplomatischen Erfol g oder - bi s zur Erfüllung de r Bedingungen durch Serbien - mi t der Besetzung Belgrads un d Umgebun g z u bescheiden. Hinz u komme , da ß Deutschlan d alle geeignete n Vermittlungsvorschläg c de r englische n Regierun g mi t Nachdruck befürworte t un d mi t seine r frühzeitige n Kriegserklärun g a n Rußland nur der Gefahr eines Zweifrontenkrieges hab e ausweichen wollen. Entscheidend für den kriegerischen Ausgang de r Julikrisc seien jedoch nicht die deutschen Kriegserklärunge n gewesen ; vielmeh r hab e die russische all gemeine Mobilmachun g de n Ausschla g gegeben : »Da ß dies e Mobilma chung unfehlba r de n Krieg nac h sich ziehen müßte, darübe r ware n sic h die führenden Männe r in Paris und Petersburg ebenso klar wie in Berlin. « 45 Die Weimare r »Unschuldskampagne « wär e kau m s o erfolgreich gewe sen, hätten nicht namhafte ausländische Wissenschaftler un d Publizisten di e Thesen de r deutsche n Schuldforsche r unterstützt . Ihr e Arbeiten , di e aller dings in erster Linie innenpolitisch motivier t waren, wurden in vielen Fällen ins Deutsche übertragen un d durch die Organisationen de s Schuldrcferate s verbreitet. Überdie s stellt e ma n ihne n vo n deutsche r Seit e Materia l zu r Verfügung. Z u de n wichtigste n diese r ausländische n ›Unterstützer ‹ de r deutschen Schuldforschun g gehörte n di e Amerikane r Sidne y B . Fa y un d Harry E . Barnes , de r Englände r Edmun d D . More l sowi e de r Franzos e Georges Demartia l un d Matthia s Morhardt , ei n Schweizer , de r sic h abe r primär a n die französisch e Öffentlichkei t wandte 46. Je nac h de n nationale n Besonderheiten un d de n politisch-gesellschaftliche n Bedingungen , unte r denen ihr e Stellungnahmen entstanden , erfuh r dere n inhaltlich e Gestaltun g unterschiedliche Ausprägunge n un d erfüllt e verschieden e Funktionen . Di e Arbeiten vo n Barne s un d Fa y müsse n i m Rahme n de r »isolationistische(n ) Hochwelle der l920er Jahre« in den Vereinigten Staaten gesehen werden, die »dortige Historike r dazu verleitet hatte, einer empfänglichen Öffentlichkei t ›nachzuweisen‹, ma n hab e 191 7 durchau s z u Unrech t i n de n Weltkrie g eingegriffen, un d das erst noch auf der falschen, wei l eher stärker schuldigen Seite«47. Barne s wollte überdies bei seinen Landsleuten wi e bei den führen den Politiker n darau f hinwirken , da ß di e US A ihr e politisch e un d wirt schaftliche Mach t in Europa stärker als bisher zur Geltung brächten, u m die Reparationsverpflichtungen Deutschland s z u verringern . Beid e Wissen schaftler vertraten die Auffassung, da ß die dem besiegten Reich »i n Verblendung, Unkenntnis , Ha ß un d unte r de m Einflu ß vo n Vorurteile n de r Kriegspsychose« aufgezwungen e Schuldanklag e zurückgenomme n werde n müsse48. Währen d Fa y de n Krie g al s ein e Ar t »Unfall « interpretiert e un d dessen Entstehun g au s de n Widersprüchen de s europäische n Bündnissy 58 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
stems vo r 191 4 erklärte , lastet e Barne s di e Katastroph e fas t ausschließlic h Frankreich un d Rußlan d an : Inde m sic h da s Zarenreich nac h de m Attenta t von Sarajew o au f Dränge n seine s französische n Bundesgenosse n i n di e österreichisch-serbische Auseinandersetzun g eingeschalte t hab e - au s de r Sicht vo n Barne s ein e Politik , fü r di e e s kein e Rechtfertigun g un d kein e Entschuldigung gab- , hab e es den bis dahin noc h lokalisierbare n Konflik t ausgeweitet un d de n große n Krie g ermöglicht . Durc h di e au f de n Druc k Frankreichs zurückzuführend e Mobilmachun g Rußland s se i di e Kris e schließlich auf ihren Höhepunkt getrieben und der Weltkrieg unvermeidlic h gemacht worden 49. Das Engagemen t vo n Morel , Demartia l un d Morhard t wurzelt e haupt sächlich in einer pazifistischen Haltung . Ihre n Arbeiten zur Kricgsschuldfra gc la g nich t zuletz t di e politisch-pädagogisch e Absich t zugrunde , a n de r Entstehung des Weltkrieges die verheerenden Folgen der Gehcimdiplomatic exemplarisch sichtba r z u mache n un d au f dies e Weis e di e Notwendigkei t einer Demokratisierun g un d verfassungsmäßige n Kontroll e de r auswärti gen Politik aufzuzeigen . Ih r Protest richtete sich meist gegen die Politik der eigenen Regierung , di e sic h entgege n de m Wille n de s Volke s a m Krie g beteiligt hätte. Schon seit Beginn des Jahrhunderts hatte Morel heftige Kritik an der englischen Außenpolitik geübt , vo r allem aber an der kleinen Gruppe konservativer Bcrufsdiplomatcn ; ihne n lastete er das Scheitern der deutschenglischen Verständigun g sowi e den Anschluß England s an die Entente an, der durch eine Reihe von Geheimabsprachen erfolg t sei . Wa r diese Haltung zunächst keinesfall s Ausdruc k eine r deutsch-freundliche n Einstellung , ent wickelte sic h au s seine r Oppositio n z u de n Gcrmanophobc n un d seine m Mißtrauen gege n di e Ententepoliti k schließlic h ein e gewisse germanophil e Position50. Inde m More l di e deutsche Vorkriegspoliti k vo n de m Vorwur f der Kriegshetze weitgehend freisprach , wollt e er in erster Linie den Kriegseintritt England s sowie die Aktivitäten jener konservativen Berufsdiploma ten diskreditieren . »De r Verra t vo n 1919« , wi e e r de n Versaille r Vertra g nannte, erschie n ih m al s direkt e Fortsetzun g de r Gehcimdiplomati c i m Kriege. Während das englische Volk die zahllosen Opfer und Entbehrungen in der Hoffnung au f sich genommen habe , fü r ein e bessere und friedlicher e Welt z u kämpfen , hätte n sein e Machthabe r eine n Friede n vorbereite t un d durchgesetzt, de r den Kei m neue r Konflikt e i n sic h berge : »De r Fried e ist nicht konstrukti v geworden , sonder n destruktiv . Stat t z u heilen , reiß t e r neue klaffende Wunde n in dem politischen Körpe r Europas.« 51 Ähnlich wie Morel hatte sich auch Morhardt bereits während des Krieges öffentlich gege n di e Außenpoliti k Frankreich s gewandt . Gege n End e de s Jahres 191 6 versuchte er zusammen mi t Miche l Alexandre , i n der »Lig a fü r Menschenrechte« eine n Antra g durchzusetzen , »de n Friede n au f eine n Schiedsspruch, ei n unanfechtbares Urtei l zu gründen«, sowi e auf die Rückgabe Elsaß-Lothringens zu verzichten52. Beid e waren Mitglieder der » Socicté d'Etudes Documcntaires et Critiques sur la Guerre«, de r führende Vertre59 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
ter der französischen Linke n angehörten un d die in den Jahren vo n 191 4 bis 1918 die au s ihre r Sich t z u star k vereinfachend e Thes e vo n de r deutsche n Allcinschuld angezweifel t hatte 53. Mi t Dcmartia l teilt e Morhard t di e Mei nung, da ß Rußland gemeinsa m mi t Frankreich un d England de n Weltkrieg herbeigeführt habe . Al s Hauptmotiv fü r die französische Kriegshetz e nannten beide Publizisten in ihren nach Kriegsende veröffentlichten Schrifte n den Wunsch, Elsaß-Lothringe n wiederzugewinnen . U m diese s Zie l z u errei chen, hab e di e Regierun g »de n Krie g ohn e Zustimmun g de s Parlament s unternommen un d au f de n Tisc h de s Parlament s da s Gclbbuc h niederge legt , . ., dessen Gaunereien keinen anderen Zweck verfolgen, al s dies Attentat au f unser e Verfassun g un d au f di e gesamt e Menschhei t z u verschlei ern« 54 . Au f de r Grundlag e diese r Überzeugunge n forderte n si e di e mög lichst umfassend e Revisio n de s Versaille r »Strafvertrag(es)« , de r vo n de n Siegermächten zu r »Züchtigung« Deutschland s geschaffen worde n sei 55. Die bishe r genannte n Aktivitäte n umfaßte n lediglic h einen , wen n auc h wesentlichen Aufgabenbereic h de s Kriegsschuldreferates . Mi t Hilf e eine s mächtigen Propagandaapparate s un d unte r Mitwirkun g zahlreiche r deut scher wie ausländischer Wissenschaftler und Publizisten sollte in der öffentlichen Meinun g de s In- und Auslandes die Auffassung durchgesetz t werden , daß der Krieg dem Reiche aufgezwungen worde n sei. Das Ziel der Offensive war es , di e moralisch-sittlich e Berechtigun g deutsche r Revisionspoliti k nachzuweisen. Danebe n bildete das Schuldreferat auc h noch eine Art amtliche Zensurbehörde. E s überwachte sowohl die verschiedenen Publikations vorhaben der an der »Unschuldskampagne« beteiligte n Persone n und Institutionen als auch die Arbeit des parlamentarischen Untersuchungsausschus ses für di e Schuldfrage n de s Weltkrieges. A n den getroffene n Maßnahme n wie an den Eingriffen i n die Diskussion dieses Gremiums läßt sich exemplarisch nachweisen, i n welch hohe m Maß e das Schuldreferat fü r das Ausbleiben einer kritischen Auseinandersetzun g mi t der deutschen Vorkriegspoliti k in de r Weimare r Zei t verantwortlic h war . Da ß de m Untersuchungsaus schuß ständi g Hinderniss e be i de r Erfüllun g seine r Aufgabe n i n de n We g gelegt wurden , wo g u m s o schwerer, al s die Zeitgenossen a n das Ergebnis seiner Arbeit die größten Erwartungen knüpften . Besonder s hervorzuheben ist dabei zum einen die Weigerung de s Auswärtigen Amtes , de n Ausschußmitgliedern Zugan g z u de n Akte n zu r Vorgeschicht e de s Weltkriege s z u gewähren. Ma n fürchtete nicht zuletzt eine Publikation der Randbemerkungen Wilhelms II. sowie ehemaliger führende r Politike r und Militärs, die ein ungünstiges Lich t auf die deutsche Politi k hätte n werfe n können . Ebenfall s verwehrt wurd e de n Mitgliedern de s Ausschusses di e Einsicht i n das Rohmanuskript de r »Große n Politik« ; da s lag vo r allem auch an den Herausgebern, namentlic h a n Thimme , di e ängstlic h übe r ihr e Herausgeberrecht e wachten. Si e waren allenfalls bereit, au f gezielte Fragen zu antworten und in Ausnahmefällen einig e Aktenstücke zur Verfügung z u stellen. Zum anderen bemühte sic h da s Auswärtige Am t erfolgreic h darum , da ß fas t ausschlicß 60 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
lich Gutachten mit »apologetischem « Charakte r der Öffentlichkeit zugäng lich gemacht wurden. Di e wenigen kritischen Stellungnahme n konnten nur stark gekürz t un d abgeschwächt ode r gemeinsam mi t Gegengutachten pu bliziert werden . I n einige n Fälle n gelan g e s sogar , ein e Veröffentlichun g ganz zu verhindern 56. Besondere Beachtun g verdien t di e Unterdrückun g de s Gutachtens , da s der Rechtswissenschaftle r Herman n Kantorowic z angefertig t hat 57. Mi t ausdrücklicher Billigun g vo n Außenministe r Streseman n verzögert e di e Wilhelmstraße de n Veröffentlichungstermi n de r Arbeit , di e dem Untersu chungsausschuß bereit s 192 3 vorgelegen hatte , s o lange, bi s sie schließlic h wegen de r durch di e Machtübernahme de r Nationalsozialisten veränderte n politischen Verhältniss e nich t meh r erscheine n konnte . Außerde m mußt e Kantorowiez große berufliche Nachteile in Kauf nehmen. Der Grund für die Geheimhaltung war , da ß Kantorowie z di e Vorkriegspolitik de s Deutsche n Reiches un d desse n Bundesgenosse n Österreich-Ungar n außerordentlic h scharf kritisiert hatte . E r wies im Unterschied zu anderen Sachverständige n nicht nur auf »Fehler« i n der Politik de r Mittelmächte hin, sonder n erklärte sie zu den Haupturhebern de s Weltkrieges. Au s dem Rahmen fiel das Gutachten überdies wegen de s wissenschaftlichen Zugriffe s de s Juristen Kantorowicz. Au s seiner Sicht gehörte die Erörterung diese s Themas nicht in den Aufgabenbereich de s Historikers, der lediglich Tatsachen festzustellen habe. Da es sich be i de r Schuldfrag c u m ein e normativ e Frag e handele , se i ihr e Klärung ein e Angelegenhei t fü r de n Rcchtswissenschaftler . Di e Vorge schichte und Entstehun g de s Weltkrieges untersuchte Kantorowicz in Analogie zu einem Strafprozeß . Dabe i entwickelte e r ein differenziertes Syste m juristischer Tatbestände , di e von der »Friedensgefährdung « bi s zu verschiedenen Formen de s »Friedensbruches « reichten . De r Tatbestand de r Kriegsurheberschaft wa r seiner Meinung nac h dann erfüllt, wen n sich eine Nation oder ein Politike r sowohl de s »nicht gerechtfertigte n Friedensbruche(s) « al s auch einer »bloße n Friedensgefährdung« schuldi g gemacht hatten 58. Kantorowicz gelangt e z u dem Ergebnis , da ß Deutschland , insbesonder e de r »nu r vermindert zurechnungsfähige« Kaise r bereits vor 191 4 eine friedensgefähr dende Politi k betriebe n hätten 59. Auc h wen n da s Reic h nich t nac h de r Weltherrschaft strebte , hab e e s doc h al s einzige r unte r de n europäische n Staaten die stärkste Land- und Seemacht werden wollen. Di e größte Gefahr sei dabei von der gegen Englan d gerichteten deutsche n Flott e ausgegangen. Zwar sei die Donaumonarchie de r Haupturheber des Krieges, d a sie im Juli und Augus t 191 4 Serbie n vorsätzlic h angegriffe n habe ; Deutschlan d trag e jedoch ein e gewiss e Mitschuld : E s hab e da s aggressiv e Vorgehe n seine s Bundesgenossen unterstütz t sowi e eine n Angriffskrie g gege n Frankreic h und Rußland angestrebt und damit den allgemeinen Krie g fahrlässig herbei geführt60. Das hie r angeführt e Beispie l zeigt , wi e wirksa m da s Auswärtig e Am t seine Kontrolle über den parlamentarischen Untersuchungsausschu ß ausüb61 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
te. U m di e öffentlich e Meinun g de s Auslande s z u beeinflusse n un d di e angestrebte revisionspolitisch e »Einheitsfront « i n Deutschland nich t zu gefährden, wurde n besonder s kritische , abe r auc h allz u apologetisch e un d national orientiert e Stellungnahme n zu r deutschen Vorkriegspoliti k unter drückt. Nac h auße n bestan d dies e Strategi e ihr e Bewährungsprob e jedoch nur i n geringe m Umfange . Da s gil t insbesonder e fü r Frankreich , w o di e Öffentlichkeit scho n sehr früh auf den offiziösen Charakte r der Zentralstelle und de s Arbeitsausschusse s aufmerksa m wurde 61. Di e historiographisch e Auseinandersetzung übe r die Ursache n de s Weltkrieges dürft e dor t zude m eher durch Forscher wie Pierre Rcnouvin geprägt worden sein. Er betonte in seinem bekannte n Wer k »Le s origines immediates de la guerre« di e Kriegsbereitschaft Deutschland s und Österreich-Ungarns. Ohn e die Politiker de r Ententestaaten - vo r allem Rußland s - kritiklo s z u verteidigen, betrachtet e der französische Historike r die Mittelmächte als die Haupturheber des Weltkrieges. D a beide Staaten auf das Mittel de r Gewalt zur Durchsetzung ihre r Ziele keinesfalls hätte n verzichten wollen, fall e ihnen der entscheidende Teil der Verantwortun g fü r di e Entstehun g de r Katastroph e vo n 191 4 zu 62. I n den Vereinigten Staate n sahen zwar die Öffentlichkeit un d mit ihr die Presse das Deutsch e Reic h imme r noc h al s Haupturheber de s Weltkrieges an ; di e historische Forschun g abe r hatte diese These weitgehend aufgegeben . Ma n wird diese n Teilerfol g nich t zuletz t de m außerordentliche n Engagemen t von Barne s un d Fa y zuschreibe n müssen . Nac h Meinun g vo n Stefa n T . Possony war aber auch dies nur möglich durch die große Unterstützung von sciten de s Schuldreferate s un d de r Zentralstelle 63. I n Englan d fande n di e Unschuldsthesen eine s Publiziste n wi e More l hauptsächlic h be i liberale n oder pazifistisc h orientierte n Intellektuelle n un d i n Kreise n de r Labour Partei Gehör 64. Nach inne n wa r di e »Unschuldskampagne « insofer n erfolgreich , al s di e Mobilisierung weite r Teil e de r deutsche n Bevölkerun g un d nahez u alle r politisch-gesellschaftlichen Gruppierunge n gegen den Versailler »Schmach frieden« gelang . E s bestan d ei n breiter Konsen s übe r di e Notwendigkei t einer umfassende n Revisio n de s Vertragswerkes . De r Artike l 23 1 wurd e zum Symbo l fü r den Strafcharakte r de s Versailler Friedens . Di e unvermindert heftige Ablehnung dieses »Kriegsschuldartikes« verlie h dem deutschen Protest sein e moralisch-sittlich e Berechtigun g un d dami t sein e politisch e Stoßkraft. Ein e Folg e de r starke n Emotionalisierun g de s Kampfe s gege n Versailles war , da ß ein e kritisch e Auseinandersetzun g mi t de r deutsche n Revisionspolitik fas t unmöglich wurde : »S o konnte sie zu einer Art Fetisch werden, de m jeder Kanzle r sein e Reverenz erweisen mußte , wen n er Wert auf Gefolgschaftstreu e legte . We r die s nich t i n ausreichende m Maß e tat , konnte i m Reichsta g nich t mi t Zustimmun g ode r auc h nu r Tolericrun g rechnen.«65 Vo r diese m Hintergrun d wir d verständlich , da ß di e Verurtei lung der »Kriegschuldlüge « un d der »Versklavung« zu m »Ritua l parlamen tarischer Reden« gehörte , dem sich auch die Sozialdemokraten beugten ; nur 62 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
so glaubten si e dem von den Rechtsparteien erhobene n Vorwur f entgegenwirken z u können , di e SP D handel e ›unnational‹ 66. I n ähnliche r Weis e verwiesen Vertrete r de r liberale n Parteie n au f ih r Engagemen t i n de r Kriegsschuldfrage, u m de n Make l mangelnde r Nationalgefühl e durc h pa triotische Rhetori k abzustreifen . Mi t Rech t ha t Han s Mommse n au f di e Gefährlichkeit eine r solche n »Politi k schleichende r nationale r Konzessio nen« hingewiesen . Si e hab e i n de r Weimare r Zei t vo r alle m di e liberal e DDP »au f die schiefe Lini e einer hoffnungslos werdende n Konkurren z mi t der nationalistischen Rechten « gedrängt 67. Als das Auswärtige Am t zu Beginn de r zwanziger Jahre die »Unschulds kampagne« i n Gan g setzte , wa r di e Disziplinierun g de r Rechtsparteie n eines ihrer wesentliche n Motiv e gewesen . E s lassen sich jedoch gewichtig e Argumente fü r di e Thes e anführen , da ß di e Propagandaoffensiv e gege n Versailles di e nationalistische Recht e und ihre Anhängerschaft ehe r begün stigte. Di e Leugnung nahez u jeglicher Schul d des kaiserlichen Deutschlan d am Kriegsausbruc h 191 4 führt e zu r Tabuisierun g un d Idealisierun g de r jüngeren deutsche n Geschichte . Au f dies e Weis e wurd e da s ohnehi n äu ßerst brüchig e Selbstbewußtsei n Weimar s zusätzlic h geschwächt : »Nich t die politische Gegenwar t wa r e s daher, au f die sich allgemeines politische s Handeln richtete , sonder n ihr e Überwindung , nich t di e Zukunft eine s demokratischen deutsche n Staatswesen s i n eine r freie n Völkergemeinschaft , sondern di e Wiederherstellun g eine r i m kollektive n Gedächtni s de r Deut schen glanzvol l vergoldete n Vergangenheit : ein e negativ e Utopie.« 68 Fer ner trug di e heftige Diffamierun g de s Versaille r Vertrage s al s eines »Straf friedens« de r Siege r zu r Unterdrückun g de s Besiegte n daz u bei , da ß di e militärische Niederlag e de s Reiches und die Zerstörung de r Siegeshoffnungen au s dem öffentliche n Bewußtsei n weithi n verdräng t wurden . De r da mit einhergehende Verlust a n politischem Realitätssin n förderte die Entstehung nationale r Illusionen , di e i n de r Forderun g nac h eine r Wiederbele bung traditionelle r deutsche r Großmachtpoliti k gipfelten . Dies e Entwick lung de r »politische n Kultur « i n de n zwanzige r Jahre n bildet e ein e de r Voraussetzungen fü r di e erfolgreich e Agitatio n de r politische n Rechte n und späte r auc h de r Nationalsozialisten : Ihne n dient e de r Protes t gege n »Schuldlüge« un d Versaille s »al s respektable , wei l ›national ‹ akzeptiert e Alibis« fü r de n Kamp f gegen di e bestehende demokratisch e Ordnun g un d den Weimare r Staat , de r e s angeblich versäumte , di e Deutsche n vo n de m »Schmachfrieden« z u befreien 69. Insofer n wa r di e psychisch e Abwehrhal tung, di e inner e Verweigerun g de s Friedensvertrage s durc h nahez u all e Deutschen ein e Wurze l fü r de n Aufstie g de s Nationalsozialismu s bezie hungsweise fü r da s Scheiter n de r Republik . Ma n wir d jedoch davo r war nen müssen, de n »Schatte n vo n Versailles« al s Ursach e für den Untergan g der demokratische n Ordnun g überzubewerten . Gewi ß ha t »›Versail les‹ . . . insgesamt ›systcmdcstabilisicrend ‹ au f die Weimarer Republi k ge wirkt«, sein e »Bedeutun g nich t nu r al s real e Belastung , sonder n auc h al s 63 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
psychologischer Faktor « wa r gege n End e der zwanzige r Jahre abe r relati v gering geworden 70. Unter de m Eindruc k de s Erstarken s nationalistische r Kräft e Anfan g de r dreißiger Jahre gewann die Kampagne gegen Versailles zunehmend militan te Züge. Besonder s die Zentralstelle un d der Arbeitsausschuß verschärfte n nicht zuletz t aufgrun d de s wachsenden Einflusse s rechtsorientierte r Kreis e ihre Propaganda. Si e richtete sich nicht mehr nur gegen di e »Schmachpara graphen« de s Friedensvertrages , sonder n bezo g all e zentrale n revisionisti schen Forderunge n deutsche r Politi k mi t ein : Hierz u gehörte n di e Beendi gung de r Reparationszahlungen , di e Wiederherstellun g de r militärische n Souveränität sowie die Rückgewinnung de r mit dem Friedensvertrag verlo renen Territorien. Di e Außenpolitik de r autoritären Regierunge n Brüning , von Papc n un d vo n Schleiche r wurd e eindeuti g unterstützt . Dies e Kanzle r hatten »i m Zeiche n de r weltwirtschaftlichen Kris e rigorose r al s zuvor un d im nationalstaatliche n Alleingan g di e Revisio n de r Versaille r Bestimmun gen zu erreiche n gesucht« 71. Nac h de r Machtübernahm e durc h di e Natio nalsozialisten verlore n di e Zentralstell e un d de r Arbeitsausschu ß weitge hend a n Bedeutung . Si e wurde n 193 7 aufgelöst . Di e Ursach e fü r diese n Wandel war die fundamentale Neuorientierun g de r deutschen Außenpoliti k seit dem Regierungsantritt Hitlers . Für ihn bildete die »angestrebte Liquidation de s Vertrag s vo n Versaille s nicht da s Endziel« , sonder n e r betrachtete sie »als Ausgangspunkt zu r Durchsetzung eigene r außenpolitischer Doktri nen - al s Mittel zum Zweck«72 . Gleichzeiti g verlor die öffentliche Schuldde batte an Brisanz. Di e nach 193 3 erscheinenden Untersuchunge n zu r Schuldproblematik wi e zur Vorgeschichte des Weltkrieges faßten i n der Regel den Forschungsstand frühererjahr e zusammen . Im Arbeitsausschuß konnt e und wollte man sich dem wachsenden politi schen Druc k vo n Seite n seiner rechtsorientierten Mitgliedsverbänd e imme r weniger widersetzen. Dies e bemühten sich darum, die ohnehin geringe Zahl der i m Arbeitsausschu ß tätige n Sozialdemokrate n auszuschalten . Danebe n verlangten si e stärker e Initiative n i m Kamp f gege n Versaille s un d ein e aggressivere Tonar t de r Propaganda . Vo r alle m dies e Forderun g stie ß au f positive Resonanz. In der Tat verschärfte der Arbeitsausschuß die publizistische Auseinandersetzun g u m de n Friedensvertrag . Hatt e ma n sic h bishe r meist darau f konzentriert , durc h Kriti k a n de r alliierten Kriegsschuldthes e die moralisch-sittliche Berechtigung deutscher Revisionspolitik nachzuwei sen, rückt e nunmehr die Formulierung konkrete r revisionistische r Ansprü che in den Vordergrund der Öffentlichkeitsarbeit. Auße r dem Protest gegen die im Young-Plan festgelegte n Zahlungsverpflichtunge n gal t das Interesse des Arbeitsausschusses hauptsächlich de r Wiederherstellung de r »völlige(n ) wehrpolitischen Gleichberechtigung « Deutschlands , der »Ausgleichung de r Rüstung« alle r europäische n Staaten 73. Gemeinsa m mi t de m »Kyffhäuser Bund« un d de r »Arbeitsgemeinschaf t fü r Deutsch e Wehrverstärkung « gründete der Arbeitsausschuß daher 1932 , kurz nachdem die deutsche Dele64 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
gation di e Genfe r Abrüstungskonferen z unte r Protes t verlasse n hatte , de n »Aufklärungsausschuß fü r national e Sicherheit« . Eindeuti g fü r di e au f »Wiedergewinnung de r Handlungsfreiheit « ausgerichtet e Revisionspoliti k der Präsidialkabinette eintretend, redete n ihre Repräsentanten einer Wiederherstellung traditionelle r deutsche r Großmachtpolitik da s Wort 74. Ein e der zentralen Forderungen der ins Leben gerufenen Organisatio n war folgerich tig di e Wiederaufrüstung Deutschlands . Ausgehen d vo n der Annahme, di e revisionspolitischen Zielsetzunge n de s Arbeitsausschusse s seie n mi t dene n der Nationalsozialiste n weitgehen d identisch , knüpft e di e Führungsspitz e des Verbandes schon 193 2 enge Beziehungen z u der Auslandsabteilung de r NSDAP an . Einzeln e Repräsentante n wi e Heinric h Schne e bekundete n öffentlich ihr e Sympathie für die Partei Hitlers. Nach 1933 hatte der Arbeitsausschuß folgerichti g auc h kein e Schwierigkeite n z u erwarten , personell e Umbesetzungen bliebe n aus . Mi t Unterstützun g hohe r NSDAP-Stelle n setzte er seine Propagandatätigkeit besonder s im Ausland fort. Sein e politische Bedeutung nahm jedoch immer stärker ab. Im Frühjahr 1937 wurde der Dachverband schließlic h aufgelöst . Diese s Datu m markier t insgesam t da s Ende de r »Unschuldskampagne« 75. A m 30 . Januar hatt e Hitle r i n eine r Rede vo r de m Reichsta g da s deutsche Schuldbekenntni s öffentlic h fü r un gültig erklärt : »Ic h zieh e . . . vo r alle m abe r di e deutsch e Unterschrif t feierlich zurück von jener damals einer schwachen Regierung wider besseres Wissen abgepreßte n Erklärung , da ß Deutschlan d di e Schul d a m Krieg e besitze.«76 Ebenfalls Anfan g 193 7 stellt e di e Zentralstell e ihr e Tätigkei t ein . Di e Auflösung de s Instituts fiel den Beamten des Schuldreferates u m so leichter, als si e sei t längere m stark e Zweife l a n de r Effizien z de r dor t geleistete n Arbeit hegten . Bereit s i n de r Endphas e de r Weimare r Republi k wa r e s zu Spannungen zwischen dem Auswärtigen Am t und der Zentralstelle gekommen. Ursach e dafür ware n ›Kompetenzüberschreitungen ‹ ihre s Leiters, Al fred vo n Wegerer , de r sic h nich t meh r allei n au f di e »wissenschaftlich e Behandlung« de r Schuldproblemati k beschränkt , sonder n i n zahlreiche n Artikeln di e Reparationsfrage erörter t hatte . Dor t vertrat Wegere r die Auffassung, da ß di e »Schuldfrage « auf s engst e mi t de r »Schuldenfrage « ver knüpft sei , un d da ß e s nich t angehe , wen n Deutschlan d jährlic h riesig e Zahlungen a n das Ausland leiste 77. Nac h de r Machtübernahme de r Nationalsozialisten verlor die Zentralstelle weithin an Bedeutung. Imme r weniger ausländische Historiker und Publizisten waren zur Mitarbeit bereit; überdies nahm das Interesse an Veröffentlichungen de s Instituts ab. Dennoc h konn ten die »Berline r Monatshefte « bi s 194 4 erscheinen. Di e dort veröffentlich ten Beiträg e galte n eine m zusehend s breitere n Themenkrei s al s dies bisher der Fall gewesen war. Di e »neuen Berliner Monatshefte«, schrie b Paul Herre im Januarheft 1937 , »solle n sic h . . . keinesweg s au f di e Entstehungsge schichte de s Weltkriege s beschränken . Ih r Arbeitsgebiet sol l vielmeh r de r Weltkrieg i m weiteste n Sinn e sein ; da s ungeheur e Weltgeschehen , i n dem 65 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
zwei geschichtlich e Zeitalte r sic h scheiden , Völkerschicksal e sic h erfüllen , jahrhundertealte Staate n zerbreche n un d neu e ins Leben treten , überaltert e soziale Ordnunge n zu m Sterbe n komme n un d neue Geistes - und Willens kräfte geboren werden und dessen eigentlicher tragischer Hel d das deutsche Volk ist.« 78 Die Umgestaltung de s politischen System s und die Neuorientierung de r Außenpolitik sei t 193 3 schlugen sic h auc h i n der historiographischen Aus einandersetzung übe r di e Vorgeschicht e un d Entstehun g de s Weltkriege s nieder. Mi t Rech t ha t Han s Herzfel d i m Jah r de r nationalsozialistische n Regierungsübernahme festgestellt , da ß die Schulddcbatte »allmählic h in das Stadium eines gewissen Beharrungszustandes « eintrete 79. Zwe i Jahre später sprach e r soga r vo n »eine r gewisse n Ermattung « de s Kampfe s gege n di e Schuldanklage i m ältere n Sinne 80. I n der Tat teilte n nahez u all e Schuldfor scher und Historiker die Überzeugung, da ß die Forschung i n der Weimarer Zeit die Ursprünge de s Krieges von 191 4 so gut wie vollständig aufgeklär t habe. Es komme nunmehr darauf an, die Ergebnisse zusammenzufassen un d einem breitere n Publiku m zugänglic h z u machen . Di e wenigen nac h 193 3 veröffentlichten Arbeite n zu m Ausbruc h de s Weltkrieges truge n dahe r zumeist den »Charakte r ziselierender Ergänzung « ode r waren Überblicksdar stcllungen, i n dene n nich t selte n de r Versuc h de r Popularisierun g de s wis senschaftlichen Erkenntnisstande s unternomme n wurde 81 . Besonder e Be achtung verdien t dabei die 193 9 erschienene Darstellung Wegerers , mi t der die Diskussio n ih r vorläufige s End e fand . Diese s zweibändig e Wer k fiel nicht nu r wege n seine s Umfang s au s de m Rahmen , sonder n auc h wege n seines zurückhaltenden Urteil s übe r di e Vorkriegspoliti k de r europäische n Großmächte. Di e gemäßigt e Positio n Wegerer s wir d ma n durchau s i m Zusammenhang mi t de r Erscheinun g sehe n müssen , da ß di e Schuldfrag e weitgehend ›uninteressant ‹ geworde n war . Wegere r erblickte die Ursachen für de n negative n Ausgan g de r Julikrise 191 4 nich t meh r i m Kriegswille n einzelner Staaten . De r Ausbruc h de s Weltkriege s wa r fü r ih n vielmeh r da s Ergebnis schicksalhafter Verstrickung . Trot z umfangreicher diplomatische r Friedensbemühungen hauptsächlic h vo n deutsche r Seit e sei es nicht gelun gen, di e Katastrophe z u vermeiden. »Hieri n lieg t di e besondere Tragik de s Geschehens. E s hing of t nu r an einem Faden , un d der Friede hätte erhalten bleiben können, un d doch war es immer gleichsam ei n Gesetz der Schwere, etwas Unergründliches , vielleich t vo n de r Vorsehun g Gewölkes , da s de n Frieden unaufhaltsam , di e z u schwache n Hemmunge n durchbrechend , i n den Krieg hinabsinken ließ.« 82 An di e Stell e de r herkömmliche n Schuldforschun g trate n i m Lauf e de r Zeit neu e Forme n de r Beschäftigun g mi t Versaille s un d de r Vorgeschicht e des Weltkrieges , di e de n Legitimationsbedürfnisse n de s nationalsozialisti schen Staates und seiner Gewaltpolitik besse r gerecht wurden. Ander s als in der Weimarer Zeit schalteten sich nach 193 3 zahlreiche Rechtswisscnschaft ler in die Diskussion über den Artikel 231 ein und stellten seine völkerrechtli66 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
che Verbindlichkei t i n Frage 83. I n den zwanzige r Jahren hatte n di e a n de r Debatte Beteiligte n solch e Überlegunge n weitgehen d ausgeblendet . Da s »Rüstzeug«, hatt e man argumentiert, da s »der Jurist in der Kricgsschuldfra ge zur Verfügung stellen « könne , sei insgesamt »nich t ausreichend, ein e den Ergebnissen de r historische n Forschun g entsprechend e praktisch e Lösun g des Problem s i m gegenwärtige n Zeitpunk t z u ermöglichen , . . . wei l da s Völkerrecht heut e noch nich t die Mittel geschaffe n hat , de n reinen Rechtsstand gegenübe r de m politische n Machtwille n durchzusetzen« 84. Nu n be gannen jedoch einig e Juristen, di e rechtlichen Möglichkeite n eine r einseiti gen Aufhebun g de s Artikel 23 1 zu erkunden. A m entschiedensten ha t Herbert Wißman n di e Ansich t vertreten , da ß auc h unte r völkerrechtliche n Gesichtspunkten di e Versaille r Anklag e jegliche r Grundlag e entbehre . Deutschland habe 1914 eine Politik betrieben, zu der es aufgrund de r damaligen Notwehr - un d Notstandslag c berechtig t gewese n sei , s o da ß di e Be hauptung vo n eine m deutsche n Angriffskrie g hinfälli g werde . Nachde m auch die rechtlichen Bedenke n gege n eine Widerrufung de s Schuldvorwur fes durch Deutschland beseitig t seien , müßten , folgert e Wißmann , di e Politiker die Revision dieser Bestimmung praktisc h durchsetzen. Mit der Regierungsübernahme Hitler s waren i n seinen Auge n di e machtpolitischen Vor aussetzungen fü r ein solches Vorgehen geschaffen 85. Darüber hinau s bemühte n sic h einig e Historike r un d Juristen, di e deut sche Geschichte von Versailles bis zur Machtergreifung Hitler s im nationalsozialistischen Sinn e zu interpretieren. De r »Führer« sollt e als Vollender der Geschichte des deutschen Nationalstaate s und als Vollstrecker des deutschen Volkswillens erscheinen. Fü r Werner Frauendienst, de r 1937 die Leitung des aus dem Schuldrefera t hervorgegangene n Historische n Referate s de s Aus wärtigen Amte s übernomme n hatte , wa r di e Versaille r Schuldanklag e ei n »Schlag der westlichen Demokratie n un d ihrer liberalistischen Weltanschau ung gege n alle s Deutsch e schlechthin« . E r sah i n de r Behauptun g vo n de r deutschen Kriegsschul d eine n Vorwand , unte r de m di e Siegermächte nac h der militärische n Niederlag e Deutschland s darangegange n seien , desse n gesamte Identität auszulöschen: »Si e kamen mi t ihrer Vernunftreligion un d ihrem Weltbeglückungsglauben , di e wi r al s Nor m nich t anerkennen . Si e haben die Verhältnisse der Völker untereinander verbürgerlicht. Si e nahmen uns unsere allgemeine Wehrpflicht, u m unsere soldatische Gesinnung auszurotten . . . Au s de m Kamp f für s Vaterlan d wollte n si e ei n Verbreche n machen.« Au s diesem Grund e sei die Politik Hitler s zu begrüßen, zuma l er allen Umstände n zu m Trot z Deutschlan d wiede r zu r Großmach t erhobe n und da s Versaille r Syste m endgülti g zerstör t habe . Dami t se i de r We g z u einem »gesunde n Neuaufba u Europas « freigeworde n un d jene »weltge schichtliche Wandlun g vollbracht , di e eine neu e Epoch e einleitet« 86. Ähn lich begrüßte der Rechtswissenschaftler Friedric h Berber das nationalsozialistische Vorgehe n be i de r Revisio n de s Versaille r Vertrages . E r betrachtet e die Erfolg e Hitler s al s Bestätigun g fü r da s Wirke n »objektiver « weltge 67 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
schichtlicher Gesetzmäßigkeiten un d für die überlegene Kraft de s deutschen Volkes: »Di e Weltgeschichte ist unerbittlich; sie läßt sich nicht betrügen wi e die eigene n Völke r ode r wi e de r geschlagen e Gegne r . . . Nu r i n eine m einzigen Fal l kann eine Ordnung Bestand haben: wenn sie objektiv, vo r dem unerbittlichen Foru m der Weltgeschichte . . . gerecht ist.« 87 Rückblickend läß t sic h feststellen , da ß eine r ruhigen , sachliche n un d offenen Diskussio n übe r di e Ursprüng e de s Weltkriege s i n de r Weimare r Zeit enge Grenzen gesetzt waren. Nicht das Bemühen um eine vorbehaltlose Klärung de r Kriegsursachen , sonder n di e Suche nach Argumente n fü r de n politischen Kamp f beherrschte durchweg di e historiographische Auseinan dersetzung. Di e eng e Verflechtun g vo n politische m Interess e un d Ge schichtsschreibung erklär t sic h zu m eine n au s de r subjekti v durchau s ver ständlichen Empörun g de r an der Debatte beteiligten Historike r und Publi zisten über die »Schmachparagraphen« de s Versailler Vertrages. Zum anderen gelan g e s amtlichen Stellen , insbesonder e de m Außenministerium , di e Weltkriegsforschung z u instrumentalisieren und sie zur Legitimierung deut scher Revisionspoliti k heranzuziehen . Halboffiziell e Propagandaorganisa tionen suchte n mi t de r Unterstützun g zahlreiche r Wissenschaftle r un d Pu blizisten i n der öffentlichen Meinun g di e Überzeugun g wachzuhalten , da ß die Versailler Anklag e historisc h unhaltba r sei; der Anspruch Deutschland s auf eine möglichst umfassende Revisio n des Friedensvertrages besitze daher eine unumstößliche moralisch-sittlich e Berechtigung . Ein e Folge der durch die »Unschuldskampagne « mobilisierte n nationale n Ressentiment s wa r die Entstehung eine s politischen Klimas , i n dem eine kritische Auseinanderset zung mi t der deutschen Vorkriegspoliti k kau m möglic h war , d a die Wider legung des alliierten Schuldvorwurfes ein e nationalpolitische Angelegenhei t ersten Range s darstellte . Zude m begünstigt e di e konstant e un d heftig e Ablehnung nahez u jeglichen Unrechts - un d Schuldbewußtsein s nich t zu letzt solch e Kräfte , di e unter de m Vorwand , di e deutsche Ehr e wiederher stellen zu wollen, au f die Neubelebung traditionelle r deutscher Großmacht politik hinarbeiteten . Sicherlic h zu weiten Teilen unbeabsichtigt förderte die »Unschuldskampagne« dami t di e Entwicklung eine r »politische n Kultur« , die de r nationalistischen , bal d auc h de r nationalsozialistische n Agitatio n fruchtbaren Bode n bot. De r politische Aufstieg diese r Kräfte bedeutete aber zugleich da s allmähliche End e der Kampagne. Unte r de r nationalsozialisti schen Herrschaf t wurd e di e Schuldforschun g alte n Stil s funktionslo s un d mit de r Auflösun g de r Propagandaorganisatione n schließlic h auc h institu tionell beendet . b) Kriegsschuldfrag e un d Geschichtswissenschaf t Die Geschichtswissenschaft beteiligt e sich maßgeblich am Kampf gegen den Versailler »Schmachfrieden« . Auc h wenn nur vergleichsweise wenig e ihre r 68 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Vertreter akti v i n den vo m Auswärtige n Am t eingerichtete n Institutione n mitarbeiteten1, bestan d doc h ein breiter Konsen s darüber, da ß die Zurück weisung de r alliierte n Kriegsschuldthes e geradez u ein e nationalpolitisch e Aufgabe fü r den Historiker sei. Angehörige fast aller politischen Richtungen verband die Ablehnung der im Friedensvertrag verankerten Anklage, di e als das moralisch-sittlich e Fundamen t de s Vertragswerke s galt . Au s solche n Beobachtungen wurd e i n de r wissenschaftliche n Literatu r de r Gegenwar t häufig de r Schlu ß gezogen , di e Weimarer Geschichtswissenschaf t hab e die Diskussion übe r di e Ursprüng e de s Weltkriege s au f di e Erörterun g de r These vo n de r alleinige n deutsche n Kriegsurheberschaf t verengt 2. Dies e Auffassung mu ß jedoch erheblich modifiziert werden . Bereit s einige zeitgenössische Historike r äußerte n Bedenke n gege n ein e einseitige Ausrichtun g der Weltkriegsforschun g au f di e Frag e nac h de r Schuld . Ein e derartig e Betrachtungsweise se i zu m eine n unwissenschaftlich , den n de r Begrif f der »Kriegsschuld« gehör e nich t i n de n Sprachschat z de r akademische n Ge schichtsschreibung; si e hab e vielmeh r mi t de n Kategorie n Ursache n un d Folgen z u arbeiten. Zu m andere n se i es politisch gefährlich , da s Verhalte n der in den Krieg verstrickten Staate n ausschließlich an moralischen Maßstä ben zu messen; das könne die Abwendung der Deutschen vom Machtstaatsgedanken fördern 3. Gerad e aber die Hoffnung au f ein Wiedererstarken de s deutschen nationale n Machtstaate s bestimmt e wesentlic h da s Engagemen t eines wichtigen Teiles der damals an den deutschen Universitäten lehrende n Historiker, Ih r historisch-politische s Denke n wa r i n starke m Maß e durc h die Überzeugun g geprägt , da ß Politi k vorrangi g Machtpoliti k sei , Ge schichte daher in erster Lini e ein Kampf von Staate n un d Nationen. Folge richtig hielte n dies e Geschichtswissenschaftler a n dem Axio m vo m Prima t der Außenpolitik fes t und richteten ihr Augenmerk hauptsächlic h auf diplomatisch-militärische Vorgänge , Ereigniss e un d Handlungen 4. Ausgehen d von de n genannte n politisch-gesellschaftliche n Perspektive n un d theore tisch-methodologischen Orientierungen , setzte n si e i m Vergleic h z u de n Schuldforschern besonder e Akzente . Di e Leitfrag e ihre r Untersuchunge n zur Vorgeschicht e un d Entstehun g de s Weltkrieges lautete , o b und inwie weit di e führenden Staatsmänne r de s Reiches ihrer Pflich t nachgekomme n seien, angesicht s de r Bedrohun g durc h di e europäische n Großmächt e i m Osten un d Weste n sowi e de r ›gcopolitisch ‹ schwierige n »Mittellage « di e Machtstellung Deutschland s z u sichern ode r soga r auszubauen . Dabe i ge langten sie zu dem Ergebnis, daß Wilhelm II. und seine Kabinette im Unterschied zu dem »genialen« Staatsman n Bismare k eine ziellose und unvorsichtige Außenpoliti k betriebe n hätten , di e da s Kaiserreic h zusehend s isolier t habe; dadurc h se i e s den Ententestaate n ermöglich t worden , Deutschlan d einen Krie g aufzuzwinge n un d es zu besiegen. Insofer n trüge n di e politisch Verantwortlichen i m wilhelminische n Reic h durchau s eine n Tei l de r Ver antwortung fü r de n Niedergang de s Nationalstaates i n den Jahren 191 4 bis 1918, jedoch keine Schuld im Sinne der Versailler Anklage 5. 69 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Ungeachtet alle r Meinungsverschiedenheite n übe r di e Beurteilun g de r jüngsten deutsche n Vergangenheit , di e meis t Ausdruc k unterschiedliche r politischer und wissenschaftlicher Perspektive n waren 6, bestan d in der Weimarer Geschichtswissenschaft weitgehen d Einigkeit darin, daß Deutschland vom Make l de r Kriegsurheberschaft befrei t werde n müsse . Nich t nu r konservativ un d national eingestellte Historiker, di e nach 1918/19 an die Traditionen de s Bismarekreiche s anzuknüpfe n versuchten , wiese n di e alliiert e Schuldanklage zurück; selbst entschiedene Kritiker des Kaiserreiches vertei digten di e deutsche Vorkriegspoliti k gege n di e Angriffe de r Siegermächte . In welc h hohe m Maß e da s Bemühe n u m di e Entlastun g de r deutsche n Außenpolitik vorherrschte, läßt sich am Beispiel von Adalbert Wahl, Johannes Ziekursch und Fritz Hartung verdeutlichen, di e unterschiedlichen politi schen und auch wissenschaftlichen Positione n nahestanden 7. Al s Exponen t des deutschnationale n Flügel s de r Historikerschaf t kan n Wah l gelten , de r wie kau m ei n andere r zeitgenössische r Geschichtswissenschaftle r di e Ge schichte des deutschen Nationalstaate s seit 187 1 verherrlicht hat . Mi t Rech t nannte Han s Herzfel d sein e Deutun g ein e »konservativ e Verklärung « de s Bismarckschen Reiches , i n de m Wah l sowoh l ei n »Bollwer k gege n de n Siegeszug de r demokratische n Ideen « al s auc h eine n Hor t de s Frieden s erblickte8. Durc h seine maßvolle Politik habe es »den Frieden zwischen den europäischen Großmächte n au f 43 Jahre hinaus aufrecht erhalten , de n längsten Frieden , de n Europ a je gesehe n hat : e s war ei n deutsche r Frieden , da s Geschenk de s neue n Reiche s a n de n Weltteil« 9. Vo r diese m Hintergrun d erscheint e s nur folgerichtig , da ß di e Auseinandersetzun g mi t de r Schuld problematik fü r Wah l ein e nationalpolitisch e Aufgab e erste n Range s war . Den Einwand einiger seiner Kollegen, di e Erörterung vo n Schuldfragen se i unwissenschaftlich, lie ß e r nicht gelten : Imme r hab e die Forschung be i der Analyse der großen Krieg e auch die Frage nach der Verantwortung z u klären gesucht, di e zudem s o sehr Ausdruc k de s menschlichen Erkenntnisstreben s sei, da s man ihr gar nicht ausweichen könne . Voraussetzun g jedoch fü r di e geschichtswissenschaftliche Untersuchun g de r Schuldfrag e se i ein e genau e Bestimmung des Begriffes der »Kriegsschuld«. Dabe i gelte es, zwei Aspekte zu unterscheiden : De r Tatbestan d de r Kriegsurheberschaf t se i zu m eine n dann gegeben, wen n ei n Staa t außenpolitische Ziel e verfolge, di e allein mit kriegerischen Mittel n z u erreichen seien . Zu m andere n müss e ein e Natio n oder Regierun g schuldi g gesproche n werden , wen n sie , unabhängi g vo n ihren Motiven , eine n Krie g absichtlic h herbeigeführ t habe . Nu r wen n di e Analyse auf solchen Kategorie n aufbaue , könn e verhindert werden , da ß ein Staat belaste t werde , de r wi e da s Deutsch e Reic h vo r 191 4 lediglic h ein e »ungeschickte« Politi k betriebe n habe 10, Wahl s Forschungsergebnis lautet e denn auch, daß Deutschland keinerlei Schuld, ja nicht einmal eine Teilschuld am Kriegsausbruc h 191 4 trage. Nicht s sei so sicher, »al s daß wir de n Krieg nicht gewollt haben . . . , von dem albernen Gerede von Weltherrschaftsplä nen hie r gan z z u schweigen« 11. Di e Vorkriegspoliti k de r Ententestaatc n 70 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
dagegen verurteilt e Wah l mi t außerordentliche r Schärfe . Di e französisch e Revanchepolitik, z u dere n Ziele n e r de n Erwer b Elsaß-Lothringens , di e Wiederherstellung de r Waffenehre, di e Unterjochung Deutschland s und die Zerstörung seine r nationalen Einhei t zählte, habe nur durch die gewaltsame Niederwerfung de r Mittelmächt e durchgesetz t werde n können . Desglei chen sei der Panslawismus des Zarenreiches stets kriegerischer Natur gewesen. D a England sein e Bundesgenosse n nich t vo n ihre r Politik de r Kriegshetze abgehalten , sonder n ihne n vielmeh r sein e Beteiligun g a m Krieg e i n Aussicht gestell t habe, se i es für die Katastrophe des Weltkrieges mitverant wortlich. Diese r Vorwur f müss e auc h gege n Österreich-Ungar n erhobe n werden. Di e Donaumonarchi e hab e de n europäische n Krie g zwa r nich t angestrebt, abe r durch ihr Vorgehen gegenübe r Serbie n die Kriegskrise des Jahres 191 4 erheblic h verschärft 12. Angesicht s diese r These n Wahl s wir d man keinesfalls die Auffassung teile n können, daß sich erst Ende der zwanziger Jahre ei n fundamentale r Wande l i n de r deutsche n Weltkriegshistori e vollzogen habe : »Bestan d zunächs t di e Absicht, di e These von de r ›Allein schuld‹ Deutschland s am Krieg e zu widerlegen, s o traten jetzt imme r mehr Bestrebungen i n de n Vordergrund , jeglich e Schul d de r deutsche n Regie rung abzuleugnen.« 13 Solch e »Alleinunschuldsthesen « wurde n vo n Teile n der Weimare r Geschichtswissenschaf t bereit s sei t Begin n de r zwanzige r Jahre vertreten 14. Aus de r Fede r de s gemäßigt rechts-konservative n Historiker s Frit z Hartung, de r sic h de r Weimare r Republi k zeitweili g annäherte , stammt e di e damals vielleicht einflußreichste Arbei t über das Kaiserreich. Werne r Conze zufolge ha t si e »di e überwiegend e Einstellun g de s 191 8 erschütterten, au f längere Sich t abe r dan n doc h nich t nu r rückwärt s gewandte n konservativ liberalen Bürgertum s bestätig t un d beeinflußt« 15. D a Hartung de n Weimarer Staa t al s instabi l un d zude m vo n auße n bedroh t ansah , wollt e e r de n Deutschen neue s Selbstvertraue n vermitteln , inde m e r di e Leistunge n vo n Staat un d Vol k sei t de r Reichsgründun g würdigte . Hierz u zählte er besonders die Wiedergeburt des Reiches im Jahre 1871, die nicht etwa das Ergebnis von »Libertät « gewesen , sonder n allei n durc h de n »feste n staatliche n Ba u des brandenburgisch-preußische n Staates « ermöglich t worde n sei 16. Da s Ideal, a n de m Hartun g sei n historisch-politische s Denke n orientierte , wa r der nach außen wie nach innen machtvoll un d gebietend auftretende Natio nalstaat. Au s politischen Motive n setzt e er sich auch mi t der Schuldproblematik auseinander , d a von ihrer Klärung da s künftige Schicksa l de r ganzen Nation abhänge. Sein e Bedenken, da ß die Erörterung der Schuldfrage nicht in de n Arbeitsbereic h de s Historiker s gehör e - diese r se i kei n »Sittenrich ter«, de r »moralisch e Werturteil e abzugeben « hab e - stellt e e r zurück 17. Grundlage seine r Erörterunge n wa r di e Auffassung , da ß de r Kriegsursa chenforscher danac h frage n müsse , welch e Regierun g de n Krie g unver meidlich gemacht, nich t aber danach, we r den Krieg erklärt habe. In diesem Sinne versucht e Hartun g nachzuweisen , da ß di e Ententestaate n da s Deut 71 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
sche Reic h vo r 191 4 systematisc h »eingekreist « un d i n de r Julikrise de n Weltkrieg zu r Durchsetzung ihre r weitgespannten Interesse n entfesselt hät ten. Al s di e beide n treibende n Kräft e de r »Einkreisungspolitik « nannt e Hartung Rußlan d mi t seine m expansive n Panslawismu s un d England , da s die weltpolitische n Aspiratione n Deutschland s hab e unterbinde n wollen , um keinen Konkurrenten zur See aufkommen z u lassen. Di e Unterstützung des revanchesüchtigen Frankreic h se i ihnen dabei siche r gewesen. All e drei Mächte hätte n i n de r de m Attenta t vo n Sarajew o folgende n Kris e ein e günstige Gelegenhei t erblickt , de n lang e ersehnte n Krie g herbeizuführen . Die politische und militärische Führung des Deutschen Reiches habe hingegen »da s Schwert nu r aus Notwehr« ergriffen , »u m i m letzten Augenblic k noch zu versuchen, o b die Schlinge, di e Deutschland z u erdrosseln drohte , nicht zerrissen werden könne, aber nicht zum Krieg um die Vorherrschaft in der Welt, ja selbs t ohne rechten Glauben an den Erfolg« 18. D a Deutschland im Unterschie d z u den Ententestaaten wede r ein positives Kriegszie l besessen noch imjuli un d August 191 4 auf einen Krieg hingearbeitet habe, müsse es von jeder moralischen Kriegsschuld freigesprochen werden . Während Wah l un d zu m Tei l auc h Hartun g di e Weimare r Republi k ablehnten, stan d Ziekursch ihr positiv gegenüber . E r gehörte zu jener Min derheit bürgerliche r Professoren , di e von liberale n Positione n he r die politisch-gesellschaftlichen Gründ e fü r da s Scheiter n de s Reiche s erforsche n wollten19. Dabe i verwies Ziekursch vor allem auf die versäumte Liberalisierung un d Parlamentarisicrung. Da s Bismarcksche Reic h sei an den »unaus geglichenen Widersprüche n zwische n de m alte n Preuße n un d de m neue n Deutschland, de n unerfüllbare n Aufgaben , di e de m Herrsche r di e Verfas sung stellte , un d de r Leistungsfähigkei t de r Dynastie, zwische n de r bevor mundenden Verfassun g un d dem die Welt erfüllenden demokratische n Zeit geist« zugrund e gegangen 20. Dies e kritische Perspektiv e ga b Ziekursch be i der Analys e der deutschen Vorkriegspoliti k jedoch fas t völli g au f I m Vordergrund seine r Betrachtunge n stande n politisch-diplomatisch e Vorgäng e und Handlungen , nich t abe r di e wirtschaftliche n un d gesellschaftliche n Hintergründe imperialistischer Politik . Karl-Geor g Faber hat diese Inkonsequenz mit dem Hinweis zu erklären versucht , da ß »di e zeitliche und sachliche Priorität de r deutschen Territorial - und der innerpreußischen Struktur geschichte« i n Zickurschs Wer k ei n Verständni s internationale r Politi k er schwert habe . Vo r alle m abe r se i di e Bildung eine s kritische n Urteil s übe r Deutschlands Roll e i n de r Vorgeschicht e de s Weltkrieges dadurc h verhin dert worden , da ß Ziekursc h be i alle r demokratische n un d prorepublikani schen Orientierun g ei n »durchau s positive s Verhältni s zu m kontinentale n Machtstaat« besesse n habe 21. Vo r diesem Hintergrund wär e auch verständlich, waru m e r - allerding s ohn e direk t au f di e Versaille r Schuldanklag e einzugehen - di e wilhelminisch e Außenpoliti k vehemen t gege n de n Vor wurf der Kriegsurheberschaft verteidigte . »Seitde m die europäischen Mächte i n zwe i Bündnisgruppe n geschiede n waren , lag« , lautet e ein e vo n Zie 72 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
kurschs zentralen Thesen, »ein e finstere Kriegswolk e über dem Erdteil. Jede Verschlechterung de r Lag e de r Mittelmächt e mußt e di e kriegslüsterne n Elemente in Rußland un d Frankreich stärke n und die Gefahr de r Entladun g des Unwetter s steigern.« 22 Fü r Ziekursc h ware n Rußlan d un d Frankreic h die Haupturheber de s Weltkrieges. Mi t Unterstützun g de r Franzosen habe das Zarenreich di e Julikrise 191 4 verschärft un d durch seine Generalmobil machung eine friedliche Lösung des Konfliktes verhindert. Al s Motiv für die russische Kriegshetze nannte Ziekursch besonders den Panslawismus. Ruß land hab e 191 4 einen Eroberungskrie g begonnen , desse n Ziel di e »Zusam menfassung alle r europäische n Slawe n un d alle r griechische n Katholike n unter russische r Führung « sowi e di e Einnahm e Konstantinopel s un d de r Meerengen gewese n sei 23. Leitgedank e de r aggressiven französische n Poli tik war nach Ziekursch die Revanche für die Niederlage gegen Deutschland. Da Englan d da s Zarenreic h nich t zu r Mäßigun g seine r Politi k gedräng t habe, trag e es eine gewisse Mitschuld . Di e Mittelmächte sprac h Ziekursc h vom Vorwur f de r Kriegsurheberschaf t frei , d a si e ausschließlich defensiv e Ziele verfolg t hätten . Da s Vorgehe n Österreich-Ungarn s gege n Serbie n erklärte e r mi t de m Hinweis , da ß di e Donaumonarchi e i m Interess e de r eigenen Machterhaltun g di e großserbisch e Bewegun g hab e zerschlage n müssen. Lediglic h Deutschlan d hab e ein e rein e Friedenspoliti k betriebe n und dabe i soga r di e Kriegsbereitschaf t de r Ententestaate n maßlo s unter schätzt. A m entschiedenste n verteidigt e Ziekursc h de n deutsche n Kaiser . Wilhelm 11 . hab e de n Krie g nich t gewollt , j a nich t einma l ernsthaf t i n Erwägung gezogen 24. Die Mehrzahl der deutschen Geschichtswissenschaftler konzentriert e sich auf die Analyse der Vorgeschichte des Weltkrieges, u m auf diese Weise den Versailler Schuldspruc h z u widerlegen. Mi t de r Anklag e selbe r beschäftig ten sic h nu r wenig e Historiker . Z u ihne n gehört e de r linksliberal e Haj o Holborn25. E r nahm di e Arbeite n vo n Pierr e Renouvi n un d Camille Bloc h zum Anlaß, di e Entstehung un d Bedeutung de s Artikel 231 zu untersuchen. Seinen französische n Kollege n unterstellt e Holbor n di e politische Absicht , den deutsche n Kamp f gege n jene n »Schmachparagraphen « al s gegen standslos darstelle n z u wollen ; si e seie n bestrebt , de n »i m französische n Volke wei t verbreitete(n) , vo n eine r Reih e führender Politike r genährte(n ) Glaube(n)« z u leugnen, »da ß man Deutschland in Versailles auch moralisch in die Knie gezwungen« habe 26. Holbor n betonte , da ß der Artikel 23 1 sehr wohl ein e pauschal e moralisch e Diffamierun g de r deutsche n Politi k vo r 1914 enthalte. Di e Siegermächte hätte n dies e Bestimmung i n das Vertragswerk aufgenommen , u m besonder s ihre überhöhten Reparationsforderun gen z u begründen . Dami t seie n Plän e verwirklich t worden , a n dene n di e Alliierten sei t 191 6 gearbeitet hätten. Scho n damals seien die Ententestaaten fest entschlossen gewesen , i m Falle ihres Sieges Deutschland zu »bestrafen « und ih r Vorgehe n mi t de r Behauptun g de r deutsche n Kriegsschul d z u rechtfertigen27. 73 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anläßlich de r Debatt e über die Thesen de r beiden französischen Wissen schaftler ga b Wilhelm Mommsen 28 zu bedenken, da ß ihre Veröffentlichun gen ein e Änderun g de r deutsche n Strategi e i m Kamp f gege n Versaille s notwendig machten , woll e ma n di e Glaubwürdigkei t de r eigene n Argu mentation nich t aufs Spiel setzen. I n seinen Auge n handelte es sich bei dem Vorstoß von Renouvin und Bloch um »ein e Art Rückzugsgefecht«, a n dem sichtbar werde , da ß »jen e primitive , i m Grund e nu r de r Kriegspsychos e entstammende Auffassung vo n Deutschlands Schuld oder ›Alleinschuld‹ im Kriege« auch im Ausland immer weniger Anhänger finde 29. D a als Folge der deutschen Aufklärungsarbei t nich t mehr davon gesprochen werde n könne , daß de r Krieg vo m Reic h langfristi g vorbereite t worde n sei , hätte n Bloc h und Renouvin die Anklagen auf eine neue, sichere Grundlage stellen wollen, indem si e jene Thes e durc h de n Vorwur f ersetzten , da ß Deutschlan d al s erster Staa t de n Krie g erklär t habe . Solche n Bemühunge n gelt e e s ebens o entgegenzuwirken wi e de r i n weite n Teile n de s Auslande s noc h imme r verbreiteten Überzeugung , da ß das Reich der Urheber des Weltkrieges sei. Daher schlug Mommsen vor , de n Artikel 231 und damit die »von ›pazifisti schcm‹ Standpunk t au s moralisierend e ›Schuldfrage‹ « au s de r öffentliche n Diskussion herauszuhalten : »I m Interess e nich t nu r de r historische n For schung, auc h im Interess e des Kampfes gege n alle Vorstellungen vo n deutscher ›Kriegsschuld‹ lieg t es, daß man sich nach Möglichkeit von der gesamten Fragestellung ›Schuld ‹ überhaup t einmal ablöst , un d das ganze Problem der Kriegsursache n s o sachlic h al s historische s Tatsachenproble m nimmt , wie nur irgend möglic h ist . Nu r dann wird es bei diesem selbstverständlic h von politische n un d nationalen Leidenschafte n untrennba r begleitete n Pro blem möglic h sein, entscheiden d voranzukommen.« 30 Bei de n Schuldforscher n stieße n di e These n de s angesehene n liberale n Historikers au f heftige n Widerspruch 31. Einig e Geschichtswissenschaftle r hingegen teilten Mommsens Auffassung, di e Vorgeschichte des Weltkrieges dürfe nich t ausschließlic h vo m Standpunk t politische r Mora l au s beurteil t werden. Z u de n zentralen Kategorie n ihre s historisch-politischen Denken s gehörte wenige r de r Begrif f de r »Schuld « al s vielmeh r de r Begrif f de r »Macht« beziehungsweis e de s »Staates « un d de r »Nation« 32. Dies e unter schiedliche Akzentuierung führt e wiederum z u abweichenden Fragestellun gen un d Urteile n be i de r Analys e de r Vorgeschicht e un d Entstehun g de s Weltkrieges. Kau m ein Historiker der Weimarer Zeit hat die verschiedenartigen Perspektive n de r Schuldforschun g einerseit s un d de r Geschichtswis senschaft andererseits deutlicher herausgearbeitet als Paul Herre. Die Aufgabe der Schuldforschung bestan d nach seiner Meinung darin, ausgehen d von den einzelnen i m Versailler Vertra g enthaltene n Anklagen , da s Quellcnma terial unte r de m Gesichtspunk t z u untersuchen , o b un d inwiewei t ein e Nation ode r Regierung i m Sinn e jener Anklage n schuldi g ode r unschuldi g sei. I n de n Blic k geriete n dahe r nu r solch e Ereignisse , Handlunge n un d Vorgänge, au s denen sich der bewußte Wille zum Krieg oder seine absichts74 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
volle Entfesselun g ableite n ließen . De r Historike r hingege n dürf e sic h mi t einer derartige n i m Grund e unwissenschaftliche n Vorgehensweis e nich t zufriedengeben. E r hab e vielmeh r nac h »jene r höhere n geschichtliche n Schuld« z u fragen, »mi t der der Auf- und Abstieg der Völker verknüpft« sei : »Die geschichtliche Schul d betrifft di e Verantwortung vo r der Nation, un d die Frage, au f die sie Antwort gibt , lautet : Entsprac h diejeweilige Entscheidung de r handelnden Staatsmänne r de n Interessen des von ihnen geführte n Staates un d Volkes ? Übe r all e Knegsschuldfrag e hinwe g wir d s o ers t di e eigentliche geschichtlich e Schicksalsfrag e aufgerollt. « Wa s für de n Schuld forscher ei n Bewei s de r Friedfertigkei t un d dami t de r Unschul d de r deut schen Regierung sei, nämlich ihre außenpolitische Zurückhaltung, erschein e vom deutsche n Nationalinteress e au s betrachtet al s schwerwiegendes Ver säumnis angesicht s de r Bedrohun g de s Reiches . Außerde m ga b Herr e zu bedenken, da ß di e Neigun g de s Schuldforschers , da s Verhalte n de r a m Kriege beteiligte n Staate n fas t ausschließlic h unte r moralische n Gesichts punkten z u bewerten , zu r »Züchtun g eine s falsche n Pazifismus « fuhre n könne, »de r sic h de r gesunde n geschichtliche n Ide e de r Mach t gänzlich « entfremde. Dies e Gefah r se i u m s o größe r be i eine m »s o grundsätzlic h geartet(cn)« Vol k wi e dem deutschen, da s zudem ein e »Staatsumwälzung « erlebt habe 33. Sowohl Herre s Hinweis auf die »höhere geschichtliche Schuld«, nac h der der Historike r frage n müsse , al s auc h sein e Warnun g vo r de r Entstehun g eines »falschen« Pazifismu s stelle n einen wichtigen Schlüsse l zum Verständnis de r geschichtswissenschaftliche n Diskussio n übe r di e Entstehun g de r Katastrophe vo n 191 4 dar . Zwa r vertrate n entschiede n konservati v un d national eingestellt e Historike r dies e Auffassunge n mi t besondere m Nach druck; doc h standen ihnen auch die verfassungstreuen Wissenschaftler-di e sogenannten »Vernunftrepublikaner « ebens o wie eindeutig prorepublikani sche Gelehrt e - nich t fern . Trot z unterschiedliche r politisch-gesellschaftli cher Überzeugungen verban d sie alle ein positives Verhältnis zum kontinentalen Machtstaat sowie die Hoffnung, da ß die deutsche Nation wieder einen angemessenen Plat z unter de n europäischen Großmächten , wen n nich t sogar unter den Weltmächten einnehme n werde 34 . Aufgewachse n zumeis t im Kaiserreich un d von den dort herrschenden Wertvorstellunge n maßgeblic h geprägt, wurde n si e durc h de n Ausgan g de s Weltkrieges , di e Revolutio n und den Versailler Vertrag in ihrem nationalen Selbstbewußtsein tief getroffen. Vo r allem der Verlust der deutschen Weltmachtstellung wirkt e traumatisch: »I m Begrif f de s Deutsche n Reiche s wa r fü r si e al s Zugehörig e de r Generation nac h Bismarc k ›Weltmacht ‹ unabdingba r enthalten.« 35 Wede r die Verzweiflun g übe r de n Stur z de r Natio n noc h di e Anerkennun g de r Republik durc h zumindest einig e Historiker führt e z u einer kritischen Aus einandersetzung mi t de n geistige n un d politische n Traditione n de r Ge schichtsschreibung. A m wenigsten wurde n di e Bismarcksche Außenpoliti k oder die »Bismarcksche Lösung « i n Frage gestellt. Inde m man den »Rcichs75 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
gründer« nunmeh r weniger als schnell zugreitenden Machtpolitiker denn als genialen un d umsichtigen Wahre r des europäischen Frieden s charakterisier te, fiel es um so leichter, seine n Nachfolgern Fehle r anzulasten36. Anstat t die vorsichtige Politi k Bismarck s fortzusetzen, hätte n die Vertreter des »Neuen Kurses« durc h ungeschickte s un d kurzsichtige s Taktiere n wi e durc h allz u große Kompromißbereitschaft da s Reich in die Isolierung getrieben , lautet e eine der zentralen Thesen der Weimarer Forschung. Nicht durch ein ›Zuviel‹ an Machtentfaltung, sonder n durch ein ›Zu\venig‹ se i Deutschland zugrun de gegangen . Insofer n gelangte n di e Historike r be i de r Such e nac h eine r Erklärung fü r das Scheitern deutscher Großmacht- und Weltpolitik z u einer ungleich kritischere n Bewertun g de r wilhelminischen Außenpoliti k al s die Schuldforscher, Die heftigst e Kriti k a n de r Außenpoliti k de s wilhelminische n Reiche s übten di e Vertrete r de r neurankeanische n Schule , di e dem Weimare r Staa t äußerst ablehnend gegenüberstanden. Si e bemängelten vo r allem das Fehlen eines ausgeprägten Machtwillen s au f Seiten der Regierung un d des Volkes. Besonders Ma x Len z vertra t dies e Auffassung 37. Grundlag e seine s histo risch-politischen Denken s war nach wie vor die Annahme, da ß ähnlich wie in de r Natu r auc h i n de r internationale n Politi k da s Rech t de s Stärkere n herrsche. Nac h dieser Auffassung wurd e die Politik von Staaten und Nationen durc h de n Grundtrie b de s Willen s zu r Mach t un d zu m Überlebe n bestimmt, de r sie notwendig miteinande r i n Konflik t bringe : »de r Schwä chere unterliegt, de r Stärkere steigt auf, s o lange, bi s ein noch Stärkere r ihn bezwingt.« 38 Di e Anerkennun g diese s »sozialdarwinistische n Ideolo g e n « 3 9 bildet e für Lenz eine wesentliche Voraussetzung fü r die angemessene Gestaltung de r auswärtigen Politik . I n der Situation nac h 191 8 bedeutete dies vor allem, Deutschlan d auf den Kurs nationaler Machtpolitik zurückzu führen: »Di e Renaissanc e de s Altrankeanismus enthiel t al s politisches Pro gramm die Fortführung bzw . die Renaissance der alten europäischen Macht politik, wobe i ma n in Deutschland . . . zugleich naturhaft a n die nationalen ›Urtriebe‹ appellierte.« 40 Wen n sic h dahe r Len z i n di e Debatt e übe r de n Kriegsausbruch 191 4 einschaltete, wa r di e Widerlegung de r Versaille r An klage lediglic h ei n äußerer , allerding s nich t unwesentliche r Impuls . I m Vordergrund seine r Betrachtunge n stan d di e Frage nach de n Gründen , di e Wilhelm II. und sein e Ratgebe r veranlaß t hatten , vo n de n Prinzipie n de r Bismarckschen Politi k abzuweiche n un d das Reich in das von den Ententcstaaten geknüpft e Net z hineinzuführen. Len z versuchte nachzuweisen, da ß das wilhelminische Deutschlan d eine überhastete Weltpolitik betriebe n un d dabei wirtschaftliche n Ziele n i n leichtsinniger Weis e den Vorran g vo r de n Grundtrieben eingeräumt habe, die das staatliche Handeln eigentlich prägen sollten: »wi r erinnerte n un s kaum noch daran, da ß für alles Fortkommen in der Wel t da s Können , di e Mach t di e erst e Voraussetzun g bildet. « Dami t hätten di e deutschen Staatslenke r di e von Bismarck, Lis t und Ranke aufge zeigten Bahne n verlassen und den Zusammenbruch Deutschlands vorberei76 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
tet. Di e Schuld vo n Regierun g un d Vol k bestan d fü r Len z nicht darin, da ß sie den Weltkrieg gewoll t und herbeigeführt hätten , sondern im Fehlen eines bewußten Willen s zu r Macht , da s in de r unbedingten Friedenspoliti k zu m Ausdruck gekommen sei. Gerade »weil wir an nichts weniger dachten als an Krieg un d nicht s andere s anstrebten , al s unsere Wirtschaf t i n Flo r zu bringen, unse r Volkstu m z u erhalten un d deutsch e Gesittung , deutsch e Kultu r über die Welt hin zu vertreten«, se i man gescheitert: »Hie r liegt, vo n uns aus gesehen, unser e Schuld.« 41 Bei der Suche nach Gründen für den mangelhaft ausgeprägte n Machtwil lcn de r Deutsche n verwiese n einig e Historike r au f einen spezifischen deut schen Nationalcharaktcr. I n ihren Augen waren die Deutschen ein unpolitisches Volk, desse n Sin n fü r die staatlichen un d außenpolitischen Realitäte n durch di e nu r lückenhaft e Ausbildun g eine s einheitlichen , integrati v wir kenden Staats - und Nationalbewußtsein s behinder t werde 42 . Solch e Argu mente diente n nich t selte n auc h zu r Erklärun g de s Scheitern s deutsche r Großmacht- un d Weltpohti k i m Kriege . Di e »physische n Kräfte« , schrie b Dietrich Schäfer , hätte n ausgereicht , »gege n meh r al s di e halb e Wel t mi t wenig leistungsfähige r Bundesgenossenschaf t wunderbare , geradez u bei spiellose Erfolg e z u erringen ; auc h de r seelisch e Inhalt , de r dies e Kräft e belebte, wir d stets ein Ruhmestitel bleibe n für unser Volk. Abe r das staatliche Denken versagte an hohen und höchsten wie an mittleren, niedere n und niedrigsten Stellen . Wi r erwiese n un s al s unpolitische s Volk.« 43 Bern d Faulcnbach hat mit Rech t die Vermutung geäußert , da ß derartige Hinweis e nicht zuletz t daz u dienten, »Haltunge n un d Fehlhaltungcn , wen n nich t zu entschuldigen, s o doch einer Analyse zu entziehen.« Ferne r sollten auf diese Weise »autoritär e Konzepte « zu r Bewältigun g de r Gegenwartsproblem e wissenschaftlich fundier t werden 44. Dies e hätten i n der Vergangenheit de n Aufbau un d die Stabilisierung eines deutschen Staates überhaupt erst ermöglicht angesichts der ungünstigen »Mittellage « de s Reiches und des schwierigen deutschen Nationalcharakters . Zu de n bevorzugte n Forschungsgegenstände n de r Weimare r Histori e gehörte die Bündnispolitik de s wilhelminischen Reiches. Zwar zog niemand die Berechtigun g Deutschland s i n Zweifel , Weltpohti k z u betreiben, doc h verurteilte ma n die Vorgehensweise auf s schärfste. De r Hauptvorwurf lautete, daß das Reich deutlich eine überhastete Weltpohtik betrieben und dabei die Grundlagen seiner Sicherheit auf dem Kontinent aufs Spiel gesetzt habe. Während es Bismarck gelunge n sei , durc h sei n außerordentlich geschickte s diplomatisches Vorgehe n ein e Allian z de r Feind e i m Oste n un d Weste n gegen Deutschlan d z u verhindern, hätte n seine Nachfolger diese s Bündnissystem aufgegebe n un d da s Reic h i n di e Isolatio n getrieben . Nu r au f der Basis eine r Verständigun g entwede r mi t Englan d ode r mi t Rußlan d hätt e Deutschland jedoc h genügen d Handlungsspiclrau m fü r sein e Weltpohti k besessen. Eine r de r entschiedenste n Kritike r de r Außenpolitik de s »Neue n Kurses« wa r Wolfgang Windclband 45. E r gelangte zu dem Ergebnis, daß die 77 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
außenpolitischen Ziel e de s Reiche s vo n 187 1 bi s 191 4 vo n unbestreitba r friedlichem Charakte r gewese n seie n und in dieser Hinsicht eine »geschlossene Einheitlichkei t de s Sinne s der deutschen Politik « bestande n habe . Be trachte man jedoch di e dabei angewandten Mitte l un d Methoden, bild e das Jahr 189 0 eine tiefe Zäsur : »de r Period e der Meisterschaft un d der Vorsich t folgt di e der Überheblichkeit un d des Dilettantismus.« 46 Bismarc k se i von dem ebens o geniale n wi e einfachen Gedanke n ausgegangen , da ß der Staat , der für die junge Natio n die größte Kriegsgefahr darstelle , kein e Bundesgenossen finden dürfe . E r hab e e s verstanden , durc h sein e gleichermaße n geschickte wie behutsame Bündnispolitik Frankreic h als den Hauptfriedensstörer i n Europ a z u isolieren . Sein e Nachfolge r hingege n hätte n durc h di e Nichterneuerung de s deutsch-russische n Rückversicherungsvertrage s da s gesamte Bismarcksch e Syste m zerstör t un d damit die Voraussetzungen fü r die Entstehung feindlicher Koalitionen geschaffen. Hinz u kam nach Windelband, daß Deutschland zwei sich gegenseitig ausschließende Ziele zur selben Zeit verfolgte : »Flottenpoliti k un d Orientpoliti k gleichzeiti g z u betreiben , hieß als o die beiden führende n Weltmächt e vo r de n Kopfstoßen; dadurc h wurde die Möglichkeit heraufbeschworen, da ß die Betroffenen übe r alles sie bisher Trennende hinweg sic h die Hände reichten gegen den ihnen bedrohlich erscheinenden Emporkömmling . I n diesem Verhalten der Reichsleitung lag ein e ungeheur e Überschätzun g de r deutsche n Kraft , di e sic h furchtba r gestraft hat.« 47 Insofer n se i da s Deutsch e Reic h nich t gescheitert , wei l e s Weltpolitik betriebe n habe oder Weltpolitik habe betreiben wollen, sonder n weil e s gege n fundamental e Grundsätz e Bismarcksche r Außenpoliti k ver stoßen habe. Das besondere Augenmer k de r Historike r gal t de r Frage , o b und inwie weit sic h das wilhelminische Deutschlan d ehe r Rußlan d ode r eher Englan d hätte zuwenden sollen , u m einer Isolierun g z u entgehen. Ein e Gruppe von Wissenschaftlern plädiert e fü r ei n Zusammengehe n mi t London . Si e kriti sierten, da ß di e Reiehsleitun g ei n deutsch-englische s Bündni s nich t ener gisch genu g verfolg t habe , u m de r »Einkreisung « de s Reiches entgegenzu wirken. Nebe n Friedric h Meinecke , Eric h Brandenburg , Walte r Platzhof f und Euge n Fische r gehörte n Feli x Rachfah l un d Johannes Halle r z u de n entschiedensten Anhänger n diese r Auffassung 48. Beid e erblickte n i n de r Ablehnung de s englische n Bündnisangebote s u m di e Jahrhundertwend e eine wesentliche Ursache für das Scheitern deutscher Weltpolitik. U m diese These zu stützen, berief sich Rachfahl auf Bismarck, desse n Politik eindeutig procnglisch und antirussisch gewesen sei. Bereits 1875 habe er erwogen, da s Bündnis mi t Rußlan d aufzugebe n un d stat t desse n di e Annäherun g a n England zu suchen. Ein e solche deutsch-englische Zusammenarbeit wa r für Rachfahl naturgemä ß gege n da s Zarenreic h un d ei n potentielle s russisch französisches Bündni s gerichtet . De n Nachfolger n Bismarck s war f er vor, den von ihm vorgezeichneten We g verlassen zu haben. Die politisch Verantwortlichen im wilhelminischen Reic h hätten an der Aufrichtigkeit London s 78 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
gezweifelt un d statt dessen auf Petersburg vertraut . Ein e Folge der Zurückweisung de s englische n Bündnisangebote s se i di e zunehmend e Isolierun g Deutschlands gewesen , d a Englan d sein e Drohun g wahrgemach t habe , sich Rußlan d un d Frankreich anzuschließen . Dami t trag e die Reichsleitun g ein gewichtige s Ma ß a n Verantwortun g fü r di e »Einkreisung « Deutsch lands49. Weit schärfe r noc h fiel di e Kriti k de s extre m konservative n Halle r aus . Er wandte sic h soga r gege n di e These, da ß die industriell bestimmt e deut sche Weltpolitik , wi e si e i n de r Är a Bülo w begonne n worde n war , not wendig gewese n sei . Hauptsächlic h verurteilt e e r di e beschleunigt e indu strielle Expansio n de s Kaiserreiche s un d de n durc h si e bedingte n Zwan g zur Demokratisierung : »E s ist eben ga r nich t richtig , da ß unser e Entwick lung zu m Industriestaat - i n dem Maß un d Tempo, wi e sie vor sich ging! eine inner e Notwendigkei t gewese n sei . . . Es war doc h rech t vie l künstli cher Dun g un d Treibhauswärme dabei.« 50 Dies e Entwicklung hatt e in den Augen Hallers , desse n baltcndeutsch e Herkunf t di e agrarisch e Orientie rung durchau s erklärbar macht , da s Deutsche Reich unnötig i n die Abhängigkeit vo m Auslan d gebracht . Da s Hauptübel de r wilhelminische n Zei t und di e Ursach e fü r de n Zusammenbruc h de s Reiche s abe r sa h Halle r i n der antienglische n Weltpolitik , di e mi t Hilf e eine s forcierte n Flottenbau s durchgesetzt werde n sollte , sowi e in der darin zum Ausdruc k kommende n deutschen Selbstüberschätzung 51. Außer de n Befürworter n eine r englandorientierte n Außenpoliti k ga b es eine starke Grupp e von Historikern , di e einer Annäherun g a n Rußland da s Wort redeten. Dies e Wissenschaftler, z u denen Gerhard Ritter , Han s Rothfels un d Gusta v Rolof f zählten 52, gabe n z u bedenken, da ß eine allzu stark e Anlehnung a n Englan d de n außenpolitische n Handlungsspielrau m Deutschlands eingeeng t hätte . Mi t außerordentliche r Heftigkei t ha t sic h vor alle m Ritte r gege n di e »Legende « vo n de r »leichtferti g verschmähte n englischen Freundschaft « ausgesprochen . Be i den englischen Bündnisange boten hatt e es sich nach seine r Auffassun g u m de n Versuch gehandelt , de n mächtigen deutsche n Staa t al s Helfer fü r de n bedrängten englische n Impe rialismus z u gewinne n un d sic h desse n Freundschaf t fü r äußerst e Notfäll e zu sichern . Insgesam t abe r hab e sic h Englan d trot z de s Burenkriege s un d anderer Kolonialkonflikt e vie l z u sicher gefühlt , u m »di e deutsche Lebensversicherung ernstlic h z u benötigen« 53. Vo n einem unvermeidbare n Krie g gegen Englan d wollt e Ritte r jedoch nich t sprechen , den n i n seinen Auge n hätte e s Deutschlan d durchau s gelinge n können , di e Zah l de r Reibungs punkte mi t Englan d durc h Einzelverständigun g i n Frage n de r Weltpoliti k oder der Flott e zu reduzieren. Hauptzie l de r deutschen Politi k hätt e es sein müssen, di e Konflikt e au f de m Balka n abzuschwächen , u m s o eine n Zu sammenstoß mi t Rußlan d z u vermeiden . Darin , da ß Bethman n Hollwe g das mi t z u geringe r Energi e un d Zuversich t geta n habe , la g fü r Ritte r da s eigentliche Verhängni s deutsche r Außenpolitik : »E s gelan g ih r nich t z u 79 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
verhindern, da ß de r europäisch e Krie g vorzeiti g zu m Ausbruc h kam . Si e klammerte sic h überängstlic h a n Österreich un d verlo r darübe r zuletz t di e Fühlung mi t England. «54 In de n Untersuchunge n de r Befürworte r eine r Rußlandorientierun g Deutschlands vo r 191 4 nah m di e Erörterun g de r Nichterneuerun g de s Rückversicherungsvertrages eine n zentrale n Stellenwer t ein 55. Dabe i ver suchten si e nachzuweisen, daß , wi e Richard Frankenber g schrieb , di e Aufgabe de s Vertrage s »da s erst e Glie d i n de r lange n Reih e de r politische n Fehlhandlungen« de r Nachfolger Bismarck s gewesen sei 56. Inde m diese aus dem Bismarcksche n Bündnissyste m ei n wesentliche s Elemen t herausbra chen, hätte n si e di e Sicherhei t de s Reiche s i m Oste n gefährdet , ohn e di e Lücke durc h ei n Bündni s mi t Englan d schließe n z u können . Nu r au f der Grundlage de r Verlängerun g de s Rückversicherungsvertrage s wär e e s Deutschland aber möglich gewesen, ungestör t Weltpolitik zu betreiben: »Es wäre eine Macht geblieben, auf deren Freundschaft di e anderen Staaten Wert gelegt und an der niemand hätte vorübergehen können. Die deutsche Regierung hätt e dann aber nicht nötig gehabt , sic h überall al s der lästige Stören fried dazwischenzudrängen, u m mit dabei zu sein und mitzureden.« 57 Der Hinweis auf »Fehler« i n der wilhelminischen Außenpoliti k diente den Weimarer Historiker n i n de r Rege l dazu , di e Notwendigkeit eine s starke n Machtstaates auch in der Gegenwart aufzuzeigen. Währen d aber entschieden konservativ eingestellt e Wissenschaftle r zumeis t »autoritäre « Lösunge n an strebten, setzt e sich bei einigen verfassungstreue n Wissenschaftler n di e Er kenntnis durch, da ß eine demokratisch organisiert e Gesellschaf t ehe r in der Lage sei, di e nationalen Belang e Deutschland s zu vertreten. Jürgen C . I leß hat diese Haltung treffend mi t dem Begriff des »demokratischen Nationalis mus« charakterisiert . Z u desse n wichtigste n Verfechter n gehört e nebe n Wilhelm Mommse n sicherlic h Ott o Becker 58. De r Verlauf des Weltkrieges hatte in seinen Augen die politisch-strukturelle Überlegenhei t der parlamentarisch regierte n Lände r übe r da s monarchisch-konstitutionelle Syste m be wiesen, a n dem man auf deutscher Seite zu lange festgehalten habe . Struktu r und Regierungsform de s Parlamentarismus erschienen Becker als zweckmäßiger sowohl zur Aufrechtcrhaltung eine r innenpolitischen Einheitsfron t al s auch zur Kontroll e parteipolitischer Gegensätz e und revolutionärer Bestre bungen, d a sie eine größere Einheitlichkeit un d Elastizitä t bewiesen . Nich t zuletzt aus diesen Gründen sah er in der Republik di e geeignete Staatsform , um deutsch e Machtintcrcsse n durchzusetzen 59. Ihre n Niederschla g fande n solche Überlegungen in seinen Arbeiten über die Bündnispolitik des Reiches seit 1871 . Dabei ging es Becker nicht nur um die Analyse der diplomatischen Vorgänge und Handlungen, sonder n auch darum, die Ideen und massenpsy chischen Strömunge n sichtba r z u machen , di e da s Handel n de r politisc h Verantwortlichen bestimmten . I n diesem Kontex t sprach er vor allem dem Nationalismus ein e zentral e Bedeutun g zu . Sei t de n große n Revolutione n des 17 . un d 18 . Jahrhunderts i n England , Amerik a un d Frankreic h hab e 80 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
dieser seinen Siegeszug angetreten und Selbstbewußtsein und Einheitswillen der Völker geweckt. Vo r allem in Vielvölkerstaaten wi e Österreich-Ungarn wirke der Nationalismus als sprengende Kraft gegen das dynastisch-monarchische System. Al s zweites Kennzeichen der Epoche führte Becker die Idee der Volkssouvcränität an ; nicht mehr die Dynastie, sondern die Nation gelte nun als eigentlicher Träger des Staates60. Auf der Grundlage dieser Überzeugung analysiert e Becker die Außenpolitik de s »Neuen Kurses« . Seine r Meinung nach hatten die wilhelminischen Politike r die Prinzipien des Bismarck schen Bündnissystems , da s sic h durchau s i n Übereinstimmun g mi t de n leitenden Idee n de r Gesamtepoch e befunde n habe , aufgegeben , al s sie den deutsch-russischen Rückversicherungsvertra g nich t erneuerten. Durc h diesen Schrit t se i da s Deutsch e Reic h i n di e Isolierun g gerate n un d hab e sich daher verstärkt an Österreich-Ungarn angelehnt , da s wegen seiner Schwer fälligkeit un d Reformunwilligkei t kau m noc h existenzfähi g gewese n sei . Daher hätte n sic h di e Nachfolge r Bismarck s i n kurzsichtige r Weis e di e eigene Machtbasi s untergraben : »Dies e Politi k . . . erschein t unte r de m Gesichtspunkt de r Nationalitätenfrag e al s ein Bemühen , da s mit de r eine n Hand de n Bode n unterwühlt , au f de n e s sic h mi t de r andere n z u stütze n sucht.« Mi t dem Hinweis auf die deutsche »Nibelungentreue « jedenfalls se i diese Politik, di e alles zur Erhaltung de s »wurmstichige(n ) Orlogschiff(cs) « der Habsburger geta n habe, nicht zu rechtfertigen 61. In den zwanzige r Jahren überwo g au f sciten de r Geschichtswissenschaf t die Bereitschaft, di e problematischen Aspekt e der wilhelminischen Außen politik herauszustellen. Di e Historiker erarbeiteten ein Geschichtsbild, dem zufolge di e Großmach t Deutschlan d gan z selbstverständlic h Weltpoliti k betreiben durfte , dabe i abe r aufgrun d fehlerhafte r Entscheidunge n strau chelte und zu Fall kam. Dami t interpretierte die Geschichtswissenschaft di e Mißerfolge deutsche n Weltmachtstrcben s i m Sinne eines »subjektiven Vcr fchlen(s) eine s objekti v erreichbare n Zieles« 62. Gege n End e der zwanzige r und Anfan g de r dreißige r Jahre mehrte n sic h jedoch di e Stimmen, di e vo r einer allz u kritische n Bewertun g de r deutsche n Vorkriegspoliti k warnten . Sie dürfe nicht als eine einzige Kette von Fehlern und Mißgriffen dargestell t werden. A m eindringlichste n fordert e jetzt Gerhar d Ritte r sein e Kollege n auf, di e deutsche Vergangenhei t gerechte r z u würdigen. Di e These, derzu folgc di e Geschichte des wilhelminischen Reiche s ein »einzige s großes Ab rutschen i n de n Abgrund , ein e Kett e sic h häufende r Fehler « gewese n sei , müsse revidiert werden 63. I n der Tat verlagerte di e wissenschaftliche Welt kriegsforschung ihr e Akzente. I n den Mittelpunkt de s Interesses rückten die aus ihrer Sich t aggressiven Ziel e der Ententemächte. De r Zusammenbruch des Bismarckreichc s un d da s Scheiter n deutsche n Weltmachtstrcben s er schienen wenige r al s Folg e eine r verfehlte n Politi k de s Reiches , sonder n vielmehr als fast zwangsläufige Konsequen z einer ›Verschwörung‹ de r Gegner Deutschlands gegen die aufstrebende junge Nation in der ohnehin stark gefährdeten europäische n Mittellagc . Inde m di e Historike r de n Weltkrie g 81 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
letztlich als eine Spätfolge der Rcichsgründung interpretierten , verliehe n sie ihm trotz des für Deutschlan d negative n Ausgange s nachträglic h Notwen digkeit und Sinn. Damit erhielt auch der Kampf gegen Versailles eine tiefere historische Bedeutung ; di e deutsch e Natio n gal t es , gege n di e Unterdrüc kung durc h di e westliche n Demokratie n z u verteidigen . Dies e Deutun g steht i n engem Zusammenhan g mi t der »Ideologi e de s deutschen Weges« , jenem »Kul t des deutschen Sonderweges«, i n dem sich »Minderwertigkeits komplex un d Hybris, di e Tendenz zur Selbstbespiegclung un d der Wunsch nach Selbstbehauptung« mischten 64. Diese Tendenz prägt e auc h die im Jahre 193 3 erschienene Untersuchun g Hermann Onckens , di e z u de n größte n Leistunge n de r Weimare r Welt kriegshistoric gehört 65. Onckcn , de r akademische Lehrer Ritters, analysier te darin die Außenpolitik des wilhelminischen Deutschlan d vor dem Hintergrund de r europäischen Geschicht e seit de m ausgehenden Mittelalter . Nu r so erschie n e s ih m möglich , da s Schicksa l de s Reiche s verständlic h z u machen un d di e Kriegsschuldfrag c i n ihrem historische n Kontex t z u erör tern. Grundlegen d fü r da s historisch-politisch e Denke n Oncken s wa r di e Überzeugung, da ß Deutschlan d al s da s Lan d de r Mitt e besondere r politi scher Anstrengunge n bedürfe , u m sein e staatlich e Selbständigkei t z u be haupten. Sei n Engagemen t gal t de m Ziel , zu r Erhaltun g de s durc h di e Katastrophe von 191 8 gebrochenen Kontinuitätsbcwußtscin s un d zur Idcn titätsfindung de s deutsche n Volke s beizutragen . »Da s Mächtigst e i n de m Leben der großen Völker«, schrie b er am Ende seines Wcltkricgsbuchcs, »is t das Geheimni s diese r innere n Einheit , da s Kontinuum , da s diese s Ganz e ihrer Sendun g durchzieh t un d durchleuchtet . Dahe r werde n zu r höchste n Geltung imme r diejenige n Völke r inmitte n de r andere n gelangen , di e de r ihnen eingeborenen Kontinuitä t diese s Besitzes . . . sich wesenhaft bewuß t sind, di e aus ih r sic h z u deuten un d zu bestimmen di e Kraf t haben. « Nac h Onckens Auffassun g bildet e di e Widerlegun g de r Versaille r Anklag e ein e wesentliche Voraussetzun g fü r da s Erstarken de s nationalen Selbstbewußt seins der Deutschen. De r Schuldspruch de r Siegermächt e richt e sich gege n den »ganze n Aufstie g de s Deutsche n Reiche s i m letzte n Mcnschcnaltcr , j a gegen unser e ganze geschichtliche Existenz in der europäischen Staatenent wicklung, gege n unse r So-und-Nichtandcrssci n nac h auße n wi e nac h innen.« 66 Oncken sprach Deutschlan d vo m Vorwurf der Kricgsurhebcrschaft frei . Ungeachtet gewisse r »Mißgriffe , Überspannunge n un d Vcräußcrlichun gen« hab e e s vo r 191 4 nu r friedlich e Ziel e verfolgt ; selbs t währen d de s Krieges sei die Politik de r Reichsleitung »vo n einer realpolitischen Enthalt samkeit ohnegleichen« bestimm t gewesen 67. Ursach e für diese außenpolitische Zurückhaltung ware n nach Oncken nich t zuletzt tiefliegende »organi sche und persönliche Hemmungen« be i den politisch Verantwortlichen un d daher auc h das Fehlen einer starken Staatsfuhrung . Hinz u komme , da ß di e deutsche Weltpolitik nich t von einer politisch aufgeklärten Natio n getrage n 82 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
worden sei . Fü r di e Deutsche n hab e sic h de r ihne n aufgezwungen e Welt krieg insofer n auc h al s Versuch dargestellt , »durc h da s Ganze der Leistun g und Opfe r auc h dies e Lück e i n ihre r staatspolitische n Erziehun g i n einem Daseinskampf ohnegleiche n auszugleichen« 68. I m Unterschie d zu m Deut schen Reic h hätte n di e Ententemächt e de n Krie g herbeigeführt , u m di e deutsche Natio n unterdrücke n z u können . Di e Versuch e de s Reiches , au s seiner Mittellagc heraus Weltpolitik zu betreiben und so einen jahrhundertealten »Nachholbedarf « z u befriedigen, seie n von den übrigen europäische n Großmächten mi t Feindschaft erwider t worden . Dabe i bildete die französi sche Revanche- und Kricgsziclpolitik Oncke n zufolge die konsequente Fortsetzung de r historische n Rheinpolitik . Da s Strebe n Frankreich s nac h de r Rheingrenze, da s sich durc h di e verschiedenen Jahrhunderte hindurc h ver folgen lasse , se i eine r de r entscheidende n Gründ e fü r di e Entstehun g de s Weltkrieges. Ein e Politi k de r Kriegshetz e hab e auc h Englan d betrieben , seitdem Gre y fü r di e Außenpoliti k verantwortlic h gewese n sei . De r Zeit punkt seine s Amtsantritte s markiert e nac h Onckcn s Ansich t eine n funda mentalen Wande l in den deutsch-englischen Beziehungen : Hatte das Empire zuvor keine kriegerischen Absichte n gegenübe r Deutschlan d gehegt , s o sei man nu n bestreb t gewesen , de n deutschen Industrie - und Handclskonkur renten mitsamt seine r Kolonie n zu vernichten und auszuschalten. Lediglic h das Zarenreich besa ß fü r Oncke n kein e historisch begründete n Kriegszicl e gegenüber Deutschland ; sein e Feindschaft gal t vielmeh r de r Donaumonar chie. Au s diesem Grund e sei Rußland i n der Julikrise 191 4 aktiv geworden , wobei es schließlich durch seine Generalmobilmachung de n Krieg entfessel t habe69. Vor diesem Hintergrun d bildet e Versaille s lediglic h de n Endpunkt eine s seit 187 1 andauernde n europäische n Machtkampfe s gege n di e erstarkend e deutsche Nation . U m Deutschlan d i n seiner legitime n Machtentfaltun g z u behindern, hätten , argumentiert e man , di e Alliierten de n Krieg vo m Zaune gebrochen un d nac h ihre m Sie g de m Reich e eine n bi s dahi n beispiellose n »Straffrieden« aufgezwungen . Di e These von der deutschen Kriegsurheber schaft sei einzig zu dem Zweck in Umlauf gebracht worden, u m der Weltöffentlichkeit gegenübe r di e Unterdrückun g Deutschland s al s notwendig z u begründen. Fü r Han s Rothfel s un d Siegfrie d A . Kachle r verdeckt e di e Anklage nu r schlech t de n »eigentliche n Ker n de r Beweisführung« : »di e Tatsache nämlich, da ß das Dasein des deutschen Reiches als solches, daß die Schöpfung eine s starke n Nationalstaate s de r Deutsche n a n Stell e jene s machtlosen Gebildes , welche s de r Deutsch e Bun d bi s 186 6 wa r un d da s Deutsche Reic h heut e wiede r geworde n ist , - da ß di e Reichsgründun g a n und für sich die wahre un d letzte Ursach e des Weltkrieges, da ß seine nationale Erstarkung die eigentliche ›Schuld‹ des deutschen Volkes ist.«70 Aufga be und Ziel besonders der Universitäte n müss e es daher sein, di e deutschen Traditionen gege n di e Angriffe de r Siegermächte zu verteidigen un d so zur Schaffung eine s einheitliche n nationale n Selbstbewußtsein s beizutragen 71. 83 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Diese Auseinandersetzung müss e auf drei Ebenen gefuhrt werden : Zunächst komme e s darau f an , di e Vcrsaillc r »Schuldlüge « mi t wissenschaftliche n Mitteln z u entkräfte n un d möglichs t viel e Mensche n i m In - und Auslan d von de r deutsche n Unschul d a m Kriegsausbruc h 191 4 zu überzeugen . So dann hab e ma n de n politische n Kamp f gegen di e mi t de m Schuldvorwur f begründete wirtschaftlich e Knechtun g un d die territoriale Verstümmelun g aufzunehmen, u m die durch den Ausgang de s Krieges entstandenen Macht verhältnisse erneu t aufzubreche n un d zu einer außen- wie innenpolitische n Neuordnung im Sinne Deutschlands zu gelangen. Die schwierigste Aufgab e sei schließlich die Wiederherstellung eine r geeinten Nation und die Wiedererweckung de r Idee der Macht. I n einem Proze ß der Sebsterziehung sollt e das deutsch e Vol k sei n Kriegserlebni s un d seine n Lebenswille n gegenübe r den Kräften de s Auslandes behaupten 72. Die geschichtswisscnschaftliche Diskussio n über den Ausbruch des Weltkrieges bestätig t di e i n de r neuere n Forschun g häufi g geäußert e Überzeu gung, da ß der Ausgang de s Krieges und der Wandel im politischen Syste m keine tiefgreifend e Neuorientierun g de r Geschichtsschreibun g bewirkten . Besonders be i de r Erforschun g de r Außenpoliti k Deutschland s vo r 191 4 blieb die Weimarer Historie den überkommenen historischen Vorstellunge n verhaftet73. Nich t kritisch e Überprüfun g de r deutschen Traditionen , son dern ihr e Verteidigun g bildet e da s zentral e Zie l de r Historiker . A n de r Notwendigkeit eine s starke n Machtstaate s sowi e deutsche r Großmacht und Weltpolitik hegte kaum ein Wissenschaftler Zweifel. Dami t begünstigte die Weltkriegshistorie di e Entwicklung eine r spezifischen »politische n Kul tur«, di e mit zu den Voraussetzungen fü r den Aufstieg de s Nationalsozialismus gehörte . Anstat t di e hegemonialen Träum e de r wilhelminische n Zei t als gefährliche Illusione n zu entlarven, verstärkte n führend e Geschichtswis senschaftler da s au f ein e deutsch e Weltmachtpositio n gerichtet e Wunsch denken. Kau m ein Historiker hat dieses Versagen nach 194 5 eindrucksvoller beschrieben als Ludwig Dehio : »Wir wollten die Binde nicht von den Augen nehmen, un s nich t trübe n lasse n di e groß e Erinnerun g a n de n heroische n Höhepunkt unserer neuen Geschichte, uns nicht rauben lassen die Hoffnun g auf Wiederherstellung . S o durfte e s bei de r Katastroph e nich t mi t rechte n Dingen zugegange n sein . Verführun g un d Betru g vo n Seite n de r Gegner , Fehler un d Verra t i m eigene n Lage r truge n di e Schuld . . . Wi r grübelte n über die Niederlage nach, u m sie als ungerechtfertigt z u erweisen, nich t um sie als berechtigt zu verstehen; als Folge vermeidbarer einzelner Fehler, nicht einer überspannten Gesamtkonzeption.« 74 Mit de r Machtübernahm e de r Nationalsozialisten , di e nac h kurze r Zei t eine aggressiv e Außenpoliti k verfolgte n un d au f da s Einvernehme n mi t den Großmächten imme r weniger Wer t legten, erlahmt e die geschichtswissenschaftliche Auseinandersetzun g übe r di e Ursprüng e de s Weltkrieges . Die liberalkonservative n »Vernunftrepublikaner « hatte n mi t ernsthafte n Schwierigkeiten z u kämpfen; aus ihrer Feder kamen nur noch wenige Arbei84 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
ten zu r Vorgeschicht e de s Weltkrieges 75. Dagege n fiel de n zu m rechte n deutschnationalen Flüge l der Historikerschaft gehörende n Wissenschaftler n wie etwa Wah l die Anpassung an die veränderten Verhältnisse relativ leicht. Ungeachtet manche r weltanschauliche r Differenze n stimmte n groß e Teil e der konservativ-nationa l geprägte n Hochschullehre r mi t de n »Idealen « überein, di e der NS-Staa t vertrat . Si e erblickten i n den Nationalsozialiste n eine »irgendwi e radikaler e Äußerun g de r traditionelle n Bestrebunge n de r nationalen Rechten« 76. Wen n e s auc h ein e unzulässig e Verkürzun g wäre , das historisch-politisch e Denke n diese r Wissenschaftle r al s nationalsoziali stisch z u bezeichnen, dar f doch di e Affinität, di e vor alle m di e Einstellun g zum Machtgedanke n betraf , nich t bagatellisier t werden . Einig e diese r Hi storiker erblickte n i n Hitle r de n Mann , de r nac h de m Zwischenspie l de r ›ungeliebten‹ Republi k de n »Trau m vo m ›Reic h de r Deutschem , da s über andere Völker zu herrschen berufen sei« , verwirkliche n werde 77. Sowei t sie sich erneut in die Diskussion über den Kriegsausbruch einschalteten, hielte n sie meistens a n ihren bereits i n der Weimare r Zei t vertretene n These n fest ; einige vo n ihne n integrierte n i n ihr e Überlegunge n ansatzweis c auc h be stimmte Element e de r nationalsozialistische n Weltanschauung . U m zu m Beispiel da s Aufkommen eine r antideutsche n Haltun g i n breiteren Kreise n Englands vor 191 4 zu erklären, verwie s Wahl auf rassemäßige Stimmunge n und Ziele, S o sei die englische Presse, insbesondere die liberale, »zu m guten Teil vo n Persönlichkeite n bedient « worden , »di e de m Blut e nac h kein e Engländer waren«. Darübe r hinaus diente Wahl der Hinweis auf eine spezifische Wesensart der Völker zur Erklärung de r französisch-englischen Annä herung. Verfolg e ma n di e Geschichte jener Beziehungen , schrie b er , dan n gewinne ma n de n Eindruck , »da ß d a ein etwa s langsa m denkende r nieder sächsischer Baue r vo n eine m tückische n Welsche n überliste t und , wide r seinen eigenen Vortei l gegen seine nächsten Verwandte n vorwärtsgetriebe n worden ist . Vo r allem ha t dieser Welsche es verstanden, de n Deutschen bei den Engländern fortwähren d z u verdächtigen.«78 Im übrigen verlagerte sich das historische Interesse von der Vorgeschichte auf die eigentliche Geschichte de s Weltkrieges . Dabe i nah m di e Aufbereitun g un d Darstellun g de s vergangenen Geschehen s fü r breiter e Leserschichte n eine n große n Rau m ein. Gerad e der Weltkrieg hab e erwiesen, erläutert e Euge n vo n Frauenhol z diese Verschiebun g i n de r wissenschaftliche n Literatur , »da ß ma n nich t dabei stehenbleibe n darf , Kriegserfahrunge n nu r eine m kleine n Krei s vo n Fachleuten zugänglich zu machen«. Di e gesamte Bevölkerung sei von einem modernen Krie g viel unmittelbarer und empfindlicher betroffe n al s es in der Vergangenheit je de r Fall gewese n sei . Dahe r müss e neben »de m Versuch , die Kriegserfahrungen de m ganzen Volke zugänglich und faßbar zu machen, das Strebe n u m di e Erziehun g de s Volk e z u gesunde m Wehrwissen « stehen79. Nach den Vorstellungen der neuen Machthaber sollte es Aufgabe und Ziel der Geschichtsschreibun g sein , da s nationalsozialistisch e Welt - un d Ge 85 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
schichtsbild z u fundiere n un d zu bekräftigen. Sicherlic h ga b es keine »offi zielle, einheitlic h geregelt e Geschichtslehr e de s Nationalsozialismus« , je doch stimmte man nicht selten überein »i m Führergedanken i m allgemeinen und i m Kul t de s Führer s i m besonderen , i n Aggressivitä t un d kämpferi scher Haltung‹ , i m Propagiere n de s Rassegedanken s un d i m Predige n de s Hasses gege n di e Juden«80 . I m Sinn e dieser ideologische n Prämisse n sollt e Geschichte dargestell t werden , wobe i da s neu e Regim e al s notwendig e Folge der deutschen Vergangenhei t z u interpretieren war . A m Beispie l de r Weltkricgsforschung läß t sic h jedoc h aufzeigen , da ß solch e Funktione n meist von nationalsozialistisch eingestellte n Publizisten , nu r selten aber von Geschichtswissenschaftlern erfüll t wurden . Dabe i is t vo r alle m de r Nam e Ernst Anrichs anzuführen, de r sich schon in der Weimarer Zeit der NSDAP angeschlossen hatte 81. Sein e 1937 veröffentlichte Untersuchun g dient e dem Ziel, di e Ergebniss e de r Kriegsursachenforschun g eine m breitere n Publi kum zugänglic h z u machen . Dabe i verscho b e r die Perspektiven un d ka m dem völkischen Denke n und der » Volk-ohnc-Raum-Ideologic« wei t entgegen. Anrie h ersetzt e de n frühe r übliche n Begrif f de r Machtentfaltung , de r die Geschichte der Nationalstaaten präge, durch das Konzept des »Lebensinteresses«. Mi t seiner Arbeit verfolgte er die politisch-pädagogische Absicht , die Vorstellung »vo n der tiefen Lebensgetriebenhei t un d der Gegliederthei t des ganzen Vorganges von der Verschiebung des Bismarckschen System s ab bis zu r Struktu r de r Kris e de s Juli 1914 « z u vermitteln . Anrie h zufolg e bestand di e eigentlich e Aufgab e de s Forscher s darin , z u eine r derartige n »Einsicht in die organische Gliederung der Zusammenhänge« einzudringen , »in ihr e Strukturmittclpunkt e z u kommen , da ß si e s o einfac h un d kla r heraustreten, da ß all e si e verstehe n können , da ß da s eigentlic h Wichtig e überall klären d un d Lebe n fördern d hafte n bleibe n kann« 82. Durchau s de r Tradition de r Forschun g folgend , versucht e Anrie h nachzuweisen , da ß Deutschland i n der Zeit vor 191 4 »den Blick fü r die tieferen Zusammenhän ge der politischen Vorgäng e verloren « sowi e das Bismarcksche Syste m und damit »di e deutsche Gestaltungsmöglichkeit preisgegeben « habe . Währen d Rußland, Frankreic h und Serbien die in ihren Augen lebenswichtigen, allei n auf kriegerische m Weg e erreichbare n Ziel e konsequen t verfolg t hätten , habe Deutschlan d die s nich t geta n un d se i s o i n de n Krie g verwickel t worden. Ers t in der Gegenwart hab e das deutsche Vol k di e nach Bismarc k verlorene Gestaltungskraft wiedergewonne n un d die Ordnungsgesetze de s Lebens erkannt . E s verdank e die s vo r alle m de m »Führe r un d Gestalter « AdolfHitler83. Weitaus deutliche r al s Erns t Anrie h stellte n di e beiden nationalsozialisti schen Publiziste n Herman n Uliman n un d Richar d Suchenwirt h di e Füh rungslosigkeit de s wilhelminische n Deutschlan d un d desse n militärisch e Schwäche heraus 84. Au f diese Weise wollten si e die Notwendigkeit sowoh l einer schlagkräftige n un d hochgerüstete n Arme e al s auc h eine r starke n Führungspersönlichkeit a n de r Spitz e de s Staate s sichtba r machen . Beid e 86 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
verband di e Überzeugung , da ß mi t de m Abgan g de s »Steuermanns « Bis marck de r Niedergan g de r Großmach t Deutschlan d begonne n habe . Di e planlose un d kompromißbercit e Haltun g de s Reiche s se i Ausdruc k seine r Führungslosigkeit wi e auc h eine s Mangel s a n Machtwille n au f scite n de s Volkes gewesen. Hätt e Deutschland schon damals einen »Erwecker« gefun den, de r »di e gewaltige n schlummernde n Kräft e de r Nation « mobilisier t hätte, wär e e s nich t de r feindliche n Koalitio n erlegen 85. Angesicht s de r Bedrohung durc h mißgünstig e Feind e wär e zude m ei n vo n Deutschlan d ausgehender Präventivkrie g dringen d gebote n gewesen . Die s versäumt z u haben, se i dem Reich zum Verhängnis geworden, d a seine Gegner nunmehr zusehends a n Stärk e gewonne n un d den Zeitpunkt de s Losschiagens selbst hätten bestimmen können 86. Zusammenfassend läß t sic h festhalten , da ß auc h di e Historike r i n ihre r überwältigenden Mehrhei t vo n de r Unschul d de s Deutsche n Reiche s a m Kriegsausbruch 191 4 überzeug t waren . U m de r Natio n ei n makellose s »Wir-Bild« z u erhalten , fühlte n si e sic h verpflichtet , de n moralische n Schuldvorwurf z u entkräfte n un d di e deutsche n Traditione n gege n di e Kritik der Siegermächte zu verteidigen. Darübe r hinaus aber billigten sie der Geschichtsschreibung ein e »therapeutische « Funktio n zu : Si e »riefe n di e Instanz de r Vergangenhei t gege n ein e bedrohlich e Gegenwar t un d ein e düster genu g sic h abzeichnende Zukunft « auf 87. Vo r allem de n nach innen wie nach außen kraftvoll auftretende n nationale n Machtstaat galt es in ihren Augen wiederherzustellen . Selbs t liberale , prorepublikanisch e Historike r propagierten da s Rech t Deutschlands , erneu t de n ihm angemessene n Plat z unter de n europäische n Großmächte n einzunehmen , wen n si e diese n Machtstaat auc h nac h inne n demokratisc h legitimier t sehe n wollten . De r eigenen Gegenwart versuchten die Geschichtswissenschaftler dies e ›Bestimmung‹ Deutschlands , auf die man sich zurückbesinnen müsse, hauptsächlich durch di e Idealisierun g Bismarck s und durch Kritik a n der wilhelminische n Außenpolitik z u verdeutlichen. Di e »Bismarcksche Lösung « wi e die Bünd nispolitik de s »Reichsgründers « wurde n zu m hoffnunggebende n Beispie l stilisiert, währen d seine n Nachfolger n Kurzsichtigkei t un d fehlende s Machtbewußtsein vorgeworfe n wurde . Di e Folgen dieser von den meiste n Historikern vertretene n Interpretatio n fü r das historisch-politische Denke n waren verhängnisvoll. Di e zunehmende Ablehnung der Weimarer Republik als »Notbau « un d di e Verdrängun g de r militärische n un d politische n Nie derlage war zum guten Teil auch ein ›Verdienst de r Geschichtswissenschaft ; sie förderte zude m die Entstehung überzogene r nationaler Hoffnungen un d die Schwächun g de s politischen Realitätssinn s i n breiten Schichte n de r Be völkerung. Au f diese Weise trug sie mit dazu bei, den Boden zu bereiten, au f dem di e nationalsozialistisch e Agitatio n Frücht e trage n konnte . Nac h de r Machtübernahme Hitler s radikalisicrt e sic h di e Diskussion , di e forta n je doch - vo r allem in den schärferen Ausprägunge n - ehe r von Vertretern der NS-Publizistik geführ t wurde . U m de r nationalsozialistischen Macht - und 87 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Expansionspolitik ein e historisch e Legitimatio n z u verleihen , wurd e de n wilhelminischen Außenpolitiker n jetzt nicht nur ein Mangel an Machtwillen vorgeworfen, sonder n vielmehr ein zu später Entschluß zum Kriege.
2. Schuldthesen , Traditionskriti k und demokratische Erneuerung In der Weimarer Zei t gab es eine, wen n auc h nicht sehr starke Gruppe von Publizisten un d Wissenschaftlern, di e Kritik a n der »Unschuldskampagnc « übten und Alternativen z u der offiziellen deutsche n Revisionspolitik aufzei gen wollten . Dabe i konnte n dies e meis t entschiede n demokratisc h un d sozialistisch eingestellte n Autore n a n die Überlegunge n derjenige n Sozial demokraten un d bürgerlichen Pazifiste n anknüpfen , di e schon während de s Weltkrieges den propagandistischen Charakte r der »Überfallthese« erkann t und die Verantwortung de r deutschen Reichsleitung für den Kriegsausbruch 1914 hervorgehobe n hatten . Wesentlich e Vorarbeite n ware n überdie s vo n Karl Kautsky und Kurt Eisner nach Kriegsende geleistet worden 1. Mit ihnen teilten einig e Anhänge r de r Friedensbewegun g di e Überzeugung , da ß di e Machtcliten de s kaiserliche n Deutschlan d di e Hauptschul d a n de r Entste hung der Katastrophe von 191 4 trügen. Vertrete r dieser radikalen Position 2 waren Friedric h Wilhel m Foerste r un d Richar d Grelling , abe r auc h Fran z Carl Endrc s oder Heinrich Kanner 3. Inde m sie das wilhelminische Deutschland belasteten, glaubte n sie erstens eine Distanzierung der deutschen Bevöl kerung vo n ihren frühere n Machthaber n un d dem monarchischen, militari stischen Obrigkeitsstaa t z u bewirken. Zweiten s schie n ihne n ei n deutsche s Schuldbekenntnis daz u geeignet, da s Vertrauen de r ehemaligen Kriegsgeg ner in die Deutschen wiederherzustelle n un d eine Atmosphäre der Versöh nung zwische n de n Völker n z u schaffen, di e wiederum Voraussetzun g fü r die Errichtun g eine r dauerhafte n un d gerechte n Friedensordnun g sei . De n Verfechtern de r Unschuldsthes e warfe n si e vor , durc h di e Entlastun g de r deutschen Vorkriegspoliti k diejenige n politische n Kräft e z u unterstützen , die einer Wiederbelebung traditionelle r Großmachtpolitik da s Wort redeten und di e bestehend e demokratisch e Ordnun g bekämpften . Dies e radikal e Auffassung stie ß bei einigen andere n Pazifiste n au f Unverständnis, ja soga r auf heftigen Widerspruch . Führend e Anhänge r de r Friedensbewegun g wi e Walther Schückin g un d Ludwig Quidd c plädierten fü r eine gemäßigte Hal tung i n der öffentlichen Schulddebatte 4. Dami t de r organisierte Pazifismu s nicht noch weiter i n die politische Isolierun g gerate , al s dies ohnehin schon der Fal l sei , mahnte n si e zu r Behutsamkei t un d zu r Rücksichtnahm e au f nationale Gefühle . Ihne n wa r dara n gelegen , sic h i n eine r derar t brisante n Frage nicht in einen allzu krassen Gegensatz zur amtlichen deutschen Politik zu begeben , zuma l fas t all e politisch-gesellschaftliche n Gruppierunge n de r Weimarer Republik wi e weite Teile der Bevölkerung vo n der Unschuld des 88 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Reiches überzeug t seien . U m diese r Gefah r z u entgehen , suchte n si e »di e Verantwortung fü r das Ereignis des 4. Augus t 191 4 im Sinne eines übergreifenden Pazifismus auf alle beteiligten Mächte zu verteilen«5. Au f diese Weise glaubten sie zudem, eine Position zu vertreten, au f deren Grundlagesowoh l die Notwendigkei t eine r umfassende n Revisio n de s Versaille r Vertrage s begründet als auch die negative Haltung des Auslandes gegenüber Deutschland verändert werden könne. Neben de n pazifistisc h orientierte n Weltkriegsforscher n bemühte n sic h einige, meis t jüngere, de r Sozialdemokrati e nahestehend e Geschichtswis senschaftler u m ein e Überwindun g de r damal s vorherrschende n »Welt kriegsapologetik«. Dies e Historiker, z u denen Eckart Kehr, Arthu r Rosenberg un d George W. F. Hallgarten zählten 6, wandte n sic h zum einen gegen die in ihren Augen einseitige Ausrichtung de r Forschung au f die Schuldproblematik; zum anderen lehnten sie eine Geschichtsschreibung ab , welche die Vergangenheit fas t ausschließlic h vo m Machtgedanke n he r betrachte und , damit en g verknüpft , ih r Augenmer k vornehmlic h au f di e Haupt - un d Staatsaktionen richte . U m di e Ursachen de s Weltkrieges angemessen erfas sen z u können , müsse , argumentierte n sie , di e Histori e di e theoretisch methodologischen Grundlagen i n Anlehnun g a n di e Sozialwissenschafte n erneuern und den gesellschaftlichen wi e wirtschaftlichen Triebkräfte n imperialistischer Politi k größer e Aufmerksamkei t widmen . Au f der Grundlag e der Schriften vo n Max Weber und Karl Marx analysierten sie die herrschaftlichen Funktione n un d wirtschaftlichen un d gesellschaftlichen Beweggrün de der deutschen Wcltpolitik . Dere n Ziellosigkei t führte n si e auf die Unfä higkeit de s politischen System s un d de r politischen Führun g de s Kaiserrei ches zurück, di e Interessen de r verschiedenen soziale n und wirtschaftliche n Gruppen miteinande r z u koordinieren . Ein e Folg e de r widersprüchliche n Außenpolitik de s Reiches, durc h die sich alle europäischen Mächt e bedroht gefühlt hätten , se i die zunehmende Isolierun g Deutschland s gewesen . Fer ner sahen sie in der wilhelminischen Weltpolitik , al s deren wichtigste Stütze die Flotte gelten müsse , ein e defensive Aggressio n de r in ihrer Herrschafts position bedrohte n Machteliten . Erfolg e der Außenpolitik sollte n von inneren Schwierigkeiten ablenken. Der Hinweis auf die geringe Reformfähigkei t der wilhelminische n Führungsschichte n un d di e strukturelle n Mänge l i m Herrschaftsgefuge de s Reiches diente dazu, di e Notwendigkeit eine r umfassenden Parlamentarisierung un d Demokratisierung in der Gegenwart aufzuzeigen. Die Revisio n de s Versaille r Vertrage s bildet e auc h fü r di e deutsche n Pazifisten ein e der vordringlichsten Aufgabe n de r Weimarer Republik . Au s ihrer Sicht handelte es sich bei dem Pariser Friedensschluß um einen Gewalt frieden i m klassischen Sinne , der überdies in Widerspruch zu seinen eigenen Grundsätzen stehe, wi e dem Selbstbcstimmungsrecht de r Völker oder dem Grundsatz der wirtschaftlichen un d politischen Gleichheit, Besonder s erbittert wa r ma n au f Seiten de r Friedensbewegun g darüber , da ß »de r Sie g de r 89 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Demokratie z u keine m demokratische n Friede n geführt « habe , un d »de r demokratische un d pazifistische Gedank e von seinen eigenen Vorkämpfer n ignoriert ode r sabotiert « worde n sei 7. Ein e abweichende Haltun g nahme n nur wenig e Außenseite r i n de r Friedensbewegun g ein , z u denen auc h An hänger der Position Friedrich Wilhelm Foersters zählten. Foerstc r betrachtete den Versailler Vertra g al s »den verdienten Triumph de r Entente über das militaristische, vo m Freußentu m beherrscht e Deutschland« 8. Ein e Über windung de r durch Versaille s geschaffene n Situatio n schie n ih m nur mög lich, wen n Deutschlan d da s Vertragswer k anerkenn e un d sic h »vo n de r preußisch-deutschen Gewaltpoliti k un d ihre n Vertretern « lossage 9. I n diesem Zusammenhan g gewan n di e Erörterung de r Schuldfrage außerordent lich groß e Bedeutung . U m di e Bevölkerung vo n der Notwendigkeit eine s offenen deutsche n Schuldbekenntnisse s z u überzeugen, versucht e Foerster, in de r öffentliche n Meinun g di e Auffassun g durchzusetzen , da ß de r Welt krieg da s Ergebni s eine r »größenwahnsinnige n preußisch-deutsche n Macht- un d Eroberungspolitik « gewese n sei 10. Dies e Haltun g hatt e da s politische Engagemen t Foerster s bereits während de s Weltkrieges geprägt , in dessen Verlau f er zum radikalen Gegne r der deutschen Politi k geworde n war, obwoh l e r be i Kriegsbegin n noc h a n ein e »Verschwörung « de r En tentestaaten geglaub t hatte , gege n di e sic h Deutschlan d zu r Weh r setze n müsse. Auc h de n deutschen Hegemonialansprüche n stan d Foerste r damal s keinesfalls ablehnen d gegenüber , wenngleic h e r sie einer Politik zuordnete , die »z u konstruktive r völkerverbindende r Weltpolitik « i m Rahme n de s vereinigten Europ a führe n sollte 11. I m Gegensatz zu seiner spätere n pazifi stischen Einstellun g erschie n ih m de r Krie g zude m al s »Seelenführe r zu m Christentum«, al s reinigend e Kraf t zu r sittliche n Erhöhun g de s Individu ums 12 . Ers t Anfing 191 6 begann Foerster , sic h von diesen Vorstellungen zu lösen, un d entwickelte sich zu einem radikalen Kritike r des Kaiserreiches. In Anlehnung a n Überlegunge n vo n Constantin Frant z warf er Bismarck un d dessen Nachfolger n vor , si e hätte n Deutschlan d au f de n »Irrwe g i n da s Nationale« geführt , anstat t es , gemäß seine r seit dem Mittelalte r bestehen den Aufgabe , zu m Zentrallan d eine r übernationale n Föderatio n weiterzu cntwickeln13. Dies e Haltung wa r Ausdruck eines Denkens, das die deutsche Vergangenheit unte r anderem an einer radikalen, religiö s begründeten poli tischen Ethi k maß . Foerster s »ethische r Pazifismus « beruht e au f de r de m christlichen Staatsdenke n wi e de r neuzeitliche n Moralphilosophi c keines wegs fremde n Auffassung , da ß de r Ethi k de r Vorran g vo r de n Machtan sprüchen de s Staate s gebühre , Politi k dahe r imme r moralisch e Politi k sei n müsse. Ohn e die Machtfunktion de s Staates zu leugnen, kritisiert e Foerster an der »neudeutschen Machtpolitik« , wi e sich sein Urteil zuspitzen läßt, daß diese »nich t nu r wi e di e de r andere n Staate n gege n di e Ethi k verstoßen , sondern . . . grundsätzlich di e Ausschaltung de r Ethik au s der Politi k zu m Gegenstand eines weltgeschichtlichen Experiment s gemacht« habe 14. Seither galt das politische Engagement Foersters wesentlich dem Ziel, zur 90
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Sclbstcinsicht de r Völke r beizutragen , di e ihm nac h 1918/1 9 wiederum al s unverzichtbare Voraussetzung fü r die Schaffung eine r dauerhaften Friedensordnung erschien. Ausgehen d von der Überzeugung, da ß die Ausschaltung der Gewalt als Mittel der Politik nur durch eine Einigung der Nationen über die sittlichen Fundament e internationalen Handeln s zu erreichen sei , wollt e er mi t seine r publizistische n Tätigkei t di e moralisch e Verständigun g de r Völker vorantreiben . Da s deutsch e Vol k rie f e r auf , sic h offe n z u seine n Irrtümern und zu seiner Schuld zu bekennen. Dies e Selbstkritik se i notwendig, u m nac h auße n de n radikale n Bruc h mi t de r Vergangenhei t z u doku mentieren. Allei n die Abwendung vo n den die bisherige deutsche Geschichte prägenden Traditionen könne zur Wiederherstellung de r deutschen Ehre, wenn nicht sogar »z u einer neuen Erhöhung« de r Deutschen fuhren. Außer dem stell e eine solche Sclbstdemütigung di e »grundlegende Bedingun g fü r jede innere Befreiung vo m Fluche der Vergangenheit un d für jede zuverlässige Zukunftspolitik « dar 15. Entsprechen d seine r These , da ß di e deutsch e Vorkriegspolitik grundsätzlic h unmoralisc h gewese n sei , interpretiert e Focrster de n Ausbruc h de s Erste n Weltkriege s nich t s o seh r al s Ergebni s politischer Verwicklungen, sonder n als Ausdruck einer fundamentalen mo ralischen Kris e de r damalige n Welt . I n seinen Auge n wa r di e Katastroph e von 191 4 der »allgemeine weltgeschichtliche Versuch«, »di e Politik von der Moral z u trenne n un d di e Auseinandersetzun g de r Völkerinteresse n rei n dynamisch-materialistisch z u betreiben« . Dabe i hab e da s Deutsch e Reic h nicht zuletz t deshal b ein e besonder s unrühmlich e Roll e gespielt , wei l e s aufgrund seine r an »Totalität, Konstruktio n und Einheit« orientierte n Men talität der Überhöhung de s militaristischen Obrigkeitsstaate s Vorschu b geleistet und damit »jede s Gefühl fü r das ›Menschenrccht‹« verlore n habe 16. Ähnlich wi e Foerste r argumentiert e de r ehemalig e Generalstabsofhzic r und spätere Militärkorrespondent de r liberalen »Frankfurte r Zeitung « Fran z Carl Endres . Beid e verband die Verurteilung de s preußisch-deutschen Mili tarismus, de r Deutschlan d i n de n Weltkrie g getriebe n habe . Mi t Foerste r teilte Endre s außerde m di e Überzeugung , da ß e s sic h bei m Militarismu s vorrangig um eine besondere Denkweise handele. Er deutete ihn als »Defekt der Volkspsyche« 17: Di e Anbetung idealisierte r militärische r Tugenden besonders durc h da s Bürgertu m hab e be i de r Mehrhei t de r Deutsche n di e Entstehung eines ausgeprägten Untertanengeiste s gefördert. Dies e militaristische Geistesverfassun g bildet e für Endre s einen wichtigen Schlüsse l zu m Verständnis der Realitätsblindhcit de s Reiches bei Kriegsausbruch. S o sei es eine »Dummheit « gewesen , di e Kriegshetze Österreich-Ungarn s z u unterstützen un d zudem di e Hoffnun g z u hegen, desse n Großmachtstcllun g au f diese Weise erhalten z u können. Gleichzeiti g hab e man die Illusion gehegt , daß die Ententestaaten sich aus dem Konflikt heraushalte n würden . Al s eine erneute politisch e »Dummheit « verurteilt e e s Endres, wen n nac h de r Nie derlage gerade die Kräfte Deutschlands Kriegsschuld leugneten, dere n Ver antwortung a m größte n sei 18. Volke r R . Berghah n ha t mi t Rech t darau f 91 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
hingewiesen, da ß solch e »sozialpathologischen « Interpretatione n de s Mili tarismus, wi e si e von Foerste r un d Endrc s vertreten wurden , nich t zuletz t Ausdruck de r Schwäch e de r Weimare r Demokrati e beziehungsweis e de s außerordentlich hohen Stellenwertes antirepublikanischer Wehrverbänd e in den zwanziger Jahren gewesen seien; ähnlich wie der liberalen Militarismuskritik hab e auch ihnen die Annahme zugrunde gelegen, da ß eine wachsende politische und ökonomische Modernisierung Deutschland s fast automatisch eine Überwindung de s Militarismus nach sich ziehen müsse 19. Diese Hoffnung bestimmt e auch das politische Engagement des Pazifisten Heinrich Kanner . E r verfolgt e di e politisch-pädagogisch e Absicht , zu r Sclbsterzichung de s deutschen Volke s beizutragen , inde m e r e s über sein e früheren Machthabe r aufklärte. Dabe i ging Kanne r sogar so weit, vo n einer »Kollektivschuld« de r Deutschen zu sprechen, di e darin bestehe, daß sie das alte Syste m z u lang e hingenomme n hätten : »E s is t ih r falsches , veraltete s politisches System , da s nu r neuerding s sein e Volksfcindlichkci t bewiese n hat, inde m es das deutsche Volk zugrunde gerichtet, Europ a verwüstet hat . Daß es aber dieses System so lange geduldet und getragen, e s in unserer Zeit sogar noc h gestärk t un d befestig t ha t - da s is t di e Kollektivschul d de s deutschen Volkes.« 20 De n Siegermächte n war f Kanne r vor , Deutschlan d einen Diktatfriede n aufgezwunge n z u haben, de r auf »der Abschreckungs und Vergeltungsdoktri n eine s veralteten Strafrechts « beruhe 21. Dami t hät ten si e de n Proze ß de r politisch-moralische n Erneuerun g de r Deutsche n erheblich behindert. U m diesen Prozeß zu fördern, wollt e Kanner in ideologiekritischcr Absich t di e »Geschichtslügen « zerstören , mi t dene n di e füh renden Staatsmänne r de s Reiche s di e Kriegsbeteiligun g nachträglic h z u rechtfertigen versuchten . E r wandt e sic h vo r alle m gege n di e These , Deutschland sei 191 4 Opfer eines »Überfalles« geworden 22. Gemeinsa m mit seinem Bundesgenosse n Österreich-Ungar n hab e das Reich de n auf keinen Fall lokalisierbare n österreichisch-serbische n Konflik t gewoll t un d bewuß t verschärft. Insofer n trüge n di e Mittelmächt e di e Haup t Verantwortung fü r die Entstehung des allgemeinen Krieges . Die deutsche Reichsleitung, insbe sondere aber der Generalstab, hab e den Krieg al s Präventivkrieg entfesselt , um di e günstige militärisch e Situatio n auszunutzen. U m sein e Auffassun g zu stützen , verwie s Kanne r vo r alle m au f de n Briefwechse l zwische n de n deutschen und österreichischen Generalstabschef s Moltke und Conrad vom März 1906 . Diese r Briefwechse l bewie s nac h seine r Ansicht , da ß beid e Staaten i m geheime n ihre n Bündnisvertra g durc h ein e Militärkonventio n erweitert hatten . Durc h si e se i Deutschlan d verpflichte t worden , seine m Bundesgenossen auc h i m Fall e eine r vo n diese m provozierte n russische n Mobilmachung militärisch e Hilf e z u leisten. Dami t se i de r endgültige un d unwiderlegbare Bewei s erbracht , da ß de r Weltkrie g nich t vo n de r zaristi schen Regierung und deren Verbündeten herbeigeführt worde n sei, sondern vielmehr vo n Österreich-Ungar n un d seine m »einzige n Offensiv-Bundes genossen«, Deutschland 23. Auc h wenn das Reich durch die Militärkonven 92 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
tion ein politisches Instrument Wiens geworden sei, schmäler e das nicht die Verantwortung de r militärische n un d politische n Führun g i n Berlin . De r eigentliche Krie g gege n Rußland , un d dami t de r Weltkrieg , se i vo n Deutschland, besonder s abe r vo n Wilhel m II. gewollt un d begonne n worden. Den bisher genannten Autore n ging es vornehmlich darum, durc h Kritik an de n deutsche n Traditione n zu r geistige n un d moralische n Erneuerung , im Sinn e de r theologische n Katharsi s zu r ›Selbstreinigung ‹ de s deutsche n Volkes beizutragen. Dagege n wollten Pazifisten und Sozialisten wie Richard Grelling un d Walte r Fabia n i n erster Lini e de n aus ihrer Sich t gefährliche n politischen Ziele n der »Unschuldskampagne « entgegenwirken 24. Ihne n lag daran, di e politisch-gesellschaftlichen Interesse n sichtbar zu machen, dene n die publizistische Offensive diente . Grelling, de r zu Beginn des Weltkrieges in di e Schwei z emigrier t war , wandt e sic h scho n 191 5 mi t seine m Buc h »J'accuse« a n die deutsch e Öffentlichkeit , u m di e ›verbrecherische ‹ Politi k des wilhelminische n Reiche s anzuklagen . Deutschlan d wurd e nac h seine r Meinung i n fas t absolutistische n Manie r vo n eine r kleine n Adelsgrupp c regiert und trage nur das Etikett des Konstitutionalismus. Grellin g versuchte nachzuweisen, da ß entgegen der offiziellen Propagand a die Mittelmächte den Weltkrieg durchau s langfristig geplant , militärisc h und politisch vorbereitet un d zur Durchsetzung ihrer Hegemoniebestrebungen i n der Julikrise ausgelöst hätten. Dami t die Bevölkerung de n Kampf unterstütze, sei ihr der Krieg al s Befreiungskamp f dargestell t worden . Mi t seine r gesinnungsethi schen Kriti k wollt e Grellin g ein e Distanzierun g de s deutschen Volke s von seinen Machthabcr n bewirke n un d bereit s zu m damalige n Zeitpunk t ver deutlichen, da ß nur ein freiwilliges un d offenes Schuldbekenntnis den Deutschen zu einem ehrenvollen Friede n verhelfen werde . Allei n auf diese Weise könne zumindest partiell das Unrecht gesühnt werden, da s Deutschland auf sich geladen und das zu »Hass und Abscheu der gesamten civilisierte n Welt « geführt habe 25. Nach Kriegsend e richtet e Grellin g sei n besondere s Augenmer k au f di e Ziele un d Methode n de r Weimare r »Unschuldskampagne« . Inde m Politi ker, Publiziste n un d Historike r di e alten Machtelite n z u entlasten suchten , förderten sie , argumentiert e er , di e Restauratio n de r Hohenzollernmonar chic, gefährdete n dahe r di e bestehend e demokratisch e Ordnung . Zude m würden au f diese Weise alle europäischen Verständigungsbemühunge n ge stört. »E s ist höchst e Zei t zu r Umkehr« , schrie b Grellin g 1926 : »Höchst e Zeit, wen n nich t krampfhafte Umwälzunge n i m Innern, kriegerisch e Kon flikte nac h Auße n di e ruhige Aufwärtsentwicklun g de s neuen Deutschlan d stören sollen. De n echten Republikanern , de n entschiedenen Pazifiste n abe r rufe ich zu: Unterschätzt nich t die Gefahren de r Unschuldsbcwcgung! Un terschätzt sie nicht, wi e ihr einst in den Vorjahren des Kriegsausbruches di e alldeutsche Hetzbewegun g unterschätz t habt.« 26 Mi t außerordentliche r Schärfe kritisierte Grelling di e These, daß die deutsche Rcichsleitung i m Juli 93 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
und August 191 4 die Lokalisierung de s österreichisch-serbischen Konflikte s angestrebt habe . E s handel e sic h u m ei n besondere s »Steckenpferd « de r Unschuldspropaganda. Voraussetzun g fü r einen Erfolg de r Lokalisierungs bemühungen wär e gewesen , da ß di e Ententestaate n eine r Unterjochun g Serbiens un d de r vollständige n Verschiebun g de r Machtverhältniss e au f dem Balkan zugunsten der Mittelmächte tatenlos zugeschen hätten. Grelling räumte aber ein, daß diese Politik hauptsächlich von den Militärs propagiert worden sei , di e nac h seine r Meinun g di e Kriegspropagand a de r Alldeut schen umsetzen wollten; die zivile Führung des Reiches habe sich zumindest anfänglich widersetzt 27. Die Sorg e vo r de n möglicherweis e gefährliche n innenpolitische n Wir kungen de r »Unschuldskampagne « veranlaßt e de n Sozialiste n un d Pazifi sten Fabian , ebenfall s i n die Schulddcbatte einzugreifen . Dies e wurde nach seiner Auffassun g allz u seh r vo n de r nationalistische n Rechte n beherrscht . Unter de m Vorwand, di e durch di e Vcrsaillcr »Schuldlügc « verletzt e Ehr e der Deutsche n wiederherstelle n z u wollen , versuch e dies e Partciung , ihr e Machtposition auszubaue n un d die Demokratie auszuhöhlen . Solang e abe r »die Erörterung der Kriegsschuldfragc eine n Hauptpunkt im Programm des deutschen Militarismus , Nationalismus , Monarchismus « darstelle , müss e auch »der Friedensfreund, de r Republikaner sachlich orientiert, politisc h auf dem laufenden sein« 28. De n deutschen Pazifiste n un d Sozialisten falle daher die Aufgabe zu , di e versteckten Ziel e de s Kampfes gege n Versaille s aufzu decken un d dere n Durchsetzun g z u verhindern . Soll e ein e solch e Aufklä rungsarbeit aber gelingen, müss e man bei der Analyse der Schuldproblema tik zwische n de r Schul d der Regierung un d der des Volkes scharf zu unterscheiden wissen. We r sich als Sozialist und Anhänger der Weimarer Demo kratie mi t de r Schuldfrag e auseinandersetze , müss e i n erste r Lini e de m mißtrauischen Auslan d gegenübe r deutlic h machen , da ß e r sic h vo n de r kaiserlichen Regierung , fü r dere n Handel n e r nich t verantwortlic h sei , di stanziere und sie »u m ihres verhängnisvollen Leichtsinns , ihrer blutgekrön ten Torhei t willen « verurteile 29. Dami t nähert e sic h Fabia n de r Positio n Kautskys. Di e Strategi e de r Schuldforscher , durc h ein e Widerlegun g de r Versaillcr Anklage n di e Entschädigungspflich t Deutschland s abzustreiten , hielt Fabian für verfehlt. Deutschlan d habe sich bereits, unabhängig vo n der Feststellung seine r Kriegsurheberschaft , z u Reparationsleistunge n ver pflichtet, al s es die Lansingnote vom 5. Novembe r 191 8 annahm. Fabian belastete di e politischen un d militärische n Führungsschichte n de s wilhelminischen Deutschlan d aufs schwerste. Ihne n warf er vor, durc h eine kurzsichtige un d leichtsinnige Außenpolitik da s Reich selber »eingekreist« , zusehends geistig-moralisch isolier t und als Folge dieser Politik den Interessen Österreich-Ungarns untergeordnet zu haben. Die politische und geistige »Selbsteinkreisung« began n fü r ih n mi t de r Ablehnun g de r englische n Bündnisangebote u m die Jahrhundertwende; maßgeblic h verstärk t worde n sei si e abe r durc h da s unbedacht e Auftrete n Wilhelm s II., der mi t seine n 94 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Reden Deutschlan d de m Ha ß de r europäischen Natione n ausgesetz t habe . Aufgrund de r wachsende n Isolierun g se i da s Reic h »willenlo s i n da s Schlepptau« de s ih m einzi g verbliebene n zuverlässige n Bundesgenosse n Österreich-Ungarn gelangt 30. Ohn e dessen Kriegswillc n nähe r zu kennen, habe die Rcichslcitung durc h ihre Blankovollmacht di e Risikopolitik Wien s in de r Julikris c unterstütz t un d dami t ebenfall s Schul d au f sic h geladen . Ursache für diese verhängnisvolle Entwicklung de r deutschen Außenpoliti k war nac h Fabian eine spezifische Traditio n de s preußisch-deutschen Milita rismus. S o habe der deutsche Gencralstab maßgeblich die Politik des Reiches bestimmen können ; i n de r Julikrisc se i e s ih m soga r gemeinsa m mi t de r österreichischen militärischen Führungsspitze gelungen, di e verspäteten Bemühungen de r deutschen Rcichslcitun g zunicht e z u machen, di e den Bun desgenossen doc h noc h zum Einlenke n bewege n wollte . Hieri n zeigt e sich für Fabian das Dilemma eines Staates, in dem die Militärs zusätzlich auch die politische Leitung übernahmen . Schar f verurteilte er den Tirpitzschcn Flot tenbau. E r erschien ihm al s Sinnbild de s deutschen Militarismus , z u dessen Wesen es gehöre, da ß militärische Machtmittel zum Selbstzweck würden 31. Die öffentlich e Wirkun g de r pazifistisc h orientierte n Kritike r de r Un schuldsthese blieb sehr begrenzt. I n einem Klima nationaler Entrüstung über den Versailler »Schmachfrieden « fie l es der Publizistik des Arbeitsausschusses un d de r Zentralstell e außerordentlic h leicht , derartig e Positione n z u diffamieren. E s handele sich bei Foerster, Grelling und Kanner, schrieb Hans Draeger, »u m Leute , vo n denen ich, ohne zuviel zu sagen, behaupte n kann, daß sie im Sinne der französischen Politi k arbeiten . . . Der Arbeitsausschuß Deutscher Verbänd e häl t e s fü r unte r seine r Würde , au f di e Anwürf e i m einzelnen einzugehe n ode r ga r au f diese Propagandapamphlet e z u antwor ten« 32 . Selbs t be i gemäßigten Pazifiste n stieße n die Thesen Foersters , Grel lings und Kanners auf Unverständnis. Auße r Schücking wandt e sich besonders Quidd e gege n ein e einseitig e Belastun g Deutschland s mi t de m Vor wurf der Kriegsurheberschaft 33. E r hielt es für eine n gefährlichen Selbstbe trug zu glauben, ei n deutsches Schuldbekenntnis könne im Ausland Sympa thien wecken . Scho n da s Verhalte n de r Siegermächt e au f der Parise r Frie denskonferenz beweise die Vergeblichkeit eines solchen Handelns. Die Alliierten hätte n sic h i m »Geis t de r moralische n Überhebung « z u Richter n erklärt un d ein anmaßendes Urtei l übe r das Reich gefällt 34. Außerde m ga b Quidde z u bedenken , da ß di e Klärun g de r Schuldfrag e kein e »Frag e de r Gesinnung, sonder n des kritischen Urteils « sei . Es komme daher darauf an, möglichst alle Geheimarchive zu öffnen un d die Ursachen des Krieges durch unabhängige, neutral e Forsche r untersuche n z u lassen. De n deutschen Hi storikern fall e dabe i di e Aufgab e zu , di e These von de r »Alleinschuld « de s Kaiserreiches kritisc h z u überprüfen , d a ihr e Widerlegun g da s moralisch sittliche Fundamen t de s Friedensvertrage s erschüttere : »Sollt e e s gelingen, diese Auffassung al s unrichtig zu erweisen, s o wäre der Vertrag von Versailles, wi e mir ein durchaus französisch fühlende r Pazifis t geschriebe n hat, ›cin 95 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Verbrechen«.«35 Quidd e gin g nich t s o wei t wi e verschieden e Schuldfor scher, di e dem Reic h keinerlei Verantwortun g fü r den Kriegsausbruch 191 4 zusprachen; nac h seine r Auffassun g ware n di e Verletzun g de r belgische n Neutralität, di e vorbehaltlos e Unterstützun g Österreich-Ungarn s un d di e überstürzten Kriegserklärungen Deutschland s sehr wohl zu verurteilen. Aus alledcm dürf e abe r nich t de r Schlu ß gezoge n werden , da s Reic h hab e vo r 1914 politische Ziele verfolgt, di e allein mi t kriegerischen Mittel n durchzu setzen gewese n seien . Frankreic h un d Rußlan d hingege n könnte n da s kei neswegs fü r sic h in Anspruch nehmen , den n weder Elsaß-Lothringe n noc h Konstantinopcl hätte n ohn e Gewal t gewonne n werde n können . Mi t Billi gung de r Parise r Regierun g hab e da s Zarenreic h überdie s di e allgemein e Mobilmachung angeordnet ; dahe r seie n beid e Staate n schuldi g geworden . Auch Englan d trag e ei n gewichtige s Ma ß a n Verantwortung , d a e s nicht früh genu g sein e Entscheidung bekanntgegebe n habe , ob es neutral bleiben oder auf sciten der Entente in den Krieg eintreten werde. Quidde wollt e mi t seine n These n nich t de n Ergebnisse n de r vo n ih m geforderten internationale n Untersuchungskommissio n vorgreifen . Viel mehr gin g e s ihm darum , di e Problemati k de r einseitigen Belastun g eine s der kriegführende n Lände r aufzuzeigen . Sei n Bemühen , Deutschlan d vo n dem Schuldvorw rurf weitgehen d z u befreien, inde m e r die Verantwortun g auf alle beteiligten Staate n verteilte , läß t sich erstens mit seine r Stellun g al s Vorsitzender de r »Deutsche n Friedensgesellschaft « un d de s »Deutsche n Friedenskartclls« i n Zusammenhan g bringen . I n seine n Auge n bar g ein e unversöhnliche Haltun g i n de r Schuldfrag e di e Gefah r eine s weitere n Schwindens de s ohnehi n ziemlic h geringe n Einflusse s de r organisierte n Friedensbewegung36. Auc h wir d ma n vermute n dürfen , da ß ih m dara n gelegen war , di e teilweise sehr schroffen Gegensätz e innerhalb der pazifisti schen Schulddiskussio n abzuschwächen : »E s kommt mi r nicht darau f an«, schrieb e r i m Nachwor t z u seine r Untersuchung , »ei n feste s Urtei l i n der Schuldfrage z u vertreten , sonder n de n We g z u eine r möglichs t unparteii schen, leidenschaftslose n Behandlun g de r Frage öffnen z u helfen.« 37 Zwei tens bedar f die Positio n Quiddc s de r Erklärun g vo r de m Hintergrun d de s von ih m vertretene n demokratische n Pazifismus , de r sic h i n wesentliche n Punkten vo n de r radikalpazifistische n Richtun g unterschied . Dere n Ver fechter wollte n di e Überwindun g de r bestehende n Friedlosigkci t durc h sozialen Wande l erreiche n un d stellte n dahe r di e Bekämpfung de r von den militärstaatlichen Traditione n Preußen-Deutschland s ausgehende n Gefah ren in den Vordergrund ihre r Aktivitäten . Dagege n zielt e das Engagemen t gemäßigter Pazifisten wi e Quidde vor allem auf Veränderungen im internationalen Bereich . Durc h ein e grundlegend e Umgestaltun g de r zwischen staatlichen Beziehunge n wollte n si e ei n Syste m kollektive r Sicherhei t un d auch di e Voraussetzunge n fü r ein e international e Friedensordnun g schaf fen38. Ausgangspunk t de r Überlegunge n Quidde s wa r di e These , da ß di e Geschichte de r Staatenwel t durc h ein e fortschreitend e Entwicklun g de s 96 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Rechts gekennzeichne t sei ; de r liberale demokratisch e Gedank e werd e sich daher auc h auf die Gestaltung de r auswärtigen Politi k de r einzelnen Natio nen übertragen . Insbesonder e setzt e sic h Quidd e fü r di e Abschaffun g de r »dualistischen Moralauffassung « ein , dcrzufolgc der das Verhalten des Individuums bestimmend e Moralkodc x nich t au f Staate n übertrage n werde n könne. »Wa s wi r fü r gu t un d richti g halte n fü r di e einzelne n Menschen« , schrieb Quidde, »da s muß auch richtig sei n für die Ordnung de r Beziehungen der Völker untereinander. « 39 Eine gemäßigte Position in der Schuldfrage nahm auch der liberale Historiker Veit Valentin ein. Au s seiner Feder stammte eine der umfangreichste n Studien zur Vorgeschichte des Weltkrieges, in der die Politik der beteiligten Mächte vo n einem pazifistischen Standpunk t au s beurteilt wurde 40 . Valen tin hatte sich erst unter dem Eindruck des Kriegserlebnisscs dem Pazifismu s zugewandt. Nac h Kriegsende galt sein politisches Engagement dem Ausbau der parlamentarische n Republi k sowi e de r grundlegende n Neugestaltun g der zwischenstaatlichen Beziehunge n un d der Idee des Völkerbundes. Dessen weltgeschichtliche Aufgab e bestan d nach Valentin darin , de m Wcttlauf der Nationen , de r nicht z u verhindern sei , ein e neue menschliche For m zu geben, welch e di e Barbare i de s moderne n Kriege s ausschloß . Danebe n versprach sic h Valenti n vo n einem Beitrit t Deutschland s zu m Völkerbun d größere Chancen , di e Revisio n de s Versaillc r Vertrage s au f friedliche m Wege durchzusetzen 41. Al s Historike r fühlt e e r sic h verpflichtet , i n di e Debatte übe r di e Schuldanklag c einzugreifen , di e auc h e r al s moralisch sittliches Fundamen t de s Friedensvertrage s un d al s Verletzun g de r deut schen Ehre interpretierte. Vo n der damals vorherrschenden Wcltkricgsapo logctik distanziert e e r sic h jedoch deutlich . Zude m verwar f e r di e i n de r Geschichtswissenschaft wei t verbreitet e Meinung , wonac h Politi k vorran gig Machtpolitik , de r Krie g dahe r ei n »natürliches , au s de m Kamp f de r Lebensansprüche de r Staate n un d Natione n erwachsene s Phänomen , ei n ›Lebenspnnzip‹« sei 42. Sei n Haupteinwan d lautete , da ß dies e Auffassun g notwendig z u der politischen Forderun g nac h einer unbegrenzten Ausdeh nung de s Staate s un d somi t letztlic h z u de m Strebe n nac h Weltherrschaf t führen müsse . Valenti n gin g i n seiner Kriti k abe r nich t s o weit wi e einig e Pazifisten, di e jegliche staatlich e Machtpoliti k un d Gewaltanwendung ver urteilten. Au s seiner Sicht war der Krieg als legitimes Mittel der Politik nicht völlig au s dem Völkerlebcn auszuschalten , sonder n lediglich in den Formen der Austragun g verbcsscrungsfáhig . Dies e Erkenntniss e schluge n sic h i n den Kriterie n nieder , mi t dene n e r di e Vorkriegspoliti k de r europäische n Staaten beurteilte, nämlic h in ihrem Bemühen um Verständigung un d Aussöhnung: »Si e geh t vo n de r Überzeugun g aus« , beschrie b Valenti n Aus gangspunkt und Zielsetzung seiner Arbeit, »da ß die Solidarität der europäischen Völker , j a de r Kulturmenschhci t ei n bestimmte s un d notwendige s Ziel de r gegenwärtige n Geschichtsepoch e ist , un d si e finde t deshal b all e Versuche de r Völkerversöhnun g un d Völkerverständigun g fruchtba r un d 97 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
zukunftsreich, un d all e Mächte , di e sic h diese n Ziele n entgegenstellen , archaisch.«43 Inde m Valenti n di e politisch-gesellschaftliche n Perspektive n der damalige n gcschichtswissenschaftliche n Kricgsursachcnforschun g ab lehnte und sich offen zu m Pazifismu s bekannte , wurd e er zum Außenseite r der »Zunft« . Methodisc h blie b sein e Untersuchun g dagege n konventio nell, d a si e sich völli g i m Rahme n de r traditionellen Diplomatiegeschicht c bewegte 44 . Ähnlich wi e Quidd c gelangt e Valenti n z u de m Ergebnis , da ß kein e de r am Weltkrie g beteiligte n Mächt e di e alleinig e Verantwortun g fü r de n Kriegsausbruch trage , abe r auch kein e von ihne n völli g schuldlo s sei . All e europäischen Großmächt e hätte n vo r 191 4 de n Krie g al s legitime s Mitte l der Politi k angesehe n un d sic h i n wechselnde n Konstellatione n i n sämtli chen Konflikte n de r Vorkriegszei t maßgeblic h engagiert . Da s Verhalte n der einzelnen Staate n in der Julikrise versuchte Valentin anhan d einer »Ska la de r Schuldigen « z u bewerten , di e e r i m Sinn e eine r »Stufenfolg e de s Bclastungsgrades« hinsichtlic h ihre r Verantwortlichkei t verstand 45. Au f den erste n Ran g plaziert e e r Rußland , d a e s mi t seine r vorzeitige n un d vorschnellen Gcncralmobilmachun g de n Krieg unvermeidlic h gemach t ha be. Danebe n se i e s de m Zarenreich e anzulasten , da ß sic h de r Balkankon flikt überhaup t z u eine m europäische n Konflik t ausweitete , den n sei n ag gressives und militaristisches, durc h Revolutionsfurcht motivierte s Auftre ten hab e eine friedlich e Beilegun g de r österreichisch-serbische n Auseinan dersetzung überhaup t ers t verhindert. Ebenfall s au s innenpolitischen Moti ven se i di e fricdensgefáhrdend e »Desperadopolitik « Österreich-Ungarn s zu erklären , da s Valenti n au f de n zweite n Plat z seine r Skal a setzte . Wie n habe de n Krie g gege n Serbie n angestrebt , u m de n Zerfal l de s Vielvölker staates aufzuhalten, un d daher Europ a an den Rand eines allgemeinen Krie ges gebracht . De n dritte n Ran g nahme n gleichberechtig t Deutschland , Frankreich un d Englan d ein . Dies e Mächt e hatte n zwa r Valenti n zufolg e im Juli un d Augus t 191 4 manche verhängnisvoll e Entscheidun g getroffen , insgesamt jedoc h ein e durchau s zurückhaltend e un d abwartend e Politi k vertreten46. Z u de n »Rechenfehlern « de r deutsche n Reichsleitun g zählt e Valentin da s Bemühen u m eine Lokalisierung de s österreichisch-serbische n Konfliktes, di e Hoffnung, Rußlan d vo n seinem Eingreife n durc h Drohun gen abhalten zu können, sowi e die taktisch falsche Herausforderung Frank reichs und Rußlands . Au s diese m Verhalte n dürf e abe r au f keinen Fal l de r Schluß gezoge n werden , da s Reich habe den Krieg gewollt ; vielmeh r kom me dari n da s Fehle n eine r einheitliche n un d zentrale n Führun g zu m Aus druck. I m übrigen war f Valentin den Nachfolgern Bismarck s vor, Wcltpo litik - dere n Berechtigun g e r anerkannt e - mi t Methode n betriebe n z u haben, welch e di e Entstehun g unnötige r Feindschafte n begünstig t hätten . Voraussetzung fü r ein e erfolgreich e Wcltpoliti k se i de r Verzich t entwede r auf di e Flott e ode r au f di e Orientpoliti k gewesen ; nu r dan n hätt e sic h Deutschland a n England ode r an Rußlan d anlehne n können . D a das Reic h 98 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
aber beide Ziele gleichzeitig angestreb t habe , se i es zunehmend in die Isolierung geraten 47. Im Mittelpunk t alle r bishe r angeführte n Urteil e übe r di e Vorgeschicht e und Entstehun g de s Weltkriege s stan d di e Schuldproblcmatik . D a zu de n zentralen Anliegen der Friedensbewegung di e Achtung des Krieges gehörte, betrachtete si e scho n allei n di e heftig e öffentlich e Schulddcbatt e al s hoff nungsvolles Anzeichen für einen Wandel in der moralischen Bewertun g des Krieges, de r sic h i m Gefolg e de r Katastrophe vo n 191 4 angebahnt habe 48. Historiker wi e Rosenberg , Keh r un d Hallgartc n dagege n wollte n di e i n ihren Auge n einseitig e Ausrichtun g de r Diskussio n au f di e Schuldfrag c überwänden. Ihne n ging e s um eine grundlegende Neuorientierun g wissen schaftlicher Kriegsursachenforschung . Inde m si e ihr Hauptaugenmer k au f die innenpolitische n Bedingunge n sowi e di e gesellschaftliche n un d wirt schaftlichen Triebkräft e imperialistische r Politi k richteten , wurde n si e z u mutigen »Pionicr(en ) der kritischen Analyse sozioökonomischcr Bedingun gen de r Außenpolitik« 49. Wesentlich e Anregunge n fü r di e Analys e de r Beziehungen zwische n sozialen und ökonomischen Strukture n und Prozessen einerseits, de n politischen un d geistigen Veränderungen i m wilhelmini schen Deutschlan d andererseit s versprache n si e sic h vo r alle m vo n de r Rezeption des Marxismus sowie der soziologischen Schrifte n Ma x Webers. Für Rosenber g bildet e di e Hegel-Marxsch e Geschichtsauffassun g di e Grundlage einer jeden »erfolgreichen « Geschichtsschreibung 50. Di e »Systematisierung de s historischen Materialismu s z u einem i n sich geschlossene n Geschichtsbild« lehnt e e r jedoch ab . Kennzeichnen d fü r sei n Gesamtwer k war das Bemühen, »a n den Konflikten zwische n privilegierten un d nichtprivilegierten sozialen Gruppen die unter bestimmten Bedingungen mögliche n Alternativen zu r tatsächliche n Entwicklun g aufzuzeigen« 51. Au s diese m Grunde schenkt e Rosenber g i n seinen Arbeite n übe r da s Deutsch e Kaiser reich den politischen und gesellschaftlichen Funktione n un d Wirkungen de r Bismarckschen Verfassun g besonder e Beachtung . Hie r lag in seinen Auge n der Schlüsse l zu m Verständni s de r verhängnisvollen Außenpoliti k de s wil helminischen Deutschlan d und für dessen Scheitern. Indem er die innenpolitischen Ursache n fü r di e seiner Ansich t nac h unvorsichtig e un d fehlerhaft e auswärtige Politi k der Nachfolger Bismarck s deutlich machte, wollt e er die Notwendigkeit eine r umfassenden Refor m de r Verfassung vo n 187 1 unterstreichen. Allei n durc h die Parlamcntarisierun g un d Demokratisierung de s politischen Systems hätte, argumentierteer, verhinder t werden können, daß die Außenpoliti k un d da s Schicksa l de r gesamte n Natio n de n »nervöse n Schwankungen un d Störungen « de s Kaisers wi e de s Reichskanzlers unter worfen blieb 52. Di e Entscheidun g übe r di e Gestaltung de r internationale n Politik hätt e einem jeweils dem Reichstag verantwortlichen Außenministe r und Reichsministcriu m übertrage n werde n müssen . Ausgangspunk t de r Überlegungen de s Marxiste n Rosenber g zu r deutsche n Vorkriegspoliti k war dahe r die These, da s von Anfan g a n nicht übcrlcbensfähigc Bismarck 99 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
reich se i ein e »bonapartistische « Schöpfun g gewesen , di e auf einem Kom promiß zwische n de m deutschen Bürgertu m und dem preußischen Militär adcl beruh t habe 53. Da s Schicksal de r Nation hab e zu großen Teile n i n der Hand de r jeweils herrschende n Persönlichkei t gelegen . Währen d e s Bis marck noc h gelunge n sei , di e Interesse n de r beide n Führungsschichte n miteinander z u vermitteln , hab e de r führungsschwach e Wilhel m II. bei dieser Aufgabe versagt . Vo n 188 0 bis 1916 habe es daher in Deutschland im Grunde kein e wirklich e Regierun g gegebe n un d seie n di e Regierungsge schäfte »zufälli g un d prinzipicnlos« erledig t worden 54. Diese r Mangel habe sich verhängnisvol l au f di e außenpolitisch e Situatio n ausgewirkt . Di e zu nehmende Isolierun g de s Reiche s sei t de r Entlassun g Bismarck s wa r nac h Rosenberg wenige r die Folge einer systematischen »Einkreisung « durc h die Entcntcstaaten al s vielmeh r da s Ergebni s de r »planlose n un d verwirrte n Arbeitsweise de s Kaisers« un d des »ebenso planlosen Durcheinander^ ) de r einzelnen Firmenintercssen« 55. S o habe Wilhelm II. durch sein sprunghafte s Wesen un d sein e vo n Patho s un d Drohgebärde n bestimmt e Rethori k da s Vertrauen des Auslandes in die deutsche Politik zerstört. Hinz u komme eine verfehlte Bündnispolitik , di e di e Voraussetzun g fü r ei n Zusammengehe n der spätere n Entcntcstaate n geschaffe n habe . Rosenber g verurteilt e beson ders die Nichtcrncuerung de s deutsch-russischen Rückversichcrungsvertra ges, die eine Verständigung zwischen Paris und Petersburg ermöglicht habe; zudem se i durc h ein e kurzsichtig e Kolonialpoliti k ein e Annäherun g a n England verhindert worden 56. Angesichts de r politisch-gesellschaftliche n Perspektiven , di e de r Arbei t Rosenbergs zugrund e lagen , sowi e seine r Kriti k a n de r wilhelminische n Außenpolitik ma g e s verwundern, da ß er Deutschlan d ausdrücklic h gege n die Schuldanklagcn de s Versailler Vertrages verteidigte. Au s dem Verhalte n des Kaiser s und seiner Kabinett e konnte jedoch i n seinen Auge n au f keinen Fall der Schluß gezogen werden, da ß sieden Krie g angestrebt oder herbeigeführt hätten . Di e Reichsleitun g se i vielmeh r »unfähig , ahnungslo s un d hilflos i n de n Weltkrie g hineingestolpert « un d müss e dahe r vo n jeglicher moralischer Schul d freigesproche n werden . U m dies e Auffassun g z u stüt zen, verwie s Rosenber g - ähnlic h wie die Schuldforschung - au f strategisch günstige Gelegenheite n zu r Entfesselun g eine s Krieges, di e das Reich nicht genutzt habe: »Hätte Wilhelm II. einen Krieg gewollt, u m die Herrschaft in Europa z u gewinnen, s o hätte er wahrend de s russisch-japanischen Kriege s oder währen d de r erste n russische n Revolutio n Frankreic h angegriffen . Damals war Rußland militärisch ohnmächtig, un d Deutschland hätte wahrscheinlich übe r da s isolierte Frankreic h gesiegt.« 57 Rosenberg s Moti v wa r aber nich t di e Unterstützun g de r Weimare r »Unschuldskampagnc« ; ih m ging e s vielmeh r darum , di e öffentlich e Schulddcbatt c z u ›cntpolitisicren ‹ und zu versachlichen. E r wollte die Schuldfragc au s ihrem politisch-propa gandistischen Kontex t herauslöse n zugunste n eine r nüchternen Erörterun g der Kriegsursachen au f der Grundlage des vorliegenden Aktenmatcrials . In 100 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
seiner Besprechung de s ersten Bande s der »Französische n Dokumente über die Ursache n de s Weltkrieges« plädiert e Rosenberg fü r die Beendigung de s Kricgsschuldstreites i m In - un d Ausland . E s se i a n de r Zeit , da ß »i n de r sogenannten Khegsschuldfrag e jenseit s un d diesseit s unsere r Grenze n da s nüchterne Urtei l di e Propagandaphrase verdrängt« 58- I n dieser Zielsetzun g stimmte e r mi t de m Herausgebe r de r vo n ih m rezensierte n Dokumenten sammlung überein . Diese r hatt e au f Veranlassun g französische r Regie rungsstellen Verbindun g z u deutsche n Journalisten, Wissenschaftler n un d Politikern aufgenommen. De n Bemühungen dieses in Paris lebenden Publizisten, Kontakt e zu m Kricgsschuldreferat z u knüpfen, stan d das Auswärtig e Amt eindeutig ablehnen d gegenüber 59. Während Rosenber g au s politische n Gründe n zu r Schuldfrag e Stellun g nahm, lehnt e Hallgartc n di e Beschäftigun g mi t diese r Problemati k grund sätzlich ab . Nac h seine r Auffassun g konnt e e s nich t Aufgab e un d Zie l wissenschaftlicher Geschichtsschreibun g sein , nac h de r Schul d einzelne r Politiker un d Diplomate n z u fragen , d a Krieg e nich t durc h persönlich e Fehlentscheidungen unmittelba r vo r ihrem Ausbruc h entstünden . Z u einer gewaltsamen Auseinandersetzun g zwische n Staate n komm e e s nu r dann , wenn bestimmt e sozial e un d politische Kräft e ei n Interess e an ihr hätten 60. Diese sichtbar z u machen, se i di e Pflicht de s Kriegsursachenforschers. Da mit grenzt e sic h Hallgartc n gleichzeiti g vo n de r damal s vorherrschende n Diplomaticgeschichte ab, in deren Blickfeld lediglich die Haupt- und Staatsaktionen gerieten . Sein e Studi e übe r de n »Imperialismu s vo r 1914 « sollt e dagegen ei n »empirische r Beitra g zu r Motivationsthcoric « sein , wobe i i m Vordergrund di e soziale n Grundlagen imperialistische r Politi k standen 61. Hallgarten selbe r bezeichnete seinen Forschungsansat z al s marxistisch, ein e Meinung, de r sic h auc h einig e Rezensente n anschlössen . Si e verwiesen au f das Bemühe n Hallgartens , di e Expansionspoliti k de r europäische n Großmächte al s Resulta t wirtschaftliche r un d gesellschaftliche r Strukture n und Prozess e z u erklären 62. Dies e Etikettierun g de s historisch-politische n Denkens Hallgarten s erschein t jedoch problematisch . Mi t Rech t ha t Joachim Radka u au f da s Fehle n de r fü r de n Marxismu s charakteristische n hoffnungsvollen Perspektive n in den Arbeiten Hallgartcns aufmerksam ge macht. Diese r hab e de r Arbeiterbewegun g al s Gegne r de s Imperialismu s kaum Beachtung geschenk t un d dessen innere Widersprüche als rein zerstörerisch un d ohne jegliche »Fortschrittsdialcktik « interpretiert . Di e Bezeichnung »Marxist « se i nu r insowei t berechtigt , al s e r i n de r »cxpansive(n ) Dynamik«, de n »innere n Spannunge n un d Zcrsetzungsprozess(en) de s Kapitalismus di e Elemcntarvorgäng e i n de r Geschicht e de r kapitalistische n Länder« gesehe n habe 63. Weit stärker wirkte sich dagegen wohl der Einfluß Max Webers aus. Hallgartcn erhoffte sic h von der Rezeption der Soziologi e des berühmten Gelehrte n Hilfestellun g be i de r Untersuchun g de r Interde pendenz vo n Wirtschaft , Gesellschaf t un d Politik . Bi s a n sein Lebensend e blieb e s eine s de r Hauptziel e Hallgartcns , di e Soziologi e Weber s fü r di e 101 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Geschichtsschreibung fruchtba r zu machen, »j a gleichsam dessen Erbe anzutreten und Webers Spät werk übe r »Wirtschaf t un d Gesellschaft ‹ zu Ende zu fuhren«64. Außerde m bemühte sic h Hallgartc n darum , i n Anlehnun g a n Webers »idealtypisch e Methode « Type n un d Gesetzmäßigkeiten i n der Geschichte aufzuzeigen . Da s Bestreben , i n enge r Zusammenarbei t mi t de n Sozialwisscnschaften di e soziale n Grundlagen imperialistische r Politi k z u erforschen, führt e be i Hallgarte n zu r Herausbildung eine s »ökonomische n Funktionalismus«. Haral d Schinkel , de r diese n Begrif f i n di e Debatt e ein führte, ha t betont, da ß der Imperialismus Hallgarten als beliebiges Demon strationsobjekt diene, um die wirtschaftliche Abhängigkei t politischen Handelns deutlic h z u machen . Dabe i lös e e r di e Geschicht e de s Imperialismu s weitgehend in einzelne »Geschichte n vo n Geschäftsbeziehungen« auf : »un d zwar methodologisc h mi t zweckrationalc n Interpretatione n politische r Handlungen nac h Maßgab e wirtschaftliche r Interessen. « Au f dies e Weis e entstehe eine »Theorie ideologisch-gesellschaftlicher Assoziationen , di e sich von Ma x Weber s methodologische n Forschunge n nu r in Nuancen « unter scheide65. Ähnlich wi e Rosenber g gelangt e Hallgarte n z u dem Ergebnis , Deutsch land habe vor 191 4 eine inkonsequente und widersprüchliche Außenpoliti k betrieben, di e dem Reich die Feindschaft alle r Großmächte eingetragen un d es schließlic h i n de n Weltkrie g getriebe n habe . Währen d Rosenber g di e Ursachen fü r diese Entwicklung i m Bismarckschcn Verfassungssyste m sah., führte Hallgarte n jene »strukturel l vorhanden e Tendenz einer direktionslo sen Expansionspolitik nac h allen Seiten « au f die in der politischen Führun g des wilhelminischen Deutschlan d vorherrschend e »Anarchie « zurück . Auf grund de r fehlende n integrative n Kraf t de r Reichsleitun g se i di e deutsch e Außenpolitik zu m Spie l ball de r verschiedene n gesellschaftliche n un d wirt schaftlichen Gruppe n geworden : »Di e verschiedenartig e territorial e un d klassenmäßige Schichtun g de r deutsche n Bevölkerun g bewirkt e ein e Au ßenpolitik, be i de r gleichsam di e Linke nicht wußte , wa s die Recht e tat. In Verfolgung eine r Interessenpoliti k . . . zerriebe n di e Agrarie r durc h Zoll kriege und Zollschikanen da s gute Verhältnis Deutschland s z u den Russen, das di e unentbehrlich e Voraussetzun g eine r Englan d herausfordernde n Weltpolitik war , wi e sie von der Industrie gewünscht wurde. «66 Mit besonderer Schärf e verurteilt e Hallgarte n dabe i di e deutsch e »Sammlungspoli tik«, d . h. da s Bündnis de r Agrarier mi t Teile n de r Industrie . Ers t sie habe jene verhängnisvolle Entwicklun g ermöglicht , di e Rußland und England in die Arm e vo n Deutschland s Hauptgegne r Frankreic h geführ t habe . I n der »Sammlungspolitik« kame n nac h Hallgartc n di e spezifische n Verhältniss e des deutschen Imperialismu s i n besonderem Maß e zu m Ausdruck . Hierz u zählte e r ersten s di e »sei t lange m vorhanden e Unproportionierthei t de s deutschen Sozial - un d Wirtschaftssystems , di e z u gewaltsame n Lösunge n drängte und die das Reich mi t seiner vom Kriegerstan d geleitete n Bevölke rung von einer Katastrophe zur anderen trieb«. Zweiten s sei es vor allem die 102 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Kartellicrung un d Konzentration de r deutschen Wirtschaft gewesen , di e die Leistungsfähigkeit de s Reiche s erhöht , diese s abe r gleichzeiti g »imperiali stisch-aggressiver« al s England habe werden lassen 67. Ungeachte t de r breiten Darstellun g de r gesamt-gesellschaftliche n Grundlagen de r deutsche n Expansionspolitik macht e Hallgarte n doc h letztlic h partikular e Interesse n wie beispielsweis e da s Engagement Krupp s im Osmanische n Reic h fü r di e Entstehung de s Weltkriege s verantwortlich . Vo r alle m i n der Rüstungsin dustrie sa h e r »da s zukunftsträchtigst c Elemen t unte r de n Ursache n de s Kriegsausbruches von 1914« , obgleic h er sich mit diesem Thema erst später intensiv beschäftigt hat 68. Di e Rüstungspolitik und die militärischen Interessen des Reiches bildeten au s Hallgartens Sich t de n Schlüssel zu m Verständnis der deutschen Politik in der Julikrise 1914 . Das Deutsche Reich sei damals bewußt da s Risiko eingegangen , eine n Präventivkrie g z u führen, u m nich t von seinen Gegnern militärisch überflügelt un d überrannt zu werden 69. Anders al s Rosenber g un d Hallgarten , di e sic h mi t de r gesamte n deut schen Vorkriegspoliti k sei t de r Entlassun g Bismarck s auseinandersetzten , behandelte Keh r mi t de m Tirpitzschc n Flottenba u lediglic h einen , wen n auch zentralen Aspek t de r Außenpoliti k de s Reiches. Nich t zuletz t i n Auseinandersetzung mi t de n Argumente n de r »Flottenprofessoren « un d de r Geschichtswissenschaftler, di e nach 191 8 die deutsche Sccrüstun g rechtfertigten, entwickelt e Keh r seine kritische politisch e Sozialgcschichte 70. Aus gehend von der Überzeugung, da ß die moderne Welt durch die Industriell e Revolution ein e fundamental e Umgestaltun g erfahre n habe , analysiert e e r die Fehlentwicklunge n i n de r preußisch-deutsche n Geschichte , di e i n di e Katastrophe von 191 4 und zum Zusammenbruch de s Reiches im Jahre 1918 geführt hätten . Keh r selber charakterisierte seine n Forschungsansatz mehr fach mit dem Begrif f »Prima t de r Innenpolitik«, u m sich von der These des »Primats de r Außenpolitik « z u distanzieren 71. E r kritisiert e a n de r zu r damaligen Zei t maßgebliche n Richtun g innerhal b de r Geschichtswissen schaft besonder s die Vernachlässigung de r in seinen Auge n übermächtige n Wirtschafts- und Gesellschaftskräfte sowi e die Überbewertun g de s Machtstaates. Inde m di e deutsche n Historike r auc h nac h Kriegsend e a n ihre m machtstaatlichen Denke n festhielten , verteidigte n si e da s alt e Syste m un d dessen Trägcrschichten : »Nich t nu r di e Thes e des : Männe r mache n di e Geschichte, ebenso die des: Staat ist Macht« seie n »Produkt e dieses unhistorischen, de n momentane n Zustan d de s durc h Bismarc k geschaffene n Machtstaates verabsolutierende n Geistes.« 72 Keh r dagege n wollt e Ge schichte »unte r de m Aspek t einer als besser gedachten Zukunft « schreiben , um so zur Lösung de r gegenwärtigen Kris e der Gesellschaft beizutragen 73. Heftige Kriti k übt e e r dahe r a n de r Junkeraristokratie un d de r kapitalisti schen Plutokratic, di e nach seiner Auffassung da s gesellschaftliche Lebe n bis in die Gegenwart hinei n beherrschten . Au f diese Weise sollte die Notwen digkeit einer fundamentalen Demokratisierun g sichtba r gemacht werden 74. Im Mittelpunk t de r Untersuchunge n Kchr s standen di e herrschaftliche n 103 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Funktionen der deutschen Flottenpolitik. I n ihr sah er weniger ein außenpolitisches al s vielmehr ei n innenpolitische s Machtinstrument . Sein e zentral e These lautete , Deutschlan d hab e mi t seine r Weltpolitik , i n dere n Rahme n die Seerüstunge n betrachte t werde n müsse , de n internationalen Statu s quo in Frag e gestellt, u m de n inneren z u stabilisieren. Außenpolitisc h sollt e die Flotte die wirtschaftliche Expansio n förder n un d zu der angestrebten Auto nomie Deutschland s beitragen ; vo r de m Hintergrun d de r innenpolitische n und sozialgcschichtlichc n Entwicklun g de s Reiche s hingege n erschein e si e als ei n Instrument , mi t de m di e Führungsschichte n vo n ihre n innere n Schwierigkeiten hätte n ablenke n wollen , u m ihr e Herrschaftspositio n z u festigen. Di e »imme r brüchige r werdend e Herrschaf t de r i n de r Samm lungspolitik alliierte n Industri e und Landwirtschaft« sollt e vor allem gegen die »proletarische Gefahr« abgesicher t werden 75. Keh r glaubte, eine Dauerkrise des Reiches zu erkennen, die ein Ausdruck des Doppcicharakters dieses Herrschaftssystems al s bürgerliche r Klassenstaa t un d nationale r Einheits staat sei . I n den neunzige r Jahren hätte n au f de r eine n Seit e Industri e un d Agrarier di e Hegemonie im Kaiserreic h z u erringen versucht , währen d au f der anderen Seite das revolutionäre Proletariat die bestehenden Verhältniss e bekämpft habe . U m das Proletariat au f jeden Fal l von der Macht fernzuhal ten, hätte n die herrschenden Klasse n be i der Bewilligung de s zweiten Flot tcngcsctzcs ihr e Konflikt e zu m Tei l zurückgestellt . Keh r interpretiert e da s deutsche Wcltmachtstrcbcn, da s zu der zunehmenden außenpolitischen Isolierung de s Reiche s geführ t habe , nich t primä r al s Ergebni s planmäßige r offensiver Zielsetzungen , sonder n i n erster Lini e als defensive Reaktio n der Machtclitcn au f di e Demokratisierungstendenze n de r Gesellschaft . Di e Schutzzölle sollte n zu r Stabilisierun g de r Junkerherrschaft beitragen , ob wohl di e Agrarie r ihr e wirtschaftlich e Poten z im Grund e längs t eingebüß t hätten, währen d Weltpoliti k un d Flottenba u de m Bürgertu m al s »soziale s Kampfmittel« gege n das Proletariat diente. Außerde m hab e die Flottenpolitik die Profitintcressen de s Kapitals befriedigen sollen 76. Die These von einer besonderen Kriegshetz e de s Deutsche n Reiche s lehnt e auc h Keh r ab . Di e herrschenden Klasse n seie n i m Gegentei l aufgrun d de r krisenhaften innen politischen Situation bestrebt gewesen, eine n Krieg zu vermeiden, da er ihre Herrschaft erschütter t hätte. Man habe aber zumindest eine Erfolge vortäu schende Weltpoliti k betreibe n müssen . Wen n de r deutsch e Imperialismu s und mit ihm die Flottenpolitik gescheiter t seien, lag das nach Kehr nicht nur am Widerstand Englands , sonder n auc h an den inneren Widersprüchen de s Kaiserreiches77. Weder von den Historikern, die nach Alternativen zu den damals vorherrschenden Formen der Geschichtsschreibung suchten, noch von den pazifistischen Gegner n de r »Unschuldskampagnc « gin g damal s ein e größere Wir kung au f das historisch-politisch e Denke n ihre r Zei t un d Umgebun g aus . Beide Gruppierungen mußte n i n einem derar t cmotionalisicrtcn Klim a na tionaler Entrüstung durc h ihre Kritik am wilhelminischen Deutschlan d und 104 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
ihre - wen n auc h seh r unterschiedlic h ausgeprägten - Schuldthcse n notge drungen i n di e politisch e un d gesellschaftlich e Isolierun g geraten . Zude m standen sie als entschiedene Demokraten und zum Teil als überzeugte Sozialisten auc h politisc h i m Gegensat z z u de r erstarkende n nationalistische n Rechten; dementsprechen d bewirkt e dasjah r 193 3 auch ein nahezu völlige s Verstummen diese r kritische n Stimmen . Ers t sei t End e de r sechzige r un d Anfang de r siebzige r Jahr e began n ma n i n de r Bundesrepublik , solch e Positionen wiederzuentdecken . Allerding s erwiese n sic h di e Ansätz e de r Pazifisten al s i n z u starke m Maß e zeitgebunde n beziehungsweis e de r »Kriegsschuldatmosphärc« de r Zwischenkriegszeit verhaftet 78. Di e moderne Weltkriegshistoric steht nicht so sehr in ihrer als vielmehr in der Tradition Kchrs, Hallgartcn s un d Rosenbergs . Mi t diese n Historiker n teil t si e da s Bemühen, i n enger Zusammenarbeit mi t den Sozialwisscnschaftcn di e wirtschaftlichen, gesellschaftliche n un d politischen Bedingunge n und Ursachen imperialistischer Politi k z u analysieren 79.
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III. Die Auseinandersetzung mi t dem traditionalen Geschichtsbild 1945-196 0
1. Restauratio n und allmähliche Erneuerung der Weltkriegs forschung Die deutsche Kapitulation i m Mai 1945 , mit der die politische und militärische Katastrophe de s »Dritte n Reiches « ei n End e fand , besiegelt e eine n ungleich tiefere n Stur z des deutschen Volke s als je zuvor . Si e gilt viele n al s ein absolute r Tiefpunkt i n de r neuere n deutsche n Nationalgeschichte , be deutete sie doch den Untergang de s Reiches und den Verlust der staatlichen Souveränität1. Al l diese Ereignisse und die volle Kenntnis der nationalsozialistischen Gewaltpoliti k löste n i n Deutschland ein e tiefgreifende Identitäts krise aus , di e auc h di e Geschichtswissenschaf t erfaßte . Di e nationalstaatli chen un d idealistische n Orientierungen , di e das historisch-politische Den ken des deutschen Bildungsbürgertum s un d der deutschen Historike r lang e Zeit geprägt hatten , wurde n durc h di e Erfahrung de r zwölf Jahre nationalsozialistischer Herrschaf t zunehmen d diskreditiert . Hinz u ka m di e Kriti k vornehmlich ausländische r Historiker; sie interpretierten da s »Dritte Reich« als Ergebni s eine r »Kett e vo n Irrtümern « i n der deutschen Geschicht e und Hitler als den Endpunkt einer geradlinigen Fehlentwicklung , di e von Luther über Friedric h de n Große n un d Bismarc k zu m Faschismu s geführ t habe 2. Nicht zuletz t aufgrun d solche r Kriti k schie n da s deutsch e Vol k »jene r Si cherheit übe r seine Tradition beraubt , di e ein wollende s Vol k braucht , u m zu einer Übereinkunf t übe r die eigene Geschichte zu gelangen« 3. I m westlichen Tei l Deutschlands , i n de r spätere n Bundesrepublik , reagierte n di e Historiker au f diese Herausforderung , inde m si e die Notwendigkei t aner kannten, da s herkömmliche Geschichtsbil d z u überprüfen un d gegebenen falls z u revidieren . Allerding s erfolgt e zunächs t kei n radikale r Wandel , obwohl de r Bruc h mi t de n politische n un d geschichtswissenschaftliche n Traditionen nac h 194 5 wesentlich tiefe r wa r al s nach 1918 . Vorherrschen d blieb »das Bestreben zu sublimer moralischer Selbstkritik bei gleichzeitige m Festhalten a n tradierte n Wertungen« 4. Di e meiste n Historike r versuchten , »die deutsche Vergangenheit unte r Ausklammerung de s Dritten Reichs mit der Gegenwart« z u verbinden un d »dami t neu vitalisiertes Vertraue n i n das deutsche Geschichtscrbc « z u vermitteln 5. Ihr e zentrale These wa r di e »Be hauptung der ›Diskontinuität‹ i n der deutschen Geschichte des 20. Jahrhun106
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dcrts«, derzufolg e Hitle r un d di e nationalsozialistisch e Diktatu r au s de m Rahmen de r nationale n deutsche n Vergangenhei t herausfiele n un d ein den deutschen Traditione n fremdes , westeuropäische s Phänome n darstellten 6. Dem Nachweis einer solchen Diskontinuität diente n auch die Bemühungen der westdeutschen Weltkriegsforschung , Währen d ma n die Schuld des Reiches am Zweiten Weltkrie g eingestan d - obwoh l si e oft de r Person Hitler s angelastet wurd e -, leugnet e ma n weiterhi n zumindes t di e alleinige Urhe berschaft am Kriegsausbruch 1914 . Dabei knüpften di e Historiker entweder an di e Unschuldsthese n au s de n zwanzige r Jahre n ode r a n di e Schlitter Thcsc Lloyd Georges an, die nunmehr weithin anerkannt wurde. Al s Ursache für das ›Hineinschlittcrn‹ alle r beteiligten Mächte galt einigen von ihnen die Vcrselbständigun g militärtechnische n Denken s i n de r Julikrise 1914 7. Diese Interpretatio n schie n i n besondere r Weis e daz u geeignet , de n i n der alliierten Öffentlichkei t wei t verbreitete n Vorwur f zu entkräften, di e preußisch-deutsche Geschichte habe sich von Anfang a n durch extremen Natio nalismus, Imperialismu s un d vo r alle m durc h übersteigerte n Militarismu s ausgezeichnet. Zunächs t wic h lediglic h Ludwi g Dehi o von diesem Grund konsens ab und erblickte eine deutlich sichtbare Kontinuität in der deutschen Politik vo m Erste n zu m Zweite n Weltkrieg . Au s seine r Sich t wie s da s Deutsche Reic h i m späte n 19 . un d i m beginnende n 20 . Jahrhundert all e charakteristischen Merkmal e einer Hegcmonialmacht auf ; al s solche aber sei es aufgrund de r »Dämoni e de r Macht« zu r Expansion un d in die Katastrophe getrieben worden 8. Nach 194 5 wandelten sich die Perspektiven, unte r denen die westdeutsche Geschichtswissenschaft de n Ausbruc h de s Erste n Weltkriege s analysierte : Nicht meh r di e Versaille r Schuldanklagc , sonder n di e Frag e nac h de m Zusammenhang vo n Erste m un d Zweite m Weltkrie g bildet e seitde m de n Ausgangspunkt fas t alle r Studie n zu m Kriegsausbruc h 1914 . Da s Interesse an dem Friedenswer k vo n Pari s und an der dort verankerten Schuldanklag e erlosch zusehends ; di e in de r Zwischenkriegszeit vorherrschend e Ächtun g des Versailler Vertrages wich allmählich einer nüchternen Betrachtungswei se9. Einig e Forsche r revidierte n ihr e frühere n Urteil e insofern , al s sie de n Artikel 23 1 nu n nich t meh r al s »Gencralschuldthcsc « interpretierten , son dern im Sinne einer Feststellung der rechtlichen Verantwortung de s Reiches für die von ihm verursachten Kriegsschäden . Z u ihnen gehörte der seit 1933 in den US A lebend e und lehrende Haj o Holborn. Hatt e er sich Anfan g de r dreißiger Jahre mit außerordentlicher Schärfe gegen die Thesen von Camille Bloch un d Pierr e Renouvin sowi e von Rober t C . Binkle y un d A. C. Mah r gewandt, schlo ß er sich jetzt ihrer Meinung weitgehend an: »Articlc23l wa s not intendc d t o b e a wa r guil t clause . I t wa s no t designe d t o pas s mora l judgement o n the forcign polic y of Gcrmany before 1914, but was meant to affirm a liability o f Gcrmany fo r damage s whic h sh c was no t requeste d t o repair.« 10 Dies e Auffassun g fan d di e Zustimmung namhafte r bundesrepu blikanischer Geschichtsprofessoren . I n der auf deutscher Seit e von Gerhard 107 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Ritter, Marti n Göhring und Hans Hcrzfcld mitverfaßten »Deutsch-französi sche(n) Vereinbarun g übe r strittig e Frage n europäische r Geschichte « hie ß es, de r Artike l 23 1 dürf e nich t al s moralische s Schuldbekenntni s gelese n werden; er halte vielmehr »einejuristisch e Haftung Deutschlands für die von seinen Armeen angerichteten Schäden « fest 11. An die Stelle des entschärften Kriegsschuldproblems, da s von der Weimarer Geschichtswissenschaft hefti g diskutier t worde n war , tra t in den späten vierziger un d i n de n fünfzige r Jahre n di e weitergehend e Frage , wi e de r Nationalsozialismus und der von ihm heraufbeschworene Zweit e Weltkrieg in di e Traditione n deutsche r Geschicht e un d Politi k einzuordne n un d z u bewerten seien 12. Di e Weltkricgshistoriker hatte n sic h dabei besonders mi t der sowohl in der öffentlichen Meinun g des Auslandes als auch in Teilen der deutschen Publizistik verbreiteten Überzeugung auseinanderzusetzen, beid e Weltkatastrophen de s 20 . Jahrhunderts stellte n lediglic h zwe i Gliede r i n einer Kett e vo n verhängnisvolle n Fehlentwicklunge n de r deutsche n Ge schichte dar . Dies e Kriti k formuliert e bereit s 194 5 de r i m Exi l lebend e Literatur-Nobelpreisträger Thoma s Mann : »Durc h Krieg e entstanden , konnte da s unheilig e Deutsch e Reic h preußische r Natio n imme r nu r ei n Kriegsreich sein . Al s solches ha t es, ei n Pfah l i m Fleisch e der Welt, gelebt , und al s solche s geh t e s zugrunde.« 13 Zu r Untcrmaucrun g diese r Deutun g verwiesen ihr e Verfechte r au f ein e spezifisch e Traditio n de s preußisch deutschen Militarismus. Deutschlan d stellte danach »kraf t seine s militaristischen ›Systcms ‹ di e Verkörperun g de s Willen s zu m Krieg e un d als o ein e Perversion a m Körpe r de r Menschhei t un d ein e Bedrohun g de s Frieden s dar« 14 . I n Hitler un d seine m übersteigerte n Weltmachtstrcbe n hab e diese r die deutsch e Vergangenhei t sei t Friedric h de m Große n prägend e extrem e Militarismus un d de r de n Deutsche n beziehungsweis e de m Preußcntu m innewohnende Eroberungsdran g seine n verhängnisvolle n Höhepunk t ge funden. Nu r wenn auße r dem Nazismu s auch der Militarismus ausgerotte t werde, lautete daher die politische Schlußfolgerung de r Siegermächte, se i zu gewährleisten, da ß »Deutschlan d niemal s meh r sein e Nachbar n ode r di e Erhaltung de s Friedens in der ganzen Welt bedrohen kann« 15. Das nich t zuletz t durc h solch e verletzende n Anklage n ausgelöst e allge meine Gefühl historisch-politische r Desorientierun g mußt e auc h die west deutsche Weltkriegshistori e herausfordern . Si e wurd e i n de r Hauptsach e von einer Generation getragen , di e im späte n Kaiserreic h un d während de s Ersten Weltkriege s aufgewachse n un d dere n Denke n noc h maßgeblic h durch di e »Kriegsschuld-Atmosphäre « de r zwanzige r un d dreißige r Jahre geprägt war . Ergänz t und allmählich abgelöst wurde diese Wisscnschaftler generation, z u der etwa Han s Hcrzfcld, Gerhar d Ritte r un d Friedric h Mei neckc gehörten, durc h Historiker, dere n »nachwirken d frühe s Generationserlebnis die Weimarer Republi k un d ihr Zusammenbruch« gewese n war 16 . Zu diese r Grupp e lasse n sic h zu m Beispie l Kar l Dietric h Erdman n un d Walther Hubatsch rechnen 17. Beid e Generationen verban d die »Faszinatio n 108 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
der Stärke und der Schrecken übe r die Perversion des einst selbstverständli chen, nu n zerbrochene n Nationalstaates « sowi e da s Bemühen, ihr e Erfah rungen bewußt politisch zur Deutung der Situation nach 1945 einzusetzen18. Die Geschicht e sollt e »Bildungsmacht « sein , de r Historike r verbindliche r Interpret nationale r Geschicht e un d Politi k sowi e autorisierte r Mento r i n politischen Fragen 19, Nac h innen bedeutete das für jene Wissenschaftler vo r allem, das aufs schwerste erschütterte geschichtliche Bewußtsein wiederaufzurichten un d der Nation ein neues Selbstverständnis zu vermitteln, da s auf den alten, wertvolle n Traditione n deutsche r Geschichte beruhen sollte. Am entschiedenste n ha t Gerhar d Ritte r dies e Auffassun g vertreten . Di e Deutschen durfte n i n seinen Auge n nich t zur Selbstverzweiflun g getriebe n werden: »Den n we r a n sich selbs t verzweifelt , is t zu keiner Aufgab e meh r tauglich. E s wäre nicht nur unklug, sonder n auch unwahrhaftig un d ungerecht, wollte n wi r di e ganz e politisch e Vergangenhei t unsere s Volke s al s eine einzige Kett e vo n Fehler n un d Unglücksfälle n schildern.« 20 Nac h de r »Deutschen Katastrophe « gelt e es, ein politisches Nationalbewußtsein wie derherzustellen, worunte r Ritte r »da s Wissen eines Volkes um seine Schicksalsgemcinschaft« verstand 21. Diese m Ziel dienten grundsätzlich die Bemühungen der Nachkriegshistorie, di e deutsche Vergangenheit gege n die Vorwürfe \on Autokratie, Militarismu s und extremen Nationalismus in Schutz zu nehmen sowie eine Kontinuität in der deutschen Geschichte aufzuzeigen, die »friedlic h un d gu t wa r un d di e nicht s mi t de m Nationalsozialismu s gemein hatte« 22. Au f diese Weis e wollt e ma n gleichzeiti g di e Aussöhnun g mit den Völker n besonder s des westlichen Auslande s vorantreibe n un d das internationale Klima von jenen nationalistischen Ressentiment s befreien, di e durch den Zweiten Weltkrie g gesteiger t worden waren 23. Di e Nachbarstaaten über den keineswegs so militaristischen un d unfriedlichen Charakte r der Deutschen aufzuklären , erschie n einige n Historiker n überdie s notwendi g vor dem 1 Untergrund de r Auseinandersetzung übe r die Wiederbewaffnun g der Bundesrepublik. Di e ausländischen Kritike r de r Remilitarisierung soll ten davon überzeugt werden, daß Deutschland keine Neubelcbung einer wie auch immer gearteten Machtpoliti k anstrebe 24. Bemüht, ein e Diskontinuitä t i n de r deutsche n Geschicht e de s 20. Jahrhunderts aufzuzeigen, sa h die historiographischc Kriegsursachenforschun g der Nachkriegszei t ein e ihrer vordringlichste n Aufgabe n darin , »di e durch 1939 und seine Folgen zerstörte Glaubwürdigkeit vo n 1914 wiederherzustellen« 25 . De n Anhängern de r These, dcrzufolg e Deutschlan d die Verantwor tung fü r di e Entfesselun g beide r Krieg e trage , entgegnete n westdeutsch e Historiker, da ß da s Reic h (vo r alle m abe r Hitler ) zwa r de r Urhebe r de s Zweiten, nich t jedoch des Ersten Weltkrieges gewesen sei. Trotz »gewisse r Übertreibungen der Apologie« hab e der Kampf gegen die Vcrsaillcr Schuldanklage »z u einem Weltcrfolg de r deutschen Hauptthesen geführt« 26; i n den heftigen öffentlichen un d wissenschaftlichen Debatte n der Weimarer Zeit sei »Bleibendes« erreich t worden , s o daß sich, wi e Walthc r Hubatsc h schrieb , 109 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
der Historiker »überal l auf sicherem Boden « bewege 27. Mi t Ausnahme von Hans Herzfel d erwartet e nieman d meh r weitreichend e Kontroversen 28. Über diesen allgemeinen Konsen s hinaus bestanden jedoch Meinungsunter schiede, wi e das Verhalten de r einzelnen europäischen Großmächte , beson ders de s Reiches , z u beurteile n sei . Währen d einig e Wissenschaftle r a n di e Thesen de r ältere n deutsche n »Weltkriegsapologetik « anzuknüpfe n ver suchten, schlösse n sic h nich t wenig e Historike r de r Schlitter-Thes c vo n Lloyd George an und gestanden eine relative Verantwortlichkeit de s Reiches am Kriegsausbruch I9I4ZU . Zu den entschiedensten Anhänger n der von der älteren Forschung vertretenen »Allcinunschuldsthese « gehört e Walthc r Hubatsch . Ausgangspunk t seiner Überlegunge n wa r di e These, da ß die internationale Lag e in Europa zur Zei t de s Attentat s vo n Sarajew o äußers t gespann t gewese n sei . Al s Ursachen fü r di e Zuspitzun g de r Kriegskris e un d fü r de n Kriegsausbruc h nannte er folgende Faktoren : das serbische Ziel, eine n großserbischen Staa t zu gründen , de n Fanslawismu s un d da s Ausdehnungsbestrebe n Rußland s auf dem Balkan, die französische Revanchepoliti k sowi e die englische Sorge vor einer Hegemonie Deutschlands auf dem Kontinent. Allei n das Deutsche Reich se i a n diese r Entwicklun g unschuldi g gewesen , d a e s wede r ein e Wcltmachtstcllung angestreb t - zuma l es bereits eine Weltmacht gewesen sei - noc h irgendwelch e territoriale n Ansprüch e gestell t habe . Nieman d a n führender Stell e i n Berli n ode r Wie n hab e a n eine n Krie g gedacht 29. I m Unterschied z u Hubatsch gestan d Erwi n Hölzle , desse n Interpretatio n sic h ebenfalls weitgehen d i n de n Bahne n de r deutsche n Forschun g de r Zwi schenkriegszeit bewegte , alle n europäische n Großmächte n ein e gewiss e Mitverantwortung fü r den kriegerischen Ausgan g derjulikrisezu. Dennoc h verteile sic h di e Schul d a m Kriegsausbruch e nich t gleichmäßi g au f di e beteiligten Nationen : Obwoh l si e alle »ihre n Tei l a n der Verwicklun g un d kriegerischen Lösun g de s Konflikts « z u trage n hätten , se i doc h di e größt e Gefahr vo m zaristischen Rußlan d ausgegangen , da s schließlich durc h sein e allgemeine Mobilmachun g de n Krie g unvermeidlic h gemach t habe 30. Al s Motiv nannt e Hölzle die Revolutionsfurcht de r Machteliten: Si e »treib t di e Regierenden Rußland s i n de r Julikrise 191 4 vorwärt s un d läß t si e eine n größeren Antei l a m Kriegsausbruc h nehme n al s die Regierenden de r anderen Mächte . Di e neoslawistische n Kräft e wirke n dabe i gewichti g mit.« 31 Insofern könn e von einem Hineinstolper n i n den Weltkrieg keine Rede sein; hincingestolpcrt seie n di e Staate n allenfall s »i n di e Weltkatastrophc , di e Folge des Krieges war« 32 . Solche i m Klim a de r Weimare r Schulddebatt e entstandene n einseitige n Deutungen de s Kriegsausbruches 191 4 fanden i n der westdeutschen Nach kriegshistorie imme r wenige r Anhänger ; vielmeh r wuch s di e Bereitschaft , die vormals aufs schärfste abgelehnte Schlittcr-Thesc Lloyd Georges weitcr zucntwickcln. De r ehemalig e englisch e Premierministe r hatt e si e Anfan g der zwanziger Jahre in die Diskussion eingeführt, »u m in Abwehr französi 110 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
scher Machtpolitik das besiegte Deutschland moralisch aufzuwerten«33. De r Weltkrieg wa r au s seine r Sich t da s Ergebni s schicksalhafte r Verstrickung , nicht abe r eine s bewußte n Wollcn s un d Handeln s einzelne r Staatsmänne r oder Nationen . Di e Kricgskrisc vo n 191 4 sei vergleichbar mi t einer »Fluß mündung, a n der der Fluß, der lange Zeit, ohne zu wissen, welches Geschick ihm in der Gegend, de r er zustrebt, erwartet , fröhlic h de m Meere entgegenglitt, plötzlic h au f de n unermeßliche n Ozea n un d di e Schrecke n seine r Wogen stößt, un d man sieht alsdann den wilden Aufruhr un d das Chaos der Gewässer«34. I n de r internationale n Wcltkriegsforschun g de r Zwischen kriegszeit ware n di e These n de s englische n Politiker s au f außerordentlic h geringe Resonanz gestoßen. Lediglic h George P. Gooch berief sich in seiner 1932 veröffentlichten Studi e »Reccn t Revelations of European Diplomacy « ausdrücklich au f Lloy d George 35. Gooc h führt e de n Kriegsausbruc h 191 4 zwar au f Strukturfehler i m internationale n Staatensyste m zurück ; e r interpretierte die Politik der europäischen Großmächte in der Julikrise jedoch im Sinne eine r verhängnisvolle n Verstrickun g unglückliche r Umstände : »Iti s also a mistakc to attributc exceptional depravit y t o any of the Govcrnmcnts which, in the words of Mr. Lloy d George, stumbled and staggered into war. Blind t o danger an d dea f to advice a s were th e rulers o f the three despoti c empircs, not one of them desired to set the world alight. «36 Diese »harmonisìercndc Intcrprctationsformel« 37 wurd e von der internationalen wi e de r deutsche n Weltkriegshistori e nac h 194 5 aufgegriffen, u m die alt e Schulddebatt e z u entschärfen; gleichzeiti g dient e sie vor alle m de n westdeutschen Historiker n zu r Untermauerung ihre r Diskontinuitätsthese , dcrzufolge sic h di e Situatio n i m Jahre 191 4 grundlegend vo n de r i m Jahre 1939 unterschieden habe . Walthe r Hofer schlug daher vor, vo n der »Entfesselung« de s Zweiten un d dem »Ausbruch « de s Ersten Weltkriege s z u sprechen: »Ei n Vulkan »brich t aus‹ , ein e Epidemi e ›brich t aus ‹ - de r Krie g vo n 1939 ist nicht in diesem Sinn e ›ausgcbrochcn‹, sonder n lange geplant, gena u vorbereitet un d schließlich bewußt ausgelöst worden, vo m Führer des Dritten Reiches , i n sozusage n alleinige r Verantwortun g . . . « Dagege n se i de r »Erste Weltkrie g . . . tatsächlic h i n gewisse m Sinn e übe r di e in der politi schen Führun g de r Völke r un d Staate n tätige n Mensche n ›hcrcingcbro chcn‹«38. Ihre n deutlichsten Niederschla g fan d die Schlitter-These i n einem Handbuchbeitrag Kar l Dietric h Erdmanns . Seine r Auffassun g nac h hatt e keine Regierun g 191 4 den bewußte n Vorsatz , eine n Krie g herbeizuführen ; gleichzeitig abe r habe auch keine von ihnen den Preis für die Erhaltung des Friedens zahlen wollen, wa s den Verzicht auf bestehende bündnispolitisch c Verpflichtungen un d au f die Durchsetzun g internationale r Intercsscnposi tionen bedeutet hätte. Indem das Deutsche Reich die österreichische Kriegspolitik gege n Serbie n unterstützte , se i de r Weltkrie g möglic h geworden ; aufgrund de s russischen Eingreifen s zugunste n Serbien s sei er wahrschein lich un d durc h di e unklar e englisch e Haltun g unvermeidlic h geworden 39. All die s berechtig e de n Historike r z u keine r konkrete n Schuldzuweisung : 111 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
»Das Verhältnis vo n Verstrickun g de r Situation un d der gar nicht zu leug nenden Freihei t un d Verantwortun g de s Handelnde n läß t sic h jedenfall s nicht i n einfach e juristische ode r moralisch e Kategorie n fassen . S o scheint der angemessene We g zur Beurteilung de s Kriegsschuldproblems vo n dem englischen Historike r Gooch gezeichnet zu sein, wenn er an das Hegel-Wort erinnert, da ß di e Tragödi e ei n Konflik t sei , i n de m nich t Rech t gege n Unrecht, sonder n Recht gegen Recht stehe.« 40 Wesentliche Unterstützun g erhiel t di e Schlitter-Thes e vo r alle m vo n Hans Herzfeld un d Gerhard Ritter , di e auch maßgeblich Verlau f und Richtung der Debatte über das Militarismus-Problem bestimmten 41. Beid e Wissenschaftler verban d di e Überzeugung , da ß de r Militarismu s kein e spezi fisch preußisch-deutsch e Erscheinung , sonder n ei n gesamteuropäische s Phänomen sei. Auf der Grundlage dieser Deutung sollte zunächst der Nationalsozialismus mi t seine m übersteigerten , da s Kriegerisch e zu m Selbst zweck erhebende n Militarismu s al s ›undeutsch ‹ un d den Traditionen deut scher Geschicht e wesensfrem d dargestell t werden . »Nazismu s un d Milita rismus« ware n danac h »Ablege r de r Französische n Revolutio n un d de r demokratischen Massenbewegunge n de s 19 . un d 20 . Jahrhunderts«42 un d daher ihrem Ursprung nach »keine deutsche, sondern . . . eine ausländische Erscheinung«43. Sodan n galt es, den Vorwurf zu überprüfen, o b und inwieweit de r Erst e Weltkrie g da s Ergebni s de s preußisch-deutsche n Militaris mus, un d die Eroberungspolitik Hitler s eine konsequente Fortsetzun g wil helminischer Weltpoliti k gewese n sei . Herzfel d un d Ritter waren sic h darin einig, da ß Deutschland vor 191 4 weder eine besonders expansive Außenpolitik betriebe n noc h angesicht s einer innenpolitischen Kris e zum Mitte l de s Krieges gegriffen habe ; vielmehr müsse der Weltkrieg auf die Verselbständigung de s Militärs un d des militärtechnischen Denken s zurückgeführt wer den, da s »mi t seine n sogenannte n Zwangsläufigkeite n imme r wenige r Raum lie ß fü r höher e politisch e Erwägungen « un d dami t fü r da s »Hinein schlittern« alle r Mächt e in den Krieg verantwortlich gewese n sei 44. Erste Konturen gewan n dies e Deutung i n dem 194 6 von Herzfel d publi zierten Aufsat z »De r Militarismu s al s Proble m de r neuere n Geschichte« . Herzfcld bestimmt e de n moderne n Militarismu s nich t nu r al s »ei n Über greifen des militärischen Denken s und der militärischen Selbstgesetzlichkci t in das Fel d de r verantwortliche n politische n Entscheidung« , sonder n auc h als »ein e bi s zum letzte n gesteigert e Durchbildun g alle r Möglichkeite n de s militärischen Wesens« 45. Element e de s Militarismus i n jenem erste n Sinn e kennzeichneten nac h Hcrzfel d di e Politi k alle r europäische n Großmächt e vor 1914 . Aufgrun d de s sich verschärfende n Rüstungswettlaufe s zwische n den i n zwe i rivalisierend e Bündnissystcm c eingebundene n Natione n hab e sich eine Entwicklun g angebahnt , i n deren Verlau f der »al s Hilfsmitte l de r Politik gedacht e Apparat de r modernen Heer e . . . zum Herr n der Politik« und »die militärische Vorbereitung zum Krieg zum Selbstzweck« z u werden drohten46. Di e Gefährlichkei t de s Wettrüsten s erklär e sic h wiederu m au s 112 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
dem Tatbestand , da ß mi t de r Zunahm e de s Rüstungspotential s i n de n verschiedenen Großmächte n di e Versuchun g hab e wachse n müssen , di e militärischen Mitte l auc h einzusetzen , u m nich t eine n Machtverlus t auf grund der Übcrflügclung durc h den jeweiligen Gegner zu erleiden. Insofer n habe der allgemeine Rüstungswettlauf die einzelnen Staaten in eine Situation gebracht, i n der »der Calcul des Krieges immer wieder an den Punkt führte, an dem der bisher beschrittene Weg nicht mehr gangbar erschien und in die Auslösung de r Kricgskatastrophe zu münden drohte« 47. Ritter ha t in seinen zahlreichen Untersuchunge n zu r Militarismusproblc matik diesen Gedanken aufgegriffen un d weitcrcntwickclt. De r Gesamtaus sagc seines Werkes nach lag Militarismu s zu m einen dann vor, wen n in der politischen Grundhaltun g eine s Staatsmanne s ode r eine r Natio n militant e und kämpferische Züg e derart überwogen, da ß die Etablicrung einer dauerhaften Rechts - und Friedensordnung al s eigentliche staatliche Aufgabe ver nachlässigt wurde. Zum anderen sei die einseitige Unterordnung politische r Entscheidungen unte r militärtechnisch c Erwägunge n al s militaristisc h z u bezeichnen48. D a a n de m Friedenswille n de r politische n un d militärische n Führung des Deutschen Reiches vor 1914 kein Zweifel bestehe, sei Deutschland vo m Militarismusvorwur f i m erste n Sinn e freizusprechen ; de r zweite Teil de r Definitio n dagege n treff e au f di e Situatio n i m Kaiserreic h wi e darüber hinau s au f di e übrige n europäische n Mächt e i m Juli un d Augus t 1914 zu . Fü r Ritte r wa r de r Erst e Weltkrie g insofer n da s Ergebni s de s Militarismus, al s er ihn auf militärtechnischc »Zwangsläufigkeiten « zurück führte, welch e di e »voll e politisch e Entschlußfreiheit « de r Staatsmänne r erheblich eingeschränk t hätten . Nich t nu r der vermeintlich »militaristisch « gesonnene deutsch e Gencralstab , sonder n all e damal s i n militärische n un d politischen Führungspositione n Tätige n seie n zu Gefangenen de s allgemeinen Wettrüstens geworden, desse n »Zwangsläufigkeiten einfac h nicht mehr auszuweichen war , sei t einmal di e Politik di e Herrschaft verlore n übe r den Ehrgeiz un d di e politische n Leidenschafte n de r Völker« 49. Dies e verhäng nisvolle Entwicklun g hatt e Ritter zufolge ihre tiefere Wurzel in den Revolutionen de s europäische n Westens , besonder s de r englische n un d französi schen, i n dene n da s Zeitalter de r »Demokratie « un d der »Massen«-Gcscll schaft begonne n habe : »Al s Ursache dieses Wettrüstens erscheint die ungeheuer gesteigert e Eifersuch t un d de r enorm e Machtdran g de r moderne n Nationalstaaten in der Epoche des Imperialismus - wa s wiederum mit einem fortwährend steigende n Überschu ß a n Kräfte n i m Zeitalte r de r große n Industricentfaltung zusammenhängt , abe r auc h mi t de r fortschreitende n Politisierung de r Völker und der Weckung ihre s nationalen Ehrgeizes . «50 Indem Ritte r de n Erste n Weltkrie g au f di e Verselbständigun g militäri scher Logi k zurückführte , welch e die Oberhand gewonne n hab e »übe r den freien Wille n de r Staatsmänner« 51, gewan n de r Verlauf der Kriegskrisc de s Jahres 191 4 i n seine r Deutun g de n Charakte r eine s »autonome n Prozes ses«52. Zwa r seien die Impulse für die Vorgänge imjuli un d August von den 113 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
beteiligten Staate n und ihren Machtclitcn ausgegangen , doc h hätten diese es nicht mehr vermocht , de m Geschehen di e gewünschte Richtun g z u geben. Damit sich aber aus den Handlungen einer Gruppe von Menschen ein derart eigenständiger Handlungszusammcnhan g herausbilde n kann , bedar f es eines »Umschlagcns« , da s Ritter i n der russischen Teilmobilmachun g gege n Österreich erblickte . Vo n diese m Zeitpunk t a n se i di e Vcrselbständigun g der militärischen Machtapparat e nicht mehr aufzuhalten un d alle politischen Bemühungen um einen friedlichen Ausgan g der Krise zum Scheitern verur teilt gewesen 53. Abgesehen vo n punktuelle r Kriti k fan d dies e Interpretatio n de r Vorge schichte und Entstehung des Weltkrieges in der westdeutschen Nachkriegs historie weithi n Anerkennun g un d Zustimmung . Si e schie n zude m auf s beste geeignet , ein e Diskontinuitä t i n de r deutsche n Geschicht e de s 20 . Jahrhunderts nachzuweisen . Lediglic h Dehi o vertrat eine dezidierte Gegenposition. E s geh e nich t an , war f e r seine n Kollege n vor , di e deutsch e Vergangenheit »i n isolierte Einzelerscheinungen« z u zerlegen, welch e »bald und zumeis t al s ›gcsund ‹ z u billige n wären , bal d al s ›krank ‹ au s de m Ge schichtskörper z u tilge n seien . Di e Verurteilun g vo n kranke n Teile n zu r Rettung des gesunden Ganzen, und zwar unter Leugnung jeder Kontinuität , ist Apologetik, di e ebensowenig wi e die Apologetik i n der Kricgsschuldfra gc nac h 191 8 de n historische n Sin n au f di e Daue r war d befriedigen kön nen«54. Ohn e in das andere Extrem zu verfallen un d die deutsche Geschichte als ein e i n de n Nationalsozialismu s mündend e Sonderentwicklun g darzu stellen, betont e Dehio die Gemeinsamkeiten zwische n beiden Weltkatastro phen, fü r di e da s Reic h sowi e de r preußisch-deutsch e Militarismu s ei n gewichtiges Ma ß a n Verantwortun g trügen . De r Erst e wi e de r Zweit e Weltkrieg wiesen für Dehio alle wesentlichen Merkmale europäischer Hege monialkämpfe au f un d ware n dahe r lediglic h »zwe i Akt e desselbe n Dra mas« 55 . Charakteristisc h fü r solch e I legemonialkriege se i ein e bestimmt e internationale Konstellation , i n de r di e jeweils stärkst e Kontinentalmach t mit de r Seemach t i n Konflik t gerat e un d i n der di e »Dämoni e de r Macht « den »ih r Verfallene n . . . i n de n Strude l überhöhte n Geltungsstreben s un d amoralischer Kampflcidcnschaft « treibe , wodurc h die Entstehung kriegeri scher Auseinandersetzunge n begünstig t werde 56. Die s gelt e auc h fü r di e Politik de s Deutsche n Reiche s vo r de m Zweite n sowi e vo r de m Erste n Weltkrieg, de r sich aus dem Gegensatz des wilhelminischen Deutschlan d zu England entwickelt habe . Obwoh l da s Erreichen einer Hcgcmonialstcllun g nicht Ziel der deutschen Politik gewesen sei, habe sich England insbesondere durch di e deutsche Flott e zusehends »i m innerste n Kern e seiner Machtstel lung bedroht « gefühl t un d Gegenmaßnahmen gege n die deutsche »Gefahr « eingeleitet. Insofer n se i der Weltkrie g zwa r durc h da s Ausdchnungsbcstre ben der wilhelminischen Weltpoliti k erst ermöglicht worden, »da ß er jedoch die klassische Form eines Kampfes um die europäische Hegemonie annahm, das ist das Werk der englischen Gegenwirkung« 57. 114 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Die These, da ß der Tirpitzsche Flottenbau Deutschlan d i n jene verhäng nisvolle Auseinandersetzung mi t England und damit in die Weltkatastrophe hineingetrieben habe , bildet e da s Kernstück de r Militarismus-Studie n De hios. Dabe i ging er von einer Kontinuität - keine r starren und unveränderlichen, sonder n eine r »Daue r i m Wechsel « - aus , dere n prägende s Merkma l der Glaub e a n Rüstung , Diszipli n un d Autoritä t gewese n sei 58. Diese r Militarismus, de r keinesweg s nu r i n direkte n Aktione n zu m Ausdruc k gekommen sei , hab e di e gesamt e preußisch-deutsch e Politi k bi s in s 20 . Jahrhundert auc h in Fricdcnszcitc n bestimmt : Friedensarbei t se i dort »stet s zugleich al s Vorbereitun g au f di e ultim a rati o geregelt « worden 59. De n Höhepunkt diese r Entwicklun g sa h Dehi o in der wilhelminischen Flotten politik. Ähnlic h wi e vo r ih m Rudol f Stadelmann , de r di e »überstürzt e kriegerische Rüstun g zu r See « getadel t un d sie für di e »Selbsteinkrcisung « des Reiches verantwortlich gemach t hatte 60, betrachtet e Dehio den Flottenbau al s eigentliche Ursach e (»causa« ) fü r de n Englan d »aufgezwungene^ ) Hegemonialkrieg«61. »Unser e Politik steuerte«, argumentierteer , »bewuß t zwar friedliche n Kurs , abe r in Form des . . . ›kalten‹ . . . Krieges, de r . . . England beiseitedrängen , z u eine m Neutralitätsvertrag c nötige n un d de m binnenländischen Rivale n de n We g zu r Weltmach t fre i mache n sollte . Di e Sccrüstung galt als Trumpfkartc diese s eigenartigen Spieles, das zwar darauf angelegt war, sein Ziel friedlich zu erreichen, aber auch schlimmstenfalls vor dem heiße n Krie g nich t zurückschrecke n durfte.« 62 Dehi o kritisiert e a n Ritter, da ß er aus seinen Analysen »jen e gewaltige Dynamik « de s Militarismus ausblende, di e beide Weltkriege ermöglich t habe ; »unse r Kriegshand werk« se i durchau s abgestimm t gewese n au f jene »militaristisch e Staats kunst«, welch e di e Politi k de r deutsche n Reichslcitun g i m Juli 191 4 be herrscht habe : »Ungesun d un d unnatürlic h wa r nich t da s Verhältni s vo n Kriegshandwerk un d Staatskuns t - ungesun d wa r di e Staatskuns t selbst , insofern si e sich aufs Meer verirrte.« 63 Dehios Kriti k a n dem deutsche n Weltmachtstrebe n dient e ihm al s »wis senschaftlich respektabl e Kuliss e fü r ei n politische s Bekenntnis« 64. Si e is t Bestandteil seine r Geschichte der »abendländischc(n ) Expansio n und Zivilisation«, i n de r e r a n Ranke s Konzeptio n de s Staatensystem s anzuknüpfe n und die von Ranke gezogenen Linie n bis in die Gegenwart hinei n zu verlängern suchte 65. Dabe i wollt e e r nich t nu r au f grundlegende Veränderunge n der weltpolitische n Lag e hinweisen , di e nunmeh r zunehmen d durc h di e Flügelmächtc US A un d UdSS R bestimm t werde , sonder n auc h da s Jahr 1945 al s deutlich e Zäsu r i n de r deutsche n Geschicht e aufzeigen : Inde m e r beide Weltkriege »i n eine lange Kette von Hegcmonialkämpfcn stcllt(c ) und mit dem Zusammenbruch de s ›Drittcn Rcichcs ‹ da s Ende des traditionellen europäischen Staatensystems proklamicrt(e), relativiert(c) Dehio die Besonderheiten de s nationalsozialistischen Anlauf s un d vcrkündet(c ) zweifelsfre i die Genesung des deutschen Patienten von seinem zweiten und letzten Anfall dämonischer Machtbcscsscnheit« 66. Zie l diese r Argumentatio n wa r es , i n 115 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
der öffentlichen Meinun g de s Auslandes wi e i n Deutschlan d di e Überzeu gung durchzusetzen , di e Bundesrepubli k müss e sic h gemeinsa m mi t de n übrigen westliche n Staate n Europa s unte r de m Schut z Amerika s zusam menschließen, u m die abendländischen Freiheitsideal e gegen den russischen Totalitarismus zu verteidigen. Mi t dem Nachweis, da ß nach dem zweimaligen Scheitern deutschen Weltmachtstrcben s ein von deutschem Bode n ausgehender Krieg nicht mehr denkbar sei, von einer »deutschen Gefahr« somi t keine Red e meh r sei n könne , sollte n di e einer Integratio n Deutschland s i n das westlich e Staatensyste m entgegenstehende n Vorbehalt e ausgeräum t werden. Gleichzeiti g gal t es , be i de n eigene n Landslcutc n di e Einsich t z u wecken, da ß de r Plat z Deutschland s keinesweg s unte r de n Weltmächten , sondern allei n unte r de n europäische n Mächte n z u suche n sei 67. Dami t gehört Dehio zu den Wegbereitern eines neuen historisch-politischen Selbst verständnisses de r Deutschen , da s allerdings ers t nac h de r Fischer-Debatt e Anfang de r sechzige r Jahre vol l zu m Trage n kam : E s handelt sic h u m di e Erkenntnis, da ß das Reich 194 5 als autonome außenpolitisch e Kraf t ausge schaltet worde n wa r un d sein e Erbe n au f den Statu s vo n Mächte n zweite n Ranges zurückgefalle n waren . Wurde n di e Mißerfolge un d da s endgültig e Scheitern deutsche r Großmachtpoliti k bislan g gemeinhi n al s »subjektive s Verfehlen eine s objektiv erreichbare n Zieles « interpretiert , betrachtet e De hio diesen Proze ß »al s ein subjekti v woh l begründete s Strebe n nac h einem nur scheinbar erreichbaren, objekti v aber unerreichbaren Ziel« 68. Dehios Thesen stießen bei den meisten seiner westdeutschen Kollege n auf schroffe Ablehnung . Besonder s Gerhard Ritte r fühlt e sic h i n seinem politi schen Selbstverständnis getroffen. Hab e Dehio mit seiner Auffassung recht , daß die preußisch-deutsche Geschicht e eine »kontinuierlich e Kett e von Äu ßerungen »militaristische r Staatsräson« « darstelle , argumentiert e er, »s o wäre mein Buc h politisc h umsons t geschrieben« 69. I n Ritters Auge n hatt e der Historiker gerad e nac h 194 5 di e Aufgabe , di e deutsche n Traditione n z u verteidigen, u m seine n Landsleute n z u eine m neue n geschichtliche n Be wußtsein z u verhelfen . Di e Abweh r de s Militarismus-Vorwurfe s erschie n ihm abe r nich t zuletz t deshal b notwendig , u m di e i m Auslan d geläufige n Vorbehalte gege n ein e auc h vo n ih m unterstützt e Wiederaufrüstun g de r Bundesrepublik auszuräumen 70. Ebensoweni g Anerkennun g fande n De hios Urteile über den Tirpitzschen Flottenba u und seine Kritik am deutschen Weltmachtstreben, desse n Scheitern ihm unumgänglich erschien. Das in der Bundesrepublik bi s Anfan g de r siebzige r Jahr e vorherrschend e Bil d de s Flottenbaus wurde denn auch nicht von Dehio, sonder n vo n Hubatsc h und einer Grupp e vo n Marineexperte n geprägt , di e de n defensive n Charakte r der deutschen Scerüstunge n betonten 71. Fü r Hubatsch wa r die Flottenpoli tik de s Reiche s Ausdruc k eine r bereit s erreichte n Weltmachtstellun g un d nicht etwa das Mittel, dies e zu erlangen. Außerde m habe England schon auf Seiten der Ententemächte gestanden, als die deutsche Marinerüstung z u einer Gefahr z u werden drohte . Wen n das deutsche Kalkül, di e Briten durch eine 116 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
starke Flott e von einer keinesfalls nu r auf Europa begrenzten kriegerische n Auseinandersetzung abzuhalten , inde m ma n das Risiko eines solchen Kon flikts erhöhte , schließlic h gescheiter t sei , la g die s nac h Hubatsc h i n erste r Linie daran, daß die Rcichsleitung den Flottenbau nicht rechtzeitig unter ihre Kontrolle gebrach t un d mi t ihre n politische n Pläne n abgestimm t habe 72. Während Hubatsc h auf verfassungsrechtliche, außenpolitisch e und scemili tarischc Komponenten verwies, die eine solche Einbindung der Marinepolitik i n eine politische Gesamtkonzeptio n verhinderten , sahe n beispielsweis e Fritz Härtun g un d Werne r Frauendienst , abe r auc h Willia m L . Lange r di e eigentliche »Tragik « de r deutsche n Geschicht e i m Fehle n vo n »wahrhaf t zeitgemäßen, i m Weltmaßsta b denkende n Staatsmännern)« 73 . Ausdrück lich hobe n dies e Wissenschaftle r di e Notwendigkeit eine r deutsche n Wclt politik a n de r Schwell e de s neue n Jahrhunderts hervor . »Nu r durc h ein e totale Umstellung auf Weltpolitik«, schrie b Frauendienst 1959 , hätte sich die »ökonomische Stärke « de s Deutschen Reiche s »mi t seiner imperialistische n Expansion in ein Gleichgewicht bringe n lassen« 74. Zusammenfassend läß t sic h feststellen , da ß de r Untergan g de s Reiche s und der Zusammenbruch de s Nationalstaates 194 5 sowie das Absinken des Bonner Tcilstaatc s z u eine r Mach t mittlere n Range s kein e wirklich e Neu orientierung der Kriegsursachenforschung bewirkte . Gegenüber den Ansätzen einer grundsätzlichen Überprüfun g de r älteren »Wcltkriegsapologetik « beziehungsweise eine r grundlegende n Neuinterpretatio n de r Entstehun g des Krieges vo n 191 4 herrschte das Bemühen vor , di e deutsche Vorkriegs politik erneut gegen den Vorwurf der Kriegshetze zu verteidigen. Ma n wird aber insofern vo n einer »modifizierten Restauration« 75 sprechen können, als sich nunmeh r di e Schlitter-Thcs e weitgehen d durchsetzte . Da ß di e Ge schichtswissenschaft de r unmittelbare n Nachkriegszei t »ein e überwiegen d konservative Domäne« 76 blieb , zeig t sic h überdie s a n de r Militarismusde batte. Bestrebt , di e wilhelminisch e Außenpoliti k gege n di e Anklag e z u verteidigen, si e stehe in der Tradition eines von Friedrich dem Großen bis zu Hitler reichende n aggressive n Militarismus , neigte man dazu, da s allgemeine Wettrüsten un d die dadurch begünstigte Verselbständigun g militärtech nischer Zwänge fü r die Entstehung de r Kriegskatastrophe vo n 191 4 verantwortlich z u machen . Gleichzeiti g interpretiert e ma n weithin de n Militarismus »al s ein e Ausgebur t eine s au f sein e Machtrealitäte n hi n nich t nähe r untersuchten Zeitalter s der ›Dcmokratie‹ un d der ›Masscn‹-Gesellschaft« 77. Mit Rech t hat Klaus Böhme daraufhingewiesen, da ß einem solchen Milita rismusverständnis antidemokratisch e un d »masscn«-feindlich c Züg e zu grundeliegend. Insgesam t müsse n di e Versuch e de r erneuten Abweh r de r Kriegsschuldthcsc i m Zusammenhan g mi t eine r »großangelegte n Rekon struktion eine s nationaldeutsch.cn Geschichtsbildes « gesehe n werden , di e dem Ziel diente, »jenseit s des vom Dritte n Reich hintcrlasscncn Trümmer haufens ei n neue s (bundesrepublikanisches ) Geschichts - und Traditionsbe wußtsein z u schaffen« 79. 117 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
2. Di e Entstehung einer marxistisch-leninistischen Weltkrieg s forschung Anders al s i n Westdeutschlan d führt e de r Wechse l de s politische n un d gesellschaftlichen System s in der Sowjetischen Besatzungszon e beziehungsweise der späteren DDR zu einer radikalen Neuorientierun g wissenschaftli cher Geschichtsschreibung . Historisch e Forschun g un d Lehr e wurde n i m Zuge de r systematischen Umgestaltun g jenes Staat s in eine am Model l de r Sowjetunion ausgerichtet e Gesellschaf t zunächs t durch di e russische Besat zungsmacht un d danac h durc h di e SE D »rücksichtslo s un d konsequen t i n den Diens t de s politische n System s gestell t un d vo n Grun d au f binne n weniger Jahre verwandelt«1. Au f diese Weise entstand auch eine Geschichtswissenschaft, dere n allgemei n verbindlich e Grundlag e der dialektische un d Historische Materialismu s marxistisch-leninistische r Prägun g sowi e da s Postulat de r Parteilichkei t war 2 . Di e Interpretation de r gegenwärtigen Le benspraxis un d de r aus ihr entstehende n Anforderunge n a n die historisch e Wissenschaft la g nich t meh r i n de r Kompeten z de s einzelnen Historikers , sondern gin g übe r in den Entschcidungsbcrcich de r SED 3. Sie hat seit ihrer Gründung i m Jahre 194 6 durch ihr e Beschlüss e un d Maßnahme n di e Ent wicklung de r DDR-Historie bestimmt und dabei, »unte r wechselnden poli tischen Konstellatione n un d Zielsetzungen , i n zunehmende m Maß e ver sucht, di e Geschichtswissenschaft z u instrumentalisieren, perfekte r z u organisieren un d ihr e Funktione n un d Aufgabe n präzise r z u formulieren« 4. Ungeachtet alle r Wandlungen , dene n di e Geschichtswissenschaft aufgrun d der Eingriffe de r Partei unterlag, lasse n sich grundsätzlich vie r Aufgabenbe reiche voneinande r abgrenzen , di e abe r unterschiedlich e Gewichtun g un d Ausprägung erfahre n können 5. Hierz u gehör t ersten s di e Funktio n de r Herrschaftssicherung durc h Auslegung , Ausfüllun g un d Begründun g vo n Dogmen. Di e Geschichtswissenschaft ha t ihre Arbeit a n den methodologi schen un d theoretische n Annahme n de s Historische n Materialismus , de r gleichermaßen als »Methode der Erkenntnis« wi e als »Wissenschaft vo n den allgemeinen Entwicklungsgesetze n de r Gesellschaft«6 gilt, auszurichte n und diese Geschichtsauffassung durc h ihre Forschungsergebnisse zu verifizieren. Damit bestätigt sie wesentliche Thesen des Marxismus-Leninismus un d das auf ih m beruhend e historisch-politisch e Selbstverständni s de r SED . Di e nicht zuletz t au f dies e Weis e legitimiert e Parte i bedien t sic h ihrerseit s de r Theorie, u m de n Historiker n neu e Aufgaben z u stellen, di e mithin gegen warts- ode r herrschaftsbezoge n sind . Insofer n »wir d di e politisch e Praxi s zum Kriteriu m fü r di e Leistun g de r Geschichtswissenschaft . Geschicht e erhält s o den Ran g eine r eminen t politische n Wissenschaft , di e den Prima t der Politik, de n Klassenstandpunkt, di e Parteilichkeit un d die Aktualität zu achten un d zu bestätigen hat« 7. Mi t de r Funktion de r Herrschaftslcgitimic rung untrennba r verbunde n is t zweiten s di e Aufgab e de r Bewußtseinsbil dung. E s gilt, ei n einheitliche s sozialistische s Geschichtsbil d z u erarbeite n sowie durc h desse n Umsetzun g un d Vermittlun g zu r Schaffun g eine s Gc118 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Schichtsbewußtseins beizutragen, da s jeden Bürger der DDR befähigt, akti v für seine n Staa t einzutreten . Diese s Zie l sol l vo r alle m dadurc h erreich t werden, da ß die DDR »al s planmäßiges Ergebni s eines jahrhundertelangen Kampfes der Volksmassen i n Deutschland« dargestell t wird 8 . Drittens fallt der Geschichtswissenschaf t de r DD R ein e »politisch e Kampffunktion « i m Rahmen der Auseinandersetzung mi t der Bundesrepublik Deutschlan d zu 9. Dabei komm t e s in erste r Lini e darau f an , de n Klassencharakte r de r nac h Auffassung de r DD R »imperialistischen « Gesellschaf t nachzuweise n un d den westdeutsche n Staa t z u diskreditieren . Vierten s schließlic h wir d de r DDR-Historie ein e »Prognosefunktion « zugesprochen . Si e basier t au f der marxistisch-leninistischen Vorstellun g von der Gesetzmäßigkeit der historischen Entwicklun g sowi e au f de r Annahme , da ß di e Gcgenwarts - un d Zukunftsproblcmc nu r durc h di e Kenntni s ihre r geschichtliche n Wurzel n verstanden und gelöst werden können. Gegen End e der vierziger un d währen d de r fünfziger Jahre, i n denen di e SED ihr e Herrschaf t etabliert e un d zu m Zweck e de r Machtsicherun g de n Aufbau eine r sozialistischen Gesellschaft vorantrieb , wa r die Legitimationsfunktion de r Geschichtswissenschaft eindeuti g vorherrschend . E s ging u m »Sicherung un d Begründun g de r Dogmen , historisch e Ableitun g un d Rechtfertigung de r Herrschaft« 10. Mi t de m Eintrit t de r Bundesrepubli k Deutschland i n die NATO gewan n gleichzeiti g di e politische Kampffunk tion de r Histori e a n Bedeutung , wa s sic h in einer verschärfte n Konfronta tion vo n »bürgerlicher « un d marxistische r Geschichtsschreibun g nieder schlug11. Vo r diesem Hintergrund muß die Entwicklung der Weltkriegsforschung in der DDR gesehen werden, di e der Vorgeschichte und Entstehung des Erste n Weltkriege s vo n Anfan g a n groß e Aufmerksamkei t geschenk t hat12. Di e ostdeutsche n Historike r folgte n dabe i insowei t de n Richtlinie n der Partei , al s sie - a n di e Imperialismustheori e Lenin s anknüpfend - de m Deutschen Reic h di e Hauptverantwortun g fü r diese n »imperialistischen « Krieg anlasteten . Di e Vorkriegspoliti k de s wilhelminische n Reiche s gal t ihnen al s Ausdruck eine r besonders aggressiven Spielar t de s Imperialismu s und stan d fü r si e i n eine r Traditionslini e mi t de r nationalsozialistische n Gewaltpolitik. Zie l diese r Argumentatio n wa r es , ein e Distanzierun g de r Bevölkerung vo m Imperialismu s al s weiterlebende m Syste m z u erreichen und die Unabdingbarkeit der sozialistischen Umgestaltun g i m östlichen Teil Deutschlands aufzuzeigen . I n diese m Zusammenhan g stande n auc h di e Bemühungen, ei n Nachwirken imperialistische r un d militaristischer Tradi tionen i n de r Bundesrepubli k nachzuweise n un d di e westdeutsch e Ge schichtswissenschaft al s »imperialistische « Ideologi e abzuwerten . Ange sichts solcher verschärften außenpolitischen Auseinandersetzungen und Abgrenzungsversuche sowie einer wachsenden Verunsicherung de r SED-Führung i n de r Phas e de r Entstalinisierun g End e de r fünfzige r Jahr e mußte n abweichende Interpretatione n au f heftige n Widerspruc h stoßen . Da s ge schah zu m Beispie l i m Fall e der Thesen Jürgen Kuezynskis , de r sich - de n 119 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Forderungen de r Parte i nac h verstärkte r Bearbeitun g de r Geschicht e de r Arbeiterbewegung nachkommen d - mi t dem Verhalten der Sozialdemokratie be i Ausbruc h de s Weltkriege s beschäftigte . Nich t di e Arbeitermassen , entgegnete ma n ihm , sonder n de r opportunistisch e Flüge l de r SPD-Füh rung hab e 191 4 versag t un d dadurc h ei n gewichtige s Ma ß a n Verantwor tung fü r die Entstehung de r Weltkatastrophe au f sich geladen. Dami t sollte vor allem auc h vor den Gefahren de s »Sozialdemokratismus « gewarn t un d die Notwendigkeit eine r »Parte i neuen Typus« herausgestell t werden 13. Bereits in der unmittelbaren Nachkriegszei t beganne n ostdeutsche Historiker und Publizisten damit , de n Ersten Weltkrieg un d seine Vorgeschichte neu z u interpretieren. Dies e Versuch e vollzoge n sic h zunächs t i m Rahme n solcher Arbeiten, di e mit der verhängnisvollen, i n den Nationalsozialismu s mündenden deutsche n Vergangenhei t abrechne n un d den »Irrwe g de r Na tion« aufzeige n wollten . »Di e Scha m übe r al l das , woz u sic h da s deutsch e Volk von seinen reaktionären un d imperialistischen Verführer n un d seinen Helfershelfern verleite n ließ, sollte zum demokratischen Geschichtsbewußt sein fuhren.« 14 Alexande r Abusch , au s desse n Fede r eine s de r wichtigste n und zugleic h richtungweisende n Büche r z u diese m Problemkomple x stammt, versuchte , ein e Kontinuitätslini e i n der deutschen Geschicht e von der Geburt des preußischen Staate s bis zum »Dritte n Reich « nachzuweisen . Im preußische n Geist , de r sic h durc h eine n »brutale n Militarismus « aus zeichne, sa h e r nich t nu r ein e entscheidende Wurze l de s Nationalsozialis mus, sondern auch den Grund für die besondere Aggressivität der deutschen Außenpolitik sei t Wilhel m II., die wiederu m fü r di e zweimalige Entfesse lung eines Krieges im 20. Jahrhundert verantwortlich gewese n sei. Mit dem Regierungsantritt de s letzte n deutsche n Kaiser s hab e sic h da s »verpreußt e Deutschland Bismarcks « i n das »Deutschlan d eine s beutegierigen Imperia lismus« verwandelt , da s nicht zuletzt wegen de s außerordentlichen Einflus ses der ostelbischenJunker ein e Politik der Kriegshetze betrieben habe. »Wil l man heut e de m deutsche n Übe l au f de n Grun d gehen« , schrie b Abusc h 1946, »s o spring t de r Zusammenhan g zwische n de n soziale n Triebkräfte n der wilhelminische n Politi k un d de r späteren Hitlcrpoliti k i n da s Auge : es handelt sic h u m de n zweimalige n Versuc h de r gleiche n Kräft e innerhal b Deutschlands, ihre n Wcltherrschaftsanspruch mi t brutaler Gewalt durchzusetzen.«15 Die Weltkriegshistorike r de r DD R habe n i n de n fünfzige r Jahre n di e Thesen vo n Abusc h aufgegriffen , präzisier t un d wcitcrcntwickclt . Ausge hend vo n eine r Kontinuitä t deutsche r Politi k vo m Erste n zu m Zweite n Weltkrieg un d überdies bis zur Bundesrepublik Deutschland , stellte n sie die Außen- und Innenpolitik des wilhelminischen Reiche s als besonders aggressive Spielart des Imperialismus dar. Zwar verhehlte man nicht, da ß auch die übrigen europäischen Großmächte imperialistische Ziele verfolgt und daher ein gewichtige s Ma ß a n Schul d a m Kriegsausbruc h 191 4 auf sic h gelade n hätten; di e Hauptverantwortun g sprac h ma n abe r de m Deutsche n Kaiscr 120 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
reich zu. Inde m Deutschlan d zu m Kriegsurheber erklär t wurde, wic h diese Interpretation jedoch vo n derjenigen Lenins , a n dessen Imperialismustheo rie ma n anzuknüpfe n vorgab , i n eine m wichtige n Punkt e ab 16 . Fü r Leni n war der Krieg von 191 4 »ein Eroberungskrieg, ei n Raub- und Plünderungskrieg« wi e auc h ei n »Krie g u m die Aufteilung de r Welt« gewesen , de n die europäischen Großmächt e gegeneinande r gefuhr t hätten 17. Auc h wen n e r zuweilen di e aktiv e Roll e de r deutsche n Vorkriegspoliti k hervorhob , s o lassen sic h dies e vereinzelte n Äußerunge n nich t i n de m Sinn e deuten , da ß Lenin den deutschen Imperialismu s als eigentlichen Kriegsschuldige n ange sehen hätte . »Au s de r Gleichwertigkei t de r Interessen « alle r a m Krieg e beteiligten Mächt e ergab sich für ihn »di e Gleichwertigkeit de r Verantwor tung.« 18 Da ß di e DDR-Histori e mi t außerordentliche r Zähigkei t a n de r These vo n de r besonderen Verantwortun g de s Reiches festhiel t un d sie bis heute verteidigt , läß t sic h allei n au f politische Motiv e zurückführen , di e in der Systemkonkurrenz zwischen beiden deutschen Staaten wurzeln. Es ging nicht nur darum, durc h den Nachweis des imperialistischen Charakter s des Weltkrieges den Imperialismus grundsätzlich zu diskreditieren und die Notwendigkeit seine r Aufhebun g zugunste n eine r sozialistische n Gesellschaf t sichtbar z u machen; darübe r hinau s gal t es , de n westlichen Teilstaat , sein e Gesellschaftsordnung un d seine Politik abzuwerten, indem man die Bundesrepublik i n ein e Traditionslini e mi t de m Imperialismu s un d Militarismu s früherer Epoche n deutsche r Geschicht e stellte . »J e weite r di e vorgeblich e Kontinuität de s deutsche n Imperialismu s au s de r Geschicht e hergeleite t werden konnte , dest o glaubhafte r mußt e de r generel l erhoben e Vorwur f wirken, i n der BRD mache sich ein neuer Imperialismus breit.« 19 Zur Erklärung der besonderen Aggressivität des deutschen Imperialismu s verwiesen di e kommunistischen Historike r de r DDR sowohl au f die Hcrr schattsstruktur de s Kaiserreiche s al s auch darauf , da ß Deutschlan d sic h al s letzte europäische Mach t in den imperialistischen Konkurrenzkamp f eingeschaltet habe 20. Nac h Pau l Wandel 21, desse n These n stellvertreten d ange führt werde n sollen , la g di e Ursache fü r jene »hochnäsig e Verachtun g un d das Säbelrasseln , di e Abenteuerlichkeit , di e grenzenlos e Machtgier « de s Reiches zu m eine n i m übergroße n politische n Einflu ß de r Junker au f di e deutsche Politik . Dies e mi t de m Großkapita l verbündet e Klass e hab e sich seit de m End e de s 19 . Jahrhunderts zusehend s au f di e »Eroberun g vo n Kolonien un d die Ausdehnung ihre s wirtschaftlichen, politische n un d mili tärischen Einflusse s i n der Welt « konzentriert . Zu m andere n se i zu beden ken, da ß Deutschlan d be i de r Verteilun g de s Kolonialbesitze s sowi e de r Rohstoff- un d Absatzmärkt e i n Überse e zu spät gekomme n war . Dadurc h seien unweigerlic h international e Konflikt e entstanden , di e abe r ers t auf grund de r deutsche n Politi k kriegerische n Charakte r angenomme n hätten : »Trotz de r gemeinsame n Verantwortun g de r herrschende n Kreis e alle r imperialistischen Großmächt e fü r de n Ausbruc h de s Erste n Weltkriege s erfordert di e geschichtlich e Wahrhei t di e Feststellung , da ß di e deutsche n 121 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Militaristen un d Imperialiste n di e entscheidend e Initiativ e fü r de n Aus bruch des Ersten Weltkrieges im Jahre 191 4 ergriffen hatten.« 22 Während Wande l i n Übereinstimmun g mi t de r Mehrzah l kommunisti scher Weltkricgsforsche r zumindes t vo n einer relativen Verantwortlichkei t aller a m Krieg e beteiligte n Staate n ausging , spitzt e Alber t Schreiner 23 di e These von der besonderen Kriegsschul d de s Reiches zu einer Alleinschuld thesc zu . E r wandt e sic h mi t Nachdruc k gege n di e Auffassung , wonac h Kriege Ausdruc k »blindwaltende(r ) objcktivc(r ) Ursachen « ode r da s Er gebnis de s »Konkurrenzkampfes ) imperialistische r Staaten « seien . Viel mehr würde n Krieg e vo n Menschen , genaue r vo n de n jeweils herrschen den Klasse n eine r Gesellschaf t herbeigeführt , di e dabe i bestimmt e wirt schaftliche un d politisch e Interesse n durchsetze n wollten : »Deshal b mu ß von der subjektiven Schul d der herrschenden Klass e am Kriege gesprochen werden.« Mi t außerordentliche r Schärf e verurteilt e Schreine r di e führen den deutsche n Politiker , di e vo n eine m »unbedingten ) Kriegswillc(n) « beseelt gewese n seie n un d de n Weltkrie g i n de r Julikrisc entfessel t hätten . Der Rcichsleitun g se i anzulasten , da ß si e nach dem Attenta t vo n Sarajew o im volle n Bewußtsei n de r Gefah r eine s Weltkriege s - zuma l da s absehbare Engagement Rußland s auc h di e Beteiligun g Frankreich s un d England s nach sic h ziehe n mußt e - da s Vorgehe n Österreich-Ungarn s unterstütz t habe24. Seit Begin n de r fünfzige r Jahr e ha t di e DDR-Histori e i n zunehmende m Maße versucht , mi t Hilf e vo n Spezialstudie n di e Thes e z u untermauern , daß der deutsch e Imperialismu s eine n »besonder s räuberische(n) , aggressi vc(n) un d volksfeindlichc(n ) Charakter « besesse n habe . I m Vordergrun d des Interesse s stande n dabe i di e propagandistisch e Vorbereitun g de s Krie ges durch da s Monopolkapital, desse n Roll e in der deutschen Politi k sowi e die weltweiten deutsche n Expansionsbestrebungen 25. Ferne r setzte eine intensive Auseinandersetzun g mi t der Militarismusproblematik ein , di e nicht zuletzt durc h di e Arbeite n Gerhar d Ritter s ausgelös t wurde . A n seine n Untersuchungen sollte n die reaktionären, antidemokratische n un d militari stischen Züg e sowi e di e wissenschaftlich e Unzulänglichkei t bundesrepu blikanischer Vergangenheitsbewältigun g verdeutlich t werden ; zugleic h galt es , de r »bürgerlichen « Histori e eine n eigene n marxistisch-leninisti schen Militarismusbegrif f entgegenzusetzen 26. Di e Wissenschaftle r de r DDR knüpfte n a n di e marxistische n »Klassiker « wi e Engels , Lenin , Lieb knecht, Luxembur g un d Mchnn g a n un d erarbeitete n ein e Militarismus konzeption, di e diese n »al s ei n reaktionäre s politische s Syste m historisc h überlebter Ausbeuterklassen « definierte , di e »sic h des Militarismus zu r Behauptung ihre r Herrschaft , zu r Unterdrückun g de r Volksmasse n de s eigenen Landes und zur Verwirklichung ihrer Expansionspoliti k bedienen . Da bei versuche n di e Ausbeuterklasse n ihr e Ziel e durch Androhun g ode r An wendung gewaltsamer , vo r allem militärische r Mitte l z u erreichen.« 27 Au f der Grundlage diese r Konzeption konstatiert e ma n im Gegensatz zur west 122 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
deutschen Geschichtsschreibun g ein e reaktionär e militaristisch e Klasscnli nie in der preußisch-deutschen Geschicht e seit Friedrich Wilhelm L 28. Kaum ei n andere r westdeutsche r Historike r zo g i n de n fünfzige r Jahre n die Aufmerksamkeit de r DDR-Wissenschaftler stärke r au f sich als Gerhard Ritter, i n dem man einen besonders rückschrittlichen »Typu s des imperialistischen Ideologen « z u erkennen glaubte 29. Ritte r erschie n seine n ostdeut schen Kontrahenten überdies als der fuhrende Repräsentant jener »Seniore n der westdeutsche n Bourgeoisie« , di e »i n de r Atmosphär e de s unte r Bis marck geschaffene n zweite n Reiches , seine r beginnenden imperialistische n Aggression un d de s 1 . Weltkriege s herangewachsen « seie n un d di e auc h nach 194 5 mi t ihre n Arbeite n de r Politi k de s unter Adenaue r weiterbeste henden »imperialistischen « System s di e historische Legitimatio n verleihe n wollten30. Angesicht s einer solchen Beurteilun g de r politischen Bedeutun g Ritters kan n e s nich t verwundern , da ß führend e marxistisch-leninistisch e Historiker, Alfre d Meusel un d Ernst Engclberg, z u seinen Militarismusstu dien ausführlic h Stellun g nahmen 31. Si e warfen Ritte r vor , da ß bereits de r von ih m i n di e Diskussio n eingeführt e Militarismusbegrif f ein e wissen schaftlich befriedigend e un d politisch angemessene Auseinandersetzung mi t diesem Phänome n verhindere . Inde m er den Militarismu s au f die »Grund haltung« eine s Politiker s ode r eine r Natio n reduziere , se i e s ihm möglich , »die Bezeichnun g ›Militarist ‹ nac h Guns t z u vergeben, demokratisch e un d fortschrittliche Persönlichkeite n al s ›Militaristen ‹ darzustellen , un d andere, die diesen Tite l seh r wohl verdienen , fre i ausgehe n z u lassen« 32. Vo r alle m aber versäume es Ritter, de n gesellschaftlichen un d klassenpolitischen Kon text des Militarismus zu analysieren. E r leugne nicht nur »die aus schmerzlicher Erfahrun g geborenen , i n ihre m Kern e richtige n Vorstellunge n de s Volkes vom Militarismus« , sonder n mach e »soga r das Volk i n seiner revolutionären Aktion zu seinem eigentlichen Träger« 33 . Au f diese Weise entstehe ei n zutiefs t antidemokratische s Geschichtsverständnis , da s allei n de n gegenwärtigen herrschende n Klasse n diene, aus deren Sicht die Vergangenheit auc h beurteil t werde : Währen d Ritte r au f Seite n de r Herrschende n »Vernunft un d Maß« sähe , erkenn e er »be i den revolutionären Masse n und ihren Vertreter n nu r Unvernunf t un d Leidenschaft« 34. Aufgab e de s marxistischen Forscher s se i e s hingegen, di e Geschichte au s de r Perspektiv e de s Volkes zu betrachten und dieses vom Militarismus vorwurf freizusprechen . Im Unterschied z u Engclberg, de r nur kurz auf die Geschichte des Welt krieges einging - dabe i verwie s e r auf die positive Roll e der »Massen« , di e durch ihre n antimilitaristischen Kamp f entscheidendes zur Verkürzung de r Kriegsleiden beigetrage n hätten 35-, setzt e sic h Meuse l ausfuhrlic h mi t de r Rolle des deutschen Militarismus in der Vorgeschichte des Krieges von 1914 auseinander. Nich t militärtechnischc , sonder n »imperialistisch e Zwangs läufigkeiten«, entgegnet e e r Ritter , hätte n da s Denke n un d Handel n de r politischen Führun g besonder s i m Deutsche n Reic h bestimmt 36. Meuse l griff da s Leninsch e »Geset z de r Unglcichmäßigkci t de r Entwicklun g de s 123 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Kapitalismus« au f und versuchte den Nachweis zu fuhren, da ß die herausragende Stellun g de s Heere s un d bal d auc h de r Marin e i m wilhelminische n Deutschland sowi e die außerordentliche Aggressivitä t de s deutschen Impe rialismus eine Folge des, vergliche n mi t England un d Frankreich, i m Reich verspätet einsetzenden sozialökonomischen Transformationsprozesse s vo m Kapitalismus de r freie n Konkurren z zu m Monopolkapitalismu s gewese n sei. De r deutsch e Imperialismu s hab e de n Vorsprun g de s englische n un d französischen zwa r i n relati v kurze r Zei t eingeholt ; doc h se i z u diese m Zeitpunkt die Welt bereits weitgehend in Interessensphären aufgeteilt gewe sen. U m gege n di e militärisch e Mach t seine r Konkurrente n z u bestehen , habe Deutschland seine Rüstungen forciert und somit die Sonderstellung des Militärs erhöht . Diese r Kamp f der imperialistischen Staate n u m Rohstoff quellen, Absatzmärkt e un d Kapitalanlagen, letztlic h aber um die Weltherr schaft, führt e Mcuse l zufolg e i n de n Erste n Weltkrieg . D a da s Reic h di e Macht mit der größten »Vorstoßgcwalt« gewese n sei, trage es die Hauptverantwortung fü r jene Katastrophe. Sein e besondere Gefährlichkeit erhiel t der deutsche Imperialismus nach Meusel aber erst dadurch, da ß »älter e militaristische Traditione n mi t de m neuzeitlichen imperialistische n Militarismu s zusammentrafen un d sich miteinander verbanden« 37. In de n Arbeite n Mcusel s un d Engelberg s ka m di e Verschärfun g de r ideologischen Auseinandersetzun g mi t de r Bundesrepubli k - un d da s hieß nicht zuletz t mi t de r »bürgerlichen « Geschichtsschreibun g - seh r deutlic h zum Ausdruck, di e seit Beginn de r fünfziger Jahre, besonder s aber seit 1955 von der SED postuliert wurde 38 . Solche n Forderungen der Partei nach einer verstärkten theoretischen un d politischen Profilierun g de r marxistisch-leninistischen Histori e wurd e abe r auc h durc h ein e intensiver e Beschäftigun g mit de r Geschicht e de r Arbeiterbewegun g Rechnun g getragen . Dies e Forschungen hatte n darübe r hinau s di e Funktion , de r SE D wi e de r DD R ein eigenes politisch-historische s Selbstverständni s z u vermitteln. E s galt, de n »Kampf de r werktätigen Masse n gegen die herrschenden Ausbeuterklassen « in de n Mittelpunk t de s historische n Interesse s z u rücke n un d s o au f jene fortschrittlichen Traditione n i n der deutschen Vergangenhei t hinzuweisen , der sic h di e Parte i verpflichte t fühlte : »Heut e is t di e Arbeiterklass e zu r führenden Kraf t i m Befreiungskampf de r deutschen Nation, zum Erben der großen revolutionäre n Traditione n . . . unsere s Volke s geworden . I n der Deutschen Demokratische n Republi k ha t si e nac h de r Zerschlagun g de s Faschismus . . . die überlebten, antinationalen , imperialistische n Kräft e geschlagen und die Macht der Arbeiter und Bauern errichtet. Mi t dem Aufbau des Sozialismus verwirklicht si e die Bestrebungen, fü r diejahrhundertelan g die besten Deutsche n kämpfte n un d schwere Opfer brachten.« 39 Di e Welt kriegshistoriker hatten sich im Rahmen dieser Bemühungen auf die Darstellung un d Analys e de s Kampfe s de r »revolutionäre n deutsche n Arbeiter schaft, vo r allem der deutschen Linken, gege n den deutschen Imperialismu s und di e Vorbereitun g de s Erste n Weltkrieges « z u konzentrieren ; danebe n 124 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
sollten si e die »Roll e de r rechte n sozialdemokratische n Führe r al s Agentu r des Imperialismu s i n de n Reihe n de r Arbeiterklasse « aufzeige n un d de n »Verrat« de r sozialdemokratischen Parteiführun g vo m 4. Augus t 191 4 anprangern40. Dies e Thesen dienten zum einen der ideologischen Abgrenzun g von de r »revisionistischen « westdeutsche n Sozialdemokratie , i n de r ma n eine wesentliche Stütze des »imperialistischen« System s der Bundesrepublik erblickte. Zum anderen war es das Ziel von Partei und Historie, die SED und damit die DDR in einen Traditionszusammenhang einzubetten , der die SED als legitim e Nachfolgeri n de s linke n Flügel s de r damalige n SP D auswies . Von besondere r Bedeutun g wa r dabe i di e Betonun g de s Antimilitarismu s jenes linken Flügels, d a die Formierung de r KPD - auc h wenn ihre offiziell e Gründung erst Anfang 191 9 erfolgte- als Ausdruck des Kampfes gegen den Militarismus angesehen wurde 41 . Einen erste n umfassenden , i n de n Auge n viele r DDR-Historike r aller dings mißlungene n Versuch , dies e Ansprüch e einzulösen , stell t di e 195 7 erschienene Arbei t vo n Jürgen Kuczynsk i übe r de n »Ausbruc h de s Ersten Weltkrieges un d di e deutsch e Sozialdemokratie « dar . Kuczynsk i lie ß sic h von de n Postulatc n de r SE D insowei t leiten , al s e r di e Aktualitä t seine s Themas mi t de r politische n Notwendigkei t begründete , di e Bevölkerun g über di e Gefährlichkei t vo n Opportunismu s un d Revisionismu s aufzuklä ren, d . h. übe r di e Folgen , di e ein Mißachte n de r Lehre n de r Klassike r de s Marxismus-Leninismus nac h sic h zöge . Gleichzeiti g wollt e e r a n eine m historischen Beispie l »di e raffiniert e Bestialitä t unsere s Gegners « sichtba r machen, »de s Feinde s der Menschheit , de s kriegslüsternen Imperialismus , der auc h heut e noc h au f eine m Tei l de r Erde « herrsche 42. Offenba r i n Ermangelung historische r Vorarbeite n beschränkt e e r sic h dabe i au f di e Analyse un d Darstellun g de r diplomatische n Vorgeschicht e de s Erste n Weltkrieges, wobe i e r die konkreten Kriegsvorbereitunge n de r herrschen den Klasse n inijuli un d Augus t 191 4 mit den entsprechenden Aktione n de r Arbeiterklasse gegen die Kriegspolitik konfrontierte . Au f diese Weise hoffte Kuczynski, zumindes t ansatzweis e di e Frage klaren z u können, waru m de r Kampf de r ›Massen ‹ gege n Militarismu s un d Krie g erfolglo s gebliebe n war 43 . Die zentrale These Kuczynskis lautete, daß sowohl die deutsche Arbeiterklasse al s auch di e sie repräsentierende Parte i 191 4 versagt hätten . Obwoh l der Führun g de s deutsche n wi e de s Weltprolctariat s bewuß t gewese n sei , daß sic h ei n internationale r militärische r Konflik t »gesetzmäßi g un d nac h dem Wille n de s internationale n Monopolkapital s vorbereitete« 44, hätte n sich SP D un d Arbeiterklass e bi s zu m Zeitpunk t de s Bekanntwerden s de s österreichischen Ultimatum s a n Serbie n vo n de n deutsche n Imperialiste n täuschen un d vo n dere n Friedenswille n überzeuge n lassen . Abe r auc h da nach se i e s den herrschenden Klasse n noc h gelungen , ihr e Kriegsschul d z u leugnen beziehungsweis e si e zunächs t Österreich-Ungar n un d schließlic h Rußland zuzuschieben . Diese s Versage n lastet e Kuczynsk i nich t nu r de r 125 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
SPD-Führung un d de r reformistisch-opportunistische n Strömun g i n de r Sozialdemokratie an . Au s seiner Sich t truge n di e Arbeitermassen ebenfall s ein gewichtige s Ma ß a n Verantwortun g fü r di e Katastroph e vo n 1914 , d a auch ihr Verhalte n i n der Kriegskris e i m Juli un d Augus t vo n Opportunis mus gepräg t gewese n sei . Nac h Kuczynski s Auffassun g bestan d i n de n letzten Julitagen durchau s die Chance, de n Ausbruch des Krieges zu verhindern, wen n di e Arbeiterklass e i n gemeinschaftliche n un d überzeugende n Antikriegskundgcbungen de n noc h zögernde n Teile n de r herrschende n Klassen de n Rücken gestärk t hätte. E s gelte daher, de r Frage nachzugehen, warum der Opportunismus das Denken und Handeln sowohl weite r Kreise der SPD als auch der Arbeiterschaft hatt e bestimmen können. Dabei verwies Kuczynski zu m eine n au f die absolut e Verbesserun g de r Lebensbedingun gen der abhängig Beschäftigte n un d auf die Entstehung einer Arbeiteraristokratie i n de n Jahren vo r 1914 . Ein e Folg e diese s soziale n Wandel s se i di e Spaltung de r Arbeiterbewegun g i n eine revolutionär e un d eine reformisti sche Strömung gewesen , di e sich von der revolutionären Praxi s ab- und den herrschenden Klassen zugewandt habe. Daß der Opportunismus zumindest kurzfristig abe r auc h derar t groß e Teil e de r Arbeiterklass e erfasse n konnt e wie im Juli und August, lag nach Kuczynski zum anderen an einem »Sonder gift«, da s die Herrschenden de m Volk e verabreicht hätten . Die s sei die mit außerordentlichem propagandistische n Geschic k verbreitet e »Phras e de r ›Vatcrlandsverteidigung‹« gewesen . Inde m die Reichsleitung Rußlan d zum Kriegsurheber erklärt habe , seie n die starken antizaristischen Ressentiment s der Masse n mobilisier t un d di e Arbeiterklass e fü r di e »Verteidigun g de r imperialistischen Interessen « gewonne n worden . I n diesem »Fäulnisproze ß unter den Massen « erblickt e Kuczynsk i ein e Ursach e fü r das Verhalten de r SPD-Führung: Nich t de r Vorstan d de r Sozialdemokratische n Parte i se i allein fü r das Denken un d Handel n de r Arbeiterklasse verantwortlich , son dern umgekehr t trüge n auc h di e Masse n groß e Schul d a n de r »verräteri sche^) Haltun g de s Parteivorstandes« 45. Mit diese r Thes e wollt e Kuczynsk i keinesweg s di e SPD-Führun g entla sten; e r ha t i m Gegentei l di e Politi k de s Parteivorstande s auf s schärfst e verurteilt. Dabe i unterschie d e r zwischen »Schuften« , di e wie Albert Süde kum offe n mi t de n Herrschende n zusammengearbeite t hätten , un d »soli dc(n) Vcrrätcr(n)« , z u dene n e r Friedric h Ebcr t un d Philip p Scheideman n zählte. Si e seie n zwa r »i n ihre m ganze n Gehab c Arbeiter« , jedoc h kein e Interessenvertreter de s Proletariats gewesen . De n herrschenden Klasse n i n die Han d gearbeite t hab e auc h da s vo n Kar l Kautsk y angeführt e Zentru m der Sozialdemokratie , d a e s wede r di e Revolutio n fü r notwendi g erachte t habe noch z u einer Beteiligun g a m Kamp f gegen de n Imperialismu s berei t gewesen sei . Die s gelte ebens o fü r Sozialdemokrate n wi e Haas e und Lcde bour, die sich nicht eindeutig, fü r die eine oder die andere Richtung entschieden hätten 46. Lediglic h Kar l Liebknecht erfuhr eine positive Würdigung. E r galt Kuczynski als der »berühmteste Vertreter der neuen, wirklichen, prolc 126 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
tarischen Internationale « un d al s »Symbo l de s mutigen , de s heroische n Kämpfers gege n de n imperialistischen Krieg« . Wen n Liebknecht i m Parla ment entgegen seine r tiefen Überzeugun g fü r eine Bewilligung de r Kriegskredite gestimm t habe , dan n se i da s darau f zurückzufuhren , da ß e r di e Parteidisziplin, di e ih m al s eine s de r höchste n Güte r erschiene n sei , nich t verletzen wollte. Ein e Trennung von den Opportunisten und die Gründung einer neuen revolutionäre n Parte i se i 191 4 noch nicht möglich gewesen , d a »diese Erkenntnis der Notwendigkeit de r Trennung . . . nicht zwischen der ersten un d de r zweite n Reichstagssitzun g a m 4 . Augus t gebore n werde n (konnte). Da s war eine historische Unmöglichkeit« 47. Kuczynski löst e mi t seine m Buc h ein e heftig e Debatt e aus , i n dere n Mittelpunkt di e Frage nach den gesellschaftlichen un d politischen Aufgabe n und Funktione n de r Geschichtsschreibun g i n eine m sozialistische n Staa t stand, der von einer »Partei neuen Typus« regier t wurde. Als solche hatte die SED in den Jahren 194 8 bis 1955 ihre Herrschaft z u etablieren versucht . Si e verstand sich als die bewußte, organisierte Vorhut der Arbeiterklasse, orien tiert a n dem Prinzi p de s demokratischen Zentralismus , internationalistisc h und anti-opportunistisch eingestellt 48. Vo r diesem Hintergrund erscheint es nur folgerichtig , da ß di e These n Kuczynski s au f scharfe n Widerspruc h stießen, zuma l si e de n Legitimationsbedürfnisse n de r Parte i weni g entge genzukommen schienen . Seine n Kritikern 49 ging es daher vor allem um den Nachweis, da ß di e Deutun g ihre s Kollege n fü r di e politische Wirklichkei t untragbar sei. Zwei Aspekt e verdienen dabei besondere Beachtung: Erstens hielt ma n di e Arbeit Kuczynski s fü r ungeeignet zu r Bekämpfung de r westdeutschen Sozialdemokrati e wi e des »Sozialdcmokratismus« i n den eigenen Reihen. Inde m Kuczynsk i sowoh l di e Führung de r SPD als auch die refor mistischen un d opportunistischen Kräft e i n der Arbeiterbewegung vo n der historischen Verantwortun g fü r da s Versage n de r Arbeiterklass e be i Aus bruch de s Erste n Weltkriege s entlaste , profitierten , argumentiert e man , di e Nachfolger jene r Kräft e vo n seine r Geschichtsdarstellung , nich t abe r di e SED. Zweitens warf man Kuczynski vor, er verletze die Ehre der Volksmassen, d a e r si e z u de m eigentliche n Träge r de r imperialistische n Politi k erkläre. Die »Ehrenrettung der revolutionären Massen « sowie die »Verdammung de r opportunistischen Arbeiterführe r vo n 1914 « dient e den Gegnern Kuczynskis wiederu m al s »wirkungsvolle^) Aufhänge r fü r das Grundsatz problcm der dialektischen Wechselbeziehun g zwische n Massc-Klassc-Füh rung‹« 50 . Au s ihrer Sicht hatte Kuczynski de n Primat der Partei und besonders ihrer Führung verkannt und damit »i n Widerspruch zu den welthistorischen Leistunge n Lenin s und de r Bolschcwik i un d zu den Grundlage n de s Marxismus-Leninismus di e Rolle der leninistischen Partei « geleugnet 51. Di e Schärfe solcher Angriffe von sciten der ›linientrcucn‹ Historie und Teilen der Publizistik erklär t sic h nich t zuletz t au s de m Bemühe n de r Partei , ihr e Herrschaftsposition angesicht s wachsende r Kriti k i m Zug e de r Entstalini sierung (1956-1961 ) z u verteidige n un d z u stabilisieren . Di e Autoritä t de r 127 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
SED durft e u m keine n Prei s i n Frag e gestell t werden . De n Kontrahente n Kuczynskis entging dabe i jedoch weitgehend de r eigentliche Zündstoff, de r in dessen Arbei t enthalten war: »Di e Schuld der Massen war ja auc h gleich zeitig deren Würde und Autorität. Schul d setzt die Möglichkeit zum autonomen Handel n voraus . Di e Haltun g de r Parte i wa r i n diese m Sinn e fü r Kuczynski lediglic h Widerspiegelun g de r Haltun g de r Masscm , währen d sich di e Haltung de r Massen al s der unableitbare Ursprun g de r politische n Entscheidung darbot . Di e Massen , un d nu r sie , ware n fü r Kuczynsk i da s autonome revolutionäre Subjekt , « 52 Nach Auffassung de r Gegner Kuczynskis fiel dem Weltkricgshistorikeri n der Gegenwart eine besondere politische Verantwortung zu . Angesichts der nach wie vor den Frieden bedrohenden Politi k der »imperialistischen« Staa ten se i e s unabdingbar, möglichs t viel e Mensche n übe r di e Gefährlichkei t von Reformismu s un d Opportunismus in der Arbeiterbewegung aufzuklä ren. Es gelte, den Nachweis zu führen, da ß das Verhalten der rechten Partciund Gewerkschaftsführer bereit s vor dem Ersten Weltkrieg nicht den Interessen der Arbeiter, sonder n lediglich denen der Arbeiteraristokratie gedien t habe. Da s offene Bündni s zwischen rechte n Arbeiterführer n un d der imperialistischen Regierun g wi e de n bürgerliche n Parteie n be i Kriegsausbruc h stelle nur die konsequente Fortsetzun g diese r Politik dar. Zie l des Bündnisses sei die »Verteilun g de r Welt zugunsten de s zu spät und deshalb schlecht weggekommenen deutsche n Imperialismus « gewesen ; di e Arbeiteraristo kratie habe ihrerseits auf »möglichs t groß e Brocke n vo m Tisch der Monopole« gehofft 53. Auc h se i es die Pflich t eine s marxistischen Historikers , au f den antimilitaristischen un d antiimperialistischen Kamp f der Arbeiterbewegung z u Begin n de s 20 . Jahrhunderts hinzuweisen , u m s o »de n Mu t de r deutschen Arbeite r zu stählen und sie mit der Hoffnung un d der Zuversicht zu erfüllen, da ß der Frieden bewahrt, da ß der Sozialismus aufgebaut un d daß unser Vaterlan d au f friedliche m Weg e wiede r geein t werden « könne 54. Denn nu r ein e kraftvoll e un d geschlossen e Politi k de r sozialistische n Staa ten, dere n Mach t gestärk t werde n müsse , gewährleist e di e Erhaltun g de s Friedens. Voraussetzung dafü r se i aber eine Partei leninistischen Zuschnitts, deren Notwendigkei t ebenfall s a m Beispie l de r Vorgeschicht e un d Ge schichte de s Kriege s vo n 191 4 sichtba r gemach t werde n sollte : E s se i z u zeigen, da ß di e Arbeiterklass e de n Herrschende n »ohn e di e Organisation , ausgerüstet mi t de r marxistisch-leninistische n Theorie , Strategi e un d Tak tik« machtlo s ausgeliefert sei 55. Aufgrund diese r Überzeugung versuchte n Kuczynskis Kontrahenten, di e wissenschaftliche Unzulänglichkei t un d die politische Gefährlichkeit seine r Untersuchung nachzuweisen . Si e warfen ihre m Kollege n vor , da ß er einen revisionistischen Standpunk t eingenomme n habe . E s sei daher kein Zufall , daß er gerade aus der Bundesrepubli k Deutschlan d und hier vor allem vom sozialdemokratischen »Vorwärts « Zustimmun g erhalte . Auc h wen n kau m jemand s o weit gin g wi e Werner Bcrthold , de r Kuczynski i n die Nähe von 128 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
»Reaktionären wi e Gerhard Ritter« rückte 56, stan d doch für alle fest, da ß er bewußt ode r unbewuß t »ein e Lanz e fü r de n Sozialdemokratismu s un d gegen den Leninismus« gebroche n habe; damit aber sei er objektiv auf die Seite »wütender Revisionisten und Gegner der Arbeiterklasse« übergewechselt 57. Bereits seine n wissenschaftliche n Zugrif f hiel t ma n fü r grundsätzlic h ver fehlt, d a er sowohl die ökonomischen Kriegsursachen als auch die Geschichte des Klassenkampfes in der Zeit vor 1914 in seiner Studie nicht berücksichtige. Di e diplomatisch e Aktivität , au f dere n Analys e Kuczynsk i sic h be schränke, sei lediglich Mittel der imperialistischen Expansionspoliti k gewe sen und müsse im Sinne »eine s besonders raffinierten Instrument s des Klassenkampfes gege n da s eigene Volk« interpretier t werden 58. De n damaligen Arbeiterführern könn e ma n nich t ihr e Unkenntni s de r Einzelheite n de r Kriegsauslösung durc h die politisch Verantwortlichen vorwerfen. Entschei dend sei keineswegs, o b und inwieweit ei n marxistische r Politike r gewuß t habe, welch e kriegsvorbereitende n Verhandlunge n i m einzelne n zwische n den Repräsentanten de s deutschen Imperialismus stattgefunden hätten , son dern, da ß sich jener Politike r bewuß t gewese n sei , welch e Kräfte au f einen Krieg hingearbeite t un d welch e de n Friede n z u erhalte n gesuch t hätten . Messe ma n da s Verhalten de r Repräsentanten de r Arbeiterklass e a n diesen Kriterien, gelang e ma n z u eine m wesentlic h günstigere n Ergebni s al s Ku czynski, den n ohne Zweifel hab e es in der deutschen wie in der internationalen Arbeiterbewegung bedeutend e Politiker gegeben, di e den Charakter und das Herannahe n eine s imperialistische n Kriege s erkann t hätten . Überdie s seien die Arbeiter im Juli und August 191 4 sehr wohl kampfbereit gewesen , und große Teile von ihnen hätten »bi s in die letzten Julitagc . . . i n öffentli chen Kundgebungen gege n den Krieg protestiert« 59. Die politische Gefährlichkei t de r Thesen Kuczynski s erga b sich fü r sein e Gegner zu m eine n au s seiner vermeintlic h tiefe n Skepsis , »da ß di e Masse n imstande sei n könnten , de n Ausbruc h imperialistische r Krieg e z u verhin dern«60. E r versuche, de n Masse n Hilflosigkei t nachzuweisen , anstat t di e Fehler und Versäumnisse der sie fuhrenden Parte i aufzuzeigen. Dami t leug ne e r zu m andere n ein e de r »ABC-Wahrheitcn « de s Marxismus-Leninis mus: die Erkenntnis, da ß »di e Führer von Parteien für den Zustand der von ihnen geführten Organisationen , fü r das Denken und Handeln der von ihnen geführten Masse n di e hauptsächlich e Verantwortun g tragen« 61. D a Ku czynski dies e Funktion de r Parte i negier e und der Spontaneität de r Masse n eine allz u hoh e Bedeutun g zuspreche , gelang e e r z u eine r falsche n un d apologetischen Bewertung des »Verrats« de r SPD-Führung und des Opportunismus, durc h de n di e Widerstandskraf t de r Kriegsgegne r gelähm t un d die Arbeiterklass e verwirr t worde n sei . Dabe i räumte n di e linientreue m Historiker durchaus ein, daß die Gründung einer marxistisch-leninistische n Partei aufgrun d fehlende r objektive r Voraussetzunge n 191 4 noc h nich t möglich gewese n sei . Allerding s übten sie insofern Kriti k an der Politik der SPD-Linken, al s sie ihnen anlasteten , sic h nich t schon damals »ideologisc h 129 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
und organisatorisch , i m Rahme n de r Parte i . . . u m ei n eigene s Organ « zusammengeschlossen un d sich um größeren Einflu ß i n der SPD bemüht zu haben62. Im Gegenzug z u Kuczynsk i erschiene n i n der DDR zahlreich e Untersu chungen zu r Geschichte der Arbeiterbewegung, di e seine Thesen z u korri gieren versuchten . A n erste r Stell e wir d ma n dabe i di e Studi e vo n Walte r Bartcl über »Die Linken in der deutschen Sozialdemokratie im Kampf gegen Militarismus und Krieg« nenne n müssen 63. Si e fand bei den Historikern der DDR fas t ungeteilten Beifall . S o empfahl Rudol f Lindau die Untersuchun g Bartels al s zutreffend e un d verläßlich e Darstellun g de r weitere n Vorge schichte der KPD und des Kampfes der marxistischen Linke n währen d de s Weltkrieges; ihr e aktuell e Bedeutun g werd e »durc h eine n Blic k au f de n weltweiten Kamp f u m di e Erhaltun g de s Frieden s klar« 64 . Ebens o lobte n Hans-Joachim Bernhar d und Dieter Frickc in ihrem zum XL Internationale n Historikerkongreß i n Stockhol m vorgelegte n Berich t übe r di e »Forschun gen zur Geschichte Deutschlands und der deutschen Arbeiterbewegung vo n 1900-1917/18« diese s Buch als den ersten umfassende n Versuch , di e politische Tätigkeit der deutschen Linken auf der Grundlage der materialistische n Geschichtsauffassung z u analysieren. Besonder s hoben sie hervor, da ß Bartel auf einer breiten Qucllcnbasi s »ei n lebendige s Bil d vo n dem heroische n Kampf der deutschen Linken « entworfe n un d ihren stetig wachsende n Ein fluß auf die revolutionär e Antikricgsbcwegun g i n Deutschlan d dargestell t habe65. In der Ta t entsprache n di e Thesen Bartel s de n Postulate n de r SED . Vo r dem Hintergrund eines besonders aggressiven deutschen Imperialismus, der sowohl fü r di e Verschärfung de r internationalen Spannunge n i n den Jahren vor 1914 als auch für die Entfesselung de s Weltkrieges verantwortlich gewe sen sei, beschrie b er den aus seiner Sicht außerordentlich wirksame n Kamp f der sozialdemokratischen Linke n gege n Militarismu s un d Krieg ; gleichzei tig belastete er die SPD-Führung un d die Politik der reformistisch-opportu nistischen Strömun g auf s schwerste. Bartc l zufolge hatte n die linken Kräft e in der SPD, in besonderer Weise durch Rosa Luxemburg, Kar l Liebknecht , Franz Mchrin g un d Clar a Zctki n repräsentiert , sei t de m ausgehende n 19. Jahrhundert un d vor allem angesicht s der drohenden Kriegsgefah r ein e »vorbildliche, un d wi e di e Wahlziffcr n zeigten , erfolgreich e Kampagne « gegen »jed e Erscheinungsfor m de s Militarismu s un d de r chauvinistische n Verhetzung« geführt . Ih r Verdienst sei es, daß weite Teile der Arbeiterklasse lange vor der Julikrisc 191 4 den Kampf gegen di e imperialistischen Kriegs vorbercitungen aufgenommen un d den »Militarismus als den Todfeind aller Kultur« erkann t hätten . Alle n voran habe Liebknecht i n Übereinstimmun g mit de n weitsichtige n Vertreter n de r internationale n Arbeiterbewegun g sehr bal d eingesehen , »da ß di e Umwandlun g imperialistische r Krieg e i n einen Krie g fü r di e sozialistische Revolutio n zu r geschichtliche n Notwen digkeit geworde n war « un d i n seine n Schrifte n un d Rede n stet s darau f 130 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
hingewiesen. Währen d dies e »konsequente n Marxisten « fü r Bartc l di e ei gentlichen Träge r de s antimilitaristischen un d antiimperialistischen Kamp fes gewese n waren 66, erschiene n ih m di e reformorientierte n Kräft e de r Sozialdemokratie vo n vornherei n al s Verräte r de r Klasseninteresse n de s Proletariats. Sie hätten sich, »geblende t von dem gehobenen Lebensstandard einiger Arbeitcrschichtcn«, »gefange n in der Illusion eines ständig wachsen den parlamentarischen Einflusses « un d auch aus Angst vor einem Parteiverbot gegen wirksame Kampfmaßnahmen ausgesproche n und damit den Willen der Mehrheit de r Parteimitglieder mißachtet . Da s gelte nicht erst für die Julikrise, i n der Parteivorstand un d Reichstagsfraktion de r SPD die kampfbereiten un d revolutionären Masse n von planmäßige n Aktione n gege n den Krieg abgehalte n hätten . E s seien dahe r keinesweg s di e Arbeiter gewesen , die der Parteiführung jene klassenfeindliche un d verräterische Politik aufge drängt hätten ; vielmeh r hab e die Führung au f eine Mobilisierung de r Anti kriegsbewegung bewuß t verzichte t un d damit di e Massen verraten . Hinz u komme, da ß führend e Sozialdemokrate n auc h währen d de s Kriege s zu m Teil offe n mi t de r Regierun g paktier t un d da s Proletariat de n imperialisti schen Kriegszielen geopfer t hätten 67. Insgesamt zeig t de r Verlauf der historiographischen Auseinandersetzun g über de n Kriegsausbruc h 1914 , besonder s abe r di e Kontrovers e u m da s Buch Kuczynskis , i n welc h hohe m Maß e di e Geschichtswissenschaf t de r DDR von der Politik vereinnahm t worde n ist . Ander s als die westdeutsche Geschichtswissenschaft blie b sie nicht »ihre r eigenen Erneuerungsfähigkei t überlassen«68, sonder n geriet von Anfang a n in Abhängigkeit vo n der SED, deren Herrschaft un d Politik si e zu legitimieren hatte. Dabe i konnte sie sich nicht mit einer Teilrevision des herkömmlichen Geschichtsbildes begnügen; vielmehr wa r sie gezwungen, ein e völlige Neuinterpretatio n de r deutsche n Geschichte z u leisten . Fü r di e Weltkriegshistorike r bedeutet e da s i n erste r Linie, da ß si e gemä ß Lenin s Imperialismustheori e de n »imperialistischen « Charakter de s Ersten Weltkriege s sichtbar z u machen hatten. Darübe r hin aus sollt e di e Geschichtswissenschaft di e Abgrenzungspoliti k de r SE D gegenüber de r Bundesrepubli k unterstütze n un d di e Notwendigkei t eine r marxistisch-leninistischen Parte i für den Aufbau de s Sozialismus herausstellen. Das geschah vor allem durch den Nachweis einer Kontinuität »imperia listischer« Politi k vo m wilhelminische n Deutschlan d bi s hin zur Bundesrepublik; gleichzeitig versucht e man, eine positive Traditionslinie in der deutschen Geschicht e aufzuzeigen , di e von de r sozialdemokratischen Linke n in den Jahren vor und während des Ersten Weltkrieges über die Geschichte der KPD bis hin zur SED reichte.
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IV. Die Neuorientierung de r Kriegsursachenforschung sei t 1961
1. Di e Fischer-Kontroverse Seit Begin n de r sechzige r Jahre vollzo g sic h i n eine r breitere n historisch politisch interessierte n Öffentlichkei t i n de r Bundesrepubli k Deutschlan d ein tiefgreifende r Bcwußtscinswandcl , de r einschneidend e Folge n fü r di e Wcltkricgsforschung habe n sollte. Allmählich setzte sich die Einsicht durch, daß di e Niederlage n de s Reiche s i n zwe i Weltkriege n sowi e di e Teilun g Deutschlands de n endgültige n Abschie d vo n eine r deutsche n Großmacht Stellung bedeuteten . I n dem Maße , i n de m die s innerlich akzeptier t wurd e und i n de m da s Denke n i n machtpolitische n Kategorie n zunehmen d au f Ablehnung stieß , wuch s di e Bereitschaft , da s bi s dahi n vorherrschend e »apologetische« Geschichtsbil d z u überprüfen . Da s hie ß vo r allem , di e Geschichtsschreibung vo n »Selbst - un d Machtrechtfertigun g z u befreien , das nationa l befangen e Urtei l realistische r un d objektive r z u machen« 1. Wenn sic h dies e »FormVerwandlun g unsere s historisch-politische n Den kens«2 besonder s frü h i n der historiographischen Auseinandersetzun g übe r den Erste n Weltkrie g ankündigte , is t da s vornehmlic h da s Verdiens t de s Hamburger Historiker s Frit z Fischer . E r ga b mi t seine n Untersuchunge n zur Kriegszielpoliti k de s kaiserliche n Deutschlan d entscheidende Impuls e zur nationalen Enttabuisierun g de r Weltkriegsforschung . Sein e durch um fangreiches Aktenmatcria l gestützt e These , da ß Deutschlan d ein e aktiv e Rolle in der Julikrise gespielt und seit Beginn des Weltkrieges ein umfassendes Kricgszielprogramm vertrete n habe, zwan g sein e westdeutschen Kolle gen ebens o zu r Überprüfun g ihre s Urteil s übe r di e jüngere deutsch e Ver gangenheit wi e sein e Schlußfolgerung , da ß e s eine Kontinuitätslini e impe rialistischer Politi k vo n der wilhelminischen Zei t über den Ersten bis hinein in den Zweiten Weltkrie g gegebe n habe 3. U m die Risikopolitik de s Reiches sowie di e i n seine n Auge n überzogene n Machtansprüch e de r damalige n militärischen un d zivile n Führungsschichte n angemesse n z u erklären , ver ließ e r überdies di e Bahne n de r herkömmlichen Diplomaticgeschicht c un d wandte sic h zunehmend de r Analys e der politischen Funktione n un d wirt schaftlichen Triebkräft e deutsche r Hcgemonialpoliti k zu 4. I n der durch di e Arbeiten Fischer s und seiner Schüler ausgelösten heftigen wi e außerordent 132 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
lieh polemische n Debatt e gabe n zunächs t sein e Gegne r de n To n an . Si e verteidigten da s überkommene Geschichtsbild , nac h dem Deutschland kei ne besonder e Verantwortun g fü r di e Katastrophe vo n 191 4 trage , un d versuchten, di e Stellungnahmen ihre s Kollegen al s politisch gefährlic h wi e wissenschaftlich unhaltba r z u diskreditieren 5. Einig e de r Kontrahente n rückten im Laufe der Zeit von ihrer starren Haltung ab und näherten sich der Auffassung Fischer s zumindest partiell an, indem sie das deutsche Vorgehen im Juli un d Augus t 191 4 al s »begrenzt e Offensiv e zu r Verbesserun g de r internationalen Positio n des in die Defensive und Isolierung geratenen Deutschen Reiches « interpretierten 6. Dami t gestande n auc h sie zu, da ß di e Entscheidungen de r politisc h Verantwortliche n i m Reic h 191 4 maßgeblic h durch Prävcntivkricgsübcrlegunge n un d deutsche s Machtkalkü l bestimm t worden seien, wenn nicht sogar durch den Anspruch, al s Großmacht zu den Weltmächten z u gehören ; Irrtüme r un d Illusione n i n de r deutsche n Ge schichte und Politik traten fortab deutlicher in das historische Bewußtsein 7. Bereits i n seine n erste n Veröffentlichunge n zu r Geschicht e de s Kriege s von 1914 , di e sich mi t de r Kricgszielpoliti k de s wilhelminischen Deutsch land beschäftigten, stellt e Fritz Fischer zentrale Thesen der Wcltkriegshistorie in Frage8. Zwar hatte die bisherige Forschung keineswegs geleugnet, da ß in weiten Teilen der deutschen Nation annexionistische und imperialistische Kriegszicle vertreten worde n waren, doc h führte ma n dies auf die Uninfor miertheit de r Öffentlichkeit übe r di e wirkliche politisch e Lage oder auf die Kriegsatmosphäre zurück . Gleichzeiti g bestan d ei n breiter Konsen s dar über, da ß die Haltung de r deutschen Rcichsleitun g i n der Kriegszicldiskus sion relativ gemäßig t gewese n sei . »Sowei t vo n Rcgicrungsseite annexioni stische Kriegsziel e verfochte n worde n waren , schiene n dies e entwede r durch di e Kriegssituatio n selbs t beding t un d zude m weitgehen d taktische r Natur gewese n z u sein, ode r ma n schrie b sie auf das Konto der Militärs.« 9 Dagegen versucht e Fische r nachzuweisen, da ß die Reichsregierung sei t Beginn de s Kriege s un d währen d seine r gesamte n Daue r ei n umfassende s Kricgszielprogramm besesse n habe . Zie l der deutschen Politi k seie n »Aus bau und Sicherung eine r deutschen Wcltmachtstellun g al s Ertrag des mit so ungeheuren Opfer n al s Verteidigungskrie g . . . begonnenen Weltkrieges « gewesen. I n den überseeische n un d de n Orientzicle n de s Reiches erblickt e Fischer di e konsequente Fortsetzun g de r seit 189 0 betriebenen imperialisti schen ›Wcltpolitik‹ . Zumindes t bi s 191 7 hätten nahezu alle politisch-gesellschaftlichen Gruppierunge n i m Deutschen Kaiserreic h diese Kricgszielpoli tik unterstützt. Ih r Spektrum habe vom alldeutschen Flügel der Konservativen bis hin zum rechten Flügel der Sozialdemokratie gereicht. Dabe i übersah Fischer keineswegs die Unterschiede in den Zielen der einzelnen Gruppen; es handele sic h be i diese n au s de r jeweilige n Intcressenlag c resultierende n Nuancen abe r lediglic h u m verschiedenartig e Akzent e i n de r Propaganda , der Taktik un d der Methode, mi t dene n sie die von allen angestrebt e deut sche Wcltmachtstellun g z u erreiche n gesuch t hätten . Al s politische Expo 133 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
ncntcn de r Kricgsziclpoliti k galte n Fische r di e zivile Reichsleitung , beson ders der Reichskanzler und das Auswärtige Amt 10, Es war Hans Herzfeld, de r Fischer auf die politische Brisanz seiner Thesen aufmerksam gemach t hat . Fü r Herzfel d dokumentierte n di e vo n seine m Hamburger Kollege n veröffentlichte n Kriegsziclplanunge n de r deutsche n Zentralbehörden »ein e i m ganze n erschütternd e Illusio n durc h unrealisti sche Überschätzung der deutschen Macht«: »Di e von Fischer betonte Kontinuität de r Kriegsziclprogramm e beruht e . . . be i alle n diese n Strömunge n der deutschen Politik auf einer nicht zu übersehenden sehr realen Kontinuität des Irrtum s i n de r Beurteilun g de r Lag e un d de r Möglichkeite n Deutsch lands.« 11 Wi e Fische r zugestand , hatt e Herzfel d dami t eine s de r zentrale n Probleme der deutschen Politi k seit 1914 und darüber hinaus seit Beginn der wilhelminischen Machtpoliti k herausgearbeitet. I n der Tat gehöre die Überschätzung de r eigenen un d die Unterschätzung de r Macht der übrigen Wel t durch di e überwiegend e Mehrzah l de r Deutsche n wi e ihre r politische n Führung z u den prägenden Elemente n de r jüngeren deutsche n Vergangen heit12. Di e »Kontinuitä t de s Irrtums« un d dere n politisch-gesellschaftlich e Wurzeln aufzuzeigen, wa r das Ziel aller weiteren Arbeiten Fischers und zum Teil auch seiner Schüler. Dabe i verlagerten sie ihr Interesse zunehmend von der deutschen Politik i m Ersten Weltkrieg auf die Vor- und Entstehungsgeschichte jenes Krieges. In seinem l% l veröffentlichte n Buc h »Grif f nach de r Weltmacht « kon zentrierte sich Fischer noch weitgehend auf die Darstellung und Analyse der Kriegszielplanung de s Deutschen Kaiserreiches . Dabe i wollte er bestimmte Ziele und Denkweise n sichtba r machen , welch e die deutschen Politike r i m Ersten Weltkrie g gepräg t hätte n un d auch danach noc h wirksa m gebliebe n seien. Insofer n weis e sein e Untersuchun g übe r sic h hinau s un d stell e einen Beitrag z u de r Diskussio n übe r di e Kontinuitätsproblemati k dar 13. Hatt e Fischer in seinen bishe r erschienenen Aufsätze n vornehmlic h di e deutschen Kriegsziele im Osten beleuchtet, behandelt e er nunmehr die Gesamtheit der deutschen Kriegszielplanung . Da s Ergebnis seiner Untersuchungen lautete , daß die deutsche Reichsleitung fü r den Fall eines Siegfriedens vo m Septem ber 191 4 bis zum Septembe r 191 8 ein »Maximalprogramm « bereitgehalte n habe, desse n Durchsetzun g au f de m Kontinen t »ei n abgestufte s Syste m politischer und wirtschaftlicher Herrschaf t i n direkter und indirekter Form« durch Deutschlan d bedeute t hätte. Übe r beschränkt e Annexione n a n de n Grenzen de s Reiche s i m Oste n un d Weste n hinau s hab e ma n ei n unte r deutscher Führung stehendes , als wirtschaftliche Einhei t gedachtes »Mittel europa« angestrebt . Gleichzeiti g se i di e Ausdehnun g de s wirtschaftliche n Einflusses de s Deutsche n Reiche s au f weite r entfernt e Gebiet e un d di e Errichtung einige r Deutschlan d vorgelagerte r Pufferstaate n geplan t gewe sen. Dieses Imperium Gcrmanicum sollte beispielsweise im Westen Belgien, Luxemburg un d di e Erzgrube n vo n Longwy-Bric y mi t Deutschlan d ver binden. I m Osten hab e ma n eine n »polnische n Grenzstreifen « annektiere n 134 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
und das übrige Pole n an das Reich binden wollen . Überdie s sei vorgesehen gewesen, Belgien , Finnland , Rußlan d und die Ukraine sowie - obwoh l erst in de r zweite n Hälft e de s Kriege s - da s gesamt e Baltiku m bi s hi n nac h Estland al s Pufferstaaten de m deutsche n Einflußbereic h zuzuschlagen . Di e überseeischen Kriegsziel e Deutschlands seien die Bildung eines mittelafrika nischen Kolonialreiches, das vom Sambesi bis zum Tschadsee reichen sollte, sowie die Hcrauslösung Ägypten s un d des Sudans aus dem Britischen Em pire gewesen, um so eine Verbindung zum Osmanischen Reich herzustellen. Auch hab e ma n i m Mittelmce r wi e a n de r afrikanische n Atlantikküst e zahlreiche deutsche Flottenstützpunkte zu dem Zweck errichten wollen, di e englische Seemach t z u kontrolliere n un d de n Zugan g z u Mittclafrik a z u garantieren14. Di e politisc h Verantwortliche n i m Kaiserreic h ware n nac h Fischer selbs t i m Fall e eines nu r partielle n militärische n Erfolge s bestrebt , die Kernstück e ihre s Kriegszielprogrammc s durchzusetzen . Wen n si e sich unter Umstände n z u eine r Reduzierun g ode r formale n Modifizierun g de s Umfangs de r Forderunge n bereitgefunde n hätten , s o doc h keinesfall s z u einer Rückkeh r zu m Status quo antc. E s sei jedoch zweifelhaft, ga b Fischer zu bedenken, o b Europa und die Welt »ei n so geartetes Imperium, da s noch dazu in politischen Formen der vorindustriellcn, ja, vorbürgerliche n Gesell schaft lebt e und diese n Herrschaftsanspruc h auc h mi t Mach t z u verbreite n suchte, au f lange Zeit ertragen hätte« 15. Nich t zuletzt darin kam für Fischer die Realitätsblindheit de r deutschen Politi k während des Ersten Weltkrieges zum Ausdruck, di e nach seiner Auffassung auc h die deutschen Rcvisionsbcmühungen de r Zwischenkriegszei t maßgeblic h gepräg t hatte . Die s gelt e besonders fü r di e Ostpoliti k Stresemann s i n de r Stabilisierungsphas e de r Weimarer Republik : »I n der Periode des wirtschaftlichen Aufstieg s und der diplomatischen Rehabilitierun g de r Weimare r Republi k zeigt e di e Revi sionspolitik Stresemanns , gesehe n au s de r Perspektiv e de r deutsche n Kriegsziele, . . . wi e star k di e Überschätzun g de r deutsche n Fähigkeiten , den Osten beherrschen zu können, weiterlebte.« 16 Um di e deutsche Politik i m Erste n Weltkrieg nich t aus dem Zusammenhang herauszulösen , stellt e Fische r seine r Studi e zwe i einleitend e Kapite l voran, in denen er die gesellschaftspolitische Entwicklun g Deutschland s seit den neunzige r Jahren de s vorigen Jahrhunderts großlini g analysiert e sowi e die Roll e de s Reiche s i n der Julikrisc 191 4 behandelte. Di e Kenntnis diese r wirtschaftlichen, soziale n und politischen Strukture n un d Prozesse erschien ihm unerläßlich , wei l nu r so das »Geflech t vo n Kräften « deutlic h werde, in dem di e einzelne n Entscheidungsträge r de r deutsche n Politi k gehandel t hätten17. Zu diesen die deutsche Vorkriegspolitik bestimmenden Elemente n gehörten da s Sclbstverständnis , ein e »junge« , i m Aufstie g un d im Wachs tum begriffene Natio n zu sein, sowi e der damit eng verbundene Anspruch , eine England gleichberechtigte Weltmacht werden zu wollen. Diese »Diplomatie der Weltpolitik« se i auf der wirtschaftlichen un d industriellen Expan sion Deutschland s gegründe t gewese n un d habe »da s letzte Ziel: die Macht 135 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
erweiterung Deutschland s unbeirrt« verfolgt 18. Dami t habe nicht zuletzt die deutsche Weltpolitik zu r außerordentlichen Verschärfun g de r internationalen Spannunge n beigetragen . I m Ergebni s se i eine Situatio n entstanden , i n der sich - wi e 191 4 geschehen -jeder lokal e europäische Krieg , i n den eine Großmacht verstrick t war , zu m allgemeine n Krie g hab e entwickeln müs sen. Ausgehend von dieser These, mi t der Fischer die Forschungsergebnisse Luigi Albcrtini s un d Bcrnadott e E . Schmitt s aufgriff, sprac h er dem Deut schen Reic h »eine n erhebliche n Tei l de r historische n Verantwortung « fü r die Wcltkatastroph c vo n 191 4 zu: Deutschland hab e den Krieg Österreich s gegen Serbie n gewünsch t un d gedeck t sowi e eine n Konflik t mi t Rußlan d und Frankreich bewußt in Kauf genommen. Auc h die verspäteten Versuch e der Reichsleitung, de n Ausbruch de s großen Kriege s doch noch zu verhindern, verringerte n dies e Schul d nicht , zuma l si e nu r halbherzi g gewese n seien19. Fischer hat sein Urtei l übe r die Rolle Deutschlands in der Vorgeschicht e des Erste n Weltkriege s mehrmal s modifizier t un d verschärft . Ein e erst e Zäsur bildete der Berliner Historikertag vo n 1964 . Fischer schrieb der deutschen Reichslcitun g nunmeh r »de n wesentliche n Antei l a n der Auslösung « der Kriegskatastrophe zu. Die Politik der Rcichsführung i m Juli und August 1914 stellte sich ihm jetzt al s der Versuch dar, di e Chance von Sarajew o zu nutzen, um den als unvermeidlich angeschenen Konflikt zwischen Dreibund und Triple-Entcnt c z u eine m fü r Deutschlan d militärisc h günstige n Zeit punkt z u provozieren 20. Noc h einen Schrit t weite r gin g Fische r i n seine m 1965 veröffentlichten Artike l »Vo m Zaun gebrochen-nicht hineingeschlit tert«. Dor t stellte er fest: »Deutschlan d hat im Juli 191 4 nicht nur das Risiko eines eventuel l übe r de n österreichisch-serbische n Krie g ausbrechende n großen Kriege s bejaht , sonder n di e deutsch e Reichsleitun g ha t diese n großen Krie g gewollt , dementsprechen d vorbereite t un d herbeigeführt. « Als Motiv e fü r diese s Vorgehe n nannt e Fische r nebe n de r sic h zusehend s verschlechternden außenpolitischen Lag e und der sich vergrößernden Unfä higkeit des Reiches, seine expansiven wirtschaftlichen, politische n und militärischen Ziel e mi t de m Mitte l de r bloße n Kriegsdrohun g durchzusetzen , auch di e sic h verschärfend e innenpolitisch e Situation . Mi t eine m »Durch bruch nac h vorn « sollt e i n diese m Hcgcmonialkric g Deutschland s Welt machtstellung erreich t und das »konservative antiparlamcntarisch e un d antidemokratische System « konservier t werden . I n den Auge n Fischer s wa r der Krieg vo n 191 4 nicht nur militärisch - durc h die Heeresverstärkung i m Jahre 1913- , sonder n auc h geistig , politisch-diplomatisc h un d wirtschaft lich gezielt vorbereitet worden 21. Diese Thes e ha t Fische r i n seine m zweite n große n Werk , de m 196 9 erschienenen Buc h »Krie g de r Illusionen«, wcitcrentwickcl t un d präzisiert ; gleichzeitig unternah m er den Versuch, in Anlehnung an die ImperialismusStudien Kehr s un d Hallgarten s systematisc h di e innenpolitische n Hinter gründe de r deutschen Expansionspolitik , dere n wirtschaftliche Triebkräft e 136 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
und politische Funktione n z u analysieren. Dabe i gelangte er zu dem Ergebnis, das Reich habe im Zuge seines Weltmachtstrebcns den Krieg planmäßi g vorbereitet un d i m Juli 191 4 bewuß t entfesselt . Di e diplomatische n Ent scheidungen de r Rcichslcitung be i Kriegsausbruch wi e die Kriegszielpolitik in de n Jahren 191 4 bis 191 8 erschienen ih m jetzt al s bloße Konsequenz der langfristigen Kriegsplanun g de s wilhelminische n Deutschland . Zu r Stüt zung dieser Interpretation verwie s Fische r auf den sogenannten »Kriegsrat « vom Dezembe r 1912 , desse n Existenz und Politi k e r aus den Aufzeichnun gen Admira l Müller s rekonstruierte . Danac h hab e de r zusehends nervöser handelnde deutsch e Kaise r ohn e Wisse n de s Reichskanzler s i m Jahre 191 2 eine Besprechun g mi t de n Militär s einberufen . Anla ß se i ein e Warnun g Englands au f de m Höhepunk t de r Balkankris e gewesen , da ß e s i m Fall e eines europäischen Kriege s nicht neutral bleiben werde . I m »Kriegsrat« , i n dem di e Möglichkei t ode r soga r Wahrscheinlichkei t eine s europäische n Krieges erörtert worden sei , habe man die konkrete Planung und die militärische, wirtschaftliche, politisch e und psychische Vorbereitung eines Eroberungskrieges zu r Erlangun g de r »Weltherrschaft « beschlossen 22. Di e i n diesen Beschlüssen zum Ausdruck kommende außerordentliche Aggressivi tät des deutschen Imperialismus erklärte Fischer erstens damit, da ß Deutschland, vergliche n mi t de n übrigen Industrienationen , ers t verspäte t Zugan g zu dem Kreis der Großmächte erhalten habe, und das zu einem Zeitpunkt, zu dem die Welt bereits weitgehend aufgeteilt gewese n sei. Zweitens verwies er auf die Neigung der Machtelitcn des Deutschen Kaiserreiches, durch außenpolitische Aktionen von den innergesellschaftlichen Konflikte n abzulenken , um au f diese Weis e ihre Herrschaf t z u stabilisieren: »Ein e zupackende aus wärtige Politi k sollt e den gefährdeten gesellschaftliche n Statu s quo zementieren helfen . Großindustri e un d Junkertum, mi t de r vo n konservative m Geist erfüllten Arme e und der Staatsbürokratie ideologisch und gesellschaftlich-personell verzahnt , wurde n di e spezifischen un d verläßlichsten Träge r einer ›Staats-Idee‹ , di e Weitpoliti k un d national e Machtpoliti k al s Mitte l betrachtete, di e soziale n Spannunge n i m Innere n durc h di e Stoßrichtun g gegen außen zu entschärfen.« 23 In dem Maße, i n dem Fischer verstärkt sozial- und wirtschaftsgcschichtli chc Gesichtspunkt e zu r Erklärun g politische r Vorgänge , Ereigniss e un d Handlungen heranzog, stellt e sich ihm die Frage nach der Kontinuität in der deutschen Geschicht e vo m Erste n zu m Zweiten Weltkrie g un d daher auch nach de m Scheiter n deutsche r Großmacht - un d Wcltpoliti k neu : Übe r di e Analyse de r Zielsetzungen deutsche r Politi k hinau s galt es, die innenpolitischen Hintergründ e de r »Kontinuitä t de s Irrtums « i n de r deutsche n Ge schichte z u erhellen. I n der Tat ha t sich Fische r i n seinen neuere n Arbeite n darum bemüht, möglich e Kontinuitätslinicn herauszuarbeiten 24. Au s seiner Sicht handelt e e s sich erstens um eine Kontinuität de r Machtelitcn i n Wirt schaft, Gesellschaft , Politi k un d Militär vo m Kaiserreich bis zum National sozialismus. Dessen Aufstieg und die zweimalige Entfesselung eines Krieges 137 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
durch Deutschlan d seie n nich t möglic h gewese n ohn e »da s Bündni s zwi schen de m au s de m Kleinbürgertu m aufgestiegene n ›Führer ‹ . . . un d den traditionellen agrarische n un d industriellen Machteliten , di e zugleich i n der Wehrmacht un d in der Diplomatie dominierten« 25. Zweiten s stellte Fischer eine Kontinuität i n den Zielsetzungen deutsche r Großmachtpoliti k heraus , die i m Kaiserreic h entstande n seien , sic h währen d de s Weltkriege s sowi e latent i n de r Weimare r Zei t behaupte t un d schließlic h i m »Dritte n Reich « eine Übersteigerun g erfahre n hätten . Di e Unterschied e zwische n de r Kricgszielpolitik de s Reiches im Ersten und im Zweiten Weltkrieg waren für Fischer nur gradueller Art. Ih r durchgängiges Merkma l sei jene Kontinuität des »Illusionären«, da s die Machtcliten Deutschland s zweimal dazu verführ t habe, »de m Wandel der Gesellschaft i m Industriezeitalter zu entgehen durch Behauptung ihre r privilegierte n soziale n Stellun g i m Inneren , notfall s auc h durch kriegerisch e Expansio n nac h außen« 26. Unte r diese m Blickwinke l erschien da s Scheitern deutsche r Großmachtpoliti k al s Folge der antiquier ten innenpolitischen Struktu r un d de s wandlungsunfáhigcn Herrschaftssy stems des Reiches. Einige Beobachte r de r Kontrovers e äußerte n di e Vermutung , Fischer s historisch-politischem Denke n lieg e ei n gesinnungsethische r Moralismu s beziehungsweise ein missionarisches Elemen t zugrunde. E r habe als ehemaliger Theologe »zu r Katharsis, zu r Reinigung de s öffentlichen Bewußtsein s im Lande der NS-Verbrechen aktiv-rigoro s beitragen« wollen 27; Ziel seines Engagements se i di e Distanzicrung de r Deutsche n vo n eine m Irrwe g ihre r Geschichte gewesen 28. Di e Anhänge r diese r Interpretatio n könne n mi t Recht auf die Schärfe und die stark moralische Färbung der Kritik Fischers an der wilhelminischen Außenpoliti k sowi e auf die wachsende Radikalisierun g seiner Thesen verweisen. I n der Tat ging de r Hamburger Historike r bei der Verurteilung de r deutschen Vorkriegs-und Kriegspoliti k »bi s zu dem Punkt der Negierung jeglicher Machtpoliti k überhaupt « un d er verwandelte dabei, »orientiert a m Maßsta b de s territoriale n Statu s qu o ant e un d de r uneinge schränkten Abdikatio n alle r Machtstaatsideale , di e Geschichte de r spätwil helminischcn Zei t geradez u i n ein Trümmerfeld«: »nirgends , s o scheint es, vernünftige Einsicht , überal l ei n utopischer, all e Maße sprengender Natio nalismus imperialistische r Spielart , bisweile n soga r mi t Einschläge n völki schen Denkens.« 29 Gewi ß folgt e Fische r be i seine r Interpretatio n eine m moralisch-gcsinnungscthischen Impuls ; dennoc h dürfte n sein e z u Begin n der sechziger Jahre veröffentlichte n These n hauptsächlic h »unte r de m Eindruck de r Quellenlektüre « entstande n sein 30. Al s sic h Fische r Mitt e de r fünfziger Jahr e - angereg t vo n de n Arbeite n Dehio s übe r da s Hegemonie problem i n de r neuere n Geschicht e - entschloß , di e Kricgszielpoliti k de s Deutschen Reiche s i m Erste n Weltkrie g z u erforschen , wollt e e r i n erste r Linie eine Forschungslückc schließen . I m Unterschied zur Zwischenkriegszeit, i n der die Weltkriegsforschung aufgrun d de r Versaillcr Schuldanklag e von politischen Rücksichtnahme n bestimm t gewese n sei , hiel t er nunmehr 138 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
eine ruhige und sachliche Diskussion für möglich: »Heute, nach der Distanz, die der Zweit e Weltkrie g schuf , un d bei den völlig veränderte n politische n Verhältnissen, is t e s Geschichte un d kan n Gegenstan d objektive r Betrach tung sein.« 31 Voraussetzun g fü r ein e solche »objektive « Untersuchun g hi storischen Geschehen s wa r jedoch nac h Fische r ein e möglichs t groß e Di stanz des Historikers sowohl z u den politischen un d moralischen Überzeu gungen seine r Zei t un d Umgebun g al s auc h gegenübe r seine m eigene n politisch-gesellschaftlichen Standor t un d seine r persönliche n Meinung 32. Solche un d ähnlich e Überlegunge n Fischer s bestätige n ehe r di e These Ar nold Sywotteks, da ß das Wissenschaftsverständnis de s Hamburger Histori kers »a n Kategorie n bürgerliche n Denken s wi e de r Wertfreihei t rationale r Analyse un d der Arbeitsteilung zwische n Politi k un d Wissenschaft« ausge richtet gewese n sei 33. Au s Stilanalyse n zo g Adol f Gassc r überdie s de n Schluß, e s handele sic h be i Fische r um einen Rankeane r un d einen Histori ker, desse n Werk e streng deskripti v a m Stoff orientiert seien 34. Ers t relativ spät gab Fischer seine politische Zurückhaltung au f und äußerte sich über die politisch-gesellschaftlichen Konsequenzen , di e aus seinen Untersuchunge n gezogen werde n könnten . I n eine r Stellungnahm e anläßlic h de r Berline r Preußcnausstcllung i m Jahre 198 1 forderte er seine Landslcutc auf, sic h von den aus seiner Sicht verhängnisvollen Traditione n preußisch-deutsche r Ge schichte z u distanzieren : Di e Bundesrepubli k Deutschlan d dürf e fü r ihr e Staatsgesinnung nich t auf die obrigkeits- und militärstaatlichen Traditione n Preußens zurückgreifen; si e müsse vielmehr ihre eigenen Leitbilder entwik keln35. Da ß di e westdeutsch e Gesellschaf t diese n We g seine r Auffassun g nach mi t Erfol g beschrifte n habe , stellt e Fischer in seinem jüngsten Beitra g zur Kontinuitätsproblemati k fest : »Auc h wen n e s restaurativ e Element e gegeben hat . s o überwieg t doc h da s Neu e be i weitem . Ein e 80jährig e isolierte Entwicklun g is t überwunde n un d führt e i n de r Bundesrepubli k auch z u einem entspannten , normalisierte n Verhältni s zur übrigen Wel t im Sinne einer realitätsbezogenen Zusammenarbeit mi t allen Nachbarn und der überseeischen Wel t . . . S o ha t sic h i n 3 0 Jahren ein e neu e Kontinuitä t gebildet, vo n der wir hoffen wollen , da ß sie sich festigt und fortsetzt auch in kommenden politisc h und wirtschaftlich schwierige n Zeiten.« 36 Unterstützung erhiel t Fische r vo r alle m vo n seine n Schülern . A n erste r Stelle wird ma n dabei Imanuc l Geiss nennen müssen . Da s außerordentliche Engagement, mi t de m e r fü r seine n Lehre r Parte i nahm , erklär t sic h nich t zuletzt au s de m hohe n politische n Stellenwert , de n e r de r historiographi schen Kriegsursachenforschun g zusprach . Fü r Geis s bestand ein e de r vor dringlichsten Aufgabe n de s Historikers i m Atomzcitalte r darin , vermittel s der Analys e der Ursache n beide r Weltkriege Weg e zur Verhinderung eine r dritten Wcltkatastrophe aufzuzeigen. Di e politische Bedeutung der Arbeiten Fischers lag aus seiner Sicht in dem Nachweis, daß sowohl der Erste als auch der Zweit e Weltkrie g ein e Folg e deutsche n Hcgcmonialstrebcn s gewese n seien. Au s diese r Erkenntni s müss e i n der Gegenwar t de r Schlu ß gezoge n 139 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
werden, da ß de r Fried e i n Europ a nu r dan n erhalte n bleibe , wen n di e deutsche Politi k au f di e Realisierun g alle r übe r de n Statu s qu o hinausrei chenden politische n Ziel e verzichte . Die s bedeutete Geis s zufolge, de r eindeutig für die Ostpolitik der Regierung Brandt/Schee l eintrat, i n erster Linie eine Absage a n di e Idee n der Wiedervereinigun g eine s politisch mächtige n Deutschland. Den n di e neuer e deutsche Geschicht e hab e gezeigt , da ß sich »auf deutschem Bode n staatliche Macht und nationale Einheit offensichtlic h nicht vereinigen« ließen . Politisch denkbar und durchsetzbar seien entweder eine »Wiedervereinigung ohn e Macht« ode r »Macht für einen Teil Deutschlands . . . und permanent e Spaltung« . Jeder Versuc h vo n deutsche r Seite, Großmachtpolitik z u betreiben , müss e unweigerlic h i n eine n dritte n vo n Deutschland ausgehenden Krie g hineinführen 37. Vor de m Hintergrun d diese r politische n Überzeugunge n müsse n di e Stellungnahmen von Geiss in der Fischer-Debatte gesehen werden. Scho n in seiner 196 0 erschienenen Dissertatio n ergrif f e r vehement Parte i fü r seine n Lehrer, inde m e r desse n These n zu r deutsche n Kricgszielpoliti k i n eine m zentralen Punk t z u untermauern versuchte . Geis s zeichnete di e sehr detail lierten un d konkreten Plän e der Reichsleitung nach , entlan g de r Ostgrenz e Deutschlands eine n ausreichend breite n Streife n Polen s zu annektieren un d anschließend z u germanisieren. E s sei geplant gewesen , eine n Teil de r dort lebenden Jude n un d Pole n z u vertreibe n un d durc h deutsch e Siedle r z u ersetzen. Dies e Pläne , di e Geis s zufolg e »feste r Bestandtei l de r amtliche n Kncgsziclc Preußen-Deutschlands « waren , ordnet e er in eine Kontinuitätslinie deutscher Politi k vo n Bismarc k bi s hin zu den Nationalsozialisten ein . Spätestens sei t de r Bismarcksche n Ostmarkenpoliti k hab e da s Deutsch e Reich eine antipolnische Politi k betrieben , dere n Ziel die Nicderhaltung de s polnischen Staate s beziehungsweis e sein e Schwächun g gewese n seien . Da s nationalsozialistische Deutschlan d schließlic h hab e »di e Ostraumideologi e und den Gedanken einer deutschen Expansion in den östlichen ›Lebensraum ‹ Deutschlands au s de r Zei t de s Erste n Weltkrieg s konsequent , har t un d rücksichtslos wiede r aufgenommen« . Dabe i leugnet e Geis s jedoch nicht , daß e s Unterschied e zwische n de r nationalsozialistische n un d de r wil helminischen Außenpoliti k eeeebe n habe 38. Über die zahlreichen Aufsätz e und Buchpublikationen hinaus , mi t denen sich Geis s danac h i n di e Diskussio n eingeschalte t hat 39, is t de r Fischer Schüler nich t zuletz t al s Herausgebe r wichtige r Quellensammlungc n be kannt geworden. Dami t wollteer sowohl zur »Versachlichung« de r Auseinandersetzung u m da s Buch »Grif f nach de r Weltmacht « beitrage n al s auch einem breiteren Leserkreis die Möglichkeit geben, sich anhand des primären Quellcnmaterials ei n sachkundige s Urtei l übe r di e Entstehun g de s Erste n Weltkrieges z u bilden. Dies e Publikationen legte n abe r durc h di e Auswah l der Dokumente sowie durch Kommentare, Einleitunge n und Nachwort die von Fische r erarbeitete Deutun g de r Julikrise nahe 40. Darübe r hinau s grif f Geiss in die Debatte über das Tagebuch Kur t Riezlers ein, de s Beraters von 140 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Bcthmann Hollweg , I m Gegenzu g besonder s gege n Kar l Dietric h Erd mann, de r di e Aufzeichnunge n Riezlcr s herausgegebe n un d i m Sinn e de r von ih m vertretene n Präventivkricgsthcs c interpretier t hatte , versucht e Geiss nachzuweisen, da ß diese Quelle »di e Fischer-These vom hegemonia len Charakte r de r deutsche n Kricgszicl c i m Erste n Weltkrieg « ebens o ein drucksvoll bestätig e wie die, »da ß die Rcichslcitung imjul i 191 4 den Kontinentalkrieg bewuß t riskierte in der Hoffnung au f politischen Gewinn« 41. Rückendeckung erhiel t Fischer zudem von dem jungen englischen Historiker John C . G . Röhl un d dem Schweize r Adol f Gasser 42. Röh l veröffent lichte umfangreiche s Qucllcnmaterial , da s di e Fischer-Thes e untermauer n sollte. Insbesonder e bemühte e r sich , di e Authentizitä t de s »Kriegsrates « vom 8. Dezembe r 191 2 nachzuweisen 43. E r teilte mit Fische r die Überzeugung, da ß damals die Entscheidung für die Auslösung eines Krieges gefallen sei. Vo n diesem Zeitpunkt an habe das Reich den Krieg in militärischer und finanzieller Hinsich t vorbereitet, un d dies im vollen Bewußtsein alle r damit verbundenen Konsequenzen . Ei n solches Vorgehen erscheine dem heutigen Betrachter zwa r unvorstellbar , doc h seie n de n »damalige n Machtha bern . . . solch e Gedankengäng e durchau s vertraut « gewesen 44. Di e 196 9 von Röh l publizierte n Quelle n zu m »Kriegsrat « nah m Gassc r zu m Anlaß , seine früher geäußert e Auffassung, da ß sich die deutsche Heeresleitung sei t dem Frühjah r 191 3 darauf vorbereitet habe , spätesten s 191 5 einen Krie g zu beginnen, z u modifizieren 45. Bereit s 1912 , argumentiert e e r jetzt, hab e das Reich da s au f de m »Kriegsrat « beschlossen e »Program m . . . zielbewuß t verfolgt un d tristgerecht durchgeführt, Zu g u m Zug, ohn e alle Quertreibereien und , w o imme r nötig , unte r aktive r Mitwirkun g vo n Reichskanzle i und Auswärtige m Amt« . Zie l de r deutsche n Politi k wa r nac h Gassc r di e Hegemonie übe r de n Kontinent . Überdie s ho b e r i n eine m Aufsat z di e außerordentliche Bedeutun g de r militärischen Führun g hervor, di e letztlich seit 191 2 die Geschicke des Reiches bestimmt habe . De r Große Generalstab sei zur eigentlichen Führun g des Reiches aufgestiegen, währen d der »Zivil kanzler« nu r mehr die Funktion gehabt habe, »di e von den Militärs beschlossenen Weltaktionen diplomatisc h abzustützen« 46. Fritz Fische r hatt e mi t seine n Arbeite n zu r Kricgsziclpoliti k de s wil helminischen Reiche s den Anstoß fü r eine erneute Auseinandersetzung mi t der Vorgeschichte und Geschichte des Ersten Weltkriege s gegeben; zumindest bis 1964 wurde diese überaus hitzige Debattejedoch von seinen Kontrahenten bestimmt . Ihne n is t es vor alle m zuzuschreiben , da ß sich de r Strei t um da s Buc h »Grif f nac h de r Weltmacht « z u einer »zwcitc(n ) dcutschc(n ) Kricgsschulddiskussion« entwickelte , di e a n Intensitä t un d Leidenschaft lichkeit durchau s mi t de r Schulddebatt e de r Zwischenkriegszeit vergleich bar ist 47. Di e Heftigkeit, mi t der sie die Thesen Fischer s und seiner Schüle r bekämpften beziehungsweis e da s traditional c »apologetische « Geschichts bild verteidigten, wir d ma n sowohl au s ihrer Fixierun g au f die Geschichtsauffassung de s Historismus mit seiner individualisierenden Verstchcnslehr c 141 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
als auch aus ihrer Orientierung a n einem zutiefst konservativen un d national akzentuierten Denk - un d Wertesyste m erkläre n können . Darübe r hinau s muß di e Diskussio n übe r Fischer s Untersuchunge n unte r de m Gesichts punkt de r »politisc h relevante n öffentliche n Meinungsbildun g i m Vorfel d oder Gefolge international verbindliche r Vereinbarunge n ode r international wirksamer Entscheidungen « betrachte t werden 48. Anhänger n un d Gegnern des Hamburger Historiker s diente der Hinweis auf die deutsche Geschichte vor un d währen d de s Erste n Weltkriege s al s »politische s Argument « zu r Unterstützung ode r Ablehnung eine r außenpolitischen Neuorientierun g i n der Gegenwart . Di e Fischer-Debatt e markier t dahe r ein e »Nahtstelle « de s sich wandelnden politisch-historische n Bewußtsein s in der Bundesrepubli k Deutschland, a n de r »christdemokratisch e Axiom e deutsche r Innen - un d Außenpolitik durc h soziallibcralc abgelöst wurden« 49 . Fischers Buc h »Grif f nach der Weltmacht« zo g scho n rasc h nac h seinem Erscheinen di e Aufmerksamkei t nich t nu r vo n Historikern , sonder n auc h von Publizisten un d Politiker n au f sich. Di e ersten i n Tages- und Wochcn zeitungen veröffentlichte n Besprechunge n nahme n di e Arbei t mi t Wohl wollen auf; teilweis e wurde sie sogar enthusiastisch begrüßt. Dabe i läßt sich nicht übersehen , da ß di e Rezensente n de n Forschungsergebnisse n Fischer s zunächst »einigermaße n hilflo s gegenüberstanden ) un d sic h dami t meh r oder wenige r zustimmen d abfand(en)« 50. Positi v herausgestell t wurde n besonders di e außerordentlich e Materialfull c de r Untersuchun g un d di e Vorurteilslosigkeit, mi t de r Fische r di e Quellen aufbereite t un d de m Lese r dargeboten habe . Einig e Autore n wiese n i n ihre n Stellungnahme n seh r allgemein daraufhin, da ß Fischers Buch historisch-politische Tabus berühre und dahe r eine n heftige n Meinungsstrei t auslöse n werde . Nu r wenige , zumeist jüngere Historike r un d Publizisten , erfaßte n z u diese m Zeitpunk t bereits de n politische n Stellenwer t de s Werkes . Währen d sic h Karl-Hein z Janßcn au f de n 1 linweis beschränkte , Fischer s Untersuchun g beraub e di e deutschen Außenpolitike r un d Vertriebenenfunktionärc einige r ihrer wich tigsten Argumente 51, empfah l Hors t Lademache r si e jedem Politike r al s unerläßliches Handbuch . I n seine n Auge n mußt e »dies e sin e ir a e t Studi o geschriebene Arbei t Fischer s angesichts der Ergebnisse des Jahres 1945 « fü r den Politike r de r Gegenwar t »i m besondere n Maß e Mahnun g sein« : »Da s gilt vo r alle m fü r di e Ostpoliti k . . . Da s Jahr 194 5 war da s Ergebni s de r Politik eine s konsequente n Mißverhältnisse s zwische n Deutschlan d un d Rußland. Hie r is t di e Aufgab e gestell t un d di e Pflich t auferlegt . Wen n irgendwo di e Historie unterweisen kann , dan n ist es hier gewiß der Fall.« 52 Ähnlich wi e Lademache r betont e de r Journalist Helmu t Lindemann , da ß Fischers »au s patriotische r Sorge « geschriebene s Buc h fü r di e Deutsche n Aufforderung sei n müsse , di e Konsequenze n au s eine r verhängnisvolle n Vergangenheit z u ziehen . Lindeman n zufolg e verdeutlicht e Fische r ein drucksvoll die Folgen einer Politik der Stärke, wie sie auch von den politisch Verantwortlichen i n de r Bundesrepubli k Deutschlan d betürworte t werde : 142 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Eine Politik , di e ihr e eigene n Möglichkeite n überschätze , führ e stet s »z u Ungeduld, Größenwah n un d Maßlosigkeit« . Diese s »Erbübe l deutsche r Politiker« z u überwinden , se i ein e de r zentrale n Gegenwartsaufgaben , z u deren Bewußtmachun g un d dami t auc h Bewältigun g Fische r beitrage n könne53. Gewiß habe n nicht zuletzt solche Äußerungen einig e CDU-CSU-Politi ker veranlaßt, i n die Kontroverse um das Buch »Grif f nach der Weltmacht« einzugreifen. Ma n ga b z u bedenken, da ß Fischer s Interpretatio n de r deut schen Geschicht e de m Ansehe n de r Bundesrepubli k Deutschlan d i m Aus land schade und damit die deutsche Außenpolitik i n einer ohnehin außeror dentlich schwierigen internationalen Situation belaste. Diese Befürchtungen bestimmten besonder s das Engagement vo n Fran z Josef Strauß. Ohn e sich direkt auf Fischer zu beziehen, forder t er 1965 die Bundesregierung auf , mi t allen ih r zu r Verfügung stehende n Mittel n gege n derartig e »Verzerrunge n der deutsche n Geschicht e un d de s Deutschlandbildes vo n heute « vorzuge hen. Indem sie vor allem im Ausland das »Bild eines militaristischen, aggres siven, kriegslüsterne n un d rcvanchesüchtigc n Deutschland « glaubhaf t ma chen wollten, stünden derartige Darstellungen der deutschen Vergangenheit bewußt im Dienst der »Auflösung de r westlichen Gemeinschaft« 54. Da ß die damalige Bundesregierung di e Sorgen des CSU-Politikers teilte, läßt sich an der Weigerun g de s Auswärtigen Amte s ablesen , Gelde r fü r ein e Vortragsreise Frit z Fischers i n die Vereinigten Staate n z u gewähren, di e dieser 196 4 auf Einladung de s Goethe-Instituts unternehmen wollte . Obgleic h die Hintergründe fü r diese n Vorgan g nich t eindeutig geklär t sind , kan n ma n doch Imanuel Geis s insowei t zustimmen , da ß de r Hinwei s au f administrativ e Unkorrektheit be i de r ursprünglichen Bewilligun g de r Mitte l lediglic h ei n Vorwand gewesen sei. Für diese Annahme sprechen die Bemühungen hoher Beamter des Auswärtigen Amtes , Fischer entweder zum Verzicht oder zum Verschieben de r Reis e z u bewegen . I n diese m Fal l hätt e e r i n Begleitun g anderer deutsche r Historike r fahre n sollen , di e eine n vo n seine r Positio n abweichenden Standpunk t vertraten . Wen n Fische r dennoc h sein e Vor tragsrcisc antreten konnte, dan n nur, wei l namhaft e amerikanische Wissen schaftler di e zur Finanzierung notwendige n Mitte l an den dortigen Univer sitäten aufbrachten 55. Ein weiteres Indiz für die große ›Aufmcrksamkcit‹, di e Fischer und seinen Schülern von offizieller Seit e entgegengebracht wurde , ist die Tatsache, daß es de m Osteuropa-Historike r Hors t Jablonowsk i ermöglich t wurde , i m Bulletin de r Bundesregierun g ein e äußers t scharf e Repli k au f die Disserta tion vo n Geis s zu veröffentlichen. Jablonowsk i war f Geiss vor, e r habe ein einseitiges Bil d vo n de n deutsch-polnische n Beziehunge n i m 19 . un d 20. Jahrhundert sowie von den deutschen Annexionsplänen im Ersten Weltkrieg gezeichnet . Wede r se i di e preußisch e Polen - un d Ostmarkenpoliti k grundsätzlich antipolnisc h gewesen , noc h besteh e ei n innerer Zusammen hang zwische n Ostmarkenpoliti k un d Grenzstreifenplänen . Dies e stellte n 143
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»eine ephemer e Angelegenheit « da r un d seie n vo r alle m da s Ergebni s de r militärischen Entwicklun g de r Kriegsjahr e gewesen . Fü r Jablonowski wa ren die Erwägunge n vo n Geis s »Spekulatione n eine s unhistorisc h denken den Menschen , de r vo n Augenblicksstimmunge n seine r Zei t he r un d zu gleich ohn e ausreichend e Sachkenntni s Programm e fü r di e Lösun g politi scher Fragen früherer Zeiten« entwerfe. Hinz u komme, daß Geiss mit seiner einseitigen Darstellun g di e Diskussion übe r das deutsch-polnische Verhält nis in de r Gegenwar t belaste , wa s u m s o schwerer wiege , al s die deutsch e Stellung in dieser Auseinandersetzung ohnehi n äußerst schwierig sei 56. Ver teidigt wurd e Geis s gege n solch e eindeuti g politisc h motivierte n Angriff e lediglich vo n Han s Herzfeld . Au s desse n Sich t stande n di e Gegne r de s Fischer-Schülers i n der Gefahr, di e Belastungen de r deutschen Polcnpoliti k im Ersten Weltkrieg in unzulässiger Weise zu beschönigen, d a »die grundlegende Schwäche dieser Politik . . . doch nicht nur darin zu suchen« sei , »da ß sie im revolutionären 20 . Jahrhundert Politi k mi t den Sicherungsmethode n des 19 . Jahrhunderts z u bestreite n suchte , di e auc h ander e Mächt e al s da s Reich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts angewendet haben« 57. Einige westdeutsche Historiker und Politiker sahen die Gefahren, di e von den Untersuchungen Fischer s auszugchen schienen , vo r allem auf innenpolitischem Gebiet . Fischer s Buc h wa r nac h ihre r Ansich t geeignet , da s nach 1945 ohnehin erschütterte nationale Selbstbewußtsein weite r zu schwächen. Der ehemalig e Bundestagspräsiden t Euge n Gcrstenmaic r wandt e sic h mi t Nachdruck gegen die »deutsche Geißclbrudcrschaft«, de r es nicht genug sei, daß »wi r fü r Hitler s Untate n vo r der Geschichte geradestehen müssen« . I n seinen Auge n wa r di e Frag e nac h de r Kollektivschul d hauptsächlic h ei n »Problem psychologische r un d moralische r Natur« ; ausgehen d vo n diese r These, vertra t er die Auffassung, e s gehe zu weit und sei »vor der geschichtlichen Wahrhei t nich t vertretbar« , »wen n wi r auc h de n Erste n Weltkrie g unter de n gleiche n Horizon t de r Schul d un d Verantwortun g stelle n wür den« wi e de n Zweite n Weltkrieg 58. Au f Seite n de r í listoriker fühlt e sic h besonders Gerhar d Ritte r durc h di e Arbeite n seine s Hamburge r Kollege n herausgefordert. E r nahm da s Erscheinen vo n »Grif f nach der Weltmacht « zum Anlaß, erneut vor den verhängnisvollen Wirkunge n de r »ebens o glän zendc(n) wie gefährliche(n) . . . These Ludwig Dchio s von dem ›Hcgcmo nialkampf‹ al s Wese n beide r Weltkriege « z u warnen , di e Fische r i n seine r »großen, au s den Quellen schöpfende n Darstellung « aufgegriffe n un d u n terentwickelt habe . Für Ritter war die Arbeit Fischers Ausdruck einer »poli tisch-historischen Modeströmun g unsere r Tage«, di e zur »Selbstverdunke lung deutsche n Gcschichtsbcwußtseins « führe 59. Di e Aufgabe de s politisch verantwortlich handelnde n Historiker s besteh e abe r darin , sic h mi t diese r modernen Zeitströmun g kritisc h auseinanderzusetzen , zuma l si e vor alle m im Denken der jüngeren Generatio n des geistigen Nachwuchse s weite Ver breitung gefunden habe : Festzustellen sei eine »Neigung gerade der begabtesten Köpf e zur Abkeh r vo m Gedanke n de r Natio n un d ihrer Schicksalsge 144 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
mcinschaft«60. Ähnlic h wi e Ritte r verurteilt e Erwi n Hölzl e di e »beliebt e Selbstbeschuldigung« i n Fischer s Werk , di e ei n End e finden müsse 61, un d Fritz Ernst warf Fischer ein »Vorurtei l i m nationalen Sinn « vor . E r prognostizierte, da ß desse n Buc h »da s Mißbehage n viele r Deutsche r übe r unser e jüngste Geschichte noch steigern« werde 62 . In solchen und ähnlichen Formulierungen kommt zum einen der bewußte Wille einiger Kontrahente n Fischer s zum Ausdruck, de r Nation ein makel loses » Wir-Bild« z u bewahren. Ih r Ziel war die Integration der Bevölkerung unter einen ideologische n Begrif f der deutschen Nation , de r den National sozialismus un d desse n Gewaltpoliti k zu m Fremdkörpe r i n de r deutsche n Nationalgcschichtc erklärte. Zum anderen wird man die Heftigkeit, mi t der diese Wissenschaftler au f Fischers Thesen reagierten, al s Folge ihres konservativen Denken s deuten können. »Histori e zielt in diesem Denken wenige r auf di e Eviden z vo n Einsichte n al s au f die Begründun g de s ahistorische n Selbst- un d Umwcltvcrständnisscs , de m Vergangenhei t un d dere n Konti nuität al s selektive Erinnerun g un d Überlieferun g subjektive n Erleben s in der Gegenwar t al s unverzichtba r gilt.« 63 Dies e beide n Komponenten , ei n tiefvcrwurzcltcr Nationalismu s un d ein politische r Konservatismus , lasse n sich besonders eindrucksvoll a m Beispie l Gerstenmaier s aufzeigen : U m an der Idee der Nation festhalte n z u können, klammert e e r das »Dritt e Reich « gewissermaßen au s der deutschen Vergangenheit aus und versuchte, jenseits des historische n Geschehen s ein e Ar t vo n »substantielle r Meta-Geschich tc« 64 zu konstruieren. Dabe i gestand er zwar zu, da ß der »labil e Nationalismus nac h de m Erste n Weltkrie g . . . Hitle r i n di e Han d gearbeitet « habe , und daß der Nationalsozialismus »di e vaterländische Gesinnung de s sittlich orientierten deutschen Nationalbewußtseins « hab e ausbeuten können; letztlich abe r se i dies e Gesinnun g mi t de r »Amoral « de r Nationalsozialiste n unvereinbar gewesen. 1 )as I Iitler-Reich galt Gcrstenmaier nicht als Teil oder Ausdruck, sonder n al s Fremdkörper i n der deutschen Geschichte , di e nach dem Untergang de r nationalsozialistischen Herrschaf t mi t allen »ihren Konturen un d Wesensgchaltcn « unbeschade t ihr e Fortsetzun g hab e finden können65. Vor dem Hintergrund solcher politischer und moralischer Wcrthaltungc n auf Seiten de r Gegne r Fischers , di e der Histori e vornehmlic h nationalpoli tisch-integrative Funktione n zumaßen , erschein t e s nu r folgerichtig , da ß sich di e Debatt e übe r da s Buc h »Grif f nach de r Weltmacht « au f zwei Fro blemberciche besonder s konzentrierte: E s handelte sich dabei u m die deut sche Politik in der Julikrise 191 4 sowie um die Rolle Bethmann Hollwegs in der Kricgszieldiskussion, Sowoh l das zähe Festhalten der Kontrahenten de s Hamburger Historiker s a n de r Thes e vo n de r relative n ode r absolute n Unschuld des Reiches als auch ihr Bemühen, de n ehemaligen Reichskanzle r gegen di e vermeintliche n Angriff e Fischer s z u verteidigen , lasse n sic h mi t »dem konservative n Bedürfni s nac h nationale r Identifikation « un d »politi schen Normen des Konservatismus im Umkreis von personaler Bindung an 145 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
personale Autorität « i n Einklan g bringen 66. D a Bethman n Hollwe g de n Kritikern Fischer s al s positiv e Identifìkationsíìgu r erschien , konnte n un d wollten si e Korrekturen a n dem vo n ihm überlieferte n Bil d nich t zulassen ; gleichzeitig sollt e mit der Zurückweisung de r Schuldthcse da s herkömmli che »apologetische«, au f der »Behauptun g de r ›Diskontinuitã't‹« basierend e Geschichtsbild aufrechterhalten werden . Hinzu kommt, da ß die Kontrahenten Fischers zunächst offensichtlich davo n ausgingen, da ß die Schuldproblematik wi e auch die Frage nach Person und Politik Bethman n Hollwcg s vo n der Forschung endgülti g geklär t seien 67. Die Gegne r Fischer s brachte n zu r Stützun g ihre r Interpretatio n de s Kriegsausbruches 191 4 kaum neu e Argument e vor , sonder n beschränkte n sich weitgehen d darauf , di e tradierte n These n z u wiederholen . Si e hielte n daran fest, da ß die deutsche Vorkriegspolitik grundsätzlic h defensiv und der Erste Weltkrie g fü r da s Reic h ei n Verteidigungskamp f gewese n sei . Di e nach wi e vo r bestehende n Meinungsunterschied e zwische n de n einzelne n Wissenschaftlern betrafe n lediglic h di e konkret e Schuldverteilun g au f di e verschiedenen a m Krieg e beteiligte n Mächte . Euge n Fischcr-Baling , de r sich schon in der Weimarer Zeit im Kampf gegen die »Schuldlügc« engagier t hatte, bekräftigte die in der Zwischenkriegszeit fas t ausnahmslos anerkannte Auffassung vo n de r »Einkreisung « de s Deutsche n Kaiserreiche s durc h di e Ententcstaatcn. Au s seiner Sicht lagen die Ursprünge des Weltkrieges in den Machtverhältnissen de s europäische n Staatensystem s vo r 191 4 begründet . Die deutsche Politi k hab e seit de m Abgan g Bismarck s »unte r de m Zwan g der konstanten , fas t naturhafte n französisch-russische n Drohung « gestan den. Dahe r sei das Handeln der deutschen Rcichsleitun g i m Juli und August 1914 allei n vo n de m Wille n bestimm t gewesen , Deutschlan d au s diese r Zwangslage z u befreien 68. Auc h Erwi n Hölzl e wiederholt e sein e frühe r geäußerte Meinung, Rußlan d se i der Haupturheber de s Krieges gewesen 69. Gerhard Ritte r ho b erneu t de n außerordentlic h hohe n Stellenwer t militär technischer Erwägunge n fü r die Entscheidung de r deutschen Reichsleitun g hervor, durc h eine n Überfal l au f das neutrale Belgie n seine n Hauptgegne r Frankreich anzugreifen 70. Ludwi g Dehi o sah sich nunmeh r veranlaßt , de n »defensiven Ker n de r deutsche n Zielsetzungen « stärke r al s bisher z u beto nen. Grundsätzlic h hiel t e r jedoc h a n de r Thes e fest , da ß di e deutsch e Flottenpolitik zweifello s ei n offensive s Elemen t i n di e Außenpoliti k de s wilhelminischen Reiche s gebracht und schließlich England zur Gegenoffen sive herausgefordert habe 71. Mit besondere r Schärf e verurteilte n di e Gegner Fischers dessen Interpre tation der Politik Bethmann HolKvegs. In den Augen seiner Kritiker hatte er den Reichskanzler zum Eroberungspolitiker abgestempelt , u m ihn stellvertretend für jene Geschichtsepoche als Sündenbock an den Pranger zu stellen. Diese These versuchten sie mit folgender, wen n auch nicht immer stringent durchgehaltener, s o doch tendenziell nachweisbarer Argumentatio n z u entkräften: Ersten s war f ma n di e Frag e auf , o b und inwiewei t ne u ermittelt e 146 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Tatbestände ausreichten, u m das von der Geschichtswissenschaft überliefer te Bil d Bcthman n Hollweg s z u revidieren . Zweiten s hiel t ma n Fische r entgegen, da ß die in den amtlichen Dokumente n nachweisbare n Äußerun gen de s Kanzler s zwa r authentisc h sei n mochten , abe r de m bekannte n Charakterbild vo n ih m widersprächen . Drittens müßte n di e vo n Fische r aufgezeigten, bislan g unbekannte n Neigunge n un d Verhaltensweisen Bcth mann Hollwegs vor dem politischen Hintergrund seiner Kanzlerschaft gesehen werden; z u einer Neubewertun g seine r Perso n könnte n si e aber kau m fuhren72. Ihre n deutlichste n Niederschla g fan d dies e Argumentatio n be i Golo Man n un d Gerhar d Ritter . Fü r Man n ware n de r Geschichtswissen schaft all e Wesenszüge der Privatperson und des Politikers Bcthmann Holl weg längs t bekannt . Di e Arbeite n Fischer s erweiterte n ode r modifizierte n seiner Auffassun g nac h da s tradiert e Bil d vo m Reichskanzle r i n keine r Weise: »Er war konziliant und schwach, zu schwach, um ganz wahrhaftig zu sein, gutmüti g un d beifallssüchtig , e r wollt e sic h obe n halte n un d e s allen rechtmachen . . . Ein e ›Erobcrungsbestic ‹ abe r wa r de r Man n nicht ; wi r würden uns weigern, e s zu glauben, käme selbst ein Brief zum Vorschein, in dem Bcthmann-Hollwe g di e Germanisierung de s Planeten dann und wann angeraten hätte.« 73 Un d Ritte r erinnert e Fische r a n di e »erst e Pflich t de s Historikers«, da s Denken un d Handeln eine s Staatsmannes au s der jeweiligen historischen Situatio n z u erhellen. Ers t in einem zweiten Arbeitsschrit t könne e r nac h de m Stellenwer t fragen , de n desse n Entscheidunge n inner halb der vorgegebenen Strukture n und ablaufenden geschichtliche n Prozesse eingenommen hätten. Im übrigen beschrieb Ritter Bcthmann Hollwcg als einen Politiker, de r von hohen, humane n Ideale n geleitet worden sei. I n der Kricgszieldiskussion hab e de r Kanzle r eine gemäßigt e Positio n eingenom men, nachde m sein e grundsätzlic h defensiv e Vorkriegspoliti k gescheiter t und der Weltkrieg Deutschlan d aufgezwungen worde n sei 74. Klau s Epstcin hat i n eine r Repli k au f di e These n Ritter s daraufhingewiesen , da ß diese r General Ludendorf f zu m »Schurken« , zu m hemmungslose n Imperialiste n und Militariste n erkläre n müsse , u m de n Reichskanzle r zu m »tragischc(n ) Held(en)« erhebe n zu können 75. Die Argumente , di e vo n de n Kontrahente n Fischer s besonder s gege n dessen Interpretatio n de r Perso n un d Politi k Bcthman n Hollweg s vorge bracht wurden, verweise n nicht nur auf unterschiedliche politische, sondern auch auf verschiedenartige wissenschaftliche Perspektiven . Si e lassen sich zu folgender Alternativ e zuspitzen : »Sollt e deutsch e Politi k vo r de m un d i m Ersten Weltkrie g al s intentionale s Handel n einzelne r Persone n untersuch t werden, ode r sollt e si e al s spezifische , zwa r nac h inne n diffu s gerichtete , doch nac h auße n gebündel t un d zielbestimm t wirkend e Verhaltensweis e eines Nationalstaats zuzeiten globaler Interdepcndenz im Zeitalter des Imperialismus erforsch t werden?« 76 Zie l de r Arbeiten Fischer s wa r es , zunächs t die Faktizität de r Kontinuitä t deutsche r Kricgsziel e z u dokumentieren un d dann di e politisch-gesellschaftlich e Basi s fü r di e Hegemonialbestrcbunge n 147 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
des Reiches deutlich zu machen; aus seiner Sicht mußten Kriegszielprogramme als verbindlich für das politische Handeln der Zeitgenossen wi e auch für die historisch e Analys e angesehe n werden , gleichgültig , o b si e den Über zeugungen alle r Beteiligte n entsproche n ode r nu r Kompromißcharakte r besessen hatten . De n Reichskanzle r betrachtet e Fische r i n erste r Lini e al s »Exekutor« un d erst in zweiter Linie als »Schöpfer de r Politik« 77. Diese r sei zwar eine r gemäßigte n Haltun g nich t unbeding t abgeneig t gewesen , hab e sich aber aufgrund de s Wunsches, seine eigene Machtstellung zu erhalten, zu einer Politi k de r Stärk e zwinge n lassen . Di e Kritiker Fischer s akzeptierten seine Interpretation de r Kriegszielplanungen al s Ziclprojcktionen deutsche r Politik nicht . Si e versuchten , de n politische n Stellenwer t de r Programm e dadurch i n Frag e z u stellen , da ß si e »di e Offenlcgun g de s jeweiligen Ent scheidungsprozesses, de r zu einzelnen Beschlüssen führte , verlangtc(n) , um letztlich nu r solche Willensbckundungcn al s verbindlich fü r ›dcutsch c Politik anzuerkennen , di e sich bei Angehörigen de r politischen Führung ‹ indi viduell motiviere n ließen.« 78 An de r Neigun g einige r Gegne r Fischers , historisch e Synthese n ode r Teilsynthcsen vo r allem um große Personen, u m Ideen und staatlich-politi sche Institutionen zu zentrieren, wir d deutlich, in welch hohem Maße sie der Geschichtsauffassung de s nac h 194 5 allerding s »politisch-moralisc h ge zähmten« Historismu s verhaftet ware n und blieben79. Dies e These läßt sich zusätzlich erhärten , betrachte t ma n di e Kritik , di e vo n de n Kontrahente n Fischers a n de r Darstellungsfor m de s Buche s »Grif f nac h de r Weltmacht « sowie an den Kriterien geübt wurde, mi t denen Fischer die deutsche Außenpolitik i m Zeitalte r de s Imperialismu s beurteilte . Ausgangspunk t wa r da s Postulat, historisch e Phänomen e s o wei t wi e möglic h i n de n Kategorie n ihrer Zeit und in der Sprache der Quellen nachzuvollziehen. Überdie s galten historische Werk e al s »Produkt e schöpferische r Individualentfaltung« , vo n denen nich t zuletz t »Identifikationsstiftun g un d einfühlende Erbauung « er wartet wurde : si e sollte n au f de n Lese r einwirke n un d ih n i n di e jeweils dargestellte Situatio n hineinversetzen . Dahe r besaße n auc h Beurteilungs maßstäbe ästhetisch-literarische r Ar t eine n hohe n Stellenwert 80. Währen d die neuere Forschun g mi t Recht i n Fischers erstem große n Weltkricgsbuc h ein ehe r konventionelle s Geschichtswer k erblickt , vermißte n sein e Gegner damals an dieser Untersuchung nahezu alle wesentlichen Merkmale traditioneller Geschichtsschreibung . Hölzl e sa h sic h nich t einma l i n der Lage , da s Buch einer der großen Gattunge n de r Historiographie zuzuordnen . Fü r ihn gehörte Fischer s Arbeit wede r zur erzählenden Historie , d a sie »wei t über wiegend ein e ermüdende rclati o ex actis « sei , noc h zur »Problemgeschich tc«, den n sie bohre »nicht in die tieferen Gründe« 81. Fas t alle Kritiker teilten mit Hölzle die Auffassung, da ß Fischer keinerlei Sin n fü r die Dramatik de s vergangenen Geschehen s besitz e un d e s a n Einfühlungsvermöge n i n di e damaligen Verhältniss e fehle n lasse , ohn e da s de m Historike r jegliche s Verständnis de r Geschicht e verschlosse n bleibe . Hcrzfel d zufolg e mutete n 148 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Fischers Ausführungen de m Leser »auch oft genug wie ein an Pufendorf und Johann Gusta v Droyse n erinnerndes , nich t endende s Aktenrezitati v an , hinter dem das eigentliche, bewegt e Lebe n der Geschichte mehr oder weniger zu verblassen« drohe 82. Einig e Rezensente n zoge n aus diesen Beobach tungen de n Schluß , e s sei Fische r auc h ga r nich t u m ein e umfassend e ge schichtliche Würdigun g un d Einordnun g de r deutsche n Politi k i m Erste n Weltkrieg gegangen . Vielmeh r habe er eine bereits feststehende Grundthes c mit Quellcnzitatc n belege n wollen . U m dies e Auffassung z u stützen, führ ten si e außerdem an , da ß Fische r de n damaligen »Zeitgeist « fas t völli g au s seinen Überlegunge n ausgeblende t habe 83. Fü r die Kritiker Fischer s war es weitgehend selbstverständlich , di e Außenpoliti k de s wilhelminische n Deutschland vo m Machtgedanke n he r zu rekonstruieren. Besonder s deut lich zeigt e sic h die s a n de n Stellungnahme n Herzfelds , de r Staate n un d Nationen ein e »natürlich e Tenden z . . . zu m Wachstu m ihre r Mach t un d Bedeutung« unterstellte 84. Wen n Fischer zu einer negativen Beurteilung de r deutschen Politi k vo r un d i m Erste n Weltkrie g gelangte , la g die s nac h Auffassung seine r Kontrahenten nicht zuletzt auch daran, da ß er die Kriegsziclc der Ententcstaatc n nich t berücksichtigt habe . U m derartig e Einseitig keiten be i de r Analys e imperialistische r Politi k z u vermeiden, müss e man , forderte Hölzle , ein e universalgeschichtlichc Betrachtungsweis e anwenden : »Man mach e endlich Schlu ß damit , aufgrun d eine r einseitigen Quellenlag c der allein geöffnete n deutsche n Quellen , nich t einmal unte r allseitiger Hin zuziehung un d Prüfun g fremde r veröffentlichte r Quelle n Geschicht e de s 20. Jahrhunderts schreibe n z u wolle n . . . E s ist tie f bedauerlich , da ß F(i scher) sovie l mühsa m zusammengetragen e Las t au f eine n Irrwe g mit schleppte, de r verkennt , da ß ma n sic h selbs t wi e de n ander n i n de r Wel t Gerechtigkeit schuldi g ist.« 85 Solche grundsätzliche n theoretische n Frage n wurde n i n de r Fischer-De batte nu r vereinzel t un d a m Rand e diskutiert . Lediglic h Dietric h Mond e nahm da s Erscheinen vo n Fischer s Buc h zum Anla ß fü r einige theoretisch e Reflexionen, di e vo r alle m di e Materialauswah l betrafen . Ausgehen d vo n den Überlegunge n Ma x Weber s zu m Wcrtproblc m i n de n Sozialwisscn schaften, war f er Fischer vor, sic h über die Kriterien seiner Qucllenauswah l auszuschweigen. E s werd e nich t deutlich , w o de r »denkend e Forscher « aufhöre un d de r »wollend e Mensch « z u spreche n beginne . Darau s zo g Monde de n Schluß , Fischer s Arbeit se i eine politisch e Kampfschrift , di e in keiner Weis e der Bewältigun g de r jüngsten deutsche n Vergangenhei t dien e und völli g au s de m Blickwinke l de r damalige n Kriegsgegne r geschriebe n sei. Inde m Fische r di e deutsch e Großmachtpoliti k al s »vermeidbare n Irr tum« interpretier e un d di e Politi k de r Ententcstaatc n überwiegen d positi v bewerte, stell e e r sic h bewuß t ode r unbewuß t au f de n Standpunk t de s christlichen Radikalismu s eines Friedrich Wilhelm Focrste r oder auf den der Unabhängigen Sozialdemokraten 86. Ma n wird Mendc entgegenhalten müssen, daß dem historisch-politischen Denke n Fischer s aber weder eine politi149 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
sehe, religiö s begründet e pazifistisch e Ethi k - wi e be i Foerste r - noc h ei n sozialistisch-marxistisches Politik - un d Wissenschaftsverständni s - wi e et wa bei Kautsky - zugrund e lag 87. Auf positive Resonanz stießen Fischers Thesen Anfang de r sechzigerjahre nur bei wenigen westdeutschen, dagege n aber bei zahlreichen ausländischen Historikern. Unte r de n bundesrepublikanische n Geschichtswissenschaft lern ha t sic h besonder s Kar l Dietric h Brache r u m ei n abwägende s Urtei l bemüht. Mi t Fische r teilte er die Überzeugung, da ß es Aufgabe de r Zeitgc schichtsforschung sei , »Irrtüme r und Lcgcndc(n)« übe r die jüngste deutsche Vergangenheit z u zerstöre n un d ein e nüchtern e Bestandsaufnahm e z u lei sten, di e fre i sei n müss e vo n jeder »falschvcrstandcnc(n ) Staatsräson« . D a Fischer die Auseinandersetzung übe r die deutsche Geschichte vor und wäh rend de s Erste n Weltkriege s erneu t i n Gang gebrach t un d außerordentlic h bereichert habe , fall e ih m da s Verdiens t zu , entscheidend e Impuls e zu r Überprüfung de r deutschen Traditione n gegebe n z u haben. Vo r allem abe r hob Bracher hervor, da ß Fischer die Kontinuitätsproblcmatik erneu t auf die Tagesordnung de r historisch-politischen Auseinandersetzun g gesetz t habe. Während nahez u all e Kontrahente n de s Hamburger Wissenschaftler s sein e Thesen zur Kontinuität in der deutschen Geschicht e ablehnten, sa h Brache r in der Frag e nach der Kontinuitä t »hcgemonialimpcrialistischcr , gcopoliti scher, auc h scho n rassistische r Vorstellunge n vo m Erste n zu m Zweite n Weltkrieg« da s zentrale Proble m fü r di e zukünftige Forschung 88. Di e Einwände des Bonner Zeithistorikers gege n »Grif f nach der Weltmacht« bezo gen sic h hauptsächlic h au f di e Method e un d Dispositio n de r Arbeit . E r bedauerte, da ß Fische r au f ein e vergleichend e Betrachtun g de r deutsche n Politik vo r un d i m Weltkrieg e fas t gan z verzichte t habe , un d da ß di e Ver knüpfung vo n historische r un d systematische r Darstellun g nich t imme r geglückt sei . U m de n tatsächliche n Stellenwer t un d di e geschichtliche Be deutung de r deutschen Kriegszielplanunge n wi e der ihr zugrundeliegende n politischen Wertvorstellunge n nähe r bestimmen z u können , hiel t Brache r eine »gründlichere ideologiekritische und geistesgeschichtliche Analyse« fü r unabdingbar. Ein e weiter e Schwäch e de s Buche s erblickte e r i n de m Ver zicht au f ein e genauer e Untersuchun g de r innere n Machtstrukture n de s Deutschen Kaiserreiches , wi e si e zuers t vo n Arthu r Rosenber g versuch t worden sei . Ers t wenn di e Geschichtswissenschaft ihr e Kenntnisse auf diesem Gebiete wesentlich erweitert habe , se i es möglich, Maßstäb e zur Beurteilung de r einzelnen von Fischer vorgelegten Dokument e zu erarbeiten 89. Zustimmung erhiel t Fische r besonder s vo n ausländische r Seite . Fü r den österreichischen Historike r Rudol f Nec k bildet e Fischer s Arbei t eine n Markstein, wen n nich t soga r eine n Wendepunk t i n de r Geschicht e de r deutschen Geschichtswissenschaft . Da s Buc h »Grif f nac h de r Weltmacht « gehöre »zu jenen Erzeugnisse n deutschen Geistes, die die Freunde der Deutschen trot z alle m imme r wiede r ermutigen , a m deutsche n Wese n nich t zu verzweifeln«90. I n den Auge n de s amerikanischen Gcschichtswisscnschaft 150 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
lcrs Klaus Epstcin hatte Fischer eine der hartnäckigsten Legende n de r deutschen Geschichte zerstört: di e These, da ß das Reich 191 4 in einen Abwehr kampf gege n ein e Wel t vo n eifersüchtige n Feinde n getrete n sei . Di e gelegentlichen Übertreibungen Fischers bewertete Epstein im Sinne anregender Irrtümcn, zuma l si e ein e systematisch e Neuinterpretatio n de r deutsche n Politik i m Erste n Weltkrie g provozier t hätten . Insgesam t begrüßt e e r Fi schers Vorsto ß al s äußers t positive n Beitra g zu r stärkere n Integratio n Deutschlands in Westeuropa 91. Ähnlic h wie Epstein stellte der französisch e Historiker Jacques Droz fest, Fische r habe nicht nur Geschichte geschrieben, sondern auc h Geschicht e gemacht , inde m e r da s bi s dahi n gültige , allz u apologetische Bild der Deutschen von ihrer jüngsten Vergangenheit zerstört und eine Revision dieses Geschichtsbildes erzwungen habe 92. Besonders fü r di e ausländische n Beobachte r stellt e di e Kontinuitätspro blcmatik eine n wichtige n Aspek t de r Fischer-Kontrovers e dar . Ihr e Kriti k an Fischer fiel jedoch abwägende r au s als die der westdeutschen Historiker . So warnte Dro z davor, di e »Hemmungslosigkeit « de r Kricgszielpolitik de s Deutschen Reiche s z u überschätzen . Di e führende n Politike r de r Entcnte staaten hätte n ebenfall s i n de n Kategorie n de s Imperialismu s gedach t un d gehandelt, a n die Unvermeidbarkeit vo n Kriegen geglaubt und Annexionen als Folg e eine s Siege s fü r gerechtfertig t gehalten . Fischer s zuweile n eindi mensionale Betrachtun g de r deutsche n Politi k müss e dahe r relativier t un d erweitert werden 93. Frit z Ster n war f dem Hamburge r Historike r vor , ein e zu starre Kontinuitä t zwische n Vorkriegsimpcrialismu s un d Weltpolitik zu zeichnen. Fische r unterschätz e di e Furch t de r regierende n Klasse n vo r de r aus Sozialdemokrati e un d liberale n bürgerliche n Gruppierunge n bestehen den innerdeutsche n Opposition . Dies e innenpolitisc h motiviert e Furch t habe de n deutsche n Imperialismu s entscheiden d mitgepräg t un d ih n mi t jenem Irrationalismu s behaftet, de r die Machteliten hatt e glauben lassen, im Krieg un d in einer europäischen Hegemoniestellun g lieg e nicht zuletz t eine Lösungsmöglichkeit fü r di e innere n Spannungen 94. Beid e Wissenschaftle r nahmen Fische r jedoch gege n de n Vorwur f i n Schutz , sein e Kontinuitäts these bedeute eine pauschale Verurteilun g de r deutschen Geschichte . Wäh rend Dro z darau f hinwies , da ß Fische r Bcthman n Hollwe g keinesfall s al s Vorläufer Hitler s dargestellt habe 95, setzt e sich Stern kritisch mi t der These von der Diskontinuität auseinander, di e von der westdeutschen Historie fast ausnahmslos akzeptier t wurde : E s gehe nicht an , »ein e Folg e von Betrieb sunfällen i n der deutschen Geschicht e anzunehme n . . . , ohn e auf den Gedanken zu verfallen, da ß in dem Betrieb etwas nicht gestimmt habe« 96. Eine Wende in der Fischer-Debatte brachte der Berliner Historikertag von 1964. Ware n di e Ergebnisse Fischer s bis zu diesem Zeitpunk t be i den bundesrepublikanischen Historiker n weitgehen d au f Ablehnung gestoßen , be gannen sic h jetz t di e starre n Fronte n aufzulösen . Abgesehe n vo n eine r kleinen Minderheit , di e nach wi e vo r a n de n Unschuldsthesc n de r ältere n Forschung festhiel t un d ihre Kritik a n Fischer zum Teil noc h verschärfte 97, 151 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
wuchs di e Bereitschaf t zu r Überprüfun g un d Revisio n de s bisher vorherr schenden »apologetischen « Geschichtsbildes . Eine n wesentliche n Beitra g zur Versachlichun g de r Diskussio n un d dami t zu r Neuorientierun g de r Kricgsursachcnforschung leistete n Kar l Dietric h Erdman n un d Egmon t Zechlin, dere n Präventivkriegsthesc späte r von Andreas Hillgruber weitcr cntwickelt wurde 98 . Nach Meinung dieser beiden Historiker hatte das Reich im Juli 191 4 eine offensive Außenpoliti k betrieben , u m de n sich zuungun sten Deutschland s anbahnende n Machtverschiebunge n i m Staatensyste m entgegenzuwirken. Dami t näherten sie sich der Deutung Fischers zumindest partiell an , wenn auch die Unterschiede überwogen. Die s gilt besonders für Zechlin, de r mit Fischer darin übereinstimmte, da ß das Reich in der Kriegskrise des Jahres 1914 das Risiko eines Kontinental- und darüber hinaus sogar eines Weltkriege s unte r Einbeziehun g England s au f sich genomme n habe . Im Gegensatz zu Fischer, de r die deutsche Risikopolitik al s Ausdruck plan mäßigen Weltherrschaftsstrcbcn s interpretierte , unterstric h jedoch Zechli n die defensive n Grundzüg e jener Offensivpolitik . Au s seine r Sich t wa r da s »eingekreiste« Deutschlan d zu r Entfesselun g eine s Angriffskriege s wede r innenpolitisch noc h außenpolitisc h i n de r Lage . Zie l de r diplomatische n Offensive de r Reichsleitung se i es gewesen, eine m als unvermeidlich erach teten Konflik t mi t Rußlan d zuvorzukommen , desse n militärisch e Mach t sich zusehend s vergrößer t habe . Außerde m hab e ma n angesicht s de r eng lisch-russischen Verhandlunge n übe r ein e Marinekonventio n versuche n wollen, de n sic h imme r weite r schließende n Rin g de r Ententestaate n z u sprengen, wen n möglic h soga r dies e zu entzweien. Di e nach de m Attenta t von Sarajewo entstandene Krise stellte daher in den Augen der Reichsleitung den vielleich t letzte n günstige n Zeitpunk t dar , Deutschland s außenpoliti sche Bewegungsfreihei t unte r de n Weltmächte n z u sichern : »De r Wille , gegenüber den modernen Weltmächte n eine Macht ersten Ranges zu bleiben und di e politisch e Bewegungsfreihei t z u behaupten , wa r de r Hauptantrie b der deutsche n Politi k i n de r Julikrise.« 99 Ferne r grenzt e sic h Zechli n vo n Fischers Deutun g de r deutschen Kriegszielpoliti k ab . Für ihn war die »Septemberdenkschrift« kei n umfassendes , di e Ziel e de r Vorkriegszei t weiter führendes »Programm « fü r de n »Grif f nac h de r Weltmacht« ; vielmeh r handele es sich um vorläufige Erörterunge n für den Kampf besonders gegen England. Gegenstan d seie n »organisatorisch e Vorschläg e fü r eine n vo n Deutschland abhängige n Wirtschaftsrau m zu r Mobilisierun g de s wirt schaftlichen Potentials für eine Kriegführung gege n England, das militärisch für nich t besiegba r gehalte n wurde« 100 . I m übrige n verzichtet e Zechli n weitgehend darau f auszumalen, wi e die politische Landkart e im Fall e eines deutschen Siege s ausgesehen hätte . Sein e zentralen Begriff e zu r Charakteri sierung de r deutsche n Zielsetzunge n i m Weltkrie g ware n di e de r »Sicher heit« un d de r »Selbstbehauptung« , wobe i e r dere n Relativitä t durchau s zugestand101. Ähnlich wi e Zechlin gin g Erdman n davo n aus , da ß die Risikopolitik de s 152 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Reiches im Juli 191 4 Ausdruck eine r im Grunde defensiven Haltun g gewe sen sei . Gestütz t au f die vo n ih m herausgegebene n Aufzeichnunge n Riez lers 102 entwar f Erdman n ei n komplexe s Bil d vo n de r Persönlichkei t Beth mann Hollweg s un d desse n Politik , dere n Hauptzie l di e Sicherun g Öster reich-Ungarns gewese n sei . Versag e ma n dem Bundesgenosse n di e Unter stützung, lautet e nach Erdmann das politische Kalkül des Kanzlers, besteh e die Gefahr, da ß sich Österreich von Deutschland abwende und das Reich in Europa völli g isolier t dastehe . I m vollen Bewußtsein , da ß damit de r Welt krieg unte r Einbeziehun g England s möglic h werde , hab e Bcthmann Holl weg Österreic h eine n Blankoschec k gegeben . Di e Thes e vo m defensive n Charakter de r Politik des Reichskanzlers ließ sich nach Erdmann auch nicht durch de n Hinwei s au f desse n Kricgsziclfordcrunge n widerlegen , zuma l diese ers t währen d de s Kriege s formulier t worde n seien . Bethman n Holl weg hab e e s zwa r fü r unsinni g gehalten , sic h au f einen »Krie g derartige n Ausmaßes einzulassen« , wen n diese r nich t auc h fü r Deutschlan d positiv e Änderungen de r internationalen Konstellatione n bewirke n würde ; doch sei der »defensiv e Akzent « de r »ursprüngliche « gewesen : »al s Garanti e dage gen, da ß sich in Zukunft nich t noch einmal Os t und West mit Aussich t auf Erfolg verbünden , is t e s wünschenswert , da ß da s Reic h mi t seine n politi schen, wirtschaftliche n un d militärische n Sicherunge n übe r di e eigene n Grenzen hinausgreift . Ei n solche r Ausba u de r deutschen Machtstellun g i n Europa . . . ka m - gebrauche n wi r ruhi g da s Wor t - au f da s Zie l eine r deutschen Hcgemoniestcllun g i n Mitteleuropa hinaus.« 103 Andreas Hillgrubc r ha t schließlic h di e These n Erdmann s un d Zcchlin s aufgegriffen un d wciterentwickelt. E r wollte anhand der Schriften Riczlcr s die Konzeptio n verdeutlichen , a n de r sic h di e Rcichsleitun g i m Juli un d August 191 4 orientiert habe. Nur so erschien es ihm möglich, ein e tragfähige Gegenpositio n gege n di e Fischer-Thes e z u erarbeiten. Nac h Hillgrubc r beruhte die Politik der Rcichsleitung i n der Julikrise 191 4 auf einer »Theori e des kalkulierten Risikos«: Der Kanzler habe das in seinen Augen gerade noch berechenbare Risik o eine s Kontinentalkricge s au f sich genommen , u m i n ausschließlich defensive r Absich t die Stellung de s österreichischen Bundes genossen z u stärken und dem außenpolitischen Druc k auf das Reich entgegenzuwirken. Entwede r »Ausnutze n de r noc h s o kleine n Chanc e un d Durchstehen de s dami t verbundene n Risikos« , lautet e Hillgrubc r zufolg e das Kalkül der Regierung, ode r »›Kapitulation ‹ vo r dem allgemeinen Tren d der europäische n Politik , de r Deutschlan d i n völlig e Isolierun g z u fuhre n drohte«104. Nebe n dem Hinwei s auf solche bündnispolitischen Motiv e und außenpolitischen Zielsetzunge n erklärte Hillgrubcr das Verhalten der politischen Führung de s Reiches aus innenpolitischen Rücksichtnahme n au f konservative un d nationalistisch e Kreise . Al s de r Reichsleitun g da s Scheiter n ihrer diplomatischen Offensiv e bewuß t geworde n sei, hab e sie den Präventivkriegskonzeptionen de s Generalstabes fatalistisch das Feld überlassen. Für das Mißlinge n de r Risikopoliti k macht e Hillgrubc r zu m eine n die Fchlein153 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Schätzung de r russische n Absichte n durc h di e politisch e un d militärisch e Leitung de s Reiches verantwortlich: Rußlan d hab e entgegen de n deutschen Annahmen aufgrun d seine s Prestigedenken s di e vo n de n Mittelmächte n angestrebte begrenzte Machtverschiebung au f dem Balkan nicht hinnehmen wollen. Zu m andere n nannt e er als Ursache für di e falsche Beurteilun g de r als kalkulierbar angeschene n internationalen ›Krisensituation ‹ menschliche s Versagen un d verschieden e i n de r innere n Struktu r de s Reiche s angelegt e Faktoren: »S o wi e di e Führungsstruktu r i m Deutsche n Reic h mi t de m Nebeneinander vo n politische r un d militärische r Führun g ›unterhalb ‹ de s diese nu r forma l integrierende n Monarche n beschaffe n wa r un d wi e di e Stimmung i n der öffentlichen Meinun g i n Deutschland, verstärk t sei t einer letzten große n antirussische n Pressekampagn e i m Frühjah r 1914 , scho n ›angehcizt‹ war , bewirkte n di e Nachrichten vo n de n russische n Mobilma chungsmaßnahmen, di e die politische Reichsleitun g z u dem Eingeständni s zwangen, da ß ihr e Politi k de s kalkulierte n Risikos ‹ gescheiter t war , de n vollen ›Durchbruch ‹ de r Präventivkricgsvorstellungc n de s Gcneralstabe s nun auch bei der politischen Rcichsleitung.« 105 In dem Maße, i n dem die westdeutsche Kriegsursachenforschung vo n der älteren Wcltkricgsapologi e abrückt e und die aktive Rolle , di e Irrtümer un d Illusionen de r deutsche n Politi k vo r un d währen d de s Erste n Weltkriege s erkannte, verändert e sich auch das Bild des Deutschen Reiches in denjahren von 187 1 bi s 1945 : Deutschlan d erschie n nunmeh r al s »gescheitert e Großmacht«106. Währen d Fische r un d sein e Schüle r di e Ursache n fü r da s Scheitern deutsche r Großmacht - und Weltpolitik vornehmlic h i n den inneren Spannunge n un d Konflikte n de s Reiche s sahen , la g nac h Zcchli n un d Hillgruber da s zentral e Proble m de r deutsche n Nationalgeschicht e i n de r »Mittellage« de s Reiches . Nich t a n innere r Zerrüttun g ode r Entkräftung , sondern a n den kaum lösbaren , au s seiner ›geopolitischen‹ Lag e resultierenden außenpolitische n Aufgabe n se i Deutschlan d zugrund e gegangen 107. Damit grenzte n sic h di e beide n Wissenschaftle r vo n Fische r i n zweierle i Weise ab: von seiner Ablehnung jeglicher Machtpoliti k wi e auch von seiner »politischen Sozialgeschichte« 108. Ausgehen d vo n de r Überzeugung , da ß die »Weltgeschicht e al s Machtgeschichte« un d de r Krieg vo n 191 4 aus der »äußeren Machtstruktur « z u verstehen sei , stellt e Zcchlin da s »Sicherheits dilemma« de r deutsche n Politi k i n de n Mittelpunk t seine r Betrachtungen . Die Frag e de r äußere n Sicherhei t i n eine m Staatensystem , desse n Haupt merkmal da s Ringen souveräner Staate n um das Kräfteverhältnis i n Europa gewesen se i - fü r Zcchlin im übrigen die einzige historische Kontinuität, di e sich in der Julikrise fü r die deutsche Politi k aufzeige n lasse- , hab e sich dem Reich aufgrun d seine r exponierte n »Mittcllagc « mi t besondere r Schärf e gestellt; die s u m s o mehr , al s das Bismarcksch c Bündnissyste m durc h ei n labiles Gleichgewich t zweie r sic h imme r stärke r feindlic h gesonnene r Machtblöckc abgelöst worden sei. Es war daher nur folgerichtig, da ß Zcchlin di e Aufhebun g de s »Einkreisungsringes « u m da s Reic h un d desse n 154 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
»Selbstbehauptung« z u de n entscheidende n Absichte n un d Zielsetzunge n der deutschen Politi k erklärte 109. Mit Zcchli n teilt e Hillgrube r di e Auffassung , da ß de r Historiker be i der Analyse de r Politi k vo n Staate n i m Zeitalte r de s Imperialismus vo n eine m relativen »Eigengewich t de r historisch geprägten Staaten « un d der relativen »Autonomie ihrer Außenpolitik« auszugehe n habe. Dies gelte insbesondere für die Groß- und Weltmächte der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Ein e sich als »politisch « verstehend e Geschichtswissenschaft , di e diesem Tatbestan d Rechnung tragen wolle, müss e daher dem »Moment der Entscheidung« de n Vorrang vo r de r »Vorstellun g vo m Prozeßcharakte r de r Geschichte « ein räumen. Si e hab e vornehmlic h danac h z u fragen , welch e Absichte n un d Zielsetzungen vo n de n politisc h Verantwortliche n ode r de n Führungs schichten vertrete n worde n waren , i n welche m Maß e dies e Konzeptione n sich widersprachen , ablöste n ode r angliche n sowi e danach , welche n Gra d der Abhängigkei t vo n de n historische n Bedingunge n ihre r Zei t si e besa ßen110. Auf der Grundlage dieses Forschungsansatzes gelangte Hillgruber zu dem Ergebnis , da ß de r groß e Einflu ß militärisch-strategische r un d auc h militärtechnischer Faktore n auf die wilhelminische Außenpoliti k ein e Folge der geographische n »Mittellage « de s Reiche s un d de r »wachsende n Rele vanz seine r - i n diese m Sinn e verstandene n - räumliche n Enge « gewese n sei111. Machtbchauptun g un d Machterweiterung hätte n dahe r die deutsche Politik seit Bismarck geprägt. Di e Tatsache, daß das Reich schließlich an der Lösung dieser zentralen Aufgab e gescheiter t sei, erklärte Hillgruber mi t der außenpolitischen Überforderun g de r »verspätete n Nation « Deutschland : nämlich de m enge n zeitliche n Zusammenfalle n vo n »Nationalstaatsgrün dung, Übernahm e de r Aufgabe n al s ›halbhegemoniale ‹ europäisch e Großmacht un d de r . . . ›Versuchung ‹ zu r ›Weltpolitik ‹ i m Zeitalte r de s heraufziehenden un d dan n vol l ausgeprägte n Hochimperialismu s a m Be ginn der Geschichte der deutschen Großmacht« 112. Die allmähliche Beruhigung der historiographischen Auseinandersetzun g und das gewandelte historisch-politisch e Sclbstverständni s de r Weltkricgs historie wirkt e sic h soga r au f vormal s erbittert e Gegne r Fischer s aus . S o betonten nunmeh r auc h Historike r wi e Hölzle , Rothfel s ode r Hcrzfel d di e Notwendigkeit eine r fundamentalen Revisio n des traditionalen Geschichts bildes un d modifizierte n ihr e eigen e Position . Hölzl e und Rothfel s zeigte n sich i m Verlau f der Debatt e de n Argumente n de r Vertrete r de r Präventiv kriegsthese gegenüber aufgeschlossen 113. A m weitesten rückte Rothfels von seinen früheren Auffassunge n ab . Noch 1963 hatte er die Meinung vertreten, es gebe »nicht s zu revidieren« 114. Zwe i Jahre später dagegen gestan d er zu, daß die von der älteren Forschung im Kampf gegen die Vcrsailler »Schuldlü gc« erarbeitete n These n zumindes t überprüf t werde n müßten : »Wa s di e Ergebnisse dieser Arbeit betrifft, s o wird einiges zu modifizieren sein , wen n auch keinesweg s s o weitgehen d wi e e s ein e neue , nunmeh r vo n eine m deutschen Historike r vertreten e Kriegsschuldanklag c will. « Außerde m ga b 155 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Rothfcls zu bedenken, da ß der Protest gegen die Vcrsaillcr Anklagen i n der Zwischenkriegszeit stark e Emotionen geweck t habe , »vo n denen die Partei am meiste n profitiere n konnte , z u dere n tägliche m Vokabula r de r ›Schmachfriede‹ vo n Versaille s gehörte« 115. I n einer 197 0 veröffentlichte n Stellungnahme z u Fischers Buch »Krie g de r Illusionen« gin g Rothfcl s noch einen Schrit t weiter: Zwar lehnte er die Thesen Fischers nach wie vor ab; er bekannte sich aber nunmehr zu der von WolfgangJ. Mommsc n vertretenen Deutung, derzufolg c di e deutsch e Reichsleitun g i n de r Julikrisc 191 4 da s »Wagnis eine r politische n Offensiv e har t a m Rand e de s großen Krieges‹ « eingegangen sei 116. Mi t Rothfels teilt e Herzfeld di e Meinung, ein e »völlig e Neuprüfung de r Roll e de r deutsche n Politi k bei m Ausbruc h de s Erste n Weltkrieges« se i unerläßlic h geworden . E r leugnet e keineswegs , da ß Deutschland 191 4 schwere Verantwortung au f sich geladen habe ; die Blankovollmacht de s Reiches a n Österreic h hab e als »Initialzündung « gewirkt , die in die Katastrophe des Ersten Weltkrieges gemündet sei. Letztlich jedoch verteidigte Herzfeld di e Defensivkriegsthese. Fü r ihn war das Verhalten des Reiches im Juli un d Augus t 191 4 durch de n Wunsc h bedingt , di e bisherig e Machtstellung i n einer Situation z u stabilisieren, i n der sich das Risiko noch in überschaubare n Grenze n hielt 117. Ähnlic h argumentiert e Pete r Gra f Kielmansegg, au s dessen Feder der umfassendste Versuch einer Begründung der Defensivkriegsthese nac h 196 4 stammte. E r erblickte das »Grundmoti v der deutsche n Politik « währen d de r Kriegskris e de s Jahres 191 4 i n de r Furcht, da ß die Machtstellung de s Reiches und damit dessen Existenz durch Veränderungen de s internationale n Kräfteverhältnisse s gefährde t werde n könne. Allerding s ga b e r zu , da ß di e Reichsleitun g sic h durchau s akti v verhalten habe : Unter dem Druc k einer vermeintlichen Existenzbedrohun g habe sie eine »Politik de r Kriegsbereitschaft« betriebe n und daher diejulikri sc durchaus verschärft 118. Auch wen n sic h di e Deutun g Fischer s un d seine r Schüle r vo n »eine r kurvenlosen Einbahnstraße , au f der die Reichspolitik jahrelang de n großen Krieg bewuß t ansteuerte« 119, nich t durchsetze n konnte , bleib t e s doch das unbestreitbare Verdiens t de s Hamburge r Historikers , ein e fundamental e Überprüfung de r älteren »Weltkriegsapologetik « erzwunge n z u haben. Das bis dahi n vo n de r Forschun g »zä h festgehalten e Tab u eine s vo m Krie g letztlich überraschten Deutschen Reiches« wurd e endgültig zerstört 120. Un geachtet der nach wie vor bestehenden Meinungsunterschied e zwischen den Anhängern de r Defensiv- , de r Präventiv - un d de r Offensivkriegsthese n herrschte weitgehen d Übereinstimmun g darüber , da ß sich Deutschlan d in derjulikrise 191 4 aktiv verhalten habe. Damit verlor auch die Auffassung a n Boden, derzufolg c der Nationalsozialismus und dessen Gewaltpolitik ledig lich ein »Betriebsunfall « i n der deutschen Vergangenhei t gewesen seien. Zu den Leistunge n Fischers , abe r nich t zuletz t auc h Zcchlin s un d Erdmann s gehört es , da ß sic h di e ursprünglic h nationa l akzentuiert e Diskussio n ver sachlicht hat. Zwa r gingen nur wenige Wissenschaftler s o weit wie Fischer, 156 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
der i m Verlau f de r Debatt e sei n Interess e deutlic h vo n de n Haupt - un d Staatsaktionen au f die gesellschaftlichen un d wirtschaftlichen Bedingunge n der Außenpoliti k vo n Staate n i m Zeitalte r de s Imperialismu s verlagerte ; aber auch diejenigen Historiker , di e an der These von der relativen Autonomie der Politik festhielte n un d die Geschichte der internationalen Beziehun gen vornehmlic h unte r machtpolitische n Gesichtspunkte n analysierten , rückten von der nationalen Apologie der älteren Forschung ab. Insofern wa r die Fischer-Debatt e »de r Schwanengesan g de r ältere n Forme n eine r natio nalpolitischen Historiographie , wi e si e i n de r deutsche n Traditio n lang e vorgeherrscht hat« 121 . Darübe r hinau s la g di e Bedeutun g de r Arbeite n Fischers darin , »eine n einflußreiche n Tei l de r bundesrepublikanische n Machtelitc z u eine m Überdenke n eine r a n entgleiste n Denktraditione n orientierten Außenpoliti k mi t verholfen « z u haben 122. E r hat maßgeblic h dazu beigetragen , di e Gegenwart vo n de n Hypotheken de r Vergangenhei t zu befreien un d damit den Weg z u einer Außenpolitik z u ebnen, dere n Ziel die Anerkennung des territorialen Status quo in Europa durch die Deutschen war.
2. Historisch e und systematische Sozialwissetischaf t Gegen End e der sechziger und Anfang de r siebziger Jahre geriet die bundesrepublikanische Geschichtswissenschaf t i n ein e entscheidend e Umbruch phase. Unte r de m Eindruc k eine r tiefgreifende n Identitätskrise , di e nich t zuletzt ein e Kris e de s Historismu s war , beganne n vornehmlic h jünger e Historiker, di e bi s dahi n vorherrschende n theoretisch-methodologische n und politisch-gesellschaftliche n Orientierunge n de r Histori e eine r grund sätzlichen Kriti k z u unterziehen un d nac h neuen Wege n wissenschaftliche r Geschichtsschreibung z u suchen 1. Überzeug t davon , da ß nu r ei n Paradig mawcchsel ein e angemessene Lösun g de r Krise der Geschichtswissenschaf t bieten könne , forderte n einig e diese r Historike r di e Umgestaltun g un d Erweiterung ihre r Diszipli n z u einer historische n Sozialwisscnschaft 2. De ren Anhänger, z u denen beispielsweise Hans-Ulrich Wchler , Jürgen Kocka, Jörn Rüscn, WolfgangJ . Mommscn , Winfrie d Schulz e und Reinhard Rüru p gehören, wandte n sic h ersten s gege n de n Gcschichtsbcgrif f de s Historis mus, de r Geschicht e zumeis t au f politisch e Geschicht e vereng e un d da s Augenmerk de s Historiker s i n de r Rege l au f de n Staa t al s wichtigste n Handlungsträger de s vergangenen Geschehen s lenke . Ein e Geschichtswis senschaft, di e de r zunehmende n Bedeutun g soziale r un d wirtschaftliche r Bestimmungsfaktoren menschliche n Handeln s Rechnun g trage n wolle, ar gumentierte man, müss e ihre Fragestellungen, Methode n und Arbeitsfelder erweitern, inde m si e de r Analys e gesellschaftlicher , wirtschaftliche r un d kultureller Erscheinunge n breitere n Rau m gebe . Zweiten s versucht e ma n 157 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
nachzuweisen, da ß da s der Geschichtsauffassung de s Historismu s entspre chende methodisch e Verfahre n de r hermeneutische n Rekonstruktio n ab sichtsvollen Handeln s zur Untersuchung un d Darstellung gesellschaftliche r Entwicklungen i n der Vergangenheit wi e zur Bereitstellun g orientierungs fáhigcn Wissen s i n de r Gegenwar t nich t meh r ausreiche . U m auc h solch e Motive und Hintergründe vergangener Ereignisse, Vorgänge und Handlungen zu erfassen, di e sich nicht direkt aus den Quellen ableite n ließen , müss e der Historiker i n verstärktem Maß e die von den systematischen Sozialwis senschaften erarbeitete n Theorie n un d Modell e fü r di e historisch e For schung fruchtbar machen , ohne jedoch auf die Verstehcnslchrc des Historismus gänzlich z u verzichten: »Geforder t wurde , di e leitenden Erkenntnisin teressen und -gesichtspunkte, Auswahlkriterien , Kategorie n un d Verknüpfungshypothesen möglichs t explizi t un d konsistent zu r Diskussion z u stellen, u m ihre Überprüfbarkeit z u sichern und sie mit konkurrierenden bzw . ergänzenden Gesichtspunkten , Kriterie n un d Kategorie n vergleiche n z u können.«3 Inde m di e Verfechte r de r historische n Sozialwissenschaf t ih r Hauptaugenmerk au f Strukturen und Prozesse als Bedingungen un d Folgen menschlichen Handelns richten, di e den einzelnen Individuen oder Gruppen nicht in vollem Umfange bewuß t waren, orientiere n si e ihre Arbeit drittens an eine m aufklärcrisch-cmanzipatorische n Erkcnntnisintercssc . Ein e de r zentralen Aufgabe n de r Histori e wir d dami t di e Ideologiekritik : E s gilt , möglichst viel e de r de n Mensche n nich t bewußte n un d vo n ihne n nich t beherrschten Dimensione n de r geschichtliche n Wirklichkei t aufzudecken . Damit erscheint Geschichte als ein Prozeß, de r durch vernünftiges Handel n zu beeinflusse n sei ; di e gesellschaftlich e Wirklichkei t wir d al s veränderba r interpretiert4. Das Deutsch e Kaiserreic h bildet e eine n bevorzugte n Forschungsgegen stand de r Vertrete r de r historische n Sozialwissenschaft . Dabe i setzte n si e sich intensi v mi t de r Roll e Deutschland s i n de r Vorgeschicht e de s Erste n Weltkrieges auseinander. I m Mittelpunkt ihre s Interesses standen die innenpolitischen, gesellschaftliche n un d wirtschaftliche n Hintergründ e de r wil helminischen Außenpolitik . A n die Überlegungen Rosenbergs , Hallgarten s und besonders Kchr s anknüpfend un d diese vertiefend, analysierte n si e die deutsche Vorkriegspoliti k vo r de m Hintergrun d eine s reformunfähigen , durch tiefgreifend e inner e Widersprüche gekennzeichnete n politische n un d gesellschaftlichen Systems . I n der expansionistischen un d imperialistische n Vorkriegspolitik sahe n di e Anhänge r de r historische n Sozialwissenschaf t den Versuch der damaligen Machtelitcn, durc h außenpolitische Erfolg e von inneren Schwierigkeiten abzulenken . Da s Verhalten der Reichslcitung in der Julikrise 1914 stellte sich ihnen als eine »Flucht nach vorn« de s »Kaiserreiches in der Sackgasse « dar 5. Auc h wirtschaftspolitisch c Erwägunge n hätte n di e Entscheidungen de r politischen und militärischen Führun g beeinflußt, den n Deutschland hätte in dem nicht zuletzt von ihm forcierten Rüstungswettlau f nur noch eine begrenzte Zeit mithalten können. Angesichts dieser Problem e 158 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
könne die aggressive Politi k de s Reiches unmittelbar vor dem Weltkrieg i m Sinne eine s »Besse r jetzt al s später « ode r »J e eher , dest o besser « gedeute t werden6, inde m di e Vertreter der historischen Sozialwissenschaf t di e wirt schaftlichen un d gesellschaftliche n Triebkräft e sowi e die politischen Funk tionen expansionistischer Politi k herausstellten, näherte n sie sich zumindest partiell de r Kritischen Friedensforschung . Mi t ihre n Verfechter n teilte n sie die Überzeugung, da ß Kriegsursachenforschung imme r auch Gesellschaftskritik sei . Ähnlic h wi e jene Friedensforsche r bemühte n sic h die Historike r darum, de n »ganze n Komple x organisierte r Aggressivitä t nich t al s ein e Naturkatastrophe, quas i ontologisch, sonder n als eine aus ganz bestimmten gesellschaftlichen Prozesse n entwickelt e Struktu r durchschaubar « z u ma chen7. Die Thesen der kritischen Friedensforsche r wurde n teilweise von der Geschichtswissenschaft aufgegriffe n un d anhand des geschichtlichen Quel lenmaterials überprüft, modifizier t ode r erweitert. Da s gilt nicht in gleichem Maße fü r ander e Richtunge n de r moderne n Friedens - un d Konfliktfor schung. Besonder s solche Ansätze, die auf die Erarbeitung »sozialtcchnisch « verwertbaren Wissen s zielen , stieße n au f heftig e Ablehnung . E s se i zu m einen empirisch höchst fragwürdig, argumentiert e man , anhand der Analyse des historischen Kriscnablaufe s allgemeingültig e Theorie n oder auch nur gesetzmäßige Aussage n übe r die Entstehung von Kriegen zu gewinnen, u m so de n politisc h Verantwortliche n Entscheidungshilfe n zu r Bewältigun g kricgsgefáhrlichcr Krise n zu vermitteln. Sozialwisscnschaftler , di e »technokratisches Herrschaftswisse n zu r ›Systcmstcucrung‹ « erarbeiteten , blende ten zu m andere n di e historisch e Dimensio n gesellschaftliche r Verhältniss e und deren Veränderbarkeit au s ihren Überlegunge n aus 8. Seit Begin n de r siebzige r Jahre sa h sic h di e gcschichtswissenschaftlich c Kriegsursachenforschung wachsende m Konkurrenzdruc k vo n Seite n de r systematischen Sozialwissenschaftcn , insbesonder e der modernen Friedensund Konfliktforschun g ausgesetzt . Gerad e dies e erlebt e eine n steile n Auf stieg. Nich t vo n der Geschichtswissenschaft, sonder n vo n der aus der politikwissenschaftlichen Diszipli n de r Internationalen Beziehunge n hervorge gangenen Friedens - und Konfliktforschun g versprache n sic h Politike r un d weite Teil e de r historisch-politisc h interessierte n Öffentlichkei t Aufschlu ß über di e Entstehun g internationale r Krise n un d Konflikt e wi e auc h Ent scheidungshilfen z u ihrer Bewältigung. Begünstig t wurde der institutionelle Ausbau de r neue n Forschungsrichtun g durc h da s Reformklima jene r Zei t und die seit 1969 von der sozialliberalen Koalition initiierte und intensivierte Ost- und Entspannungspolitik 9. Di e Friedens- und Konfliktforschcr erho ben de n Anspruch , di e Sozialwissenschaften seie n eher al s die traditionell e Historie in der Lage, da s zur Lösung der Gegenwartsprobleme notwendig e oricntierungsfáhige Wisse n bereitzustellen . Ral f Dahrcndor f nah m di e Fi scher-Debatte zu m Anlaß, au f die Schwächen geschichtswissenschaftliche r Deutungen de r jüngeren deutsche n Vergangenhei t hinzuweisen . E r gab zu bedenken, da ß aus der Geschichte zwar zu lernen sei, man aber die Erkcnnt159 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
nissc der herkömmlichen, primä r geistesgeschichtlic h arbeitende n Histori e nicht anwenden könne . Auc h wenn das Verstehen historischer Zusammen hänge »de n Habitus des Verstehenden« verändere , bleib e doch »das Verstehen in einem entscheidenden Sinn e folgenlos: Es sagt uns nicht, wa s wir tun müssen, u m die Wiederkehr des Falschen zu vermeiden und die Hcraufkunf t des Richtige n herbeizuführen. « Überdie s enthielte n historisch e Aussage n ein Elemen t de r Beliebigkeit , da s in der hermeneutischen Verfahrensweis e wurzele. Geschichtliche Erkenntni s ziel e au f di e Eviden z vo n Einsichten , nicht abe r au f kontrollierbare Theorien : »Erklärungen , di e nich t erklären ; Aussagen, di e nichts aussagen - da s sind zwei Schwächen vieler historischer Analysen de r deutsche n Frage , dene n nu n ein e dritt e hinzugefüg t werde n muß: di e de r fehlende n Historizität , de s fehlende n Verständnisse s fü r de n ständigen Wande l alle r soziale n Werk e de s Menschen.« Ungeachte t diese r Kritik sprac h Dahrcndor f de r Geschichtswissenschaf t ein e wichtig e Funk tion bei der Überprüfung un d gegebenenfalls Korrektu r historischer Rechtfertigungsidcologicn zu . Al s Beispie l führt e e r di e Arbeite n Fischer s an . Dessen ideologiekritische Leistun g bestand aus der Sicht Dahrcndorfs darin, jenes wohlkonstruiertc Geschichtsbild in Frage gestellt zu haben, demzufol ge der Aufstieg de s Nationalsozialismus da s Ergebnis der ungerechten un d zu harte n Friedensbedingunge n vo n 191 9 gewese n sei . Den n »wen n de r Erste Weltkrie g nich t gewissermaße n zufällig , ode r . . . nac h höhere r Zwangsläufigkeit ode r gemeinsame r Schul d alle r zustandegekomme n ist , dann erscheint der Versailler Vertrag in einem anderen Licht und mit ihm die Entstehung un d der Sieg der nationalsozialistischen Bewegung« 10 . Eine i m Gegensat z z u de n Ausführunge n Dahrendorf s außerordentlic h scharfe Kriti k a n de r Geschichtswissenschaf t - di e abe r di e neuer e ge schichtstheoretische Diskussio n wi e auch die im Gefolge der Fischer-Debat te sic h anbahnend e Neuorientierun g de r Weltkriegshistori e kau m zu r Kenntnis nah m - übte n dre i jüngere Politikwissenschaftler : Klau s Jürgen Gantzel, Gisel a Kres s un d Volke r Rittberger 11. I n ihre n Auge n wa r di e Geschichtswissenschaft, di e sie verallgemeinernd zu r »traditionell-bürgerli chen Historie « abwerteten , vornehmlic h ein e Legitimationswissenschaft . Indem die Historiker die sozialen und wirtschaftlichen Ursache n des Ersten Weltkrieges aus ihren Untersuchunge n ausblendete n un d die Schuld an der Katastrophe von 191 4 entweder dem internationalen Syste m oder einzelnen Politikern zuschrieben, entlastete n si e die durch den Weltkrieg diskreditier ten Gesellschaftsschichten un d trügen somit zur Stabilisierung de r bürgerlichen Gesellschaft bei . Die »zeitweise heftigen un d bis in persönliche Fehden reichenden Kontroversen « de r Historike r gehörte n nac h Auffassun g vo n Gantzel, Kres s un d Rittberge r nich t zuletz t »i n de n Zusammenhan g vo n Apologie un d Kriti k jener gesellschaftliche n Kräft e . . . , di e die Politik de s Ersten Weltkriege s getrage n un d teilweis e überdauert « hätten . Darübe r hinaus warfen si e der herkömmlichen Kricgsursachcnforschun g Theoriear mut vor. Si e betreibe unter dem Deckmantel wissenschaftliche r Objektivi 160 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
tat nur Erzählkunst und beschränke sich weitgehend auf die Erarbeitung rein antiquarischen, jegliche Gegenwartsbezüg e ausklammernde n Wissens . So weit sic h die Historiker doc h gezwungen sähen , z u Gegenwartsprobleme n Stellung z u nehmen , enthielte n ihr e Aussage n nich t selte n »folgenreich e Fehldiagnosen, ahistorisch e Generalisicrungcn « un d »affirmativ-konserva tive Beurteilungen oder Ratschläge« I2. Um de n au s ihre r Sich t notwendigen , abe r gestörte n Dialo g zwische n Historikern un d Sozialwissenschaftler n i n Gan g z u bringen un d de r west deutschen Histori e z u einem geschärfte n Theoricbewußtsci n z u verhelfen , veröffentlichten Gantzel , Krcs s und Rittberge r einig e sozialwissenschaftli che Studie n zu m Kriegsausbruc h 1914 . Alle n diese n Arbeiten , di e vo n amerikanischen Friedens - und Konfliktforschern stammten , la g ein »techni sches« Erkcnntnisintcress c zugrunde . Anhan d de r Analys e de r Vorge schichte de s Erste n Weltkriege s versuchte n di e Verfasse r i n de r Regel , nomologischc Aussage n z u gewinnen , di e de n politisc h Handelnde n al s Entscheidungshilfen be i de r Steuerun g ode r Vermeidun g zukünftige r Kri sen un d Konflikt e diene n sollten 13. Inde m dies e Wissenschaftle r di e ge schichtliche Wirklichkei t »i m Hinblic k au f eine unter spezifizierte n Bedin gungen imme r un d überal l möglich e technisch e Verfügung « erfaßten 14, wollten sie , folg t ma n Wolfgan g Huber , di e historische Forschun g i n eine Theorie der Konfliktverhinderung ode r -bewältigung integrieren : »Verhin derung ode r Bewältigun g eine s Konflikt s werde n al s technische Aufgabe n angesehen; historisch e Forschun g träg t zu r Erkenntni s derjenige n Regel n bei, nac h dene n dies e Aufgabe n gelös t werde n können.« 15 Keinesweg s zufällig richtet e sic h da s Augenmer k de r amerikanische n Sozialwissen schaftlcr au f de n Kriegsausbruc h 1914 . Angesicht s de r Erfahrun g zweie r Weltkriege, de r zunehmende n atomare n Bedrohun g währen d de s Kalte n Krieges und der seit Mitte der fünfzigerjahre bestehende n »atomare n Pattsituation« erschie n ihne n di e Analys e diese s Kriege s al s besonders geeignet , Aufschluß übe r jen e Gesetzmäßigkeite n z u erhalten , di e zu m Ausbruc h internationaler Katastrophe n führten , zuma l nich t wenig e vo n ihne n di e »Unfallthcsc« befürworteten . Ware n ers t einmal di e kriegsfördernden Me chanismen untersuch t un d bekannt , lautet e di e Überzeugun g diese r For scher, werd e es möglich sein, kriegsgefährliche Krise n zu steuern und damit künftig di e Entstehung derartige r »Betriebsunfälle « i m internationalen Zu sammenleben de r Völker zu vermeiden 16. Nach inhaltliche n Kriterie n lasse n sic h di e sozialwisscnschaftlichc n Stu dien zum Kriegsausbruch 191 4 in Konflikt-, Eskalations-un d Kriscnstudien untergliedern. Letzter e behandelten einen vergleichsweise kurzen Zeitrau m in de r Vorgeschicht e de s Weltkrieges , nämlic h di e Kris e de s europäischen Staatensystems sei t de m Attenta t vo n Sarajewo . Ihr e Verfasser versuchte n die Frage zu beantworten, welch e psychischen Prozesse das Verhalten politischer Entscheidungsträge r i n Krisensituatione n bestimmten . Dara n an knüpfend untersuchte n sie, wi e die politisch Verantwortliche n i n den curo161 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
päischcn Großmächte n di e ihne n zugängliche n Informatione n verarbeite t und welche Konsequenzen sie daraus gezogen hatten 17. Di e Eskalationsstudien befaßte n sic h mi t de m »Proze ß de r wechselseitige n Aufschaukelung , der Eskalation zwischen den rivalisierenden Staaten oder Systemkonkurrenten«18. Ei n bevorzugte r Gegenstan d diese r Untersuchunge n wa r de r Rü stungswettlauf vo r 1914 . I m Mittelpunk t de r Konfliktstudie n stan d da s latente Konfliktpotential , da s sic h au s de r »längerfristige n strukturelle n Dynamik de r europäischen Großmachtgcscllschaftc n un d ihre n Beziehun gen untereinander « entwickelt e un d de n Weltkrie g hervorbrachte 19. Di e Forschungstechniken und Verfahren, mi t denen die amerikanischen Wissenschaftler di e vo n ihne n vermutete n »Muster , Wiederholunge n un d direk te(n) Analogie n i n de r menschliche n Geschichte« 20 aufzudecke n suchten , reichten vo n quantifizierende n Methode n übe r di e Simulationsanalys e bi s hin zur Anwendung systemtheoretische r Modelle . A m Beispie l dreie r aus gewählter Untersuchunge n seie n hie r die Arbeitsweise un d di e Ergebniss e der sozialwissenschaftlichen Kricgsursachcnforsche r deutlic h gemacht . Mit Hilf e der Computersimulation wollte n Ithic l de Sola Poo l und Allan Kessler, dere n Analys e de n Krisenstudie n zugeordne t werde n muß , di e Entscheidungen de s Zaren un d de s deutsche n Kaiser s i m Juli un d Augus t 1914 nachvollzichen . E s galt , zwe i Hypothese n z u überprüfen . Di e ein e lautete, da ß Mensche n solch e Nachrichten , di e sie selbst betreffe n un d di e aus ihnen bekannten und von ihnen als vertrauenswürdig anerkannten Quellen stammen , stärke r beachtete n al s solche , di e ihre n frühe r geformte n Ansichten widersprächen. Di e zweite ging davon aus, daß Menschen haupt sächlich solche Informationen wahrnähmen , di e sich auf Vorgänge bezögen, in die sie selbst verwickelt seien , »d . h. eine Aktion bring t Engagemen t mi t sich«. Z u diese m Zwec k gabe n Poo l un d Kessle r ihre m Compute r ei n Szenarium vo n Nachrichte n ein , di e si e fü r repräsentati v hinsichtlic h de r Ereignisse vor Kriegsbeginn hielten . Da s Ergebnis war, da ß sich sowohl der simulierte »Zar « al s auch der simulierte »Kaiser « gemä ß de n zuvor formu lierten Hypothese n verhielten : »Jede r beachte t gerad e jene Ereignisse , di e ihn betreffen . Gleichzeiti g übersieh t jeder einig e wichtig e Hinweise , die , wären si e beiderseiti g erkann t worden , de n Krie g hätte n verhinder n kön nen. Stat t desse n sieh t jede r di e offene n militärische n Maßnahme n de s anderen, ohn e vo n desse n mäßigende n Absichte n Kenntni s z u nehmen ; andererseits handeln sie im Bewußtsein ihre r eigenen maßvollen Absichten , von dene n si e annehmen , da ß si e de r andere n Seit e ebenfall s offenkundi g sind.« 21 Näheren Aufschluß über den Rüstungswettlauf vor dem Ersten Weltkrieg und dabei vor allem über die allen europäischen Großmächten gemeinsame n Entwicklungstendenzen versucht e Lewi s F . Richardso n z u erhalten , de r neben Quincy Wrigh t und Pitirim A. Soroki n zu den Pionieren der vergleichenden Kriegsursachenforschun g gehörte 22. Dabe i bediente sich Richard son, desse n Arbei t de n Eskalationsstudic n zugeordne t werde n muß , eine s 162 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
mathematischen »Modells« . Diese s sollt e a n empirische m Materia l zu m europäischen Rüstungswettlau f vo n 190 9 bis 191 4 überprüft werden . De m auf Differentialgleichungen basierende n »Modell « la g der Gedanke zugrunde, da ß zwe i gegnerisch e Staate n ode r Machtblöck e ihr e Rüstunge n nac h dem Stan d der Rüstungen ihre s jeweiligen Kontrahente n ausrichteten , Rü stungswettläufe als o außengestcuert seien , Verlau f und Niveau hingen nach Richardson vo n vie r Faktore n ab , di e als Variable n i n di e Differentialglei chungen eingingen : vo n de m Ausma ß de r gegnerische n Rüstungen , de n durch si e erzeugten Sicherheits - beziehungsweise Unsichcrheitsvorstellun gen, de n die Eskalation vo n Rüstungswettläufen hemmende n Rüstungsko sten sowi e de m Gra d de r Feindschaf t ode r Freundschaf t beziehungsweis e der Zufriedenhei t ode r Unzufriedenhei t zwische n de n Machtblöcken . Au f der Grundlag e de s ih m zu r Verfügun g stehende n Datenmaterial s ka m Richardson z u dem Ergebnis, daß dem Ersten Weltkrieg ein 1909 beginnender Rüstungswettlau f zwische n de n europäische n Großmächte n vorange gangen sei. Dieser habe der Außenpolitik jener Staaten »eine fast maschinenartige Qualität« verliehen , »etw a in der Mitte zwischen der Berechenbarkeit der Mondbahn und der Freiheit eines unverheirateten Mannes« 23. Während Richardso n wi e Poo l un d Kessle r ihr e Arbeite n nich t zuletz t auch al s Versuch ansahen, di e Tragfähigkeit eine r bestimmten Method e zu überprüfen, gin g es Richard N. Rosecrancc vor allem um die Formulierung eines systemanalytischen Modells . Sein e Analyse stamm t au s dem Bereic h der Konfliktstudien. Au f der Grundlage zumeist älterer Literatur untersuchte Rosecrancc zunächst die diplomatische Vorgeschichte des Weltkrieges. Er kam z u de m Ergebnis , da ß da s international e Syste m i n Europ a vo r 191 4 äußerst instabi l gewese n sei . Al s Ursache n nannt e er den imperialistische n Nationalismus un d da s aus ih m resultierend e europäisch e Bündnissystem . Außerdem hätte n wirksame Methoden und Institutionen gefehlt , mi t denen das zerstörerische Handel n de r einzelne n Nationalstaate n kontrollier t wer den konnte. In einer solchen internationalen Konstellatio n habe der Versuch der einzelne n Großmächte , ihr e konkurrierende n Ansprüch e a n ihre Um welt durchzusetzen , unweigerlic h zu m Krieg e fuhre n müssen 24. Sodan n erarbeitete Rosecranc c in analoger Übertragun g de r Funktionsweisen eine s thermostatisch regulierte n System s ei n systemanalytische s Modell , da s er schließlich zur Erklärung des Kriegsausbruches l9l4hcranzog . DcrCharak tcr de r internationale n Beziehunge n lie ß sic h i n seine n Auge n durc h da s Zusammenwirken dreie r Faktorenbünde l beschreiben : E s handelte sic h erstens um die störenden Wirkungen , di e von den Akteuren, d . h. den Nationalstaaten, ausgingen ; ih r Handlungsspiclrau m wiederu m werd e durch di e innen- un d außenpolitische n Interesse n de r nationale n Eliten , durc h dere n Macht un d Legitimitä t bestimmt . Hinz u käme n zweiten s di e Knapphei t beziehungsweise der Überfluß natürliche r Ressourcen und Umweltfaktore n sowie dritten s di e institutionalisierte n ode r informelle n Mechanisme n zu r friedlichen Lösun g zwischenstaatliche r Konflikte . Anhan d de s i m erste n 163 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Teil seiner Studie gesammelten Material s versuchte Rosccrancc die These zu untermauern, da ß der Krieg von 191 4 eine Folge der Instabilität de s internationalen System s gewesen sei. E r ging dabei von der Annahme aus, daß eine solche Instabilität beziehungsweis e Stabilitä t vo n dem spezifischen Verhält nis de r Störquelle n z u de n verschiedene n Rcgulicrungsvcrfahre n abhänge : »Im Syste m de s imperialistische n Nationalismu s i n de n internationale n Beziehungen (1890-1918 ) ware n di e Regulatorvariatione n nich t ausrei chend, um den Variationen der Aktcurstörung entgegenzuwirken. Auc h die Umwcltbcschränkungen verengte n sic h un d konnte n keine n stabilisieren den Einfluß au f internationale Vorgäng e ausüben. Da s Mächtekonzert ver sagte als ein Regulierungsmechanismus un d nahm sogar den Charakter des Partiellen an . Da s Ergebni s wa r international e Instabilität.« 25 Innerhal b dieses System s hab e ei n Großtei l de r verschiedene n Machtclitc n Verände rungen de s internationalen Statu s quo angestrebt, u m seine innenpolitisch e Machtstellung abzusichern . D a abe r di e vorhandene n Ressource n weitge hend unte r de n einzelnen Mächte n aufgeteil t gewese n seien , hab e der Ver such, zusätzlich e Quelle n z u erschließen , zwangsläufi g z u gewaltsame n Auseinandersetzungen führe n müssen . Die These n de r amerikanische n Sozialwissenschaftle r stieße n be i de n westdeutschen Historiker n au f heftige n Widerspruch . Besonder s Imanue l Gciss, John C . G . Röh l un d Volke r R . Berghah n übte n scharf e Kritik . Si e waren von den Herausgebern des Sammelbandcs um Stellungnahmen gebe ten worden, zuma l sie als aufgeschlossen gegenübe r modernen Fragestellun gen galten 26. Nich t zuletz t unte r de m Eindruc k de r Forschungsergebniss e Fischers un d de s von ih m zutag e geförderte n Quellenmaterial s versuchte n Gciss, Röhl und Berghahn nachzuweisen, da ß die Schlüsse der Friedens-und Konfliktforscher au f einer äußerst unzureichende n Literatur - und Material grundlage basierten . Scho n allei n au s diese m Grund e se i ein e politisch gesellschaftliche Nutzanwendun g de r Erkenntniss e fragwürdig . Gerad e in jüngster Zei t hab e di e Geschichtswissenschaf t zeige n können , da ß Europ a nicht i n den Ersten Weltkrie g hineingeschlitter t sei , wi e jene Sozialwissen schaftler vielfac h annähmen . Darübe r hinaus sei es unzulässig, di e Ursachen des Krieges von 191 4 auf einige opcrationalisicrbare Faktore n zurückzufuh ren. S o müsse der Historiker Richardso n entgegenhalten , da ß er die innenpolitischen Bedingunge n besonder s der deutschen Rüstungspoliti k au s sei nen Überlegungen ausgeblendet habe. Das Wettrüsten vor 1914 sei nicht die Folge der Blockbildun g gewesen , sonder n die Blockbildung ein e Folge des deutsch-englischen Gegensatzes . Außerde m legte n di e de r Forschun g sei t neuestem zugängliche n Quelle n de n Schlu ß nahe , da ß der europäische Rü stungswettlauf bereits um die Jahrhundertwende begonne n habe 27. Metho disch außerordentlic h problematisc h se i di e Computersimulation . Ein e grundlegende Schwäch e diese r Verfahrensweis e besteh e darin , da ß de r Computer kein e Ergebniss e liefern könne , di e von dem eingegebenen Pro gramm abwichen . Z u neue n Einsichte n werd e ma n au f diese Weis e daher 164 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
wohl kaum gelangen: »Werde n die nachgeborenen Simulante n so programmiert wie die tatsächlichen Akteur e in der Julikrise, erziele n sie ungefähr die gleichen Resultat e wi e di e historische n Vorlagen ; werde n si e abweichen d programmiert . . . , s o kommen si e zu abweichenden Ergebnissen.« 28 Fer ner befande n sic h Simulationsanalyse n stet s i n de r Gefahr , di e historisch e Wirklichkeit seh r stark z u vereinfachen un d politische wie gesellschaftlich e Strukturen un d Prozesse in unzulässiger Weise zu personalisieren. Nich t die politischen, soziale n und ökonomischen Hintergründ e un d die den jeweiligen Entscheidunge n de r europäischen Großmächt e zugrund e liegenden Interessen würde n erhellt , sonder n lediglic h di e individuelle psychisch e Disposition de r Entscheidungsträger 29. Di e Kritike r diese r Ar t vo n Friedens und Konfliktforschung ware n sich darin einig, da ß der hohe finanzielle un d technische Aufwand , de r zu r Durchführun g solche r Untersuchunge n not wendig sei , in keinem Verhältnis zur Dürftigkeit de r Ergebnisse stehe. »De r Versuch, de n Kriegsausbruch 191 4 auf der Grundlage des bchavioristischen Dogmas . . . z u analysieren, mi t eine m schwindelerregende n Aufwan d a n soziologischer Fachsprache , Mathematisicrung , Personen , Zei t un d Gel d stellt sic h fü r de n kritische n Fachhistorikc r al s Fehlschla g da r . . . Ih r Er kenntniswert erschein t fü r di e Geschichtswissenschaf t . . . irritieren d ge ring. «30 Man gab daher der Hoffnung Ausdruck , da ß diese Richtung ameri kanischer Konfliktforschung i n Deutschland nicht Schule machen werde. Angesichts solche r zu m Tei l außerordentlic h schroffe r Kriti k vo n scite n der Histori e sahe n sic h Gantzel , Kres s un d Rittberge r veranlaßt , di e Not wendigkeit einer Zusammenarbeit vo n Historikern und Sozialwissenschaft lern i m Rahme n der Friedens- und Konfliktforschun g sowi e die Forderung nach eine r theoretische n Fundierun g historiographischc r Kriegsursa chenforschung ausführliche r z u begründen . E s gelte , de n Gegensat z zwi schen der in der Geschichtswissenschaft noc h immer vorherrschenden Nei gung zu r antiquarische n Geschichtsbetrachtun g un d de r vordringenden , »ihre historische n Grundlagen verdrängende n sozialtechnologisc h sic h be greifenden Sozia l wissen schaft« abzuschwächen . Mi t diesem Argument ver teidigten si e nachträglich di e Veröffentlichung de r sozialwisscnschaftliche n Studien zum Kriegsausbruch 191 4 gegen die Angriffe de r Historiker. Dabe i leugneten Gantzel, Kres s und Rittberger nicht, da ß der Erkenntnisstand, au f den sich die amerikanischen Wissenschaftler gestütz t hätten, durch die neuere Geschichtsforschung i n Frage gestellt worden sei; gleichzeitig müss e aber bedacht werden , da ß solche Untersuchungen zu r Erreichung methodische r Präzision wissenschaftliche r Geschichtsschreibun g notwendi g seien : »E s kann sic h als o nu r daru m handeln , au f dem zweifello s mühsame n un d i m Zuge de r Kontroll e de r einzelne n Forschungsschritt c häufi g Enttäuschun gen bereitende n Weg e weiterzugehen , nich t abe r darum , di e scheinba r sicheren, ausgetretene n Pfad e traditioneller historische r Forschun g nich t zu verlassen. « 31 Gantzel, Kres s un d Rittberge r schie n jedoch weitgehen d entgange n z u 165 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
sein, da ß vornehmlich jüngere Historike r längs t dami t begonnen hatten , in enger Kooperation mit den systematischen Sozialwisscnschaftc n ein e fundamentale Neuorientierun g de r Geschichtswissenschaf t durchzusetzen . Fas t parallel z u de n vo n ihne n herausgegebene n Studie n erschiene n zahlreich e historische Untersuchunge n zu m Kriegsausbruc h 1914 , di e au s de r Fede r von Vertretern de r historischen Sozialwisscnschaf t stammten 32. Si e fühlte n sich einem emanzipatorische n Erkenntnisinteress e verpflichtet : Ihr e Arbei ten zielte n au f »Emanzipatio n vo n naturwüchsigem Zwang « sowi e au f die Lösung menschliche n »Bewußtscin(s ) au s de r Abhängigkei t vo n hyposta sierten Gewalten« 33. I m Vordergrund alle r dieser Untersuchungen stande n die gesellschaftliche n un d wirtschaftliche n Bedingunge n un d Wirkunge n expansionistischer wi e imperialistischer Außenpolitik . Sowei t ma n dabei außer einem starken Interesse an der Beschäftigung mi t Imperialismustheo rien - au f Theorien un d Modelle de r modernen Friedens - und Konfliktfor schung zurückgriff , handelt e e s sic h meis t u m solch e de r Kritische n Fric densforschung34. I m Unterschie d z u traditionelle n Ausprägunge n diese r Disziplin untersuch t si e nich t nu r Ursache n un d Folge n sichcrhcitspoliti scher Krise n un d militärische r Auseinandersetzungen , u m Entscheidungs hilfen z u dere n Eindämmung , Steuerun g ode r Verhinderun g z u erhalten ; vielmehr richte t si e ih r Augenmer k hauptsächlic h au f di e tieferlicgende n gesellschaftlichen, psychische n un d technische n Bedingunge n de r Fricdlo sigkeit sowi e au f di e Voraussetzunge n fü r di e Schaffun g eine r friedliche n Welt. Dabe i orientiert sie sich an einem »positiven« Friedcnsbegriff , demzu folge Friede n meh r se i al s di e Abwesenhei t vo n Krieg : Ähnlic h wi e be i einigen Vertreter n de r historischen Sozialwissenschaf t is t ih r Bezugspunk t die konkrete Utopie einer vernünftigen, repressionsfreie n Gesellschaf t ohn e materielle Not 35. Allen vora n fäll t Volke r R . Berghah n da s Verdiens t zu , Theorie n un d Modelle der modernen Friedens- und Konfliktforschung fü r die historiogra phischc Kriegsursachenforschung nutzba r gemacht zu haben. Dabe i ging es ihm nich t u m di e Bildun g eine r sozialwissenschaftlichcn Theori e übe r di e Ursachen vo n Kriege n au f der Grundlag e de s historischen Materials ; viel mehr wollt e e r einige hauptsächlic h vo n de r Kritischen Friedensforschun g vorgelegte theoretisch e Entwürf e a n de n Quelle n überprüfen , u m s o z u neuen historische n Einsichte n un d gleichzeitig z u einem geschärfte n Urtei l über jene Theorie n z u gelangen . Dami t folgt e Berghah n weitgehen d de n Überlegungen des Soziologen M. Rainer Lcpsius, der die Geschichtswissenschaft nicht nur auf die Funktion eines Datcnlieferantcn fü r die Sozialwisscnschaftcn beschränkt wisse n wollte . I n seinen Auge n konnt e der den Sozial wissenschaften gegenübe r aufgeschlossen e Historike r i m Gegentei l »z u ei nem höchs t wünschenswerte n un d wichtige n Kontrolleu r soziologische r Theorien un d Typologie n werden « un d au f dies e Weis e eine n wichtige n Beitrag zur soziologischen Forschung leisten; und zwar »durch den Aufwei s der Aussagegrenze n soziologische r Theorie n i n komplexe n Erklärungssi 166 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
tuationcn, durc h de n Nachwei s unangemessene r Kontextinterpretatione n durch Soziologen, durc h die Konfrontation deduzierte r Typologien mi t der empirischen Wirklichkeit , durc h die Destruktion systematischer Klassifika tionen, di e den ästhetischen Bedürfnissen vo n Soziologen oft mehr entsprechen al s sie der Erfassung vo n historischen Konstellatione n dienen« 36. Ge genstand de r Untersuchun g Berghahn s wa r di e Rüstungspoliti k de s wil helminischen Deutschlan d in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. A n ihrem Beispiel wollt e e r ersten s di e groß e Bedeutun g vo n Primärquellc n fü r di e moderne politikwissenschaftlich e Rüstungs - un d Militarismusforschun g aufzeigen. Zweiten s begründet e e r sein e Themenwah l mi t de m Hinweis , daß die Rüstungspolitik de s Kaiserreiches all e charakteristischen Merkmal e modernen Wettrüsten s aufweise . Dritten s se i dieser Untersuchungsgegen stand besonder s geeignet , genauer e Aufschlüss e übe r di e Ursache n un d Folgen moderne r Rüstungsdynamik z u erhalten, zuma l es den Fricdcnsfor schern bislang schwergefalle n sei , exakt die Rangfolge un d das Gewicht der einzelnen Element e z u bestimmen , di e fü r di e Herausbildun g moderne n Wettrüstens relevan t seien 37. Außerde m dar f man vermuten, da ß der Rei z eines derartige n Unternehmen s fü r Berghah n auc h dari n bestand , sein e eigenen empirische n Forschunge n übe r de n Tirpitzschen Flottenba u durc h die Konfrontation mi t den sozialwissenschaftlichen Theorie n zu überprüfen und zu vertiefen. Di e Überlegungen Kchr s aufgreifen d un d weitcrentwik kclnd, hatt e Berghahn in einer umfangreichen Studi e über den Tirpitz-Plan nachzuweisen versucht , da ß dem Flottenbau vo n Anfang a n ein politische s Kalkül zugrundclag . Di e Führungsspitz e de s Deutsche n Reiches , lautet e seine zentrale These, habe das maritime Machtinstrument zu r Stabilisierung des Herrschaftssystems eingesetzt . Somi t sei die Flottenpolitik als innenpolitisches Kriseninstrumen t z u interpretieren, mi t desse n Hilf e di e Machtstel lung de r herrschenden Klasse n de s Kaiserreiches abgesichert werde n sollte . Die Flottenpolitik füg e sich daher nahtlos in die verschiedenen Integrationsund Ablenkungsstrategie n de r wilhelminischen Machtelite n ein . Dies e Be mühungen müßte n wiederu m vo r de m Hintergrun d eine r permanente n Strukturkrisc de s preußisch-deutsche n Vcrfassungs - un d Herrschaftssy stems gesehen werden, di e auch den sozialen Status quo gefährdet hätte . An das »weltgeschichtlich e Hazardspiel« , da s di e deutsch e Reichslcitun g mi t dem Tirpitz-Plan gewag t habe, war nach Berghahn die Hoffnung geknüpft , »auf dem Umwege übe r eine erfolgreiche Flottenpoliti k nich t nur die ›Frei zonc‹ de r Kron e z u erweitern , sonder n überhaup t da s bestehend e Herr schaftssystem z u stärke n un d da s Gespens t de r Parlamcntahsicrun g un d Revolution ein für allemal zu bannen« 38. Diese au f eine r breite n Quellcnbasi s fußende n Ergebniss e bestätigte n Berghahn zufolg e einige der zentralen Thesen, di e von den Verfechtern de r Kritischen Friedensforschun g vorgetrage n worde n waren . Hierz u gehör e die Auffassung , da ß moderne n Rüstunge n wichtig e Funktione n be i de r Erhaltung un d Stabilisierun g etablierte r Herrschaftssystem e zukämen ; si e 167 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
dürften keinesweg s allein als typische Ausgeburt des kapitalistischen Gesell schaftssystems interpretier t werden 39. Dagege n wandt e sic h Berghah n ge gen solch e politikwisscnschaftlichc Theorien , di e expansionistische Politi k und, dami t en g verbunden , national e Rüstungsanstrengunge n hauptsäch lich au f ein e international e »Anarchie « zurückführten . Da s Fehle n eine r machtvollen un d wirksame n supranationale n Instan z wi e beispielsweis e einer Wcltrcgicrun g verleit e di e Staate n dazu , nac h Expansio n z u strebe n und ihre Rüstung zu forcieren40. Berghah n konnte eine derartige »Fremdbe stimmung« de r deutschen Seerüstun g nur insoweit feststellen, al s der Kaiser und seine Berater in ihrem subjektiven Empfinde n a n eine wachsende internationale Bedrohung geglaub t hätten . De m rückschauenden Betrachte r er scheine diese Sichtweise als Ausdruck einer »Überperzcptio n . . . , di e noch dadurch verschärf t wurde , wei l ›di c Chancen zu r Realitätsprüfung un d zur Erfolgskontrollc politische n und gesellschaftlichen Handelns « in der internationalen Politi k nu r bedingt möglich sind« 41. Ein e weitere These, di e Berg hahn durch seine Untersuchungen erhärte t schien, wa r von Dieter Senghaa s am Beispiel der Vereinigten Staate n aufgestellt worden . Danac h müsse man moderne Rüstungen weniger unter wirtschaftlichen al s vielmehr unter herrschaftssoziologischen Gesichtspunkte n betrachten 42. Fü r Berghah n zielt e der Tirpitzsch e Flottenba u zwa r »bewuß t auc h au f ein e Kräftigun g de r deutschen Industrie« , abe r »vo r dem Erstarken einzelner Konzerne hatte die intendierte Neustabilisierun g de r gesamten Herrschafts - und Gesellschafts ordnung eindeutig de n Vorrang« 43 . Bedeutsa m fü r die sozialwissenschaftli che Auseinandersetzung übe r den militärisch-industriellen Komplex i n den westlichen Gesellschafte n se i überdies die Beobachtung, da ß der Anstoß fü r das Engagement der Industrie in der Flottenbewegung vornehmlic h von der politischen Führun g ausgegange n sei . Ferne r geb e e s kein e Hinweis e au f konjunkturpolitische Motive : Selbs t z u Zeiten vo n Konjunktureinbrüche n habe Tirpitz an seinem festgelegte n Zeitpla n fü r den Aufbau de r maritimen Rüstung festgehalten . Auc h dem ebenfall s vo n Senghaa s entwickelten Au tismus-Modcll gestan d Berghah n ein e gewiss e Berechtigun g zu . Mi t de m Begriff »autistisch « bezeichnet e Senghaa s ei n Kommunikationsmuste r i n der internationale n Politik , »i n welche m di e Umweltbilder , wi e si e i m Innensystem eine s Akteur s entstehen , di e tatsächlichen , realitätsadäquate n Informationen au s de r Umwel t selbs t dominieren . Je meh r sic h . . . diese Selbstbezogcnhcit weitercntwickclt , u m s o blinde r un d taube r wir d ei n Akteur gegenübe r seine r Umwel t . . . Mi t wachsende r Selbstbezogcnhci t werden Konflikt e dan n nich t nu r fiktiver , sonder n auc h potentiell virulen ter, un d ihr e Dynami k läß t sic h imme r wenige r au s dem interaktive n Zu sammenspiel de r Kontrahente n verstehen.« 44 Nac h Berghahn s Auffassun g trug di e deutsch e Außenpoliti k spätesten s sei t 190 9 »autistischc « Züge . Damals habe England mi t seinem große n Flottenprogram m begonne n und aufgrund de s Überganges zur Fcrnblockade auch seine strategische Doktrin geändert. Anstat t sic h einzugestehen, da ß die deutschen Seerüstunge n nic 168 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
nials als offensiver machtpolitischc r Hebe l gegen die englische Seesuprema tie einzusetzen sein würden, hätte n der Kaiser und seine Berater die internationale Lage immer irrationaler beurteilt. Di e » Auskrcisung« de s Reiches sei als »Einkreisung « empfunde n worden ; allei n ei n militärische r Triump h schien geeignet, di e innen- und außenpolitischen Störfaktore n zu beseitigen, von dene n sic h di e deutschen Führungsschichte n bedroh t sahen : »S o stand diejulikrisc 191 4 aus der Perspektive der Verantwortlichen aus gesehen ganz im Zeiche n eine s Versuches, mi t Hilf e eine s befreienden Schlage s au f dem Lande im Krieg e das zu erreichen, wa s die Wilhelminische Rüstungspoliti k zur See im Frieden nicht hatte durchsetzen können. «45 Berghahn gehört e nebe n WolfgangJ . Mommscn , Hans-Ulric h Wchlc r und Diete r Gro h z u de n entschiedenste n Befürworter n eine r grundsätzli chen Neuinterpretation der Vorgeschichte und Entstehung des Ersten Weltkrieges i m Rahme n eine r Geschichtswissenschaft , di e sic h al s historisch e Sozialwissenschaft verstehe n sollte . Mi t ähnliche n Forderunge n schaltet e sich auch Hallgarten erneut in die Debatte ein. Sie alle verband die Überzeugung, da ß di e i m Verlau f de r Fischer-Kontrovers e aufgeworfene n Frage n nicht nu r durc h di e Bearbeitun g neue r Dokument e z u beantworte n seien . Darüber hinaus gelte es, die Schwerpunkte der Forschung von den außenpolitischen Probleme n auf innen- und gesellschaftspolitische Aspekt e zu verlagern. E s se i dahe r unabdingbar , di e theoretische n un d methodologische n Fundamente de r herkömmlichen geschichtswissenschaftlichc n Kricgsursa chentorschung z u überprüfen un d in enger Zusammenarbeit mi t den Sozialwissenschaften nac h neuen Deutungsmuster n z u suchen46. Besonder s Hall garten sa h i n de r heftige n un d polemische n Auseinandersetzun g u m di e Thesen Fischer s ein e eindrucksvoll e Bestätigun g fü r sein e scho n frühe r geäußerte Auffassung , da ß die Methode n de r traditionellen Histori e unzu länglich seien , u m komplex e gesellschaftlich e un d wirtschaftlich e Zusam menhänge z u erfassen. Hie r la g i n seine n Auge n de r entscheidende Grun d für den Streit um das Buch »Griff nach der Weltmacht«. Anstat t ein geeignetes Instrumentarium zur Analyse der sozialen und ökonomischen Bedingun gen imperialistischer Politi k z u entwickeln, hätte n sich die Historiker weit gehend au f Erwägungen psychologische r Natu r beschränkt, wi e etwa über den Friedenswille n einzelne r Politike r un d Nationen . Di e Bereicherung , welche di e Forschun g durc h Fische r erfahre n habe , se i i n erste r Lini e au f dessen großen Mu t zurückzufuhren: E r war für Hallgarten »ei n kecker Don Juan de r Geschichte« , de r »au f ein e Unzah l historische r Eroberunge n er picht« gewese n sei . Da ß der Hamburger Historiker trotz seiner methodisch durchaus konventionelle n Vorgehensweis e eine n wichtige n Beitra g zu r Erörterung de r wirtschaftliche n Grundlage n de s deutsche n Imperialismu s geleistet habe , se i aufgrund de r »Natur « de s Gegenstandes nur folgerichti g gewesen. Mi t Nachdruc k empfah l Hallgarte n de r Geschichtswissenschaf t erneut, di e Soziologi e Ma x Weber s z u rezipieren . Dabe i wa r e r sic h seh r wohl bewußt , da ß durc h ein e Aufarbeitun g de s Theoriedefizit s de r Ge 169 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
schichtswisscnschaft Forschungskontroverse n wi e di e Fischer-Debatt e fü r die Zukunf t keinesweg s ausgeschlosse n werde n könnten . Den n letztlic h hätten sic h Fische r nich t innerwissenschaftliche , sonder n »groß e gesell schaftliche un d Klasscnintcressen« entgegengestellt 47. E s waren dahe r vor nehmlich politische und moralische Motive, di e Hallgarten veranlaßten, fü r Fischer Partei zu ergreifen un d ihn gegen die Kritik seine r Kontrahenten zu verteidigen. Di e Auffassun g Fischers , Deutschlan d hab e de n Weltkrie g langfristig geplan t und bewußt als Angriffskrieg herbeigeführt , lehnt e Hallgarten ab . De m widersprech e da s Fehle n wirtschaftliche r Kricgsvorberci tungen au f deutscher Seite ; außerdem müss e der Historiker de n Feindselig keiten de r Entcntcstaate n gegenübe r de m Deutsche n Reic h größer e Auf merksamkeit schenke n als dies durch Fischer geschehe. I m übrigen wieder holte Hallgarten die in seinem großen Imperialismus-Werk vertreten e Mei nung, da ß Deutschlan d i m Juli un d Augus t 191 4 bewußt da s Risik o eine s Präventivkrieges eingegangen sei , um nicht von seinen Gegnern militärisc h überrannt zu werden und auf diese Weise seine Großmachtstellung zu verlieren. Dami t nähert e er sich dicht der Position Zechlin s an 48. Auc h wenn i m Gefolge de r Fischer-Debatt e di e Aufnahmebercitschaft besonder s jüngerer Historiker fü r die Fragestellungen, de n Ansatz und die Thesen Hallgarten s wuchs, s o blie b sein e Wirkun g doc h insgesam t seh r gering . Nunmeh r wurde e r auf eine andere Art unzeitgemäß : »durc h sein e belletristische Ar t der Gcschichtsdarbictung , di e trotz generalisierender Absich t eine n unver hohlenen Genu ß a m Individuelle n verrie t un d nu r ei n gelegentliche s Ein flechten theoretische r und systematischer Überlegunge n gestattete.« 49 Ähnlich wi e Hallgartc n betonte n Mommse n un d Wchler , da ß i n de r Fischer-Kontroverse di e Notwendigkeit eine r grundlegenden Neuorientie rung historiographischc r Kriegsursachenforschun g offenkundi g geworde n sei. Mi t ihm forderten si e die Anwendung neue r Methoden der Quellenauswertung un d ein e intensiv e Erforschun g de r gesellschaftliche n un d wirt schaftlichen Bedingunge n wi e auc h der herrschaftssoziologischen Funktio nen imperialistischer Politik . Mommse n und Wchler waren sich darin einig, daß Fischer und seine Schüler einen wichtigen Beitra g zur sozialgeschichtli chen Fundierun g de r Weltkriegshistori e geleiste t hätten . E s komm e nun mehr darauf an, diese Kenntnisse im Rahmen der historischen Sozialwissen schaft z u vertiefen un d zu erweitern. I n einem Rückblic k au f die Entwick lung de r bundesrepublikanischen Histori e zählte Wchler di e Forschungser gebnisse Fischers zu jenen sich seit i96 0 häufenden »Anomalien« , die , folg e man den Überlegungen vo n Thomas S. Kuhn, nich t mehr auf der Grundlage de s alte n Paradigma s z u löse n gewese n seie n un d dahe r di e Forschun g zum Überdenke n ihre r wissenschaftliche n Grundlagen gezwunge n hätten . Der Kontrovers e u m da s Buch »Grif f nach de r Weltmacht « komm e dabe i insofern zentrale Bedeutung zu, als sie »zunftintern« geradez u von reinigender, belebende r Wirkun g besonder s fü r jüngere Wissenschaftle r gewese n sei. Inde m Fische r immer stärke r di e sozialen un d wirtschaftlichen Hintcr 170 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
gründe politische n Handeln s analysier t un d dadurc h di e traditionelle Poli tikgeschichte um wesentliche Dimensionen erweiter t habe, sei er ein »schu lcbildendcs Haup t de r kritische n politische n Sozialgcschichtc « geworden . Er habe »unorthodox e Köpfe « au s de r Studentenschaf t angezoge n un d zu Arbeiten au f wissenschaftliche m Neulan d ermutigt 50. I n gleiche r Weis e begrüßte e s Mommsen , da ß Fische r un d sein e Schüle r ihr e Forschungs schwerpunkte zunehmend auf die wirtschafte- und sozialgcschichtlichc Ebene verlager t hätten . E r hielt de n Forschungsansat z un d di e Ergebnisse des Hamburger Historiker s jedoch fü r ergänzungsbedürftig . Da s treff e insbe sondere au f die Thes e Fischer s zu , di e deutsch e Kriegszielpoliti k hab e der Stabilisierung de r »traditionelle n gesellschaftliche n un d soziale n Struktu r des preußisch-deutschen Reiches « gedient . E s gelte, dies e keineswegs neu e und überdie s allz u allgemei n formuliert e Einsich t i m Rahmen eine r Struk turanalyse der politischen un d gesellschaftlichen Verfassun g de s spätwilhel minischen Reiches zu konkretisieren. Vo n der Anwendung neuer Methoden der Qucllcnauswertun g un d de r Aneignun g de r strukturgeschichtliche n Betrachtungsweise versprach sich Mommsen längerfristig ein e Annäherung der kontroversen Positione n und eine Versachlichung de r Debatte 51. Wchler und Mommsen stimmten weitgehend übercin, daß die Politik der deutschen Reichsleitung i m Juli und August 191 4 als »Flucht nach vorn« au s einer tiefgreifende n innere n Kris e de s reformunfáhigc n Kaiserreiche s z u interpretieren sei . Di e politische un d militärisch e Führun g hab e den Krie g bewußt riskiert und ihn damit ausgelöst 52. Di e beiden Historiker begründeten jedoch ihr e Deutunge n zu m Tei l unterschiedlich . Da s ist vo r alle m auf ihre verschiedenartigen Forschungsansätzc , teilweis e auch auf abweichende politisch-gesellschaftliche Orientierunge n zurückzufuhren . Wchle r gehör t zu den Wortführer n eine r Forschungsrichtung , dere n Ansat z durchaus mi t dem Begrif f »›Kehritc ‹ approach« charakterisier t werde n kann 53. Di e »Kehrites« stellen , folg t ma n Mommsen , di e übergreifende n wirtschaftliche n Strukturen un d Prozess e i n de n Vordergrund ; dies e bestimmen i n ihre n Augen de n soziale n Wandel , könne n abe r zugleic h durc h manipulativ e Eingriffe von Seiten der Machtcliten oder durch bestimmte Herrschaftstech niken verändert werden. Ihr e Überlegungen orientiere n sich weitgehend an dem »idealen Zukunftsentwurf einer egalitären Gesellschaft demokratische n Typs«, i n der »manipulatorisch e Politi k zugunsten spezieller Sozialgruppc n nicht meh r möglich « se i un d di e »wirtschaftlich e Entwicklun g i n eine r klassenncutralen Weis e gesteuert« werde 54. A n die Arbeiten Kehrs anknüpfend, spreche n di e Verfechter de r genannten Überzeugunge n de m kaiserli chen Deutschland eine wirkliche Modcrnisicrungsfähigkci t a b und erklären die Erhaltung de s Systems aus der Anwendung eine r Vielzahl »sekundärer « Integrationsstrategien durc h di e Machtelitcn . Vo r diese m Hintergrun d er scheint di e offensiv e Außenpoliti k de s wilhelminische n Reiche s fas t aus schließlich als Ergebnis der defensiven Strategie n der Führungsschichten zur Abwehr des Demokratisierungsprozesses 55. 171 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Ihren deutlichsten Niederschla g fan d diese Interpretation in Wehlers Buch »Das Deutsche Kaiserreich 1871-1918« , da s außerordentlich heftige Diskussionen auslöste. Nac h Wehlers Meinung is t das kaiserliche Deutschland den »Autgaben« de r Zei t nich t gerech t geworde n un d au s diese m Grund e schließlich gescheitert . Ein e der zentralen Anforderunge n de r Epoche sei es gewesen, di e Entwicklung de r politischen Institutione n mi t dem sozialökonomischen Wande l i n Einklan g z u bringe n sowi e Partizipationsrecht e z u erweitern un d di e demokratische Legitimatio n politische r Entscheidunge n zu fördern. Di e alten Eliten hingegen hätten durch ihren Defensivkampf um die Erhaltun g ihre r Machtstellun g nu r di e inneren Spannunge n verschärft ; deren friedlich e Lösun g schließlic h se i durc h di e Lcrnunfáhigkei t sowoh l jener Grupp e al s auch de s gesamten System s verhinder t worden . Mangel s innenpolitischer Reformalternative n hab e sic h be i de n Elite n - laten t ode r offen - di e Einstellung durchgesetzt, mi t außenpolitischen Erfolgen von den inneren Probleme n abzulenken . Wchlc r bezeichnet e diese s Verhalte n al s »Sozialimperialismus«56. Au s seiner Sicht bestand di e wesentliche Aufgab e der Histori e be i de r Analys e de s Kriegsausbruche s 191 4 darin, jene eigen tümliche »Mischun g vo n aggressive n un d defensive n Elementen « i n de r deutschen Vorkriegspolitik z u erklären57. I m Gegensatz zu Fischer schloß er aus de m sei t de n achtzige r Jahren feststellbare n »Willc(n ) zu r Weltmacht « auf Seite n de r wilhelminische n Führungsschichte n nich t au f langfristig e Kriegsplanungen; di e expansionistisch e Außenpoliti k vo r 191 4 sowi e di e Risikopolitik de s Reiches imjuli 191 4 seien vielmehr eine aus den »unspoken assumptions« eine r innere n Defensivsituatio n entstandene, nac h auße n ge wandte »Aggressio n i m Sinn e einer präventive n Fluch t nac h vorn « gewe sen58: »Wa s Deutschlan d angeht , s o bildete de r Erst e Weltkrie g . . . nich t das Ergebni s langjährige r Kriegsplanung , sonder n . . . de r ›Unfähigkcit ‹ seiner Führungsschichten , mi t den wachsende n Probleme n eine r sich rasc h demokratisierenden Wel t fertig z u werden.« 59 Für Mommse n stellt e diese s vo n Wehle r betont e Moti v de r kaiserliche n Eliten lediglic h ei n Momen t unte r andere n dar . Danebe n gelt e es , de n Funktionen un d Funktionsstörunge n de s Verfassungs - un d Regierungssy stems besondere Beachtun g z u schenken. Dies e ergäben sic h wiederum au s dem Druc k de r durch de n gesellschaftlichen Modernisierungproze ß freige setzten soziale n Kräfte . U m seine n Ansat z vo n de m de r übrigen Vertrete r der historische n Sozialwissenschaf t wi e vo n de n marxistisc h orientierte n Historikern abzugrenzen , plädiert e Mommse n fü r eine n »functional-struc tural approach« 60. Inde m er die gesellschaftlichen Bedingunge n wilhelmini scher Außenpoliti k i n den Vordergrun d seine r Arbeite n rückte , dabe i aber die relativ e Eigenständigkei t de r Politi k betonte , nah m Mommse n ein e mittlere Stellun g zwische n de n »Kehrites « un d de n Anhänger n moderne r politikgeschichtlicher Ansätz e wi e beispielsweis e Andrea s Hillgrubc r un d Klaus Hildebrand ein 61. Mommse n erprobt e seinen Ansatz zum ersten Mal in dem 196 9 erschienenen Buc h über »Da s Zeitalter des Imperialismus«, da s 172 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
sich zumindest partiell noch in den Bahnen der konventionellen Politik- und Diplomatiegeschichte bewegte . E r unternahm mi t diese m Wer k de n Ver such eine r Gesamtdarstellun g de s imperialistische n Zeitalters , di e sozial und politikgeschichtlich e Aspekt e miteinande r verknüpfte ; di e Problem e jener Epoch e sollte n i m Bezugsrahme n vo n wirtschaftliche m Wachstum , sozialem Wande l un d politische r Herrschaf t analysier t werden 62. Ähnlic h wie sei n Lehre r Theodor Schiede r durchau s noch den Traditionen de r Forschung folgend , interpretiert e Mommsc n de n Imperialismu s de r europäi schen Großmächt e i n de r Zei t vo n 188 5 bi s 191 8 al s ein e »Extremfor m nationalistischen Denkens« 63. Dabe i wandte er sich gegen diejenigen Historiker, di e i n ihre n de m »Prima t de r Innenpolitik « verpflichtete n Untersu chungen di e sozialen und wirtschaftlichen Triebkräft e imperialistische r Po litik hervorhoben . E r hiel t ihne n entgegen , da ß wirtschaftlich e Motiv e immer »nu r in Verbindung mi t politische n Erwartunge n un d Sehnsüchte n nationalistischer Färbun g zu r Steigerung de r imperialistischen Leidenschaf ten« beigetrage n hätten : »Di e primäre n Ursache n de s Imperialismu s jener Epoche sind in dem Nationalismus ebe n jener Schichte n z u suchen, welch e im Zuge der Entwicklung de r industriellen Gesellschaf t nac h oben getragen wurden, nich t abe r i n vermeintlic h objektive n Bedürfnisse n de s Kapitalismus nac h überseeische n Märkte n al s solchen.« 64 Gleichzeiti g verwar f Mommscn di e vo n einige n Marxiste n vertreten e These , wonac h e s einen direkten Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Krieg gebe. Ungeachtet ihre s extremen Nationalismu s hätte n di e kapitalistischen Gesellschafte n sehr wohl Forme n internationaler Kooperatio n entwickelt. Da s entsprach in seinen Augen dem »wahre n Wesen« de s Kapitalismus65. Mommscn leugnete nicht , da ß wirtschaftlich e Rivalitäte n - hie r nannt e e r vo r alle m de n deutsch-englischen Gegensat z - di e nationalistischen Vorurteil e der Völke r erheblich verstärk t un d dahe r di e internationale n Beziehunge n vo r 191 4 zusätzlich belaste t hätten . Al s Ursach e fü r da s Anwachse n internationale r Spannungen in denjahren vo n 190 6 bis 1914 nannte er die Zunahme nationalistischer Energie n al s Folg e de s Erstarken s de r »demokratische n Kräfte« . Dadurch sei ein »neues Element äußerster Aggressivität« i n die Beziehungen zwischen de n europäische n Staate n hineingetrage n worden 66. Vo r diese m Hintergrund analysiert e Mommsc n di e Politi k besonder s de s Deutsche n Reiches i n de r Julikrise 191 4 un d desse n Antei l a n de r Verursachun g de s Weltkrieges. E r verwar f di e Defensivkriegsthes e mi t de m Argument , di e Entscheidung de r Reichsleitung , eine n Krie g Österreich-Ungarn s gege n Serbien auc h auf die Gefahr eine s allgemeinen Kriege s hin gutzuheißen , se i unter Berufun g au f die »Nibelungentreue « ode r di e »dynastisch e Solidari tät« Berlin s nicht zu erklären. Di e Fischer-These lehnte Mommscn gleicher maßen ab . Da s Moti v fü r di e deutsch e »Politi k de s äußersten Risikos « se i nicht Eroberungswille n gewesen , sonder n de r Wunsch , de r Isolierung de s Reiches entgegenzuwirke n un d sein e Machtstellun g au f dem Kontinent zu stabilisieren - ein e Interpretation, di e sich der von Hillgrubc r entwickelte n 173 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
»Theorie de s kalkulierte n Risikos « näherte 67. Unte r de m zunehmende n Druck der Militärs habe sich Bethinan n Hollwe g entschlossen, de n ohnehin erwarteten lokale n österreichisch-serbischen Krie g zu m Prüfstein de s russischen Kricgswillens zu machen. De r Kanzler habe den großen Krie g riskie ren wollen, ohn e ihn konkret anzustreben. Mi t dem Ausbruch des Weltkrieges wa r Mommsc n zufolg e »ein e höchs t subli m kalkuliert e diplomatisch e Offensive fehlgeschlagen , welch e de n lokale n österreichisch-serbische n Krieg als Hebel hatte benutzen wollen, u m das ›crstarrtc europäische Koali tionssystcm‹ aufzubrechen , un d s o de m große n europäische n Krieg , de n man in näherer oder ferner Zukunft auf sich zukommen sah, noch einmal zu entgehen«68. In de r wissenschaftliche n Literatu r is t wiederhol t darau f hingewiese n worden, da ß gerade die Ausführungen Mommsen s übe r diejulikrise weit gehend i m Rahme n herkömmliche r Diplomatiegeschicht e gebliebe n seien . Während Klau s Hildebran d di e seiner Auffassun g nac h gelungen e Integra tion von diplomaticgeschichtlicher Betrachtungsweis e i n eine sonst »struk turanalytisch erfassend e Beschreibun g de r Julikrisc« al s Vorzug de r Arbeit hervorhob, war f Arnold Sywottc k Mommsc n vor , seine n Anspruc h nich t eingelöst z u haben , Struktur - un d creignisgcschichtlich e Darstcllungsfor men miteinander zu verknüpfen69. S o berechtigt diese Kritik auch sein mag, verdeutlicht si e letztlich doc h nu r di e praktischen Anfangsschwierigkeite n einer Geschichtswissenschaft , di e sich al s historische Sozialwissenschaf t z u konstituieren versuchte . Den n i n spätere n Arbeiten , i n dene n Mommsc n seine Überlegungen zur Imperialismus- und Weltkricgsproblematik vertief te und erweiterte, is t ihm diese Synthese sehr wohl gelungen. Die s gilt nicht zuletzt fü r sein e Untersuchunge n übe r di e »latent e Kris e de s Wilhelmini schen Reiches« 70. Mommsc n folgt e auc h hie r de m funktional-strukturge schichtlichen Ansat z un d knüpft e zude m a n di e Überlegunge n Berghahn s zur inneren Struktu r de s Deutschen Reiche s und dessen »sekundären « Kri sen- un d Integrationsstrategie n an . E r vertra t di e Meinung , da ß da s vo n Bismarck geschaffen e Verfassungs - un d Regierungssyste m wege n de r »höchst komplizierten pluralistischc n Machtverteilung au f eine ganze Reihe von konkurrierende n Institutionen « eine n hohe n Gra d a n »Immobilität « aufgewiesen habe 71. Währen d Bismarc k selbe r dieses System noc h regieren konnte, seie n seine Nachfolger zusehend s in zum Teil auch selber verschul dete Schwierigkeite n geraten . Zwa r könn e keine Red e davon sein , da ß die Risikopolitik de r Reichslcitun g i m Jul i un d Augus t 191 4 de m Zie l de r Neutralisierung diese r innenpolitischen Schwierigkeite n gedien t habe; wohl aber se i di e Risikopoliti k ein e »Fluch t nac h vor n i n ein e diplomatisch e Offensive machiavcllistischc n Zuschnitts « un d al s solch e ein e Folg e de r Führungskrisc de s wilhelminischen Reiche s gewesen . Dami t erschein e de r Juli 191 4 als Höhepunk t eine r Entwicklung , di e »einerseit s durc h ein e beständige Steigerun g de r imperialistische n Tendenze n i n der deutsche n Ge sellschaft un d andererseits durch eine sich immer meh r verschärfende Kris e 174 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
des politischen System s geprägt war , da s immer weniger den Verhältnissen und Erfordernisse n eine r sic h rasc h industrialisierende n Gesellschaf t ange paßt« un d im Grunde nicht mehr regierbar war 72 . Während Wchlc r un d Mommsc n di e offensiv e Außenpoliti k de s Deut schen Reiche s vo r de m Hintergrun d de r politischen un d gesellschaftliche n Strukturprobleme analysierten , richtet e Dieter Groh sein Hauptaugenmer k auf di e rüstungspolitische n Motiv e de r politische n un d militärische n Füh rungsschichten i m wilhelminische n Deutschland . Sei n eigentliche r For schungsschwerpunkt wa r di e Geschicht e de r deutsche n Sozialdemokratie , deren Entwicklun g e r al s Tei l eine r Gesellschaftsgeschicht e de s Kaiserrei ches verstand . Gro h wollt e di e historisch e Forschun g vo r alle m dadurc h voranbringen, da ß e r sozialpsychologisch e Theorie n un d Kategorie n zu r Erklärung vergangene n Geschehen s systematisc h heranzog . Gerad e das ist ihm nu r begrenz t gelungen 73. Vo r alle m löst e er seinen eigene n Anspruc h nur bedingt ein, demzufolge die »Ad-hoc-Hinzuziehung« vo n Theorien und Modellen au s de n Sozialwissenschaftc n z u vermeide n sei , d a ei n solche r »oberflächlicher Eklektizismus « di e Gefah r vo n »Ex-post-facto-Erklä rungen« un d dami t vo n »tautologische(n ) Transformationen « verstärke 74. So beschränkt e sic h Gro h be i de r Darstellun g un d Analys e de s Kriegsaus bruches 1914 weitgehend darauf, einzelne Theorien durchaus eklektizistisch in sein e Ausfuhrunge n einzuflcchtcn , di e sonst de n Quellen folgten . Sein e These war , da ß di e Bereitschaf t de s Reiche s zu m Präventivkrie g nich t zuletzt au s der »Zwangsvorstellung « erwachse n sei , durc h den Verlus t des letzten Bundesgenossen , Österreich-Ungarn , jeglich e außenpolitisch e Be wegungsfreiheit z u verlieren; u m sie zu erhärten, grif f er auf informationstheoretische Überlegunge n vo n Kar l W . Deutsc h zurück . Dabe i paraphra siertc Gro h jedoch lediglic h sei n bereit s anhan d de s Quellenmaterial s ge wonnenes Ergebni s unter Heranziehung sozialwissenschaftliche r Termino logie: »Informationstheoretisc h kan n ma n diese n Tatbestan d etw a s o be schreiben: Eine n offensive n Präventivkrie g lös t nu r derjenig e aus , desse n Datenaufnahme- un d Verarbeitungssystem e eine m pathologische n Lcrn prozeß‹ . . . i n Richtung au f Auslese negativer Date n unterliegen; landläu fig-psychopathologisch könnt e man von depressiver Verarbeitung de r Realität sprechen.« 75 Neben seine r Forderun g nac h Einbeziehun g sozialwissenschaftlichc r Theoreme i n di e geschichtswissenschaftlich c Forschun g übe r de n Kriegs ausbruch 191 4 galt Grohs Augenmerk noch einem weiteren, bisher vernachlässigten Aspekt . Di e Wcltkriegsforschun g hab e di e Beobachtung , da ß Deutschland spätesten s 1916/1 7 i m europäische n Rüstungswettlau f nich t mehr hätte mithalte n können , lediglic h al s Faktum hingenommen. Gerad e hier liege aber der Schlüssel zu m Verständnis de r deutschen Haltun g i n der unmittelbaren Vorgeschicht e de s Erste n Weltkrieges . De r Krie g se i vo n Deutschland au s gesehen ein Präventivkrieg mi t defensiver Tenden z gewesen, im Sinne eines »Besser jetzt als später« ode r »Je eher, desto besser«. Eine 175 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
weitere Aufrüstun g wär e de m Reic h zu m eine n au s finanzielle n Gründe n unmöglich gewesen . Zu m andere n abe r hätt e si e auc h de n gesellschaftli chen, wirtschaftliche n un d politischen Statu s quo gefährdet, d a sie nur mi t gewaltsamen Mittel n durchgesetz t werde n konnte : entwede r mi t eine m Staatsstreich gegen das Parlament, inde m das Wahlrecht abgeschafft würde , oder durc h ein e Revolutio n vo n obcn ‹ gege n di e politisc h herrschend e Schicht de r Junke r un d Großindustriellen . »I n beide n Fälle n droht e ei n Bürgerkrieg«. Al l das lege die Schlußfolgerung nahe , daß »die Lernfähigkeit des Systems im Hinblick auf Anpassung an die politischen Erfordernisse der Industriewirtschaft . . . auf Null reduziert oder gar in einen pathologische n Lernprozeß übergegangen« sei 76. Gegen de n Ansat z un d di e Forschungsergebniss e einige r Vertrete r de r historischen Sozialwisscnschaft erho b sich schon bald heftiger Widerspruch . Am entschiedenste n ha t Klau s Hildebran d di e i n seine n Auge n einseitig e Ausrichtung au f di e innenpolitische n Motiv e staatliche n Handeln s verur teilt, d a wesentliche Wirklichkeitsbereich c vergangene n Geschehen s ausgeblendet würden . Di e zentrale Schwäch e diese r Deutunge n erblickt e Hilde brand i n de r allz u starke n Gewichtun g übcrpcrsönlichc r Strukture n un d Prozesse gesellschaftliche r un d wirtschaftliche r Art . Hildebran d sucht e i n Abwehr de r von Hans-Ulric h Wehle r un d Jürgen Kock a geforderte n »Ge sellschaftsgeschichte« ähnlic h wi e Hillgrube r ein e politisch e Geschichts schreibung vo n den internationalen Beziehunge n al s eigenständige Teildis ziplin de r Geschichtswissenschaf t z u verteidigen . Be i seine r Kriti k a n de n Anhängern de r historischen Sozialwissenschaf t berie f er sich au f Raymon d Aron: I n de r internationale n Staatenwel t spielte n sic h »di e Beziehunge n zwischen Staate n al s politischen Einheite n ab , ›dere n jede das Recht für sich in Anspruch nimmt , ih r eigener Richte r zu sein und alleiniger Her r über die Entscheidung, z u kämpfe n ode r nich t z u kämpfen‹« 77. Gerad e angesicht s der »Polyvalen z eines innenpolitisch al s krisenanfällig eingeschätzte n politi schen Systems« , s o untermauerte e r sein e Forderun g nac h eine r politikge schichtlich verfahrende n Kriegsursachenforschung , se i e s unabdingbar , dem Denke n un d Handel n de r führende n Staatsmänne r besonder e Auf merksamkeit z u schenken 78. Di e Ablehnung de r historischen Sozialwisscn schaft bedeutete für Hildebrand aber nicht den Verzicht auf eine Zusammenarbeit mi t den Sozialwissenschaften. Di e politischen Konzeptione n der füh renden deutschen Staatsmänne r analysierte er in Anlehnung a n das Konzept Henry A . Kissingers, de r die Strukturen un d Veränderungen i m internationalen Staatensyste m mi t de n Begriffen »Legitimität « beziehungsweis e »re volutionäre Ordung « z u beschreibe n versuchte . Hildebrand s Zie l wa r e s einmal, di e seine r Meinun g nac h »heuristisc h nützliche n Kategorien « de s amerikanischen Politikwisscnschaftlcr s z u verfeinern. Inde m er die Intentionen un d Funktione n de r Außenpoliti k de s Deutsche n Reiche s analysiert e und »di e Tragfähigkei t vo n staatsmännische n Konzeptione n i n Auseinan dersetzung mi t de r Mach t überindividuellc r ›Strukturen‹ « beobachtete , 176 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
wollte er zum anderen de n Charakter de s internationalen System s in seiner historischen Entwicklung bestimmen 79. Dabe i gelangte er zu dem Ergebnis, daß kei n notwendige r Zusammenhan g zwische n de n innenpolitischen Wi dersprüchen des Bismarck-Rcichcs und einer Politik des Kriegsrisikos bestehe. Da s krisenanfällig e Syste m se i vielmeh r sowoh l mi t eine r friedensbe wahrenden al s auch mit einer aggressiven Außenpoliti k vereinba r gewesen . So hab e Bismarc k vo m Ausgan g de r »Krieg-in-Sicht«-Kris e i m Frühjah r 1875 bi s z u seine r Entlassun g de n internationale n Statu s qu o al s legiti m anerkannt und ihn daher auch respektiert. Auc h die Ziele seines Nachfolgers Capnvi seie n grundsätzlic h friedliche r Natu r gewesen , wen n e r auc h ein e offensive, allerdin g vo r allem auf einem »indirekt-wirtschaftliche n Verfah ren« beruhend e Politi k betriebe n habe . »Revolutionäre « Züg e hab e di e deutsche Außenpolitik ers t mit der Bülowschcn Weltpoliti k sei t 189 7 erhalten. Dere n Absich t se i es gewesen, »di e globale Pa x Britannica z u erschüt tern, um das besitzende England zu beerben und um das europäische Gleichgewicht in ein zu Deutschlands Gunsten verschobenes Wcltglcichgcwicht zu überfuhren«. Währen d Teil e de r wilhelminische n Machteliten , vo r alle m Großagrarier, militärisch e Führun g un d Alldeutsche r Verband , versuch t hätten, die innere Strukturkrise zu überwinden, inde m sie im Sinne einer »j e eher, dest o besser « durchgeführte n »Fluch t nac h vorn « da s international e System zu revolutionieren suchten , hab e der Reichskanzler selber die legitime Ordnun g Bismarck s wiederherstelle n wollen . I n der Belastungsprob e der Julikrise 191 4 hätten sich »Legitimisten « un d »Revolutionäre « schließ lich z u de m Kompromi ß eine r »Politi k de s kalkulierten Risikos « durchge rungen, dere n Scheitern zum Ausbruch des Weltkrieges führte 80. Mi t dieser Deutung verban d Hildebran d Element e au s de n Arbeite n Hillgruber s mi t solchen vo n Mommscn , desse n funktional-strukturgeschichtliche n Ansat z er auch auf die Analyse der innenpolitischen Hintergründ e der Außenpolitik der übrigen europäischen Großmächt e angewandt wisse n wollte 81. Überblickt ma n di e neuere historiographische Auseinandersetzun g übe r den Kriegsausbruc h 1914 , läß t sic h nu r begrenz t di e vo n Wolfgan g J . Mommscn erhofft e »Annäherun g de r Standpunkte « durc h Anwendun g neuer Methode n de r Quellenauswertun g un d Aneignun g strukturge schichtlicher Betrachtungsweise n erkennen . Da s gilt i n gleiche r Weis e fü r seine Vermutung, da ß eine zunehmende Verlagerung de s Forschungsintcr csses au f innenpolitisch e Problem e di e Diskussio n versachliche n würde 82 . Vielmehr entstan d i m Zug e de r Debatte eine Vielfal t miteinande r konkur rierender Forschungsansätz c un d Deutungsmustcr . Gleichzeiti g wurde n durch di e Verschiebun g de r ›Gesichtspunktc‹ , unte r dene n di e Geschichtswissenschaft de n Ersten Weltkrieg seit der Fischer-Kontroverse betrachtete, zwar die für die ältere Forschung wesentlichen Probleme oftmals ›uninteres sant‹, doch traten nunmehr andere in den Mittelpunkt. Dabe i blieben heftige Auseinandersetzungen zwische n Vertreter n unterschiedliche r Forschungs richtungen keinesweg s aus 83. Konra d Repgc n ha t die These vertreten, da ß 177 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
die Impulse und Neuerungen, di e von der Zusammenarbeit zwischen Historikern und Sozialwissenschaftlern ausgegange n seien , lediglic h i n andersartigen Fragestellunge n un d politische n Wcrthaltungc n lägen 84. Dagege n wird ma n jedoch einwende n müssen , da ß di e Vertrete r de r historische n Sozialwisscnschaft sowoh l die Geschichtsforschung theoretisc h und methodologisch au f neue Grundlagen gestell t al s auch neue Erkenntnisse hervor gebracht haben . Au f de m Gebie t de r Kriegsursachenforschun g gelan g e s ihnen vor allem, di e Abhängigkeit de r Risikopolitik de s Deutschen Reiche s von den inneren Strukturprobleme n de s kaiserlichen Deutschlan d z u erhellen. Damit erschien auch das Scheitern deutscher Großmacht- und Weltpolitik i n neuem Licht : Di e Schwäche de s Deutschen Reiches , argumentierte n sie, hab e wenige r au f außenpolitischem al s vielmeh r au f innenpolitische m Gebiet gelegen ; Hauptwurzc l se i di e Lern - un d Reformunfähigkei t de r Machteliten angesicht s einer sich rasch industrialisierenden Gesellschaf t ge wesen85.
3. Imperialismuskriti k und Systemkonkurrenz Mit Begin n de r sechzige r Jahr e intensiviert e auc h di e Geschichtswissen schaft de r DD R ihr e Forschunge n übe r di e Vorgeschicht e un d Geschicht e des Ersten Weltkrieges. Si e war bestrebt, di e bisher erarbeiteten Ergebniss e zu vertiefe n un d z u ergänzen . De n Deutunge n de r »bürgerlichen « Welt kriegshistorie sollt e ein e umfassende , empirisc h abgesichert e marxistisch leninistische Interpretatio n entgegengesetz t werden . Di e Historiker i n Ostdeutschland folgte n dami t zu m eine n de n Forderunge n de r SED . Nich t zuletzt unte r de m Eindruc k de r durc h de n Mauerba u a m 13 . Augus t 196 1 ausgelösten Krisenstimmung verlangt e die Partei eine schärfere ideologische Abgrenzung vo n de r »imperialistischen « Bundesrepubli k beziehungsweis e die historische Fundierung eine r spezifischen, nationa l akzentuierten Identi tät der DDR . Zu m andere n abe r hatte die kommunistische Geschichtswis senschaft auc h wesentlich e Impuls e vo n de r westdeutsche n Kriegsursa chenforschung erhalten . De r Vorstoß Fritz Fischers und die von ihm ausgelöste Debatte veranlaßten die Geschichtswissenschaftler de r DDR, sic h stärker al s bisher mi t de n Ergebnissen ihre r bundcsrcpublikanischc n Kollege n auseinanderzusetzen un d ihnen eigene, erhärtet e Thesen entgegenzuhalten . Im Vordergrund de r Diskussion stan d die Frage nach dem Sondercharaktc r des deutsche n Imperialismus , de n ma n hauptsächlic h au s de r wirtschaftli chen Dynamik de s politisch rückständigen , be i der territorialen Aufteilun g der Welt gegen End e des 19. Jahrhunderts zu spät gekommenen Deutsche n Reiches zu erklären suchte. Der Erste Weltkrieg galt als das konsequente und gesetzmäßige Ergebni s de s imperialistisc h strukturierte n internationale n Systems, innerhal b dessen de r deutsche Imperialismus aufgrun d seine r im 178 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
mcr unerträgliche r werdende n innere n Widersprüch e di e entscheidende , kriegstreiberische Kraf t gewese n sei . I n den Kriegsziclc n de s kaiserliche n Deutschland erblickte n di e Wissenschaftler de r DDR di e planmäßige Um setzung der Interessen des Monopolkapitals und der Junker. Ferne r versuchten sie , di e Gegenkräft e gege n Imperialismu s un d Militarismu s herauszu stellen. Ma n würdigt e de n Kamp f de r revolutionäre n un d antimilitaristi schen Linke n i n de r Arbeiterbewegun g un d verurteilt e di e Haltun g de r opportunistischen un d reformistische n Kräfte 1. A n diese m währen d de r sechziger Jahre ausführlich begründete n Interpretationsmuster häl t die marxistisch-leninistische Histori e bi s i n di e Gegenwar t hinei n fest . Allerding s wirkten Veränderunge n i m allgcmeinpolitische n Bereic h auc h au f da s Sclbstverständnis de r Geschichtswissenschaft zurück . Sei t den späten sechziger Jahren kam es zu einer gewissen Stabilisierun g de r DDR, di e sich unter anderem in ihrem Aufstie g zu r zweitstärksten Industriemach t de s östlichen Bündnissystems dokumentierte , sowi e zu Veränderungen i m internationalen Bereic h durc h di e Entspannungspolitik . Unte r de m Eindruc k diese r Vorgänge setzte die Geschichtswissenschaft de r DDR zu Beginn der siebziger Jahre - ohn e das alte Deutungsmuster aufzugebe n - neu e Akzente. Si e rückte nunmehr sozial - und wirtschaftsgcschichtliche Frage n stärker in den Vordergrund. Au f der Grundlag e de r Theorie de s Staatsmonopolistische n Kapitalismus wurde n di e inneren Zusammenhäng e vo n Krieg , Wirtschaf t und Politik erforscht. Danebe n bemühten sie sich, die nationalgcschichtliche Verengung de r bisherige n Forschun g zugunste n vergleichende r Untersu chungen de r verschiedenen imperialistische n Großmächt e aufzugeben . Be gleitet wurd e die Neuorientierung de r Wcltkricgshistorie vo n scharfer Kri tik a n de r westdeutsche n Geschichtswissenschaft . Insbesonder e di e sozial und wirtschaftshistorischen Forschungsrichtungen , mi t denen man konkurrieren mußte , ware n heftiger Polemi k ausgesetz t und wurden als »bürgerli che« »Imperialismus-Apologie « diffamiert ; dies e Haltung macht e durchaus vorhandene Ansätze zu einem kritischen Dialog zunächst zunichte 2. Während der sechziger Jahre bewegte sich die historiographische Ausein andersetzung übe r de n Erste n Weltkrie g noc h weitgehen d i n de n alte n Bahnen. Vorherrschen d blieb eine nationalgcschichtliche Betrachtungswei se. Di e scharfe Kritik , di e Fritz Fische r un d seine Schüle r a n der deutschen Vorkriegs- und Kriegspolitik de s Reiches übten, sowi e deren Bemühen, di e wirtschaftlichen un d gesellschaftlichen Wurzel n de r wilhelminischen Welt politik zu beleuchten, zwangen die marxistisch-leninistischen Historiker zur Präzisierung ihre s Standpunktes . Stärke r al s bisher hatte n si e die Vorzüg e ihrer Beurteilun g de s Kriegsausbruche s 191 4 deutlic h z u mache n sowi e Belege fü r ihr e Deutungen anzuführen . De r Interpretationsrahmen, inner halb desse n sic h ihr e Forschungsergebniss e bewegten , wa r vo n de r SE D vorgegeben. Danac h sollte n di e Wissenschaftle r ei n DDR-zentrierte s Ge schichtsbild entwerfen , demzufolg e de r östliche deutsche Teilstaat al s »da s gesetzmäßige Ergebni s de r geschichtliche n Entwicklun g de r letzte n 12 0 179 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Jahre« erschien 3. A m Beispie l de r deutsche n Geschicht e vo n de r Jahrhundertwende bi s 191 7 waren da s Denken un d Handel n zweier, i n der Gegenwart noc h wirksame r politisch-gesellschaftliche r Kräft e besonder s z u be leuchten: E s handelte sic h ersten s um »di e volksfeindliche, permanen t de n Frieden der Welt bedrohende Politik der deutschen Imperialisten und Militaristen«, zweiten s u m »di e de n Interesse n de s deutsche n Volke s un d de r anderen Völker Europas entsprechende, gege n Imperialismus und Militarismus, gege n di e Wurzel n imperialistische r Krieg e gerichtet e Politi k de r revolutionären Kräft e de r deutsche n Arbeiterbewegung« 4. Währen d di e Bundesrepublik Deutschlan d in die erste, sogenannte reaktionäre Klassenli nic deutscher Geschicht e eingeordnet wurde , reklamiert e die DDR fü r sich alle »progressiven« un d »revolutionären « Traditionen . Durc h eine auf diese Weise angestrebte Stärkung des »nationalen« Selbstgefühl s wollt e die politische Führung di e ihr bis dahin nur unvollständig gelungen e Integratio n der Bürger i n die sozialistische Gesellschaf t vorantreiben . U m die Notwendig keit einer fundamentalen Umgestaltun g de s imperialistischen i n ein sozialistisches Syste m nachträglic h z u rechtfertigen , forciert e di e SE D nach de m Mauerbau ihre Propaganda. De r Geschichtswissenschaft fiele n dabei wichtige Aufgaben zu : Es galt, de n Anspruch der Partei auf nationale und klassenmäßige Führun g i n Deutschlan d historisc h z u begründe n un d ei n DDR spezifisches, nationale s Idcntitätsprofil z u entwerfen 5. Vor diese m Hintergrun d müsse n di e außerordentliche n Anstrengunge n der DDR-Historiker au f dem Gebiet der Kriegsursachenforschung gesehe n werden. E s entstande n zahlreich e Untersuchunge n zu r Politi k de s Deut schen Reiche s vo r un d i m Erste n Weltkrie g wi e zu r Geschicht e de r Arbei terbewegung. Dies e Bemühunge n gipfelte n i n de m dreibändige n Wer k »Deutschland im Ersten Weltkrieg«, da s 1968 und 1969erschien, un d indem die maßgeblichen Weltkriegshistorike r den Forschungsstand zusammenfaß ten6. Fü r die ostdeutschen Geschichtswissenschaftle r wa r die Intensivierun g der Weltkriegsforschun g nich t nu r unabdingba r zu r Schließun g vo n For schungslücken; al s entscheidende s Moti v nannte n si e vielmeh r politisch e Gründe. Angesicht s de r drohende n Gefah r eine s dritten Weltkriege s se i es die Pflicht eines jeden verantwortungsbewußten Historikers , die Geschichte der beiden vergangenen Weltkatastrophe n z u analysieren und die gewonnenen Erkenntniss e zu r Bewältigun g de r Gegenwartsproblem e fruchtba r z u machen. Das gelte insbesondere für die deutsche Geschichtswissenschaft, d a beide Weltkriege von deutschem Bode n ausgegangen seien . Hinzu komme, daß i m westliche n Tei l Deutschland s imme r noc h ei n »imperialistisches « Gesellschaftssystem bestehe , desse n Beseitigun g i m Interess e de s Frieden s unabdingbar sei: »Weil e s am Ende des Ersten Weltkrieges nicht gelang, di e Macht de r herrschenden Klass e zu brechen, di e an seiner Vorbereitun g ei n hohes Maß Schuld trug, konnt e dieselbe herrschende Klasse 1939 den Zweiten Weltkrieg vom Zaun brechen, der für sie ein Versuch war, ihr e Niederlage im Ersten wettzumachen. Un d die hartnäckige Weigerung de r Führer des 180 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
imperialistischen Deutschland s de r Gegenwart , sic h mi t de n Folge n de r zweiten Niederlag e abzufinden , bedroh t heut e erneu t de n Weltfrieden i n ernstester Weise.« 7 Di e Verfasser de s Handbuches betonten , da ß allei n di e marxistisch-leninistische Geschichtswissenschaf t i n der Lage sei, eine wahrheitsgetreue Darstellun g un d Analys e de r deutsche n Geschicht e vo r un d während de s Kriege s z u erarbeiten . Si e befinde sic h i m Einklan g mi t de m »objektiven Gan g der Geschichte, au f deren Tagesordnung i m 20. Jahrhundert di e Überwindun g de s Imperialismus « stehe , un d vertret e somi t de n richtigen Klassenstandpunkt 8. Unte r Berufung au f Walter Ulbricht erklärt e man di e nationale Frag e zu einer Frag e des Klassenkampfes: »Di e deutsche Bourgeoisie«, schrie b Ulbricht , »ha t viel e Jahrzehnte hindurc h de m deut schen Volke einzureden versucht, daß die Ausdehnung ihrer Herrschaft über andere Völke r de r Schlüsse l z u nationaler Mach t un d Freihei t se i . . . Das, was di e deutsch e Reaktio n al s höchstes , nationale s Prinzi p ausgab , di e ›Freiheit de r Expansion . . . , da s war i n Wahrheit di e tiefste Erniedrigun g und erbärmlichste Schändung vo n Volk und Nation.« 9 Ausführlich setzte n sic h die Wissenschaftler de r DDR mi t der »bürgerli chen« Geschichtsschreibun g übe r de n Ersten Weltkrie g auseinander . Dies e sei vom End e des Krieges an bis in die Gegenwart hinei n vorrangig Legiti mationswissenschaft zu r ideologisch-politischen Stützun g des »imperialistischen« Herrschafts - und Gesellschaftssystems gewesen . Anstat t di e wirkli chen, i m Imperialismus al s System wurzelnde n Ursache n de r beiden Welt kriege aufzudecken, hätte n die nichtmarxistischen Historike r den deutschen Imperialismus entlastet und auf diese Weise das Weiterbestehen der imperialistischen Gesellschaftsordnun g un d darüber hinaus eine aggressive Außen politik gerechtfertigt . Dabe i differenzierten di e ostdeutschen Wissenschaft ler zwische n »chauvinistische n Apologeten « un d »Kritiker(n ) de s Chauvi nismus, di e kein e nichtbürgerliche , nichtimperìalistisch e Alternativ e zu r Katastrophenpolitik de s Imperialismu s z u sehe n vermögen« . Ungeachte t der Tatsache , da ß beid e Richtunge n gleich e Interesse n verfolgten , müßte n die Marxiste n stet s bestreb t sein , di e Berührungspunkt e mi t »ehrliche n bürgerlichen Antichauvinistcn « zuerkennen 10. In diese m Zusammenhan g verdien t di e Beurteilun g de r Arbeite n Frit z Fischers un d de r vo n ih m ausgelöste n Debatt e besonder e Beachtung . Di e DDR-Historiker verteidigten die Thesen des Hamburger Gcschichtsprofcs sors gegen die Angriffe seine r westdeutschen Kontrahenten . I n der heftige n Auseinandersetzung erblickte n si e ei n Indi z dafür , da ß e r mi t seine n di e bisherige deutsch e Nationalgcschicht e diskreditierende n Untersuchunge n über di e Kriegszicl c de s Deutsche n Reiche s i m Erste n Weltkrie g »a n di e Tolcranzgrenze de r herrschende n imperialistische n Ordnun g i n West deutschland« gestoße n sei 11. Da s gelt e vo r alle m fü r sein e Thes e vo n de r Kontinuität de s deutsche n Weltmachtstrcben s vo m Erste n zu m Zweite n Weltkrieg sowie für die Betonung der aktiven Rolle der deutschen Reichsleitung be i de r Entstehun g de s Kriege s un d de r Durchsetzun g de s maßlose n 181 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Kricgsziclprogrammcs. S o wei t begrüßt e ma n di e Forschungsergebniss e Fischers nahez u emphatisc h un d wertete sie als Bruc h mi t den Traditione n »bürgerlicher« Geschichtsschreibun g sowi e al s ersten wichtige n Schrit t zu einer realitätsnähere n Betrachtun g de r deutsche n Vergangenheit . Dagege n stießen dessen Auffassungen übe r die soziale Basis der deutschen Kriegsziel politik au f heftigen Widerspruch . I n den Augen de r DDR-Historike r hatt e Fischer »ein e entscheidende Voraussetzung fü r die an sich aus seinem Material un d seine r Darstellun g sic h aufdrängend e Anklag e un d Verurteilung « des deutsche n Imperialismu s nich t erfüllt : »Ein e wirkungsvoll e Anklag e gegen di e Politi k de r deutsche n herrschende n Klasse n kan n . . . nur erfol gen, wen n gezeigt wird, da ß Gegenkräfte vorhanden waren, dene n bei aller, historisch z u erklärenden Schwäch e geschichtliche Relevan z un d zukunfts trächtige Bedeutung zukamen.« 12 In der Tat hatte Fischer der linken sozialistischen Opposition gegen die Kriegsziclpolitik kaum eine politische Bedeutung zugesproche n un d di e überwältigend e Mehrhei t de r sozialistische n Arbeiterschaft i n jene innenpolitisch e Einheitsfron t eingereiht , welch e di e Rcgicrungspolitik mitgetrage n habe . Außerde m hatt e e r di e herrschende n Klassen de s Kaiserreiches, besonder s die Großindustrie, keinesweg s so ausschließlich mi t de r Verantwortun g fü r di e deutsch e Kriegspoliti k belastet , wie e s de r marxistisch-leninistische n Wcltkricgsforschun g notwendi g er schien. Dies e insgesamt durchau s ambivalcnt c Haltun g gegenübe r de n Ergebnissen Fischer s un d seine r Schüle r fan d ihre n deutlichste n Ausdruc k i n dem Begriff des »historischen Realismus«, mi t dem die DDR-Wissenschaft ler den politischen Standor t und Forschungsansatz jener Gruppe charakterisierten. Desse n Anhänger, erläutert e der sowjetische Historiker Jerussalimski de n vo n ih m geprägte n Begriff , übte n Kriti k a n der Ideologi e un d de r Politik des Imperialismus, dessen Gefährlichkeit si e angesichts der atomaren Bedrohung erkann t hätten ; doc h fehl e ihne n di e Radikalität , u m z u de n entscheidenden Frage n der Wirklichkeit vorzudringen 13. Die Historiker der DDR hielten an der These fest, da ß der Erste Weltkrieg ein imperialistische r Krie g gewese n sei , de r aus den Gegensätze n zwische n den einzelne n europäische n Großmächte n erklär t werde n müsse . Da s be deutete aus ihrer Sich t jedoch nicht , da ß alle Staaten den gleichen Antei l an der Verantwortung fü r den Ausbruch der Katastrophe von 1914 trügen. Di e Hauptschuld fall e de m Deutsche n Reic h zu . E s hab e i n de r nac h de m Attentat vo n Sarajew o entstandene n internationale n Kris e ein e günstig e Gelegenheit zu r Entfesselun g de s lange vorbereitete n un d herbeigesehnte n Raub- und Eroberungskriege s gesehen . U m dies e These zu erhärten, kon zentrierten sic h di e ostdeutsche n Geschichtswissenschaftle r darauf , de n deutschen Imperialismu s al s besonders aggressive Variant e de s »imperiali stischen Gesamtsystems « auszuweisen 14. Diese r Sondercharaktc r wurzelt e nach ihrer Auffassung i n den spezifischen historische n Bedingungen , unte r denen da s 187 1 gegründet e Reic h de n Übergan g vo m Kapitalismu s de r freien Konkurren z zu m Monopolkapitalismu s vollzoge n habe . Di e ver 182 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
spätctc Nationalstaatsgründung hab e ein eigentümliches Herrschaftssyste m befestigt, da s durc h unablässig e Konflikt e zwische n de r Bourgeoisi e un d dem noc h imme r übe r Machtpositione n verfugende n grundbesitzende n Adel gekennzeichnet gewese n sei. Mi t diesen Faktore n wie mit der Sonder stellung de s Militär s häng e e s zusammen, da ß hauptsächlic h di e bürgerli chen un d kleinbürgerliche n Schichte n da s Schicksa l de r Natio n stet s i n Abhängigkeit vo n maximaler militärischer Machtentfaltung erblick t hätten. Da di e Wel t bereit s weitgehen d unte r de n übrige n kapitalistische n Staate n aufgeteilt gewese n sei , hab e da s deutsch e Monopolkapita l - insbesonder e Schwerindustrie un d Großbanken - sein e Ausbcutungs- und Expansionsinteressen nu r durchsetze n können , inde m e s größte außenpolitische Risike n in Kauf nahm. Eine Folge dieser Situation, die durch die geographische Lage Deutschlands und seine Bindung an die vom Zerfall bedrohte Donaumonarchie noch erschwer t wurde , se i die abenteuerliche Politi k de r militärische n und politischen Führun g de s Kaiserreiches gewesen. Sei t Begin n des imperialistischen Zeitalter s hab e da s Reic h ein e vo n vornherei n zu m Scheiter n verurteilte friedcnsgefáhrdende Politi k verfolgt, dere n allgemeine Merkma le die Überschätzung de r eigenen Kräfte und daher Widersprüchlichkeit und Realitätsferne gewese n seien . Dies e Verblendun g de s deutschen, »junker lich-bürgerlichen Imperialismus« 15 komm e nich t zuletz t i n de n nac h de r Jahrhundertwende forcierte n Kriegsvorbereitunge n zu m Ausdruck . Wäh rend au f politischem, propagandistische m un d militärische m Gebie t lang e vor 191 4 all e wesentliche n Vorkehrunge n getroffe n worde n seien , könn e von eine r systematische n wirtschaftliche n Vorbereitun g kein e Red e sein : »Bei de n entscheidende n Stelle n vo n Regierung , Verwaltun g un d Armee führung dominierte n di e Traditionen eine r letztlich auf feudalen, vorimpe rialistischen Vorstellunge n beruhende n Kriegsvorbcrcitun g un d Kriegfüh rung noc h so stark, da ß moderne Auffassunge n sic h nur teilweise durchzusetzen vermochten. De r blinde Glaube an das siegreiche preußisch-deutsch e Heer . . . sowie die abenteuerliche Vorstellung , de r nächste Krieg könne in der For m eines Blitzkrieges geführ t werden , verhinderten , da ß die Verant wortlichen ei n umfangreiche s un d geschlossene s Syste m ökonomische r Kriegsvorbereitungen i n Angriff nahmen.« 16 Besondere Aufmerksamkei t widmete n di e DDR-Historike r de r Kriegs zielpolitik de s Reiches. Dere n Analyse , begründete n si e die Notwendigkei t intensiver Forschungen , helf e nicht zuletzt, »di e Ursachen de s Krieges aufzudecken, ware n doch die Ziele, um derentwillen di e Großmächte im Sommer 191 4 ihr e Politi k mi t de n Mittel n de s Kriege s fortsetzten , politische r Ausdruck des Strebens ihrer Monopolgruppcn nach einer Neuaufteilung der imperialistischen Macht - un d Interessensphären« 17. Zude m beweis e da s Kricgsziclprogramm, da s di e deutsch e Hegemoni e i n Europ a un d di e Er richtung eine s gewaltige n Kolonialreiche s zu m Inhal t gehab t habe , di e besondere Aggressivitä t de s deutschen Imperialismu s un d dami t desse n Ver antwortung fü r di e Entfesselun g de s Ersten Weltkrieges . Be i der Untersu 183 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
chung de r deutsche n Kricgsziclpoliti k knüpfte n di e DDR-Forsche r a n di e Ergebnisse Fischers an und versuchten, diese im marxistischen Sinn e weiterzuentwickeln. I m Mittelpunk t de r Diskussio n stan d di e Frag e nac h de m Zusammenhang vo n Monopolkapital, Staa t und Kricgsziclpolitik. Danebe n ging e s darum, di e konkrete Ausgestaltung de r Kriegsziclc de s wilhelminischen Deutschlan d z u erfassen . Ander s al s Fischer , de r - unabhängi g vo n den differenzierten Motive n ihre r Befürworter- i n den Kriegsziclprogram men der deutschen Reichsleitung Zielprojcktioncn der politisch Handelnden sah, versuchte n di e DDR-Historike r nachzuweisen , da ß di e Kriegszielfor derungen de n wirtschaftliche n Interesse n fas t ausschließlic h de r Monopol bourgeoisic entsprunge n seien . Au f dies e Weis e wollte n si e di e i n ihre n Augen politisc h gefährlich e Thes e Fischers entkräften , »Denke n un d Ziel setzung de r Reichsspitz e seie n korrekte r Ausdruc k de s Strcbcn s de r über wiegenden Mehrzah l de s deutschen Volkes gewesen«, sowi e den imperiali stischen Charakter der Kricgsziclpolitik sichtba r machen 18. Außerdem sei es nötig, di e Unterschied e innerhal b de r herrschenden Klasse n de s Kaiserrei ches un d dami t auc h hinsichtlic h de r Kricgszielfordcrunge n aufzudecken . Nicht zuletz t aufgrun d de s Fehlens solcher Differenzierungen hatt e Fische r nach Ansich t seine r ostdeutsche n Kollege n de n bundesrepublikanische n Kritikern gewiss e Angriffspunkte geboten . Die zentrale These der DDR-Forscher lautete, daß die herrschenden Klas sen des kaiserlichen Deutschlan d i n zwei Hauptströmunge n zerfalle n seien . »die sic h i n de m allgemeine n Zie l eine r Vormachtstellun g Deutschland s nicht unterschieden , i n taktische r Hinsich t jedoc h Gegensätz e offenbar ten« 19. Dies e Unterschied e zwische n eine r »konservativ-impcrialisti sche(n)« un d eine r »wcndigere(n) , liberalisierende(n ) imperialistische(n ) Strömung« führte n di e Wissenschaftle r de r DD R au f abweichende Expan sions- und Wirtschaftsinteressen wi e auf die unterschiedliche politische Einstellung de r einzelne n Strömunge n beziehungsweis e »Monopolgruppen « zurück20. Bereit s Anfan g de r sechziger Jahre hatt e Jürgen Kuczynsk i eine n solchen Differenzierungsversuc h unternommen . E r sprach vo n eine r »ex tremen« Fraktion , de r sic h di e Montan - un d Schwerindustri e sowi e di e ostclbischen Junker zuordne n ließen , sowi e von einer zweiten Gruppe , de r die neuen Industrien , hauptsächlic h di e Elcktrobranche, angehör t hätten 21. Auf de r Grundlag e umfangreiche n empirische n Material s präzisiert e vo r allem Willibald Gutsche diese Thesen. Nac h seiner Auffassung gehörte n zur ersten Grupp e auch bestimmt e Vertrete r de r chemischen Industrie , beson ders de r Anilin - un d Sprengstoffproduktion ; beherrsch t worde n se i si e jedoch maßgeblic h vo n de r westdeutsche n Schwerindustrie . Ih r Hauptzie l habe i n de r Durchsetzun g direkte r un d weitreichende r Annexione n i m Osten, vo r alle m abe r i m Weste n - mi t Stoßrichtun g gege n Englan d — gelegen. Voraussetzun g fü r di e Verwirklichun g diese r Plän e se i di e mög lichst rasche und vollständige Niederwerfung de r imperialistischen Konkur renten des Deutschen Reiches gewesen. Dahe r habe man eng mit der militä184 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
rischcn Führun g zusammengearbeitet . Motivier t ware n dies e Forderunge n nach Gutsche s Ansich t vorrangi g durc h da s Interesse besonder s de r Mon tan- und Schwerindustrie an den Erz- und Kohlcgcbicten de s Westens, abe r auch durch die Wünsche der Junker nach direktem Gebietserwerb im Osten. Die Sprcngstoffindustn c hab e sic h diese r Fraktio n angeschlossen , wei l si e für die Dauer eines - möglichs t lang e währenden - Kriege s ein Ausschalten internationaler Konkurren z un d enorm e Profit e erwarte n konnte . I m Gegensatz daz u hab e di e zweit e Grupp e i n erste r Lini e indirekt e Forme n de r Herrschaft angestrebt , wi e vor allem die Schaffung eine s mitteleuropäischen Wirtschaftsbundes unte r deutscher Führung. Da s erkläre sich aus der Tatsache, da ß sich in ihr vor allem solche Wirtschaftszweige zusammengeschlos sen hätten , di e mi t Filiale n un d Zweigniederlassunge n i n alle n Teile n de r Welt engagiert waren . Ih r Interesse habe daher hauptsächlich einer Erweiterung ihre s Einflusse s au f dem Weltmark t un d der Erschließun g neue r Ab satzgebiete gegolten . Auc h in einem zweite n Punk t hätten sie sich von den Vertretern de r ersten Gruppe unterschieden, inde m sie nämlich ein militärisches Vorgehen i n zwei Etappen befürworteten: »D a sie eine völlige militä rische Unterwerfun g England s i m erste n Anlau f bczweifclte(n) , empfah l(cn) sie , nac h eine m Sie g übe r di e kontinentale n Gegne r mi t Englan d zunächst eine n Kompromi ß z u suchen und die endgültige Auseinanderset zung mit ihm aufzuschieben. « 22 Kontrovers diskutier t wurd e di e Frag e nac h de r Stellun g de r Regierun g Bcthmann Hollwc g i n der Auseinandersetzung zwische n de n beiden »Mo nopolgruppen« übe r die Kriegszielpolitik. Währen d nach Werner Basier die Regierung i n der Hauptsache den Interessen der Schwerindustrie verpflich tet gewese n sei , vertrate n Hein z Küster , Lotha r Rathman n un d Gertru d Theodor di e Auffassung , da ß di e politisch e Führun g vo r alle m di e Forde rungen de r Gruppierun g u m di e Deutsch e Ban k un d di e Elektroindustri e unterstützt habe 23. Eine n relativen Ausgleic h dieser Positionen brachten erst die Forschunge n vo n Gutsche . Ih m zufolg e ware n di e i m Septemberpro gramm zusammengefaßte n Kriegszicl c de r Regierun g Bcthman n Hollwe g »allgemein al s Program m eine r Diagonale « anzusehen , di e jedoch stärke r der Positio n »de s fü r ein e indirekt e Hegemoni e plädierende n Flügel s de r herrschenden Klasse « zuneige 24. Au s diese r Sich t erschie n di e Regierun g zum eine n al s Entscheidungsträger eine s imperialistischen »Gcsamtintcrcs ses«, de r die von verschiedenen Strömunge n de s Monopolkapitals vertrete nen Konzeptionen gegeneinander abzuwägen, möglichs t effektiv z u koordinieren un d schließlic h durchzusetze n versuchte . Zu m andere n bestimmt e man den Staat als ein mehr oder weniger vo n den konkreten Kapitalintcres sen abhängiges Instrument der herrschenden Klassen zur sozialen und politischen Herrschaftsausübung 25. Verglichen mi t den Fortschritten de r DDR-Historiker be i der genauere n Bestimmung de s Sondercharakter s de s deutsche n Imperialismu s blie b de r Erkenntniszuwachs au f de m ureigenste n Gebie t de r marxistisch-leninisti 185 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
sehen Forschung , de r Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung , außer ordentlich gering. I n den sechziger Jahren wurde zwar eine Fülle empirischer Untersuchungen zu r Entwicklun g un d Politi k de r Arbeiterbewegun g vo r und i m Weltkrieg e vorgeleg t un d diskutiert ; dies e Arbeiten stellte n jedoch letztlich nur eine immer neue Bestätigung de s bereits in den fünfziger Jahren in seine n Grundzüge n entworfenen Bilde s vo n de r Breit e un d Bedeutun g der linke n Strömun g i n de r deutsche n Arbeiterbewegun g dar . Vorherr schend wa r da s Bestreben , di e Wirkun g de s Kampfe s de r Arbeiterklasse , besonders der antimilitaristischen un d antiimperialistischen Linken , stärke r als bishe r z u betonen. Diese r zunächs t wirtschaftlich , dan n abe r politisc h motivierte Kampf der Arbeiterschaft gege n den Militarismus als den »Tod feind des deutschen Volkes « führt e nac h Kurt Stcnkcwitz am Vorabend des Weltkrieges z u einer schwere n politische n Krise , di e durch ein e Verschär fung de r Klassengegensätze gekennzeichne t gewese n sei. Die Herrschenden hätten darau f mi t de r Militarisierun g de s gesamte n wirtschaftliche n un d gesellschaftlichen Leben s reagiert , u m di e Werktätige n i n den Diens t ihre r »reaktionären un d aggressive n Politik « z u zwingen. Ihr e Kriegshetze hab e zum Tei l de r Überwindun g de r innere n Kris e gedient ; danebe n allerding s habe sie sich auf die Erweiterung der »Ausbeutungssphäre« vonjunkcr n und Monopolkapital bezogen 26. Wen n de r Kamp f der Arbeiterklass e trot z de r außerordentlichen Kraf t un d de s ungeheure n Mutes , mi t de m e r geführ t wurde, dennoc h gescheiter t sei , dan n la g da s i n de n Auge n de r DDR Forscher vo r alle m a m Fehle n eine r marxistisch-leninistische n Partei , wel che di e Führun g de r Werktätige n hätt e übernehme n können . Außerde m waren di e ostdeutsche n Geschichtswissenschaftle r bemüht , ständi g neu e Beweise fü r di e Thes e vo n de r verhängnisvolle n Roll e de r »revisionisti schen« un d »opportunistischen « Kräft e i n de r Arbeiterbewegun g un d fü r den »Verrat « de r Parteiführung vorzulegen . Allerding s kamen si e hinsichtlich de r vo n de r Regierun g Bethman n Mollwe g i m Juli 191 4 angestrebte n Zusammenarbeit mi t der SPD-Führung oder der Mobilisierung weiter Teile der Arbeiterschaft fü r den als antizaristischen Kampf dargestellten Weltkrie g nicht übe r di e Forschungsergebniss e Frit z Fischer s un d Egmon t Zechlin s hinaus27. Man wir d diese s Mißverhältnis vo n Forschungsintensitä t un d Ertrag de r wissenschaftlichen Arbei t zu m Tei l au f di e Vernachlässigun g wichtige r Quellcngruppcn zurückfuhre n können , wi e beispielsweis e de r umfangrei chen Nachlässe führender Sozialdemokraten , Entscheidende r fü r jene »Mo notonie der Wiederholung« 28, di e allenfalls ein e Ausdifferenzierung de r im Grunde immer gleiche n These n war , is t jedoch da s Festhalten a n bestimmten theoretische n un d politische n Prämisse n de r marxistisch-leninistische n Geschichtsschreibung. Di e DDR-Historiker bemühte n sich , di e Wirksam keit und Notwendigkeit de r Entstehung un d der Politik eine r linken, revo lutionären un d antimilitaristischen Strömun g i n der Arbeiterbewegung a m Vorabend und während des Ersten Weltkrieges nachzuweisen. Hie r habe die 186 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
einzig realistisch e un d zukunftsträchtig e Alternativ e z u de r »volksfeindli chen« Politi k sowoh l de r herrschende n Militariste n un d Imperialiste n al s auch de r mi t ihne n zusammenarbeitende n sozialdemokratische n Führun g gelegen. Allerding s standen sie bei diesem politisch motivierten Versuch vor einem fas t unlösbare n Dilemma : »S o ausführlic h si e auc h di e politisch e Tätigkeit de r revolutionäre n un d antimilitaristische n Linke n i m Erste n W(cltkricg) darstellen , si e komme n nich t übe r di e Tatsach e hinweg , da ß diese Gegenkräft e i n Wahrhei t wede r 191 4 noc h 1917/1 8 ein e wirklich e politische Alternative zur imperialistischen Politi k darstellten. S o bleiben sie am End e ratlo s übe r di e ›untcrschicdlich e Entwicklung , di e Deutschlan d und Sowjetrußlan d nahmem.« 29 Ihre n deutlichsten Niederschla g fan d diese »Ratlosigkeit« i n solche n Formulierungen , di e sic h u m ein e allgemein e Bewertung de r Rolle und Bedeutung de r antimilitaristischen un d antiimperialistischen Oppositio n bemühten . »Selbs t di e Tatsache«, schrie b Helmu t Kral i m erste n Ban d vo n »Deutschlan d i m Erste n Weltkrieg« , »da ß e s der herrschenden Klass e i n de n Jahren vo r de m Erste n Weltkrie g gelang , ihr e Auffassungen auc h in Teilen de r unterdrückten Klasse n z u verbreiten, än dert nicht s a n de m unversöhnliche n Gegensat z de r Interessen , de r i n Hin sicht auf Krieg und Frieden die Nation durchzog. Ei n großer Teil der Nation hat der Weltmachtpolitik imme r ablehnend, ei n nicht geringer ihr gleichgültig gegenübergestanden.« 30 Derarti g vag e Formulierungen un d der Rekurs auf allgemeine, dem Imperialismus als System innewohnende Gesetzmäßigkeiten ware n überdie s zumeis t charakteristisc h fü r di e Beschreibun g de r Entwicklung de s Klassenkampfes vo r 1914 , de r nach marxistisch-leninisti scher Auffassung notwendi g in eine revolutionäre Situation münden mußte. »Die krisenhafte Zuspitzun g de s Klassenkampfes i n Deutschland«, gestan d Annelise Laschitz a zu , »wa r jedoc h keinesweg s mi t eine r revolutionäre n Situation identisch . Si e barg allerdings als vorrevolutionäre Situatio n Mög lichkeiten i n sich, die zu einer revolutionären Situatio n fuhre n konnten . « 3I Die bislan g angeführte n Forschungsergebniss e galte n un d gelte n de n DDR-Historikern al s solide s Fundamen t a n Erkenntnissen , di e dene n de r »bürgerlichen« Weltkriegsforschun g wei t überlege n seien . Bi s heute haben diese Thesen nicht an Verbindlichkeit verloren ; si e markieren nac h wie vor den Rahmen fü r di e Interpretatio n de r Vorgeschicht e un d Geschicht e de s Ersten Weltkrieges 32. Mi t Begin n de r siebziger Jahre setzte die ostdeutsche Geschichtswissenschaft jedoc h innerhal b diese s Rahmen s neu e Akzente . Intensiver al s bishe r beschäftigt e si e sic h mi t de n gesellschaftliche n un d wirtschaftlichen Triebkräfte n un d Funktionen imperialistischer Politik , u m neue Einsichte n i n da s Wese n un d di e Entwicklun g de s Imperialismu s al s System z u erhalten. Voraussetzun g dafü r abe r sei , da ß sic h di e Forschun g nicht meh r nu r au f di e Analys e de s deutsche n Imperialismu s beschränke , sondern auch die Politik der übrigen imperialistischen Großmächt e betrachte. Geforder t wurde n insbesonder e »längsschnittartig e Untersuchunge n von de r Jahrhundertwende bi s zu m End e de s Erste n Weltkrieges« 33. Di e 187 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Historiker der DDR begründeten diese Interessenverlagerung mi t dem Hinweis au f Forschungslücken . Trot z größte r Anstrengunge n mangel e e s an einer umfassenden un d systematischen Untersuchun g de s imperialistischen Herrschaftssystems. Vo r alle m abe r se i di e Frag e nac h de n Beziehunge n zwischen Monopolkapita l un d Staa t bislan g noc h nich t zufriedenstellend beantwortet. Führend e Weltkriegshistorike r gestande n ausdrücklic h ein , daß e s a n konkrete n Beweise n fü r de n ursächliche n Zusammenhan g vo n Monopolforderungen un d Kriegsziclpoliti k fehle . Überdie s glaubt e man , den besonderen Charakte r des deutschen Imperialismus erst dann angemessen aufzeigen zu können, wen n man ihn mit dem anderer Länder vergleiche. Dabei müss e das strukturell ähnlich e Verhalten alle r imperialistischen Staa ten vor 1914 deutlich gemacht werden. »Di e Historiker der DDR haben . . . allen Anlaß , de n Blic k z u weite n un d di e welthistorisch e Einbettun g de r deutschen Geschicht e be i dere n Studiu m un d Darstellun g gebühren d z u beachten . . . Ein e gründliche , tiefgehend e un d wissenschaftlic h überzeu gende Untersuchun g de s Problems, da s ja offensichtlic h nu r gelöst werde n kann, wen n die Politik aller imperialistischen Großmächt e von der Jahrhundertwende bi s zu m Erste n Weltkrie g nac h gleiche n Gesichtspunkte n er forscht wird , steh t aber noch aus.« 34 In solchen und ähnlichen Formulierungen wurd e die Unzufriedenheit mi t dem erreichten Forschungsstan d zu m Ausdruck gebracht ; zum Verständni s dieser kritischen Tön e wird ma n jedoch au f grundlegende Wandlunge n i m Sclbstverständnis de r SED seit Ende der sechziger Jahre verweisen müssen , die sic h wiederu m i n veränderte n Ansprüche n a n di e Geschichtswissen schaft niederschlugen . Da s Verhältnis von Ökonomie und Politik tra t nicht zufällig z u einem Zeitpunk t i n den Vordergrun d de r historisch-politische n Diskussion, al s di e DD R zu m zweitgrößte n Industriestaa t de s Ostblock s aufgestiegen wa r un d di e SE D auf ihre m VII. Parteitag i m Jahre l% 7 da s »entwickelte gesellschaftlich e Syste m de s Sozialismus « ausrie f Dami t ein her gin g ein e Neubestimmun g de r Autgabe n un d Funktione n de r Wissen schaften, di e zu »Produktivkräften« erklär t wurden. I n diesem Sinne konnte die Geschichtswissenschaft dadurc h wirksa m werden , da ß sie zur Stärkun g und Festigung eines sozialistischen Geschichtsbewußtseins beitrug: »E s geht nun nich t meh r vorrangi g u m Machterhaltung , sonder n u m zukunftswei sende gesellschaftlich e Konzeptionen . Jetz t wir d di e bewußtseinsbildend e bzw. . . . idcologiebildcnd e Funktio n besonder s angesprochen ; si e gilt al s produktive Funktion , d a übe r da s Denke n un d Handel n de r Mensche n wirtschaftliche Leistunge n stimulier t werde n sollen.« 35 Di e Imperialismusforschung sollt e die Herausbildung eine s sozialistischen Geschichtsbewußt scins vo r alle m durc h di e Kriti k a n de m konkurrierende n »westlichen « Gesellschaftssystem i n Vergangenheit un d Gegenwar t fördern . Da s Fehlen eingehender Studie n über die enge Verflechtung vo n Monopolinteresse und Kriegspolitik de s Deutsche n Reiche s vo r un d im Erste n Weltkrieg e mußt e daher u m s o schwere r wiegen ; den n de r Nachwei s eine s direkte n Zusam 188 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
menhangcs zwische n Imperialismu s un d expansionistischer Politi k gal t al s geeignet, di e moralische und politische Sclbstrcchtfertigung diese s nach wie vor bestehende n Gesellschaftssystem s i n Frag e z u stellen . Darübe r hinau s dienten solch e Untersuchunge n dazu , di e Theori e de s Staatsmonopolisti schen Kapitalismus und die Kategorie der »Gesellschaftsformation « z u präzisieren. Dies e wurd e de n vo n de n »bürgerlichen « Sozia l Wissenschaften vertretenen Theorien de r Industriegcsellschaft, de r Konvergenztheorie und dem Begrif f des »organisierte n Kapitalismus« , nich t zuletzt auc h moderni sicrungsthcorctischen Forschungsansätze n entgegengestellt 36. Wa r die Forderung nac h einer Erneuerung historiographischcr Imperialismusforschun g zunächst nu r au f de n deutsche n »Sonderfall « bezogen , tra t mi t de m VIII. Parteitag der SED imjahre 197 1 der Anspruch hinzu, di e nationalgcschichtliche Ausrichtun g zugunste n eine r internationale n Betrachtungsweis e auf zugeben. Di e Parte i verpflichtet e di e Historie nunmeh r au f den »proletari schen Internationalismus« ; di e deutsche Geschicht e sollt e vo r dem Hinter grund des »revolutionären Wcltprozesscs « geschriebe n und in diesen eingeordnet werden . Ein e Folg e war , da ß da s Verhältni s vo n »Allgemeingülti gem« un d »Besonderem« , vo n »Internationalem « un d »Nationalem « Ge genstand intensiver Erörterungen auc h der Imperialismusforschcr wurde 37 . Ein besonderer Schwerpunkt der DDR-Historie lag seither auf der Analyse der wirtschaftlichen Triebkräft e deutscher Politik vor und nach 1914. Die Erforschung de r wirtschaftliche n Interesse n de r bestimmende n Kräft e i m imperialistischen Syste m un d dere n Durchsetzungsfähigkei t dien t au s de r Sicht de r marxistisch-leninistischen Histori e gleichzeiti g de r Erhellun g de r Triebkräfte de s Krieges sowie i n Friedenszeiten de r zum Krieg e treibende n Kräfte de s Kapitals . Ei n Beitra g zu r Klärun g diese r Frage n is t dahe r ei n Beitrag zu r Kricgsursachentorschung . Grundlag e alle r Überlegunge n wa r Lenins Theorie de s Staatsmonopolistischen Kapitalismus , di e es zu bestätigen galt. Si e wurde von den ostdeutschen Historikern und Gesellschaftswissenschaftlern m Erweiterun g de r Imperialismusanalys e Lenin s entwickelt , um di e Veränderunge n i n de r wirtschaftliche n un d soziale n Struktu r de r imperialistischen Gesellschafte n sowi e di e nac h ihre r Auffassun g sei t de m Ersten Weltkrieg zunehmend e »Verschmelzung « de r staatlichen Bürokrati e mit de n Monopole n angemesse n z u erfassen. De r Begriff de s Staatsmonopolistischen Kapitalismu s war von Lenin als »antikapitalistischcr , antirefor mistischer, revolutionäre r Kampfbegriff « gepräg t worde n un d wir d al s solcher von der DDR-Historie in der politisch-ideologischen Systemausein andersetzung verwendet . Ma n bedien t sic h seine r zu r Kennzeichnun g de r »krisenhafte(n) Spätphas e de s Kapitalismus « mi t seine n »sic h offe n ode r versteckt verschärfende n Widersprüche n un d mi t letztlich unvermeidbare r Zusammenbruchsperspektive«, eine r Phase, di e sich vom Ersten Weltkrie g bis i n di e Gegenwar t erstrecke . Di e Verfechte r diese r Gcscllschafts - un d Geschichtstheorie gehe n davo n aus , da ß der Staatsmonopolistische Kapita lismus langfristi g z u wachsende r Ausbeutun g un d Knechtun g de r Masse n 189 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
sowie zur Aushöhlung liberal-demokratische r Verhältniss e beziehungswei se zur Stärkung autoritärer, de r Tendenz nach faschistischer Herrschaft s formen führe 38. Zu welchen Ergebnisse n di e DDR-Historiker be i der konkreten Analys e des Zusammenhange s vo n Krieg , Wirtschaf t un d Politi k i n de r Vorge schichte un d Geschicht e de s Erste n Weltkriege s gelangten , läß t sic h i n besonderer Weise an den Arbeiten Gutschcs aufzeigen. E r hat sich wie kaum ein anderer um die Erforschung diese s Fragenkomplexes bemüh t un d zahlreiche richtungsweisende Studie n verfaßt 39. U m de n »Funktionsmechanis mus zwische n Staa t un d Monopolkapita l i n Deutschland « währen d de r ersten Kriegsmonat e genaue r z u erfassen , grif f Gutsch e ein e Anregun g Alfred Schröter s au f E r ergänzt e di e bishe r vorgenommen e Zuordnun g bestimmter Wirtschaftszweig e z u eine r de r beide n Hauptströmunge n i m Kriegszielstrcit durc h ein e Analyse de r personellen Zusammensetzun g die ser beide n »Monopolgruppen« , Sein e Ergebniss e bestätigte n weithi n di e bereits frühe r vo n ih m selbe r un d vo n Kuczynsk i vertretene n Thesen 40. Desgleichen konnt e Gutsch e di e Auffassunge n Kuczynskis , Gossweilcr s und Schröters erhärten, da ß »di e Banken wege n ihrer vielfältigen Verflech tungen mi t Industriemonopolcn vie l häufiger al s Vertreter des ›Gcsamtmonopolkapitals‹ hervortraten « un d da ß si e zude m a n kein e Branch e allei n gebunden gewesen seien 41. Außerde m bemühte sich Gutsche, einige andere Aspekte stärker zu berücksichtigen. S o betonte er die - trot z seiner relativen Selbständigkeit al s ideeller »Gcsamtimpcrialist « - wachsend e Abhängigkei t des imperialistischen Staate s vom Monopolkapital 42. Ausgehen d von dieser These, vertra t e r di e Meinung , di e Entscheidunge n de r Regierun g Beth mann Hollwcg seien im wesentlichen durch das Kräfteverhältnis der Klassen und di e international e Situatio n de s deutsche n Imperialismu s unte r de m direkten un d indirekte n Einflu ß de r beide n Hauptströmunge n de s Monopolkapitals bestimm t worden . Ungeachte t alle r zum Tei l scharfe n Ausein andersetzungen, di e jene Gruppierungen der Monopolbourgeoisie untereinander wi e auc h mi t de r Reichsregicrun g austrugen , hab e sic h dies e »vo m gemeinsamen Klasscnintcress e der herrschenden Klasse und dabei vor allem vom Gesamtinteress e de r Monopolbourgeoisic « leite n lassen : »Di e Wahr nehmung de s imperialistische n Gesamtinteresse s - siegreich e Beendigun g des Krieges , Hegemoni e übe r Europa , Herrschaf t au f de m Weltmarkt , Schaffung eine s großen Kolonialreiche s in Afrika, Festigun g de s imperiali stischen Herrschaftssystem s i m Innere n - durc h di e Reichsregicrung erga b sich aus objektiven Gesetzmäßigkeiten : au s den Besitzverhältnissen un d der darauf beruhenden politische n Machtstellun g de r Herrschenden.« 43 Gut sche leugnet e jedoch nicht , da ß Bethman n Hollwc g i n »strategisch-takti scher Hinsicht« stärke r der Konzeption der flexibleren, liberale r orientierten Strömung zuneigte . De r Kanzler habe die vollständige Verwirklichung de r »konservativ-imperialistischen Annexionsforderungen « fü r unrealistisc h gehalten44. Ei n wesentliche s Ergebni s seine r Politi k bestan d nac h Gutsch e 190 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
darin, di e Wandlun g de s »junkerlich-bürgerlichen « zu m »bürgerlich-jun kerlichen« Imperialismu s vorangetriebe n z u haben. Hieri n komm e di e beschleunigte Entwicklun g de s Staatsmonopolistische n Kapitalismu s unte r den Bedingungen des Krieges zum Ausdruck. »Monopoliste n und Bankiers hielten Einzug in wichtige Teile des Staatsapparates, risse n die entscheidenden Funktione n a n sich un d praktizierte n ein e Politik , di e ihren jeweiligen unmittelbaren ökonomische n Interesse n entsprach.« 45 Diese These versuchte Gutsche in weiteren Untersuchunge n z u präzisieren. Dabei wandte er sich immer stärker von der deutschen Kriegsziclpoliti k als seinem ursprünglichen Forschungsschwerpunk t a b und dem Vorkriegs impcrialismus zu. Kennzeichnend nicht nur für seine Arbeiten ist das Bemühen, di e sozialökonomisch e »Gesellschaftsformation « de s Imperialismu s nicht als statisch zu betrachten, sonder n den Prozeßcharakter de s imperialistischen Herrschaftssystem s un d de s Staatsmonopolistische n Kapitalismu s näher zu beleuchten. Dami t traten die Einflüsse un d Wirkungen de r zunehmenden Konzentratio n un d Monopolisierun g de s Kapitals, de s zyklische n Wechsels vo n Konjunktu r un d Krise , de r spezifische n Wirtschaftszweig e und »Monopolgruppen« i n den Mittelpunkt. Di e Politik der Kriegshetze des wilhelminischen Reiche s vo r 191 4 und desse n aktiv e Roll e i n de r Julikrise erschienen vo r diese m Hintergrun d vornehmlic h wirtschaftlic h motiviert : » Forciert durch den Beginn einer neuen Wirtschaftskrise, durc h die vielfältigen Schwierigkeite n de s Waren - un d Kapitalexports« , verwirklicht e di e Rcichsrcgicrung »beinah e auf den Tag genau die Erwägung der Militärs und des Kaisers vom Dezembe r 1912 , den Krieg i n spätestens cincinhalbjahrc n zu beginnen.« 46 I n den Auge n Gutschc s wa r di e Entfesselun g de s Krieges durch da s Deutsch e Reic h di e gesetzmäßige Folg e einer widersprüchliche n Entwicklung de r monopolkapitalistischen Produktionsverhältniss e seit dem ausgehenden 19 . Jahrhundert. Besonder e Beachtun g schenkt e er dabei dem Wandel de r Staatsfunktionen, de r Ausdruck de s wachsenden Monopolisic rungsprozesses gewese n sei . Ers t allmählic h hätte n sic h di e führende n Re präsentanten des Staates den neuen Ansprüchen der Wirtschaft geöffne t un d ihr traditionelles Verständnis von Politik aufgegeben, demzufolg e eine Verquickung vo n ›privaten ‹ wirtschaftliche n Interesse n un d politische n Ent scheidungen nich t statthaf t gewese n sei . I m Zuge diese s Umdcnken s hab e sich ebenfall s nu r langsa m di e Erkenntni s durchsetze n können , da ß de m Staat di e Wahrnehmung de s imperialistischen Gesamtintcresse s zukomme . Die Vermittlun g zwische n diese m Gesamtinteress c un d de n vielfältige n monopolistischen Sondcrintercssc n se i jedoch keineswegs ohne Widersprüche un d Konflikt e verlaufen . U m da s Verhältnis vo n Ökonomi e un d Au ßenpolitik möglichs t genau zu bestimmen, unterschie d Gutsche vier Phasen in der Entwicklung de s deutschen Imperialismus . Di e erste Phase habe von den neunziger Jahren de s vorigen Jahrhunderts bi s zum Ende der früheste n zyklischen Kris e des Imperialismus im Jahre 190 4 gereicht; ihr Hauptmerk mal sei der Beginn de r Vorherrschaft de r Monopole in wichtigen Industrie 191 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
zweigen und , dami t einhergehend , de r Übergan g zu r »Weltpolitik « gewe sen. In den Jahren vo n 190 5 bis 1909 , die die Tendenz zur Monopolisierun g verstärkt sowi e eine engere Verflechtung vo n Wirtschaft un d Außenpoliti k bewirkt hätten , hab e di e expansionistische Politi k a n Intensitä t gewonnen ; dadurch se i es zu verschärfter Rivalitä t zwische n de n einzelnen Machtblök ken gekommen . Entscheidende n Einflu ß au f di e Außenpoliti k hätte n di e Monopole in den Jahren 191 0 bis 1914 erlangt; das habe zu einer »Zuspitzung des Widerspruchs zwische n de n abenteuerlichen weltweite n ökonomische n und politische n Expansionsintercssc n un d de n schwindende n Möglichkei ten ihrer relati v friedliche n Verwirklichung « geführt . I n den ersten Knegs jahren schließlich habe sich, bedingt durch die Erfordernisse der Kriegswirtschaft und die notwendige »staatsmonopolistisch e Regulierung« , »da s Verhältnis zwischen Ökonomi e un d Außen - bzw. Kriegspoliti k i n Gestalt des staatsmonopolistischen Kriegskapitalismu s sprunghaft « vertieft 47. In diese n Überlegunge n Gutschc s komm t nich t nu r da s Bemühe n de r DDR-Historie zu m Ausdruck , de n Zusammenhan g vo n Kapitalismus , Staat und Krieg zu konkretisieren; darübe r hinaus sollten sie ein Beitrag zu r vergleichenden Impcrialismusanalys e sein . Voraussetzun g fü r ein e solch e komparative Betrachtun g ware n längsschnittartig e Studie n übe r die einzelnen europäischen Großmächte von der Jahrhundertwende bi s zum Ende des Ersten Weltkrieges . Di e Einlösun g de s Anspruches , di e Geschicht e de s deutschen Imperialismu s i m Rahme n de r internationale n Entwicklun g z u betrachten, fie l un d fäll t de n ostdeutsche n Wcltkriegshistorikcr n jedoc h außerordentlich schwer . Dahe r ka m di e Analys e andere r imperialistische r Staaten nu r langsam voran . Vergleichend e Studie n blieben bislang di e Ausnahme. Der Hauptgrund dafür dürfte das starre Festhalten an der Imperialismustheorie Lenin s und dabei besonders an der These vom Sondercharaktc r des deutsche n Imperialismu s sein . Hinz u kame n fü r di e DDR-Forschun g aber auc h praktisch e Schwierigkeiten : »Nich t zuletz t zwinge n praktisch e Gesichtspunkte de r Arbeitsökonomi e un d de r Begrenzthei t de r Kräft e den Historiker, de r eine r riesige n Meng e a n Materia l un d eine r steigenden , immer weniger zu überschauenden Flu t wissenschaftlicher Literatu r gegen übersteht, sic h imme r wùedc r auf die Geschicht e einzelner Lände r z u kon zentrieren.«48 Dabe i lasse n sic h zwe i »Typen « vo n Studie n unterscheiden : Erstens handelt es sich um Untersuchungen de r Expansionspolitik einzelne r Staaten und der dadurch entstandenen Konflikt e mi t imperialistischen Kon kurrenten; zweitens wurden einige wenige Arbeiten verfaßt, di e sich um die Charakterisierung einzelne r imperialistische r Natione n un d ihre r Politi k bemühten49. Besondere Beachtun g verdiene n i n diese m Zusammenhan g di e Studie n über di e Rivalitä t zwische n Österreich-Ungar n un d de m Deutsche n Reic h sowie diejenigen übe r den französischen Imperialismus . Nac h Meinung de r DDR-Forscher ka m sowoh l de r Vorkricgspoliti k Frankreich s al s auch de r Österreichs zentrale Bedeutung bei der Entstehung des Weltkrieges zu. Hier 192 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
ist vor allem auf die Untersuchungen Frit z Kleins über die Donaumonarchie zu verweisen , i n dene n nich t nu r di e bilaterale n un d diplomatische n Pro bleme, sonder n auc h innergesellschaftlich c Strukturfrage n eine n große n Raum einnehmen. Klei n vertritt die Auffassung, da ß das Bündnis zwischen Berlin un d Wien vo n Anfang a n durch starke Spannunge n un d Differenze n geprägt gewese n sei , di e sich aus den verschiedenartigen innere n Struktur merkmalen beider imperialistischer Staaten erklärten. Di e Donaumonarchie habe bei m imperialistische n Wettlau f »raschere n un d energischere n Räu bern« wi e Deutschland das Feld überlassen müssen. Dennoch dürfe man aus dieser Untcrlcgcnhei t nich t auf ein Fehle n expansionistischer un d aggressi ver Zielsetzungen schließen; Österreich sei zwar auf der einen Seite schwach und kraftlo s gewesen , au f de r andere n abe r auc h aggressi v un d kriegslü stern. Für Klein erklärte sich diese Ambivalenz aus der inneren Zerrissenheit des Vielvölkerstaates, de r 191 4 hauptsächlich deswege n de n Krieg gewoll t und maßgeblic h mi t herbeigeführt habe , u m seine inneren Schwierigkeite n zu lösen: »Unter dem Druck der Abhängigkeit von Deutschland . . .wand ten sic h di e aggressiven Energie n de s Monopolkapitalismus i n Österreich Ungarn nac h inne n un d konzentrierte n sic h au f di e Unterdrückun g de r zurückgebliebenen Natione n innerhalb der Monarchie. Dadurc h aber wurden gerad e jene , au f de m Bode n de s Imperialismu s unlösbare n innere n Gegensätze verstärk t . . . Die entscheidenden Argument e de r Kriegsparte i in Österreich-Ungar n bestande n imme r wiede r darin , da ß di e Monarchi e zum Kriege schreiten müsse, um auf diesem Wege ihre inneren Zerrissenheiten z u lösen.« 50 Dagege n se i da s aggressiv e Verhalte n de s französische n Imperialismus vo r de m Erste n Weltkrie g vo n de m Bemühe n bestimm t gewesen, de n äußeren Status quo zu bewahren und nach Möglichkeit weite r auszubauen. Au s diese m Grund e könn e er al s »Imperialismu s de s Bcwah rens« bezeichne t werden . Ursach e dafü r se i nich t zuletz t da s allmählich e Zurückbleiben de r wirtschaftliche n Machtpositio n Frankreich s gegenübe r dem Deutsche n Reic h und den Vereinigten Staate n gewesen. Darau s hätten sich Hemmnisse und Verzögerungen bei m Übergan g de s weit fortgeschrit tenen Kapitalismus der freien Konkurren z in die Phase des Monopolkapita lismus creeben 51. Angesichts de s sei t Begin n de r siebzige r Jahre wachsende n Bemühen s der DDR-Geschichtswissenschaft , di e nationalgeschichtlich c Verengun g ihrer Weltkricgsforschung aufzugebe n sowi e die Erforschung de r deutschen Politik strukturgeschichtlic h z u vertiefen , habe n westdeutsch e Historike r durchaus Möglichkeite n eine s kritische n Dialog s mi t ihre n ostdeutsche n Kollegen gesehen. Trotz aller prinzipiellen Unterschied e in der Beurteilun g der Vorgeschicht e un d Entstehun g de s Weltkriege s se i vo r alle m übe r di e Notwendigkeit sowoh l strukturgcschichtliche r Gesamtanalyse n de r deut schen Vorkriegs - und Kriegspoliti k al s auch vergleichende r Untersuchun gen Einigkei t z u erzielen 52. Ma n wir d jedoc h de n Stellenwer t derartige r Gemeinsamkeiten nich t allz u hoc h veranschlage n dürfen , zuma l sic h di e 193 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
politisch-gesellschaftlichen Perspektive n un d die wissenschaftlichen Orien tierungen der ostdeutschen Wissenschaftler vo n denen der bundesrepublikanischen Historiker grundlegend unterscheiden . De m leninistischen Revolu tionsbegriff un d seine m Gesellschafts - un d Politikverständni s verpflichtet , soll di e Geschichtswissenschaf t de r DD R de n Nachwei s fuhren , da ß de r Imperialismus notwendi g zu r Verschärfun g de r politische n un d soziale n Gegensätze i n de n kapitalistische n Gesellschaftssysteme n beitrage ; dami t bewirke er deren Zusammenbruch, de r schließlich mit dem Sieg des revolutionären Proletariats enden müsse. Aus diesem Grunde betonen die kommunistischen Historike r de n systemsprengende n Charakte r de r strukturelle n Widersprüche im Imperialismus wie dessen aggressiver Außen- und Expansionspolitik. Di e bundesrepublikanische n Wissenschaftle r hingegen , di e sich mi t de n innenpolitischen Bedingunge n imperialistische r Außenpoliti k auseinandersetzen, stelle n dere n herrschaftsstabilisierend e un d emanzipa tionshemmendc Wirkunge n un d Funktione n i n den Vordergrund. Da s historisch-politische Denke n der westdeutschen Forsche r ist im wesentliche n liberal-demokratischen Traditione n verpflichtet . Ihre m Gesellschafts - un d Politikverständnis nac h ist das kapitalistische System sehr wohl in der Lage, seine innere n Widersprüch e un d Spannunge n durc h Reforme n auszuglei chen, di e auf eine gerechter e un d demokratischer e Gestaltun g de r Lebensverhältnisse zielen 53. Einem kritischen Dialo g zwischen marxistische r und »bürgerlicher « For schung steh t überdie s di e wachsend e Intransigcn z be i de r Beurteilun g de r Historiographie de r Bundesrepublik vo n seiten der DDR-Historiker entge gen. Besonder s a n strukturgeschichtlich , sozial - un d wirtschaftshistorisc h und sozialwisscnschaftlic h orientierte n Forschungsansätze n übte n di e ost deutschen Wissenschaftle r scharf e Kritik . Hatt e ma n noc h z u Begin n de r sechziger Jahre di e Notwendigkei t eine r abwägende n Haltun g gegenübe r den bundesrepublikanische n Kollege n betont 54, ginge n di e marxistisch leninistischen Historike r gege n End e de s Jahrzehnts un d i n de n siebzige r Jahren erneu t daz u über , vorwiegen d pauschale , abwertend e Urteil e z u fällen. Ei n Grund fü r diese verschärfte Konfrontatio n wa r nicht zuletzt da s Bemühen de r SE D u m ein e stärker e ideologisch e Abgrenzun g gegenübe r dem westdeutschen Staat , di e im Zuge der Entspannungspolitik notwendi g geworden schien . Den n durch die Politik de r »friedliche n Koexistenz « wa r erneut das »Legitimitätsdefizit« de r DDR deutlich geworden, das man unter anderem au f dies e Weis e behebe n wollte 55 . Zie l de r Angriff e wa r keines wegs zufällig de r »Sozialdemokratismus«, de m man einige Vertreter besonders der historischen Sozialwissenschaf t zuordnete . De r Kritik a n den Thesen vo n Vertreter n diese r Forschungsrichtun g la g di e defensiv e Absich t zugrunde, di e Leninsche Imperialismustheorie al s Kernstück sozialistische r Ideologie gegen konkurrierende Ansätz e zu verteidigen un d damit die Integrität der eigenen sozialistischen Staatlichkeit zu bewahren. Di e Gefährlichkeit gerade der Thesen vo n Anhängern de r historischen Sozialwissenschaf t 194 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
ergab sich für die DDR-Historiker vo r allem aus der Tatsache, da ß diese im Gegensatz z u Leni n die Reformfáhigkci t de s kapitalistischen Gesellschafts systems hervorhoben: »Bestrebt , di e von W . I. Lenin entdeckte Gesetzmäßigkeit zu bestreiten, da ß der Imperialismus das letzte Stadium der kapitalistischen Gesellschaftsordnung , da ß er der Voraben d de r proletarischen Re volution ist , suche n imperialistisch e Historike r fieberhaft nac h Erklä rungsmodellen, di e den Imperialismu s de n Volksmassc n plausible r al s bisher al s Ideologi e ode r Strategie , . . . al s zeitweilig , primä r nich t durc h monopolkapitalistische Produktionsverhältniss e verursacht , erscheine n las sen und so die Illusion von der Möglichkeit weiterer , ›höherer ‹ Etappe n der kapitalistischen Gesellschaftsordnung nähre n könnten. «56 In den Augen der DDR-Forscher bedienten sich die Verfechter de r historischen Sozialwissen schaft, ungeachte t alle r Unterschied e i m Detail , folgender , grundsätzlic h verfehlter Argumente , u m »Politi k un d Ideologi e de s Imperialismu s vo n ihrer Grundlage , de m monopolistische n Kapitalismus « z u trennen 57: Er stens werde der Imperialismus als zeitlich begrenzte Etappe in der Geschichte der Industricgesellschafte n dargestellt , di e gege n End e des 19 . Jahrhunderts begonne n hab e un d mi t de m Jahre 191 8 abgeschlosse n gewese n sei . Indem man zweitens unter Imperialismus vorrangig die Macht-und Expan sionspolitik vo n Staaten verstehe, reduzier e man den Begriff auf außenpolitische Erscheinungen. U m di e Entwicklungsfähigkeit de s imperialistischen Herrschaftssystems nachzuweisen , stell e ma n dritten s de n Imperialismu s »als ›Sozialimpcrialismus‹ , de r Ergebni s zeitweilige r Wachstumsstörunge n der ›Industriegcsellschaft ‹ bei m Übergan g zu m ›Organisicrte n Kapitalis mus‹ « gewesen sei, »al s soziostrukturell bedingte ›Stratcgic defensiver Herr schaftsstabilisierung‹« dar 58. Vierten s führ e ma n imperialistisch e Politi k in erster Lini e au f ideologische, verfassungsrechtlich e un d sozial e Strukture n und Prozess e ode r soga r au f schicksalhafte, au s de n nationale n Rivalitäte n von Staate n resultierend e Triebkräft e zurück . De r These, da ß der Imperia lismus di e notwendig e Folg e de r monopolkapitalistische n Wirtschaf t sei , trete ma n schließlic h fünften s mi t de m Argumen t entgegen , e r se i da s Ergebnis viele r unterschiedliche r Faktoren , vo n dene n diejenige n wirt schaftlicher Natu r lediglich eine untergeordnete Bedeutun g besäßen . War die DDR-Geschichtswissenschaft z u Beginn der sechziger Jahre noch in starkem Maß e au f die westdeutsche Forschun g ausgerichtet , vo n de r sie überdies wesentlich e Impuls e erhielt , verstärkte n sic h i m Verlau f diese s Jahrzehnts di e Bemühungen , fü r di e marxistisch-leninistisch e Kricgsursa chenforschung größer e Eigenständigkei t z u gewinnen. Ma n versuchte , di e eigene Interpretatio n de r Vorgeschicht e un d Geschicht e de s Erste n Welt krieges empirisch abzusicher n un d auszubauen. I n den siebziger Jahren war dieser Proze ß weitgehen d abgeschlossen , s o da ß bishe r vernachlässigt e Aspekte in den Vordergrund des Interesses rückten. Es handelte sich um das Verhältnis von Wirtschaft, Staa t und Krieg; auch eine vergleichende Einordnung de s deutschen Imperialismu s i n das »imperialistisch e Gesamtsystem « 195 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
sollte i n Angrif f genomme n werden . Au f de r Grundlag e de r Theori e de s Staatsmonopolistischen Kapitalismu s analysierte n di e Historike r de r DDR die aus ihrer Sicht enge Verflechtung de r deutschen Politi k mi t den Interessen de r Junker un d de s Monopolkapitals . Außerde m versuchte n sie , di e deutsche Expansionspoliti k vo r un d nac h 191 4 zu der anderer imperialisti scher Staate n i n Beziehun g z u setzen . Diese r Wande l i n de r Kriegsursa chenforschung mu ß vo r de m Hintergrun d de r politisch-gesellschaftliche n Entwicklung de s ostdeutschen Staate s gesehen werden. Bis Ende der sechziger Jahre gin g e s darum , de r DD R ein e nationa l akzentuiert e Identitä t z u verschaffen, di e vo n de n Historiker n abgesicher t werde n sollte . Mi t de m wirtschaftlichen Aufstie g de r DDR änderten sich die Anforderungen a n die Geschichtswissenschaft beträchtlich : Jetzt galt es in erster Linie, die DDR als Industriemacht sozialistische n Zuschnitt s be i gleichzeitige r Abgrenzun g von kapitalistische n Industriegesellschafte n z u legitimieren . I m Zug e de r Entspannungspolitik, di e zumindest au f wirtschaftlichem un d politische m Gebiet eine gewisse Öffnung gegenübe r dem Systemkonkurrenten bewirk te, gab man die nationalgeschichtliche Verengun g der bisherigen Forschun g zugunsten eine r »internationalistischen « Betrachtungsweis e auf . Gleichzei tig schie n abe r aufgrund de r nach wi e vor bestehenden »Legitimitätsdefizi te« de r DD R ein e verstärkte ideologisch e Abgrenzun g vo n de n kapitalisti schen Industriestaaten geboten .
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Zusammenfassung An de r historiographischc n Auseinandersetzun g übe r de n Ausbruc h de s Ersten Weltkrieges, wi e sie sich in Deutschland seit 1918/1 9 entwickelt hat , läßt sich exemplarisch die Einwirkung außcrwisscnschaftlicher Faktore n auf die historische Urteilsbildun g aufzeigen . Gegenwartsbezu g un d Zukunfts perspektive schlugen sich in allen gcschichtswissenschaftlichen Forschungs ergebnissen nieder. So sehr sich auch die einzelnen Historiker, Sozialwisscn schaftlcr un d Publizisten i n ihrem wissenschaftlichen Selbstverständni s un d in der politischen Zielsetzun g unterschieden , wa r ihnen doch allen gemein sam, da ß si e di e Vergangenhei t unte r praktisch-politische m Interess e un d mit Blick auf ein breiteres Publikum al s gegenwarts- und zukunftsbezogen e Handlungsorientierung rekonstruierten . Insofer n dokumentiert der Wandel in der Beurteilun g de r Vorgeschichte un d Entstehung de s Ersten Weltkrie ges nicht nur den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschrit t durc h die Aufbereitung un d Erschließung neue r Quellen, di e Anwendung neue r Methode n der Qucllenauswertun g un d neu e Interpretationen ; e r verweis t auc h au f Veränderungen i n de n politische n Perspektive n de r Historike r un d ihre r Adressaten al s Folge sich wandelnder gesellschaftliche r Verhältnisse . Mit Begin n de s Erste n Weltkrieges , de r zunehmen d Züg e eine s totale n Krieges gewann, veränderte n sich die Wcrthaltungcn, unte r denen kriegerische Ereignisse , Handlunge n un d Vorgäng e beurteil t wurden . Di e Aner kennung des Krieges als legitimes Mittel der Politik verlor in der Öffentlichkeit an Zustimmung. Dagege n erhielt die Frage nach der Verantwortung fü r das bis dahin beispiellose Völkerringen einen außerordentlich hohen Stellenwert. Di e politischen Entscheidungsträge r sahe n sich daher gezwungen, di e Beteiligung ihre s Lande s a m Krieg e öffentlic h durc h de n Nachwei s de r eigenen Unschul d beziehungsweis e de r Schul d de r jeweiligen Gegne r z u rechtfertigen, de n Krieg al s einen Verteidigungskamp f darzustellen . Diese r allgemeine Wande l hatt e einschneidend e Folge n fü r di e geschichtswissen schaftliche Erforschun g vo n Kriegen. Jede Stellungnahme eines Historikers oder Publizisten zu m Kriegsausbruch 191 4 geriet notwendig z u einem moralischen und politischen Urteil über die Regierenden zur Zeit des Kriegseintritts und darüber hinaus der gesamten Nation . Auc h nach 191 8 blieb daher die Schuldfragc ei n Politiku m erste n Ranges . Di e öffentliche Auseinander setzung u m die Verantwortung fü r de n Ausbruch de s Weltkrieges gewan n noch zusätzlich an politischem Zündstoff, d a die Siegermächte eine Schuldanklage i n de n Versaillc r Friedensvertra g aufnahmen . Mi t de r deutsche n 197
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Kriegsurheberschaft begründete n si e ihr e Reparationsforderungen ; außer dem wollte n si e i n eine m Gerichtsverfahre n übe r di e Kriegsschul d de s ehemaligen deutsche n Staatsoberhaupte s entscheiden , desse n Auslieferun g sie aus diesem Grund verlangten. Hie r trafen verschieden e Faktoren zusammen: da s subjektiv durchau s verständlich e Empfinde n de r Deutschen , mi t dem Make l de r Kriegsurheberschaf t belaste t worde n z u sein, da s Begehre n der Alliierte n nac h strafrechtliche r un d politische r Verurteilun g de s abge dankten Kaiser s sowie die dem Reic h auferlegte n Reparationsverpflichtun gen. Al l die s führt e au f Seite n de r Besiegte n dazu , daß , wi e Ma x Webe r zutreffend prognostizierte , »jede s neue Dokument, da s nachJahrzehnten ans Licht kommt, . . . das würdelose Gezeter , de n Haß und Zorn Wiederaufle ben« ließ , »stat t da ß de r Krie g mi t seine m End e wenigstens sittlic h begra ben« wurde 1 . In der Tat began n scho n bald nac h Kriegsend e ei n regelrechte r »wissen schaftliche(r)Krieg u m de n Krieg« 2. Siege r un d Besiegt e versicherte n sic h der Hilfe de r Historiker, u m die eigene Beteiligung a m Weltkrie g z u rechtfertigen. Dabe i spielt e zu m eine n sicherlic h da s Bedürfni s ein e Rolle , Re chenschaft z u geben übe r jenes Völkerringe n mi t seine n beispiellose n Zer störungen un d Leiden . Zu m andere n wurd e di e Diskussio n besonder s i n Deutschland durc h di e Suche nach Argumenten fü r den innen- und außen politischen Kamp f bestimmt . Di e Interpretatio n de r Vorgeschicht e un d Entstehung de s Erste n Weltkriege s hin g z u wichtigen Teile n vo n de r politisch-gesellschaftlichen Orientierun g ab , di e de r einzeln e Weltkriegsfor schcr befürwortete . S o ware n e s vornehmlich sozialistisc h un d pazifistisc h eingestellte Politiker , Publiziste n un d Historiker , di e nac h 1918/1 9 de n politischen un d militärische n Führungsschichte n de s Deutsche n Kaiserrei ches die Schul d a m Ausbruc h de s Weltkriege s zusprachen . Si e wollten di e Notwendigkeit eine r Umgestaltun g Deutschland s vo n eine m monarchi schen Obrigkeitsstaa t z u eine r parlamentarische n Demokrati e aufzeigen . Nach außen sollte die Belastung de r alten Machtelite n mi t der Kriegsschul d den Bruc h de s neuen , demokratische n Deutschlan d mi t seine n militaristi schen Traditione n dokumentieren . Vo r de r Unterzeichnun g de s Friedensvertrages hatt e man gehofft, au f diese Weis e günstigere Friedensbedingun gen zu erreichen; danach ging es um die Überwindung de r Friedensordnung durch sozialen Wandel im nationalen und internationalen Rahmen. Ähnliche Ziele verfolgten einig e Geschichtswissenschaftler, di e der Sozialdemokrati e nahestanden. Auc h ihr e Kriti k a n de r Gesellschaf t un d Politi k de s wil helminischen Reiches sollte die Forderung nach einer grundlegenden Demokratisierung un d Parlamcntarisierung Deutschland s unterstützen. Währen d sich jedoch di e pazifistischen Autore n i n erster Lini e mit de r Schuldproblematik auseinandersetzten , verlagerte n dies e Historiker ih r Interesse von der Schuld- auf die Ursachenfrage. Si e sprachen sic h überdie s dagegen aus , di e Vorgeschichte des Weltkrieges vom Machtgedanken he r zu analysieren und bemühten sic h um eine Gegenposition z u der unter den damaligen Histori 198 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
kern vorherrschende n Thes e vo m »Prima t de r Außenpolitik« . Be i ihre r Suche nac h de n gesellschaftliche n un d wirtschaftliche n Triebkräfte n wi e nach den herrschaftsstabilisicrenden Funktione n expansionistischer und imperialistischer Politi k gelangte n si e zu dem Ergebnis , da ß di e Wurzeln de r aggressiven Außenpoliti k de s Kaiserreiche s i n desse n spezifische r Herr schaftsstruktur gelege n hätten . Durc h außenpolitisch e Erfolg e hab e vo n inneren Konflikten abgelenk t werden sollen. Zudem betonten sie die fehlende integrative Kraf t de s politischen Systems , de m es nicht gelungen sei, die unterschiedlichen wirtschaftliche n Interesse n de r Führungsschichte n z u koordinieren. Den pazifistischen un d sozialistischen Verfechtern der Schuldthcsc gelang es nur für kurze Zeit, di e öffentliche Auseinandersetzun g akti v mitzugestal ten. Wegen des Scheiterns der deutschen Revolution 1918/1 9 verloren sie an politischem Einfluß ; dies e Entwicklun g verstärkt e sic h währen d de r Wei marer Zeit , bi s schließlich di e Machtübernahme durc h di e Nationalsoziali sten zu ihrem endgültigen Verstummen führte. Di e Diskussion während der Weimarer Republi k prägte n hauptsächlic h solch e Historike r un d Publizi sten, di e von der Unschuld de s Reiches überzeugt waren . Z u ihnen zählten nicht nu r entschiede n konservati v un d nationa l eingestellt e Autoren , son dern auc h einig e Vertrete r de s politische n Liberalismus . I n ihre n Auge n bildete di e Schuldanklag e da s moralisch-sittlich e Fundamen t de s »Schmach«- und »Gewaltfriedcns « vo n Paris. Eine Widerlegung de r alliierten Vorwürf e schie n ihne n dahe r geeignet , di e Notwendigkei t un d di e Berechtigung eine r umfassenden Revisio n de s Versailler Vertrages nachzu weisen. Unterstützun g sowoh l i n finanzielle r al s auch in organisatorische r Hinsicht erfuhre n si e vo n staatliche n Stellen , vo r alle m vo m Auswärtige n Amt, da s de n publizistische n Kamp f i n erhebliche m Umfang e steuerte . Anfang de r zwanzige r Jahre legte n di e Alliierte n ihr e au s deutsche r Sich t überhöhten Reparationsforderunge n fest , un d gleichzeiti g verschärft e di e nationalistische Recht e ihre Proteste gegen die »Versklavung« Deutschland s wie gegen die »Erfüllungspolitik « de r Regierung. Dies e Vorgänge bestärk ten i n der Wilhelmstraße di e Bereitschaft, ein e mächtige publizistisch e Of fensive gege n de n Versaille r »Schmachfrieden « z u organisieren . Aufgab e und Zie l de r »Unschuldskampagne « i m Innere n wa r nich t zuletzt di e Integration der politischen Rechte n in eine angestrebte innenpolitische Einheitsfront; nac h außen sollt e die moralisch-sittliche Berechtigun g deutsche r Re visionspolitik eindrucksvol l deutlic h gemach t werden . Erfolgreic h wa r di e Propagandaoffensive de s Auswärtige n Amte s insofern , al s in de r öffentli chen Meinung de s Inlandes die Überzeugung durchgesetz t werde n konnte, der Weltkrie g se i de m Deutsche n Reic h aufgezwunge n un d de r Versaille r Schuldspruch mithi n z u Unrecht i n das Vertragswerk aufgenomme n wor den. Di e konstant e un d heftig e Ablehnun g de s Versaille r Vertrage s al s Willkürakt de r Siegermächt e un d de r Kamp f gegen di e nationale Demüti gung stärkte n abe r zugleic h diejenige n politische n Kräfte , di e ma n ur 199 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
sprünglich hatt e diszipliniere n wollen . Gege n End e de r zwanzige r un d zu Beginn de r dreißiger Jahre gewannen i n den an der »Unschuldskampagne « beteiligten Organisatione n un d Institutionen extre m nationalistische Kräft e immer größeren Einfluß . Ihne n diente der Hinweis aut den »Gcwaltfncdcn « von Pari s zum einen als Alibi i n ihrem Kamp f gegen di e Weimarer Demo kratie; zum anderen forderten sie eine kraftvollere Revisionspolitik , ja sogar einen nationalen Alleingan g Deutschland s bei der Aufhebung de r Vertragsbestimmungen, wi e e r auc h vo n de n autoritäre n Kabinette n angestreb t wurde. Ma n kann daher drei Phasen sowohl de r »Unschuldskampagne« al s auch de r deutsche n Revisionspoliti k unterscheiden . Währen d de r Regie rungszeit Strcsemann s i n den zwanziger Jahren hatt e man mit Hilf e propa gandistischer und diplomatischer Mittel die Niederlage so weit wie möglic h abschwächen, ihr e Folge n beseitige n un d di e Voraussetzunge n fü r ein e Rückkehr zu m internationale n Statu s qu o vo n 191 4 schaffe n wollen . Di e zweite Phas e unte r de n autoritäre n Regierunge n bracht e ein e Radikalisie rung sowohl de r Zielsetzung al s auch der Mittel. Mi t der Machtübernahm e durch di e Nationalsozialiste n schließlic h began n ein e neu e Entwicklungs stufe deutsche r Außenpolitik . Zwa r ga b da s nationalsozialistische Regim e vor, de n Weimare r Revisionismu s konsequen t fortzusetzen , auc h wen n nunmehr de r Macht- und Gewaltgedanke ein e stärkere Bedeutung besitze . In Wahrhei t jedoc h brac h e s mi t de r bisherige n revisionistische n Großmachtpolitik: di e nationalsozialistische Außenpoliti k wa r eine rassisch fundierte, expansionistisc h ausgerichtete und kriegerische Absichten verfol gende Eroberungs- und Gewaltpolitik. Vo r diesem Hintergrun d verlo r der Kampf gege n di e Versaille r »Schmachparagraphen « zusehend s a n Bedeu tung. Historike r un d Publizisten ware n nunmehr aufgerufen, de m Aufstie g Hitlers un d de r NSDA P sowi e dere n Politi k historisch e Legitimitä t z u verleihen. Auch Vertreter der akademischen Histori e beteiligten sich an der Weimarer »Unschuldskampagne « un d wiese n di e Versaille r »Kriegsschuldlüge « zurück; si e setzten jedoch i n ihren Untersuchunge n ander e Akzente. Einig e von ihnen lehnten es ab, die Frage nach der moralischen Kriegsschuld , nac h dem Kriegswillen und den Kriegszielen in den Mittelpunkt ihrer Arbeiten zu stellen. Sowei t ma n überhaup t vo n eine r »Schuld « de r politische n un d militärischen Führun g de s Deutsche n Reiche s spreche n könne , se i es nicht eine Schuld im Sinne der Versailler Anklage, sonder n ein Versagen vo r den Bedürfnissen de s Staates und der Nation gewesen. Dies e Historiker betrachteten die Vergangenheit unte r dem Gesichtspunkt, o b und inwieweit e s den politisch Verantwortliche n de s Kaiserreiches gelunge n war , di e unte r Bis marck erreichte nationale Einheit und äußere Machtstellung zu erhalten. Das führte nich t selte n z u einer kritischen Bewertun g de r wilhelminischen Au ßenpolitik. De r Hauptvorwur f lautete , da ß di e Nachfolge r Bismarck s da s Reich durch eine verfehlte Bündnispolitik wi e durch die Verfolgung einsei tiger wirtschaftlicher stat t machtpolitischer Interesse n in die verhängnisvol200 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
1e Konstellation vo n 191 4 getrieben hätten. Unte r dem Eindruck des Erstar kens nationalistische r Kräft e Anfan g de r dreißige r Jahr e ka m e s z u Ge wichtsverschiebungen- Jetz t wurde n wenige r di e »Fehler « de r deutsche n Vorkriegspolitik beton t al s vielmehr di e Bestrebunge n de r Ententemächt e hervorgehoben, di e junge Natio n niederzuringe n un d i n ihre r legitime n staatlichen Machtentfaltun g z u behindern. Diese n Deutunge n de r jüngeren deutschen Vergangenhei t la g die politisch-pädagogische Absich t zugrunde, die Notwendigkei t eine s nach innen wi e nach außen kraftvoll auftretende n deutschen Nationalstaate s aufzuzeigen . Bezugspunk t de s historisch-politi schen Denken s der überwältigenden Mehrhei t de r Geschichtswissenschaft ler war da s Bismarckrcich, da s es im Rahmen vo n 187 1 wiederherzustelle n gelte, nich t abe r di e Weimare r Republik : si e wurd e al s boße r »Notbau « angesehen und hatte - vo n wenigen Ausnahmen abgesehen - fü r die Weimarer Historie keine normgebende Funktion. Kar l Ferdinand Werner hat nicht zuletzt au s solche n Beobachtunge n mi t Rech t de n Schlu ß gezogen , da ß schon vo r 193 3 viel e Historiker , »wa s de n nationale n Ker n i n de r NS Doktrin anging, sei t langem verwandten Idealen« gehuldig t hätten 3. Besonders die Vertreter des deutschnationalcn Flügel s der Geschichtswissenschaf t hatten daher keine größeren Schwierigkeiten , sic h den nach 193 3 veränderten politisch-gesellschaftliche n Umstände n anzupassen . Si e konnten über wiegend an ihre früheren Forschungsergebniss e anknüpfen, di e sie zum Teil in einer der nationalsozialistischen Ideologi e angepaßten Fassung vortrugen. Stärker noc h al s sie bemühten sic h entschiede n nationalsozialistisc h einge stellte Autoren , de n Anforderunge n vo n Staa t un d Parte i nachzukomme n und di e deutsche Geschichte seit 187 1 als Vorgeschichte de s Nationalsozia lismus darzustellen. Si e beklagten das Fehlen einer starken Persönlichkeit an der Spitze der deutschen Nation seit dem Abgang Bismarcks; diese Lücke sei erst vo m »Führer « Adol f Hitle r wiede r ausgefüll t worden . De n politisc h Verantwortlichen i m wilhelminischen Deutschlan d lasteten sie an, daß diese nicht zum richtigen, erfolgversprechende n Zeitpunk t einen Krieg gegen die Ententestaaten begonne n hätten . Dem rückblickenden Historiker stellt sich immer auch die Frage nach dem Scheitern de r erste n deutsche n Republik . Ma n wir d dahe r angesicht s de r Flut vo n apologetische r Wcltkriegsliteratu r au s de r Zwischenkriegszei t nicht umhinkönnen , de n zeitgenössische n Publiziste n un d Geschichtswis senschaftlern ei n gewisse s Ma ß a n Mitverantwortun g fü r de n Zusammen bruch Weimars zuzusprechen, ma g diese Verantwortung auc h im einzelnen schwer zu konkretisieren sein. Dabei handelt es sich weniger um ein moralisches al s vielmeh r u m ei n geistige s Versagen , da s i n de r Abweh r nahez u jeglichen Schuld - und Unrechtsbewußtsein s liegt . Di e Folg e wa r ein e Tabuisierung un d Idealisierun g de r deutsche n Vergangenheit . Währen d da s Kaiserreich ein e moralisch e un d politisch e Aufwertun g erfuhr , wurd e di e bestehende demokratische Ordnung mit ihrem ohnehin brüchigen Selbstbewußtsein durc h solche Vergangenheitsbeschwörung zusätzlic h ausgehöhlt . 201 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Daneben verhinderte gerade die akademische Historie eine rationale Auseinandersetzung mi t de n Ursache n de s Scheitern s deutscher Groß - und Welt machtpolitik. Inde m sie nach wie vor an dem Ideal des deutschen Machtstaates festhielt und dessen Zusammenbruch im Jahre 1918 auf einzelne »Fehler« der politische n Führun g ode r di e Mißguns t de r Nachbar n de s Reiche s zu rückführte, fordert e di e Geschichtswissenschaf t maßgeblic h di e Verdrän gung der militärischen Niederlage und trug damit zur Entstehung nationaler Sehnsüchte bei. Diese Entwicklung de r »politischen Kultur« Weimar s bereitete neben anderen Faktoren den Boden für den Aufstieg de r Nationalsozialisten, zuma l jene versprachen , di e hochfliegende n Träum e vo n deutsche r »Größe« z u verwirklichen. E s wäre jedoch eine unzulässige Verkürzung de s historischen Tatbestandes , di e Verhinderun g eine r kritische n Diskussio n über den Kriegsausbruch 191 4 allein den deutschen Historiker n anzulasten . Auch »maßgebend e Faktore n i m damalige n Weltgeschehen « wirkte n sic h hemmend aus . Z u nenne n wäre n hie r vo r alle m di e Gleichgewichtspoliti k Englands, da s di e französisch e Vormachtstellun g au f de m Kontinen t er schüttern wollte , di e Isolationspoliti k de r Vereinigte n Staaten , di e sic h nachträglich gege n ihre n eigene n Kriegseintrit t aussprachen , wi e auc h di e Bemühungen de s revolutionäre n Rußland , di e Politi k de s Zarenreiche s bloßzustellen4. Nach de m End e de s Zweiten Weltkriege s erfolgt e zunächs t nu r i n Ost deutschland ein e radikal e Neuorientierun g de r Kriegsursachenforschung . Mit der Umgestaltung i n eine am sowjetischen Modell ausgerichtete sozialistische Gesellschaft entstan d durch die Eingriffe de r russischen Besatzungs macht un d späte r de r SE D ein e Geschichtswissenschaf t au f de r allgemei n verbindlichen Grundlage des Marxismus-Leninismus. Dami t eng verknüpf t war die Verpflichtung de r Historiker auf das Postulat der Parteilichkeit. Di e politisch-gesellschaftlichen Perspektiven , unte r dene n di e Wissenschaftle r im kommunistische n Machtbereic h di e Vergangenhei t z u interpretiere n hatten, wurde n nunmeh r zentra l un d einheitlic h vo n de n entsprechende n staatlichen Gremie n festgelegt . Di e Aufgab e de r Geschichtswissenschaf t Ende der vierziger und in den fünfziger Jahren bestan d nach Auffassung de r führenden Parte i darin , di e Notwendigkeit de r Überwindun g de s kapitalistischen Systems beziehungsweise de r Errichtung einer sozialistischen Ord nung aufzuzeigen. Au f diese Weise sollte die Herrschaft de r SED legitimiert werden. Fü r die Weltkriegsforscher bedeutet e das vor allem, den Imperialismus al s Syste m z u diskreditiere n un d de n Kamp f besonder s de s linke n antimilitaristischen un d antiimperialistischen Flügel s der Arbeiterbewegung vor un d währen d de s Erste n Weltkriege s z u würdigen . De r Verwei s au f solche Alternative n zu r Politi k de r herrschenden Klasse n de s Kaiserreiche s diente primär dazu, di e DDR und die SED, die sich als Erbin und Wahrerin jener Traditione n verstand , i n ein e positiv e un d friedlich e Traditionslini e deutscher Geschichte einzuordnen. Dagege n interpretierte n si e die Bundesrepublik al s vorläufige n Endpunk t eine r Kontinuitätslinie , di e vo n de n 202 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anfängen preußische r Geschicht e übe r di e beide n Weltkrieg e reich e un d deren wichtigste Merkmal e eine besondere Aggressivitä t nac h außen sowie eine spezifische Ausprägun g de s Militarismus seien. Wenn die DDR-Historiker auch den Krieg von 1914 unter Berufung au f Lenin als Auseinandersetzung konkurrierender imperialistische r Staate n interpretierten, betonte n sie doch die Verantwortung de s deutschen Monopolkapitals und des preußischdeutschen Militarismu s fü r die Entfesselung sowoh l de s Ersten als auch des Zweiten Weltkrieges. De r Hinweis auf das Nachwirken solcher Traditionen in Gesellschaft un d Politik de s westlichen Teilstaate s gewan n nich t zufälli g zu dem Zeitpunkt a n Bedeutung, al s die Bundesrepublik ein e eigene Armee aufbaute und in die NATO aufgenommen wurde . Mit ihren Thesen wollten die kommunistische n Historike r da s imperialistisch e Gesellschaftssyste m im allgemeine n un d dasjenig e Westdeutschland s i m besondere n moralisc h und politisch diskreditieren. Ihre n bundesrepublikanischen Kollegen warfen sie überdie s vor , da s i n ihre n Auge n überlebt e Syste m ideologisc h z u stützen. Bis zum Ende der fünfziger Jahre war es den DDR-Historikern vornehm lich darum gegangen, anhan d älterer Darstellungen aus der Feder »bürgerli cher« Historike r und unter Bezug auf die marxistisch-leninistischen »Klassi ker« di e deutsche Geschichte neu zu interpretieren. Di e Kriegsursachenfor schung im folgenden Jahrzehnt dagegen wurde von dem Bemühen geprägt , die Thesen stärke r al s bisher zu differenzieren un d durch eigene empirische Arbeiten zu fundieren. Solch e Profilierungsversuch e stellte n zum einen eine Reaktion au f westdeutsch e Entwicklungen , insbesonder e au f di e Fischer Debatte dar ; zu m andere n sa h ma n sic h i n de r Zei t nac h de m Mauerba u gezwungen, di e gesellschaftlich e un d politisch e Umgestaltun g stärke r al s bisher z u legitimieren un d de r DD R ein e eigen e national e Identitä t i n Ab grenzung zu m westliche n Syste m z u verleihen . Di e Weltkriegshistorike r bemühten sic h dahe r i n erhöhte m Maße , a m Beispie l de r Vorkriegs - un d Kriegspolitik de s Deutsche n Reiche s di e »verhängnisvollen « Wirkunge n imperialistischer Politi k darzustellen . Di e Weltherrschaftsplän e un d di e Kriegsurheberschaft de s wilhelminischen Reiche s führten si e hauptsächlich auf die spezifische Herrschaftstruktur de s »junkerlich-bürgerlichen Imperia lismus« un d desse n verspätete n Eintrit t i n die Gruppe de r Kolonialmächt e zurück. Danebe n galt nach wie vor die These von der besonderen Aggressi vität de s deutschen Imperialismu s un d Militarismus. I n dem Maße jedoch, in de m di e DD R zu r zweitgrößten Industriemach t de s Ostblocks aufstieg , verlagerten di e Weltkriegshistoriker ih r Interesse auf wirtschaftsgeschichtli che Probleme. Grundlage ihrer Analyse der Verflechtungen vo n Wirtschaft , Staat und Krieg war die Theorie des Staatsmonopolistischen Kapitalismus . Die Entfesselun g de s Erste n Weltkriege s wi e auc h di e Kriegszielpoliti k des Deutschen Reiches erschienen nunmehr als konsequente Umsetzung der wirtschaftlichen Interesse n de r Junke r un d de r »Monopolbourgeoisie « durch di e deutsch e Reichsleitung . I m weitere n Verlau f de r siebzige r Jahre 203 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
trat das Bestrebe n hinzu , de n deutschen Imperialismu s i n die Entwicklun g des »imperialistische n Gesamtsystems « vergleichen d einzuordnen , da s Allgemeine un d Besonder e de r deutsche n Traditione n genaue r z u bestim men. Gleichzeiti g verschärft e ma n di e Kriti k a n de r westdeutsche n Ge schichtswissenschaft, besonder s a n sozial - un d wirtschaftsgeschichtlic h orientierten Forschungsansätzen , di e ma n i n besondere r Weis e al s Kon kurrenz betrachtete . Di e Abgrenzun g erschie n au s politische n Gründe n unabdingbar, d a di e Verfechte r jener Ansätz e de m al s gefährlic h erachte ten »Sozialdemokratismus « zugeordne t wurden . Gerad e unter de n Bedin gungen de r Entspannungspoliti k sollt e jegliche r ideologische r Annähe rung zuvorgekomme n un d ei n »sozialistische s Geschichtsbewußtsein « ge stärkt werden . Im Unterschie d zu r DDR-Histori e brac h di e Geschichtswissenschaf t i n den westliche n Besatzungszone n beziehungsweis e de r spätere n Bundesre publik Deutschlan d nich t radika l mi t de n geistigen un d wissenschaftliche n Traditionen de r bisherige n Geschichtsschreibung . Di e Bemühunge n de r Historiker führte n allenfall s z u einem »politisch-moralisc h gezähmte n Hi storismus«5. Wen n e s ihne n zude m unmittelba r nac h 194 5 nich t gelang , die »historica l neurosis « de r Kriegsschuldfrag e z u bewältigen 6, la g da s vorrangig auc h daran , da ß nac h de n Erfahrunge n zweie r Weltkatastro phen un d de n Verbreche n de r NS-Diktatu r zunächs t ander e Problem e i m Mittelpunkt de s historische n Interesse s standen . Allz u gern e zo g ma n sic h daher au f die, früher e Gegensätz e überdeckende , Thes e vo m Hineinschlit tern alle r Mächt e i n den Erste n Weltkrie g zurück . Au f diese Weis e glaubte man, de m Vorwur f eine r spezifische n Kontinuitä t i n de r preußisch-deut schen Geschicht e begegne n z u können , de r vornehmlich , abe r nich t aus schließlich, vo n ausländische n Historiker n erhobe n wurde . Fü r diese Wis senschaftler gal t Preuße n al s Inbegrif f de s Militarismus , de r di e gesamt e preußische Geschichte , vo r alle m abe r di e Geschicht e de s Deutsche n Rei ches sei t 187 1 gepräg t hab e un d fü r di e Entfesselun g beide r Weltkrieg e verantwortlich sei . Di e westdeutsche n Historike r reagierte n au f dies e Kontinuitätsthese, inde m si e di e Verantwortun g fü r de n Zweite n Welt krieg akzeptierte n - wenngleic h si e si e vornehmlic h de r Perso n Hitler s anlasteten; di e ›Alleinschuld ‹ Deutschland s a m Kriegsausbruc h 191 4 je doch bestritte n si e un d griffe n stattdesse n au f di e »Schlitter-These « zu rück. De m Vorwur f eine s extreme n preußisch-deutsche n Militarismu s versuchten si e mit de m Hinwei s au f militärtechnische Zwangsläufigkeite n zu begegnen , di e 191 4 in alle n Mächte n de n Handlungsspielrau m de r Po litik eingeeng t hätten . Zude m interpretierte n si e de n Militarismu s nich t als Ausdruc k spezifisc h deutsche r Traditionen , sonder n al s Produk t de r westlichen Revolutione n un d de r zunehmende n Demokratisierung . Di e Zurückweisung sowoh l de s Schuldvorwurfs al s auch de r Kontinuitätsthe sc dienten de m politische n Ziel , ein e Diskontinuitä t i n de r deutsche n Ge schichte nachzuweisen . Da s »Dritt e Reich « sollt e als Fremdkörpe r au s der 204 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Nationalgeschichte ausgeklammer t werden , u m e s de r Gegenwar t z u er möglichen, neue s Vertraue n i n di e deutsche n Traditione n un d i n da s Gcschichtserbe zu setzen. Erst di e Arbeiten Frit z Fischers zu Begin n de r sechziger Jahre führte n z u einer Wend e i n de r bundcsrcpublikanischc n Weltkricgsforschung . De r Hamburger Historike r konfrontiert e sein e Kollege n mi t neue m Materia l und provozierende n Thesen , di e e r i m Verlau f de r Auseinandersetzun g immer mehr verschärfte. Sein e Kernthesen lauteten, daß das Deutsche Reich einen gewichtige n - nac h Fischer s späterer Auffassun g de n wesentliche n Anteil an der Verantwortung fü r den Ausbruch des Ersten Weltkrieges trage und daß es zudem von 1914 bis 1918 ein festes Kriegszielprogramm besesse n habe, desse n Kernpunk t di e Erlangun g de r Festlandshegcmoni e gewese n sei. Die Geschichtswissenschaft reagiert e auf den Vorstoß Fischers zunächst mit eine r fas t einhellige n Verteidigun g de s traditionale n Geschichtsbildes , demzufolge Deutschlan d vo m Krieg e überrasch t worde n sei . Ers t allmäh lich setzt e ei n Wandlungsproze ß ein , de r z u einem breitere n Konsen s dar über führte, da ß sich das Deutsche Reich am Vorabend des Ersten Weltkrieges durchau s akti v verhalten , d.h . ein e Risikopoliti k betriebe n un d dami t auch ei n gewichtige s Ma ß a n Verantwortun g au f sic h gelade n habe . Di e Motive de r Reichsführun g sin d jedoch innerhal b de r Weltkriegsforschun g umstritten, s o daß die deutsche Politi k je nac h der Position de s Historiker s als offensiv , präventi v ode r auc h defensi v bewerte t wird . Wichti g fü r di e Entwicklung de s historisch-politischen Denken s in der Bundesrepublik wa r vor allem , da ß i m Zusammenhan g mi t de r Einsich t i n de n Risikokur s de r wilhelminischen Führungsschichte n auc h die Fehler und Irrtümer deutscher Politik i n das Bewußtsein traten . Durc h die Erkenntnis der Übersteigerun gen un d Fehlurteile erschien auc h da s Scheitern deutsche r Großmacht - und Weltpolitik i n einem anderen Licht. E s galt zu akzeptieren, da ß Deutschland eine »gescheiterte Großmacht« war , un d daß seine Zukunft in der Erhaltung des gegenwärtige n Statu s qu o al s einer Mach t unte r de n übrige n europäi schen Mächten lag . Eine zweite wichtige Entwicklun g innerhal b der bundesrepublikanischen Weltkriegsforschung, di e wenigstens zu m Teil auc h vo n Fische r ausgelös t wurde, wa r die Verlagerung de s wissenschaftlichen Interesse s von der traditionellen Politikgeschichte auf die innenpolitischen Grundlagen imperialistischer Politik. D a die westdeutschen Historiker im Gegensatz zur kommunistischen Auffassun g grundsätzlic h vo n de r Reformfähigkei t de s liberal demokratischen System s ausgehen , interpretierte n si e di e aggressiv e wil helminische Außenpolitik al s Mittel zur Stabilisierung de s gefährdeten inne ren Statu s quo . Vo r alle m jünger e Wissenschaftle r griffe n dabe i au f di e Arbeiten vo n Außenseiter n de r Weimare r Zei t zurüc k un d vertiefte n un d ergänzten dies e These . Zude m rückte n si e di e überindividuellen , soziale n und wirtschaftlichen Vorgäng e und Motive in den Vordergrund und griffe n zu deren Analyse auf sozialwisscnschaftliche Theorie n und Modelle zurück. 205 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Auf dies e Weis e gelangte n si e z u de r Einsicht , da ß di e Außenpoliti k de s wilhelminischen Deutschlan d zugleic h defensiv e un d aggressiv e Züg e ge tragen habe . Di e defensive Orientierun g nac h innen hab e der Abweh r vo n Demokratisierungstendenzen un d dami t de m Machterhal t de r Elite n ge dient. Da s aufgrun d seine s Verfassungssystem s unbeweglich e un d refor munfáhigc Kaiserreic h hab e diese Probleme im Innere n nicht lösen können und sic h deshal b mi t eine r aggressive n Politi k nac h auße n gewandt . Dies e Unfähigkeit de r Machteliten z u umfassenden Strukturreforme n erschie n als zusätzlicher Aspekt beim Scheitern der deutschen Großmacht- und Weltpo litik. Vor diese m Hintergrun d bilde n di e Thesen Fischer s nich t nu r de n End punkt, sonder n zugleic h de n Ausgangspunk t eine r neue n Entwicklun g i n der Geschichte der Kriegsursachenforschung. Sei n Vorstoß, de r als eine Art »reinigendes Gewitter « wirkt e und das traditionale Geschichtsbild erschüt terte, ermöglicht e es , di e deutsch e Politi k vo r de m Erste n Weltkrie g un d damit di e gesamt e jüngere deutsch e Geschicht e kritisc h z u durchleuchten . Fischer schuf einige der Voraussetzungen fü r die gegenwärtige Forschungssituation, die - eine r pluralistischen Gesellschaft adäquat-von eine r Vielzahl konkurrierender Ansätz e und Interpretationsmuster gepräg t ist . Auc h triff t auf sie im Unterschie d zu r Schulddebatt e de r Zwischenkriegszeit di e Cha rakterisierung al s »national e Großkontroverse « kau m meh r zu. Ander s als vor 194 5 is t da s Proble m de r deutsche n Schul d a m Ausbruc h de s Erste n Weltkrieges kein e Frag e der nationale n Identitä t mehr , sonder n ein e Frag e der Identität politisch-gesellschaftlicher Gruppen . Bestimmen d fü r die Haltung de s heutige n Historikers , de r di e Ursache n de s Kriege s vo n 191 4 erforscht, is t weniger der Gedanke der Nation als vielmehr sein spezifische r gesellschaftlicher Blickwinkel . De r Bezugspunkt der neueren Diskussion ist überwiegend di e Frage , wi e de r Friede n a m beste n z u erlange n un d z u sichern sei . Angesicht s de r unterschiedliche n Lösungsvorschläg e kan n di e wissenschaftliche Auseinandersetzun g durchau s al s ein e Ar t Spiege l de r gesellschaftlichen Interesscnkonflikt e i n einer liberaldemokratischen Gesell schaft gelten .
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Abkürzungsverzeichnis
AfS Archi v für Sozialgeschichtce AHR America n Historical Revie w Anm. Anmerkun g AP Außenpoliti k APUZ Au s Politik und Zeitgeschichte Arch. Archi v Art. Artike l Bd., Bde. . Bdn. Band , Bände , Bande n bearb. bearbeite t Beitr. Beitrag , Beiträg e bes. besonder s Bl., Bll . Blatt . Blätte r BM Berline r Monatsheft e Bull. Bulleti n BzGdA Beiträg e zur Geschichte der Arbeiterbewegun g GEH Centra l Europca n Histor v d. der , des DA Deutschland-Archi v ders., dems . derselbe , demselbe n Diss. Dissertatio n DS Deutsch e Studien dt. deutsc h EA Europa-Archi v ebd. ebend a EHR Euglis h Historical Revie w eingel. eingeleite t f. fü r f., ff folgend e FAZ Frankfurte r Allgemein e Zeitung FS Festschrif t FW Di e Friedenswarte Gd Geschichtsdidakti k Gesch., gesch . Geschichte , Geschiedenis , geschichtlic h GG Geschicht e und Gesellschaft GGb Geschichtlich e Grundbegriff e GM Gewerkschaftlich e Monatsheft e GWU Geschicht e in Wissenschaft un d Unterricht H. Heft , Heft e Habil.-Schrift Habilitations-Schrif t Hg., hg . Herausgeber , herausgegebe n Hist., bist . Historv , historisch , historica l HJ Historica l Journal HPB Da s Historisch Politische Buch 207
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HZ Historisch intern. internationa IWK International
e Zeitschrif t l e wissenschaftliche Korresponden z zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegun g Jb. Jahrbuc h JbG Jahrbuc h für Geschichte JbW Jahrbuc h für Wirtschaftsgeschicht e JCEA Journa l of Central European Affair s JfG Jahresbericht e für deutsche Geschichte Jg. Jahrgan g JHF Jahrbuc h der Historischen Forschun g Journ. Journa l JMH Journa l of Modern Histor y KSF Di e Krieesschuldfrae e KZSS Kölne r Zeitschrift fü r Soziologie und Sozialpsvchologi e MGM Militärgeschichtlich e Mitteilunge n MIÖG Mitteilunge n des Instituts für österreichische Geschichtsforschun g Mitt. Mitteilunge n Ms. Manuskrip t ND Nachdruck , Neudruc k NF Neu e Folge NG Di e Neue Gesellschaft NPL Neu e Politische Literatu r Nr. Numme r o.J. ohn e Jahr PJ Preußisch e Jahrbücher Pol.. pol. Politik , politisch , politics , politica l PS Politisch e Studien PVS Politisch e Vierteljahresschrif t Rev. Review , Revu e Rez. Rezensio n RH Revu e Historique RoP Revie w of Politics S. Seit e SI)G Sowjetsyste m un d Demokratische Gesellschaf t SM Schweize r Monatsheft e s. o. sieh e oben Sp. Spalt e s. u. sieh e unten u. a. unte r anderem VfZ Vierteljahresheft e fü r Zeitgeschicht e vgl. vergleich e WA Weltwirtschaftliche s Archi v WaG Ui e Welt als Geschichte Wiss., wiss . Wissenschaft , wissenschaftlic h WzF De r Weg zur Freiheit z. B. zu m Beispiel Zeit. Zeitun g ZfG Zeitschrif t fü r Geschichtswissenschaf t ZfP Zeitschrif t fü r Politik zit. zitier t Zs. Zeitschrif t z. T. zu m Teil 208 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen
Einleitung 1 Th . Schieder , Geschichtsbewußtsein un d Geschichtsinteresse i n der Krise?, in : Vom Nut zen un d Nachtei l de r Geschicht e fü r unser e Zeit . Ei n Cappenberge r Gespräch , Köl n 1973 , S. 19-37 , hier S. 22 . 2 Vgl . E . Schulin, Einleitung , in : ders., Traditionskritik un d Rekonstruktionsversuch. Stu dien zur Entwicklung vo n Geschichtswissenschaft un d historischem Denken, Göttinge n 1979, S. 13-23 , bes. S . 13 ; ders., Rückblicke auf die Entwicklung de r Geschichtswissenschaft, in : E. Jäckel u. E . Weyma r (Hg.), Di e Funktion der Geschichte in unserer Zeit, Stuttgar t 1975 , S. 11 25, bes. S. 11. 3 Vgl . hierzu bes. A. Sywottek, Geschichtswissenschaft i n der Legitimationskrisc. Ei n Überblick übe r di e Diskussio n u m Theori e un d Didakti k de r Geschicht e i n de r Bundesrepubli k Deutschland 1969-1973, Bonn-Bad Godesberg 1974 . Einen Überblick über die geschichtstheoretische un d wissenschaftshistorisch e Literatu r vermittel n H . Berding , Bibliographi e zu r Geschichtsthcorie, Göttinge n 197 7 sowie Th. Schiede r u. K . Gräubi g (Hg.), Theorieproblem e der Geschichtswissenschaft, Darmstad t 1977 . 4 Vgl . u.a . Th . S . Kuhn , Di e Struktu r wissenschaftliche r Revolutionen , Frankfur t 1973 ; ders., Postskript-196 9 zu r Struktu r wissenschaftliche r Revolutionen , in : P . Weingar t (Hg.) , Wissenschaftssoziologie 1 . Wissenschaftliche Entwicklun g al s sozialer Prozeß. Ein Reader mit einer kritische n Einleitun g de s Hg. , Frankfur t 1972 , S . 287-319 ; ders. , Di e Entstehun g de s Neuen. Studie n zu r Struktu r de r Wissenschaftsgeschichte , hg . v . L . Krüger , Frankfur t 1978 . Vgl. hierz u auc h D . A . Holunder , T . S . Kuhn' s Theor y o f Scienc e an d it s Implication s fo r History. in : AHR. Bd . 78 , 1973 , S. 370-393 . 5 J . Rüscn , De r Strukturwande l de r Geschichtswissenschaft un d die Aufgabe de r Historik , in: ders.. Für eine erneuerte Historik. Studie n zur Theori e der Geschichtswissenschaft, Stuttgar t 1976, S . 45-54 , hie r S . 46 . Zu r Positio n vo n Rüse n vgl . H . Berding , Selbstreflexio n un d Theoriegebrauch i n der Geschichtswissenschaft, in : J. Kock a (Hg.), Theorie n i n der Praxis des Historikers, Göttingen 1977 , S. 205-224 . 6 Schuliti , Einleitung, S . 13 . 7 S o z. B. die ausländischen Historiker M. C. Brands, Historisme als Ideologie. Het ›Onpolitieke‹ e n ›Anti-Normatieve ‹ Elemen t i n d e duits e Geschiedswetenshap , Asse n 1965 ; G . G . Iggers, Deutsch e Geschichtswissenschaft . Ein e Kriti k de r traditionelle n Geschichtsauffassun g von Herde r bis zur Gegenwart, Münche n 1971 . Aus der DDR-Literatur vgl . z . B. J. Streisan d (Hg.), Studie n über die deutsche Geschichtswissenschaft. Vo n der Reichseinigung von oben bis zur Befreiun g Deutschland s vo m Faschismus , 2 Bde., Berli n 1963-65 ; G. Loze k u.a . (Hg.) , Unbewältigte Vergangenheit . Kriti k de r bürgerliche n Geschichtsschreibun g i n de r BRD , Berlin 1977 3; H. Schleier, Die bürgerliche deutsche Geschichtsschreibung de r Weimarer Repu blik, Berli n 1975 . Zu r bundesrepublikanische n Forschun g vgl . u.a . Kriti k de r bürgerliche n Geschichtswissenschaft, 2 Bde., Berli n 1972 ; I. Geiss u. R . Tamchin a (Hg.) , Ansichte n eine r künftigen Geschichtswissenschaft , Bd . 1 : Kriti k - Theori e - Methode , Münche n 1974 ; M . A$endorf(Hg.), Aus der Aufklärung i n die permanente Restauration. Geschichtswissenschaf t i n Deutschland, Hambur g 1974 ; B . h'mdenbac h (Hg.) , Geschichtswissenschaf t i n Deutschland . Traditionelle Positione n un d gegenwärtig e Aufgaben , Münche n 1974 ; ders. , Ideologi e de s 209
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Anmerkungen zu Seite 9-ÍO deutschen Weges . Di e deutsche Geschicht e i n de r Historiographi e zwische n Kaiserreic h un d Nationalsozialismus, Münche n 1980 . Dazu kritisch Th. Sipperdey , Historismu s und Historismuskritik heute . Bemerkunge n zu r Diskussion , in : ders., Gesellschaft, Kultur , Theorie . Ge sammelte Aufsätze zur neueren Geschichte, Göttingen 1976 , S. 59-73 . 8 Schulin , Einleitung, S . l3f . 9 Vgl . bes. H.-U. Wehle r (Hg.), Deutsch e Historiker, 9 Bde., Göttingen 1971-1982 . 10 W . J. Mommsen, Die Geschichtswissenschaft jenseits des Historismus, Düsseldor f 1971 . 11 Vo r allem Hans-Ulric h Wehle r hat sich um die Würdigung de r Außenseiter de r ›Zunft ‹ verdient gemacht . Vgl . di e Zusammenstellung seine r wichtigsten Aufsätz e in: H.-U. Wehler , Historische Sozialwissenschaft un d Geschichtsschreibung. Studie n zu Aufgaben un d Traditionen deutscher Geschichtswissenschaft, Göttinge n 1980 , S. 227-297 . Vgl . auc h ders., Staatsgeschichte oder Gesellschaftsgeschichte ? Zwe i Außenseite r de r deutschen Historikerzunft : Vei t Valentin un d Ludwi g Quidde , in : H. Berding u. a. (Hg.) , Vo m Staat des Ancien Regime zum modernen Parteienstaat. F S f. Th . Schiede r zu seinem 70. Geburtstag, Münche n 1978 , S. 349 368. 12 Vgl . K . Hübner, Was zeigt Keplers ›Astronomia Nova‹ der modernen Wissenschaftstheo rie?, in : Philosophi a Naturalis , Bd . 11 , 1969 , S . 257-278 , bes . S . 278 : »Wissenschaftstheori e ohne Wissenschaftsgeschichte is t leer ; Wissenschaftsgeschicht e ohn e Wissenschaftstheorie is t blind.« Di e wichtigste neuer e Literatur z u diesem Problemkomple x is t zusammengestellt be i Berding, Bibliographie , S . 172-182 . Daz u auc h R . Kosellec k u.a . (Hg.) , Objektivitä t un d Parteilichkeit i n der Geschichtswissenschaft, Münche n 1977 . Dieser Sammelband enthält eine brauchbare Auswahlbibliographie . Zu r allgemeinen Theoriediskussio n i n der bundesrepubli kanischen Historie vgl. Schiede r u. Gräubig, Theorieprobleme . 13 Zu m Begriff des erkenntnisleitenden Interesses vgl. J. Habermas , Erkenntnis und Interesse. Mi t eine m neue n Nachwort , Frankfur t 1973 ; ders. , Erkenntni s un d Interesse , in : ders. , Technik un d Wissenschaf t al s Ideologie , Frankfur t 1973 6, S . 146-168 . Vgl . hierz u auc h W . Dallmayr (Hg.) , Materialie n z u Habermas ' »Erkenntni s un d Interesse« , Frankfur t 1974 . Di e konstitutive Bedeutun g de r Zeitbedingtheit historische n Denken s ist vielfach aufgezeig t wor den. Fü r die neuere Diskussion vgl . u.a . J. Bergman n u. H . J. Pandel , Geschichte und Zukunft . Didaktische Reflexione n übe r veröffentlichte s Geschichtsbewußtsein , Frankfur t 1975 ; G . Birtsch, Geschichtswissenschaft un d Gesellschaft. Tendenze n der deutschen Geschichtswissen schaft sei t de m 19 . Jahrhundert, Trie r 1976 ; H. M . Baumgartner , Kontinuitä t un d Geschichte . Zur Kriti k un d Metakriti k de r historische n Vernunft , Frankfur t 1972 ; I. Geiss, De r Or t de r Geschichtswissenschaft i n de r Gesellschaf t ode r di e Funktio n de s Historikers , in : Jäckel u . Weymar, Funktion , S . 192-207 ; W . J. Mommsen , Gesellschaftlich e Bedingthei t un d gesell schaftliche Relevan z historische r Aussagen , in : ebd. , S . 208-253 ; ders. , De r perspektivisch e Charakter historische r Aussagen und das Problem von Parteilichkeit un d Objektivität histori scher Erkenntnis, in : Koselleck, Objektivität, S . 441-468 ; R. Vierhaus , Was ist Geschichte?, in : G. Alfóld y u . a. (Hg.) , Problem e der Geschichtswissenschaft, Düsseldor f 1973 , S . 7-19 ; ders., Über die Gegenwärtigkeit de r Geschichte und die Geschichtlichkeit der Gegenwart, Göttinge n 1978. 14 De m Proble m de r Instrumentalisierun g un d der Rezeptio n historische n Wissen s i n der politischen Diskussion hat die Forschung in jüngster Zeit besondere Beachtung geschenkt. Vgl . dazu W . Bach , Geschicht e al s politische s Argument . Ein e Untersuchun g a n ausgewählte n Debatten de s Deutschen Bundestages , Stuttgar t 1977 ; A. Demandt , Geschichte als Argument . Drei Forme n politische n Zukunftdenken s i m Altertum , Konstan z 1972 ; K . G . Faber , Zu r Instrumentalisierung historische n Wissens in der politischen Diskussion, in: Koselleck, Objektivität, S . 270-316;J . Rüsen , Geschichte und Öffentlichkeit, in : Gd, Bd. 3 , 1978 , S. 96-111 . 15 Zu m Begrif f de r Zeitgeschicht e vgl . bes . E . Jäckel, Begrif f un d Funktio n de r Zeitge schichte, in: Jäckel u. Weymar , Funktion, S . 162-176 . 16 A . Thimme , Friedric h Thimm e al s politischer Publizis t i m Ersten Weltkrie g un d i n der
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Anmerkungen z u Seit e ÎO-Í Î Kriegsschuldkontroverse, in : A . Fische r u. a. (Hg.) , Rußlan d - Deutschlan d - Amerika . F S f. F. T . Epstei n zum 80. Geburtstag, Wiesbade n 1978 , S. 212-238 , hier S. 2l2f . 17 Au s der Fülle der Literaturübersichten un d Bibliographien seien hier nur die ausführlichsten angeführt : M . Gunzenhäuser , Di e Bibliographien zu r Geschichte des Ersten Weltkrieges . Literaturbericht un d Bibliographie, Frankfur t 1964; Dahlmann-Waitz, Quellenkunde zur Deutschen Geschichte. Bibliographi e der Quellen und der Literatur zur deutschen Geschichte, unter Mitwirkung zahlreiche r Gelehrter hg. im Max-Planck-Institut fü r Geschichte v. H. Heimpel u. H. Geuss, 2. Lieferung , Abschnit t 394, 8. Buch : Weltkrieg und Versailles 1914-1918(Anfang) , Stuttgart 1965 ; H. Donner, Die Vorgeschichte des Weltkrieges. Eine Sammlung aller wichtigen Daten der weltpolitischen Entwicklun g vo n 187 0 bis 1914, Berlin 1927 , S. 93-125 ; J. Griman n u. I. Heimann, De r deutsch e Imperialismu s bi s 1917 . Auswahlbibliographi e .der Veröffentli chungen au s sozialistische n Länder n (1960-1974) , in : JbG , Bd . 15 , 1977 , S . 347-493 ; W . Gutsche u. A . Laschitza, Forschungen zur deutschen Geschichte von der Jahrhundertwende bis 1917, in : Historische Forschunge n i n der DDR 1960-1970 . Analyse n un d Berichte zum XIII. Internationalen Historikerkongre ß i n Moska u 1970 , Berli n 197 0 ( = ZfG, Sonderbd . XVIII), S. 476-507 ; P . Gra f Kielmansegg , Deutschlan d un d de r Erst e Weltkrieg , Frankfur t 1980 2, S. 697-722 ; W. Schiede r (Hg.), Erste r Weltkrieg. Ursachen , Entstehun g und Kriegsziele, Köln 1969, S. 492-497 ; A. v. Wegerer(Hg.) , Bibliographie zur Vorgeschichte des Weltkrieges, Berlin 1934. Zu den Quellenpublikationen vgl . W . Baumgart, Das Zeitalter des Imperialismus und des Ersten Weltkrieges (1871-1918), 2 Bde., Darmstadt 1977. 18 Zu m Begriff des »Riehtungskampfes« vgl . K . Repgeti, Methoden-und Richtungskämpf e in der deutschen Geschichtswissenschaf t sei t 1945? , in: GWU, Bd . 30 , 1979 , S. 591-610 , bes. S. 59 5 f. 19 Vgl . u.a . E . Schraepler , Di e Forschun g übe r de n Ausbruc h de s Erste n Weltkriege s i m Wandel des Geschichtsbildes 1919-1969, in: GWU, Bd. 23 , 1972, S. 321-328 ; W. Schieder, Art. Weltkrieg. Erst e Abteilung: De r Erste Weltkrieg, in : SDG, Bd. 6 , Freiburg 1972 , Sp. 841-873 ; I. Geiss, Die Fischer-Kontroverse. Ein kritischer Beitrag zum Verhältnis zwischen Historiographie und Politi k i n der Bundesrepublik, in : dvrs., Studien übe r Geschichte und Geschichtswissenschaft, Frankfur t 1972 , S. 108-198 . Zur neueren Forschung vgl . z . B. K . Hildehrand, Imperialismus, Wettrüste n und Kriegsausbruch 1914 , in: NPL, Bd . 20 , 1975 , S. 160-194 , 339-364. 20 Ei n neueres Beispiel fü r die Instrumentalisierung historische r Aussagen über den Kriegsausbruch 191 4 in der politischen Auseinandersetzun g is t die Kontroverse zwischen dem Kanzlerkandidaten de r Unionsparteie n fü r die Bundestagswah l 1980 , Fran z Josef Strauß, un d dem Bundeskanzler Helmu t Schmid t nac h dem Einmarsc h sowjetische r Truppe n i n Afghanistan . Vgl. F . J. Strauß, De r Kanzle r un d di e Knegsvermeidungsstrategie , in : Deutschland-Union Dienst, Nr . 140 , 30 . 7 . 1980 , S . lf. ; »Angst , da ß di e Sicherunge n durchbrennen« , in : De r Spiegel, Nr . 17 , 34. Jg., 21 . April 1980 , S. 21-28 ; Letzter Sprung i n den Abgrund?, in : ebd., S. 22f . Daz u kritisc h M . Salewski , Möglichkeite n un d Grenze n historische r Vergleich e i n politischer Absich t oder: Was hat es mit de n Jahreszahlen 191 4 und 193 8 auf sich?, in : GWU, Bd. 32 , 1981 , S. 585-599 . 21 S o z. B. Hildebrand, Imperialismus, S . 347 ; W. J. Mommsen, Zur Kriegsschuldfrage 1914 , in: HZ, Bd. 212 , 1971 , S. 608-614 , bes. S. 614 ; W. Baumgart, Vom europäischen Konzert zum Völkerbund. Friedensschlüss e un d Friedenssicherun g vo n Wie n bi s Versailles , Darmstad t 1974, S. 12 3 f. 22 Mi t de r Fischer-Kontrovers e bzw . de r Forschungsentwicklun g nac h 196 0 beschäftige n sich u. a. Geiss , Fischer-Kontroverse; W . Gutsche , Imperialismus vor 1914 , in: Lozek, Vergan genheit, S . 293-303 ; G. W . F . Hallgarten, Deutsch e Selbstschau nac h 50 Jahren: Fritz Fischer, seine Gegne r un d Vorläufer , in : ders. , Da s Schicksa l de s Imperialismu s i m 20 . Jahrhundert, Frankfurt 1969 , S. 77-135 ; Hildebrand, Impcrialismus;J. Joll, The 1914 Debate Continues: Fritz Fischer and his Cnties, in: H. W. Koch (Hg.), The Origins of the First World War. Great Power Rivalry an d Germa n Wa r Aims , Londo n 1972 , S . 13-29 ; F . Klein , Di e westdeutsch e Ge -
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Anmerkungen z u Seit e 11-12 Schichtsschreibung übe r die Ziele des deutschen Imperialismu s i m erste n Weltkrieg , in : ZfG. Bd. 8 , 1962 , S . 1808-1836 ; ders. . Erste r Weltkrieg , in : Lozek , Vergangenheit , S . 304-316 ; W. J. Mommsen , Domesti e Factor s i n Germa n Foreig n Polic y befo r 1914 , in : GEH , Bd . 6 , 1973, S . 3-43 ; ders. , Di e deutsche Kriegszielpoliti k 1914-1918 . Bemerkunge n zu m Stan d de r Diskussion, in : W . Laqueu r u . G . L . Mess e (Hg.) , Kriegsausbruc h 1914 , Münche n 1970 , S. 60-100 ; J. A . Moses , Th e Politic s o f Illusion. Th e Fische r Controvers y i n Germa n Histo riography, Londo n 1975 ; ders. , Th e Wa r Aim s o f Imperia l Germany , in : Universit y o f Queensland Paper s I. 1968, S . 213-260 ; W . Schieder , Ergebniss e und Möglichkeite n de r Diskussion übe r de n Erste n Weltkrieg . Einleitung , in : ders. , Erste r Weltkrieg , S . 11-26 ; A . Sywottek, Di e Fischer-Kontroverse . Ei n Beitra g zu r Entwicklun g de s politisch-historische n Bewußtseins i n de r Bundesrepublik , in : I. Geiss u . B . J. Wend t (Hg.) , Deutschlan d i n de r Weltpolitik de s 19 . un d 20 . Jahrhunderts, Düsseldor f 1973 . S . 19-47 . Eine n einzelne n Kriegsschuldforscher zu m Gegenstan d ha t di e Arbei t vo n Thimme , Friedric h Thimme . Au f einen besondere n Aspek t de s Verhältnisse s vo n Histori e un d Politik , nämlic h de r Einfluß nahme des Auswärtigen Amte s auf die Schulddebatte i n den zwanziger un d dreißiger Jahren, hat vo r alle m I. Geiss aufmerksa m gemacht . Vgl . I. Geiss, Di e Kriegsschuldfrag e - Da s Ende eine s Tabus , in : Laquen r u . Mosse , Kriegsausbruch , S . 101-126 , bes . S . 10 1 ff; ders. , Einleitung, in : ders. , (Hg.) , Julikrise un d Kriegsausbruc h 1914 , 2 Bde., Hannove r 1963 , hie r Bd. 1 , S . 19-54 , bes . S . 29ff ; ders. . Da s Kriegsschuldrefera t de s Auswärtige n Amts , 1919 1933 (bishe r ungedruckte s Ms. , vorgeleg t de r Associatio n international e d'histoir e contem poraine, Gen f 1979) . I n jüngerer Zei t sin d einige Dissertatione n z u diesem Problemkomple x erarbeitet worden . Vgl . U . Heinenumn , Di e verdrängte Niederlage . Politisch e Öffentlichkei t und Kriegsschuldfrag e i n de r Weimare r Republik , Göttinge n 1983 ; H . J. Wittgens , Th e Ger man Foreig n Offic e Canipaig n agains t th e Treaty o f Versailles: A n Examinatio n o f the Activities o f th e Kriegsschuldreferat , St . Franci s Xavia n University , 1976 ; R . Grass , War-Guil t and th e Schuldreferat . A n Inquir y mt o th e Connectio n betwee u Politic s an d Scholarship , University o f Alberta , 1980 . De m Verfasse r wa r lediglic h di e Dissertatio n vo n Gras s nich t zugänglich. 23 V¾l . Schieder, Art . Weltkrieg ; Schmepler , Forschung . 24 Ein e Ausnahm e bilde t di e Untersuchun g vo n Schiedet- , Art . Weltkrieg , Sp . 85 8 ff. Zu r sowjetischen Geschichtsschreibun g vgl . K.-H . SthLirp , Ursache n un d Entstehun g de s Erste n Weltkrieges i m Licht e de r sowjetische n Geschichtsschreibung . Hambur g 1971 . Aspekt e de r marxistisch-leninistischen Historiographi e übe r de n Erste n Weltkrie g i n de r DD R diskutie ren Monimsai , Factors ; P . Gra t Kielmansegg . Erste r Weltkrie g un d marxistisch e Geschichts schreibung, in : D S VII, 1969. S . 244—255 . Di e westdeutsch e Geschichtsschreibun g ha t sic h insgesamt relati v spat , d.h . sei t End e der sechzige r Jahre, mi t de r historische n Forschun g i n der DD R beschäftigt . Vgl . daz u I). Riesenherger, Geschicht e un d Geschichtsunterrich t i n de r DDR. Aspekt e un d Tendenzen , Göttinge n 1973 . S . 5ff. , bes . S . 6 : »Da s Fehle n solche r Bemühungen is t nich t zufällig , sonder n Auswirkun g de r ers t spä t einsetzende n Reflexio n der Geschichtswissenschaft de r Bundesrepublik übe r sich selbst.« 25 Di e Bedeutun g solche r langfristi g angelegte n Studie n läß t sic h besonder s a n de r Be griffsgeschichte aufzeigen . Vgl . u.a . R . Koselleck , Einleitung , in : GGb , Bd . 1 , Stuttgar t 1972, S . XIII-XXVII ; ders. , Begriffsgeschicht e un d Sozialgeschichte , in : ders. . Vergangen e Zukunft. Zu r Semanti k geschichtliche r Zeiten , Frankfur t 1979 . S . 107-129 ; ders . (Hg.) . Hi storische Semanti k un d Begriffsgeschichte , Stuttgar t 1978 . Daz u kritisc h H . Berding , Be griffsgeschichte un d Sozialgeschichte, in : HZ, Bd. 223 , 1976 , S. 98-110 . 26 Vgl . Geiss , Kriegsschuldfrage, S . l05f. , sowi e oben, S . 49ff . 27 Vgl . besonder s K.J . Gantze l u.a . (Hg.) . Konflikt-Eskalation-Krise . Sozialwissen schaftliche Studie n zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges, Düsseldorf 1972. 28 Di e wichtigst e neuer e Literatu r z u diese m Problemkomple x is t zusammengestell t be i Berding, Bibliographie . S . 231-241 .
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Anmerkungen z u Seit e 13-1 5 29 K . Mannheim, Historismus , in : ders., Wissenssoziologie. Auswah l aus dem Werk, einge leitet u. hg . v . K. H . Wolff, Neuwie d 1970 2, S. 246-307 , hier S. 257 . I. Di e Entstehung der Kriegsschuldfrage und die Anfänge der Schulddebatte 1914-1918/19 1. Kriegspropagand a und Friedensvertragsdiplomatie 1 Zu r Schulddebatte in den Jahren 191 4 bis 1918 vgl. F. Dickmann, Die Kriegsschuldfrage auf der Friedenskonferenz vo n Paris 1919, in: HZ, Bd. 197 , 1963, S. 1-101 , bes. S 59ff. ; F. Fischer, Griff nach der Weltmacht. Di e Kriegszielpohtik de s kaiserlichen Deutschlan d 1914/18 . Düsseldorf 1961; ders., Krieg der Illusionen. Die deutsche Politik vo n 1911-1914, Kronber g 1978 , bes. S. 663ff. ; Geiss , Fischer-Kontroverse , bes . S . 112ff. ; ders., Kriegsschuldfrage, bes . S . 10 1 ff; ders., Einleitung, bes . S. 2 6 ff; E. Kabisch, Die feindliche Kriegsschuldpropaganda während des Weltkrieges, in : KSF. Bd. 6 , 1928 , S. 950-978 ; F. Klein, »Sons t kriege ich die Sozialdemokraten nicht mit«, in : BzGdA, 9. Jg., 1967 , S. 843-853 ; H. D . Lasswell, Propagand a Techniquei n World War I. Cambndge/Mass. 1971,bes . S. 47-76 ; P. Rassow, Die Kriegsschuldfrage in ihren Abwandlungen währen d des Krieges, in: BM, Bd . 13 , 1935, S. 921-950 ; E. Zechlin, Bethmann Hollweg. Kriegsrisik o und SPD 1914, in: Schieder, Erster Weltkrieg, S . 165-190 ; ders., Motive und Takti k de r Reichsleitun g 1914 , in : ebd. , S . 191-198 . Di e Bedeutun g un d Roll e de r Propaganda i m Erste n Weltkrie g behandel n u.a . G . G . Bruntz , Allie d Propagand a an d th e Collapse of the German Empire in 1918, London 1938 ; K. D . Erdmann, Die Zeit der Weltkriege, Stuttgar t 1973 9 (= Gebhardt , Handbuc h de r deutschen Geschichte, hg . v . H . Grundmann, Bd. 4 , 1 . Teilbd), S . 8 7 ff; K . Koszyk , Deutsch e Pressepoliti k i m Erste n Weltkrieg , Düssel dorf 1968 ; ders., Pressepolitik un d Propaganda i m Erste n Weltkrieg , in : Francia, Bd . 3 , 1975 , S. 465-475 ; A . M . Mallinckrodt , Di e Selbstdarstellun g de r beiden deutsche n Staate n i m Aus land. »Image-Bildung « al s Instrument der Außenpolitik, Köl n 1980 , bes. S. 21-23 ; W. Ntcolai , Nachrichtendienst, Press e un d Volksstimmun g i m Weltkrieg , Berli n 1920 ; W. Schmidt-Rich berg, Di e Regierungszei t Wilhelm s II., in: Handbuc h zu r deutsche n Militärgeschicht e 1648 1939. hg. v . Militärgeschichtliche n Forschungsamt , Freibur g durc h H. Meier-Welckeru. W . v. (ìroote. 3. Lieferung , Bd . 5 : Von der Entlassung Bismarck s bis zum End e des Ersten Weltkrieges (l89(M9l8) . Frankfur t 1968 , S . 9-155 . bes . S . l4()ff.;) . M . Read , Atrocit y Propagand a 1914—1919, Chicag o 1945 ; H . Thimme , Weltkrie g ohn e Waffen . Di e Propagand a de r Welt mächte gege n Deutschland , ihr e Wirkun g un d ihr e Abwehr , Stuttgar t 1932 ; W . Vogel, Die Organisation de r amtliche n Presse - un d Propagandapoliti k de s Deutsche n Reiche s vo n de n Anfängen unte r Bismarc k bi s zu m Begin n de s Jahres 1933 . in: Zeitungswiss. , 16 . Jg.. 1941 , Sonderh. 8/9 ; H. Wanderscheck , Weltkrieg und Propaganda, Berli n 1936 . 2 Di e bisher umfassendst e Untersuchun g übe r die Erörterun g de r Schuldfrag e i m Vorfel d und au f de r Parise r Friedenskonferen z is t di e Arbei t vo n Dickmann , Kriegsschuldfrage . Vgl . dazu auch J. Lisch . Krieg un d Friede n i m Friedensvertrag . Ein e universalgeschichtliche Studi e über Grundlage n un d Formelelement e de s Friedensschlusses , Stuttgar t 1979 , bes . S . 204ff ; S. T . Possony , Zu r Bewältigun g de r Kriegsschuldfrage . Völkerrech t un d Strategi e be i de r Auslösung zweie r Weltkriege , Köl n 1968 . Zu r Entstehun g de r Strafbestimmunge n vgl . W . Schwengler, Völkerrecht , Versaille r Vertra g un d Ausheferungsfrage. Di e Strafverfolgung we gen Kriegsverbreche n al s Problem des Friedensschlusses 1919/20 , Stuttgart 1982 . Die Diskussion übe r da s Reparationsproble m un d de n Artike l 23 1 behandel n u.a . P . M . Burnet t (Hg.) , Reparation a t the Paris Peace Conference. Fro m the Standpoint o f the American Delegation, 2 Bde., Ne w Yor k 1940 ; Heinemann, Niederlage ; P. Kruger , Deutschlan d und die Reparatione n 1918/19. Di e Genesis des Reparationsproblems i n Deutschland zwischen Waffenstillstan d un d Versailler Friedensschluß. Stuttgart 1973 ; L. Haupts, Deutsche Friedenspolitik 1918-1919 . Eine Alternative zur Machtpolitik de s Ersten Weltkrieges? , Düsseldor f 1976 . Zur Politik de r »Hei -
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Anmerkungen z u Seit e 15-16 delberger Vereinigung « sowi e zu m Vorgehe n Eisner s un d Kautsky s vgl . u.a . L . Albertin , Liberalismus und Demokratie am Anfang de r Weimarer Republik. Ein e vergleichende Analy se de r Deutsche n Demokratische n Parte i un d de r Deutsche n Volkspartei , Düsseldor f 1972 , S. 212ff. ; A. Lnckau, The German Delegation a t the Paris Peace Conference, Ne w York 1941, S. 47ff. ; W . J. Mommsen , Ma x Webe r un d di e deutsch e Politik 1890-1920 , Tübinge n 1974 2, S. 335ff. ; S . Miller, Di e Bürde der Macht. Di e deutsche Sozialdemokratie 1918-1920 , Düssel dorf 1978 , S . l93ff . Eine n gute n Überblic k übe r de n gegenwärtige n Stan d de r Versailles Forschung biete t K . Schwabe , Versaille s - nac h sechzi g Jahren. International e Beziehunge n nach dem Ersten Weltkrieg, in : NPL, Bd . 24 , 1979 , S. 446-475 . 3 Eine n Überblick übe r den Wandel des Kriegsbildes in der Neuzeit geben z. B. H. Afheldt , Verteidigung un d Frieden. Politi k mi t militärischen Mitteln , Münche n 1979 , S. 31-52 ; N. H . Gibbs, Art. Krieg . Di e genuin europäische, westlich e Kriegstheorie, in : SDG, Bd . 3 , Freiburg 1969, Sp . 1026-1045 . Zu r Bedeutun g de r Schuldproblemati k i n de n begrenzte n Kriege n de s 18. und 19. Jahrhunderts vgl. R . Aron, Der permanente Krieg, Frankfur t 1953 , S. 23. 4 Vgl . M . Geyer , Di e Geschicht e de s deutsche n Militär s vo n 186 0 bi s 1945 . Ei n Berich t über di e Forschungslag e (1945-1975) , in : H.-U . Wehle r (Hg.) , Di e modern e deutsch e Ge schichte i n de r internationale n Forschun g 1945-1975 , Göttinge n 197 8 ( = GG . Sondern . 4) , S. 256-286 . Dies e Arbei t biete t de n beste n Überblic k übe r de n Stan d de r Forschunge n zu r »Industrialisierung« de r Kriegführung . Zu m Begrif f de r »totale n Mobilmachung « vgl . E . Jünger, Di e totale Mobilmachung, in : ders. (Hg.), Krie g und Krieger, Berli n 1930 , S. 11-30 . 5 Gibbs , Krieg, Sp . 1033 . 6 Jünger, Mobilmachung , S . 14 . 7 Vgl . Th . Schieder , Europ a i m Zeitalte r de r Nationalstaate n un d europäische Weltpoliti k bis zu m I. Weltkrieg (1870-1918) , in : ders . (Hg.) , Handbuc h de r europäische n Geschichte , Bd. 6 : Europ a i m Zeitalte r de r Nationalstaate n un d europäisch e Weltpoliti k bi s zum Erste n Weltkrieg, Stuttgar t 1968 , S . 1-196 , bes . S . 158f f Z u diese r Problemati k vgl . auc h G . Dil l (Hg.), Clausewit z in Perspektive. Materialie n z u Carl vo n Clausewitz: Vom Kriege . Mi t einer Einleitung v . G. Dill, Frankfur t 1980 . 8 Vgl . z.B . Afheldt , Verteidigung , S . 39ff ; G . A . Craig , Di e Revolution i n Kriegführun g und Diplomatie , 191 4 bis 1939.in: ders., Krieg , Politi k un d Diplomatie , Wie n 1968 , S . 246 262, bes. S. 252f. ; Schmidt-Richberv, Regierungszeit , S . 134f f 9 Aron , Krieg, S . 23 . 10 Zu m Vertragstex t vgl. : De r Vertra g vo n Versailles . Mi t Beiträge n v . S . Haffne r u.a. , München 1978 , bes . S . 118 , 230 , 238 . Daz u auc h Dichmmn , Kriegsbchuldfrage , bes . S . 3f ; Fisch, Krieg, bes . S. 204ff ; Possony , Bewältigung , bes . S. 1 5 ff. 11 Di e Völkerbundssatzun g verpflichtet e di e Mitgliede r de s Völkerbunde s dazu , vo r de r Entscheidung fü r einen Krie g ein Schlichtungsverfahren einzuleiten ; diese Vorschriften hatte n in ihrer Gesamthei t di e rechtliche Wirkun g eine s partiellen Angriffsverbotes . Vgl . O . Kimminich, De r gerecht e Krie g i m Spiege l de s Völkerrechts , in : De r gerechte Krieg : Christentum . Islam, Marxismus . Redaktion : R. Steinweg , Frankfur t 1980 , S. 206-223 , hier S. 21 5 sowie E. v. Punkamer, Art . Versaille r Fried e von 1919 , in: Strupp-Schlochauer, Wörterbuc h de s Völkerrechts, Bd . 3 , Berli n 1962 , S . 516-522 , hie r S . 520 . Daz u auc h O . Kimminich , Da s Proble m der Fnedenssicherung i m Völkerrech t de s 20. Jahrhunderts, in : G. Picht u. C . Eisenbar t (Hg.), Frieden und Völkerrecht, Stuttgar t 1973 , S. 295-400 ; W. Wette , Von Kellog bi s Hitler (19281933). Di e öffentlich e Meinun g zwische n Kriegsächtun g un d Kriegsverherrlichung , in : De r gerechte Krieg, S . 233-268 . 12 Vgl . E . v. Punkamer, Di e Haftung de r politischen und militärischen Führun g de s Ersten Weltkrieges für Kriegsurheberschaft un d Kriegsverbrechen, in : Arch. d. Völkerrechts , Bd . 1 , 1948/49, S 424-449 , bes. S. 437 . 13 J. Engel , De r Wande l i n de r Bedeutun g de s Kriege s i m 19 . un d 20 . Jahrhundert, in : GWU, Bd . 19 . 1968 , S . 468-486 , hie r S. 482 . Vgl . auc h J. Brügel , Da s Schicksal de r Strafbe -
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Anmerkungen z u Seit e 16—19 Stimmungen de s Versailler Vertrages , in : VfZ , Bd . 6 , 1958 , S . 263-270 ; Schwengler , Völker recht. 14 Dickmann , Kriegsschuldfrage, S . 4 . 15 Vg l ebd. , S . 5 . 16 K . Rabl, Die Völkerrechtsgrundlagen der modernen Friedensordnung, Tei l I: Geschichtliche Entwicklung, Hannove r 1967, S. 18 . 17 Daz u Kimmwich, Krieg . 18 Vgl . Rabl , Völkerrechtsgrundlagen, bes . S. 20ff . 19 Kimmwich , Problem, S . 308 . 20 Vgl . Th . Schieder , Europäisch e Friedensschlüss e vo n Wie n bi s Versailles , in : A . Domes (Hg.), Entspannung , Sicherheit , Frieden , Köl n 1968, S. 33-52 , bes. S. 44f . 21 W . Baumgart , Di e große n Friedensschlüss e de r Neuzei t (1435-1945) . Ei n Forschungs überblick, in : GWU, Bd.12 , 1978 , S. 778-806 , hier S. 769. 22 Daz u C . Schmitt , De r Nomo s de r Erd e im Völkerrech t de s Jus Publicum Europaeum , Köln 1950 , bes . S . 112f. ; F . Dickmann , Friedensrech t un d Friedenssicherung . Studie n zu m Friedensproblem i n der neueren Geschichte, Göttingen 1971 , bes. S. 131 ; Kimminich, Problem, bes. S. 30 2 ff. 23 Vgl . ebd. , bes . S . 308ff . Zu r neuere n Forschun g vgl . W . Janssen, Di e Anfäng e de s modernen Völkerrecht s un d de r neuzeitliche n Diplomatie . Ei n Forschungsbericht , Stuttgar t 1965. 24 Vgl . Dickmann , Kriegsschuldfrage , bes . S . 7 f. Vgl . hierz u u.a . G . Leiblich , »Aggres sion« i m Völkerrecht und im Bereich ideologischer Auseinandersetzung, in : VfZ, Bd. 6 , 1958, S. 165-171 ; E . Menzel , Völkerrecht . Ei n Studienbuch , Münche n 1962 , S . 336ff. ; W . Schau matm (Hg.), Völkerrechtliche s Gewaltverbo t un d Friedenssicherung , Baden-Bade n 1971 ; F.Ch. Schroeder, Die Rechtmäßigkeit des Krieges nach westlicher und sowjetischer Völkerrechtsauffassung, in : R. Maurac h u. B . Meissner (Hg.), Völkerrech t in Ost und West, Stuttgar t 1967 , S. 178-218 ; H . Wehberg , Krie g un d Eroberun g i m Wande l de s Völkerrechts. Frankfur t 1953 ; Wette, Kcllog. 25 Vgl . Dickmann , Kriegsschuldfrage, S . 11 . 26 Ebd. , S . 11 . 27 Ebd..S . 61. 28 Vgl . ebd., bes. S. I8ff. ; Schwengler , Völkerrecht, bes . S. 106ff . 29 Dickmann , Kriegsschuldfrage, S . 26 . 30 Vgl . ebd., S . 25f . Daz u auch Schwengler, Völkerrecht . S . l06ff . 31 Puttkamer , Haftung, S . 432 . Diese These wird durch die Arbeit von Schwengler bestätigt. Vgl. Schwengler , Völkerrecht , S . 114 : »Zusammenfassend kan n festgestellt werden , daß es den Amerikanern gelunge n war , ihre n Rechtsstandpunk t . . . weitgehen d durchzusetzen . Nac h den i n de n Beratunge n de r »Commissio n de s responsabilités ‹ aufgetretene n tiefgreifende n Meinungsverschiedenheiten . . . konnte n si e da s Ergebni s al s einen nich t vorherzusehende n Erfolg betrachten . Ei n Erfol g freilich , de r mi t eine r erhebliche n Konzessio n erkauf t worde n war: Bei dem Beitritt zu der Anklage gegen Kaiser Wilhelm II. war der politische Charakter des Verfahrens, obwoh l formell aufrechterhalten , faktisc h nich t gewahrt worden. « 32 De r Vertrag vo n Versailles, S. 238 . 33 Baumgart , Konzert, S. 119 . Dazu Dickmann, Kriegsschuldfrage, S . 43-59 ; Thimme, FriedrichThimme, S . 214 ; Schwengler, Völkerrecht, S . 116ff . 34 Fischer , Krieg, S . 711. 35 Zechlin , Bethmann Hollweg, S . 171. 36 Vgl . Fischer , Griff , S . l05ff. ; Klein , Sozialdemokraten ; Zechlin , Bethman n Hollweg , S. 17 2 ff. 37 Ebd..S . 177 . 38 Teil e de s »Weißbuches « sin d abgedruck t be i Geiss , Julikrise, Bd . 2 , Nr . 1089 , S . 637 -
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Anmerkungen z u Seit e 19-2 1 644. Vgl . Zechlin , Bethman n Hollweg . S . l80f , sowi e F . Boll , Friede n ohn e Revolution ? Friedensstrategien de r deutsche n Sozialdemokrati e vo m Erfurte r Program m 189 1 bi s zu r Revolution 1918 , Bonn 1980 , bes. S. 87-190 . 39 Geiss , Julikrise, Bd . 2 , Nr. 1089 , S. 643f . 40 Vgl . Zechlin , Bethman n Hollweg, S . 180 . 41 Fischer , Krieg, S . 664 . 42 Ebd. , S . 664 . 43 Geiss , Kriegsschuldfrage, S . 101 . 44 Fischer , Krieg, S . 664 . 45 Jagow an Zimmermann, 31 . August 1914 , zit. nach Geiss, Einleitung, S . 29 . 46 Ebd.,S . 29 . 47 Ebd.,S . 29 . 48 Ebd.,S . 29 . 49 Vgl . ebd. , S . 29f . 50 Vgl . ders., Fischer-Kontroverse, S . 114 ; K. A. v. Müller, Mars und Venus. Erinnerungen 1914 bis 1919, Stuttgart 1954 . S. 33-40 . 51 Fischer , Krieg, S . 664 . 52 De r Einstellun g de r deutsche n Bevölkerung bzw . de r verschiedene n gesellschaftliche n Gruppierungen zu m Erste n Weltkrie g ha t di e Forschun g i n jüngster Zei t stark e Beachtun g geschenkt. Vgl . hierz u u. a. K . Betzen, Deutun g un d Darstellung de s Krieges in der deutschen Epik des 20. Jahrhunderts, in: Der Deutschunterricht, 14 . Jg., 1962, S. 49-62 ; K. Böhme (Hg.), Aufrufe un d Rede n deutsche r Professore n i m Erste n Weltkrieg , Stuttgar t 1975 ; R . Busch , Imperialismus und Arbeiterliteratur im Ersten Weltkrieg, in : Afs, Bd. 14 , 1974 , S. 293-350 ; R. v. Dülmen , De r deutsch e Katholizismu s un d de r Erst e Weltkrieg , in : Francia , Bd . 2 , 1974 , S. 347-376 ; K . Hammer , Deutsch e Kriegstheologi e 1870-1918 . Münche n 1974 ; S . Miller . Burgfrieden un d Klassenkampf. Di e deutsche Sozialdemokratie i m Ersten Weltkrieg , Düssel dorf 1974, bes. S. 183-190 ; H. Missala, »Got t mit uns«. Die deutsche katholische Kriegspredigt 1914-1918, Münche n 1968 ; W . Presset , Di e Kriegspredig t 191-1-191 8 i n de r evangelische n Kirche Deutschlands, Göttinge n 1967 ; F.-K. Scheer , Di e Deutsche Friedensgesellschaft (1892 1933). Organisation . Ideologie , politisch e Ziele. Ei n Beitrag zu r Geschichte des Pazifismus in Deutschland. Frankfur t 1981 , bes. S. 236ff. ; K . Schwabe , Wissenschaf t un d Kriegsmoral . Di e deutschen Hochschullehrerund die politischen Grundfragen des Ersten Weltkrieges, Göttingen 1969; K. 1'oiuÌtm$ , Deutsch e Apokalyps e 1914 , in : ders. (Fig.), Da s Wilhelminische Bildungs bürgertum. Zu r Sozialgeschicht e seine r Ideen , Göttinge n 1976 , S . 153-171 ; ders., Geschicht e als Weltgericht. Genesi s und Degradation eine r Symbolik , in : H. Kreuzer (Hg.), Literatu r íü r viele? Studie n zu r Trivialliteratu r un d Massenkommunikatio n i m 19 . un d 20 . Jahrhundert, Göttingen 197 6 (= Zs. f. Literaturwiss . u . Linguistik , Beih . 2) , S. 147-168 ; ders., Propaganda oder Sinndeutung? , in : ders . (Hg.) , Kriegserlebnis . De r Erst e Weltkrie g i n de r literarische n Gestaltung und symbolischen Deutun g der Nationen, Göttinge n 1980 , S. 11-37 . 53 Vgl . Fischer , Krieg, S . 665ff . 54 Daz u ebd., S. 666f ; Miller, Burgfrieden, S . 183ff.; Scheer, Friedensgesellschaft, S . 322ff. 55 Vgl . Fischer , Krieg, S . 667f . 56 Vgl . Schwabe , Wissenschaft, S . 2 3 ff; K . Böhme, Einleitung, in : ders., Aufrufe. S . 3-43 . 57 Ebd. , S . 12 . 58 P . Natorp , Deutsche r Weltberuf . Geschichtsphilosophische Richtlinien , Bd . 2 : Die Seele des Deutschen, Jena 1918 , S. 36 . 59 Fischer , Griff, S . 179 . Vgl. hierz u auch H. Gerstenberger, Der revolutionäre Konservatis mus. Ein Beitrag zur Analyse des Liberalismus, Berlin 1969 , bes. S. 1 6 ff; H . Lübbe, Politische Philosophie in Deutschland. München 1974 , bes. S. 171-235 ; K. v. See, Die Ideen von 1789 und die Ideen von 1914. Völkisches Denken in Deutschland zwischen Französischer Revolution und Erstem Weltkrieg, Frankfur t 1975 .
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Anmerkungen z u Seit e 21-2 3 60 S o z . B. L . Bergsträsser , Di e diplomatische n Kämpf e vo r de m Kriegsausbruch , Berli n 1915, S . lff ; ders. . Di e diplomatische n Kämpf e vo r Kriegsausbruch . Ein e kritische Studi e aufgrund de r offizielle n Veröffentlichunge n alle r beteiligte n Staaten , in : HZ , Bd . 114 , 1915 , S. 489-592 , bes . S. 49 3 ff. Zu r Haltung Bergsträsser s im Erste n Weltkrieg vgl . E . Fehrenbach, Ludwig Bergsträsser , in : Wehler , Historiker , Bd . 7 , S . 101-117 , bes. S. 106 . 61 F . Meinecke, Kultur, Machtpoliti k un d Militarismus, in : O. Hintze u.a. (Hg.) , Deutsch land und der Weltkrieg, Leipzi g 1915 , S. 617-643 , hie r S . 633 . Zur Geschichtswissenschaft i n der Zei t vo n 191 4 bi s 191 8 vgl . E . Fehrenbach , Rankerenaissanc e un d Imperialismu s i n de r wilhelminischen Zeit , in : Faulenbach , Geschichtswissenschaft , S . 54-65 ; I. Geiss, Kritische r Rückblick au f Friedric h Meinecke , in : ders. , Studien , S . 89-107 ; F . Klein , Di e deutsche n Historiker i m Erste n Weltkrieg , in : Streisand , Studien , Bd . 2 , S . 227-248 ; H . H . Krill , Di e Rankerenaissance - Ma x Len z un d Eric h Marcks . Ei n Beitra g zu m historisch-politische n Denken i n Deutschlan d 1880-1935 , Berli n 1962 ; G. Schmidt , Deutsche r Historismu s un d der Übergang zu r parlamentarischen Demokratie . Untersuchunge n z u den politischen Gedanke n von Meinecke, Troeltsch , Ma x Weber , Lübec k 1964 ; A. Thimme , Hans Delbrück al s Kritiker der Wilhelminischen Epoche , Düsseldor f 1955. 62 S o H. Oncken, Die Vorgeschichte des Krieges, in: Hintze, Deutschland, S . 463-535 , hier S. 465 . 63 Ebd. , S . 493 . Vgl . auc h ders. , De r Ausbruc h de s Krieges , in : Hintze , Deutschland , S. 536-564 . 64 E . Matthias, Der Rat der Volksbeauftragten. Z u Ausgangsbasis und Handlungsspielrau m der Revolutionsregierung , in : E. Kol b (Hg.), Vo m Kaiserreic h zu r Weimarer Republik, Köl n 1972, S. 103-119 , hier S 116 . 65 Daz u Baumgart, Zeitalter, S . 7ff. ; Geiss , Julikrise. Bd . 1 , S. 30ff. ; Schraepler, Forschung , S. 34 2 f. 66 Vgl . Miller , Bürde . S. 202f . 67 Vgl . Baumgart , Zeitalter. S . 7ff. ; Geiss.Julikrise . Bd . 1 , S. 30f. ; Miller , Bürde , S. 193ff ; Schraepler, Forschung , S . 324f . 68 Vgl. : Bayerische Dokumente zum Kriegsausbruch un d zum Versailler Schuldspruch. Im Auftrage de s Bayerische n Landtage s hg . v . Abgeordnete n P . Dirr , Münche n 1922 , Nr . 22 . S. 46 . 69 Vgl . ebd. . S . 3-16 . Au f di e Motiv e un d Erwartunge n Eisner s geh t vo r alle m ein : F . lusner, Kur t Eisner : Die Politik des libertären Sozialismus, Frankfur t 1979 , S. 114 . 70 K . Eisner , Sozialismu s al s Aktion . Ausgewählt e Aufsätz e un d Reden , hg . v . F . Eisner , Frankfurt 1975 , S. 135 . 71 Vgl . ders. . Die neue Zeit , Münche n 1919 , S . 46ff. ; ders. , Di e neue Zeit. Zweit e Folge . München 1919 , S. 12-46 , bes. S. 3 2 f. Daz u Eisner, Kurt Eisner , S . 114ff; F. Wiesemann , Kurt Eisner. Studi e zu seiner politische n Biographie , in : K . Bos l (Hg.), Bayer n i m Umbruch . Di e Revolution vo n 1918 , ihr e Voraussetzungen , ih r Verlau f un d ihr e Folgen , Münche n 1969 , S. 387-426 . bes. S. 410 . 72 Eisner , Kur t Eisner . S. 113 . 73 Eisner , Zeit . S . 5 . 74 F . Fechenbach, Der Revolutionär Kur t Eisner. Au s persönlichen Erlebnissen , Berli n 1929, S. 43 . 75 Di e Friedensbemühunge n Eisner s un d de r Münchene r Räterepubli k gegenübe r Frank reich sin d i n jüngste r Zei t ausführlic h dargestell t un d analysier t worde n vo n H . Köhler , Novemberrevolution un d Frankreich. Di e französische Deutschland-Politi k 1918-1919 , Düs seldorf 1980, S. 93-105 . Zu den diplomatischen Kontakte n Eisners mit den Vereinigten Staaten vgl. A . Mitchell, Revolution in Bayern 1918/1919 . Die Eisner-Regierung un d die Räterepublik, München 1967 , S . 109-123 . Di e diplomatisch e Korresponden z Eisner s mi t de m Auslan d is t dokumentiert in: Bayerische Dokumente, S . 25-50 . Vgl. auch Eisner, Kurt Eisner, S. 113ff ;F . 217 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 23-26 Schade, Kur t Eisne r un d di e bayerisch e Sozialdemokratie , Hannove r 1961 , S . 69ff. ; Wiese mann, Eisner, S . 40 8 ff. 76 Eisner , Zeit, S . 11 . 77 Ders. , Zeit. Zweite Folge, S . 31. 78 Bayerisch e Dokumente, Nr . 22 , S. 46. 79 Eisner , Zeit. Zweite Folge, S . 35 . 80 K . Kautsky , Wi e de r Weltkrie g entstand . Dargestell t nac h de m Aktenmateria l de s Deutschen Auswärtigen Amts , Berlin 1919 , S. 7 . 81 Ebd. , S . 7 . Wen n Kautsk y sic h währen d seine r Tätigkei t i m Auswärtige n Am t fas t ausschließlich au f di e Herausgab e de r deutsche n Vorkriegsakte n konzentrierte , la g da s z u gewichtigen Teile n auc h daran , da ß di e leitende n Beamte n de s Außenministeriums , insbe sondere Staatssekretä r Solf , ih n allmählic h vo n seine r eigentliche n Aufgab e de r Kontroll e der Auswärtige n Politi k abgeschnitte n hatten . Vgl . daz u u.a . W . Eiben , Da s Proble m de r Kontinuität i n de r deutsche n Revolution . Di e Politi k de r Staatssekretär e un d de r militäri schen Führun g vo m Novembe r 191 8 bis Februa r 1919 , Düsseldor f 1965 , S . 111f. ; E . Mat thias, Zwische n Räte n un d Geheimräten . Di e deutsche Revolutionsregierun g 1918/19 . Düs seldorf 1970 , S . 6 1 ff; D . W . Morgan , Th e Socialis t Lef t an d th e Germa n Revolution . A History o f th e Germa n Independen t Socia l Democrati e Party , 1917-1922 , Ithac a 1975 , S. 14 3 ff. 82 Vgl . Kautsky , Weltkrieg , S . 7ff ; Matthias , Räte , S . 6 1 ff. Gusta v Maye r ha t i n seine n Erinnerungen ausführlic h übe r sein e Beziehunge n z u Kautsk y un d übe r sein e Tätigkei t i m Auswärtigen Am t berichtet . Vgl . G . Mayer , Erinnerungen . Vo m Journalisten zu m Histori ker der deutschen Arbeiterbewegung, Münche n 1949 , S. 309ff . 83 K . Kautsky . Delbrüc k un d Wilhel m II. Ein Nachwor t z u meine m Kriegsbuch , Berli n 1920, S. 37 . 84 Mayer , Erinnerungen , S . 313. 85 Ebd.,S . 312 . 86 Kautsky , Delbrück , S . 37 . 87 Mayer , Erinnerungen , S . 313 . 88 Kautsky , Weltkrieg , S . 8 . 89 Vgl . ebd.. S. 8f . 90 Vgl . Dickmann , Kriegsschuldfrage . S . 6 1 ff; Krüger , Deutschland . S . 41-51 ; Miller , Bürde, S . 188ff , 274ff. ; U . Wengst , Gra f Brockdorff-Rantzau un d di e außenpolitischen An fänge de r Weimare r Republik , Ber n 1973 , S . 3 1 ff.; Heinemann , Niederlage , S . 29ff . Zu r Position Krüger s vgl. kritisc h Schwabe, Versailles, S . 45 1 ff. 91 Daz u Krüger, Deutschland, S . 4 6 ff. 92 Vgl . H . Michaeli s u . E . Schraeple r (Hg.) , Ursache n un d Folgen . Vo m deutsche n Zu sammenbruch 191 8 un d 194 5 bi s zu r staatliche n Neuordnun g Deutschland s i n de r Gegen wart. Ein e Urkunden - un d Dokumentensammlun g zu r Zeitgeschichte , Bd . 3 : De r We g i n die Weimarer Republik , Berli n o.J., Nr . 706 , S. 33lf . 93 Ebd.S . 331 . 94 Ebd.,S . 33 1 f. 95 Ebd. , Nr . 706a , S . 332 . 96 Vgl . Krüger , Deutschland, S . 4 7 f. 97 Schade , Eisner , S . 68 . Vgl . auc h Miller , Bürde , S . 276f : »De r Fehlschla g vo n Eisner s außenpolitischen Bemühunge n sprac h fü r di e Gleichgültigkei t de r Alliierte n gegenübe r de r politischen Haltung des unterlegenen Feindes. « 98 Krüger , Deutschland, S . 47. 99 Bayerisch e Dokumente, Nr . 7 . S. 60 , vgl. auc h S. 51-65 . 100 Vgl . Geiss , Julikrise, Bd . 1 , S. 3 1 sowie Heinentann, Niederlage , S . 35f . 101 Vgl . Giess , Julikrise. Bd . 1 . S. 3 1 f.; Possony , Bewältigung, S . 156ff .
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Anmerkungen z u Seit e 26-3 0 102 Vgl . Da s Kabinet t Scheidemann . 13 . Februa r bi s 20 . Juni 1919 , hg . v . H . Schulze , Boppard 1971 , Nr. 38 , S. l46f. ; sowie Wengst , Brockdorff-Rantzau, S . 33f. “ 103 Ebd.,S . 33f . 104 Vgl . ebd.,S . 34 . 105 Vgl . Kabinet t Scheidemann, S . 146f . 106 Zit . nach Wengst , Brockdorff-Rantzau, S . 33 . 107 Ein e ausführliche Darstellun g de r Diskussion übe r den Staatsgerichtshof findet sic h bei Heinemann, Niederlage , S . 22ff . Vgl . auc h Dickmann, Kriegsschuldfrage, S . 69-71 . 108 Daz u Geiss,Julikrise, Bd . 1 , S. 32 . 109 Vgl . ebd.,S . 32 . 110 Di e Deutschen Dokument e zu m Kriegsausbruc h 1914 . Vollständig e Sammlun g de r v. K. Kautsky zusammengestellte n amtliche n Schriftstücke mi t einigen Ergänzungen. I m Auftrage de s Auswärtige n Amte s nac h gemeinsame r Durchsich t mi t K . Kautsky , hg . v . Gra f M . Montgelasu. W . Schücking, 4 Bde., Charlottenburg 1919 , hier zit. nach der zweiten Auflage v . 1922. Vgl. daz u bes. Graf M. Montgelas u. W. Schücking , Vorbemerkungen , in : ebd., Bd . 1 , S. IX-XV. Di e Entstehun g un d Geschicht e diese s Aktenwerke s werde n ausführlic h dargestell t von Heinemann, Niederlage , S . 74—78. 111 Montgela s u. Schücking, Vorbemerkungen , S . X. 112 Vgl . Deutsch e Dokument e sowi e Baumgart , Zeitalter , S . 16 . Allerding s versuchte n Montgelas und Schücking i n ihrer Einleitung zu dem Dokumentenwerk dies e für Deutschlan d ungünstige Interpretatio n zumindes t zu relativieren. Daz u Heinemann, Niederlage , S . 76 . 113 W . J. Mommsen, Ein Liberaler in der Grenzsituation, in : ders., Max Weber. Gesellschaft , Politik und Geschichte, Frankfur t 1974 , S. 21-43 , hier S. 21. 114 Vgl . ders. , Di e antinomisch e Struktu r de s politische n Denken s Ma x Webers , in : HZ , Bd. 233 , 1981 . S. 33-64 . 115 Ders. , Liberaler , S . 40 . Daz u M . Weber , Politik al s Beruf, in : ders.. Gesammelte politi sche Schriften, hg . v.J . Winekelmann, Tübinge n 1971 3 S . 505-560 , bes . S. 551-559 . 116 Vgl . Mommsen , Weber, S . 335-35 6 sowie Dickmann, Kriegsschuldfrage, S . 65ff . 117 Weber , Politik, S . 549. 118 Ebd. , S . 549 . 119 Ebd. , S . 549 . 120 Ebd. , S . 549 . 121 Ebd. , S . 549 . 122 Ders. , Zu m Them a de r Kriegsschuld , in : ders., Politisch e Schriften , S . 448-497 , hie r S. 489 . 123 Brie f an Delbrück vo m 8. 10 . 1919 . zit. nac h Mommsen, Weber. S. 340 . 124 Weber , Kriegsschuld. S . 491. 125 Ebd. , S . 491 . Vgl. auc h ders.. Politik, S . 549 . 126 Ders. , Kriegsschuld, S . 491. 127 Ebd..S . 489 . 128 Ebd. , S . 491. 129 Daz u R . Piper , Ma x Webe r und Rußland , in : AP, Bd . 6 , 1955 , S. 627-639 , bes . S. 63 4 sowie Mommsen, Weber, S . 338f . 130 Weber , Kriegsschuld, S . 491. 131 Ein e Gesamtdarstellun g de r »Heidelberge r Vereinigung « steh t noc h aus . Einzeln e Aspekte behandel n Albertin , Liberalismus , S . 2l2ff. ; Luckau , Delegation , S . 47ff . Z u de n Gründungsmitgliedern de r »Heidelberge r Vereinigung « gehörte n u.a . Luj o Brentano , Han s Delbrück, Johannes Lepsius, Friedrich Meinecke, Albrecht Mendelssohn-Bartholdy, Gra f Max Montgelas, Walthe r Schücking. Erns t Troeltsch, Mariann e Weber, Han s Wehberg. 132 Alberti» , Liberalismus . S. 213 . 133 Ebd.,S . 213 .
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Anmerkungen z u Seit e 30-34 134 Ebd. , S . 213 . 135 Prin z Ma x vo n Baden , Völkerbun d un d Rechtsfriede , in : PJb , Bd . 175 , 1919 , S . 293 320, hie r S . 310 . Vgl . auc h ebd. . S . 3l9f . Dor t is t di e Erklärun g de r »Heidelberge r Vereini gung« nac h ihrer Gründung abgedruckt . 136 Ebd. , S . 319 . 137 Vgl . M . Weher , Di e Untersuchun g de r Schuldfrage , in : ders. , Politisch e Schiften . S. 503 f Daz u Albertin, Liberalismus, S . 2l3f ; .MOMMSEN , Weber, S . 33 9 ff.; Dickmann , Kriegsschuldfrage, S . 7 1 f. 138 Vgl . ebd. , S . 75f. ; Mommsen , Weber , S . 340ff ; Mar . Weber , Max Weber . Ei n Lebensbild. Heidelberg 1950 , S. 69 8 ff 139 Dickmann , Kriegsschuldfrage, S . 83 . Zur Strategie Brockdorff-Rantzaus au f der Pariser Friedenskonferenz vgl . u.a . ebd. , S . 76ff ; Heinemann , Niederlage , S . 35ff. ; Schwengler , Völ kerrecht, S . 175ff. ; G . Schuh , Revolutio n un d Friedensschlüss e 1917-1920 , Münche n 1969 2-, S. 21 1 ff; Wengst , Brockdorff-Rantzau . 140 Vgl . Dickmatm , Kriegsschuldfrage, S . 84ff. ; Schulz , Revolutionen. S . 222f f 141 Daz u Dickmann, Kriegsschuldfrage, S . 86f . 142 Bemerkunge n zu m Bericht der Kommission der alliierten und assoziierten Regierunge n über die Verantwortlichkeit de r Urhebe r des Krieges (sog. »Professorendenkschrift«) , in : Das deutsche Weißbuch über die Schuld am Kriege mit der Denkschrift de r deutschen Viererkom mission zu m Schuldberich t de r alliierte n un d assoziierte n Mächte . Autorisiert e Ausgabe . I m Auftrage de s Auswärtige n Amtes . Charlottenbur g 1919 , S . 56-68 . Abgedruck t in : Weber . Politische Schriften . S . 571-586 . Zit . nac h ebd. , hie r S . 581 ; vgl . daz u Mommsen , Weber . S. 34 2 f. 143 »Professorendenkschrift« , S . 579 . 144 Di e Gegenvorschläge der Deutschen Regierung zu den Friedensbedingungen. Vollstän diger amtlicher Text, Berli n 1919 , hier S. 11 . Dazu Dickmann, Kriegsschuldfrage, S . 90f . 145 Vgl . Gegenvorschläge. S . 11f.,81ff . 146 Mantelnot e un d Denkschrif t sin d abgedruck t u.a . in : Paper s Relatin g t o th e Foreig n Relations o f th e Unite d States . Th e Pari s Peac e Conference s 1919 . Bd . 6 , Ne w Yor k 1969 . S. 926ff . Vgl . auch F. Herber (Hg.). Das Diktat von Versailles. Entstehung-Inhalt-Zerfall . Ein e Darstellung in Dokumenten. 2 Bde.. Esse n 1939 . hier Bd . 1 , Nr. 27 . S. 69-76 . 147 Ebd. . Nr . 27 , S. 69. 148 Schueabe . Versailles. S . 451. 149 Vgl . Dickmann , Kriegsschuldtrage . S . 92ff ; A . Thimmie , Fluch t i n de n Mythos . Di e Deutschnationale Volksparte i un d di e Niederlag e vo n 1918 , Göttinge n 1969 , S . 89ff. ; Fisch . Krieg, S . 208f . 150 A . Hillgruber, Unter dem Schatten von Versailles-die außenpolitischen Belastunge n der Weimarer Republik : Realitä t un d Perzeptio n be i de n Deutscheu , in : K . D . Erdman n u . H . Schuhe (Hg.), Weimar . Selbstpreisgab e einer Demokratie. Eine Bilanz heute, Düsseldorf 1980. S. 51-67 . hier S. 57 . Dazu auch Köhler, Novemberrevolution, bes . S. 270f f Zu r Debatte über die Annahm e de s Friedensvertrages i n der Nationalversammlun g vgl . u.a . K . Buchheini . Di e Weimarer Republik . Da s Deutsche Reich ohne Kaiser, Münche n 1970 3, bes. S. 23ff. ; Erdmann, Zeit, S. 209f ; H. Herzfeld, Die Weimarer Republik, Frankfur t 1980» . bes. S. 3 8 ff; A . Schinkel, Die Nationalversammlun g vo n Weimar . Personen . Ziele . Illusione n vo r fünfzi g Jahren , in : APUZ. B 6/69. 8. Februa r 1969 , S. 3-24 . bes . S. 22ff. ; Schulz, Revolutionen, S . 225ff . 151 Hillgruber , Schatten . S . 57 . Vgl. auc h Herz feld. Weimarer Republik , S . 36f .
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Anmerkungen z u Seit e 35-3 6 2. Di e Ktiutsky-Kontroi'erse 1 Zu r deutschen Reaktio n au f das Bekanntwerden de r Friedensbedingungen vgl . u . a. Herzfeld, Weimare r Republik , S . 36ff. ; Hillgruber , Schatten , S . 57f. ; H . Holborn , Deutsch e Ge schichte in der Neuzeit, Bd . 3 : Das Zeitalter des Imperialismus (1871 bis 1945), München 1971, bes. S. 34 5 ff.; P . Krüger, Die Reparationen un d das Scheitern einer deutschen Verständigungspolitik au f der Parise r Friedenskonferen z i m Jahre 1919 , in : HZ , Bd . 221 , 1975 , S . 326-372 , bes. S . 326ff. ; Schulz , Revolutionen , S . 203 , 2l9f f Kar l Kautsk y ha t sic h i n zahlreiche n Schriften mi t dem Versailler Frieden und besonders mit der Schuldproblematik auseinanderge setzt. Vgl . u.a . K . Kautsky , Di e Friedensbedingungen , in : Annehme n ode r Ablehnen ? Di e Unabhängige Sozialdemokrati e un d de r Friede , Berli n 1919 , S . 3-12 ; ders. , Weltkrieg ; ders. , Delbrück. Di e Haltung de r USP D zum Friedensvertra g behandel t ausführlic h Miller , Bürde , S. 27 8 ff. 2 A n dieser Stelle sei lediglich au f solche Arbeiten verwiesen, di e sich ausschließlich mi t den Thesen Kautskv s beschäftigen: Vgl . H . Delbrück, Die Kautsky-Papiere, in : PJ, Bd . 179 , 1920, S. 71-100 ; ders'. , Kautsk y un d Harden , in : PJ , Bd . 180 , 1920 , S . 290-292 ; F . Freks a (Hg.) . Menschliche Rechtfertigun g Wilhelm s II. Nach seine n Randbemerkunge n i n de n Akte n de s Auswärtigen Amtes , Münche n 1920 ; H. F . Hehnolt , Kautsky , de r Historiker. Da s Grünbuch Karl Kautsky s »Wi e de r Weltkrie g entstand « i m Licht e de r Kautsky-Akten . Ein e kritisch e Untersuchung, Charlottenbur g 1920 ; Gra f M . Montgelas , Glosse n zu m Kautsky-Buch . Mi t einem Anhang : Di e Französisch-Russische Militärkonvention , Charlottenbur g 1920 ; D. Schäfer, Di e Schul d a m Kriege , Charlottenbur g 1919 ; Th. Schienmnn , Deutschland s un d Kaise r Wilhelms Schul d a m Ausbruc h de s Weltkrieges . Ein e Entgegnun g a n Kar l Kautsky , Berli n 1921. 3 Daz u Miller, Bürde . S. 28 6 f. Kautsky s Kritik an der Imperialismusanalyse und der Kriegstheorie Lenin s behandeln u.a . W . Wette . Kriegstheorien deutsche r Sozialisten . Marx , Engels , Lassalle, Bernstein , Kautsky , Luxemburg . Ei n Beitrag zu r Friedensforschung, Stuttgar t 1971, S. 145-170 ; R. Knuts , Die Imperialismusdebatte zwischen Vladimi r 1 . Lenin und Karl Kautsky. Eine vergleichend e Analys e ihre r Theorien , Frankfur t 1978 ; P. Lübb e (Hg.), Kautsk y gege n Lenin. Berli n 1981. 4 Kautsky , Weltkrieg . S . 1 1. Auszüge au s dieser Arbei t gelangte n scho n End e Novembe r 1919 zunächst in britische (»The Times« vo m 26. und 27. November) . dan n auch in niederländische Zeitunge n (»Nieuw e Rotterdamsch e Courant « vo m 29 . November) . Vgl . Vossisch e Zeit.. Nr . 60 5 vom 27. 11 . 1919 und Deutsche Tageszeit, vo m 29. 11 . 1919 (Abendausgabe). Kautsky ha t die vorzeitige Veröffentlichun g wichtige r Teil e seiner Schrift hefti g kritisier t und als eigenmächtiges Vorgehe n seine r englischen Vertragspartne r dargestellt ; gleichzeiti g ha t er dem Auswärtige n Am t ein e gewiss e Mitverantwortun g zugesprochen , d a es die fü r Anfan g Oktober angekündigt e Veröffentlichun g de r »Deutsche n Dokumente « hinausgezöger t habe . Vgl. dazu : Berline r Börsenzeit . Nr . 558 . 6. 12 . 1919 . Angabe n nac h Heinemann , Niederlage . S.77 ff . 5 Kautsky , Weltkrieg, S . 10 . Dies bedeutete für ihn jedoch nicht, daß seine Interpretation der Ursachen de s Weltkriege s di e einzi g möglich e un d richtig e sei . Ausdrücklic h räumt e e r di e Möglichkeit ein . da ß das zur Verfügun g stehend e Quellenmaterial auc h anders gedeutet wer den könne. Denn keine Sprache sei »zweideutiger und mehr auf das Lesen zwischen den Zeilen berechnet, kein e mannigfacherer Deutun g fähiger als die der Diplomaten, mi t denen wir es hier fast ausschließlic h z u tun haben« . Vgl . ebd. , S . 11 . Zum Wissenschaftsverständni s Kautsky s vgl. W . Holzheuer, Kar l Kautskys Werk als Weltanschauung. Beitra g zur Ideologie der Sozialdemokratie vor dem Ersten Weltkrieg, Münche n 1972 , S. 70-74 ; H.-J Steinberg , Karl Kautsky und Eduard Bernstein, in : Wehler , Historiker, Bd . 4 , S. 53-64 . 6 Kautsky . Weltkrieg. S . 13 . 7 Vgl . ebd., S . 13 f Zu r Imperialismusanalyse Lenin s und seiner Deutung de s Ersten Welt-
221 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seite 36-3 9 krieges vgl. A. G. Meyer, Lenins Imperialismustheorie, in: H.-U. Wehler(Hg.), Imperialismus, Köln 1972 , S. 123-154 ; Schieder, Erster Weltkrieg, Sp . 837-860; Schlarp, Ursachen. S . 13-23 . 8 Kautsky , Delbrück, S . 37. 9 Vgl . ders., Weltkrieg, S . 166. 10 Ebd. , S. 120 . Dazu auch ebd., S. 166. 11 Vgl . ebd., S. 125. 12 Vgl . Wette , Kricgstheonen , S . 155-159 , l96f . Zu r Imperialismustheorie Kautsky s vgl . auchj. H . Kautsky,}. A. Schumpeter and Karl Kautsky : Paralle l Theorie s of Imperialism, in: Midwestjourn. of Pol. Science, Bd. 5, 1961, S. 101-128 . Einen Überblick über die wichtigsten sozialistischen Imperialismusdeutunge n vermittel t H . Ch . Schröder , Sozialistisch e Imperialis musdeutungen. Studie n zu ihrer Geschichte, Göttinge n 1973. 13 Kautsky , Weltkrieg, S . 21. 14 Vgl . ebd., S. 31 . 15 Ebd. , S. 33. 16 Ebd. , S. 17. 17 Vgl . ebd., S. 33. 18 Ebd.,S . 179 . 19 Vgl . ebd., S. l79f . 20 Ders. , Delbrück, S . 54 . Vgl. auch ebd., S. 52-55. 21 Dm. , Weltkrieg, S . 172. 22 Vgl . ebd., S. 17 1 f. 23 Daz u J. J . Becker, Deutsche r Sozialismu s un d das Problem de s Krieges 1914-1918 . Ein Beitrag zu r Geschichte des politischen Denken s in Deutschland, phil . Diss . Heidelber g 1957 , S. 172-190 . Vgl. auch D. Groh, Die Sozialdemokratie im Verfassungssystem de s 2. Reiches, in: H. Mommsen (Hg.), Sozialdemokrati e zwischen Klassenbewegung un d Volkspartei, Frankfur t 1974, S. 62-83 , bes. S. 69 . Kennzeichnend für das Denken und Handeln Kautskys wie für weite Teile de r Sozialdemokratie wa r ein Dualismus vo n praktischem Reformismu s un d theoretischem Dogmatismus . Vgl . dazu ders., Negativ e Integratio n un d revolutionärer Attentismus . Die deutsch e Sozialdemokrati e a m Voraben d de s Erste n Weltkrieges , Frankfur t 1974 ; E. Matthias, Kautsk y un d de r Kautskyanismus . Di e Funktio n de r Ideologi e i n de r deutsche n Sozialdemokratie vo r dem Ersten Weltkrieg , in : I. h'etscher (Hg.), Marxismus-Studien , Lid . 2, Tübingen 1957 , S. 151-197 ; H.-J. Steinberg, Sozialismu s und deutsche Sozialdemokratie. Zu r Ideologie der Partei vo r dem Ersten Weltkrieg . Hannove r 1969 2; C. Schorske , Gcrman Sona l Dcmocracv 1905-1917 . Th e Development oftheGreat Schism , Cambndge/Mass. 1955 ; 11. A. Winkler, Di e Sozialdemokratie un d die Revolution vo n 1918/19. Ei n Rückblick nac h sechzi g Jahren, Berli n 1979 , S. 5 1 ff. 24 Vgl . D. Grosser, Vom monarchischen Konstitutionalismu s zur parlamentarischen Demokratie. Di e Verfassungspolitik de r deutschen Parteie n i m letzten Jahrzehnt de s Kaiserreiches, Den Haa g 1970 , S . 33f. ; Winkler , Sozialdemokratie , S . 54. Daz u ferne r H . Schuhe , Da s Geschichtsbewußtsein de r Sozialdemokratische n Parte i Deutschlands , in : O . Hause r (Hg.) , Geschichte und Geschichtsbewußtsein. 1 9 Vorträge, Göttinge n 1981 , S. 183-192 . 25 Vgl . Wette , Kriegstheorien, S . 197. 26 Vgl . die in Anm. 2 dieses Kapitels genannte Literatur. 27 Au f diesen sozialpsychologische n Aspek t de s deutschen Kampfe s gege n di e Versaille r »Schuldlüge« ha t besonders Pete r Krüge r aufmerksa m gemacht . Daz u Krüger , Deutschland , S. 50. 28 Vgl . u.a. Delbrück , Kautsky-Papiere , S . 97; Freksa, Rechtfertigung, S . 2 , 7ff; Hehnolt , Kautskv, S . 15 ; Montçelas, Glossen, S. 42. 29 Freksa , Rechtfertigung, S . 7. 30 Ebd.,S . 9 . 31 Beispielhaf t fü r dies e Positio n vgl . E . Meye r (Hg.) , Fü r Ehre , Wahrhei t un d Recht . 222 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 39-44 Erklärung deutsche r Hochschullehre r zu r Auslieferungsfrage , Berli n 1919 . Dazu Schwengler , Völkerrecht, S . 28 1 ff. 32 Meyer , Ehre , S. 7 . 33 Ebd.,S . 3 . 34 Kautsk y selbst hat in seiner Replik auf die Kritik Delbrücks diesen Gegensatz herausgearbeitet: vgl. Kautsky , Delbrück, S . 3 1 ff, 38ff. 35 Delbrück , Kautsky-Papiere, S . 98. 36 Helmolt , Kautsky, S . 103 . 37 EbcL.S . 21,24 . 38 Delbrück , Kautsky-Papiere, S . 72 . 39 Vgl . ebd. , S . 72ff. , 77ff . 40 Ebd.,S . 81. 41 Daz u oben, S . 20. 42 Schäfer , Schuld , S . 59 . 43 Vgl . u. a. Delbrück, Kautsky-Papiere, S . 93 ; Freksa, Rechtfertigung, S . 47 , 55ff.; Helmolt, Kautsky, S . lO9ff ; Montgelas , Glossen , S . 35 . Noc h i m Somme r 191 8 hatt e Montgela s di e These vertreten, da ß Deutschland ein gewichtiges Maß an Schuld für den Kriegsausbruch 1914 trage: »De r am 5. Juli beschlossene Präventivkrieg wa r schon im September 191 4 zum Eroberungskrieg geworden. « Zit . nac h Fischer, Krieg , S . 667 . Zu r Biographie vo n Montgelas , de r sich zeitweise zum Pazifismus bekann t hatte, vgl. H . Schueler, Auf der Flucht erschossen. Feli x Fechenbach 1894-1933 , Köln 1981 , S. l57f . 44 Vgl . Delbrück , Kautsky-Papiere, S . 98 . Dazu Thimme , Delbrück, S . 116-138 . 45 Delbrück , Kautsky-Papiere, S . 100 . 46 Vgl . Schiemann , Deutschlands Schuld, S . 13f. , 20f. , 28 . Dazu K. Meyer, Theodor Schicmaiin als politischer Publizist, Frankfur t 1956 , S. 176-191 . 47 Schiemann , Deutschlands Schuld, S . 29 . 48 Ebd. , S . 96 . Vgl . Freksa , Rechtfertigung . Z u de n Motive n Schiemann s vgl . Meyer , Schiemann, S . 245-266 . 49 Delbrück , Kautsky-Papiere , S . 96 . Vgl . auc h Freksa, Rechtfertigung , S . 10-15 . Die Einstellung Delbrückszur Monarchie und zu Wilhelm II. behandelt ausführlich K . Topner , Gelehrte Politiker un d politisierend e Gelehrte . Di e Revolution vo n 191 8 im Urtei l deutsche r Hoch schullehrer, Göttinge n 1970 , S. 125-141 . 50 R . Wol(f , Di e Deutsche Regierun g un d der Kriegsausbruch . Ein e Darstellung aufgrun d der amtlichen deutschen Vorkriegsakten , Berli n 1919. 51 Ebd.,S . 4 . 52 Vgl . ebd. , S . òtï . 53 Vgl . ebd., S . 64 . 54 Daz u unten, S . llOfï . 55 Vgl . Miller , Bürde , S. 286 . 56 Kautsky , Delbrück , S . 51. 57 Vgl . unten , S.94f . II. Schuldforschung und Revisionspolitik Í9I9-Ì93 9 í. Unschuldsthesen , Revisionismus und nationale Traditionsbewahrun g 1 M . Salewski , Da s Weimare r Revisionssyndrom , in : APUZ , B 2/80 , 12 . Januar 1980 , S. 14-25 , hie r S . 19 . Vgl. auc h Hillgruber , Schatten ; H . Schulze , Weimar. Deutschlan d 1917— 1933, Berli n 1982 , S . 20 1 ñ.; A . Thimme , Flucht in den Mythos. Die Deutschnationale Volks partei und die Niederlage von 1918 , Göttingen 1969 , S. 89ff . 223 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen zu Seit e 45-4 6 2 Vgl . u.a . Geiss , Kriegsschuldfrage ; den. , Kriegsschuldreferat ; Heinentatin , Niederlage ; Wittgens, Campaign. 3 Daz u exemplarisc h P . Herre . Kriegsschuldfrag e un d Geschichtswissenschaft , in : BM , Bd. 7 , 1929 , S . 109-122 . Grundlegen d fü r di e Interpretation de r deutschen Geschicht e in der Weimarer Zeit ist die Arbeit von haulenbach, Ideologie. Vgl . bes . ebd., S . 16-34 . 4 Vgl . Salewshi , Rcvisionssyndro m sowi e hauletibach , Ideologie . I n jüngster Zei t ha t sic h besonders di e Politikwissenschaf t intensi v mi t de r Geschicht e de r »politische n Kultur « i n Deutschland beschäftigt. Vgl . z. B. P. Reichet, Politisch e Kultur der Bundesrepublik, Oplade n 1981. Zu r neueren Diskussio n übe r den Begrif f »politisch e Kultur « vgl . u.a . ebd. , S . 18-58 ; ders.. Politisch e Kultu r - meh r al s ein Schlagwort ? Anmerkunge n z u einem Gegenstan d un d fragwürdigen Begriff , in : PVS , Bd . 21 , 1980 . S . 382-399 ; der). . Politisch e Kuítur . Zu r Ge schichte eines Problems und zur Popularisierung eines Begriffs, in: APUZ, B 42/82, 23. Okto ber 1982 , S. 13-26 . 5 Vgl . H. A.Jacobsen , Zur Kontinuität und Diskontinuität in der deutschen Außenpolitik im 20. Jahrhundert, in : ders. . Vo n de r Strategi e de r Gewal t zu r Politi k de r Friedenssicherung . Beiträge zu r deutschen Geschicht e im 20 . Jahrhundert, Düsseldor f 1977 , S . 9-32 , hie r S. 21; W. MiilíViowski, Der Widerstreit von Tradition und Doktrin in der deutschen Außenpolitik von der Revisionspolitik zu r einseitigen Liquidatio n de s Vertrages von Versailles 1932-1936 . Diss. Hamburg 1956 . Die neuere Literatur zu diesem Problemkrei s ist ausführlich dargestell t be i K. Hildebrand, Das Dritte Reich, München 1979 . bes. S. 168ff. , 209ff.; ders., Deutsche Außenpolitik 1933-1945 . Kalkül oder Dogma-, Stuttgar t 1980 4, bes. S. 183-206 . 6 Zit . nac h K . D . Bracher , Stufe n de r Machtergreifung, Frankfur t 1974 , S . 422 . Vgl . auc h K.-í. Flessau . Schul e der Diktatur . Lehrplän e un d Schulbüche r de s Nationalsozialismus . Mi t einem Vorwor t v . H.-J. Gamm, Frankfurt 1979 , S. 106ff . 7 Dies e Rede ist auszugsweise abgedruckt be i Berber, Diktat, Bd . 2 , Nr. 461 . S. 123o f a) Di e Katnpagne des Auswärtigen Anites 1 Zu r »Unschuldskatnpagne « de s Auswärtigen Amte s entstanden i m Gefolg e de r Fischer Kontroverse zahlreich e Untersuchungen . Vgl . u.a . Geiss , Kriegsschuldfrage ; ders. , Kricgs schuldrefer: it; Heinetnann, Niederlage; Wittgens , Campaign;}. Richter. Kriegsschuld und Nationalst))/. Politi k zwische n Mytho s un d Realität . Tübinge n 1972 . Au s marxistischer Sich t vgl . u.a. W . Gutsthe , Di e Entwicklun g de r Geschichtsschreibun g zu r Knegsziclpoliti k de s deut schen Imperialismus i m Erste n Weltkrieg, in : Deutschland im Erste n Weltkrieg, hg . v . Autorenkollektiv unte r de r Gesamtleitun g v . F . Klein , 3 Bde. , Berli n 1968-1969 . hie r Bd . 2 : 2. Januar 191 5 bis Oktober 1917 , S . 1-6l , bes . S . 10-27 ; F . Klein , Di e Geschichtsschreibun g über die Entstehung de s Erste n Weltkrieges, in : ebd., Bd . 1 : Vorbereitung, Entfesselun g un d Verlauf des Kriege s bi s End e 1914 , S . 1-59 . bes . S . 16-40 ; A . S . Jerussalimski. De r deutsch e Imperialismus. Geschichte und Gegenwart, Berli n 1968 , S. 305-345 ; W. Ruge, Zur chauvinistischen Propagand a gege n de n Versaille r Vertra g 1919-1929 . in : JbG. Bd . 1 . 1967 , S . 65-106 ; Schleier, Geschichtsschreibung . S . l40ff. ; M . Wolfowitz , Art . '»Arbeitsausschu ß Deutsche r Verbände (ADAV ) 1921-1937« . in : Die bürgerlichen Parteie n i n Deutschland. Handbuc h de r Geschichte der bürgerlichen Parteie n un d anderer bürgerliche r Interessenorganisatione n vo m Vormärz bi s zu m Jahre 1945 , Bd . 1 . Leipzi g 1968 , S . 48-55 . Di e vo r 194 5 veröffentlichte n Arbeiten über das Kriegsschuldreferat, de n Arbeitsausschuß und die Zentralstelle haben apologetischen Charakte r un d sind heute primär als Zeitdokumente zu betrachten. Vgl . W . hrauen dienst, Da s Kriegsschuldreferat de s Auswärtigen Amtes , in: BM, Bd . 15 , 1937 . S. 201-214 ; F. Stieve, Der Kampf gegen die Kriegsschuldlüge von 1922-1928, in: ebd., S. 194-201 ; H. Draeger (Hg.), De r Arbeitsausschuß Deutscher Verbände 1921-1931. Mit einem Vorwort des Präsidenten des Arbeitsausschusses Deutsche r Verbänd e H. Schnee, Berli n 1931 ; ders., Der Arbeitsaus224 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Afimerkutigcn z u Seit e 46-4 8 schuß Deutsche r Verbände , in : BM , Bd . 15 , 1937 , S. 258-271 ; A . Bach , Di e Zentralstelle fü r Erforschung de r Kriegsursachen , in : ebd. , S . 272-282 ; A . v . W'cgerer , Di e Zentralstell e fü r Erforschung de r Kriegsursache n un d di e freie n Schuldfrageorganisationen , in : Di e Liga . Mitt.bl. d . Lig a zum Schutze d. dt. Kultur , Nr . 7/8 , 1921 , S. 9 0 f Di e Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusse s behandel n E . Fisclwr-Baliug , De r Untersuchungsausschu ß für di e Schuldfrage n de s Erste n Weltkrieges , in : Au s Geschicht e un d Politik . F S zu m 70 . Geburtstag vo n Ludwi g Bergstracsser , hg . i m Auftra g d . Kommissio n fü r Geschicht e de s Parlamentarismus un d der politischen Parteie n v . A . Herrmann, Düsseldor f 1954 , S . 117-13 7 sowie Heinemann, Niederlage, S . 155-218 . Fischer-Baling s Darstellun g ist jedoch sehr lückenhaft un d teilweis e seh r beschönigend. Daz u kritisc h Geiss , Kriegsschuldfrage , S . H)4f . sowi e ders., Einleitung , in : H. Kantorowicz , Gutachte n zu r Kriegsschuldfragc 1914 . Au s dem Nachlaß hg . u . eingeleite t v . I. Geiss. Mi t eine m Geleitwor t v . G . Heinemann , Frankfur t 1967 , S. 11-50 . 2 Vgl . Heinemann , Niederlage , S . 37ff. ; Witt$ens , Campaign , S . 16-27 . Di e Leitun g de s Schuldreferates hatte n inne : Bernhar d W . v . Bülo w (1919) , de r später e Gesandt e Freyta g (1919-1921). Prof . Richar d Delbrüc k (1921-1922) , Legationsra t Friedric h Stiev e (1922-19*28)“, Legationsrat Kar l Schwendeman n (1928-1931) , Legationsra t Mund t (1932-1935 ) un d zuletz t Werner Frauendienst . 3 Frauendienít , Kriegsschuldrcferat , S . 205 . Vgl . Heinemann , Niederlage , S . 6Oíf ; Wittgens , Campaign, S . 16-27 . Wittgen s weis t daraufhin , da ß di e Anfang e de s Schuldrcferate s auf grund lückenhaften Material s nicht vollständig z u rekonstruieren seien . 4 Hill$rttber , Schatten , S . 59 . Zur Auseinandersetzung u m die Höhe der deutschen Repara tionsleistungen vgl . H . Rande , Vo n Versaille s bis Lausanne. De r Verlauf der Reparationsver handlungen nac h de m Erste n Weltkrieg , Stuttgar t 1950 ; Erdmann, Zeit , S . 227f f Di e Frage, ob un d inwiewei t di e deutsche n Reparationszahlunge n da s Ausma ß de r wirtschaftliche n Schwierigkeiten Weimar s verstärk t un d dami t zu m Scheiter n de r Republi k beigetrage n ha ben, wir d in der Literatur nach wie vor kontrovers beurteilt. I n der neueren Forschun g besteht jedoch weitgehen d Einigkei t darin , da ß die materielle n Auswirkunge n de s Versailler Vertra ges vo n de n Zeitgenosse n überschätz t worde n seien . Einig e Autore n vertrete n di e Auffas sung, di e deutsche n Zahlunge n hätte n wede r de n Verlau f de r Inflatio n zwische n 191 8 un d 1923 noch de n de r Weltwirtschaftskris e sei t 192 9 maßgeblich bestimmt ; e s bestehe abe r di e Möglichkeit, da ß vo n ihne n ein e prozyklische Wirkun g un d ein gewisse r Verstärkungseffek t ausgegangen sei . Au s de r zeitgenössische n Diskussio n vgl . u.a . E . Salin , Di e deutsche n Tribute. Zwöl f Reden. Berli n 1930 ; H. Schlicht, Da s Ende der Reparationen. Oldenbur g 1931; M. Sering , Di e Weltkris e un d di e Neuordnun g Europas , Berli n 1932 . Zu r gegenwärtige n Auseinandersetzung vgl . z . B. G . Kroll , Vo n de r Weltwirtschaftskris e zu r Staatskonjunktur , Berlin 1958 . Dazu kritisch W . hischer . Die Weimarer Republi k unte r den weltwirtschaftliche n Bedingungen de r Zwischenkriegszeit , in : H . Mommsc u u.a. (Hg.) , Industrielle s Syste m un d politische Entwicklun g i n de r Weimare r Republik , Düsseldor f 1974 , S . 26-50 , bes . S . 4 5 ff. Mit de r Diskussio n übe r di e wirtschaftlichen Folge n de s Versailler Vertrage s beschäftigt sic h E. Wüest . De r Vertra g vo n Versaille s i n Lich t un d Schatte n de r Kritik . Di e Kontrovers e u m seine wirtschaftlichen Auswirkungen , Züric h 1962 . 5 Zit . nach Heinemann, Niederlage, S . 66 , 73. Vgl. Thimme , Flucht. S . 8 9 ff 6 Heinemami , Niederlage, S . 72 . 7 Vgl . ebd., S . 8 8 sowie Salewski, Revisionssyndrom , S . 21. 8 Zit . nach Heinemann, Niederlage, S . 137 . 9 Zit . nac h ebd., S . 136 . Zu Organisationsstruktur un d Praxis des Arbeitsausschusses vgl . ebd., S . 120-126 . 136-151 . Daz u auch Dravger , Arbeitsausschu ß (1931) . Dies e Arbeit enthäl t ein Verzeichni s de r Mitgliedsorganisatione n un d de r Angehörige n de r einzelne n Entschei dungsgremien. Di e Präsidenten de s Arbeitsausschusses ware n Kur t Frhr . vo n Lersner (1921 1924) und Heinrich Schne e (1925-1937). Mit der Geschäftsführung ware n beauftrag t Wilhel m 225 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 48-4 9 von Victsc h (1921-1923) , Wilhel m vo n Schwcinit z (1923-1924 ) un d Han s Draege r (1923 1937). 10 Vgl . Heinemann , Niederlage , S . 126-131 . Ei n vollständige s Verzeichni s de r vo m Ar beitsausschuß bi s 193 1 verbreiteten Büche r un d Schriften finde t sic h bei Draeger , Arbeitsaus schuß (1931) , S . 121-135 . Folgend e Veröffentlichunge n ware n Auftragsarbeite n de s Arbeitsausschusses ode r wurde n vo n ihm herausgegeben : H . E . Barnes, Kriegsschul d un d Deutsch lands Zukunft , Berli n 1930 ; H . Draeger , Anklag e un d Widerlegung . Taschenbuc h zu r Kriegsschuldfrage, Berli n (1928 ) I93(ï 4; H . Lutz , De r We g zu m Kriege , Berli n 1922 ; W . Mommsen, Di e Vorgeschicht e de s Weltkrieges , Berli n 1929 ; W . Schaer , Katechismu s zu r Kriegsschuldfrage, Berli n 1926 ; H . Schne e u . H . Draeger , Zeh n Jahr e Versailles , 3 Bde. , Berlin 1929/30 ; W . Ziegler , Deutschlan d un d di e Schuldfrage , Berli n 1924 ; Unse r gute s Recht! Ein e Übersich t übe r die Schuldfrage, Berli n 1921 . Aus der Füll e der vom Arbeitsaus schuß verbreitete n Publikatione n seie n hie r ebenfalls nu r die wichtigsten genannt : Di e Große Politik de r Europäische n Kabinett e 1871-1914 . Sammlun g de r Diplomatische n Akte n de s Auswärtigen Amtes , i m Auftrag e de s Auswärtige n Amte s hg . v . J. Lepsius , A . Mendels sohn-Bartholdy u . F . Thimme , Berli n (1922-27 ) 1924—27 2; Di e Auswärtig e Politik de s Deutschen Reiche s 1871-1914 . Einzig e vo m Auswärtige n Am t autorisiert e gekürzt e Ausga be der amtlichen Große n Aktenpublikatio n de r Deutschen Reichsregierung , unte r Leitun g v . A. Mendelssohn-Barthold y u . F . Thimm e hg . v . Institu t fü r Auswärtig e Politi k i n Ham burg, Bde . 1—4 , Berli n 1928 ; Österreich-Ungarn s Außenpoliti k vo n de r Bosnische n Kris e 1908 bi s zu m Kriegsausbruc h 1914 . Diplomatisch e Aktenstück e de s österreichisch-ungari schen Ministerium s de s Äußeren , ausgewähl t v . L . Bittne r u.a. , bearb . v . L . Bittne r u . H . Uebersberger, 9 Bde. , Wie n 1930 ; H . E . Barnes , Di e Entstehun g de s Weltkrieges . Ein e Einführung i n da s Kriegsschuldproblem , Stuttgar t 1928 ; A. Biedermann , Ein e offene Wunde . Eine Untersuchun g übe r de n Stan d de r Kriegsschuldfrage . Mi t eine m Vorwor t v . Car l Sc venng, Berli n 1928 ; H . Deibrück , De r Stan d de r Kriegsschuldfrage . Berli n 1925 2; ders., De r Friede vo n Versailles , Berli n 1930 4; G. Demartial , Di e Schul d a m Kriege , di e Vaterlandslieb e und di e Wahrheit , Berli n 1921 ; ders., Di e Mobilmachun g de s Gewissens , Berli n 1926 ; ders., Das Evangeliu m de s Qua i d'Orsay . Berli n 1928 ; A . I'abre-Luce , De r Sieg , Frankfur t 1925 ; S. B . h'ay . De r Ursprun g de s Weltkriegs , 2 Bde., Berli n 1930 ; G. Irantz , Rußlan d au f dem Wege zur Katastrophe . Berli n 1926 ; O. Haintz , Di e Kriegsschuldfrage, Leipzi g 1927;) . Han rath. Di e Kriegsschuldfrag e i n neutrale r Beleuchtung . Mi t eine r Einfuhrun g v . B . Schwert feger, Berli n 1929 ; G . Karo , De r geistig e Krie g gege n Deutschland . Hall e 1926 2; ders. , Grundzüge de r Kriegsschuldfrage , Hall e 1926 2; H. Lut z (Hg.) , E . D . Morel : De r Man n un d sein Werk . Ei n Gedenkbuch , Berli n 1925 ; M. Gra f Montgelas, Zu r Schuldfrage . Ein e Unter suchung übe r de n Ausbruc h de s Weltkrieges , Berli n 1920 ; M . Morhardt , Le s Preuves , Pari s 1926; K . A . v . Mülle r u . W . Windeiband , Bismarc k un d Versailles . 2 Vortrage , Münche n 1926; E . Renaul d u.a. . Französisch-deutsch e Diskussio n übe r di e Kriegsursachen , Berli n 1922; B . Schwer t feger, De r Fehlspruc h vo n Versailles , Berli n 1921 ; ders. , Poincar é un d di e Schuld a m Kriege. Berli n 1921 ; F . Stieve , Iswolsk i i m Weltkriege . De r diplomatisch e Schriftwechsel Iswolski s 1914-1917 , Berli n 1926 ; ders. , Iswolsk i un d de r Weltkrieg , Berli n 1924; ders. , Deutschlan d un d Europ a 1890/1914 . Berli n 1927 ; ders. , Di e Tragödi e de r Bun desgenossen, Münche n 1930 . Di e genannte n Tite l beschäftige n sic h ausschließlic h mi t de r Frage nac h de r Kriegsurheberschaft . Danebe n verbreitet e de r Arbeitsausschu ß zahlreich e Schriften zu r Problemati k de r Schul d i m Kriege , übe r Versailles , di e Reparationsfrage , di e Rhein-, Ruhr - un d Saarfrag e sowi e zu m Minderheiten - un d Kolonialproblem . Daz u Drae gcr, Arbeitsausschuß (1931), “ S. 130-135 . 11 Vgl . Heinemann , Niederlage , S . 95ff ; Wittgens , Campaign , S . 5Off . Di e Leitun g de r Zentralstelle hatt e zunächs t de r Schweize r Erns t Sauerbec k innc . Nac h Konflikte n zwische n Sauerbeck un d seine n Mitarbeiter n wi e zwische n ih m un d de m Schuldrefera t wurd e i m Herbst 192 2 ei n siebenköpfige s Direktoriu m eingesetzt , de m nebe n Sauerbec k Han s Del -
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Anmerkungen z u Seit e 49-5 2 brück, Ma x Graf Montgelas, Eugen Fischer-Baling, Geor g Karo, Hermann Lutz und Bernhard W. von Bülow angehörten. Sei t 192 3 leitete Alfred vo n Wegerer diese Institution. 12 Zit . nach Heinemann, Niederlage , S . 9 5 13 Vgl . ebd. , S . 98f. ; Geiss , Kriegsschuldfrage, S . 103f . Fü r einige der Publiziste n bildet e die Mitarbei t i n diese n Einrichtunge n di e Grundlag e ihre r materielle n un d literarische n Exi stenz. Alfre d vo n Wegere r wa r z.B . bei m Auswärtige n Am t fes t angestellt ; sein e Positio n entsprach der eines Ministerialrates. 14 Nebe n den genannten Wissenschaftler n beteiligte n sich auch Hans Rothfels, Han s Herzfeld, Siegfrie d A . Kaehle r un d Wilhel m Mommse n a n de r »Unschuldskampagne« . Trot z mancher Vorbehalt e wurd e si e auc h vo n Eric h Brandenburg , Eric h Fester , Frit z Ker n un d Georg Kar o unterstützt. Ferne r veröffentlichte n Herman n Oncken , Adalber t Wah l un d Frit z Hartung Artike l i n de r Zeitschrif t »Di e Kriegsschuldfrage« . Au s dieser Tatsach e darfjedoc h nicht de r Schlu ß gezoge n werden , da ß die hier angeführten Historike r die Vorgeschichte und Entstehung de s Weltkriege s ausschließlic h unte r de m Gesichtspunk t de r Schul d analysier t hätten. Si e setzten vielmehr andere Akzente; vgl. daz u unten, S . 68-88 . 15 Vgl . Geiss . Kriegsschuldreferat, S . 6 ; Possony , Bewältigung , S . 157ff. ; Thimme , Fried rich Thimme. 16 Zu r Entstehun g un d zum politische n Stellenwer t de r verschiedenen Quellenpublikatio nen i m Kamp f gegen di e »Schuldlüge « vgl . Baumgart , Zeitalter ; M . Toscatw , Th e Histor y o f Treaties an d Internationa l Politics , I: An Introductio n t o th e Histor y o f Treaties an d Inter national Politics : Th e Documentar y an d Mcmoi r Sources , Baltimor e 1966 , bes . S . 104—160 , 343-453. 17 Thimme , Friedrich Thimme, S . 229 . 18 Ebd.,S . 229 . 19 Ebd. . S . 238 . Zu r politische n Haltun g Friedric h Thimme s vgl . ferne r A . Thimme , Der »Fall Tirpitz« al s Fall der Weimarer Republik, in : Geiss u. Wendt , Deutschland, S. 463-482 . Die Entstehung de r »Große n Politik « wi e der Einflu ß Thimme s auf die inhaltliche Gestaltung des Aktenwerkes ist gut erforscht. Vgl . bes . Heinemann, Niederlage , S . 78ff. ; Baumgart, Zeitalter , Bd. 1 . S. 9ff . 20 Schiedet- , Art. Weltkrieg , Sp . 847. 21 Ebd. , Sp . 847 . Vgl . u.a . F . Thimme , Di e Aktenpublikationen de s Auswärtigen Amtes . Beiträge z u ihre r Entstehungsgeschichte , Berli n 1924 , S . 16f . 20ff . 26ff. . 60 ; ders. , »Di e Große Politi k de r Europäische n Kabinett e 1871-1914« . Persönlich e Erinnerungen , in : BM , Bd. 15 , 1937 . S. 215-224 ; Stiere, Kampf, S . 198t“. ; Frauendienst, Knegsschuldreferat , S . 205f . 22 M . Pokrowski , Rez. »Di e Große Politik der Europäischen Kabinette 1871-1914«, in: KSF, Bd. 4 , 1926 , S. 937 . Zu Schmitt vgl . B . E . Schmitt, Rez . »Di e Große Politik der Europäischen Kabinette 1871-1914« , in : ebd. . S . 907-909 , bes . S . 909 . Di e wichtigste n zeitgenössische n Stellungnahmen ausländischer Historiker sind abgedruckt in der Zeitschrift »Di e Kriegsschuldfrage«: Ausländisch e Historiker übe r die geöffneten deutsche n Archive , in : KSF, Bd . 4 , 1926 , S. 900-946 . 23 Schieder , Art . Weltkrieg , Sp . 848 . Vgl . Baumgart , Zeitalter . S . 17ff. , 2 1 ff., 4Off . Dor t werden die entsprechenden ausländischen Dokumentensammlunge n vorgestell t und kommentiert. 24 Vgl . Heinemann , Niederlage , S . 83ff. ; Thimme , Friedric h Thimme , S . 232ff . U m de m Aktenwerk ein e möglichs t groß e Publizitä t z u sichern, beauftragt e da s Auswärtige Am t de n SPD-Abgeordneten Ma x Quarck , de n linksliberalen Historike r Vei t Valentin und den außenpolitischen Spreche r der DN VP Otto Hoetzsch damit, di e erste Serie der »Große n Politik « z u begutachten. Anläßlic h de r offizielle n Übergab e diese r Bänd e truge n di e dre i Gutachte r ihr e Stellungnahmen vor , di e - ungeachte t eine r kritische n Tenden z - ihre n Zwec k erfüllten . Di e Rezension von Valentin wurd e in der »Historischen Zeitschrift« abgedruckt . Vgl . V. X'alentin, Rez. »Di e Groß e Politi k de r Europäische n Kabinett e 1871-1914« , in : HZ , Bd . 131 , 1925 , 227 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 52-5 5 S. 310-318 . Ferne r hatte das Auswärtige Am t den Historike r Eric h Brandenbur g beauftragt , eine Darstellun g de r Vorgeschicht e de s Weltkriege s au f der Grundlag e de r amtliche n Akte n vorzulegen. Sein e Arbei t sollt e noch vo r der »»Große n Politik « erscheinen , u m ihr öffentlich e Aufmerksamkeit z u verschaffen. Di e Ergebnisse des entschieden national eingestellten Historikers entsprachen jedoch nich t de n Ansprüche n de s Scluildreferates, das die Veröffentlichun g daher auch verzögerte. Brandenbur g hatt e das »persönliche Regiment« Wilhelm s II. sowie die in seine n Auge n überhastet e Welt - un d di e englandfeindlich c Flottenpoliti k schar f getadelt . Nach Meinun g de r Verantwortliche n i n de r Wilhelmstraß e erweckt e sein e Schrif t de n Ein druck, al s sei Deutschland vor 1914 »von einer kleinen Anzah l vermindert zurechnungsfähige r Personen regier t worden« ; außerde m befürchtete n sie , da ß di e Schrif t »di e Schuldfrag e zu m Gegenstand des Parteienkampfes« mache n würde. Vgl. dazu Heinemann, Niederlage , S. 8 3 ff; Wittgens, Campaign, S . 124-139 ; Geiss, Kriegsschuldreferat, S . 1 2 ff. Di e 1922 vom Schuldreferat in Auftrag gegeben e Arbeit Brandenburgs erschien erst 1924 . Vgl. E . Brandenburg. Vo n Bismarck zu m Weltkriege . Di e deutsch e Politi k i n de n Jahrzehnten vo r de m Kriege. Berli n 1924. Der Verfasser hat auch m seinen späteren Arbeiten die kritische Bewertung der deutschen Vorkriegspolitik nich t zurückgenommen , di e i m übrige n vo n zahlreiche n andere n Wissen schaftlern geteil t wurde . Vgl . E . Brandenburg . Di e Ursachen de s Weltkrieges, Leipzi g 1925 . Dazu näher Kapitel II. l.b) dieser Arbeit. Wenngleich ein abschließendes Urteil über die »Große Politik« heut e noc h nich t gefäll t werde n kann , d a bislan g lediglic h punktuellc Hinweis e au f tendenziöse Textmanipulatione n ode r schwerwiegend e Auslassunge n vorliegen , s o dar f si e doch insgesam t al s eines de r wertvollste n un d wesentlichste n Werk e zu r Vorgeschicht e de s Ersten Weltkrieges gelten. Dabei wird man stets ihre Entstehungsgeschichte und ursprüngliche Funktion im Auge behalten müssen. Keineswegs von der Hand zu weisen ist beispielsweise der Hinweis au f konzeptionell e Mängel . Einig e Historike r vermuten , da ß di e Anordnun g de r Dokumente nach Sachgesichtspunkten ehe r der Verschleierung al s der Erhellun g der Vergan genheit diene. Zur gegenwärtigen Beurteilun g der »Großen Politik « vgl . Baumgart , Zeitalter . Bd. 1 , S. 12ff . un d die dort angegebene Literatur . Kritisc h äußern sich u. a. F . Klein, Übe r die Verfälschung de r historische n Wahrhei t i n de r Aktenpublikatio n »Di e Groß e Politi k de r Europäischen Kabinett e 1871-1914« , in : ZfG, Bd . 7 , 1959 , S . 318-330 ; G . W . F . Hallgarten , Imperialismus vo r 1914 . Di e soziologische n Grundlage n de r Außenpoliti k europäische r Großmächte vordem Erste n Weltkrieg. Münche n 1963 2, S. VII-X . Au f konzeptionelle Män gel weise n vo r alle m hi n A . S . fau‹›aiimaki . Di e Außenpolitik un d di e Diplomati e de s Deut schen Imperialismu s Fnd e des 19 . Jahrhunderts. Berli n l'J54 , S . 2 6 sowie í I. Raul ff, Zwische n Machtpolitik un d Imperialismus . Di e deutsch e Frankreichpoliti k 1904,06 , Düsseldor f 1976 , S. 1 1 f 25 Vgl. : Österreich-Ungarn s Außenpolitik . Di e Hintergründe de r Entstehun g diese s Ak tenwerkes behandel n Heinemann . Niederlage . S . 89ff. ; Possc-ny , Bewältigung , S . 165 . Zu den Motiven, di e de r Herausgab e vo n Quelleneditione n zugrundelagen , di e di e Ententepoliti k belasteten vgl . bes . Stiere, Kampf . S . I95f , 200 : »Wenn es gelang, de m Gegner durch unwi derlegliche Tatsache n di e vo n ih m vorgelegt e Mask e de s i m Somme r 191 4 harmlo s vo n Deutschland Überfallene n herunterzureißen , dan n mußt e de r Glaub e a n da s vo n ih m gege n Deutschland gefällt e Urtei l i n de r Allgemeinhei t erschütter t un d allmählic h beseitig t wer den . . . Wenn ich während der Zeit, i n der ich als Schuldreferent i m Auswärtigen Amt e tätig war, . . . befragt wurde , wa s ich mit meinen Veröffentlichungen un d Bemühungen eigentlic h bezwecke, dan n pflegte ic h . . . etwa Folgende s zu erwidern: ›Ic h möchte in der Weltmeinung den Augenblic k vorbereiten , i n de m wi r star k genu g sind , diese s erpreßte ,Schuldbekenntis ' von Versailles öffentlich zurückzunehmen.« « 26 Au s der Fülle weniger umfangreicher Veröffentlichunge n seie n hier nur solche genannt, denen di e Zeitgenosse n ein e größere Bedeutun g zumaßen . Vgl . u.a . S . Dobrorohki , Di e Mobilmachung de r russische n Arme e 1914 . Berli n 1922 ; Di e Fälschunge n de s russische n Orangebuches. De r wahr e Telegrammwechse l Paris-Petersbur g be i Kriegsausbruch , hg . v .
228 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen c n Seit e 53-5 5 Frhr. G. v. Romberg , mi t Genehmigung de s Auswärtigen Amtes, Berlin 1922 ; M. Paléologue, Am Zarenho f währen d de s Weltkrieges . Tagebüche r un d Betrachtungen , Münche n 1925 . Dazu Stieve , Kampf , S . 196ff . Zu m Quellenwer t vgl . Baumgart , Zeitalter , Bd . 2 , S . 104f , llOf. sowi e Toscatw . History , S . Ulf . Da s entscheidend e Moti v fü r di e Veröffentlichun g solcher »persönlicher « Quelle n wa r de r Wunsch . »Tatsachenmaterial, Anekdoten , kompro mittierende Äußerunge n au f gegnerische r Seite , kur z i n jeder For m möglichs t sensationel l wirkende Beweis e für die Schuld unserer Gegner« a n die Öffentlichkeit z u bringen. Zit . nach Raulfj, Machtpolitik , S . 10 , Anm. 7 . Be i den Dokumentensammlungen zu r russischen Politi k handelte e s sich um : Diplomatisch e Aktenstück e zu r Geschichte de r Ententepolitik de r Vor kriegsjahre (1908-14) , hg . v . B . v . Siebert , Berli n 1921 ; Der Diplomatisch e Schriftwechse l Iswolskis 191 1 bis 1914 . Au s den Geheimakten de r Russischen Staatsarchive , i m Auftrage des Deutschen Auswärtigen Amtes in deutscher Übersetzung hg. v. F. Stieve, 4 Bde., Berlin (1924) 19262; lswolsk i i m Weltkriege . De r Diplomatisch e Schriftwechse l Iswolski s au s de n Jahren 1914-1917. Neue Dokumente aus den Geheimakten der russischen Staatsarchive, im Auftrag e des Deutschen Auswärtigen Amtes. Nebst einem Kommentar v. F. Stieve, Berlin (1924) 19252. 27 Vgl . Heinemann , Niederlage , S . 8 7 ff. 28 S o z. B. Stieve, lswolski; ders. u. M. GrztMotitgelas, Rußland und der Weltkonflikt, Berli n 1927. Daz u kritisch W . Fabian , Di e Kriegsschuldfrage. Grundsätzliche s und Tatsächliches zu ihrer Lösung, Leipzi g 1925 , S. 102-122 . 29 Vgl . M . Boghitschewitsch , Di e auswärtig e Politi k Serbien s 1903-1914 , 3 Bde. , Berli n 1928-1931; Amtlich e Aktenstück e zu r Geschicht e der europäische n Politi k 1885-1914 . Voll ständige Ausgab e de r vo m Deutsche n Auswärtige n Am t hg . Diplomatische n Urkunde n au s den Belgische n Staatsarchiven . I m Auftrag e de s Auswärtige n Amte s i n 5 Bdn . hg . v . B . Schwertfeger. Mi t 2 Ergänzungsbdn. u . 2 Kommentarbdn. d . Hgs. , Berli n 1925 . Zur Entstehung un d zu m Quellenwer t vgl . Baumgart , Zeitalter , Bd . 1 , S . 43ff. ; Toscatio , History , S. 156ff ; H . Lademacher, Die belgische Neutralität als Problem der europäischen Politik 1830 1914, Bonn 1971 , S. 2 2 ff. 30 Vgl . Baumgart , Zeitalter; Possony, Bewältigung, S . 156ff . 31 Grundlegen d fü r dies e Deutung : Unse r gute s Recht ; M . Gra f Montgelas, Leitfade n zu r Kriegsschuldtrage, Berli n 1923 ; Vgl. ferne r u.a . Draeger , Anklage ; Lutz , Weg; Schaer , Kate chismus; Schne e u . Draeger , Jahre ; Haitttz . Kriegsschuldfrage ; Montgelas , Schuldfrage ; B Schwertjeger, De r Weltkrie g de r Dokumente . Zeh n Jahre Kriegsschuldforschun g un d ih r Er gebnis, Berli n 1929 ; A. v . ïlVierer , Di e Widerlegung de r Versaille r Kriegsschuldthese , Berli n 1928. I m Rahmen diese r Interpretatio n bewege n sic h außerde m di e folgenden Publikationen , die-soweit aufgrund des vorliegenden Materials nachweisbar-unabhängig vo m Schuldrefera t entstanden: J. Binder , Der 28. Juni und die Kriegsschuldige, Langensalz a 1929 ; Emes, Schuldfrage und Verständigung. Di e Verantwortung a m Weltkrieg, de r Weitfriede und Deutschlands Recht auf den Wilson-Frieden. Augsbur g 1927 3; D. H . Jordan, De r Versailler Vertra g un d die Schuldfrage, Leipzi g 1922 . Dies gilt auch für die eher philosophisch orientierten Untersuchun gen über die Versailler Schuldanklage. Vgl. H . W . Beyer, Ethik der Knegsschuldfragc, Greifs wald 1927 ; J. Binder , Di e sittliche Berechtigung de s Krieges und der Idee des ewigen Friedens, Berlin 1930 ; J. Ebbinghaus , Kant s Lehr e vo m ewige n Friede n un d di e Knegsschuldfragc , Tübingen 1929 . 32 W . Ziegler, Vorwor t zur 1. Autlage, in: ders., Deutschland, S. 5f.,hierS . 5 sowie: Unser gutes Recht, S . 8 . Vgl. ferne r Montgelas, Schuldfrage, S . 5ff . 33 Ebd. , S . 6 . 34 Krüger , Reparationen , S . 327 . Au f diese Zusammenhäng e ha t zu m erste n Ma l Lindle y Fräser aufmerksa m gemacht . Vgl . L . Eraser , Kriegsschul d un d Propaganda . Deutschlan d zwischen zwe i Weltkriegen , Züric h 1947 , bes. S . 61-103 . Sieh e auch Holborn , Deutsch e Geschichte, Bd . 3 . S. 342ff . 35 Eisch , Krieg, S . 208 . 229 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Ammerktngent zt t Seit e 55-5 8 36 Ebd. , S . 209 . 37 C . Bloc k u . P . Renouvin , Di e Entstehun g un d di e Bedeutun g de s Artikel s 23 1 de s Versailler Vertrages , in : BM , Bd . 9 , 1931 . S. 1166-1187 , hie r S . 1187 . Dabe i handel t e s sich um di e Übersetzun g eine s a m 15 . Novembe r 193 1 i n de r französische n Tageszeitun g »L e Temps« erschienene n Artikels . Ähnlic h argumentierte n R . C . Binkle y u . A . C . Mahr , A New Interpretatio n o f th e »Responsibility « Claus e i n th e Versaille s Treaty , in : Curren t Hist., Bd . 24 , 1926 , S . 398-400 ; R . C . Binkley , Th e »Guilt « Claus e i n th e Versaille s Treaty , in: Current Hist . and forum, Bd . 30 , 1929 , S. 294-300 . 38 A . v . Wegerer , Bemerkunge n z u dem Aufsat z i m »L e Temps« vo m 15 . Novembe r »L e Traité d e Versaille s e t le s Réparations « vo n Camill e Bloc h un d Pierr e Renouvin , in : BM , Bd. 9 , 1931 , S . 1188-1209 , hie r S . 1207 . Kriti k a n de n These n vo n Bloc h un d Renouvi n sowie vo n Binkle y un d Mah r übte n ferner : ders. , De r Strei t u m de n Artike l 231 . Neu e Erklärungen vo n Camill e Bloc h un d Pierr e Renouvin , in : BM , Bd . 10 . 1932 , S . 170-183 ; F. Grimm, Zu m Tempsartike l de r Professore n Bloc h un d Renouvin , in : ebd. , S . 167-170 ; R . Knubben, Sin d di e Artike l 23 1 un d 23 2 de s Versaille r Friedensvertrage s mi t de r Lansingnot e vom 5 . Novembe r 191 8 vereinbar un d wa r danac h völkerrechtlic h ihr e Abfassun g zulässig? , in: ebd. , S . 1074-1097 , 1190-1221 ; W . Schoenbom , Enthäl t de r Artike l 23 1 de s Versaiíle r Vertrages ein Urtei l übe r die Verantwortlichkei t Deutschland s a m Kriege? , in : ebd., S . 736 751; E . Gottschalk , Ein e amerikanisch e Auslegun g de s Artikel s 231 , in : BM , Bd . 7 , 1929 , S. 858-873 . Zu r Positio n Knubben s vgl . auc h R . Knubben , Art . »Weltkrieg . A . Diplomati sche Vorgeschicht e de s Weltkrieges«, in : Wörterbuc h de s Völkerrecht s un d de r Diplomatie . hg. v . K.Strupp, Bd . 3 . Berli n 1928 , S. 1-101 . 39 Wegerer , Widerlegung , S . 14 . Vgl . Draeger , Anklage , S . 7-1 9 sowi e L . Herz , Versaille r Kriegsschuldthese. De r Streit übe r die Verantwortun g a m Weltkriege, in : PJ . Bd . 229 , 1932 . S. 109-125 . 40 Vgl . exemplarisch Motitgelas , Schuldfrage; ders. , Leitfaden; Unse r gutes Recht. 41 S o z . B. de r erst e Leite r de r Zentralstell e E . Sauerbeek , De r Kriegsausbruch . Ein e Dar stellung vo n neutrale r Seit e a n Han d de s Aktenrnaterials , Stuttgar t 1919 2, S . 1 . Vgl . ferner : Unser gutes Recht, S . 12 . 42 Vgl . bes . ebd., S . 12f . 15ff . 43 Daz e Montgela s Schuldfrege S . 11ff . Vgl . Raulff , Machtpoliti k S . 12f . 44 Unse r gute s Recht , S . 29 . Fü r die neuer e Forschun g vgl . bes . J. Dülffer , Regel n gege n den Krieg ? Di e Haage r Friedenskonferenze n vo n 189 9 und 190 7 in de r internationale n Poli tik, Berli n 1981. 45 Montgelas , Leitfaden. S . 166 . 46 Vgl . Fay , Ursprung ; Barnes , Entstehung ; ders. , Kriegsschuld ; Lutz , Mord ; Demartial . Schuld; ders. , Mobilmachung ; ders. , Evangelium ; M . Morhardt , Di e wahre n Schuldigen . Di e Beweise. Da s Verbreche n de s gemeinen Rechts . Da s diplomatische Verbrechen , hg . u . ein geleitet v . E . Brandenburg , Leipzi g 1925 . Sieh e ferner H . Delbrüc k (Hg.) , Deutsch-englisch e Schulddiskussion zwische n H . Delbrüc k undj . W . Headlam-Morley , Berli n 1921 ; Renaul d u.a., Diskussion ; H . Isenberg , Di e Zerschmetterun g de s Versaille r Knegsschuldlügengebäu des durc h feindbundstaatlich e un d deutsch e Forscher , Münste r 1929 . Di e Verbindunge n zwischen Schuldreferat , Arbeitsausschu ß un d Zentralstell e mi t ausländische n Institutione n und Historiker n stelle n da r Heinemann , Niederlage , S . 11 1 ff.; Wittgetis , Campaign , S . 202 260. 47 A . Casser , Deutschland s Entschlu ß zu m Präventivkrie g 1913/14 . in : M . Siebe r (Hg.) , Discordia Concors . Festgab e fü r Edga r Bonjour s z u seine m siebzigste n Geburtstag . Bd . 1 , Basel 1968 , S . 171-224 , hie r S . 173/Daz u auc h C . J. Bartlett , The¾is e an d Fal l o f th e Pa x Americana. Unite d State s Foreig n Polic y i n th e Twentieth Century , Londo n 1974 , S . 59ff. ; W. I. (Sofien, Th e America n Revisionists . Th e Lessons of Intervention i n Worl d Wa r I, Chicago 1967 ; D . F . Drummond , Th e Passin g o f America n Neutralit y 1937-1941 , Ne w Yor k 230 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 58-6 í 1968, S . 22ff. ; J. H. Backer , Di e Entscheidun g zu r Teilun g Deutschlands . Amerika s Besat zungspolitik 1943-1948 , Münche n 1981 , S. 16ff . 48 hay , Ursprung , Bd . 2 , S . 403 . Zu r Auffassun g vo n Barne s vgl . Barnes , Kriegsschuld , S. 3 sowie ders., Entstehung, S . 515. 49 Daz u Fay, Ursprung , Bd . 2 , bes. S. 402ff ; Barnes , Entstehung, bes . S. 112 , 477ff 50 Vgl . G . Hollenberg , Englische s Interess e a m Kaiserreich . Di e Attraktivitä t Preußen Deutschlands fü r konservativ e un d liberal e Kreis e i n Großbritannie n 1860-1914 , Wiesbade n 1974, S . 102ff.;C . A . Cíine , E . D . Mord 1873-1924 . Th e Strategies of Protest, Belfas t 1980 , bes. S. 9 8 ff. 51 E . D . Morel. Das zerstörende Gift, in : Lutz, Morel, S . 339-378 , hier S. 353 , 354f. Zum Erkenntnisintercssc vgl. bes . ebd., S . 339ff . 52 Daz u G . Steimneyer , Di e Grundlagen de r französische n Deutschlandpoliti k 1917-1919 , Stuttgart 1979 , S. 4 6 ff, bes . S. 48 ; R. Wohl , French Communism i n the Making, 1914-1924 , Stanford/Cal. 1966 , S. 71. 53 Vgl . ebd. , S . 71. 54 Demartial , Evangelium . S . 14 . Vgl. Morhardt , Schuldigen, S . 302ff , 3O8f. 55 Demartial . Schuld, S . 3 2 ff. 56 Vgl . Wittgens , Campaign, S . 89-139 ; Heinemann, Niederlage, S. 204-218 . Zum frühesten Termin erschien das Gutachten von Max Graf Montgelas über die Rüstungsanstrengungen und Mobilmachungen de r a m Krieg e beteiligte n Mächte ; e s wurd e 192 1 al s Reichsdrucksach e veröffentlicht: M . Gra f Montgelas , in : Deutsche r Reichstag . 12 . Ausschuß . Beilag e z u de n Stenographischen Berichte n über die öffentlichen Verhandlunge n des Untersuchungsausschusses. 1 . Unterausschuß . Zu r Vorgeschicht e de s Weltkrieges, H . 2 , Rüstunge n un d Mobilma chungen. Angabe n nach Heinemann, Niederlage , S . 323 , Anm . 336 . Erst 1929/3 0 konnten die folgenden Gutachte n erscheinen: R. Gooß , Das österreichisch-serbische Problem bis zur Kriegserklärung Österreich-Ungarn s a n Serbien, 28 . Juli 1914 , in: Die Vorgeschichte des Weltkrieges, im Auftrage des Ersten Unterausschusses unter Mitwirkung v . E. Fischer hg. v. C. Bohm Schuch, Bd . 10 , Berlin 1930 , S. 1-302 ; H. Wendel, Die Habsburger und die Südsìawcnfrage, in : ebd., S . 303-372 . Di e Arbei t vo n Gooß wurd e als Korefera t z u der kritischen Stellungnahm e Wendeis i n de n Ban d aufgenommen . Auc h da s Gutachte n vo n Han s Wehber g konnt e nu r zusammen mi t Gegengutachte n un d zude m star k gekürz t erscheinen : Vgl . H . Wehberg , Deutschland un d die Friedensbewegung, in : Die Vorgeschichte des Weltkrieges, i m Auftrag e des Erste n Unterausschusse s unte r Mitwirkun g v . E . Fische r hg . v . G . Gradnauc r u . R . Breitscheid. Bd . 5 , 2. Tcilbd. , Berli n 1929 , S. 3-95 ; M . Gra f Montgelas, Deutschlan d un d die Friedensbewegung, in : ebd., S . 97-131 ; Ph . Zorn , Di e Haltung de r deutschen Regierun g au f den beiden Haager Friedenskonferenzen, in : ebd., S . 133-159 ; J. Kriege , Die Haltung Deutsch lands auf den Haager Friedenskonferenzen , in : ebd., S . 161-221 ; F . Thimme , Die Weltmächte und da s Haage r Konferenzwerk , in : ebd. , S . 223-264 ; L . Herz , Di e Stellun g de s Deutsche n Reichstags und des englischen Parlaments zur Haager Friedenskonferenz 1907 , in: ebd., S. 267 295; ders., Belgisch e Bericht e zu den Haage r Friedenskonferenzen , in : ebd., S . 296-304 ; ders., Die Londoner Seerechtsdeklaratio n vo r dem englischen Parlament , in : ebd., S . 305-308 . Da s Gutachten von Hermann Lut z mußte vor seiner Veröffentlichung erheblic h entschärft werden : H. Lutz, Die europäische Politik in derjulikrise 1914 , Berlin 1930 . Überhaupt nicht erscheinen durften di e Gutachte n vo n Rober t Hoemgcr , Ott o Hoetzsc h un d Marti n Spah n sowi e vo n Eugen Fischerund Eduar d Bernstein. Dazu Heinemann, Niederlage, S . 204—218 57 Vgl . Kantorowicz , Gutachten . Di e Hintergründe de r Unterdrückun g diese r Arbei t sin d ausführlich dargestell t be i Geiss , Einleitun g (Kantorowicz ) un d Heinemann , Niederlage , S. 21 3 ff 58 Daz u Kantorowicz, Gutachten, S . 99-112 . 59 Ebd. , S . 422 . 60 Vgl . ebd. , S . 134ff , 422f . Sieh e ferne r ders. , Studie n zu r Kricgsschuldfrage , in : FW ,
231 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkutigen z u Seit e 61-6 7 Bd. 26 , 1926 , S . 11-13 . 41-46 ; ders. , De r Geis t de r englische n Politi k un d da s Gespenst de r Einkreisung Deutschlands , Berli n 1929 . Mi t de n These n vo n Kantorowic z setz t sic h kritisc h auseinander Mommsai , Kriegsschuldfrage . Daz u W . Alff , Herman n Kantorowic z un d sei n Kritiker, in : ders., Materialien zu m Kontinuitätsproble m de r deutschen Geschichte . Frankfur t 1976, S. 136-141 . 61 Vgl . Heinemann , Niederlage . S . 231 . Besonder s di e beiden Pazifiste n Heinric h Kanne r und Richar d Grellin g bemühte n sich , di e französisch e Öffentlichkei t übe r di e Tätigkei t de s Arbeitsausschusses und der Zentralstelle aufzuklären . 62 Vgl . P . Renouvin, Le s origincs immédiates de la guerre, Pari s 1927 2, bes. S. 297-314 . 63 Daz u Possony, Bewältigung, S . 16 5 sowie Backer, Entscheidung, S . 16ff . 64 Vgl . Kantorowicz , Geist, S . 150-163 ; W. Krieger , Labou r Party un d Weimarer Republik . Ein Beitra g zu r Außenpoliti k de r britischen Arbeiterbewegun g zwische n Programmati k un d Parteitaktik 1918-1924 , Bon n 1978 , S. 171 . 65 Saiewski , Revisionssvndrom , S . 20 . 66 Vgl . Thimme , Flucht, S . 92f. ; dies. , Die falsche Schmach. Historische Tabus in deutschen Schulbüchern, in : Die Zeit, 20 . Dezembe r 1968 , S . 32 . Daz u exemplarisch C . Severing , Vor wort, in : Biedermann, Wunde, S . 3-6 , bes . S. 5f . 67 H . Mommsen, Nationalismus und transnationale Integrationsprozess e i n der Gegenwart , in: APUZ , B . 9/80 , 1 . Mär z 1980 , S . 3-14 , hie r S . 4 . Daz u ferne r Heinemann , Niederlage . S. 23 9 ff. 68 Schuhe , Weimar, S . 202f . Vgl . Salewski , Revisionssyndrom , S . 18ff . 69 Vgl . Thimme , Flucht, S . 93 ; dies., Schmach. 70 Hillgruber , Schatten , S . 66 . 71 Hildvhrand , Reich, S . 17 . 72 Malanowski , Widerstreit, S . 3 . 73 H . Schnee , Außenpolitisch e Rundschau , in : WzF , Nr . 1 , 15 . Januar 1931 , S . 2f. ; De r Kampf u m di e Abrüstung , hg . v . Arbeitsausschu ß Deutsche r Verbände , Berli n 1932 . Vgl . Wolfowitz, Arbeitsausschuß , S . 53 . 74 Vgl . H . Draeger(Hg.) . Gleiches Rech t fü r Deutschland! . Berli n 1932 . Daz u Wolkowitz t Arbeitsausschuß. S . 53 ; Heinemann, Niederlage . S . 150t . 75 Daz u ebd., S . 15 1 ff. 76 Zit . nac h Berber, Diktat, Bd . 2 . Nr. 461 , S. 1231 . 77 Vgl . z. B. A. v. Wegerer , Reparationen-ein wirtschaftliche s und moralisches Problem, in: ders., Im Kampfzeiten di e Kriegsschuldlüge. Ausgewählt e Aufsätze , Berli n 1936 , S. 33-38 . 78 P . Herre , Zu r Einführung , in : BM , Bd . 15 , 1937 , S . 1-5 . hie r S . 3 . Zu r Geschicht e der Zentralstelle seit 193 3 vgl. Heinemann , Niederlage. S . Il8ff . 79 H . Herzfeld. Forschungsbericht, in:JfG , Bd . 9/10 . 1933/34 . S. 348-365 , hier S. 348. 80 Ders. , Forschungsbericht, in J fG. Bd . 11 , 1935, S. 286-305 , hier S. 287 . 81 Ders. , Forschungsbericht (Bd . 9/10) , S. 348 . Vgl. u. a. M. Grat Montgelas, Der Stand der Kriegsschuldfrage, in : ZfP , Bd . 24 , 1934 , S . 407-424 ; B . Poll , Schicksalswend e 1914 , Berli n 1935- R. Dietrich , Kriegsschuldforschung? , in : WaG. Bd . 3 . 193 7 (Reprint 1967) . S . 378-391 ; H. Uebersberçer , Da s entscheidend e Aktenstüc k zu r Kriegsschuldfrag e 1914 . in : Auswärtig e Pol., Bd . l0 1943 . S. 429-438 ; Wegerer , Kampf. 82 Ders. , Der Ausbruch des Weltkrieges 1914 , 2 Bde., Hambur g 1939 , hier Bd. 2 , S . 423. 83 S o z. B. H. Wißmann , Revisionsprobleme de s Diktats von Versailles, Base l 1936 ; ders., u. W. Senßfelder , Di e Knegsschuldfrag e al s juristisches Problem , in : Jugend u . Recht , Bd . 10 . 1936, S. 49-54 ; H. Rogge, Hitlers Friedenspolitik un d das Völkerrecht, Berli n 1935 ; A. Hübner, Die Revision des Vertrages von Versailles unter Berufung au f die Lansingnote vom 5. Novem ber 1918 , Wien 1935 ; K. Reichhelm, Der Angriff. Ein e völkerrechtliche Untersuchun g über den Begriff, Berli n 1934 ; Berber, Diktat. 84 E . Gortschalk , De r völkerrechtliche Gehal t der Kriegsschuldfrage, in : BM , Bd . 7 , 1929 , 232 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkwngen zu Seit e 67-7 0 S. 135-155 , 22-4-242 , 997-1(118. 1076-1090 , hie r S . 1090 . Eine abweichende Auffassun g ver trat F . Ritte r v . Wiestier , Zu r Frag e de r rechtliche n Beurteilun g de s Versaille r Vertrages , in : KSF, Bd . 5 , 1927 , S. 187-192 . 85 Vgl . Wißmann , Revisionsprobleme . 86 W . hauendienst , Versaille s un d di e Kriegsschuld , in : BM , Bd . 14 , 1936 , S . 57-76 , hie r S. 6 5 sowi e ders. , Di e Überwindun g vo n Versailles . Öffentlich e Antrittsvorlesung , gehalte n am 17 . Novembe r 193 8 nac h de r Berufun g au f de n Lehrstuh l fü r neuer e Geschichte , Hall e 1939. S. 28 . 87 F . Berber , De r Zusammenbruch de r Welt vo n 1919 , in: Auswärtig e Pol. , Bd . 10 , 1943 , S. 88-100 , hie r S . 100 . Eine n ähnliche n Standpunk t vertrate n H.-H . Dietze , Di e Auflösun g der europäischen Scheinverfassun g vo m 28 . 6 . 1919 , in : Kiele r Bl. , 1940 , S . 20-28 ; A . Frhr . v. Frcytag-Loringhoven , Weltpolitisch e Rundschau . Revision , in : Jb . d . Dt . Hochschul e f , Pol., Bd . 20 , 1940 , S . 258-286 ; F . Grimm , Zu r Kriegsschuldfrage , in : Will e u . Macht , 1. Oktobe r 1939 , S. 10f . h) Kriegsschul d frage und Geschichtswissenschaft 1 Vgl . daz u nähe r S . 5 0 diese r Arbeit . Di e Zurückhaltun g de r akademische n Histori e gegenüber eine r Mitarbei t be i de r Zentralstell e fü r Erforschun g de r Kriegsursache n behan delt ausführlic h Heinematui , Niederlage , S . 105ff . Scho n di e zeitgenössisch e Geschichtswis senschaft ha t au f di e gering e Beteiligun g de r Historike r a n de r »Unschuldskampagne « auf merksam gemacht . Sieh e u.a . Herre , Kriegsschuldfrage , S . 109f . sowi e A . Wahl , De r heuti ge Stand der Kriegsschuldfrage, Langensalz a 1929 , S. 12 . 2 S o z . B. B . Faulenhach , Deutsch e Geschichtswissenschaf t zwische n Kaiserreic h un d NS Diktatur, in : ders. , Geschichtswissenschaft , S . 66-85 , hie r S . 71 ; Rau l ff, Machtpolitik , S. I0f . 3 Vgl . u.a . Herre , Kriegsschuldfrage , S . 11 1 ff., 116 ; W . Mommsen , Zu r Behandlun g de r Kriegsschuldfrage i n Wissenschaft un d Unterricht , in : Vergangenhei t u . Gegenwart , Bd . 22 , 1932, S . 185-196 , bes . S . 190f. ; ders. . Ein e Zuschrif t vo n Professo r Mommsen . in : BM , Bd. 10 . 1932 , S . 60-62 , bes . S . 62 ; H . Herzfeld , Rez . »A . v . Wegercr . Di e Widerlegun g de r Versailler Knegsschuldthcsc« , in : HZ , Bd . 142 , 1930 , S . 368-37(1 , bes . S . 368 ; Aussprach e über di e Knegsschuldfrage . in : Berich t übe r di e 18 . Versammlun g Deutsche r Historike r i n Göttmgen. 2.-5. Augus t 1932 , München 1933 , S. 20f . 4 V¾l . Faulenbach, Ideologie, S . 16-25 . 5 Daz u exemplarisc h Herre , Kriegsschuldfrage . Sieh e ferne r Faulenbach , Deutsch e Ge schichtswissenschaft, S . 73ff. ; Schleier, Geschichtsschreibung, S . 294ff . 6 Vgl . u.a . E . Fehrenbach , Di e Reichsgründun g i n de r deutsche n Geschichtsschreibung , in: Th . Schiede r u . E . Deuerlei n (Hg.) , Reichsgründun g 1870/71 . Tatsachen . Kontroversen . Interpretationen, Stuttgar t 1970 , S . 259-290 ; W. Conze , Da s Kaiserreich vo n 187 1 als gegenwärtige Vergangenhei t i m Geuerationswande l de r deutsche n Geschichtsschreibung , in : W . Pols (Hg.) , Staa t un d Gesellschaf t i m politische n Wandel . F S f . W . Bussmann , Stuttgar t 1979, S . 383-405 ; Faulenbach , Deutsch e Geschichtswissenschaft; ders. , Ideologie, bes . S . 231248. A m ausfuhrlichste n ha t sic h di e Histori e mi t de r histonographische n Beurteilun g de r Person un d Politi k Bismarck s auseinandergesetzt . Daz u u.a . W . Bussmann , Wande l un d Kontinuität de r Bismarck-Wertung , in : WaG , Bd . 15 , 1955 , S . 126-136 ; A . Dorpalen , Th e Ger man Historian s an d Bismarck , in : RoP , Bd . 15 , 1953 . S . 53-67 ; M . Stürmer , Bismarck Mythos un d Historie , in : APUZ , B 3/71 , 16 . Januar 1971 , S . 3-30 ; ders. t Vorwort : De r Wandel de s Bismarck-Bildes , in : ders . (Hg.) , Bismarc k un d di e preußisch-deutsch e Politik , München 1973 2, S . 9-26 ; H.-G . Zmarzlik , Da s Bismarckbil d de r Deutsche n - gester n un d heute, Freibur g 1967 . Di e Diskussio n nac h 194 5 wird dokumentier t vo n L . Gal l (Hg.) , Da s 233 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 7()-7 5 Bismarck-Problem i n de r Geschichtsschreibun g nac h 1945 , Köl n 197 1 sowi e H . Hallman n (Hg.), Revisio n des Bismarckbildes. Di e Diskussion de r deutschen Fachhistorike r 1945-1955 , Darmstadt 1972 . 7 Vgl . A . Wahl , Deutsch e Geschichte . Vo n de r Rcichsgründun g bi s zu m Ausbruc h de s Weltkrieges (187 1 bis 1914) , 4 Bde., Stuttgar t 1926-1936 ; ders.. Zwischen de n Kriegen. Sech s Vorträge über die auswärtige Politik der Großmächte von 187 1 bis 1914, Tübingen 1923 ; ders., Stand; J. Ziekursch , Politisch e Geschichte des Neuen Deutsche n Kaiserreiches , 3 Bde., Frank furt 1925-1930 ; F. Härtung, Deutsch e Geschichte vom Frankfurter Friede n bis zum Vertrag von Versailles 1871-1919 , Bon n 1930 3. Zu m politische n Standor t un d zu r wissenschaftliche n Position dieser Autoren vgl. Cotize, Kaiserreich, S. 39 1 f.; K.-G . Faber,Johannes Ziekursch, in: Wehler, Historiker , Bd . 3 , S . 109-123 ; Faulenbach , Ideologie , S . 2l5ff ; Schleier , Geschichts schreibung, S . 399-451 . 8 H . Herzfeld , Rez . »A . Wahl , Deutsch e Geschicht e vo n de r Reichsgründun g bi s zu m Ausbruch des Weltkrieges 1871-1914 . Bd . K in : HZ, Bd. 139 , 1929, S. 142-148 , hier S. 143 . Vgl. auc h Faulenbach, Ideologie, S . 2l8 f 9 Wahl , Geschichte, Bd . 1 , S. 15 . 10 Vgl . ders., Stand, S . \3tt.;ders. , Kriegen , S . S4tTJers. , Geschichte , Bd . 4 , S . 734ff . 11 Dm. , Stand , S . 71. 12 Vgl . bes . ders., Kriegen, S . 56-65 . 13 Schraepler , Forschung, S . 32 8 f. 14 Vgl . z . B. G . Karo , Di e Verantwortun g de r Entent e am Weltkriege . Nac h Zeugnisse n ihrer führenden Staatsmänner . Hall e 1921 , S. 32 : »Und wir haben . . . gesehen, da ß es 1914 in Deutschland an führender militärische r oder politischer Stelle keinen Mann gab, der den Krieg erstreben konnt e ode r de m ungeheure n Wagni s un d de r furchtbare n Verantwortun g eine r solchen Tat gewachsen war. Diese r aus dem Wesen und Streben der damals ausschlaggebenden Persönlichkeiten geschöpft e Bewei s ist kaum weniger stark als die aktenmäßig belegten. « 15 Cotise , Kaiserreich. S. 391t . 16 Härtung , Geschichte , S . 405 . Daz u C.onze, Kaiserreich , S . 39 1 sowie i'aulenbach , Ideolo gie. S . 21 5 f' 17 Härtung , Geschichte. S. 328 . 18 Ebd. , S . 321-334 , hie r S. 330 . 19 Vgl . Faher , Ziekursch, S . 109 . 20 Daz u Ziekursch, Geschichte, Bd . 1 , S. 4 . 21 laber , Ziekursch , S . 119 . 22 Ziekursch , Geschichte. Bd. 3 , S 258 . 23 Ebd.,S . 285 . 24 Daz u ebd., S . 270 , 287f. 25 H . Holborn, Kriegsschuld un d Reparationen au f der Pariser Friedenskonferenz vo n 1919. Leipzig 1932 . Vgl. B . Faulenbach, Hajo Holborn, in: Wehler , Historiker, Bd . 8 , S. 11-4-132 . 26 Holborn , Kriegsschuld, S . 8 . 27 Vgl . ebd. , S. 35ff . 28 Vgl . Mommsen, Behandlung; dm., Zuschrift. Di e Haltung Mommsens m der Schuldtrage behandelt austührlichj. C . Heß , »Das ganze Deutschland soll es sein«. Demokratische r Natio nalismus in der Weimarer Republi k am Beispiel der Deutschen Demokratischen Partei , Stutt gart 1978 , S. 15 2 ff. 29 Mommsen , Behandlung, S . 186 . 30 Ebd. . S . 19 5 sowie ders., Zuschrift, S . 62 . Mommsen hat diese Position in seinen Arbei ten zur Vorgeschichte des Weltkrieges nicht geändert. Daz u ders., Vorgeschichte. 31 Vgl . A . v . W(egerer) , Rez . »W . Mommsen , Zu r Behandlun g de r Kriegsschuldfrag e i n Wissenschaft un d Unterricht«, in : BM, Bd . 10 , 1932 , S. 914 ; ders., Rez. »W . Mommsen , Zu r Behandlung de r Knegsschuldfrage i n Wissenschaft un d Unterricht«, in : ebd., S . 704-707 . 234 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 75-7 8 32 Vgl . Faulenbach , Ideologie , S . 16-25 ; H . Herzfeld , Staa t un d Natio n i n de r deutsche n Geschichtsschreibung de r Weimarer Zeit, in: Veritas,Justitia, Libertas . FS zur 2(K)-Jahrfeier der Columbia Umversit y Ne w York . Überreich t v . d. Freie n Universitä t Berli n u . d . Deutsche n Hochschule für Politik Berlin , Berli n 1954 , S. 130-143 . 33 Herre , Kriegsschuldfrage , S . 116 . 34 Vgl . I$gers , Deutsch e Geschichtswissenschaft , S . 296ff. ; Heß , Deutschland , S . 152ff. ; Herzfeld, Staat . 35 Conze , Kaiserreich . S. 390 . 36 Vgl . Faulenbach , Deutsche Geschichtswissenschaft. S . 7 3 ff. Zur Wirkung der Niederlage des Reiches, de r Revolution un d des Versailler Vertrage s auf das historisch-politische Denke n der akademischen Histori e vgl. u.a . Fehrenbach , Reichsgründung, S . 274ff ; Töptier , Politiker; R. Ruprecht , Di e deutschen Historike r un d de r Zusammenbruc h de s Reiche s i m Jahre 1918 , Diss. Göttinge n 1968 ; K . Fries-Thiessenhusen , Politisch e Kommentar e deutsche r Historike r 1918/19 z u Niederlag e un d Staatsumsturz , in : Kolh , Kaiserreich , S . 349-368 ; Ch . IVeisz , Geschichtsauffassung un d politisches Denken Münchener Historiker der Weimarer Zeit. Kon rad Beyerle , Ma x Buchner , Michae l Doeberl , Eric h Marcks , Kar l Alexande r vo n Müller , Hermann Oncken, Berli n 1970. 37 M . Lenz , Deutschlan d im Kreis der Großmächte 1871-1914 , Berli n 1925 . Zur Rankerenaissance vgl . u.a . Krill , Rankerenaissance , S . 236ff ; Herzfeld , Staat ; L . Dehio , Deutschlan d und die Epoche der Weltkriege, in : ders., Deutschland und die Weltpolitik im 20. Jahrhundert, München 1955 , S. 9-35 ; ders., Ranke und der deutsche Imperialismus, in: ebd., S . 37-69 . 38 Zit . nac h Faulenbach , Ideologie , S . 16 . Vgl . M . Lenz , Di e Religion i m Aufba u de r politischen Welt, in : ders., Wille, Mach t und Schicksal, Münche n 1922 , S.96-112, bes . S. 96f. ; ders., Knechtschaft , in : ebd., S . 172-183 , hie r S. 181 : »So ist nun der Krieg fü r jedes Volk ein Kampf um Sein oder Nichtsein geworden: Ausrottung oder Umschmelzung der Nationalitäten wurde die Losung. « 39 Faulenbach , Ideologie. S . 16 . 40 Krill , Rankerenaissance , S . 243 . 41 Letiz , Deutschland , S . 87f . 42 Daz u ausführlic h ì'attlenbach , Ideologie , S . 3 1 ff; H . Fiessner , Di e verspätet e Nation . Über die politische Vcrführbarkeit bürgerliche n Geistes , Stuttgart 1959 , S. 22 f 43 D . Schäfer , Deutschland s Machtstellun g vo r de m Kriege , in : G . Ansclu'it z u.a . (Hg.) , Handbuch der Politik. Bd . 2 : Der Weltkrieg, Berli n 1920 3 S . 1 — 13, hier S. 13 . 44 Fauletithiih . Ideologie. S. 34 . Vgl. Plessner , Nation, S . 23. 45 Vgl . W . Witidelbiwd , Die auswärtige Politi k der Großmächte in der Neuzeit von 149 4 bis zur Gegenwart. Esse n 1936 4; ders., Deutschlands Friedenspolitik vo n der Reichsgründung bi s zum Ausbruc h de s Weltkrieges, in : Müller u. Windelhand , Bismarck . S . 5-28 ; ders., Bismarc k und di e europäische n Großmächt e 1879-1885 . Aufgrun d unveröffentlichte r Akten , Esse n 1940. Zum Ansatz Windelbands vgl. bes. ders., Politik, S . 2 : Windelband erblickte in dem »di e Nationen un d Staate n erfüllenden Lebensdrang « di e entscheidende Triebkraft de s geschichtlichen Geschehens; durch ihn würden die Staaten »zu r Bestätigung nach außen, d. h. zum Kampf mit den anderen veranlaßt«. Aufgab e des Historikers war es in seinen Augen, diese allein durch die Analys e de s historischen Geschehen s erfahrbar e »Natu r de s Staates« sichtba r z u machen . Den Überlegunge n Windelband s la g di e politisch e Perspektiv e zugrunde , Deutschlan d de n Wiederaufstieg innerhal b des europäischen Staatensystem s zu ermöglichen. 46 Windelband , Friedenspolitik, S . 6 . 47 Ders. , Politik, S . 334 . 48 Vgl . u.a . F . Meinecke, Geschichte des deutsch-englischen Bündnisproblem s 1890-1901, München 1927 ; Brandenburg , Bismarck ; W . Platzhoff , Bismarck s Reichsgründun g un d di e europäischen Mächte . Rede zur Feier des 18. Januar 1925 , Frankfurt 1915 ; E. Fischer, Holsteins Großes Nein. Di e deutsch-englischen Bündnisverhandlunge n vo n 1898-1901 , Berlin 1925 ; U. 235 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 78-8 2 Noack, Bismarck s Friedenspoliti k un d da s Proble m de s deutsche n Mach t Verfalls, Leipzi g 1928; F . Rachfahl , Deutschlan d un d di e Weltpoliti k 1871-1914 . Stuttgar t 1923 ; ders. . Di e deutsche Außenpoliti k de r Wilhelminische n Ära , Berli n 1924 ; ders., De r Rückversicherungs vertrag, de r »Balkandreibund « un d da s Bündnisangebo t Bismarck s a n Englan d vo m Jahr e 1887, in : WA . Bd . 16 . 1925 , S . 76-134 ; den. , Vo m Dreikaiserbündni s bi s zum Zweibund . Die Entent e un d di e Einkreisun g Deutschlands , in : Atischütz , Handbuch , S . 90-107;J . Hal ter, Di e Aer a Bülow , Stuttgar t 1922 ; ders. , Englan d un d Deutschlan d u m di e Jahrhundertwende, Leipzi g 1929 . Daz u A . S . Jerussaiimshi, De r deutsche Imperialismus . Geschicht e und Gegenwart. Berli n 1968 , S. 346-373 ; Schleier, Geschichtsschreibung, S . 205f . 49 Sieh e dazu bes . Rachfahl , Deutschland , S . 84 ; ders., Rückversicherungsvertrag , S . 6 3 f ; ders., Dreikaiserbündnis, S . 103 . 50 Haller , Aera, S . 5 7 f. 51 Vgl . ebd. , S . VI. 52 Vgl . u.a . G . Roioff , Di e Bilan z de s Krieges . Ursprung-Kampf-Ergebnis , Königstein / Ts. 1921 ; ders., Zur englischen Politi k i m Juli 1914 , in : HZ, Bd . 130 . 1924 , S . 277-286 ; ders.. Die Bündnisverhandlunge n zwische n Deutschlan d un d England , in : BM , Bd . 7 , 1929 , S. 1167-1222 ; H . Rothfels , Bismarck s englisch e Bündnispolitik , Stuttgar t 1924 ; ders. , Zu r Beurteilung de r englische n Vorkriegspolitik , in : Arch . f . Pol . u . Gesch. , Bd . 4 , 1926 , S. 599-615 ; ders. , Zu r Geschicht e de s Rückversicherungsvertrages , in : PJ , Bd . 187 , 1922 , S. 265-292 ; ders. , Bismarck s Stur z al s Forschungsproblem , in : PJ . Bd . 191 , 1923 . S . 1-29 ; G. Ritter , Bismarck s Verhältni s z u Englan d un d di e Politi k de s Neue n Kurses , Berli n 1924 ; ders., Di e Legend e vo n de r verschmähte n englische n Freundschaf t 1898-1901 . Freibur g 1929. 53 Ebd. , S . 40 . 54 Ebd. , S . 43 . 55 Di e Diskussio n übe r de n Rückversicherungsvertra g wir d dokumentier t vo n H . Hall nuvin (Hg.) , Zu r Geschicht e un d Problemati k de s deutsch-russischen Rückversicherungsver trages von 1887 , Darmstadt 1968 . 56 R . I :rankenberg, Di e Niehtemeuerung de s deutsch-russischen Rückversicherungsvertra ges imjahre 1890 , Berli n 1927 , S. 168 . 57 Ebd..S . 162f . 58 Vgl . Heß , Deutschland . S . 152ff. . bes . S . 153 : Gemeinsam se i Mommsc n un d Becke r »die Bejahun g de s Primat s de r Außenpoliti k un d de r Wunsc h nac h eine r innere n Einheits front au f de r Grundlag e de r Anerkennun g de s bestehende n Weimare r Staates « gewesen . »Beide bemühte n sic h i m Sinn e de s demokratische n Nationalismu s darum , di e Identitä t ei ner nationale n Gesinnun g mi t de r Feindschaf t gege n de n demokratische n Weimare r Staat , wie si e fü r weit e Kreis e de s Bürgertum s galt , durc h di e Verfechtun g eine r nationale n Hal tung gerad e au f de m Bode n de s Weimare r Staate s aufzubrechen. « Au s de r Füll e der Schrif ten Becker s vgl. u.a . O . Becher , Bismarc k un d die Einkreisung Deutschlands , 2 Bde.. Berli n 1923-25; ders. , Bismarc k un d die Aufgabe n deutsche r Weltpolitik , in : E . Daniel s u. P . Riihl mantï (Hg.) , A m Webstuh l de r Zeit . Ein e Erinnerungsgabe . Han s Delbrück , de m Achtzig jährigen, vo n Freunde n un d Schüler n dargebracht , Berli n 1928 , S . 103-122 ; ders. , Deutsch lands Zusammenbruc h un d Auferstehung . Di e Erneuerun g de r Staatsgesinnun g aufgrun d der Lehre n unsere r jüngste n Vergangenheit , Berli n 1921 ; ders.. Di e geschichtlich e Stellun g der Weimare r Reichsverfassung . Red e anläßlic h de r Verfassungsfeie r de r Universitä t Hall e am 30 . Juli 1930 , in : Weimare r Reichsverfassun g un d national e Entwicklung , Berli n 1931 , S. 3-69 . 59 Vgl . ders., Zusammenbruch, S . 67 , 121 ; ders., Stellung, S . 7 , 39. 60 Vgl . ders., Bismarck, Bd . 2 . S. 236ff . 61 Ebd. , S. 238 , 241. Vgl. ferne r ebd., S . 232 , 251. 62 P . Rassow, Schheffen un d Holstein, in ; HZ, Bd. 173 , 1952, S. 297-313 , hier S. 29 9 f.
236 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Awnvrkuugeti ci f Seit e 82-8 4 63 G . Ritter , Rcz . »H . Onckcn , Da s Deutsche Reic h und die Vorgeschicht e de s Weltkrieges«, in : Dt . Literaturzeit. . Bd . 54 . 1933 , Sp . 1463-1472 , hie r Sp' . 1465 . Vgl . auc h das. , Legende, S . 11 . 64 Fauienbach , Ideologie . S . 309 . Dazu kritisch H . A . Winkler , Historike r vo r Hitler. Auc h eine Vorgeschichte de s Versagens vo n 1933 , in : Di e Zeit, 24 . Juli 1981 , S. 13 . Vgl. ferne r R . I 'ierluuts, Die Ideologie eines deutschen Weges der politischen und sozialen Entwicklung, in : R. v. Thadde n (Hg.) , Di e Kris e de s Liberalismu s zwische n de n Weltkriegen , Göttinge n 1978 . S. 96-114 . Di e Thes e vo n eine m deutsche n »Sonderweg « is t i n jüngster Zei t Gegenstan d heftiger Auseinandersetzungen . Ausgelös t wurd e dies e Diskussio n durc h amerikanisch e un d englische Historiker : Vgl . D . Blackbourn u. G. lìley, Mythe n deutscher Geschichtsschreibung . Die gescheiterte bürgerliche Revolution vo n 1848 , Frankfurt 1980 ; D. P . Calleo, Legende und Wirklichkeit der deutschen Gefahr. Neu e Aspekte zur Rolle Deutschlands in der Weltgeschichte von Bismarck bi s heute, Bon n 1980 . Für die Debatte innerhalb der bundesrepublikanische n Geschichtswissenschaft sieh e u. a. B. faulenbach, »Deutsche r Sonderweg«. Zu r Geschichte und Problematik eine r zentralen Kategori e des deutschen geschichtlichen Bewußtseins , in : APUZ, B 33/81, 15 . Augus t 1981 , S. 3-21 ; W. Mock , »Manipulatio n vo n oben« ode r Selbstorganisa tion a n der Basis ? Einige neuere Ansätze in der englischen Historiographi e zu r Geschichte des deutschen Kaiserreiches , in : HZ , Bd . 232 . 1981 , S. 358-375 ; K . Hildebrand , Staatskuns t ode r Systemzwang? Di e »Deutsch e Frage « al s Proble m de r Weltpolitik , in : HZ , Bd . 228 , 1979 , S. 624—644 ; H.-U. Wehler , »Deutsche r Sonderweg « ode r allgemeine Probleme des westlichen Kapitalismus? Zu r Kriti k a n einigen »Mythe n deutsche r Geschichtsschreibung« , in : Merkur , Bd. 35 . 1981 , S. 478-487 ; M . Stürmer , Nationalstaa t un d Klassengesellschaf t i m Zeitalter de s Bürgers - Ei n Versuch , in : ebd. , S . 465-477 ; G . fcley, Antwort a n Hans-Ulric h Wehler , in : ebd., S . 757-759 ; H.-U. Hehler . Rückantwort a n Geoff Eley. in: ebd.. S . 760 ; H. A . Wuihler , Der deutsch e Sonderweg : Ein e Nachlese , in : ebd. . S . 793-804 ; De r Deutsch e Sonderweg . Historische Realität oder Mythos?. Münche n 1982 . 65 H . Oncken, Das Deutsche Reich und die Vorgeschichte des Weltkrieges, 2 Bde., Leipzi g 1933. Dieser Arbeit blieb jedoch eine größere Wirkung versagt . Ursach e dafür ist nicht zuletzt die Auseinandersetzung Oncken s mit seinem Schüler Walter Frank, der seit 193 5 das »Reichsinstitut fü r Geschicht e de s neuen Deutschlands « leitete . Oncke n wurd e 193 5 zwangsemeritiert. Dazu näher H. Haber, Walte r Fran k und das Reichsinstitut fü r Geschichte des neuen Deutsch lands, Stuttgar t 1966 . S . 172-216 . A n umfangreiche n Arbeite n au s de r Weimare r Zei t sin d außerdem z u nennen lirandenhnrç , Bismarck : F. Luckwaldt, Politisch e Geschichte des Weltkrieges. Sei n Ursprun g un d sei n Verlauf , 2 Bde. , Berli n 1919-22 . Mi t ähnliche r Tenden z wi e Oncken vgl . P . Herre . Di e kleine n Staate n Europa s un d di e Entstehun g de s Weltkrieges . München 1937 . Zu Person und Werk Onckens vgl. K . Schwabe, Hermann Oncken, in: Wehler, Historiker, Bd . 2 . S . 81-97 ; Weisz, Geschichtsauffassung, bes . S. 238ff . Oncke n gehörte vor 1914 zu den gemäßigt-liberalen Vertreter n der Ranke-Renaissance. Nac h dem Ende des Ersten Weltkrieges hielt der»Vernunftrepublikaner« a n dem Forschungsansatz der Neurankeaner fest, obwohl e r sich gegen ein e Kanonisierung de s zur Reichsgründun g führende n deutsche n Ent wicklungsweges wandte . Mi t Rech t ha t Gerhard Ritte r das Weltkriegsbuch Oncken s als »ei n echtes Produk t jener Historikergeneration « bezeichnet , »die , i m Bismarcksche n Deutschlan d autgewachsen, ohn e de m Zeitalte r Bismarck s noc h eigentlic h anzugehören , ihr e Aufgab e vorzugsweise dan n sieht , di e großen Traditione n de s bismarekischeu Staate s . . . i n das neue Deutschland hinüberzuretten.« Ritter , Rez . Oncken, Sp . 1465 . 66 Oncken , Reich, Bd . 2 , S. 824f . 67 Ebd..S . 827f . 68 Ebd. , S . 822f . 69 Vgl . ebd., S . 82 9 ff, 599 , 822; den., Di e historische Rheinpolitik de r Franzosen, in : den., Nation und Geschichte. Rede n und Aufsätze 1919-1935 , Berli n 1935 , S. 135-184 ; den., Grey s Kampf um den Eintritt England s in den Weltkrieg, in : ebd., S . 439-514 . 237 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 84—86 70 S . A . Kaehler, Vo m gcschiclnlichen Erlcbnisgehalt der Versailler Schuldthese. Akademi sche Vorlesung gehalten am 8. Juli 192 9 im Auditorium Maximu m de r Schlesischen Fnedrich Wilhelm-Univcrsität, Bresla u 1929 . S . 12 ; H . Rothfvls , Di e Universitäte n un d de r Schuld spruch von Versailles. Zum 28. Juni 1929 . Eine ungehaltene Rede, Königsberg 1929 , S. 9 . 71 Vgl . Kaehler , Erlebnisgehalt, S . 16ff. ; Rothfels , Universitäten , S . 6ff . 72 Daz u bes. Kaehler, Erlebnisgehalt, S . 20-24 . 73 S o z. B. Faulenbach, Deutsche Geschichtswissenschaft; H.-U . Wehler , Geschichtswissen schaft heute, in: J. Haberma s (Hg.), Stichwort e zur ›Geistigen Situatio n der Zeit«, Bd . 2 : Politik und Kultur, Frankfur t 1979 , S.709-753, bes . S. 713f f 74 Dcliio , Deutschland. S . 23 . Vgl. ferne r Thimme , Flucht, S . 93 . 75 Mi t de r Entwicklun g de r Geschichtswissenschaft i m »Dritte n Reich « beschäftige n sic h u.a. K . F . Werner , Das NS-Geschichtsbild und die deutsche Geschichtswissenschaft, Stuttgar t 1967; ders., Die deutsche Historiographie unter Hitler, in ; Faulenbach, Geschichtswissenschaft , S. 86-96 ; Iggers, Deutsche Geschichtswissenschaft, S . 31 8 ff; Heiber , Frank; ders., Liberale und nationale Geschichtsschreibung, in : Nationalsozialismus und die deutsche Universität. Univer sitätstage 1966 . Veröffentlichun g de r Freie n Universitä t Berlin , Berli n 1966 , S . 109—125 ; H. Roth fels, Di e Geschichtswissenschaft i n den dreißige r Jahren, in : Deutsche s Geistesleben un d Nationalsozialismus. Eine Vortragsreihe der Universität Tübingen, mi t einem Nachwort v. H. Diem, hg . v . A . Flitticr , Tübinge n 1965 , S . 90-107 ; F . Graus , Geschichtsschreibun g un d Nationalsozialismus, in : VfZ , Bd . 17 , 1969 , S . 87-95 ; R . l'ierhaus , Walte r Fran k un d di e Geschichtswissenschaft i m Nationalsozialistische n Deutschland , in : HZ , Bd . 207 , 1968 . S. 617-627 ; G . Franz , Da s Geschichtsbil d de s Nationalsozialismu s un d di e deutsch e Ge schichtswissenschaft, in : Häuser, Geschichte, S. 91-111 ; Flessau, Schule; N. Schausberger, Intentionen de s Geschichtsunterricht s i m Rahme n de r nationalsozialistische n Erziehung , in : M . Heinematm (Hg.) . Erziehun g un d Schulun g i m Dritte n Reich . Tei l 1 : Kindergarten, Schule . Jugend. Berufserziehung , Stuttgar t 1980 , S . 251-263 ; E . Nyssen , Schul e i m Nationalsozialis mus, Heidelber g 1979 . Kritik an den verschiedenen nach 194 5 veranstalteten Vorlesungsreihe n zur Geschichte der deutschen Universitäte n i n den Jahren vo n 193 3 bis 194 5 übt W . F . Hang , Der hilflose Antifaschismus . Zu r Kriti k de r Vorlesungsreihe n übe r Wissenschaf t un d N S an deutschen Universitäten , Köl n 1977 . Zum Verhalten des NS-Staates gegenüber den republikanischen Historiker n vgl . bes . Iggers , Deutsch e Geschichtswissenschaft. S . 32Of f Eine n gute n Überblick übe r di e nac h 193 3 erschienenen Untersuchunge n zu r Vorgeschicht e un d Entste hung de s Weltkrieges vermittel n di e Literaturhericht e vo n Han s Herzfeld. Daz u II. Herz fehl, Forschungsberichte, in:JfG , Bd . 9/1(1 . l933'34. S . 34S-365 ; Bd. 11 , 1935. S. 286-3‹6 ; Bd. 12 . 1936, S. 287-303 ; Bd. 13 , 1937 , S. 302-315 . Besonder s hingewiesen se i auf einige Dissertationen, di e sic h mi t de r Kriegszielpoliti k de s Deutsche n Reiche s beschäftigten : J . Krause , Di e Entwicklung de r Kriegszielideen de r deutschen Parteie n i m Weltkrieg bi s zur Friedensresolution des Reichstags im Juli 1917 . Diss. München 1935 ; H. Ostfeld, Die Haltung der Reichstagsfraktion de r Fortschrittlichen Volksparte i z u den Annexions- und Friedensfrageu i n denjahren 1914-1918, Diss . Würzbur g 1934 ; F. Wacker , Die Haltung de r Deutschen Zentrumsparte i zu r Frage der Kriegsziel e i m Weltkrieg 1914-1918 , Diss . Würzbur g 1937 . Vgl. ferne r E . Brandenburg, Diejahrzehnte vor dem Weltkrieg, in : Das Zeitalter des Imperialismus 1890-1933 , bearb. v. W . Goet z u.a. . Berli n 1933 ; T . Goebe( , Deutsch e Pressestimme n i n de r Julikrise 1914 . Stuttgart 1939 ; H. Hallmann , U m di e russische Mobilmachung . Diplomatisch e Studie n zu m Ausbruch de s Weltkrieges, Stuttgar t 1939 ; E. Hemmer, Die deutschen Kriegserklärunge n vo n 1914, Stuttgar t 1934 ; G . Hilìer , Di e Entwicklun g de s österreichisch-serbischen Gegensatzes , Halle I934fw . Kleinknecht , Di e englische Politiken de r Agadirknse (1911) , (Berli n 1937 ) ND Vaduz 1965. Alle diese Arbeiten bewegen sich in den Bahnen der Weimarer Weitkriegshistorie . 76 Iggers , Deutsche Geschichtswissenschaft. S . 324 . 77 Werner , NS-Geschichtsbild, S . 96 . 78 Wahl , Geschichte, Bd . 4 , S . 740 , 739f.
238 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Atimerkungen zu Seit e 86-88 79 E . v. Frauenholz, Weltknegsliteratur. Nachträg e für dasjahr 1935 , in: Militärwiss. Mitt. , Bd. 67 , 1936 , S. 405-411 , hie r S. 405 . Vgl. ferne r ders., Wcltknegslitcratur. Nachträg e für das Jahr 1933 , in: ebd., Bd . 65 , 1934 , S. 447-454 ; ders., Weltkriegsliteratur. Nachträg e für dasjah r 1934, in: ebd., Bd . 66 , 1935 , S. 447-451 . 80 Werner , NS-Geschichtsbild, S . 24 , 27. 81 Vgl . E . Anrieh , Europa s Diplomati e a m Voraben d de s Weltkrieges . Ein e Bilan z de r wissenschaftlichen Forschun g übe r die Vorgeschichte de s Weltkrieges un d die Julikrise 1914 , Berlin 1937 ; ders., Di e jugoslawische Frag e un d di e Julikrise 1914 , Stuttgar t 1931 ; ders., Di e englische Politi k i m Juli 1914 . Ein e Gesamtdarstellun g de r Julikrise, Stuttgar t 1934 . Zu m politischen Werdegan g Anrichs , der schon vor 193 3 zu den Anhängern der Nationalsozialiste n gehörte, abe r aufgrun d seine r Oppositio n gege n de n Studentenbunds-Reichsführer Baidu r v. Schirach aus der Partei ausgeschlossen worden war, vgl . Heihvr , Frank, S . 54 1 f. 82 Anrieh , Diplomatie, S . 5 . 83 Ebd. , S . 8l.84f . 84 Vgl . H . Ulmann , Deutschlan d 1890-1918 , Berli n 1936 ; R . Suchenwirth , Deutsch e Ge schichte. Vo n de r germanische n Urzei t bi s zu r Gegenwart , Leipzi g 1938 . Ullmann s Buc h richtete sich vornehmlich a n Lehrer; er wollte die Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges in das nationalsozialistische Geschichtsbil d einfügen . Leitgedank e de r Arbei t de s österreichische n Nationalsozialisten Suchenwirt h wa r es , di e Thes e vo n de r Notwendigkei t eine s großdeut schen Reiches historisch zu fundieren. 85 Suehenwirth , Geschichte, S . 509 . 86 Vgl . ebd. , S . 510 . 87 Herz(eld , Staat , S . 143 . 2. Sehuldthesen , Traditionskriti k und demokratische Erneuerung 1 V¾l . dazu näher unten, S . 20f., 22ff. , 34ff . 2 Di e Begriff e »radikal « un d »gemäßigt « diene n hie r allei n de r Kennzeichnun g eine r be stimmten Positio n i n de r Schulddebatte , nich t jedoc h zu r Charakterisierun g verschiedene r Strömungen i n de r organisierte n Friedensbewegung . Daz u F.-K . Seheer , Di e Deutsch e Frie densgesellschaft (1892-1933) . Organisation . Ideologie , politisch e Ziele . Ei n Beitra g zu r Ge schichte de s Pazifismu s i n Deutschland . Frankfur t 1981 , S. 37 1 tï., bes . S . 371, Anm. 1 . Zur Geschichte der Friedensbewegung i n der Weimarer Republik un d der pazifistischen Schulddis kussion vgl . u.a . ebd. , S . 365-370 ; H . Donat , Di e radikalpazifistische Richtun g i n der Deut schen Fnedensgesellschaf t (1918-1933) , in : K . Hol l u . W . Wett e (Hg.) , Pazifismu s i n de r Weimarer Republik . Beiträg e zu r historischen Friedensforschung , Paderbor n 1981 , S. 27-45 ; Das Andere Deutschland. Unabhängig e Zeitung fü r entschieden republikanisch e Politik . Ein e Auswahl (1925-1933) , hg . u . eingel . v . H . Dona t u . L . Wieland , mi t eine m Vorwor t v . I. Küster, Kömgstein/Ts . 1980 ; K . Hoìl , Di e deutsch e Friedensbewegun g i n de r Weimare r Republik, in : Jb. d . Witthei t z u Bremen, Bd . 20 , 1976 , S. 7-24 ; R . Liitgenteier-Davin , Pazifis mus zwischen Kooperatio n un d Konfrontatio n i n der Weimare r Republik . Köl n 1982 ; R . R . Schlüter, Problem e de r deutsche n Friedensbewegun g i n de r Weimare r Republik , Diss . Bon n 1974; H. U'ehber$ , Grundsätzliche Erörterungen zu r Politik de r deutschen Friedensbewegung , in: FW. Bd . 21 , 1927, S. 161-167 . Grundlegend fü r die Geschichte des Begriffes »Pazifismus « ist K. Holl, Art . »Pazifismus« , in : GGb, Bd^ 4, Stuttgar t 1978 , S. 767-787 . 3 Vgl . u.a . F . W . Foerster , Mei n Kamp f gege n da s militaristisch e un d nationalistisch e Deutschland. Gesichtspunkt e zu r deutsche n Selbsterkenntni s un d zu m Aufba u eine s neue n Deutschland, Stuttgar t 1920 ; ders., Erlebte Weltgeschichte 1869-1953 . Memoiren , Nürnber g 1953; ders., Europa und die deutsche Frage. Eine Deutung und ein Ausblick, Luzer n 1937 ; ders., Mein Schrifttum . Persönlich e Kommentare . Verzeichni s meine r Veröffentlichunge n un d Be239 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen zu Seit e HH-9l gründung ihre s Sinne s un d ihre r Einheit , in : Progranin i eine r Lebensarbeit . Ein e Schrift vo n und übe r Friedric h Wilhel m Foerster . Mi t eine m Beitra g v . H . Schwan n u . F . Pöggelcr . Freiburg l%l ; R . Cìrelling , J'accuse ! Vo n eine m Deutschen , Lausann e 1915 ; den. , Vidcan t Consules . . . oder Die Gefahren de r Unschuldskampagne , Hage n \92(r,ders. , De r Lokalisierungsschwindel. Da s Steckenpferd de r Unschuldspropaganda , Hage n 1927 ; F. C . Fndres , Der deutschen Tragödi e erste r Teil . Stuttgar t 194 8 (be i diese m Buc h handel t e s sic h u m de n teilweise gekürzten Neudruc k de r Schrift »Di e Tragödie Deutschlands . I m Banne des Macht gedankens bis zum Zusammenbruch de s Reiches. Von einem Deutschen« , Stuttgar t 1923) ; H. Kanner, Di e neueste n Geschichtslügen , Wie n 1921 ; ders., Kaiserlich e Katastrophen-Politik . Ein Stück zeitgenössische r Geschichte , Leipzi g 1922 ; ders., Ist Wilhelm II. strafbar? Di e internationale Verantwortlichkei t de r Staatsoberhäupte r i n Kriegsfällen , Ludwigsbur g 1923 ; ders.. Der Schlüsse ] zu r Kriegsschuldfrage . Ei n verheimlichte s Kapite l de r Vorkriegsgeschichte . München 1926 . Ferne r müsse n di e Stellungnahme n vo n Herman n Kantorowic z un d Walte r Fabian der »radikalen « Positio n zugeordnet werden . Daz u S. 94ff . diese r Arbeit sowie Fabian, Kriegsschuldfrage; ders. , Grundsätzliche s un d Tatsächliche s zu r Kriegsschuldfrage , in ; FW . Bd. 25 , 1925 , S.“ 103-107. 4 Di e Stellung Schücking s i n der Friedensbewegun g un d dessen Positio n i n der Schuldde batte behandel t ausführlic h D . Acher , Walthe r Schückin g (1875-1935) , Münste r 1970 . Zu r Haltung Quiddes vgl . bes . L . Quidde , Di e Schuldfrage , Berli n 1922 ; ders. , De r deutsch e Pazifismus vo r un d nac h de m Weltkriege , in : Völker-Friede , Bd . 18 . 1918 , S . 97-99 . 109 113. Ähnlic h wi e Quidd e argumentiert e de r Historike r Vei t Valentin . Vgl . V. l'atentin, Deutschlands Außenpoliti k vo n Bismarck s Abgan g bi s zu m End e de s Weltkrieges , Berli n \92l;ders., Di e Skala der Schuldigen, in : Die Hochschule. 1922 . S. 235-238 . 5 Doihit , Richtung , S . 2 9 f. 6 Vgl . u.a . E . Kehr , Schlachtflottenba u un d Parteipoliti k 1864-1901 . Versuch eines Quer schnitts durc h di e innenpolitischen , soziale n un d ideologische n Voraussetzunge n de s deut schen Imperialismus . (Berli n 1930 ) N D Vadu z 1965 ; ders. , De r Prima t de r Innenpolitik . Gesammelte Aufsätz e zu r preußisch-deutsche n Sozialgeschicht e i m 19 . und 20 . Jahrhundert. hg. u . eingel . v . H.-U . Wehler . Frankfur t 1970- ; A . Rosenberg , Entstehun g de r Weimare r Republik, hg . v . K . Kersten , Frankfur t 1961 : ders., Das Geheimnis der deutschen Kriegserklä rungen, in : Di e Gesellschaft , 6 . Jg., 1929 , Bd . 2 , S . 51-57 ; ders. , Zu r Vorgeschicht e de s Weltkrieges. Di e neue n österreichische n Akten , in : Di e Gesellschaft . 8 . Jg.. 1931 , Bd . 1 . S. 28-42 ; ders. . Di e französische n Dokument e übe r di e Ursache n de s Weltkrieges , in : ebd. . S. 4 1H- 422; litillgiirten . Imperialismu s Z u diese r Grupp e vo n Historiker n gehör t außerde m noch Alfred Vagts . E r beschäftigte sic h jedoch nu r am Rande mit den Ursache n de s Weltkrieges. Dahe r werden seine Thesen hier nicht behandelt. Vgl . u. a. A . I igts, Deutschland und die Vereinigten Staate n i n de r Weltpolitik , 2 Bde. , Londo n 1935 ; ders., Bilanze n un d Balancen . Aufsätze zur internationalen Finan z und internationalen Politik , hg . v . H.-U . Wehler , Frank furt 1979 . 7 Seiner , Friedensgesellschaft , S . 363 . Dazu : Achte r deutsche r Pazifistenkongre ß einberu fen vo n de r Deutsche n Friedensgesellschaf t u . de r Zentralstell e Völkerrecht . Berli n 13. 15. Jun i 191 9 im Preußische n Herrenhaus . Verhandlungsbericht . Charlottenbur g 191 9 sowie Schlüter, Probleme, S . 92-120 . 8 Hol( , Friedensbewegung , S . ll) . 9 Vgl . Doihit . Richtung. S . 27 . 31. 10 Ebd. , S . 30 . 11 F . W . Foerster, Neu e Erzieherpflichten fü r unsere Zeit, in : Der Weltkrieg i m Unterricht , Gotha 1915 , S. 7-23 . hie r S. 20 . Dazu Schwabe, Wissenschaft, S . 24 , 53, 215, Anm. 68 . 12 F . W . Foerster , Christu s un d de r Krieg , in : ders. , Di e deutsch e Jugend un d de r Welt krieg. Kasse l 1915 , S. 25-42 , hier S. 32 . Wal Schwabe , Wissenschaft. S.~38 . 13 Foerster , Weltgeschichte . S . 245 ; ders. , Bismarck s Wer k i m Licht e de r großdeutsche n 240 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 9î-9 6 Kritik, in : FW . Bd . 18 , 1916 . S . 1-9 . Daz u Schwabe , Wissenschaft . S . Ulf . sowi e Seheer , Friedensgeseilschaft, S . 4l2f . 14 Ebd. , S . 416 , vel. allgemein S. 412-419 . 15 Foerster , Kampf , S . 15 0 sowie ders., Schrifttum, S . 91 . Vgl. fernerem., Weltgeschichte , S. 298 ; Seheer, Friedensgeseilschaft . S . 41 2 ff. 16 Foerster , Kampf. S. 146 . Dazu auch ders., Europa, S. 405 . 17 Ftuires , Tragödie , S . 36 . Vgl . daz u auc h ders. , Militarismu s al s Geistesverfassun g de s Nichtmilitärs, in : V. R. Berghuh n (Hg.) , Militarismus , Köl n 1975 , S . 99-101 , hie r S . 99: »Militarismus ist die Geistesverfassung des Nichtmilitärs . . . Der Militarismus ist die bürgerliche Anerkennung de r militärischen »Ritterschaft*. « 18 Vgl . ders. . Tragödie. S . ll()ff . 19 V. R. Berghuhn, Einleitung, ur.ders. , Militarismus, S . 9-38 , hie r S. l5f . 20 Katiner , Katastrophenpolitik, S . 404 . 21 Ebd.,S . 405 . 22 Vgl . ders. , Geschichtslügen, S . 5ff . 23 Katiner . Schlüssel, hie r S. 46 . 24 Daz u Grelling, Consules; Fabian, Kriegsschuldfrage . 25 (jrf/ƒifiíj.J'accuse , S . 23. 26 Ders. , Consules, S. 3 1 f. Vgl . ebd., S. 4ff. , 29ff . Noch schärfer über die außenpolitischen Zielsetzungen de r »Unschuldskampagnc « urteilt e Herman n Kantorowicz . Vgl . Kantorowicz , Geist, S . 467f. : »Diese s Ziel ist nicht. . . die Entzündung des deutschen Revanchekrieges; es ist nicht . . . Bekehrun g un d Verzicht unsere r einstigen Kriegsgegner . E s ist vielmeh r . . . dies: das deutsche Vol k moralisc h au f den kritischen Augenblic k vorzubereiten , i n dem die innenund außenpolitische Lag e der Reichsregierun g gestatte n würde , einseiti g z u erklären, da ß der Versailler Vertra g un d di e au f ih m ruhende n Reparationsverpflichtunge n au f de r seitde m widerlegten Lüg e von der deutschen Kriegsschuld fußen und also hinfällig geworde n seien.« 27 Daz u Greílinv, Lokalisierutiiísschwindel . S . 55f . 28 Fabian , Kriegsschuldfrage , S . 3 . Vgl . ferne r ders. , Erinnerunge n a n di e Friedensbewe gung zwischen 191 9 und 1932, in: H. Donat u. J. P . Tamme n (Hg.), Friedenszeichen . Lebenszei chen. Pazifismu s zwische n Verächtlichmachun g un d Rehabilitierung . Ei n Lesebuch zu r Fne dcnscrziehuni;, Bremerhave n 1982 . S. 167-173 . 29 iabian , Kriegsschuldfrage . S . 17 . 30 Viíl . ebd.. S . 19-34 , hicrS . 48 . 31 Daz u ebd., S . 35-78 , bes. S. 24ff . 32 H . Draeger, Die deutsche Revisionsbewegung, ihr e bisherige Entwicklung un d künftigen Ziele, in: Bericht über die Reichstagung des Arbeitsausschusses Deutscher Verbändein Goslar, 5.-7. Jul i 1927 , Berli n 1927 , S . 7-29 , hie r S . 22 . Di e Kritik Draeger s beleuchtet nu r unzureichend di e politisch e Situatio n de r »radikalen « Gegne r vo n »Unschuldskampagne « wi e deut scher Vorkriegspolitik. Si e standen stets in der Gefahr, auc h strafrechtlich verfolg t z u werden. Vçl. Schueler , Flucht. 33 Vgl . Liitgemeier-DiWin , Pazifismus . S . 124ff. , bes . S. 126,Donat , Richtung , S . 30 . 34 Vgl . H . Wehberg, Ludwi g Quidde, Offenbach 1948 , S. 56-58 . 35 Quidde , Pazifismus , S . 9 9 sowi e ders. , Schuldfrage , S . 1 . Übe r da s geschichtswisscn schaftlichc Wer k Quiddes und seine Position i n der Friedensbewegung gib t es ein umfangrei ches Schrifttum. Vgl . u.a . R . Rürup , Ludwi g Quidde , in : Wehler, Historiker, Bd . 3 , S . 124— 147; H.-U. Hehler , Ludwig Quidde, in: ders. (Hg.), Ludwig Quidde, Caligula, Frankfur t 1977 , S. 7-18 ; ders., Staatsgcschichte; U.-F . Taube , Ludwig Quidde . Ei n Beitrag zur Geschichte des demokratischen Gedanken s i n Deutschland , Kallmün z 1963 ; Seheer , Friedensgesellschaft , S. 136-142 . 36 Vgl . Quidde, Schuldfrage, S . 4-12 . 37 Ebd. , S . 15 . Daz u auc h R . Koplin , Car l vo n Ossietzk y al s politischer Publizist , Berli n
241 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 96-10 2 1964, S . 37f. ; Holl , Friedensbewegung , S . 15 . Eine Beruhigung de r Schulddebatt e innerhal b der Friedensbewegun g gelan g Quidd e abe r nicht . I m Gegenteil : Sein e These n stieße n au f heftigen Widerspruch . Kritisc h z u Quidd e vgl . bes . O . Lehmann-Russbüldt , Di e Schuldfrag e und Prof. Quidde, in : Süddt. Sonntagszeit. , 3 . Jg., Nr . 9 , 26. Februa r 1922. 38 Vgl . Scheer , Friedensgesellschaft , S . 371-405 , 59 9 it.; W . Wette , Ideologien, Propagand a und Innenpolitik als Voraussetzungen de r Kriegspolitik de s Dritten Reiches, in: W. Deist u. a., Ursachen un d Voraussetzunge n de r deutsche n Kriegspolitik , Stuttgar t 1979 , S . 25-173 , bes . S. 86 . 39 L . Quidde, Die internationale Politik der Gegenwart, in: Der deutsche Friedenskongreß in Stuttgart 1909 , Eßlmgen 1909 , S. 20-22 , hierS. 22 . Vgl. Scheer, Fnedensgesellschaft, s/ l 36 ff. 40 Vgl . Valentin , Außenpolitik . Dies e Untersuchun g is t di e überarbeitet e Fassun g eine r Denkschrift, di e Valentin in den Jahren 1915/1 6 im Auftrage de s Auswärtigen Amte s angefertigt hatte, aber aus politischen Gründen nicht veröffentlichen konnte . Für das Auswärtige Amt war Valenti n vo r alle m wege n seine r gemäßigte n Haltun g i n der Kricgszieldiskussio n sowi e seiner Kriti k a n den Alldeutschen interessan t geworden , di e die Kriegs- und Vorkriegspoliti k Bethmann Hollwegs als zu schwach attackierten. Dazu E. Fehrenbach, Veit Valentin, in: Wehler, Historiker, Bd . 1 , S . 69-85 , bes . S . 7 3 f. sowi e Schleier , Geschichtsschreibung , S . 354f f Z u Valentins politischer Entwicklung un d seiner Geschichtsschreibung vgl . ferne r Wehler , Staatsgeschichte; Perspektiven un d Profile. Au s Schriften Vei t Valentins, hg . v . Frankfurte r Verei n für Geschichte und Landeskunde. Ausgew . u . cingcl. v . W. Schaber , Frankfur t 1965 . 41 Vgi . z . B. V. Valentin, Di e Weltlage nach dem Friede n vo n Versailles , in : Neues Reich, Bd. 1 , 1920 , S . 1-3 . Sieh e ferne r ders. , Di e 48e r Revolutio n un d de r Völkerbundsgedanke , Berlin 1919 ; dm., Geschichte des Völkerbundsgedankens in Deutschland. Ein geistesgeschichtlicher Versuch, Berli n 1920. 42 Faulenbach , Ideologie . S. 19 . l'alentin , Außenpolitik , S . 1 f., 4f . 43 Ebd.,S . 5f . 44 Vgl . Faulenbach , Ideologie , S . 21 ; Fehrenbach, Valentin . 45 Vgl . Valentin , Skala, S . 235f . 46 Daz u ebd., S . 236ff . 47 Vgl . ders., Außenpolitik, S . 14ff , 166f. , 236f. 48 Vgl . Scheer , Fnedensgesellschaft, S . 368f . 49 J. Radkau , Georg e W . F . Hallgarten , in : Wehler , Historiker , Bd . 6 , S . 103-117 , hie r S. 103 . 50 H . Berditw, Arthu r Roscnberiz, in: Wehla , Historiker , Bd . 4 . S. 81-96 , hier S. 83 . 51 Ebd. , S . 84,86 . 52 Rosenberg , Entstehung, S . 37 . 53 Ebd.,S . 38. 54 Ebd.,S . 37 . 55 Ebd. . S. 58 . 56 Vgl . ebd. , S . 57ff . 57 Ebd. , S . 64 . 58 Ders, , Deutschland , S . 422 . Vgl. : Di e Französischen Dokument e über die Ursachen de s Weltkrieges, hg . v. d. »Kommissio n für Veröffentlichung de r Dokumente zur Entstehungsgeschichte des Krieges 1914—1918 « in Paris. Vom französischen Ministeriu m de s Äußeren einzig berechtigte deutsche Ausgabe, übers , u. hg. v . A. Rosenberg, Bd . 1 , Reihe 3, Berlin 1930. 59 Daz u Heinemann, Niederlage , S . 236 . 60 Vgl . Hallgarten , Imperialismus , Bd. 2 , S. 478 , Anm. 3 sowie S. 492 . Zur Entstehung des Buches und zur Geschichtsschreibung Hallgartcn s vgl . bes . Radkau , Hallgarten ; Schleier , Geschichtsschreibung, S . 452-481 , bes . S. 470ff . 61 Hall%arten , Imperialismus, Bd . 1 , S. XIX. 62 Vgl. : Auszug aus dem Briefwechsel zwische n George W. F . Hallgarten und Eckart Kehr, 242 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 102-106 1931-1933, m:J. Radka u u. I. Gehs (Hg.), Imperialismus im 20. Jahrhundert. Gcdenkschrift fü r George W. F . Hallgarten, Münche n 1976 , S. 265-278 ; F. Borkenau, Imperialismus und Spätkapitalismus, in : AP , Bd . 3 , 1952 , S . 538-540 , bes . S . 539 ; Schleier , Geschichtsschreibung , S. 464 ; Mommsen, Factors, S. 7f. , 9f . 63 Radkau , Hallgarten, S . 106 . 64 Ebd. . S . 107 . Vgl. Hallgarten , Selbstschau, S . H6íf . 65 H . Schinkel, Politik und Wirtschaft i m Zeitalter des Imperialismus, in: NPL, Bd. 9 , 1964, Sp. 854-866 , hier Sp. 86 1 f., 857 . 66 Hallgarten , Imperialismus , Bd . 1 , S. 389 , 432. 67 Ebd. , Bd . 2 , S. 50 8 sowie ebd., Bd . 1 , S. 552 . 68 Radkau , Hallgarten, S . 110 . 69 Vgl . Hallgarten , Imperialismus , Bd . 2 , S . 487f. : »Überzeugt , da ß die große Kraftprob e mit Rußland doch einmal kommen müsse, und nicht gewillt, si e durch Preisgabe der deutschen Ostposition noc h i m letzte n Augenblic k z u vermeiden , entschlo ß sic h di e imperialistisch e Führung, nich t erst zu warten, bi s der österreichische Kaiserstaat , di e einzige und letzte Waffe Deutschlands gege n Rußland , zerfresse n un d verrostet , dahingege n de r russische Säbel ferti g geschliffen sei ; die Beschlüsse vom 5. und 6. Juli 191 4 bedeuteten den Versuch einer gewaltsamen außenpolitischen Revolutio n auf der ganzen Linie von Berlin bis Bagdad, mochte die Welt in Trümmer gehen oder nicht.« 70 Vgl . H.-U . Wehler , Einleitung , in : Kehr , Primat , S . 1-29 ; ders. , Eckar t Kehr , in : ders., Historiker, Bd . 1 , S. 100-113 , bes. S . 110f . Ähnlic h wi e Hallgarten wa r Keh r sehr stark von Max Webe r beeinflußt . Daz u IVehler , Einleitun g (z u Kehr) , S . 26 : »Da s laß t sic h überal l au s seinen Arbeiten ablesen, das hat Kehr auch immer wieder gegenüber den Freunden der Berliner Jahre beton t . . . I n einer Weber s Ar t verwandten , absolute n geistige n Aufrichtigkei t zielt e auch Keh r auf den Zusammenhang vo n Gesellschafts-, Wirtschafts - und Staatsverfassun g ab ; bis i n di e Sprach e . . . läß t sic h di e Berührun g verfolgen . Vo r alle m abe r de r universalgc schichtliche Aufriß i n ›Wirtschaft un d Gesellschaft* un d die beißende Kritik an den politischen Verhältnissen de s deutschen Kaiserreich s vo n 187 1 haben Keh r in Webers Ban n geschlagen. « Zur Entwicklun g de r Geschichtsschreibun g übe r de n Tirpitzsche n Flottenba u vgl . F . Forst meier, De r Tirpitzsehe Flottenba u i m Urtei l de r Historiker, in : Marin e und Marinepoliti k i m kaiserlichen Deutschlan d 1871-1914 . hg . v . Militärgcschichtliche n Forschungsam t durc h H . Schottclius u. W . Deist , Düsseldor f 1972 , S . 34-53 . Fü r die Weimarer Histori e siehe exemplarisch H. Herz fehl, Der deutsche Mottenbau und die englische Politik, in: Arch. f. Pol . u. Gesch., Bd. 4 , 1926 , S . 97-146 ; H . Hallmann , De r Weg zu m deutsche n Schlachtflottenbau , Stuttgar t 1933. 71 Vgl . Wehler , Kehr , S. 102f . 72 Kehr , Schlachtflottenbau, S . 393 . Vgl. ferne r ders., Primat, S . 254 . 73 Wehler , Einleitun g (z u Kehr), S. 27 . 74 Vgl . K . Epstein, Vom Kaiserreich zum Dritten Reich. Geschichte und Geschichtswissenschaft i m 20. Jahrhundert. Ei n Leitfaden, hg . v . E . Pikar t u.a. , mi t einem Vorwor t v . K . D . Bracher, Frankfur t 1972 , S. 21. 75 Kehr , Schlachtflottenbau, S . 7 . Vgl. ebd., S. 445ff . 76 Daz u ebd., S . 265f. , 315 , 210. 77 Vgl . ebd. , S . 445ff . 78 Daz u bes. Mommsen , Kriegsschuldfrage . 79 Vgl . daz u näher unten, S . 136f., 157-178.
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Anmerkungen z u Seil e 106-10 8 III. Die Auseinandersetzung mit dem traditionalen Geschichtsbild 1945-196 0 1. Restauratio n und allmähliche Erneuerung der Weltkriegshistorie 1 Vgl . u.a . R . Hansen , Da s End e de s Dritte n Reiches . Di e deutsch e Kapitulatio n 1945 , Stuttgart 1966 , S . 1 1 f.; W . Jacobmeyer, Di e Niederlag e 1945 , in : Westdeutschland s We g zu r Bundesrepublik 1945-1949 . Beiträg e vo n Mitarbeitern de s Instituts fü r Zeitgeschichte, Mün chen 1976 , S. 11-24 , bes. S. 1 1 f.; H . Rothfels, Zehnjahre danach, in: Ví2, Bd . 3 , 1955 , S. 227 239. 2 Mi t de r Interpretatio n de s Nationalsozialismu s un d seine r Stellun g i n de r preußisch deutschen Geschicht e durc h Histori e un d Publizisti k nac h 194 5 beschäftigen sic h ausführlic h Hildebrand, Reich , S . 117-194 ; ders. , Hitler s Or t i n de r Geschicht e de s preußisch-deutsche n Nationalstaates, m: HZ, Bd. 217, 1969 , S. 584-632 ; ders., Der »Fall Hitler. Bilan z und Wege der Hitler-Forschung, in : NPL , Bd . 14 , 1969 , S . 375-386 ; W . Michalka , Weg e de r Hitler-For schung: Problemkreise , Methode n un d Ergebnisse . Ein e Zwischenbilanz, in : Quadern i d i storia Bd . 8 , 1978 . S . 157-190 ; Bd . 10 , 1979 , S . 123-151 ; W . Wippermann , »Deutsch e Kata strophe« ode r »Diktatur des Finanzkapitals«? Zur Interpretationsgeschichte de s Dritten Reiche s im Nachkriegsdeutschland , in : H . Denkle r u . K . Prüm m (Hg.) , Di e deutsch e Literatu r i m Dritten Reich , Themen-Traditionen-Wirkungen, Stuttgar t 1976 , S. 9-43 ; Faulenbach, Sonderweg, S . l2ff . Zu r Situatio n de r Geschichtswissenschaf t nac h 194 5 vgl . u.a . ders. , Deutsch e Geschichtswissenschaft nac h 1945 , in : Tijdschrif t voo r Gesch. . Bd . 94 , 1981 , S . 29-57 ; H . Mommsen, Haupttendenze n nac h 194 5 un d i n de r Är a de s Kalte n Krieges , in : Faulenbach , Geschichtswissenschaft. S . 112-120 ; ders. , Betrachtunge n zu r Entwicklun g de r neuzeitliche n Historiographie in der Bundesrepublik, in : G. Alfóldy u. a. (Hg.). Probleme der Geschichtswissenschaft. Düsseldor f 1973 , S . 124-155 ; Iggers , Deutsch e Geschichtswissenschaft . S . 328ff. ; ders., Neu e Geschichtswissenschaft . Vo m Historismu s zu r Historische n Sozialwissenschaft . München 1975 , S . 42ff. ; Scfiulin , Rückblicke ; ders. , Zur Restauratio n un d langsamen Weiter entwicklung de r deutsche n Geschichtswissenschaf t nac h 1945 , in : ders. , Traditionskritik , S. 133-143 ; W . Gonze , Di e deutsch e Geschichtswissenschaf t sei t 1945 . Bedingunge n un d Ergebnisse, in : HZ. Bd. 225 . 1977 , S. 1-28 . 3 H . Heimpel, De r Mensch in seiner Gegenwart, Göttinge n 1954 , S. 185 L 4 Mommsen , Haupttendenzen , S . 115 . Daz u ferne r ebd. . S . 113ff. ; ders. , Betrachtungen , S. l25ff. ; Igoers , Deutsch e Geschichtswissenschaft . S . 329ff ; Schulht , Rückblicke . S . 14ff ; ders.. Restauration. S . 136ff . 5 K . Böhme , De r preußisch e Militarismu s i n de r Historiographi e de r Bundesrepubli k un d der DDR , in : Mitt . d . Gesellschaf t d . Freund e d . Universitä t Mannhei m e.V. . Okt . 1974 . S. 32-47 , hie r S. 34 . 6 I. Geiss, Der polnische Grenzstreifen. Wilhelminisch e Expansionspläne im Lichte heutiger Geschichtsforschung, in : Der Monat. Bd . 171 . 1962, S. 58-62 . hier S. 58 . 7 Daz u exemplarisch : Deutsch-französisch e Vereinbarun g übe r strittig e Frage n europai scher Geschichte , in : GWU , Bd . 3 , 1952 , S . 288-299 . bes“ . S . 293ff . Vgl . Geiss . Fischer Kontroverse, S . 117-123 . 8 Vgl . V. R. Berghahn , Ludwi g Dehio , in : U'ehler , Historiker . Bd . 4 . S . 97-116 ; Böhme . Militarismus. S . 4 0 f. 9 Vgl . Baumgart , Konzert . S . 117f . Daz u u.a . H . Herzfeld , Nac h 4 0 Jahren: Di e Parise r Friedensschlüsse 1919/20 , in: PS. Bd . 10 , 1959 , S . 425-434 ; G . Ritter , De r Versaille r Vertra g von 1919 , in : Gratia s agimus . F S alter Schüle r zu m 100jährige n Jubiläum de s Evangelische n Stiftsgymnasiums z u Gütersloh. hg. v . P. Schneider, Gütersloh 1951 , S. 102-109 . 10 H . Holbom , Diplomats and Diplomacy i n the Early Weimar Republic, in : G. A . Graig u. F. Gilbert (Hg.), The Diplomats, Princeton/N. J. 1953, S. 123-171 . hier S. 142f . Z u Holborns früherer Positio n vgl. oben , S . 73. 244 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 108-l0 9 11 Deutsch-französisch e Vereinbarung , S . 296 . 12 Vgl . z . 13. Michalka, Wege, S . 157ff . 13 Th . Mann , Deutschlan d un d di e Deutsche n (1945) , in : ders. , Essays , Bd . 2 : Politisch e Reden un d Schriften , hg . v . H . Kurzke , Frankfur t 1977 , S . 281-298 , hie r S. 295 . Zur politi schen Haltun g Thoma s Mann s vgl . bes . K . Sontheimer , Thoma s Man n un d di e Deutschen , München 1961. 14 W . Picht , De r Begrif f »Militarismus, , in : GWU, Bd . 5 , 1954 , S . 455-469 , hie r S . 462 . Vgl. dazu u. a. E . Assmus, Die publizistische Diskussion um den Militarismus unter besonderer Berücksichtigung de r Geschichte des Begriffes i n Deutschland und seiner Beziehungen zu den politischen Idee n zwische n 185 0 und 1950 , Diss . Erlange n 1951 , S. 30 1 ff.; Böhme , Militaris mus, S . 32ff. ; Bergbahn , Einleitung ; J . Urickso n u. H . Mommsen , Art . Militarismus , in : SDG, Bd. 4 . Freiburg 1971 , Sp. 528-568 , bes. Sp. 528ff.;H . Herzfeld , Zur neueren Literatur über das Heeresproblem i n der deutschen Geschichte , in : VfZ, Bd . 4 , 1956 , S. 361-386 , be s S. 36 1 ff.\ ders., Da s deutsche Hee r al s geschichtliche s Problem , in : ZfP , N F Bd . 1 , 1954 , S . 373-385 ; Hildebrand, Ort, S . 591 . Grundlegend zur Begriffsgeschichte W . Conze u.a., Militarismus , in: GGb. Bd . 4 , Stuttgar t 1978 , S . 1-47 . De n gegenwärtigen Forschungsstan d resümiere n Berg hahn, Militarismu s u . M . Messerschmidt , Militä r un d Politi k i n de r Bismarckzei t un d i m wilhelminischen Deutschland , Darmstad t 1975 . 15 Di e Bestimmungen de s Potsdamer Abkommens der drei Alliierten vom 2. Augus t 194 5 über Deutschland, in : E. U . Httsteru. a., Determinanten der westdeutschen Restauration 1945 1949. Frankfur t 1972 . S. 273-284 . hie r S . 276 . Zu dieser Problemati k vgl . allgemei n u.a . H . Gratnl Di e Alliierte n i n Deutschland , in : Westdeutschland s Weg , S . 25-52 , bes . S . 26f.;J . Becker, Die deutsche Fragein der internationalen Politi k 1941-1949 . Grundzüge und Hauptprobleme ihrer Entwicklung, in : ders. u. a. (Hg.), Vorgeschicht e der Bundesrepublik Deutschland . Zwischen Kapitulation und Grundgesetz, München 1979 , S. 9-59 ; Hansen, Ende. Grundlegend H.-P. Schwarz , Vo m Reich zur Bundesrepublik. Deutschlan d im Widerstreit de r außenpolitischen Konzeptionen i n den Jahren der Besatzungsherrschaft 1945-1949 , Stuttgart 1980 2. 16 C'í)íícr , Geschichtswissenschaft. S . 12 . 17 Beid e Wissenschaftle r gehöre n de r Generatio n u m 191 0 an. Erdman n wurd e 191 0 und Hub.itseh 191 5 geboren. 18 (\vizc t Geschichtswissenschaft , S . 12 . 19 Vgl . exemplarisc h G . Ritter , Geschicht e al s Bildungsmacht. Ei n Beitra g zu r historisch politischen Neubesinnung . Stuttgar t 1946 . Mi t diese r Traditio n de r Geschichtsschreibun g setzen sich u. a. auseinander F. K . Ringer, The Decline of the Gcrman Mandarins . The Gcrman Academic Communit y 1890-1930 . Cambridge/Mass . 1969 ; H. h'ìaig, Th e Historian a s Peda gogueofthe Nation , in : History, Bd . 59 . 1974. S. 18-32 . 20 Ritter . Geschichte, S . 51. 21 Ebd. , S . 13f . 22 Böhme , Militarismus, S . 34 . 23 Vgl . Hscher , Krieg. S. 664 ; Geiss. Grenzstreifen (1962) , S. 58f. ; Schieder , Art. Weltkrieg , Sp. 849f . 24 S o z. B. Ci. Ritter, Das Problem des Militarismus in Deutschland, in : Berghahn, Militarismus. S . 196-217 . Di e innenpolitisch e Auseinandersetzun g u m di e Wiederbewaffnun g de r Bundesrepublik Deutschlan d behandel t ausführlic h K . v . Schubert , Wiederbewaffnun g un d Westintegration. Di e inner e Auseinandersetzun g u m di e militärisch e un d außenpolitisch e Orientierung de r Bundesrepublik l95*M952 , Stuttgar t 1970 . 25 S . A . Kaebler , Neuer e Geschichtslegende n un d ihr e Widerlegung , in : ders. , Vorurteil e und Tatsachen, Hamel n 1949 , S. 5-35 , hie r S. 13 . 26 G . Ritter , Gegenwärtig e Lag e und Zukunftsaufgaben deutsche r Geschichtswissenschaft , in: Asendorf , Autklärung . S . 350-364 , hie r S . 360 . Vgl . ferne r ders. , Staatskuns t un d Kriegs handwerk. Da s Problem des »Militarismus« i n Deutschland, 4 Bde.. München 1959-1968 , hier 245 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seif e 110-112 Bd. 2 : Die Hauptmächte Europas und das wilhelminische Reich (1890-1914), i960 , S. 343 ; M. Göhring, Bismarck s Erbe n 1890-1945 . Deutschland s We g vo n Wilhel m 11 bis Adol f Hitler , Wiesbaden 1959 2. S. 72 ; K. D . Erdmann, Di e Zeit der Weltkriege, Stuttgar t (1959 8) N D 196 5 (= Gebhardt , Handbuc h de r deutsche n Geschichte , Bd . 4) , S . 22 ; E . Eyck , Da s persönlich e Regiment Wilhelm s II. Rolltische Geschicht e des deutschen Kaiserreiche s vo n 189 0 bis 1914 , Erlenbach 1948 , S . 781 ; H. Heimpel , Geschicht e und Geschichtswissenschaft, in : VfZ , Bd . 5 , 1957, S. 1-17 , bes . S. 8 . Zu Eyck vgl. K . Hildebrand, Erich Evck, in: Wehler , Historiker, Bd . 2 , S. 98-119 , bes. S. 112ff . 27 W . Hubatsch, Der Weltkrieg 1914/19 , Konstanz o. J. (1955 ) (= Handbuch der Deutschen Geschichte, ne u hg. v . L . Just, Bd . IV. 2. Abschnitt) , S . 2 . S o z. B. auch G. Mann , Deutsch e Geschichte de s 19 . un d 20 . Jahrhunderts, Frankfur t 1958 , S . 572 . A m treffendste n ha t B . Knauss die Situation de r Forschung i n den fünfziger Jahren beschrieben . Daz u B. Ktiauss, Zur politischen Geschicht e de s Deutsche n Kaiserreiche s 1890/1914 , in : Dt . Beitr. . Bd . 4 , 1950 , S. 154-159 , hier S . 154 : »Das Vierteljahrhundert, da s dem Krie g vo n 1914/1 8 voranging un d das mit de r Regierungszei t Kaise r Wilhelm s II. zusammenfiel, is t i n Deutschland ziemlic h i n Vergessenheit geraten . Di e Ereigniss e sei t 193 3 haben di e Erinnerun g a n di e Jahrzehnte de s Kaiserreiches ausgelöscht, un d die Gedanken . . . springen meist hinüber zu den Anfängen des Kaiserreiches un d z u seine m Gründer , Bismarck. « Eine n gute n Überblic k übe r di e i n de n Jahren von 194 5 bis 1960 erschienenen Arbeite n zur Außenpolitik de s wilhelminischen Reiche s vermittelt P . G . Thielen , Di e Außenpolitik de s Deutschen Reiche s 1890-1914 . Literatur - und Forschunçsbcricht fü r die Jahre 1945-1960 , in: WaG. Bd. 22 . 1962 , S. 27-48 . 28 Vgl . H . Herzfeld , Rez . M . Göhring , »Bismarck s Erbe n 1890-1945« , in : HZ , Bd . 190 , 1960, S. 387-390 , bes . S. 388 ; ders., Rez..K. D . Erdmann, »Di e Zeit der Weltkriege (1959«)« , in: HZ , Bd . 192 , 1961 , S . 405-409 . bes . S . 407 . Herzfel d wie s vo r alle m daraufhin , daß , wenngleich in der deutschen Forschung die einseitige Kriegsschuldthcsedcr Siege r von 191 8 als überwunden gelte n könne , i m Auslan d bestimmt e Frage n nac h de n Ursache n de s Erste n Weltkrieges imme r noc h kontrover s diskutier t würden . I n de r Ta t betrachtete n führend e ausländische Wissenschaftler di e Schulddebatte keineswegs als abgeschlossen. Vgl . z.B . B . E . Schmitt, July 1914 : Unfinishe d Business , in : Comitato International e d i Scienz e Storiehc . X. Congrcsso Internazional c di e Scienz e Storiche . Rom a 4.-11 . Settembr e 1955 . Riassunt i dell e Communicationi, Bd . VII, Florenz o. J. . S . 370-372 . 29 Hubatsch , Weltkrieg, S . 7ff . 30 E . Höhle, Di e Weltmächte und der Ausbruch des Ersten Weltkriegs, in: AP, Bd . 6 , 1955. S. 451-458 . hierS. 451. 31 Ders. , Rußlan d un d Amerika. Aufbruc h un d Begegnun g zweie r Weltmächte, Münche n 1953, S. 244 . 32 Dm. , Weltmächte, S . 451. 33 Fischer , Krieg , S . 664 . Vgl. ferne r Gasser , Entschluß , S . 173 . 34 D . Lloyd George, Mein Anteil am Weltkrieg. Kriegsmemoiren . 3 Bde.. Berli n 1933-1936 . hier Bd. 1 , 1933. S.45f. 35 G . P . Gooch, Recent Revelation s of European Diplomacy , Ne w York (1940 } ND 1967. 36 Ebd. . S . 470 . 37 Schieder , Art . Weltkrieg , Sp . 849. 38 W . Hofer , Di e Entfesselung de s Zweiten Weltkrieges . Ein e Studie über die internationalen Beziehungen im Sommer 1939 . Mit Dokumenten, Frankfur t 1960 , S. 8 f. Daz u G. Siedhart, Einleitung: Die Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges als Forschungsproblem, in : ders. (Hg.), Kriegsbeginn 1939 . Entfesselung ode r Ausbruch de s Zweiten Weltkrieges? , Darmstad t 1976 , S. 1-26 , bes . S. 4ff . Hofer , de r von seiner Nationalität her Schweizer ist, lehrte längere Zeit an der F U Berli n un d ha t di e westdeutsch e Diskussio n übe r de n Nationalsozialismu s un d de n Zweiten Weltkrie g entscheidend mitgeprägt . 39 Vgl . Erdmann , Zeit (1959), S. 23.
246 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 112-116 40 Ebd.,S . 24 . 41 Vgl . u . a. H. Herz feld, Der Militarismus als Problem der neueren Geschichte, in: Schola, Bd. 1 , 1946 , S . 41-67 ; Ritter , Staatskunst ; ders. , Problem . Nebe n Ritte r un d Herzfel d ha t Friedrich Meineck e di e Militarismusdiskussio n maßgeblic h geprägt ; Meineck e beteiligt e sich jedoch nu r i n geringe m Umfang e a n der Auseinandersetzun g übe r den Ausbruc h de s Ersten Weltkrieges. Grundlegend für seine Haltung nach 1945 ist: F. Meinecke, Die deutsche Katastrophe. Betrachtunge n un d Erinnerungen , Wiesbade n 1946 . Daz u W . Wippermann , Friedric h Meineckes ›Di e deutsch e Katastrophe . Ei n Versuc h zu r deutsche n Vergangenhcitsbewãlti gung, in : Friedric h Meineck e heute . Berich t übe r ei n Gedenk-Colloquiu m z u seine m 25 . Todestag a m 5 . u . 6 . April , bearb . u . hg . v . M . Erbe , Berli n 1981 , S. 101-121 . Zu r Stellun g Ritters i n de r westdeutsche n Geschichtswissenschaf t nac h 194 5 vgl . P . Schumann , Gerhar d Ritter und die deutsche Geschichtswissenschaft nac h dem Zweiten Weltkrieg, in : Mentalitäten und Lebensverhältnisse . Beispiel e aus der Sozialgeschichte der Neuzeit. Rudol f Vierhaus zum 60. Geburtstag, hg . v. Mitarbeitern und Schülern, Göttingen 1982 , S. 399-415 . 42 Böhme , Militarismus, S . 37 . 43 W . Sauer, Die politische Geschichte der deutschen Armee und das Problem des Militarismus, in : PVS, Bd . 6 , 1965 , S. 341-353 , hier S. 347 . 44 G . Ritter, Europa und die deutsche Frage. Betrachtungen über die geschichtliche Eigenart des deutschen Staatsdenkens , Münche n 1948 , S. 154 , 156 ; Herzfeld, Militarismus , S . 47f . 45 Ebd. , S. 50 . 46 Ebd. . S. 46. 47 Ebd.,S . 48 . 48 Vgl . Ritter , Problem , S . 197 ; ders., Staatskunst, Bd . 1 , S. 13ff . Daz u W.-U. Jorfet', Zu r Militarismusproblematik i n Gerhar d Ritter s »Staatskuns t un d Kriegshandwerk« , in : K.-E . Schulz (Hg.), Streitkräft e im gesellschaftlichen Wandel . Sozialwisscnschaftlich e Analyse n zum Selbst- und Uniweitverständnis moderner Streitkräfte, Bon n 1980 , S. 23-35 . 49 Ritter , Problem, S . 21 3 sowie ders., Europa, S. 156 . Vgl. ferner ders., Staatskunst, Bd . 2 , S. 343 ; ders., Problem, S . 212 . 50 Ebd. . S. 213 . Dazu Berghuhn, Einleitung, S . 19 . 51 Ritter , Problem. S. 213 . 52 Vgl . Ch . Meier , Frage n un d These n z u einer Theori e historische r Prozesse , in : K.-G . Faberu.Ch. Meier (Hg.), Historisch e Prozesse. München 1978 . S. 11-66 , bes. S. 2 8 ff. 53 Daz u Ritter, Europa , S. 159f . 54 L . Dehio , De r Zusammenhan g de r preulìisch-deutsche n Geschicht e 1640-1945 . in : K . horster (Hg.), Gib t es ein deutsches Geschichtsbild?, Würzburg 1961 , S. 65-90 , hier S. 86 . 55 Ders. , Deutschland, S . 11 . Zum Forschungsansatz Dehio s vgl. ebd. , S. 12f . sowi e ders., Gleichgewicht ode r Hegemonie. Betrachtunge n übe r ein Grundproblem de r neueren Staaten geschichtc, Krefel d 1948 , bes. S. 10 , l6f . Daz u auch Bergbahn, Dehio. 56 Dehio . Deutschland. S. 11,13 . 57 Ders. , Gleichgewicht, S . 205 , 204 f. sowi e den., Deutschland , S . 14 . 58 Vgl . ders. , Zusammenhang . S . 82ff. , 8 7 sowie ders. , U m de n deutsche n Militarismus . Bemerkungen z u G. Ritter s Buc h »Staatskuns t un d Staatsräson - Da s Problem de s ›Mihtans mus‹ in Deutschland«, in : Berçhahn, Militarismus, S . 218-235 , bes. S. 233 . 59 EbcLS . 222 . 60 R . Stadelmann, Die Epoche der deutsch-englischen Flottenrivalität , in : ders., Deutschland und Westeuropa, Schlo ß Laupheim o. 1 . (1955), S. 87 . 61 Vgl . Dehio , Militarismus , S . 23 3 sowie ders., Rez. G . Ritter , »Staatskuns t un d Kriegs handwerk, Bd . 3« , in: HZ, Bd. 194 , 1962 , S. 130-138 , hier S. 136 . 62 Ebd. , S . 134 . 63 Ebd. , S. 13 4 sowie ders., Militarismus, S . 233. 64 Berghahn , Dehio, S. 105 . 247 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 116- 1 IS 65 Vgl . Dehio , Gleichgewicht. S . I6f . 66 Berghahn , Dchio, S. 107f . 67 Vgl.ebd. , S . 10 5 ff. 68 Rassow , Schlierten , S . 300 . Dazu näher oben, S . 13 2 ff. 69 Ritter , Staatskunst , Bd . 1 , S. 398 . 70 Vgl . ders., Problem. S. 2l6f ; ders.. Geschichte, S . l3f , 51 , 29; ders., Europa. S. 7 f. 71 Daz u u. a. W. Hubatsch, Die Ära Tirpitz. Studien zur deutschen Marinepolitik 1890-1918 , Göttingen 1955 ; ders. , De r Admiralsta b un d di e oberste n Marinebehörde n i n Deutschland , 1848-1945, Frankfurt 1958 . Vgl. ferne r V. R. Berghahn, Der Tirpnz-Plan. Genesi s und Verfal l einer innenpolitische n Krisenstrategi e unte r Wilhel m II., Düsseldorf 1971 , S . 12 ; Torstmeier, Flottenbau, S . 38 , 51 f.; Thielen , Außenpolitik, S . 44ff . 72 Vgl . Hubatsch , Ära , S . 1 4 sowie ders. , Admiralstab. Ahnlich e Thesen finde n sic h i n W. Schüssler (Hg.), Weltmachtstrebe n un d Flottenbau, Witte n 1956. 73 Thielen , Außenpolitik , S . 29 . Vgl . F . Härtung , Da s persönlich e Regimen t Kaise r Wil helms II. Sitzungsberichte de r Deutschen Akademi e de r Wissenschaften z u Berlin , Klass e fü r Geschichtswissenschaften, Jg. 1952 . Nr. 3 . Berlin 1952 ; ders., Deutsche Geschichte 1871-1919, Stuttgart 1952 6; W. Trauendienst, Deutsche Weltpolitik-Zur Problemati k des Wilhelminischen Reiches, in ; WaG, Bd. 19 , 1959 , S. 1-39 ; W . L . Langer, The Diplomacy o f Impenalism 1890 1902, New York 1951 2. 74 Trauendienst , Weltpolitik, S . 38 . 75 Geiss , Fischer-Kontroverse. S . 117 . 76 Mommsen , Betrachtungen, S . 130 . 77 Be)ghahn , Einleituni;, S . 19 . 78 Vgl . Böhme , Militarismus, S . 39. 79 Berghahn , Einleitung . S . 20 . Di e neuer e Forschun g ha t de n au f außenpolitisch e un d persönliche Element e verengte n Militarismusbegrif f weitgehen d überwunden , inde m si e den Militarismus des Kaiserreiches als ein weitverzweigtes System begreift, da s alle entscheidenden Bereiche des wirtschaftlichen, soziale n un d politischen Leben s durchdringt. Nebe n einer stärkeren Hinwendun g z u strukturgeschichtlichen wi e sozial- und wirtschaftshistorische n Frage stellungen ka m e s auc h z u eine r fruchtbare n Kooperatio n zwische n de r Histori e un d de n Sozialwissenschaften. Vgl . u.a. den I iteraturbencht vo n Messerschmidt, Militär sowie Bergbahn. Militarismus. 2. Di e Entstehung einer marxistisch-leninistischen W'cltkrugsforschun g 1 Cotize , Geschichtswissenschaft, S . 5 . Die Umgestaltung der ostdeutschen Historie behandeln ausführlic h G . Heydetnann , CGeschichtswissenschaf t i m geteilte n Deutschland . Entwick lungsgeschichte. Organisationsstruktur , Funktionen . Theorie- und Methodenprobleme in der Bundesrepublik Deutschlan d und der DDR, Frankfur t 1980 ; A. Timm . Das Fach Geschichte in Forschung un d Lehrein de r sowjetischen Besatzungszon e Deutschland s seit 1945 , Bonn 1961; A. Tischer, Der Weg zur Gleichschaltung der sowjetzonalen Geschichtswissenschaft 1945-1949 , in: VfZ, Bd . 10 , 1962, S. 149-177 . Aus marxistischer Sicht vgl. z . B. E. Engelberg u. R. Rudolf, Zur Geschichtswissenschaf t de r Deutsche n Demokratische n Republik , in ; Historisch e For schungen in der DDR. Analyse n und Berichte. Zum XL Internationale n Historikerkongre ß in Stockholm Augus t 1960 . Berlin 1960 . S. 7-21 . Zu den Schwierigkeiten de r Geschichtswissenschaft i n de r DD R unmittelba r nac h 194 5 gehört e vo r alle m auc h da s Fehle n marxistisch leninistisch orientierte r Fac h vertreter. Ma n grif f daher zum einen au f »progressive« Vertrete r aus den Reihe n de r »bürgerlichen « Historike r zurück ; zu m andere n gelangte n entwede r Alt Kommunisten oder z. T. noch sehrjun¾e und relativ unprofilierte Leut e zum Einsatz. 2 Daz u u. a. A. Dorpalen, Die Geschichtswissenschaft de r DDR. in : Taulenbach, Geschichts-
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Anmerkungen z u Seit e 118-121 Wissenschaft, S . 121 , 137 ; Riesenberger, Geschichte ; E . Förtsch, Geschichtswissenschaft, in : H. Lade* u. C. Burrkhter(Hg.), Produktivkraft Wissenschaft . Sozialistisch e Sozialwisscnschaften i n der DDR, Hambur g 1970 , S. 93-136 ; H. Rumpier, Parteilichkeit und Objektivität al s TheorieProblem de r DDR-Historie, in : Koselleck, Objektivität , S . 228-262 ; J. Kocka , Parteilichkeit i n der DDR-marxistische n Geschichtswissenschaft . Einig e Thesen , in : ebd. , S . 263-269 ; ders., Zum Problem von Objektivität un d Parteilichkeit, in : Pol. u. Kultur, Bd . 5 , 1978 , S. 37-61 . 3 Daz u bes. ders., Parteilichkeit, S . 264 ; ders., Problem, S . 41. 4 Förtsch , Geschichtswissenschaft , S . 94 f Vgl . auc h W . Maibaum , Geschicht e un d Ge schichtsbewußtsein in der DDR, in: Wissenschaft und Gesellschaft in der DDR, eingel. v. P. Ch . Ludz, Münche n 1971 , S. 187-207 . 5 Vgl . zum folgenden Förtsch, Geschichtswissenschaft, S . 95-99 . Dazu auch dm., Geschichte: Gedächtnis und Verdrängung, in : DA, Bd . 8 , 1975 , S. 390-393 , bes. S. 390 . Förtsch weist an dieser Stell e daraufhin, da ß »di e Funktione n konstante r sin d als die jeweiligen Aufgabe n un d Lösungswege, daß sie auch gegenüber veränderten politischen und gesellschaftlichen Bedingun gen relativ stabil gehalte n werden« . 6 Grundlage n des Marxismus-Leninismus. Lehrbuch , Berli n 1970 . S. 170 . 7 Förtsch , Geschichtswissenschaft, S . 96 . 8 L . Berthold u. E. Diehl, Einige Probleme der Geschichtsschreibung über die Arbeiterbewegung im Lichte des VII. Parteitages der SED, in: BzGdA, Bd . 4 , 1977“ , S. 577 . 9 DazuE . Förtsch, Zur »BRD-Forschung« i n der DDR. in: APUZ. B 6/71, 6. Februa r 1971, S. 21-28 . 10 F . Reuter, Geschichtsbewußtsein i n der DDR. Programm un d Aktion, Köl n 1973, S. 12 . Zur Geschichte der SED siehe H. Weher , Die sozialistische Einheitsparte i Deutschland s 1946 1971, Hannover 1971. 11 Vgl . Maihaunt , Geschichte . S . 190ff. ; Heydematm , Geschichtswissenschaft , S . l52f , 155 ff Daz u exemplarisch E. Fngelberg, NATO-Politik un d westdeutsche Historiographie über Probleme des 19 . Jahrhunderts.' in: ZfG, Bd . 7 . 1959 . S. 477-493 ; E. Hoßnanti. Zur Entwick lung und Rolle der westdeutschen Geschichtsschreibung , in : ZfG. Bd . 8 , 1960 , S. 1811-1831 . Grundsätzlich zu Aufgabe und Funktion der Auseinandersetzung mi t der westdeutschen Historie vgl. G . Loze k u.a. (Hg.) , Kriti k de r bürgerlichen Geschichtsschreibung . Handbuch , Köl n 1970L. S. 1-17 . 12 Vgl . den Forschungsbericht vo n H. | . Bernhard u. D . ìrickc, Forschungen zur Geschichte Deutschlands un d de r deutsche n Arbeiterbewegun g vo n 1900-1917/18 , in : Historisch e For schungen i n de r DDR (i960) . S . 3(»0-324 . Z u de n Anforderunge n de r SE D sieh e bes. : Di e Verbesserung der Forschung und Lehre in der Geschichtswissenschaft de r Deutschen Demokratischen Republik , in : ZfG, Bd . 3 . 1955 , S. 507-527 . 13 Vgl . u.a . Schteder , Art . Weltkrieg . Sp . 864ff. ; Bergbahn , Einleitung , S . 2 1 ff; Böhme , Militarismus. S . 43ff. ; Rumpier , Parteilichkeit, S . 234ff . 14 Fttgelbergvi . Rudolf , Geschichtswissenschaft. S . 11 . 15 A . Abusch, Der Irrweg einer Nation. Ei n Beitrag zum Verständnis deutscher Geschichte, Berlin 1946 . S. 30 , 174 , 175 . Ähnlich argumentier t E . Siekisch, Deutsch e Daseinsverfehlung , Berlin 1946 . Daz u kritisc h Fischer , Weg , S . 166ff . Di e neuer e DDR-Histori e ha t di e starr e Kontinuitätsthese Abuschs aufgegeben; sie bemüht sich um eine differenziertere Beurteilung der Geschichte Preußens. Vgl. exemplarisch I. Mittenzwei, Friedrich II. von Preußen. Eine Biographie, Köl n 1980 , S. 209 , 212: Mittenzwei betont, daß die Bismarcksche Politik keine »einfach e Fortführung« de r frideriziamsche n gewese n sei ; gleichzeiti g wehr t si e sic h dagegen , ein e »einfache Lini e . . . von Friedrich II. über Bismarck späte r zu Hitler« z u ziehen. Es dürfe nicht übersehen werdeti, daß »Preußen zu keiner Zeit mit der herrschenden Klasse identisch« gewese n sei. Daz u E . Förtsch , Revisio n de s Preußenbildes? Ei n neue r wissenschaftlicher Ansat z i n der DDR, in: DA, Bd. 12 , 1979. S. 168-175;J . Fiemmmg, Preußen und die DDR. Notizen zu einem Bewußtseinswandel. in:Journ . f . Gesch. . 1981 , H. 4 , S . 10-14 . 249 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 121-124 16 Vgl . z.B . W . I. Lenin, De r Imperialismu s al s höchste s Stadiu m de s Kapitalismus , in : ders., Werke, Bd . 22 , Berlin 1977 5, S. 189-309 . Dazu Schieder, Art. Weltkrieg. Sp . 85 7 ff. 17 Lenin , Imperialismus, S . 194 . Vgl. ferne r ders., Der Krieg und die russische Sozialdemokratie, in : ders., Werke, Bd . 21 , Berlin 1960 , S . 11-21 , bes . S . 14 . Dort beschäftigt sic h Lenin mit der deutschen Roll e in der Vorgeschicht e de s Weltkrieges vo n 1914 ; er wende t sic h dabei vor allem gegen die These. Deutschland habe einen Verteidigungskrieg gefuhrt . 18 Schieder , Art. Weltkrieg , Sp . 858 . 19 Ebd. , Sp. 865 . Die Unterschiede bei der Auseinandersetzung mi t der jüngsten deutsche n Geschichte in Ost- und Westdeutschland behandel t u. a. W. Gerhard , Versuch einer Typologie öffentlicher Forme n von Vergangenheitsbewältigung un d ihr Einfluß au f Konzepte politischer Bildung. Nachgedanke n z u »Holocaust«, in : Schulz, Streitkräfte, S . 207-217 , bes. S. 208f . 20 Vgl . u.a . A . Schreiner , Zu r Geschicht e de r deutsche n Außenpoliti k 1871-1945 , Bd . 1 : 1871-1918. Vo n der Reichseinigung bi s zur Novemberrevolution, Berli n 1952 ; A. Sorden , S o werden Kriege gemacht. Übe r Hintergründe und Technik der Aggression, Berli n 1968 4; ders., Lehren deutsche r Geschichte. Zu r politische n Roll e des Finanzkapitals und der Junker, Berli n 1947; P . Wandel , De r deutsch e Imperialismu s un d sein e Krieg e - da s national e Unglüc k Deutschlands. Ei n Beitrag zum Verständnis von fünfundvierzig Jahren verhängnisvoller deut scher Geschichte, Berli n 1955 ; J. Kuczynski , Studie n zur Geschichte des deutschen Imperialis mus, Bd . 1 : Monopole un d Unternehmerverbände , Berli n 1948 . Eine n vollständige n Über blick vermitteln Bernhard u. hricke, Forschungen . 21 Vgl . Wandel , Imperialismus . Zu r Biographi e Wandels , de r 194 5 Präsident de r von den Sowjetbehörden geschaffene n »Zentralstell e für Volksbildung« wurde , vgl . W . Leonhard, Die Revolution entläß t ihre Kinder, Köl n 1961 , S. 2()3ff. , 240ff. , 302 , 524f. 22 Wandel , Imperialismus, S . 14 , 15 , 21 f. 23 Vgl . Schreiner , Geschichte. 24 Ebd. , S . 281,295 , 287ff . 25 Bernhar d u. hricke , Forschungen, S . 303 . Vgl. ferne r ebd.. S . 304ff. . 318ff. Dor t sind die wichtigsten Spezialstudie n angeführt . 26 Vgl . A . Mensel, Zum Vortrag von G. Ritter »Das Problem des »Militarismus« i n Deutschland«, in : ZfG , Bd . 1 . 1953 , S . 923-939 ; E . Lngclherg , Übe r da s Proble m de s deutsche n Militarismus, in : Berghahn , Militarismus . S . 236-266 ; D . hricke . Zu r Roll e de s Militarismu s nach innen in Deutschland vorde m Erste n Weltkrieg in : ZfG, Bd . 6 , 1958 , S. 1298-1310 . 27 Böhme , Militarismus, S . 45. 28 Daz u bes. Mensel, Vortrag. S . 935ff . 29 W . Berthold, Der politisch-ideologische We g Gerhard Ritters, eines rührenden Ideologe n der westdeutschen Bourgeoisie , in: ZfG. Bd. 6 . 1958 , S. 959-989 , hier S. 960 . Vgl. ferner ders., ». . . Großhungern un d gehorchen« . Zu r Entstehun g un d politische n Funktio n de r Ge schichtsideologie des westdeutschen Imperialismu s untersucht am Beispiel Gerhard Ritter und Friedrich Meinecke . Berli n 1960 . 30 Dm. . Weg, S . 960f . 31 Vgl . Mensel , Vortrag : Engelberg, Problem. Daz u Berghahn, Einleitung , S . 21 , 23f. 32 AÍÍ*H.ÍW , Vortrag, S . 927 .
33 Engelbert* , Problem, S . 262 . 34 Ebd. , S . 244 . Ò5 Vgl. ebd. . S. 247 . 36 Mensel . Vortrag, S . 930 . 37 Ebd. , S. 930f. , 936. Die DDR-Historie hält bis in die Gegenwart hinein daran fest, daß in der Bundesrepubli k ei n Militarismu s entstande n sei , de r »nich t nu r da s Erb e de s preußisch deutschen Militarismu s antrat , sonder n auc h i n direkte r Traditionslini c all e wesentliche n Merkmale dieses Militarismus wiederbelebte« ; di e westdeutsche Geschichtswissenschaft hab e sich insoweit in den Dienst dieses Militarismus gestellt, als sie die »reaktionären Traditionen des 250 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e Ì24-Ì2 l preußisch-deutschen Militarismu s . . . a m Lebe n gehalte n un d i n angepaßte r For m fü r da s Arsenal de s Antikommunismu s ideologisc h aufbereitet « habe ; Zitat e au s B . P . Löwe , Art . »Militarismus«, in : Philosophisches Wörterbuch , hg . v . Cì . Klau s u. M . Buhr , Bd . 2 , Leipzi g I97511, S . 799-803 , hie r S. 801 . Über solche Klischees hinweg, di e nach wie vor zur Abgrenzung vo n de r Bundesrepubli k notwendi g scheinen , bemüh t ma n sich in jüngster Zei t jedoch um eine differenziertere Betrachtun g des Militarismusproblems. De r Versuch, zu neuen Fragestellungen un d Teilergebnisse n z u gelangen, präg t beispielsweis e da s Buc h vo n K . .Nub u.a. (Hg.), De r deutsche Militarismus in Geschichte und Gegenwart. Studien-Probleme-Analysen , Berlin 1980 . Vgl . bes . H . Ciert z u . W . Küttler , Theoretisch e und methodologisch e Problem e der Erforschung de s Militarismus, in : ebd., S . 17-35 . Dazu S. Förster, Der deutsche Militarismus im Zeitalter des totalen Krieges, in: NPL, Bd . 27 , 1982 , S. 133-146 , bes. S. 133ff . 38 Vgl . Maibaum , Geschichte, S . 193 . 39 Di e Verbesserung de r Forschung und Lehre, S. 514 . 40 Ebd. , S . 515,517 . 41 Vgl . H. Mommsen, Art. Arbeiterbewegung, in : SDG, Bd. 1 , Freiburg 1966 , Sp. 273-313 , bes. Sp . 298ff. ; Erickso n u. Mommsen , Art. Militarismus , Sp . 561 . Die ideologischen Abgren zungsbemühungen de r SE D vo m »Sozialdemokratismus « behandel n ausführlic h P . Liïbbc , Kommunismus und Sozialdemokratie. Ein e Streitschrift, Berli n 1978 , S. 151-290 ; H.-J. Spatt ger, Di e SED und der Sozialdemokratismus. Ideologisch e Abgrenzung in der DDR, Köl n 1982; 'ders.. Die SED und der »Sozialdemokratismiis« , i m APUZ, B 33/81,“ 15. Augus t 1981 , S. 23 33. Zu m Revisionismusbegrif f vgl . H . Grebinç , De r Revisionismus . Vo n Bernstei n bi s zum Präger Frühlings Münche n 1977 , bes S. 26 5 ff. 42 J . Kuczynski, De r Ausbruc h de s Ersten Weltkrieges und die deutsche Sozialdemokratie . Chronik und Analyse, Berli n 1957 . S. XI. 43 Vgl.ebd.S . X. 44 Ebd. , S . 5 . 45 Ebd. . S . 19 , 36 ff.. 50 . 119-138 , 142 , 145. 46 Vgl . ebd., S . 15 1 ff. 47 Ebd. . S. 160 , 163f . 48 Vgl . Weher , Sozialistische Einheitspartei, S . 1 3 sowie ebd.. S. 64í. , Dokumen t 3. 49 Vgl . u.a . G . Baiser u.a.. Parte i und Massen bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Zu m Buche von Jürgen Kuczynsk i »De r Ausbruch des Ersten Weltkrieges und die deutsche Sozialdemokratie«, in : ZfG, Bd . 6 . 1958 . S. 169-190 ; A. Mensel. Der Ausbruch des Ersten Weltkriege s und die deutsche Sozialdemokratie . Kritisch e Betrachtunge n z u dem Buc h vo n J. Kuczynski , in: ebd.. S . 1049-1068 ; H. l'Heçtier , Zu dem Buc h von Jürgen Kuczynski : »De r Ausbruch des Ersten Weltkriege s un d di e deutsch e Sozialdemokrati e - Chroni k un d Analyse« , in : ebd. , S. 313-337 ; J. Schleifstein , Die deutsche Sozialdemokratie bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges, in: ebd.. S . 190-214 ; A. Schreiner , Kritische s zu einem Buc h von Jürgen Kuczynski , in : Neues Deutschland. Ausgab e B , Nr . 38 , 13 . Februa r 1958 . S . 4 ; E . 'Winkle r u . H . Fliegner , Zu r Methode i n J. Kuczynski s Buch : »De r Ausbruc h de s Erste n Weltkriege s un d di e deutsch e Sozialdemokratie«, m : ZfG . Bd . 6 , 1958 , S . 578-589 . Kuczynsk i löst e nich t nu r mi t seine n Thesen übe r di e Sozialdemokrati e be i Kriegsausbruc h 191 4 ein e heftig e Kontrovers e aus , sondern auch mi t zwei zu r gleichen Zei t erschienenen Aufsätzen , di e sich mi t dem Objektivi tätsproblem i n de r Histori e un d de r Roll e de r historische n Persönlichkei t beschäftigten : J, Kuczynski, Parteilichkei t un d Objektivitä t i n Geschichte un d Geschichtsschreibung, in : ZfG, Bd. 4 , 1956 . S. 873-888 ; ders., Der Mensch, de r Geschichte macht. Zum 100 . Geburtstag vo n G. W . Plechano w a m 11 . Dezember 1956 , in : ZfG , Bd . 5 , 1957 , S . 1-17 . Daz u kritisc h W . Berthold, Bemerkunge n z u de n vo n J. Kuczynsk i un d andere n Historiker n aufgeworfene n Problemen de s ›Geschichtemachens‹, in : ZfG, Bd . 6 , 1958 , S . 304-312 ; R . Deubek , Kritisch e Bemerkungen zuj . Kuczynski s Ausführungen übe r die Rolle der ökonomischen Tätigkei t des Menschen un d übe r di e »Funktio n de s Mensche n al s Produktivkraft « i n de r geschichtliche n 251 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 127-13 2 Entwicklung, in : ZfG , Bd . 5 , 1957 , S . 1217-1219 ; E . Giersiepe n u . W . Robbv , Zu r Roll e de r Volksmasseti un d de r Persönlichkei t n i der Geschichte , in : ebd., S . 795-804 ; K . Gössler , De r historische Materialismu s un d der Mensch, de r Geschichte macht , in : ebd., S . 1230-1240 ; G. Heyden, Wa s heiß t »Geschicht e machend , in : ebd. , S . 791-794 ; J. Höppner , Zu r Kriti k de r Geschichtsauffassung vonJürge n Kuczynsk i in den Fragen des Klassenkampfes un d der Parteilichkeit, in : ZfG. Bd. 6 , 1958 . S. 562-577 ; F. Köllner, Das werktätige Volk, der wahre Schöpfer der Geschichte. Entgegnun g aufj . Kuczynski , »De r Mensch, de r Geschichte macht«, in : ZfG, Bd. 5 , 1957 . S. 456-469 ; A. Mensel, Kritische Bemerkungen zu dem Artikel von Klaus Gößler: Der historische Materialismus und der Mensch, de r Geschichte macht, in : ebd., S . 1240-1242 ; G. Schilfert , Einig e Bemerkungen z u de m Artike l vo n J . Kuczynski : »De r Mensch , de r Ge schichte macht* , in : ZfG . Bd . 6 , 1958 , S . 558-561 . Z u diese n Kontroverse n vgl . Rumpler , Parteilichkeit, S . 23 6 ff. 50 Ebd. . S. 236f . 51 Flieder , Buch , S . 337 . 52 Rumpln ; Parteilichkeit, S . 237 . Zur Situation der SED in der Phase der Entstalinisierung vgl. Weber , Sozialistische Einheitspartei. S . 1 8 ff E s gab damals eine keineswegs zu unterschätzende intellektuell e Oppositio n i n de r DDR , di e sic h u m ein e Erneuerun g de s dogmatisc h erstarrten Marxismu s bemühte . Daz u z.B . H . Grehin$ , Di e intellektuell e Oppositio n i n de r DDR sei t 1956 . Erns t Bloc h - Wolfgan g Haric h - Rober t Havemann , in : APUZ . B 45/77, 12. Novembe r 1977 , S. .VI9. 53 Mensel , Ausbruch, S . 1053 . 54 Ebd. , S . 1054 . 55 Heuser , Partei, S . 175 . 56 Berthold , Bemerkungen, S . 312 . 57 Flievner , Kuczvnski , S . 327 . 58 Schreiner , Buch , S . 4 . 59 Ebd. . S. 4 . Vd . ferne r Benser , Partei , S . l77f ; Meuse i Ausbruch , S . 105 0 ff. 60 Meuse i Ausbruch . S . 1059 . 61 Schleifstein , Sozialdemokratie , S , 19 8 f. 62 Ebd. . S. 212 . V«l. auc h Heuser. Partei. S . 182 . 63 W . Bartel , Di e Linken i n der deutschen Sozialdemokrati e i m Kamp f gegen Militarismu s und Krieg . Berli n 1958 . Di e i n de n fünfzige r [ahre n erschienene n Untersuchunge n zu r Ge schichte de r Arbeiterbewegun g sin d zusammengestell t be i Bernhar d u . Fricke , Forschungen . S. 307-317 . 64 R . Lindau , Rez . W . Bartel . »Di e Linke n i n de r deutsche n Sozialdemokrati e i m Kampf “ get*en Militarismus und Krieg«, in : ZfG. Bd . 6 , 1958 . S. 115V1158 . hier S. 1158 . 65 Bernhar d w. Friclte, Forschungen, S . 312t“. 66 Bartel , Linken, S . 68 , 70. 71 f., 72 . 67 Ebd. . S. 81 , H6ff, 162ff . 68 Conze , Geschichtswissenschaft. S . 5 . 11: Di e Xeuorìentierung der Kriegsursachetiforschutig sei t ì 960 f. Di e Fischer-Kontroverse 1 Th . Xipperdey , De r Griff nach dem Geschichts-Tabu . Wa s von de r Fischer-Kontrovers e geblieben is t / Betrachtunge n au s Anlaß einer Festschrift, in : FAZ. 23. Januar 1979 , S. 19 . Das Verhältnis de r Deutsche n z u ihre m Nationalstaa t un d desse n Stellun g i m internationale n System sei t 196 0 behandeln u.a . W . Besson , Die Außenpolitik de r Bundesrepublik . Erfahrun gen un d Maßstäbe. Frankfur t 1973 ; F. R . Pfetsch , Di e Aulknipolitik de r Bundesrepublik 1949 252 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Aumerkungen z u Seit e î 12-13 7 1980, Münche n 1981 ; E, Schuh , Di e deutsche Natio n i n Europa . International e un d historisch e Dimensionen. Bon n 1982 . Vgl . ferne r M . Bovcri . Di e Deutschen un d der Statu s quo, Münche n 1974; Reichet , Kultur . Mi t de n Auswirkunge n diese s Bewußtseinswandel s au f di e Arbei t de s Historikers setze n sic h u.a . auseinander : Monnuseu , Kriegszielpolitik ; Moses , Politics ; R . Witt ram, Anspruc h un d Fragwürdigkei t de r Geschichte . Sech s Vorlesunge n zu r Methodi k de r Geschichtswissenschaft un d zu r Ortsbestimmun g de r Historie , Göttinne n 1969 , bes . S . 22 . 2 Motumsen , Kriegszielpolitik , S . 7 4 3 Vgl . Fischer , Griff ; ders. , Deutsch e Kriegsziele . Revolutionierun g un d Separatfriede n i m Ostet/(1914-1918). in : E . W . Gra f Lyua t (Hg.) , Deutsch e Knegszieì e 1914-1918 , Frankfur t 1964, S . 18-34 ; ders. , Kontinuitä t de s Irrtums . Zu m Proble m de r Kriegszielpoliti k i m Erste n Weltkrieg, in : ebd. , S . 102-120 ; ders. . Vo m Zau n gebroche n - nich t hineingeschlittert . Deutschlands Schul d a m Ausbruc h de s Erste n Weltkriegs , in : Di e Zeit , 3 . Sept . 1965 , S . 30 ; ders., Weltmach t ode r Niedergang . Deutschlan d i m Erste n Weltkrieg , Frankfur t 1965 ; ders. , Weltpolitik. Weltmachtstrebe n un d deutsch e Kriegsziele , in : HZ , Bd. “ 199, 1964 , S . 265-435 . 4 Daz u bes . ders., Kne¾ . 5 Di e wichtigste n Stellungnahme n z u Fischer s Buc h »Grif f nac h de r Weltmacht « sin d abgedruckt i n Lytiar , Kriegsziele . Zu r Kontrovers e vgl . u.a . Geiss , Fischer-Kontroverse ; Sywottek, Fischer-Kontroverse . 6 Hildebrcind , Imperialismus , S . 342f . 7 Vgl . Sipperdey , Griff . 8 Vgl . Fischer , Kriegsziele ; ‹ÏÍT›\ . Kontinuitä t de s Irrtums . Di e einzige umfassend e Untersu chung, di e sic h mi t de r Behandlun g de r Kriegszielpoliti k de s Deutsche n Kaiserreiche s i n de r Geschichtsschreibung sei t 1918/1 9 beschäftigt , stamm t vo n eine m marxistische n Historiker . Vgl. Glitsche , Entwicklung . 9 Monwïseu , Kriegszielpolitik . S . 62 . 10 Fischer , Kncusziclc . S . 21 . 20. 24 . 11 H . Hcrzfchi , Zu r deutsche n Politi k i m Erste n Weltkrieg . Kontinuitä t ode r permanent e Krise, in : Lyuar , Krie¾sziele , S . 84-101 , hie r S . 101.94 . 12 Vgl . Fischer , Kontinuitä t de s Irrtums, bes . S . 119f . 13 Daz u J o e . Griff . S . 12 . 14 Vid.cbd. . S . I03f . 15 Ebd. . S . 819 . 104 . 16 Ebd. . S . 855 . 17 Ebd. , S . 11 . 18 Ebd. . S . 22 , 3 6 19 Ebd. . S . 97 . Vgl . B . E . Schmitt , Th e Comin g o f the War. 2 Bde., Ne w Yor k 193 0 sowi e L. Alhertitii , Th e Orìgin s o f th e Wa r o f 1914 , 3 Bde. . Londo n 1952-1957 . Zu r Aufnahm e de s Werkes vo n Albertin i i n de r internationale n Forschun g un d de n seine r Arbei t zugrundeliegen den politische n Perspektive n sieh e Schieder , Art . Weltkrieg , Sp . 849-851 . 20 Di e deutsche n Kriegsziel e i m Erste n Weltkrieg , in : Berich t übe r di e 26 . Versammlun g deutscher Historike r i n Berlin . 7.-11 . Oktobe r 1964} = Beih . z u GWU) , S . 63-72 . hie r S . 64 ^ 21 Fischer , Zaun , S . 30 . Vul . ferne r ders. , Weltmacht . 22 VGI . Fischer , Knee . bes . S . 231-288 . 23 Ebd. . S . 366 . Dies e Thes e habe n einig e Schüle r Fischer s aufgegriffe n un d vertieft . Daz u u. a. I. Geiss, Sozialstruktu r un d imperialistisch e Dispositione n i m Zweite n Deutsche n Kaiser reich, in : K . Hol ! u. G . Lis t ( H g ) , Liberalismu s un d imperialistischer Staat . De r Imperialismu s als Proble m liberale r Parteien ' in Deutschlan d 1890-1914 , Göttinge n 1975 , S . 40-61 ; P.-Ch . Witt, Innenpoliti k un d Imperialismu s i n de r Vorgeschicht e de s Erste n Weltkrieges , in : ebd. , S. 7-34 . bes . S . 2 4 f. Währen d Geis s darau f verzichtet . Imperialismustheorie n fü r di e histori sche Forschung fruchtba r z u machen, knüpf t Wit t bewußt a n solche Erklärungsmodelle an , u m zu neue n Einsichte n i n de n Zusammenhan g vo n Industrialisierun g un d expansionistische r
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Amnerkutgen z u Seit e 137-14 0 Außenpolitik z u gelangen. E r nähert sich damit sehr stark der historischen Sozialwissenschart . Im Unterschied zu deren Verfechtern häl t Witt aber an der Auffassung fest , da ß der Krieg von der Reichsleitung i m Juli 191 4 zur Durchsetzung der deutschen Weltpolitik angestrebt worde n sei. Zur historischen Sozialwissenschaf t vgl . unten , S . 157-178 . 24 Vgl . u . a. F . Fischer, De r Erste Weltkrieg un d das deutsche Geschichtsbild. Beiträg e zur Bewältigung eines historischen Tabus. Aufsätze und Vorträge aus dreijahrzehnten, Düsseldor f 1977; ders., Der Stellenwert de s Ersten Weltkriege s i n der Kontinuitätsproblematik de r deut schen Geschichte, in : HZ, Bd. 229 , 1979 , S. 25-53 ; ders., Bündnis der Eliten. Zu r Kontinuität der Machtstrukturen i n Deutschland 1871-1945 , Düsseldor f 1979 ; ders., Zur Problemati k de r Kontinuität i n de r deutsche n Geschichte , in : O . Fran z (Hg.) , A m Wendepunk t de r europäi schen Geschichte, Göttinge n 1981 , S. 41-71 . 25 Ders. , Stellenwert, S . 52 . 26 Ebd. , S . 52 . Vgl. ferne r ders., Bündnis , S . 23f. , 32 . 27 Wehler , Geschichtswissenschaft, S . 728í . 28 S o z. B. W. J. Mommseti, Di e deutsche »Wcltpolitik « un d der Erste Weltkrieg, in : NPL, Bd. 16 , 1971 , S. 482-493 , hier S. 484 . 29 Ders. , Kriegszielpolitik, S . 75 . 30 V. R. Berghahn t Frit z Fischer und seine Schüler, in : NPL, Bd . 19 , 1974 , S. 145-154 , hie r S. 146 . 31 Fischer , Griff, S . 11 . Vgl. auch ders., Kríegsziele, S . 18ff . 32 Vgl . ders. , Aufgabe n un d Methode n de r Geschichtswissenschaft , in : J. Scherschkewit z (Hg.), Geschichtsschreibung . Epochen , Methoden , Gestalten , Düsseldor f 1968 , S. 7-28, bes . S. 18 . 33 Sywottek , Fischer-Kontroverse , S . 47 . Seh r deutlic h komm t dies e Haltun g i n Fischer s Reaktion au f die politisch motiviert e Kritik Gerhard Ritters zum Ausdruck. Vgl . dazu Fischer, Weltmacht, S . 9f. : Ritter s Vorwurf, sein e Thesen könnten sich »gefährlich « au f das politische Selbstbewußtsein de r Deutschen auswirken, begegne t Fische r mit der Frage, ob »eine nüchterne, wertfreie Beurteilung der deutschen Vergangenheit, di e sich in Übereinstimmung wei ß mit der internationale n Forschun g »gefährlic h werden* « könne : »Hieß e die s etwa, di e historisch e Urtcilsfindung mi t dem Verdik t vo n der »nihilistische n Saat , di e in Deutschlands Studenten schaft aufgehe , verbinden ? - hieß e die Schuld oder die große Mitschuld Deutschland s auch am Ersten Weltkrieg betonen , etw a di e ›Wehrpflichtunwilligkcit‹ heut e provozieren?« Sowei t di e »kritische Arbeit des Historikers und seine Ergebnisse das historisch-politische Bewußtsei n der Gegenwart berühren mögen«' , dürfe »di e historische Wahrheit doch niemals von der postulierten Unentbchrlichkeit eine s Traditionsbildcs, eine s »verpflichtendem Erbe s abhängig gemach t werden« un d dürfe »ebenfall s nich t au f ein politisches Wunschbil d hm orientiert werde n . . . . um de r Bundesrepubli k di e glanzvoll e Traditio n de r Staatsräso n eine s Bismarck , Bethman n Hollweg, Strcseman n zu vermitteln.« 34 Vgl . A . Gasser , De r deutsche Hegemonialkrie g 1914 , in : Geis s u. lí'íWf , Deutschland , S. 307-339 , bes. S. 309 . 35 Vgl . F . Fischer , Eigen e Leitbilde r entwickel n (Leserbrie f a n de n »Spiegel«) , in : De r Spiegel, 35 . Jg., 26 . Januar 1981 , S. 8f . 36 Ders. , Problematik, S . 70f . 37 Daz u I. Geiss, Das Erbe zweier Weltkriege , in : ders., Studien, S . 45-66 , hie r S. 57 . Vgl . ferner ders. , Fischer-Kontroverse , S . 195ff . Ähnlic h argumentiert e S . Haffner , Di e siebe n Todsünden de s Deutsche n Reiche s i m Erste n Weltkrieg , Bergisc h Gladbac h (1964 ) 1981 , S. 119-142 . Zahlreiche Schüler Fischers haben Dissertationen zur Vorgeschichte und Geschichte des Ersten Weltkriege s vorgelegt . Vgl . da s Verzeichni s de r be i Frit z Fische r angefertigte n Dissertationen in; Geiss u. Wendt , Deutschland, S . 58 9 ff. 38 I. Geiss, Der polnische Grenzstreifen 1914-1918 . Ein Beitrag zur deutschen Kriegszielpolitik im Ersten Weltkrieg, Lübec k 1960 , S. 14 9 sowie ders., Grenzstreifen (1962) , S. 59 . 254 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 141-144 39 Di e wichtigsten Aufsätz e zur Vorgeschichte und Geschichte des Ersten Weltkrieges sind abgedruckt in : Geiss , Studien ; ders. , Da s Deutsch e Reic h un d di e Vorgeschicht e de s Erste n Weltkrieges, Münche n 1978 ; ders., Da s Deutsch e Reic h un d de r Erst e Weltkrieg , Münche n 1978. Vgl. auc h ders., German Foreign Policy, 1871-1914 , Londo n 1976. 40 Vgl . ders. , Julikrise; ders . (Hg.), Juli 1914 . Die europäische Kris e und der Ausbruc h de s Ersten Weltkrieges, Münche n (1965) 1980 2. Dazu kritisch H. Sc/mikc/, Julikrisc und Kriegsausbruch 1914 , in: NPL, Bd. 9 , 1964 , S. 111-127 ; Bd. 10 , 1965, S. 431-436 . 41 I. Geiss, Kur t Riezle r un d der Erst e Weltkrieg, in : ders. u. Wendt , Deutschland, S . 398 418, hie r S . 399 . Vgl . ferne r ders. , Zu r Beurteilun g de r deutsche n Reichspoliti k i m Erste n Weltkrieg, in : H . Pogg e v . Strandman n u . I. Geiss, Di e Erforderlichkei t de s Unmöglichen . Deutschland am Vorabend des Ersten Weltkrieges, Frankfurt 1965 , S. 46-82 , bes. S. 67 ; ders., Fischer-Kontroverse, S . 18 7 f. 42 Vgl . u.a.J . C . G . Röhì , Admira l vo n Müller and the Approach o f War, 1911-1914 , in : HJ, Bd. 12 , 1969, S. 651-673 ; ders., An der Schwelle zum Weltkrieg: Eine Dokumentation über den »Kriegsrat« vo m 8. Dezembe r 1912 , in: MGM, Bd . 21 , 1977, S. 77-134 ; ders., Die Generalprobe. Zu r Geschicht e un d Bedeutun g de s »Kriegsrates « vo m 8 . Dezembe r 1912 , in : D . Stegmann u. a. (Hg.) , Industriell e Gesellschaft un d politisches System. Beiträg e zur politischen Sozialgeschichte. F S f. F . Fischer , Bon n 1978 , S. 357-373 ; Gasser , Entschluß ; ders., Hegemo malkneg. 43 Vgl . bes . Röht, Admiral . 44 Ders. , Schwelle, S . 97. 45 Daz u Gasser, Entschluß, S . 179 . 46 Ders. , Hegemonialkrieg, S . 315 , 313. 47 Schieder , Art. Weltkrieg, Sp . 851. 48 Sywottek , Fischer-Kontroverse , S . 28 . 49 Bergbahn , Fischer . S . l48f . Zurückzuweise n is t die These von K.-H.Janßen, de r Fischer in die Nähe der jungen Linke n rückte ; der Hamburger Historike r hätt e zu deren Lehrmeiste r werden können , wen n e r nu r konsequen t z u End e gedach t hätte . Daz u K.-H . Janßen, »Avi s Furcht und Verzweiflung«, in : Die Zeit, 21. März 1969. 50 G . Ritter , Grif f Deutschland nac h der Weltmacht? Zu Fritz Fischers umstrittenem Wer k über de n Erste n Weltkrieg , in : Hannoversch e Allgemein e Zeit. , 19./2() . Ma i 1962 , S . XIII. Dazu ferner H . Grebing, Ein Tabu verletzt?, in: NG, Bd. 10 , 1963 , S. 70f . Charakteristisc h fü r diese Tendenz ist z. B. der Artikel von B. Knattss, Deutschlands imperialistische Ziele im Ersten Weltkrieg, in : Süddt. Zeit., 28. Novembe r 1961 . Vgl. ferner u.a. B . R . Dahmen, Wenn wir den Krieg gewonnen hätte n . . . Aufstieg zu r Weltmacht un d Kriegszielpohtik vo n 1914/1918, in: Kölnische Rundschau - Bonne r Rundschau a m Sonntag, 22 . Juli 1962 ; P. Sethe, Al s Deutschland nac h de r Weltmach t griff . Professo r Fischer s Thes e vo n de r Alleinschul d a m Erste n Weltkrieg wird noch viele Diskussionen auslösen, in: Die Zeit, 17 . Novembe r 1961 , S. 12 . Die zahlreichen Rezensione n z u Fischer s »Grif f nac h de r Weltmacht « sin d zusammengestell t be i Lynar, Kncgsziele , S . 195-198 . 51 Vgl . K.-H . Janßen, Buchbrief, Nr. 289 : »Griff nach der Weltmacht. Di e Knegsziclpolitik des kaiserlichen Deutschlan d 1914/1918« , hg . v . dpa-Deutsche Presseagentur, 30 . Novembe r 1961, S . 1-4 , bes . S . 1 . Janßen hatt e 195 7 ein e Dissertatio n zu r deutsche n Kriegszielpoliti k vorgelegt, di e jedoch ers t 196 3 veröffentlich t wurde . Vgl . ders. , Mach t un d Verblendung . Kriegszielpolitik de r deutschen Bundesstaate n 1914-1918 , Göttingen 1963 . 52 H . Lademacher, Rez. F. Fischer, »Grif f nach der Weltmacht«, in : Bl. f. dt . u. intern. Pol. , Bd. 7 , 1962 , S. 471-475 , hier S. 474f . 53 H . Lindemann, Monument deutscher Maßlosigkeit. Ein e notwendige Berichtigung unseres Geschichtsbildes, in : GM, Bd . 13 , 1962 , S. 285-290 , hier S. 290 . 54 Zit . nac h Th . Daìberg , Fran z Josef Strauß . Portrai t eine s Politikers , Güterslo h 1968 , S. 235 . 255 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 144—14 8 55 Vgl . dazu Geiss, Fischer-Kontroverse, S . 14 5 f.; B . Xellessen, Maulkorb für einen Historiker?, in : Di e Welt , 3 . Juni 1964 . I n seine r jüngste n Veröffentlichun g vertrit t Fische r di e Auffassung, da ß di e Absag e de s Auswärtige n Amte s durch di e Interventio n dreie r Kollege n veranlaßt worde n sei . E s handele sic h dabe i u m Cíerhar d Ritter , Han s Rothfel s un d Ludwi g Bergstraesser. Daz u F. Fischer, Juli 1914 : Wir sind nicht hineingeschlittert. Da s Staatsgeheimnis um die Riezler-Tagebücher. Ein e Streitschrift, Reinbe k 1983 , S. 71. 56 Daz u H . Jahìonowski, Kei n Präzedenzfal l fü r di e Vertreibung , in : Bull . d . Presse - u . Informationsamtes d . Bundesregierung . Nr . 64 . 3. Apri l 1963 , S . 535f . Vgl . ferne r ders., Die deutsch-polnischen Beziehunge n i m 19 . und 20. Jahrhundert. Bemerkungen z u einer kürzlic h veröffentlichten Arbeit , in: GWU, Bd. 12 , 1961, S. 448-453 , bes. S. 45 1 òjers.. Der polnische Grenzstreifen, in : GWU, Bd . 13 . 1962, S. 39-41 . Kriti k an der Untersuchung vo n Geiss übten zudem H . Günte r (d.i . H . G . Sasse) , Kein e Polenvertreibun g i m Erste n Weltkrieg , in : AP . Bd. 9 , 1961 , S. 600-611 ; G. Rohde, Rez. I. Geiss, »Der polnische Grenzstreifen 191-M918« , in : HPB, Bd . 10 , 1962 , S. I4f . 57 H . Herzfeld , Literaturberich t 1871-1917 . in : GWU , Bd . 13 . 1962 , S . 246-254 , hie r S. 254 . 58 E . Gerstenmaier, Deutsche Kriegsschuld?, in: ders., Neuer Nationalismus? Von der Wandlung de r Deutschen , Stuttgar t 1965 , S . 82-85 , hie r S . 84f . Vgl . auc h ders. , Di e Schuld , in : Bulletin des Presse-und Informationsamte s de r Bundesregierung 4 . Septembe r 1964 . 59 G . Ritter, Eine neue Kriegsschuldthese?, in : Lynar, Kriegsziele . S . 121-144 , hie r S. 144 . 60 Ders. , Da s deutsch e Problem . Grundfrage n deutsche n Staatsleben s gester n un d heute , München 1962 , S. 7 . Be i dieser Arbeit handelt es sich um die zweite, überarbeitete Autlage von »Europa und die deutsche Frage« (1948). 61 E . Höhle, Griff nach der Weltmacht', in : HPB. Bd. 10 , 1962 . S. 65-69 , hier S. 69 . 62 F . Frust , Geschichtsschreibun g al s Selbstreinigung , in : Stuttgarte r Zeit. , 15 . Augus t 1962, S. 19 . 63 Sywottek , Fischer-Kontroverse , S . 29 . Vgl . daz u K . Mannheim , Da s konservative Den ken. Soziologisch e Beiträg e zum Werde n de s politisch-historischen Denken s in Deutschland , in: ders. , Wissenssoziologie . S . 408-508 , bes . S . 435ff. ; M . (heiffenhagen . Da s Dilemm a de s Konservatismus in Deutschland, Münche n 1977 . bes. S. 146 . 64 Ch . Grat v. Krockow , Nationalismu s als deutsches Problem, Münche n 1970 . S. 66 . 65 L . Gerstenttuiier , Da s Vaterland al s Aufgabe, in : ders., Nationalismus, S . 126 , 128 . Da/u Krockow. Nationalismus, S . 62-67 . ()6 Sywottek . Fischer-Kontroverse, S . 28 , 67 Vgl . oben, S . 109f . 68 E . FiSíher-Bã(ing , »Grif f nac h de r Weltmacht« ? Ein e Auseinandersetzun g mi t Frit z Fi scher, in: Der Politologe, Bd . 4 , 1963 , S. 11-13 , hier S. 13 . 69 Vgl . Höízle , Grif f 70 Vgl . Ritter , Kriegsschuldthese ; ders. , De r Antei l de r Militär s a n de r Kriegskatastroph e von 1914 . in: HZ, Bd. V›3. 1961 , S. 72-91 : ders.. Der Erste Weltkrieg. Studie n zum deutschen Geschichtsbild, Bon n 1964 ; ders., Die politische Rolle Bethmann Hollwegs während des Ersten Weltkrieges, in : Comit é Internationa l de s Science s Historiques . XHI e Congrès Internationa l des Sciences Historiques. Rapports. IV, Wien (1965), S. 271-278 ; ders., Bethmann Hollweg im Schlaglicht de s deutsche n Geschichtsrevisionismus , in : Schweize r Monatsh. , Bd . 8 . 1962 , S. 799-808 . 71 L . Dehio, Deutschlands Griff nach der Weltmacht? Zu Fritz Fischers Buch über den Ersten Weltkrieg, in : Der Monat, Bd . 14 , 1962 , S. 65-69 . hier S. 69. 72 Vgl . Sywottek , Fischer-Kontroverse , S . 30 . Di e historiographische Auseinandersetzun g um Perso n un d Politi k Bethman n Hollweg s behandel t ausführlic h K . Hiìdeìmmd . Bethman n HolKveg. De r Kanzle r ohn e Eigenschaften? Urteil e de r Geschichtsschreibung. Ein e kritisch e Bibliographie, Düsseldor f 1970 . Zur Fischer-Debatte vgl. ebd. , S . 50-61 . 256 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 148-151 73 G . Mann, Der Griff nach der Weltmacht, in : Lynar, Kriegsziele, S. 183-193 . hier S. 18 9 f. 74 Ritter , Bethman n Hollweg , S . 804 . 75 K . Epstem, Gerhard Ritter und der Erste Weltkrieg, in : Laqueuru. Mosse, Kriegsausbruch 1914, S. 253-277 , hier S. 257 . 76 Sywottek , Fischer-Kontroverse , S . 24 . 77 Hildebrand , Bethman n Hollweg, S . 52 . 78 Sywottek , Fischer-Kontroverse , S . 23 . Fü r ein e politikwissenschaftliche , theoretisch e Begründung diese r Sichtweise vgl . u . a. W . Hennis , Amtsgedanke und Demokratiebegriff, in : ders., Politi k al s praktisch e Wissenschaft , Münche n 1968 , S . 48-64 ; ders. , Aufgabe n eine r modernen Regierungslehre , in : ebd. , S . 81-104 . Sieh e ferne r G . Schmidt , Innenpolitisch e Blockbildung a m Vorabend de s Ersten Weltkrieges, in : APUZ, B 20/72, 13 . Ma i 1972 , S . 3 32, bes. S. 4 . 79 Schulin , Rückblicke, S . 15 . 80 Daz u Sywottek, Fischer-Kontroverse , S . 36ff . 81 Hölzie , Griff, S . 65 . Zur neueren Forschung vgl. u. a. Geiss, Fischer-Kontroverse, S. 170 ; Iggers, Deutsch e Geschichtswissenschaft . S . 359f. ; M . Asendorf , Einleitung , in : ders., Aufklä rung, S . 15-53 , bes. S. 48f. ; Wehler , Geschichtswissenschaft, S . 729. 82 H . Herzfeld, Di e deutsche Kriegszielpolitik i m Ersten Weltkrieg, in : VfZ, Bd . 11 , 1963, S. 224—245 , hier S. 227 . Lediglich Frit z T. Epstei n hat erkannt, da ß zwischen der analytischen Perspektive, di e durch Fischers Kernthese von der Kontinuität der deutschen Kriegszielpoliti k 1914—1918 vorgegeben wurde , un d der Gestaltung des Buches »Griff nach der Weltmacht« ei n innerer Zusammenhang besteht . Außerde m bemerkt e er, daß Fischers Ausführungen übe r die Julikrise 191 4 insofer n au s de m Rahme n de r Arbei t fielen , al s si e ehe r ercignisgeschichtlic h strukturiert seien. Daz u F. T . Epstein , Die deutsche Ostpolitik i m Ersten Weltkrieg, in : Lynar, Kriegsziclc, S . 158-174 , bes . S. 159 . 163. 83 Vgl . zu diesem Problemkomplex u. a. J. Engel , Literaturbericht: Zeitgeschichte- Außenpolitik/in: GWU , Bd . 14 , 1963 , S . 517-532 , bes . S . 5l9f ; Höhle . Griff , S . 65 , 69 ; Ernst , Geschichtsschreibung. S . 19 ; Mann, Griff, S . 187 ; D. Mende, Die nicht bewältigte Vergangen heu des Ersten Weltkrieges, in : EA, Bd. 9 . 1963 , S. 333-354 , bes . S. 352 ; Ritter, Weltkrieg . 84 Herzfeld , Knegszielpolitik . S . 229 . Vgl. auch Ritter, Rolle , S . 277 . 85 Hölzie , Griff. S 69 . Dazu auch G. Wirsing , De r Bauchredner, in : Christ u. Welt, 10 . Juli 1964. 86 Mende , Vergangenheit. S . 35 1 f. Ähnlic h wi e Mende vergleicht Sywotte k di e Argumentation Fischer s mit der der sozialistischen Linke n im Erste n Weltkrieg. Hier , nicht aber in einer bestimmten Bewertun g staatliche r Machtpolitik , la g fü r ih n ei n wesentliche r Schlüsse l zu m Verständnis der Kritik Fischer s an der Politik des Deutschen Reiches . Dazu Sywottek, Fischer Kontroverse, S . 40 . 87 Vgl . oben , S . 3 5 ff, 90ff . Nich t zuletz t au s diesem Grund e erscheint e s problematisch, Fischer i n ein e Traditionslini e mi t de n Kritiker n de r »»Unschuldsthese « au s de r Zei t de s Weltkrieges un d der Weimarer Republi k z u stellen. Eine n solchen Versuc h unternimm t z . B. Hallgarten. Selbstschau . 88 K . D . Bracher, Vorspie l zu r deutschen Katastrophe , in : NPL, Bd . 7 , 1962 , Sp . 471-182 , hier Sp. 472 , 481 f. Vgl . F . Eischer, Drang zum »Plat z an der Sonne«, in: Die Welt, 7. Juli 1962 : In diese r Repli k au f Hölzle s Kriti k war f Fische r di e Frag e auf , »o b wi r au s de r inzwische n gewonnenen Distan z berei t sind , i m Sinn e eine r nüchterne n Bilan z di e Konsequenze n de r deutschen Vergangenhei t z u ziehen«, nachde m »unse r Blic k . . . durch Leide n und Erfahrun gen zweie r Weltkrieg e geschärft « sei . Fü r di e Kontinuitätsthes e sieh e exemplarisc h Mende , Vergangenheit, S . 338f . Nac h Mend e bewie s di e »oberflächlich e Ähnlichkei t zwische n de n politischen Konzeptione n mehrere r Epochen « nu r die »fortdauernd e Wirksamkei t räumliche r und kollektivpsychologischer Gegebenheiten« . 89 Vgl . Bracher , Vorspiel, S . 473f f 257 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seif e 151-15 3 90 R . Sech , Kriegszielpoliti k i m Erste n Weltkrieg , in : Lynar, Kricgszìclc , S . 145-157 , hie r S. 157 . Ähnlich positi v urteilt e sein österreichischer Kolleg e Fritz Fellner. Vgl . F . h'ellner, Zu r Kontroverse übe r Frit z Fischer s Buc h »Grif f nach der Weltmacht«, in : MIÖG, Bd . 72 , 1964 , S. 507-514 . 91 K . Lipstein , Deutsch e Kriegsziel e i m Erste n Weltkrieg , in : das., Kaiserreich , S . 81-109 , hierS. 109 . 92 Vgl . z. B.: Die deutschen Kricgszìclc im Ersten Weltkrieg, S . 6 8 sowie}. Droz, Les causes de l a Premier e Guerr e mondialc . Essa i d'historiographie , Pari s 1973 . Fü r di e Reaktio n de r ausländischen Histori e au f Fischers Thesen vgl . ferner : F . L . Carsten , Rez . F . Fischer , »Grif f nach de r Weltmacht« , in : EHR . Bd . 78 , 1963 , S . 751-753 ; H . W . Gatzhe , Rez . F . Fischer , »Griff nac h de r Weltmacht« , in : AHR . Bd . 68 , 1962 , S . 443-445 ; P . Renouvin , Le s but s d e guerre de l'Allemagne (1914-1918 ) d'après les Travaux de Fritz Fischer, in : RH, Bd . 80 , 1962 , S. 381-390 ; D. G.Rohr , Rez . F. Fischer »Grif f nach der Weltmacht«, in:JGEA , Bd . 23 , 1963 , S. 97-99 ; M . Silberschmidt , »Grif f nac h der Weltmacht« . Ei n deutscher Historike r räum t mi t falschen Vorstellungen auf, in : Die Weltwoche (Zürich), 6. Apri l 1962 ; M. Teich , Vom ewigen deutschen Geist, in:Jediot h Chadasho t (Te l Aviv) , 23 . Apri l 1962 . 93 Vgl. : Di e deutschen Kriegsziel e i m Erste n Weltkrieg , S . 68f. ; J . Droz , Di e politische n Kräfte i n Frankreic h währen d de s Ersten Weltkrieges , in;GWU . Bd . 17 , 1966 , S . 159-168 . Vgl. ferne r J . Rohljes , Französisch e un d deutsch e Historike r übe r di e Kriegsziele , in : ebd. , S. 168-175 ; P . Renouvin , Di e Kriegsziel e de r französische n Regierun g 1914-1918 . in : ebd. . S. 129-158 . 94 Vgl. : Die deutschen Kricgsziele im Ersten Weltkrieg, S . 68f. ; F . Stern, Deutsche Historiker und der Krieg: Fischer und seine Kritiker, in : den., Das Scheitern illiberaler Politik. Studie n zur politischen Kultu r Deutschland s im 19 . und 20. Jahrhundert, Frankfur t 1972 , S . 175-186 , bes. S. 17 9 ff. 95 Vgl. : Di e deutsche n Kricgszìcl c i m Erste n Weltkrieg , S . 69 . Dro z wandt e sic h dami t gegen M . l'reund , Bethmann-Holhveg , de r Hitle r de s Jahres 1914? , in : Lynar , Kriegsziele . s/l75-182. 96 Di e deutschen Kriensziel c im Erste n Weltkrieg, S . 69. 97 Di e Diskussion auf dem Berliner Historikertag is t dokumentiert in: ebd. Vgl. hierz u u. a. Geiss, Fischer-Kontroverse , S . l50ff . sowi e ders. , Kriegsschuldfrage . S . 107ff . A n de n Un schuldsthesen der älteren Forschung hielt Hubatsch fest. Siehe u. a. W. Huhatsch, Ursachen und Anlaß des Weltkrieges 1914 , in: K.-J. Mülle r (Hg.), Schicksalsjahrc deutscher Geschichte. 1914 . 1939. 1944 . Boppar d 1964 . S . 16-47 ; ders. , Deutschlan d i m Weltkrie g 1914-1918 . Frankfur t 1966. Dieses Buch wurde nahezu unverändert i n zweiter Auflage 197 3 wieder herausgebracht . Dazu kritisch I. Geiss, Deutschlan d un d der Erst e Weltkrieg, im: NPL. Bd . 12 , 1967 . S . 239 244; Stern, Historiker, S . 182f . Ihr e Polemik gegen Fischer verschärften insbesonder e G. Ritter und M . Freund . Vgl . u.a . Freund , Bethmann-Holhweg ; Ritter , Rolle . Ma n dar f trot z de s teilweise äußerst herabsetzenden Tones der Stellungnahmen Ritters nicht übersehen, daß er von der »Weltkriegsapologetik « de r Zwischenkriegszei t abgerück t war ; außerde m gestan d e r Fi scher durchaus zu, daß dessen Arbeiten innovativ auf die historische Forschung gewirkt hätten. Vgl. hierzu G. Ritter, Zur Fischer-Kontroverse, in : HZ, Bd. 200 , 1965 , S. 783-787 , bes. S. 78 4 sowie ders., Staatskunst, Bd . 3 , S. 15 . 98 Di e wichtigsten Diskussionsbeiträg e diese r Wissenschaftle r sin d abgedruckt i n Schieder, Erster Weltkrieg . 99 E . Zechlin, Krieg und Kriegsrisiko. Zur deutschen Politik im Ersten Weltkrieg. Aufsätze , Düsseldorf 1979 , S. 63 . Vgl. ferne r ebd., S . 60ff. , 114 , 160-191 . 100 Ebd. , S . 41 , 44 . 101 Vgl . ebd., S . 114 . 102 K . Riezler , Tagebücher , Aufsätze , Dokumente , eingel . u . hg . v . K . D . Erdmann , Göttingen 1972 . De r Quelle n wert de r Riezler-Tagebüche r is t i n de r Forschun g umstritten .
258 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seite 153-15 5 Vgl. bes . W. J. Mommsen, Kurt Riczlcr, ei n Intellektueller im Dienste Wilhelminischer Macht politik, in : GWU . Bd . 25, 1974 , S . 193-209 , bes . S . l99f. : Mommse n mach t mi t Rech t deutlich, da ß di e Tagebüche r Riezler s di e vo n einige n Historiker n gehegt e Erwartung , si e könnten zu r definitive n Klärun g de r umstrittenen Frage n beitragen , i n keine r Weis e erfüll t hatten. Ihr e Bedeutung läge weniger darin, Aufschlüss e über die einzelnen Entscheidungen der Reichsleitung z u vermitteln, al s vielmehr i n der Schilderung de s Atmosphärischen sowi e der verschiedenen Meinungsverschiedenheite n innerhal b de r politische n Führun g de s Reiches . Noch schärfer als Mommsen urteilt Fritz Fellner. I n jüngster Zeit begann eine ebenso intensive wie heftige Auseinandersetzun g übe r den Quellenwert de r Riezler-Tagebücher. Di e Kontroverse wird ausführlich dokumentier t vo n K.-H.Janßen, Augus t '14: Wahrheit auf Raten. Zwei Historiker streiten um Tagebücher: Wurde die deutsche Kriegsschuld am Ersten Weltkrieg im nationalen Interess e verschleiert?, in: Die Zeit, 10 . Juni 1983 , S. 9-11. Für die Position, derzu folgc das Riezler-Tagebuch ein e »unsichere« un d »dubiose« Quell e ist vgl. u. a. Fischer, Juli; F. Fellner, Rez . K . Riezler , »Tagebücher , Aufsätze , Dokumente« , in : MIÖG , Bd . 81, 1973, S. 490-495 ; B . Sösemanu , Di e Tagebücher Kur t Riezlers . Untersuchunge n z u ihrer Echthei t und Edition , in : HZ , Bd . 236, 1983 , S. 327-369 . Daz u kritisc h u.a . K . D. Brdmann , Neu e Kontroversen u m Riezler. Ei n Hinweis, in: GWU, Bd. 34, 1983 . S. l82f. ; ders., Zur Echtheit der Tagebücher Kur t Riezlers. Eine Antikritik, in : HZ, Bd. 236, 1983, S. 371-402 ; E. Zechlin, Juli 1914 . Antwort au f eine Streitschrift, in : GWU, Bd . 34, 1983, S. 238-246 . 103 K . D . Erdmann , Zu r Beurteilung Bethman n Hollwegs , in : Schieder, Erste r Weltkrieg , S. 205-221 , hier S. 216 , 219. Vgl. auch ders., Bethmann Hollweg, Augstei n und die Historikerzunft, in : Die Zeit, 25. Septembe r 1964 . Mit den Thesen Erdmanns setzt sich kritisch auseinander R. Augstein, Bethman n - eine n Kop f kürzer?, in : Die Zeit, 11 . September 1964 , S. 6. Zur Position Augsteins vgl. ferner ders., »Deutschlands Fahne auf dem Bosporus«. Zu Fritz Fischers neuem Buc h »Krieg de r Illusionen«, in : De r Spiegel, 23 . Jg., Nr . 48 , 24 . Novembe r 1969 , S. 88-105 . Di e Thesen Erdmann s übe r Bethman n Hollwe g unterstütze n weitgehen d K . H. Jairausch, Th e Enigmatic Chancellor. Bethman n Hollweg and the Hubns of Impenal Germany, New Have n 197 3 sowie F. Stern, Bethman n Hollwe g un d der Krieg: Die Grenzen der Verantwortung, Tübinge n 1968. 104 A . liillgruber, Riezler s Theorie des kalkulierten Risiko s und Bethmann Hollwegs politische Konzeption in der )ulikrise 1914 , in: Schieder, Erste r Weltkrieg. S . 240-255 , hier S. 249. 105 A . Hillgruber , Di e gescheiterte Großmacht . Ein e Skizz e des Deutschen Reiche s 18711945. Düsseldor f 1980 . S.49. Vgl . da/u ebd.. S. 44f. ; ‹/‹)›., Deutsch e Großmacht- und Weltpolitik i m 19 . und 20. Jahrhundert, Düsseldor f 1977 ; den., Deutschlands Roll e m der Vorgeschichte der beiden Weltkriege. Göttingen 1979 2. 106 S o z. B. ders., Großmacht. 107 Vgl . exemplarisch Zechìin , Krieg, S . 7-14; A. Hillgruber, Kontinuität und Diskontinuität i n der deutschen Außenpoliti k vo n Bismarc k bi s Hitler, in : ders., Großmachtpoliti k un d Militarismus i m 20 . Jahrhundert. 3 Beiträg e zu m Kontinuitätsproblem . Düsseldor f 1974 , S. 11-36 , bes. S. 15 . Mit der These von Deutschlands problematischer »Mittellage « setz t sich kritisch auseinander H.-U. Wehler . Vom Unsinn geostrategischer Konstante n oder »Deutsch land verkeilt in der Mittellaçe«. in : Der Monat, Bd . 3, 1982 , S. 64-67. 108 Wehler , Gcschichtsw'issenschaft, S . 729. 109 Zechìin , Krieg , S . 8ff., 169 , 11, 13 . 110 Daz u A . Hillgruber , Politisch e Geschicht e m moderner Sicht , in : HZ, Bd . 216, 1973, S. 529-552 , bes S. 537 , 533. 536. Hillgruber löste mit diesem Aufsatz eine heftige Auseinandersetzung übe r de n Stellenwer t un d die theoretisch-methodologischen Voraussetzunge n eine r modernen Politikgeschicht c aus . Vgl . u.a . ders. , Gedanke n z u eine r politische n Geschicht e moderner Prägung , in : Freiburger UniversitätsbL , Bd . 9, 1970 , S. 33-43 ; M. Berber , Vorur teilsfreie Geschichtswissenschaft? Anmerkunge n zu einem Vortrag A. Hillgrubers, in: Freiburger UniversitätsbL , Bd . 10 , 1971 , S. 33-41 ; A . Hillgruber , Z u den »Anmerkungen « Michae l 259 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen zu Seit e 155-15 7 Borgers (»Vorurteilsfrei e Geschichtswissenschaft?« ) z u meine m Beitra g »Gedanke n z u eine r politischen Geschicht e moderne r Prägung« , in : ebd. . S . 71-74 ; G . Kaiser , Vo m Urtei l un d Vorurteil i n der Historie, in : Freihurger Universitätsbl. , Bd . 11 , 1972, S. 55-61 . Daz u auch A. Hìllgnther, Methodologi e un d Theori e de r Geschicht e de r Internationale n Beziehungen , in : GWU, Bd . 27 , 1976 , S . 193-210 ; K . Hildebrand , Geschicht e ode r »Gesellschaftsgeschichte« ? Die Notwendigkeit eine r politischen Geschichtsschreibung vo n den Internationalen Beziehun gen, in : HZ , Bd . 223 , 1976 , S . 329-357 ; H.-U . Wehler , Modern e Politikgeschicht e ode r »Große Politi k de r Kabinette«? , in : GG, Bd . 1 , 1975 , S . 344-369 ; den., Di e Sozialgeschicht e zwischen Wirtschaftsgeschicht e un d Politikgeschichte , in : Sozialgeschicht e un d Strukturge schichteinder Schule , hg. v. d. Bundeszentrale für politische Bildung, Bon n 1975 , S. 13-25;G . Schmidt, Wozu noch »politische Geschichte«? Zum Verhältnis von Innen-und Außenpolitik am Beispiel de r englische n Friedensstrategi e 1918/1919 , in : APUZ , B 17/75 . 26 . Apri l 1975 , S. 21-45 . 111 Hillgruber , Kontinuität , S . 15 . Dabei übersah er keineswegs die innenpolitischen Ursa chen. Diese lagen nach Hillgrubers Auffassung i n der Sozialstruktur des Bismarckreiches und in dessen eigentümlicher doppclpoliger politisch-militärische r Führungsspitze . 112 Den. , Großmacht , S . 112f . Vgl . auc h ders., Kontinuität, S . 16 . 113 Vgl . z.B . E . Hohle , De r Geheimnisverra t un d de r Kriegsausbruc h 1914 , Göttinge n 1973, bes . S . 33f. ; ders. , Di e Sclbstentmachtun g Europas . Da s Experimen t de s Frieden s vo r und im Ersten Weltkrieg, Göttinge n 1975 , bes. S. 312 . 114 H . Rothfels, Zeitgeschichtliche Betrachtungen , Göttinge n 1963 2, S. 258 , Anni. 87 . 115 Ders. , Geschichtswissenschaft, S . 96. 116 Ders. , Frit z Fischers Anklag e gegen da s wilhelminische Deutschland . Da s zweite Buc h des Hamburge r Historiker s übe r di e deutsch e Politi k vo n 191 1 bi s 1914 . in : FAZ . 18 . Mär z 1970, S. 10 . Vgl. Mommsen , Kriegszielpolitik . S . 79f . Di e Position Mommsens , de r zwischen den Kontrahenten i n der Fischer-Debatte zu vermitteln versuchte , wir d ausführlich dargestell t unten. S . 12 7 ff. 117 H . Hcrzfild, De r Erste Weltkrieg, Münche n 1979- \ S. 17 , 13-46. 118 Vgl . P . Gra f Kielnitinsegg , Deutschlan d un d de r Erst e Weltkrieg , Frankfur t 1968 , bes . S. 1 2 und ders., Auf dem Wege zu einem neuen Bil d des Ersten Weltkrieges?, in : NPL, Bd . 12 . 1967. S. 328-342 , bes . S. 332f . 119 H.-U . Hehler , Da s Deutsche Kaiserreich 1871-1918 , Gömngcn 1975 2. S. 194 . 120 Mommsen , Betrachtungen . S . 139 . Die Wirkung Fischer s wird in der wissenschaftliche n Literatur unterschiedlic h beurteilt . Die s gil t besonder s fü r di e Frage , o b un d inwiewei t di e Fischer-These in der westdeutschen Histori e Anerkennung ode r Ablehnung erfahre n habe . Zu positiv urteile n Wolfgan g Schiede r un d John C . G . Röhl . Vgl . W . Schieder , Westdeutsch e Geschichtsschreibung au s der Perspektiv e de r DDR . Ei n Handbuc h al s »Kriti k de r bürgerli chen Geschichtsschreibung« gemeint , in : FAZ, 30. Mär z 1971 . S. 12t“:J . C . G . Röhl , Einlei tung, in : Zwei deutsch e Fürste n zu r Kriegsschuldfrage . Lichnowsk y un d Eulenbur g un d der Ausbruch de s Erste n Weltkrieges . Ein e Dokumentatio n v . J. C. G. Röhl . Düsseldor f 1971 , S. 10-35 , bes . S . 10 . Beid e Wissenschaftler vertrete n di e Auffassung, da ß Fischer s Interpreta tion, wen n auc h modifiziert , zu m Allgemeingut geworde n sei . Daz u kritisch V. R. Berghuhn , Die Fischer-Kontrovers e - 1 5 Jahre danach , in : GG . Bd . 6 , 1980 , S . 403-419 . bes . S . 418 . Anhand eine r Analys e de r wichtigste n un d gebräuchlichste n Hand - un d Taschenbüche r zu r deutschen Geschicht e gelangt Berghah n z u dem Ergebnis , da ß das Werk Fischer s »zumindes t indirekt i n den wichtigsten Publikatione n präsent « sei , daß aber »die Substanz der Argumenta tionsführung . . . dadurch allenfalls margina l berührt « werde . Berghahn s Auffassun g triff t fü r die in der Bundesrepublik gebräuchliche n Schulbücher , di e er ausdrücklich mitembezog , nich t zu. Vgl . hierz u K . Bmchmann , Erste r Weltkrieg - Ursachen , Kriegsziele , Kriegsschuld . Frit z Fischers Thesen in deutschen Schulgeschichtsbüchern, in : GWU, Bd . 32 , 1981. S. 600-617 . Im Unterschied z u diese n Stimme n wir d ma n davo n ausgehe n müssen , da ß di e gegenwärtig e
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Anmerkungen z u Seil e 157-15 8 Diskussion durc h eine Pluralität de r Forschungsansätze und Deutungsmuster bestimm t wird . Ungeachtet alle r Differenze n i n de r Beurteilun g de r Motiv e de r deutsche n Reichsleitun g besteht ein breiter Konsens darüber, da ß sich das Reich im Juli 191 4 aktiv verhalten habe. Dazu auch S. 177f . diese r Arbeit. Vgl . ferne r Schieder , Europa, S. 157 . 121 W . J. Mommseti, Gegenwärtige Tendenze n i n der Geschichtsschreibung de r Bundesrepublik, m:GG , Bd . 7 , 1981 , S. 149-187 . hier S. 162 . 122 Bergbahn , Fischer , S . 148 . 2. Historisch e und systematische Sozialwissenscha(i 1 Untrügliche s Indiz für die Verunsicherung etablierter Vertreter der akademischen Historie in ihre m wissenschaftliche n un d gesellschaftliche n Selbstverständni s End e der sechzige r un d Anfang der siebzigerjahre war die außerordentlich starke Zunahme von Veröffentlichungen, i n denen der Versuch unternommen wurde , di e früher meh r oder weniger al s selbstverständlich akzeptierte Arbei t de s Historikers theoretisc h z u rechtfertigen un d da s »Fach « Geschicht e zu legitimieren. Eine n Überblick übe r die wichtigsten Entwicklunge n un d Positionen de r Theoriedebatte vermitteln u. a. Berding, Bibliographie; K.-G. Faber, Zum Stand der Geschichtstheorie i n de r Bundesrepublik , in:'jHF , Bd . 3 , 1976/77 , Stuttgar t 1978 , S . 13-28 ; M . Riedel , Verstehen ode r Erklären? , Stuttgar t 1978 ; Schiede r u . Gräubig , Theorieprobleme ; Sywottek , Geschichtswissenschaft;!-!. M . Baumgartne r u. J. Rüse n (Hg.), Seminar : Geschichte und Theorie. Umriss e einer Historik, Frankfur t 1976 ; Koselleck, Objektivität; Fabe r vi. Meier, Prozesse;J. Kocka u. Th. Sipperdey (Hg.), Theorie und Erzählung in der Geschichte, München 1979 ; Rüsen, Historik; Th . Sipperdey , Historismu s un d Historismuskritik . Bemerkunge n zu r Diskussion , in: ders., Gesellschaft. Kultur . Theorie. Gesammelte Aufsätz e zur neueren Geschichte, Göttin gen 1976 ; J. Rüse n u. H . Süssntut h (Hg.), Theorie n i n der Geschichtswissenschaft, Düsseldor f 1980. Für die Kritik an der traditionellen Geschichtswissenschaft, besonder s an der Geschichtsauffassung de s Historismu s vgl . Sywottek , Geschichtswissenschaft , S . 15-25 , 36-48 , 82-93 ; Heydemann, Geschichtswissenschaft. S . 65-135 . 2 Zu r historische n Sozialwissenschaf t vgl . u.a . H.-U . Wehler , Geschicht e al s Historisch e Sozialwissenschaft, Frankfur t 1973 ; ders., Sozialwissenschaft ; J . Kocka , Sozialgeschichte . Be grilï-Entwicklung-Prohlemc, Göttinge n 1977 ; Rüsen, Historik ; Mommsen , Geschichtswissen schaft; W . Schuhe, Soziologi e un d Geschichtswissenschaft . Einführun g i n di e Problem e de r Kooperation beider Wissenschaften, Münche n 1974 ; R. Rüru p (Hg.), Historische Sozialwissenschaft. Beiträg e zu r Einführun g i n die Forschungspraxis, Göttinge n 1977 ; D. Groh, Kritisch e Geschichtswissenschaft i n emanzipatonsche r Absicht . Überlegunge n zu r Geschichtswissen schaft als Sozialwissenschaft, Stuttgar t 1973 . Mit der Geschichte der historischen Sozialwissen schaft un d de n wichtigste n Positione n setze n sic h ausführlic h auseinande r Sywottek , Ge schichtswissenschaft, S . 48-8 1 sowie H. Süssmuth, Historische Sozialwissenschaft un d historische Anthropologie . Zu r jüngeren geschichtstheoretische n un d methodische n Diskussio n i n der Bundesrepublik, in : Rüsen u. Süsstnuth, Theorien, S. 138-173 . An der These, es handele sich bei der historischen Sozialwissenschaft u m ein neues Paradigma, übten einige Historiker Kritik. Dazu bes. Repgen , Richtungskämpfe; K.-G . Faber , Geschichtslandschaft- Regio n historique Section i n History . Ei n Beitra g zu r vergleichende n Wissenschaftsgeschichte , in : Saeculum , Bd. 30 , 1979 , S. 4-21 . Zur Position Repgens vgl. kritisch J , Rüsen , Geschichte als Aufklärung? Oder: Das Dilemma des historischen Denkens zwischen Herrschaft und Emanzipation, in: GG, Bd. 7 , 1981 , S. 189-218 , bes. S. 7 , Anm. 7 . Neben dem Versuch, di e Historie als eine historische Sozialwissenschaft z u begründen, begannen einige Wissenschaftler, di e anthropologischen Dimensionen i n der Geschichte stärker als bisher zu erforschen. Fü r solche Ansätze siehe u. a. Th. Nipperdey , Di e anthropologische Dimensio n der Geschichtswissenschaft, in : ders., Gesellschaft, S . 33-58 ; W . Lepenies , Geschichte und Anthropologie . Zu r wissenschaftshistorische n 261 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Aumerkungen z u Seit e 158-159 Einschätzung eines aktuellen Disziplinkontaktes, in: GG. Bd. I, 1975, S. 325-343 ; ders., Soziologische Anthropologie. Materialien , Münche n 1972 ; A. Nutschke, Naturerkenntnis und politisches Handeln i m Mittelalter . Körper-Bewegung-Raum , Stuttgar t 1967 ; ders., Verhalten un d Wahrnehmung, in : H . G . Gadame r u. P . Vogler (Hg.), Neu e Anthropologie , Stuttgar t 1973 , S. 123-149 . Vgl. hierz u Süssmuth, Sozialwissenschaft . 3 J . Kocka, Theorien in der Sozial- und Gesellschaftsgeschichte. Vorschläg e zur historischen Schichtungsanalyse, in : GG. Bd. 1 , 1975, S. 9-42 , hie r S. 1 1 f. Di e wichtigsten Positione n der Historismuskritik werde n analysier t un d dargestellt vo n Nipperdey , Historismus ; Heydetnatni, Geschichtswissenschaft, S . 65-135 . Vgl. ferne r Süssmuth, Sozialwissenschaft . S . 138ff. : H.-A . Winkler, Wieviel Wirklichkeit gehört zur Geschichte? Standortbestimmung eine r Wissenschaft . in.ders., Liberalismu s und Antiliberalismus, Göttinge n 1979 , S. 281—28 8 J . Kocka , Historische Sozialwissenschaft, in : K . Bergman n u.a . (Hg.) , Handbuc h de r Geschichtsdidaktik . Bd . 1 , Düsseldorf 1980 2, S. 136-138 . 4 Vgl . Kocka , Sozialwissenschaft , S . 13 7 f. Sieh e daz u exemplarisc h Wehlcr , Geschichte , S. 27f. ; Monnnsen , Geschichtswissenschaft , S . 33f. ; Groh , Geschichtswissenschaft , S . 4 1 ff. Vgl. kritisc h Th. Nipperdey , Geschicht e als Aufklärung, in : Die Zeit, Nr . 9 , 22. Februa r 1980 , S. 16 . In der Tendenz ähnlich, abe r doch ausgewogener ders.. Wozu noch Geschichte?, in : G.K. Kaltenbrunne r (Hg.) , Di e Zukunf t de r Vergangenheit . Lebendig e Geschicht e - klagend e Historiker, Münche n 1975 , S . 34-57 ; ders. , Übe r Relevanz , in : ders. , Gesellschaft , S . 12-32 ; ders.. Kann Geschichte objektiv sein?, in:GWU, Bd . 30 . 1979, S. 329-342 . Mit den Vorwürfe n setzt sich auseinanderj. Kocka, Legende, Aufklärung un d Objektivität in der Geschichtswissenschaft. Z u einer Streitschrift vo n Thomas Nipperdev, in : GG, Bd. 6 , 1980 , S. 449-455 . 5 V. R. Berghuhn, Das Kaiserreich in der Sackgasse, in: NPL, Bd. 16 , 1971, S. 494-506 . Zur neueren Diskussio n übe r da s Kaiserreic h un d di e Vorgeschicht e de s Ersten Weltkriege s vgl . femer ders., Politik un d Gesellschaft i m Wilhelminischen Deutschland , in : NPL, Bd . 24 , 1979 , S. 16-4—195 ; G. Schöllgen , We r machte im Kaiserreic h Politik ? Zwischen »persönliche m Regi ment« un d »polykratischc m Chaos« , in : NPL , Bd . 25 , 1980 , S . 79-97 ; B . F . Schulte , Di e deutsche Arme e 1900-1914 . Zwische n Beharre n un d Verändern . Düsseldor f 1977 , S . XIXXXXXV; M . Kutz , Wirtschafts- und Sozialgeschichte in beiden Weltkriegen. Literaturberich t aus geschichtswissenschaftlicher Sicht , in: L. Köllneru. M . Kutz , Wirtschaft un d Gesellschaft in beiden Weltkriegen. Bericht e und Bibliographien, Münche n 1980 , S. 47-144 . Fü r die »Flucht nach-vorn«-These vgl . Mommsen , Factors, bes. S. 8f . 6 Vgl . Groh , Integration , bes . S . 618ff.: , ders. . »J e eher , dest o besser! « Innenpolitisch e Faktoren fü r die Präventivkriegsbereitschaft de s Deutschen Reiche s 1913'Î4 . m: PVS. Bd. 13 , 1972, S. 501-521 . 7 F . Vilnuir , Systematische r Entwur f zu r Kritische n Friedensforschung , in : D . Senghaa s (Hg.), Kritisch e Friedensforschung , Frankfur t 1971 . S. 362-395 , hie r S . 374 . Daz u Sywottek , Geschichtswissenschaft, S . 79f . Z u diesem Problemkomple x vgl . ferne r K . Holl , Historisch e Friedensforschung, in : NPL , Bd . 22 . 1977 , S . 202-212 ; W . Huber , Friedensforschun g un d Geschichte, in : Intern . Dialo g Zs. , Bd . 4 . 1971 . S . 291-301 ; A . Kuhn , Theori e un d Praxi s historischer Friedensforschung , Stuttgar t 1971 ; H . Soell , Zu r historische n Dimensio n de r Friedens-und Konfliktforschung i n der Bundesrepublik, in : AfS. Bd. 16 , 1976, S. 501-545 ; W. Wette, Friedensforschung, Militärgeschichtsforschung , Geschichtswissenschaft . Aspekt e einer Kooperation, in : M. Funke (Hg.), Friedensforschung . Entscheidungshilf e gegen Gewalt. Bon n 1975, S. 133-166 . 8 S o z.B . Wehler , Geschichte , S . 31 . Ähnlic h argumentier t Mommsen , Geschichtswissen schaft, S . 29f. ; ders. , Di e Geschichtswissenschaf t i n de r moderne n Industriegesellschaft , in : h'auletibach, Geschichtswissenschaft , S . 147-168 , bes . S . 158 . Fü r eine historische Kriegsursa chenforschung mi t de m Ziel , »sozialtechnisch « verwertbare s Wisse n z u erarbeiten , sieh e Gantzel u. a., Konflikt . 9 Zu r (ìeschichte und den verschiedenen Positione n der Disziplin der Internationalen Bezic 262 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 159-16 4 hungen wi e der Friedens- und Konfliktforschung vgl . u . a. E.-O . Czempiel , Di e Entwicklun g der Lehre von den Internationalen Beziehungen , in : PVS, Bd. 6 , 1965 , S. 270-290 ; den. (Hg.), Die Lehre von den Internationalen Beziehungen, Darmstadt 1969; H. Hafiendorn (Hg.), Theorie der Internationalen Politik . Gegenstan d und Methode der Internationalen Beziehungen , Ham burg 1975 ; E. Krippendorff , International e Beziehunge n - Versuc h eine r politikökonomische n Rahmenanalyse, in : PVS , Bd . 3 , 1972 , S . 348-373 ; ders . (Hg.) , International e Beziehungen , Köln 1973 ; R. Meyers , Di e Lehre von den Internationalen Beziehungen . Ei n entwicklungsgeschichtlichcr Überblick , Düsseldor f 1977 ; E. Jahn, Entwicklun g un d Schwerpunkte der Friedensforschung i n Nordamerika und Westeuropa, in: Friedensanalysen. Fü r Theorie und Praxis, Bd. 1 , hg . v . d . Hessische n Stiftun g fü r Friedens - und Konfliktforschung , Frankfur t 1975 , S. 15-34 ; W.-D . Eberwei n u . P . Reichel , Friedens - und Konfliktforschung . Ein e Einführung , München 1976 ; E. Krippendorff (Hg.), Friedensforschung , Köl n 1974 4; K. Kaiser, Friedensfor schung in der Bundesrepublik. Gegenstan d und Aufgaben de r Friedensforschung, ihr e Lage in der Bundesrepubli k sowi e Möglichkeite n un d Problem e ihre r Förderung , Göttinge n 1970 ; Senghaas, Friedensforschung ; E.-O . Czempiel , Schwerpunkt e un d Ziel e de r Friedensfor schung. Münche n 1972 ; Funke, Friedensforschung; H.-G . Brauch , Entwicklungen un d Ergebnisse de r Friedensforschung , in : NPL , Bd . 22 , “l977, S . 174-201 , 385-412 , 516-535 ; ders. , Entwicklungen un d Ergebniss e der Friedensforschung (1969-1978) . Eine Zwischenbilanz und konkrete Vorschläg e fü r das zweite J ahrzehnt, Frankfur t 1979 ; G. Kuhnlein , Di e Entwicklun g der kritische n Friedensforschun g i n de r Bundesrepubli k Deutschland . Untersuchun g un d Kritik einer neuen Wissenschaft, Frankfur t 1978 . 10 R . Dahrendorf, Gesellschaf t und Demokratie in Deutschland, München 1972 2, S. 29 , 30f. , 27. 11 Vgl . K . J. Gantzel u. a., Einführung , in : ders. u. a., Konflikt , S . 13-66 . Ähnlic h abwer tend über die herkömmliche Historie urteilen z. B. J. D . Singer, Die szientifische Methode . Ein Ansatz zu r Analys e internationale r Politik , in : PVS , Bd . 14 , 1973 , S . 471-498 ; M . Smal l u . J . D . Singer, Historisch e Tatsachen un d wissenschaftlich e Date n a m Beispiel de r Erforschun g von Kriegen, in : P. Ch . Lud z (Hg.). Soziologi e und Sozialgeschichte. Aspekt e und Probleme, Opladei l97 2 ( = KZSS . Sonderhef t 16) , S . 221-241 ; K“ . J. Gantzel , Syste m un d Akteur . Beitrage zur vergleichenden Kriegsursachenforschung . Düsseldor f 1972 , S. 13f . 12 Ders . u.a., Einführung . S . 13 , 18. 20. 13 Vgl . O . R. Holst i u.a., Perzeptio n un d Aktio n i n der Kris e vo n 1914 , in : Gantze l u.a. , Konflikt. S . 311-356 , bes. S. 31 2 sowie Wette , Friedensforschung. S . 161 . 14 Habermas , Erkenntnis, S. 241. 15 Huber , Fnedensforschung, S . 295. 16 Vgl . z . B. B . M . Russen , Ursache , Überraschun g un d kein Entrinnen , in : Gantzel u. a., Konflikt, S . 68-85 . Daz u ferner G. Siedhart, Wi e verhütet ma n einen Krieg. E s mangelt noch an Wisse n übe r di e Ursache n de r Konflikt e un d übe r da s Wese n de r Gewalt , in : Di e Zeit , 21. Septembe r 1973 , S. 26 . 17 Vgl . Gantze l u.a., Einführung , S . 16 , 58 ff. 18 Ebd. , S . 16 . 19 Ebd. , S . 15 . 20 Holst i u.a.. Perzeption , S . 312 . 21 1 . de Sol a Poo l u. A . Kessler , De r Kaiser , de r Za r un d de r Computer , in : Gantze l u.a. , Konflikt, S . 258-281 , hie r S. 260 . 22 Vgl . L . F . Richardson, Der Rüstungswettlauf zum Ersten Weltkrieg, in : ebd., S. 168-207 ; Qu. Wright , A Study o f War. Chicag o 1965 2; P. A . Sorokin , Socia l an d Cultura l Dynamics , Bd. 3 : Fluctuation of Social Relationships, War, and Revolution, Ne w York 1937 . Zur Theorie Richardsons vgl . bes . A . Rapoport , Lewi s F . Richardson' s Mathematica l Theor y o f War, in : Journ. of Conflict Resolution , Bd . 1 , 1957, S. 249-299 . 23 Richardson , Rüstungswettlauf, S . 190 .
263 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seil e 164—16 6 24 Vgl . R . N . Rosecrance , Das internationale Syste m vo r dem Ersten Weltkrieg, in : Gantzel u.a.. Konflikt , S . 86-111 , bes . S. 86-102 . 25 Ebd. . S . 109 . 26 Vgl . J. C . G . Höhl, »Trial and Error«: Kritischer Kommentar zu den Konstallations- und Konfliktstudien, in : Gdntze l u.a. . Konflikt . S . 157-166 ; V. R. Berghuhn , »Educate d an d les s Educated Guesses«: Kritische r Kommenta r zu den Rüstungswettlauf- un d Eskalationsstudien , in: ebd., S . 245-256 ; I. Geiss, Juli 1914 : Kritischer Kommenta r zu den Krisenstudien, in : ebd., S. 357-365 . Ferne r übte n Kriti k Hildebrand , Imperialismus , S . 350ff. ; Niedhart , Krieg ; A . Gasser, Erste r Weltkrieg un d »Friedensforschung« , in : Allgemeine Schweizerische Militär-Zs. 1974, S . 235-238 . Abwägende r urteilte n Politikwissenschaftle r un d Soziologe n übe r dies e Forschungsansätze. Vgl . u.a. D . Senghaas, Simulation als Werkzeug der Friedensforschung, in : ders., Gewalt-Konflikt-Frieden. Essay s zur Friedensforschung, Hambur g 1974 , S. 149-155 ; S. Harbordt, Computersimulatio n i n den Sozialwissenschaften , 2 Bde., Reinbe k 1974 ; ders., Die überschätzte Computersimulation, in : Soziale Welt. Bd . 21/22 , 1970 , S. 494-507 . 27 Vgl . Berghahn , »Guesses« , S . 248ff . 28 Geiss , }u\i 1914: Kommentar, S . 359. 29 Vgl . ebd., S . 358ff . Zur Position vo n Geiss vgl. ferne r ders., Die Rolle der Persönlichkeit in der Geschichte: Zwischen Überbewerte n un d Verdrängen, in : M. Bosc h (Hg.), Persönlich keit un d Struktur i n der Geschichte. Historisch e Bestandsaufnahm e un d didaktische Implika tionen, Düsseldor f 1977 . S. 10-24 . 30 Dm. , Juh 1914 : Kommentar, S . 364 . Vgl . dazu auch Röhl, »Trial« , S . 166 . 31 Gautze l u. a.. Einführung , S . 18 , 66. Man wird die Herausgeber der sozialwissenschaftli chen Studien zum Kriegsausbruch keinesweg s mit den Ansätzen und Erkenntnisinteressen de r von ihne n publizierte n Arbeite n identifiziere n dürfen . Ihr e eigene n Untersuchunge n ware n vorwiegend eine m »emanzipatorischen « Erkenntnisinteress e verpflichtet . Auc h äußert e sic h Gantzel späte r seh r skeptisc h übe r de n wissenschaftliche n Ertra g beispielsweis e vo n Simula tionsstudien. Vgl . u . a. K . J. Gantzel, Vorwort , in : Simulation internationale r Prozesse , hg. v . L. Ker n u . H.-D . Rönsch , Opluìc n 197 2 ( = PVS , Sonderhef t 3 . 1971) , S . 7-9 ; V. Rittberger, »Frieden is t meh r al s kei n Krieg« . Crewaltpoliti k al s Proble m de r Friedensforschung , in : APUZ. B 20/77, 21. Ma i 1977 , S 19-29 . 32 Vgl . u . a. Groh , Integration; ders., Faktoren; V. R. Bergbahn, Rüstung und Machtpolitik . Zur Anatomi e de s »kalte n Krieges « vo r 1914 . Düsseldor f 1973 ; Wehler , Kaiserreich ; W . J. Xîommsvn, Da s Zeitalter de s Imperialismus . Frankfur t 1969 . Sieh e ferne r H.-U . Wehler , Bis marck un d de r Imperialismus . Köl n 1969,J . Kocka , Klassengesellschaf t i m Krie g 1914-1918 . Deutsche Sozialgeschichte 1914-1918 , Göttingen 1973. 33 Habermas , Erkenntnis (in: Technik), S. 159 , 160 . Vgl. dazu Mommsvn, Geschichtswissenschaft, S . 33f. , 36 ; Wehler , Geschichte . S . 27f. ; Groh , Geschichtswissenschaft , S . 19 , 42f. : Wehler zufolg e besteh t di e Aufgab e de s Historikers darin , di e historische Dimensio n gesell schaftlicher Verhältniss e i n de r Gegenwar t un d dami t ihr e Veränderbarkei t aufzuzeigen ; e s komme darau f an, »Distan z zur Geschichte als Inbegriff der Vergangenheiten z u schaffen, di e »Befreiung vo n unbegriffenen Mächte n zu fördern, den Schein der Natürlichkeit vergangener , aber die Gegenwart mitbestimmende r Entwicklunge n z u zerstören un d damit Energien , Per spektiven, Einsichte n fü r di e Oppositio n gege n di e vermeintliche n Sachzwäng e . . . i n eine r technokratischen Industriezivilisatio n freizusetzen. « Ähnlic h argumentier t Mommsen : Inde m die Geschichtswissenschaft di e Historizität gesellschaftliche r Ordnunge n aufzeige , nehm e sie diesen de n »Schleie r de s Unabänderlichen« ; danebe n gelt e es , di e jeweils vorherrschende n Werthaltungen un d Ideologie n eine r Gesellschaf t vo r de m Hintergrun d ihre r historische n Entwicklung z u beleuchte n un d au f dies e Weis e di e Mänge l ideologische r Konzeptione n aufzudecken. Nac h Mommse n is t dies e ideologiekritisch e Aufgabenstellun g vo n erhebliche r Bedeutung für den Bestand einer offenen Gesellschaft , di e ohne eine ständige, rationa l geführt e Auseinandersetzung übe r die in ihr herrschenden Werthaltungen , Ideologie n un d Geschichts264 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen z u Seit e 166-17 1 bilder nich t existiere n könne . Au s der Sicht Groh s hat der Historiker vergangene s Geschehe n im Rahme n de r Lebenspraxi s s o z u interpretieren , da ß »»di e mi t de r Aufklärun g un d de r Ausbildung de s historischen Bewußtsein s i m 18 . und 19 . Jahrhundert vollzogene n Schritt e in der Emanzipationsgeschichte de r Menschengattung fortgesetz t werde n können«. 34 S o z. B. Berghahn, Rüstung . 35 Di e Unterschied e zwischen traditionelle r un d kritischer Fnedensforschun g werde n dar gestellt und analysiert u. a. von K. Kaiser, Fnedensforschung i n der Bundesrepublik, Göttinge n 1970, S . 3 1 ff.. 38ff. ; Meyers , Lehre , S . 129ff. ; Senghaas , Gewalt ; E.-O . Czempiel , Schwer punkte un d Ziel e der Friedensforschung , Münche n 1972 . Daz u ferne r Senghaas , Friedensfor schung; ders . (Hg.), Fnedensforschun g un d Gesellschaftskritik, Frankfur t 1973 . Auf die Ähnlichkeit i n den Fragestellungen un d politisch-gesellschaftlichen Perspektive n zwische n histori scher Sozialwissenschaf t un d Kritische r Friedensforschun g ha t besonder s Arnol d Sywotte k hingewiesen. Sieh e Sywottek , Geschichtswissenschaft , S . 79f . Daz u auc h Wette , Fnedensfor schung. 36 M . R . Lepsiiis , Zu m Verhältni s vo n Geschichtswissenschaf t un d Soziologie , in : Baum gartner u . Riiseti . Seminar . S . 118-138 , hie r S . 136 . Vgl . Bergbahn , Rüstung , S . 7ff . Eine n anderen We g de r Theorieanwendung , di e idealtypisch e Method e Ma x Webers , ha t Jürgen Kocka erprobt. E r geht jedoch nicht auf die Vorgeschichte und Entstehung des Weltkrieges ein. Dazu Kocka, Klassengesellschaft sowi e ders., Theorien, bes . S. 17ff . 37 Vgl . Berghahn , Rüstung, S . 10 . 38 Ders. , Tirpitz-Plan , S . 597f . Vgl . ferne r ders. . De r Tirpitz-Pla n un d di e Krisi s de s preußisch-deutschen Herrschaftssystems , in : Marin e un d Marinepolitik , S . 89-115 ; ders., Zu den Ziele n de s Deutsche n Flottenbau s unte r Wilhel m II., in: HZ , Bd . 220 , 1970 , S . 34-100 ; ders.. Flottenrüstun g un d Machtgefìige , in : M . Stürme r (Hg.) , Da s kaiserlich e Deutschland . Politik und Gesellschaft 1870-1918 , Düsseldorf 1970, S. 378-396 . Siehe auch die von Berghahn vorgelegte Gesamtdarstellung de s Krieges von 1914 : ders., Germany an d the Approach of War in 1914 , London 1973. 39 S o z.B. D . Senghaas, Rüstung und Militarismus, Frankfur t 1972 . 40 Daz u u.a . J. H . Herz , Weltpoliti k i m Atomzeitalter , Stuttgar t 1961 ; H. J. Morgenthau, Politics among Nations . New York 1948 . 41 Berghahn , Rüstung, S . 35 . 42 Vgl . z.B . Senghaas , Rüstung ; ders. , Abschreckun g un d Frieden . Studie n zu r Kriti k organisierter Friedlosigkeit . Frankfur t 1972 , 43 Betghahu , Rüstung. S . 68 . Vgl. ferne r ebd., S . 50 . 62t. 44 Senghaas , Rüstung, S . 46. 45 Berghahn , Rüstung, S . 91 , 92. 46 Vgl . u.a . Mommsen , Kriegszielpolitik , S . 97ff. ; Wehler , Geschichtswissenschaft , S. 726ff. ; Groh , Faktoren; Hallgarten, Selbstschau, S . 1 l0ff 47 Ebd.,S . 118 . Vgl. auc h ebd.. S . 1 l0f, 114ff , 117 f 48 Vgl . ebd., S . 57f f 49 Radkau , Hallgarten, S . 103 . 50 Wehler , Geschichtswissenschaft, S . 728t . Vgl . ebd., S . 726-729 . 51 Mommsen , Kriegszielpolitik, S . 99f . sowi e Fischer, Weltmacht, S . 98 . 52 Vgl . Wehler , Kaiserreich , S . 192-200 ; W . J. Mommsen, Di e latente Kris e des Deutschen Reiches 1909-1914, in: Handbuch der deutschen Geschichte, neu hg. v. L.Just, Bd . IV. 1. Teil: Deutsche Geschicht e de r neueste n Zei t vo n Bismarck s Entlassun g bi s zu r Gegenwart. Vo n 1890-1933, Frankfurt 1973 , S. 1-120 , bes . S. 5 ; ders., Zeitalter, S . 276ff . 53 Vgl . Mommsen, Factors, S. 8 , 15ff . Übe r die Bezeichnung »Kehrites « is t injüngerer Zeit eine heftige Auseinandersetzun g entstanden . Daz u G. Eley, Die ›Kehrites‹ und das Kaiserreich: Bemerkungen zu einer aktuellen Kontroverse, in: GG. Bd. 4 , 1978, S. 91-107 ; H.-J. Puhle, Zur Legende von der »Kehrschc n Schule« , in : ebd., S . 108-119 . Vgl. auc h V. R. Berghahn, Politi k
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Anmerkungen zn Seit e 171-175 und Gesellschaf t i m Wilhelminische n Deutschland , in : NPL , Bd . 24 . 1979 . S . 164-195 , bes . S. 164 . Obgleich di e Verwendung diese s Begriffs nich t ganz unproblematisch ist , s o bietet er doch - sieh t ma n vo n de n teilweis e mitschwingende n pejorative n Konnotatione n a b - di e Möglichkeit de r Abgrenzun g verschiedene r Positione n be i de r Analys e de r innenpolitische n Hintergründe wilhelminischer Außenpolitik . 54 Mommsen , Charakter. S . 454 . 55 Vgl . bes . Wehler, Kaiserreich; ders., Bismarck; ders., Krisenherde des Kaiserreiches 18711918. Studie n zu r deutsche n Sozial - un d Wirtschaftsgeschichte , Göttinge n 1979 2. Ähnlic h argumentieren W . Sauer , Da s Proble m de s deutsche n Nationalstaats , in : H . Böhm e (Hg.) , Probleme de r Reichsgründungszei t 1848-1879 , Köl n 1968 . S . 448-479 ; D . Groh , Di e miß lungene »Inner e Reichsgründung« . Verfassung , Wirtschaf t un d Sozialpoliti k i m Zweite n Reich, in: Rev. d'Allemagne , Bd . 4 , 1972 , S. 89-112 ; M. Stürmer , Konservatismus und Revolution in Bismarcks Politik, in : ders., Deutschland, S . 143-167 . 56 Zu m Begriff »Sozialimperialismus« vgl . u.a. wehler , Bismarck , S . 454—502 ; ders., Sozialimperialismus, in : ders., Imperialismus, S . 83-96 . Für Wehlers Deutung des Kaiserreiches siehe ders., Kaiserreich , S . 227ff . Zu r Debatt e übe r di e These n Wehler s vgl . u.a . Th . Nipperdey , WEhlers »Kaiserreich«. Ein e kritische Auseinandersetzung, in : GG, Bd. 1 , 1975, S. 539—560;J . Habermas, Zu m Thema : Geschicht e un d Evolution , in : GG , Bd . 2 , 1976 , S . 310-357 ; W . (Amze, Zu r Sozialgcschicht c de s Kaiserreich s un d der Weimare r Republik , in : NPL , Bd . 21, 1976, S . 507-515 , bes . S . 51 1 ff; H.-G . Zmarzlik , Da s Kaiserreic h i n neue r Sicht? , in ; HZ , Bd. 222 , 1976 , S. 105-126,ders. , Da s Kaiserreich als Einbahnstraße?, in:Holl u. List, Liberalismus, S. 62-71 ; V. R. Berghahn, Der Bericht der Preußischen Oberrechnungskammer. Wehler s »Kaiserreich« un d seine Kritiker, in : GG, Bd. 2 . 1976 . S. 125-136 ; ders., Politik. Dor t sind die wichtigsten Positione n dargestellt. Vgl . auch die Antwort Wchlers auf die Kritik seiner Kontrahenten: H.-U. Eehler , Kriti k und kritische Antikritik, in : HZ, Bd. 225 , 1977 , S. 347-384 . 57 Ders. , Kaiserreich. S . 193 . 58 Ebd. , S . 193 , l99 f sowi e ders., Geschichtswissenschaft, S . 728 . Vgl. ferne r J .Joll, 1914 . The Unspoken Assumptions . A n Inaugural Lecture , Londo n 1968. 59 Wehler , Kaiserreich . S . 199 , 60 Mommsen , Factors, S . 8 f. Diese r Ansatz stellt eine Konkretisierung de r an anderer Stell e entwickelten allgemeine n Konzeptio n einer historisch-kritischen Sozialwissenschaf t dar . Siehe Mommsen, Geschichtswissenschaft (1971) , S . 42f . Dor t wie s er der historischen Sozialwissen schaft folgend e Aufgabe n zu : »Zu m eine n di e Erforschun g de r Historizitä t vo n soziale n Gruppen un d Institutionen , di e übe r länger e Zeiträum e hinau s ihr e Identitä t bewahren , zu m anderen die Erforschung de s Wandels sozialer Systeme unter Zuhilfenahme von Kriterien Von. gemessen an den Vorstellungen der historistischen Historiographie, enorm hoher Abstraktheit, wie etwa der Veränderungen der sozialen Mobilität in einer Gesellschaft oder der Intensität von Gruppengegensätzen innerhal b eines politischen Systems. « 61 Vgl . Iggers , Neue Geschichtswissenschaft. S . 145 . 62 Vgl . Mommsen , Zeitalter, S . 7-9 . 63 Ebd. , S . 16 . Vgl. Schieder . Europa. 64 Mommsen , Zeitalter, S . 19 . Zu dieser Diskussion vgl. bes . H. Böhme, Thesen zur Beurteilung de r gesellschaftlichen, wirtschaftliche n un d politischen Ursache n de s deutschen Imperia lismus, in : W. } . Mommsen (Hg.), De r moderne Imperialismus, Stuttgar t 1971 , S. 31-59 , bes. S. 3 1 ff. 65 Vgl . Mommsen , Zeitalter, S . 62f . 66 Daz u ebd.. S . 228 . 67 Ebd. , S . 276 . Dazu oben, S . 153f . 68 Mommsen , Zeitalter, S . 284 . 69 Hildebrand , Imperialismus, S . 17 7 und Sywottek, Fischer-Kontroverse , S . 3 8 f. 70 Vgl . Mommsen , Kris e sowie ders., Di e latente Kris e des Wilhelminischen Reiches : Staat 266 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen zn Seit e I75-18 0 und Gesellschaf t i n Deutschlan d l890-19l4 . in: MGM , Bd . 15 , 1974 , S . 7-28 . Sieh e ferne r ders., De r europäisch e Imperialismus . Aufsätz e un d Abhandlungen , Göttinge n 1979 ; ders., Imperialismustheorien. Ei n Überblic k übe r di e neueren Imperialismusinterpretationen , Göt tmgen 1980 2. 71 Ders. , Krise (1974), S. 10 . 72 Ders. , Krise (1973), S. 5 . 73 Vgl . Groh , Integration, S. 20 , 49, Anm. 77 , 695. Dazu kritisch G. A . Ritter, Sozialdemokratie und Sozialgeschichte 1909-1914 . Z u einer neueren Darstellung , in : Aß, Bd . 17 , 1977 , S. 458-466 ; H . Grebing , Rez . D . Groh , »Negativ e Integratio n un d revolutionäre r Attentis mus«, in : IWK , Bd . 10 , 1974 , S . 105-109 . Z u dem vo n Groh bearbeiteten Problemkomple x siehe auc h K . Saul , Staat , Industrie , Arbeiterbewegun g i m Kaiserreich . Zu r Innen - un d Sozialpolitik de s Wilhelminischen Deutschlan d 1903-1914“ . Düsseldorf 1974. 74 Groh , Geschichtswissenschaft, S . 17 , 16. 75 Ders. , Integration, S . 622 . 76 Ders. , Faktoren. S . 501 , 502. 77 Hildebrand , Geschichte , S . 329 . Zu r Konzeptio n de r »Gesellschaftsgeschichte « vgl . H. U. Wehler , Vorüberlegunge n z u einer moderne n deutsche n Gesellschaftsgeschichte , in : Steg mannu.a., Gesellschaft, S . 3-20;ders. , Staatsgeschichte ; Kocka, Sozialgeschichte, S . 97-111 . 78 Hildehrand , Imperialismus, S . 163 . 79 Daz u ebd. , S . 163 . Vgl . H . A . Kissinger , Großmach t Diplomatie . Vo n der Staatskuns t Castlcreaghs und Metternichs, Frankfur t 1975 , S. 7 f. 80 Hildelmuid , Imperialismus. S. 361 . 362 f. 81 Vgl . hierz u genauer unten, S . 153f , 17 1 ff. 82 Mommsen , Kriegszielpolitik, S . 98 , 100. 83 Vgl . exemplarisch die Kontroverse um Wehlers Buch »Das Deutsche Kaiserreich«. Dazu die Literatur in Anm. 5 6 dieses Kapitels. 84 Vgl . Repgen . Richtungskämpfe. S . 603ff . 85 Daz u Faulenbanch, »Sonderweg«. S . 12-21 . 3. Imperiiilisniuskriti k und Systetnkonhurreuz 1 Zu m politisch-gesellschattliche n Hintergrun d un d de n Wirkunge n de r Fischer-Debatt e vgl. Heydemann , Geschichtswissenschaft , S . 159ff . sowi e Schieder , Art . Weltkrieg , Sp . 866f . Für die Interpretation de r Vorgeschichte un d Geschichte des Weltkrieges siehe exemplarisch: Deutschland i m Erste n Weltkrieg . Di e wichtigste n Veröffentlichunge n au s de n sechzige r Jahren werden angeführt be i W. Gutsche u. A. Laschitza. Forschungen zur deutschen Geschichte von de r Jahrhundertwende bi s 1917 , in : Historisch e Forschunge n i n de r DD R 1960-1970 . Analysen und Berichte . Zum XIII. Internationalen Historikerkongreß in Moskau, Berli n 197 0 (= ZfG. 18 . Jg.. 1970 , Sonderbd.). S. 476-507 . 2 W . Gutsche , Zur Imperialismusapologi e i n der BRD . ›Neue ‹ Imperialismusdeutunge n i n der BRD-Historiographie zur deutschen Geschichte 189 8 bis 1917, Berlin 1975 . Die Wandlungen i n de r DDR-Histori e sei t End e de r sechzige r un d Anfan g de r siebzige r Jahr e werde n ausführlich dargestell t un d analysier t vo n Heydetnaiin , Geschichtswissenschaft . S . 163ff. . 167ff. Fü r die Weltkriegsforschung vgl . de n Literatur- und Forschungsbericht vo n W. Gutsche u.a., Forschunge n zu r deutschen Geschichte vom Ausgan g de s 19 . Jahrhunderts bis 1917 , in: Historische Forschungen in der DDR 1970-1980. Analysen und Berichte. Zum XV. Internationalen Historikerkongre ß i n Bukares t 1980 . Berli n 198 0 (= ZfG , 28 . Jg., 1980 , Sonderbd.) , S. 204-229 . 3 L . Berthold , Ei n geschlossenes Bil d de r Geschichte der deutsche n Arbeiterbewegung , in : ZfG. Bd. 14 , 1966 . s!“ 1277-1281 , hier S. 1278 .
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Anmerkungen z u Seit e 180-184 4 Gutsche . Laschitza, Forschungen, S. 477 . Grundlegend für die Interpretation nicht nur der jüngeren deutschen Geschichte waren die Leitlinien des sogenannten »Nationalen Dokuments« , das nicht nur als eine »Anleitun g zu m Handeln« , sonder n auch als »Lehrbuch « de r deutschen Geschichte verstanden wurde . Vgl. : Da s Nationale Dokument. Wortlau t des Dokuments und der Rede des Vorsitzenden de s Staatsrates. Walte r Ulbricht , au f dem Nationalkongreß, hg . v . Staatsrat der Deutschen Demokratischen Republik , Berli n 1962 , bes. S. 17f. , 23f. , 27 , 49. 5 Vgl . Heydemann , Geschichtswissenschaft, S . 160f. 6 Vgl. : Deutschland im Ersten Weltkrieg. Siehe ferner F. Klan, Deutschland von 1897/98 bis 1917. Berli n 1972 3; ders., Deutsehlan d vo n 1897/9 8 bis 1917 . in: Deutsch e Geschicht e i n drei Bänden, hg. v. H.-J. Bartmuss u. a., Bd . 2 : Von 1789-1917, Berlin 1967. S. 679-855 ; H. Otto u. K. Schmiedel , De r Erst e Weltkrieg . Militärgeschichtliche r Abriß , Berli n 1977 3. Vgl . unte r bibliographischen Gesichtspunkte n Gutsch e u. Laschitza , Forschunge n sowi e Griman n u. Hey mann, Imperialismus. Bahnbrechend wirkten vor allem die folgenden Arbeiten von Gutsche und Klein: W . Gutsche , Di e Beziehunge n zwische n de r Regierun g Bethman n Hollwe g un d de m Monopolkapital in den ersten Monaten des Ersten Weltkrieges, Habil.-Schrift Berlin 1967 (Ms.) und F. Klein, De r deutsche Imperialismus und die Entstehung de s Ersten Weltkrieges . Habil. Schrift Leipzi g 196 8 (Ms.). 7 Das. , Einleitung , in : Deutschland i m Erste n Weltkrieg . Bd . 1 . S. XVII-XXVII , hie r S. XVIII. 8 Klein , Geschichtsschreibung, S . 53 . Vgl. auch Gutsche, Entwicklung, S.1;ders. , Zu einigen Problemen der Erforschung des Ersten Weltkrieges, in: Zs. f. Militärgesch. , Bd . 4 , 1965, S. 67 74, bes. S. 67 ; ders. u. Laschitza, Forschungen, S . 477 . 9 Zit . nach Klein, Geschichtsschreibung, S . 54 . 10 Ebd. , S . 2 . Mi t diese r Unterscheidun g charakterisierte n di e DDR-Historike r z.B . di e politisch-gesellschaftlichen Orientierunge n de r Anhänge r de r Unschuldsthes e währen d de s Ersten Weltkrieges und in der Weimarer Zeit sowie der nichtkommunistischen Verfechte r der Schuldthese in jenem Zeitraum. Zur Auseinandersetzung mi t der »bürgerlichen« Weltkriegshi storie, wi e sie sich seit 191 4 entwickelte vgl . ferne r Gutsche, Entwicklung; ders. , Imperialismus vor 1914 , in : G . Loze k u.a . (Hg.) - Unbewältigt e Vergangenheit . Kriti k de r bürgerliche n Geschichtsschreibung in der BRD. Berlin 1977 3 293-303 ; F. Klein, Erster Weltkriegen:in ebd.. S. 304- 316; Schleier, Geschichtsschreibung. Kritisc h dazu Schiedet, Geschichtsschreibung . 1 1 F. Klein, Die westdeutsche Geschichtsschreibung übe r die Ziele des deutschen Imperialismus im Ersten Weltkrieg, in : ZfG, Bd . 10 . 1962. S. 1808-1835 . hier S. 1831 . Dazu ferner ders.. Geschichtsschreibung (1968) . bes. S. 46ff . sowi e Gutsche. Entwicklung, bes . S 37ff . 12 Klein , Geschichtsschreibung (1962) , S. 1829f . 13 Vgl . Jerussalimski, Imperialismus, S. 85 0 so wie F. Klein, Neuere Veröffentlichungen i n der BRD zur Geschichte und Vorgeschichte des Ersten Weltkrieges, in: ZfG, Bd . 20 , 1972 , S. 203 216. bes. S. 203 . 14 Deutschlan d im Ersten Weltkrieg, Bd . ES . 60 . Vgl. zum folgenden ebd., S. 60-45 , bes. S. 64 , 74, 81 ff. 87. 89. 92 f. 15 Ebd. , S. 124 . Zum Begritf »junkerlich-bürgerlicher Imperialismus« vgl . bes. W. I. Lenin, Über di e Naturalsteue r (Di e Bedeutun g de r neue n Politi k un d ihr e Bedingungen) , in : ders., Werke, Bd . 32 , Berli n 1977 , S . 341-380 , hie r S . 346 : »U m di e Frage noch klare r zu machen, wollen wi r zunächst ein ganz konkretes Beispiel anführen. All e wissen, wa s für ein Beispiel das ist: Deutschland. Hie r haben wi r das ›letzte Wort« moderne r großkapitalistischer Techni k und planmäßiger Organisation, die dem junkerlich-bürgerlichen Imperialismus unterstellt sind. Man lasse die hervorgehobenen Wörte r aus, setze an Stelle des militärischen, junkerlichen, bürgerlichen , imperialistischen Staates ebenfalls einen Staat, aber einen Staat von anderem sozialen Typus, mit anderem Klasseninhalt , de n Sowjetstaat , d . h . eine n proletarische n Staat , un d ma n wir d di e ganze Summe der Bedingungen erhalten, die den Sozialismus ergibt.« 16 Deutschlan d im Ersten Weltkrieg, Bd . 1 , S. 124 . Dazu auch R. Andexel, Imperialismus -
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Anmerkungen zu Seite 184-187 Staatsfinanzen. Rüstung , Krieg . Problem e de r Rüstungsfinanzierun g de s deutschen Imperia lismus, Berli n 1968 , S. “l5-23; Otto. Schnuedel , Weltkrieg, S . 9-5 1 17 Gusche , Entwicklung, S . 1 . 18 Ders. , Ers t Europ a - un d dan n di e Welt . Problem e de r Kriegszielpoliti k de s deutschen Imperialismus im Ersten Weltkrieg, in : ZfG, Bd . 12 , 1964 , S. 745-767 , hier S. 757 . Vgl. dazu bes. u.a . ders. , Die Entstehung de s Kriegsausschusses de r deutschen Industri e und seine Rolle zu Begin n de s Erste n Weltkrieges , in : ZfG, Bd . 18 , 1970 , S . 877-898 ; ders., Bethmann Holl weg un d di e Politi k de r »Neuorientierung» . Zu r innenpolitische n Strategi e un d Takti k de r deutschen Reichsregierun g wahren d de s Erste n Weltkrieges , in : ZfG , Bd . 13 , 1964 , S . 209 234; ders. , Takti k ode r Alternative ? Zu m Proble m de r Differenzierun g innerhal b de r herr schenden Klasse n währen d de s Erste n Weltkriege s i n Deutschland , in : Gesch.Unterrich t u . Staatsbürgerkunde, Bd . 3 . 1965 . S. 189-194 ; den., Mitteleuropaplanunge n i n der Außenpolitik des deutschen Imperialismu s vor 1918 , in: ZfG, Bd. 20 , 1972 , S. 533-549 . 19 Ders. , Europa , S . 751. 20 Daz u exemplarisc h K . Gossweiler , Großbanken , Industriemonopole , Staat . Ökonomi e und Politik de s staatsmonopolistischen Kapitalismu s in Deutschland 1914-1932 , Berli n 1971; ders., Di e Roll e de r Großbanke n i m Imperialismus , in : JWG, 1971 , Tei l 3 , S . 35-54 . Vgl . kritisch E . Hennig , Monopolgruppenthcori e i n der DDR, in : Leviathan, Bd . 1 , 1973 , S. 135 151; ders. , Materialie n zu r Diskussio n de r Monopolgruppentheorie . Anmerkunge n z u Kur t Gossweilers »Großbanken . Industriemonopole . Staat« , in : NPL, Bd . 18 , 1973, S. 170-193 . 21 J . Kuczynski , Zu r Soziologi e de s imperialistischen Deutschland , in : JbW, 1962 , Tei l 2 , S. 11-90 . bes . S . 67f . Vgl . ders. , Di e Barbarei - extremste r Ausdruc k de r Monopolherrschaf t in Deutschland, in : ZfG,Bd. 9 . 1961 . S. 1484-1508 , bes. S. 1499 . 22 Gutsche , Europa. S . 753 . Vgl. dazu ebd., S . 75 1 ff. 23 Vgl . W . Basier . Deutschland s Annexionspoliti k i n Pole n un d i m Baltiku m 1914-1918 , Berlin 1962 ; H . Küster , Di e Kriegsziel e de s deutsche n Imperialismu s z u Begin n de s Erste n Weltkrieges (1914-1916) . Diss . Berli n 1961 ; L. Rathmann , Stoßrichtun g Nahos t 1914-1918 . Zur Expansionspoliti k de s deutsche n Imperialismu s i m Erste n Weltkrieg , Berli n 1963 ; G . Theodor, Friedric h Nauman n ode r de r Prophe t de s Profits . Ei n biographische r Beitra g zu r Geschichte des trüben deutschen Imperialismus . Berli n 1957 . 24 Gutsche , Europa, S . 762 . 25 Vgl . z u diesem Problcmkomple x Hennig , Monopolgruppentheorie , S . 13 5 f. 26 S o z. B. K . Stenkewitz , Gege n Bajonet t un d Dividende. Di e politische Kris e in Deutschland a m Voraben d de s Erste n Weltkrieges , Berli n i960 , S . 7 , 16 . Daz u ferner : De s Volke s Feind. Übe r die Rolle des deutschen Militarismu s in der neuen und neuesten Zeit, Berli n 1961; W. Wittwer , Strei t u m Schicksalsfragen . Di e deutsche Sozialdemokrati e z u Krieg un d Vater landsverteidigung 1907-1914 , Berli n 1967 2; H. Wohlgemuth , Burgkrieg, nich t Burgfriede ! De r Kampf Kar l Liebknechts . Ros a Luxemburg s un d ihre r Anhänge r u m di e Rettun g de r deut schen Natio n i n den Jahren 191 4 bis 1916 . Berli n 1963 ; Geschichte der deutschen Arbeiterbe wegung, hg . v . Institu t fü r Marxismus-Leninismu s bei m ZK der SED, Bd . 2 : Vom Ausgan g des 19 . Jahrhunderts bi s 1917 , Berli n 1966 . Di e wichtigste n Arbeite n zu r Geschicht e de r deutschen Arbeiterbewegun g sin d zusammengestell t be i Gutsch e u. Laschitza , Forschungen , S. 477-491 . 27 Vgl . z . B. Klein, Sozialdemokraten . 28 Steinberg , Sozialismus , S . 9 . 29 Schieder , Art . Weltkrieg , Sp . 866 . Vgl . J . Petzold , Da s Ende des Erste n Weltkriege s i m Spiegel de r deutsche n Geschichtsschreibung , in : Deutschlan d i m Erste n Weltkrieg , Bd . 3 , S. 1-61. bes . S. 4 . 30 Deutschlan d im Ersten Weltkrieg, Bd . 1,S . 146 . 31 A . Laschitza , De r Imperialismu s un d die neuen Aufgabe n de r Partei der Arbeiterklasse . Grundprobleme, neu e Fragestellunge n un d Forschungsergebniss e de r Geschicht e de r deut -
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Anmerkungen z u Seif e 187-18 9 sehen Arbeiterbewegun g i n de r dritte n Hauptperiode , in : ZfG , Bd . 14 , 1966 , S . 1372-1399 , hier S. 1378 . 32 Vgl . exemplarisch : Grundri ß de r deutsche n Geschichte . Vo n de n Anfange n de r Ge schichte des deutschen Volke s bis zur Gestaltung de r entwickelten sozialistische n Gesellschaf t in de r Deutsche n Demokratische n Republik . Klassenkampf-Tradition-Sozialismus , hg . v . Zentralinstitut fü r Geschicht e de r Akademi e de r Wissenschafte n de r DDR , Berli n 1979 , S. 34 1 ff. Es handelt sic h be i diese r Veröffentlichun g u m di e 2. Auflag e de r DDR-offizielle n Gesamtdarstellung de r Geschicht e de s östliche n deutsche n Teilstaates . Sieh e ferne r Gutsch e u. a., Forschungen . 33 Ebd.,S . 205 . 34 F . Klein , Einleitung , in : ders . (Hg.) . Studie n zu m deutsche n Imperialismu s vo r 1914 , Berlin 1976 , S . 5-16 , hie r S . 7 . Vgl . auc h Gutsche , Entwicklung , S . 60f ; ders . u . Laschitza , Forschungen, S . 491. 35 Reuter , Geschichtsbewußtsein , S . 12 . Zu m Begrif f des »entwickelte n gesellschaftliche n Systems de s Sozialismus « vgl . Weber , Sozialistisch e Einheitspartei , S . 9 1 f.. Dok . 24 . Di e Auswirkungen de r Beschlüsse der SED auf die Wissenschaftspolitik i m allgemeinen und auf die Historie im besondere n behandel n ausführlic h C . Burrichter , Da s Verhältnis vo n Wissenschaf t und Politi k i n de r DDR , in : APUZ , B 6/71, 6. Februa r 1971 , S . 13-20 ; Lade s u. Burrichter , Produktivkraft; Förtsch , Geschichtswissenschaft; Heydemann , Geschichtswissenschaft, S . 163 167; H. Güttier , Imperialismusforschun g un d einig e Aspekt e der Systemauseinandersetzung , in: Wissenschaft i n der DDR. Beiträg e zur Wissenschaftspolitik un d Wissenschaftsentwicklun g nachdem VIII. Parteitag, Köl n 1973, S. 125-142 . Für die nunmehr einsetzende Diskussion über die bewußtseinsbildend e Funktio n de r Histori e vgl . u.a. : Marxistisch-leninistische s Ge schichtsbild un d Weltanschauun g de r Arbeiterklasse , Berli n 1975 ; R . Döhriuv , Z u einige n Problemen der Entwicklung de s sozialistischen Geschichtsbewußtseins, in : Gesch.Unterricht u. Staatsbürgerkunde, Bd . 12 , 1970 , S . 590-596 ; O . Feyi , Geschichtswissenschaf t un d Ge schichtsbewußtsein, in : ZfG . Bd . 16 , 1968 , S . 492-497 ; P . Hinze , Zu m erkenntnistheoreti schen un d soziologische n Aspek t de s Geschichtsbewußtseins , in : Wiss . Zs . d . Technische n Hochschule »Otto von Guerickc« Magdeburg . Bd . 12 , 196S . S. 49-51 ; H. Mcicru. W. Schmidt, Geschichtsbewußtsein un d sozialistische Gesellschaft. Beiträg e zur Rolle der Geschichtswissenschaft, de s Geschichtsunterricht s un d de r Geschichtspropagand a be i de r Entwicklun g de s sozialistischen Bewußtseins , Berli n 1970 ; W. Schmidt, Gcschichtsbewußtsein un d sozialistische Persönlichkeit be i der Gestaltung de r entwickelten sozialistische n Gesellschaft , in : ebd., S . 4155. Daz u auch Ricsciìhcigci, Geschichte , bes . S. 1 7 ff. 36 Daz u E . Engeelberg u. W . Küttle r (Hg.), Formationstheori e un d Geschichte. Studie n zu r historischen Untersuchun g vo n Gesellschaftsformatione n i m Wer k vo n Marx , Engel s un d Lenin, Berli n 1978 . Zur Entstehung un d Entwicklung de r Theorie des Staatsmonopolistischen Kapitalismus in der DDR vgl. u . a. E . Haak u. H. Wunderlich , Grundkurs zu Lenins Werk »De r Imperialismus al s höchste s Stadiu m de s Kapitalismus« , Berli n 1971 ; H. Kolbe , Lenin s Wer k über den Imperialismu s un d das staatsmonopolistische Syste m i n Westdeutschland. Zu m 50 . Jahrestag des Erscheinens von »De r Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus«, in : ZfG, Bd . 15 , 1967 , S. 389-401 ; H . Nussbaum, Zur Imperialismustheorie W . I. Lenins und zur Entwicklung staatsmonopolistische r Züg e de s deutsche n Imperialismu s bi s 1914 , in : JbW , 1970, Teil IV, S. 26-65 ; R. Gündel u. a.. Zur Theoriedes staatsmonopolistischen Kapitalismus , Berlin 1967 ; H . Heininge r u . P . Hess , Zu r Aktualitä t de r Leninsche n Imperialismuskritik , Frankfurt 1970 ; G. Katsch u. a., Forschunge n zur Geschichte der Geschichtsschreibung, -theori e und -methodologie, in : Historisch e Forschunge n i n de r DD R 1960-1970 . Analyse n un d Be richte zum XIII. Internationalen Historikerkongreß in Moskau 1970 , Berlin 197 0 (= Sonderbd. der ZfG, Bd. XVIII, 1970), S. 31-56 . Mit der theoretischen Begründung und der Tragfähigkeit des Begriffes des Staatsmonopolistischen Kapitalismu s für die historische Forschung setzen sich u.a. kritisc h auseinande r J . Kocka , Organisierte r Kapitalismu s ode r Staatsmonopolistische r 270 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Atimerkmisen z u Seit e 189-19 2 Kapitalismus? Begriffliche Vorbemerkungen , in : H. A . Winkler(Hg.), Organisierter Kapitalismus. Voraussetzunge n un d Anfänge, Göttinge n 1974 , S. 19-35 ; R. Ebbighausen (Hg.), Mono pol un d Staat . Zu r Marx-Rezeptio n i n de r Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus , Frankfurt 1974 ; M. Wirth , Kapitalismustheori e in der DDR. Entstehun g un d Entwicklung de r Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus , Frankfurt 1972 . Einen guten Überblick über die Literatu r zu r Sozial - und Wirtschaftsgeschicht e vermittel n M . Kutz , Kriegswirtschaf t i m Ersten un d Zweite n Weltkrie g un d di e deutsch e Historiographie , in : K.-E . Schu h (Hg.) , Militär und Ökonomie. Beiträge zu einem Symposium, Göttingen 1977 , S. 215-237 ; Köllner u. Kutz, Wirtschaft . 37 Daz u Förtsch , Geschichte , bes . S . 392 ; U . Neuhäußer-Wespy , Neu e Tendenze n i n de r Geschichtswissenschaft de r DDR , in : DA , Bd . 8 , 1975,S . 393-399 ; den. , Di e SE D und di e Historie, in: APUZ, B41/76, 9. Oktobe r 1976 , S. 30-45 ; G. Heydemann, Marxistisch-leninisti sche Zeitgeschicht e i n de r DDR , in : APUZ , B 36/82 . 11 . September 1982 , S . 17-26 , bes . S. 23ff ders. , Geschichtswissenschaft, S . 167ff.;Ch . v . Buxhoevedeu, Geschichtswissenschaf t und Politik in der DDR. Das Problem der Periodisierung, Köl n 1980. Für die Interpretation der deutschen Geschichte vgl. z . B. E. Diehl, Di e Geschichte des deutschen Volkes im welthistorischen Prozeß , in: ZfG, Bd . 21 , 1973, S. 272-288 . 38 Kocka , Kapitalismus. S. 27f . I n der Gesellschaftswissenschaft un d der Historie der DDR wird die Frage kontrovers diskutiert, o b es sich beim Staatsmonopolistischen Kapitalismu s um eine auf die Herrschaftsstruktur bezogen e Erscheinung, ein e bestimmte »Phase « de r imperialistischen Entwicklun g ode r u m einen ökonomischen »Grundzug « de s Imperialismus handele. Für die erste Auffassung vgl . H.Motte k u. a., Wirtschaftsgeschicht e Deutschlands . Ein Grundriß, Bd . 3 : Von der Bismarckschen Reichsgründun g 187 1 bis zur Niederlage des faschistischen deutschen Imperialismu s 1945 , Berlin 1974 . Etwa s abgeschwächt ders. , Zur historischen Ent wicklung de r ökonomischen Roll e des bürgerlichen Staates bis zum Ersten Weltkrieg, in : JbW. 1974, Tei l III. S. 65-71 . Zu r Wirtschaftsgeschichte vo n Mottek vgl . kritisc h D . Eichholtz, Zu einigen Frage n de r Geschicht e de s deutsche n Imperialismus . Anläßlic h de s Erscheinen s de s dritten Bande s der »Wirtschaftsgeschichte Deutschlands« , in : ZfG, Bd. 24 . 1976, S. 65-74 . Für die zweit e Positio n vgl . z.B . Nussbaum . Imperialismustheorie ; dies. , Zu r Diskussio n u m den historischen Plat z des staatsmonopolistischen Kapitalismu s in der neueren marxistisch-lenini stischen Literatur. in:)bW. 1976 , Teil 1 , S. 69-93 ; D. Baudis u. H. Nussbaum, Wirtschafte Staa t in Deutschland vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1918/19, Berlin 1978 . So wird im »Grundriß der deutschen Geschichte« (1979 ) der Prozeßcharakter betont und keine Phaseneinteilung meh r vorgenommen. 39 Vgl . u.a . W . Gutsche , Zum Funktionsmechanismus zwische n Staa t und Monopolkapita l in Deutschland in den ersten Monaten des Ersten Weltkrieges (1914-1915), in: JbW, 1973 , Teil I, S. 63-98 ; ders., Probleme des Verhältnisses zwischen Monopolkapita l und Staat in Deutschland vo m End e de s 19 . Jahrhunderts bi s zu m Voraben d de s Erste n Weltkrieges , in : Klein , Studien, S . 33-84 ; ders. , Probleme der Erforschun g de r Geschichte des deutschen Imperialis mus 189 8 bis 1917 , in:JbG, Bd . 15 , 1977 , S. 9-17 ; ders., Gewicht und Wirkungswege ökonomischer Triebkräft e i n de r imperialistische n deutsche n Außenpoliti k vo r 1917 . Gedanken zu ihrer weitere n Erforschung , in : ZfG , Bd . 30 , 1982 , S . 529-539 . Zu r Entwicklun g un d de n Themenschwerpunkten de r marxistisch-leninistische n Impenalismusforschun g i n den siebzi gerjahren vgl . bes . ders. u.a., Forschungen ; B . Kaulisch, Forschungsergebnisse und-problcm e der neuesten DDR-Historiographi e zu m deutschen Imperialismu s 1897/9 8 bis 1917 . in: B. A . Aisin u. W . Gutsch e (Hg,), Forschungsergebniss e zu r Geschichte des deutschen Imperialismu s vor 1917 . Berlin 1980 , S. 62-83 . 40 Vgl . Gutsche , Funktionsmechanismus, S . 67f. , 84 f 41 Ebd.,S . 89 . 42 Daz u ders.. Probleme (1977), S. 12f . 43 Ders. , Funktionsmechanismus, S . 95.
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Anmerkungen z u Seit e 193-19 5 44 Vgl . ebd. , S . 9 5 f Daz u auc h ders. , Aufstie g un d Fal l eine s kaiserlichen Reichskanzlers . Theobald vo n Bethman n Hollwe g 1856-1921 . Ei n politische s Lebensbild , Berli n 1973 . be s S. 10 1 f., 136 . 45 Ders. , Funktionsmechanismus. S . 96 . 46 Ders. , Problem e (1976) , S . 72 . Fü r die Imperialismusforschung allgemei n vgl . Kaulisch , Forschungsergebnisse, S . 63f. , 67f . 47 Daz u Gutsche, Gewicht, S . 532 , 533 ff., 535 f. 48 Klein , Einleitung , S . 7 . 49 Vgl . exemplarisc h ders. (Hg.), Neu e Studien zum Imperialismus vor 1914 , Berli n 1980 . 50 Ders. , Di e Rivalitä t zwische n Deutschlan d un d Österreich-Ungar n i n de r Türke i a m Vorabend de s Erste n Weltkrieges , in : Politi k i m Krie g 1914-1918 . Studie n zu r Politi k de r deutschen herrschenden Klasse n im Ersten Weltkrieg, hg . v. Arbeitsgruppe »Erste r Weltkrieg « im Institu t fü r Geschicht e a n de r Deutsche n Akademi e de r Wissenschafte n z u Berli n unte r Leitung v . F. Klein, Berli n 1964 , S. 1-21 . hier S. 10 , 19 . Vgl. ferne r ders., Innere Widersprüche im Bündni s zwische n Deutschlan d un d Österreich-Ungar n z u Begin n de r imperialistische n Epoche (189 7 bi s 1902) . in : ders. , Studien , S . 225-262 ; ders. , Politisch e un d wirtschaftlich e Interessen i n de r Balkanpoliti k Deutschland s un d Österreich-Ungarn s 1912 , in : ders. . Neu e Studien. S . 109-134 . 51 Vgl . W . Klein , Ei n zweitrangiger Imperialismus ? Zu r Herausbildun g de s französische n Imperialismus vor 1914 , in: ebd., S . 165-195 , bes. S. 194f . 52 Soz . B. Schiedet-, Art . Weltkrieg , Sp . 867f . 53 Vgl . Kutz , Wirtschaftsgeschichte. S . 95ff . l05 f 54 Vgl . H . Kolhe, Zur Entwicklung de s historisch-politischen Denken s in Westdeutschland, in Zf G Bd . 12 , 1964 . S. 1023-1025 bes s. S . 1025 . 55 Daz u P . Ch . Ludz , Deutschland s doppelt e Zukunft . Bundesrepubli k un d DD R i n de r Welt von morgen, Münche n 1974 . S. 85 . 56 Gutsche , Imperialismus-Apologie, S . 12f Vgl . ferne r F . Klein, Neuere Veröffentlichun gen i n der BR D zu r Geschichte un d Vorgeschicht e de s Erste n Weltkrieges , in : ZfG, Bd . 20 . 1972, S . 203-216 ; ders., Stand un d Problem e de r Erforschun g de r Geschicht e de s deutsche n Imperialismus bis 1945 , in: ZfG. Bd . 23 . 1975 , S. 485-493 ; W. Gutsche , Zur Interpretation de r Anfinge de s deutschen Imperialismu s in der Historiographie der BRD, in: ebd., S . 1 174-1286; ders. u.a. . Neu e Forschunge n zu r Geschicht e Deutschland s i m Erste n Weltkrieg , in : JbG , Bd. 1 . 1967, S. 182-306 ; ders., Grundtendenzen de r bürgerlichen BRD-Fhstoriographi e i n der ersten Hälft e de r 70e r Jahre zu r Politi k de r herrschende n Klasse n de s imperialistischen Deut schen Reiche s 1897/9 8 bi s 1917 , in : Aisin i u . Gutsche , Forschungsergebnisse , S . 32-61 ; H . Stoecker, Bürgerlich e Auslegunge n de s Imperialismusbegriffe s i n de r Gegenwart , in : Klein , Studien. S . 17-31 . Zu r Kriti k a n de r historische n Sozialwissenschaf t vgl . z.B . K . Innschler , Zum »historisch-sozialwissenschaftlichen« Konzep t einer bürgerlichen Gesellschaftsgeschicht c m der Historiographie de r BRD , in : ZfG, Bd . 28 , 1980 , S . 1135-1147 . Ähnlich e Argument e brachten die Wissenschaftler de r DDR gegen die Kritische Friedensforschung vor . Vgl . z. B. A. Bötlisch u . W . Steinke , Bürgerlich e Friedensforschung . Probleme . Widersprüche . Tendenzen , Frankfurt 1974 , S. 17 : »Ihr unwissenschaftliches, of t unkritisch-neutrales Verhältni s zu Monopol. Staatsmonopo l un d imperialistischer Macht , ihr e Betrachtung de r kapitalistischen Wider sprüche un d Konflikte , ih r antikommunistischer Standpunk t verhinder n ei n tieferes Eindrin gen in wichtige Probleme und erschweren bei jenen, die sich das zum Ziel setzen, den Übergang zu einer konsequent antimonopolistische n Position. « Daz u auch G. A . Arhatow, Ideologische r Klassenkampf un d Imperialismus , Berli n 1972 ; A. Bönisch, Wese n un d Ziele der bürgerliche n »Friedensforschung», in : Dt. Außenpol. . Bd . 17 , 1972 , S. 80-98 ; ders., Internationale Entspan nung und Friedensforschung i n der BRD, in : Dt. Außenpol. . Bd . 2(1 . 1975, S . 1854-1872 ; D. h'ricke, »Friedensforschung ' i n der BRD . Ihr e Roll e und ihre Funktion i n der Auseinanderset zung zwische n Sozialismu s un d Imperialismus , in : ZfG . Bd . 19 , 1971 . S . 597-626 ; ders. , 272 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Anmerkungen zu Seif t 198-20 4 Neuere Literatu r zu r .Friedensforschun g i n de r HRP , in : ZfG , Bd . 20 , 1972 . S . 82-92 ; I). Klein (Hg.) , Futurologi e und Zukunftsforschung, Berli n 1972 ; B. P . Löwe, Art. »Fnedensfor schung«, in : Philosophische s Wörterbuch , Bd . 1 , Leipzi g 1975 11, S . 432-435 . Daz u kritisc h Brauch, Entwicklungen, S . 177ff . 57 Stoecker , Auslegungen, S . 17 . 58 Gutsche , Interpretationen, S . 1277 .
Zusammenfassung 1 Weber , Politik , S . 549 . Vgl . ferne r H . v . Heutig , De r Friedensschluß. Geis t un d Technik einer verlorenen Kunst, Münche n 1965 ; Ch. Graf v. Krockow, Die Kunst, Friede n zu schließen. Altmodische Betrachtunge n z u eine m aktuelle n Thema , in : Di e Zeit . Nr . 27 , 2 . Juli 1982 , S. 28 . 2 Schieder , Art . Weltkrieg , Sp . 845 . 3 Werner . Geschichtswissenschaft, S . 87 . 4 Daz u Gasser, Hegemonialkneg, S . 308 . 5 Schulin , Rückblicke , S . 13f . 6 Vgl . K . Jaransch , Worl d Powe r o r Tragi c Fate ? Th e Kriegsschuldfrag e a s Historica l Neurosis, in : GEH. Bd. 5 . 1975 , S. 72-92 .
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Personenregister Abusch. Alexande r 12 0 Adenauer, Konra d 12 3 Albcrtini, Luig i 13 6 Alexandre. Miche l 5 9 Anrieh. Erns t 86 . 239 Aron, Raymon d 176 Augstein, Rudol f 259 Bach. Augus t S o Baden. Prin z Ma x v . 23 , 29f . Barnes. Harr y E . 58f., 6 2 Bartel. Walte r 130 f Barth. Emi l 24 Basler. Werne r IS S Bauer. Gusta v 2 7 Becker. Ott o 80f. . 23 6 Berber. Friedric h 6 7 Berghahn, Volke r R . 91 . 164 . 166-169 , 26 0 Bergstraesser. Ludwi g 25 5 Bernhard. Hans-Joachi m 13 0 Bernstein. Eduar d 231 Bernstorff. Johann Heinric h Gra f v . 3o . 46 Berthold, Werne r 12 8 B e t h m a n n H o l l w e g . T h e o b a l d v . I9f. . 2 7 . 7 9 , 9 9 , 137 , 1 4 1 . 1 4 5 - 1 4 8 , 131 . 174 . 177 . 1 8 5 f . 190 . 2 4 2. 2 5 4 . 2 5 6 , 2 5 9
Bmklev, Rober t C . 10 7 Bismarck. Ott o Fürs t v. 17 . 69, 75-78. 8 0 f . 85-87.90, 99f. . 103 . 106. 120, 123. 140. 146. 174 . 177 . 200f.. 237 . 246. 249. 254 Bloch. Camill e SS . 73f.. 10 7 Böhme. Klau s 11 7 Boghitschewitsch. Milo s 53 Bracher. Kar l Dietric h 15 0 Brandenburg. Eric h 78 . 228 Brandt. Will y 14 0 Brentano, Luj o 219 Brockdorff-Rantzau, Ulric h Grafv . 24 . 31 Bülow. Bernhar d Fürs t v . 37 Bülow. Bernhar d W . v . 2o , 46, So, 227 Gaprivi. Le o Graf v 17 7 Conrad v . Hötzendorf . Fran z Frhr . v . 92 Conze. Werne r 71
Dahrendorf. Ral f 15 9 f. David. Eduar d 26 Dehio, Ludwi g 84 , 107 , 114-116 . 138 , 14 5 f. Dclbrück, Hans27 . 30-32 , 35 , 38. 40f.. 43. 50,219, 223 , 226 Dclbrück. Richar d 22 5 Demartial, George s 58-6 0 Deutsch. Kar l W . 17 5 Dittmann, Wilhel m 2 4 Draeger. Han s 50. 95. 241 Droysen. Johann Gusta v 14 9 Droz, Jacques 15 1 Eben, Friedric h 12 6 Eisner. Kur t 15 , 22-26, 28f. . 88 , 217 Endres. Fran z Carl 88 , 91 f. Engelberg, Erns t 12 3 f. Engels, Friedric h 12 2 Epstein, Frit z T. 257 Epstein, Klau s 147 . 151 Erdmann, Kar l Dietric h 108 . 111. 141. 152f. 156. 259 Ernst, Frit z 14 5 Faber. Karl-Geor g 7 2 Fabian. Walte r 93-95 . 240 Faulenbach, Bern d 77 Fay, Sidne y B . 58.6 2 Fellner. Frit z 257, 259 Fester. Eric h 227 Fischer (d. i. Fischer-Balmg). Euge n 78. 146, 226f.. 231 Fischer. Frit z 132-157 . 160 , 169-172 . 178f. . 181 f., 184f. . 205-206 . 253-256 , 257f. , 26 0 Foerster, Friedric h Wilhel m 88 . 90-93. 95. 149 f. Forts eh. Eckar t 24 9 Frank, Walte r 237 Frankenberg, Richar d 8 0 Frantz, Constanti n 9 0 Fräser, Lindle y 22 9 Frauendienst, Werne r 67 , 117 , 225 Frauenholz. Euge n v . 85 Freksa, Friedric h 38 , 41
319
© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Freytag. Han s 225 Fricke. Diete r 13 0 Friedrich II. (d.Gr.) 106 , 108 , 117.24 9 Friedrich Wilhel m I. 123 Gantzel, Klau s Jürgen 16 0 f., 165 . 264 Gasser, Adolf!39 , 14 1 Geiss, Imanuel20 , 139-141 , 143f. , 164.253 . 264 Gerstenmaier, Euge n 14 4 f. Göhring, Marti n 10 8 Gooch. Georg e P . 11 1 f. Gooß, Roderic h 52 . 231 Gossweiler, Kur t 19 0 Grelling, Richar d 88 , 93-9 5 Grey, Si r Edward 8 3 Groh, Diete r 169 , 175 . 264f. Gutsche, Willibal d 184f , 190-192 . 26 8 Haase, Hug o 24, 12 6 Haller. Johannes 78 f. Hallgarten, Georg e W. F . 89, 99, 101-103 , 105, 136 . 158, l69f., 242f . Härtung, Frit z 70-72 , 117.22 7 Helmolt. Han s F . 38 f. Herre. Pau l 50 , 65, 74 f. Herzfeld, Han s 66. 70. 108 . 1 10 . 1 12 , 134. 144. 148f. . 155f. , 227 , 246 Heß, Jürgen C . 8 0 Hildebrand. Klau s 172 , 174 , 176f . Hillgruber, Andrea s 153-155 , 172f. . 176f. . 259 f .
Hitler. A d o l f 4 5 f . 6 4 f , 67 . 85-87. |06-]u9 . 112, 117 . I44f . 151 , 2lK)f.. 204 . 249 Hoel/le. Erwi n 110 . 1 4 5 f . 14 8 f. 155 . 25 7
Hoeniger. Rober t 23 1 Hoetzsch. Ott o 227. 231 Hofer. Walthe r 111.24 6 Holborn. Haj o 73, 107 Hubatsch, Walthe r 108-110 . H6f . Huber. Wolfgan g 16 1 Iswolski. Alexande r 5 3 Jablonowski, Hors t I43f . Jagow, Gottlie b v . 20 Janßen, Karl-Hein z 142 , 255 Jcrussaliniski, Arkadi j S . 18 2 Jünger, Erns t 1 5
Kaehler, Siegfrie d A . 83, 227 Kanner, Heinric h 88 , 92, 95 Kantorowicz. Herman n 61 , 232, 240 f. Karo, Geor g 226f .
Kautsky. Kar l 15 , 23-29. 34-43. 88. 95. 126. 150.218. 221-22 3 Kehr, Eckar t 89. 99. 103-105 . 136 , 158 . l-.7. 171, 24 3 Kern, Frit z 227 Kessler. Alla n 16 2 f. Kielmansem;. Pete r Gra f ID 6 Kissinger, Henr y A . 17 6 Klein, Frit z 193 , 268 Knauss, Bernhar d 24 6 Kocka. Jürgen 157 , 176 , 265 Kral. Helmu t 18 7 Kress, Gisel a 160f. . 16 5 Krüger, Pete r 222 Kuczynski,Jürgen 119 . 125-131 . 184 , 19 ) Küster, Hein z 18 5 Kuhn. Thoma s S . 9. 17 0 Lademacher. Hors t 14 2 Landsberg, Ott o 27 Langer, Willia m L . 11 7 Laschitza, Annelis c 18 7 Ledebour. Geor g 12 6 Lenin. Wladimir! . 35f. , 38 , 42. 119 . 121t. 127, 131 , 189. 192 . 195.203 . 221 . 250 Lenz. Ma x 76 f. Lepsius. Johanne s 5 0 f., 21 9 Lepsius. M . Raine r 16 6 Lcrsner, Kur t Frhr . v . 225 Lichnowski. Kar l Ma x Fürs t v . r›2 Liebknecht, Kar l 122 . 126f. . 13 0 Lindau, Rudol f 13 0 Lindemann. I lelmtit 14 2 List. Friedric h 7 6 Llovd George . Davi d 18 . 42. 107 . Hot . Ludendorff. Frü h 14 7 Luther. Marti n 10 6 Lutz. Herman n 50 . 227.23 1 Luxemburg. Ros a 36 , 122 , 130 Mahr. A . C . 10 7 Mann, Gol o 14 7 Mann, Thoma s 10 8 Marx, Kar l 8 9 Mayer, Gusta v 2 4 Mchriniï, Fran z 122 , 130 Meinecke, Friedric h 21 . 78, 108 . 219, 24t Mende, Dietric h 149,25 7 Mendelssohn-Bartholdy. Albrech t 30-31 . 50f., 21 9 Meusel, Alfre d 12 3 f. Miller. Davi d Hunte r 1 8 Mittenzwei. Ingri d 249 Moltke, Helmut h v . 290
320 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Mommsen, Han s 63 Mommscn, Wilhel m 74, 80, 227. 23 6 Monimscn, WolfgangJ . 156t'. , 169-175 . 177. 258-261). 264 Montgelas. Max Graf 27. 30-32, 35, 38. 50. 219. 223, 227,231 Morcl, Edmun d 1) . 58 f., 6 2 Morhardt, Matthia s 58-60 Müller, Geor g Alexande r v. 137 Müller. Kar l Alexander v. 20 Mundt 225 Napoleon I. 15 Neck. Rudol f 150 Oncken, Herman n 21 f., 82f. . 227 , 237 Papen. Franz v. 64 Platzhoff, Walte r 78 Pokrowski, Michai l N . 52 Possonv, Stefa n T. 62 Pufendorf, Samue l Frhr . v. 149 Quark. Ma x 227 Quidde. Ludwi g 88 , 95-98, 240, 24 2 Rachfahl. Feli x 78 Radkau. Joachim 101 Ranke, Leopol d v. 76. 115 Rathmann, Lotha r 185 Renouvm. Pierre 55, 62. 73f., 10 7 Repgen, Konra d 177 , 26 1 Richardson, Lewi s F. 162-164 Riczlcr. Kur t 20, 140f, 153 . 25 8 f. Rittherger. Volke r 160f. . 165 Ritter. Gerhard 79. 81 f., 108f. . 1 12-116. 122f.. 129 . 144-147. 237, 24(›. 254f.. 258 RöhLJohnC. G . 141. 164, 26 0 Roloff. Gustav 79 Rosecrance, Riehar d N . 163 f. Rosen. Friedrich v. 52 Rosenberg. Arthu r 89, 99-103. 105 . 150. 15 8 Rothfels, Han s 79, 83, 155f.. 227. 25 5 Rürup, Reinhar d 157 Rüsen.Jöm9, 157 , 20 9 Sauerbeck. Erns t 226 Senghaas. Dieter 168 Siebert. Benn o A. 53 SolaPool. Ithield e 162f Solf, Wilhel m Heinric h 218 Sorokm, Pitiri m A . 162 Spahn, Marti n 231 Suchenwirth, Richar d 86, 239
Südekum, Alber t 126 Sywottek, Arnol d 139 , 174, 257. 26 5 Schäfer, Dietric h 38, 77 Scheel, Walte r 140 Scheidemann, Philip p 26f., 12 6 Schieder, Theodor 173 Schicder, Wolfgan g 260 Schiemann, Theodor 38, 41 Schinkel, Haral d 102 Schirach, Baidu r v. 239 Schleicher, Kur t v. 64 Schmidt, Helmu t 211 Schmitt, BernadotteE . 52 , 136 Schnee, Heinric h 65, 225 Schreiner, Alber t 122 Schröter, Alfre d 190 Schücking, Walthe r 27, 95, 219. 240 Schulin. Ernst 9 Schulze, Winfried 157 Schweinitz, Wilhel m v. 226 Schwendemann, Kar l 225 Schwertfeger, Bernhar d 50 Stadelmann, Rudol f 115 Stenkewitz. Kur t 186 Stern, Frit z 151 Stieve, Friedric h 50, 53, 22 5 Strauß, Franzjose f 143 , 211 Stresemann. Gustav 61. 135 . 200, 25 4 Theodor, Gertru d 185 Thiinme, Annelis e 10 . 50f. Thimme, Friedric h 5(V-52. 60, 22 7 Tirpitz. Alfred v . 168 Troeltsch. Erns t 219 Ulbricht, Walte r 181 Ulimann. Herman n 86, 23 9 Vagts, Alfre d 240 Valentin. Veit 97f.. 227 , 240, 242 Victsch, Wilhel m v . 226 Wahl, Adalber t 70-72. 85. 22 7 Wandel, Pau l 121 Weber, Mariann e 219 Weber, Max 15. 27-32. 99. 101. 149, 169 . 198.243,265 Wegerer, Alfre d v . 50. 55, 65f., 226f . Wehberg, Han s 219, 231 Wehler, Hans-Ulrich 157 , 169-172, 175f. . 210, 264 Wendel, Herman n 231 Werner, Kar l Ferdinand 201 Wilhelm II. 16, 18-20, 27, 32, 35f.. 38f., 41 f..
321 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
60. 6 9 . 73 . 76 , 93f'. . 99f. . 120 . 137 , 162 , l 6 8 f . , 198 . 223 , 2 2 8 , 2 4 6
Wilson. Woodro w 18 . 23, 25, 54 Windelband. Wolfgan g 77f. , 23 5 Wißmann, Herber t 67 Witt, Peter-Christia n 25 3 f. Wolff, Richar d 42
Wnght, Quinc y 16 2 Zechlin, Egnion t 152-156 . 170 , 186 Zetkin. Clara 13 0 Ziekursch, Johanne s 70. 72f . Zimmermann. Arthu r 20
322 © 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen ISBN E-Book: 978-3-647-35720-1
Kritische Studie n zu r Geschichtswissenschaf t 2. Wolfgan g Kreuzberge r • Studenten un d Politi k 1 9 1 8 - 1 9 3 3 Der Fall Freibur g im Breisgau. 1972 . 239 Seiten mi t 8 Tabellen 6. Heinric h Augus t Winkle r (Hg. ) • Die groß e Kris e i n Amerik a Vergleichende Studien zu r politische n Sozialgeschicht c 1929-1939 . 7 Beiträge. 1973 . 243 Seite n 14. Ulric h Klug e • Soldatenrät e un d Revolutio n Studien zur Militärpolitik i n Deutschland 1918/19 . 1975 . 5 18 Seiten 15. Reinhar d Rüru p - Emanzipation un d Antisemitismu s Studien zur »Judenfrage« de r bürgerlichen Gesellschaft . 1975 . 208 Seiten 18. Thoma s Nipperde y • Gesellschaft, Kultur , Theori e Gesammelte Aufsätz e zur neueren Geschichte. 1976 . 466 Seiten 23. Gerhar d A . Ritte r • Arbeiterbewegung, Parteie n un d Parlamentarismu s Aufsätze zur deutschen Sozial- und Verfassungsgeschichte de s 19 . und 20. Jahrhunderts. 1976. 412 Seiten un d 1 Klapptafel 25. Jürge n Kock a - Angestellte zwische n Faschismu s un d Demokrati e Zur politischen Sozialgeschicht e de r Angestellten : US A 1890-194 0 i m internationale n Vergleich. 1977 . 556 Seiten 26. Han s Speie r • Di e Angestellte n vo r de m Nationalsozialismu s Ein Beitrag zum Verständnis der deutschen Sozialstruktu r 1918-1933 . 1977 . 202 Seiten 32. Raine r Böllin g • Volksschullehre r un d Politi k Der Deutsche Lehrerverei n 1918-1933 . 1978 . 306 Seiten 34. Han s Mommse n • Arbeiterbewegung un d National e Frag e Ausgewählte Aufsätze . 1979 . 429 Seiten 38. Heinric h Augus t Winkle r - Liberalismus un d Antiliberalismu s Studien zur politischen Sozialgeschicht e de s 19 . und 20. Jahrhunderts. 1979 . 376 Seiten 39. Emi l Ledere r • Kapitalismus, Klassenstruktu r un d Problem e de r Demokrati e in Deutschlan d 1 9 1 0 - 1 9 4 0 Ausgewählte Aufsätze . Mi t einem Beitra g von Hans Speier und einer Bibliographie von Bernd Uhlmannsiek. Herausgegebe n vo n Jürgen Kocka . 1979 . 310 Seiten, 1 Frontispiz 45. Reinhar d Neeb e Großindustrie , Staa t un d NSDA P 1930-193 3 Paul Silverber g un d de r Reichsverban d de r Deutsche n Industri e i n de r Kris e de r Weimarer Republik . 19 8 1. 314 Seiten 46. Barbar a Greven-Aschof f Die bürgerliche Frauenbewegun g i n Deutschlan d 1 8 9 4 - 1 9 3 3 1981. 313 Seiten 47. Wacla w Dfugoborsk i (Hg. ) • Zweite r Weltkrie g un d soziale r Wande l Achsenmächte un d besetzte Länder . 1 8 Beiträge. 1981 . 388 Seiten. 34 Tabellen
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Kritische Studie n zu r Geschichtswissenschaf t 48. Neithar d Buls t / Joseph Go y / Jochen Hooc k (Hg. ) Familie zwische n Traditio n un d Modern e Studien zu r Geschicht e de r Famili e i n Deutschlan d un d Frankreic h vo m 16 . bi s zu m 20. Jahrhundert. 2 1 Beiträge. 19 8 1. 328 Seiten 49. Ton i Pierenkempe r / Richard Till y (Hg. ) • Historische Arbeitsmarktforschun g Entstehung, Entwicklun g un d Probleme der Vermarktung vo n Arbeitskraft. 9 Beiträge . 1982.291 Seite n 50. Knu t Borchard t Wachstum, Krisen , Handlungsspielräum e de r Wirtschaftspoliti k Studien zur Wirtschaftsgeschichte de s 19 . und 20. Jahrhunderts. 1982 . 302 Seite n 5 1 . Werne r K . Blessing * Staa t un d Kirch e i n der Gesellschaf t Institutionelle Autoritä t un d mentaler Wandel in Bayern während des 19 . Jahrhunderts. 1982. 422 Seiten 52. Hans-Werne r Hah n • Wirtschaftlich e Integratio n i m 19 . Jahrhunder t Die hessischen Staate n un d der Deutsche Zollverein. 1982 . 486 Seite n 53. Norber t Finzsc h - Die Goldgräbe r Kalifornien s Arbeitsbedingungen, Lebensstandar d un d politisches System um die Mitte des 19 . Jahrhunderts. 1982 . 218 Seiten 54. Hans-Gerhar d Husun g - Protest un d Repressio n i m Vormär z Norddeutschland zwische n Restauratio n un d Revolution. 1983 . 385 Seiten 55. Hartmu t Kaelbl e Soziale Mobilitä t un d Chancengleichhei t i m 19 . und 20 . Jahrhunder t Deutschland im internationalen Vergleich . 1983 . 322 Seiten mit 46 Tabellen und 3 Schaubildern 56. Carste n Küthe r • Mensche n au f de r Straß e Vagierende Unterschichte n i n Bayern . Franke n un d Schwabe n i n de r zweite n Hälft e des 18 . Jahrhunderts. 1983 . 17 3 Seiten mi t 3 Karten un d 6 Tabellen 57. Barbar a Voge l • Allgemeine Gewerbefreihei t Die Reformpolitik de s preußischen Staatskanzler s Hardenberg (1810-1820) . 1983.34 0 Seiten 58. Diete r Krüge r • Nationalökonome n i m wilhelminischen Deutschlan d 1983. 366 Seiten 59. Ulric h Heineman n - Die verdrängt e Niederlag e Politische Öffentlichkei t un d Kriegsschuldfrag e i n de r Weimare r Republik . 1983 . 36 2 Seiten 60. Geral d D . Feldman . Vo m Weltkrie g zu r Weltwirtschaftskris e Studien zu r deutschen Wirtschafts - un d Sozialgeschicht e 1914-1932 . 1984 . Etw a 28 0 Seiten Bitte fordern Sie das vollständige Verzeichnis Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft an !
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