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English Pages 121 [125] Year 2007
Linda-Marie Günther (Hg.)
Herodes und Rom
Geschichte Franz Steiner Verlag
Linda-Marie Günther (Hg.) Herodes und Rom
Linda-Marie Günther (Hg.)
Herodes und Rom
Franz Steiner Verlag Stuttgart 2007
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. ISBN 978-3-515-09012-4
Jede Verwertung des Werkes außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Übersetzung, Nachdruck, Mikroverfilmung oder vergleichbare Verfahren sowie für die Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen. © 2007 Franz Steiner Verlag Stuttgart Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Druck: Printservice Decker & Bokor, München Printed in Germany
INHALTSVERZEICHNIS Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Benedikt Eckhardt (Bochum): Herodes und Rom 40 v. Chr. – Vom Nutzen und Nachteil der Königswürde für einen jüdischen Herrscher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Julia Wilker (Berlin): Herodes Iudaicus – Herodes als „jüdischer König“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Monika Bernett (München): Herodes und die Stadt in Judäa . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 Achim Lichtenberger (Münster): Juden, Idumäer und „Heiden“. Die herodianischen Bauten in Hebron und Mamre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 Linda-Marie Günther (Bochum): Herodes, Caesar (Augustus) und Caesarea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 Jörg-Dieter Gauger (Bonn): Herodes’ hellenistische (?) Hofhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91 Literaturverzeichnis / Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 Orts- und Personennamen-Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
Vorwort An der Ruhr-Universität Bochum fand am 28. April 2006 eine „Herodes-Konferenz“ statt zum Thema „Herodes und Rom: Vasallentyrann oder Friedensfürst?“ Es trafen hier Referenten aus verschiedenen geschichtswissenschaftlichen Disziplinen und verschiedenen Universitäten der Bundesrepublik Deutschland zusammen, um aus verschiedenen Perspektiven das Bild des Königs Herodes von Judäa (40 - 4 v. Chr.) zu erörtern. In der gebildeten Öffentlichkeit ist Herodes als biblische Figur bekannt, freilich in der negativen Verzerrung des ‚Kindermörders’ von Bethlehem und damit als blutrünstiger Despot. Zugleich stellen die Evangelisten, die von der Menschwerdung des Gottessohnes in einer heilsgeschichtlichen Legende berichten, die Geburt Jesu in einen konkreten – wenn auch nicht ganz richtigen – chronologischen Rahmen, in welchem Herodes als Zeitgenosse des ‚Kaisers Augustus’ erscheint. Damit ist indirekt auf das Gegenbild zum grausamen Tyrannen hingewiesen, nämlich auf Herodes als Freund Roms, zum einen als rex amicus et appellatus bzw. als Klientelkönig, zum anderen als Profiteur der pax Augusta. Sehr deutlich geprägt von der römischen Herrschaft über Judäa, die zwei Generationen nach Herodes einen großen Aufstand der bedrückten Bevölkerung in dieser Teilprovinz des Imperium Romanum bewirkte, in dessen Verlauf Jerusalem erobert und der Zweite Tempel zerstört wurde, ist die Perspektive desjenigen Autors, dem die Geschichtswissenschaft die meisten Informationen über die ältere Geschichte Judäas verdankt: Flavius Josephus stellt die Herrschaft des Herodes sowohl in seinem Bellum Judaicum als auch seinen Antiquitates Judaicae dar und schildert den bedingungslosen Romfreund primär als gewalttätigen Bedrücker des jüdischen Volkes, dessen ‚väterliche Gesetze’ er nicht respektierte und dessen Ressourcen er für fremde Interessen, vor allem aber für seinen Machterhalt verschwendete. Mögen sich auch viele Informationen im Kern dem Werk des herodianischen Hofhistoriographen Nikolaos von Dasmaskus verdanken, so hat Flavius Josephus in den letzten Jahrzehnten des 1. Jahrhunderts n. Chr. doch seine eigene Sichtweise unzweideutig zum Ausdruck gebracht. Daher ist der König als verhasster Eliminator der Hasmonäerherrschaft und -sippe, mithin wiederum als eigennütziger und skrupelloser Tyrann, in die europäische Rezeptionsgeschichte eingegangen. Erschweren somit die extrem tendenziösen Überlieferungen über den König von Judäa eine Bewertung seiner historisch-politischen Leistungen, so bieten doch archäologische Forschungsergebnisse ein anderes, zumindest teilweise korrigiertes Bild von Herodes, nämlich das eines großen und offenbar begeisterten Bauherren und Städtegründers. So kann man auf dem Hintergrund dieser neueren Erkenntnisse
Im Folgenden werden als Abkürzungen dieser Werke „BJ“ und „AJ“ benutzt; der Angabe des Buches folgt die des bzw. der betreffenden Paragraphen.
Vorwort
die Darstellung des Flavius Josephus quasi gegen den Strich lesen und gelangt zu einer dritten Perspektive, in welcher der König als geschickter Diplomat erscheint, der sein Reich ungeachtet notorischer Krisenherde konsolidiert und in eine – wenn auch mit seinem Tod endende – Friedenszeit geführt hat. Es ist das Anliegen der Bochumer Konferenz gewesen, die verschiedenen Perspektiven, aus denen die historische Figur Herodes gesehen werden kann, aufzuzeigen und zu analysieren; dabei lag der Schwerpunkt bei den Beziehungen des Königs von Judäa zu Rom. Die zentrale Fragestellung „Vasallentyrann oder Friedensfürst“ bzw. die Frage nach Existenz einer ‚pax Herodiana“ in einer antiken wie zeitgenössischen Krisenzone sind bereits 2005 von Achim Lichtenberger und der Herausgeberin dieses Konferenzbandes im Rahmen eines geplanten gemeinsamen Forschungsantrages formuliert worden. Um so erfreulicher war es, dass sich die Referentinnen und Referenten, die wir uns für eine erste Diskussionsrunde gewünscht haben, bereit erklärt haben, an der Bochumer Tagung teilzunehmen, um sich über das facettenreiche Herodes-Bild auszutauschen. Dafür, dass die Kolleginnen Monika Bernett (München) und Julia Wilker (Berlin) sowie die Kollegen Jörg-Dieter Gauger (Bonn) und Achim Lichtenberger (Münster) nicht nur von ihrer notorisch knappen Zeit üppig hergeschenkt und auch die Reise nach Bochum auf sich genommen haben, sondern ebenso wie Benedikt Eckhardt (Bochum) zügig ihren Vortrag für die Drucklegung zur Verfügung gestellt haben, möchte ich sehr herzlich danken. Dass die Bochumer Beiträge hiermit publiziert werden können, wäre ohne das liebenswerte Entgegenkommen des Franz-Steiner-Verlages und seines Verlagsleiters Herrn Dr. Thomas Schaber nicht möglich gewesen, so dass ein aufrichtiges Dankeswort auch an diese Adresse gesagt werden darf. Ebenso sei an dieser Stelle meiner Dankbarkeit gegenüber der Fakultät für Geschichtswissenschaft der Ruhr-Universität Bochum Ausdruck gegeben, die nach Kräften die „1. Bochumer Herodeskonferenz“ unterstützt und eine angenehme Arbeitsatmosphäre ermöglicht hat. Schließlich möchte ich auch meinen unermüdlich hilfreichen Mann Wolfgang Günther (München) in den Dank einzuschließen, nicht nur fürs Korrekturlesen und die Erstellung des Registers, sondern dafür, dass ohne ihn jede Idee doch nur Luftschloss bliebe.
München/Bochum im November 2006
Linda-Marie Günther
Benedikt Eckhardt (Bochum)
Herodes und Rom 40 v. Chr. Vom Nutzen und Nachteil der Königswürde für einen jüdischen Herrscher Wenn zur Beschreibung des Verhältnisses, das Herodes zu denen pflegte, denen er seine Macht verdankte, die Urteile stets eindeutig gewesen sind, wenn etwa von „Devotion gegen die Gebieter in Rom“ gesprochen werden kann, ist dies die logische Folge der Entwicklungen, die zur Ernennung des Herodes zum König geführt haben. Die Parther hatten Syrien überrannt und in Judäa den Hasmonäer Antigonos auf den Thron gesetzt, was die Herrschaft der idumäischen Brüder Herodes und Phasaël beendet und diese zur Flucht gezwungen hatte. Nach Phasaëls Tod hatte sich Herodes nach Rom gewandt, da nur von dort auf Hilfe zu hoffen war. In Rom nun erhielt er die Königswürde; drei Jahre später brachten römische Soldaten Herodes auf den Thron – all dies natürlich nicht umsonst: Als „König von Roms Gnaden“ war er nun vollkommen vom Wohlwollen der Großmacht abhängig und teils deswegen, teils gewiss auch aus Überzeugung, ein zuverlässiger Bewahrer römischer Interessen in Judäa. Ohne Rom, soviel steht fest, wäre Herodes nicht König geworden, und so ist bereits seine offizielle Einsetzung im Jahre 40 v. Chr. eine rein römische Entscheidung gewesen, die aufgrund römischer Erwägungen und in römischem Interesse getroffen wurde. Unmittelbar logisch scheint da die Annahme, dass Herodes auf seine Ernennung zum König wenig Einfluss hatte. Dennoch geht die vielleicht am weitesten verbreitete Interpretation des Geschehens davon aus, dass Herodes mit dem festen Plan nach Rom gekommen sei, König zu werden, und dass der römische Senat diesem Willen lediglich entsprochen habe – bestritten wird dabei nicht, dass genuin römische Interessen verfolgt wurden, wohl aber, dass Herodes bereits hier in einer Abhängigkeit zu Rom stand, die eigene Initiative nicht erlaubte. Dabei ist Herodes in kaum einem anderen Moment seiner Karriere so abhängig von der Entscheidung anderer gewesen, wie er es 40 v. Chr. nach seiner Flucht aus Judäa war. In Rom angekommen stand Herodes buchstäblich vor dem Nichts, weshalb es nicht weniger plausibel scheint, eine vollkommen passive Haltung des Herodes zu erwarten: Alle Handlungsoptionen lagen bei den Römern. Wenn die Annahme, Herodes sei gleichsam wie die Jungfrau zum Kinde an die Königswürde gekommen, dennoch dort, wo sie vertreten wird, meist nur bedingt stichhaltig erscheint, liegt dies an einem Problem, das bereits die antike Überlieferung aufwirft. Schiller (1883) Bd. 1 S. 381. So der Untertitel bei Weber (2003).
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Flavius Josephus berichtet sowohl im „Bellum Judaicum“ als auch in den „Antiquitates Judaicae“ über die Ernennung des Herodes zum König und bietet dabei zwei Versionen an, die nicht nur nicht übereinstimmen, sondern sogar exakt gegenteilige Interpretationen erlauben. Sowohl die These, Herodes habe die Königswürde angestrebt, als auch die Vermutung, sie sei ihm von den Römern gleichsam aufgedrängt worden, können sich auf Josephus stützen – wobei beide Deutungen die Belege, die für die jeweils andere sprechen, ignorieren oder für fragwürdig erklären müssen. Verkompliziert wird die Sachlage noch dadurch, dass die gegensätzlichen Interpretationen keineswegs auf jeweils einem Werk beruhen, sondern der ausführlichere Bericht in den Antiquitates in sich widersprüchlich ist: Im Grunde berufen sich beide Deutungen auf den gleichen Text. Wenn daher auf Basis der einen Aussage Herodes als passiver Empfänger römischer Urteile dargestellt wird, ohne dass der Widerspruch zur anderen Erwähnung findet, wird eine im Grunde richtige Vermutung durch zu enge und zu selektive Orientierung am widersprüchlichen Josephusbericht diskreditiert. Da dieses Dilemma durch reine Quellenlektüre nicht zu lösen ist, soll im Folgenden zuerst der Weg der Quellenkritik beschritten, dann nach der jeweiligen Interessenlage gefragt werden: Nach den möglichen römischen Optionen auf der einen und nach Nutzen und Nachteil der Königswürde für Herodes auf der anderen Seite. Dies dürfte der einzige Weg sein, der zusätzliche Anhaltspunkte für eine Entscheidung der strittigen Frage liefern kann. Der Bericht des Josephus Herodes wendet sich in beiden Darstellungen zuerst an die Nabatäer, in der Absicht, dort Lösegeld für seinen Bruder entweder aufgrund alter Schuldigkeiten einzufordern oder notfalls zu leihen. Doch Malichus schickt Botschafter, die Herodes abweisen, mit der von Josephus als Vorwand deklarierten Begründung, die Parther hätten den Kontakt zu Herodes verboten. Dass darüber hinaus Phasaël bereits tot ist, führt Josephus schon hier an, Herodes jedoch erfährt es erst auf der zweiten Station seiner Reise, in Ägypten. Diese Information ist sehr wichtig, denn sie lässt für den anschließenden Gang nach Rom eine andere Motivation erwarten als für die Gänge zu den Nabatäern und nach Ägypten. Zudem ist uns der Schluss unmöglich gemacht, dass Herodes bereits nach Ägypten in der Absicht kommt, nach Rom zu reisen: Die einzig logische Annahme ist die, dass er auch dort noch Hilfe für seinen Bruder suchen wollte. Mit dem Wissen um Phasaëls Tod begibt sich Herodes nun nach Pelusium, wo man ihm die Überfahrt nach Alexandria verweigert. Doch Herodes wendet sich an die Stadtvorsteher; diese geleiten ihn nach Alexandria, wo er von Kleopatra emp
BJ 1,14; AJ 14,14. – Die Übersetzung orientiert sich an der Übersetzung Clementz (2004/5), der griechische Text folgt der Ausgabe von B. Niese 1892. BJ 1, §§ 274 f.; AJ 14, §§ 370 f. BJ 1,276; AJ 14,372. BJ 1,278; AJ 14,374.
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fangen wird. Ungeachtet der königlichen Gastfreundschaft schifft sich Herodes von Alexandria aus nach Rom ein, wobei Josephus in beiden Berichten feststellt, dass weder der Winter noch die – nicht näher bestimmten – Unruhen in Italien ihn abhalten konnten. Von Alexandria aus geht es jedoch nicht direkt nach Rom, sondern zunächst nach Pamphylien, wohl aufgrund der im Winter besonders schlechten Wetterverhältnisse. Doch nach einem Seesturm landet Herodes auf Rhodos, wo er ein großes Schiff bauen lässt, dem Bericht der Antiquitates zufolge sogar die Stadt, die von Cassius ausgebeutet worden war, großzügig unterstützt10 – mit welchen Mitteln Herodes, der ja gerade noch versucht hatte, das Lösegeld für seinen Bruder zu leihen, dies bewerkstelligt, lässt Josephus offen; er verweist lediglich darauf, dass Herodes diese Aktivitäten trotz seiner eigenen Hilflosigkeit unternimmt. Überhaupt ist die betonte Darstellung des Herodes als Wohltäter und souveräner Beherrscher des maritimen Elements geeignet, die Frage nach Historizität und Interesse des Berichts zu stellen, was unten getan werden soll.11 Mit dem neu gebauten Schiff und einigen Freunden aus Rhodos fährt Herodes nun nach Brundisium, um von dort direkt nach Rom zu reisen.12 Es ist – mit allen Konsequenzen für die Datierungsfrage – vermutet worden, Herodes habe in Brundisium Antonius, der ja dort mit Octavian über die Festlegung der jeweiligen Kompetenzen verhandelt hatte, treffen wollen, ihn jedoch verpasst. In der Tat ist für die späteren Ereignisse in Rom die Konferenz von Brundisium als Voraussetzung anzunehmen, doch lässt sich dies nur durch eine Analyse der Vorgänge dort (s.u.), nicht durch die beschriebene, recht willkürliche Konstruktion begründen.13 10 11
BJ 1,278; AJ 14,375. BJ 1,279; AJ 14,376. BJ 1,280; AJ 14,377; vgl. Kokkinos (1998) S. 367; Kashtan (2002) S. 468. BJ 1,280; AJ 14,378. Es ist vermutet worden, Josephus habe Herodes als mit sich selbst wesens- oder zumindest karriereverwandt gesehen und daher die Fähigkeiten des Herodes, etwa die souveräne Beherrschung des Meeres und seiner Unwägbarkeiten, in den Mittelpunkt gestellt: Kashtan (2002) S. 470 f. Das mag angesichts der restlichen Darstellung weit hergeholt sein, für eine herodesfreundliche Quelle, auf der der Bericht fußt (s.u.), ist diese Motivation hingegen durchaus plausibel. 12 BJ 1,281; AJ 14,378. 13 Zur Konferenz von Brundisium vgl. Buchheim (1960) S. 38; zu besagter These vgl. Kokkinos (1998) S. 367 f., der vier Gründe für eine Datierung, der zu Folge Herodes im Februar 40 v. Chr. Alexandria verlassen habe, nennt: Den von Josephus erwähnten Sturm, die Unruhen in Italien, die für den Rhodos-Aufenthalt zu veranschlagende Zeit und die Reise nach Brundisium, um dort Antonius und Octavian zu treffen. Aufgrund der Relevanz für die Datierung seien hier einige Bemerkungen angefügt: Josephus nennt die Konferenz von Brundisium nicht als Grund für die Reise, was zweifellos auffällig ist. Ferner war der Reiseweg von Rhodos nach Brundisium eine Standardroute für diejenigen, die aus Griechenland kommend den Landweg bevorzugten (vgl. Strab. VI, 3, 7), was für den gerade erst schiffbrüchigen Herodes gewiss zutreffen mochte. Horaz bewältigte die Reise innerhalb von zwei Wochen (Sat. I, 5; vgl. Casson [1974] S. 194 ff.), das sollte auch Herodes zuzutrauen sein. Die direkte Reise von Alexandria nach Rom wäre gewiss komfortabler gewesen; der Rat Caligulas an Herodes Agrippa (Philo in Flacc. 26; vgl. Casson [1974] S. 158) bezieht sich freilich auf die entgegengesetzte Richtung, die leichter zu befahren war. Dass überdies Stürme nicht nur im Februar auftraten, dürfte ohnehin klar sein: Der Weg von Alexandria nach Rom war zwar üblich für Reisende aus Syrien und Judäa, wurde
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Bis hierher sind die Berichte fast identisch, jetzt jedoch fallen Unterschiede ins Auge. Im Bellum ist die Situation in Rom recht knapp geschildert: Herodes berichtet Antonius von dem ihm widerfahrenen Schicksal und wendet sich an ihn als ein „Schutzflehender“ (flk°thw).14 Antonius hat Mitleid, erinnert sich zudem an die Gastfreundschaft Antipaters und die „vortrefflichen Eigenschaften“ des Herodes, vor allem hasst er Antigonos als einen Feind der Römer. Deshalb beschließt er, Herodes zum König zu machen.15 Octavian ist sogar noch bereitwilliger dazu, ohne dass Josephus dafür eine überzeugende Begründung hätte: Octavian hat Herodes nie zuvor gesehen, er denkt laut Josephus an das gute Verhältnis seines Adoptivvaters mit Antipater, dem Vater des Herodes, ist außerdem sofort von der Tatkraft des Idumäers überzeugt.16 Er beruft eine Senatssitzung ein, in der zwei Römer den Herodes preisen und anschließend Antonius auf den Nutzen, den Rom von einem König Herodes haben könne, hinweist. Der darauffolgende Senatsbeschluss macht Herodes zum König. In den Antiquitates fehlt die Bezeichnung „Schutzflehender“, Josephus wird hier viel konkreter: Herodes bietet Antonius eine Geldsumme „für den Fall seiner Ernennung zum Könige“17 – die Bestechung rückt an die Stelle der Tugenden des Herodes, die für einen allenfalls noch Mitleid empfindenden Antonius keine Rolle mehr spielen, genauso wenig wie für Octavian. Diese Nachricht als die im Vergleich zum Bellum „zweifellos korrektere“18 zu erklären, haben wir indes kaum Anlass: Auffällig ist erstens, dass die eigenen Leistungen des Herodes für Rom vollkommen ignoriert werden – auch Octavian handelt nur noch in Erinnerung an die Gastfreundschaft des Antipater und aus Rücksicht auf Antonius19 –, zweitens, dass Josephus zugleich den Hinweis darauf gibt, dass die Ernennung zum Tetrarchen auf die gleiche Weise zustande gekommen sei,20 dass Herodes selbst schließlich nach der Eroberung Jerusalems erneut Antonius besticht, damit er Antigonos hinrichtet.21 Im Bellum steht davon nichts, womöglich soll Herodes’ Aufstieg zur Macht bewusst in ein schlechtes Licht gerückt werden. Im Bericht über die Senatssitzung weichen die Antiquitates nicht vom Bellum ab. Dann jedoch finden sich zwei wichtige Änderungen: Zunächst wird die Dauer des Besuchs auf sieben Tage fixiert22 – eine recht kurze Zeitspanne, die Anlass zu Spekulationen gegeben hat. Herodes habe von Rhodos aus seine Ernennung zum jedoch bereits ab Mitte Juli durch schwere Winde verkompliziert, vgl. Charlesworth (1926) S. 23; Casson (1971) S. 272 f. Mithin fallen drei der vier Begründungen, die Kokkinos (l.c.) anführt, fort, die letzte (die auf Rhodos verbrachte Zeit) ist nur innerhalb eines schon abgesteckten Zeitrahmens anwendbar, hier also nunmehr auch zu verwerfen. 14 BJ 1,281. 15 BJ 1,282. 16 BJ 1,283 f. 17 AJ 14,382. 18 So etwa Schalit (2001) S. 85, Anm. 99. 19 AJ 14,383; vgl. Günther (2005) S. 67. 20 AJ 14,382. 21 AJ 14,490. 22 AJ 14,387.
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König vorbereitet, anders sei die schnelle Prozedur nicht zu erklären.23 Zu bedenken ist jedoch, dass Josephus im gleichen Satz vom „unverhofften Glück“ des Herodes spricht. Dies wird durch die zweite, bedeutendere Veränderung näher erläutert: Ungeachtet der vorangegangenen Behauptung, Herodes habe Antonius bestochen, um König zu werden, behauptet Josephus nun, Herodes habe das Königtum nicht für sich, sondern für den Knaben Aristobulos, den rechtmäßigen Nachfolger, erbeten.24 Grund dafür sei ein Brauch der Römer gewesen, die Herrschaft nur Mitgliedern königlicher Familien zu übertragen. Nahezu einheitlich wird dieser Abschnitt in der Forschung für eine „Reinwaschung“ aus einer Herodes freundlich gesinnten Quelle erklärt, die Josephus ohne weiteres Nachdenken und deshalb im Widerspruch zur „zweifellos korrekteren“ Bestechungserzählung eingebaut habe: Herodes habe die Situation so darstellen wollen, als habe er die ihm aus jüdischer Sicht nicht zustehende Krone gar nicht gewollt.25 Aus zwei Gründen ist diese Haltung abzulehnen. Erstens darf nicht aus dem Blick verloren werden, dass Josephus ein Jahrhundert nach den Ereignissen schreibt. Er ist auf seine Quellen angewiesen, und welche Quellen ließen auch nur annähernd die seinem Bericht eigene Detailgenauigkeit erwarten, wenn nicht die Werke des Nikolaos von Damaskus oder des Herodes selbst? Niemand wird annehmen, dass irgend eine Quelle, egal welcher Natur, die Überlegungen und Motive der handelnden Akteure ohne (Re)konstruktionen enthalten haben kann; dies gilt auch für die Augenzeugenberichte. Derartige Konstruktionen müssen hier außen vor bleiben, die Bestechungsgeschichte jedoch nicht: Sie ist der einzige ernstzunehmende Beleg für die vermeintlichen Ambitionen des Herodes, König zu werden. Dass eine solche Geschichte weder bei Nikolaos noch bei Herodes gestanden haben wird, ist eine gewiss richtige Überlegung – doch die Annahme, es habe eine in diesem Punkt zuverlässigere Quelle geben können, ist unsinnig; Herodes wird Antonius kaum in aller Öffentlichkeit bestochen haben, mithin wären lediglich Antonius und Herodes selbst geeignet, eine solche Version der Ereignisse zu veröffentlichen, und keiner von ihnen hätte ein Interesse daran. Die 23 S. u. Anm. 90 24 Offenbar aufgrund dieses Widerspruchs stellt Clementz (2004/5) die Paragraphen 386–388 um und setzt zudem ein „aber“ hinzu, als ob Josephus selbst einen Hinweis auf die Widersprüchlichkeit gäbe. Doch dies ist nicht der Fall. Die Aristobulos-Geschichte ist explikativ (gãr) an die Aussage gebunden, Herodes habe nicht auf die Königswürde gehofft: „Ka‹ toËto tÚ m°giston ∑n t∞w ÉAntvn€ou per‹ tÚn ÑHr–dhn spoud∞w, ˜ti mØ mÒnon aÈt“ tØn basile€an oÈk §lp€zonti periepoiÆsato, oÈ går prÚw aÈtÚn én°bh taÊthn afithsÒmenow, oÈ går §nÒmizen aÈt“ toÁw ÑRvma€ouw par°jein to›w §k toË g°nouw ¶yow ¶xontaw aÈtØn didÒnai, éllå diå tÚ t“ t∞w gunaikÚw édelf“ labe›n éji≈svn [ÉAlejãndrƒ ist hier unsinnig und zu Recht von Clementz nicht übersetzt] uflvn“ tugxãnonti prÚw m¢n patrÚw ÉAristoboÊlou prÚw d¢ mhtrÚw ÑUrkanoË, éllÉ ˜ti ka‹ •ptå ta›w pãsaiw ≤m°raiw par°sxen aÈt“ tuxÒnti t«n oÈd¢ prosdokhy°ntvn épelye›n §k t∞w ÉItal€aw.“ Es gibt keine Anzeichen dafür, dass Josephus sich der Widersprüchlichkeit seiner Darstellung bewusst gewesen wäre. 25 Als zugrundeliegende herodesfreundliche Quelle werden entweder Nikolaos von Damaskus oder die Memoiren des Herodes selbst angenommen. Eine dort vorhandene und von Josephus übernommene „Reinwaschung“ gegen den Vorwurf, die Hasmonäer abgesetzt zu haben, vermuten etwa Otto (1913) Sp. 28; Willrich (1929) S. 41; Schalit (2001) S. 689 f.; Smallwood (1976) S. 54; Baumann (1983) S. 146, Anm. 67; Prause (1990) S. 103.
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Annahme, Josephus habe in einen womöglich von Herodes abgesegneten Bericht die Bestechungsgeschichte nachträglich eingefügt, scheint mir plausibler als die These, er habe eine unbekannte, wahrheitsgetreuere Quelle verwendet und dann für die Aristobulos-Version ohne Nachdenken wieder auf die herodianische Geschichtsschreibung zurückgegriffen. Josephus mag sich die Bestechung sogar selbst ausgedacht haben; es ist durchaus beachtenswert, dass Josephus etwa in seiner Kritik an Nikolaos zwar feststellt, dieser schreibe sehr herodesfreundlich, jedoch keine alternative Quelle nennt, die mehr Vertrauen verdiene.26 Ganz unabhängig von der alten Frage nach den herodesfeindlichen Quellen des Josephus27 ist evident, dass dort allenfalls Gerüchte über eine angebliche Bestechung, nicht aber seriöse Informationen gestanden haben können. Der ganze Bericht ist wohl am plausibelsten als Entlehnung aus herodianischen Quellen zu begreifen, die in den Antiquitates gelegentlich durch eigene Umdeutungen des Josephus „bereichert“ wird. Die zweite Begründung leitet über zum hier eigentlich interessierenden Thema. Die oben genannte These schöpft, wie gezeigt, weniger aus echten quellenkritischen Erwägungen, sondern vielmehr aus einer Spekulation: Zum Charakter des Herodes passe es einfach nicht, in solchem Moment Bescheidenheit walten zu lassen. Bezeichnend ist hier die Argumentation A. Schalits:28 „Herodes war in Dingen der Herrschaft wahrlich kein Altruist. [...] Es ist nicht einzusehen, warum wir dem Josephus, der hier wie an vielen anderen Stellen nur das Sprachrohr der Quelle ist, die er ausschreibt [...], etwas glauben sollen, das dem Charakter des Herodes, so wie wir ihn kennen, schnurstracks widerspricht“.
Gleich zwei fragwürdige Annahmen sind hier miteinander verflochten: Erstens die, dass der Charakter des Herodes ja bekannt sei und ihn als Egoisten ausweise. Zweitens, und das ist für unsere Fragestellung entscheidend, wird vorausgesetzt, dass die Königswürde tatsächlich ein erstrebenswertes Ziel gewesen sei, auf das zu verzichten ein Opfer des Herodes bedeutet hätte. Dass die erste Annahme Spekulation ist, bedarf kaum näherer Begründung. Dass die zweite Annahme unwahrscheinlich ist, soll im Folgenden anhand einer Annäherung an die Interessenlagen beider Parteien gezeigt werden. Bot die quellenkritische Analyse noch die Möglichkeit, bei abweichender Argumentation zumindest teilweise zum gleichen Ergebnis wie Schalit zu gelangen und die Aristobulos-Geschichte als Reinwaschung des Herodes zu deuten,
26 AJ 16,183–187. 27 Der Ansatz von Laqueur (1920), S. 181, der von einer zweiten, späteren Edition der Antiquitates ausgeht, in der Josephus durch einen nunmehr herodesfeindlichen Standpunkt bedingte Änderungen vorgenommen habe hin „zu einer Masse, welche mit Geschichte überhaupt nichts mehr zu tun hat“, hat sich als nicht haltbar erwiesen, vgl. zuletzt Toher (2003) S. 430 f. mit Anm. 11 für weitere Literatur. Es bleibt jedoch die Änderung im Vergleich zum Bellum zu beachten, die durchaus durch neue „Quellen“ motiviert sein kann – die freilich über die fraglichen Ereignisse keine glaubwürdigen Informationen enthalten haben kann. 28 Schalit (2001) S. 690; vgl. auch Willrich (1929) S. 41: „Das hat ihm selbstverständlich niemand geglaubt, einer solchen Uneigennützigkeit war er ganz gewiß nicht fähig [...].“; Smallwood (1976) S. 54: „Herod was nothing if not a political realist, and he was not blessed with a modest and altruistic nature”.
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sollte ein Blick auf die möglichen Interessenlagen beider Parteien die Plausibilität der von den herodianischen Quellen gegebenen und von Josephus übernommenen Darstellung erweisen. Die römische Interessenlage Bevor zur „römischen Interessenlage“ übergegangen werden kann, muss genauer differenziert werden, als dies bisweilen getan wird. Dem Bericht des Josephus zu Folge ist es der Senat, der Herodes zum König macht, freilich beeinflusst durch Antonius und Octavian. Zwar wird die Beteiligung des Antonius dadurch akzentuiert, dass er eine Rede zu Gunsten des Herodes hält, doch im Grunde wird ihm von Josephus keine wesentlich größere Bedeutung für die Entscheidungsfindung zugeschrieben als Octavian. Dies muss gerade dann überraschen, wenn man die Ereignisse nach der Konferenz von Brundisium ansiedelt. Und in der Tat weisen die Berichte anderer Autoren, so knapp sie auch gehalten sind, auf eine Konstellation hin, in der Antonius die volle Verantwortung für die Ernennung des Herodes zukommt. Strabon berichtet in einer merkwürdigen, vielleicht auf Basis lediglich mündlicher Überlieferung entstandenen Nachricht,29 Herodes, „ein Einheimischer, der sich das Priesteramt erschlichten hatte“, sei erst von Antonius und dann später von Augustus zum König gemacht worden.30 Priester ist Herodes nie gewesen, mithin ist Strabon schlecht über ihn informiert. Doch auch andere, spätere Quellen kennen Antonius als denjenigen, der Herodes zum König gemacht habe, ohne Nennung des Senats oder Octavians. Tacitus schreibt schlicht: „Die Königsherrschaft wurde von Antonius dem Herodes übergeben, nach seinem Sieg erweiterte sie Augustus“.31 Cassius Dio ist nicht viel ausführlicher, doch auch seine Tendenz ist klar: „Die Herrschaft über das Volk vertraute Antonius einem gewissen Herodes, während er den Antigonos an einen Pfahl binden und auspeitschen – was sonst kein König von Römerhand erfahren hatte – und dann hinrichten ließ“.32 Besondere Beachtung schließlich verdient Appian, der am genauesten informiert zu sein scheint:33
29 So Wilker (2005,) S. 214, Anm. 85 zur offenkundigen Fehlinformation Strabons die Priesterwürde betreffend. Der von Schalit (2001) S. 311 Anm. 584 konstruierte Erklärungsversuch, Herodes habe sich womöglich als mit dem Babylonier Ananel verwandt darstellen wollen, den er nach AJ 15, 2, 4 als Hohepriester einsetzte, muss Spekulation bleiben. 30 Strab. XVI, 765: „[…] énØr §pix≈riow pardÁw efiw tØn flervsÊnhn“. (Übers. Radt 2005). 31 Tac. hist. V, 2: „regnum ab Antonio Herodi datum victor Augustus auxit“. (Übers. Vretska 1984). 32 Cass. Dio IL, 22, 6: „§ke€nouw m¢n oÔn ÑHr≈d˙ tin‹ ı ÉAnt≈niow êrxein §p°trece, tÚn dÉ ÉAnt€gonon §mast€gvse staur“ prosdÆsaw, ˘ mhde‹w basileÁw êllow ÍpÚ t«n ÑRvma€vn §pepÒnyei, ka‹ metå toËto ka‹ ép°sfajen.“ (Übers. Veh 1986). 33 App. civ. V, 75, 378 ff.: „ÉEp‹ d¢ toÊtoiw ı m¢n Ka›sar §w tØn KeltikØn §j≈rma tarassom°nhn, ı d¢ ÉAnt≈niow §p‹ tÚn pÒlemon t«n Paryua€vn. ka‹ aÈt“ t∞w boul∞w chfisam°nhw e‰nai kÊria, ˜sa ¶praj° te ka‹ prãjeien, aÔyiw strathgoÁw pantaxª peri°pempe ka‹ tîlla …w §penÒei pãnta diekÒsmei. ·sth d° p˙ ka‹ basil°aw, oÏw dokimãseien, §p‹ fÒroiw êra tetagm°noiw, PÒntou m¢n Dare›on tÚn Farnãkouw
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Benedikt Eckhardt „Anschließend zog Octavian nach Gallien, wo Unruhen herrschten, während sich Antonius zum Krieg gegen die Parther aufmachte. Nachdem ein Senatsbeschluss seine sämtlichen früheren und künftigen Maßnahmen sanktioniert hatte, schickte er wieder seine Unterfeldherren nach allen Richtungen aus und traf jede sonstige Anordnung nach Gutdünken. Da und dort setzte er Könige ein, die ihm passten, und machte feste Tributzahlungen zur Bedingung. In Pontos war dies Dareios, der Sohn des Pharnakes und Enkel des Mithridates, in Idumaia und Samaria Herodes [...]“
Die Stelle bereitet erhebliche Probleme sowohl hinsichtlich der Datierung als auch inhaltlich: Ein Erlass wie der Genannte ist nicht überliefert, müsste aber in die Zeit nach Brundisium fallen, den Partherkrieg begann Antonius zudem erst 36 v. Chr. Die eigentliche Aussage ist im Grunde unsinnig: Herodes wird nicht in Rom, sondern im Orient König von „Idumäa und Samaria“, nicht von Judäa. Ein Ansatz von H. Buchheim, dem zu Folge Herodes ein zweites Mal zum König gemacht wurde, wobei sein Reich angesichts der schwierigen Lage um die fraglichen Gebiete erweitert worden sei, ist in der Forschung kollektiv abgelehnt worden.34 Stattdessen wird für gewöhnlich ein verderbter Text angenommen;35 keine der Emendationen erklärt indes den eklatanten Widerspruch zur Darstellung des Josephus. Gewiss hat das Zeugnis etwa eines Cassius Dio, mehr als 200 Jahre nach den Ereignissen und eher als Randbemerkung verfasst, für sich genommen wenig bis gar keine Beweiskraft. Doch offenbar gab es eine schon vor Josephus entstandene (da bereits Strabon bekannte) Erzähltradition, die Antonius als den Königsmacher des Jahres 40 v. Chr. nannte und Octavian in diesem Zusammenhang keiner Erwähnung würdigte. Wie und wo dies genau zugegangen sei, erfahren wir bei Strabon und Tacitus nicht. Wenn aber Appian die bei Strabon bewahrte Tradition kannte, also Antonius als Königsmacher annehmen musste, dann mag sich für ihn die Frage nach dem genauen Wo und Wie stärker aufgedrängt haben als für Strabon. Es ist durchaus denkbar, dass Appian sich den Bericht nur erklären konnte, indem er Herodes in die Reihe derer einreihte, die Antonius offenbar auf Grundlage eines ihm erteilten Imperiums im Orient zu Klientelkönigen gemacht hatte. Dass nach Brundisium auch in Rom die Zuständigkeit des Antonius für Angelegenheiten des römischen Ostens unbestritten war, eine Führungsrolle bei der Ernennung des Herodes also auch in Gegenwart Octavians plausibel war, mag Appian in diesem Moment nicht bewusst gewesen sein. Josephus ist mithin die einzige Quelle, die – in einem ohnehin fragwürdigen Bericht – Antonius und Octavian in gleicher Weise verantwortlich macht. Zieht man toË Miyridãtou, ÉIdouma€vn d¢ ka‹ Samar°vn ÑHr–dhn, ÉAmÊntan d¢ Pisid«n ka‹ Pol°mvna m°rouw Kilik€aw ka‹ •t°rouw §w ßtera ¶ynh.“ (Übers. Will 1989). 34 Buchheim (1960) S. 67. Der Ansatz gilt Schalit (2001) S. 87 Anm. 105–106 und Baumann (1983) S. 148 Anm. 75 wie auch anderen als nicht stichhaltig. Nur Stern (1974) S. 221 f Anm. 2 stimmt zu. 35 Bereits Momigliano (1966) S. 320 Anm. 2 sieht in der Nachricht bzgl. Idumäa ein Problem, da es bereits zum alten Territorium gehörte. Während er die Möglichkeiten einer Textverderbnis oder einer Gebietserweiterung Idumäas sieht, nimmt Schalit (2001) S. 162 an, dass statt ÉIdouma€vn vielmehr ÉIouda€vn zu lesen sei. Smallwood (1976) S. 55 Anm. 30 und im Anschluss Baumann (1983) S. 148 Anm. 75 nehmen als wahrscheinlichste Erklärung ein ausgefallenes ÉIouda€vn ka‹ an.
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eine spätere Josephusstelle heran, erscheint Octavians Mitverantwortung endgültig als unhaltbar: Nach Actium steht Herodes vor Augustus und gibt in seiner – gewiss aus der verlorenen Herodesbiographie des Nikolaos von Damaskus übernommenen – Rede an, er sei von Antonius zum König gemacht geworden.36 Nichts wäre Herodes hier einfacher gewesen, als darauf zu verweisen, dass ja Octavian damals angeblich noch bereitwilliger gewesen war. Dass er es nicht tut, weist Antonius eine Schlüsselrolle zu und lässt vermuten, dass Octavian mit der Ernennung in Wahrheit nur sehr wenig zu tun hatte; zu wenig jedenfalls, als dass Herodes sich darauf hätte berufen können. Wenn diese Rede nicht von Josephus frei konstruiert, sondern von Nikolaos (gewiss in stilisierter Form) niedergelegt worden ist, sollte doch anzunehmen sein, dass auch der Bericht über die Ernennung des Herodes bei Nikolaos Antonius in den Mittelpunkt stellte. Mithin wäre Josephus die einzige Quelle, die bereits 40 v. Chr. Octavian in zentraler Rolle ins Spiel bringt, und dies auf widersprüchliche, durch Nikolaos wohl nicht gestützte und vom Autor womöglich gar nicht intendierte Weise. Wir dürfen also ein besonderes Engagement des Antonius annehmen und haben bei der Frage nach der römischen Interessenlage in erster Linie seine Interessen zu beachten. Als Herodes Antonius sein Leid klagte, mag dieser persönlich berührt gewesen sein, sowohl vom Schicksal seines Freundes als auch in seiner Ehre; schließlich hatte er selbst Herodes zum Tetrarchen gemacht.37 Doch angesichts der nun akuten Parthergefahr, die nach Brundisium definitiv in seinen Zuständigkeitsbereich fiel, wird er vor allem rational gedacht haben, schließlich galt es, rasch und vor allem zukunftssicher zu handeln: Ihn musste die Frage beschäftigen, was man den Parthern entgegensetzen konnte, um sie nicht nur an einer weiteren Expansion zu hindern, sondern auch aus Syrien zu vertreiben. Ein Kompromiss mit Antigonos musste in dieser Situation unmöglich erscheinen:38 Dieser hatte den Thron mit parthischer Hilfe an sich gebracht und musste fortan als Feind Roms gelten39 – dass man in Rom die Kontrolle über Judäa zu bewahren suchen würde, musste ihm klar sein, war das Land doch seit Pompeius ein Objekt des römischen Interesses gewesen.40 Antigonos hatte jedoch Herodes die Legitimation aus jüdischer Sicht voraus: Als Angehöriger der Hasmonäerfamilie war er legitimer Thronfolger, was er auch – Josephus zufolge – später den Römern entgegenzuhalten wusste.41 Nun war Antigonos für Rom nicht akzeptabel und Aristobulos noch ein Kind, was die Möglichkeit, einen legitimen Nachfolger einzusetzen, in einer solchen Situation nahezu ausschloss. Antonius hatte zudem schon einmal gezeigt, dass für ihn nur zählte, wer geeignet war, Roms Inter36 BJ 1, 388. 37 Vgl. Brauer (1970) S. 34: „Antony himself had named Herod and Phasael tetrarchs. To have one of these men killed and the other forced to flee from Jerusalem was insulting”. 38 Freilich nur im Eifer des Augenblicks, denn Schalit (2001) S. 83, Anm. 94 betont zu Recht, dass für Antonius auch die Möglichkeit bestanden hätte, zu versuchen, sich der parthischen Hilfe gegen Octavian zu versichern. 39 Herodes wird es kaum, wie Graetz (1905) Bd. 3.1 S. 192 annimmt, nötig gehabt haben, „durchzusetzen“, dass Antigonos zum Feind Roms erklärt wurde – dies war schließlich die logische Konsequenz der Ereignisse. 40 Vgl. dazu Baumann (1983) S.17 ff. 41 AJ 14,15, 2.
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essen zu vertreten, nicht etwa, wer nach örtlichem Recht dazu berechtigt war: Herodes und Phasaël waren in Antiocheia zu Tetrarchen ernannt worden, nachdem Antonius den Hyrkanos gefragt hatte, wer „das Volk besser zu regieren verstehe“.42 Königserhebungen „ohne Rücksicht auf dynastische oder familiäre Ansprüche“43 waren bei Antonius die Regel. Wenn auch Herodes gewiss nicht in der Lage war, sich als legitimer König darzustellen,44 sprach angesichts dieser Situation alles für ihn. Seine Tatkraft und die Loyalität zu Rom waren bereits erwiesen, und durch den Tod seines Bruders war auch die Gefahr von Rivalitäten gebannt. Seine fehlende Legitimität war für ihn womöglich gar von Vorteil, denn auch wenn Aristobulos erwachsen gewesen wäre, hätte er doch der gleichen Familie wie der zu bekämpfende Feind angehört – ein oft gebrauchtes Argument gegen die Annahme, Herodes habe für Aristobulos um die Königswürde gebeten.45 Antonius musste es vor allem darauf ankommen, einen ihm ergebenen Mann zu wählen, denn dass die Ruhe im Verhältnis zu Octavian von Dauer sein würde, wird er sich kaum eingebildet haben. Dass ein solcher Mann nicht unnötig in seiner Macht beschränkt werden musste, ist evident. Es scheint daher zweifelhaft, ob Antonius, wie immer wieder vermutet wurde, einen weiteren Vorteil darin sah, dass Herodes nicht Priester werden konnte, mithin die Personalunion Hohepriester/König aufgehoben wurde.46 Auch bei einer weniger auf Antonius konzentrierten Sichtweise lässt sich das Argument nicht stützen. Wir wissen nur wenig über das Verhältnis Roms zur Personalunion Priester/König,47 was wir jedoch wissen, weist nicht auf ein Eingreifen Roms zu Gunsten einer Gewaltenteilung hin; aus einer unklaren Nachricht Appians lässt sich mit einigem Vorbehalt sogar das Gegenteil herauslesen: „Auch bestellte er [Pompeius] zum Priester der Göttin in Komana den Archelaos, was ein königliches Amt darstellt“.48 Wie wahrscheinlich es darüber hinaus ist, dass Antonius, der sich selbst ohne Zögern als neuer Dionysos verehren ließ, die fehlende Legitimation des Herodes für die Priesterwürde ernst nahm, sei dahingestellt.
42 AJ 14,13, 1. An diese Begegnung wird sich Herodes erinnert haben, vgl. Baumann (1983) S. 146 f. 43 Syme (2003) S. 270. 44 Josephus berichtet (AJ 14,16, 4), Herodes habe Antonius später bestochen, damit dieser den besiegten Antigonos umbringen lasse. Er habe verhindern wollen, dass Antigonos in Rom auf seiner Legitimität bestehen konnte. Buchheim (1960) S. 68 nimmt diese Erzählung ernst und verweist darauf, dass Herodes auch durch die Hochzeit mit Mariamme dem Antigonos ebenbürtig werden wollte. Aber vielmehr ist hier eine bewusste Beschuldigung des Herodes anzunehmen. 45 Vgl. etwa Schalit (2001) S. 690. 46 So zuletzt Günther (2005) S: 68 f. Auch Otto (1913) Sp. 28 und Schalit (2001) S. 86, sehen in der Trennung von Hohepriesteramt und Königtum einen Vorteil für Rom, und in der Forschung ist diese Argumentation Standard geworden; anders nur Grant (1971) S. 52, jedoch ohne Begründung. 47 Dazu zuletzt Kaizer (2005). 48 App. Mithr. 114/560: „[Pompeius] ép°fhne d¢ ka‹ t∞w §n Komãnoiw yeçw ÉArx°laon fler°a, ˜per §st‹ dunaste€a basilikÆ [...].“ (Übs. Veh 1987)
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Auch Antonius wird zwar klar gewesen sein, dass mit der Einsetzung des Herodes die Lage im Osten nicht plötzlich beruhigt sein würde.49 Aber die Einsetzung des Herodes musste als der bestmögliche erste Schritt erscheinen, erstens wegen der beschriebenen Alternativlosigkeit und zweitens wegen seiner Persönlichkeit, weil Antonius sich persönlich auf ihn verlassen zu können glaubte. Es ist insofern korrekt, hier von einem „Triumph der Persönlichkeit“50 zu sprechen, freilich mit einer gewichtigen Einschränkung, denn hätte Phasaël an Herodes’ Stelle gestanden, wäre sicher er zum König gemacht worden: Für ihn galten die gleichen, durch die Situation bedingten Argumente. Antonius muss geglaubt haben, in Herodes eine Stütze auch für spätere Konflikte zu haben; eine freilich nur begrenzt richtige Annahme, wie die späteren Ereignisse im Rahmen des Konflikts mit Octavian zeigen.51 Ist damit hinreichend klar geworden, warum die Wahl auf Herodes fiel, bleibt noch zu fragen, warum Herodes unbedingt König werden musste. Man hätte schließlich, um den von Josephus erwähnten Brauch der Römer zu wahren, Herodes einfach einen anderen Titel geben können; so wäre auch die Pietät gegenüber dem Judentum berücksichtigt worden. Doch dem römischen Denken war dies nicht gemäß: „Rom“, so M. Vogel, „brauchte sozusagen einen Gegenkönig, eine gleichwertige Figur auf dem weltpolitischen Schachbrett“.52 Wenn die Parther einen König einsetzten, musste aus römischer Sicht auch der römische Kandidat den Königstitel tragen, durfte also jenem nicht nominell unterlegen sein.53 Auch andere Überlegungen dürften für Antonius eine Rolle gespielt haben: Die Stellung Antipaters, des Vaters des Herodes, war, wie noch zu zeigen sein wird, bewusst unbestimmt geblieben – und man hatte bei seiner Ermordung gesehen, dass diese zweideutige Position die Möglichkeit zur Opposition gelassen hatte.54 Dazu bot der Königstitel die Möglichkeit, Herodes gewissermaßen mit römischen Standardmethoden zu behandeln: Als „rex socius et amicus populi Romani“ war er zwar nicht mehr begünstigt als andere Klientelkönige,55 passte jedoch in ein vorgegebenes Raster. Mit der Nichtberücksichtigung der jüdischen Perspektive ist ein zu selten beachteter Punkt angesprochen, der zu der Interessenlage des Herodes überleitet. Angeführt sei eine frühe, noch ohne Konsequenz angebrachte Bemerkung bei A. H. M. Jones, der freilich von einer gemeinsamen Entscheidung der Triumvirn ausgeht:56 „He [Herod] may even have been somewhat apprehensive of the effect on Jewish public opinion of his assumption of the sacred royal title. But the triumvirs could not be expected to appreciate Jewish sentiment on this point.”
49 Vgl. Smallwood (1976) S. 55. 50 Perowne (1957) S. 69. 51 Herodes wollte zwar Antonius in der entscheidenden Schlacht zu Hilfe eilen, wurde jedoch von Kleopatra davon abgehalten. Als die Nachricht von der Niederlage des Antonius ihn erreichte, wandte sich Herodes ohne Zögern Octavian zu, obgleich Antonius noch lebte (BJ 1, 20, 1; AJ 15, 6, 5 ff.). 52 Vogel (2002) S. 82. 53 Vgl. auch Schalit (2001) S. 86; Baumann (1983) S. 148. 54 Vgl. Jones (1938) S. 44. 55 Vgl. Jacobson (2001) bes. S. 25–27. 56 Jones (1938) S. 43 f.
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Dass Antonius sich nicht weiter um die jüdische Perspektive auf das Geschehen kümmerte, heißt nicht, dass Herodes in gleicher Weise dachte. Eine Rekonstruktion seiner eigenen Überlegungen kann zwar nichts beweisen, jedoch eine neue Perspektive auf das Geschehen ermöglichen. Die Interessenlage des Herodes In den Teilen der Forschung, die sich überhaupt kritisch mit dem Bericht des Josephus auseinandersetzen, findet man gewöhnlich eine fast gleichlautende Darstellung. Weitgehend akzeptiert ist die Interpretation A. Schalits, die keine Zweifel an den Ambitionen des Herodes lässt: Er habe, nachdem er vom Tode seines Bruders erfuhr, sofort die Situation erfasst, seine nunmehr unangefochtene Sonderstellung für Rom erkannt,57 die Lage in Rom richtig eingeschätzt und sich beeilt, dorthin zu gelangen, um die Möglichkeit einer Versöhnung des Antigonos mit Rom gar nicht erst aufkommen zu lassen, sondern vielmehr sich selbst als geeigneten Gegenkandidaten zu präsentieren.58 Für eine solche Argumentation ist es kein Problem mehr, zu erklären, warum sich Herodes erst zu den Nabatäern, dann nach Alexandria wandte, bevor er nach Rom ging – schließlich war Phasaëls Tod Voraussetzung für seine Pläne, waren doch die beiden Brüder stets gleichberechtigt gewesen. Wie gezeigt erfuhr Herodes erst in Ägypten vom Tod seines Bruders – und brach sofort nach Rom auf. Der so beschriebene Herodes ist ein kühl planender Mann mit einem ganz außerordentlichen Weitblick. Nicht nur weiß er alle Fakten und Spekulationen zu einem Ergebnis zusammenzusetzen, es gelingt ihm auch, von Rhodos aus seinen Auftritt in Rom zu planen.59 Wie er das getan haben soll, wird freilich meist offen gelassen, nur gelegentlich findet man Vermutungen über römische Judäer oder andere befreundete Römer, die Herodes auf seine Seite gezogen habe.60 An dieser Version gibt es in der Forschung kaum einen Zweifel, zumal Schalit, der im Folgenden als ausführlichster Repräsentant der These besondere Beachtung erfahren soll, nur der Erste war, der sie in einen derart bestechenden Bericht fasste: Die ältere Forschung war ebenfalls der Ansicht gewesen, Herodes habe für sich das Königtum gefordert.61 Zieht man die Darstellungen ab, die lediglich die AristobulosGeschichte nacherzählen, ohne auf die Widersprüche einzugehen,62 oder sich gar 57 Wie wichtig der Tod Phasaëls für Herodes’ Pläne war, betonen etwa auch Momigliano (1966) S. 319; Smallwood (1976) S. 54. 58 Der ganze Bericht bei Schalit (2001) S. 81–88. – Die Darstellungen bei Smallwood (1976), Baumann (1983) und Prause (1990) erscheinen nur als verkürzte Versionen dieser Interpretation. 59 Vgl. unten Anm. 90. 60 Graetz (1905), Bd. 3.1 S. 192 nennt die Möglichkeit, Herodes habe in Rom lebende Judäer für sich gewonnen, Stern (1974) S. 221 weiß von mit Herodes bereits befreundeten, einflussreichen Männern in Rom zu berichten, obgleich es doch der erste Besuch des Herodes dort ist. Er nennt etwa Valerius Messala, der vor dem Senat für Herodes spricht – aber es ist doch wohl anzunehmen, dass dieser wie auch Atratinus von Antonius herbeigebracht wurde. 61 Vgl. Graetz (1905), Bd. 3.1, S. 192; Schürer (1901) S. 355; Otto (1913) Sp. 28; Willrich (1929) S. 41. 62 Perowne (1957) S. 69; Buchheim (1960) S. 115, Anm. 159; zuletzt White (2005) S. 361–363;
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nicht festlegen wollen,63 bleiben nur wenige ernstzunehmende Meinungen übrig, welche die Interessenlage des Herodes anders deuten.64 Doch die so zu einem Standard der kritisch verfahrenden Forschung gewordene Interpretation Schalits missachtet zwei Faktoren, welche die Sicht des Herodes auf die Königswürde maßgeblich beeinflusst haben dürften: Den Stellenwert des Königtums in Judaea und das Beispiel seines Vaters Antipater. Im Folgenden soll unter Berücksichtigung dieser Faktoren eine Annäherung an die Ereignisse 40 v. Chr. in Rom versucht werden. Als Pompeius 63 v. Chr. in den Thronstreit der Hasmonäerbrüder Hyrkanos und Aristobulos eingriff, erschien vor ihm neben den zu erwartenden Delegationen der beiden Kandidaten auch eine Gesandtschaft, die für „das Volk“ sprach.65 Dieses wollte nämlich „von der Königsherrschaft nichts wissen“, denn „bei ihnen sei es alte Sitte, dass sie nur den Priestern des von ihnen verehrten Gottes zu gehorchen brauchten“. Zwar wird der Einwand nicht berücksichtigt, aber der Blick der Juden auf die Institution des Königtums ist hier doch deutlich ausgesprochen. Dieser Blick veränderte sich bis zur Ernennung des Herodes nicht: Das Studium der Thora und der Propheten,66 außerdem die Erfahrungen mit der Seleukiden- und Hasmonäerherrschaft hatten die frommen Juden gegen das Königtum eingenommen.67 Als einziger legitimer König galt ihnen David, dessen Haus „auf ewig Bestand haben“ sollte.68 Schalit schließt denn auch korrekt:69 „Für diese Leute gab es keinen Unterschied zwischen dem hasmonäischen und dem herodianischen Königtum. Beide waren für sie in gleichem Maße illegitim, und zwar aus dem einen Grunde, daß das Königtum über Israel ausschließlich dem Hause Davids von Gott verliehen sei und niemandem anders zustehe [...]“
Herodes musste dies klar sein, zumal sein Vater Antipater 63 v. Chr. unmittelbar beteiligt war. Nicht ohne Grund stand ja bei den hasmonäischen Herrschern nie das Königtum, sondern stets das für Herodes gar nicht erreichbare Priestertum im Vordergrund. Darüber hinaus konnte sich Herodes, wie Schalit richtig feststellt, des Hasses der übrig gebliebenen Hasmonäer70 und ihrer Anhänger sicher sein,71 wenn zudem Richardson (1996) S. 129, der aber immerhin den Josephusbericht näher analysiert. 63 Vogel ( (2002) 82: „Ob Herodes auf die Königswürde spekuliert hat, lässt sich schwer sagen“. Im Folgenden wird auch kein Versuch unternommen, die Frage zu beantworten. 64 Die bereits genannte Stelle bei Jones (1938) S. 43 f. ist die erste, erst Günther (2005) S. 69 f. die zweite. Vgl. immerhin auch Wilker (2005) S. 202, Anm. 7, wo die Übernahme der Aristobulos-Geschichte wenigstens begründet wird. 65 AJ 14,3, 2. 66 Vgl. etwa 1 Samuel 8, 7: „Denn nicht dich haben sie verworfen, sondern mich haben sie verworfen: Ich soll nicht mehr König sein“. 67 Vgl. Sschalit (2001) S. 266. 68 2 Samuel 7, 16. 69 Schalit (2001) S. 463. 70 Die These, Herodes habe die Hasmonäer ausrotten wollen, durchzieht Schalits gesamtes Werk. Und in der Tat berichtet Josephus genau dies, wenn er von der Ermordung des Aristobulos und des Hyrkanos, der Mariamme und der Alexandra und zudem von der Bestechung berichtet, die Antonius dazu veranlasst habe, Antigonos zu töten. Bewiesen ist dies jedoch nicht, die Möglichkeit einer anderen Sichtweise ist u. a. von Baumann (1983) S. 168 ff. aufgezeigt worden. 71 Vgl. Schalit (2001) S. 461.
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er ihre Dynastie absetzte zugunsten seiner eigenen, sakral und historisch nicht mehr legitimierten Herrschaft. Gerade die (gescheiterten) Bemühungen des Herodes um eine Legitimation seiner Stellung den Juden gegenüber belegen die Probleme, die sich aus seiner offiziellen Titulatur ergaben.72 Folgt man nun Schalit, sah sich Herodes dieser Stimmung gegenüber, nachdem er „das Hasmonäerhaus niedergerungen hatte“, und erkannte „vom ersten Augenblick an“ – aber eben erst dann! – das Problem.73 Wie passt dies zu den von Schalit stets betonten Charaktereigenschaften des Herodes, zu „großer Gedankenklarheit, schneller Auffassungsgabe und ausgezeichneter Menschenkenntnis“?74 Es scheint doch vielmehr, als sei es angesichts einer solchen Situation, die ja auch schon vor Herodes’ Gang nach Rom bestanden hatte, angezeigt und ein Zeichen von schneller Auffassungsgabe gewesen, eben nicht auf die Königswürde zu drängen, sondern eine indirekte Herrschaft anzustreben. Dies konnte keineswegs unmöglich erscheinen, vielmehr war das geringe Alter des Knaben Aristobulos gerade geeignet, eine solche Stellung zu ermöglichen.75 Hinzu kommt, dass Antipater seinen Söhnen ein Musterbeispiel für die Ausübung einer indirekten Herrschaft gegeben hatte. Antipater hatte zwei Dinge stets gewusst: Jede gegen Rom gewandte Politik in Judäa musste über kurz oder lang scheitern, und doch war eine an Rom angelehnte Politik für weite Teile des Volkes nicht akzeptabel. Um den Gegensatz nicht auf die Spitze zu treiben, ordnete er sich nominell dem Hasmonäer Hyrkanos, den er im Thronstreit unterstützt hatte,76 unter – auf diese Weise hatten die Juden immerhin einen Hohepriester als „Herrscher“, so dass Antipater im Verborgenen die Fäden ziehen konnte. Als 47 v. Chr. Caesar nach Syrien kam77 und die ihm ergebenen Antipater und Hyrkanos für ihre Unterstützung belohnte, stellte er Antipater die Wahl seines künftigen Amtes frei – doch dieser ließ sich nicht dazu verleiten, „die indirekte Form seiner Herrschaft aufzugeben“,78 und überließ es wiederum Caesar, zu entscheiden. Dieser verlieh ihm das römische Bürgerrecht79 und machte ihn zum §p€tropow Judäas,80 was er schon vorher gewesen war. Er erteilte Antipater so einen Autoritätszuwachs bei gleichbleibenden Befugnissen;81 durch die Unbestimmtheit dieser Amtsbezeichnung konnte er weiterhin in alle Richtungen wirken.82 72 Zu den Legitimationsstrategien des Herodes vgl. Wilker (2005). 73 Schalit (2001) S. 464. 74 Schalit (2001) S. 664. 75 Die Ansicht Willrichs (1929) S. 41, es sei „untunlich“ gewesen, „das alte Spiel fortzusetzen, bei dem der Makkabäer den Namen hergab, während der Idumäer die Macht hatte“, ist korrekt für die Sicht Roms. Herodes hingegen hätte von einer solchen Kräfteverteilung zweifellos Vorteile gehabt. 76 BJ 1, 6, 2 ff.; AJ 14, 1, 3 ff. 77 BJ 1, 9, 5 bis 10, 3; AJ 14,8, 3 bis 5. 78 Buchheim (1960) S. 62. 79 AJ 14,8, 3. 80 BJ 1,10, 3; AJ 14, 8, 5. 81 Es handelte sich um eine offizielle Bestätigung von Seiten Roms, vgl. Schürer (1901) S. 344; Buchheim (1960) S. 62; Schalit (2001) S. 40, Anm. 126. 82 Vgl. Schalit (2001) S. 40; Baumann (1983) S. 95.
Herodes und Rom 40 v. Chr.
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Eine solche indirekte Herrschaft über Judäa schien für seine Söhne in dem Moment nicht mehr möglich, in dem er sie zu Strategen machte, ihnen also klar definierte Ämter gab.83 Von diesem Augenblick an waren Herodes und Phasaël offiziell auf der politischen Bühne tätig und mussten sich der Stimmung des Volkes unmittelbar aussetzen. Dass es ihnen dennoch gelang, eine ähnliche Stellung zu erlangen, als Antonius sie zu Tetrarchen machte und ihnen die faktische Herrschaft über Judäa ermöglichte, wiederum unter Hyrkanos als nominellem Vorgesetzten,84 zeigt deutlich, dass die Söhne Antipaters sich der Vorteile seiner Politik durchaus bewusst waren. Es konnte also Herodes auch aus dieser Erfahrung heraus nicht unmöglich erscheinen, in Rom um eine indirekte Herrschaft zu bitten. Damit hätte er dem Vorbild seines Vaters entsprochen und eine bedingungslos an Rom angelehnte, jedoch nicht unmittelbar angreifbare Herrschaft erlangt. Die uneindeutige Quellenlage und die vermutete Interessenlage des Herodes lassen mithin den Schluss durchaus zu, dass Herodes selbst gar nicht um den Königstitel gebeten hat, weil er die Situation in Judäa nicht zusätzlich verkomplizieren wollte. Dass Aristobulos aus einer Familie stammte, die den Römern nun ein „feindlicher Begriff“85 sein musste, dürfte Herodes kaum als ein nicht zu bewältigendes Problem betrachtet haben, zumal die eigentliche Machtposition ihm selbst zugekommen und Aristobulos nur seine Marionette gewesen wäre. Die Argumentation Schalits – um auf die gegensätzliche Interpretation zurück zu kommen – beruht in dieser Frage ausschließlich auf wenig überzeugenden Vermutungen. Manche wurden schon genannt, eine weitere Schwachstelle spricht sich in folgendem Satz aus:86 „Königtum und Allmacht lockten Herodes mit ungeheurer Gewalt, da sie ihren Träger über jedes beschränkende Gesetz erhoben und ihm, nach hellenistisch-römischer Auffassung, die Stellung eines Gottes auf Erden gewährten.“
Die „hellenistisch-römische“ Königsauffassung erwähnt Schalit immer wieder, genau wie an anderen Stellen die Annahme, Herodes habe eine Dynastie gründen wollen. Aber beides ist anhand der Quellen nicht zu belegen. Den Begriff „hellenistisch-römisch“ holt Schalit vor allem aus der Baupolitik des Herodes, die in der neueren Forschung eher als spezifisch römisch erkannt worden ist.87 Und dass eine Dynastie ohne eine stabile Machtposition nur mit äußerster Anstrengung begründet werden kann, muss Herodes klar gewesen sein, ebenso die Tatsache, dass gerade dadurch, dass er nicht Priester werden konnte, eine wichtige Voraussetzung dafür fehlte.88 Eine Vererbung indirekter Herrschaft hinter dem jungen Aristobulos wäre Herodes vielleicht möglich gewesen, zumal er durch die Hochzeit mit Mariamme ja
83 BJ 1, 10, 4; AJ 14, 9, 2. Vgl. Buchheim (1960) S. 62. 84 BJ 1, 12, 5; AJ 14,13, 1. Vgl. Schalit (2001) S. 69 f. 85 Schalit (2001) S. 690. 86 Schalit (2001) S. 666. 87 Dies kritisiert auch Schwartz ( 2001) S. XVI f. 88 Vgl. Günther (2005) S. 69.
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auch in familiärer Nähe zu ihm stand.89 Als König hingegen, mit den Hasmonäern und dem jüdischen Volk gegen sich, bestand dazu keinerlei Aussicht. Als weiteres Argument wird seit W. Otto die kurze Frist von nur sieben Tagen angeführt, in der laut Josephus die Ernennung zum König beschlossen wurde. Otto und im Anschluss an ihn Schalit halten es für unmöglich, dass „in dieser kurzen Zeit sogar ein den ursprünglichen Absichten entgegengesetztes Ergebnis zustande gekommen sein soll“.90 Mit den „ursprünglichen Absichten“ ist der Bericht gemeint, Herodes habe für Aristobulos die Krone fordern wollen, mithin ist auch die These bezüglich einer indirekten Herrschaft davon betroffen. Doch erstens geht Otto hier offenbar von einer Verhandlungsbasis, die aus den „ursprünglichen Absichten“ des Herodes bestanden habe, aus, stellt also Herodes als verhandlungsfähig dar, was er aufgrund seiner zu diesem Zeitpunkt offensichtlichen Abhängigkeit von Rom gar nicht war. Zweitens ist die Argumentation nur stichhaltig, wenn man in der Königswürde tatsächlich etwas Besseres sieht als eine indirekte Herrschaft, auf die eine Einsetzung des Aristobulos doch wohl hinausgelaufen wäre. Dass dies zumindest bezweifelt werden kann, ist oben herausgestellt worden. Fazit Wenn Herodes die Situation so analysiert hat, wie es hier geschehen ist, gibt uns die Quellenlage keinen Anlass, der Bestechungsgeschichte und den an sie anknüpfenden Vermutungen den Vorrang vor der Idee zu geben, Herodes habe eine indirekte Herrschaft angestrebt. Dass es anders kam und Herodes als König nach Jerusalem zurückkehrte, lässt sich hinreichend durch die römische Interessenlage begründen, die, wie oben gezeigt, andere Erwägungen in den Vordergrund stellte. Man stelle sich Herodes vor, wie er macht- und hilflos vor Antonius stand und um Unterstützung bat. Sicher hätte er es in dieser Position nicht wagen können, das Angebot des Antonius, ihn zum König zu machen, abzulehnen; Herodes war kein Julius Caesar. Vielmehr wird er sogar die Schwierigkeiten heruntergespielt, die Brisanz verharmlost haben,91 denn theoretisch bestand ja immer noch die Möglichkeit, dass Antonius mit den Parthern gegen Octavian paktierte, was auch nicht ohne Vorbild in der römischen Geschichte gewesen wäre. 89 Der Ansicht etwa Sandmels (1968) S. 72, die Hochzeit mit Mariamme habe Herodes geholfen, „den Weg zum Königtum zu ebnen“, ist von Schalit (2001) S. 61–66, widersprochen worden: Herodes habe aus seiner hellenistischen Sicht eines solchen Vorteils nicht bedurft, und überhaupt sei ein faktischer Vorteil eigentlich gar nicht gegeben gewesen. Aber man wird doch fragen dürfen: Wer wäre denn die Gestalt im Hintergrund gewesen, wenn Aristobulos zum König gemacht worden wäre? Ein Hasmonäer wäre Rom aus den genannten Gründen kaum recht gewesen, und die Argumente, die für Herodes als König sprachen, konnte er sich auch für eine indirekte Herrschaft ausrechnen. Somit hätte die Hochzeit mit Mariamme durchaus taktisches Potential gehabt, denn als Familienmitglied wäre der Einfluss auf Aristobulos unmittelbar gewesen. 90 Vgl. Otto (1913), Sp. 28. Zustimmung etwa bei Schalit (2001) S. 690 und Grant (1971) S. 50. 91 Vgl. Günther (2005) S. 68 f.
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Eine solche Deutung impliziert keine Umwertung der späteren Ereignisse. Dass Herodes die einmal erlangte Position nicht aufgeben wollte, dass er vermutlich sogar Geschmack an seiner uneingeschränkten Herrschaftsposition fand, dass er sich gegen Ende seiner Herrschaft an die Königswürde klammerte und mit brutalen Methoden gegen vermeintliche oder reale Aufrührer vorging, stand hier nicht zur Debatte und wird durch die Deutung der Ereignisse 40 v. Chr. nicht tangiert. Die kritische Behandlung der Josephusberichte ist indes auch dort unabdingbar. Wenn zuletzt die Herodes-Erzählungen als Metapher unter anderem für „overriding personal ambition“ gedeutet wurden,92 ist der Bericht über seine Ernennung zum König ein brauchbares Beispiel dafür, dass eine solche Stilisierung zu Lasten des historischen Sachverhalts gehen kann. Der Bericht ist schön zu lesen und hat seine Wirkung nicht verfehlt, doch der Anteil, den josephische oder auch bereits herodianische Konstruktionen daran haben, kann kaum überschätzt werden. Mit Horaz mag der Historiker ausrufen: „quodcumque ostendis mihi sic, incredulus odi“.93
92 Landau (2006) S. 29. 93 Hor. ars 188.
Julia Wilker (Berlin)
Herodes Iudaicus Herodes als „jüdischer König“ Als nach dem Tode des Herodes 4 v. Chr. in Rom vor Kaiser Augustus die Verhandlungen um die Nachfolge des Königs begannen und die verschiedenen Parteiungen ihre Ansprüche und Argumente vortrugen, erschien auch eine fünfzigköpfige jüdische Delegation, die den Princeps um die Beendigung der herodianischen Herrschaft bat. Die Gesandten klagten den verstorbenen Herodes an, gegen die jüdischen Gesetze geherrscht, den Traditionen entgegenstehende Neuerungen eingebracht und durchgesetzt, ja sogar angestrebt zu haben, die Juden zu zerstören. Überliefert sind uns diese Klagen von Flavius Josephus, der leider keine näheren Informationen über die Zusammensetzung der Delegation mitteilt, sondern nur berichtet, diese sei mit dem Einverständnis des Volkes nach Rom gereist. Josephus stellt damit die Ablehnung des Herodes als allgemeines Gefühl seiner jüdischen Untertanen dar, ein Bild, das sich mit der generellen Tendenz seiner Darstellung deckt. Denn wenn auch Herodes in dem Werk des Josephus über den Jüdischen Krieg (De Bello Iudaico) weitgehend positiv als erfolgreicher Herrscher gezeichnet wird, zeigen die später verfassten Jüdischen Altertümer häufig eine entgegengesetzte Wertung. Hier dominiert eine generelle Feindschaft zwischen Herodes und den Juden, die durch die verschiedenen tadelnswerten Maßnahmen des Königs nur noch verstärkt wurde. Solch ein überwiegend negatives Herodesbild kennzeichnet mit den Antiquitates Iudaicae nicht nur unsere Hauptquelle für das Leben und Wirken des Herodes, sondern auch die Mehrheit der weiteren antiken Berichte. Dieser postulierte Antagonismus zwischen Herodes und seinen jüdischen Untertanen bzw. dem König und den jüdischen Gesetzen und Traditionen hat auch weite Teile der modernen Bewertung des Herodes bestimmt. Das vernichtende Urteil H. Graetz‘, Herodes sei der „böse Dämon für die judäische Nation“ gewesen, der er sich „ohne das geringste Verdienst, ohne Rechtstitel als gebietender Herrscher aufgezwungen hatte“, hebt sich damit allein durch seine mächtige Diktion, nicht aber seine negative Bewertung hervor. Obwohl AJ 17,299–314., vgl. auch die Parallelstelle BJ 2,80–86, in der jedoch die Anklagen gegen Herodes weniger dezidiert vorgetragen werden. AJ 17,300. Graetz (1905) S. 179. Graetz (1905) S. 196. Vgl. z. B. das Urteil Samuel Sandmels: „Herodes errichtete eine Mauer zwischen sich und dem jüdischen Geistesleben seiner Zeit. Das Judentum existierte für Herodes nur, wo es seine Macht unmittelbar betraf.“, Sandmel (1968) S. 112.
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die Analysen in den letzten Jahren und Jahrzehnten differenzierter geworden sind, wird Herodes auch heute noch häufig ein weitgehend feindliches Verhältnis sowohl zu seinen jüdischen Untertanen als auch zur jüdischen Tradition zugeschrieben. Diesem Bild gegenüber steht freilich die Tatsache, dass Herodes über dreißig Jahre lang Judaea mit seiner jüdischen Bevölkerungsmehrheit relativ stabil und erfolgreich regierte. Im folgenden soll daher Herodes in seiner Eigenschaft und in seinem Selbstverständnis als jüdischer König und als König der Juden untersucht werden. Selbstverständlich lässt sich die Herrschaftsrolle des Herodes nicht allein auf seine Beziehung zu den Juden reduzieren. Das Reich des Herodes vereinigte mit den Ituräern, Samaritanern und den griechischen Bewohnern noch zahlreiche weitere Völker und Kulturen und insbesondere die neu von ihm gegründeten Städte Caesarea und Sebaste verdeutlichten eindrucksvoll das Hellenisierungs- und Romanisierungsprogramm des Königs außerhalb der jüdisch geprägten Gebiete. Es sei daher noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich die nachfolgenden Überlegungen allein auf das Verhältnis zwischen Herodes und seinen jüdischen Untertanen, seine Herrschaftsrepräsentation und sein Selbstverständnis ihnen gegenüber und allein in den jüdischen Kerngebieten, d. h. insbesondere Jerusalem und seiner Umgebung, beziehen. 1. Herodes und die Hasmonäer Zu recht gilt die Herrschaft des Herodes als Zäsur innerhalb der jüdischen Geschichte, weil er die vorherige Dynastie der Hasmonäer ablöste, die ihre Legitimation aus der Führerschaft der Familie im Makkabäeraufstand gegen die seleukidische Oberherrschaft ableitete und Judaea mehr als ein Jahrhundert zunächst als Hohepriester, dann als Könige und Hohepriester in Personalunion regierte. Generell wird Herodes daher als Antipode zu den Hasmonäern, der „legitimen“ jüdischen Herrscherfamilie, gesehen, löschte er doch im Laufe seiner Regentschaft sämtliche potentiellen Thronprätendenten dieser Familie aus. Der Beginn der politischen Karriere des Herodes dagegen zeigt ein anderes Bild. So war es zumindest in diesen ersten Jahren offenkundig der Wunsch nicht nur des Herodes selbst, sondern auch eines Teils der Hasmonäerfamilie, den aufstrebenden Sohn des Antipater in die strauchelnde Dynastie zu integrieren und zum eigenen Hoffnungsträger zu machen. Der politische Aufstieg der Familie der Antipatriden ist eng mit der hasmonäischen Dynastie verbunden. Vom Großvater des Herodes, Antipater (1), berichtet
Vgl. die neueren Herodes-Biographien von Richardson (1996), Vogel (2002) und Günther (2005). So u. a. Stern (1974) S. 270: „Herod’s reign is to be regarded in large measure as a revolution second only in importance to which had taken place after the persecution by Antiochus and the Hasmonean revolt.“. Vgl. BJ 1,20; AJ 14,490–491. Als erster Hasmonäer nahm Aristobul den Königstitel an: BJ 1,70; AJ 13,301.
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Josephus, er habe Alexander Jannaios als strategos für Idumaea gedient. Sein gleichnamiger Sohn war der entscheidende Ratgeber und Helfer Hyrkans II. in den blutigen Auseinandersetzungen mit seinem Bruder Aristobul und dessen Nachkommen um die Macht in Judaea. Hyrkan dankte ihm diese Unterstützung ebenso wie die verbündeten Römer, die als aufsteigende Hegemonialmacht in den hasmonäischen Bruderkampf hineingezogen worden waren.10 Antipater galt sowohl Pompeius11 als auch Julius Caesar als treuer Verbündeter. Letzterer bestätigte nicht nur erneut Hyrkan II. als Hohepriester und Ethnarch, sondern ernannte zudem Antipater selbst zum §p€tropow t∞w ÉIouda€aw.12 Die formale Rolle Antipaters bleibt in diesem Zusammenhang eher unklar, faktisch jedoch beschreibt ihn zumindest Josephus als die herrschende Macht in Judaea, während der eher als Zauderer bekannte Hyrkan kaum mehr als repräsentative Aufgaben besaß.13 Antipater setzte seine Söhne Phasaël und Herodes als strategoi in Judaea und Idumaea bzw. Galiläa ein, so dass hier der Beginn der Karriere des späteren judäischen Königs anzusetzen ist.14 41 v. Chr. ernannte Marcus Antonius als neuer mächtiger Mann im Osten Herodes sogar zum Tetrarchen von Galiläa, Phasaël erhielt parallel denselben Titel für Idumaea und Judaea, während Hyrkan II. weiterhin als Hohepriester und Ethnarch die oberste Herrschaftsgewalt in Judaea behielt.15 Zu den Faktoren, die den rasanten politischen Aufstieg des Herodes ermöglichten, gehörten damit neben den Vorbereitungen und Förderungen durch Antipater sowohl die Unterstützung des hasmonäischen Familienzweiges um Hyrkan II. als auch der neuen römischen Hegemonialherren, deren Vertrauen er – ebenfalls in der Nachfolge seines Vaters – erringen konnte. Herodes selbst ist damit aber eindeutig sowohl ein Kind als auch ein Produkt des hasmonäischen Hofes; er erlebte die Struktur, das Umfeld, aber auch die Schwierigkeiten der hasmonäischen Dynastie von jüngster Zeit an mit und wurde von ihnen politisch wie kulturell maßgeblich geprägt. Trotz dieser raschen Karriere des Herodes war sein Aufstieg zum König von Judaea eine Überraschung.16 40 v. Chr. wurde der vor den parthischen Invasoren und Unterstützern des Antigonos aus Judaea geflohene Herodes vom römischen Senat auf Betreiben von Marcus Antonius und Octavian zum König ernannt, obwohl er nicht aus der bisherigen Herrscherfamilie stammte – ein Vorgehen, das der üblichen römischen Politik widersprach.17 Dennoch musste Herodes in der verfahrenen Situation der Jahre des hasmonäischen Bürgerkrieges und des römisch-parthischen Ringens um die Vorherrschaft in Judaea nicht nur den Römern als geeigneter Kandidat gelten. Tatsächlich hatte bereits Hyrkan II. eine Integration der zunehmend AJ 14,10. Vgl. z. B. BJ 1,123–126; AJ 14,8. 121. 10 Für den Beginn der römischen Intervention in Judaea vgl. BJ1,19. 131; AJ 14,29–31. 11 So impliziert dies BJ 1,187. 12 BJ 1,187–195. 197–200; AJ 14,127–137. 141–144. 13 BJ 1,203. 207–209. 226. 242; AJ 14,158. 162. 14 BJ 1,203; AJ 14,158. 15 BJ 1,244; AJ 14,326. 16 AJ 14,386. 17 BJ 1,282–285; AJ 14,386–389.
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mächtiger werdenden Antipatriden in die eigene Familie geplant, denn 42/41 v. Chr. verlobte er seine Enkelin Mariamme mit Herodes.18 Diese Verbindung des Herodes und der Mariamme, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht im heiratsfähigen Alter war, folgte eindeutig strategischen Überlegungen.19 Für die Antipatriden bedeutete dies einen bis dato nahezu unmöglichen Aufstieg in die höchsten Kreise Judaeas, Hyrkan II. dagegen sicherte sich und seinen Gefolgsleuten nicht nur die Unterstützung der Brüder Herodes und Phasaël, sondern auch die Gunst der mit ihnen verbündeten Römer. Nachdem nun auch die Parther in den hasmonäischen Machtkampf eingegriffen und ihrerseits mit Antigonos einen König und Hohepriester in Jerusalem installiert hatten, musste Rom reagieren.20 Tatsächlich aber besaß die Fraktion um den Hasmonäer Hyrkan de facto keinen geeigneten Kandidaten, der für sie das Herrscheramt hätte übernehmen können. Hyrkan selbst befand sich in parthischer Gefangenschaft und konnte zudem wegen einer ihm hier zugefügten Verstümmelung nicht mehr als Hohepriester amtieren.21 Einziger männlicher Nachkomme der Hasmonäer auf prorömischer Seite war mit Aristobul (III.) der Bruder Mariammes, der zu diesem Zeitpunkt jedoch noch ein Kind war.22 Es ist anzunehmen, dass Herodes ursprünglich plante, in Rom um die Königswürde für den jugendlichen Aristobul zu bitten, als dessen Vormund er dann eine ähnliche Machtstellung wie sein Vater unter Hyrkan II. hätte einnehmen können.23 Die Möglichkeit, selbst zum König erhoben zu werden, konnte er freilich nicht ausschlagen, und auch von hasmonäischer Seite wurde diese Entscheidung des römischen Senates offenbar ohne Widerspruch hingenommen, da nun immerhin ein angeheiratetes Familienmitglied mit Hilfe der römischen Militärmacht auf den judäischen Thron geführt wurde. Um den neuen König endgültig in die herrschende Dynastie zu integrieren, wurde die versprochene Hochzeit von Herodes und Mariamme noch während des sich anschließenden Feldzuges besiegelt, wohl um noch vor der endgültigen Eroberung Jerusalems den neuen Herrscher für die Bevölkerung akzeptabel zu machen.24 Dass diese Strategie tatsächlich Erfolg hatte, zeigt das Zeugnis des Flavius Josephus, wonach auch ehemalige Gegner des Herodes ihn unterstützten, nachdem er auf diesem Wege zu einem Glied der hasmonäischen Dynastie geworden war (ofike›ow t“ basile› g€netai).25 Auch nach der faktischen Sicherung seiner Königsherrschaft fuhr Herodes fort, sich maßgeblich als Teil der alten hasmonäischen Dynastie zu präsentieren. So kehrte auch Hyrkan II. auf Bitten des Herodes und mit der Erlaubnis des Partherkönigs aus Babylon zurück, obwohl ihm die dortige, große jüdische Gemeinde die Ehren eines 18 BJ 14,300; vgl. auch BJ 1,244; AJ 353. Auch der Bruder des Herodes, Pheroras, war mit einer Schwester der Mariamme verheiratet: BJ 1,483; Otto (1913) Sp. 37. 19 Abraham Schalit schreibt dagegen die Entscheidung des Herodes, sich mit Mariamme zu verloben, allein dessen Liebe zu der Hasmonäerprinzessin zu, Hyrkan II. und Alexandra hätten dagegen politische Ziele verfolgt, Schalit (2001) S. 61–66. 20 BJ 1,269. 284; AJ 14,365. 384–385. 21 BJ 1,269–270, AJ 14,366. 15,17; Vgl. Lev. 21,17–23. 22 BJ 1,437; AJ 15,31. 34. 23 AJ 14,386–387. – Nicht glaubhaft ist die Darstellung in AJ 14,382, nach der Herodes Antonius bestochen hatte, um die Königswürde zu erlangen. Vgl. Richardson (1996) S. 129. 24 BJ 1,344; AJ 14,467; Vgl. Günther (2005) S. 83. 25 BJ 1,12,3 (241); Vgl. auch AJ 14,300. 325.; Stern (1974) S.271.
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Königs und Hohepriesters zugesprochen hatte.26 Nach seiner Rückkehr hielt Herodes den alten Hasmonäer, der ihm offenbar zudem als Ratgeber diente, in hohen Ehren.27 Für Mariamme und ihre in den folgenden Jahren rasch geborenen Kinder hatte Herodes zudem seine erste Frau Doris und den Erstgeborenen Antipater verbannt, und so deutet alles auf die Absicht hin, über die Integration des Herodes die Linie der hasmonäischen Königs fortzusetzen, die in den Söhnen von Mariamme ihren Fortgang hätte finden können.28 Ein wesentliches Manko hinderte Herodes freilich an einer vollkommenen Integration in die hasmonäische Familie. Seine nichtpriesterliche Abstammung verbot es ihm, das durch die Absetzung und folgende Hinrichtung des Antigonos vakant gewordene Amt des jüdischen Hohepriesters zu übernehmen. Die Hasmonäer hatten jedoch stets als Hohepriester, ab Aristobul I. (104–103 v. Chr.) auch als Könige geherrscht,29 allein Salome Alexandra musste dieses Prinzip aufgrund ihres Geschlechtes brechen und ihren Sohn Hyrkan II. in das höchste jüdisch-religiöse Amt einsetzen.30 Herodes versuchte das offenbare Problem zu lösen, indem er zunächst mit Ananel einen Juden aus der babylonischen Diaspora zum Hohepriester ernannte.31 Soll dieser im folgenden noch weiter behandelt werden, sei an dieser Stelle nur darauf hingewiesen, dass auch dieser Hoheitsakt eventuell mit den Hasmonäern abgestimmt war. So erscheint es durchaus als möglich, dass Hyrkan II. und Ananel sich noch aus Babylonien kannten.32 Ananel amtierte jedoch zunächst nur einige Monate als Hohepriester, dann wurde er durch Aristobul III. ersetzt, den einzigen männlichen Erben aus der Hasmonäerdynastie um Hyrkan II. und Bruder der Mariamme.33 Die Einsetzung des zu diesem Zeitpunkt erst Siebzehnjährigen lässt sich in verschiedener Hinsicht deuten. Zum einen erfolgte sie sicherlich auf verstärkten Druck aus der hasmonäischen Familie; Josephus nennt hier insbesondere Alexandra als Verfechterin der ererbten Rechte ihres Sohnes.34 Anders ist weder die gegen das jüdische Gesetz verstoßende Absetzung des eigentlich auf Lebenszeit amtierenden Hohepriesters Ananel noch die ungewöhnliche Erhebung eines noch so jugendlichen Priesters zu erklären.35 Damit werden zu diesem Zeitpunkt erstmals Spannungen und Rivalität zwischen Herodes und zumindest Teilen der eigentlich mit ihm verbündeten Hasmonäer deutlich, die um den Verlust ihrer (politischen) Erbschaft und ihres Status besorgt waren und in dem angeheirateten Klientelkönig einen Konkurrenten der eigenen dynastischen Macht erblickten. Dass Herodes freilich auf diese Forderungen reagierte und Aristobul tatsächlich zum Hohepriester ernannte, mag als weiteres Zeichen für die versuchte 26 BJ 1,433–434; AJ 15,14–17. 27 AJ 14,21. 28 BJ 1,432–433. 436. 29 BJ 1,70; AJ 13,301; Strab. 16,2,40 nennt dagegen Alexandros Jannaios als ersten König. 30 BJ 1,109; AJ 13,408, vgl. Baltrusch (2001), v.a. S. 171. 31 AJ 15,22. 32 Zumindest suggeriert dies der Zusammenhang von AJ 15,21–22. Vgl. Richardson (1996) S. 242. 244. 33 BJ 1,437; AJ 15,41. 20,247–248. 34 AJ 15,23–24. 35 Vgl. AJ 15,34. VanderKam (2004) S. 394.
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Kooperation und Verbindung zwischen ihm als neuem Machthaber und der angestammten Priesterdynastie gedeutet werden. Da Herodes selbst ja nicht für das Amt des Hohepriesters qualifiziert war, musste eine Aufteilung der Macht und Autorität zwischen ihm als König und dem jungen Hasmonäerprinz als Hohepriester sogar als möglicher Kompromiss erscheinen, der die Ansprüche aller Beteiligten zufriedenstellte und somit helfen konnte, die schwierige Krisenzeit zu überwinden. Das Experiment einer solchen Herrschaftsteilung scheiterte schließlich am Tod des jungen Aristobul nur wenige Monate später. Nach der Darstellung des Josephus hatte das Volk diesen als amtierenden Hohepriester während des Laubhüttenfestes enthusiastisch begrüßt.36 Herodes betrachtete den Hasmonäer daraufhin als Konkurrenten und ernsthafte Gefahr für seine Herrschaft und arrangierte – so erzählt es Josephus – dessen Ermordung während der nachfolgenden Feierlichkeiten im Palast von Jericho.37 Dass Aristobul freilich tatsächlich auf Befehl des Herodes beim Baden zu Tode kam, erscheint keineswegs als gesichert, standen doch zumindest die im Bericht des Bellum Iudaicum für die Mordtat verantwortlich gemachten gallischen Leibwächter zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in seinen Diensten.38 Möglich erscheint daher auch ein einfacher Badeunfall, der erst in der feindlichen Rezeption dem verhassten Herodes zugeschrieben wurde. Auf jeden Fall gab es nun aber kein männliches Mitglied der hasmonäischen Familie mehr, das Anspruch auf den Posten des Hohepriesters hätte erheben können, und so setzte Herodes erneut den schon einmal von ihm berufenen Ananel in das höchste jüdisch-religiöse Amt ein.39 Unabhängig von der Verantwortung für den Tod Aristobuls hatte sich jedoch an diesem Fall offenbart, dass die angestrebte Aufnahme des Herodes in die hasmonäische Dynastie nicht so problemlos zu realisieren war, wie wohl anfänglich von beiden Seiten erhofft, und die Konkurrenz zwischen den Familienmitgliedern genuin hasmonäischer und herodianischer Abstammung verschärfte sich sogar noch. Dieser Prozess kulminierte schließlich in dem Vorgehen des Herodes gegen die übrigen hasmonäischen Familienmitglieder, die er – wohl berechtigt – der Verschwörung bezichtigte und so zunächst Hyrkan, schließlich auch Alexandra und sogar Mariamme hinrichten ließ.40 Die wachsende Feindschaft der Hasmonäer entzweite auch in den folgenden Jahren die Familie und führte schließlich zur Exekution der Mariammesöhne Alexander und Aristobul.41 Alle weiteren Eheschließungen zwischen den Nachkommen der Hasmonäer und anderen Teilen der Dynastie können in der Folge dieser Zerwürfnisse daher nur noch als Versuche gelten, die innerfamiliäre Kluft zu überbrücken und zu deeskalieren.42 Der Versuch des Herodes, sich durch die Aufnahme in die hasmonä36 BJ 1,437; AJ 15,51–52. 37 BJ 1,437; AJ 15,53–56. 38 Zur gallischen Leibwache, die zuvor Kleopatra gedient hatte, vgl. BJ 1,397. 39 AJ 15,56. 40 BJ 1,433–434; 443–444; AJ 15,173. 218–237. Trotz seiner bereits genannten Verstümmelung musste Hyrkan Herodes als Konkurrent gelten, denn nach einer Trennung von Königtum und Hohepriesteramt hätte dieser durchaus als König herrschen können, vgl. AJ 15,164. 41 BJ 1,551–552; AJ 16,392–394. 42 Zu den Auseinandersetzungen innerhalb der Familie entlang der Abstammungslinien vgl. u. a. BJ 1,435, 449, 468, 474, 476–478, 516, 520–522, 624; AJ 15,220; 16,234; 17,1–3. Ähnlich auch Vogel (2002) S. 167.
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ische Dynastie eine Herrschaftslegitimation im jüdischen Rahmen zu sichern, musste damit allerdings schon nach den ersten Jahren seines Königtums als gescheitert gelten. In der modernen Forschung hat diese Entwicklung dazu geführt, eine von Anfang an geplante Auslöschung der Hasmonäer durch Herodes anzunehmen,43 doch erscheint ein solches Urteil eher einer teleologischen Sicht geschuldet.44 Für Herodes und die Hasmonäer war ein solch negatives Ergebnis nicht von vorneherein absehbar, konnte sich Herodes doch auf das Beispiel Davids berufen, der sich gleichfalls durch seine Heirat mit Michal mit der zuvor herrschenden Dynastie verband.45 In jüngerer, hasmonäischer Vergangenheit hatte zudem auch Salome Alexandra bewiesen, dass eine Herrschaft ohne gleichzeitige Hohepriesterschaft möglich war, und auch sie legitimierte ihr Königtum allein durch ihre Ehe mit Alexander Jannaios.46 Herodes freilich war spätestens nach dem Scheitern dieser dynastischen Integration gezwungen, sich eine eigenständige Legitimation als jüdischer König aufzubauen. 2. Herodes und die jüdische Königstradition Die größte Schwierigkeit für Herodes, sich als rechtmäßiger jüdischer König zu präsentieren, lag in seiner Herkunft. Laut dem Zeugnis des Josephus stammte die Familie des Antipater aus Idumaea, wo sie sich durch Reichtum, Einfluss und Ansehen auszeichnete.47 Idumaea war 129–124 v. Chr. von Johannes Hyrkan erobert und judaisiert worden.48 Da bereits der Großvater des Herodes von Alexander Jannaios als strategos eingesetzt wurde, ist spätestens für diesen die Konversion anzunehmen.49 Mit Herodes war die Familie damit bereits in der dritten Generation judaisiert, und so galten er und seine Geschwister nach den Vorschriften der Torah unzweifelhaft als Juden.50 Trotz dieser eigentlich eindeutigen rechtlichen Lage bedienten sich die Gegner des Herodes der offenbar verbreiteten Vorurteile gegen die Idumäer, und Antigonos schmähte den Herodes von den Mauern des belagerten Jerusalem herab als ≤miiouda›ow51 – ein Vorwurf, der sich weder logisch noch religiös erklären lässt, aber nichtsdestotrotz sein Publikum fand. Dieselbe Anschuldigung einer fremden Herkunft findet sich auch in den Psalmen Salomos, die 43 Dezidiert findet sich diese Sicht bei Schalit (2001) v.a. S. 108–114. Eine ähnliche Interpretation suggeriert bereits Josephus, vgl. z. B. AJ 15,20. 44 Vgl. dazu Günther (2005) S. 70. 45 1 Sam 18,27; AJ 6,204; Ilan (1998) S. 196. 46 BJ 1,107–109; AJ 13,400–408. 47 BJ 1,123. 48 BJ 1,63; AJ 13,257–258; 15,254; Ptolemaios FGrH 199 F 1 = Stern (1974–1980), I 356, Nr. 146; Nach Strabon traten die Idumäer dagegen freiwillig zum Judentum über, Strab. 16,2,34. Kasher (1988), S. 46–48. 49 AJ 14,10. Kasher (1988) S. 89 f; Schalit (1962) S. 117 geht sogar davon aus, dass aufgrund der Vertrauensstellung des ersten Antipaters eine noch frühere Konversion der Familie anzunehmen ist. 50 Vgl. Deut. 23,9. 51 AJ 14,403.
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erodes – sollte sich PsSal 17 denn, wie anzunehmen, tatsächlich auf ihn beziehen H – gleichfalls als Fremdling beschimpfen.52 Die ebenso herodesfeindlichen Verse der zeitgenössischen Schrift über die Himmelfahrt des Moses (Assumptio Mosis) dagegen attackieren diesen lediglich aufgrund seiner nichtpriesterlichen Herkunft und beweisen damit gerade aufgrund ihrer Tendenz eindeutig die jüdische Identität des Königs.53 Eine andere Tradition über die Herkunft der Herodianer hat sich dagegen in späteren christlichen Quellen bewahrt. Sowohl Justinus Martyr als auch Sextus Africanus berichten so, der hier Herodes genannte Vater des Antipater sei ein Hierodule in Askalon gewesen. Sein Sohn wurde bereits als Kind von Räubern entführt und sei – da der Vater das erforderliche Lösegeld nicht aufbringen konnte – schließlich als Fremdling am hasmonäischen Hof aufgewachsen.54 Trotz des in jüngerer Zeit von Nikos Kokkinos unternommenen Versuches, die Historizität dieser Herkunftsgeschichte zu beweisen,55 ist diese Legende zweifelsfrei als Produkt einer jüdischen, antiherodianischen Propaganda zurückzuweisen, in der die angeblich fremde Abstammung des Herodes einen wichtigen Faktor darstellte. Die idumäische Abkunft reichte offenbar nicht zur gewünschten Diskreditierung des Herrschers, so dass eine weitere Variante erfunden werden musste.56 Zugleich thematisiert die Legende der askalonitischen Abstammung noch ein weiteres Manko des Herodes, seine niedere Herkunft. Zwar gehörten die Antipatriden zu den führenden Familien Idumaeas, doch spielte dies für eine Herrschaftslegitimation im jüdischen Kontext keine Rolle. Gleich mehrfach berichtet Josephus so von Beleidigungen oppositioneller Juden, die Herodes als fidi≈thw und damit als der Herrschaft nicht würdig beschimpften.57 In der späteren Rezeption wurde auch diese niedere Abkunft des Herodes noch legendarisch überformt, so dass der babylonische Talmud ihn gar als einen Sklaven der Hasmonäer nennt, der sich durch Mord an die Macht geputscht habe.58 Die nichtpriesterliche Herkunft des Herodes markierte schließlich das Ende der theokratischen Verfassung, und auch Josephus
52 Seine Relevanz erhält der Vorwurf eines nichtjüdischen Königs insbesondere durch das biblische Verbot, einen Nichtjuden zum König einzusetzen (Deut 17,15). 53 Ass. Mos. 6,2. 54 Iust. Mart. dial. 52. Sextus Africanus apud Eus. HE 1,7,11–12. Die Legende wird ebenfalls genannt in Eus. chron (ed. Schoene) 1,130. 2,134. 138. Sulp. Sev. Chron. 2,26,6–27,1. Chron. Paschale (ed. Dindorf) 1,351. 358. Epiphanius Panarion 20,1,3–5. Georgius Syncellus, Ecloga Chronographica 561, (ed. Mosshammer, S. 356, 25–31), vgl. auch Theod. Eranistes seu Polymorphus 1,32 (PG 83, 61–63). Vgl. dazu insgesamt Schalit (1962) v.a. S. 115–120; Cohen (1999a) S. 19 f. 55 Kokkinos (1998) S. 100–139. 56 In der weiteren christlichen Tradition wurde diese vermeintlich nichtjüdische Herkunft des Herodes schließlich gebraucht, um die biblische Prophezeiung Gen 49,10 auf Jesus anzuwenden, nach der die Ankunft des Messias mit der Herrschaft eines fremden Königs über Israel verknüpft wird. 57 BJ 1,313. 665; AJ 14,78. 403. 489. 491; 15,2. 17. 374; 16,78. 17,192. 58 bBB 3b. Cohen (1999a) S. 20 f.
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beschreibt den Herrschaftsantritt des Königs als Entmachtung der eigentlich legitimierten Priesterschaft.59 Den bekanntesten Versuch, diesen Fehler einer mit der Würde eines jüdischen Königs inkompatiblen Herkunft auszugleichen, stellt eine gleichfalls von Josephus überlieferte Fälschung dar: Nikolaos von Damaskus konstruierte für den König Vorfahren in der babylonischen Diaspora, die Herodes von den ersten Familien der dortigen Juden (g°now §k t«n pr≈tvn ÉIouda€vn t«n §k Babul«now efiw tØn ÉIouda€an éfikom°nvn) abstammen ließen.60 Dieser im antiken Rahmen typische, jedoch recht plump erscheinende Versuch, sich mit einer adäquaten, auf die jüdischen Ansprüche zugeschnittenen Herkunft zu versorgen, zeigte jedoch keinen Erfolg, und so musste Herodes andere Mittel und Wege finden, seine aus jüdischer Sicht eines Herrschers unwürdige Herkunft zu kompensieren. Die einzige Möglichkeit bestand für Herodes in der Folgezeit darin, sich durch besondere Frömmigkeit auszuzeichnen.61 Bereits während der Belagerung der Jerusalemer Innenstadt 37 v. Chr. gestattete Herodes so, die für das tägliche Opfer nötigen Tiere in die Stadt zu bringen.62 Bei der sich anschließenden Eroberung gelang es ihm, eine Schändung des jüdischen Tempels durch die ihn unterstützenden römischen Truppen zu verhindern, ja selbst der römische Kommandant Sosius weihte nach der Einnahme dem jüdischen Heiligtum einen goldenen Kranz.63 Auch eine Plünderung der Stadt konnte Herodes vermeiden, indem er die den Soldaten damit entgangene Beute aus eigenem Geld ersetzte.64 Dieser Schutz Jerusalems und insbesondere des jüdischen Tempels musste um so deutlicher werden, da Herodes den vorhergehenden Brand der Hallen, die das Heiligtum umgaben, Antigonos anlastete.65 Dem Zerstörer zumindest der näheren Umgebung des Tempels trat damit ein neuer Herrscher entgegen, der sich dem Schutz und der Fürsorge für das Heiligtum verschrieben hatte. Der Erfolg und das ausgesprochene Glück des Herodes führten schließlich dazu, dass sein Aufstieg als gottgewollt angesehen wurde, und auch die herodianische Propaganda präsentierte den neuen König als yeofilÆw.66 So sind in diesen Kontext die Geschichten einzuordnen, die gleich wiederholt von der wundersamen Errettung des Herodes noch während der militärischen Auseinandersetzungen erzählen. So berichtet Josephus, während des Feldzuges sei das Dach eines Hauses, in dem sich 59 AJ 14,78. 490–491. 60 AJ 14,9. U. a. Abraham Schalit hat mit einigen guten Gründen angenommen, dass dieser erfundene Stammbaum des Herodes bis auf David zurückging; Schalit (1967–1968) S. 117–119; Ilan (1998) S. 224 f. 61 Vgl. BJ 1,400. 62 AJ 14,16,2 (477). Bei der Belagerung des Aristobul durch Hyrkan II. verweigerten dessen Anhänger den im Tempel Eingeschlossenen dagegen die nötigen Opfer und wurden dafür von Gott bestraft, AJ 14,25–28. 63 BJ 1,18,3 (354–357); AJ 14,482–486. 488. Vogel (2002) S. 91 f. 64 BJ 1,356; AJ 14,484. 65 AJ 14,16,2 (476). Josephus entwertet – entsprechend der antiherodianischen Tendenz der Antiquitates Iudaicae – diesen Vorwurf gegen Antigonos, indem er die Anklage gegen ihn lediglich als Strategie nennt, mit der Herodes die Juden gegen den Kontrahenten aufbringen wollte. 66 AJ 14,455. Vgl. auch BJ 1,462–463; AJ 15,144–146. 373–378. 387; 16,76–77.
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Herodes und seine Begleiter zunächst aufgehalten hatten, unvermittelt eingestürzt, ohne dass einer der Anwesenden verletzt worden sei.67 Ebenso überraschend entging Herodes nur wenig später dem sicheren Tod, als er allein und ohne Bewaffnung in Jericho ein Bad nahm und plötzlich gleich mehreren bewaffneten Anhängern des Antigonos gegenüberstand, die jedoch kopflos davonrannten.68 Diese Legenden belegten und propagierten so den göttlichen Schutz, der Herodes zuteil wurde und ihn offenbar sicher auf den judäischen Thron geleitete. Als das größte Projekt des Königs, sich eine Legitimation im jüdischen Rahmen zu verschaffen, hat schließlich ohne Zweifel der Neubau des Jerusalemer Tempels zu gelten.69 Laut Josephus stand die jüdische Bevölkerung den Plänen zunächst skeptisch gegenüber. Auch wenn ihre angeblichen Sorgen, Herodes wolle das Heiligtum lediglich abreißen lassen, sicherlich der antiherodianischen Tendenz der Antiquitates Iudaicae geschuldet sind,70 ist die an dieser Stelle Herodes zugeschriebene Rede als ein deutliches Dokument der zeitgenössischen königlichen Propaganda zu werten.71 Als maßgebliches Argument für sein pompöses Bauprojekt führt Herodes hier die Vorgaben der biblischen Quellen für den ersten jüdischen Tempel an, denen der nach der Rückkehr aus dem babylonischen Exil errichtete Zweite Tempel nicht entsprach.72 Dass dieser Bau nur so mangelhaft den göttlichen Vorgaben genügte, entschuldigte Herodes mit der damaligen Abhängigkeit von den Persern, so dass den Vorfahren kein Vorwurf gemacht werden könne. Mit ihm aber – so suggeriert es die Argumentation – sei nun die glückliche Zeit gekommen, in der dem Heiligtum die ihm eigentlich zukommende Größe und Pracht zurückgegeben werden könne.73 Dass diese Propaganda auch tatsächlich Erfolg hatte, zeigt sich u. a. in der bei Josephus überlieferten Legende, es habe während der langjährigen Arbeiten am Tempel kein einziges Mal geregnet, so dass die Bauarbeiten nicht unterbrochen werden mussten.74 Konnte sich Herodes so mit dem von ihm geplanten und sanktionierten Neubau des Tempels als Vollstrecker göttlichen Willens präsentieren, ordnete er sich gleichfalls in die jüdische Königstradition ein. Für den Bauherrn lag die Parallele zu Salomo als dem Errichter des ersten jüdischen Heiligtums nahe, und auch in der ihm zugeschriebenen Rede in den Antiquitates Iudaicae betont Herodes die Verbindung zum ersten jüdischen Tempel. Der König stellte sich damit eindeutig 67 BJ 1,331–332; AJ 14,454–455. Vogel (2002) S. 89. 68 BJ 1,340–341; AJ 14,462–463. Vogel (2002) S. 89. Eventuell ist in diesen Kontext auch die wundersame Errettung der Familie des Herodes einzuordnen, die während des Bürgerkrieges in Masada belagert und nur durch einen plötzlichen Regenguss mit dem nötigen Trinkwasser versorgt wurde, BJ 1,287; AJ 14,390. 69 Eventuell ebenfalls in den Rahmen der Bauprojekte einzuordnen, die der Herrschaftspropaganda des Josephus gegenüber den Juden dienten, sind die Bauten von Hebron und Mamre, vgl. dazu den Beitrag von Achim Lichtenberger in diesem Band. 70 AJ 15,388–389. 71 AJ 15,380–390. Richardson (1996) S. 247. Tamar Landau interpretiert die Rede dagegen als ironisches Stilmittel des Josephus, der hier die Selbstdarstellung des Herodes mit den zuvor beschriebenen Konflikten und Nöten seiner Untertanen kontrastiere, Landau (2006) S. 139 f. 72 AJ 15,385, vgl. dazu 1 Kön 6,1–36. 2 Chron. 3,3–14. AJ 8,64. 73 AJ 15,386–387, vgl. auch AJ 11,80–81. 99. 74 AJ 15,425.
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und ausdrücklich in die Linie der davidischen Dynastie, deren gottgefällige und gottgewollte Politik er nun fortsetzte.75 Unausgesprochen, wenn auch nicht weniger wirkmächtig, beinhaltete die damit gezogene Traditionslinie zur davidischen Dynastie noch eine weitere Aussage: die Distanzierung von den Hasmonäern. Während, wie dargestellt, Herodes die Rückkehrer aus dem babylonischen Exil mit den Bedingungen ihrer Zeit für die unzureichende Gestaltung des Heiligtums entschuldigt, werden seine direkten Vorgänger, die Hasmonäer, mit keinem Wort erwähnt. Dabei ist der ihnen damit gemachte Vorwurf implizit und konnte von den Zeitgenossen nicht übersehen werden: Gerade die Dynastie, die ihre Legitimation aus der Verteidigung der jüdischen Religion gegen Antiochus IV. bezog und deren Identifikationsfigur Judas Makkabäus den von den Seleukiden geschändeten Tempel neu geweiht hatte, sah auch nach der Konsolidierung ihrer Herrschaft und der zunehmenden Prosperität keine Veranlassung, dem jüdischen Heiligtum zu der ihm zukommenden Ausstattung zu verhelfen. Der von der Opposition als unjüdischer und gesetzesbrecherisch verleumdete Herodes präsentierte sich dagegen als dezidiert jüdischer König, der durch seine Regentschaft nicht nur die politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für den Neubau des Tempels geschaffen hatte, sondern seinen Vorgängern an Gottesfurcht und Frömmigkeit auch weit überlegen war. Ausdrücklich lässt Josephus den König diese Anschuldigung der hasmonäischen Dynastie zwar erst auf dem Sterbebett formulieren,76 doch demonstrierte bereits das Bauprojekt an sich deutlich den seinen Vorgängern und Kontrahenten gemachten Vorwurf. Hatte sich Herodes damit spätestens mit dem Neubau des Tempels von der hasmonäischen Dynastie und dem oben beschriebenen Versuch, sich in diese zu integrieren, emanzipiert, zeigt sich die gleichfalls offensichtliche Einordnung in davidische Königstradition noch an einem weiteren Bauprojekt. So ließ er am Eingang des legendären Grabmals Davids und Salomos in Jerusalem ein prächtiges Monument errichten und präsentierte damit seine Hochachtung für die biblischen Könige, meldete aber auch den Anspruch an, als deren Nachfolger zu gelten.77 Bei Flavius Josephus, der dieses Bauwerk des Herodes in seinen Antiquitates Iudaicae erwähnt, findet sich an dieser Stelle jedoch ein schwerwiegender Vorwurf gegen Herodes. Grund für die Errichtung des neuen Denkmals sei nämlich seine vorherige Schändung durch den König, der in der Grabstätte Schätze vermutete und sich diese aneignen wollte; Nikolaos von Damaskus habe dieses Verbrechen des Herodes aber verheimlichen wollen.78 Diese Anschuldigung erscheint freilich nicht als glaubhaft, berichtet Josephus doch gleichfalls, bereits Johannes Hyrkan habe während der Belagerung durch Antiochos VII. 135/134 v. Chr. aus ähnlichen Motiven die letzte Ruhestätte Davids geöffnet, um mit den geraubten 3000 Talenten die Seleukiden zu 75 AJ 15,385; vgl. zu dieser Parallele Ilan (1998) S. 216; Schalit (2001) S. 475; Lindner (2002) S. 155 f. 76 AJ 17,162. Lindner (2002) S. 155 f. 77 AJ 16,182, zum Davidsgrab s. AJ 7,392–393. Martin Hengel interpretiert die Ausschmückung des königlichen Grabes dagegen als Ausdruck der Hellenisierungsbestrebungen des Herodes und versteht den Bau damit als „Heroon für den ktistes der Stadt“,Hengel (1996a) S. 296. 78 AJ 16,179–184.
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bestechen und Söldner anzuwerben.79 Bei der dem Herodes unterstellten Schändung des ehrwürdigen Grabes scheint es sich dabei um eine Dublette zu handeln, die die Freveltat des Johannes Hyrkan auf den verhassten Herodes übertrug, um dessen repräsentative Verehrung der biblischen Könige zu diskreditieren.80 Diese Interpretation wird gestützt durch die stark legendarische Überformung der Geschichte, nach der Herodes nachts persönlich und heimlich in das Grab eindrang, selbst vor den Särgen Davids und Salomos nicht zurückschreckte und erst von seiner Freveltat abließ, nachdem zwei seiner Wächter von einer mysteriösen Flamme vernichtet wurden.81 Die Ausschmückung des Grabmals der davidischen Könige ist damit als ein weiterer Versuch des Herodes zu deuten, sich statt in die hasmonäische Tradition nun demonstrativ in die der hochverehrten jüdischen Könige David und Salomo einzuordnen – ein Versuch, den seine Gegner offensichtlich für so brisant hielten, dass sie ihn durch die genannte feindliche Legende in Misskredit zu bringen versuchten.82 3. Herodes und die jüdischen Gesetze Der häufigste und wichtigste Vorwurf, den seine Gegner wie Flavius Josephus in seinen Antiquitates Iudaicae gegen Herodes vorbringen, besagte, der König habe gegen die jüdischen Gesetze verstoßen und versucht, die althergebrachten Sitten des Landes zu ändern.83 Freilich wird diese Anklage meist in kursorischer Form erhoben, so dass im folgenden zu untersuchen ist, welche Gesetzesverstöße Herodes tatsächlich zuzuschreiben sind. Zum einen schreibt Josephus, Herodes habe nicht nur mit seinem Königtum das Ende der legitimen Priesterherrschaft eingeleitet, sondern zudem das Hohepriesteramt willkürlich besetzt und zudem entgegen den religiösen Vorschriften die eigentlich auf Lebenszeit amtierenden Hohepriester abberufen.84 Dass Herodes selbst aufgrund seiner Herkunft nicht das höchste jüdisch-religiöse Amt einnehmen konnte, ist bereits oben dargestellt worden; mit seiner Königsherrschaft war die Degradierung und Beschränkung des Hohepriesters auf den religiöskultischen Bereich damit untrennbar verbunden. Der erste Hohepriester, den Herodes nun als judäischer König einsetzte, war mit Ananel ein Jude aus Babylonien. Seine Herkunft aus der Diaspora ist zu recht mit der Absicht des Herodes verbunden worden, die bereits strukturell naheliegende Konkurrenz zwischen König und Hohepriester soweit wie möglich auszuschalten, indem er Kandidaten auswählte, die über 79 BJ 1,61; AJ 7,393; 13,249; 16,179. 80 Vgl. Otto (1913) Sp. 97 f. – Auch Fuks (2002) S. 241 und Günther (2005) S. 203 halten eine Schändung durch Herodes für unhistorisch. Fuks verweist zusätzlich darauf, dass sämtliche Reichtümer wahrscheinlich bereits 586 v.Chr. bei der Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar geraubt worden seien. 81 AJ 16,180–182. 188. 82 Zum Versuch des Nikolaos von Damaskus, als Hofhistoriograph die Biographie des Herodes im Sinne der herodianischen Herrschaftspropaganda parallel zu der Davids zu gestalten s. explizit Ilan (1998). 83 Vgl. AJ 15,267. 275. 281; 17,304. 84 Z. B. AJ 15,39–41; 20,247–248.
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gar keine oder nur wenige Beziehungen in Judaea verfügten und sich somit auf keine eigene Hausmacht gegen den König stützen konnten.85 Allerdings besaß Ananel noch eine weitere wichtige Qualifikation für das Amt des Hohepriesters, denn nach Josephus stammte er aus einer hohepriesterlichen Familie (érxieratikoË g°nouw), d. h. er war Zadokide.86 Den Nachfahren Zadoks war das Hohepriesteramt vorbehalten, allein die Hasmonäer brachen mit diesem Gesetz und legitimierten sich über ihre Führungsrolle im Makkabäeraufstand.87 Da Herodes nun selbst nicht als Hohepriester amtieren konnte und zunächst auch keine hasmonäische Neubesetzung möglich erschien, ernannte er mit Ananel einen Hohepriester, an dessen prinzipieller Eignung für das Amt kein Zweifel bestehen konnte. Kurz darauf brach Herodes jedoch das jüdische Gesetz, indem er, wie oben beschrieben, Ananel zugunsten des jungen Hasmonäers Aristobul absetzte – ein Vorgehen, das ihm Josephus als schweres Verbrechen anlastet.88 Dieser Wechsel im höchsten religiösen Amt ist freilich bereits oben den pragmatischen Erfordernissen und der nötigen Befriedigung hasmonäischer Forderungen zugeschrieben worden, so dass auch hier kaum ein intendierter Gesetzesverstoß des Herodes konstatiert werden kann.89 Und schließlich setzte der König nach dem raschen Tod des Aristobul erneut Ananel als Hohepriester ein und kehrte damit zur vormakkabäischen Tradition zadokidischer Hohepriester zurück. Auch dessen Nachfolger, Jesus ben Phiabi, kam als ägyptischer Jude aus der Dia spora. Über diesen ist bis auf seine Herkunft nur wenig bekannt, allerdings lässt sich sein ungewöhnlicher Vatersname eventuell mit einer Inschrift aus Leontopolis in Verbindung bringen, in der gleichfalls ein Phiabi genannt wird.90 Aufbauend auf diesem (möglichen) Zusammenhang hat Peter Richardson die These aufgestellt, auch bei Jesus habe es sich um einen Priester aus zadokidischer Familie gehandelt.91 Leontopolis war der Ort des schismatischen jüdischen Tempels, den Onias nach seiner Vertreibung aus Jerusalem gründete und der bis zum Ende des Jüdischen Krieges bestand. Da dieses Heiligtum die selben Regeln wie der Tempel in Jerusalem befolgte, stand auch an seiner Spitze in der Nachfolge des Onias ein Zadokide.92 Über eine tatsächlich hohepriesterliche Abstammung des Jesus ben Phiabi lässt sich auf dieser geringen Quellengrundlage freilich nur spekulieren, allerdings hätte Herodes dann auch in diesem Falle seine Politik fortgesetzt, für seine Machtstellung ungefährliche, aber legitimierte Kandidaten als Hohepriester einzusetzen. Einen tatsächlichen Bruch mit der Tradition vollzog der König dagegen mit der Ernennung 85 Schwartz (2000) S. 68*. 86 AJ 14,39. – In AJ 15,22 nennt Josephus Ananel dagegen einen unbekannten Priester aus Babylon (§k t∞w Babul«now fler°a t«n éshmot°rvn); der Nachricht, Ananel sei aus zadokidischem Haus, ist hier aber der Vorzug zu geben. Vgl. Richardson (1996) S. 242, 244; VanderKam (2004) S. 395–397. 87 Vgl. AJ 20,238. 88 AJ 15,40–41. 89 Otto (1913) SP. 102. 90 Horbury/Noy (1992) S. 69 f. Nr. 33. 91 Richardson (1996), 244–247. Auch Stern (1974) S. 274 zieht eine Verbindung zwischen Jesus ben Phiabi und Leontopolis, sieht den Hohepriester damit aber als ersten Vertreter der hellenisierten Juden im höchsten religiösen Amt. 92 BJ 1,31–33; AJ 13,62–68.
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des nächsten Hohepriesters, Simon ben Boethos, für den er den amtierenden Jesus ben Phiabi absetzte und damit gegen die religiösen Vorschriften verstieß. Auch der Vater dieses Simon stammte aus Ägypten, er selbst jedoch wird von Josephus als bekannter Priester aus Jerusalem beschrieben.93 Als Motiv für die Erhebung dieses Simon gibt Josephus weiter an, Herodes habe sich in dessen Tochter Mariamme (2) verliebt, und um den gesellschaftlichen Status seiner zukünftigen Frau zu heben, ihren Vater zum Hohepriester ernannt.94 Simon stammte damit offenbar nicht aus einer der ersten priesterlichen Familien, so dass Herodes mit seiner Ernennung klar gegen die Vorschriften verstieß.95 Fraglich ist freilich, ob er den Vater tatsächlich wegen der Tochter ernannte. Zumindest denkbar erscheint auch das umgekehrte Szenario, dass Herodes aus unbekannten Gründen Simon zum Hohepriester erhob und im Anschluss dessen Tochter ehelichte, um neben den Söhnen der Mariamme (1) noch weitere potentielle Erben mit einer Gattin aus hohepriesterlicher Familie zu bekommen. Die bereits mit der Absetzung des Jesus und Ernennung des Simon deutliche Degradierung des Hohepriesteramtes wird schließlich insbesondere in den letzten Herrschaftsjahren des Herodes deutlich, als der König sowohl Simon als auch dessen Nachfolger Matthias, den Sohn des Theophilos, ihres Amtes enthob, weil er an ihrer Loyalität zweifelte.96 Die von Herodes somit etablierte Unterordnung des höchsten religiösen Amtes unter seine königliche Gewalt und die zumindest am Ende seiner Herrschaft rasche und offenbar nicht mehr den traditionellen Vorschriften folgende Neubesetzung des Hohepriesters stellten damit einen eindeutigen Verstoß gegen die jüdischen Gesetze dar. Neben dieser signifikanten Änderung der jüdischen Verfassung wirft Flavius Josephus dem Herodes noch eine Reihe weiterer Vergehen vor, mit denen der König die jüdischen Gesetze absichtlich übertreten oder außer Kraft gesetzt habe. So verfügte Herodes u. a., dass Einbrecher zukünftig als Sklaven auch an Nichtjuden und außer Landes verkauft werden dürften.97 Dies widersprach tatsächlich den jüdischen Vorschriften,98 auch in diesem Punkt brach Herodes demnach die jüdischen Gebräuche. Anders dagegen verhält es sich mit den weiteren von Josephus als Gesetzesverstöße genannten Maßnahmen des Herodes – zumindest soweit sie das jüdische Kerngebiet betrafen. Der Geschichtsschreiber brandmarkt so den König, dieser habe 93 AJ 15,320–321. 94 AJ 15,321–322. 95 Manuel Vogel hält es gleichfalls für möglich, dass (auch) Simon ben Boethos Zadokide gewesen sei, denn nach AJ 19,298 habe auch sein Vater als Hohepriester amtiert. Josephus verwechselt in dieser Passage jedoch offensichtlich Simon ben Boethos mit Simon Cantheras, einem späteren Nachfahren der Familie, der 41 n. Chr. zum Hohepriester ernannt wurde. Vogel (2002) S. 121. Auch Hengel vertritt die Meinung, bei Simon habe es sich um einen Priester aus zadokidischem Geschlecht, eventuell um einen Nachfahren des 164 v.Chr. nach Ägypten vertriebenen Onias IV. gehandelt, Hengel (1996b) S. 25. 96 AJ 17,78. 164. 97 AJ 16,1–5. 98 Vgl. Ex 22,1–2. Ausführlich dazu Schalit (2001), S. 230–237; Fuks (2002) S.240 f; Vogel (2002) S. 155.
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durch die Erbauung eines Theaters und eines Amphitheaters in Jerusalem die herkömmlichen Sitten verletzt.99 Jüdischen Protesten insbesondere gegen die das Theater schmückenden Tropaia begegnete der König dagegen, indem er diesen vor den Augen der Demonstranten nach und nach ihre Rüstungen abnehmen ließ. Als so schließlich die bloßen Holzgerüste zum Vorschein kamen, brach die Menge in Gelächter aus, und Herodes hatte bewiesen, dass es sich keineswegs um verbotene Götzen handelte.100 Zwar zeigt diese Episode eigentlich ein durchaus gesetzeskonformes Verhalten des Herodes, der die Übereinstimmung mit den jüdischen Vorschriften sogar den Protestierenden demonstrierte, doch wird die Geschichte von Flavius Josephus entsprechend seiner Tendenz umgewertet. Im Anschluss berichtet er nämlich, eine kleine Gruppe habe sich trotz der Reduzierung der Tropaia auf ihre simple Holzform zu einem Anschlag auf den König entschlossen und, nachdem ihr Komplott verhindert worden war, stolz ihre Bereitschaft verkündet, für das (angeblich) von Herodes gebrochene Gesetz zu sterben.101 Indem Josephus diese radikale Gesetzesinterpretation unwidersprochen in die Schilderung des Märtyrertodes der Verschwörer einbettet, suggeriert er, Herodes habe tatsächlich gegen die jüdischen Vorschriften verstoßen, obwohl dies nicht zutraf. Einen vergleichbaren Vorfall unter der Herrschaft des Herodesenkels Agrippa I., der den protestierenden Simon zu sich in das Theater einlud, er solle ihm doch zeigen, was an den dargebotenen Vorstellungen gegen das Gesetz sei, präsentiert Josephus dagegen als Beispiel für die Milde und Besonnenheit des von ihm so hochgelobten Agrippa.102 Eine ähnliche Umwertung findet sich auch im Falle der Gladiatorenspiele. Während Josephus die von Herodes veranstalteten Spiele als bestialisch und gegen die jüdischen Sitten gerichtet verurteilt,103 lobt er ähnliche Spiele Agrippas I., mit denen dieser nicht nur Verbrecher ihrer gerechten Strafe zuführte, sondern zudem auch noch das Volk unterhalten habe.104 Allein diese Beispiele zeigen, dass Josephus den Vorwurf, die jüdischen Gesetze zu untergraben, durchaus variabel und je nach seiner intendierten Bewertung eines Herrschers formulierte. Ein konkret nachweisbarer Verstoß gegen die jüdischen Vorschriften ist Herodes jedoch weder aufgrund der Theaterbauten noch den dortigen Vorführungen anzulasten. Als Angriff auf die religiösen Gesetze werteten zumindest oppositionelle Kräfte schließlich auch den goldenen Adler, den Herodes wahrscheinlich an einem der Tore des von ihm erbauten Tempels hatte anbringen lassen.105 Als sich nun die (falsche) Nachricht verbreitete, der König sei gestorben, entfernte eine Gruppe junger Männer auf Anweisung der Gesetzesgelehrten Judas und Matthias gewaltsam den Adler. Vor den zwar todkranken, aber noch lebenden Herodes gebracht verkündeten sie, die Abbildung des Tieres habe gegen das Gesetz verstoßen, für das sie willig wären, in 99 AJ 15,267–276. Fuks (2002) S. 239. 100 AJ 15,277–279. 101 AJ 15,280–289. 102 AJ 19,332–334. 103 AJ 15,273–275. 104 AJ 19,336–337. Agrippa I. veranstaltete diese Spiele allerdings in Berytos, nicht in Jerusalem. 105 Fuks (2002) S. 241 f.
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den Tod zu gehen.106 Auch in diesem Urteil beschreibt Josephus jedoch erneut eine radikale Gesetzesinterpretation, die die Darstellung alles Lebenden kategorisch verbot.107 Dagegen erscheinen solche Tierabbildungen zumindest unter weiten Teilen der Zeitgenossen als durchaus akzeptabel gegolten zu haben, hing doch der Adler sicherlich schon längere Zeit im Tempelareal, ohne dass es zu Protesten kam.108 Auch diese Episode zeigt damit keinen deutlichen Gesetzesverstoß des Herodes, der vielmehr die Verhafteten nicht nur des Aufruhrs, sondern auch des Tempelraubes bezichtigte.109 Damit stellt sich die Unterordnung des Hohepriesteramtes als klarer Verstoß des Herodes gegen die jüdischen Gesetze dar, der auch die zukünftige Entwicklung bis zum Ausbruch des jüdischen Aufstandes 66 n.Chr. prägen sollte;110 ein generelles oder gar programmatisches Vorgehen gegen die jüdischen Sitten und Vorschriften, wie es dem König u. a. die eingangs zitierten Gesandten vorwarfen, findet dagegen selbst in einer so herodeskritischen Quelle wie den Antiquitates Iudaicae keine Unterstützung.111 Die vom König angestrebte Einführung und Förderung der hellenistisch-römischen Kultur wurde allerdings dennoch von zumindest einem Teil der jüdischen Bevölkerung als Änderung der jüdischen Traditionen und als potentielle 106 BJ 1,648–655; AJ 17,149–163. 107 Fuks (2002) S. 242. Zur strikten Interpretation des Zweiten Gebotes (Ex 20,3–6. Deut 5,7–10 u.ö.) bei Josephus vgl. BJ 1,649–650; AJ 17,149–154; vita 65; c. Ap. 2,75; vgl. auch die Kritik an Salomo in AJ 8,195 im Gegensatz zu 1 Kön 7,25. 10,20. 108 Fuks (2002) S. 241. 109 BJ 1,654. 110 Seinen symbolischen Ausdruck fand diese Unterordnung des Hohepriesters in der Kontrolle der hohepriesterlichen Gewänder durch Herodes, die dieser in der Burg Antonia verwahrte, AJ 15, 403–404; 18, 91–92. Allerdings übernahm Herodes de facto diesen Aufbewahrungsort auch nur von den Hasmonäern, die seit der Regentschaft des Johannes Hyrkan die Gewänder des Hohepriesters in der Baris als dem „Vorgängerbau“ der Antoniafestung aufbewahrten, AJ 15, 403–404; 18, 91–92. 111 Gideon Fuks hat in jüngerer Zeit noch weitere Taten des Herodes als (potentielle) Gesetzesverstöße untersucht. Darunter zählt er neben den oben genannten auch die Errichtung der verschiedenen paganen Tempel (Fuks [2002] S. 239 f.), doch sind diese alle in den nichtjüdischen Gebieten seines Reiches angesiedelt, so dass sie außerhalb des hier behandelten Untersuchungsfeldes liegen. Ebenfalls nennt Fuks die Unterbringung der Söhne des Herodes, Alexander und Aristobul, die sich zur Ausbildung in Rom aufhielten, bei einem Nichtjuden als Bruch der jüdischen Regeln. Die Identität ihres Gastgebers Pollio wird bei Josephus jedoch nicht näher erläutert ( AJ 15,343); seine häufige Identifikation mit dem Konsular Gaius Asinius Pollio ist somit weder zu beweisen noch naheliegend, da Josephus diesen an anderer Stelle entweder als Gaius Asinius Pollio ( AJ 14, 389) oder einfach nur als Asinius ( AJ 14,138) nennt. Bei dem Gastgeber der Herodessöhne kann es sich damit sehr wohl um einen Juden gehandelt haben, Fuks (2002) S. 243. Schließlich führt Fuks auch noch das Opfer an, das Herodes vor der entscheidenden Schlacht in den militärischen Auseinandersetzungen mit den Hasmonäern nach einer Motivationsrede vor seinen Soldaten vollzog und das damit gegen die Exklusivität des Jerusalemer Tempels als Opferplatz verstieß ( BJ 1,380; AJ 15,115–147). Angesichts des unzweifelhaft jüdischen Kontextes der Rede und im Angesicht seiner (zumindest teilweise) jüdischen Soldaten ist ein solches Vorgehen des Herodes jedoch kaum vorstellbar. Der Bericht des Josephus scheint daher den üblichen Konventionen heidnischer Schlachtvorbereitungen geschuldet zu sein, Fuks (2002) S. 242 f. Als historisch, aber ein „der Situation angemessenes übliches Opferritual“ interpretiert dagegen Günther (2005) S. 204 die Szene.
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Gefahr für ein gesetzeskonformes Lebens verstanden.112 Nicht zuletzt die strikten Vorschriften, denen Herodes bei der Heiratspolitik seiner Familie folgte, zeigen jedoch, dass der König selbst mitsamt seiner Familie die fundamentalen jüdischen Gesetze auch demonstrativ beachten wollte. Seiner Schwester Salome untersagte er so die Ehe mit dem Araber Syllaios, da dieser die Konversion verweigerte.113 Herodes schlug damit eine politisch durchaus lohnenswerte Verbindung mit dem epitropos des nabatäischen Königs Obodas aus,114 um nicht gegen die jüdischen Ehevorschriften zu verstoßen. 4. Herodes und die Diaspora Im Gegensatz zu den Schwierigkeiten in seinem eigenen Königreich gestaltete sich das Verhältnis des Herodes zu den Juden der Diaspora als weitgehend unproblematisch. Im Anschluss an Hyrkan II., mit dessen Freundschaft zu Rom bereits die Bestätigung der Privilegien für die Juden im Römischen Reich begründet wurde,115 zeigte sich Herodes als Fürsprecher und Vertreter der Diasporajuden gegenüber den römischen Verantwortlichen. Besonders deutlich wurde diese Funktion des judäischen Königs in Kleinasien, wo er M. Vipsanius Agrippa begleitete. Hier wandten sich einheimische Juden, deren angestammten Rechte zur freien Ausübung ihrer Religion von ihren heidnischen Mitbürgern missachtet wurden, mit der Bitte an Herodes, ihr Anliegen bei Agrippa zu unterstützen.116 Und tatsächlich gelang es dem mit dieser Aufgabe betrauten Nikolaos von Damaskus, Agrippa von der Rechtmäßigkeit der jüdischen Klagen zu überzeugen. In der bei Josephus wiedergegebenen Rede des Nikolaos steht allerdings weniger der Rechtsanspruch der einheimischen Juden als vielmehr die Freundschaft des Herodes zu Rom im Mittelpunkt, der verbündete jüdische König begründete damit die jüdischen Vorrechte.117 Und so berichtete auch Herodes nach seiner Rückkehr in Jerusalem seinen Untertanen stolz von seinem Eintreten für die Juden Kleinasiens und gebrauchte damit auch seine Patronatsfunktion für die Juden außerhalb Judaeas für seine Legitimation als jüdischer König.118 112 Vgl. v.a. AJ 15,274–275. Fuks (2002) S. 245. 113 BJ 1,487. 534. 566; AJ 16,220–225. 322; 17,139. 114 AJ 16,224. 296; Strab. 16,4,23–24. 115 AJ 14,213–216. 223–227. 241–243. 247–255. 265. 116 AJ 16,29–62. 117 AJ 16,50–57. 60. Vgl. Schalit (2001) S. 428. 118 AJ 16,63. Zur zunehmend engeren Verbindung zwischen der Diaspora und dem jüdischen Mutterland insbesondere durch die wachsende Zahl an Pilgern, aber auch durch den Neubau des Jerusalemer Tempels durch Herodes vgl. Schwartz (2000), 68*f. Peter Richardson hat zudem angenommen, auch die Vielzahl von Bauten und weiteren Spenden, die für Herodes für Städte und Gemeinden außerhalb Judaeas überliefert sind (vgl. z. B. BJ 1,422–428), stünden mit seinem Engagement für die Diasporajuden in Zusammenhang. Um keinen Neid zu stiften, habe der König stets jedoch die gesamte Stadt beschenkt, in der Hoffnung, seine Freigebigkeit werde den ansässigen Juden zugute kommen, Richardson (1996) S. 262–273.
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5. Herodes Iudaicus aus römischer Sicht Trotz seiner dargestellten, vielfältigen Bemühungen, sich als dezidiert jüdischer König zu präsentieren, gelang es Herodes letztlich nicht, sich unangefochten in die Tradition der großen jüdischen Dynastien einzuordnen. In Rom als der Hauptstadt des Imperium Romanum, das ihn erst zum König erhoben hatte, wurde seine jüdische Identität dagegen offensichtlich als Selbstverständlichkeit betrachtet, ohne dass seine innerjüdischen Schwierigkeiten einen größeren Niederschlag in den Quellen gefunden haben. Allein Strabon berichtet von der Unterstützung der jüdischen Bevölkerung für Antigonos.119 An späterer Stelle freilich berichtet er fälschlich, Herodes habe sich noch vor seiner Ernennung zum König durch die Römer das Priesteramt erschlichen und ordnet ihn zudem offenbar der hasmonäischen Dynastie zu.120 Auch bei Strabon ist damit das Judentum des Herodes unstrittig, seine Zugehörigkeit zur herrschenden Familie unterstreicht zudem seine Legitimation über die Unterstützung Roms hinaus. Eindeutig als Jude charakterisiert wird Herodes schließlich auch in den weiteren Zeugnissen wie etwa dem von Macrobius überlieferten angeblichen Ausspruch des Augustus „melius est Herodis porcum esse quam filium“.121 Und noch mehr als ein halbes Jahrhundert nach dem Tode des Herodes konnte Persius in seinen Satiren den jüdischen Sabbat eindeutig als „Herodis dies“ bezeichnen;122 der König scheint damit für das römische Publikum nicht nur selbst als Jude, sondern geradezu als allgemeine Personifikation des Judentums wahrgenommen worden zu sein. Umso erstaunlicher freilich wirkt diese offenbar unbezweifelte Identifikation des Herodes als jüdischer König, bedenkt man das Auftreten des Herodes in Rom selbst, konnte er hier doch kaum die fundamentalen jüdischen Vorschriften wie etwa die Speisegesetze befolgen, ja seine Ernennung zum König besiegelte er sogar gemeinsam mit Marcus Antonius und Octavian mit einem heidnischen Opfer.123 Zugleich aber präsentierte sich Herodes auch gegenüber den römischen Offiziellen als Juden. Auf seine Fürsorgefunktion gegenüber den Diasporajuden ist so bereits hingewiesen worden, und auch im Prozess gegen seine Söhne in Berytos berief er sich vor dem römischen Richter auf das jüdische Gesetz.124 Für die Bewertung des Herodes als „jüdischer König“ zeigt sich damit ein ambivalentes Bild. So ist die Ablehnung des Herrschers zumindest in weiten Teilen der jüdischen Bevölkerung kaum zu leugnen; die feindliche Darstellung etwa in den Antiquitates Iudaicae des Flavius Josephus zeichnet jedoch ein zu einseitiges Bild
119 Strabon apud AJ 15,8–10 = FGrH 91 F 18 = Stern (1974–1980), I 283–285, Nr. 108. 120 Strab. 16,2,46. Zudem betitelt Strabon hier Hyrkan II. ebenfalls mit dem Namen Herodes. 121 Macrob. Saturn. 2,4,11 = Stern (1974–1980), II 665, Nr. 543. Vgl. auch Aelianus, De Natura Animalium 6,17 = Stern (1974–1980), II 408 f., Nr. 443. Auch die auf Masada gefundenen Transportamphoren aus Italien benennen Herodes als rex Iudaicus, Cotton/Geiger (1989), 147–156, Nr. 804–809. 812. 815. 122 Pers. 5, 179–184 = Stern (1974–1980), I 436 f., Nr. 190. 123 BJ 1,285; AJ 14,388. Fuks (2002) S. 242; Günther (2005) S. 70. 124 AJ 16,365 mit Deut 2,21. AJ 4,260. 264. Stern (1974), 276.
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von dem „Tyrannen“ Herodes.125 Der König bemühte sich vielmehr – auch im eigenen Interesse der Herrschaftssicherung –, sich seinen jüdischen Untertanen als akzeptabler jüdischer König zu präsentieren, der sich in die Tradition der jüdischen Könige und ihrer Dynastien einordnete. Trotz der verbreiteten Opposition beweist nicht zuletzt seine lange und die meiste Zeit auch stabile Regentschaft, dass ihm dieses Vorhaben zumindest teilweise gelang. Die Leistung des Herodes, ein sowohl ethnisch wie religiös und kulturell so heterogenes Reich wie Judaea mitsamt der Hypothek, sich gegen die bisherige Dynastie der Hasmonäer durchsetzen zu müssen, erfolgreich zu regieren, kann damit kaum überschätzt werden. Deutlich wird sie schließlich erst im historischen Vergleich, wurde sein Sohn Archelaos, der als Hauptnachfolger des Herodes das jüdische Kerngebiet als Ethnarch regierte, doch bereits nach zehnjähriger Herrschaft und nach massiven Protesten seiner Untertanen von Augustus abgesetzt.126
125 BJ 2,84; AJ 17,304. Vgl. auch Sandmel (1968). 126 BJ 2,111; AJ 17,342–344.
Monika Bernett (München)
Herodes und die Stadt in Judäa Anfang der 60er-Jahre des 1. Jh. n. Chr. kam es in der Küstenstadt Caesarea, der Hauptstadt des römisch verwalteten Judäa, zum offenen Streit zwischen zwei Parteiungen. Die „unter die Einwohnerschaft gemischten Juden“, so schreibt Josephus im 2. Buch des „Jüdischen Kriegs“, seien „gegen die in dieser (Stadt wohnenden) Syrer aufgestanden. Sie beanspruchten nämlich, daß die Stadt die ihre sei, weil sie sagten, ein Jude (ÉIouda›ow) sei ihr Gründer (kt€sthw) gewesen“. Damit sei, wie Josephus kurz einschiebt, der König Herodes gemeint. Danach fährt er fort:
„Die anderen stimmten zwar zu, daß Caesareas Erbauer Jude war (tÚn ofikistØn m¢n prosvmolÒgoun ÉIouda›on), sagten aber, daß diese jedoch eine Stadt der Griechen sei (pÒliw ÑEllÆnvn). Denn er [scil. Herodes] hätte wohl nicht Bildwerke und Tempel (éndriãntaw ka‹ naoÊw) darin aufgestellt, wenn er sie den Juden zugeeignet hätte (ÉIouda€oiw aÈtØn énatiy°nta)“.
Die Parallelstelle in den „Jüdischen Altertümern“ (AJ 20,173) präzisiert den Inhalt des Streits: es sei um Fragen des Bürgerrechts gegangen, um politeia, den Bürgerstatus, den beide Gruppen für sich (allein) beanspruchten: „Es entstand aber auch ein Streit der Caesarea bewohnenden Juden gegen die in ihr [scil. Caesarea] (lebenden) Syrer um die isopoliteia (per‹ fisopolite€aw). Denn die Juden beanspruchten, den Vorrang zu besitzen (prvteÊein ±j€oun), weil der Gründer (ktistes) Caesareas, ihr König Herodes, jüdischer Abstammung gewesen sei (gegon°nai tÚ g°now ÉIouda›on); die Syrer stimmten zwar Herodes betreffend zu, sagten aber, daß Caesarea früher Stratonos Pyrgos geheißen habe und damals niemand ein jüdischer Bewohner ihrer Stadt gewesen sei“.
Glaubt man dem prvteÊein, wollten die Juden von Caesarea das alleinige Bürgerrecht für sich. Die „Syrer“, das heißt die nicht-jüdischen Caesareer, sollten in Zukunft einen verringerten Rechtsstatus, wie Metoiken, einnehmen. Die ganze Passage BJ 2,266. Vogel (2002), S. 220 möchte Ioudaios in der Formulierung „ein Jude sei ihr Gründer gewesen“ als Ethnikon im Sinne: „ein Judäer sei ihr Gründer gewesen“ verstehen, das in Absetzung gegen das Ethnos der Syrer verwendet würde. Weil Caesarea Teil Judäas sei, sollten Judäer dann auch die Stadt besitzen (und nicht Syrer). Ioudaios habe hier keine religiöse Bedeutung bzw. hieße nicht „Jude“ (im religiösen Sinn). Ich kann dies nicht recht nachvollziehen. Zum einen rekurriert die Ausführung des Arguments der „Hellenen“ von Caesarea auf Normen jüdischer Kultpraxis (nur ein Zentraltempel, Bilderverbot), die beide Gruppen grundsätzlich voneinander trennten. Zum andern geht es um „Herodes’ Land“, über das er als jüdischer König geherrscht hatte; während seiner Herrschaft hatte er Caesarea dazugewonnen und deshalb jüdischen Besitzansprüchen quasi einverleibt. Die oben im Text folgende Parallelstelle AJ 20,173 stützt klar ein Verständnis von Ioudaios als Jude (so auch Vogel l.c., S. 221 zu dieser Stelle).
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Mir geht es hier allerdings nicht um einen weiteren Beitrag zu dieser in der Forschung bereits viel und kontrovers behandelten Isopoliteia/Politeia-Frage von Caesarea. Für das Thema „Herodes und die Stadt in Judäa“ ist an der Diskussion etwas anderes interessant: die Argumente der Juden und die Gegenargumente der „Syrer“. Die Juden von Caesarea beriefen sich auf den ktistes Herodes, der während seiner Königsherrschaft die Stadt Caesarea als Teil seines Reiches gegründet und dies als Jude getan hätte. Aus diesem Gründungsakt eines jüdischen Königs auf herrscherlichem Land leiteten sie den Anspruch auf einen jüdischen Besitz der Stadt und damit auch auf ein exklusives Bürgerrecht ab, unabhängig von den politischen Verhältnissen, wie sie sich seit Herodes’ Tod entwickelt hatten und offenbar auch unabhängig von der Frage, ob die jetzt in Caesarea lebenden Juden Nachfahren der privilegierten Erstsiedler Caesareas waren oder nicht. Die „Syrer“, also die im Besitz der Bürgerrechte von Caesarea stehenden Bewohner, Nachfahren der Erstsiedler Caesareas, ein Teil vermutlich inzwischen aber auch einzeln ins Bürgerrecht aufgenommene Veteranen der römischen Auxiliartruppen Judäas, bestritten nun nicht den Gründungsakt der Stadt durch Herodes. Sie
Vgl. Levine (1975); Smallwood (1976) S. 286; Kasher (1977); Schürer (1979) Bd 2, S. 117; Kasher (1985) S. 289–297; Kasher (1990) S. 252–268; Kokkinos (1998) S. 392; Gabba (2001) S. 145; Bringmann (2005) S. 11 f, 19–21; vgl. auch Bernett (2007a) V 3. Bringmann (2005) S. 11 f. 19–21 versteht isopoliteia so, dass „Juden“ wie „Syrer“ gleiches Bürgerrecht in Caesarea hatten. Ich habe gewisse Zweifel, ob diese von Josephus dann einmalig verwendete Auffassung des Begriffs isopoliteia, den er sonst immer (kontrafaktisch) für den Status eines jüdischen Politeumas in einer griechischen Stadt gebraucht, durch die Schilderung des Konflikts ganz gedeckt wird. Diverse Juden waren nach der Stadtgründung von Caesarea dorthin gezogen und hatten kein Bürgerrecht, sondern einen Mitgliedsstatus in einem jüdischen Politeuma. Nicht der Rechtsstatus dieses Politeuma sollte (in Übereinstimmung mit Josephus’ üblichen Schilderungen eines Kampfes um isopoliteia) verbessert werden, sondern der Kampf zwischen „Juden“ und Syrer“ ging jeweils um ein exklusives Bürgerrecht. Die „Syrer“, also die hellenisch-hellenistischen Bürger Caesareas, wollten einerseits die seit 10/9 v. Chr. nachgezogenen Juden nicht ins Bürgerrecht aufnehmen, die – wohl beträchtliche – Gruppe der Juden des Politeuma wollte andererseits das alleinige Bürgerrecht. Unabhängig davon gab es sicher unter den Erstsiedlern von Caesarea auch Juden, die das Bürgerrecht hatten. Das Problem stellte aber wohl die starke jüdische zweite Siedlergeneration dar (vgl. die Kräfteverhältnisse BJ 2,266–270), die keinen Bürgerstatus mehr hatte; s. z. B. den Konflikt BJ 2,284 ff., der ganz unverständlich wäre, wenn alle Juden Caesareas vor Neros Reskript auch das Bürgerrecht gehabt hätten, und die Bezeichnungen BJ 7,361 f.; wichtig zur Klärung auch die Stelle BJ 7,363 („es könnte jemand sagen, daß schon immer ein Zwiespalt bestanden habe zwischen den Caesareern und den bei ihnen wohnenden [Juden]“: KaisareËsin ∑n ée‹ diaforå prÚw toÁw parÉ aÈto›w) sowie AJ 20,175 (ofl katå tØn pÒlin ÉIouda›oi); so wird doch wohl eher der Status eines Politeuma ausgedrückt und nicht der einer ethnisch gemischten Bürgerschaft. Die Bezeichnung ist auf den ersten Blick etwas seltsam; m. E. vermeidet Josephus an dieser Stelle die Bezeichnung ‚Bürger der Stadt Caesarea‘ (wie er es sonst tut, vgl. BJ 2,289: KaisareÊw; 2,290: ofl t«n Kaisar°vn stasiasta€; s.a. BJ 2,291. 457: 7, 362. 363; AJ 19,356. 361. 364. 365), weil er im (Bürger-)Rechtsstreit offensichtlich auf Seite der Juden steht und der Gegenseite den Bürgerbegriff nicht zugestehen will. – Günther (2005) S. 225 (mit 219) versucht, die Gegensätze zwischen „Ioudaioi“ und „Syroi“ anders aufzulösen, was aus meiner Sicht das Verständnis des Rechtsstreits nicht verbessert. Sie versteht Syroi als Selbstdefinition des überwiegenden Teils der Bewohner von Caesarea. Aber welche Konsequenzen hätte ein solches Selbstverständnis für den Rechtsstreit gehabt? Ich sehe auch keinen Anhalt bei Josephus für
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führten aber zum einen die Ausstattung Caesareas als hellenische Stadt ins Feld (Bell. Iud.) und verwiesen zum andern auf die Vorgeschichte des Orts, der als Stratonos Pyrgos eine Stadt gewesen sei, in der noch nie Juden gewohnt hätten. Die sich als Griechen verstehenden Caesareer gestanden Herodes auch nicht den Status eines ktistes, eines mit herrscherlicher Vollmacht ausgestatteten Stadtgründers, zu. Sie nennen ihn nur oikistes, also eine Art Anführer einer Kolonistenschar, deren Geschichte als politeia sich autonom entwickelt und die sich zwar mit den jeweiligen politischen Machthabern in Beziehung zu setzen hatte, sich aber grundsätzlich als selbständige politische Einheit versteht. Das aus meiner Sicht Besondere an dieser Diskussion ist die jüdische Argumentation. In ihr spiegelt sich nicht nur eine theologisch-politische Debatte der Zeit, sondern es scheint auch eine bestimmte jüdische Sichtweise des Herodes durch, die Josephus erfolgreich verschleiert, unkenntlich gemacht hat. Zunächst zur theologisch-politischen Debatte. Sie drehte sich um den Status von „eretz jisra’el“ (hebr.) bzw. ge Ioudaia (gr.), also um den Status des „Landes des Volks Israel“ bzw. des „Jüdischen Landes“, eine Diskussion, die sich vor Ausbruch des Jüdischen Aufstands von 66 n. Chr. verschärft hatte. Die Frage war, um es kurz zu machen, inwieweit die Bestimmungen der Tora in einem Gebiet, das man eretz jisra’el zurechnete, zu gelten hatten. Da ging es um den Alleinverehrungsanspruch des jüdischen Gottes, um das Bilderverbot, um Reinheitsvorschriften. Darauf spielen ja auch die syrisch-hellenischen Caesareer an, wenn sie Caesarea als Stadt voll mit Bildwerken und Tempeln bezeichnen. Die Juden von Caesarea reklamierten Caesarea aber als eine auf jüdischem Land und von einem jüdischen König gegründete Stadt, die auf einen toragemäßen Zustand quasi zurückgeführt werden müsse. Wenn man es modern bezeichnen will, führten beide Seiten eine Dekolonisationsdebatte. Die eine Seite behauptete ein Kontinuum zwischen hellenistischer und herodianischer Geschichte des Ortes Stratonos Pyrgos und hielt die Juden für das fremde Element. Die andere Seite begann erst bei Herodes’ Caesarea, das grundsätzlich eine jüdische Stadt sei, weil jüdisch gegründet auf jüdischem Land, und sah die Hellenen als Nicht-Zugehörige. Des Weiteren erkannten die Juden von Caesarea offenbar zwei Dinge an, die Josephus, wie noch zu sehen sein wird, nicht so darstellt: zum einen Herodes als jüdischen Städtegründer für seine jüdischen Untertanen, zum andern den Eigenwert der autonomen Stadt innerhalb eines königlichen Herrschaftsgebietes. Herodes hat mit seiner Stadtgründungspolitik in Judäa bald 40 Jahre lang versucht, die Vorteile
einen rechtsrelevanten Status Caesareas, den Herodes der Stadt im Sinne einer Zueignung an die Provinz Syria verliehen hätte, so Günther S. 219 mit einer Auslegung zu BJ 1,414, wobei sie eparchia als Entsprechung zu provincia versteht und auf Syria bezieht. Eparchia wird aber bei Josephus sowohl für herrscherliches „Reich“ bzw. „Gebiet“ (Herodes’ Reich: BJ 1,407 [nur wenige Paragraphen von § 414 entfernt]; Philippos’ Reich: 2,247; Zenodoros’ Reich: AJ 15,349. 352; Agrippas I. Reich: AJ 19,320. 343) wie auch für das römisch verwaltete Judäa verwendet (BJ 2,117. 167. 220. 223; AJ 19,366). Und wie hätten „Syrer“, also ganz allgemein Untertanen der römischen Provinz Syria, jüdische Besitzansprüche auf Caesarea bzw. das vormalige Stratonos Pyrgos objektiv, d. h. in einer Gesandtschaft vor Nero, abwehren sollen? Zum folgenden ausführlich Bernett (2007a) V 3 sowie Bernett (2007b).
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königlicher Euergesie für die Stadt im Herrschaftsraum zu nutzen – neben ökonomischen Vorteilen natürlich den möglichen Macht- und Loyalitätsgewinn solchen Handelns, indem die in neuen Zusammenhängen vergemeinschafteten privilegierten Stadtkollektive loyal an den Herrscher gebunden wurden. Dies ist gut hellenistische Herrscherpolitik, die im griechischen Osten meist zum Vorteil der Städte funktionierte. Für Herodes ging diese Strategie jedoch wohl nur zum Teil auf. So, wie es Josephus in seinem kritischen Herodesbild der Antiquitates Iudaicae darstellt, war die Stadtgründungspolitik des Herodes in Judäa eine einzige Katastrophe, eine Qual für das Land, ein Auswuchs furchtbarer Herrschermacht. Wie kommt es zu so einer Sichtweise des Josephus, was steckt hinter diesem Bild: Wahrheit, Verzerrung, Diffamierung? Ein analytischer Überblick über die freundlichere Josephusdarstellung des Herodes im Bellum Iudaicum (BJ 1,400–422) kann zunächst einmal Herodes’ sehr aktive Städtebau- und Stadtgründungspolitik in seinem Herrschaftsgebiet aufzeigen: Stadt(neu)gründung 403: Sebaste (vorm. Samaria): Stadtmauer, Augustustempel, 6.000 Siedler, Landzuweisung, Verfassung (eunomia) 408–415: Caesarea (vorm. Stratonos Pyrgos): Königs palast, Hafen, Häuser, Augustustempel, Amphi theater, Theater, agorai; Stiftung von penteterischen Spielen (Kaisareia) 416: Gründung der Stadt Agrippias (vorm. Anthedon)
417: Antipatris (vorm. Pegai) 418: Phasaelis (419–421: Palaststadt Herodeion, s. dritte Spalte)
Ausbau einer Stadt/ Ansiedlung Jerusalem: 401: Tempel, Tempelbezirk, Burg beim Tempel („Antonia“); 402: Herodes’ Palastkomplex (basileion) in der Oberstadt 418: Turm Phasael 407: Jericho: zweiter Palastbezirk (zusätzlich zum hasmonäischen)
Bauten ohne Zusammenhang mit einer Stadt 404–405: Tempelstiftung bei Paneion
417: Bau der Festung Kypros
419–421: Bau der Festung Herodeion, die auch Palast bezirk ist; Aquädukte; am Fuß des Hügels ein weiterer Palastbezirk, so dass die Anlage von ihrer Ausstattung her eine Stadt (polis) zu sein schien, von ihrer Aus dehnung aber ein Palast (basileion) war
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Eingeleitet wird der so genannte Baubericht zu Judäa (BJ 1,400–422) mit einem erstaunlichen Motiv, das Herodes bei seinen meisten baulichen Aktivitäten bewogen haben soll: eusebeia, im Griechischen eine Haltung der bewussten Pflichterfüllung gegenüber höheren Mächten, vornehmlich den Göttern, aber auch gegenüber den Eltern, altehrwürdigen Personen, Höhergestellten, Hochangesehenen. So heißt es (l.c. § 400 f): „Was dem Herodes mehr wert war als dies [eine Gebietsschenkung im nördlichen Transjordanland]: er wurde von Caesar gleich nach Agrippa geliebt, von Agrippa gleich nach Caesar. Aus dieser Stellung heraus erreichte er höchstes Glück (eudaimonia), sein Denken (phronesis) aber erhob sich zu Größerem, und er richtete seinen hohen Sinn (megalonoia) größtenteils auf „Frömmigkeit“ (eusebeia). (401) Im 15. Jahr seiner Königsherrschaft ließ er daher den Tempel (wieder) herrichten“ [...].
Das Herodes zugeschriebene Motiv der eusebeia soll demnach die vielen von Josephus aufgeführten disparaten Bauprojekte – vom erneuerten Tempel in Jerusalem über Städte, Palastbezirke, Kaiserkulttempel bis hin zum eigenen Mausoleum – widerspruchsfrei zusammenfassen. Bei kritischer Sicht tut eusebeia dies nicht. Das Argument bedarf deshalb einer tiefer gehenden Erklärung. Eine herodesfreundliche Darstellung hätte die eusebeia nicht als Generalmotiv bemühen müssen. Sie hätte im Rahmen der griechischen politischen Ethik einen königlichen ktistes, einen Städtegründer und Bauherrn öffentlicher Gebäude, als Stifter rechter Ordnung menschlichen Zusammenlebens in einer politeia, als Wohltäter (euergetes) oder Retter aus Not (soter) rühmen können. Warum fehlen solche Aussagen in Josephus’ Baubericht, Aussagen, die man in einer an ein griechischsprachiges Publikum gerichteten Darstellung eigentlich erwarten darf? Ein Grund für das Fehlen eines solchen Herrscherlobs könnte in einer Textredaktion des Josephus liegen. Er hat womöglich aus seiner Vorlage nur die eusebeia als akzeptables Handlungsmotiv stehengelassen, das für die diversen Tempelbauten, die Memorialarchitektur und die Benennungen von Gebäuden und Stadtgründungen zu Ehrung bestimmter noch lebender oder bereits verstorbener Personen gelten konnte. Für die übrigen Handlungsantriebe hätte er dann entweder die ambivalenten Motive filotim€a, megalÒnoia, und megalocux€a aus seiner Vorlage übernommen oder Herodes’ Handeln auf diesem Gebiet selbst so hergeleitet. Bei diesen Begriffen konnte immer auch ein „Zuviel“ durchklingen, eine Übersteigerung, die das rechte Maß überschritt. Viel deutlicher wird Josephus dann im später abgefassten, sehr viel kritischeren Herodesbild der Antiquitates. Gemäß AJ 15, 291–298 ist Herodes’ Baupolitik nur die eines verhassten Gewaltherrschers, der sich gegen sein Volk durch neue Städte und Festungen Sicherheit verschaffen musste. Schon in Jerusalem habe er die Stadt durch seinen Palast, den Tempel durch die Festung Antonia gesichert. Samaria-Sebaste sei die dritte Festung gegen das Volk (laos) gewesen und habe als Sicherheit gegen Land (chora) und Stadt (polis = Jerusalem) gedient. Eine Kleruchie in Galiläa, Es folgt der Bericht über Bauten und Stadtgründungen innerhalb Herodes’ Reich §§ 401–421, der § 422 abgeschlossen wird: „Nach so vielen Gründungen erwies er auch vielen Städten außerhalb [seines Reichs] seine hohe Sinnesart“ (tÚ megalÒcuxon). Vgl. Bringmann (1993); Bringmann (1995); Gauthier (1985); Walbank (1984) S. 81–84.
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die „Reiterstadt“ Gaba, sei im Dienste der asphaleia erfolgt, genauso wie der Wiederaufbau Esebons in Peräa. Überhaupt habe Herodes zur eigenen Sicherheit diverse Festungen über das ganze ethnos verteilt. Bei der Stadtgründung in Samaria-Sebaste betont Josephus, dass nicht-jüdische Veteranen angesiedelt wurden, die das beste Land um die Stadt erhielten, und dass die Stadt besonders stark befestigt wurde. An anderen Stellen schildert er den ungeheuren Aufwand und Luxus, den Herodes mit seinen Bauten trieb. Flavius Josephus spricht in AJ 15, 330 die selbstsüchtige Motivik von Herodes’ Bau- und Städtebaupolitik, die in BJ nur angedeutet war, offen aus, hier im Kontext der Kaiserkulttempel. So heißt es, Herodes’ Motiv, die Augustustempel zu errichten, sei nicht so sehr die Ehrung des Kaisers oder dessen Anweisung zu Kult und Tempelbau gewesen, sondern „sein eigenes Trachten oder auch seine Ruhmbegierde, immer noch größere Erinnerungen an seine Herrschaft zu hinterlassen. Aus diesem Grund war er so sehr interessiert am Erbauen von Städten und trieb deshalb den größten Aufwand dafür“. Im 2. Buch des Bellum Iudaicum schiebt Josephus eine stark vom sonstigen positiveren Herodes-Bild dieses Werkes abweichende Sichtweise ein, die er durch die Juden Judäas selbst vortragen lässt. Im „Totengericht“ des Herodes durch eine jüdische Gesandtschaft vor Augustus 4 v. Chr. äußert sich eine vernichtende Kritik an Herodes als Herrscher, auch in seinem Verhältnis zur Stadt in Judäa wie auch zu „fremden“ Städten (BJ 2,85–86): „Denn nicht nur die Leiber seiner Untertanen hat er auf der Folter gequält, sondern auch ganze Städte: die eigenen hat er zugrundegerichtet und die fremden (pÒleiw t«n éllofÊlvn) herrlich ausgestattet, mit dem Herzblut Judäas hat er fremde Völker beschenkt. Anstatt des überkommenen Wohlstandes (eÈdaimon€a) und der Gesetze der Väter hat er das Volk mit Armut und höchster Ungerechtigkeit erfüllt.“
Dieses Herodesbild findet sich auch in Passagen der Antiquitates wieder (AJ 17,306):
„Er hat nicht gezögert, die umliegenden und von Fremden bewohnten Städte zu verschönern, obwohl dies zum Ruin und zum Verschwinden der Städte, die in seinem Reich gelegen waren, führte.“
Im Rahmen eines Vergleich mit dem positiv gezeichneten Herodesenkel König Agrippa I.10 gipfelt diese spezielle kritische Linie in der Aussage, Herodes habe nur die Städte der Fremden, aber keine Stadt der Juden mit Schenkungen bedacht:
AJ 15,318: Bau des Palastbezirks in der Oberstadt, nachdem Herodes’ Dinge so gut standen; Betonung des Luxus. AJ 15,323: Bau von Herodeion, an der Stelle einer siegreichen Schlacht über „die Juden“ (!), nachdem er unter der Usurpation des Hasmonäers Antigonos aus Jerusalem/Judäa vertrieben worden war; Betonung des Luxus; um den (Schlacht-)Ort sei eine Stadt wie keine zweite entstanden. Die moralische Abqualifizierung, die auch mit der Unterscheidung zwischen Herodes und „den Juden“ arbeitet, schlägt hier deutlich durch. AJ 15,330: aÈtÚw m°ntoi tÚ sÊmpan aÍtoË stoxazÒmenow, µ ka‹ filotimoÊmenow me€zv tå mnhme›a t∞w érx∞w to›w aÔyiw Ípolip°syai. ˜yen ka‹ per‹ tåw §piskeuåw t«n pÒlevn §kek€neto, ka‹ ple€staw efiw toËto tåw dapãnaw §poie›to. 10 AJ 19,328–331.
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„Herodes stattete die Städte der Fremden aus, indem er Geld gab, Bäder und Theater baute, Tempel in den einen, Säulenhallen in den anderen errichtete, während es nicht eine einzige Stadt der Juden gab, die er wert hielt der geringsten Ausstattung oder einer erwähnenswerten Schenkung.“11
Dieses Herodesbild kann man kaum mehr als Verzerrung bezeichnen. Es ist extreme Polemik und hochgradig diffamierend. Wenn eine jüdische Gesandtschaft wirklich so vor Augustus, der genau über Herodes’ Städte- und Festungsbau orientiert war,12 argumentiert hätte, wäre dies nicht nur entlarvend, sondern auch kontraproduktiv für die eigenen Absichten gewesen. Was alles stimmte nicht? Antipatris und Phasaelis waren für Juden gegründete Städte, Jerusalem ist durch Herodes als Hauptstadt und zentraler Kultort der Juden in einer Art und Weise ausgebaut und prachtvoll ausgestattet worden wie nie zuvor.13 E. Netzer hat schon lange darauf hingewiesen – wie jetzt auch P. Richardson mit aller Deutlichkeit –14, dass Herodes’ „Festungsbau“ zum einen eine verbreitete Spielart luxuriöser Palastarchitektur war. Zum andern betraf der Sicherheitsaspekt v. a. die Ostgrenze gegen die arabisch-nabatäischen Stämme und war nichts anderes als eine Fortsetzung hasmonäischer Sicherheitspolitik. Im Gegenteil, in den wirklich unruhigen Gebieten des herodischen Reichs – in Galiläa, im Südlibanon und an der Grenze zu Südsyrien – gab es keine einzige Festung. Schließlich stammten Herodes’ Finanzmittel für seine Baupolitik zum Großteil nicht aus Steuermitteln der Untertanen. Die königliche Plantagen- und Balsamwirtschaft im Jordantal und am Toten Meer sowie auswärtige, sehr einträgliche Steuerpachten im Osten des Römischen Reichs erzeugten einen hohen Geldzufluss.15 Archäologie und regionale Surveys im jüdischen Kernland und Galiläa bieten zudem keinerlei Hinweis auf eine Pauperisierung der Bevölkerung, im Gegenteil: Die Lage für die kleinen und mittleren Bauern, für Handwerker und Besitzlose hatte sich im Vergleich zur Hasmonäerzeit deutlich verbessert.16 Was steckt dann hinter diesem so kritischen, der Wirklichkeit in keiner Weise entsprechenden Bild? Ich möchte, um eine Erklärung zu versuchen, auf eine biblisch-jüdische Tradition hinweisen, an die man bei den Studien und Reflexionen zu Herodes als königlichem Städtebauer und Bauherrn im eigenen Land bisher noch nicht gedacht hat. Es handelt sich dabei um die ambivalente, überwiegend negative Kodierung der Stadt sowie um die Kritik am Herrscher als Urbanisierer und Bauherrn in der jüdischen Bibel, vornehmlich in den Prophetenbüchern Micha, Amos, Hosea, Jesaia, Jeremia und Habakuk.17 11 AJ 19,329. 12 Allein schon durch die Reise Agrippas, dem dies alles von Herodes vorgeführt wurde, s. AJ 16,12–15. 13 Vgl. jetzt Strange (2003). 14 Richardson (2004) S. 24 f. 15 Dazu der Standardaufsatz von Gabba (1990). Vgl. jetzt auch Gabba (2001) S. 118–125. Eine Diskussion bei Bernett (2007a), II 3. 16 Vgl. Pastor (2003) bes. S. 155–160 (auch im Vergleich zu den schlechteren Verhältnissen unter den Hasmonäern); Richardson (2004) S. 24–26; Gabba (2001) S. 122 f.; Sartre (2005) S. 221–223 zu den Verhältnissen in Galiläa und Samaria; Ostmeyer (2005) zu Galiläa. 17 Vgl. zur Thematik Ellul (1970) sowie die Beiträge in Grabbe (2001) und Arav (2007).
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In diesen Texten wird das Leben in der „Stadt“ bzw. in den „Städten Israels“ kritisiert und verantwortlich gemacht für schwere Strafen Jahwes am Volk Israel, die auch mit der Zerstörung von Städten (v.a. Jerusalems und Samarias) einhergehen. Die „führenden Männer“ der Stadt – so die Texte – wohnen in Palästen, beuten Arme aus, sind korrupt, verachten das Recht, bauen Zion mit Blut und Jerusalem mit Unrecht und wiegen das Volk in falscher Sicherheit aufgrund der „starken Stadt(befestigung)“ und der „starken militärischen Aufgebote“. Das Vertrauen in die Stärke Gottes werde dadurch unterlaufen und führe zu Gottvergessenheit.18 Hos 8, 14 verkündet stellvertretend für Gott: „Israel vergißt seinen Schöpfer und baut Paläste, und Juda macht viele feste Städte; aber ich will Feuer in seine Städte senden, das soll seine Paläste verzehren“.
Jer 22, 13–15 klagt König Jojakim an:
„13 Weh dem, der sein Haus mit Sünden baut und seine Gemächer mit Unrecht, der seinen Nächsten umsonst arbeiten läßt und gibt ihm seinen Lohn nicht 14 und denkt: „Wohlan, ich will mir ein großes Haus bauen und weite Gemächer“ und läßt sich Fenster ausbrechen und mit Zedern täfeln und rot malen. 15 Meinst du, du seiest König, weil du mit Zedern prangest?“
Besonders drastisch prangert der Prophet Habakuk eine mit Unrecht und Tod verbundene herrscherliche Bautätigkeit an (Hab 2, 12 f. 17):
„12 Weh dem, der die Stadt mit Blut baut und richtet die Burg auf mit Unrecht! 13 Wird’s nicht so vom Herrn Zebaoth geschehen: woran die Völker sich abgearbeitet haben, muß mit Feuer verbrennen, und wofür die Leute sich müde gemacht haben, das muß verloren sein? ... 17 Denn der Frevel, den du am Libanon begangen, wird über dich kommen, und die vernichteten Tiere werden dich schrecken um des Menschenbluts willen und um des Frevels willen, begangen am Lande und an der Stadt und an allen, die darin wohnen.“
Auch wenn Habakuk mit seinem Weheruf zunächst wohl den babylonischen König und Jerusalem-Eroberer Nebukadnezar, der eben auch ein großer Bauherr war, gemeint hatte, blieb das scharfe Verdikt nicht zeitgebunden, sondern ging in den jüdischen Wertekanon ein. So zeigt uns der Habakuk-Kommentar, der in den Qumranhöhlen gefunden wurde und aus der 1. Hälfte des 1. Jh. v. Chr. stammt,19 dass auch die hasmonäischen Herrscher mit der gleichen Kritik überzogen werden konnten. Die Passage Hab 2, 17 zum Frevel am Libanon wird in pHab XII 2–10 auf die eigene Gegenwart bezogen, in der der hasmonäische „Frevelpriester“, also einer der Hasmonäerkönige, die in Personalunion auch das Amt des Hohenpriesters ausübten, vom „Bund der Einung“ (hebr. yachad, die Qumrangemeinde) aus folgenden Gründen abgelehnt und bekämpft wird: 18 Vgl. Micha 1, 5–16; 2, 2. 8; 3, 1–3. 9–12. Am 2, 5; 3, 11; 5, 3; 6, 8; Hos 8, 14; 13, 10; Jes 17,9– 10; 24–27; 28, 1–6 (Samaria). 7–22 (Jerusalem); Jer 1, 18; 34, 1–6. – Gott als Israels Herr, der stärker ist als jede Stadt und nur durch seinen Frieden Jerusalem als Stadt sicher und zum besten Wohnort machen kann, sehr eindrücklich bei Joel 4, 16–21 (v. 16b: „Aber seinem Volk wird der Herr eine Zuflucht sein und eine Burg den Kindern Israel“; v. 18 „Zur selben Zeit werden die Berge von süßem Wein triefen und die Hügel von Milch fließen, und alle Bäche in Juda werden voll Wasser sein. Und es wird eine Quelle ausgehen vom Haus des Herrn, die wird das Tal Schittim bewässern“). 19 Maier (1995) S. 157, der die Pesher-Deutung ins frühe 1. Jh. v. Chr., die Rolle aber [aus paläographischen Gründen?] auf 50 v. Chr. datiert.
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col. XII [Pesher zu Hab 2, 17] „2 Die Deutung des Wortes (geht) auf den Frevelpriester, um ihm heimzuzahlen 3 die Vergeltung für das, was er getan hat an Armen, denn der Libanon, das ist 4 der Rat der Einung (yachad), und die Tiere, das sind die Einfältigen Judas, die Täter 5 der Tora, weil ihn Gott richten wird (bis) zur Vernichtung, 6 wie er geplant hat, Arme zu vernichten. Und wenn es heißt: wegen Bluttaten an (...) Stadt 7 und Gewalttat am Land, so ist seine Deutung: Die Stadt, das ist Jerusalem, 8 worin der Frevelpriester abscheuliche Taten begeht und er verunreinigt hat das 9 Heiligtum Gottes. Und Gewalttat am Land, das sind die Städte Judas, wo 10 er Besitz von Armen geraubt hat.“
Ich sehe in dieser tradierten Deutungsstruktur die Wurzeln für die Spezifik des Herodesbilds bei Josephus, in dem vor allem Herodes’ Verhältnis zu den Städten „Judas“ (also des alten judäischen Kerngebiets) wie auch zu den an Juda angrenzenden und deshalb „fremden“ Städten im Umland so negativ beschrieben wird. Dieses „Umland“ wurde in den 5 Büchern Mose vor allem in „Kanaan“ mit seinen bedrohlich starken philistäisch-phönizischen Städten identifiziert.20 Die Vorgeschichte des befreienden Auszugs aus Ägypten war durch 2 Mos 1, 8–11 mit der Fronarbeit verbunden, die das Volk Israel dem Pharao leisten musste, indem es die Vorratsstädte Pithom und Ramses bauen musste. Diese Fundierungsgeschichten des Volkes Israel zu Landnahme, Versklavung und Befreiung, die vor allem nachexilisch durch die Textkanonisierung des Pentateuch eingeschärft wurden, bilden neben den Prophetenbüchern die zweite ideologische Linie, an deren Ende Herodes bei Josephus als fremder, weil von idumäischen Vorfahren abstammender Gewaltherrscher grotesk verzeichnet wurde, der die Städte und Bewohner Judas ausgebeutet und dafür fremde Städte zum eigenen Machtgewinn in seinem Herrschaftsgebiet verschönert habe. In einem historischen Ausblick möchte ich darauf hinweisen, dass die biblischprophetische Stadt- und Herrscherkritik wie auch die Frontstellung zur fremden Stadt Hand in Hand mit der Politik der paganen Städtezerstörung der Hasmonäer in eroberten Gebieten einherging (Marisa, Adora, Aschdod/Azotos, Iamneia, Gezer, Shechem/Mt. Garizim, Samaria, Pella, Hippos).21 20 Vgl. 1 Mos 9, 25: [Noahs Fluch über Kanaan, den Sohn seines Sohnes Ham:] „Verflucht sei Kanaan und sei seinen Brüdern ein Knecht aller Knechte!“; 1 Mos 10, 15–219: „15 Kanaan aber zeugte Sidon ... 18 ... Nachher haben sich die Geschlechter der Kanaaniter weiter ausgebreitet 19 und ihre Grenzen waren von Sidon in der Richtung auf Gerar bis nach Gaza, in der Richtung auf Sodom, Gomorra, Adma, Zeboim bis Lascha“; 5 Mos 20, 16–18: „16 Aber in den Städten dieser Völker hier, die dir der Herr, dein Gott, zum Erbe geben wird, sollst du nichts leben lassen, was Odem hat, 17 sondern sollst an ihnen den Bann vollstrecken, nämlich an den Hethitern, Amoritern, Kanaanitern, Perisitern, Hewitern und Jebusitern, wie dir der Herr, dein Gott, geboten hat, 18 damit sie euch nicht lehren, all die Greuel zu tun, die sie im Dienst ihrer Götter treiben, und ihr euch so versündigt an dem Herrn, eurem Gott“. 21 Unter Hyrkanos (135/34–104 v. Chr.) Eroberung Idumäas (Ios. ant. Iud. 13, 257 f. 15, 254), wohl erstmalig um 112/11 v. Chr., s. Berlin (1997) S. 31. Marisa scheint nochmals (seleukidisch) besiedelt und erst am Ende des Jahres 108 v. Chr. endgültig verlassen worden zu sein (inschriftliche Zeugnisse REG 114 [2001], 498). Zerstörung der Städte Shechem und Samaria und des samaritanischen Heiligtums auf dem Berg Garizim (AJ 13,255 f.), offenbar nach 111 v. Chr., Berlin (1997) S. 31. Zerstörung und teilweise jüdische Wiederbesiedelung von Orten an der Küste (Ashdod, Yavne-Yam, Mazor) (Berlin l.c.). Die Küstenstädte Stratonos Pyrgos und Ashdod/Azotos, die Dekapolisstadt Pella, die Stadt Gezer (nahe der nordwestlichen Grenze Judas),
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Begleitet wurde diese Politik von einer „Dorfkolonisierung“ des Binnenraums, v.a. in Galiläa, Samaria und Judäa.22 Juden „im Land“, in dem es nur eine (einzige) Stadt, Jerusalem, geben sollte, sollten zu einer politischen Einheit auf der Basis religiös-ritueller Orientierung integriert werden. Eine Integration über ein Bürgerrechtsmodell, das ein Netz von Städten (mit ihrem jeweiligen „Hinterland“) zu einem Verbund integriert hätte, war in Judäa aufgrund mentalitäts- und sozialgeschichtlicher Voraussetzungen offenbar nicht praktikabel. Der Schatten, der über der Stadt als Sitz von ungerechter Herrschaft, Ausbeutung und Gottvergessenheit lag, war in hasmonäischer Zeit nicht zu überwinden. Eine Wende – und damit der Durchbruch der hellenistischen Kultur in der südlichen Levante – trat erst 63 v. Chr. mit den Römern ein, d. h. mit Pompeius und dem syrischen Statthalter Gabinius, allerdings nur für die vom Hasmonäerreich abgetrennten Gebiete (Küste, Samaria, Dekapolis).23 Für die Juden und das jüdische Land begannen Urbanisierung und Aufwertung der Stadt erst mit Herodes.24 Dieser aber verband die Städtebaupolitik aufgrund seiner schwachen legitimatorischen Position – als Nicht-Hasmonäer, Nicht-Davidide und als ein durch die fremde Herrschaftsmacht Rom gestützter König – mit Zwecken des eigenen Machterhalts. Daran konnte die alte, lange israelitisch-jüdische Tradition der Stadtkritik ansetzen, die schon immer auch mit der Kritik am Herrscher als Stadt- und Bauherrn einhergegangen war, weil dieser seinen Überfluss ans Leben in den Städten verwendete, um Anhängerschaften zu erzeugen. Der schwere Schatten, der über der Stadt im Lande Israels als Sitz von ungerechter Herrschaft, Ausbeutung und Gottvergessenheit lag, hat dann auch Herodes’ Bild in der literarischen Überlieferung verdunkelt. Die tatsächliche Entwicklung des urbanen Lebens im ehemaligen herodischen Reich schritt aber voran. Herodes’ neue Samaria und die idumäische Hauptstadt Marisa weisen zum Großteil massive Zerstörungen aus dem letzten Drittel des 2. bzw. ersten Drittel des 1. Jh. v. Chr. auf und werden erst nach Mitte des 1. Jh. v. Chr. wiederbesiedelt, Berlin (1997) S. 29, 31, 39f, 42 f. S. jetzt auch Segal (2006) S. 50 zur archäologischen Evidenz für die Eroberung Hippos’ unter Alexander Iannaios (Zerstörung des Tempels aus dem 2. Jh. v. Chr.). Vgl. die eindrucksvolle Zusammenfassung der hasmonäischen Eroberungspolitik durch Sartre (2005) S. 12–16. 22 Vgl. Dar (1986); Applebaum (1989) S. 41. 45; Ofer (1993b) S. 816 (Survey); Berlin (1997) S. 25, 28–32, 36–38, 41. 23 Alle Territorien und Städte, die seit Ende des 2. Jh. v. Chr. von den Hasmonäern erobert worden waren, wurden der ursprünglichen Bevölkerung zurückgegeben, für autonom erklärt und in die Provinz Syria eingegliedert. Dabei handelte es sich um alle Städte an der Küste, die Gebiete in der Jesreel-Ebene, die Stadt Samaria mit ihrem weiten Hinterland, den Besitz in der nördlichen Gaulanitis (Golan), die transjordanischen Städte Hippos, Gadara, Abila, Pella und Dium sowie Skythopolis und die Westhälfte Idumäas mit der Stadt Marisa (BJ 1,155 f. AJ 14,74–76). Josephus zufolge baute Pompeius Gadara wieder auf (BJ 1,155. AJ 14,75), und Gabinius stellte die Städte Skythopolis, Samaria, Anthedon, Apollonia, Iamneia, Raphia, Adora, Marisa, Gabala und Azotos wieder her (BJ 1,166; AJ14,88). 24 Vgl. zu Jerusalem in dieser Hinsicht jetzt Strange (2003). – Herodes habe ich in meiner Habilitationsschrift (2002; als Buch Bernett [2007a]) als Herrscher gesehen, der in der übrigen hellenistischen Welt kaum mehr praktizierte Qualitäten eines hellenistischen Herrschers (v.a. der Euergesie) zur Herrschaftslegitimation nach innen und außen an den Tag legte (und dies mit dem neuen Medium der Euergesie, dem Kaiserkult, verband).
Herodes und die Stadt in Judäa
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Städte blühten, seine Nachfolger gründeten wieder neue Städte, Jerusalems Ruhm als prachtvolle Hauptstadt der Juden mit einem der eindrucksvollsten Tempelareale der Zeit verbreitete sich – und die Juden von Caesarea reklamierten die schöne und florierende Hafenstadt gar als die ihre, mit Verweis auf ihren jüdischen König und ktistes Herodes.
Achim Lichtenberger (Münster)
Juden, Idumäer und „Heiden“ Die herodianischen Bauten in Hebron und Mamre Die Bautätigkeit Herodes des Großen ist Dank ihrer vergleichsweise umfangreichen Überlieferung in literarischen Quellen (vorwiegend Josephus) und archäologischen Monumenten ein Glücksfall für die Altertumskunde. Häufig liegen für herodianische Bauprojekte sowohl archäologische als auch literarische Quellen vor. Unter den herodianischen Repräsentationsbauten gibt es zwei Sonderfälle, für die wir über keine literarischen Nachrichten verfügen, die sie mit Herodes in Verbindung bringen. Ihre archäologischen Reste können aber durch eine bautypologische Analyse mit großer Wahrscheinlichkeit Herodes zugeordnet werden: Es handelt sich um zwei Bauten in Idumäa (Abb. 1), nämlich die beiden monumentalen herodianischen Einfassungen in Hebron (Abb. 2–3) und Mamre (Abb. 4–6). Bei der Interpretation der Bauwerke werden insbesondere wegen des Fehlens literarischer Zeugnisse viele Fragen offen bleiben müssen, doch ist eine Beschäftigung mit ihnen lohnenswert, da sie dazu beitragen kann, dass wir ein differenzierteres Bild der ethnischen und religiösen Verhältnisse im Königreich des Herodes gewinnen. Hebron und Mamre liegen in Idumäa, und beide Orte sind eng mit Abraham verbunden. In Mamre hatte Abraham nach dem biblischen Bericht (Gen 18, 1–15) an einer Terebinthe sein Zelt, einen Brunnen und einen Altar gehabt und wurde dort von den drei Männern(-Engeln) besucht, die er bewirtete und die ihm die Geburt Isaaks ankündigten. In Hebron wiederum kaufte Abraham die Höhle Machpela und legte in ihr seine Familiengrabstätte an. Entsprechend spielen beide Orte für die jüdische Tradition eine zentrale Rolle. Doch nicht nur die Juden führten sich auf Abraham zurück, sondern auch die südlichen Nachbarn Iudäas, die Edomiter-Idumäer. Deren Stammvater Esau war nach Gen 25, 21–26 Bruder Jakobs und Enkel Abrahams. Die Idumäer wurden unter Johannes Hyrkan I. (135/34–104 v. Chr.) von den Hasmonäern erobert und – so literarische Quellen – judaisiert. Die Haram el-Chalil genannte Einfassung in Hebron liegt an einem Abhang gegenüber dem bronze- und eisenzeitlichen Tel Hebron (Dschebel er-Rumede) (Abb. 1). Die hellenistisch-römische Stadt lag im Tal dazwischen. Der Haram el-Chalil
Zu den Bauten des Herodes s. die Monographien Roller (1998); Lichtenberger (1999); Japp (2000); Netzer (2006). Zu den Abrahamstraditionen in Mamre und Hebron vgl. Abel (1909/10) S. 146 ff.; Vincent/ Mackay (1923) S. 117 ff.; Jeremias (1958) S. 90 ff.; Jericke (2003). s. dazu u. Anm. 43. Vincent/Mackay (1923); Keel/Küchler (1982) S. 670 ff.; Miller (1985); Ofer (1993a) S. 607;
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steht an dem Ort, an dem die Tradition die Machpela-Höhle und archäologische Untersuchungen eisenzeitliche und bronzezeitliche Gräber lokalisieren (Abb. 2–3). Die herodianischen Außenmauern des Haram el-Chalil sind bis heute weitgehend erhalten, da die Gräber weiterhin religiöser Verehrungsort von Juden, Moslems und Christen sind. Dies hat allerdings auch zur Folge, dass archäologische Untersuchungen am Ort kaum möglich sind und die antike Binnenstruktur des Bauwerks – abgesehen davon, dass man weiß, dass darunter tatsächlich Grabanlagen existierten – nicht ermittelt werden kann. Es ist denkbar, dass die heutige Anordnung der sechs Kenotaphe auf die Antike zurückgeht. Die Außenmauern des rechteckigen Bauwerks haben einen Umfang von 34 x 59 m und sind bis in eine Höhe von 18–20 m erhalten. Das Mauerwerk besteht aus sorgfältig gearbeiteten Kalksteinquadern mit Randschlag, sogenannten „herodianischen Spiegelquadern“ (Abb. 7). Die Mauer ist im oberen Bereich durch integrierte Wandpilaster gegliedert. Ein unmittelbarer Vorgängerbau des herodianischen Bauwerks oder kultische Kontinuität zu bronze- bzw. eisenzeitlichen Grabanlagen am Ort lässt sich bislang nicht nachweisen. Mamre, mit der heute Haram Ramet el-Chalil genannten Einfassung, liegt 3 km nördlich von Hebron auf einer Anhöhe (Abb. 4–6).10 Das Bauwerk wurde bereits in der Antike umgebaut, die Heiligtumstradition ging nachantik verloren11 und die Baustrukturen wurden erst in den 1930er Jahren freigelegt. Das heute nur als Ruine erhaltene rechteckige Bauwerk hatte in seinem ursprünglichen Zustand eine Größe von 49 x 65 m, war also etwas größer als der Haram el-Chalil, und seine Außenwände bestanden ebenfalls aus „herodianischen Spiegelquadern“ aus Kalkstein und wiesen eine Wandgliederung mit integrierten Pilastern auf (Abb. 8). Das Innere des Gebäudes war gepflastert und in der Südwestecke liegt eine Brunneneinfassung. Der erste Ausgräber des Bauwerks, E. Mader, hatte angenommen, dass am Ort eine Heiligtumstradition archäologisch bis in die Eisenzeit nachweisbar sei, doch haben Nachuntersuchungen in den 1990er Jahren durch I. Magen gezeigt, dass die vermeintlich vorhellenistischen Befunde byzantinisch sind.12 Ähnlich wie in Hebron ist also auch hier erst mit der Errichtung der herodianischen Umfassungsmauer ein monumentalisierter Bau fassbar. Es ist anzunehmen, dass der Heiligtumsbezirk hypaithral war, also ein offener Bezirk ohne Naos oder ähnlicher Sakralarchitektur. Roller (1998) S. 162 ff.; Lichtenberger (1999) S. 143 ff.; Japp (2000) S.. 112 ff.; Jericke (2003) S. 16 ff.; Netzer (2006) S. 228 f. Vincent/Mackay (1923) S. 53 ff.; Miller (1985) S. 43; Ofer (1993a) S. 607. S. dazu Miller (1985) bes. S. 38 ff.– Zu den Patriarchengräbern in islamischer Zeit s. insbesondere Busse (1998). Vgl. Jacobson (1981). Vincent/Mackay (1923) S. 40 ff; s. dazu Jacobson (2000). Vgl. auch Jeremias (1958) S. 91 f. 10 Abel (1909/10) S. 170 ff.; Mader (1957); Keel/Küchler (1982) S. 696 ff.; Magen (1993); MAGEN(2003); Roller (1998) S. 186 f.; Lichtenberger (1999) S. 143 ff.; Japp (2000) S. 138 f.; Netzer (2006) S. 231 f. 11 Zu späteren Ortstraditionen vgl. Abel (1909/10) S. 193 ff.; Hepper/Gibson (1994). 12 Magen (1993) S. 942.
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Während man es in Hebron an der Machpela-Höhle mit einem verehrten Grab zu tun hat, dürfte Mamre eher den Charakter eines Heiligtums gehabt haben, an dessen Altar möglicherweise sogar Opferhandlungen stattfanden. In der Forschung wird eine Zuweisung der Bauwerke in Hebron und Mamre an Herodes den Großen nicht bezweifelt. Ein Argument dafür ist der architektonische Vergleich mit sicher herodianischen Bauten. Zwei prominente Bauwerke in der Region, die eine Mamre und Hebron vergleichbare Mauergestaltung aufweisen, sind die Plattform des Tempels in Jerusalem (Abb. 9) und der zum Jerusalemer Palast des Herodes gehörende „David’s Tower“.13 Auch dort begegnen die Spiegelquader mit Randschlag, und an einigen Stücken der herodianischen Tempelmauer kann sogar die Gestaltung mit integrierten Mauerpilastern beobachtet werden.14 Die Spiegelquader waren technisch ähnlich zugerichtet, wie in Hebron und Mamre. Auch hier wurde ein sauberer Randschlag ausgeführt. Im Detail geht die Ähnlichkeit so weit, dass wegen der besseren Optik von einem niedrigeren Blickpunkt der obere Randschlag breiter als der untere ausgeführt wurde.15 Dieser optische Trick wurde bei allen drei Bauwerken angewendet. Nur in Mamre konnte das Detail wegen der Beschaffenheit des lokalen Steines nicht so konsequent ausgeführt werden.16 Die technische Ausführung dieser herodianischen Bauwerke ist also sehr gut vergleichbar mit der in Hebron und Mamre. Auch im Bauplan gibt es Analogien: D. M. Jacobson wies für den Jerusalemer Tempel und den Haram el-Chalil darauf hin, dass die Proportionen von Breite und Länge der Einfassungen nahezu identisch sind und dies möglicherweise ebenfalls auf einen gemeinsamen Bauherren verweist.17 Selbst wenn man diese Beobachtungen nur so deutet, dass sie auf eine Entstehung in zeitlicher Nähe weisen und Hebron und Mamre theoretisch auch kurz vor oder nach Herodes gebaut worden sein könnten, sprechen doch historische Überlegungen für eine Entstehung unter Herodes. a) Gegen ein nachherodianisches Baudatum kann angeführt werden, dass die Region bereits 6 n. Chr. nach der kurzen turbulenten Regierungszeit des Archelaos der Provinz Syria angegliedert wurde und es für den Bau solcher Repräsentationsbauten weder denkbar ist, dass Archelaos die Möglichkeiten noch die Provinzialverwaltung das Interesse aufbrachte. Auch von möglichen Stiftern aus der Oberschicht wissen wir nichts, so dass wir von einem königlichen Bauherren ausgehen sollten. b) Dass ein königlicher Bauherr aus der hasmonäischen Familie stammte und die Bauten in Hebron und Mamre somit vorherodianische wären, scheint ebenfalls 13 Zum Tempel s. Busink (1980); Jacobson (2000). Zum David’s Tower vgl. Geva (1993) S. 727; s. auch Miller (1985) S. 31. Zu einer ähnlichen Mauergestaltung in Sepphoris vgl. Jensen (2006) fig. 20. 14 Oberhalb der Esplanade im Nordteil der Westmauer, vergleichbar den auch nur im oberen Wandbereich angegebenen Pilastern in Hebron. s. dazu Geva (1993) S. 738. Zu den flachen Wandpilastern s. jetzt auch Peleg (2006) S. 322. 15 Busink (1980) S. 952. 16 Magen (2003) S. 253. 17 Jacobson (1981).
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unwahrscheinlich. Denn die Spiegelquader dürften erst in herodianischer Zeit aufgekommen sein, wie man auch an der senkrechten Fuge in der Ostmauer des Jerusalemer Tempelbergs ablesen kann: nördlich davon finden sich grob bossierte Quader, die wohl vorherodianisch sind, südlich davon die herodianischen Spiegelquader (Abb. 10).18 Es ist somit sehr wahrscheinlich, dass die Bauten in Hebron und Mamre von Herodes errichtet wurden. Doch weshalb berichtet Josephus nichts davon? Die wichtigste Erwähnung von Hebron und Mamre bei Josephus findet sich im Kontext des Jüdischen Kriegs, als Simon Hebron einnahm:
„Wie die Einheimischen behaupten, ist Hebron nicht nur älter als jede Stadt der Gegend, sondern auch als Memphis in Ägypten; man berechnet das Alter von Hebron auf 2300 Jahre. Ferner berichtet man, Hebron habe Abraham, dem Stammvater der Juden, nach seiner Wanderung aus Mesopotamien als Wohnsitz gedient, und dessen Nachkommen seien von dort aus nach Ägypten gezogen. Deren Grabmäler werden heute noch in diesem Städtchen gezeigt; sie bestehen ganz aus schönem Marmor und sind prachtvoll ausgearbeitet. Sechs Stadien von der Stadt entfernt zeigt man eine ungeheuer große Terebinthe und erzählt, dieser Baum habe dort seit der Weltschöpfung bis zur Gegenwart dauernd gestanden.“19
Josephus berichtet also von einem marmornen Bauwerk in Hebron, das mit Abraham verbunden wird, doch fehlt jeder Hinweis auf Herodes. Auch zu Mamre kennt Josephus eine Abrahams-Lokaltradition, allerdings wird hier nicht einmal ein Bauwerk erwähnt und entsprechend fehlt auch Herodes.20 Die Diskrepanz zwischen sehr wahrscheinlich herodianischem archäologischem Befund und dem Schweigen des Josephus findet in der Forschung zwei Erklärungen:21 Dass die Bauten im Rahmen der Beschreibung der Bautätigkeit des Herodes nicht erwähnt werden, liegt (1) daran, dass der Adressat der Geschichtswerke des Josephus (und noch mehr der dessen wichtigster Vorlage für die Zeit des Herodes – Nikolaos von Damaskos22) die griechisch-römische Öffentlichkeit ist, und bei dieser mutmaßlich kein besonderes Interesse an biblischen Stätten bestand, und daher in der Bautätigkeit des Herodes stärker dessen griechisch-römische Kulturleistungen betont wurden. Außerdem wird (2) als Erklärung angegeben, dass die Bauten nicht in das Bild passen, welches Josephus von Herodes zeichnet. In AJ 19,329 bezichtigt er Herodes, er habe keine Bauten für die Juden errichtet, sondern nur für Nicht-Juden. Bauten, die mit Abraham verbunden wurden, hätten nicht in
18 Busink (1980) S. 1009 ff. Tf. XXI; Geva (1993) S. 743; Jacobson (2000) S. 144 f. Die genaue Datierung des Südabschnitts ist freilich ungesichert, sie schwankt zwischen „salomonisch“ und „frühherodianisch“. 19 BJ 4,531 ff. (Übersetzung: O. Michel/ O.Bauernfeind). 20 BJ 4,533. Vgl. auch AJ 1,186: Erwähnung einer Ogyges-Eiche bei Hebron (im Kontext der Abrahamserzählung). s. dazu Abel (1909/10) S. 157 ff.; Grottanelli (1979). Zu dem „Marmor“, mit dem Josephus wohl allgemein weißen Stein meint, vgl. Fischer/Stein (1994). 21 Vgl. im folgenden z. B. Lichtenberger (1999) S. 144 Anm. 725; Lichtenberger (2003) S. 215 f.; Japp (2000) S. 114, 139; Jericke (2003) 52; s. aber auch die Erklärung von Magen (2003) S. 254 und Netzer (2006) S. 231 f. 22 Vgl. dazu Toher (2003) mit weiterer Literatur.
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das Bild des Josephus von Herodes gepasst. Beide Erklärungen zusammen scheinen die Nichterwähnung der Bauten bei Josephus hinreichend zu erklären. In der Forschung wird die monumentale Ausgestaltung der Gräber in Hebron und des nur 3 km entfernten Platzes in Mamre als eine Maßnahme verstanden, mit der Herodes die jüdische Bevölkerung für sich gewinnen wollte.23 Doch diese Interpretation ist zumindest für Mamre nicht unproblematisch. Da abgesehen von dem plausiblen Umstand, dass die beiden Einfassungen von Herodes errichtet wurden, direkte Zeugnisse für die Zeit des Herodes fehlen, ist es zur Bestimmung des historischen Kontextes und kulturellen Gepräges der beiden Orte notwendig, auf andere Zeugnisse, insbesondere spätantike einzugehen. Die vergleichsweise umfangreichen spätantiken Zeugnisse zu Mamre bestimmen fast vollständig die Diskussion um dessen vorkonstantinische (und nachherodianische) Einordnung.24 Allerdings wird nur selten überlegt, welche Auswirkungen sie bereits auf die herodianische Zeit haben. An den Mauern des Haram in Mamre kann man erkennen, dass Teile der herodianischen Bausubstanz zu einem späteren Zeitpunkt wiederverwendet wurden. Bislang erklärte man dies mit einer umfangreichen Zerstörung des herodianischen Bauwerks und einem späteren (hadrianischen) Wiederaufbau.25 Doch Nachuntersuchungen von Magen haben ergeben, dass man wohl lediglich mit kleineren nachherodianischen Reparaturarbeiten zu rechnen hat.26 Einen umfangreichen Eingriff am Ort können wir erst mit dem Bau einer konstantinischen Basilika fassen.27 In diesem Zusammenhang erfahren wir von Eusebios28 und Sozomenos,29 dass zuvor am Ort ein Kult stattfand, der mit Abraham und 23 S. zuletzt Roller (1998) S. 162 ff.; Japp (2000) S. 28. –Vgl. aber Magen (1993); Magen (2003); Lichtenberger (1999) S. 143 ff. 24 S. dazu zum Beispiel die Arbeiten von Grottanelli (1979) S. 49 ff.; Taylor (1993) S. 86 ff.; Kofsky (1998); Belayche (2001) S. 96 ff.; Magen (2003) S. 254 f. 25 Dies meint man insbesondere an der Westmauer ablesen zu können. Vgl. Mader (1957) S. 52 ff. Zu dem hadrianischen Bau vgl. l.c. S. 81 ff. 26 Zu Umbauten an der Westmauer vgl. Magen (2003) S. 250. 27 Mader (1957) S. 95 ff. Zum Kontext s. die oben in Anm. 24 angegebene Literatur. 28 Euseb. vita Constant. 3,51–53. „(...) The place by the oak which is known as Mamre, where we understand Abraham made his home, has been completely spoiled, she says, by superstitious persons. Idols fit only for absolute destruction have been set up beside it, she explains, and an altar stands nearby, and foul sacrifices are constantly conducted there. (...)“ (53). (Übersetzung: A. Cameron/S. G. Hall). 29 Sozomenos, H.E. 2,4: „Unumgänglich ist es aber auch, zu berichten, was Kaiser Konstantin mit dem Hain, der Mamre hieß, vorhatte. Dieser Platz, den man jetzt Terebinthus nennt, ist Hebron benachbart, das 15 Stadien (2,7 km) südlich davon liegt, und etwa 250 Stadien (45 km) von Jerusalem entfernt. Dort, so lautet die wahrhafte Kunde (vgl. Gen 18), erschien zusammen mit den gegen die Sodomiter entsandten Engeln auch Gottes Sohn dem Abraham und sagte ihm die Geburt eines Sohnes voraus. Dort begehen noch heute die einheimischen und die weiter entfernt wohnenden Palästiner, Phöniker und Araber alljährlich zur Sommerszeit ein prächtiges Fest; dabei kommen auch sehr viele des Handels wegen zusammen, um zu verkaufen und einzukaufen. Allen ist das Fest sehr wichtig, den Juden, weil sie sich Abrahams als ihres Stammvaters rühmen, den Hellenen wegen der Ankunft der Engel, den Christen, weil schon damals dem gottesfürchtigen Mann derselbe erschien, der viel später zur Erlösung des Menschengeschlechts sich selbst durch die Jungfrau offenbar werden ließ. Je nach den Religionen ehren sie diesen
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den drei Engeln verbunden war und von Palästinern, Phönikern, Arabern und Juden getragen wurde. Der offensichtlich pagan-biblische Kult ist sogar über die Zeit des konstantinischen Kirchbaus hinaus fassbar,30 wie etwa auch eine Pilgerform in Toronto zeigt, die auf Mamre Bezug nimmt und drei Engel und Abraham mit Sarah sowie eine Urania genannte trauernde Muttergottheit mit Sternenmantel und Kalathos in einem Zypressenhain sitzend darstellt (Abb. 11).31 Der pagan-biblische Charakter des Kultes wurde in der Forschung mit einem „paganen“ Eingriff in der Folgezeit des Jüdischen Kriegs oder des Bar-KochbaAufstandes erklärt,32 und die Mader’sche Postulierung einer Zerstörung des herodianischen Bauwerks schien bis zu den Untersuchungen von I. Magen gut dazu zu passen. Da das archäologische Argument einer Zerstörung nun allerdings wegfällt, stellt sich die Frage, ob es gar keinen Kontinuitätsbruch gegeben hat und der Kult in Mamre von Anfang an, d. h. seit Herodes einen pagan-biblischen Charakter hatte. Archäologische Funde vom Ort ergeben ein vielfältiges Bild des lokalen Kultes. So stammen aus Mamre Fragmente von kaiserzeitlichen Skulpturen, unter anderem von einem Hermes (Abb. 12) und einem Dionysos (Abb. 13) sowie ein Altar mit der Platz, die einen, indem sie zum Gott des Alls beten, die anderen mit Anrufung der Engel, mit Weinspenden und Opfern von Weihrauch oder einem Rind, einem Bock, einem Schaf oder einem Hahn. Was jeder an Wertvollem und Schönen hatte, das zog er das ganze Jahr über sorgsam auf und reserviert es einem Versprechen gemäß zur Schmauserei bei dem Fest an diesem Ort für sich und seine Angehörigen. Weil alle den Platz verehren, oder weil sie sich davor hüten, durch Gottes Zorn bestraft zu werden, verkehren sie dort nicht mit den Frauen, die sich doch zum Fest um mehr Schönheit und Schmuck bemühen und sich unbekümmert sehen lassen und in die Öffentlichkeit gehen. Auch sonst vermeiden sie alle Unzucht, obwohl sie in der Regel ihre Zelte dicht beieinander haben und nicht getrennt schlafen. Der Platz liegt nämlich unter freiem Himmel und wird zum Ackerbau bearbeitet, trägt daher keine Gebäude außer den in alter Zeit dem Abraham gehörenden neben dem Hain selbst, und außer dem von ihm gebauten Brunnen, aus dem allerdings während der Zeit des Festes niemand Wasser schöpfte: Nach hellenischem Brauch nämlich stellten manche dort brennende Lampen auf, andere gossen Wein darauf oder warfen Opferkuchen hinein, andere Münzen oder Salben oder Räucherwerk, und deshalb wurde verständlicherweise durch die Vermengung mit den hineingeworfenen Gaben das Wasser unbrauchbar. Daß dies in der beschriebenen Art und Weise ungehindert, wie es bei den Hellenen Brauch ist, begangen wurde, meldete die Schwiegermutter Konstantins (...). Er [Konstantin] forderte sie [die Bischöfe Palästinas] auf, sich mit den Bischöfen Phönikiens zu treffen, um nach gründlicher Zerstörung des dortigen Altars und Verbrennung der Kultstatuen an gleicher Stelle eine Kirche zu entwerfen (...).“ (Übersetzung: G. C. Hansen). 30 Vgl. Taylor (1993) S. 93 f.; Kofsky (1998) S. 26. 31 Zu der Pilgerform s. Weitzmann (1979) S. 583 f. Nr. 522; Frazer (1979); Campbell (1985) S. 6 f, Nr. 80. Der dolente-Typus der sitzenden Muttergöttin geht auf phönikische Vorbilder wie die Aphrodite von Caesarea ad Libanum (vgl. Du Mesnil du Buisson [1970] S. 108 ff.) zurück. Solche Götterbilder finden sich aber auch in Nabatäa, wie die dort gehäuft auftretenden Isis Dolente-Darstellungen zeigen (vgl. Bricault [1992] S. 39 f, 45). Frazer (1979) S. 140 f. vermutet, dass die unter der linken Hand der Frauenfigur angegebenen Punkte die von Sozomenos erwähnten Opferkuchen (s. o. Anm. 29) bezeichnen. Sollte diese Überlegung zutreffend sein, wäre sie ein Beleg dafür, dass der Kult der Frauenfigur fest in die Kulthandlungen von Mamre integriert war. Die Pilgerform befindet sich jetzt in der Malcove Collection der Universität Toronto. 32 Abel (1909/10) S. 164; Mader 1957, 81. – Vgl. aber DeVaux (1958) S. 596.
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Aufschrift Kos (Abb. 14).33 Der Kos-Altar ist mangels Vergleichsbeispielen schwierig zu datieren. Sein anikonischer Rosettendekor und die technische Ausführung in Flachrelief und „Schnitztechnik“ stehen noch Artefakten der „Second Temple Period“ nahe,34 auch wenn derartiger Dekor gelegentlich auf Ossuarien noch in der späteren Kaiserzeit zu finden ist.35 Kos war der Nationalgott der Edomiter-Idumäer,36 und wir können davon ausgehen, dass er trotz der Judaisierung der Idumäer in hasmonäischer Zeit weiterhin präsent war.37 Denn zur Zeit des Herodes erfahren wir von einer Verschwörung des idumäischen Aristokraten Kostobaros, die darauf hindeutet, dass der theophore Namensträger zentrale Figur einer Bewegung idumäischer Identität war.38 Da Abraham auch Stammvater der Idumäer war, ist es denkbar, dass der Ort Mamre, der ja auch in Idumäa lag, ein Kultplatz der Idumäer war. Die Idumäer könnten neben Kos Abraham verehrt haben. Kos hatte auch eine Parhedros,39 und es wäre zu spekulieren, ob die weibliche Figur auf der Pilgerform (Abb. 11) eine ihrer Nachfolgerinnen war. Für eine Interpretation von Mamre als idumäischem Kultort ist es allerdings notwendig, anzunehmen, dass die Abrahams-Abkommenschaft der Idumäer nicht eine rein jüdische Fiktion ist.40 Die Tradition müsste von den Idumäern zumindest akzeptiert worden sein, sei es, dass auch sie sich wirklich auf Abraham zurückführten, sei es, dass sie in hellenistischer Zeit die Tradition übernahmen. Da wir die Literatur der Idumäer nicht kennen, werden wir in dieser Frage keine eindeutige Klärung finden. Allerdings scheint eine völlig aus dem Raum gegriffene jüdische Erfindung einer Abrahamsabkommenschaft der Idumäer unwahrscheinlich. Denn wenn Abraham keine bei den Idumäern akzeptierte Figur gewesen wäre, hätte es wenig Sinn ergeben, Esau zum Stammvater der Idumäer und zu einem Enkel Abrahams zu machen.41 Spätestens im Zuge der Judaisierung der Idumäer unter Hyrkan 33 Mader (1957) S. 135 ff. Tf. LXXIII ff; DeVaux (1958) S. 596 deutet den Hermes auf dem Relief als Isis. Dies trifft m. E. nicht zu; die etwas verunglückte Hermes-Darstellung dürfte eher mit dem provinziellen Charakter zu erklären sein. Am Ort wurden weitere Bruchstücke von Skulpturen gefunden, deren Interpretation aufgrund des fragmentierten Zustandes schwierig ist, die aber wohl belegen, dass eine Orientierung an griechisch-römischer Ikonographie erfolgte. Vgl. Mader 1957, 136 f. 34 S. dazu z. B. Avi-Yonah (1981) S. 95 ff.; Figueras (1983). 35 Vgl. insbesondere zu späten Ossuarien in der Gegend von Hebron: Figueras (1983) S. 1. Vergleichbarer Dekor, bei dem eine Rosette von einem größeren dekorierten Kreis umgeben ist, findet sich auf den Ossuarien Figueras (1983) Nr. 247, 350, 419. 36 Zu Kos vgl. Flusser (1976), S. 1074 f.; Knauf (1999). 37 Vgl. auch Jericke (2003) S. 19, 33 mit dem Hinweis auf theophore Kos-Namen in griechischen Inschriften aus Hebron. 38 S. dazu Schalit (2001) S. 142 ff.; Kokkinos (1998) S. 93 f, 179 ff; Cohen (1999) S. 111 f; Magen (2003) S. 256. Zu einer idumäischen Identität in herodianischer Zeit vgl. u. mit Anm. 45. 39 Knauf (1999) S. 675. 40 Zu jüdischen Abrahamstraditionen, die auf andere Völker projiziert wurden, vgl. z. B. Stern (1974ff) I 234. Zu Esau und Edom s. Bartlett (1989) S. 177 f. 41 Zu möglichen nicht-jüdischen Abrahams-Traditionen vgl. AJ 1,158–160; 1,240 f.; Stern I Nr. 46.
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I. dürfte eine solche Abkommenschaft bzw. Verwandtschaft verstärkt herausgestellt worden sein. Es ist aber zu betonen, dass „die Idumäer“ als Gruppe in hellenistisch-römischer Zeit schwer greifbar sind und wir keine genaue Vorstellung über ihre Kultur und Religion in der Zeit des Herodes haben. Wir müssen damit rechnen, dass sie aus ganz unterschiedlichen Bevölkerungsteilen – stärker hellenisierter Bevölkerung im Westen, ländlicher Bevölkerung im Osten – bestand.42 Wie qualitativ und quantitativ umfassend ihre tatsächliche Judaisierung war und ob sie unter Zwang oder freiwillig stattfand, ist umstritten.43 Für eine solche, die zumindest Teile der Idumäer betraf, spricht, dass Herodes jüdischer König werden konnte und die Idumäer intensiv – wenn auch in ambivalenten Rollen – am Ersten Aufstand beteiligt waren.44 Ein etwas anderes Licht auf ihre Judaisierung wirft die Verschwörung des Kostobaros und die starke landsmannschaftliche Struktur der Idumäer, in der eine Beibehaltung eigener Traditionen zu erwarten wäre. Grundsätzlich dürfte die Annahme problematisch sein, dass innerhalb von ca. 100 Jahren aus einer eigenständigen Religionsgruppe orthodoxe Juden geworden sein sollten.45 Das bedeutet für Mamre, dass es sehr wohl denkbar ist, dass Herodes, der ja selbst idumäischer Herkunft war, ein Heiligtum ausbaute, welches insbesondere für Idumäer Bezugspunkt war. Das Argument der idumäischen Herkunft des Herodes darf allerdings nicht überstrapaziert werden, da es sowohl für wie auch gegen eine „idumäische Interpretation“ von Mamre eingesetzt werden könnte.46 Für eine idumäische Zielgruppe von Mamre hat sich insbesondere I. Magen ausgesprochen.47 In diesem Zusammenhang muss auf ein gewichtiges Argument Magens hingewiesen werden, das für eine idumäische oder zumindest unorthodoxjüdische Interpretation von Mamre spricht:48 Anders als an der Machpela, die als „Heiligengrab“ verehrt wurde, haben in Mamre – wenn man von den spätantiken 42 Zu den Idumäern der Bronze- und Eisenzeit s. Weippert (1971); Bartlett (1989). Zur hellenistisch-römischen Zeit vgl. insbesondere die neue Untersuchung von Kokkinos (1998) S. 36 ff. Vgl. aber auch Kasher (1988); Richardson (1996) S. 54 ff. 43 S. dazu die Diskussion bei Kasher (1988) S. 50 ff; Richardson (1996) S. 54 ff; Kokkinos (1998) S. 90 ff; Cohen (1999) S. 110 ff. Kasher und Richardson halten die Judaisierung für eher freiwillig, Kokkinos geht von einer zwangsweisen aus. 44 S. dazu Price (1992) S. 89 ff. 45 Kokkinos (1998) S. 92: „Of course submitting by force to Judaism was one thing, accepting it wholeheartedly was another. It would have taken several generations for Idumaea to be fully assimilated, and if this ever happened it would not have been before the mid-first century CE.“ – Cohen (1999) S. 112: „’Idumaism’ was not yet dead.“. – Über die Konversion der Herodesfamilie vgl. auch Richardson (1996) S. 55: „(...) Herod’s attachment to Judaism resulted from his grandfather’s voluntary adherence and willing „full“ conversion to the Temple cult in Jerusalem and not from a forced submission to a bare-bones form of Judaism.“. Vgl. zudem Magen (2003) S. 255. 46 Gerade die idumäische Abkunft und damit anfechtbare jüdische Identität des Herodes könnte ihn dazu bewogen haben, etwas, das wie eine Begünstigung der Idumäer ausgesehen hätte, zu unterlassen. 47 Magen (2003). – Vgl. auch Taylor (1993) S. 88, 95; Hepper/Gibson (1994) S. 102; Netzer (2006) S. 231 f. Contra: Belayche (2001) S. 99. 48 Im folgenden vgl. Magen (2003) S. 255.
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Zeugnissen auf die herodianische Zeit zurückschließen darf – offensichtlich Opfer stattgefunden. Dieser Rückschluss scheint deshalb gerechtfertigt, weil ein Abrahams altar bereits im Alten Testament eine prominente Rolle am Ort spielte. Ein solcher Opferkult in Palästina mit einer primär jüdischen Zielgruppe ist für das Jerusalem zentrierte offizielle Judentum in herodianischer Zeit kaum vorstellbar.49 Zudem mag in Erinnerung gerufen werden, dass gerade der Kult von Bäumen und Hainen im orthodoxen Judentum abgelehnt wurde und Mamre sich daher eigentlich nicht gut als jüdischer Verehrungsort eignete. Es ist entsprechend zu erwägen, ob das Bauwerk in Mamre tatsächlich vorwiegend für Idumäer gebaut wurde. Ob eine solche baupolitische Ausrichtung auch für Hebron anzunehmen ist, wie dies Magen mit dem Hinweis auf jüdische Reinheitsvorbehalte gegenüber Gräbern und die ablehnende Haltung strenggläubiger Juden gegenüber deren Verehrung annehmen möchte,50 ist nicht nachzuweisen. Da die Verehrung jüdischer Heiligengräber auch in Judäa ein verbreitetes Phänomen ist, wie beispielsweise das von Herodes ausgeschmückte Davidsgrab in Jerusalem51 zeigt, gibt es keinen zwingenden Grund zu der Annahme, und es wäre sogar vorstellbar, dass Hebron geradezu als jüdischer Abrahams-Memorialort in Parallele zu dem idumäischen in Mamre gebaut wurde. Eine solche schematische Aufteilung der beiden Orte ist allerdings problematisch, da die Bandbreite zwischen Orthodoxie und Volksfrömmigkeit sehr groß gewesen sein wird, und es sehr wohl denkbar ist, dass bereits in herodianischer Zeit beide Orte Bezugspunkte verschiedener religiöser Gruppen waren.52 Diese Interpretation hält beispielsweise auch P. Richardson für möglich, der noch einen Schritt weiter geht und der Ansicht ist, Herodes habe die Orte gerade deswegen ausgebaut, um dort Juden und Idumäer zusammenzuführen.53 Da allerdings weder Josephus, noch rabbinische Quellen Mamre mit jüdischer Verehrung verbinden, scheint eine orthodox jüdische Zielgruppe eher unwahrscheinlich.54 In jedem Fall müssen wir davon ausgehen, dass der Kult in Mamre in der römischen Kaiserzeit keineswegs exklusiv war. So wenig Beweise es dafür gibt, dass dies bereits in herodianischer Zeit so war, gibt es auch keine Hinweise darauf, dass dies nicht so war. Nur unter der Voraussetzung, dass der Kultplatz in der Folge des Jüdischen Kriegs oder des Bar-Kochba-Aufstandes radikal umgewälzt wurde und sich von nun an anderen „biblischen“ Gruppen öffnete, wäre es möglich anzunehmen, dass er von Herodes als exklusiv jüdischer Kultort konzipiert worden war. Dies kann nicht ausgeschlossen werden, doch erscheint ein solcher Bruch eher unwahrscheinlich, da man eigentlich erwarten würde, dass die Paganisierung eines jüdischen Heiligtums konsequenter durchgeführt worden wäre. Zudem stellt sich die Frage, weshalb Hebron mit der Machpela anscheinend eine andere Entwicklung genommen 49 Vgl. auch DeVaux (1958) S. 595. 50 Magen (2003) S. 255. s. auch Netzer (2006) S. 232. 51 Jeremias (1958) S. 56 ff.; Lichtenberger (1999) S. 154 f. Zu dem Phänomen insgesamt vgl. Jeremias (1958); van der Horst (2001). 52 Vgl. auch Taylor (1993) S. 87 f. 53 Richardson (1996) S. 61 f; vgl. auch Vogel (2002) S. 202. 54 Vgl. Magen (2003) S. 255.
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haben sollte und wir dort nichts über pagane Verehrung erfahren. Hätte es im späten 1. oder 2. Jh. n. Chr. ein Programm der Paganisierung gegeben, warum sollte Hebron ausgenommen sein? Dies ist ein weiterer Hinweis dafür, dass Hebron und Mamre bereits seit herodianischer Zeit ein unterschiedliches Publikum gehabt haben könnten. Nach den neuen Untersuchungen von Magen in Mamre ist deutlich geworden, dass am Ort nennenswerte vorherodianische Befunde nicht nachweisbar sind.55 Da außerdem die Entfernungsangabe des Josephus von Hebron nach Mamre (6 Stadien, ungefähr 1,1 km) nicht mit der tatsächlichen Entfernung von ca. 3 km übereinstimmt, haben zuletzt D. Jericke und W. Zwickel unabhängig voneinander vorgeschlagen, dass Herodes von einem anderen Ort näher bei Hebron das Heiligtum zum Haram Ramet el-Chalil verlegt habe und Josephus noch die ältere Ortstradition überliefert.56 Eine erst sekundäre Ortstradition Mamres am Ort des Haram Ramet el-Chalil hatte bereits F. M. Abel vorgeschlagen.57 Jericke, der Abel folgt, ist der Ansicht, Mamre habe zuvor in Khirbet Nimra (Abb. 1) gelegen, wo es eisenzeitliche Befunde eines Gebäudes gibt, und Zwickel meint, Mamre habe – wie es einige alttestamentliche Texte nahelegen58 – in unmittelbarer Nähe zu den Patriarchengräbern gelegen. Als Gründe für diesen Ortswechsel gibt Zwickel an, Herodes habe nach Norden auf judäisches Gebiet gewollt, um das Heiligtum idumäischen Ansprüchen entziehen zu können. Allerdings wissen wir nicht sicher, ob es damit tatsächlich außerhalb Idumäas gelegen hätte, denn auch der Haram Ramet el-Chalil dürfte im Territorium von Hebron und damit eher in Idumäa als in Judäa gelegen haben.59 Jericke vermutet als Grund für den Ortswechsel, Herodes habe einen repräsentativen Bauplatz für sein Werk gesucht, welchen er an der hügeligen Khirbet Nimra nicht vorgefunden hätte. Die Interpretation einer Überführung der Ortstradition unter Herodes ist auf den ersten Blick attraktiv, doch können damit keineswegs archäologische Befunde und Schriftquellen harmonisiert werden. Denn Khirbet Nimra liegt zwar tatsächlich nur ca. 1 km nördlich von Hebron, doch gibt es auch dort keine unmittelbar vorherodianische Keramik. Die Befunde von Khirbet Nimra belegen höchstens, dass es dort eine Besiedlung der Eisenzeit gab, doch ob dort auch ein Heiligtum lag, das dann auch noch bis in frühherodianische Zeit besucht wurde, ist unklar. Eine Verlegung der Ortslage Mamres von einem anderen Ort zum Ort des Haram Ramet el-Chalil ist zwar theoretisch denkbar, doch sind die dafür angeführten Argumente nicht zwingend. Eine Überlegung, die den Ortswechsel problematisch aber 55 Fehlende vorherodianische Schichten in Mamre könnten auch damit erklärt werden, dass das Gelände für den Bau der Umfassungsmauer abgeräumt wurde. Außerdem ist es sehr wohl denkbar, dass vor Herodes eine umfangreiche Bebauung am Ort fehlte und somit auch nicht entsprechende Funde zu erwarten sind. 56 Jericke (1996); Jericke (2003) bes. S. 40 ff.; Zwickel (2000). 57 Abel (1909/10) S. 211 ff. 58 S. auch Mader (1957) S. 184 ff. 59 Auch in hellenistischer Zeit scheint erst Beth Zur (nördlich von Mamre) sicher auf judäischem Gebiet gelegen zu haben (s. dazu z. B. Kokkinos [1998] S. 60; Jericke [2003] S. 91; Magen [2003] S. 255). Zu den Schwierigkeiten, die Grenze zwischen den Territorien zu bestimmen, vgl. auch Weippert (1971) S. 408 ff; Jericke (2003) S. 53 ff. bes. S. 86 ff.
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auch hochspannend machen würde, ist, dass Herodes die Autorität besessen haben müsste, einen lokalen Kultplatz von einem Ort zu einem anderen zu transferieren, und dass entsprechend die Verehrung folgte. Dies erscheint insbesondere dann schwer vorstellbar, wenn man bedenkt, dass der Kultort mit einem alten Baum verbunden war, den man nicht ohne weiteres umsetzten konnte. Eine solche Umsetzung wäre eigentlich nur dann plausibel, wenn man annähme, dass der Kult in Mamre vor der Umsetzung unbedeutend war. Da der Ort aber im frühjüdischen Jubiläenbuch immer wieder Erwähnung findet60 und somit offensichtlich Interesse an ihm bestand, wird man wohl voraussetzen dürfen, dass man auch eine Vorstellung von seiner Lokalisierung hatte. Nachdem im Vorangegangenen dafür argumentiert wurde, dass Mamre keineswegs zwingend ein Ort gewesen sein muss, der von Herodes exklusiv für die jüdischen Bewohner seines Königreiches ausgebaut wurde, sollen zum Schluss drei Beobachtungen knapp formuliert werden: 1. Das Gegensatzpaar „Juden“ – „Heiden“, welches für die religiöse Situation im Reich des Herodes immer wieder verwendet wird, kann der differenzierten religiösen Situation im Königreich des Herodes nicht gerecht werden. Dass es „das Judentum“ nicht gegeben hat und es aus unterschiedlichen Gruppierungen (Pharisäern, Sadduzäern, Essenern, Zeloten) bestand, ist schon lange bekannt und ständiger Gegenstand der Forschung. Auch die Samaritaner und ihr Verhältnis zum Judentum werden ausführlich diskutiert.61 Dass allerdings auch „das Heidentum“ in sich nicht einheitlich war, wurde im Zusammenhang mit der Bevölkerung im Königreich des Herodes bislang nicht ausreichend betont.62 In der Regel wird nur allgemein von „paganer Bevölkerung“ gesprochen und damit scheint implizit von griechisch-römischer Religion geprägte Bevölkerung gemeint zu sein. Nur gelegentlich, so zum Beispiel in dem Aufsatz von D. Flusser zu „Paganism in Palestine“ oder in der Arbeit von N. Belayche zu Palästina nach 70 n. Chr., wird auch mehr oder weniger stark hellenisierte lokale semitische Religion beachtet.63 Unter der nicht-jüdischen Bevölkerung im Königreich des Herodes dürfte aber die Gruppe der hellenisierten nicht-jüdischen semitischen Lokalbevölkerung die größte gewesen sein.64 Auch das Judentum ist zu der Gruppe der hellenisierten 60 Jubiläenbuch 14. 16. 19. Zum historischen Kontext und der Datierung des Jubiläenbuchs s. Oegema (2005) S. 78 ff. bes. S. 82. Vgl. auch Jericke (2003) S. 36 ff. 61 S. dazu den Abschnitt „Die religiöse Vielfalt Palästinas“ in Zangenberg (2005) S. 26 ff (mit Literaturüberblick). 62 Vgl. aber Geiger (1998) S. 5: „The history of the non-Jewish (and non-Samaritan) inhabitants of Palestine between the conquest of Alexander the Great and that of the Muslims is still a largely unexplored territory.“ Dies gilt ganz besonders für den Zeitraum der Herrschaft des Herodes. 63 Flusser (1976); Belayche (2001); s. jetzt auch Zangenberg (2005) S. 53 ff. 64 Dass Herodes möglicherweise auch in Angelegenheiten solcher Lokalkulte eingegriffen hat oder zumindest mit ihnen in Berührung kam, belegt vielleicht die Statuenweihung für Herodes aus dem Heiligtum des Baalshamin im hauranitischen Seia. Vgl. dazu Lichtenberger (1999) S.170 Anm. 889 mit weiterer Literatur.
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Lokalbevölkerung zu rechnen, doch hatte es klare Grenzen in der Öffnung zum paganen Hellenismus. 2. Beachtet man dies zum Charakter der paganen Kulte im Königreich des Herodes, so stellt sich die Frage, ob man an dem Konzept einer besonderen Begünstigung der nicht-jüdischen Bevölkerung durch Herodes, welches in einem zweiten Schritt auch als demonstrative kulturelle Hellenisierung oder Romanisierung verstanden wird,65 festhalten kann. Denn aus der Sicht Roms dürften beispielsweise die lokalen Kulte von Askalon (Abb. 15)66 – hellenisierte semitische Kulte – ebenso befremdlich („orientalisch“) gewirkt haben wie der jüdische Tempelkult in Jerusalem (Abb. 16). Eine wirkliche Durchdringung städtischer Panthea mit griechisch-römischer Religion – im Unterschied zu oberflächlicher interpretatio Graeca/Romana – lässt sich wohl höchstens in römischen Kolonien wie Berytos vermuten.67 Die einzigen paganen Tempel, von denen wir im Königreich des Herodes sicher wissen, dass Herodes sie erbauen ließ, sind bezeichnenderweise Kaiserkulttempel und nicht Tempel olympischer griechisch-römischer Gottheiten.68 Dies spricht gegen die Existenz eines lebendigen griechisch-römischen Heidentums größeren Ausmaßes im Königreich des Herodes. 3. Blicken wir zurück auf Hebron und Mamre, bietet sich hier noch einmal eine etwas andere Situation: Sind die aufgezeigten Interpretationsmöglichkeiten des herodianischen Bauwerks in Mamre zutreffend, so könnte das, was sich vielleicht bereits in herodianischer Zeit an kultischer Verehrung in Mamre vollzogen hat, Beleg für eine andere Facette „paganer“ Religion sein: Eine semitische Religion – die der Idumäer –, die bereits in vorhellenistischer Zeit eng mit der jüdischen verwandt ist und in hasmonäischer Zeit judaisiert wurde und dennoch eine gewisse Eigenständigkeit bewahrte, scheint vergleichbare Orte wie die Juden verehrt zu haben. Es ist schwierig zu entscheiden, ob man diese Gruppe als „Juden“, „Idumäer“ oder „Heiden“ bezeichnen soll; die Übergänge sind offensichtlich fließend. Ob Herodes die Kultpraxis dieser Gruppe nun aktiv förderte oder ob sie einfach stattfand, ist eine wichtige Frage, doch letztlich nicht beantwortbar und entscheidend. Allein die Möglichkeit der Existenz solcher Gruppen ist ein wichtiges Zeugnis für die unterschiedlichen religiösen Gruppierungen in der Zeit des Herodes innerhalb dessen, was gemeinhin als „Heidentum“ oder „Judentum“ bezeichnet wird. 65 Zu dem Problem, ob Herodes eine programmatische Romanisierung betrieb, s. jetzt auch Lichtenberger (2007). 66 Vgl. z. B. die Architekturdarstellung auf einer Stadtprägung von Askalon aus der Zeit des Antoninus Pius (Meshorer [1985] S. 27 f. Nr. 50); s. dazu auch Belayche (2001) S. 230 f. 67 Vgl. Millar 1993, 527 f. 68 Zu den Kaiserkulttempeln des Herodes vgl. Hänlein-Schäfer (1985) S. 198 ff. Die einzigen möglichen Ausnahmen, auf die wir bislang Hinweise haben, sind die pauschal in Caesarea genannten paganen Tempel (BJ 2,226). Ihre Nennung findet sich freilich in einem rhetorisch überfrachteten Kontext, so dass es unklar ist, ob sie sich auf Herodes oder auf die Zeit nach ihm beziehen.
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Abb. 1: Karte Gegend von Hebron: Mader (1957) Zeichnung 1.
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Abb. 2: Haram el-Chalil, Plan: Vincent/Mackay (1923) Abb. 45.
Abb. 3: Haram el-Chalil, Ansicht: Magen (2003) fig. 8.
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Abb. 4: Mamre, Plan: Mader (1957) Plan 1.
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Abb. 5: Mamre, Rekonstruktion: Magen (2003) fig. 4.
Abb. 6: Mamre, Ansicht: Magen (2003) fig. 5.
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Abb. 7: Hebron, Spiegelquader: Mader (1957) Zeichnung 26.
Abb. 8: Mamre, Spiegelquader: Mader (1957) Zeichnung 27.
Abb. 9: Jerusalem, Tempel Spiegelquader: Vincent/Mackay (1923) Abb. 61.
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Abb. 10: Jerusalem, Tempel Ostmauer: Busink (1980) Tf. XXI.
Abb. 11: Pilgerform in Toronto: Weitzmann (1979) 583.
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77 Abb. 12: Hermes: Mader (1957) Lichtbild 137.
Abb. 13: Dionysos: Mader (1957) Lichtbild 138.
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Abb. 14: KosAltar: Mader (1957) Lichtbild 141.
Abb. 15: Stadtprägung von Askalon unter Antoninus Pius: Meshorer (1985) 27 Nr. 50.
Abb. 16: Modell der Stadt Jerusalem im Israel Museum (ehemals Holyland-Hotel).
Linda-Marie Günther (Bochum)
HERODES, CAESAR (AUGUSTUS) UND CAESAREA Nach der Niederlage des Marcus Antonius bei Actium im August 31 v. Chr. beeilten sich alle seine bisherigen amici et socii, vom Sieger Caesar ‚Octavianus‘ zumindest den Status eines Romfreundes bestätigt zu erhalten. Unter ihnen war auch der König Judäas Herodes, der im Winter 31/0 in Rhodos dem neuen ‚Herrn der Welt‘ seine Aufwartung machte. Da auch dem jungen Caesar bewusst gewesen sein dürfte, dass es im unruhigen Judäa eigentlich keine personelle Alternative zu dem Idumäer gab, wurde er ohne große Umstände als rechtmäßiger amicus rex anerkannt. Schon im Sommer 30 stellte Herodes durch seine logistische und militärische Unterstützung des römischen Feldzuges gegen Alexandria seine Zuverlässigkeit und Effizienz unter Beweis, so dass ihm Caesar als Belohnung nicht nur diejenigen Gebiete, die er wenige Jahre zuvor an Antonius verloren hatte, zurück gab, sondern sein Herrschaftsgebiet erweiterte um Samaria, Hippos und Gadara im Binnenland, um die palästinischen Küstenstädte Gaza, Anthedon und Joppe. Zu den neuen Gebieten gehörte auch der Küstenstreifen südlich von Akko/Ptolemais, wo es den alten Ort Stratonsturm (Stratonos Pyrgos) gab, ein ziemlich armseliges Fischernest – dem ersten Anschein nach. Ein Vierteljahrhundert später, beim Tode des Königs Herodes, durfte sich die dort im Jahr 22 neu gegründete und im Jahr 10/9 feierlich eingeweihte Stadt Caesarea rühmen, eine ‚Perle‘ der Levanteküste zu sein. Insbesondere dank des großartigen, künstlich angelegten Hafens spielte sie eine zentrale Rolle neben Tyros und Alexandria. Aus Stratonsturm war eine Art Boomtown geworden: sehenswert für den Augustus-und-Roma-Tempel direkt über dem Hafen, für die glanzvollen, im Jahr 10 gestifteten penteterischen Kaisarea – und schließlich auch für den Palast des Königs auf einer exponierten Klippe. Dass Herodes ungemein stolz auf ‚sein‘ Caesarea war, geht daraus hervor, dass er hier seine eigenen Reisen beginnen und enden ließ und den neuen Hafen ins Besuchsprogramm von Staatsgästen wie M. Vipsanius Agrippa aufnahm. Durchaus
Zur Inspektionsreise des M. Vipsanius Agrippa im Herbst 15 v. Chr. und der Besichtigung von Caesarea: AJ 16, 12–16, bes. §13; vgl. Günther (2005) S. 137 f; obwohl es bei Fl. Josephus keinen Hinweis darauf gibt, wo Agrippa an- und abreiste, ist doch zu vermuten, dass er, der zumindest für die Rückreise nach Ionien den Seeweg nahm, dazu den neuen Hafen Caesarea benutzt hat. Im Frühjahr 14 v. Chr. beteiligte sich Herodes mit einigen Schiffen am Feldzug des Agrippa zur Unterstützung des Polemon von Pontos: AJ 16/17ff; vgl. Günther (2005) S. 139 ff; da die judäische Flottille bei ihrer Rückkehr in Caesarea einlief (AJ 16/62), darf angenommen werden, dass sie dort auch gestartet war. Im übernächsten Jahr reiste Herodes nach Rom: vgl. Günther (2005) S. 153 f; hierzu gibt der kurze Bericht bei Fl. Josephus (AJ 16/90 ff) keine
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zu Recht ist Caesarea als ‚Visitenkarte‘ des Herodes bezeichnet worden, als ‚Fenster‘ in die – gern als ‚griechisch-römisch‘ etikettierte – Welt. Keine Stadt oder Stätte der herodianischen Baupolitik und Selbstdarstellung ist bis heute archäologisch besser untersucht als Caesarea; auch aus althistorischer Perspektive gibt es nichts Neues, seit G. Alföldy seinen Vorschlag zur Rekonstruktion der berühmten, aber leider fragmentarischen Pilatus-Inschrift auf einem Spolienstein publiziert hat (dazu s.u.). Dass ich mich dennoch hier erneut mit der Stadt und ihrer Gründung durch Herodes beschäftige, möge einer Vertiefung der Frage dienen, zu welchem Zweck und mit welcher Zielsetzung der Judäer den bescheidenen Ort Stratonsturm zur blühenden Stadt Caesarea ausgebaut hat: Inwiefern spiegelt sich hierin die Selbstdarstellung eines römischen Klientelkönigs? Inwiefern orientierte sich der Stadtgründer an einer Metropole wie beispielsweise Alexandria? Bekanntlich verdanken wir Flavius Josephus – neben vielen anderen Informationen über Herodes’ Herrschaft und seine Bautätigkeit – auch einen instruktiven Bericht über die neue Stadt Caesarea, der die bedeutsame Formulierung enthält: „Die Stadt nun weihte Herodes der Provinz (eparchia), den Hafen den ihn benutzenden Seefahrern, die Ehre... aber dem Augustus“. Ist somit die Stadterneuerung eine Geste weniger an die Adresse der eigenen Untertanen an der nunmehr judäischen Küste als vielmehr an die Bewohner der angrenzenden römischen Provinz (eparchia) Syria? Dies würde immerhin den als großartig geschilderten Augustus-und-RomaTempel erklären, der einem provinzialen Kaiserkulttempel in nichts nachzustehen scheint. In der Mittelachse des Hafens, der den Namen Sebastos trug, erhob sich der von Säulenhallen umgebene Tempel für Augustus und Roma, in welchem sich Kultstatuen befanden, die nach dem Vorbild des Olympischen Zeus des Phidias und
Hinweise auf den Abreise- und Ankunftshafen, doch ist angesichts der für die Vorjahre belegten bzw. höchst wahrscheinlichen Benutzung des neuen Hafens von Caesarea derselbe auch für 12 v. Chr. anzunehmen. Dagegen ist es für Herodes’ Reise nach Rom im Jahr 18/7 v. Chr. – vgl. AJ 16,6 f; Günther (2005) S. 135 f – eher unwahrscheinlich, dass der Hafen von Caesarea bereits soweit ausgebaut war, dass er den repräsentativen Bedürfnissen des reisenden Königs genügte. Willrich (1929) S. 70, wo Caesarea mit St. Petersburg, dem ‚Schaufenster‘ Zar Peters d. Gr. , verglichen wird. BJ 1,414. Im Zusammenhang mit diesem Bau in Caesarea wird gern daran erinnert, dass auch Sueton den engen Zusammenhang zwischen Klientelkönigtum und Kaiserkult bezeugt: „Befreundete und verbündete Könige (reges amici et socii) gründeten jeder in seinem Reich Städte mit dem Namen Caesarea und alle gemeinsam beschlossen, den Tempel des Olympischen Jupiter in Athen auf gemeinsame Kosten fertig stellen zu lassen und ihn dem Schutzgott des Augustus zu weihen.“ (Sueton, Augustus 60). Hat sich Herodes nun eben nicht nur an dem Bau in Athen beteiligt, sondern einen ‚eigenen‘ Augustus/Jupiter-Tempel in seinem eigenen Caesarea haben wollen, zumal einen mit einer Phidias-Kopie des Olympischen Kultbildes? Freilich sollte man hier mit einer so nahe liegenden Schlussfolgerung vorsichtig sein. Könnte nicht der König Judäas primär am Olympischen Zeus und nur sekundär an Augustus, d. h. an einer Demonstration seiner Loyalität diesem gegenüber, interessiert gewesen sein, als er jenen Tempel am Hafen ‚Sebastos‘ in Caesarea bauen ließ?
Herodes, Caesar (Augustus) und Caesarea
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der Argivischen Hera des Polyklet angefertigt worden sein sollen. Dieses Detail im Bericht unseres Autors verdient freilich eine kritische Hinterfragung. Hatte sich Herodes tatsächlich bemüßigt gesehen, gerade diese hoch gerühmten Kultbilder der griechischen Klassik zu imitieren? Dies wird in der Forschung durchaus angenommen und sogleich als deutlicher Hinweis darauf gewertet, dass der König sich eng am offiziellen Kunstgeschmack der Augusteischen Klassizistik orientierte, ja durch diese stilistische Rezeption seine unbedingte Anpassung an die römischen Vorgaben zu erkennen gab. Könnte es nicht sein, dass Flavius Josephus mit seiner kunsthistorischen Bemerkung keine kunsthistorische Expertise, sondern etwas ganz anderes zum Ausdruck bringen wollte – und dass seine Aussage nicht wortwörtlich zu verstehen ist? Unstrittig ist, dass der Olympische Zeus für das repräsentative Bildnis der römischen Kaiser eine – im hellenistischen Herrscherkult präludierte – wichtige Rolle, die „Jupiterrolle“, spielte. Dies bezeugt als eines der frühesten Beispiele die Gemma Augustea aus dem Jahr 10 n. Chr., die den Herrscher jupiterhaft neben der durch Lanze und Helm charakterisierten Göttin Roma darstellt. Allerdings entbehrt die Figur der Roma jeden Hinweises darauf, dass ihr ikonographisches Vorbild die Argivische Hera Polyklets gewesen sein könnte. Für die von Flavius Josephus genannte Hera Polyklets ist auch ansonsten in der augusteischen Herrscherikonographie nichts dem ‚Jupiterschema‘ des Princeps Entsprechendes bekannt.10 Josephus beschreibt in der hier interessierenden Passage auch gar nicht eigentlich die beiden kolossalen Götterbildnisse, sondern stellt sie lediglich in einen rhetorisch-assoziativen Bezugsrahmen: Der Götzendienst für Augustus und Roma
BJ 1,414: „...§n dÉ aÈt“ kolossÚw Ka€sarow oÈk épod°vn toË ÉOlump€asin DiÒw, ⁄ ka‹ prose€kastai, ÑR≈mhw d¢ ‡sow ÜHr& tª katÉ ÖArgow.“ – Bemerkenswert ist hier die Verwendung des Terminus ‚Koloss‘; vgl. allgemein Dickie (1996) bes. S. 246 ff. So z. B. Lichtenberger (1999) S. 120 f: „...eine geradezu plakative Aufnahme der zeitgenössischen klassizistischen Kunsttheorie... Herodes demonstrierte durch die Typenwahl seine Zugehörigkeit zur kulturellen Koine...“ Vgl. Günther (2005) S. 220. Zanker (1987) S. 232 ff. – dabei betont der Autor, dass „.. der Augustus in Jupitergestalt... die Forscher immer wieder irritiert (sc. hat), weil er so eklatant dem politischen Stil des Princeps zu widersprechen scheint.... Die Jupiterchiffre war mehr als eine von Hofpoeten gelegentlich apostrophierte panegyrische Floskel. Nicht nur im Osten und beim Heer... errichtete man bald in den Heiligtümern Bildnisstatuen in Jupiterschemata... Das bedeutet natürlich nicht, daß seine Verehrer ihn mit Jupiter gleichgesetzt hätten oder daß er sich selbst als neuer Jupiter gefühlt hätte. Dazu kam es erst im wirren Kopf des jungen Caligula...“ Vgl. Zanker (1987) S.233 Abb. 182; vgl. dort S. 314 Abb. 249 und 250 die Statuen im ‚Jupiterschema‘ des vergöttlichten Augustus und des regierenden Kaisers Claudius vom Forum zu Leptis Magna; S. 234 f (mit Abb. 183b) zum sog. Schwert des Tiberius das Bildnis des thronenden Kaisers, dem Germanicus (oder Drusus d.J.?) eine Victoria überreicht. 10 Die archäologische Wissenschaft hat keine aus Repliken gewonnene Vorstellung vom Aussehen der Polykletischen Hera zu Argos, einer Gold-Elfenbein-Statue, die nur aus der – mageren – literarischen Überlieferung bekannt ist: vgl. dazu Kaiser (1990) S. 55 Nr. 19 (Parmenion AP 16/216), S. 63 Nr. 44 (Martial 10,89), S. 66 Nr. 55 (Paus. 2,17), S. 74 Nr. 85 (Max. v. Tyros, diss. 14,6).
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findet vor heidnischen Bildwerken statt, die zudem nicht nur überlebensgroß sind,11 sondern auch in unübertroffener Perfektion die nach menschlichem Vorbild gedachten Gottheiten abbilden.12 Jedenfalls galten „Phidias & Polyklet“ – ähnlich wie bis heute ‚Goethe & Schiller‘ für die deutsche Klassik – seit der Augusteischen Zeit als Markenname für die höchste Kunst einer an Realismus orientierten Bildhauerei.13 Wenn es dem Autor vornehmlich darauf angekommen wäre, auf den Verstoß des Herodes gegen das mosaische Abbildungsverbot aufmerksam zu machen,14 dann entspränge seine Aussage schärfster theologisch-moralischer Kritik an Herodes als dem Initiator dieser Götzenbilder. Mit dem josephischen Zitat ist somit weder belegt noch widerlegt, dass die Statuen des Augustus und der Roma im Tempel zu Caesarea tatsächlich die Meisterwerke von Phidias und Polyklet mehr oder weniger präzise kopierten. Als Beweis für die Rezeption des Augusteischen Klassizismus durch Herodes respektive gar als Zeugnis für eine opportunistische ‚Akkulturation‘ des ‚Klientelkönigs‘ eignet sich die Aussage allerdings keinesfalls. Den nach Flavius Josephus zitierten Gedanken, dass Herodes den Hafen den Seeleuten dediziert habe, hat vor einigen Jahren der Althistoriker und Epigraphiker Geza Alföldy aufgegriffen in seinem Vorschlag zur Rekonstruktion der berühmten, aber leider fragmentarischen Pilatus-Inschrift auf einem Spolienstein im Theater von Caesarea.15 Sie soll die Stiftung eines ‚Tiberieion‘, eines vieldiskutierten Bauwerks, durch den Procurator Pontius Pilatus bezeugen. Darunter ist mit Alföldy ein Turm – genauer: ein Leuchtturm – im Hafen der Stadt zu verstehen. Das passt ausgezeichnet zu den Adressaten der Stiftung, nämlich die ‚Seeleute‘: Alföldy liest NAVTIS unter Berufung auf die o.g. Angabe bei Flavius Josephus (BJ 1,21, 414).16 Wichtigstes Argument für diese Interpretation ist der Drusus-Turm, das Druseion, von dem Josephus sagt, er sei der schönste und höchste der vier Türme des Hafens gewesen. Für Alföldy liegt der Gedanke nahe, dass zu einem Druseion auch ein Tibe rieion gehören konnte, ja musste, da Drusus und Tiberius, die beiden Söhne der Livia aus ihrer Ehe mit Claudius Nero, in der römischen Herrscherpropaganda als 11 Der Zeus des Phidias im Tempel zu Olympia soll 12 Meter hoch gewesen sein. – Dickie (1996) S. 242 ff führt aus, dass mit ‚kolossos‘ Statuen von Überlebensgröße gemeint sind. 12 Man denke an den berühmten Zeus Nikephoros in Olympia, der auf den Betrachter so wirkte, als würde er sich gleich erheben und dabei mit seinem Kopf das Tempeldach durchstoßen; vgl. die Beschreibung bei Paus. 5, 11. 13 Vgl. die parallelen Nennungen von Phidias und Polyklet, gelegentlich mit auch anderen Bildhauern oder Malern, bei Kaiser (1990) S. 54 Nr. 15 (Cic. or. 5), Nr. 16 (Cic. ac. 2,146), Nr. 17 (Cic.fin. 2,215), S. 55 Nr. 20 (Dion.Hal., de Isocr. III 3,2), Nr. 21 (Dion.Hal. de Din. 7), Nr. 22 (Strab. VIII p. 372), S. 58 Nr. 29 (Anonym. de subl. 36,3), Nr. 30 (Plin. nat. 34,54 & 55), S. 62 Nr. 41 (Dion Chrys. 12.82), S. 64 Nr. 47 (Plut. Perikles 2), S. 65 Nr. 53 (Juv. Sat. 8), S. 78 Nr. 99 (Orig. c.Cels. 8,17). – Zur Interpretation vgl. Lahusen (1990) S. 39 f; Neumeister (1990). 14 Dies ist ein keineswegs seltener Vorwurf gegen Herodes: vgl. dazu Vgl. Vogel (2002) S. 222 ff; Günther (2005), S. 201 ff; Günther (2006) S. 54 ff. 15 Alföldy (1999). 16 Alföldy (1999) S. 104 f.
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Dioskuren gefeiert wurden. Daher fordere der von Josephus bezeugte Drusus-Turm geradezu einen Tiberius-Turm heraus, und in der Pilatus-Inschrift sei er dann auch bezeugt, nicht zuletzt weil diese eine Reparaturmaßnahme des Procurators – „RE FECIT“ – nennt. Somit geht Alföldy von der Existenz auch des Tiberius-Turmes bereits in der Zeit des Herodes aus. Es bleibt im Zusammenhang mit der Gründung Caesareas im allgemeinen und mit den Intentionen des Hafenbaus im besonderen zu fragen, wann und warum die fraglichen Türme ihre Benennung nach den beiden römischen ‚Prinzen‘ erfahren haben mögen. Bei Flavius Josephus heißt es wörtlich (BJ I,21): „(§ 412) Als der Bau (sc. des Hafens) bis zur Wasseroberfläche gediehen war, legte (Herodes) die aus dem Wasser herausragende Mauer in einer Breite von rund 200 Fuß an. Davon war ein Vorbau von 100 Fuß zum Brechen der Wellen bestimmt und wurde deshalb Prokymia ge nannt, der übrige Teil diente als Unterbau für die steinerne Mauer, die den Hafen umschloss. Diese war mit hohen Türmen versehen, von denen der bedeutendste und schönste (nach dem Stiefsohn des Caesar) Drusion hieß. (413)... Die Einfahrt des Hafens liegt nach Norden... An der Einfahrt befanden sich auf jeder Seite drei über lebensgroße Standbilder, aufgebaut auf Säulen, von denen die beim Einlaufen links gelegenen ein derber Turm trug, die rechts befindlichen Statuen auf zwei miteinan der verbundenen geraden Blöcken ruhten, die höher waren als der gegenüberlie gende Turm...“ Alföldy schreibt unter Bezug auf die amerikanisch-israelischen Ausgrabungen im Hafen Caesareas von 1980:17
„... Zwischen den beiden Molenspitzen führte von Nordwesten her eine enge Einfahrt in das Innere des Hafens. Das Druseum ist sehr wahrscheinlich mit dem Turm zu identifizieren, der am nördlichen Ende der Mole stand, alle anderen von Herodes errichteten Hafenbauten überragt haben dürfte und offenbar als Leuchtturm diente... Am gegenüberliegenden Endpunkt der nördlichen Mole wurde unter Herodes offenbar kein ähnlich monumentales Bauwerk errichtet. Denn sonst hätte Josephus zusammen mit dem Druseum auch diesen Turm als einen der größten und schönsten Türme des Hafens von Caesarea erwähnen können. Aber es dürfte sich von selbst verstehen, dass sich an der Spitze der Nordmole von Anfang an eine wie auch immer konstruierte Anlage befand, die den Schiffern bei Nacht als starke Lichtquelle anzeigte, wo sie in den Hafen einfahren konnten. Um den Seefahrern die Richtung zum Hafen hin am Tag durch seinen Rauch, bei Nacht durch sein Licht schon aus der Ferne anzugeben, genügte ein einziger, großer Leuchtturm, dessen optimaler Platz die Spitze einer der beiden Molen war. Aber um den Weg nachts in das Hafeninnere zu finden, brauchten die Navigatoren ein Positionslicht auch auf der anderen Seite der Einfahrt. Es liegt nahe, daß auf der Spitze der nördlichen Mole zu diesem Zweck schon Herodes eine entsprechende Anlage errichten ließ, die als Pendant zum Druseum bereits damals als Tiberieum benannt wurde. Pilatus dürfte an der Stelle dieser früheren Konstruktion, die während der Herrschaft des Tiberius vielleicht als nicht groß genug empfunden wurde oder inzwischen möglicherweise eingestürzt war, unter Beibehaltung des Namens des herodianischen Vorgängerbaus einen neuen Turm und damit einen zweiten großen Leuchtturm für den Hafen erbaut haben...“
Sein Resüme lautet dann:18 17 Alföldy (1999) S. 96 ff. 18 Alföldy (1999) S. 101 f.
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Linda-Marie Günther „Das Tiberieum und das Druseum Caesareas wären somit als zwei Bauwerke, die das Brüderpaar aus dem Herrscherhaus verherrlichen sollten, von vornherein in gegenseitigem Bezug zueinander errichtet worden.... Die Botschaft der Gesamtheit dieser Anlagen ist unmißverständlich. Die Sicherheit der Schiffahrt und damit der Wohlstand des Reiches sei dem Kaisertum zu verdanken, das nicht nur durch Augustus, sondern auch durch seine Nachkommen verkörpert wurde... Bei Nacht konnte man das Licht der nach Tiberius und Drusus benannten beiden Leuchttürme als ein Symbol für das kosmische Licht empfinden, das diese beiden leuchtenden Sterne des Herrscherhauses, die concordia sidera, ausstrahlten.“
Da nach den literarischen Zeugnissen dem Tiberius kein ähnlicher Turm wie seinem jüngeren Bruder Drusus gewidmet war, stellt sich die Frage nach den Gründen für die darin möglicherweise erkennbare „Benachteiligung“ des prospektiven Nachfolgers des Augustus durch Herodes.19 Sie beantwortet der Autor vor allem mit der Vorstellung, dass die Bauarbeiten „möglicherweise erst um 6 v. Chr.“ ausgeführt wurden, also zu einem Zeitpunkt, als sich Tiberius ins selbstgewählte Exil nach Rhodos zurückzog; daher habe Herodes damals auf die eigentlich geplante Errichtung eines großen Monuments auch für ihn verzichtete. Bei den Vorschlägen freilich, die Alföldy für die Benennung der insgesamt sechs kolossalen Statuen auf den beiden Molenspitzen der Hafeneinfahrt macht, ist Tiberius – neben Drusus, Livia, und Augustus sowie den Adoptivsöhne, Caius und Lucius Caesar – durchaus vertreten.20 Dagegen geht m. E. eine Benennung des Druseums nach dem ‚Stiefsohn des Caesar‘ („ épÚ toË Ka€sarow progÒnou“) nicht zwingend aus dem Text bei Flavius Josephus hervor: Was wäre denn das Vorbild für die Benennung des Hafenturmes nach Drusus oder gar zweier Türme nach Drusus und Tiberius? In einem früheren Abschnitt bei Josephus heißt es über die Benennung von Gebäuden bzw. Räumen, dass sie nach lebenden Personen und besonderen Freunden des Königs erfolgte:21 Die Burg in Jerusalem nannte Herodes Antonia (ÉAntvn€an §kãlesen efiw tØn ÉAntvn€ou timÆn), im eigenen Palast in der oberen
19 Vgl. Alföldy (1999) S. 101, der zugleich als eine andere Erklärung vorschlägt, dass die Ausführung eines auch für Tiberius geplanten Turmes durch den Tod des Herodes 4 v. Chr. verhindert wurde und dass sich sowohl der Nachfolger (i.e. Archelaos) wie seit 6 n. Chr. die zuständigen römischen Präfekten „...sich mit einer vorläufigen Konstruktion zufrieden gegeben haben“ (l.c.). 20 Alföldy (1999) S. 101 f schließt aus der archäologischen Fundsituation bei denjenigen Blöcken, die jeweils die Fundamente der Türme gebildet haben sollen, auf die in BJ 1,413 bezeugten monumentalen, von Säulen getragenen Statuen: „Wen die erwähnten Statuen darstellten, läßt sich wohl unschwer erraten..“ (S. 102); beim Drususturm hätten demnach neben dem als unzweifelhaft gedachten Drusus „am ehesten“ Augustus und Livia gestanden, am anderen, hier postulierten Tiberius-Turm „obligatorischerweise eine Statue des von Drusus untrennbaren Tiberius“ sowie erneut Augustus und Livia oder „die beiden zur Zeit der Errichtung des herodischen Hafens lebenden Adoptivsöhne des Augustus, Caius Caesar und Lucius Caesar...“ (l. c.). 21 BJ 1,401 f.
Herodes, Caesar (Augustus) und Caesarea
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Stadt nannte er (proshgÒreusen) zwei der größten und schönsten Gebäude (o‰koi) nach seinen Freunden (épÚ t«n f€lvn Kaisare›on und ÉAgrippe›on). Damit wollte er die Erinnerungen an diejenigen Männer wach halten, denen er so viel verdankte. Auch in Jericho nannte er nach denselben einige der neuen Palastgebäude (épÚ t«n aÈt«n »nÒmasen f€lvn).22 Ein Vorbild für die Benennung des Hafenturmes/der Hafentürme ist hier nur bedingt zu erkennen. Eine weitere Überlegung kommt hinzu: Wenn Herodes dem größten und schönsten der Türme einen speziellen Namen gab, musste er ihn spätestens im Kontext der Einweihungsfeierlichkeiten (10/9 v. Chr.) parat haben, und zwar einen, der – in Parallele zur Benennung von Gebäuden nach hochmögenden Freunden – zugleich auf ihn selbst als einen Dankbaren verwies. Welchen Vorzug hätte hier Drusus, der damals noch lebte, vor seinem älteren Bruder Tiberius gehabt, dem derzeitigen Gatten der Julia und somit Schwiegersohn des Augustus? Wenn es, wie Alföldy meint, darum gegangen wäre, das quasi wohltätige Kaisertum auch in den Nachfahren des Augustus zu erfassen, hätten da nicht mindestens ebenso gut Caius und Lucius Caesar, die Adoptivsöhne des Augustus, eine derartige Ehrung ‚verdient‘? Allein dieser Gedanke macht deutlich, dass die Vorstellung von einem Herodes, der sich mit der Benennung des Turmes am Hafen (ggf. des Leuchtturmes) einen ‚weißen Fuß‘ in Rom machen wollte, primär aus der modernen Auffassung vom Klientelkönigtum erwächst. Herodes fasste ganz offensichtlich eine Ehrung seiner Freunde in Form der Benennung eines Bauwerkes auch als einen konkreten Dank auf, den er durch die Erweisung von timÆ den Förderern seiner basile€a abstatten konnte. Dass er dies aus eigensüchtiger filotim€a machte, betont Flavius Josephus immer wieder und gerade im Kontext des hier relevanten Kapitels. Man müsste also erwarten dürfen, dass Drusus – wie entsprechend auch Tiberius – sich in irgendeiner Form als Freund des Herodes erwiesen hatte, doch davon ist in der erhaltenen Überlieferung keine Rede. Die einzige Erläuterung, die Flavius Josephus zu Drusus gibt ist, dass er „jung gestorben“ sei.23 Somit ist wahrscheinlich gemacht, dass es wohl kaum schon Herodes war, der den größten und schönsten Turm der Hafenmauer Druseion nannte. Die passivische Formulierung (k°klhtai DroÊsion...) lässt durchaus offen, dass es sich um eine Benennung durch andere handeln kann. Bei der Frage, unter welchen Umständen der Drusus-Turm – der (gegen Alföldys Vermutung) nicht der Leuchtturm gewesen sein muss – seinen Namen erhalten hat, mag ein Blick auf die späteren Angehörigen des Kaiserhauses namens Drusus helfen: Neben dem ‚älteren‘ Drusus, dem Sohn der Livia und Bruder des Tiberius, ist da dessen gleichnamiger Sohn, besser bekannt als (Nero Claudius Drusus) Germanicus, der im Herbst 19 n. Chr. in Syrien (bei Antiocheia) unter ungeklärten Umständen ums Leben kam.24 Dessen Sohn, also der 22 BJ 1,407. 23 AJ 19,336. 24 Zu Germanicus vgl. Pani (1987); zur Reiseroute des Germanicus von Syrien nach Ägypten vgl. Weingärtner (1969) S. 69 ff (Seereise?); zum Prozess gegen Cn. Piso wegen des Todes des Germanicus vgl. Eck/Caballos/Fernández (1996) bes. S. 145 ff.
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Enkel des ‚älteren Drusus‘, ist uns unter seinem Spitznamen Caligula besser bekannt, aber auch noch Kaiser Claudius, der Bruder des Germanicus, somit gleichfalls Sohn jenes ‚älteren‘ Drusus, hieß einst Drusus. Nicht zu vergessen ist in dieser Reihe schließlich Kaiser Nero, als Sohn der Germanicus-Tochter Iulia Agrippina ein Urenkel des ‚älteren‘ Drusus. Als der nachmalige jüdische Geschichtsschreiber Josephus geboren wurde und unter Caligula, Claudius und Nero – in Jerusalem – aufwuchs, war allem Anschein nach in Caesarea der Name Druseion für den größten Hafenturm geläufig. Dass man ihn traditionsgemäß auf den Stiefsohn des Dynastiegründers zurückführte, verwundert nicht, doch ist nicht ausgeschlossen, dass die Bevölkerung dabei weniger an jenen ‚älteren‘ Drusus, den Stiefsohn des Augustus („Ka€sarow progÒnou“), dachte als an den Ahnherren (prÒgonow) der aktuellen Kaiser. Kurz: Mir ging es mit meinen Überlegungen nicht darum, die These Alföldys zu widerlegen, was irgendeinen Tiberius-Turm in Caesarea angeht, sondern lediglich darum aufzuzeigen, dass der literarisch bezeugte Drusus-Turm seinen Namen nicht bereits von Herodes erhalten haben muss. Ist eine solche Benennung also nicht zu erweisen, verbieten sich auch Rückschlüsse auf die ‚adulatorischen‘ und gänzlich am Wohlwollen des Augustus orientierten Intentionen des Königs von Judäa. Methodisch sauber sollte ich vielleicht hinzufügen: wenn sich die Benennung nach dem älteren Drusus bereits durch Herodes erweisen ließe, bliebe zu fragen, welche konkrete Beziehung und Freundschaftsleistung zwischen ihm und Herodes bestanden hatte respektive, wieso um 10/9 v. Chr. Herodes mit der Benennung auffälliger Bauwerke nach römischen Personen nun anderen Vorgaben folgte als bisher. Die opinio comunis ordnet die Bautätigkeit des Herodes der augusteischen Baupolitik zu; stellvertretend dafür sei hier D. Kienast zitiert, der in seinem Buch über Augustus im Anschluss an die Darstellung der Baupolitik des Princeps äußert:25 „Auch die von Augustus abhängigen Klientelfüsten haben durch reiche Spenden und Stiftungen die Bautätigkeit im Reich gefördert. Am bekanntesten ist die Bautätigkeit des Herodes...“ Bei Kienast spielt – eigenartigerweise – die Vorstellung eine Rolle, Octavian habe mit seinen beiden Städtegründungen namens Nikopolis in Griechenland und im östlichen Vorort von Alexandria in Ägypten bezweckt, Gegengewichte zu den beiden antoniusfreundlichen Städten zu schaffen, in denen Kienast zugleich die „wichtigsten Metropolen der griechischen Welt“26 sieht: zum einen gegen Athen, zum anderen gegen Alexandria. Bei aller Skepsis gegen die zitierte These im Ganzen liegt doch der Gedanke nahe, auch Herodes habe mit seiner Neugründung Caesarea bewusst eine Konkurrentin schaffen wollen zu einer der bisherigen ‚Metropolen‘ in der Levante. Flavius Josephus spricht nämlich einige Aspekte an, die den besonderen Ehrgeiz des Königs
25 Kienast (1982) S. 361 f. 26 Kienast (1982) S. 373, wo noch hinzugefügt ist: „Und deswegen hat auch König Herodes als Philhellene der Stadt (sc. Nikopolis) mehrere Bauten gestiftet.“
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betonen:27 Die neue Stadt ist eine glänzende, marmorne anstelle einer verfallenen;28 der Straßenplan ist ein vergleichsweise neuartiger und erinnert an hellenistische Stadtgrundrisse wie in Milet oder Alexandria bzw. an das ‚hippodamische‘ System im Piräus; die Materialen müssen von weit und überall her geholt werden, was einem neuen Zentralort gut ansteht. Nicht zuletzt zitiert eine Weihung „für die Seeleute“, wie sie Flavius Josephus für den Hafen von Caesarea angibt, die Dedikation des Pharos von Alexandria, den einst der Knidier Sostratos als Königsfreund Ptolemaios’ II. hatte erbauen lassen.29 Schließlich ist der Vergleichsmaßstab für den ambitionierten Hafen der Piräus. Die josephische Beschreibung des Bedarfs der Seefahrer an der Küste hebt auf den Mangel an einem Hafen auf der Strecke „zwischen Dora und Joppe“ ab.30 Es geht also um die Schifffahrt entlang der phönizischen Küste mit Ziel Ägypten bzw. konkret Alexandria. Dass das neue Caesarea als Hafen zwischen demjenigen von Dora und Joppe dringend benötigt wurde, ist freilich irreführend, denn diese beiden Städte lagen zu jener Zeit nahezu so darnieder wie Stratonsturm. Es folgten als Häfen im Süden Askalon, Gaza und Pelusion; im Norden folgten auf Dora erst Akko-Ptolemaïs, dann Tyros und Sidon. Die mit einem sehr guten Hafen versehene und als traditionell judenfeindlich geltende Stadt Akko-Ptolemaïs31 diente trotz ihrer (nominellen) Autonomie dem syrischen Statthalter als Truppen- und Flottenstützpunkt, worin Herodes einerseits eine dauerhafte Gefährdung Judäas (und 27 Nach AJ 15,331 baute Herodes die verfallenen Gebäude des Ortes Stratonsturm „mit großer Pracht und Sorgfalt aus weißem Marmor wieder auf“; — BJ 1,414: „Die an den Hafen stoßenden Gebäude waren ebenfalls von weißem Marmor, und die Straßen der Stadt liefen in gleichen Abständen voneinander alle auf den Hafen zu.“ — AJ 15,3332: „Der Bau der Stadt musste um so mehr Aufsehen erregen, als der Ort selbst die hierzu notwendigen Materialen nicht darbot, diese vielmehr anderweitig herbeigeschafft und mit großen Kosten zugerichtet werden mussten“ — „... Er versah, was ein äußerst schwieriges und mühevolles Werk war, die Stadt mit einem sehr sicheren Hafen, der an Größe dem Piräus gleichkam.“ (l.c. § 332) — BJ 1,410: „Der König jedoch besiegte durch seinen Ehrgeiz und unter Aufwendung bedeutender Kosten die Natur und schuf einen Hafen, der den Piräus an Größe übertraf.“ 28 Dies gemahnt wohl nicht zufällig an die von Sueton (Augustus 28,3) überlieferte stolze Bemerkung des Augustus, er habe Rom aus einer Ziegelstadt in eine Marmorstadt umgewandelt: „Urbem neque pro maiestate imperii ornatam et inundationibus incendiisque obnoxiam excoluit adea, ut iure sit gloriatus marmoream se relinquere, quam latericiam accepisset.“ – zur Baupolitik selbst vgl. Augustus, Res gestae 19–21; Sueton, Augustus 29–30. 29 Nach Strabon 17,791 soll die Dedikationsinschrift gelautet haben: „S≈stratow Dejifãnouw Kn€diow yeo›w svt∞rsin Íp¢r t«n plvizom°nvn“. 30 Fl. Jos., BJ 1,409 „Denn zwischen Dora und Joppe, zwischen denen die Stadt liegt, war damals die ganze Küste hafenlos, sodaß jeder, der an der phönizischen Küste entlang nach Ägypten segelte, das Schwanken in der offenen See auf sich nehmen mußte wegen der Bedrohung durch den Westwind, der, wenn er auch nur mäßig weht, die Wogen derartig gegen die Felsen wirft, daß die zurücklaufenden Wellen das Meer hoch aufpeitschen.“ – Vgl. AJ 15,333 „Die Stadt liegt in Phönikien, an dessen Küste man auf der Reise nach Ägypten vorbeifährt, zwischen Dora und Joppe. Diese Seestädtchen sind hafenlos und den heftigen von Afrika her wehenden Winden ausgesetzt, welche den Meeressand ans Ufer schleudern und kei ne ruhige Landung gestatten, so dass die Kaufleute hier meist im offenen Meer vor Anker gehen müssen...“ 31 Vgl. Kashtan (1988) bes. 46.
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Galiläas), andererseits eine unnötige ökonomische Konkurrenz gesehen haben mochte. Es würde m. E. nicht überraschen, wenn es dem judäischen König in der ihm ‚geschenkten‘ nordpalästinischen Küstenzone darum gegangen wäre, eine Hafenstadt zu schaffen, die insbesondere Akko-Ptolemaïs in den Schatten stellte. Die eigenartige josephische Formulierung, Herodes habe die Stadt der eparchia geweiht, mag genau darin eine Spitze gegen Akko-Ptolemaïs haben. Während Herodes Stratonsturm ausbaute, war sein besonderer Freund M. Vipsanius Agrippa in Athen und bei dessen Hafen als Baumäzen tätig,32 so dass der König nicht zufällig sein ehrgeiziges Projekt am Piräus – oder besser: dem Mythos vom Piräus – ausrichtete: Sollte Caesarea eine ‚metropolitane‘ Rolle an der phönizischen Küste übernehmen? M. E. hatte Herodes nicht die Absicht, bescheiden hinter den von den Römern ausgebauten oder wiederaufgerichteten Städten zurückzustehen, vielmehr sollte Caesarea eine prächtige Etappe in der Levante sein, vielleicht eine Mischung aus ‚Kleinathen‘ und ‚Kleinalexandria‘. Das Stichwort Alexandria verweist noch auf einen anderen Aspekt des Themas „Neugründung von Caesarea“, nämlich auf die dortigen Bürger und den politischverfassungsmäßigen Zuschnitt der neuen Stadt. Aus den Berichten des Flavius Josephus über diejenigen historischen Entwicklungen, die 66 n. Chr. zum Ausbruch des Jüdischen Krieges geführt haben, geht mit wünschenswerter Klarheit hervor, dass die für Caesarea bezeugten massiven Unruhen um den bürgerrechtlichen Status der Bewohner gingen. Allem Anschein nach waren die beiden Bevölkerungsteile, nämlich die Juden und die sog. Syrer und Griechen, mit der verankerten bürgerrechtlichen Gleichheit schlecht zurecht gekommen; nun wollte jede Gruppe der anderen nur den Status privilegierter Residenten zugestehen. Dabei hatten die ‚Griechen‘ die Situation in Alexandria vor Augen, die ihnen den Vorrang vor dem lediglich privilegierten Politeuma der Juden einräumte,33 während die Juden in Caesarea darauf beharrten, dass diese Stadt als Gründung des Juden Herodes ‚ihre‘ Stadt sei. Dies konterten die ‚Syrer‘ mit dem Argument, es hätte Herodes für Juden als tonangebende Bewohnerschaft in Caesarea wohl kaum all jene Standbilder und Tempel errichtet.34 Auf den Hintergrund dieser Gedankenführung ist es sehr wohl möglich, dass Herodes in Caesarea eine ‚polis‘ schaffen wollte, in der diejenigen Juden, die ohnehin bereit waren – wie etwa in Alexandria –, in politischer und kultureller Gemeinschaft mit ‚Hellenen‘ zu leben, hier nun volles, gleiches Bürgerrecht haben konnten – hier freilich anders und besser als in Alexandria. Damit hätte wohl ein leidiges Problem, das man aus allen ‚gemischten‘ Städten der hellenistischen Welt kannte, exemplarisch und ohne bürgerrechtliche Benachteiligung für die Juden ge32 Kienast (1982) S. 357 m. Anm. 182a–184. – Auf die wassertechnischen Bauten eines Agrippa verweist indirekt der Bericht bei AJ 15,339 f über das unterirdische Kanalsystem in Caesarea, „...so dass das Regenwasser und die Schmutzwässer der Stadt abfließen und die Meeresfluten von außen eindringen konnten, wodurch die ganze Stadt unterspült und rein gehalten wurde“ (§ 340). 33 Vgl. Bringmann (2005) S. 7–21, bes. 11 ff. – Vgl. den Beitrag von M. Bernett in diesem Band, S. 48 f. m. Anm. 3 f. 34 BJ 2, 13,266.
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löst werden sollen. Herodes, der als Protektor der Diaspora-Juden auch die Aufmerksamkeit eines Kritikers wie Flavius Josephus erregt hatte,35 glaubte sich offenbar hinsichtlich der Rechtssicherheit und der garantierten Privilegien für Juden unter römischer Herrschaft auf Augustus verlassen zu können. Daher mag er ‚seine‘ Stadt Caesarea, die der Ehre des Kaisar gewidmet war, für bestens geeignet gehalten haben, die neue Symbiose zu realisieren. Denkt man in dieser Richtung weiter, so dürfte es nahe liegen, dass es vornehmlich die nichtjüdischen Elemente der Bürgerschaft von Caesarea waren, die Benennungen prominenter Gebäude – wie des größten Turmes am Hafen – nach einem römischen ‚Prinzen‘, einem Angehörigen des römischen Herrscherhauses, akzeptierten und tradierten. Und eben sie sind es dann ja gewesen, die von einem Nachfahren des älteren Drusus, von Kaiser Nero, ihre Vorstellungen, durch welche die Juden Caesareas diskriminiert wurden, auch durchsetzen konnten. Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass es wohl nicht schon Herodes gewesen ist, der den ‚größten und schönsten‘ der Türme der Hafenmauer zu Ehren des Drusus benannte; entsprechend hat es auch kaum damals bereits ein Tiberieion als Pendant zum Druseion gegeben. Demnach ist Herodes, der sich nach den modernen Kategorien selbstredend als römischer Klientelkönig definieren lässt, doch nicht als ein romhöriger Bauherr zu erweisen, der in einer dem Augustus Kaisar gewidmeten Stadt (Caesarea) mit den Namen für einzelne hervorragende Bauten den Stiefsöhnen des Augustus seine Reverenz zu erweisen suchte. Caesarea ist vielmehr ein höchst ehrgeiziges Bauprojekt des Königs, mit dem er einerseits in positiven Wettstreit mit den Vorhaben des Augustus und des M. Agrippa trat, andererseits in der Tradition hellenistischer Euergeten und Oikisten sogar eine Stück politische Utopie zu realisieren suchte.
35 Vgl. insbesondere die vieldiskutierte Rede des Nikolaos vor Agrippa 14 v. Chr.: AJ 16,27 ff; vgl. den von Fl. Josephus resümierten Rechenschaftsbericht des Königs vor einer ‚Volksversammlung‘ in Jerusalem: „Hier trat er vor und stattete über seine ganze Reise Bericht ab und machte namentlich Mitteilung davon, dass er den Juden in ganz Asien die Gewährleistung ihrer Rechte erwirkt habe.“(AJ 16/63); vgl. Günther (2005) S. 206 ff.
Jörg-Dieter Gauger (Bonn)
Herodes’ hellenistische (?) Hofhaltung Herodes war Jude, auch wenn seine Gegner dies in polemischer Absicht infragestellten und der Begriff Ioudaios ein vielfältiges, daher auch immer wieder umstrittenes Spektrum möglicher Observanz zuließ. Sonst wäre auch das Judentum der Akteure im Tobiadenroman, wie es uns Josephus präsentiert, zweifellos fragwürdig gewesen. Es gibt aber keine Kritik am äußeren, deutlich hellenistisch geprägten Auftreten des Herodes. Denn schon seine hasmonäischen Vorgänger Jonathan und Simon ließen sich bereitwillig in das seleukidische Hoftitelsystem einbinden (s.u. S. 97 f.), mit den zugehörigen äußeren Attributen, in 3 Esra 3 ist es der Jude Serubabel, der sich um einen (hellenistischen!) Hofrang bewirbt, der erste Hasmonäerkönig Aristobul übernimmt das Diadem, Alexander Jannaios soll sogar den Beinamen fil°llhn geführt haben (AJ 13,318). Daher ist auch die Herrscherpräsentation des Herodes durch äußere Kennzeichen geprägt, die hellenistisches Kolorit verraten: Diadem und Krone, Szepter und Purpurmantel, seine Söhne erhalten ihn zusammen mit einem eigenen Hofstaat (yerape€a basilikÆ) als „königliches Gewand“ (ΒJ 1,465), im Purpur erscheint auch sein Mitregent Antipater kurz vor seiner Verhaftung im Palast (AJ 17,90). Auch andere Elemente wären hier kumulativ zu erwähnen wie der Herrschereid, die Benennung von Städten/Bauwerken nach dem eigenen Namen (Herodeion) oder dem Namen von Verwandten, etwa seines Bruder Pheroras, die euergetes-Gesten gegenüber griechischen Städten in Syrien bzw. im Mutterland, all das gehört dazu, um sich in die Linie der hellenistischen Monarchen einzureihen. Allerdings wird der Hof selbst nur selten näher behandelt. Aber so „hellenistisch“ Herodes’ eigene Repräsentation auch gewesen ist, inwiefern lässt sich auch sein „Hof“ – die aÈlÆ oder den Palast einschließend bas€leion – und dessen Struktur und Personal – ofl per‹ tØn aÈlÆn, per‹ tÚ
Vgl. überzeugend Vogel (2002) S. 213 ff.; s. auch Günther (2005) S. 200 ff. Vgl. neben Josephus BJ/AJ passim noch AscMos 6,1 ff.; darauf zu verweisen ist allerdings auch, dass die Qumran-Kritik an den Hasmonäern nicht durchgängig war, vgl. 4Q448: Gebet auf Alexander Jannaios. An Archelaos wird allerdings kritisiert, er habe sich nach dem Tod des Herodes königlichen Vergnügungen hingegeben: Mahl, Singen, Tanzen (AJ 17,235). Vgl. BJ 2,3; abgelegt vor dem Besuch bei Augustus und zurückerhalten (AJ 15,187.195); für Aristobul I. BJ 1,70. AJ 17,197; s. noch AJ 14,173. AJ 15,368. Vgl. auch Günther (2005) S. 213 ff.
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bas€leion – als typisch hellenistisch beschreiben? Folgt man dem Beitrag von Hatto H. Schmitt im jüngst erschienenen „Lexikon des Hellenismus“ s.v. Hof, ist die Frage nach dem spezifisch Hellenistischen so einfach nicht zu beantworten, denn „Höfe“ sind der Logik der Sache nach gleichförmig. Es bedarf entsprechender Unterbringung, des Palastes oder mehrerer Paläste (s. Persepolis/Susa), es bedarf des Bedienungspersonals (yerape€a, yerãpontew), wobei yerape€a auch den Hofstaat und dessen Auftreten meinen kann.10 Josephus nennt es kÒsmow bas€leiow/ basilikÒw;11 es bedarf der Leibwächter (dorufÒroi seit Peisistratos oder svmatofÊlakew seit Alexander), es bedarf der Kanzlei (s. Eumenes unter Philipp II. und Alexander) und des Archivs (s. Esra/Esther) mit entsprechender Besetzung, es bedarf Verwalter und Finanzbeamter, es bedarf der Verbindung zur Reichsverwaltung in den Provinzen, und es bedarf der Verbindung zum Militär. Allein für den Ptolemäerhof lässt sich eine Fülle von Personen nachweisen,12 von denen uns die zufällige Überlieferung Kunde gibt, ohne dass wir häufig mehr als von ihrer Existenz wüßten, die aber allesamt dadurch charakterisiert werden können, dass sie dort ihren Lebensunterhalt finden:13 Aufseher, Prinzenerzieher, Dienst- und Botenpersonal, Funktionäre der Hofverwaltung, Hofnarren und Parasiten, Hofdamen, diplomatisches Personal, Reichsbeamte wie Gouverneure, Strategen, Militärbefehlshaber, Militär am Hof, Juristen, Priester, Verwaltungs- und Finanzfunktionäre, Pagen und diverse Formen von „Kulturschaffenden“. Daneben erscheinen Personen, bei denen ein besonders enges Verhältnis zum König auf Grund gemeinsamer Erziehung, also Jugendfreundschaft, konstatiert wird: der sÊntrofow (vgl. BJ 1,215) oder der Lehrer des Herrschers, der eventuell später am Hof verbleibt (s. Alexander d. Gr.). Sehr viel einfacher scheint noch der angebliche Hof Davids strukturiert: Dort werden genannt führende Militärs, ein Verwalter (in der Form der Frondienste), der Sprecher des Königs (also wohl eine Art Herold), der Kanzleichef (Staatsschreiber) und Priester (2 Sam 20,23 ff.); und 1 Chr 18,17 fügt hinzu: „Die Söhne Davids waren die ersten an der Seite des Königs“, also seine engsten Verwandten. Und es bedarf der Distinktion des Königs im Unterschied zu „Privatleuten“;14 auch das ist nicht neu, im Auftreten, im erhöhten Sitz, dem Thron, in der Kleidung – daher wird auch für Herodes einmal ausdrücklich bemerkt, er habe sich wie ein „Privatmann“ gekleidet,15 also nicht wie sonst üblich; aber schon Deiokes bei Herodot (1,98 ff.) weiß um die Wirkung „königlichen“ Auftretens, indem er neben Palast und Leibwächtern auch ein Hofreglement einführt, das ihn von den Untertanen abhebt. AJ 15,71; 16,133; ofl katå tÚ bas€leion BJ 1,72.473. Schmitt (2005) Sp. 457 ff. Vgl. AJ 13,422 (yerãpontew des Aristobul); 14,291 (Herodes vor seiner Erhebung zum König); Íphr°tai (AJ 15,242.287). 10 Für Herodes’ Sohn Antipater etwa BJ 1,573; pãs˙ tª basilikª yerape€& (AJ 15,199); yerape€a lamprã (BJ 1,573); s. weiter AJ 13,304.306. 11 Vgl. BJ 1,132 (…w oflÒn te basilik≈tata kekosmhk∆w •autÒn). 12 S. auch Weber (1997) S. 27 ff. 13 Man vgl. dazu die Schilderung des Hofes Wilhelms II. bei Röhl (2002) S. 78 ff. 14 Vgl. BJ 1,387.393. 15 AJ 15,367: fidi≈tou sx∞ma.
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Zu allen Höfen gehört mithin die Entourage, also Personen, die den engeren Umkreis des Herrschers bilden, ihn beraten, begleiten, Missionen übernehmen, leitende Funktionen am Hof, in der Reichsverwaltung und im Militär ausfüllen. Dafür wird schon sehr früh der Begriff des f€low/der f€loi üblich (daneben stehen allerdings auch andere Bezeichnungen, die personale Nähe umschreiben). Nun besagt diese Wortwahl für das Königtum noch nicht viel, denn jeder „Mächtige“, „Einflussreiche“ hat naturgemäß „Freunde“, Peisistratos etwa ebenso wie Themistokles, die sizilischen Tyrannen wie Dionys II.16 ebenso wie etwa der Phoker Philomelos,17 wobei es sich keineswegs nur um persönliche Freunde gehandelt haben dürfte, zu denen man auch in einer engen persönlichen Beziehung steht, dem Freundschaftsideal der Antike entsprechend, sondern der Begriff kann Anhänger, Parteigänger, Mitarbeiter, Helfershelfer usf. umschreiben; auch dabei sind immer wieder Abstufungen erkennbar.18 Es ist hier nicht der Ort, die mit vielen Problemen beschwerte Entstehungsgeschichte der hellenistischen f€loi-Institution seit Philipp II. und dann v.a. Alexander d. Gr. nachzuzeichnen; das Gleiche gilt für die Frage nach der Herkunft solcher Titulaturen aus dem orientalischen Bereich, etwa aus Ägypten19 oder aus Vorformen an nachdavidischen Höfen, wo die Septuaginta einmal von einem •ta›row und einem pr«tow f€low des jeweiligen Herrschers spricht (1 Kge 4,5; 1 Chr 27,33). Sicher festzuhalten ist, dass sich seit Philipp ein Dienstadel herausgebildet hat, und zwar jenseits persönlicher Neigungen und Vorlieben des Herrschers,20 die sich auf ganz verschiedene Personen richten konnten.21 Dieser Dienstadel – Chr. Habicht22 bezeichnete ihn als die „herrschende Gesellschaft in den hellenistischen Monarchien“ –, bestand üblicherweise aus als f€loi bezeichneten Personen um den Herrscher;23 die ältere Bezeichnung •ta›roi wurde dadurch abgelöst. Wir können uns nur sporadische Vorstellungen machen24 über die Zahlen derjenigen, die offen16 Diod. 15,74,2; 16,16,4. 17 Diod. 16,27,4. 18 Vgl. etwa Diod.16,47,3: Rosakes als pistÒtatow t«n f€lvn metå Bag≈an (Artaxerxes). 19 Zu Recht zurückgewiesen von Mooren (1975) S. 233 ff. 20 So soll nach AJ 17,44 Herodes einem gewissen Karos wegen seiner Schönheit besonders zugetan gewesen sein. 21 Nach Athen. 6,260a soll ein thessalischer Sklave Agathokles den größten Einfluß auf Philipp II. gehabt haben, den der König wegen seiner Späße beim Gastmahl sehr schätzte und mit dem er tå m°gista beriet. Bei Lysimachos stand der Komödiendichter Philippides, f€lon ˆnta ka‹ sunÆyh, in hoher Gunst. Demetrios Poliorketes mokierte sich über dessen Hofleben: er verglich das Treiben dort mit einer Komödienszene, trügen doch alle Anwesenden zweisilbige (Sklaven-) Namen (Athen. 14,614e).Besonders habe er sich – so Athenaios weiter – über Bithys und Paris ausgelassen: meg€stouw ˆntaw parå Lusimãxƒ. Athenaios berichtet auch von zwei §r≈menoi Antiochos’ II. (Athen. 10,438d), die die Reichsgeschäfte leiteten, wenn der König betrunken war, überdies bevorzugte er (Athen. 1,19c) den Tänzer Archelaos (mãlista §tim«nto t«n f€lvn) u.a.m. 22 Habicht (1958) passim. 23 Vgl. dazu Kortenbeutel (1941); Herman (1997); Konstan (1997) S. 93 ff.; Mooren (1998) S. 122 ff.; zu den Antigoniden Le Bohec (1985; Titel honorati amici = tim≈menoi f€loi?). 24 500 Purpurträger (•ta›roi) um Alexander nennt Athen. 12,539 f/540a; Le Bohec (1985) kann
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bar auf entsprechende „Plan-Stellen“25 angeworben, berufen,26 auf Listen erfasst werden27 respektive die, die von Dritten – in der Historiographie, aber auch inschriftlich28 – als zugehörig bezeichnet werden und deren Zugehörigkeit sich auch äußerlich dokumentiert. Seneca jedenfalls nennt es eine „alte Gewohnheit bei Kö-
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25 f€loi namentlich für den Antigonidenhof ermitteln; in Daphne 168 v. Chr. tritt ein sÊntagma von 1000 „Freunden“ Antiochos’ IV. an (Polyb. 30,25,8), wir können aber nur einen Bruchteil davon erfassen, s. die Prosopographie bei Savalli-Lestrade (1998). Polybios 15,25,20, spricht von freigewordenen x«rai, die Agathokles 203 v. Chr. in diesem Falle allerdings besetzt „mit den Nichtsnutzigsten und Dreistesten aus dem Hofstaat [§k t∞w diakon€aw] und der Dienerschaft [t∞w êllhw Íphres€aw; der Begriff auch AJ 16,97].“ Wenn Diod. 19,36,3-4 darauf hinweist, viele Personen hätten sich um die fil€a, die „Freundschaft“ zu Ptolemaios I. beworben wegen seiner Großzügigkeit, dann kann das doch nur bedeuten: Bewerbung um einen Posten, denn um die Freundschaft eines Mannes kann man sich ja schlecht bewerben, wenn echte fil€a gemeint ist. Wenn der nämliche Ptolemaios bei Diod. 19,86,2 den Kommandanten von Sidon Andronikos, der ihn vorher beschimpft und die Übergabe der Stadt verweigert hatte, nach dessen Gefangennahme zu einem seiner f€loi macht (ßna t«n f€lvn poihsãmenow), dann kann doch nur gemeint sein, dass er ihn in diesen Kreis kooptiert, also Titel und Funktion bei Hof verleiht, nicht persönliche Freundschaft. Oder wenn f€loi Seleukos’ I. Demetrios Poliorketes umwerben, weil man sich dort größere Karrierechancen ausrechnet (Plut. Dem. 50,2); oder wenn jemand von seinen f€loi getötet wird wie Alexander, der Sohn des Polyperchon, durch Alexion aus Sikyon ka‹ t€nvn êllvn prospoioum°nvn f€lvn (Diod. 19,67,1). Oder wenn – wie für Demetrios Poliorketes und Pyrrhos – ausdrücklich darauf verwiesen wird, sie hätten fast sämtliche ihrer f€loi oder einen großen Teil in Schlachten verloren, und f€loi tauchen hinterher wieder auf, so wird das auch auf entsprechende Anwerbeaktionen zurückzuführen sein. Vgl. AJ 11,208 im Rahmen der Esther-Geschichte (so nicht in Est, vgl. 6,2 f.): Der Perserkönig Artaxerxes läßt den Namen des Juden Mardochai, der ihn vor einem Komplott rettet, in die hypomnemata eintragen und ihn bei den bas€leioi verbleiben, ˆnta f€lon énagkaiÒtaton t“ basile›. Ob hier eine eigene Liste der f€loi gemeint ist oder ob nur die auch sonst belegte eÈerg°tai-Liste angesprochen ist, ist freilich ebensowenig sicher zu entscheiden wie die Frage, ob Persisches gespiegelt wird. Die Stelle ist eindeutig später Zusatz, hat im Original des EstherBuches keine Grundlage. Daher könnte sie natürlich hellenistisches Verfahren spiegeln und könnte zu Senecas „conscribere“ passen, aber es ist nicht sicher, ob sich Zustände des 3. oder 2. Jh. s. v.Chr. spiegeln, und auf diese Unterscheidung kommt es uns ja gerade an. Unklarheit besteht auch bei Diod. 15,11,2: C.H. Oldfather übersetzt mit: „Orontes expelled him from his list of friends“: im Griechischen heißt es einfacher: §k te t«n f€lvn §j°krine. Diese Stelle ist so einfach nicht zu deuten: wenn man eine Liste führt, handelt es sich zwar sicher nicht um persönliche Freundschaft, aber §kkr€nein bedeutet „ausscheiden, aussondern“ und könnte hier auch meinen, dass er ihm die Freundschaft (Vertrautheit) aufkündigt. Mit der Begründung der hellenistischen Monarchien wird man etwa in städtischen Ehreninschriften entsprechend präsentiert, sicher aus politischen Erwägungen. Allerdings läßt die Formelsprache keine Einheitlichkeit erkennen (auch nicht seit 280 v. Chr., wie G. Herman, Talanta 12-13 [1981/82] 103 ff. behauptet; vgl. auch I. Kralli, CQ 50 [2000] 126 ff.): nebeneinander stehen Formulierungen räumlicher Nähe wie „der sich beim König X aufhält“ ([diatr€bvn] parå ... ) , “mit dem König X“ o.ä. (Belege bei Savalli-Lestrade [1998] S. 258 ff.) oder andere umschreibende Junkturen bis ins 2. Jh. v. Chr. hinein oder direkt die Formel „Freund (dem) des König(s) X“, die so eine Qualität sui generis ausdrückt. Das ist sicher neu. Nicht nachzuweisen ist im 3. Jh. v. Chr. hingegen die Selbstrepräsentation, die erst im 2. Jh. v. Chr. nachweisbar wird.
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nigen und solchen, die Könige nachahmen, eine Schar von Freunden (populum amicorum) aufzuschreiben („auszuheben“; conscribere).“ Die Verwendung des f€low-Begriffs suggeriert die persönliche Beziehung, die allerdings keineswegs gegeben sein muss, man vergleiche nur 2 Makk 7,24: im Rahmen des Martyriums der 7 Brüder und ihrer Mutter soll Antiochos IV. auf den Jüngsten eingeredet haben, er solle vom Judentum abfallen, dann wolle er ihn „zu seinem Freund“ machen (f€lon ßjein) und „mit hohen Staatsämtern betrauen“ (xre€aw §mpisteÊsein); s. weiter 1 Makk 2,18 zu Mattatias und seinen Söhnen: ka‹ ¶s˙ su ka‹ ofl uflo€ sou t«n f€lvn toË basil°vw. Schon Alexander soll den Unterschied gekennzeichnet haben (Plut. mor. 181D): „Von seinen ersten und mächtigsten Freunden (t«n pr≈tvn f€lvn ka‹ krat€stvn) schien er am meisten Krateros zu ehren, zu lieben (f ile›n) aber den Hephaistion: denn, so sagte er, Krateros ist filobasileÊw, Königsfreund, Hephastion hingegen filal°jandrow, „Alexanderfreund.“ Damit erklärt sich auch das mit „Freundschaft“ kaum zu vereinbarende Verhalten mancher Herrscher gegenüber ihren f€loi, erinnert sei nur an die Wanderanekdote bei Cic. Tusc. 1,102:29 Theodoros von Kyrene antwortet Lysimachos auf dessen Drohung hin, er könne ihn kreuzigen lassen: istis, quaeso, ista horribilia minitare purpuratis tuis; Livius hebt die Arroganz Antiochos’ IV. gegenüber seinen amici hervor (41,20); auch Herodes soll sich allerdings unter erheblicher nervlicher Anspannung schlecht gegen sie benommen haben (BJ 1,494); umgekehrt wird für Ptolemaios I. und Pyrrhos deren §pie€keia gegenüber ihren f€loi betont (Diod. 18, 28,6; Plut. Pyrrh. 8,4). Dennoch werden die üblichen normativen Anforderungen für fil€a gestellt: Treue (p€stiw), Loyalität (eÎnoia), Integrität – daher ist auch die Frage nach der Unterscheidung zwischen „Freund“ und „Schmeichler“ ein beliebter Diatriben-Topos - , Hingabe, ggf. Opferbereitschaft, die wohl durch einen entsprechenden Gefolgschaftseid bekräftigt wurden.30 Nach etwa 190 v. Chr. wandelt sich die Institution: Zu beobachten ist ein Hoftitelsystem zunächst bei den Ptolemäern seit Ptolemaios V., die anderen Reiche ziehen nach, wobei wir allerdings für die Antigoniden oder Attaliden31 bis dato keine veritablen Belege haben, wohl aber für die Seleukiden seit Seleukos IV.32 oder später Kappadokien, Kommagene, die Parther, für Pontos und den Kiliker Tarkondimotos, für erstere auch literarisch, für letztere nur inschriftlich. Man wird jetzt Zugehöriger einer Gruppe („von den Freunden des Königs X“; t«n f€lvn), was dem Namen nachgestellt wird, also als Eigenbezeichnung fungiert, nicht mehr nur als Fremdbezeichnung, wobei es innerhalb des Systems Abstufungen, Rangstufen gibt wie später
29 Zu dieser Wanderlegende K.von Fritz, Quellenuntersuchungen zu Leben und Philosophie des Diogenes von Sinope. Philol. Suppl. 18,2 (1926) 50 f. 30 Es gibt dazu eine merkwürdige Nachricht bei Curtius Rufus (7,1,29): In seiner Verteidigungsrede vor Alexander weist Amyntas auf ein sacramentum pietatis hin, einen „frommen Eid“ hin: „Oder haben wir, alle die Deinen, nicht förmlich auf die von dir vorgesprochene Eidesformel geschworen, wir wollten die gleichen Feinde und Freunde haben, die du hättest?“ 31 Zu den Antigoniden s.o. Anm. 24 ; zu den Attaliden vgl. Savalli-Lestrade (1998) S. 123 ff. 32 Welles, RC 45; IG XI 4, 1112; suggenÆw-Titel für Kanzleichef unter Antiochos VIII. IDelos 1550; vgl. 1525.
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auch unter den „amici Caesaris“, die Tiberius eingeführt haben soll,33 ptolemäisch und wohl auch seleukidisch beginnend bei der Rangklasse t«n diadÒxvn hin zu Titeln wie t«n pr≈tvn f€lvn, t«n timvm°nvn f€lvn o.ä.; die Titulatur weist in den einzelnen Reichen unterschiedliche Benennungen auf. Natürlich gab es auch vorher, wenn von solchen Personen die Rede ist, erkennbare Abstufungen, aber die sind nicht titular fassbar, auch wenn man dies manchmal herauszudestillieren versucht hat,34 sondern verbal gekennzeichnet durch das besondere Vertrauens- und Zuwendungsverhältnis, sei es, dass man den jeweiligen f€low als den geehrtesten bezeichnet, dass man ihn unter die besten Freunde rechnet oder dass er zu den treuesten Freunden gezählt wird – also Begriffe wie timi≈tatow, pistÒtatow, §n to›w mãlista f€low (vgl. AJ 13,293 für Hyrkan; Formulierung schon Hdt. 2,147; 6,89) – oder durch eine allgemeine Formulierung wie princeps amicorum. Ich verweise nur auf eine Formulierung bei Diodor 17,80,1, die das ganz deutlich macht: Parmenion (vor seiner Ermordung) ı pr«tow e‰nai dok«n t«n ÉAlejãndrou f€lvn, aber das dok«n kann ja auf einen Titelträger nicht zutreffen. Besonderes Interesse soll dabei im folgenden dem höchsten belegten Hoftitel gelten, dem Titel des „Verwandten des Königs“, des suggenÆw, der als einziger Titel nicht als Gruppenbezeichnung dem Namen nachgestellt wird, sondern als Individualbezeichnung bestehen bleibt. Dafür ist eine Vorfrage zu klären: Wie verhält sich die literarische Überlieferung zu diesem Phänomen? Die „heidnische“ zeigt daran kein Interesse. Sie lässt zwar erkennen, dass es die königliche Entourage von „Freunden“ gab, die zumeist als 33 Suet. Tib. 46; darauf verweist auch Tac. ann. 13,46: Im Jahre 58 n. Chr. wird Otho durch Nero aus dessen Umgebung entfernt; die Entfernung vollzog sich in drei Stufen: zunächst wurde Otho aus der engeren Freundschaft ausgeschlossen (familiaritate sueta), d. h. aus dem innersten Kreis um Nero, als zweite Stufe folgte der Ausschluß vom Zugang zu Nero und zu seinem Gefolge (post congressu et comitatu) und als dritter Schritt schließlich die Ernennung zum Statthalter von Lusitanien in Spanien, um ihn auch aus Rom zu entfernen. Vespasian wird ausgeschlossen nicht nur aus der engeren Umgebung des Kaisers (contubernium), sondern auch von den öffentlichen Empfängen (publica salutatione), weil er sich bei Neros Gesängen immer absetzte oder einnickte, was Sueton als interdicta aula bezeichnet (Vesp. 4,4). Beide Stellen weisen grundsätzlich darauf hin, dass es Abstufungen nach Nähe zum Kaiser gab, und diese Abstufungen scheinen formell geregelt sein. In der Vita des Alexander Severus berichtet der Verfasser der HA, der Kaiser habe sich „gegen jedermann liebenswürdig und leutselig“ gezeigt und habe seine Freunde in „Krankheitsfällen besucht, und zwar nicht nur solche der ersten und zweiten Klasse, sondern auch der untergeordneten.“ (AS 20,1); Sueton nennt kein Vorbild für eine solche Einteilung, aber offenbar hat schon Augustus eine gewisse Rangabstufung vorgenommen, und zwar nach dem Prinzip der Zulassung zum Herrscher, der admissio oder salutatio, denn Seneca (clem. 1,10,1) nennt für ihn eine „cohors amicorum primae admissionis“, und diese Abstufung wird auch inschriftlich gestützt. Die Frage nach dem Vorbild solcher Abstufungen stellt sich: Denn selbst wenn Seneca (ben. 6,34,1-2) darauf hinweist, Tiberius Gracchus und dann Livius Drusus hätten eingeführt, ihre turba sua, ihre Begleitung oder ihre Anhänger, in sich zu teilen und „die einen besonders anzunehmen, die anderen mit mehreren zugleich, wieder andere „in Masse“; „sie hatten also“, so folgert Seneca, „erste Freunde (amicos primos), zweite Freunde (secundos), aber niemals wahre (numquam veros)“, so liegt die Pointe darauf, dass eine solche Einteilung - mit Listen und Kontrollen verbunden - mit amicitia eigentlich nicht vereinbar sei. 34 Hier ist an die Arbeit von M. Trindl (1942) zu erinnern.
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Ratgeber oder Gesandte oder Begleiter des Königs in Erscheinung treten, sie lässt auch erkennen, dass – das betrifft die römischen Quellen – es ein äußeres gleichförmiges, ins Auge fallendes Distinktiv gab, an dem man sie erkennen konnte, den Purpurmantel,35 aus dem sich die lateinische Bezeichnung purpurati ableitet, die im Griechischen kein Äquivalent hat; besonders hübsch, wenn Cicero Lentulus unterstellt, er habe nach einer Monarchie gestrebt (Cat. 4,6,12): cum vero mihi proposui regnantem Lentulum, ... purpuratum esse huic Gabinium, cum exercitu venisse Catilinam; spät erwähnt ist außerdem ein Siegelring mit dem Bild des Königs (Athen. 5,212d). Vor allem die Funktion als Ratgeber scheint bezeichnend zu sein: neben dem Diadem legt sich der jüdische Prätendent Athronges ebenso ein bouleutÆrion zu (AJ 17,280) wie der Sklavenkönig Eunous (Diod. 34/35,2,16: sÊnedroi). Und die Belege lassen schließlich erkennen, dass es engere und weitere Kreise gegeben haben muß, aber diese spiegeln in nicht einem einzigen Fall das skizzierte Titelsystem. Die jüdische Literatur ist hier schon etwas näher, zu nennen sind die Hinweise auf érxisvmatofÊlakew (Ps. Arist. 12), die Rückprojektion in 3 Esra 3, in dem sich trotz Anklangs an die Josefsgeschichte (Gen 41,45-47) der suggenÆw-Titel, wahrscheinlich der seleukidische, spiegelt, und vor allem die Belege im ersten Makkabäerbuch: Die Makkabäerbücher lassen (2 Makk 4,38) erkennen, dass Degradierung und Verstoß aus dem Kreis der f€loi durch Herunterreißen des Purpurmantels geschah und dass, so der Briefwechsel in 1 Makk 11,16 ff., der Hoftitel suggenÆw erstmals sicher mit Lysias, dem „Kanzler“ ([ı] §p‹ t«n pragmãtvn) Antiochos’ V., verbunden werden kann,36 dem daher auch die briefliche Anrede „Bruder“ (11,22) zukommt.37 Wenn später Demetrios II. seinen (wohl) „Kanzler“ und suggenÆw, den Kreter Lasthenes, mit „Vater“ statt mit „Bruder“ anredet (1 Makk 11,31.32), so lässt diese ja noch höherwertige Anrede auf eine mögliche innere Differenzierung des suggenÆw-Kreises schließen. Außerdem schildert das 1. Makkabäerbuch recht ausführlich die Karriere des Hohepriesters Jonathan und damit die Herausbildung des späteren Hasmonäerreiches in den dynastischen Kämpfen nach 161 v. Chr., nach Judas’ Tod, und dokumentiert dessen Aufstieg durch den Versuch der Nachzeichnung dieser Karriere innerhalb des seleukidischen Hoftitelsystems. Allerdings bestehen Verständnisprobleme, das Interesse der jüdischen Autoren verbindet sich nicht mit so genauer Kenntnis des Systems, aber immerhin erkennen wir hier ganz deutlich, dass es sich um titulare Vorgänge handelt. Denn Jonathan und Simon waren zweifellos keine persönlichen „Freunde“ des jeweiligen Herrschers, sie sollten vielmehr – durch ein entsprechendes Berufungsverfahren formalisiert – an die Krone gebunden werden. 35 Vgl. Blum (1998). 36 Also 164 v. Chr.; s. 2 Makk 11,1, vgl. 35. – Allerdings ist das einer der Gründe, warum der Brief der römischen Gesandten (2 Makk 11,34 ff.) dubios bleibt: Erwähnen Römer einen hellenistischen Hoftitel? 37 Dass der Titel schon unter Antiochos III. für dessen Funktionär Zeuxis vorhanden gewesen sein könnte, ist ein Fehlschluss E. Bickermanns aus Jos. AJ 12,138; vgl. Gauger (1993) S. 63 ff; Savalli-Lestrade (1998) S. 26 ff (Nr. 39) scheint ebenfalls zu zweifeln.
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Die genaue Abfolge ist etwas unklar, und es sind auch verbale Ungenauigkeiten zu registrieren:38 nach 1 Makk 10,18-20 bietet Alexander I. Balas Jonathan an, f€lon basil°vw kale›sya€ se, und verleiht ihm das Purpurgewand. Die „Bruder“-Anrede ist – wie das ganze Billet – sicher nicht authentisch, daher kann es höchstens das Faktum der Ernennung in die Gruppe t«n f€lvn belegen;39 Alexander lässt ihm (1 Makk 10,63) bei der öffentlichen Präsentation das Purpurgewand umlegen. Zugleich befördert er Jonathan (1. Makk. 10,65): ka‹ ¶gracen aÈtÚn t«n pr≈tvn f€lvn. Dabei wäe allerdings zu fragen, wo der unter Seleukos IV. sicher nachweisbare Titel t«n timvm°nvn f€lvn abgeblieben ist: übersprungen oder wieder abgeschafft? Umstritten ist, ob Jonathan die höchste Stufe eines suggenÆw erreicht hat: Alexander beschenkt ihn (1 Makk 10,89) mit einer goldenen Spange: …w ¶yow §st‹n d€dosyai to›w suggen°sin t«n basil°vn (vers. lat.: sicut consuetudo est dari cognatis regum). Aus dieser Formulierung hat G. Corradi40 auf eine Klasse der ımot€mvn to›w suggen°sin geschlossen (unter Ptolemaios VII. Auletes in Ägypten eingeführt), aber dafür ist der Beleg zu schwach,41 auch wenn 1 Makk die direkte Zuweisung vermeidet: Es wäre nun zu erwarten, dass sich die Ehrungen unter dem folgenden König Demetrios II. noch gesteigert hätten. 1 Makk 11,27 heißt es, er habe ihm das Hohepriesteramt bestätigt und alle anderen Ehren, die er besaß (ka‹ ˜sa êlla e‰xen t€mia), das heißt also: Strategos, Meridarch und suggenÆw -Titel, auf den aus der jetzt wohl authentischen brieflichen „Bruder“-Anrede zu schließen ist (11,30); wenn 1 Makk 11,27 dabei nur davon spricht: ka‹ §po€hsen aÈtÚn t«n pr≈tvn f€lvn ≤ge›syai, so ist das nicht titular gemeint (vgl. 26), sondern bezieht sich allgemein auf die Stellung Jonathans im Verhältnis zum König und den übrigen Angehörigen von dessen Umgebung. Eine letzte Steigerung ergibt sich aus 1 Makk 11,57 f.: Antiochos VI. verleiht ihm (Regierungswechsel!) erneut das Recht des Purpurs, der goldenen Spange (was sein Nachfolger Simon später als Eigenrecht beansprucht, 1 Makk 11,43 f.42) und dazu das Recht, goldenes Geschirr zu benutzen (vgl. 3 Esra 3,6; AJ 20,67 [parth.]). Aber auch hier ist die Formulierung nicht genau: ka‹ e‰na€ se t«n f€lvn toË basil°vw; auch für Simon, der Jonathans Stellung ja übernimmt, wird im Ehrendekret für ihn nur hervorgehoben: ka‹ §po€hsen (Demetrios II.) aÈtÚn t«n pr≈tvn aÈtoË. Was wir daraus auch sicher ableiten können, ist erstens die Tatsache, dass Josephus das System kannte, denn er übernimmt 1 Makk 1-14 in die „Antiquitates“; und zum zweiten, dass für den Autor von 1 Makk Titular-suggene›w zum f€loi-Kreis gehören, also nicht eigens hervorgehoben werden, so dass Differenzierungen nur an 38 Vgl. auch Gauger (1977a) S. 117 ff. 39 Gegen Willrich (1909) S. 417; Trindl (1942) S. 154 ist nicht zu folgern, dem einfachen f€low sei das Recht zum Purpurtragen noch nicht zugekommen, vielmehr erscheint Jonathan (1. Makk. 10,21) in der èg€a stolÆ, nicht im Purpurgewand, weil für ihn die Ernennung zum Hohepriester entscheidend war. 40 (1929) S. 283. 41 Auch Savalli-Lestrade (1998) S. 82 (Nr. 82) denkt an die Erhebung zum suggenÆw wie später auch bei Simon S. 81 f. (Nr. 81). 42 Nimmt man 1 Makk 11,44 ernst, so hätte sich Simon durch das übertragene Recht der Verleihung von Purpur und Spange einen eigenen (nachgeahmten) suggenÆw -Kreis schaffen können.
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äußeren Attributen zu erkennen sind. Es ist bezeichnend, dass Lysias’ Titel von 1 Makk im Sinne persönlicher Verwandtschaft missverstanden wird (3,32: épÚ g°nouw t∞w basile€aw). Vor diesem Hintergrund nun zur Frage, inwieweit dieses speziell hellenistische Element, insbesondere der suggenÆw-Titel, auch am Hof des Herodes nachweisbar ist. Sie ist für fast alle Herodes-Biographien kein eigenes Thema;43 auch der Beitrag von G. Baumbach44 weist dazu keinen Literaturhinweis aus. Entschieden vertreten hat es hingegen W. Otto45 gegen J. Wellhausen, der sich dafür freilich auch nur auf eine kurze Anmerkung beschränkte,46 A. Schalit ist ihm darin einfach nur gefolgt;47 W. Michaelis48 erwägt immerhin die Existenz eines Hoftitels suggenÆw; die BJAusgabe von O. Michel/O. Bauernfeind geht ebenfalls davon aus unter Berufung auf die italienische BJ-Übersetzung von G. Ricciotti.49 Die Quellenlage dafür wäre eigentlich günstig, denn Josephus verarbeitet auch „Hofquellen“ wie Herodes’ Hypomnemata oder die Historien des Nikolaos von Damaskus: In der Tat ist im Unterschied zu Herodes’ Vorgängern auf dem Hasmonäerthron nach Simon dessen Hofleben lebendig geschildert. Wenn auch die Darstellung bei Josephus deutlich an die Vorgänge am Makedonenhof um Philipp V., Demetrios und Perseus erinnert (Polyb.23/Liv. 40) – Herodes als zweiter F€lippow tragƒdoÊmenow − , gibt es doch keine antike Schilderung eines hellenistischen Hofes, die so nahe ist wie Josephus am herodianischen Hof, der uns dessen enge, erhitzte, erotisierte,50 intrigenverseuchte, ja fast pathologische Atmosphäre spüren lässt. Daher begegnen auch vielerlei Funktionsträger, die sich in der Nähe des Königs oder seiner Familie bewegen; daneben gibt es natürlich weitere Reichsfunktionäre.51 Belegt sind: der Kanzleichef (grammateÊw),52 Ärzte,53 Künstler,54 Hofbarbiere,55 Mundschenke,56 ein Oberjäger,57 Herolde,58 Zuträger, also ein 43 So (in Auswahl) bei Schürer (1901), Willrich (1929), Perowne (1957), Sandmel (1968), Prause (1977), Grant (1982), Richardson (1996), Vogel (2002), Weber (2003) – eine Magisterarbeit –, zuletzt Günther (2005). 44 Baumbach (1986) passim. 45 Otto (1913) Sp. 83 ff. 46 (Aufl. 1914; ND Berlin/New York 102004) S. 314 Anm.1. 47 Schalit (1960) S. 405 ff. 48 (1990) S. 739. 49 G.Ricciotti, Flavio Giuseppe. Lo storico giudeo-romano (Turin u.a. 21949) Bd. 2, S. 131, Fußnote zu BJ 1,460 übernommen. 50 Vergleichbar wäre vielleicht noch die Geschichte um den liebeskranken Seleukidenprinzen, dazu C.W. Müller, Legende-Novelle-Roman, Göttingen 2006, S. 362 ff. 51 Vgl. gazofÊlakew (13,429); ein Samaritaner als §p€tropow des Antipater (BJ 1,592); oder div. Militär: froÊrarxoi (AJ, 14,52); tam€aw (AJ 15,185); meridãrxhw (AJ 15,216; vgl. 12, 261); dioikhtÆw (AJ 16,191); froÊrarxoi ka‹ dioikhta€ (AJ 17,223). 52 Zu Diophantes s. BJ 1,529. 53 14,368 u.ö. 54 Ein Harfenspieler als Briefbote AJ 15,24. 55 BJ 1,547; AJ 16,387. 56 BJ 1,226.246; AJ 15,223 (ofinoxÒow); vgl. 14,333. 57 AJ 16,316. 58 BJ 1,208.
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Spionagenetz,59 Eunuchen60 in offenbar sehr einflussreicher Position, Konkubinen, also ein Harem61 wohl nach orientalischem Muster, Freigelassene wohl nach römischem Muster (vgl. AJ 17,79; 19,362), Leibwächter.62 Dabei muss der für sie (wie auch für die Parther63) belegte Begriff svmatofÊlaj64 keineswegs titular gemeint sein, sondern kennzeichnet nur die Funktion, ggf. auch nur eine Art Gardetruppe (AJ 15,317: 500 §p€lektoi),65 weil sie ansonsten und unterschiedslos auch mit dem alten Begriff dorufÒroi belegt werden (vgl. auch 3 Esra 3,4).66 Das heißt: Josephus unterscheidet nicht zwischen der Funktion und einem Ehrentitel, wie er schon unter Alexander nachweisbar sein dürfte. Eine reale Qualität bezeichnet der sÊntrofow-Begriff für Hyrkan (BJ 1,215); ob es in Fortsetzung einer Einrichtung spätestens Philipps II.67 ein „Pagenkorps“ gegeben hat, muss offenbleiben, denn pa›w/pa›dew, die da und dort als Bedienstete nicht nur68 des Herodes genannt werden, kann natürlich auch „Diener“ im allgemeinen bedeuten, wäre also identisch mit den sonst erscheinenden yerãpontew. Und natürlich ist der f€loi-Begriff weit verbreitet, alle handelnden Personen verfügen über solche, die Vorgänger auf dem Thron,69 Herodes selbst, die Mitglieder seiner Familie (sein Vater Antipater als f€low des Hyrkan, AJ 14,8), aber auch andere nichtkönigliche Personen wie etwa der Araberfürst Syllaios (AJ 17,57). Und ebenso natürlich ist die Verwendung des Begriffs schillernd, und das gilt auch für die Entourage des Herodes und seiner Angehörigen. Was lässt sich ableiten oder muss offen bleiben? 1. Kein direktes Zeugnis bei Josephus belegt die anderwärts bekannten Distinktive wie Purpurmantel oder Spange, Kranz oder sonstige äußere Attribute; der Purpurmantel, in dem Herodes auch begraben wird,70 ist sonst nur für seine Söhne als Mitregenten bezeugt. Ob die jungen Leute, die um Aristobul statt wie vor Gericht wie für eine Pompe auftreten, im Purpurmantel und mit langem Haar und Metallornamenten (AJ 14,45) – Herodes tritt später ähnlich gewandet auf (AJ 14,173) – das Auftreten des f€loi -Kreises spiegeln, sei dahingestellt; möglich wäre es, wenn wir an die Makkabäer zurückdenken. Es mag auch sein, dass die f€loi, die den jungen Aristobul auf Herodes’ Geheiß ertränken, zu diesem weiteren Kreis gehören (AJ 15,55 f.). 59 Vgl. AJ 15,226 (als pistÒtatow der Mariamme). 285. 60 BJ 1,488; AJ 16,230.233. 61 BJ 1,97; eine seiner Haremsdamen, Pannychis, schenkt er Archelaos von Kappdokien (BJ 1,511). 62 SvmatofÊlakew (AJ 13,307: Aristobul); ein Araber als svmatofÊlaj des Herodes (BJ 1,576). 63 AJ 18,325; dorufÒroi AJ 18,180;17,29.198. 64 Vor Herodes’ Königtum: fulakØ per‹ tÚ s«ma (AJ 14,169). 65 Immerhin gehen 400 Gallier aus Kleopatras Leibwache an Herodes (AJ 15,217). 66 AJ 14,463; 16,182; 17,29; vgl. Hdt. 1,64; 6,39. 67 Dazu Hammond (1990) S. 261 ff. 68 BJ 1,82 (ofl §n yerape€& pa›dew, Aristobul); tiw pa€dvn (AJ 13,314: Aristobul). 69 BJ 1,113 (Alexander Jannaios); 1,135 (als Ratgeber Aristobuls). 70 BJ 1,671.
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2. An Privilegien und Funktionen lassen sich auch die an anderen Höfen üblichen erkennen: Zugang zum Palast,71 standesgemäße Unterbringung im Rahmen der königlichen Hofhaltung (époskeuÆ, vgl. BJ 1,421), für die eigene Gebäude errichtet werden (ebd.), also wird es schon eine größere Zahl gegeben haben, möglicherweise täglicher Umgang wie bei Nikolaos von Damaskus (AJ 17,99), Beteiligung an Rats- und Gerichtsversammlungen,72 gemeinsames Mahl mit dem Herrscher, diplomatische Missionen (man denke an Nikolaos von Damaskus), Reichsverwaltung (man denke an den Finanzchef und Siegelbewahrer Ptolemaios): ihr Dienst gilt dem „Haus“, dem o‰kow, der dementsprechend an oberster Stelle steht. Weiterhin scheint der Herrscher den Unterhalt für f€loi zur Verfügung gestellt haben, auch durch Geschenke (vgl. AJ 17,173): dem Herodes- f€low Ptolemaios gehört offenbar das von den Arabern aus Hass gegen dessen f€loi geplünderte Dorf Arus (BJ 2,69). Und schließlich versucht Herodes, Bindung durch Heirat zu stiften: so vermählt er seine Schwester Salome mit Alexas, tin‹ t«n f€lvn (BJ 1,566), den AJ 17,7 immerhin als énØr pr«tow t«n per‹ tÚn ÑHr≈dhn bezeichnet, von dem wir aber sonst nichts weiter hören. Dass sie als eigenes sÊntagma, als eigenes Corps, wie bei Antiochos IV. in Daphne in Erscheinung treten, ist nicht belegt, auch nicht bei der Trauer-Pompe für Herodes.73 3. Dass man aus der Position des Königs„freundes“ „entlassen“ werden konnte, belegt AJ 16,241 ff. (vgl. auch BJ 1,494), indem das Erscheinen vor dem König untersagt und das Betreten des Palastes verboten wird, trotz hier eigens erwähnter entsprechender Verdienste etwa bei Gesandtschaften oder im Rat oder bei der Erziehung der Söhne. Wie bei anderen hellenistischen Monarchien handelt es sich bei kollektiv genannten f€loi also auch um solche Stelleninhaber, also um Funktionäre, weniger um persönliche Beziehungen, obwohl diese auch eine Rolle spielen: Andromachos, ênvyen f€low, wird vom Hof verbannt, weil sein Sohn Demetrios sunÆyhw des Prinzen Alexander war, gemeint doch wohl im Sinne persönlicher Zuwendung. Aber dass man die Umgebung des Rivalen korrumpiert, bespitzelt und dagegen intrigiert, hat mit persönlichen Bindungen eben wenig zu tun. 4. Dass es Abstufungen im Sinne einer Rangfolge gab, lässt sich aus BJ 1,512 ableiten (katÉ éj€an), aber sie beschränken sich auf Begriffe wie pistÒtatoi (AJ 16,180.257), énagkaiÒtatoi (AJ 15,252); f€low §n to›w mãlista/§n to›w pr≈toiw für den Spartaner Eurykles (AJ 16,302; BJ 1,515); §n to›w mã-
71 Bei Antipaters Rückkehr aus Rom wird seinen f€loi der Zutritt verwehrt (BJ 1,617); vgl. Apelles am Hof Philipps V. nach Polyb. 5,26,10. 72 Vgl. auch AJ 14,12 (f€loi des Aristobul als Ratgeber); Herodes’ f€loi raten davon ab, Kleopatra zu töten (AJ 15,100). – Den Begriff sun°drion t«n f€lvn verwendet freilich Diod. 17,30,1 für Alexander (später 28,12) ebenso wie Josephus für Herodes (AJ 17,46). 73 Vgl. noch Plut. Aem. 34,2 für Perseus: xorÚw f€lvn ka‹ sunÆyvn.
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lista f€loiw für Euarestes aus Kos (BJ 1,532);74 ofl §n t°lei (16,252); f€ltatoi (BJ 1,638) usf., die ein persönliches Vertrauens- und Nahverhältnis kennzeichnen. Etwas mehr könnte sich hinter der Zuschreibung für den Verwaltungschef Ptolemaios f€lon te ÑHr≈d˙ timi≈taton gegenhm°non (AJ 17,225; vgl. BJ 1,474; 2,21) verbergen – t«n timvm°nvn f€lvn? – , aber das ist auch ein schwacher Beleg, zumal man ja in diesem Falle den suggenÆw−Titel erwarten würde, hätte es ihn gegeben. Halten wir daher fest: titulare Abstufungen lassen sich nicht erkennen;75 im übrigen überträgt AJ 16,269 eine vergleichbare Formel auch auf Archelaos von Kappadokien, als §n to›w mãlista f€ltaton ≤ghsãmenon. 5. Unklar bleibt die Stellung der f€loi in Rhodos (vgl. AJ 14,377), v.a. aber in Rom, wo Herodes (aber auch Antipater76) ein Unterstützernetz unterhält,77 um den Einfluss am Kaiserhof zu wahren; hier dürfte es sich wohl auch um entsprechend honorierte Interessenvertreter des Herrschers handeln, denn wann hätte Herodes Gelegenheit gehabt, dort einen eigenen persönlichen Freundeskreis aufzubauen? Allerdings hören wir auch, dass Römer – Petronius, Agrippa, Pollio78 – zu den f€loi des Herodes zählen, Agrippa sogar efiw tå mãlista f€low ka‹ sunÆyhw AJ 15,350; vgl. 16,61: Kussszene), wie überhaupt die Beziehung zu römischen Machthabern, die selbst wiederum von f€loi umgeben sind,79 bis hin zum Princeps sehr häufig mit dem Begriff der fil€a, des f€low umschrieben wird.80 Zusammenfassend wird man festhalten können, dass sich der f€loi-Kreis um Herodes nicht von dem anderer hellenistischer Monarchien unterscheidet; eine Titelhierarchie wie skizziert lässt sich allerdings nicht nachweisen. Vor diesem Hintergrund zum suggenÆw, der ja den Abschluss der Hoftitelpyramide bilden soll. Der Begriff wird bei Josephus dort, wo wir es nachweisen können, immer im Sinne echter „Verwandtschaft“ gebraucht.81 Dafür taucht auch der Begriff des ofike›ow82/ énagka›ow, also des Angehörigen des Königs„hauses“, auf, auch dieser Begriff mit Abstufungen: ofikeiÒtatow/énagkaiÒtatow (BJ 1,267).83 Der Priester Simon, dessen Tochter Herodes heiraten will, ist der ofikeiÒthw mit dem 74 Die Formulierung für Hyrkan AJ 13,293. 75 pistÒtatow Soemus (AJ 15,228); pistÒtatoi (AJ 15,185); pistÒtatoi t«n f€lvn (AJ 16,180). 76 BJ 1,573. 77 Vgl. AJ 16,87. 78 AJ 15,307 (Petronius); AJ 16,61 (Agrippa); AJ 15,343 (Pollio). 79 Auch des Augustus f€loi reich beschenkt (AJ 15,198); s. weiter 15,200 (Augustus). 80 Antonius (AJ 15,162); das gilt allerdings auch schon vorher: des Königs von Tyros Straton fil€a zu Dareios (17,47,1). 81 Alexander Jannaios als suggenØw ≤m°terow (Ananias, AJ 13,154); vgl. noch Polyb.15,25,14. 82 Die auch mögliche Nuance ofike›ow = „Hausgenosse“, so für den Araber Nakebos als ofike›ow ka‹ suggenÆw des Syllaios (AJ 16,288; s. auch Anm.81), oder nur „befreundet“, ist für den Herodes-Kontext nicht nachweisbar; hier ist ofike›ow synonym zu suggenÆw. 83 Vgl. BJ 1,117 (für Alexandras Sohn Aristobul deren Vielzahl [πολλο€] betont); AJ 15,229 (ofikeiÒtatoi); Gerichtsverhandlung mit den ofikeiÒtatoi (AJ 15,229). – Vgl. AJ 16,156;17,1
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Herrscher in seiner Position nicht würdig, also wird er zum Hohepriester befördert (AJ 15,322). Die Benennung von Bauten kommt den ofike›oi ka‹ f€loi zu (BJ 1,419), echte suggene›w sind es, die im Testament des Herodes bedacht werden (AJ 17,190) und die ihn zu Grabe tragen (17,198); oder die suggene›w, die Archelaos von Kappadokien beschenken (BJ 1,512), oder jene suggene›w, die vor Augustus Archelaos, also ihrem eigenen énØr suggenÆw (vgl. auch BJ 2,81), wie Nikolaos in seiner Verteidigungsrede unterstreicht (AJ 17,243), aus Hass gegen ihn zugunsten des Antipater den Anspruch auf den Thron bestreiten, darunter die Herodes-Schwester Salome mit ihrer Familie und anderen suggene›w (AJ 17,220.240).84 In seiner Rede betont Antipater, dass die ple›stoi t«n suggen«n auf seiner Seite stünden (BJ 2,33; AJ 17,235). Später erscheint Archelaos dort neben seinem Bruder Philipp, dem er zuvor die Reichsverwaltung übertragen hatte, nur metå t«n f€lvn, darunter Nikolaos von Damaskus (AJ 17,301f.303). Ein falscher Alexander beruft sich seiner physischen Ähnlichkeit zum getöteten Prinzen wegen auf die sugg°neia zu Herodes (AJ 17,324), anlässlich der von Varus beendeten Revolte gegen Archelaos in Jerusalem 4 v. Chr. lässt Augustus diejenigen (idumäischen?) suggene›w des Herodes hinrichten, die sich den Aufständischen angeschlossen und so gegen ihre eigenen ofike›oi zu Felde zogen.85 Allerdings werden außerhalb der engeren Familie Namen selten genannt;86 daher trägt auch die Vater-Anrede für Hyrkan (AJ 15,21, zudem erster Platz beim Mahl) nichts aus, denn Hyrkan war über Mariamme mit ihm verschwägert, war also ein ofike›ow t“ basile› (BJ 1,241). Dass der Eunuch Bagoas damit zum Verrat gelockt wird, er werde unter einem zukünftigen König „Vater und Wohltäter“ genannt werden, führt daher hier nicht weiter (AJ 17,45). Und der Begriff wird auch unbefangen auf Verwandte anderer, so von Römern, ausgedehnt; so tauchen suggene›w des Kaisers Claudius auf.87 Dabei wird man sich „Verwandtschaft“ hier sehr weit gefasst vorstellen müssen, darauf verweist schon der Begriff suggen°statoi, also ganz enge Verwandte zur Unterscheidung von entfernteren (AJ 17,117; vgl. 18,273!). Eine Vorstellung möglicher Zahlen lässt sich aus AJ 17,24 gewinnen: Josephus berichtet von einem babylonischen Juden, der mit 100 suggene›w den Euphrat überschreitet, um sich in Ulatha niederzulassen; und Augustus lässt immerhin die Kopfzahl des „Hauses“ des Herodes zählen,88 sein Clan dürfte angesichts der schon vom Vater her vorhandenen Angehörigen und der zehn Heiraten allein des Herodes und dessen ausgeklügelten Heiratspolitik nicht allzu gering gewesen sein. Eine Ausnahme soll die in diesem Kontext immer wieder herangezogene Junktur f€loi ka‹ suggene›w bilden. Richtig ist, dass sie im Kontext „Hof“ in der nichtjüdischen Überlieferung kaum vorkommt (s.u.), daher die gehäufte Form deutlich aus dem Rahmen fällt, und sie auch in der jüdischen Literatur neu ist: Sie wird in 20.180/182.190); zur Unterscheidung BJ 2,81/82; zur Gleichsetzung von suggene›w ka‹ f€loi mit ofike›oi ka‹ sÊmbouloi AJ 16,156 zu 159. 84 Vgl. auch die Autobiographie des Nikolaos FGrHist 90 F 136,9. 85 AJ 17,298; BJ 2,78 verstärkt die Aussage noch. 86 AJ 17,294; 15,250; 17,184ff, 270 erwähnen die Herodes-énecio€ Joseph und Achiab. 87 AJ 14,160 (Caesar); BJ 2,211 (Claudius). 88 BJ 2,25, Übersicht AJ 18,130 ff. (u.ö.).
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den Makkabäerbüchern, wo man sie ja wegen der Schilderung des Hoftitelsystems erwarten könnte, nicht verwendet, 1 Makk rechnet die Titular- suggene›w vielmehr unterschiedslos zu den f€loi; für die Herodes vorangehenden Hasmonäer sind auch nur f€loi belegt, daher wird man die Unterscheidung aus den genannten Hofquellen abzuleiten haben, und sie muss dort einen gewollten und besonderen Sinn haben. Allerdings – eine erste Beobachtung – variiert der Sprachgebrauch. Während Augustus Herodes für die Anklage seiner Söhne nach BJ 1,537 rät, einen Gerichtshof in Berytos zu bilden, aus römischen Funktionsträgern und §k t«n fid€vn suggen«n (namentlich genannt werden 1,538 Pheroras und Salome, dort suggene›w ka‹ f€loi ), heißt es in der Parallele AJ 16,357: „von welchen er glaube, dass sie durch Freundschaft (f il€a) oder Ehrenstellung/Würde (éj€vma) herausragend (§pifane›w) seien; hätten wir nur die AJ-Stelle, so wäre ein Hinweis auf „Verwandte“, die ja in diesem Falle sicher sein eigenes Haus meinen – fid€vn ist Kontrast zu den Nichtangehörigen der Dynastie – , als Beleg nicht heranzuziehen. AJ 17,46 spricht Josephus nur von einem sun°drion t«n f€lvn, bei der Parallele BJ 1,571 von einem sun°drion t«n f€lvn te ka‹ suggen«n; dafür taucht aber auch der Begriff des sÊllogon t«n f€lvn auf (AJ 15,31), der Begriff sun°drion ist also keineswegs „offizieller“ Terminus, sondern ersetzbar. Eine zweite Beobachtung: Keiner derer, die unter die f€loi des Herodes gerechnet werden, erhält jemals die Bezeichnung suggenÆw , sofern er nicht mit Herodes verwandt ist, weder der Dioiketes Ptolemaios (AJ 16,191), der timi≈tatow t«n f€lvn, der von den Brüdern (Geschwistern) des Königs und seinem ganzen Geschlecht (geneã) abgesetzt wird (BJ 1,473); noch des Nikolaos-Bruder Ptolemaios, ebenfalls einer „geehrtesten“ f€loi (BJ 1,473; AJ 16, 251; 16,29; BJ 2,51; AJ 17,225). Ein darüber hinausgehender Titel ist für keine Persönlichkeit am Hof nachweisbar. Eine dritte Beobachtung: Die Formel f€loi ka‹ suggene›w lässt auf jeweils numerisch starke Gruppen schließen, die auf diese Weise zu einer Einheit verbunden werden. Während dies für die f€loi zutreffen mag, wäre es für die suggene›w deswegen bemerkenswert, weil es sich ja um den höchsten und damit um einen Ausnahmetitel gehandelt hat, der nur ganz wenigen Spitzenfunktionären, vielleicht auch nur einem oder zwei zuteil geworden sein dürfte (man denke an Lysias oder Lasthenes, aber auch an Jonathan zurück; immerhin ist der Titel inschriftlich für die Seleukiden und für Kilikien nur jeweils einmal belegt!). Daher würde die ableitbare Folgerung, es habe davon eine veritable Menge gegeben, aus dem bekannten Schema herausfallen. Eine vierte Beobachtung: Dass die Formel f€loi ka‹ suggene›w als solche nichts austrägt, belegt auch AJ 16,381 ff. Der Soldat Tiro wirft dem König vor: Was ist denn mit dem Verlassensein (§rhm€a) von f€loi ka‹ suggene›w ? Gemeint sind natürlich die eigenen Verwandten (ofike›oi),89 die der König zu Tode gebracht hat, jedoch keine hochrangigen Titelträger, und von ersteren gab es ja eine erkleckliche Anzahl. Die Formel ist also ohne weiteres auf echte „Verwandte“ anzuwenden.
89 AJ 16, 384; vgl. 383; BJ 1,545.
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Eine fünfte Beobachtung: Die Formel ist nicht fest, man könnte sie im Sinne einer aufsteigenden Linie deuten, vom f€low oder der Gruppe t«n f€lvn zum suggenÆw, aber auch dann gilt der Hinweis des Flamininus gegenüber Philipp V., er sei deswegen vereinsamt (man denke an die §rhm€a um Herodes zurück), weil er alle seine f€loi ka‹ suggene›w umgebracht habe (und später wird ja sein eigener Sohn zum Opfer).90 Das sagt daher für ein Titelsystem nichts aus,91 zumal Josephus diese Szene im Kopf gehabt haben dürfte, jedenfalls ist die Parallele augenfällig. Von domestica parricidia et cognatorum amicorumque caedes im makedonischen Königshaus spricht daher auch Livius (31,31,7), um das Geschehen durch diesen Pleonasmus noch deutlicher zu machen; bei Liv. 44,32 wird M. Perperna aufgefordert, die amici cognatique des Königs Genthios gefangenzunehmen; dort sind, wie aus dem Kontext eindeutig hervorgeht, Blutsverwandte des Herrschers gemeint;92 aus der Formel selbst ist also gar nichts für einen Ehrentitel abzuleiten. Und wie verhält es sich mit der umgekehrten Junktur, die Josephus daneben verwendet: suggene›w ka‹ f€loi? Soweit diese Reihenfolge außerhalb unseres Kontextes vorliegt, sind auf den ersten Blick ebenfalls „echte“ Angehörige gemeint, im privaten Bereich etwa Platon Phaidr. 239E (vgl. Prot. 337; Pol. 378C): „Denn Vater, Mutter, Verwandte und Freunde (suggene›w ka‹ f€loi) sähe er ihm (der Liebhaber dem Geliebten) gerne entrissen“; oder jüdisch etwa Luk 26,16: „Übergeben werdet ihr von den Eltern und Brüdern, von den suggene›w ka‹ f€loi“.93 Und genau das macht auch AJ 16,156 deutlich: Herodes verfolgt die suggene›w ka‹ f€loi, aber hier sind eindeutig ofike›oi (16,159), also Angehörige des Hauses gemeint, die von sÊmbouloi, den Ratgebern (also doch wohl den f€loi), abgesetzt werden.94 Daher ist völlig unklar, warum Michel/Bauernfeind BJ 1,537, („t«n fid€vn suggen«n“!) 556.620 titular verstehen wollen: sun°drion t«n suggen«n ka‹ f€lvn. Erst kommen die echten Verwandten, danach die Freunde, das würde dem üblichen Sinn dieser Reihenfolge entsprechen. Daher wird man auch die als zentral für eine Titulatur ausgegebene Stelle BJ 1,460 (nicht in AJ) schon auf Grund der Reihenfolge nur auf „echte“ Verwandte zu deuten haben: Herodes teilt seinen Söhnen Ratgeber zu, wobei ihn Josephus sagen lässt: „Doch welche Verwandten und Freunde mit einem jeden zusammensein sollen, bestimme ich (oÏw ge mØn •kãstƒ sune›nai deÆsei suggene›w ka‹ f€louw, §g∆ dian°mv) und mache sie verantwort90 Plut. Flam. 17,5,1; mor. 197A. 91 Polyb. 18,7,6 nennt allerdings nur die f€loi; vgl. Plut. Marc. 14,12; gegen Th. Gomperz, War Archimedes von königlichem Geblüte? RhM 63 (1908) S. 625 richtig F. Hultsch, RE II 1 (1898) Sp. 507 s.v. A.. 92 S. weiter Just. 36,4,1: regnum amicorum et cognatorum (Blutsverwandte) caede foedabat (Attalos III.). 93 Vgl. auch Bauer/Aland, WzNT6 s.v.; zur Unterscheidung noch Diod. 20,72,4 : oÎte suggenØw oÈde‹w oÎte f€low (Blutsverwandte). 94 Dazu passt weiter, wenn diese Formel für andere hellenistische Reiche auftaucht: Archimedes als suggenØw ka‹ f€low Hierons II. von Syrakus oder der Hinweis bei Caes. bell.civ. 3,103, im Jahre 48 v. Chr. habe sich Ptolemaios XIV. per suos propinquos et amicos auf den Thron geschwungen – man beachte auch hier die Reihenfolge (!): gegen Kortenbeutel (1941) Sp. 98 – wie etwa bei Suet. Cal. 26,1: propinquos amicosque (ausdrücklich genannt Ptolemaios, ein Vetter Caligulas).
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Jörg-Dieter Gauger
lich für die Erhaltung der Eintracht; denn ich weiß es sehr wohl, dass Zwietracht und Neid die Schlechtigkeit derer hervorruft, die mit ihnen verkehren (t«n sundia tribÒntvn).“ Dass man einen getrennten Hofstaat führte, geht aus AJ 17,56 hervor: Antipater bemüht sich, die ofl per‹ tÚn pat°ra für sich zu gewinnen. Und schließlich kann der Herrscher den Umgang auch verbieten: seinen timi≈tatoi verbietet Herodes den Umgang mit dem in Ungnade gefallenen Prinzen Alexander und dessen Umgebung (BJ 1,474). Der Zwist im Haus zwischen den Söhnen des Herrschers zwingt den König zu diesem Schritt, wobei die ausdrückliche Zuteilung eines Berater- und Überwacherkreises zugleich (vgl. 468), denn darum geht es ja wohl offenbar, auch nicht exklusiv ist: So weist z. B. Antigonos Monophthalmos seinem Sohn Demetrios vier ausgewählte sÊmbouloi zu (Diod. 19,69,1), teilt Philipp V. seinem Sohn Perseus Persönlichkeiten seiner eigenen Umgebung (ex amicorum numero) zu, qui aetatem eius regerent (Liv. 31,28,5). Warum Herodes nicht auch aus dem Kreis der Angehörigen seines o‰kow solche zuweisen kann, ist mir rätselhaft. Eine sechste und letzte Beobachtung: Natürlich gibt es in der Literatur verschiedene Junkturen mit suggene›w, v.a. im „privaten“ Bereich.95 Aber auf einen Königshof bezogen ist die Formel f€loi ka‹ suggene›w erstmals wenn auch spät nachweisbar für die Perser,96 und sie gelten auch in Forschung häufig als Vorbild für die hellenistische Bezeichnung. Bei den Achaimeniden hat es zwar titulare Bezeichnungen gegeben (eÈerg°thw97/ımotrãpezow/sÊssitow/f€loi ka‹ suntrãpezoi), aber nach Ausweis aller dafür heranzuziehenden Belege sicher nicht den Hoftitel „Verwandter des Königs“; jedenfalls handelt es sich bei den dafür heranzuziehenden Stellen immer um echte Anverwandte, nicht um Titelträger, wobei nach dem Zeugnis Herodots (7,39)98 die ofike›oi oder prosÆkontew, also die echte Verwandtschaft, vor den f€loi rangieren (auch hier wieder nach ofikeiÒtatoi unterschieden). Xerxes betont genau diese Rangfolge: Es sind die Söhne und Brüder,99 die Verwandten (ofike›oi) und (zuletzt) die Freunde (f€loi), „...mit denen ich gegen Griechenland ziehe.“100 Auch in der Orient- bzw. Perserliteratur, die im jüdischen Umfeld spielt, bei Esther oder Daniel,101 ist ein solcher Titel nicht nachweisbar, obwohl von Ehrungen berichtet wird: der Makedone Haman bringt es zwar zum „zweiten Vater“ des Königs, wird aber nicht ausdrücklich als sein suggenÆw bezeichnet; wenn daher der Titel in 3 Esra 3,7.42 ausdrücklich genannt wird (ka‹ suggenØw Dare€ou klhyÆsetai; der Purpur und die goldenen Becher scheinen 95 Vgl. suggene›w ka‹ ofike›oi (Plut. mor. 265D; 489C; Lyk. 3,5); ofikeiÒthw ka‹ sugg°neia (289D; vgl. Diod. 37,15,2); f€loi ka‹ suggene›w ka‹ ofike›oi (Plut. Sulla 9,7); suggene›w ka‹ ofike›oi f€loi (Diod. 20,15,3) 96 Zum folgenden s. Gauger (1977b) mit allen Belegen. 97 Später sind dafür sogar Rangstufen bezeugt: „Wohltäter“ und „Erster Wohltäter“, Char. Call. 7,4,15; 8,5,12. 98 Die umgekehrte Reihenfolge bei Plut. Crass. 6,4: patÆr, édelfÒw, f€low, suggene›w. 99 Vgl. auch BJ 1,122: Hyrkan genießt Ehre Àsper édelfÚ(w) basil°vw. 100 Zur Familie des Dareios s. etwa Scott (2005) S. 491 ff.; zu israelitischen Familienverhältnissen vgl. 2 Chr 11, 21; 2Kge 10,1; Esr 8, 1-14; Neh 7,7 ff.; s. weiter AJ 20, 36,3 (édelfoÁw ka‹ toÁw êllouw suggene›w) 75. 101 Est 6,7 ff.; Dan 5,7 (Purpur und goldene Kette).
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weiterer hellenistischer Anklang, s.o. zu Jonathan), so bleibt das Rückprojektion wohl seleukidischer Verhältnisse. Wir können beim Hof des Herodes daher davon ausgehen, dass er einerseits hellenistische Elemente aufweist, zumal führende Funktionäre griechischer Herkunft waren, ohne dass wir sie im einzelnen differenzieren könnten: aber sonst wäre der vom Nikolaos belegte Ruf nach dem Tod des Herodes, man solle alle „Griechen“ entfernen, nicht verständlich.102 Natürlich spricht man Griechisch, ist f il°llhn. Aber – und das ist der orientalische Zug, der auch in der gehäuften Verwendung der Formel f€loi ka‹ suggene›w oder umgekehrt zum Ausdruck kommt – Herodes schätzt Blutsbande etwa durch Heirat offensichtlich höher ein als institutionalisierte fil€a; daher würde ich auch unterstellen, dass die Rangfolge suggene›w ka‹ f€loi in der Herodes-Rede (BJ 1,460) bewusst gebraucht wird, dass also die Rede selbst auf Herodes oder Nikolaos zurückgeht und keine Fiktion des Josephus darstellt. Deutlich macht den Unterschied in der Erwartungshaltung die Charakteristik seines Schwagers Joseph, des Mannes der Herodes-Schwester Salome, von dem es immerhin heißt, er habe das Reich verwaltet (AJ 15,67; später hingerichtet, 15,87), er sei pistÒw, aber darüber hinaus wegen eben dieser Verschwägerung (k∞dow) eÎnouw gegenüber Herodes gewesen (BJ 1,441); Loyalität und Zuneigung müssen keineswegs identisch sein. Herodes stand vor der Aufgabe, zwei Linien zu einem o‰kow zu verschmelzen: seine eigene, erst unter Hyrkan I. judaisierte idumäische, über die wir allerdings fast nichts weiter wissen,103 mit der es aber offensichtlich auch Schwierigkeiten gegeben hat, wie die Kostobaros-Episode zeigt (AJ 15,255 f.), und die angeheiratete hasmonäische Linie, von daher die Betonung gemeinsamer Verwandtschaft, der Zugehörigkeit zu einem o‰kow; daher auch die Bedeutung seiner leiblichen Brüder oder später Philipps unter Archelaos und die hausinterne Heiratspolitik. Und all das entspricht eher jenem Bild des „orientalischen“ Hofes,104 das sich schon bei den Persern und später bei den Parthern erkennen lässt. Dabei ist eine daneben bestehende titulare f€loi-Hierarchie keineswegs ausgeschlossen, bekanntlich gab es bei den Parthern den Titel t«n pr≈tvn ka‹ protimvm°nvn f€lvn (Welles, RC 75). Aber auch die Hinweise für die Parther wird man sicher im Sinne des Clan-Gedankens zu deuten haben; nach Strab. 11, 93 besteht deren sun°drion aus den suggene›w des Königs und aus Magern und Philosophen, nach Just. 42,4,1 stehen dem König die propinqui am nächsten, jedenfalls nach F. Altheims wohl bester Konjektur: proxima maiestatis regum propinquorum ordo.105 Und man denke schließlich daran, dass das saudische Königshaus über 10.000 Prinzen und Prinzessinnen verfügt.
102 FGrH 90 F 136,8. 103 Zu Kostobaros und Salome AJ 15,259 ff. 104 Zur Stellung des Achikar als Sohn des Königsbruders s. etwa A. Schmitt, BiblZ 40 (1996) S. 23. 105 Dazu Hauser (2005) S. 188.
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Orts- und Personennamen-Register Abila 5623 Abraham 59, 62–65 Achaimeniden 106 Achiab (Herodes’ Neffe) 10386 Achikar 107104 Actium 17,79 Adma 5520 Adora 55, 5623 Sex. Africanus 34 Agathokles (aus Alexandria) 9425 Agathokles (Sklave) 9321 Agrippa → M. Vipsanius Agrippa Agrippa I. 1113, 41, 494, 52 Agrippias 50 Agrippina → Julia Agrippina Ägypten 20, 39 f., 55, 62, 8524, 86 f., 93, 98 Akko → Ptolemaïs Alexander III. (d. Gr.) 92 f., 95, 100, 10172 Alexander I. Balas (Seleukide) 98 Alexander (S. des Polyperchon) 9426 Alexander Jannai(os) 29, 3129, 33, 5621, 91, 10069, 10281 Alexander (Herodes’ Sohn) 32, 42111, 101, 106 Alexander → Pseudo-Alexander Alexander Severus → Severus Alexander Alexandra, T. d. Hyrkanos II. 2170, 3019, 31, 10283 Alexandria 10 f., 20, 79 f., 86–88 Alexas (Herodes’ Schwager) 101 Alexion (aus Sikyon) 9426 Amoriter 5520 Amos 53 Amyntas 9530 Ananel (Hohepriester) 1529, 31 f., 38 f. Ananias 10281 Andromachos 101 Andronikos (Kommandant) 9426 Anthedon 50, 5623,79 Antigoniden 9321, 95 Antigonos I. Monophthalmos 106 Antigonos Mattatias (Usurpator) 9, 15, 17, 1844, 2170, 29, 31, 35, 44, 52,8 Antiocheia 18, 85 Antiochos II. 9321 Antiochos III. 9737 Antiochos IV. 37, 9424, 95, 101
Antiochos V. 97 Antiochos VI. 98 Antiochos VII. 37 Antiochos VIII. 9532 Antipater (Antipaters Vater) 28, 33 f., 91 Antipater (Herodes’ Vater) 12, 19, 21 f., 28 f., 33, 100 Antipater (Herodes’ Sohn) 31, 9210, 9951, 102, 106 Antipater (Herodes’ Neffe) 103 Antipatris 50, 53 Antonia (Festung) 42110, 50 f., 84 M. Antonius 11–13, 15–20, 2170, 23 f., 29, 3023, 44, 79, 10280 Apelles (Makedone) 10171 Apollonia 5623 Appian 15 f., 18 Arabia/Araber 6329, 64, 101 Archelaos v. Kappadokien 18, 10061, 102 f. Archelaos (Herodes’ Sohn) 45, 61, 8419, 912, 103, 107 Archelaos (Tänzer) 9321 Archimedes (aus Syrakus) 10591,94 Argos 8110 Aristobul I. 287, 31, 91 Aristobulos, S. d. Alexander Jannai 21, 29, 3562, 929, 10062,68,69, 10172 Aristobulos (Hohepriester) 13 f., 17 f., 2170, 23 f., 30–32, 39, 100, 10283 Aristobul (Herodes’ Sohn) 32, 42111 Artaxerxes 9318, 9427 Arus (Dorf) 101 Aschdod 55, 5623 C. Asinius Pollio 42111, 102 Askalon 34, 70, 87 Athen 804, 86, 88 Athenaios 9321 Atratinus → L. Sempronius Atratinus Attaliden 95 Attalos III. (K. v. Pergamon) 10592 Augustus (→ Octavian) 15, 17, 27, 44 f., 50, 52, 80, 82, 84–86, 8728, 89, 912, 9633, 102– 104 Azotos → Aschdod Babylon/Babylonien 30 f., 34–38, 3986, 103
118
Register
Bagoas (Eunuch) 103 Bar Kochba 67 Berytos 41104, 44, 70, 104 Bithys (Sklave) 9321 Brundisium 11, 15–17 Caesar → C. Julius Caesar; → Octavian, → Augustus C. Caesar (Augustus’ Adoptivsohn) 84 f. C. Caesar Germanicus (Caligula) (röm. Kaiser 37–41) 1113, 86 L. Caesar (Augustus’ Adoptivsohn) 84 f. Caesarea 28, 47–50, 57, 7068, 79 f., 82 f., 86–89 Caesarea ad Libanum 6431 Caligula → C. Caesar Germanicus Cn. Calpurnius Piso 8524 Cassius Dio 15 f. C. Cassius Longinus 11 Cicero → M. Tullius Cicero Claudius (= Ti. Claudius Drusus) → Ti. Claudius Nero Germanicus Ti. Claudius Nero Germanicus (röm. Kaiser 41–54) 819, 86, 103 (Ti.) Claudius Nero Caesar Drusus Germanicus (röm. Kaiser 54–68) 483, 86, 89, 9633 Ti. Claudius Nero (1. Gatte Livias) 82 P. Cornelius Lentulus 97 Daniel 106 Dareios (Achämenide) 10280, 106100 Dareios (K. v. Pontos) 16 David 21, 33, 3560, 37 f., 67, 92 Deiokes 92 Dekapolis 56 Demetrios I. Poliorketes 9321, 9426, 106 Demetrios II. (Seleukide) 97 f. Demetrios (Sohn Philipps V.) 99, 105 Demetrios (S. des Andromachos) 101 Dionys(ios) I. (v. Syrakus) 93 Diophantes 9952 Dium 5623 Dora 87 Doris (Herodes’ 1. Gattin) 31 Drusus d. Ä. → (D.?) Nero Claudius Drusus Drusus d. J. (= Nero Claudius Drusus) → Drusus Julius Caesar Drusus Julius Caesar 819 Edom/Edomiter 59, 65 Esau 59, 65 Esebon 52 Essener 69
Esther 92, 9427, 106 Euarestes (aus Kos) 102 Eumenes (aus Kardia) 92 Eunous (Sklavenkönig) 97 Euphrat 103 Eurykles 101 Eusebios 63 Flamininus → T. Quinctius Flamininus T. Flavius Vespasianus (röm. Kaiser 69–79) 9633 Flavius Josephus 10, 13–17, 19, 2170, 25, 27, 29–33, 35–44, 47, 483, 49–52, 55, 62 f., 80– 89, 98, 10172, 102–105, 107 Gaba 52 Gabala 5623 Au.Gabinius 56 Gadara 5623, 79 Galiläa 29, 51, 53, 56, 88 Gallien 16 Garizim (Berg) 55 Gaulanitis (Golan) 5623 Gaza 87 Genthios (K. v. Illyrien) 105 Germanicus (Sohn Drusus’ d.Ä.) → Nero Claudius Drusus Germanicus Gezer 55 Gomorra 5520 Griechenland 1113, 86, 91, 106 Habakuk 53 f. Ham 5520 Haman (Makedone) 106 Hasmonäer 9, 1325, 17, 21 f., 28 f., 31–34, 37, 39, 42110,111, 45, 53–56, 59 f., 91, 99, 104, 107 Hebron 3669, 59–63, 6535, 67 f., 70 Hephaistion 95 Herodeion (Palaststadt/Festung) 50, 528 Herodes, König v. Judäa passim. Herodes Agrippa → Agrippa I. Herodes Philippos → Philippos Herodot 92, 106 Hethiter 5520 Hewiter 5520 Hieron II. (K. v. Syrakus) 10594 Hippos 55 f., 79 Horaz 25 Hosea 53 Hyrkanos I. → Johannes Hyrkanos Hyrkanos II. 18, 21–23, 29–31, 3240, 3562, 43, 44120, 96, 100, 10274, 103, 10699
Register Iamneia 55, 5623 Idumäa/Idumäer 12, 16, 2275, 29, 33 f., 55, 59, 65–68, 70, 107 Israel 48, 54 f. Italien 11, 44121 Ituräa/Ituräer 28 Jakob 59 Jebusiter 5520 Jeremia 53 Jericho 32, 36, 50 Jerusalem 24, 30, 33, 35–41, 43, 50–54, 56 f., 61 f., 6645, 67, 70, 86, 8935, 103 Jesaia 53 Jesus ben Phiabi 39 f. Johannes Hyrkanos (I.) 33, 37 f., 42110, 5521, 59, 65 f., 107 Jojakim 54 Jonathan (Hohepriester) 91, 97 f., 104, 107 Joppe 79, 87 Joseph (Herodes’ Schwager) 107 Joseph (Herodes’ Neffe) 10386 Josephus →Flavius Josephus Julia (Augustus’ Tochter) 85 Julia Agrippina 86 C. Julius Caesar 22, 24, 29, 51, 10387 Judäa/Judäer/Juden 9, 1113, 15–17, 21–23, 27– 30, 34, 3669, 43–45, 471, 48–50, 528, 55 f., 64, 68–70, 79, 88 f., 103 Judas Makkabäus 37, 97 Judas (Pharisäer) 41 Justinus Martyr 34 Kanaan 5520 Kappadokien 95 Khirbet Nimra 68 Kilikien 104 Kleinasien 43 Kleopatra (VII.) 10 f., 1951, 3238, 10065, 10172 Komana 18 Kommagene 95 Konstantin I. 6329, 6429 Kostobaros 65 f., 107 Krateros 95 Kypros (Festung) 50 Lascha 5520 Lasthenes (Kreter) 97, 104 Lentulus → P. Cornelius Lentulus Leontopolis 39 Leptis Magna 819 Livia 82, 84
119
T. Livius 105 Livius Drusus 9633 Lysias 97, 99, 104 Lysimachos 9321, 95 Macrobius 44 Makkabäer 2275, 28, 39, 97, 100, 104 Malichus (K. v. Nabatäa) 10 Mamre 3669, 59–70 Mardochai 9427 Mariamne 1844, 2170, 23, 2489, 30–32, 103 Mariamne, T.d. Simon 40 Marisa 55 f. Masada 44121 Mattatias 95 Matthias, S.d. Theophilos (Hohepriester) 40 Matthias (Pharisäer) 41 Mazor 5521 Memphis 62 Micha 53 Michal (Gattin Davids) 33 Milet 87 Mithridates VI. v. Pontos 16 Moses 34 Nabatäa/Nabatäer 10, 20 Nakebos (Araber) 10282 Nebukadnezar 3880, 54 (D.?) Nero Claudius Drusus 82–86, 89 Nero Claudius Drusus Germanicus 819, 85 f. Nero →(Ti.) Claudius Nero Caesar Drusus Germanicus Nikolaos v. Damaskos 13 f., 17, 35, 37, 3882, 43, 62, 8935, 99, 101, 103 f., 107 Nikopolis (bei Actium) 86 Nikopolis (bei Alexandria) 86 Noah 5520 Obodas (K. v. Nabatäa) 43 Octavian (→ Augustus) 11 f., 15–19, 24, 29, 44, 79, 86 Olympia 804, 8211,12 Onias 39 Orontes (Perser) 9427 Otho →M. Salvius Otho Palästina/Palästiner 6329, 64, 67, 69 Pamphylien 11 Paneion 50 Pannychis (Haremsdame) 10061 Paris (Sklave) 9321 Parmenion 96
120 Parther/Parthien 9, 15–17, 19, 24, 29 f., 95, 100, 107 Pegai 50 Peisistratos 92 f. Pella 55, 5623 Pelusium/Pelusion 10, 87 Peräa 52 Peresiter 5520 M. Perperna 105 Persepolis 92 Perser (→ Achaimeniden) 36, 9427, 106, 107 Perseus (K. v. Makedonien) 99, 10173, 106 Persius 44 Petronius 102 Pharisäer 69 Pharnakes v. Pontos 16 Phasaël 9 f., 1737, 18–20, 23, 29 f. Phasaelis 50, 53 Pheroras 3018, 91 Phidias 80, 82 Philipp II. (K. v. Makedonien) 92 f., 100 Philipp V. (K. v. Makedonien) 99, 10171, 105 f. Philippides 9321 Philippos 494, 103, 107 Philomelos (Phoker) 93 Phönizien/Phöniker 6329, 64, 87 f. Piräus 87 f. Pithom 55 Pollio → C. Asinius Pollio Polemon (v. Pontos) 791 Polyklet 81 f. Cn. Pompeius Magnus 17 f., 21, 29, 56 Pontius Pilatus 80, 82 f. Pontos 16, 79, 95 Pseudo-Alexander 103 Ptolemäer 92, 95 Ptolemaios I. 9426, 95 Ptolemaios II. 87 Ptolemaios V. 95 Ptolemaios XII. Auletes 98 Ptolemaios XIV. 10594 Ptolemaios (Caligulas Vetter) 10594 Ptolemaios (Siegelbewahrer) 101 f., 104 Ptolemaios (Nikolaos’ Bruder) 102, 104 Ptolemaïs 79, 87 f. Pyrrhos 9426, 95 P. Quinctilius Varus 103 T. Quinctius Flamininus 104 Qumran 54 Ramses 55
Register Raphia 5623 Rhodos 11 f., 20, 102 Rom/Römer 11 f., 15–20, 22–24, 43 f., 791, 9736, 102 Rosakes 9318 Sadduzäer 69 Salome Alexandra 31, 33 Salome (Herodes’ Schwester) 43, 101, 107 Salomo 36–38, 42107 M. Salvius Otho (röm. Kaiser 69) 9633 Samaria/Samaritaner 16, 28, 5316, 54, 5521, 55 f., 69, 79, 9951 Sarah 64 Sebaste (= Samaria) 28, 50–52 Seia (i. Hauran) 6964 Seleukiden 37, 95, 104 Seleukos I. 9426 Seleukos IV. 95 L. Sempronius Atratinus 2060 Seneca 9427, 9633 Sepphoris 6113 Serubabel 91 Severus Alexander (röm. Kaiser 222–235) 9633 Shechem 55 Sidon 5520, 87 Simon (Hohepriester) 91, 97 f., 99 Simon ben Boethos (Hohepriester) 40, 102 Simon Cantheras 4095, 41 Skythopolis 5623 Sodom/Sodomiter 5520, 6329 Soemus 10275 Sosius (Legat d. M. Antonius) 35 Sostratos (aus Knidos) 87 Sozomenos 63, 6431 Strabon 15 f., 44 Straton (K. v. Tyros) 10280 Stratonos Pyrgos (→ Caesarea) 47, 49 f., 5521, 79, 87 f. Stratonsturm → Stratonos Pyrgos Sueton 804,8728, 9633 Susa 92 Syllaios (Nabatäer) 43, 100, 10282 Syrer/Syria/Syrien 9, 1113, 17, 22, 47–49, 53, 5623, 61, 80, 85, 87 f., 91 Tacitus 15 f. Tarakondimotos (Kilikier) 95 Themistokles 93 Theodoros (aus Kyrene) 95 Tiberius (Sempronius) Gracchus 9633
Register Tiberius (= Ti. Claudius Nero) → Tiberius Caesar Augustus Tiberius Caesar Augustus (röm. Kaiser 14–37) 819, 82–85, 96 Tiro (Soldat) 104 Tobiaden 91 Totes Meer 53 M. Tullius Cicero 97 Tyros 79, 87 Ulatha 103 M. Valerius Messala Corvinus 2060 Varus → P. Quinctilius Varus Vespasian →T. Flavius Vespasianus
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M. Vipsanius Agrippa 43, 51, 5312, 79, 88 f., 102 Wilhelm II. 9213 Xerxes 106 Yavne-Yam 5521 Zadokiden 39, 4095 Zeboim 5520 Zeloten 69 Zenodoros 494 Zeuxis 9737 Zion 54
Alte Geschichte im Franz Steiner Verlag Veröffentlichung der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz
Handwörterbuch der antiken Sklaverei (HAS) Herausgegeben von Heinz Heinen in Verbindung mit Ulrich Eigler, Peter Gröschler, Elisabeth Herrmann-Otto, Henner von Hesberg, Hartmut Leppin, Hans-Albert Rupprecht, Winfried Schmitz, Ingomar Weiler und Bernhard Zimmermann Erscheint in 5 kumulierenden Einzellieferungen. 2007: Lieferung CD-ROM 1. Komplettpreis CD-ROM 1-5 bei Bestellung nach dem 1.7.2007: ¤ 175,– / sFr 288,80. ISBN 978-3-515-08919-7 Subskriptionspreis bis 30.6.2007: CD 1-5 komplett ¤ 125,– / sFr 206,30 p Ebenfalls angeboten wird: Komplettpreis CD-ROM 1-5 und gedruckte Ausgabe bei Bestellung ab dem 1.7.2007: ¤ 294,– / sFr 485,10. ISBN 978-3-515-08944-9 Subskriptionspreis bis 30.6.2007: CD 1-5 komplett und broschierte Ausgabe ¤ 224,– / sFr 369,60
p Es sind nur Komplettpakete und keine Einzellieferungen beziehbar.
Das Handwörterbuch der antiken Sklaverei (HAS) ist ein Projekt des Mainzer Akademievorhabens Forschungen zur antiken Sklaverei. Es soll die Ergebnisse der internationalen Sklavereiforschung erfassen, auswerten und konzise darlegen und der Fachwissenschaft für spätere Untersuchungen ein bisher fehlendes Grundlagenwerk für den alltäglichen Gebrauch bereitstellen. Als alphabetisch geordnetes Nachschlagewerk wird es ca. 1.500 Stichworte (Personen, Sachen und Begriffe) in unterschiedlicher Gewichtung beinhalten, der Gesamtumfang ist auf ca. 2.400 Spalten angelegt. Neben den klassischen Formen der Sklaverei werden auch andere Arten der Unfreiheit, die übrigen Kulturen des Mittelmeerraumes (Alter Orient, Ägypten, Karthago etc.) sowie Abhängigkeitszustände in außereuropäischen Zivilisationen (Indien, China etc.) Berücksichtigung finden. Beiträge zur Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte runden das HAS ab. Die Beiträge werden zunächst elektronisch in fünf jährlichen CD-ROM-Lieferungen veröffentlicht, wodurch eine rasche, zitierfähige und urheberrechtlich geschützte Präsentation gewährleistet ist. Nach Vorliegen aller Artikel und der Aktualisierung älterer Beiträge ist eine herkömmliche Buchversion geplant. Publikationssprache ist Deutsch, Artikel in englischer, französischer und italienischer Sprache sind ebenfalls vertreten.
Franz Steiner Verlag Postfach 101061, D-70009 Stuttgart • www.steiner-verlag.de • [email protected]
Deleto paene imperio Romano Transformationsprozesse des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert und ihre Rezeption in der Neuzeit Herausgegeben von Klaus-Peter Johne, Thomas Gerhardt und Udo Hartmann
2006. 464 Seiten mit 4 Abbildungen im Text und 32 Abbildungen auf 16 Tafeln. Kart. ¤ 74,– / sFr 122,10 ISBN 978-3-515-08941-8
Kaum eine andere Periode der römischen Geschichte bietet ein so turbulentes Bild wie die Soldatenkaiserzeit zwischen 235 und 284 n. Chr. Zahlreiche Einfälle von Germanen und Persern, häufige Herrscherwechsel und wirtschaftliche Probleme erschütterten das Römische Reich in seinen Grundfesten. Neben Krisensymptomen lassen sich aber auch Reformansätze aufzeigen. Der Band vereinigt die Vorträge einer Berliner Tagung vom Juli 2005. Die 20 Autorinnen und Autoren untersuchen die Transformationsprozesse auf Reichsebene, in den Regionen und auf dem Gebiet der Religion sowie die Deutungsmodelle in der Forschungsgeschichte. Sie leisten damit einen Beitrag zur kontroversen Diskussion über den Charakter dieser Epoche. Aus dem Inhalt
The Onset of Crisis in the First Half of the Third Century p Zu den Motiven der Christenverfolgung des Decius p Gallienus and the Marcomanni p Die Illyrischen Kaiser als Herrscher neuen Typs p Wirtschaftliche Prosperität im 3. Jahrhundert p Die manichäische Mission in Palmyra p Palladio und die Soldatenkaiser p Zur Geschichte des Krisenbegriffs.
Franz Steiner Verlag
Alte Geschichte Postfach 101061, 70009 Stuttgart www.steiner-verlag.de [email protected]
Nahe der Grenze des Imperium Romanum zum Partherreich gab es unter ‚Kaiser’ Augustus einen Garanten für die Effizienz der neuen Weltfriedensordnung: Herodes. Seine Herrschaft brachte auch der Levante die Segnungen der pax Augusta und eine ökonomische wie kulturelle Blütezeit. Der Mann aus Idumäa hatte 37 v. Chr. mit römischer Hilfe Jerusalem erobert und ein langjähriges Regime etabliert, das durch enge politische Bindungen an Rom gekennzeichnet war. Ist der König
von Judäa daher als ein Paradebeispiel für eine römische Klientelherrschaft zu betrachten? Zur Herodesforschung, die in den letzten Jahrzehnten neue Impulse sowohl aus archäologischen als auch aus kritischen historischen Untersuchungen gewonnen hat, leistet der hier publizierte Tagungsband einen originären Beitrag: Die interdisziplinäre Bochumer Konferenz (2006) thematisierte verschiedene Aspekte des Verhältnisses von Herodes zur patronalen Großmacht Rom.
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ISBN 978-3-515-09012-4